Das Stempelsteuerungsgesetz vom 31. Juli 1895 nebst Ausführungsbestimmungen, dem Erbschaftssteuer-, Wechselstempelsteuer- und Reichsstempelgesetz: Kommentar für den praktischen Gebrauch [Reprint 2020 ed.] 9783112388365, 9783112388358


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German Pages 1415 [1416] Year 1906

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Verzeichniß der wichtigsten Abkürzungen
Berichtigungen
Einleitung
Stempelsteuergesetz
I. Abschnitt. Von der Pflicht M Entrichtung der Stempelsteuer
II. Abschnitt. Von -er Erfüllung der Stempelpflicht und den Folgen der Nichterfüllung
III. Abschnitt. Besondere Bestimmungen
Stempeltarif
Vorbemerkung
Tarifstelle 1. Abschriften - 24. Fideikommißstiskungen
Tarifstelle 25 Gesellschaftsverträge. - 35. Legalisation von Urkunde
Tarifstelle 36. Leibrenten- und Rentenverträge - 56. Schenkungen unter Lebenden
Tarifstelle 57. Schiedssprüche - 78. Zuschlagsbescheide
Erbschaftssteuergesetz. Vom 3. Juni 1906
Vorwort
Gesetz, betreffend die Wechselstempelsteuer im Norddeutschen Bunde vorn 10. Juni 1869
Vorwort
Reichsstempelgesetz. Vom 3. Juni 1906
Vorwort
Sachregister
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Das Stempelsteuerungsgesetz vom 31. Juli 1895 nebst Ausführungsbestimmungen, dem Erbschaftssteuer-, Wechselstempelsteuer- und Reichsstempelgesetz: Kommentar für den praktischen Gebrauch [Reprint 2020 ed.]
 9783112388365, 9783112388358

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Das

Stempelsteuergesetz vom 31. Juli 1895 nebst

Ausführungsbestimmungen, ifeni GrWafissteuer-, Meltiselstempelßeuer- mul Keiiksjiempelgeseß. Kommentar für den praktischen Gebrauch.

Herausgegeben von

H. Hummel,

und

Wirklichem Geheimen Ober-Finanzrath

F. Spechts Reichsgerichtsrath,

und vortragendem Rath im Finanzministerium

Berlin 1906.

I. G«ttentag> Uerlagstzuchtzandlung» G. m. b. H.

Vorwort. ^Ard) das Stempelsteuergesetz von 1895 ist zwar eine einheitliche Gestaltung der frühere», zusammenhanglosen stempelgesetzlichen Bestimmungen erzielt und eine graste Anzahl von Streitfragen, namentlich in steuertechnischer Beziehung, beseitigt worden, eine völlige Klarstellung des Stempelrechts hat indesien selbstverständlich auch durch das gegenwärtige Gesetz nicht erreicht werden können. Das beruht nicht auf einem Mangel des Gesetzes, sondern ist hauptsächlich eine Folge der Eigenart der mit anderen Steuergesetzen (dem Gerichtskosten-, Erbschaftssteuer-, Reichsstempelgesetz), mit dem sonstigen Verwaltungsrecht und vornehmlich mit dem bürgerlichen Recht in engem Zusammenhang stehenden Materie. Denn der Stempeltarif, in dem der Schwer­ punkt des Gesetzes ruht, enthält, von geringfügigen Ausnahmen abgesehen, keine eigenen Begriffsbestimmungen für die ihm unterworfenen Verwaltungsakte und Rechtsgeschäfte, sondern er beschränkt sich darauf, sie in der Form eines Verzeichnisses nach der Buchstabenfolge mit den üblichen verwaltungs- und civilrechtlichen Benennungen auf­ zuzählen, um sich stets den die Voraussetzung für seine Anwendung bildenden, mannig­ fachem Wechsel unterliegenden Normen des öffentlichen und des Privatrechts anpassen zu können. Alle Zweifel also, die bei der Feststellung des Wesens der beurkundeten Verwaltungsakte und ganz besonders bei der Bestimmung des civilrechtlichen Begriffs der verlautbarten privatrechtlichen Willenserklärungen hervortreten, machen sich auch geltend, wenn es sich um die Versteuerung dieser Urkunden handelt. Dem gegenüber ist es eine befremdende Erscheinung, daß in weiten Kreisen, und selbst bei vielen Juristen, das Stempelrecht in dem Rufe einer trockenen, des juristischen Jntereffes entbehrenden Materie steht. Sehr zu Unrecht! Wer nicht an der Oberfläche des Gesetzes haftet, sondern tiefer in den Rechtsstoff eindringt, der ivird sehr bald, wie es tägliche Erfahrungen lehren, die Ueberzeugung gewinnen, daß das Stempelrecht eine reiche Fülle feiner Rechtsfragen birgt und für die wichtigste Aufgabe der Rechtswissenschaft und Rechtspraxis, den juristischen Kern der Verkehrs­ geschäfte herauszuschälen und die für ihre Beurtheilung maßgebenden Rechtsbegriffe in scharfer Scheidung von einander abzugrenzen, ein weites Feld der Bethätigung erschließt. Gerade die Erläuterung und Entscheidung stempelrechtlicher Fragen hat vielfach klärend und anregend auch auf das bürgerliche Recht zurückgewirkt; es sei in dieser Beziehung nur hingewiesen auf die Entscheidungen der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung über den Begriff der Einheitlichkeit der Rechtsgeschäfte, die Gründung von Gesell­ schaften und das Einbringen von Vermögenswerthen in solche, die Vereinigung und die Auflösung von Gesellschaften, über das Wesen der Schenkungen, über Vollmachten und Vollmachtsubstitutioneu usw. Zutreffend kennzeichnete daher der hervorragende a*

IV

Vorwort.

Kenner unserer Finanz- und Steuerpolitik, der Finanzminister v. Miquel, bei (Erörterung der Schwierigkeiten, welche die Handhabung der Stempelgesetze verursacht, das Stempel­ recht dahin, daß es viel mehr eine Rechts Materie, als eine Steuermaterie zu nennen sei. Die Schwierigkeiten bei der Anwendung des Gesetzes, das, wie in der Ein­ leitung zum Kommentar unter „Stempelsteuereinnahmen" näher erörtert ist, eine wichtige Rolle in den Einnahmen des Staatshaushalts spielt, nicht minder aber für die wirtschaftlichen Interessen des Handels und der Industrie, der Landwirthschaft, des ländlichen und städtischen Grundbesitzes, sowie überhaupt der weitesten Kreise der Bevölkerung von einschneidender Bedeutung ist, liegen hiernach weit mehr auf dem Gebiete des öffentlichen und Privatrechts, als auf dem der Steuertechnik. Diese Schwierigkeiten für die Beamten der Verwaltung der indirekten Steuern und der Gerichte sowie alle anderen bei der Erhebung der Stempelsteuer mitwirkenden Beamten zu mindern und den Steuerpflichtigen als Wegweiser auf den vielfach verschlungenen Pfaden des Stempelrechtes zu dienen, ist der Zweck des nunmehr abgeschloffen vor­ liegenden Werkes. In Würdigung des vorwiegend materiell-rechtlichen Charakters des Gesetzes sind die Verfaffer davon ausgegangen, daß eine Bearbeitung des Preußischen Stempelrechts sich in erster Reihe das juristische Verständniß der Bestimmungen zum Ziel setzen müsse. Die Herausgeber waren bestrebt, die Er­ läuterungen der einzelnen Gesetzesparagraphen und Tarisstellen, soweit es die Form eines für den praktischen Gebrauch bestimmten Kommentars gestattet, in systematischer Darstellung zu geben, unter Voranschickung der Entwickelungsgeschichte auf rechtlicher Grundlage die wechselseitigen Beziehungen und den inneren Zusammenhang der stempelgesetzlichen Vorschriften mit denen des öffentlichen und des bürgerlichen Rechts zu erörtern und daraus die für ihre Anwendung maßgebenden Grundsätze zu ent­ wickeln. Das sehr reichhaltige Material mi Verwaltungserlassen und Entscheidungen der Gerichte, namentlich des Reichsgerichts und des Kammergerichts, ist mit möglichster Sorgfalt gesammelt und verwerthet worden, sodaß der Kommentar ein ziemlich vollständiges Bild des Standes der Verwaltungs- und gerichtlichen Spruch­ praxis giebt, namentlich, insoweit der Tarif in Betracht kommt. Durch die Bei­ fügung eines ausführlichen Sachregisters wird es auch den mit der Materie minder Vertrauten ermöglicht, sich schnell zurecht zu finden. Leider hat von einem näheren Eingehen auf die Literatur, und insbesondere auf das verdienstvolle Erläuterungsbuch von Heinitz sowie von einer (Erörterung der diesem Schriftsteller gegenüber hier und da hervorgetretenen Meinungsabweichungen, abgesehen werden müssen, weil dem der von vornherein in Aussicht genommene Umfang des Buches entgegenstand, das ohnehin infolge der großen Fülle praktischer Entscheidungen die ursprünglich ge­ zogenen Grenzen weit überschreitet. Die Fertigstellung des in sechs Lieferungen erschienenen Werkes ist zum Bedauern der Verfaffer durch mehrfache nicht vorherzusehende Umstände, namentlich durch die besondere amtliche Inanspruchnahme der Herausgeber und durch langwierige Krankheit des einen von ihnen, sehr verzögert worden. Dadurch ist aber die Brauchbarkeit des Buches kaum beeinträchtigt, denn es hat eine Reihe von Entscheidungen, durch die erst neuerdings verschiedene Zweifelsfragen ihre Lösung gefunden haben, noch aus­ genommen werden können.

erIin Leipzig

im Oktober 1906.

m



Die Verfaffer.

Inhalt. Stempelsteurrgesrh. I. Abschnitt. Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

Sette

1. 2.

Gegenstand der Stempelsteuer........................................................................................ 1 Verhältniß des Auslandes zum Jnlande..................................................................... 36

§

3.

Allgenreine Grundsätze über die Stempelpflichtigkeit............................................... 41

§ §

4. 5.

Sachliche Stempelsteuerbefreiungen.................................................................................55 Persönliche Stempelsteuerbefreiungen........................................................................... 76

§ §

6. 7.

Werthermittelung.................................................................................................................. 97 Verpflichtung der Privatpersonen, Behörden und Beamten zurAuskunftei-theilung; amtliches Ermittelungsverfahren.......................................................................................113

§

8.

Unbestimmtheit des Werthes des Gegenstandes......................................................... 123

§

9.

Versteuerung mehrerer über denselben Gegenstand ausgestellterUrkunden

§ §

.

.

.

§ 10.

Versteuerung mehrerer in derselben Urkunde enthaltener Gegenstände....

§ 11.

Mindestbetrag der Stempelsteuer und Abstufungen derselben............................. 173

§ 12.

Verpflichtung zur Zahlung der Stempelsteuer......................................................... 175

§ 13.

Haftbarkeit für die Stempelsteuer............................................................................... 182

129

136

II. Abschnitt. Von der Erfüllung der Stempelpflicht und den Folgen der

Nichterfüllung. § 14.

Art der Erfüllung der Stempelpflicht....................................................................................189

§ 15.

Zeit der Stempelverwendung bei den von Behörden und Beamten aufgenommenen

Verhandlungen.................................................................................................................................226

....

§ 16.

Zeit der Stempelverwendung bei Verhandlungen der Privatpersonen

§ 17.

Festsetzung von Geldstrafen gegen Privatpersonen.............................................................247

232

§ 18.

Festsetzung von Ordnungsstrafen gegen Privatpersonen..................................................257

§ 19.

Festsetzung von Ordnungsstrafen gegen Beamte und Notare...................................... 262

§ 20.

Straffreiheit................................................................................................................................274

§ 21.

Strafverfahren................................................................................................................................275

§ 22. § 23.

Strafvollstreckung...........................................................................................................................310 Verjährung der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung...................................... 314

VI

Inhalt. III. Abschnitt.

§ § § § § § § § §

24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32.

§ § § §

33. 34. 35. 36.

Besondere Bestimmungen. geite Ersatz für die vor dem Verbrauch verdorbenen Stempelzeichen......................... 320 Erstattung bereits verwendeter Stempel........................................................... 324 Rechtsweg..................................................................................................... 344 Verjährung der Stempelsteuer........................................................................ 360 Berechnung der Fristen.................................................................................... 366 Kosten.............................................................................................................. 370 Verwaltung der Stempelsteuer....................................................................... 373 Aufsichtsführung............................................................................................. 388 Anfertigung, Verkauf und Verwendungvon Stcnlpelzeichen und Anlegung von Verzeichnissen................................................................................................. 401 Unbefugter Handel mit Stempelzeichcn............................................................... 404 Uebcrgangsbestimmungen.................................................................................... 407 Aufrechterhaltung und Aufhebung ältererBestimmungen................................... 417 Schlußbestimmung............................................................................................. 421

Stemprltarif. Vorbemerkung.......................................... 425 Tarifstelle 1. Abschriften......................................................................................... 432 „ 2. Abtretung von Rechten........................................................................ 442 „ 3. Aftermieth- und Afterpachtvcrträge....................................................... 475 „ 4. Annahme an Kindcsstatt........................................................................ 475 „ 5. Antichretische Verträge........................................................................ 477 „ 6. Apotheken............................................................................................. 477 „ 7. Approbationsscheine............................................................................ 477 „ 8. Auflassungen......................................................................................... 477 „ 9. Auktionen............................................................................................. 532 „ 10. Ausfertigungen..................................................................................... 541 „ 11. Auszüge............................................................................................. 564 „ 12. Bestallungen......................................................................................... 568 „ 13. Bürgschaften......................................................................................... 573 „ 14. Cessions-Jnstrumente............................................................................. 573 „ 15. Consense.............................................................................................. 573 „ 16. Duplikate.............................................................................................. 573 „ 17. Eheversprechen..................................................................................... 576 „ 18. Eheverträge.......................................................................................... 578 „ 19. Entlassungen aus der väterlichen Gewalt............................................... 584 „ 20. Erbrecesse.............................................................................................. 584 „ 21. Erbverträge..........................................................................................593 „ 22. Erlaubnißertheilungen............................................................................. 596 „ 23. Familienstiftungen................................................................................. 640 „ 24. Fideikommißstiftungen............................................................................. 640 „ 25 Gesellschaftsverträge............................................................................. 656 „ 26. Gewerbelegitimationskarten.................................................................... 711 „ 27. Gnadenerweise...................................................................................... 714

Inhalt.

VII Seite

Tarifstelle 28. „ 29. „ 30. „ 31. „ 32. „ 33. „ 34. „ 35. „ 36. „ 37. „ 38. „ 39. „ 40. „ 41. „ 42. „ 43. „ 44. „ 45. ,, 46. „ 47. „ 48. 49. „ 50. „ 51. „ 52 „ 53. „ 54. „ 55. „ 56. „ 57. „ 58. „ 59. „ 60. „ 61. „ 62. „ 63. „ 64. „ 65. „ 66. 67. „ 68. „ 69. „ 70. „ 71. „ 72. „ 73. „ 74. „ 75. „ 76. „ 77.

Heirathsgenehmigungen............................................................................................ 714 Hingabe an Zahlungsstatt....................................................................................... 714 Indossamente............................................................................................................ 714 Inventarien.......................................................................................................... 714 Kauf- und Tauschverträge....................................................................................... 719 Konsolidationen von Bergwerkseigenthum............................................................. 856 Kuxe............................................................................................................................. 858 Legalisation von Urkunden................................................................................. 861 Leibrenten- und Rentenverträge............................................................................. 864 Leichenpässe.................................................................................................................. 879 Lieferungsverträge....................................................................................................... 879 Lustbarkeiten............................................................................................................ 879 Mäkler, vereidigte....................................................................................................... 891 Mieth- und Aftermiethverträge............................................................................. 893 Namensänderungen..................................................................................................893 Naturalisationsurkunden.............................................................................................897 Nebenausfertigungen.................................................................................................. 900 Notariatsurkunden.................................................................................................. 900 Notarielle Zeugnisse........................................... 908 Offizierpatente............................................................................................................ 908 Pacht- und Afterpachtvcrträge............................................................................. 908 Pässe........................................................................................................................... 950 Policen....................................................................................................................... 954 Polizeistunde............................................................................................................. 954 Proteste....................................................................................................................... 955 Protokolle..................................................................................................................958 Punktationen............................................................................................................ 964 Registraturen............................................................................................................ 970 Schenkungen unter Lebenden.................................................................................. 971 Schiedssprüche.......................................................................................................... 1016 Schuldverschreibungen...........................................................................................1022 Sicherstellung von Rechten................................................................................ 1084 Standeserhöhungen und Gnadenerweise, landesherrliche................................ 1104 Statuten..................................................................................................................... 1114 Strafbescheide.......................................................................................................... 1114 Tauschverträge . . .......................................................................................... 1118 Taxen von Grundstücken..................................................................................... 1118 Testamente................................................................ 1121 Verfügungen von Todeswegen........................................................................... 1121 Vergleiche............................................................................................................... 1128 Verleihungen des Bergwerkseigenthums.......................................................... 1140 Verpflichtungsscheine............................................................................................... 1142 Versicherungsverträge.......................................................................................... 1142 Verträge..................................................................................................................... 1167 Vokationen................................................................................................................1193 Vollmachten, Ermächtigungen und Aufträge.....................................................1193 Vorrechtseinräumungen.......................................................................................... 1238 Werkverdingungsverträge..................................................................................... 1242 Wiederaufhebung von Verträgen.......................................................................... 1257 Zeugnisse, amtliche in Privatsachen..................................................................... 1257

VIII

Inhalt.

Crbschaftsstenergesetz vom 3. Juni 1906 ...................................................

&Ue 1293

Einwirkung des Reichserbschaftssteuergesetzes auf das Landesstempelrecht........................ 1307

Gesetz, betreffend die Mechselstrrrrpelsteuer im Norddeutschen Bunde vorn 10. Juni 1869 ..........................

1310

Reichsstewpelgesetz vom 3. Juni 1906

Gesetz.............................................................................................................................................. 1316 Tarif dazu................................................................................................................................... 1331

Sachregister.............................. 1343

Veyeichniß der wichtigsten Mküyungen. Abg.-H.-Verh

A.G.B.G.B A.G.O A.G.R.GB.O A.G.Zw.V.G

— Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten. 1895. S. 721-777, 2241-2407, 2481-2518. — Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 20. Sept. 1899. — Allgemeine Gerichtsordnung. — Ausführungsgesetz zur Reichs-Grundbuchordnung vom 26. Sep­ tember 1899. — Ausführungsgesetz zunr Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 23. September 1899. — Haus der Abgeordneten. — Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch (älterer Fassung). — Allgemeiner Erlaß. — Allgemeine Gerichts-Ordnung. — Allgemeine Gewerbeordnung. — Allgemeines Landrecht. — Allgemeine Verfügung.

A.H A.H.G.B Allg. Erl Allg. G.-Ordn Allg. Gew.-Ord A. L.R Allg. Verf Allg. Verf. d. F.M. u. J.M. vom 29. Febr. 1896 . . . — Allgemeine Verfügung des Finanzministers und des Justizministers vom 29. Februar 1896, betreffend das gerichtliche Stempel­ wesen (amtl. Ausg. S. 257 — 282 u. Nachtrag I S. 71 — 79). Amtl. Ausg — Amtliche Ausgabe des Stempelsteuergesetzes vom 31. Juli 1895 nebst Ausführungsbestimmungen. Anh. Dienstv — Anhang zu den Dienstvorschriften, betreffend die Ausführung des Stempelsteuergesetzes vom 14. Februar 1896 (amtl. Ausg. S. 197-256 u. Nachtrag I S. 29-70). Anm — Anmerkung. Ausf.-Anw — Ausführungs-Anweisung. Ausf.-Bek — Bekanntmachung, betreffend die Ausführung des Stempelsteuer­ gesetzes vom 13. Februar 1896 (amtl. Ausg. S. 71 — 127 u. Nachtrag I S. 1-16). Ausf.-Best — Ausführungsbestimmungen. Ausf.-Ges — Ausführungsgesetz. Ausf.-Verf — Ausführungsverfügung. B. G.Bl — Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes. B.G.B — Bürgerliches Gesetzbuch. Begr — Begründung des Entwurfs eines Stempelsteuergesetzes. Druck­ sachen des Hauses der Abgeordneten, B zu Nr. 35. Bek = Bekanntmachung. Veschl = Beschluß. Bolze — Bolze, Die Praxis des Reichsgerichts in Civilsachen. B.R.-Beschl = Bundesraths-Beschluß. Cbl — Centralblatt der Abgaben-Gesetzgebung und Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten. Circ.Berf — Circular-Verfügung. Circ.R — Circular-Reskript.

Abkürzungen.

X C. P.O Dernburg Dernburg B.G.B

D. G.Kost.Ges

Dtsch. R.-A. u. Kgl. Preus;. St.-Anz Dienstv

Eger Eig.Erw.Ges Einf.G. B.G.B Einv Eis.B.B.Bl............................... Entsch. Bd Erbschft.-Ges............................. Erk Erl F.M........................................... F.M. Erl Fin.Ord. XII

= Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich. - Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts. - Dernburg, das Bürgerliche Recht des Deutschen Reichs und Preußens, 1902-1905. = Deutsches Gerichtskostengesetz vom 18. Juni 1878 in der Fassung der Bekanntmachnng vom 20. Mai 1898.

- Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger. - Dienstvorschriften, betreffend die Ausführung des Stempelsteuer­ gesetzes, vom 14. Februar 1896 (amtl. Ausg. S. 129 — 256 u. Nachtrag I S. 17 — 70). - Eger, das Gesetz über Kleinbahnen usw. 1897. - Gesetz über den Eigenthumserwerb usw. vom 5. Mai 1872. - Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch. - Einverständniß. - Eisenbahn-Verordnungsblatt. = Entscheidungen Band. 30 Mai 1873 = Gesetz, betreffend die ErbschastSstener voin = Erkenntniß. Mai 1891. = =

Förster-Eceius G.A........................................... Ges •..................... Ger.Berf.Ges Gleim

-

G. S. S....................................

-

Gew.O Gruchot H. G.B....................................... H.-H.-Verh................................ Hoyer-Gaupp

J. M........................................... Joh.-Ring-Jahrb

Jur. Wochenschr Just.M.Bl

Just.M.Erl............................... K. A Kab.-O...................................... K.G. oder Kam.G v. K. I...................................... Komm

Kom.-Ber

-

= = -

-

Kom.-Berh

=

K. O...........................................

=

L. G............................................ Landm.-Rohm

Erlaß. Finanzministeriunu Erlaß des Finanzministers. Finanzordnung der Preußischen Staatseisenbahnverwaltung. Stempelrechtliche Vorschriften. Zu Teil XI 1 (nicht ver­ öffentlicht, sondern nur den Behörden der Eisenbahnverwaltung bekannt gegeben). Förster-Eccius, Preußisches Privatrecht. Goltdammer, Archiv für Preußisches Strafrecht. Gesetz. Gerichtsverfassungsgesetz. Gleim, Das Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen, 3. Ausl. Gesetz-Sammlung Seite. Reichs-Gewerbeordnung. Gruchot, Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts. Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Herren­ hauses 1895, S. 335-362. Hoyer-Gaupp, Die preußische Stempelgesetzgebung, 5. Aufl., Berlin 1895. Justizminister. Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts, herausgegeben von Johow-Ring. Juristische Wochenschrift (Organ des Deutschen Anwalt-Vereins). Justizministerialblatt. Erlaß des Justizministers. von Kamptz, Annalen der inneren Staatsverwaltung. Kabinets-Order. Kammergericht. von Kamptz, Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung, Rechtswiffenschaft und Rechtsverwaltung. Hummel-Specht, Kommentar zum Stempelsteuergesetz vom 31. Juli 1895. Bericht der XI. Kommission des Hauses der Abgeordneten über den Entwurf eines Stempelsteuergesetzes. Drucksachen Nr. 204. Kommissions-Protokolle über die Sitzungen 1 bis 20 derselben Kommission. Konkursordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898. Landgericht. Landmann-Rohmer, Gewerbeordnung für das Deutsche Reich, 3. Auflage. . . Militärstrafgerichtsordnung.

Abkürzungen.

XI

Minist.Beschl. . . . M.Bl........................ Min. d. ausw. A. . , Min. d. F................ Min. d. geistl. Angel. M. d. I................... Min. d. Kgl. Hatlses Min. d. öff. A. . . Min. f. H. u. G. . M. f. Landw. . . . Mügel.......................

. — Ministerial-Beschluß. . — Ministerial-Blatt für die gesammte innere Verwaltung. . — Minister der auswärtigen Angelegenheiten, . — Minister der­ Finanzen. . — Minister ber geistlichen usw. Angelegenheiten. . — Minister des Innern. . — Minister des Königlichen Hauses, . — Minister der öffentlichen Arbeiten. . — Minister für Handel und Gewerbe. . — Minister für Landwirthschaft. . — Mügel, Die preußischen Kostengesetze vom 25. Juni 1895 in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Oktober 1899. Nachtrag Ansf.Best. Stst.G. — Nachtrag 1 zu den Anssührnngsbestimmungen deo Stempelstellergesetzes vom 31. Juli 1895 nebst Sachregister (amtl. Ausg. S. 1-93). Nov — Novelle. Ob.Rechn.K. — Ober-Nechnungskanlmer. Ob.-Trib. . — Ober-Trilumal. Ob.Berw.G — Ober-Berlvaltnngsgericht. O.L.G. . . — Ober-Lalldesgericht. Olshausen . — Olshausen, Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 5. Allflage. Oppen Hofs . . . . — Oppenhoff, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 13. Ausgabe. O.R — Oppenhoff, Rechtsprechung deo Ober-Tribunals in Strafsachen. Pl.Beschl. . . . — Plenar-Beschluß. Planck B.G.B. — Planck, Bürgerliches Gesetzbuch 1. u. 2. Anfl. u. 3. Aufl. Pr. G. Freiw. G. Preußisches Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 21. September 1899. Pr. G.Kost.G. . . . — Preußisches Gerichtskostengesetz vom 25. Juni 1895 in der Fassung der Bekanntmachung voin 6. Oktober 1899. P.St.D............. . — Provinzialsteuerdirektor. Rafs.-Küntz.-Ecc. . — Rassow, Künkel, Eecius, Beiträge zur Erläilterung des deutschen Rechts. Rehbein . — Rehbein, Die Entscheidungen des vormaligen prcllßischen OberTribunals auf denl Gebiete des Civilrechts. Rehbein . . . . . — Rehbein, Komlnentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. R.Erbsch.StG. . — Reichserbschaftssteuergesetz vom 3. Juni 1906. Reichst............... . — Reichskanzler. Reskr.................. . = Reskript. R.G.................... . — Reichsgericht. R.G.Bl . — Reichs-Gesetzblatt. R.G.B.O. . . . . — ^Reichsgrundbuchordnung vom 20. Mai 1898. R.G. Civils. . . . — Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsachen. R.G. Freiw. G . — Reichsgesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts­

barkeit vom R.G. Ges. m. b. H R.G. Straff R.O.H.G R.St.G R.St.G.B R.Zw.Verst.G s. a Schr Staatsmin Staub Stst.G Stplst.V Strieth. A Str.P.O

Mai 1898.

— Reichsgesetz, betr. d. Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898. — Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. — Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts. — Reichsstempelgesetz vom 27. April 1894 (jetzt in der Fassung vom 3. Juni 1906). — Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. — Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangs­ verwaltung in der Fassung der Bek. vom 20. Mai 1898. — siehe auch. — Schreiben. — Staatsministerium. — Staub, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 6. u. 7. Auflage. — Stempelsteuergesetz vom 31. Juli 1895. — Stempelsteuerverordnung. — Striethorst, Archiv für Rechtsfälle. — Strafprozeßordnung für das Deutsche Reich.

xn

Abkürzungen. — Berichtigungen.

Turnau.............. ................... — Turnau, Die Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 mit Ergänzungen und Erläuterungen, 5. Auflage. Turnau - Förster, Liegen­ schaftsrecht — Turnau u. Förster, Das Liegenschaftsrecht, 2. Ausl. Urt = Urtheil. Verhandlungen d. Abg.-H. . — siehe unter „Abg.-H.-Verh." Verhandlungen d. H.-H. . . — siehe unter „H.-H.-Verh." Verordn — Verordnung. V.St.G — Verwaltungsstrafgesetz vom 26. Juli 1897. Wechsel-Ord — Allgemeine deutsche Wechselordnung. Weißler — Weißler, Das preußische Notariat im Geltungsbereich der Allgemeinen Gerichtsordnung. Windscheid — Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts. Zachariae-Dreyer — Zachariae-Dreyer, Handbuch des französischen Civilrechts. Zust.Ges — Zuständigkeitsgesetz vom 1. August 1883. Zw.V.G — s. unter „R.Zw.Verst.G."

Serichtigungen

Zu Seite 31, Anmerkung 20 Zeile 2. Statt „S. 77" lies „S. 97". Zu Seite 33, Note 48. Statt „Note 38" lies „Note 42". Zu Seite 36, § 2. Inhalt: Anm. 3. Statt „Im Jnlande errichtete Urkunden" lies „Im Ausland errichtete Urkunden".

Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu

Seite 38, Randschrist zu Anm. 3. Lies „Im Ausland errichtete Urkunden". Seite 66, Ziffer 11a Zeile 3. Lies „18. Juni 1878". Seite 70, Ziffer 28 Zeile 2. Statt „e" lies „d". Seite 124, Anm. 1 Zeile 5. Lies „19. Juli 1867". Seite 130, Note 2. Lies „12. 5. 96: III 6702". Seite 137, Anm. 1 5 Seite 228, Anm. 2 ; Statt „11. 6. 45" lies „11. 7. 45". Statt „18.2. 96" lies „13.2.96". Seite 261, Anm. 4 a Statt „Vorträge" lies „Verträge". Seite 338, A. I. 4 > Seite 343, Anm. 13 Zeile 8. Statt „Stempelerstattung" lies „Stempelverwendung". Seite 351, Note 18. Statt „vom 3. 9. 98" lies „3. 8. 98". Seite 354, Zeile 2. Statt „des Empfangs des Stempels" lies „der Zustellung der Klage". Seite 355, Zeile 4. Statt „§ 849" lies „§§ 818, 819, 291 von der Klagezustellung ab". Seite 421, Note 14. Statt „Vom 19. Februar 1896" lies „Vom 29. Februar 1896". Seite 592, Zeile 3 von unten. Statt „23." lies „22. 5. 87". Seite 776, Zeile 1. Statt „vom 19. Juni 02" lies „vom 19. Juni 01". Seite 837, Note 430 Zeile 2 einzuschalten „vom 25. Juli 1900". Seite 984, Zeile 10 von unten hinter „Maß" einzuschalten „nicht".

Einleitung. 1.

Das Preußische Stempelrecht, wie es bis zum Inkrafttreten des Stempel- yy,*“

steuergesetzes vom 31. Juli 1895 bestanden hat, beruht in der Hauptsache auf dem des stempel« Gesetz wegen der Stempelsteuer vom 7. März 1822, das mit geringfügigen Ab”***’ weichungen auch für

die im Jahre 1866 mit der preußischen Monarchie vereinigten

Landestheile Geltung hatte.

Diesem, durch die Klarheit und Weitsichtigkeit der leitenden

Gedanken ausgezeichneten Gesetz, dessen Tarif alle wesentlichen Verkehrsakte umfaßt, war eine systematische gesetzgeberische Weiterbildung nicht gefolgt; die Fortentwickelung

des Landesstempelrechts hatte sich vielmehr in einer Anzahl von Einzelgesetzen voll­ zogen, die im Verein mit einer kaum übersehbaren Fülle zum Theil nicht einmal

übereinstimmender Entscheidungen der höchsten Gerichtshöfe und Verwaltungsbehörden die praktische Anwendung der stempelgesetzlichen Bestimmungen nicht bloß dem Laien, sondern auch den zu ihrer Handhabung berufenen Behörden und Beamten außer­

ordentlich erschwerten.

Beeinträchtigend

auf die Uebersichtlichkeit wirkte auch

die

Reichsstempelgesetzgebung, die ganze Gruppen von Verkehrsurkunden und Verkehrs­

geschäften (Spielkarten,

Wechsel,

Aktien, zum Handelsverkehr bestimmte Renten-

und Schuldverschreibungen, im Börsenverkehr abgeschlossene Kauf- und sonstige An­ schaffungsgeschäfte), die zum Theil bisher dem Landesstempel unterlegen hatten, diesem

entzogen und dem Besteuerungsrechte des Reichs überwiesen hat.

Dazu kam als

weiterer Mangel, daß die spätere Landesstempelgesetzgebung dem Aufschwünge, den Handel und Verkehr im Laufe der Zeit genommen hatte, in ausreichendem Maße

nicht gefolgt war; vielfache Neubildungen im geschäftlichen Leben, insbesondere auf

dem Gebiete des Gesellschaftsrechts, waren von der Stempelsteuer überhaupt nicht ergriffen, andere Geschäfte waren im Verhältniß zu ihrer wirthschaftlichen Bedeutung

und zu anderen ähnlichen Geschäften zu niedrig besteuert, und wieder andere waren mit so hohen Steuersätzen belastet, daß der Verkehr bei fortschreitender Entwickelung

die Abgaben als drückende Fesseln empfand.

Diese in der Zusammenhanglosigkeit

und der Unzulänglichkeit der Stempelvorschriften liegenden Unzuträglichkeiten hatten

schon seit geraumer Zeit die Aufmerksamkeit der Staatsregierung auf sich gelenkt und sie, zumal auch in den Kreisen der Steuerpflichtigen ein lebhaftes Verlangen

nach einer völligen Umgestaltung des Landesstempelrechts sich geltend gemacht hatte,

XIV

Einleitung.

zur Ausarbeitung mehrfacher Entwürfe eines neuen Stempelgesetzes veranlaßt.

Eine

gedeihliche Lösung der Frage scheiterte jedoch stets an der Schwierigkeit der Materie. Als aber im Jahre 1895 dem Landtage der Entwurf eines Gerichtskostengesetzes zugegangen war,

hielt

der

damalige Finanzminister

Miquel

den Zeitpunkt

für

gekommen, die Neuordnung des Landesstempelrechts durchzuführen.

Auf Grund der Allerhöchsten Ermächtigung vom 6. Februar 1895 wurde daher ba Gesetzes, dem Abgeordnetenhaus? ein Gesetzentwurf vorgelegt (Nr. 35 der Drucksachen des

Hauses

der Abgeordneten 18. Legislaturperiode II. Session 1895), der, wie in der

Thronrede vom 15. Januar 1895 verkündet ist, die auf dem Gebiete der direkten

Steuern abgeschlossene grundlegende Reform auf die indirekten Landessteuern autzdehnen und auch bei den letzteren die Vertheilung der Staatslastcir nach der Leistungs­

fähigkeit in höherem Grade als bisher durchführen sollte.

Nachdem die erste Lesung

des Entwurfs im Abgeordnetenhause in zwei Sitzungen (23. u. 24. Sitzung Abg.H.-

Verh. S. 721 bis 777) stattgefunden hatte, wurde er einer Kommission von 21 Mit­

gliedern überwiesen.

Diese Kommission nahm die erste Lesung in 17 Sitzungen, die

zweite in 3 Sitzungen vor; eine zur Beseitigung der im Laufe der kommissarischen

Berathungen hervorgetretenen formellen Unstimmigkeiten gebildete Redaktionskommission erledigte diese Aufgabe in einer Sitzung.

Die Verhandlungen dieser 21 Sitzungen

sind in gedruckten, aber nicht veröffentlichten Protokollen niedergelegt.

Auf Grund des

von der Kommission erstatteten schriftlichen Berichts vom 28. Mai 1895 (Nr. 204 der

Drucksachen) wurde der Entwurf in zweiter Lesung in 5 Sitzungen des Plenums (72. bis 76. Sitzung Abg.H.Verh. S. 2241 bis 2403)

durchberathen.

Um über die

zwischen der Staatsregierung und dem Abgeordnetenhause nach Schluß der zweiten Lesung iroch bestehen gebliebenen Streitpunkte eine Einigung zu erzielen, trat eine freie Kommission zusammen, der es gelang, den erstrebten Ausgleich und damit eine

alle Theile befriedigende Gnmdlage für die dritte Lesung zu schaffen.

Diese nahm

infolgedessen nur eine Sitzung (80. Sitzung Abg.H.Verh. S. 2481) in Anspruch, in

der die von der freien Kommission eingebrachten Anträge Gamp u. Gen. ohne wesentliche Erörterungen angenommen wurden und nur die Tarifstelle 25 d (Gesell­

schaftsverträge), über die in der freien Kommission eine Einigung nicht erreicht worden war, zu längeren Auseinandersetzungen (Abg.H.Verh. S. 2497 bis 2507) Anlaß

gab.

Im Herrenhause wurde der Gesetzentwurf nach vorgängiger kommissarischer

Berathung in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung in der Sitzung vom 8. Juli 1895 (H.H.Verh. S. 335 bis 356) angenommen.

Die im Herrenhause gegen

das Gesetz gerichteten Angriffe beschränkten sich in der Hauptsache auf den Fidei-

kommißstempel.

Der am 31. Juli 1895 Allerhöchst vollzogene Entwurf ist in der Nr. 33 der

Preußischen Gesetz-Sammlung für 1905 S. 413 bis 472 veröffentlicht worden.

2.

Nach dem Grundgedanken des Gesetzentwurfs sollte die Neuordnung des

Stempelwesens sich thunlichst in den durch die geschichtliche Entwickelung und die bis­ herige Gesetzgebung vorgezeichneten Bahnen weiter bewegen. Nicht eine grundsätzliche

XV

Einleitung.

Neubildung des Landesstempelrechts war geplant, sondern nur insoweit sollte in den

bestehenden Rechtszustand ändernd und ergänzend eingegriffen werden, als sich im Lauf der Jahre Härten, Unvollkommenheiten und Lücken zum Nachtheil der Staatskasse

und der Steuerpflichtigen herausgestellt hatten.

In den allgemeinen Vorbemerkungen

der Begründung des Gesetzentwurfs wird in dieser Beziehung ausgeführt:

Der Entwurf erachtet es für seine Aufgabe, unter Festhaltung der bis­

herigen Grundlagen

der Preußischen

Stempelgesetzgebung

die

zerstreut

liegenden Gesetze und Verordnungen einheitlich zusammenzufassen und die­

jenigen Bestimmungen, welche sich bis in die Gegenwart hinein bewährt haben, unberührt zu lassen, andererseits aber veraltete und den Bedürfnissen

des heutigen Verkehrs nicht mehr entsprechende Bestimmungen auszusondern oder zu ändern, vorhandene Lücken zu ergänzen und erkannte Härten durch Herbeiführung

einer

gerechteren,

insbesondere

die

bemittelten

weniger

Klassen der Bevölkerung mehr berücksichtigenden Besteuerung zu mildern,

lieber den Gegenstand der Stempelsteuer, die ebenso wie diejenige des Gesetzes von 1822 die Natur einer Urkundensteuer hat,

heißt es in den allgemeinen Vor­

bemerkungen weiter: Voir

diesen Gesichtspunkten*)

hält

ausgehend,

der

Entwurf

an

dem

Grundsätze des derzeitigen Stempelrechts fest, daß nur die über die Rechts­ geschäfte errichteten Urkunden besteuert werden sollen, obwohl eigentlich

als Gegenstand der Steuer das Rechtsgeschäft selbst erscheint.

Die Rechts­

geschäfte, insoweit sie sich nicht durch amtliche Thätigkeit oder unter amtlicher

Mitwirkung

vollziehen,

werden können,

werden

von der Steuerpflicht

nur

selten erfaßt

ohne daß die Geschäftsabschlüsse mit drückenden Ueber-

wachungsmaßnahmen

belastet würden.

Die

Freiheit

des geschäftlichen

Verkehrs und die Rücksicht auf die Sicherung des Eingangs der Stempel­ steuer erfordern es daher, an Stelle des für die Besteuerung nicht greif­ baren Rechtsgeschäfts die äußerlich erkennbare Beurkundung desselben als

Objekt der Steuer aufzufaffen. Der aus dem Grundsätze der Urkundenbesteuerung sich ergebenden Härte, daß

bei unterbliebener Ausführung des beurkundeten Geschäfts die Stempelabgabe für eine thatsächlich wirkungslose Vereinbarung zu entrichten ist, insbesondere Grundstücks­

veräußerungen versteuert werden müssen, auch wenn hinterher ein Eigenthumsübergang auf den Erwerber nicht stattfindet, begegnet das Gesetz dadurch, daß es für solche

Fälle im § 25 Absatz 2 die Möglichkeit der Rückerstattung bei dem Vorhandensein von Billigkeitsgründen vorsieht.

Damit ist einer der hauptsächlichsten Klagen über

die Strenge des früheren Stempelgesetzes

der Boden

entzogen.

Von der Ver­

günstigung wird von den Steuerpflichtigen, insbesondere bei Grundstücksveräußerungen, seit

dem

Inkrafttreten

des

Gesetzes

im

weitesten

Umfange Gebrauch

gemacht.

Freilich ist diese Verbesserung für die Staatskasse mit einer beträchtlichen Schmälerung *) Gemeint sind die in dem vorhergehenden Absatz ausgeführten Gesichtspunkte der all­ gemeinen Vorbemerkungen.

(Gegenstand und Urkunden­ natur des Stempels.

XVI

Einleitung.

des Aufkommens aus der Stempelsteuer und für die Verwaltung mit sehr wesent­

lichen Mehrarbeiten verbunden. Die mannigfachen Abändemngen, die der Gesetzentwurf bei der Berathung im Abgeordnetenhause erfahren hat, betreffen im großen und ganzen nur Einzelheiten,

sodaß der Entwurf in seinen grundsätzlichen Zielen unverändert geblieben ist.

Gesetzes und

3*

Nicht nur bcttt Inhalte nach, sondern auch in bezug auf die äußere Em­

de, Tariss. ff)etfung schließt sich das Gesetz eng an seinen Vorgänger vom Jahre 1822 an.

Die

Zweitheilung des letzteren in Gesetz und Tarif ist beibehalten. Das Gesetz bringt in 36 Paragraphen den allgemeinen Theil des Stempel­ rechts zur Darstellung.

Er gliedert sich in drei Abschnitte, von denen der erste

von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer, der zweite von der Erfüllung der Stempelpflicht und den Folgen der Nichterfüllung, der dritte von den besonderen

Bestimmungen handelt. In dem dem Gesetz als Anlage beigefügten Tarif ruht der Schwerpunkt

des Gesetzes.

Von den 78 Nummern des Tarifs enthalten 25 nur Verweisungen,

sodaß sich die Zahl der zu erörternden Darifstellen auf 53 verringert. Spalte 2 sind die stempelpflichtigen Urkunden einzeln aufgeführt;

In der

die Spalte 3

enthält die anzuwendenden Steuersätze, die Spalte 4 regelt die Berechnung der Stempelabgabe.

Die dem Tarif unterworfenen Gegenstände sind in ihm lediglich

nach der Buchstabenfolge aufgezählt, ohne Unterscheidung, ob es sich um öffentliche Urkunden oder Privaturkunden, um Verwaltungsakte von Behörden oder um privat­ rechtliche Willenserklärungen handelt.

Der Tarif umfaßt ohne Auseinanderhaltung

sowohl die Stempelsteuern im engeren Sinne, die Verkehrsurkundensteuern,

die von der Beurkundung

gewisier Verkehrsakte ohne Rücksicht auf eine behördliche

Mitwirkung erhoben werden, als auch die gebührenartigen Stempelabgaben,

die als Entgelt für eine besondere Inanspruchnahme öffentlicher Behörden und die ihnen verursachte Mühewaltung zu entrichten sind.

unter Nummer 4 B Ziffer 11 der Einleitung.

Vergl. wegen dieser Abgaben

Es ist in Zweifel gezogen worden, ob es

zweckmäßig war, nach dieser Richtung hin eine Trennung zu Unterlasten.

Frage hat nur ein steuertheoretisches Interesse.

Allein diese

Für den praktischen Zweck des Tarifs

und für die steuerpflichtigen Personen macht es keinen Unterschied, ob die Abgabe als Steuer oder als Gebühr entrichtet wird; in dieser Hinsicht kommt es vielmehr vor

allem darauf an, ein schnelles und sicheres Zurechtfinden im Tarif zu ermöglichen. Es kann aber nicht zweifelhaft sein, daß eine nach der Folge der Buchstaben ge­

ordnete

Zusammenstellung

aller

stempelpflichtigen

größere Vortheile für die Anwendung der

Geschäfte

in

einem

Tarif

Stempelvorschriften bietet und

feinen

sichereren Ueberblick gewährt, als ein Tarif, dessen Eintheilung auf der Grundlage steuertheoretischer,

den Steuerpflichtigen nicht geläufiger Unterscheidungen beruht.

Aus praktischen Erwägungen ist daher bei dem Aufbau des Tarifs von einem bestimmten System abgesehen worden;

nur insoweit wird

von einem solchen ge­

sprochen werden können, als gewisse Gruppen mit einander verwandter Verträge und

Einleitung.

XVII

Verwaltungsakte in einer Darifstelle zusammengefaßt sind, so die Erlaubnißertheilungen in gewerbepolizeilichen Angelegenheiten in der Tarifstelle 22, die Gesellschaftsverträge

in der Darifstelle 25, die Verträge über die lästige Veräußerung unbeweglicher und beweglicher Sachen in der Tarifstelle 32.

4.

Die gegenüber dem friiheren Rechtszustande durch das Gesetz eingeführten

Ergänzungen und Aenderungen sind bei den einzelnen Paragraphen und Tarifstellen 9ieuerun9en.

erwähnt.

Zur Gewinnung eines Ueberblicks über die eingetretenen Neuerungen seien

hier die wichtigsten angeführt:

A. Im Gesetz. 1) Der

Begriff

der

stempelpflichtigen

und

stempelfreien

Briefwechsel­

verträge ist im § 1 Abs. 3 festgelegt und zwar gegenüber der früheren,

auf Verwaltungsentscheidungen und der Spruchpraris der Gerichte beruhenden Auslegung in einem die Stempelfreiheit erweiternden Umfange;

2) im § 6 sind in Anlehnung an die §§ 6 und 7 der C.P.O. und die §§ 15 bis

19

preußischen

des

stimmungen

abweichende

Erbschaftssteuergesetzes Anordnungen

über

von die

den frühereil

Ermittelung

Be­

des

stempelpflichtigen Werths getroffen;

3) im § 18 sind für Strafsachen, wenn die Absicht einer Stempelhinterziehung ausgeschlossen ist, an Stelle der eigentlichen Geldstrafen mäßige Ordnungs­

strafen zugelaffen; 4) der § 25 Abs. 2 enthält die schon an anderer Stelle besprochene Ermächtigung des Finanzministers

zur

Rückzahlung

des

Stempels

bei

unter­

bliebener Geschäftsausführung; 5) im § 26 ist der früher nur in beschränktem Maße zugelaffene Rechtsweg

für alle Stempel unterschiedslos eröffnet und der früher erforderlich ge­ wesene Vorbehalt bei der Zahlung beseitigt; 6) im § 27 ist die Verjährungsfrist für die auf einen Bruchtheil des

Werths bemessenen Stempel, die früher im Gebiete des A.L.R. 44 Jahre und im Gebiete des gern. R. 30 Jahre betrug, auf 10 Jahre herabgesetzt und für alle anderen Stempel eine fünfjährige Verjährung bestimmt;

7) der § 30 Abs. 2 legt den Hauptsteuer-, Hauptzoll- und Stempelsteuerämtern die Verpflichtung zur Auskunftertheilung über die Höhe des gesetzlich erforderlichen Stempels auf.

B. Im Tarif. 8) Eine Reihe von Tarifstellen des Gesetzes von 1822 ist im jetzigen Tarif nicht

mehr

aufgeführt,

stätigungen,

nämlich

Bürgerbriefe,

die

Tarifstellen:

Chartepartien,

Beilbriefe,

Be­

Engagements­

protokolle, Erbpachtverträge, Erbzinsverträge, Gutachten der

Sachverständigen, Lehnbriefe, Makleratteste, Majorennitätserklärungen, Mortifikationsscheine, Muthscheine, Rekognitions-

b

XVIII

Einleitung.

Protokolle, Resolutionen, Schiffsmeßbriefe.

Ein

dieser

Theil

Tarifstellen ist in anderen Tarifnummern aufgegangen; so sind Bestätigungen

als Ausfertigungen (Tarif 10),

Chartepartien

(Tarif 711), Engagementsprotokolle

als

allgemeine Verträge

als

allgemeine

Verträge

oder

als

Notariatsurkunden oder als Protokolle (Tarif 711, 45, 52), Rekognitions-

protokolle als Notariatsurkunden oder als Protokolle (Tarif 45, 52) zu versteuern;

9) für die Abtretung von Rechten ist an die Stelle des früheren festen Stempels von 1,50 Mark ein mäßiger Werthstempel von Vjo v. H. getreten;

10) für Erbrecesse über die Vertheilung einer erbschaftssteuerpflichtigen Erbschaft, die früher stempelfrei waren, ist ein Werthstempel von 1/2-, v. H.

eingeführt; 11) der

Kreis

gebührenartigen

der

Abgaben

hat

eine

bedeutende

Erweiterung erfahren, nachdem die Gesetzgebung, insbesondere die Reichs­

gewerbeordnung, die Fälle, in denen die Verwaltungsbehörden im Privat­

interesse der Betheiligten mitzuwirken haben, beträchtlich vermehrt hat.

sind z.

B.

in

der

Tarifstelle 22

für

Erlaubnißertheilungen

gewerbepolizeilichen Angelegenheiten,

die

früher

durchweg

Es in

nur

dem Ausfertigungsstempel von 1,50 Mark unterlagen, überwiegend höhere

Abgaben in der Form von Werthstempeln oder nach Werthklassen abgestufte

Stempel eingeführt. Ferner sind für Urkunden über Konsolidationen von

Bergwerkseigenthum (Tarif 33), die Bestätigung oder Anstellung von

(Tarif 40),

Mäklern

Genehmigungen

von Namensände­

rungen (Tarif 42), für Naturalisationsurkunden (Tarif 43), Urkunden über Verleihungen des Bergwerkseigenthums (Tarif68) an Stelle

des bisherigen Ausfertigungsstempels von 1,50 Mark Steuersätze in den Beträgen von 100, 25, 30 und 50 Mark vorgeschrieben worden.

die Tarifstelle

60a,

c und

Durch

d sind die früher auf Grund.Königlicher

Kabinetsorders erhobenen Gnadenstempel auf eine gesetzliche Grundlage

gestellt;

unter b

dieser Tarifstelle sind

neue

Abgaben für

Wappen­

vermehrungen eingeführt, desgleichen unter e für Titelverleihungen

an Privatpersonen (Stempel von 300 Mark); 12) in der Tarifstelle 25 sind die bisher meist nur mit 1,50 Mark steuer­

pflichtig gewesenen Gesellschaftsverträge (Verträge über die Errichtung gewisier Erwerbsgesellschaften, das Einbringen von Vermögensgegenständen

in solche, die Ueberlasiung von Gesellschaftsrechten) mit Rücksicht auf ihre wirthschaftliche Bedeutung steuerlich den Sach- und Forderungsveräußerungen gleichgestellt und wie diese den Werthstempeln von 1, Vs und Vso v. H. unter­

worfen worden; 13) die Tarifstelle 32 enthält im Abs. 5 die Neuerung, daß Beurkundungen

der Übertragungen der Rechte der Erwerber aus Veräußerungs­

geschäften über unbewegliche Sachen und diesen gleichgeachtete

Einleitung

XIX

Rechte oder über bewegliche Sachen usw. wie Sach- und Rechts-

veräußerungen, also statt des bisherigen Cessionsstempels von 1,50 Mark mit den Werthstempeln von 1, ’/s oder V50 v. H. zu versteuern sind; 14) durch die Befr.Vorschrift 2

Veräußerung

der Tarifstelle 32

unbeweglicher

Aszendenten an

und

sind Verträge über die

beweglicher

Sachen

von

Deszendenten von jedem Stempel befreit worden,

während diese Verträge nach früherem Recht bezüglich der unbeweglichen

Sachen nur eine beschränkte, bezüglich der beweglichen Sachen gar keine Stempelfreiheit genoßen;

15) nach der Tarifstelle 48a sind Pacht- und Miethverträge über unbeweg­ liche Sachen erst stempelpflichtig, wenn der jährliche Pacht- oder Miethzins mehr als 300 Mark beträgt. Art der Versteuerung

Ferner ist für diese Verträge eine besondere

durch Verzeichnisse angeordnet, durch welche die

Verträge alljährlich im Januar für das stempelt werden.

abgelaufene Kalenderjahr

ver-

Diese Form der Versteuerung bietet den Vortheil, daß der

Stempel nicht mehr, wie bisher, für die ganze vertragsmäßig bedungene Zeit, sondern nur für die Zeit des thatsächlichen Bestehens des Pacht- oder

Miethverhältnisses zu zahlen ist, der Stempel für Nebenausfertigungen und

für die außer dem eigentlichen Zinse vereinbarten Nebenleistungen in Wegfall

kommt und die Stempelpflicht mit ihren durch das Gesetz daran geknüpften Folgen nur dem Vermiether obliegt.

Wer die alljährliche Versteuening zu

umständlich findet, kann den Stempel auch im voraus und zwar für einen

beliebig

längeren Zeitraum als ein Jahr oder auch für die ganze Dauer

des Vertrages aus einmal entrichten.

Nachtheile entstehen daraus für die

Steuerpflichtigen nicht, da itn Falle vorzeitiger Auflösung des Vertrages der zuviel verwendete Stempel innerhalb zweier Jahre nach eingetretener Auf­ lösung zurückzuzahlen ist (Komm. S. 937 Anm. 31);

16) in der Tarifstelle 581 ist für kurzfristige Darlehen und für kauf­ männische Verpflichtungsscheine der frühere Schuldverschreibungs­

stempel von Via auf 1/50 v. H. ermäßigt und für Lombarddarlehen der

Stempel von Via D- H- ganz beseitigt worden;

17) in der Tarifstelle 70 ist die Versteuerung der Versicherungsverträge gänzlich umgestaltet worden und an die Stelle des früheren Prämien­ stempels von Va v. H.

ein mäßiger, nach der Versicherungssumme zu

bemeßender Stempel getreten.

Nur für Unfall-

und

Haftpflicht­

versicherungen ist der Prämienstempel von Va v. H. bestehen geblieben, jedoch in Abstufungen von 10 Pf. für je 20 Mark Prämie;

18) in der Tarifstelle 712 sind die früher mit 1,50 Mark stempelpflichtigen Arbeits- und-Dienstleistungsverträge, wenn der Jahresbetrag der

Gegenleistung 1500 Mark nicht übersteigt, für stempelfrei erklärt; 19) in der Tarifstelle 73 sind für Vollmachten anstatt des früheren festen

Stempels von 1,50 Mark nach Werthklaßen abgestufte Steuersätze von 50 Pf.

b*

XX

Einleitung.

bis 10 Mark, jedoch mit besonderen Ermäßigungen für Prozeßvollmachten, getreten.

Für Generalvollmachten beträgt der Stempel 20 Mark bei einem

Werthgegenstande von mehr als 50000 Mark. Aenderungen infolge der C oefetflebung nach Erlaß d"z°Siempeu 1 gesetzes.



Ueber die infolge der Gesetzgebung nach dem Erlaß des Stempel-

steu erg ese tzes eingetretenen unmittelbaren und mittelbaren Aenderungen ist bereits in der Vorbemerkung zum Tarif (Komm. S. 425 bis 431) das Erforderliche gesagt. Diese Aenderungen, die durch das Reichserbschaftssteuergesetz vom 3. Juni 1906 noch eine Erweiterung erfahren haben, sind im wesentlichen folgende:

A. Unmittelbare Aenderungen. 1) Die vom Verwaltungsstrafverfahren handelnden 8819, 21 und 22 des Gesetzes sind durch den 8 60, 8 5 Abs. 1 und 2, die 8§ 52 bis 54 und

8 56 des preußischen Verwaltungsstrafgesetzes v. 26. 7. 97 (G.S. S. 237)

abgeändert-und ergänzt worden.

Vergl. Komm.

S. 426 Bem. 2 zu II,

S.263fg., 275 fg., 310 fg.;

2) die Tarifstelle 34 (Kuxe) hat ihre Bedeutung nur beibehalten hinsichtlich der vor dem 1. Juli 1900 ausgefertigten Kuxscheine und Schriftstücke über Uebertragung von Kuxen; bezüglich der Schriftstücke über Verpfändungen

von Kuxen ist sie auch nach diesem Zeitpunkt wirksam geblieben.

Im übrigen

ist sie durch die Einführung des Reichsstempels (Tarifn. lc und 4a Ziffer 3, 88 4, 18 und 57 R.St.Ges. v. 14.6.00.; Tarifn. lc und 4a Ziffer 2,

88 4, 21, 83 R.St.G. v. 3. 6. 06) beseitigt worden.

Vergl. Komm. S. 425,

426 Bem. 2 zu I, S. 859 Anm. 1 Abs. 2;

3) die Tarifstelle 56 (Schenkungen unter Lebenden) ist infolge des Reichserbschaftssteuergesetzes vom 1. Juli 1906 ab insoweit außer Kraft ge­

treten, als jeder Erwerb auf Grund von Schenkungen unter Lebenden, der an dem vorbezeichneten Tage oder später begründet ist, der Reichsstempel­

abgabe unterworfen und dadurch der Landesbesteuerung entzogen ist (88 55, 56, 60, 61 R.Erbsch.St.G. v. 3. 6. 06.

Vergl. Komm. S. 1306 bis 1309).

B. Mittelbare Aenderungen. 4) Die Tarifstelle 19 (Entlassungen aus der väterlichen Gewalt)

ist infolge des Inkrafttretens des B.G.B. bedeutungslos geworden.

Vergl.

Komm. S. 431 Abs. 9 und S. 584 Tarifstelle 19; 5) ebenso hat die Tarifstelle 22i, soweit es sich um Genehmigungen zum Gewerbebetriebe der Auswanderungsunternehmer handelt, ihre Bedeutung

verloren, da diese Genehmigungen nicht mehr von den Regierungspräsidenten, sondern nach 8 2 des Reichsges. über das Auswanderungswesen v. 9. 6. 97

vom Reichskanzler ertheilt werden. wonach

Vergl. Komm. S. 1262 Note 12,

die frühere entgegengesetzte Auffassung S. 426 Bem. 3 la und

S. 630 Anm. 36 aufgegeben ist;

Einleitung.

XXI

6) die Tarifstelle 22k (Erlaubnißertheilungen für ausländische Aus­

wanderungsunternehmer zur Bestellung inländischer Agenten)

ist infolge des in der vorhergehenden Nummer erwähnten Reichsges. v. 9.6.97

Vergl. Komm. S. 426 Bem. 3 la,

ebenfalls gegenstandslos geworden. S. 631 Anm. 39;

7) die Tarifstelle 40 (Mäkler, vereidigte) ist durch das Börsengesetz

v. 22. 6. 96 und das H.G.B. n. F. abgeändert.

Vergl. Komm. S. 426, 427

Bem. 3 I b, r°^md

Theil (etwa zu einem Viertel, in den letzten drei Rechnungsjahren ungefähr zu einem toftenftempei. Fünftel) als Gerichts kosten stempel erhoben.

Der Naturalstempel wird von der

Finanzverwaltung bei dem Etat der Verwaltung der indirekten Steuern

vereinnahmt und von den Steuerpflichtigen durch Beibringung von Stempelpapier

und

Stempelmarken

entrichtet.

Gerichtsbehörden erhoben,

Der

Gerichtskostenstempel

wird

durch

die

ohne daß eine Verwendung von Stempel­

zeichen stattfindet, und im Etat der Justizverwaltung unter den Gerichts­ kosten vereinnahmt.

Die einzelnen Fälle, in denen der Stempel nach den für

Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften eingezogen werden (§§ 30,31 Pr. G.Kost.Ges.),

sind in den §§ 1 und 2 der allg. Verf. des Finanz- und Justizministers v. 29. 2. 96 (Ausf.Best. des Stst.G. amtl. Ausg. Nachtrag I S. 71 bis 75)

aufgeführt.

Die

wichtigsten Fälle sind: gerichtliche Beurkundungen von Akten der freiwilligen Gerichts­

barkeit, Auflassungen, Anträge auf Eintragung von Hypotheken und Grundschulden oder der Abtretung

solcher, Urkunden über die Errichtung von Familienstiftungen,

Fideikommißstiftungsurkunden, welche die oberlandesgerichtliche Bestätigung erhalten

haben, Urkunden über Rechtsgeschäfte, die vom Vormundschaftsgericht genehmigt sind. Die Stempelsteuereinnahmen (in Millionen) aus den letzten, dem jetzigen Gesetz vorangegangenen 10 Jahren und den 10 Jahren seines Bestehens veranschaulicht die -mnahm-n. nachstehende Zusammenstellung:

XXII

Einleitung.

Rechnungs­ jahr

Natural stempel

Gerichts­ kosten­ stempel

Zu­ sammen

Rechnungs­ jahr

1886/87 1887/88 1888/89 1889/90 1890/91 1891/92 1892/93 1893/94 1894/95 1895/96

18,986 20,417 24,563 26,103 23,692 24,095 23,438 22,186 22,393 23,203

6,660 7,126 7,683 8,958 9,171 9,655 10,085 9,747 10,359 10,481

25,646 27,543 32,246 35,061 32,863 33,750 33,523 31,933 32,752 33,684

1896/97 1897; 98 1898/99 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905

i

Natural­

stempel

i

! |

i

27,440 31,772 34,493 36,561 34,424 33,395 38,421 44,011 46,504 52,820

Gerichtskosten­ stempel

Zu­ sammen

10,644 11,150 12,000 12,051 11,497 11,203 11,751 11,464 11,539 13,022

38,084 42,922 46,493 48,612 45,921 44,598 50,172 55,475 58,043 65,842 i

Wie aus der Zusammenstellung heroorgeht, ist das Aufkommen aus der Stempel­

steuer beträchtlichen Schwankungen unterworfen, bewegt sich aber im großen und ganzen seit vielen Jahren und schon lange vor dem Inkrafttreten des jetzigen Gesetzes,

in aufsteigender Richtung.

Während des letzten 10 jährigen Zeitraums unter der

Herrschaft der früheren Stempelgesetzc zeigen sich Unterschiede in den jährlichen Ein­

nahmen von 10 Millionen (25 Millionen im Jahre 1886/87, 35 Millionen im Jahre

1889/90), und während der Geltungszeit des jetzigen Gesetzes bewegen sich die Ein­ nahmen innerhalb der Betragsgrenzen von 38 und 65 Millionen.

Man würde aber

fehl gehen, wenn man das günstige finanzielle Ergebniß der letzten 10 Jahre haupt­

sächlich den Wirkungen des Gesetzes von 1895 zuschreiben wollte.

Denn zu Anfang

seines Bestehens übersteigt die Einnahme diejenige früherer Jahre nur um ein ver-

hältnißmäßig Geringes.

Beispielsweise schließt das Jahr 1895/96 mit 33 Millionen,

das erste Jahr unter dem

neuen Gesetz 1896/97 mit 38 Millionen, also nur mit

einem Mehr von 5 Millionen ab, eine Steigerung, die angesichts der ständigen be­

deutenden Schwankungen der Stempelsteuereinnahmen keine ungeivöhnliche ist.

Das

gegenwärtige Gesetz hat an der Zunahme der Stempelsteuer nur einen bescheidenen

Antheil; die hauptsächlichen Gründe sind andere.

Die Stempelsteuereinnahmen hängen

ebenso wie die Einnahmen aus Zöllen und Verbrauchsabgaben und wie die Ein­ nahmen der Eisenbahnen, der Bergwerksverwaltung, der Forsten usw. von dem Stande unseres Erwerbs- und Wirthschaftslebens ab, das seit geraumer Zeit in steter, auf­ steigender Entwickelung begriffen ist und als Folge ein anhaltendes Ansteigen wie

überhaupt des gesammten Steueraufkommens und der sonstigen Einnahmen, so auch der Stempelsteuereinnahmen nach sich gezogen hat.

Für letztere kommt noch besonders

in Betracht, daß sie zum überwiegenden Theil, nämlich zu mehr als zu zwei Dritteln,

aus dem auf den Eigenthumswechsel von Grundstücken gelegten einprozentigen Werth­ stempel herrührt und es daher in erster Linie der Grundstücks verkehr, namentlich

in den Großstädten und in den Jndustriegegenden ist, dessen Steigen und Fallen auf die Höhe der Stempelsteuereinnahmen von Einfluß ist.

Der Umsatz von Grundstücken,

vor allem in der Stadt Berlin und ihren Vororten, ist aber seit einer langen Reihe von

XXIII

Einleitung.

Jahren ein äußerst reger gewesen und hat besonders im letzten Rechnungsjahre einen

außerordentlichen Umfang angenommen.

Auf die Lebhaftigkeit dieses Verkehrs ist

daher in erster Linie die stete Zunahme der Erträgnisse der Stempelsteuer und insbesondere ihre auffällige Vermehrung um fast 8 Millionen im Rechnungsjahre 1905

zurückzuführen. 7» Auf Grund der §§ 32 und 36 des Stempelsteuergesetzes sind zu ihm eingehende Aussührungs-

Ausführungsvorschriften erlassen worden, die in einer vom Finanzministerium heraus- fttmmungen. gegebenen amtlichen Ausgabe zusammengefaßt sind; ihr ist ein ausführliches Sach­ register beigegeben. Die Ausführungsbestimmungen bestehen aus drei Theilen, nämlich:

1. der Bekanntmachung, betreffend die Ausführung des Stempel­

steuergesetzes vom 13. Februar

1896,

welche die

für die Steuer­

pflichtigen in Betracht kommenden Bestimmungen enthält (amtl. Ausgabe

S. 71 bis 127; Cbl. 96 S. 53);

2. die Dienstvorschriften, betreffend die Ausführung des Stempel­

st euergesetzes vom 14. Februar 1896 (amtl. Ausgabe S. 129 bis 195;

Cbl. 96 S. 93) nebst Anhang, enthaltend die Anweisung für die Erhebung und Verrechnung der Preußischen Stempelsteuer (amtl. Ausgabe S. 197 bis 256; Cbl. 96 S. 140).

In den Dienstvorschriften sind die für die Be­

hörden maßgebenden Vorschriften aufgeführt;

3. die allgemeine Verfügung des Finanzministers und des Justiz­ ministers vom 29. Februar 1896, betreffend das gerichtliche Stempel­ wesen (amtl. Ausgabe S. 257 bis 282; Just.M.Bl. 96 S. 63).

Im Jahre 1900 ist zu diesen Ausführungsbestimmungen ein Nachtrag I nebst Sachregister (Cbl. 00 S. 477; Just.M.Bl. 00 S. 505) ebenfalls in einer amtlichen Ausgabe erschienen.*)

Die Bestimmungen der Ausführungsbekanntmachung sind bei den Paragraphen des Gesetzes und den Nummern des Tarifs im Wortlaut abgedruckt, diejenigen der

Dienstvorschriften und der allgemeinen Verfügung vom 29. 2. 1896 den

Erörterungen des Kommentars an passender Stelle eingegliedert oder dort erörtert. *) Die amtliche Ausgabe der Ausführungsbestimmungen, das Sachregister und der Nachtrag I sind bei allen Hauptzoll- und Hauptsteuerämtern, Zoll- und Steuerämtern käuflich und zwar die Hauptausgabc für 1 Mk., das Sachregister für 25 Pfg., der Nachtrag I für 35 Pfg.

Stempelsteuergesetz'i) vom 31. Juli 1895 und

Bekanntmachung, betreffend die Ausführung des Stempel­ steuergesetzes vom 13. Februar 1896.**2)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preussen re. verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages, für den Umfang der Monarchie mit Ausschluss der Hohenzollernschen Lande und der Insel Helgoland, was folgt:*3)

I. Abschnitt. Von der Pflicht M Entrichtung der Stempelsteuer.

8-1. Gegenstand der Stempelsteuer.

Die in dem anliegenden Tarif anfgeführten Urkunden unterliegen den

Abs. i.

darin bezeichneten Stempelabgaben.

Stempelpflichtig sind Urkunden, welche mit dem Namen oder der Firma des Ausstellers unterzeichnet sind, insoweit nicht dieses Gesetz oder der Tarif entgegenstehende Bestimmungen enthält. Den unterschriftlich vollzogenen Urkunden stehen diejenigen gleich, unter welchen der Name oder

die Firma des Ausstellers in seinem Auftrage unterschrieben oder mit seinem Wiffen oder Willen durch Stempelausdruck, Lithographie oder in

irgend einer anderen Art mechanisch hergestellt ist.

*1) *2)

Das Gesetz ist abgedruckt in der Gesetzsammlung für 1895 S. 413 ff. unter Nr. 9776; es ist in Kraft getreten mit dem 1. April 1896. Die Bekanntmachung ist abgedruckt im Dtsch. R.Anz. u. Kgl. Preuß. St.Anz. vom 19. 2. 96. Nr. 44, im Cbl. der Abgaben-Gesetzgebung und Verwaltung in den Königl. Preußischen Staaten vom 26. 2. 96. Nr. 5 S. 53 und in den Regierungsamtsblättern, mit Ausnahme des Amtsblatts der Regierung in Sigmaringen. Die einzelnen Bestimmungen derselben sind in diesem Buch in lateinischer Schrift an den paffenden Stellen eingeschaltet, zuerst hinter § 5. (Siehe die Anm. s auf der folgenden Seite.) Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

1

Abs. 2.

2 Abs. s.

T. Abschnitt:

Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

Ergiebt sich die Einigung über ein Geschäft aus einem Briefwechsel oder einem Austausch sonstiger schriftlicher Mittheilungen, so wird in der

Regel ein Stempel hierfür nicht erhoben. In einem solchen Falle tritt aber die Verpflichtung zur Entrichtung des betreffenden Stempels dann citit, wenn nach der Berkehrssitte über das Geschäft ein förmlicher schriftlicher Vertrag errichtet zu werden pflegt, diese Errichtung indessen nicht statt­ gefunden hat und von den Betheiligten beabsichtigt ist, durch den Brief­

wechsel oder den Austausch der sonstigen schriftlichen Mittheilungen die Aufnahme eines solchen Vertrages zu ersetzen. Inhalt.

Zu Absatz 1. Anm. L Urkunden. Urkundenstempel. „ 2. Oeffentliche und Privat-Urkunden. „ 3. Begründung, Bestätigung und An­ erkennung eines Rechtsgeschäfts. „ 4. Wiederholte Beurkundung desselben Geschäfts. „

5. Kollision verschiedener Rechtssysteme.



6. Abhanden gekommene Urkunden.



7. Unterschrift, Aushändigung, Name, Handzeichen, Analphabeten, Besiegelung.



8. Unterschrift bei Behörden, Stadt­ gemeinden u. s. w. Reichsfiskus. Staatsfiskus. Provinzen. Kreise» Stadtgemeinden. Landgemeinden. Reichsbank. Centralanstalt zur Förderung deS genoffenschaftlichen Personal-Kredits. Kirchen. Synagogengemeinden. Schulen»



9. Ort und Zeit der Unterschrift. tirung.

Zu Absatz 2.



10. Firma des Ausstellers.

Da-

9Imn. 11. Auftrag zur Unterschrift. Rcfti^ Habition. ,, 12. Innere Mängel der Unterschrift. Unterschrift bei Verträgen. ,, 13. „Entgegenstehende Bestim­ mungen" des Gesetzes und Tarifs.

Zu Absatz 3. 14. Korrespondenzverträge. Begriff. Geschichtliches. 15. Briefwechsel. Begriff. Regelmäßige Stempelfreiheit desselben. 16. Vertragsurkunden, eingekleidet in Briefform. 17. Die Einigung ergiebt sich ans dem Briefwechsel. 18. Sonstige.schriftliche Mittheilungen. Telegramme. 19. Ausnahmsweise Stempelpflich­ tig k e it der Korrespondenzverträge. 20. Verkehrssitte. Förmlicher schrift­ licher Vertrag. 21. Förmlicher Vertrag neben dem Briefwechsel. 22. Umgehungsabsicht. 23. Die „Betheiligten". 24. Ergebniß für die kaufmännische Korrespondenz. Bestätigungs­ briefe. Stempelpflichtigkeit ein­ seitiger schriftlicher Benachrichti­ gungen an Dritte. Durch Briefwechsel zu Stande gekommene P a ch t-, M i e th Verträge u. s. w.

*3) In den Hohenzollern'schen Landen besteht nur der in Grundbuchsachen zu erhebende einprozentige Stempel für Auslassungen, ferner ein Schenkungsstempel für Auflassungen auf Grund einer Schenkung unter Lebenden sowie ein Stenrpel von einem zwölftel Prozent für Eintragungen und Verpfändungen von Hypotheken und Grundschulden auf Grund des Artikel II des Gesetzes betr. das Sportel-, Stempel- und Taxwesen in den Hohenzollern'schen Landen vom 22. 6. 75., G.S. S. 235. Auf diese Abgaben finden die für Stempel gegebenen Vorschriften des Preußischen Gerichtskostengesetzes vom 25. 6. 95. nach § 131 desselben ent­ sprechende Anwendung. Außerdem besteht in den Hohenzollern'schen Landen noch der Schenkungs­ stempel auf Grund des für den ganzen Umfang der Monarchie mit Ausschluß der Insel Helgoland giltigen Erbschaftssteuergesetzes vom 19./24. 5. 91. bezw.31.7.95. Da das neue Stempelsteuergesetz in den Hohenzollern'schen Landen nicht gilt, so sind diese hinsichtlich der Versteuerung ungünstiger ge­ stellt als die übrigen Landestheile, weil den Hohenzollern'schen Landen die Vergünstigungen des neuen Stempelgesetzes nicht zu statten kommen, wie z. B. die Erstattung des Schenkungsstempels bei unter­ bliebener Ausführung der Schenkung, die Verhängung von Ordnungsstrafen an Stelle der Desraude-

§ 1.

3

Gegenstand der Stempelsteuer.

Zu Absatz 1. !♦

Der Stempelsteuer unterliegen nur Urkunden.

Der Begriff der Urkunde ist im

Gesetz nicht besinnt; eine Begriffsbestimmung ist auch schon deshalb entbehrlich, weil alle

stempelpflichtigen Urkunden im Tarif

einzeln

verzeichnet sind.

Faßt man die diesen Ur­

kunden gemeinschaftlichen Merkmale zusammen, so ergiebt sich, daß das Gesetz unter Urkunden Schriftstücke versteht, durch welche rechtlich erhebliche Willensäußerungen äußerlich erkennbar

gemacht, d. h. beurkundet sind.

Aus welchem Material das Substrat und mit welchem Material

die Schristzeichen hergestellt sind, ist für die Urkunden-Eigenschaft gleichgiltig (stehe Anm. 7 zu d

Abs. 3).

Da die Pflicht zur Entrichtung der dem Gebiete der indirekten Steuern angehörigen

Stempelsteuer keine kontinuirliche ist, vielmehr von Fall zu Fall an Veränderungen im Rechtsleben anknüpft, so erscheint als natürlicher Gegenstand der Stempelsteuerpflicht zunächst die Willens­

äußerung selbst, durch welche die Veränderung bewirkt wird, ohne Rücksicht auf den zufälligen Um­ stand, ob die Willensäußerung beurkundet ist oder nicht (Besitzveränderungsstempel, Mutations­ stempel). Die nothwendige Freiheit des geschäftlichen Verkehrs und die Sicherung des Eingangs

der Steuer erfordern es aber, nur den gemeinüblichen, äußerlich erkennbaren Niederschlag der Willensäußerung, nämlich ihre schriftliche Abfassung, also die darüber ausgestellte Urkunde mit der Steuer zu treffen.

Diese ist auch dann zu versteuern, wenn die Willensäußerung schon für sich

allein, auch ohne Beurkundung, die rechtliche Veränderung bewirkt. Der Stempel ist hiernach — ebenso wie nach bisherigem Recht*4) — ein reiner Urkundenstempel, und dieser Grundsatz ist im Gesetz bis auf wenige, auf praktischen Erwägungen beruhende Ausnahmefälle streng durch­

geführt. Solche Ausnahmen enthalten § 1 Abs. 3 und § 4 Abs. 2 Ges. sowie Tarifstelle 56 (Schenkungen unter Lebenden), nach denen für die Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit einer Urkunde auch außerhalb derselben liegende Umstände heranzuziehen sind; ferner die Vorschrift der Tarifstelle 48 zu a Abs. 8 über die Wirkung des Eintritts der im Vertrage vorgesehenen Verlängerung des Pacht- und Miethverhältnisses; ferner die Tarifstellen 2 Abs. 5, 8 Abs. 2 und

58III. Abs. 3, nach denen Eintragungsanträge stempelfrei sind, falls es nicht zur Eintragung kommt; hier wird die Stempelpflicht davon abhängig gemacht, ob der mit der Beurkundung beabsichtigte

praktische Erfolg erreicht wird.

Endlich bildet eine Ausnahme die Tarifstelle 31, nach welcher

die Art des von der Urkunde gemachten Gebrauchs entscheidend ist: Inventarien sind stempelpflichtig nur dann, wenn sie zum Gebrauch bet stempelpflichtigen Urkunden dienen. Unter die Ausnahmen sind Pacht- und Mietverträge nicht zu rechnen.

Auch bei diesen

lastet der Stempel auf der Urkunde des schriftlichen Vertrages, nur die Form der Be­

lastung ist eine andere wie bei den übrigen Urkunden, indem die Stempelmarken nicht auf den Urkunden selbst, vielmehr auf dem Miethverzeichnisse zu verwenden sind.*5)

Nur die im Tarif aufgeführten Urkunden sind Gegenstand der Stempelsteuer. Alle anderen Urkunden sind also vom Landes stempel und, soweit sie nicht dem Reichsstempel unterliegen, von jeder Stempelabgabe frei.

Die im Tarif verzeichneten Urkunden sind theils

öffentliche, theils Privaturkunden, stets aber solche, welche im Interesse einer bestimmten PrivatPerson oder mehrerer solcher — auch der Fiskus steht hier einer Privatperson gleich — errichtet sind, mag nebenher auch noch gleichzeitig das öffentliche Interesse betheiligt sein.

strafen re. Die Einführung des neuen Stempelgcsetzes in den Hohenzollern'schen Landen wird voraus­ sichtlich bei der Neuregelung des Steuerwesens in diesen Landen erfolgen. Für Helgoland giebt es keine Vorschriften über die Entrichtung von Stempelsteuern. Im § 9 des Preußischen Gesetzes, betreffend die Vereinigung der Insel Helgoland mit der Preußischen Monarchie vom 18. 2. 91, G.S. S. 11 ist angeordnet, daß die für Rechnung des Gemeinwesens in Helgoland zur Hebung konunenden Zölle, Stellern, Pachtgefälle, Abgaben, Taxen 2C> bis auf Weiteres fernerhin zu den Zwecken zu verwenden sind, welchen sie bisher gedient haben. Im Sinne des Stempelgesetzes gelten sowohl die Hohenzollern'schen Lande wie auch Helgo­ land als Ausland, jedoch nicht ausnahmslos (siehe Anm. 2 zu § 2 Ges.). ♦4) RG. Strass. 15. 1. 94 Bd. 25 S. 38, vereinigte Straff, des Ob.Trib., Entsch. Bd. 36 S. 441. *5) Siehe Tarifstelle Nr. 48.

Urkunden. Urkünßenstempel.

I. Abschnitt:

4

Von der Pflicht jur Entrichtung der Stempelsteuer.

A. OeffenMche Urkunden.*K) OeffenMche und private Urkunden?

Diese

2.

sind

theils

dispositiver

Natur



wie

z. B. Erlaubnißertheilungen,

Naturalisationsurkunden, Standeserhöhungen, Strafbescheide —, theils solche, durch welche Thatsachen amtlich festgestellt werden, wie z. B- Ausfertigungen von Schriftstücken der Behörden

und Beamten, Auszüge aus Akten,

Zeugnisse.

amtlich geführten Büchern, Registern u. s. w., amtliche

Die Stempel für Urkunden der letzteren Art sind durchweg feste (Fixstempel) und

haben einen gebührenartigen Charakter, d. h. sie stellen sich als eine Vergütung für die von einer Privatperson in Anspruch genommene Thätigkeit einer Behörde oder eines Beamten dar.

Ist in der öffentlichen Urkunde nicht eine Anordnung, Entscheidung oder amtliche Feststellung einer Behörde enthalten, ist vielmehr die Urkunde nur über eine vor der Behörde oder Urkunds­ person (z. B. Notar) abgegebene

Willenserklärung privatrechtlicher Natur, also

über ein Rechtsgeschäft, errichtet — sei es, daß diese Form der Erklärung die Giltigkeit der letzteren bedingt, wie bei Auflassungen, sei es, daß die Form, wie regelmäßig bei Notariats­

urkunden, nur zur Erhöhung der Verkehrssicherheit zugelassen ist —, so sind für die Frage, ob das Schriftstück als Urkunde über das betreffende Rechtsgeschäft zu versteuern ist, die Grund­

sätze maßgebend, welche für Privaturkunden unter B verzeichnet sind. Die nach dem Tarif zu versteuernde öffentliche Urkunde ist nur dann stempelpflichtig, wenn sie in der vorgeschriebenen Form ausgestellt ist. Die Urkunde verliert aber den Charakter einer öffentlichen nicht schon durch jede Mangelhaftigkeit der Form, sondern nur bei

Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift und auch dann nur rücksichtlich desjenigen Theils ihres Inhalts, der zur Giltigkeit die Beobachtung der verletzten Formvorschrist er­ forderte.

Sind also z. B. in einer öffentlichen Urkunde Erklärungen von Privatpersonen

enthalten, die Mangels der Unterschrift des Erklärenden rechtsunwirksam sind, so bleibt sie doch giltig als öffentliche Urkunde, soweit sie eigene Erklärungen und Wahrnehmungen des Beamten (Urkundsperson) enthält.*?) Die Urkunde hat nicht die Kraft einer öffentlichen und ist deshalb

als solche nicht stempelpflichtig, wenn sie von der Behörde außerhalb der Grenzen ihrer Amts­ befugnisse oder von der Urkundsperson außerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises (§ 380

C.P.O.) ausgestellt ist; sie hat dann die Wirkung einer Privaturkunde.

B. Privaturkunden. Diese

sind regelmäßig nur stempelpflichtig,

soweit sie Rechtsgeschäfte betreffen,

und auch dann nur, wenn diese Rechtsgeschäfte im Tarif besonders verzeichnet sind.

Ausnahms­

weise sind unter den Privaturkunden auch stempelpflichtig, trotzdem sie nicht unmittelbar Rechtsgeschäfte zum Gegenstände haben, Inventarien, welche zum Gebrauch bei stempel­

pflichtigen Urkunden dienen (Tarifstelle 31) und Taxen von Grundstücken, insofern sie wegen eines Privatinteresses unter Aufsicht einer öffentlichen Behörde ausgenommen werden

(Tarifftelle 64).

Für die Frage, welcher Kategorie von Rechtsgeschäften

das beurkundete angehört, ist

nur der objektive Inhalt der Urkunde maßgebend, nicht aber die Bezeichnung, welche

der Erklärende oder die Vertragschließenden dem beurkundeten Geschäft gegeben haben,* 8) und ebensowenig der Beweggrund der Ausstellung oder ihr wirtschaftlicher Zweck (siehe § 3). Ist

die rechtsgeschäftliche Erklärung vor einer Behörde oder einem Notar abgegeben (siehe oben

unter A), so ist die Urkunde sz. B. eine gerichtlich aufgenommene Vollmacht, ein notarieller Kaufvertrag) ebenso zu

versteuern,

als ob sie

eine privatschristliche wäre;

bei

amtlichen

♦6) Tarifstellen 10-12, 15, 22, 26, 33, 35, 39, 40, 42, 43, 45, 46, 47, 49, 51-53, 55, 57, 60, 62, 68, 72, 77. *7) RG. 29. 3. 83. Rechtspr. Strass. Bd. 5. S. 199; wo bei öffentlichen Urkunden Be­ siegelung im Gesetz vorgeschrieben ist, nimmt ihr Mangel der Urkunde die Eigenschaft einer öffentlichen. RG. Straff. 10. 1. 84 Bd. 10. S. 35. u. 24. 6. 85 Bd. 12. S. 331. *8) RG. Ctvils. 8. 12. 91. Jur. Wochenschr. 1892 S. 27« u. v. 16. 3. 93. Jur. Wochenschr. 1893 S. 261M

§ 1.

Gegenstand der Stempelsteuer.

5

Protokollen und Notariatsurkunden betragt aber der Stempel stets mindestens 1 Mk. 50 Pf.

(Tankstelle 53 und 45).* 9) Die Rechtsgeschäfte sind entweder streng einseitige (wie Entlassungen aus der väter­ lichen Gewalt, Fideikommißstiftungen, Testamente; siehe Anm. 5 zu § 12) oder zweiseitige,

also Verträge (wie Punktationen, Kaufverträge, Vergleiche 2C.; siehe Anm. 7 unter § 12). Zur Vollendung der Urkunde über ein streng einseitiges Geschäft genügt die Willenserklärung

einer einzigen Person; bei Beurkundungen von Verträgen muß die Urkunde begrifflich stets die übereinstimmende

Willenserklärung

mehrerer

Personen,

nämlich der Vertragschließenden,

enthalten, da anderenfalls die Urkunde nicht als eine Vertragsurkunde im des Wortes zu erachten

ist.

strengen Sinne

Dies trifft auch bei zweiseitigen Verträgen ausnahmslos

zu, das heißt bei solchen, bei denen Leistung und Gegenleistung sich gegenüberstehen. *10) Beurkundung einseitiger Verträge, welche wesentlich nur Verpflichtungen

Zur

für einen der

Vertragschließenden begründen, gehört begrifflich ebenfalls die Unterschrift beider Vertrag­ schließenden. Da aber der sich Verpflichtende durch seine Unterschrift gebunden ist und die An­

nahme seitens des Berechtigten auch stillschweigend giltig erfolgen kann, ist es im Rechtsleben nicht üblich, über solche einseitigen Verträge eigentliche Vertrags urkunden zu errichten; vielmehr wird bei solchen regelmäßig nur die einseitige Verpflichtungs-Erklärung des einen Vertrag,

schließenden beurkundet, so die Vollmacht, Schenkung, Schuldverschreibung, Abtretung statt des Vollmachtsvertragö, Schenkungsvertrags, Darlehnsvertrags, Abtretungsvertrags (nicht pactum de cedendo). Deshalb hat auch der Tarif nicht die Vertragsurkunden über einseitige Verträge, vielmehr diese einseitigen Verpflichtungserklärungen zum Gegenstände der Stempelsteuer gemacht, während bei zweiseitigen Verträgen, bei deren schriftlichem Abschluß erfahrungsmäßig beide Kontrahenten

sich durch Unterschrift zu den von ihnen übernommenen Verpflichtungen zu bekennen pflegen, diese Vertragsinstrumente der Stempelsteuer unterworfen sind.

Die einseitigen Erklärungen

des aus dem einseitigen Vertrage Verpflichteten (Vollmacht, Schuldverschreibung u. s. w.),

welche ebenso wie die vorerwähnten streng einseitigen Erklärungen stempelrechtlich unter die Kategorien der im 8 12 zu b bezeichneten einseitigen Verpflichtungen und Erklärungen zu rechnen sind, unterliegen der Stempelsteuer auch dann, wenn der Vertrag (Schenkungsvertrag,

Vollmachtsvertrag, Darlehns- und Abtretungsvertrag), auf den sie sich beziehen, gar nicht zu Stande gekommen ist, wenn also z. B. die Abtretungsurkunde ohne Wissen Desjenigen errichtet

ist, dem die Forderung darin abgetreten wird.

3* Als stempelpflichtige Beurkundung eines Geschäfts ist nicht nur der schriftliche Begründung, Akt anzusehen, durch welchen das Rechtsgeschäft konstituirt wird, sondern auch die schriftliche BestLugung Bestätigung oder Anerkennung eines bereits mündlich getätigten Geschäfts.

Es genügt, Anerkennung

wenn aus der Urkunde die Absicht ersichtlich ist, ein direktes urkundliches Beweismittel für das Bestehen des Rechtsgeschäfts zu schaffen. Wenn dagegen Inhalts der Urkunde der Wille des Erklärenden weder darauf gerichtet ist, Rechte und Verbindlichkeiten zu begründen, noch

darauf,

einen Rechtsakt zu bestätigen

versteuern.

oder aufrecht zu erhalten, so ist die Urkunde nicht zu

Die bloß historische Erwähnung eines Rechtsgeschäfts, welche lediglich auf

die Mittheilung von Thatsachen gerichtet.ist und zur Motivirung anderer Willenserklärungen

oder Mittheilungen dient, macht die Urkunde noch nicht stempelpflichtig (siehe § 3 Anm 15). *11)

*9) Eine Schuldverschreibung über 500 Mk. erfordert einen Stempel von 50 Pf. (Tarifftelle 58 I Ges. § 11). In Form eines gerichtlichen Protokolls, als Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit, ist sie mit 1 Mk. 50 Pf. zu Verstempeln, und ebenso verhält es sich mit einem Anträge auf Ein­ tragung einer Hypothek oder Grundschnld (Tarifstelle 58 III); der letztere ist aber, wenn er vom Grundbuchrichter ausgenommen ist, nur mit 50 Pf. zu Verstempeln (§§ 29 u. 67 Pr. G.Kost.G.). *10) Nur auf solche zweiseitige Verträge bezieht sich die Tarifstelle 71 „Verträge". *11) RG. Civils. 10. 3. 87. Raff. u. Küntz. Vd. 31 S. 729 und 21. 3. 90. Bd. 34. S. 734. RG. Civils. 26. 1. 93. Jur. Wochenschr. 1893. S. 188g und 5. 10. 93 Just.M.Bl. 1895 S. 6 ff.; siehe auch RG. Civils. 17. 6. 80 Just.M.Bl. 1881 S. 7 und 4. 10. 86 Just.M.Bl. 1887 S. 71, sowie 16. 3. 93 Jur. Wochenschr. 1893 S. 261 *2.

0C

'

I» Abschnitt:

tz

Aon der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

Js< daS Anerkenntniß nur in die Form einer geschichtlichen Erwähnung gekleidet, läßt aber die

Urkunde die Auslegung zu, daß der Wille auf Bestätigung des anerkannten Rechtsakts und auf Schaffung eines unmittelbaren Beweismittels für denselben gerichtet war, so ist die Urkunde zu Verstempeln.* 12)

Beurkundung desselben Geschäfts.

4*

Ist über den Rechtsakt schon eine besondere Urkunde ausgestellt, welche der Stempel-

pflicht unterliegt, so wird zu einer schriftlichen Anerkennung regelmäßig kein Anlaß vorhanden und daher die Absicht, ein Anerkenntniß zu erklären, dann verneint werden müssen, wenn die Fassung der Urkunde Zweifel übrig läßt. Doch kann sehr wohl im einzelnen Falle die Absicht vorliegen, ein zweites urkundliches Beweismittel zu schaffen, z. B. wenn die erste Urkunde

oder wenn sie zwar vorhanden,

untergegangen oder abhanden gekommen ist, lichkeit ihrer Anfechtung gegeben ist,

aber die Mög­

oder wenn sie nicht innerhalb der Nothfrist versteuert

ist und deshalb vernichtet werden oder unbenutzt bleiben

soll.

Liegt der zweiten Urkunde

der Wille, ein Anerkenntniß abzugeben oder sich wiederholt zu verpflichten, zu Grunde, so ist

aus dem Stempelsteuergesetz ein Grund gegen die Verpflichtung, sie zu versteuern, Mangels einer dahin gehenden Vorschrift nicht zu entnehmen.

Der § 9 Ges. befreit von dieser Pflicht

nur Urkunden gleichen Inhalts, trifft also den hier nicht vorliegenden Fall der Ver­ vielfältigung derselben Urkunde (Duplikate, Nebenausfertigungen). Auch die Voraussetzungen

der Erstattung des für die erste oder zweite Urkunde entrichteten Stempels (§ 25) sind durch die Ausstellung mehrerer Urkunden über dasselbe Geschäft noch nicht gegeben. Nach der be­ stehenden Nerwaltungspraxis aber ist für bcn bei weitem häufigsten Fall des Anerkenntnisses,

nämlich die Schuldverschreibung, von der Nachbringung des Stempels stets abgesehen worden, wenn

nachgewiesen

wurde,

daß

über

die

Schuld

schon

eine besondere

Schuld­

verschreibung unter Verwendung des gesetzlichen Stempels ausgestellt worden war. Der Ananzminister folgt dabei der Praxis des Obertribunals, welche anfänglich nur bei schriftlicher

Uebernahme einer schon urkundlich feststehenden fremden Schuld das Vorliegen einer Schuld­ verschreibung verneinte,

da durch diese lediglich accessorische Erklärung dem Gläubiger ein

Kapitalbetrag nicht erst verschrieben werde.

Erforderniß

Später hat das Obertribunal allgemein als

einer Schuldverschreibung aufgestellt, daß sie eine für sich bestehende neue

und Prinzipale Schuld begründen müsse — freilich ohne Rücksicht darauf, ob etwa für eine frühere, dieselbe Schuld betreffende Verschreibung der gesetzliche Stempel erfordert ist oder

nicht.*13)

Diese besondere Behandlung,

nach welcher Schuldbekenntnisse in gewissen Fällen

nicht als Schuldverschreibungen zu versteuern sind, ist aber nur eine Folge der besonderen Natur

der Schuldverschreibungen (siehe bei Tarifst. 58.)

In der Entscheidung vom 7.12. 76 Bd. 79

S. 380 ff. hält das Obertribunal eine Doppelbesteuerung desselben wirthschaftlichen Geschäfts

für ausgeschlossen, auch wenn über dasselbe hintereinander mehrere schriftliche Verträge er­ richtet sind, welche bezüglich der Essentialien von einander abweichen.

Das Reichsgericht da-

*12) F.M.Erl. 23. 5. 80 III. 7380 u. 15. 3. 92 III. 3100. *13) F.M.Erl. 22. 1. 69 III 27362 (Cbl. S. 215): „Die verschiedenen Senate des Königl. Obertribunals Haven in einer Reihe von übereinstimmenden Entscheidungen die Position „Schuld­ verschreibungen" im Tarif zum Stempelgesetze vom 7. 3. 22 dahin ausgelegt, das; nur diejenigen Urkunden als Schuldverschreibungen der Versteuerung unterliegen, welche eine für sich be­ stehende neue und Prinzipale Schuldverbindlichkeit begründen, dergestalt, daß der Schuldverschreibungöstempel nicht soll gefordert werden können, wenn der bisher nur dinglich ver­ haftete Eigenthümer eines Grundstücks die in Rede stehende Schuld als persönlicher Schuldner über­ nimmt. Mit Rücksicht hierauf ist in Uebereinstimnrung mit den: H. Justiz-Minister beschlossen worden, die der vorbezeichneten Auslegung entgegenstehende, seitens beider Ministerien bisher be­ folgte Auffassung aufzugeben. Jene Auslegting des Königl. Obertribtlnals ist deshalb für die Zukunft zu beachten und danach zu verfahren." Siehe auch Ob.Trib. 24. 5. 67 Bd. 58 S. 390 und für Kaufverträge 7. 12. 76 Bd. 79 S. 384; ferner Ob.Trib. 20. 1. 68 Bd. 59 S. 352, RG. Eivils. 21. 11. 81 Rass. u. Küntz. Bd. 26 S. 1059.

§ 1.

Gegenstand der Stempelsteuer.

7

gegen erkennt an, daß die wiederholte Beurkundung desselben Vertrags auch die Steuerpflicht wiederholt zur Entstehung bringt. **14)

Dieser Meinung wird hier beigetreten.

Das Ergebniß ist hiernach das folgende:

Für die Stempelpflichtigkeit einer Urkunde ist lediglich ihr Inhalt maßgebend. Umstand,

daß

sie etwa eine

schon

anderweit

verändert wiederholt zum Ausdruck bringt,

beurkundete

Der

Verbindlichkeit un­

befreit für sich allein sie noch nicht von

der Stempelpflicht, selbst dann nicht, wenn die frühere Urkunde ordnungsmäßig versteuert ist? 15) Eine Bezugnahme in der Urkunde auf eine frühere, über dieselbe Verbindlichkeit

lautende Urkunde befreit die spätere Urkunde von der Stempelpflicht nur dann, wenn ohne diese Bezugnahme die Verpflichtung aus der späteren Urkunde allein nicht zu begründen ist. Kann nur aus beiden Urkunden zusammen — der bezugnehmenden und der in Bezug ge­

nommenen — die Verbindlichkeit konstruirt werden, so gelten stempelrechtlich beide zusammen nur als eine einheitliche Beurkundung.

Eine Ausnahme findet nur statt in folgenden im Gesetz bestimmten Fällen, nämlich: a) Nach § 9 Ges. soll, wenn mehrere Urkunden gleichen Inhalts — welche also

auch nicht in derDatirung von einander abweichen dürfen --ausgefertigt werden, der auf dem Gegenstand ruhende Stempel nur zur Hauptausfertigung, zu allen

übrigen aber nur der in der Tarifstelle Duplikate (Nr. 16) bestimmte Stempel ver-

wendet werden. Dasselbe wird gelten müssen, wenn cs sich nicht um mehrere „Aus­ fertigungen" von Urkunden handelt, wenn vielmehr die Vertragschließenden selbst über das einmal geschlossene Geschäft mehrere völlig gleichlautende Urkunden

errichten.

Ist keine derselben als Haupturkunde bezeichnet, so wird als solche die

zuerst zur Versteuerung gelangende anzusehen sein;

b) nach den Tarifftellen Nr. 2 Abtretungen Abs. 8, Nr. 8 Auflassungen Abs. 5, Nr. 54 Punktationen Abs. 2 und Tarifst. Nr. 58 Schuldverschreibungen zu III Abs. 3 ist in gewissen Fällen die spätere der über denselben Gegenstand errichteten Ur­ kunden zwar zu versteuern, doch ist der für die frühere Urkunde verwendete Stempel dabei in Anrechnung zu bringen. (Siehe die Anmerkungen bei diesen Tarifstellen.)

In der Praxis der Finanz- und Justizverwaltung hat man jedoch von jeher in An­

lehnung an die Rechtsprechung des Obertribunals den milderen Grundsatz befolgt, daß

zu

Verhandlungen, wenn von denselben Personen über den nämlichen Gegenstand mehrmals kontrahirt wird,

der Werthstempel nur einmal zu verwenden ist, vorausgesetzt, daß die

mehreren Beurkundungen inhaltlich int Wesentlichen übereinstimmen und nur in der Fassung oder in Nebenbestimmungen (z. B. bei Kaufverträgen hinsichtlich des Zeitpunktes der Ueber-

gabe, der Beilaßstücke) von einander abweichen.

Eine wesentliche Uebereinstimmung ist selbst

dann noch angenommen worden, wenn bei Kaufgeschäften der erste Vertrag sich auf das ganze Grundstück bezog, während in den: späteren Vertrage ein Theil von: Verkauf ausgeschlossen

blieb,* 16) oder die Preisangaben verschiedene waren, so daß bei einer Erhöhung des Preises

in denl späteren Vertrage nur

eine Versteuerung des Mehrbetrages erforderlich war. *17)

Diese inilde Praxis, die auch bestehen blieb, nachdem sich in der reichsgerichtlichen Recht-

*14) RG. Strass. 13. 1. 90 Bd. 20 S. 192 und RG. Civils. 3. 2. 96, Berg c./a. Fiskus VI 261/95 (Jur. Wochenschr. 1896 S. 197, g), ebenso RG. Strass. 1. 11. 89 Bd. 20 S. 25. In der zuerst citirten Entscheidung führt das RG. aus: „Das fiskalische Interesse findet seine Rechnung gerade bei dein mehrfach wiederholten Abschlüsse desselben Vertrages, welche Wiederholung auch die Steuerpflicht wiederholt zur Entstehung bringt." Siehe auch (arg. e contr.) Kab.O. 24. 11. 35 v. Kamptz Jahrb. Bd. 46. S. 560 und Atlg.F.M.Erl. 25. 1. 36 III. 30040 sowie RG. Civils. 21. 2. 90 Bd. 25 S. 64. *15) Siehe die Entscheidungen bei 14. *16) F.M.Erl. 7. 1. 41 III. 31371; Just.M.Erl. 2. 9. 72 III. 2197, mitgetheilt durch F.M.Erl. 15. 9. 72 III. 13928; F.M.Erl. 14. 9. 55 III. 21784. *17) Vergl. Hoyer-Gaupp S. 392. 393 Anm. 16^.

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

8

sprechung die strengere Auffassung geltend gemacht hatte, *18) ist auch für das jetzige Gesetz bereits anerkannt worden. *19) Sie erstreckt sich aber nur auf die mit dem Werth des Gegenstandes prozentual steigenden

nicht auf die festen Stempel und die nach

Stempel,

Werthklassen abgestuften Stempel, so daß

z. B. jede einzelne der mehreren Vollmachten,

welche derselbe Vollmachtgeber über den nämlichen Gegenstand auf denselben Bevollmächtigten

ausgestellt hat, mit dem tarifmäßigen Stempel zu versehen ist.

verschiedener Im Tarif sind die Geschäfte, von deren Beurkundung die beigesehten Stempelbeträge RechtLsysteme. erhoben werden sollen, mit den civilrechtlichen Benennungen aufgeführt (Abtretung von Rechten,

Kaufverträge, Vollmachten, Werkverdingungsverträge).

Ob die Voraussetzungen und Merk­

male eines dieser Geschäfte im einzelnen Falle vorliegen, ist Mangels einer entgegenstehenden

Bestimmung des Gesetzes nach den Grundsätzen des Civilrechts zu entscheiden.

In Preußen

herrscht aber nicht ein einheitliches Rechtssystem, vielmehr haben in den verschiedenen Gebieten bis zum zukünftigen Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs das allgemeine Landrecht, das Gemeine Recht und das Rheinische Recht — daneben auch noch partikularrechtliche Vor­ schriften — Giltigkeit, welche in der Begriffsbestimmung der einzelnen Geschäfte nicht immer

untereinander übereinstimmen, sodaß im einzelnen Falle zweifelhaft sein kann, ob eine Tarif­

stelle und welche zutrifft.

Für den Fall der Kollision dieser verschiedenen Rechte ent­

hält das Stempelsteuergesetz keine Vorschriften darüber, welches Recht für die Charakterisirung des Geschäfts maßgebend sein soll. Die Frage ist daher nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen über die räumlichen Grenzen der Anwendbarkeit der Gesetze dahin zu entscheiden, daß das Recht

maßgebend ist, in dessen Gebiet das durch das Geschäft geschaffene Rechtsverhältniß

Dies Gebiet bestimmt sich nicht immer nach dem Ort, an welchem die

seinen Sitz hat.

stempelpflichtige Urkunde zuerst zur vollen Existenz gelangt; entscheidend ist vielmehr in erster Linie der erkennbare Wille des Erklärenden. Ein wichtiger, wenn auch nicht immer sicherer Anhaltspunkt für das Erkennen dieses Willens wird es sein, wenn sich die Vertragschließenden

der Gerichtsbarkeit eines bestimmten Orts unterworfen haben. *20)

Abhanden gekommene u. vernichtete Urkunden.

(>♦ Siehe Anm. 14 zu § 3.

Zu Absatz ».

Unterschriften. a) Stempelpflichtig sind die schriftlich abgefaßten Geschäfte nur, soweit dieschriftAushändigung. liche Abfassung formell giltig, also ihrer Form nach — zunächst abgesehen von der inneren 92an^ Verbindlichkeit der Erklärung (siehe § 3 Ges.) — geeignet ist, eine Erfüllungspflicht für den ^»alphabetm. Aussteller zu begründen. Die schriftliche Form vollendet sich durch die Unterschrift des oder der Besiegelung, aus der Urkunde Verpflichteten (§ 381 C.P.O. §§ 116, 118 Th. I Tit. 5 A-L.R-).

Deshalb

sind in Abs. 2 als stempelpflichtig nur die unterschriftlich vollzogenen und die denselben

gleichstehenden Urkunden bezeichnet. schrift,

welche

dem

Inhalte der

Begrifflich ist nur diejenige Namensschrift eine Unter­ Urkunde räumlich

nachfolgt,

sich

also

unter

der

Niederschrift des Vertrages befindet (RG. 11. 11. 95 Jur. Wochenschr. 1895 S. 607 g.) Ausnahmsweise

sind

nach

Tarifstelle 53

und 55

die

von

Behörden

und

Beamten

in Privatangelegenheiten aufgenommenen Protokolle und Registraturen, welche die Stelle einer stempelpflichtigen Urkunde vertreten, auch dann stempelpflichtig, wenn sie von den Parteien

nicht unterschrieben sind (siehe unten Anm. 13).

*18) Just.M.Erl. 14. 7. 91 III. 2406, mitgetheilt durch F.M.Erl. 20. 7. 91 III. 10169; F.M.Erl. 20. 7. 91 III. 10260; 21. 3. 93 III. 3686. *19) F.M.Erl. 20. 8. 96 III. 8818. *20) RG. Verein.Civils. 8. 7. R0 Bd. 2 S. 305, 22. 2. RI Bd. 4 S. 242 ff., 21. 3. 93, Jur. Wochenschr. 1893 S. 245 vr.

§ 1. Eine Urkunde

Person.

kann

rechtswirksam ausstellen

nur

ein

rechtsfähiges

Subjekt,

eine

Diese kann sowohl eine physische als auch eine juristische Person (z. B. Kirche,

Gemeinde, Aktien-Gesellschaft) eingetragenen

und

9

Gegenstand der Stempelsteuer.

sein.

Genossenschaften

Waffergenoffenschasten.

Die Rechte einer juristischen Person haben auch die

Konsumvereine u. s. w.),

(Vorschußvereine,

Dagegen

haben

die

landrechtlichen

(z. B. Kunstvereine, Turnvereine, Erholungs-Gesellschaften) Verfassung,

aber

keine

äußeren

Korporationsrechte und

rechtsfähig (§§ 1 bis 14 Th. II Tit. 6 A.L.R.).

auch die Wald-

Privatgesellschaften

zwar nach Innen korporative sind

deshalb

als

solche

nicht

9lur die prozessuale Parteifähigkeit, die

Gerichtsstandschaft hat ihnen die Rechtsprechung (RG. Civils. v. 25. 9. 90 Bd. 27 S. 183) aus

praktischen Gründen zugebilligt. Sie können aber keine Rechte erwerben, haben oder veräußern; dieser Erfolg kann vielmehr nur durch darauf gerichtete Rechtshandlungen sämmtlicher Mitglieder erreicht werden, durch welche diese sämmtlich berechtigt oder verpflichtet werden.

(Siehe Dernburg Bd. I § 59, Förster-Eccius Bd. IV § 281.) Die Privatgesellschaften als solche können hiernach keine Urkunden ausstellen; sie können durch die Unterschrift der nach

ihren Satzungen zu ihrer Vertretung berufenen Vorstandsmitglieder nicht gebunden werden. Dieser Erfolg tritt nur ein, wenn

1) entweder sämmtliche Mitglieder selbst unterschrieben haben oder 2) wenn zwar nur ein Mitglied oder mehrere unterschrieben haben, diese aber auch die Namen der übrigen Mitglieder unterzeichnet haben und dazu von letzteren bevollmächtigt waren: mündlicher Auftrag genügt und die Rechtslage ist überhaupt

dieselbe, als wenn sonst Urkunden durch Bevollmächtigte physischer Personen mit deren Namen unterzeichnet sind.

(Siehe unten Anm. 11 a u. b.)

In diesen beiden Fällen trifft die Steulpetpflicht die sämmtlichen Mitglieder. (Siehe § 12 Abs. 2.) Haben

die

einzelnen Mitglieder

(z. B. die

des

Vorstandes)

nur

ihre

zeichnet und zwar für sich und zugleich als Vertreter der übrigen bei

Namen

Abschluß

unter­ des be­

urkundeten Geschäfts, so sind diese Unterzeichner allein zur Entrichtung des Stempels ver­ pflichtet. (Siehe aber Anm. 11 e.)

Die Ausstellung der Urkunde, also ihre unterschriftliche Vollziehung für sich allein, be­ gründet schon die Stempelpflicht, ohne daß ein Gebrauchmachen von der Urkunde seitens des Unterschreibenden hinzukommen müßte.

Dies folgt daraus, daß die Vollziehung der Unter­

schrift regelmäßig als eine ihrer Ernstlichkeit nach nicht anzuzweifelnde Willensäußerung, sich an den Inhalt der Urkunde rechtlich zu binden, wird angesehen werden müssen. Deshalb ist nach

§16Buchst.^ Ges. der Aussteller verpflichtet, „binnen zwei Wochen nach dem Tage der Ausstellung" die Versteuerung zu bewirken, also auch dann, wenn er erst nach Ablauf dieser

zwei Wochen von der Urkunde durch Aushändigung oder auf andere Weise Gebrauch macht.

Sollte daher die äußerlich perfekte Urkunde vor der Aushändigung ohne ben Willen des Aus­ stellers aus seiner Gewahrsam gekommen und in die Außenwelt getreten sein, so ist sie stempel­ pflichtig, und zwar auch dann, wenn der Aussteller gar nicht beabsichtigte, die Urkunde aus­

zuhändigen und sich dadurch rechtlich zu binden.

Denn dieser, bei der Unterschrift vorhandene

innere Willensmangel ist aus dem für die Stempelpflicht allein maßgebenden Inhalt der Ur­

kunde nicht ersichtlich, mag er auch für die aus ihr herzuleitende civilrechtliche Verpflichtung von Bedeutung sein.

Bei solchen unterschriebenen Urkunden freilich,

welche nur einseitige

Willenserklärungen enthalten, ist die Stempelpflicht so lange, als sie der Aussteller in

seiner alleinigen Verfügungsgewalt hat, eine resolutiv bedingte.

Wenn der Aussteller —

wozu er an sich berechtigt ist --- die nur seine eigene unterschriftliche Erklärung enthaltende, noch nicht in die Außenwelt getretene Urkunde rechtlich unwirksam macht — durch Ausstreichen seiner Unterschrift, Vernichtung der ganzen Urkunde oder dergleichen—, so ist dadurch

die Stempelpflicht wieder fortgefallen, gerade so, als ob sie niemals begründet gewesen wäre

(ex tune).

Hat also A. eine Urkunde ausgestellt, in der er bekennt, dem B. ans einem be­

stimmten Rechtsgrunde eine bestimmte Summe zu verschulden, oder in der er dem B. Vollmacht

I. Abschnitt:

10

Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

ertheilt, so ist ein Stempel nicht zu entrichten, wenn A. die Urkunde zerreißt, ehe er sie aus

Ist sie aber — mit oder ohne seinen Willen — erst irgendwie

seiner Gewahrsam gelassen hat.

in die Außenwelt getreten, so hat A. als Aussteller den Stempel zu entrichten und er verfällt in die Stempelstrafe, wenn inzwischen die zweiwöchige Frist des § 16 Buchst, g abgelaufen ist. Das ist auch nicht unbillig, da er sich durch Unterlassen der Unterschrift, die für Dritte den Willen, sich zu verpflichten, klar zum Ausdruck bringt, oder durch ihr Wiederbeseitigen vor diesem

Nachtheil hätte schützen können. Anders liegt es bei gemeinschaftlichen, von dem Gegenkontrahenten bereits in der Absicht,

einen urkundlichen Nachweis zu schaffen, vollzogenen Urkunden, z. B. einem förmlichen Kauf­ verträge.

Ist dieser von B. unterschrieben und an A. ausgehändigt, so ist er schon dadurch

in die Außenwelt getreten und B. an den Inhalt der Urkunde gebunden.

Kommt die Unter­

schrift des A. hinzu, so ist die Vertragsurkunde in diesem Augenblick perfekt und stempelpflichtig. A. kann durch spätere Vernichtung der Urkunde oder Durchstreichung seiner Unterschrift wohl

den Nachweis seiner Verpflichtung auS derselben und ihrer Stempelpflichtigkeit erschweren,

die Stempelpflicht selbst aber nicht beseitigen.

Etwaige Härten werden hierbei durch die Vor­

schriften des § 25 gemildert. Die Urkunde muß mit dem eigenen Namen oder der Firma desjenigen bezw. der­

jenigen mehreren Personen unterzeichnet sein, welche Inhalts der Urkunde die verpflichtende Er­ klärung abgiebt bezw. abgeben, sei cs in eigenem, sei es in fremdem Namen. z. B. A. in einer Urkunde, ein Darlehn von B. erhalten

zu haben,

Bekennt also

die nicht von A.,

sondern mit dem Namen eines Dritten, C., oder auch des B. unterzeichnet ist, so liegt eine stempelpflichtige Schuldverschreibung nicht vor, und ebensowenig ein stempelpflichtiger Kauf­ vertrag, wenn A. und B. Inhalts der Vertragsurkunde Käufer und Verkäufer sind, diese aber von C. und D. oder auch von A. und C. unterzeichnet ist. Rührt die Unterschrift nicht

von demjenigen her, dessen Namen die Unterschrift darstellt, so liegt nur eine Scheinunter­ schrift vor, welche bezüglich der Stempelpflicht die echte Unterschrift nicht ersetzt (außer im Falle des Auftrags, siehe unten Anm. 11).

Eine Urkunde über einen zweiseitigen Vertrag ist

hiernach auch für den Kontrahenten, der sie unterzeichnet hat, nichtstempelpflichtig, wenn

die Unterschrift des Namens des anderen Kontrahenten ohne dessen Wissen oder Willen von einem Dritten herrührt? 21)

b) Die Unterschrift muß eine Namen sUnterschrift sein, also den Zunamen des Erklärenden darstellen. Die Beifügung des Taufnamens oder des Standes ist auch bei solchen Namen nicht erforderlich, welche so häufig vorkommen, daß sie für sich allein im Verkehr zur sicheren Bezeichnung nicht ausreichen.

Ob der Kontext der Urkunde sowie ihre Datirung von dem

Erklärenden oder einem Dritten geschrieben sind, ist gleichgiltig. Eine Unterzeichnung nur mit dem Taufnamen (z. B. bei fürstlichen Personen und

unter

Verwandten) oder

Künstlername, Spitzname,

auch

mit

einer

sonstigen

Bezeichnung

(Schriftstellername,

oder sonst ein Name, den der Erklärende im Verkehr zu führen

pflegt), muß dann als vollständige Unterschrift gelten, wenn der Unterschreibende sich gegen­ über den Betheiligten dadurch, wie z. B. beim Briefwechsel, erkennbar individualisirt

hat*22) und der Inhalt der Urkunde keinen Anlaß giebt, an der Ernstlichkeit der Erklärung zu zweifeln.*23) Dasselbe gilt, wenn der Aussteller, anstatt mit seinem vollen Namen, nur mit einer Abkürzung desselben unterzeichnet hat, vorausgesetzt, daß nicht die Annahme durch die

Umstände ausgeschlossen ist, daß er durch diese Art der Unterschrift eine' rechtsverbindliche Er­ klärung hat abgeben wollen; das Reichsgericht hat angenommen, daß schon die Unterschrift des Anfangsbuchstabens des Namens im einzelnen Falle als Vollziehung einer Urkunde angesehen

*21) RG. Strass. 30. 11. 82 Bd. 7 S. 343. *22) Ob.Trib. 16. 6. 65, Strieth. Arch. Bd. 58 S. 349. *23) RG. Civils. 24. 5. 86 Rass. u. Kuntz. Bd. 31 S. 903, RG. Civils. 20. 1. 87 Rass. u. Küntz Bd. 32 S. 118, 121.

§ 1.

11

Gegenstand der Stempelsteuer.

werden kann und ihre Stempelpflicht begründet.

(RG. v. 30. 4. 88, Bolze Bd. 6 S. 118

Nr. 313.) Ob die Unterschrift leserlich ist,**24) ist gleichgiltig; eß muß nur erhellen, daß die Erklännrg hat beurkundet werden sollen, daß also die Unterschrift hat als Namenßunterschrift dienen sollen.

Die Unterschrift bleibt giltig, wenn auch zu ihrer Herstellung und derjenigen

deß Kontextes nicht die gewöhnlich zur Schrift verwendeten Mittel, nämlich Papier und Tinte,

verwendet sind, vielmehr andere, z. B. Bleistift, Farbe.

Vorausgesetzt ist nur, daß nach dem

gewöhnlichen Laufe der Dinge daß Geschriebene für die Dauer des Gebrauchs der Urkunde erkennbar bleiben wird.

Schriftzüge, die mit dein Finger auf einer mit Staub bedeckten Tisch­

platte hergestellt sind, stellen keine Urkunde dar.

c) Nach § 1 sollen stempelpflichtig nur Urkunden sein, unter denen der Name oder die Firma sich befindet. Es können jedoch von der Stempelpflicht auch Urkunden ergriffen werden, unter welchen nur Handzeichen des Ausstellers (Kreuze, Nullen) verzeichnet sind. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn nach dem für die Giltigkeit der Urkunde maßgebenden Civilrecht diese Art der Vollziehung

wirkung gleichsteht.

im vorliegenden Falle der Unterschrift in ihrer Nechts-

Diese ausdehnende Auslegung des Gesetzes stimmt mit der bisherigen

Praxis überein und findet auch in der Begründung des Entwurfs ihre Stütze (S. 10 das.: „der Unterschrift des Ausstellers steht die Unterzeichnung mittels gerichtlich oder notariell be­

glaubigter Handzeichen gleich § 381 C.P.O.").

Die hier ausgesprochene Gleichstellung ist aber

an verschiedene im Civilrecht bestimmte materielle und formelle Voraussetzungen gebunden, die im einzelnen Falle bei den Handzeichen zutreffen müssen, um die Nechtsgiltigkeit und damit

die Stempelpflicht zu erzeugen. Der § 381 a. a. O., der übrigens nur für das Beweisverfahren im Prozeß Bestimmung treffen will, steht dieser Einschränkung nicht entgegen. Er bestimmt

zwar, daß die nlittels gerichtlich oder notariell beglaubigter Handzeichen unterzeichneten Privat­ urkunden ebenso wie die unterschriebenen vollen Beweis dafür begründen, daß die in ihnen

enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

Zur Entstehung der Stempel-

pflicht genügt es aber nicht, daß rechtsgeschäftliche Erklärungen abgegeben sind, es wird

vielmehr erfordert, daß sie in formell rechtsgiltiger Art abgegeben sind; ob dies der Fall sei, ist auf Grund deß Jnhaltß der Urkunde nach Civilrecht zu entscheiden. Im Bereiche des

A.L.N. ist die Rechtslage die folgende: Die Unterschrift ist materiell rechtswirksam nur dann, wenn der Unterschreibende bei

der Unterschrift thatsächlich in der Lage war, den Inhalt desjenigen, was er unterschrieben hat, zu erkennen. Die Unterschrift erzeugt daher keine Rechtswirkung, wenn der Unterschreibende

nicht schreibkundig (Analphabet) ist,

(schreibkundig ist nur, wer seinen Namen schreiben und

Geschriebenes lesen kann), wenn er blind oder taubstmnm oder durch Zufall (Krankheit) mit

Schreiben verhindert ist,

ferner wenn er die Sprache der zu unterschreibende Urkunde nicht

versteht oder sie zwar versteht, aber in ihr weder lesen noch schreiben kann.

Geht der dem

Aussteller anhaftende Mangel aus der Urkunde nicht hervor, so stellt sie sich zunächst, wenn sie

trotzdem vom Aussteller unterschrieben ist, als eine formell giltige dar und ist deßhalb stempelpflichtig,

mag auch z. B. der Aussteller taubstumm und die Urkunde deshalb materiell

nichtig sein (siehe aber § 25 Buchst. c).*25) Die von einem Aussteller nur unterkreuzte oder sonst mit Handzeichen versehene

Urkunde ist nicht stempelpflichtig; ihre formelle Ungiltigkeit ergiebt sich miß ihr selbst. war der Aussteller in der Lage, der Unterschriftsform zu genügen,

Denn

so hat er die regelmäßige

*24) Siehe den Aufsatz int Arnsberger Arch. Bd. 3 S. 549. *25) RG. Straff. 14. 2: 89 Bd. 18 S. 413, R.G. Civils. 24. 5. 86, Rass. u. Küntz. Bd. 31 S. 903 ff., Ob.Trib. 4. 3. 77, Strieth. Bd. 99 S. 168, Cbl. S. 176, Ob.Trib. 12. 3. 69 OR., Bd. 10 S. 152, G.A. Bd. 17 S. 350, Ob.Trib. 16. 5. 60, G.A. Bd. 8 S. 552 u. 20. 3. 68, G.A. Bd. 16. S. 350, OR. Bd. 9 S. 212, Erk. Kammerger. 15. 2. 86, Johow Jahrb. Bd. 6 S. 282, F.M.Erl. 29. 3. 45 TIT. 6358, F.M.Erl. 18. 7. 59 III. 16158, Just.M.Erl. 17. 7. 67 III. 2326.

12

I. Abschnitt: Don der Pflicht zur Enttichtung der Stempelsteuer.

Schriftform'verletzt.

War er zur Unterschrift wegen eines der oben bezeichneten Mängel un­

fähig, geht aber dieser Mangel aus der Urkunde sonst nicht hervor, so wird der Mangel nach

dem Prinzip des Urkundenstempels nicht berücksichtigt, erfordert.

also zur Giltigleit Unterschrift

Geht der Mangel auS der Urkunde hervor (z. B. „wegen Schreibensunkunde" oder

„wegen Blindheit unterkreuzt"), so ergiebt die Urkunde, daß sie wegen Nichtbeobachtung der für

den

Fall des Vorhandenseins eines solchen Mangels gegebenen besonderen Form­

vorschriften der §§ 171 ff. Th. I Tit. 5 A.L.R. ungiltig ist und zwar bei zweiseitigen Ver­ trägen auch für den anderen Kontrahenten, der ordnungsmäßig unterschrieben hat. *26) Ergiebt sich ein solcher Mangel, z. B. Blindheit des Ausstellers, aus der unter­

schriebenen Urkunde, so ist sie aus demselben Grunde unverbindlich und nicht stempelpflichtig. Ist die besondere Form gewahrt, so ist die Urkunde giltig und stempelpflichtig, mag sie vom

Erklärenden unterschrieben oder unterkreuzt oder von einem Beistände statt seiner unterschrieben

sein oder der Privatunterschrift ganz entbehren (§ 178 a. a. O.).

Als besondere Form ist

vorgeschrieben: I. bei Blinden

und

Taubstummen

gerichtliche

Aufnahme

der

Erklärung

(§ 171 a. a. O.);

II. bei Analphabeten, zufällig am Schreiben Verhinderten und den der Sprache

des Instruments Unkundigen die Errichtung der Urkunde vor Gericht oder einem Notar (§§ 172, 179 das., Ges. v. 15. 7. 90 G.S. S. 229; wegen der Noth­

wendigkeit der Zuziehung eines Dolmetschers §§180—183 und 184 TH.I Tit. 5 A.L.N.). III. bei schreibensunkundigen gemeinen Landleuten die Ausnehmung vor einem

Dorfgericht mit Zuziehung eines Gerichtsschreibers (§ 173 das.). Bezüglich der schriftlichen und notariellen Verträge tauber Personen stehe RG. Civils.

26. 3. 87, Rass. u. Küntz. Bd. 31 S. 901.

Die Besiegelung ist im Allgemeinen zur Perfektion der Urkunde auch dann nicht erforderlich, wenn in ihr der Siegel gedacht wird (§ 119 Th. 1 Tit. 5 A.L.R.); sie ist aber

nothwendig, wo sie die Gesetze zur Giltigkeit besonders verlangen, wie für die Geschäfte der

evangelischen und katholischen Kirchengemeinden (§ 22 Evang. Kirchengemeinde- und Synodal­ ordnung v. 10. 9. 73, G.S. S. 417 und § 19 Ges. über die Vermögensverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden v. 20. 6. 75, G.S. S. 241), der Provinzen, Kreise 2C. (siehe Anm.8).

Stadt-

Bei Behörden muß die Unterschrift von denlenigen Beamten herrühren, , welchen verfassungsmäßig die Vertretung der Behörde nach Außen obliegt bezw. die Unter-

gemeinden

rc.^ichnung der Urkunde aufgetragen ist; für die Legitimation der Unterzeichner spricht — selbst

bei Behörden

bei ausländischen Behörden — die Vermuthung. *27) Dasselbe muß gelten von den Anstalten,

denen die Eigenschaft einer privilegirten Korporation zusteht (Fiskus des Reichs und des Staats, Provinzial-, Kreis- und Gemeindeverbände, Kirchen, Schulen, Armenverbände und Armenanstalten.

Diesen für ihre Person steht nach § 5 Ges. Stempelfreiheit zu), sowie von

anderen juristischen Personen.

Retchsfisku».

A. Reichsfiskus. Bezüglich der Vertretung des Reichsfiskus bei Rechtsgeschäften siehe §§ 5—8 Ges. v. 25. 5. 73 (R.G.Bl. S. 113) und v. 17. 3. 78 (R.GBl. S. 7), Allerh. Order v. 30. 4. 87,

Erlaß des Kriegsministers v. 17. 8. 87 an die Korps-Intendanturen und Kommandanturen

(Gouvernements) Just.M.Bl. 1887 S. 211, Johow Jahrb. Bd. 4 S. 147, RG.Civils. 9. 3. 88,

*26) Ob.Trib. 9. 10. 57, GA. Bd. 5 S. 842, Ob.Trib. 20. 6./4. 7. 62, OR. Bd. 2 S. 511, GA. Bd. 10 S. 709. Ein vom Arbeitgeber unterschriebener Dicnstmiethe-Vertrag, der von einem Theil der Arbeitnehmer unterschrieben, von einen: andern Theile blos unterkreuzt ist, ist für erstere stempelpflichtig, weil giltig; bez. des Theilnehmcrs, der nur unterkrenzt hat, ist er formell ungiltig und nicht zu verstempeln; die Theilung ist zulässig da in der Urkunde mehrere gleichartige, aber unter sich selbständige Rechtsgeschäfte verbrieft sind (F.M.Erl. 1. 3. 93 III. 2578). *27) Ob.Trib. 23. 10. 55, Strieth. Arch. Bd. 18 S. 232.

§ 1.

13

Gegenstand der Stempelsteuer.

Bd. 20 S. 148, b. 24.9. 89 Bd. 24 S. 36, Just.MÄl. 1888 S. 217, Rass. u. Küntz. Bd. 34 S. 854. Bezüglich, der Vertretung des Reichs durch die Kaiserl. Kanal-Kommission siehe Geschäfts-

Anweisung des Reichskanzlers v. 22. 1. 87 und Allg. Vers, des LustizministerS v. 12. 2. 87

Just.M.Bl. 1887 S. 58 (bergt Laband, Staatsrecht des Deutschen Reichs § 7, § 101 Anm. 3).

B. FiSkus deS Preußischen Staats.

Siaatsfi«^.

Ein für den Staatsfiskus geschlossenes Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet ihn nur, wenn eö zu dem Geschäftskreise gehört, der dem oder den Beamten, welche daß Geschäft ge­ schlossen haben, verfassungsmäßig zugewiesen ist, und bei speziellen Bevollmächtigten, wenn die Grenze der Vollmacht nicht überschritten ist.

Hat der Beamte außerhalb seines Geschäftskreises

oder über die Grenzen der ihm ertheilten Spezialvollmacht hinaus gehandelt, so ist die darüber­ lautende Urkunde für den Fiskus nur rechtsverbindlich, wenn das Geschäft urkundlich von dem

zuständigen Vertreter des Fiskus ratihabirt ist.

Zur Giltigkeit insbesondere des Erwerbs von Grundstücken gehört schriftliche Genehmigung deß Chefs eines Verwaltungs-Ressorts. Diese macht die über den Erwerb des Grundstücks lautende Urkunde erst stempelpflichtig.

sonderen staatsrechtlichen Beschränkungen.

Grundstücksveräußerungen unterliegen be­

Im Uebrigen siehe hierüber Turnau, Grundbuch­

ordnung, 5. Aufl. Bd. II, §§ 33-35. Wenngleich der Fiskus des Reichs und des preußischen Staats nach § 5 Buchst, b sub­ jektive Stempelfreiheit genießt, so ist dennoch im einzelnen Falle die Feststellung, ob eine für den

Fiskus formell verbindliche Urkunde vorliegt,

erforderlich, weil bei zweiseitigen Verträgen deß

Fiskus mit einer dritten Person nach § 5 Abs. 6 und 7 diese den auf der Urkunde ruhenden

Stempel zur Hälfte bezw. ganz zu entrichten hat. Diese Stempelpflicht ist aber nicht be­ gründet, wenn die Urkunde nicht auch für den Fiskus formell rechtsverbindlich ist.

C. Provinzen.

Provinzen.

I. Nach der Provinzialordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen,

Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen v. 29.6.75 (Fassung v. 22.3.81,

G.S. 1881 S. 233) bildet jede Provinz einen mit den Rechten einer Korporation ausgestatteten Kommunalverband zur Selbstverwaltung seiner Angelegenheiten (§ 1).

Der Landesdirektor

(Landeshauptmann) vertritt ihn nach Außen und zeichnet alle Schriftstücke (§ 90).

Urkunden,

mittels deren der Provinzialverband Verpflichtungen übernimmt, müssen unter Anführung des

betreffenden Beschlusses des Provinziallandtags bezw. des Provinzialausschusses von dem

Lan desdirektor und zwei Mitgliedern des Provinzialausschusses unterschrieben

und mit dem Amtssiegel des Landesdirektorß versehen sein.

in denen

In denjenigen Fällen,

es der Genehmigung der Staatsaufsichtsbehörde bedarf, ist sie der Ausfertigung

in beglaubigter Form beizufügen.

Dem Provinziallandtage bleibt Vorbehalten, für einzelne

Verwaltungszweige und Anstalten in Betreff der Vollziehung von Urkunden und Vollmachten zur Vereinfachung der Geschäfte anderweite statutarische Bestimmung zu treffen (§ 91). Die Provinzial-Ordnung ist ferner eingeführt:

in der Provinz Hannover durch Ges. v. 7. 5. 84, G.S. S. 237 (siehe §§ 90, 91); in der Provinz Hessen - Nassau durch Ges. v. 8. 6. 85, G.S. S. 242 (siehe

8863,64); in der Provinz Westfalen durch Ges. v. 1. 8. 86, G.S. S. 254 (stehe §§90, 91); in der Rheinprovinz durch Ges. v. 1. 6. 87, G.S. S. 249 (siehe §§ 90, 91);

in der Provinz Schleswig-Holstein durch Ges. v. 27. 5. 88, G.S. S. 191 (siehe

88 90, 91). Bezüglich der Provinz Posen gelten entsprechende Vorschriften über die Form der Ur­ kunden seit dem Ges. v. 19. 5. 89, G.S. S. 108, und der Königlichen Verordnung v. 5.11.89,

G.S. S. 177 (siehe § 25 der letzteren).

14

I. Abschnitt: Von der Pflicht jur Entrichtung der Stempelsteuer. Betreffs

Vereinfachung

der

Formvorschriften

gemäß

§ 91

der Provinzial-

ordnung siehe für:

Ostpreußen Statut v. 4. 4. bezw. 11. 5. 78 (v. Brauchitsch, Verwaltungsgesetz,

10. Aufl. 1889, Bd. 2 S. 227 ff.); Westpreußen Statut v. 10. 4. bezw. 1. 6. 78 und v. 25. 3. bezw. 28. 4. 79 (das.

S. 228ff.); Brandenburg Statut v. 6./30. 3. 78 (das. S. 230);

Pommern statutarische Anordnung v. 10. 3. bezw. 24. 4. 80 (das. S. 232); Sachsen § 10 des Statuts v. 28.11. 76 bezw. 17. 3. 77 (das. S. 236); Hannover

§ 3 des Statuts v. 18. 6. bezw. 24. 7. 85 (siehe bei Turnau Bd. II

S. 238, 239 Anm. 10, 9, 7);

Hessen-Nassau § 4 des Statuts v. 15./16.12. 87; Kassel § 6 des Statuts v. 2./6. 6. 86;

Wiesbaden

§ 3

des Statuts v. 5.6. bezw.

15.9.86 (v. Brauchitsch a. a. O.

S. 240 ff.);

Westfalen § 4 des Statuts v. 20./24. 6. 87; §2 des Statuts v. 13./25. 3. 89; die Rheinprovinz §§ 3 u. 4 des Statuts v. 25. 6. bezw. 25./27. 9. 88 (v. Bitter, Gemeindeverfasiungsgesetze für die Rheinprovinz, 2. Aufl. S. 337 ff.); Schleswig-Holstein siehe Haase, Gemeindeverfaffungsgesetze für die Provinz Schleswig-Holstein;

Posen siehe Haase, Kreis- und Provinzialverfassung der Provinz Posen.

D. Kreise.

Kreise.

Der Landrath vertritt den Kreisausschuß, welchem die Verwaltung der Angelegenheiten des Kreises obliegt, nach Außen und zeichnet alle Schriftstücke Namens desselben. Urkunden über Rechtsgeschäfte, welche dm Kreis gegen Dritte verbinden sollen, desgleichen Vollmachten,

müffen unter Anführung des

betreffenden Beschlusses des Kreistages bzw. Kreisausschusses

von dem Landrath und zwei Mitgliedern des KreisausschusseS bezw. der mit der Angelegenheit betrauten Kommission unterschrieben und mit dem Siegel des Landraths versehen sein. In gewissen Fällen ist bei Strafe der Nichtigkeit die Bestätigung durch den Bezirks­ ausschuß erforderlich.

Siehe § 137 der Kreisordnung für Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen v. 13.12.72 und Novelle dazu v. 19.3.81 in der Fassung der Bekanntmachung

v. 19. 3. 81 (G.S. S. 179); § 93 der Kreisordn. für Hannover v. 6. 5. 84 (G.S. S. 181); § 94 der Kreisordn. für Hessen-Nassau v. 7. 6. 85 (G.S. S. 193); § 81 der Kreisordn. für

Westfalen v. 31. 7. 86 (G.S. S. 217); § 81 der Kreisordn. für die Nheinprovinz v. 30.5. 87 (G.S. S. 209); § 124 der Kreisordn. für Schleswig-Holstein v. 26. 5. 88 (G.S. S. 139).

Für Posen siehe Kreisordn. v. 20.12. 28 (G.S. 1829 S. 3) und

Landesverwaltungsgeseh für

die Provinz Posen v. 19. 5. 89 (G.S. S. 108). Stadt­ gemeinden.

E. Stadtgemeinden. Die Städteordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien, Posen und Sachsen v. 30. 5. 53 (G.S. S. 261) und für West­

falen v. 19.3. 56 (G.S. S. 237) bestimmen übereinstimmend im § 56, Nr. 8 Folgendes: Der Magistrat vertritt die Stadtgemeinde nach Außen und

vollzieht die Gemeinde-

Urkunden in der Urschrift. Die Ausfertigungen der Urkunden werden Namens der Stadt­

gemeinden von dem Bürgermeister oder seinem Stellvertreter giltig unterzeichnet; werden in dmselben Verpflichtungen der Stadtgemeinden übernommen, so muß noch die Unterschrift eines Magistratsmitgliedes hinzukommen; in Fällen, wo die Genehmigung der Aufsichts­ behörde hierzu erforderlich ist, muß dieselbe in beglaubigter Form der gedachten Ausfertigung

beigefügt werden.

§ 1. Das

Reichsgericht

Gegenstand der Stempelsteuer.

führt in

dem

Urtheil v. 27. 9. 93

15 (Entsch. in Civils. Bd. 31

S. 325) mit Recht aus, daß auch ein Schreiben, das die Mittheilung der Stadtgemeinde an

einen Dritten enthält, die schriftliche Offerte desselben sei angenommen worden, als Ausfertigung anzusehen und deshalb zur Vermeidung der

Unverbindlichkeit des Vertrages

außer

mit der

Unterschrift des Bürgermeisters noch mit der eines Magistratsmitgliedes zu versehen ist, daß

auch diese letztere Unterschrift nicht dadurch ersetzt wird, daß daS Konzept des Schreibens die Unterschriften des Bürgenneisters und des Magistratsmitgliedes trägt. Nach § 53 Nr. 8 der Städtcordnung für die Rheinprovinz v.

15.5.56 (G.S.

S. 359) vollzieht der Bürgermeister allein oder sein Stellvertreter giltig alle Gemeinde­

urkunden in Urschrift und alle Ausfertigungen.

Die Vorschrift des § 60 Nr. 7 der Städteordnung für Schleswig-Holstein

(Ges.

v. 14. 4. 69 G.S. S. 589) stimmt bezüglich der Unterschrift der Urkunden mit der Städte­

ordnung für die östlichen Provinzen v. 30. 5. 53 (siehe vorstehend) überein, nur mit der Ab­

weichung, daß bei Verpflichtungen der Stadtgemeinde außer der Unterschrift eines Magistrats­ mitglieds noch diejenige des Stadtverordnetenvorstehers und

seines

Stellvertreters

hinzu-

fommcn muß. In der Provinz Hannover (§§ 71 u. 74 der revidirten Städteordnung v. 24.6.58 Hannov. G.S. Abth. I S. 141) reicht für die Urschriften und Ausfertigungen der Gemeinde­ urkunden die Unterschrift des Bürgenneisters auS.

Für das vormalige Herzogthum Nassau siebe die Städteordnung für den Reg.-Bez. Wiesbaden v. 8. 6. 91 § 56 Nr. 8, G-S. S. 107; die Kurl). Gem.Ordn. v. 23.10. 34 §§ 59, 60 (G.S. für Kurhessen S. 181); Nass. Gern. Ges. v. 26.7.54 (Verord. Bl. des

Herzogth. Nassau S. 166) und für die Stadt Frankfurt a. M. das Gemeindeverfassungsgesetz v. 25. 3. 67, § 63 Nr. 8 (G.S. S. 401).

F. Landgemeinden. Siehe § 88 Ziff. 7 Abs. 2 u. 3.

der Landgemeindeordnung für die sieben östlichen

Provinzen v. 3.7.91, G.S. S. 233, welche lauten:

Urkunden über Rechtsgeschäfte, welche die Gemeinde gegen Dritte verbinden sollen, ingleichen Vollmachten, müssen unter Anführung des betreffenden Gemeindebeschlusses und der dazu etwa erforderlichen Genehmigung oder Entschliessung der zuständigen Aufsichtsbehörde im Namen der Gemeinde von dem Gemeinde­ vorsteher und einem der Schöffen unterschrieben und mit dem Gemeindesiegel versehen sein. Eine der vorstehenden Bestimmung gemäss ausgestellte Vollmacht ist auch dann ausreichend, wenn die Gesetze sonst eine gerichtliche oder Notariats­ vollmacht erfordern.

Zu dem Nachweise, dass von einer Gemeinde bei der Enverbung oder Ver­ äusserung von Grundstücken oder denselben gleichstehenden Gerechtsamen die den Gemeinden gesetzlich vorgeschriebenen besonderen Formen beobachtet sind, genügt, eine Bescheinigung des Landraths als Vorsitzenden des Kreisausschusses. Vergl. ferner die Landgemeindeordnung für Schleswig-Holstein v. 4./10. 7. 92, Art. II

§ 88 Ziff. 7 G.S. S. 154; für Westfalen

v.

19. 3. 56, § 65 G.S. S. 265; für

die

Nheinprovinz Gemeindeordnung für die Rheinprovinz v. 23. 7. 45, § 102 G.S. S. 523, und

Gesetz, betr. die Gemeindevcrfaffung v. 15.5.56, G.S. S. 435; für Hannover Gesetz, betr. die Landgemeinden v. 28. 4. 59

§ 50 und Bek. d. Min. d. I. v. 28. 4. 59 § 34 Hannov.

G.S. I S. 393 u. 409; für Hessen-Nassau Kurhess. Gemeindeordnung v. 23. 10.34, §§ 59, 60 Kurhess. G.S. S. 181; Nass. Gemeindegesetz v. 26. 7. 54, Verordnungsbl. des HerzogthumS Nassau S. 166; Großherzogl. Hess. Gemeindeordnung v. 30. 6. 21 (Reg. Bl. 355)

nebst Ges. v. 8.1. u. 21. 6. 52 (das. S. 33 u. 299) und 3. 5. 58 (das. S. 189); Landgräfl. Hess.

Land­ gemeinden.

I. Abschnitt: Don der Pflicht zur Enttichtung der Stempelsteuer.

16

Ges. v. 9.10.48 u. 6.12.52 (Langräfl. Hess. Reg. Bl. 1852 Nr. 17); für Frankfurt a. M.

die Frankfurter Landgemeindeordnung v. 12. 8. 24 (Ges. u. ©tat. Samml. der freien Stadt

Frankfurt Bd. 3 S. 363). G. RttchsbüNk.

Reichsbank.

Die Reichsbank wird in allen Fällen, und zwar auch, wo die Gesetze eine Spezialvoll­

macht erfordern, durch die Unterschrift des Reichsbankdirektoriums oder einer Reichsbankhaupt­ stelle verpflichtet, bezw. von

sofern die Unterschriften von zwei Mitgliedern des Reichsbankdirektoriums

zwei Mitgliedern des Vorstandes der Reichsbankhauptstelle oder den als Stell­

vertretern der letzteren bezeichneten Beamten vollzogen sind.

Die Reichsbank wird durch die

Unterschrift einer Reichsbankstelle in allen Fällen, und zwar auch, wo die Gesetze eine Spezial­ vollmacht erfordern, verpflichtet, insofern diese Unterschrift von dell beiden Mitgliedem des

Vorstandes der Bankstelle oder den als Stellvertreter derselben bezeichneten Beamten vollzogen ist.

Die Nanlen der Vorstandsmitglieder und ihrer Stellvertreter sowie die Unterschriften

derselben werden in dem Geschäftsräume der Bankstelle ausgehängt (§ 38 Reichsbankgesehes v. 14. 3. 75, R.Gbl. S. 177, und Bekanntmachung des Reichskanzlers v. 27.12. 75, R.Cbl. S. 820).

H. Centralanstalt zur Förderung des genossenschaftlichen Personalkredits, H des Ges. v. 31. 7. 95, G.S. S. 310, wird die Anstalt in allen Fällen durch

Centralnstalt

die Unterschrift des Direktoriums verpflichtet, sofern diese Unterschrift von zwei Mitgliedern des Direktoriums oder den Stellvertretern derselben vollzogen ist.

J. KirchtN.

Kirchen.

I. Allgemeines. Die Grundsätze des A.L.R. Th. II Tit. 11 über die Nothwendigkeit der Genehmigung der kirchenregimentlichen und staatlichen Aufsichtsbehörden bei Verwaltungsakten der Kirchen

betr. das Kirchenvernlögen sind durch die neuere Kirchengesetzgebung neu geregelt, aber im

Wesentlichen nicht geändert; vielmehr sind hauptsächlich nur die Formen der Aufsicht und die sie ausübenden Behörden anders bestimmt.

Die kirchenregimentlichen Befugniffe und die

staatlichen Auffichtsrechte werden jetzt von verschiedenen Behörden wahrgenommen.

Rechtsakte,

welche ohne die gesetzlich vorgeschriebene Genehmigung der Behörden erfolgen, sind ungiltig,

die darüber aufgenommenen Urkunden also nicht stempelpflichtig.

A. Die Genehmigung der Beschlüsse der Organe evangelischer Kirchengemeinden in Vermögensangelegenheiten durch die kirchliche Aufsichtsbehörde erfolgt nach der Allerh.

Verordn, v. 8. 3. 93, wegen Ausführung des Kirchenges. v. 18. 7. 92 (Kirchl. Gest- u. VerordmBl.

1893 S. 9 u. S. 12) 1. durch den Oberkirchenrath, a) bei dem Erwerb, der Veräußerung oder der dinglichen Belastung von Grund­

eigenthum bei einem Objekt von mehr als 100 000 Mk.,

b) bei der Veräußerung von Gegenständen, welche einen geschichtlichen, wissenschaft­

lichen oder Kunstwerth haben, c) bei einer Verwendung des Kirchenvermögens zu anderen als den bestimmungs­

gemäßen Zwecken,

2. in allen übrigen Fällen durch das Konsistorium. Die Genehmigung selbst ist bei Strafe der Ungiltigkeit der Beschlüsse erforderlich

in

den

im § 1 des

genannten Kirchenges. vom 18. 7. 92 bezeichneten

Fällen (siehe das.),

insbesondere bei dem Erwerbe, der Veräußerung oder dinglichen Belastung von Grundeigenthum, bei Anleihen zu nicht blos vorübergehender Aushülfe, Verpachtung und Vermiethung von

Kirchengrundstücken in bestimmten Fällen, bei Ausleihung kirchlicher Gelder von mehr als 1000 Mk. auf Hypothek oder Grundschuld oder bei nicht erster Sicherheit derselben u. s. w.

§ 1.

Gegenstand der Stempelsteuer.

17

Bei katholischen Kirchengemeinden ist derBischof Aufsichtsbehörde (§47 Ges. v. 20.6.75

G.S. S. 241 u. § 115 Th. II Tit. 11 A.L.R.)

Seine Genehmigung ist erforderlich zur

Veräußerung und Verpfändung unbeweglicher Kirchengüter (§§ 220, 223 Th. II Tit. 11 A.L.R.,

§ 227, § 648 das.), bei Aufnahme von Kapitalien für die Kirche (§ 645 das.), bei Vermiethungen und Verpachtungen, die länger als sechs Jahre dauern sollen oder Grundstücke be­

treffen, deren Ertrag 150 Mk. übersteigt, oder die an den Patron erfolgen (§§ 672, 674 das.). Im klebrigen siehe §§ 48, 49 Ges. v. 20. 6. 75, Minist.Beschl. v. 29. 1. 76 R.Anz. Nr. 28,

Johow Jahrb. Bd. 8 S. 147. B. Die Aufsichtsrechte des Staats werden gegenüber

den evangelischen Gemeinde

nach der Verordn, v. 9. 9. 76 (G.S. S. 395), welche aber in einzelnen Punkten abgeändert ist durch die Verordn, v. 30. 1. 93 (G.S. S. 10), ausgeübt

vom Minister der geistlichen Angelegenheiten beim Erwerb, der Veräußerung und

dinglichen Belastung

von

Grundeigenthum,

wenn

das Objekt 100 000 Mk.

übersteigt, sonst von den Negierungspräsidenten, in Berlin vom Polizeipräsidenten.

Die Genehmigung selbst ist erforderlich in den im Art. 24 des Ges. v. 3. 6. 76 (G.S. S. 125) aufgeführten Fällen, insbesondere bei dem Erwerb, der Veräußerung und dinglichen Belastung von Grundeigenthum, bei Anleihen zu nicht blos vorübergehender Aushülfe,

bei einer Verwendung des kirchlichen

Vermögens zu

andern als den bestimmungsmäßigen

Zwecken u. s. w. Gegenüber den katholischen Diözesen sind die Aufsichtsrechte des Staats bestimmt durch Verordn, v. 30.1. 93 (G-S. S. ll) und gegenüber den katholischen Gemeinden

durch die Verordn, v. 30. 1. 93 (G.S. S. 13).

Sie werden den Diözesen gegenüber durch

den Minister der geistlichen Angelegenheiten, in gewissen Fällen unter Zuziehung des Ministers des Innern ausgeübt, den Gemeinden gegenüber bei dem Erwerb, der Veräußerung und Belastung von Grundeigentum bei einen: Objekt über 100000 Mk. durch den Minister der

geistlichen Angelegenheiten, sonst durch den Regierungspräsidenten. Die Genehmigung selbst ist erforderlich in den in den §§ 2 bis 5 des Ges. v. 7. 6. 76 (G.S. S. 149) und im § 50 Ges. v. 20. 6. 75 (G.S. S. 241) bezeichneten Fällen, welche

identisch sind mit den vorstehend für Beschlüsse evangelischer Kirchengemeinden als erforderlich bezeichneten Genehmigungen aus Art. 24 Ges. v. 3. 6. 76. Für evangelische und katholische Gemeinden gilt, daß sie zur Führung von Prozessen einer Ermächtigung seitens der Staatsbehörden nicht bedürfen (Art. 26 Ges. v.

3. 6. 76 und § 3 Ges. v. 7. 6. 76 sowie § 51 Ges. v. 20. 6. 75). Die Ausübung des landesherrlichen Patronatsrechts ist den Regierungen verblieben, für

die Stadt Berlin aber seit 1. Oktober 1877 auf die Ministerial-, Militär- und Baukommission übergegangen.

(Verordn, v. 5. 9. 77 Art. IV. G.S. S. 215.) II.

a)

Evangelische Kirchengemeinden.

In den Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern,

Posen, Schlesien und Sachsen vertritt der Gemeindekirchenrath die Gemeinde in ver­ mögensrechtlicher Beziehung und verwaltet da§ Kirchenvermögen einschließlich

der kirchlichen Lokalstiftungen,

des Vermögens

welche nicht fundationsmäßig eigene Vorstände haben,

sowie

einschließlich des Pfarr- und Pfarrwittwen-Vermögens, soweit das Recht jeweiliger Inhaber

nicht entgegensteht.

Zu jeder die Gemeinde verpflichtenden schriftlichen Willenserklärung des

Gemeindekirchenraths ist die Unterschrift des Vorsitzenden (Pfarrers) oder seines Stell­ vertreters und zweier Aeltesten sowie die Beidrückung des Kirchensiegels erforderlich.

Hier­

durch wird Dritten gegenüber die ordnungsmäßige Fassung des Beschlusses fcstgestellt, so daß es eines Nachweises der einzelnen Erfordernisse desselben, insbesondere der erfolgten Zustimmung der

Gemeindevertretung, nicht bedarf (§ 22 der Kirchengemeinde- und Synodalordnung v. 10. 9. 73,

G.S. S. 417, Johow Jahrbuch Bd. 1 S. 102, Bd. 2 S. 71, Bd. 3 S. 148). Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

In gewissen 2

18

I. Abschnitt:

Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

Fällen (A.L.N. Th. II Tit. 11 §§ 629 ff., 645 bis 647) ist die Zustimmung des Patrons, dessen Unterschrift unter der Urkunde durch die zuständige Auffichtsbehörde ergänzt werden kann (§ 23 Kirchengem.- u. Spnodalordn.), erforderlich (siehe auch oben zu I und bei Turnau

Bd. 2 §§ 48, 50).

b) In Westfalen und der Nheinprovinz gelten im Allgemeinen die Vorschriften der Kirchenordnung v. 5. 3.35 und der Verwaltungsordn. v. 7. 3. 38. Erstere ist später in einzelnen

Punkten

ergänzt

v. Kamvtz, Annalen Bd.

geändert

und

19 S.

(siehe Koch A.L.R.

Bd. 4 S. 368 ff. Aufl. 8,

Ergänzungen des A.L.R. 6. Ausg.

104 und v. Rönne,

Bd. 4 S. 132). Das Vermögen der Kirchengemeinde für kirchliche, Schul- und Armenzwecke wird durch das Orts Presbyterium unter Aufsicht der Kreissynode und unter Oberaufficht der Staatsbehörde verwaltet (siehe das Nähere bei Turnau Bd. 2 § 50).

c) Für die evangelisch - lutherischen Kirchengemeinden der Provinz Schleswig-Hol­ stein gilt die Kirchengemeinde- und Synodalordnung v. 4. 11. 76 (G.S. S. 415), die durch die Verordn, v. 7.11. 77 (G S. S. 232) auf den Kreis Herzogthum Lauenburg ausgedehnt ist. Der Kirchenvorstand vertritt die Kirchengemeinde in ihren inneren und äußeren An­

gelegenheiten und verwaltet das kirchliche Vermögen (§§ 41 und 48).

Die Ausfertigung von

Schriftstücken erfolgt unter Unterschrift des Vorsitzenden des Kirchenvorstandes. Wird darin eine Verpflichtung der Kirchengemeinde übernommen, so ist die Urkunde von zwei

Aeltesten mit zu vollziehen und das Kirchen siegel beizudrückcn.

Eine in dieser Form ge­

gebene Erklärung gilt Dritten gegenüber als Willenserklärung des Kirchenvorstandes, ohne Rücksicht darauf, ob sie einem vorgängigen Beschlusse entspricht (§ 36). (Siehe Turnau et. a. O. § 51.)

d) Für den Amtsbezirk des Konsistoriums in Wiesbaden siehe die Kirchcngemeindeund Synodalordnung für diesen Bezirk v. 4. 7. 77 (G.S. S. 181), insbesondere § 26. Der Kirchenvorstand vertritt die Kirchengemeinde in ähnlicher Weise wie vorstehend zu c.

e) Hannover. 1. Für die evangelisch-reformirten Kirchengemeinden gilt die Kirchengemeinde- und Synodalordnung v. 12. 4. 82 (G.S. S. 224). Zu jeder die Gemeinde verpflichtenden schriftlichen Willenserklärung des die Kirchengemeinde in vcrmögensrechtlicher

Beziehung vertretenden Kirchenraths bedarf es nach § 27 der Unterschrift des Vorsitzenden (Pfarrers oder seines Stellvertreters) und zweier Kirchenältesten sowie der Beidrückung des

Kirchensiegels.

Hierdurch wird Dritten gegenüber die ordnungsmäßige Fassung des Kirchen­

rathsbeschlusses festgestellt.



gilt die Kirchenvorstands-

und

2.

Für

die

evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden

Synodalordnung

für die

evangelisch-lutherische Kirche

Provinz Hannover v. 9. 10. 64 (Hannoversche G.S. I. S. 413, 437, 439).

Ges. v. 6. 5. 85 (G.S. S. 135) und gemeinde wird

durch

Verordn, v. 24. 6. 85 (G.S. S. 274).

den Kirchenvorstand vertreten.

Zur

Giltigkeit

der

Siehe dazu Die Kirchen­

schriftlicher Willens­

erklärungen desselben bedarf es einer in seinem Namen ausgestellten, von dem Vorsitzenden (ersten Pfarrgeistlichen) oder dessen Stellvertreter und mindestens der Hälfte der übrigen Mitglieder des Vorstandes unterschriebenen Erklärung.

Die Pfarrgeistlichen sind ermächtigt,

unter Beidrückung des Kirchensiegels mit dem Glauben öffentlicher Beamten zu bezeugen, daß die Erklänlng von der Mehrheit der Mitglieder des Kirchenvorstandes einschließlich des Vor­ sitzenden (oder dessen Stellvertreters) unterschrieben sei.

Dies gilt auch für schriftliche Bevoll­

mächtigung der zur Errichtung einzelner Geschäfte von den Kirchenvorständen etwa zu bestellenden

Bevollmächtigten (§§ 16—24, 28, 29 der Kirchenvorstands- u. Syn.-Ordn. v. 9. 10. 64). (Siehe Turnau Bd. II § 51 Nr. 2.)

f) Im Bezirke des Konsistoriums zu Kassel gilt die Presbytcrial- und Syn.-Ordn. für die evangelischen Kirchengemeinschaften v. 16. 12. 85 (G.S. 86 S. 1). Die Kirchen­ gemeinde wird in ihren inneren und äußeren Angelegenheiten durch dre Presbyterien ver­ treten. Zu jeder die Gemeinde verpflichtenden schriftlichen Willenserklärung des Presbyteriums bedarf es der Unterschrift des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters und zweier Kirchen-

§ 1.

19

Gegenstand der Stempelsteuer.

ältesten sowie der Beidrückung des Kirchensiegels. Dadurch wird die ordnungsmäßige Fassung des Presbyterialbeschlusses festgestellt.

(§§ 10 ff. der Presbyterial- u. Syn.-Ordn.)

Wegen der Vertretung des Gesammtsynodalverbandes und der Diözesansynodalverbände

in vermögensrechtlichen Angelegenheiten vergl. Gesetz v. 14. 7. 95 (G.S. S. 286).

Siehe auch noch bez. der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden in Bornheim, Ober­ rad, Niederrad, Bonames, Niederursel und Hausen die Kirchengemeindeordnung v. 11. 3. 89 (G.S. S. 81), die im Wesentlichen mit der Presbyterial- und Syn.-Ordn. übereinstimmt.

(Turnau a. a. O. § 51.) g) Bezüglich

der Vertretung der Kreis- und Proviuzialsynodalverbände in

vermögensrechtlichen Angelegenheiten siehe Verordn, v. 17. 6. 95 (G.S. S. 194) und daS derselben anliegende Kirchengesetz vom 16. 6. 95. III. Katholische Kirchengemeinden.

Die

vermögensrechtlichen Angelegenheiten derselben sind einheitlich geregelt durch das

Gesetz v. 20. 6. 75 über die Vermögensverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden (G.S. S. 241, siehe auch Verordn, v. 27. 9. 75, G.S. S. 571). Der Kirchenvorstand vertritt die seiner Verwaltung unterstehenden Vermögensmassen und die Gemeinde in vermögensrechtlichcr Beziehung und verwaltet das kirchliche Vermögen. Zu jeder die Gemeinde und die bezeichneten

Vermögensmasseu verpflichtenden schriftlichen Willenserklärung des Kirchenvorstandes bedarf es der Unterschrift des Vorsitzenden und noch zweier Mitglieder des Kirchenvorstandes sowie der

Beidrückung des Amtsfiegels. Hierdurch wird Dritten gegenüber die ordnungsmäßige Faffung des Beschlusses festgestellt. Atteste über die Legitimation des Kirchenvorstandes zur Besorgung von Nechtsangelegenheiten müssen von dem Regierungspräsidenten ertheilt werden.

8, 19 u. 51 des Ges. v. 20. 6. 75, Art. 1 Nr. 3 der Verordn, v. 27. 9. 75.)

(§§ 5,

Kommt es für

Urkunden auf die formelle Feststellung der Zustimmung des Patrons an, so kann nach § 40 Abs. 3 des vorbezeichneten Gesetzes die Dem Patron verweigerte Unterschrift, soweit sie er­ forderlich ist, durch die Bezirksregierung ergänzt werden. K. Synagogengemeinden.

Synagogen.

Siehc §§ 35 ff. Gcs. b. 23. 7. 47, G.T. S. 263.

a-m°inden.

Der von den Repräsentanten gewählte Vorstand führt die Verwaltung der Angelegen­

heiten der Synagogengemeinden, hat die Beschlüsse der Repräsentanten zur Ausführung zu bringen und die Gemeinde überall gegen dritte Personen, insbesondere in Rechtsgeschäften zu

vertreten.

Zum Ankauf von Grundstücken, zur Aufnahme von Anleihen für die Gemeinde

und zur Veräußerung von Grundstücken und Realberechtigungen bedarf es der Genehmigung des Regierungspräsidenten (Reskr. v. 5. 6. 67, MBl. S. 298). L.

Oefsentliche Schulen.

Schulen.

Die niederen Schulen sind a) entweder Anstalten von Schulgemeinden, welche die Rechte einer besonderen

Korporation erlangt haben;

diese werden nach Außen hin durch ihren besonderen

Schulvorstand vertreten. Nur die Gesammtheit desselben ist zur Vertretung befugt, nicht seine einzelnen Mitglieder (siehe §§ 25, 81 ff., Th. I Tit. 6, §§ 1 ff., 12 ff.,

29 ff. Th. H Tit. 12 A.L.R., Pl.Beschl. des Ob.Trib. 20. 7. 53, Bd. 25 S. 201

und Ob.Trib. 17.12. 72, Bd. 68 S. 318 ff.), b) oder, soweit vom Staat die Organisation besonderer Schulgemeinden nicht erfolgt ist,

sind sie Anstalten der politischen Gemeinde; dieser liegt die Vertretung der Schule nach Außen hin ob, die auf dem Lande durch den Schulvorstand, in den Städten durch die städtischeSchuldeputation ausgeübt wird.

(Just.MBl.

1853 S. 299, Ob.Trib. 16. 10. 71, Bd. 66 S. 209, Ob.Vcrw.G.Entsch., Bd. 6 S. 174, RG. Civilst 1. 11. 81, Raff. u. Küntz. Bd. 26 S. 1027 und 16. 2. 85, Bd. 29 S. 699).

I. Abschnitt:

20

Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

Von den Grundstücken und dem übrigen Vermögen der Schulen gilt in der Regel Alles, was vom Kirchenvermögen verordnet ist (§ 19 Th. II Tit. 12 A.L.R., siehe oben bei J).

Die

Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, Gerechtigkeiten und Kapitalien sowie die Er­

werbung von Grundstücken erfordert die Einwilligung des Patrons und der Schulgemeinde sowie die Genehmigung des Regierungspräsidenten (Th. II Tit. 11, §§ 194, 219, 220 A.L.R., Erlaß

v. 15. 3. 67, M.Bl. S. 249).

A. Ort der Unterschrift. te/untä1*

schrist. Dattrung.

0.

Die Unterschrift deckt begrifflich nur das darüber Stehende.

Sie muß sich also

unter der Willenserklärung befinden, da sie diese nur an dieser Stelle rechtlich abschließt. Es genügt nicht, wenn sie an einer anderen Stelle der Urkunde, über oder neben dem Kontext sich befindet, mag sie dorthin auch in der Absicht gesetzt sein, dadurch die ganze Willenserklärung

zu genehmigen;*28) denn die Vorschriften über das Erforderniß der Schriftlichkeit einer Er­

klärung sind rein formaler Natur. Steht unter der Namensschrift noch eine nicht unter­ schriebene Beurkundung eines stempelpflichtigen Geschäfts, so ist nicht ersichtlich, daß dieser

Theil der Urkunde hat erklärt werden sollen und erklärt worden ist; insoweit ist daher die

Urkunde rechtsunwirksam und also nicht stempelpflichtig. Wird aber in der Urkunde selbst eine nicht unterschriebene Anlage oder etwas unter der Unterschrift Stehendes genehmigend in Bezug genommen, so rnuß dadurch auch das in Bezug Genommene, da es integrirender Theil der Urkunde geworden ist, als unterschrieben gelten; insoweit ist also auch das in Bezug Ge­ nommene stempelpflichtig.* 29)

B. Zeit der Unterschrift. Datirung. a) In welcher gegenseitigen Zeitfolge der Kontext der Urkunde einerseits und die Unterschrift andererseits geschrieben worden sind, ist aus der Urkunde nicht ersichtlich; deren

formelle Giltigkeit ist daher nicht beeinträchtigt, wenn thatsächlich die Unterschrift in blanco gegeben und der Kontext der Urkunde erst später — mit Wissen und Willen des

Ausstellers oder ohne solchen — darüber geschrieben ist oder wenn der Kontext nach der Voll­ ziehung abgeändert oder ergänzt ist. Auch in diesen Fällen wird daher Derjenige, dessen

Name unter der Urkunde steht,

zur Entrichtung des tarifmäßigen Stempels anzuhalten und

event, wegen Stempelhinterziehung zu strafen sein.

Gelingt ihm der ihm obliegende Nachweis,

daß die Urkunde ihm gegenüber ganz oder theilweise wegen Mißbrauchs seiner Unterschrift

nichtig oder ungiltig ist,

so wird der gezahlte Stempelbetrag ihm nach § 25 c zu erstatten

fein. Diesen Erstattungsanspruch kann er im Rechtswege durch Feststellungs- oder Rückzahlungs­

klage geltend machen.

Eine Bestrafung wegen Hinterziehung wird in diesem Falle durch § 59

R.St.G. ausgeschlossen sein.

Kann noch vor der Entrichtung der Steuer der Nachweis der

Ungiltigkeit erbracht werden, so wird natürlich von der Einziehung des Stempels abgesehen. Ebenso liegt übrigens die Sache, wenn nachgewicsen wird, daß die Unterschrift selbst gefälscht und deshalb das beurkundete Geschäft nichtig ist.

Die mißbräuchlich zur Herstellung einer

Urkunde benutzte echte Blanko - Unterschrift stebt stempelrechtlich der gefälschter! Unterschrift nicht gleich.

Es ist nicht unbillig, aus der Blanko-Unterschrift die Stempelpflichtigkeit der

darüber gesetzten Urkunde herzuleiten; denn wer eine Blanko-Unterschrift giebt, muß sich dessen

bewußt sein, daß sie zu mißbräuchlichen Zwecken verwendet werden kann.

Der praktische

Unterschied zeigt sich deutlich darin, daß bei behaupteter Fälschung der Unterschrift der Fiskus dm Nachweis der Echtheit zu führen hat, während bei der Blanko-Unterschrift dem Aus­

steller der Nachweis der mißbräuchlichen Verwendung obliegt.

*28) Ob.Trib. 1. 2. 75, Bd. 74 S. 168, R.G. 11. 11. 95 Jur. Wochenschr. S. 60 7 55. (Siehe auch Note 29.) *29) Ob.Trib. 18. 12. 68, Bd. 50 S. 29 u. 1. 2. 75, Vd. 74 S. 168.

§ 1.

Gegenstand der Stempelsteuer.

21

b) Die Datirung ist für Urkunden civilrechtlich nicht vorgeschrieben und daher zu ihrer formellen Giltigkeit nicht erforderlich (Ob.Trib. 4. 3. 36. Bd. 1 S. 22). Trägt eine Urkunde ein Datum, so wird es, sofern sich aus ihr selbst nichts Anderes

Dieser Zeitpunkt ist als Beginn der

ergiebt, als Zeitpunkt der Vollziehung gelten müssen.

durch § 16 für die Stempelverwendung gesetzten Nothfrist von zwei Wochen wichtig.

Der

Gegenbeweis dahin, daß die Ausstellung thatsächlich zu einer anderen als der in der. Datirung

angegebenen Zeit, früher oder später, erfolgt ist, muß zugelassen werden. *30) Ist die Urkunde nicht datirt, so läßt sich doch aus ihr der späteste bezw. früheste Tag der Ausstellung dann feststellen, wenn in ihr auf ein bestimmtes Datum als der Vergangenheit

oder der Zukunft angehörig Bezug genommen wird.

Ist das nicht der Fall, so dürfen —

wie der Strafsenat des Kammergerichts ausführt — außerhalb der Urkunde liegende Umstände nicht zur Bestimmung des Beginns der' Nothfrist herangezogen werden (Urtheil des KG17.11.92, Johow Bd.13 S.332). Es wird aber dennoch für zulässig gehalten werden müssen, dem

Aussteller gegenüber den Nachweis anderweit zu führen, daß für ihn die Nothfrist zur Zeit der Vorzeigung der unverstempelten Urkunde schon abgelaufen war.

Der Begriff des Urkunden­

stempels steht dem nicht entgegen; nach § 3 Ges. richtet sich nur die Stempelpflichtigkeit der Urkunde nach ihrem Inhalte, d. h. der Inhalt entscheidet darüber, ob die Voraussetzungen der Stempelpflicht überhaupt vorliegen, nicht aber ist er allein auch maßgebend für die Fest­ stellung des Zeitpunktes der Ausstellung, dessen Angabe in der Urkunde zur Giltigkeit an sich nicht erforderlich ist. Auch der Nachweis des für die Stempelpflicht erheblichen Empfangs­ tages (§ 16 Abs. 2) kann nur durch außerhalb der Urkunde liegende Umstände geführt werden und sogar der Gegenbeweis gegen die Nichtigkeit des in der Urkunde angegebenen Datums ist zulässig.

Die strafrechtliche Frage, wann nachträgliche Veränderung des Datums einer Urkunde als Urkundenfälschung anzusehen ist,*31) ist für das Stempelrecht unwesentlich, da die ein­

mal entstandene Stempelpflicht durch spätere Ereignisse nicht berührt wird (siehe oben Anm. 6).

10.

Der Unterzeichnung des Namens unter der Urkunde steht gleich die Unterzeichnung Firma des der Firma des Ausstellers, d. h. des Namens, unter dem er als Kaufmann in: Handel seine Ausstellers.

Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgiebt (Art. 15 AHGB.). Zur Führung einer Firma sind befugt nicht nur Einzelkaufleute,

sondern auch

alle

Handelsgesellschaften (Art. 10, 16

bis 18), eingetragene Genossenschaften (§§ 17, 6, 12 und 154 NeichsgesetzeS v. 1. 5. 89RG.Bl. S. 55) und

Gesellschaften mit beschränkter Haftpflicht (§§ 13, 3, Reichsgesetz v. 20. 4. 92

RG.Bl. S. 477).

Andere Personen sind zur Führung einer Firma nicht befugt.

Zeichnet

eine solche Person eine Urkunde an Stelle des Namens mit einer Bezeichnung in der Form

einer Firma, so ist die Urkunde stempelpflichtig, wenn die betreffende Person sich dadurch dm Betheiligten gegenüber erkennbar individualisirt hat und die Urkunde keinen Anlaß zu Zweifeln an der Ernstlichkeit der Erklärung giebt (siehe oben Anm. 7b).

Dasselbe gilt, wenn ein

Kaufmann seine Firma unrichtig, unvollständig oder abgekürzt oder mit einer fremden Firma

zeichnet (ROHG. 23. 12. 74 Bd. 16 S. 208 und 24. 1. 77 Bd. 22. S. 72).

Zeichnet der

Kaufmann im Handelsbetriebe anstatt mit der Firma mit seinem Familiennamen, so ist die

Urkunde stempelpflichtig.

Der Begriff der Firma im Sinne des Stst.G. ist übrigens weiter­

gehend als der des Handelsgesetzbuchs, indem darunter auch die Amtsbezeichnungen der Behörden zu rechnen sind (vergl. Kom.Ber. S. 61 unterste Zeile).

*30) Ob.Trib. 1. 5. 72, 21. 1. 75, 16. 1. 78 in O.R. Bd. 13 S. 290, Bd. 16 S. 66, Bd. 19 S. 26, RG. Straff. 1. 11. 87 Bd. 16 S. 262, RG. Straff. 16. 1. 91 Bd. 21 S. 274. *31) Siehe hierüber RG. Straff. 1. 11. 87 Bd. 16 S. 262, RG. Straff. 13. 1. 90 III. 3176/89 das. Bd. 20 S. 192, RG. Straff. 3. 11. 93 Bd. 24 S. 358.

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der (Stempelsteuer.

22

Die den unterschristlich vollzogenen Urkunden gleichstehenden Urkunden. A. Unterschrift im Auftrage. Auftrag zur Unterschrift. Ratlhabition.

11.

Zur Zahlung der Stempelsteuer verpflichtet ist nach § 12 — abgesehen vom Falle des § 12 Buchst, a — nur der Aussteller. Als Aussteller gilt nur derjenige, dessen

eigener Name Lezw. Firma unter der Urkunde steht und zwar dann, wenn dieser Name bezw. Firma von ihm selbst oder in seinem Auftrage hergestellt sind. Ein Dritter, der aus der Urkunde nach Civilrecht für sich Rechte herleiten darf, dessen Name oder Finna sich aber

nicht darunter befindet, ist nicht Aussteller, also auch nicht zur Zahlung der Stempelsteuer verpflichtet.

(Betreffs der Ausnahme beim Prokuristen siehe unten bei b Abs. 2 und bez.

der Haftbarkeit für die Steuer § 13 Stst.G.) Hat Jemand beim Unterschreiben — eines fremden Namens oder seines eigenen — im Auftrage eines Anderen gehandelt, so gestaltet sich die Rechtslage im einzelnen Falle wie folgt:

a) Wenn A. den Namen oder die Firma eines Dritten

in dessen Auftrage

unterschrieben hat, so gilt nicht A., der unterschreibende Beauftragte, als Aussteller, sondern der Dritte; deshalb ist auch nicht A. zur Entrichtung des Stempelbetrages verpflichtet,

vielmehr der Auftraggeber, dessen Name von jenem als dem Organe seines Willens unter die Urkunde gesetzt ist. Daß ein Auftrag zu solcher Unterschrift vorgelegen hat, dafür spricht

im einzelnen Falle nicht die Vermuthung; der Auftrag muß vielmehr zur Begründung der Stempelpflicht gegenüber dem Träger des unterschriebenen Namens nachgewiesen werden, sobald feststeht, daß er den Namen nicht selbst geschrieben hat; ohne solchen Nachweis ist die Urkunde

nicht stempelpflichtig. Da der § 1 eine besondere Form des Auftrages

nicht erfordert,

so genügt zur Be­

gründung der Stempelpflicht mündlicher, genereller oder spezieller Auftrag in allen Fällen, auch dann, wenn zur civilrechtlich wirksamen Perfektion der Urkunde gegen den

Auftraggeber schriftliche Ertheilung des Auftrages erforderlich gewesen wäre.

Im Falle

der materiellen Ungiltigkeit des beurkundeten Geschäfts wird nach den Vorschriften des § 25 Buchst, c Ges. der Stempelbetrag auf rechtzeitiges Gesuch erstattet. Für die Zeit vor dem 1. 4. 96 ist, wenigstens im Gebiete des A.8.R., die vorn Beauftragten mit dem Namen des

Auftraggebers unterschriebene Urkunde einer von dem Letzteren unmittelbar ausgestellten stempel-. rechtlich nur dann gleichzustellen, wenn schriftlicher Auftrag vorlag. (RG. Straff. 13. 6. 93. Jur. Wochenschr. 1893 S. 421 NG. Strass. 24. 9. 89 Bd. 19 S. 382, §§ 7, 8 Th. I

Tit. 13 A.L.R.) b) Wird im Auftrage einer zur Führung einer Firma befugten Person durch einen

Dritten die Firma gezeichnet, so gilt jene Person als Aussteller, mag der Dritte besonders

beauftragt oder zur Zeichnung generell bevollmächtigt sein (Gesellschafter,

Prokurist).

Un­

wesentlich ist dabei, ob der Prokurist bei der Zeichnung gemäß Art. 44 Abs. 1 A H.G.B. der Firma einen die Prokura andeutenden Zusatz und seinen Namen beigefügt hat, denn diese Be­ stimmung ist lediglich eine Ordnungsvorschrift, von deren Beobachtung die Rechtsbeständigkeit

der Zeichnung nicht abhängig ist. S. 266,

(Nürnberger Protokolle S. 953, R.O.H.G. 12.3.72 Bd.V

12. 3. 73 Bd. IX S. 215,

3. 5. 73 Bd. X S. 56, 26. 11. 73 Bd. XII S. 133,

1. 5. 75 Bd. XVIII S. 100.) Nach Art. 52 Abs. 2 u. 3 A.H.G.B. ist das vom Prokuristen auf seinen Namen ge­

schlossene Geschäft für die Firma, nicht aber für den Prokuristen verbindlich, wenn die Umstände ergeben,

werden sollte.

daß es nach dem Willen der Kontrahenten für die Firma geschlossen

Wenn hiernach der Prokurist oder ein sonstiger Vertreter der Firma die Ur­

kunde nur mit seinem eigenen Nanren unterzeichnet, ohne hinzuzufügen, daß er hierbei Namens

der Firma handle, so gilt dennoch die Firma dann als Aussteller, wenn aus der Urkunde, z. B. ihrem Vordruck,

sich ergiebt,

daß

das

beurkundete Geschäft nach

dem

Willen der

Kontrahenten hat für die Firma geschlossen werden sollen (F.M.Erl. 19. 9. 87 III. 10864);

23

Gegenstand der Stempelsteuer.

§ 1.

es ist anzunehmen, daß die Kontrahenten dabei

die Namen des Prokuristen

mit dem der

Firma identifizirt haben.

c) Nachträgliche mündliche Genehmigung (Ratihabition) ist im § 1 nicht dem Auftrage gleichgestellt. Sie hat also, wie nach früherem Rechte, so auch jetzt nicht die Wirkung, daß Derjenige,

einem Dritten ohne Auftrag

der die von

Namens hinterher genehmigt,

haftet;

das ist konsequent, da für die Voraussetzungen der Stempelpflicht des Ausstellers nur

der Augenblick der kann;

bewirkte Unterzeichnung seines

nunmehr als Aussteller anzusehen ist und für den Stempel

Entstehung, d. h. der formellen Perfektion der Urkunde, maßgebend sein

es wäre folgewidrig,

wenn — trotzdem in diesem Zeitpunkt ein stempelpflichtiger Aus­

steller nicht vorhanden ist — die Urkunde durch außerhalb ihrer liegende Umstände später stempelpflichtig würde. Ob die Urkunde durch die mündliche Ratihabition für den Genehmi-

genden hinterher civilrechtlich bindend geworden ist, bleibt für die Stempelpflichtigkeit ohne Einfluß.

Wegen der schriftlichen Ratihabition siehe Anm. 8 zu § 12.

d)

Der Dritte, welcher mit oder ohne Auftrag einen fremden Namen unterzeichnet, ist nicht Aussteller, also nicht stempelpflichtig.

e) Ergiebt die Urkunde, daß Derjenige, der sie mit seinem eigenen Namen unter­ schrieben hat, im eigenen Namen, aber für einen Dritten und anstatt desselben — mit oder ohne Vollmacht — die rechtsgeschäftliche Erklärung abgiebt,

schreibende Der

allein

als

Unterschreibende

ist

stempelpflichtiger

in

also

diesen:

Aussteller

Falle

anzusehen,

zur Zahlung

des

ist der Unter­

so

nicht

aber

Stempels

der

Dritte.

verpflichtet;

dabei macht es keinen Unterschied, ob er zurr: Abschlüsse des Geschäfts Namens des Dritten

von diesem schriftlich

oder mündlich oder gar nicht beauftragt war und ob das Geschäft für

den Dritten Rechtswirkung äußert oder nicht. Wenn das beurkundete Geschäft wegen des Mangels einer civilrechtlich giltigen Vollmacht oder nachträglicher Ratihabition nichtig oder ungiltig ist oder seine Ausführung unterbleibt, so kann freilich nach der näheren Vorschrift des

§ 25 Abs. 1 Buchst, c und Abs. 2 die Erstattung des Stempels erfolgen.

Ob der bevoll­

mächtigte Kontrahent seinem Gegenkontrahenten wegen culpa in contrahendo auf Schadens­

ersatz haftet, ist dabei gleichgültig. Hat Jemand beim Abschlüsse eines Rechtsgeschäfts für einen Dritten gehandelt oder

handeln wollen — mit oder ohne Auftrag —, ergiebt sich dies aber nicht aus der Urkunde, so gilt er stempelrechtlich als Kontrahent in

Namen und ist zur Entrichtung des

eigenem

Stempels als Aussteller ebenso verpflichtet, als wenn er nur für sich selbst hätte handeln wollen.

B. Mechanische Herstellung der Unterzeichnung. Darüber, in welcher Form die Unterschriften von Urkunden herzustellen sind, entscheidet die Rechtssitte (RG. Eivils. 24. 6. 84 Bd. 14 S. 97).

Diese geht dahin, daß regelmäßig

die Herstellung durch Schreiben mittels der Hand erfolgt; doch ist auch vielfach (z. B. bei

Emission vieler gleichlautender Urkunden) die mechanische Herstellung einer in Schreibschrift

der echten nachgeahmten, d. i.

Geschäftsverkehr üblich.

faksimilirten Unterschrift

unvermeidlich

und deshalb im

(RG. Eivils. 25. 6. 84 Rass. u. Küntz. Bd. 30 S. 710, Bd. 31 S. 456.)

Nach § 1 steht es stempelrechtlich der Unterschrift des Ausstellers in alten Fällen gleich, wenn er selbst oder ein Dritter mit seinen: Wissen oder Willen die Namenkschrift oder Firmenschrift des Ausstellers mechanisch herstellt, u:ag dies durch Stempelaufdruck, Litho­

graphie oder auf andere ähnliche Weise geschehen.

Da das

Gesetz nur von Herstellung

des „Namens", nicht „der faksirnilirten Namensschrift" spricht, so wird von den: Erforderniß,

daß die hcrgestellte Unterzeichnung

einen

unterschrift-ähnlichen Eharakter zeigt,

abgesehen

Werder: müssen, zumal in: einzelner: Falle die Entscheidung darüber, ob hinreichende Aehnlichkeit vorliegt,

schwierig sein kann.

Es ist daher anzunehmen, daß der Name oder die Firma

stempelpflichtiger Urkunden unbeschadet ihrer Stempelpflicht auch mittels Typen in Druckschrift oder auf eine andere Weise hergestellt Werder: karu:, welche die irrdividuelte Eigenthümlichkeit

der Handschrift nicht wiedergiebt.

24 MLnge^der

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer. 1^*

Unterschrift, formell

selbst.

Entscheidend für die streng rechtliche Beurtheilung der Frage, ob die Urkunde

giltig unterschrieben ist, Sie

ist allein der sichtbar hervortretende Inhalt der Urkunde

ist also stempclpflichtig, wenn bei Zugrundelegung ihres Inhalts die darunter

Vertrügen, befindliche Unterschrift bezw. Unterschriften dazu ausreichen, um auf die Urkunde eine Klage mit dem Erfolge zu begründen, daß gegen den sich nicht vertheidigenden Beklagten ein Versäumnißurtheil erlassen werden' kann (§ 296 C.P.O.).

Ob hinter der Urkunde Umstände

liegen, welche, die Unterschrift civilrechtlich unwirksam machen (Blindheit, Taubstummheit des Ausstellers u.dergl.), oder ob der Beklagte durch andere Einwendungen den Klageanspruch

beseitigen kann, ist für die Stempelpflichtigkeit der Urkunde gleichgiltig und nur allenfalls ge­ eignet, die Erstattung des Stempels gemäß § 25 Ges. herbeizuführen (siehe hierüber oben

Anm. 7 c und Anm. 4 zu § 3). Bei einseitigen Geschäften und Verträgen genügt die einseitige Unterschrift Des­ jenigen, der die verpflichtende Erklärung abgiebt; insbesondere ist bei einseitigen Verträgen

(Schenkungen, Vollmachten, Schuldverschreibungen, Abtretungen; siehe oben Anm. 2 unter B u. Anm. 5 zu § 12) nicht schriftliche Annahme, also auch nicht die Unterschrift des An­ nehmenden zur Perfektion der Urkunde erforderlich.

Bei zweiseitigen Verträgen (siehe Anm. 2 unter B u. Anm. 7 u. 8 zu § 12), durch welche nach beiden Seiten hin Rechte und Pflichten begründet werden, ist zur Perfektion der Vertragsurkunde die Unterschrift aller der rechtlich Betheiligten erforderlich, für welche Rechte und Pflichten entstehen fetten.*32) Die Urkunde muß für jeden Theil eine Klage auf

Erfüllung gegen den anderen begründen, und das ist nur der Fall, wenn die Willensüber­ einstimmung von beiden Theilen schriftlich beurkundet ist. Dies Erforderniß wird auch

für die Stempelpflicht nicht dadurch ersetzt, daß der eine Theil den Vertrag erfüllt und der andere die Erfüllung angenommen hat, oder daß beide Theile erfüllt haben (RG- 30. 1. 96 Jur.Wochenschr. 1896S.276W. Hiernach sind also zweiseitige, nur von einemTheile

unterschriebene Verträge (z.B. Kaufverträge, Vergleiche) nicht stempelpflichtig; ebenso ein auf den Namen zweier Eheleute als Verkäufer lautender, aber nur von dem Ehemann und dem Käufer unterschriebener, von der Ehefrau aber gar nicht vollzogener oder nur unter­ kreuzter Vertrag, mag auch der Ehemann in der Urkunde sich verpflichtet haben, die Unter­

schrift seiner Ehefrau zu beschaffen.*33)

Diese letztere Stipulation unterliegt jedoch für sich

gemäß Tarifstelle Nr. 71 £ (Verträge) einem Fixstempel von 1 Mk. 50 Pf.

Es ist aber

nichr erforderlich, daß die sämmtlichen Unterschriften sich auf demselben Vertragsexemplar be­

finden.

Denn Demjenigen, der die Vertragsurkunde in der Absicht, sich zu dem erfolgten Ver-

tragsschlusse zu bekennen, unterschrieben und dem Gegner außgchändigt hat, steht gegen An­

sprüche aus diesem Vertrage ein Einwand aus der fehlenden Unterschrift des Gegners nicht 5ii.*34)

Der Vertrag ist aber noch nicht perfekt, wenn der andere Kontrahent sich noch nicht

durch Unterschrift zu ihm verpflichtet hat.

Hieraus folgt, daß zwar ein einzelnes, nur von

einem Kontrahenten unterschriebenes Vertragsexemplar nicht stempelpflichtig ist,* 35) daß aber

die Stempelpflicht eintritt, wenn von zwei angefertigten Exemplaren jeder Kontrahent nur das dem Mitkontrahenten übergebene Exemplar unterschrieben hat.* 36)

In diesem Falle

bilden beide Exemplare zusammen erst den schriftlichen Vertrag und stellen sich in Ver­

bindung miteinander als eine stempelpflichtige Urkunde dar; sie sieben also beide nicht etwa

im Verhältniß des Hauptexemplars zum Nebenexemplar (§ 9 Ges.).* 37)

Behält statt der Aus-

*32) RG. Civils. 20. 3. 90 bei Hoyer-Gaupp § 12 Anm. 20 Note 1. St.G. 7. 3. *33) Ob.Trib. 9. 10. 57 G.A. Bd. 5 S. 842. *34) Siehe das der Praxis des Ob.Trib. und des R.O.H.G. entsprechende Urtheil des 3. 4. 95 Jur. Wochenschr. 1895 S. 245 26 und § 185 I 5 A.L.R. *35) In solchem Falle bleibt festzustctlen, ob sich in der Hand deS Mitkontrahenten ein zweites, vom anderen Kontrahenten unterschriebenes Exemplar befindet. *36) Pl.Beschl. d. Ob.Trib. 2. 9. 39 Bd. 5 S. 30, Erk. dess. 4. 7. 50 Strieth. Vd. 3 S. 193, 4. 10. 71 G.A. Bd. 19 S. 774 F.M.Erl. 17. 2. 46 (III. 3117). *37) Ob.Trib. 3. 10. 56 G.A. Bd. 4 S. 820.

22.

RG.

noch Arch.

§ 1.

25

Gegenstand der Stempelsteuer.

Wechselung jeder Kontrahent das von ihm unterschriebene Exemplar,

so ist weder ein schrift­

licher Vertrag zu Stande gekommen, noch ein wirksames Anerkenntniß vorhanden, mag auch das Behalten auf Irrthum beruhen unb der auf Aushändigung gerichtet gewesenen Absicht

zuwiderlaufen. **38)

Wird ein einzelnes unverstempeltes, nur von einem Kontrahenten unter­

schriebenes Exemplar vorgelegt,

so bedarf es zur Feststellung der Stempelpflicht nicht der

Vorlegung des Gegenexemplars: ist letzteres nicht mehr vorhanden oder kann es aus einem

anderen Grunde nicht vorgelegt werden, so kann die Steuer eingezogen und die Stempelstrafe verhängt werden, wenn nur bewcislich festgestellt werden kann, daß das andere Exemplar-

vorhanden, unterschrieben und ausgehändigt war.

13-

Stempelpflichtig sind Urkunden, welche mit dem Namen und der Firma des EntgegenAusstellers unterzeichnet sind, insoweit nicht dieses Gesetz oder der Tarif entgegen- fHmmunßen stehende Bestimmungen enthält. Das Gesetz enthält in §§ 4 und 5 Ausnahme- des Gesetze» Vorschriften dahin, daß bestimmte dort aufgeführte Urkunden, trotzdem sie mit dem Namen lm£> Tnnf3,

oder der Firma des Ausstellers unterzeichnet sind und zu den im Tarif aufgeführten Kategorien

gehören, von der Stempelpflicht befreit sind. Der Tarif enthält nur eine Ausnahme, und zwar nach entgegengesetzter Richtung hin, nämlich in den Tarifstellen 53 und 55 dahin, daß auch

die von den Parteien nicht unterschriebenen Protokolle und diesen gleichgestellten Re­ gistraturen, welche in Privatangelegenheiten von Behörden und Beamten ausgenommen sind und die Stelle einer im Tarif besteuerten Verhandlung vertreten, wie diese zu versteuern sind. *39) Daß dies keine Ausnahme sei, weil als Aussteller bei den Protokollen und Registra­ turen der die Verhandlung ausnehmende Beamte anzusehen sei, ist nicht anzuerkennen. Der für jene Meinung angegebene Grund trifft zwar zu für die von der Behörde bezw. dem Beamten im öffentlichen Interesse, wenn auch für Privatpersonen, ertheilten Urkunden — wie

Erlaubnißertheilungen, Standeserhöhungen, Auszüge aus Akten, amtliche Zeugnisse —,

aber für die von ihnen

„aufgenommenen"

nicht

(tz 12 Buchst, a Ges.) Verhandlungen über

Erklärungen von Parteien, welche lediglich deren Privatangelegenheiten betreffen (Auflassungen,

Kaufverträge, Vollmachten). Bei diesen beurkundet der Beamte nicht die aufgenommene Verhandlung als seine Willenserklärung, wie dies der Aussteller einer Urkunde zu thun

hat, er beurkundet vielmehr, daß die aufgenommene Erklärung vor ihm abgegeben worden ist. Nur bezüglich dieses beglaubigenden Vermerks ist der Beamte Aussteller, bezüglich der auf­

genommenen materiellen Erklärungen der Parteien aber sind es diese, falls sie die Erklärungen unterschrieben haben.

a) Haben sie die aufgenommenc Erklärung, z. B. einen Kaufvertrag, lmterschrieben, so ist die Urkunde, auch wenn der aufnehmende Beamte die Verhandlung nicht durch Unterschrift vollzogen hat,

stempelpflichtig, zwar nicht als Protokoll, da sie Mangels der Vollziehung

nicht die Kraft eines solchen hat,

wohl aber als schriftlicher Kaufvertrag.

Ist das

Protokoll vollzogen, so ist es nach Tarifstelle 53 wie ein schriftlicher Kaufvertrag zu versteuern,

da es die Stelle eines solchen vertritt.

b) Haben die Parteien das vom aufnehmenden Beamten vollzogene Protokoll nicht unterschrieben, so ist damit nur der vor dem Beamten erfolgte mündliche Abschluß des Vertrages festgestellt. Dann sind zwei Fälle zu unterscheiden: I. Ist zur Rechtsgiltigkeit des Kallfvertrages schriftliche Abfassung erforderlich — wie

im Gebiete des A.L.R. für Grundstücke, Gegenstände im Werthe von über 150 Mk. u. s. w. (§ 133 Th. I Tit. 5 A.L.R.) —, so vertritt das Protokoll nicht die Stelle

eines formell giltigen Kaufvertrages und ist deshalb nach Abs. 2 der Tarifstelle 53 stempelfrei; als Protokoll unterliegt aber die Urkunde dann dem Fixstempel.

*38) Ob.Trib. 16. 10. 60 Strieth. Arch. Bd. 38 S. 315. *39) Aehnliche, int Entwurf bei den Tankstellen „Auktionen", „Lustbarkeiten", „Polizei­ stunde" und „Zeugnisse" bestintntt gewesene Ausnahmen sind bei der Berathung der Vorlage beseitigt.

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

26 II. Ist

zur Rechtsgiltigkeit

des Kaufvertrages

schriftliche Form nicht

nothwendig

— wie im Gebiete des gemeinen Rechts —, so ergiebt das Protokoll den formell

giltigen mündlichen Abschluß des Kaufvertrages, vertritt also die Stelle eines

solchen, (dessen Bestehen ohne das Protokoll anderweit nachzuweisen wäre) und ist daher als-Kaufvertrag zu versteuern. *40)

Zu Absatz 3 r«.

14‘

Der Unterschied zwischen Briefen und sonstigen Urkunden hat stempelrechtliche

vertrüge. Bedeutung nur bei mehrseitigen Rechtsgeschäften, welche die gegenseitigen Willenserklärungen ^bgnft. Ge-mehrerer Personen zu ihrem Entstehen erfordern. (F.M.Erl. 10. G. 96 III. 6569.) c' Schriftliche Willenserklärungen einseitiger Natur, — durch welche Verbindlichkeiten

nur nach einer Seite hin, gegen den Aussteller, begründet werden — sind stempelpflichtig nicht nur, wenn sie sich in Form einer besonderen Geschäftsurkunde darstellen, vielmehr auch, wenn sie in anderer Form erscheinen, z. B. wenn sie in einem von dem Verpflichteten ein

den Berechtigten gerichteten Briefe enthalten sind; eine

stattgehabte „Einigung" kommt

dabei nicht in Betracht. Dies gilt auch von den über einseitige Verträge ausgestellten Urkunden (Vollmacht, Schenkung, Abtretung, Schuldverschreibung), da hier die Annahme des

Vertrags seitens des Berechtigten in giltiger Weise stillschweigend durch Entgegennahme der ausgehändigten schriftlichen Verpflichtungserklärung erfolgen kann und nicht zum urkundlichen Ausdruck gebracht werden braucht (siehe oben Anm. 2 B).

Durch die Aushändigung (Ueber-

sendung) des die Verpflichtungserklärung enthaltenden Briefes ist hier schon die vertragsmäßige Verpflichtung für den Briefschreiber begründet und der Brief stellt also von diesem Zeitpunkt an die Urkunde über das geschlossene Geschäft dar, die man in diesem Sinne die Vertrags­ urkunde nennen kann. Anders liegt die Sache, wenn ein zweiseitiger Vertrag (Kauf, Vergleich, Engagements­

vertrag) vorliegt.

Hier kann man von einer Vertragsurkunde nur reden, wenn durch die

Vollziehung der Unterschrift seitens beider Kontrahenten der schon perfekte Vertragsschluff

bezeugt wird, sei es nun, daß die Willenseinigung bereits vor der schriftlichen Fixiruug

und unterschriftlichen Vollziehung der Erklärung erfolgt war, sei es, daß sie im Augenblick der Vollziehung sich erst vollendete. Kommt aber die Willenseinigung, der Vertrag, durch Brief­

wechsel zu Stande, 'so sind die Briefe nicht Urkunden über den geschlossenen Vertrag, vielmehr solche über die dem Vertragsschluß vorhergegangenen Willenserklärungen der Kontra­

henten; denn erst durch den Empfang des letzten, die Annahme der Offerte enthaltenden Briefes seitens des Anbietenden wird der Vertragsschluß perfekt.

Hier bezeugt der Brief

des den Vertragsschluß Anbietenden auch dann, wenn er sich schon im Besitze des anderen Theils befindet, nur die Thatsache der erfolgten Offerte und der Brief des anderen Theils

ebenso nur die Thatsache der Annahme, welche möglicher Weise wirkungslos bleibt, weil die Offerte inzwischen — durch Widerruf, Zcitablauf oder dergl. — ihre verbindliche Kraft ver­ loren hat. Dieser Fall liegt also wesentlich anders, als wenn über einen schon vereinbarten zweiseitigen Vertrag beide Kontrahenten dem wesentlichen Inhalt nach — wenn auch nicht dem Wortlaut nach — gleichlautende Schriftstücke jeder für sich ausgestellt und unter ein­

ander ausgetauscht haben, von denen jedes in geschlossener, räumlich abgegrenzter Form die Essentialien des Vertrags enthält.

Hier ergeben beide Schriftstücke zusammen aus sich

selbst urkundlich die beiderseits endgiltige Uebernahme der gegenseitigen Verpflichtungen, alio

den perfekten Vertragsschluß, und die Absicht der Vertragschließenden ist bei der Ausstellung

*40) Für die Richtigkeit der hier vertretenen Ansicht spricht der Inhalt der Begründung des Entwurfs Bl. 9/10 derselben: „Außerdem soll es auch bei amtlichen Protokollen der Unterschrift Derjenigen, welche eine Erklärung zu Protokoll abgeben, nicht bedürfen, weil in einzelnen Theilen der Monarchie, in denen daS gemeine Recht gilt, solche Protokolle rocht ^verbindlich sind, auch wenn die erklärende Person sie nicht unterschrieben hat."

§ 1.

27

Gegenstand der Stempelsteuer.

der Schriftstücke offensichtlich die gewesen, sich gegenseitig in den Besitz einer Urkunde über das geschlossene Geschäft zu

briugen.**41)

Beide Schriftstücke zusammen bilden hiernach

die wirkliche Vertragsurkunde und vertreten nicht nur die Stelle einer solchen (siehe oben).

Kommt die Willenseinigung

erst durch den Briefwechsel zu Stande,

stehen einer Stempelpflicht noch nicht die Rede.

so ist vom Be­

Civilrechtlich freilich vertritt der den Ver-

tragsschluß zu Stande bringende Briefwechsel bezüglich der Klagbarkeit die Vertragsurkunde

insofern, als die Bedingungen und die wechselseitige schriftliche Einwilligung der Kontrahenten daraus beweiskräftig

zu entnehmen sind (§ 142 Th. I Tit. 5 A.L.R.);

noch nicht zur stempelpflichtigen Vertragsurkunde selbst.

er wird dadurch aber

Wenn jedoch die Parteien

über die Absicht hinaus, durch den Briefwechsel die Bedingungen des Geschäfts und die gegen­ seitige Einwilligung zu vereinbaren, durch ihn auch noch den beabsichtigten Zweck erreichen, die sonst in gleichliegenden Fällen übliche Aufnahme einer förmlichen, den Vertragsinhalt

zusammenfassenden Urkunde in ihren Rechtswirkungen vollständig zu ersetzen, so Grund vor,

liegt kein

dies Surrogat einer Vertragsurkunde stempelrechtlich anders zu behandeln als

eine förmliche Vertragsurkunde selbst.

Diesen Grundsätzen entsprechen die Vorschriften des

Absatz 3.

Auch unter der Herrschaft des alten Stempelgesetzes, das über Korrespondenzverträge

keine besonderen Vorschriften enthielt, hat die Verwaltungspraris und Rechtsprechung diese Verträge als in der Regel stempelfrei erachtet; sie stützte sich dabei auf die Kabinetsorder vom

16. Januar 1840 G.S. S. 18, in der Vertragsschluß durch Korrespondenz als eine „nicht die Stempelpflicht bedingende" Form erwähnt wird.

Die Stempelpflicht ist aber auch bisher

schon da als bestehend anerkannt worden, wo die Schriftform nicht als bloßes Verständigungs­ mittel zwischen dell Vertragschließenden

Fixirung des Vertrags

gewählt ist, sondern in der Absicht, durch schriftliche

ein die Vertragsurkunde ersetzendes beweiskräftiges Instrument her­

zustellen, mochte nun die rechtsverbindliche Willenseinigung den: Briefwechsel schon voran-

gegangen oder durch den Briefwechsel erst zu Stande gekommen sein.*42) Das neue Gesetz ist milder; auch beim Vorhandensein der vorstehend bezeichneten Voraussetzungen schließt

es die Stempelpflicht dann aus, wenn nach der Verkehrssitte über das Geschäft ein förmlicher schriftlicher Vertrag nicht errichtet zu werden pflegt.

*41) Ob.Trib. Pl.Beschl. 2. 9. 39, Bd. 5 S. 30, Ob.Trib. 6. 12. 78, Cbl. 1879 S. 124, 11. 5. 77, S. 168. *42) F.M.Erl. 11. 3. 63, III 27111/62, Ob.Trib. 3. 7. 76 u. 11. 5. 77 (Cbl. 1876 S. 213, 1877 S. 168), RG. 14. 1. 81, 17. 2. 81, 3. 10. 81 (Cbl. S. 105 ff., 114, 445), RG. Strass. 30. 12. 87 Bd. 17 S. 34 ff., Jur. Wochenschr. 1888 S. 6520, RG. Civilf. 26. 1. 80, Raff. u. Küntz. Bd. 24 S. 1077, R.G. 25. 11. 95, Jur. Wochenschr. 1896 S. 46, F.M.Crl. 8. 11. 96 III 15134. RG. Civils 2. 11. 91 in Sachen Diskontogesellfch. c./a. Fiskus IV 188/91: „Jene Absicht der Herstellung eines beweiskräftigen Instruments hat das Berusungsgericht int vorliegenden Falle aus den Nntftändelt, irnter welchen der Briefwechsel zwischen der Klägerin imb den Baumeistern C. und B. gepslogeit ist, entnommen; es ist ins­ besondere in Betracht gezogen worden, daß in den Vorbesprechungen mit deut Mitgliede der Klägerin, dem Baurath ^., eine thatsächliche Wittensübereinstimmung bereits erzielt, eine Cinigultg tut Wesentlich eil also schon vor dem Brieswechsel vorhanden gewesen sei. Daulit ist gesagt, daß die Vorbesprechungen der (an einem und demselben Orte wohnenden) Vertragschließeildell tu einen Schriftwechsel übergeleitet wurden, als sie Hilf dem Punkte angelangt wareil, daß das Zustandekommen des Vertrags mit Sicherheit erwartet werden konnte. Wenn danach auch die Annahme des Berufuilgsgerichts, der Briefwechsel habe den Zweck gehabt, die bereits vorhandene Willens üb ereinstimmung zu fixiren, zu weit geht, zitmal der Inhalt der Briese darüber keinen Zweifel läßt, daß eine vollständige, alle Punkte umfassende Willensübereinstimmung erst durch dell Briefwechsel erreicht worden ist, so birdnrste es doch jener Annahme zur Be­ gründung der Stempelpflichtigkeit des Briefwechsels nicht; es genügte dazu die weitere, von jener Annahme nnabhängige, offenbar auf die gedachten Umstände gestützte Feststellullg des Berusullgsgerichts, daß die Korrespondenz auch noch den Zweck hatte und ihrenl Inhalte nach geeigliet war, ein Vertragsinstrunlent herzustellen. Siehe noch Anm. 17 Rr. IIIb.

28

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer. 15*

Regelmäßige

Simpeldesselben.

I. Der Briefwechsel setzt begrifflich voraus, daß jeder der Kontrahenten seine

Erklärung in einem besonderen Schriftstück fixirt und dasselbe dem anderen übermittelt. Bon einem Briefwechsel kann man daher in dem Falle nicht reden, wenn die gegenseitigen Erklärungen auf demselben Blatt Papier befindlich sind, denn hier hat ein Auswechseln, d. h. gegenseitiges Aushändigen brieflicher Mittheilungen nicht stattgefunden. Ergiebt sich also die Einigung der Kontrahenten in dieser Weise aus einem Schriftstück, welches die unterschriebenen Erklärungen beider Kontrahenten — wenn auch räumlich getrennt und unter verschiedener Datirung — enthält, so findet der Abs. 3 nicht Anwendung, das Schrift­ stück ist vielmehr wie eine förmliche einheitliche Vertragsurkunde stempelpflichtig, ohne Rück­ sicht darauf, daß die Erklärungen etwa in die Form gegenseitiger brieflicher Mittheilungen gekleidet sind.*43) Sind aber die Briefe zur getrennten Aufbewahrung so unter die Vertrag­ schließenden vertheilt, daß der eine den Brief des anderen in der Hand hat, so liegt ein Briefwechsel vor. Dabei ist nicht erforderlich, daß die Vertragschließenden beim Nieder­ schreiben oder beim Austausch der Erklärungen von einander abwesend waren, vielmehr findet ein Zustandekommen des Vertrages mittels getrennter gegenseitiger schriftlicher briefartiger Mittheilungen auch bei gleichzeitiger Anwesenheit der Vertragsfließenden vielfach statt*44) Ergiebt sich solche Anwesenheit aus den schriftlichen Erklärungen selbst — aus der Ueber­ einstimmung deö Ortes und des Tages der Datirung allein folgt sie übrigens noch nicht —, oder wird sie auch nur durch außerhalb der Urkunde liegende Umstände dargethan, so wird freilich die Absicht, die Errichtung eines förmlichen Vertrages zu umgehen, zu vernnlthen sein, außer wenn nach Lage des Falls trotz beiderseitiger Anwesenheit schriftliche Verständi­ gung erforderlich war, wie bei Vertragsabschluß zwischen Stummen oder Tauben. Der regel­ mäßige Fall ist aber der Briefwechsel unter Abwesenden (§ 142 Th. I Tit. 5 A.L.R.). Der erste Satz des Absatz 3 bestimmt, daß für den Briefwechsel regelmäßig, sowohl im kaufmännischen als auch im nichtkaufmännischen Verkehr, ein Stempel nicht zu erheben ist, auch wenn sich aus ihm die Einigung über einen an sich stempelpflichtigen Ver­ trag ergiebt. Im zweiten Satz ist aber dieser Grundsatz für einzelne bestimmte Fälle durch­ brochen (siehe unten zu III).

sertraX

16* II« Wenn aber der Briefwechsel nicht nur ergiebt, daß sich die Kontrahenten

urkunden,

über den Abschluß geeinigt haben, vielmehr darüber hinaus noch, daß der vorher schon mündgeschloffene oder erst durch den Briefwechsel zu schließende Vertrag gleichzeitig wirklich hat beurkundet werden sollen und beurkundet ist, so kommen die Briefe stempelrechtlich nicht

in^Briefform

n

c

als Briestvechsel nach Abs. 3 in Betracht, unterliegen vielmehr als wirkliche Vertrags­ urkunden der Stempelpflicht gemäß Abs. 2. Letzteres ist der Fall, wenn jeder einzelne der gegenseitigen Briefe in wesentlicher Uebereinstimmung die Essentialien des Vertrages derart enthält, daß in jedem der Vertrags­ wille in einheitlicher Selbständigkeit fixirt ist, wenn also der Annahmebrief sich nicht darauf beschränkt, die Annahme der Offerte allgemein zu erklären und dadurch das Bestehen der Einigung auszudrücken, wenn vielmehr der Annahmebrief den Inhalt der Offerte nochmals in ihren wesentlichen Bestandtheilen ausdrücklich wiederholt (siehe auch unten zu IV c). Daß die Offerte und die Annahme im Wortlaut übereinstimmen, ist nicht erforderlich, es genügt vielmehr Uebereinstimmung im wesentlichen Inhalt (PlBeschl. d. Ob.Trib. v. 2. 9. 39, Bd. 5 S. 30,Erk. d. Ob.Trib. v. 3. 7. 76 Cbl. S. 213 u. v. 6.12. 78 Cbl. 1879 S. 124 Just.M.Bl. 1879 S. 137). Derartige Verträge sind als „im eigentlichen Sinne in schriftlicher Form ab­ geschlossene" anzusehen, bei denen die Korrespondenzform nur eine äußerliche und unwesentliche ist (Ob.Trib. 3. 7. 76 Cbl. S. 213 u. 11. 5. 77 Cbl. S. 168). Sie stehen bezüglich der Stempelpflicht daher vollständig denjenigen Verträgen gleich, bei welchen die Kontrahenten nicht Briefe, vielmehr gleichlautende förmliche Vertragßurkunden, von denen jeder eine unter*43) Ob.Trib. 20. 1. 65, Bd. 54 S. 369, 378 ff. *44) Nrth. d. K.G. 10. 10. 95 (F.M.Erl. III. 10/96).

§ 1.

Gegenstand der Stempelsteuer.

29

schrieben hat, ausgetauscht haben **45) (siehe oben Anm. 12 Aks. 3), so daß jeder eine vom Gegen­ kontrahenten unterschriebene, den vollen Vertragsinhalt enthaltende, für den Gegenkontra­ henten durch dessen Unterschrift rechtsverbindliche Urkunde in der Hand hat und beide Urkunden zusammen den stempelpflichtigen Vertrag darstellen (Ob.Trib. 30. 9. 78 Cbl. S. 282).

Be­

züglich dieser Verträge ist an der bisherigen, durch die Verwaltung und Rechtsprechung fest­ gestellten Praxis nichts geändert (Kom.Prot. Nr. 15 S. 3).

Es bleiben also auch kaufmän­

nische Bestätigungsbriefe wie bisher stempelpflichtig, wenn sie im Sinne der vorstehenden Ausführungen sich als wirkliche Vertragsurkunden darstellen (siehe unten bei IV).

17.

III. Nach Ausscheidung der zu II behandelten wirklichen Vertragsurkunden in Die Einigung Briefform bleibt als ausnahmsweise, nämlich beim Vorhandensein der Voraussetzungen dem'§ des letzten Satzes des § 1, stempelpflichtig der Briefwechsel, aus dem sich nicht die Beurkun- Briefwechsel,

düng des geschlossenen Vertrages selbst, vielmehr nur die Einigung über denselben ergiebt.

A. Zweiseitige Verträge. Bei zweiseitigen Verträgen ergiebt sich die Einigung nur dann aus Briefen, wenn a) in formeller Beziehung jeder der Vertragschließenden seinen Brief unterschrieben hat (siehe oben Anm. 12); fehlt auch nur die Unterschrift eines der Kontra­ henten, so ist die Einigung nicht ersichtlich, da der nicht unterschriebene Brief Rechte oder Pflichten nicht erzeugen kann; b) in materieller Beziehung ergiebt sich die Einigung aus dem Briefwechsel dann nicht, wenn daraus ersichtlich ist, daß unter den Parteien nicht über alle Punkte

volles Einverständniß herrscht, sie sich vielmehr die Einigung über Nebenbestim­ mungen in der Urkunde noch Vorbehalten haben. Doch ist es im einzelnen Falle Thatfrage, ob die Parteien von der Einigung über diese Nebenbestimmung das Zu­ standekommen des Vertrages haben abhängig machen wollen. Denn an der Uneinigkeit

über einen, wenn auch nebensächlichen Punkt, z. B. die Frage, wer die Kosten

und den Stempel zu tragen hat, kann unter Umständen das Zustandekommen des ganzen Vertrages scheitern* 46) Daraus folgt aber nicht, daß auch der ganze In­ halt des Vertrages aus den Briefen sich ergeben müßte. Seine Essentialien

müssen sich freilich aus den Briefen seststellen lassen — wie dies bei jeder Vertragsurkunde die Voraussetzung der Stempelpflicht ist (Anm. 4 zu § 3 Ges.) —;

darüber hinaus ist aber eine Bezugnahme auf nicht besonders aufgeführte, nur mündlich vereinbarte oder auch anderweit beurkundete Abreden zulässig.* 47) Ergeben die Urkunden zwar alle Essentialien des Geschäfts, aber nur diese und weder einen

Vorbehalt der Einigung noch sonst etwas darüber, wie es mit den Naturalien des Geschäfts zu halten ist, so ist anzunehmen, daß die Einigung als giltig zu Stande gekommen beurkundet ist und daß sich die Kontrahenten den bezüglich der Naturalien subsidiär anzuwendenden Bestimmungen des Civilrechts haben unterwerfen wollen.

*45) Ob.Trib. 11. 5. 77 Cbl. S. 168. *46) RG. 10. 4. 95 F.M.Erl. III. 9474.

Wenn in einem Vertrage alle wesentlichen Bestandtheile eines Geschäfts, z. B. eines Kaufvertrages enthalten sind und somit die Klagbarkeit auf Erfüllung (§§ 120, 121 Th. I Tit. 5 A.L.N.) oder inr Falle der Punktation auf Errichtung eines förmlichen Vertrages (§ 122 das.) gegeben sein würde, so ist er dennoch nicht als Kauf bezw. Punktation, vielmehr nur als Jnnominat-Vertrag (Traktat § 125 das.), also gemäß Tarifst. 71 Ziffer 2 dann zu versteuern, wenn sich die Kontrahenten ausdrücklich die Einigung hinsichtlich der sonst aus dem Gesetze folgenden Maßgaben, welche Ort und Zeit der Erfüllung, Termin der Auflassung u. s. w. betreffen und in Betreff der Deckung der Kaufsumme, d. h. der dem Verkäufer voyr Käufer für Zahlung des Kaufpreises zu gewährenden Sicherheit, vorbehalten haben. Die hierüber nicht erzielte Einigung könnte Veranlassung sein, daß das ganze beabsichtigte Rechts­ geschäft nicht zu Stande kommt (RG. Civils. 23. 11. 91 F.M. III 1744/92). Die Kontrahenten haben in einem solchen Falle durch den Vorbehalt zmn Ausdruck gebracht, daß jene Naturalien des Geschäfts, über die eine Einigung nicht erzielt ist, für sie die Bedeutung wesentlicher Vertrags­ bestandtheile (Effentialien) haben. (Siehe die Anm. 47 auf der folgenden Seite.)

I. Abschnitt: Von dcr Pflicht zur Entrichtung dcr Stempelsteuer.

30

Der Brieftvechsel wird nicht schon dadurch allein stempelpflichtig, daß er crgicbt, daß die Einigung schon vor dem Briefwechsel bestanden hat und außerhalb desselben herbeigeführt ist.

Dies folgt aus dcr Entstehungsgeschichte des Abs. 3.

Er lautete im Entwurf dahin:

„Ist die Einigung über ein Vertragsverhältniß durch Briefwechsel oder durch Austausch

sonstiger schriftlicher Mittheilungen herbeigeführt worden,

so u. s. w."

Diese Fassung

ist als zu weitgehend durch die Kommission (Kom.Prot. Nr. 15 S. 3) ersetzt worden durch

die jetzige und hieraus ist als Meinung des Gesetzgebers zll entnehmen, daß Stempelfreiheit unter Umständen selbst dann eintreten kann, wemi der Brieftvechsel die Einiguilg nicht erst herbeiführt.

Folgt der Briefwechsel der Einigung erst nach,

Absicht der Vertragschließenden vorliegen, sich

so wird freilich regelmäßig die

ein Beweismittel zu schaffen.

Trotzdem

ist dies schriftliche Beweismittel — außer im Falle zu II (siehe vorstehend) — an sich stempel­ frei ulld die Stempelpflicht wird mir dann ausnahmsweise begründet, wenn die sämmtlichen

Voraussetzungen des zweiten Satzes des Abs. 3 Zusammentreffen (siche zu IV).

Freilich wird

wohl regelmäßig die Absicht, ein Beweismittel zu schaffen, zusammenrallen mit der Absicht, die

Errichtung eines förmlichen Vertrages zu umgehen.

B. Sonstige schriftliche Mittheilungen.

18.

Sonstige Unter diesen sind alle nicht in Briefform gekleideten, schriftlichen gegenseitigen schriftliche Willensäußerungen zu verstehen, welche zum Austausch bestimmt sind, sei es zum Austausch in Mit­ theilungen. Urschrift, sei es, wie bei Telegrammen, in einer unter öffentlicher Autorität hergestcllten Telegramme.

urkundlichen Wiedergabe der schriftlichen Erklärung in anderer äußerer Form. Auch bei diesen Mittheilungen ist Voraussetzung der Stcmpelpflicht, daß sie — bei

Telegrammen die auf den: Telegraphenamt zurückblcibende Urschrift — von dem Erklärenden

unterzeichnet sind.

Vertragsschluß durch Austausch zweier Telegramme oder eines Telegramms

und einer anderen schriftlichen Mittheilung steht dann dem Vertragsschluß durch Briefwechsel

vollständig gleich.

19.

Ausnahms­ IV. Um für die im Satz 1 des Abs. 3 bezeichneten Korrespondenzverträge eine weise Stempel Stempelpflicht zu begründen, müssen drei Momente — zwei objektive und ein subjektives — pflichtigkeit Zusammentreffen: der Korre­ spondenz­ *47) RG. 17. 2. 81 Cbl. 1881 S. 114. Eine Einigung kann durch den Briefwechsel auch verträge.

nur über einen bestimmten quantitativen Theil eines Geschäfts wirksam erfolgen, während über den Rest noch keine Einigung erzielt ist (Erk. d. Kammerger. Strass. 9. 10. 91, G.A. Bd. 39 S. 383: Der Angeklagte hatte nach Plänen und Zeichnungen einen Bau ausgeführt und sodann dem Mitangeklagten die Lieferung der dazu erforderlichen Tischlerarbeiten über­ tragen. Neber ihre nründlichc Vereinbarung wechselten sie unter demselben Datunr Briefe aus, Inhalts deren sämmtliche Arbeiten einer vorherigen schriftlichen Preis­ vereinbarung bedürften und zugleich für einen Theil der Arbeiten der Preis festgesetzt wurde. Beide Angeklagte wurden wegen nicht geschehener Stempelung des Vertrages, soweit die Preise bereits vereinbart waren, verurtheilt und ihre Revision verworfen, und zwar mit folgender Begründung: .Die beiden Schriftstücke enthalten nicht eine Korrespondenz unter-Abwesenden, sondern eine in Briefform vorgenommene schrift­ liche Fixirung eben getroffener mündlicher Vereinbarungen, bilden also zusammen eine einheitliche Urkunde über diese Vereinbarungen. Der Inhalt dcr letzteren bildet einen bezw. mehrere Werkverdingungsverträge. Soweit freilich eine Preisfestsetzung der Zukunft vorbehalten ist, kann von einem bindenden Vertrage nicht die Rede sein; insoweit liegt vielmehr nur ein Traktat (§ 125 A.L.R. I 5) vor, da in Betreff aller dieser Arbeiten die Verpflichtung zur Lieferung auf der einen und zur Annahure auf der anderen Seite noch vom Zustandekommen einer speziellen Preisvereinbarung abhing. Hinsichtlich der in den Briefen ausdrücklich fixirten, damals bereits mündlich vereinbarten Einzelpreise bestimmter Arbeitspositionen war hingegen durch jene Urkunden ein beider­ seits bindender Vertrag über Herstellung und Lieferung aller in diese Rubriken fallenden Tischlerarbeiten für den Neubau zu Stande gekommen.

§ 1.

31

Gegenstand der Stempelsteuer.

a) die Verkehrssitte muß dahin gehen, daß über ein derartiges Geschäft, wie es sich aus dem Briefwechsel ergiebt, ein förmlicher schriftlicher Vertrag errichtet zu werden pflegt; b) die Errichtung eines förmlichen schriftlichen Vertrages darf nicht stattgcfunden haben;

c) von den Beteiligten muß beabsichtigt sein, durch den Briefwechsel oder den Austausch der sonstigen schriftlichen Mittheilungen die Aufnahme eines förmlichen schriftlichen Vertrages zu ersehen.

Selbst wenn also die Vertragschließenden lediglich zur Umgehung der Stempel­

pflicht den geschlossenen Vertrag in die Form an einander gerichteter Briefe kleiden, und

diese zwar nicht jeder für sich, aber zusammengehalten alle Bestandtheile des Geschäfts voll­ ständig derart enthalten, daß aus ihnen wie aus einer förmlichen Vertragsurkunde auf Er­ füllung geklagt werden kann, so ist dennoch ein Stempel nicht zu entrichten, wenn die Ver-

tehrss itte in diesem Falle keine solche förmliche Urkunde erfordert (siehe aber die Ausnahme oben unter II).

Der Meinung, daß Mangels des Bestehens einer Vcrkehrssitte die Absicht

einer Umgehung im einzelnen Falle überhaupt logisch ausgeschlossen sei (Kom.Verh. Nr. 15

S. 5), kann nicht beigetreten werden, da besondere Gründe vorliegen können, die auch in einem solchen Falle die Errichtung einer den förmlichen Vertrag ersetzenden Urkunde erfor­ derlich machen. Die Ausnahmebestimmung des zweiten Satzes Abs. 3 enthält zugleich eine Ausnahme vom Prinzip des Urkundenstempels; denn alle unter a, b und c aufgeführten, für

die Stempelpflicht entscheidenden Momente betreffen Umstände,

welche außerhalb der Urkunde

liegen und aus ihr nicht ersichtlich sind.

20.

Zu a. Der Begriff der Verkehrssitte, welche auch anderweit im Rechts- Verkehrssitte. leben von Bedeutung ist (siehe B.G.B. §§ 157, 242 und RG. Civils.24.6.84 Bd.14S.77), gliche!

ist im Gesetze selbst nicht festgestellt;

cs kann aber darunter nur die im Verkehr allgemein

oder innerhalb eines bestimmt urngrenzten Kreises thatsächlich herrschende gewohnheitsmäßige

Uebung

verstanden werden.

Die Verkehrssitte unterscheidet sich vom Gewohnheitsrecht und

Herkommen (Observanz) dadurch, daß sie nicht, wie diese, eine objektive Rechtsnorm darstellt und

nicht

die Uebung

auf

Rechts Überzeugung

zweifelhaft sein, ob eine Verkehrssitte besteht; festgestcllt werden.

beruht.

Im

einzelnen

Falle

kann

cs

dann muß das Bestehen durch Sachverständige

Dies wird nicht größere Schwierigkeiten verursachen als die im Prozesse

vielfach durch Sachverständige bewirkte Feststellung von Gewohnheiten und Gebräuchen im Handelsverkehr (Art. 279 A.H.G.B.); doch läßt sich nicht verkennen, daß die Hineintragung

dieses Begriffs

in

das

Gesetz

dessen Handhabung für die Steuerbehörden

zu einer

schwierigen machen muß. Die Beweislast für das Bestehen der VcrkehrSsitte fällt, wenn der Steuerpflichtige den Rechtsweg beschreitet, dem Fiskus zu (siehe §26).

Landestheilen verschieden entwickeln;

Die Verkehrssitte kann sich in verschiedenen

entscheidend ist dann die Sitte, welche zur Zeit des

Vertragsschlusses an dem Orte besteht, wo der Abschluß sich vollendet (sieheKommissions­

bericht (S. 95 ff.).

Für die Annahme, daß die Stempclpflicht schon dann ausgeschlossen ist,

wenn an dem Wohnorte eines der Vertragschließenden die Verkehrssitte, über das Geschäft einen förmlichen Vertrag zu errichten, nicht besteht,

giebt die Fassung des Abs. 3 keinen

Anhalt; freilich wird in solchem Falle manchmal das subjektive Erforderniß sich nicht feststellcn

lassen,

daß beide Betheiligte die Umgehung der Errichtung eines förmlichen Vertrages beab­

sichtigt haben. Ein förmlicher schriftlicher Vertrag ist

eine von den Kontrahenten vollzogene

Urkunde, in welcher der Inhalt eines geschlossenen Vertrages einheitlich zusammengefaßt ist

und welche aus ihrer Form und Fassung ergiebt, daß der alleinige Zweck der Abfassung die Fixirung der Vertragsbedingungen und der Einigung darüber war.

Vertrag,

32

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der (Stempelsteuer.

Bei der Berathung des Gesetzentwurfs ist von verschiedenen Seiten behauptet worden, daß im Handelsverkehr eine Verkehrssitte, förmliche schriftliche Verträge zu errichten, über­ haupt nicht besteht. Das kann in dieser Allgemeinheit als richtig nicht anerkannt werden. Es ist vielmehr auch hu Handelsverkehr für gewisse Arten von Geschäften das Errichten einer

förmlichen Urkunde üblich, nämlich insbesondere bei solchen, deren Gegenstand sehr werthvolle Sachen von individueller Beschaffenheit sind (z. B. Lieferungsverträge über Panzerschiffe

oder andere Dampfschiffe auf Grund von Zeichnungen und detaillirten Beschreibungen u. dergl.). Für gewisse Handelsgeschäfte,

nämlich die Uebernahme der Versicherung gegen Prämie, der

Beförderung von Gütern oder Reisenden zur See und das Darleihen gegen Verbodmung (Art. 271 Nr. 3 u. 4 A.H.G.B.) ist die Errichtung förmlicher Urkunden sogar die Regel. Da indessen diese Urkunden meistens einseitig ausgestellt werden, so kommen sie insoweit hier nicht in Betracht.

(Siehe oben Anm. 14.)

Wo aber diese Urkunden in der Form zwei­

seitiger Verträge vorzukommen pflegen, wie bei Verbodmungen, Personen-Gesammttransporten über See u. s. w., wird man das Bestehen einer auf Errichtung förmlicher Ver­

träge gerichteten Verkehrssitte anerkennen müssen.

Abgesehen von diesen Ausnahmefällen besteht

aber im Handelsverkehr eine solche Verkehrssitte nicht und es ist daher insoweit die Handels­

korrespondenz überall stempelfrei, außer wenn in dem Briefwechsel als integrirende Theile der Briefe wesentlich gleichlautende, wirkliche Vertragsurkunden ausgewechselt sind (siehe oben zu II.).

Der Begriff der Verkehrssitte kehrt im Tarif wieder bei den Tarifstellen Nr. 2 (Ab­

tretungen) Abs. 3 und Nr. 73 (Vollmachten) Abs. 5. Bei Pacht- und Mietverträgen fingirt die Tarifstelle Nr. 48 unter a letzter Absatz ein für allemal das Bestehen der Verkehrssitte, förmliche Verträge abzuschließen.

21.

Förmlicher Zu b. Die Stempelpflichtigkeit des Briefwechsels ist ausgeschlossen, wenn die dem Brief- Errichtung eines förmlichen schristlichen Vertrags über das Geschäft stattgefunden wechsel.

und zwar auch dann, wenn die Vertragschließenden eine wiederholte formelle Beurkundung des geschlossenen Vertrags — die an sich, soweit nicht Briefwechsel in Frage steht, nach der Recht­

sprechung wieder stempelpflichtig ist (siehe oben Anm. 4) — für zweckmäßig hielten und durch den

Briefwechsel nur die Absicht verfolgten, diese stempelpflichtige wiederholte Beurkundung zu umgehen.

Der Briefwechsel ist stempelfrei, auch wenn der förmliche schriftliche Vertrag nicht

oder nicht vorschriftsmäßig verstempelt worden ist, mag selbst die Nachforderung des Stempels sowie die Strafe für seine Hinterziehung durch Verjährung ausgeschlossen sein. Der Brief­ wechsel bleibt stempelfrei, wenn auch der vor ihm errichtete förmliche Vertrag abhanden gekommen ist, sei es vor oder nach dem Briefwechsel und sei es in gestempeltem oder ungestempeltem Zustande. Entscheidend ist hierbei der Zeitpunkt des Empfanges desjenigen

Briefes, aus dem zuerst die volle Einigung ersichtlich ist. abhanden gekommenen Vertrages siehe oben Anm. 6.)

(Bezüglich der Stempelpflicht des

Da die Stempelpflicht schon mit Ab­

schluß des schriftlichen Vertrags begründet wird, so Hann beim Vorhandensein der Voraus­

setzungen des zweiten Satzes des Abs. 3 die einmal entstandene Stempelpflicht des Brief­ wechsels

Mangels einer dahingehenden

daß hinterher die Kontrahenten noch

kann dabei keinen Unterschied machen,

§ 16 Ges. erfolgt oder nicht.

Vorschrift

nicht

dadurch

wieder

beseitigt werden,

einen förmlichen schriftlichen Vertrag errichten;

es

ob diese Errichtung noch innerhalb der Nothftist des

Nach der Tarifstelle Nr. 54 kommt aber auf den für den spä­

teren förmlichen Vertrag zu entrichtenden (Stempel der für

den

Briefwechsel

verwendete

Stempel in Anrechnung, da der Briefwechsel die Stelle einer Punktation vertritt.

(§ 143

Th. I Tit. 5 A.L.R.) Der Beweis der Negative, daß ein förmlicher Vertrag nicht errichtet ist, dem Fiskus ob, vielmehr hat im Vertrag geschlossen ist.

liegt nicht

Prozeß der Stempelpflichtige darzuthun, daß ein solcher

§ 1.

Gegenstand der Stempelsteuer.

33

22

♦ Zu o. Die Absicht der Betheiligten muß dahin gerichtet sein, durch den Brief- Umgehungswechsel oder den Austausch der sonstigen schriftlichen Mittheilungen die Aufnahme eines stWt förmlichen schriftlichen Vertrags zu ersetzen.

erfordert, die Stempelentrichtung zu umgehen.

Es wird also nicht gerade die Absicht Da aber die Errichtung eines förmlichen

Vertrags auch unter Abwesenden im Wege des Briefwechsels leicht erfolgen kann (siehe oben

unter Anm. 16) - durch Unterschrift der Offerte seitens des Annehmenden und ihre Rücksendung

an den Anbietenden oder durch Uebersendung einer durch den Acceptanten gefertigten und von diesem unterschriebenen Abschrift der Offerte des Gegenkontrahenten — und da die Schaffung eines Beweismittels über die erfolgte Vereinbarung durch den förmlichen Vertrag einfacher und sicherer bewirkt wird als durch Briefwechsel ohne Errichtung eines förmlichen Vertrags, so

werden regelmäßig beide Absichten dann zusammenfallen, wenn über das stempelpflichtige Ge­ schäft nach der Verkehrssitte ein förmlicher Vertrag errichtet zu werden pflegt; denn in diesem

Falle ist ein anderer Grund als der, den Stempel zu sparen, für die Unterlassung der Errichtung eines förmlichen Vertrags nicht erkennbar.

Es ist aber auch möglich, daß ohne jede Absicht

der Stempelhinterziehung beide Vertragschließenden oder einer von ihnen die Umgehung

der Errichtung eines förmlichen Vertrags aus anderen Gründen bezweckt, z. B. wenn von ihnen

aus Rechtsirrthum der Vertrag an sich für nicht stempelpflichtig gehalten wird. Die Absicht, einen förmlichen Vertrag durch den Briefwechsel zu ersetzen, hat nicht zur unumgänglichen Voraussetzung, daß

dem Briefwechsel der Vertragsschluß schon voran­

gegangen ist; die Absicht kann vielmehr auch vorliegen, wenn die Willenseinigung durch den Briefwechsel erst zu Stande kommt, denn schon durch einmaligen Briefwechsel (siehe oben

Anm. 14 bei Rote 38) kann gleichzeitig der doppelte Zweck erreicht

werden, die Einigung

herbeizuführen und über dieselbe einen förmlichen Vertrag zu errichten.*48) sind zu unterscheiden:

Folgende Fälle

A. die Einigung schon in rechtsgiltiger Form erfolgt, z. B. bei mündlichem Abschluß eines Vertrags im Gebiete des gemeinen Rechts, so wird, wenn nach der Verkehrs­ sitte die Errichtung eines förmlichen Vertrags

üblich ist, ein darauf folgender Briefwechsel,

aus dem die Vertragsbedingungen festzustellen sind, kaum aus einem anderen Motiv zu erklären fein als der Absicht, sich ein Beweis in strument, wie es sonst der förmliche Vertrag bietet, zu verschaffen, also diesen durch den Briefwechsel zu ersetzen.

Das trifft auch dann zu, wenn

nur der eine Brief die Vertragsbedingungen enthält, der andere aber diese nicht im Einzelnen

erkennen läßt, vielmehr sich auf die bloße generelle Mittheilung der Annahme der im ersten Briefe enthaltenen Offerte beschränkt,

wenn also beide Briefe zusammen nicht ein eigentliches

Vertragsinstrumeni darstellen (siehe oben beiAnm. 16), vielmehr nur ein solches vertreten, da aus ihnen die Bedingungen und die wechselseitige Einwilligung zu entnehmen sind (§ 142

Th. I Tit. 5 A.L.R.).

B. Ist die Einigung noch nicht in rechtsgiltiger Form erfolgt, liegt also z. B. im Gebiete des A.L.R. nur mündlicher Vertragsschluß vor bei einem Vertragsgegenstand, der schriftlicher Form bedurfte, so wird es auf die Umstände des einzelnen Falles ankommen für die Beurtheilung, ob eine Absicht der Kontrahenten nur dahin vorlag, den rechtsgiltigen

Abschluß in Schriftform herbeizuführen,

oder ob sie nebenher noch beabsichtigten, gleich­

zeitig die Aufnahme eines förmlichen Vertrags zu ersetzen.

Für die letztere, weitergehende

Absicht wird zu vermuthen sein, wenn es des schriftlichen Abschlusses gerade durch Brief­ wechsel nicht bedurfte, wenn also die Kontrahenten beim Vertragsschluß gegenseitig anwesend waren und der Aufnahme eines förmlichen Vertrags nichts im Wege stand; ferner, sobald der Vertragsinhalt einheitlich derart zusammenfassend ausgedrückt ist — wenn auch nur in einem

der Briefe —, daß die Fassung und der Inhalt dem Sprachgebrauch des civilrechtlichen Gesetzes und dem bei Abschluß förmlicher Verträge üblichen Sprachgebrauch entspricht.

Noch klarer

tritt die Absicht, die Errichtung eines Instruments zu ersetzen, dann hervor, wenn imAnnahme-

*48) RG. 2. 11. 91 in Sachen Diskontogesettsch. c./a. Fiskus, siehe oficit Note 38. Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

3

34

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

schreiben die wesentlichen Vertragsbedingungen der Offerte nochmals — was an sich zur Er­ klärung der Annahme nicht erforderlich ist — besonders wiederholt werden.

Wiederholt das

Annahmeschreiben den vollständigen Vertragsinhalt, so bildet der Briefwechsel eine wirkliche Vertragsurkunde (siehe oben Anm. 16).

C.

Ist eine Einigung überhaupt nicht — auch nicht in mündlicher Form — erfolgt, so liegt der Fall im Wesentlichen wie der zu B, da eine in nicht rechtsgiltiger Form

zu Stande gekommene Einigung nicht bindend ist, also der Nichteinigung — wenigstens in

Doch wird es für die Feststellung der Umgehungs­

der Hauptsache — rechtlich gleichsteht. absicht aus beni Briefwechsel

im

einzelnen Falle doch von Bedeutung sein, ob die Briefe ge­

schrieben sind, mn eine Willenseinigung erst herbeizuführen,

oder um eine schon vorhandene

Einigung zu einer rechtsgiltigen zu machen. Die Umgehungsabsicht bedarf im einzelneil Falle der besonderen Feststellung, und letztere wird nicht schon durch den Nachweis ersetzt, daß die Verkehrssitte einen förmlichen Vertrag

erforderte.

Es ist nicht ausgeschloffen,

daß entgegen der Verkehrssitte die Vertragschließenden

im einzelnen Falle die Errichtung eines förmlichen Vertrags für entbehrlich hielten und nur

deshalb von der Errichtung absahen; in einem solchen Falle wird eine Absicht, die Errichtung zu umgehen, nicht festzustellen sein (z. B. je nach den Umständen bei Vertragsschluß zwischen nahen Verwandten, die sich gegenseitig volles Vertrauen schenken, wenn voraussichtlich der Vertrag durch baldige Erfüllung sich erledigen wird). Umgekehrt sönnen auch die Vertrag­

schließenden trotz entgegensteh mder Verkehrssitte die sonst nicht übliche Errichtung eines Be­ weisinstruments im einzelnen Falle für wünschenswerth halten und sich deshalb ein solches durch den Briefwechsel schaffen. Dann ist aber wegen Mangels des Erforderniffes zu a (Anm. 20)

trotzdem Stempelpflicht nicht vorhanden



immer vorausgesetzt, daß

der unter Anm. 16

behandelte Fall nicht vorliegt. In allen Fällen wird die Annahme der Umgehungsabsicht nicht schon dadurch aus­ geschlossen, daß die Vertragschließenden beim Briefwechsel die spätere Errichtung einer förm­

lichen — z. B. notariellen — Vertragsurkunde im Auge haben oder gar ausdrücklich verein­

baren.

Denn die Vertragschließenden haben ein Interesse daran, für die Zeit bis

formellen Vertragsschluß

zum

sich den Beweis für das rechtsverbindliche Zustandekommen

des Vertrags zu sichern, und sie können die Absicht haben, bis dahin den förmlichen Vertrag

durch den Briefwechsel zu ersetzen (siehe aber Tarifstelle 54 Punktationen Abs. 2 bez. der Anrechnung des Stempels). Die Umgehungsabsicht und damit die Stempelpflicht können auch, ebenso wie beim

eigentlichen Briefwechsel, dann vorhanden sein, wenn der Vertragsschluß lediglich durch ge­ wechselte Telegramme herbeigeführt wird. Ist die Absicht dabei auf Ersatz der Errichtung

einer stempelpflichtigen förmlichen Vertragsurkunde gerichtet gewesen und liegen die übrigen Voraussetzungen (oben zu a und b) vor,

so sind die Telegramme ebenso stempelpflichtig, als

wenn ihr Inhalt durch Briefe zwischen den Kontrahenten ausgetauscht worden wäre. L)ie „BeLheilrgten".

23.

In der Kommission war der Abs. 3 dahin gefaßt worden: .wenn von einem Betheiligten beabsichtigt worden ist" u. s. w. Diese Fassung ist im Plenum durch die

jetzige ersetzt worden (St.Ber. S. 2370).

Zur Stempelpflicht ist daher erforderlich, daß die

Absicht, die Errichtung einer förmlichen Vertragsurkunde zu umgehen, bei sämmtlichen beim

Vertragsschluß betheiligten Personen als vorhanden festgestellt wird; fehlt die Absicht auch nur

bei einem der mehreren Vertragschließenden, — mögen sie für sich selbst korrespondiren oder als gesetzliche Vertreter einer juristischen Person —, so ist der Briefwechsel stempelfrei.

24. A.

Ergebniß für Das Ergebniß ist hiernach folgendes: die kauf­ männische Die kaufmännische Korrespondenz über Geschäfte, bezüglich deren eine Verres^onden kehrssitte besteht, förmlich schriftliche Verträge zu errichten (siehe oben Anm. 20), ist wie jeder Bestättgungs- sonstige nichtkallfmännische Briefwechsel zu versteuern, wenn ein förmlicher schriftlicher Vertrag,

Briefe.

§ 1.

Gegenstand der Stempelsteuer.

35

nicht errichtet ist und die Absicht bestand, die Errichtung eines solchen zu umgehen. Jm Uebrigen

ist die kaufmännische Korrespondenz wegen des Mangels einer auf Errichtung förmlicher Vertrags­ urkunden gerichteten Verkehrssitte regelmäßig stenlpelfrei bis auf den einen, dem Abs. 2

§ 1 unterstehenden Ausnahmefall (oben zu Anm. 16), daß der Korrespondenzvertrag sich als

ein „im eigentlichen Sinne schriftlich abgeschlossener" darstellt, daß also von den

ausgetauschten Briefen jeder für sich allein, in wesentlicher Uebereinstimmung mit dem andern, die Vertragsbedingungen wiedergiebt. Die Korrespondenzform ist in diesem Falle

ganz unwesentlich; die gegenseitigen Erklärungen sind nur in Briefform gekleidete Exemplare derselben Vertragsurkunde, derart, daß jeder Kontrahent schon aus dem in seiner Hand befindlichen

Exemplar allein den Vertragsschluß und die Vertragsbedingungen urkundlich nachweisen kann. B. Nach vorstehenden Grundsätzen richtet sich auch die Stcmpelpflichtigkeit der gegen­

seitigen sogenannten kaufmännischen Bestätigungsbriefe. Sie sind also dann zu versteuern,

wenn die Voraussetzungen des letzten Satzes des § 1 gegeben sind.

Indessen wird man nicht

in allen Fällen cuiS der Thatsache des Auswechselns von Bestätigungsbriesen ohne Weiteres folgern dürfen, daß die Betheiligten beabsichtigt haben, die Errichtung eines förmlichen Ver­

trags zu umgehen.

Bei der Eigenartigkeit des kaufmännischen Verkehrs, der eine schriftliche

Kontrole der mündlich vereinbarten Geschäfte in der Regel nicht entbehren kann,

wird sehr

wohl im einzelnen Falle angenommen werden können, daß der Austausch solcher Bestätigungs­ briefe nur in der Absicht erfolgt ist, den Folgen etwaiger beim mündlichen Abschluß unter­ gelaufener Irrthümer und Mißverständnisse vorzubeugen, welche die Willenseinigung selbst be­ treffen. Diese Absicht fällt nicht nothwendig zusammen mit der Absicht, den an sich unzweifel­ haft beiderseits gewollten Inhalt eines Geschäfts durch eine als Beweisnlittel dienende Urkunde

über den geschloffenen Vertrag zu fixiren,

um für die Zukunft ein Bestreiten dieses Inhalts

durch den anderen Kontrahenten oder Dritte unschädlich zu machen.

Wenn aber der andere Theil in seinem Gegenschreiben nicht nur die Annahme bestätigt sondern in dieses nochmals — auf Anweisung des Gegenkontrahenten oder ohne solche —

die wesentlichen Vertragsbedingungen besonders aufnimmt, so ist dieser Briefwechsel nach Abs. 2 stempelpflichtig.

(Siehe oben Anm. 16.)

C. Die Korrespondenz außerhalb des Handelsverkehrs ist in dem unter Anm. 16

aufgeführten Ausnahmefall stets stempelpflichtig, sonst nur dann, wenn die drei Voraus­ setzungen des Satzes 2 Abs. 3 § 1 zusammentreffen.

Ausnahmsweise sind im Tarif schriftliche Benachrichtigungen an Dritte über den Abschluß eines Rechtsgeschäfts in zwei Fällen für stempelpflichtig erklärt, und zwar lediglich

aus praktischen Gründen, nm der in diesen Fällen naheliegenden Umgehung der Errichtung

einer stempelpflichtigen Gcschäftsurkunde — welche durch die Benachrichtigung ersetzt wird — entgegenzutreten.

a) nach

3« Verstempeln sind nämlich:

Tarifstelle 2 Abtretungen Abs. 3:

Verpflichteten (debitor cessus)

Stempelpfltchttgkeit einseitiger schriftlicher Benach­ richtigungen an Dritte.

schriftliche Benachrichtigungen an den

über die erfolgte Abtretung eines Rechts unter

denselben Voraussetzungen, unter denen nach § 1 Abs. 3 zweiter Satz der Brief­ wechsel stempelpflichtig ist, b) nach Tarifstelle 73 Vollmachten Abs. 5: Schriftstücke, in denen Jemand einem

Dritten gegenüber erklärt, daß er einem Anderen die Vornahme einer Angelegenheit

rechtlicher Natur aufgetragen habe.

Die Stempelpflicht fällt fort, wenn die Ver­

kehrssitte eine Vollmacht nicht erforderte und die Absicht nicht vorlag,

durch das

Schriftstück die förmliche Vollmacht zu ersetzen.

Pacht- und Afterpachtverträge, Mieth- und Aftermiethvcrträge sowie antichretische Ver- Durch Briefträge über unbewegliche Sachen (Tarifstelle 11 und 48 zu a Abs. 9) sind hinsichtlich der Achsel zu Stempelpflicht entgegen der Vorschrift des § 1 Abs. 3 stets wie förmliche schriftliche Verträge kommene" zu behandeln, auch dann,

Absicht nicht

wenn sie durch Briefwechsel zu Stande gekommen sind und eine

vorlag, den Stempel zu hinterziehen oder

die Errichtung

eines 3*

förmlichen

Pacht-,

36

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

Ob im einzelnen Falle die Errichtung eines förmlichen Miethvertrags

Vertrags zu ersetzen.

von der Verkehrssitte erfordert wurde, ist gleichgiltig. Der Briefwechsel steht einer Punktation gleich; wenn also hinterher ein förmlicher Mietvertrag geschlossen wird, so ist der auf den Briefwechsel entfallende Stempel gemäß Tarifstelle 54 Abs. 2 auf denjenigen anzurechnen,

welcher für den förmlichen Vertrag vermittels des Miethverzeichnisses erhoben wird.

Wenngleich in den Tarifstcllen 41 und 48 neben dem Briefwechsel nicht der „Austausch sonstiger schriftlicher Mittheilungen" besonders hervorgehoben ist, wie im § 1 Abs. 3, wird man solchen Austausch doch auch hier als dem Briefwechsel gleichstehend ansehen müssen, da ein

Grund zu einer verschiedenen Behandlung nicht ersichtlich ist.

Ein durch Auswechseln von

Telegrammen zu Stande gekommener Pacht- oder Mietvertrag ist hiernach ebenso stempel­ pflichtig, als wäre er durch Briefwechsel zu Stande gekommen.

§♦ 2. Verhältniß des Auslandes zum Jnlande.*1) Abs. i.

Abs. 2.

Der Stempelsteuer unterliegen auch die von Inländern oder von Ausländern im AuSlande errichteten Urkunden über Geschäfte, welche im Jnlande befindliche Gegenstände betreffen oder welche im Jnlande zu erfüllen sind. Inland im Sinne dieses Gesetzes und des Tarifs ist der Geltungs­ bereich dieses Gesetzes. Inhalt: Anm. 1. Allgemeines. „ 2. Inland und Ausland. „ 3. Im Jnlande errichtete Urkunden.

I Anm. 4. Jur Jnlande befindliche Gegenstände. j ,, 5. Erfüllungsort. „ 6. Vollmachten.

Das Stempelhoheitsrecht eines jeden Staates erstreckt sich nur auf sein eigenes

Allgemeines.

Gebiet und es sind deshalb der Regel nach nur die innerhalb des preußischen Staatsgebietes

beurkundeten Verhandlungen dem Urkundenstempel unterworfen, mögen sie auch einen im Ausland befindlichen Gegenstand betreffen oder im Auslande zu erfüllen und dort ebenfalls zu versteuern sein.

In diesen Fällen ist fteilich mehrfach die Höhe des gewöhnlichen Stempel­

betrages gemildert (Tarifftelle 32b und 48c).

Dagegen sind regelmäßig alle außerhalb des

Staatsgebiets beurkundeten Verhandlungen von diesem Stempel befreit.

Das Gesetz hat

Ausnahmen von dieser aus dem Territorialitätsprinzip folgenden Regel nach zwei entgegen­ gesetzten Richtungen hin festgestellt, indem eß

a) die in gewissen Theilen des inländischen Staatsgebiets errichteten Ur­ kunden den im Auslande errichteten gleichstellt (siehe Anm. 2), und einzelne im Jnlande

errichtete Urkunden

vom

Werthstempel deshalb

befreit,

weil ihr

Gegenstand sich im Auslande befindet (siehe Tarifstelle 24 Abs. 5 und 32

Abs. 1 zu b), b)

„auch" die im Auslande errichteten Urkunden dem Stempel in zwei Fällen unter­ wirft, in denen die Beziehung des beurkundeten Geschäfts zum Jnlande besonders deutlich hervortritt, nämlich, wenn das Geschäft, über welches die Urkunde errichtet ist, einen im Jnlande befindlichen Gegenstand betrifft oder wenn das

Geschäft im Jnlande zu erfüllen ist.

*1) Im Entwurf lautete die Ueberschrift zutreffender: „Im Auslande errichtete Urkunden". Sie ist erst in der Kommission durch die jetzige ersetzt worden, die das Wesen des Inhalts des § 2 nicht bestimmt genug kennzeichnet.

§ 2.

Verhältniß des Auslandes zum Jnlande.

37

Die Erhebung der inländischen Abgabe rechtfertigt sich in diesem Falte durch die Er­

wägung, daß der betreffende Gegenstand unter dem Schutze des inländischen Rechts steht und daß unter Umständen die Ausführung des Geschäfts sich unter dem Schutze dieses Rechts

vollzieht.

Gegen das bisherige Recht stellen die Vorschriften des neuen Gesetzes eine Ausdehnung

und Verschärfung der Stempelpflicht für die im Auslande errichteten Urkunden dar.

Im

§ 12 des Stst.G. v. 7. 3. 22 und §§ 5 der Stst.V. v. 19. 7. und 7. 8. 67 war nur bestimmt, daß

Inländer,

stempelpflichtige Verhandlungen, die sie außerhalb

im Jnlande befindlichen Gegenstand

Landes

über

einen

gepflogen hatten, binnen 14 Tagen nach ihrer

Rückkehr versteuern sollten, während die Thatsache, daß das Geschäft im Jnlande zu erfüllen war, noch keine - Stempelpflicht begründete, außer in dem einen Fall, daß im Auslande Ver­ träge über die Veräußerung inländischer Immobilien geschlossen wurden; diese waren

inochten sie auch nur von Ausländern geschlossen sein,

zu Verstempeln, wenn sie vor den in­

ländischen Behörden zur Ausführung gebracht wurden.

2.

Nach dem Eingänge des Gesetzes ist sein Geltungsbereich das ganze Staatsgebiet 3nIanb unb

mit Ausnahme der Hohenzollern'schen Lande und der Insel Helgoland. Diese Landes-

theile sind daher nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes im stempelrechtlichen Sinne als Ausland an­ zusehen. In denffelben Sinne sind auch die Begriffe Inländer, Ausländer, inländisch und ausländisch, wo sie sich im Stempelgesetz vorfinden, zu verstehen, sodaß — trotz des nach Art. 3 der Reichsverfassung für ganz Deutschland gemeinsamen Jndigenats — diejenigen Preußen, welche in den Hohenzollern'schen Landen und auf Helgoland ihren Wohnsitz haben und die­

jenigen Deutschen, welche keine Preußen sind, Stempelgesetzes als Ausländer anzusehen sind.

Nur in den in

laubnißertheilungen

ebenso wie alle Nichtdeutschen im Sinne des

der Tarifstelle Nr. 22 unter h und k bezeichneten Fällen von Er-

an

ausländische Unternehmer

von

Versicherungsanstalten

ausländische Auswanderungsunternehmer ist das Wort ausländisch im Sinne

und

„außer­

preußisch" zu nehmen; hierüber herrschte in der Kommission des Abgeordnetenhauses Einverständniß (siehe Komin.Prot. Nr. 5. Sitz. S. 15 u. 16).

Hiernach sind die in teil Hohen­

zollern'schen Landen und in Helgoland wohnenden Unternehmer von Versicherungsanstalten und Auswandewngsunternehmer stempelrechtlich ebenso zu behandeln, als wenn sie außerhalb dieser Landestheile in Preußen wohnten. Soweit im Gesetz und Tarif für Ausländer besondere Bestimmungen getroffen werden,

bleiben unberührt von ihnen die Vorschriften der vom Deutschen Reich abgeschlossenen Staats-

und Handelsverträge sowie Konsularverträge, nach denen die Angehörigen der

Vertragsstaaten in Bezug auf die Ausübung von Handel und Gewerbe nicht schlechter­ gestellt werden dürfen als die Inländer. *2)

*2) a) Konsularvertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde und Italien, v. 21. 12. 68 (B.G.Bl. 1869 S. 113 — auf das Deutsche Reich ausgedehnt, R.G.Bl. 1872 S. 134): Nach Art. 10 sollen die von den Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln oder Konsularagenten beider Länder, ingleichen von ihren Kanzlern vorschriftsmäßig beglaubigten und mit ihrem Amtssiegel versehenen Abschriften der dort bezeichneten, von ihnen aufgenommenen Urkunden oder Auszüge aus denselben, Glauben und dieselbe Kraft und Giltigkeit haben, als wenn sie von Notaren oder anderen öffentlichen Beamten des einen oder des anderen Landes aufgenonnnen wären, vorausgesetzt, daß sie die durch die Gesetze ihres Landes vorgeschriebene Form beobachtet haben, und vorausgesetzt, daß demnächst bezüglich des Stempels, der Registrirung und aller anderen Formalitäten die betreffenden Bestimntungen des Landes, in welchen: der Akt zur Ausführung konuuen soll, erfüllt sind. b) Konsularkonvention zwischen dem Norddeutschen Bunde und Spanien v. 22. 2. 70 (B.G.Bl. S. 99 - auf das Deutsche Reich ausgedehnt, R.G.Bl. 1872 S. 211): Art. 10, wie Art. 10 zu a. c) Konsularkonvention zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika v. 11. 12. 71, R.G.Bl. 1872 S. 95 Art. 9, wie Art. 10 zu a. (Fortsetz, auf der folg. Seite.)

2lu5I(ml>'

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

38 * mutete* Urkunden.

3*

a) Stempelpflichtig sollen nach Abs. 1 nur »Don Inländern oder Don Aus-

ländern" im Auslande errichtete Urkunden sein. Behörden oder Beamten

Es unterliegen daher die Don ausländischen

als solchen ausgestellten Urkunden, z. B. Atteste und andere

Zeugnisse, der Stempelpflicht auch dann nicht, wenn Don ihnen in: Jnlande Gebrauch gemacht wird.

Dies entspricht auch dem früheren Rechtszustand.*3)

Soweit aber die Aussteller PriDatpersonen sind,

ist gemäß Abs. 1 unter den dort

bestimmten Voraussetzungen die Stempelpflicht begründet, mag die Urkunde nur Don In­ ländern oder Don Inländern und Ausländern gemeinschaftlich oder nur Don Aus­

ländern errichtet sein.

b) Urkunden, die nur einseitige Verpflichtungen und Erklärungen enthalten, sind im Auslande errichtet, wenn sie dort Dom Aussteller unterschriftlich Dollzogen sind. Dahin sind auch Schenkungs-, Vollmachts- und Abtretungs-Urkunden, sowie SchuldDerschreibungen zu rechnen. Ob die Acceptation im Jnlande erfolgt ist, bleibt ohne Einfluß.*4) Als Aus­ stellungsort gilt derjenige Ort, welcher in der Urkunde als solcher angegeben ist. Doch muß der event, im Rechtswege zu führende Gegenbeweis, daß die Urkunde nicht an diesem

Ort, in Wirklichkeit vielmehr an einem anderen Ort des Inlandes oder des Auslandes vollzogen

ist, zugelassen werden.

c) Urkunden über zweiseitige Geschäfte, zu deren Abschluß mehrere Unterschriften erforderlich

sind,

gelten als dort errichtet, wo die Urkunde perfekt geworden, also zur

rechtlichen Existenz gelangt ist; dies ist auch dann der Fall, wenn dieser Ort nicht mit dem­ jenigen zusammenfällt, an welchem das beurkundete Geschäft rücksichtlich seiner materiellen Wirkung seinen rechtlichen Sitz hat.*5) Ist hiernach die letzte zum Abschluß des Geschäfts

erforderliche Unterschrift im Auslande erfolgt,

so gilt die Urkunde als im Auslande errichtet,

mag auch der Beginn der schriftlichen Errichtung int Jnlande erfolgt sein und das beurkundete

RechtsDerhältniß im Jnlande seinen Sitz haben.

Im untgekehrten Falle ist die Urkunde als

im Jnlande errichtet anzusehen;*6) dies gilt auch dann, wenn ein nicht Dollständig legitimirter Vertreter — z.B. des Fiskus oder einer inländischen Handelsgesellschaft — int Auslande einen

schriftlichen Vertrag geschlossen hat, der erst durch den int Jnlande auf der Urkunde erfolgten oder sonst nebenher schriftlich erklärten Beitritt des Gcschästsherrn seine rechtsverbindliche Kraft erhalten hat (siehe § IG letzter Abs. des Ges.) *7)

Erfolgt dieser Beitritt schon Dor

Perfektion des schriftlichen Vertrages, so entscheidet die letzte

zur

Perfektion

erforderliche

Unterschrift* 8)

d) Konsularvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Rußland v. 8. 12. bezw. 26. 11. 74 (R.G.Bl. 1875 S. 145) Art. 9, betr. die Kraft und Giltigkeit der dort bezeichneten Konsulatsakte, vorausgesetzt, daß bezüglich des Stempels ;c. die Bestimmungen des Landes, in welchen: der Akt zur Ausführung kommen soll, erfüllt sind. e) Konsularvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Griechenland v. 26. 11. 81 (R.G.Bl. 1882 S. 101), Art. 9, wie Art. 9 zu d. f) Konsularvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Serbien v. 6. 1. 83 (R.G.Bl. 1883 S. 62) Art. 9, wie Art. 9 zu d. *3) F.M.Erl. 10. 10. 42 III. 23150. *4) F.M.Erl. 31. 7. 79. III. 9540. *5) RG. Civils. 22. 2. 81 Bd. 4 S. 246. *6) RG. 9. 1. 94 Goltd. Arch. 42 S. 28. *7) RG. Civils. 21. 9. 82 Rass. u. Küntz. Bd. 27 S. 848. *8) Zur Vermeidung einer Stempelforderung pflegt daher die Bestätigung von Lieferungs­ verträgen re., welche für den Fiskus im Auslande geschloffen werden, schon auf den eingeforderten Vertragsentwürfen zu erfolgen. (Schr. d. Fin. u. Just.Min. an das Auswärtige Amt 30. 8. 76). F.M. III. 10634, J.M. I. 2815: „Dem Auswärtigen Amte beehret: wir uns, auf das gefällige Schreibet: vom 5. Mai d. Js. 5141/11 497, betreffend die dort abgehaltene Stempelrevision, ganz ergebens: ztt erwidern, daß wir der Auffaffmtg des hiesigen Stempelfiskalats beitreten

§ 2.

Verhältniß des Auslandes zum Jnlande.

39

ä) Ist ein nach Handelsrecht zu beurtheilender Vertrag zwischen Abwesenden

schriftlich geschloffen und nach Vollziehung der letzten Unterschrift dem Gegenkontrahenten

zu-

Mendet, so ist als Ort des Vertragsschlusses nicht der Ort der Empfangnahme der perfekten

Urkunde, vielmehr auch hier der Ort der letzten behufs der Absendung bewirkten Unterschrift

anzusehen, da die nach Art. 321 A.H.G.B. eintretende zeitlich rückwirkende Kraft des Vertrags­ schlusses in Beziehung auf Zeit und Ort nicht getrennt werden fein«.*9)

4. Unter dem vom Geschäft

betroffenen

„Gegenstände"

ist

nicht das

beurkundete 2»m Inland-

Rechtsgeschäft und dessen Inhalt zu verstehen, vielmehr der Gegenstand, auf den sich das GegenMw. Rechtsgeschäft und dessen Inhalt bezieht.

So besteht bei Schuldverschreibungender Gegen­

stand des Geschäfts in der darin verschriebenen Geldsumme; darauf kommt es nicht an, wo

das aus der Schuldverschreibung sich ergebende Forderungsrecht seinen Sitz — in Bezug auf Gerichtsstand, Erfüllungsort:c. — hat.* 10) Der Gegenstand

ist dann im Jnlande

befindlich, wenn er dort ein örtliches und räumliches Dasein hat, wenn er also eine körperliche Sache oder der bestimmbare Theil einer solchen oder der Inbegriff mehrerer solcher Sachen ist. Eine im Auslande errichtete Urkunde über die Abtretung eines Forderungs­ rechts (auch einer Hypothek) unterliegt hiernach selbst dann nicht dem Stempel, wenn der Schuldner der abgetretenen Forderung im Jnlande wohnt oder die zur Sicherheit derselben, haftende Sache sich im Jnlande befindet oder die Forderung im Jnlande zu erfüllen ist,

Denn die Forderung selbst hat kein örtliches und räumliches Dasein; der K24C.P.O. fingirt ein solches nur für die Regelung des prozessualen Gerichtsstandes.

Das beurkundete Geschäft

tie Abtretung (f. Anm. 5), ist schon durch die schriftliche Form erfüllt; die Erfüllung dieses Geschäfts kann also auch nicht erst hinterher im Jnlande erfolgen.

Von einem räumlichen Dasein kann man ferner nicht reden bei Sachen im Sinne des § 3 Th. I Tit. 2 A.L.R., die keine körperlichen sind, z. B. bei Patenten. Die generische Be­ zeichnung einer Sache, welche sowohl im Jnlande als auch im Auslande vorhanden ist, giebt ihr kein örtliches oder räumliches Dasein; so z. B. wenn Gegenstand des Geschäfts die ver­ schriebenen Geldsummen sind, denn der inländische Schuldner erfüllt giltig

das Geschäft auch,

wenn er sich zur Zahlung fremden, im Auslande befindlichen Geldes bedient.

Ist der Schuldner

Ausländer, so ist der Gläubiger präsumtiv auf ausländische Zahlungsmittel angewiesen, eine

Stempelpflicht daher schon deshalb nicht begründet.* 11)

Ist aber ausdrücklich

die Zahlung

und demgemäs; auch unsererseits die Forderung des Preußischen Stempels für begründet erachten, wenn im Auslande geschlossene Verträge zu ihrer Perfektion der Genehmigung eines Inländers oder einer im Jnlande restdirenden Behörde bedürfen und solche im Jnlande erhalten. Diesen insbesondere in meinem, des Finanzministers, Ressort häufig erörterten Grundsatz aufzugeben, müssen wir Bedenken tragen, weil damit die Erhebung der Preußischen Steuer auch bezüglich solcher Verträge aufgegeben werden würde, welche Private unter Vorbehalt der Genehmigung eines Inländers im Auslande geschlossen haben rmd welche demnächst in Preußen genehmigt werden. — Wir verkennen anderer­ seits die von dem Auswärtigen Amt hervorgehobenen politischen Unzuträglichkeiten nicht, welche in den beregten Fällen aus der Erhebung des Stempels zur Preußischen Staats­ kasse erwachsen; wir erlauben uns deshalb, ganz ergebenst darauf aufmerksam zu machen, daß andere Ressorts, wie beispielsweise die General-Direktion der Telegraphen und der Herr Kriegsminister, welche sich häufig in der gleichen Lage befanden, stets die Entwürfe zu den von den Kontrahenten zu vollziehenden Verträgen einfordern und die noth­ wendige Genehmigung schon zu den Entwürfen ertheilen. Bei diesem Verfahren läßt sich die Forderung des Preußischen Stempels nicht begründen. Wir geben der geneigten Erwägung ganz ergebenst anheim, auch im dortigen Ressort ein ähnliches Verfahren herbeizuführen und damit die Stempelforderung zu ver­ meiden." *9) RG. Civils. 17. 1. 95 Bd. 34 S. 140. *10) RG. Civils. 21. 2. 84 Bd. 11 S. 255 und Jur. Wochenschr. 1884 S. 122. ♦11) RG. Civils. 16. 4. 85 Bd. 13 S. 280 und Jur. Wochenschr. 1885 S. 199.

40

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

mit Geldern versprochen, welche sich als eine wirkliche Species im Jnlande befinden, so tritt die Stempelpflicht ein. **12) Der Gegenstand muß zur Zeit der Errichtung der Urkunde thatsächlich im In---

lande vorhanden sein.* 10) Das Gesetz verlangt einen thatsächlichen Zustand, welcher weder geschaffen noch anerkannt wird durch die urkundliche Zusicherung, daß der Vertragsgegenstand

sich in einer späteren Zeit im Jnlande befinden wird* 13) selbständigen Existenz gelangen werden,

Sachen, welche künftig erst zur

sind als im Jnlande befindlich nur dann anzusehen,

wenn ihre Entstehung dort bereits begonnen hat (hängende Früchte). Im Auslande errichtete Verträge über ein im Auslande herzustellendes und im Auslande zu lieferndes Werk (z. B. ein Schiff, eine Maschine), welches zum Gebrauch für einen Inländer­

bestimmt ist, sind hiernach stempelfrei.* 14) Eine nach Errichtung der Urkunde beim Gegenstand des Geschäfts eintretende Orts­

veränderung ist auf die Stempelpflicht ohne Einfluß;

die Urkunde bleibt stempel­

pflichtig, wenn auch zur Zeit der Stempelverwendung (siehe § 16 zu k des Ges.) der Gegenstand sich nicht mehr iin Jnlande befindet. Ist der Gegenstand bei Ausstellung der

Urkrmde im Jnlande, so wird die Stempelpflicht auch nicht dadurch beseitigt,

daß der Er­

füllungsort des Geschäfts im Auslande ist. 5*

Ist Inhalts der Urkunde oder nach der Natur der Leistung, über welche die Ur­

kunde ausgestellt ist (z. B. die Uebergabe

eines Grundstücks, Auflassung, Herstellung eines

Werks an einer bestimmten Stelle)* 14) oder sonst nach dem Vertragswillen oder nach den Vor­ schriften des Civilrechts das Geschäft im Jnlande zu erfüllen, so tritt die Stempelpflicht ein, mag die Leistung nun in einem Geben bestehen oder in einem Thun, in einem Verstatten

oder Unterlassen.

Nach A.L.R. ist bei lästigen Verträgen regelmäßig der Erfüllungsort, wenn

die Leistung ein Geben oder Zahlen ist, die Wohnung des Gläubigers zur Zeit des Ver­ tragsschlusses, wenn die Leistung ein Thun ist, die Wohnung des Schuldners zur Zeit des Vertragsschluffes (Bringschuld und Holschuld).

Der Erfüllungsort für ein Geschäft ist nicht stets ein einheitlicher, vielmehr häufig — insbesondere bei mehrseitigen Verträgen — für die verschiedenen aus dem Geschäft ge­

schuldeten Leistungen ein verschiedener.

Wenn auch

nur eine dieser Leistungen im Jnlande

zu erfüllen ist, so trifft die Voraussetzung des § 2, daß das Geschäft im Jnlande, unter dem Schutze der inländischen Gesetze zu erfüllen ist,

zu und das Geschäft ist also stempelpflichtig.

Entscheidend ist nicht für die Stempelpflicht, ob das Geschäft seinem wesentlichen Inhalt

nach seitens sämmtlicher Theilnehmer im Jnlande zu erfüllen ist.

Dafür bieten die Fassung

des Gesetzes und die Materialien, keinen Anhalt und die Annahme verstößt nicht gegen die strikte Auslegung,

daß ein Geschäft auch im Jnlande zu erfüllen sei, wenn auch nur eine

einzelne Verpflichtung dort zu erfüllen ist. 6*

Die im Auslande von Inländern oder Ausländern ausgestellten Vollmachten sind

nach der Regel des § 2 stempelpflichtig, wenn sie im Jnlande zu erfüllen sind, wenn also das dem Bevollmächtigten aufgetragene Geschäft im Jnlande zu betreiben ist; stempelpflichtig sind

also solche Vollmachten auch, wenn sie zur Vertretung des Machtgebers in Rechtsangelegenheiten ermächtigen, mögen letztere privatrechtlicher Natur sein oder sich auf öffentlich *12) Im F.M.Erl.v. 18.10.79III. 12060 ist die Ansicht vertreten, daß, wenn inländische Firmen durch einen im Auslande errichteten Vertrag einer inländischen Firma bestimmte Summen baarcn Geldes zur Verfügung stellen, der Schuldverschreibungsstempel zu entrichten ist, weil die ver­ sprochenen Beträge aus den inländischen Kassen der Schuldner zu zahlen sind. *13) RG. Civilst 11. 11. 90 Just.M.Bl. 1891 S. 116, Nass. u. Küntz. Bd. 35 S. 1096, Jur. Wochenschr. 1891 S. 39 98. *14) Ist das Werk in einer inländischen Fabrik herzustellen und dort abzuliefern, so ist das Geschäft, weil im Jnlande zu erfüllen, stempelpflichtig.

§ 3.

Allgemeine Grundsätze über die Stempelpflichtigkeit.

41

rechtliche Verhältnisse beziehen. Deshalb sind die von den bei einem Verwaltungsstreitv erfahren betheiligten Parteien zum Zwecke ihrer Vertretung in diesem Verfahren ausgestellten Vollmachten zu Verstempeln. *15) Dasselbe gilt für Vollmachten zur Ver­ tretung vor den ordentlichen Gerichten in nichtstreitigen Angelegenheiten (Erbregulirung, Auflassung). Eine besondere Stellung nehmen aber die für das ordentliche Gerichtsverfahren be­ stimmten Prozeßvollmachten ein. Für diese bestimmt das dem Landesrecht vorgehende Reichsrecht in §§ 1 und 2 des Teutschen Gerichtskostengesetzes, daß Urkunden in den vor die ordentlichen Gerichte gehörigen Rechtssachen, aus welche die (Zivilprozeßordnung, die Strafprozeßordnung ode^r die Konkursordnung Anwendung finden, von denen im Verfahren Gebrauch gemacht wird, nur insoweit einem Stempel unterworfen sind, als sie es ohne diesen Gebrauch sein würden. Daß hiernach die von Inländern im Auslande ausgestellten Prozeßvollmachten zur Vertretung vor inländischen Gerichten stempelpflichtig sind, kann imcb § 2 nicht bezweifelt werden; nach § 16 f Ges. sind solche Vollmachten binnen zwei Wochen nach dem Tage der Rückkehr der Inländer in das Inland zu versteuern. Für die ohne Betheiligung von Inländern durch Ausländer errichteten Urkunden, von denen im Jnlande Gebrauch gemacht werden soll, also auch für die von Ausländern im Auslande ausgestellten Prozeßvollmachten schreibt aber § 16 das. vor, daß sie, vor dem Gebrauch zu verstempeln sind. Hiernach erscheint es fraglich, ob diese Prozeßvollmachten solche sind, welche ohne den Gebrauch stempelpflichtig sein würden. Diese Frage ist zu bejahen. Die Stempelpflichtigkeit der Urkunden ist geregelt im Abschnitt I des Ges. Zu diesem ge­ hört der § 2, für dessen Anwendung bei solchen Vollmachten die erforderte Voraussetzung, daß das Geschäft im Jnlande zu erfüllen ist, vorliegt. Jrn Abschnitt II, der nur Vorschriften über die Erfüllung der Stempelpflicht enthält, regelt der § 16 lediglich die Frage, wann der nach Abschnitt I zu entrichtende Stempel zu verwenden ist dahin, daß die Frist zur Stempelverwendung bei von Ausländern im Auslande errichteten Urkunden, von denen im Jn­ lande Gebrauch gemacht werden soll, erst mit dem Gebrauch beginnt, sticht die Stempelpflicht, vielmehr der Beginn der Verwendungsfrist wird erst durch den Gebrauch der Prozeßvoltmacht begründet und diese ist also trotz des § 2 Deutschen Gerichtskostengesetzes zu verstempeln. Nach dem früheren Recht waren die int Auslande ausgestellten Prozeßvoltmachten stempelfrei, da eine Vorschrift nicht bestand, nach welcher im Ausland errichtete Urkunden über Geschäfte, die im Jnlande zu erfüllen sind, der Stempelpflicht unterliegen.

8. 3. Allgemeine Grundsätze über die Stempetpflichtigkeit.

Die Stempelpflichtigkeit einer Urkunde richtet sich nach ihrem Inhalt. Für die Stempelpflichtigkeit ist die Hinzusügung von Bedingungen, die Wiederaufhebung und die unterbliebene Ausführung des Geschäfts — vorbehaltlich entgegenstehender Bestimmungen des Gesetzes oder des Tarifs — sowie die Vernichtung der Urkunde ohne Bedeutung. *15) Auch die von öffentlichen Behörden in ihrer Eigenschaft als Partei ausgestellten Vollmachten sind stempelpflichtig, soweit die Partei nicht persönliche Stempelfreiheit genießt. Die Vorschrift des § 102 Ges., bctr. die allgemeine Landesverwaltung v. 30. 6. 83 (G.S. S. 195), nach der das Verwaltungsstreitverfahren stempelsrei ist, befreit vom Stempel nnr Akte, die Theile des Verfahrens sind; die Ausstellung einer Vollmacht ist aber ein außerhalb des Verfahrens liegender Akt (NG. Civils. 30. 1. 96 Inr. Wochenschr. S. 276 39).

Abs. i. Abs. 2.

42

I. Abschnitt:

Abs. 3.

Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

Urkunden, in denen ein Geschäft nur in der Form der Verdeutlichung

oder Begründung einer anderen Erklärung erwähnt wird, sind in An­ sehung jenes Geschäfts stempelpflichtigwenn die Absicht auf die Beur­

kundung desselben gerichtet gewesen ist. Inhalt.

Zu Absatz 1. Anm. „ „ „ „ ,, „

Anm. 1(). Potcstativ-Bedittgung u. s. w. .Kalls auf Probe und ähnliche Fälle. „ 11. Bedingung bei Schenkungen. ,, 12. Wiederaufhebung und unterbliebene Ausführung des bellrkluldeten Ge­ schäfts. „ 13. „Entgegenstehende Bestimmungen" des Gesetzes und des Tarifs. „ 14. Vernichtete und abhanden gekommene Urkunden.

1. Allgemeine Grundsätze. 2. Inhalt der Urkunde. 3. Auslegung des Inhalts. 4. Rechtsgiltigkeit d. Urkunde. Formelle und innere Mängel. Gerichtliche Bestätigung. 5. Verfügungsrecht des Ausstellers. Be­ vollmächtigter. 6. Vorverträge (pacta de contrahendo). 7. Kollision verschiedener Rechtssysteme.

Zu Absatz 2. „

Zu Absatz 3.

8. Bedingungen. Allgemeines. 0. Condicio Juris. Unbedingtes Geschäft mit unbestimmter Leistung.

,,

15. Historische Erwähnung eines Geschäfts in einer Urkunde.

Zu Absatz !♦ Allgemeine Grundsätze.

1*

Im § 1 war Bestimmung darüber getroffen, welche Voraussetzungen bei einem

Schriftstück bezüglich

seiner äußeren

Erscheinung, insbesondere bezüglich der Unter­

zeichnung vorliegen müssen, wenn es als eine an sich zum Gegenstand der Stempelsteuer ge­

eignete Urkunde angesehen werden soll. Der § 3 schränkt den Kreis der stempelpflichtigen Urkunden weiter ein, indenr er diejenigen Urkunden außscheidet, die ihrer inneren Be­

deutung nach nicht zu den stempelpflichtigen zu rechnen sind.

Diese Bedeutung ergiebt sich

aus dem Inhalte der Urkunde und nach diesem soll sich die Stempelpflichtigkeit richten. Dieser Grundsatz folgt ohne Weiteres aus der Natur des Urkundenstempels und es hätte des­ halb seiner besonderen Feststellung hu Gesetz nicht bedurft; nur aus praktischen Gründen hat

.er Aufnahme gefunden (Komm.-Ber. S. 97). rechtliche Inhalt; die

zuweilen

besondere Art der

ist

aber

Fassung

auch

dieses



Regelmäßig ganz

Inhalts

entscheidet

abgesehen

der

von diesem

materiell­ —

lediglich

für sich allein zur Begründung der

Stempelpflicht ausreichend, so bei beglaubigten Abschriften, Ausfertigungen, Notariatsurkunden; sie unterliegen

einem Fixstempel von

1 Mk. 50 Pf., auch wenn ihr Inhalt keine an sich

stempelpflichtige Willenserklärung enthält.

Der Grundsatz, daß lediglich der Inhalt der Urkunde entscheidet,

keits- und Billigkeitsrücksichten nicht überall streng durchgeführt.

ist aus Zweckmäßig-

Auf die einzelnen Ab-

weichungen wird weiter unten an den Stellen, wo sie vorhanden sind, hingewiesen werden. Hier seien nur drei Hauptfälle erwähnt, in denen das Gesetz bezw. der Tarif ausdrücklich

außerhalb des Urkundeninhalts liegende Umstände für nlaßgebend erklärt:

a) Abs. 3 des § 3 läßt in dem dort bezeichneten Falle die Absicht des Erklärenden,

auch wenn sie nicht unmittelbar aus der Urkunde hervorgeht, für die Stempelpflicht entscheiden (siehe unten Anm. 15);

d) nach § 4 Abs. 2 sollen Vollmachten, aus deren Inhalt der Werth des Gegen­

standes nicht ersichtlich ist, stempelftei sein, sofern anderweit nachgewiesen wird, daß der Werth den Betrag von 150 Mk. nicht übersteigt (§ 4 Buchst, a);

c) im Falle der Schenkungen unter Lebenden (Tarifstelle 56) sollen bei Beur­ theilung der Frage, ob die Absicht der Bereicherung des einen Theils anzunehmen ist, auch solche Umstände in Betracht gezogen werden, welche aus der Urkunde nicht

ersichtlich sind.

§ 3.

2

Den

schriebene Kontext.

Allgemeine Grundsätze über die Stempelpflichtigkeit.

Inhalt der

Urkunde

bildet

der von

den

beteiligten

43

unter­

Personen

Außerhalb des Kontextes, z. B. neben ihm stehende Vermerke, welche

nicht in der Urkunde als zu ihr gehörig gekennzeichnet sind, werden durch die unter ihr befindliche

Unterschrift nicht gedeckt und gehören nicht zu ihrem Inhalt; sie sind daher aus die Stempelpflichtigkeit ohne Einfluß.

(Amn. 9 zu § 1.)

Sind solche Vermerke durch äußere Merkmale

in den Kontext hineinbezogen oder sind sie besonders unterschrieben und ist nicht ersichtlich, daß

diese Unterschrift mit der unter der Urkunde befindlichen zeitlich auseinanderfällt, so wird je nach Lage des Falles der Vermerk als zum Inhalt der Urkunde gehörig angesehen werden tonnen.

Wird mit der Urkunde etwa gleichzeitig eine zweite nur eingereicht,

oder ist diese

mit der ersteren nur in eine mechanische, äußere Verbindung gesetzt (etwa durch Anhesten), so

ist für die die Stempelpflichtigkeit bedingende Frage, welches der Inhalt der ersteren ist, der

Inhalt der anderen Urkunde nicht zu berücksichtigen.

Wird aber in einer Urkunde auf eine —

mit ihr überreichte oder nicht überreichte — andere llrkunde derart Bezug genommen, daß letztere als ein iutegrirender Theil der ersteren gelten kann, so bildet der Inhalt der letzteren, soweit er in Bezug genommen ist, auch einen Theil des Inhalts der ersteren.* 1)

Eine Urkunde ist sternpelpflichtig,

wenn ihr Inhalt die für die Verstempelung nöthige

Grundlage derart enthält, daß daraus zu entnehulen ist, 1 daß die beurkundete Erklänmg ihrer Art nach überhaupt sternpelpflichtig ist, 2. in welcher Höhe die Versteuerung zu erfolgen hat.*2)

Nur der objektive, äußerlich erkennbar gemachte Inhalt ist maßgebend; gleichgiltig

ist —

siehe aber die Ausnahmställe oben unter 1 am Schluß soweit der Inhalt darüber nichts ergiebt, die Absicht, welche die Parteien bei der Beurkundung geleitet hat, der Zweck der Errichtung. *3)

Denn nicht das Geschärt, die Willenserklärung selbst wird besteuert, sondern

nur ihre schriftliche Abfassung. Der Stempel ist daher nur insoweit zu entrichten, als der Wille schriftlich erklärt ist. Haben die Erklärenden — sei es absichtlich, sei es versehentlich —

ein anderes Geschäft beurkundet als sie vereinbart haben oder dasselbe Geschäft in anderer Art, so ist dennoch nur das schriftlich beurkundete zu veZtempeln; dies gilt selbst dann, wenn das wirklich vereinbarte oder beabsichtigte Geschäft höher zu versteuern wäre und das be­ urkundete Geschäft nur zu dem Zwecke niedergeschrieben ist, den höheren Stempel zu umgehen.*4) Eine Stempelhinterzlehung oder ein Betrug ist in solchem Verfahren nickst zu erblicken, da

dem Staat ein Recht auf schriftliche Beurkundung mündlicher Willensakte nicht zusteht.

Ist

hiernach in einem Kaufverträge der Kaufpreis niedriger angegeben als er wirklich vereinbart ist, so ist dennoch der Stempel nach dem beurkundeten Preise zu berechnen; welche materiellen

Rechtsfolgen die Verschiedenheit dieser Preise für die Vertragschließenden hat,

Stempelrecht in der Regel gleichgiltig.

ist für das

Wegen der Ausnahme siehe § 17 Abs. 3 Buchst, b des

Ges., Tarifstelle 2 Abs. 6, Tarifstelle 8 Abs. 4, Tarifstelle 58III Abs. 3.

Liegt der Urkunde ein

wirkliches Geschäft überhaupt nicht zu Grunde, ist sie also nur zum Schein errichtet, so bleibt sie dennoch sternpelpflichtig. Etwaige Härten mildert die Vorschrift des § 25 des Ges. Er­

giebt jedoch der Urkundeninhalt ohne Weiteres, daß bei der Erklärung Ernstlichkeit des Willens nicht vorhanden gewesen sein kann — z. B. wenn Jemand sein auf dem Monde belegenes Rittergut zu verkaufen erklärt — so ist eine solche Urkunde nicht sternpelpflichtig. Mündliche Rehen abred en, welche neben dem vereinbarten und richtig beurkundeten Geschäft nach Absicht des Kontrahenten gelten sollen, sind stempelrechtlich einflußlos. Die

Dertragsurkunde ist hiernach

vereinbart haben, daß

zu verstempeln,

wenn auch die Vertragschließendeu mündlich

die bürdende Kraft des Vertrages von einem außerhalb der Urkunde

liegenden Umstande — z. B. der neuen ganz willkürlichen Entschließung eines der Kontrahenten

*1) Allg. Verf. des Jnst.Min. v. 21 2. 93 Just.M.Bl. S. 59, R.G. 2. 6. 85 Just.M.Bl. 1886 S. 280.,Jur. Wochenschr 1891 S. 430, RG. 9. 5. 92 Jur. Wochenschr. S. 344 39, RG.Civils. 24. 2 93 Bd. 31 S. 32, RG. 16. 1. 90 Bolze Bd. 9 Nr. 593. *2) RG. Civils 16. 5. 95 Jur. Wochenschr. 1895 S. 349 72 *3) RG. 4. 10. 86 Just.M.Bl. 1887 S. 71, RG. 16. 3. 93 Cbl. 1893 S. 227. *4) RG. Strass. 19. 4. 94 Bd. 25 S. 285.

Inhalt der Urkunde.

44

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

oder der Genehmigung eines Dritten — abhängig bleiben soll.* 5)

Die Natur des Stempel-

gesetzes als eines Steuergesetzes erfordert es, daß die Einziehung der Steuer auf Grund des greifbaren Inhalts des beurkundeten Rechtsgeschäfts zu erfolgen hat; die Steuerbehörde darf daher nicht gezwungen werden, zur Feststellung der Steuerpflicht auf die äußerlich nicht erkenn­ baren Bestandtheile des Geschäfts zurückzugehen, zu deren Ermittelung oft ein schwieriges iinb

zeitraubendes Beweiöverfahren nöthig ist.

Auslegung.

3*

Nicht der Wortlaut der Urkunde allein ist entscheidend, vielmehr der Sinn,, welcher ihr bei objektiver Würdigung der darin enthaltenen Erklärungen und ihres Zusammen-

hanges beizulegen ist.

Läßt die Fassung der Urkunde schon für sich allein das beurkundete Ge­

schäft mit Sicherheit erkennen, so ist der diesem Geschäft entsprechende Stempel zu verwenden,

ohne daß es einer weiteren Auslegung der Urkunde bedarf.*6) Die Behauptung, daß der Aus­

steller das beurkundete Geschäft nicht beabsichtigt, sondern einen anderen Zweck verfolgt habe,

welcher die Urkunde als über ein nicht stempelflichtiges Geschäft lautend erscheinen läßt, ist

dann nicht zu berücksichtigen. Dagegen ist es zulässig, außerhalb der Urkunde liegende Umstände heranzuziehcn, um die wahre Bedeutung einer Urkunde festzustellen, deren Sinn zweifelhaft

oder unklar ist.

Es darf und nluß in solchen: Falle zur Begriffsbestin:mung auf die äußeren

Umstände zurückgegangen werden, unter deren Einfluß die Erklärung abgegeben ist, und durch

welche ihre Bedeutung und ihr wirthschaftlicher Zweck bestimmt wird. Hiernach ist es zulässig, eine äußerlich die Erfordernisse eines Schuldscheines enthaltende Urkunde auf Grund der fest­ gestellten Nebenumstände dahin auszulegen,

daß sie nur eine Benachrichtigung

über die Gut­

schrift des Betrages auf dem Konto des Zahlenden darstellt.*?) Auf Statuten, Regle­ ments u. s. w., welche zur Zeit der Errichtung der Urkunde für das zwischen den Betheiligten

bestehende Nechtsverhältniß maßgebend waren, muß bei der Auslegung Rücksicht genommen werden.* 8)

Bei Unklarheit eines Vertrages kann auf einen älteren Vertrag zurückgegangen

werden, auch wenn der jüngere auf diesen nicht Bezug nimmt *9) Ob die Interessenten sick derrechtlichen Qualifikation des beurkundeten Geschäfts bewußt gewesen sind, ist gleichgiltig; ent­

scheidend ist nur, ob in der Urkunde alle wesentlichen Merkmale eines der Stempelsteuer unter­ liegenden Geschäfts Ausdruck gefunden haben.

Für die Stempelpflicht ist daher die möglicher

Weise zur Verschleierung des wirklich beabsichtigten Rechtsgeschäfts durch die Erklärenden ge­

wählte juristisch-technische Bezeichnung des Geschäfts und die von ihnen sonst getroffene Wahl der Ausdrücke nicht allein maßgebend.* 10) *11)

So war nach dem früheren Recht eine sich

als Cessionsvcrtrag bezeichnende Urkunde (z. B. Cession eines Patentrechts), mit dem höheren

Kaufstempel zu versteuern, wenn die wesentlichen Merkmale eines Kaufvertrags sich aus der Urkunde ergaben.* 6) Andererseits ist eine Urkunde, die sich als Cession bezeichnet, nicht als solche und überhaupt nicht zu versteuern, wenn ihr Inhalt ergiebt, daß darin die Abtretung einer Forderung nicht erklärt ist, vielmehr z. B. nur das nicht stempelpflichtige Empfangs­ bekenntniß über die Aushändigung eines Sparkassenbuchs.* 12) Das, was in einem Kaufverträge

als Konventionalstrafe bezeichnet ist, kann in Wirklichkeit

eine Erhöhung des Kaufpreises

*5) Ob.Trid. 16. 11. 66, Strieth. Arch. Bd. 65 S. 137, RG. 20. 11. 86, Jur. Wochenschr. 1887 S. 22, RG. 5. 6. 85 Bolze Bd. 2 Nr. 1303. *6) RG. 26. 10. 93 Just.M.Bl. 1894 S. 49 (siehe auch Just.M.Bl. 1889 S. 190), RG. 22. 1. 85, sowie NG. 18. 3. 86, Just.M.Bl. S. 262. *7) RG. 2. 3. 85 Rass. u. Küntz. Bd. 29 S. 701 IV 361,84, Jur. Wochenschr. 1885 S. 143, RG. 22. 2. 88, Jur. Wochenschr. S. 191. *8) RG. 15. 4. 86 Jur. Wochenschr. 1886 S. 170 IV 429/85, Just.M.Bl. 1886 S. 335, RG. 29. 4. 84. *9) RG. 21. 6. 92 (F.M. Erl. III. 11480). *10) RG. 8.12. 91 Jur. Wochenschr. 1892 S. 27, 12.5.91 Jur. Wochenschr. 1891 S. 365 (auch RG. 19. 3. 86 Heyne c/a Fiscus). *11) RG. 29. 2. 84 Jur. Wochenschr. 1884 S. 122. *12) RG. 10. 4. 93 Jur. Wochenschr. 1893 S. 279 50, Rass. u. Küntz. Bd. 37 S. 1074.

§ 3.

45

Allgemeine Grundsätze über die Stempelpflichtigkeit.

Kuftetten und muß dann als Kaufgeld rnitvcrsteuert werden.

Ist die Annahme eines be­

stimmten Rechtsgeschäfts, z. B. einer Schenkung, aus einer Urkunde nur indirekt durch Schluß-

folgerungen zu begründen, so genügt das zur Stempelpflichtigkeit; denn da diese Schlußfolgerungen .

verschiedene juristische Personen sind. *19)

Außer den provinzial-, kommunal- und kreisständischen

Armenanstalten bestehen in den verschiedenen Landestheilen, namentlich in vielen Städten, noch besondere Armen-, Korrektions- und Besserungsanstalten, Waisen- und Krankenhäuser, die

durch Privatwohlthätigkeit gegründet sind und unterhalten werden.

Auch einzelne Kirchen,

sowie kirchliche und religiöse Genossenschaften besitzen besondere Anstalten und Fonds unter

eigener, nur der Oberaussicht des Staates unterworfener Verwaltung.

Hierher gehören auch

die der besonderen Armen- und Krankenpflege der Juden gewidmeten Anstalten und Fonds (§ 59 des Ges. v. 23. 7. 47 G.S. S. 263). *20)

Anstalten dieser Art wird, weil sie meistens

keine öffentlichen sind, die Stempelbefreiung nur dann zugestanden werden können, wenn die

für die Befreiungen der milden Stiftungen bestehenden Voraussetzungen auf sie zutreffen. Krankenhäuser sind Anstalten, deren Zweck darin besteht, Kranken Heilung zu verschaffen (§ 74 Tit. 19 Th. II A.L.R.).

Im Allgemeinen liegt es im Begriff einer Krankenanstalt,

daß die Kranken in die Anstalt ausgenommen werden und dort Krankenpflege erhalten; durch

diesen allgenleinen Begriff wird es aber nicht ausgeschlossen, daß in besonderen Fällen auch außerhalb der Anstalt Kranken behufs Wiederherstellung ihrer Gesundheit ärztliche Behandlung

*17) *18) *19) *20)

F.M.Erl. 26. 11.76 III. 13639. Turnau, 2. Bd. S. 331 Nr. 2 u. 323 Nr. 3. Turnau, ebendas. S. 330 u. 327 Anm. 1. Zu vergl. von Rönne, Staatsrecht, 4. Ausl. IV. S. 184 und Turnau a. a. O. S. 331.

84

I. Abschnitt:

Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

oder Geldunterstützung aus Mitteln des Krankenhauses gewährt wird,

gleichviel,

ob sich die

Kranken in der Anstalt befunden haben oder nicht.* 21) Waisenhäuser (Buchst, d).

13.

Waisenhäuser sind Anstalten, die die Aufgabe haben, hilfsbedürftige Kinder so zu erziehen, daß sie sich in einem Dienstverhältniß, Handwerke oder ähnlichem Berufe selbst ernähren können und so zu einer Lebensstellung gelangen, die sie, auch falls ihre Eltern lebten, Voraussetzung für die Zubilligung der Stempelfreiheit an

voraussichtlich erreicht hätten.

Waisenhäuser ist, daß ihre Thätigkeit sich innerhalb ihrer bestimmungsmäßigen Aufgabe be­

wegt. Waisenhäuser gehören im Sinne des Landrechts zu den Einrichtungen der Armenpflege (88 32 ff. Tit. 19 Th. II A.L.N.): das wesentliche Merkmal für ihren Begriff ist also darin zu finden, daß sie den Zwecken der Armenpflege dienen und nicht von vornherein Ziele ver­ folgen, welcbe über den Rahmen der Armenpflege hinausgehen. Erziehungsanstalten, welche

wohlthätige und gemeinnützige Zwecke im Auge haben, sind deshalb als Waisenhäuser nicht zu Ebensowenig haben Waisenhäuser auf Stempelfreiheit Anspruch, welche statut­

crachten.*22)

gemäß besonders veranlagten Zöglingen zur Ausbildung ihrer Talente Studienunterstützungen gewähren. *23) Hospitäler. (Buchst, d).

14.

Unter einem Hospital versteht man gemeinhin eine Zufluchtstätte für ältere, gebrechliche Leute, welche zwar noch nicht ganz der Armenpflege anheimgefallen, aber doch in

der Regel erwerbsunfähig und entweder ganz vermögenslos oder nur im Stande sind, das Ein­

kaufsgeld zu erschwingen.

Die Wohlthaten einer solchen Anstalt gehen gewöhnlich nicht über

die Befriedigung der allernothwend'gsten Lebensbedürfnisse ihrer Jnsaffen hinaus.*24) Versorgungs­ anstalten (Buchst, d).

15*

Aus dem Umstande, daß in den §§ 42, 75 und 76 Tit. 19 Th. H A.L.R. die „Versorgungsanstalten" wiederholt den „Armenanstalten" gleichgestellt und im § 84 auch „Ver­

pflegungsanstalten" genannt werden, ist zu folgern, daß unter ihnen nur solche Anstalten zu verstehen sind, deren Zweck auf die Versorgung wirklich hilfsbedürftiger Personell gerichtet ist. Es sind daher Anstalten nicht hierher zu rechnen, welche sich ihren Zwecken nach unter den

Begriff

einer

milden Stiftung

juristischer Personen

nicht

unterstellen lassen,

ausgestattet sein.* 25)

mögen sie

auch mit den Rechten

Die Versorgung inuß, entsprechend der sprach­

gebräuchlichen Bedeutung dieses Wortes, eine dauernde oder doch eine auf einen längeren Zeitraum berechnete sein.

Auf den Namen, welchen die Anstalt führt, kommt Nichts an und

deshalb ist auch eine sich als „Erziehungshaus" bezeichnende Anstalt als Versorgungsanstalt

anzusehen, deren Aufgabe darin besteht, die geistige Krankheit der in ihr Aufgenommenen soweit als möglich zu beseitigen.* 26) Vereine für Kleinkinderbewahranstalten (Buchst, d).

16.

Vereine für Kleinkinderbewahranstalten bezwecken neben der Verhütung der sitt­ lichen Verwilderung der noch nicht schulpflichtigen Kinder von Eltern, deren Lebensweise eine

geeignete Beaufsichtigung der Kinder nicht gestattet, auch die Erhaltung der Gesundheit und

körperlichen Kräftigung solcher Kinder.*27)

Nack den Kabinets-Orders v. 21. 4. 41 (Cbl. S. 116, M.Bl. S. 140) u. v. 28.2.42 (M.Bl. S. 200, Just.M. Bl. S. 95) ist sämmtlichen von der Regierung genehmigten Klein­ kinderbewahranstalten

öffentlichen

Schulen

die

indem es allen vom Staate

*21) *22) *23) *24) *25) *26) *27)

Stempel-

zugestanden.

und

An

Gebührenfreiheit

diese

in gleichein Umfange wie den

Kabinets-Orders

lehnt sich das Gesetz an,

genehmigten Vereinen für Kleinkindcrbewahranstalten subjektive

RG. 20. 2. 96 (F.M. III. 6758). RG. 23. 9. 95 Cbl. S. 415. RG. 27. 5. 92 Cbl. S. 381 Jur. Wochenschr. S. 324. F.M.Erl. 12. 11. 90 III. 14462. Schr. d. Just.M. an F.M. 2. 10. 78 Illa. 1941. RG. 8. 5. 93 Cbl. S. 270. von Rönne, Staatsrecht 4. Aust. IV. S. 258.

§. 5. Stempelfreiheit gewährt.

85

Persönliche Stempelsteuerbefreiungen.

Nach der Rechtsprechung des Ob.Trib.*28) sehen die vorangeführten

Kabinets-Orders keine ausdrückliche staatliche Genehnligung voraus; cs genügt mit Rücksicht auf die §§ 32 ff. Tit. 19 Th. II. A.L.R. auch eine stillschweigende Genehmigung, welche unter Anderem aus der öffentlichen Wirksamkeit der Anstalten unter den Augen der staatlichen Aufsichtsbehörden gefolgert werden kann.

Die Verwaltungspraxis ist dieser Auffassung ge-

als eine von der Regierung

folgt*29) und hat beispielsweise eine Kleinkinderbewahranstalt

genehmigte angesehen,

wurden.*30)

zu deren Unterhaltung jährliche Zuschüsse aus der Staatskasse gemacht

Diese Grundsätze werden auch für das neue Gesetz Geltung behalten müssen,

zumal es eine ausdrückliche Genehmigung, wie bei den milden Stiftungen nicht vorgeschrieben hat.

Durch die stillschweigende Genehmigung

die

erlangen

gedachten

nach § 42

Vereine

Tit. 19 Th. II A.L.R. juristische Persönlichkeit. Insoweit sie jedoch durch Schenkungen und letztwillige Verfügungen ins tionsrechten

Leben

gerufen sind,

bedürfen sie zur Erlangung von Korpora-

nach § 1 des Ges. v. 23. 2. 70 der Genebmigung des Königs (vergl. Amn. II

Abs. 3).

17.

Stiftungen in dem hier in Betracht kommenden Sinne sind Anstalten mit Milde SUfselbständiger Rechtspersönlichkeit und einer durch eine besondere Verfassung geregelten Ver-

tretung, die ein einem bestimlnten dauernden Zwecke gewidmetes Vermögen besitzen. Vergl. auch Anm. 11 Abs. 3 zu diesem Paragraphen. Unter milden Stiftungen verstand die trübere Vcr-

waltungspraxis nur solche, deren Zwecke ausschließlich die unentgeltliche Unterstützung bilfs-

bedürftiger Personen verfolgten und erst in neuerer Zeit und zum Theil unter den: Einfluß der reichsgerichtlichen Rechtsprechung sind auch solche Stiftungen als milde anerkannt, deren Zwecke auf eine auch nur theilweise Unterstützung solcher Personen gerichtet sind, Bereits durch die Deklaration v. 27. 6. 11 (G.S. S. 313) und durch die Kabinets-

wurden

Angelegenheiten

Ord. v.

16. 1. 27

erklärt.

Das Erbschaftssteuerges. v. 30. 5. 73 (Befreiungsvorschriften Buchst, g des Tarifs)

änderte

die

früheren

alle

Vorschriften

nur

insoweit

der ab,

milden

als

Stiftungen

für

zur Beseitigung

der

stempelfrei

durch

die

letzteren hervorgerufenen Zweifel die Vorbedingungen, unter welchen milde Stiftungen von der Besteuerung befreit sein sollten, besonders festgesetzt wurden, indem die Befreiung da­

von abhängig gemacht ist,

daß die Stiftung als milde vom Staate ausdrücklich

Verleihung der Rechte der juristischen Persönlichkeit

anerkannt ist.

Steuerfreiheit der milden Stiftungen wurde also begrenzt, Stiftungen als solcher einschränkend bestimmt.*31)

freiheit dann eintrat,

wenn die Stiftung

Nur

der

oder durch

Umfang

der

nicht aber der Begriff der milden

Die Rechtslage gestaltete sich so, daß Steuer­

als milde ausdrücklich

anerkannt war.

Fehlte es

dagegen an einen* solchen Anerkennung und waren der Stiftung nur die Rechte der juristischen

Persönlichkeit verliehen, so bedurfte es noch der Feststellung nach den Umständen des Einzel­ falles,

ob die Stiftung durch die Verleihung jener Rechte stillschweigend als milde hatte an­

erkannt werden

sollen.*32)

Das

neue Gesetz hat

die Steuerfreiheit nach der formellen

Richtung hin noch mehr eingeengt, indem nach seiner Vorschrift nur solche Stiftungen stempel­ frei sind, welche als milde ausdrücklich anerkannt sind. Wegen der künftigen stempelsteuerlichen Behandlung der vor dem 1. 4. 96 errichteten

milden Stiftungen vergl. die Anm. 31 zu diesem Paragraphen.

18.

Nach der Ausgestaltung des Begriffs der milden (Stiftungen in der Recht­ sprechung und NerwaltuugspraM werden nur solche Stiftungen als milde anerkannt werden können, auf welche das Merkmal zutrifft, daß sic ihrem ausschließlichen oder auch nur ihrem

♦28) ♦29) ♦30) *31) ♦32)

Ob.Trib. F.M.Erl. F.M.Erl. RG. 29. RG. 22.

24. 4. 65 F.M. III. 12099, Gruchot Beitr. Bd. 10 S. 248. 22. 10. 81 III. 14 256. 7. 11. 83 III. 14 317. 10. 88. F.M. HI. 24132. 11. 81 Just.M.Bl. 1882 S. 315 u. RG.. 22. 9. 90 Just.M.Bl. 1891 S. 24.

86

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer. Im Einzelnen

Hauptzwecke nach die unentgeltliche Unterstützung Hilfsbedürftiger bezwecken.

ist zu bemerken: a) Die Personen, denen die Unterstützungen aus den Stiftungserträgnissen zu Theil werden sollen, müssen sich in hilfsbedürftiger Lage befinden, brauchen aber keineswegs

Hilfsbedürftige

v. 6. 6. 70

im

Sinne

des

Reichsgesetzes

Just.MÄl. 1891 S. 24).

Unterstützungswohnsitz

den

über

zu fehl (RG. 29. 10. 88 F.M. III. 24132

und

RG. 22. 9. 90

Als hilfsbedürftig sind nicht blos die bereits wirklich

und gänzlich Verarmten anzusehen, sondern auch diejenigen, die in ihrer wirthschaft-

lichen Existenz bedroht und damit naturgemäß bezüglich

ihres und ihrer Familie

Unterhalt auf die Hilfe ihrer Nebenmenschen angewiesen sind.

Eine derartige vor­

beugende Wohlthätigkeit dient ebenso einem milden Zweck, wie die Armenpflege selbst (U. O.L.G. Köln 12.11. 94 F.M. III. 17131); b) die Unterstützungen müssen zu dem Zwecke gewährt werden,

entweder die bereits

vorhandene Noth der Armen zu lindern oder der drohenden Noth Hilfsbedürftiger zu steuern, sie also vor dem bevorstehenden wirthschaftlichen Verfall zu bewahren. Unter­ stützungen, welche zu dem Zwecke gegeben werden, den Unterstützten zu einer bevorzugteren Lebensstellung zu verhelfen, die sie nach Lage ihrer wirthschaftlichen Verhältnisse aus eigenen Mitteln voraussichtlich nicht erreicht haben würden, dienen der Förderung wohlthätiger und gemeinnütziger, aber nicht mildthätiger Zwecke und liegen außer­

halb der Aufgaben milder Stiftungen. Aus diesen Gründen werden z. B. Stiftungen grundsätzlich nicht als milde angesehen, deren Einkünfte zu Studienstipendien verwendet werden sollen, selbst wenn es sich um Söhne armer Eltern handelt.

(Vergl. auch § 8

Nr. 2 Pr.G.Kost.Ges.) In einem Erlaß der Min. der Finanzen und des Innern v. 5. 6. 96 (F.M. III 6418; M. d. I. I B. 5996) ist angenommen worden, daß eine milde Stiftung vorliege, wenn die Nutzungen eines Vermögens dazu dienen sollen, Töchtern armer und hilfloser Familien, namentlich aus arbeitenden Klassen, Unter­ weisung in den nothwendigsten häuslichen Arbeiten, nämlich im Nähen, Stricken,

Stopfen, Bügeln, Kochen u. s. w. ertheilen zu lassen, weil dadurch der Noth armer Familien gesteuert werde; c) daß der Zweck der Stiftung ausschließlich die Ausübung der Mildthätigkeit ver­ folgt, liegt nicht in der rechtlichen Natur der milden Stiftung; es

genügt, wenn

diese Ausübung nur den Hauptzweck der Stiftung bildet und der Zweck auf nur theilweise Unterstützung Hilfsbedürftiger gerichtet ist.

Es steht deshalb der An­

nahme einer milden Stiftung nicht entgegen, daß die zu Unterstützenden statutenmäßig Beiträge zu zahlen haben, wenn diese so

selbst

gering sind, daß sie als

vollständiges Entgelt nicht angesehen werden können (RG. 10.12. 91 Jur. Wochenschr.

1892 S. 49, Just.MBl. 1892 S. 279; RG. 8. 5. 93 Just.MBl. S. 311 u. Cbl. S. 270; RG. 7. 5. 94

Jur. Wochenschr. S. 329; RG. 1. 7. 95 F.M. III 12593,

Just.M.Bl. 1896 S. 313; RG. 23. 9. 95 Cbl. S. 415);

d) der Gegenstand der Unterstützung kann auch in der unentgeltlichen Ueberlassung der

Nutzung

einer

Sache

oder

eines

Kapitals

(Darlehen)

bestehen.

Es

ist nicht

erforderlich, daß die genutzte Sache oder das Kapital selbst den Hilfsbedürftigen

unentgeltlich bezw. ohne die Verpflichtung zur Rückgabe überlassen wird (RG. 22. 9. 90 u. U. O.L.G. Köln 12.11. 94 siehe unter a dieser Anm.); e) mit dem Begriff der milden Stiftung ist es nicht unvereinbar, daß ihre Fonds

nach Anordnung des Stifters, soweit sich

zeitweise

deren Verwendung zu dem

eigentlichen Zwecke der Unterstützung nothleidender Personen nicht ermöglichen läßt, einstweilen anderweit angelegt werden sollen, da hierdurch offenbar jener Zweck nicht

aufgehoben, sondern höchstens ein zweiter, eventueller Zweck gesetzt ist. Der Charakter der Stiftung kann aber nur nach ihrem Hauptzweck bestimmt werden (RG. 22.9.90

s. unter a dieser Anm.)

§. 5.

Persönliche Stempelsteuerbefreiungen.

87

19.

In formeller Beziehung hängt die Stempelfreiheit milder Stiftungen davon ab, daß sie ausdrücklich als milde anerkannt sind. Dies kann auf zweierlei Art geschehen nämlich:

a) entweder dadurch, daß der König die Stiftnng in der Kabinets-Order, durch welche er sie genehmigt oder ihr Korporationsrechte verleiht, ausdrücklich als milde oder als Armenanstalt bezeichnet. Zu einer ausdrücklichen Anerkennung sind aber nicht gerade bestimmte, eine Anerkennung aussprechende Worte erforderlich. (56 reicht deshalb auch aus, wenn der Anerkennungswille deutlich und mit Zuverlässigkeit zum Allödruck gebracht ist und dies ist anzunehmen, wenn das Statut die (Stiftung aus­ drücklich als milde oder als Arnlenstiftung bezeichnet und die Kabinets-Order die Stiftung auf Grund des Statuts genehmigt (RG. 7. 5. 94 Jur. Wochenschr. 1894 S. 329). Es kann dagegen als eine ausdrückliche Anerkennung nicht angesehen werden, wenn die Kabinets-Order zwar aus die Statuten Bezug nimmt, diese aber eine ausdrückliche Bezeichnmlg der Stiftung als einer nlilden nicht enthalten, sondern der Charakter der Stiftung als einer milden nur im Wege der Folgerung aus ihrem Zweck, ihrer Natur und Organisation, wie sie aus denl Statut erhellt, festgestellt werden kann; b) oder, weiln der König die ausdrückliche Anerkennung im Sinne des Vorerörterten in der Kabinets-Order nicht ausgesprochen hat, dadurch, daß diese Anerkennung seitens der zuständigen Behördell erfolgt. Als solche sind die Ober-Präsidenten nicht anzu­ sehen. Es fehlt hier an der erforderlichen Ermächtigung, wie sie den Ober-Präsidenten anknüpfend an die Vorschrift des § 651 Tit. 11 Th. I A.L.R. durch die KabinetsOrder v. 29. 9. 33 (G.S. S. 121) bezüglich der Wittwen-Sterbe- und AussteuerKassen ertheilt war.*33). Auf den § 11 Nr. 4 d der Instruktion für die OberPräsidenten v. 31. 12. 25 (G.S. 1826 S. 1), wonach den Ober-Präsidenten die vom Staate zu ertheilende Genehmigung für die Gründung neuer und die Er­ weiterung, Unländerung, Einschränkung oder Aufhebung scholl bestehender gemeinnützigcr Anstalten überwiesen ist, wird sich ihre Befugniß zur Anerkennung von Stiftungen als milder nicht lnehr stützen lasten, weil die Anerkennung die Befreiung von der Zahlung der Stempel- mld Erbschaftssteuer und der Gerichtsgebühren zur Folge hat und deshalb nur von den betheiligten Centralinstanzen ausgesprochen werden taun. Zuständig zur Anerkennung sind daher nur die Minister und zwar zunächst der Minister des Innern, dessen Geschäftskreise nach der bestehenden Organisation der Ver­ waltung die Angelegenheiten der inilben Stiftungen überwiesen sind.*34) Da die mit der Anerkennung verbundene Steuerfreiheit zugleich die Interesse« des Finanz­ ministeriums und wegen der Gebühren- und Gerichtskostenstempelfreiheit (§ 8 Ziffer 2 und § 30 des Pr.G.Kost.G.) auch diejenigen des Justizministeriums berührt, so wird die Anerkennung in allen Fällen, wie es auch der geltenden Praxis entspricht, durch die betreffenden drei Minister auszusprechen sein. Gehört die Stiftung ihrem Wesen und ihrer Natur nach zu dem Ressort eines anderen Ministers als der eben erwähnterl, so wirkt auch dieser bei der Entscheidung über die Anerkennung mit.

20.

Wittwen-, Sterbe- und Aussteuerkasten fallen nur dann unter den Begriff des Wittwen-, § 42 Tit. 19 Th. II A.L.R. und haben nur dann als Armen- und Versorgungsanstalten An- ®^r6bf^u“”b spruch auf Stempelfreiheit, wenn sie aus Stiftungen oder ähnlichen Zuwendungen die Mittel Kassen. *

besitzen, Unterstützungen zu gewähren und wenn diese Unterstützungen nur hilfsbedürftigen (Buchst. a>. Personen zu Theil werden. Wegen der einzelnen Wittwen-Verpflegungs-Anstalten zustehenden Stempelbefreiungen siehe Hoyer-Gaupp S. 97—99 Anm. 54. Werden die Unterstützungen

*33) RG. 5. 3. 85 F.M. III. 8286, Jur. Wochenschr. S. 164^9; siehe aber RG. 27. 11. 93, F.M. III. 2850/94. *34) Preuß. Staatsanz. 1867 Veil, zu Nr. 47 S. 3.

88

I. Abschnitt:

ohne Rücksicht

Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

auf die Hilfsbedürftigkeit

allen Mitgliedern

die

gewährt und

unbeschränkt

Mittel durch Umlagen erhoben, so liegen in die Form von Wittwen-, Sterbe- bezw. Aussteuer­ kassen gekleidete Versicherungsgesellschaften freiheit nicht genießen.*35)

für

die

auf die

auf Gegenseitigkeit vor, die subjektive

Stempel-

Solchen Kaffen kann unter Umständen beschränkte Stempelfreiheit

Versicherungen

bezüglichen

Verhandlungen

nach

der

Tarifstelle 70

Be­

die Gewährung

der

freiungen Nr. 2 zustehen.

Auch Predigerwittwen- und Waisenpensionskassen, bei welchen

Pensionen nicht von den: Nachweis der Hilfsbedürftigkeit abhängig gemacht wird, können zu den subjektiv befreiten Personen nicht gerechnet werden.* 36)

EmAus dem in der vorhergehenden Anrnerkung angeführten Grunde — der Ge­ gefdj riebene Hilfskassen, währung der durch die Versicherung gebotenen Vortheile an alle Mitglieder, einerlei, ob sie Ortskranken­ bedürftig sind oder nicht — haben ferner keine Stempelfreiheit: kassen, a) die eingeschriebenen Hilfskassen (Ges. v. 7. 4. 76 R.G.Bl. S. 125 in der Unfall-, JnvaliditfitsFassung des Ges. v. 1. 6. 84 R.G.Bl. S. 54). Wegen der sachlichen Befreiungen unb Alters­ vergl. Anm. 15 Nr. 26 zu § 4; oersicherungs­ anstalten, b) die Ortskrankenkassen*3?) (Ges. v. 15. 6. 83 R.G.Bl. S. 73). Wegen der sach­ Knappschafts­ lichen Befreiungen vergl. Anm. 15 Nr. 34 zu tz 4; vereine. c) die Unfallversicherungs-Bcrufsgenossenschaften (Ges. v. 6. 7. 84 R.G.Bl. (Buchst, d).

21.

S. 69). Wegen der sachlichen Befreiungen vergl. Anm. 15 Nr. 55 zu H 4; d) die Jnvaliditäts- und Altersversicherungen, die weder eine Reichs- noch

Staatsanstalt sind, wenn auch das Reich zu jeder Rente nach § 26 Abs. 3

Ges. v. 22. 6. 89 (R.G.Bl. S. 97) einen jährlichen Zuschuß zahlt.* 38) sachlichen Befreiungen vergl. Annl. 15 Nr. 30 zu K 4;

des

Wegen der

e) Knappschaftsvereine (Ges. v. 10.4.54 G.S. S. 139; Allg. Bergges. v. 24. 6. 65 G.S. S. 705 §§ 165 ff.).

32*

Die in Preußen anerkannten und privilegirten Mutterlogen des Freimaurer-

Gustav Adolf- ordens mit dein Sitze in Berlin (die Große National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln, Acre,ne,

Großloge der Freimaurer von Deutschland und die Großloge Royal Aork) besitzen nicht

die Eigenschaft milder Stiftungen und haben deshalb keinen Anspruch auf Stempelfreiheit, (Buchst, d). desgleichen nicht die Tochterlogen. Dies ist ausgesprochen hinsichtlich der Royal Pork-Loge

vereine

und deren Tochterloge, der „Freimaurer-Loge zum Schwarzen Bär" in Hannover durch Erl. des Mitt, des Innern v. 28.10. 85 I A 8631 (F.M.Erl. 4. 11. 85 III. 13830), ferner hin­

sichtlich der Loge „Irene" zu Tilsit durch F.M.Erl. v. 10. 5 94 III. 4790.

23.

Die in Preußen befindlichen Gustav Adolf-Vereine sind allgemein als

steuerfrei und als milde Stiftungen nicht anerkannt.* 39) Bisher sind nur sechs Vereinen und zwar dem Schlesischen Hauptverein, dem preußischen Hauptverein, den Lokalvereinen in Berlin und Danzig, dem Verein in Frankfurt a. M. und dem Ostfriesischen Verein die Rechte juristischer

Personen verliehen; diese Vereine sind steuerfrei.

Der Centralvorstand der Gustav Adolf-

Stiftung hat die staatliche Anerkennung als milde Stiftung bis jetzt nicht nachgewiesen.*40)

24.

Die Stempelfreiheit des Vaterländischen Frauenvereins (des Haupt­ vereins) ist anerkannt; dagegen ist den Zwcigvereinen des Frauenvereins die Stempelfreiheit

*35) So entschieden hinsichtlich der Stcrbekasien durch RG. 9. 11. 85 Rass. u. Küntz. Bd. 32 S. 1067.

*36) RG. 21. 2. 95 F.M. III. 6999. *37) F.M.Erl. 15. 12. 91 III. 16635. *38) F.M.Erl. 5. 6. 93 III. 6995. *39) Schr. d. F.M. an die Min. d. Just. u. der gcistl. Angel, v. 14. 2. 85 III. 943. *40) F.M.Erl. 6. 2. 77 III. 196, Cbl. S. 53, M.Bl. S. 78.

§. 5.

Persönliche Stempelsteuerbefteiungen.

89

nicht allgemein zugebilligt, sondern es ist besonderer Prüfung Vorbehalten worden, ob bei dem

einzelnen Verein die Voraussetzungen zutreffen, unter denen Steuerfreiheit zu gewähren ist* 41) Dem entsprechend sind stempelfrei die Frauen-Vereine für den Kreis Tost-Gleiwitz (F.M. III 4794 78), in Berlin (F.M. III. 10952/86), Küstrin (F.M. III. 271/91 und 11472/92), Cassel (F.M. III. 9849 92), Posen (F.M. III. 13263/92), Lissa i.P. (F.M. III. 14821/92 n. 1985/93), Carlsruh O.S. (F.M. III. 3599/93), Graudenz und Elbing (F.M. III. 6536/94), Walden­ burg i. Schl. (F.M. III. 6510/94), der Provinz Brandenburg (F.M. III. 12649/94), in Wehlau (F.M. III. 15481/94), Aachen (F.M. III. 7850/95), Neufahrwasser (F.M. III. 1669/96), Rawitsch (F.M. III. 3824/96, für den Kreis Beeskow-Storkow (F.M. III. 7143/96), in Charlottenburg (F.M. III. 6140/96), für den Kreis Sorau (F.M. III. 7718/96), in Laurahütte (F.M. III. 8188/96), für die Stadt Celle und Umgegend (F.M. III. 14540/96).

25.

Schulen und Universitäten sind nach § 1 Zit. 12 Th. II A.L.R. Ver- Schulen und anstaltungen des Staates, welche den Unterricht der Jugend in nützlichen Kenntnissen und "(Buchste)?' Wiffenschaften zur Absicht haben. Stempelfreiheit ist ihnen bereits durch die Deklaration v. 27. 6. 11 (G.S. S. 313) und die Kab.-Order v. 16. 1. 27 gewährt. Was die niederen Schulen (Volksschulen, Mittelschulen) anlangt, so interessrren hier nur die öffentlichen Schulen, insoweit die Schulgemeinden oder Schulsozietätcn als Subjekte der Rechtsverhältnisse der Schulen anzusehen sind, nicht aber die Schulen, welche Anstalten der politischen Gemeinden sind, da letzteren die Stempelfreiheit in Angelegenheiten der Schulen nach der Bestimmung des Buchst, f. zusteht. Vergl. Anm. 8 L 511 § 1. Ueber den Begriff der öffentlichen Schulen vergl. Anm. 11 Abs. 1 zu diesem §. Ob die Schutanstalt selbst schon besteht oder noch in der Bildung begriffen ist, macht für die Stelnpelfreiheit keinen Unterschied.* 42) Stempelfreiheit haben außerdem die gelehrten Schulen (Gymnasien, Realgymnasien, Oberrealschulen, Progylnnasien, Realprogymnasien, Otealschulen, höhere Bürgerschulen), Kunstund Gewerbeschulen, die nach § 54 Tit. 12 Th. II. A.L.R. Korporationen sind sowie die Universitäten, die nach § 67 ebendas, alle Rechte privilegirter Korporationen haben. Privatschulen mit selbständiger Verwaltung unter einem besonderen Kuratorimn, auch wenn sie Korporationsrechke haben, staatlich beaufsichtigt werden und zu dem Kuratorium mittelbare Beamte (Bürgermeister 2c.) gehören, haben keinen Anspruch auf Stelnpelfreiheit*43) Die nachstehenden Akademien und Schulen: die Forstakademien in Eberswalde und Minden, die geologische Landesanstalt und Bergakademie in Berlin, die Bergakademie und Bergschule in Klausthal, die landwirthschaftliche Akademie in Poppelsdorf, die pomologischen Institute in Proskau und Geisenheim, die Landesbaumschule in Engers, die Bergschule in Saarbrücken, die Navigationsschulen in Memel, Pillau, Danzig, Grabow, Stralsund, Barth, Flensburg, Apenrade, Altona, Geestemünde, Emden, Leer, Timmel und Papenburg und die Navigationsvorschulen in Stolplnünde, Swinernünde, Zingst, Prerow, Grünendeich, Grohn und Westrhauderfehn, die Baugewerkschulen, die Maschinenbauschulen in Dortinund und Hagen i. W., die Maschinenbau- und Hüttenschule in Duisburg und Gleiwitz, die Fachschule für bergische Kleineisen- und Stahlwaarenindustrie in Remscheid u. A. haben Stempelfreiheit nach dem Buchst, e und zugleich, insoweit sie staatliche Anstalten sind, nach dem Buchst, b dieses Paragraphen. Die subjektive Stempelfreiheit der Schulen ist in der Praxis mehrfach auch den den Provinzialverbänden gehörigen Hebeammen-Lehranstalten zugestanden worden.*44) Diese Zubilligung erscheint nicht begründet, weil derartige Anstalten nicht unter den Begriff von Schulen im Sinne des § 1 Tit. 12 Th. II A.L.R. fallen,, auch keine selbständige juristische

*41) *42) *43) *44)

F.M.Erl. 26. 11. 91 III. 15041. F.M.Erl. 8. 12. 75 III. 16640 u. 18. 9. 84 III. 11693. F.M.Nev.Prot. 10. 5. 94 III. 2776 u. F.M.Erl. 18. 5. 94 III. 6721. F.M.Erl. 12. 12. 63 111. 25123 u. 18. 6. 87 III. 7138.

90

I. Abschnitt:

Persönlichkeit besitzen.

Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

Eigenthümer derselben sind die Provinzialverbände, die für diese An­

gelegenheiten auch nach der Vorschrift unter Buchst, f keine Stempelfreiheit haben.

(Vergl.

auch die folgende Anm.)

Der Königlichen Ritterakademie zu Liegnitz und dem damit verbundenen Johannis­

stift steht die Stempelfreiheit der Schulen zu.*45) Sch»u-"und Nirchen-

?eiten°ber

26.

Durch die Kabinets-Order v. 18. 8. 41 (G.S. S. 288) wurde die den Armenanstalten zustehende Stempelfreiheit auch den Gutsherrschaften sowie den Stadt- und Landgemeinden für alle Armenangelegenheiten bewilligt. Hieran schließt sich das Stempelgesetz;

dehnt aber die Befreiung auf Kirchen- und Schulangelegenheiten aus und gewährt sie md^rbände^ Stadtgemeinden, für die im klebrigen eine subjektive Stempelsteuerbefreiung nicht beGemeinden, es

(Buchst. f). steht,*46) ferner den Landgemeinden (§§ 5ff. der Landgemeindeordnung v. 3. 7. 91), den Gutsbezirken (§§ 122ff. a. a. O.) und den Gemeindeund Gutsbezirko­ verbänden (§§ 128 ff. a. a. O.). Nach der Erklärung des Finanzministers gehören hierher auch Kirchengemeinden (Korn. Prot. 20. S. 13); diese werden übrigens schon nach der Vorschrift des Buchst, c (vergl. Anm. 8 zu diesem Paragraphen) Stempelfreiheit besitzen. Zu den unter § 5f aufgeführten Gemeinden und Verbänden sind die Kreise und Provinzen

nicht zu rechnen; ihre Urkunden in Armcnangelegenheiten werden nach der Bestimmung unter

Buchst, d (vergl. Anm. 12 zu diesem Paragraphen) zu behandeln sein, falls die dort gegebenen Voraussetzungen zutreffen.

Nach einem im Einverständniß mit dein Finanz- und Justizminister ergangenen Erlaß des Ministers der geistl. Angelegenheiten v. 23. 7. 80 G. III. 1825 (F.M. III. 8026/81, Kirchl. Ges. u. Verordn. Bl. S. 131) ist im Sinne der Stempelgesetze unter Kirchen und öffentlichen

Schulen, denen Befreiung von der Stempelsteuer gewährt ist,

das gesammte, zu Kirchen-,

Kultus- und Schulzwecken dienende Vermögen zu verstehen, ohne Unterscheidung, ob und in­ wieweit dasselbe eine pia causa darstellt oder ob die politischen Gemeinden oder die KirchenGesellschaften und -Gemeinden oder Schulgemeinden und -Verbände seine Träger sind.

Anwendbarkeit des Erlasses

für das jetzige Stempelgesetz ist nicht ohne Bedenken,

Kirchen- und Schulvermögen Stempelfreiheit nicht zugebilligt ist,

Steuerprivilegiums

Die

da dem

sondern Inhaber

des

die Kirchengemeinden und Schulen mit selbständiger Rechts­

persönlichkeit, sowie die Gemeinden (Gutsbezirke) und Verbände von solchen in Armen-, Schul- und Kirchenangelegenheiten sind.

In diesen Angelegenheiten steht den

Gemeinden und Verbänden aber auch Stempelfreiheit in Fällen zu, in denen es sich nicht um

das zu Kirchen-, Kultus- und Schulzwecken dienende Vermögen handelt, z. B. für Vollmachten in Kirchen- und Schulangelegenheiten nicht vermögensrechtlicher Art.

Auf der anderen Seite

ist die Begriffsbestilnmung des Erlasses zu weit gehend, insofern sie auch das eine pia causa

darstellende Vermögen

umfaßt.

Die Verwaltung dieses der Armen- und Wohlthätigkeits-

pflege dienenden Vermögens gehört nicht zu den Schul- und Kirchenangelegenheiten im Sinne des

§51 St.G. und deshalb wird Stempelfreiheit nach dieser Richtung hin nur in soweit ge­ währt werden können, als die Voraussetzungen des §56, insbesondere diejenigen der Stempel­

befreiungen milder Stiftungen vorliegen. unbbÄrebit”

Institute,

27.

Eine allgemeine subjektive Stempelfreiheit der landschaftlichen Kreditinstitute

besteht gesetzlich nicht, doch können einzelne Institute eine solche auf Grund älterer Kabinets-

Orders in Anspruch nehmen (vergl. Hoyer-Gaupp S. 112).*47) Nach der Kabinets-Order v. 31.12. 26 ist den Landschaften der Besitz der Güter, welche sie bei Subhastationen für ihre Forderungen zu übernehmen genöthigt sind, auf ein Jahr ohne

*45) F.M.Erl. 9. 2. 37 III. 2825. *46) RG. 22. 11. 83 Just.M.Bl. 1884 S. 51, Jur. Wochenschr. 1884 S. 62. *47) F.M.Erl. 31. 5. 76 III. 5299.

§. 5.

Persönliche Stempelsteuerbefreiungen.

Entrichtung des Kaufstempels gestattet worden.

91

Bei einer Besitzverlängerung über den Schluß

des ersten Jahres hinaus ist ein Zwölftel und mit, dem Schluß des dritten Besitzjahres der volle Rest des Kaufstempels zu entrichten.

Die durch diese Kabinets-Order geschaffenen Steuer­

erleichterungen bestehen nicht mehr, da die weder in der Gesetzsammlung noch den Regierungs-

blättern bekannt gemachte Order kein Gesetz ist, sondern nur die Bedeutung einer instruktionellen Verwaltungsvorschrift hat, übrigens auch durch die spätere Gesetzgebung (§ 16 des G.Kost.G.

v. 10. 5. 51) aufgehoben und nicht von Neuem triebet in Kraft getreten ist.

Hierzu hätte es

einer ausdrücklichen Erklärung des Gesetzgebers bedurft, welche nicht erfolgt ist.*48)

28.

Nachdem der Berliner, Stettiner und Königsberger gemeinnützigen BaugesellGe­ schäft durch Kabinets-Order v. 10. 3. 51 (G.S. S. 413) bezw. Ges. v. 13. 2. 54 (G.S. S. 90) mciy”^t9e bezw. Ges. v. 10. 8. 65 (G.S. S. 898) die Sportel- imb Stempelfreiheit in dem Umfange gesellschafien. bewilligt worden war, wie solche den Armenanstalten gesetzlich zustand, wurde die gleiche Be- suchst, g). günstigung allen gemeinnützigen Aktien-Baugesellschaften durch Ges. v. 2. 3. 67 (G.S. S. 385)

unter gewiffen Voraussetzungen gewährt.

da im Laufe der Zeit

Das Stempelgesetz dehnt das Steuerprivilegium,

vielfach Baugesellschaften

entstanden

sind,

Aktiengesellschaften haben, auf Genossenschaften und Gesellschaften

die

nicht

die Form

von

mit beschränkter Haftung

aus, jedoch mit der Maßgabe, daß dem Sinken des Zinsfußes entsprechend die zu vertheilende Dividende von höchstens fünf auf höchstens vier Prozent herabgesetzt ist (Begr. S. 12). Im

Falle der Auflösung muß der etwa verbleibende Ueberschuß für gemeinnützige Zwecke be­

stimmt werden; eine Bestimmung zu wohlthätigen Zwecken schließt nicht aus, daß

auch

andere als gemeinnützige Zwecke berücksichtigt werden. *49)

Zu Absatz S.

29.

Den Staatsoberhäuptern sowie dem FiskuS und den fiskalischen Anstalten Staatsoberund Kassen fremder Staaten stand nach der bisherigen Stenlpelgesetzgebnng Stempelfreiheit

nicht zu; sie wurde in der Verwaltungspraxis daher nur ausnahmsweise auf Grund besonderer Kabinets-Order gewährt, falls der fremde Staat Preußen gegenüber Reziprozität übte. Das jetzige Gesetz billigt die Steuerbefreiung, wenn die eben erwähnte Voraussetzung zutrifft, all-

fremder Staaten; c °n e‘

gemein und unter Ausdehnung ans die Chefs der bei dem Deutschen Reich oder bei Preußen beglaubigten Missionen zu, von der Erwägung ausgehend,

daß

durch diese Zusicherung die

Bereitwilligkeit der außerpreußischen Regierungen, Preußen in Fällen der in Betracht kommen­

den Art Entgegenkommen zu

meist höheren

zeigen, nur gesteigert werden kann, was im Hinblick auf die

Stempelgebühren

des

Auslandes

in

finanzieller

Beziehung

entschieden

im

diesseitigen Interesse liegt (Begr. S. 12).

Daß die Uebung der gleichen Rücksicht seitens des fremden Staates auf besonderer ge­ setzlicher Anordnung oder Staatsverträgen beruht, ist nicht erforderlich, sondern es wird für

genügend angesehen werden können, wenn der fremde Staat die Reziprozität nur thatsächlich übt. Ob letzteres der Fall ist, wird durch den Finanzminister festgestellt werden müssen und deshalb bestimmt die Ziffer 1 der Ausführungs-Bekanntmachung v. 13. 2. 96:

Ueber die Zulässigkeit der im zweiten und dritten Absatz erwähnten Ziffer 1. Stempelsteuerbefreiungen entscheidet der Finanzminister. Den in Preußen beglaubigten Vertretern

fremder Mächte

hat

die bisherige Gesetz­

gebung für die in Preußen von ihnen abgeschlossenen Verträge eine Befreiung von der Stempel-

steuer nicht zugestanden, weil das Recht der Exterritorialität nur die Befreiung von persönlichen Abgaben zur Folge hat, zu welchen die Stempelsteuern als indirekte Steuern nicht zu rechnen

*48) F.M.Erl. 13. 5. 90 III. 6264 u. RG. 4. 6. 91 mitgetheilt durch F.M.Erl. 22. 8. 91 UI. 11444. *49) F.M.Erl. 12. 6. 96 III 8495.

I. Abschnitt:

92

Von der Pflicht zur Entrichtung der Stempelsteuer.

sind. *50) Es sind deshalb auch Mietverträge diesseitiger Vermieter mit fremden Gesandten dem

Mietstempel stets unterworfen worden. *51) Nach dem jetzigen Recht wird, Reziprozität vor­

ausgesetzt, den Botschaftern, Gesandten u. s. w. für ihre Verträge und Erklärungen Stempel­

freiheit insoweit zustehen, als sie als Vertreter ihrer Souveraine handeln; dagegen wird die Stempelfreiheit nicht anzuerkennen sein, wenn sie lediglich im eigenen, persönlichen Interesse

stempelpflichtige Verträge abschließen

oder Erklärungen abgeben.

Für das Geschäftspersonal

der Botschaften und Gesandtschaften gilt die Steuerfreiheit nicht.

Zu Absatz 3. ^Anstaue^

30.

Unter der Herrschaft des Stempelgesetzes von: Jahre 1822 war es Verwaltungs-

Stiftungen,

brauch, die gewissen inländischen Anstalten re. zugebilligten Steuerfreiheiten auch auf die

Vereine u.s.w.

glichen ausländischen Anstalten auszudehnen, wenn der betreffende Staat die diesseitigen

Anstalten in gleicher Weise behandelte.*52)

Es war jedoch nicht ohne Zweifel,

ob diese auf

Billigkeitörücksichten beruhende Praxis sich auch vom streng gesetzlichen Standpunkte recht­

fertigen ließ; das Gesetz hat diese Zweifel durch die Anordnung beseitigt, daß in den vor­ gedachten Fällen Stempelfreiheit stets eintreten kann, wenn der fremde Staat Preußen gegen­ über die gleiche Rücksicht übt.

Im Nachstehenden sind die Grundsätze über die steuerliche Behandlung, welche den in

Frage stehenden Anstalten und Stiftungen in einzelnen ausländischen Staaten zu Theil wird, angeführt; diese Grundsätze werden, obwohl sie sich nur auf die Erbschaftssteuer beziehen, auch hier von Interesse sein, da sich annehmen läßt, daß die betreffenden Staaten sie auch für die Stempelsteuer zur Anwendung bringen werden: a) Die niederländische Gesetzgebung gewährt keine Steuerbefreiungen zu Gunsten wohlthätiger Anstalten und Stiftungen; *53) b) Oesterreich gesteht inländischen Stiftungen keinerlei Erbschaftssteuer-Vergünstigungen zu; *54) c) mit dem Großherzogthuin Baden ist vereinbart, daß die nach Art. 3 und Art. 4

Ziffer 4 des Badischen Gesetzes v. 28. 5. 28 den öffentlichen Anstalten für Wohlthätig­ keit und Unterricht eingeräumte Befreiung von der Erbschafts- und Schenkungsaccise

auch den preußischen Anstalten dieser Art zu statten kornmt. Die Bestimmungen in dem Tarif zum Pr. Erbschaftssteuergcs. v. 30. 5. 73 Allgemeine Vorschriften C

Buchst, e und Befreiungen Ziffer 2 g sollen dagegen auch Anwendung finden, wenn die Anfälle an derartige Anstalten im Großherzogthum Baden gelangen bezw. im

Gebiet desselben zur Verwendung in der in: Tarif bezeichneten Art bestimmt sind;*55)

d) das bayerische Erbschaftssteuerges. v. 18.8.79 gewährt für Legate zu milden, frommen, gemeinnützigen und Unterrichtszwecken weitergehende Befreiungen als die preußische Gesetzgebung *56) und befreit (Art. 3 unter 4) im Falle der Gegenseitigkeit auch nicht

bayerische Stiftungen von der Erbschaftssteuer.* 57)

Die bayerischen Stiftungen

dürfen aber nicht noch günstiger behandelt werden, als gleichartige preußische; *58)

e)

in Anhalt genießen Legate an einen preußischen Armenverband in gleicher Weise Erbschaftssteuerfreiheit, als wenn es sich um ein Legat an einen anhaltischen Armen­

verband handelt; *59)

*50) Schr. des F.M. an den M. der ausw. A. 2. 11. 88 III 19924 u. 11. 9. 90 III. 10703, II. 11148. *51) F.M.Erl. *52) F.M.Erl. *53) F.M.Erl. *54) F.M.Erl. *55) F.M.Erl. *56) F.M.Erl. *57) F.M.Erl. *58) F.M.Erl. *59) F.M.Erl.

2. 1. 41 III. 30983 u. 14. 2. 54 III. 2718. 21. 5. 86 III. 5453, 16. 12. 94 III. 16689 u. 16. 2. 96 III. 1267. 9. 1. 89 III. 24092. 8. 8. 94 III. 10809. 4. 12. 90 III. 13948. 17. 7. 89 III. 11135. 1. 8. 91 III. 10767; 3. 10. 93 III. 11130 u. 9. 6 96. III. 8189. 22. 6. 94 III. 8627. 25. 2. 96 III. 2633.

Ö3

Persönliche Stempelsteuerbefreiungen.

§. 5.

f) das Königreich Sachsen gewährt intlbcn Stiftungen ebenfalls Erbschaftssteuer­

freiheit; **60) ferner sind in Sachsen Anfälle an deutsche Orts- oder Landarmen­ verbände zur Verwendung für Hilfsbedürftige oder Anfälle, welche ausschließlich für kirchliche, wohlthätige, gemeinnützige oder Unterrichtszwecke oder zur Förderung von Kunst oder Wissenschaft innerhalb des Deutschen Reiches bestimmt sind, von Erb­ schaftssteuer frei; *61) g) das Großherzogthum Hessen gewährt Erbschaftssteuerfreiheit für Stiftungen, welche zu milden Zwecken innerhalb des Deutschen Reiches Verwendung finden*62) Hinsichtlich der Voraussetzungen der Reciprocität gilt das im zweiten Absatz der vorher­

Ueber die Zulässigkeit dieser Befreiungen entscheidet ebenfalls

gehenden Anmerkung Gesagte.

der Finanzminister (Ziff. 1 der AusfBek.; s. vorhergehende Anm.)

Zu Absatz

31.

4

Wegen der durch frühere Ges. oder landesherrliche Privilegien bewilligten Steuerbefreiungen vergl. Anm. 14 zu § 4 des Ges. Die einzelnen Anstalten, welche hiernach subjektiv befreit sind, aufzuführen, würde über die Zwecke dieses Kommentars hinausgehen, zumal sie nicht von allgemeinem Jntereffe sind;

Frühere Stempel­ befreiungen.

es sei deshalb auf die Aufzählung bei Hoyer-Gaupp S. 89 bis 97 verwiesen. Milde Stiftungen, welche bereits vor dem 1. April 1896 errichtet und beurkundet sind, müssen gemäß § 34 Abs. 2 des Ges. bezüglich ihrer subjektiven Steuerfreiheit nach dein

früheren Recht beurtheilt werden. Dies ist vom Finanzminister in den Verh. d. H. H. an­ erkannt; nach der dort abgegebenen Erklärung soll es für die früheren Stiftungen, wo diese nach den bestehenden Landesgesetzcn als „liiilbc" gelten, das Bewenden behalten (Verh. d. H. H. S. 356).

Stiftungen dieser Art, die also vor dem vorbezeichneten Zeitpunkte bereits als milde

anerkannt waren, genießen die Steuerfreiheit auch für die Zukunft; bei denjenigen Stiftungen, welche vor den: 1. April 1896 nur Korporationsrechte aber keine ausdrückliche Anerkennung erhalten haben oder auch erst später nur mit Korporationsrechten versehen worden sind, wird

nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen sein, ob die Stiftung durch Verleihung jener Rechte zugleich als milde hat anerkannt werden sollen, so daß es auch hier einer förmlichen, nachträglichen Anerkennung nicht bedarf.

Vergl. oben Anm. 17 Abs. 2.

Zu Absatz 5.

32.

Die gesetzliche Bestimmung, daß subjektiv befreite Personen nicht befugt sind, Dertragsdie Befreiung dem nicht befreiten anderen Vertragstheilnehmer einzuräumen, ergiebt sich aus Einräumung

allgemeinen Rechtsgrundsätzen, weil es sich bei derartigen Abmachungen um öffentliche Rechtevon Stempelund um Rechte eines Dritten — des Steuerfiskus — handelt, welche der Disposition der befteiungen. Vertragsparteien nicht unterliegen.

Die Aufnahme dieser bereits in den früheren Stempel­

gesetzen vorkommenden Bestimmung war eigentlich nicht erforderlich und ist lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen erfolgt, weil es in der Praxis häufig geschieht, daß subjektiv befreite Personen (Behörden und Beamte in Vertretung des Fiskus, milde Stiftungen u. s. w.) die

sämmtlichen Stempelkosten im Vertrage übernehmen,

in der Meinung, daß in Folge dieser

Uebernahme auch derjenige Stempeltheilbetrag, welcher dem nicht befreiten Gegenkontrahenten

an sich gesetzlich zur Last fällt,

außer Ansatz bleibe.

ist der Zweck der gesetzlichen Vorschrift.

Solchen irrigen Ansichten vorzubeugen,

Jede vertragsmäßige Uebereinkunft, die darauf ab­

zielt, den Gegenkontrahenten von der Entrichtung des nach dem Gesetz auf ihn entfallenden Stempelantheils

ganz

oder

theilweise

Wirkung.

*60) F.M.Erl. 15. 6. 87 III. 6238. *61) F.M.Erl. 2. 5. 92 III. 4290. *62) F.M.Erl. 12. 8. 90 III. 8753.

zu befreien,

ist dem

Steuerfiskus

gegenüber

ohne

94

I. Abschnitt: Von der Pflicht zur Entrichtung der «Stempelsteuer.

Z« Absatz 6.

Zweiseitige Verträge

qq

oo* Von der Anordnung, daß bei Verträgen zwischen sieulpelfreien und stempelPersonen stets die Hälfte des Stempels gezahlt werden muß, ist in der Praxis

stÄlfteien

und slempel- mitunter abgewichen, indem von der Erhebung eines Stempels gänzlich abgesehen worden Mchttgen

iff, wenn die Verträge überwiegend im öffentlichen Interesse errichtet worden sind.

So ist

Auflassungen. ein Stempel nicht erfordert worden zu Verträgen der Postverwaltung mit Privatpersonen über den Debit von Postwerthzeichen,*63) der Telegraphenbehörden mit Gemeinden über die

Benutzung der Gemeindestraßen behufs Herstellung einer telegraphischen Verbindung zwischen zwei

Ortschaften,*64)

der

Telegraphenbehörden

mit Ortsbehörden

über die

unentgeltliche

Erlaubniß der Aufstellung von Telegraphenstangen,*65) der Militärverwaltung mit patriotischen Comites über die Verpflegung Kranker und Verwundeter *66) it. s. w.

Die.Zubilligung

gänzlicher Stempelfreiheit in den angeführten Fällen erscheint nicht gerechtfertigt, da gesetzlich

der Nnlstand, daß es sich bei einem Vertragsabschluß überwiegend um ein öffentliches Interesse handelt, keinen Grund für die Stempelfreiheit abgicbt. Weigert sich die Privat­

person zur Stempelzahluug, so wird, um das Zustandekommen des Geschäfts nicht zu ver­ hindern, nur erübrigen, daß diejenige Behörde, in deren Interesse die Vertragscrrichtung erfolgt, den gesetzlichen Stempel aus ihren Fonds entnimmt.

34.

Unter den im Abs. 6 des § 5 gemeinten, „zweiseitigen" Verträgen sind nur solche zu verstehen, bei denen das Gesetz beide Vertragstheilnehmer solidarisch zur Zahlung des

gesetzlichen Stempels verpflichtet, also die in Anin. 7 zu § 12 aufgeführten Verträge, nicht aber die

int Sinne des Stst.G. als einseitige aufzufassenden Verträge, welche in der Anm. 5 Abs. 3 zu § 12 bezeichnet sind (vergl. auch Anm. 2 B jii § 1). Ob Verträge der letzteren Art in einer einseitig

nur durch den Verpflichteten ausgestellten Urkunde verbrieft sind, oder ob Derjenige, zu dessen

Gunsten der Vertrag lautet, die Urkunde mitvollzogcn hat, macht stempelrcchtlich keinen Unter­ schied,

denn in dem einen wie den: anderen Falle ist ein Stempel nicht zu erheben, falls

der, von den: die an sich stempelpflichtige Erklärung ausgcht, zu den subjektiv befreiten Per­ sonen gehört. Umgekehrt ist von einer einseitigen Willenserklärung, die von einer steuer­

pflichtigen Person innerhalb eines mit einer steuerfreien Person Mk. 4. Formulare zu Befähigung^- und Prüfungszeugnissen fürSeeschiffer rc.

Die Formulare zu Befähigungszeugnissen sind auf farbigen Blättern in der Größe von 21: 33 cm und diejenigen zu Prüfungszeugnissen auf weißem Papier zur Bogen­ größe von 33 : 42 cm hergestellt. Sie enthalten den vorgeschriebenen Textaufdruck (s. Ziffer 53 der Dienstv.) und den unter 1 beschriebenen Werthstenlpelaufdruck zu den Steuerbeträgen von Vh Mk.

1). Stempeldruckbogen zu Genehmigungen der Veranstaltung von Lustbarkeiten. Zu diesen Bogen wird weißes Stempelpapier in der Größe von 26 Vz: 42 cm ver­ wendet, welches zu in Zeichen der Echtheit mit einem bestimmten Wasserzeichen versehen ist.

Dieses zeigt zwischen Wellenlinien die Firma:

— STEM PEL — MAGAZI N X HAU PT — ST E M PEL — MA GAZ I N X H

Jeder Bogen hat den Vordruck:

„Genehmisinng zur Veranstaltung einer Lustbarkeit" und enthält 12 Ouerlinien für die handschriftlichen Eintragungen

und in der linken

Ecke den unter C 1 beschriebenen Werthstempelaufdruck zu den Steuerbeträgen von

oberen Mk.

bezw. Vh Mk.

4.

Der § 14 führt sechs verschiedene Arten der Erfüllung der Stempelpflicht auf; Die einzelnen in Wirklichkeit bestehen jedoch nur vier verschiedene Arten, nämlich der Gebrauch gestempelten

Papiers bestehend aus Stempelbogen,

Stempeldruckformularen und Stempeldruckbogen zu

Lustbarkeitsgenehmigungen (Buchst, a und c des § 14 und Anm. 3 A, C und D), die Ver­ wendung von Stempelmarken (Buchst, b, c und d des tz 14 und Anm. 36), die Baarzahlung

der Stempelabgabe als Gerichtskosten (Buchst, e des § 14 und Anm. 17) und die Zahlung jährlicher Abfindungssummen (Abs. 2 des § 14 und Anm. 23 bis 26).

Ob die Steuerpflichtigen sich zur Versteuerung der Urkunden des Stempelpapiers oder der Stempelmarken bedienen wollen, hängt von ihrem Belieben ab;

jedoch besteht die Ein­

schränkung, daß zu gewissen von Behörden auszustellenden Schriftstücken ausschließlich abge­ stempelte Formulare und Bogen verwendet werden müssen (Ziff. 14 C 1 der Ausf. Bek.). Ferner ist zu Urkunden, welche eines Stempels von rnehr als 300 Mk. bedürfen, Stempel­ papier zu verwenden,

insoweit der Betrag

durch

100 theilbar ist,

während für den über­

schießenden Betrag Marken verwendet werden können (Ziff. 15 A II der Ausf.-Bek.).

Diese

Anordnung ist im steuerlichen Interesse getroffen, weil der Gebrauch des Stenrpelpapiers größeren Schutz gegen fälschliche Anfertigungen, Verfälschungen und Wiederverwendungen bereits einmal

verwendeter Stempelmaterialien gewährt, als die Verwendung von Marken. Nach den früheren

Bestimmungen ging die Grenze, bis zu welcher Marken verwendet werden durften, nur bis zu 150 Mk.

Ist die Entwerthung von Stempelmarken ohne amtliche Ueberwachung gestattet, so ist

es in die Wahl des Steuerpflichtigen gestellt,

ob und inwieweit er von dieser Erlaubniß Ge­

brauch machen will, da er nach dem Gesetz und den Vollzugsbestinnnungen (Ziff. 15 B der Ausf.Bek.) zur Selbstentwerthung befugt, aber nicht verpflichtet ist.

196

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung. Eine weitere Einschränkung erfährt der Gebrauch des Stempelpapiers und der Stempel-

marken dadurch, daß eine Verwendung dieser Materialien dann nicht stattfinden darf, nach den Vorschriften der §§ 2 und 101 D.G.Kost.G.

wenn

(vergl. Anm. 15 Nr. 18 zu § 4) und

der §§ 29 u. 30 Pr.G.Kost.G. (vergl. Anm. 17 zu diesem Paragraphen) für gerichtliche Urkunden der Stempel nach den für Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften einzuziehen ist

Die einzelnen

Fälle enthält der § 1 der Allg. Verf. betr. das gerichtl. Stempelwesen v. 26. 2. 96. In den

im § 2 dieser Verfügung zu a bis d angeführten

Fällen (§ 31 Pr.G Kost.G., vergl.

die

Anm. 17 zu diesem Paragraphen), in denen gewisse außergerichtliche Urkunden bei Gericht

eingereicht werden, können die Steuerpflichtigen die Stempel in Natur, also in Papier­ oder Marken, durch die Steuerbehörden verwenden lassen. Machen sie hiervon keinen

Gebrauch und reichen sie die Urkunde unversteuert bei Gericht ein, wie

bei den gerichtlichen Urkunden,

so ist der Stempel ebenso

als Gerichtsgebühr zu vereinnahmen, einerlei,

ob die

gesetzlichen Stempellösungsfristen bei der Einreichung bereits abgelaufen waren oder nicht. In

den Fällen des Buchst, e der vorgedachten Verfügung ist der Stempel stets bei den Gerichts­ kosten zu vereinnahmen und die Verwendung des Naturalstempels nicht zulässig.

Dies gilt

auch für diejenigen Verträge, die einer gerichtlichen Genehmigung

diese aber

nicht bedürfen,

thatsächlich erhalten haben.* 2) Aus Rücksichten des Etatsinteresses müssen irrthümlich mit den Gerichtskosten vereinnahmte Stempelbeträge aus den Einnahmen an Gerichtskosten erstattet und bei der Stempelsteuer wieder vereinnahmt werden.*3) lUngekehrt sind irrthümlich in Natur vereinnahmte

Stempel als solche nach Ziff. 17 der Dienstvorschriften zu erstatten und den Gerichtsgebühren zuzuführcn. Die Zulassung zur Versteuerung durch Zahlung jährlicher Abfindungssununcn schließt

jede andere Erfüllungsart der Stempelpflicht aus.

^bogen"

5*

Die früher nach § 12 des Stst.G. v. 7. 3. 22 als Regel vorgeschriebene,

cin-

(Duchst^tt.c). fachste Art der Stempelverwendung ist die des Niederschreibens der stempelpflichtigcn Er­ klärung auf gestempeltes Papier, welche den Steuerpflichtigen den Vortheil bietet, die Ver­

steuerung ohne Mitwirkung der Steuerbehörden vornehmen zu können, da es einer besonderen Entwerthung der Bogen, die sich durch ihr Beschreiben vollzieht, nicht bedarf.

Die nachstehend

abgedruckte Ziffer 15 A I der Ausf.Bek. trifft daher nur Bestinunungen hinsichtlich der Ent­ werthung derjenigen Bogen, auf welchen eine Niederschrift nicht stattgefunden hat und die der Erklärung umzuschlagen sind.

Ziffer 15. Für die Entwerthung der Stempelbogen und Stempelmarken kommen A. I. folgende Bestimmungen zur Anwendung:

A. Entwerthung von Stempelbogen und Stempelmarken durch Steuerbehörden und Stempelvertheiler sowie andere Behörden und Beamte einschliesslich der Notare und Schieds­ männer. I. Stempelbogen. Soweit die stempelpflichtigen Erklärungen auf ganzen Bogen nieder­ geschrieben werden, bedarf es einer Entwerthung dieser Bogen nicht. Insoweit eine solche Niederschrift nicht stattgefunden hat, sind die zur Darstellung des gesetz­ lichen Betrages des Stempels erforderlichen Stempelbogen umzuschlagen und einzeln zu entwerthen d. h. mit einem Vermerk zu versehen, welcher die Be­ zeichnung des beurkundeten Geschäfts, das Datum der Urkunde, den Werth des Gegenstandes sowie die Namen der Urkundenaussteller enthalten muss, z. B.

2) Befehl,

d. K.G. 4. 1. 94 F.M. III. 3856. 3) Allg. F.M.Erl. 28. 1. 80 III. 1051 u. 8. 7. 80 III. 4450, Cbl. S. 149 u. 490.

197

§ 14. Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

Entwerthet zu dem am 1. April 1896 zwischen dem

zu und dem

ebendaselbst

geschlossenen Kaufverträge über das Grundstück

Berlin den zehnten April eintausendachthundert und sechsundneunzig. Amtsstelle.

Unterschrift,

Amtsstempel.

oder:

Entwerthet zu der von dem am 1. April 1896

zu ausgestellten Schuldurkunde über ein von dem

erhaltenes Darlehn von

zu

Mark. Berlin u. s. w. wie vorstehend.

Das Umschlagen der Stempelbogen ist in der Weise zu bewirken, dass jeder der­ selben mit der Verhandlung durch Zusammenheften und Einsiegeln der Fadenenden (welches jedoch nicht vermittelst gummirter Siegelmarken geschehen darf) ver­ bunden wird. Derart umgeschlagene Stempelbogen stehen dem im § 14 Buchst, a des Gesetzes erwähnten gestempelten Papier gleich, auf welches die stempel­ pflichtige Erklärung unmittelbar niedergeschrieben wird. Soweit zu stempelpflichtigen Verhandlungen der Schiedsmänner der Stempel von den Parteien in Form von Stempelbogen beigebracht ist, hat der auf jeden einzelnen Bogen zu setzende Vermerk etwa wie folgt zu lauten:

Entwerthet zu dem am 1. April 1896 zwischen dem

zu und dem

zu

Seite 80 Nummer 61 des Protokollbuches geschlossenen Vergleiche.

Berlin u. s. w. wie oben.

198

II- Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

Die entwerteten Stempelbogen sind von den Schiedsmännern zu besonderen Belagsakten zu nehmen. In den Fällen, in denen von dem Steuerpflichtigen die Urkunde nicht vorgelegt werden kann, ist nach der Vorschrift des vorletzten Absatzes der Nummer II 1 dieser Ziffer zu verfahren. Das beim Umschlagen von Stempelbogen

vorgeschriebene Einsiegeln der Fadenenden

wird, soweit Stempelvertheiler in Betracht kommen, durch Aufkleben von Oblaten und eines mit

dem

Abdruck

vorgenommen,

wie

des es

Schwarzstempels

von

den

zu

versehenden

Stück

Papiers

in

der

Weise

gerichtlichen Behörden bei der Besiegelung von Urkunden

geschieht.*!) Wenn Urkunden, die einen Stempel von mehr als 1000 Mk. erfordern, einem Hauptsteuer- oder Hauptzollamte zur Versteuerung vorgelegt werden, so ist der Stempel stets durch Aus­

fertigung eines Stempelbogens über den fälligen Betrag darzustellen (vergl. Ziffer 14 A Abs. 2 der Ausf.Bek. unter Anm.2 zu diesem Paragraphen). Ebenso ist in der Regel auch daun zu verfahreu, wenn die Vorlegung der Urkunde bei einem Untersteueramt erfolgt ist oder wenn eine sonstige Amtsstelle für die Verwendung des Stempels zu sorgen hat.

Machen indessen besondere Um-

stände eine sofortige Entwerthung des Stempels nothwendig,

so kann diese

seitens des

Untersteueramtes oder der sonst verpflichteten Amtsstelle ausnahmsweise auch unter Verwendung

des erforderlichen Betrages in Stempelbogen von 1000 Mk. und weniger sowie in ergänzenden Stempelmarken bewirkt werden. Zum bloßen Verkauf von Stempelmaterialien, auch wenn deren Gesammtbetrag 1000 Mk. im Einzelfalle übersteigt, sind die Steuerstellen mit Auonahme der Sternpelvertheiler immer befugt (vergl. Ziff. 10 Abs. 1 der Ausf.Bek. unter Anm.2 zu diesem Paragraphen) *5). Behörden und Beamte haben daher zu den mehr als 1000 Mk.

Stempel erfordernden Urkunden die Versteuerung regelmäßig — die Hauptämter jedoch immer — durch Verwendung von über den fälligen Betrag ausgefertigten Stempelbogen vorzunehmen

und dürfen sie nur in Ausnahmefällen durch Verwendung von Stempelbogen von 1000 Mk. und weniger sowie von ergänzenden Stempelmarken bewirken. Stempel» druckformulare (Blichst. a).

6. Die Versteuerung gewisser, nur von Behörden auszustellender Urkunden, nämlich

der

Gewerbelegitimationskarten,

Pässe,

Paßkarten

und

Befähigungs-

und

Prüfungszeugnisse für Seeschiffer, Seesteuerleute und Maschinisten auf See­

dampfschiffen (vergl. Ziff. 14C Abs. 1 der Ausf.Bek. unter Anm.2 zu diesem Paragraphen) muß ausschließlich durch Verwendung abgestempelter Formulare erfolgen.

Diese Anordnung

ist nothwendig geworden, weil für die vorgedachten Urkundengattungen der Formularzwang

durch bestehende Verwaltungsvorschriften allgemein eingeführt ist (vergl. Ziff. 43, 51 und 53

der Dienstv.). Für Pässe sowie für Befähigungs- und Prüfungszeugnisse für Seeschiffer 2C.

waren

schon nach den früheren Bestimmungen abgestempelte Formulare derselben Art, wie sie jetzt in Gebrauch sind, vorgeschrieben.

Die abgestempelten Formulare zu Gewerbelegitimations­

karten und Paßkarten sind in derselben Weise, wie dies durch die Verfügungen v. 21. 8. 41 und 19. 6. 68 (M.Bl. S. 224 u. 217) bisher schon für Reisepässe angeordnet war, von den

zur Ausfertigung der Karten befugten Behörden gegen Empfangsbescheinigung (vergl. Ziff. 14 C 1 Abs. 4 der Ausf.Bek. unter Anm. 2 zu diesem Paragraphen) bei den betreffenden Amtsstellen

der Steuerverwaltung anzukaufen.

Da

sich die Fonnulare für die Paßkarten und zürn Theil auch für die Gewerbe-

legitimationskarten alljährlich ändern, so ist

es nicht zu umgehen, daß bei einzelnen Aus-

fertigungsbehörden ein Theil der für das Kalenderjahr angekauften Fonnulare am Schluffe des Jahres im Bestand verbleibt. Um ein weitläufiges Erstattungsverfahren in solchen Fällen

*4) F.M.Erl. 1. 4. 96 III. 4157. *5) Allg. F.M.Erl. 9. 9. 96 III. 12674.

§ 14. Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

199

zu vermeiden, haben die Steuerstellen die unverwendet gebliebenen Formulare am Schluffe des Kalenderjahres bis spätestens zum 20. Januar des darauf folgenden Jahres gegen neue Stempel-

druckformulare derselben Gattung uinzutauschen.

Der Umtausch vollzieht sich in der Weise,

daß die znrückgegebenen Formulare nach Prüfung ihrer Echtheit und Unversehrtheit unter un­ entgeltlicher Aushändigung

entsprechender

neuer Formulare ohne Buchung wieder zu den

Materialienbestäudeu des Amtes genommen werden.

Die bei den Amtsstellen der Steuer­

verwaltung am Schlüsse jedes Kalenderjahres verbleibenden Bestände an alten Stempeldruck­

formularen sind von den Unterämtern bis zum 1. Februar des darauf folgenden Jahres an das Hauptamt abzuführen und von diesem bis zum 20. Februar an den Provinzial-Steuerdirektor zur

Vernichtung einzusenden. Die Vernichtung ist in der unter Ziff. 16 der Dienstv. vorgeschriebenen

Weise zu bewirken.

Auf Grund der Vernichtungsbescheinigung ist dem Hauptamte Anweisung

zur Verausgabung der vernichteten Formulare zu ertheilen. und unansgefüllte Formulare beschränkt.

Der Umtausch ist auf unversehrte

Für Formulare, welche bei der Ausfertigung verdorben

oder sonst unbrauchbar geworden sind, ist der Antrag auf Erstattung deS Stempelwerthes auch

ferner in der für solche Erstattungen allgemein vorgeschriebenen Weise (Ziff. 17 der Ausf.Bek.) bei deni Hauptamte deS Bezirks anzumelden.*6)

7*

Im Einverständniß mit dem zuständigen Ressortminister, dem Minister des Jnnern (siehe die Einleitung zur Ausf. Bek.), ist durch die Ziff. 14 C 1 Abs. 2 und 3 der

Stempel-

AuSf.Bek. vorgeschrieben, daß Genehmigungen zur Veranstaltung von Lustbarkeiten (Tarifstelle 39) nur auf ab gestempelten Bogen ertheilt werden dürfen (vergl. auch Ziff. 45 der Dienstv.). Die Bestimmung stellt sich nicht blos als eine Anordnung im Sinne deS § 32 des Stst.G., sondern zugleich als eine aus Rücksichten des allgemeinen Verwaltungsinteresses gebotene Maßnahme dar, da die Aufrechterhaltung der polizeilichen Ordnung bei Ausstellung der fraglichen

Genehmigungen die Wahrung der schriftlichen Form erheischt. Auch bei der Berathung des Ges.

in der Kom. deS Abg. H. war man darüber einig, daß es im Interesse der polizeilichen Disziplin liege, die- Schriftlichkeit der Genehrnigung vorzuschreiben und daß nicht unterschriebene Ge­

nehmigungen als Genehmigungen überhaupt nicht anzusehen wären, so daß in solchen Fällen das Recht und die Pflicht der Polizei vorhanden sei, die Abhaltung der Lustbarkeit zu ver­

hindern.*?) In der Ziffer 14 C Nr. 1 Abs. 4 der Ausf.Bek. ist vorgeschricben, daß die zur amtlichen

Ausfertigung der Genehmigungen befugten Behörden über die Entnahme der Forrnulare und Bogen Empfangsbescheinigungen zu ertheilen haben. Diese Empfangsbescheinigungen haben nicht den

Eharakter von

Kassenquittungen,

sondern sollen nur dem

Zwecke

dienen,

zur

Ver­

hütung von Mißbräuchen zu verhindern, daß unausgefüllte Stempeldruckbogen in die Hände von Unbefugten kommen.

Für diese Empfangsbescheinigungen ist daher überall eine bestimmte

Form, wie sie z. B. für Kassenquittungen vorgeschrieben ist, nicht zu fordern, vielmehr genügt

jedes in beliebiger Form ausgestellte Schriftstück, aus welchem sich ergiebt, daß der Empfänger der Stempeldruckbogen eine zur amtlichen Ausfertigung der Bogen befugte Behörde oder Amtsperson ist.

Die betheiligten Amtsstellen sind dem entsprechend durch den allg. F.M.Erl.

v. 2. 3. 97 III. 2682 mit Anweisung versehen und darauf hingewiesen, daß es dem steuerlichen Interesse entspricht, wenn bei dem Verkaufe der Sternpeldruckbogen an die Ortspolizeibehörden

Weiterungen thunlichst verrnieden werden.

8.

Jin Interesse der Geschäftserleichterung ist durch die Ziff. 14 C 2 der Auöf. Bek. Abstempelung (siehe unter Anm. 2 dieses Paragraphen) Behörden, Gewerkschaften, Versicherungsgesellschaften Formbaren

und ähnlichen Privatlinternehmungen auf Antrag die Abstempelung von Formularen oder beoder / beschriebenen

♦6) All«. (Sri. bet Mitt, bet gilt., bcS Hanbels unb beö Innern 29. 5. 96 F.M. II s. 6627, °us M. f. H. tt. G. C 4757, M. b. I. II. 7648. (Buchst. ->. *7) Kom.Ber. S. 61 u. 62.

200

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

schriebenen Bogen gestattet worden.

Die Erlaubniß kann auch für andere als die in der vor­

gedachten Ausführungsbestimmung aufgeführten Urkundengattungen ertheilt werden, sofern ein Bedürfniß hierzu vorhanden

ist und die Einrichtungen der Bücher und Register der Steuer­

behörden nicht entgegenstehen.

Anträge auf Abstempelung von Versicherungspolicen sollen bis auf Weiteres abgelehnt werden, sofern die Abstempelung nicht etwa zu den für die Stempelbogen vorgeschriebenen Preissätzen verlangt wird, weil sich ein ausreichendes Bedürfniß zu einer weitergehenden Ab­

stempelung bisher noch nicht geltend gemacht hat, auch die Buchung und Verrechnung der Formulare bei den Hauptämtern mit Schwierigkeiten verbunden sein würde, da in den Büchern

und Registern besondere Spalten für Werthstenlpel von 10 und 20 Pf. nicht vorgesehen sind.*8) m^rken'und

Das Stempelgesetz vom Jahre 1822 (§§ 12 und 35) kannte nur den Gebrauch

deren Ent-

gestempelten Papiers; erst durch das Gesetz v. 2. 9. 62 (G.S. S. 295) ist die Anfertigung und der Verkauf von Stempelmarken angeordnet. Zur Ausführung dieses Gesetzes wurden die

"durch"^ Behörden

(unb}d)C

Bestimmungen des Finanzministers v. 14.2.65 (Ebl. S. 30) über die Verwendung von Stempelwarten erlassen. Ein späteres Gesetz v. 18. 2. 77 (G.S. S. 11) ermächtigte den Finanzminister,

darüber Bestimmungen zu treffen, zu welchen Beträgen und in welchen Sorten die zur Ent­ richtung der Stempelsteuer erforderlichen Stempelmaterialien anzufertigen und zum Verkauf zu

stellen sind. Durch Bekanntmachung des Finanzministers v. 10. 3. 77 (Ebl. S. 69) ist für Stempelpapier und Stempelmarken die Anfertigung in denjenigen Sorten vorgeschrieben

worden, wie sie bis zum 1. April 1896 in Gebrauch gewesen sind. Die Vollzugsbestimmungen des jetzigen Gesetzes treffen über die Entwerthung der Stempelmarken durch Behörden in der unten abgedruckten Ziff. 15 A H die erforderlichen

Anordnungen, die sich zu sehr eingehenden gestaltet haben, weil einerseits die Verschiedenartig­ keit des Geschäftsverkehrs und der geschäftlichen Einrichtungen der einzelnen Behörden und

Beamten, denen die Entwerthung obliegt, eine Verschiedenheit der Entwcrthungsarten bedingt,

andererseits aber der Zweck augestrebt ist, Marken thunlichst vorzubeugen.

einer nochmaligen Verwendung bereits gebrauchter

Derartige Mißbräuche sind für die Folge um so mehr zu

besorgen, als die Preisgrenze der zum Verkauf gestellten Marken von 30 auf 100 Mk. hinaus­

geschoben und an Stelle der bisher zulässigen Gebrauchsgrenze der Stempelmarken für die einzelne Urkunde von 150 Mk. eine solche von 300 Mk. getreten ist.

A. II. Stempelmarken. Ziffer 15. Der Gebrauch von Stempelmarken ist auf Urkunden, welche einem Stempel A. II. 1. von nicht mehr als 300 Mk. unterliegen, beschränkt. Zu Urkunden, welche eines höheren Stempels bedürfen, muss, insoweit der Betrag durch 100 theilbar ist, Stempelpapier verwendet werden, während für den überschiessenden Betrag Marken in möglichst geringer Zahl entwertliet werden können. Die Marken sind links auf der ersten Seite und, wenn diese nicht den genügenden Raum gewährt, auf den nächstfolgenden Seiten der Urkunde fest und sorgfältig aufzukleben. Marken, durch deren Verwendung der Werth eines Stempelbogens auf den erforderlichen Betrag ergänzt werden soll, sind in derselben Art auf der ersten Seite des Bogens und erforderlichen Falles auf den nächstfolgenden Seiten auf­ zukleben. Die auf die Marken zu setzenden Entwerthungsvermerke (vergl. No. 2 b, No. 3 und No. 4 unten) müssen in allen Fällen mit haltbarer Dinte in deutlichen Schriftzeichen (Buchstaben und Ziffern) ohne jede Rasur, Durchstreichung oder Ueberschrift geschrieben sein; insbesondere muss der Name deutlich und lesbar sein. Hinsichtlich der Entwerthung von Stempelmarken seitens der einzelnen Behörden und Beamten ist Folgendes zu beachten: *8) Allg. F.M.Erl. 22. 4. 96 III. 5342.

§ 14. Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

201

1. Entwertung durch Steuerbehörden und Stempelvertheiler. Das Aufkleben der Marken muss derart erfolgen, dass dieselben ohne Zwischen­ raum neben oder unter einander zu stehen kommen. Jede einzelne Marke ist mit mehrmaligen Abdrücken des amtlichen Schwarzstempels zu versehen, dergestalt, dass diese Abdrücke nicht nur jede Marke bedecken, sondern auch auf dem die einzelnen Marken von allen Seiten umgebenden Papier zu stehen kommen. Zur Veranschaulichung dient der nachstehende Abdruck:

Die aufgedruckten Stempel müssen auf jeder einzelnen Marke völlig deutlich und erkennbar sein und insbesondere die Bezeichnung und den Ort der Amtsstelle klar ersehen lassen. Ausserdem ist auf jeder Urkunde unter Angabe der Amtsstelle, mit Amts­ stempel, Datum (in Worten und beziehungsweise Ziffern) und Unterschrift zu vermerken, welcher Stempelbetrag im Ganzen und welcher davon in Stempelpapier und in Marken entwTerthet worden ist. Wenn z. B. Marken zum Werthe von 55 Mk. 50 Pf. auf einen Kaufvertrag geklebt und entwerthet sind, muss der Vermerk lauten: 55 Mk. 50 Pf. in Marken entwerthet. Berlin, den 1. April 1896. Amtsstelle. Amtsstempel. Unterschrift. Wenn 55 Mk. 50 Pf. in einem umgeschlagenen Stempelbogen von 50 Mk., einer Marke von 5 Mk. und einer Marke von 50 Pf. verbraucht sind, hat der auf die Urkunde zu setzende Vermerk zu lauten:

202

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempclpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

55 Mk. 50 Pf. und zwar 50 Mk. in Papier und 5 Mk. 50 Pf. in Marken entwerthet. Berlin u. s. w. wie oben. Werden Marken aufgeklebt, um den Werth eines Stempelbogens, auf welchem die Urkunde niedergeschrieben ist oder niedergeschrieben werden soll, auf den er­ forderlichen Betrag zu ergänzen, z. B. um den Werth eines Stempelbogens zu 50 Mk durch Aufkleben einer Marke zu 5 Mk. auf 55 Mk. zu erhöhen, so würde der Vermerk lauten: Zur Ergänzung auf 55 Mk. eine Marke zu 5 Mk. entwerthet Berlin u. s. w. wie oben.

Die Versteuerung der Nebenausfertigungen erfolgt in der Weise, dass nach Entwerthung der Stempelmarke auf der Nebenausfertigung auf letzterer vermerkt wird, welcher Stempel zur Nebenausfertigung und welcher Betrag zur Haupt­ ausfertigung entwerthet ist z. B. Zur Nebenausfertigung 1,50 Mk. entwerthet. Zur Ilauptausfertigung 105 Mk. (in Worten) verwendet. Berlin, den 1. April 1896. Amtsstelle. Amtsstempel. Unterschrift. Kann die stcmpelpflichtige Urkunde nicht vorgelegt werden, so ist von den Steuerpflichtigen die Einreichung der den wesentlichen Inhalt der Urkunde ent­ haltenden Anzeige zu erfordern oder auf Verlangen dieser Inhalt sogleich zu Protokoll zu nehmen und zu der Anzeige bezw. zu einer von dem Protokoll zu fertigenden beglaubigten Abschrift die Entwerthung des Stempels in der vor­ geschriebenen Art zu bewirken. Findet sich die stempelpflichtige Urkunde später wieder vor und wird sie der Steuerbehörde eingereicht, so ist, sobald die Ueber­ einstimmung des Inhalts derselben mit demjenigen der Anzeige oder des Protokolls festgestellt ist, auf der Urkunde die früher stattgefundene Stempelverwendung unter Angabe des Betrages zu vermerken. Es ist den Steuerstellen untersagt, von Privatpersonen etwa bereits auf­ geklebte Marken abzustempeln, wenn dieselben mit irgend welchen Vermerken versehen sind. Sind die Marken dagegen unversehrt und erregt ihre Beschaffen­ heit nicht den Verdacht, dass sie bereits auf einem anderen Schriftstück auf­ geklebt gewesen seien, so haben die Steuerstellen die Verpflichtung, dergleichen Marken zu entwerthen. Den Steuerbehörden und Stempelvertheilern ist die genaueste und sorgfältigste Be­

achtung der über die Entwerthung der Steinpelmarken erlassenen Ausführungsbestinnnungen durch den nachstehenden an die Provinzial-Steuerdirektoren gerichteten Erlaß von: 9. März 1897 III. 1079 in Erinnerung gebracht: In der Ziffer 15 A. I I. Nr. 1 der Bekanntmachung vom 13. Februar 1896, betreffend die Ausführung des Stcmpelsteuergesetzes (S. 82 und 83 der amtl. Ausgabe) ist hin­ sichtlich der Entwerthung der Stempelmarken durch Steuerbehörden und Stempel vertheiler vorgeschrieben, daß jede einzelne Marke mit mehrmaligen Abdrücken des amtlichen Schwarzstempels zu versehen ist, dergestalt, daß diese Abdrücke nicht nur jede Marke bedecken, sondern auch auf beut die einzelnen Marken von allen Seiten um­ gebenden Papier zu stehen kommen. Wie die dabei mitgetheilte Figur veranschaulicht, soll jede Marke nicht blos auf einzelnen Theilen und an den Rändern, sondern überall mit den Abdrücken versehen werden. Ferner müssen die aufgedruckten Stempel auf jeder einzelnen Marke völlig deutlich und erkennbar sein und insbesondere die Bezeichnung und den Ort der Amtsstelle klar ersehen lassen. Diese Vorschriften verfolgen den Zweck, eine so vollstättdige Entwerthung der Marken herbcizuführen, daß eine Wiederverwendung bereits einmal gebrauchter Stempel-

§ 14. Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

203

Werthzeichen thunlichst verhindert wird. Solche mißbräuchlichen Verwendungen sind für die Folge um so mehr zu besorgen, als die Werthgrenze der zum Verkauf gestellten Marken von 30 Mk. auf 100 Mk. erweitert ist und für die einzelnen Urkunden nicht mehr wie früher Steurpelmarken nur bis zu 130 Mk. sondern bis zu 300 Mk. ver­ braucht werden dürfen. Nach den hier gemachten Beobachtungen finden die gegebenen Bestimmungen eine durchaus ungenügende Beachtung; die Entwerthung ist in der Regel eine so mangel­ hafte und wenig sorgfältige, daß Versuchen, bereits verbrauchte Stempelmarken noch einmal zu benutzen und in Folge dessen Schädigungen der Staatskasse die Wege geebnet werden. Die Stempelabdrücke werden häufig — anscheinend in der Absicht, den Betrag, über welchen die Marken lauten, nicht zu verdecken — nur auf den oberen und unteren Theil der Marken gesetzt und so schwach und undeutlich anfgetragen, daß sie nut Leichtig­ keit wieder zu entfernen sind. Derartige meist unlesbare Abdrücke lassen erkennen, daß die durch die allgemeine Verfügung vom 23. Februar 1893 III. 1688 mitgetheilte An­ weisung für den OZebrauch und die Behandlung der Handstempel ans Stahl nicht befolgt wird. Sie wollen deshalb den Steuerbehörden und Stempelvertheilern die genaueste und sorgfältigste Beachtung der über die Entwerthung der Stempelmarken erlassenen Be­ stimmungen in Erinnerung bringen und ihnen zur Pflicht machen, daß sie die Stempel­ marken, insbesondere die dunkelfarbigen, auf allen Theilen mit gut gefärbten und sauberen Stempelaufdrücken versehen. Zu diesem Behuf ist es nothwendig, daß neben der amtlich gelieferten Stempelfarbe gut gereinigte Handstempel benutzt und hinreichend elastische Unterlagen verwendet werden. Beamte, welche fortfahren, die bestehenden Bestimmungen unberücksichtigt zu lassen, sind zur Verantwortung und nöthigensalls zur Bestrafung zu ziehen. Auch ist bcn Vorständen der Stempelsteuerämter aufzugeben, ihr besonderes Augenmerk darauf zu richten, ob bei der Entwerthung der Stempelwerth­ zeichen bestimmungsgemäß verfahren wird. Bei ungenügend und vorschriftswidrig entwertheten Marken ist in allen Fällen eine nachträgliche ordnungsmäßige Entwerthung durch diejenigen Beamten, die die erste Llassirung vorgenommen haben, zu veranlassen.

2. Entwerthung durch andere Behörden und Beamte ausschliesslich der Notare und Schiedsmänner. Die vorgedachten Behörden und Beamten können zu allen von ihnen in amtlicher Eigenschaft mit Privatpersonen abgeschlossenen Verträgen, ferner zu allen von ihnen aufgenommenen Verhandlungen oder ertheilten Ausfertigungen u.s.w. sowie zu allen von Privatpersonen auf sie ausgestellten Vollmachten statt des Stempelpapiers Stempelmarken verwenden, jedoch nur unter nachstehenden Be­ dingungen : a. Das Aufkleben der Marken auf die stempelpflichtige Erklärung hat in der Weise zu erfolgen, dass zwischen den nebeneinander befestigten Marken ein geringer Zwischenraum bestehen bleibt, um das Uebergreifen der unter b angeordneten Entwerthungsvermerke auf das Papier zu ge­ statten. b. Die Entwerthung der Marken, und zwar jeder einzelnen, erfolgt bei Be­ hörden und Beamten durch Vermerk des Datums (in Ziffern), an welchem die Marke aufgeklebt ist, der Geschäftsnummer und des Orts, an welchem die Verwendung erfolgt ist und zwar in dem unteren Theile der Marke, dergestalt, dass die Geschäftsnummer und das Datum stets in der Marke selbst einzutragen sind, der übrige Theil des Vermerks aber auf das die Marke seitwärts umgebende Papier hinübergreift. Beamte, welche kein Gescliäftsverzcichniss fuhren, haben statt der Geschäftsnummer ihren ausgeschriebenen Namen in den unteren Theil der Marke zu setzen. Ausserdem haben die Behörden und Beamten die aufgeklebten Marken jedesmal mit einem schwarzen oder farbigen Abdruck ihres Stempels der­ gestalt zu versehen, dass der Abdruck theils auf dem oberen, mit dem Entwerthungsvermerke nicht versehenen Theile der Marke (ohne die

Ziffer 15. a. ii. 4.

204

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

vorgedachten Schriftzeichen zu bedecken), theils auf dem die Marke um­ gebenden Papiere zu stehen kommt.

Zur Veranschaulichung dienen nachstehende Abdrücke:

Beamte, welche keinen amtlichen Stempel führen, haben statt eines Stempelabdrucks die Amtsstelle auf dem oberen Theile der Marke und unter Mitbenutzung des die Marke umgebenden Papiers deutlich zu be­ zeichnen und mit Namensunterschrift zu versehen. c. Hinsichtlich der Versteuerung der Nebenausfertigungen finden die oben unter A II1 Abs. 3 für Steuerbehörden und Stempelvertheiler gegebenen Vorschriften entsprechende Anwendung.

3. Entwerthung durch Notare. Die Entwerthung von Stempelmarken ist in derselben Weise vorzunehmen, wie sie für Beamte, welche einen amtlichen Stempel, aber kein Geschäftsverzeichniss führen, unter A II 2 vorgeschrieben ist, jedoch mit der Abweichung, dass auch die Nummer des Notariatsregisters (Repertoriums) in der Marke einzutragen ist. Nachstehender Abdruck veranschaulicht den Entwerthungsvermerk:

Notare haben zu den von ihnen aufgenommenen Verhandlungen einschliess­ lich der vor ihnen dem Inhalt nach anerkannten und innerhalb der gesetzlichen Stempelverwendungsfristen eingereichten Verhandlungen, ferner zu denjenigen Urkunden, bei denen sie den Entwurf anfertigen und nach Vollziehung durch die

§ 14. Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

205

Betheiligten die Unterschriften oder Handzeichen beglaubigen, sowie zu allen von ihnen ertheilten Ausfertigungen, Abschriften, Bescheinigungen u. s. w. das er­ forderliche Stempelmaterial zu verwenden. Ausserdem sind die Notare befugt zur Verwendung von Stempeln zu allen auf sie ausgestellten Vollmachten sowie zu Privaturkunden, zu welchen sie die Entwürfe nicht angefertigt, die sie aber hinsichtlich der Unterschriften beglaubigt haben. Die Verpflichtung der Parteien, für die gehörige Versteuerung der Ur­ kunden Sorge zu tragen, wird hierdurch nicht berührt, so dass dieselben für die richtige und rechtzeitige Verwendung des gesetzlichen Stempels persönlich ver­ haftet bleiben. Die Verwendung des Stempels erfolgt bei Notariatsverhandlungen zur Ur­ schrift, bei unterschriftlich beglaubigten Urkunden, deren Entwürfe von den Notaren angefertigt sind, ferner bei Privaturkunden u. s. w. auf den betreffenden Urkunden selbst. Die Verwendung des Stempels ist in Fällen der letzteren Art von den Notaren zu den Akten bezw. zu den nach § 9 Abs. 2 des Gesetzes vom 15. Juli 1890 (G.S. 8. 229) zurückzubehaltenden beglaubigten Abschriften zu vermerken. Auf der ersten Ausfertigung der Notariatsverhandlung ist die Stempel­ freiheit derselben sowie der zur Urschrift verwendete Stempel vom Notar zu be­ scheinigen z. B. Als erste Ausfertigung stempelfrei. Zur Urschrift 500 Mk. (in Worten) verwendet. Berlin, den 1. April 1896. Der Königliche Notar. Stempel. Unterschrift.

Handelt es sich um die Versteuerung von weiteren Ausfertigungen, so entwerthet der Notar den Ausfertigungsstempel und vermerkt auf der Nebenaus­ fertigung den zur Urschrift verwendeten Stempel z. B. Zur Nebenausfertigung 1,50 Mk. entwerthet. Zur Urschrift 500 Mk. (in Worten) verwendet. Berlin u. s. w. wie vorstehend.

4. Entwerthung durch Schiedsmänner. Die Entwerthung der Stempelmarken auf dem Protokoll erfolgt in derselben Weise, wie sie für Beamte, welche einen amtlichen Stempel, aber kein Geschäftsverzeichniss führen, unter A II 2 a und b vorgeschrieben ist. Nachstehender Ab­ druck veranschaulicht die Entwerthung:

1]4- 9^0 csrJLßA'eßst'rt'e.'K'

206

n. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

Die Bestimmung des Abs. 2 § 9,

wonach bei Notariatsverhandlungen der Stempel

nicht mehr wie früher zur Ausfertigung sondern zur Urschrift zu verwenden ist und somit das cntwcrthete Stempelmaterial im dauernden Besitz der Notare verbleibt, legt den Notaren die

besondere Pflicht auf, darauf zu achten, daß nicht von dritten Personen, denen ihre Akten und Register zugänglich sind, schon einmal verwendete Stempelmarken nochmals verwendet werden.

Die Finanzverwaltung hat daher sowohl im eigenen wie im Interesse der Notare besondere Anordnungen getroffen, durch welche solche Mißbräuche nach Möglichkeit erschwert werden sollen. Die Vorstände der Stempelsteuerämter sind in § 4 Abs. 2 ihrer Geschäftsanwcisung (Beilage 2

ZU Ziffer 23 der Dicnstv.) angewiesen, besonders darauf zu

achten, ob derartige Wieder­

verwendungen stattgefunden haben und ferner ist unter Abweichung von den bisherigen Be­

stimmungen unter Ziffer 15 A II. Nr. 3 Abs. 1 der Ausf.Bck. vorgeschrieben, daß die Notare auch die Nummer des Notariatsregisters (Repertorium) in die Marke einzutrageu haben, um

die Marken

zu einem nochmalige« anderweiten Gebrauch thunlichst ungeeignet zu

machen.

Wechselproteste sind ausgenommen, da sie nicht in das allgemeine Notariatsregister, sondern

in ein besonderes Register eingetragen werden, das von Blatt zu Blatt mit fortlaufenden Zahlen versehen ist (Art. 90 der Wechsel-Ord.; § 10 des Not.Ges. vom 15. Juli 1890). Es

wird sich hier empfehlen, daß an Stelle der Notarials-Registernuuuner die Blattzahl des Protestregisters in die Marke eingetragen wird.

Einreichung der stempel­ pflichtigen Urkunden bei Steuerbehör­ den und Stempelvertheilern (Buchst, c).

10.

In denjenigen Fällen, in denen die Versteuerung durch die Steuerbehörden oder Stcmpelvertheiler vorzunehmen ist, hat der Steuerpflichtige die Stempelpflicht erfüllt, sobald er die stempelpflichtige Urkunde der zuständigen Stcuerstelle eingereicht und den erfor­ derlichen Geldbetrag ordnungsmäßig eingezahlt hat, so daß er dafür keine Verantwortung trägt,

lvciui hinterher die Verwendung

des entrichteten

Betrages

in Stempelmarken

unterbleibt.

Wenn die Urkunde vernichtet oder abhanden gekommen ist oder von einem Anderen zurück­ behalten wird oder aus irgend einem sonstigen Grunde sich nicht im Besitz des Steuerpflichtigen

befindet und somit

der Steuerstclle

nicht cingercicht werden kann,

hat das Gesetz,

um

den

häufigen Versuchen der Steuerpflichtigen vorzubeugen, sich einer ihnen lästigen Versteuerung zu entziehen, angeordnet, daß eine den wesentlichen Inhalt der Urkunde enthaltende Anzeige ein-

zurcichen ist.* 9)

Eine solche Anzeige kann auch zu Protokoll erklärt werden.

Die Anzeige ist

aber nur dann für die Versteuerung zu Grunde zu legen, wenn für die Steuerpflichtigen die

Unmöglichkeit zur Einreichung der Urkunde besteht, nicht schon dann, wenn die Einreichung nur mit Schwierigkeiten verbunden ist. Wird die Anzeige von den Betheiligten nicht erstattet,

so liegt dem Steuerfiskus die Beweislast hinsichtlich der Existenz und des Inhalts der Urkunde ob.

Vergl. das Nähere Anm. 14 zu § 3.

Wegen der formellen Befugniß der Steuerstellcn zur Erhebung des Stempels in Fällen

der Vernichtung der Urkunden s. § 23 der Kassen- und Rechnungsvorschriften des Anhanges zu den Dienstv.

11.

Die nach dem Buchst, c zur Entwertung von Stempelzeichen befugten Amts­ stellen sind nur die Hauptsteuer-und Hauptzollämtcr und die diesen Nachgeordneten Neben-Zoll- und Steuerämter (Unterämter) und außerdem die Stempelvertheiler innerhalb der ihnen gestatteten Entwcrthungsgrenzen (Ziff. 10 Abs. 1 der Ausf. Bet. unter

Anm. 2 zu diesem Paragraphen).

Die Entwerthungsbefugniß der letzteren erstreckt sich nach

Abs. 6 der Best, wegen Anstellung von Stempelvertheilern (Beil. 1 zu Ziff. 20 der Dienstv.) bis zum Höchstbetrage von 50 Mk. für den Einzelfall, kann jedoch im Bedürfnißfalle auch für höhere Beträge ertheilt werden.

*9) Bcgr. S. 17 und 18.

Wird bei einem Stempelvertheiler eine Urkunde, welche

§ 14.

Art der Erfüllung der ^tempelpflicht.

207

einen über seine Entwerthungsbefugniß hinausgehenden Stenrpelbetrag erfordert, eingereicht und der Geldbetrag eingezahlt, so ist dadurch die Stempelpflicht nicht als erfüllt zu erachten.

Da­

gegen ist jedes Haupt- oder Unteramt, einerlei, ob die Steuerpflichtigen innerhalb seines Amts­

bezirks ihren Wohnsitz haben oder nicht, zur Entgegennahme der stempelpflichtigen Urkunden

und der Geldbeträge so befugt wie verpflichtet.

Es sann befremdlich erscheinen, weshalb das Gesetz die unter c gemeinten Behörden nicht als „Steuerbehörden" bezeichnet hat.

Die allgemeinere Bezeichnung

„Amtsstellen"

ist

gewählt werden, weil die Stempelvertheiler nach der Organisation der Verwaltung der in­

direkten Steuern zu den Steuerbehörden nicht gezählt werden können und faffung des Gesetzes die uicht zur Ausführung gekonnnene Absicht bestand,

außerdem

bei Ab-

noch andere Be­

hörden als die Steuerbehörden und Stempelvertheiler mit dem Stempeldebit zu betraueu.

12.

Ueber die Pflicht der Steuerbehörden und Stempelvertheiler, die ihnen zur Ver­ steuerung vorgelegten Urkunden hinsichtlich ihrer Stempelpflichtigkeit zu prüfen und über das bei der Besteuerung fremdsprachiger Urkunden

zu beobachtende Verfahren bestimmen die

Ziffern 11 und 12 der Ausr.Bek. wie folgt:

Die Haupt- und Unterämter sowie die Stempelvertheiler haben sich der Ziffer 11. Prüfung der ihnen zur Versteuerung vorgelegten Urkunden hinsichtlich ihrer Stempelpflichtigkeit zu unterziehen und danach den Stempel zu berechnen und zu entwerthen und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Steuerpflichtigen bezw. die die Urkunde Vorlegenden eine Prüfung verlangen oder nicht. Wenn die Prüfung unterbleiben muss, weil der Vorleger der Urkunde die Einsichtnahme nicht ge­ stattet, so ist die Weigerung durch die Worte „Einsicht der Urkunde verweigert“ auf der Urkunde ersichtlich zu machen. Entstehen über die Rechtmässigkeit der Stempelforderung oder die Höhe des Stempels bei der die Entwerthung vor­ nehmenden Steuerstelle Zweifel, so hat sie den nach ihrer Ansicht zum Mindesten er­ forderlichen Stempel zu erheben und zu entwerthen und demnächst die Entscheidung des vorgesetzten Hauptamtes bezw. des zuständigen Stempelsteueramtes darüber einzuholen, ob der berechnete Betrag der richtige oder welcher andere Betrag zu verbrauchen sei. Hat nach dieser Entscheidung eine Ueberhebung von Stempel­ gebühren stattgefunden, so ist die Erstattung des zuviel geforderten Betrages von Amtswegen zu veranlassen, während zu wenig entrichtete Stempel einzu­ ziehen und nachträglich zu entwerthen sind, ohne dass bei inzwischen erfolgter Ueberschreitung der gesetzlichen Stempelverwendungsfristen ein Strafverfahren eingeleitet wird. Werden Urkunden, welche in einer anderen Sprache als der deutschen ab- Ziffer 12. gefasst sind, zur Versteuerung vorgelegt, so ist die Versteuerung durch den­ jenigen Beamten, welcher der betreffenden Sprache mächtig ist, zu bewirken. Ist ein solcher Beamter bei der Steuerbehörde, welche die Verstempelung vorzu­ nehmen hat, nicht vorhanden und entstehen hinsichtlich der Richtigkeit der An­ gaben der Steuerpflichtigen über den Urkundeninhalt Bedenken, so ist die Urkunde oder eine von der Steuerbehörde zu fertigende Abschrift derselben an den Provinzial-Steuerdirektor einzureichen. Letzterer lässt durch einen Beamten seines Verwaltungsbezirks, welcher der Sprache, in welcher die Urkunde abgefasst ist, mächtig ist, eine Ueber Setzung fertigen und auf Grund dieser Uebersetzung den erforderlichen Stempel einziehen. Fehlt es an einem solchen Beamten, so kann die Uebersetzung, sofern es sich um Urkunden handelt, welche im steuerlichen Interesse von Wichtigkeit sind, auch anderweitig auf Kosten der Steuerverwaltung beschafft werden. Die den Steuerbehörden und Stempelvertheilern auferlegte Verpflichtung der Prüfung der stempelpflichtigen Urkunden hat nur die Bedeutung einer Verwaltungsinstruktion und ent-

208

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

hebt die Steuerpflichtigen nicht, wie dies schon nach früheren: Rechte der Fall war* 10), der ihnen gesetzlich obliegenden Verantwortlichkeit für die Entrichtung desjenigen Stempelbetrages,

welcher nach den Vorschriften des Gesetzes erforderlich ist. Wegen der Pflicht der Steuerbehörden und Stempelvertheiter, die zu den ausgefertigten

Schriftstücken verwendeten Stempel auf den Urschriften, Abschriften u. s. w. zu vermerken oder

in den Akten zu bescheinigen und bei Stempelermäßigungen und Stempelbefreiungen

die

Gründe anzugebcn, vergl. Ziff. 7 der Dienstv.

von^Stempel-

Zu den in der Anm. 4 zu § 12 bezeichneten Urkunden (mit Ausnahme der Auf­

marken durch lassungen, Entlastungen aus der väterlichen Gewalt, Zuschlagsbescheide sowie überhaupt

aller

Behörden^als Urkunden, zu denen die Stempel bei den Gerichtskosten zu verrechnen sind), ferner zu allen im

die Steuer- Auftrage oder Nanlells einer unmittelbaren oder mittelbaren Staatsbehörde mit PrivatiwEsondere ^cr^oucn abgeschlossenen Verträgen (§ 19 des Ges.) sind die Stempel von den Behörden oder lttVotarcCre Beamten, welche die Schriftstücke ausgenommen oder ausgestellt haben oder bei deren schrift(Buchst. d). lichen Vertragsabschluß als Vertragstheilnehmer betheiligt gewesen sind, zu entwerten.* II) Bei Notaren erstreckt sich diese Pflicht auch auf die dem Inhalte (nicht der Unterschrift) nach

anerkannten unb ihnen innerhalb der gesetzlichen Stempelverwendungsfristen eingereichten Ver­ handlungen sowie auf diejenigen Urkunden, bei denen sie den Entwurf unfertigen und nach Voll­

ziehung durch die Betheiligten die Unterschriften oder Handzeichen beglaubigen. Außerdem sind die Notare befugt, die Entwerthung vorzunehmen zu allen auf sie ausgestellten Vollmachten

sowie zu Privaturkunden, zu welchen sie die Entwürfe nicht angefertigt, die sie aber hinsichtlich der Unterschriften beglaubigt haben (Ziffer 15 A II Nr. 3 Abs. 4 der Ausf.Bek.). In welcher Weise die Entwerthung bewirkt werden muß, ist in der Ziff. 15 A II Nr. 2, 3 und 4 der Ausf.Bek. unter Anm. 9 zu diesem Paragraphen vorgeschrieben; wegen

der Pflicht der Vernlerkung der Stempelverwcndung auf den Urschriften, Abschriften u. s. w. vergl. Anm. 12 (am Schluß) zu diesem Paragraphen.

Zu den Verpflichtungsscheinen der Studirenden der Universitäten über die Zahlung der

gestundeten Honorare,

die von den Universitätsrichtern aufgenonnnen werden, sind diese Be­

amten (nicht die Quästoren) den Stempel zu entwerthen verpflichtet.

Dagegen dürfen die

Quästoren der Universitäten zu den Bürgschaftserklärungen der Eltern, sobald sich die Stempel-

pflichtigkeit ergicbt bezw. sich der Werth des Gegenstandes fcststellen läßt, ohne Mitwirkung

der Steuerbehörden die erforderlichen Stempel beibringcn

und entwerthen, wenngleich

die

Vorschrift der Ziffer 10 Abs. 2 und die Vorschriften der Ziffer 15 A II 2 der Ausf.Bek. nicht

unmittelbar zutreffen.* 12)

14.

Die Erfüllung der ^tempelpflicht ist hier eine weitergehende wie in den Fällen zu c, denn die Verbindlichkeit wird nicht schon durch die Zahlung des Stempelbetragcs an die Behörde oder den Notar sondern erst durch die Verwendung, d. h. die Entwerthung der Stempelmarken erfüllt, so daß die Verpflichteten für Alles verantwortlich bleiben, was mit

dem Stempelbctrage von der Zeit seiner Einzahlung bis zur Zeit der Entwerthung des

Stenlpelmatcrialß geschieht.

Die frühere Praxis, wonach diejenigen, welche nachwicsen, daß

sie die Stempel an den Notar gezahlt hatten, die von den: Notar nicht verwendeten Stempel nicht nochmals zu zahlen hatten *13), wird sich hiernach nicht mehr aufrecht erhalten lasten.

*10) *11) *12)

RG. Straff. 20. 1. 80 Bd. 1 S. 157; allg. F.M.Erl. 27. 6. 91 III. 9048 Cbl. S. 197. Begr. S. 18. Erl. d. Min. d. gcistl. x. Angel, (im Einverst. mit F.M.) 28. 9. 96 II. I. Nr. 2093 G. III, mitgeth. d. F.M.Erl. 11. 10. 96 111. 14046; allg. Erl. d. Min. d. geiftl. Angel. 20. 4. 97 U. I. Nr. 966 G. III. (F.M. III 5172). *13) F.M.Erl. 5. 10. 66 HI. 20106.

§ 14.

Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

209

Bei der Versteuerung der Verhandlungen der Schiedsmänncr haben die Parteien ihren

Pflichten gegen den Stcuerfiskuo erst genügt, wenn sie den gesetzlichen Stempel dem Schiedsmann in Sternpelmarken zugestellt haben (§ 15 Abs. 3 des Ges.).

15

Hinsichtlich dieser Strafthaten bestimmt der § 275 des N.St.G.B.:

F

Gebrauch von falschen

275. Mit Gefängniss nicht unter drei Monaten wird bestraft, wer oder 1. wissentlich von falschem oder gefälschtem Stempelpapier, von fälschen gefälschten Stempel­ oder gefälschten Sternpelmarken, Stempclblankctten, Stempclabdriicken, materialien; Post- oder Telegraphen-Freimarken oder gestempelten Briefkuverts Anfertigung unechter und Gebrauch macht, Verfälschung unechtes Stempelpapier, unechte Stempclmarken , Stempelblankcttc oder echter Materi2. Stempelabdrücke für Spielkarten, Pässe oder sonstige Drucksachen oder aIic^^U Schriftstücke, inglcichen wer unechte Post- oder Telegraphcn-Freimarkcn oder gestempelte Briefkuverts in der Absicht anfertigt, sie als echt zu verwenden, oder 3. echtes Stcmpelpapicr, echte Sternpelmarken, Stempelblankcttc, Stempel­ abdrücke, Post- oder Telegraphcn-Freimarkcn oder gestempelte Brief­ kuverts in der Absicht verfälscht, sie zu einem höheren Werthe zu verwenden.

In der täuschenden Zusammensetzung der Bruchstücke verschiedener, ursprünglich echter

und bioher unverwcndcter Postfreimarken und

in der Verwendung dieser den Anschein eines

unverletzten Zeichens erweckenden Postfreimarken kann die Anfertigung unechter bezw. der Ge­

brauch falscher Postwerthzeichen nicht gefunden werden.* 14) Dies wird auch für Stempclmarken gelten müssen; jedoch enthält die Verwendung solcher Marken den Thatbestand einer nach den

§§ 17 u. fg. des Stst.G. zu ahndenden Zuwiderhandlung. Vergl. § 32 Abs. 2 Stst.G. u. Ziffer 27

der Ausf.Bek.

16.

Die in Betracht kommenden §§ 267, 276 und 364 des N.St.G.B. lauten:

§ 267.

öffentliche Urkunde oder eine solche Privaturkunde, welche zum Beweise von Bechten oder Rechtsverhältnissen von Erheblichkeit ist, verfälscht oder fälschlich anfertigt und von derselben zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht, wird wegen Urkundenfälschung mit Gefängniss bestraft. § 276. Wer wissentlich schon einmal zu stempclpflichtigen Urkunden, Schriftstücken oder Formularen verwendetes Stempelpapier oder schon einmal verwendete Stempclmarken oder Stempelblankette, ingleichen Stempelabdrücke, welche zum Zeichen stattgehabter Versteuerung gedient haben, zu stempelpflichtigen Schriftstücken verwendet, wird, ausser der Strafe, welche durch die Entziehung der Stempelsteuer begründet ist, mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark bestraft. § 364. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark wird bestraft, wer loissentlich schon einmal verwendetes Stempelpapier nach gänzlicher oder theilweiser Entfernung der darauf gesetzten Schriftzeichen, oder schon einmal ver­ wendete Stempelmarken, Stempelblankette oder ausgeschnittene oder sonst abgetrennte Stempelabdrücke der im § 276 bezeichneten Art veräussert oder feilhält. Nach der

Verwendung

Wer in rechtswidriger Absicht eine inländische oder ausländische hMung^schon

reichsgerichtlichen Rechtsprechung sind Sternpelmarken keine Urkunden im

Sinne des § 267 N.St.G.B., weil die Urkunden dieses Paragraphen Gegenstände sind, deren rechtliche Bedeutung darin besteht, daß sie für den Beweis von Thatsachen, welche außer ihnen

*14) NG. Strass. 19. 4. 88 Bd. 17 S. 394. Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

einmal verStempelMaterialien

"

210

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

liegen, Erheblichkeit besitzen.

Die Stempelmarken hingegen beweisen nicht außer ihnen ge­

legene Thatsachen, sondern sie beweisen nur die Thatsache ihrer eigenen Existenz. weis ihrer Existenz ist identisch mit dem Beweise ihres

darunl diesen Werth lediglich in sich selbst.

materiellen Werthes

Dieser Be­

und sie tragen

Selbstverständlich beweisen die Stempelmarken

freilich durch ihre Existenz zugleich ihre Entstehung durch

menschliche Thätigkeit.

Allein hier-

mit können sie die Bedeutung von Urkunden im Sinne des § 267 R.St.G.B. nicht gewinnen,

da sonst jedes von Menschenhand geschaffene Werk als eine Urkunde bezeichnet werden müßte. Daß auch das Neichs-Strafgesetzbuch die Stelnpclmarke nicht als eine Urkunde im Sinne des § 267 betrachtet, tritt mit Bestimmtheit in den §§ 275, 276, 364 hervor. Ist aber die Stempelmarke keine Urkunde tni Sinne des § 267, so ist auzuuehmeu, daß auch der aus ihr angebrachte Entwcrthungsvermcrk an sich nicht als eine solche Urkunde sich darstellt. Auch er weist nicht auf außer ihm gelegene Thatsachen hin, sondern er besitzt nur die Eigenschaft, der seither

werthvoll gewesenen Stempelmarke diesen Werth zu entziehen und sie hierdurch zu einem werthlosen Gegenstände umzugestalten, nicht anders, als wenn sie in anderer Weise vernichtet

würde.

Die Wiederverwendung,

Veräußerung und Feilhaltung

bereits einmal verwendeter

Stempelmaterialien fällt daher nicht unter den Thatbestand der Urkundenfälschung im Sinne der §§ 275 bezw. 267 und 268 R.St.G., sondern erfüllt ausschließlich den Thatbestand der §§ 276 und 364 R.St.G.B. und es soll die hier vorgesehene Strafe zugleich die Strafe

für das an den EntwerthungSvermerken begangene Delikt enthalten.* 15) Wenn stempelpflichtige Erklärungen auf das Stempelpapier selbst niedergeschriebcn werden, so wird eine Verwendung desselben nur in Höhe desjenigen Betrages angenommen werden können, welcher zu der niedergcschriebenen Erklärung gesetzlich erforderlich ist.

Es stellt

deshalb keine strafbare Wiederverwendung dar, wenn beispielsweise auf einem Stempelbogen im Werthe von 100 Mk., auf dem sich bereits eine mit 70 Mk. stempelpflichtigc Erklärung befindet, hinterher noch eine einem Stempel von 30 Mk. unterworfene Erklärung nieder­ geschrieben wird. Das Gleiche gilt aber nicht von umgcschlagenen Bogen oder von Stempel­

nlarken, da diese stets zu der betreffenden einzelnen Erklärung entwerthet werden müssen. Der § 276 R.St.G.B.

setzt

nicht voraus,

daß die Marken bereits zu stcmpel-

pflichtigen Urkunden verwendet sind. Eine strafbare Wiederverwendung liegt deshalb auch schon dann vor, wenn auf Blankovollmachten befindliche und eutwerthete Stempelmarkeu von diesen wieder abgelöst und anderweitig verwendet werden. *16) Gerichts­ kostenstempel (Buchst, e).

17

Wegen der §§ 1, 2 u. 101 des D.G.Kost.G. vergl. Amn. 15 Nr. 18 zu § 4.

Die hier in Betracht kommenden Bestimmungen des P.G.Kost.G., welche nach § 35

Abs. 3 des St.G. unberührt bleiben, sind folgende:

Erster Theil.

Angelegenheiten der nicht streitigen Gerichtsbarkeit. Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen. § 29. Eine Erhebung von Stempeln neben den Gebühren findet nur in denjenigen Fällen statt, in welchen es in diesem Gesetze ausdrücklich angeordnet ist. Urkunden, welche in einem den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegenden Verfahren errichtet werden, bleiben, soweit ihr Inhalt über den Gegenstand des Verfahrens hinausgeht, den allgemeinen Vorschriften über Erhebung von Stempeln unterworfen. § 30. Eine Verwendung von Stempelmaterial findet bei den Gerichten nicht statt. Wenn Stempelabgaben neben den Gebühren zu erheben sind, werden dieselben nach den für *15) RG. I. Strass. 8. 11.88

D 1945/88

—1765

"bgedruckt); vergl. auch das Urtheil in Note 14

E. i. St. Bd. 17 S. 394; RG. Strass. 12./19. 11. 88 Vd. 18 S. 286. *16) Zlam.G. Disziplinarsenat 5. 11. 90 F.M. III. 2187/91.

§ 14.

Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

211

Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften eingezogen und auch sonst als Gerichtsgebühren behandelt. Die Vorschriften der §§ 1, 2, 7 Absatz 1, S, 12, 13, 16 Absatz 2, 19 bis 22 bleiben jedoch hinsichtlich der Stcmpclabgaben ausser Anwendung. Gegen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts über die Festsetzung des für eine Stempelberechnung massgebenden Werthes oder über Erinnerungen oder Beschwerden, betreffend den Ansatz von Stempel­ beträgen, findet Beschwerde an den Justizminister statt. Der Justizminister kann den Ansatz dieser Beträge in allen Fällen von Amtswegen berichtigen. Die Vorschriften über die Zulässigkeit des Rechtsweges werden durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt. Bezüglich des Verfahrens bei der Beanstandung der im Falle einer Auflassung gemachten Werthsangabe behält es bei den stcmpelgcsctzlichen Vorschriften sein Bewenden. Soweit der Finanzminister nach stempelgesetzlichen Vorschriften befugt ist, die Rückerstattung von Stempelgebühren oder die Abstandnahme von der Einziehung derselben anzuordnen, steht diese Befugniss hinsichtlich der als Gerichtskosten zu erhebenden Stempclbeträge dem Justizminister zu. Auf die nach stempelgesetzlichcn Vorschriften zu stundenden Stempclbeträge finden die Bestimmungen des ersten Absatzes keine Anwendung. Diese Beträge werden durch die Behörden der Verwaltung der indirekten Steuern eingezogen. § 31. Wenn zum Gebrauche bei Gericht bestimmte Vollmachten, Schätzungen und Vermögens Verzeichnisse ohne den vorgeschriebenen Stempel eingereicht oder behufs Aus­ schliessung des Auflassungsstempels oder des für die Eintragung, Abtretung oder Ver­ pfändung einer Hypothek oder Grundschuld zu entrichtenden Werthstempels die Urkunden über das der Auflassung oder Eintragung zu Grunde liegende Rechtsgeschäft ohne den vorgeschriebenen Stempel vorgelegt werden, so finden auf die Einziehung des Stempels die Vorschriften des § 30 entsprechende Anwendung. Dasselbe gilt, wenn letztwillige Ver­ fügungen zur gerichtlichen Annahme oder Aufbcivahrung eingereicht werden, hinsichtlich des für Testamente und Verfügungen von Todeswegen vorgeschriebenen Stempels von 1 Mark 50 Pf., sowie wenn privatschriftliche Punktationen oder sonstige Urkunden zur gerichtlichen Vollziehung, Anerkennung des Inhalts, Einregistrirung oder gerichtlichen Genehmigung überreicht werden. In denjenigen Fällen, in welchen bei nicht oder nicht ordnungsmässig erfolgter Ver­ wendung des Stempels nach den stempelgesetzlichcn Vorschriften Stempelstrafen eintreten würden, sind die Betheiligten von Stempelstrafe frei, wenn die Einreichung der Urkunde bei Gericht innerhalb der für die Verwendung des Urkundenstempels sonst vorgeschriebenen Frist erfolgt. Die Verpflichtung der Notare, für die Einziehung der Stempel zu sorgen, wird hierdurch nicht berührt. Auszüge, Ausfertigungen und Zeugnisse der Feld- oder Ortsgerichte (Schultheissen und Schöffen) im vormaligen Herzogthume Nassau, in den vormals Grossherzoglich Hessischen Gebietsteilen, im vormals Landgräflich Hessischen Amtsbezirke Homburg, in den Landgemeinden der vormals freien Stadt Frankfurt und im Bezirke des vormaligen Justizsenates zu Ehrenbreitstein, welche nach allgemeinen Vorschriften zum Zioecke der Vornahme eines gerichtlichen Geschäfts beigebracht werden müssen, sind unter Angabe dieses Zweckes ohne Verwendung von Stempelmaterialien zu ertheilen. Die für solche Schrift­ stücke erforderlichen Stempelbeträge weiden unter Amoendung der Vorschriften des § 30 mit den Gerichtskosten für das betreffende Geschäft eingezogen und auf die anzusetzenden Kosten dergestalt angerechnet, dass ?£ur der überschiessende Betrag der letzteren zu erheben ist. Zweiter Abschnitt. Gerichtliche Beurkundungen und Bestätigungen. § 55. Die in diesem Abschnitte bestimmten Gebühren umfassen die gesummte Thätigkeit des Gerichts einschliesslich aller Nebengeschäfte. Neben den Gebühren werden die Beträge der nach den Vorschriften der Stempelgesetze zu, entrichtenden Stempelabgaben erhoben.

212

II. Abschnitt; Von d. Erfüllung d. ^tempelpflicht u. b. Folgen d. Nichterfüllung.

Dritter Abschnitt. Grundbuch- und Hypothekensachen. § 57 Ziff. 6. Die Entgegennahme der Auflassung und, wenn diese nicht vor dem Grundbuchrichter erfolgt, die Eintragung des neuen Eigenthümers im Grundbuche kann nach dem Ermessen des Gerichts von einer vorgängigen Sicherstellung der Staatskasse wegen der Kosten der Eintragung und des Stempels für die Auflassung oder das zu Grunde liegende Rechtsgeschäft abhängig gemacht werden. Ueber Erinnerungen gegen der­ artige Anordnungen toird im Aufsichtswege entschieden. § 67. Neben den in diesem Abschnitte bestimmten Gebühren werden noch die für Auflassungen, Eintragungsanträge und Kuxscheine bestimmten Stempel erhoben. Siebenter Abschnitt. Fideikommisse, Stiftimgen und Vermögensverwaltungen. § 94. Neben den in § 93 bestimmten Gebühren werden für die Beurkundung einzelner Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit die dafür bestimmten Gebühren und Stempel besonders in Ansatz gebracht. Zehnter Abschnitt. Auslagen. § 109. Schreibgebühren werden für Ausfertigungen und Abschriften erhoben. Die Schreibgebühr beträgt für die Seite, welche mindestens zwanzig Zeilen von chtrchschnittlich zwölf Silben enthält, zehn Pfennig, auch wenn die Herstellung auf mechanischem Wege stattgefunden hat. Jede angefangene Seite wird voll berechnet. Die auf die besondere Ausstattung einer Urkunde verwendeten Auslagen, insbesondere diejenigen, welche durch Verwendung von Pergamentpapier entstehen, sind besonders zu erstatten. Neben den Schreibgebühren ist für Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften stempelpflichtiger Urkunden der tarifmässige Stempel zu erheben, falls die Ausfertigungen oder Abschriften nur in Folge eines auf die Ertheilung gerichteten Antrags ertheilt werden. Ist die Urkunde nach den Vorschriften der Stempelgesetze stempelpflichtig, so wird die Erhebung des Stempels für Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften dadurch nicht aus­ geschlossen, dass nach den Vorschriften dieses Gesetzes der Stempel ausser Ansatz geblieben ist. Zweiter Theil.

Angelegenheiten der streitigen Gerichtsbarkeit. § 114. Die Vorschriften der §§ 8, 10, 13, 16, 17, 30, 31, HO finden auch in den Angelegenheiten der streitigen Gerichtsbarkeit Anwendung. In bürgerlichen Bechtsstreitigkeiten beginnt die Verjährung der Gerichtskosten mit dem Ablaufe des letzten Dezembers desjenigen Jahres, in welchem das Verfahren durch unbedingte Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder Zurücknahme oder ander­ weite Erledigung beendigt ist. Im Sinne dieser Bestimmung gilt das Verfahren als erledigt, wenn seit der letzten Prozesshandlung des Gerichts zwei Jahre verflossen sind, ohne dass ein Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt wäre. Wird das Verfahren während des Laufes der Verjährungsfrist wieder aufgenommen, so wird hierdurch die Verjährung unterbrochen. Während der Dauer einer Vormundschaft können ohne Rücksicht auf die Höhe des Vermögens eines Mündels aus demselben ausser den in § 10 Ziffer 1 bezeichneten Kosten auch die Kosten eines Konkurs- oder ZioangsverSteigerungsverfahrens, sowie eines Aufgebots der Nachlassgläubiger erhöben werden, sobald sich eine Unzulänglichkeit der Konkurs- oder Nachlassmasse oder des Erlöses der Ziuangsversteigerung zur Befriedigung der Gläubiger und Berichtigung der Kosten ergiebt. § 115. Das Deutsche Gerichtskostengesetz und die Vorschriften des § 114 finden, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, Anwendung auf die vor die ordentlichen oder vor besondere Gerichte gehörigen Rechtssachen, für welche die Deutsche Civilprozessordnung oder die Deutsche Strafprozessordnung kraft landesgesetzlicher Vorschrift massgebend sind.

§ 14. Art der Erfüllung der Sternpelpflicht.

213

Auf die Kosten für das Verfahren vor den Königlichen Gewerbegerichten in der Rheinprovinz finden die Bestimmungen der FF 57 bis 59 des Reichsgesetzes vom 29. Juli 1890, betreffend die Gewerbegerichte, (Reichs-Gesetzbl. S. 141) Anwendung. Die Vorschriften des § 96 des Gesetzes vom 18. Februar 1880, betreffend das Ver­ fahren in AuseinanderSetzungSangelegenheiten, (Gcsetz-Samml. S. 59) bleiben unberührt. § 117. Die Vorschriften des Gesetzes vom 18. Juli 1883, betreffend die Gerichts­ kosten bei Zwangsversteigerungen und Zwangsverwaltungen von Gegenständen des imbeweg­ lichen Vermögens, (Gcsetz-Samml S. 189) bleiben mit der Maassgabe in Kraft, dass an die Stelle der in F 3 für das Zuschlagsurtheil bestimmten Gebührensätze das Zweifache der in F 33 dieses Gesetzes bestimmten Gebühr tritt. Die Vorschrift in F 3 Absatz 3 des Gesetzes vom 18. Juli 1883 findet auch Anwendung bei der Versteigerung eines Grund­ stücks zum Zwecke der Auseinandersetzung unter Miterben. Die Vorschriften des § 112 über die Erhebung von Rechnungsgebühren finden Anwendung. § 122. Bei dem Anträge auf Anordnung der Zwangsvollstreckung in Gegenstände des unbeweglichen Vermögens ausser Grundstücken und bei dem Anträge auf Vollziehung eines Arrestes in unbewegliches Vermögen finden die Vorschriften des § 35 Ziffer 2 und des F 46 des Deutschen Gerichtskostengesetzes entsprechende Anwendung. Bei Beschwerden in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen finden die Vorschriften der FF 45 und 46 des Deutschen Gerichtskostengesetzes entsprechende Anwendung. Wird von dem Beschwerdegerichte im Verfahren der Zwangs­ versteigerung der in unterer Instanz versagte Zuschlag ertheilt, so ist ausser der nach den Vorschriften des F 45 a. a. 0. zu erhebenden Gebühr die Gebühr für Eriheilung oder Ge­ nehmigung des Zuschlags und der tarifmässige Stempel zu erheben.

Dritter Theil.

Schlussbestimmungen. § 131. Die in diesem Gesetze für Stempel gegebenen Vorschriften finden auf die nach Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Juni 1875, betreffend das Sportel-, Stempel- und Tax­ wesen in den Hohenzollernschen Landen, (Gesetz-Samml. S. 235) zu, erhebenden Abgaben entsprechende Anwendung. Die Bestimmung des F 18 bleibt jedoch ausser Anwendung, wenn die Abgabe nach den FF 2, 4 oder 5 in Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Juni 1875 berechnet wird. Wird auf Grund einer Zwangsversteigerung der Erstehen als Eigenthümer im Grundbuche eingetragen, so ivird die Abgabe nach dem Betrage des Meistgebots, zu welchem der Zuschlag ertheilt ist, unter Hinzurechnung der von dem Erstehen übernommenen Leistungen berechnet. Die Vorschriften der FF 8, 12, 13, 16 Absatz 2 dieses Gesetzes finden auf die nach dem Gesetze vom 22. Juni 1875 zu erhebenden Abgaben Anwendung. Die Vorschriften des § 2 Absatz 2 und des F 3 des Gesetzes vom 26. März 1873, betreffend die Aufhebung beziehungsiceise Ermässigung gewisser Stempelabgaben, (Gesetz-Samml. S. 131) werden aufgehoben. In der Provinz Hannover treten alle noch in Geltung stehenden Bestimmungen des Hannoverschen Stempelgesetzes vom 30. Januar 1859 (Hannoversche Gesetz-Samml. Abth. I S. 3) ausser Kraft; die Vorschriften der dem Gesetze vom 24. Februar 1869 wegen Aenderung der Stempelsteuer in der Provinz Hannover (Gesetz-Samml. S. 366) beigefügten zweiten Abtheilung des SU mpeltarifs finden fortan auch bei den gerichtlichen Behörden allgemein Anwendung. F 132. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Oktober 1895 in Kraft und findet Anwendung auf alle zu diesem Zeitpunkte noch nicht fällig gewordenen Gerichtskosten. Sind in einer am 1. Oktober 1895 noch nicht beendigten Rechtsangelegenheit Kosten und Stempel bereits in Ansatz gekommen, so wird der Betrag derselben auf die nach diesem Gesetze zu erhebenden Kosten und Stempel in Anrechnung gebracht, insoweit es sich nicht um Geschäfte handelt, für welche nach den Vorschriften dieses Gesetzes besondere Kosten oder Stempel zu berechnen sind. Eine Anrechnung der in Vormundschafts- und Fideikommiss- und Stiftungssachen

214

IT. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

jährlich für Rechnungslegung oder Vencaltung von Grundstücken zu erhebenden Gebühren findet nicht statt. Die einzelnen Fälle,

in denen die Einziehung des Stempels als Gerichtökosten zu ge­

richtlichen und außergerichtlichen Urkunden stattfindet, sind in den §§ 1 und 2 dec Allg. Verf.

des Finanz-

und Justizrninisterö Vom 29. 2. 96 aufgeführt.

Vergl. auch

im Uebrigen diese

Verfügung wegen der für das gerichtliche Stempelwesen zur Anwendung kommenden besonderen

Vorschriften sowie Mügel, die preuß. Kostengesepe V. 25. 6. 95 S. 81 ff.

üon’IsteinpeU marken

18.

Die Entwerthung von Stempelmarken durch Privatpersonen war bereits nach

den bisherigen Bestimmungen zulässig, wenn auch nur in geringem Umfange.

Nach § 2 der

Ueberwachung Bestimmungen A des Finanzministers V. 14.2.65 (Cbl. S. 30) durften Stempelmarken auf

(Buchst, d). diese Weise zu Gutachten von Sachverständigen, Inventarien, Mäkler-Attesten, Schlußzetteln der Mäkler und Vollmachten verwendet werden; außerdenr ist einzelnen Anstalten, Banken u. s. w. persönlich die Entwerthungsbcfugniß ertheilt worden, so der preußischen NentenversicherungS-

anstalt*17), der Demminer Kreisbant' für Ackerbau und Gewerbe unter gleichzeitiger Ermächtigung des Provinzial-Steuerdirektors in Stettin, die Erlaubniß auch anderen gleichartigen Instituten

mit Einschluß der Privatbanken zu ertheilen *18). Diese Anstalten re. werden nach dem jetzigen Gesetz zur Vornahme der Selbstentwerthung nicht für befugt zu erachten sein, sondern die Er­ laubniß Von Neuem nachzusuchen haben, soweit es sich nicht um Schriftstücke handelt, für welche der Finanzminister im Abs. 1 der Ziffer 15 B der Ausf.Bek. die Selbstentwerthung

allgemein gestattet hat. Im Interesse der Geschäftserleichterung sah bereits der Gesetzentwurf die Selbst­ entwerthung Vor. Bei der Berathung des Gesetzes im Abgeordnetenhaus wurde der Wunsch

geäußert, für die Entwerthung der Stempel durch Selbstkassirung

eine möglichst weitgehende

Erleichterung zu gewähren und Vom Finanzminister, der die Berechtigung dieses Wunsches an­

erkannte, zugesagt, daß die Selbstentwerthung in Zukunft in einem Viel ausgedehnteren Maße stattfinden solle, als bisher.* 19)

Dem entsprechend ist in der Ziffer 15 B der Ausf.Bek. an­

geordnet:

Ziffer 15. B. Entwerthung von Stempelmarken durch Privatpersonen, Sparkassen, Gesellschaften, R. Genossenschaften u. s. w. ohne amtliche Ueberwachung. Ohne amtliche Ueberwachung ist die Entwerthung von Stempelmarken, welche von allen Haupt- und Unterämtern sowie allen Stempelvertheiiern — von letzteren nur innerhalb der ihnen für den Verkauf von Stempelmaterialien vor­ geschriebenen Grenzen — käuflich entnommen werden können, gestattet: a. den Ausstellern von Kuxscheinen (Tarifstelle 34); Verfügungen von Todeswegen (Tarifstelle 66); Versicherungsverträgen, Policen und deren Verlängerungen (Tarif­ stelle 70); b. Auktionatoren (beeidigten und nicht beeidigten) hinsichtlich der Be­ urkundungen der von ihnen abgehaltenen Versteigerungen (Tarif­ stelle 9); c. Rechtsanwälten hinsichtlich der von ihnen und für sie ausgestellten Vollmachten (Tarifstelle 73). Ausserdem kann der Finanzminister Sparkassen, Gesellschaften, Ge­ nossenschaften, Banken, Bankhäusern, Kreditanstalten, gewerblichen Unter­ nehmungen u. s. w. für gewisse Gattungen in ihrem Geschäftsverkehr häufig wiederkehrender Urkunden die Selbstentwerthung der Stempelmarken auf 17) 18) 19)

F.M.Erl. 5. 6. 78 III. 6526 u. 14. 5. 92 III. 6703. F.M.Erl. 28. 6. 87 III. 7256. Berh. d. Abg. H. S. 2484 u. 2486.

215

§ 14. Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

Widerruf gestatten. Diese Erlaubniss kann sich nicht nur auf die von den betreffenden Gesells chaften u. s. w. selbst ausgestellten, sondern auch auf die von Dritten zu Gunsten der Gesellschaften n. s. w. ausgestellten Urkunden beziehen. Die bezüglichen Anträge, in denen die Art der Geschäfte, für welche die Selbstentwerthung beansprucht wird, bestimmt zu bezeichnen ist und die zur Entwerthung der Marken und Führung des nachstehend unter 2 erwähnten Stempelsteuerbuchs berechtigten Personen namhaft gemacht werden müssen, sind an den zuständigen Provinzial-Steuerdirektor zu richten, welcher sie mit gutachtlicher Aeusserung versehen, dem Finanzminister zur Entscheidung zu überreichen hat. Die Entwerthiung der Stempelmarken ohne amtliche Mitwirkung ist nur unter den nachfolgenden Bedingungen zulässig: 1. die Entwerthungsbefugniss ist auf Urkunden, welche einen Stempel von nicht mehr als 30 Mk. (bei Versicherungsverträgen, Policen und deren Verläingerungen von nicht mehr als 50 Mk.) erfordern, beschränkt; 2. die Verwendungsberechtigten haben über die Versteuerung der Schrift­ stücke, insoweit es sich nicht um Verfügungen von Todeswegen oder Vollmachten! handelt, ein Stempelsteuerbuch nach dein anliegenden Muster b zm führen, in welches alle zu den einzelnen Urkunden ver­ wendeten Stempel nach der Reihenfolge der Verwendung (Haupt- und Nebenausfeirtigung unter einer Nummer) einzeln einzutragen sind. Diese Verzeichnisse unterliegen, auch wenn sie von Personen aus­ gestellt weirden, welche nach § 31 Abs. 2 des Gesetzes nicht revisions­ pflichtig sind, der Einsichtnahme und der Prüfung der Vorstände der Stempelstenerämter. Die Verzeichnisse können von allen Haupt- und Unterämtern gegen Zahlung der Herstellungskosten bezogen werden. Die zur Führung der Stempelsteuerbücher Verpflichteten haben die­ selben, vom der letzten Eintragung an gerechnet, fünf Jahre lang aufznbewahrem; 3. hinsichtlich der Art und Weise des Aufklebens der Marken auf die stempel pflichtige Urkunde und der Deutlichkeit des Entwerthungsvermerks fänden die oben unter A II getroffenen allgemeinen Be­ stimmungen! sinngemässe Anwendung jedoch mit der Maassgabe, dass Muster b.

----- -------------

(zu §§ 14 und 32 des Gesetzes und Ziffer 15 B Nr. 2 der Bekanntmachung.)

Stempelsteu erblich de in betreffend die Ver wendung von Stempelmarken ohne amtliche Ueberwachung. a E

Namen, Stand

ä

und Wohnort

Art des beurkundeten

der Steuer­

Geschäfts.

*5 Hl

pflichtigen.

i.

2.

3.

Be­ zeichnung der Tarif­ stelle (Nummer, Ziffer, Buchstabe). 4.

Werth Gegen­

standes. | Pf.

Mk.

5.

Ver­

Datum

wendeter

der Ent­

Stempel.

werthung.

! Pf.

Mk.

6. I

i

7.

216

TI. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

zwischen den nebeneinander auszuklebenden' Marken ein geringer Zwischenraum bestehen bleibt, welcher das lieh ergreifen der unter 4 beschriebenen Entwerthungsvermerke gestattet; 4. die Entwerthung der Marken und zwar jeder einzelnen erfolgt durch den Vermerk des Datums (in Ziffern), an welchem die Marke aufgeklebt wird, der Nummer des Stempelsteuerbuches (insoweit über die Ver­ steuerung der Schriftstücke ein solches zu führen ist) und des Orts, an welchem die Verwendung geschehen ist. Dieser Vermerk ist in dem unteren Theile der Marke einzutragen und zwar dergestalt, dass das Datum und die Nummer des Stempelsteuerbuches in der Marke niedergeschrieben wird und der Ortsname auf das umgebende Papier üb ergreift. Ausserdem ist auf dem oberen Theile der Marke und unter Mitbenutzung des umgebenden Papiers der Vor- Und Zuname bezw. die Firma niederzuschreiben. Nachstehender Abdruck veranschaulicht die Entwerthung:

Versicherungsgesellschaften, öffentliche Sparkassen, Gewerkschaften und Genossenschaften können statt der Eintragung des Gesellschafts­ namens die Marken mit einem schwarzen oder farbigen Abdruck eines den Gesellschaftsnamen enthaltenden Stempels dergestalt versehen, dass der Abdruck theils auf dem oberen Theile der Marke, theils auf dem die Marke umgebenden Papier zu stehen kommt. Dieselbe Befugniss kann auch anderen Gesellschaften u. s. w. in denjenigen Fällen, in welchen die Erlaubniss zur Selbstentwerthung besonders nachgesucht werden muss, ertheilt werden. Die Stempelabdrücke müssen mit halt­ barer Farbe hergestellt sein und auf jeder einzelnen Marke den Namen bezw. den Geschäftsnamen deutlich erkennen lassen. Die Art der Ent­ werthung ergiebt sich aus dem nachstehenden Abdruck:

§ 14.

Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

217

5. Duplikate stempelpflichtiger Urkunden werden in der Weise versteuert, dass der Duplikatstempel zu dem Duplikat entwerthet und auf diesem ausserdem vermerkt wird, welcher Stempel zum Duplikat und welcher Betrag zum Hauptexemplar entwerthet ist, z. B.

Zum Duplikat 1,50 Mk. entwerthet. Zum Hauptexemplar 5 Mk. (in Worten) verwendet. Berlin, den 1. April 1896. Friedrich Kassirer & Comp. 6. In den Fällen zu a, b und c mit Ausnahme der Versicherungsverträge, Policen und deren Verlängerungen darf die Entwerthung der Stempel­ marken und die Führung des Stempelsteuerbuchs nur durch die Ur­ kundenaussteller und in den vorn Finanzminister besonders genehmigten Fällen nur durch diejenigen Personen, welchen die Befugniss zur Ent­ werthung der Marken und Führung des Stempelsteuerbuches verliehen ist, erfolgen. Versicherungsgesellschaften können die Entwerthung der Marken und Führung der Verzeichnisse ohne besondere Genehmigung durch Generalagenten oder sonstige Geschäftsangestellte bewirken lassen. Doch bleiben in allen Fällen die Vorstände der betreffenden Gesellschaften, Genossenschaften, Banken u. s. w. für die Stempel und die verwirkten Strafen persönlich verhaftet.

19.

Die Befugniß zur selbstentwerthung erstreckt sich nicht auf diejenigen Urkunden, zu welchen Behörden und Beamte nach § 15 des Ges. den Stempel zu Verwenden haben,

weil die Pflicht zur Verwendung bezüglich dieser Urkunden ausschließlich den Behörden und Beamten obliegt, auch die Entwerthung der Marken Vor der Aushändigung bewirkt sein muß.

Dagegen kann die Befugniß ertheilt werden hinsichtlich derjenigen Urkunden, welche dritte Per­

sonen zu Gunsten der Behörden auöstellen, z. B. Schuldverschreibungen zu Gunsten von Spar­ kassen, welche die Eigenschaft öffentlicher Behörden haben.

In der Ziff. 15 B der Ausf.Bek. ist im ersten Absatz unter b und c bestimmt, daß Auktionatoren hinsichtlich der Versteigerungsbeurkundungen und Rechtsanwälte hinsichtlich der von ihnen und für sie ausgestellten Vollmachten die Selbstentwerthung vornehmen dürfen, während die Nr. 6 des dritten Absatzes dieser Ziffer verordnet, daß in diesen Fällen die Ent­

werthung nur durch die Urkundenaussteller erfolgen darf.

In diesen Bestimmungen liegt

ein Widerspruch, da Auktionatoren nicht immer die Aussteller der Auktionsurkunden sein werden

und Rechtsanwälte nicht Unterzeichner der auf sie ausgestellten Vollmachten sind.

Es ist

nicht beabsichtigt worden, durch die Bestimmung unter Nr. 6 Abs. 3 die Vorschriften des Abs. lb

und c einzuschränken, so daß die Selbstentwerthung den Auktionatoren auch bezüglich der von ihnen nicht ausgestellten Urkunden über die abgehaltenen Versteigerungen gestattet ist.

Ebenso dürfen Rechtsanwälte die Stempel nicht bloß zu den von ihnen,

sondern auch zu

den auf sie ausgestelltem Vollmachten selbst entwerthen.

Die Selbstentwerthung darf auch Personen gestattet werden, welche außerhalb des Stempelinlandes ihren ständigen Wohnsitz haben und dort die Entwerthung vornehmen wollen, also namentlich im Stempelauslande befindlichen Generaldirektionen von Versicherungsgesell­

schaften bezüglich der für den Geltungsbereich des Gesetzes auszufertigenden Policen 2C.

In

einer Reihe von Fällen dieser Art ist die Selbstentwerthung durch den Finanzminister ge­ nehmigt und derjenige Provinzial-Steuerdirektor,

dessen Verwaltungsbezirk der betreffenden

Generaldirektion am nächsten belegen ist, angewiesen worden, die erforderlichen Anordnungen

wegen Prüfung des Stenlpelsteuerbuches und Ueberwachung der ordnungsmäßigen Versteuerung zu treffen.*20)

(Siehe die Note auf der folgenden Seite.)

218

IT. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stcmpclpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

20.

Von einer Anzahl von Versicherungsgesellschaften ist darauf hingewiesen worden, daß die Führung des vorgeschriebenen Stempelsteuerbuches (vergl. Muster b unter Anm. 18 zu diesem Paragraphen) neben dem Versicherungsverzeichniß zu umständlich sei.

Es ist deshalb

allgemein gestattet worden, das Stempelsteuerbuch mit dem Versicherungsverzeichniß (Bordereau) zu verbinden.

Voraussetzung ist aber, daß das Versicherungsverzeichniß besondere Spalten für

die laufende Nummer, unter welcher der verwendete Stempel

sowie

für

den Betrag

des

verwendeten Stempels

im Einzelnen einzutragen ist,

und für das Datum der Entwerthung

(Spalte 1, 6 und 7 des Musters b) erhält und daß aus dem Verzeichniß hervorgcht, welche

Stempelbeträge im Einzelnen zu den Haupt- und Nebenausfertigungen (Duplikaten 2C.) ver­ braucht worden sind-

Auch darf das Verzeichniß nicht verschiedene Arten von Versicherungen

(Feuer-, Hagel-, Lebens- :c. Versicherungen) umfassen, sondern es muß über jede Versicherungs­ art ein besonderes Verzeichniß geführt werden. *21) Die Fassung der Anordnung unter Nr. 4 der Ziff. 15 B der Ausf.Bek. (Anm. 18 zu diesem Paragraphen),

wonach in jeder zu entwerthenden Marke die Nummer des Stempel-

steuerbuches zu vermerken ist, hat zu der irrthümlichen Auffassung Anlaß gegeben, daß

das

Stempelsteuerbuch mit einer Nummer zu versehen und diese in die Marke einzutragen sei. Gemeint ist unter der zu vermerkenden Nummer die

laufende Nummer, unter welcher der

zu der einzelnen Urkunde verwendete Stempel gemäß Nr. 2 der Ziff. 15 B in Spalte 1 des Stempelsteuerbuches nach der Reihenfolge der Verwendung einzutragen ist. Dieser stummer

hat diejenige Nummer zu entsprechen, welche in der einzelnen Marke behufs ihrer Entwerthung zu vermerken ist.

21*

sind,

Hinsichtlich der Gesichtspunkte, welche bei Erstattung der Berichte zu beachten in denen die Provinzial-Steuerdirektoren die Genehmigung zur Selbstentwerthung nach­

suchen, äußert sich der allg. Erlaß des F.M. v. 19. 5. 96 III. 7155 wie folgt: In der Ziffer 15 B Absatz 2 der Bekanntmachung üoni 13. Februar 1896, be­ treffend die Ausführung des Stempelsteuer-Gesetzes ist es für zulässig erachtet worden, Sparkassen, Gesellschaften, Genossenschaften, Banken, Bankhäusern, Kreditanstalten, gewerblichen Unternehmungen u. s. w. die Befugniß zur Selbstentwerthung von Stempel­ marken nicht nur für die von ihnen selbst ausgestellten Urkunden, sondern auch bezüg­ lich der von Dritten zu ihren Gunsten errichteten Urkunden zu ertheilen (Seite 89 der amtlichen Ausgabe). Diese Bestimmung hat getroffen werden müssen, weil sonst die durch § 14 Buch­ stabe b des Stempelgesetzes zugelassene und von dem Gesetz begünstigte Versteuerungsart für die vorgedachten Anstalten und Gesellschaften zum größten Theil werthlos sein würde. Dabei ist nicht verkannt worden, daß die Ausdehnung der Befugniß auf die von Dritten ausgestellten Urkunden nicht ohne Bedenken ist, denn es ist zu besorgen, daß die dritten nach § 12 b des Gesetzes zur Versteuerung verpflichteten Personen sich auf die Stempelverwendung der Gesellschaften und Anstalten verlassend, ihre stempelsteuer­ lichen Pflichten nicht mit derjenigen Sorgfalt erfüllen werden, wie sie im fiskalischen Interesse verlangt werden muß und daß diese Sorglosigkeit sich auch auf Fälle über­ tragen wird, welche außerhalb des Verkehrs mit den zur Selbstentwerthung verstatteten Anstalten 2C. liegen. Die den Gesellschaften und Anstalten ertheilte Erlaubniß zur Selbstentwerthung befreit zwar die dritten Personen als Urkundenaussteller nicht von ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur ordnungsmäßigen und fristzeitigen Versteuerung der Urkunden; sie werden jedoch aus der den Anstalten und Gesellschaften gewährten Ver­ günstigung bei vorgekommenen Stempelkontraventionen stets den Einwand herleiten können, daß eine Hinterziehung von ihnen nicht beabsichtigt gewesen sei und auch nicht habe verübt werden können, weil zugleich den zur Selbstentwerthung Zugelassenen die Versteuerung obgelegen habe und damit die Verhängung einer geringen Ordnungsstrafe auch in Fällen erreichen, in denen an sich und nach Lage der sonstigen Umstände die Festsetzung einer Defraudestrafe am Platze wäre.

*20) Allg. F.M.Erl. 2. 4. 96 111. 4640; 15. 4. 96 III. 5003; F.M.Erl. 15. 4. 96 III. 5070; 26. 4. 96 III. 5617; 15. 5. 96 III. 6692; 3. 6. 96 III. 7777; 15. 7. 96 III. 9437. *21) Allg. F.M.Erl. 3. 4. 96 III. 4711, Cbl. S. 255.

§ 14.

Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

219

Nm diesen zu befürchtenden Unsicherheiten in der Wahrnehmung der stempelsteuerlichen Pflichten und in der Handhabung der strafrechtlichen Bestimmungen thunlichst vorzubeugen, ist es nothwendig, die Erlaubniß zur Selbstentwerthung auf die Fälle des wirklichen Bedürfnisses zu beschränken und die Urkundengattungen, auf welche sich die Vergünstigung erstrecken sott, so bestinmtt zu bezeichnen, das; int Einzelfalle keine Zweifel darüber bestehen können, ob ausschließlich der Nrkundenaussteller zur Ver­ steuerung befugt und verpflichtet war, oder ob daneben auch eine Berechtigung des Empfängers bestand, die Verstempelung vorzunehmen. Wiewohl ich bereits in meinem Erlaß vom 28. März d. Is. 111 4376 darauf hingewiesen habe, daß die zu erstattenden Berichte diese bestimmte Bezeichnung enthalten müssen, sind mir in letzter Zeit vielfach Berichte vorgelegt worden, welche diese Angaben vermissen lassen und in denen es als ausreichend angesehen worden ist, wenn die Urkunden allgemein ihrer (Gattung nach, z. B. als Schuldverschreibungen, Verpfündungserklärungen, Abtretungen bestimmt werden. Für die Folge ist bei der Berichterstattung Nachstehendes 511 berücksichtigen: 1 Die Geschäfte, über welche die Urkunden ausgestellt werden, sind ihrem Inhalt und Gegenstände nach zu erörtern, und zwar so bestimmt, daß Zweifel hinsichtlich der Urkundengattungen, auf welche sich die Erlaubniß beziehen soll, nach Möglich­ keit ausgeschlossen werden. Handelt es sich um Schuldverschreibungen, Eessionen, Verpfändungen u. s. w., so ist auzugeben, ob die Befugnis; auch auf die den Grundbuchverkehr betreffenden Urkunden ausgedehnt werden soll. Im All­ gemeinen ist dies weder zweckmäßig noch nothwendig, weil die Stempel für die der Eintragung, Abtretung oder Verpfändung einer Hypothek oder Grundschuld zu Grunde liegenden Urkunden bei den Gerichtskosten eingezogen werden können (§ 2 Buchstabe b der allgemeinen Verfügung vom 29. Februar 1896 Seite 259 der amtlichen Ausgabe), solche Urkunden auch nicht allzu häufig ausgestellt werden. Da meist nur gleichartige, häuftg wiederkehrendc Urkunden in Frage kommen und zu derartigen Schriftstücken Formulare gebraucht 511 werden pflegen, so sind diese den Berichten beizufügen; 2. sind die zur Anwendung kommenden Steuersätze unter Hinweis auf die Tarif­ stellen anzugeben; 3. ist das Bedürfniß näher zu begründen und zu diesem Zwecke festzustellen, in welcher ungefähren Anzahl die Urkunden, für welche die Erlaubniß nachgesucht wird, in den beiden letzten Geschäftsjahren ausgestellt worden sind. Für die Bedürfnißfrage wird aber nicht immer die Anzahl der Urkutldcn von entscheidender Bedeutung sein. Atlch bei einer verhältnißmäßig geringen Anzahl von Urkunden wird die Selbstentwerthung gestattet werden können, wenn für den Antragsteller eine bequeme (Gelegenheit, die Versteuerung durch die Steuerbehörden oder Stempelvertheiler bewirken zu lassen, nicht vorhanden ist, wie dies namentlich bei den ländlichen Genossenschaften nicht selten der Fall zu sein Pflegt; 4. sind die Personen, welchen die Befugniß zur Entwerthung der Marken und Führung des Stcmpelsteuerbuches noch besonders verliehen werden soll, nicht dem Namen, sondern ihrer Geschäftsstellung nach (z. B. Prokurist, Rendant, Kassirer, Buchhalter u. s. w.) zu bezeichnen, weil sonst bei jedem Wechsel dieser Personen eine neue Genehmigung erforderlich wird und dadurch das Schreib­ werk unnöthiger Weise vermehrt werden würde. Sind in dem Geschäftsverkehr des Gesuchstellers mehrere Personell in gleicher Geschäftsstellung beschäftigt und soll einer derselben die Befugniß ertheilt werden, so ist für diese ein unterscheidendes Merkmal (z. B. der erste Buchhalter, der dienstältcste Prokurist u. s. w.) anzugeben.

22.

Die Genehmigung zur Selbstentwerthung wird vom Finauzmiuister unter Vor­ behalt jederzeitigen Widerrufs und unter den: Eröffnen ertheilt, daß Zuwiderhandlungen gegen die stempelgesetzlichen Bestimmungen und die zum Stempelsteuergeseh ergangenen oder

noch zu erlassenden Ausführungsvorschriften außer der Verhängung der im Gesetz angedrohten Strafen unter Umständen die Zurückziehung der Genehmigung zur Folge haben.

Erstreckt sich die Genehmigung auf Urkunden, die von dritten Personen zu

des zur Entwerthung Verstatteten ausgestellt sind,

Gunsten

so liegt ihm, falls ihm solche Urkunden

erst nach Ablauf der gesetzlichen Stempelverwendungsfristen in nicht oder nicht ausreichend

versteuertem'Zustande zugestellt werden, die Verpflichtung ob, von der vorgekommenen Stempel­ hinterziehung dem zuständigen Hauptamt Anzeige zu erstatten. Zur nachträglichen Entwerthung

der ilicht verbrauchten Stempel ist er aber auch in Fällen dieser Art befugt.

220

IT. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpfllcht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

Jedem

zur Selbstentwerthung Zugelaffenen ist vom Provinzial - Steuerdrrektor

ein

Exemplar der nachstehend abgedruckten Anweisung (Allg. F.M.Erl. v. 28. 3. 96 III 4376) zur

genauen Beachtung auszuhändigen.

Anweisung, betreffend die Versteuerung der Urkunden durch Verwendung von Stempel­ marken ohne amtliche Neberwachung. III 4376.

§1 Das Stempelsteuergesetz vom 31. Juli 1895 (G. S. S. 413) bezweckt die Vestemeruug der Grundsätze Urkunden, nicht aber der diesen zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfte. Zur Erhebung de-r Stempel' über steuer genügt die Thatsache der urkundlichen Verlautbarung, welche mit dem Zeitpunkte der unterHempel- schriftlichen Vollziehung der Urkunde als erfolgt anzusehen ist. Ob und unter welchen Bedingungen der Urkunden beurkundete Geschäft zur Ausführung kommt und ob es hinterher wieder aufgehwben wird, 'ist für die Stempelpflichtigkeit ebenso unerheblich, als der Umstand, daß die errichtete Urkunde später wieder vernichtet wird, selbst wenn die Vernichtung innerhalb der gesetzlichen StempelVerwendungsfrist erfolgt (§ 1 Abs. 1 und 2 u. § 3 Abs. 1 und 2 des Ges.). Den unterschriftlich vollzogenen Urkunden stehen diejenigen gleich, unter welchen der Nante oder die Firma des Ausstellers in seinem Auftrage unterschrieben oder mit seinem Wissen oder Witten durch Stempelaufdruck, Lithographie oder in irgend einer anderen Art mechanisch hergestellt ist (§ 1 Abs. 2 des Ges.). Die Stempelpflichtigkeit einer Vertragsurkunde wird dadurch nicht ausgeschlossen,, daß beide Vertragstheilnehmer nicht ein und dieselbe Schrift unterschriftlich vollzogen haben. Ein stempelpflichtiger Vertrag kann vielmehr auch unter Umständen durch Briefwechsel sowie dadurch zu Stande kommen, daß der Vertrag in zwei Exemplaren errichtet wird und jeder Venttragstheilnehmer nur das dem anderen übergebene Vertragsexemplar allein und einseitig unterzeichnet hat. Diese beiden Schriftstücke bilden nur in Verbindung mit einander eine stempelpflichtigw Urkunde und stehen in Beziehung auf die Stempelpflichtigkeit zu einander nicht in dem Verhältniß von Haupt- und Nebenauöfertigung (§ 1 Abs. 3 des Ges.). Enthält eine Urkunde verschiedene steuerpflichtige Geschäfte, welche sich nicht abs Bestand­ theile eines einheitlichen, nach dem Tarif steuerpflichtigen Rechtsgeschäfts darstellen, so ist der Betrag des Stempels für jedes Geschäft besonders zu berechnen und die Urkunde mit der Summe dieser Stempclbeträge zu belegen (§ 10 Abs. 2 und 3 des Ges.). Allgemeine

§2. Wenn der Werth des Gegenstandes eines Geschäfts dergestalt unbestimmt ist, daß er von heit vornherein auch annähernd nicht sogleich festgestellt oder geschätzt werden kann, so ist die Urkunde des Werthes innerhalb der im § 16 des Gesetzes angegebenen Fristen dem zuständigen Stenrpelsteuer amt vorzubeft T?cns legen, welches das Erforderliche wegen der Ueberwachung, Sicherstellung und nachträglichen Zahlung ' an der Stempelsteuer anordnet (§ 8 des Gesetzes; Ziffer 8 der Bekanntmachung vom 13. Fedruar 1896, betreffend die Ausführung des Gesetzes — S. 73 und 74 der amtlichen Ausgabe — ; Ziffer 12 Abs. 1 und B der Dienstvorschriften vom 14. Februar 1896, betreffend die Ausführung Wes Gesetzes - S. 134, 135, 140 u. 141 d. a. A.). §3.

Unbestimmt-

Grenzen der

Entwerthungsbefugniß. Führung des

Stempelsteuerbuchs.

Zeit der StempelverWendung.

Aufkleben der Stempelmarken,

Die Entwerthungsbefugniß ist auf Urkunden, welche einen Stempel von nichtt mehr als 30 Mk. erfordern, beschränkt (Ziffer 15 B Nr. 1 der Bekanntmachung S. 89 und 90 d. a. A.). §. 4.

Ueber die Versteuerung der Urkunden ist ein Stempelsteuerbuch nach dem Mmster b der Ziffer 15 B Nr. 2 der Bekanntmachung (S. 90 und 117 d. a. A.) zu führen, in welches alle zu &en einzelnen Urkunden verwendeten Stempel nach der Reihenfolge der Verwendung unter fort­ laufender Nummer (Haupt- und Nebenausfertigungen unter einer Nummer) einzeln -einzutragen sind. Das Stempelsteuerbuch unterliegt der Einsichtnahme und Prüfung der Vmrstättde der Stempelsteuerämter. Es ist, von der letzten Eintragung an gerechnet, fünf Jahre' lang auf­ zubewahren. §. 5.

Die Versteuerung der Urkunden muß vor der Aushändigung, spätestens aber lvinnen zwei Wochen nach dem Tage der Ausstellung bewirkt werden (§ 16 a des Gesetzes). § 6. Die Stempelmarken sind links auf der ersten Seite und, wenn diese nicht den genügenden Raum gewährt, auf den nächstfolgenden Seiten der Urkunde fest und sorgfältig dergestalt «aufzukleben, zwischen den neben einander befestigten Marken ein geringer Zwischenraum bestiehen bleibt,

§ 14. Art der Erfüllung der Stempelpflichb.

221

welcher das Uebergreifen der tut § 7 beschriebenen Entwerthungsvermerke gestattet (Ziffer 15 B Nr. 3 der Bet. S. 90 d. a. ?(.). Beim Gebrauch eines Stempels für den Namen oder die Firma muß sich auch zwischen den unter einander aufzuklebenden Marken ein solcher Zwischenraum befinden, das; der Stempelabdruck der unteren Marke die obere Marke nicht berührt.

§ 7.

Die Entwerthung der Marken und zwar jeder einzelnen erfolgt durch den Vermerk des Entweihen Datnnls (in Ziffern), an welchem die Marke aufgeklebt wird, der lausenden Nunnner, unter welcherbcl" Siempeldic Versteuerung in das Stempelsteuerbuch eingetragen ist, und des Orts, an welchem die Ver martclL

Wendung geschehen ist. Dieser Vermerk ist in dem unteren Theile der Marke einzutragen und zwar in der Art, daß das Datum und die laufende 9?iniimcr des Stempelsteuerbuchs in der Marke niedergeschrieben wird und der Ortsname auf das umgebende Papier übergreift. Außerdem ist auf dem oberen Theile der Marke und unter Mitbenutzung des umgebenden Papiers der Vor- und Zuname bezw. die Firma niederzuschreiben. Nachstehender Abdruck veranschaulicht die Entwerthung:

Die mit die Marken zu setzenden Entwerthungsvermerke müssen in allen Fällen mit halt­ barer Dintc in deutlichen Schristzcichen (Buchstaben und Ziffern) ohne jede Rasur, Durchstreichung oder Ueberschrift geschrieben sein; insbesondere muß der Name deutlich und lesbar sein; (Ziffer 15 A 11. Abs. 1 und 15 B Nr. 4 der Bekanntmachung S. 82, 90 u. 91 d. a. A.). Die Eintragung des Datums, der laufenden Nummer und des Orts durch Stempelaufdruck ist unzulässig.

Fst die Befuguiß ertheilt, die Eiutragung des Namens oder der Firma statt durch die Schrift durch einen schwarzen oder farbigen Stempelabdruck zu bewirken, so müssen die Abdrücke in haltbarer Farbe hergestellt sein und auf jeder einzelnen Marke den Namen bezw. den Geschäftsimntcii (Firma) deutlich erkennen lassen. Die Art, wie der Abdruck vorzunehmen ist, ergiebt sich aus nachstehendeul Abdruck:

(Ziffer 15 B Nr. 4 der Bekanntmachung S. 91 d. a. A.)

222

TT. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stelnpelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

§ 8. Versteuerung Nebenausfertigungen (Duplikate) werden in der Weise versteuert, daß der Duplikatstempcl zu der Neben- ber Ncbenausfertignng entwerthet und auf dieser außerdem vermerkt wird, welcher Stempel zur

mnme«'

yuiiut-ii (Duplikate).

Nebenausfertignng (Duplikat) und welcher zum Hauptexemplar entwerthet ist, z. B. Zum Duplikat 1,50 Mk. entwerthet. Zum Hauptexemplar 5 Mk. (in Worten) verwendet. Berlin, den 1. April 1896. Friedrich Kassirer L Comp. (Ziffer 15 B Nr. 5 der Bekanntmachung S. 92 d. a. A.).

§ 9. Wer den Vorschriften bezüglich der Berpslichtuna zur Entrichtnttst der Stempelsteuer zuwider bc' handelt, insbesondere also die gesetzlichen Stempel nicht oder nicht ausreichend oder nicht fristzeitig ' "umungen. ucrlt)cn^c^ hat eine (Geldstrafe verwirkt, welche dem zehnfachen Betrage des hinterzogenen Steinpels gleichkomnlt, nlindestens aber dreißig Mark beträgt (§ 17 Abs. 1 und 2 des (Gesetzes). Kann der Betrag des hinterzogenen Stempels nicht festgestellt werden, so tritt eine Geld­ buße bis zu Dreitausend Mark ein (§ 17 Abs. 4 des Gesetzes). Ergiebt sich aus den Umständen, daß eine Steuerhinterziehung nicht hat verübt werden können oder nicht beabsichtigt worden ist, so tritt statt der vorgedachten Geldstrafen eine Ordnungs­ strafe bis zu dreihundert Mark ein. Dieselbe Strafe ziehen Zuwiderhandlungen gegen die Vor­ schriften des Stempelsteuergefetzes oder gegen die zu dessen Ausführung erlassenen Vorschriften, die im Gesetze mit keiner besonderen Strafe belegt sind, nach sich (§ 18 Abs. 1 und 3 des Gesetzes). Berlin, den 28. März 1896. Der Finanz-Minister. Straf-

Zn Absatz 2. Aversion«!Versteuerung.

23.

Die Versteuerung der Urkunden int Wege der Avcrsional-Vcrstcuerung war nach früherem Stempclrecht nicht zulässig, doch war bereits durch § 9ä des Stst.G. v. 7.3.22 für den Erbschaftsstempel die Entrichtung eines Aversionalquantums nachgegeben. Im § 40 des Erbschaftssteuerges. v.

fccr Filumzminister ermächtigt, ausnahmsweise für

"O-A73

19. 5. 91 die Erbschaftssteuer ein Aversionalquantum anzunehmen, auch die Aversionalversteuerung solcher Anfälle zu gestatten, deren Versteuerung sonst noch ausgesetzt bleiben müßte. Auf dem

Verwaltungsgebiete der

indirekten

Steuern

kommen

ferner

Aversionalversteuerungen

bei der Brausteuer vor, indem nach § 4 des Brausteuerges. v. 31. 5. 72 Brauereibesitzer

die angeordnete Steuer von den von ihnen zu verwendenden steuerpflichtigen Braustoffen nach

Uebereinkunft

mit der Steuerbehörde

unter

den

von ihr festgesetzten Bedingungen durch

Zahlung von Abflndungssummen entrichten können (Brausteuerfixationen). In das jetzige Gesetz ist in Folge eines Beschlusses der Kom. d. Abg. H. hauptsächlich

im Interesse der Versicherungsgesellschaften

eine zusätzliche Bestimmung wegen Zulässigkeit

der Urkundenbesteuerung im Wege der Zahlung jährlicher Abfindungssununeu zur Vermeidung lästiger Weiterungen ausgenommen worden. *22) Die zum Zwecke der Firirung eines der Höhe nach ungewissen

oder zweifelhaften

Steueranspruchs über die Aversionirungen getroffenen Vereinbarungen sind nach den Normen

der Vergleiche zu beurtheilen*23) (§405 Tit. 16 Th. I A.L.N.) und daher hinfällig, wenn für das Geschäft wesentlich in Betracht kommende Umstände, welche beide Theile als gewiß vor­

aussetzten, sich nachträglich als nicht wahr herausstellen.*24)

24. dingungen

Ueber die Voraussetzungen und Zwecke der Aversionalderstcucrung, die Be­ der Zulassung und die Grundsätze der Berechnung Bestimmt die Ziff. 16 der

Ausf. Bck. wie folgt:

♦22) Koin.Bcr. S. 106. *23) RG. 8. 3. 96 F.M. III. 5106, Jur. Wochcnschr. S. 159. *24) F.M.Erl. 2. 5. 81 III. 5776.

§ 14. Art der Erfüllung der tempelpflicht.

223

Die Stempelpflicht wird abgesehen von dem Verbrauch von gestempeltem Ziffer 16. Papier, Stempelmarken, gestempelten Formularen und Stempeldruckbogen noch durch Baarzahlung erfüllt, nämlich durch Zahlung jährlicher Abfindungssummen statt der Versteuerung im Einzelnen (AversionalVersteuerung). Die Zahlung jähr­ licher Abfindungssummen statt der Einzelversteuerung ist nur zulässig, wenn es sich nm die Besteuerung von Beurkundungen gleichartiger, häufig wiederkehrender Rechtsgeschäfte handelt, beispielsweise nm Versicherungsverträge, Policen u. s. w. Da diese Versteuerungsart nur dem Zwecke dient, den Steuerpflichtigen die Mühe­ waltungen und Umstände, wie sie mit der Einzelversteuerung verbunden sind, zu ersparen, nicht aber ihnen Vermögens Vortheile durch Zahlung geringerer Stempel­ abgaben zuzuwenden, so muss bei der Versteuerung mittelst der Abfindungs­ summe thunlichst derselbe Steuerbetrag erhoben werden, welchen der Steuer­ pflichtige bei der Einzelversteuerung zu zahlen gehabt haben würde. Der voraussichtliche Verbrauch an Stempeln bei der Zahlung dieser Abgabe im Ein­ zelnen hat daher für die Bemessung der jährlichen Abfindungssumme den ent­ scheidenden Massstab abzugeben. Sparkassen, Versicherungsgesellschaften, Genossenschaften u. s. w., welche Stempelmarken ohne amtliche Ueberwachung entwerthet und über den gesummten Stempel verbrauch das in der Ziffer 15 B No. 2 dieser Bekanntmachung bezeichnete Stempelsteuerbuch ein Jahr lang geführt haben, kann nach Ablauf dieses Jahres die Zahlung jährlicher Abfindungssummen statt der Einzelversteuerung gestattet werden. Der aus dem Stempelsteuerbuch hervorgehende, während eines Jahres gezahlte Gesammtstempelbetrag bildet die Grundlage für die Berechnung der für die einzelnen Jahre zu zahlenden Abfindungssummen. Stellt sich myfli Beendigung des einzelnen Jahres, für welches das Steuerabkommen läuft, heraus, dass der Gesammtwerth der abgeschlossenen Geschäfte ein höherer ist, als der Gesammtwertli der Geschäfte desjenigen Jahres, in welchem die An Schreibungen im Stempelstenerbuch erfolgt sind, so findet eine verhältnissmässige Erhöhung der zu zahlenden Summe statt. Sollen beispielsweise die Policen einer Feuer­ versicherungsgesellschaft mittelst Abfindung versteuert werden und ergiebt sich für die Dauer eines Jahres bei einer Gesammtversicherungssumme von 10 Millionen aus dem Stempelsteuerbnch ein Stempelverbrauch von 160 Mk., so würde dieser Betrag um ein Viertel — also um 40 Mk. — zu erhöhen sein, wenn die Gesammtversicherungssummen während des Bestehens des Steuerabkommens jährlich die Summe von 10 Millionen um 21/2 Millionen übersteigen. Ebenso findet eine Er­ mässigung der zu zahlenden Abfindungsbeträge in demjenigen Verhältnisse statt, in welchem sich der Gesammtwerth der abgeschlossenen Geschäfte in den Jahren, in welchen das Steuerabkommen läuft, verringert. Die vorerörterten Grundsätze enthalten nur allgemeine Anhaltspunkte für die Bemessung der Abfindungssummen, so dass Abweichungen und Erleichte­ rungen in der Ermittelung dieser Summen überall da zulässig sein sollen, wo sich dieselben aus der Eigenart des in Betracht kommenden Geschäftsverkehrs und dem Vorhandensein besonderer Umstände rechtfertigen lassen. Auch kann Sparkassen, Versicherungsgesellschaften, Genossenschaften u. s. w. schon vom Tage des Inkrafttretens des Gesetzes ab und ohne dass sie ein Stempelsteuer­ buch geführt haben, die Versteuerung durch Zahlung jährlicher Abfindungs­ summen gestattet werden, sofern sie die zur Ermittelung dieser Summen er­ forderlichen Unterlagen aus ihren Geschäftsbüchern oder in irgend einer anderen Weise zu beschaffen vermögen. Der Steuerpflichtige ist verbunden, seine Geschäftsbücher und sonstigen Verhandlungen, welche für die Ermittelung der Abfindungssummen sowie für

224

TT. Abschnitt: Don d. Erfüllung b. ^temp^lpflicht u. d. Folgend. Nichterfüllung,

die amtliche Ueberwachung der Versteuerung von Bedeutung sind, den Beamten des zuständigen Stempelsteuer- oder Hauptamtes jeder Zeit zur Einsicht vor­ zulegen. Der zur Versteuerung Verstattete hat alle in seinem Geschäftsverkehr errichteten, an sich stempelpflichtigen Urkunden, auf welche sich die Abfindung erstreckt, mit einem die Abfindung erkennen lassenden kurzen Vermerk z. B. Stplfr: 1: Abf: (statt: Stempelfrei laut Abfindung) mit einer ihm vom Finamzminister mitgetheilten Nummer sowie mit seinem Vor- und Zunamen bezw. «der vollen Firma und der Bezeichnung des Wohnorts zu versehen. Dieser Vermerk kann, wenn er nicht niedergeschrieben wird, durch Stempelaufdruck hergestellt werden, muss aber in jeder Form den Namen, die Firma und den Ort deutlich erkennen lassen. Zur Veranschaulichung dient nachstehender Abdruck:

r/lplfr.

I.

Abf 1 6.

Hinsichtlich der Organe, mit welchen über Anträge Von Gesellschaften auf Zulassung

Von Aversionalversteuerungen zu verhandeln ist, sowie in Betreff des Umfanges,

in welchem

die Averstonirungen zu gewähren sind, verordnet der Allg. F.M.Erl. v. 6. 2. 97 111. 584: Ich erkläre mich damit einverstanden, das; Anträgen auf Zulassung von Aversional­ versteuerungen nur dann näher getreten wird, wenn sie bei Gesellschaften von dem Gesellschafts Vorstande, nicht aber von dessen Nachgeordneten Organen, — also bei Versicherungsgesellschaften von der Direktion, nicht von einer einzelnen Generalagentur — ausgehen. Dagegen erachte ich es nicht für zulässig, solche Anträge deshalb abzulehnen, weil die Aversionirung nicht für den gesammten Geschäftsbereich, sondern nur für einen Theil desselben, z. B. für den Bezirk einer oder mehrerer Generalagenturen gewünscht wird. Die Geschäftsverhältnisse einer Gesellschaft können so verschiedenartige sein, das; es für sie Wünschenswerth ist, die Nrkundenversteuerung in dem einen Theile ihres Geschäftsbezirks durch Aversionirung, in einem anderen durch Selbstentwerthung vor­ nehmen zu lassen. Die grundsätzliche Ablehnung der auf theilweise Aversionirung gerichteten Anträge würde daher unter Umständen zu einer mit den Interessen der Antragsteller nicht immer in Uebereinstimmung stehenden Beschränkung der Zulassung zu dieser Ver­ steuerungsart führen. Da jedoch andererseits die Zweckmäßigkeit einer thunlichst gleich­ mäßigen Versteuerung der Urkunden ein und derselben Gesellschaft nicht zu verkennen ist, so werden in Fällen, in denen eine theilweise Aversionirung gewünscht wird, die Antragsteller hierauf aufmerksam zu machen und die Gründe zu erörtern fein, welche die Aversionirung für den gesammten Geschäftsbereich nicht angezeigt erscheinen lassen.

25.

In Ergänzung der Ziff. 16 der Ausf.Bet. hat der Finanzminister den Provinzial-Steuerdirektoren hinsichtlich der für die Prüfung der Gesuche um Zulassung zur Aversionalversteuerung und für die Berichterstattung maßgebenden Gesichtspunkte den nach­

stehenden allg. Erlaß v. 31. 3. 96 III. 4457 zugehen lassen: Die über die Zulassung zur Versteuerung durch Zahlung jährlicher Abfindungs­ summen bisher vorgelegten Berichte geben mir Anlaß, darauf hinzuweisen, daß die Bestimmung der Ziffer 16 der Ausführungs - Bekanntmachung (S. 93), wonach der zur Versteuerung zu Verstattende vorher ein Jahr lang ein Stempelsteuerbuch zu führen hat, die Regel bildet und Ausnahmen von dieser Regel nur dann statthaft sind, wenn die zur Ermittelung der Abfindungssummen erforderlichen Unterlagen anderweitig in zuverlässiger Weise beschafft werden können. Gewähren die gegebenen Unter­ lagen keinen genügenden Anhalt für die Berechnung der Abfinduugssummen, so muß den Betheiligten überlassen bleiben, den Antrag nach Ablauf der obenerwähnten Frist zu wiederholen und bis dahin von der Befugnis; zur Selbstentwerthung der Stempel-

§. 14. Art der Erfüllung der Stempelpflicht.

225

marken Gebrauch zu machen, oder, wo es erforderlich ist, die Erlaubniß hierzu nachzu­ suchen. Da die Versteuerungen durch Zahlung eines AversumS in finanzieller Hinsicht von Bedeutung sind und unrichtige, zu niedrig bemessene Abfindungssummen das Auf­ kommen aus der Stempelsteuer sehr erheblich vermindern würden, so ist bei der Prüfung der Anträge auf Zulassung zu dieser Versteuerung mit größter Sorgfalt zu verfahren. Die int einzelnen Falle ermittelten Steuerbeträge und Gesammtwerthe der steuer­ pflichtigen Geschäfte sollen hier in Nachweisungen zusammengestellt werden, um sie mit dein Ergebniß der Ermittelungen in anderen Fällen vergleichen uitb auf diese Weise für die Zukunft allgemeine Anhaltspunkte für die Angemessenheit der Abfindungssummen ge­ winnen zu können. Die Prüfung und Berichterstattung wird sich insbesondere auf folgende Punkte zu erstrecken haben:

1. genaue Bezeichnung der Anstalten, Geschäfte, Gesellschaften u. s. w., welchen die Genehmigung ertheilt werden soll, also beispielsweise bei Bankgeschäften Angabe der Haupt- und Nebengeschäste (Filialen), bei Versicherungsgesellschaften Angabe der einzelnen Generalagenturen und deren Geschäftsbezirke, einschließlich der etwa im Auslande befindlichen Generalagenturen, welche nach § 2 des Gesetzes stempelpflichtige Policen ausstetlen u. s. w.; 2. genaue Bezeichnung der Gattung der Urkunden, für welche die Versteuerung nachgesucht wird — insbesondere auch, ob nur für die Haupt- oder auch für die Nebenausfertigungen —, der Tarisstelle und des zur Anwendung kommenden Steuersatzes (bei Versicherungen Angabe der einzelnen Versicherungsarten); 3. Angabe des zugleich das Steuerjahr bildenden Geschäftsjahres (ob Kalenderjahr, Etatsjahr oder sonstiger Beginn desselben); 4. Angabe des Gcsammtwerthes aller während des dem Steuerjahr zuletzt voran­ gegangenen Geschäftsjahres abgeschlossenen Geschäfte, welche zu derjenigen Art gehören, für welche die Versteuerung beantragt wird (bei Geschäften, welche verschiedenen Tarifsätzen unterliegen, sind die Angaben für jede Gattung besonders zu machen); 5. Angabe des Gcsanuntwerthcs der Geschäfte, welche wegen des Werthes dcS Gegenstandes oder aus irgend einem anderen Befreiungsgrunde für die Be­ rechnung außer Betracht bleiben sowie des Prozentverhältnisses dieses Werthes zu dem unter 4 anzugebenden Gesammtwerthe; 6. Angabe desjenigen Stcuerbetrages, welcher innerhalb des deut Stcuerjahrc zuletzt vorangegangenen Geschäftsjahres bei der Einzelversteuerung entrichtet worden ist oder zu entrichten gewesen wäre, dergestalt, daß von jedem einzelnen Ge­ schäft und von jeder Haupt- und Nebenausfertigung der Stempel besonders zu berechnen ist; 7. Angabe des Prozentverhältnisses des Steuerbetrages zu Nummer 6 (der Ab­ findungssumme) zu dem Gesaulmtwerth unter Nummer 4. Die Richtigkeit des Betrages unter Nummer 4 ist durch Vorlegung des Geschäftsberichts über das betreffende Geschäftsjahr oder in irgend einer anderen Art glaubhaft zu machen. Bei der Prüfung des Betrages zu 6 ist besonders darauf zu achten, ob auch die im Auölande ausgestellten, nach § 2 des Gesetzes stempelpflichtigen Policen sowie die im Jnlande ausgefertigten Policen, welche sich auf ausländische Geschäfte beziehen, Berücksichtigung gesunden haben und ob bei der Berechnung der einzelnen Stempelbeträge nach der Entscheidung vom 30. März d. Js. III. 3912*25) verfahren ist. Der Nachweis der Richtigkeit ist durch Vorlegung des Stempelsteuerbuches oder, wenn ein solches noch nicht geführt ist, durch Einreichung von Auszügen aus den Geschäftsbüchern, Ver­ sicherungs-Verzeichnissen u. s. w. zu führen. Für Haupt- und Nebengeschäfte, General­ agenturen u. s. w. bedarf es für jedes Geschäft, jede Generalagentur u. s. w. eines be­ sonderen Auszuges. Die eingereichten Berechnungen sind in rechnerischer Hinsicht in den einzelnen Beträgen von einem Rechnungsbeamten zu prüfen und bezüglich ihrer Nichtigkeit zu bescheinigen. Außerdem sind den zu erstattenden Berichten stets die Formulare der in Betracht konunenden Urkundengattungen sowie die Geschästsstatuten oder die sonstigen die Geschäftsführung regelnden Bestimmungen beizufügen. Auf Unfall- und Haftpflichtversicherungen, bei welchen die Abfindungssununen nach dell Gesammtprättlienbeträgerl zu berechnen sind, finden die vorstehenden Bestumnungen sinngemäße Anwendung. Die Prüfung der Anträge und die Einholung der Genehmigung der Aversionalversteuerung liegt demjenigen Provinzial-Steuer-Direktor ob, in dessen Verwaltungs-

*25)

Vergl. Note 2 der Anm. 4 zu § 11.

ummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

226

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung. bezirk der Antragsteller (Vorstand, Direktion) — bei ausländischen Geschäften, Gesell­ schaften u. s. tu. der inländische Vertreter — seinen Wohnsitz bezw. Sitz hat. Die Ab­ findungssummen sind in der Regel int Voraus in halbjährlichen Raten bei dem von dem Provinzial-Steuer-Direktor zu bestimmenden Hauptamt eiuzuzahlen. Innerhalb zweier Monate nach Beendigung jedes' Steuerjahres hat der zuständige ProvinzialSteuerdirektor die Berechnung gemäß den Beslimuulngeu des zweiten Absatzes der Ziffer 16 der Ausführungsbekanntmachung (S. 93) herbeizmühren und zu diesen: Zweck die Abfindungssumme für das abgelaufene Jahr endgiltig festzustelleu. Etwaige Er­ mäßigungen können auf die nächstfällige Ratenzahlung in Anrechnung komnten. Die für die Genehmigung der Versteuerungen erforderlichen Berechnungen sind hiernach, soweit es möglich ist, schon vorher zu beschaffen und zu prüfen, so das; die an Ort und Stelle vorzunehmenden Prüfungen bttrcf) Beamte der Stempelsteuer- und Haupt­ ämter sich im Wesentlichen auf eine probeweise Vergleichung der eingereichteir Zusammen stellungen mit den Geschäftsbüchern, Verzeichnissen u. s. w. werdet: beschränken können. Berühren die eingereichten Berechnungen die Geschäftsbezirke verschiedener Stempelsteuer­ ämter, wie es beispielsweise bei den Generalagentnret: einer Versicherungsgesellschaft häufig der Fall sein wird, so sind sie den einzeltten Vorstättden zur Nachprüfung zuzusenden. Ueber jede diesseits genehmigte Aversionalversteuernng ist eit: besottderes Aktenstück zu führen. Ob der besseren Uebersicht wegen die einzelner: Fälle, insbesondere die jährlichen Steuerfestsetzungen, noch daneben in ein besonderes Verzeichnis; einzutragen sein werden, bleibt Ew. p. p. Ermessen überlasset:.

26. In der die Aversionalversteuernng genehmigenden Verfügung des Fiuauzmiuisterö wird die Abfindungssumme für jedes Steuerjahr sowie der der Berechnung dieser Sutntne zu Grunde liegende Gesamtntwerth festgesetzt. In den Grenzen dieses Werthes, in welchem der Werth der steuerpflichtigen und steuerfreien Geschäfte ettthalten ist, gelten alle innerhalb jedes einzelnen

Steuerjahres errichteten Urkunden, steuert.

für welche die Aversionatvcrstcucrung gestattet ist, als ver­

Stellt sich nach Beendigung des einzelnen Steuerjahres heraus,

daß der Gesammt-

werth der abgeschlossenen Geschäfte den festgesetzten Gesamtntwerth übersteigt, so findet eine verhältnismäßige Erhöhung der Abfindungssutnme statt, während attdererseits diese Summe bei einer Verringerung des wirklichen Gcsamtntwerthcs nach Verhältniß ermäßigt wird.

Die Genehmigung

wird unter Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs ertheilt

und

der

zur Versteuerung Verstattete verpflichtet, detn Provinzial-Steuerdirektor jede wesentliche Er­

weiterung des Geschäftsumfanges (z. B. durch Hinzutritt neuer Nebengeschäfte, neuer General­

agenturen 2C.) innerhalb 14 Tagen nach ihrem Eintritt anzuzeigen.

sonstige Verhandlungen (vergl. Abs. 4 der Ziff. 16 der Ausf.Bek.)

Die Geschäftsbücher und müssen den Beamten des

zuständigen Stempelsteuer- oder Hauptamts jeder Zeit zur Einsicht vorgelegt werden. Zuwider­ handlungen gegen diese Bestimmungen, das Stempelsteuergesetz und die dazu ergangenen oder noch

zu erlassenden Ausführungsvorschriften sowie nachgewiesene absichtliche Unrichtigkeiten der zur Begründung des Antrages auf Zulassung

zur Versteuerung gemachten Angaben haben unter

Umständen die Zurückziehung der Genehmigung zur Folge.

Der Steuerverwaltung stehen wegen aller Ansprüche

aus der Genehmigung dieselben

Befugnisse zu, welche ihr bezüglich der Eintreibung der Steuern gesetzlich eingeräumt sind.

§♦ 15. Zeit der Stempelverwendung bei den von Behörden nnd Beamten aufgenommenen Verhandlungen. Abs. 1.

Behörden und Beamte, einschließlich der Notare, jedoch ausschließlich der Schiedsmänner, haben zu allen von ihnen aufgenommenen Verhand­ lungen oder ertheilten Ausfertigungen, Abschriften, Bescheinigungen, Aus­ zügen und Genehmigungen aller Art den Stempel vor deren Aushändigung, spätestens aber binnen zwei Wochen nach dem Tage der Ausstellung der Urkunden zu verwenden. Ist der Stempel innerhalb dieser Frist von den

§. 15. Zeit d.Stempelverwmdung bei den von Behörden :c. ciufgcnoniinenen Verhnndl. 227

Verpflichteten nicht beigebracht, so ist die zwangsweise Einziehung deS Stempels binnen einer Woche bei der zuständigen Steuerstelle von den vorbezeichneten Behörden und Beamten zu beantragen oder, wenn sie selbst zur zwangsweisen Einziehung von Geldern befugt sind, die zwangs­ weise Einziehung innerhalb der gleichen Frist anzuordnen. Dieser Be­ stimmung unterliegen auch diejenigen Urkunden, bei denen ein Notar den Entwurf anfertigt und nach Vollziehung durch die Betheiligtcn die Unter­ schriften oder Handzeichen beglaubigt.

Insoweit die in der Tarifstelle „Erlanbnistertheilnngen" «nter c und m anfgcftthrten Urkunden einen den Betrag von 1 Mark 50 Pf., beziehungsweise 3 Mark übersteigenden Stempel erfordern, ist der Mehr­ betrag von den Steuerpflichtigen erst binnen zwei Wochen nach dem Tage der Rechtskraft der Zuschrift über das Ergebnis; der Veranlagung zur Gewerbesteuer oder der anf das eingelegte Rechtsmittel ergangenen Ent­ scheidung beizubringen (§§. 32 und 35 ff. des GcwerbcsteucrgesctzcS vom 24. Juni 1891 — Gesetz-Samml. S. 205 —). Für die Versteuerung der stempelpflichtigen Verhandlungen der Schicdsmänner haben die Parteien den Stempel binnen zwei Wochen nach dem Tage der Aufnahme zu der Urschrift der Verhandlung beizubringen und dem Schicdsmann znznsteNcn. Die Schiedsmänner haben anf jeder von ihnen ertheilten VergleichSausfertignng zu vermerken, welcher Stempel zn der Urschrift verwendet oder das; ein solcher nicht beigebracht worden ist. Zu Absatz 1. Arnn. „ „ „ „

Zu Absatz 2. der



7. Ertanbniszertheilungen 22 c und in.



8. Verhandlungen der Tchiedsinänner.

Tarifstelle

Zu Absatz 3.

Das St.G. v. 7. 3. 22 bestimmte im § 22 Abs. 4, daß Richter und Notare die

Stempelstrafen für die Nichtversteuerung der vor ihnen aufgenommenen Verhandlungen treffen sollten.

;'-

I n h a l t. Annt. (). Galgen der ^wviderhandlungen.

1. Cinleitnng. 2. Anwendungsbereich. 3. Ausstellung, Datum, Fristberechnnng. 4. Aushändigung. 3. Zwangsweise (Linziehnng.

1.

-M-

In Ergänzung dieser Bestimmung

verordneten die Ziffern 3 und 4 der Kab.O. v.

19. 6. 34 (G.S. S. 81), daß für die Einziehung der Stempel zu dergleichen Verträgen von Amtswegen gesorgt werden müsse, Richter und Notare, die bei der Stempelverwendung ihre Pflicht

versäumten, in die gesetzliche Stempelstrafe des Vierfachen zu nehmen und wegen des Stempels

zugleich mit den Interessenten, unter Vorbehalt des Regresses an diese, persönlich verhaftet seien. Die Kab.O. v. 24. 11. 35 (von Kamptz Jahrb. Bd. 46 S. 560) dehnte diese Vorschriften auf

die Fälle aus, in denen weder gerichtlich noch von einem Notar aufgenomlnene Puuktationen inner­ halb vierzehn Tagen nach ihrer Errichtung einem Richter oder Notar mit dein Anträge auf ge­ richtliche oder notarielle Vollziehung überreicht wurden. Die Kab.O. v. 28.10.36 (G.S. S. 308)

verordnete allgemein, daß Beamte, die bei ihren Amtshandlungen die tarifmäßigen Stempel nicht verwenden, mit einer Ordnungsstrafe im Höchstbetrage von 50 Thalern zu belegen seien.

Notare waren von den Strafbestimmungen dieser Kabinetsorder ausgeschlossen; sie unterlagen

der Strafe des Vierfachen und erst durch das Ges. v. 28. 5. 94 (G.S. S. 105) wurden sie hinsichtlich der Bedrohung mit Ordnungsstrafen den anderen Beamten gleichgestellt. Die Kab.O. v. 23. 12. 42 (G.S. 1843 S. 21) endlich dehnte die Bestirnmungen der Order von 1836 auf 15*

Einleitung.

228

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung,

die zwischen einer unmittelbaren oder mittelbaren Staatsbehörde und einer Privatperson ab­ geschloffenen Verträge aus.

Die Stst.Verordn. v. 19. 7. und 7. 8. 67 enthalten entsprechende

Vorschriften im § 14 Abs. 4 und in den §§ 16 bis 19. Vergl. auch § 12 Anm. 1 und § 13 Anm. 1. Anwendungs-

bererch.

2. Aus dem in der vorhergehenden Anmerkung dargelegten Rechtszustande, der mit erheblichen Abweichungen bestehen geblieben ist, ergiebt sich, daß § 15 sich auf dieselben Urkunden bezieht, die bereits in den §§ 12a und 13 a aufgeführt sind (Anm. 4 § 12 und Anm. 4 § 13), also auf: a) die vor Beamten und Behörden aufgenommenen Verhandlungen, bei denen erstere

nur als Urkundsperso nen thätig sind.

Für die von den Gerichten aufgenommenen

Urkunden findet nach § 30 Pr.G.Kost.G. eine Verwendung von Stempelmaterial

nicht statt; es scheiden deshalb die gerichtlichen Beurkundungen für die Anwendung des § 15 aus und

c§ bleiben in der Hauptsache nur die in notarieller Form

errichteten Urkunden übrig.

Es ist anerkannten Rechts, daß das vor dem Notar

abgegebene Bekenntniß zum Inhalt und zur Unterschrift einer Privaturkunde (§ 22

Not.Ordn. v. 11. 6. 45) diese zur notariellen macht (Weißler, das Notariat, Kap. 32 S. 289); es wird deshalb auch für das Stempelrecht anzunehmen sein, daß die vor den Notaren dem Inhalt und der Unterschrift nach anerkannten Privat­ urkunden den notariell aufgenommenen Verhandlungen gleich stehen und die Notare den Stempel zu verwenden haben, sofern zur Zeit der Anerkennung für die anzu­

erkennende bereits unterschriftlich vollzogene Privaturkunde die gesetzliche Stempel­ lösungsfrist noch läuft. Ist dagegen zu dem vorbezeichneten Zeitpunkt diese Frist

schon abgclaufen, so sind die Urkundenaussteller straffällig, falls sie die Versteuerung unterlassen haben. Für den Notar tritt eine Pflicht zur Stempelverwendung als­

dann nicht mehr ein, denn die bloße Ueber reich ung einer Privaturkunde an ihn zur Anerkennung innerhalb der 14tägigen Frist zieht nach dem jetzigen Gesetz nicht mehr, wie nach früherem Recht*1), seine Verpflichtung nach sich, für die Verstempelung von Amtswegen zu sorgen. schriften,

so

Beglaubigt der Notar nur die Unter­

findet § 15 keine Anwendung, sondern die Aussteller haben für die

rechtzeitige Versteuerung zu sorgen. Ebenso befreit die Ueberreichung einer Punktation an das Gericht zum Zwecke der Beglaubigung der Unterschriften die Interessenten nicht von der Pflicht zur rechtzeitigen Verstempelung der Urkunde.*2)

Wegen der

Pflichten der Notare zur Ermittelung des Werthes des Gegenstandes vergl. Ziffer 9 Dienstv. (amtl. Ausg. S. 132). Unter die Bestimmungen des § 15 fallen auch die von den Dorfgerichten

aufgenommenen Taxen, Inventarien u. s. w.

§§ 82 fg. Th. II Tit. 7 A.L.R.

Wegen der Verpflichtung der Universitätsrichter zur Besteuerung der Schuld­ urkunden der Studirenden über gestundete Honorare s. § 14 Anm. 13 Abs. 3 und

Note 12; wegen der notariellen Pacht- 2C. Verträge vergl. § 13 Anm. 4a; b) die zwischen unmittelbaren oder mittelbaren Staatsbehörden oder zwischen solchen

Behörden und Privatpersonen abgeschlossenen Verträge, bei denen die Beamten und Behörden als Vertragstheilnehmer und Urkundenaussteller thätig sind. Dabei macht es keinen Unterschied,

ob die Vertragsurkunde von der Behörde aus­

genommen und von der Privatperson vollzogen ist oder ob umgekehrt letztere den

Vertrag gefertigt und die Behörde ihn nur unterschrieben hat. zwischen steuerfreien Behörden und Privatpersonen,

Bei Verträgen

zu denen nach dem vorletzten

*1) NG. Strass. 11. 6. 80 Bd. 2 S. 101, Cbl. 1881 S. 191, Just.M.Bl. 1881 S. 23. *2) F.M.Crl. 26. 2. 47 III. 3906; 16.12.51 III. 26751; Ob.Trib. 11.6. 74 F.M. III. 14436, O.N. Bd. 15 S. 387; K.G. 3./5. 5. 88 Joh. Jahrb. Bd. 8 S. 172; F.M.Erl. 23. 12. 89 III. 17942; siehe auch § 31 Abs. la. E. Pr.G.Kost.Ges.

§. 15. Zeit d. Stempelverwendung bei den von Behörden 2c. aufgenommenen Verhandl.

229

Absatz de§ § 5 Stst.G. nur die Hälfte des tarifmäßigen Stempels in Ansatz kommt,

liegt die Entrichtung dieser Hälfte der Privatperson ob (§ 5 Anin. 37), die Behörde aber hat für die Beibringung und Entwerthung des Stempels nach der Vorschrift des § 15 zu sorgen. Auch die von Behörden und Beamten beurkundeten einseitigen Verpflichtungen

und Erklärungen wie Abtretungen,

Schenkungen,

(Anm. 5 § 12) fallen unter § 15, so daß händigung versteuert werden müssen;

Schuldverschreibungen u. s. w.

auch solche Urkunden vor der Aus­

c) die von Behörden und Beamten ertheilten Ausfertigungen, Abschriften u. s. w., die in Abs. 4 Anm. 4 § 12 einzeln aufgeführt sind.

Unter den

Genehmigungen aller Art sind nur die von Behörden und

Beamten ausgehenden Erlaub nißerth ei lang en des Tariks zu verstehen,

nicht

aber Genehmigungen von Nechtsge sch ästen, welche die Behörden auf Grund staat­

licher Aussichtsrechte ertheilen z. B. Genehmigungen von Schenkungen seitens der Negierungen gemäß der §§ 2 und 4 Ges. v. 23. 2. 70 (G-S. S. 118). Ueber der­ artige Urkunden trifft § 16 Abs. 3 Bestimmung; für ihre Versteuerung haben die

zu

Aussteller

sorgen.

Eine

Ausnahme

machen

aber

gerichtlich

genehmigte

Urkunden (§ 2 Abs. 1 e allg. Vers. v. 29. 2. 96 AuSf.Best. amtt. Ausg. S. 260). Vergl. auch § 16 Anm. 19; d) die Urkunden, bei denen ein Notar den Entwurf ansertigt und nach Vollziehung durch die Betheiligten die Uutcrschriften oder Handzeichen beglaubigt. Eine Pflicht zur Stempelverwendung liegt den Notaren aber nicht ob, wenn sie eine von ihnen nicht entworfene Urkunde beglaubigen; in diesen: Falle sind sie nur verpflichtet, den

nach Tarifstelle 77 für die Beglaubigung erforderlichen Zcuguißstempel zu verwenden.*3)

Das Nähere s. bei Tarif 77. Nach dem durch § 35 Stst.G. nicht aufgehobenen 2. u. 3. Abs. des § 9 des Notariatsgesetzes vom 15. 7. 90 (G.S. S. 229) haben die Notare in den Fällen, in denen sie den Entwurf anfertigen und die Unterschrift beglaubigen, eine stempel­ freie beglaubigte Abschrift zu ihren Akten zurückzubehalten; diese Verpflichtung

erstreckt sich auch auf Abschriften von

stempel fr eie n Privaturkunden der be­

zeichneten Art.*4)

3.

Hierüber vergl. § 16 Anm. 7 und 8.

Ausstellung, Datum, Frist­ berechnung.

4.

Hinsichtlich des Begriffs der Aushändigung s. § 16 Anm. 10. Eine AuS.. Aus­ händigung im Sinne des § 15 liegt vor, wenn sich die Behörden oder Beamten des Be- I)anbl9UU‘3sitzes der Urkunden entäußern, sei es an die Urkundenaussteller bezw. die sonst zur Ver­ steuerung Verpflichteten oder sei es an eine zur Versteuerung nicht verpflichtete Privatperson oder Behörde.

Händigen Notare von ihnen entworfene und bezüglich der Unterschrift be­

glaubigte Urkunden trotz der Vorschriften des § 15 ungestempelt aus und werden die Urkunden demnächst einem Gericht behufs Ausschließung des Auflassungsstempels oder des für die Ein­ tragung, Abtretung oder Verpfändung einer Hypothek oder Grundschuld zu entrichtenden Werth­ stempels vorgelegt,

so

muß die ganz allgemein lautende Vorschrift des § 31 Pr. G.Kost.G.

zur Anwendung kommen, wonach der Stempel zn den Gerichtskosten zu verrechnen ist.

Die

im § 31 Abs. 2 a. a. O. enthaltene Bestinunung wegen Aufrechterhaltung der Verpflichtung

der Notare, für die Einziehung der Stempel zu sorgen, kann nach der Stellung dieser Bestimmung und dem Zusammenhang mit dem Vorhergehenden nur dahin verstanden werden,

*3) Allg. Verf. d. Just.M. 21. 6. 97 I 2766 Just.M.Bl. S. 154, mitgcth. durch allg. F.M.Erl. 30. 6. 97 IIL 7992 Cbl. S. 277. *4) Just.M.Erl. 4. 11. 95 I. 5490, F.M. III. 15907 Cbl. S. 397.

230

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung,

das; cs bei der persönlichen Haftung des Notars für den Stempelbetrag und bei dessen Straf­ fälligkeit bewende.

Ist nach den: Notariatsregister kein

oder ein zu geringer Stempel ver­

wendet, so hat der Vorstand des Stempelsteueramts den fehlenden Stenipel nachzufordern und es ist dann Sache des Notars, nachzuweisen, daß der Stempel demnächst zu den Gerichtskostcn

verrechnet sei,

in welchen: Falle nur noch der Strafpunkt zu erledigen bleibt.

Zweifelhaft

ist, ob die Bestimmung des § 31 Pr. G-Kost.G. auch auf solche Fälle Anwendung findet,

in

denen die Urkunde von: Notar ausgenommen ist und er alsdann in: Widerspruch mit §§ 13a und 15 Stst.G. vor Versteuerung der Urkunde eine Ausfertigung aus den Händen

giebt, beim in diesen: Fall erscheint als die mit den: Wcrthstcmpel zu versehende Urkunde nicht

die demnächst dem Gericht vorgelcgte Ausfertigung, sondern die bein:Notar znrückbleibende

Urschrift (§ 9 Abs. 2 Stst.G-, Ziffer 15 A 3 Ausf.Bek. amtl. A. S. 87).*5)

Man wird aus

diesen: Grunde sich für die Unzulässigkeit der Vereinnahmung deo Stempels bei oen Gerichts­ kosten aussprechen müssen. Zwangsweise Einziehung.

£)♦ Die zwangsweise Einziehung der Stempel wird nach der Verordnung betr. das Ne^^^nnoszwangsvcrfahren wegen Beitreibung von Geldbeträgen v. 7. 9. 79 (G.S. S. 591) und der Ausf.Anw. v. 15. 9. 79 (Ebl. S. 287) veranlaßt.

Entsprechend der allg. Verf. d.

F.M. v. 7. 6. 86 LIL. 6536 (Ebl. S. 125) zu I. erfolgt die zwangsweise Einziehung von Stempeln, für deren Nachbringung die Notare von Amtswegen zu sorgen haben, durch die

Gerichtsvollzieher (vergl. Ziffer 8 Abs. 2 Dicnstv. amtl. Ausg. S. 132). Die durch die Anträge auf zwangsweise Einziehung entstehenden Schreibgcbührcn der Notare können in: Ner-

waltungszwangsvcrfahrcn zugleich mit den Stempeln beigctricben werden.

Notare, Behörden

und Beamte haben die Anträge auf zwangsweise Einziehung des Stempels bei dem Hauptamte ihres Wohnortes bczw. ihrer Aintsttellc einzureichen.

Das Nähere s. Ziffer 9 Dienstv. (amtl.

Ausg. S. 132). Das Recht der Behörden und Beainten, die zwangsweise Einziehung zu verlangen, ist

nicht an die im § 15 Abs. 1 gesetzte einwöchige Frist gebunden.*6)

Auch nach Feststellung

der Erfolglosigkeit der versuchten zwangsweisen Einziehung dürfen Behörden und Beamte die Urkunden nicht aushändigcn; dies wird ihnen nur mit Genehmigung des Finanzministers ge­

stattet sein. Folgen der

6*

Beamte, die den Vorschriften des § 15 zuwider handeln, verfallen in die Ordnungs-

hmidNmgelr stufen des § 19, wogegen Privatpersonen, die die Aufnahinc oder Ertheilung der Urkunden veranlaßt haben oder Vertragstheilnehiner oder Inhaber oder Vorzeiger sind, von jeder Strafe

verschont bleiben,*?) abgesehen von den Urkunden über Rechtsgeschäfte, die erst durch die Ge­ nehmigung oder den Beitritt einer Behörde oder eines Dritten Rechtswirksainkeit erlangen,

da in diesen Fällen die Privatpersonen sich strafbar inachen, wenn sie die Versteuerung nicht rechtzeitig bewirken.*8)

Privatpersonen bleiben selbst dann straflos, wenn sie es verabsäumt

haben, den Notaren die von ihnen nachträglich verlangten näheren Aufklärungen über den

Werth des Gegenstandes zu geben.*9)

Die Straflosigkeit der Privatpersonen tritt auch ein in

den oben Ann:. 2a erwähnten Fällen der Anerkennung von Privaturkunden durch den Notar nach Inhalt und Unterschrift*10) und sofern es sich un: von den Notaren entworfene und

*5) F.M.Erl. 25. 1. 98 III. 401. *6) Ob.Trib. 23. 1. 73 Strieth.A. Bd. 87 S. 350. *7) Ob.Trib. 22. 11. 72 F.M. III. 5860/73, O.R. Bd. 13 S. 626; Allg. F.M.Erl. 26. 3. 97 III. 830. *8) s. den in Note 7 erwähnten Erl. 26. 3. 97. *9) Ob.Trib. 27. 2. 73 Entsch. Bd. 69 Abth. f. Krim.Sachen S. 139, G.A. Bd. 21 S. 309, Fnst.M.Bl. S. 157, O.N. Bd. 14 S. 174. *10) Ob.Trib. 11. 6. 74 F.M. III. 14 436, O.N. Bd. 15 S. 388.

§. 15. Zeit d. Stempelverwendung bei den von Behörden 2C. angenommenen Verhandl.

unterschriftlich beglaubigte Urkunden handelten)

231

In Betreff der zwischen Behörden und

Privatpersonen abgeschlossenen Verträge ist die Straflosigkeit der Privatpersonen, die Vertragstheilnehmer sind, sowie der Inhaber oder Vorzeiger in § 19 Abs. 2 Stst.G. ausdrücklich aus­

gesprochen. Abgesehen von den Ordnungsstrafen ergiebt sich als eine weitere Folge der Zuwider­ handlung die Haftung der Behörden, Beamten und Notare nach § 13a Stst.G. für die tarif­ mäßigen Stempel in den oben Anm. 2a, c und d erörterten Fällen; in den Fällen zu b tritt

dagegen

eine solche Haftung nicht ein, denn bei Verträgen zwischen Behörden und Privat­

personen haften erstere nicht für die Stempel, sondern sie sind als Vertragstheilnehmer nach § 12c Zahlungsverpflichtete. 7*

Bei den in der Tarifstelle 22c und m angeführten Erlaubnißerteilungen richtet

j

sich der zu verwendende Stempel nach der Veranlagung zur Gewerbesteuer; da die Veranlagung der TarNstelle zur Zeit der Urkundenausfertigungen in der Regel noch nicht erfolgt ist, so müssen die Urkunden ~2c unb mvorläufig mit dem Stempel der Mindestsätze,

also in Höhe von 1,50 Mk. bezw. 3 Mk. ver­

sehen werden, falls nicht etwa von den die Erlaubniß Nachsuchenden die Verwendung eines höheren Stempele' gewünscht wird. Die endgiltige Versteuerung erfolgt nach geschehener Ver­

anlagung und wird durch die Behörden überwacht, welche die Erlaubniß ertheilen. s. Ziffer 36 und 40 der Ansf.Bek. und Ziffer 35 und 41

Das Nähere

der Dienstv. (anttl. Ansg. S. 107,

109, 154 und 156), sowie die Anm. Tarif 22 c und m. Bei Bewilligungen von Fristverlängerungen und Fristungen betragen die niedrigsten Steuersätze der Tarifstelle 22c und m

Mk. bezw.

Mk.,

also unter Berücksichtigung

der Abrundungen nach § 11 Stst.G. und Ziffer 5 Ausf.Bek. (S. 130 amtl. Ausg.) nur 0,50 Mk. bezw. 1 Mk.; es entspricht der Absicht des Gesetzes und wird deshalb für zulässig

erachtet werden können, daß solche Bewilligungen zunächst nur in Höhe dieser Sätze mit 0,50 bezw. 1 Mk. versteuert werden, wenn auch nach dem strengen Wortlaut des § 15 Abs. 2 die Verwendung der Beträge von 1,50 Mk. bezw. 3 Mk. geboten erscheinen mag.

8.

In Anlehnung an den durch § 35 Stst.G. aufgehobenen § 41 der Schiedsmanns-

Ver­

ordnung v. 29. 3. 79 (G.S. S. 321) entbindet § 15 Abs. 3 die Schicdsmänner von der Ver- ^^chiedspflichtung, für die Versteuerung der von ihnen aufgenommenen Verhandlungen zu sorgen. Sie

sind deshalb auch von der Haftbarkeit des § 13 a Stst.G. ausgeschlossen; von den Ordnungs­ strafen des § 19 können sie nur dann betroffen werden,

iveim sie auf den Vergleichsaus­

fertigungen die zur Urschrift verwendeten Stempel oder ldie Nichtbeibringung der Stempel

nicht vermerken.

Den Schiedsmännern wird mit Rücksicht auf die Ausnahmestellung, die ihnen hin­ sichtlich der Urkundenversteuerung gesetzlich eingeräumt ist, in der Ziffer 10 der Dienstv. nur­ empfohlen, die Parteien auf ihre Pflichten hinsichtlich des Beibringens der Stempel auf­

merksam zu machen.

Die Parteien haben die erforderlichen Stempel nicht in Gelde, sondern

in Stempelmaterialien (Stempelpapier, Marken) den Schiedsmännern zuzustellen, die zur Ent-

werthung befugt sind.

Aus unrichtigen Entwertungen entspringt für die Schiedsmänner

weder eine Haftbarkeit für die Stempel,

werden.

noch können sie strafrechtlich verantwortlich gemacht

(Ziffer 10 Ausf.Bek., Ziffer 10 Dienstv. S. 75 und 133 amtl. Ausg.)

Mit der Zustellung der Stempelmaterialien an den Schiedsmann haben die Parteien

ihre Stempelpflicht

erfüllt,

so

daß

sie

eine

Verantwortung

dafür,

ob

die

Materialien auch richtig und ordnungsgemäß entwertet sind, nicht zu tragen haben.

übergebenen

Wünschen

die Parteien die Entwertung nicht durch die Schiedsmänner vornehmen zu lassen, so bleibt

ihnen unbenommen, hiermit die zuständigen Steuerbehörden zu beauftragen.

11) N.G. Straff. 29. 12. 91 Bd. 22 S. 290; F.M.Erl. 3. 3. 91 III. 3181 Cbl. S. 53.

männer,

232 II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung. §. 16.

Zeit der Stempelverwendung bei Verhandlungen der Privatpersonen. Abs. 1.

Bei den nicht auf Stempelpapier niedergeschriebenen Verhandlungen der Privatpersonen mutz die Versteuerung bewirkt sein:

a) bei Urkunden, zu welchen die Aussteller Stempelmarken ohne amtliche Ueberwachung verwenden dürfen, vor der Aushändigung spätestens aber binnen zwei Wochen nach dem Tage der Aus­ stellung, vorbehaltlich der Bestimmung im §. 14 Absatz S;

b) bei Schriftstücken über die Uebertragung eines Kuxes (vergl. Tarifstelle „Kuxe") vom Aussteller vor der Umschreibung im Gewerkenbuche, spätestens aber binnen zwei Wochen nach dem Tage der Ausstellung; c) bei Pacht-, Mieth- und antichretischen Verträgen über unbeweg­ liche Sachen innerhalb der in der Tarifstelle „Pachtverträge" angegebenen Frist; d) bei Gesellschaftsverträgen, die der Eintragung in das Handels­ oder Genossenschaftsregister bedürfen, vor der Eintragung in die Register, spätestens aber binnen zwei Wochen nach dem Tage der Errichtung; e) bei den von der Heeresverwaltung mit Privatpersonen ab­ geschlossenen Verträgen und Verhandlungen über Lieferungen, Werkverdingungen und sonstige Leistungen, die erst im Falle einer Mobilmachung zur Ausführung kommen sollen, binnen zwei Wochen nach Eintritt der Mobilmachung; f) bei im Auslande errichteten Urkunden, bei denen Inländer betheiligt sind, binnen zwei Wochen nach dem Tage der Rückkehr der In­ länder in das Inland, bei sonstigen im Auslande errichteten Urkunden, von denen im Inlands Gebrauch gemacht werden soll, vor dem Gebrauch; g) in allen übrigen Fällen vom Aussteller binnen zwei Wochen nach dem Tage der Ausstellung. ai6f. 2.

Von jedem Inhaber oder Vorzeiger einer stempelpflichtigen Urkunde, welcher ein rechtliches Interesse an dem Gegenstände derselben hat, ist die Versteuerung der Urkunde binnen zwei Wochen nach dem Tage des Empfanges zu bewirken.

Abs. 3.

Bei Urkunden über Rechtsgeschäfte, welche erst durch die Genehmigung oder den Beitritt einer Behörde oder eines Dritten Rechtswirksamkeit erlangen, beginnt den Ausstellern gegenüber die Frist für die Verwendung des Stempels mit dem Ablaufe desjenigen Tages, an welchem sie von der Genehmigung oder dem Beitritt Kenntnitz erhalten haben.

§. 16. Zeit der Stempelverwendung bei Verhandlungen der Privatpersonen.

233

I n h a l t. Anm. 1. Einleitung.

An nu 11. Übertragung eines Kuxes (Buchst, b).



2. Faktische Unmöglichkeit Versteuerung.

rechtzeitiger



3. Stundung der Steuer, der Versteuerung.

Aussetzung



4. Verhandlnngen der Privatpersonen.

Zu Absatz 1. „

5. Verhandlungen auf Stempelpapier.



6. 9k egelmätzige Verstellerungssrist (Buchst, g). Ausnahmen. 7. Ausstellung. Datum. Blantett. Aenderilng des Datums.

/z „ „

S. Fristberechnung. 9. Anwendungsgebiet der Vorschrift des Buchst, a. in. Llushändigung.

"

12. Pacht- u. s. w. Verträge (Buchst, c). 6)esetlschaftsverträge (Buchst, d).

: li

Verträge mit der Heeresverwaltung (Buchst, e).



15. F'.u Auslande (Buchst, f).



16. Fm Auslande ausgestellte Pr oz etzvoll nl achten.

errichtete

Urkunden

Zu Absatz 2. „

17. Inhaber und Vorzeiger.

Zu Absatz 3. „ „

is. Allwendungsgebiet des Abs. 3. 19. li. 20. (^enehllligung und Beitritt.

1. Die Ueberschrift des § 16 enthält keine erschöpfende Bezeichnung seines Inhalts. Einleitung.

Er bestimmt für Verhandlungen der Privatpersonen nicht nur die Zeit der „Stempel­ verwendung", die nur eine einzelne Art der Erfüllung der Stempelpflicht darstellt (§ 14 Buchst, a und b), sondern die Zeit dieser Erfüllung überhaupt, die Zeit der Versteuerung. Dies ergiebt die Fassung des Abs. 1 und Abs. 2 („must die Versteuerung bewirkt sein" und „ist .... zu bewirken"). Auch im Abs. 3 must unter „Verwendung des Stempels" verstanden werden „Versteuerung". Unter den § IG fällt also auch die Versteuerung durch Einreichung der stempelpflichtigen Urkunde und Einzahlung des erforderlichen Geldbetrages bei einer zur Entwerthung von Stempelzeicheu befugten Amtsstelle (§ 14 Buchst, c). Bezüglich der Wahrung der Verstcuerungsfrist durch Einreichung der Urkunde bei Gericht (§ 14 Buchst, e) siehe § 31 Abs. 2 und § 114 Abs. 1 Pr.G.Kost.G. (Anm. 17 zu § 14 oben S. 211, 212 Komm.), § 2 der Allg. Verf. d. Fin.M. u. Just.M. v. 29. 2. 96 S. 258 amtl. Ausg. und § 35 Abs. 3 Stst.G. Für die Fälle des § 14 Buchst, a (Urkunden auf Stempelpapier) vergt. unten Anm. 5. Auf den Fall der Aversionalversteuerung (Ziff. 16 der AuSf.Bek. u. Anm. 24 zu § 14 oben S. 223), bei der die Stempelpflicht durch Zahlung einer jährlichen Abfindungssumme erfüllt wird, können die für die Einzelversteuerung gegebenen Vorschriften des § 16 keine Anwendung finden.

Der § 16 bestimmt allgemein im Abs. 1, wann den Ausstellern einer — unter denen die Vertragstheiluehmer (§ 12 Buchst, c) mit inbegriffen sind — Abs. 2, wann die Inhaber oder Vorzeiger einer Urkunde die Versteuerung zu haben. Der Abs. 3 enthält eine besondere Vorschrift über die den Ausstellern Versteuerungsfrist bei einer einzelnen bestimmten Art von Urkunden. 2.

Urkunde, und im bewirken gewährte

Bei nicht rechtzeitiger Versteuerung gelangen die Strafvorschriften der §§ 17 und 18

zur Anwendung.

^“ItliSrecit

Faktische Unmöglichkeit rechtzeitiger Versteuerung (z. B. in Folge von rechtzeitiger

Verhaftung, geistiger Erkrankung u. s.w.) befreit von der Strafe (RG. Straff. 19. 2. 84 Bd. 10 Versteuerung. S. 110 ff. und Ob.Trib. 1. 10. 57 G-A. Bd. 5 S. 841). Der in der letzteren Entscheidung erörterte Fall — gerichtliche Beschlagnahme der Urkunde — würde nach heutigem Recht als straffrei nicht mehr anzusehen sein, weil der Steuerbehörde nach § 14 Buchst, c der wesentliche Inhalt der Urkunde anzuzeigen ist, wenn sie nicht mehr vorgelegt werden kann. Tritt die faktische, nicht vorauszusehende Unmöglichkeit auch erst am letzten Tage der Präklusivfrist ein, so bleibt der Aussteller nach der Meinung des Kammergerichts straflos, wenngleich vorher

234

II.

Abschnitt:

Von d. Erfüllung d. Skernpelpflichk u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

die Möglichkeit der Versteuerung gegeben war.*1)

Eine dein Aussteller zuzurechnende Zuwider­

handlung liegt auch da nicht vor, wo durch alleinige Schuld des Stempelvertheilers die rechtzeitige Stcinpelvcrwendung unterblieben ist.

Tas ist aber nicht schon dann stets der

Fall, wenn der erforderliche Stempel Beim Skempelvertbeilcr des Wohnorts des Ausstellers nicht zu beschaffen war, vielmehr ist entscheidend, ob sich der Aussteller den Stempel hätte anderweit rechtzeitig beschaffen können.*2)

Im Allgemeinen wird cmzuuehmen sein,

daß der

Aussteller wegen nicht oder zu spät erfolgter Versteuerung einer stempelpflicktigen Urkunde nicht zur Verantwortung zu ziehen iff, wenn er sie innerhalb der Präklusivfrist zur Stempel­ verwendung einer dazu berufenen Steuerbehörde unter Einzahlung des Steuerbetrages übergeben

und diese sie angenommen hat.*3)

Tics folgt für das jetzige Recht schon daraus, das; nach

§ 20 Skst.G. stets Straflosigkeit auch dann cintritt, wenn der Stempel entsprechend der Auskunft der zur Verwaltung des Steinpelwcsens bestellten Behörde verwendet worden ist. Bez. des früheren Rechtszustands vergl. altg. F.M.Erl. 27. 6. 91 III 9048 Ebl. S. 197 und RG. Straff. 20. 1. 80 Bd. 1 S. 157 Ebl. S. 491. Stundung bei Steuer. Aussetzung der Vcrsteuerung.

3* A. AusnabmSwcise können aus bestimmten Gründen durch den Finanzminister, —

in gewissen Fällen

durch

den Provinzial - Stenerdirektor - , Stundungen

zablungcn der Steuer gewährt werden.

oder Tbeil-

(Vergl. § 17 G. v. 11. 5. 98 G.S- S. 77.)

Nach Ziff. 11 eer Tienstv. soll dies nur unter der Bedingung geschehen, daß:

a) die Steuerschuldner sich auf Erfordern

zur Verzinsung

und zur Bestellung einer

angemessenen Sicherheit verpflichten: b) beim Ausbleiben einer Theilzahlung die zwangsweise Beitreibung des ganzen Nestes erfolgen wird; c) die eingehenden Beträge zunächst auf die rückständige Stempelsteuer, sodann auf die

Kosten und zuletzt auf die Geldstrafen verrechnet werden. Die Bedingung unter c ist durch § 56 Verw.Straf.Ges. v. 26. 7. 97 geändert.

Danach

sind beigetricbene oder cingezahltc Beträge zunächst auf die verwirkte Strafe, alsdann auf die Kosten des Strafverfahrens zu verrechnen.

Vergl. hierüber Komm. § 22 Anm. 1 u. 6.

Nach der

Ziff. 50 Ausführungsbest, zu diesem Gesetz sind die Skempclbeträgc unabhängig vom Straf­ verfahren einzuziehen. Bezüglich der Stundung im Bereich des gerichtlichen Stentpelwesens

vergl. tztz ll und l2 der Allg. Verf. F.M. und Zust.M. v. 29. 2. 96. Das Stundungsgesuch muß vor Ablauf der gesetzlichen Versteuerungsfrist bei der

Steuerbehörde eingereicht werden.

Wird

die Stundung bewilligt, so ist damit seitens der

Steuerbehörde auf die Beibringung des Stempels binnen der gesetzlichen Frist verzichtet und

an Stelle der letzteren die bei der Stundung bestimmte Frist gesetzt. verstrichen,

so

ist die Stempelstrafe verwirkt.

(Kam.G.

Strass.

15.

Ist diese fruchtlos

10. 83

8. 265/83

F.M. HI 15 048.) Wird das rechtzeitig angebrachte Stundungsgesuch von der Steuerbehörde

zurückgewiesen, so ist die Stempelstrafe, wenn die Versteuerung nicht bis zum Ablauf der *1) Kam.G. 17. 2. 96 S. 50/96 F.M. III 4575. Die darin vertretene Ansicht ist nicht bedenkenfrci, da die Pflicht zur Versteuerung bereits mit der Errichtung der Urkunde eintritt und der Steuerpflichtige, der die Versteuerung aufschicbt, die Folgen zu tragen haben wird, wenn ihm später die Versteuerung unntöglich wird. In einem anderen Falle hatte der Angeklagte einen Möbel­ leihvertrag in zwei von ihm unterschriebenen Exemplaren der ^eiherin mit der Weisung übersendet, das eine Exemplar auch ihrerseits zu unterschreiben und ihm zurückzusendcn, das andere aber nicht zu unterschreiben und es nur zu dem Zwecke zu behalten, um jederzeit vom Vcrtragsinhalt Kenntnis; zu haben. Dies war geschehen. Nach dem Erlöschen des Vertrages unterschrieb aber die Leiherin auch daS andere Exemplar und legte es der Polizeibehörde aus Anlab einer gegen sie erhobenen Anschuldigung vor. Das Kam.Ger. (Strass. 25. 11. 95 F.M. 111. 3359/96) sprach den Angeklagten mit Recht frei, weil eine Pflicht zur Versteuerung einer Urkunde, die ohne sein Missen zu einer siempelpslichtigen geworden war, für ihn nicht bestand und weil es ihm faktisch unmöglich war, für die rechtzeitige Versteuerung zu sorgen. *2) Ob.Trib. 27. 4 76 Ebl. 1877 S. 24, O.R. Bd. 17 S. 284. *3) Ob.Trib. 9. 6. 69 O.R. Bd. 10 S. 403, G.A. Bd. 17 S. 649.

§. 16. Zeit der Stempelverwendung bei Verhandlungen der Privatpersonen.

235

gesetzlichen Frist nachgeholt wird oder diese schon verstrichen ist, als bereits mit dem Ablauf der gesetzlichen Frist verwirkt anzusehcn.

B. Eine Aussetzung der Versteuerung findet nach dem Gesetz in folgenden Fällen statt: a) bei gewissen Schenkungsbeurkundungen (Tarifstelle 56 Abs. 3); • b) bei unbestimmtem Werth des Gegenstandes eines Geschäfts (§ 8 des Gesetzes):

c) bei Fideikommißstistungen rücksichtlich deS von dem Stifter vorgesehenen weiteren Anwachsens des Stiftungsvermögens (Tarifstelle 24 Abs. 4);

d) bei Gesellscha ftöverträgen hinsichtlich

des nicht sofort voll eingezahtten Kapitals

(Tarifstelle 25 Buchst, a letzter Absatz).

Die für die Fälle zu A und B maßgebenden näheren Bestimmungen sind in den Dienst­ vorschriften vom 14. 2. 96 unter Ziff. 11 und 12

und im § 12 der Allg. Verf. d. F.M. und

Just.M. vom 29. 2. 96 sowie § 2 der amtl. Anweisung v. 28. 3. 96 (vergl. § 14 S. 220)

enthalten.

C. A u S g e setz t bleibt ferner kraft besonderer gesetzlicher Vorschrift nach § 165 Abs. 1 und § 4 Ger.Verfass.Gei. die Versteuerung von Urkunden, die an sich der preußischen Stempclabgabe unterliegen, dann, wenn sie im Wege der Rcchtshilw von einer ersuchenden Behörde eines anderen dentschen Bundesstaates (§ 2 Abs. 2 Stst.G.) an eine ersuchte preußische

Behörde überwindet werden.

Diese Vergünstigung

fällt fort, wenn

nach Rücksendung der

Urkunden diese aus anderem Anlaß wieder in das Inland gelangen nnd sie greift nach dem Wortlaut des § 165 a. a. O. dann überhaupt nickst Platz, wenn die Rechtshilfe von einem nicht deutschen Staate beansprucht ist.

4. Der § 16 bestimmt nur die Zeit der Versteuerung bei „Verhandlungen der Privatpersonen". Das Wort „Verhandlungen" ist gleichbedeutend mit „Urkunden

Vorhand^riocit^

über Rechtsgeschäfte". (Abg.-H.-Verh. S. 2387 a. E., vergl. § 3 St.G. vom 7. 3. 22 und

Personen,

der beiden Verordn, von 1867).

Ausgeschlossen

ist daher die Anwendung deS § 16 bei den

Urkunden, die nicht über Rechtsgeschäfte lauten und

bei Urkunden

über die Rechtsgeschäfte

anderer als Privatpersonen, das heißt bei solchen, bei denen Behörden oder Beamte betheiligt sind,

sei es, daß sie (auch die Notare) die Verhandlung ausgenommen

oder die Aus­

fertigungen ?c. ertheilt haben (§ 12 Buchst, a und Anm. 4 dazu), sei eS, daß es sich um einen

seitens der Behörde mit einer Privatperson geschlossenen Vertrag handelt.

Diese Fälle, bei

denen die Versteuerung der Urkunden nach § 14 Buchst, d durch die Amtsstellcn erfolgt, unter­ liegen den Vorschriften des § 15.

(Vergl. dort Anm. 2.)

Zn Absatz 1. 5* Nach dem Wortlaute der Zeile 1 Abs. 1 soll der § 16 nur Anwendung finden bei den nicht auf Stempelpapier geschriebenen Urkunden.

VerhandDas trifft auch regelmäßig zu, da mit ^Temvei^

der Perfektion der Urkunde durch Niederschrift auf das Stempelpapier dieses entwerthet und

damit die Stempelpflicht erfüllt wird.

gleichzeitig vapier.

Soweit aber der Nennbetrag des

Stcmpelpapiers hinter dem Betrage deS tarifmäßigen Stempels zurückbleibt, ist der Fehlbetrag gemäß § 14 Buchst, b bis e zu ergänzen und dabei die im § 16 bestimmte Versteuerungsfrist zu beobachten.

6* Als Regel für die Stempellösung ist, wie schon nach früherem Recht, die

?)iegel = mäßige Ver­ (Buchst, g.) Die Frist ist ausnahmsweise eine kürzere bei den zu a, b und d aufgenihrten steuerungs­ frist Urkunden, indem auch schon vor Ablauf der zwei Wochen die Versteuerungsfrist ihr Ende (Buchst, g). erreicht bei a durch Aushändigung der Urkunde, bei b durch Umschreibung im Gewerkenbuch, Ausnahmen.

Frist auf zwei Wochen nach

dem Tage

der Urkundenausstellung

bemessen.

bei d durch Eintragung in die Register. Eine Verlängerung der regelmäßigen Frist tritt in dein Falle zu c ein. In den Fällen zu e und f sowie des Abs. 2 und Abs. 3 ist der Frist­ beginn anderweit bestimmt.

Abgesehen von diesen Fällen kann ausnahmsweise eine Ver­

längerung der Frist zur Entrichtung der Stempelsteuer eintreten in den Fällen:

236

II. Abschnitt: Von b. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

a) des § 31 Abs. 1 und 2 Pr.G.Kost.G. (fristgerechte Einreichung der stempelpflichtigen Urkunde bei Gericht, siehe oben S. 211), b) der Tarifstellen 2 Abs. 5, ferner 31 und 58 zu III Abs. 2,

in denen die Pflicht

zur Versteuerung nicht früher eintritt, als bis die Eintragung der Hypothek (Grund­

schuld) oder ihrer Abtretung oder die Eintragung des Eigenthumsübergangs in das

Grundbuch erfolgt ist oder das Inventar bei einer stempelpflichtigen Urkunde in

Gebrauch genommen ist, c) der Aussetzung der Versteuerung und der Stundung der Steuer (siehe oben Anm. 3).

Die Fristen des

§ 16 haben nicht die Bedeutung,

daß

Anspruch deS Fiskus auf die Steuer entstehe oder fällig werde, Wirkung

erst

bestimmt, daß derjenige von Strafe verschont bleiben soll,

Die Steuerforderung selbst entsteht und wird

mit ihrem Ablauf der

sie sind vielmehr nur mit der der die Frist innehält

fällig schon mit der Entstehung der stempel­

pflichtigen Urkunde, also mit ihrer Errichtung (R.G. 26.1. 85 Nass. u. Küntz. Bd. 29 S. 390, F.M. III 4157).

7* Ausstellung ist Vollziehung der Urkunde durch Unterschrift. Ob die förmliche Ausstellung. Datum. Ausfertigung erst später erfolgen soll und erfolgt, ist gleichgiltig. Im klebrigen vergl. über Blankett. Aenderung die Begriffe „Ausstellung" und „Aussteller" oben § 1 Anm. 7 ff. und § 12 Anm. 6. deS Datums. Als Tag der Ausstellung gilt der Tag der Unterschrift, der in der Regel mit dem Datum der Urkunde zusammenfallen wird.

Wird aber dargethan, daß die Urkunde an einem

anderen Tage unterschrieben ist, so ist dieser, nicht das beigefügte Datum, das unbeschadet der Nechtsgiltigkeit und Stempelpflichtigkeit der Urkunde sogar gänzlich fehlen darf*4), als Tag der Ausstellung anzusehen. *5) Dieser Gegenbeweis ist bei öffentlichen und bei Privaturkunden,

sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für den Fiskus zulässig.

(§ 380 Abs. 2 C.P.O., § 381

das. und NG. Civils. 5. 7. 86 Bd. 16 S. 438.) Ist eine Urkunde über ein mehrseitiges Ge­ schäft von den Theilnehmern nicht an demselben Tage unterschrieben, so gilt als Tag der Aus­

stellung derjenige, an dem die letzte Unterschrift geleistet ist.*6) Ergiebt sich aus der Urkunde der Tag der Ausstellung nicht, so muß er anderweit unter Berücksichtigung des Inhalts der Urkunde festgesteltt werden. Für die Feststellung deS Zeitpunkts der Vollziehung sind alle Beweismittel zulässig (Kam.G. Strass. 2. 4. 96 F.M. III 6508). Vergl. im klebrigen § 1 Anm. 9 L b. S. 21.

Eine in blanco gegebene und datirte Unterschrift ist keine stempelpflichtige Urkunde,*?) eine solche entsteht erst durch Ausfüllung deS Blanketts. Von dieser ab, nicht vom Tage der Datirung, läuft also in diesem Falle die Frist zur Stempelverwendung. Freilich liegt, da aus

der Urkunde die Unterschrift als Blankounterschrift nicht erkennbar ist, die Beweislast dafür, daß die Urkunde und damit die Stempelpflicht erst nach dem Datmn der Unterschrift entstanden ist, den: Aussteller ob.

Wird zur Abwendung einer verwirkten oder vermeintlich verwirkten Stempelstrafe das Datum einer stempelpflichtigen Urkunde verändert und von ihr bei der Steuerbehörde Gebrauch gemacht, so liegt Urkundenfälschung vor und zwar auch dann, wenn die Urkunde über­

ein zweiseitiges Geschäft lautet und die Datumsänderung mit Einwilligung oder unter Voraus­ setzung der Einwilligung der übrigen Bctheiligten vorgenommen ist. *8)

*4) Kam.G. 17. 11. 92 Joh. Jahrb. Bd. 13 S. 332; F.M.Erl. 20. 1. 93 III 16565 und 8. 9. 95 III. 4768; Ob.Trib. 4. 3. 36 Entsch. Bd. 1 S. 22. *5) Ob.Trib. 16. 1. 78 Entsch. Bd. 82 S. 246, Just.M.Vl. 1879 S. 92, Cbl. S. 272, O.N. Bd. 19 S.26; F.M.Erl. 15. 12. 90 III 14385. Die entgegengesetzte Meinung hat dasOb.Trib. frühervertreten (O.N. Bd. 12 S. 84, G.A. Bd. 19 S. 272), aber dann aufgegeben. *6) RG. Strass. 16. 1. 91 Bd. 21 S. 274. *7) NG. Strass. 6. 3. 88 F.M. III 10856; NG. Civils. 12. 2. 95 F.M. III 3945. *8) RG. 6. 2. 85 Cbl. S. 322; RG. Strass. 1. 11. 87 Bd.16 S. 262; NG. Strass. 3. 11. 93 Bd. 24 S. 358; RG. 12. 5. 93 G.A. Bd. 41 S. 126.

§. 16. Zeit der Stempelverwendung bei Verhandlungen der Privatpersonen.

237

Eine Urkundenfälschung liegt aber nicht vor, wenn die Kontrahenten eines zweiseitigen

Vertrages, um sich der verwirkten Stempelstrafe zu entziehen, den früheren Vertrag aufheben, die Urkunde kassiren und sofort einen neuen, vom Tage des neuen Vertragsschlusses datirten, im Uebrigen aber mit dem aufgehobenen gleichlautenden Vertrag abschließen und beurkunden. *9) Auch dann liegt, Mangels einer stempelpflichtigen Urkunde, eine Urkundenfälschung nicht vor, wenn das einer Blanko-Unterschrift beigefügte Datum (z. B. bei einem unterschriebenen Vollmachtsformular) vor Ausfüllung des Blanketts vorsätzlich geändert wird.*10)

8.

Die Versteuerung ist vom Aussteller binnen zwei Wochen nach dem Tage

der Ausstellung zu bewirken. Für die Berechnung der zweiwöchigen Frist sind nach § 28 Stst.G. die Bestimmungen der C.P.O. maßgebend, also § 200 das.

Da die Frist mit dem Tage der Ausstellung beginnt,

so endet sie also mit dem Tage der zweiten Woche, der durch seine Benennung dem Aus­ stellungstage entspricht.

Fällt dieser Tag auf einen Sonn- oder Feiertag, so endigt die Frist

erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktages.

Das Urtheil des RG. vom 9. 5. 91, *11) das

auf Grund des § 48 Th. I Tit. 3 A.L.R. für das frühere Recht annahm, die Frist endige auch an einem Sonn- und Feiertage, hat jetzt seine Bedeutung verloren.

Hiernach ist eine

am Donnerstag den 22. September 1898 ausgestellte Urkunde spätestens am Donnerstag den 6. Oktober 1898, eine am Sonntag den 11. Dezember 1898 und ebenso eine am 12. Dezember 1898 ausgestellte Urkunde spätestens am Dienstag den 27. Dezember 1898 zu versteuern. Zweifel an der Nichtigkeit dieser Art der Fristberechnung können aus dem Wortlaute

des Gesetzes hergelcitet werden, der dahin geht, daß die Versteuerung „binnen zwei Wochen

nach dem Tage der Ausstellung" zu bewirken ist. Hieraus könnte entnommen werden, daß nicht der Tag der Ausstellung, vielmehr der diesem Tage folgende Tag als derjenige anzusehen sei,

an dem die Frist beginnt und daß daher nach § 200 C.P.O. die zweiwöchige

Frist erst mit dem Tage endige, der durch seine Benennung dem auf den Ausstellungstag folgenden Tage entspricht. In der That ist dieser Auffassung entsprechend in dem F.M.Erl. v. 25. 1. 98 III. 744 die am Sonnabend den 17. Juli 1897 erfolgte Versteuerung einer am Freitag den 2. Juli 1897 ausgestellten Urkunde für fristgerecht erklärt und die bereits fest­

gesetzte Stempelstrafe niedergeschlagen worden. Diese Entscheidung, nach der den: Aussteller zur Versteuerung außer dem Ausstellungstage noch eine fünfzehntägige Frist, anstatt einer vierzehntägigen, gewährt ist, kann als zutreffend nicht anerkannt werden.

Der Sinn der Vor­

schrift des § 200 a. a. O. ist der, daß bei einer nach zwei Wochen bemessenen Frist demjenigen, also volle 14 Tage, zur

der die Frist zu wahren hat, mindestens zwei volle Wochen,

Erfüllung seiner Pflicht zur Verfügung stehen sollen und hieraus folgt, daß der Tag, an dem durch ein in ihn fallendes Ereigniß der Lauf der Frist in Bewegung gesetzt wird, nicht mitgezählt werden darf, da er kein voller Tag ist.

Die Ansicht, daß erst der Ablauf weiterer

voller 15 Tage, außer dem Tage des Fristbeginns, die zweiwöchige Frist zu Ende führe, steht

im Widerspruch mit Sinn und Wortlaut des § 200 C.P.O.

In dem Falle des § 16 beginnt

die Versteuerungsfrist mit dem Tage der Ausstellung, da durch sie die Urkunde perfekt, also stempelpflichtig wird (vergl. Anm. 7 § 1 u. Anm. 4 § 3 Komm.).

Außer dem Ausstellungstage

müssen hiernach bei Anwendung des § 200 C.P.O. nicht noch 15 Tage, sondern nur noch 14 Tage dem Aussteller frei bleiben. Hieran kann die freilich nicht jeden Zweifel ausschließende

Fassung des § 16 Stst.G. nichts ändern,

zumal die Ausdrucksweise des Gesetzes bei der

Bezeichnung des Fristbeginns auch sonst eine schwankende ist (vergl. Anm. 2 zu § 28 Komin.). Die Worte „binnen zwei Wochen nach dem Tage der Ausstellung"

*9) NG. Strass. 13. 1. 90 Bd. 20 S. 192. *10) NG. Strass. 6. 3. 88 F.M. III 10856. *11) NG. 9. 5. 91 Jur. Wochenschr. S. 383

sind nur dahin zu ver-

F.M. III 1058/91.

Frist­ berechnung.

238

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung,

stehen, daß nach dem Ausstellungstage noch zwei volle Wochen zur Versteuerung frei bleiben sollen und daß im Uebrigen gemäß § 28 Stst.G. die Frist nach § 200 C.P.O. zu berechnen ist. Die Richtigkeit dieser Meinung ergiebt sich auch daraus, daß Inhalts der Begründung (S. 3) zum Entwurf des Stst.G. dieses im Wesentlichen nur eine Kodifikation des bestehenden Rechtszustandes darstellen sollte und daß nur veraltete Bestimmungen ausgesondert und erkannte Härten gemildert werden sollten. Unter dem früheren Recht ist aber darüber nie ein Zweifel hervorgetreten, daß die Versteuerungsfrist außer dem Ausstellungstage nur vierzehn Tage betrug, entsprechend der Vorschrift des § 12 Abs. 2 St.G. v. 7. 3. 1822, nach welcher der Stempel „längstens binnen vierzehn Tagen, vom Tage der Ausfertigung an" zu kassiren war. Zur Verlängerung dieser Frist um einen Tag lag für den Gesetzgeber nicht der geringste Anlaß vor und für eine solche ergiebt sich auch nichts aus den Gesetzesmaterialien. Es ist daher nicht zu bezweifeln, daß für die Berechnung der Versteuerungsfrist der frühere Rechtszustand aufrecht erhalten worden ist bis auf die neu hinzugetretene, auf Zweckmäßigkeitsgründen beruhende Vor­ schrift des Abs. 2 des § 200 C.P.O., daß die Frist an einen: Sonn- oder Feiertage nicht endigen soll. Jin Uebrigen vergl. Anm. 2 ff., 6 zu §28 Komm., insbesondere auch wegen der Einflußlosigkeit der Gerichtsferien auf den Fristlauf. Anwendungs-

Vorschrift bdes Buchst.

L.

9. Die „Urkunden, zu denen Stempelmarken ohne amtliche Ueberwachung verwendet werden dürfen" (vergl. oben § 14 Anm. 18 bis 22), sind unter Ziff. 15 B der

Ausf. Bek. aufgeführt und zwar in Abs. 1 unter a diejenigen, bei denen nur der Aussteller die Selbstentwerthung bewirken darf und unter b und c, sowie in Abs. 2 diejenigen, bei denen nur bestimmte Personen (Auktionatoren, Rechtsanwälte und gewisse Anstalten, Gesellschaften, Banken u. s. w.) und zwar auch dann zur Selbstentwerthung befugt sind, wenn sie nicht Aus­ steller der stempelpflichtigen Urkunde sind, diese vielmehr von anderen Personen für sie aus­ gestellt ist. (Vergl. oben Anm. 19 Abs. 2 zu § 14.) Da nun hier (§ 16 Buchst, a) eine Abweichung von der regelmäßigen Versteuerungsfrist von zwei Wochen (Buchst, g) nur für diejenigen Urkunden bestimmt ist, bei welchen „die Aussteller" die Selbstentwerthung be­ wirken dürfen, so bleibt es für die in der Ausf. Bek. Ziff. 15 B Abs. 1 zu b und c und Abs. 2 bezeichneten Urkunden dann bei der Regel, wenn sie nicht von den zur Selbst­ entwerthung Befugten, vielmehr für diese Personen durch andere ausgestellt sind. Hat also Jemand für einen Rechtsanwalt eine Vollmacht oder zu Gunsten eines zur Selbstentwerthung verstatteten Bankhauses eine Schuldverschreibung ausgestellt, so ist er als Aussteller zur Stempelverwendung binnen zwei Wochen gemäß § 16 Buchst, g verpflichtet. Der Rechts­ anwalt und das Bankhaus verfallen nicht schon dann in Stempelstrafe, wenn sie diese Urkunden unversteuert aus der Hand geben, vielmehr erst dann, (und zwar nur als Inhaber oder Vor­ zeiger gemäß §. 16 Abs. 2), wenn sie die Versteuerung nicht innerhalb zwei Wochen nach dem Tage des Empfanges bewirken und zwar entweder durch Selbstentwerthung, oder durch Vermittelung einer Amtsstelle. (Vergl. § 17 Anm. 9.) Die hier vertretene Auffassung entspricht dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift unter Buchst, a des § 16 und kann auch nicht dadurch erschüttert werden, daß die von der Steuerverwaltung erlassene Ausf. Bek. in Ziff. 15B Abs. 3 Ziff. 6 unter „Urkundenausstellern" die im Abs. 1 unter b und c bezeichneten Personen auch dann versteht, wenn nicht sie selbst, sondern Andere für sie die Urkunde ausgestellt haben. (Vergl. oben Anm. 19 Abs. 2 zu § 14.) Die zur Selbstentwerthung verstatteten Personen sind nicht verpflichtet, vielmehr nur berechtigt, die Stempelmarken selbst zu verwenden, dürfen also auch die Versteuerung durch die Amtsstelle bewirken lassen (z. B. Rechtsanwälte hinsichtlich der von ihnen und für sie aus­ gestellten Vollmachten). Wollen sie aber die von ihnen gemäß § 14 Buchst, b ausgestellte Urkunde aushändigen, so muß die Versteuerung — durch Selbstentwerthung oder bei einer Amtsstelle — vor der Aushändigung erfolgen. Nach § 31 Abs. 2 Pr.G.Kost.G., der nach § 35 Abs. 3 Stst.G. in Kraft bleibt, sind aber bei den daselbst in Abs. 1 aufgeführten Urkunden, z. B. bei den zum Gebrauch bei Gericht bestimmten Vollmachten, die Betheiligten, also auch

§. 16. Zeit der Stempelverwenduug bei Verhandlungen der Privatpersonen.

239

z. B. der eine Prozeßvollmacht auf einen Anderen ausstellende Rechtsanwalt, von Stempel­ strafe frei, wenn die Einreichung der Urkunde bei Gericht innerhalb der für die Verwendung des Urkundenstempels sonst vorgeschriebenen Frist erfolgt (vergl. § 15 Anm. 4Z Unter dieser Frist kann, da die Aushändigung der Urkunde schon spätestens bei der Einreichung geschieht, nur die zweiwöchige Frist des § 16 verstanden werden, nicht aber etwa die Frist von der Ausstellung bis zur Aushändigung.

Die unter Buchst, a bestimmte Frist gilt nur „vorbehaltlich der Bestimmung im § 14 Abs. 2", das heißt, sie hat keine Bedeutung für die dort besonders geregelte Aversional-Versteucruug.

10.

Dem Rechte, ohne amtliche Mitwirkung die Stempelzeichen zu entwerthen, Aus­ entspricht die Pflicht, die Versteuerung spätestens bis zu demjenigen Zeitpunkte vorzunehmen, f?anöujun-h zu welchem sich die Aussteller des Besitzes der Urkunden entäußern, sie „aus bändigen", weil sonst eine ordnungsmäßige Verstempelung der Schriftstücke gefährdet werden würde (Begr. zu § 16). Eine „Aushändigung" ist nicht schon dann immer erfolgt, wenn der Aussteller die von ihm vollzogene Urkunde aus der Hand giebt. Die Möglichkeit der Aushändigung im Sinne des § 16 beginnt vielmehr erst dann, wenn die Urkunde Perfekt und damit stempelpfliebtig ist, also bei einer Vertragsurkunde erst, nachdem beide Theile unterschrieben haben. Ist dies aber geschehen, so darf sie vom Besitzer nicht unversteuert an einen Andern aus der Hand gegeben werdenErfolgt die Hingabe lediglich durch den Auftraggeber an den Beauftragten, so liegt darin keine Aushändigung, kein Aufgeben des Besitzes, vielmehr nur eine Veränderung des Gewahrsams. Die Stempelstrafe ist aber verwirkt, wenn z. B. der Käufer nach eigener Vollziehung des bereits vorher vorn Verkäufer unterschriebenen Kaufvertrags diesen dem Verkäufer, der ebenfalls zur Ver­ steuerung verpflichtet ist (§ 12 Buchst, c), aushändigt, und zwar selbst dann, wenn dem Käufer gegenüber der Verkäufer die Versteuerung übernommen hat. Zu der Annahme, daß unter Aushändigung nur die Besitzentäußerung an e inen zur V er st e ue ru ng n ich t v c rp f l i ch te ten Dritten zu verstehen sei, bietet das Gesetz keinen Anhalt. Der Kontrahent, der die beider­ seits vollzogene Urkunde dem Mikkontrahenten ausliefert, macht von ihr Gebrauch, da er dadurch dem anderen ein Beweismittel über die ihm nngcräumten Vertragsrechte verschafft. Eine solche Aushändigung ist keine für die Vertragstheilnehmer im stempelrechtlichen Sinne interne Angelegenheit, denn nach § 12 Buchst, c sind nicht etwa die Verkragstheilnehmer nur gemeinschaftlich, vielmehr ist jeder von ihnen selbständig zur Versteuerung verpflichtet. Solange die Urkunde noch im gemeinschaftlichen Besitze der mehreren Aussteller sich befindet, ist sie noch nicht ausgehändigt.

11.

Schriftstücke über die Uebertragung eines Kuxes (Tarifst. 34 und § 105 Allg. Übertragung Bergges. v. 24. Juni 1865 GS. S. 705) müssen vor der Umschreibung im Gewerkenbuche C(^fLb)*

versteuert werden; gleichgiltig ist dabei, ob die Uebertragung einseitige in der Form der Cession oder mittels lästigen Vertrages (Kauf) erfolgt. *12) Hat ein mehrmaliger Eigeuthumsübergang stattgefunden, ohne daß Umschreibungen vorgenommen sind, so müssen die sämmtlichen Uebcrtragungsurkunden vor der Umschreibung auf den jüngsten Erwerber versteuert werden. Die Repräsentanten und Grubenvorstände sind zwar nach § 18 Abs. 2 verpflichtet, zur Vermeidung einer Ordnungsstrafe keine Umschreibung vor Versteuerung der Uebertragungsurkunden vor­ zunehmen; sie sind auch zur Ueberwachung dieser Versteuerung in: Stande, da bei der Um­ schreibung die Uebertragungsurkunde nach § 105 Allg. Bergges. vorgelegt werden muß. Handeln sie aber dieser Pflicht zuwider, so verfällt der Aussteller dieser Urkunden in die Stempelstrafe. (Siehe auch § 17 vorletzter Absatz.) Es empfiehlt sich daher, die Uebertragungsurkunden schon vor ihrer Einreichung zur Umschreibung zu Verstempeln.

* 12) NG. Cwils. 13. 4. 91 Bd. 28 S. 251.

240

12.

Pacht- u.s.w.

Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

II. Abschnitt:

Bei Pacht-, Mieth- und

antichretischen Verträgen über unbewegliche Sachen

nach Tarifst. 48 Buchst, a die Versteuerung

(Buchste).

auf Grund der alljährlich aufzustellenden

Pacht- u. s. in.- Verzeichnisse; die Vorschriften des § 16 passen daher nicht auf diese Verträge. Das Nähere siehe bei Tarifst. 48.

Gesellschafts-

(Buchst^,

13.

Die Vorschrift des Buchst, d bezieht sich nur auf die Gesellschaftsverträge, die Zur rechtsbegründenden Wirkung der Eintragung in die Register bedürfen. Das ist regelmäßig

nicht der Fall.

Ausnahmsweise ist aber die Eintragung zur Entstehung des Gesellschafts -

Verhältnisses erforderlich bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (Art. 178 A.H.G.B.), einer Aktiengesellschaft (Art. 211 das.),

einer Genossenschaft (§§ 10 u. 13 Ges. v. 1. Mai

1889

RG.Bl. S. 55) und einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§§ 7 u. 11. Ges. v. 20. April 1892

Da aber die Errichtung einer Aktiengesellschaft (Art. 209 A.H.G.B.) und

RG.Bl. S. 477).

einer Gesellschaft mit beschränkter Haftpflicht nach § 2 Abs. 1 Ges. v. 20. 4. 92 nur in gericht­

licher oder notarieller Form erfolgen darf, so sind die darüber lautenden Verträge nicht zu den durch § 16 getroffenen Verhandlungen der Privatpersonen zu rechnen und es bestimmt sich bei ihnen die Zeit der Versteuerung nach § 15 Stst.G. u. § 30 Pr.G.Kost.G. Der praktischen Wirkung nach trifft daher nach jetziger Lage der Gesetzgebung die Vorschrift unter Buchst, d

Bestimmung nur für die Fälle der Errichtung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien und einer Genossenschaft.

Verträge

Heeres-

(Siehe bez. der letzteren noch § 5 Ges. v. 1. 5. 89.)

14.

Die Vorschrift unter e enthält eine lediglich auf praktischen und Billigkeits­ Gründen (Begr. S. 14) beruhende Ausnahme von der Regel des §. 3 Abs. 2, daß die Hin-

verwaltung zufügung von Bedingungen stempelrechtlich ohne Einfluß ist. (Buchst, e).

(Vergl. Ausf.Bek. Ziff. 8 Abs. 3.) Die Truppenteile und Militärbehörden sind auf diese Vorschrift besonders hingewiesen durch

den Erl. des Kriegs-Min. v. 16. 6. 96 Nr. 187 Armee-Verordn.Bl. S. 154.

15.

Im Auslande Urkunden

1)er6^

(Buchst. i). richtet

Ueber die Begriffe „Inland", „Ausland", Errichtung der Urkunde im Ausland u.s.w. und die Anm. dazu im Komm. Ob Jemand Inländer oder Ausländer ist, sich lediglich nach dem Wohnsitz, nicht nach der Staatszugehörigkeit.*13) Eine

§ 2

Blankounterschrift wird zu einer stempelpflichtigen Urkunde erst durch Ausfüllung des Blanketts.

Setzt daher der Machtgeber im Auslande unter ein unausgesülltes, wenn auch schon den Namen des Vollmachtnehmers enthaltendes Vollmachtsformular seinen Namen und wird das Formular

dann im Jnlande durch Eintragung des Gegenstandes der Vollmacht ausgefüllt, so ist die Vollmachtsurkunde im Jnlande errichtet.*14) Die Frage,

unter

welchen Voraussetzungen

stempelpflichtig sind, beantwortet § 2 Stst.G.

im Auslande

errichtete Urkunden

Das Gesetz macht dabei keinen Unterschied, ob

die Urkunden von Inländern oder Ausländern errichtet worden sind.

Darüber, zu welchem

Zeitpunkt die Versteuerung bei der im Auslande errichteten stempelpflichtigen Urkunde vor­

zunehmen ist, trifft der § 16 Buchst, f Bestimmung.

Dabei wird unterschieden: I. Urkunden, bei denen Inländer betheiligt sind, — d. h. bei denen ein oder mehrere Inländer als Aussteller mitgewirkt haben, — sind von diesen gemäß §. 12 Buchst, b und c binnen zwei Wochen nach dem Tage der Rückkehr der Inländer in das Inland zu versteuern. Eine gleiche Vorschrift enthielt schon das frühere Recht (§ 12 Abs. 3 St.G. v. 7. 3. 22). Sind

mehrere Inländer bei der Urkunde betheiligt, so beginnt nach dem Wortlaute des Gesetzes die Frist

erst mit dem Tage, an dem der letzte von ihnen in das Inland zurückgekchrt ist.

■13) Sehr. d. F.M. an den Zust.M. 18. 12. 96 III. 16944. *14) NG. (Sivils. 12. 2. 95 F.M. III. 3945.

Ueber die Be-

§. 16. Zeit der Stempelverwendung bei Verhandlungen der Privatpersonen.

241

rechnung der Frist siehe oben Anm.8. Die durch § 2 Stst.G- begründete Stempelpflichtigkcit

selbst hängt von der Rückkehr der Inländer in das Inland nicht ab, und deshalb kann die Meinung nicht gebilligt werden, daß eine h» Auslande errichtete Urkunde, bei der Inländer

betheiligt sind, selbst dann, wenn von ihr irn Jnlande Gebrauch gemacht wird, nicht stempel­

pflichtig werde, so lange die Inländer nicht in das Inland zurückkehren.

Die Vorschrift unter

Buchst, f, wie überhaupt der ganze Abs. 1, regeln nur die Zeit, binnen der der Aussteller zu verstempeln hat.

Abgesehen vom Aussteller haftet aber nach § 1.3 Buchst, d jeder Inhaber

oder Vorzeiger der nach § 2 an sich stempelpflichtigen Urkunde, wenn er ein Interesse an

ihrem Gegenstände hat, für die Entrichtung der Steuer und nach § 16 Abs. 2 hat er, ganz abgesehen von der ihm durch § 13 Buchst, d auferlegten Haftung für den vom Aussteller zu entrichtenden Stempel, zur Vermeidung der Stempelstrafe die selbständige Pflicht zu

erfüllen, die Versteuerung binnen zwei Wochen nach dem Tage des Empfanges zu bewirken. Jeder Inhaber also, der im Jnlande im Besitz einer im Auslande unter Mitbetheiliguug eines

Inländers ausgestellten Urkunde betroffen wird, kann schon aus diesem Grunde zur Entrichtung des Stempels angehalten werden, mag aucb der Aussteller noch nicht in das Inland zurückgekehrt

und der Stempelanspruch des Staats diesen: gegenüber noch nicht fällig sein, und er verfällt alö Inhaber in die Stempelstrafe, wenn er die Versteuerung nicht binnen zwei Wochen nach dem

Empfange bewirkt. DaS den: Inhaber oder Vorzeiger, gegenüber dem eigentlich zur Ver­ steuerung verpflichteten Aussteller, durch § 13 gewährte Rückgriffsrecht ist freilich so lange unwirksam, als der Aussteller selbst noch nicht zur Entrichtung des Stempels verpflichtet ist, also hier auch dann, wenn er als Inländer noch nicht in das Inland zurückgekehrt ist.

Des­

halb wird es sich empfehlen, eine von einem Inländer im Auslande ausgestellte Urkunde, so lange der Inländer in das Inland noch nicht zurückgekehrt ist, erst dann an sich zu bringen, wenn

die Versteuerung schon bewirkt oder für den Steuerbetrug Deckung gewährt ist. II.

Bei „sonstigen",

also ohne Betheiligung von Inländern im Aus­

lande errichteten Urkunden, von denen im Jnlande Gebrauch gemacht werden soll, muß

die Versteuerung vom Aussteller vor dem Gebrauch bewirkt sein, d. h. vor dein im Jnlande erfolgten Gebrauch.

Jeder beliebige Gebrauch genügt, wenn es auch nicht derjenige ist, den

der Aussteller bei der Errichtung bezweckte, und wenn auch nicht der Aussteller selbst, sondern ein Dritter ohne sein Wissen und Willen, die Urkunde gebraucht.* 15) Der Aussteller soll sie nicht

unversteuert aus der Hand lassen.

Die Einreichung einer im Auslande ausgestellten Urkunde

bei einer preußischen Behörde ist ein Gebrauch der Urkunde.

Diese ist deshalb vor der Ein­

reichung selbst dann zu versteuern, wenn die Einreichung bei Gericht erfolgt.

Die Ver­

steuerung durch Vereinnahmung des Stempels als Gerichtsgebühr ist rechtzeitig nicht mehr-

möglich, da im Augenblicke der Einreichung die durch § 16 f bestimmte Frist schon abgelaufen

ist.* 15)

Daß der Gebrauch der Urkunde durch die Behörde (mittels Einsichtnahme) erst

nach der Einreichung erfolgen kann, ist gleichgiltig, nachdem der Gebrauch bereits durch den Einreichenden erfolgt war. die Urkunde

vom

Ausländer

zur Aufbewahrung gegeben ist.

Als Gebrauch der Urkunde ist es aber nicht anzusehen, wenn in

das Inland

nur mitgebracht

oder

einem

Anderen dort

Wird die Urkunde im Jnlande überhaupt nicht in Gebrauch

genommen, so tritt auch für den Aussteller keine Verpflichtung ein, die Versteuerung zu be­ wirken.*^)

Dagegen haftet jeder, der im Jnlande im Besitz der unversteuerten, wenn auch

noch nicht in Gebrauch genommenen Urkunde, z. B. bei einer Stempelrevision, betroffen wird, schon als Inhaber oder Vorzeiger, falls er ein Interesse an ihrem Gegenstände hat, gemäß

§ 12 Buchst, d für die Steuer vorbehaltlich des Rückgriffs gegen den Aussteller, und

nach § 16 Abs. 2 verfällt er in die Stempelstrafe, wenn er die Versteuerung^ nicht binnen

zwei Wochen nach dem Tage des Empfangs bewirkt. *15) Kam.G. Strass. 3. 1. 98 S. 925/97. Die darin vertretene Meinung, daß § 16 Buchst, f unter Gebräu ch eiuer Urkunde nur den bestimmn ngs gemäß en Gebrauch verstehe, findet im Gesetz keinen Anhalt. *16) F.M.Erl. 26. 9. 49 III 19151. Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

16

242

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung. Die aus einem anderen deutschen Bundesstaate nach Preußen im Wege der Rechtshilfe

übersendeten Urkunden unterliegen

nach § 165 G-V-G. einer preußischen Stempelabgabe nicht,

mögen sie von Inländern oder von Ausländern errichtet sein.

Im Auslande vo'ii/

machten.

16. Nach Tarifst. 73 und §

(Vergl. Anm. 3 zu c.)

2 Stst.G. sind im Auslande — von Inländern oder

Ausländern — ausgestellte Vollmachten zu versteuern, wenn sie im Znlande befindliche Gegenstände betreffen oder im Jnlande zu erfüllen sind. Danach sind auch im Auslande ausgestellte

Prozeßvollmachten, die zur Vertretung vor einem inländischen Gericht ermächtigen, stempel­ pflichtig.

Denn wenn man auch einen vor diesem Gericht schwebenden Rechtsstreit nicht als

einen „im Znlande befindlichen Gegenstand" ansehen kann (Anm. 4 zu

beurkundete Geschäft „im Zulande zu erfüllen".

§ 2), so ist doch das

Mag auch die in der Vollmacht liegende

Ermächtigung zur Vertretung im Prozesse kein der Erfüllung bedürftiges Geschäft sein,*17) so trifft dies doch für den in der Vollmacht liegenden Auftrag (§§ 1, 35, 49 Th. I Tit. 13 A.L.R.) nicht zu.

Nun bestimmt das dem Landesrecht vorgehende D.G.Kost.G. Folgendes:

§. 1. In den vor die ordentlichen Gerichte gehörigem, Rechtssachen, auf welche die Civilprozessordnung, die Strafprozessordnung oder die Konkursordnung An­ wendung findet, werden Gebühren und Auslagen der Gerichte mir nach Maassgabe dieses Gesetzes erhoben, §. 2. Eine Erhebung von Stempeln und anderen Abgaben neben den Gebühren findet nicht statt. Urkunden, von denen im Verfahren Gebrauch gemacht wird, sind nur insoweit einem Stempel oder einer anderen Abgabe untencorfen, als sie es ohne diesen Gebrauch sein würden .... Diese Bestimmungen lassen unberührt die im Jnlande ausgestellten und die im Aus­ lande unter Betheiligung von Inländern ausgestellten Vollmachten, da diese ohne Rücksicht

auf ihren Gebrauch zu Verstempeln sind, und zwar erstere nach § 16 Buchst, a und g vor ihrer Aushändigung, spätestens binnen zwei Wochen nach ihrer Ausstellung, letztere nach § 16 Buchst, f binnen zwei Wochen

nach dem Tage der Rückkehr der Inländer in das Inland.

Vergl. § 4 Amu. 15 S. 67 ff. Zweifel entstehen aber bei den im Auslande von Ausländern ausgestellten Prozeß­

vollmachten, weil diese nach § 16 Buchst, f „vor dem Gebrauche", also nicht unabhängig vom

Gebrauche, sondern gerade aus Anlaß desselben, vom Aussteller zu versteuern sind.

Da sie erst

vor dein Gebrauche versteuert werden müssen, so werden sie auch erst durch den Gebrauch zwar nicht an sich (§ 2 Stst.G.), aber doch für den Aussteller stempelpflichtig. Man würd in der That annehmen muffen, daß der ausländische Aussteller einer Prozeßvollmacht, die

bei dem inländischen Gericht eingereicht wird, ohne daß vorher von ihr ein anderweitiger Ge­ brauch gemacht worden ist, zur Versteuerung nicht herangezogen werden darf. Denn der

§ 2 D.G.Kost.G. bezweckt, wie seine Begründung ergiebt, alle landesgesetzlichen Vor­ schriften über die auch mittelbare Besteuerung von Prozessen auszuschließen, und es ist daher jeder zu Prozeßzwecken vorgenommene Gebrauch der Prozeßvollmacht, soweit er für den Landes­

stempel von Bedeutung sein könnte, als nicht erfolgt anzusehen.* 18) Der durch Einreichung bei Gericht erfolgte Gebrauch kann also auch für den Aussteller nicht den Eintritt der Verpflichtung

zur Entrichtung des Landesstempels zur Folge haben. Die oben in Anm. 6 zu 8 2 vertretene, zum Theil abweichende Ansicht wird demgemäß hier berichtigt. Der ausländische Aussteller der Vollmacht ist daher von der Entrichtung der Steuer so lange befreit, als er nicht zu anderen als rein prozeffualischen Zwecken von der Prozeßvollmacht Gebrauch macht und er kann deshalb

auch so lange nicht in Stempelstrafe verfallen. Immerhin ist die Prozeßvollmacht nach § 2 Stst.G. objektiv stempelpflichtig, und das'hat zur Folge, daß jeder Inhaber oder Vorzeiger,

*17) Mügel in Nass. u. Küntz. 93b. 41 S. 472. *18) N.N. Eivils. 1. 3. 87 Bd. 17 S. 427.

§. 16. Zeit der Stempelverwendung bei Verhandlungen der Privatpersonen.

243

der an ihr ein Interesse hat, z. B. der bevollmächtigte Anwalt, nach § 13 Buchst. 0 des Ges., bcfr. das Oerwaltuugsstrafverfabreu u. s. w. vom 26. Juli 1897.

Die auf die Festsetzung der Landesstempelstrafeu gegen Beanüe und Notare -urch die ihnen vorgesetzte Aufsichtsbehörde bezüglichen Bestimmungen, insbesondere die Vorschriften des §. (9 des Stentpelsteuergesetzes von: 5|. Juli 1895 ((5.5. 5. H 15), bleiben mit folgenden Maßgaben in Araft: a) Die Untersuchung und Festsetzung der 5trafe erfolgt gegen Gerichts beanüe und Notare durch den Präsidenten des Landgerichts, gegen sonstige unmittelbare Staatsbeamte durch den Vorsteher der für bcii Verwaltungszweig bestellten Provinzialbehörde und gegen mittelbare Staatsbeamte durch den Präsidenten der Regierung, in Berlin durch den Polizeipräsidenten!, insoweit nicht eine den hiernach zur Entscheidung berufenen Beamten vorgesetzte Behörde nach diesen Bestinnnungen zuständig ist.

b) Gegen unmittelbare Staatsbeamte eines Verwaltungszweiges, für welchen eine Provinzialbehörde nicht besteht, erfolgt die Untersuchung und Fest­ setzung durch den Vorsteher der zunächst vorgesetzten Dienstbehörde. Ueber die Beschwerde entscheidet derjenige Minister, welcher der straf­ festsetzenden Behörde für den Verwaltungszweig, deni der Beamte angehört, vorgesetzt ist. Im Uebrigen sind die Vorschriften dieses Gesetzes maßgebend. Inhalt.

Sinnt. 1.

Früherer Nechtszustand: Ordnungsstrafen.

Wesen

der ! Anm. 7. '

Zu Absatz 1. „ „ „ „



2.

Inhalt der Zuwiderhandlungen. Absicht. Strafanzeigen. 3. Neichsbcamte. 4. Landesbeamte. 5. Kirchen- und Schulbeamte; Offiziere und Militärärzte; HandelskammerMitglieder. 6. Fälle aus der Praxis über den Besitz bezw. Nichtbesitz der Beamteneigenschast.

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8.

Mehrheit strafbarer Handlungen.

Zu Absatz 2. Verträge mit Privatpersonen.

Zu Absatz 3. „ 9. Einleitung. „ 10—12. Gertchtsbeamte und Notare. „ 13 — 15. Andere Staatsbeamte, unmittel­ bare und mittelbare. „ 16. Beschwerden, Ermäßigungen und Niederschlagungen. „ 17. Stempelstrasverzeichnisse.

*)• Diese Bestimmung ist durch den hinter dem Text des § 19 Stst.G. abgedruckten § 60 des Verwaltungsstrafgesetzes vorn 26. 7. 97 (G.S. S. 237) ergänzt.

264 Früherer Rechts­ zustand ; Wesen der Ordnungs­ strafen.

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

1

Ueber die früheren die Beamten betreffenden materiellen Stempclstrasvorschriften

vergl. § 15 9(11111. 1.

Die früheren Vorschriften über das Stempclstrafverfa hrcn gegen Beamte waren für die älteren Provinzen in den

§§ 30—32 Stst.G. v. 7. 3. 22

und

der Kabinetsorder

vom 13. 4. 33 (G.S. S. 33), für die neueren Provinzen in den Stst.Verordn. v. 19. 7. und 7. 8. 67 §§ 21 fg. enthalten.

Dieses Verfahren ist durch das Ausf.G. zum D. G.Verf.G. v.

24. 4. 78 (G.S. S. 230) § 106 und das Ges. über Abänderung der Disziplinarges, v. 9. 4. 79 (G.S. S. 345) § 28 modifizirt worden (s. Begr. zum V.Straf-G. S. 19). Die Bestimmung des § 19 Abs. 3 Stst.G., daß die Festsetzung der Strafen gegen Beamte und Notare durch die vorgesetzte Aufsichtsbehörde stattzufinden habe, ist durch den § 66 V.Straf-G. v. 26. 7. 97 entsprechend ergänzt und abgeändert worden.

Die Belegung der Beamten mit geringeren Strafen, angedrohten,

beruht

aus

der

Erwägung,

von

der schon

die

als

den für Privatpersonen

Kab.O.

v. 28. 10. 36

und

23. 12. 42 ausgingen, daß es nicht angemessen sei, einem Beamten, der ohne eigenen pekuniären Vortheil bei der Aufnahme stempelpflichtiger Verhandlungen, sei es aus Irrthum oder selbst aus Unachtsamkeit, die Stempelvorschriftcn verabsäumt, uneingeschränkt vcrhältnißmäßig. beträchtliche Stempelstrafen aufzuerlegcn.**!) Auch bei der Berathung des § 19 im Abg.H. machte der Finanzminister geltend,

daß

der Unterschied,

bei Privatpersonen Ordnungsstrafen

bio zu 300.Mk., bei Beamten nur bis 150 Mk. festzusctzeu, ein durchaus berechtigter sei, denn bei Beamten könne man von vornherein nicht annehmcn und werde es nur in den aller­

seltensten Fällen Vorkommen, daß Verfehlungen auf etwas Anderem beruhten, als auf einer gewissen Nachlässigkeit und Unaufmerksamkeit.* 2) Der NcgierungS-Entwurf hatte eine strengere Bestrafung der Beamten in Aussicht genommen durch den Vorschlag, daß die Strafe auf den

einfachen Betrag des nicht verwendeten Stempels, höchstens aber bis auf 150 Mk., festzusctzeu sei. Die jetzige Fassung (bis zum Betrage des nicht verwendeten Stempels) gewährt die Möglichkeit, bei Beamten und Notaren geringere Straffn cintreten zu lassen, als im Betrage

des vollen nicht verwendeten Stempels? 3) Die Ordnungsstrafen des § 19 find ebenso wie die Beamtcnordnungsstrafen des früheren Rechts keine wegen eines Dienstvergehens zu vcrhängeuden Disziplinarstrafen im Sinne deö Disziplinarges, v. 21. 7. 52, sondern sic tragen den rechtlichen Charakter der wirklichen

Stempelsteuerstrafen, denen der Beamte, wenn auch in geringeren: Umfange, so doch im Uebrigen gleich jedem Privaten wegen Uebertretung des Stempclgcsetzes verfällt.

Ziff. 13 (amtl. Ausg. Auof.Bcst. S. 142).*4)

Vergl. auch Dienstv.

Wegen der Reichsbcamtcn siehe unten Anm. 3.

Zu Absatz!♦ Inhalt der Zuwider­ handlungen. Absicht. Straf­ anzeigen.

2.

Die den Beamten hinsichtlich der Urkundenvcrsteuerung auferlegten Pflichten sind

im § 7 Abs. 5, §9 Abs. 1-3, § 15 Abs. 1, § 30 Abs. 3, § 31 Abs. 2 Stst.G. aufgeführt: hierzu treten noch die in den Ausführungsbestimmungcn auferlegten Verbindlichkeiten. Der Wortlaut des ersten Absatzes des § 19, wonach Ordnungsstrafen bis zum Betrage des nicht verwendeten

Stempels eintreten, könnte zu der Meinung Anlaß geben,

daß Ordnungsstrafen nur in den­

jenigen Fällen verhängt werden dürfen, in denen der tarifmäßige Stempel nicht oder nicht aus­ reichend oder nicht fristgerecht verwendet ist. Zuwiderhandlungen, welche die nicht ordnungs­ gemäße Entwerthung zum Gegenstände haben oder Unterlassungen der im § 9 Ges. ungeordneten

Bescheinigungen würden nach dieser Ansicht von der Strafandrohung nicht betroffen werden, da

in

Fällen dieser Art die Verwendung der gesetzlichen

Stempel stattgefunden hat.

Eine so enge Auslegung ist indessen mit der Absicht des Gesetzes nicht vereinbar;

*1) *2) *3) *4)

cS fehlt an

Sehr. F.M. an Min. g. A. 15. 8. 94 III. 8427. Verh. d. Abg.H. S. 2391. Verh. d. Abg.H. S. 2392. Ob.Trib. 24.10.76 Gntsch. Bd. 78 S. 279, O.N. Bd. 17 S. 685, Cbl. 1877 S. 108; Begr. zum V.Straf-G. S. 21; siehe auch die allg. Vers. d. F.M. 15. 8. 98 unten Anm. 13.

§. 19.

Festsetzung von Ordnungsstrafen gegen Beamte und Notare.

265

einem begründeten Anlaß, Beamte in dieser Beziehung strafrechtlich anders zu behandeln wie

Privatpersonen.

Es würde jeder inneren Berechtigung entbehren und unbillig sein, Privat­

personen wegen

vorschriftswidriger Entwerthungen zu bestrafen, Beamte dagegen,

eine

genaue Kenntniß

der bezüglichen Vorschriften vorausgesetzt werden muß,

bei denen

mit Strafe zu

verschonen. Die Bestimmung, daß die Strafe bis zum Betrage des nicht verwendeten Stempels und höchstens bis 150 Mark festzusetzen ist, bezeichnet lediglich die Strafgrenze nach oben hin; sie

bezieht sich aber nicht auf den Inhalt der Zuwiderhandlungen.

Es wird deshalb als dem

Willen des Gesetzgebers entsprechend anzunehmen sein, daß der § 19 ohne Rücksicht darauf An­

wendung findet, ob es sich um unterlassene Stempelverwendungen oder Verstöße gegen andere Anordnungen handelt. In diesem weiteren Sinne ist auch nach früherem Recht die Bestimmung der Ziffer 3 der Kab.O. v. 28. 10. 36 ausgelegt worden, die ebenfalls bestimmte, daß die Ordnungsstrafe auf den einfachen Betrag des „nicht verwendeten" Stempels festzusetzen

sei.

Was im Besonderen vorschriftswidrige Entwerthungen anlangt, so folgt die Strafbarkeit

auch aus der Bestimmung des § 14 d, wonach die Stempelpflicht erst durch Verwendung der Stempelmarken erfüllt ist; vergl. § 14 Anm. 14. Verwendet in diesem Sinne sind die Marken erst dann, wenn sie den vom Finanzminister auf Grund des § 32 gegebenen Vorschriften gemäß entwerthet sind. So lange diesen Bestimmungen nicht genügt ist, gelten auch die be­

züglichen Stempel im Sinne des Gesetzes als nicht verwendet. Wo die Bemessung der Strafe nach dem Betrage des nicht verwendeten Stempels nicht angängig ist, bleibt nur übrig, die Vorschrift am Schluß des § 19, daß die Ordnungsstrafe nicht über 150 Mark betragen solle, anzuwenden, so daß also die Strafen,

handlungen

da die Zuwiderhandlungen des § 19 immer Zuwider­

im Sinne des § 1 Abs. 3 R.St.G.B. sind,

innerhalb der Grenzen von einer

Mark (§ 27 R.St.G.B.) bis 150 Mark verhängt werden können. Nach der allgemeinen Regel, daß zur Verhängung von^.Ordnungsstrafen der Nicht­

gebrauch des gesetzlichen Stempels genügt' und der Nachweis der absichtlichen Hinterziehung nicht erforderlich ist,

wird die Anwendbarkeit des § 19 nicht dadurch bedingt, daß Beamte,

insbesondere Notare,

wissentlich oder aus grobem Versehen den Vorschriften zuwidergebandelt

haben.

Es kommt für die Beurtheilung der Straffälligkeit die Frage der bösen Absicht an sich

nicht in Betracht,*5)

wohl aber wird das Vorhandensein der Absicht sowie überhaupt der

Grad des Verschuldens für das Maß

der festzusetzenden Strafe von Bedeutung sein.

Im

Allgemeinen ist die Praxis der Ministerien eine möglichst milde und bei entschuldbarem Ver­

sehen

eine der Niederschlagung der Strafen stets geneigte;

es sind die Notare selbst von der

Verhaftung für den Stempel häufig entbunden worden, wenn dringliche Billigkeitsgründe dafür sprachen, insbesondere, wenn anzunehmen war, daß die Interessenten auch im Falle recht­ zeitiger Beitreibung des Stempels zahlungsunfähig gewesen wären.*6)

entspricht es, wenn

gegenwärtig

Dieser milden Uebung

(s. den allg. Just.M.Erlaß v. 3. 6. 98 unten Anm. 10) die

Landgerichtspräsidenten allgemein ermächtigt worden sind, bei entschuldbaren Zuwiderhandlungen

von der Festsetzung von Ordnungsstrafen ganz abzusehen. sein der Absicht dazu führen können,

Andererseits wird das Vorhanden­

unter Umständen und

in besonderen Fällen statt der

Ordnungsstrafen die schwereren Disziplinarstrafen in Anwendung zu bringen. Strafanzeigen gegen Beamte und Notare, die sich einer Stempelübertretung bei ihrer

Amtsverwaltung schuldig gemacht haben, und sonstige Verhandlungen, aus denen sich eine der­ artige Stempelübertretung von Beamten und Notaren ergiebt, sind von den Hauptämtern und

den ihnen unterstellten Steuerbehörden künftigbin den Stempelsteuerämtern zur weiteren Ver­ anlassung wegen dieser Zuwiderhandlungen zu übersenden.

Die Vorstände der Stempelsteuer­

ämter haben alsdann nach § 11 der Anweisung für ihre Geschäftsführung darüber zu befinden,

ob sie von einem Strafantrag absehen oder die Ahndung herbeiführcn wollen (allg. F-M.Erl. 22. 10. 98 III 12 355 Cbl. S. 416).

*5) Just.M.Erl. 6. 7. 86 I. 1932, F.M. III 8613. *6) F.M.Erl. 19. 2. 80 III 2448.

266

II- Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

3.

Auf Neichsbeamte findet § 19 keine Anwendung, da das Preußische Stempelgesetz

Strafen gegen Beamte des Reiches nicht androhen kann.

In Gemäßbeit des ersten Satzes

des § 19 des Reichsbeamtenges. v. 31. 3. 73 gelten

in Ermangelung

aber

reichsgesetzlicher

Vorschriften für alle Reichsbeamtcn die an ihrem Wohnort für die Rechtsverhältnisse der

Staatsbeaniten maßgebenden besonderen gesetzlichen Bestimmungen.

Hierher gehören nicht nur

die Privilegien z. B. bezüglich der Besteuerung, ferner das Rangverbältniß u. s. w., sondern auch die „besonderen Pflichten" der Beamten.**?)

Amtssitz haben,

Neichsbeamte, die in Preußen ihren

ulüssen daher die Pflichten, die das Gesetz bezüglich der Urkundenversteuerung

auferlegt hat, ebenso

wie die preußischen Landesbeamten erfüllen;

kommen sie diesen Ver­

pflichtungen nicht nach, so erfolgt ihre Bestrafung nicht nach § 19 Stst.G-, sondern auf Grund der §§ 10 und 72 fg. des Reichsbeamtengesetzcs nach § 80 fg. dieses Ges. von der dienstvorgesetzten Behörde zu verhängen.

4.

Die Strafen sind

Den Strafbestimmungen des § 19 unterliegen hiernach nur Landesbeamte und

zwar sowohl die unmittelbaren als auch die mittelbaren.

Unmittelbare 'Beamte sind diejenigen, die im unmittelbaren Dienste des Staates sieben, also ihr Amt unmittelbar und allein vom Könige oder von einer König­ lichen Behörde erhalten und deren Hauptberuf in der Wahrnehmung von Rechten und Interessen des Staates besteht. Mittelbare Beamte sind diejenigen, die von einer den: Staate untergeordneten Korporation (§ 69 Th. II Tit. 10 AL.R.) gewählt, be­ rufen oder bestellt find und deren Hauptberuf in der Wahrung von Rechten und Interessen dieser Korporation besteht.*8) Zu der Sonderart dieser Korporationen im Sinne des vor­ erwähnten § 69 gehören aber nur solche, welche Zwecke zu erfüllen haben, die in direkter Be­ ziehung zu den Aufgaben des Staates stehen oder »die mit den sie vertretenden Organen sich

als in die Verfassung des Staates organisch eingreifende, staatlichen Aufgaben näher stehende

Behörden darstellen.*9) Vergl. auch § 7 Anin. 12. Korporationen dieser Art sind also insbesondere die politischen Verbände der Provinzen, Kreise und Gemeinden. Dagegen gehören nicht hierher die Berufsgenosscnschaften des Unfallversicherungsgesetzes* 10) und die Versicherungs­ anstalten des Jnvaliditäts- und Altersvcrsicherungsgesetzeö;*11) die Beamten dieser Genossen­

schaften und die von den Vorständen der Anstalten Angestellten haben deshalb nicht die Eigen­ schaft mittelbarer Staatsbeamten. Kirchen- und 5* Mit Rücksicht auf die in Praxis und Theorie hinsichtlich der Beamteneigenschaft Schulbeamte; Offiziere und hervorgetretencn Zweifel sind im Einzelnen noch hervorzuheben: Militärärzte; 1. Kirchenbeamte. Handels­ kammer­ Innerhalb der evangelischen Kirche werden in den älteren Provinzen die mitglieder.

Kirchengemeinden bei

räthe vertreten.

ihrer Vermögensverwaltung durch die Gemeindekirchen-

Vergl. das Nähere § 1 Sinnt. 8 J. IIa.

Ob diese Kirchen­

gemeinden als dem Staate untergeordnete Korporationen im Sinne des § 69 Th. II Tit. 10 A.L.R. und demgemäß auch die Pfarrer, sowie andere Beamte der Kirchengemeinden als mittelbare Staatsbeamte zu gelten haben, ist in der Theorie

bestritten.* 12)

Die rcichSgerichtliche Rechtsprechung hat mit Rücksicht auf das staat-

*7) Perels-Spilling: Das Reicksbeamtengesetz Anm. I Abs. 2 zu § 19 S. 39; Schr. d. F.M. an Kriegs-M. 24. 10. 98. III 13 018.

*8) v. Rönne Staatsrecht 4. Aufl. Bd. 3 S. 403. *9) O.Verw.G. 18. 5. 88 Entsch. Bd. 16 S. 154; 9. 1. 91 Entsch. Bd. 20 S. 38. *10) O.Verw.G. 9. 1. 91 s. vorhergehende Note. *11) O.Verw.G. 3. 3. 93 Entsch. Bd. 24 S. 69. *12) Dagegen Laband-Stoerck Archiv f. öffentl. Recht Bd. 7 S. 224; vergl. auch eben­ daselbst Bd. 10 S. 388, 389, 415 fg.

267

§. 19. Festsetzung von Ordnungsstrafen gegen Beamte und Notare.

liche Aufsichtsrecht und das daraus fließende Recht des Staates, in wesentlichen Be­ ziehungen Einfluß auf die Verhältnisse der Kirche und namentlich am die Ver­ waltung des kirchlichen Vermögens auszuüben, die evangelischen Kirchengemeinden als privilegirte öffentlich - rechtlich e Korporationen angesehen, dic in orga­ nischen Beziehungen zum Staate und seiner Verfassung stehen und mittelbar zugleich

staatlichen Zwecken dienen.

Daraus ist mit Recht gefolgert,

der Kirchengemeinden stehenden Beamten, zwischen Staat und Kirche besteht,

daß

die im Dienste

so weit dieser rechtliche Zusammenhang

ihrerseits gleichfalls staatlichen Zwecken dienen

und daher in so weit zugleich als im mittelbaren Dienste des Staaten angestellt zu

erachten sind.* 13)

Die Mitglieder des GemeindekirchenratheS, wozu auch die mit

der Vermögensverwaltung beauttragteu Rendanten gehören,

werden daher in allen

Angelegenheiten der VerrnögenSverwaltung als mittelbare Staatsbeamte anzu­ sehen sein.

Auch die Verwaltungspraxis nimmt an, daß Gemeindekirchenräthe öffent­

liche Behörden seien* 14) und Kirchengemeindebeanlte zu

beamten

gehören.* 15)

Aus

gleichen

in den übrigen Provinzen mit der tirchlichen Kirchenbehörden

(§ 1 Anm. 8 J. 11b bis f)

den mittelbaren Staats­

werden auch

Gründen

die Mitglieder

der

Vermögensverwaltung betrauten

als mittelbare Staatsbeamte gelten

müssen. Das Vermögen der katholischen Kirche wird durch Kirchenvorstände ver­

waltet (§ 1 Anm. 8 J. III). Da auch die katholischen Pfarrgemeinden vrivilegirte, öffentlich-rechtliche Korporationen im Sinne des § 69 Th. II Tit. 10 A.L.R. sind, so haben die Mitglieder der ihr Vermögen verwaltenden Behörden die Eigenschaft

inittelbarer Staatsbeamten.

Dies gilt besonders für die mit der Kassenverwaltung

und Rechnungsführung beauftragten Personen, mögen sie aus der Reihe der Kirchen­ vorsteher gewählt oder frei als besondere Rendanten angestellt sein.* 16) Auch

die Verwaltungspraris nimmt an, daß Kirchenvorstände öffentliche Behörden seien.*17) Die kirchenregimentlichen Behörden der evangelischen Kirche — der evan­ gelische Oberkirchenrath und die Konsistorien — haben nicht die Eigenschaft von

Staatsbehörden,*^) gleichwohl sind die Mitglieder besoldete unmittelbare Staats­ beamte.*^)

2.

Schulbeamte. Die Schulgemeinden sind unter staatlicher Aufsicht stehende Korporationen, denen des Interesses des Staates an einem geordneten

die Wahrung

öffentlichen Unter­

richtswesen innerhalb der gesetzlichen Grenzen anvertraut ist und insbesondere die Verwaltung

und Verwendung des Vermögens

Staatsbeamte,

zu Zwecken der Volksschulen ihres

Die Bediensteten dieser Korporationen

Bezirks obliegt. so

die Schulkassenrendanten*2,0)

und

die

sind

deshalb

Mitglieder

mittelbare

der Schul­

vorstände,* 21) auch in der Provinz Hannover.*22) Siehe wegen der Schulpatrone unten Anm. 6 II. Ziff. 8.

M3) R.G. Strass. 16. 3. 86 Bd. 13 S. 432; 6. 5. 86 Bd. 14 S. 130. *14) Allg. Iust.M.Erl. 21. 3. 82 Just.M.Bl. S. 56. *15) Begr. z. V.-Stras-G. S. 21. *16) N.G. Strass. 20. 1. 81 Bd. 3 S. 258. *17) Vergl. Iust.M.Erl. 21. 3. 82 in Note 14. *18) O.Verw.G. 27. 9. 90 Bd. 20 S. 450. *19) O.Verw.G. 1. 4. 92 Bd. 22 S. 36. *20) N.G. Strass. 5. 7. 81 Bd. 4 S. 379: 1. 2. 87 Bd. 15 S. 244. *21) O.Verw.G. 12. 4. 82 Cbl. d. Unterrichts-Verw. (5. 571; N.G. Strass. 17. 11. 83 Bd. 9 S. 204. *22) Ob.Trib. 23. 10. 78 O.N. Bd. 19 S. 475; F.M.Erl. 10. 3. 92 III 15 887; Schr. d. F.M. an M. d. g. A. 15. 8. 94 III 8427; F.M.Erl. 1. 10. 94 III 13 339

268

II. Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgend. Nichterfüllung.

3. Offiziere; Militärärzte. Der Staatsdienst umfaßt nicht nur den Dienst in der Civilverwaltung, sondern auch den Berufsdienst im Heere. Nach A.L.N. ist der Eintritt in den berufs­ mäßigen Militärdienst Eintritt in den berufsmäßigen Staatsdienst. Der 10. Titel des zweiten Theils handelt über die Rechte und Pflichten der Diener des Staates und bezeichnet als solche die Militär- und Civilbedienten. ES sind deshalb auch die Offiziere zu den Staatsbeamten zu rechnen.* 23) Gleichwohl erscbeint es mit Rückficht auf das militärische Dienstverhältniß der Offiziere als Personen des Soldaten­ standes und ihre Unterordnung unter die Kommandogewalt nicht zulässig, die Straf­ vorschriften des § 19 Stst.G. auch auf Offiziere anzuwenden. Für Offiziere gelten deshalb ähnliche Grundsätze wie für Rcichsbeamte. Vergl. oben Anm. 3. Sie haben, wenn sie in Preußen in dienstlicher Eigenschaft und in Vertretung einer Kommandobehörde anrtliche Verhandlungen aufnehmcn oder Verträge mit Privat­ personen abschließen, die durch das Stenrpclgesetz und die zu dessen Ausführung er­ lassenen Vorschriften ebenso zu beachten wie die preußischen Beamten der Civil­ verwaltung. Kommen sic diesen Verpflichtungen nicht nach, so stellen sich ihre Ver­ fehlungen als Verletzungen der Amtspflicht dar, die von der vorgesetzten Dienstund Disziplinarbehörde der Bctheiligten durch Ordnungsstrafen zu ahnden sind. .Vergl. das in Note 7 angeführte Schr. d. F.M. an KricgS-M. 24. 10. 98. Nach gleichen Gesichtspunkten ist bei den von Militärärzten begangenen Zuwiderhand­ lungen zu verfahren.

4. Handelskannncrmitglieder. Die Rechtsprechung neigt der Ansicht zu, daß sowohl die kaufmännischen Kor­ porationen (zu Berlin, Stettin, Magdeburg, Tilsit, Königsberg, Danzig, Memel und Elbing) als auch die Handelskammern Behörden seien. Es ist dies angenommen für kaufmännische Korporationen (Stettin) im Sinne des § 69 Th. II Tit. 10 A.L.R.*24) und für Handelskammern im Sinne dcö § 107 Ziff. 1 deö Landes­ verwaltungsgesetzes b. 30. 7. 83, *25) sowie im Sinne des vorangeführten § 69.* 26) Die Praxis der Verwaltung nimmt einen entgegengesetzten Standpunkt ein und hat anläßlich der Prüfung der Frage, ob die von kaufmännischen Korporationen und Handelskammern ausgehenden Atteste über die zur Ausfuhr gelangenden Waaren als „amtliche" Zeugnisse zu behandeln seien, die Beamteneigenschaft sowohl nach früherenl*27) wie nach jetzigem Recht*28) verneint. Diese Auffassung gründet sich darauf, daß Handelskammern und kaufmännische Korporationen nach ihrer Zweck­ bestimmung zur Wahrnehmung einseitiger Klasseninteressen. berufen seien (§ 1 94 9 7o HandelSkamiucrgcsctz v. G-S. 1897 S. 355), während es dem Wesen

der Behörden entspreche, daß sie vor Allem dem Geineinwohle dienen und daß auch die meisten der den Handelskammern staatlicherseitö gestellten Aufgaben sich in den begrifflichen Grenzen der Funktionen einer Interessenvertretung bewegen.

*23) R.G. Strass. 21. 2. 90 Bd. 20 S. 268; 16. 6. 96 Bd. 29 S. 15; Laband, Staats­ recht des Deutschen Reichs 1880 Bd. III a S. 211. *24) O.Verw.G. 18. 5. 88 Bd. 16 S. 154; vergl. auch R.G. Strass. 3.10. 84 Bd. 11 S. 132 und Turnau Grnndbuchord. 4. Aufl. Bd. 2 S. 259. *25) O.Verw.G. 22. 6. 85 Bd. 12 S. 354. *26) O.Verw.G. 21. 3. 90 Bd. 19 S. 62. ♦27) Allg. Vers. d. M. f. H. 23. 1. 89 C- 317 mitgcth. d. P.St.D. durch Allg. F.M.Erl. 1. 2. 89 III 1609. ♦28) Allg. F.M.Erl. 19. 11. 97 III 14 273.

§. 19. Festsetzung von Ordnungsstrafen gegen Beamte und Notare. 6*

269

Die nachfolgend aufgeführten, zumeist der reichsgcrichtlichen Rechtsprechung ent-

nommcnen Fälle beziehen sich auf die Auslegung des Begriffs der Beamten im Sinne des § 359 R.St.G.B., von dem auch,

insoweit er sich auf Landesbeamte bezieht, für den hier

in Rede stehenden Zweck wird ausgegangen werden können.

I. Es sind als mittelbare Beamte angesehen:

Fälle aus der Praxis über den Besitz beziv. Nichtbesitz der Beamten­ eigenschaft.

Amtsbureauvorsteher, vom Amlsvorsteher berufene, vom Landrath bestätigte

1.

und vereidigte;* 29) 2. Amtssekretäre der Amtsausschüsse, wenn sie von diesen ernannt sind;*30) Bezirksvorsteher, städtische in Altpreußen;*31)

3.

4.

Fleischbeschauer;*32)

5.

Gemeindebeamte;*33)

6. Kirchenbeamte s. oben Anm. 5 Ziff. 1;

7.

Offiziere s. oben Anm. 5 Ziff. 3;

8.

Provinzial - Feuerso zietätsbe dierntete, * 34)

9.

Sozietäten;* 35) Schulbeamte s. oben Anm. 5 Ziff. 2:

10.

sowie

Direktoren

der

Sparkassenbeamte s. § 7 Anin. 12 I letzter Absatz.

II. AIS Beamte sind dagegen nickt angesehen: 1. Auktionatoren f. § 17 Anm. 2:

Am tosekretäre, die nicht von Amtsausschüssen ernannt, sondern nur vom Amts­ vorsteher angeuornmen sind und auo dessen Amtsunkostenentschädigung besoldet

2.

werden:* 36) 3.

Bureaubeamte der Kreisausschüsse, die nur von den Landräthen privatirn

angenommen sind;*36) 4. Bureaubeamte, die nur von Amtsanwälten angenommen sind, ohne von der

staatlichen Anstellungsbehörde anerkannt zu sein;*37)

5. Hofbcamte, falls nicht ausnahmsweise ihre Hofstellung zugleich eine Staats­

stellung ist;* 38) 6. Pelizeibeamte von Gemeindebehörden,

insbesondere Polizeisekretäre,

denen die vorgeschriebene höhere Genehmigung (Bestätigung) fehlt;*39)

7. Rechtsanwälte s. § 17 Anm. 2; 8.

Schulpatrone, wenn sie lediglich vermöge ihrer Patronatseigenschaft ohne Zuthun der Staatsgewalt den Vorsitz im Schulvorstande übernommen haben.*40)

7.

Die Bestimmung, daß der Höchstbctrag der Strafe nach dem vierfachen Betrage des

Mehrheit

nicht verwendeten Stempels, jedoch nicht über 150 Mk., zu bemessen ist, läßt die Absicht Handlungen des Gesetzgebers erkennen, daß er für jeden Einzelfall eine besondere Strafe hat ver­

hängt wissen wollen.

Bei diesem von der Strafvorschrift deS § 18 abweichenden Gesetzes­

wortlaut erscheint eS nicht zulässig, bei der Festsetzung der Strafen aus § 19 die angcdrohte Strafe nur einmal auszusprechen, wenn das strafbare Verhalten sich nicht in einer einzelnen

»29) *30) *31) *32) *33) *34) *35) *36) *37) *38) *39) *40)

R.G. Strass. 4. 12. 96 Bd. 29 S. 230. O.Verw.G. 2. 6.80 Bd. 6 S. 119; R.G.Strass. 28.2. 96Bd. 28 S. 239. R.G. Strass. 14.3. 81 Bd. 3 S. 420. R.G. Strass. 20.9. 81 Bd. 4 S. 421; 27. 1. 88 Bd. 17 S. 94. R.G. Strass. 19.1. 80 Bd. 1 S. 153. R.G. Strass. 3. 6. 81 Bd. 4 S. 246. F.M.Erl. 7. 8. 86 111 9666. R.G. Strass. 28. 2. 96 Note 30. R.G. Strass. 22. 10. 89 Bd. 19 S. 434. R.G. Strass. 13. 1. 91 Bd. 21 S. 381. R.G. Strass. 5. 6. 91 Bd. 22 S. 39. R.G. Strass. 17. 11. 83 Bd. 9 S. 205.

270

II- Abschnitt: Von d. Erfüllung d. Stempelpflicht u. d. Folgen d. Nichterfüllung.

Handlung,

sondern

in

einer Mehrheit

von

Handlungen

kund

giebt,

'elbst

bei dein Vor­

handensein derjenigen Merkmale, die sonst die Einzctakte als eine einzige fortgesetzte Handlung (s. § 18 9(11111. 4) kennzeichnen.

Es muß daher unterschiedslos für jeden festgesetzten Zuwider-

handlungsfall die Strafe besonders berechnet werden.*41)

Zn Absatz 2. rit^Prwatpersonen.

8*

Nach früherem Recht (Kab.O. v. 23. 1*2. 4*2) waren bei Verträgen,

Personen mit Behörden oder Beamten abgeschlossen batten,

die Privat­

nicht nur die Beamten strafbar,

sondern es konnten auch die Privatpersonen mit der Strafe des Vierfachen belegt werden, wenn sie erweislich wider besseres Wissen die Nichtversteuerung oder nicht ausreichende Ver­ steuerung veranlaßt oder nachgegeben batten.

Diese Bestimmung hat praktische Bedeutung fast

niemals erlangt und ist deshalb in das jetzige Gesetz nicht übergegangen.*42) Es haben also nach dem zur Zeit bestehenden Recht die vertragschließenden Privatpersonen sowie die Inhaber und Vor­ zeiger nur für den gesetzlichen Stempel aufzukommen, während sie von Strafe gänzlich frei bleiben.

Zn Absatz 3. 9*

Wenngleich die Ordnungsstrafen des § 19 keine Disziplinär- sondern wirkliche

Stempelstrafen sind (s. oben Anin. 1 am Schluß), so stehen die mit diesen Strafen bedrohten Zuwiderhandlungen doch mit der Amtsthätigkeit in einem engen Zusammenhang, so daß sich die Beibehaltung der Entscheidungsbefugniß durch -Aufsichtsbehörden an Stelle der Steuer­ behörden rechtfertigt. Es bat indessen durch Uebcrtragung der Ermächtigung zur Straffest­ setzung an

die höheren Aufsichtsbehörden,

und zwar in der Regel die-Provinzialbehörden,

nicht nur die zu einer unerwünschten Ausdehnung gelangte Zahl der Stmipelstraffestsctzungen gegen Beamte vermindert, sondern zugleich daS Ziel erreicht werden sollen, daß die Entscheidung von Personen erlassen wird, denen eine ausreichende Kenntniß und Würdigung der einschlägigen stempelgesetzlichen Bestimmungen zugetraut werden kann. Für mittelbare Staatsbeamte, zu denen im Sinne des Stempelgesetzes auch die Kirchengemeindebeamten zum Theil gehören

(f. oben 9(11111. 5 Ziffer 1),

haben daneben die bestehenden Zweifel darüber beseitigt werden

sollen, welche Behörden hier im einzelnen Falle zuständig sind.*43)

^amte^und Notare,

10» Das Strafverfahren der Justizaufsichtsbehörden gegen Beamte und Notare war durch § 2*2 der allg. Verf. des F.- u. Just.M. v. 29. *2. 96 (amtl. Ausg. der Ausf.Bcst.

S. 279) geregelt. Der § 22 ist aufgehoben und durch nachstehende allg. Verf. des F.- u. Just.M. v. 3. 6. 98 F.M. III 7468 Just.M. I 1777 (Just.M.Bl. S. 124), den P.St.D. mitgeth. durch allg. F.M.Erl. v. 15. 8. 98 III 8786 (Cbl. S. 353) ersetzt:

§ 22. Strafverfahren. Die Borschriften des Gesetzes vom 26. Juli 1897, betreffend das Verwaltungs­ strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze und die sonstigen Vor­ schriften über indirekte Reichs- und Landesabgaben, sowie die Bestimmungen über die Schlacht- und die Wildpretstcuer (G.S. S. 237) finden nach § 60 auch auf die Festsetzung von Stempelstrafen gegen Gerichtöbcamte und Notare durch die Aufsichtsbehörden mit der Maßgabe Anwendung, daß, soweit nicht eine den Landgerichtspräsidenten vorgesetzte Behörde als Aufsichtsbehörde zuständig ist, die Untersuchung und die Festsetzung der Strafe durch den Präsidenten des Landgerichts und die Entscheidung über Beschwerden durch den Jufiizminister erfolgt. Der Strafbescheid ist nach anliegendem Muster*) zu erlassen. In dem Strafbescheide sind dem Beschuldigten die Stoffen des Verfahrens aufzuerlegen (§§ 45 bis 47 des Ge­ setzes vom 26. Juli 1897). Als Kosten des Verfahrens kommen nach § 45 baare Aus­ lagen nach Maßgabe der §§ 108, 109 des Preußischen Gerichtskostengesetzes vom 25. Juni 1895 (G.S. S. 203), insbesondere Schreibgebühren und Postgebühren zum Ansatz; baare Auslagen sind auch für die von Amtswegen erfolgenden Zustellungen

*41) Ob.Trib. 24. 10. 76 Cbl. 1877 S. 108. *42) Begr. zu § 19 Stst.G. S. 21. *43) Begr. zum V.Straf-G. S. 21. *) Nachstehend abgedruckt.

271

§. 19. Festsetzung von Ordnungsstrafen gegen Beamte und Notare.

anzusetzen, da § 113 des Preussischen Gerichtskostengesetzes nicht für anwendbar erklärt ist. Der Ansfertignngsstempes für Strafbescheide und Beschwerdebescheide ist nur zu erheben, wenn der Betrag der Strafe cinhundertfünfzig Mark übersteigt. Der Strafbescheid ist durch Zustellung oder durch Verkündung (Eröffnung zu Protokoll) bekannt zu wachen. Für die Ausführung von Zustellungen gelten die Bestiwwungen der Eivilprozes;ordnung; erfolgt die Zustellung durch die Post, so genügt an Stelle der Bescheinigung der Aufgabe zur Post (§ 177 der Eivilprozeßordnung) die Bescheinigung d/2 M. enthalten ausserdem einen Vordruck für die Gründe, aus denen sich die Versteuerung mit nur 50 Pf. rechtfertigt. Der letzte (vierte) Absatz der Ziffer 14 C1

Auss.Bek.

(S. 192 Komm.) ist auf­

gehoben,**3) sodaß der Verkauf der Stempeldruckbogen zu Genehmigungen der Veranstaltung von Lustbarkeiten an Privatpersonen frei gegeben ist.

Die Formulare zu Genehmigungen der Veranstaltung von Tanzlustbarkeiten werden auf halbem Vogen in dem Format des Aktenpapiers (33 X 42 cm) hergestellt.*4)

4. Die sorgfältige Beachtung des allg. F.M-Erl. v. 9. 3. 97 III 1079 (S. 202 Komm.), betreffend ordnungswidrige Entwerthung von Stempelmarken, ist den Provinzialsteuer-

StempelmorteiL

Direktoren und den diesen Nachgeordneten Steuerstellen durch allg. Erl. v. 25. 2. 98 III 2447 in Erinnerung gebracht. Dieser Erlaß enthält zugleich Bestinnnungen über die Befestigung der Stempelmarken, die Vergütung ihrer Wiederablösung und die bei den Stempelaufdrücken zu benutzende Stempelfarbe. Die nachträgliche ordnungsmäßige Entwerthung unvorschriftsmäßig oder überhaupt nicht entwertheter Stempelmarken ist nicht durch die Vorstände der Stempelsteuerämter gelegentlich

der Stempelrevisionen, sondern

in allen Fällen durch diejenigen Beamten zu veranlassen,

welche die erste Entwerthung vorgenommen haben.*5) Nach der Ziffer 15 A Nr. 3 (S. 204 Komm.) haben die Notare in die zu entwerthenden

Stempelmarken auch die Nummer des Notariatsregisters (Repertoriums) einzutragen. Vorschrift ist

dahin zu verstehen,

daß die Nummer des

Diese

Notariatsregisters nur bei

der

Versteuerung solcher Urkunden in den Stempelmarken anzugeben ist, die nach den gesetzlichen

Vorschriften in das Notariatsregister einzutragen sind. Die Bestimmung findet daher bei der Beglaubigung einer Abschrift, deren Urschrift nicht in der Verwahrung des Notars ist, keine Anwendung, denn der § 10 Ges. v. 15. 7. 90 verlangt nicht, daß Abschriftsbeglaubigungen in das Notariatsregister ausgenommen werden.* 6)

5*

Nach Ziffer 45 Abs. 2 Ausf.Bek. amtl. Ausg. S. 111 sind alle von einem Ver-Pacht-u. s. w.

Pächter, Vermiether u. s. w. für ein Kalenderjahr oder im Voraus zu versteuernden Verträge

in ein Verzeichniß cinzutragen, auch wenn die Verträge sich auf mehrere Grundstücke be­ ziehen. Durch den oben in Note 2 angeführten Allg. Erl. v. 28. 12. 97*7) ist nachgegeben worden, daß auch über jedes einzelne Grundstück ein besonderes Verzeichniß geführt werden kann. Die. Beilage 2 zur Ziffer 45 Ausf.Bek. amtl. Ausg. S. 123 bis 127, welche das für

Pacht- (Mieth-, Antichrese-) Verzeichniffe vorgeschriebene Formular enthält, hat durch den vor­ erwähnten Erlaß eine andere Fassung erhalten.* 8)

*3) *4) *5) *6) *7) *8)

S. den Erl. 28. 12. 97 in der vorhergehenden Note unter I Ziffer 2. F.M.Erl. 14. 1. 98 III 498. Allg. F.M.Erl. 23. 12. 98 III 15028. Schr. d. Just.M. an F.M. 3. 4. 99 1 1655 u. Antwortschr. d. F.M. 13. 4. 99 III 4455. S. diesen Erlaß unter II Ziffer 1 C.Bl. 1898 S. 63. S. diesen Erlaß unter II Ziffer 2 C.Bl. 1898 S. 63 bis 66; vergl. auch wegen der stempelsteuerlichen Behandlung der Nebenausfertigungen der Pacht-, Mieth- u. s. w. Verträge und der in Verträgen dieser Art enthaltenen besonderen stempelpflichtigen Nebenabreden allg. Erl. d. Just.M. 31. 1. 98 I 119 Just.M.Bl. S. 33.

404 Nicht ver­ wendete Stempel­ marken.

III. Abschnitt:

Besondere Bestimmungen.

Zu Absatz » 6.

Nach § 2 Ges. v. 2. 9. 62 (G.S. S. 295) und §§ 8 der Stst.V. v. 1867 waren

nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig verwendete Stempelmarken als- nicht verwendete anzusehen.

Diese Vorschrift war sowohl für die strafrechtlichen Folgen als auch

für die Verpflichtung zur Nachbringung des Stempels maßgebend.

Nach § 32 Stst G- gelten diejenigen Stempelmarken als nicht verwendet, welche Privat­ personen nicht in der vorgeschriebenen Weise verwendet haben, also Stempelmarken:

a) die nicht zur Selbst en twerthung befugte Privatpersonen verwendet haben,

einerlei, ob die Verwendung an sich ordnungsmäßig ist oder nicht; b) die zur Selbstentwerthung berechtigte Privatpersonen nicht in

der

vor-

geschriebenen Art verwendet haben.

Ueber die Folgen, welche die ordnungswidrige Verwendung nach sich

zieht,

bestimmt

Ziffer 27 Ausf.Bek. amtl. Ausg. S. 99:

Ziffer 27.

Die Bestimmung, wonach die von Privatpersonen nicht in der vorgeschriebenen Weise verwendeten Stempelmarken als nicht verwendet anzusehen sind, soll nicht eine Doppelversteuerung zur Folge haben, sondern es hat durch dieselbe nur der Thatbestand einer nach den §§17 und fg. des Gesetzes zu ahnenden Zuwider­ handlung festgestellt werden sollen. Abgesehen von der etwa erforderlich werdenden Einleitung eines Straf­ verfahrens bedarf es daher nur der nachträglichen ordnungsmässigen Entwerthung der vorschriftswidrig verwendeten Stempelmarken. Die Bestimmung des § 32 Abs. 2 gehört zu denjenigen im Stst.G. auch anderweitig z. B. tut § 3 Abs. 1 und 2 vorkommenden Vorschriften, die an sich selbstverständlich und nur

zu dein Zwecke gegeben sind, um durch Aufklärung die Steuerpflichtigen vor Zuwiderhandlungen zu schützen.

Daß nicht in der vorgeschriebenen Weise verwendete Stempelmarken als nicht

verwendete anzusehen sind, ergiebt sich schon aus § 14 Abs. lb Stst.G., wonach zur Selbst­ entwerthung berechtigte Personen die Stempelpflicht erst mit der Verwendung erfüllen. Die

Verwendung vollendet sich aber erst mit demjenigen Zeitpunkt, zu welchem die Marken in der vom Finanzminister angeordneten Art entwerthet worden sind; so lange dies nicht geschehen ist, kann von einer Verwendung überhaupt nicht gesprochen werden. Anderenfalls

würde es an einem zuverlässigen Merkmal und an einer sicheren Zeitgrenze fehlen, nach welchem und von welcher ab die Verwendung als erfolgt anzusehen ist. Aus § 32 Abs. 2 darf nicht gefolgert werden, daß von Behörden und Beamten nicht vorschriftsmäßig verwendete

Stempelmarken in strafrechtlicher Hinsicht als verwendete anzusehen sind. S. 264 und 265 Komm.

Vergl. § 19 Anm. 2

Auch bezüglich dieser Marken ist durch das Gesetz (§ 14 Abs. 16)

vorgeschrieben, daß die Stempelpflicht erst erfüllt ist,

wenn die Marken verwendet, d. h. in

der vom Finanzminister angeordneten Art entwerthet sind.

8- 33. Unbefugter Handel mit Stempelzeichen.

Der unbefugte Handel mit Stempelzeichen wird unter Einziehung der Vorräthe mit einer Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark bestraft. Inhalt. Verhältniß zum R.St.G.B. und zum : Anm. 3. früheren Stempelrecht. „ 4. Unbefugter Handel. Stempelzeichen.

Anm. 1. „ Verhältniß zum R.StÄ.B. und zum früheren Stempelrecht.

2. !♦

halten.

Geldstrafe. Umwandlung, Einziehung. Vorräthe.

Das Stempelwesen betreffende Strafvorschriften sind

auch im R St.G.B. ent­

Die §§. 275, 276 daselbst (vergl. S. 209 Komm.) stellen unter Strafe den wissent­

lichen Gebrauch von falschen oder gefälschten

oder schon

einmal verwendeten Stempelzeichen

405

§. 33. Unbefugter Handel mit Stempelzeichen.

und die Anfertigung solcher, um sie als echt oder zu einem höheren Werth zu verwenden.

Diese Handlungen sind nicht deshalb mit Strafe bedroht,

weil sie eine Verletzung der

inländischen stempelrechtlichen Vorschriften darstellen, sondern aus dem Grunde, weil sie gegen die allgemeine Rechtsordnung verstoßen; daher sind sie auch dann strafbar, wenn sie aus­

ländische Stempelzeichen zum Gegenstand haben. *1) Derselbe Gesichtspunkt liegt den §§ 360 Ziff. 4 und 5 und 364 R.St.GB. zu Grunde, nach denen als Übertretungen strafbar sind die unbefugte Anfertigung von Stempeln und Platten, die zur Anfertigung von Stempelzeichen dienen können, der unbefugte Abdruck von solchen Stempeln und Platten sowie die wissentliche

Veräußerung und Feilhaltung schon verwendeter Stempelzeichen.

Diese Strafhandlungen

stehen mit den nach Stempel recht strafbaren Zuwiderhandlungen, insbesondere den Steuer­ hinterziehungen, so wenig in innerem Zusammenhang, daß ein ideales Zusammentreffen beider bei derselben That ausgeschlossen ist. *2)

In dem durch § 33 unter Strafe gestellten Handel mit echten, ungebrauchten Stempel­ nicht zu finden.

zeichen ist an sich ein Verstoß gegen die Rechtsordnung

Er

ist' nur

aus

praktischen Gründen mit Strafe bedroht, weil die Möglichkeit der Verbreitung und Verwendung falscher und gefälschter Stempelzeichen dann erschwert ist, wenn der Vertrieb der Stempel­ materialien nur unter amtlicher Ueberwachung erfolgen darf.

Schon der § 37 des St.G. v. 1822 bestrafte den unbefugten Handel mit Stempel­ papier u. s. w. mit einer Geldstrafe von 50 Thalern und Konfiskation der Vorräthe und eine gleiche Vorschrift enthielt der § 30 der Stst.Verordnungen von 1867. An diesem Rechts zustande wurde durch das R.St.G.B. nichts geändert, da nach § 2 des Einführungsgesetzes die

besonderen Vorschriften des Landesstrafrechts über strafbare Verletzungen der Steuergesetze in Kraft blieben, soweit diese Gesetzgebung nicht durch Art. 35 der Reichsverfaffung ausschließlich dem Reiche zugewiesen ist.

Die alte Strafvorschrift ist in das neue Stst.G. im wesentlichen

unverändert übernommen.

2.

u) Richt schon der Verkauf von Stempelzeichen,

solchen ist unter Strafe gestellt.

Darunter fällt jede Thätigkeit,

sondern der Handel mit

die

auf den

Umsatz von

Stempelzeichen zur Erzielung eines Gewinnes gerichtet ist, also auch schon die Uebernahme

einer Lieferung von Stempelzeichen und die Anschaffung der

Wiederveräußerung,

wenn es auch zu dieser

nicht

solcher zum nachweisbaren Zweck

gekommen ist.

Daß der Handel

gewerbsmäßig, also in der Absicht betrieben wird, eine dauernde Einnahmequelle daraus

zu machen, ist nicht erforderlich; es genügt vielmehr zur Anwendung der Strafvorschrift ein einzelner Fall der Veräußerung eines Stempelzeichens ohne die Absicht, ihn zu wiederholen? 3) Immer aber muß auf Seiten des Umsetzenden die Erzielung einesGewinnes beabsichtigt

sein.

Diese Absicht liegt nicht nur dann vor, wenn der Veräußernde einen höheren Preis

erstrebt, als er ihn zum Ankauf hat aufwenden müssen;

keinen höheren Preis erlangen, z. B.

sondern auch dann, wenn er zwar

fordert, aber die Stempelzeichen absetzt, um sonstige Vortheile zu

die Erhaltung oder Vermehrung der Kundschaft.

„Handel" ist aber dann

nicht anzunehmen, wenn die Stempelzeichen ohne jede Absicht eines Gewinnes, aus bloßer Gefälligkeit, zum Selbstkostenpreise abgelassen werden.

b) Unbefugt ist der Handel, wenn er unter Verletzung der Vorschriften des § 32 über den Verkauf von Stempelzeichen

und

der

dazu

ergangenen Ausführungsbestimmungen

*1) R.G. Straff. 20. 6. 82 Bd. 6 S. 387. *2) Dies zeigt sich darin, daß wissentlicher Gebrauch gefälschter Stempelzeichen noch keine Stempelhinterziehung darstellt. Diese ist ausgeschlossen, wenn nach dem Gebrauch der gefälschten Stempelzeichen, aber noch innerhalb der Versteuerungsfrist (§ 16) ein echtes Stempelzeichen vor­ schriftsmäßig verwendet wird. Unabhängig davon, ob ein gefälschtes Stempelzeichen verwendet ist oder nicht, vollendet sich die Stempelhinterziehung erst dann, wenn innerhalb der gesetzlichen Frist nicht die Versteuerung in der vorgeschriebenen Form erfolgt. *3) F.M.Erl. 5. 1. 25 III 190.

Unbefugter Handel. Stempels Zeichen.

III. Abschnitt: Besondere Bestimmungen.

406

erfolgt, insbesondere, wenn andere Personen als die in der Ziffer 10 Ausf.Bek. (vergl. § 14 Anm. 2 S. 190 Komm.) aufgeführten Amtsstellen und Stempelvertheiler mit Sternpel­ zeichen handeln. Zum Verkaufe der Stempeldruckbogen zur Genehmigung von Lustbarkeiten sind die Stempelvertheiler befugt, dagegen nicht zum Verkaufe von Stempeldruckformularen; die von ihnen vorräthig zu haltenden Formulare zu Pacht-, Mieth- und Antichrese-Verzeichniffen dürfen sie auf Verlangen des Steuerpflichtigen unentgeltlich verabfolgen, aber nicht verkaufen (vergl. Beilage 1 zu Ziffer 20 Dienstv. Abs. 1 u. 7 amtl. Ausg. S. 166, 167 u. § 1 Abs. 3 der Anlage zu dieser Beilage amtl. Ausg. S. 169). c) Unter Stempelzeichen sind sowohl Stempelmarken, als auch Stempelpapier, Stempeldruckformulare und Stempeldruckbogen zu verstehen (vgl. § 14 Annr. 2ff. S. 190 Komm.). Die Formulare zu Pacht-, Mieth- und Antichrese-Verzeichniffen sind keine Stempelzeichen. Geldstrafe. Umwandlung.

3.

Nach den das Landesstrafrecht ergänzenden Bestirnmungen des R.St.G B. (§. 1

Abs. 3) ist die Strafthat des §. 33 eine Uebertretung, da sie nur mit Geldstrafe bis 150 Mark bedroht ist. Die Vorschriften des allgemeinen Theils des R St.G.B. finden daher auf sie überall Anwendung. Die sämmtlichen in den §§ 17 bis 23 des Stst.G. enthaltenen rnateriellen und prozessualischen Strafvorschriften sind für den unbefugten Handel mit Stempel­ zeichen ohne Bedeutung; sie betreffen nur die im Abschnitt II des Gesetzes behandelten Folgen der Nichterfüllung der Steinpelpflicht, insbesondere die nach §§ 17 bis 19 strafbaren Zuwider­ handlungen. Mit diesen hat die Zuwiderhandlung gegen § 33 nichts zu thun. Bei dieser bestimmt sich das Strafverfahren und die Strafvollstreckung nicht nach §§21 u. 22 Stst.G., sondern nach den Vorschriften der N.St.P.O. und die Verjährung der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung nicht nach § 23 Stst.G., sondern nach den §§ 66 ff. des R.St.G.B. Die ver­ hängte, nicht beizutreibende Geldstrafe ist, da das Verbot des § 22 Stst.G. keine Anwendung findet (vergl. § 22 Anm. 4 S. 312 Komm. u. § 23 Anm. 2 S. 316 u. 317 Komm.), nach § 28 R.St.G.B. in Haftstrafe umzuwandeln. Die nach § 33 zu bewirkende Einziehung ist ebenso wie die in den §§ 40 bis 42 R.St.G.B. unter dem Abschnitt „Strafen" geregelte Einziehung als eine Nebenstrafe anzusehen, deren Androhung im Landesstrafrecht nach § 5 Einf.Ges. zum R.St.G.B. zulässig ist*4) * * § Auf sie finden deshalb die Vorschriften des R.St.G.B.*») und der R.St.P.O. ergänzend Anwendung. Der Umstand, daß § 33 Stst.G. die Einziehung zwingend vorschreibt, § 40 R.St.G.B. sie nur als zulässig erklärt, giebt ihr nicht in beiden Fällen einen verschiedenen Charakter, denn auch bei den Strafthaten gegen §§ 152, 295, 296 a, 369 Nr. 2 N.St G B. muß die Einziehung erfolgen. Der Anwendung der allgemeinen Vorschriften des R.St.G.B. steht es auch nicht entgegen, daß § 40 die Einziehung nur bei vorsätzlichen Verbrechen und Vergehen für zulässig erklärt; denn auch bei Uebertretungen (§§ 360 Abs. 2, 367 Abs. 2 u. 369 Abi. 2) kommt sie vor und unterliegt dann den Vorschriften des § 40, soweit bei den einzelnen Uebertretungen nichts Abweichendes bestimmt ist. Auch im Falle des § 33 Stst.G. ist daher nach der Vorschrift des § 40 R.St.G.B. die Einziehung der Vorräthe, die zur Begehung

*4) Vergl. Olöhausen R.St.G.B. 5. Aufl. Anm. 1 bis 3 zu § 40. Der Kom.Ber. (S. 112) scheint der Einziehung den Charakter einer Strafe mit Unrecht ganz absvrechen zu wollen. *5) R.St.G.B.: § 40. Gegenstände, welche durch ein vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen hervor­ gebracht, oder welche zur Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens gebraucht oder bestimmt sind, können, sofern sie dem Thäter oder einem Theilnehmer gehören, eingezogen werden. Die Einziehung ist im Urtheile auszusprechen. § 42. Ist in den Fällen der §§ 40 und 41 die Verfolgung oder die Verurtheilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so können die daselbst vorgeschricbcnen Maß­ nahmen selbständig erkannt werden.

407

§. 34. Übergangsbestimmungen. der Strafthat, des unbefugten Handels,

„gebraucht oder bestimmt"

sind,

„im Urtheil

aus­

zusprechen", jedoch nur dann, wenn die Vorräthe „dem Thäter oder einem Teilnehmer" ge­

hören.

Daß die vom Thäter

bereits

bei

veräußerten,

dem Erwerber oder einem Dritten

befindlichen Stempelzeichen der Einziehung nicht unterliegen, folgt schon daraus, daß sie zu den „Verrathen" nicht mehr gerechnet werden können.

Auch die in § 42 R.St.G.B. geordnete Einziehung mittels des sogenannten objektiven Verfahrens in dem Falle,

daß die Verfolgung oder die Verurtheilung einer bestimmten

Person nicht ausführbar ist, muß bei einer Zuwiderhandlung gegen § 33 Stst.G. zugelassen

werden. Daß ein solches Verfahren auch stattfindet, wenn die Einziehung einzelner Gegenstände bei Nebertretungen vorgeschrieben ist, haben die Motive zum R.St.G.B. (S. 60) aus­

drücklich anerkannt.* 6) Die entsprechend anzuwendenden Vorschriften der Strafprozeßordnung über

fahren bei Einziehungen sind enthalten in den §§ 94 ff, 447, 453, 477 ff.

das Ver­

Durch Straf­

bescheid der Steuerbehörde (§ 459) kann die Einziehung aus § 33 Stst.G. nicht festgesetzt

werden, da diese Strafthat nicht zu den im § 21 Stst.G. und §§ 1 u. 2 V.St.G. (S. 276 Komm.) bezeichneten Zuwiderhandlungen gehört, auf die das Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet. Die Art und Weise der Ausführung der Strafvollstreckung der auf Einziehung lautenden Urtheile bestimmt sich gernäß § 495 R.St.P.O. nach den im Buch VIII Abschn. 3

der C.P.O. enthaltenen Vorschriften über die Vollstreckung der Urtheile der Eivilgerichte (oergl.

Löwe St.P.O. § 495 9. Aufl. Anm. 3, gegen den Beschl. R.G. Eivils. 20. 3. 80 Bd. 1 S. 233). Die Einziehung erfolgt zu Gunsten des Staatsfiskus. Der Finauzverwaltung bleibt eS überlassen, die eingezogenen Stempelzeichen anderweit zu verwerthen.

8. 34. Übergangsbestimmungen. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1896 in Kraft. Auf die vor diesem Tage abgegebenen Auflassungserklärungen und gestellten Anträge auf Eintragung einer Hypothek oder Grundschuld oder der Verpfändung einer Hypothek oder Grundschuld sowie auf diejenigen Urkunden, welche vor diesem Tage Stempelpflichtigkeit erlangt haben, finden die bisherigen gesetzlichen Vorschriften Anwendung. Die Vorschriften unter a der Tarifstelle „Pachtverträge" kommen für denjenigen Zeitraum nicht zur Anwendung, hinsichtlich dessen eine Ver­ steuerung der vor dem 1. April 1896 geschlossenen Pacht-, Mieth- und antichretischen Verträge bereits stattgefunden hat. Inhalt.

Zu Absatz 1 und 2. Anm. 1. Allgemeines. „ 2. Eintritt der Stempelpflichtigkeit. „ 3. Verbot der Rückwirkung. „ 4. Verjährung des Steueranspruchs. „ 5. Rechtsweg. „ 6. Erstattung. „ 7. Strafrecht. „ 8. Strafverfahren. Strafvollstreckung. „ 9. Milde Stiftungen. „ 10. Auflassungserklärungen.

Anm. 11. Anträge auf Eintragung einer Hypothek u. s. w.

Zu Absatz 3. „ „ „ „ „

12. Pacht- u. s. tu. Verträge. Still­ schweigende Verlängerungen. 13. Beispiele. 14. Pachtverträge bloß auf Kündigung oder auf unbestimmte Zeit. 15. Abtretung des Pachtrechts. 16. Hinterziehungen bei Pachtverträgen.

*6) Kam.G. 20. 3. 84 Joh. Jahrb. Bd. 4 S. 332; Ob.Trib. 20. 2. 77 O.R. Bd. 18 S. 143 u. Stcnglein. Zeitschr. f. Gerichtspraxis Bd. 4 S. 72; Oppenhoff 13. Aufl. R.St.G.B. § 42 Anm. 2. Abweichend Olshausen 5. Aufl. §42 Anm. 3 a.

Besondere Bestimmungen.

III. Abschnitt:

408

Zu Absatz 1 und S. Allgemeines.

1*

Gesetze wirken nicht zurück, außer wenn sie selbst sich rückwirkende Kraft beilegen.

Dies ist im Stst.G. nicht geschehen.

Daraus folgt, daß es auf Handlungen (auch Ausstellung

von Urkunden), die dem I. April 1896 vorhergegangen sind, und auf vorher erworbene Rechte

Diese Folgerung ist im Absatz 2 noch besonders zum Ausdruck

nicht angewendet werden darf. gebracht.

Entsprechend der Natur des Stempels als einer auf der Urkunde ruhenden Abgabe

soll danach für die Frage, ob das alte oder neue Stempelrecht anzuwenden ist, entscheidend

sein, ob die Urkunde

oder nach

vor

dem

1. April 1896

Stempelpflichtigkeit

erlangt hat. Damit ist anerkannt, daß für die rechtliche Beurtheilung der Zeitpunkt maßgebcnd ist, in dem der Steueranspruch für den Staat entstanden ist. Es herrscht aber

darüber Streit, ob dieser Grundsatz nicht nach einzelnen Richtungen hin eine Einschränkung findet (vergl. Anm. 3 ff.). (eumpebr

2.

I. Urkunden über Rechtsgeschäfte (§ 16 Anm. 4 S.235 Komm.) erlangen

pflichtigkeit. (tztempelpflichtigkeit mit ihrer Errichtung, also in dem Zeitpunkt, unterzeichnet werden (§ 1 Abs. mit dem Ablauf der im § mehrseitige Geschäfte, zu deren als errichtet, wenn die Urkunde

dem sie

in

2 Stst.G.). Die Stempelpflichtigkeit tritt nicht etwa erst 16 bestimmten Versteuerungsfrist ein. Urkunden über Abschluß mehrere Unterschriften erford erlich sind, gelten dann rechtsvollendet ist. Dies ist erst dann der Fall, wenn die letzte

der erforderlichen Unterschriften geleistet ist.* 1)

Das

neue Recht

ist

daher

an-

zuwendcn, wenn auch nur einer der Vertragstheilnehmer die Vertragsurkunde erst an oder nach dem 1. April 1896 unterzeichnet hat, mag auch die Unterzeichnung aller übrigen Ver­

tragstheilnehmer vor diesem Tage, erfolgt sein. Bei gewissen Urkunden braucht die Versteuerung nicht sofort bei der Errichtung zu erfolgen; sie muß vielmehr erst bewirkt sein:

a) bei den im § 16 Buchst, e bezeichneten Urkunden mit dem Eintritt der Mobil­ machung; b) bei den im § 16 Buchst, f bezeichneten mit der Rückkehr des betheiligten In­

länders in das Inland, und falls Inländer nicht betheiligt sind,

Augenblick des

im Jnlande

erfolgenden Gebrauchs

spätestens im

(vergl. Anm. 15

241 Komm.); c) bei den im Absatz 3 des § 16 bezeichneten Urkunden mit dem Ablauf

S. 240, desjenigen

Tages, an dem die Aussteller von der Genehmigung oder dem Beitritt der Behörde

oder des

Dritten

Kenntniß

erhalten

haben

(vergl. .Anm. 18 bis 20

S. 244

bis 246 Komm.).

Aber auch bei diesen Urkunden findet eine Abweichung von dem

Grundsätze, daß sie

mit ihrer Rechts Vollendung stempelpflichtig werden, nicht statt, vielmehr ist bei ihnen nur aus Zweckmäßigkeitsgründen der Beginn geschoben (vergl. K 2 Anm. 6 S. 41 Komm.).

für die

Stempelverwendungsfrist

hinaus­

Daher erlangen Stempelpflichtigkeit im

Sinne des § 34 die zu a und b bezeichneten Urkunden bei ihrer die zu c bezeichneten mit der Genehmigung oder dem Beitritt;

Errichtung,

denn erst durch

die Genehmigung und den Beitritt werden diese letzteren rechtsverbindlich. II.

Die von Behörden

und Beamten

aufgenommenen Verhandlungen

(§ 15 Anm. 2 S. 228, 229 Komm.) erlangen Stempelpflichtigkeit ebenfalls schon mit ihrer

Ausstellung, nicht etwa erst mit ihrer Aushändigung.

Mit der letzteren läuft vielmehr die

Stempelverwendungsfrist, die sich sonst auf zwei Wochen nach dem Tage der Ausstellung erstreckt, spätestens ab.

*1) § 16 Anm. 7 S. 236 Komm.

§. 34. Übergangsbestimmungen.

3. privaten,

409

Auf die vor dem 1. April 1896 stempelpflichtig gewordenen Urkunden, sowohl die Verbot der Rückwirkung. als die öffentlichen, sollen ausnahmslos „die bisherigen gesetzlichen Vor­

schriften" Anwendung finden, ohne Rücksicht darauf, ob die Versteuerungsfrist erst nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes abgelaufen ist.

Stempelpflichtigkeit selbst,

Bei

ihnen

ist

daher

zunächst

die

also die Frage, ob die Urkunde an sich stempelpflichtig und

in welcher Höhe die Abgabe zu entrichten ist, nach dein früheren Rechte zu beurtheilen.**2)

Es müssen auf die Urkunde aber auch sonst in jeder Beziehung die bisherigen stempel­ rechtlichen Vorschriften angewendet werden, insbesondere auch die ^Bestimmungen allgemeiner Natur

über persönliche

Stempelsteuerbefreiungen,

Werthermittelung,

Haftbarkeit

für

die

Stempelsteuer,* 3) Art und Zeit der Stempelverwendung und Fristberechnung.* 4)

Entscheidend ist lediglich die Zeit der Ausstellung des stempelpflichtigen Schrift­

stücks selbst, nicht anderer diese Ausstellung bedingender Urkunden.

Daher ist für eine nach

dem 1. April 1896 ausgestellte Urkunde über Verleihung des Bergwerkseigenthums mit Recht

der Stempel gemäß Tarifst. 68 erfordert worden, Herrschaft des früheren Gesetzes eingelegt war.*4a)

trotzdem die Muthung

noch

unter

der

4.

Das Stst.G. ha't gegenüber dem früheren Recht die Verjäbrungszeit für die Verjährung Werthstempel von 30 bezw. 44 Jahren auf 10 Jahre, für die sonstigen Stempel zu Privat-

urkunden und notariellen Urkunden von 30 bezw. 44 Jahren auf 5 Jahre ermäßigt, für die übrigen Urkunden von 4 Jahren auf 5 Jahre erhöht (vergl. § 27 Anm. 2 S. 361 Komm.). Es wäre anzunehmen, daß die vor dem 1. April 1896 stempelpflichtig gewordenen Urkunden stets den früheren Verjährungsfristen unterlägen, wenn auch für die Verjährung die Vorschrift

des § 34 Abs. 2 unbeschränkt anzuwenden wäre. Das ist aber nicht der Fall. Die Vorschrift hat nicht neues Recht schaffen, vielmehr nur die bisherigen allgemeinen Grundsätze über die zeitlichen Grenzen der Anwendbarkeit der Gesetze und

über ihre Rückwirkung noch besonders

für das Stempelrecht zum Ausdruck bringen wollen. Dies ergiebt die Begründung und die Entstehungsgeschichte des § 34, insbesondere der Umstand, daß bei der zweiten und dritten

Berathung im Abg.H. der Finanzminister wiederholte Abänderungßversuche zu § 34 mit Erfolg als „den allgemeinen Rechtsgrundsätzen über die Rückwirkung der Gesetze" zuwider­ laufend bekämpft hat.*5) Diese letzteren gehen nach der herrschenden Meinung dahin, d aß

wohlerworbene Rechte gegen den nachtheiligen Einfluß des neuen Gesetzes zu schützen sind.

Unter den Begriff eines wohlerworbenen Rechts fällt aber eine unter der Herrschaft des früheren Rechts begonnene, jedoch nicht vollendete Verjährung nicht. Diese erzeugt nur einen schwebenden Rechtszustand, eine Rechtserwartung, die zu einem Rechte erst durch die Vollendung der Verjährung wird.

Geltungsbereich des neuen Gesetzes,

Fällt der Zeitpunkt der Vollendung in den zeitlichen

so kann das letztere nicht ohne Einfluß auf den Abschluß

*2) Ein Antrag der Kommission des Abg.H., eine Nachforderung des Stempels und eine Bestrafung wegen Stempelhinterziehung auf Grund der bisherigen gesetzlichen Vorschriften nur insoweit zuzulassen, als in Gemäßheit der Vorschriften des jetzigen Gesetzes eine Verpflichtung zur Entrichtung von Stempelsteuer entstehen würde, ist im Plenum abgelehnt worden, nachdem der Finanzminister erklärt hatte, es müsse bei dem allgemeinen Grundsatz verbleiben, daß die unter der Geltung des heutigen Rechts geschlossenen Verträge nach diesem, die nach dem 1. April 1896 geschlossenen nach dem neuen Gesetze behandelt werden. Kom.Bericht S. 112, 142; Verh. d. Abg. H. S. 2401, 2402 u. 2516. *3) R.G. Civils. 9. 2. 99 Jur. Wochenschr. S. 196g. *4) Die Begründung zu § 33 des Gesetzentwurfs (S. 25) äußert sich zu dieser Frage nicht, beschränkt sich vielmehr darauf, hervorzuheben, daß Urkunden, für welche die Versteuerungsfrist noch unter der Herrschaft des alten Gesetzes beginnt, aber nach dem Jnkraftreten des neuen Gesetzes abläuft, nach den Grundsätzen des ersteren zu versteuern sind, da der Zeitpunkt ent­ scheidend sei, zu dem der Steueranspruch entsteht. *4a) F.M.Erl. 6. 6. 97 III 8207. *5) Vergl. Note 2 und 4; R.G. Strass. 10. 6. 97 Bd. 30 S. 147.

III. Abschnitt:

410

Besondere Bestimmungen.

dieses Schwebezustandes sein; aber auch das frühere Recht, in dessen Bereich der Beginn der Hieraus ergeben sich folgende Grundsätze:

Verjährung fallt, wirkt auf die Verjährung ein.

I. Fällt Beginn und Vollendung der Verjährung in den Geltungsbereich des­

selben

Rechts

(des alten bezw.

des

die Verjährung

neuen), so ist

in

jeder

Beziehung, insbesondere auch rücksichtlich der Verjährungsfrist, nach diesem Recht

(dem

alten

bezw.

dem

neuen) zu

beurtheilen.

Die nach dem früheren

Recht

am 31. März 1896 bereits vollendete Verjährung der Steuer wird daher vorn

Stst.G. nicht mehr berührt.

Die Verjährung, die nach diesem Tage begonnen hat,

ist lediglich nach § 27 Stst.G. zu beurtheilen.

II. Fällt der Beginn in das alte, die Vollendung in das neue Recht, so ist zu unterscheiden, ob im gegebenen Falle das neue Recht gegenüber dem früheren Recht eine Verlängerung oder eine Verkürzung der Frist herbeiführt: a) Verkürzt es die Frist, so ist sie erst vom Tage des Inkrafttretens des neuen

Gesetzes, also vom I. April 1896 ab, zu berechnen.

War aber die laufende Ver­

jährung ihrem Ende an diesem Tage schon so nahe, daß die Restfrist kürzer ist

als die neu eingeführte Frist, so behält es bei jener kürzeren Nestfrist sein Be­ wenden, denn es kann nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, durch Ein­ führung einer kürzeren Verjährungsfrist die Lage desjenigen zu erschweren,

für den die Verjährung bisher gelaufen ist (vergl. §§ 7 Abs. 2 Ges. v. 31.3.38 G.S. S. 249 u. Verordn, v. 6. 7. 45 G.S. S. 483); b) verlängert das Stst.G. die früher geltende Verjährungsfrist

(also in den

Fällen des § 2 Ziff. 8 Ges. v. 31. 3. 38 u. Verordn, v. 6. 7. 45), so kann vom

1. April 1896 ab die Verjährung in einer kürzeren Zeit als in der vom neuen Gesetze angeordneten nicht mehr vollendet werden; auf diese längere Zeit des neuen Gesetzes ist aber die Zeit in Anrechnung zu bringen, während

deren die

Verjährung bereits unter der Herrschaft des älteren Rechts in Lauf gewesen ist. Diese Grundsätze hat das Reichsgericht, nach anfänglichem Schwanken und in Wider­

spruch mit der Rechtsprechung des Ob.Trib., *6)

aber in Uebereinstimmung mit der in der

Wissenschaft herrschenden Meinung,*?) in der Entscheidung vom 1. Juli 1889 (RG. Civils. Bd. 24 S. 266) festgestellt und dabei die durch § 47 des Erbschaftssteuergesetzes v. 30. 5.1873

eingeführte kürzere Verjährung der Erbschaftssteuer auf Grund der (dem § 34 Stst.G. ganz ähnlichen) Vorschrift der §§ 48 und 49 a. a. O. auf einen Erbfall angewendet, der bereits vor

dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes eingetreten war. Rechtsweg.

5- Für die vor dem 1. April 1896 errichteten Urkunden ist der Rechtsweg nur dann

eröffnet wenn er-durch die Bestimmungen des früheren Rechts (§§ 11 und 12 Ges. v. 24. 5. 61) zugelaffen ist (vergl. § 26 Anm. 2 S. 345 Komm.); von der durch den §26 Stst.G. bewirkten

Erweiterung des Rechtswegs bleiben sie unberührt.

Hieraus folgt:

a) Der Rechtsweg ist ausgeschloffen, wenn es sich um einen festen Stempel handelt, der

kein Vertragsstempel ist; b) ist der Rechtsweg hiernach zulässig, so ist doch die auf Zurückforderung des ohne Bei­ treibung gezahlten Stempels gerichtete Klage abzuweisen, Vorbehalt erfolgt ist*8)

dem

1. April 1896

Dies ist auch

geschehen

ist.

wenn die Zahlung ohne

der Fall, wenn die Zahlung nach

Die Entstehung des

Rückforderungsanspruchs

fällt dann zwar in den Geltungsbereich des neuen Gesetzes, aber durch dieses ist

*6) Ob.Trib. Entsch. 15. 2. 50 Bd. 19 S. 260; 20. 1. 71 Bd. 65 S. 189. Vergl. auch Ob.Trib. Entsch. 10. 9. 49 Bd. 18 S. 137. *7) Savigny, System Bd. 8 S. 429ff., Stobbe, dtsch. Privatr. 3. Ausl. Bd. 1 § 28, Förster-Eccius 7. Ausl. Bd. 1 § 10 Ziff. 5. *8) Zu demselben Ergebniß gelangt das O.L.G. Cöln im Urtheil v. 20. 12. 97 F.M. 10. 6. 98 111 6296.

§. 34. Übergangsbestimmungen.

411

das schon bei der Errichtung der Urkunde entstandene Recht des Fiskus auf den Stempel und darauf, daß die Rückzahlung des ohne Vorbehalt gezahlten

Stempels ihm gegenüber nicht beansprucht werden darf, nicht beseitigt.

Zwar haben

Vorschriften über das Prozeßverfahren regelmäßig rückwirkende Kraft,*9) * * §da sie

wohlerworbene Rechte nicht berühren.

Der § 26 Stst.G. enthält aber solche Vor­

schriften nicht, bestimmt vielmehr im ersten Satze, wann überhaupt ein Prozeß zu­

lässig ist,

setzt im zweiten Satze die materiellen Voraussetzungen fest, unter

denen der Rückforderungsanspruch mit Erfolg geltend gemacht werden kann und hält im dritten Satze das bisherige Recht nur aufrecht; c) die Verjährung der Rückforderungs klage ist aber vom 1. April 1896ab nur

nach dem neuen Recht, also nach 8 26 zu beurtheilen; dies ergiebt sich aus den in der Anm. 4 enthaltenen Ausführungen. Ist nämlich die Zahlung des Stempels erst nach dem 1. April erfolgt,

so bleibt das alte Recht schon deshalb außer Anwendung,

weil dann sowohl der Beginn als auch das Ende der sechsmonatigen Verjährung für den erst durch die Zahlung zur Entstehung gebrachten Rückforderungsanspruch in

den Geltungsbereich des neuen Gesetzes fällt. Liegt Beginn und Ende der Ver­ jährung vor dem 1.4.96, so ist selbstverständlich nur das frühere Recht maßgebend. Fällt der Beginn der Frist vor, das Ende in oder hinter den 1. 4. 96, so ist die Verjährung nach dein neuen Stst.G. zu beurtheilen, weil dieses die Frist gegen das

frühere Recht verlängert hat.

Die Erfordernisse der Verjährung sind zwar nicht

geändert und auch die sechsmonatige Frist des früheren Nichts ist beibehalten. Diese Frist berechnet sich aber seit dem 1. 4. 96 gemäß § 28 Stst.G. nach § 200 (222) C.P.O. auf volle

sechs Monate, also mindestens 181 Tage, während nach

A.L.R.*1O) und nach gemeinem Recht* 11) der Monat zu 30 Tagen, die Frist also auf nur 180 Tage zu

berechnen war.

Die Klageverjährung kann daher in einer

kürzeren Frist als der längeren des neuen Gesetzes nicht mehr vollendet werden. 6.

Eine Erstattung bereits verwendeter Stempel findet bei den vor dem 1. 4. 96 Erstattung,

stempelpflichtig gewordenen Urkunden nur nach Maßgabe des früheren Rechts statt. Die Vorschriften des § 25 bleiben auf sie ohne Anwendung. Erstattungen aus Billigkeits­

gründen können für die dem früheren Recht unterliegenden Urkunden überhaupt nicht ein»

treten.* 12) 7»

Nach §2 Abs. 2 R.St.G.B. ist bei Verschiedenheit der Gesetze von der Zeit der

begangenen Handlung bis zu deren Aburtheilung das mildeste Gesetz anzuwenden.

Dieser

allgemeine, für das Reichs- und Landesstrafrecht geltende Grundsatz ist auch für den durch die

Einführung des Stst.G. herbeigeführten

Gesetzeswechsel maßgebend.

Einführ.Ges. zum R.St.G.B. sollen zwar in Kraft bleiben

Nach § 2 Abs. 2 des

„die besonderen*13) Vor-

*9) Ob.Trib. 4. 11. 62 Strieth. Arch. Bd. 47 S. 133; Förster - Eccius, 7. Ausl. Bd. I § 10 Zisf. 8. * 10) § 550 Th. I Tit. 9 A.L.R. *11) I. 11 § 6 u. I. 29 § 5 dig 48, 5. *12) § 25 Anm. 1 bei Note 7 S. 327 Komm. Vergl. F.M.Erl. 4. 11. 96III 14280. *13) Mit dem Ausdruck „besondere Vorschriften" hat nicht der Gegensatz zu Vorschriften allgemeiner Natur ausgedrückt werden sotten, vielmehr nur der Gegensatz zu dem im Abs. 1 des § 2 des Einf.Ges. bezeichneten Strairecht, insoweit es Nechtsgebiete betrifft, welche Gegenstand des R.St.G.B. sind. Unter den „besonderen Vorschriften" sind daher auch Vorschriften allgemeiner Natur zu verstehen, die im damals geltenden Stempelrcckit enthalten waren. Zu den Vorschriften allgemeiner Natur gehören auch Bestimmungen darüber, nach welchem Strafrecht Handlungen zu bestrafen sind, wenn bei der Begehung und bei der Aburtheilung verschiedene Strafgesetze gelten. (Vergl. Olsh. R.St.G.B. 5. Ausl. Anm. 8 u. Oppenh. R.St.G.B. 13. Aufl. Anm. 6 zu § 2 Einf.Ges.).

Strafrecht,

412

III. Abschnitt:

Besondere Bestimmungen.

schriften des Landesstrafrechts über strafbare Verletzungen der

Stempelrecht enthielt aber keine Vorschriften darüber, nach

Steuergesetze-.

Das

frühere

welchen Grundsätzen die Straf­

barkeit der Stempelhinterziehungen bei einem Wechsel der das Stempelrecht betreffenden Strafgesetzgebung zu bestimmen ist; die §§ 42, 43 des St.G. v. 1822 und die §§ 36 der

Stst. Verordnungen von 1867 enthalten vielmehr nur Vorschriften von vorübergehender Wirkung, die lediglich für den damals eintretenden Wechsel der Gesetze Geltung haben sollten. Nun wird zwar (in Uebereinstimmung mit Olshausen**14) und Oppenhoff) *15) anzunehmcn sein, daß die Landesgesetzgebung für das Stempelrecht, da es nicht Gegenstand des R.St.G.B.

ist, eine von dem Grundsätze des § 2 Abs. 2 R.St.G.B. abweichende Bestimmung hat treffen dürfen.

Es fehlt aber im Stst.G. an einer dahingehenden Vorschrift.

Aus der allgemeinen

Fassung des § 34 Abs. 2 kann für die Ausschließung des Grundsatzes nichts gefolgert werden.

Daß eine solche in der Absicht des Gesetzgebers gelegen habe, dafür ergiebt die Begründung*!)

und die Entstehungsgeschichte des Gesetzes nichts.

Vielmehr hat sich der Finanzminister bei den

Verhandlungen im Abg. H. zwar gegen jeden Abänderungsvorschlag, durch den dem Stst.G.

in einzelnen Beziehungen rückwirkende Kraft beigelegt werden sollte, mit Erfolg ausgesprochen;

aber er hat zugleich ohne Widerspruch erklärt, „anders liege die Sache bei der Strafe, da

könne man Milde obwalten lassen und sagen: höhere Strafen sollen nach dem 1. April auch wegen solcher Uebertretungen, die nach dem jetzigen Gesetz geschehen sind, entweder gar nicht eintretcn oder sie sollen mit den milderen Strafen dieses Gesetzes versehen werden;

das soll auch Anwendung finden auf Uebertretungen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes.* 16) Bei der dritten Berathung hat der Finanzminister nochmals hervor­

gehoben, daß auf die unter dem alten Recht begangenen Zuwiderhandlungen auch im Ver­ waltungswege die mildere Strafe zur Anwendung kommen solle, soweit die bestehenden

Gesetze ihn nicht daran hinderten.

Mit Rücksicht besonders auf dieses Verhalten des Vertreters

der Regierung hat das R.G. I Strass, in dem Urtheil vom 10. 6. 97 (Bd. 30 S. 147) das mildere Strafgesetz in Stempelsachen für anwendbar erklärt.

Das mildere Gesetz im Vergleich

mit den früheren Stempclgesetzen ist aber das neue Stst.G., da es die Strafe bei Hinter­

ziehungen für die meisten Fälle

nicht erhöht und

beim Fehlen der Hinterziehungsabsicht

Ordnungsstrafen von 1 bis 300 Mark zuläßt, während das frühere Recht nur die Hinter­

ziehungsstrafe kannte.

Auf die Ordnungsstrafen des § 18 darf hiernach auch bei den vor dem

1. 4. 96 ausgestellten Urkunden erkannt werden. Darüber, ob das mildere Gesetz auf früher begangene Fälle anzuwenden ist, herrscht

Streit.

Gegen die Anwendung wird insbesondere geltend gemacht, daß der die Ordnungs­

strafen zulassende § 18 Stst.G. seine Wirksamkeit ausdrücklich auf die Fälle des vorher­ gehenden Paragraphen (§17) beschränkt und der letztere nur Verstöße gegen die Vorschriften des neuen Stst.G. bezüglich der Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelsteuer behandelt.

Aber die Bezugnahme auf den § 17 ist nicht in diesem Sinne zu verstehen, sie ist vielmehr nur eine Folge der äußeren Fassung des Gesetzes. im

Wesentlichen

nur

Die nach § 17

eine Kodifikation des früheren

des neuen Gesetzes, das

Stempelrechts hat

darstellen sollen,

mit Strafe bedrohten Handlungen unterscheiden sich nur in einzelnen Beziehungen von den

nach dem früheren Recht strafbaren Zuwiderhandlungen, tragen aber im Wesentlichen denselben

Charakter.

Der § 18 ist also dahin zu verstehen,

daß überhaupt in allen mit Strafe be­

drohten Fällen der Verletzung der Steuerpflicht Ordnungsstrafen eintreten sollen, wenn die Hinterziehungsabsicht fehlt. Daß er die Ordnungsstrafen für die früher begangenen Straffälle hat ausschließen wollen, ist aus ihm nicht zu entnehmen.

Deshalb und da der die Ueber-

gangsbestimmungen besonders festsetzende § 34 nicht entgegensteht, muß es bei dem Grundsätze des § 2 Abs. 2 R.St.G.B. verbleiben.

*14) *15) *16)

Olsh. R.St.G.B. 5. Aufl. § 2 Anm. 2. Oppenh. R.St.G.B. 13. Aufl. § 2 Anm. 6. Verh. d. Abg. H. S. 2401, 2402.

413

§. 34. Übergangsbestimmungen.

Das Finanzministerium hält die vorbezeichnete Entscheidung des RG. v. 10. 6. 97 mit Rücksicht auf den Wortlaut des § 34 und die Bezugnahme des § 18 auf den § 17 Stst.G.

nicht für richtig.* 17) Ermäßigungen der festgesetzten Hinterziehungsstrafen erfolgten übrigens auch schon unter der Herrschaft des früheren Rechts irn Wege des Rekurses und im Gnaden­

wege dann, wenn die Hinterziehungsabsicht fehlte.* 18)

8.

a) Das Strafverfahren ist durch das Stst.G. (§ 21) gegen früher nicht geändert. Erst durch das V.St.G. v. 26. 7. 97 ist diese Aenderung für das

Verwaltungs-Strafverfahren eingetreten.

Dies Gesetz legt sich,

pf­

ent- Vollstreckung,

sprechend seiner Natur als der eines Prozeßgesetzes, rückwirkende Kraft bei.

Es bestimmt in den §§ 62 u. 63 (vergl. § 21 Anm. 7 S. 296 Komm.), daß

das V.St.G. auf alle am 1. Oktober 1897 — dem Tage des Inkrafttretens

des Gesetzes — anhängigen Verwaltungsstrafsachen Anwendung findet, sofern

der Strafbescheid noch nicht bekannt gemacht ist. Tas gerichtliche Strafverfahren ist unverändert geblieben. b) Für die Strafvollstreckung ist durch §22 Stst.G. der bisherige Rechts­

zustand*^) lediglich aufrecht erhalten. Eine Neuregelung hat dieser erst durch die §§ 52 ff. und 62 V.St.G. v. 26. 7. 97 erfahren (vergl. § 22 S. 310 Komm. u. §. 21 Anm. 7 S. 296 Komm.).

9*

Milde Zu § 5 ist in Anm. 31 Abs. 3 (S. 93 Komm.) erörtert, daß vor dem 1. 4. 96 errichtete und beurkundete milde Stiftungen rücksichtlich ihrer persönlichen Stempelsteuerbefreiung nach Stiftungen. dem früheren Recht zu beurtheilen sind. Dieser Auffassung ist der F.M. in dein Allg. Erl.

v. 31.10.97 III 13457 beigetreten; die Versteuerung nach früheren: Recht stützt sich aber

nicht auf den zweiten Absatz des § 34 Stst.G., wie es in der genannten Anm. 31 und in dem Erlaß irrthümlich heißt, sondern auf den ersten Absatz dieses Paragraphen. Denn es handelt sich hierbei nicht um Geschäfte, die vor dem 1. 4. 96, vielmehr um solche, die nach diesem

Zeitpunkt beurkundet sind, für die aber Stenlpelfreiheit deshalb in Anspruch genommen wird, weil solche der Stiftung für ihre Person schon vor dem 1. 4. 96 zustand.

10.

Die vor dem 1. April 1896 abgegebenen Auflassungserklärungen unterliegen ebenso Auflassungswie alle anderen Urkunden den: früheren Stempelrecht. (Vergl. oben Anm. 3.) Dabei ist es crtIarun9cngleichgültig,

ob die auf Grund der Auflassung erfolgende Eintragung vor oder nach dem

1. 4. 96 erfolgt ist, trotzdem sowohl nach früheren: Recht*20) als auch nach der Tarifstelle 8 Abs. 2 des neuen Stst.G. die Abgabe dann nicht erhoben wird, wenn es zur Eintragung des

Eigenthumsüberganges nicht kommt.

Ebensowenig ist entscheidend, wann die das Veräußerungs­

geschäft enthaltende Urkunde den: Grundbuchrichter vorgelegt wird.

11.

Die Urkunden, enthaltend Anträge auf Eintragung einer Hypothek oder GrundAnträge schuld oder der Verpfändung einer Hypothek oder Grundschuld (Tarifstelle 58 zu III) sind nach Eintragung

dem früheren Recht zu beurtheilen, wenn die Anträge vor dem 1. April 1896 „gestellt" sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie vor diesem Zeitpunkt bei den: Grundbuchgericht

*17) F.M.Erl. 4. 9. 96 HI 11778; 21. 9. 96 III 13320; 13. 1. 97 III 57; 8. 9. 97 III 8949; 23. 10. 97 III 12836. *18) F.M.Erl. 5. 6. 98 III 7880. Vergl. § 18 Anm. 1 S. 258 u. §21 Anm. 14 S. 306 ff. Komm. *19) Vergl. für das frühere Recht bezüglich der Strafumwandlung § 22 Anm. 4 S. 312 Komm., bezüglich der Zwangsvollstreckung in Grundstücke § 51 Zollstrafges. 23. 1.38 (G.S. S. 78). *20) Vergl. § 1 Stst.G. 5. 5. 72 G.S. S. 509 (der Stempel ist nur im Falle der frei­ willigen Veräußerung zu zahlen, diese ist aber ohne Eintragung nicht vollendet) u. für das Rhein. Recht § 41 Abs. 2 Gef. 12. 4. 88 G.S. S. 52.

einer

III. Abschnitt:

414 eingegangen

sind.*21)

Wann

die

Besondere Bestimmungen.

Eintragung

und

selbst erfolgt

wann

die

Abtretungs­

urkunde vorgelegt wird (Tarifstelle 58 zu 111 Abs. 2 u. Tarifstelle 2 Abs. 5 u. 6), ist dabei

gleichgiltig.

Zu Absatz 3. ^'ärträge.1”'

12.

Die seit dem 1. April 1896 geschlossenen Pachtverträge sind durchweg nach

StMden Vorschriften des neuen Stst.G. nebst Tarif zu beurtbeilen. ^Ber-^b Hinsichtlich der vor diesem Tage geschlossenen Verträge dieser Art enthält der Abs. 3

längerungen. eine besondere Vorschrift, aber nur für die unter a der Tarifst. 48 bezeichneten Pachtverträge,

nämlich diejenigen über inländische unbewegliche Sachen. die

Pachtverträge

über

bewegliche

Sachen

und

über

Daraus folgt,

ausländische

daß es für

Grundstücke

lediglich bei dem allgemeinen Grundsätze des Abs. 2 verbleibt, daß also bei ihnen das frühere Recht stets nach Maßgabe der Anm. 3 bis 8 zur Anwendung kommt, wenn sie vor dem 1. April 1896 errichtet sind. Die Vorschriften untera der Tarifst. 48 über die Versteuerung inländischer unbeweglicher

Sachen sollen nach Abs. 3

bei den vor dem 1. April 1896 geschlossenen Pacht- u. s. w. Ver­

trägen für denjenigen Zeitraum nicht in Anwendung kommen, hinsichtlich desien ihre Versteuerung „bereits" stattgefunden bat. Unter „bereits" ist zu verstehen: vor dem Inkraft­ treten des Gesetzes, also vor dem 1. 4. 96 (Verh. d. Abg. H. S. 2402). Faßt man lediglich den Wortlaut des Abs. 3 in das Auge, so konnte er dahin verstanden

werden, daß bei den vor dem 1. 4. 96 geschlossenen Pachtverträgen für denjenigen Zeitraum, hinsichtlich dessen eine Versteuerung an diesem Tage thatsächlich noch nichtstattgefunden bat,

einerlei, ob dazu bereits eine gesetzliche Verpflichtung bestand oder nicht, die Vorschriften unter a der Tarifst. 48 unbeschränkt zur Anwendung zu bringen seien, daß also z. B. ein am 1. 6. 80 für die Zeit vom 1. 6. 80 bis 31. 5. 98 geschlossener Pachtvertrag, der am 1. 4. 96 oder später

unversteuert vorgefunden wird, auf Grund des Verzeichnisses für die ganze Pachtzeit zur

Nachversteuerung zu ziehen sei.

Gegen eine solche Auslegung spricht aber schon der Umstand,

daß dann der nur civilrechtliche Vorschriften enthaltende Abs. 3 die rechtswidrige Nicht­

befolgung der früheren stempelrechtlichen Vorschriften zum Ausgangspunkt nehmen würde,

während eine solche Zuwiderhandlung gegen das Gesetz doch sonst nur bei Strafvorschriften unterstellt wird. Die unterlassene Versteuerung würde in diesem Beispielsfalle sogar Vortheile für den Steuerpflichtigen zur Folge haben; denn erst seit dem Inkrafttreten des Ges. v. 19. 5. 89

(G.S. S 115) ist der nach dem St.G. von 1822 für Pachtverträge zu entrichtende Stempel von Vs vom Hundert auf Vio vom Hundert ermäßigt, bei Anwendung des alten Rechts ist

also der Vertrag für die ganze Pachtzeit mit dem höheren, nach dem neuen Recht mit dem ermäßigten Stempel zu versteuern. Auch würden diejenigen Personen, bei denen die gesetzwidrige Unterlassung der Versteuerung der alten Verträge nach dem 31. 3. 96 entdeckt

wird, günstiger gestellt sein, als diejenigen, bei denen die Zuwiderhandlung schon vor dem 1. 4. 96 zur Kenntniß der Steuerbehörde gelangt ist. Denn wenn das Gesetz die neu eingeführte Form der Versteuerung (auf Grund des Verzeichnisses) mit rückwirkender Kraft auf früher

geschlossene Verträge für statthaft erklärte, so würden diejenigen Verpächter ihrer Versteuerungs­ pflicht dem Gesetz gemäß genügt haben, die bis zum Ablauf des Januar 1897 die noch nicht

versteuerten alten Verträge auf das Nerzeichniß gebracht haben; sie würden daher auch nicht wegen Steuerhinterziehung bestraft werden können.

Die Vorschrift des Abs. 3 hat nach der Absicht des Gesetzgebers überhaupt nicht eine

Ausnahme von der Regel des Abs. 2, daß die vor dem 1. 4. 96 geschlossenen Pachtverträge nach dem früheren Rechte zu Verstempeln sind, aufftellen wollen.

Es lag auch kein Grund vor, diese

Pachtverträge anders zu behandeln als die sonstigen vor diesem Zeitpunkt errichteten Urkunden. Jedoch machte die neu eingeführte Form der Versteuerung mittels des Verzeichnisses in Ver­

bindung mit der Vorschrift des Abs. 8 der Tarifst. 48 hinsichtlich der Verlängerungen der *21) Juft.M.Erl. 14. 8. 76 I 2188 Cbl. S. 187.

415

§. 34. Übergangsbestimmungen.

Pachtverträge eine Uebergangßvorschrift nöthig.

Nach dieser Tarifstelle sollen

alle nach dem

31.3.96 „eintretenden" Verlängerungen, also auch die auf den Bestimmungen der vordem

1. 4. 96 abgeschlossenen Verträge beruhenden, mittels des Verzeichnisses versteuert werden, ohne Rücksicht darauf, ob die für das Zustandekommen der Verlängerung entscheidende stillschweigende

Willenserklärung (das Unterlasten der Kündigung) vor oder nach dem 1. 4. 96 stattfand, während nach dem früheren Rechte gerade im Zeitpunkte dieser neuen Willenseinigung, also des

Abschlusses des formlosen, aber nach § 6 Buchst. 6 des St.G. von 1822 einem schriftlichen

Vertrage gleichgestellten Verlängerungsvertrages, der über das Eintreten der Verlängerung ent­ schied, die Stempelpflichtigkeit der Verlängerung begann.**22)

Lag nun diese Willenseinigung

vor, der Eintritt der Verlängerung aber hinter dem Inkrafttreten des Stst.G., so wäre die

Verlängerung sowohl nach altem wie nach neuern Recht zu versteuern gewesen.

Nur diese

Doppelbesteuerung sollte durch die Vorschrift des Abs 3. verhindert werden; nach ihr soll, falls

die Verlängerung nach dem 31. 3. 96 eintritt, aber schon vor den: 1. 4. 96 der Abschluß des

Verlängerungsvertrages erfolgt,

also auch schon die Stempelpflichtigkeit eingetreten

war, die Versteuerung der Verlängerung mittels des Verzeichnisses unterbleiben. Die Thatsache .der erfolgten Versteuerung kann für sich allein nickt ausschlaggebend sein, wenngleich dies nach dem bloßen Wortlaut des Abs. 3 anzunehmen wäre. Der letztere hat vielmehr die Be­

deutung, daß bei solchen Verlängerungen die Tarifst. 48 für denjenigen Zeitraum auszuschließen ist, hinsichtlich dessen am 1.4.96 eine Versteuerung schon thatsächlich stattgefunden bat oder ein gesetzlicher Anspruch aufZahlung des Pacht- u. s. w. Stempels für den Staat schon zur Entstehung gelangt ist*23) Ob die vierzehntägige Frist zur Versteuerung am 1.4.96 schon abgelaufen war, ist gleichgiltig. In diesem Sinne ist auch der den: § 34 entsprechende § 33 des Gesetzentwurfs von der Regierung gemeint gewesen. Freilich ist diese Meinung in den Gesetzesmaterialien nirgends

zum unmittelbaren Ausdruck gekommen. Für sie spricht aber, daß als Zweck des Gesetzes in der Begründung (S. 25) nur die Verhinderung der Doppelbesteuerung angegeben ist, während der Abs. 3 einen bei weitem tieferen Eingriff in die allgemeine Regel des Abs. 2 darstellen

würde, wenn die Auslegung des Abs. 3 an seinem Wortlaut haften bliebe.

13.

Beispiele: geschlossener Pachtvertrag, der am

1. Ein am 1.1. 96 auf drei Jahre (bis 1. 1. 99)

1. 7. 96 unversteuert gefunden wird, ist für die ganze Vertragszeit nach altem Recht zu ver­

steuern

und für diese Zeit nicht in

Pachtzeit

zum Abschluß

gekommene

das Verzeichniß aufzunehmen.

Verlängerung

ist

mittels

des

Eine nach Ablauf der Verzeichnisses zu

ver­

steuern. *24) 2. Ein am 1. 7. 96 ab laufender, nach den Vertragbestimmungen Mangels vorher­ gehender sechsmonatiger Kündigung stillschweigend auf drei Jahre zu verlängernder Vertrag

war bis zum 31.12. 95 zu kündigen, andernfalls die Verlängerung nach den Vorschriften des alten Rechts bis zürn Ablauf des 14.1. 96 auf weitere drei

verhältniß

Jahre zu versteuern.

Das Pacht­

ist bis zum Ablauf des ganzen, dreijährigen Zeitraums nicht in das Verzeichniß

aufzunehmen. *25)

*22) Urtheil Kam.G. 25. 3. 86 Joh. Jahrb. Bd. 6 S. 195. Wenn z. V. ein am 1. 4. 95 für die Zeit vom 15. 4. 95 bis ebendahin 1896 geschlossener Vertrag bestimmt, daß er stillschweigend für verlängert auf ein Jahr angesehen werden soll, so oft bis zum 1. Oktober nicht gekündigt wird, so mußte nach dem ftüheren Gesetz die Versteuerung für die Zeit vom 15. 4. 96 bis eben­ dahin 1897 bis spätestens zum Beginn des 15. 10. 95 bewirkt sein, falls die Kündigung nicht bis zum 1. 10. 95 erfolgt war. Vergl. F.M.Erl. 23. 12. 97 III 12883. *23) F.M.Erl. 19. 6. 97 111 6871; 19. 6. 97 111 7087. *24) F.M.Erl. 29. 11. 95 III 16475. *25) F.M.Erl. 19. 12. 96 111 16945; 23. 12. 97 III 12883.

416

III. Abschnitt: 3. Ein ebensolcher

Besondere Bestimmungen.

am 25. 9. 96 ablaufender Vertrag war Mangels einer bis zum

24. 3. 96 einschließlich erfolgten Kündigung nach den Vorschriften des alten Rechts bis zum Ablauf der vierzehntägigen Versteuerungsfrist, also bis zum 7. 4. 96, auf weitere drei Jahre zu versteuern.

Das Pachtverhältniß ist für den Zeitramn bis zürn 25. 9. 99 nicht in das Ver-

zeichniß aufzunehmen. 4. Ein ebensolcher mit dein 30. 9. 96 oder dem 31. 12. 96 ablaufender Vertrag, der nicht gekündigt war, ist, da der Abschluß der Verlängerung erst mit dem Beginn des 1. 4. 96 bezw. 1. 7. 96 eintritt, für die Zeit vom 1. 10. 96 bezw. 1. 1. 97 ab in das Verzeichniß aufzunehmen. Pachtverträge Vor dem 1. 4. 96 bloß auf Kündigung oder überhaupt auf unbestimmte oder auf so angesehen werden, als ob sie unbestimmte stände auf ein Jahr geschlossen Zeit.

14.

beurkundete Pacht- u. s. w. Verträge, die bloß auf Kündigung Zeit geschlossen sind, sollen nach § 6 Buchst, k St.G. v. 1822

für ländliche Grundstücke auf drei Jahre, für andere Gegen­

wären. Auf solche Verträge ist die Tarifstelle 48 selbst dann nicht anzuwenden, wenn sie nach dem 1. 4. 96 noch in Geltung sind. Denn sie sind nach den

Bestimmungen des früheren Gesetzes als endgiltig und als für die ganze Dauer ihres Be­

also auch hinsichtlich des unter die Geltung des neuen Gesetzes Um eine urkundlich vereinbarte stillschweigende Verlängerung fallenden Zeitraumes. handelt es sich hier nicht, wenn auch das Pachtverhältniß unter beiderseitigem Einverständniß stehens versteuert anzusehen,

*26)

fortgesetzt wird.

Eine Verlängerung liegt überhaupt nicht vor, wenn nach § lb Ges. v. 19.5.89 (G.S. S. 115) bei den vor dem 1. 4. 96 geschlossenen Pachtverträgen von mehr als sechsjähriger

Dauer den Kontrahenten gestattet ist, den Stempel in dreijährigen Fristen für je drei Jahre im voraus zu zahlen. Hier ist der Stempelanspruch für die ganze Vertragszeit bei der Er­ richtung des Vertrages entstanden und der Stempel nur zum Theil gestundet.

Ist also der

Vertrag für die Zeit vom 1. 6. 95 bis 30. 5.1913 geschlossen und in Folge der Stundung bei der Errichtung des Vertrags der Stempel nur für die Zeit bis 1. 6. 98 entrichtet, so ist der

Vertrag nicht in das Verzeichniß aufzunehmen, vielmehr sind die weiteren Stempeltheilbeträge nach den Vorschriften des früheren Rechts zu entrichten. Abtrewng

15*

Die Beurkundung von Abtretungen der Rechte aus Pachtverträgen u. s. w.

Pachtrechts, sollen nach der Tarifstelle 48 a Abs. 7 keiner anderen Abgabe unterliegen als der nach den Be­

stimmungen dieser Tarifstelle zu entrichtenden Stempelsteuer, stempel.

also nicht dem Abtretungs­

Diese Vorschrift bezieht sich nicht auf die nach dem 1. 4. 96 beurkundeten Abtretungen

der Rechte aus Pachtverträgen, die

vor dem

1. 4. 96 errichtet sind, denn diese

letzteren fallen überhaupt nicht in den Geltungsbereich des neuen Gesetzes und Tarifs. Werden also die Rechte aus einem im Jahre 1882 für Johannis 1882/1900 abge­ schlossenen und für die gesammte Pachtdauer versteuerten Pachtverträge am 1. 5.96 abgetreten,

so ist diese Abtretung nicht stcmpelfrei, vielmehr, da sie unter der Herrschaft des neuen Ge­ setzes erfolgt ist, nach der Tarifstelle 2 zu versteuern. *27)

Daran ändert auch nichts die

Vorschrift des Abs. 3 § 34, der überhaupt nicht die Versteuerung von Abtretungen der Rechte aus Pachtverträgen betrifft, vielmehr nur die Versteuerung der Verlängerungen solcher Verträge (vergl. Anm. 12). Hinter­ ziehungen bei Pacht­ verträgen

16.

Die Ausführungen in Anm. 12 ergeben für Hinterziehungen bei Pachtverträgen Folgendes: A. Die vor dem 1. 4. 96 beurkundeten Pacht- u. s. w. Verträge sind nach den Be­ stimmungen des früheren Rechts zu versteuern (§ 6 St.G. v. 1822, Tarifnummer 41

der Stst.Verordn. v. 1867, § 1 Ges. v. 19. 5. 89 G.S. S. 115).

B. Verlängerungen solcher Verträge, bei denen der Zeitpunkt des Abschlusses des Verlängerungsvertrages vor den 1. 4, 96 fällt, sind nach altem Recht zu versteuern, auch

da, wo dieser letztere in Folge ausdrücklicher Uebereinkunft stillschweigend in Kraft tritt. Gleichgiltig ist dabei, ob die Verlängerung selbst vor oder »ach dem 1.4.96 eintritt.

C. Verträge der unter A erwähnten Art, bei denen der Zeitpunkt des Abschlusses des Verlängerungsvertrages auf oder hinter den 1.4.96 fällt, sind nach dem neuen

Recht zu versteuern

D. Wird die nach dein 31. 3. 96 beurkundete Abtretung der Rechte aus einem vor dem 1. 4. 96 abgeschlossenen Pachtverträge nicht gemäß Tarifstelle 2 Stst-G- versteuert,

so verfallen die Aussteller, Inhaber und Vorzeiger nach §§ 17 Abs. 1 und 18 in Strafe. Betrifft die Abtretung einen nach dem 31. 3. 96 geschlossenen Pachtvertrag,

so ist sie stempelfrei. Erfolgt die Versteuerung nicht vorschriftsmäßig, so sind im Falle zu A und B die Aus­ steller und auch die Inhaber und Vorzeiger nach den Vorschriften des früheren Rechts straf­

bar; im Fall zu C ist der Verpächter u. s. w. nach §§ 17 Abs. 2 und 18 Stst.G. zu bestrafen.

§. 35. Aufrechterhaltung und Aufhebung älterer Bestimmungen.

Bom 1. April 1896 ab find alle auf die Stempelsteuer bezüglichen Gesetzesvorschriften, soweit sie nicht in diesem Gesetz und dem anliegenden Tarif aufrechterhalten sind, aufgehoben. Insbesondere treten auster Kraft: die im Kreise Herzogthum Lauenburg geltende Hannoversche Verordnung vom 31. Dezember 1813, betreffend die Erhebung der Stempelabgaben, Lauenburgische Verordnungen, Sammlung für 1813 S. 41, das Gesetz wegen der Stempelsteuer vom 7. März 1833, GesetzSamml. S. 57, die Kabinetsorder vom 4. September 1833 wegen der Stempel­ st flichtigkeit der Dispositionsscheine der Banquiers und Kaufleute, Gesetz-Samml. S. 163, die Kabinetsorder vom 13. November 1838 wegen des zu Ver­ trägen über Angabe an Zahlungsstatt erforderlichen Kaufwerth­ stempels, Gesetz-Samml. 1839 S. 31, die Kabinetsorder vom 14. April 1833 wegen Abänderung der Bestimmungen im §. 5 lit. a und b des Stempelgesetzes vom 7. März 1833, Gesetz-Samml. S. 137, die Kabinetsorder vom 13. April 1833, betreffend den Rekurs gegen Strafresolute in Stempelsachen, Gesetz-Samml. S. 33, die Kabinetsorder vom 19. Juni 1834, betreffend die Er läuterung der Vorschriften des Tarifs zum Stempelgesetz vom 7. März 1833 wegen Stempelpflichtigkeit der Punktationen, GesetzSamml. S. 81, die Ziffer 3 der Kabinetsorder vom 7. Februar 1835, in Be­ treff des Kleinhandels mit Getränken auf dem Lande und des Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

27

418

III. Abschnitt:

Besondere Bestimmungen.

Gast- und Schankwirthschaftsbetriebes überhaupt, für alle Theile der Monarchie, Gesetz-Samml. S. 18, die Kabinetsorder vom 38. Oktober 1836, betreffend die Ab­ änderung des §. 33 des Stempelgesetzes vom 7. März 1833, Gesetz-Samml. S. 308, die Kabinetsorder vom 16. Januar 1840, die Ergänzung der Stempeltarifposition „Vergleiche" und die nähere Bestimmung der für die Vergleichsakte der Friedensrichter in der Rheinprovinz und für die Vergleichsverhandlungen der Schiedsmänner bewilligten Stempelfrciheit betreffend, Gesetz-Samml. S. 18, die Kabinetsorder vom 33. Dezember 1843, die Ausdehnung der mildernden Bestimmungen der Order vom 38. Oktober 1836 zu dem §. 33 des Stempelgesetzes vom 7. März 1833 auf Ver­ träge, welche zwischen einer unmittelbaren oder mittelbaren Staats­ behörde und einer Privatperson abgeschlossen sind, betreffend, Gesetz-Samml. für 1843 S. 31, die Kabinetsorder vom 31. Juni 1844, betreffend die Auf­ hebung des Werthstempels für die Uebernahme von Nachlastgegcnständcn bei Auseinandersetzungen zwischen mehreren Erben, Gesetz-Samml. S. 353, die Kabinetsorder vom 18. Juli 1845, in Betreff der Stempel­ steuer für die Errichtung von Fideikommist- und Familienstiftnnge», Gesetz-Samml. S. 506, die Kabinetsorder vom 3. Oktober 1845, den zu Lehrkontrakten erforderlichen Stempel betreffend, Gesetz-Samml. S. 680, der §. 10 des Gesetzes, betreffend einige Abänderungen der Hypothekenordnung vom 30. Dezember 1783, vom 34. Mai 1853, Gesetz-Samml. S. 531,* 1) das Gesetz vom 35. Mai 1857, betreffend die Revision der Aktiengesellschaften im Stempelinteresse, Gesetz-Samml. S. 517, die §§♦ 11 und 13 des Gesetzes, betreffend die Erweiterung des Rechtsweges, vom 34. Mai 1861, Gesetz-Samml. S. 341, das Gesetz vom 33. Juli 1861, betreffend die Entrichtung des Stempels von Nebertragsverträgen zwischen Aseendenten und Descendenten, Gesetz-Samml. S. 754, das Gesetz vom 3. März 1867, betreffend die den gemein­ nützigen Aktienbaugesellschaften bewilligte Sportel- und Stempel­ freiheit, Gesetz-Samml. S. 385, insoweit es sich auf die Stempel­ steuer bezieht, die Verordnung vom 19. Juli 1867, betreffend die Verwaltung des Stempelwesens und die Erhebung des Urkundenstempels in dem vormaligen Königreich Hannover, dem vormaligen Kurfürsten-

§. 35. Aufrechterhaltung und Aufhebung älterer Bestiunnungen.

419

thum Hessen und Herzogthum Siassan, sowie in den vormals Bayerischen Gebietstheilen, Gesetz-Samml. S. 1191, die Verordnung vom 7. August 1867, betreffend die Erhebung der Stempelsteuer in den Herzogthiimern Schleswig und Holstein, Gesetz-Samml. S. 1377, die Verordnung vom 16. August 1867, betreffend die Ver­ waltung des Stempelwesens und den Urkundenstempel in der ehe­ mals freien Stadt Frankfurt a. M., Gesetz-Samml. S. 1346, das Gesetz vom 8. März 1868 wegen Aenderung der Stempel­ steuer in den Regierungsbezirken Cassel und Wiesbaden mit Aus­ nahme der Stadt Frankfurt a. M., Gesetz-Samml. S. 185, das Gesetz vom 34. Februar 1869 wegen Aenderung der Stempelsteuer in der Provinz Hannover, Gesetz-Samml. S. 366, das Gesetz, betreffend die Stempelavgaben von gewissen, bei dem Grnndbnchamte anzubringenden Anträgen, vom 5. Mai 1873, Gesetz-Samml. S. 509, das Gesetz, betreffend die Aufhebung bezichnngsweise Er­ mäßigung gewisser Stcmpelabgaben, vom 36. März 1873, GesetzSamml. S. 131, das Gesetz vom 37. Juni 1875, betreffend die Verwaltung des Stempelwesens in Frankfurt a. M., Gesetz-Samml. S. 407, der §. 35 der Hinterlegnngsordnung vom 14. März 1879, GesetzSamml. S. 349, insoweit er sich auf die Stempelsteuer bezieht, die §§. 40 und 41 der Schiedsmannsordnung vom 39. März 1879, Gesetz-Samml. S. 331, insoweit sich dieselben auf die Stempelsteuer beziehen, der §. 3 des Gesetzes, enthaltend Bestimmungen über Gerichts­ kosten und über Gebühren der Gerichtsvollzieher, vom 31. März 1883, Gesetz-Samml. S. 139, der §. 3 des Gesetzes, betreffend die Gerichtskosten bei Zwangs­ versteigerungen und Zwangsverwaltungen von Gegenständen des unbeweglichen Vermögens, vom 18. Juli 1883, Gesetz Samml. S. 189, insoweit sich derselbe ans die Stempelsteuer bezieht, das Gesetz» betreffend die Stempelsteuer für Kauf- und Lieferungs­ verträge im kaufmännischen Verkehr und für Werkverdingungs­ verträge, vom 6. Juni 1884, Gesetz-Samml. S. 379, der §. 41 des Gesetzes über das Grundbuchwesen und die Zwangs­ vollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts vom 13. April 1888, Gesetz-Samml. S. 53, das Gesetz, betreffend Abänderung mehrerer Bestimmungen der Gesetzgebung über die Stempelsteuer, vom 19. Mai 1889, GesetzSamml. S. 115,

III. Abschnitt: Besondere Bestimmungen.

420

der erste Absatz des §♦ 9 des Gesetzes, enthaltend Bestimmungen über das Notariat und über die gerichtliche oder notarielle ^Be­ glaubigung von Unterschriften oder Handzeichen, vom 15. Juli 1890, Gesetz-Samml. S. SS9, die §§. 2 bis einschließlich 4 und 46, sowie die Anmerkung zu diesem Paragraphen des Gesetzes, betreffend die Erbschaftssteuer

lsoi'

tiom

Gesetz-Samml. für 1891 S. 78, insoweit

diese Vorschriften nicht für die Hohenzollernschen Lande Geltung haben, der §. 5b des Artikel m des Gesetzes, betreffend die im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts außerhalb des vormaligen Herzogthums Berg bestehenden Pfandschaften, sowie die Ab­ änderung und Ergänzung des Gesetzes vom 12. April 1888 über das Grundbuchwesen und die Zwangsvollstreckung in das un­ bewegliche Vermögen im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts, vom 14. Juli 1893, Gesetz-Samml. S. 185, das Gesetz, betreffend die Gleichstellung der Notare mit den anderen Beamten bezüglich der Strafen bei Nichtverwendung der tarifmäßigen Stempel vom 28. Mai 1894, Gesetz-Samml. S. 105. Die in dem Preußischen Gerichtskostengesetz vom 25. Juni 1895 über das Stempelwesen getroffenen Bestimmungen bleiben unberührt. Soweit in anderen Gesetzen auf Bestimmungen der durch diesen Paragraphen aufgehobenen Gesetze verwiesen ist, treten die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes an die Stelle. 1»

gehoben.

Dcr § 10 Ges. v. 24. 5. 53 ist bereits durch § 143 der Grundbuch-Ordnung auf­

Die Aufhebung ist tut § 35 nur deshalb noch ausdrücklich ausgesprochen, um jeden

Zweifel auszuschließen.

Der Finanzminister hat dies in Uebereinstimmung mit einem Urtheil

des Kammergerichts besonders anerkannt.*!)

2.

Nach § 43 Abs. 2 Enteign.Ges. v. 11. 6. 74 werden bei Enteignungen im

prozessualischen Verfahren die Kosten und Stempel taxmäßig berechnet, während nach Abs. 1 und 4 daselbst das administrative Verfahren sowie die Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gebühren-

und stempelfrei sind.

Der § 4 Buchst, e Stst.G. gewährt

allerdings allgemeine Stempelfreiheit für Urkunden wegen Enteignungen, ohne eine Ausnahme für das prozessualische Verfahren zu bestimmen.

Gleichwohl muß angenommen werden, daß die

Absicht des Stst.G. nicht dahin gegangen ist, die näheren Vorschriften des § 43 a. a. O. üben

die Stempelfreiheit zu beseitigen.

Wäre das beabsichtigt gewesen, so würde § 43 Abs. 2 in

das Verzeichnis; der aufgehobenen Vorschriften des § 35 Abs. 2 Stst.G. mit ausgenommen

worden fein.* 2)

Die in der Anm. 10 Abs. 2 S. 64 Komm,

ausgesprochene Ansicht bezieht

sich nicht auf das prozessualische Verfahren bei Enteignungen.

♦1) Kam.G. 5. 12. 93 U 2478/93 II (F.M. III 4459/94); Schr. Just.M. an F.M. 9. 4. 98. Illa 1180; Schr. F.M. an Just.M. 20. 4. 98 III 5419. ♦2) Just.M.Erl. 5. 9. 98 III 4414; F.M.Erl. 12. 9. 98 III 12763.

421

§. 36. Schlußbestimmung.

3**

Der § 35 hebt „entsprechend dem Zweck des Gesetzes, das gesummte Stempel­ steuerrecht einheitlich zusammenzufassen, alle auf die Stempelsteuer bezüglichen Vorschriften des Landesrechts*3) auf, soweit sie nicht im Gesetz selbst und im Tarif aufrecht erhalten sind und bezeichnet ausdrücklich die wichtigsten außer Anwendung tretenden ge­ setzlichen Vorschriften" (Begr. S. 26). Die Aufzählung im Abs. 2 macht hiernach auf Voll­ ständigkeit keinen Anspruch. Darüber, daß der § 39 Ausf.Ges. zum Ger.Verf.Ges. nicht aufgehoben ist, vergl. § 26 Anm. 8 Note 17 S. 350 Komm. In den Hohenzollern'schen Landen bleiben die bisherigen stempelrechtlichen Vor­ schriften in Kraft (vergl. Komm. S. 2 Note 3). Die nicht besonders auf die Stempelsteuer bezüglichen gesetzlichen Vorschriften all­ gemeiner Natur des Privatrechts und des öffentlichen Rechts sind ergänzend anzuwenden, soweit sie nicht mit dem Inhalt des Stst.G. und des Tarifs unvereinbar sind. Deshalb ist z. B. der Grundsatz des § 2 Abs. 2 R.St.G.B. anwendbar (vergl. § 34 Anm. 7 S. 411 Komm.), während die Grundsätze des N.St.G.B. über die Verjährung der Strafverfolgung und Straf­ vollstreckung außer Anwendung bleiben, soweit sie der Vorschrift des § 23 Stst.G. wider­ sprechen (§ 2 Abs. 2 Einf.Ges. zum R.St.G.B.). Die strafprozeßrechtlichen Vorschriften der St.P.O. sind für das Stempelrecht nach § 6 Ziff. 3 Einf.Ges. zur St.P.O. — abgesehen von den §§ 459 bis 463 — nur insoweit anwendbar, als sie mit den Bestimmungen des Stst.G. vereinbar sind. Das gilt insbesondere auch für die Vorschriften der §§ 94 ff. über Beschlagnahme und Durchsuchung gegenüber dem § 31 Abs. 4 Stst.G. (§ 31 Anm. 13 Abs. 4 S. 401 Komm.). Die Bestimmungen der §§ 459 bis 462 und 464 bis 469 St.P.O. bleiben neben § 21 Stst.G. und den Vorschriften des V.St.G. v. 26. 7. 97 unverändert in Kraft. Der § 463 ist nicht anwendbar, weil der Fall der Umwandlung einer Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe nach § 22 Stst.G. in Stempelsachen nicht eintreten kann. Wegen des § 33 siehe dort Anm. 1 bis 4 S. 404 ff. Komm. Das Reichsstempelrecht bleibt unberührt, ebenso nach der ausdrücklichen Vorschrift des

Abs. 3 das Pr. G.Kost.G. v. 25. 6. 95. Frühere Stempelsteuerbefreiungen sind ausdrücklich aufrecht erhalten im § 4 Buchst, h und im § 5 Abs. 4.

8. 36. Schlutzbe st immun g. Der Finanzminister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.*!) Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei­ gedrucktem Königlichen Jnsiegel. *3) Die Vorschriften des Reichsrechts, soweit sie überhaupt auf Stempelsachen nach § 2 Abs. 2 R.St.G.B. Anwendung finden, bleiben von dem Stst.G., als einem Landesgesetz, unberührt. *1) Die Ausführungsvorschriften sind die in der amtl. Ausg. S. 71 bis 282 abgedruckten, nämlich: 1) Bekanntmachung des Finanzministers, betreffend die Ausführung des Stcmpelsteuergesetzes. Vom 13. Februar 1896. 2) Die nstvor schrift en, betreffend die Ausführung des Stempelsteuergesetzes. Vom 14. Februar 1896. 3) Anhang zu den Dienstvorschriften, betreffend die Ausführung des Stempel­ gesetzes. Vom 14. Februar 1896. 4) Allgemeine Verfügung des Finanzministers und des JustizMinisters, betreffend das gerichtliche Stempelwesen. Vom 19. Februar 1896.

Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

28

Vorbemerkung. Aenderungen des Preußischen Stempelrechts in Folge der Gesetzgebung noch Erlaß des Stst.G. Inhalt. Einleitung. «Anm. 1.) A. Unmittelbare Abänderung der Vor­ schriften des Stst.G. durch neuere Nornren des öffentlichen Rechts. (Annr. 2.) I. Das Reichsstempelgesetz v. 14. 6. 00. II. Das Preußische Verwaltungsstraf­ gesetz v. 26. 7. 97. B. Mittelbare Abänderung der recht­ lichen Wirkung des Stst.G. durch neuere Gesetze.

1

I. Oeffen tlich e Urkund eit. a) Das Reichsgesetz über das Aus­ wanderungswesen v. 9. 6. 97. (Anm. 3). b) Vorschriften des H.G.B. n. F. betr. Handelsmäkler (Annr. 3).

II. Urkunden über Rechtsgeschäfte. Das B.G.B. und das H.G.B. neuer Fassung. (Annr. 4 bis 9.)

Das Stst.G. regelt die Besteuerung der Urkunden und

öffentlichen

Recht an.

Abänderungen

setze erfolgen, die auf dem Gebiete des

des

Stst.G.

öffentlichen

unmittelbare Abänderungen des Stst.G.

sind

seit

können

Rechts

gehört deshalb dem nur

hiernach

erlassen

durch

werden.

feinern Inkrafttreten

in

Ge­

Solche

mehrfacher

Hinsicht erfolgt. Mittelbare Abänderungen der rechtlichen Wirkung des Stst.G. hat aber in vielfacher Beziehung die neuere Gesetzgebung, und zwar sowohl auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts als insbesondere auf dem des Privatrechts, dadurch herbeigeführt, daß sie

die Natur des Gegenstandes der stempelpflichtigen Urkunden

und

damit die Voraus­

setzungen ihrer Stempelpflichtigkeit abgeändert hat.

A. Unmittelbare Abänderung der Vorschriften des Stst.G. durch neuere Normen des öffent­ lichen Rechts. 2. Ein ausdrücklich auf Aenderung des Stst.G. gerichtetes Gesetz ist bisher nicht erlassen worden.

Es sind aber nach dem Inkrafttreten des Stst.G. sowohl seitens der

Neichsgesetzgebung als auch seitens der Landesgesetzgebung Materien des Stempel­ rechts neu geregelt und dadurch einzelne Vorschriften des Stst.G. durch neuere ersetzt worden.

I.

Das Reichsstempelgesetz v. 14. 6. 00 (N.G.Bl. S. 275) hat unter Tarifn. 1

Buchst, c

Antheilscheine

gewerkschaftlich

betriebener

Bergwerke (Kuxe, Kuxscheine) und

unter Tarifn. 4 Buchst, a Ziffer 3 Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte über Antheile von bergrechtlichen Gewerkschaften oder die darüber ausgestellten

Urkunden (Kuxscheine, Bezugsscheine, Abtretnngsscheine)

dem Reichsstempel unterworfen.

426

Vorbemerkung. Darüber, ob diese Urkunden und ihre Uebertragungen gemäß §§ 4, 18 und 57 R.St.G.

seit dem 1. 7. 00 dein Landesstempel der Tarifst. 34 entzogen sind, vergl. die Erläuterungen bei Tarifst. 34.

II.

Durch das am 1. 10. 97 in Kraft getretene Preußische Verwaltungsstraf­

gesetz v. 26. 7. 97 sind gewisse Vorschriften des Stst.G. über das Verwaltungsstrafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen das Stst.G. zum Theil abgeändert und ergänzt worden und -war der § 19 Stst.G. durch § 60 V.St.G-, der Nachsatz des § 21 Stst.G. durch § 5 Abs. 1 u. 2

V.St.G. und der § 22 Stst.G. durch §§ 52 bis 54 und 56 V.St.G. Die in § 21 Stst.G. im Uebrigen in Bezug genommenen Vorschriften betreffend das Verfahren wegen Vergehen gegen die Zollgesetze sind durch die entsprechenden Vorschriften des V.St.G. ersetzt worden.

Vergl.

im Einzelnen S. 263 ff., 275 ff. u. 310 ff. Komm.

Die Vorschriften des § 31

Stst.G. über Beschlagnahme und Durchsuchung sind durch § 18 V.St.G. ausdrücklich auf­

recht erhalten.

(Vergl. § 31 Anm. 13 am Ende S. 401 Komm.)

B. Mittelbare Abänderung der rechtlichen Wirkung des Stst.G. durch neuere Gesetze. 3.

Gegenstand der Stempelsteuer sind sowohl Urkunden öffentlich-rechtlichen Inhalts

als auch Urkunden, die Willenserklärungen privatrechtlicher Natur zum Inhalt haben (Urkunden über Rechtsgeschäfte; vergl. Anm. 2 S. 4 Komm.). Hinsichtlich der ersteren ist eine Aenderung der

der

Voraussetzungen

nur

Stempelpflichtigkeit,

bei

den

Erlaubnißertheilungen

(Tarifst. 22 Buchst, i und k) sowie bei Tarifst. 40 (vereidigte Makler) eingetreten.

Dagegen

ist

die Stempelpflichtigkeit der Urkunden über Rechtsgeschäfte, mögen sie privatschriftlich oder in öffentlich-rechtlicher Form (z. B. gerichtlich oder notariell) errichtet sein, in mehrfacher Beziehung durch das B.G.B. und das H.G.B. neuer Fassung beeinflußt worden. I. Oeffentliche Urkunden.

a) Das seit dem 1. 4. 98 an die Stelle des Preußischen Gesetzes betr. die Beförderung von Auswanderern v. 7. 5. 53 (G-S. S. 729} getretene Reichsgesetz über das Aus­

wanderungswesen v. 9. 6. 97 (R.G.Bl. S. 463) regelt die das Auswanderungswesen betreffenden Erlaubnißertheilungen in einer von dem früheren Recht abweichenden Art. Ihm

ist

eine besondere

Erlaubnißertheilung

für

ausländische

Auswanderungsunter­

nehmer zur Bestellung von Agenten im Jnlande neben der allgemeinen Erlaubniß Gewerbebetriebe unbekannt.

(Vergl. Tarifst. 22 Anm. 39.)

Die

Vorschrift der Tarifst. 22 Buchst, k ist damit gegenstandslos geworden.

Die

der Unternehmer zum

Voraussetzungen der Stempelpflichtigkeit der nach Tarifst. 22 Buchst, i zu versteuernden Genehmigungen zum Gewerbebetriebe der Auswanderungsunternehmer haben sich dahin geändert,

daß seit dem 1. 4. 98 die stempelpflichtigen Genehmigungen durch den Reichskanzler ertheilt werden müssen (§ 2 Reichsges.), während sie nach §§ 1 ff. Ges. v. 7. 5. 53 durch den

Regierungspräsidenten zu ertheilen waren.

nach dem Ges. v. 7.

5. 53

Eine weitere Aenderung besteht darin, daß die

ertheilten Genehmigungen nur zum Geschäftsbetriebe inner­

halb Preußens berechtigten, während die nach dem Reichsgesetz ertheilten (§ 8) sich regelmäßig

auf das ganze Reichsgebiet erstrecken.

Die letzteren fallen aber trotz dieser Erweiterung des

Umfanges unter die Tarifst. 22 Buchst, i, da sie auch das Gebiet des Preußischen Staates

mitumfaffen.

Falls

ausnahmsweise die Genehmigung sich auf Preußen nicht miterstrecken

soll und dies aus der Urkunde hervorgeht, ist die Erlaubnißurkunde nur dem Stempel von 1 Mark 50 Pf. nach der Tarifst. 10 unterworfen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen; die

Tarifst. 22 i findet dagegen keine Anwendung, da sie nur die Erlaubnißertheilungen besteuern

will, die zum Betriebe innerhalb Preußens berechtigen.

Vergl. Tarifst. 22 Anm. 35 u. 36.

b) Die Anwendbarkeit der Tarifst. 40 ist hinsichtlich der seit dem 1.1. 00 ausgestellten Urkunden gegen die frühere Zeit eingeschränkt.

Während nach Art. 66 A.H.G.B. alle Handels-

427

Aenderungen des Preußischen Stempelrechts.

Mäkler amtlich bestellt und vereidigt werden mußten, bedürfen die Handelsmäkler des neuen Rechts (§ 93 H.G.B.) als solche nicht mehr der Vereidigung.

Darüber, inwieweit die Bestäti­

gung oder Anstellung vereidigter Makler jetzt noch vorkommt, vergl.

die Erläuterungen zu

Tarifst. 40.

II.

Urkunden über Rechtsgeschäfte.

4*

Fast alle die Beurkundung von Rechtsgeschäften betreffenden Tarifstellen führen diese Geschäfte nur mit der üblichen civilrechtlichen Benennung auf. Nur ausnahmsweise stellt das Stst.G. seine eigene Begriffsbestimmung für ein Rechtsgeschäft auf, die für die Frage der

Stempelpflichtigkeit ausschließlich und zwar selbst dann maßgebend bleibt, wenn durch Aenderung des Civilrechts die Natur des Geschäfts gegenüber dem früheren Recht geändert wird.

Solche

eigenen Begriffsbestimmungen sind enthalten in den Tarifst. 9 (Auktionen), 24 (Fideikommißstiftungen), 36 (Leibrenten- und Rentenverträge) und 56 Abs. 2 (Schenkungen). Hierher­ gehört auch die Tarifst. 75 Abs. 2, die Werkverdingungsverträge über unbewegliche Sachen in einen Lieferungsvertrag und einen Vertrag über Handlungen zerlegt.

Soweit aber das Stst.G. eine eigene Begriffsbestimmung des Rechtsgeschäfts nicht

enthält, ist für die Besteuerung der civilrechtliche Begriff des letzteren zu Grunde zu legen. Deshalb ist hinsichtlich der vor dem 1. Januar 1900 beurkundeten Rechtsgeschäfte die Frage,

ob in einem gegebenen Falle die Merkmale eines solchen Geschäfts vorliegen, nach A.L.R.. nach gemeinem Recht oder nach Rheinischem Recht zu beurtheilen, je nachdem das durch das Geschäft entstandene Rechtsverhältniß seinen Sitz im Bereiche eines dieser drei Rechtssysteme hat (§ 1 Anm. 5. Komm.). Im Bereiche des Handelsrechts ist im gleichen Falle das alte

A. H.G.B. maßgebend. An die Stelle dieser Rechtssysteme ist seit dem 1. 1. 00 für das bürger­

liche Recht das B.G.B. und für das Handelsrecht das H.G.B. neuer Fassung getreten. Für die Frage, ob im einzelnen Falle die Merkmale eines nach dem Tarif stempelpflichtigen Geschäfts vorliegen, bedarf es daher jetzt der Feststellung,

ob das alte oder das neue Recht

maßgebend ist.

5*

Aus Art. 55 Einf.G. B.GB., der die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze, soweit sie nicht ausdrücklich aufrecht erhalten sind, außer Kraft setzt, ergiebt sich

für die Entscheidung nichts, denn die Vorschriften des Tarifs sind öffentlich-rechtlicher

Natur.

Der Art. 4 a. a. O. bestimmt aber:

Soweit in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften ver­ wiesen ist, welche durch das Bürgerliche Gesetzbuch oder durch dieses Gesetz ausser Kraft gesetzt werden, treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder dieses Gesetzes. Daß zu den in diesem Artikel bezeichneten Landesgesetzen auch das Stst.G. nebst dem

dazu gehörigen Tarif gehört, ist nicht zu bezweifeln, denn Gesetz im Sinne des B.G.B. und des Einf.G. B.G.B. ist nach Art. 2 des letzteren jede Rechtsnorm, öffentlich-rechtliche Gesetz.

Eine gleiche Vorschrift enthält der Art. 3

also auch jedes Einf.G. H.G.B.

dahin, daß an Stelle der Vorschriften des A.H.G.B. die entsprechenden Vorschriften des neuen

H.G.B. treten sollen.

„Verweisungen" auf inzwischen außer Kraft gesetzte landesgesetzliche Normen enthält das StstG. in doppelter Beziehung, als ausdrückliche und als stillschweigende.

I. Ausdrückliche Verweisungen erfolgen in a) Tarifstelle 8 Abs. 1 auf die Grundbuch-Ordnung v. 5. 5. 72. Ausf.G. R.G.B.O. aufgehoben.

Diese ist durch Art. 33

Nach Art. 32 treten an ihre Stelle, soweit auf

sie in anderen Gesetzen verwiesen ist, die entsprechenden Vorschriften der N.G.B.O.; b) Tarifstelle 32 Abs. 9 und 10 auf die Subh.Ordnung für die Rbeinprovinzen v. 1. 8. 22,

das Ges. betr. das Tbeilungsverfahren u. s. w. im Geltungsbereich des Rheinischen

Rechts v. 22. 5. 87 und das Zwangsvollstr.Ges. v. 13. 7. 83.

Diese Gesetze sind

428

Vorbemerkung.

durch das R.Zwangsverst.G. außer Kraft gesetzt.

Nach § 1 Abs. 2 Einf.G. dazu

findet der Art. 4 Einf.G. B.G.B. entsprechende Anwendung;

c) Tarifstelle 59 Befreiungen zu c auf die Vorm.Ordnung v. 5. 7. 75. Sie ist durch das B-G.B. außer Kraft getreten (bergt Art. 89 Ziffer 30 Ausf.G. B.G.B.), also ist Art. 4 Einf.G. B-G.B. anzuwenden. II. Stillschweigende Verweisungen sind im Stst.G. vielfach enthalten, nämlich überall

dort, wo auf Rechtsbegriffe oder Rechtsgeschäfte des Civilrechts unter der in diesem üblichen Benennung Bezug genommen wird (z. B. Hypothek, Konnossement, Abtretung in Tarifstelle 2,

Nachlaßgegenstand, Aktiengesellschaft, Einbringen in Tarifstelle 25, Kauf- und Tauschbertrag in Tarifstelle 32). Der Art. 4 Einf.G. B.G-B. betrifft zwar seinem Wortlaut nach nur die Ver­ weisung auf gesetzliche „Vorschriften", die außer Kraft getreten sind. Einer solchen Ver­ weisung steht aber gleich die Verweisung auf Rechtsbegriffe uud Rechtsgeschäfte des

früheren Civilrechts, denn deren Erfordernisse und Wirksamkeit sind durch das Civilrecht geregelt und eine Bezugnahme auf sie enthält daher stillschweigend eine Bezugnahme auf die diese Regelung enthaltenden Vorschriften.

Es herrscht Streit darüber, in welchem Sinne der Ausdruck „verwiesen ist" im

6.

Art. 4 Einf.G. B-G-B. aufzufassen ist,

ob dahin, daß darunter jede ausdrückliche oder still­

schweigende Verweisung zu verstehen ist *1) * * §oder nur eine solche,

bei der auf eine Vorschrift

lediglich deshalb Bezug genommen wird, weil sie allgemeines Recht ist und als solches zur Ergänzung des verweisenden Gesetzes herangezogen werden Die Entscheidung ist aus der Entstehungsgeschichte des Einf.G. zu entnehmen. Die Motive zum Art. 4 desselben

S. 64 und 65 (Mugdan, Materialien Bd. 2 S. 1 und 2) äußern sich dahin: „Soweit der Landcsgesctzgebung die Regelung einer Materie überlassen ist, findet die Vor­ schrift selbstverständlich dann keine Anwendung, wenn die im einschlagenden Landesgesctz ent­ haltene Verweisung auf einen allgemeinen Satz des bisherigen Privatrcchts die Bedeutung hat, daß der Satz einen Bestandtheil des betreffenden Spezialrechtes bilden soll. Die Eigenart des öffentlichen Rechts, daß es vielfach der Ergänzung aus dem bürgerlichen Recht bedarf, kann nicht zu einer Bestimmung des Inhalts führen, daß diese Ergänzung künftig aus dem Reichöprivatrecht zu erfolgen habe. Beim öffentlichen Rechte des Reichs ergicbt die ent­ sprechende Ergänzung aus dem letzteren sich von selbst. Beim öffentlichen Rechte der einzelnen Bundesstaaten wird eine ähnliche Ergänzung in der Regel dem Sinn und der Absicht des betreffenden Rechts entsprechen; die Entscheidung hierüber ist aber nicht Sache der bürgerlichen Gesetzgebung des Reichs, sondern fällt in das Gebiet des partikulären öffentlichen Rechts."

Eine solche Entscheidung ist seitens der Gesetzgebung in Preußen durch Art. 87 Ausf.G.

B.G.B. erfolgt.

Nach diesem treten, soweit in Gesetzen auf Vorschriften verwiesen ist, die

durch das Ausführungsgesetz außer Kraft gesetzt werden, an deren Stelle die entsprechenden

neuen Vorschriften.

Damit ist aber für das Stempelrecht nichts gewonnen.

Denn der Art. 89

a.a. O. setzt die für den Taris in Betracht kommenden Vorschriften des A.L.R., des Rheinischen Bürgerlichen Gesetzbuchs und des gemeinen Rechts zwar außer Kraft,*3) es bleibt aber zweifel­

haft, was in Art. 87 unter der „Verweisung" auf diese Vorschriften zu verstehen ist. Ausdruck

ist

in

demselben Sinne

wie

im Art. 4 des

Einf.G.

gebraucht.*4)

Für

Der

die

*1) Weißler, Preuß. Landesprivatrecht, 2. Aufl. Bd. I, S. IV und V. Niedner, Einf.G. zum B.G.B. Anm. 3 zu Art. 4. *3) Die im Art. 89 Nr. 1 aufgeführten Vorschriften des A.L.R. sind dort nur ausgehoben, soweit sie sich nicht auf öffentliches Recht beziehen. Das hat aber nur die Bedeutung, daß sie insoweit aufrecht erhalten bleiben sollen, als sie Bestimmungen öffentlich-rechtlicher Natur enthalten. Sie „beziehen" sich nicht auf das öffentliche Recht, wenn sie privatrechtlicher Natur sind und nur zur Ergänzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften in diesen in Bezug genommen werden. *4) Die Motive zu Art. 85 des Entwurfs (Art. 87 Ges.) Ausf.G. B.G.B. S. 212 äußern sich dahin: „Die Bestimmung schließt sich dem Vorgänge des Artikel 4 des Einf.G. zum B.G.B. an (vergl. Einf.G. z. Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung § 1 Abs. 2; Grundbuchordnung § 82 Abs. 2; Einf.G. z. H.G.V. Art. 3; Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit § 185 Abs. 2).

*2)

Aenderungen des Preußischen Stempelrechts.

429

Feststellung dieses Sinnes enthalten die Protokolle der Kommission für die zweite Lesung S. 8776, 9185, 9186 (Mugdan, Materialien Bd. I S. 114) zu Art. 4 folgende Ausführungen: „Von einer Seite wurde erinnert, daß es geboten sein werde, die Einschränkung, welche die Vorschrift in den Motiven (S. 64) erhalte, in den Gesetzestext zu übernehmen. Denn es sei zwar selbstverständlich, deswegen aber nicht bei der Fassung zu übersehen, daß auf Nechtsgebieten, deren Regelung der Landesgesetzgebung überlassen sei, eine Verweisung auf einen allgemeinen Satz des bisherigen Privatrechts ihren bisherigen Inhalt behalte, wenn die Verweisung den Sinn habe, daß der in Bezug genommene Rechtssatz inhaltlich zu einem Bestandtheil des betreffenden Spezialrechts gemacht werden solle. Die Bemerkung wurde als zutreffend anerkannt und der Art. 4 mit dieser Maßgabe gebilligt, indem man den nachstehenden Fassungsvorschlag der Red.-Kom. überwies: „Wenn in Reichsgesetzen auf Vorschriften verwiesen wird, welche durch das B.G.B. oder durch dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden, so treten die entsprechenden Vor­ schriften des B.G.B. oder dieses Gesetzes an die Stelle jener Vorschriften. Das Gleiche gilt für die in solcher Weise außer Kraft gesetzten Vorschriften der Landesgesetze, es sei denn, daß das Landesgesetz einen Gegenstand betrifft, welcher der landesgesetzlichen Regelung Vorbehalten bleibt und die Vorschrift, auf welche verwiesen wird, einen selbst­ ständigen Theil dieses Landesgesetzes zu bilden bestimmt ist." Eventuell Satz 2 zu fassen: „Das Gleiche u. s. w es sei denn, daß sich aus deur Landesgesetz ein Anderes ergiebt." In zweiter Lesung wurde beantragt, den Art. 4 zu fassen: „Sind in einem Gesetze, das neben dem B.G.B. in Kraft bleibt, Vorschriften für anwendbar erklärt, welche durch das B.G.B. oder durch dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden, so treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften des B.G.B. oder dieses Gesetzes. Für ein in Kraft bleibendes Landesgesetz gilt dies nur insoweit, als nicht aus dem Gesetze sich ein Anderes ergiebt." Dem Anträge war folgende schriftliche Begründung beigegeben: Es handelt sich nicht bloß mit Verweisungen, sondern auch um die ziemlich häufigen Fälle, in denen einzelne Vor­ schriften des allgemeinen Rechtes aus redaktionellen Gründen, um eine leichter faßliche Darstellung zu erzielen, in ein Spezialgesetz ausgenommen worden sind. Soweit der Art. 4 Landesgesetze zum Gegenstände hat. bezieht er sich nur auf solche Landesgesetze, die unberührt bleiben. Diesen gegenüber giebt ihm die Fassung der (mit dem Entwurf fast wörtlich übereinstimmenden) Redaktionsvorlage den Anschein einer Beschränkung des Unberührt­ bleibens, als läge ihm ein ähnlicher Gedanke zu Grunde wie dem § 1332 Abs. 1. Die Auslegungsfrage ist dieselbe wie int Art. 9 Satz 2, deshalb wird die gleiche Fassung vor­ geschlagen. Der Antrag bezweckt nur eine Verdeutlichung der Fassung. Sachlich warman allseitig darüber einverstanden, daß, wenn auf das allgemeine Recht nur verwiesen ist in dem Sinne, daß es als solches, nicht als eine Besonderheit des be­ treffenden Gesetzes zur Anwendung kommen soll, das B.G.B. an die Stelle tritt, und daß, wenn das Landesgesetz eine dem allgemeinen Rechte ent­ nommene besondere Bestimmung hat, es Auslegungsfrage ist, ob die Be­ stimmung unter allen Umständen oder nur, weil sie allgemeines Recht ist, gelten soll, in welch letzterem Falle sie durch das B.G.B. ersetzt wird. Von verschiedenen Seiten wurde bezweifelt, ob der Antrag nicht eher als der Entwurf zu Mißverständnissen Anlaß gebe. Der Antrag wurde der Red.Kom. zur Prüfung überwiesen."

Die Redaktionskommission hat aber dem Art. 4 die von der Hauptkommifsion für erforderlich erachtete einschränkende Fassung nicht gegeben, ihn vielmehr — bis auf eine geringe, hier

nicht in Betracht kommende Aenderung im Satzbau — in der alten Fassung gelassen.

welchem

Grunde dies

geschah, ist nicht

ersichtlich.

Aus

In dieser Fassung ist der Art. 4 auch

Gesetz geworden, ohne daß die Hauptkommission zur nochmaligen Aeußerung Gelegenheit gehabt hätte und

ohne daß die Verhandlungen über die Auffassung des Bundesrathes oder

des Reichstages hinsichtlich seiner Tragweite etwas ergäben.

Hieraus ist aber nicht zu folgern,

der Art. 4 sei uneingeschränkt dahin zu verstehen, daß an Stelle jedes Rechtsbegriffes und Rechtssatzcs des früheren Civilrechts, auf den in einem Landesgesetz verwiesen ist, der ent­

sprechende Rechtsbegriff und Rechtssatz des B.G.B. oder des Einf.G. B.G B. trete.

Denn

die Redaktionskommission hatte nicht die Befugniß, von den Beschlüssen der Hauptkommission sachlich abzuweichen, vielmehr nur die Aufgabe, in Ausführung dieser Beschlüsse den Art. 4

430

Vorbemerkung.

zweckentsprechend neu zu fassen. es eben,

Sie scheint von einer Neufassung abgeseben zu haben, weil

wie die Motive hervorheben,

Sinne des

ist, daß eine „Verweisung"

„selbstverständlich"

Art. 4 dann nicht vorliegt,

wenn der in Bezug genommene Rechtssatz

Bestandtheil des betreffenden Spezialrechts bilden soll.

im

einen

Da die Motive und die auf derselben

Auffaffung beruhenden Protokolle der Hauptkommission dem Bundesrath und dem Reichstag

Vorlagen und bekannt sein-- mußten, so ist aus der widerspruchslosen Annahme des Art. 4 zu schließen, daß die aus der Natur der Sache sich ergebende Auffaffung der Hauptkommission vom Bundesrath und vom Reichstag getheilt worden ist. 7*

Das Ergebniß ist hiernach Folgendes:

Die" im Tarif enthaltene Bezeichnung der stempelpflichtigen Geschäfte mit der civilrechtlichen Benennung enthält eine stillschweigende Verweisung

auf die Vorschriften der bei Erlaß über

diese

Geschäfte.

An

die

des Stst.G.

dieser

Stelle

sprechenden Vorschriften des B-G-B. getreten,

Vorschriften nach der Absicht des Stst.G.

es

geltenden Civilrechtssysteme Vorschriften

die

sind

ent­

sei denn, daß jene älteren

nicht lediglich behufs Erläuterung

der Stempelvorschrift als das diese ergänzende allgemeine Recht in Bezug

genommen sind, vielmehr einen rechts selbst bilden sollten.

selbständigen Bestandtheil

des

Stempel­

Ob letzteres zutrifft, ist bei den einzelnen Tarifstellen durch

Auslegung *5) des Stst.G. festzustellen.

Von besonderem Gewicht werden dabei die steuer­

politischen Beweggründe sein, die den Gesetzgeber .bei dem Erlaß der Tarifvorschrift geleitet

haben. Hat er es z. B. im wirthschaftlichen oder im fiskalischen Interesse für erforderlich erachtet, gewisse Arten von Geschäften in einem geringeren oder größeren Maße steuerlich zu belasten, als gewisse andere Geschäftsarten, so ist damit ein

besonderer stempelrecht­

licher Grundsatz zum Ausdruck gebracht, der auch Geltung behalten muß, wenn beim Wechsel des bürgerlichen Rechts der Erfolg eintritt, daß im Rechtssinne fortan die erstere Geschäftsart

als eine Unterart der anderen anzusehen ist.

8.

Zur Erläuterung mögen

folgende Beispiele dienen: Nach A.L.N. erfolgte die

entgeltliche vertragsmäßige Uebertragung von

Forderungsrechten nur durch Ab­

tretung, während die Uebertragung durch Kaufvertrag nur bei Sachen und sachen­

ähnlichen

Rechten

zulässig war.

Entsprechend der wirthschaftlichen

Bedeutung

dieser

Uebertragungsarten unterwarf das Stst.G. die Abtretungen in Tarifstelle 2 einem Stempel

von V50, die Kaufverträge in Tarifstelle 32 einem

Stempel von 1/3 bezw.. 1 v. H.

dem 1.1.1900 sind nach § 433 B.G.B. auch Forderungen Gegenstand des Kaufs.

Seit

Trotzdem

ist auch weiterhin für die entgeltliche Uebertragung einer Forderung nicht der höhere Stempel

der Tarifstelle 32, sondern nur

der Abtretungsstempel zu erheben.

Denn es ist anzunehmen,

daß der Gesetzgeber, falls er bei Erlaß des Stst.G. diesen Wechsel des Civilrechts voraus­

gesehen hätte, aus steuerpolitischen Gründen durch Forderungskäufe dem

höheren Kaufstempel

entzogen

eine ausdrückliche Stempelvorschrift die hätte.

Vergl. Tarifstelle 2 Anm. 3

unter B S. 456 Komm. Wenn dagegen das Stst.G. die Beurkundung von Grundstückkäufen in Tarifstelle 32

einem besonders hohen Stempel unterworfen hat, so will es damit nur den Umsatz der Grund­ stücke besteuern und es ist dabei für den Fiskus gleichgiltig, ob der Umsatz in den dem früheren *5) Weißler (s. oben Note 1) stellt die Möglichkeit in Abrede, hierbei die Absicht des Gesetz­ gebers festzustellen, weil dieser für den von ihm nicht vorausgesehenen Fall des Fortfalls des bis­ herigen Civilrechts nicht Vorsorgen wollte noch konnte. Es ist aber häufig Aufgabe der Aus­ legung, aus dem Geist, Zusammenhang und Zweck des Gesetzes festzustellen, was der Gesetzgeber bestimmt haben würde, wenn er an den zu entscheidenden Fall gedacht hätte. Auch die Motive zum Einf.Ges. und die Protokolle (s. oben) halten eine solche Auslegung des Art. 4 für geboten.

431

Aenderungen des Preußischen (L-tempelrechts.

Civilrecht, oder in den dem B.G.B. entsprechenden Formen sich vollzieht, wenn nur der Kauf­ vertrag die Rechtswirkung hat, die Verpflichtung zur Veräußerung zu begrünten.

Die Be­

zeichnung der Jmmobiliarkaufverträge als besonderer Gegenstand der Besteuerung im Tarif hat daher nur die Bedeutung, daß diesem besonderen Stempel alle Kaufverträge unterliegen

sollen, die nach dem jedesmaligen Civilrecht die Verpflichtung zur Übertragung des Eigenthums an einer unbeweglichen Sache begründen.

Deshalb-'sind die privatschriftlichen,

seit dem Inkrafttreten des B-G-B. nach § 313 unwirksamen Kaufverträge fortan dem Stempel der Tarifstelle 32 nicht unterworfen, so lange sie nicht durch etwa darauffolgende Auflassung

und Eintragung Giltigkeit erlangen.

Vergl. Tarifstelle 8 Anm. 25 bis 30.

Lediglich eine Verweisung auf das allgemeine Recht über Gesellschaften, also eine Ver­

weisung im Sinne des Art. 4 Einf.G. B.G.B., liegt auch vor, wenn nach Tarifstslle 25 d die Überlassung der Rechte am Gesellschaftsvermögen

Vorschrift sollen alle Gesellschaften getroffen werden,

stempelpflichtig ist.

Durch

die ein für sich selbständiges,

diese

also ein

„Gesellschaftsvermögen" haben.

Das war bei der Gesellschaft des A.L.R. (§§ 169ff. Th. I

Tit. 17 A.L.R.) nicht der Fall.

Dagegen besitzt nach B.G.B. (§ 718) die Gesellschaft bürger­

lichen Rechts selbständiges Vermögen in gleicher Weise wie es die offene Handelsgesellschaft besitzt. Daher fallen unter Tarifstelle 25 d zwar nicht die landrechtlichen, wohl aber die unter der Herrschaft des B-G-B. entstandenen bürgerlichen Gesellschaften.

9*

Daß das Stst.G. bei Bezugnahmen auf das Civilrecht den in Bezug genommenen

Vorschriften desselben eine besondere stempelrechtliche Bedeutung habe geben wollen, ist nicht zu vermuthen.

Es treten daher für die Ergänzung der Vorschriften des Stst.G. ohne

Weiteres an Stelle des früheren Civilrechts die Vorschriften der dasselbe sonst ersetzenden Gesetze, so lange nicht erkennbar ist, daß das Stst.G. die in Bezug genommenen Vorschriften zu einem selbständigen Bestandtheil des Stempelrechts hat machen wollen. Letzteres ist an­

zunehmen bei dem oben angeführten Beispiele der Abtretung von Forderungen; es trifft dagegen nicht zu bei der Vorschrift des § 28 Stst.G., nach der für die Berechnung der Fristen des Stst.G., insbesondere auch der sechsmonatigen Klagefrist des § 26, die Bestimmungen der C.P.O. maß­ gebend sein sollen.

Deshalb sind seit dem Inkrafttreten der Novelle zur C.P.O. vom 17. Mai

1898 für die Berechnung der Fristen des Stst.G. an Stelle der früheren Vorschriften des

§ 200 alter Fassung die Vorschriften des § 222 neuer Fassung getreten (vergl. § 28 Anin. 2 S. 366, 367 Komm.).

Ebenso sind hinsichtlich der seit dem 1. 1. 1900 gerichtlich

oder

notariell errichteten Urkunden für die Frage, ob ein Protokoll, eine Ausfertigung, eine be­ glaubigte Abschrift oder eine Notariatsurkunde in stempelpflichtiger Form vorliegt, an Stelle der früheren Bestimmungen die Vorschriften des R.G. Freiw.G. §§ 167 bis 184 und des Pr.Freiw.G. (Art. 31 bis 65) getreten. Einzelne dem früheren Rechte angehörige Rechtseinrichtungen sind in das seit dein

1. 1.

1900 geltende Recht nicht übernommen worden, z. B. die Entlassung aus der

väterlichen Gewalt und der antichretische Pfandvertrag bei Grundstücken.

Die

auf sie bezüglichen Vorschriften der Tarifstelle 19 und 48 a sind daher, soweit es sich um die

seit dem 1. 1. 1900 errichteten Urkunden handelt, gegenstandslos geworden, also un­ anwendbar (vergl. Komm, bei Tarifstelle 19 und 48 a).

432

Tarifstelle 1.

N r.

1. Laufende

Steuersatz

1.

vom

Gegenstand der Besteuerung.

Hun­ dert

Abschriften, beglaubigte, unter denselben Vor­ aussetzungen wie Zeugnisse, amtliche in Privat­ sachen, s. diese. Befreit sind Beglaubigungen der Rechts­ anwälte im Prozeßverfahren.

2.

Begriff und Form.

Voraussetzungen der Stempelpflichtig-

8.

feit.

3.

Die Hauptschrift.

4.

Befreiungen.

Mark.^Pf.

1 i ■ i 1

Gerichtskostenstempel; Voraus­ setzungen der Stempelpflichtigkeit;

Zu Absatz 1. Anm. 1.

Berechnung der Stempelabgabe.

degl. A. aus gerichtlichen Registern. Stempelbesreiungs- und Stempelver­

wendungsvermerke.

Zu Absatz 2. 9.

Beglaubigungen der Rechtsanwälte.

Zu Absatz 1. Begriff und

°rm'

1*

Beglaubigung einer Abschrift ist die amtliche Bezeugung der Uebereinstimmung ihres Inhalts mit dem der Hauptschrift; letztere ist entweder eine Urschrift (Original), eine einfache

oder eine beglaubigte Abschrift oder eine Ausfertigung.* 1) Die Abschrift muß mit der Hauptschrift wörtlich übereinstimmen. Die Abschrift braucht aber nicht den gesammten Inhalt der Hauptschrift zu umfassen; auch begl. Abschriften, die sich nur auf Theile der Hauptschrift beziehen, unterliegen der Tarifstelle 1. Die Bezeugung der Uebereinstimmung von Nachzeichnungen, Nachdrucken, Nachbildungen u. s. w. mit Zeichnungen, Karten, Bildern, Stammbäumen u. s. w. fällt nicht unter Tarifstelle 1, sondern unter Tarifstelle 77. Da sich Beglaubigungen von Abschriften nach diesem Begriff als amtliche Zeugnisse darstellen, so will sie auch der Tarif als solche behandelt wissen, indem er bestimmt, daß beglaubigte Abschriften unter denselben Voraussetzungen, wie „Zeugnisse, amtliche in Privatsachen" stempelpflichtig sind. Nach früherem Verwaltungsrecht waren beglaubigte Abschriften ebenso wie amtliche Zeugnisse ohne Rücksicht darauf, ob die ausstellenden Behörden oder Beamten zu ihrer Ertheilung zuständig waren, der Stempelpflicht unterworfen und ferner war zu der beglaubigten Abschrift kein höherer Stempel als der zur Hauptschrift erforderliche zu verwenden, so daß im Falle der Stempelfreiheit der Hauptschrift auch die Abschrift keines Stempels bedurfte. Dem jetzigen Recht sind diese Grundsätze unbekannt; es enthält also einerseits eine Einschränkung der Stempelpflicht, da nur die von zuständigen Behörden oder Beamten hergestellten Abschriften stempelpflichtig sind, andererseits eine Erweiterung derselben, da beglaubigte Ab­ schriften eines Stempels von 1,50 Mark auch dann bedürfen, wenn zur Hauptschrift ein ge­ ringerer oder gar kein Stempel nöthig ist. Vergl. unten Anm. 3. Wegen der Ausnahme bei gerichtlich beglaubigten Abschriften vergl. unten Anm. 6 Nr. 2. *1) Bcgr. S. 26; Pr. G.Freiw.G. Art. 57 Abs. 1.

Beglaubigte Abschriften.

433

Schon die allg. Ger.Ordn. (Th. II Tit. 3 § 27; Th. III Tit. 7 §§ 79, 80) geht davon aus, daß die Beglaubigung einer Abschrift in der Form eines bloßen Attestes erfolgt. Auch nach Art. 56 und 57 Pr. G-Freiw.G. bedarf cs bei gerichtlichen und notariellen Beglaubigungen von Abschriften nicht der Aufnahme eines Protokolls; die Beglaubigung geschieht durch einen unter die Abschrift zu setzenden Vermerk, der die Uebereinstimmung mit der Hauptschrift be­ zeugt. In dem Vermerk soll ersichtlich gemacht werden, ob die Hauptschrift eine Urschrift, eine einfache oder beglaubigte Abschrift oder eine Ausfertigung ist. Ist sie eine beglaubigte Ab­ schrift oder eine Ausfertigung, so ist der Beglaubigungsvermerk oder der Ausfertigungsvermerk in die beglaubigte Abschrift niitaufzunehmen; fehlt dieser Vermerk, so liegt eine stempel­ pflichtige beglaubigte Abschrift nicht vor. Nach Art. 29 Abs. 2 a. a. O. sind die beglaubigten Abschriften aus dem Schiffsregister und nach Art. 7 Abs. 2 A.G.R.G.B.O. diejenigen aus dem Grundbuche von dem Richter und dem Gerichtsschreiber zu unterschreiben. Wegen des Vermerks, welcher Stempel zu der Hauptausfertigung oder Urschrift verwendet worden ist, vcrgl. unten Anm. 8 und wegen der Angabe des die Stempelfreiheit der begl. A. bedingenden Zwecks auf der Abschrift und der mißbräuchlichen Benutzung stempelfrei ertheilter begl. A. vergl. - unten Anm. 4 letzten Abs.



Die Tarifstelle findet nur Anwendung auf beglaubigte Abschriften, so daß also einfache Abschriften eines Stempels nicht bedürfen.

Voraus­

Stempel-"

Die Stempelpflichtigkeit begl. Abschriften hängt in Folge ihrer steuerlichen Gleichstellung pM)tigkeit. mit amtlichen Zeugnissen von folgender: Voraussetzungen ab: A. Die Beglaubigung muß von Behörden oder Beamten auSgehen, weil von Privatpersonen vorgenommene Beglaubigungen öffentlichen Glauben nicht haben. * *2) B. Die Beglaubigungen von Abschriften müssen ebenso wie die Beglaubigungen von Unterschriften (vergl. Tarifstelle 77) von Behörden oder Beamten ertheilt sein, die durch Gesetz oder rechtSgiltige Verordnungen zur Vornahme von Beglaubigungen für zuständig erklärt sind.*3) Unter „rechtsgiltigen Verordnungen" sind lediglich solche von der Staats­ gewalt ohne Mitwirkung des Landtages auf Grund der Verfassung oder auf Grund gesetzlicher Ermächtigung getroffene Anordnungen zu verstehen, die allgemein giltige Normen aufstellen. Verwaltungsanordnungen dagegen, die seitens der vorgesetzten Behörden an die Nachgeordneten Dienststellen ergehen und nur für diese verpflichtend sind, gehören nicht hierzu. *4) Daher genügt es nicht, wenn gewisse Beamte üblicherweise und unter Billigung der vorgesetzten Behörden bescheinigen, daß die Abschrift eines Schriftstücks ihres Dienstbereichs oder eines solchen, das sie auch nur in ihrer dienstlichen Verwahrung haben, mit der Urschrift überein­ stimmt. Derartige Bescheinigungen haben zwar Bedeutung für den Rechtsverkehr, sind aber nicht geeignet, mit der Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde die Thatsache der Ueber­ einstimmung der Abschrift mit der Urschrift nachzuweisen (C.P.O. §§ 415, 418, 435). Nur

beglaubigte Abschriften mit dieser Beweiskraft sind stempelpflichtig. *5) Zuständig sind hiernach insbesondere: I. Amtsgerichte und Notare (Art. 31 Pr.GFreiw.G.); doch sollen Notare be­ glaubigte Abschriften aus den bei Gericht geführten oder verwahrten Akten und

*2) Kom.Ver. S. 4. *3) Allg. F.M.Erl. 18. 10. 96 III. 13950 Cbl. S. 613, mitgeth. den Just.-Behörden durch Just.M.Erl. 7. 11. 96 Just.M.Bl. S. 343; F.M.Erl. 2. 3. 97 III. 829; vergl. auch Allg.Erl.M. d. geistl. Angel. 14. 6. 98 unter Ziffer 4, mitgeth. den Pr.St.D. durch Allg. F.M.Erl. 3. 7. 98 III. 8840 Cbl. S. 319. *4) Allg. F.M.Erl. 6. 7. 00 HI. 6550 Cbl. S. 409. *5) Schr. d. Just.M. an F.M. 7. 5. 00 III. 1455 F.M. III. 5648. - Nach einen: Erl. d. Präs. d. Staatömin. u. d. F.M. 17. 3. 73 St.A. 207 F.M. III. 3457 M.Bl. S. 72 sind Archiv beamte zur Ertheilung begl. Abschriften der in den Staatsarchiven vorhandenen Urkunden, Handschriften und Akten unter gewissen Bedingungen ermächtigt. Diese Beglaubigungen werden nach dem oben Erörterten nicht mehr als stcmpelpflichtig angesehen werden können.

Tarifstelle 1.

434

öffentlichen Büchern in der Regel nicht ertheilen (Art. 32 Ms. 2 a. a. O.). Vergl. für das frühere Recht A.G.O. Th. II Tit. 3 §§ 27 u. 28, Th. III Tit. 7 § 81 u. Kab.O. v. 6. 11. 34 (G.S. S. 180); II. Gerichtsschreiber (Art. 35 Pr.G.Freiw.G.). Nach früherem Recht kamen den Gerichtsschreibern allgemeine Beglaubigungsbefugnisse nicht zu (Kam.G.Beschl. 18.12. 99 F.M. III. 5648.). Wegen der Abschriften aus dem Grundbuche und Schiffsregister vergl. oben Anm. 1 Abs. 2; III. andere Behörden oder mit öffentlichem Glauben versehene Personen als Amtsgerichte und Notare, die schon nach früheren Vorschriften zur Vornahme von Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig waren (Art. 32 Abs. 1 Pr.G.Freiw.G.). Es kommen hierbei unter Anderem in Betracht das Ministerium des Königlichen Hauses für die Mitglieder der Königlichen Familie und des Fürst­ lichen Hauses Hohenzollern (Ges. v. 26. 4. 51 G.S. S. 181 Art. III; Allerh. Erl. v. 14. 8. 52 G.S. S. 771), die Oberlandesgerichte und Landgerichte für Beurkundungen in Fideikommiß- und Stiftungssachen (A.G. G.Verf.G. v. 24. 4. 78 §§ 29, 49; A.L.R. II 4 § 62; Ges. v. 5. 3. 55 G.S. S. 175 § 1; A.G. B.G.B. Art. 1, 2), die Kommissare der Auseinandersetzungsbehörden (Verordn, v. 20. 6.17 G.S. S. 161 § 55), ferner die Landschaftssyndiken für Beurkundungen innerhalb des Geschäfts­ kreises der Landschaft, die Auditeure (Ges. v. 8.6.60 G.S. S. 240, Reichsmilitair-G. v. 2. 5. 74 § 39) und an deren Stelle nach § 20 Einf.G. Mil.St.P.O. v. 1. 12. 98 (R.G.Bl. S. 1289) die Kriegsgerichtsräthe und Oberkriegsgerichtsräthe, des Weiteren die Universitätsrichter hinsichtlich der Anerkenntnisse gestundeter Honorare (Ges. v. 29. 5. 79 G.S. S. 389 § 1 Abs. 3)*6); IV. Gemeindevorsteher und Polizeibehörden (neben den Notaren u. s. w.) zur Beglaubigung der Abschriften von Urkunden, die zum Genossenschaftsregister oder zur Liste der Genoffen einzureichen sind (§ 8 der Bek. des ReichSkanzl. betreffend die Führung des Genossenschaftsregisters u. s. w. v. 1. 7. 99 R.G.Bl. S. 347). Gewisse Behörden und Beamten sind zur Vornahme bestimmter Geschäfte für zuständig erklärt worden. Insoweit diese Behörden und Beamten in solchen Angelegenheiten Urkunden aufnehmen können, wird sich auch ihre Zuständigkeit nicht in Abrede stellen lassen, von diesen Urkunden begl. Abschriften zu ertheilen.*7) Die gesetzliche Zuständigkeit zur Aufnahme der Hauptschrift schlicht die Zuständigkeit zur Ertheilung der begl. Abschrift in sich. Im Einzelnen sind zuständig: 1. Die Dorfgerichte: a) Für die im § 1960 B.G.B. vorgesehene Sicherung des Nachlasses (Art. 104 bis 107 Pr.G.Freiw.G.; §§ 7, 10 bis 25 der Allg. Verf. d. Just.M. über das Verfahren und die Gebühren der Dorfgerichte u. s. w. v. 20.12. 99 Just.M.Bl. S. 806); b) zur Aufnahme von Vermögensverzeichnissen, insbesondere Nachlaß­ inventaren (Art. 108 Pr.G.Freiw.G.; § 8 Abs. 1 Nr. 1, §§ 26 bis 33 Just.M.Erl. v. 20. 12. 99); c) zur Vornahme und Beurkundung freiwilliger öffentlicher Versteigerungen beweglicher Sachen sowie öffentlicher Verpachtungen an den Meist­ bietenden (Art. 109 Pr.G.Freiw.G.; §8 Abs. 1 Nr. 2 u. §§ 34 bis 58 Just.M.Erlv. 20.12. 99); d) zur Aufnahme von Taxen (Art. 110 Abs. 1 Pr.G.Freiw.G.; § 8 Abs. 1 Nr. 3 u. §59 Just.M.Erl. v. 20. 12. 99);

*6) *7)

Begr. Pr.G.Freiw.G. Art. 32 S. 31. Dies ist in der Begründung zu Art. 118 Pr.G.Freiw.G. S. 75 als selbstverständlich bezeichnet hinsichtlich der begl. Abschriften, welche Ortsbehörden von den Urkunden ertheilen, die sie innerhalb ihrer Zuständigkeit ausgenommen haben (Art. 114 Pr.G.Freiw.G.).

Beglaubigte Abschriften.

435

2. in Orten, die nicht Sitz eines Amtsgerichts sind, die Ortsvorsteher in den Hohenzollernschen Landen, die Bürgermeister in dem vormals Land­ gräflich Hessischen Amtsbezirke Homburg und in den Gebieten des vormaligen HerzogthumS Nassau sowie der vormals freien Stadt Frankfurt mit Ausnahme des Gebiets der jetzigen Stadtgemeinde Frankfurt und die Ortsgerichtsvorsteher in den vormals Groß­ herzoglich Hessischen Gebietstheilen (Art. 111 bis 117 Pr.G.Freiw.G.): a) bis c) zur (Art. 111 sind nur Sicherung

Vornahme der vorstehend unter Nr. 1 a bis e aufgeführten Geschäfte a. a. £).). Im Gebiete des vormaligen Kurfürstenthums Hessen die Amtsgerichte zuständig, auf Grund des § 1960 B.G.B. für die des Nachlasses zu sorgen (Art. 121 Pr.G-Freiw.G-);

d) zur Vornahme und Beurkundung freiwilliger öffentlicher Versteigerungen von Grundstücken (Art. 112 a. a. O.);

e) zur Vorbereitung der Theilung von gemeinschaftlichem Vermögen, von Verträgen über Vermögensüberlassungen der Eltern an ihre Kinder, von Ehe- und Erbverträgen (Art. 113 a. a. O.); f) zur Beurkundung von Gesindedienst Verträgen, sowie zur Bekanntmachung und Beurkundung einseitiger Willenserklärungen (Art. 114 a. a. O-);

g) zur Beglaubigung von Unterschriften (Art. 115 a. a. O-); h) zur Unterstützung der Gerichte bei der Beurkundung von Theilungen oder Uebergabeverträgen, der Vermittelung von Auseinander­ setzungen, sowie überhaupt in anderen Angelegenheiten der frei­ willigen Gerichtsbarkeit, insbesondere zur Ertheilung von Aus­ kunft oder Zeugnissen über persönliche Verhältnisse und über Besitzverh ältnisse sowie zur Abgabe von Gut achten (Art. 116 a. a. O.);

3. die Ortsgerichte in den Oberlandesgerichtsbezirken Frankfurt und Cassel (Art. 122 bis 124 Pr.G.Freiw.G.; Verordn, v. 20. 12. 99 G.S. S. 640): a) bis h) wie vorstehend unter Nr. 2 (Art. 122 und 123 Pr.G.Freiw.G-; §§ 16 bis 89 der allg. Verf. des Just.M. v. 28.12. 99 Just.M-Bl. S. 889; § 12 der Verordn, v. 20.12. 99); i) die Ortsgerichte im vormaligen Herzogthum Nassau in Orten, die nicht Sitz eines Amtsgerichts sind, zur Beurkundung von Kauf- und Tau sch verträgen über Grundstücke ihres Amtsbezirkes, wenn der Kaufpreis oder der Werth der eingetauschten Gegenstände nicht mehr als 500 Mark beträgt (Art. 12 §3 A.G. B.G.B. und Art. 122 Pr.G.Freiw.G.; §§ 90 bis 92 allg. Just.M.Verf. v 28. 12. 99);

4. die Gemeindevorstände (Bürgermeister, Dorfschaftsvorsteher, Bauerschafts­ vorsteher, Gutsvorsteher) in Schleswig-Holstein zur Sicherung des Nach­ lasses gemäß § 1960 B.G.B. (Art. 118 Pr.G.Freiw.G.); 5. die beeidigten Auktionatoren in Ostfriesland und Harlingerland zur Vornahme und Beurkundung freiwilliger öffentlicher Versteigerungen (Art. 125 und 126 Pr.G.Freiw.G.; Verordn, des Just.M. und M. f. H. u. G. v. 13. 12. 99 Just.M.Bl. S. 779);

6. die Gerichtsvollzieher: a) Zur Aufnahme von Wechselprotesten (74 Abs. 1 Nr. 1 A.G. G.Verf.G. v. 24. 4. 78; Abschnitt V der Geschäftsanweisung für die Gerichtsvollzieher v. 12. 12. 99 Just.M.Bl. S. 627). Vergl. aber wegen der Stempelfreiheit der beglaubigten Abschrift der Wechselproteste für das Protestregister Art. 62 Pr.G.Freiw.G. u. allg. Just.M.Erl. 17. 2. 00 Just.M.Bl. S. 59;

436

Tarifstelle 1. b) zur Vornahme freiwilliger Versteigerungen von beweglichen Sachen, von Früchten auf dem Halm und von Holz auf dem Stamme (§ 74 Abs. 1 Nr. 2 A.G. G-Verf.G.; Abschnitt VI Geschäftsanw.); c) zur Vornahme von Siegelungen und Entsiegelungen sowie zur Aufnahme von Vermögensverzeichnissen, insbesondere Nachlaßinventaren (§ 74 Abs. 1 Nr. 3 A.G. G-Verf.G.; Abschnitt VII Geschäftsanw.); cl) zur Beurkundung des thatsächlichen Angebots einer Leistung (Art. 130 )X Pr.G.Freiw.G.; Abschnitt VIII Geschäftsanw.); e) zur Vornahme öffentlicher Verpachtungen an den Meistbietenden (Art. 130 IX Pr.G.Freiw.G.; § 101 Geschäftsanw.); f) zur Beurkundung einer Hinterlegung (§§ 17, 35, 39 Hinterlegungsordn. v. 14. 3. 79; Abschnitt IX Geschäftsanw.).

Andere Behörden und Beamten sind zur Ertheilung beglaubigter Abschriften im Sinne derTarifstelle in der Regel nicht zuständig,**8) insbesondere nicht Gemeindevorsteher,* 9) Polizeibehörden* 10) (siehe wegen der Ausnahmen unter IV und unter Nr. 2 u. 4 dieser Anm.), Offiziere, wenn sie in dienstlicher Eigenschaft und in Vertretung einer Kommandobehörde Ab­ schriften beglaubigen,* 11) Leiter von Schulanstalten,* 12) Magistrate, Amts- und Bezirks­ vorsteher, Archivbeamte (siehe Note 5) u. s. w. Wegen der Stempelfreiheit der Beglaubigungen der Rechtsanwälte bergt unten Anm. 9.

C. Die Beglaubigung „muß in Privatsachen", also im privaten Interesse und auf Antrag (§ 12a Stst.G.) vorgenommen sein; ist die Ertheilung ausschließlich oder zum überwiegenden Theil auf Gründe des öffentlichen Interesses zurückzuführen, so sind die Abschriften, wie schon nach früherem Recht, stempelfrei. Dies ist insbesondere der Fall bei beglaubigten Abschriften 1. die zur Belegung der Rechnungen von Gemeindebehörden (Magistrate, Gemeinden u. s. w.) behufs Prüfung und Ueberwachung des Gemeindehaushalts durch die Vor­ gesetzte Behörde dienen sollen; *13) 2. die zur Vervollständigung der Akten aus rein dienstlicher Veranlassung oder zur Sicherung bei etwaigem Verlust der Urschrift bestimmt sind, z. B. bei Beglaubigung der Abschriften von Urkunden, die. einen dauernden Werth haben, durch städtische Archive; *14) 3. die Notare lediglich im Interesse der Rechtspflege zu dem Zwecke fertigen, damit sie bei den Grundakten verbleiben,*15) insbesondere die von Notaren behufs Aufbe­ wahrung bei den Grundakten angefertigten beglaubigten Abschriften, die an Stelle der nach § 70 Pr. G.Kost.G. vom Gericht herzustellenden Abschriften treten; *16) 4. von Bescheinigungen über die Abnahme von Dampfkesseln, die nach § 27 II der Anw. v. 15. 3. 97. betr. die Genehmigung und Untersuchung der Dampfkessel (jetzt

*8) Die allgemeine Befugniß des Ortsgerichts und des Ortsgerichtsvorstehers in den vor­ mals Großherzogl. Hessischen Gebietstheilen zur Beglaubigung von Abschriften (Instruktion vom 26. 10. 1852 § 48 Nr. 1) und dieselbe Befugniß' der Bürgermeister in den vormals Land­ gräflich Hessischen Gebietstheilen (Diäten- und Gebührenregulativ v. 3. 6. 62 § 1 Nr. 6) ist durch Art. 119 Abs. 1 Pr.G. Freiw.G. beseitigt. *9) R.G. Strass. 19. 4. 98 Bd. 31 S. 110; F.M.Erl. 15. 12. 96 HI. 16907. *10) F.M.Erl. 26. 3. 97 III. 3411. *11) Solche Beglaubigungen waren nach früherem' Recht stempclpflichtig, allg. F.M.Erl. 20. 7. 89 III. 9723. *12) All». Erl. M. f. geistl. Ang. 14. 6. 98 in Note 3. *13) F.M.Erl. 5. 12. 34 III. 28020; 5. 9. 98 III 12494. »14) F.M.Erl. 2. 6. 35 III. 9988; 12. 4. 38 III. 7921; 31. 5. 42 III. 12289; 5. 1. 86 III. 16327/85; 20. 4. 93 III. 3588. *15) F.M.Erl. im Gino, mit Just.M. 19. 1. 82 III. 496. *16) F.M.Erl. im Gino, mit Just.M. 16. 8. 98 III. 11326.

437

Beglaubigte Abschriften.

§ 27 II der Anw. v. 9. 3. 1900 M.Bl. S. 142) den Ortspolizeibehörden und Bergbehörden auszuhändigen sind. **17)

Als stempelfrei sind dagegen diejenigen beglaubigten Abschriften nicht zu erachten, welche die Behörden zu ihren Akten fertigen müssen, weil die Betheiligten die von ihnen zu den Akten eingereichten Hauptschriften zurückverlangen, denn in solchen Fällen erfolgt die Belaubigung nicht im öffentlichen Interesse. Vergl. auch unten Anm. 6 Nr. 3 Abs. 1 und Note 28. Die betreffende Privatperson ist nach § 12a Stst.G. zur Zahlung des Stempels ver­ pflichtet, weil sie, wenn auch nur mittelbar, zur Ertheilung der beglaubigten Abschrift Ver­ anlassung gegeben hat (vergl. § 12 Anm. 4 Abs. 5 S. 177 Komm.).

3*

Der Stempel für beglaubigte Abschriften hat die Natur einer Gebühr; ein von der Kommission des Abg.H. gestellter Antrag, die Beglaubigung der Abschrift dürfe niemals einen höheren Stempel tragen, als die Urkunde selber, wurde abgelehnt, denn für den Umfang der Mühewaltung, die den Behörden und Beamten durch die Vergleichung der Abschrift mit der Hauptschrift erwächst, macht es keinen Unterschied, ob die letztere stempelfrei oder stempelpflichtig ist* 18) Beglaubigte Abschriften bedürfen deshalb nach jetzigem Recht auch dann eines Stempels von 1,50 Mark, wenn die Hauptschrift stempelfrei ist oder einen geringeren Stempel als 1,50 Mark erfordert.*19) Ob die Hauptschrift auf Grund einer besonderen Anordnung des Stempeltarifs oder deshalb stempelfrei ist, weil sie vom Tarif überhaupt nicht ergriffen wird (z. B. Quittungen), ist dabei gleichgiltig. Der Stempel beträgt stets 1,50 Mark. Die beglaubigte Abschrift eines Miethvertrages, der stempelfrci ist, weil der JahreszinS 300 Mark oder weniger beträgt, ist hiernach stempel­ pflichtig. Umgekehrt kann die beglaubigte Abschrift einer stempelpflichtigen Hauptschrift stempelfrei sein, z. B. ist die beglaubigte Abschrift des Strafbescheides einer Finanzbehörde, der nach Tarif 62 schon bei einem Werthgegenstande von 15 Mark stempelpflichtig ist, nach § 4a erst stempelpflichtig-, wenn der Werth 150 Mark übersteigt.*20) Werden Abschriften mehrerer Hauptschristen durch ein und dasselbe hinter die letzte Abschrift gesetzte Zeugniß beglaubigt, so bedarf es nur des einmaligen Stempels.*21) Wegen der Abweichungen Anm. 6 Nr. 2.

bei

gerichtlich

beglaubigten Abschriften

vergl.

Die Hauvt-

unten

4.

Die allgemeinen sachlichen und persönlichen Befreiungen der §§ 4 und 5 Stst.G. und somit die durch frühere Gesetze und Privilegien bewilligten Befreiungen finden auch auf beglaubigte Abschriften Anwendung; dagegen bleiben die im Stempel­ tarif für gewisse Urkundengattungen angeordneten'Stempelbefreiungen der Hauptschrift für die Beurtheilung der Stempelpflicht der begl. Abschriften außer Betracht, wie sich aus der vorhergehenden Anm. ergiebt. Die im Tarif 77 für amtliche Zeugnisse vorgesehenen Befreiungen kommen auch den begl. Abschr. zu statten. Die Befreiungsvorschrift e daselbst ist aber auf begl. Abschr. nicht anwendbar, da sie sich nur auf die dort erwähnten Unterschrifts­ beglaubigungen bezieht.* 22) Dasselbe gilt von der Befreiungsvorschrift f. Stempelfrei sind außerdem auf Grund besonderer gesetzlicher Anordnung Zustellungs­ urkunden der Notare, also auch die zu Zustellungszwecken zu fertigenden begl. Abschr. (Art. 31

*17) Allg. Erl. M. f, H. u. G. 6. 5. 99 B. 4263 M.Bl. S. 81, mitgeth. den Pr.St.D. durch allg. F.M.Erl. 21. 7. 99 III. 9438. *18) Kom.Ber. S. 4. *19) F.M.Erl. 6. 2. 97 III. 275; Just.M. Bescheid 3. 11. 97 Just.M.Bl. S. 284. *20) Anders nach stüherem Recht F.M.Erl. 24. 11. 72 III. 17433. *21) Allg. Erl. d. Min. d. g. A. u. d. Inn. 31. 7. 97 M.Bl. S. 174, mitgeth. d. Pr.St.D. durch F.M.Erl. 16. 8. 97 III. 10250 Cbl. S. 324. *22) Just.M.Erl. 23. 11. 76 Illa. 3132 F. M. III. 15097; F.M.Erl. 4. 5. 97 III. 5431.

Befreiungen.

Tarifstelle 1.

438

Pr.G.Freiw.G.), begl. Abschr. der Wechselproteste für das Protestregister (Art. 62 a. a. O.)

und die von Notaren bei Anfertigung von Urkundenentwürfen und Beglaubigung der Unter­

schrift oder Handweichen zu ihren Akten zurückzubehaltenden begl. Abschr. (Art. 60 Abs. 2 a. a. O.). Nach 8 2 D. G.Kost.G. (Sem. S. 67) findet bei Civilprozessen neben den Gebühren eine

Erhebung von Stempeln nicht statt.

Es sind deshalb die in Gemäßheit des § 170 C-P.O. von den

Rechtsanwälten, den Gericktsschreibern und den Gerichtsvollziehern beglaubigten Abschriften stempelpflichtiger Schriftstücke einschließlich der in Prozessen von den Anwälten eingereichten begl. A. der auf sie ausgestellten Vollmachten der landesgesetzlichen Abgabe der Tarifstelle 1

nicht unterworfen, weil diese Beglaubigungen lediglich die Wirkung der Zustellung sichern

und den Inhalt desjenigen, was zugestellt worden ist, feststellen sollen.

Sie haben mithin

ausschließlich eine prozessualische Bedeutung und werden durch die für das Prozeßverfahren anzu­

setzende Gebühr mit abgegolten. * 23)

Diese Grundsätze gelten nach 8 1 D. G-Kost.G. auch

für die Rechtssachen, auf welche die Strafprozeß- oder die Konkursordnung Anwendung findet, desgl. nach 8 120 Pr. G-Kost.G. für die vor die ordentlichen oder vor besondere Gerichte gehörigen Rechtssachen, für welche die C.P.O. oder die St.P.O. kraft landesgesetzlicher Vorschrift

maßgebend sind (vergl. 8 4 Anm. 18 a letzter Abs. S. 68 Komin.). *24) Ueber Stempelbefreiungen auf Grund des Pr. G-Kost.G. vergl. unten Anm. 5 bis 7. Der die Stempelfreiheit der begl. Abschr. bedingende Zweck muß in der Urkunde bestimmt angegeben werden; andernfalls ist sie stempelpflichtig. Ist dieser Zweck angegeben, von der

unversteuert gebliebenen Urkunde aber zu einem anderen Zwecke Gebrauch gemacht, so haften

Inhaber oder Vorzeiger nicht bloß für den Sternpel, sondern sie verfallen auch in die Strafe des § 17 Abs. 1 Stst.G. (Ziff. 30 Abs. 1 u. Ziff. 53 Abs. 2, Dienstv.; 8 W Abs. 5 allg. Verf.

v. 29. 2. 96, amtl. Ausg. S. 152, 162, 264, 265).

Die Gerichte haben in solchen Fällen dem

zuständigen Hauptamt Mittheilung zu machen (8 20 letzter Abs. allg. Verf. v. 29. 2. 96, amtl.

Ausg. S. 276 und 277).

Gerichts5* Der Grundsatz des 8 29 Pr. G.Kost.G., wonach eine Erhebung von Stempeln kostenstempel Voraus­ neben den gerichtlichen Gebühren nur in denjenigen Fällen stattfindet, in denen es im Kost.G. jungen der ausdrücklich angeordnet ist, gilt auch für begl. Abschriften. Des Weiteren bestimmt 8 114 pflichttgkeit. Abs. 3 Pr. G.Kost.G.:

Neben den Schreibgebühren ist für Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften stempelpflichtiger Urkunden der tarifmässige Stempel zu erheben, falls die Ausfertigungen oder Abschriften nur in Folge eines auf die Ertheilung gerichteten Antrags ertheilt werden. Ist die Urkunde nach den Vorschriften der Stempel­ gesetze stempelpflichtig, so wird die Erhebung des Stempels für Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften dadurch nicht ausgeschlossen, dass nach den Vor­ schriften dieses Gesetzes der Stempel ausser Ansatz geblieben ist. Ueber das Verhältniß des 8 114 Abs. 3 (früher 8 109 Abs. 3) zu der Vorschrift des

8 55 Satz 2 Pr. G.Kost.G. a. F. herrschte Streit.

Nach der einen Ansicht war für die Ge­

schäfte des zweiten Abschnitts Pr. G.Kost.G. a. F. ausschließlich die Vorschrift des 8 55 maß­

gebend, so daß sich die Stempelpflicht der Ausfertigungen und Abschriften lediglich nach den Vorschriften deö Stempelsteuergesetzes zu richten hatte, nach der anderen Ansicht wurde die

Vorschrift im 8 55 durch die des 8 109 Abs. 3 eingeschränkt und hatten die im § 109 für die Versteuerung von Ausfertigungen und Abschriften gegebenen Vorschriften allgemeine Geltung.

Durch 8 56 der vom 1. Januar 1900 an geltenden neuen Fassung Pr. G.Kost.G. sind diese Zweifel dahin entschieden, daß die erste Ausfertigung stempelpflichtiger Urkunden stempelfrei ist,

*23) Allg. Just.M.Erl. 19. 6. 84 I 2281, mitgeth. den P.St.D. durch F.M.Erl. 29. 6. 84 III 8197 Cbl. S. 107. *24) Just.M.Erl. 28. 11. 84 Illa 2177 u. F.M.Erl. 3. 12. 84 III 14 940.

439

Beglaubigte Abschriften.

während weitere Ausfertigungen nach der Tarifstelle „Duplikate" zu versteuern sind und daß

im Uebrigen

auf die Besteuerung

von Ausfertigungen

und

beglaubigten Abschriften

gerichtlicher Urkunden die Vorschriften des § 114 Abs. 3 Anwendung finden.

Wie in der Be­

gründung zu den §§ 44, 55 (Drucksachen des Abg.H. 1899 zu Nr. 34 S. 187, 189) hervor­ gehoben und im Berichte der Kommission des Abg.H. über A.G. B.G.B. (Drucksachen 1899

Nr. 227 S. 114) anerkannt wird, ist daher für begl. Abschriften stempelpflichtiger gerichtlicher

Urkunden (II. Abschnitt Pr. G.Kost.G.), die auf Antrag ertheilt werden, ein Stempel zu entrichten, falls für die Ertheilung der Abschrift eine Gebühr nicht erhoben wird. 6. Wie sich aus der vorhergehenden Anmerkung ergiebt, findet § 114 Abs. 3 Pr. G.Kost.G.

Anwendung auf alle Urkunden,

insbesondere auch auf die Urkunden des zweiten Abschnittes

dieses Gesetzes. Die Stempelpflichtigkeit der von den Gerichten beglaubigten Abschriften hängt hiernach

davon ab, daß: 1. Für die Beglaubigung eine Gebühr nicht erhoben wird.

Demgemäß ist z. B.,

da nach § 44 Abs. 3 Pr. G.Kost.G. für die Ertheilung der begl. Abschrift eines er­ öffneten Testaments (B.G.B. § 2264) eine Gebühr nicht zu erheben ist, für begl. Abschriften der vorn Gericht eröffneten Testamente, mögen sie vor Gericht oder vor einem Notar, mündlich oder durch Ueberreichung einer Schrift oder in eigenhändiger Form errichtet sein, stets der Stempel von 1,50 Mark zu erheben, falls die Abschrift auf Antrag ertheilt wird, während die von Amtswegen ertheilten Abschriften, ins­ besondere die bisher nach § 237 Th. I Tit. 12 A.L.R, jetzt nach § 2261 B.G.B-

im Falle der Eröffnung durch ein anderes Gericht, als das Nachlaßgericht von Amtswegen anzufertigenden begl. Abschriften stempelfrei sind.**25) Stempelpflichtig sind ferner begl. Abschriften von Urkunden, die das Gericht selbst ausgenommen hat sowie begl. Abschriften von den in Verwahrung des Gerichts befindlichen Urkunden der Auditeure, Notare und Schiedsmänner (§ 51 Satz 2 u. 3 Pr. G.Kost.G.).

gegen sind stempelfrei begl. Abschriften von Urkunden,

Da­

die das Gericht nicht selbst

ausgenommen hat (§ 51 Satz 1 a. a. £).), die zur Herstellung von Theilbriefen (§ 61 R.G.B.O.) gefertigten begl. Abschriften (§ 66 Nr. 1 Pr. G.Kost.G.)*26) u. s. w.: 2. die Hauptschrift nach den Bestimmungen des Stempelgesetzes steuerpflichtig ist.

Daß

nach

den

Vorschriften

des Gerichtskostengesetzes

der Stempel für die

Hauptschrift außer Ansatz bleibt, weil er zugleich durch die vorgeschriebene Gebühr

abgegolten wird, ist ohne Bedeutung.

Anm. 3 erörterten Grundsätze.

Hierin liegt eine Abweichung von den: oben

Stempelpflichtig werden in der Regel die begl. Ab­

schriften von Urkunden des zweiten Abschnittes Pr. G.Kost.G. sein, da diese in

der Mehrzahl der Fälle der Abgabe des Stempeltarifs unterliegen; 3. der Antrag lediglich die Ertheilung

einer begl. Abschrift bezweckt.

Ueberall da,

wo der Antrag sich auf ein gebührenpflichtiges Geschäft richtet, zu deffen

Ausführung die Ertheilung einer begl. Abschrift gehört, umfaßt zwar der Antrag

auch die Ertheilung dieser Abschrift, ist aber nicht lediglich auf die Ertheilung der

Abschrift gerichtet.

Denn

diese Abschriften werden vom Gericht

zur ordnungs-

*25) Allg. Just.M.Erl. 27. 1. 00 I. 356, nütgeth. den Pr. St.D. durch F.M.Erl. 12.3.00 TI. 1302. Für § 237 Th. I Tit. 12 A.L.R. ebenso entschieden durch Kamm.G.Beschl. 21. 6. 97 Zoh. Jahrb. Bd. 17 S. 255 u. F.M.Erl. 18. 5. 98 III. 4359. *26) Nach früherem Recht (Just.M.Erl. 17. 2. 76 I. 486 i. Einv. mit F.M., den Pr. St.D. nitgeth. durch F.M.Erl. 28. 2. 76 III. 2404 Cbl. S. 102, M.Bl. S. 118) waren diese begl. Ab­ christen stempelpflichtig, weil § 65 Nr. 1 Pr. G.Kost.G. a. F. eine Gebühr für Theilbriefe nicht vorah. Werden die Theilbriefe von Notaren hergestellt, so ist der Beglaubigungsstempel zu ntrichten und zwar d.oppelt, wenn sowohl die Schuldurkunde als auch der Hypothekenbrief (§ 61 rlbs. 2 R.G.B.O.) je besonders beglaubigt wird (Schr. d. F.M. an Just.M. 5. 1. 01 III 15084). Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

30

440

Tarifstelle 1.

mäßigen Erledigung des beantragten Geschäfts ertheilt und nicht, wie der § 114 Abs. 3 voraußsetzt, in Folge eines nur auf die Ertheilung der Abschrift gerichteten Antrages.*27) Daß der Antrag die Ertheilung einer begl. Abschrift ausdrücklich verlangt, ist nicht erforderlich, vielmehr richtet sich der Antrag nach dem Sinne des Gesetzes auf die Ertheilung auch dann, wenn sie sich lediglich als eine nothwendige Folge des gestellten Antrages erweist. Auch in diesem Falle erfolgt die Ertheilung nur in Folge des gestellten Antrages; sie ist durch den gewöhnlichen Geschäftsgang nicht bedingt und würde ohne Antrag nicht erfolgt sein.* 28) Eine Ertheilung auf Antrag liegt hiernach auch dann vor, wenn begl. Abschriften zu den Gerichtsaktell gefertigt werden müssen, weil die Betheiligten Urkunden, deren Vorlegung bei Gericht nothwendig war, zurückfordern. Es sind deshalb stempelpflichtig, wie früher, begl. Abschriften der den Gerichten im Erbbescheinigungsverfahren eingereichten stempelpflichtigen Urkunden (notariellen Erbeslegitimationsverhandlungen u. s. w.), wenn diese Abschriften nach Ertheilung des Erbscheines in Folge Rückforderung der Urkunden seitens der Betheiligten auf Anordnung des Gerichts zu den Akten gefertigt werden.* 29) Stempelfrei sind dagegen alle auf Anordnung der Gerichte von Amtswegen, lediglich im Interesse der Geschäftsordnung zu den Akten gefertigten begl. Abschriften z. B. die von den Amtsgerichten gemäß § 16 allg. Verf. v. 29. 2. 96 (Ausf. Best. amtl. Ausg. S. 273) zu fertigenden begl. Abschriften von Urkunden, die von den Parteien zur Ausschließung des Auflassungsstempels bei Gericht eingereicht sind, ferner begl. Abschriften von Testamenten, die das die Eröffnung vornehmende Gericht gemäß § 2261 B.G.B. zurückbehält (vergl. diese Anm. unter Nr. 1). Von Amtswegen ertheilt sind auch die zu den Akten gefertigten begl. Abschriften von Urkunden, die zur Erwirkung von Einschreibungen im Grundbuch und zur Begründung von An­ meldungen im Handelsregister vorgelegt und demnächst wieder zurückgefordert sind, weil die Betheiligten die Rückgabe nach § 70 u. § 74 Nr. 1 Pr. G-Kost.G. bean­ spruchen können. Ueber die Form der gerichtlichen Beglaubigungen vergl. oben Anm. 1 Abs. 2 und über Stempelbefreiungen auf Grund des 8 2 D. G.Kost.G. vergl. oben Anm. 4 Abs. 3. Beglaubigte Abschriften auS gerichtlichen Registern.

7. Für begl. Abschriften aus gerichtlichen Registern ist nach § 110 Abs. 2

Pr. G.Kost.G. der tarifmäßige Stempel zu erheben, soweit nicht für die Ertheilung eine Gebühr bestimmt ist. Im Einzelnen ist hervorzuheben: *30)

Stempelfrei sind begl. Abschriften aus: a) Dem Handelsregister (§ 7 Allg. Just.M.Erl. v. 7. 11. 99 Just.M.Bl. 5. 313), da nach § 74 Abs. 2 u. 3 Pr. G.Kost.G. Gebühren erhoben werden; Kanun.G.Beschl. 11. 5. 96 Joh. Jahrb. Bd. 16 S. 266. b) dem Vereins- und Güterrechtsregister (Art. 13 Allg. Just.M.Erl. v. 6. 11. 99 Just.M.Bl. S. 299), da § 74 Pr. G.Kost.G. nach § 76 Abs. 2 und § 77 Abs. 2 auch für diese Register Anwendung findet; c) den nach Maßgabe landesgesetzlicher Vorschriften geführten und bei den Gerichten aufbewahrten Standesregistern und Kirchenbüchern (§ 80 Pr. G.Kost.G.; § 16 Personenstandsges. v. 6. 2. 75, R.G.Bl. S. 23); d) den Musterregistern (vergl. § 4 Anm. 15 Ziffer 58c S. 74 Komm.); *27) Kanun.G.Beschl. 11. 5. 96 Joh. Jahrb. Bd. 16 S. 269. *28) Gutachten des Kamm.G., I. Civ.S. 4. 3. 99 F.M. III. 12773. *29) Kanun.G.Beschl. 21. 5. 94 Joh. Jahrb. Bd. 14 S. 220 und das in der Note 28 an­ geführte Gutachten 4. 3. 99. *30) Vgl. auch zu a bis h den § 1c des Nachtrages zur Allg. Verf. vom 29. 2. 96 betr. d. gerichtl. Stempelwesen Just.M.Bl. 00 S. 505.

Beglaubigte Abschriften.

441

Stempelpslichtig sind begl. Abschriften aus: e) Dem Genossen sch aftsregister (§ 26 Abs. 2 der Bek. des Reichst, betr. die Führung des Genossenschaftsregisters u. s. w. v. 1. 7. 99 N.G.Bl. S. 347; Art. 1 des Allg. Just.M.Erl. b. 8. 11. 99 Just.M.Bl. S. 334), da nur Schreibgebühren erhoben werden (bergt auch Allg. Just.M.Erl. b. 29. 5. 95 Just.M.Bl. S. 171); *31) 5) dem Schiffsregister (§78 Pr. G.Kost.G.; § 121 Binnenschiffahrtsges. R.G. Bl. 1898 S. 868; § 9 Allg. Just.M.Erl. b. 11. 12. 99 Just.M.Bl. S. 753), aus demselben Grunde wie zu e; g) den Registern für Wassergenossenschaften oder den Vorrechtsregistern (§ 79 Pr. G-Kost.G.; bergt auch wegen der Register für Wassergenossenschaften § 12 Allg. Just.M.Erl. b. 9. 9. 79 Just.M.Bl. S. 337), aus demselben Grunde wie zu e; d) dem Börsenregister (Börsengesetz b. 22. 6. 96 N.G.Bl. S. 157), au§ dem­ selben Grunde wie zu e. 8. Wegen der Stempelbefreiungsvermerke bergt oben Anm. 4 letzten Abs.

Stempel-

Auf jeder beglaubigten Abschrift muß nach § 9 Abs. 3 Stst.G. bermerkt werden, welchergetlempei»U' Stempel zu der Hauptausfertigung oder Urschrift berwendet ist (Ziff. 30 Abs. 2 Dienstb. verwendungsamtl. Ausg. S. 152). Ebenso ist umgekehrt auf den Urschriften oder wo dergleichen Urkunden vermerke,

nicht borhanden sind, durch einen besonderen Vermerk in den Akten zu bescheinigen, mit welchem Stempel die Abschriften bersehen worden sind (Ziff. 7 Abs. 1, Dienstb. amtl. Ausg. S. 131). Auf den bon den Gerichtsbehörden zu ertheilenden Abschriften ist der für die Urschrift etwa zürn Ansatz gekommene und als Gerichtsgebühr berechnete Betrag des Stempels zu bermerken. Ziff. 6 des Nachtrags zur allg. Vers. b. 29. 2. 96 (Just.M.Bl. 00 S. 505).

Zu Absatz S. 9* Rechtsanwälte sind als Beamte im Sinne der Tarifstelle 77 nicht anzusehen

Beglaubi-

und es sind daher die bon Rechtsanwälten borgenommenen Beglaubigungen nicht stempel- ^echis-^

pflichtig, auch wenn die Anwälte, wie es durch § 170 C.P.O. geschehen ist, durch das Gesetz ausdrücklich zu Abschriftsbeglaubigungen ermächtigt werden. Es hätte deshalb der besonderen Bestimmung, daß Beglaubigungen der Rechtsanwälte im Prozeßberfahren stempelfrei sind, nicht bedurft, zumal Beglaubigungen gemäß § 170 C.P.O. auch aus sachlichen Gründen stempelfrei sind (bergt oben Anm. 4 Abs. 3). Nach einer kammergerichtlichen Ent­ scheidung* 32) sollte jedoch die Ordnungsstrafe des § 24 Stst.G. b. 7. 3.22 auch auf Rechtsanwälte Anwendung finden, wenn sie es unterlassen hatten, auf der bon ihnen beglaubigter A. den zu der Urschrift berbrauchten Stempel zu bermerken; mit Rücksicht auf diese Entscheidung waren in der Kommission des Abg.-H. Zweifel über die Stempelfreiheit der bon Rechtsanwälten bor­ genommenen Beglaubigungen entstanden. Es wurde daher auf Antrag der Kommission zu der Tarifstelle ein Zusatz gemacht, durch den klargestellt ist, daß die bon Rechtsanwälten begl. A. der Stempelpflicht nicht unterliegen.*33) Auch wenn Rechtsanwälte außerhalb des Prozeßberfahrens Abschriften z. B. bon Verträgen beglaubigen, bedarf es des Beglaubigungs­ stempels nicht, da derartige Beglaubigungen unwirksam sind.* 34) Vergl. auch § 9 Anm. 8 Abs. 3 S. 134 u. 135 Komm.

*31) Die bon dem Gericht nach § 11 Abs. 4 des Genossenschaftsgcsctzes (N.G.Bl. 1898 S. 810) zu beglaubigende Abschrift des Genossenschaftsstatuts und die auf diese Abschrift zu setzende Bescheinigung der erfolgten Eintragung sind stempelfrei, weil die Beglaubigung bezw. Bescheinigung von Amtswcgen, nicht auf Veranlassung der Genossenschaft (§ 12a Stst.G.) ertheilt wird. § lc des Nachtrages zur Allg. Verf. vom 29. 2. 96, s. vorhergehende Note. *32) Kamm.G.Strafs. 15. 4. 86 Joh. Jahrb. Bd. 6 S. 215, mitgeth. durch allg. F.M.Erl. 17. 9. 86 III 11189. *33) Kom.Ber. S. 4 und 5. *34) F.M.Erl. 1. 6. 92 III 7546.

anwälte.

442

Tarifstelle 2.

N r.

^artfffeCCe 2. Laufende

Steuersatz

2.

Abs. i.

Berechnung vom 1 der Hun­ Stempelabgäbe. dert Mark^Pf.

Gegenstand der Besteuerung.

Abtretung von Rechten. Beurkundungen über die Abtretung von

Rechten sowie Indossamente, sofern nicht nach §. 5 zweiter Absatz des Reichsstempelgesetzes vom 27. April 1894 (Neichs-Gesetzbl. S. 381) Stempelfreiheit eintritt, oder dieBestimmungen der Tarifstelle „Kauf- und Tauschverträge" fünfter bis

einschließlich

zehnter Absatz zur

Anwendung kommen..............................................

des Werthes der

VöO

Gegenleistung

oder, wenn eine solche in der Ur­

kunde nicht ent­ halten ist, des Geldbetrages

oder des

Werthes

des

abgetretenen

Rechts;

mindestens aber.....................................................

1

ist der Werth des abgetretenen Rechtes nicht

schätzbar ......................................................................

Abs. 2.

Befreit sind Beurkundungen

der

Ucber-

tragungen der Konnossemente der Seeschiffer,

Ladescheine

der

Frachtführer

und

Aus-

lieferltngsscheine (Lagerscheine, warrants) über Waaren oder andere bewegliche Sachen durch

Indossament.

Abs. 3.

Schriftliche Benachrichtigungen an den Ver­

pflichteten über die erfolgte Abtretung eines Rechtes sind, wenn nicht eine mit dem tarif­ mäßigen Stempel verseheneAbtretungsurkunde

vorliegt, wie Beurkundungen der Abtretung zu

versteuern, sofern nach der Verkehrssitte über die Abtretung eine förmliche Urkunde errichtet zu werden pflegt und beabsichtigt ist, durch die schriftliche

einer

Benachrichtigung

solchen

Urkunde

zu

die Aufnahme ersetzen.

Dem

5

443

Laufende

N r.

Abtretung von Rechten.

Steuersatz

Gegenstand der Besteuerung.

vom 1

Hun­ dert 1 Mark. Pf.

Berechnung der Stempelabgabe.

Stempel für Abtretungen unterliegen auch Anträge auf Umschreibung vor dem 1. Oktober 1881 ausgestellter Namenaktien im Aktienbuche, falls nicht eine mit dem tarif­ mäßigen Stempel versehene Abtretungsurkunde errichtet ist.

Der Antrag auf Eintragung der Abtretung einer Hypothek oder Grundschuld im Grund­ buche oder in einem für solche Eintragungen bestimmten öffentlichen Buche...........................

mindestens aber.................................................. Die Abgabe wird nur erhoben, falls die beantragte Eintragung in den Grund- oder öffentlichen Büchern vermerkt worden ist.

Die Abgabe wird nicht erhoben, wenn bei der Anbringung des Antrages oder innerhalb einer mit dem Tage der Zustellung der Auf­ forderung zur Zahlung der Gerichtskoslen be­ ginnenden Frist von zwei Wochen die Urkunde über die dem Anträge zu Grunde liegende Abtretung in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift vorgelegt wird. Als eine solche Urkunde ist nur diejenige anzusehen, welche die Abtretung so enthält, wie sie unter den Betheiligten hinsichtlich des Werthes der Gegenleistung verabredet ist. Betrifft der Antrag eine Hypothek oder Grundschuld, für welche mehrere Grundstücke haften, so wird die Abgabe nur einmal erhoben. Wird nach Entrichtung der Abgabe die Ur­ kunde über das der Eintragung zu Grunde liegende Geschäft errichtet, so ist auf den zu dieser Urkunde erforderlichen Stempel der für den Eintragungsantrag gezahlte Stempel anzurechnen. Ausgeschlossen von der An­ rechnung bleibt derjenige Stempelbetrag, welcher zu dem Eintragungsantrage erforder­ lich gewesen sein würde, wenn derselbe nicht

Abs. 4.

des Betrages der Hypothek oder Grundschuld.

Vso

1

Abs. 5.

Abs. 6.

Abs. 7.

Abs. 8.

444

Laufende

Nr.

Tarifstelle 2.

Sie uersas vom 1

Gegenstand der Besteuerung.

Hun­ dert j Mark. Pf.

Berechnung

der Stempelabgabe.

i dem Werthstempel unterlegen hätte. Die An­ rechnung ist innerhalb der im §. 16 ange­ gebenen Fristen auf der Urkunde amtlich zu vermerken. Abs. 9.

i

Befreit sind: Urkunden, wodurch eine Forderung einem Kommunalverbande, einer Kommune oder einer Korporation ländlicher oder städtischer Grundbesitzer oder einer Grund-, Kredit- und Hypothekenbank abgetreten wird, falls auf Grund der Abtretung reichsstcmpelpflichtige Renten- oder Schuldverschreibungen demnächst ausgereicht werden.

i

i |

Inhalt. Tarisstelle. i Sinnt. 4. Abtretung in Verbindung mit anderen Sinnt. 1. Anwendungsbereich der Rechtsgeschäften. Fälle aus der Praxis. Anderweite Vorschriften über Abtre­ 5. Mehrheit von Abtretungen. Fälle aus tungen. Befreiungsvorschriften des Neichsstempelrechts. der Praxis. 6. Abtretung ohne Nennung des Er­ Zu Abs. 1. werbers (Blanko-Cession). I. Abtretungen. 7. Steuersatz. Gegenleistung. Sinnt. 2. A. Begriff der Abtretung. Ab­ Zu Abs. 1 und 2. tretungsvertrag (pactum de cedendo). II. Indossamente. B. Form der Abtretungserklärung, Sinnt. 8. Indossamente. Ausschluß des Landes­ insbesondere bei Hypotheken und stempels durch den Reichsstempel (Abs. 1 Grundschulden. und 2). C. Inhalt der Abtretungserklärung. Sinnt. 9. Konnossemente, Ladescheine n. s. w. D. Fälle aus der Praxis zu C. (Abs. 2). 3. Gegenstand der Abtretung. Inhaber­ „ 10. Stempelpflichtige Indossamente. papiere. Verhältniß zur Tarifstelle 32. „ 11. Blanko-Indossamente. A. Rechtszustand bis zum „ 12. Mehrheit von Indossamenten. B.G.B. Gegenstände nicht der Abtretung, sondern des Kaufs: Zu Abs. 3. Patentrecht; Urheberrecht; Erb­ III. Schriftliche Benachrichtigungen an der recht ; Elektrischer Strom. Den Verpflichteten über die erfolgte Abtretung unbeweglichen Sachen gleich­ eines Nechts. geachtete Rechte: BergwcrkseigenSinnt. 13. Benachrichtigung über die Abtretung thum; selbständige Gerechtigkeiten. „ 14. Inhaber und Vorzeiger. Haftbarkeit Abtretbare Rechte: FordeStrafbarkeit. enutzen; Antheil am landschaft­

lichen Reserve- und Amortisations­ fonds; Anspruch auf Feuer­ versicherungsgelder und auf RayonEntschädigung. B. Rechtszustand unter dem B.G.B.

IV. Anträge auf Umschreibung von Namen­ aktien im Aktirnbuch. Sinin. 15. Anträge auf Umschreibung. Umschrei bung durch Erbrezeß zugetheilter Aktien * 16. Inhaber und Vorzciger. Haftbarkeit Strafbarkeit.

445

Abtretung von Rechten.

Zu Ms. 4 bis 8.

V. Anträge auf Eintragung -er Abtretung einer Hypothek oder Grundschuld. rinnt. 17. Früheres Recht. „ 18. Grundbücher. Bahngrundbücher. Schiffsregister (Abs. 4). „ 19. Stempelsatz (Abs. 4). „ 20. Ohne Abtretungsgeschäft kein Antrag­ stempel. „ 21. Stempelfteiheit des Antrags wegen Mangels eines Abtretungsgeschäfts. Vitalizienvertrag.

Anm. 22. Ausführungsvorschriften. „ 23. Hindernisse der Versteuerung (Abs. 5 u. 6). Nichteintragung (Abs. 5). Vor­ legung der Abtretungsurkunde (Abs. 6). „ 24. Vorlegungsfrist (Abs. 6). „ 25. Mehrheit der haftbaren Grund­ stücke u. s. w. (Abs. 7). „ 26. Anrechnung des Stempels (Abs. 8).

Zu Ms. 9. VI. Befreiungen. Anm. 27. Allgenteines.

Befreiungen des Abs. 9.

1 Urkunden über die Abtretung von Rechten (Cessronsinstrumente, Indossamente) Anwendungs­ unterlagen nach dem St.G. v. 7. 3. 22 und den Stst.Berordnungen v. 1867 einer festen TaMtelle^ Stempelabgabe von 1 Mk. 50 Pf. An deren Stelle setzt das jetzige Stst.G. zur gerechteren Verkeilung der Steuerlast einen Werthstempel und unterwirft ihm auch unter bestimmten Voraussetzungen gewisse, aus Anlaß einer Abtretung errichtete Urkunden, die eine Abtretung selbst nicht enthalten. Dem Abtretungsstempel von Vso v. H. unterliegen hiernach:

I. Beurkundungen über die Abtretung von Rechten und Indossamente, sofern nicht nach § 4 Abs. 2 R.St.G. v. 14. 6. 00 Stempelfreiheit eintritt oder die Abs. 5 bis 10 der Tarifstelle 32 zur Anwendung kommen (Abs. 1); II. schriftliche Benachrichtigungen an den Verpflichteten über die erfolgte Abtretung eines Rechts (Abs. 3); III. Anträge auf Umschreibung vor dem 1. 10. 81 ausgestellter Namenaktien im Aktien­ buche (Abs. 3);

IV. Anträge auf Eintragung der Abtretung einer Hypothek oder Grundschuld im Grund­ buche (Abs. 4 bis 8). Die Absätze 2 und 9 enthalten Befreiungsvorschriften.

Außerhalb der Tarifstelle 2 enthält der Tarif über die Beurkundung von Ab- Anderweite tretungen noch anderweite, die Anwendung der Tarifstelle 2 ausschließende Sondervorschriften, ^ber Ab-" närnlich: a) In Tarifstelle 32 Abs. 5 bis 9 über die Beurkundungen von Uebertragungen der Rechte der Erwerber sowie Beurkundungen nachträglicher Erklärungen der Erwerber, für einen Dritten erworben zu haben, bei Veräußerungsgeschäften und freiwilligen gerichtlichen Versteigerungen; b) in Tarifstelle 32 Abs. 10 über die Beurkundungen von Abtretungen der Rechte aus einem Meistgebot an einen Anderen bei Zwangsversteigerungen; c) in Tarifstelle 48 zu a Abs. 7 über die Beurkundungen von Abtretungen der Rechte aus Pacht- und Afterpachtverträgen, Mieth- und Aftermieth- sowie antichretischen Verträgen; d) in Tarifstelle 56 Abs. 2. Liegt der Abtretung ein Geschäft zu Grunde, bei dem die Absicht auf Bereicherung des neuen Gläubigers gerichtet war, also eine Schenkung, so ist sie insoweit nicht mit dem Abtretungsstempel, vielmehr, soweit nicht Befreiung eintritt, mit dem höheren Schenkungsstempel zu versteuern. Dies trifft auch dann zu, wenn die Bereicherungsabsicht in der Urkunde nicht zum Ausdruck gebracht ist und diese nichts anderes enthält als die Abtretungserklärung;*!) *1) R.G. 6. 11. 00 (VII 206/00) F.M. III 1508/01, Jur. Wochenschr. 01 S. 96". Vergl. Sinnt. 18 zu Tarifst. 8 und die Erläuterungen zu Tarifst. 56 Abs. 2. Der in diesem Absatz gebrauchte Ausdruck „Geschäfte" umfaßt auch das abstrakte Rechtsgeschäft der Abtretung.

tretungen.

Tankstelle 2.

446 e) in Tarifstelle 74 über

Vorrechts-Einräumungen

(Prioritäts-Cesstonen).

Diese

unterlagen nach früherem Stempelrecht dem Cessionsstempel,*2) während ihre Ver­

steuerung jetzt besonders geregelt ist. BefremngsWegen der Befreiung der Uebertragung von reichsstempelpflichtigen Werthpapieren des^eich"- und Wechseln vom Landesstempel bestimmen: § 4 N.St.G. v. 14. 6. 00:

stempelrechts

Die der Reichsstempelsteuer unterworfenen Werthpapiere unterliegen in den einzelnen Bundesstaaten keiner loeiteren Stempelabgabe (Taxe, Sportel u. s. w.). Auch ist von der Umschreibung solcher Werthpapiere in den Büchern und Registern der Gesellschaft etc., sowie von den azif die Werthpapiere selbst gesetzten Uebertragungswermerken (Indossamenten, Cessionen u. s. w.) eine Abgabe nicht zu entrichten. Im Uebrigen, insbesondere hinsichtlich der Urkunden über Eintragungen in dem Hypothekenbuchc (Grundbuche), bleiben die landesgesetzlichen Vor­ schriften unberührt. und § 25 Wechselst.G. v. 10. 6. 69 (B.G.Bl. S. 193):

Die in den Staaten des Norddeutschen Bundes bestehenden Stempelabgaben von Wechseln, Anweisungen und diesen gleichgestellten Papieren (§. 24) werden aufgehoben. Auch von den auf Wechsel oder Anioeisungen und diesen gleichgestellte Papiere gesetzten Indossamentenf Giro’s und anderen Wechselerklärungen, Quittungen und sonstigen auf die Leistungen aus dem Wechsel bezüglichen Vermerken dürfen landesgesetzliche Stempelabgaben nicht iceiter erhoben werden. Die dem Neichsstempel unterworfenen Werthpapiere sind unter Tarifn. 1 bis 3 N.St.G. aufgeführt.

Wegen der Stempelpflichtigkeit der Uebertragung von Kuxen vergl. Anm. zu Tarifst. 34.

Die Beurkundung der

Abtretung der Rechte aus einem Frachtverträge

Landesstempel (§ 40 N.St.G.).

Wegen der Abtretung

eines

Frachtbriefs

unterliegt dem vergl. Anm. 2

unter D. bei e. Nach dem Tarif zu dem Stst.G. v. 1822 und den Stst.Verordnungen von 1867 war

die Cession „öffentlicher Papiere" stempelfrei (vergl. unten Anm.8 amSchluß und Note 40). Das jetzige Gesetz hat diese Stempelfreiheit beseitigt.

Zu Abs. I.

I. Abtretungen. 2. A. Abtretung

Abtrewn"

ist

die Handlung,

durch

die Jemand

das

Eigenthum

seines

Abtretungs- Forderungsrechts einem bestimmten Anderen überträgt (§ 398 B.G.B., § 376 Th. I Tit. 11 (pactam9de L-R.). Die Uebertragung kann ohne Einwilligung desjenigen, an den übertragen cedendo),

werden soll,

wirksam

Vertrag erfolgen

nicht geschehen.

kann.

Vertrag, deffen Wirksamkeit von Er

ist

zu

unterscheiden

Daraus folgt, daß die Abtretung

nur

Dieser die Uebertragung enthaltende Vertrag ist

von

dem

dem

Rechtsgrunde der Uebertragung

materiellen,

obligatorischen

durch

unabhängig

Vertrage

einen

ein abstrakter ist* 3)

(pactum

cedendo), durch den die Verpflichtung zur Uebertragung begründet wird.

de

Wegen der

Verstempelung dieses letzteren Vertrages vergl. § 10 Anm. 13 zu A. S. 151 ff. Komm.

Zu

S. 152 Fall b sei hier erläuternd bemerkt, daß im Bereiche des A.L.R. der für sich besonders

beurkundete, ein Forderungsrecht betreffende Abtretungsvertrag (pactum de cedendo), soweit nicht eine Schenkung vorlag, regelmäßig nur dem allgemeinen Vertragstempel aus Tarif­ stelle 712 unterlag.

Waren aber den unbeweglichen Sachen gleichgeachtete Rechte oder andere

*2) R.G. Civils. 16. 3. 91 Bd. 27 S. 282, Jur. Wochcnschr. S. 280 m, Cbl. S. 214. *3) R.G. Civils. 11. 1. 83 Bd. 8 S. 255.

447

Abtretung von Rechten. Rechte Gegenstand der Veräußerung, die zu den „Sachen im engeren Sinne"

(§ 3 Th. 1

Tit. 2 A.L.N.) gehören, wie z. B. Patente, so lag kein pactum de cedendo vor, vielmehr war 'der obligatorische lästige Veräußerungsvertrag nach Tarifst. 32 zu versteuern (vergl. Anm. 3 zu A.). Die Abtretung ist regelmäßig die Erfüllung eines Veräußerungsgeschäfts, ähnlich wie es die Uebergabe bei der Veräußerung körperlicher Sachen ist.

Während aber die Ueber«

gäbe in den meisten Fällen neben dem Veräußerungsvertrage nicht besonders beurkundet wird, pflegt bei Abtretungen von Forderungen erfahrungsmäßig nur der Abtretungsakt, nicht aber der ihm zu Grunde liegende Veräußerungsvertrag beurkundet zu werden.

Deshalb ist nicht der

letztere, vielmehr der Abtretungsakt (die Eession), zum Gegenstand der Steuer gemacht worden. Der Abtretungsstempel ist zu erheben ohne Rücksicht auf das der Abtretung zu Grunde liegende Geschäft. Es ist daher für die Stempelpflichtigkeit gleichgiltig, ob die Abtretung auf Grund eines Forderungskaufes, eines Vergleichs, zur Hingabe an Zahlungsstatt, zur Ein­ ziehung, zürn Zwecke der Auseinandersetzung erfolgt oder ob ein Rechtsgrund für die Uebertragung überhaupt nicht ersichtlich ist. Ist jedoch die Absicht der Bereicherung des neuen Gläubigers nachweisbar, so ist nicht der Abtretungsstempel, vielmehr der Schenkungsstempel zu erheben (vergl. Anm. 1 bei d).

Der Nachweis ist aber noch nicht damit erbracht, daß die

Abtretungserklärung über ein Entgelt nichts ergiebt.*4) Vergl. das Nähere unter Tarifst. 56. Da die Annahme der schriftlich beurkundeten einseitigen Abtretung auch formlos und stillschweigend rechtsgiltig erfolgen kann, ist schon die einseitige Uebertragungserklärung dem Abtretungsstempel unterworfen (vergl. § 1 Anm. 2 S. 5 Komm. u. S. 151, 152 das.). Ergiebt

die Abtretungsurkunde zugleich die Annahme der Abtretung,

so ist neben dem Abtretungs­

stempel nicht noch der allgemeine Vertragstempel der Tarifstelle 71 Ziff. 2 zu erheben. Denn die Annahme bildet einen Bestandtheil der einen Vertrag darstellenden Abtretung, dessen Beurkundung freilich zur Stempelpflichtigkeit der Abtretung nicht erforderlich ist, der aber, falls -er beurkundet ist, nach § 10 Abs. 3 Stst.G. einem besonderen Stempel nicht unterliegt. Aus-.der Vertragsnatur der Abtretung folgt, daß eine stempelpflichtige Abtretung nicht

vorhanden ist, wenn eine Forderung durch gerichtlichen Beschluß im Wege der Zwangs­

vollstreckung einem Dritten überwiesen wird oder wenn der bisherige Gläubiger dem Dritten gegenüber anerkennt, daß die Forderung kraft Gesetzes auf den Dritten übergegangen sei. Der Stempelpflichtigkeit der Abtretung steht es aber nicht entgegen, wenn die Abtretung auf Grund gesetzlicher Verpflichtung zur Abtretung geschieht, wenn also z. B. der

Beauftragte die aus der Geschäftsbesorgung auf seinen Namen erworbenen Forderungen gemäß § 667 B-G-B. an seinen Auftraggeber abtritt.

Nur die Uebertragung des Eigenthums an

einem Recht unterliegt dein Abtretungsstempel, nicht aber die Einräumung eines Nießbrauchs oder Pfandrechts an einem Recht.

Die Uebertragung des Eigenthums ist aber stempelpflichtig ohne

Rücksicht auf ihren wirthschaftlichen Zweck, also auch dann, wenn die Abtretung nur behufs Ein­ ziehung einer Forderung (R.G. Civils. 4. 5. 97 Bd. 39 S. 166) oder zur Sicherstellung (R.G. 10.1. 99 F.M. III 2668, Jur. Wochenschr. S. 171-°) erfolgt; vergl. unten S. 451 zu h3.

B, Zur Stempelpflichtigkeit genügt diejenige Form der Abtretungßerklärung, die zur Form der Uebertragung des Eigenthums an dem abgetretenen Recht ausreicht. Dies ist regelmäßig die ^rklärung^

einfache Schriftform. Sie genügt in der Regel auch bei Hypotheken und Grundschulden, insbesondere Bei ihnen soll zwar die Eintragung nach tz 29 R.G.B.O. nur auf Grund öffentlicher oder H^theken öffentlich beglaubigter Urkunden erfolgen, der Rechtsübergang vollzieht sich aber unabhängig von und Grundder Eintragung. Für die Abtretung von Briefhypotheken und Briefgrundschulden schulden, erfordern die §§ 1154 Abs. 1 und 1192 Abs. 1 B.G.B. ausdrücklich nur „schriftliche Form" der Abtretungserklärung. aber auch

Daneben wird zwar auch noch die Uebergabe des Briefes erfordert,

ohne diese Uebergabe ist der Abtretende an seine schriftliche Erklärung gebunden;

auf Grund dieser kann die Uebergabe des Briefes durch den neuen Gläubiger erzwungen werden.

Die Abtretungserklärung bildet hiernach die ausschließliche urkundliche Grundlage für

*4) Tarifstelle 56 Abs. 2; R.G. 6. 10. 99 Jur. Wochenschr. S. 735.«

448

Tarifstelle 2.

die Rechtsübertragung; nur deren Vollendung ist durch die außerhalb der Beurkundung liegende Uebergabe des Briefes bedingt. Die schriftliche Erklärung ist daher die „Beurkundung über die Abtretung", die nach Tarifst. 2 zu Verstempeln ist. Daß die Uebergabe des Briefes nicht eine durch Parteiwillen hinzugefügte Bedingung, vielmehr eine gesetzliche Voraus­ setzung des Nechtsübergangs darstellt, also nicht unter § 3 Abs. 2 Stst.G. fällt, der die Hin­ zufügung von Bedingungen als bedeutungslos für die Stempelpflichtigkeit erklärt, ist gleichgiltig, da nicht die Vollendung des Nechtsüberganges, vielmehr die Abtretungserklärung zu versteuern ist und diese von keiner Bedingung abhängt. Nach §§ 1154 Abs. 2, 1192 Abs. 1 B-G B. wird die schriftliche Form der Abtretungserklärung ersetzt durch die Eintragung in das Grundbuch. Hieraus folgt, daß Mangels einer schriftlichen Abtretungserktärung die nach tz 26 N.G.B.O. ihr gleichgestellte, der Eintragung zu Grunde liegende Eintragungs­ bewilligung (§ 19 N.G.B.O.) dem Abtretungsstemvel unterliegen müßte. Die Tarifstelle legt aber im Abs. 4 den Stempel auf den Eintragungsantrag (§ 13 N.GB.O.), mag dieser Lwiit alten Gläubiger neben der von ihm erklärten Eintragungsbewilligung oder auf Grund der letzteren vom neuen Gläubiger gestellt sein. Zur Uebertragung einer Buchhypothek oder Buchgrundschuld ist nach §§ 1154 Abs. 3, 873, 1192 Abs. 1 B.G.B. die Einigung des alten und des neuen Gläubigers überden Eintritt des Nechtsübergangs erforderlich. Hieraus folgt, daß eine einseitige Abtretungs­ erklärung nicht dem Abtretungsstempel unterliegt. Die Beurkundung der Einigung muß viel­ mehr sowohl vom alten als auch vom neuen Gläubiger ausgestellt sein und zwar nach § 873 Abs. 2 in gerichtlicher und notarieller Beurkundung oder zu Protokoll vor dem Grundbuchamt. Die privatschriftliche Einigung reicht für die Stempelpflichtigkeit nach § 873 Abs. 2 nur dann aus, wenn die Urkunde bei dem Grundbuchamt eingereicht ist oder wenn der Veräußerer dem Erwerber eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungs­ bewilligung ausgehändigt hat. Denn nur in diesen beiden Fällen sind die Betheiligten an die Einigung gebunden. Die Stempelpflichtigkeit beginnt dann mit der Einreichung der Einigungs­ urkunde bezw. dann, wenn nach Ausstellung der Einigungsurkundc die Eintragungsbewilligung ausgehändigt wird oder nach Aushändigung der letzteren die Einigungsurkunde ausgestellt wird. Abgesehen von diesen beiden Fällen ist die privatschriftliche Einigung unverbindlich und wider­ rufbar, sie stellt also eine stempelpflichtige Abtretung nicht dar. Diese Einigung wird aber, falls sie nicht inzwischen widerrufen ist, nach K 873 a. a. O. rechtsgiltig, wenn die Abtretung eingetragen wird. Der Fall liegt ebenso wie dann, wenn ein über ein Grundstück ge­ schlossener privatschriftlicher Veräußerungsvertrag gemäß § 313 durch Auflassung und Ein­ tragung giltig wird. Mit dem Ablauf des Tages der Eintragung der Abtretung beginnt die Frist zur Stempelverwendung, die den Betheiligten obliegt, wenn die Einigungsurkunde nicht rechtzeitig bei Gericht vorgelegt wird. Bei rechtzeitiger Vorlegung ist der Abtretungsstempel zu den Gerichtskosten zu vereinnahmen. Das Nähere vergl. bei Tarifst. 8 Anm. 25 bis 30. Wegen der Abtretung der Hypothek an den Grundstückseigenthümer vergl. unten bei D d. Alles, was nach den vorstehenden Erörterungen von der Grundschuld gilt, gilt auch von der Nentenschuld, da diese nur eine besondere Art oer Grundschuld ist (tz 1199 B.G.B.). Inhalt der C. Ob eine auf Abtretung eines Rechtes gerichtete Willenserklärung vorliegt, ist im ^etungs- einzelnen Falle aus dem Inhalt der Urkunde festzustellen. Es reicht jede urkundliche Erklärung er arung. die bei Hinzutritt der Annahme seitens des neuen Gläubigers alle wesentlichen Erfordemisse

des einen Vertrag darstellenden Abtretungsakts enthält.*5) Der Gebrauch des Wortes .Abtreten" ist dabei nicht erforderlich. Die Annahme braucht nicht beurkundet zu werden und wird regel­ mäßig auch nicht beurkundet (vergl. Anm. 2 Abs. 4) Die Erklärung der Abtretung muß nicht nothwendig dem Cessionar gegenüber stattfinden, kann vielmehr auch an einen Dritten erfolgen und wird wirksam, wenn sie vom Cessionar auch nur stillschweigend, z. B. durch Annahme des Schriftstücks, angenommen ist. Es ist überhaupt nicht erforderlich, in der schriftlichen Abtretungs-

*5) R.G. Civils. 11. 1. 83 Bd. 8 S. 255; 21. 3. 83 Bd. 10 S. 200 ff.

Abtretung von Rechten.

449

erktärung zum Ausdruck zu bringen, daß sie dem neuen Gläubiger gegenüber abgegeben werde.* 6) Die Abtretung ist auch stempelpflichtig, wenn das ihr zu Grunde liegende Rechtsgeschäft (pactum de cedendo) ungiltig und daher der Erfolg der Cession kein unanfechtbarer ist. Ist aber der Cessionsakt selbst (z. B. wegen mangelnder Verfügungsfähigkeit des Abtretenden) ungiltig, so ist die Abtretung nicht stempelpflichtig, falls der Mangel aus der Abtretungserklärung zu erkennen ist (§ 3 Anm. 4 S. 45 Komm.). Hinsichtlich der Blankoabtretung vergl. Anm. 6. D. Fälle aus der Praxis: Fälle aus der a) Die im Veräußerungsvertrage enthaltene Erklärung des Verkäufers, daß er einen be8U stimmten Theilbetrag der Kaufgeldforderung einem Anderen überweist,, unterliegt dem Abtretungsstempel. F.M.Erl. 6. 7. 93 III 8140. b) Die in einem Kaufverträge enthaltene Erklärung: „Der Nest des Kaufpreises von 1200 M. ist dadurch berichtigt, daß der Käufer ein für ihn lautendes Sparkassenbuch der städtischen Sparkasse zu G. Nr. . . . über 1200 M. dem Verkäufer an Zahlungsstatt eingehändigt hat" unterliegt nicht dem Abtretungsstempel, da die schriftliche Erkürung des Käufers fehlt, daß der Verkäufer das abgetreteue Recht als das seiuige auszuübeu befugt sein soll. N.G. 10. 4. 93 Jur. Wocheuschr. S. 27950, Nass. u. Küntz. Bd. 37 S. 1073.

Die Richtigkeit dieser das frühere Stempelrecht betreffenden Entscheidung ist nicht unzweifelhaft. In der auch vom Käufer unterschriebenen Vertragsbestimmung ist doch seine Erklärung zu finden, er berichtige das Nestkaufgeld durch Einhändigung des Sparkassenbuchs an Zahlungsstatt. Darin liegt aber die schriftliche Erklärung, das Sparkassenguthaben zu übereignen. Für das jetzige Stempelrecht siehe Anm. 41 e S. 459 Komm. Vergl. F.M.Erl. 23. 12. 91 III 17130 und Anm. 3 a. E.

c) Die als „Schuld- und Pfandverschreibung" bezeichnete Erklärung des Grundstücks-Eigenthümers, eine auf seinem Grundstück lastende, von ihm durch Zahlung erworbene Hypothek von 12000 M., die er auch persönlich verschuldet hatte, unter Bekenntniß des Empfanges der Valuta an einen Andern ab zu treten, unterliegt nicht dem Schuldverschreibungsstempel, sondern denl AbtretungSstempcl und zwar auch dann, wenn die Erklärung beigefügt ist, daß der Abtretende von dem Andern als Valuta ein baares Darlehn von 12 000 M. erhalten habe, für das er das Grundstück verpfände. F.M.Erl. (im Einvcrst. mit Just.M.) 12. 4. 92 111 4460. Für das jetzige Eivilrecht vergl. Anm. 21 zu f. d) Die Erklärung des Hypvthekengläubigers, daß er die Hypothek dem eingetragenen Eigenthümer des Grundstücks abtrete, unterliegt dem Abtretungsstempel auch dann, wenn der Hypothekengläubiger gleichzeitig die stempelsrcieQuittung und Löschungsbewilligung erklärt, die schon für sich allein nach § 64 Eig.Erw.Ges. den Eigenthümer berechtigen, über die Hypothek zu verfügen. R.G. 13. 3. 94 Nass. u. Küntz. Bd. 38 S. 1088, Jur. Wvchenschr. S. 18935; F.M.Erl. 11. 5. 94 111 5434.

Seit dem 1. 1. 00 erwirbt der den Hypothekengläubiger befriedigende Eigenthümer die Hypothek, ohne daß er eine Abtretung verlangen könnte (vergl. Anm. 21 zu f). Ergiebt also die Urkunde, daß dec abtretende Gläubiger bereits befriedigt war, so ist die Abtretung gegen­ standslos, also stempelfrei. e) Der auf einen Frachtbrief (§ 426 H.G.B. neuer Fassung) gesetzte Vermerk, daß der Frachtbrief an einen Andern abgetreten werde, unterliegt nicht dem Abtretungs­ stempel, da der Frachtbrief nicht den Frachtvertrag selbst darstetlt, vielmehr nur ein einseitig ausgestelltes Anerkenntniß des Frachtführers, das nur die Natur eines B ew eis mittels hat. Kam.G.Strass. 9. 7. 94 Joh. Jahrb. Bd. 15 S. 277, F.M. 111 11957.

Die entgegengesetzte Ansicht vertreten die F.M.Erl. 16. 10. 90 III 10639 und 30. 7. 91 III 10780. Vergl. unten zu f am Schluß. f) Ueber die stempelsteuerliche Behandlung der Uebertragungsvermerke auf Zoll- u. s. w. Papieren hat der Finanzminister folgende Allgemeine Verfügung vom 19. Mai 1898 III 5812 (Cbl. S. 252) erlassen:

6)

R.G. 15. 5. 91 F.M. III 10168.

450

Tarifstelle 2. Auf die Eingabe u. s. w. erwidere ich n. s. w., daß meiner Entscheidung an den dortigen Herrn Provinzial-Steuer-Direktor vom 6. Dezember 1897 111. 14791 Fälle zu Grunde lagen, in denen Begleitscheine I und Ladeverzeichnißauszüge mit den Vermerken versehen worden waren: „Cedire an die Handlung N. N. Unterschrift."

Diese Vermerke sind von mir nach der Tarifstelle 2 des Stempelsteuergesetzes vom 31. Juli 1895 als stempelpflichtig angesehen worden, weil ihr Inhalt die Begriffs­ merkmale einer Abtretung im Sinne dieser Tarisstette — nämlich die Uebereignung eines Forderungsrechtes seitens des bisherigen Gläubigers an einen neuen Gläubiger — klar und zweifelsfrei erkennen läßt. Cessionen dieser Art sind rechtlich möglich, denn wenn auch die Waaren selbst als körperliche Sachen nicht cedirt werden können, so ist doch das Recht auf solche Sachen, die Verfügungsbefugniß darüber, abtretungsfähig; lediglich solche Rechte, nämlich das dem Abtretenden der Zollbehörde gegenüber zu­ stehende Recht auf Ausantwortung der Waaren, bilden nach dem Inhalt jener Vermerke in Verbindung mit dem Inhalt der Urkunden, auf denen sie sich besinden, den Gegen­ stand der Abtretung. Von welchen Gründen und Zwecken die Erklärenden sich bei Ausstellung der Vermerke haben leiten lassen und ob sie durch dieselben nur beabsichtigt haben, die ihnen gesetzlich obliegende Pflicht zu erfüllen, das ihnen aus einen: Fracht­ geschäft anvertraute Gut dem Empfänger der Waare auszuliefern und diesen der Zoll­ behörde gegenüber zu legitimircn, ist stempelrechtlich ohne Belang. Denn nach dem ersten Absatz des § 3 des Gesetzes richtet sich die Stempelpflichtigkeir einer Urkunde nach ihrem Inhalt und wenn aus diesem für sich allem das einer Tarifstelle unterliegende Geschäft mit Sicherheit hervorgeht, so ist der gesetzliche Stempel zu verwenden, ohne daß es statthaft ist, äußere aus deut Schriftinhalt nicht ersichtliche Umstände zur Beur­ theilung der Stempelpflichtigkeit heranzuziehcn. Aus dem zweiten Absatz der Tarifstelle 2 kann für die bezüglichen Vermerke Stenrpelfreiheit nicht hergeleitet werden, weil nach dieser als Ausnahnrebestimmung eng auszulegenden Besreiungsvorschrift nur die Be­ urkundungen der Uebertragungen der dort bezeichneten Order Papiere durch Indossament Stempelfrciheit genießen. Zu diesen Orderpapieren gehören aber die hier in Rede stehenden Zoll- u. s. w. Papiere nicht. Aus diesen Erwägungen uluß ich an der zu Eingang erwähnten Entscheidung vom 6. Dezeulber v. Js. festhalten; sofern daher die betreffenden Vermerke in eilte Fassung gekleidet werden, nach welcher sie sich llnzweideutig als Abtretungen im Sinite der Tarifstelle 2 darstellen, wird zu ihnen der dort verordnete Stempel entrichtet werden müssen. Weiter folgt aber aus dem Erörterten und insbesondere aus dem Grundsätze des Abs. 1 des § 3, daß die Stempelabgabe dann nicht gefordert werden kann, wenn aus den Vermerken für sich allein und auch im Zusammenhang mit den Schriftstücken, auf denen sie angebracht sind, nicht zu entnehmen ist, daß die Aussteller ein Recht haben übereignen wollen, wie dies beispielsweise der Fall ist bei Vermerken wie: „Zur Auslieferung an N. N. „Zur zollamtlichen Abfertigung durch N. N. „Zur Verzollung für N. N. „Zur Niederlagestelle für N. N. „Zur Contirungsstelle für N. N. „Auf Conto des N. N. „Extradire an N. N. und ähnlich lautenden. Bei solchem Wortlaut ist es zweifelhaft, ob die Ueb ereignung des Verfügungsrechts über die Waare den Gegenstand der Erklärung bilden soll; es bleibt vielnrehr auch die Möglichkeit offen, daß die vom Aussteller bezeichnete Persönlich­ keit als sein Bevollmächtigter auftreten soll. Es fehlt somit an einer nothwendigen Voraussetzung für die Abtretung von Rechten und da auch die Erfordernisse eines Auf­ trags- oder Vollmachtsoerhältniffes urkundlich nicht klar erkennbar gemacht sind, so bedürfen io gefaßte Vermerke auch des Stempels der Tarifstelle 73 nicht. Sie sind völlig stempelfrei, tvie dies bereits früher für die sogenannten Extraditionsscheine durch den Erlaß vom 30. September 1855 (Centralbl. für die Abgaben re. Gesetzgebung S. 210; Hoyer-Gaupp Preuß. Stempelgesetzgebung 5. Ausl. S. 630 Anm. 5k) angenommen ist.

Hiernach sind auch die Vermerke auf den Frachtbriefen „von Sendung des N. N., im Auftrage des N. N., zur Verfügung des N. N., zur Weiterbeförderung an N. N." (Bek. d. R.Kanzl. betr. die Eisenbahnverkehrsordnung v. 26. 10. 99 § 52 Abs. 5 N.G Bl. S. 579) dem Stempel der Tarifstelle 2 nicht unterworfen,

451

Abtretung von Rechten.

selbst wenn der Ansicht des Kammergerichts (vcrgl. oben zu e), daß die Abtretungs­ vermerke auf Frachtbriefen überhaupt nicht stempelpflichtig sind, nicht beigetreten wird,

g) Der Verzicht auf Apothekerkonz cssionen, auf welche die Kab.O. v. 5. 10. 46 und der Erlaß d. Min. d. geistl. Angel, v. 21.10.46 (M.Bl. S. 209) sowie die Kab.O. v. 7. 7. 86 und der Erlaß des vorgenannten Ministers v. 21. 7. 86 (M.Bl. S. 161) Anwendung finden, unterliegt weder dem Kaufstenlpel von 1/3 v. H. (vergl. das Nähere unter Tarifst. 22 Anm. 5 u. 6 und Tarifst. 32) noch dem Abtretungsstempel, sondern, soweit er durch zweiseitigen Vertrag erfolgt, dem allgemeinen Vertragsstempel, da dieser Verzicht nur die Bedeutung hat, daß der bisherige Inhaber die Konzession seinem Geschäftsnachfolger mit dem Rechte der Nachfolge präsentirt und dein auf diese Weise Vorgeschlagenen die Konzession von der Regierung verliehen wird. Die Konzession kann daher nicht Gegenstand der Abtretung sein. F.M.Erl. 15. 11. 99 III 14262; F.M.Erl. 5. 12. 99 III 14848; vergl. Begr. S. 33. Für Konzessionen, die nach der Kab.O. v. 30. 6. 94 und dem Erlaß d. Min. d.

geistl. Angel, v. 5. 7. 94 (M.Bl. S. 119) zu beurtheilen sind, kann der Abtretungs­ stempel nicht in Frage kommen, denn hier ist die Präsentation eines Geschäfts­

nachfolgers nicht gestattet, die Konzession fällt in allen Fällen an den Staat zurück. Vergl. Tarifst. 22 Anm. 7. b)

Anspruchs auf demnächstige Rückgabe einer aus Staatspapieren bestehenden Amtskaution unterliegt deut Abtretullgsstempel und, falls sie von einer

1. Die Abtretung des

zur UnterschristSbeglanbignng zuständigen Behörde beglaubigt ist, auch dem Zeugniß­ stempel der Tarifstelle 77 und außerdem auch dem Anschaffuugsstempel, wenn der Abtretende unter Bekenntniß des Empfangs der Valuta die Behörde, bei der die Kaution hinterlegt ist, anweist, den Besitz der Werthpapiere im Namen des Eessionars fortzusetzen. F.M.Erl. 20. 8. 96 III 11333.

2. Wird neben der demAnschaffungsstempel unterliegenden Übertragung des Ei g en th ums an den als Kaution hinterlegten Werthpapieren das bloße Anerkenntnis) beurkundet, daß die Papiere dem neuen Gläubiger zu seiner Befriedigung einzuhändigen seien, so enthält dies Anerkenntnis; keine auf Uebereignung gerichtete Erklärung und unter­ liegt nicht dem Abtretungsstempel. F.M.Erl. 11. 3. 97 III 1738. 3. Wenn in einem Schuldschein der Darlehnsempfänger zur Sicherheit des DarlehnSgebers an dem über seine Kaution ihm ertheilten Empfangsschein ein Faustpfand bestellt und zugleich ihm alle aus der Kautionsbestellung erwachsenen Rechte abtritt, so ist neben dem Schuldverschreibungsstempel der Abtretungsstempel zu erheben, wenngleich der wirthschaftliche Zweck der Abtretung nur Sicherstellung ist. R.G. 10. 1. 99 F.M. III 2668, Jur. Wochenschr. S. 17136 (vergl. auch R.G. 10. 7. 00 Jur. Wochenschr. S. 680=6); R.G.Civils. 17. 9. 89 Entsch. Bd. 24 S. 161; F.M.Erl. 22. 10. 97 III 13392. i) Die Abtretung der Antheilscheine einer Gesellschaft des A.L.R. unterliegt nicht der Besteuerung aus Tarifstelle 25 zu d Abs. 1, vielmehr dem Abtretungsstempel, da eine solche Gesellschaft ein selbständiges Gesellschaftsvermögen nicht hat. F.M.Erl. 5. 1. 97 III 17186. Bei der Gesellschaft des B.G.B. (§§ 705 ff.) unterliegt sie den: Stempel der Tarifst. 25 zu d, da diese Gesellschaft selbständiges Vermögen hat (§ 718).

k) Abtretungen der Rechte aus Pachtverträgen, die vor dem 1. 4. 96 errichtet sind, unterliegen dein Abtretungsstempel, da auf sie die Vorschrift der Tarifstelle 48 zu a Abs. 7 keine Anwendung findet; diese Vorschrift betrisit nur Pachtverträge „dieser Tarifstelle", also nach dem 31. 3. 96 geschlossene. F.M.Erl. 27. 10. 96 III 12828; F.M.Erl. 28. 3. 99 III 17280/98; vergl. § 34 Anm. 15 S. 416 Komm. l) Schenkungsweise Abtretung von Forderungen durch Ascendenten an Descendenten unterliegt dem Abtretungsstempel.

Vergl. S. 153 Komm, zu h. Den dort angeführten F.M.Erl. kann bei nochmaliger Erwägung nicht beigetreten werden. 'Denn sobald eine Abtretung schenkungsweise

erfolgt,

kommt

nur die Tarifstelle

56

zur Anwendung

(vergl.

oben Anm. 1 zu d); die Tarifstelle 2 ist damit ausgeschlossen und wird da­ durch nicht wieder anwendbar, daß eine Befreiungsvorschrift der Tarifstelle 56

Tarifstelle 2.

452 Platz greift.

Nach der Absicht des Erbschst.-Gesetzes sollen Schenkungen an Eltern,

Abkömmlinge und Ehegatten in jeder Form gänzlich stempelfrei sein, also auch in

der Form der Abtretung. m)

(Begr. S. 27 am Ende).

Außerhalb Preußens ausgestellte Abtretungen inländischer Hypotheken unterliegen

nicht dem Abtretungsstempel, da sie nicht einen im Jnlande befindlichen Gegenstand betreffen, auch nicht im Jnlande zu erfüllen, vielmehrschon durch die Schriftform erfüllt sind. F.M.Erl. 16. 12. 97 III 12937. (Vergl. §. 2 Anm. 4 S. 39 Komm.). n) Bei Abtretungsurkunden, in denen der Gläubiger die Gewähr für die Sicherheit der abgetretenen Forderung übernimmt, ist neben dem Abtretungsstempel nach ständiger Ver­ waltungspraxis nicht noch der Stempel für Sicherstellung (Tarifstelle 59) zu erheben. F.M.Erl. 29. 10. 95 III 15373. o) Enthält ein Vertrag die wahlweise Verpflichtung des einen Theils zum Verkauf des von ihm zu erwerbenden Grundstücks oder zur Abtretung der von ihm zu erwer­ benden Rechte auf das Grundstück, so ist das zwar ein giltig abgeschlossener Vertrag; dieser ist aber vermöge der dem Verpflichteten offen gelassenen Wahl weder Kauf noch Abtretung, er gehört vielmehr zu denjenigen Verträgen, für die der Tarif einen be­ sonderen Stempel nicht bestimmt hat und unterliegt also dem allgemeinen Vertrag­ stempel der Tarifstelle 712. R.G. 14. 12. 85 Jur. Wochenschr. 1886 S. 4631. Diese Entscheidung trifft für das jetzige Recht nicht mehr zu. Da nach Tarifstelle 32 Abs. 1 und Abs. 5 Veräußerungen von Grundstücken und Uebertragungen der Rechte der Erwerber aus Veräußerungsverträgen über Grundstücke dem gleichen Stempel von einem Prozent unterliegen,

wird

der

vorbezeichnete

Vertrag diesem Stempel zu unterwerfen sein, weil eine der beiden Verpflichtungen — Uebertragung des Eigenthums oder Uebertragung der Rechte des Erwerbers aus dem

Veräußerungsvertrage — dem Veräußerer jedenfalls obliegt. Gegenstand

3*

Die Uebertragung eines Rechts und zwar sowohl eines Forderungsrechts als auch

Abtretung

c“le§ dauernden Rechts (Fischereirecht, Patentrecht u. s. w.) kann in doppelter Beziehung der Steuer

Inhaber-

unterworfen werden. Als Gegenstand der Besteuerung kann entweder das die Verpflichtung zur Uebertragung begründende materielle Rechtsgeschäft oder der die Erfüllung dieses Geschäfts darstellende abstrakte Uebertragungsakt gewählt werden. Das materielle Veräußerungs-

Papiere.

eriur m Tarifftelle 32.

geschäft

treffen z. B. die Tarifstelle 32,

den Uebertragungsakt die Tarifstellen 2 und 8.

Damit hat aber eine Doppelbesteuerung derselben Uebertragung, die freilich bei Auflassungen

ausnahmsweise vorkommen kann (vergl. Tarifst. 8 Anm. 20), nicht herbeigeführt werden sollen. Vielmehr deckt z. B. bei den unter Tarifstelle 32 fallenden Rechten der Stempel auch die

Beurkundung des gleichzeitig beurkundeten Uebertragungsakts (z. B. der Uebereignungserklärung bei einem Patentrecht) und bei den unter die Tarifstelle 2 (Abtretung) fallenden Rechten der

Stempel auch die gleichzeitig erfolgende Beurkundung des Veräußerungsgeschäfts (vergl. Anm. 2 Abs. 1).

Wird letzteres besonders beurkundet, so unterliegt es dem Stempel, den

es als materielles Geschäft nach den Bestimmungen des Tarifs (z. B. Tarifstelle 56, 67, 712)

erfordert.

Meistens wird es der allgemeine Vertragstempel sein.

Es fragt sich, welche Rechte unter die Tarifstelle „Abtretung von Rechten"

fallen.

Der gewöhnliche Sprachgebrauch versteht unter Abtretung jede Uebertragung irgend eines Rechts.

In diesem weiteren Wortsinne können Gegenstand der Abtretung alle veräußerlichen Rechte sein, sowohl die gegen eine bestimmte Person gerichteten,

ihrer Natur nach vorübergehenden,

also die obligatorischen Rechte, als auch solche Rechte, die sich gegen Jedermann richten und durch Ausübung sich nicht erschöpfen, also dauernder Natur sind

(z. B. Fischereirecht,

Patentrecht). Die Abtretung der letzteren unterliegt aber nicht der Tarifstelle 2 (vergl. unter A). Auch zukünftige und ungewisse Rechte können Gegenstand der Abtretung sein.*?)

*7) Urtheil Kam.Ger. 18. 9. 93 Joh. Jahrb. Bd. 14 S. 321. Die Entscheidung bezieht sich auf gemeines (hannoversches) Recht, trifft aber auch für A.L.R. und V.G.B. zu. R.G. 4. 12. 00 Jur. Wochenschr. 01 S. 4430 (Abtretung vermeintlicher Ansprüche).

453

Abtretung von Rechten. Die Abtretung von Rechten, die nach ihrer rechtlichen Natur nicht abtretbar sind, sam

und

unterliegt deshalb nicht

dem

Abtretungstempel.

Das R.G.

ist unwirk­

4. 12. 00 (Jur.

Wochenschr. 01 S. 4430) scheint freilich auch hier die Stempelpflicht für begründet zu halten,

wenn die Absicht der Betheiligten auf Abtretung gerichtet war.

zu tz 3 Ges. u. S. 456 zu LI Komm.

Vergl. aber Anm. 4 u. 5

Die Rechte aus Jnhaberpapieren sind der Abtretung

nicht zugänglich, weil diese bei Uebertragungen nur als Sache oder Waare, nicht als Obligation

in Betracht kommen**8) und daher nur übergeben werden können. Rechte

Die Abtretung der

aus einem Jnhaberpapier für sich allein ist daher rechtsunwirksam, also nicht

stempelpflichtig.

Dagegen unterliegt die Veräußerung der Jnhaberpapiere selbst, soweit sie

reichsstempelpflichtig sind, dem Anschaffungsstempel.

Die Uebergabe eines bloßen Legitimations­

papiers (z. B- eines Sparkassenbuchs) überträgt nicht die Forderung, über die es lautet; dazu

bedarf es der Abtretung der Forderung selbst.

Vergl. aber S. 449 unter Ob.

Eine sich nur

auf das Pfandrecht beziehende Abtretung ist, abgesehen vom Falle der Grundschuld, rechts­

unwirksam und deshalb stempclfrei, es sei denn, daß dem Cessionar durch einen anderweiten Rechtsakt auch die Hauptforderung abgetreten wird.* 9) Im klebrigen ist der frühere Rechts­ zustand von dem durch das B.G.B. geschaffenen zu unterscheiden: A.

Nechtszustand bis zum B.G.B.

I. Der stempelrechtliche Begriff der Abtretung ist ein engerer wie der Begriff Nechtszustand

der Uebertragung eines Rechts.

Dem St.G. v. 7. 3. 22, nach

dessen

Tarif

„Cessions-

Inhalt. Anm.

1.

Umwandlung von Gesellschaften. Theilung eines Grundstücks oder des Grundeigenthumö.

Einleitung. Früheres Recht. An- I Wendungsbereich der Tarisstelle. !

Aenderungen des Entwurfs.

Zu Absatz 1. „

„ „



'

2. Der Auflassungsstempel ein Urkunden- 1 stempel. Formelle Giltigkeit des Auflassungsprotokolls. | 3. Auflassungen und Umschreibungen. ! 4. Begriff der Auflassung. Stempelfreiheit der ungiltigen Auflassung. Auflassung bei Miterben. 5. Veräußerung. Eigenthumswechsel, Stempelfreiheit der ohne Eigenthums­ wechsel erfolgenden Eintragung. Fälle aus der Praxis. Auflassungen im Bereiche des Gesellschaftsrechts.

Anm.

;

Schein - Auflassung.

Eigenthumswechsel als Folge beson­ derer Ereignisse, die nicht Rechts­ geschäfte über die unbewegliche Sache sind. Erbgang. Eingehung der Gütergemeinschaft. Fusion. Ent­ eignung. Zwangsversteigerung. An­ fall von Vereinsvermögen an den Fiskus. Gemeinheitstheilungen.



7.



8. Freier Abschluß des Veräußerungsgeschäfts als Voraussetzung der Stempelpflicht. E n t g e l t l i ch k e i t der Auflassung.

■ ' j j ]

6. Nichtige und Nückauflassung.

479

Auflassungen. Anm.

Pflicht der Vetheiligten zur Dar­ legung des Sachverhalts beim Fehlen eines Veräußerungs g e s ch ä f t S.



10.

Fälle aus der Praxis zu Annr. 8 u. 9.

Anm. 28. Keine Heilung des ungiltigen Veräußerungsgeschäfts durch eine ungiltige Auf­ lassung.



11.

G eg en st and der Auflassung. einheiten.

Anm. 29. Mehrheit ungiltiger Veräußernngsurkunden.



12.

Umschreibungen. anträge.



13.

Verurteilung erkläruug.



14.

Zur Zahlung des Stempels verpflichtete Personen. Befreiungen.



15.

53 er cd)n uit ö der Steulpel ab gäbe. Gemeiner Werth. Werth­ angabe. Verhältniß des Werthes zum Erwerbspreise. Mehrheit von Erwerbspreisen. „Veräußerter Gegen­ stand." Gebäude. Veilaß. Bahn­ einheiten. Auflassung an Gesellschaften. Stempelsatz. Beschwerde.



9.

16.

Bahn­

Anm. 30. Standpunkt der Finanz­ verwaltung gegenüber dem § 313 B.G.B.

Umschreibungs­ zur

Auflassungs-

Anm. 31. Vorlegung privatschristlicher U e b e r t r a g u n g s urkunden (Tarifst. 32 Abs. 5). Abtretung des Kaufauspruchs. Anm. 32.

B. Erklärung des Rechtsgeschäfts zu Protokoll.



33.

Fälle von Stempelberechnuug aus der Praxis : T a n s ch weise Auslassung. Bebauung vor der Auflassung.



18.

Kein Stelnpel ohne Eintragung. „anderer" Stempel.

Auflassung auf S chenkung.

Grund



20.

35.

Inhalt der richterlichen Belehrung. Richterliche Prüfung des der Auf­ lassung zu Grunde liegenden Rechts­ verhältnisses. Protokollirung der Belehrung. Zustellung der Kosten­ rechnung. Erneuerung des den Stempelansatz betreffenden Verfahrens bei unterlassener oder unrichtiger Belehrmng oder Zustellung der Kosten­ rechnung.



36.



37.

A. Vorlegung einer Urkunde über das Veräusterurrgsgeschäft.

Vorlegung. Verwaltungsvorschriften. „An sich" stempelpflichtige Form der Urkunde. Die Veräußerungsgeschäfte.



22.

Die „das" Veräußerungsgeschäst enthaltende Urkunde.



23.

Mehrheit der der Auflassung zu Grunde liegenden Veräußerungen.



24.



25 bis 31. Veräußerungs v erträ g e seit dem Inkrafttreten des B. G.B.

Frist zur Vorlegung

D. Sicherstellung des Stempels.

der Urkunde.

Anm. 25. Rechtsgiltigkeit der Ur­ kunde. Ungiltigkeit des privat­ schriftlichen Veräußerungsver­ trags.

Anm. 26. Heilung der Ungiltigkeit. Beurkundung des Ver­ trages nach erfolgter Auflassung. Anm. 27. Versteuerung des giltig gewordenen privatschriftlichen Vertrags.

Nichtvorlegung



D oppe lbesteuerung des Eigenthums­ wechsels.

21.

bei

zu

Verwaltungsvorschristen. Belehrungs­ pflicht des Grundbuchrichters. Sicher­ heitsleistung. Form und Zustellung der Kostenrechnung. Berücksichtigung des verabredeten Erwerbspreises. Werthermittelung. Vorschriften der allg. Verf. v. 29. 2. 96 für die Ge­ richte. Kostenrechnung. Einziehung des Stempels. Zurückbehaltung einer Abschrift der eingereichten Urkunden.

einer



Rechtsgeschäfts

34.

Mein

Allgemeine Grundsätze für die An­ wendung des Abs. 3.

des



Zu Absatz 3. Anm. 19.

Erklärung Protokoll.

C. Verfahren einer Urkunde.

Zu Absatz 2. Anm. 17.

Attflasfungsstempel trotz Vorlegung der Veräußerungsurkunde. § 18 N.St.G.

Sicherstellung. E. Kontrole der Stempelerhebnng.

Justizverwaltung. Beschwerde. Mit­ wirkung der Finanzverwaltung. Rechtsweg. Verwaltungsvorschriften.

Zu Absatz 4. Anm. 38. Unrichtige Angabe des Werths der Gegenleistung in der Veräußerungs­ urkunde.

Zu Absatz 5. Anm. 39.

Anrechnung.

480 Einleitung. Früheres Recht.

Tarifstelle 8.

!♦ I.

Die Bedeutung des Jnunobiliarstelupels als einer Einnahmequelle für den

Staat ergiebt sich daraus, daß zur Zeit des Inkrafttretens des Stst G. in Preußen von dem

Gesammtertrage des Landesstelnpels, der einschließlich des Gerichtskostenstempels 33 000 000 Mark

betrug, etwa 22000 000 Mark aus dem Jmmobiliarstempel herrührten.

Von diesem letzteren

Betrage entfielen etwa 8 Millionen auf Auflassungen und etwa 14 Millionen auf JmmobiliarKaufverträge.**!) Dem Jmmobiliarstenlpel unterlagen für die Zeit bis 1872, in der sich der Eigenthumsübergang bei Grundstücken ohne Rücksicht auf eine etwa erfolgende Eintragung schon durch

Kauf und Uebergabe vollzog, nur die Urkunden über Veräußerungsverträge.

Da aber nach dem

Eig.Erw.-G. v. 5. 5. 72 die Eigenthums-Uebertragung bei Immobilien durch Auflassung und Eintragung erfolgte, ohne daß es der Offenlegung des der Auflassung zu Grunde liegenden

materiellen VeräußerungSvertragcs oder auch nur einer schriftlichen Abfassung desselben bedurfte, erschien es zur Sicherung der bisherigen Einnahme des Staats aus dein Jmmobiliarverkehr noth­ wendig, den Werthstempel auf den Vorgang der Eigenthumsübertragung selbst zu legen

und zwar auf die hierfür entscheidende Auflassungserklärung, in der die den Eigenthumsübergang

bedingenden Verhandlungen der Betheiligten ihren Abschluß finden. Das ist geschehen durch das Gesetz betr die Stempelabgaben von gewissen, bei dem Grundbuchamte anzubringenden Anträgen v. 5. 5. 72 (G.S. S. 509). Dem Zwecke des Gesetzes entsprechend, wurde die Auf­ lassung vom Werthstempel dann freigelassen, wenn die Urkunde über das Veräußerungsgeschäft

in stempelpflichtiger Form vorgelegt wurde. Anwendungs­ bereich der Tarifstelle.

II.

Das

jetzige Stst.G.

giebt

hinsichtlich

der

Versteuerung

der Auflassungen

im

Wesentlichen die Vorschriften des St.G. v. 5.5.72 wieder, unterwirft aber auch die Um­ schreibungen des Eigenthums in den öffentlichen Büchern im Falle der freiwilligen Ver­ äußerungen demselben Stempel wie die Auflassungen, um den Jmmobiliarverkehr auch in den preußischen Landestheilen zu treffen, in denen das Eig.Erw.G. und die Gr.B.O. v. 5. 5. 72

nicht Geltung hatten und Auflassungen deshalb nicht vorkamen.

Als solche Landestheile kommen

hier nur die Gebietstbeile des vormaligen Herzogtums Nassau in Betracht, da Hohenzollern

und Helgoland außerhalb des Bereichs des Stst.G. stehen,*2) beim Inkrafttreten des letzteren die Grundbuchgesetze vom 5. 5. 72 in den übrigen Theilen der Monarchie bis auf das Herzog-

thunl Lauenburg schon in Geltung standen *3) und in diesem am 1.10. 96 eingeführt wurden.* 4) Die Grundbuchgesetze von 1872 sind seit dem 1.1.1900 nach Art. 89 Ziff. 28 Ausf.G. B.G.B.

und Art. 33 Ziff. 1 Ausf.G. R.G.B.O. unbeschadet der Uebergangsvorschriften

ersetzt durch

das neue Reichsrecht und zwar die materiellen Vorschriften (Eig.Erw.G.) durch die das Liegen­ schaftsrecht betreffenden Normen des B.G.B. und die formellen (Pr.G.B.O.) durch die Vor­ schriften der R.G.B.O.

Die vorbezeichneten Landesgesetze von 1872 bleiben aber hinsichtlich

des Erwerbs und Verlusts sowie der Belastung des Grundeigenthums nach Art. 189 Einf.G. B.G.B. und § 82 Abs. 1 R.G.B.O. auch noch weiterhin in Kraft in den Bezirken, in denen

das Grundbuch noch nicht als angelegt anzusehen ist, und zwar bis zur Anlegung.

Das

Verfahren, in dem die Anlegung der Grundbücher erfolgt sowie der Zeitpunkt, in dem das Grundbuch für einen Bezirk als angelegt anzusehen ist, werden für jeden Bundesstaat durch landesherrliche Verordnung bestimmt (Art. 186 Abs. 1 Einf.G. B.G.B.). Diese Verordnung

ist für Preußen am 13.11. 99 (G.S. S. 519) und (G.S. S. 657) ergangen.

*1) *2)

eine Berichtigung dazu am 28. 12. 99

Hiernach sind zu unterscheiden:

Anl. B zum Komm.Ber. S. 154, 155, 166. Wegen Helgolands und des in den Hohenzollern'schen Landen geltenden Auslassungsstempels vergl. Note 3 S. 2 Komm. *3) Für den Geltungsbereich des Rheinischen Rechts vergl. Ges. 12.4.88 G.S. S. 52 u. Ges. 14. 7. 93 G.S. S. 185; für das Gebiet der Stadt Frankfurt a. M. und die Vor­ urals Groscherzoglich und landgräflich Hessischen Gebietötheile der Provinz Hessen-Nassau vergl. Ges. 19. 8. 95 (G.S. S. 481). Im Uebrigen vergl. Begr. S. 28, 29 und Turnau 5. Aufl. Bd. 1 S. 13, 14. *4) Ges. 8. 6. 96 G.S. S. 109.

481

Auflassungen.

a) Bezirke, in denen das Grundbuch zur Zeit des Inkrafttretens des B.G.B. als an­

gelegt anzusehen war.

Dahin gehören

1. die Bezirke, welche in dem als Anlage dem § 3 der Verordn, v. 13.11. 99 beigefügten Verzeichniß aufgeführt sind (G.S. S. 519, 527 ff. u. 657); die Bezirke, hinsichtlich deren vor dem Inkrafttreten des B-G-B. durch das Amtsblatt nach Anweisung des Justizministers (Art. 4 u. 14 der Verordn.) be­ kannt gemacht ist, daß das Grundbuch als angelegt anzusehen sei. Die An­ weisung ist am 18.11. 99 (Just.M.Bl. S. 347) ergangen.

2.

b) Bezirke,

war.

in denen das Grundbuch am 1. 1. 00 noch nicht als angelegt anzusehen

Hinsichtlich dieser hat nach Art. 36 der Verordn, v. 13. 11. 99 der Justiz­

minister alljährlich im Monat Januar in der Gesetzsammlung die Bezirke bekannt

zu machen, für die während deß vorhergehenden Kalenderjahres die Anlegung erfolgt

ist (vergl. die unter a zu 2 aufgeführte allg. Verf. v. 18. 11. 99). Eine Bekannt­ machung ist unter dem 25. 1. 00 (G.S. S. 19) mit einem Nachtrage vorn 8. 3. 00 (G.S. S. 48) erfolgt.

Auch nach den Vorschriften des neuen Neichsrechts (§ 925 B-G-B-, § 20 R.G.B.O.) sind der Begriff und die wesentlichen Erforderniffe der Auflassung dieselben geblieben, wie sie es bei der Auflassung im Sinne der §§ 1 ff. Eig.Erw.G. v. 1872 waren. Daher unterliegen

auch die Auflassungen gemäß B-G-B. dem Stempel der Tarifstelle 8. Da nach § 925 B.G.B. zur Uebertragung des Eigenthums die Auflassung grundsätzlich erfordert wird, so

können für die nach dem 31. 12. 99 bewirkten Übertragungen von Grundstückseigenthum bloße „Umschreibungen auf den Namen eines neuen Eigenthümers" nur noch selten in Betracht kommen;

sie

haben

nur

noch

denen das Grundbuch nach dem

Bedeutung

für

die

wenigen

Bezirke

der Monarchie,

in

oben Erörterten noch nicht als angelegt anzusehen ist und

deshalb die Uebertragung des Grundeigenthums sich noch nach den bis zum 1. 1. 1900 giltigen Gesetzen vollzieht.

Abgesehen von diesen Bezirken sind seit 1.1.1900 alle Uebertragungen von

Grundeigenthurn im Geltungsbereich des Stst.G. den: Stempel der Tarifstelle 8 nur in der

Form der Auflassung unterworfen. Das gilt auch für die Grundbuchbezirke des Herzogtums

Nassau, sobald in ihnen das Grundbuch angelegt ist. Dort war zwar die Gr.B.O. v. 5. 5.72 niemals in Geltung*5) und da Auflassungen nach der Tarifstelle Abs. 1 nur im Geltungs­ gebiet der Grundbuchordnung stempelpflichtig sein sollen, könnte man hieraus schließen,

daß Auflassungen in Nassau durch den Stempel der Tarifstelle 8 nicht getroffen werden. Die Einschränkung der Stempelpflicht auf die Auflassungen im Gebiete der Grundbuchordnung er­ klärt sich jedoch daraus, daß zur Zeit des Inkrafttretens des Stst.G. Auflassungen außerhalb des Geltungsgebiets der Grundbuchordnung (einschließlich des Gebiets des Rheinischen Rechts,

vergl. Ges. 12. 4. 88 G.S. S. 52) nicht vorkamen.

Trotz dieser Einschränkung will aber die

Tarifstelle alle freiwilligen Jmmobiliarveräußerungen treffen, also auch diejenigen, welche früher

in der Form der Umschreibung erfolgten, nach der neueren Gesetzgebung sich jedoch in der Form

der Auflassung vollziehen.

An Stelle des in der Tarifstelle in Bezug genommenen Geltungs­

gebiets der Gr.B.O. ist nach § 82 Abs. 2 R.G-B-O. und Art. 4 Einf.G. B.G.B. (vergl. die

Anm. 4 ff. der Vorbemerkung zum Tarif) das Geltungsgebiet der R-G-B-O. getreten, freilich

nur insoweit, als der Bereich des Preußischen Stempelrechts sich erstreckt, also das Gebiet

Preußens, soweit darin Grundbücher angelegt sind. III. Die Tarifstelle weist gegenüber dem Gesetzentwurf mehrfache Abänderungen auf, Aenderungen die für die Auslegung nicht ohne Bedeutung sind: dessntwurfs. a) Nach Abs. 3 des Entwurfs sollten Anträge auf Umschreibung der allen Gesell­

schaftern gehörigen Grundstücke auf die offene Handelsgesellschaft und umge­ kehrt seitens der letzteren auf sämmtliche Gesellschafter als Miteigenthümer dem

*5) Wegen der Anlegung des Grundbuchs in Nassau vergl. die Verordn, v. 11. 12. 99 G.S. S. 595 und die allg. Verf. d. Just.M. v. 7. 5. 00 Just.M.Bl. S. 426 ff.

482

Tarifstelle 8.

Stempel Don 1 D. H. unterworfen werden, weil es laffung nicht bedürfe,

in diesen Fällen einer Auf-

also auch der Auflassungsstempel als solcher nicht erhoben

werden könne (vergl. Begr. S. 29 und unten Anm. 5 bei b).

Diese Bestimmung

ist von der Kommission des Abg.H. gestrichen worden (Komm.Ber. S. 13 u. 46),

so daß die bezeichnete Umschreibung stempelfrei geblieben ist; b) nach Abs. 3 des Entwurfs sollten Auflassungen, die auf Grund einer Schenkung

unter Lebenden erfolgen, dem Schenkungsstempel insoweit, stempel übersteigt,

unterworfen

sein,

Abg.H.

beseitigt

worden.

eine

als er den Auflassungs­

anderweitige

Beurkundung

der

Auch diese Bestimmung ist Don der Kommission

Schenkung nicht stattgefunden hatte.

des

wenn

Wegen

der

Versteuerung

der auf

Grund

einer

Schenkung erfolgenden Auflassung Dergl. das Nähere unten Anm. 18;

c) den zweiten Satz des Abs. 3 der Tarifstelle, wonach der Werthstempel für die Auf­ lassung nicht in Fortfall kommt, wenn die Dorgelegte Veräußerungsurkunde nach

§ 18 R.St.G. Dom Stempel der Tarifstelle 32 befreit ist, hat erst die Kommission

hinzugefügt (Komm.Ber. S. 14);

d) im Abs. 4 der Tarifstelle sind die Worte

„hinsichtlich des Werthes der

Gegenleistung" erst Don der Kommission S. 14, 15). Vergl. unten Anm. 38;

eingeschoben

worden

(Komm.Ber.

e) im Abs. 5 der Tarifstelle ist das Wort „errichtet" durch das Plenum des Abg.H. (Verh. S. 2266, 2267) an die Stelle der Worte des Entwurfes gesetzt: „gerichtlich ausgenommen oder der Don dem Finanzminister bestimmte« Steuerstelle behufs Versteuerung

binnen zwei Wochen nach der Errichtung der Urkunde Dor­

gelegt" (Dergl. Anm. 39); f) der letzte Satz der Tarifstelle ist Dom Plenmn des Abg.H. erst in der dritten Lesung hinzugefügt worden (Verh. S. 2492). Vergl. Anm. 39.

IV. Die Abs. 1 und 2 der Tarifstelle regeln die Voraussetzungen der Erhebung des Stempels; Abs. 3 und 4 behandeln die Ausschließung des Stempels für den Fall Dorschrifts-

mäßiger Vorlegung der das Veräußerungsgeschäft enthaltenden Urkunde; Abs. 5 trifft Bestimmung über die Anrechnung des Auflassungsstempels auf den VeräußerungsDertrags-Stempel.

Zu Abs. 1. D" Auf-

2. Der Auflassungsstempel ist wie alle übrigen im Tarif Derzeichneten Sternpel ein

ftempd eüi Urkundenstempel. Zwar wird die Auflassungserklärung nur mündlich Dor dem Grundbuchamte Urkunden-

formelle

Derlautbart, sie rrruß aber vom Richter nach § 2 Eig.Erw.G. Dom 5.5. 72, jetzt § 29 d. R.G.B.O., äu Protokoll genommen werden. Dies Protokoll ist die dem Werthstempel unterworfene Ur-

Giltigkeit des künde.* 6) Unterbleibt die Aufnahme des Protokolls, so fehlt es an dem Gegenstände der Be-

steuerung.

Der Urkundenstempel ist nicht zu entrichten, wenn die Auffassung formell ungiltig ist,

insbesondere also, wenn das Protokoll die für die Auflassung wesentlichen Erklärungen nicht Dollständig in der gesetzlichen Form enthält.

der §§ 167 bis 180

R.G.Freiw.G.

Die Form des Protokolls muß den Vorschriften

entsprechen.

Insbesondere gehört zur Giltigkeit der

Auflassung auch die Unterschrift der sämmtlichen mitwirkenden Personen, also der Vertragötheilnehmer und der zugezogenen Zeugen, soweit ihre Zuziehung gesetzlich erforderlich

ist, sowie des Richters (§ 177 Abs. 3 a. a. O.).

Besondere Vorschriften enthält das genannte

Gesetz für den Fall, daß einer der Betheiligten taub, blind, stumm oder sonst am Sprechen Derhindert (§ 169 und § 178), schriftunkundig (§ 177 Abs. 2)

oder der deutschen Sprache

nicht mächtig ist (§ 179).

*6) Werner Materialien z. Ges. 5. 5. 72 Bd. 2 S. 210; Kom.Ber. zum Stst.G. S. 14; R.G. Civils. 23. 11. 93 Bd. 32 S. 253.

Auflassungen.

483

Die Aufnahme des Auflassungsprotokolls erfolgt durch das zuständige Grund Luch­ amt. Die Grundbuchämter sind die Amtsgerichte für die in ihrem Bezirke Lelegenen Grundstücke (§ 925 B.G B., § 29 N.G.B.O., §§ 1 Lis 5 A.G. N.G.B.O.). Für Grund­ stücke aber, die im bisherigen Geltungsbereiche des Rh einischen Rechts belegen sind, bestimmt gemäß Art. 143 Einf.G. B.G.B. der Art. 26 Ausf.G. B.G.B., daß die Auflassung auch vor einem andern Preußischen Amtsgericht oder einem Preußischen Notar erfolgen darf und daß cs bei ihr der gleichzeitigen Anwesenheit Leider Theile nicht bedarf, wenn das Grundstück durch ein Amtsgericht oder einen Notar versteigert worden ist und die Auf­ lassung noch in dem Versteigerungstermine stattfindet (für das frühere Recht vergl. § 5 Ges. v. 12. 4. 88 G.S. S. 52). Fehlt die Unterschrift eines Vertragstheilnehmers, so kann dies wegen der gesetzlich erforder­ lichen Gleichzeitigkeit der Erklärungen nicht durch späteren schriftlichen Beitritt geheilt werden.**?)

3.

Nach ALs. 1 der Tarifstelle sind stempelpflichtig: Auflassungen Auflassungen von inländischen Immobilien im Geltungsbereich der @nniN)itd)s fd)ve\bunq\^ ordnung vom 5. Mai 1872, sowie Umschreib»ngen von inländischen Immobilien in öffent­ lichen Büchern auf den Namen eines neuen Eigenthümers in denjenigen Landeötheilen, in denen die GrundLuchordnung nicht eingeführt ist, in Fällen der freiwilligen Ver­ äußerung. Die Schlußworte: „in Fällen der freiwilligen Veräußerung" haben nur Be­ deutung für die Umschreibungen, da bei Erlaß des Stst.G. Auflassungen im Sinne der Grundbuchordnung ohnehin nach § 1 Eig.Erw.G. v. 5. 5. 72 nur im Falle der freiwilligen Veräußerung vorkommen konnten. Umschreibungen außerhalb des Falls der freiwilligen Veräußerung unterliegen den: Stempel der Tarifstelle nicht. Da für die Zeit seit 1. 1. 1900 Umschreibungen ohne Auflassungen nur noch ausnahms­ weise vorkommen (Anm. 1 zu II) und auch diese Ausnahmen mit der fortschreitenden Anlegung des Grundbuchs immer mehr verschwinden werden, so wird in den folgenden Ausführungen regelmäßig nur von der Auflassung die Rede sein.

4.

Eine Auflassung unterliegt dem Stempel nur dann, wenn sie nach Form und Inhalt den Erfordernissen des Gesetzes entspricht. Bezüglich der

der Stempel

die vor dem Grundbuchamt gleichzeitig erklärte Einigung des Eigenthümers als Veräußerers "Auflassung und des Erwerbers über die Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstück (§§ 873, Auflassung 925 B.G.B.). Der Stempel ist daher nicht zu erheben, wenn einzelne Miterben vor getheilter Erbschaft ihren vermeintlichen Antheil am Nachlaßgrundstück auflassen, denn ihnen steht bis zur Auseinandersetzung an dem einzelnen Nachlaßstück ein bestimmter Antheil als besonderes Eigenthum nicht zu und deshalb ist die Auflassung rechtsunwirksam.*8) Dies gilt, wie früher für das A.L.R., so jetzt für das B.G.B. (§ 2033 Abs. 2). Aus demselben Grunde ist der Stempel nicht zu erheben, wenn Miterben auf ihren Antrag als Miteigenthümer zu bestimmten Eigeüthumsantheilen eingetragen werden, ohne daß sich die Miterben diese Antheile gegenseitig aufgelassen haben, denn die Zutheilung dieser Antheile zu Alleineigenthum erfordert als freiwillige Veräußerung die Auflassung. Die Eintragung für sich allein kann kein Sondereigenthum schaffen; das Grundstück verbleibt also trotz der Eintragung in der früheren Erb­ gemeinschaft.*^

*7)

R.G. 9. 5. 85 Rass.Küntz.Ccc. Vd. 29 S. 966. *8) R.G. Civils. 17. 1. 96 Bd. 36 S. 316; Kam.G. 26. 11. 94 Joh. Jahrb. Bd. 14 S. 98; Turnau 5. Ausl. Bd. II S. 172 ff.; vergl. Tarifst. 20 Anm. 2. Komm. *9) Kam.G. Beschl. I C.S. 15. 1. 00 F.M. III 3909; Turnau 5. Ausl. Bd. 2 S. 180 Note 19. Vergl. R.G. Civils. 21. 5. 83 Vd. 9 S. 272, Just.M.Bl. S. 294 und 17. 1. 96 Bd. 36 S. 319.

484

Tarifstelle 8.

Den Grundstücken sind in der Tarifstclle als Gegenstand der Auflassung gewisse andere Immobilien gleichgestellt (vergl. unten Anm. 11). Das Stst.G. wollte zw'ar durch Tarifstelle 8 die Auflassung im Sinne der damals geltenden preußischen Grundbuchgesetze vom 5). 5.72 besteuern. Die Vorschriften dieser Gesetze * 10) stimmen aber hinsichtlich des Begriffs und der wesentlichen Erfordernisse der Auflassung mit den Vorschriften des B-G.B. überein (Anin. 1 zu II), sodaß die frühere Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zum größten Theil auch jetzt noch unmittelbare Anwendung finden kann. Die unter einer Bedingnng oder Zeitbestimmung erfolgte Auflassung ist wie schon nach früherem Recht so auch nach § 925 Abs. 2 B-G.B. unwirksam; sie unterliegt daher auch nicht dem Stempel der Tarifstelle 8. Veräußerung. Eigenthums­ wechsel. Stempel­ freiheit der ohne Eigen­ thumswechsel erfolgenden Eintragung.

5. Daraus, daß die Auflassung die erklärte Einigung über die Uebertragung des

Eigenthums ist, folgt, daß I. ihr eine Veräußerung zu Grunde liegen, II. diese Veräußerung eine freiwillige sein muß. Im früheren Recht (§ 1 Eig.Erw.G. 5. 5. 72) war ausdrücklich ausgesprochen, daß die Auflassung den Fall der „freiwilligen Veräußerung" voraussetzt. An diesern Erforderniß hat sich durch §§ 925, 873 B-G.B. nichts geändert.

Eine Veräußerung (Uebertragung) des Eigenthums liegt nur vor, wenn A. an Stelle des bisherigen Eigenthümers ein anderer tritt, also ein Eigenthums­ wechsel erfolgt (Attm. 5 und 6) und B. dieser Eigenthumswechsel durch Willenserklärungen des Veräußerers und Erwerbers herbeigeführt wird (Anrn. 7). Fehlt eins dieser beiden Erfordernisse, so ist die Erhebung des Auflassungsstempels ausgeschlossen. Ein Eigenthumswechsel ist dann nicht vorhanden, wenn das zum Gegenstand einer Auflassungserklärung gemachte Grundstück bereits Eigenthum desjenigen ist, der auf Grund der Auflassung als Eigenthümer im Grundbuch eingetragen werden soll. Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden:

1. Entweder war der wirkliche Eigenthümer schon, wenn auch unter einer anderen Bezeichnung, als solcher im Grundbuch eingetragen oder 2. eine andere Person, der aber in Wirklichkeit Eigenthum nicht zustand, war als Eigenthümer eingetragen. In diesen Fällen ist für eine Auflassung, also auch für einen Auflassungsstempel, kein Raum; der Grundbuchrichter hat vielmehr die Umschreibung des Eigenthums vorzunehmen. Diese schafft kein Eigenthum, ist vielmehr nur ein Rechtsakt bestätigender Natur. Auch hier pflegt man zwar von einer „Auflassung" im weiteren Sinne des Worts zu sprechen, da die Betheiligten häufig zur Ausschließung jeden Zweifels auflassungsähnliche Erklärungen abgeben, indem sie ihre Einigung über die Umschreibung gleichzeitig vor dem Grundbuchrichter zu Protokoll erklären und die Eintragung bewilligen und beantragen (§§ 13,19, 20 R.G B.O.). Solche Erklärungen, die mit gleicher Rechtswirkung durch gleichzeitige oder auf einander folgende Einreichung der sie enthaltenden Urkunden abgegeben werden können, stellen aber nicht eine Auflassung im Sinne der Tarifstelle 8 dar, sondern dienen nur dazu, den Inhalt des Grundbuchs mit der wirklichen, schon bestehenden Rechtslage in Uebereinstimmung zu bringen.* 11) Fälle aus der Für die Frage (zu 1), ob der früher eingetragene und der neu einzutragcnde Eigen^luflassun'gen thümer dieselbe Person ist, sind folgende Fälle aus der Praxis auzuführen: im Bereiche der Gesell-

*10) §§ 1, 2, 68 II. 69 Eig.Erw.Gcs. 5. 5. 72, § 1 Rhein. Grundbuchgcs. 12. 4. 88 ((8.S. schaftSrecht». S. 52), Art 111 § 5a Abändcruugsgcs. zum Rhein. Grundbuchgcs. 14. 7. 93 (

Die Tarifstelle bleibt außer Anwendung für gerichtliche Ausfertigungen (vergl.

unten Anm. 6 Abs. 3) und ferner sind kaum Fälle denkbar, wo sie für notarielle Aus­ fertigungen zutrifft, denn Ausfertigungen von Protokollen, für die nicht ein durch den Tarif bestimmter anderweiter Stempel zu entrichten ist, sind nach Tarifstelle 45 zu versteuern und wenn ein Protokoll nicht ausgenommen wird, greifen in der Regel andere Tarifstellen, z. B. 31 (Inventarien), 46 und 77 (notarielle Zeugnisse) Platz, während Ausfertigungen notarieller Zustellungen nach § 31 Abs. 2 Pr.G. Freiw.G. (vergl. unten Anm. 5 Ziffer 40) stempelfrei sind.*16) Freilick erwähnt die Tarifstelle 10 ausdrücklich Ausfertigungen der Notare, allein

*11) *12) *13) *14)

F.M.Erl. 29. 6. 91 III 8769; 26. 12. 90 III 15391. F.M.Erl. 2. 2. 98 III 1054. F.M.Erl. 3. 12. 98 III 15495. Allg. Erl. d. F.M. u. M. d. I. 25. 12. 96 F.M. 111 14734 M. b. g. I A 9918 M.Bl. 1897 S. 24; F.M.Erl. 14. 7. 97 III 8764; 19. 2. 98 III 1339. *15) Erl. d. M. b. I., b. M. f. H., b. F.M. 9. 3. 91, M. b. I. I A 2289, M. f. H. C. 5915/90, F.M. III 2438. *16) So auch R.G. 30. 11. 00 f. Note 8, vergl. insbesonbere bie Grünbe bieses Urtheils Entsch. i. Civils. Bb. 47 S. 350.

Ausfertigungen.

545

dies geschah mit Rücksicht auf die Möglichkeit, daß die zur Zeit der Aufstellung deS Ent­ wurfs des Stempelgesetzes schon zu erwartende Aenderung der gesetzlichen Bestimmungen über notarielle Urkunden der Anwendbarkeit der Tarifstelle auf notarielle Ausfertigungen hätte Raum schaffen können. Ausfertigungen im Sinne der Tarifstelle 10 werden daher nur von Ver­ waltungsbehörden oder -Beamten ertheilt, sodaß die Tarifstelle Anwendung findet auf Aus­ fertigungen: 1. einseitiger Willenserklärungen mittelbarer Behörden in Angelegen­ heiten privatrechtlicher Natur (vergl. die Praxisfälle Ziffer 18, 19 u. 26 Buchst, a u. b in Anm. 5); 2. öffentlich-rechtlicher Anordnungen und Entscheidungen von Ver­ waltungsbehörden oder Verwaltnngsbeamten zu Gunsten von Privat­ personen (vergl. die Praxisfälle in Anm. 5 mit Ausnahme der Ziffer 18, 19 u. 26 Buchst, a u. b). Unter Berücksichtigung dieses Anwendungsbereichs und der in der vorhergehenden Anm. Wnt erörterten gesetzlichen Erfordernisse sind stempelpflichtige Ausfertigungen im Sinne der Tarifstelle 10: Die von einer gleichlautenden, einer anderen Tarifstelle nicht unterliegenden Urschrift entnommenen und im Gegensatz zu bloßen Bescheiden in einer feierlichen Form und unter ordnungsmäßiger Unterschrift von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsbeamten abgefaßten und vollzogenen, nicht ausschließlich das öffentliche Interesse berührenden Erklärungen, Erlasse und Entscheidungen aller Art. Wo anderweite Tarifstellen nicht entgegenstehen, konunt die Tarifstelle 10 ohne Rück- Die Stempel­ sicht auf den Inhalt der Urschrift zur Anwendung, denn es ist allein die Form, welche bie^“rm. Forderung des Ausfertigungsstempels begründet. Insbesondere dient die Tarifstelle 10 auch zur Ergänzung der Tarifstelle 22, da in dieser die Stempelpflichtigkeit der Erlaubnißertheilungen nicht erschöpfend, sondern nur für gewisse Gattungen geregelt ist * *17) Werden von einer nach der Tarifstelle 10 stempelpflichtigen Ausfertigung weitere Aus- Duplikate, fertigungen ertheilt, so unterliegen diese der Stempelabgabe der Tarifstelle 16.

4.

Die allgemeinen sachlichen und persönlichen Befreiungen der §§ 4 und 5 Stst.G. Befreiungen,

gelten auch für Ausfertigungen. Namentlich sind Ausfertigungen stempelfrei, wenn der Werth des Gegenstandes nach Geld schätzbar ist und 150 Mark nicht übersteigt* 18) und wenn der die Ertheilung der Ausfertigung veranlassenden Person Stempelfreiheit nach § 5 Stst.G. zusteht. Sind mehrere Personen mit verschiedenen Geschäften betheiligt und wird einer jeden oder einzelnen dieser Personen eine vollständige Ausfertigung ertheilt, so kommt für die Anwendung der Befreiungsvorschrift der Gesammtwerth der mehreren Geschäfte, nicht aber der Werth in Betracht, den die Ausfertigung für den einzelnen Empfänger nach Maßgabe seiner Betheiligung hat. Ertheilt z. B. eine Sparkasse über drei Forderungen von je 100 Mark drei verschiedenen Schuldnern in einer Urkunde Quittung und erhält jeder Schuldner eine Ausfertigung der ganzen Urkunde, so erfordern die drei Ausfertigungen einen Stempel von je 1,50 Mark, da der Werth 300 Mark beträgt. Ein Ausfertigungsstempel würde hingegen nicht zu erheben sein, wenn jeder der drei Gläubiger eine auszugsweise, nur seine Forderung betreffende Aus­ fertigung erhält, weil in diesem Falle der Werth des Gegenstandes nur je 100 Mark beträgt. Wegen der durch andere Gesetze geschaffenen Befreiungen vergl. die Fälle aus der Praxis unten Anm. 5 und insbesondere die Ziffern 7 (Defektenverfahren), 9 (Disziplinarverfahren), 14 (Gewerbeangelegenheiten), 16 (Jagdscheine), 24 (Reichs- und Staatsangehörigkeit), 28 b (Ge­ nehmigungen von Jnnungsstatuten), 30 (polizeiliche Strafverfügungen), 31 (Unfall- und

*17) Schr. d. F.M. an M. f. H. u. G. 12. 2. 00 III 360. *18) Abg.H. Verh. S. 2269.

546

Tarifstelle 10.

Krankenversicherungen), 32 (Unterstützungswohnsitz), 34 (Urheberrecht), 36 (Verwaltungsstraf­

verfahren), 37 (Waldgenossenschaften), 38 (Wafferangelegenheiten) und die bei diesen Ziffern vermerkten Hinweise auf § 4 Sinnt. 15 S. 65 bis 75 Komm, sowie Ziffer 40 (Zustellungen der Gerichtsvollzieher und Notare).

Die Tarifstelle 10 führt als stempelfrei auf Ausfertigungen: Bescheide.

1.

von Bescheiden.

Der Hervorhebung der Stempelfreiheit der bereits durch Gesetz

vom 26. 3. 73 (s. oben Anm. 1 Abs. 1) als steuerfrei anerkannten Bescheide hätte es eigentlich nicht bedurft, weil bloße Bescheide nach

der oben in Anm. 3 gegebenen

Begriffsbestimmung überhaupt nicht von der Tarifstelle 10 ergriffen werden.

Die

ausdrückliche Erwähnung der Stempelfreiheit beruht lediglich auf Zweckmäßigkeits­

gründen;

die Bestimmung

Behörden dienen, Genehmi­ gungen in Bausachen.

2.

bei

sollte zur Belehrung

denen hinsichtlich der

der Steuerpflichtigen

und

der

stempelsteuerlichen Behandlung der

Bescheide von jeher Unklarheit geherrscht hat;* 19) der Genehmigungen in Bausachen, für welche die Befreiung im § 6 des

Kommunalabgabengesetzes vom 14. 7. 93 ihre Begründung findet.

vorschrift der Tarifstelle

Die Befreiungs­

10 unter b beweist klar die Stempelpflichtigkeit der oben

in der Anm. 2 Nr. 1 Abs. 2 erwähnten zweiten Art

von Ausfertigungen, bei denen

nicht die Konzepte, sondern nur die Ausfertigungen in sich selbst für den Rechts­ verkehr von Bedeutung sind. Denn durch die Schaffung einer Ausnahme für Aus­

fertigungen von Baugenehmigungen giebt der Gesetzgeber unzweideutig zu erkennen, daß sie nach seiner Meinung andernfalls unter die Regel fallen, also stempelpflichtig SchicdsmannSverhandlungen.

sein würden. *20) Die außerdem im ersten Absatz

der Tarifstelle

von der Stempelpflichtigkeit

aus­

genommenen Ausfertigungen der Verhandlungen der Schiedsmänner waren schon in dem

jetzt durch § 35 Stst.G. aufgehobenen § 40 Schiedsmannsordnung v. 29. 3. 76 (G.S. S. 321) als stempelfrei anerkannt.

5*

In Nachstehendem sind die in der Praxis vorgekommenen Fälle aufgeführt:

1. Apotheker-Privilegien,

Ausdehnung

derselben,

stehe

unter

Tarifstelle 22

Anm. 3 Abs. 2 S. 605 Komm.;

2. Armenverbände; die gemäß § 65 des Ges. betr. die Ausf. des Bundesges. über

den Unterstützungswohnsitz v. 8. 3. 71

(G.S. S. 130) erlassenen Beschlüsse der

Kreisausschüsse bezw. ihrer Vorsitzenden sind

auf Grund der den Armenanstalten

zustehenden Stempelfreiheit stempelfrei, weil sie die Befreiung der Armenverbände

von den ihnen gesetzlich obliegenden Unterstützungsverbindlichkeiten bezwecken F.M.Erl. 2. 3. 92 III 1958; 3. Aufsichtsbehörden, Genehmigungen seitens derselben; sie unterliegen

nicht dem Ausfertigungsstempel, wenn sie ausschließlich im öffentlichen Interesse ertheilt werden, erfordern dagegen diese Abgabe, wenn neben dem öffentlichen Interesse

zugleich ein Privatinteresse berührt wird.

Der Umstand,

daß die Genehmi­

gungen oder Bestätigungen ihren Grund und Ursprung in der staatlichen Ober­

aufsicht haben, also aus Rücksichten des öffentlichen Interesses erforderlich und vor­ geschrieben sind, kann die Stempelfreiheit nicht begründen; A. Stempelfrei sind, weil lediglich im öffentlichen Interesse ertheilt, Ausfertigungen

der Genehmigungen: a) Zu Verträgen über Anstellung von Lehrern an öffentlichen Handwerkerschulen

F.M.Erl. 14. 7. 97 III 8764;

*19) Zutreffend wird im R.G.U. 30.11.00 (s. Note 8) angenommen, daß die wirkliche Bedeutung der Vefreiungsbestirnrnung die ist, daß sie den etwa möglichen Versuch abweist, unter den Begriff der Ausfertigungen auch Bescheide zu ziehen. *20) N.G. 30. 11. 00 in Note 8.

547

Ausfertigungen.

b) von Ortsstatuten über die Errichtung von Handels- und Fortbildungsschulen sowie von Gewerbegerichten

Erl. d. M. f. H. u. G., der Fin. u. d. I. 12. 1. 95 M. f. H. B 11505, E 4570, F.M. III 17134, M. d. I. I A 307; c) von Ortsstatuten über die Benutzung städtischer Trinkwasserleitungen durch Privatanschlußleitungen, von Marktordnungen und Tarifen für die Erhebung

von Marktstandsgeldern

Erl. des Fin.M. u. M. d. I. 22. 12. 95, F.M. III 14848, M. d. I. I A 12926; d) von Sparkassen-Satz un gen kommunaler Verbände

Allg. Erl. d. F.M. u' M. d. I. 25. 12. 96, F.M. III 14734, M. b. A I A 9918, M.Bl. 1897 S. 24; e) Von Steuerordnungen,

die von Kommunalbehörden

munalabgabenges. v. 14. 7. 93 beschlossen werden selbst bedürfen nicht des Ausfertigungßstempels)

auf Grund des Kom-

(auch die Steuerordnungen

Allg. Erl. d. Fin.M. u. M. d. I. 16. 10. 96 F.M. III 13802, M. d. I. I A 9539, M.Bl. S. 202. Ebenso waren schon nach früherem Recht stempelfrei Ausfertigungen der Ge­ nehmigungen von Ortsstatuten über die

Erhebung der Abgaben von öffent­

lichen Lustbarkeiten sowie über die Anlegung und

Veränderung von

Straßen und Plätzen

F.M.Erl. 22. 9. 93 III 11512. B.

Stcmpelpflichtig sind,

weil zugleich ein Privatinteresse berührend,

die

Aus­

fertigungen der:

a) Genehmigungen zur Aufnahme von Anleihen der Gemeinden

siehe den oben unter A c angeführten Erl. 22. 12. 95; Erl. d. M. f. H. u. G., des Inn. u. der Fin. 13. 4. 88 M. f. H. C 2105 M. d. I. 1 A 2813 F.M. III 5882; F.M.Erl. 16. 3. 97 III 3131; b) Genehmigungen

der

Verträge

zwischen

Stadtgemeinden

und

Branereigesell-

schaften über die Zahlung der Biersteuer

Erl. d. M. d. Fin. u. des Inn. 24. 12. 96 F.M. III 14997 M. d. I. I A 11853; c) Bestätigungen von Gemeindebeamten, da wegen des Gehaltsanspruchs der Beamten zugleich ein Privatinteresse besteht.

Dagegen sind stempelfrei Bestäti­

gungen von nicht besoldeten Gemeindebeamten sowie von Beamten, deren Besoldung während der Zeit, für die sie bestätigt werden, 150 Mark oder weniger beträgt

Allg. Erl. d. M. d. Inn. 29. 8. 79 M.Bl. S. 258, mitgeth. durch allg. F.M. Erl. 4. 9. 79 111 11 270; d) Genehmigungen

der

von

Gemeinden

vorgenommenen

Grundstücksver­

äußerungen

Erl. d. M. d. Inn. 13. 8. 83 I A 5844 mitgeth. durch F.M.Erl. 18. 8. 83 111 10860; Erl. d. M. d. Fin. u. d. Inn. 6. 3. 89 F.M. III 3563 M. d. I. I A 2644; derselben Minister 20. 5. 90 F.M. III 3920 M. d. I. I A 5063; Urtheil L.G. Stettin 14. 7. 97 (Preutz. Verw.Bl. Bd. 19 S. 10) mitgeth. durch allg. F.M.Erl. 14. 10. 97 III 12838; Erl. d. M. d. Fin. u. d. Inn. 8. 11. 00 F.M. III 13092 M. d. I. 1^ 3347. Genehmigungen zum Erwerbe von Grundstücken durch juristische Personen gemäß

§ 1 Art. 7 A.G. B.G.B.

Erl. d. F.M. u. M. d. I. 30. 6. 00 F.M. III 7782 M. d. I. Ib 1912. Dagegen sind Genehmigungen der vorgedachten Arten stempelfrei, wenn der Genehmigungsvermerk ohne Zurückbehaltung einer Urschrift auf die von den Ge­

meindebehörden eingereichte und zurückgebende Abschrift des der Veräußerung zustimmenden

Stadtverordnetenbeschlusses

oder

auf den

Veräußerungsvertrag

selbst gesetzt wird

Erl. d. M. d. Fin. u. d. Inn. 16. 3. 98 F.M. III 3648 M. d. I. I A 2340.

Tarifstelle 10.

548

Gleiche Grundsätze gelten für Genehmigungen von Grundstückserwerbsverträgen sowie überhaupt für Genehmigungen von Berträgen, die Gemeindebehörden oder­ andere mittelbare Behörden über Privatrechtsverhältnisse abschließen.

Der Ausfertigungsstempel ist nicht zu verwenden, wenn der vertragschließenden Behörde

persönliche

Stempelfreiheit

zusteht,

z. B.

wenn sie eine fiskalische

Station ist,

Erl. d. M. d. Inn. u. d. Fin. 10. 3. 57. Cbl. S. 247, M.Bl. S. 73, oder wenn die vorgesetzten Aufsichtsbehörden der Kirchdn- und Schulverwaltungen Bestätigungen oder Genehmigungen zu Verträgen

über Rechtsverhältnisse der

Kirchen und Schulen ertheilen

Erl. d. M. d. geistl. A. u. d. Fin. 14. 2. 34 M. d. g. A. 20821/1421 F.M. III 1661; Genehmigungen oder Beitrittserklärungen der Behörden im Sinne des Ms. 3 Stst.G. bedürfen des Ausfertigungsstempels ebenfalls nicht;

§ 16

e) Genehmigungen der Beschlüsse städtischer Körperschaften wegen Gewährung von

Wohnungsgeld Zuschüssen an besoldete Magistratsmitglieder

F.M.Erl. 29. 3. 98 III 4292. 4. Beamtenangelegenhei ten: a) Abschiede für Beamte sind auch dann stempelfrei, wenn den Beamten im Abschiede ein höherer Charakter oder Titel beigelegt wird

Schr. d. F.M. an M. f. 2andw. 13. 6. 96 III 8388; allg. Erl. d. M. f. Landw. 3. 7. 96 I A 3292 II 5426 111 9677 unter Ziffer 3; b) Ernennungs- oder Anstellungsverfügungen, die den Beamten der Eisenbahn-

Verwaltung bei der Ernennung zum Diät ar oder bei der unter dem Vorbehalt des Kündigungsrechts erfolgenden Verleihung etatsmäßiger Stellen

in

Ver­

fügungsform zugefertigt werden, sind keine Bestallungen und deshalb stempel­

frei, ebenso Verfügungen, durch die z. B. einem Stationsasststentcn die Dienst­ geschäfte eines Stationsverwalters oder einein Eisenbahnsekretär die Dienstgeschäfte

eines Kassenkontroleurs übertragen werden

Erl. d. M. d. öff. A. 21. 11. 95 IV b B 13501 Eis.V.V.Bl. S. 722 mitgeth. den Pr.St.D, durch allg. F.M.Erl. 24. 12. 95 III 17944 Cbl. 1896 S. 29; Schr. d. F.M. a. M. d. öff. A. 1. 5. 96 III 6062; F.M.Erl. 21. 5. 97 III 5044; c) landesherrliche Titel- und Charakterverleibungen an Beamte sind

keine Ausfertigungen, weil die bei den Akten befindlichen Konzepte Allerhöchst nicht gezeichnet werden und daher als »Schriftstücke" im Sinne der Tarifstelle 10 nicht gelten können.

Da sie auch nicht Urkunden über Verleihung eines Amtes

sind, so unterliegen sie auch nicht dem Stempel der Tarifstelle 12 (Bestallungen)

und sind völlig stempelfrei

Allg. Erl. d. M. d. Inn. 17. 11. 96 I A 9290 M.Bl. S. 226; Erl. d. M. d. g. A. u. d. I. 24. 3. 00 M. d. g. A. M. 731 U I M. d. I. Ib 684 (F.M. III 2979); Allg. Erl. d. Kriegsm. 30. 10. 96 N. 532. 9. 96 B. 1. Armee-Verordn.Bl. S. 285; Allg. Erl. d. M. d. öff. Arb. an die Eifenbahn-Direktionen 19. 11. 96 IV a A 8329 und an die Ober- und Regicrungs-Präf. 31. 12. 96 III 16507; Allg. Erl. d. M. f. Landw. 23. 10. 96 I A 4986, II 8282, II[ 14998; Allg. Erl. d. Just.M. 8. 1. 97 I 7180; Allg. Erl. d. M. f. H. u. Gew. 6. 10. 96 C. B. 1819 B 9314 1 6699; Allg. Erl. d. M. d. geistl. A. 22. 4. 97 M Nr. 1137 II G III. Stempelfrei sind deshalb auch landesherrliche Patente über die Verleihung des Titels „Sanitätsrath" an einen Kreisphysikus

Schr. d. F.M. an M. d. geistl. A. 5. 10. 96 III 13602.

Ausfertigungen.

549

Innerhalb deS Geschäftsbereichs der Ministerien der Finanzen, der öffentlichen Ar­ beiten, für Landwirthschaft und der Justiz werden auch von den in den Ministerialund Provinzialinstanzen ertheilten Patenten über Titel- und Charakterverleihungen Konzepte nicht gefertigt, so daß diese Patente ebenfalls stempelfrei sind

siehe die S. 548 Ziffer 4 unter c angeführten allg. Erlasse des M. d. öff. Arb. 19. 11. 96 und 31. 12. 96, des M. f. 2andw. 23. 10. 96 u. d. Just.M. 8. 1. 97. Dasselbe gilt von den im Ministerium für Handel und Gewerbe ertheilten

Patenten f. den S. 548 Ziffer 4 unter c angeführten allg. Erl. d. M. f. H. u. (33. 6. 10. 96 (danach ist insbesondere bei der Verleihung des Titels „Kanzleiinfpektor" an einen Kanzleibeamten des Ministeriums und bei etwaigen Titel- und Charakter­ verleihungen an einen der aus Kapitel 69, 69 a und 69 b des Etats besoldeten Beamten zu verfahren). Im Bereiche der Heeresverwaltung werden keine Patente, sondern nur stempel-

freie Verfügungen ertheilt Schr. d. Kriegsm. an F.M. 13. 1. 97 N. 192/1 97 B. 1 F.M. III 746. Ueber die Art der Entwerthung des Ausfertigungsstempels vergl. Tarifstelte 12

Anm. 8 S. 572 Komm. Die Tarifstelle 60e besteuert nur Titelverleihungen an Privatpersonen,

bleibt also hier, wo es sich um Titelverleihungen an Beamte handelt,

außer

Betracht.

5. Bcrgamtliche Verhandlungen: a) Bestätigungen Abs. 1

der

Oberbergämter

nach

den

Vorschriften der §§ 51

und 94 Abs. 2 des allgemeinen Bergges. v. 24.6.65 und des § 235 b

des Ges. v. 9. 4. 73 (G.S. S. 181) sind stempelpflichtige Ausfertigungen, wenn

zunächst das rechtsgiltige Zustandekommen des Rechtsaktes des Bergwerksbesitzers festgestellt,

urschriftlich zu den Akten aus­

die Bestätigung dieses Rechtsaktes

gesprochen und darauf eine Ausfertigung der Bestätigungsurkunde dem Rechtsakte des Bergwerksbesitzers angeschlossen wird.

Einfache Bestätigungen, d. h. wenn

nur der Vermerk „bestätigt" nebst Siegel und Unterschrift unter die eingereichten Rechtsakte der Bergwerksbesitzer gesetzt und

keine Urschrift zu den Akten ge­

nommen wird, bedürfen dagegen nicht des Ausfertigungsstempels.

Die Fälle des § 49 Abs. 1 allg. Bergges. sind nach der Tarifstelle 33 zu be­

urtheilen; ein Ausfertigungssternpel wird nicht erhoben allg. Erl. d. F.M. u. d. M. f. H. 25. 7. 96 F.M. III 10310 M. s. H. I 4169; b) Vorladungen zu GewerkenVersammlungen gemäß § 122 Abs. 3 und 4

allg. Bergges. sind stempelfrei,

wenn keine Urschriften zu den Akten genoinmen

werden, sondern nur verfügt wird, daß Ladungen an die angegebenen Adressen nach den betreffenden Formularen auszufertigen seien.

Die Vorladungen sind

mit dem Vermerk „stempelfrei mangels Vorhandenseins einer Urschrift" zu versehen Erl. d. M. f. H. u. des F.M. 22. 5. 96 M. f. H. I 3339 F.M. III 7233; 6. Dockscheine:

Die

von

Kreiskörkommissionen

ausgefertigten

Deckscheine

erfordern

den

Ausfertigungsstempel

Erl. d. F.M. u. M. f. L. 16. 12. 93 III 14959 I 25188; 7. Defektenverfahren f. § 4 Anm. 15 Ziffer 9 S 66 Komm, und unter Nr. 39c

dieser Anm. den allg. F.M. Erl. 22. 12. 97 Ziffer 38 S. 561 Komm.; 8. Deichverbandssachen:

Die Genehmigung der Auffichtsbehörde zu den Beschlüssen der Deichverbände und Meliorationsgenossenschaften über die Aufnahme von Schulden ist nur dann stempelpflichtig, wenn die Genehmigung in

„urkundlicher"

Form ausgefertigt

wird und den Verbänden u. s. w., deren Privatinteresse hierbei in Betracht kommt,

550

Tarifstelle 10. nicht

die

ausdrücklich zugestanden

Stempelfreiheit

ist.

Aus der Kab.O.

vom

24. März 1839 kann diese Vergünstigung nicht hergeleitet werden, da diese Be­ stimmung nur auf Gesuche von Privatpersonen 2C. um Eindeichung von Grund­

stücken, Verschaffung von Vorflut re., sowie auf die daraus entstehenden polizeilichen Erörterungen und Verhandlungen Anwendung findet

Erl. d. F.M. u. M. f. L. 10. 2. 97 F.M. III 1669 M. f. ß. I A 435; Erl. d. M. f. L. u. F.M. 12. 5. 68 M. f. L. 4559 F.M. III 10861; 9. Disziplinarverfahren

siehe § 4 Anm. 15 Ziffer 11 S. 66 Komm, und unter

Nr. 39c dieser Anm. den Allg. F.M.Erl. 22.12. 97 Ziffer 41 S. 562 Komm.;

10. Entpfändungßerklärungen siehe Landschaften; 11. Fahrscheine, vom

Polizeipräsidium ertheilte,

zur Führung von Droschken,

er­

fordern den Ausfertigungßstempel

F.M.Erl. 30. 4. 73 III 6295 u. 14. 5. 91 III 6488. Wegen der den Fuhrherren ertheilten Erlaubnißscheine zum Inbetriebsetzen von

Droschken vergl. Tarifstelle 22 n Anm. 54; 12.

Fleischbeschauer: Amtliche Verfügungen, durch die Fleischbeschauer gemäß § 36 GewerbeOrdn. mit öffentlicher Glaubwürdigkeit behufs der Kontrole der obligatorischen

Fleischschau, soweit sie polizeilich angeordnet ist, unterliegen denr Ausf.Stempel

Allg. Erl. d. M. d. geistl. A., d. I., f. H., d. F.M. 26. 9. 78 III 10021 M.Bl. S. 284; Wegen des Bestallungsstempels vergl. Tarifstelle 12 Anm. 3 Abs. 3 S. 569 Komm. 13. Gesindestreitsachen:

Ausfertigungen von Bescheiden der Polizeibehörden in Gesindestreitsachen sind stempelpflichtig, sofern nicht aus den Bescheiden hervorgeht, daß der Werth des

Streitgegenstandes 150 Mark oder weniger beträgt. Zur Zahlung des Stempels ist

die Herrschaft verpflichtet, die die Zurückführung des Gesindes in den.Dienst be­

antragt, da sie durch diesen Antrag die Ausfertigung des Bescheides (§ 12 a Stst.G.) veranlaßt

F.M.Erl. 3. 6. 99 III 4166; 14. Gewerbeangelegenheiten, vergl. auch § 4 Anm. 15 Ziffer 21 bis 23 S. 69 Komm.: a) Die Stempelpflichtigkeit der in Gewerbesachen ausgefertigten Erlaubnißscheine und Genehmigungen ist in der Tarifstelle 22 geregelt (§§ 16, 24, 25, 29, 30, 32, 33, 33 a, 34, 37, 49 R.G.O.); insoweit diese Tarifstelle nicht zur Anwendung

kommt, ist für Erlaubnißertheilungen und Genehmigungen in Gewcrbesachen der

Ausfertigungsstempel zu entrichten. Vorbescheide der Bezirksausschüffe über die Bedingungen, unter denen eine

gewerbliche Anlage gestattet werden kann, sind nach der Befreiungvorschr. a der Tarifstelle 10 stempelfrei

F.M.Erl. 20. 1. 99 III 723; b) im Stempelinlande ausgestellte Erlaubnißscheine zum Betriebe der Gastbezw. Schankwirthschaft oder des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus

in Helgoland erfordern nicht den Stempel der Tarifstelle 22c, weil das Gcwerbesteuerges. v. 24. 6. 91 in Helgoland keine Geltung hat, sondern den Aus­ fertigungsstempel

F.M.Erl. 24. 7. 96 III 10430; c) Schiedssprüche, die gemäß § 67 des Gewerbegerichtsges. v. 29. 7. 90 (R.G.Bl. S. 141) von den Gewerbegerichten als Einigungsämtern abgegeben werden, siehe

über deren Stempelfreiheit Tarifstelle 57 u. Erl. d. M. f. H. u. G. 1. 7. 96

Cbl. S. 538;

551

Ausfertigungen.

d) die auf Grund des § 105 e, e, f und § 138 a des Ges., betreffend Abänderung

der Gew.Ord. v. 1. 6. 91 N.G.Bl. S. 261 (vergl. jetzt die betr. Paragraphen in der Fassung der Bek. v. 26. 7. 00 R-G-Bl. S. 871)

ergehenden Erlaubniß-

ertheilungen der unteren und höheren Verwaltungsbehörden bedürfen des Ausf.Stenrpels, auch wenn dieKonzepte nur mit den Anfangsbuchstabeil (der Paraphe) des Ausstellers gezeichnet sind.

über

die

Sonntagsruhe

Wenn auch die Vorschriften der Gewerbeordnung der Arbeiter u. s. w. und die Beschränkung der

täglichen Beschäftigungszeit der Arbeiterinnen im öffentlichen Interesse erlassen

sind, so berührt doch die Gestattung von Ausnahmen auf Grund der angeführten §§ der Gewerbe-Ord. wesentlich das Privatintcresse der Betheiligten

F.M.Erl. 19. 2. 98 III 1339; Erl. d. M. f. H. u. G. 9. 5. 00 B 1279 F.M. III 5893; e) die von Bezirksausschüssen für Neiseprediger der Missionskonferenz ausgestellten Wandergewerbcscheine,

schiedener von Bezirksausschuß

durch

welche

die

Befugnis; zum Vertriebe ver­

der Missionskonferenz herausgegebener Bücher nach einem vom

genehmigten Verzeichniß

ertheilt wird, sind stempelfrei, des­

gleichen die Bücherverzeichnisse, da sie als ein Theil des Wandergewerbescheines

anzusehen sind

F.M.Erl. 31. 3. 99 III 4216; 15. Hoflieferantcnpatente

fallen

nicht unter Tarifstelle 60 e, sondern

erfordern

den Ausfertigungßstempel

Schr. d. F.M. an M. König!. H. 27. 8. 95 III 10850; 16. Jagdscheine, deren Stempelfreiheit f. § 4 Anm. 15 Ziffer 27 S. 70 Komm.; 17. Krankenversicherungen s. Statutengenehmigungen; 18. Landschaften:

a) Entpfändungserklärungen der Gcnerallandschafts - Direktion in Stettin unterliegen dem Ausfertigungsstempel, sofern die Urschriften nach den §§ 84 fg. des

Reglements der Pommerschen Landschaft von 1781 von dem Direktor und

zwei

Mitgliedern, wenn auch nur mit den Anfangsbuchstaben, gezeichnet sind

Urtel Landg. Stettin 28. 11. 98 F.M. III 75/99. Ebenso Bestätigungen der Generallandschafts-Direktionen zu Abschreibungs- oder

Entpfändungsbeschlüssen oder Unschädlichkeitsattesten der Landschafts-Direktionen, sofern die Unterschriften

von den

dazu berufenen Mitgliedern der General­

direktionen auch nur mit den Anfangsbuchstaben ihrer Namen gezeichnet sind

R.G. 30. 11. 00 s. Note 8. b) als stempelpflichtige Ausfertigungen gelten nicht nur solche Erklärungen der

Landschaften, die von ihnen kraft ihrer behördlichen Stellung in Ausübung öffentlich-rechtlicher Befugnisse ausgestellt werden,

sondern auch diejenigen Er­

klärungen, welche die Landschaften auf Grund ihrer privatrechtlichen Stellung als Gläubiger von Grundstücken abgeben.

Es

bedürfen

deshalb des Aus­

fertigungsstempels Löschungsbewilligungen, Zinsherabsetzungs-

und

Entpfändungserklärungen u. s. w.

F.M.Erl. 5. 1. 93 III 15766. Die Urschriften müssen aber in formeller Hinsicht den von den Reglements

aufgestellten Erfordernissen entsprechen;

19. Löschungsfähige Quittungen, von Kreiskassen, Magistraten u. s. w. in Aus-

fertigungsform und unter Zurückbehaltung von Urschriften ausgestellte, erfordern den Ausfertigungsstempel

Erl. d. M. d. I. u. F.M. 29. 7. 85 M. d. I. I B 4571/72, F.M. III 9615; F.M.Erl. 23. 6. 90 III 5104. Siehe auch die vorhergehende Nummer unter b; Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

37

552

Tarifstelle 10. 20. Meliorationsgenossenschaften, Anleihen derselben siehe Deichverbaiudssachen;

21. Musterpässe: a) Eingangspässe über inländische und ausländische Musterstücke, von

denen eine Urschrift bei der Zollbehörde zurückbehalten ist, sind als Ausfertigungen zu behandeln.

EingangSpässe über ausländische Musterpässe sind stenlpelfrei,

wenn aus ihnen hervorgeht, daß der Zollwerth der Waare 150 Mark nicht über­ steigt.

Dies ist auf der Urkunde anzugeben. Musterpässe über Waaren aus den: freien Verkehr des Zollvereins werden

auf ein Jahr ausgestellt und

während dieses Zeitraums wiederholt zur

können

zollfreien Wiedereinfuhr der bezeichneten Muster benützt werden.

Wie hoch sich

der Werth des Gegenstandes beläuft, ist bei inländischen Musterpässen von vorn­ herein überhaupt nicht zu übersehen.

Es findet deshalb § 4 a Stst.G. auf diese

Pässe keine Anwendung

Allg. F.M.Erl. 17. 5. 97 III 3594 Cbl. S. 205; Allg. F.M.Erl. 22. 12. 97 I Ziffer 2 unter Nr. 39 c dieser Sinnt. S. 559 Kontur. Auch die Musterpässe tut Verkehr mit der Schweiz unterliegen dem Aus­

Die

fertigungsstempel.

Ziffer

schweizerischen Handelsvertrag,

VI

des

Schlußprotokolls

zu

deut

deutsch­

wonach die Abfertigungen gebührenfrei erfolgen

sollen, steht nicht entgegen, weil die Gebührenfreiheit die Stempelfreiheit nicht in sich schließt. Von den Gebühren werden die Stempel und baaren Auslagen in der deutschen

(§§ 1, 2 D.G.Kost.G.; § 114

Gesetzessprache unterschieden.

Pr.G.Kost.G.)

Sehr. d. F.M. an M. answ. A. 16. 3. 00 II 2254 III 2388; b) Verlängernngen von Eingangspässen über inländische Musterstücke bedürfen

keines Stempels, wenn Urschriften solcher Verlängerungen nicht zu den Akten der Zollbehörden gefertigt werden

F.M.Erl. 14. 1. 98 III 16381/97; c) bei Einreichung weiterer Musterverzeichnisse seitens der Inhaber noch

giltiger Eingangspässe über inländische Musterstücke ist die nachträgliche

An­

siegelung der weiteren Verzeichnisse an die Pässe, da diese mit ihrer Vollziehung

abgeschlossen sind, nicht statthaft, sondern es sind stets neue Musterpässe auszufertigeu.

Eine Erhöhung der Stempelabgaben hat dieses Verfahren nicht zur

Folge, da an Stelle des Zeugnißstempels von 1,50 Mark, der im Falle der

Neuansiegelung zu erheben sein würde, der gleich

hohe Ausfertigungsstempel zu

entrichten ist

Allg. F.M.Erl. 11. 3. 99 III 2494; 22.

Namenänderungen,

Genehmigungen zur Aenderung von Vornamen erfordern

den Ausfertigungsstempel, wenn der Genehmigung liegt.

eine gleiche Urschrift zu Grunde

Die Tarifstelle 42 bezieht sich nur auf Aenderungen zur Genehmigung des

Familiennamens

Allg. Erl. d. F.M. u. M. d. I. 10. 1. 99 F.M. III 17323 M. d. I. I. A. 5032 M.Bl. S. 42; 23. Quittungen s. löschungsfähige Quittungen; 24. Reichs- und Staatsangehörigkeit f. § 4 Anm. 15 Ziffer 46 S. 72 Komm.; 25. Schiffahrtsangelegenheiten s. auch § 4 Anm. 15 Ziffer 51 S. 72 Komm.: a) Schiffscertifikate oder Schiffsbriefe für See- und Binnenschiffe (vergl.

wegen der letzteren § 125 Abs. 3 Binnenschiffahrtsges. R.G.Bl. 1898 S. 902) bedürfen nicht des Ausfertigungsstempels,

Pr.G.Kost.G. eine Gebühr erhoben wird;

weil für die Ertheilung

nach § 78

553

Ausfertigungenb) zu

Musterrollen, die stempelpflichtige Verträge über Anmusterungen

Schiffsmannschaften

von

nicht enthalten, sowie zu den Vermerken über die Nach­

musterungen in der Musterrolle ist ein Ausfertigungsstempel nicht erforderlich, da von den Musterrollen und ben Vermerken keine gleichlautenden Urschriften

zurückbehalten werden

F.M.Erl. an P.St.D. Altona, Hannover, Stettin, Danzig und Königsberg 17. 11. 96 III 12874; Vergl. auch wegen der Anmusterungsverträge Anm. Tarifstelle 71; c) Suezkanalmeßbriefe sind stempelfrei, da für sie die Bestimmung im § 36

der Schiffsvermessungsordnung,

nach der die Vermessungsgebühren zugleich die

Stempelkosten einschließen, mit der iin § 5 der Vorschriften über die Vermessung

für die Fahrt durch den Suezkanal v. 30. 3. 95 vorgesehenen Aenderung des Einheitssatzes der Vermessungsgebühr als maßgebend anzusehen

ist.

Auf die

seitens des Schiffsvermessungsamtes zum Gebrauch in italienischen Häfen ausgestellten Spezialausweise über den Nettoraumgehalt nach italienischer

Vermessungsvorschrift,

die

ohne

die

Grundlage

ent­

sprechender Vorschriften des BundeSrathes eingeführt sind, läßt sich dieser Vor­ gang jedoch nicht ohne Weiteres übertragen. Die Spezialausweise sind daher

als Ausfertigungen stempelpflichtig, wenn unterzeichnete Urschriften (Konzepte) bei den Akten zurückbehalten werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Aus­ fertigung nicht in Preußen oder an nichtpreußische Schiffe erfolgt

Erl. d. Reichst. 24. 9. 98 III A. 4730 III B. 4795, den P.St.D. Stettin, Königsberg, Danzig, Hannover, Altona mitgeth. durch F.M.Erl. 8. 10. 98 III 13587; 26.

Sparkassenangelegen!)eiten: a) Städtische Sparkassen sind als öffentliche Behörden anzusehen

(Erl. d. IM.

21. 3. 82 Just.M.Bl. S. 56; Beschl. d. Kamm.G. 26. 10. 91 Just.M.Bl. 1892 S. 51).

Erklärungen des Kuratoriums einer solchen Kasse, durch die Hypotheken­

schuldnern die Erlaubniß zum Austritt aus einer Feuerversicherungs­ gesellschaft mit ihren Gebäudeversicherungen ertheilt wird, sind daher stempel­ pflichtige Ausfertigungen

F.M.Erl. 3. 12. 98 III 15495; b) wegen der von Sparkassen erklärten Pfandcntlassungen s. Anm. 2 und Note 6 dieser Tarifstelle; c) wegen der Stempelfreiheit der Genehmigungen von Spartassensatzungen

vergl. Aufsichtsbehörden Ad; 27. Sprengmittel; die von Polizeibehörden gemäß Ausf.-Verord. 11. 9. 84 (M.Bl. S. 247) auf Grund des Reichsges. v. 9. 6. 84 (R.G.Bl. S. 61) ausgestellten Er-

laubnißscheine zur Anschaffung und Aufbewahrung von Sprengmitteln sind, weil im öffentlichen Interesse ausgestellt, stempelfrei

F.M.Erl. 9. 4. 85 III 4642, mitgeth. durch Atlg. Erl. d. M. d. öffentl. A. u. M, d. I. 2. 5. 85 M.Bl.S. 104; 28.

Statutcngenehmigungen :

a) Die auf Grund des § 4 des Ges. über die eingeschriebenen Hilfskassen in der Fassung des Ges. v. 10. 4. 92 R.G.Bl.

S. 54

durch die Bezirksausschüsse

ertheilten Vermerke der Zulassungen der Kassen in Form von Ausfertigungen erfordern den Ausf.-St.,

weil die Hilfskassen —

im Gegensatz

zu den Orts­

krankenkassen — auf freier Vereinigung der Betheiligten beruhen, nur die gegen­

seitige Unterstützung ihrer Mitglieder für den Fall der Krankheit bezwecken und deshalb vorwiegend dem Privatinteresse der Mitglieder dienen

Allg. Erl. d. M. d. I., f. H. u. Gew. u. F.M. 20. 2. 93 M. d. I. I A 1551 M. f. H. B 1716 C 1333 F.M. III 1114.

554

Tankstelle 10.

Die Zulassungsvermerke sind erst dann mit dem Ausfertigungsstempel zu versehen, wenn sie den beteiligten Hilfskaffen mit den Statuten ausgehändigt werden.

Werden

vor

Aushändigung

des

Zulassungsvermerks

auf

Antrag

einer

ein­

geschriebenen Hilfskasse die Statuten behufs Ertheilung der nach § 75a des Krankenversicherungsges. in der Fassung des Ges. v. 10. 4. 92 (R.G.Bl. S. 379)

erforderlichen Bescheinigung der Centralbehörde vorgelegt, so ist zu dem Zu­ lassungsvermerk erst nach Ertheilung der Bescheinigung und

im Falle einer

nothwendig werdenden Umarbeitung der Statuten nur zu dem letzten Vermerke der

Ausf.-St. zu verwenden. Die früheren Vermerke bedürfen mithin keines Stempels

Erl. d. M. d. I., f. H. u. G., F.M. 20. 1. 94 M. d. I. I A 11663/4, M. f. H. B 12110 F.M. III 16585; b) Genehmigungen von

Jnnungsstatuten

(früher

stempelpflichtig)

durch die

höhere Verwaltungsbehörde bedürfen keines Stempels, da nach § 99 Ges. v.

26. 7. 97 R.G.Bl. S. 663 (jetzt § 99 N.Gew.O. in der Fassung der Bek. v.

26. 7. 00 R.G.Bl. S. 871) die Statuten der Innungen kosten- und stempelfrei

sind und die Statuten nach § 84 Abs. 1 a. a. O. erst durch die Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde Gültigkeit erlangen

Allg. Erl. d. F.M. u. M. f. H. u. G. 7. 8. 99 F.M. III 9971 M. f. H. B. 7868, Cbl. S. 207. Auch die Ausfertigungen von Urkunden, durch die das

von geschlossenen freien

Innungen auf neu errichtete Zwangsinnungen übergehende Vermögen von den Regierungs-Präsidenten festgestellt wird, sind

stempelfrei, da diese Feststellung

die Voraussetzung für die stempelfrei zu ertheilende Genehmigung der Innungs­

satzungen bildet und im öffentlichen Interesse erfolgt

Allg. Erl. d. F.M. u. M. f. H. u. 63. 7. 9. 99 F. M. III 10987, M. f. H. B. 8533, Cbl. S. 215; c) Genehmigungen von Statuten

der Ortskrankenkassen durch die Bezirks-

ausschüffe auf Grund des § 24 des Krankenversicherungsges. v. 15. 6. 83 (R.G.Bl. S. 73) jetzt in der Fassung des Ges. v. 10. 4. 92 (R.G.Bl. S. 379 und 417) sind stempelfrei, weil durch dieses Gesetz den daselbst bezeichneten Personen zur

Verhütung von Noth und Elend und zur Aufrechterhaltung des Friedens. zwischen den verschiedenen Klaffen der bürgerlichen Gesellschaft die Pflicht zur Theilnahme an den Ortskrankenkassen auferlegt ist und die Genehmigung der Statuten dieser

Kassen daher wesentlich im öffentlichen Interesse geschieht

Allg. Erl. d. F.M., M. d. I., M. f. H. u. G. 22. 5. 90 F.M. III 6383, M. b. g. IA 4975, M. f. H. C 2444. Aus gleichen Gründen sind stempelfrei Statutengenehmigungen für Betriebs-

(Fabrik-), Bau- und Jnnungskrankenkassen (§§ 59 fg., 69 fg. und 73

Reichsges. 10. 4. 92)

Erl. d. M. d. I., f. H. u. G., F.M. 25. 10. 90 M. d. I. I A 7283, M. f. H. C. 4829 F.M. III 11501; ferner Genehmigungen der Genossenschaftsstatuten und

der Unfall­

verhütungsvorschriften durch das Reichsversicherungsamt (§ 20 Abs. 1 und

§ 78 Abs. 2 des Unfallversicherungsges. v. 6. 7. 84).

Vergl. jetzt die Unfall­

versicherungsgesetze in der Fassung v. 5. 7. 00 (R.G.Bl. S. 573 und zwar unter

II § 39 (Gewerbeunfall), unter III § 40 (Unfall für Land- und Forstwirthschaft), unter IV § 22 (Bauunfall) und unter V § 39 (Seeunfall).

Allg. Erl. d. M. d. I., M. f. H. u. G., F.M. 24. 7. 90 M. d. I. IA 7132, M. f. H. C. 3491 F.M. III 7125; d) die auf Grund des § 3 der Kab.-Ordre v. 22. 2. 42 (M.Bl. S. 98) zu er­

theilenden Genehmigungen von Satzungen der Kriegervereine sind stempel­ frei, sofern keine Urschrift des Bestätigungsvermerkes bei der Ortspolizeibehörde

555

Ausfertigungen.

oder dem Landrathe :c. zurückbehalten und gezeichnet wird. Für die erstmalige Fest­ stellung des Statuts selbst, wenn sie in der Form eines Vertrages oder Beschlusses erfolgt, ist nach der Tarifstelle 25 e ein Stempel von 1,50 Mark erforderlich

Allg. Erl. d. F.M. u. M. d. I. 9. 10. 96 F.M. III 13552 M. d. I. I M 3224; e) auf Genehmigungen der Statuten und Statutnachträge der auf Grund der Kab.O. v. 29. 9. 33 (Ges.S. S. 121) errichteten Sterbe-, Aussteuerund dergleichen Kassen, die auf Gegenseitigkeit gegründet und nicht auf die Erzielung von Gewinn gerichtet sind, ist die Tarifstelle 22 g nicht anwendbar. Daraus folgt aber nicht, daß dergleichen Genehmigungen völlig stempelfrei sind; sie unterliegen vielmehr dem Ausfertigungsstempel, da für sie ein durch eine andere Tarifstelle bestimmter Stempel nicht zu entrichten ist, auch eine besondere Befreiungsvorschrift nicht zutrifft. Werden aber von den Genehmigungen gleich­ lautende Urschriften nicht gefertigt, so sind sie stempelfrei

Attg. Erl. d. F.M., M. d. öffentl. A., M. f. Landw., M. f. H. u. geistl. A., M. d. I. 31. 10. 99 F.M. III 9665 Cbl. S. 296.

M. d.

Schon nach früherem Recht war zu Statutengenehmigungen der Lehrer-, Invaliden-, Sterbe-, Wittwen-, Waisen- und dergleichen auf Grund landesrechtlicher Vorschriften errichteten Kassen der Ausf.St. zu verwenden.

Allg. Erl. b. M. b. I., M. f. H. u. G., F. M. 5. 7. 93 M. b. I. I A. 5631, M. f. B. 6213, F.M. III 7052; Allg. Erl. b. M. b. geistl. A. u. M. b. I. 5. 2. 96 M. b. geistl. A. U. III, D. 4736, G/ III, U. I, U. II, M. b. I. I A. 1096, mitgeth. b. P.St.D. bitrch Allg. F.M.Erl. 2. 3. 96 F.M. III 2410; f) Genehmigungen der Statuten von Versicherungsanstalten, die auf Gegen­ seitigkeit begründet und deren Zwecke nicht auf die Erzielung von Gewinn gerichtet sind, genießen nach Tarifstelle 22g Stempelfreiheit; sie bedürfen deshalb auch nicht des Ausf.St.

Schr. b. F.M. an M. b. I. 30. 5. 96 III 7485. Diese Genehmigungen erfolgen auf Grund des Ges. v. 17. 5. 53 betreffend den Geschäftsverkehr der Versicherungsgesellschaften (G-S. S. 293). Vergl. jetzt §§ 4, 7, 17 fg. des Ges. über die privaten Versicherungsunternehmungen v. 12. 5.01 (R.G-Bl. S. 139) und Ausf.Verordn. v. 30. 6. 01 (G.S. S. 141). Die unter o angeführten Genehmigungen gehören nicht hierher, da sie auf Grund der Kab.O. v. 29. 9. 33 ertheilt und deshalb von der Tarifstelle 22g und deren Befreiungs­ vorschrift überhaupt nicht getroffen werden (vergl. Tarifstelle 22 Anm. 31): 29. Steuersachen s. Zoll- und Steuersachen; 30. Strafbescheide und

Strafverfügungen:

Wegen

der Strafbescheide

(ein­

schließlich der Unterwerfungsverhandlungen) und Beschwerdebescheide der Steuerund Zollbehörden vergl. § 21 Anm. 5 zu § 45 V.St.G. S. 295 Komm. erfordern

die

Strafbescheide und

Unterwerfungsverhandlungen

Danach dieser

Behörden nach der Tarifstelle 62 einen Stempel von 1,50 Mark, sofern die Strafe einschließlich des Werthes der eingezogenen Gegenstände 15 Mark übersteigt; dagegen

unterliegen die Strafbescheide,

die andere Behörden als die Steuer- und Zoll­

behörden gemäß § 60 V.St.G. (S. 263 Komm.) erlassen,

nach der Tarifstelle 10

dem Ausfertigungsstempel von 1,50 Mark, sofern der Strafbetrag 150 Mark über­ steigt (§ 19 Anm. 10 u. 13 S. 270 u. 273 Komm.).

Dasselbe gilt von den nicht

unter das V.St.G. fallenden Strafbescheiden und Strafverfügungen; vergl. jedoch

wegen der Stempelfreiheit der Strafbescheide im Disziplinarverfahren § 4 Anm. 15

Ziffer 11 S. 66 Komm, sowie Ziffer 41 des allg. FMErl. 22. 12. 97 unter 39c dieser Anm. S. 562 Komm. Wegen der Stempelfreiheit polizeilicher Strafverfügungen

vergl. Ziffer 53 S. 73 Komm, und hinsichtlich der von den Regierungen in Angelegenheiten der direkten Steuern stempelfrei zu erlassenden Strafverfügungen siehe Tarifstelle 62.

Beschwerdebescheide

stempels von

der

Verwaltungsbehörden

bedürfen

des Ausfertigungs­

1,50 Mark, wenn der Betrag der in der Beschw erd einstanz fest-

, 556

Tarifstelle 10. gesetzten Strafe 150 Mark übersteigt, einerlei, ob sie von Steuer- und Zollbehörden oder anderen Behörden erlassen sind. Wegen der Stempelfreiheit der Bescheide in Disziplinarsachen vergl. Ziffer 11 S. 66 Komm. u. Ziffer 41 des allg. F.M.Erl. 22. 12. 97 unter 39c dieser Sinnt. S. 562 Komm. Die zu Strafbescheiden der Verwaltungsbehörden verwendeten Stempel sind zu erstatten, wenn im gerichtlichen Verfahren die durch den Strafbescheid festgesetzte Strafe nicht aufrecht erhalten und auf eine einen Stempel nicht bedingende Strafe (von 15 bezw. 150 Mark oder weniger) erkannt wird F.M.Erl. 22. 6. 99 III 7981;

31. Unfall- und Krankenversicherungen f. § 4 Sinnt. 15 Ziffer 55 S. 73 Komm. Vergl. jetzt die Unfallversicherungsges. in der Fassung der Bek. v. 5. 7. 00: § 145 Unf.Vers.Ges. N.G.Bl. 00 S. 585; § 155 Unf.Vers.Ges. f. Land- u. Forstwirth­ schaft N.G.Bl. 00 S. 641; § 45 Abs. 2 Bauunfallvers.Ges. N.G.Bl. 00 S. 698; § 142 Seeunfallvers.Ges. N.G.Bl. 00 S. 716, wonach Ausfertigungen der unter Ziffer 55 (S. 73 Komm.) erwähnten Verhandlungen stempelfrei sind;

32. Unterstützungswohnsitz s. Ziffer 57 S. 74 Komm.; 33. UnterwerfungsVerhandlungen s. Strafbescheide und Strafverfügungen; 34. Urheberrecht f. § 4 Sinnt. 15 Ziffer 58 S. 74 Komm. An Stelle des § 42 Ges. v. 11. 6. 70 tritt vom 1. 1. 02 ab § 58 Urheberrechtes, v. 19. 6. 01 (R.G.Bl. S. 227), wonach Eingaben, Verhandlungen, Bescheinigungen und sonstige Schrift­ stücke, welche die Eintragung in die Eintragsrolle betreffen, stempelfrei sind. 35. Versicherungswesen: Für die von den Polizeibehörden abzugebenden Erklärungen darüber, daß der Auszahlung von Brandentschädigungsgeldern an die Versicherten keine Bedenken entgegenstehen, genügt die Form eines Erlaubnißscheines (.zur Auszahlung wird die polizeiliche Genehmigung ertheilt"), die mit dem Vermerk zu versehen ist „Stempelfrei mangels Vorhandenseins einer Urschrift". Erl. d. M. d. I. 16. 9. 96 M.Bl. S. 183, mitgeth. den P.St.D. durch Allg. F.M.Erl. 24. 9. 96 III 13434. In diesem Erlas; wird hervorgehoben, daß in den Provinzen Hannover und Hessen-Nassau eine ausdrückliche Zu­ stimmung der Polizeibehörden erforderlich sei, während in den alten Provinzen nach § 18 des Mobiliar-Fcuer-Versicherungsgesetzes v. 8. 5. 37 (G.S. S. 102) die Auszahlung der Brandentschädigung an den Versicherten geschehen dürfe, wenn der Ortspolizeibehörde hiervon Mittheilung gemacht und von dieser binnen 8 Tagen nach erhaltener Anzeige kein Einspruch erhoben sei. Zur Beseitigung einer atrs dieser Verschiedenheit der Vorschriften sich ergebenden Ungleichmäßig­ keit in der Besteuerung sei die Ertheilung der Zustimmung in nicht stempel­ pflichtiger Form angeordnet. Vergl. im Uebrigen wegen der das Versicherungswesen betreffenden Ausfertigungen § 4 Sinin. 15 Ziffer 60 S. 74 Komm.;

36. Verwaltungsstreitverfahren f. § 4 Sinnt. 15 Ziffer 61 S. 74 Komm.; 37. Waldgenossenschaften s. ebenda Ziffer 63;

38. Wasserangelegenheiten s. ebenda Ziffer 64 S. 75 Komm.; 39. Zoll- und Steuersachen: a) der § 10 Vereinszollges. v. 1. 7. 69 (B.G.Bl. S. 317) verbietet nur die Er­ hebung solcher Abgaben und Gebühren neben den Zöllen, die in unmittel­ barem Zusammenhang mit der Verzollung für die Thätigkeit der Abfertigung etwa angesetzt werden sollten. Dies ergiebt sich auch aus der Denkschrift betr. den Entwurf eines Vereinszollgesetzes (Samml. sämmtl. Drucksachen des D. Zollparlaments aus der Session 1869 Nr. 4 S. 58 Ziffer 10), wonach die Er­ hebung von Nebengebühren, wie sie in der dritten Abtheilung des Vereinstarifs v. 1. 7. 65 unterm angeordnet ist, für unzulässig erklärt werden sollte, also die Erhebung besonderer Nebengebühren für die Versendung der Waaren unter Begleitscheinkontrole oder für die zum Waarenverschluß erforderliche Anlegung von Bleien. Solche Nebenabgaben stellen die Landesstempelabgaben nicht dar, denn sie werden zu den im Privatintereffe errichteten Urkunden, von denen zum Zwecke der Zollabfertigung Gebrauch gemacht werden soll, erhoben und stehen

Ausfertigungen.

557

mithin mit dem Abfertigungsverfahren nur in mittelbarem Zusammenhänge.

Es ist daher sowohl unter der Geltung der früheren stempelgesetzlichen Vor­ schriften als auch unter der Herrschaft des jetzigen Gesetzes

worden, daß

stets angenommen

die Erhebung von Landesstempelabgaben für die im Zollverkehr

beizubringenden Urkunden durch § 10 V.Zollgesetz nicht ausgeschlossen wird. Schr. d. F.M. an Reichst. 19. 12. 98 III 15043; b) Genehmigungen zur zollfreien Ablaffung von Retourwaaren sind in stempel­ freier Form

(Verfügungell,

Anschreiben, Vermerke auf den Zollabfertigungs­

papieren) zu ertheilen Atlg. F.M.Erl. 18. 8. 98 III 9354; c) über die stempelsteuerliche Behandlung der tut Geschäftsverkehr der Zoll- und Steuerbehörden

vorkommenden Ausfertigungen

ist

durch

den Allg. F.M.Erl.

22. 12. 97 III 11149 Folgendes angeordnet: Die mir erstatteten Berichte über die stempelsteuerliche Behandlung der int Geschäftsverkehr der und Steuerbehörden vorkommenden und von ihnen aus­ gestellten Erlaubnistscheine oder Genehmigungen und Bescheinigungen stimmen darin überein, dast hinsichtlich der Stempelpflichtigkeit dieser Schriftstücke vielfache Zweifel bestehen und das in der Verwaltungspraxis bei der Versteuerung beobachtete Ver­ fahren der Einheitlichkeit ermangelt. Sowohl das staatliche Interesse wie das­ jenige der Steuerpflichtigen bedingt daher eine allgemeine, die gleichmästige Hand­ habung der stempelsteuerlichen Vorschriften nach Möglichkeit sichernde Regelung der Angelegenheit. Die für Schriftstücke der bezeichneten Art zur Anwendung komnlenden Tarif­ stellen sind für Erlaubnistscheine oder Genehmigungen die Tarifstelle 10 (Aus­ fertigungen) des 2.St.G. und für Bescheinigungen die Tarifstelle 77 (Zeugnisse, amtliche in Privatsachen). Die Anwendbarkeit dieser Tarifstellen wird aber aus­ geschlossen durch die allgemeinen Stempelsteuerbefreiungen deö L.St.G., insbesondere den § 4 Abs. 1 Buchst, a betreffend die Steuerfreiheit der Urkunden über Gegen­ stände im Werthe von 150 Mark und weniger und den § 4 Abs. 1 Buchst, b betreffend die Steuerfreiheit der Urkunden wegen Bestimmung des Betrages öffentlicher Ab­ gaben und ihrer Einziehung, sodann aber auch durch die Gebührenfreihcit anordnenden Bestimmungen anderer Steuergesetze, z. B. durch den § 49 Branntw.St.G. vom 8. Juli 1868, den § 16 Abs. 2 Vrau-St.G. u. a. Insoweit hiernach auf allgemeinen gesetzlichen Anordnungen beruhende Steuer­ oder Gebührenbefreiungen nicht Platz greifen, dürfen Erlaubnistscheine oder Genehmigungen der Stempelpflicht nur dann unterworfen werden, wenn sie sich als Ausfertigungen int Sinne der Tarifstette 10 darstellen. Dies ist der Fall, wenn sie nicht in der Form von einfachen, an die Antragsteller selbst gerichteten Bescheiden oder Anschreiben, sondern in feierlicher Form abgefaßt sind und ihnen gleichlautende und mit Namensunterschrift oder auch nur mit den Anfangsbuchstaben der Namensunterschrift des aussertigenden Beamten versehene Urschriften (Konzepte) zu Grunde liegen. Eine Stempelgebühr ist also nicht zu entrichten, wenn entweder die Bescheidform gewählt wird, oder wenn bei der Wahl der Ausfertigungsform eine Urschrift nicht gefertigt und zu den Akten zurückbehalten wird; es steht mithin int Ermessen der Verwaltung, ob die auszustellenden Erlaubnistscheine oder Genehmigungen von der Stempelabgabe getroffen werden sollen oder nicht. Bereits unter der Herrschaft der früheren stempelgesetzlichen Bestimmungen waren für eine Reihe von Fällen durch Einzelentscheidungen Anweisungen über deren steuerliche Behandlung gegeben. Diese Entscheidungen haben auch für die Folge als Richt­ schnur zu dienen, da die Rücksicht auf das allgemeine Verkehrsinteresse es nicht wünschenswerth erscheinen läßt, bisher als stempelfrei behandelte Genehmigungen in Zukunft mit einer Stempelabgabe zu belegen. Andererseits habe ich bereits in dem allgemeinen Erlasse vom 20. November 1896 III. 15 467 darauf hingewiesen, daß es nicht in der Absicht des neuen Stempelsteuergesetzes liege, auf Stempel zu ver­ zichten, die der Tarif beibehalten habe und die bereits früher zur Erhebung gekommen seien und daher der Ausfertigungsstempel grundsätzlich auch fernerhin zu fordern sei, wo er nach den bisherigen Vorschriften habe entrichtet werden müssen. Handelt es sich um Urkunden, bezüglich deren Versteuerung sich bis jetzt eine feste Praxis noch nicht herausgebildet hat, so wird für die Frage, ob die steuerpflichtige oder steuerfreie Form zu wählen ist, die Erwägung bestiurmend fein müssen, ob

558

Tarifstelle 10.

Ver­ waltungs­

zweig.

I. Zoll.

Lfd. Nummer.

durch die betreffenden Erlaubnißertheilungen oder Genehmigungen ausschließlich oder überwiegend das Jntereffe der Antragsteller fördernde Vergünstigungen gewährt werden oder nicht oder ob etwa sonst besondere Billigkeitsrücksichten der Erhebung einer Stempelabgabe entgegenstehen. Bei­ spielsweise würde es unbillig sein, Genehmigungen zur steuerfreien Verwendung von Färbebier, das aus bereits versteuerten Braustoffen hergestellt ist, in der Form stempelpflichtiger Ausfertigungen zu ertheilen, weil die Erlaubniß die Vermeidung einer Doppelbesteuerung bezweckt. Kommen Bescheinigungen, also innerhalb der Zuständigkeit der Zoll- und Steuerbehörden von diesen ausgestellte Urkunden, in denen eine bestimmte Thatsache bezeugt wird, in Frage, so unterliegt die Stempelpflichtigkeit, soweit sie im Privatinteresse ertheilt werden und nicht allgenreine gesetzliche Befreiungsgründe Platz greifen, keinen: Bedenken, weil Tarisstelle 77 Anwendung findet und cs darauf, ob eine Urschrift gefertigt wird, nicht ankommt. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Gesichtspunkte sind in der nachstehend beigefügten Zusammenstellung die am häufigsten vorkommenden Schriftstücke unter Angabe ihrer Stempel­ pflichtigkeit oder Stempelfreiheit aufgeführt. Bei der großen Mannigfaltigkeit der im Zoll- und Steuerverkehr vorkommenden Genehmigungen und Bescheinigungen kann diese Zusammenstellung keine erschöpfende und vollständige sein; es wird daher nur erübrigen, in den vielen, von ihr nicht berücksichtigten Fällen unter Beachtung der vorerörterten Grundsätze und in sinngemäßer An­ wendung der in der Zusammenstellung für gleichartige oder ähnliche Urkundengattungen gegebenen Bestimmungen die Entscheidung zu treffen. Sofern bezüglich einzeltler Urkundenarten besondere Bedenken obwalten, ist zum Zwecke eines gleichmäßigen Verfahrens meine Entscheidung einzuholen. Sie wollen die Nachgeordneten Steuerstellen mit entsprechender Anweisung versehen und sie insbesondere auch hinsichtlich der Vermerke der Stempelverwendungen und Stempelbefreiungsgründe auf die Ziffer 7 Abs. 1 und 3 der Dienstvorschriften zum L.St.G. aufmerksam machen. Sollte der vorstehende Erlaß nach Ihrer Ansicht in dem eilten oder dem anderen Punkte noch einer Ergänzung bedürfen, so überlasse ich Ihnen, dieserhalb das Erforderliche bei der Unterweisung der Steuer­ stellen zu veranlassen.

1.

Bezeichnung der Urkunden.

Erlaubnißscheine aller Art, durch die eine zollfreie Ein­ fuhr von Waaren oder eine Zotlermäßigung gewährt wird, z. B. Erlaubnißscheine zur zollfreien Einfuhr von Ausstattungsgut (Zolltarifgesetz § 5 Ziffer 2), Erbschaftsgut (ebendas. Ziffer 3), Wagen der Reisen­ den (ebendas. Ziffer 5 Abs. 2), zollpflichtigen künst­ lichen Düngungsmitteln und Düngesalz (Zolltarif Nr. 1 Anm. zu b), zur Entrichtung eines geringeren Zolls für schmiedbares Eisen in Form von Stäben oder Walzdraht zur Kratzendrahtfabrikation (ebendas. Nr. 6 Anm. zu d), zur zollfreien Einfuhr vonKautschuck! drucktüchern für Fabriken und künstlichem Kratzenleder für Kratzenfabriken (ebendas. Nr. 17 Anm. 1 zu e), zu Strängen zusammengedrehten Kokusfasern für Fabriken von Decken u. s. w. (ebendas. Nr. 22 Anm. zu a), Gewürzen zur Herstellung ätherischer Oele sowie von Muskatnüssen zur Herstellung von Muskat­ balsam (ebendas. Nr. 25 Anm. zu i), Thee zur The'i'nfabrikation (ebendas. Anm. zu w), zur Entrichtung eines geringeren Zolls für Schmalz und schmalz­ artige Fette für Seifen- oder Lichtfabriken (ebendas. Nr. 26 Anm. zu h), zur zollfreien Einfuhr von für die Reinigung, Raffinirung oder Destillirung in in­ ländischen Betriebsanstalten bestimmtem Mineralöl u. s. w. (ebendas. Nr. 29 Anm. 3), zweimal gezwirnter ungefärbter und gefärbter Seide zum Verweben, zur Wirkerei oder zur Herstellung von Posamenten oder Spitzen (A.W.V. S. 404 unter Nr. 1 c, B.R.Beschl. vom 3. Dezember 1896 § 687 der Protokolle, allg.

Angabe über Stempelpflichtigkeit oder Stempelsreiheit.

in Form stempelpflich­ tiger Ausfertigung (allg. F.M.E. vom 12. Mai 1896 III. 6702).

559

Lfd. Nummer.

Ausfertigungen.

Ver­ waltungs­

zweig.

Angabe über Stempelpflichtigkeit oder Steulpelfreiheit.

Bezeichnung der Urkunden.

F.M.E. vvm 21. Dozcmbcr 1896 KOI. 1897 S. 19), Kränzen ans künstlichen Blumen, die mit Leichen cingchcn und zu deren Beisetzung bcstiimnt sind (B.R.Bcschl. vom 22. Mai 1890 § 285 der Protokolle, allg. F.M.E. vom 27. Juni 1890 Cbl.S.l lO)«. s.w.;

II. Brannt­ weinsteiler.

2.

Eingangspässe über inländische und ausländische Muster­ stücke ;

in Form stempelpflich­ tiger Ausfertigungen (allg. F.M.E. vom 17. Mai 1897 III. 3594 Cbl. S. 205).

3.

Zotleinfuhrscheiue;

ohne Zurückbehaltung einer Urschrift, daher stempelsrei.

!

4.

in Form stempelfreier Bescheide.

! i i

Bescheide auf Anträge wegen Fristverlängerung für die Wiederausfuhr von Waaren, die im Veredelungs­ verkehr, zu öffentlichen Ausstellungen oder zum vor­ übergehenden Gebrauch vom Auslande eingegangen sind oder den Nückbezug der im Veredelungsverkehr in das Ausland gesendeten Waaren.

5.

Zusagescheine auf Steuervergütung für methhlirten Branntwein (§§ 9 und 10 des Regulativs vom 23. Dezember 1879 Cbl. S. 383);

in Fornr stempelpflichtiger Ausfertigungen (allg. F.M.E. vom 12. Mai 1896 III. 6702).

6.

Genehmigungen zur steuerfreien undenaturirtem Branntwein;

von

wie vor.

7.

Berechtigungsscheine zum Ankauf von nlethhlirtem Branntwein (§11 des unter Nr. 5 dieser Zusammen­ stellung erwähnten Regulativs);

wie vor.

8.

Erlaubnißscheine zum Verkauf von methylirtem Brannt­ wein (§ 15 des unter Nr. 5 dieser Zusammenstellung erwähnten Regulativs);

wie vor.

9.

Genehmigung zur Denaturirung von Branntwein mit entern anderen als dem allgenteinen Denaturirungsmittel;

in Form stempelpflich­ tiger Ausfertigungen.

10-

Bescheinigungen über die Anmeldung des Handels mit denaturirtem Branntwein;

stempelpfl. nach Tarif 77 (allg. F.M.E. vom 25. August 1896 III. 11846).*21)

11.

Branntweinsteuer-Berechtigungsscheine;

ohne Zurückbehaltung einer Urschrift, daher stempelfrei.

12.

Ertheilung von Vergünstigungen int Brennereibetriebe;

Verwendung

i

i j

1

in Fornt stempelfreier Bescheide (allg. F.M.E. v. 29. Oktober 1894 III. 14571).

*21) Der Erl. 25. 8. 96 ist durch den allg. F.M.Erl. 14. 9. 98 III 12547 aufgehoben. Nach letzterem sind die betreffenden Bescheinigungen, weil lediglich im öffentlichen Interesse aus­ gestellt, stempelfrci.

560

Tarifstelle 10.

Angabe über Stempelpflichtigkeit oder Stempelfreiheit.

Ver­

g

waltungs­

5 SC

Bezeichnung der Urkunden.

13.

Genehmigungen zur Lagerung abgesertigten Brannt­ weins im Sammelgefäßraum bis zur Ansammlung ganzer Wagenladungen;

in Form stempelfreier Bescheide.

14.

Genehmigungen zur Aufbewahrung von Branntwein in den Sammelgefäßen nach beendigtem jährlichen Betriebe unter gleichzeitiger Bewilligung einer Privat­ niederlage;

wie vor.

15.

Bewilligungen von Privatniederlagen unter amtlichem Mitverschluß;

wie vor.

16.

Zusagcscheine auf Braustcuervcrgutung;

in Form stempelpflichtigcr Ausfertigungen (allg. F.M.E. vom 12. Mai 1896 III. 6702).

17.

Genehmigungen zur steuerfreien Verwendung von Färbe­ bier, welches aus bereits versteuerten Braustoffen hergestellt ist;

in Form stentpelfreier Bescheide, weil es sich um die Vermeidung einer nochmaligen Versteuerung bereits versteuerter Brau­ stoffe handelt.

18.

Genehmigungen zur Verwendung von Braustoffen in den Fällen des § 5 Abs. 4 der Fixationsgrundsätze;

in Form stentpelfreier Bescheide.

19.

Anmeldungsscheine zur steuerfreien Bereitung des Haus­ trunkes ;

stempelsrei aus § 4 Abs. 1 Buchst, b und in der Regel auch aus § 4 Abs. 1 Buch­ stabe a L.St.G.

20.

Ertheilungen von Vergünstigungen im Brauereibetriebe;

in Form stentpelfreier Bescheide.

21.

Berechtigungsscheine zum abgabenfreien Bezüge von denaturirtem Salz oder Pfannenstein oder von undenaturirtem Pfannenstein, zur Entnahme von Viehund Gewerbesalz und Erlaubnißscheine zum Handel mit Viehsalz;

in Form stcmpelpflichtiger Ausfertigungen (allg. F.M.E. vom 3. Februar 1884 Cbl. S. 30).

22.

Genehmigungen zur abgabenfreien Verabfolgung von Soole und Mutterlauge;

in Forur stempelpflich­ tiger Ausfertigungen.

23.

Genehmigungen zur Denaturirung von Gewerbebestell­ salz mit besonderen Denaturirungsmitteln (Be­ stimmungen bctr. die Befreiung des Salzes u. s. w. Ziffer 20);

in Form stempelpflich­ tiger Ausfertigungen (allg. F.M.E. vom 3. Februar 1884 Cbl. S. 30).

24.

Zusagescheine betr. die Herstellung von Wermuthpulver zur Denaturirung von Salz (§ 2 der bezüglichen Bestimmungen);

wie vor.

25.

Genehmigungen zur Verarbeitung von Surrogaten bei der Tabackfabrikativn (Bekanntmachung vom 15. De­ zember 1879 Cbl. 1880 S. 19);

wie vor.

zweig.

111. Vrausteuer.

IV. Salzsteuer. ;

j

i

V. Tabacksteuer.

i

561

Ausfertigungen.

VerI waltungs-! zweig.

Bezeichnung der Urkunden.



26.

27

VI. Zucker­ steuer.

VII. PersonalAngelegen­ heiten.

Angabe über Stempelpflichtigkeit oder Stempelfreiheit.

i Bewilligungen von Tabacksteuervergütungen in den ; Fällen des Schlußsatzes des ersten Absatzes des § 8 I des Regulativs betr. die Ausfuhrvergütung für i Taback; Tabacksteuer-Kredit-Certifikate;

wie vor.

stempelfrei Abs. 1 L.St.G.

auö § 4 Buchst, b

28.

1 Genehmigungen zur Deuaturirung von Zucker mit i anderen Pulver- oder mehlförmigen Futtermitteln i (Ausf.Best. zum Z.St.G. Anlage 1) § 26 Ziffer 2 i Abs. 2);

29.

\ Zusagescheine auf Abgabevergütung für Kakaowaaren;

30.

Ertheiluug von Vergünstigungen im Fabrikbetriebe;

in Form stempelfreier Bescheide.

31.

Genehmigungen zu baulichen Veränderungen Aenderungen in den Betriebseinrichtungen;

und

wie vor.

32.

Genehmigungen zur Verlängerung der Frist zum Einbringen des Zuckers in die steuersicher abschließbaren Lagerräume und Einreichung einer Bestandsanmeldung (§ 23 Abs. 1 Ausf.Best. zum Z.St G.);

wie vor.

33.

Genehmigungen zur Aufbewahrung von Zucker in Räumen außerhalb der Zuckerfabrik (§ 8 A Abs. 3 Z.St.G.);

wie vor.

34.

Bewilligungen von Privatniederlagen für Zuckerprodukte;

wie vor.

35.

Genehmigungen zur Vornahme von Abfertigungen zu anderen als den festgesetzten Abfertigungszeiten;

wie vor.

36.

Genehmigungen zur Abstandnahme von der regelmäßigen Untersuchung der Melasse bei deren Ab­ fertigung ;

wie vor.

37.

Ausfuhrzuschußscheine für Zucker;

ohne Zurückbehaltung einer Urschrift, daher stempelsrei.

38.

Defektenbeschlüsse;

in Form stempelpflich­ tiger Ausfertigungen (F.M.E. vom 3. Sep­ tember 1850 Cbl. S. 155).

Anstellungsverfügungen, insofern sie keine Bestallungen im Sinne der Tarifstelle 12 L.St.G. sind;

in Form stempelfteier Verfügungen (vgl. auch für die Beamten der StaatseisenbahnVerwaltung Erl. d. Min. d. öffent. A. vom 21. November 1895 Cbl. 1896 S. 30).

in Forur stempelpflichtigerAusfertigungen.

tvie vor.

562

Ver­ waltungs­

zweig.

Lfd. Nummer.

Tarifstelle 10.

Bezeichnung der Urkunden.

40.

Entscheidungen auf Anträge (Urlaubsgesuche u. s. w.);

in Form steulpelfreier Bescheide.

41.

Disziplinarentscheidungen und Strafverfügungen gegen Beamte;

slempelfrei wegen mangelnden Privat­ interesses (atlg. F.M.E. vom 4. No­ vember 1875 Cbl. 1876 S. 21).

42.

Kredit-Bewilligungen und Verlängerungen;

stempelsrei aus § 4 Abs. 1 Buchst, b L.St.G. (F.M.E. v. 8. September 1841 III. 19 699).

43.

Fristbewilligungcn pflichtige;

i

VIII. All­ gemeines.

44.

und Stundungen

Auskunftsertheilungen; i

an Zahlungs­

Angabe über Stempelpflichtigkeit oder Stempelfreiheit.

in Form steulpelfreier Bescheide mit Rück­ sicht auf den regel­ mäßigen Mangel der Zahlungsfähigkeit d. Schuldner.

in Forur steulpelfreier Bescheide.

40. Zustellungen:

Ausfertigungen von Zustellungen der Gerichtsvollzieher sind nach § 41 A.G. D.G. Kost.G. 10. 3. 79 stempelfrei. Die gleiche Stcmpelfreiheit besteht nach Art. 31 Abs. 2 Pr.G. Freiw.G. für Zustellungsurkunden der Notare. Gerichtliche Aus­ fertigungen.

6*

Die in den Anm. 5 bis 7 der Tarifstelle 1 erörterten Grundsätze finden auch auf

gerichtliche Ausfertigungen Anwendung. Für die Erhebung des Ausfertigungsstempels ist deshalb, wie Tarifstelle 1 Anm. 6 Abs. 2 näher erörtert ist, Voraussetzung, daß

1. eine Gebührenerhebung nicht stattfindet (§ 29 Pr. G.Kost.G.), so daß z. B. stempelfrei sind Ausfertigungen von Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuld­ briefen, weil hierfür nach § 66 a. a. O. Gebühren zu zahlen sind, ferner Ausferti­ gungen, die das Handels-, Vereins- und Güterrechtsregister betreffen (Tarifstelle 1 Anm. 7 a u. b) u. s. w. Eine Ausnahme bilden die Ausfertigungen der unter den: zweiten Abschnitt Pr. G-Kost.G. fallenden Urkunden (§ 56 a. a. £).). Die weitere Ausnahme bezüglich der Kuxscheine (§ 69 a. a. O.) ist vom 1. 7. 00 ab in Folge d. N.St.G. v. 14. 6. 00 beseitigt;

2. die Urschrift nach den Bestimmungen des Stempelgesetzes stempelpflichtig ist (§ 114 Abs. 3 Pr. G.Kost.G.; Ziffer 1 § 1 Abs. Id des Nachtrags I zur Allg.Verf. v. 29. 2. 96 amtl. Ausg. S. 72); 3. die Ausfertigung auf Grund eines besonderen Antrages ertheilt wird, der allein die Ertheilung bezweckt und sich nicht zugleich auf ein gebühren­ pflichtiges Geschäft richtet (vergl. die Hinweise zu 2).

Ausfertigungen.

563

Aus der unter 2 angeführten Voraussetzung folgt, daß die Tarifstelle 10 in Angelegen­ heiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht zur Anwendung kommt, denn gerichtliche Aus­ fertigungen nicht stempelpflichtiger Urschriften sind

Gerichtsbarkeit und

zwar nicht bloß

besondere Gerichte (Gewerbegerichte,

stempelfrei.

Da ferner in der streitigen

in den vor die ordentlichen,

sondern

Verwaltungsgerichte u. s. w.)

auch in den vor

gehörigen Rechtssachen

Stempel nicht erhoben werden (vergl. Tarifstellc 1 Anm. 4 S. 438 Komm.), so ist für die Anwendung der Tarifstelle 10 auf gerichtliche Ausfertigungen überhaupt kein Raum* 22)

7*

Insoweit die Stempelfreiheit der Ausfertigungen nicht schon auS ihrem Inhalt

Stempel­

erkennbar ist, muß nach der allgemeinen Vorschrift der Ziffer 7 Abs. 3 Dienstv. (amtl. AuSg. befremngsS. 131) der Stempelbefreiungsgrund auf der Ausfertigung vermerkt werden. Hinsichtlich der Stempeldurch den Mangel des Vorhandenseins einer Urschrift bedingten Stempelfreiheit verordnet die De™c.^“"9Si Ziffer 33 Ausf.Bek. (amtl. Ausg. S. 106):

Die Stempelpflicht ist auf Ausfertigungen von bereits vorhandenen Schrift- Ziffer 33. stücken eingeschränkt, so dass, wenn nicht eine andere Tarifstelle (z. B. Nr. 22, 39 etc.) Anwendung findet, Steuerfreiheit in allen denjenigen Fällen eintritt, in denen es an einer Urkunde fehlt, von welcher die amtliche Ausfertigung ent­ nommen ist. Alle Behörden und Beamten einschliesslich der Notare sind ver­ pflichtet, auf den von ihnen stempelfrei ertheilten Ausfertigungen, insoweit sie nicht unter die Befreiungen zu a und b fallen, den Grund der Stempelfreiheit zu bescheinigen, z. B. „Stempelfrei Mangels Vorhandenseins einer Urschrift“. Auf jeder Urschrift (oder, wcml eine Urschrift nicht vorhanden ist, in den Akten) ist zu bescheinigen, welcher Stempel zu der Ausfertigung verwendet ist (Ziffer 7 Abs. 1 Dienstv.

amtl. AuSg. S. 131).

Wird neben einer nach der Tarifstelle 10 stempelpflichtigen Ausfertigung

eine zweite und weitere Ausfertigung ertheilt, so sind letztere nach der Tarifstelle 16 zu ver­

steuern (vergl. oben Anm. 3

deshalb

zu

vermerken,

letzter Absatz).

welcher Stempel

zu

Auf jeder dieser weiteren Ausfertigungen ist

der Hauptausfertigung

verwendet worden ist

(Ziffer 30 Abs. 2 u. Ziffer 32 Dienstv. amtl. Ausg. S. 152, 153 u. 154).

*22) R.G. 30. 11. 00 in Note 8. i. Civils. Bd. 4/ L. 350.

Bergt, insbesondere die Gründe dieses Urtheils Entsch.

564

N r.

!

11. Laufende

Steuerswb

11.

vom II

Gegenstand der Besteuerung.

1]

Hun- |i Mark.

dert

Pf.

Berechnung der Stempelabgabe.

Auszüge aus den Akten, öffentlichen Ver­ handlungen, amtlich geführten Büchern, Registern und Rechnungen, wenn sie für Privatpersonen auf ihr Ansuchen ausgefertigt werden.............................................................. Befreit sind die auf den Personenstand (Geburten, Heirathen, Sterbefälle u. s. w.) bezüglichen Auszüge aus amtlich geführten Büchern und Standesregistern.

ii

-p

50

Inhalt.

EmleUung.

Anm.

1.



2.

Einleitung. Begriff. Zuständigkeit. Akten, Verhandlungen u. s. w., Karten. Privatpersonen. Handelskammern. Fornr. Stempelfreiheit der Auszüge aus Kataster- und Personenstandsregistern.

Anm. „

3. 4.

„ „

5. 6.

Gerichtliche Negisteranszüge. Patent-, Gebrauchsmuster-, Waarenschutz- und Urheberrecht - Angelegen­ heiten. Fälle aus der Praxis. Stempelverwendungsvermerke.

Der erste Absatz der Tarifstelle stimmt mit den Tarifstellen „Auszüge" des Stst.G. v. 7. 3. 22 und den Tarifstellen 62 bezw. 63 der Stempeltarife v. 7. 8. 67 bezw. 24. 2. 69 überein. Der zweite Absatz ist neu und soll die bisher bestandenen Zweifel beseitigen, ob Auszüge aus Standesregistern zu den nach § 16 Abs. 1 des Personenstandregisters v. 6 2. 75

stempelfreien Verhandlungen gehören.* 1) Begriff.

Auszüge sind Urkunden, in denen der Inhalt von Akten,

öffentlichen Ver­

handlungen, amtlich geführten Büchern, Registern und Rechnungen ganz oder

zum Theil nicht in wortgetreuer und vollständiger Wiederholung, nur im Wesentlichen wiedergegeben ist.

sondern

Durch das Fehlen der wortgetreuen Wieder-

gäbe unterscheiden sich die Auszüge von beglaubigten Abschriften und auszugsweise beglaubigten Abschriften sowie von Ausfertigungen und auszugsweisen Ausfertigungen, die stets eine wörtliche Uebereinstimmung

mit

dem

ganzen

oder

theilweisen

Inhalt

der Haupt-

oder

Urschrift

voraussetzen. Zuständigkeit.

Während es sich bei beglaubigten Abschriften lediglich um die Herstellung der wörtlichen Uebereinstimmung

der

Abschrift mit der Hauptschrift,

also

um

eine

mehr

Thätigkeit handelt, erfordert die Herstellung der Auszüge eine selbständig

mechanische

ordnende, mehr

kritische Thätigkeit, denn es soll aus einem größeren Ganzen das für einen einzelnen Fall

Wesentliche herausgezogen werden.

Zuständig zur Ertheilung von Auszügen sind nicht blos

1) Kom.Berh. 3. Sitzung S. 8; Kom.Ber. S. 19 zu Tarifstelle 11.

565

Auszüge.

Urkundspersonen und Urkundsbehörden (vergl. Tarifstelle 1 Anm. 213), sondern alle Behörden,

die Akten, Verhandlungen, Bücher u. s. w. im Sinne der Tarifstelle 11 führen.

Gerade die

Behörden, zu deren Dienstbereich die Schriftstücke gehören, aus denen die Auszüge gefertigt

sollen,

werden

werden am besten beurtheilen

Wesentliche besteht.

Die Tarifstelle 11

können,

worin das für den einzelnen

Fall

enthält deshalb auch nicht, wie die Tarifstellen 1

und 77, beschränkende Bestimmungen hinsichtlich der Zuständigkeit.

Unter „Akten" im Sinne der Tarifstelle sind Schriftstücke zu verstehen, die von Akten, VerBehörden oder Beamten zu dienstlichen Zwecken gesammelt sind. Auszüge aus den u^,Katten. Akten von Privatpersonen (z. B. Rechtsanwälten, Aktiengesellschaften u. s. w.) sind nicht stempel­ pflichtig.

Oeffentliche Verhandlungen sind nicht blos Urkunden,

in denen etwas ver­

handelt ist, sondern überhaupt öffentliche Urkunden im Sinne der Anm. 2A § 1 Komm., also auch

solche mit verfügendem Inhalt.

auch auf Register und Rechnungen.

Das Erforderniß der Amtlichkeit bezieht sich

Auch Auszüge aus Karten

öffentlicher Behörden fallen

unter die Tarifvorschrift (vergl. unten Anm. 5 unter f); dies geht aus § 4 unter f Stst.G. hervor, wonach Auszüge aus Karten der^Katasterverwaltung stempelfrei sind. v. *23. 2. 39 (Cbl. S. 38, Just.M.Bl. S. 125) bestimmte, daß

Auch die Kab.Order

Auszüge aus den Karten

des in den westlichen Provinzen aufgenommenen Grundsteuer-Katasters fortan stempelfrei sein sollten. Ob das Schriftstück, von dem der Auszug gefertigt werden soll, stempelpflichtig ist, hat für die Stempelpflichtigkcit des Auszuges keine Bedeutung.

Tie Auszüge müssen für Privatpersonen auf ihr Ansuchen ausgefertigt worden der Stempelabgabe unterliegen daher nicht alle ausschließlich im öffentlichen

Hödels-

Interesse erforderten Auszüge. Als Privatpersonen im Sinne der Tarifstelle können Handels-

rammen,,

sein;

kammern

nicht gelten,

da sie einen öffentlich-rechtlichen Charakter haben.

aus dem Handelskammergesetz v. 24. 2. 70 (G-S. S. 134) und dem Gesetz

Sie sind,

Privat­

wie

über die Zu­

ständigkeit der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbehörden v. 1. 8. 83 (G.S. S. 237) Titel XVII hervorgeht, politische Körperschaften und zwar Selbstverwaltungskörperschaften, ähnlich wie die übrigen im Staate bestehenden Vertretungskörper, als Stadtverordneten -

Versammlungen, Kreistage, Provinziallandtage,

kirchliche Gemeindevertretungen u. s. w.,

bei

denen sich die Zwecke des Staates mit den Interessen bestimmter Kreise des Volkes berühren.*2) Vergl. Anm. 5 unter e.

WaS die Forin der Auszüge anlangt, so

ist es nicht erforderlich, daß unter dem

Form.

AuSzuge seine Nichtigkeit besonders beglaubigt wird; cs genügt, daß das Schriftstück sick­

äußerlich als Auszug kennzeichnet und mit der Unterschrift der Beamten oder der Behörde,

von denen die Ausstellung ausgeht, versehen ist.

Fehlt die Unterschrift, so liegt ein stempel­

pflichtiger Auszug nicht vor.

2.

Nach § 4 unter f Stst.G. sind stempelfrei Auszüge aus den bei der Katasterverwaltung geführten oder aufbewahrten Karten und sonstigen Schriftstücken (vergl. 8 4

Stempel­ aus

Anm. 12 S. 65 Komm.) und nach dem zweiten Absatz der Tarifstelle 11 sind befreit Auszüge Kataster- und aus den über den Personenstand geführten Büchern und Standesregistern (vergl. oben Anm. 1 ^sonenAbs. 1). Ueber diese Registerauszüge vergl. § 15 Abs. 2 Personenstandsges. v. 6. 2. 75 regTftem.

(R.G.Bl. S. 23) und §§ 6 u. 15 Abs. 2 Bek. d. Reichst. 25. 3. 99 (R.G.Bl. S. 225).

3*

Für gerichtliche Registerauszüge kommen die Grundsätze der §§ 29 u. 110 Abs. 2 Gerichtliche Pr. G.Kost.G. zur Anwendung, so daß der Stempel der Tarifstelle 11 nur insoweit erhoben Auszug werden darf, als für die Ertheilung der Auszüge nicht eine Gebühr bestimmt ist.

Für die

stempelsteuerliche Behandlung der gerichtlichen Auszüge gilt daher dasselbe, wie für die Er-

*2) Atlg. F.M.Crl. 30. 10. 96 III 14 818, Cbl. S. 626.

566

Tarifstelle 11.

theilung beglaubigter Abschriften aus gerichtlichen Registern (vergl. Tarifstelle 1 Anm. 7 S. 440

Komm. u. § 1 unter c des Nachtrages I zur allg. Verfügung v. 29.2.96 amtl. Ausg. S. 72). Stempelfrei sind mithin:

Auszüge aus den Handelsregistern,* 3) den Vereins-

und Güterrechtsregistern, den

Standesregistern und Kirchenbüchern und aus den Musterregistern.

Stempelpflichtig sind dagegen:

Auszüge aus den Genossenschaftsregistern, den Schiffsregistern, den Registern für Waffergenoffenschaften oder den Vorrechtsregistern und den Börsenregistern.

4*

Gebrauchsmuster-,

Auszüge in Patentangelegenheiten

und

Angelegenheiten des

Gebrauchsmuster-

schutzes (Patentgesetz v. 7. 4. 91 R.G.Bl. S. 79; Ges., betr. den Schutz von Gebrauchs-

v. 1. 6. 91 R.G.Bl. S. 290 und § 29 der Verordn, zur Ausführung dieser Ges. 11. 7. 91 R.G.Bl. S. 349), ferner Auszüge in Angelegenheiten des Schutzes der WaarenBezeichnungen (§ 8 der Verordn, zur Ausführung des Waarenschutzgesetzeö v. 30. 6. 94 R.G.BI. S. 495) sind stempelpflichtig.

Urheberrecht-v. Angelegen-

e cn’

Wegen der Stempclfreiheit der Auszüge, betr. das Urheberrecht an Schriftwerken, Ab­

bildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken sowie an Werken der bildenden Künste, vergl. S. 74 Ziff. 58 Buchst, a u. b Komm, und Ziff. 34 S. 556 Komm. Wegen

der Stempelfreiheit der die Eintragung in das Musterregister betreffenden Auszüge auf Grund des § 12 des Ges., betr. das Urheberrecht an Mustern und Modellen v. 11.1. 76 (R.G.Bl. S. 11) vergl. S. 74 Ziff. 58 Buchst, c Komm, und die vorhergehende Anm. dieser Tarifstelle.

Fälle aus der Praxis.

5*

Nach den in der Verwaltungspraxis ergangenen Elüscheidungen sind Auszüge:

a) aus Deckregistern, welche die Besitzer von Hengsten oder Stieren den Besitzern

weiblicher Thiere ertheilen, stempelfrei, weil die Aussteller nicht zu den öffent­ lichen Beamten oder Behörden gehören.

Hierher gehören die sog. Füllenscheine.

Ferner sind frei die in Ostfriesland ertheilten Auszüge aus den Stutbüchern

und den Stamm- oder Heerdenbüchern, weil die Vereine, welche die Aus­

züge ertheilen, nicht als Behörden anzusehen sind, F.M.Erl. 29. 8. 96 III. 12311;

b) aus

Erbschaftssteuerakten

stempelpflichtig,

auch

in

der Form

von

be­

glaubigten Abschriften von Gesuchen, die einen Bestandtheil der Erbschaftssteuer­

akten bilden, da sich diese Abschriften als Aktenauszüge darstellen * 4),

F.M.Erl. 5. 1. 97 III. 41;

c) aus den Verhandlungen über die Veranlagung zur Ergänzungssteuer, die

über Grundstückswerthe auf Ansuchen den Eigenthümern der Grundstücke oder deren Beauftragten oder den ein berechtigtes Interesse und die Einwilligung des Eigen-

thümers nachweisenden Personen zu Beleihungs- oder anderen Zwecken durch die Vorsitzenden

der

Einkommensteuer - Veranlagungskommission

ertheilt

werden,

stempelpflichtig, Allg. F.M.Erl. 3. 6. 97 II. 5052 III. 6745;

*3) Kamm.G.Beschl. 11. 5. 96 Joh. Jahrb. Bd. 16 S. 266. *4) Diese Entscheidung ist nicht bedenkenfrei, denn begl. Abschr. von Gesuchen, die ein einheitliches, selbständiges Ganzes bilden, fallen nicht unter Tarifstelle 11, sondern unter Tarif­ stelle 1; nach dieser aber würde ein Stempel nicht zum Ansatz kommen, weil die Erbschaftssteuer­ ämter zu Abschriftsbeglaubigungen nicht zuständig sind.

Auszüge.

567

d) aus den Feuersocietäts- oder Brandkatastern, die den Betheiligten auf ihr

Ansuchen zur Benutzung für Privatzwecke ertheilt werden, auf Grund der Kab.Order vom 4. 5. 40 stempelfrei (§ 4h Stst.G.),

Allg. Erl. d. M., d. I. u. d. F.M. 29. 5. 40, M. d. I. A. 883, F.M. III. 11299 Cöl. S. 256, M.Bl. S. 244; F.M.Erl. 26. 2. 79 III. 2212 (für Schleswig-Holstein). Diese Auszüge sind auch dann stempclfrei, wenn sie in der äußeren Form von Attesten ertheilt sind

F.M.Erl. 6. 1. 90 III. 18701,89; e) aus den Gewerbesteuer-listen, welche die Handelskammern von den SteuerEinschähungs-Behördcn sich ertheilen lassen, um sie als Grundlagen bei Berechnung

und Bertheilung der Umlagen auf ihre Mitglieder zu benutzen, sind stempelfrei, weil die Handelskammern als Privatpersonen nicht gelten können (vergl. Anm. 1 u. den Note 2 angeführten allg. F.M.Erl. 30. 10. 96 Cbl. S. 626).

oben

f) aus Vcrmessungsvermerkell (Karten), die bei der auf Veranstaltung der Stadtbehörde Berlin vorgenommenen Vermessung der Stadt gefertigt sind und zur arntlichen Benutzung in der städtischen Registratur aufbewahrt werden, stempel-

pslichtig

F.M.Erl. 5. 2. 95 III. 907. 6*

Hinsichtlich dieser Vermerke findet das in der Anm. 7 Abs. 3 der Tarifstelle 10

Gesagte sinngemäße Anwendung. oder in den Akten

Auf dem Schriftstück, von dem der Auszug entnommen ist,

muß demnach vermerkt werden,

welcher Stempel zu dem Auszuge ver­

wendet ist, und aus dem Auszüge, wie das Schriftstück verstempelt worden ist, von dem der Auszug gefertigt ist (Ziffer 7 Abs. 1 u. Ziffer 32 Dienstv. amtl. Ausg. S. 131, 153 u. 154).

fummel u. Specht, Stempclsteucrgesetz.

38

stempel*

568

N r.

I

KariMslke 12.

Laufende

Steuersatz

12.

vom Hun-!

Gegenstand der Besteuerung.

Berechnung der Stempelabgabe.

dert Mark Pf.

I ! i

- i

Bestallungen für besoldete Beamte. für unbesoldete Beamte.................... . frei.

1 50

Inhalt. 91 nm. 1. Einleitung. „ 2. Begriff und Form. „ 3. Beamte. „ 4. Verleihung eines Amtes.

1*

I i

901111. 5. 6. 7. 8.

„ „

I I

Verleihung eines besonderen Di enstranges. Besoldung. Fälle aus der Praxis. Form der Versteuerung.

Hinsichtlich der Versteuerung der Bestallungen hat sich dem früheren Recht gegenüber „Offizier-Patente" und „Vokationen der Geistlichen Und

lvergl. Tarifstellen: „Bestallungen",

Schullehrer" des Stst. G. v. 7. 3. 22, Tarifstellen: 19/7 und 7/8 67 und Tarifstellen:

„Vokationen"

„Bestallungen"

der Stempeltarife von

der Stempeltarife v. 5. 3. 68, 24. 2. 69

und 7/8 67) nichts geändert: auch der Steuersatz von 1,50 Mark ist derselbe geblieben.

der Kommission des Abg. H. gestellter Antrag, amten in niedere und höhere und bei

Ein in

den Stempel nach der Eintheiluug der Be­

letzteren nach den Rangklasseu zu verschiedenen Sätzen

von 1 Mark bis 10 Mark abzustufen, wurde abgelehnt.* 1) Wie Bestallungen sind auch Offizierpatente und Vokationen der Geistlichen und Schul­

lehrer (Tarifst. 47 und 72) zu Verstempeln.

2.

Bestallungen sind in feierlicher Form ausgestellte Urkunden über die Verleihung

eines Amtes oder über die Gewährung einer neuen, mit einem

besonderen Dienstrange

ausgestatteten Amtsstellung; *2) bloße Charakterverleihungen sind deshalb keine Bestallungen.

Die Stempelpflicht wird durch die feierliche Form der Urkunde bedingt. die Form der

Abfassung

der

Amtsbestallungen für

Staatsbeamte

Ueber

verordnet der Staats-

ministerialbeschluß vom 18. 6. 33 (v. K. I. Bd. 41 S. 479) unter anderem, daß der Betrag des Gehalts oder des Einkommens in die Bestallungen nicht aufzunehmen,

sonderen Verfügung vorzubehalten

ist

sondern einer be­

und daß in den Urkunden die Erwartung der Treue

und des Gehorsams gegen den König und das Königliche Haus,

gewissenhafter Erfüllung der

obliegenden Amtspflichten u. s. w. ausgedrückt werden soll.*3) Auf einfache Benachrichtigungen oder Verfügungen an die Beamten über ihre Anstellung ist die Tarifstelle nicht anwendbar; es unterliegen deshalb Verfügungen, durch die Unterbeamten eine etatsmäßige Stellung unter

Vorbehalt der Kündigung verliehen wird, dem Bestallungsstempel nicht.*4) In der Staatsverwaltung soll bei der Anstellung von Subaltern- und Kanzleibeamten überall die feierliche Form der Bestallungen gewählt, für die auf Kündigung anzustellcnden

*1) *2)

Kom. Ber. zu Tarifst. 12 (Antrag Nr. 4 zu II). Sehr. d. F.M. an M. öff. A. und die übrigen Minister 4. 9. 99. III 8258, mitgeth. den P.St.D. durch F.M.Erl. von demselben Tage. *3) F.M.Erl. 26. 8. 91 III 11823; Schr. d. F.M. an M. öff. Arb. 7. 11. 95 III 14651. *4) Vergl. Schr. 4. 9. 99 Not. 2.

569

Bestallungen.

Unterbeamten dagegen durchweg von der Ausfertigung einer förmlichen Bestallung abgesehen

werden.* 5) In ähnlicher Weise ist insbesondere für den Bereich der Eisenbahnverwaltung vorgeschrieben, daß nur in den Fällen der unkündbaren (festen) Anstellung der Beamten förmliche Bestallungs­

urkunden ausgefertigt werden sollen, und zwar auch bei der Beförderung der bereits unkündbar

angestellten

Beamten

in höheren Stellungen.

Ernennungs- oder Anstellungsverfügungen,

Wegen der Stempelfreiheit der sogenannten

die den Beamten bei der Ernennung zum Diätar

oder bei der unter dem Vorbehalt des Kündigungsrechts erfolgenden Verleihung etatsmäßiger Stellen zugefertigt werden, sowie der Verfügungen, durch die z. B. einem Stationsassistenten die Dienstgeschäfte eines Stationsverwalters oder einem Eisenbahnsekretär die Dienstgeschäfte

eines Kassenkontroleurs widerruflich übertragen werden, vergl. Tarifstelle 10 Anm. 5 Ziffer 4

unter b S. 548 Komm * 6)

3.

Die Tarifstelle hat nur Bestallungen für Beamte zürn Gegenstände und zwar

sowohl für unmittelbare als für mittelbare (Gemeinde-, Kirchen- u. s. w. Beamte).

Beamte,

Vergl.

§ 19 Anm. 4 und 5 S. 266ff. Komm. Auch für Bestallungen besoldeter Reichsbeamten ist der Bestallungsstempel zu entrichten.*?)

Die gemäß §36R.Gew.O. für gewisse Gewerbetreibende (Feldmesser,Auktionatoren u.s. w.)

von Staats- oder Kommunalbehörden oder Korporationen zu ertheilenden Anstellungs­ urkunden fallen nicht unter die Tarifstelle, weil diese Personen zwar für die betreffenden Gewerbe mit einer besonderen Glaubwürdigkeit versehen werden, aber in kein öffentlich-rechtliches

Dienstverhältniß treten und darum keine Beamten sind.* 8) vereidigten und bestallten Trichinen-

Auch die nach § 36 R.-Gew.-O«

und Fleischbeschauer sind deshalb in der Regel

nicht zu den Beamten im. Sinne der Tarifstelle zu rechnen.

Wenn sie auch vom Standpunkte

des Strafrechts (des strafrechtlichen Schutzes und der strafrechtlichen Verantwortlichkeit) als

Beamte angesehen werden (vgl. § 19 Anm. 6 I Ziffer 4 und Note 32 S. 269 Komm.), wohnt ihnen doch

so

in Beziehung auf ihre disziplinäre Unterordnung unter die anstcllcnde

Behörde die Eigenschaft

öffentlicher Beamter

nicht bei.

Bestallungen für diese Gewerb-

treibenden unterliegen daher nicht der Stempelpflicht nach der Tarifstelle 12. Dagegen sind stempel­

pflichtig Bestallungen für die von den G e m e i n d e n in von ihnen unterhaltenen öffentlichen Schlacht­

häusern und Untersuchungsanstalten angestellten und vereidigten Fleisch- und Trichinenbeschauer, sofern sie in

Sie

einem disziplinären Verhältnisse zu der anstellenden Gemeindebehörde stehen.

gelten als besoldete Gemeindebeamte, auch wenn sie keine feste Besoldung erhalten,

sondern auf den Bezug der amtlichen Gebühren angewiesen sind.* 9) Für Anstellungsurkunden von Fleisch- und Trichinenbeschauern, die nicht unter Tarifst. 12

fallen, ist aber der Ausfertigungsstempel zu entrichten, sofern die Voraussetzungen der Tarif­

stelle 10 zutreffen.

(Vergl. dort Anm. 5 Ziffer 12 S. 550 Komm.)

4 Der Bestallungsstempel ist zu derjenigen Urkunde zu zahlen, durch die dem Beamten Verleihung das Amt endgiltig verliehen wird; bloße Verfügungen über die probeweise Verleihung einc5 2tmtc3* eines Amtes sind als Bestallungen nicht anzusehen.* 10)

Wegen der Anstellungsurkunden der

auf Probe angestellten Kommunalbeamten vergl. aber Anm. 7 Ziffer 8.

Urkunden in feier-

*5) F.M.Erl. 28. 10. 99 I 12310 u. 4. 11. 99 III 13805. *6) Allg. Erl. M. öff. A. 21. 11. 95 s. S. 548 Komm. Ziffer 4 unter b. *7) Erl. d. Reichst. 7./4. 73 R. K. A. Nr. 1819 B u. F.M.Erl. 19. 4. 73 III 5571 Marine-Verordn. Bl. S. 72. *8) Laband, Staatsrecht 3. Aufl. Bd. I § 44 S. 391; Landmann-Rohmer Gewerbeordnung 3. Aufl. Bd. I § 36 Anm. 7 S. 353. *Q\ ct

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*10) Allg/ F.M.Erl. 7. 11. 88 III 21080 M.Bl. S. 217, C.Bl. S. 815. 38*

Tarifstelle 12.

570

licher Form, durch die ein Beamter auf Kündigung angestellt wird, erfordern dagegen an

sich den Bestallungsstempel.* 11)

Da jedoch solche Beamten meistens nur einfache Ver­

fügungen oder Benachrichtigungen

über ihre Anstellung erhalten, so bedarf es in der

Regel des Bestallungsstempels nicht (vergl. oben Anm. 2 Abs. 2 am Schluß und Abs. 3 und 4).

Es liegt nicht in der Absicht des Gesetzes,

den Bestallungsstempel mehrmals zu er­

fordern, wenn einem Beamten an Stelle seines bisherigen Amtes ein anderes, im wesentlichen

gleiches Amt übertragen wird.

Ueberträgt z. B- die Eisenbahnverwaltung einem Bureaudiener

eine Kassendienerstelle, so bedarf es für letztere nicht des Bestallungsstempels, da für beide Beamtenklaffen die Besoldungs- und Anstellungsverhältnisse die gleichen sind und es unerheblich

ist, daß die Verleihung der Kaffendienerstelle mit der Verpflichtung zur Kautionsleistung verbunden ist.* 12)

Stempelfrei sind auch Urkunden über die Neberführung von Bremsern in

Schaffnerstellen.* 13)

Wenn in Folge von

Etatsvorschriften die Bezeichnung der

von

den bisherigen

Stelleninhabern bekleideten Stellen, nicht aber das Anlt und die dienstliche Beschäftigung ab­ geändert wird, so ist die Ausfertigung besonderer Bestallungen nicht erforderlich.* 14)

Die Mit­

theilung der neuen Bezeichnung ist deshalb dem Stempel der Tarifstelle 12 nicht unterworfen.

5* Bestallungen sind auch diejenigen in feierlicher Form ausgestellten Urkunden, mittels

V"ines""0

besonderen deren einem Beamten eine neue mit einem besonderen Dienstrange ausgestattete Amtsi^angcV stellung gewährt wird. Als solche müssen die Urkunden über Ernennungen der Vortragenden Räthe in den Ministerien zu Geheimen Ober-Regierungsräthen, Geheimen Ober-Bauräthcn, Geheimen Ober-Finanzräthen, Geheimen Ober-Justizräthen u. s. w. gelten, denn sie geben den Bedachten nach der Verordnung vom 7.2.1817 (G.S.S. 61) den Dienstrang der Räthe

zweiter Klasse in den Ministerien und unterscheiden sich von bloßen Charakterverleihungen z. B. von der Verleihung des Charakters als Geheimer Ober-Justizrath

mit dem Range

der Räthe zweiter Klasse an Landgerichts-Präsidenten insofern, als sie die Beamten zu wirk­ lichen Räthen zweiter Klaffe machen, ihnen die amtliche Stellung eines solchen mit allen

dadurch bedingten Rechten zuerkennen, während die Charakterverleihung nur die Berechtigung zur Führung des Titels und die Erhöhung des persönlichen Ranges zur Folge haben.*15)

Auch

die Ernennungsllrkunden der administrativen

Eisenbahndirektionsmitglieder

Jnspektionsvorstände zu Räthen vierter Klasse (Regierungsräthen,

und

dtr

Eisenbahndirektoren und

Regierungs- und Bauräthen) erfordern den Bestallungsstempel, weil nicht bloß ein persönlicher

Rang, sondern die Stellung eines Rathes vierter Klasse und der damit verbundene Dienstrang

verliehen wird.* 15) 6.

soldete ist.

Bestallungen sind nur stempelpflichtig, wenn die verliehene Amtsstelle eine be­ Unter Besoldungen im Sinne der Tarifstelle sind nicht blos daö wirkliche

Gehalt oder eine etatsmäßige Besoldung zu verstehen, sondern auch andere mit einer Stelle verbundene Diensteinnahmen, also Diäten, Remunerationen,* 16) reglementsmäßige oder sonst int Wege des Uebereinkommens festgestellte Gebühren, wobei es keinen Unterschied macht, ob sie den Beamten aus der Staatskasse oder wo anders her gezahlt werden.* 17)

Ob die Be-

*11) Schr. F.M. an M. öff. A. 21. 3. 89 III 4241, mitgeth. P.St.D. durch attg. F.M.Erl. 22. 4. 89 III 5941 C.Bl. S. 190. *12) F.M.Erl. 21. 6. 94 (int Einv. mit Ob.R.Kamm.) III 6990. *13) Schr. M. öff. A. an F.M. vom 7. 10. 95 IV b. 13. 11588 u. Schr. F.M. an M. öff. A. 7.11.95 III 14651. *14) Allg. F.M.Erl. 6. 10. 97 I 12901 III 12481 u. Schr. F.M. an M. öff. A. von dem­ selben Tage. *15) Vergl. den allg. F.M.Erl. 4. 9. 99 in Note 2. *16) F.M.Erl. 24. 4. 22 III. 7962; 7. 9. 22 III. 7487; 28. 3. 39 III. 7338. *17) F.M.Erl. 29. 2. 48 III. 2312 IV. 3319.

Bestallungen.

571

soldung in Geld oder in Naturalien, freier Wohnung u. s. w.

gewährt wird, ist ohne Be­

Es ist auch nicht erforderlich, daß der Besoldungsanspruch zur Zeit der Bestallungs­

lang.*^)

ausfertigung bereits besteht; der Stempel ist auch dann zu entrichten, wenn die Beamten zu­

nächst einige Zeit unentgeltlich beschäftigt werden und erst späterhin in den Genuß einer festen Remuneration u. s. w. treten, wie es beispielsweise bei Regierungsassessoren der Fall ist. *19)

Nur dann bedarf es des Bestallungsstempels nicht, wenn es sich um eine ganz unent­ geltliche Uebernahme eines Amtes handelt und wenn die Besoldung für die Dauer des Anltes 150 Mark oder weniger beträgt. *20)

7. 1.

Folgende Fälle sind aus der Praxis hervorzuheben:

Amtsvorsteher,

Bestallungen stempelfrei,

Fälle aus der

weil unbesoldete Beamte; nur Be-

stallungen für die mit fixirter Remuneration anzustellenden kommissarischen Amts­ vorsteher stempelpflichtig

Schr. d. F.M. an M. d. Inn. 24. 6. 73 I. 8211 II. 11130 III. 9069; 2. Bürgermeister in Hessen-Nassau, Bestallungen stempclpflichtig, da sie schädigung für ihre Mühewaltungen

ein

wenn

auch

niedrig

als Ent­

bemessenes

Gehalt

beziehen

Erl. M. b. Inn. 5. 9. 98 I. A. 8103 u. F.M.Erl. 9. 9. 98 III. 12715; 3.

Eisenbahnbeamte,

Bestallungen

Anstellung s. oben Anrn. 2 Abs. 4.

stempelpflichtig

in

den

Fällen

unkündbarer

Ueberführungen von Büreaudienern in Kassen-

dienerstellen oder von Bremsern in Schaffnerstellen stempelfrei, vergl. ebenda.

Be­

stallungen für Eisenbahn -DirektionSmitgliedcr und Jnspektionsvorstände stempel­

pflichtig, vergl. oben Anm. 5 am Schluß; 4. Fleischbeschauer, vergl. oben Anm. 3 Abs. 2 u. 3;

5. Kapläne,

wegen Sternpelpflichtigkeit der Bestallungen

vergl. unten

Ziffer 10.

Stempelfrci sind die sog. Kaplandekrete, da durch sie ein dauerndes geistliches

Amt endgiltig nicht übertragen wird, sie auch nur eine Anweisung an den Pfarrer enthalten, den Kaplan aufzunehmen und für dessen Wohnung, Unterhalt u. s. w. zu sorgen

F.M.Erl. 15. 7. 99 III. 9124; F.M.Erl. 27. 6. 01 III. 8073; 6. Kanzleibeamte, Bestallungen stcmpelpflichtig, vergl. oben Anm. 2 Abs. 3;

7. Katasterkontroleure oder Katastersekretäre, die bisher Katasterlandmcsser

waren, und Katasterzeichner — bisher Hilfszeichner — erhalten stempelpflichtige Bestallungen

AUg. F.M.Erl. an Reg.-Präs. 22. 8. 99 II. 7286; 8. Kommunalbeamte, die gemäß § 1 Ges. v. 30. 7. 99 (G-S. S. 141) zu ertheilenden

Anstellungsurkunden sind stempelpflichtig, desgleichen die den auf Probe angestellten Kommunalbcamten gemäß §2 Abs.l dieses Ges. auszuhändigenden Anstellungsurkunden, sofern diese nicht etwa in der Form bloßer Verfügungen (vergl. oben Anm.4und

Note 10) ausgestellt werden.

Die weiteren Bestallungen, durch die probeweise ange­

stellte Beamte auf Kündigung oder auf Lebenszeit angestellt werden, bedürfen nach dem in der Anm. 4 Abs. 2 erörterten Grundsätze nicht wiederum des Bestallungs­ stempels

F.M.Erl. 25. 4. 01 III 1946; 9.

Ofsizierpatente, vergl. Anm. zur Tarifstelle 47;

*18) F.M.Erl. 17. 10. 98 III. 14316. *19) Schr. M. d. Inn. an F.M. 16. 8. 96 C. 5678 u. Schr. d. F.M. an M. d. Inn. 22. 8. 96 III. 11964.

*20) Allg. F.M.Erl. 28. 4. 40 III. 8631 IV. 6027 Cbl. S. 240, M.Bl. S. 188.

^raEl5‘

572

Tarifstelle 12.

10. Pfarrer und Kapläne, die von Bischöfen oder bischöflichen Behörden

aus-

gestellten Bestallungen sind stempelpflichtig, weil die Pfarrer und Kapläne Be­

soldung beziehen, gleichviel, ob diese in Gehalt, Naturalien (freie Wohnung u. s. w.)

oder Gebühren besteht

F.M.Erl. an P.St.D. Cassel, Breslau, Hannover, Cöln, Münster und Posen 17. 10. 98 III. 14316; F.M.Erl. 29. 12. 00 III. 12932 u. 27. 6. 01 III. 8073. 11. Regierungs-Assessoren, deren stempelpflichtige Bestallungen

vergl. Sinnt. 6

Abs. 1; 12. Subalternbeamte, Bestallungen stempelpflichtig, vergl. oben Anm. 2 Abs. 3; 13.

Trichinenbeschauer vergl. oben Anm. 3 Abs. 2 u. 3;

14. Unterbeamte (staatliche) auf Kündigung

erhalten keine Bestallung, vergl. oben

Anm. 2 Abs. 3 u. Anm. 4 Abs. 1;

15. Vikare, deren Bestallungen stempelpflichtig, weil sie freie Station und gesetzlich

geregelte Vergütung für ihre Amtshandlungen erhalten

F.M.Erl. 17. 10. 98 III. 14316; 16.

Vortragende Räthe in den Ministerien erhalten bei der Beförderung zu Räthen zweiter Klaffe stempelpflichtige Bestallungen, vergl. oben Anm. b.

Form der Versteuerung.

8.

Nach Ziffer 33 Dienstv. kann die Versteuerung der Bestallungen einschließlich der

Offizierpatente durch Verwendung von Stempelbogen oder Stempelmarken auf den Bestallungen oder zu den Akten bewirkt werden;

sie kann auch durch Benutzung abgestempelter Formulare

oder beschriebener Bogen erfolgen. Der Stempel für Bestallungen der Justizbeamten ist nicht in Natur, sondern bei den

Gerichtskosten zu vereinnahmen (Ziffer 1 § 1 Abs. 3 des Nachtrages I zur allg. Verf. v. 29. 2. 96 amtl. Ausg. S. 73).

N r.

j

Kcd^ rMeLke 13 L»rs 16. Laufende

Steuersatz vom

Gegenstand der Besteuerung.

Berechnung der

Hun- | Stempelabgabe. dert Mark. Pf.

13.

Bürgschaften, s. Sicherstellung von Rechten.

14.

Cessions-Instrumente, s.

Abtretung

von

Rechten.

15.

Consense zur Uebernahme einer Vormund­ schaft seitens eines Beamten oder einer MiUtärperson............................................... frei.

16.

Duplikate

von stempelpflichtigen Urkunden jedoch nicht über den zu der stempelpflichtigen Urkunde selbst erforderlichen Stempel hinaus.

1

50

Inhalt. Sinnt. 1. „ 2.

Einleitung Begriff des Duplikats. Gerichtliche, notarielle und andere öffentliche Ur­ kunden ; Privaturkunden.

Anin. 3. „ 4. „ 5.

Anwendungsgebiet. Berechnung des Stempels. Bescheinigungen über die Versteuerung der Haupturkunde.

1. Nach früherem Recht (vergl. Tarifstellen „Duplikate" des Stst.G. v. 7. 3. 22 und Einleitung,

der Stempeltarife v. 6. 8. 67, 5. 3. 68 und 24. 2. 69) waren Duplikate wie beglaubigte Abschriften mit 1,50 Mark, jedoch nicht höher wie die Hauptschrift, zu versteuern; da beglaubigte Abschriften im jetzigen Gesetz wie amtliche Zeugnisse (Tarif 77) und ohne Rücksicht auf die Stempelpflichtigkeit der Hauptschrift zu versteuern sind, konnte die Gleichstellung der Duplikate mit den beglaubigten Abschriften nicht mehr beibehalten werden.

2. Der Begriff des Duplikats im Sinne der Tarifstelle 16 ergiebt sich aus § 9 Stst.G. Begriff der Wenn über denselben Gegenstand mehrere Urkunden gleichen Inhalts ausgefertigt werden, ^^chuiche,

so ist die eine von ihnen die Hauptausfertigung oder Haupturkunde, die anderen notarielle und sind die Nebenausfertigungen, Nebenurkunden oder Duplikate. Der gesetzliche Begriff der Duplikate ist hiernach gleichwertig mit dem der „Nebenexemplare" des § 13 beln? Stst.G- von 1822 (jetzt des § 9 und der Tarifstelle 44, vergl. § 9 Sinnt. 2 S. 130 Komm.). Die Praxis des Finanzministeriums hat den Begriff der Duplikate nicht so eng aufgefaßt und erachtet zur Vermeidung von Doppelversteuerungen eine Versteuerung nach der Tarifstelle 16 auch dann für zulässig, wenn zwischen der zweiten und der Hauptaus­ fertigung nur im Wesentlichen Uebereinstimmung besteht (vergl. 8 1 Anm. 4 S. 7 Komm, und § 25 Sinnt. 1 unter Buchst, a S. 327 Komm.). Als Regel schreibt der erste Absatz des § 9 Stst.G. vor, daß die auf dem Gegenstände ruhende Steuer zu der Hauptausfertigung zu verwenden ist, während die weiteren Ausfertigungen nach der Tarifstelle 16 zu Verstempeln sind. Diese Regel hat hinsichtlich der notariellen Urkunden durch den zweiten Absatz deö § 9 und neuerdings hinsichtlich der gerichtlichen

urkunden.

574

Tarifstelle 16.

Urkunden durch das Pr.G-Kost.Gesetz neuer Fassung Abänderungen erfahren.

In: Einzelnen ist

zu unterscheiden: A. Bei gerichtlichen Urkunden, insoweit sie unter den zweiten Abschnitt Pr.G.Kost.Ges.

fallen, wird nach § 56 Pr.G.Kost.G. neuer Fassung der auf dem Geschäfte ruhende Stempel für die Urschrift erhoben;

die erste Ausfertigung ist stempelfrei,

für jede weitere Aus­

fertigung wird der Stempel nach der Tarifstelle „Duplikate" erhoben. B. Für Notariatsverhandlungen, d.h. für notarielle Beurkundungen in Protokoll­ form, gilt nach dem zweiten Absatz des § 9 Stst.G. ebenfalls der unter A erwähnte Grundsatz

(vergl. § 9 Anm. 4 Abs. 1 und Anm. 7 S. 131 und 133 Komm.), also für: 1. notarielle Urkunden über Rechtsgeschäfte

(§§ 167 fg., § 175

R.GFreiw.G.;

Art. 40 fg. Pr.G.Freiw.G.); 2.

sonstige notarielle Urkunden nicht rechtsgeschäftlichen Inhalts, für die durch Art. 55 Pr.G.Freiw.G. die Form eines Protokolls vorgeschrieben ist (z. B. für General­ versammlungen von Aktiengesellschaften §259 A.H.G.B. und von Kommanditgesell­

schaften auf Aktien § 320 Abs. 3 A.H.G.B., für Versammlungen der Besitzer von Schuldverschreibungen § 9 Ges. 4. 12. 99 R.G.Bl. S. 691); 3. Urkunden über die Beglaubigung von Abschriften, über die Sicherstellung der Zeit, zu welcher eine Privaturkunde ausgestellt ist, über Lebensbescheinigungen und über sonstige Zeugnisse, wenn die Urkunden in der an sich nicht erforderlichen Protokoll­ form (Art. 56 Pr.G.Freiw.G.) errichtet sind. Die Aushändigung der Urschrift an die Parteien, die für Urkunden, welche im Auslande gebraucht werden sollen, nach Art. 44 Pr.G.Freiw.G- gestattet und für Wechselproteste durch

Art. 62 das. vorgeschrieben ist,

schließt die Pflicht des Notars, den Stempel zur Urschrift zu

verwenden, nicht aus. C. Für alle übrigen Urkunden gilt die Regel des ersten Satzes des § 9 Stst.G.,

also für: 1. gerichtliche Urkunden, insoweit sie nicht unter den zweiten Abschnitt (§§33 bis 56)

Pr.G-Kost.G. fallen (§ 9 Anm.6 Abs. 1 u. Abs. 2 Satz 1 S. 132 und S. 133 Komm.); 2. 3.

notarielle Urkunden, die nicht in Protokollform errichtet sind; alle anderen öffentliche Urkunden, mögen sie dispositiver Natur sein oder die Fest­

stellung amtlicher Thatsachen enthalten (§ 1 Anm. 2 A.

S. 4 Komm.).

Hierher

gehören auch Duplikate von Ausfertigungen im Sinne der Tarifstelle 10 (vergl. dort

die letzten Abs. der Anm. 3 u. 7 S. 545 u. 563 Komm.); 4. Privaturkunden.

Wird ein Rechtsgeschäft nicht in einer einheitlichen Urkunde,

sondern durch den Austausch mehrerer, je von einem der Vertragschließenden unter­

zeichneter Schriftstücke verlautbart, so bildet die Gesammtheit dieser Schriftstücke

die Haupturkunde und die auf dem Gegenstände ruhende Steuer ist auf dem­ jenigen Schriftstücke zu verwenden, durch welches die Beurkundung zum Abschluß

gelangt ist.

Voraussetzung für die Stempelpflichtigkeit der Duplikate privatschrift­

licher Urkunden ist, daß sie von dem oder den Ausstellern des Hauptexemplars selbst unterzeichnet sind; sie unterscheiden sich dadurch von den Abschriften, die zwar den

Wortlaut der Urschrift wiedergebende, aber nicht von den Ausstellern der Urschrift selbst unterzeichnete Schriftstücke sind.

In gleicher Weise wird auch zwischen Wechsel-

Duplikat und Wechsel-Kopie im Sinne der Artikel 60 und 70 der Wechselordn. v. 6. 1. 49 unterschieden.

Haben die Aussteller der Haupturkunde die Duplikate mit

ihrer Unterschrift versehen, so ist es für die Stempelpflichtigkeit nicht von Bedeutung, wenn die Unterzeichner nur beabsichtigt haben, Abschriften herzustellen und zu diesem

Zweck die Duplikate als „Abschriften" bezeichnet worden sind.*)

*) Kamm.G.Strafs. 26. 7. 00 F.M. III. 10826.

575

Duplikate.

3.

Dein Duplikatstempel unterliegt jede Neben-Ausfertigung einer stempelpflich-Anwendungs­ tigen Hauptausfertigung; eine Ausnahme bildet die Ermäßigungsvorschrift a der Tarifstelle 58 I, 9Cbict wonach nicht bloß Neben-, sondern auch Haupt-Ausfertigungen von Schuldverschreibungen

oder sonstigen

Forderungen aus

zweiseitigen Verträgen

unter

gewissen Bedingungen wie

Duplikate zu versteuern sind.

Für Duplikate von Pacht- und Miethverträgen über unbewegliche Sachen ist der Stempel

der Tarifstelle 16 nicht zu

Werttzstempels von

Ausfertigungen

entrichten, weil

i0 v. H. nicht bloß die Haupturkunden,

als rnitversteuert

gelten.

durch

die

Verwendung

des

sondern zugleich alle Neben-

Nur wenn in Verträgen dieser Art noch außerdem

stempelpflichtige Nebenabreden enthalten sind, bedarf es des Duplikatstempels zu den Neben-

AuSfertigungen (vergl. § 9 Anm. 3 S. 130 Komm. u. Nr. 5 Abs. 2 u. Nr. 14 der Beilage 2 zu Ziffer 24 des Nachtrags I zur Ausf. Bek. 13. 2. 96 amtl. Ausg. S. 13 u. 15).

In Folge des § 4 Abs. 1 und § 18 N.St.G. v. 14. 6. 00 ist vom 1. 7. 00 ab der

Duplikatstempel für Neben-Ausfertigungen

von Kuxscheinen

und von privatschrift­

lichen Schriftstücken über Kuxübertragungen in Wegfall gekommen.

4.

Eine als „Neben-Ausfertigung" bezeichnete Urkunde darf erst dann als Duplikat Abrechnung versteuert werden, wenn das Vorhandensein einer als Haupt-Ausfertigung versteuerten Urkunde ' cmpe nachgewiesen ist (§ 9 Abs. 1 Stst.G. u. Anm. 4 Abs. 3 S. 131 Komm.).

Ueber die Berechnung

des Duplikatstempels und darüber, daß er den Stempel für die Hauptausfertigung nicht über­

steigen darf, vergl. ebenda Anm. 5 S. 132 Komm.; wegen des Duplikatstempels zu NebenAusfertigungen zweiseitiger Verträge mit stempelfreien Personen vergl. § 5 Anm. 36 Abs. 4

S. 95 Komm.

5*

Nach § 9 Abs. 3 Stst.G. muß auf jedem Duplikat bescheinigt werden, welcher f,ein^n cn Stempel zur Haupt-Ausfertigung (bei notariellen Urkunden zur Urschrift) verwendet worden ist ^übe? dte-b" (vergl. § 9 Anm. 8 bis 10 S. 134 bis 136 Komm.). Wegen der Form dieser Bescheinigungen Versteuerung vergl. Ausf. Bek. Ziff. 15 A. II. u. B., § 14 Anm. 9 S. 202,204,205 u. Anm. 17 S. 217 Komm. bVunbe^

Für Neben-Ausfertigungen gerichtlicher Urkunden schreibt die Ziffer 6 des Nach­

trages I zur allg. Verf. v. 29. 2. 96 (amtl. Ausg. S. 77) vor, daß auf der Neben-Ausfertigung der zu dieser und der zur Urschrift berechnete Stempel getrennt anzugeben ist.

576

N r.

^ariffteCCe 17. Laufende

Steuersatz

17.

Berechnung

vom der Hun­ Stempelabgabe. dert Mark. Pf.

Gegenstand der Besteuerung.

Eheversprechen...........................................



1

50

Inhalt. Anul. 1. „ 2. Begriff und Inhalt.

!♦

Begriff und Inhalt. Form.

i I

Anm. 3. „ 4.

Stempelbefreiung. Erklärungen Dritter in der Urkunde.

Eheversprechen erfordern, auch wenn sie einseitig ausgestellt sind, die Stempel-

abgabe von 1,50 Mark; denn da das Verlöbniß nach B-G-B. (vergl. unten Anm. 2) keiner Form bedarf, insbesondere nicht schriftlicher Annahme, so ist schon die Beurkundung einseitiger Eheversprechen ein Beweismittel für das Bestehen des Verlöbnisses insofern, als dadurch die Uebernahme der Verpflichtung zur Eingehung der Ehe hinsichtlich des einen Theiles bewiesen

wird und der andere Theil unter der Behauptung mündlicher oder stillschweigender Annahme

und formloser Uebernahme der Gegenverpflichtung auf die Urkunde eine Klage auf das negative Vertragsinteresse gründen kann (§ 1298 B-G.B-). Nach A.L.R. freilich hat das Ehe­ versprechen (Ehegelöbnis nur als gegenseitiger Vertrag Rechtswirkungen (§ 75 Th. II

Tit. 1); dessen ungeachtet hat die Verwaltungspraxis auch die A.L.R. beurkundeten

unter

der Herrschaft

einseitigen Eheversprechen als stempelpflichtige behandelt.**!)

des

Die

regelmäßige Erscheinungsform ist aber die der zweiseitigen Verträge (Eheverlöbnisse) und nur von diesen ist nachstehend die Rede.

Das B.G.B. enthält keine Begriffsbestimmung des Eheversprechens; eine solche ist auch entbehrlich, denn es liegt in der Natur der Sache, daß das Verlöbniß das „gegenseitige Versprechen der Ehe" ist.

Das Verlöbniß enthält streng genommen zwei „Eheversprechen";

der Sinn der Tarifstelle geht aber dahin, daß der Stempel nur einmal zu erheben ist. Außer dem Eheversprechen enthält der Vertrag häufig Bestimmungen über das Vermögen der künftigen Eheleute, dessen Einbringung, Verwaltung oder Nießbrauch und

Erbfolge

unter den Eheleuten.

über die künftige

Alsdann sind nicht die Stempel der Tarifstellen 17,

18

und 21 neben einander zu entrichten, sondern es bedarf nur des Stempels der Tarifstelle 18

für Eheverträge,

sofern die für Verträge dieser Art vorgeschriebene Form (vergl. Tarif­

stelle 18 Anm. 4) beobachtet ist.

Denn obwohl Eheverlöbnisse ohne gleichzeitigen Abschluß

eines Ehevertrages errichtet werden können, muß dennoch das in einem Ehevertrage beurkundete Eheversprechen als die selbstverständliche Grundlage und Voraussetzung der gesummten Ver­

einbarungen und damit als ein bloßer Bestandtheil des einheitlich zu behandelnden Ehevertrages angesehen werden.* 2) Die Beurkundung des Verlöbnisses hat dann nur die Bedeutung einer historischen Erwähnung. Läßt jedoch die Urkunde erkennen, daß die Parteien ausdrücklich

die Verpflichtung übernehmen, sich zu ehelichen und schließen sie demnächst in derselben Urkunde *1) F.M.Erl. 6. 4. 37 III 7864. *2) Kamm.G.Beschl. 9. 10. 99. F.M. III 15863 Joh. Jahrb. Bd. 19 S. 195. Auch nach dem F.M.Erl. v. 6. 4. 37 (s. vorhergehende Note) u. dem Just.M.Erl. 4. 12. 50 I 4384 wird nur der Ehevertragstempel für erforderlich gehalten.

577

Eheversprechen.

den Ehevertrag ab, so liegen zwei selbständige, nach den Tarifstellen 17 und 18 zu versteuernde

Geschäfte vor. Im B.G.B. ist das Verlöbniß, d. h. das gegenseitige Versprechen der Ehe in den

§§ 1297 bis 1302 behandelt; nach § 1297 kann aus klagt werden, auch ist das Versprechen

Ehe unterbleibt,

ihm nicht auf Eingehung der Ehe ge­

einer Strafe für den Fall, daß die Eingehung der

nichtig und deshalb schon aus diesem Grunde stempelfrei.

Das Verlöbniß

ist aber nicht ohne Rechtswirkung (§§ 1298 fg.), mithin als Eheversprechen stempelpflichtig.

2.

Rach § 82 Th. II Tit. 1 A.L.R. mußte das Ehegelöbniß, wenn aus ihm ein Recht auf Vollziehung der Ehe zu klagen, entspringen sollte, gerichtlich oder notariell abgeschlossen

Form,

werden und zwar in Person oder, falls beide Theile sich nicht an einem Orte befanden, seitens

deS Bräutigams durch einen gerichtlich ernannten Bevollmächtigten (§§ 85 bis 87 a. a. O.).

©erneute Landleute durften das Verlöbniß vor besetztem Dorfgericht beurkunden (§ 83 a. a. O.). Ehegelöbnisse, bei denen die gesetzliche Form nicht gewahrt war, wurden für bloße Unterhandlungen erachtet (§ 91 a. a. O.),

sodaß die vor dem Inkrafttreten des B-G.B. in bloß privatschrift­

licher Fonn erklärten Eheversprechen nicht stempelpflichtig sind. Rach B-G-B. ist für Verlöbnisse eine Form nicht vorgeschrieben; es erfordern daher vom 1. 1. 1900 ab auch privatschriftliche Eheverlöbnisse den Stempel von 1,50 Mark. Eine durch Briefwechsel zu Stande gekommene Einigung über ein Eheverlöbniß ist stempelfrei, da eine Verkehrssitte, über Verlöbnisse förmliche schriftliche Verträge zu errichten, nicht besteht.

3.

Bei Eheversprechen ist der Werth des Gegenstandes nach Geld nicht schätzbar (§ 4 Anm. 2 S. 57 Komm.); die Befreiung des § 4a Stst-G- kann daher auf sie keine

Stempelbefrciun9‘

Anwendung finden.

4.

Sind gleichzeitig mit dem Eheverlöbnisse rechtsverbindliche Erklärungen Dritter Erklärungen beurkundet, so gilt hinsichtlich der Frage, ob eine mehrfache Steuer zu entrichten ist, alles, ® urfunbe^1

was S. 154 u. 155 unter C für das Zusammentreffen

eines Ehevertrages mit solchen Er­

klärungen ausgeführt ist (vergl. auch Tarifstelle 18 Anm. 6 S. 581 Komm.).

578

N r.

18. Laufende

Steuersatz vom

Gegenstand der Besteuenmg.

Hun­

18. Eheverträge.................................................... wird durch dieselben nberVermögensgegenstände von nicht mehr als 6000 Mark verfügt . . .

dert

Mark. Pf.



5 —

Berechnung der Stempelabgabe.

1 50

Inhalt.

Sinnt. 1. Einleitung. „ 2. Begriff und Gegenstand. „ 3. Zeitpunkt des Abschlusses. „ 4. Form. „ 5. Besoudere Vereinbarungen zwischen den Brautleuten oder Ehegatten. Schenkungen. „ 6. Zuwendungen und Versprechen Dritter.

Einleitung.

Anm. 7. Erbverträge in Eheverträgen. „ 8. Verzicht der Eltern auf das Pflicht­ theil. „ 9. Stempelbcfreiungen. „ 10. Ermäßigter Steuersatz. „ 11. Sicherstellungen von Brautschatz­ forderungen.

!♦ Der nach den früheren stempelgesetzlichen Bestimmungen geltende Steuersatz

Don

1,50 Mark ist in dem jetzigen Gesetz mit Rücksicht auf den meist erheblichen Werth des Gegenstandes auf 5 Mark erhöht; nur bei Vermögenswerthen von nicht mehr als 6000 Mark

soll der Stempel 1,50 Mark betragen.

Begriff und Gegenstand.

Vergl. unten Anm. 10.

2.

Nach A.L.R. versteht man unter Eheverträgen Verträge, durch die künftige Ehegatten oder Ehegatten ihre güterrechtlichen Verhältniffe regeln (§§ 251 fg. Th. II Tit. 1 A.L.R.).

Unter den Begriff der Eheverträge fallen daher nicht Vereinbarungen über die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten z. B. über die Kindererziehung, Folgepflicht der Frau u. s. w.

Die Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse konnte in der verschiedensten Weise erfolgen; sie

konnte allgemein in der Einführung eines anderen Güterrechts, als des durch den ersten Wohnsitz bestimmten

gesetzlichen

Rechts,

insbesondere

in

der

Einführung,

Abänderung

oder

Aus­

schließung der Gütergemeinschaft**!) bestehen (§§ 354, 356, 412 a. a. O.), aber auch in der Auf­

rechterhaltung des gesetzlichen Güterrechts und der vertragsmäßigen Bekräftigung seiner An­ wendung *2) (Art. 1391 code civ.).

Eheverträge konnten sich auch darauf beschränken, nur

bezüglich einzelner Vermögensstücke besondere, von dem gesetzlichen Güterrecht abweichende

Bestimmungen zu treffen (vergl. unten Anm. 5 Ziffer 3).

Der Inhalt der Eheverträge brauchte

sich nicht bloß auf das güterrechtliche Verhältniß, das während der Ehe zwischen den Ehe­

gatten bestehen sollte, zu beziehen, sondern er konnte sich auch auf die Ordnung der bei Auf­ lösung der Ehe in Folge Todes eines der Ehegatten eintretenden Vermögensverhältniffe

erstrecken

(vergl.

Anm. 7).

Insbesondere

konnten

in

Eheverträgen Vereinbarungen

über

Zuwendungen des Mannes an die Ehefrau zum Zwecke ihrer Versorgung im Wittwenstande ge­ troffen werden (Gegenvermächtniß, Leibgedinge, Witthum, §§ 456 fg. Th. II Tit. 1 A.L.R.).

*1) Sehr. F.M. an Just.M. 8. 2. 70 III 1615. *2) F.M.Erl. 24. 1. 98 III 15 583/97.

Eheverträge.

579

Im B.G.B. handeln die §§ 1432—1557 von dem vertragsmäßigen Güterrecht.

Nach

§ 1432 sind Eheverträge vor oder nach Eingehung der Ehe geschloffene Verträge, durch die Ehegatten ihre güterrechtlichen Verhältnisse regeln,

insbesondere auch nach der Ein­

gehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.

Die Regelung kann darin bestehen,

daß die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand ändern oder näher bestimmen,

oder ihn aus­

schließen und durch einen vertragsmäßigen ersetzen oder den gesetzlichen Güterstand nach erfolgter Aenderung oder Ausschließung wieder Herstellen oder den durch Vertrag begründeten Güter­ stand wieder ändern.

Eheverträge sind auch diejenigen, durch welche der gesetzliche oder der

vertragsmäßige Güterstand nur in einzelnen Beziehungen, einzelne Vermögensstücke

oder Vermögenstheile,

Begriffsbestimmung des § 1432 B.G.B. sind, wie früher,

namentlich in Beziehung auf

geändert

wird.*3)

Nach der

auch solche Verträge zu den Ehe­

verträgen zu rechnen, durch die Ehegatten sich die Aufrechterhaltung des gesetzlichen Güter­ standes bestätigen. — Einzelne Anwendungsfälle nach B.G.B. sind: Vertragsmäßige Bestellung

von Vorbehaltsgut (§ 1368), Ausschließung der Fortsetzung der Gütergemeinschaft (§ 1508), vertragsmäßige Erklärung zum eingebrachten Gut (§ 1523), zürn Vorbehaltsgut der Frau (§ 1526), zum eingebrachten Gut eines Ehegatten (§ 1553), Vereinbarung der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 1557). Als Eheverträge sind aber immer nur diejenigen anzusehen, die im Interesse der

Ehe über die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten geschlossen werden, die also bestimmt sind, entweder das Zustandekonunen der Ehe oder ein gedeihliches Verhältniß der Ehegatten während der Ehe zu fördern. Daher gehören zu den Eheverträgen nicht solche

Verträge,

die

nicht im Interesse der Ehe,

sondern im Interesse ihrer Auflösung

geschlossen werden.*!)

3*

Das französische Recht erklärte den Abschluß von Eheverträgen während bestehender Zeitpunkt i Ehe für unzulässig (Art. 1394, 1395 code civ.). Nach gem. Recht *5) und A.L.N.*6) Abschlüsse

(§§ 215, 251, 252, 354, 355, 412 fg. Th. II Tit. 1 A.L.R.) konnten Eheverträge sowohl vor als nach Eingehung der Ehe geschlossen werden und dasselbe gilt nach B-G.B. (§§ 1432, 1433

Abs. 2).

Verträge zwischen geschiedenen Ehegatten über die Regelung der vermögens­ rechtlichen Verhältnisse sind als Eheverträge nicht anzusehen.*?)

4.

Nach preuß. Recht war für Verträge, die vor Abschluß der Ehe über das Vermögen der künftigen Eheleute, insbesondere über das Einbringen oder die Verwaltung des Vermögens der Ehefrau geschlossen waren, die gerichtliche oder notarielle Form

erforderlich (§§ 209 u. 82 Th. II Tit. 1 A.L.R., § 10 Nr. 5 Th. II Tit. 1 A-G-O.). Verträge über die Ausschließung oder die Aufhebung der Gemeinschaft der Güter oder des Erwerbes

waren nur in gerichtlicher Form giltig, desgleichen die nach Abschluß der Ehe errichteten Eheverträge (§ 422 Th. II Tit. 1 A.L.R. und §§ 1 bis 4 Ges. v. 20. 3. 37 G-S. S. 63; §§ 209 u.

198 Th. II Tit. 1 A.L.R.). — Nach franz. Recht war notarielle Form vorgeschrieben (Art. 1394, 1395 code civ.).

Das B.G.B. verlangt in: § 1434, daß der Ehevertrag bei gleichzeitiger Anwesenheit

beider Theile vor Gericht oder vor einem Notar geschloffen wird.

Das Erforderniß der

*3) Motive zu § 1333 Entwurfs erster Lesung B.G.B. mutt. Ausg. Bd. IV S. 305; Just.M.Erl. 20. 4. 98 Illa 1561 F.M. III 5799. *4) Schr. F.M. an Just.M. 1. 6. 93 III 5921 u. Just.M.Erl. 10. 3. 94 III 5282 F.M. III 3552 Cbl. S. 146. *5) F.M.Erl. 20. 11. 96 III 15649. *6) F.M.Erl. 23. 12. 40 III 30210.

Form,

Tarifstelle 18.

580

gleichzeitigen Anwesenheit der Ehegatten steht dem Abschluß der Eheverträge durch

Stelle

Vertreter nicht entgegen; die Vollmacht für letztere bedarf nach § 167 Abs. 2 nicht der Form des § 1434.

Ist mit einem Ehevertrage zugleich ein Erbvertrag verbunden, so genügt nach

§ 2276 Abs. 2 die für Eheverträge vorgeschriebene Form; es bedarf also in diesem Falle nicht der sonst für Erbverträge vorgeschriebenen Zeugenzuziehung.

Vergl. unten Anm. 7;

wegen des Zusammentreffens des Ehevertrages mit dem Verlöbnisse vergl. Tarifstelle 17 Anm. 1.

33ey”b5ere

5*

Als „Eheverträge" sind Vereinbarungen über die güterrechtlichen Verhältnisse nur

einbarungen insoweit anzusehen,

als

Brautleuten Vergl. oben Anm. 2. oder Ehe-

«atten. chen ungen.

sie zwischen Ehegatten

oder Brautleuten abgeschlossen sind.

Folgende gleichzeitig mit dem Ehevertrage beurkundete Rechtsgeschäfte

zwischen Brautleuten oder Ehegatten, wenn sie durch die Eheschließung veranlaßt und bedingt hat man in der bisherigen Praxis, die auch für das seit dem Inkrafttreten des B.G.B. Recht bestehen bleibt, durch die Verwendung des Ehevertragöstempels als mitversteuert

angesehen: 1. Eheversprechen, vergl. aber Tarif 17 Anm. 1 Abs. 2 am Schluß; 2. Erbverträge, vergl. unten Anm. 7; 3. Ueberlassungen von Grundstücken

oder Eigenthums-Bruchtheilen von Grund­

stücken gegen Entgelt seitens eines Ehegatten an den anderen, *8) ferner die Ueber-

laffung einer Hauseinrichtung seitens des

Bräutigams an

die Braut unter der

Erklärung, daß die Vergütung für die Ueberlassung in der vom Schwiegervater versprochenen Mitgift enthalten sei; *9) 4. Jllatenbekenntnisse des Ehemannes (kein Schuldverschreibungsstempel,

es sei

denn, daß der Ehemann sich zur Zurückzahlung des Baareingebrachten der Frau aus­ drücklich verpflichtet); *10) Verzicht des Ehemannes auf den ihm zustehenden Nießbrauch;* 11) 6. Schenkungen der Brautleute unter einander, falls erkennbar ist, daß die Zu­

5.

wendung aus Anlaß des Eheabschlusses und zu dem Zwecke erfolgt, den Einfluß der Ehe auf die Vermögensverhältnisse der Ehegatten zu regeln (vergl. auch Drucksachen des Hauses der Abg. 18. Legislatur-Periode II. Session 1895 Nr. 94 S. 13/14). Hierher gehört die Aussetzung eines Witthums, die der Frau für den Fall der Auf­

lösung der Ehe eine Sicherung gewähren soll. *12) Dasselbe gilt hinsichtlich der Versteuerung der nach dem Inkrafttreten des B.G.B. beurkundeten Zuwendungen dieser Art. *13) Unentgeltliche Vermögensüberlaffungen seitens eines Ehegatten an einen anderen also in Eheverträgen, die nach Abschluß der Ehe geschlossen sind, genießen Befreiung vom

Schenkungsstempel schon nach der Befreiungsvorschrift 2c des Erbschaftssteuertarifs.* 14) Im Bereich des rheinischen Rechts sind Schenkungen des Nießbrauchs des zukünftigen Vermögens der Brautleute nach Art. 943 code civ. nichtig; sind sie aber

in einem Ehe-

*8) F.M.Erl. im Einv. mit Just.M. 21. 11. 92 III 14802 u. Karnrn.G.Beschl. 9. 10. 99 Joh. Jahrb. Bd. 19 S. 195 bis 197. *9) F.M.Erl. im Einv. mit Just.M. 1. 6. 00 III 6474. *10) Vergl. die Entscheidungen zu Cd S. 154 Komm.; ferner F.M.Erl. 25. 1. 78 III 769, wonach dem Ob.Trib.Erk. 12. 11. 77, das die oben hinsichtlich der Jllatenbekenntnisse an­ gegebene Entscheidung enthielt, grundsätzliche Folge zu geben ist und F.M.Erl. 30. 12. 86 III 15396. *11) Just.M.Erl. 3. 3. 70 F.M III 4385. *12) Just.M.Erl. 20. 4. 98 Illa 1561 F.M. III 5799. Ebenso F.M.Erl. 7. 4. 93 III 4368, 30.5.94III 7484 und 28.2.99III2524. Nach diesen Entscheidungen bedürfen derartige Zuwendungen des Schenkungsstempels auch deshalb nicht, weil sie nach §§ 1048 bezw. 1053 Th. I Tit. 11 A.L.R. als lästige Verträge anzusehen sind. *13) F.M.Erl. 28. 2. 99, siehe vorhergehende Note. *14) Just.M.Erl. 20. 7. 96 III 3357 F.M. III 10 765.

581

Eheverträge. vertrage gemacht, so findet Art. 943 keine Anwendung (Art. 947 a. a. O.).

Wenn sich daher

Personen, die eine Ehe eingehen wollen, vor dem 1. 1. 00 in einem Ehevertrage gegenseitig

für den Fall des Todes die lebenslängliche Nutznießung des vom Zu er st versterbenden zu hinterlassenden Vermögens geschenkt haben,

so ist eine solche Abrede giltig und durch den

Ehevertragsstempel als mitversteuert zu erachten. *15)

6* (Anm. 5),

Da Eheverträge nur Vereinbarungen zwischen Brautleuten oder Ehegatten sind Zuwendungen

so stehen Erklärungen dritter Personen, die gleichzeitig mit dem Ehevertrage in

demselben Schriftstücke beurkundet werden,

rechtlich außerhalb des Rahmens des Ehevertrages

Dritter,

(vergl. S. 154 Komm, unter C u. Kamm.Ger.Beschl. 9. 10. 99 Joh. Jahrb. Bd. 19 S. 193). Daher

werden die in dieser Weise von den Eltern oder von Fremden abgegebenen Aus-

stattungs- oder Mitgiftversprechen durch den Ehevertragsstempel nicht gedeckt, unterliegen viel­ mehr, soweit der Tarif eine Besteuerung vorschreibt, einem besonderen Stempel. Das Nähere hierüber siehe bei den Tarifstellen 36, 56 und 58; vergl. auch zu 0 e S. 154 Komm.

7*

Unter der Geltung des früheren Stempelrechts ist in ständiger Praxis angenommen Erbverträge

worden, daß neben dem Stempel für Eheverträge ein besonderer Stempel nicht zu erheben ist

Verträgen,

für Anordnungen, die von den Brautleuten oder den Ehegatten über ihre gegenseitigen Erb­

rechte und die Erbrechte der in der Ehe

zu erwartenden Kinder getroffen werden.

Die

Vorschriften des jetzigen Gesetzes bieten keine Veranlassung, von dieser Praxis abzugehen. Die Annahme, daß Eheverträge und Erbvertxäge des bezeichneten Inhalts stempelrechtlich als

ein einheitliches Geschäft anzusehen sind,

unterliegt um so weniger einem Bedenken, als auch

in Art. 200 Einf.Ges. B.G.B. die erbrechtlichen Wirkungen des Güterstandes als ein

Theil des ehelichen Güterrechts anerkannt sind. *16)

Ferner genügt sowohl nach früherem

Recht (§ 10 Nr. 5 Th. II Tit. 1 A.G.O.) als nach § 2276 Abs. 2 B.G.B. für einen mit einem Ehevertrag verbundenen Erbvertrag die für den Ehevertrag vorgeschriebene Form; auch hier­

aus ist die Absicht des Gesetzes erkennbar, daß beide Verträge nach ihrem inneren Zusammen­ hänge ein einheitliches Rechtsgeschäft bilden sollen. Als solches behandelt sie auch das Pr. G.Kost.G. (§ 44 Abs. 5 u. § 40 Abs. 2 u. 3) hinsichtlich der Gerichtsgebühren.

Treffen aber die Ehegatten in Eheverträgen nicht über ihre gegenseitigen Erbrechte und die

Erbrechte

ihrer Kinder Bestimmungen,

sondern

verfügen

sie letztwillig

zu

Gunsten

anderer Personen, z. B. zu Gunsten von Vorkindern * 17) oder zu Gunsten von Eltern und Geschwistern, denen beim Tode des erstversterbenden Ehegatten Abfindungen zu zahlen sind,* 18) so bedürfen solche Anordnungen des für Erbverträge oder letztwillige Verfügungen (Tarif­

stellen 21 und 66) vorgeschriebenen Stempels von 1,50 Mark, der neben dem Ehevertragstempel

zu entrichten ist.

8.

Der in Eheverträgen enthaltene Verzicht der Eltern der Ehegatten auf ihren ^rn^aufdas

künftigen Pflichttheil am Nachlaß der Kinder wird durch den Ehevertragstempel nicht mitabgegolten, sondern ist nach der Tarifstelle 21 besonders mit 1,50 Mark zu versteuern, sofern er als ein vertragsmäßiger betrachtet werden kann.

Verzichten die beiderseitigen Eltern, also im

Ganzen vier Personen, so liegen streng genommen vier verschiedene Erbverzichtsvereinbarungen

vor.

Es läßt sich indes rechtfertigen, die Verzichterklärungen auf Seite jedes Elternpaares

*15) F.M.Erl. 24. 1. 98 III 15583/97. * 16) Just.M.Erl. 6. 6. 98 Illa 2663, mitgeth. den P.St.D. durch allg. F.M.Erl. 5. 8. 98 III 8228; ebenso Kcmun.G.Beschl. 9. 10. 99 Joh. Jahrb. Bd. 19 S. 197. *17) Just.M.Erl. 3. 3. 75 Illa 180 F.M. III 3370. *18) F.M.Erl. 16. 11. 97 III 14453.

P^tthei^

582

Tarifstelle 18.

als eine einheitliche aufzufassen und nur den doppelten Stempel von zusammen 3 Mark zu fordern.* 19) Der Verzicht der Eltern muß ausdrücklich erklärt sein, er darf nicht aus ihren anderweiten Erklärungen gefolgert werden. *20)

Nach B-G B. sind Verträge über den Verzicht der Eltern auf ihren künftigen Pflicht­ theil (§§ 2346 ff.) nicht als Erbverträge anzusehen (vergl. Tarifstelle 21 Anm. 2 letzter Absatz); für die Höhe des Steuersatzes ist dies ohne Bedeutung, da für derartige Verab­ redungen nunmehr der gleiche Stempel von 1,50 Mark nach der Tarifstelle 66 zur An­ wendung kommt. Stempel­ befreiungen.

Eheverträge haben vermögensrechtliche Angelegenheiten zum Gegenstände, so daß auf sie die Befreiung § 4a Stst.G. Anwendung finden kann. Wird zugleich über künftiges Vermögen Verfügung getroffen, so ist für die Frage, ob § 4a anwendbar ist, das zur Zeit des Vertragsabschlusses vorhandene Vermögen maßgebend. Vergl. unten Anm. 10 Abs. 2. Besondere Stempelbefreiungen sind für Eheverträge im Art. 60 Abs. 1, Art. 61 § 3 und Art. 62 A.G-B.G.B. angeordnet. Da nämlich das Bedürfniß zu Vereinbarungen der Ehegatten über Abänderungen des nach diesem Gesetz eintretenden Güterstandes durch das im öffentlichen Interesse erfolgende gesetzliche Eingreifen geschaffen wird, so ist es als der Billigkeit entsprechend erachtet worden, für eine gewisse Übergangszeit den Abschluß der durch dieses Eingreifen ver­

anlaßten Eheverträge durch Nichterhebung von Gerichtsgebühren und Stempeln zu er­ leichtern. *21) Um ferner für Ehen, deren Güterstand einer gesetzlichen Ueberleitung nicht unterworfen ist, die vertragsmäßige Einführung des neuen Rechts zu fördern, ist für Eheverträge, mittels deren ein nicht übergeleiteter Güterstand durch eine dem B.G.B. entsprechende Regelung des Güterrechts ersetzt wird, in gleichem Umfange wie für Ehe­ verträge, welche die Ueberleitung abändern, Befreiung von Gerichtsgebühren und Stempeln vorgesehen.* 22)

Im Einzelnen ist bestimmt: a) Für Eheverträgc, durch die an die Stelle des nach A.G. B.G.B eintretenden Güterstandes eine andere, nach den Vorschriften des B.G.B. zulässige Regelung des Güterstandes gesetzt oder der bezeichnete Güterstand in einzelnen Beziehungen ge­ ändert wird, bedarf es keines Stempels, wenn die Verträge vor dem Ablauf eines Jahres nach der Aenderung des Güterstandes geschlossen werden (Art. 60 Abs. 1 A.G. B.G.B.); b) das Gleiche gilt nach Art. 61 § 3 a. a. O. für Eheverträge über die Aenderung des Güterstandes, der sich nach dem B-G-B. für das Königreich Sachsen oder nach einem in einem anderen Bundesstaate geltenden Güterrechte bestimmte;

c) stempelfrei sind Eheverträge, durch die ein Güterstand, für den die bisherigen Ge­ setze in Kraft bleiben, nach Maßgabe der Vorschriften des B.G.B. aufgehoben oder geändert wird, wenn die Verträge vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Inkrafttreten des B.G.B. geschlossen werden (Art. 62 a. a. £).). Werden Verträge der unter a bis o erwähnten Art in notarieller Form geschlossen, so bedürfen sie auch nicht des Stempels der Tarifstelle 45.

*19) F.M.Erl. 29. 4. 95 III 6209 u. 25. 7. 95 III 10789; F.M.Erl. im Einv. mit Just.M. 20. 6. 00 III 7249. (Vergl. auch wegen der Entsagung der Eltern auf das Pflichttheil Oe S. 154 u. 155 Komm.) *20) F.M.Erl. 11. 5. 75 111 6734. *21) Begr. zu Art. 59 u. 60 A.G.B.G.B. S. 159 u. 161. *22) Begr. zu Art. 61 A.G.B.G.B. S. 161 n. 162,

Ehevcrträge.

583

10»

Nach der Regierungsvorlage sollten Eheverträge, durch die nur über gering- Ermäßigter fügige Vermögensgegenstände verfügt wird, dem ermäßigten Steuersatz von 1,50 Mark Steuersatz,

Eine genaue Grenze für den Begriff der Geringfügigkeit zu ziehen, war ab­

unterliegen.

sichtlich unterlassen worden, weil in Eheverträgen fast immer über eine Reihe von Gegen­ ständen Bestimmungen getroffen werden, die einer Schätzung

im Gelde nicht fähig sind und

deren Werth vielfach von den Verhältnissen des Einzelfalles abhängig ist.

Es sollte deshalb

dem Richter die Entscheidung von Fall zu Fall auf Grund der Werthangaben der Parteien überlassen bleiben.

Die Kommission des Abg.H. war dagegen der Meinung,

daß der Begriff

der Regierungsvorlage „geringfügige Vermögensgegenstände" keinerlei Handhaben für die mit der Ausführung des Gesetzes Betrauten und unter Umständen für die richterlichen Behörden

wie für das Publikum biete.

Sie glaubte daher, den Begriff der Regierungsvorlage durch

die zum Gesetz erhobenen Worte „Vermögensgegenstände von

nicht mehr als 6000 Mark"

genauer umgrenzen zu können. * 23) Daß die Voraussetzung des ermäßigten Steuersatzes aus der Urkunde hervorgeben muß, ist bereits im § 26 Anm. 9 u. Note 18 S. 351 hervorgehoben.* 24)

Unter den „Vermögens­

gegenständen" ist sowohl zur Zeit des Abschlusses des Ehevertragcs bereits vorhandenes,

als auch künftig zu erwerbendes Vermögen zu verstehen.

Wird

vom Werthe des zur Zeit berechnen,

denn

andernfalls

der Vertragserrichtung würde

über künftiges

zugleich

Vermögen der Ehegatten verfügt, dessen Werth sich nicht abschätzen läßt,

so ist der Stempel

vorhandenen

der ermäßigte Steuersatz

sehr selten

Vermögens

zu

zur Anwendung

kommen. "25)

11.

Erklärungen eines eingetragenen Eigenthümers, daß er seiner Ehefrau die in einem vorangegangenen Ehevertrage vorgesehene Brautschatz-Hypothek bestelle und die Ein-

Sicherftcauu0”°cn

tragung der Hypothek bewillige und beantrage, unterliegen dem Sicherstellungsstcmpel der Tarif- Brautschatz­ stelle 59, da außer der Eintragungsbewilligung, für welche die Tarifstelle 58 111 Anwendung fordernden,

findet, auch die Bestellung der Hypothek, d. h. das materielle Rechtsgeschäft der Einigung über die Entstehung der Hypothek, beurkundet ist.

Den Sicherstellungsstempel erfordern die

vorgedachten Erklärungen auch, wenn sie in den Eheverträgen selbst zur Sicherheit der Braut­ schatzforderungen abgegeben werden.

Für diese Hypothekbestellungen läßt sich Stempelfreiheit

aus Tarifstelle 59 Befr. b nicht herleiten, weil Jllatenbekenntnisse in der Praxis nicht als Schuldverschreibungen betrachtet werden.*26)

Vergl. Cd

154 Komm. u. S. 580 Komm.

Anm. 5 Ziffer 4.

*23) Kom.Ber. zu Tarifstelle 18 des Entwurfs. *24) Ebenso F.M.Erl. 31. 10. 99 III 13616 u. 19. 11. 00 III 12550; in der Note 18 S. 351 muß es heißen: F.M.Erl. 3. 8. 98, nicht 3. 9. 98.

*25) F.M.Erl. im Eino, mit Just.M. 1. 8. 01 III 9338. *26) F.M.Erl. int Einv. mit Just.M. 16. 3. 01 III 3349.

Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

39

584

Laufende

N r.

19.

19.

Steuersatz

Berechnung

von: J|

Gegenstand der Besteuerung.

der

Hun-!! dert

Stempelabgabe. Mark. Pf.

Entlassungen aus der väterlichen Gewalt, Beurkundungen

derselben

< Emanzipations-

erklärungen»............................................................

-

10



Seit dem 1. 1.1900 hat die Tarifstelle keine Bedeutung mehr, da dem B.G.B. die Entlassung aus der väterlichen Gewalt unbekannt ist. Die durch Beschluß des Vormundschafts­ gerichts erfolgenden Volljährigkeitserklärungen (§§ 3 bis 5 B.G.B.) bedürfen keines besonderen Stempels.

Laufende

N r.

20.

20.

Steuersatz

Berechnung

vom ■! Hun- |

Gegenstand der Bestenernng.

der

Stempelabgabe. Mark, j Pf.

dert

Erbreeesse (Erbtheilungsverträge),

durch welche die Vertheilung einer erbschaftssteuerpflichtigen

Erbschaft beurkundet wird...................................

- des Werthes des Reinnachlasses,

V25 ' -

soweit über den­

! jedoch mindestens.....................................................

Erbrecesse über

crbschaftssteuerfreie Erbschaften

- :! - |

! 1

selben im Erb

receßverfügtist.

1 50 1 |50

Inhalt.

Anm. „ „



„ „ „

1. Einleitung. 2. Erbgemeinschaft. 3. Begriff und Inhalt desErbreceffes. Anordnungen des Erblassers. Von Testamentsvollstreckern bewirkte Aus­ einandersetzungen. Verhandlungen über den Erbauöweis und Erbschafts­ antritt. Eintritt der Stempelpflichtigkeit. 4. Gegenstand der Theilung. Theilung einzelner Nachlaßstücke. Gütergemein­ schaftliche Hälfte. Vermächtnißstücke. 5. Lehnsauseinandersetzung. 6. Form der Erbrecesse. 7. Theilnehmer des Recesses. Pflichttheilsbercchtigte. Vermächtnißnehmer.

Anm. 8.

Bestandtheile derErbtheilungsverträge. Hingabe von Geld oder anderen Ver­ mögensgegenständen zum Zwecke der Ausgleichung. Hingaben an Zahlungs­ statt. Erklärungen zu Gunsten Dritter.

9.

Berechnung des Stempels. Reinnachlaß. Stempclsreiheit aus § 4a Stst.G.



„ 10.

Abtretung der Rechte theilungsverträgen.

„ 11.

Gerichtliche und der gerichtlichen Ge­ nehmigung bedürfende Recesse. Erbtheilungen unter Leitung des Gerichts. Erbtheilungen in Vormundschafts­ sachen.



Notarielle Erbtheilungen.

12.

aus

Erb-

586

(Srbreceffe.

1

Das frühere Recht (Tarifstellen: „Erbrecesse oder ErbtheilumMecesse" des Stst.G. Einleitung. „Erbrecesse oder Erbtheilungsrecesse, Erbschaftstheilungsverträge" der Stempel­

D. 7.3. 22;

belegte nur Verträge über erbschaftssteuerfreie Erbschaften mit

tarife v. 19. 7. u. 7. 8. 67)

einer Stempelabgabe und zwar mit 6 Mark, wenn die zu vertheilende Masse 3000 Mark und mehr betrug,

mit 1,50 Mark,

wenn der Werth der Masse 3000 Mark nicht erreichte.

Negierungsvorlage beabsichtigte Erbtheilungsverträge, oder -steuerpflichtige Erbschaften abgeschlossen seien,

Die

einerlei ob sie über erbschaftssteuerfreie

der Stempelabgabe zu unterwerfen; Ver­

träge über Nachlässe bis 2500 Mark sollten mit 1,50 Mark, bis 6000 Mark mit 3 Mark und über 6000 Mart hinaus mit einem Werthstempel von ‘Ao v. H. verstempelt werden.

war die Erwägung, Receß ein von

dem

daß der die Auflösung

Maßgebend

der (Gemeinschaft unter den Erben bezweckende

Erbanfall verschiedener Vorgang

ist,

so

daß

in

der Erhebung

Erbschaftssteuer einerseits und des Neceßstempels andrerseits eine Doppelbesteuerung erblickt werden kann.*1)

daß die Erhebung

Die Kommission des Abg.H. billigte diese Ansicht; sie hielt dafür,

eines Neceßstempels

an sich berechtigt sei,

der

nicht

sowohl bei steuerfreiem als bei besteuertem Erbgange

die der Erbschaftssteuer unterliegenden Erbgänge aber in verstärktem

Maße zur Versteuerung heranzuziehen seien und namentlich der Erbgang zwischen AScendenten

und Descendenten einer besonderen gesetzlichen Schonung bedürfe.*2) Dieser Auffassung ent­ spricht die Fassung, welche die Tarifstetle in der Kommission erhalten hat, insbesondere auch der

Steuersatz, der bei Verträgen über erbschaftssteuerpflichtige Erbschaften auf ’fc v. H. des Werthes, über steuerfreie Erbschaften auf den festen Stempel von nur 1,50 Mark bemessen

worden ist.

Ter Kommissionsbeschluß ist Gesetz geworden;

nur in die Spalte 5 wurden an

Stelle der Fassung des KommissionSbeschlusses: des Werthes der durch den Erbreceß zu vertheilenden Masse,

soweit über die­

selbe in der Urkunde verfügt ist bei der dritten Berathung im Plenum die jetzigen Gesetzesworte gesetzt. *3)

Die Aenderung

bringt zürn besonderen Ausdruck, daß der Neceßstempel nicht vom Werthe der Masse, sondern des Rein nach la sseS berechnet werden soll.

2.

Wenn eine Erbschaft in Folge gesetzlicher oder auf letztwilliger Anordnung oder Erk­ auf Erbvertrag beruhender Erbfolge auf eine Mehrheit von Personen (Miterben) übergeht, so tiemculfd)aT't

entsteht unter diesen eine Erbgemeinschaft, die im Geltungsgebiete des A. L.N. den Nach­ laß als Ganzes ergreift.

Der Nachlaß

ist während

gemeinschaftliches Vermögen der Erben, dergestalt,

des Bestehens der Erbgemeinschaft

daß dem einzelnen Miterben nur an dem

nicht aber an den einzelnen Nachlaßgegenständen selbständige,

seiner

Verfügung unterliegende Antheile zustehen*4) (Gemeinschaft zur gesammten Hand).

Auch

Nachlaß als Ganzem,

nach rheinischem Recht hat, abgesehen von der Ausnahmebestimmung des Art. 1220 code civ. für Erbschaftsforderungen, der einzelne Miterbe nur einen verhältnißmäßigen Antheil der ganzen Erbschaft, nicht ein antheilmäßiges Eigenthumsrecht an den einzelnen Nachlaßgegenständen,*5) während nach gemeinem Recht Forderungen und Schulden der Erbschaft unter den Miterben nach Verhältniß der Erbtheile getheilt sind und sich in eine Anzahl von Theil­

forderungen und Theilverbindlichkeiten zerlegen,

die übrigen Gegenstände aber den Erben in

demselben Verhältniß nach ideellen Antheilen zustehen. Im B.G.B. sind die Rechtsverhältnisse der Miterben zu einander der für das A.L.R. geltenden Auffassung entsprechend ebenfalls nach der Rechtsform der Gemeinschaft zur gesammten Hand gestaltet (§§ 2032 bis 2057).

*1) *2) *3) *4) *5)

Vergl. auch Tarifstelle 8 Anm. 4 Abs. 1 S. 483 Komm.

Begr. zum Tarif Nr. 9 Abs. 3 S. 32. Komm.Ber. zu Tarifstelle 20, insbes. Abs. 2 S. 19 fg. Abg.H. Verh. S. 2492. R.G.Civils. 23. 10. 86 Bd. 16 S. 253. R.6). Civils. 13. 1. 99 Bd. 43 S. 242.

586 Inhalt des

Tarssstelle 20. 3*

Erbrecesses. Vertrag,

Der Erbreceß oder Erbtheilungsvertrag im

civilrechtlichen Sinne ist

derjenige

durch den die unter den Miterben bestehende Gemeinschaft aufgelöst wird.

Die

Auflösung erfolgt rechtlich schon dadurch, daß die Miterben sich untereinander über den nach Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten verbleibenden Ueberschuß der Theilungsmasse, die Ermittelung der Antheile der Erben und die Anweisung der Betheiligten nach dem Verhältniß

ihrer Erbtheile auf einzelne Nachlaßgegenstände einigen (§§ 2046, 2047, 2042 Abs. 2 in Ver­

bindung mit §§ 752 fg. B.G.B.; vergl. auch Tit. 46 Th. I Allg. G-Ordn.). barungen haben nicht unmittelbare,

Diese Verein­

dingliche Wirkung hinsichtlich der den einzelnen Erben

zugewiesenen Nachlaßgegenstände, sondern aus ihnen folgt nur die obligatorische Verpflichtung der Miterben, sich gegenseitig die einzelnen Nachlaßstücke zu übertragen.

Der Erbreceß stellt

hiernach nicht den Eigenthumserwerb an diesen Nachlaßgegenständen selbst dar, gewährt nur einen Titel zu diesem Erwerbe.

Um letzteren zu vollenden,

sondern er

muß noch die an

sich außerhalb des Erbtheilungsvertrages stehende Vollziehung desselben hinzukommen, nämlich bei Forderungen die Abtretung, bei beweglichen Sachen die Uebergabe und bei Grundstücken

die Auflassung. Der stempelrechtliche Begriff des Erbrecesses ist ein weiterer als der civilrechtliche. Die Tarifstelle 20 bestimmt diesen Begriff dahin, daß dem Stempel unterliegen sollen: „Erbrecesse, durch welche die Vertheilung der Erbschaft beurkundet wird." Die Verth eilung der Erbschaft umfaßt auch die Vollziehung des Theilungsvertrages und daraus folgt, daß diese Voll­ ziehung, soweit sie im Theilungsvertrage selbst enthalten ist, einem besonderen Stempel nicht unterliegt, vielmehr durch den Receßstempel abgegolten wird (vergl. unten Anm. 8).

Deshalb

ist auch die im Ncceß zu seiner Ausführung erfolgte Abtretung einer Nachlaßforderung an einen Miterben dem Abtretungsstempcl nicht unterworfen (vergl. für das frühere Recht S. 155 Komm, zu Ea).

Dasselbe muß gelten von der Ueberlassung anderer zur Erbschaft gehöriger

Rechte, z. B. eines Patentrechtes, Verlagsrechtes. Die Auslassung eines Nachlaßgrundstücks an einen Miterben aber unterliegt dem Auflassungsstempel, falls er nicht durch Vorlegung des

zu Grunde liegenden Erbtheilungsvertrages ausgeschlossen wird.

Denn die Auflassung erfordert

einen besonderen unter Mitwirkung der zuständigen Behörde vorgenommenen Rechtsakt und deshalb kann sie begrifflich nicht Bestandtheil eines Erbrecesses sein.

Ein nothwendiges Erforderniß eines im Sinne der Tarifstelle 20 stcmpelpflichtigen

Erbrecesses ist es jedoch nicht, daß sich aus ihm auch die Vollziehung ergiebt, denn eine Ver­ theilung der Erbschaft liegt nach dem Sprachgebrauch auch schon dann vor, wenn sich die Erben hinsichtlich der Zuweisung der einzelnen Nachlaßstücke an die einzelnen Theilnehmer unter ein­

ander rechtlich gebunden haben. Bloße Erklärungen der Erben, daß sie den Nachlaß nach Maßgabe ihrer Erbverhältnisse

zu gewissen Bruchtheilen unter sich theilen wollen, unterliegen nicht der Abgabe der Tarif­

stelle 20.*6)

Auch Protokolle, die vor Entwerfung des förmlichen Erbrecesses lediglich über

die Grundsätze der Vertheilung der Erbmasse oder auch nach entworfenem Recesse über dessen

Genehmigung seitens aller oder einiger Betheiligten ausgenommen werden, sind,

als zum

Inbegriff des Erbrecesses gehörig, nicht besonders stempelpflichtig.*?) Anordnungen

Erblassers

Von

Ob die Auseinandersetzung entsprechend den besonderen Anordnungen des Erblassers 2048 B.G.B.) erfolgt, ist gleichgiltig. Die von dem Testamentsvollstrecker oder den mehreren Testamentsvollstreckern gemeinschaftlich (§ 2224) bewirkte und beurkundete Auseinandersetzung

Testaments- (tz 2204) steht der von den Miterben vereinbarten gleich, da der Testamentsvollstrecker nach Oh/wirkte" § 2218 als ihr Beauftragter gilt, sein Wille also den gemeinschaftlichen Willen der Erblasser

Auseinander-ersetzt. Die Urkunde unterliegt daher dem Stempel der Tarifstelle 20; setzungen. Mj^rben ist nicht erforderlich.

*6) F.M.Erl. 31. 1. 00 III 15461. *7) F.M.Erl. 1. 10. 23 III 17858.

die Unterschrift der

Erbrecesse.

587

Verhandlungen über den Erbausweis und über den Erbschaftsantritt pflegen häufig Verhandlunniit Erbrecessen verbunden zu sein, bilden jedoch keinen wesentlichen Bestandtheil dieser Verträge, Erbausweis"

so daß ihre Beurkundung für die Stempelpflichtigkeit ohne Belang ist. und Die Vertragsurkunde muß von sämmtlichen bei der Erbschaftsauseinandersetzung Ganuitt^

beteiligten Personen unterschrieben sein; so lange dies nicht geschehen ist, ermangelt der Neceß der Stempelpflichtigkeit.

Antritt

Ist der Beitritt einzelner Erben Vorbehalten, so wird der Neceß erst der stempel»

mit der Beurkundung des Beitritts stempelpflichtig; die Frist berechnet sich nach der Vorschrift des § 16 Abs. 3 Stst.G.

Bedarf der Neceß wegen Betheiligung eines Vormundes oder Pflegers

der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§ 1822 Ziffer 2 und § 1915 B.G.B.), so tritt

die Stempelpflicht erst mit der Genehmigung ein; der Stempel ist bei den Gerichtskosten zu verrechnen (vergl. unten Anm. 11 Abs. 1).

4.

Den Gegenstand

der Theilung

bildet

in

der Regel

die den Miterben an- Gegenstand

gefallene Erbschaft; doch sind auch gerichtliche oder notarielle Verträge, die unter füll ft hie» öcr T(}eUu"!1, gesetzlichen Erben

über die Theilung des gesetzlichen ErbtheilS eines von ihnen geschlossen

werden (§ 312 Abs. 2 B.G.B.), nach der Tarifstelle 20 zu versteuern. Solche Verträge waren schon nach A.L.R. gütig, bedurften aber keiner anderen Form als der privat­ schriftlichen. *8)

Bereits in der früheren VerwaltungSprariS ist angenommen worden, daß ein

stempelpflichtiger Erbtheilungsvertrag auch dann

vorliegt,

wenn

die Auseinandersetzung sich

nicht auf den Gesammtnachlaß erstreckt, sondern einzelne Nachlaßgegenstände von der Theilung ausgeschlossen werden. *9)

In der Regierungsvorlage war für Fälle dieser Art die

Stempelpflichtigkeit der Necesse besonders ausgesprochen worden,

um zu verbäten, daß durch

Ausschließung geringfügiger Nachlaßbestandtheile die Steuer umgangen werde. *10) Diese Bestimmung ist zwar nicht Gesetz geworden, indessen lassen die Worte in Spalte 5 der Tarif­ stelle „somit über denselben (d. h. den Neinnachlaß) im Erbreceß verfügt ist" erkennen, daß

Es sind

der Gesetzgeber von derselben Auffassung ausgegangen ist, wie die Regierungsvorlage.

deshalb die häufig vorkommenden Theilungsverträge, in denen die Erben den Grundbesitz mit

der Erklärung unter sich Vertheilen, daß sie sich wegen der übrigen Nachlaßgegenstände bereits auseinandergesetzt haben, als stempelpflichtige Erbrecesse anzusehen.*

Die Frage,

ob Verhandlungen, die nur die Theilung

11)

eines einzelnen Nachlaß-

Theilung

stück es z. B. eines Nachlaßkapitals enthalten, dem Neceßstempel unterliegen, ist zweifelhaft. * 12) Nachlaßstücke Dergleichen Verträge fallen in der Regel unter die Tarifstelle 32 Ermäßigungen und Befrei­ ungen Ziffer 1 oder unter die Tarifstelle 71 Ziffer 2.

Bestimmte Merkmale dafür,

eine solche Verhandlung als ein Erbreceß anzusehen ist, lassen sich nicht aufstellen;

wann

im All­

gemeinen wird man davon auszugehen haben, daß eine Verhandlung über die Theilung eines einzelnen Nachlaßstückes oder mehrerer einzelner Nachlaßstücke nur dann des Receßstempels

bedarf, wenn der Nachlaß in der Hauptsache nur aus dem einzelnen Nachlaßstück oder den

einzelnen Nachlaßstücken besteht, die Gegenstand der Theilung waren (z. B. ein Grundstück, eine Hypothek).

müssen.

Die Frage wird also nach den Verhältnissen des Einzelfalls entschieden werden

Dem in der Kommission des Abg.H. gestellten Verlangen, eine genaue Entscheidung

zu treffen zwischen den Begriffen eines Recesses und

einzelnen über die verschiedenen Theile

der Erbschaft abgeschlossenen Verträgen, konnte angesichts der zahllosen, verschiedenartigsten Möglichkeiten nicht entsprochen werden. *13)

Einzelne bei der Auseinandersetzung ungeteilt

*8) R.G. 10. 12. 96 Jur. Wochenschr. 1897 S. 65”. F.M.Erl. 28. 9. 44 III 20550; 15. 4. 51 III 8134; 10. 3. 74 III 3006. Begr. zum Tarif Nr. 9 letzter Abs. S. 32. Just.M.Erl. 15. 6. 67 III 1947, mitgeth. durch F.M.Erl. 29 dess. M. III 11643. R.G. 5. 2. 80 Rass, und Küntz. Bd. 24 S. 1081 verneint die Frage, R.G. 2. 10. 82 Jur. Wochenschr. S. 25033 bejaht sie. *13) Konr.Ber. zur Tarifstelle Erbreceü vorletzter Absatz.

*9) *10) *11) *12)

588

Gittergemeinschaft­ liche Hälfte.

Vermächtnißstücke.

seUrander-

setzung.

Larifstelle 20.

bleibende Vermögensstücke verbleiben im Miteigentum der Theilenden, aber als Einzelstücke, nicht, wie bis zur Theilung, als unausgesonderte Theile eines Vermögensinbegriffs. * 14) Ihre später erfolgende Theilung ist stempelrechtlich wie eine gewöhnliche Theilung unter Miteigcnthümern zu behandeln. Die an den überlebenden Ehegatten fallende gütergemeinschaftliche Hälfte gehört

nicht zürn Nachlasse und kann deshalb nicht Gegenstand der Erbtheilung fehl. * 15) Nach A.L.R. (Th. I Tit. 12 § 288) ging das Eigenthum an den zum Vermächtniß ausgesetzten Sachen und Rechten mit dem Todestage des Erblaffers auf den Vermächtnißnehmer über, so daß auch diese Sachen und Rechte nicht Gegenstand der Erbtheilung waren. *16) Nach § 2174 B.G.B. ist der Vermächtnißnehmer nur Nachlaßgläubiger, die Vermächtnißforderungen bilden daher Nachlaßverbindlichkeiten und sind bei der Berechnung des Neinnach­ lasses, ebenso wie Pflichttheilsforderungen (§ 1967 B.G.B.), abzuzieh en. Die Vermächtnißnchmer gehören nicht zu den zum Abschluß des Erbreceffes hinzuzuziehenden Personen (vergl. Tarifstelle 8 Anm. 7 a Ziffer 1 S. 489 Komm, und diese Tarifstelle Anm. 7 am Schluß).

£>♦

Auch durch den Lehnsanfall, der mit dem Erbanfall in steuerrechtlichem Sinne

wesentlich auf gleicher Linie steht, entsteht im Umfange des angefallenen Vermögens eine Gemeinschaft, die Lehnsgemeinschaft, die durch die Auseinandersetzung der Lehnsfolger unter sich und mit den Gläubigern der Gemeinschaft aufgehoben wird (§§ 478 fg. Th. 1 Tit. 18 A.L.R.). Verträge über die Theilung angefallener Lehngüter stellen sich daher als Erbtheilungsverträge dar. *17) Dies gilt auch nach dem 1. 1. 00, da die landrechtlichen Bestimmungen über Lehen nach Art. 59 Einf.G B.G B. unberührt geblieben sind.

0*

Nach A.L.R. konnte die Theilung vor Gericht, vor einem Notar oder privat­

schriftlich erfolgen (§§ 111 bis 113 Th. I Tit. 17 A.L.R.; § 8 Th. I Tit. 46, § 71 Th. 111 Tit. 7 A.G O.). Gehörten zu den Erben bevormundete Personen, so bedurfte die Auseinander­ setzung nach § 42 Nr. 4 Vorm.Ord. v. 5. 7. 75 der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Im Gebiet des rheinischen Rechts galten nach § 1 des Theilungsverfahrengesetzes v. 22. 5. 87 (G.S. S. 136) dieselben Formen. Nach B.G.B. sind Erbtheilungsverträge formfrei; bei Betheiligung von Bevormundeten ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vorgeschrieben (§ 1822 Nr. 2 a. a. £).). Vergl. unten Anm. 11 Abs. 1.

^Recesses Damit ein stempelpflichtiger Erbreceß zu Stande kommt, bedarf es der Mitwirkung CJ ece sämmtlicher, in der Erbgemeinschaft stehenden Personen, also sämmtlicher durch Gesetz

oder Testament oder Erbvertrag berufenen Miterben (§§ 2042 ff. B.G.B.; § 117 Th. I Tit. 17 A.L.R.). Wegen der unterschriftlichen Vollziehung des Ncceffes durch sämmtliche Betheiligte und wegen des Abschlusses der Necesse durch Testamentsvollstrecker vergl. oben Anm. 3 Abs. 7 u. 5. Zu den Miterben gehören nicht nur die ursprünglichen Erwerber einer Erbschaft, sondern, wie nach früherem Recht, *18) auch diejenigen, welche Nachlaßantheile durch Vertrag von Miterben erwerben (§ 2033 B.G.B.), denn ein solcher Vertrag hat dingliche Wirkung. Der Umstand, daß einzelne Miterben erst zu einem späteren Zeitpunkt (z. B. Kinder erst nach dem Tode der Mutter) Anspruch auf Auszahlung ihrer Erbtheile haben, steht ihrer Be-

*14) *15) *16) *17)

R.G.Civils. 9. 5. 88 Bd. 21 S. 252. F.M.Erl. 8. 9. 26 III 16674; R.G.Civils. 9. 5. 88 Bd. 21 S. 254. Kam.G.Beschl. 1. 12. 90 Joh. Jahrb. Bd. 10 S. 145; F.M.Erl. 14. 2. 68 III 2670. R.G.Civils. 10. 11. 79 F.M. III 583/80; F.M.Erl. 12. 3. 52 111 5041 und 17. 9. 53

III 20920.

*18) Ob.Trib. 29. 10. 66 Entsch.Bd. 57 S. 236.

589

Erbrecesse.

theiligung am Abschlüsse des Erbrecesses

nicht entgegen, da sie immerhin

zu Erben ein­

gesetzt sind. *19) Pflichttheilsberechtigte gehören nach B.G.B. nicht zu den Theiluebmeru, meil sie nicht in Erbgemeinschaft stehen, sondern nur einen persönlichen Anspruch gegen die bcie^tlgtc-

Erben auf Geldzahlung haben und die Zuwendung des Pflichttheils im Zweifel nicht als Erb­

einsetzung anzusehen ist (§§ 1967 und 2304).

Nach

früherem Recht waren Pflichttheilserben

die nicht zu einem ihrem Pflichttheil entsprechenden Nachlaßantheil zu Erben eingesetzt, sondern

nur mit einer bestimmten Summe oder Sache bedacht waren, und standen mithin außerhalb der Erbgemeinschaft.

nur Vermächtnißnehmer

*20)

Vermächtnißnehmer gehören nach B.G.B. als bloße Nachlaßgläubiger ebenfalls Vermäclitnis;nicht zu den in Erbgemeinschaft stehenden Personen (vergl. oben Anm. 4 letzten Absatz); das- 1,eI)mer' selbe galt für das frühere Recht, nach welchen: ihnen ein dingliches Recht unmittelbar an

der vermachten Sache zustand. *20) Im Gegensatz zu der Rechtsprechung des Obertribunals hatte die frühere Ver- Bestandtheile

8.

waltungspraxis angenommen, daß die in Ausführung der Vereinbarungen über Erbauscinandersetzungen geschlossenen besonderen Rechtsgeschäfte, deren unmittelbarer Gegenstand nicht zur

verträte.

Nachlaßmasse gehört (wie Leibrentenverträge, Schuldverschreibungen, (Sessionen u. s. w.), neben dem Reeeßstempel noch dem für Geschäfte dieser Art bestimmten tarifmäßigen Stempel unter­ liegen. Nachdem aber auch das Reichsgericht sich der Rechtsprechung des Obertribunals angeschlossen und angenommen hatte, daß das von einem Miterben abgegebene Versprechen

der

Zahlung

einer bestimmten

Geldsumme,

wenn es die Gegenleistung

für die von

den übrigen Erben erklärte Ueberlassung, Ueberweisung und Uebereignung von Nachlaß­ stücken darstelle, einen wesentlichen Bestandtheil der Erbtheilung bilde und aus diesem Grunde nicht noch des Schuldverschreibungsstempels bedürfe,*21) gab auch die Ververwaltung ihre frühere Auffassung auf.*22) Die Nichtigkeit der jetzigen mit der Recht­ sprechung in Uebereinstimmung stehenden Verwaltungsübung ergiebt sich ohne Weiteres aus

dem stempelrechtlichen Begriff des Erbrecesses (vergl. oben Anin. 3 Abs. 2). Was von dem Versprechen einer bestimmten Geldsumme oder Rente gilt, muß aber Hingabe von auch gelten, wenn zur Ausgleichuug an Stelle des Geldes andere, zum Nachlaß uicht gehörigea^eren^Ver-

Gegenstände z. B. eine Forderung, ein Grundstück u. s. w. hingegeben werden. Diese Vergleichs-

mögens­

weise Auseinandersetzung im Wege der Abfindung, die ein Erbe dem andern dafür au§ eigenen Mitteln gewähren muß, daß dieser ihm an Werth mehr als sein Antheil beträgt, au 'der Aus-

Nachlaßgegenständen überläßt, ist Bestandtheil des Erbrecesses.*23) Hiernach sind allgemein die in Vollziehung von Erbrecessen durch einen oder mehrere der Theilnehmer erfolgenden Hingaben von Vermögensgegenständen, die nicht zur Erbschaft gehören, durch die Verwendung des Receßstempels als mitversteuert anzusehen, immer aber vorausgesetzt, daß die Hingabe aus eigenen

Mitteln die Gegenleistung für die Zuweisung von Nachlaß stücken bildet, also zum Zwecke

der Ausgleichung

vorgenommen

wird

(vergl.

auch

S. 155

Komm. Ea).

Steht

z. B. zwei Erben an einem Nachlaß von 10 000 Mark je die Hälfte mit 5000 Mark zu und geschieht die Vertheilung in der Art, daß A

auf seinen Antheil das zum Nachlaß gehörige

Grundstück im Werthe von 7000 Mark erhält und für die überschießenden 2000 Mark eine

zu seinem Sondervermögen gehörige gleich hohe Forderung an B abtritt, so bedarf es neben dem Reeeßstempel nicht noch des Abtretungsstempels.

Erhält dagegen A den gesummten

Nachlaß und überläßt er als Gegenleistung aus eigenem Vermögen ein Grundstück zum Preise

*19) *20) *21) *22) *23)

Just.M.Erl. 24. 1. 00 III 346 F.M. III 1088. R.G.Civils. 26. 9. 81 Bd. 6 S. 247; 28. 11. 98 Bd. 42 S. 328, N.G.Civils. 21. 1. 89 Bd. 23 S. 193. Begr. zur Tarifstelle Erbrecesse S. 26. Ob.Trib. 20. 3. 74 F.M. ITT 6994,

Gleichung.

590

Tarifstelle 20.

von 12000 Mark an B, während B für die über seinen Erbtheil hinaus erhaltenen 7000 Mark

einen gleichen Betrag an A zahlt, so ist in Höhe von 7000 Mark nicht eine die Nachlaß­

theilung

betreffende

Veräußerungsgeschäft

Ausgleichung,

sondern

vorhanden,

dem

zu

ein

deshalb

der einprozentige Werthstempel erforderlich ist.

nicht zur Erbmasse gehöriges,

außerhalb noch

der

Erbtheilung

liegendes

besonders nach der Tarifstelle 32

Ebenso ist für einen Erbreceß, in

dein ein

aber im Miteigenthum der Erben stehendes Grundstück

einem der Miterben gegen einen bestimmten Preis zum Alleineigenthum überlasten wird, neben

dem Receßstempel noch der Stempel der Tarifstelle 32 in Ansatz zu bringen* 24), denn hier erfolgt die Ueberlassung des Grundstücks ebenfalls nicht zum Zwecke der Ausgleichung unter

den Erben (vergl. auch S. 155 Komm. Eb).

Ist die Ausgleichung von vorneherein in Geld bedungen und wird

Hingaben an

hinterher noch

mittels besonderer Vereinbarung festgesetzt, daß an Stelle des Geldbetrages eine Sache

gegeben werden solle,

so liegt ein selbständiges Geschäft, Hingabe an Zahlungsstatt,

vor,

zu

der nach der Tarifstelle 29 und 32 ein besonderer Stempel in Ansatz zu bringen ist.* 25) Der letzte Satz des zweiten Absatzes der Tarifstelle 32 findet keine Anwendung, da hier die

Hingabe an Zahlungsstatt nicht in einem Kauf-

oder Veräußerungsvertrage im Sinne dieser

Tarifstelle, sondern in einem Erbtheilungsvertrage erfolgt. Ob eine besondere Hingabe an Zahlungsstatt anzunehmen ist oder ob die hingegebene Sache nach Absicht der Parteien die unmittelbare Gegenleistung für die Ausgleichung darstellt, ist nach Lage des einzelnen Falles auf Grund des Inhalts der Urkunde festzustellen.

Da der Zweck des Erbtheilungsvertrages nur auf die Auseinandersetzung der Miterben iU$irittcr.Cn unter einander gerichtet ist, so liegen die etwa in dem Vertrage zu Gunsten dritter

Erklärungen

Personen abgegebenen Erklärungen rechtlich außerhalb

des Erbreeesses.

Für solche

Er­

klärungen kommen daher die besonderen tarifmäßigen Stempel zur Anwendung, z. B. für

Zahlungsversprechen zu Gunsten von Personen, die an der Schließung des Erbreeesses nicht

betheiligt sind, der Schuldverschreibungsstempel.*26)

Der Stempel berechnet sich von der Nachlaßmasse, die in der Auseinandersetzungs-

b^Stempels Reinnachlafi. Verhandlung

vertheilt wird

und

zwar bei

erbschaftssteuerpflichtigen

Erbmassen

von

dem

Werthe des Ne in Nachlasses, soweit über ihn im Erbreceß verfügt ist,*27) also von §TaetftU®. dem nach der Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten verbleibenden Ueberschuffe (§§ 2046 Stempel-

und 2047 B.G.B.).

Hinsichtlich der

Feststellung des

Werthes sind die von den

Erben

über den Werth der Theilungslnasse gemachten Angaben maßgebend; nur wenn der Receß

keine

Werthangaben

enthält, wird die

Steuerbehörde

von

ihrem

Rechte,

von

den

Be­

theiligten Auskullft über den Werth des Nachlasses zu fordern, Gebrauch machen können.*28) Die Bestimmung in Spalte 5 der Tarifstelle, daß der Werth des Reinnachlastes zu ver­ steuern

ist, bezieht sich nur auf erbschaftssteuerpflichtige Erbschaften.

Für erbschaftssteuer­

freie Erbschaften, also für Anfälle, welche an die in Ziffer 2 der Befreiungen des Erbschafts­

steuertarifs aufgeführten Personen (Eltern, Abkömmlinge, Ehegatten u. s. w.) gelangen, ist aber

die Feststellung des Reinnachlastes ebenfalls von Bedeutung, da nach dem der Spalte 5 zu

*24) Kamm.G.Beschl. I Civils. 21. 9. 98 Y 467/98. *25) Sv liegt der Fall des R.G. 19. 6. 84 (S. 155 Komm. Ec).

Der Erbtheil einer Erbin war im Theilungsvertrage auf 126 000 Mark festgesetzt und hierfür eine baare Zahlung in gleichem Betrage bedungen; demnächst einigten sich die Vertragstheilnehmer dahin, daß zur Tilgung des baar bedungenen Preises in Höhe von 110000 Mark Jnhaberpapiere gegeben werden sollten. Mit Recht ist diese letztere Vereinbarung nicht als Bestandtheil der Erbtheilung, sondern als eine selbständige und deshalb besonders zu versteuernde Angabe an Zahlungsstatt angesehen worden. *26) Just.M.Erl. 4. 5. 74 111 1343 F.M. III 6608. *27) Abg.H.Verh. S. 2492. *28) Komm.Ber. Erbrecesse Abs. 6 u. 7.

Erbrecesse.

591

Grunde liegenden gesetzgeberischen Gedanken die Höhe des Neinnachlasses und nicht der ganzen Aktivmasse auch dafür entscheidend sein muß, ob die sachliche Stempelbefreiung aus § 4 a Stst.G.

Anwendung findet und hierbei erbschaftssteuerpflichtige und erbschaftssteuerfreie Erbschaften nicht verschieden behandelt werden können.

Beträgt hiernach die Aktivmasse mehr als 150 Mark,

während der Re in Nachlaß diese Summe nicht übersteigt, so ist auch der Erbreceß über die erbschaftssteuerfreie Erbschaft stempelfrei.

Ist in einen: Testament die Errichtung einer Familienstiftung oder eines Fideikomniisses

angeordnet und zu diesem Zweck ein Theil des Nachlasses angewiesen, so unterliegt dieser Theil der Nachlaßmasse nicht dem Steuersatz von V25 v. H., denn für die Errichtung der Familien­

stiftung oder des Fideikommisses kommt nur der Urkundenstempel der Tarifstellen 23 und 24, nicht aber eine Erbschaftssteuer, in Ansatz. Der im Erbreceß für die Familienstiftung oder

das Fideikommiß angewiesene Theil des Nachlasses hat mithin nicht die Natur einer erbschaftssteuerpflichtigen Erbschaft.*29)

Wenn die

zu vertheilende Masse zum Theil erbschaftssteuerpflichtig, zum Theil erb­

schaftssteuerfrei ist, so kommt für erstere der Werthstempel und daneben für letztere der feste

Stempel von 1,50 Mark zur Erhebung. *30) Wenn jedoch die Summe dieser beiden Stempel höher sein würde als der von der Summe der beiden Neinnachlaßmassen zu berechnende Werth -

stempel,

so muß

es als der Absicht des Gesetzes entsprechend erachtet werden, daß nur der

Werthstempel zu erheben ist, vorausgesetzt, daß er nicht hinter dem Betrage von 1,50 Mark

zurückbleibt. Beispielsweise würde der einzeln berechnete Stempel bei Vertheilung eines erb­ schaftssteuerpflichtigen Nachlasses von 4000 Mark (Werthstempel: 1,60 Mark, abgerundet

2 Mark) und eines erbschaftssteuerfreien Nachlasses desselben Erblassers von 300 Mark (fester Stempel: 1,50 Mark) im Ganzen (2 Mark + 1,50 Mark) mithin 3,50 Mark betragen. Der Werthstempel von beiden Neinnachlaßmassen im Werthe von 4000 + 300 also von 4300 Mark berechnet sich hingegen auf 1,72 Mark, abgerundet auf 2 Mark: deshalb darf nur dieser Betrag in Ansatz gebracht werden. Werden in derselben Verhandlung zwei erbschaftssteuerfreie Erb­ schaften verschiedener Erblasser unter denselben Vertragschließenden (z. B. der beiderseitigen

Eltern unter den Kindern) vertheilt, so liegt nur ein einheitlicher Erbreceß vor, der den ein­ maligen Erbreceßstempel von 1,50 Mark erfordert. *31)

10.

Wenn Jemand seine Rechte aus einem Erbreceß, soweit sie die ihm zugewiesenen Abtretung der Nachlaßgegenstände, z. B. Nachlaßgrundstücke, angehen, an einen Anderen abtritt, so unterliegt diesc Abtretung, da sie obligatorische Rechte betrifft, dem Stempel der Tarifstelle 2. *32) vertrügen." Die Bestimmung des fünften Absatzes der Tarifstelle 32 kann keine Anwendung finden, weil sie sich nur auf Uebertragungen der Rechte aus den unter diese Tarifstelle fallenden Veräußerungs­

geschäften, nicht aber aus Erbrezeffen bezieht.

11.

Wird die Erbtheilung nicht unter Leitung des Gerichts vorgenommen, sondern Gerichtliche nur die Erbtheilung von den Betheiligten zu gerichtlichem Protokoll gegeben, so ist der: gerichtlichen Theilungsvertrag (Zweiter Abschnitt Pr. G.Kost.G.) neben der Gebühr der «ehmigung^ Receßstempel zum Ansatz zu bringen (§ 86 Abs. 4, § 35 in Verb, mit § 29 Abs. 2 u. § 56 a. a. O.). Bedarf ein privatschriftlicher oder notarieller Erbreceß der Genehmigung des Vor-

mundschaftsgerichts (vergl. oben Anm. 3 am Schluß), so ist der Receßstempel nach § 31 Abs. 1 a. a. O. als Gerichtskostenstenipel einzuziehen.

*29) Kamm.G. Befehl. 1. Civils. 14.1. 01 F.M. III 3520, Joh. Ring Jahrb. Bd. 21B S. 28. *30) vergl. für das frühere Recht Kamm.G. Straff. 3. 7. 93 Joh. Jahrb. Bd. 14 S. 323 F.M. III 13439. *31) F.M.Erl. 17. 5. 99 III 6093. *32) F.M.Erl. 14. 10. 99 III 12642.

bedürfende 9tcce^e‘

592 ®fbs unter^Lettung

Tarifstelle 20.

Wird die Erbtheilung unter Leitung des Gerichts vorgenommen und durch Beurkundung einer vertragsmäßigen Auseinandersetzung abgeschloffen, so konunt neben

des Gerichts, den Gebühren der Erbreceßstempel nicht zur Erhebung (§ 29 Abs. 1 und § 86 Abs. 1 a. a. O.).

Dagegen ist für ein im gerichtlichen Theilungsverfahren vom Gericht ausgenommenes Inventar

oder für ein eingereichtes Privatinventar sowie für Vollmachten der Stempel besonders in Ansatz zu bringen.

Wegen der Berechnung des Stempels für Privatinventarien im Falle der

Betheiligung von Mündeln vergl. den folgenden Absatz. Einer besonderen Versteuerung unter­

liegen auch Verträge mit Dritten, die vor dem Theilungsgericht zum Zwecke der Aus­ In

solchen Fällen ist der

zur Hälfte,

sondern zum vollen

einandersetzung abgeschlossen werden (§ 86 Abs. 2 Pr. G.Kost.G-).

Stempel nicht, wie cs für die Gebühr vorgeschrieben ist,

Betrage zu berechnen.

Der volle Stempelansatz erscheint um

so mehr geboten, als sonst die

Folge eintreten könnte, daß bei Einleitung des gerichtlichen Verfahrens Gebühren und Stempel zusammen genommen geringer sind, als der bloße Stempel für einen Privatvertrag mit einem

Dritten. *33) Wird in Vormundschafts- und Pflegschaftssachen in den Fällen des tz 95 Pr. G.Kost.G. iuVorimm"- eine Erbtheilung gerichtlich ausgenommen, so haben die Mündel einen Rcceßstempel nicht zu schaftssachen. entrichten; sind dagegen noch andere Personen betheiligt, so haben diese den Rcceßstempel nach

Verhältniß ihres Antheils zu zahlen (§ 95 Abs. 2 a. a. £).). Die Stempelsreiheit der Mündel

bezieht

sich aber nur auf Verhandlungen und Verfügungen des Vormundschaftsrichters

oder

Nachlaßrichters, nicht auch auf die im Verfahren eingereichten Privaturkunden (Inventarien, Vollmachten); für diese ist der Stempel voll zum Ansatz zu bringen.*33)

Novelle

12*

Im Rheinischen gerichtlichen Theilungsverfahren (vergl. oben Anm. 6

theilungen. Abs. 2) hatte in den Fällen des § 17 des Ges. vom 22. 5. 87 die vom Notar dein Theilungs­ gericht eingereichte Theilungsurkunde — im Gegensatz zu dem Theilungsvertragc des

§18 — nicht die Bedeutung eines Erbtheilungsvertrages, weil sie nicht auf der Willens­ übereinstimmung der Betheiligten beruhte.

Diese Willenseinigung wurde auch nicht durch die

rechtskräftige, gerichtliche Bestätigung hergestellt, denn diese führte die Auseinandersetzung durch

die richterliche Gewalt herbei. Zu diesen Theilungsurkunden war deshalb ein Receßstempel nicht erforderlich; überdies würde der Erhebung des Receßstempels die Bestimmung des § 65 Abs. 1 des Ges. vom 22. 5. 87 entgegengestanden haben, wonach eine Erhebung von Stempeln neben den Gebühren nicht stattfand, so daß durch die Gebühr für Bestätigung der Theilungs­

urkunde der Erbreceßstempel als mitabgegolten anzusehen war. *34)

Dieselben Grundsätze finden auf die jetzt allgemein für die Monarchie zugelaffenen

Auseinandersetzungen durch Vermittelung der Notare Anwendung. Diese der gerichtlichen Be­ stätigung unterliegenden Auseinandersetzungen (Art. 21 ff. P.G. Freiw.G.) haben ebenfalls nicht

Vertragsnatur und bedürfen deshalb nicht des Erbreceßstempels.

Der § 65 Abs. 1 und der

§ 59 des Ges v. 23. 5. 87 ist durch § 29 Abs. 1 und § 87 Pr. G.Kost.G. (vergl. Art. 86 XXX

A.G. B.G.B.) ersetzt, so daß auch nach gegenwärtigem Recht die Erhebung des Receßstempels, selbst wenn er an sich erforderlich wäre, durch die Gebühr ausgeschloffen wird. *33) Iust.M.Erl. (im Einv. mit F.M.) 10. 7. 00 1 4094 F.M. III 8683. *34) Kamm.G. 16. 5. 94 F.M. III 12438, Joh.Jahrb. Bd. 14 S. 225; F.M.Erl. 8. 10. 94 III 13653.

N r.

!

1§aVxffte££e 21. Laufende

Steuersatz

21.

vom i Hun-1

Gegenstand der Besteuerung.

dert Markts.

-!! i 1.

Erbverträge.......................................

Berechnung der Stcmpelabgabc.

50

Inhalt. Aum. „ „

1. Einleitung. 2. Begriff. Erbverzichtverträge. 3. Rechtliche Natur der Erbverträge.

Alun. 4.



5.



(i.

Form. Versteuernngsfrist. Erbverträge in Eheverträgen.

1*

Das Stst.G- V. 7. 3. 22 schrieb in der Tarifstelle „Erbfolge-Verträge" einen Einleitung Stempel von 2 Thalern vor, ebenso die gleichnamigen Tarifstellen der Stempeltarife v. 19. 7. und 7. S. 67. Dieser Sah wurde im § 1 Ges. v. 26. 3. 73 auf 1,50 Mark ermäßigt und in dieser Höhe in dem jetzigen Gesetz, das an Stelle der Erbfolgeverträge die Erbverträge

zum Gegenstände der Besteuerung gemacht hat, beibehalten.

2.

Nach A.L.R. waren Erbverträge Verträge, wodurch ein Vertragschließender dem anderen oder beide einander wechselseitige Rechte auf ihren künftigen Nachlaß einräumen. Sie kamen vor als Erbeinsetzungsverträge (§§ 617 Th. I Tit. 12 A.L.R.), als Vermächtniß-

verträge oder sog. partikuläre Erbverträge (§ 620 a. a. O.) und als Erbentsagungsverträge (Erbverzichtverträge, §§ 481 bis 488 Th. II Tit. 2; §§ 649 bis 656 Th. I Tit. 12 a. a. £).). Unter die Tarifstelle „Erbfolgeverträge" des Stst.G. v. 7. 3. 22 fielen Verträge der letzteren Art nicht; nachdem jedoch das jetzige Gesetz an Stelle der Erbfolgeverträge die Erbverträge gesetzt hat, waren bis zum Inkrafttreten des B.G.B.

(vergl. Abs. 3 dieser Anm.)

auch Erbentsagungsverträge nach der Tarifstelle 21 zu Verstempeln. Nach B.G.B. (§ 1941) kann durch Erbvertrag ein Erbe

eingesetzt werden (Erb-

einsctzungsvertrag), es können aber auch nur Vermächtnisse (Vermächtnißvertrag) oder Auflagen angeordnet werden. Als Vertragserbe oder als Vermächtnißnehmer kann sowohl der andere Vertragschließende als ein Dritter bedacht werden. Der Erbvertrag ist nach B.G.B. nicht

auf bestimmte Personen (Ehegatten, Verlobte u. s. w.) beschränkt; in ihm kann der eine Theil

nur als Erblasser auftreten und der andere dessen Verfügungen nur annehmen,

auch jeder der Vertragschließenden

vertragsmäßige Verfügungen

es kann aber

von Todeswegen treffen

(§ 2278 Abs. 1 B.G.B.). In diesem Falle stehen die beiderseitigen Verfügungen in einem engen Abhängigkeitsverhältniß zu einander (§ 2298 a. a. O.) und bilden ebenfalls ein einheitliches

Geschäft, so daß die Urkunde nur des einmaligen Erbvertragstempels bedarf? 1)

Andere Ver­

fügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen können vertragsmäßig in einem Erbvertrage nicht getroffen werden (§ 2278 Abs. 2 a. a. O.); dagegen ist es jedem der Vertrag-

*1) Schr. d. Just.M. an F.M. 25. 2. 01 I 7386 F.M. III 2652; Kamm.G.Beschl. I. Civils. 25. 3. 01 1. Y. 201/01 F.M. III 5965.

Begriff,

Tarifstelle 21.

594 schließenden unbenommen,

in

dem Erbvertrage einseitig alle Verfügungen zu treffen, die

durch Testament angeordnet werden können (§ 2299 a. a. O.).

Im Falle der Verbindung solcher

einseitigen Verfügungen mit Erbverträgen liegen verschiedene Rechtsgeschäfte in einer Urkunde

vor und es bedarf deshalb gernäß § 10 Abs. 2 Stst.G. neben dem Stempel der Tarifstelle 21 auch des Stempels der Tarifstelle 66*1) Erbverzicht­ verträge.

Nach B-G-B. sind Erbverzichtverträge (§§ 2346 bis 2352), die gerichtlich oder notariell

beurkundet werden müssen, nicht zu den Erbverträgen (§ 1941, §§ 2274 fg.) zu rechnen.

Sie

sind deshalb vom 1. 1. 00 ab als Verfügungen von Todeswegen in Form von Verträgen nach

der Tarifstelle 66 zu versteuern.

Vergl. die Anm. der Tarifstelle 66.

Rechtliche 3* Erbverträge gehören wie Testamente zur Gattung der Verfügungen von Natur der Todeswegen (§ 2 Th. I Tit. 12 A.L.R.; §§ 1937 bis 1941 B.G.B.); sie sind Geschäfte, Erbverträge.

deren unmittelbarer

Gegenstand die Beerbung eines

Abgesehen von den Fällen,

oder beider Vertragschließenden ist.

in denen die Vertragschließenden sich gegenseitig zu

einsetzen oder Zuwendungen aussetzen, wird den Erbverträgen zu Grunde liegen,

wenn auch die Abhängigmachung

leistungen denkbar ist.

Es ist deshalb

ein Vertrag,

Erben

in der Regel eine Freigebigkeit

der Zuwendung von gewissen Gegen­

in dem Jemand einem Anderen

aus­

reichend bestimmte Sachen nach seinem Tode für einen bestimmten Preis überläßt, nicht

als Erbvertrag sondern als befristeter Kaufvertrag anzusehen.* 2)

Zu den Erbverträgen

ge­

hören auch nicht Verträge, in denen Eltern schon bei Lebzeiten ihr Vermögen ihren Kindern

übertragen, namentlich nicht die sog. Gutsüberlassungsverträge, denn dies sind Verfügungen

unter Lebenden. Form.

4

Nach

A.L.R.

bedurften

Einsetzungs-

und

Vermächtnißverträge

der

Testamentsform, so daß sie entweder gerichtlich abgeschloffen oder schriftlich dem Gericht über­

geben werden mußten (§ 621 Th. I Tit. 12 A.L.R.).

Erbentsagungsverträge der Kinder mit

ihren Eltern mußten vor dem ordentlichen Gericht der Letzteren abgeschlossen werden (§ 484

Th. II Tit. 2 A.L.R.).

Für andere Erbentsagungsverträge genügte die schriftliche Form,

doch

war die Frage bestritten. Nach § 2274 B.G.B. kann der Erblasser einen Erbvertrag nur persönlich schließen. Nach § 2276 können Erbverträge nur vor einem Richter oder vor einem Notar bei

gleichzeitiger Anwesenheit beider Theile geschlossen werden; eine Vertretung durch Bevollmächtigte für den anderen Theil, den Nichterblasser, wird für zulässig zu erachten sein.

Die Vorschriften der §§ 2233 bis 2245 über Testamentserrichtungen finden

verträge Anwendung.

Zur

Errichtung

eines

Erbvertrages

muß

daher

der

auch auf Erb­

Richter' einen

Gerichtsschreiber oder zwei Zeugen, der Notar einen zweiten 9lotar oder zwei Zeugen zuziehen (§ 2233).

Ueber die Form von Erbverträgen in Eheverträgen vergl. Tarifstelle 18 Anm. 4

am Schluß S. 580 Komm. Ver­ steuerungs­ frist.

5*

Für Erbverträge gelten die allgemeinen Stempelverwendungssristen der §§ 15 und

16 Stst.G.; bei gerichtlichen Erbverträgen wird der Stempel zu den Gerichtskosten eingezogen (§§ 29 und 56 Pr. G.Kost.G.).

Nach §§ 621 und 100 fg. Th. I Tit. 12 A.L.R. erlangten

gerichtlich übergebene Erbverträge erst durch die Uebergabe Rechtsgiltigkeit, so daß in Fällen dieser Art der Erbvertragstempel

ebenfalls

bei

den

Gerichtskosten

zu

vereinnahmen

war.

Vergl. § 2 Abs. lc der allg. Verf. v. 29. 2. 96 (amtl. Ausg. S. 259).

Nach § 2277 B.G.B. und Art. 81 § 2 A.G.B.G.B. sollen die über Erbverträge auf­ genommenen Urkunden von den Amtsgerichten in Verwahrung genommen werden, sofern nicht

die Parteien das Gegentheil verlangen.

Von der gerichtlichen Verwahrung hängt die Rechts­

giltigkeit der Erbverträge aber nicht ab, so daß die Notare den Erbvertragstempel innerhalb

*2)

So für das gern. Recht Iust.M.Erl. 7. 5. 86 Illa 881 F.M. III 5827.

(Erbverträge. der Frist des § 15 Stst.G. zu verwenden haben.

595

Der Erbvertragstempel und der für

einseitige Verfügungen von Todeswegen nach Tarifstelle 66 erforderliche Stempel (vergl. oben Anm. 2 Abs. 2 am Ende) kann aber für notarielle Erbverträge nach § 31 Pr.

G Kost.G. und § 2c des Nachtrages I zur allg. Verf. v. 29. 2. 96 (amtl. Ausg. S. 74) auch zu den Gerichtskosten eingezogen werden; diese Art der Versteuerung ist jedoch in An­ sehung der etwa noch sonst erforderlichen Stempel (Schenkungs-, Schuldverschreibungsstempel

u. s. w.) nicht zulässig. Wenn Familien- und Fideikommißstiftungen von Todeswegen in Erbverträgen beurkundet sind, so ist der dreiprozentige Werthstempel nach Tarifstelle 24 Abs. 2

binnen 6 Monaten nach dem Todesfall zu zahlen. 6.

Ueber die Versteuerung der in Eheverträgen enthaltenen Erbverträge vergl. Tarif- Erbverträge

stelle 18 Anm. 7 S. 581 Komm.

in Ehe­ verträgen.

596

Laufende

N r.

^ariffteCCe 22.

22.

Buchst, a. Abs 1.

Steuersatz

Gegenstand der Besteuerung.

Berechnung der Stempelabgabe.

vom !

Hun­ dert

Mark. Pf.

Erlaubnitzertheilungen (Approbationen, Kon­ zessionen, Genehmigungen u. s. w.) der Be­ hörden in gewerbepolizeilichen Angelegen­ heiten: a) Konzessionen: zum Betriebe einer Apotheke, wenn die Konzession vererblich und veräußerlich ist.................................... mindestens aber................................. sonst..................................................... zur Errichtung einer Zweig- (Filial-) Apotheke................................................. zur Verlegung einer Apotheke auf Antrag des Besitzers..........................

Abs. 2.

Befreit sind die vererblichen und veräußerlichen Konzessionen für die­ jenigen, welche dieselben erbschaftssteuer­ frei ererbt haben.

Abs. 3.

Außerdem findet die Bestimmung unter Ziffer 2 Ermäßigungen und Befreiungen der Tarifstelle „Kauf­ und Tauschverträge" sinngemäße An­

v2 —

des Werthes der Konzession. 50 — 50 —

5 —



10

-

1

50

1

50

wendung. Buchst, b.

b) Approbationen für: Apotheker................................................. diejenigen Personen, welche sich als Aerzte (Wundärzte, Augenärzte, Ge­ burtshelfer, Zahnärzte und Thier­ ärzte) oder mit gleichbedeutenden Titeln bezeichnen oder seitens des

Staates oder einer Gemeinde als solche anerkannt oder mit amtlichen Funktionen betraut werden sollen. . (§. 29 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 1. Juli 1883

— Reichs-Gesetzbl. S. 177);

i

Laufende N r. I

Erlaubnißerthcilungeii.

Gegenstand der Besteuerung.

597

Steuersatz Berechnung vom der hun­ Stempelabgabc. dert Mark. Pf. Buchst, c.

c) Erlaubnitzertheilungen für Unternehmer von Privat-Kranken-, Privat - Entbindungs- und PrivatJrrenanstalten (§. 30 der Reichs-

Abs. 1.

Gewerbeordnung); zum Betriebe des Gewerbes als Schauspülunternehmer (§. 32 der Reichs-Gewerbeordnung); zum ständigen Betriebe der Gastwirth­ schaft, Schankwirthschaft oder des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus (§. 33 der Reichs-Gewerbe­ ordnung) ; zur gewerbsmäßigen öffentlichen Ver­ anstaltung von Singspielen, Gesangs­ und deklamatorischen Vorträgen, Schaustellungen von Personen oder theatralischen Vorstellungen ohne höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft in Wirthschafts- oder sonstigen Räumen oder zur Ueber« lassung dieser Räume zu gewerbs­ mäßigen öffentlichen Veranstaltungen der bezeichneten Art (§. 33 a der

i

Reichs-Gewerbeordnung), wenn der Gewerbetrieb wegen geringen Ertrages und Ka­ pitals von der Gewerbesteuer frei ist in die vierte Gewerbesteuerklaffe gehört

„ » n Für rungen

„ dritte „ „ zweite „ „ ft erste ,, ,, Bewilligungen von Fristverlänge­ und Fristungen (§. 49 der Reichs-

Gewerbeordnung) ein Viertel der vorstehenden Sätze. Befreit sind Erlaubnißertheilungen für Unternehmer von Privat-Kranken-, PrivatEntbindungs- und Privat-Jrrenanstalten, welche zu gemeinnützigen Zwecken dienen;

1 — : — i! 5 — . ; 15 50 — 100 i

50 -

— — Abs. 2.

Abs. 3.

Tarifstelle 22.

Laufende

N r.

i

598

Steuersatz

Gegenstand der Besteuerung.

vom Hun­

Mark. 1 Pf.

dert

1I Buchst, d. Abs. 1.

Abs. 2.

Abs 3.

Buchst, e.

Buchst, f.

Buchst, g. Abs. 1.

d) Genehmigungen zur Errichtung der in §. 16 der Reichs - Gewerbeordnung und den dazu ergangenen und ferner ergehen­ den Beschlüssen des Bundesraths bezeich­ neten Anlagen, wenn die Kosten der An­ lage 1000 Mark nicht übersteigen ............. 5000 „ „ „ ............. 10000 „ „ „ ............. 20000 „ „ „ ............. 50000 „ „ ............................ 75000 „ „ „ ............. 100000 „ „ „ ............. bei einem höheren Kostenbetrag für je 50000 Mark mehr 50 Mark. Genehmigungen zu Veränderungen in der Betriebsstätte oder zu wesentlichen Veränderungen in dem Betriebe der An­ lagen (§. 25 der Reichs-Gewerbeordnung) die Hälfte der vorstehenden Sätze; Bewilligungen von Fristverlängerungen und Fristungen (§. 49 der Reichs Gewerbe­ ordnung) ein Viertel der vorstehenden Sätze; e) Genehmigungen zur Anlegung von Dampfkesseln (§. 24 der Reichs-Gewerbe­ ordnung) oder Aenderung der Dampf­ kesselanlagen sowie Bewilligungen von Fristverlängerungen und Fristungen, soweit nicht die Bestimmungen zu d zur Anwendung kommen (§§. 25 und 49 der Reichs-Gewerbeordnung) .......................... f) Erlaubnißertheilungen zum Betriebe des Pfandleihgeschäfts (§. 34 der ReichsGewerbeordnung)........................................... g) Genehmigungen . für Unternehmer von Versicherungsanstalten, wenn ihr Geschäftsgebiet nicht über den Umfang einer Provinz hinausgeht. . sonst ...........................................................

i i | i Ii

1 — 5 — 10 — 20 — 50 — 75 — 100

— —



— — —

i i

1

1

50

15



20 — 100

Berechnung der Stempelabgabe.

Erlaubnißertheilungen.

599

Steuersatz

Gegenstand der Besteuerung.

Berechnung

vom

der

Hun- | Stempelabgabc. dert ! Mark. Pf.

Abs. 2.

Befreit sind Genehmigungen für Ver­ sicherungsanstalten, deren Geschäsisgebiet über den Umfang eines Kreises nicht hinausgeht, sowie für solche Anstalten, welche auf Gegenseitigkeit gegründet und deren Zwecke nicht auf die Erzielung von Gewinn gerichtet sind; Erlaubnißscheine zur Bestellung von Agenten im Jnlande seitens ausländischer Unternehmer von Versicherungsanstalten

Genehmigungen zum Gewerbebetriebe der Auswanderungsunternehmer und Aus­ wanderungsagenten .................................... Genehmigungen auf die Dauer eines Jahres sowie Verlängerungen dieser Ge­ nehmigungen ..................................................

Erlaubnißertheilungen für ausländische Auswanderungsunternehmer zur Be­ stellung von Agenten im Jnlande .... Genehmigungen zum Betriebe von Privatanschlußbahnen, wenn die Kosten der Anlage 1000 Mark nicht übersteigen .............

5 000 10000 20 000 50 000

„ „ „ „

............. „ ............. .. ............. „ ............. 75 000 „ „ ............. 100 000 ., „ „ ............. xvu vvv tf tf tf ........................ bei einem höheren Kostenbeträge für je ,, „ „ ,,

i

Buchst, h.

I

100 !



Buchst i. Abs. 1.

100 i

-

Abs. 2. i

25 ’



Buchst, k.

-



100

Buchst. I. Abs. 1.

1 5 — : 10 — i 20 l!



— 1



i

— | 50 — i 75

100



50000 Mark mehr 50 Mark; Genehmigungen zu Veränderungen in

Abs.

dem Betriebe die Hälfte der vorstehenden Sätze;

Genehmigungen zum Betriebe eines Eisen­

bahnunternehmens Genehmigungen Dampfschiffahrtsnehmens, wenn der

........................................ zum Betriebe eines oder Kleinbahnunter­ Gewerbebetrieb wegen

Hummel u. Specht, Stempelfteuergesetz.

Buchst, in. Abs. 1.

100

— i!

Abs. 2.

40

Tarifstelle 22.

Nr.

600

Laufende

Steuersatz vom Hun­

Gegenstand der Besteuerung.

Mark. Pf.

dert

geringen Ertrages und Kapitals von der Gewerbesteuer frei ist................................ • in die vierte Gewerbesteuerklasse gehört „ „ dritte „

,, „ AMkite „ „ „ „ erste Genehmigungen zu Veränderungen in dem Betriebe die Hälfte der vorstehenden Sätze; Bewilligungen von Fristverlängerungen und Fristungen ein Viertel der vorstehenden Sätze. Die Bewilligung von Fristverlänge­ rungen und Fristungen, welche durch Naturereignisse oder andere unabwend­ bare Zufälle verursacht sind, ist stempel­ frei; n) Genehmigungen der Ortspolizeibehörden zum Betriebe von Gewerben, welche dem öffentlichen Personen- und Güterverkehr innerhalb der Orte durch sonstige Trans­ portmittel aller Art (Wagen, Gondeln, Sänften, Pferde u. s. w.) dienen (§. 37 der Reichs-Gewerbeordnung) ....................

Abs. 3.

Abs. 4

Abs 5.

Buchst, n.

Berechnung der Stempelabgabe.

i

3 10

— i

i 25 — ! 60 — — 100 —





1 1

i

1: r i| 3

je nach der Be­ deutung des Ge­

i bis ! 20

werbes.

Werden Genehmigungen der bezeich­ neten Art Personen ertheilt, deren Ge­

Abs. 2.

werbebetrieb wegen geringen Ertrages und Kapitals von der Gewerbesteuer frei ist, so beträgt die Stempelabgabe ....

50

Inhalt.

Allgemeine Vorbemerkungen. Sinnt.

1.

Gebührennatur der Slbgaben der. Tarifstelle. Anwendung der Tarifstelle. Oefsentliches Interesse. Form. Stempelerstattungen. Nachprüfungsrecht der Gerichte und Steuerbehörden. Beglaubigte Abschriften. Ausfertigungen. Der Tarifstelle nicht unterliegende Genehmigungen.

; i | Anm. „ 1 i „ I | „ |

Zum Buchstaben a. Apothekerkonzessionen.

2. Einleitung. 3. Apothekenprivilegien. SchleswigHolsteinsche Privilegien. 4. Vererbliche und veräußerliche Kon­ zessionen. Unterschied von Privilegien. 5. Versteuerung der vererblichen und veräußerlichen Konzessionen.

601

Erlaubnißertheilungen.

Anm.

6.



7.

„ „ „ „

8. 9. 10. 11.

Zum Buchstaben e.

Nichtanrechnung des Stempels für die Veräußerung der Konzession auf den Stempel der Tarisstelle 22 a. Rein persönliche unveräußerliche Kon­ zessionen. Hausapotheken. Zweigapotheken. Nebenapotheken. Verlegung von Apotheken. Befreiungen.

Dampfkesselanlagen.

Anm. „ „ „

26. Steuersatz. Verfahren. 27. Fälle der Genehmigung. Zuständigkeit. 28. Genehmigungsurkunden. 29. Beschränkung der Anwendbarkeit der Tarifstelle. Zum Buchstaben f.

Zum Buchstaben b.

Pfandleihgeschäfte.

Approbationen für Apotheker und Aerz te.

An ul. 30. Begründung. Begriff des Pfand­ leihergewerbes. Handel mit Giften. Formulare.

Anm. 12.

Anwendbarkeit der Tarisstelle. steuerungsart.

Ver­

Zum Buchstaben c.

|

Zum Buchstaben g.

i

Unternehmer von Versicherungs­ anstalten.

Privat-Kranken-, -E ntbindungö- und -Irrenanstalten. Schauspielunter nehmen. G astwirths chaft, Schankwirthschäft, Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus. Oeffentlicyc Veranstaltung von Singspielen u. s. w.

i Anm. 31. i ! ; ' „ 32. ' „ 33.

Aum. 13.





„ „ „ „

Begründung. Gebührennatur des Stempels. Persönliche Natur der Genehmigungen. 14. Voraussetzungen der Stempelpflichtigkeit. 15. Juristische Personen. Personenkreise (Marketendereien, Kantinen, BahnHofsrestaurationen u. s. w.). Die einzelnen Unternehmen und Betriebe. A. Privat - Kranken-, -Entbindungsund -Irrenanstalten. B. Schauspielunternehmen. C. Gastwirthschaft, Schankwirthschaft, Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus. D. Veranstaltung von Singspielen u. s. w. 16. Stempelberechnung. 17. Art der Stempelverwendung (Aus­ führungsbestimmungen). 18. Fristverlängerungen undFristungen. 19. Gemeinnützige Anstalten.

Zum Buchstaben h.

B e stelln ngen von Agenten im In lande ■ seitens ausländischer V ersicherungSU nternehmer. j ! Anm. 34. Begriff des „ausländischen" Unter­ * nehmers. Reichsgesetzliche Bestim­ i mungen. | Zu den Buchstaben i und k. i j Auswanderungsunternehmer und Aus! wanderu ngsagenten. j ■ Anm. 35. Einleitung. „ 36. Auswanderungsunternehmer. ! „ 37. Auswanderungsagcnten. i „ 38. Genehmigungen auf Zeit und von Verlängerungen. Wegfall der Abstem­ pelung von Formularen. „ 39. Genehmigungen für ausländische Unternehmer zur Bestellung von Agenten im Jnlande (Tarifst. 22 k). Zum Buchstaben 1

Zum Buchstaben d.

Privatanschlußbahnen.

Gewerbliche Anlagen.

Anm. 20.





21. 22.



23.



24.



25.

Anlagen des § 16 Gew.O. Sachliche Natur der Genehmigungen. Zu­ ständigkeit. Verfahren. Begriff der Anlage. Errichtung. Genehmigungsurkunden. Stempelfreie Nebenausfertigungen. Stempelbcrechnung. Kosten der Anläge. Art der Versteuerung (Ausführungs­ bestimmungen). Betriebsstätten- und Betriebs - Ver­ änderungen. Fristberlängerungen und Fristungeu.

Begründung. Anwendbarkeit der Tarifstette. Wittwen-, Sterbe-, Krankenii. dergl. Kassen. Reichsgesetzliche Be­ stimmungen. Statutenänderungen. Befreiungen.

Anm. 40. „

j j | ■

„ „

Begriff. Zuständigkeit. Genehmi­ gungsurkunden. 41. Stempclberechnung. Kosten der An­ lage. Art der Versteuerung. 42. Betriebsveränderungen. 43. Unterwerfung früherer Privatanschluß­ bahnen unter das Kleinbahngesetz. Zum Buchstaben m.

Eisenbahn-, DampfschiffahrtsKl ein bah nunter nehm en. [

Anm. 44. Einleitung. „ 45. Eisenbahnunternehmen.

und

Tarifstelle 22.

602 Annr. „ „ „ „ „

46. Dampfschiffahrtsunternehrnen. 47. Begriff der Kleinbahnen. 48. Genehmigungen von Kleinbahnen. 49. Unterwerfung früherer Kleinbahnen unter das Kleinbahngesetz. 50. Stempelberechnung. Art der Versteue­ rung. (Ausführungsbestimmungen.) 51. Betriebsveränderungen bei Klein­ bahnen. Genehmigungsverlänge­ rungen bei Kleinbahnen. Betriebs­ veränderungen bei Dampfschiffen.

Anm. 52. Fristverlängerungen und Fristungen. Befreiungen. „ 53. Stempelerstattungen.

Zum Buchstaben n. Unternehmen zur Unterhaltung Verkehrs innerhalb der Orte Straßengewerbe.

Anm. 54.

Erlaubnißertheilungen. des Steuersatzes.

des und

Bemessung

Allgemeine Vorbemerkungen. Gebühren­ natur der Ab­ gaben der Tarifstelle.

!♦

Für die Natur der Stempelabgaben der Tarifstelle 22 und die Anwendung der

letzteren ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. Die Abgaben der Tarifstelle 22 gehören

sämmtlich

zu den

gebührenartigen

Stempeln, aus denen, wie aus den allgemeinen Vorbemerkungen der Begründung des Gesetzentwurfs (S. 7) hervorgeht, Mehreinuahmen erwartet wurden. Die Erhebung

dieser Stempel findet ihre Berechtigung in der besonderen Inanspruchnahme staatlicher Amtsthätigkeit und beruht auf der Erwägung, daß derjenige, welcher die Thätigkeit der Behörden für seine Privatinteressen

in einem besonderen Grade und

vor allen übrigen Staatsbürgern in Anspruch nimmt, oder besondere Vortheile aus

der Thätigkeit der Behörden erhält, auch zur Entrichtung einer besonderen Abgabe anzuhalten ist. Für die Bemessung dieser Stempel ist die Rücksicht sowohl auf das von den Behörden aufzuwendende Maß der Mühewaltung als auch auf

die Bedeutung der. den Betheiligten aus den Genehmigungen entstehenden Vortheile maßgebend gewesen. Anwendung der Tarifstelle.

2. Die Tarifstelle bezieht sich durchweg nur auf gewerbepolizeilicke Angelegenheiten, wie in ihren Eingangsworten hervorgehoben ist. Die Genehmigungen unter a sind

durch

Kabinets-Orders,

diejenigen

unter b

bis f durch

die Reichs­

gewerbeordnung (R.G.Bl. 00 S. 871), diejenigen unter g, h, 1 und m — mit Ausnahme der Genehmigungen für Dampfschiffahrtsunternehmen — durch Landes­

gesetze vorgeschrieben, während die Genehmigung zu i auf dem Reichsgesetz vom 9. 6. 97 (R.G.Bl. S. 463) beruht.

Für die Folge wird auch für Genehmigungen

unter g und h das zur Zeit noch nicht in Kraft getretene Reichsgesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. 5. 01 (R.G.Bl. S. 139) maßgebend sein.

Genehmigungen unter n

für Dampfschifffahrtsunter­

und Genehmigungen

nehmen sind nur dann erforderlich, wenn ihre Ertheilung durch örtliche Polizei­

verordnungen bestimmt ist. Oesfentliches Interesse.

Die Tarifstelle 22 k hat ihre praktische Bedeutung

verloren. 3. Ein öffentliches Interesse kommt in erster Linie bei den Genehmigungen der Tarifstelle nicht in Frage,

denn sie werden zum Betriebe bestimmter Gewerbe

ertheilt und der Begriff des Gewerbebetriebes Thätigkeit voraus;

eine ausschließlich

setzt

eine

auf Erwerb gerichtete

oder überwiegend aus Gründen des

öffentlichen Interesses und in Erfüllung öffentlicher Aufgaben geübte Thätigkeit ist kein Gewerbebetrieb.

Dennoch sind Fälle denkbar,

in denen die Ausstellung von

Genehmigungsurkunden lediglich im öffentlichen Interesse den Fällen der Unterwerfung

genehmigten Privatanschlußbahn oder Kleinbahn

Gesetzes.

Solche Genehmigungen sind

Amtswegen ertheilt

geschieht,

wie z. B. in

einer vor dem Inkrafttreten des Kleinbahngesetzes

und es fehlt mithin

im Sinne des § 12 Abs. 1 a Stst.G.

unter

die Bestimmungen

nicht stempelpflichtig,

dieses

denn sie werden von

an der Person eines Zahlungspflichtigen

Vergl. Anm. 43 u. 49 S. 633 u. 636 Komm.

603

Erlaubnißertheilungen. 4. Ueber die Form der Genehmigungen bestimmt die Ziffer 34

Ausf.Bek. (amtl.

Form.

Ausg. S. 106):

Den Steuersätzen dieser Tarifs teile unterliegen die aufgeführten Ziffer 34. Erlaubnissscheine ohne Rücksicht auf die Form, in welcher sie ertheilt sind, also einerlei, ob in der Form von Ausfertigungen, Protokollen, einfachen Bescheiden, Verfügungen u. s. w. Auf die Form der Genehmigungen kommt hiernach nichts an: es ist auch gleichgiltig,

ob eine besondere, für sich bestehende Urkunde ausgefertigt oder die Genehmigung in

Form eines Nachtrages auf eine bereits vorhandene Urkunde (vergl. unten Anm. 28

Abs.2 S.625 Komm ) gesetzt ist. Auch die formelle Bezeichnung ist ohne Bedeutung.

Ob es in der Urkunde heißt „Genehmigung" oder „Erlaubniß" oder „Konzession" oder, wie es wohl zuweilen vorkommt, „Ausweis über die Berechtigung zum Betriebe", ist für die Stempelpflichtigkeit einerlei. Allein entscheidend ist, daß der Urkunden­ inhalt die Ertheilung einer Genehmigung erkennen läßt, die unter die Tarifstelle fällt. 5. War eine Genehmigung nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung Stempel­ oder der in Betracht kommenden anderen Gesetze oder Polizeiverordnungen nicht erftattun3C,L erforderlich,

so handelt es sich überhaupt nicht um eine Genehmigung im Sinne

der Tarifstelle; die dennoch ertheilten Genehmigungen sind als nichtige zu erachten und bedürfen keines Stempels. Ist der Stempel bereits gezahlt, so ist er auf

Grund des §. 25 Abs. la Stst-G- zu erstatten.

Wenn ein genehmigtes Unternehmen hinterher nicht zur Ausführung kommt, kann der Stempel auf Grund des §. 25 Abs. 2 Stst-G- erstattet werden. Vergl. unten Anm. 53 S. 638 Komm. 6. Wird im Prozeßwege über einen auf Grund der Tarifstelle geforderten Stempel . Nach­ gestritten, so hat der Richter selbständig zu prüfen, ob die ertheilte ^er nehmigung nach den Vorschriften der in Betracht kommenden Verwaltungsgesetze und Steuer­ oder Polizeiverordnungen stempelpflichtig ist und welchen Stempel sie erfordert. behvrden.

Ein solches Nachprüfungsrecht haben auch die Steuerbehörden. Dagegen steht den Steuerbehörden nicht die Befugniß zu, darüber zu entscheiden, ob im gegebenen

Falle eine Erlaubnißurkunde, deren Ertheilung unterblieben ist, auszustellen gewesen wäre. Dies zu entscheiden, ist Sache der für die Erlaubnißertheilung zuständigen Behörden. 7. Beglaubigte Abschriften, sofern sie nicht selbst die Genehmigungsurkunden darstellen Beglaubigte (vergl. unten Anm. 28 Abs. 3), und weitere Ausfertigungen von Genehinigungs- 2lbf^u§ltcn' urkunden sind nach den Tarifstellen 1 bezw. 16 zu versteuern, falls ihre Ertheilung ferügungen.

nicht etwa von Amtswegen und aus Rücksichten des Dienstbetriebes erfolgt (vergl. unten Anm. 15 C am Schluß u. D am Schluß,

Anm. 21 Abs. 2 und Anm. 28

vorletzten Abs. S. 616, 617, 621, 625 Komm.).

8. Die Tarifstelle 22 regelt die Besteuerung der Genehmigungen in gewerbepolizeilichen Der TarifAngelegenheiten nicht erschöpsend, sondern nur für bestimmte Arten. £)ierau§UntcCrnegenbe

folgt nicht, daß die von ihr nicht betroffenen Genehmigungen gänzlich stempelfrei Gesind; sie unterliegen vielmehr dem Ausfertigungsstempel von 1,50 Mark, falls die "ehrmgungen.

Voraussetzungen der Tarifstelle 10 vorhanden sind und nicht die Befreiung zu b Platz greift.

Dagegen werden solche Genehmigungen als amtliche Zeugnisse im

Sinne der Tarifstelle 77 nicht angesehen werden können, weil in ihnen keine be­ stimmten Thatsachen bescheinigt werden.

Zum Buchstaben a.

Apothekerkonzessionen. 2.

Zur Tarifstelle 22 a lautet die Gesetzesbegründung: Einleitung. Die Reichsgewerbeordnung schließt im § 6 ihre Anwendbarkeit auf die Errichtung und Ver­ legung von Apotheken aus, behält aber Kaiserlicher Verordnung die Bestimmung darüber vor,

Tarifstelle 22.

604

welche Apothekerwaaren dem freien Verkehr zu überlassen sind. Dem entsprechend bestimmt die Kaiserliche Verordnung, betreffend den Verkehr mit Arzneimitteln, vom 27. Januar 1890 (R.-G. S. 9), welche Heilmittel, Drogen und chemischen Präparate nur in Apotheken feilgehalten oder­ verkauft werden dürfen. Der mit dieser ausschließlichen Vcrkaufsberechtigung verbundenen Ver­ leihung der Apothekenkonzession wohnt mithin ein erheblicher Vermögenswerth bei, der dadurch erhöht wird, daß die seit dem Inkrafttreten der Verordnung vom 24. Oktober 1811 wegen An­ legung neuer Apotheken (Gesetzsamml. S. 359) errichteten Apotheken auf einer vererblichen und veräußerlichen Berechtigung beruhen (Allerh. Kabinetsorder vom 5. Oktober 1846 und Erlaß des Ministers der geistlichen 2C. Angelegenheiten vom 21. Oktober 1846, M.-Vl. d. i. V. S. 209, Allerh. Kabinetsorder vom 7. Juli 1886 und Erlaß des Ministers der geistlichen re. Angelegen­ heiten vom 21. Juli 1886, M.-Bl. d. i. V. S. 161). Derartige Konzessionen, die nach ihrem Werthe den Apothekerprivilegien nahestchen, sind Handelsgegenstand, indem bei der Veräußerung der Apothekergrundstücke für den Verzicht auf die Konzession und die Verpflichtung, den Erwerber als Geschäftsnachfolger vorzuschlagen, erhebliche Preise gezahlt werden. Es erscheint daher nur­ gerechtfertigt, diese Konzessionen steuerlich ähnlich wie Apothekerprivilegien, deren Veräußerung denr Jnttuobiliarkaufstempel von 1 v. H. unterliegt, zu behandeln. Der Entwurf verlangt deshalb für die Verleihung der vererblichen und veräußerlichen Konzessionen, deren Werth sich ohne besondere Schwierigkeiten feststellen läßt, den mäßigen Werthstempel von £ v. H. Seit dem 11. Juli 1894 können neue, veräußerliche Konzessionen nicht mehr entstehen, weil nach der Allerhöchsten Kabinetsorder vom 30. Juni 1894 (Erlaß des Ministers der geist­ lichen 2C. Angelegenheiten vom 5. Juli 1894, Min.-Bl. d. i. V. S. 119) die Präsentation von Geschäftsnachfolgern überhaupt nicht mehr gestattet wird, die Konzession vielmehr beim Ausscheiden eines Apothekers aus seinem Geschäft zur anderweiten Verleihung in allen Fällen an den Staat zurückfällt: Für die Verleihung dieser unveräußerlichen (Personal-) Konzessionen empfiehlt sich ein fester Stempel von 50 Mark, weil ihr Werth ein geringerer ist und auch die Festsetzung desselben, insoweit es sich um neue Apotheken handelt, mit Schwierigkeiten verknüpft ist. Die Anlegung einer Zweig- (Filial-) Apotheke und die Verlegung einer bestehenden Apotheke ist nach dem Erlaß des Ministers der geistlichen ?c. Angelegenheiten vom 24. Februar 1892 (Min.-Bl. S. 190) sachlich einer Neukonzessionirung gleich zu achten. Für die Konzessionirung einer Zweigapotheke ist ein Stempel von 5 Mark angemessen, da derartige Apotheken nur geringe Reinerträge gewähren. Verlegungen von Apotheken werden von der Aufsichtsbehörde oft im öffentlichen Interesse herbeigeführt; in solchen Fällen wird von der Erhebung einer Steuer ab­ gesehen werden müssen. Für Verlegungen auf Antrag des Besitzers erscheint ein fester Stempel von 10 Mark angemessen. Aus dieser Darstellung ergeben sich drei verschiedene Berechtigungen zum Apothekenbetriebe:

1. die subjektiv dinglichen, vererblichen und veräußerlichen (Privilegien); 2. die persönlichen, vererblichen und veräußerlichen; 3. die persönlichen, unveräußerlichen. Der Tarifstelle 22a unterliegen nur die unter Ziffer 2 u. 3 aufgeführten persönlichen Berechtigungen (Konzessionen), wie die Gesetzesbegründung erkennen läßt.*1) In der Kommission des Abg.H. war man grundsätzlich einverstanden mit dem Gedanken der Regierungsvorlage,

diejenigen Konzessionen, welche nicht dinglicher Natur, aber vererblich und veräußerlich sind,

mit einem Werthstempel zu belasten.* 2) Apotheken­ privilegien.

3. Die Apothekerordnung vom 11.10.1801 bestimmte im Titel 1 § 1 für den damaligen Umfang der Monarchie, daß zur Ausübung der Apothekerkunst an einem Orte ein landes­

herrliches Privilegium und das Approbationspatent berechtige.

Seit dem Gewerbesteuer­

edikt vom 2. 11. 1810 (vergl. G.S. S. 79 ff.) werden derartige Realprivilegien nicht mehr ertheilt; die vorher bestandenen können aber verpfändet, vererbt und veräußert werden. Wegen

des Unterschiedes zwischen Privilegien und vererblichen und veräußerlichen Konzessionen vergl. den letzten Absatz der folgenden Anm.

Werden privilegirte Apotheken veräußert, so unterliegt

die Veräußerungsurkunde nach der Tarifstelle 32 dem einprozentigen Werthstempel von dem gesammten Werthe des Grundstücks einschließlich der Apothekengerechtigkeit oder es ist, falls

keine Veräußerungsurkunde vorgelegt wird, der Auflassungsstempel der Tarifstelle 8 zu entrichten.

1) Vergl. auch Abg.H.Verh. S. 2272 und 2273.

2) Kom.Ber. zu Tarifstelle 22 a S. 23.

605

Erlaubnißertheilungen.

Vergl. Tarifstelle 2 Anm. 3 unter Ziffer 5 Ila und Tarifstelle 8 Anm. 11 unter d. Dagegen

der

konunt

Sternpel

der

Tarifstelle 22 a

nicht

in

Frage, da

eine gewerbepolizeiliche

Genehmigung, welche die nothwendige Voraussetzung der ganzen Nr. 22 ist, überhaupt nicht ertheilt wird.* 3)

Für die mit Grundstücken verbundenen Privilegien in den neuen Landestheilen, Schleswigdie auf einer anderen gesetzlichen Grundlage als auf der altpreußischen Apothekerordnung von Privilegien^ 1801 beruhen, bedarf es im Falle der Veräußerung vielfach noch einer besonderen Verleihung, so für die Privilegien in Schleswig-Holstein.

Diese Privilegien ähneln insoweit den ver­

erblichen und veräußerlichen Konzessionen, die in den alten Provinzen den seit dem Inkrafttreten

der Verordnung

von:

24. Oktober 1811

errichteten Apotheken

zu Grunde liegen (vergl. die

folgende Anin.). Die Erlaubniß wird aber nicht durch Verleihung einer neuen Konzession, sondern

durch Ausdehnung des bestehenden Privilegs auf den neuen Erwerber ertheilt (Dänische

Medizinal- und Bd. 1 S. 769).

Apothekerordnung vom 4. 12. 1672 Corp. Constit. Regio-Holsaticarum Auch auf Urkunden über die Ausdehnung dieser Apothekerprivilegien findet

die Tarifstelle 22 a keine Anwendung; sie bedürfen nur des Ausfertigungsstempels von 1,50 Mark nach der Tarifstelle 10.* 4) Wegen der Versteuerung vererblicher und veräußerlich er Apothekenberechtigungen

in Schleswig-Holstein vergl. unten Amn. 6 Abs. 2.

4.

Seit der Verordnung v. 24. 10. 1811 (GS. S. 359) werden nur noch Personliche Berechtigungen zum Apotbekenbetriebe verliehen; diese sind vererblich und ver-

Vererbliche äußerliche

äußerlich, wenn sie sich auf Apotheken beziehen, die bereits vor dem 11. Juli 1894 bestanden Konzessionen, haben (vergl. oben die Gesetzesbegründung in Anm. 2, ferner unten Anm. 7). Diese Kon­

zessionen werden von den Regierungspräsidenten

ertheilt; Konzessionen

zur Anlegung

neuer Apotheken (vergl. unten Anm. 7) werden dagegen von dem Oberpräsidenten ver­

liehen (Allg. Erl. M. d. geistl. u. s. w. Angel. 13. 9. 45 M. Bl. S. 301). Auf Grund der Kab.Ordre vom 5. 10. 46 und des allg. Erl. des M. d. geistl. A. vom

21. 10. 46 (M.Bl. S. 209) ist man zu der früheren, mit der Kab.Ordre vom 8. 3. 42 (G.S. S. 111) und denr allg. Erl. des M. d. geistl. A. vom 13. 8. 42 (M.Bl. S. 320) verlassenen Praxis zurückgekehrt, wonach beim Ausscheiden eines nicht privilegirten Apothekers die Konzession dem

von dem abgehenden Apotheker oder dessen Erben in Vorschlag gebrachten Geschäftsnachfolger, sofern dieser geeignet erscheint, zu verleihen ist. Diese den Regierungen ertheilte Ermächtigung

ist.dann durch die Kab.Ordre vonr 7. 7. 86 und den allg. Erl. d. M. d. geistl. Ang. vom 21. 7. 86 (M.Bl. S. 161) dahin eingeschränkt, daß innerhalb der nächsten zehn Jahre nach der Errichtung einer neuen Apotheke der Inhaber der Konzession ohne besondere Genehmigung der

Aufsichtsbehörde nicht befugt ist, Nachfolge in Vorschlag zu bringen.

der Regierung eine geeignete Person mit dem Rechte der Die Regierung soll vielmehr, wenn ein Apotheker inner­

halb dieser Frist sein Geschäft aufgeben will,

verleihen.

ermächtigt sein, die Konzession anderweitig zu

In Uebereinstimmung rnit diesen Bestimmungen ist auch im Sinne der Tarif­

stelle 22a eine Apothekenkonzession als „vererblich und veräußerlich" dann anzusehen, wenn dem

Konzessionsinhaber oder dessen Erben das Recht zusteht,

der Regierung einen Nachfolger mit

der Wirkung vorzuschlagen, daß sie diesem die Konzession zu ertheilen hat, falls gegen seine Persönlichkeit nichts zu erinnern ist*5)

Nur auf die Verleihung solcher Konzessionen kommt

der Werthstempel von ]/2 v. H., jedoch im Mindestbetrage von 50 Mark zur Anwendung.*6)

*3) *4)

Konnn.Ber. ebendas. S. 24. F.M.Erl. 13. 10. 96 III 13394 u. Erl. d. F.M. u. M. der geistl. Angel. 20. 3. 01 F.M. III 2090, M. d. g. A. M. 5618. *5) F.M.Erl. 26. 3. 98 III 4396. *6) Ueber die Gründe, die für die Einführung des Werthstempels von v. H. maßgebend gewesen sind, vergl. den Komm.Ber. zur Tarifstelle 22 a S. 24.

606

Unterschied Privilegien. un^

Tarifstelle 22.

Ueber den Unterschied zwischen den mit einem Realprivilegium ausgestatteten Apotheken den Apotheken mit einer vererblichen und veräußerlichen Konzession äußerten sich die Ver­

treter der Staatsregierung nach dem Komrn.Ber. S. 24 wie folgt:

Die sogenannten Apothekenprivilegien, welche meistens sehr alten Ursprungs sind, unterscheiden sich von den vererblichen und veräußerlichen Konzessionen dadurch, daß die Berechtigung zum Betriebe der Apotheke eine selbständige Grundgerechtigkeit ist, daß also eine Konzessionsertheilung gar nicht stattfindet, sondern für den Inhaber dem Staate gegenüber lediglich die auf Grund der Reichsgewerbeordnung erfolgende und allgemein giltige Approbation erforderlich ist. Der Jmmobiliarstempel, welcher von dem gesammten Werthe des Grundstücks einschließlich der Apothekengerechtigkeit erhoben wird, fällt nicht unter die (vorliegende) Position, da eine gewerbepolizeiliche Genehmigung, welche die nothwendige Voraussetzung der ganzen Nr. 22 ist, überhaupt nicht ertheilt wird. Der Begriff der vererblichen und veräußerlichen Konzessionen dagegen ist vielleicht per nefas — durch die langjährige Praxis entstanden, nunmehr aber als zu Recht bestehend anerkannt, insofern, als die Regierung verpflichtet ist, den präsentirten Nachfolger zu konzessioniren, und kein Recht besitzt, eine einmal konzessionirte Apotheke wieder zu beseitigen. Da mit dem Betriebe einer Apotheke die ausschließliche Be­ rechtigung zunr Verkauf der sog. Apothekerwaaren verbunden ist, so steht der Werth der vererblichen und veräußerlichen Konzessionen den Privilegien ziemlich nahe. Da ferner seit dem Jahre 1894 das reine Personalprinzip ausschließlich zur Einführung gelangt ist, so liegt cs auf der Hand, daß diese Werthe eine steigende Tendenz zeigen.

bcrfDererbsS lichen u. ver-

Wegen der Ermittelung der der Versteuerung zu Grunde zu legenden Konzessionswerthe bestitnmt die Ausführungs-Bekanntmachung:

Behufs Ermittelung des stempelpflichtigen Werthes vererblicher und veräusserlicher Konzessionen ist zunächst der die Konzession Nachsuchende zur Ziffer 35. yverthangabe und zur Vorlegung des über den Verkauf der Apotheke etwa ge­ schlossenen Vertrages aufzufordern. Falls ein solcher Vertrag vorhanden ist, so ist aus ihm festzustellen, ob und was die Vertragschliessenden über die Vergütung für den Uebergang der Konzession auf den neuen Erwerber verabredet haben. Wird der angegebene Werth für zu niedrig erachtet und findet eine Einigung mit dem Steuerpflichtigen nicht statt, so ist der Werth, falls ihn die die Konzession ertheilende Behörde nicht selbst zu begutachten vermag, nach der Vorschrift des § 7 Abs. 3 des Gesetzes und unter Beachtung der Vorschrift der Ziffer 6 dieser Bekanntmachung anderweitig zu ermitteln, wobei unter Umständen auch die in früheren Verträgen über das Entgelt für die betreffende Konzession getroffenen Vereinbarungen als Anhaltspunkte werden dienen können. Den Ober-Präsidenten bleibt es überlassen, zur Ermittelung der Konzessionswerthe die Mitwirkung der Provinzial Steuerdirektoren in Anspruch zu nehmen. Insoweit der Werthstempel unstreitig ist, muss seine Verwendung auf der Konzessionsurkunde innerhalb der im § 15 Abs. 1 des Gesetzes angegebenen Frist erfolgen, während der Stempel für den etwaigen nachträglich ermittelten Mehrwerth später auf der Urkunde zu entwerthen ist. äußerlichen

Konzesftonen.

anr^chnung

6

Bei Verkäufen konzesstonirter Apotheken wird gewöhnlich ein Theil deß Kauf-

Preises auf die Abrede gerechnet, wonach die Konzession auf den Käufer übergehen soll oder Verkäufer auf die Konzession verzichtet. Sowohl in der Kommission wie im Plenum des Konzession^ Abg.H. war die Ansicht vertreten, daß dieser Kaufpreistheil dem Abtretungsstempel Unter­

des Stempels

äußerun ^der

auf den liege.*?) Dies ist nicht zutreffend, denn der Verzicht des Verkäufers auf die Konzession etTörif?er erfordert nach der Tarifstelle 71 Ziffer 2 nur den allg. Vertragstempel von 1,50 Mark; vergl.

stelle 22a.

Tarifstelle 2 Anm. 2Dg S. 451 Komm.

Eine Anrechnung dieses das privatrechtliche Ver­

äußerungsgeschäft treffenden Stempels auf die Konzessionsabgabe von !/2 v. H., die auf dem *7)

Komm.Ber. zu Tarif 22 a S. 24; Abg.H. Verh. S. 2273,

Erlaubnißertheilungen.

607

Verleihungsakt der Verwaltungsbehörde lastet und die Natur einer Gebühr hat,

zulässig.

Ein in der Kommission

gestellter Antrag,

die als „Abtretungsstempel"

ist nicht

bezeichnete

Stempelabgabe auf den Konzessionsstempel in Anrechnung zu bringen, wurde mit Rücksicht

darauf, daß in Zukunft vererbliche und veräußerliche Konzessionen für neue Apotheken (s. die

nächstfolgende Anm.)

nicht mehr ertheilt werden,

und wegen der durch die Anrechnung ent­

stehenden Weiterungen und Schwierigkeiten abgelehnt.* 8)

Gerichte und Notare sind angewiesen,

sich bei der Beurkundung der Veräußerung von Apothekengrundstücken der Verwendung und

Einziehung des Konzessionsstempels, dessen enthalten und sich

Erhebung

den Regierungspräsidenten obliegt, zu

auf die Verwendung des zu den Kaufurkunden erforderlichen Stempels

(1 v-H. für die Veräußerung von Apothekenprivilegien,

1,50 Mark für Vereinbarungen

über die Uebertragung der Konzession auf den Erwerber oder über den Verzicht des Verkäufers

auf die Konzession) zu beschränken.* 9) Apothekenberechtigungen in Schleswig-Holstein, die weder mit einem Grundstück verbunden sind, noch als selbständige Gerechtigkeiten im Grundbuch eingetragen stehen, werden in steuerlicher Hinsicht ebenso behandelt, wie vererbliche und veräußerliche Konzessionen.

Dabei

niacht es keinen Unterschied, daß diese Berechtigungen nach dem bis zur Trennung SchleswigHolsteins von Dänemark bestehenden Geschäftsgang vom Landesherrn vollzogen und daher nach

damaligem Sprachgebrauch nicht als Konzessionen, sondern als Privilegien bezeichnet wurden (vergl. § 1 der Apoth. Ordn, für das Herzogthum Holstein v. 11. 2. 1854).

Die in einem

Kaufverträge enthaltene Abrede über den Uebergang einer solchen Apothekenberechtigung auf den

Käufer erfordert deshalb nur den allg. Vertragstempel von 1,50 Mark, wogegen zu den Erlaubnißurkunden über den Uebergang der Berechtigung auf einen neuen Besitzer der Stenlpel von Vs v. H. zu verwenden ist.* 10)

7.

Seit dem Tage der Veröffentlichung des allg. Erl. d. Min. d. geistl. Angel, vom Nein 5. 7. 94 (M.Bl. S. 119) im Staats- und Neichsanzeiger, nämlich seit dem 11. Juli 1894, unÄräuß^erdürfen Konzessionen zur Errichtung neuer Apotheken oder Wiederverleihungen von den an den Nche Staat zurückgefallenen Apothekengerechtigkeiten nur mit dein Zusatz ertheilt werden, daß dem Konzessionen. Inhaber in Gemäßheit der Kab.Ordre vom 30. 6. 94 nicht gestattet sei, einen Geschäfts­ nachfolger in Vorschlag zu bringen.

Anm. 4 am Anfang.

Vergl. oben Anm. 2 die Gesetzesbegründung Abs. 2 sowie

Diese unveräußerlichen Konzessionen, die mit dem Ausscheiden des

bisherigen Konzessionsinhabers an den Staat zurückfallen, unterliegen dem festen Stempel von 50 Mark („sonst — 50 Mark").

Dieser Steuersatz kommt mithin nicht zur Anwendung auf

die nach dem 11. 7. 94 ausgestellten Konzessionen, wenn die Apotheke, auf die sich die Konzession

bezieht, bereits vor dem erwähnten Zeitpunkt bestanden hat.* 11) Konzessionen durch die Oberpräsidenten vergl. oben Anm. 4 Abs. 1.

u. s. w.

8.zur

22 a.* 12)

Wegen Ertheilung der

Erlaubnißertheilungen an Aerzte, Veterinärärzte, Krankenanstalten, Hospitäler Führung von Hausapotheken unterliegen nicht dem Stempel der Tarifstelle

Sie sind als Ausfertigungen mit 1,50 Mark zu versteuern, falls die Voraussetzungen

*8) Komm.Ber. zu Tarif 22 a u. Antrag Nr. 49 zu II S. 25 u. 135. *9) Allg.Just.M.Erl. 23.11. 00 Just.M.Bl. S. 638, mitgeth. durch allg. F.M.Erl.10. 12. 00 III 14780.

*10) Erl. des Fin.M. u. M. d. geistl. Ang. 20.3.01 F.M. III2090, M. d. g. A. M 5618. Durch diese Entscheidung ist die frühere, auf dem F.M.Erl. v. 13. 10. 96 (vergl. Note 4) beruhende Praxis aufgegeben, wonach zur Veräußerung von Apothekenberechtigungen der in Rede stehenden Art der Werthstempel von J v. H. zwar für erforderlich erachtet wurde, dieser Stempel aber auf den Stempel von | v. H. für die von den Negierungs-Präsidenten auszufertigende Konzession zur An­ rechnung gebracht wurde, so daß für die Konzession nur ein Stempel von 1/6 v. H- zu erheben war. *11) Vergl. den F.M.Erl. 26. 3. 98 in Note 5. *12) Komm.Ber. zu Tarif 22 a S. 25.

Hausopot^ckn'

608

Tarifstelle 22.

der Tarifstelle 10 zutreffen.

Die Hausapotheken dienen nicht dem Gewerbebetriebe, sondern sie

werden aus Rücksicht auf das arzneibedürftige Publikum in Gegenden errichtet, die wegen der dünn gesäten Bevölkerung die Errichtung von Voll- oder Zweigapotheken nur in größeren Entfernungen gestatten.* 13) Zweigapothcken. Neben­ apotheken.

9*

Wegen des für die Konzessionirung von Zweigapotheken vorgeschriebenen Steuersatzes von 5 Mark vergl. oben in Anm. 2 die Gesetzesbegründung Abs. 3 und wegen

der Verlegung von Zweigapotheken vergl. die nächstfolgende Anm. Der Stempel von 5 Mark kann nur zur Errichtung von Zweig-(Filial-)Apotheken, also für die Erlaubniß

zur ersten Anlegung,

erhoben werden;

Erlaubnißertheilungen zur

Fortführung bestehender Zweig-(Filial-)Apotheken erfordern nur den Ausfertigungsstempel von 1,50 Mark nach der

Tarifstelle 10, falls deren Voraussetzungen (vergl. Tarifstelle 10

Anm. 2 S. 542 fg. Komm.) vorliegen.* 14) Selbständige, kleine Apotheken, die nur eine beschränkte Anzahl der sonst vorgeschriebenen

Apothekerwaaren zu führen brauchen, anderer

giebt cs nicht; sie sind bisher nur als Zweigapotheken

selbständiger Apotheken konzessionirt worden,

um das Bedürfniß in angemessener

Weise zu befriedigen. Nach der Erklärung des Finanzministers sollen selbständige Neben apotheken, falls deren Errichtung künftig in Frage kommen sollte, wie die Zweigapotheken, bei denen der Eigenthümer vielfach Schaden erleidet, behandelt werden.* 15) Verlegung von Apotheken.

10.

Wegen des Steuersatzes vergl. oben Anm. 2 die Gesetzesbegründung Abs. 3. Erlaubnißertheilungen zur Verlegung einer Apotheke sind nur stempelpflichtig, wenn der Besitzer

die Verlegung beantragt.

Verlegungen, die von der Aufsichtsbehörde im öffentlichen Interesse

herbeigeführt werden, sind stempelfrei (vergl. oben Anm. 2 Gesetzesbegründung Abs. 3).

Da

der Stempel für die Konzession einer Zweigapotheke nur 5 Mark beträgt, so kann der für

Apothekenverlegungen allgemein vorgeschriebene Stempel von

10 Mark auf Zweigapotheken

keine Anwendung finden. Derartige Genehmigungen erfordern nur, wenn sie in stempelpflichtiger Ausfertigung ertheilt werden, einen Stempel von 1,50 Mark nach Tarifstelle 10. Befreiungen.

11.

Die Verleihung der Konzession, als ein Akt der Ausübung eines Staatshoheits­ rechts, hat in rechtlicher Beziehung eine andere Bedeutung als die den Konzessionserwerb ermöglichende Vererbung der Konzession oder ihre Uebertragung geschäft unter Lebenden.

durch ein Veräußerungs­

Wirthschaft!ich stehen jedoch der staatliche Verleihungsakt und

der privatrechtliche Erwerb insofern in einem Zusammenhänge, als erst durch ihr Zusammen­

treffen die Konzession erworben wird; es entspricht deshalb der Billigkeit, wenn die für die privatrechtlichen Erwerbsarten geltenden Steuerbefreiungen auf den staatlichen Konzessionsakt, durch den sich der Erwerb erst vollendet, ausgedehnt werden.

Aus diesen Erwägungen wurde

bereits in der Kommission des Abg.H. beantragt, die Verleihung der Konzession an einen erbschaftssteuerfreien Erwerber von der Stempelpflicht auszunehmen.* 16) Der in der

Kommission abgelehnte Antrag wurde bei der zweiten Berathung im Plenum wieder aufgenommen und ihm ein zweiter Antrag angefügt, wonach Konzessionen auch dann

steuerfrei

sein sollten, wenn ein Apotheker, der Besitzer einer veräußerlichen und vererblichen Apotheke ist, bei Lebzeiten die Apotheke einem Abkömmlinge überträgt.* 17) Beide Anträge sind zum

Gesetz erhoben. *13) Schr. d. M. d. geistl. Ang. an F.M. 4. 2. 98 M 5001 u. F.M.Erl. 10. 2. 98 III 1960. *14) Allg. Erl. d. Fin.M. u. M. d. g. Ang. 2. 3. 01 F.M. III 1072 M. d. g. Ang. M5457 Cbl. S. 76.

*15) Komm.Ber. S. 24 u. 25. *16) Komm.Ber. S. 25. *17) Verh. d. Abg.H. S. 2272 u. 2273.

Erlaubnißertheilungen.

609

Wenn beim Vorhandensein mehrerer erbschaftssteuerfreier Erben ein Erbe nach Ab­

findung seiner Miterben die Apotheke allein übernimmt, so ist er von dem Konzessionsstempel nicht nur für denjenigen Bruchtheil befreit,

diese Abgabe überhaupt nicht zu zahlen.

zu dem er Erbe geworden ist,

Es erscheint

sondern er braucht

sprachlich nicht unzulässig, als „ererbt"

alle diejenigen Vermögensgegenstände anzusehen, die ein Miterbe bei der Erbtheilung von der Erbschaft erhält. *18)

Zum Buchstaben b.

Approbationen für Apotheker nnd Aerzte.

12.

Aus der Begründung: AnwendbarNach § 29 der Reichs-Gewerbeordnung bedürfen Apotheker und Aerzte, einschließlich der Zahn- stelle* V^-

und Thierärzte, einer auf Grund des Nachweises der Befähigung zu ertheilenden Approbation, steuerungsDie Approbation erfolgt in Gemäßheit der Bekanntmachungen des Reichskanzlers für Apotheker art. vom 5. März 1875 (Reichs-Centralblatt S. 167), für Aerzte vom 2. Juni 1883 (N.C.Bl. S. 191), für Zahnärzte vom 5. Juli 1889 (R.C.Bl. S. 417) und für Thierärzte vom 13. Juli 1889 (R.C.Bl. S. 421). Die Approbationsscheine berechtigen die Inhaber zum Betriebe des Gewerbes für das ganze Reichsgebiet und bilden für sie die Grundlage einer gesicherten Existenz während der Dauer ihres Lebens (vergl. auch §§ 40, 53 und 143 der Reichs-Gewerbeordnung). Der in Betracht kommende erste Satz des § 29 der Reichs-Gewerbeordnung (N.G-Bl. 00 S. 871), auf den die Tarifstelle 22 b hinweist, lautet:

§ 29. Einer Approbation, welche auf Grund eines Nachweises der Befähigung ertheilt wird, bedürfen Apotheker lind diejenigen Personen, welche sich als Aerzte (Wundärzte, Augenärzte, Geburtshelfer, Zahnärzte und Thierärzte) oder mit gleich­ bedeutenden Titeln bezeichnen oder seitens des Staates oder einer Gemeinde als solche anerkannt oder mit amtlichen Funktionen betraut werden sollen. Dem Stempel der Tarifstelle 22 b unterliegen nur Approbationen für die dort er­

wähnten Personen; sofern noch anderen Personen Approbationen ertheilt werden sollten, würde die Tarifstelle 10 zur Anwendung kommen, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen.

Hebammen

bedürfen nach § 30 Abs. 2 R-Gew.O. eines Prüfungszeugnisses, das nach Tarifstelle 77 stempel­

pflichtig ist. Nach Ziffer 14 C Nr. 2 Abs. 2 b Ausf.Bek. (amtl. Aufg. S. 79) können Formulare zu

Approbationen bei dem Haupt-Stempel-Magazin abgestempelt werden; nach der Ziffer 34 in Verbindung mit Ziffer 33 Abs. 1 Dienstv. (S. 154 a. a. O.) dürfen auch Stempelbogen und

Stempelmarken verwendet werden.

Den Stempel statt zu den Approbationsscheinen zu den

Akten zu verwenden, ist nicht zulässig.

Zum Buchstaben c.

Privat-Kranken-, -Entbindnngs- und -Irrenanstalten. Schau­ spielunternehmen. Gastwirthschaft, Schankwirthschaft, Klein­ handel mit Branntwein oder Spiritus. Oeffentliche Veran­ staltung von Singspielen n. s. w.

13.

Begründung:

Die im § 30 der Reichs-Gewerbeordnung bezeichneten Privat-Krankenanstaltcn bedürfen der Konzession der höheren Verwaltungsbehörde (der Bezirksausschüsse, § 115 a des Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883). Die Ertheilung setzt die Prüfung der Zuverlässigkeit des Unternehmers in Beziehung auf die Leitung oder Verwaltung der Anstalt, sowie der baulichen und sonstigen tech­ nischen Einrichtungen in Hinsicht auf die gesundheitspolizeilichen Anforderungen voraus.

18) F.M.Erl. 30. 5. 99 III 6818.

Begründung.

Tarifstelle 22.

610

nawr?es

Im § 32 der Gewerbeordnung ist der Betrieb eines Gewerbes als Schauspielunternehmer von der Erlaubniß der Behörde (der Bezirksausschüsse, § 115b des Zuständigkeitsgesetzes vorn 1. August 1883) abhängig gemacht, welche zu prüfen hat, ob der Nachsuchende die zu dem beab­ sichtigten Gewerbebetriebe erforderliche Zuverlässigkeit, insbesondere in sittlicher, artistischer und finanzieller Hinsicht besitzt.^ Die ertheilte Erlaubniß gilt für den gesummten Geltungsbereich der Gewerbeordnung (Ver­ fügung des Ministers des Innern vom 24. November 1871, Min.-Bl. d. i. V. S. 345). Personen, welche Gastwirthschaft, Schankwirthschaft oder Kleinhandel mit Branntwein be­ treiben wollen, bedürfen dazu nach § 33 der Reichs-Gewerbeordnung der Erlaubniß, welche, nachdem zunächst die Gemeinde- und Ortspolizeibehörden gehört sind, von den Kreis- (Stadt-) Ausschüssen ertheilt wird (§ 114 des Zuständigkeitsgesetzes). Die Erlaubniß ist zu versagen, wenn sich in der Person des Nachsuchenden Anstände ergeben oder das Lokal wegen seiner Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügt. Außerdem ist die Erlaubniß zum Betriebe der Gastwirthschaft oder zum Ausschank von Wein, Bier oder anderen, nicht unter die Gattung von Branntwein oder Spiritus fallenden Getränken, in gewissen Ortschaften die Erlaubniß zum Aus­ schänken von Branntwein und zum Kleinhandel mit Branntwein und Spiritus allgemein von dein Nachweise eines vorhandenen Bedürfnisses abhängig (Erlaß des Ministers des Innern vom 14. September 1879, Min.-Bl. S. 253). Von ähnlichen Voraussetzungen ist nach § 33 a der Reichs-Gewerbeordnung die Erlaubniß zur gewerblichen Veranstaltung von Singspielen, Gesangs- und deklamatorischen Vorträgen, Schau­ stellungen von Personen oder theatralischen Vorstellungen, ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet, abhängig gemacht. Ueber die Ertheilung der Erlaubniß beschließen die Kreis- (Stadt-) Ausschüsse (Verordnung zur Ausführung des Neichsgesetzes vom 1. Juli 1883, betreffend Abänderung der Gewerbeordnung vom 31. Dezember 1883, Gesetzsamml. 1884, S. 7). Die vorerwähnten Genehmigungen, welche nicht auf Zeit, sondern dauernd ertheilt werden, und vorbehaltlich der Bestimmungen in den §§ 33 a, 53 und 143 der Reichs-Gewerbeordnung nicht widerrufen werden dürfen (§ 40 a. a. O.), setzen umfangreiche und zum Theil mühevolle Erhebungen der Behörden im Privatinteresse Einzelner voraus. Es soll daher für diese, den Unternehmern in der Regel namhafte Geschäftsgewinne abwerfende Erlaubnißertheilungen nach der Absicht des Entwurfs ein mäßiges, nach Maßgabe der Veranlagung zur Gewerbesteuer sich ab­ stufendes Entgelt entrichtet werden. Dasselbe ist für die wegen geringen Ertrages und Kapitals von der Gewerbesteuer befreiten Personen auf 1,50 Mark bemessen und steigt für die in den vier Gewerbesteuerklaffen Veranlagten von 5 bis zu 100 Mark. Für Fristverlängerungen und Fristungen im Sinne des § 49 der Reichs-Gewerbeordnung soll ein Viertel dieser Sätze bezahlt werden. Wenn es sich bei den im § 30 der Reichs-Gewerbeordnung bezeichneten Unternehnlungen nicht um einen Gewinn der Unternehmer, sondern um die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke handelt, so soll eine Gebühr nicht zur Erhebung kommen. der vorstehenden Begründung und ebenso aus den Verhandlungen der Kommission

Stempels,

und des Plenums des Abg.H. geht hervor, daß der Stempel der Tarifstelle 22 c die Natur einer

Pbrsönllche

Gebühr, nicht einer Steuer hat.*19) Die Genehmigungen der Tarifstelle 220 sind persönlicher Natur, denn nicht die

der Ge-

Anlagen, sondern die Gewerbetreibenden bedürfen der besonderen Genehmigung (vergl. den

nehmigungen. Unterschied in den Ueberschriften über § 16 und § 29 Gew.O.).

Ein Wechsel in der Person

des Unternehmens hat deshalb stets die Ertheilung einer neuen Genehmigung zur Folge;

vergl. die folgende Anm. unter C Abs. 6 am Schluß S. 616 oben. setzungen^der

14* Die Anwendbarkeit der Tarifstelle 22 c hängt davon ab, daß es sich um Betriebe

Stempel- oder Unternehmen handelt, die sowohl pflrchtlgkert. i. irn Sinne der §§. 30, 32, 33 und 33a Reichsgewerbeordnung genehmigungs­

pflichtig sind, als auch

2. in

eine

der

vier Gewerbesteuerklassen

des § 6

Gewerbesteuergesetzes

vom

24. Juni 1891 fallen oder gemäß § 7 dieses Ges. wegen geringen Ertrages oder Kapitals von der Gewerbesteuer frei sind. Nach Art. 2 der Gew.O.Novelle vom 6. 8. 96 (N.G.Bl. S. 685) ist die Erlaubniß auch zu versagen, wenn der Nachsuchende den Besitz der zu dem Unternehmen nöthigen Mittel nicht nachzuweisen vermag. *19) Kom.Ber. zur Tarifstelle 22 c S. 26 fg. und Abg.H.Verh. S. 2274 bis 2278.

Erlaubnißertheilungen.

611

Diese beiden Erforderniffe treffen nicht immer zusammen, weil nicht allein: Sinne der Gew.O.

genehmigungspflichtigen Betriebe der Gewerbesteuer unterworfen sind-

Wird

in einem der Genehmigungspflicht nicht unterliegenden Falle eine Urkunde ausgefertigt, die als „Erlaubnißertheilung" auf Grund eines der vorerwähnten Paragraphen der Gew.O. bezeichnet

ist,

so ist es keine im Sinne der Tarifstelle 22 c stempelpflichtige Erlaubnißertheilung und das­

selbe gilt von Erlaubnißertheilungen für genehmigungspflichtige Betriebe, die aus einem anderen

Grunde, als wegen geringen Ertrages oder Kapitals Befreiung von der Gewerbesteuer genießen (§§ 3 bis 5 Gewerbesteuerges.)

oder für Betriebe an Orten, wo das Gewerbesteuerges. nicht

gilt, z. B. wenn im Stempelinlande eine Erlaubniß für einen auf der Insel Helgoland statt­

findenden Betrieb ertheilt wird.*20)

Für solche Schriftstücke ist nur der Stempel der Tarif­

stelle 10 im Betrage von 1,50 Mark zu entrichten, falls deren Voraussetzungen vorliegen.

Vergl.

unter 14b S. 550 Komm.

15*

In den Fällen der §§ 30, 32 und 33 Gew.Ord. kann die Konzession juristischen

Juristische

Personen nicht verliehen werden, sondern nur natürlichen Personen als Stellvertretern der

Personen,

juristischen Personen, z. B. bei Aktiengesellschaften den Direktoren, bei Konsumvereinen (§ 33 Abs. 5 und 6 Gew.O.; Erl. d. M. d. Inn. 27.12. 96 M.Bl. 1897 S. 12) den Geschäftsführern

u. s. w., da vom Gesetz gewisse persönliche Eigenschaften des Konzessionsinhabers gefordert

werden.* 21) In Uebereinstimmung hiermit hat der VII. Senat des Reichsgerichts angenommen, daß

der § 33 Gew.O. den Betrieb

worden ist,

desjenigen im Auge hat, den: die Konzession ertheilt

die Berücksichtigung einer fremden Persönlichkeit, mag

der Betrieb erfolgen, also

auch für deren Rechnung

ausscheidet und danach für die Höhe des Konzessionsstempels bei

Erlaubnißertheilungen an Aktiengesellschaften nicht die Gewerbesteuerverhältnisse der Gesellschaft,

sondern desjenigen, dem die Konzession ertheilt ist (Direktors) in Betracht kommen.*22) als Stellvertreter juristischer Personen

Die

konzessionirten natürlichen Personen sind in der Regel,

da sie ein Gewerbe für eigene Rechnung nicht betreiben, zur Gewerbesteuer nicht veranlagt, so

daß sie nicht auf Grund des § 7 Gewerbesteuergesetzes (Gewerbesteuerfreiheit wegen zu geringen

Ertrages oder Kapitals), sondern deshalb gewerbesteuerfrei sind, weil dieses Gesetz auf sie über­

haupt keine Anwendung findet.

Daraus folgt,

daß in solchen Fällen auch die Tarifstelle 22 c

nicht anwendbar ist und die Konzessionen nur dem Ausfertigungsstempel unterliegen, sofern die Voraussetzungen der Tarifstelle 10 zutreffen.* 23) Es ist rechtlich zulässig, Schank- u. s. w. Konzessionen für einen bestimmt begrenzten

Personen-

Theil des Publikums zu gewähren, z. B. für die von Privatleuten betriebenen Marketendereien tetenberekn, ------------------------------------------

*20) F.M.Erl. 24. 7. 96 III 10 430. *21) Landmann-Rohmer Gew. O. f. d. D. Reich 3. Aufl. Bd. I S. 49; ebenda zu § 30 Anm. 2 S. 234, 235, zu § 32 Anin. 2 S. 260, zu § 33 Anm. 6 S. 289; Ob.Verw.G. 16. 9. 82 Bd. 9 S. 286 betr. Aktiengesellschaften; allg. Erl. M. d. Inn. 21. 2. 93 Ziffer 4 M.Bl. S. 128 betr. Privatkranken- u. s. w. Anstalten; Landm.-Rohm. § 33 Anm. 15 S. 305 betr. Vereine. *22) R.G. 29. 6. 00 F.M. III 9853 Jur.Wochenschr. S. 63021. *23) Mit den obigen Ausführungen und mit dem in der vorhergehenden Note angeführten Urtheil vom 29. 6. 00 steht ein früheres Urtheil desselben (VII.) Senats R.G. v. 3. 10. 99 (verk. 1. 11. 99) F.M. III 8064, Entsch. Bd. 45 S. 195, Jur. Wochenschr. S. 76353 nicht in Ein­ klang, wonach zu 13 einzelnen, auf 13 verschiedene Lagerhalter und Betriebsstätten eines Konsum­ vereins lautenden Konzessionsurkunden ein einmaliger Stempel von 100 Mark unter der Begründung für erforderlich erachtet ist, daß nur der Betrieb des der ersten Gewerbcsteucrklaffe angehörigen Vereins, nicht der der einzelnen Lagerhalter in Betracht komme und nur dieser eine Betrieb von der Stempelpflicht der Tarifstelle 22 c betroffen werde. Dieser Entscheidung ist die Verwaltung (F.M.Erl. 7. 8. 00 III 8064 u. 13. 9. 00 III 10 994) mit Recht nicht beigctreten, sondern hat in Anlehnung an das R.G.U. vom 29.6.00 angenommen, daß 13 inhaltlich verschiedene Urkunden vorliegen, von denen jede einzelne nach dem Betriebe des Lagerhalters, auf den die Konzessionsurkunde lautet, gemäß Tarisstellc 22c zu versteuern ist. Nach den obigen Darlegungen in Anm. 15 Abs. 1 am Ende würde es nicht des 13 maligen Stempels der Tarifstelle 22c, sondern des 13maligen Ausfertigungsstempels bedurft haben, falls die Lagerhalter, wie anzunehmen ist, zur Gewerbesteuer überhaupt nicht veranlagt waren.

Kantinen, Bahnhof-

«stau« ratlone” u' b ro'b

612

Tarifstelle 22.

und Schankwirthschaften in Kasernen, Bahnhofrestaurationen u. s. w.* 24) Wegen der Kon­ zessionsfreiheit der für Rechnung der, Militärverwaltung betriebenen Kantinen und

Kasinos vergl. diese Anm. unter C. Abs. 4 S. 615 Komm. Die emzelnen Unternehmen und Betriebe.

Im Einzelnen ist zu bemerken:

A. Privat-Kranken-, Enttnndungs- und -Irrenanstalten.

PrivatKranken-, -Ent­ bindungs­ und -Irrenanstalten.

Der hier in Betracht kommende erste Satz des Abs. 1 des § 30 Gew.O. lautet:

§ 30. Unternehmer von Privat-KrankenPrivat-Entbindungs- und Privat­ irrenanstalten bedürfen einer Konzession der höheren Verwaltungsbehörde. Der § 30 Gew.O. bezieht sich nicht auf Anstalten,

die von öffentlichen Korporationen

zur Erfüllung ihrer Korporationszwecke unterhalten werden, sondern nur auf gewerbsmäßig betriebene Privat krankenanstalten, also nicht auf solche, die lediglich den Charakter von

Wohlthätigkeitsanstalten an sich tragen.

nur

dann den Charakter eines

Ueberschüssen bezweckt wird.

Die Erhebung von Pflegegeldern giebt der Anstalt

gewerblichen Unternehmens,

Orden, Kongregationen, Wohlthätigkeitsvereinigungen.* 25)

letzteren Art sind

wenn damit die Erzielung von

Dies gilt insbesondere für die Kranken- u. s. w. Anstalten der

Genehmigungen für Anstalten der

übrigens auch nach dem letzten Absatz der Tarifstelle 22 c und weil in der

Regel Gewerbesteuerfreiheit (§ 3 Abs. 3 Gewerbesteuerges.) besteht, stempelfrei.

Die Konzession wird nur für bestimmte Lokalitäten ertheilt, deren Beschreibung und Pläne, wie § 30b R.Gew.O. (vgl. auch Ziffer 34 Ausf.Anw. 9. 8. 99 M.Bl. S. 127)

ausdrücklich vorschreibt, vom Unternehmer der Behörde vorgelegt werden müssen.* 26) Hieraus ergiebt sich, daß erhebliche Aenderungen der Einrichtung der Anstalt stets einer nepen Ge­

nehmigung bedürfen, z. B. die Verlegung des Lokals an einen anderen Ort, Vergrößerungen des Lokals durch Ausdehnung der Betriebsstätte auf andere, nicht konzessionirte Räumlichkeiten

(vgl. auch diese Anm. unter C. und Note 38 S. 615 Komm.). Ebenso bedarf es einer Genehmigung, wenn der Betrieb der Anstalt wesentlich geändert wird, wenn z. B. entgegen dein ursprünglichen, bei den Genehmigungsverhandlungen vorgelegten Plan Geisteskranke oder Personen mit ansteckenden

Krankheiten ausgenommen werden sollen, oder wenn die Betriebsänderung sonstige wesentliche Nachtheile und Gefahren für Mitbewohner oder für die Nachbarschaft (§ 30 zu cu. d Gew.O.) zur Folge haben kann.*27) Inwieweit in Fällen dieser Art Genehmigungen zu ertheilen sind, unterliegt allein der Beurtheilung der zuständigen Verwaltungsbehörde; erfolgt die schriftliche

Genehmigung, so unterliegt sie auch von Neuem dem Stempel der Tarifstelle 22 c, denn diese Genehmigungen bedingen dasselbe Maß und unter Umständen noch ein erheblicheres Maß von

Mühewaltungen für die Behörden, wie die ursprünglichen Genehmigungen.* 28)

In Betreff

des Wechsels in der Person des Unternehmers vergl. oben Anm. 13 letzten Absatz.

Ist

Jemand im Besitz einer Erlaubniß zum Betrieb einer Privatirrenanstalt und erhält er statt

*24) Landm.-Rohm. § 33 Anm. 5a S. 281; Ob.Verw.G. 22. 9. 83 Bd. 10 S. 251. *25) Allg. Erl. M. d. I. 21. 2. 93 in der Note 21. Auch nach der allgem. Verf. des Just.M., M. d. geist. Ang. u. M. des Inn. v. 26. 3. 01 (M.Bl. S. 104) gehören zu den pri v aten Anstalten im Sinne dieser Anweisung insbesondere auch die von geistlichen und weltlichen Orden, Genossenschaften, Stiftungen u. s. w. begründeten und betriebenen Anstalten, dagegen nicht die vom Staate oder von Kommunalverbänden errichteten und unterhaltenen Anstalten. *26) Landm.-Rohm. § 30 Anm. 7 S. 239. *27) Landm.-Rohm. § 30 Anm. 7d S. 241, § 33 Anm. 8c S. 296. *28) Im Gegensatz zu den obigen Ausführungen hat der VII. Senat in Urtheil vom 19. 10. 00 (Jur.Wochenschr. S. 794) angenommen, daß zu einer dem Unternehmer einer be­ stehenden Irrenanstalt ertheilten Erlaubniß, in der Anstalt eine Anzahl Zimmer stärker mit Kranken zu belegen bezw. noch einige Zellen, Kloset- und Baderäume anzulegen, nur der Aus­ fertigungsstempel, nicht der Stempel der Tarifstelle 22 c erforderlich sei unter der Begründung, daß nicht Erlaubnißertheilungen nach Stelle 22 c des Tarifs, sondern nur Genehmigungen zu Veränderungen in Frage ständen in Rücksicht auf eine Anstalt, wegen deren Errichtung dem Unternehmer die Konzession schon ertheilt worden sei. Ferner sei bei den in den Tarifstellen 22 d, 1 und m aufgeführten Betrieben die Konzessionirung von Veränderungen ausdrücklich als stempel­ pflichtig hingestellt worden und deshalb könne bei Tarifstelle 22 c, wo eine gleiche gesetzliche Vor-

613

Erlaubnißertheilungen.

dessen

eine Erlaubniß

zum Betrieb

einer Privatkrankenanstalt,

so ist dies eine

neue,

wiederum nach der Tarifstelle 22 c zu versteuernde Erlaubniß (F.M-Erl. 27. 6.01 III 8141).

Wegen der Zuständigkeit der die Erlaubniß ertheilenden Behörden und der Bedingungen,

von denen die Erlaubnißertheilung abhängt, vgl. Ziffer 1

der Ausf.Anw.

oben Anm. 13

Gew.O. v. 9. 8. 99 M.Bl. S. 127,

Gesehesbegr.

Abs. 1

wonach unter der

und

„höheren

Verwaltungsbehörde" in: Falle des § 30 Gew.O. die Bezirksausschüsse zu verstehen sind.

In

Berlin tritt an die Stelle des Regierungs-Präsidenten der Polizeipräsident (§ 161 Zust.G.).

B. Schauspielnnternehmen. Der § 32 Abs. 1 der Gew.O. lautet:

§ 32,

Schauspielunternehmer bedürfen zum Betrieb ihres Gewerbes der Er-

laubniss.

Dieselbe gilt nur für das bei Ertheilung der Erlaubniss bezeichnete

schrift nicht bestehe, eine Stempelpflicht der Genehmigungen von Veränderungen nicht Platz greifen. Dieser Entscheidung und ihren Gründen stehen Bedenken entgegen: 1. Da die Erlaubniß sich auf die Neuanlegung einiger Zellen, Klos et- und Baderäume erstreckt, so liegt insoweit eine Ausdehnung der Konzession auf bisher nicht konzessivnirte Räume vor; nach den oben und unter 0 (Note 39) gemachten Ausführungen ist daher die ursprüngliche Konzession als erloschen und die Erlaubniß zur Erweiterung der Anstalt als eine neue Konzession anzusehen. Die von Neuem vor­ zunehmende Prüfung, ob die Bedingungen deö § 30 Gew.O. erfüllt sind, verursacht den Behörden Mühewaltungen, die den bei der ursprünglichen Konzessionscrtheilung ausgewendeten gleichkommen können, sic sogar unter Umständen übersteigen können. Da der Stempel der Tarifstelle 22 c das Entgelt für solche Mühen bilden soll, auch dem Unternehmer aus der Vergrößerung seiner Anstalt ein größerer Geschäftsgewinn erwächst, so sind alle Voraussetzungen erfüllt, unter denen nach der aus den Gesetzesmotiven (vergl. oben Anm. 13 Gesetzesbegr. vorletzten Abs. u. allgem. Vorbem. zur Tarifstelle 22 Anm. 1 Ziff. 1 S. 602 Komm.) erkennbaren Absicht des Gesetzgebers der Stempel der Tarifstelle 22 c erhoben werden soll; 2. daraus, daß in der Tarifstelle 22 c nicht (und zwar im Gegensatz zu den Tarifstellen 22d, 1 und m) der 23 er an derungen besonders gedacht ist, folgt nichts für ihre Stempelfreiheit. a) Die besondere Erwähnung der Veränderungen in der Tarifstelle 22 d hat darin ihren Grund, daß die Reichsgewerbeordnung, deren Bestimmungen die Grundlagen für die Tarifstelle 22 c und d bilden, im § 25 wohl Veränderungen der im § 16 und im (hier nicht interessirenden) § 24 bezeichneten Anlagen kennt, nicht aber Ver­ änderungen in den Fällen der §§ 30, 32, 33 und 33 a, die, wie die Ueberschrist über § 29 ergiebt, nicht von Anlagen, sondern von Gew erbe treib enden handeln, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen. In der sich eng an die GewerbeOrdnung anschließenden Tarifstelle 22 c konnten deshalb ebenfalls nicht besondere Bestimmungen über „Veränderungen" getroffen werden; b) die Bestimmungen der Tarifstellen 1 und m über Veränderungen können hier über­ haupt nicht in Betracht kommen, denn sie haben die nach ganz anderen Gesichts­ punkten zu beurtheilenden Privatanschluß- und Kleinbahnen zum Gegenstände und nehmen ihren Ausgangspunkt vom § 2 Kleinb.-Ges. (vergl. unten Anm. 42,48 u. 51). Ueberdies ist die Bestimmung über die Anwendung der halben Sätze bei Verände­ rungen nur deshalb in das Gesetz ausgenommen, weil man verhüten wollte, daß solche Konzessionen nicht als neue behandelt und mit den vollen Sätzen belegt würden (vergl. Note 100). Wenn also in die Tarifstelle 22 c eine gleiche Vorschrift nicht i ausgenommen ist, so folgt daraus doch nur, daß hier die vollen Sätze in Ansatz ' kommen sollten, und dies hat seinen triftigen Grund, weil bei den Gewerben der Tarifstelle 22c überwiegend das Interesse von Privatunternehmen, bei Kleinbahnen u. s. w. aber auch das öffentliche Interesse in Frage kommt; 3. auch der Wortlaut der Tarifstclle 22 c steht der Annahme zur Seite, daß die. betreffenden Genehmigungen den in ihr verordneten, vollen Steuersätzen unterliegen sollen, denn es sind nicht Genehmigungen zur Errichtung der Anstalten, sondern schlechthin Erlaubniß­ ertheilungen „für Unternehmer von Irren- u. s. w. Anstalten" oder zum „Betriebe des Gewerbes" der Abgabe unterworfen. Nur in Fällen aber, in denen wie in der Tarif­ stelle 22a für Zweigapotheken und in der Tarifstelle 22d für Anlagen des § 16 Gew.Ord. die Stempelabgabe auf der Genehmigung zur Errichtung ruht, ist die Anwendung der vollen Steuersätze auf die ursprüngliche Konzession beschränkt (vergl. oben Anm. 9 Abs. 2 und Annr. 20 letzten Absatz).

Schauspielunternehm-..

614

Tarifstelle 22.

Unternehmen. Zum Betrieb eines anderen oder eines wesentlich veränderten Unternehmens bedarf es einer neuen Erlaubniss. Ferner bestimmen die Art. 22 und 23 der GewO.Nov. D. 6. 8. 96 (R.G.Bl. S. 685):

Art. 22. Die Schauspielunternehmern ztvrn, Betriebe ihres Gewerbes bisher ertheilte Erlaubniss gilt nur für das beim Inkrafttreten dieses Gesetzes betriebene Unternehmen. Art. 23. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1897 in Kraft. Schauspielunternehmer im Sinne des § 32 ist derjenige, welcher die Veranstaltung von Schauspielen (Tragödien, Dramen, Lustspielen, Opern, Operetten, Ballets, Pantomimen) auf eigene Rechnung und unter eigener Verantwortlichkeit als Gewerbe betreibt. Wer daneben Singspiele oder theatralische Vorstellungen ohne höheren Kunstwerth (Tingel-Tangel, VarictcTheater, Konzerte, musikalische und deklamatorische Vorträge, Tanzaufführungen u. f. w.) in bestimmten Räumlichkeiten veranstaltet, bedarf sowohl der Konzession nach § 32 als auch nach § 33a Gew.O. *29) und hat für beide den Stempel zu entrichten. Nur das gewerbsmäßige Ausfuhren von Schauspielen fällt unter § 32 Gew.O. Genehmigungspflichtig ist auch die gewerbsmäßige Aufführung von Theatervorstellungen durch Vereine (Dilettantenvereine). Daß derartige Vereine in ihren Statuten die gesellige Ver­ gnügung ihrer Mitglieder als ihren Hauptzweck bezeichnen, kommt nicht in Betracht, wenn thatsächlich die Vorstellungen für das gesammte Publikum geg-n Entgelt veranstaltet werden. *30) Die Genehmigungen werden aber des Stempels der Tarifstelle 22c nicht bedürfen, wenn die Vereine, wie es wohl meistens der Fall sein wird, zur Gewerbesteuer nicht veranlagt sind (vergl. oben Anm. 14). Während der Unternehmer früher bei später eintretenden Veränderungen eine neue Genehmigung nicht einzuholen brauchte, bedarf er vom 1. Januar 1897 ab mit Rücksicht auf den durch Art. 2 der Gew.O.Nov. von 1896 neu hinzugefügten zweiten und dritten Satz des Abs. 1 § 32 R.Gew.O. sowie auf Art. 22 dieser Novelle für die Einführung eines anderen Unternehmens oder für die wesentliche Veränderung des früheren einer neuen Konzession,* 31) die wiederum den Stempel der Tarifstelle 22 c erfordert. Die Konzession ist auch nach dem Inkrafttreten der Novelle von 1896 eine rein persönliche geblieben und wird nicht wie im Falle des § 33 Gew.O. für ein bestimmtes Lokal ertheilt. Ob in der Veränderung des Lokals unter Umständen eine wesentliche Ver­ änderung des früheren Unternehmens zu finden ist, welche die Ertheilung einer neuen Erlaubniß bedingt, ist eine Thatfrage, über welche die Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat.*32) Wegen der Zuständigkeit der die Erlaubniß ertheilenden Behörden vergl. oben Anm. 13 Gesetzesbegr. Abs. 2. Gastnnrthschast,Schankrvirthschaft, Kleinhandel mit Brannt­ wein oder Spiritus.

C. Gastwirthschaft, Schankwirthschaft, Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus.

Der hier in Betracht kommende Absatz 1 des § 33 Gew.O. lautet:

Wer Gastwirthschaft, Schankwirthschaft oder Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus betreiben will, bedarf dazu der Erlaubniss. Gastwirthschaft ist die gewerbsmäßige Beherbergung von Personen, sei es mit, sei es ohne Verpflegung, in einem offenen, allgemein zugänglichen Lokal. Bloßes Vermiethen von Schlaf­ stellen sowie die bloße Verabreichung von Speisen, ohne Verabreichung von geistigen Getränken, ist nicht Gastwirthschaft im Sinne des § 33 Gew.O. und deshalb nicht genehmigungspflichtig. *33) Die Schankwirthschaft besteht in dem gewerbsmäßigen Ausschank von Getränken jeder Art (also auch der nicht alkoholhaltigen) zum Genuß auf der Stelle, d. h. an der Aus-

*29) *30) *31) *32) *33)

Landnr.-Rohm. §32 Anm. Allg. Erl. M. d.I. 2. 11. Vergl. auch Allg. Erl. M. Landm.-Nohm. §32 Anm. Landm.-Rohm. §33 Anm.

2 S. 259, 260. 84 M.Bl. S. 251 u. 8. 11. 88 M.Bl. S. 215. d. I. 17. 8. 96M.Bl. S. 166. 3 S. 262. 2 S. 269.

Erlaubnißertheilungen.

schankstätte oder an Orten,

die mit letzterer

615

in räumlicher

stehen

Verbindung

Straße vor dem Haus, Hausgarten u. s. w.).

Hinterzimmer, Hofraum,

(Hausflur,

Auch der gewerbs-

nläßige Ausschank von Mineralwasser, Kaffee, Thee, Milch, Limonade u. s. w. in Trinkhallen

ist genehmigungspflichtig. *34)

Wird die ursprüngliche Konzession für Trinkhallen auf eine

weitere Anzahl von Trinkhallen später ausgedehnt, so stellt ein solches Schriftstück eine selbst­ ständige, besonders zu versteuernde Erlaubnißertheilung im Sinne der Tarisstelle 22 c dar.

Als Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritus ist jeder gewerbsmäßige Ver­ kauf von Branntwein oder Spiritus zu erachten, welcher anders als in hölzernen Gebinden

von mindestens einem halben Anker (17,175 Liter) stattfindet.

Der allg. Erl. d. M. d. I. vom

20. 11. 81 (M.Bl. S. 246) besagt, daß der Handel mit Branntweindestillaten, deren Vertrieb nach einem für die jedesmal

in Frage

kommende Gegend

feststehenden Geschäftsgebrauche

überhaupt nur in etiquettirten versiegelten Flaschen zu erfolgen pflegt,

bei Abgabe in solchen

Flaschen und Gesammtmengen von jedesmal mindestens vh Anker (17,175 Liter) als ein von besonderer polizeilicher Erlaubniß abhängiger Kleinhandel fernerhin nicht anzusehen ist.

Zürn

Kleinhandel mit Spiritus bedarf es der Erlaubniß auch dann, wenn er lediglich zu technischen Zwecken verkauft wird.

Auf den Kleinhandel mit denaturirtem Spiritus findet § 33 Gew.O.

aber keine Anwendung. *35) Die Genehmigungspflicht

sent

eine

Thätigkeit

gewerbsmäßige

voraus,

also die

Absicht der Gewinnerzielung; wo nur die Absicht der Erzielung einer Ersparniß vorliegt, kein Gewerbebetrieb im Sinne des § 33 Gew.O. vorhanden. oder Arbeiterkantinen

Getränke

ist

Arbeitgeber, die in Fabrik­

ohne Gewinnerzielung zum

Selbstkostenpreise abgeben,

bedürfen daher keiner Genehmigung. *36) Dasselbe gilt von militärischen Kasinos und Kantinen, deren Betrieb auf gemeinsame Rechnung der Mitglieder erfolgt und auf den Kreis

der Mitglieder beschränkt ist. *37) Da die Konzession zu einer Gast- oder Schankwirthschaft u. s. w. nicht für ein Grund­ stück oder ein Gebäude im Allgemeinen, sondern mit Bezug auf bestimmte Räumlich­ keiten, die unmittelbar den Zwecken des Gewerbes dienen, ertheilt wird, dehnung des Betriebes auf Räume, die nicht konzessionirt sind, unzulässig.

der Betriebsstätte, sofern sie wesentlicher Art sind,

z. B.

so ist die Aus­

Veränderungen in

Verlegung des Lokals an einen

andern Ort, Vergrößerung des Lokals durch Ausdehnung der Betriebsstätte auf andere, nicht

konzessionirte Räumlichkeiten,

erhebliche bauliche Aenderungen des Lokals u. s. w., bedürfen

deshalb einer neuen Genehmigung. In Fällen dieser Art ist auch die persönliche Eignung des Gesuchstellers und die Bedürfnißfrage von Neuem zu prüfen. Derjenige,

der ein Gesuch des vorerwähnten Inhalts stellt, verlangt unter eventuellem Verzicht auf seine bisherige Konzession eine neue Konzession;*38) die ursprüngliche Konzession geräth in Verlust,

das ganze Verfahren ist deshalb zu erneuern

und

die

ertheilten neuen Genehmigungen

bedürfen wiederum des Stempels der Tarifstelle 22 c (vergl. auch diese Anm. unter A Abs. 3

u. Note 28).

Dagegen sind Veränderungen nicht wesentlicher Art,

z. B. wenn ein Schank­

wirt!) seine Räume durch Entfernung von Zwischenwänden und winzigen Nebenräumen nur wenig erweitert, nur Verbesserungen, die eine neue Genehmigung nicht erfordern. *39)

Auch

bei völligem Untergange der konzessionirten Lokalitäten ist eine neue Genehmigung nicht er­

forderlich, falls die Räumlichkeiten nach dein früheren Plane wieder hergestellt werden. *40)

*34) Landm.-Rohm. § 33 Anin. 3 S. 272fg. *35) Bundesrathsbeschl. 27. 2. 96 (mitgeth. den P.St.D. durch F.M.Erl. 9. 3. 96 III 3379 Cbl. S. 213) u. Bek. d. Reichst. 27. 2. 96 R.Cbl. S. 67. *36) Landm.-Rohm. § 33 Anm. 5 S. 280. *37) Bek. u. allg. Erl. d. M. d. I. 27. 12. 96 M.Bl. 1897 S. 12. *38) Landm.-Rohm. § 33 Anm. 8 S. 292, Anm. 8c u. ä S. 295, 296; Ob.Verw.G. 9. 4. 79 Bd. 5 S. 278. *39) Ob.Verw.G. 19. 4. 82 Bd. 8 S. 275. *40) Landm.-Rohm. § 33 Anm. 8d S. 297; Ob.Verw.G. 30. 12. 81 Bd. 8 S. 278. Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

41

616

Tarifstelle 22.

Bei einem Wechsel in der Person des Unternehmers bedarf es dagegen mit Rücksicht auf die rein persönliche Natur der Konzession einer neuen Genehmigung.**41) Nach der Tarifstelle 22c sind nur Erlaubnißertheilungen zum ständigen Betriebe der

nicht aber für vorübergehende Gelegenheiten (Jahr-

Gastwirthschaft u. s. w. stempelpflichtig,

Es ist deshalb für Erlaubnißertheilungen der letzteren

märkte, Schützenfeste, Messen u. s. w.).

Art nur der Ausfertigungsstempel von 1,50 Mark erforderlich, wenn die Voraussetzungen

der

Tarifstelle 10 vorliegen.

Wegen

der

zur

Erlallbnißertheilung

zuständigen

Gesetzesbegr. Abs. 4 und wegen des Verfahrens vom 9. 8. 99 M-Bl. S. 127.

Behörden

vergl.

Anm.

oben

Ziffer 40 bis 43 Ausführ.Anw.

13

zur Gew.O.

Nach Ziffer 43 bedarf es eines besonderen Bescheides nicht,

wenn die Genehmigung im Beschlußverfahren ertheilt wird. alsbald die Genehmigungsurkunde aus;

in

Die Behörde fertigt vielmehr

allen anderen Fällen erfolgt deren

Ausfertigung

erst, wenn eine rechtskräftige oder endgültige Entscheidung vorliegt. Eine Ausfertigung der Genehnngungsurkunde ist dem Antragsteller, die andere der Ortspolizeibehörde zu über­

senden.

Diese zweiten Ausfertigungen sind stempelfrei,

da sie nur im inneren Dienste An­

wendung finden. *42) D. Veranstaltung von Singspielen u. s. w.

Der erste Absatz des § 33 a Gew.O. lautet:

Wer gewerbsmässig Singspiele, Gesangs- und deklamatorische Vorträge, Schau­ stellungen von Personen oder theatralische Vorstellungen, ohne dass ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet, in seinen Wirthschafts­ oder sonstigen Räumen öffentlich veranstalten oder zu deren öffentlicher Veran­ staltung seine Räume benutzen lassen will, bedarf zum Betriebe dieses Gewerbes der Brlaubniss ohne Rücksicht auf die etwa bereits erwirkte Erlaubniss zztm Betriebe des Geicerbes als Schauspielunternehmer. Der § 33a bezieht sich nur auf das gewerbsmäßige Veranstalten von Singspielen

u. s. w.; für nicht gewerbsmäßige Veranstaltungen maßgebend. .

von Lustbarkeiten

sind

die

Landesgesetze

Vergl. TarifsteUe 39 und Anm.

Nur Singspiele, Gesangs- und deklamatorische Vorträge unterliegen der

Genehmigung,

also nicht Jnstrumental-Musik-Vorträge.*43)

Zu den

Personen sind zu rechnen Schaustellungen von Riesen, Zwergen, stellungen u. dergl., nicht aber Schaustellungen

Schaustellungen von

auch akrobatische Vor­

von Wachsfigurenkabinetten. *44)

höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft obwaltet,

Ob ein

hängt von den Verhältniffen

des

Einzelfalls ab und wird unter Umständen durch Sachverständige festzustellen sein. *45)

Zu den Wirthschafts- oder

sonstigen Räumen gehören Räumlichkeiten

Art, geschloffene oder nicht geschloffene (Scheunen, Gärten, Hofräume u. s. w.);

auch

aller macht

es keinen Unterschied, ob der Veranstalter Eigenthümer oder nur Miether der Räume ist. *46) Eine

öffentliche

Veranstaltung

liegt

vor,

wenn Jedermann

Zutritt

hat;

daß gewisse

Personenklaffen, z. B. jugendliche Personen, von der Theilnahme ausgeschlossen werden oder die Zugänglichkeit von der Erfüllung einer Bedingung, z. B. Zahlung eines Eintrittsgeldes,

*41) Landm.-Rohm. § 33 Anm. 8e ©. 297. *42) Allg. Erl. d. F.M., M. f. H. u. G. u. d. M. d. I. 5. 3. 00 F.M. 1I[ 1017, M. f. H. u. G. B. 730 I., M. d. I. Ib. 509 M.Bl. S. 170 und allg. Erl. d. F.M., M. f. H. u. G. u. M. d. I. 18. 6. 00 F.M. III. 1017, M. f. H. u. G. B. 730 I., M. d. I. Ib. 509 Cbl. S. 396. *43) Erl. M. d. I. 4. 3. 89 M.Bl. S. 64. *44) Landm.-Rohm. § 33a Anm. 3 S. 309 u. 310. *45) Landm.-Rohm. § 33a Anm. 4 S. 310; allg. Erl. M. f. H. u. G., F.M. u. M. d. I. 8. 6. 95 M.Bl. S. 169. *46) Landm.-Rohm. § 33a Anm. 5 S. 311.

617

Erlaubnißertheilungen.

abhängig gemacht wird, ist unerheblich.

Es genügt zürn Begriffe der Oeffentlichkeit, daß die

Vorstellungen anderen als nur bestimmten Personen zugänglich sind. * *47) Wegen der zur Erlaubnißertheilung zuständigen Behörden vergl. oben Anm. 13 Ge-

setzeSbegr. Anm. 5 und wegen des Verfahrens Ziffer 40 bis 43 Ausf.Anw. zur Gew.O. v. 9. 8. 99

M.Bl.

S. 127.

Wegen

der

Stempelfreiheit

der

zweiten

Ausfertigungen

der

Genehmigungsurkunden, die den Ortspolizeibehörden zugehen, vergl. oben unter C letzten Abs.

und Note 42.

16.

Der nach der Tarifstelle 22c zu entrichtende Stempel bemißt sich nach den

Gewcrbesteuerklaßen, zu denen der Unternehmer nach den §§ 6 und 7 des Gewerbesteuerges. v.

24. 6. 91 veranlagt ist.

Danach berechnet sich der Stempel bei

und einen: Anlage- und Betriebskapitale von:

einem jährlichen Ertrage von:

weniger als 3000 «46...................... auf 1,50(46 30000 -46 „ 3 000 -46 bis ansschl. 5 J6 (IV. Klasse) 150000 -46 „ 15 Gaupp-Loeck R.St.G. 7. Aufl. S. 308; F.M.Erl. 13.10. 96 und 9. 4. 02, beide in Note 526.

834

Tankstelle 32.

die Gegenleistung in Geld besteht (Anm. 19).

Sie ist daher nicht anwendbar bei Tausch­

verträgen, Hingaben an Zahlungsstatt, Zwangsversteigerungen, welche die unter Ziffer 3 be­

zeichneten Sachen oder Waaren betreffen.

Im übrigen vergl. wegen des Anwendungsbereiches

Anm. 78 Abs. 1; wegen der Auktionen s Komm. S. 537 Anm. 7.

Hinsichtlich der Übertragung der Erwerberrechte aus den vom Stempel befreiten Verträgen vergl. Anm. 64 zu A Abs. 2.

Je Mengen von Sachen oder Waaren. Begriff der von Sachen

oder Waaren,

97.

Durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts, der sich die Finanzverwaltung jetzt überall angeschlossen hat, ist der Begriff der „Mengen von Sachen oder Waaren" im Sinne der Befr.-Vorschrift in ständiger Uebung festgestellt worden. Darunter ist eine im Sprach­ gebrauche

des Lebens als

Menge

bezeichnete

größere Anzahl von

gleiche

artigen Sachen zu verstehen, die nach ihrer Beschaffenheit und dem Willen der Vertragschließenden als untereinander völlig gleichartige und daher

insoweit

auch als vertretbare in Betracht kommen, ohne daß dabei auf das einzelne Stück an sich, als Individuum, irgend ein Gewicht gelegt wird.*413) In der Befr.-Vorschrift der Tarifstelle 32 ist der Begriff der Menge derselbe wie in der Anmerkung zur Tarifnum mer 4 des R.St. G. v. 29. 5. 85 (vergl. die Urtheile

in Rote 439 u. 440). Der Wortfassung des Gesetzes, das von „Mengen" spricht, und nicht von „einer Menge", kann eine Bedeutung nicht beigelegt werden. Der Gebrauch der Mehrheitsform

war sprachlich nur deshalb

geboten,

nicht von „einem Kauf- und Lieferungsvertrage"

weil

im

Eingänge

der Bestimmung

gesprochen wird, sondern von „Kauf- und

Lieferungs v e r t r ä g e n" .*414)

*413) Das Ergebniß der in der Rechtsprechung des I., II., III. und IV. Senats des Reichsgerichts erfolgten Entwickelung des Begriffs der „Menge" ist in dem grundlegenden Urtheile des IV. Civilsenats des R.G. Civils. v. 24. 10. 98 F.M. III 16671 (Bd. 42 S. 255, Jur. Wochenschr. S. 68890) zusammengefaßt. Die vor bicfcni Urtheil ergangenen Entscheidungen bezogen sich zwar auf „Mengen" im Sinne der Anmerkung zur Tarifn. 4 des R.St.G. v. 29. 5. 85. Die Entstehungsgeschichte der Befr.-Vorschrift 3 des Stst.G. (vergl. das genannte R.G. 24. 10. 98 Bd. 42 S. 261 bis 264, sowie R.G. 1. 6. 00 Jur. Wochenschr. S. 568H F.M. III 8399) ergiebt aber deutlich, daß in der letzteren die Bedeutung des Begriffs unverändert dieselbe geblieben ist und die dem genannten R.St.G. gegebene Auslegung trifft daher in gleicher Weise für das jetzige L.Stst.G. zu. Auch die in dem Urtheil v. 24. 10. 98 bezeichneten früheren Urtheile, in denen das Vorhandensein einer Menge für den gegebenen Fall verneint worden war, stehen grundsätzlich auf demselben Standpunkt wie dies Urtheil. Sie betrafen aber Fälle, in denen der Kaufvertrag nur über zwei Einzelstücke oder über Sachen geschlossen war, die thatsächlich theils nach der Natur ihrer Beschaffenheit, theils mit Rücksicht auf die Verschieden­ heit einzelner Stücke untereinander nicht als völlig gleichartig und gleichwertig oder nach der Verkehrsanschauung nicht als Mengen angesehen wurden. — Dem Urtheil vom 24. 10. 98, von dem der IV. Civilsenat auch in seinen späteren Entscheidungen nicht abgewichen ist, haben sich auch der II., III. und VII. Senat angeschloffen (R.G. 29. 3. 99 III 303/98, 12. 5. 99 Jur. Wochenschr. S. 426 w; 23. 12. 02 Bd. 53 S. 214, Cbl. 03 S. 137, Just.M.Bl. 03 S. 299; R.G. Civils. 12. 6. 03 F.M. III 12478 Bd. 55 S. 195). Ebenso auch R.G. 3. 11. 98 F.M. III 16950 Jur. Wochenschr. 99 S. 19g); R.G. 24.11. 98 F.M. III 986/95 Jur. Wochenschr. 99 S. 8328; R.G. Civils. 20. 2. 99 F.M. III 4167 Bd. 43 S. 290, Jur. Wochenschr. S. 23638; R.G. Civils. 6. 3. 99 F.M. III 5736 Entsch. Bd. 43 S. 304, 309, Jur. Wochenschr. S. 263 L, mitgeth. d. allg. F.M.Erl. 9. 6. 99 III 7385; R.G. 5. 5. 99 in Note 420; R.G. 7. 2. (verk. 3. 3.) 99 mitgeth. d. allg. F.M.Erl. 28. 4. 99 III 5508, Jur. Wochenschr. S. 24973; R.G. 1. 6. 00 Jur. Wochenschr. S. 568 y. Die Finanzverwaltung hat sich in zahlreichen Erlassen (vergl. Anm. 102) auf den Boden des Urtheils vom 24. 10. 98 gestellt, so z. B. in dem vorerwähnten allg. F.M.Erl. 28. 4. 99 111 5508. Den früheren, noch in dem allg. F.M.Erl. 31. 3. 97 III 3501 und der Verf. des Staatssekr. des R.Postamts v. 15. 3. 97 III 21 (Cbl. S. 157) vertretenen Standpunkt, wonach Postwaagen, Dienst­ siegel und Briefstempel nicht als „Mengen" angesehen werden sollten, hat jetzt die Verwaltung verlassen; auch diese Gegenstände können „Mengen" darstellen. Erl. d. R.Postamts 25. 7. 00 III 27066, F.M. III 9571. *414) R.G. Civils. 24. 10. 98 Bd. 42 S. 258, 259, R.G. 3. 11. 98 und R.G. 7. 2. (verk. 3. 3.) 99, alle in der vorhergehenden Note.

Kauf- und Tauschverträge.

835

Der Begriff der Menge erfordert eine Mehrheit von Sachen oder Waaren. Elektrischer Darunter sind die beweglichen Sachen zu verstehen, und zwar nach der Auffassung der Finanzetrom** Verwaltung nur die körperlichen Sachen. Die Befreiung aus der der „Anmerkung" zur Tarifnummer 4 B des R.St.G. v. 29.5. 85 nachgcbildeten Befr.-Vorschrift 3 ist deshalb bei einem

vor dem 1. 1. 00 geschlossenen Vertrag über Lieferung elektrischen Stromes*415) ver­ sagt worden. Das Urtheil des R.G. v. 18. 9. 03 VII 178/03 F.M. III 15053 wendet da­ gegen die „Anmerkung" im Bereiche des A.L.R. auch auf solche Lieferungsverträge an, da nach

§ 3 Th. I Tit. 2 das. der elektrische Strom zu den „Sachen im weiteren Sinne" gehört und der gesetzgeberische Grund der Anmerkung,

die Geschäfte der Industrie zu begünstigen, auch

bei den genannten Verträgen zutrifft. Im Urtheil vom 5. 2. 04 VII 424/03 wird anerkannt, daß auch die an die Stelle der Anmerkung getretene Befr.-Vorschrift 3 auf solche Verträge

anzuwenden sei, zumal unter den „Lie feru ngs vertrag en" der Befr. 3 wenigstens im Ge­ biete deo A.L.R. nach § 981 Th. I Tit. 11 und § 3 Th. I Tit. 2 das. auch Verträge über

„Sachen im weiteren Sinne" zu verstehen seien, die Regierungsvorlage zur Befr. 3 auch nicht

von „Sachen", sondern allgemein von „beweglichen Gegenständen" handle. Die seit dem Inkrafttreten des B.G.B. abgeschlossenen Kauf- und Licferungsverträge über elektrischen Strom fallen nach der Komm. S. 458 zu III vertretenen Auffassung überhaupt nicht mehr unter die Tarifstelle 32. Nimmt man an, daß sie durch § 445 B.G.B. auch stemPel rechtlich den Kaufverträgen über körperliche Sachen (§§ 433, 90 das.) gleichgestellt sind, so

sind sie bei Selbsterzeugung des Stroms nach Befr. 3 stempelfrei. Auf Kaufverträge über land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse,*416) z. B. Rübenlieferungsvcrträgc,*417) ist die Befr.-Vorschrift anzuwenden. Auf

Andere 93c:fpteIe

Grundstücke ist der Begriff der Menge nach dem Sprachgebrauch nicht anwendbar. Auch bei der Veräußerung von dauernden Rechten (z. B. Patenten) kann die Befr.-Vorschrift nach

§ 445 B.G.B. Platz greifen. Gleichgültig ist es für den Mengebegriff, ob die Sachen von ver­ wickelter Konstruktion und schwierig hcrzustellen sind*418) (vergl. Anm. 100 zu B). Es ist auch ohne Bedeutung, ob die Sachen nach genau bestinunten Beschreibungen, Zeichnungen

oder Mustern hergestellt sind, der Besteller die Herstellung überwachen und bei der Ablieferung

jedes Einzelstück prüfen soll,*419) und ob sie auf Bestellung oder als Massenartikel oder Lagerwaaren auf Vorrath gearbeitet sind oder nicht.*420) Auch bei der Veräußerung eines Sach inbegriffs findet die Befr.-Vorschrift Anwendung, jedoch selbstverständlich nur dann, wenn die

unter der Bezeichnung des Sachinbegriffs zusammengefaßten Gegenstände nach Zahl und Art den Erfordernissen einer „Menge von Sachen oder Waaren" entsprechen (Anm. 98 bis 100). Mit Recht gewährt deshalb sowohl die Rechtsprechung,*421) als auch die Finanz-Waarenlager.

Verwaltung*422) die Befreiung für die Veräußerung eines ganzen Waarenlagers, und zwar auch dann, wenn es bei der Veräußerung eines Handelsgeschäfts mitverkauft wird; denn

*415) *416) *417) *418) *419) weiteren

F.M.Erl. 22. 10. 02, III 12162. Verh. d. Abg.H. S. 731, 2321, 2322 (Redner: Gamp und v. Puttkamer). Verh. d. Abg.H. S. 2508 (Redner Seer, Rathjen). R.G. 12. 6. 03 in Note 413; F.M.Erl. 14. 4. 99 III 3168. R.G. 24. 10. 98 (in Note 413, Entsch. Bd. 42 S. 261 und die dort angeführten Entscheidungen); R.G. 7. 2. (verk. 3. 3.) 99 in Note 413; R.G. 24. 11. 98 Jur.

Wochenschr. 99 S. 8328 in Note 413. *420) F.M.Erl. 14. 4. 99 in Note 418; R.G. 5. 5. 99 Jur. Wochenschr. S. 382L Rhein. Arch. Bd. 95 Heft 3 S. 68 Abth. II, Neue Folge Bd. 88, mitgeth. d. allg. F.M.Erl. 9. 6. 99 III 7385; R.G. 20. 11. 93 Jur. Wochenschr. 94 S. 2568. *421) Kam.G.Beschl. 1. 10. 00 Joh. Ring Jahrb. Bd. 21 B S. 33 F.M. III 2797. *422) F.M.Erl. 31. 7. 03 III 10751 und F.M.Erl. 4. 7. 00 III 8101; Schr. d. Just.M. an F.M. 28. 2. 01 1 6897 und Schr. d. F.M. an Just.M. 6. 3. 01 III 2797; F.M.Erl. 15. 11. 01 III 13869. Für die Anwendung der Befr.-Vorschrift macht es keinen Unterschied, ob die zum Waarenlager gehörigen Gegenstände im Vertrage einzeln aufgeführt oder unter der Bezeichnung „die vorhandenen Waarenvorräthe" zusammengefaßt sind; ferner ob der Käufer Wiederverkäufer im Ganzen oder im Einzelnen bleibt (s. das vorbezeichnete Schreiben des F.M. v. 6. 3. 01).

Tarifstelle 32.

836

das Waarenlager setzt sich zusammen aus Einzelgruppen von Sachen, die unter sich nach ihrer

Beschaffenheit und dem Vertragswillen als gleichartige und daher insoweit als vertretbare in Betracht kommen. Der Strafsenat des R.G.*423) hat zwar im gegebenen Falle die Befreiung

für die bei der Veräußerung eines Handelsgeschäfts mitverkauften Waarenbestände versagt, weil festgestellt war, daß „bestimmte individualisirte Jnventarienstücke und Waarenbestände" der Gegenstand der Veräußerung waren. Diesem Urtheile ist aber, soweit es der oben ver­

tretenen Meinung widerspricht, gegenüber der Rechtsprechung der Civilsenate des R.G. nicht

beizutreten (bergt Anm. 101).

Für den Verkauf eines Möbelwaarenlagers hat mit Recht

der F.M.Erl. 17. 10. 03 III 13952 die Befreiung verweigert, weil nicht feststand, auch nicht wahrscheinlich war, daß von jeder Einzelart der Möbel drei gleichartige Stücke oder mehr

vorhanden waren, eine Preistrennung hinsichtlich der einzelnen vorräthigen Stücke oder Gruppen nicht erfolgt war, auch Gegenstände

mit verkauft waren (z. B- Utensilien), die nicht zur

Wiederveräußerung bestimmt waren. In dem Urtheil des VII. Civilsenats des R.G. vom Wagenpark. 10.10. 02,*424), das den Verkauf eines „Wagenparks" betraf, ist angenommen worden, daß die Befr.-Vorschrift insoweit anzuwenden sei, als es sich um nach dem Vertragsschluß in Gruppen auf Bestellung zu liefernde Wagen handelte, weil diese als Mengen anzusehen seien, daß dagegen die Befreiung nicht zutreffe, insoweit bereits in Benutzung gewesene Wagen ver­

äußert seien, denn hier handele es sich um bestimmte Einzelsachen; die Gruppen der noch zu liefernden Wagen hörten nicht dadurch auf, Mengen zu bleiben, daß sie mit den anderen Wagen in dem dem Vertrage beigefügten Anschläge unter der Sammelbezeichnung

„Wagenpark" zusammengefaßt seien. Diesem Urtheil ist beizutreten. Für die Frage, ob bei den veräußerten Gegenständen die Erfordernisse des Mengebegriffs zutreffen, ist der Zustand der Gegenstände zur Zeit der Uebergabe, nicht der zur Zeit des

Vertragsschluffes entscheidend. Deshalb ist Holz, das zur Zeit des Vertragsschluffes noch auf dem Stamme steht, das aber nach dem Vertrage in aufgearbeitetem Zustande vom Verkäufer dem Käufer übergeben werden soll, als eine Menge im Sinne der Befr.-Dorschrift anzusehen.*425) Zur näheren Begriffsbestimmung der „Menge" dienen noch folgende nach den Gesichts­

punkten der Vielheit, Gleichartigkeit und Vertretbarkeit der Sachen und Waaren geordnete Erläuterungen. Vielheit.

98.

Der Begriff der Menge setzt eine Vielheit voraus*426) und zwar eine solche Vielheit, die im Sprachgebrauch des Lebens als Menge bezeichnet zu werden pflegt. Nach diesem Sprachgebrauch ist im

einzelnen Falle zu entscheiden,

ob eine Menge vorhanden ist.

Wenn auch der Begriff der Menge sich nicht in feste Grenzen fassen läßt,*427) so ist doch die Annahme, daß eine einzelne Sache oder paarweise bestellte Sachen eine Menge dar­

stellen, geradezu begriffswidrig.*428) Dagegen hat das R.G. in ständiger Rechtsprechung daran

festgehalten, daß die Annahme, drei Stücke bildeten eine Menge im Sinne des Ge­ setzes, nicht zu beanstanden sei.*429) Dieser Auffassung haben sich die Verwaltungsbehörden, *423) R.G. Strass. 6. 3. 94 Bd. 25 S. 161, Just.M.Bl. 94 S. 156, 158. *424) R.G. 10.10. 02 VII 219/02 F.M. III 1011/03 (nur auszugsweise Jur. Wochenschr. S. 600 W.) *125) F.M.Erl. 5. 3. 97 M.Bl. S. 87. Für die Richtigkeit des im Text ausgestellten Grundsatzes spricht auch das R.G. 11. 4. 93 (Cbl. S. 296, Just.M.Bl. S. 321) bett, den Verkauf eines Grundstücks, auf dem der Verkäufer vor der Auflassung ein Gebäude errichten soll (vergl. Komm. S. 499 Anm. 16 zu b). *426) R.G.Civils. 6. 3. 99 in Note 428 und die dort angeführten Urtheile, ferner auch das Urtheil des III. Civils. 21. 4. 96 Jur. Wochenschr. S. 305 g. *427) R.G. 7. 2. (verk. 3. 3.) 99 in Note 413. *428) R.G. 19. 1. 00 Jur. Wochenschr. S. 170g F.M. III 6507; R.G. 19. 9. 99 Via 113/99 mitgeth. d. allg. F.M.Erl. 17. 11. 99 III 14305; R.G.Civils. 6. 3. 99 Bd. 43 S. 304, 310 Jur. Wochenschr. S. 26317; R.G. 13. 2. 94 Jur. Wochenschr. S. 126g. *429) R.G. 5. 5. 99 in Note 420; R.G. 24. 10. 98 in Note 413; R.G. 24. 11. 98 Jur. Wochenschr. 99 S. 83g; R.G. 12. 6. 03 in Note 438 und die Urtheile in der vorhergehenden Note.

837

Kauf- und Tauschverträge.

auch die Finanzverwaltung, angeschlossen.**430) zunehmen,

beträgt.

wenn

die Zahl

der

Hiernach ist eine „Menge" dann an­

gleichartigen

Einzelstücke

mindestens

drei

Bei vertretbaren Sachen, die nach Maß oder Gewicht, nicht nach Zahl, gehandelt

zu werden pflegen, stellt jedes beliebige Quantum eine Menge dar und es ist dabei einflußlos,

ob daneben die Lieferung in einem Stück oder in mehreren auszuführen ist. Sind hiernach z. B- 2 Stück Grubenkabel, jedes zu 190 Meter Länge, zu liefern, so ist eine Menge Gegen­

stand des Geschäfts.*431)

Die früheren Entscheidungen des Reichsgerichts*432) und der Ver­

waltung,*433) nach denen die Vorschrift der Anmerkung zur Tarifnummer 4B des R.St.G. v. 29. 5. 85 auch dann anzuwenden war, wenn nur einzelne vertretbare Sachen oder auch

nur eine einzige den Gegenstand des Geschäfts bildeten, sind gegenüber der neueren Praxis nicht mehr von Bedeutung.

99.

Eine Vielheit von Sachen oder Waaren ist nur dann eine Menge, wenn Gleichartigdie einzelnen Stücke ,ctt 1. nach ihrer natürlichen Beschaffenheit und

2.

nach dem Willen der Vertragschließenden als untereinander völlig

gleichartig anzusehen sind.

Beides (zu 1 und 2) muß Zusammentreffen. Rach ihrer natürlichen Beschaffen­ heit gleichartig sind Sachen dann, wenn sie derselben Gattung angehören und innerhalb

der Gattung wesentlich die gleichen Eigenschaften haben.*434) Letzteres ist z. B. nicht der Fall, wenn stehende Waldbäume verkauft sind (vergl. Anm. 102 unter „Holz"). Gering­ fügige Abweichungen schließen den Mengebegriff nicht aus.*435) Deshalb sind z. B. an die Eisenbahnverwaltung gelieferte Stärke u. s. w.

als Mengen

Eichenklötze*436) angesehen worden.

trotz

ihrer Verschiedenheit nach Güte,

Auch Lokomotiven (vergl. Anm. 102

unter Eisenbahnmaterialien) werden als Menge auch dann erachtet, wenn ein Theil mit, ein Theil ohne Dampfläutewerk*437) zu liefern ist, da dieses eine rein äußerliche, mit geringem Aufwand an Arbeit und Kosten herzustellende und leicht zu beseitigende Beigabe ist, deren Fehlen oder Vorhandensein die Eigenart der einzelnen Lokomotive unberührt läßt.

Dem

Begriff der Menge steht es nicht entgegen, wenn die gleichartigen Sachen von verwickelter

Konstruktion sind (Anm. 97 bei Note 418 u. Anm. 100 zu R); ebenso nicht, wenn Inhalts des Vertrages der Besteller sich die Möglichkeit der Aenderung der Konstruktion vorbehält,

wenn diese Aenderungen nur die einzelnen Stücke im wesentlichen gleichmäßig treffen sollen.*438) Geringe Unterschiede in Form und Konstruktion u.s.w schließen die Gleichartigkeit nicht aus. Wenn bei den zu liefernden Sachen zwar nur geringfügige Abweichungen vorhanden sind, diese Unterschiede aber nach dem Vertragswillen so wesentliche sind, daß die Sachen selbst von den Vertrag­

schließenden nicht als gleichartige und gleich zu behandelnde angesehen werden, so ist die Befreiung

zu versagen. Die Gleichartigkeit der Sachen bezieht sich nicht auf die Gleichheit des Preises

oder Werthes, sondern auf die Gleichheit ihrer wirthschaftlichen Bedeutung.*439) *430) F.M.Erl. 6. 8. 02 III 8844, 27. 6. 02 III 8102, 9. 5. 02 III 5876. Erl. des Staatssekr. des Reichspostamts III 27066 F.M. III 9571. *431) F.M.Erl. 29. 6. 02 III 8310. *432) R.G. 31. 5. 89 Jur. Wochenschr. S. 292 30 u. a. *433) F.M.Erl. 17. 10. 89 III 15055.

Ferner allg.

*434) R.G. 6. 6. 02 Jur. Wochenschr. S. 40867; R.G. 4. 3. 97 Jur. Wochenschr. S. 24871; F.M.Erl. 25. 4. 02 III 5171. *435) R.G. 23. 2. 00 Cbl. S. 223 (Personenzug-Gepäckwagen); F.M.Erl. 4.11.02 III 12272. *436) R.G. 4. 3. 97 Jur. Wochenschr. S. 248 71. *437) R.G. 12. 5. 03 VII 55/03 F.M. III 9139 u. a. (vergl. diese Anm. bei Note 439 und Anm. 102). *438) R.G. 12.6.03 VII111/03 F.M. III 12478 (Flußschlepp-Hinterraddampfer); s. Note 413. *439) R.G. 1. 6. 00 Jur. Wochenschr. S. 568 n F.M. III 8399; R.G. 6. 6. 02 in Note 434; R.G. 19. 9. 99 in Note 428; F.M.Erl. 27. 6. 02 III 8102; F.M.Erl. 25. 4 02 in Note 434; F.M.Erl. 20. 4. 00 III 4493.

838

Tarifstelle 32.

Diese Gleichheit

ist eine Folge der Gleichartigkeit und wird dadurch nicht ausgeschlossen,

daß wegen der Anbringung rein äußerlicher Zuthaten bei einzelnen der Stücke oder wegen

anderer unwesentlicher Unterschiede der Preis oder Werth dieser Stücke ein höherer ist als der der anderen Stücke. Daß alle veräußerten Gegenstände gleichartig sind, ist nicht er­ forderlich. Es genügt, wenn dies bei den einzelnen, aus mindestens drei Einzelstücken bestehenden Gruppen innerhalb der Gesammtmenge zutrifft (Anm. 97 bei Note 421, 422 und Sinnt. 100). Vertretbar­ keit.

100.

A. Vertretbare Sachen im engeren, juristisch-technischen Sinne des Worts sind bewegliche Sachen,' die im Verkehr nach-Zahl, Maß oder Gewicht gehandelt zu werden pflegen (§ 91 B.G-BO- Diese sind stets als Mengen anzusehen, jedoch,

soweit sie nach der Stückzahl gehandelt werden (z. B. Fenster, Thüren für einen Neubau

oder dergl.), nur dann, wenn mindestens drei Stück Gegenstand des Vertrages sind. Richtet sich aber der Preis nach Maß oder Gewicht, so ist der Umstand einflußlos, daß daneben die Lieferung selbst äußerlich in einem Stück oder in zwei Stücken (z. B. in einem Faß Wein oder zwei Stück Grubenkabel) erfolgen soll (Anm. 98 bei Note 431). Subjektiv vertretbare Sachen.

B. Die Befr.-Vorschrift umfaßt aber, über den Begriff der vertretbaren Sachen im objektiven, juristisch-technischen Sinne des Worts hinaus, auch die Vielheit solcher Sachen und Waaren, die von den Vertragschließenden im gegebenen Falle als unter

einander vertretbare angesehen werden, ohne daß sie auf das einzelne Stück als solches, als Individuum, Gewicht legen, also die vertretbaren Sachen im subjektiven Sinne.**440) So können drei Stück Wellblechbaracken, ^Dampfschiffe

dergl.

und

als

Mengen

in Betracht kommen, trotzdem solche Gegenstände nicht in größerer Anzahl nach Maß, Zahl und Gewicht gehandelt zu werden pflegen. Hierüber besteht jetzt in Recht­

sprechung und sprechung

und

Verwaltungsbrauch kein

Streit mehr (Anm. 102).

Die

frühere Recht

Vcrwaltungspraxis verneinten *441) die Mengeeigenschaft für

Dampfschiffe,

Wellblechbaracken, Baggerprähme, Lokomotiven, Eisenbahnwagen, Eisenbahnweichen, Schleusen-

thorflügel und dergl., weil derartige Sachen mit Rücksicht auf ihre Größe, eigenartige Beschaffenheit, verwickelte, durch Zeichnungen bestimmte Konstruktion, besondere Bestellung, Anpassung an

die

örtlichen

Verhältnisse

u. s. w.

nach

ihrer Bedeutung

im

leben nicht zu denjenigen Sachen gehörten, die als Mengen gehandelt werden.

fassung

trifft

nach

der

jetzigen

Entwickelung

der Technik

und

des

Verkehrs­

Diese Auf­

Verkehrs

und

der

dadurch bedingten Slenderung des Sprachgebrauchs nicht mehr zu und ist deshalb mit Recht

von der Verwaltung und Rechtsprechung aufgegeben.

Wenn nach dem Stande der Technik

und des Verkehrs derartige Sachen wie z. B. Dampfschiffe und ähnliche in völlig gleicher Art

in größerer Slnzahl gekauft und hergestellt werden,

müssen sie auch als Sachmengen anerkannt

werden.*442)

Es kann bei subjektiv vertretbaren Sachen der erwähnten Art auch nicht darauf ankommen, ob für jedes Stück ein Einzelpreis oder für alle Stücke ein Gesammtpreis vereinbart ist. Im letzteren Falle ist mit Rücksicht auf die Gleichartigkeit der Sachen ohne weiteres anzunehmen,

*440) Das R.St.G. v. 1.7. 81 verlangte, daß die Sachen und Waaren nach Gewicht, Maß oder Zahl gehandelt werden müßten. Das R.St.G. vom 29. 5. 85 lieff jedoch diese Ein­ schränkung absichtlich fallen, um der Auslegung der Bestimmung freieren Spielraum zu gewähren. Nunmehr wurde durch die Rechtsprechung der Mengebegriff dahin festgestellt, daß auch vertretbare Sachen im subjektiven Sinne dazu gehörten. In der Befr. Vorschrift der Tarifstelle 32 Ziffer 3 ist der Begriff der Menge derselbe wie im R.St.G. v. 29. 5. 85 (R.G. 1. 6. 00 in Note 439 und die dort angeführten Entscheidungen, sowie R.G. 5. 5. 99 in Note 420 u. R.G. 12. 5. 99 F.M. III 7817 Jur. Wochenschr. S. 426 W). Vergl. auch Anm. 93. *441) R.G. Civils. 18. 1. 94 Bd. 33 S. 18, 21, 22 und die dort angeführten Ent­ scheidungen; R.G. 20.11.93 Jur. Wochenschr. 94 S. 25 Z; R.G. 15.3.94 Jur. Wochenschr. S. 20336 u. a. m. *442) R.G. Civils. 12. 6. 03 Bd. 55 S. 195.

839

Kauf- und Tauschverträge.

daß auf jede einzelne der entsprechende Bruchtheil des Gesammtpreises als Einzelpreis zu rechnen

ist.

Auch ist für die Befreiung nicht erforderlich, daß alle gleichzeitig veräußerten Gegen­

stände

dem

nach

Vertragswillen

untereinander

vertretbar

sind,

es

genügt,

daß

dies

Merkmal innerhalb der einzelnen Gruppen der verkauften Gegenstände sich vorfindet;

jede der Gruppen kommt aber nur in Betracht, wenn sie aus mindestens drei Einzelstücken besteht (Anm. 98).

101.

Falls jede einzelne der zusammen veräußerten Sachen, obschon sie im Wesentlichen gleichartig sind, für die Vertragschließenden gerade mit Rücksicht auf ihre

JndwiMengen.^

geringfügigen Unterscheidungen lediglich als Individuum in Betracht kommt,*443) ist die Summe der Einzelstücke als „Menge" nicht anzusehen; das folgt aus dem Begriff der Menge *444) (Anm. 97).

zu entscheiden.

Ob dieser Vertragswille vorliegt, ist nach Lage des einzelnen Falls

Sind aber nicht die einzelnen Sachen selbst individualisirt,

Gesammtheit dec bereits vorhandenen einzelnen Sachen,

durch gesonderte Herstellung,

sei es durch Aussonderung,

sondern ist die

also die Sachmenge —

sei es

gesonderte Lagerung oder Trans-

portirung — zu einer individuell bestimmten, konkreten, und als solche Gegenstand des Kauf­ vertrages geworden, so greift die Befreiung Platz, Jndividualisirung

nicht

v. 1. 7. 81, der

nach Zahl,

Das ist

da der Begriff der Menge einer solchen

für

den

Mengebegriff des

R-St.G-

Maß oder Gewicht gehandelte Sachen veraussetzte,

durch die

widerstrebt.

schon

Rechtsprechung *445) anerkannt und muß jetzt um so mehr gelten, nachdem das Erforderniß der Vertretbarkeit (im objektiven Sinne) der Sachen fallen gelassen ist. Es ist also für die

Anwendung der Befr.-Vorschrift ohne Einfluß,

ob die zu liefernden Sachen zur Zeit des

Vertragschlusses schon gesondert (Getreide im Sack) vorhanden

oder ungesondert (Getreide im Speicher)

oder erst herzustellen waren (Lokomotiven)

oder entstehen sollten ^(Getreide der

zukünftigen Ernte).

102.

Praktische betreffend den

Pcaxisfälle.

Akkumulatoren s. bei „Elektrische Anlagen". Baggerprahme s. bei „Schiffe". Baracken s. bei „Wellblechbaracken". Baumaterialien s. bei „Eisenbahnmaterialien". Bäume s. bei „Holz". Bodenerzeugnisse

Mengebegriff.

land- und forstwirthschaftliche, z. B. Zuckerrüben sind Mengen,

Anm. 97 bei Note 416 u. 417.

Briefwaagen und Packetwaagen zum Wägen s. Postverwaltungsmaterialien. Dampfkolben s. bei „Eisenbahnmaterialien". Dampfschiffe s. bei „Schiffe". Dienstbekleidungs-Gegenstände s. bei „Uniformstücke". Dienstsiegel und Dienst stempel s. Postverwaltungsmaterialien in Note 413 am Schluß. Eisenbahn-Materialien. Als Mengen sind anzusehen: Baumaterialien (Werksteine und Abdeckplatten zu Ueber- und Unter^führüngcn), auch wenn sie vom Unternehmer erst auf Grund des Bauvertrages nach bestimmten Zeichnungen herzustellen sind,

F.M.Erl. 30. 4. 99 III 4731;

*443) Bei völlig gleichartigen Sachen wird das kaum möglich sein. Die frühere Recht­ sprechung (vergl. Anm. 100 zu B) nahm freilich das Gegentheil an. *444) R.G. Civils. 18. 1. 94 in Note 441. *445) R.G: Civils. 31. 1. 96 Bd. 37 S. 6, 9, Jur. Wochenschr. S. 155|6 Cbl. S. 362; R.G. Civils. 24. 10./24. 11. 87 Bd. 20 S. 15, 27; R.G. 7. 10. 89 IV 79/89. Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

55

Tarifstelle 32.

840

Blockwerke, Stellwerks-, Signal- und Sicherungsanlagen, Weichen, Wegeschranken u. bergt., ebenso Theile solcher Anlagen, F.M.Erl. 18.5.01 III 2138; Erl. Min. öff. Arb. 26.3.97 Eisenb.Verordn.Bl. S. 70; F.M.Erl. 9. 9. 97 III 10851 (Einzeltheile); Dampfkolben, eiserne Herzstücke, Scheibenräder von bestimmter, aus bei­ gefügten Zeichnungen ersichtlicher Beschaffenheit, R.G. 26. 9. 89 Beilage z. R.Anz. S. 524 Hoyer-Gaupp 5. Ausl. S. 709 Anm. 26b; Eichenklötze und Schwellen trotz Verschiedenheit in Güte und Stärke, Anm. 99 Note 436; Lokomotiven, selbst wenn einzelne von ihnen mit Dampfläutewerk ver­ sehen sind, R.G.Civils. 20. 2. 99 F.M. III 4167 Entsch. Bd. 43 S. 290, Jur. Wochenschr. S. 23638 (darin Uebersicht über Rechtsprechung und Verwaltungsbrauch); R. G. 6. 6. 02 Raff. Küntz. Ecc. Bd. 46 S. 1197, Jur. Wochenschr. S. 40867 und R.G. 12. 5. 03 VII 55/03 F.M. III 9139 (einzelne Lokomotiven mit Dampfläutewerk); F.M.Erl. 19. 12. 99 III 14342; Erl. Min. öff. Arb. 9. 1. 00 Eisenb.-Verordn.Bl. S. 1; Strohdecken, Wagendecken, auch wenn sie in besonderen, ungebräuchlichen Größen und nach bestimmten Stoffproben gefertigt sind, F.M.Erl. 5. 12. 97 III 15297;

Wagen, auch wenn Kursrichtungsschilder mit verschiedener Aufschrift an­ gebracht sind, R.G. 24. 10. 98 in Note 413 (grundlegend); R.G. 3. 11. 98 F.M. III 16950 Jur. Wochenschr. 99 S. 19g); R.G. 24. 11. 98 F.M. III 986/99 Jur. Wochenschr. 99 S. 83Z; R.G. 5. 5. 99 mitgeth. d. allg. F.M.Erl. 9. 6. 99 III 7385 Jur. Wochenschr. S. 382(Postwagen); R.G. 19. 1. 00 F.M. III 6507 Jur. Wochenschr. S. 17060; R.G. 23. 2. 00 Cbl. S. 223. Ferner R.G. 12. 5. 99 F.M. III 7817 Jur. Wochenschr. S. 426io (betrifft Brief- u. Postpacket-Eisenbahnwagen mit verschiedenen Kursrichtungs­ schildern); R.G. 19. 9. 99 Via 113/99, mitgeth. d. allg. F.M.Erl. 17. 11. 99 III 14305; Zugschranken, auch bei geringen Abweichungen in der Lichtweite, F.M.Erl. 25. 4. 02 III 5171.

Elektrische Anlagen. Akkumulator en-Batterie; deren Bestandtheile (die Elemente und die zur Aufstellung erforderlichen Holzkisten, Gruppenverbindungen und Holzgestelle) sind unter sich gleichartig und daher Mengen. Erst durch die Aufstellung werden sie wirthschaftlich und technisch insofern zu einer Einheit, als sie zu­ sammen dem elektrischen Strom die erforderliche Stärke geben, F.M.Erl. 24. 12. 00 III 14987; dem abweichenden Urth. O.L.G. Cöln 13. 11. (verk. 6. 12.) 02 F.M. III 2796/03 wird in dem F.M.Erl. 31. 12. 03 III 17054 nicht beigetreten. Mehrere (mindestens drei) untereinander gleichartige AkkumulatorenBatterien können aber zusammen eine „Menge" bilden. Strom, elektrischer, wird für die Zeit vor dem 1.1.00 vom Reichsgericht als Menge, von der Finanzverwaltung nicht als Menge angesehen. Im übrigen vergl. Komm. S. 835 oben; Wagenpark, zur elektrischen Straßenbahn gehörig, s. Anm. 97 R.G. 10. 10. 02 bei Note 424.

Formsteine s. bei „Steine". Formulare für Behörden u. s. w. sind Mengen. F.M.Erl. 6. 4. 99 111 3260.

841

Kauf- und Tauschverträge.

Forstwirthschaftliche Erzeugnisse, s. bei „Bodenerzeugnisse". Früchtevorräthe eines Gutes sind Mengen. F.M.Erl. 24. 6. 98 III 7292; s. auch bei „Bodenerzeugnisse".

Holz (vergl. Anm. 99). Stehende Bäume, insbesondere

Wald bäume, sind mit Rücksicht auf ihre

Verschiedenheit nach Holzgattung oder doch innerhalb der Holzgattung nach Höhe, Stärke und in der Gesundheit, an sich keine gleichartigen Sachen, also keine Mengen. Werden solche auf bestimmten oder vom Käufer aus­ zuwählenden Flächen stehende Bäume, wenn auch unter Festsetzung einer gewissen

Mittdeststärke, verkauft, so ist der Vertrag nicht stempelfrei,

R.G. Civils. 15. 2. 92 Entsch. Bd. 29 S. 8, Jur. Wochenschr. S. 18518; F.M.Erl. 19. 5. 00 III 5869; Kam.G.Beschl. 3. 6. 89 Joh. Jahrb. Bd. 9 S. 219; F.M.Erl. (i. Einverst. in. Just.M.) 14. 8. 01 III 9567 (zum eigenen Abtriebe verkaufter Holzbestand); F.M.Erl. 26. 5.98 III 7400; F.M.Erl. 25. 4. 98 III 4765. Werden

junge,

gleichalterige Bäume derselben

Holzgattung

aus

einer

Baumschule, unter Abmessung des Preises nach der Zahl der Stücke, ver­ kauft, ohne daß dabei das einzelne Stück als solches in Betracht kommt, so wird der Verkauf als über eine Menge geschlossen anzusehen und stempelfrei sein. Sind Waldbäume vom Boden getrennt, so ist zu unterscheiden, ob sie schon zu gleichartigen Holzscheiten oder Stücken aufgearbeitet sind oder nicht.

Stämme,

die nicht derart aufgearbeitet sind, insbesondere solche von verschiedener Holz­ gattung oder wenigstens verschiedener Länge, Stärke und Gesundheit, auf welche die Kauflustigen ihr Angebot nicht nach dem bei der Bearbeitung der Stämme ermittelten Kubikinhalte abgeben, sondern auf jeden einzelnen Baum als Ganzes,

sind keine Mengen,

F.M.Erl. 14. 12. 97 III 12760. Soll aber das verkaufte Holz in vollständig aufgearbeitetem Zustande als

in Klaftern gesetzte Holzscheite oder Stücke übergeben werden und ist der Preis

nach einem bestimmten Einheitsmaße (z. B. nach Festmetern) bestimmt, so ist das Holz als Menge anzusehen,

F.M.Erl. 5. 3. 97 M.Bl. S. 87. Dasselbe wird gelten müssen,

wenn die gefällten und bearbeiteten, nach

Holzgattung und auch im wesentlichen

nach Länge, Stärke und Gesundheit

gleichartigen Stämme zu einem nach der Zahl der einzelnen Stämme bestimmten

gleichen Preise oder auch zu einem Pauschpreise verkauft werden und anzunehmen

ist, daß die Vertragschließenden

die einzelnen Stämme als gleichartig

angesehen haben.

Kanonen und Lafetten, gleichartige, sind Mengen. R.G. 5. 5. 99 F.M. III 7672. Klüsen s. bei „Schiffe". Lüstkessel und Luftpumpen s. bei „Schiffe". Maschinen sind Mengen; vergl. bei „Schiffe" (Luftkeffel, Standrohre). Panzerplatten und Panzerschiffe s. bei „Schiffe". Postverwaltungsmaterialien, Drucksachen, Brief- und Packetwaagen, Briefbeutel, Briefträger­ taschen, Kurs- und Bureauuhren, Posthörner, Telegraphenapparate, Leitungsdraht, Dienstmöbel u.s.w. sind Mengen,

Erl. d. R.Postamts 15. 3. 97 mitgeth. d. allg. F.M.Erl. 31. 3. 97 Cbl. S. 157. Wegen

der Postwaagen, Dienstsiegel

am Schluß.

Postwagen s. bei „Eisenbahnmaterialien" (Wagen).

und Briefstempel vergl. auch Note 413

842

Tarifstelle 32.

Rüben s. bei „Bodenerzeugnisse". Schiffe und Schiffstheile sind Mengen. Nach der früheren Rechtsprechung, der sich der Verwaltungsbrauch anschloß, wurden Dampfschiffe,*446) insbesondere Panzerschiffe,*447) Baggerprähme,*448) Panzerplatten*449) u. dergl. nicht als Mengen angesehen.

Dieser Standpunkt ist jetzt verlassen

(Anm. 100 zu B).

Schiffe

und Schiffstheile sind als Mengen zu erachten, wenn im übrigen die Erfordernisse einer Menge vorliegen, also mindestens drei gleichartige, nach ihrer Beschaffenheit und dem Vertragswillen unter sich vertretbare Einzelstücke den Gegenstand des

Kaufs bilden. Es liegt kein Grund vor, Schiffe stempelrcchtlich anders zu behandeln, als andere wegen ihrer verwickelten Konstruktion schwierig herzustellende Erzeugnisse der Technik, z. B. Lokomotiven. Auch hinsichtlich der Panzer­ schiffe ist eine Ausnahme nicht anzuerkennen. Daß gleichartige Dampf­

schiffe Mengen sind,

ist vom Reichsgericht jetzt ausdrücklich ausgesprochen.

Hiernach ist der jetzige Rechtszustand folgender: Baggerprähme sind Mengen.

Das R.G. 15. 3. 94 in Note 448 verneint das Vorhandensein einer Menge nur deshalb, weil die dort in Frage stehenden acht Baggerprähme nach der Fest­ stellung des Berufungsrichters als individuelle Sachen bestellt waren:

Dampfschiffe sind Mengen,

R.G. 12. 6. 03 VII 111/03 F.M. III 12478 (Note 413); Klüsen (Schiffsklüsen) sind Mengen, Das R.G. 5. 1. 93 Cbl. S. 64 verneint die Mengeeigenschaft deshalb, weil

die Klüsen untereinander nicht gleichartig waren.

sie als Mengen anzusehen. Luftkessel, Luftpumpen,

Ist letzteres der Fall, so sind

Standrohre (für Torpedos) und deren Zubehör

nebst Reservetheilen sind Mengen,

R.G. 7. 2. (verk. 3. 3.) 99 mitgeth. d. allg. F.M.Erl. 28. 4. 99 III 5508, Jur. Wochenschr. S. 24973, tn Note 413; Panzerschiffe können Mengen sein, wenn mindestens drei gleichartige gekauft

werden (wegen des früheren Rechts s. oben bei Note 446 bis 449); Panzerplatten ebenso; Schiffswellen ebenso; Weichen sie aber untereinander nach Form, Stärke oder sonstiger Beschaffenheit ab, so sind sie, wie auch R.G. Civils. 6. 3. 99 F.M. III 5736 (Entsch. Bd. 43

S. 304, Jur. Wochenschr. S. 26317) ausspricht, nicht als Mengen anzusehen.

Schleusenthore s. bei „Thorflügel". Signalsicherungs-Anlagen s. bei „Eisenbahnmaterialien (Blockwerke)". Standrohre s. bei „Schiffe" (Luftkeffel). Steine (Verblend- und Formsteine) nach bestimmten Mustern und Zeichnungen sind Mengen. R.G. Civils. 18. 3. 89 Entsch. Bd. 23 S. 63. Thorflttgel zu Schleusen sind als Mengen anzusehen, wenn mindestens drei gleichartig Gegenstand des Vertrages sind. Das ältere R.G. 21. 4. 96 Jur. Wochenschr. S. 305g verneint die Mengen­ eigenschaft im Sinne des R.St.G. v. 29. 5. 85, weil solche Thorflügel nur eine Mehrheit gleichartiger Sachen von außerordentlicher Beschaffenheit bilden, nicht eine Menge von Waaren. Vergl. aber Amn. 100 zu B.

*446) R.G. 23.9.92 Jur. Wochenschr. S. 43118; R.G. 20.10.92 Cbl. 93 S. 5, Jur. Wochenschr. 92 S. 51019. *447) R.G. Civils. 13./18. 1. 94 Entsch. Bd. 33K Jur. Wochenschr. S. 18419. *448) R.G. 15. 3. 94 Jur. Wochenschr. S. 203g. *449) R.G. 13. 2. 94 Jur. Wochenschr. S. 126 g.

843

Kauf- und Lauschverträge.

Unisormstücke sind Mengen, wenn sie völlig gleichartig genau nach demselben Muster herzustellen sind; sie sind aber keine Mengen, wenn sie für den einzelnen Mann passend nach

Maß herzustellen sind, mögen auch gleichmäßige Preise für die einzelnen Stücke derselben

Gattung bestimmt sein,

R.G. 1. 6. 00 F.M. III. 8399 Nass. Küntz Ece. Bd. 45 S. 1069, Jur. Wochenschr. S. 56811; R.G. 9. 1. 96 Jur. Wochenschr. S. 11252; allg. F.M.Erl. 18. 8.97 III 10 041; F.M.Erl. 27. 10. 96 III 14 579.

Verblendsteine s. bei „Steine". Viehbestand eines Gutes ist keine Menge, wenn nach Absicht der Vertragschließenden nicht beliebige, nur der Gattung nach in Betracht kommende Thiere übergeben werden sollen,

sondern diejenigen bestimmten Thiere, die zur Zeit deS Vertragschlusses aus dem Gute vorhanden waren, F.M.Erl. 24. 6. 98 III 7292.

Waarenbestande, Waarenlager s. Anm. 97 bei Note 421 bis 423. Wagen s. bei „Eiscnbahnmaterialien". Wagenpark einer elektrischen Straßenbahn s. Anm. 97 Note 424 und bei „Elektrische Anlagen". Waldbäume s. bei „Holz". Weichen s. bei „Eisenbahnmaterialien". Wellblechbaracken juib Mengen (Anm. 100 zu B). Nach der früheren

Auffassung der Rechtsprechung galten sie nicht als

Mengen (R.G. 20. 11. 93 Jur. Wochenschr. 94 S. 25g; darin ist übrigens die Mengeneigenschaft mit Recht verneint, weil cs sich nur um zwei Stücke handelte).

II. Unmittelbarer Verbrauch in einem Gewerbe.

103.

I. Seit dem N.St.G. v. 1. 7. 81 unterlagen schriftliche Kauf- und Lieferungs- Entstehungs­ verträge über Mengen von vertretbaren Sachen oder Waaren, die zum Gebrauche als gewerbliche Betriebsmaterialien bestimmt waren, nicht mehr dem Landesstempel und Gebrauch und seit dem N.St.G. v. 29. 5. 85 auch nicht mehr dem Reichsstempel (Anm. 93). Neber den Begriff verbrauch, der gewerblichen Betriebsmaterialien und ihren Unterschied von den Betriebs­

mitteln herrschte in der Rechtsprechung Meinungsverschiedenheit.**450)

Bei Heizkohlen und

Farbstoffen wurde diese Eigenschaft nicht bezweifelt, da sie zu den verbrauchbaren Sachen gehören und als Betriebsmaterialien in der Begr. S. 33 zum R.St.G. v. 1.7.81 ausdrücklich

bezeichnet sind.

Als nicht zu den Betriebsmaterialien gehörig waren ebendort Schienen

und Schwellen bezeichnet und

deshalb wurden auch diese in mehreren Urtheilen des R.G.

nicht zu den Betriebsmaterialien gerechnet mit der Begründung, daß der Ausdruck „zum Gebrauch als gewerbliche Betriebsmaterialien" eng auszulegen sei. eine

Reihe

von

Entscheidungen

im

entgegengesetzten

Sinne;

Andererseits erging später dabei

wurde

insbesondere

angenommen, daß Schienen und Achsen als zum Gebrauche dienende gewerbliche Betriebs­ materialien anzusehen sind.

Sachen

Es blieb hiernach ungewiß, ob auch andere als verbrauchbare

zu den Betriebsmaterialien gerechnet werden könnten.

Der Finanzminister ordnete

zwar an, daß die Steuerbehörden sich der neueren Rechtsprechung zu fügen hätten, wies aber darauf hin, daß diese von der bisherigen Rechtsprechung, wonach nur verbrauchbare

Gegenstände als Betriebsmaterialien angesehen worden seien, abweiche und, was Schienen und Schwellen betreffe, mit der Begründung des Gesetzes in Widerspruch stehe.*451) In dem vom Finanzminister vorgelegten Entwürfe zum Stst.G. v. 31. 7. 95 sind die früheren Worte

„zum

Gebrauch

als

gewerbliche

Betriebsmaterialien

bestimmt"

„zum unmittelbaren Verbrauche in einem Gewerbe dienen sollen" ersetzt.

durch

die

Worte

Nach dem Vor-

*450) Vergl. die Uebersicht über die schwankende Rechtsprechung in dem R.G. Civils. 20. 10. 98 F.M. III 15968 Bd. 42 S. 233, Cbl. S. 440, Jur. Wochenschr. S. 654g und R.G. 9. 5. 99 F.M. III 7875 Jur. Wochenschr. S. 426 y. *451) Allg. F.M.Erl. 15. 7. 89 Cbl. S. 323.

844

Tarifstelle 32.

angegangenen konnte die Regierungsvorlage nur den Sinn haben, daß dadurch der über die Bedeutung der früheren Worte bestehende Streit abgeschnitten und im Sinne der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung hat erledigt werden sollen.**452)

Bei der Berathung

ist zwar auf diese anderweite Fassung nicht besonders hingewiesen, und nach Streichung des in

der Regierungsvorlage vorgeschlagenen Stempels von V20 v. H. im Kommissionsbericht (S. 54) zum Ausdruck gebracht worden, daß „der jetzige Rechtszustand hinsichtlich der Versteuerung der Kauf- und Licferungsgeschäfte vollkonuncn aufrecht erhalten sei".*453)

Das erklärt sich aber

dadurch, daß in Wirklichkeit eine Neuerung nicht beabsichtigt war, sondern nur eine Klarstellung des richtigen Sinnes der früheren Gesetzesvorschrift, daß der Wortlaut des Entwurfs klar usid

der Wortunterschied handgreiflich war und daß schon bei der Berathung der L.St.G.-Novelle v. 6 6. 84 in Anregung gebracht worden war, bei der späteren Neuregelung des Stempelwesens die Begriffe der Betriebsmaterialien und Betriebsmittel klar zu stellen.*454)

Hiernach besteht

nach dem jetzigen Stst.G., entsprechend der in Art. 273 H.G.B. a. F. zwischen den bei dem Betriebe des Gewerbes benutzten und den dabei verbrauchten Gegenständen gemachten Unterscheidung, das Merkmal für die Anwendbarkeit der Befreiung darin, daß die gekauften Sachen nicht gebraucht, soudern daß sie uumittelbar verbraucht werdeu sollen. Vergl. Anm. 94 zu 1^.

Unmittel­ barer Ver­ mit brauch.

104.

i. Unmittelbarer Verbrauch ist diejenige Benutzung, die der Zerstörung der benutzten Sache zusammenfällt;*455) das benutzte einzelne Stoffgebilde muß durch die Benutzung als solches physisch vernichtet sein und

die Vernichtung muß nicht erst als eine unerwünschte Folge der durch den Gebrauch bewirkten unvermeidlichen Abnutzung eintreten, sondern die unmittelbare und gewollte Folge der be­

stimmungsgemäßen Benutzung sein, derart, daß ohne die Vernichtung die Sache nicht den Nutzen gewähren kann, zu dem sie bestimmt ist. Das trifft zu z. B. bei Lebensmitteln, Brennholz, Steinkohlen, Heiz- und Leuchtgas u. s. w. Der Verbrauch wird nicht schon dadurch bewirkt, daß die Sache durch den Gebrauch für das Wirthschaftsleben eine andere Form annimmt, Wirthschaftlich Bestandtheil einer anderen Sache wird und mithin

in

ihrer

früheren

Selbständigkeit

aufgehoben

wird.

Deshalb

ist

die

Befreiung

zu

versagen bei Kaufverträgen über Farbstoffe, z. B. Bleiweiß, das zu flüssiger Anstrichmasse verwendet und auf Eisentheile aufgestrichen werden soll; *456) hier dient das Bleiweiß in der veränderten Form eines durch den Anstrich hergestellten Ueberzuges zum dauernden Ge­

brauch,

um den Eisentheilen ein gefälliges Aussehen zu geben und sie vor Zerstörung durch

Rost und dergl. zu schützen.

Ein Verbrauch der Sache liegt ferner nicht vor, wenn Sachen, z. B. beim Bergbau verwendete Materialien (Tübbinge,

vernichtet werden, aber,

Grubenholz und dergl.) durch den Gebrauch zwar nicht

da ihre Herausnahme zu gefährlich und kostspielig ist, für andere

Zwecke nicht mehr verwendet werden können.*457)

Eine physische Vernichtung des Stoffes ist unmöglich. gebilde kann vernichtet werden; seine

Nur das einzelne Stoff­

Vernichtung kann eine schnelle sein (Zerstörung) oder

eine erst allmälich durch den Gebrauch eintretende (Abnutzung).

Alle Gebrauchsgegenstände

*452) R.G. 9. 5. 99 in der Note 450. *453) Es ist nach dem Zusammenhänge nicht ausgeschlossen, daß diese Bemerkung sich lediglich auf die darauf folgenden Worte:

es werde „die Unterscheidung zwischen vertretbaren und

nicht vertretbaren Waaren also beibehalten" beziehen sollte. *454) Verh. d. Abg.H. 1883/84 Anlagen Bd. 4 Nr. 269. *455) R.G. 20. 10. 98 und R.G. 9. 5. 99, beide in Note 450; R.G. 4. 11. 98 Raff. Küntz.Ecc. Bd. 43 S. 1149, Jur. Wochenschr. 98 S. 689 92 auszugsweise.

*456) R.G. 22. 5. 03 VII 113/08 Jur. Wochenschr. S. 27623 Cbl. S. 247. *457) R.G. Civils. 8. 10. 01 F.M. III 14696 Jur. Wochenschr. S. 81337 und die Entsch. in Note 482.

845

Kauf- und Tauschverträge.

unterliegen der Abnutzung, also auch schließlich der Vernichtung, und werden also in gewissem Sinne verbraucht.

Aber der in der Befr.-Vorschrift erforderte

brauch ist jedenfalls dann begrifflich ausgeschlossen,

Gebrauch (Abnutzung) vermittelt wird.

„unmittelbare"

Ver­

wenn der Verbrauch erst durch längeren

Das R-G. hat daher in einer Reihe von Ent­

scheidungen die Befreiung, ohne auf das Merkmal der physischen Vernichtung Gewicht zu legen, schon deshalb versagt, weil die gekauften Sachen zum dauernden Gebrauch im

Gewerbe dienen sollten.**458) Ein solcher schließt die Annahme eines Verbrauchs im Sinne der Befr.-Vorschrift stets aus. Die Grenze zwischen dauerndem Gebrauch und einem solchen Gebrauche, der wegen seiner kurzen Dauer — bis zur Vernichtung durch völlige Abnutzung —

in

einen

Verbrauch übergeht,

kann

im

einzelnen

Falle

schwer zu

ziehen

sein, z. B. bei

Schmieröl, das zur Verminderung der Reibung von Maschinentheilen verwendet und dadurch

in kurzer Zeit durch die entwickelte Hitze zerstört wird: man wird

aber in diesem Fall, dem

da die bestimmungsgemäße Wirkung

Sprachgebrauch folgend, Verbrauch annehmen müssen,

des Schuiieröls nicht ohne seine sofortige Zerstörung erzielt werden kann. Die Annahme eines dauernden Gebrauchs wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die erworbene Sache nicht sofort in der Gestalt, die sie zur Zeit des Vertragsschlusses hat, ver­

braucht werden kann und soll, daß sie vielurehr vor der Benutzung erst in eine andere Form gebracht oder mit anderen Stoffen verbunden werden muß. Die Befreiung ist daher zu ver­

sagen, wenn Bleiweiß *459) in Pulverform für den Anstrich gekauft wird, wenngleich es erst nach Vereinigung mit flüssigen Stoffen (Firniß) als Anstrichmassc verwendet werden kann. Andererseits wird die Annahme eines Verbrauchs nicht dadurch ausgeschlossen, daß die gekaufte Menge zur Ermöglichung zweckmäßigen Verbrauchs zunächst in ihrer Form geändert oder mit einem Zusatz versehen wird, daß also z. B- Steinkohlen zerkleinert, Holz gehackt, Brennspiritus denaturiert wird.

II. Der Begriff der im Sinne der Befr.-Vorschrift zu verbrauchenden Sachen deckt sich nicht völlig mit dem Begriffe der verbrauchbaren Sachen im Sinne des § 92 Abs. 1 B.G.B. („bewegliche Sachen, deren bestimmungsgemäßer Gebrauch in dem Verbrauch­ oder in der Veräußerung besteht"). Die Befr.-Vorschrift sieht die Veräußerung*460) nicht als Verbrauch an, da sie den Fall des Kaufs zur Wiedcrvcräußerung (in demselben Satze)

besonders regelt.

Andererseits fallen Sachen, deren bestimmungsgemäßer Gebrauch

im

objektiven Sinne im Verbrauche besteht, nicht unter die Befreiung, wenn der Käufer sie

im gegebenen Falle zum Zwecke anderer Verwendung erwirbt, z. B. Steinkohlengrus zur Wcgebcffcrung, Brenngas zur Füllung eines Luftballons.

III. Erforderniß ist, daß die Sachen zum unmittelbaren Verbrauch „dienen sollen". Entscheidend ist daher, ob zur Zeit des Vertragsschlusses der Vertragswille des Erwerbers dahin gegangen ist, die Sachen nach erfolgter Ucbcrgabe unmittelbar im Gewerbe zu verbrauchen.

Freilich müssen sie auch objektiv zum Verbrauche geeignet sein.

Lieferanten die Zweckbestimmung bekannt ist, bleibt ohne Einfluß.*461)

nicht darauf an, (Anm. 78).

ob die Absicht des Käufers

Ob dem

Es kommt auch

aus dem schriftlichen Vertrage hervorgeht

Ist z. B. beim Kauf von Grubenholz im Vertrage, sei es zur. Stempel­

umgehung, sei es in Verkennung des Rechtsbegriffs

des Verbrauchs,

Grubenholz zum unmittelbaren Verbrauch int Bergwerke bestimmt sei,

angegeben,

daß das

so ist trotzdem der

Stempel zu erheben*462) (vergl. Anm. 107 unter „Bergwerksmaterial"). *458) R.G. 12./23. Dezember 1902 in Note 344; R.G. 8. 10. 01 in der vorhergehenden Note; R.G. 8.10.01 F.M. III 14019, Entsch. Bd. 49 S. 303, Jur. Wochenschr. S. 763W; R.G. 22. 5. 03 in Note 456.

*459) R.G. 22. 5. 03 in Note 456. *460) Die Worte der Befr.Vorschrift:

„in derselben Beschaffenheit oder nach vorgängiger Bearbeitung oder Verarbeitung" beziehen sich nur auf den Fall der „Wiederveräußerung".

*461) R.G. 12./23. Dez. 1902 in Note 344. *462) R.G. 12./23. Dez. 1902 in Note 344.

Tarifstelle 32.

846 Verbrauch

Gewerbe

105,

I. Erforderniß der Befreiung ist, daß der Verbrauch der gekauften Sachen einem Gewerbe, und zwar dem des Empfängers,*463) erfolgen soll. Gewerbe­ betrieb ist ein Betrieb, der darauf abzielt, dem Unternehmer durch den Umsatz der Betriebsprodukte Gewinn zu verschaffen.*464) Gewerbe sind zwar nicht im Sinne der Gewerbeordnung, aber im Sinne der Befr. 3 (vergl. Begr. S. 45 Abs. 1) Landwirthschaft, Viehzucht, Forstwirthschaft, Garten- und Weinbau, ebenso solche mit diesen Betrieben verbundene Erwerbsarten (Nebengewerbe), die, wenn sie selbständig betrieben würden, sich als Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung darstellcn würden *465) (Brennerei, Stärkefabrik, Ziegelei u. s. w.). Die Befr. findet auch Anwendung, wenn der Staat oder eine andere öffentlichrechtliche Körperschaft das Gewerbe betreibt (Anm. 106). II. Voraussetzung ist, daß die Sachmengen unmittelbar im Gewerbe verbraucht werden sollen, also bei dem Betriebe und zum unmittelbaren Zwecke des Betriebes. Es genügt nicht, wenn der Verbrauch erfolgt, um die thatsächlichen Voraussetzungen für die Ausführ­ barkeit des Betriebes durch Herstellung der nöthigen Einrichtungen zu schaffen.*466) Darum ist der von der Eisenbahnverwaltung bewirkte Kauf von verbrauchbaren Sachen, die zu Zwecken des Baues, der Erhaltung und Erneuerung des Eisenbahnkörpers und der dazu ge­ hörigen Gebäude dienen sollen, nicht stcmpelfrei; denn unter dem Betriebe einer Eisenbahn kann nur die auf die Beförderung von Personen und Sachen gerichtete Thätigkeit selbst verstanden werden.*466) Auch die Herstellung und Unterhaltung von Maschinen, Eisen­ bahnwagen (rollendem Material), Apparaten, Geräthen, sowie das Anstrcichen von Gebäuden, maschinellen Anlagen, Wagen, Tafeln, Signalen, die Verwendung von Farbstoffen, z. B. Terpentinöl zum Abwaschen von Maschinenflächen und zur Verdünnung der Oelfarbe, von Leinölfirniß zur Vermischung mit Farbstoff sind nicht als ein Theil des gewerblichen Betriebes der Eisenbahn anzusehen.*467) Alle diese Handlungen bewirken nur einen mittel­ baren Verbrauch im Gewerbe der Eisenbahn. Bei anderen Gewerbebetrieben ist nur die Bereitstellung der dem eigentlichen Betriebe dienenden Gebäude und Räumlichkeiten, nicht aber der zu Bureauzwecken erforderlichen, als zürn unmittelbaren Betriebe gehörig angesehen worden, sodaß z. B. die zur Heizung und Erleuchtung der Bureauräumc erforderlichen Materialien nicht als unter die Befr.-Vorschrift fallend erachtet worden sind.*468)

106.

Betreibt das Reich oder der Staat als Unternehmer die Schaffung gewerblicher Erzeugnisse, so liegt darin ein Gewerbebetrieb nur dann, wenn sie aus dieser Städteu.s.w.Thätigkeit eine dauernde Einnahmequelle machen wollen. Deshalb sind I. als Gewerbebetriebe anzusehen: 1. die staatlichen Bergwerke, Hüttenwerke und Salzwerke;*469) 2. die Reichs- und S taats-Eisenbahnen,*470) soweit sie dem allgemeinen Verkehr dienen; Eisenbahnen, die Zubehör staatlicher Bergwerke u. dergl. sind, fallen unter Ziffer 1; Gewerbe-

Staats der

*463) F.M.Erl. 5. 2. 02 III 881. *464) R.G. 27. 2. 96 Jur. Wochenschr. S. 209g; R.G. Civils. 13. 1. 96 IV 236/95 Bd. 37 S. 294, Jur. Wochenschr. S. 139 g. *465) R.G.Civils. 11. 5. 80 Bd. 1 S. 265. *466) R.G. 9. 2. 99 F.M. III 8141, Jur. Wochenschr. S. 197g; R.G. Civils. 20. 10. 98 in Note 450; F.M.Erl. 22. 8. 02 III 10102; Schr. d. F.M. an M. d. öff. Arb. 28. 8. 03 III 10590. *467) Schr. F.M. an M. d. öff. Arb. 28. 8. 03 und F.M.Erl. 22. 8. 02, beide in der vor­ hergehenden Note. *468) Schr. d. F.M. an M. d. öff. Arb. 28. 8. 03 in Note 466. *469) Allg. Erl. d. M. d. öff. A. 12. 4. 83 I 1614, nütgeth. d. F.M.Erl. 21. 4. 83 III 5117 Cbl. S. 109 („da der Staat diese Werke wesentlich zur Erzielung eines gewerblichen Vortheils betreibt"). *470) R.G. Civils. 31. 1. 89 Bd. 23 S. 221, 224 und R.G. 7. 1. 86 Jur. Wochenschr. S. 80. Früher wurden diese Eisenbahnunternehnmngen von der Verwaltung nicht als Gewerbebetriebe angesehen (allg. Erl. M. öff. Arb. 16. 11. 82 Cbl. 83 S. 5). Diese Ansicht wurde später aufgegeben (F.M.Erl. 6. 1. 86 III 16260/85 u. allg. F.M.Erl. 20. 1. 88 III 741 Cbl. S. 53 M.Bl. S. 85, 86).

Kauf- und Tauschverträge.

847

3. die Reichsdruckerei (s. Erl. 2. 8. 89 in Note 480), die Kgl. PorzellanManufaktur und die Kgl. Seehandlung.

II. Dagegen sind nicht Gewerbebetriebe: 1. die lediglich zur Befriedigung der eigenen Bedürfniffe des Heeres und der Marine dienenden Betriebe, insbesondere: Geschützgießcreien, Pulver­ fabriken, Feuerwerkslaboratorien und Militär-Eisen bahn en,**471) G ar nisonverw alt ungen *472) und Proviantamt er,*473) Garnisonb äckere ie n,*474) Menagekommission en,*475) Kasernenund Lazarethverwaltungen;*476) ferner die Betriebe des Re ichs mar ine am tes und der ihm unterstellten Behörden; *477) 2. die Kgl. Schauspiele;*478) 3. die staatlichen Krankenanstalten; 4. die Staats-Lotterievcrwaltung; *479) 5. die Kanalverwaltungcn, da dabei nur Gebühren zur Deckung der Selbstkosten er­ fordert werden, nicht aber dauernder Gewinn erstrebt wird; 6. die Post- und Telegraphenverwaltung.*48O) Werden für diese Betriebe Sachmengen, z. B. Kohlen, Petrolcurn, Gas, Druckformulare u. s. w. geliefert, so greift die Befr.-Vorschrift zu 3 nicht Play, außer wenn es sich um Selbsterzeugnisse der Lieferanten handelt. Auch die Betriebe der Stadtverwaltungen, die lediglich dem Gemeinwohle unter Ausschluß dauernden Gewinnes für die Stadt zu dienen bestimmt sind, z.B. Kranken­ häuser, Kanalisationsanlagen u. s. w., sind keine Gewerbebetriebe. Doch wird bei Wasserleitungswerken, Gasanstalten, Elektrizitätswerken und dergl. regelmäßig die Absicht auf Erzielung dauernden Gewinnes gerichtet sein und dann sind sie als Gewerbe­ betriebe anzuschen.

107.

Als Gegenstände des Gebrauchs, nicht des unmittelbaren Verbrauchs in einem Gewerbe sind in der Praxis und Rechtsprechung folgende angesehen .

worden ’. Baumaterialien.*481) Sie verlieren durch ihre Einfügung in den Neubau zwar ihre rechtliche Selbständigkeit ('§§ 93, 94 B G Bf), gehen aber dadurch physisch nicht unter; sic dienen also nicht zuin Verbrauch, sondern zum Gebrauch, übrigens unter Umständen nur mittelbar zum Gebrauch im Gewerbe (vergl. An>». 105). Vergl. auch Bau­ materialien unter „Eisenbahnmaterial".

Bergw erks-Betricbsmaterial. Grubcnhölzer*482) zum Ausbau der Schächte und Abbaustrecken gewähren gerade durch ihr Wciterbestehcn den bestiinmungsgcmäßen Nutzen, dienen also zum dauernden Gebrauch, übrigens auch nur mittelbar dem Gewerbebetriebe. *471) ♦472) *473) *474) *475) *476) *477) *478) *479) *480) III 13766. *481) *482) Monatsschrift

R.G. Civils. 13. 1. 96 in Note 464; F.M.Erl. 7. 10. 90 III 12714. F.M.Erl. 9. 7. 98 III 9324. F.M.Erl. 9. 5. 03 III 6386. F.M.Erl. 2. 3. 98 III 2484. F.M.Erl. 5. 6. 93 III 7005. Schr. F.M. an Kriegsm. 7. 2. 89 III 22896. F.M.Erl. 27. 8. 01 III 10565. F.M.Erl. 11. 8. 91 III 11041 II 9809. O.V.G. 5. 2. 98 (III 166) in der Deutschen Juristenzeitung 1898 S. 330«l. Erlaß des Staatssekr. d. R.Postamts 2. 8. 89 mitgeth. d. F.M.Erl. 19. 9. 89 L.G. Danzig 4. 10. 00 F.M. III 209/01. R.G. 12/23. 12. 02 in Note 344; O.L.G. Cöln 30. 5. 00 F.M. III 11945 Holdheim S. 228; F.M.Erl. 11. 9. 00 III 10884 und 22. 5. 00 III 5473.

Praktische rMe betr. Verbrauch in Gewerbe.

Tarifstelle 32.

848

Tübbinge*483) (die gußeisernen Ringe, die, ineinander gebaut, einen eisernen Schachtausbau bilden) wie Grubenhölzer. Eisenbahnmaterial (das hier Fehlende siehe in Anrn. 105), nämlich: Baumaterialien*484) für den Bahnkörper und die Betriebsgebäude; sie dienen auch nicht dem unmittelbaren Eisenbahnbetriebe; Betriebsmittel,*485) insbesondere auch das rollende Material (Loko­ motiven, Wagen u. s. w.); sie dienen zwar dem unmittelbaren Betriebe aber zum Gebauche, nicht zum Verbrauche; Eisen*486) (Stabeisen, Schweiß- und Flußeisen, Winkelciscn, Eisenblech und Kesselblech) zum Bau und zur Reparatur von rollendem Material; Fensterglas und Laternenscheiben;*487) Haarfilz*488) zur Herstellung von Filzringen und Dichtungen für Lokomotiven und Wagen; Leinölfirn iß s. Anm. 105 bei Rote 467; Schleifsteine;*489) Schwämme, *490) die in Maler- und Lackirerwerkstätten oder zur Reinigung der Wagen Anwendung finden; Schwellen;*491) Terpentinöl s. Anm 105 bei Note 467; Waldwolle.*492) Zinn dagegen,*493) das mit anderen Metallen verschmolzen und zu verschiedenen Zwecken im unmittelbaren Betriebe der Eisenbahn verwendet werden soll, ist als unter die Befr.-Vorschrift fallend angesehen und deshalb für Verträge über Lieferung von Zinn an Eisenbahnverwaltungen ein Stempel nicht erfordert worden. Farbstoffe; vergl. Anm. 104 zu I. Flaschen und Flaschenkisten;*494) sie lassen sich wiederholt benutzen. Grubenholz s. „Bergwerksbetriebsmaterial". Holz und zwar als Nutzholz und Grubenholz (s. dort); als Brennholz jedoch dient es zum Verbrauch und in diesem Falle ist sein Ankauf stempelfrei, außer soweit es zur Heizung nicht der eigentlichen Betriebsräume, sondern anderer Räume, z. B. der Bureauräume dienen soll (Anm. 105 a. E.). Zinn s. „Eisenbahnmaterial". Im übrigen siehe unter Bergwerks- und Eisenbahn-Material.

III. Wiederveräußerung.

108.

Wicderveräußerung ist die weitere Ucbercignung der erworbenen Sache ""Absicht'""' seitens des Erwerbers an einen Dritten. Die Befreiung findet daher nur statt, wenn bei dem Wieder-

Erwerbe der durch den schriftlichen Vertrag gekauften Sachen der Erwerber*495) die Absicht

♦483) *484) ♦485) *486) ♦487) ♦488) *489) *490) *491) in Note 450; *492) ♦493) *494) *495)

R.G. 8. 10. 01 F.M. III 14696 Jur. Wochenschr. S. 813 g?. R.G. 9. 2. 99 F.M. III 8141 Jur. Wochenschr. S. 197 g. Urth. L.G. Berlin I v. 15/25. 3. 98 F.M. III 8950. R.G. Civils. 8.10. 01 F.M. III14019 Bd. 49 S. 303, Jur. Wochenschr. S. 763A F.M.Erl. 17. 6. 99 III 7380. F.M.Erl. 18. 3. 01 III 1950. F.M.Erl. 9. 2. 01 III 1513. F.M.Erl. 18. 3. 01 in Note 488. R.G. 9. 5. 99 F.M. III 7875 Jur. Wochenschr. S. 426»; R.G. Civils. 20. 10. 98 R.G. 4. 11. 98 F.M. III 16494 Jur. Wochenschr. S. 689 U F.M.Erl. 14. 7. 02 III 7399 Eisenb.Berordn.Bl. 02 S. 430. F.M.ErI. 22. 10. 97 III 13452. F.M.Erl. 18. 4. 03 III 5287. F.M.Erl. 9. 7. 98 III 9324.

Kauf- und Tauschverträge.

849

hatte, sie wieder zu veräußern. Auf den Vertragswillen des Veräußerers kommt es nicht an, auch nicht darauf, ob er seiner Zeit die Sachmenge in der Absicht erworben hatte, sie weiter zu veräußern.*495)

Die Absicht der Wiederveräußerung muß zur Zeit des Ver­

tragsschlusses thatsächlich beim Erwerber vorhanden sein.

Deshalb ist der Kaufstempel

zu entrichten, wenn üii Widersprüche mit der Vertragsurkunde die Menge erweislich nicht

zur Wiederveräußerung, sondern zu eigenem Gebrauch erworben ist (vergl. Anm. 78).

Daß

der Käufer später die Absicht zur Wiederveräußerung gefaßt hat oder daß nach Erwerb der

Sache diese thatsächlich von ihm wiederveräußert ist, giebt keinen Anspruch auf Be­ freiung.

Die Absicht der Wiederveräußerung wird zu vermuthen sein, wenn der Käufer beim

Erwerb der Sache schon rechtlich verpflichtet war, sie wiederzuveräußern.

Die Absicht der Wiederveräußerung ist ohne weiteres als vorhanden anzunehmen, wenn z. B. Lieferungsverträge über größere Mengen Rohzucker durch Austausch von Schlußscheinen beurkundet und dabei alle Börsengebräuche ausgeschlossen werden, da sie sich aus der ganzen

Geschäftsform, die dein gleichen wirthschaftlichen Zwecke wie der Terminhandel dient, und aus der Größe der gekauften Menge ergiebt.*496)

Wer schon bei dem Erwerb einer Sache die Absicht einer Wiederveräußerung hat, will regelmäßig aus dem weiteren Umsatz Gewinn ziehen.

Die Befr.-Vorschrift erfordert aber nach

ihrem klaren Wortlaut nicht, daß die Wiederveräußerung im Handels-

oder Gewerbe­

betrieb erfolgen soll, wenngleich der gesetzgeberische Zweck der Befreiung, nämlich die Be­ günstigung von Handel und Gewerbe, für einen solchen Ausnahmefall nicht zutrifft. Die Befreiung ist daher auch zu gewähren, wenn Jemand, der weder Handel noch Gewerbe betreibt üii Einzelfall eine Sachmenge zum weiteren Umsatz kauft. Die Befreiung kann aber nicht bewilligt werden, wenn der Käufer die Sachmenge erwirbt, um sie zu verschenken; denn die Vergünstigung sollte nach der Absicht des Gesetzgebers nur solche Geschäfte treffen, deren

Gegenstand wirthschaftlich nicht die Sachmenge selbst, sondern nur der aus ihren: Umsatz

zu erzielende Gewinn ist.

Dies trifft aber bei

einem behufs Weiterschenkens gemachten

Erwerbe nicht zu. Gegenstand der Wiederveräußerung in: Sinne der Befr.-Vorschrift können sowohl

Einzelsachen als auch ein Sachinbegriff, z. B. ein ganzes Waarenlager sein (Anm. 97 bei Note 421 u. 422). Wegen Übertragung der Erwerberrechte s. S. 806 Abs. 1 u 2.

109.

Die Befreiung ist anwendbar, ohne daß es darauf ankommt, ob zur Zeit des Bearbeitung Abschlusses des Vertrages beim Käufer die Absicht besteht, sie in unverändertem Zu-Verarbeitung stände zu veräußern, oder nach vorgängiger Bearbeitung oder Verarbeitung. Der Käufer muß aber die Absicht haben, den Stoff, aus dem die Sachmenge besteht, in irgend einer Form wieder umzusetzen, sei es für sich allein, sei es in Verbindung mit anderen ihm

gehörigen Sachen.

Ob der Stoff rechtlich aufgehört hat, eine selbständige Sache zu sein, ist

gleichgiltig. Die Befreiung ist daher auch zu gewähren, wenn ein Bauunternehmer die Absicht hat, die Sachmenge (z. B. Ziegelsteine) in ein von ihn: auf eigenem Grund und Boden zu errichtendes und später zu verkaufendes Gebäude einzubauen.

Soll die Sachmenge in ein

fremdes Grundstück oder Gebäude eingebaut werden, so ist die Absicht der Wiederveräußerung

ausgeschlossen, da der Käufer durch das Einbauen sich außer Stand setzt, den zu fremdem Eigenthum gewordenen (§§ 93, 94 B.G.B.) Stoff wieder zu veräußern.

IV. Erzeugung und Herstellung der Mengen im Betriebe eines der Vertragschließenden.

110.

Befreit sind Kauf- und Lieferungsverträge über Mengen von Sachen oder Waaren, wenn diese im Jnlande im Betriebe eines der Vertragschließenden erzeugt oder hergestellt sind. Von Erzeugen spricht man bei den durch die Natur, von Herstellen

*496) F.M.Erl. 16. 3. 98 III 3724. Die Schlußscheine unterliegen wegen des Ausschlusses der Börsengebräuche auch nicht dem Anschaffungsstempel aus Tarifnummer 4 b R.St.G.

Erzeugung

c un8‘

850

Tarifstelle 32.

bei den durch menschliche Thätigkeit hervorgebrachten Gegenständen. Fassung:

„in

eines

Betriebe

dem

Vertragschließenden

der

Darüber, daß durch die

erzeugt",

sachliche

keine

Aenderung gegen die Fassung des RSt.G. v. 29. 5. 85 „von einem der Kontrahenten erzeugt"

bewirkt werden sollte, vergl. Anm. 94 zu 2. I. Erzeuger im Sinne der Befr.-Vorschrift ist derjenige, welcher über das Naturerzeugniß nach seiner Entstehung in erster Hand zu verfügen berechtigt ist.**497) Läßt hiernach Jemand, der ein Landgut mit Waldbestand von einem Anderen gekauft hat, nach Uebernahme des Waldbestandes diesen abholzen und veräußert er das aufgearbeitete Holz sofort noch vor erhaltener, aber von ihm zu beanspruchender Auflassung, an einen Dritten,

so ist er als Erzeuger des Holzes anzusehen und der Holzverkauf vom Stempel befreit. *497) Dasselbe gilt, wenn er das auf dem übernommenen Gute zur Zeit des Kaufvertrages vor­

unter II bei Note 500) oder ein kurz nach dem Vertragsschlusse den Kies aus dem Kieslager des Gutes veräußert. Alle diese

handene Vieh (vergl. geborenes Kalb oder

Erzeugnisse sind in dein wirthschaftlichen Betriebe des Gutserwerbers entstanden

(vergl.

auch Anm. 111). II. Hersteller

derjenige,

ist

Halbfabrikate oder Ganzfabrikate)

der

aus

einer

(einem

Sache

oder aus mehreren solcher Sachen

einem

Rohstoffe,

eine neue

selbst­

ständige Sache anderer Gattung, ein neues Verkehrsgut macht. Die Grenze hierfür ist im einzelnen Falle zuweilen schwer zu ziehen. Ob die alte Sache, aus der die

neue

hergestellt

ist,

oder

die

mehreren

Sachen,

zu

die

Bestandtheilen

der

neuen

geworden sind, auch von dem Hersteller der neuen Sache hergestellt sind,*498) ist ohne Bedeutung, ebenso, ob sie im Eigenthum *499) des Herstellers standen. Es genügt,

wenn er Eigenthümer der neuen Sache durch die Herstellung selbst geworden ist (§§ 947

Abs. 2,

948,

Stoffes

für sich

950 B.G.B.) oder sie wenigstens mit dem hergestellt

So

hat.

ist in

dem

Willen des Eigentümers des

Töten,

Abhäuten

Ausweiden,

und Zertheilen des Viehs durch den Schlächter ein Herstellen zu finden*500) (betreffs des Viehmästens vergl. Anm. 114 bei Vieh), ebenso in der Rektifizirung des anderweit

gebrannten

Rohspiritus,*501) in

dem

Druck von

Druckformularen auf anderweit

gekauftem Papier und dem Verarbeiten eben solchen Papiers zu Streifen für Telegraphen­ apparate durch Zerschneiden des Papiers und Anbringung von Holzkernen.*502)

Das Kammer­

gericht hat in zwei Urtheilen *503) entschieden, daß eine Herstellung auch darin zu finden sei, daß Jemand die aus einem Walzwerk bezogenen eisernen Träger und Eisenplatten in seinem Betriebe nach den für den

einzelnen Fall erforderlichen, besonders vorgeschriebenen

Maßen zugeschnitten, gebohrt, anderweit bearbeitet und mit Mennig bestrichen Finanzverwaltung nimmt dagegen

Bohren von Löchern,

finden sei.*504)

hat.

Die

an, daß in der Bearbeitung der Roh-Eisenträger durch

Anbringung von Winkeln

und Anstreichen

ein

Herstellen nicht zu

Es kann zugegeben werden, daß in der letztbezeichncten Thätigkeit noch nicht

die Schaffung eines neuen Verkehrsgutes zu erblicken ist.

Eine solche ist aber nach

der

Verkehrsanschauung wohl dann vorhanden, wenn die Roh-Eisenträger auch noch nach bestimmten

Längen zugeschnitten sind:

wenigstens besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen dieser

Thätigkeit und der Herstellung von Druckformularen und Telegraphenpapier (s. oben).

*497) *498) *499) *500)

R.G. Civils. 15. 2. 92 Bd. 29 S. 8, 10. R.G. 12. 6. 03 in Note 438. R.G. 5. 4. 89 D. R.-A. 1889 Nr. 144 Veil. 4 S. 1. F.M.Erl. 9. 7. 89 III 10395; Sehr. F.M. an Kriegsmin. mitgeth. d. F.M.Erl. 1. 2. 98 III 1434.

10. 11. 97 III

*501) Vers. d. Provinzialsteuerd. Berlin 25. 10. 91 St 4134. *502) Just.M.Erl. 13. 2. 90 I 4098, mitgeth. d. F.M.Erl. 31. 3. 90 III 2110; Staatssekr. d. Reichspostamts 9. 6. 93 mitgeth. d. F.M.Erl. 12. 6. 93 III 7364. *503) Beide Urtheile vom 17. 12. 01 F.M. III 2933. *504) F.M.Erl. 23. 4. 02 III 5021.

14290,

Verf. d.

851

Kauf- und Tauschverträge.

Eine „Herstellung" findet auch statt, wenn Bodenbestandtheile (Kies, Sand, Steine u. dergl.) ausgehoben, gesiebt, aufgestellt und dadurch zu einem Bedarfsartikel umgestaltet werden; dabei ist es einerlei,

ob der Kies u. dergl. aus eigenen oder aus erpachteten Grund­

stücken oder aus freien Strömen, z. B. dem Rhein, oder auf Grund Kaufvertrages mit dem Grundeigenthümer gewonnen wird.**5O5)

111.

Die Befreiung tritt ein, wenn die zu liefernde Sache im Betriebe des Vertrag­ schließenden thatsächlich hergestellt ist (Anm. 78). Ob der Vertragswille dahin gerichtet war,

ist ohne Bedeutung.

Unter Betrieb ist die Gesammtheit der werkthätigen

Handlungen zu verstehen, die Jemand in seinem Gewerbe zu gewinn­ bringender Produktion mittels der von ihm dazu getroffenen wirthschaftlichen

Einrichtungen

aufwcndet.

Daß

der

gewerbtreibendc

selbst bei der Herstellung körperlich oder geistig thätig sei, ist nicht

sich dazu auch seiner Gehilfen

und Beauftragten

(Werkmeister,

Betriebsunternehmer erforderlich,

er kann

Arbeiter u. s. w.) bedienen.

In seinem Betriebe ist aber die Sache nicht hergestellt, wenn er sie durch einen anderen selbständigen Gewerbetreibenden in dessen Betriebsstätte und auf dessen Rechnung und Gefahr unfertigen läßt. Dagegen steht es der Annahme der Herstellung int eigenen Betriebe nicht entgegen, wenn der Betriebsherr die einzelnen Bestandtheile der her-

zustellcndcn Sache in einem fremden Betriebe anfertigcn läßt, mag deren Werth auch den größten Theil des Werthes der ganzen Sache ausmachcn. Rur diejenige Thätigkeit, durch welche die Sache aus ihren einzelnen Bestandtheilen zu einer neuen und selbständigen Sache

anderer Gattung, zu einem neuen Verkehrsgut gemacht wird, muß im eigenen Betriebe dcS Vertragschließenden, also im wesentlichen durch dessen eigene Thätigkeit oder die seiner Arbeiter vorgcnomnlen sein. So hat das R.G.*506) eigene Herstellung in einem Falle angenommen, in dem der Vertragschließende A. die Kessel- und Maschinenanlagen der von ihm an B. zu

liefernden Dampfschiffe durch eine andere Schiffswerft E. hatte anfertigen lassen, und durch deren Arbeiter und Monteure auf der Werft des Lieferanten A. die Kessel und Maschinen,

deren Werth mehr als die Hälfte des Gesammtpreises der Schiffe betrug, in die Schiffsrümpfe eingebaut worden waren.

A. gegenüber

C. hatte sich auch gegenüber dem Lieferanten A. verpflichtet, die dem

dem Besteller B- obliegende Garantie für vertragsmäßige Beschaffenheit

und

Leistungen auf eigene Gefahr zu übernehmen; in Folge dessen hatte A. sich gegenüber C-. ver­ bindlich gemacht, die Dampfschiffe genau nach den ihm durch C. hinsichtlich des Materials und der Konstruktion

ertheilten Anweisungen zu erbauen.

Für entscheidend

hat das R.G.

gehalten, daß die Herstellung der Schiffskörper und die Einfügung der Maschinen und Kessel durch die Arbeiter des Lieferanten A. auf dessen Schiffswerft erfolgt war, und ebenso die weitere äußere und innere Einrichtung und Ausstattung, die zur Vollendung des Schiffsbaues

unumgänglich erforderlich war. Eigene Herstellung wird regelmäßig dann nicht angenommen werden dürfen, wenn die

Zusammensetzung der einzelnen Bestandtheile zur neuen Sache in einer fremden Betriebs­ stätte *507)

unter Benutzung ihrer baulichen und Betriebseinrichtungen erfolgt ist.

Eine

*505) Allg. Erl. M. d. öff. Arb. 22. 2. 00 Eisenb.-Verordn.-Bl. S. 100A mitgeth. d. allg. F.M.Erl. 20. 3. 00 III 3064 Cbl. S. 122. *506) R.G. 12. 6. 03 in Note 438. *507) Im Urtheile des R.G. Civils. 19. 1. 91 Bd. 27 S. 72 war A., der die Lieferung von Hartblei übernommen, die dazu erforderlichen Bestandtheile, nämlich Weichblei und Antimon, angekauft und durch eine fremde Hütte zu Hartblei hatte zusammenschmelzen lasten, als Hersteller des Hartbleis erachtet worden. Wenn man selbst dieser Entscheidung Beitritt, so würde heute im gleichen Falle anders zu entscheiden sein, da das jetzige Gesetz Herstellung, „im Betriebe" des Vertragschließenden erfordert, die jedenfalls hier nicht vorliegt, während zur Zeit der Ent­ scheidung v. 19. 1. 91 die Anmerkung zur Tarifnummer 4 des damals maßgebend gewesenen R.St.G. nur verlangte, daß die Herstellung „von" einem der Kontrahenten erfolgt fein müsse ; F.M. Erl. 16. 10. 03 III 13777. *513) Schr. F.M. an M. d. Inn. 18. 4. 03 in Note 509. *514) F.M.Erl. 27. 8. 01 III 10565; F.M.Erl. 3. 5. 98 III 5890. *515) Schr. F.M. 14. 3. 98 in der Note 508.

853

Kauf- und Tauschverträge.

4. Molkereigenossenschaften* *516) über Vollmilch, die nicht im Betriebe der Genossenschaft, sondern in den Betrieben der einzelnen Genossen erzeugt ist;

5. Landwirthschaftskammern,*517) die sich zur Lieferung von Vieh verpflichten, wenn sie einen eigenen Landwirthschaftsbetrieb nicht führen; 6. Tuchmacherinnungen,*518) wenn nicht die Innung selbst, sondern die zu ihr

gehörigen Meister die Produzenten der Tuche sind.

113.

Die Befreiung findet nur statt, wenn die Erzeugung oder Herstellung ün Inland erfolgt ist. Das gilt ebenso für natürliche wie für juristische Personen. „In­ land" im Sinne des Tarifs ist nach § 2 Abs. 2 der Geltungsbereich des Stst.G. Den

Grundsätzen des Art. 3

Abs. 1 der Reichsverfassung und des

Inland.

Art. 26 Abs. 2 des durch

Art. 40 das. aufrechterhaltenen Zollvereinsvertrages vorn 8. Juli 1867 würde es aber zu­

widerlaufen, wenn die den preußischen Betrieber: bewilligte Stempelbefreiung den in den anderen Bundesstaaten befindlichen Betrieben versagt würde.

Da ein auf Reichsgesetz oder

Staatsvertrag beruhender Grundsatz nicht durch das Stst.G. abgeändert werden kann, hat sich

der Finanzrninister damit einverstanden erklärt,*519) daß die Befr.-Vorschrift hinsichtlich aller irn Gebiete des Deutschen Reiches befindlicher Betriebe der Vertragschließenden Anwendung findet.

114.

Praktische Fälle betr. Erzeugung und Herstellung.

Dampfschiffe s. Anrn. 111 bei Rote 506. Druckformulare s. Anm. 110 bei Note 502. Eisenträger s. Anm. 110 bei Note 503 und 504.

Fabrikerzeugnisse s. Anm. 112 unter III Ziffer 1. Fleisch s. Anm. 110 bei Note 500. Hartblei s. Anm. 111 bei Note 507. Holz s. Anm. 110 bei Note 497.

Kohlen und Koks s. Anm. 112 bei Note 514 und 515; s. auch unter „Steine". Kies s. Anm. 110 bei Note 505.

Milch s. Anm. 112 unter III Ziffer 4. Das Sterilisiren und ähnliche Bearbeitungen der Vollmilch, insbesondere

auch

das

bloße

Sieden

der

Milch

zum

Zwecke

der

Reinigung

durch

Genossenschafts-Meiereien, sind kein Herstellen.*52O) Spiritus s. Anm. 110 bei Note 501.

Steine.*521)

Ein Unternehmer, der in seinem Betriebe die Lösung von Steinen

vom Felsen oder die Förderung von Kohlen u. s. w. aus der Erde vornimmt

oder aus rohen Steinmaterialien Bausteine, Pflastersteine oder Stein­ schlag herrichtet, ist Hersteller; ob er die Materialien seinem eigenen oder einem

erpachteten Grundstücke

entnimmt,

macht keinen Unterschied.

Bloßes Ver­

feinern von hergerichteten Steinen, ohne sie zu Gegenständen einer anderen

Gattung zu machen, ist kein Herstellen. Tuchs. Anm. 112 bei Note 518.

Vieh.

Der Min. f. Landwirthschaft*522) hält es für zweifelhaft, ob derjenige, der

Vieh kauft und mästet, als Selbsthersteller anzusehen ist.

Man wird an­

nehmen dürfen, daß dies der Fall, also ein neues Verkehrsgut geschaffen ist,

*516) R.G. 19. 11. 96 Jur. Wochenschr. 97 S. 15 !♦ Der Familienname, unter dem sich der bürgerliche Verkehr des Einzelnen in Staat

und Gesellschaft abwickelt und unter dem seine Rechte und Verpflichtungen entstanden sind, darf aus Rücksichten der Sicherheit dieses Verkehrs von dem Namenträger nicht beliebig und

einseitig verändert werden.

Nach der noch zu Recht bestehenden Kab.Order vom 15. 4.1822

(G.S. S. 108) macht sich derjenige strafbar, Landesherrn

vornimmt.

oder

des

Regierungs-Präsidenten)

welcher

eine

ohne obrigkeitliche Erlaubniß Aenderung

seines

(des

Familiennamens

Einleitung.

894 Gegenstand Versteuerung.

Tarifstelle 42.

$on der Tarifstelle werden nur Namensänderungen betroffen, die auf besonderen Antrag im Verwaltungsverfahren genehmigt werden.*!)

Den Gegenstand der Tarif­

stelle bilden die über diese Aenderungen ertheilten Genehmigungsurkunden, also die landes­

herrlichen Entscheidungen, wenn es sich um die Aenderung eines adeligen Namens handelt,

und die Genehmigungen der Regierungs-Präsidenten in allen übrigen Fällen (Kab.Ordcr 15. 4. 22 u. Allerh. Erl. 12. 7. 67 G-S. S. 1310; wegen des Verfahrens zu vergl. allg. Erl.

M. d. I. 9. 8. 67 M. Bl. S. 246). Diejenigen Fälle, in denen die Nanlensänderung als Folge eines anderweitcn Rechtsaktes

auf Grund gesetzlicher Bestimnmng cintritt, werden von der Tarifstelle nicht berührt.*!) Sie ist daher nicht anwendbar, wenn die geschiedene Frau ihren früheren Namen

wieder

anninunt (§ 1577 B-G.B-), der Ehemann dein unehelichen Kinde seiner Frau seinen Namen ertheilt (§ 1706 B.G.B u. Art. 68 § 2 A.G. BG.B.)*2), das an Kindesstatt angenommene

Kind den Familiennamen des Annehmenden

erhält (§ 1758 B.G.B.; vergl. auch Äonuii.

S. 476 Anm. 4), mit der Aufhebung der Annahme an Kindesstatt das Kind und diejenigen Abkömmlinge, auf welche sich die Aufhebung erstreckt, den vor der Annahme geführten Familien­

namen zurückbekommen (§ 1772 B.G.B.).

Die zur Genehmigung der Aenderung der Familiennamen zuständigen Behörden

^^arteiTbeV

sind auch für die Genehmigung der Aenderung von Vornamen zuständig.*3) Der Tarifftelle ^»berungen afcCr nur die Genehmigungen zur Aenderung des Familiennamens unterworfen; für

Tarifstelle auf

Voriramens.

Genehttligungen zur Aenderung des Vornamens ist nur der Ausfertigungsstempel der Tarif­ stelle 10 zu verwenden, wenn der Genehmigung eine gleichlautende Urschrift zu Grunde liegt.*4)

Aenderungen des Familien­ namens.

3>

Eine Aenderung des Familiennamens im Sinne der Kab.Ordre von 1822 liegt nur

dann vor, wenn ein neuer Name mit dem Vorsatz angenommen ist,

ihn statt des bisherigen

ständig zu führen.*5)

Der Genehmigung bedürfen insbesondere: a) Verbindungen des Familiennamens mit dem Namen des Geburtsortes zu einem Namen; *6)

b) Anpassungen der Schreibweise eines Namens an die Schreibweise einer anderen

Sprache, auch wenn der gesprochene Name derselbe bleibt, z. B- Umänderungen deutscher Namen in fremdsprachige („Schulz" in „Szulc")*?) oder fremdsprachiger

in deutsches)

Vergl. aber unten Anm. 5;

c) Wiederherstellung deutscher Namen, die früher in fremdsprachige (z. B. polnische)

umgewandelt sind; *9) d) die in Westfalen übliche Annahme des Hof- oder Gutsnamens seitens des Ueber-

nehmers des Hofes oder Gutes.*10)

*1) *2) *3) *4) *5)

Vergl. Anm. 6.

Vegr. S. 50. F.M.Erl. 23. 3. 00 III 3397. R.G.Strafs. 17. 9. 97 Bd. 30 S. 231; allg. Erl. M. d. I. 15. 8. 98 M.Bl. S. 191. Allg. Erl. F.M. u. Min. d. 1.10.1. 99 F.M. III 17323 M. b. ^.IA 5032 M.Bl. S. 34. R.G.Strafs. 5. 5. 96 Bd. 28 S. 345; Kam.G. 4. 3. 97 Joh. Jahrb. Bd. 18 S. 349 u. 12. 4. 00 Joh. Jahrb. Bd. 20 C S. 100. *6) Kam.G. 30. 12. 95 Joh. Jahrb. Bd. 17 S. 471. *7) Kam.G. 12. 4. 00 in Note 5 u. Erl. M. b. Inn. 6. 6. 00 M.Bl. S. 207; Kam.G.Beschl. 5. 5. 02 Joh. Jahrb. Bb. 24A S. 163; Ob.Verw.G. 18. 6. 01 Bb. 39 S. 403. *8) Erklärung bes F.M. Kom.Prot. 10 S. 11. *9) Erl. F.M. u. M. b. Inn. 4. 10. 02 F.M. III 12 201 M. b. I. C 1569. *10) Kom.Prot. 10 S. 10.

895

Namensänderungen.

Als der Genehmigung nicht bedürfend sind bei der Berathung in der Kommission (Kom.Prot. 10 S. 10 u. 11) erachtet worden:

e) Numerirungen

der

Familiennamen bei Gleichartigkeit des Namens verschiedener

Träger;

f) Wiederherstellung des ursprünglichen Namens, wenn dorben ist; **11)

er im Laufe der Zeit ver­

g) Hinzufügung des Namens des Gutes zu dem Familiennamen des Besitzers.*12)

4

Wenn durch eine Urkunde Namensänderungen für mehrere Personen genehmigt Mehrheit von

werden, so hängt es von den Umständen des Falles ab, ob nur eine einheitliche Ge- äm>erungen. nehmigung anzunehmen und deshalb der Stempel der Tarifstelle nur einmal zu verwenden

ist oder ob mehrere Genehmigungen als vorliegend zu erachten sind und deshalb der mehr­ fache Stempel zu entrichten ist.

Der einmalige Stempel ist beispielsweise ausreichend, wenn

aus demselben Anlaß für mehrere Kinder desselben Elternpaares die Genehmigung zur

Namensänderung

in

einer Urkunde

ausgesprochen wird, da hier die einzelnen

Namens­

änderungen in einem inneren, sachlichen Zusammenhänge stehen und die Genehmigungs­ handlung daher trotz der Mehrheit der Personen als eine einheitliche anzusehen ist *13)

5.

Werden Namensänderungen aus staatlichen Rücksichten auf amtliche Veranlassung

Namens-

zur Förderung der deutschen Schreibweise für Namen fremdsprachigen Ursprungs herbeigeführt Änderungen und beantragt der Namensträger nicht die Genehmigung der deutschen Schreibweise, sondern

erklärt er nur fein Einverständnis so ist der Stempel der Tarifstelle nicht zu erheben, dann eine „Veranlassung"

amtlicher

weil Veranlassung,

seitens des Namensträgers im Sinne des § 12a Stst.G. nicht

vorliegt.*14) Zu Absatz S.

6*

Der zweite Absatz der Tarifstelle, nach dern bei nachgewiesener Bedürftigkeit der Ermäßigung

Stempel auf a Mark ermäßigt werden kann, ist von der Kommission des Abg.H. eingefügtbc8 ®teejntpcId worden, um einer in Westfalen seit alter Zeit bestehenden Sitte zu entsprechen, wonach bei Ueber- »ebiirftigteu. nähme eines Hofes oder Gutes der Guts-

oder Hofname angenommen wird (vergl. Arun. 3

zu d).*15) Die Ermäßigungsvorschrift ist aber nach dem Gesetzeswortlaut auch auf andere Fälle anzuwenden.

Ueber die Führung des Nachweises der Bedürftigkeit bestimmt die Ziffer 43 Ausf.Bek.

(amtl. Ausg.

110):

Der für den Fall der Bedürftigkeit auf 5 M. ermässigte Steuersatz darf Ziffer 43. nur dann zngestanden werden, wenn der die Namensänderung Nacbsuchende ein von der obrigkeitlichen Behörde seines Wohnorts ausgestelltes, stempelfrei auszufertigendes Zengniss darüber beibringt, dass er sich in bedürftigen Ver*11) Hiermit in Uebereinstimmung wird im Kam.G.Beschl. v. 5. 5. 02 (Note 7) im Gegen­ satz zu dem Urtheil v. 30. 9. 01 Joh. Jahrb. Bd. 22 C S. 115 ausgeführt, daß das eheliche Kind den Namen erhält, welchen der Vater nach dem Gesetz zu führen hatte, nicht den Namen, welchen der Vater ohne Befugniß angenommen und geführt hat. Aus den zutreffenden Gründen dieser Entscheidung folgt, daß das Kind, wenn es den ursprünglichen richtigen Namen wieder annimmt, hierzu keiner Genehmigung bedarf. *12) Nach der Ansicht der Verfaffer bedarf es der Genehmigung, denn durch die Hinzu­ fügung des Gutsnamens wird der Familienname ein anderer, und die Rücksicht auf die Sicherheit des Verkehrs verlangt es, daß eine solche Aenderung nicht willkürlich, sondern nur mit Genehmigung der Staatsbehörde vorgenommen wird. Vergl. auch Kam.G. 30. 12. 95 in Note 6, den ähnlichen Fall der Verbindung des Geburtsortes mit dem Familiennamen betreffend. *13) Schr. F.M. an M. d. Inn. 18. 2. 03 III 2146. *14) F.M.Erl. 8. 11. 00 III 13200 u. Erl. F.M. u. M. d. I. 4. 10. 02 F.M. III 12201 M. d. I. C 1569. *15) Komm.Prot. 10 S. 10, 11 u. 13 (Antrag 28 zu E) u. Kom.Ber. S. 71 u. 124.

Tarifstelle 42,

896

mögensverhältnidsen befindet. Dieses Zeugniss oder eine Abschrift desselben ist zu den Akten zurückzubehalten. Bezüglich des Nachprüfungsrechtes der Vorstände der Stempelsteuerämter werden die in der Anm. 5 der Tarifstelle 43 erörterten Grundsätze sinngemäße Anwendung zu finden haben.

Zu Absatz 3 und 4 Samens»

7.

Die Sätze des dritten Absatzes gelten nur für Namensvermehrungen (Ver­

mehrungen bindung des bisher geführten adeligen Namens mit einem anderen adeligen Namen) und ""*n^chsel"S- Namens wechsel (Austausch eines adeligen Namens gegen einen anderen); auf Namens­

bei adeligen Minderungen (Wiederablegung eines zugebilligten vermehrten Namens) finden sie keine Namen. Anwendung. Wenn also ein Adeliger, dem die Vereinigung seines Namens mit dem adeligen

Namen seines Adoptivvaters mit landesherrlicher Erlaubniß zugebilligt war, den adeligen Zusatznamen mit landesherrlicher Genehmigung wieder ablegt, so sind für diese Genehmigung nicht die Sätze des dritten Absatzes, sondern diejenigen des ersten oder zweiten Absatzes zu entrichten.*16) Die im dritten Absatz vorgesehenen Sätze beziehen sich ferner nur auf Neu-Ver-

leihungen von Adelstiteln und deren Anerkennung, nicht auf landesherrliche Genehmigungen zur bloßen Wiederaufnahme schon früher im Gebrauch gewesener Zusatznamen.*17) Wegen der Einziehung der für Namensvcrmehrung und Namenswechsel bei adeligen Namen vorgeschriebenen Stempel durch das Heroldsamt und der Ausfertigung, Entwertung

und weiteren Verrechnung dieser Stempel vergl. Ziffer 52 Dienstv. (amtl. Bek. S. 161).

*16) Schr. F.M. an M. Königl. H. 16. 12. 01 III 15 578. *17) Schr. F.M. an M. Königl. H. 24. 2. 97 III 2179.

N r.

gariflfitelTc 43. Laufende

Steuersatz

43.

vom

Gegenstand der Besteuerung.

Hun­ dert

Naturalisationsurkunden, mit Ausnahme derjenigen, welche für im Neichsdienst an­ gestellte Ausländer ausgestellt werden . . .

Bei nachgewiesener Bedürftigkeit des zu Naturalisirenden kann der Stempel bis auf ermäßigt werden.

Mark. Pf.

Berechnung der Stempelabgabe.

50

5

Inhalt. 1. 2.

3.

Naturalisationsurkunden. Nenaturalisationsurkunden. Aufnahmeurkunden. Wiederaufnahme­ urkunden. Stillschweigende Naturalisationen.

Anstellung von Ausländern im Reichs­ dienst. 5. Ermäßigung des Stempels. 6. Abstempelung von Formularen. 7. Vorbereitende Zeugnisse für Naturalisations- und Entlassungsurkunden.

Anm. 4. „ „ „

!♦ Unter Naturalisation ist derjenige formale Rechtsakt zu verstehen, durch den

Naturali­ sations­

für einen Ausländer die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate begründet wird (§ 2 urkunden. Abs. 1 Nr. 5 Ges. über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit v. 1. 6. 70 B.G.Bl. S. 355). Die Naturalisation erfolgt durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde (Regierungspräsidenten)*1) ausgefertigte Naturalisationsurkunde (§§ 6 u. 8 Ges.); diese unterliegt dem Stempel der Tarifstelle 43. Der in ihr verordneten Stempelabgabe sind ferner unterworfen die Renaturalisations- Renaturalisationsurkunden*2) (§21 Abs. 4 Ges.), durch die Deutschen, die ihre Staatsangehörigkeit durch urkunden. zehnjährigen Aufenthalt im Auslande verloren und keine andere Staatsangehörigkeit erworben haben, die Staatsangehörigkeit in dem früheren Heimathsstaate wieder verliehen wird, auch ohne daß sie sich dort niedergelassen haben.

2.

Von der Naturalisation unterscheidet das Gesetz die Aufnahme, die derselbe Aufnahme­ urkunden. Rechtsakt ist, wie die Naturalisation, nur daß die Staatsangehörigkeit nicht Ausländern, sondern Deutschen verliehen wird (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 Ges.). Während die Naturalisation von dem Ermessen der Staatsbehörde abhängt, besteht auf die Aufnahme ein gesetzlicher Anspruch (§7 Ges.). Ueber die Aufnahme werden Aufnahmeurkunden ertheilt (§§ 6 u. 7 Ges.), die keinen Stempel erfordern, weil diese Urkunden nach § 24 Abs. 1 Ges. kostenfrei zu ertheilen sind. Dasselbe gilt von den Wiederaufnahmeurkunden (§ 21 Abs. 5 Ges.), durch die Wieder­ aufnahme­ Deutsche, welche ihre Staatsangehörigkeit durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande verloren urkunden. *1) Allg. Erl. M. d. I. 3. 2. 95 M.Bl. S. 26, wonach Erteilungen von Naturalisations­ zusicherungen von der Zustimmung des Ministers d. I. abhängig sind. Eingeschränkt durch allg. Erl. M. d. I. 17. 2. 96 M.Bl. S. 36.

898

Tarifstelle 43.

haben und demnächst in das Gebiet des Deutschen Reichs zurückkehren, die Staatsangehörigkeit

in demjenigen Bundesstaate erwerben, in dem sie sich niedergelassen haben.*2)'

schweigende Naturalisatwnen.

3*

Die

Naturalisation

stillschweigend

kann

d.

h.

ohne

Ertheilung

einer

Naturalisationsurkunde verliehen werden, nämlich dann, wenn ein Ausländer eine von der Regierung oder von einer Zentral- oder höheren Verwaltungsbehörde eines Bundesstaates

vollzogene

oder

bestätigte

Bestallung

für

Schul- oder Kommunalamt erhalten hat.

ein

unmittelbares

Staatsamt

oder

Kirchen-,

Die Bestallung vertritt nur in solchen Fällen die

Stelle der Naturalisationsurkunde (§ 9 Ges.) und ist deshalb nicht nach der Tarifstelle 43*3), sondern nach der Tarifftelle 12 zu versteuern.

^e°ung

4:»

ländern tin gestellte

Das Ges. vom 1. 6. 70 bestimmt nichts für den Fall, daß im Reichsdienst an-

Ausländer ihren dienstlichen. Wohnsitz im Auslande haben.

Diese Lücke hat das daß Ausländern,

Neichsdienst. Gesetz vom 20. 12. 75 (R.G.Bl. S. 324) durch die Bestimmung ausgefüllt,

die im Neichsdienst angestellt sind, ein Diensteinkommen aus der Reichskasse beziehen und

ihren dienstlichen Wohnsitz im Auslande haben, von demjenigen Bundesstaate die Naturalisation nicht versagt werden darf, in welchem sie die Verleihung der Staatsangehörigkeit nachsuchen.

Diese Naturalisationsurkunden sind in der Tarifftelle von der Stempelabgabe befreit. Eine bloße Beschäftigung im Reichsdienste vermag jedoch die Stempelfreiheit nicht zu begründen, diese ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn der Betreffende im Reichsdienst an gestellt ist. Deshalb erfordert eine Renaturalisationsurkunde für einen Kawaffen, der bei einem deutschen

Konsulat beschäftigt, aber im Reichsdienste nicht angestellt ist, den Stempel der Tarifftelle 43.*4) Ermäßigung des Stempels.

F

Die Entscheidung, inwieweit die Ermäßigung des Stempels wegen Bedürftigkeit

einzutreten hat, ist von der die Urkunden ausfertigenden Behörde (Regierungspräsidenten) zu treffen.

Die Vorstände der Stempelsteuerämter haben jedoch die Bcfugniß und die Pflicht

zur Nachprüfung.

Zu diesem Zweck sollen sie ihre Einwendungen der revidirten Stelle mit­

theilen und sie ersuchen, in Zukunft nach anderen Grundsätzen zu verfahren.

Wird die

Erinnerung nicht anerkannt, so ist die Angelegenheit im gewöhnlichen Beschwerdewege zum Austrage zu bringen. Eine Nachforderung von Stempeln in bereits erledigten Fällen hat jedoch zu unterbleiben.*^)

Ueber die Bemessung des Stempels bestimmt die Ziffer 44 Ausf.Bek. (amtl. Ausg. S. 110):

Ziffer 44.

Bei der Versteuerung der Naturalisationsurkunden bildet die Anwendung des Steuersatzes von 50 Mark die Regel; die ermässigten Stempel bis zu 5 Mark dürfen ausnahmsweise nur dann zur Erhebung kommen, wenn der zu Naturalisirende durch eine amtliche, stempelfrei zu ertheilende Bescheinigung nachweist, dass er sich in bedürftigen Vermögensverhältnissen befindet Die Bemessung der Höhe des zu entrichtenden Stempels erfolgt nach dem Grade der Bedürftigkeit.

Abst-mveiung

6. Nach der Ziffer 14 C Nr. 2 Abs. 1 Buchst, h Ausf.Bek. (amtl. Ausg. S. 78 u. 79)

Formularen, können Formulare für Naturalisationsurkunden vom Hauptstempelmagazin abgestempelt werden.

Vergl. wegen des Verfahrens Abs. 3 fg. daselbst S. 79 u. 80 amtl. Ausg.

*2) Erl. M. d. I. 15. 3. 94 IB 1123; allg. Erl. d. F.M. lt. M. d. I. 25. 8. 96 F.M. III 11 538 M. d. I. I B. 8908. *3) Begr. zur Tarifftelle 44 S. 50. *4) Schi. F.M. an M. 6. I. 11. 3. 99 III 3113. ♦5) Allg. Erl. 25. 8. 96 in Note 2.

Naturalisationsurkunden. 7*

899

Vorbereitende Zeugnisse, auf Grund deren Naturalisationsurkunden aus-Vorbereitende

gestellt werden sollen, sind stempelpflichtig, denn die Befreiungsvorschrift a Tarifstelle 77

Naturali^

bezieht sich nur auf Zeugnisse, welche die Ausstellung eines anderen amtlichen Zeugnisses oder sations- und eines Passes vorbereiten. Zu solchen Schriftstücken gehören Naturalisationsurkunden nicht.*6) Urkunden?" Werden die im

§ 14 Ges. 1.6.70 erwähnten Entlassungsurkunden nicht in

Form amtlicher Ausfertigungen,

so sind die auf Grund

sondern in Form amtlicher Bescheinigungen ausgestellt,

des § 111 Nr. 16a Abs. 2 der D. Wehrordnung von den Bezirks­

kommandos sowie die nach § 27 Nr. 1 der Wehrordmmg von den Ersatzkonimissionen ertheilten Auswanderungsbescheinigungen als Vorzeugnisse nach der Befreiungsvorschrift a

Tarifstelle 77 vom Zeugnißstempel befreit.*?) *6) F.M.Erl. 31. 5. 99 III 4897.

*7) Allg. Erl. d. Kriegsm. 9. 7. 97 mitgeth. durch allg. Erl. d. F.M. u. M. d. I. 4. 8. 97 F.M. III 9481 M. d. I. I B. 7688 Cbl. S. 304 u. Erl. F.M. u. M. d. I. 10. 9. 00 F.M. III 10 197 M. d. I. Ib 2635 Cbl. S. 549. Die in dem Erl. d. F.M. u. M. d. I. v. 28. 12. 94 (M.Bl. 95 S. 38) ausgesprochene gegenteilige Ansicht ist aufgegeben.

900

N r.

Sarifffcltc 44 tt. 45. Laufende

Steuersatz

Berechnung der Stempelabgabe.

vom Hun­

Gegenstand der Besteuerung.

dert

44.

Nebenausfertigungen von Verträgen, Duplikate, s. diese.

45.

Notariatsurkunden, welche die Stelle einer in diesem Tarif versteuerten Verhandlung vertreten, wie diese; sonst und in allen Fällen mindestens ....

Mark. Pf.

wie

1

50

Inhalt. 1. Einleitung. Anwendungsbereich. Zu- ' Sinnt, 6. ständigkeit der Notare. 7. 2. Mängel der Beurkundung. Nichtigkeit. Theilweise Nichtigkeit. Ordnungs­ vorschriften. 3. Anlagen als Bestandtheile des Nota­ 8. riatsprotokolls. Anerkennung ihres Inhalts. Anderweite Anlagen. 9. 4. Versteuerungsgrundsätze. 5. Der Genehmigung oder des Beitritts „ 10. eines Dritten bedürfende Verträge. Einleitung.

!♦

Bedingte und unausgeführt gebliebene Geschäfte. Allgemeine sachliche und persönliche Stempelbefreiungen. Durch Tarif­ stellen angeordnete Stempelbefrei­ ungen. Eheverträge. Versteuerung der Urschriften und Ausfertigungen. Stempelerstattungen. Reichsstempel (Kauf- und Anschaffungs­ geschäfte).

Die Tarifstelle handelt von der Versteuerung der Notariatsurkunden, d. h.

von Urkunden, die von Notaren innerhalb ihrer Zuständigkeit in Protokollform über Rechts­ geschäfte und sonstige Thatsachen ausgenommen sind. (Art. 31 Pr.G. Freiw.G. G.-S. 1899 S. 249).

Die Formvorschriften über die Errichtung notarieller Urkunden sind enthalten in den §§ 168 bis 181 R G. Freiw.G. (R.G-Bl. 1898 S. 771), die sich im wesentlichen den Bestimmungen des B.G.B. über die Form von Testamenten und Erbverträgen (§§ 2233 bis 2246, 2276) an­

schließen; ferner sind auf Grund des § 200 R.G. Freiw.G. in den Art. 40ff. Pr.G. Freiw.G. Ergänzungsbestimmungen für notarielle Urkunden über Rechtsgeschäfte und in den Art. 53 ff.

dieses Ges. Ausführungsvorschriften für notarielle Beurkundungen über andere Gegenstände als Rechtsgeschäfte gegeben.

Für die Anwendung der Tarifstelle macht es keinen Unterschied,

ob es sich um Beurkundungen handelt, für die durch Reichs- oder Landesgesetze die notarielle Form vorgeschrieben ist, oder ob die Betheiligten diese Form freiwillig gewählt haben, und ob die Notare bei Vornahme der Rechtsakte sich allein auf die Beurkundung beschränken oder ob sie darüber hinaus zugleich andere amtliche Befugnisse ausüben (Art. 31 Abs. 1 Pr.G. Freiw.G.),

wie es insbesondere der Fall ist bei Versteigerungen, bei denen der Notar zugleich als zuständiger

Versteigerungsbeamter handelt, und bei der Aufnahme von Vermögensverzeichnisscn, wobei der

Notar zugleich den Vermögensbestand amtlich ermittelt. Anwendung«.

bereis.

Unter die Tarifstelle fallen nicht nur die im Komm. S. 574 Sinnt. 2B angeführten n0|arjeQen Urkunden, sondern auch notarielle Verhandlungen, in denen sich die Parteien zu dem ganzen oder theilweisen Inhalt eines anderen Schriftstückes Abs. 2 R.G. Freiw.G.), dagegen nicht Urkunden, bei denen die

bekennen (§ Notare nur

176 den

Notariatsurkunden.

901

Entwurf anfertigen und nach ihrer Vollziehung durch die Betheiligten die Unterschriften oder Handzeichen beglaubigen.

Die Versteuerung notarieller Beglaubigungen von Abschriften und notarieller Zeugnisse

regelt sich nach den Tarifstellen 1, 46 und 77, wenn sie nicht in die an sich nicht erforderliche Form notarieller Protokolle gekleidet sind. zur Anwendung.

Für notarielle Proteste kommt die Tarifstelle

52

Voraussetzung der Anwendung der Tarifstelle ist, daß eine in den Zuständigkeits-Zuständigkeit bereich der Notare fallende Beurkundung vorliegt, also die Beurkundung eines Rechtsgeschäfts ber Notare,

(einer ans Erzeugung einer Rechtswirkung gerichteten Willenserklärung) oder einer sonstigen

Thatsache z. B.

einer Siegelung oder Entsiegelung, der Zeit der Ausstellung einer Privat­

urkunde u. s. w.

(Art. 31 Pr.G. Freiw.G.).

Vergl.

auch Komm. S. 574 Sinnt. 2 unter B.

2. Der Tankstelle sind nur Notariatsurkunden unterworfen, die als öffentliche Mängel der Urkunden

giftig sind.

Urkunden, die mit Formmängeln behaftet sind, welche nach fcen93cur,unbun9-

gesetzlichen Bestimmungen Nichtigkeit des ganzen Aktes nach sich ziehen, werden von dem Stempel der Tarifstelle 45 nicht getroffen.

Im Einzelnen ist zu unterscheiden:

1. Nichtigkeit der Urkunden. Die Formvorschriften der 169 ff. R.G. Freiw.G. Nichtigkeit, sind mit geringen Ausnahmen (vergl. unter Nr 3) zwingender Natur, dergestalt, daß ihre Nichtbeachtung beit ganzen Rechtsakt ohne Weiteres und ohne daß es einer Anfechtung bedarf, nichtig macht.

Sie kennzeichnen sich äußerlich dadurch, daß bei Geboten das Wort „muß"

(z. B. §§ 169, 174) gebraucht ist, bei Verboten die Worte „kann .... nicht" (z. B. § 170) angewendet sind, während bloße Ordnungsvorschriften äußerlich durch Anwendung des Wortes „soll"

(statt „muß") erkennbar sind.

Nichtigkeit tritt hiernach ein bei Verstößen gegen die Bestimmungen

der §§ 169 (körperliche Mängel der Betheiligtcn), 170 (Ausschließung des Notars wegen seines

Verhältnisses zu den Betheiligten), 172 (Ausschließung des zweiten Notars wegen des Ver­ hältnisses zürn beurkundenden Notar), 174 (Gegenwart der mitwirkenden Personen bei der Beurkundung),

175 (Protokoll in

deutscher Sprache),

176 Abs. 1

(Inhalt des Protokolls:

Ort und Tag der Verhandlung, Bezeichnung der Betheiligten und der bei der Verhandlung mitwirkenden

Personen, Erklärung

Satzes des Abs. 1 (Vollziehung des

eines Dolmetschers).

der Bctheiligten)**!),

177

mit Ausnahme

des dritten

Protokolls), 178 und 179 Abs. 2, 3 und 4 (Zuziehung

Das Pr.G. Freiw.G. enthält nur im Slrt. 54 (Ort und Tag der Ver­

handlung, Unterschrift des Notars,

bei Aushändigungen in Urschrift Siegel oder Stempel)

eine zwingende Formvorschrift. Wenn

auch in den

angegebenen Fällen die Urkunden als Notariatsurkunden nicht

bestehen können, so folgt daraus doch nicht ihre unbedingte Stempelfreiheit.

Diese tritt viel­

mehr nur ein, wenn die notarielle oder gerichtliche Form gesetzlich vorgeschrieben ist.

Haben

die Parteien die notarielle Form freiwillig gewählt, ohne gerade die Giltigkeit des Geschäfts

von dieser Form abhängig machen

zu wollen, so gilt die Beurkundung immer noch als

privatschaftliche und ist alsdann nach derjenigen Tarifstelle zu versteuern, zu welcher sie

nach ihrem Inhalte gehört.*2) 2. Theilweise Nichtigkeit. Nach § 171 R.G. Freiw.G. tritt die Nichtigkeit nur Theilweise insoweit ein, als die Beurkundung eine Verfügung zu Gunsten des Notars oder seiner Ehefrau, 9Il4ll8Iclt Verwandten oder Verschwägerten zum Gegenstände hat. Da hier die Nichtigkeit nicht die ganze

Urkunde, sondern nur einen Theil trifft, ist der Stempel der Tarifstelle 45 zu verwenden. 3. Giltigkeit der Beurkundung. Die Nichtbeachtung gesetzlich vorgeschriebener Ordnungs­ Förmlichkeiten hat auf die Giltigkeit und also auch auf die Stempelpflichtigkeit der Be- Vorschriften, urkundungen keinen Einfluß,

wenn die Formbcstimmungen nicht zwingender Natur, sondern

*1) Kamm.G.Veschl. 13. 1. 02 Just.M.Bl. S. 34. Danach ist ein Notariatsprotokoll, in dessen Text die Bezeichnung der mitwirkenden Personen fehlt, (§ 176 Abs. 1 § 177 R.G. Freiw. G.) nichtig. *2) F.M.Erl. 9. 10. 55 III 23911.

902

Tarifstelle 45.

bloße Ordnungsvorschriften sind.

Wegen ihrer äußerlichen Erkennbarkeit vergl.

oben

unter 1. Das R.G. Freiw.G. enthält solche Ordnungsvorschriften in den §§ 173 (Untauglichkeit der Zeugen), 176 Abs. 3 (Angabe,

ob der Notar die Betheiligten kennt oder wie

Gewißheit über ihre Persönlichkeit verschafft hat),

er sich

177 Abs. 1 Satz 3 (auf Verlangen Vor­

legung des Protokolls an die Betheiligten zur Durchsicht), 179 Abs. 1 (Zuziehung eines Dolmetschers, wenn ein Betheiligter der deutschen Sprache nicht mächtig ist). Im § 179

Abs. 1 ist allerdings das Wort „muß" gebraucht; trotzdem ist die Vorschrift keine zwingende,

weil nach dem Abs. 5 dieses Paragraphen die unterbliebene Zuziehung eines Dolmetschers die Beurkundung nicht unwirksam macht.

Gemäß § 200 Abs. 2 sind auch die Ergänzungs- und

Ausführungsbestimmungen des Pr.G. Freiw.G., nämlich Art. 40 (Prüfungspflicht des Notars

hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit der Betheiligten und der Giltigkeit des Geschäfts), 41 (Ver­ handlungen mit tauben Personen), und 55 (Unterzeichnung des Protokolls durch den Richter und die übrigen mitwirkenden Personen, Vorlesung des Protokolls oder Vorlegung zur Durch­

Eine Ausnahme enthält Art. 54 (vergl. oben unter 1 Abs. 1

sicht) nur Ordnungsvorschriften. am Schluß). Anlagen als

Bestandtheile

Notariats.

3*

Wenn in einem Notariatsprotokoll auf eine Schrift Bezug genommen und sie dem

Protokoll als Anlage beigefügt wird, so bildet sie nach § 176 Abs. 2 R.G. Freiw.G. einen

Bestandtheil des Protokolls.

Solche Anlagen werden zusammen mit dem Protokoll aus-

Anerkennung

gefertigt, indem die Abschrift der Anlagen unmittelbar an die Abschrift der Haupturkunde

ihres Inhalts,

gefügt und der Ausfertigungsvermerk an den Schluß dieser Urkunde gesetzt wird. Inder Anlage kann das zu beurkundende Geschäft von den Betheiligten in einzelnen Bestandtheilen

oder auch vollständig ausgenommen sein, so daß sich in letzterem Falle das Protokoll nur auf das Bekenntniß zum Inhalt der Anlage beschränkt.

Unterliegt die unversteuert gebliebene

Anlage dem Stempel einer besonderen Tarifftelle, so muß der Notar diesen Stempel zur

Protokollurschrift verwenden, die alsdann des Notariatsurkundenstempels nicht bedarf.

Bekennt

sich z. B. Jemand in einer notariellen Verhandlung zum Inhalt einer von ihm dem Notar überreichten, unversteuerten Schenkungsurkunde, so hat der Notar den Schenkungsstempel zur

Urschrift des von ihm aufgenommenen Protokolls zu verwenden.

Diese Pflicht zur Stempel­

verwendung liegt dem Notar selbst dann ob, wenn die gesetzliche Frist für die Lösung des zur

Anlageschrift erforderlichen Stempels bereits abgelaufen ist; das frühere Recht (vergl. Komm. S. 228 Anm. 2a) ist durch § 176 Abs. 2 R.G. Freiw.G. geändert.

Für die dem Protokoll beizufügenden Anlagen ist eine besondere Form nicht vor­

geschrieben; insbesondere ist es nicht erforderlich, daß sie unterschrieben sind.

Durch die unter­

schriftliche Vollziehung des Protokolls erhält die Anlage als Theil des Protokolls dieselbe

Kraft wie das Protokoll selbst.*3) Auch in diesen Fällen ist der Stempel, den die Anlage etwa nach ihrem Inhalt erfordert, zur Protokollurschrift beizubringen.

Voraussetzung ist aber, daß

die Anlage auch bei unmittelbarer Aufnahme ihres Inhalts in die protokollirte Erklärung eines Sonderstempels bedarf und daß ihr Inhalt nicht materiell Bestandtheil des im Notariats­

protokoll enthaltenen Rechtsgeschäfts ist.

Wird z. B. ein nicht unterschriebenes Inventar

einem notariellen Ehevertrage beigefügt und Bestandtheil dieses Vertrages im Sinne des

§ 176 Abs. 2 R.G. Freiw.G., so ist der Jnventarienstempel nicht noch besonders zu verwenden, weil Inventarien nach der Tarifftelle 31 nur stempelpflichtig sind, wenn sie als selbständige Urkunden zum Gebrauch bei einer anderen stempelpflichtigen Urkunde dienen und weil das

Inventar auch materiell Bestandtheil des Ehevertrages ist und durch den Stempel der Tarif­ stelle 18 als mitversteuert gilt.*4)

R.G.Civils. 28. 3. 03 Vd. 54 S. 195, 197. Karn.G.Beschl. 20. 4. 03 I Y 327/03 F.M. III 11127; F.M.Erl. (im Einv. mit Just.M.) 25. 11. 03 III 14531. Die Ausführungen Komm. S. 715 Anm. 2 Ziffer 2 beziehen sich auf nicht unterschriebene Inventarien, die in priv atschaftlichen Verträgen anerkannt sind. *3) *4)

Notariatsurkunden. Verschieden von den vorerwähnten

Anlagen

903

sind diejenigen

auf die das Anderweite

Anlagen,

notarielle Protokoll nicht Bezug nimmt und die deshalb nicht Bestandtheile von ihm werden. Diese in stcmpelsteucrlicher Hinsicht selbständig zu beurtheilenden Anlagen, die meist Ausweis­

Anlagen.

urkunden sind (Vollmachten, Handelsregisterauszüge u. dergl.), werden dein Protokoll nur auf

Antrag

und

beigefügt

zwar

in

beglaubigter

(Art. 48 Pr.G. Freiw.G.).

Abschrift

Abschriften bedürfen des Stempels der Tarifstelle 1.

Die

Der Beglaubigungsstempcl ist nur

einmal zu verwenden, wenn die lnehrcrcn Abschriften nicht besonders für sich, sondern zusammen und hinter einander gefertigt werden und alsdann der Beglaubigungsvermerk hinter die letzte Abschrift gesetzt wird.

Vergl. Komm. S. 437 Note 21.

4.

Ver­ Die Tarifstclte stellt als Regel hin, daß Notariatsurkunden mit dem Stempel derjenigen Tarifstelle zu belegen sind, unter die das beurkundete Geschäft oder der beurkundete steuerungs­

Gegenstand inhaltlich gehört. Da aber Notariatsurkunden als öffentliche Urkunden vom Gesetz

mit einer besonderen Beweiskraft aucgcstattet sind,

so hat das Gesetz auch der Form der

Beurkundung einen gewissen Einfluß auf die Beineffung des Stempels eingeräumt, indeul „sonst und in allen Fällen", d. h. in alten denjenigen Fällen, in denen der Stempel einer anderen Tarifstellc entweder überhaupt nicht oder in einem 1,50 Mark nicht erreichenden Betrage zu entrichten ist, zu Notariatsurkunden ein Stempel von mindestens 1,50 Mark ver­

wendet werden muß.**5) Die Tarifstellc steht in Uebereinstimmung mit der Tarifstelle „NotariatsInstrumente" des Stst.G. von 1822, wonach Notariatsurkunden, sofern nach deren Inhalt ein höherer Stenlpel nicht cintrat, einem Stempel von 1,50 Mark unterlagen.

Im einzelnen

ist zu unterscheiden: 1. Die Notariatsnrkunde vertritt eine Verhandlung, die nach einer besonderen Tarif­

In diesen die Regel bildenden

stelle einen Stempel von mehr als 1,50 Mark erfordert.

Fällen komnlt der feste Stempel von 1,50 Mark nicht zur Anwendung, sondern es sind die Vorschriften der Sondertarifstelle maßgebend, dergestalt, daß die Notariatsurkunde zu dem­ selben Betrage geschehen wäre.

zu versteuern ist,

wenn

als

Das setzt aber voraus,

die Beurkundung nicht in notarieller Form

daß gleichzeitig mit der Errichtung der Notariats­

urkunde der Stempel der Sondertarifstelle bereits fällig wurde.

Notarielle Inventarien (vergl.

Tarifstelle 31 Anm. 5) erfordert: daher schon bei ihrer Errichtung den Notariatsurkundenstempel von 1,50 Mark und nicht den Jnventarienstempel in gleichem Betrage, der nach Tarifstelle 31 erst

bei Eintritt des Gebrauches fällig wird.

Wird der Antrag auf Eintragung einer Hypothek- oder

Grundschuld oder auf Eintragung ihrer Abtretung notariell beurkundet, so kann der Werth­ stempel der Tarifstelle 58 III Abs. 1 oder der Tarifstelle 2 Abs. 4, da er erst mit der Vermerkung

der Eintragung werden.

im Grundbuch

fällig

wird,

nicht

schon

zur Notariatsurkunde

verwendet

Diese bedarf vielmehr des Notariatsurkundenstempels von mindestens 1,50 Mark.*6)

Weitere Fälle, in denen der Stempel der Sondertarifstelle wegen Nichtfälligkeit zur Notariats­ urkunde nicht verwendet werden kann, sind die Aussetzung der Einziehung des Werthstempels bei Gesellschaftsverträgen (Komm. S. 676 Ann:. 23) und die Verträge, die der Genehmigung

oder des Beitritts einer Behörde oder eines Dritten bedürfen.

Vergl. Anm. 5 dieser Tarkfstelle.

Ob in diesen Fällen der Notariatsurkundenstempel auf den später fällig werdenden Werthstempel

angerechnet werden darf, ist nicht ohne Zweifel. Gegen die Anrechnung spricht, daß mit der Voll­ ziehung der Notariatsurkunde der rechtliche Anspruch der Staatskasse auf die Stempelabgabe der Tarifstelle 45 zur Entstehung gelangt und auf diesen einmal entstandenen Anspruch spätere, den Eintritt der Fälligkeit des Werthstempels bedingende Umstände einflußlos sind und daß

das Gesetz

die Fälle,

in

denen Stempelanrechnungen statthaft sind, besonders geregelt hat

(Tarifstelle 2 Abs. 8, Tarifstelle 8 Abs. 5, Tarifstelle 25 c Abs. 5, Tarifstelle 54 Abs. 2, Tarif-

*5) Die Begr. allgem. Vorbemerkungen Abs. 10 S. 4 hebt hervor, daß bei Notariatsurkunden, Protokollen u. dergl. lediglich die Form die Erhebung des Stempels bedingt. *6) F.M.Erl. im Einv. mit Just.M. 14. 5. 96 III 6578. Hummel u. Specht, Stempelsteuergesetz.

59

grundsätze.

904

Tarifstelle 45.

stelle 58 III Abs. 2). Andrerseits läßt sich nicht verkennen, daß die eine Erhöhung der Stempelabgabe herbeiführende Nichtanrechnung dem Willen des Gesetzgebers nicht entsprechen würde. Man wird daher z. B. die Errichtung der Notariatsverhandlung und die Vermerkung der Eintragung im Grundbuch stempelrechtlich als einen einheitlichen Akt und die Anrechnung für zulässig erachten können. Wenn Testatoren ein öffentliches Testament vor einem Notar durch Uebergabe einer Schrift zu errichten beabsichtigen, so bildet das nach §§ 2232, 2238, 2240—42 B G B. über die Errichtung des Testanlents aufzunehmendc Protokoll einen Theil der Testamentsurkunde und tritt im Sinne der Tarifstelle 45 an die Stelle der im Tarif einer besonderen Steuer unterworfenen Testamcntsurkunde. Es ist daher nur der Stempel für letztwillige Verfügungen nach Tarifstelle 66 erforderlich, nicht aber daneben noch der Notariatsurkundenstempel.*?) Eine Ausnahme von der Regel, daß Notariatsurkunden nach den Vorschriften der Sondertarifstelle zu versteuern sind, machen Pacht- u. s. w. Verträge und Beurkundungen der Abtretungen aus solchen Verträgen (vergl. Komm. Tarifstelle 48 Anm. 46 und 39 Abs. 2 u. 3), denn für die stempelsteuerliche Behandlung dieser Verträge gelten nach dem Willen dcs Stst.G. ganz besondere Regeln, die sich auf andere Fälle nicht ausdehncn lassen. Zu Urkunden solchen Inhalts hat der Notar weder den Mieth- u. s. w. Stempel noch den Notariatsurkundcnstcmpcl zu verwenden; enthalten sie jedoch noch stempelpflichtige Nebenverträge (vergl. Tarifstelle 48 Anm. 43), so muß zur Notariatsurkunde der Stempel der betreffenden Tarifstelle, in der Regel also der allgemeine Vertragstempel von 1,50 Mark beigebracht werden. Wegen der notariellen Auflassungserklärungen vergl. Komm. S. 501 Anm. 17 Abs. 2.

2. Die Notariatsurkunde vertritt eine Verhandlung, die nach einer besonderen Tarif­ stelle einen Stempel von weniger als 1,50 Mark erfordert. Alsdann ist der zur Notariats­ urkunde zu verwendende Stempel stets auf den Betrag von 1,50 Mark zu ergänzen, auch in den: Falle, wenn mehrere nach Sondertarifstellen zu beurtheilende Geschäfte beurkundet sind. Eine Notariatsurkunde über eine mit 50 Pf. stempelpflichtige Schuldverschreibung und über eine dem gleich hohen Stempel unterliegende Sicherstellung bedarf daher des Stempels von 1,50 Mark. 3. Die Notariatsurkunde vertritt eine Verhandlung, auf die zwar eine besondere Tarifstelle Anwendung findet, die aber auf Grund einer Befreiungsvorschrift dieser Sonder­ tarifstelle eines Stempels nicht bedarf. Dann ist zu der Notariatsurkunde stets der Stempel der Tarifstellc 45 in Höhe von 1,50 Mark zu entrichten, da die Befreiungen der Sondcrtarifstelle nur von derjenigen Stempelabgabe befreien, die in ihr vorgesehen ist (vergl. Anm. 7 Abs. 2). Eine nach der Tarifstelle 58 Id an sich stempelfreie Schuld­ verschreibung muß deshalb, wenn sie notariell beurkundet wird, mit dem Notariatsurkunden­ stempel von 1,50 Mark versteuert werden.*8) 4. Die Notariatsurkunde enthält eine Verhandlung, die unter keine der Stempel­ tarifvorschriften fällt, z. B. Beurkundungen von Prokurenanmeldungen,*9) Erb­ erklärungen, Quittungen, Eidesabnahmen, Verloosungen, Vernichtungen ausgelooster Werth­ papiere, Beschlüssen der Generalversammlungen von Aktiengesellschaften, Beschlüssen der Mitgliederversammlungen von Vereinen u. s. w. In solchen Fällen erfordert die Notariats­ urkunde trotz des nicht stempelpflichtigen Inhalts lediglich wegen ihrer Form den Notariatsurkundenstempel von 1,50 Mark.

Der 5* Aus dem in Anm. 4 unter 1 erörterten Grundsätze, daß der Stempel der SonderoberCbesiehtarifftcfle fällig sein muß, wenn er zur Notariatsurkunde verwendet werden soll, ergiebt sich, tritts eines daß auch zu notariellen Beurkundungen von Rechtsgeschäften, die erst durch die Genehmigung bebürfenbe °^er den Beitritt eines Dritten rechtswirksam und stempelpflichtig werden (tz 16 Abs. 3 Verträge.------------------------------

*7) Kam.G. 9. 12. 01 Joh. Ring Jahrb. Bd. 23 B S. 19 F.M. III 1883/02. *8) F.M.Erl. im Einverst. mit Just.M. 5. 5. 99 III 2950. *9) Allg. F.M.Erl. im Einverst. mit Just.M. 27. 6. 99 III 7342 Cbl. S. 180.

905

Notariatsurkunden.

Stst.G.: Komm. S. 245, 246), zunächst nur der Notariatsurkundenstempel von 1,50 Mark

zu verwenden und der Stempel der Sondertarifstelle erst dann beizubringen ist, wenn dem

Notar die Genehmigung oder der Beitritt nachgewiesen Handelt cs sich um

notarielle Urkunden,

ift* *10)

die der gerichtlichen Genehmigung

Bestätigung, insbesondere der Genehmigung des

oder

Vormundschaftsgerichts (§§ 1821,

1822 B.G.B.) bedürfen, so ist zunächst ebenfalls nur der Notariatsurkundenstelnpel von 1,50 Mark zu verwenden und nach erfolgter Bestätigung der Stempel der Sondertarifstelle nach § 31

Pr. G.Kost.G. (vergl. auch § 2 Abs- 1 Buchst, e der Abänderung der allg. Verf. d. F.M. u. Just.M. v. 29. 2 96 Nachtrag I Ausf.Best. amtl. Ausg. S. 74 u. 75) als Gerichtsgebühr zu

Haben

vereinnahmen.

Notare

versehentlich

den

Stempel der Sondertarifstelle schon zur

Notariatsurkunde als Naturalstempel verwendet, so soll cs hierbei bewenden.

Die Rechnungs­

revisoren haben deshalb in solchen Fällen bei der Revision des Kosten- und Stempelansatzes

von der Einziehung des Stempels zu den Gerichtskosten abzusehen und in ihren Berichten nur auf die Unrichtigkeit des Verfahrens aufmerksam zu machen.*10)

Wegen der Anrechnung des Notariatsurknndcnstempels auf den später zu entrichtenden Geschäftsstempel findet daS Anm. 4 unter 1 Gesagte sinngemäße Anwendung. Auch hier wird es sich rechtfertigen lassen, die Errichtung der Notariatsurkunde und die spätere Genehmigung

oder den Beitritt als einen einheitlichen Akt aufzufassen und die Anrechnung zuzulassen.

Nach den von der Steuerverwaltung gemachten Wahrnehmungen haben Notare Bedingte und vielfach von einer Stempelanwendung abgesehen, wenn das Geschäft nach dem Urkundeninhalte "gebmbene^

von Bedingungen abhängig gemacht oder die Geschäftsausführung unterblieben oder auch nur zweifelhaft war.

Um den hierdurch eingetretenen Unzuträglichkeiten zu begegnen,

Provinzialsteuerdirektoren und Vorstände der Stempelsteuerämter vom

Geschäfte,

sind die

Finanzulinister an­

gewiesen worden, für die in Zukunft nicht beigebrachten Stempel die Notare ohne Weiteres

in Anspruch zu nehmen,

auch nach Umständen bei denn zuständigen Landgerichtspräsidenten

Strafanträge zu stellen.

Auch sind die Notare vorn Justizminister darauf hingewicsen, daß

sie zu ihren Verhandlungen ohne Rücksicht darauf,

ob das beurkundete Geschäft ausgeführt

wird oder nicht, die tarifmäßigen Stenrpel zu verwenden haben und daß es lediglich dem Finanzminister, und in Ansehung der Gcrichtskostenstempel dein Justizrninister, Vorbehalten ist, darüber zu entscheiden, ob im Falle deS Vorhandenseins von Billigkeitsgründen nach § 25 Abs. 2 Stst.G. Stempelerstattungen einzutreten haben.*! 1)

Die sachlichen und persönlichen Stempelbefreiungen der §§ 4 u. 5 Stst.G. be- Allgemeine

7*

herrschen

das

gesammte Stempelrecht

dergestalt,

daß sie sich

auch auf solche Urkunden ^perMttche^

erstrecken, für die lediglich vermöge der Form der Beurkundung ein Stempel zu verwenden Stempel­ ist. Mit Rücksicht auf diesen allgemeinen Grundsatz ist die Bestinunung der Tarifstelle 45, befremngen. daß „in allen Fällen" ein Stempel von 1,50 Mark zu verwenden

ist, beschränkend dahin

auszulegen, daß diejenigen Fälle von der Stempelpflichtigkeit ausgenommen sind, für die sach­ liche und persönliche Befreiungen der §§ 4 u. 5 Stst.G. zur Anwendung kommen.*12) Es bedürfen daher namentlich Notariatsurkundcn nach §4u Stst.G. des Stempels der Tarifstelle 45 nicht, wenn ihr Werth 15O Mark nicht übersteigt. Zu notariellen Erbausweisungsverhandlungen und zu den zweiten und folgenden gerichtlichen Ausfertigungen von Erbscheinen ist entsprechend

dem § 81 Abs. 4 Pr. G.Kost.G. für die Stempelberechnung nicht der Aktiv-

*10) Allg. Just.M.Erl. 29. 12. 99 I 7812 Just.M.Bl. 00 S. 3, mitgeth. den P. St.D. durch allg. F.M.Erl. 15. 1. 00 III 203 Cbl. S. 14. *11) Allg. Just.M.Erl. 13. 1. 00 I 66 Just.M.Bl. S. 20, mitgeth. den P. St.D. durch allg. F.M.Erl. 5. 2. 00 III 1170 Cbl. S. 96. *12) Vergl F.M.Erl. 5. 5. 99 in Note 8.

906

Tarifstelle 45.

Nachlaß, sondern der Rein nach laß zu Grunde zu legen und eine Stempelabgabe nicht zu entrichten, wenn der Neinnachlaß 150 Mark nicht übersteigt.*13)

Handelt es sich bei notariellen

Nachtragsverhandlungen um eine Berichtigung von Werthangaben, die bezwecken, eine Grund­

lage für

die vom Notar

aufzustellende Kostenberechnung zu bilden,

so

ist als Werth des

Gegenstandes der Nachtragsverhandlung nicht der Werth des beurkundeten Geschäfts, sondern der Unterschied zwischen den ursprünglich angegebenen und den später berichtigten Kosten anzu­

sehen und, wenn dieser Unterschied 150 Mark oder weniger beträgt, ein Stempel nicht zu verwenden.*!!) Wird eine Erbausweisungsverhandlung, deren Gegenstand mehr als 150 Mark beträgt, in einer notariellen Verhandlung nachträglich berichtigt z. B- dahin, daß der Erblasser an einen! anderen Tage

als

dem

zuerst angegebenen gestorben sei, so ist die Nachtrags­

verhandlung, da sie keinen nach § 6 Stst.G. der Tarifstellc 45 zu vcrsteuern.*15)

schätzbaren Geldwerts)

hat,

mit dem Stempel

Steht für mehrere Miterben eine Hypothek gemeinschaft-

lich eingetragen, z. B. für A und B eine Hypothek von 200 Mark und beantragt A die Löschung des ihm zustehenden Antheils an dieser Hypothek, so ist als Gegenstand der Löschungs­ bewilligung nicht ein Betrag von

100 Mark, sondern der volle Betrag von 200 Mark

anzusehen, weil den Miterben vor der Erbtheilung bestimmte Antheile an den Forderungen nicht zustehen (§ 2033 Abs. 2 B-G-B.) und ein einzelner Miterbe daher nicht befugt ist, über seinen Antheil allein zu verfügen, eine Verfügung über die einzelne Forderung viel­ mehr nur von sämmtlichen Erben zusanunen getroffen werden kann.*16) Vergl. auch Komm. S. 483 Anul. 4 Abs. 1 und S. 585 Anm. 2. Sind in einer Notariatsverhandlung rnehrere

selbständige Rechtsgeschäfte beurkundet, so findet eine Zusammcnrechnung der Werth­ gegenstände nicht statt (Konrm. S. 57 Anm. 2 Abs. 2). Ueber die Frage, wenn ein ein­

heitliches Geschäft oder eine Mehrheit selbständiger Geschäfte anzunehmcn ist, vergl. Komm. S. 145 fg. Anm. 11.

Der Stempelbefreiungsgrund des § 4a Stst.G. darf aber nur dann

berücksichtigt werden, wenn der Urkundeninhalt, d. h. der Text der Urkunde er­ kennen läßt, daß der Werthgegenstand 150 Mark nicht übersteigt. Vermerke dieses Inhalts,

die in den Kostenrechnungen der Notare enthalten sind, schließen die Erhebung des Notariats­

Durch angeordnete Stempel-

befreiungen.

urkundenstempels nicht aus.*17) Diejenigen Befreiungsvorschriften dagegen, durch die in den einzelnen Tarifstellen

gewisse an sich stempelpflichtige Geschäfte Befreiungen ungeordnet werden, haben nicht eine so weitgehende Bedeutung, wie die allgemeinen Befreiungen der §§ 4 u. 5 Stst.G.

Ihre

Geltung erstreckt sich nur auf diejenigen Urkunden, welche ihrem Inhalte nach unter die betreffende Sondertarifstelle fallen (vergl. Anm. 4 unter 3). Notariatsurkunden bilden aber

in der Tarifstelle 45 einen besonderen Gegenstand

der Besteuerung im Sinne des Stcmpel-

tarifs und in dieser Tarifstelle ist weder irgend eine selbständige Befreiung vorgeschrieben, noch auch auf Befreiungen anderer Tarifstellen Bezug genommen.*18)

Notariatsurkunden bedürfen

daher des Notariatsurkundenstempels von 1,50 Mark stets auch dann, wenn das beurkundete Geschäft auf Grund derjenigen besonderen Tarifstelle, nach der es seinem Inhalte nach zu

beurtheilen ist, Stempelfreiheit genießt.

Ein

in

der Form

einer Notariatsurkunde auf­

genommenes Zeugniß, auf Grund dessen ein Reisepaß ausgestellt werden soll, ist daher mit dem Notariatsurkundenstempel von 1,50 Mark zu versteuern, obwohl das Zeugniß, in anderer Form Eheverträge.

ertheilt, nach Tarifstelle 77 a stempelfrei sein würde. Wegen der Stempelfreibeit der in notarieller Form geschlossenen Eheverträge der in Art. 60 Abs. 1, Art. 61 § 3 und Art. 62 A.G. B.G.B. erwähnten Art vergl. Komm. S. 582

Anm. 9 am Schluß.

*13) *14) *15) *16) *17) *18)

Atlg. F.M.Erl. im Einv. mit Just.M. 3. 6. F.M.Erl. im Einv. mit Just.M. 29. 12. 00 F.M.Erl. im Einv. mit Just.M.8. 11. 99 F.M.Erl. im Einv. mit Just.M. 16. 6. 97 F.M.Erl.8. 11. 99 in Note 15. F.M.Erl. 5. 5. 99 in Note 8.

02 III 6977. III 15 468. III 13 950. III 6404.

907

Notariatsurkunden.

8.

Wegen der Stempelverwendung zu den Urschriften der Notariatsvcrhandlungen, Versteuerung der stempelfreien Ertheilung der ersten Ausfertigungen und der Verstempclung der weiteren Urschriften

Ausfertigungen nach Tarifstelle 16 vergl. Komm. S. 133 Anm. 7, S. 573, 574 Anm. 2 Abs. 3 und slusu. S. 574 unter B. fcrtiflUn0ctL

9*

Da der Stempel der Tarifftellc 45, insoweit er nicht auf Grund einer Sonder- Stempel­ tarifstelle zu entrichten ist, lediglich auf der Form lastet, so kann er nach § 25 Abs. 1 Buchst, a crftottun0cn-

nur dann erstattet werden, wenn die Notariatsurkunde wegen eines Formmangels (vergl. Anm. 2) nichtig ist. Der wegen Nichtigkeit oder Ungiltigkeit deS Geschäfts gemäß § 25 Abs. 1 Buchst, c zu erstattende Geschäftostempel darf nur bis auf den Betrag deS NotariatsnrknndenstempelS zurückgezahlt werden,

als notarielle bestehen bleibt.

da

trotz der dem Geschäft anhaftenden Mängel die Urkunde

Wegen der Erstattung nach § 25 Abs. 1 b vergl. Komm.

S. 336 9(11111. 6. Auch bei Erstattungen aus Billigkeitsgründen gemäß § 25 Abs. 2 wird nach feststehender

VerwaltnngSübung der Stempel mir bis zum Betrage insoweit die Form

von 1,50 Mark zurückgewährt, weil

der Urkunde die Stempelverwendung

rechtfertigt und die unterbliebene

Geschäftsansführnng nicht in Betracht kommt.*19) Eine Erstattung des Duplikatstempels ist in den Fällen des § 25 Abs. 1 Buchst, a und c und Abs. 2 nur wegen Formmängel statthaft.

10*

Wegen notarieller Beurkundungen von Kauf- und Anschaffungsgeschäften, die nach der Tarifnummer 4 R.St.G. vom 14. 6. 00 reichsstempclpflichtig oder von der Reichs- Anschaffungs­ stempelsteuer befreit sind, vergl. Tarifstelle 32 Anm. 116. geschälte). Für die Versteuerung der in notariellen Urkunden enthaltenen reichsstempelpflichtigen Anschaffungsgeschäfte mittels Schlußnoten haben die Vertragschließenden selbst zu sorgen (§§ 9 u. 15 R.St.G., Nr. 38 Abs. 2 Ausf.Best.). Damit aber die Vertragschließenden nicht auf Grund der §§ 19 u. 44 Abs. 2 R.St.G. in Strafe genommen werden, empfiehlt es sich,

daß die Notare sie auf die Vorschriften über die Reichsstcmpclabgaben aufmerksam machen.*20)

*19) Schr. F.M. an Just.M. 2. 5. 00 III 3157. *20) Allg. Just.M.Erl. 4. 11. 01 Just.M.Bl. S. 260.

908

48. Steuersatz

Gegenstand der Besteuerung.

vom

Hun­ dert jMark.lPf.

Berechnung der Stempelabgabe.

|

Laufende

N r.

j|

§parifpte£C