Die Preussische Stempelgesetzgebung für die alten und neuen Landestheile: Kommentar für den praktischen Gebrauch [Reprint 2018 ed.] 9783111530444, 9783111162379


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German Pages 732 [740] Year 1875

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Zur geneigten Beachtung.
Abkürzungen.
Abtheilung I. Teil I
Abtheilung I. Theil II
Abtheilung I. Theil III
Nachtrag.
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Die Preussische Stempelgesetzgebung für die alten und neuen Landestheile: Kommentar für den praktischen Gebrauch [Reprint 2018 ed.]
 9783111530444, 9783111162379

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Die Preußische Ätewpelgesetzgebmrg.

Die

Preußische Stempelgesehgebung für die

alten und neuen Landestheile.

Kommentar für den praktischen Gebrauch herausgegeben

Hoyer RegierungS-Rath und Provinzial-StempelfiSkal.

Zweite Anflage.

Berlin, 1875.

Verlag von I. Guttentag. (D. Collin).

Zur geneigten Beachtung.

Wie der Gesammtstoff dieses Werkes in demselben vertheilt ist, ergiebt sich im Allgemeinen und bezüglich der Erbschaftssteuer resp. des Schenkungs-Stempels aus der Bemerkung unter „Abtheilung I" (S. 1). Die Vorschriften und Erläuterungen in Betreff der Stempelabgaben in Grundbuchsachen und des Wechselstempels haben zu­ treffenden Orts in Abtheilung I Aufnahme gefunden, und zwar die ersteren S. 107 ff. (vergl. hierzu S. 262 Anm. 1. b), die letzteren S. 161 ff. Die jetzigen Portobestimyiungen sind in einem besonderen Abschnitt zusammengestellt (S. 28), unter Verweisung auf dieselben bei den einzelnen Materien. Für den häufigeren Gebrauch des Werkes empfiehlt es sich, die hier hinter dem Verzeichniß der Abkürzungen folgenden Berichtigungen betreffenden Orts anzumerken und gleichergestalt in Ansehung des im Nachtrage enthaltenen, zum Theil recht beachtungswerthen Materials zu verfahren. Frankfurt a. d. O., im August 1875. Der Verfasser.

Abkürz-

Abkürzungen. Ortsnamen: A. Altona; B. Berlin; Br. Breslau; C. Cöslin; D. Danziz: F. Frankfurt a. d. O.; F. a. M. Frankfurt a. M.; G. Glückstadt; Gr. Greifswald; Kg Königsberg i. P.; M. Münster; Mg Magdeburg; Mr Marienwerder; P. Posen; Pm Potsdam; S. Stettin. Abl. der N. P.-V. — Amtsblatt der Norddeutschen Post-Verwaltung. AGO. — Allgemeine Gerichtsordnung. ALR. — Allgemeines Landrecht. Appell.-G. — Appellations-Gericht. B.-Bl. f. ger. B. — Büreau-Blatt für gerichtliche Beamte. BGbl. — Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes. CB. — Central-Blatt der Abgaben-, Gewerbe- und Handels-Gesetzgebung und Verwaltung. CBl. f. ger. B. — Central-Blatt für gerichtliche Beamte. Cbl. f. d. g. U.-V. — Centralblatt für die gesammte Unterrichts-Verwaltung. Cirk.-R. - Cirkular-Reskript. Entsch. B. — Entscheidungen des Ober-Tribunals, Band rc. Erk. des OT. (I bis VI — 1 oder 2 — S. f. Str. Pl.) — Erkenntniß des Ober-Tribunals (erster bis sechster Senat — erste oder zweite Abtheilung des Senats für Strafsachen — Senat für Strafsachen Plenum). FM. — Finanz-Ministerium (Finanz-Minister resp. Generaldirektor der indirekten Steuern). FMR. — Finanzministerial-Reskript (vergl. unter „FM."). GA. B. — Goltdammer, Archiv für Preußisches Strafrecht, Band rc. GK. — Giseke, Kommentar zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 (v. 1850). Gruchot Beiträge rc. B. — Gruchot, Beiträge zur Erläuterung des Preußischen Rechts, Band rc. GS. — Gesetz-Sammlung. H. Str. — Härtn: ann^ die neben dem Strafgesetzbuch in Preußen geltenden Strafgesetze rc. (v. 1873). IM. — Justiz-Minister. JMB. — Zustiz-Ministerial-Blatt. JMR. — Justizministerial-Reskript. v. KA. B. — von Kamptz, Annalen der inneren Staatsverwaltung, Band rc. v. KZ. B. — von Kamptz, Jahrbücher für die Preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft und Rechts Verwaltung, Band rc. Kab.-O. — Kabinets-Ordre. Komm. — Hoyer, Kommentar „die Preußische Stempelgesetzgebung" 2. Auflage. Kriegs-M. — Kriegs-Minister. LR. — Leyden, Repertorium zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 (v. 1836). Lottner Samml. — Sammlung der für die Rheinprovinz seit 1813 hinsichtlich der Rechts- und Gerichtsverfassung ergangenen Gesetze rc., von Lottner rc. M. — Minister. MB. Ministerial-Blatt für die gesammte innere Verwaltung. M. d. geistl. re. Angel. — Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten. M. d. I. — Minister des Innern; u. d. P. — und der Polizei. (n) in dem chronologischen u. Sach-Register vor der Seitenzahl — Note. OLGe-

Abkürzungen — Berichtigungen. OLGericht — Ober-Landesgericht. OR. B. — Oppenhoff, Rechtsprechung des Ober-Tribunals in Straffachen, Band re. ORKammer — Ober-Rechnungs-Kammer. OT. — Ober-Tribunal. Präj. des OT. — die Präjudizien des Geheimen Ober-Tribunals seit 1832 bis Ende 1848. PStD. — Provinzial-Steuer-Direktor. R. — Reskript. Reg. — Regierung. RGbl. — Reichs-Gesetzblatt. Rev.-Prot. des FM. — Revisions-Protokoll des Finanz-Ministenums. RGbl. - Reichs-Gesetzblatt. SK. — Schmidt, Kommentar zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 (v. 1838 ff. resp. 1855). Str. A. B. — Striethorst, Archiv für Rechtsfälle,' Band re. V. — Verordnung. Vers. — Verfügung. Zeitschrift f. d. B.-, H.- u. Swesen — Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen.

Serlchttgungen. Seite

27 Anm. 55. c Zeile 3: Das Erk. des OT. v. 27. Zanuar 1862 ist abgedruckt im ZMB. S. 143, CB. S. 148, OR. B. 2 S. 223 — wo es überall sub Nr. 2 des Rubrums und in den Gründen die 'in Rede stehende Entscheidung enthält; auch im MB. 1863 S. 74 (s. daselbst die Erk.-Gründe am Schluß). Der sonstige Inhalt dieses Erkenntnisses ist auch abgedruckt in GA. B. 10 S. 263 u. in den Entsch. B. 47 S. 445 (s. Komm. S. 294 Anm. 1. a). 132 Anm. 6. b Zeile 4 vorletztes Wort statt „ihrer": „ihre". 161 Anm. 4 Zeile 3 von unten vorletztes Wort statt „der": „die". 268 Anm. 5. b Zeile 6 statt „allgemeinen": „allegirten"; ferner in letzter Zeile statt „Mr": „M.", wie es in der durch JMR. v. 11. März 1857 I 1044 dem Appell.-G. in F.. mitgetheilten Abschrift des JMR's v. 31. Okt. 1852 heißt. 276 Anm. 18 vorletzte Zeile statt „ZM.": „FM." 302 Anm. 14 Zeile 11 statt „8" (März): „18". 375 Zeile 3 statt „Ausnbhme": „Ausnahme". 393 Anm. 15.h Zeile 1 statt „Verordnung": „Verabredung". 428 Absatz 3 Zeil»4 statt „Schuldverschreibungen": „Schuldverschreibungen". 431 Anm. l.b Zeile 5 statt „JMR.": „FMR." 457 Anm. 4 Zeile 3 statt „2" (Juni): „3". 495 Nr. 41 Zeile 1 statt „dieselbe" (wie es auch in der GS. steht): „dieselben".

Abtheilung I. Diese Abtheilung behandelt vornehmlich das Stempelwesen im Gebiet der alten Landestheile; sie berührt aber wesentlich auch das Gebiet der neuen, im Jahre 1866 mit der Preußischen Mo­ narchie vereinigten Landestheile, theils wegen der Gemeinsamkeit der Stempelgesetzgebung bei einzelnen Materien, theils wegen der gemeinsamen Anwendbarkeit mannichfacher, die Auslegung stempelgesetzlicher Vorschriften betreffender Ministerial- und Gerichts-Entscheidungen, theils weil auch solche für die neuen Landestheile getroffene Spezial-Bestimmungen mitaufgenommen sind, welche sich den für den Geltungsbereich des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 ergangenen an­ schließen oder für beide Gebiete maßgebend sind. Die besondere Stempelgesetzgebung für die neuen Landestheile folgt in Abtheilung II. Das Gesetz vom 30. Mai 1873 (GS. S. 329), betreffend die Erbschaftssteuer [sonne den Werthstempel von Schenkungen unter Lebenden, §. 4] nebst den Ausführungsvorschriften und Er­ läuterungen enthält der Anhang.

Gesetz wegen der Stempelsteuer vom 7. März 1822 (GS. S. 57)

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc. rc. haben durch das Gesetz über die Einrichtung des Wgabenwesens vom 30. Mai 1820 bereits verfügt, daß zur Aufbringung des Staatsbedarfs auch ferner eine Stempel­ steuer bestehen, und dieselbe durch ein besonderes Gesetz bestimmt werden solle. Hiernach verordnen Wir nunmehr, nach vernommenem Gutachten Unseres Staatsraths, wie folget: Aufhebung bisheriger Gesetze.

§. 1. Alle bisher im ganzen Umfange der Monarchie, mit Ausnahme des Fürstenthums Neufchatel, bestandene Stempelgebühren sind hiermit abgeschafft, nament­ lich auch die Einregistrirungsgebühren in denjenigen Landestheilen, wo die französische Gerichtsverfaffung noch bestehet, und diejenigen Abgaben, welche statt der Einregistri­ rungsgebühren im Bergischen eingeführt worden. Alle Gesetze und Verordnungen, welche sich auf die hiernach abgeschafften Abgaben beziehen, sind aufgehoben, und es soll auch bei Auslegung des gegenwärtigen Gesetzes niemals darauf zurückgegangen

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Gesetz §. 1, 2.

werden. Jedoch wird hierdurch in den übrigen Vorschriften wegen des Enregistrements selbst, wo dasselbe noch besteht, nichts geändert. Stempelsteuer-Tarif.

§. 2. Dagegen sind von jetzt an überall diejenigen Stempelabgaben zu erheben, welche der anliegende von Uns vollzogene Tarif bestimmt. Die Einziehung und Verwaltung dieser Abgaben geschieht allein nach den Vor­ schriften des gegenwärtigen Gesetzes. Aum. Der im H. 2 gedachte Tarif hat durch das folgende Gesetz wesentliche Aenderungen erfahren: Gesetz, betreffend die Aushebung beziehungsweise Ermäßigung gewisser Stempelabgaben, v. 26. März 1873 — für den Umfang der Monarchie, mit Ausschluß der Hohenzollernschen Lande (GS. S. 131): §. 1.

Vom 1. Mai 1873 ab werden ermäßigt die Stempelabgaben: 1) von Eheverträgen, von Erbfolgeverträgen und von Testamenten auf 15 Sgr.; 2) von Cautions - Instrumenten, wenn der Werth der sichergestellten Rechte beträgt: 50 bis 200 Thlr auf 5 Sgr. über 200 bis 400 Thlr auf 10 Sgr. §.

2.

Von demselben Zeitpunkte ab werden aufgehoben die Stempelabgaben von: 1) Gesuchen (Beschwerdeschriften, Bittschriften, Eingaben, Vorstellungen);') 2) Bescheiden auf Gesuche, Anfragen und Anträge in Privatangelegenheiten, sie mögen in Form eines Antwortschreibens, einer Verfügung, Dekretsabschrift oder eines an die zurück­ gehende Bittschrift selbst gesetzten Dekrets erlassen werden;') 3) Protokollen mit Ausnahme der Auktions-, Notariats-, Rekognitions- und derjenigen Protokolle, welche die Stelle einer nach anderweiter Bestimmung der Stempeltarife steuerpflichtigen Verhandlung vertreten;') 4) Requisitionen;') 5) Dechargen; 6) Beglaubigungen nach §. 33 der Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 ;2) 7) Quittungen, sowie den in §. 8 Nr. 2 des Gesetzes vom 5. Mai 1872, Stempelabgaben betreffend, gedachten Löschungsanträgen;3) 8) Abschieden (Dienstentlassungen); 9) Urlaubsertheilungen; 10) Kundschaften, welche von Zünften und Gewerbskorporationen den Gesellen und Gehülfen ertheilt werden; 11) Lehrbriefen; 12) Geburts-, Tauf-, Aufgebots-, Ehe-, Trau-, Todten- und Beerdigungsscheinen.*) Insoweit jedoch die unter 1 bis 4 bezeichneten Gegenstände: a) in der Provinz Hannover bei gerichtlichen Behörden in anderen als Justizverwaltungssachen vorkommen, oder der Versteuerung nach den ^Bestimmungen des Stempel­ gesetzes vom 30. Januar 1859 unterliegen (Gesetz vom 24. Februar 1869, GesetzSamml. S. 366 - s. Abth. II des Komm.), b) im Bezirk des Appellationsgerichts zu Cöln bei gerichtlichen Behörden in anderen als Justizverwaltungssachen vorkommen, bewendet es hinsichtlich der Versteuerung derselben bei den bisherigen Vorschriften. °)

Gesetz Z. 2.

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Z. 3. Z n der Stadt Frankfurt a. M. finden die vorstehend im §. 2 unter Nr. 1 bis 5 und 8 bis 10 enthaltenen Bestimmungen keine Anwendung.6) §. 4. Der Finanzminister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt. Erläuterungen zu vorstehendem Gesetz, im besondern Hinblick auf die Motive zum Gesetz-Ent­ wurf (Verhandl. des Hauses der Abgeordneten Aktenstück Nr. 70, S. 334 ff.) und auf den Bericht der Kommission des Hauses der Abgeordneten (Aktenstück Nr. 174, S. 831 ff.): 1) Zu §. 2 Nr. 1-4. Motive: Bei diesen Positionen handelt es sich um Beseitigung der bisherigen Besteuerung des schriftlichen Verkehrs in Verwaltungs-Angelegenheiten, einschließlich der Justiz-Verwaltungs­ sachen rc. — Requisitionen, worunter schriftliche Anträge einer Behörde an eine koordinirte Be­ hörde in stempelpflichtigen Privat-Angelegenheiten verstanden werden, unterliegen einem Stempel von 15 oder 5 Sgr. nach dem Ermessen der Behörde, insofern nicht nach eben diesem Ermessen in einzelnen Fällen vom Stempel ganz zu entbinden Veranlassung genommen wird. Zn der Praxis ist die Anwendung des Stempels, wenigstens in neuerer Zeit, zur Ausnahme geworden. Die Aufhebung dieser Position des Tarifes liegt nur in der Konsequenz der übrigen Vorschläge wegen Befreiung des Schriftwechsels bei den Verwaltungsbehörden von Stempelabgaben. Komm.-Bericht: Die Positionen 1—4 betreffen den gewöhnlichen, in Privat-Angelegenheiten vorkommenden schriftlichen Verkehr bei den Behörden; die Diskussion bewegte sich im Wesentlichen nur um die Frage, ob die Befreiung von der Abgabe nicht auch auf solche Akte der Behörden auszudehnen sein möchte, welche, sei es wegen ihrer Form, sei es wegen ihres Inhaltes als „Aus­ fertigungen", „^Bestätigungen", „Bestallungen", „Konzessionen", „Resolute", „Resolutionen" zu gelten haben, und daher im Sinne der Vorlage auch ferner noch der Stempelabgabe von 15 Sgr. zu unterliegen haben werden. Da von Seiten des Herrn Regierungs-Kommissars indessen geltend gemacht wurde, daß hiermit in unerwünschter Weise den Prinzipien der künftigen Revision des Stempelwesens vorgegriffen werden würde, wurden Anträge in diesem Sinne nicht gestellt. Man sah dabei als selbstverständlich an, daß die Tarifposition „Resolutionen" künftig nur noch in den­ jenigen Fällen Bedeutung haben werde, wo Inhalt und Form einen charakteristischen Unterschied von einem gewöhnlichen „Bescheide" bedingen. 2) Zu §. 2 Nr. 6. Der §.33 a. a. O. (GS. S. 446) lautet: Schriftliche zu einer Eintragung oder Löschung er­ forderliche Anträge und Urkunden müssen gerichtlich oder notariell aufgenommen oder beglaubigt sein. Jedoch bedürfen schriftliche Anträge, welchen die beglaubigten Urkunden beiliegen, in denen die Betheiligten die beantragte Eintragung oder Löschung schon bewilligt haben, keiner besonderen Beglaubigung. Der Aufnahme eines besonderen Protokolls über die Beglaubigungen und der Zuziehung von Zeugen bedarf es nicht. 3) Zu §. 2 Nr. 7. Quittungen, welche nach dem 1. Mai d. I. ausgestellt werden, unterliegen dem Stempel auch bezüglich derjenigen Zahlungen nicht mehr, welche vor dem 1. Mai d. I. geleistet waren. Cs ist also von den vor dem 1. Mai d. Z. ausgestellten Jnterimsquittungen ein Stempel nicht zu ent­ richten, obgleich die Voraussetzung der bisherigen Stempelfreiheit, daß sie nämlich gegen eine stempelpflichtige Hauptquittung ausgetauscht wurden, nicht mehr besteht. FMR. v. 18. Mai 1873 (CB. S. 148, MB. S. 228, JMB. S. 212). Bezüglich der im §. 8 Nr. 2 des Ges. v. 5. Mai 1872 gedachten Löschungsanträge s. dieses Ges. in Anm. 55.b zu §. 5 des Stempelges. v. 7. März 1822.

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Ges. §. 2.

4) Zu §. 2 Nr. 12. Motive: Es versteht sich von selbst, daß diese Ermäßigung [nadj dem Gesetz - Entwurf sollte der Stempel für die in §. 2 Nr. 12 gedachten Scheine nicht, wie geschehen aufgehoben, sondern nur ermäßigt werden) sich auch auf die von den Gerichten über Geburt, Heirath, Aufgebot und Sterbefall nach der Verordnung vom 30. März 1847, GS. S. 125, und dem Gesetze vom 23. Zuli 1847,# GS. S. 263 [in Betreff der Dissidenten und Zuden, s. S. 10 Anm. 9] u. s. ro. auszustellenden Bescheinigungen bezieht. — Auch der Komm.-Bericht erachtete dies für selbstverständlich, so daß nicht erforderlich sein werde, es im Gesetze besonders auszusprechen. 5) Zu §. 2 Schlußbestimmungen a, b. Motive: das Gerichtskostengesetz vom 10. Mai 1851 hat zunächst für den damaligen Umfang der Monarchie, mit Ausschluß des Bezirks des Appellationsgerichts zu Cöln, die hier in Rede stehenden Stempelabgaben (§. 2 Nr. 1 bis 4) in gerichtlichen Angelegenheiten fast ganz beseitigt und mit den Gerichtskosten verschmolzen. Nur in den von den Gerichten zu bearbeitenden JustizVerwaltungssachen werden noch die Stempel von Gesuchen, Bescheiden u. s. w. bei den Gerichten erhoben. Derselbe Grundsatz ist demnächst auch in denjenigen im Jahre 1866 mit der Monarchie vereinigten Landestheilen durchgeführt, in welchen zu einer durchgreifenden Regelung des Gerichts­ kostenwesens geschritten ist. Insoweit Letzteres nicht geschehen, hat bisher aber auch die Einfüh­ rung der Bestimmungen des Gesetzes vom 7. März 1822 über die Besteuerung der Gesuche u. s. w. für gerichtliche Angelegenheiten beanstandet werden müssen. Zn der Stadt Frankfurt a. M. ist sie ganz unterblieben. Zn der Provinz Hannover und in dem Bezirk des Appellationsgerichts Cöln ist der Grundsatz der Verschmelzung der Gesuch-, Bescheid-, Protokoll-Stempel in gerichtlichen An­ gelegenheiten mit den Gerichtskosten bisher nicht zur Geltung gebracht. In den bezeichneten Ge­ bieten können deshalb für jetzt die bezeichneten Stempelabgaben auch nur bei den gerichtlichen Behörden soweit aufgehoben werden, als die davon betroffenen stempelpflichtigen Gegenstände in den eigentlichen Justiz - Verwaltungssachen vorkommen. Im Uebrigen muß es bei den bisherigen Bestimmungen wegen der gleichartigen in allen anderen gerichtlichen Angelegenheiten vorkommenden Gegenstände bis dahin bewenden, daß das Gerichtskostenwesen in den genannten Gebieten eine anderweite Regelung erfährt. Für den wichtigsten Theil der gerichtlichen Verhandlungen in der Provinz Hannover hat bis jetzt, eben wegen der Rücksicht auf den Zusammenhang des Stempelwesens mit den Gerichtskosten, noch das ehemalige hannoverische Stempelzesetz vom 30. Januar 1859 in Kraft erhalten werden müssen. Nach demselben sind auch noch die Verhandlungen der Gerichts­ vögle und deren Gehülfen zu versteuern, weshalb im §. 2 unter a des Entwurfes besonders dar­ auf hingewiesen ist, daß in der Stempelpflichtigkeit der noch nach dem Gesetz vom 30. Januar 1859 zu behandelnden Gegenstände nichts geändert werden soll. Für die Urkunden der Gerichtsvollzieher im Bezirk des Appellationsgerichts zu Cöln bedarf es einer ähnlichen Bestimmung nicht, da für dieselben eine eigene Position des Stempeltarifs besteht, welche durch den vorliegenden Entwurf nicht berührt wird. 6) Zu §. 3. Motive: In der Stadt Frankfurt a. M. sind nach der Verordnung vom 19. Juli 1867 (GS. S. 1346 — s. Abth. II des Komm.) in Betreff der im §. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 bis 9 des vor­ liegenden Gesetz - Entwurfes [§. 2 Nr. 1 bis 5 und 8 bis 10 des Gesetzes, welches eine vom Ent­ wurf zum Theil abweichende Nummernfolge hat) aufgeführten Gegenstände die Bestimmungen des Stempelgesetzes für Frankfurt vom 26. Oktober 1852 maßgebend geblieben, und nur hinsichtlich der im §. 1 Nr. 2 und 3 und im §. 2 Nr. 6 und 10 [§. 1 Nr. 1 und 2 und §. 2 Nr. 7 und 11 des Gesetzes) bezeichneten Gegenstände die Preußischen Stempelabgaben eingeführt (Nr. 12, 20, 30, 48 des Stempeltarifs vom 19. Juli 1867, GS. S. 1191 - s. Abth. II des Komm.). Es können des-

Gesetz §. 2.

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halb fiür jetzt auch nur die auf die letzterwähnten Punkte bezüglichen Bestimmungen in Frank­ furt a-M. in Kraft gesetzt werden, wogegen im Uebrigen die anderweite Regelung des dortigen Stempelwesens wegen des Zusammenhangs mit dem Gerichtskostenwesen noch ausgesetzt bleiben muß. A. Gerichtliches Stempelwesen. l.a. Gesetz v. 10. Mai 1851, betr. den Ansatz und die Erhebung der Gerichtskosten (GS. S. 622): §. 1: Die Gerichtskosten sollen vom 1. Zanuar 1852 ab bei allen Gerichten nach dem, diesem Gesetze angehängten Tarif erhoben werden. — Znstr. des ZM. v. 1. Juni 1854 (nach der Bekanntm. des ZM. v. 2. dess. M., JMB. S. 260, mit den Kostengesetzen separat abgedruckt) Nr. 2: Neben ben Gerichtskosten werden die durch das Gesetz vom 7. März 1822 bestimmten Stempel­ beträge nur insoweit erhoben, als dies im §. 24 Nr. 1 des Tarifs und im Artikel 21 des' Gesetzes vom 9. Mai 1854 (folgen sub 1. f, h) ausdrücklich angeordnet worden ist. 1. b. Das Gesetz leidet keine Anwendung auf die Gerichte im Bezirk des Appell.ger.hofes zu Cöln und die von diesem an den Rheinischen Revisions- und Kassationshof (jetzt Ober-Tribunal, s. Ges. v. 17. März 1852, GS. S. 73) gelangenden Sachen, beschränkte Anwendung auf die Hohenzollernschen Lande (§. 1 des Ges., Nr. 4, 5 der Znstr. des ZM. v. 1. Zuni 1854). Der Tarif bleibt aus­ geschlossen für besondere Behörden, als: General-Kommissionen u. Revisions-Kollegien, Schiedsmänner, Schöffengerichte, Dorfgerichte, Bergämter (wegen letzterer s. jedoch §. 5 des Ges. v. 18. April 1855 GS. S. 221), Gewerbegerichte rc., nicht aber für die mit einzelnen Kreis-Gerichten verbundenen oder neben denselben bestehenden See- u. Handelsgerichte; bei den Voluntärgerichten im Bezirk des Justizsenats zu Ehrenbreitstein gilt die Gebühren-Taxe v. 17. Mai 1838, den Gebühren wird aber der nach dem Stempelgesetz zu erhebende Stempelbetrag hinzugerechnet und als Gerichtskosten ver­ rechnet, excl. der für fteiwillige Mobiliar-Exekutionen noch ferner in Ansatz kommenden und in natura zu verwendenden Stempel (§. 2 des Ges., Nr. 6, 7 der Znstr.). 1. c. Ges. v. 10. Mai 1851 §. 16: Der Verbrauch des Stempelpapiers bei den Gerichten hört auf. Die Stempelbeträge, deren Erhebung der Tarif noch beibehält, werden wie Gerichtskosten verrechnet, auch in allen übrigen Beziehungen, insbesondere in den Fällen §§. 4 bis 6 als Gerichtskosten behandelt. Wo der Tarif nicht ausdrücklich die Erhebung von Stempelbeträgen anordnet, findet eine solche auch nicht mehr Statt. Zu diesem Paragraph bestimmt die Znstr. des IM. v. 1. Zuni 1854 sub Nr. 27: Da das Gesetz vom 10. Mai 1851 sich nur auf die bei den Gerichten bearbeiteten Rechtsangelegen­ heiten und die dafür zu erhebenden Kosten bezieht, so finden die Bestimmungen dieses Para­ graphen keine Anwendung auf die weder dem gedachten Gesetze, noch dem Tarife unterliegenden Anstellungs- und Urlaubs-Angelegenheiten. Da jedoch der Naturalverbrauch des Stempelpapiers bei den Gerichten aufhören soll, so sind auch in diesen Angelegenheiten, soweit zu Bestallungen, Verpflichtungs-Protokollen und Urlaubs­ bewilligungen nach den Bestimmungen des Stempelgesetzes Stempel zum Ansatz zu bringen sind, diese künftig nicht mehr in natura zu verwenden, sondern es ist nur deren Geldbetrag unter: „Gerichtskosten" in Einnahme zu stellen und von den Debenten einzuziehen. Ebenso ist, wenn stempelpflichtige Gesuche in diesen Angelegenheiten oder in Rechtsangelegenheiten, ferner, wenn Kirchenzeugnisse und andere Atteste, Inventarien, Taxen, Vollmachten und letztwillige Dispositionen ohne den vorgeschriebenen Stempel eingereicht werden, der Geldbetrag des nach dem Stempelgesetz zu verwendenden Stempels in Einnahme zu stellen (vergl. Anm. l.h Abs. 2 u. sub b daselbst). Die etwa verwirkte Stempelstrafe ist außerdem festzusetzen. Bei den Appellationsgerichten sind solche Geldbeträge dem Gerichte des Wohnortes des Extrahenten zur Einziehung zu überweisen. Den Parteien ist es nicht gestattet, diejenigen Stempel, deren Beträge nach §. 24 Nr. 1 des

6

Gesetz §. 2.

Tarifs (f. Anm. l.f) neben dem Pauschquantum zu erheben sind, in natura beizubringen und die Verwendung derselben zu den aufzunehmenden Verhandlungen zu verlangen (s. Anm. l.d) re. Auf den von den Gerichtsbehörden zu ertheilenden Ausfertigungen muß der etwa zum Ansatz gekommene und als Gerichtskosten verrechnete Betrag des Stempels jedesmal vermerkt werden (s. Anm. I.e). 1.d. Es ist unzulässig, daß die Interessenten, wie früher nach dem Zustizminist. - Reskript vom 11. März 1825 (v. KZ. B. 25 S. 124) gestattet war, den Werthstempel zu gerichtlich aufge­ nommenen Verträgen in natura einreichen, da nach dem Sportelgesetz vom 10. Mai 1851 der zu berechnende Stempel als Gerichtskosten in Ansatz, Stempelpapier aber nicht zum Verbrauch kommen soll. Anträge auf Ausfertigung oder Verabfolgung von Stempelpapier zu gerichtlich aufgenom­ menen Verhandlungen sind daher abzulehnen, auch die Hauptämter demgemäß mit Anweisung zu versehen. FMR. v. 27. Zan. 1854, im Einverst. des ZM. (CB. S. 175); vergl. Anm. l.c Abs. 4. I.e. Nach §. 16 des Gesetzes vom 10. Mai 1851 (f. Anm. l.c) hat der Verbrauch des Stempelpapiers bei den Gerichten zwar aufgehört und es ist demzufolge aus den gerichtlichen Ur­ kunden, soweit das gedachte Gesetz für dieselben noch einen besonderen Stempelansatz vorschreibt, nicht zu ersehen, welcher Stempelbetrag in Anwendung gebracht ist. Damit jedoch hieraus bei Ertheilung von beglaubigten Abschriften, sofern dieselbe durch eine andere Be­ hörde, als durch eine Gerichtsbehörde erfolgt, kein Zweifel darüber entstehe, ob der in der Tarif­ position des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 sub voce „Abschriften" für den Fall der Stempelpflichtigkeit des Originals vorgeschriebene Stempel zu der beglaubigten Abschrift zu verwenden sei oder nicht, werden die Gerichtsbehörden hierdurch angewiesen, in allen Fällen, in welchen nach dem Sportelgesetz vom 10. Mai 1851 ein besonderer Stempelansatz vorgeschrieben ist (wenngleich die Erhebung und Verrechnung des Betrages als Gerichtskosten erfolgt), den Betrag dieses Stempel­ ansatzes, oder daß ein Stempel nicht zum Ansatz gekommen, auf den von ihnen ausgefertigten Dokumenten zu vermerken. JMR. v. 21. Zuli 1852 (ZMB. S. 275), mitgetheilt durch FMR. v. 31. dess. M. (CB. S. 213); vergl. Anm. l.c am Schluß. l.f. Tarif zum Ges. v. 10. Mai 1851 §. 24: Uebrigens treten für die Fälle sub A bis G pKte freiwilliger Gerichtsbarkeit^ noch folgende allgemeine Bestimmungen ein: 1. Außer den be­ stimmten Sätzen wird noch der Betrag der nach den Bestimmungen des Stempelgesetzes zu berech­ nenden Werth-, beziehungsweise Ausfertigungs-Stempel erhoben. Hierzu bestimmt die Znstr. des ZM. v. 1. Zuni 1854 sub Nr. 55: Die Absicht ist dahin ge­ gangen, daß der Betrag derjenigen Stempel, welche auch von dem Notar in natura zu verwenden sein würden, wenn das Geschäft von ihm instrumentirt wäre, dem Pauschsatze hinzutreten muß. Unter die Werth-, beziehungsweise Ausfertigungs-Stempel fallen nicht allein die nach Prozenten zu berechnenden Werthstempel im engeren Sinne und die nach festen Sätzen für einzelne Dis­ positionen bestimmten Stempel (Fixstempel, z. B. der von 2 Thalern zu einem Testament, Ehever­ trag rc.), sondern es ist auch unbedenklich, daß, da der geringste Stempelbetrag, welcher bei ge­ richtlich aufgenommenen oder anerkannten Dokumenten nach Maßgabe des Stempelgesetzes (Tarif sub voce Protokolle — Atteste — Ausfertigungen) zum Ansatz kommen muß, 15 Sgr. beträgt, auch künftig mindestens dieser Satz, und selbst dann, wenn keine Ausfertigung erfolgen sollte, außer dem Pauschquantum zum Ansatz zu bringen ist. Ebenso sind zu Protokollen über die Annahme von verschlossenen letztwilligen Dispositionen die erforderlichen Stempel zu erheben; dagegen kommen zu den bei Ueberreichung auf- oder ange­ nommener Testamente von den gerichtlichen Deputaten erstatteten Anzeigen und Berichten turne Stempelbeträge zur Berechnung.

Der Betrag des zu einem Nebenexemplar etwa erforderlichen Ausfertigungs-Stempels kommt nach Nr. 1 außerdem zum Ansatz. Der tarifmäßige Stempel 'wird auch für beglaubigte Abschriften von Schuld-Urkunden und Hypothekenbuchs-Auszügen erhoben, welche zur Bildung von Zweig-Dokumenten angefertigt werden. 1. g. Amtliche Verfügungen an Privatpersonen in Privatangelegenheiten sind auch bei den, dem Kostengesetz vom 10. Mai 1851 unterworfenen Handlungen der freiwilligen Gerichts­ barkeit mit einem besonderen Stempelsatze nicht auszuschätzen. Es ist hierbei die Erwägung maß­ gebend, daß nach der Bestimmung Nr. 1 im §. 24 des Gerichtskostentarifs bei Handlungen der frei­ willigen Gerichtsbarkeit nur der Betrag derjenigen Stempel, welche auch von dem Notar, wenn das Geschäft vor ihm geschlossen worden wäre, zu verwenden sein würden, dem Kosten-Pauschquantum hinzutreten soll. Cirk.-Verf. des Ostpr. Trib. an dessen Untergerichte v. 2. Juli 1861 unter Nr. 7, auf Grund eines JMR's im Einverst. des FM. (B.-Bl. f. ger. Beamte S. 137). 1. h. Gesetz v. 9. Mai 1854 (GS. S. 273) Art. 21: Bei Ertheilung von beglaubigten Ab­ schriften und Ausfertigungen stempelpflichtiger Dokumente ist auch der Betrag des tarifmäßigen Stempels zu erheben. Wenn Kirchenzeugnisse, Inventarien, Taxen, Vollmachten und letztwillige Dispositionen von den Parteien ohne den vorgeschriebenen Stempel eingereicht werden, so ist der Betrag desselben als Gerichtsgebühr zu liquidiren und einzuziehen. a. Zum Abs. 1 dieses Art. bestimmt die Znstr. des IM. v. 1. Zuni 1854 unter Nr. 81, daß der Betrag des tarifmäßigen Stempels für jene Schriftstücke nur dann zu erheben ist, wenn keine Veranlassung zu deren Ertheilung vorliegt und dieselbe lediglich als eine Folge des Antrages der Zntereffenten zu betrachten ist, nicht aber wenn die Ertheilung durch die Sache selbst bedingt und deshalb ohne Antrag nothwendig war. — Nach einer Cirk.-Verf. des Ostpr. Trib. an dessen Untergerichte v. 2. Zuli 1861 unter Nr. 1, auf Grund eines JMR's im Einverst. des FM. (B.-Bl. f. ger. Beamte S. 137), sind hiernach auch die auf Grund des §. 229 der Konkurs-Ordnung vom 8. Mai 1855 angeordneten, den Konkursgläubigern zu ertheilenden beglaubigten Abschriften ihrer Anmeldungen und des im Prüfungs-Termin aufgenommenen Protokolls nebst der tabellarischen Nachweisung einem Stempelansatze nicht unterworfen. b. Zum Absatz 2 des Art. 21 a. a. O. bestimmt das durch FMR. v. 5. Mai 1857 III 10278 der Reg. in F. mitgetheilte JMR. v. 28. April dess. Z. I 1486 an d. Appell.-G. daselbst: Zu an­ deren Attesten, als den im Art. 21 des Gesetzes vom 9. Mai 1854 erwähnten Kirchenzeugnifsen ist, da der H. Finanz-Minister dies verlangt, der Stempel in natura zu verwenden. 2. Auch zu gerichtlichen Nachlaßregulirungs-Akten eingereichte Privat-Inventarien sind stempelpflichtig. Das Sportel-Gesetz vom 10. Mai 1851 hat in den Vorschriften des Stempel­ gesetzes nichts geändert, sondern nur Bestimmungen über den Verbrauch des Stempelpapiers bei den Gerichten, sowie darüber getroffen, inwieweit eine Erhebung besonderer Stempelbeträge neben den für die gerichtlichen Verhandlungen und Verfügungen anzusetzenden Pauschquanta ferner statt­ finde, wobei davon ausgegangen ist, daß der Regel nach die Stempelbeträge in den Pauschsätzen enthalten find. Auf Privaturkunden, welche in den bei den Gerichten bearbeiteten Rechtsangelegen­ heiten von den Interessenten zu den Akten eingereicht werden, beziehen sich aber jene Bestimmungen nicht. Für die Verwendung des Stempels zu dergleichen Urkunden ist vielmehr das Stempelgesetz nach wie vor allein maßgebend. JMR. v. 3. Dez. 1853 (JMB. S. 434, CB. 1854 S. 128). Ebenso nach der Jnstr. des IM. v. 8. Juni 1865 Nr. 10 (JMB. S. 131). Vergl. Anm. 6 SU §. 3. 3. Der Stempel für die Bestätigung von Familien-Fideicommissen und Stiftungen gelangt in Folge des Sportelgesetzes vom 10. Mai 1851 als Gerichtskosten zur Verrechnung. Auch bedarf

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es fernerhin nicht mehr der im Finanzminist.-Reskript vom 31. Zuli 1842 (CB. S. 343 — vergl. auch JMR. v. 25. Sept. 1842, JMB. S. 344) vorgeschriebenen Aufstellung und Einsendung eines Verzeichnifles über die im Laufe des Jahres im Gerichtsbezirke errichteten Familien-Fideicommisse und Stiftungen. FMR. v. 22. Juni 1852 (CB. S. 162). 4. Zu Lieferungsverträgen, welche von den Gerichtsbehörden in Angelegenheiten des eigenen dienstlichen Bedarfs geschloffen werden, ist der Stempel nicht in natura zu verwenden, sondern als Gerichtsgebühr einzuziehen, s. zur Tarifposition „Kaufverträge" die Anm. 18. n sub Nr. 2 Schlußabsatz. 5. Die Kreisgerichte sind nicht befugt, für die von den Auditeuren solcher Truppenteile, welche sich im Auslande befinden, oder nach der Mobilmachung ihre Standquartiere verlassen haben, nach §. 2 des Gesetzes vom 8. Juni 1860 (GS. S. 240) aufgenommenen, den gedachten Gerichten in Gemäßheit des §. 3 1. c. zur Aufbewahrung und weiteren gesetzlichen Veranlassung zugesandten Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit Kosten zu liquidiren, da die Befugniß zur Auf­ nahme solcher Akte den Auditeuren nach §. 1 1. c. als ein selbstständiges Recht übertragen ist, sie also hierbei nicht als Komrmffarien der Kreisgerichte fungiren. Was dagegen den Stempelansatz betrifft, so richtet sich die Verpflichtung zur Entrichtung und Nachliquidation des von dem Auditeur nicht verwendeten Stempels nach der Vorschrift des Stempelgesetzes vom 7. März 1822. Ist also die Aufnahme des Aktes im Jnlande erfolgt, so ist der Stempel unbedingt nachzuliquidiren; die im Auslande aufgenommenen Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind dagegen dem preu­ ßischen Stempel nur in den Fällen zu unterwerfen, in welchen das Gesetz dies anordnet, also namentlich in den Fällen des §. 12 des Stempelgesetzes. JMR. v. 31. Jan. 1871 I 218 (B.-Bl. f. ger. B. S. 77). 6. a. Nach der Merh. Kab.-Ordre vom 24. Nov. 1835 (s. §. 22 Anm. 14. a) soll in den Fällen, in welchen eine weder gerichtlich noch notariell aufgenommene Punktation innerhalb 14 Tagen nach ihrer Errichtung einer Gerichtsbehörde zur Anerkennung des Inhalts oder der Unterschrift überreicht wird, die gedachte Behörde für die Einziehung des zu der Punktation erforderlichen Stempels von Amtswegen ebenso zu sorgen verpflichtet sein, wie dies nach der Allerh. Kab.-Ordre vom 19. Juni 1834 (s. §. 12 Anm. 5) bei den gerichtlich aufgenommenen Verträgen und Punktationen vorgeschrieben ist. Da nach §. 16 des Gesetzes vom 10. Mai 1851 (s. Anm. 1. c) ein Stempelverbrauch bei den Gerichten in den von diesen zu bearbeitenden Rechtsangelegenheiten nicht mehr stattfindet, so ist die Frage entstanden, ob in den gedachten Fällen die Interessenten dazu angehalten werden müssen, das erforderliche Stempelpapier in Natur einzureichen, oder ob die Stempelbeträge als Gerichtskosten zu erheben und zu verrechnen sind. Auf Grund eines mit dem Herrn Finanzminister ge­ troffenen Uebereinkommens werden die Gerichtsbehörden angewiesen, das letztere Verfahren zu beob­ achten, und dasselbe auch in den Fällen anzuwenden, in welchen es demnächst nicht zu der in An­ trag gebrachten gerichtlichen Vollziehung der Punktation kommt. JMR. v. 19. März 1858 an alle Gerichte, excl. des Bezirks des Appell.ger.hofes zu Cöln (JMB. S. 122, CB. S. 200). 6.1). Die Vorschrift der allgemeinen Verfügung vom 19. März 1858 (s. vorige Anm.), daß die Beträge der zu einer Urkunde erforderlichen Stempel auch dann als Gerichtskosten erhoben werden sollen, wenn die Urkunde innerhalb vierzehn Tage nach ihrer Errichtung einer Gerichtsbe­ hörde nur zur Anerkennung der Unterschrift überreicht wird, hat zu Unzuträglichkeiten geführt, da die Gerichte nicht befugt sind, von dem Inhalte einer nur zu diesem Zwecke überreichten Urkunde gegen den Willen der Betheiligten Kenntniß zu nehmen (§. 26 Tit. 3 Th. 2 AGO.) und daher viel­ fach die Stempelpflichtigkeit der Urkunde nicht beurtheilen können, andererseits aber auch die Ver­ antwortlichkeit der Betheiligten für die rechtzeitige Verwendung des Stempels durch die erwähnte Art der Erhebung desselben ausgeschlossen wird. Ein Recht der Betheiligten, von dieser Verant-

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wortlichkeit frei zu bleiben, kann auch für den Fall, daß sie die Einsicht der Urkunde gestatten, nicht anerkannt werden, da durch die Allerhöchste Ordre vom 24. November 1835 in Uebereinstim­ mung mit der Verordnung vom 19. Zuni 1834 die Verantwortlichkeit der Betheiligten nur rück. sichtlich der zur gerichtlichen Vollziehung eingereichten Urkunden ausgeschlossen worden ist. Auf Grund eines mit dem Herrn Finanzminister anderweit getroffenen Uebereinkommens werden daher die Gerichtsbehörden angewiesen, zu solchen Urkunden, welche vom 15. März d. Z. an Behufs gerichtlicher Anerkennung der Unterschrift, nicht aber des Inhalts, eingereicht werden, die Beträge der erforderlichen Stempel nicht mehr als Gerichtskosten zu erheben. Für die gehörige Verwendung der Naturalstempel zu solchen Urkunden bleiben lediglich die Be­ theiligten verantwortlich, und den Gerichten verbleibt nur die allgemeine Verpflichtung, in vorkom­ menden Fällen auf die Entrichtung der Steuer zu achten. Nach diesen Grundsätzen ist auch in den Bezirken der Kölnglichen Appellationsgerichte zu Kiel, Kaffel und Wiesbaden zu verfahren. ZMR. v. 5. März 1874, an sämmtl. Gerichtsbehörden im Geltungsbereich des Gerichtskostenges, v. 10. Mai 1851, (ZMB. S. 63). — Vergl. Anm. 14. h zu §. 22 und Anm. 7. b zu §. 34. 6. c. Das ZMR. vom 19. März 1858 findet keine Anwendung, wenn Punktationen innerhalb 14 Tagen nach ihrer Errichtung einem Gericht nicht in Gemäßheit der Allerh. Kab.-Ordre v. 24. Nov. 1835 zu dem dort bezeichneten Zwecke (zur gerichtlichen Vollziehung) überreicht werden; vielmehr ist in solchen Fällen der Stempel in natura zu verwenden, s. Anm. 14. e zu §. 22. 6.6. Der Stempel zu einer Privat-Punktation, wenn dieselbe erst nach Ablauf der 14tägigen Frist seit ihrem Abschluß beim Gericht zur Vollziehung eingereicht wird, ist nicht als Gerichtskosten anzusetzen und zu verrechnen, sondern in natura beizubringen. ZMR. v. 26. Mai 1858 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 3. Juni dess. Z. III 12074 an d. Reg. daselbst. Ebenso nach d. ZMR. v. 20. Nov. 1858 I 3942 an d. Appell.-G. in S., mit dem Bemerken, daß in solchen Füllen die Interessenten zur Beibringung des Stempels event, durch Exekution ange­ halten werden müßten. 7. In Betreff des Ansatzes der Gerichtskosten resp. Stempel in Beziehung auf die Führung des Handelsregisters und des Schiffsregisters vergl. die Verordnung v. 27. Zan. 1862 (GS. S. 33) u. ZMR. v. 26. Sept. 1864 (ZMB. S. 270), namentlich wegen der Stempelbeträge §. 2 Nr. 5 u. 6, §§. 4, 6, 8,14. I. 3 u. V. VI. der Verordnung. Stempelbeträge kommen danach nur für Atteste, welche aus dem Handelsregister ertheilt werden, in Ansatz (§. 6); im Bezirk des Appell.ger.hofes zu Cöln wird bei Ertheilung eines Attestes oder Auszuges (Certifikat, beglaubigte Ab­ schrift) aus dem Handelsregister der Stempel selbst verwendet (§. 14.1. 3); auch soll es dort rück­ sichtlich der Stempel zu Attesten, Auszügen und beglaubigten Abschriften, sowie den Straserkenntniffen und Ausfertigungen bei den bestehenden Vorschriften sein Bewenden behalten (§. 14. V). 8. Gesetz, betr. die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschafts-Genoffenschaften, v. 4. Zuli 1868 (BGbl. S. 415) §.69: Die Eintragungen in das Genossenschafts-Register er­ folgen kostenfrei. ZMR. v. 17. Dez. 1868 (ZMB. S. 392), welches, nachdem, wie es daselbst heißt, das Gesetz vom 4. Zuli 1868 in Gemäßheit des Art. 2 der Verfassung des Norddeutschen Bundes [f. BGbl. 1867 S. 1 ff.] an die Stelle des Genossenschafts-Gesetzes vom 27. März 1867 und der Einführungs - Verordnungen deffelben in den verschiedenen Provinzen der Preußischen Monarchie vom 12. Zuli, 12. Aug. und 22. Sept. 1867 getreten, unter Aufhebung der Instruktionen vom 2. Mai, 10. — nicht 12. wie es es dort heißt — Aug., 25. Sept. und 26. Okt. 1867, auf Grund der §§. 66 und 72 des Gesetzes vom 4. Zuli 1868 eine anderweite Instruktion über die Führung des

10 Genossenschafts - Registers und Festsetzung von Ordnungsstrafen den sämmtlichen Gerichten zur Nachachtung mittheilt. Diese Instruktion des ZM. v. 17. Dez. 1868, betr. die Führung der Genossenschafts-Register (ZMB. S. 392 ff.), bestimmt im §. 43: Die Eintragungen in die Genoffenschafts-Register und die Zurückweisung der Eintragungsgesuche erfolgen gebühren- und stempelfrei rc. Im Uebrigen kommen in den Landestheilen, in welchen das Einführungsgesetz vom 14. fmuß heißen 24.] Juni 1861 [f. GS. S. 449], resp. die Verordnung vom 5. Juli 1867 [f. GS. S. 1133] gilt, für den Ansatz der Kosten und Stempel die Vorschriften der Verordnung vom 27. Januar 1862 (GS. S. 33 — s. Anm. 7), in den übrigen Landestheilen die bestehenden Vorschriften zur Anwendung. 9. Alle in Folge der Verordnung vom 30. März 1847 (GS. S. 125) wegen bürgerlicher Beglaubigung eines Geburts-, Heiraths- oder Sterbefalles oder in Betreff des Austritts aus der Kirche bei den Gerichten ergehenden Verhandlungen und Verfügungen sollen nach der Kab.-Ordre v. 18. Juni 1847 (GS. S. 260) stempelfrei sein; ausgenommen waren jedoch nach derselben Ordre die den Interessenten auf Grund der gerichtlichen Register und Akten auszufertigenden Atteste. Ferner bestimmte das JMR. v. 18. Sept. 1848 (JMB. S. 314), daß sowohl zu den zufolge der vorgedachten Verordnung v. 30. März 1847, als auch des Gesetzes über die Verhältnisse der Juden v. 23. Juli 1847 (GS. S. 263) auszustellenden Attesten über Geburt, Heirath, Aufgebot, Sterbe­ fall der tarifmäßige Stempel zu verwenden ist; s. unten Absatz 4 u. 5. Ueber die bürgerliche Eheschließung im Gebiet des ehemaligen Königreichs Hannover ist die Verordnung v. 29. Sept. 1867 ergangen (GS. S. 1685), zu welcher die Jnstr. des IM. v. 21. Nov. 1867 (JMB. S. 409) im §. 11 bestimmt, daß zum Attest über ein Aufgebot sowie zum Attest über die Eintragung in das Eheregister die tarifmäßigen Stempelgebühren, 5 Sgr., zu erheben, alle übrigen gerichtlichen Verhandlungen stempelfrei sind; s. unten Absatz 4 u. 5. Für das vormalige Kurfürstenthum Heflen und die vormals Bayerischen Gebietstheile, excl. Kaulsdors, bestimmt die Verordnung v. 30. Aug. 1867 (GS. S. 1385) im §. 4: Die Verhand­ lungen und Verfügungen, betreffend die gerichtliche Verlautbarung der Eheverlöbniffe und in An­ sehung solcher Personen, welche nicht Mitglieder der bestehenden christlichen Kirchen sind, die Schließung der bürgerlichen Ehe und das derselben vorangehende Aufgebot sind kostenfrei, mit Ausschluß der auf Grund dieser Verhandlungen zu ertheilenden Ausfertigungen und Atteste, sowie derjenigen Verfügungen der höheren Behörden, durch welche auf Antrag der Betheiligten ein anderes als das gesetzlich zuständige Gericht zur Verlautbarung des Eheverlöbnisses ermächtigt wird [itt Betreff der jetzigen Kostenfreiheit dieser Verfügungen der höheren Behörden vergl. Art. II des Ges. v. 7. März 1870, GS. S. 202]; s. die folg, beiden Absätze. Zufolge Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung v. 9. März 1874 — für den Umfang der Monarchie, excl. des Appell.-Gerichtsbezirks Cöln und des Gebiets der Stadt Frankfurt a M. (GS. S. 95) sind vom 1. Oktober 1874 ab die Atteste über Geburt, Aufgebot, Heirath, Sterbefall überall Seitens der Standesbeamten zu ertheilen; s. den folg. Absatz. Für die im Absatz 1 gedachten Atteste über den Austritt aus der Kirche zufolge der Ver­ ordnung v. 30. März 1847 ist der Stempel auf 5 Sgr. ermäßigt (FMR. v. 18. März u. JMR. v. 4. April 1848 auf Grund Allerh. Erlasses v. 3. März dess. I., CB. S. 50 u. JMB. S. 120); vergl. auch Anm. 10. Alle übrigen vorerwähnten Atteste sind jetzt stempelfrei, s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 12 nebst Note 4. Auch bestimmt §.12 des im vorigen Absatz citirten Ges. v. 9. März 1874: Die Führung der Standesregister und die darauf bezüglichen Verhandlungen erfolgen kostenund stempelfrei. 10. Gesetz, betr. den Austritt aus der Kirche, v. 14. Mai 1873, für den Umfang der Monarchie

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einschließlich des Zadegebiets (GS. S. 207) §. 6: Als Kosten des Verfahrens werden nur Abschriftsgebühren und baare Auslagen in Ansatz gebracht. Hierzu bestimmt das ZMR. v. 13. Zuni 1873 (ZMB. S. 183) unter Nr. 5: An Kosten des Verfahrens werden außer den baaren Auslagen (Porto, Gebühren der Gerichtsvogte oder Gerichts­ vollzieher) nur Abschriftsgebühren erhoben rc. Für die Bescheinigung des Austritts (Nr. 3 — wonach dieses Attest nur auf Verlangen zu ertheilen) ist eine SLempelgebühr von 5 Sgr. zu er­ heben (vergl. Anm. 9 Schlußabsatz). B. Ausländische Schriftstücke. 11. Die Bestimmungen des SLempelgesetzes erstrecken sich der Regel nach nur auf die in den Preußischen Staaten aufgenommenen Schriftstücke. Die Verwendung des inländischen Stempels zu den im Auslande aufgenommenen oder ausgestellten Verhandlungen läßt sich nur in den Fällen rechtfertigen, in welchen das Gesetz die Erhebung dieser Abgabe ausdrücklich angeordnet hat. Für Atteste, welche im Auslande von einer Behörde oder einem Beamten des Auslandes ausgestellt sind, verlangt das Stempelgesetz die Verwendung des inländischen Stempels auch dann nicht, wenn von den Attesten im Znlande Gebrauch gemacht wird. FMR. v. 10. Okt. 1842 III 23150 an d. PStD. in S. (SK.) — s. auch §. 12 Abs. 3 des Stempelges. u. oben Anm. 5 am Schluß. 12. Zu den von Ausländern im Auslande ausgestellten Urkunden, wenn davon im Inlands öffentlicher Gebrauch gemacht wird, ist nur in den Fällen der tarifmäßige inländische Stempel zu adhibiren, wo das Stempelgesetz solches, wie z. B. bei Vollmachten, Wechseln, Kaufkontrakten über inländische Grundstücke, ausdrücklich vorschreibt, in zweifelhaften Fällen aber anzufragen rc. JMR. v. 20. April 1838, im Einverst. des FM. (v. KZ. B. 51 S. 402). 13. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung für Ausländer, im Auslande aufgenommene Ver­ träge über im Znlande belegene Grundstücke der inländischen Stempelsteuer zu unterwerfen, bevor im Znlande von einem solchen Dokumente Gebrauch gemacht wird. FMR. v. 26. Sept. 1849 III 19451 (GK.). 14. Zu den im Auslande von Ausländern ausgestellten Vollmachten kann auf Grund der Vorschrift des §. 37 Tit. 3 Th. 1 AGO. nur der einfache Vollmachtsstempel mit 15 Sgr. gefordert werden, wogegen die von der ausländischen Behörde ausgefertigten Rekognitions-Verhandlungen oder Atteste dem diesseitigen Stempel nicht unterliegen. ZMR. v. 8. März 1843 unter Nr. V, im Einverst. des FM. (ZMB. S. 79). 15. Die einseitige Unterschrift des Verkäufers unter einer Verkaufsurkunde macht, selbst wenn sie im Znlande stattgefunden hat, die Urkunde nicht stempelpflichtig, sofern der Käufer seinerseits seine Unterschrift erst im Auslande hinzugefügt und also dort erst eine verbindliche Urkunde ge­ schaffen hat. Erk. des OT. (1) v. 4. Nov. 1858 c. Opitz Nr. 288 (H. Str. S. 105 Nr. 31). 16. a. In dem Falle, wo im Auslande über einen nicht in den diesseitigen Staaten befind­ lichen Gegenstand ein Lieferungsvertrag abgeschloffen ist, dessen Erfüllung im Auslande erfolgt, und wo der allein stempelpflichtige Vertragstheilnehmer ein Ausländer ist, kann die Stempelpflichtigkeit des Vertrages aus der gegenwärtigen Fassung des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 nicht hergeleitet werden; es muß vielmehr der Revision dieses Gesetzes vorbehalten bleiben, inwiefern ausländische Verhandlungen durch den Gebrauch, welcher davon in diesseitigen Staaten gemacht wird, den diesseitigen Stempel-Vorschriften unterworfen werden. Schreiben des FM. an d. Kriegs-M. v. 19. Nov. 1829 u. R. des Kriegs-M. v. 3. Dez. dess. Z. II. 399 (SK.). 16.1).

Die von einem Inländer im Auslande abgeschlossenen und im Auslande zu erfüllenden

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Lieferungsverträge über nicht im Inlands befindliche Gegenstände unterliegen nicht der Preußischen Stempelsteuer. Erk. des OT. (I) v. 22. Mai 1871 (Entsch. B. 65 S. 223, Str. A. B. 82 S. 142).') ') Es handelte sich um mehrere, im Jahre 1866 von den Klägern mit der Königl. Intendantur des zweiten Armee-Corps in Böhmen und Mähren über Beschaffung von Armeebedürfniffen für die damals dort stehenden vaterländischen Truppen abgeschlossene Lieferungsverträge, zu welchen der Werthstempel von V3 Prozent nachgefordert und eingezogen wurde. In den Gründen des OTrib.-Erk. heißt es nun u. A.: Der Appell.-Nichter führt aus: „Der Regel nach kann von einer Stempel-Abgabe nur dann die Rede sein, wenn das die Abgabe bedingende Ereigniß unter dem Schutze der Landesgesetze seine Existenz erlangt hat. Daß also im Auslande geschehene Verhandlungen, der Regel nach, nicht der Steuer unterworfen sind, ist nach der Natur der Abgabe selbstverständlich und bedurfte es keiner speziellen Bestimmung darüber. Umgekehrt war eine spezielle Vorschrift nothwendig, wenn ausnahmsweise ausländische Verhandlungen der Stempelsteuer unterliegen sollten. Dieser Grundsatz ist ausdrücklich in dem Reskripte des Finanz-Ministers vom 10. Okt. 1842 (s. Anm. 11) anerkannt, welches verordnet: „Die Bestimmungen des Stempelgesetzes er­ strecken sich, der Regel nach, nur auf die in den Preußischen Staaten aufgenommenen Schriftstücke. Die Verwendung des inländischen Stempels zu den im Auslande aufgenom­ menen oder ausgestellten Verhandlungen läßt sich nur in den Fällen rechtfertigen, in welchen das Gesetz die Erhebung dieser Abgabe ausdrücklich angeordnet hat." Derselbe Grundsatz ist in dem Reskripte vom 20. Okt. 1837 (Jahrbücher B. 50 S. 664 — ist kein R., sondern ein Schreiben des IM. an d. FM.) ausgesprochen. Solche Ausnahmen von der Regel sind vorgesehen bei ausländischen, zum Gebrauche im Jnlande bestimmten Vollmachten (Reskript vom 8. März 1843 zu V, §. 37 Tit. 3 Th. 1 der AGO., JMB. S. 8 — soll heißen S. 79, s. Anm. 14); bei ausländischen, auf einen Inländer gezogenen Wechseln (Kab.-Ordre vom 3. Jan. 1830 — GS. S. 9); bei ausländischen schriftlichen Akten über Immobilien des Inlandes (Tarif „Kaufverträge"; §. 115 Tit. 5 Th. 1 ALR.). Dagegen existirt keine gesetzliche Vorschrift, wonach im Auslande geschlossene Kauf- oder Lieferungs­ verträge über bewegliche Sachen der Stempelsteuer unterworfen sind. Rur dann wird an­ genommen, daß solche Vertrüge stempelpflichtig sind, wenn sie von einem Inländer im Aus­ lande über inländisches bewegliches Vermögen abgeschlossen sind (Reuter, die Preußischen Stempelvorschriften I §. 3 S. 5). Dies ist aus dem §. 12 des Stempelgesetzes zu ent­ nehmen, wonach, wenn Inländer außerhalb Landes über einen im Lande befindlichen Gegenstand stempelpflichtige Verhandlungen gepflogen haben, das erforderliche Stempelpapier binnen vierzehn Tagen nach ihrer Rückkehr beizubringen ist. Der Einwand des Verklagten, daß der §. 12 nicht über die Stempelpflichtigkeit, sondern über die Zeit der Nachbringung des Stempels disponirt, ist allerdings richtig. Indessen folgt daraus nur, daß Verklagter die Angabe der gesetzlichen Vorschrift, wonach die fraglichen Verträge stempelpflichtig sein sollen, schuldig geblieben ist. In der That läßt aber auch der §.12 a. a. O. erkennen, daß im Auslande geschlossene Verträge über im Auslande befindliche Sachen stempelfrei sind, weil es sonst an der unentbehrlichen Vorschrift, binnen welcher Frist der Stempel zu denselben nachzuliefern sei, fehlen würde, und die Vorschrift, daß stempelpflichtige Verhand­ lungen, der Regel nach, auf das erforderliche Stempelpapier geschrieben werden sollen, da nicht Anwendung findet, wo dies nicht geschehen konnte." Dieser Ausführung muß als vollkommen zutreffend beigepflichtet werden, und fällt mithin die in der Nichtigkeitsbeschwerde gerügte unrichtige Anwendung des §. 12 1. c. dem zweiten Richter keines­ wegs zur Last. Freilich will der Verklagte die von dem Letzteren vermißte gesetzliche Vorschrift, nach welcher die hier in Rede stehenden Lieferungsverträge der Stempelsteuer wirklich unterworfen wären, in der Tarifposition „Lieferungs- und Kaufverträge" finden, und er wirft dem Appell.Richter deshalb vor, diese Tarifposition durch unterlassene Anwendung verletzt zu haben. Indessen auch dieser Vorwurf kann als begründet nicht anerkannt werden. Der Stempel-Tarif vom 7. März 1822 enthält zuvörderst sub voce „Lieferungsverträge" die blos verweisende Bemerkung: „wie Kaufverträge, siehe diese", und nebenher die selbstständige Bestimmung: „Diejenigen welche Lie­ ferungen von Bedürfnissen der Regierung oder öffentlicher Anstalten übernehmen, sind verpflichtet, den vollen Stempelbetrag ausschließlich zu entrichten." Zuvor aber heißt es sub voce „Kauf­ verträge" : Kaufverträge über inländische Grundstücke und Grundgerechtigkeiten Eins vom Hundert des Kaufwerths; „ über außerhalb Landes belegene Grundstücke und Grundgerechtigkeiten 15 Sgr; „ über alle anderen Gegenstände ohne Unterschied, sofern über den Kauf der­ selben ein besonderer schriftlicher Vertrag abgeschlossen wird, Ein Drittheil Prozent des vertragsmäßigen Kaufpreises. Dieser letzte dritte Absatz lautet ganz allgemein: abgesehen von inländischen und außerhalb

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1(6. c. Die im außerpreußischen Gebiete mit außerpreußischen Staats-Angehörigen geschlossenen und inn Auslande zu erfüllenden Lieferungs- resp. Leistungs-Verträge unterliegen dem Preußischen Stempel, sofern die Bestätigung derselben im Preußischen Inlande erfolgt. Um derartige Verträige zu Gunsten der Bundeskasse vom Preußischen Stempel zu befreien, wird, im Einverständ­ nisse mit dem Rechnungshöfe des Norddeutschen Bundes, für den Bereich der Telegraphen-Verwaltung hierdurch bestimmt, daß für die Folge diejenige in Preußen befindliche vorgesetzte Behörde, welcher: bis jetzt die Bestätigung solcher Verträge obgelegen hat (mithin die General-Direktion der Telegraphen resp. die betreffende Telegraphen-Direktion), statt der Verträge selbst, schon die Vertrags-lEntwürfe einfordern und dann nach Prüfung und Feststellung der letzteren den betreffenden außerhalb des Preußischen Staats-Gebiets befindlichen Lokal-Behörden (Telegraphen-Stationen) die Epnächtigung zum definitiven Vertags-Abschlusse nach Maßgabe des revidirten Entwurfs ertheilen soll. Verfügung der General-Direktion der Telegraphen, Berlin den 17. Dez. 1870 (MB. 1871 S. 54). Aehnlich ordnet das R. des Kriegs-M. v. 26. Aug. 1870 (Armee-Derord.blatt Nr. 17) an, daß bei den auf außerpreußischem Bundesgebiet mit Ausländern über Lieferungen re. zu milk tairischen Zwecken geschloffenen und daselbst zu erfüllenden Verträgen an die Stelle der Bestätigung dieser Verträge durch die betreffende, in Preußen befindliche obere Behörde fortan die Prüfung und Feststellung des Vertrags-Entwurfs durch die Letztere zu treten und demnächst der definitive Vertragsabschluß durch die außerhalb des Preußischen Staatsgebietes befindliche Lokalbehörde zu erfolgen hat. 17. Wegen der Verträge mit ausländischen Versicherungsgesellschaften s. Tarifposition „Asse­ kuranz-Policen" Anm. 6 letzten Absatz. 18. a. Konsular-Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde und Italien, v. 21. Dez. 1868 (BGbl. 1869 S. 113 — auf das Deutsche Reich ausgedehnt, RGbl. 1872 S. 134): Nach Art. 10 sollen die von den Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln oder Konsular-Agenten beider Länder, ingleichen von ihren Kanzlern vorschriftsmäßig beglaubigten und mit ihrem Amtssiegel versehenen Abschriften der dort bezeichneten, von ihnen aufgenommenen Urkunden oder Auszüge aus denselben, Glauben und dieselbe Kraft und Gültigkeit haben, als wenn sie von Notaren oder anderen öffentlichen Be­ amten des einen oder des anderen Landes aufgenommen wären, vorausgesetzt, daß sie die durch die Gesetze ihres Landes vorgeschriebene Form beobachtet haben, und vorausgesetzt, daß demnächst be­ züglich des Stempels, der Registrirung und aller anderen Formalitäten die betreffenden Bestim­ mungen des Landes, in welchem der Akt zur Ausführung kommen soll, erfüllt sind. 18.b. Konsular-Konvention zwischen dem Norddeutschen Bunde und Spanien, v. 22. Febr. 1870 (BGbl. S. 99 — auf das Deutsche Reich ausgedehnt, RGbl. 1872 S. 211): Art. 10, wie Art. 10 in voriger Anm. Landes belegenen Grundstücken und Grundgerechtigkeiten, sollen schriftliche Kaufverträge über alle anderen Gegenstände ohne Unterschied der Stempelsteuer zu einem Drittel Prozent unterliegen. Es mag daher zugegeben werden, daß auch Kaufverträge über nicht im Znlande befindliche Gegen­ stände sonst in dieser Art, also mit einem Drittel Prozent zu versteuern sein würden; das stellt indessen der Appell.-Richter an sich auch nicht in Abrede. Seine schließliche Annahme: die hier in Rede stehenden sechs Lieferungs vertrüge wären nicht stempelpflichtig, gründet sich nicht sowohl darauf allein, daß die fraglichen Verträge die Lieferung nicht im Znlande befindlicher Gegenstände betroffen hätten, als er vielmehr deren Stempelfreiheit als selbstverständlich um deshalb für ge­ boten ansieht, weil dieselben im Auslande geschlossen und zu erfüllen gewesen wären. Die aus einer angeblichen Verletzung der gedachten Tarif-Position entnommene Beschwerde ist daher jeden­ falls verfehlt.

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Gesetz §. 2.

C. Verjährung der Stempelsteuer. 19. a. Gesetz wegen Einführung kürzerer Verjährungsfristen für die Provinzen, in welchen das Allgemeine Landrecht Kraft hat, v. 31. März 1838 (GS. S. 249): §. 2. Mit dem Ablaufe von vier Jahren verjähren die Forderungen 8. auf Nachzahlung der von den Gerichten, General-Kommissionen, Revisions-Kollegien und Ver­ waltungs-Behörden gar nicht oder zu wenig eingeforderten, oder auf Erstattung der an die­ selben zu viel gezahlten Kosten mit Einschluß der Stempel- und Portogefälle; ausgenommen bleiben jedoch die Werthstempel, welche mehr als Ein Prozent betragen, oder zu Verträgen und Schuldverschreibungen zu verwenden sind. §. 5. Die Verjährung fängt an in Betreff 2. der in Prozessen und Untersuchungen vorkommenden Gerichtskosten, Stempel- und Portogefälle mit dem letzten Dezember desjenigen Jahres, in welchem der Prozeß oder die Untersuchung durch rechtskräftiges Erkenntniß, Entsagung oder Vergleich beendet worden ist. Unter Prozeß ist jede Art des gerichtlichen Verfahrens zu verstehen, welche Gegenstand des ersten Theils der Mg. Gerichtsordnung ist; 3. aller übrigen in den §§. 1 und 2 aufgeführten Forderungen mit dem auf den festgesetzten Zahlungstag folgenden letzten Dezember, und, wenn ein Zahlungstag nicht besonders fest­ gesetzt ist, mit dem letzten Dezember desjenigen Jahres, in welchem die Forderung ent­ standen ist. §. 8. Bei Abgaben, Leistungen und Zahlungen, die von einer Behörde eingezogen werden, welche befugt ist, solche ohne vorgängige gerichtliche Entscheidung exekutivisch beizutreiben, tritt die Unterbrechung jeder Art der Verjährung durch die Zustellung des Zahlungsbefehls ein. §. 9. Bei denjenigen Forderungen, bei welchen ein prozessualisches Verfahren vor Gericht nicht zulässig ist, wird jede Verjährung durch schriftliche Anmeldung des Anspruchs bei der kom­ petenten Verwaltungsbehörde unterbrochen. §. 10. Beginnt nach erfolgter Unterbrechung eine neue Verjährung, so genügt zu deren Voll­ endung eine der ursprünglichen gleichkommende Frist. Eine Ausnahme hiervon findet jedoch statt, wenn wegen des Anspruches eine rechtskräftige Verurtheilung erfolgt ist; in diesem Falle tritt, an­ statt der ursprünglichen kürzeren, die ordentliche Verjährungsfrist ein. 19. b. Verordnung wegen Einführung kürzerer Verjährungsfristen für die Landestheile, in welchen noch gemeines Recht gilt (für den Bezirk des Justizsenats zu Ehrenbreitstein, sowie für Neuvorpommern und Rügen), v. 6. Juli 1845 (GS. S. 483): §. 2. Eine Verjährungsfrist von vier Jahren tritt ein bei Forderungen 8. wörtlich wie §. 2 Nr. 8 in Anmerk. 19.a. §. 4 Nr. 2 und 3. wörtlich wie §. 5 Nr. 2 und 3 in Anm. 19.a, nur mit Weglassung des letzten, mit den Worten „Unter Prozeß" beginnenden Satzes der Nr. 2. §. 6 wörtlich wie §. 10 in Anm. 19.a. sdie Bestimmungen der §§.' 8, 9 in Anm. 19.a enthält diese Verordnung nichts. 19. c. Die Verordnung v. 6. Juli 1845 (s. Anm. 19.b) ist auch eingeführt: 1. in der Provinz Schleswig-Holstein, Ges. v. 9. Febr. 1869 (GS. S. 341); 2. im Bezirk des Appellationsgerichts in Frankfurt a. M., Ges. v. 13. März 1869 (GS. S. 484). Nach §. 3 des Ges. zu 1 und nach §. 2 des Ges. zu 2 tritt an die Stelle des im §. 7 Ab­ satz 1 der Verordnung v. 6. Juli 1845 bestimmten Zeitpunktes der 31. Dezember 1869 ^Zeitpunkt des Beginnens der Verjährungsfrist bezüglich solcher Forderungen, welche zur Zeit der Publikation des Gesetzes bereits fällig nmten].

20. Das Gesetz vom 31. März 1838 wegen Einführung kürzerer Verjährungs-Fristen han­ delt nur von solchen Stempeln, welche Seitens der Behörden zu liquidiren und einzuziehen waren, nicht aber von denjenigen, welche die Aussteller selbst zu den unter Privatunterschrist ausgestellten Urkunden beizubringen haben. Rücksichtlich der Stempel zu Privaturkunden ist also die Verjährung ausgeschlossen. FMR. v. 28. Febr. 1848 III 2313 (GK.) 21. Nur gewissen Behörden, nicht auch den Notaren gegenüber kann, bei der Forderung auf Nachzahlung zu wenig entrichteter Stempel, der Einwand der kürzeren Verjährung aus dem Gesetz vom 31. März 1838 — §. 2 Nr. 8 daselbst — erhoben werden. FMR. v. 22. Febr. 1867 III 2495 an d. Reg. in F. 22. a. Da die Erbschaftsstempel von den Gerichten, beziehungsweise den Verwaltungs-Be­ hörden einzuziehen sind, so gehören auch diese Stempel, sofern sie nicht mehr als Ein Prozent be­ tragen, zu den nach der allgemeinen Vorschrift der Nr. 8 im §. 2 des Gesetzes vom 31. März 1838 der kürzeren Verjährungsfrist unterworfenen. FMR. v. 9. Nov. 1854 III 27971 an d. PStD. in Posen. 22.1). Rücksichtlich der Verjährung der seit dem 1. Januar 1874 in Stelle des Erbschafts­ stempels getretene Erbschaftssteuer vergl. §. 47 des Ges. v. 30. Mai 1873 (GS. S. 329) — s. im Anhang. 23. Die Bestimmungen zu §. 2 Nr. 8 des Gesetzes vom 31. März 1838 wegen- der Ver­ jährung des Erstattungs-Anspruches können nicht Platz greifen, indem diese eine Zahlung Sei­ tens der Debenten voraussetzen, welche im vorliegenden Falle als geleistet nicht angenommen werden kann, weil das Gericht, ohne einmal eine Mittheilung von dem Kostenbeträge an die Debenten gelangen zu lassen, den SLempelbetrag aus den Geldern derselben entnommen hat, in deren Besitze sich das Gericht bereits befand. Die Verjährung konnte erst von dem Tage an beginnen, an welchem die Mittheilung der Kosten-Liquidation unter der Benachrichtigung an die Debenten gelangte, daß der Betrag dafür aus den für dieselben bei dem Gerichte befindlichen Geldern ent­ nommen sei. Der beantragten Stempel-Erstattung steht daher nichts im Wege. FMR. v. 17. Nov. 1849 III 23713 an d. Reg. in F. 24. Zn Betreff der Gerichtskosten (also auch der als solche zu verrechnenden Stempelbeträge, s. Anm. l.c) wird im §. 5 Absatz 2 des Sportel-Ges. v. 10. Mai 1851 auf die beiden Ges., Anm. 19 a. u. b, verwiesen (s. auch Nr. 14 der Znstr. des ZM. v. 1. Zuni 1854). D. Verfahren in Zweifels- und Beschwerde-Fällen. 25. a. Notare haben in zweifelhaften Fällen die Belehrung, ob der von ihnen gewählte (Stempel der richtige sei, bei der Provinzial-Steuerbehörde, als der nach §. 30 des Stempelgesetzes hierzu kompetenten Behörde, nachzusuchen, indem, so lange kein Monitum des Stempel-Fiskals zur Er­ ledigung vorliegt, die Sache zur Kognition der Zustizbehörde nicht erwachsen ist. ZMR. v. 28. Mai 1845 I 2219 an d. Zustizkommissar N. (SK.). 25. b. Nach der Bescheidung vom 28. Mai 1845 (s. vorige Anm.) ist in Zukunft überall zu verfahren. Da aber die Steuerverwaltung nicht dazu berufen ist, in den einzelnen Fällen den darauf Antragenden die Stempel zu den stempelpflichtigen Verhandlungen zu berechnen, dem Steuer­ schuldigen vielmehr selbst die Verpflichtung obliegt, für die Anwendung des tarifmäßigen Stempels Sorge zu tragen, so sind allgemeine Anträge auf Feststellung der Höhe des Stempels zu den ein­ zelnen Verhandlungen zurückzuweisen, und nur dann einer nähern Prüfung zu unterwerfen, wenn die Zweifel, welche dem Bittsteller bei der Stempelberechnung aufgestoßen, speziell dargelegt und erläutert worden sind. FMR. v. 28. Juli 1845 III 149 34 an d. PStD. in S.

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Gesetz §. 2.

25. c. Dem Notar F. dort ist die erbetene Auskunft zu ertheilen und in künftigen ähnlichen Fällen das Gleiche zu thun. Es läßt sich die Weigerung, die Stempelpflichtigkeit von Entwürfen einer Verhandlung zu beurtheilen, nicht allgemein aufrecht erhalten. Die Antwort wird sich auf die Mittheilung beschränken können, welcher Stempel zu verwenden sein würde, wenn die Verhand­ lung rc. in genauer Uebereinstimmung mit dem bezüglichen Entwurf zur Perfektion gelangt. FMR. v. 27. Jan. 1869 III 915 an d. PStD. in Br. 26. Dem Patrimonialrichter N. ist zu eröffnen, daß er die ihm bei Auslegung des Stempel­ gesetzes aufftoßenden Zweifel zunächst seiner vorgesetzten Dienstbehörde vorzutragen habe, welche sich darüber nöthigenfalls mit der Provinzial-Steuerbehörde benehmen und ihn demnächst mit Be­ scheidung versehen werde. FMR. v. 3. Dez. 1844 III 26214 an d. PStD. in S. Ebenso bestimmt schon das JMR. v. 19. Zuli 1822 (v. KZ. B. 20 S. 62), wie es nicht die Absicht gewesen, daß Untergerichte sich in zweifelhaften, das Stempelwesen betreffenden Fällen un­ mittelbar an die Provinzial-Steuerbehörden wenden sollen, daß vielmehr die desfallsige Verfügung blos auf die Obergerichte zu beziehen sei. 27. Sämmtliche Königl. Gerichtsbehörden werden hierdurch angewiesen, in allen Fällen, wo eine Differenz über die Auslegung des Stempelgesetzes eintritt, und insonderheit die LandesJustizkollegien, an welche Seitens der Untergerichte dieserhalb Anfrage zu halten, sich mit der Provinzial-Steuerbehörde über die anzuwendenden Grundsätze nicht einigen können, zur Erledi­ gung derselben, Behufs Erörterung des Falles, unter den Ministerien, hierher zu berichten, der einseitigen Festsetzung, beim Entstehen der Verständigung mit der Provinzial-Steuerbehörde, aber sich zu enthalten. ZMR. v. 2. Dez. 1831 (v. KJ. B. 38 S. 407, JMB. 1846 S. 103, v. KA. B. 15 S. 733). 28. Nach Vorschrift des Reskripts vom 2. Dez. 1831 (f. vorige Anm.) haben die Obergerichte auch in denjenigen Fällen zu verfahren, in welchen bei ihnen über die Stempelfestsetzungen der Gerichte erster Instanz, namentlich in Erbschaftsstempel-Angelegenheiten Beschwerde geführt wird. Nach der Merh. Ordre vom 18. Nov. 1828 (s. Anm. 54. a.) sind zwar die Beschwerden über Fest­ setzung oder Einziehung einer Stempelsteuer gegen die festsetzende Behörde im Wege der verfassungs­ mäßigen Instanzen zu verfolgen, und es unterliegt hiernach keinem Bedenken, daß dergleichen Be­ schwerden über die Gerichte erster Instanz bei den Obergerichten angebracht und von diesen ge­ prüft werden müssen. Da jedoch nach §. 30 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 die Verwal­ tung des Stempelwesens unter der Leitung des H. Finanz-Ministers steht, diesem auch, was ins­ besondere die Festsetzung des zu erhebenden Erbschaftsstempels betrifft, die Endentscheidung über den Betrag des Letzteren gebührt — Allerh. Instruktion vom 5. Sept. 1811 §. 39 ff., so ergiebt sich hieraus von selbst, daß die Organe desselben, also die Provinzial-Steuerverwaltungen, von der Konkurrenz bei Erledigung von Beschwerden über Stempelfestsetzungen nicht ausgeschlossen werden können. Die Obergerichte haben daher in dergleichen Fällen jedesmal mit der betreffenden Provinzial-Steuerverwaltung Rücksprache zu nehmen, und, wenn sich dabei eine Meinungsver­ schiedenheit herausstellt, darüber an den Justiz-Minister zu berichten. JMR. v. 13. Febr. 1854 an alle Gerichte, excl. der im Bezirk des Appell.ger.hofes zu Cöln (JMB. S. 86, CB. S. 187), mit­ getheilt durch FMR. v. 16. März dess. I. (CB. S. 186). 29. Nach dem Wunsche des Justiz-Ministeriums werden die Provinzial-Steuerbehörden an­ gewiesen, in solchen Fällen, wo dieselben in Stempel-Angelegenheiten Anträge bei den ProvinzialJustizbehörden durch besondere Bezugnahme auf Verfügungen des Finanz-Ministeriums begründen zu müssen glauben, diese Verfügungen dem Gericht jederzeit in Abschrift mitzutheilen. Cirk.-R. des FM. v. 25. Febr. 1826 III 3731. 30. Ist der Vertrag vor dem Kreisgericht zu C. aufgenommen, so daß es sich um einen als

Gesetz §. 2.

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GerichLskosten anzusetzenden Werthstempel handeln würde, so hat die Königl. Regierung das Gesuch des T. um Niederschlagung des Kaufwerthstempels ressortmäßig an das dortige Königl. Appellations­ gericht abzugeben. FMR. v. 4. Aug. 1853 III 17950 an d. Reg. in F. 31. Wo es sich um einen als Gerichtskosten zu verrechnenden Stempel handelt, hat auf Be­ schwerden über Untergerichte zunächst das Obergericht, mit Ausschluß der Steuerbehörde, zu be­ finden. FMR. v. 6. März 1858 III 3695 u. v. 8. Okt. 1859 III 13714 an d. PStD. in S. 32. Rücksichtlich des Verfahrens bei Differenzen aus Anlaß von Stempelrevisionen s. Anm. 11-14 zu §. 34. 33. Zn Betreff des Verfahrens bei Meinungsverschiedenheiten, welche in den neuen Landes­ theilen zwischen den Gerichten oder Notaren und den Verwaltungs-Behörden über Auslegung stempelgesetzlicher Vorschriften entstehen, resp. bei hierauf bezüglichen Zweifeln, wird auf die Ab­ theilung II des Komm. verwiesen. E. Rechtsweg wegen der Stempelsteuer. 34. a. Gesetz, betr. die Erweiterung des Rechtsweges, v. 24. Mai 1861 (GS. S. 241): §. 11.

Wer zur Entrichtung eines Werthstempels oder eines nicht nach dem Betrage des Gegenstandes zu bemeffenden Vertragsstempels gar nicht oder nicht in dem geforderten Betrage verpflichtet zu sein vermeint, ist befugt, dies gerichtlich geltend zu machen. §.

12.

Die Klage ist bei Verlust des Klagerechts binnen sechs Monaten nach erfolgter Beitreibung oder mit Vorbehalt geleisteter Zahlung des Stempelbetrages anzubringen. Hinsichtlich der Stempel, welche zu Gerichtskassen eingezogen werden, ist die Klage gegen die betreffende Salarienkassen-Verwaltung, in allen übrigen Fällen gegen die zur Verwaltung der indirekten Steuern bestimmte Provinzialbehörde zu richten. §. 13. Das Rechtsmittel der Appellation und der Nichtigkeitsbeschwerde, beziehungsweise der Kassa­ tionsrekurs, steht beiden Theilen auch dann zu, wenn der Betrag der streitigen Abgabe die für jene Rechtsmittel sonst vorgeschriebene Summe nicht erreicht. §. 14. Wenn gegen den Herangezogenen wegen Defraudation einer der im §. 11 gedachten StempelAbgaben ein gerichtliches Strafverfahren anhängig wird und derselbe sich darauf beruft, daß er zur Zahlung der geforderten Steuer nicht verpflichtet sei, so hat der Strafrichter das Erkenntniß auszusetzen und dem Angeschuldigten eine, nach den Umständen abzumessende, höchstens zweimonat­ liche Frist zu bestimmen, binnen welcher derselbe von der im §.11 ertheilten Befugniß, den Rechts­ weg zu beschreiten, Gebrauch machen und, daß dies geschehen, nachweisen muß. Hält er diese Frist nicht inne, oder steht er ausdrücklich oder stillschweigend von der Klage ab, in welchem Fall deren Wiederaufnahme oder wiederholte Anstellung nicht gestattet ist, so hat das Strafverfahren seinen Fortgang. Andernfalls ist das im Civilprozeß ergangene End-Urtheil für die Untersuchung maß­ gebend. 34. b. Wegen Anwendung des Ges. v. 24. Mai 1861 (s. vorige Anm.) auf die neuen Landes­ theile vergl. die Verordnung v. 16. Sept. 1867, betr. die Zulässigkeit des Rechtsweges rc. (GS. S. 1515). 35. Von jeder Klage, welche auf Grund der Bestimmungen der §§. 11 bis 14 des Gesetzes v. 24. Mai 1861 in Beziehung auf die Stempelsteuer angestellt wird, so wie von den Urkunden, auf welche es ankommt, haben die Provinzial-Steuerbehörden, unter Beifügung ihres Gutachtens, Abschrift an das Finanz-Ministerium einzureichen, demnächst auch von jedem Erkenntnisse des Ober2

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Gesetz §. j.

Tribunals oder sonstigem in die Rechtskraft übergegangenen gerichtlichen Erkenntnisse Abschrift vor­ zulegen. Cirk.-R. des FM. v. 21. Juni 1861 III 13333. Bei Einreichung dieser Erkenntnisse ist in den Berichten jedesmal der Grundsatz oder die An­ sicht näher anzugeben, worauf der Gerichtshof seine Entscheidung stützt. Cirk.-R. des FM. v. 7. Nov. 1865 III 24077. 36. Auf einen Fall der Verpflichtung zur Entrichtung von Stempeln, der bereits zur Zeit der Emanation des Gesetzes vom 24. Mai 1861 gänzlich abgemacht war, ist dieses Gesetz nicht an­ wendbar. Erk. des OT. (I) v. 20. Febr. 1863 (Str. A. B. 48 S. 201). 37. a. Die Vorschriften des Gesetzes vom 24. Mai 1861 §§. 11—14, welche den Rechtsweg über die Frage der Stempelpflichtigkeit gestatten, beziehen sich nur auf Werth- und solche Vertrags­ stempel, welche nicht nach dem Betrage des Gegenstandes abzumessen sind; sie dürfen daher auf andere Stempel, z. B. auf den tarifmäßigen Stempel für amtliche Atteste nicht ausgedehnt werden. Erk. des OT. (1) v. 11. Jan. 1865 (OR. B. 5 S. 403). 37. b. Wegen des Rechtsweges in Beziehung auf die Erbschaftssteuer s. §. 40 des Ges., betr. die Erbschaftssteuer, v. 30. Mai 1873 (GS. S.329) — s. im Anhang. 38. Ein Beamter, welcher als solcher eine Urkunde vorgelegt hat, kann den Civilrechtsweg beschreiten und die Stempelfreiheit derselben geltend machen, um zu verhindern, daß die Verwal­ tungsbehörde einen Stempelbetrag von ihm einziehe. Erk. des OT. (1) vom 20. Juni 1866 (OR. B. 7 S. 378, GA. B. 14 S. 637; das Sachverhältniß s. bei demselben Erk. in Anm. 1. c zu §. 22. 39. a. Der §. 11 des Gesetzes vom 24. Mai 1861, betreffend die Erweiterung des Rechts­ weges, gestattet dm Rechtsweg über die Verpflichtung zur Entrichtung einer geforderten Stempel­ abgabe nicht nur im Wege der Einrede, sondern auch im Wege einer jeden nach den gewöhnlichen prozessualischen Regeln zulässigen Klage. Insonderheit läßt §. 12 nicht die Deutung zu, daß der­ jenige, welchem die Abgabe abgefordert ist, nicht eher klagen dürfe, bis er mit Vorbehalt bezahlt hat, oder die exekutivische Beitreibung erfolgt ist. Erk. des OT. (V) v. 4. Nov. 1862 (GA. B. 15 S. 605 sub Nr. 28). 39. b. Aus der prinzipiellen Gewähr des rechtlichm Gehörs über gewisse Gefälle und Ab­ gaben folgt die Zulässigkeil dek sofortigen Anrufung des Richters nach Erhebung der exekutorischen Forderung, ohne daß dieselbe durch vorherige Zahlung der beizutreibenden Schuld bedingt ist; daher kann, sobald die Steuerbehörde den Stempelbetrag fordert, der Schuldner bei Gericht einen Antrag auf Entscheidung darüber erheben, daß die Verpflichtung zur Entrichtung des Stempelbe­ trages nicht bestehe und er deshalb den ihm angedrohten Vermögens-Verlust definitiv nicht zu er­ leiden habe. Erk. des OT. (V) v. 30. April 1864 (Str. A. B. 54 S. 145, CB. S. 274). 39. c. Der Anspruch einer Partei auf Erstattung zu viel gezahlter Stempelbeträge kann gegen den Steuerfiskus nicht blos im Wege der Klage, sondern auch im Wege der Adcitation und Litisdenunciation geltend gemacht werden. Erk. des Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompe­ tenz-Konflikte v. 14. April 1866 (JMB. S. 179). 40. a. Zur Begründung der im §.11 des Gesetzes vom 24. Mai 1861 nachgelassenen gericht­ lichen Rückforderungsklage bedarf es, wenn der Stempelbetrag ohne Beitreibung erfolgt ist, des Nachweises, daß die Zahlung des defektirten Stempels mit Vorbehalt geleistet ist. Erk. des OT. (I) v. 24. Febr. 1868 (Str.A. B. 70 S. 92, Entsch. B. 60 S. 295)?) 1) In den Erk.-Gründen wird zuvörderst näher ausgeführt, daß die dem Präjudikat'vorn 20. Januar 1865 (Str. A. B. 56 S. 315 — es ist dies das Erk. in der folg. Anm. 40. b) zum Grunde liegende Interpretation des §. 12 des Gesetzes vom 24. Mai 1861 nicht aufrecht erhalten werden könne, daß vielmehr der Appellationsrichter durch die Annahme: es sei der im §. 12 a. a. O. verlangte Vorbehalt nicht erforderlich, um den Zahlenden zur Klage auf Erstattung zu berechtigen, den §.12 rechtsgrundsätzlich verletzt habe. — Bis hierher sind die Gründe in Str. A. a. a. O. ab­ gedruckt; in den Entsch. a. a.O. heißt es noch: In der Hauptsache ist die Entscheidung aufrecht

40. b. Hat die Partei vor exekutivischer Beitreibung des defektirten Stempels den Betrag an den instrumentirenden Notar gezahlt, diesem gegenüber sich das Rückforderungsrecht vom Fiskus vorbehalten, und ist dieser Vorbehalt in der vom Notar ausgestellten Quittung aufgenommen, so ist dem §. 12 des Gesetzes vom 24. Mai 1861 genügt.

Erk. des OT. (I) v. 20. Jan. 1865 (Str.

A. B. 56 S. 315). Die in diesem Erk. getroffene weitere Entscheidung ist demnächst von demselben Senat reprobirt, s. vorige Anm. 40. c. Bei der Klage auf Zurückzahlung eines SLempelbetrages ist dem Erforderniß des §. 12 des Gesetzes vom 24. Mai 1861: daß die Zahlung „mit Vorbehalt" geleistet sei, genügt, wenn Sie Partei den Betrag eines defektirten und demnächst wirklich, verwendeten Stempels an den instrumentirenden Notar gezahlt, und von diesem eine Quittung ausgestellt erhalten hat, worin bemerkt ist, daß die Partei den Stempelbetrag an ihn mit Vorbehalt der Rückforderung gezahlt habe. Erk. des OT. (I) v. 13. Nov. 1865 (Entsch. B. 56 S. 416).

40. d. Auch das Erkenntniß des Ober-Trib. (I) vom 22. März 1867 erklärt den dem 'instru­ mentirenden Notar gegenüber bei der Zahlung gemachten Vorbehalt für ausreichend, weil der Notar nach der Kab.-Ordre vom 19. Juni 1834 (f. Anm. 5 zu §. 12) für die Stempel persönlich hafte imb auf seinen Antrag sogar die exekutivische Einziehung des Stempelbetrages' erfolgen müsse (GA. B. 15 S. 609 sub Nr. 42). 40. e.

Zur Zulässigkeit der Klage auf Erstattung einer SLempelabgabe ist nicht erforderlich,

daß der Vorbehalt bei der Zahlung schriftlich gemacht worden. Erk. des OT. (I) v. 13. Sept. 1869 (Entsch. B. 62 S. 259).') erhalten, weil nach den obwaltenden Umständen die Zahlung als eine unter Vorbehalt geleistete angenommen ist. — Die weiteren Erkenntnißgründe sind nicht abgedruckt; sie lauten: Kläger will den streitigen Stempelbetrag dem Notar, der das gegen seine Notariats-Akten gezogene StempelMonitum zu erledigen hatte, gezahlt und hierbei mündlich den Vorbehalt gemacht, auch den Notar zur Klage auf Erstattung beauftragt haben. Ob ein solcher weder schriftlich erklärter, noch in der Quittung über die Zahlung anerkannter Vorbehalt von Wirksamkeit sei, kann hier dahingestellt bleiben. Im vorliegenden Falle muß die Zahlung als eine unter Vorbehalt geleistete gelten, da, wie vom Fiskus nicht bestritten, Kläger schon vor der Zahlung gegen das Stempel-Monitum bei dem Appellationsgericht zu Frankfurt Einspruch gethan hat, der jedoch nicht von Erfolg gewesen ist. Durch diese Reklamation hat Kläger die Rechtmäßigkeit des defektirten Stempels und seine Verbindlichkeit, denselben zu erlegen, bestritten. Es ist dadurch dasjenige erklärt worden, was durch den Vorbehalt bei der Zahlung ausgedrückt werden soll, ein Widerspruch gegen die Zahlungsverbindlichkeit. Der §. 12 verlangt nun zwar einen Vorbehalt bei der Zahlung. Danach würde ein nachher eingelegter Vorbehalt als verspätet und nicht mehr wirksam zu achten sein. Es folgt aber nicht, daß ein schon vor der Zahlung eingelegter Widerspruch von keiner Bedeutung und zur Erhaltung der Erstattungsklage nicht geeignet sei. In vielen Fällen werden sogar die Umstände oder Einrichtungen dem Debenten nicht einmal gestatten, einen Vorbehalt bei der Zahlung zu machen, und er wird genöthigt sein, ihn vorher anzubringen. Hat er nun eine solche Erklärung schon abgegeben, so ist sein Recht gewahrt und eine Wiederholung derselben nicht erforder­ lich. Es können Fälle vorkommen, in welchen ein schon vorher erklärter Widerspruch für aufgegeben, und die nachherige Zahlung als eine in Anerkennung der Verbindlichkeit vorbehaltlos geleistete angesehen werden müßte, was in jedem einzelnen Falle nach seinen besonderen thatsächlichen Um­ ständen zu beurtheilen sein wird. Im vorliegenden Falle liegen aber keine Thatsachen für eine solche Voraussetzung vor. *) Kläger war in Folge eines Monitums der Steuerbehörde durch die Gerichtsbehörde auf­ gefordert, einen weiteren Erbschaftsstempel von 519 Thalern 10 Sgr. bei Vermeidung doppelter Zahlung zu lösen, und er hat auch diese weiteren 519 Thaler 10 Sgr., wiewohl er zu deren Ent­ richtung nicht verpflichtet zu sein vermeinte, am 27. Okt. 1867 bei dem Haupt-Steueramte ein­ gezahlt, dabei auch mit den Steuer-Beamten gesprochen und namentlich zu den Letzteren geäußert: „er wolle klagen". In den Erkenntnißgründen heißt es im Wesentlichen: Im gegenwärtigen Prozesse, in welchem Kläger die 519 Thaler 10 Sgr. auf Grund der §§ 11 und 12 des Gesetzes vom 24. Mai 1861 vom Fiskus erstattet verlangt, fragt es sich insbesondere: ob hier unter den. obwaltenden Um­ ständen in Betreff der eingeklagten 519 Thaler 10 Sgr. eine „erfolgte Beitreibung" an­ zunehmen, oder deren Zahlung als „mit Vorbehalt geleistet" anzusehen sei. Die Vorschrift

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Gesetz §. 2.

41. Da der instrumentirende Notar für den Stempel persönlich verhaftet ist, Nr. 4 der Kab.-Ordre vom 19. Zuni 1834 (GS. S. 81 — s. Anm. 5 zu §. 12), so ist auch ihm durch §.11 des des §. 161 Tit. 16 Th. 1 ALR., welche verlangt, daß ein Vorbehalt bei Zahlungen schriftlich erklärt, oder in der vom Zahlungsnehmer ausgestellten Quittung anerkannt sein müsse, bezieht sich, so allgemein diese Vorschrift immerhin lautet, doch nur auf freiwillig geleistete Zahlungen, kann aber nicht für einen Fall der vorliegenden Art maßgebend sein. Der Kläger hat diejenigen 519 Thaler 10 Sgr., um deren Erstattung es sich hier handelt, keineswegs freiwillig, sondern erst und nur entrichtet, nachdem er dazu bei Strafe, nämlich unter dem gesetzlichen Präjudiz: bei Vermeidung doppelter Zahlung (Stempelgesetz v. 7. März 1822 §. 25, Zusammenstellung vom 26. Sept. 1842 §. 16 ZMB. 1842 Beilage zu Nr. 42) aufgefordert worden war. Das hier zunächst in Betracht kommende Gesetz vom 24. Mai 1861 erheischt auch, wie judex a quo mit Recht geltend macht, einen schriftlichen Vorbehalt nach Maßgabe des allegirten §.161 nicht. Nachdem der §. 11 im Gegensatze zu der Bestimmung der Allerh. Kab.-Ordre v.!8.Nov. 1828 (GS. 1829 S. 16 — s. Anm. 54. a) denjenigen, der zur Entrichtung eines Werthstempels garnicht, oder nicht in dem geforderten Betrage verpflichtet zu sein vermeint, für befugt erklärt, dies gerichtlich geltend zu machen, regelt der §. 12 das Verfahren näher dahin: die Klage ist bei Verlust des Klagerechts binnen sechs Monaten nach erfolgter Bei­ treibung oder mit Vorbehalt geleisteter Zahlung des Stempelbetrages anzubringen, ohne sich über die Form dieses Vorbehalts näher auszusprechen, namentich ohne besonders anzu­ ordnen, daß derselbe nothwendig und ebenfalls bei Verlust des Klagerechts schriftlich erklärt, oder in der vom Zahlungsnehmer ausgestellten Quittung anerkannt fern müsse. Wie das Stempel­ steuer-Gesetz vom 7. März 1822 für den ganzen Umfang der damaligen Monarchie ergangen ist, so findet auch das oft allegirte Gesetz vom 24. Mai 1861 nicht blos in den Landestheilen, in welchen das Allg. Landrecht gilt, sondern in gleicher Weise auch in den Geltungsbereichen des ge­ meinen wie des französischen Rechts Anwendung. Eben deshalb erscheint es aber nicht zulässig oder angemessen, dessen Bestimmungen in einer solchen Formfrage allein nach den Vorschriften des Allg. Landrechts zu erklären und zu ergänzen, namentlich aber die im §. 11 gestattete Klage le­ diglich um deshalb zu versagen, weil der Vorbehalt bei der geleisteten Zahlung nur mündlich er­ folgt ist, also dem §. 161 Tit. 16 Th. 1 des ALR. nicht entspricht. Es würde dies zü der von dem Gesetzgeber gewiß nicht beabsichtigten Znkonvenienz führen, daß die Klage des §. 11 unter solchen Umständen im Geltungsbereiche des Allg. Landrechts zurückgewiesen werden müßte, während in denjenigen Landestheilen, in welchen eine dem §. 161 l.c. entsprechende Formvorschrift nicht be­ steht, auch ein blos mündlicher Vorbehalt zur Erhaltung des Klagerechts des Betheiligten hinreichen würde. Es bleibt daher nichts weiter übrig, als bei dem Wortlaute des §. 12 „mit Vorbehalt geleisteter Zahlung" stehen au bleiben, und im gegenwärtigen Falle und unter den hier obwal-> lenden Umständen den von Dem Kläger bei der Zahlung gegen die steueramtlichen Kassenbeamten ausgesprochenen Vorbehalt hier für zulässig und ausreichend anzusehen. (Str.A. B. 54 S. 145 — s. Anm. 39. bj. In den Gründen des von dem Verklagten mit der Appellations-Rechtfertigung eingereichten diesseitigen Erkenntnisses vom 24. Februar 1868 in Sachen Fiskus wider L. (s. Anm. 40. a) heißt es nach dieser Richtung hin mit Bezug auf die besondere Lage jenes Falles: „Kläger will den streitigen Stempelbetrag dem Notar, der das gegen seinen Nota­ riats-Akt gezogene Stempel-Monitum zu erledigen hatte, gezahlt, und hierbei mündlich den Vorbehalt gemacht, auch den Notar zur Klage auf Erstattung beauftragt haben. Ob ein solcher weder schriftlich erklärter, noch in der Quittung über die Zahlung anerkannter Vorbehalt von Wirksamkett sei, kann hier dahingestellt bleiben. Im vorliegenden Falle muß die Zahlung als eine unter Vorbehalt geleistete gelten, da Kläger schon vor der Zahlung gegen das Stempel-Monitum bei dem Appellationsgerichte zu Frankfurt Einspruch gethan hat, der jedoch nicht von Erfolg gewesen ist." Die eigentliche juristische Streitfrage, wie solche hier hervortritt, ist damals also unerörtert und unensschieden geblieben, weil die besonderen Umstände jenes Falles dazu nicht nöthigten. Zm gegenwärtigen Falle hat der Kläger nun, wie Verklagter ausdrücklich zugiebt, bei Einzahlung der 519 Thaler 10 Sgr. mit den Steuerbeamten gesprochen und geäußert: er wolle klagen. Damit hat er bei der Einzahlung des von ihm erforderten weiteren Erbschaftsstempels gegen die Steuer­ beamten, die gesetzlichen Vertreter des Fiskus, seine Absicht, von der ihm int §. 11 1. c. einge­ räumten Befugniß, seine Nichtverpflichtung zur Entrichtung jenes höheren Crbschaftsstempel-Betrages gerichtlich geltend zu machen, Gebrauch zu machen, genügend und an geeigneter Stelle kundgethan, und die so geschehene Zahlung des Klägers muß daher allerdings als mit Vorbehalt geleistet im Sinne des §. 12 1. c. angesehen werden. Ein gesetzliches Mittel: die Steuerbeamten zu nöthigen, seinen so erklärten Vorbehalt in ihrer Quittung anzuerkennen, stand dem Kläger ohnehin nicht zu Gebote. Dieser Präjudizial-Einwand des Verklagten ist daher mit Recht von dem Appellations­ richter verworfen worden.

Gesetz §. 2.

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Gesetzes vom 24. Mai 1861, betreffend die Erweiterung deS Rechtsweges, ein Klagerecht gegeben. Erk. deS OT. (I. 709/63) v. 9. Sept. 1863 (GA. B. 15 S. 600 sub Nr. 5 — irrthümlich daselbst vom Jahre 1864 datirt). 4L a. Ist gegen den Fiskus Klage wegen eines geforderten Stempels erhoben, zu dessen Entrichtung der Kläger gar nicht oder nicht in dem geforderten Betrage verpflichtet zu sein ver­ meint, so ist der Richter in seiner Beurtheilung nicht auf die vom Kläger vorgebrachten Gegen­ gründe beschränkt, vielmehr ist der Fiskus die Stempelpflichtigkeit der Urkunde zu begründen ver­ pflichtet. Erk. des OT. (I) v. 3. Sept. 1866 (Str. A. B. 68 S. 7).1) 42. b. Ebenso wie im Untersuchungsverfahren dem Angeklagten der Beweis der begangenen Stempeldefraudation geführt werden muß, ebenso gilt dieser Grundsatz auch im Civilprozesse, wenn Seitens dessen, welchem eine Stempelsteuer abgefordert wird, auf Befreiung von der Stempelsteuer geklagt wird. Es liegt auch hier dem Fiskus der Beweis ob, daß eine Stempelsteuer zu ent­ richten gewesen sei. Erk. des OT. (I) v. 22. Febr. 1867 (GA. B. 15 S. 609 sub Nr. 43); vergl. Anm. 43 sub b. 43. Erk. des OT. (I) v. 16. Juni 1865 (Str. A. B. 58 S. 348, Entsch. B. 54 S. 393): a. Ist die über ein Kaufgeschäft abgeschlossene Urkunde vor Verwendung des Stempels vernichtet worden, so genügt zur Feststellung ihrer Stempelpflichtigkeit keineswegs der bloße Nachweis, daß darin die Essentialien eines Kaufs enthalten gewesen sind; vielmehr muß deren ganzer In­ halt dargethan werden, weil sich nur dadurch beurtheilen lasse, ob ein nach der Kab.-Ordre v. 19. Juni 1834 (s. Anm. 5 zu §. 12) formell gültiges Kaufgeschäft abgeschloffen sei, da die Kontrahenten außerdem Erklärungen abgegeben haben können, die das Zustandekommen eines gültigen Kaufs direkt verhindern; vergl. jedoch Anm. 44.a, b nebst Note; s. auch Anm. 4 zu §. 21. b. Ist die Stempelsteuer nur mit Vorbehalt geleistet, und wird der Betrag im Wege der Klage zurückgefordert, so ist es Sache des verklagten Steuerfiskus, die Stempelpflichtigkeit der Urkunde darzuthun, wenn er den Anspruch auf Rückerstattung beseitigen will; vergl. Anm. 42.a, b. c. Wird der Fiskus zur Zurückzahlung eines mit Vorbehalt gezahlten Stempelbetrages verurtheilt, so hat er als unrechtfertiger Besitzer des Kapitals statt der Nutzung landübliche Zinsen durch die ganze Zeit seines Besitzes zu entrichten; denn Fiskus habe als unrechtfertiger Besitzer 5 Prozent Zinsen seit dem Tage der Einzahlung des Stempelbetrages zu entrichten — ALR. Th. 1 Tit. 7 § 232; es handle sich also nicht um Zögerungszinsen, und die allein hierauf bei) Die Erk.-Gründe lauten: Der Appellationsrichter hat aus zwei selbstständigen Gründen den Fiskus zur Erstattung des defektirten und eingezahlten Stempels verurtheilt: es sei 1) in dem Notariats-Akte ein perfekter Vertrag überhaupt nicht enthalten; dann falle 2) das Geschäft nicht unter den Begriff eines Leibrenten-Vertrages, weder im Sinne des ALR. I. 11 §. 606 ff., noch im Sinne des Stempeltarifs. Unter den Angriffen wider beide Gründe rügt Fiskus gegen den ersten derselben: von den Klägern sei nicht eingewendet, daß durch die Urkunde kein rechtsgültiger Vertrag zu Stande gekommen; der Appellationsrichter verstoße durch Suppeditirung des Entschei­ dungsgrundes gegen Art. 3 Nr. 1 der Deklaration v. 6. April 1839. Der Vorwurf erscheint grundlos. Kläger hatten mit der Klage die Notariatsakte vorgelegt, und zur richterlichen Ent­ scheidung gestellt, ob sie dem Stempel für Leibrentenverträge unterliege. Dies war die streitige Frage, über welche der Prozeß schwebte und in zwei Instanzen verhandelt ist. Nun ist zwar in der Klage nur geltend gemacht, daß das in dem Notariatsakte enthaltene Geschäft nicht den Cha­ rakter eines Leibrenten-Vertrages an sich trage, dagegen die Perfektion des Vertrages nicht be­ mängelt. Allein der Appellationsrichter hatte über die Stempelpflichtigkeit der Urkunde zu er­ kennen (§. 11 des Gesetzes vom 24. Mai 1861) und war in seiner Beurtheilung auf die von den Klägern vorgebrachten Gegengründe nicht beschränkt. Es war vielmehr Sache des Fiskus, die Stempelpflichtigkeit der Urkunde zu begründen, und gab ihm der klagbar gemachte Erstattungs­ Anspruch Veranlassung, sich über den aus deren Inhalt herzunehmenden Anstand zu erklären. — Die Nichtigkeitsbeschwerde des Fiskus gegen das ihn verurthejlende Erkenntniß zweiter Instanz ist hiernach durch obiges Urtheil verworfen.

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Gesetz §. 2. zügliche Bestimmung des Ges. v. 7. März 1845 (GS. S. 158) komme daher hier nicht zur An­ wendung. Rücksichtlich der Verpflichtung des Fiskus zur Erstattung der durch Beitreibung eines Stempel-

betrages erwachsenen Exekutionskosten nebst 5 Prozent Zinsen s. Absatz 2 der Note zur Anm. 29.c ZU §. 5. 44.a. Erk. des OT. (1) v. 13. Juni 1866 (OR. B. 7 S. 356, GA. B. 14 S. 568, CB. S. 192 — in diesem Falle handelte es sich nicht um Rückforderung einer Stempelsteuer, sondern um ein Stempelstrafverfahren): 1. Zur Begründung der Stempelpflichtigkeit einer nicht mehr vorhandenen Urkunde genügt es, wenn anderweitig die Nichtverwendung des Stempels und der Inhalt der Urkunde so weit er­ wiesen werden können, als zur Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit und des Maßes derselben erforderlich ist; vergl. die vor. Anm. sub a u. die folg. Anm. nebst Note. 2. Sind Mobiliar-Gegenstände mit Grundstücken zusammen für einen Gesammtpreis verkauft worden, so richtet sich der Stempel nach dem für den Verkauf von Grundstücken geltenden Tarif­ sätze. Liegt der schriftliche Kaufakt nicht vor, so ist es Sache der Kontrahenten, nachzuweisen, daß und welcher besondere Preis für die mitverkauften Mobilien im schriftlichen Kontrakte ver­ abredet gewesen ist. 44. d. Erk. des OT. (I) v. 25. Nov. 1867 (Entsch. B. 59 S. 336): 1, Dem Fiskus, welcher von einer nicht mehr existirenden Kaufpunktation den Kaufstempel fordert, liegt der Beweis ihres Inhalts soweit ob, als zur Beurtheilung ihrer Klagbarkeit und der davon abhängigen Stempelpflichtigkeit erforderlich ist. 2. Die Entscheidung der Frage: in wie weit der Inhalt einer nicht mehr existirenden Kaufpunktation zur Beurtheilung ihrer Klagbarkeit und der davon abhängigen Stempelpflichtigkeit be­ wiesen werden müsse, hängt in jedem einzelnen Falle von thatsächlichen Momenten, nament­ lich davon ab, was dem Richter von dem Inhalte des betreffenden Schriftstücks vorgetragen worden ist.') ') Die Erk.-Gründe lauten im Wesentlichen: An der in dem Erk. v. 16. Juni 1865 (s. Anm. 43) ausgesprochenen Ansicht muß in soweit allerdings festgehalten werden, daß die Klagbarkeit und folgeweise Stempelpflichtigkeit einer nicht mehr vorhandenen Punktation in der Regel nur aus dem nachweisbar zu machenden Ges ammtinh alte derselben beurtheilt werden könne. Soviel er­ scheint jedoch gewiß, daß in jedem Falle eine Feststellung des wörtlichen Inhalts der Urkunde, oder solcher Nebenbestimmungen, welche auf die Erkennbarkeit des urkundlich verabredeten Rechts­ geschäfts, also bei einer Kaufpunktatton des darin vereinbarten Kaufgeschäfts, keinen Einfluß zu äußern geeignet sind, nicht wesentlich nothwendig ist, daß vielmehr zu dem Beweise des Gesammtinhalts einer Kaufpunktation, im Gegensatze zu den einzelnen darin enthalten gewesenen Verab­ redungen, wesentlich nur die Feststellung derjenigen Bestimmungen gehört, welche mit Sicherheit erkennbar machen, daß die Kontrahenten ein Kaufgeschäft zu schließen beabsichtigt haben, also der­ jenigen Verabredungen, aus welchen der Richter die einzelnen dem Gesetze nach zur Beurtheilung, ob die Kontrahenten ein gültiges klagbares Kaufgeschäft abgeschlossen haben, erforderlichen that­ sächlichen Momente im gegebenen Falle als vorhanden ansehen kann und darf. Im Falle, daß die Behauptung des Fiskus: eine nicht mehr vorhandene Punktation habe alle wesentlichen. Verab­ redungen eines Kaufgeschäfts enthalten, einfach bestritten, aber durch den erhobenen Beweis als richtig festgestellt wird, liegen dem Richter keine thatsächlichen Momente vor, welche zu der An­ nahme berechtigen könnten, daß die Punktation noch anderen Inhalts gewesen sei, d. h. daß sie außer dem nachgewiesenen Inhalte noch Besttmmungen enthalten habe, welche den Sinn und die rechtliche Bedeutung der erwiesenen Bestimmungen zweifelhaft zu machen geeignet sein möchten, und weshalb der Richter Anstand nehmen müffe, lediglich sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die erwiesenen — ihm allein bekannt gewordenen — Besttmmungen der Punktation die gesetzlichen Merk­ male eines Kaufgeschäfts darstellen, oder nicht. Anders in dem Falle, wenn derjenige, von welchem Fiskus den Kaufstempel fordert, zwar zugiebt, daß die Punktatton die Essentialien des Kaufes resp. Erklärungen, welche nach den Gesetzen die Merkmale eines Kaufgeschäfts darstellen, enthalten habe, zugleich aber behauptet, daß darin auch noch andere Verabredungen enthalten gewesen seien, welche mit jenen Erklärungen im Widerspruche ständen. Alsdann ist der Gesammtinhalt der Punktatton

Gesetz §. 2. 45. Das Gesetz

vom 24.

Mai

1861 (§. 14)

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greift nur Platz, wenn der Angeklagte seine Der-

streitig, und insofern deren Inhalt dem Richter von den Parteien verschieden vorgetragen wird, ist der Richter in der Lage und genöthigt, zum Zwecke der Beurtheilung, ob die Urkunde als Kauf­ punktation klagbar gewesen sei, auf diese verschiedenen Angaben weiter einzugehen, und zwar zu­ nächst zu prüfen: ob die Anführungen der anderen Parier überhaupt geeignet sind, die nach den Anführungen des Fiskus an sich gerechtfertigte Annahme des schriftlichen Abschlusses eines Kauf­ geschäfts in Zweifel zu stellen, sodann aber, wenn dies der Fall ist, weiter zu erwägen, wem die Beweislast in Betreff des aus den beiderseitigen Anführungen zusammen genommen erkennbar werdenden wirklichen Inhalts der Punktation (ihres Gesammtinhalts) obliegt, und bei dieser Er­ wägung zugleich in Betracht zu ziehen, daß das Geständniß der Gegenpartei des Fiskus ein qualifizirteß, als solches aber nicht theilbar ist, weshalb auch ferner noch zu prüfen, ob unter solchen Umständen nicht der Fiskus den streitigen wirklichen (ganzen) Inhalt der Punktation zu beweisen habe, nämlich: daß in derselben nur (allein) die von ihm gegebenen, die gesetzlichen Merkmale eines Kaufgeschäftes an sich darstellenden Verabredungen, nicht aber auch die vom Gegentheile ange­ führten Erklärungen, welche den wirklichen (gültigen) Abschluß dieses Geschäfts in Zweifel stellen oder gar widerlegen würden, enthalten gewesen sind. Von anderen rechtlichen Voraussetzungen ist auch das Präjudikat vom 16. Zuni 1865 nicht ausgegangen. Bei dem Präjudikate lag der oben ge­ dachte zweite Fall insofern vor, als der Fiskus selbst Abschrift einer außer den Essentialsten des Kaufgeschäfts noch andere Bestimmungen enthaltenden Punktation eingereicht, der Gegner aber die Uebereinstimmung dieser Abschrift mit der nicht mehr existirenden Öriginal-Punktatwn bestritten hatte. Danach beruhte die damals gefällte Entscheidung wesentlich aus der Erwägung, daß der­ jenige, welcher auf eine abschriftlich produzirte Urkunde einen Anspruch gründet, wenn die Richtig­ keit der Abschrift, also der von ihm angegebene Inhalt der Urkunde bestritten wird, seine Angaben über diesen Inhalt nicht blos stellenweise, sondern vollständig, also den angegebenen Gesammtinhalt der Urkunde zu beweisen habe, und daß, ohne diesen Nachweis, dem aus derselben in Anspruch Genommenen der Beweis des Gegentheils nicht obliege. Damit hat aber nicht ausgesprochen werden sollen, und ist auch nicht ausgesprochen worden, daß auch dann, wenn der oben gedachte erste Fall vorliege, nämlich: wenn dem Richter durch die Auslassungen der Parteien gar nicht be­ kannt geworden ist, daß die nicht mehr existirende Punktation außer den erwiesenen Verabredungen der Kontrahenten, welche die Essentialsten eines Kaufgeschäftes darstellen, auch noch andere, diese Ver­ abredungen entkräftende oder doch in Zweifel stellende Erklärungen enthalten habe, zut Beur­ theilung der Klagbarkeit und der davon abhängenden Stempelpflichtigkeit der Punktation die Fest­ stellung ihres Gesammtinhalts unbedingt und allemal erforderlich sei. Mit diesen Rechtsansichten steht auch das neuere Präjudikat des Senats für Strafsachen vom 13. Zuni 1866 (s. Anm. 44. a) nicht nur nicht im Widersprüche, sondern in völligem Einklänge. Denn wenn derselbe die Annahme des Appellationsrichters, daß zur Feststellung der Stempelpflichtigkeit einer über ein Kaufgeschäft errichteten, nicht mehr existirenden Urkunde der bloße Nachweis, daß in derselben die wesentlichen Bestimmungen des Kaufvertrages enthalten seien, nicht genüge, vielmehr deren ganzer Inhalt dargethan werden müsse, weil der Gesammtinhalt bei Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit in Frage komme, in dieser Allgemeinheit als unrichtig bezeichnet und ausgeführt hat: es sei vielmehr ausreichend, wenn der Inhalt des nicht mehr vorhandenen Schriftstückes in soweit anderweitig festgestellt sei, als zur Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit überhaupt und des Betrages des tarifmäßigen Stempels erforderlich sei, und, daß es dazu nothwendig und unter allen Umständen der Feststellung des ganzen Inhalts des Schriftstückes bedürfe, könne nicht behauptet werden, so folgt daraus keineswegs, daß der gedachte Senat angenommen habe: es sei in jedem Falle aus­ reichend, wenn der Inhalt der Urkunde nur dahin festgestellt sei, daß darin auch die wesentlichen Bestimmungen des Kaufvertrages enthalten gewesen seien. Im Gegentheil läßt die negative Fassung des Schlußsatzes in Verbindung mit den vorher gewählten Worten deutlich erkennen, daß der Senat für Strafsachen nicht in Zweifel zieht: es könne Fälle geben, in denen zur Beurtheilung der Steuerpflichtigkeit (resp. Klagbarkeit) einer nicht mehr existirenden Punktation die Feststellung eines blos theilweisen Inhalts derselben nicht ausreichend, vielmehr die des Gesammtinhalts noth­ wendig sei. Die Frage: wem der Beweis im Falle der Nothwendigkeit, den Gesammtinhalt fest­ zustellen, obliege, ist allerdings eine Rechtsftage. Ueber die Beantwortung derselben ist aber durch das Erkenntniß des Senats für Strafsachen vom 13. Zuni 1866 eine Meinungsverschiedenheit mit den diesseits im Erkenntnisse vom 16. Juni 1865 ausgesprochenen, wie oben gezeigt, noch,jetzt an­ genommenen Grundsätzen nicht erkennbar geworden. Dagegen ergiebt die vorstehende Ausführung, daß sich für die Beantwortung der Frage: in wie weit der Inhalt einer nicht mehr existirenden Kaufpunktation zur Beurtheilung ihrer Klagbarkeit und der davon abhängenden Stempelpflichtig­ keit bewiesen werden müsse, keine abstrakte Regeln aufstellen lassen, daß vielmehr ihre Entscheidung in jedem einzelnen Falle von den dem Richter aus den Akten bekannt gewordenen Umständen, resp. von dem, was ihm über den Inhalt des betreffenden Schriftstücks vorgetragen ist, also we­ sentlich von thatsächlichen Momenten abhängt rc.

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Gesetz §. 2.

pflichtun^ zur Entrichtung der Stempel ab gäbe, nicht wenn er seine Verpflichtung zur Erlegung der Stempelstrafe bestreitet. Erk. des OT. (1) v. 6. Febr. 1863 (OR.B. 8 S. 268, GA. B. 11S. 353) u. v. 1. Dez. 1865 (CB. 1866 S. 66, MB. 1866 S. 20). 46. a. Bestreitet der einer Stempeldefraudation Angeklagte die Stempelpflichtigkeit der Urkunde, so muß ihm der Strafrichter eine Frist bewilligen, um die behauptete Nicht-Stempelpflichtigkeit im Civil-Prozeßverfahren geltend zu machen. Erk. des OT. (1) v. 5. Okt. 1866 (OR. B. 7 S. 511). Auch ohne einen hierauf gerichteten Antrag muß in demselben Falle der Strafrichter das Ver­ fahren aussetzen und dem Angeklagten eine Frist zur Beschreitung des Civilrechtsweges bestimmen. Erk. des OT. (1) v. 3. April 1867 (OR. B. 8 S. 223). Desgleichen bei bloßer Behauptung der Nichtstempelpflichtigkeit der Urkunde, ohne Rücksicht darauf, ob und welche Gründe dafür angeführt werden. Erk. des OT. (1) v. 30. April 1873 (OR. B. 14 S. 320, GA. 58.21 S. 366), weil nach §. 14 des Ges. v. 24. Mai 1861 der Angeklagte nur zu behaupten brauche, daß er zur Zahlung der geforderten Stempelsteuer nicht verpflichtet sei. 46. b. Bestreitet der einer Stempeldefraudation Angeklagte die Stempelpflichtigkeit, so muß da§ Gericht das Strafverfahren aussetzen und die Sache zum Civilrechtswege verweisen. Ist dies unter­ blieben, so muß, selbst wenn der Angeklagte die Aussetzung rc. nicht beantragt und die betreffende Unterlaffung in seiner Nichtigkeitsbeschwerde nicht gerügt hat, das Erkenntniß des Znstanzrichters von Amtswegen vernichtet werden. Diese Grundsätze finden auch dann Anwendung, wenn die Stempelpflichtigkeit deshalb bestritten wird, weil die Urkunde an einem aus derselben nicht zu er­ sehenden, ihre Klagbarkeit ausschließenden Formmangel leide. Erk. des OT. (S. f. Str.Pl.) v. 8. Febr. 1864 (OR. B. 4 S. 352, GA. B. 12 S. 293, 3MB. S. 99). 47. a. Ist der einer Stempelhinterziehung Angeklagte vorher mit seiner in Betreff der Stempelpflichtigkeit angestellten Civilklage abgewiesen worden, so ist diese Entscheidung in Betreff der Frage, ob jener zur Entrichtung der Steuer verpflichtet war, für den Strafrichter bindend. Erk. des OT. (1) v. 18. Febr. 1870 (OR. B. 11 S. 108). 47. b. Das im Civilprozeß ergangene Endurtheil ist nach §. 14 des Gesetzes vom 24. Mai 1861 nicht blos bezüglich der Stempelpflichtigkeit überhaupt, sondern auch bezüglich des Stempel­ betrages für die Untersuchung maßgebend. Erk. des OT. (1) v. 21. Sept. 1870 (GA. B. IS S. 769). 48. 3n einer Untersuchung wegen Stempeldefraude muß dem die Stempelpflichtigkeit der Ur­ kunde bestreitenden Angeklagten auch dann eine Frist zur Beschreitung des Civilrechtsweges bestimmt werden, wenn es sich lediglich um die Stempelpflichtigkeit des Neben-Exemplars über einen zwei­ seitigen Vertrag handelt (weil die Stempelpflichtigkeit des Neben-Exemplars von der Stempel­ pflichtigkeit des Haupt-Exemplars abhänge, der Angeklagte also implicite auch die Letztere und die Stempelpflichtigkeit des Miethsvertrages überhaupt bestreite, also seine Verpflichtung zur Zahlung eines Werthstempels, so daß §. 14 des Ges. v. 24. Mai 1861 allerdings Anwendung finde). Erk. des OT. (1) v. 10. Okt. 1866 (OR. B. 7 S. 521, GA. B. 14 S. 775). 49. Die Civilklage des zur Strafe Herangezogenen Behufs der Ausführung, daß er zur Zahlung der Stempelsteuer nicht verpflichtet sei, ist auch in dem wegen blos verspäteter Verwendung eines tarifmäßigen Stempels erfolgten Strafverfahren zulässtg. Erk. des OT. (I) v. 16. Nov. 1866 (Entsch. B. 57 S. 283). 50. Bei der Schlußbestimmung des §. 14 des Gesetzes über die Erweiterung des Rechts­ weges vom 24. Mai 1861: „andernfalls ist das im Civilprozeß ergangene Endurtheil maßgebend" ist als selbstverständlich vorausgesetzt, daß der Prozeßrichter gleichfalls für die Beurtheilung seiner Kompetenz wie des Klagerechts den §. 14 als maßgebend anzusehen hat, also auch die in demselben enthaltene Vorschrift, daß, wenn der zur Untersuchung Gezogene die ihm vom Strafrichter gestellte Frist nicht inne hält, oder ausdrücklich oder stillschweigend von der Klage absteht, deren Wiederauf-

§.

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nähme oder wiederholte Anstellung unstatthaft ist. Erk. des OT. (I) v. 3. März 1871 (Str.A. B. 81 S. 201, Entfch. B. 67 S. 327). 51. Der wegen Stempeldefraudation Herangezogene kann auf die durch das Gesetz vom 24. Mai 1861 ihm beigelegte Befugniß: in Betreff der Frage der Stempelpflichtigkeit auf eine Ent­ scheidung im Civilrechtswege zu provoziren, Verzicht leisten. Findet der Strafrichter, daß die Stempelpflichtigkeit nicht vorhanden, daß die Anklage also nicht begründet ist, so kann er von dieser freisprechen, ohne daß es der Verweisung zum Civilrechtswege bedürfte. Erk. des OT. (2) v. 27. Okt. 1864 (OR. B. 5. S. 209, GA. B. 13 S. 56). 52. Zn Betreff der Stempelpflichtigkeit der Vollmachten, die in einem gegen die Vorschrift des §. 14 des Gesetzes vom 24. Mai 1861 fortgesetzten Strafverfahren beigebracht werden, s. zur Tarifposition „Vollmachten" die Anm. 9. 53. Dem Nichtigkeits-Richter gebührt, wenn die Nichtigkeit des angefochtenen Urtheils auf den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges gestützt wird, eine freie, von den faktischen Voraus­ setzungen des vorigen Richters nicht abhängige Beurtheilung. Erk. des OT. (II) v. 3. Zuni 1869 (Entsch. B. 61 S. 355). 54. Außer den Fällen des §. 11 des Gesetzes vom 24. Mai 1861 (s. Anm. 34. a) ist der Rechtsweg im Allgemeinen unstatthaft: a. Kab.-O. v. 18. Nov. 1828 (G.S. 1829 S. 16): Was die Erörterungen im Berichte des Staatsministeriums wegen der Zulässigkeit des Rechtsweges über die Stempelpflichtigkeit eines Ge­ genstandes und über die Anwendung des Tarifs betrifft, so ist dieserhalb ein besonderes Gesetz nicht erforderlich, da die Stempelsteuer zu den allgemeinen Staatsabgaben gehört, und es bereits ge­ setzlich feststeht, daß über die Verbindlichkeit zu deren Entrichtung der ordentliche Weg Rechtens nicht stattfindet, wovon eine Ausnahme nur zulässig ist, wenn in den Fällen des §. 3 lit. i des Stempelgesetzes die Befteiung besonderer Anstalten, Gesellschaften und Personen von gewiffen Stempelabgaben unter dem Widersprüche der Steuerverwaltung behauptet wird. Wer außer diesen Fällen vermeint, daß er bei Festsetzung oder Einziehung einer Stempelsteuer dem Gesetze nicht ge­ mäß behandelt worden, hat seine Beschwerde gegen die festsetzende Behörde im Wege der verfaffungsmäßigen Instanzen zu verfolgen. b. Erkenntnisse des Königl. Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenz-Konflikte (über die Anwendung des Ges. v. 8. April 1847, betr. das Verfahren bei Kompetenz-Konflikten zwischen den Gerichten und Verwaltungsbehörden, GS. S. 170, in den neuen Landestheilen s. Verordnung v. 16. Sept. 1867, GS. S. 1515]: 1. v. 15. Dez. 1849 (ZMB. 1850 S. 35): Unzulässigkeit der Klage wegen Wiedererstattung ge­ zahlter Stempelsteuer; v. 22. März und 24. Zuni 1851 (ZMB. S. 174, 271): Unzulässigkeit des Rechtsweges über die Verbindlichkeit zur Entrichtung der Stempelsteuer (im letzteren Falle war Steuerfiskus Litisdenunciat); 2. v. 8. April 1854 (ZMB. S. 367): Unzulässigkeit des Rechtsweges über die Entrichtung all­ gemeiner Staatsabgaben auch in der Rheinprovinz (vergl. auch die Gründe des Erk. sub Nr. 3); desgleichen nach dem Erk. v. 2. Okt. 1858 (ZMB. 1859 S. 53) in Neu-Vor­ pommern; 3. v. 25. Okt. 1856 (ZMB. 1857 S. 117, CB. 1857 S. 161 - für einen Fall in der Rhein­ provinz ergangen): Gegen die Verbindlichkeit zur Entrichtung öffentlicher Abgaben und Ge­ fälle kann der Einwand der Verjährung im Wege Rechtens nur alsdann geltend gemacht werden, wenn der Schuldner behauptet, daß er eine Steuer-Exemtion durch Verjährung erworben habe, nicht aber wenn der Einwand dahin gerichtet ist, daß die Steuerforderung des Fiskus wegen Ablaufs der Verjährungsfrist erloschen sei; ebenso nach dem zu 2 citirten Erk. v. 2. Okt. 1858;

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Gesetz §. 2.

4. v. 11. März 1871 (ZMB. S. 122 — für einen Fall in Neu-Vorpommern ergangen): Zu­ lässigkeit des Rechtsweges, wenn die Verbindlichkeit zur. Entrichtung einer öffentlichen Ab­ gabe auf. Grund eines besonderen Privilegiums bestritten wird; 5. v. 12. Zuni 1869 (ZMB. S. 185): Ueber die Veranlagung von Steuern findet der Rechts­ weg in den neuen Landestheilen nur insoweit Statt, als dies nach den allgemeinen Grund­ sätzen der Preußischen Gesetzgebung zulässig ist. Ein Anspruch auf Befreiung von öffent­ lichen Abgaben kann hiernach nur alsdann im Rechtswege geltend gemacht werden, wenn der Anspruch auf Vertrag, Verjährung oder einem besonderen Privilegium begründet ist; 6. v. 12. Okt. 1872 (ZMB. S. 319): Zulässigkeit des Rechtsweges bei Znterventionsansprüchen dritter Personen auf die von der Steuerbehörde abgepfändeten Gegenstände. 7. Der Kompetenz-Konflikt ist unzulässig: a. gegen rechtkräftige Entscheidungen der Gerichtsbehörden, Erk. v. 8. Dez. 1860 (ZMB. 1861 S. 233); auch wenn die Behauptung aufgestellt wird, daß das betreffende Gericht zur Entscheidung des Rechtsstreites nicht kompetent gewesen sei, Erk. v. 9. März 1867 (ZMB. S. 170); ein rechtskräftiges Erkenntniß steht jedoch der Erhebung des Kompetenz-Kon­ fliktes nur insoweit entgegen, als derselbe nicht gegen das, was durch Judikat festgestellt worden ist, gerichtet werden darf, Erk. v. 10. März 1860 (ZMB. 1861 S. 260); b. wenn der von der Verwaltungsbehörde erhobene Einwand der Unzulässigkeit des Rechts­ weges von den Gerichten rechtskräftig verworfen ist. Erk. v. 12. Jan. 1867 (ZMB. S. 150). 8. Der Kompetenz-Konflikt ist zulässig: a. so lange das Erkenntniß noch nicht die Rechtskraft beschritten hat, wenn dasselbe auch von den prozeßführenden Parteien selbst nicht angefochten worden ist. Erk. v. 12. Okt. 1861 (ZMB. 1862 6. 97); b. sowohl in der Rekurs-, als auch in der Nichtigkeitsbeschwerde-Instanz. Erk. v. 11. Mai 1861 (ZMB. 1862. S. 108); c. nach der Rheinischen Prozeß-Ordnung auch gegen solche Erkenntnisse, welche zwar in letzter Instanz ergangen, hinsichtlich der Kompetenzfrage aber der Berufung unterworfen sind. Erk. v. 3. April 1858 sub Nr. 2 (ZMB. S. 339). 9. Die das Rechtsverfahren hemmende Wirkung der Erhebung des Kompetenz-Konflikts be­ ginnt mit der Uebersendung des Konfliktsbeschluffes an die betreffende Gerichtsbehörde, nicht erst mit der Zustellung des Beschlusses an die Parteien. Erk. zu 8. c sab Nr. 1. 10. Die Befugniß der Behörden zur Erhebung des Kompetenz-Konflikts kann durch den Willen der betheiligten Parteien weder ausdrücklich noch stillschweigend aufgehoben werden. Erk. zu 8. c sub Nr. 3. tDurch ZMR. v. 2. Jan. 1871 wird sämmtlichen Gerichten das in Komp.-Konfliktsfällen von ihnen zu beobachtende Verfahren in Erinnerung gebracht, und zugleich ein Sachregister der Erkenntnisse des Gerichtshofes zur Entscheidung der Komp.-Konflikte mitgetheilt, JMB. S. 2 ff.] F. Strafrichterliche Festsetzung der Stempelsteuer und deren Beitreibung. 55. a. Zn Steuerdefraudationssachen darf von den Gerichten über die Verpflichtung zur Zah­ lung der Steuer nicht erkannt werden. JMR. v. 4. Febr. 1835, im Einverst. des FM. (v. KI. B. 48 S. 280); in Erinnerung gebracht durch ZMR. v. 12. Mai 1853 (ZMB. S. 190); letzteres ist mit­ getheilt durch FMR. v. 17. dess. M. (CB. S. 111), mit der Anweisung, daß, wenn dennoch Fälle vorkommen sollten, in denen die in jenem Reskript ertheilte Vorschrift, wonach die Gerichte in Untersuchungssachen wegen Steuerdefraudationen sich des Erkennens auf Zahlung der defraudirten

Gesetz §. 2.

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Steuer zu enthalten haben, nicht beachtet worden, der Direktor oder Präsident des betreffenden Gerichts jedesmal darauf aufmerksam zu machen ist. 55. b. Durch die allgemeine Verfügung vom 12. Mai 1853 (s. vorige Anm.) sind die Ge­ richtsbehörden auf die ^Bestimmungen hingewiesen worden, aus denen sich ergiebt, daß in Unter­ suchungen wegen Steuerdefraudationen die von der gesetzlichen Strafe unabhängige Verpflichtung zur Zahlung der Steuer selbst kein Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sein kann. Dessen­ ungeachtet sind nach einer Mittheilung des H. Finanz-Ministers auch neuerlich mehrfach Fälle vor­ gekommen, in denen von den Gerichten neben der Strafe der Steuerdefraudation auf Nachzahlung der umgangenen Gefälle erkannt und überdies deren Betrag irrig berechnet, in Folge deffen auch die Höhe der Strafe unrichtig festgesetzt worden ist. Der Justiz-Minister findet sich daher veran­ laßt, die Gerichte wiederholt auf die in dieser Hinsicht maßgebenden, auf den Vorschriften des §. 78 Tit. 14 Th. 2 des Mg. Landrechts und des §. 36 der Verordnung vom 26. Dez. 1808 beruhenden Grundsätze aufmerksam zu machen, welche nach der Verordnung vom 16. Sept. 1867 auch in den neu erworbenen Landestheilen Anwendung finden, und sowohl im §. 61 der Steuer-Ordnung vom 8. Februar 1819, als auch in den Verordnungen vom 11. Mai 1867' über die Besteuerung des Branntweins (§. 51), des Braumalzes (§. 24) und des inländischen Tabacks (§. 17) noch besonderen Ausdruck erhalten haben. Da übrigens die Höhe der zu erkennenden Strafe durch den Betrag der defraudirten Steuer bestimmt wird, so wird, der Regel nach, auch bei Abmeffung der Strafe der von der Verwaltungs­ behörde festzusetzende Steuerbetrag zu Grunde zu legen sein. JMR. v. 4. Juni 1868 an sämmtl. Gerichtsbehörden (JMB. S. 233, CB. S. 174, MB. S. 235). 55. c. Im Falle einer Stempeldefraude darf der Strafrichter nicht auf Nachbringung des tarifmäßigen Stempels erkennen. Erk. des OT. (2) v. 2. Okt. 1856 sub Nr. 5 (JMB. S. 350); ebenso Erk. des OT. (S. f. Str.Pl.) v. 27. Jan. 1862 snb Nr. 2 (in den Gründen dieses Erk. heißt es: auf Entrichtung oder Nachbringung einer Stempelsteuer zu erkennen, laufe der Bestim­ mung der Kab.-Ordre v. 18. Nov. 1828 (s. Anm. 54. a) zuwider; auch durch das Gesetz v. 24. Mai 1861 (s. Anm. 34. a) sei die Befugniß dazu keineswegs dem Strafrichter, vielmehr nur dem Civilrichter beigelegt); auch Erk. des OT. (1) v. 11. Jan. 1865 sub Nr. 2 (OR. B. 5 S. 403). 55. d. Erk. des Ober-Appell.-Ger. (II) v. 3. Febr. 1869 (GA. B. 17 S. 290), wonach der in den Justiz-Ministerial-Reskripten v. 4. Febr. 1835, 12. Mai 1853 und 4. Juni 1868 aus­ gesprochene Grundsatz, betr. die Unstatthaftigkeit der Verurtheilung zur Erlegung hinterzogener Steuern in den Straf-Erkenntnissen der Gerichte, zufolge der Verordnung v. 16. Sept. 1867 auch in den neuen Landestheilen zur Anwendung kommt. (Der diesem Erkenntnisse zu Grunde liegende Spezialfall betraf die von dem erkennenden Richter ausgesprochene Verpflichtung eines wegen Zoll­ defraudation verurtheilten Angeklagten zur gleichzeitigen Entrichtung der gesetzlichen Zollabgabe). 56. Hinsichtlich der Grundsteuerreste ist, wie ich der Königl. Regierung auf den Bericht vom rc. erwidere, bereits unter dem 23. Dez. 1837 eine allgemeine Verfügung an sämmtliche Königl. Re­ gierungen dahin ergangen, daß lediglich zum Zwecke der Einziehung der Steuer Subhastationen ohne diesseitige Genehmigung nicht beantragt werden sollen. Hiernach ist auch dann zu verfahren, wenn wegen rückständiger Stempelsteuer oder anderer indirekter Steuern zur Subhastation zu schreiten beabsichtigt wird. FMR. v. 20. März 1851 (CB. S. 74.)

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.Gesetz §. 2. Zusatz zu §. 2 -eS Gesetze-.

Porto-Srstimmirngrrr. 1. Durch das Gesetz, betr. die Portofreiheiten im Gebiete des Norddeutschen Bundes, v. 5. Zuni 1869 (BGbl. S. 141) sind — außer in reinen Bundesdienst-Angelegenheiten zwischen Bundes­ behörden in Bundesrathssachen, sowie in Militair- und Marine-Angelegenheiten, als reinen BundeSdienst-Angelegenheiten, und in einigen anderen hier nicht interessirenden Fällen —- alle übrigen bisher bestandenen Portofreiheiten und Porto-Ermäßigungen aufgehoben. 2. Regulativ des Staats-Ministeriums über die geschäftliche Behandlung der Postsendungen in Staatsdienst-Angelegenheiten, v. 28. Nov. 1869 (CB. 1870 S. 2, MB. 1869 S. 274, JMB. 1869 S. 254) §. 1: Alle Postsendungen zwischen Königlichen Behörden, einschließlich der einzeln stehenden, eine Behörde repräsentirenden Beamten sind bei der Absendung zu frankiren. Ebenso ist hinsichtlich der von Königlichen Behörden abzuraffenden Postsendungen an andere Empfänger zu verfahren, wenn dieselben entweder a) nicht im Interesse der Empfänger, sondern ausschließlich im Staatsinteresse erfolgen, oder b) an eine Partei gerichtet sind, welche nach den bisher geltenden Vorschriften auf portofreie Zustellung einen Rechtsanspruch hat, oder c) in einer Prozeß- oder Vormundschaftssache ergehen, für welche einer Partei das Armen­ recht bewilligt ist. Alle sonstigen, von Königlichen Behörden ausgehenden Postsendungen sind unfrankirt ab­ zulassen rc. 3. Instruktion des M. f. die landwirthsch. Angel., des M. d. 3- und des FM. zur Ausfüh­ rung des Regul. v. 28. Nov. 1869 (s. vorige Anm.), v. 22. Dez. 1869 (CB. 1870 S. 3 ff., MB. 1870 S. 2 ff.) §. 2: Bei allen Postsendungen, welche von einer Königlichen Behörde nicht an eine solche, sondern an andere Empfänger abgelassen werden, ist sorgfältig zu prüfen, ob dieselben aus­ schließlich im Staats-Znteresse erfolgen oder nicht (§. 1. a des Regulativs — s. vorige Anm.). Zu den Sendungen der letzteren Art, welche unfrankirt abzuschicken sind, gehören insbesondere: 2) Sendungen an die Mandatare des Fiskus in Prozeßsachen des Letzteren — 8) Aufforderungen zur Zahlung rückständiger Abgaben, Gebühren und Kosten — 9) Sendungen von Stempelpapier an Notare (s. Anm. 4 Nr. 5 und Anm. 8) — 10) Sendungen in Erbschaftsstempelsachen (s. Anm. 5 Abs. 2, 3) — 15) Strafverfügungen. 4. FMR. v. 2. Zan. 1870 (CB. S. 18, MB. S.49): 4. Die amtliche Korrespondenz rc. zwischen Preußischen Behörden und Beamten, welche sich auf die Bundessteuern bezieht, ist portopflichtig. — 5. Außer den im §. 2 Nr. 9 der Instruktion vom 22. Dez. 1869 (s. vorige Anm.) erwähnten Sendungen von Stempelpapier an Notare sind auch die Sendungen von Stempel Materialien an Stempelvertheiler und Pfarrer, sowie die Geldsendungen für empfangene Stempel­ materialien und die darauf bezügliche Korrespondenz portopflichtig. 5. 3n administrativen Untersuchungssachen (Disziplinar-, Steuerdefraudationssachen u. s. w.) sind die Postsendungen zwischen Königlichen Behörden nach §. 1 der Instruktion vom 22. v. M. zu frankiren. Die hierdurch bei den Provinzialbehörden und der Centralbehörde entstehenden Porto­ auslagen werden aber weder von der zur Wiedereinziehung der Kosten verpflichteten Behörde (dem Hauptamts) durch Baarsendung oder Abrechnung erstattet, noch im Wege der Postvorschußnahme gedeckt. Es ist vielmehr nur dafür Sorge zu tragen, daß die in Rede stehenden Portoauslagen bei den Provinzialbehörden vollständig notirt und der mit der Einziehung der Untersuchungskosten beauftragten Behörde (dem Hauptamts) aufgegeben werden, damit letztere dieselben ebenso wie die bei ihr selbst entstandenen Portoauslagen von den kostenpflichtigen Interessenten wieder einzieht.

Auf die Korrespondenz in dergleichen Untersuchungssachen findet die Anordnung im §. 6 Nr. 1 des Regulativs vom 28. Nov. v. Z. keine Anwendung. Postsendungen zwischen den Behörden in ad­ ministrativen Untersuchungssachen find, um die Notirung und Wiedereinziehung der Portobeträge zu sichern, stets in besonderen Couverts abzulassend) Die Erbschaftssteuer-Fiskalate sind zu denjenigen Behörden zu rechnen, auf welche sich die Be­ stimmung unter Nr. 7 des Erlasses vom 2. d. M. bezieht.*2) Dieselben werden von den an ihrem Wohnsitze befindlichen Hauptämtern mit Freimarken für ihre dienstliche Korrespondenz versehen und die für die Fiskalate kontirten Portobeträge werden bei den betreffenden Hauptämtern rechnungs­ mäßig behandelt. Daß die Fiskale diejenigen Postsendungen, welche sie an die Bürgermeister oder Pfarrer bei Rückfragen in Betreff der Todtenlisten ablassen, in der Regel zu frankiren haben, unterliegt keinem Zweifel. FMR. v. 31. Zan. 1870 (CB. S. 152); s. Anm. 3 §. 2 Nr. 10. In Betreff des Porto in Erbschaftssteuer-Sachen vergl. a) bezüglich der Verhandlungen mit den Steuerpflichtigen und sonstigen Verpflichteten, §. 46 Absatz 2 des Ges. v. 30. Mai 1873 (GS. S. 329); b) bezüglich der Sendung der Todtenlisten und Vakatanzeigen Seitens der Geist­ lichen und Civilstandsbeamten an die Erbschaftssteuerämter resp. wegen Rubrizirung dieser Sendungen, Bekanntm. des M. d. Z., des FM. u. des M. d. geistl. rc. Angel, v. 3. Dez. 1873 im vorletzten Absatz (CB. 1874 S. 38, MB. 1874 S. 25) - s. im Anhang. 6. Zn dem Berichte vom 9. d. M. haben Ew. rc. die Frage angeregt, ob die Portoauslagen für die dienstliche Korrespondenz zwischen verschiedenen Behörden in Angelegenheiten, bei welchen ein anderes als das Staatsinteresse konkurrirt (z. B. bei der Erledigung von Gesuchen um Zoll­ begünstigungen, Beschwerden, Restitutionsanträgen u. dgl. nt.) von den Interessenten wieder einzu­ ziehen seien und wie im Falle der verweigerten Erstattung zu verfahren sein würde. Diese Fragen erledigen sich durch die Bestimmung im §. 4 des Regulativs über die geschäftliche Behandlung der Postsendungen vom 28. Nov. v. Z. (s. Anm. 2). Daselbst ist angeordnet, daß es in Betreff der Wiedereinziehung derjenigen Portobeträge, zu deren Erstattung die Interessenten verpflichtet sind, lediglich bei den bisherigen Vorschriften bewendet. Es folgt hieraus, daß in denjenigen Angelegen­ heiten der obenbezeichneten Art, in welchen bisher für die Korrespondenz zwischen den bei der Er­ ledigung betheiligten Behörden Porto nicht anzusetzen und von den Interessenten nicht zu erstatten war, auch fortan die Wiedereinziehung der Auslagen für die nunmehr portopflichtig zu befördernden Sendungen nicht stattfindet. FMR. v. 31. Zan. 1870 (CB. S. 153, 154). 7. a. Sendungen an Kommunalbehörden aus Anlaß der Beitreibung der bei diesen Behörden defektirten Stempel sind unfrankirt abzulassen, da die bezüglichen Korrespondenzen nur in den Fällen nöthig werden, in denen die Kommunalverwaltungen, ungeachtet der im §. 30 des Gesetzes vom 7. März 1822 ihnen auferlegten Verpflichtung, nicht ausreichend auf die Befolgung der *) Zm §. 6 des Regulativs (s. oben Anm. 2) ist nämlich angeordnet, daß die Königl. Be­ hörden in ihrem Geschäftsverkehr auf thunlichste Beschränkung der Porto-Ausgaben Bedacht zu nehmen haben, und sub Nr. 1 daselbst ist bestimmt, daß, wenn mehrere. Briefe gleichzeitig an eine Adresse abgesandt werden sollen, dieselben in ein gemeinschaftliches Couvert zu verschließen sind. 2) Das oben allegirte FMR. v. 2. Zan. 1870 (CB. S. 18, MB. S. 49) bestimmt unter Nr. 7: Zu den im §. 8 des Regul. v. 28. Nov. 1869 (CB. 1870 S. 2, MB. 1869 S. 274, ZMB. 1869 S. 254) erwähnten Königlichen Behörden und einzeln stehenden Königl. Beamten, bei welchen eine selbstständig Rechnung legende Kaffe nicht vorhanden, und denen die Kasse zu bezeichnen ist, von welcher die Portoauslagen zu erstatten und zu verrechnen sind, gehören die Nebenzollämter I, die Untersteuerämter, die Salzsteuerämter, die Zoll- und Steuer-Expeditionen an Eisenbahnen, die Hypothekenbewahrer und die Ober-Grenz- und Ober-Steuer-Kontroleure. Diesen Stellen und Beamten ist von dem ihnen vorgesetzten Haupt-Amte eine angemessene Anzahl Dienstfreimarken zu überweisen, über deren Verwendung dieselben einen speziellen, monatlich abzuschließenden Nachweis zu führen haben, dessen sorgfältige Prüfung den Kassenrevisoren beziehungsweise Ober-Znspektoren obliegt.

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Gesetz §. 2, 3.

Stempelgesetze gehalten haben. Zn Stempel strafsachen fungiren dagegen die Kommunalbehörden ohne jede Verschuldung und ohne eigenes Interesse; es kann daher die Berichtigung der Portokosten für die in diesen Angelegenheiten erforderlich werdenden Postsendungen von den Magisträten nicht verlangt werden, vielmehr sind die Portoauslagen für letztere Sendungen aus der Staatskasse zu bestreiten. FMR. v. 20. März 1870 (CB. S. 154, 155). 7. b. Wenn auch die Stempelrevisionen ausschließlich im Staatsintereffe erfolgen, so läßt sich dasselbe von der mit Uebersendung der Revisionsverhandlung verbundenen Aufforderung an den Notar, die defektirten Stempel nachzubringen, um so weniger annehmen, als der Notar für dieselben persönlich verhaftet ist (Ziffer 4 der Allerh. Ordre vom 19. Zuni 1834 — s. Anm. 5 zu §. 12). Diese Aufforderung würde nicht erforderlich sein, wenn die Verwendung des defektirten Stempels rechtzeitig erfolgt wäre. Ob die der Aufforderung zu Grunde liegende Entscheidung der Steuer­ behörde über die Nothwendigkeit der Stempelverwendung im weiteren Verlaufe etwa zurückgezogen werden muß, das kann im gegenwärtigen Stadium der Sache weder untersucht, Noch überhaupt berücksichtigt werden. Demgemäß mußte das fragliche Schreiben von der Königl. Regierung nach §. 1 Absatz 2 des Regulativs v. 28. Nov. 1869 (s. Anm. 2) unfrankirt abgelassen und von dem Notar mit Porto belastet angenommen werden. Das Königl. Appellationsgericht wird daher ange­ wiesen, den fraglichen Brief der Königl. Regierung daselbst auf deren erneutes Ersuchen dem Rechts­ anwalt und Notar V. auf kessen Kosten behändigen zu lassen und demselben die Erstattung des durch Rücksendung des Briefes entstandenen Portos von 2 Sgr. aufzugeben. ZMR. v. 4. Nov. 1870 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 12. dess. M. III 17623 an d. Reg. daselbst. 8. Aus der Bestellung von SLempelbogen zum Werthe von über 100 Thaler bei den Unter­ ämtern dürfen, durch die in Folge dieser Bestellung erforderlich werdenden Berichte an das Hauptamt, durch die Uebersendung der Bogen an das Unteramt und durch die Einsendung des Geldbetrages Seitens deS Letzteren an das Hauptamt, dem Fiskus Portoauslagen nicht erwachsen. Die Unter­ ämter sind demgemäß zu veranlassen, die bei ihnen eingehenden Bestellungen auf solche Stempel­ bogen an die vorgesetzten Hauptämter zu verweisen, welche letzteren nach der Cirk.-Verfügung vom 28. März 1822 (v. KA. B. 6 ©. 20 — s. Anm. 1 Absatz 2 zu §. 38) den Geldbetrag einzuziehen und anzunehmen haben. Dagegen fallen diejenigen Portoauslagen, welche durch die Berichte der Hauptämter an die Provinzialbehörden und durch die Uebersendung der Stempelbogen Seitens der Letzteren an die Hauptämter entstehen, der Staatskasse zur Last, weil auch bisher schon für diese Angelegenheiten Porto nicht anzusetzen war (cfr. die Cirk.-Verf. v. 31. Jan. d. Z. CB. S. 153 — s. Anm. 6). Sollte gelegentlich einer Bestellung bei einem Unteramte der Extrahent sich erbieten, die Eingangs gedachten, erwachsenden Portoauslagen zu tragen, so hat das Unteramt in der bisher üblich gewesenen Art das Erforderliche wegen Beschaffung des Stempelpapiers zu veranlassen und das Porto einzuziehen. FMR. v. 16. Mai 1870 (CB. S. 269); s. Anm. 3 §. 2 Nr. 9 u. Anm. 4 Nr. 5. 9. Bescheide auf begründet befundene Beschwerden sind srankirt abzulassen. FMR. v. 8. Dez. 1870 (CB. 1871 S. 322 — woselbst als Datum irrthümlich der 8. Dez. „1871" angegeben ist).

Befreiungen von dem tarifmäßigen Stempel.

§. 3. Von Entrichtung des tarifmäßigen Stempels finden nur nachstehende Be­ freiungen Statt: a. Verhandlungen und Gesuche über Gegenstände, deren Werth nach Gelde geschätzt werden kann, sind stempelfrei, wenn dieser Werth Fünfzig Thaler Silbergeld nicht erreicht.

Gesetz §. 3.

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b. Gerichtliche Verhandlungen, wofür die Sportelfreiheit armuthshalber bewilligt worden, sind schon deshalb auch stempelfrei. A) c. Verhandlungen in Vormundschaftssachen sind stempelfrei, sofern der Bevormundete aus eigenen Einkünften unterhalten werden muß, und diese nach Abzug der Verpflegungs- und Erziehungskosten keinen Ueberschuß gewähren. B) d. Gesuche, welche Gläubiger des Staats, öffentlicher Anstalten und Gemeinen an Behörden und Beamte richten, um zu ihrer Befriedigung zu gelangen, und die darauf ertheilten Bescheide sind stempelfrei. e. Alle Verhandlungen und Zeugnisse, welche wegen Bestimmung des Betrages öffentlicher Abgaben und Einziehung derselben, wegen Eintritts in den Kriegs­ dienst, und überhaupt wegen Leistungen an den Staat in Folge allgemeiner Vor­ schriften beigebracht werden müssen, sind stempelfrei auszufertigen, sofern sie nur allein zu diesem Zwecke dienen. 6) f. Gesuche um Ertheilung von Reisepässen bedürfen keines Stempels.!)) g. Den Verhandlungen wegen Ablösung von Diensten und andern Leistungen, die auf Grundstücken haften, wegen Theilung der Gemeinheiten, und wegen Ausein­ andersetzung des im Gemenge liegenden Grundeigenthums verbleibt auch ferner diejenige Stempelfreiheit, die ihnen durch das Gesetz über die Ausführung der Gemeinheitstheilungs- und Ablösungsordnungen vom 7. Juni 1821 §§. 27 und 28, und durch die Verordnung wegen Organisation der Generalkommissionen und Revisionskollegien zu Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse vom 20. Juni 1817 §§. 213 und 214 zugestanden worden. L) h. Verhandlungen über die Ablösung und einstweilige Verzinsung derjenigen aus­ schließlichen vererblichen und veräußerlichen Gewerbsberechtigungen, welche nach dem Gesetze über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe vom 7. September 1811 §§. 32, 33 abgelöset, und, bis dies geschehen kann, verzinset werden sollen, sind ebenfalls stempelfrei.!') i. Die bis jetzt gesetzlich bestehenden Befreiungen des Fiskus, besonderer Anstalten, Gesellschaften und Personen von gewiffen Stempelabgaben dauern vorerst noch fort, mit Vorbehalt künftiger Untersuchung und Entscheidung darüber. (!) Doch sind die gedachten Behörden nicht befugt, diese Befreiung den Privatpersonen, mit welchen sie Verträge eingehen, einzuräumen, wenn diese Personen an sich nach ge­ setzlicher Vorschrift zur Entrichtung des Stempels verbunden sind. Bei allen zwei­ seitigen Verträgen der Art muß jedesmal die Hälfte des Stempels für den Vertrag, und für die ausgefertigten Ueberexemplare desselben außerdem noch der gewöhnliche Stempel entrichtet werden. U) A. zu 11t. b. 1. Bezüglich der wegen Armuth in Anspruch genommenen Stempelfreiheit in Beschwerde­ sachen sind bei den Verwaltungsbehörden diejenigen Formalitäten keinesweges erforderlich, ver­ möge welcher im gerichtlichen Verfahren die Jura pauperum nur erlangt werden können. Zu jenem Zwecke ist allein die Ueberzeugung der Verwaltungsbehörde von dem wirklichen Vorhanden­ sein der Armuth eines Bittstellers hinlänglich, und der kürzeste und einfachste Weg, sich solche zu verschaffen, der beste. FMR. v. 26. Febr. 1822 III 4008 an d. Reg. in Stralsund (SK.). 2. Auf den vom Königl. Finanz-Ministerium hierher abgegebenen Bericht, betreffend die Re­ kursbeschwerde der Verwaltungsbeamten der Jüdischen Korporation zu R. wider das Resolut des Magistrats, durch welches dieselben wegen Nichtanwendung von Stempelpapier zu dem von ihnen für den Tagelöhner N. ausgestellten Führungsatteste in eine Stempelstrafe von 2 Thlrn genommen worden, wird der Königl. Regierung eröffnet, daß, wenn Rekurrenten behaupten, das fragliche Attest habe wegen der ihnen bekannten Armuth des Extrahenten stempelfrei ertheilt werden dürfen,

32 dieser Grund an sich nicht hinreichend ist, ihr Straferlaß-Gesuch zu rechtfertigen. Denn das Stempelgesetz erklärt im §. 3 lit. b nur gerichtliche Verhandlungen, wofür die Sportelfreiheit armuthshalber bewilligt worden, für stempeljrei, führt aber im Allgemeinen Armuth keineswegs als Grund der Stempelfreiheit auf, was auch nicht hat geschehen können, weil der Begriff der Ar­ muth, insofern diese nicht in den Formen des gerichtlichen Verfahrens festgestellt worden, relativ ist und sehr verschieden aufgefaßt werden kann. Die Armuth kann überhaupt nur insofern berück­ sichtigt werden, als, wenn durch die vollstreckte Exekution dargethan ist, daß die Zahlung nicht hat beigetrieben werden können, von der Stempelbehörde Ersatz für die Stempelauslage geleistet wird. R. des M. d. Z. v. 26. Sept. 1840 (MB. S. 419). Vergl. Tarifposition „Atteste" Aym. 10 Abs. 2,3. B. zu lit. c. 3. Gesetz, betr. die Stempel- und Gerichtskosten in Vormundschaften und Kuratelen, v. 23. Dez. 1846 (GS. 1847 S. 3): Wir rc. verordnen wegen der Stempel- und Gerichtskosten in denjenigen Vormundschafts- und Kuratelsachen, die nicht schon nach den bestehenden Gesetzen kostenfrei bear­ beitet werden müssen, für den ganzen Umfang Unserer Monarchie, was folgt: §. 1. In Vormundschafts- und Kuratelsachen sollen künftig für alle Verhandlungen, welche zum inneren Geschäftsverkehr zwischen den vormundschaftlichen Gerichten und den Pflegebefohlenen oder deren Vormündern und Kuratoren gehören, insbesondere für Anzeigen, Berichte und Ver­ nehmungen der Pflegebefohlenen, der Vormünder und Kuratoren oder ihrer Stellvertreter, für Legung, Abnahme und Decharge der Rechnungen, sowie für Verfügungen der vormundschaftlichen Gerichte, dieselben mögen die Person des Bevormundeten oder dessen Vermögen betreffen, weder Stempel- noch Gerichtsgebühren erhoben werden. §. 2. Dagegen verbleibt es bei der bisherigen Stempel- und Kostenpflichtigkeit aller der Ver­ handlungen, die auch in Beziehung auf dritte Personen, außer dem Vormunde, Kurator und Pflege­ befohlenen, von rechtlicher Wirkung sein sollen, und insbesondere aller in beweisender Form aus­ gefertigten Urkunden, von denen der Vormund oder Kurator gegen dritte Personen oder Behörden Gebrauch machen soll, imgleichen aller Verhandlungen, welche die Siegelung, Inventur, Abschätzung, Sicherstellung, Ermittelung des Vermögens und die Erbregulirung betreffen, und nicht in Anzeigen des Vormundes oder Kurators und in Erlaffen an ihn bestehen, die sein Verhalten bei diesen Ver­ handlungen leiten sollen. §. 3. Die Stempel- und Gebührenfreiheit (§. 1) erstreckt sich auch auf die Depositalextrakte der Gerichte oder die Atteste der Königlichen Bank über die Annahme von Geldern und anderen Vermögensstücken, sowie auf die Quittungen über die Auslieferung solcher Gelder und Vermögens­ stücke, insofern die Einnahme oder Ausgabe nur einen Akt der Verwahrung oder Verwaltung deS Vermögens ausmacht und nicht als Tilgung von Verbindlichkeiten in Beziehung auf dritte Per­ sonen zu bezeichnen ist. Die von den Vormündern oder Kuratoren zur Belegung ihrer Rech­ nungen beizubringenden Privatquittungen sind stempelfrei. §§. 4, 5 interessiren hier nicht. §. 6. Auf Vormundschaften und Kuratelen über Abwesende, über unbekannte Zntereffenten, über Verschwender und zu einer längeren Freiheitsstrafe verurtheilte Verbrecher, imgleichen auf Kuratelen über Fideikommisse und Familienstiftungen finden die Bestimmungen dieses Gesetzes keine Anwendung. 4. Das ZMR. v. 10. Zuli 1828 (v. KZ. B. 32 S. 89) macht bekannt, daß der Herr Finanzminister die nach beendigter Vormundschaft zu erlaffenden Verfügungen und Verhandlungen der Vormundschaftsgerichte über die Extradition des Vermögens, über Leistung der Decharge und über Ausfertigung des Absolutoriums, in Uebereinstimmung mit §. 1880 ff. Tit. 18 Th. 2 ALR., den Vormundschafts-Verhandlungen beizählt, mithin die Stempelfreiheit derselben in denjenigen Fällen,

in welchen den übrigen vormundschaftlichen Verhandlungen nach §. 3 lit. c des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 solche gebührt, anerkannt, und hiernach den Verwaltungsbehörden die nöthigen Anweisungen ertheilt hat ^geschehen durch Cirk.-R. des FM. v. 6. Zuni 1828III 11347]. 5*. Der Emanzipations-Akt ist in allen Fällen, und namentlich auch dann, wenn die Emanzi­ pation in einer als unvermögend behandelten Vormundschaftssache auf den Grund eines FamilienRaths-Beschlusses erfolgt, für gebühren- und stempelpflichtig zu achten, da die nach der Allerh. Kab.-Ordre vom 4. Zuli 1834 Nr. IV (v. KZ. B. 44 S. 161) stattfindende Kostenfreiheit auf jenen Akt, durch welchen die Vormundschaft ausnahmsweise vor der Großjährigkeit des Pflegebefohlenen beendigt wird, nicht zu beziehen ist. In dieser Art ist auch die Sache schon für die altländischen Provinzen durch Reftript vom 4. Sept. 1818 (v. KZ. B. 12 S. 288) entschieden worden. ZMR. v. 14. Okt. 1838 an d. Gen.-Prok. in Cöln (v. KZ. B. 52 S. 660).* 6. Das nach dem Absterben eines Ehemannes von der mit minderjährigen Kindern Hinter­ bliebenen Wittwe dem Vormundschaftsgerichte eingereichte Znventarium wird auch in unvermögenden Vormundschaften dadurch stempelpflichtig, wenn dasselbe späterhin bei der in Veranlassung der Wiederverheirathung der Wittwe zwischen ihr und ihren Kindern erster Ehe vorzunehmenden Schicht und Theilung von der vormundschaftlichen Behörde benutzt wird. Dies rechtfertigt sich durch die in dem Reflripte vom 19. Okt. 1839 (s. § 22 Anm. 19) ausgesprochenen Grundsätze und durch die Bestimmung bei der Stempeltarif-Pofition „Inventarien", wonach deren Stempelpflichttgkeit durch den Gebrauch zu stempelpflichtigen Verhandlungen bedingt wird (vergl. S. 7 Anm. 2). Ausfertigungen von Erbrezessen in unvermögenden Vormundschaften dagegen genießen, wenn sie blos für die unvermögenden Kuranden bestimmt sind, Stempelfreiheit. ZMR. v. 12. Okt. 1841, im Einverst. des FM. (JMB. S. 327). 7. Die Stempelpflichtigkeit von Verhandlungen über Nachlaßregulirungen, bei welchen majorenne Erben mit unvermögenden Pupillen konkurriren, hängt im Allgemeinen nicht davon ab, ob die Erbtheile der einzelnen Erben 50 Thlr und mehr betragen; bei Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit ist vielmehr die ganze Mio-Masse ohne Abzug der Schulden zum Grunde zu legen, und, wenn die Masse hiernach 50 Thlr und mehr beträgt, zu allen gemeinschaftlichen Verhandlungen, sowie zu den besonderen, welche einzelne Gegenstände von 50 Thlrn und darüber betreffen, der tarif­ mäßige AuSfertigungs-, Gesuchs- oder Prozent-Stempel zu verwenden. Wegen der Verpflichtung zur Tragung der Stempel von Nachlaßregulirungen, wobei majorenne Miterben mit minorennen konkurriren, denen hinsichtlich der vormundschaftlichen Geschäfte Sportelfreiheit zusteht, wird auf das Reskript vom 28. Dez. 1832 (f. in folgender Anm.) verwiesen, wonach die Stempel zu ErbregulirungsVerhandlungen von sämmtlichen Theilnehmern als baare Auslagen zu tragen sind. ZMR. v. 14. Zan. 1839 (ZMB. S. 55, CB. S. 32), mitgetheilt durch FMR. v. 6. Febr. 1839 (CB. S. 31). 8. Die im §. 3 lit. c des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 den armen Pupillen bewilligte Stempelfreiheit kann auf Kinder, bereit Vater noch lebt, und über die nur Behufs der Auseinander­ setzung mit dem Letzteren eine Kuratel eingeleitet wird, nicht angewendet werden. Sowie auf solche Auseinandersetzungen die den unvermögenden Vormundschaftssachen durch die Gebührentaxe von 1815 zugestandene Sportelfreiheit keine Anwendung findet (Reskript des Herrn Zustiz-Min. v. 28. Dez. 1832 — v. KZ. B. 40 S. 531), ebensowenig kann auch die Stempelfreiheit für sie in An­ spruch genommen werden re. FMR. v. 29. Nov. 1838 III 23397 an d. Gerichtsamt der Herrschaft Saaber zu Grünberg, mitgetheilt durch FMR. v. 28. Febr. 1852 III3165 an d. PStD. in S. 9. a. Da jede Vormundschaft nur dann stempelpflichtig ist, wenn sich Ueberschüsse der Ein­ nahmen über die Ausgaben ergeben, und dies sich in der Regel erst nach dem Schluß der Zahresrechnung ersehen läßt, so wird nachgelassen, daß die Stempelpflichtigkeit der Verhandlungen in Dormundschaftssachen nach den Ergebnissen der Vormundschaftsrechnung für jedes Zahr bestimmt werden soll, und genügt es daher, wenn die erforderlichen Stempel nur erst nach Abschluß der 3

34 Zahresrechnung bei der VormundschafLsbehörde zu den Akten “fasstet werben, dergestalt, daß im Laufe des Jahres eine Stempel-Verwendung nicht stattfindet. ZMR. v. 30. Mörz 1833 an d. OLGericht in S. (v. KJ. B. 41 S. 263); vergl. §. 19 Abs. 4. 9. b. Außer dem Falle, wenn das Vermögen des Minorennen von solcher Bedeutung ist, daß die Einkünfte desselben, nach Abzug der Erziehungskosten uttb der sonstigen Ausgaben, einen Ueberschuß fortwährend mit voller Gewißheit erwarten lassen., kann über die Stempelpflichtigkeit der Vormundschaft im Voraus nicht entschieden werden. Bei der Veränderlichkeit der EiMnfte und Ausgaben kann dies in dem einen Jahre der Fall sein, in :bem anderen nicht. Aus diesem Grunde hat das Reskript vom 8. Dez. 1826 in der Ausführung Anstand gefunden und ist durch das Reskript vom 30. März 1833 (s. vorige Anrn.) dahin abgeändert worden, daß die Stempelpflichtigkeit nach dem Ergebnisse der Vormundschastsvechnung für jedes Jahr zu bestimmen und demzufolge die im Falle eines Revenuen-Ueberschufses erforderlichen Stempel erst nach dem Abschluffe der Jahresrechnung zu den Vormundschaftsakten zu kassiren, im Laufe des Jahres aber keine Stempel zu den Verhandlungen zu verwenden seien. Nach diesen Grundsätzen ist auch in den dortigen Vormundschaftssachen zu verfahren, wonach also, außer dem Eingangs gedachten Falle, Stempel erst dann zu berechnen find, wenn die Verwaltungs-Uebersicht nach deren Revision und Feststellung (§. 12 der Anweisung über die Behandlung des Vormundschaftßwesens in der Rheinprovinz v. 10. Okt. 1835, v. KJ. B. 46 S. 612) einen Revenuen - Ueberschuß ergeben hat, bis zur Einreichung der jedesmaligen Uebersicht aber zu stunden. JMR. v. 18. Nov. 1837 an d. Gen.-Prok. in Cöln (v. KJ. B. 50 S. 642). 9.c. JMR. v. 9. Mai 1823 (v. KA. B. 7 S. 243, Lottner Samml. B. 2 S. 370): Es ist zur Sprache gekommen: wie bei der eigenthümlichen Einrichtung des VormundschaftswesenS auf dem linken Rheinufer die Entrichtung der Stempel-Abgaben, so weit sie nach ß. 3. c des Stempelgesetzes eintritt, mit der am Schluß des §. 19 nachgelassenen Stundung gesichert werden könne? Da diese Stundung nur auf Grund einer von dem betreffenden Friedensrichter oder Landgerichte aus­ gehenden Verfügung Platz greifen darf, so wird in Uebereinstimmung mit dem Finanz-Ministerium Folgendes festgesetzt: 1. Der Friedensrichter bestimmt bei der ersten Zusammenberufung des Familienrathes vorläufig, ob der Fall vorhanden sei, daß die Entrichtung der Stempelabgabe ausgesetzt bleiben könne. Eine gleiche Prüfung und Feststellung liegt dem Landgerichte ob, wenn bei ihm eine auf das Vormundschaftswesen Bezug habende Verhandlung eingeleitet wird. 2. Der Friedensrichter, so wie das Landgericht, — sei es, daß sie selbst in einer Vormundschüstssache verfügen, oder einem anderen Beamten ein dahin einschlagendes Geschäft austragen, — sind verpflichtet, die Aussetzung der Stempelabgabe in jeder Verfügung zu vermerken, und zugleich über den Betrag der vorbehaltenen Stempel ein besonderes Verzeichniß zu führen; in dem zweiten Falle aber den kommittitten Beamten aufzufordern, eine von ihm bescheinigte Note über den Betrag der reservirten Stempelübgabe ohne Verzug einzureichen, welche sodann in jenes Verzeichniß ebenfalls einzutragen ist. 3. Die definitive Bestimmung über die nach §. 3 lit. c des Stempelgesetzes eintretende Befreiung erläßt das Landgericht auf Anrufen des Vormundes, welcher unter persönlicher Verantwort­ lichkeit verpflichtet ist, spätestens innerhalb drei Monaten, von dem Tage der übernommenen Vormundschaft an, das diesfallsige Gutachten des Familiemaths, sammt den nöthigen.-Belägen, bei dem Landgericht einzureichen. 4. Wird die nachgesuchte Befreiung abgeschlagen, und sind demnach die Stempelgebühren nachzu­ holen, so hat das Friedensgericht, welchem zu dem Behuf von dem Landgerichte die Note über die bei demselben etwa rückständige Stempelabgabe mitgetheilt wird, den ganzen Betrag durch die bei Eintreibung der Steuern gewöhnlich anwendbaren Zwangsmittel aus dem Vermögen

Gesetz §. 3.

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des Unmündigen einzuziehen, und die dafür eingelöseten Stempelbogen den Akten der Vor­ mundschaft kassirt beizulegen. 5. Der Gerichtsschreiber bezieht von den nachzuholenden Stempelgebühren für die Rechnungs­ führung und Vereinnahmung die gebührende Tantieme, welche am Ende eines jeden halben Zahres auf die von dem Friedensrichter zu bescheinigende Nachweisung durch die Königl. Re­ gierung angewiesen wird. 10. Zn Beziehung auf den Ansatz des Stempels bei Theilungen und gerichtlichen Verkäufen von Immobilien im Bezirk des Appellationsgerichtshofes zu Cöln, sowie in Beziehung auf die Ver­ wendung des Stempels zu Homologationsbeschlüssen s. Anm. 16. a, b zu §. 5. C. zu lit. e. 11. a. Die Stempelfreiheit von Kautionen, welche bei Kredit-Bewilligungen vorkommen, ist nicht anzuerkennen, indem dergleichen Kautionen nicht eigentlich zu den Verhandlungen wegen Be­ willigung des Kredits gehören, sondern nur den Zweck haben, Sicherheit für den bewilligten Kredit zu gewähren. FMR. v. 31. Zuli 1848 III 15926 an d. PStD. in D. — Was die Sicherheits­ bestellung für solche Steuerkredite anbelangt, worauf die Steuer-Kredit-Regulative oder andere allgemeine Vorschriften unter bestimmten Bedingungen Anspruch geben, so liegt kein Anlaß vor, dafür Stempelfreiheit eintreten zu lassen, soweit die Dokumente, durch welche die Sicherheits­ bestellung bewirkt wird, an sich der Stempelsteuer unterworfen sind rc. FMR. v. 1. Rov. 1850 (CB. S. 170, MB. S. 407). 11.1). Wiewohl es nicht außer Zweifel ist, ob die in Folge der Anordnung im §. 61 Ab­ satz 3 und 4 des Begleitschein-Regulativs vom 25. Nov. 1839 auszustellenden Bürgschaftserklärungen nach §. 3.e des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 als stempelfrei zu behandeln seien, so ist doch in der Meß-Ordnung für Frankfurt a. O. vom 31. März 1832 §. 14 (GS. S. 151) für ähnliche Bürgschafts-Dokumente die SLempelfreiheit bereits anerkannt worden. Von der Stempelforderung für die ersterwähnten Bürgschafts-Erklärungen ist daher in Zukunft abzustehen. Cirk.-R. des FM. v. 8. Dez. 1855 III 28596. Vergl. das jetzt geltende, durch FMR. v. 23. Dez. 1869 mitgetheilte Begleitschein-Regulativ §. 36 (CB. 1870 S. 21, 25 ff.) und Niederlage-Regulativ §. 7 (a. a. O. S. 26, 67 ff.). 11. c. Bezüglich der Erbschaftsstempel-Angelegenheiten heißt es in dem durch ZMR. v. 5. März 1827 mitgetheilten Schreiben des FM. an den ZM. v. 14. Februar deff. Z. (v. KZ. B. 29 S. 102): Die etwaige Stempelfreiheit der Erbschaftsstempel-Angelegenheiten läßt sich nur aus lit. e im §. 3 des Stempelgesetzes ableiten und ist mithin auf solche Verhandlungen und Zeugnisse be­ schränkt, „die in Folge allgemeiner Vorschriften beigebracht werden müssen". Es ergiebt sich danach, daß alle in diese Kategorie nicht gehörige Schriftstücke, z. B. Gesuche um Zulassung einer AversionalVersteuerung, um Verlängerung der gesetzlichen Fristen, Rekurs-Gesuche wegen der Erbschaftsstempel - Strafen, sofern ihr Gegenstand 50 Thlr und mehr beträgt, ebenso stempelpflichtig sind, wie die zu ihrer Begründung beigefügten beglaubigten Abschriften (vgl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1 rc.). Sodann bestimmt das in Anm. 11. a gedachte FMR. v. 1. Nov. 1850, daß denjenigen Ver­ handlungen, welche die Sicherstellung von solchen Substanz-Erbschaftsstempeln betreffen, die wegen eines die Substanz der Erbschaft beschwerenden Nießbrauchsrechts im Hinblick auf den §. 16 des Stempelgesetzes und auf das Reskript v. 4. Sept. 1837 bis zum Aufhören des Nießbrauchsrechts gestundet werden, Stempelfreiheit zu gewähren ist, weil diese Sicherheitsbestellung lediglich im Zntereffe der Staatskasse erfolge. Zn Betreff der Verhandlungen in Erbschaftssteuer-Angelegenheiten vergl. §. 46 Abs. 1 des Ges. v. 30. Mai 1873, betr. die Erbschaftssteuer (GS. S. 329) — s. im Anhang.

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Gesetz §. 3.

12. a. Verhandlungen wegen Gestattung eines nach §. 11 des Gesetzes vom 12. Mai 1851 (GS. S. 261) zulässigen Abonnements Lei Entrichtung der Bergwerksabgaben sind, wenn es sich um ein Objekt von 50 Thlr und darüber handelt- stempelpflichtig; denn der §. 3. e des Stempel­ gesetzes vom 7. März 1822 greift bei jenen Verhandlungen nicht Platz, indem es sich dabei nicht mehr lediglich um Feststellung der Staatssteuer handelt, sondern um deren, im Privatinteresse der Betheiligten anzuordnende Entrichtung auf einem ihnen freigegebenen anderweiten Wege, welchen sie zu betreten nicht verpflichtet, fonbent nur befugt sind. Schreiben des FM. an d. M. f. Han­ del rc. v. 30. April 1852 (CB. S. 160, MB. S. 243), mitgetheilt durch FMR. v. 8. Juni dess. Z. (CB. S. 159, MB. S. 243). 12. b. Im Anschlüsse an die Cirk.-Verfügung vom 8. Juni d. I. wird die Verfügung vom 9. Februar 1832 hierdurch außer Wirksamkeit gesetzt und angeordnet, daß fortan die mit Steuer­ pflichtigen wegen der von ihnen zu zahlenden Steuer abzuschließenden Fixationsverträge, sofern es dabei auf einen Gegenstand von 50Thlrn oder mehr ankommt, mit Berücksichtigung der Schluß­ bestimmung des §. 3 des Stempelgesetzes, dem tarifmäßigen Stempel zu unterwerfen sind. Denn es handelt sich bei solchen Fixationsverträgen nicht lediglich um die Bestimmung des Betrages öffent­ licher Abgaben und Einzahlung derselben, sondern auch um das Privatinteresse desjenigen, welcher die Fixation der Steuer begehrt. Stempelnachforderungen für bisher unversteuert gebliebene ©teuer* sixationsverträge finden nicht Statt. FMR. v. 27. Juli 1852 (CB. S. 207, MB. S. 243, 244). 13. a. Alle An- und Abmeldungen eines Gewerbes in Folge des Gewerbesteuergesetzes, sowie die Gesuche um Ertheilung von Gewerbe- und Hausirscheinen sind dem 5 Sgr.-Stempel nicht unter­ worfen, und eben so wenig ist zu den Gewerbescheinen ein Stempel zu verwenden. Dagegen ist kein gesetzlicher Grund vorhanden, die im §. 3 11t. e angeordnete Stempelfreiheit auf die polizeilichen Verfügungen wegen der Schank-, Mühlen- und ähnlichen Anlagen auszudehnen, vielmehr sind auf die Verhandlungen darüber die Tarifpositionen: „Gesuche, Eingaben und Ausfertigungen" anzu­ wenden. FMR. v. 12. März 1830 III 4995 an d. Reg. in Mr. (LR.). Vergl. Anm. 14 u. 85. d, auch S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1—3. 13.b. Die Vorschrift des §. 22 der Gewerbe-Ordnung vom 17. Jan. 1845 (GS. S. 41): daß, wer ein Gewerbe selbstständig betreiben will, solches der Kommunalbehörde des Orts anzuzeigen hat, findet sich bereits im §. 19 des Gewerbesteuer-Gesetzes vom 30. Mai 1820, und eben so wenig, wie von diesen Anzeigen nach §. 3. e des Stempelgesetzes früher Stempel gefordert worden sind, darf dies jetzt geschehen, wovon die Regierung bei der Erwägung selbst die Ueberzeugung gewinnen wird, daß es nicht in die Wahl des Gewerbetreibenden gegeben ist, eine Anzeige der Art zu erstatten, und daß er für deren Unterlaffung sogar straffällig wird. Gleiche Bewandtniß hat es mit den nach §. 23 der Gewerbe-Ordnung von der Polizei-Obrigkeit zu ertheilenden Bescheiden und Be­ scheinigungen ^Untersagung des Gewerbebetriebes und Bescheinigung der Anmeldung^, indem hier­ bei lediglich das polizeiliche Staatsinteresse vorwaltet. FMR. v. 30. Nov. 1846 III 22921 an d. Reg. in F. 13. c. Die polizeilichen Führungszeugnisse, welche Behufs Erlangung eines Gewerbescheins erbeten werden, sind stempelfrei zu ertheilen, vorausgesetzt, daß der Zweck der Ertheilung auf dem Atteste vermerkt wird. R. des FM. und des M. d. I. v. 2. Mai 1867 (MB. S. 121). 13. d. Atteste des Gemeinderaths und der Vorsteher der Synagoge für jüdische Gewerbe­ treibende, welche dazu dienen, Letzteren Gewerbescheine (Patente) zu verschaffen, sind stempelfrei. FMR. v. 30. Aug. 1822 an d. Reg. in Aachen (SK.). ' 14. Die Gewerbe-Ordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 (BGbl. S. 245) hat in den §§. 33 und 40 die Voraussetzungen wesentlich geändert, unter denen nach der älteren Gesetzgebung, insbesondere der Allerh. Kab.-Ordres vom 7. Februar 1835 (GS. S. 18) und vom

Gesetz §. 3.

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21. Zuni 1844 (GS. S. 214) der Betrieb des Kleinhandels mit Getränken und der Gast- und Schankwirthschaft polizeilich genehmigt wurde, und es sind die darauf bezüglichen besonderen Be­ stimmungen dieser Allerh. Ordres insoweit weggefallen, als die neue Gewerbe-Ordnung sie nicht ausdrücklich, wie bezüglich der Bedürfnißfrage, aufrecht erhalten hat. Die polizeiliche Erlaubniß, von welcher der §. 33 der Gewerbe-Ordnung den Betrieb der Gastwirthschaft, Schankwirthschaft, den des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus abhängig macht, ist demgemäß eine andere geworden und es steht deshalb den Verhandlungen über die Crtheilung derselben die Stempelfteiheit nicht mehr zu, welche die Allerhöchste Ordre vom 7. Februar 1835 unter Nr. 2 den auf den letzteren beruhenden Erlaubnißscheinen zugebilligt hatte. Es sind daher die tarifmäßigen Stempel zu den Verhandlungen über die Ertheilung dieser polizeilichen Erlaubniß zu verwenden. R. des M. d. Z. und des FM. v. 26. Okt. 1870 (CB. 1871 S. 42, MB. 1871 S. 55). 15. a. Die Ausfertigung der Jagdscheine erfolgt kosten- und stempelfrei, Jagdpolizeigesetz v. 7. März 1850 (GS. S. 165) §. 14 Absatz 4; ebenso in dem ehemaligen Herzogthum Nassau, Ver­ ordnung v. 30. März 1867 §. 16 Abs. 4 (GS. S. 426); desgl. in der Provinz Hessen-Nassau (mit Ausschluß des ehemal. Herzogthums Nassau), §. 1 des Ges. v. 26. Febr. 1870 (GS. S. 141); desgl. in Schleswig-Holstein, indem daselbst die Vorschriften des vorerwähnten Zagdpolizeiges. v. 7. März 1850 (mit Ausschluß der §§. 18 u. 26) in Kraft getreten sind, §. 7 des Ges. v. 1. März 1873 (GS. S. 27); desgl. in den Hohenzollernschen Landen, §. 2 des Ges. v. 17. März 1873 (GS. S. 141). 15. b. Auch die schriftlichen Gesuche um Ertheilung von Jagdscheinen sind stempelfrei. Aus ^et Bewilligung der Stempelfreiheit für Jagdscheine läßt sich aber eine gleiche Begünstigung für die im §. 14 des Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850 erwähnten Bürgschaften snach §. 14 a. a. O. erforderlich bei Crtheilung von Jagdscheinen an Ausländers nicht folgern, die vielmehr nach der Tarifposition „Cautions-Instrumente" dem Stempel von 15 Sgr. unterworfen sind. FMR. v. 6. Mai 1852 (CB. S. 155, MB. S. 208). 16. Das Stempelgesetz enthält keine Bestimmung, woraus die Stempelfreiheit der in Ge­ werbe-Angelegenheiten bei der Polizeibehörde stattfindenden Verhandlungen abgeleitet werden könnte, und es müssen daher zu derartigen Verhandlnngen die tarifmäßigen Stempel angewendet werden. In Beziehung auf Gesuche hiesiger Fuhrwerksbesitzer um polizeiliche Erlaubniß, Wagen oder Droschken an gewiffen Stellen aufzustellen, ist die Stempelsreiheit durch kein Gesetz bewilligt. Der Gegenstand eines solchen Gesuches ist seiner Natur nach keiner Schätzung nach Gelde fähig, folglich die Ausnahme-Bestimmung im §. 3 lit. a des Stempelgesetzes unanwendbar. Das Königl. PolizeiPräsidium wird daher angewiesen, auf Verwendung der Stempel zu besagten Gesuchen und darauf ertheilten Bescheiden sjetzt stempelfrei, s. S. 2 die Anm.^ und sonst vorkommenden Verhandlungen, namentlich Kontrakten, sowie überhaupt zu den Verhandlungen in Gewerbe-Polizei-Angelegenheiten, insofern ihnen eine Stempelbefreiung durch besondere Verordnungen nicht zugestanden ist, zu halten. R. des M. d. I. u. d. P. u. des FM. v. 7. April 1838 an d. Polizei-Präsidium in B. (v. KA. B. 22 S. 422). 17. Zusagescheine und beglaubigte Abschriften davon, welche erfordert werden, wenn mehrere Transporte von auszuführendem inländischen Branntwein, auf welchen Steuervergütung zu zahlen, rasch hinter einander, oder über verschiedene Haupt-Zoll-Aemter gleichzeitig dirigirt werden, sind stempelfrei auszufertigen. FMR. v. 3. Jan. 1826 III 87 an d. PStD. in S. (SK.). 18. Zeugnisse, welche Weinhändler darüber beibringen müssen, daß sie den Großhandel mit Wein betreiben, um den in dem betreffenden Regulativ nachgegebenen Rabatt beziehen zu können, sind stempelfrei. FMR. v. 8. Sept. 1841 III 19699 (GK.).

38 19. Nach §. 2 der Anweisung vom 23. Ott. 1837 sollen die Meßbriefe unentgeltlich ertheilt werden. Hieraus folgt, daß auch kein Stempel dazu zu verbrauchen ist,, was der Vorschrift des §. 3. e des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 entspricht, wonach alle lediglich zum Zwecke der Bestimmung öffentlicher Abgaben und Einzahlung derselben- dienenden Verhandlungen und Zeug­ nisse stempelfrei sind. Der Zweck dieser Meßbriefe- ist die Bestimmung und Erhebung der Schiffs­ abgaben, und wird die Stempelfreiheit der Meßbriest auch dadurch nicht berührt, daß davon mög­ licher Weise noch ein anderweiter Gebrauch gemacht werdet? samt. Geschieht dies- so ist es dann zulässig, den Stempel für das zu einem anderen Zwecke verwendete amtliche- Attest nachzuerheben; jedoch bedarf es einer Kontrole in dieser Beziehung nicht. Auch die Anordnung- im §. 5 der er­ wähnten Anweisung steht mit der vorbemerkten Vorschrift des" §. 2 nicht im Widerspruch, indem, wenn nach bewirkter erster steuerfreier Ausstellung "des Meßbriefes ein anderer Meßbrief oder ein ferneres Exemplar desselben erforderlich wird, die Ausnahme-Bestimmung des §. 3. e des Stempel­ gesetzes darauf nicht' anwendbar erscheint, mithin der angeordnete' Stempel voll 15 Sgr. zur Er­ hebung kommen muß. Aehnliche Verhältnisse walten auch in Betreff der Mß-Atteste über die Vermessung der Seeschiffe ob, indem diese Atteste für Preußen lediglich die Bestimmung haben, zur Feststellung des Betrages der Hafen-Abgabell zu dienen. FMR. v. 22. Okt. 1856 III 24947 an d. PStD. in D. Nach §. 2 der vorgedachttn Anweisung des FM v. 23: Okt. 1837, betr. die Erhebung der Abgaben von der Schifffahrt und Holzflößerei auf den Wafferstraßen zwischen der Elbe und Weichsel, soll über die Seitens des Hauptamtes vorgenommene Vermessung des inlän­ dischen Kahnes dem Schiffer ein Meßbrief unentgeltlich ertheilt werden. Nach §. 5 daselbst soll, wenn der Meßbrief abhanden gebracht resp: beschädigt worden re., die Ausferttgung des neuen Meßbriefes resp. des Duplikats auf 15 Sgr. Stempel erfolgen. 20. Wenn nach dem Regulativ vom 24. Ott. 1853 die Tragfähigkeit der Seeschiffe bei der Höhe des Zollerlaffes entscheidend sein soll, welcher für, bei dem Bau oder der Ausbeflerung der­ selben verwendete metallene Materialien gewährt wird, so dienen etwanige zu diesem Behuf aus­ gestellte Vermessungs-Atteste zur Feststellung des' Betrages des zu bewilligenden Etlaffes an dem Zolle resp. des etwa zu berichtigenden Zolles. Dieselben sind daher nach §. 3. e des Stempel­ gesetzes stempelfrei zu lassen. FMR. v. 19. Rov. 1856 in 27835 (SK.). 21. Von der Verbindlichkeit, einen Lootsen anzunehmen, hängt für die Seeschiffer auch die Verpflichtung zur Entrichtung der Lootsengebühren nach dem Tarif vom 24. Ott. 1840 (GS. S. 347) ab, und derjenige Schiffer, der vom Lootsenzwange befreit wird, ist dadurch zugleich frei von den Lootsengebühren. Die Stempelfreiheit nach §. 3. e des Stempelgesetzes ist aber auch auf diejenigen Atteste auszudehnen, durch welche dargethan werden soll, daß der Fall der Abgaben Erhebung nicht vorliegt. Einen anderen Zweck haben die vom Lootsen-Kommandeur oder sonst ausgestellten derartigen amtlichen Atteste, welche dem Schiffer die Befreiung vom Lootsenzwange bezeugen, nicht, die daher stempelfrei auszufertigen sind. FÄR. v. 13. Juni 1859 HI 12251 an d. PStD. in S. 22. a. Nach §. 3. lit. e des Stempelgesetzes gebührt den zur Parzellirung von Grundstücken zu ertheilenden amtlichen Konsensen, insofern sie die Verkeilung und Festsetzung des Betrages der auf die einzelnen Parzellen zu reparttrenden öffentlichen Abgaben betreffen, die Stempelfreiheit. Lediglich polizeiliche Atteste über die vorzunehmende Parzellirung von Grundstücken sind stempel­ pflichtig. FMR. v. 20. Sept. 1825 HI 17990 all d. Reg. in S. (SK.>. 22. b. Alle Verhandlungen der Polizei- und Verwaltungsbehörden in- Parzellirungs- und Ansiedelungssachen, einschließlich der Verhandlungen der vom Landrath mit der Regulivung beauf­ tragten Ortsobrigkeit, sind, ohne Unterschied des Gegenstandes, stempel- und gebührenfrei. Ges., betr. die Zertheilung von Grundstücken und die Gründung neuer Ansiedelungen, v. 3. Jan. 1845 (GS. S. 25) §. 33. — Es ist daher auch unstatthaft- den Dismembrations-JnttteffentM'GMHren

Gesetz §. 3.

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an die Ortsgerichte für die Abgabenvertheilung aufzulegen. R. des M. für die landwirth. Angel, v. 10. Jan. 1863 (MB. S. 23). 23. a. Obgleich im §. 3. e des Stempelgesetzes der Gesuche, welche sich auf den Eintritt in den Kriegsdienst beziehen- nicht speziell gedacht worden, sollen solche gleichwohl nach einem Beschlusse des Königl. Staatsministerii mit Rücksicht auf die allgemeine Fassung jenes Paragraphen und Ln Folge der allgemeinen Praxis als stempelfrei betrachtet werden. % des M. d. I. u. des FM. v. 8. Sept. 1825 (v. KA. B. 9 S. 1124). Zu dm auf den Eintritt in den Kriegsdienst bezüglichen Verhandlungen sind zu- rechnen die Gesuche um Zurückstellung bei eingetretener Mobilmachung der Armee (FMR. v. 27. Nov. 1852 III28419 an b. Reg. in F.), sowie auch der Landwehr (FMR. v. 11. Mai 1851III10142 an d. PStD. in Br.). Auch den Gesuchen und Verhandlungen wegen Befreiung von den Landwehr-Uebungen ist Stempelfreiheit bewilligt (Kab.-Ordre v. 24. April 1841, GS, S. 93). Wegen der jetzigen Stempelfreiheit der Gesuche, Bescheids re. vergl. S. 2 dre Anm. §. 2]. 23. b. Atteste und sonstige, der Kreis-Ersatz-Kommission Behufs Zurückstellung vom Militairdienst vorgelegte Verhandlungen sind stempelftei. R. des M. d. I., im Einverst. des FM., v. 26. Jan. 1839* (v. KA. B. 10 S. 257). 23. c. Den Gesuchen und Verhandlungen wegen Austritts aus dem Militairdienst steht Stem­ pelsreihest nicht zu, insofern sich die Verschonung mit Stempelgebühren mit den Vorschriften, welche das Gesetz im Allgemeinen bei notorischen Armen angewandt wissen will, nicht rechtfertigen läßt. R. des M. d. I. u. des FM. v. 23. Sept. 1825 (v. KA. B. 10. S. 322). 23. d. Die Stempelfreiheit der Verhandlungen und Zeugnisse wegen Eintritts in dm Kriegs­ dienst ist auf gleichartige, dm Austritt betreffende Verhandlungen nicht auszudehnen. Dev Eintritt in den Kriegsdienst ist dann anzunehmen, wenn der Militairpflichtige zur Fahne einberufen, und zu seiner Bestimmung abgegangen ist. R. des FM. und des M. d. I. v. 21. Juni 1834 (v. KA. B. 18 S. 574). 23. c. Das Staatsministerium hat sich in dem Beschlusse vom 18. Sept. 1838 dahin geeinigt, daß Gesuche und Verhandlungen wegen Austritts aus dem Soldatmstande wie bisher stempel­ pflichtig zu behandeln sind. FMR. v. 7. Mai 1839 zu Nr. 2 (CB. S. 151, JMB. S. 243), mit­ getheilt durch JMR. vom 6. Juli 1,839 (JMB. S. 242); R. des M. d. I. u. d. P. v. 10. April 1839 (v. KA. B. 23 S 346). 23. £ Aus der Bestimmung, daß Gesuche und Verhandlungen wegen des Austritts aus dem Militairdienst stempelpflichtig zu behandeln, folgt die Stempelpflichtigkeit der auf diesen Gegenstand bezüglichm Atteste ganz von selbst, und um so unbedenklicher, als amtliche Atteste in Privatsachen überhaupt stempelpflichtig find, sofern sie nicht zu denjenigen gehören, welche der Tarif ausdrücklich als stempelftei bezeichnet. R. des M d. I. v. 2. Sept. 1846 (NB. S. 192). In einem Falle, in welchem auf den Militair-Reklamations-Gesuchen selbst die Richtigkeit der darin behaupteten Thatsachen durch die Ortsbehörde bescheinigt war, hat das FMR. vom 12. Juni 1861 III 12599 an d. PStD. in S. entschieden: daß diese Bescheinigungen als amtliche Atteste dem Atteststempel unterliegen, und als Berichte (f. diese Tarifposition) nicht angesehm werden können. 23. g. Verhandlungen und Atteste, welche von Militairpflichtigm oder deren Angehörigen beigebracht werden, um dadurch die Zurückstellung resp. Befreiung vom Militairdimst zu begründen, sowie schriftliche Eingaben, welche sich auf den Eintritt der Militairpflichtigen zum Dienst beziehen, sind stempelftei, dagegen- Gesuche, welche die Wiederentlassung eines Soldaten vom stehenden Heere bezwecken, stempelpflichtig. Note zu §. 55 Nr. 2 der Militair - Ersatz - Instruktion v. 9. Dez. 1858 (MB'. 1859 S. 23 der Beilage hinter S. 72). Ebenso nach der Note zu §. 78 Nr. 1 Abs. 2 der 2M-Ersatz-Jnstr. für d. Nordd. Bund v. 28. März 1868 (in d. Amtsblättern).

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Gesetz §. 3.

23 h. Die Monita des Stempelfiskals zu Coblenz werden zwar in Rücksicht des Umstandes für erledigt angenommen, daß die für stempelpflichtig gehaltenen Protokolle der Bürgermeister zur Begutachtung der von Militairpflichtigen (s. jedoch den folgenden Absatz) oder bereits eingestellten Soldaten angebrachten Befreiungs- oder Entlaffungsgesuche, dem vorwaltenden Zwecke nach, nur als amtliche Berichte der erstgedachten Beamten und als lediglich im öffentlichen Zntereffe aufge­ nommen anzusehen sind. Es versteht sich aber, daß die den fraglichen Protokollen im Zntereffe der Reklamanten beizufügenden Atteste, z. B. das bei der vierten Frage, über die Arbeitsfähigkeit der Eltern, den Umständen nach nöthige Physikats-Attest, dem vorschriftsmäßigen Stempel unter­ liegen. R. des M. d. Z. u. d. P. u. des FM. v. 25. Mai 1842 (MB. S. 362). Hierzu bestimmt das FMR. v. 25. Dez. 1864 III 25486 an d. Reg. in F.: Es hat nicht in der Absicht gelegen, in Betreff militairpflichtiger, noch nicht eingestellter Soldaten die Bestimmung: daß deren Gesuche um Freilassung vom Eintritt in den Militairdienst und die sonstigen darauf bezüglichen Schriftstücke stempelfrei sind, zu ändern. D. zu lit. f.

24. Zn Bezug auf §. 19 des Paß-Edikts vom 22. Juni 1817 wird festgesetzt: daß in PaßAngelegenheiten, wo etwa ein Bericht und die besondere Entscheidung der vorgesetzten Behörde darauf erforderlich wird, so wie überhaupt bei allen, der eigentlichen Paß-Ausfertigung vorangehenden Verhandlungen die Stempelfreiheit allgemeine Anwendung finden soll. R. des FM. u. des M. d. P. v. 28. Aug. 1817 (v. KA. B. 1 Heft 3 S. 150). E. zu lit. g.

25. a. Das Allerh. Regulativ, betr. die Kosten der gutsherrlich-bäuerlichen Auseinandersetzungen, Gemeinheitstheilungen, Ablösungen und anderer Geschäfte, die zum Reflort der Generalkommissionen, ingleichen der zweiten Abtheilung des Innern bei dm Regierungen der Provinz Preußen gehören, v. 25. April 1836 (GS. S. 181) bestimmt: §. 9. Erleichterung in Betreff der Auseinandersetzungs-Kosten: Im Uebrigen werden die den Parteien wegen der Auseinandersetzungs-Kosten zuge­ standenen Erleichterungen, wie folgt, bestätigt und erweitert: 1. soll denselben die Stempelfreiheit wegen aller von der Auseinandersetzungsbehörde, oder deren Abgeordneten, oder sonst im Aufträge und auf Requisitton derselben, nicht minder wegen der in den vorgesetzten Instanzen gepflogenen Verhandlungen zu Statten kommen; 2. sollen denselben wegen aller dieser Verhandlungen, einschließlich der aus den Hypotheken­ büchern und den Akten der Gerichte, oder andern Behörden zu ertheilmdm Auskunft, außer dm in §§. 1. ff. bestimmten und sonst zur Kategorie der baaren Auslagen gehörigen Kosten, keinerlei Sporteln und Gebühren, weder von den General-Kommissionen und den vorgesetzten Instanzen, noch von den durch dieselben beaustragtm und requirirten Gerichten oder sonstigen Behörden zur Last gesetzt werden; 3. eben diese Begünstigungen (1 und 2) finden Statt bei allen auf Grund der Auseinander­ setzungen in dm Hypothekenbüchern vorzunehmmden Eintragungen und Löschungm; 4. (betrifft die Portokosten); 5. die vorstehenden Bestimmungen finden ihre Anwendung nicht blos auf die Hauptgegen­ stände der Auseinandersetzungen, derm Einleitung und Ausführung und die hierher ge­ hörigen Verhandlungen und Ausfertigungm, Mittheilungen und Auskünfte, sondern auch auf die hiermit zusammenhängenden, oder auf Veranlaffung und Betrieb der General­ und Spezialkommisstonen damit in Verbindung gesetzten Nebenpunkte und Zwischenverhandlungm, als wegm der Grmzberichttgungen, der Berichtigung des Legittmations-

Gesetz §. 3.

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Punkts, der auszustellenden Vollmachten, der Subhastationen zum Behuf der Auseinander­ setzung (§. 107 der Gemeinheitstheilungsordnung vom 7. Zuni 1821) u. s. w.; 6. eben diese Sportel-, Stempel- und Portofreiheit soll den Parteien auch wegen der bei den Gerichten, oder anderen Behörden extrahirten Nachrichten und Bescheinigungen aus den Akten und Hypothekenbüchern zu Statten kommen, wenn sie sich durch eine Verfügung der Generalkommission oder eines Abgeordneten derselben über die ihnen gemachte Auflage zur Beibringung solcher Nachweisungen legittmiren. §. 10. Insbesondere bei den Regierungen: Gleiche Vergünstigungen (g. 9) sollen den Parteien bei den Auseinandersetzungen zu Statten kommen, welche von den Regierungen bei den diesen übertragmen Güterverwaltungm geleitet werdm. g. 11. Angleichen bei anderen Behördm: Lassen die Parteim ihre von dm Kreis-Vermittelungsbehörden oder sonst ohne Dazwischenkunst der Auseinandersetzungsbehörden geschloffenm Vergleiche gerichtlich aufnehmen, so finden auf diesm Akt und die Versendungen der Verhandlungen an die Generalkom­ missionen, Behufs deren Bestätigung, die Bestimmungen des g. 9 ebenfalls Anwendung. 25. b. Die Kosten- und Stempelfreiheit nach g. 9 u. 11 des Regul. v. 25. April 1836 (f. Anm. 25. a) besteht auch nach Erlaß des Gerichtskostengesetzes v. 10. Mai 1851 fort. ZMR. v. 28. Okt. 1852 (JMB. S. 378). 26. Zn Gemeinheitstheilungs- und Ablösungssachen sind insbesondere als stempelfrei anerkannt: a. die zur Bestätigung der Generalkommission vorgelegten Gemeinheitstheilungs- und Ablösungs­ verhandlungen, so wie die Quittungen über Zahlungen zur Erfüllung der zu Stande ge­ kommenen Gemeinheitstheilung oder Ablösung. FMR. v. 20. Okt. 1832 (v. KA. B. 17 S. 915); namentlich auch, zufolge §. 9 Nr. 5 des Regul. vom 25. April 1836, Deposital-Quittungen über die zum gerichtlichen Depositorium eingezahlten Gelder. ZMR. v. 12. März 1838 (MB. 1844 S. 74), mitgetheilt durch R. des M. d. Z. v. 26. Juni 1838 (v. KA. B. 22 S. 334) und durch ZMR. v. 28. Febr. 1844 (ZMB. S. 62, 63, MB. S. 74), so wie durch Cirk.-R. des FM. v. 31. März 1838 HI 7601; nach den letzteren beidm Reflriptm gebührt die Stempelfreiheit überhaupt allm gerichtlichen Verhandlungen und Verfügungen über die in gutsherrlich-bäuerlichm Auseinandersetzungen, Gemeinheitstheilungen und Ablösungen vor­ kommende gerichtliche Depositton von Geldem und Dokumentm; b. die hypothekarische Löschung abgelösten Erbpacht-Kanons. ZMR. v. 18. Zuni 1842 I 2736 an d. OLGericht in Mr., mitgetheilt den Regierungen durch R. des M. d. Königl. Hauses v. 2. Aug. 1842 Nr. 17246, mit dem Bemerken, daß hiemach auch die Löschung abgelöster Domainen-Abgabm im Hypothekenbuche stempelfrei erfolgen muß; c. die von den Generalkommissionen beantragtm hypothekarischen Eintragungen rückständiger Auseinandersetzungs-Kosten. ZMR. v. 3. Zuni 1842 (ZMB. S. 217, MB. S. 229), mitgetheilt durch R. des M. d. Z. v. 21. dess. M. (MB. S. 228); d. zufolge des g. 9 Nr. 1 des Regul. vom 25. April 1836 alle zum Reffort der General­ kommisstonen gehörigen Sachen auch in den höheren Instanzen, sonach die Erkenntnisse der Revisions-Kollegien. R. des M. d. I. u. des ZM. v. 1. März 1837 (v. KA. B. 21 S. 68, v. KZ. B. 49 S. 246); e. Vollmachten zum Betriebe der bei den Generalkommissionen anhängigen Auseinandersetzungs­ Geschäfte, sofern die Vollmachten sich auf diese Geschäfte und die dabei vorkommenden Neben­ punkte beschränken, ohne Unterschied, ob die Vollmachten nach g. 7 [sott heißen g. 75] der Verordnung vom 20. Zuni 1817 nothwendig, oder von den Mandanten aus eigenem Antriebe ausgestellt sind. R. des M. d. Z. u. d. P. v. 16. Zuni 1841 (MB. S. 183).

42 27. Die ohne Dazwischenkunst der General-Kommissionen vor Gericht oder Notarien aufge­ nommenen Verträge Mischen, Gutsherren und Prästantiarien über die Ablösung der gutsherrlichen Rechte, Dienst- und anderer Leistungen, resp. deren Umwandlung, sind dem 15 Sgr.-Stempel unter­ worfen. FMR. v. 22. Jan. 1825 (Amtsblatt der Reg. zu Münster, SK.) 28. Für die Stempelfrage in Beziehung auf die bei der Regierung nicht in der Eigenschaft als Regulirungsbehörde eingehenden Gesuche und sonst vorkommenden Verhandlungen in Auseinandersetzungs-, Gemeinheitstheilungs-, Ablösungs- u. s. w. Sachen ist nach Anleitung der Bestim­ mungen unter Nr. 1 und 6 des §. 9 des Regul. vom 25. April 1836 (s. Anm. 25. a) zu verfahren. R. des M. d. Königl. Hauses u. des FM. v. 12. März 1840 (CB. S. 173, MB. S. 190). 29. Da durch Artikel XI der Merh. Kab.-Ordre vom 31. Dw 1825 (GG 1826 S. 5) die Regierungen ermächtigt worden sind, bäuerliche Regulirungen und Separationen in Domänen oder den- unter unmittelbarer Verwaltung der Regierungen oder- der Provinzial-Schulkollegien stehenden' Instituten ohne Mitwirkung der General-Kommisstonen einzuleiten, und zu beendigen, so steht den diesfäüigen Regierungs - Verhandlungen die Stempelfreiheit in eben dem Maße zu, wie solche durch §. 3 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 enb lit. g den gleichartigen Verhandlungen der General-Kommissionen und Revisions-Kollegien bewilligt ist. FMR. fc 21. Febv. 1830 (v. KA. B: 14 S. 46). - 3Q. Die Stempelfreiheit ist auch eingeräumt: a. den Rezessen über Eigenthums-Verleihungen an Domänen-Einsaffen, nicht aher ErbpachtsKontrakten. FMR. v. 15. Nov. 1822 an d. Reg. in Cöln (SK.). Erbpachtsverleihungen haben inzwischen aufgehört, Ges. v. 2. März 1850 §. 2 Nr. 2 (GS. S. 77); b. den von der Regierung auszufertigenden Eigenthums-Verleihungs-Urkunden für emphyteutische Bauergütsbesitzer. FMR. v. 15. Nov. 1822 III 22012 an d. Reg. in Mr. (SK.) 31. Einzelnen Gemeinheitstheilungs- und Ablösungs-Sachen bewilligen folgende Allerh. Erlasse Stempelfreiheit: a. Regl. für die Tilgungskaffe zur Erleichterung der Ablösung der Reallasten in den Kreisen Mühlhausen, Heiligenstadt und' Worbis, v. 9. April 1845 §. 23 (GS. S. 410); b. Ges. wegen Ablösung der Reallasten in den vormals Naffauischen Landestheilen und in der Stadt Wetzlar mit Gebiet, v. 4. Juli 1840 §. 120 (GS. S. 195); c. Regl. für die Tilgungskasse zur Erleichterung der Ablösungen der Reallasten in den Kreisen Paderborn, Büren, Marburg und Höxter des Regierungsbezirks Minden, v. 16. Aug. 1834, bestätigt durch Kab.-Ordre v. 17. Sept. deff. I. §. 14 (GS. S. 175); d. Ges., betr. das Verfahren in den nach der GemeinheitstheilungsOrdnung zu behandelnden Theilungen und Ablösungen in den Landestheilen des linken Rheinufers, v. 19. Mai 1851 §. 64 (GS. S. 383); e. Ges. über die Rechtsverhältnisse des Grundbesitzes und über die Ablösung der Realberechtigungen in dem Fürstenthume Siegen, v. 18. Juni-1840 §. 5 (GS. S. 151); f. Ordnung wegen Ablösung der Reallasten im Herzogthum Westphalen, v. 18. Juni 1840 §. 140 (GS. S. 156); g. durch Kab.-O. v. 22. Dez. 1839 genehmigte Jnstr. des StaatsMinist. v. 30. Nov. 1839 zu §. 2 des Ges., betr. die Rechtsverhältnisse der Grundbesitzer und die Ablösung der Neallasten in den Grafschaften Wittgenstein re., v. 22. Dez. 1839 Art. 10 (GS. 1840 S. 6), mitgetheilt durch JMR. v. 7. Febr. 1840 (JMB. S. 50 ff., 56); h. Ges. wegen Erleichterung der Ablösung gewerblicher u. s. w. auf dem Grundbesitz hastender Leistungen, v. 30. Juni 1841 §. 7 (GS. S. 136); i. V. über die Ausfühmng der Jagdgemeinheitstheilungen für die zum ständischen Verbände der Kur- und Neumark Brandenburg und dem Markgrasthum Niederlausitz, so wie der Provinz Sachsen gehörigen Landestheile, v. 7. März 1843 §. 38 (GS. S. 130); des­ gleichen für die Provinz Westphalen, V. v. 7. März 1843 §. 38 (GS. S. 115); k. Ges. über die Errichtung von Rentenbanken v. 2. März 1850 (GS. S. 112) §. 54: für die den Rentenbank-

Gesetz §. 5.

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Direktionen übertragenen Geschäfte; 1. Ges., betr. die für die Aufhebung der Grundsteuerbefreiungen und Bevorzugungen zu gewährende Entschädigung, v. 21. Mai 1861 (GS. S. 327) §. 29, jedoch mit Ausschluß der gerichtlichen Prozesse. F. zu 11t. h. 32. a. Verhandlungen über die Entschädigung wegen Aufhebung der ausschließlichen Gewerbsberechtigungen nach §. 1 der Allg. Gewerbeordnung vom 17. Zanuar 1845, gleichwie nach dem Edikt vom 7. Sept. 1811, sind stempelfrei; von der Forderung des Vollmachtssiempels in diesen Angelegenheiten ist daher abzustehen. R. des M. d. 3. u. des FM. v. 29. Jan. 1847 (MH. S. 20). 32. b. Ges., betr. die Aushebung und Ablösung gewerblicher Berechtigungen in den durch die Ges. v. 20. Sept. u. 24. Dez. 1866 mit der Preuß. Monarchie vereinigten Landestheilen, exel. Kaülsdorf und Meisenheim, v. 17. März 1868 (GS. S. 249) §.71: Das Verfahren vor den Ver­ waltungsbehörden ist frei von Stempel und Gebühren. 33. Die Verhandlungen wegen gerichtlicher Deposition und Auszahlung der EntschädigungsRenten, welche aus dem Gesetze vom 13. Mai 1833, betreffend hie Aufhebung der gewerblichen und persönlichen Abgaben und Leistungen in den Mediatstädten der Provinz Posen, in Folge der Ordre vom 29. August 1838 definitiv festgesetzt worden sind, sollen frei von Stempelabgaben er­ folgen. Kab.-O. v. 14. Febr. 1839 (GS. S. 105). G. zu lit. i. Absatz 1. 34. a. Gesetz, betr. den Ansatz, und dis Erhebung der Gerichtskosten, v. 10. Mai 1851 (GS. S. 622) §. 4: Von dev Zahlung der Gerichtskosten, sind befreit: 1. der Fiskus und alle öffentlichen Anstalten und Kassen, welche für Rechnung des Staats verwaltet werden oder diesen gleichgestellt sind.; 2. alle öffentlichen Armen-, Kranken-,. Arbeits- und Besserungs-Anstalten, ferner Waisenhäuser und andere milde Stiftungen, insofern solche nicht einzelne Familien oder bestimmte Personen betreffen, oder in bloßen Studien-Stipendien bestehen, sowie endlich dio Gemeinden in den die Verwaltung und Mittel der Armenpflege betreffenden Angelegenheiten; 3. alle öffentlichen Volksschulen; 4. alle öffentliche gelehrte Anstalten und Schulen, Kirchen, Pfarreien, Kaplaneien, Vikarien Und Küstereien, jedoch nur insoweit, als die Einnahmen derselben die etatsmaßige Ausgabe, einschließlich der Besoldung oder des statt dieser überlassenen Nießbrauchs, nicht übersteigen, und dieses durch ein Attest der denselben vorgesetzten Behörde oder Oberen bescheinigt wird. Insoweit aber in Prozessen oder anderen Rechtsangelegenheiten derselben solche An­ sprüche, welche lediglich das zeitige Interesse derjenigen, welchen die Nutzung des betreffen­ den Vermögens für ihre Person zusteht, zugleich mit verhandelt werden, haben letztere, wenn sie sich nicht etwa zum Armenrecht qualifiziren, die auf ihren Theil verhältnißmähig fallenden Kosten zu tragen; 5. Militairpersonen rücksichtlich der von ihnen bei der Mobilmachung errichteten einseitigen und wechselseitigen Testamente, sowie derm Zurücknahme und Publikation. Auch find die Pro­ vokationen auf Todeserklärung der im Kriege vermißten Militairpersonen kostenftei zu bear­ beiten. 6. Dem Finanz-Minister wird die Befugniß eingeräumt, in Uebereinstimmung mit dem be­ treffenden Reffort - Minister auch solchen Privat-Unternehmungen, welche nicht auf einen be­ sonderen Geldgewinn der Unternehmer gerichtet sind, sondern einen gemeinnützigen, nicht auf einzelne Familien oder Korporationen beschränkten Zweck haben, eine Gebührenfreiheit vor­ behaltlich Unserer in Uebereinstimmung mit den bei ihrem nächsten Zusammentreten darüber zu hörenden Kammern zu ertheilenden Genehmigung, zu bewilligen.

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Gesetz §. 3.

Was die bisher solchen Unternehmungen, z. B. Pensions- und Versicherungs-Anstalten, Bürger-Rettungs-Jnstituten u. s. w., bereits bewilligten Befreiungen betrifft, so behält es im Allgemeinen dabei sein Bewenden; wenn aber in einzelnen Fällen die Befreiung zweifelhaft ist, so ist darüber gemeinschaftlich von den Ministern der Finanzen und der Justiz zu ent­ scheiden. Im Uebrigen werden alle, gewiffen Ständen und den nur zum Vortheil einzelner Klaffen der Staatsbürger errichteten Instituten, z. B. den ritterschastlichen Kredit-Instituten, be­ willigte Befreiungen aufgehoben. 34. b. Zu vorstehendem §. 4 bestimmt die Jnstr. des IM. v. 1. Juni 1854: 9. Zu Nr. 2. Die den Gemeinden bewilligte Kostenfreiheit für die Angelegenheiten, welche die Verwaltung und die Mittel der Armenpflege betreffen, kommt nach der Allerh. Ordre vom 18. August 1841 (s. Anm. 45. a) auch den Gutsherrschaften in Bezug auf die Verwaltung der Armen-Angelegenheitm zu Statten. 10. Zu Nr. 5. Durch diese Bestimmung wird den Militairpersonen ohne Unterschied des Ranges für die hier bezeichneten Geschäfte eine Befreiung von den Kosten bewilligt. Für alle anderen Angelegenheiten fällt die den Militairpersonen bisher bewilligte Kostenfreiheit fort re. 11. rc. re. ' 12. Zu den aufgehobenen Befreiungen gehört auch die durch die Allerh. Ordre vom 5. Januar 1844 (JMD. S. 11 Nr. 2 und 3) bewilligte Kostenermähigung rücksichtlich der Verträge, welche die Uebertragung einer bäuerlichen Besitzung in der Provinz Westfalen zum Gegenstände haben. Bei allen Verträgen dieser Art finden daher auch in Beziehung auf den zu berech­ nenden Stempelbetrag die Besttmmungen der Allerh. Ordre vom 14. April 1832 wieder volle Anwendung [jefct Ges. v. 22. Juli 1861, s. §. 5 Anm. 1 u. 37, auch 32. d u. 38. b daselbst. — Nach Nr. 3 der vorgedachten Kab.-Ordre v. 5. Jan. 1844 war zu Verträgen, durch welche eine bäuerliche Besitzung in Westfalen an einen Descendenten des Besitzers oder seines Ehe­ gatten, oder an den Letzteren selbst ungetheilt übertragen wurde, nicht der Kauf-Werthstempelsondern nur der Ausferttgungs-Stempel zu verwenden^. 34. c. In Veranlassung einer Beschwerde des General-Postamts deS Norddeutschen Bundes hat der Justiz-Minister im Einverständniß mit dem Herrn Finanz-Minister dahin entschieden, daß die Stempel» und Kostenfreiheit, welche nach den Landesgesetzen dem Preußischen Postfiskus ge­ währt war, auf die Postverwaltung des Norddeutschen Bundes, vermöge staatsrechtlichen Eintritts derselben in die Rechte und Verbindlichkeiten der Preußischen Postverwaltung, übergegangen ist. Dies läßt sich aus dem Wesen des Norddeutschen Bundes als einer durch den ^Vertrag vom 18. August 1866 (Gesetz-Samml. S. 626) unter den betheiligten Staaten begründeten staatsrechtlichen Gemeinschaft folgern, auf welche die bereits bestehenden, der einheitlichen Leitung des Bundes überwiesenen Verwaltungszweige übergegangen sind, ohne daß eine Veränderung der bisherigen Rechte und Verbindlichkeiten derselben in weiterem Umfange anzunehmen ist, als mit Nothwendigkeit aus dm Bestimmungen und dem Wesen der Bundesverfaffung sich ergiebt oder durch Akte der Bundesgesetzgebung bedingt ist. Dafür spricht auch Arttkel 49 der Verfaffungsurkunde des Nord­ deutschen Bundes (Bundes-Gesetzbl. S. 3 — soll heißen S. 2), insofern er die finanziellen Konsequenzm der Gemeinschaft zieht, in welche durch Artikel 48 die Postverwaltungen der Einzelstaaten einheitlich zusammengefaßt sind. Auf den Wunsch des Herrn Bundeskanzlers wird diese Entschei­ dung dm Justizbehörden zur allgemeinen Beachtung bekannt gemacht. JMR. v. 7. Juni 1870 (JMB. S. 198, Staats-Anz. S. 2386). 34. d. rc. Der wider die Stempelpflichtigkeit aus der angeblichen Stempelfteiheit der Unter­ offiziere und Soldaten hergmommene Einwand verdient um so weniger Berückfichtigung, als die Stempelfreihett dieser Mlitairs nach dem durch die Allerh. Ordre vom 17. Februar 1838 (GS.

Gesetz §. 3.

45

S. 193) bereits modifizieren §. 42 Tit. 23 Th. 1 der AGO. in Folge der Anordnung im vorletzten Absatz des §. 4 des Gesetzes vom 10. Mai 1851 (GS. S. 622) — ist in Anm. 34. a der Schluß­ absatz — nicht mehr besteht. FMR. v. 8. Dez. 1860 (CB. 1861 S. 18). 34. e. Wegen der Todeserklärungen aus den Kriegen von 1806—1815 vergl. auch §. 5 des Ges. v. 2. Aug. 1828 (GS. S. 93) und FMR. v. 25. Aug. 1836, letzteres mitgetheilt durch ZMR. v. 22. Sept. 1836 (v. KZ. B. 48 S. 263 ff.); in Betreff der Kriege 1864 und 1866 s. §. 6 des Ges. v. 24. Febr. 1868 (GS. S. 193), wonach das Verfahren einschließlich des Erkenntnisses kostenund stempelfrei ist; desgleichen in Betreff des Krieges in den Zähren 1870 und 1871 nach §. 6 des Ges. v. 2. April 1872 (GS. S. 341). 34. f. Ebenso, wie in Anm. 34. a §.4 Nr. 5, für die neuen Landestheile nach Nr. VI der durch Allerh. Erlaß v. 1. April 1867 gegebenen „Zusammenstellung verschiedener Vorschriften des Preußischen Rechts über die bürgerlichen Rechtsverhältnisse der Militairpersonen (GS. S. 519 ff.). 35. a. Zm §. 3 lit. i des Stempelgesetzes ist nur von Befreiung gewisser Anstalten, Gesell­ schaften oder Personen, mithin blos von subjektiven Befreiungen die Rede, nicht von objektiven (einem bestimmten Gegenstände beigelegten) Stempelfreiheiten, welche letztere, soweit sie nicht in das neue Stempelgesetz ausdrücklich aufgenommen worden, als aufgehoben zu betrachten find, und in Absicht welcher auf die frühere Gesetzgebung nirgend mehr zurückgegangen werden kann. FMR. v. 6. Juli 1823 III 12927 an d. Direktion der Rügenschen Brandversicherungs-Gesellschaft (SK.). 35. b. Die im §. 3 lit. i bestimmte Fortdauer gesetzlich bestehender Befteiungen von dem Stempel bezieht sich nur auf die, bestimmten Subjekten zustehende Stempelfreiheit. Wo die frühere Stempelgesetzgebung einzelnen Objekten (z. B. in der Instruktion vom 5. Sept. 1811 — GS. S. 316 — §. 12 zu 3 den Feuer-Sozietäts-Sachen) die Befreiung vom Stempel zugebilligt hat, kann dieselbe als fortdauernd nur insofern anerkannt werden, als sie in dem Gesetz vom 7. März 1822 und dessen Tarif aufs Neue angeordnet worden. FMR. v. 23. Okt. 1827 III 19791 (S. K. u. Handbuch v. 1829). 35. c. Die Fortdauer der im §. 3 lit. i gedachten Stempelbefreiungen bezieht sich überhaupt auf solche Gesellschaften und einzelne Personen, welchen durch gesetzliche Anordnungen fauch durch das frühere Stempelgesetz, FMR. v. 22. Mai 1823 III 9765 (nach S. Handbuch v. 1829: Nr. 9374) an d. Reg. in S. — SK.^j oder besondere Privilegien die Befreiung von gewissen Stempelabgaben ausdrücklich verliehen worden ist. Stempelfreiheiten, die etwa nur durch Ministerial-Verfügungen früher zugestanden, und in das neue Stempelgesetz nicht ausdrücklich mit aufgenommen oder un­ mittelbar daraus herzuleiten sind, sollen nicht berücksichtigt werden. FMR. v. 25. Zuni 1822 III 12448 an d. Reg. in S. (SK.). 35. d. Die im §. 3 lit. i ausgesprochene Fortdauer der Stempelfreiheit bezieht sich nicht aus­ schließlich auf den Fiskus, Kirchen, Schulen, Hospitäler und Armenanstalten, sondern auch auf andere Anstalten und selbst Privaten, vorausgesetzt, daß diesen früher die Stempelfreiheit in ge­ wissen Fällen ausdrücklich beigelegt war. FMR. v. 25. Zuni 1822 III 12449 an d. Reg. in Stralsund (SK.). 35. e. Wenn Institute oder Privatpersonm eine fernere Stempelfreiheit in Anspruch nehmen, ist der Grund derselben in einer ausdrücklichen Vorschrift früherer Gesetze, oder in einem SpezialPrivilegium nachzuweisen. FMR. v. 21. Nov. 1823III 22032 (SK.). 35. f. Die Stempelsteuer ist nicht unter die direkten oder, wie es in der Instruktion vom 30. Mai 1820 §. 13 lit. b (GS. S. 81) heißt, unter die „ordentlichen Personalsteuern", welche unmittelbar von der Person erhoben werden, zu begreifen; sie ist vielmehr den indirekten Steuern beizuzählen. Die in Folge der autonomischen Befugnisse der Standesherren errichteten Fideikommisse sind stempelpflichtig. Erk. des OT. (I) v. 16. Dez. 1867 (Str. A. B. 69 S. 233).

46 Z6.Ä. Deklaration des Stenspel - Gesetzes?O. Aov. MO für.die.-ganzeMonarchie, v. 27. Juni 1811 (GS. S. Z18) i§. 4 Nr. 2: Stempelfrei [fmb alle Angelegenheiten -er Kirchen, ArmenAnstalten, Waisenhäuser, Milden Stiftungen, Schulen, Universitäten, desgleichen.der Straf-, und Befferungs-Anstalten. 36i b. FMR. v. 27. Jan. 1827,111 3331: Des Königs .Majestät haben Mittelst Allerh.iKab.Ordre vom 16.-. M.zu entscheiden.geruht, daß: 1) dieStempelfreiheit der.Kirchen, Armen-Anstalteu, Waisenhäuser, milden Stiftungen, Schulen, Universitäten, desgleichen der Straf- und BesserungsAnstalten, wie ihnen :sosche durch die Deklaration %>m 27. Juni 1811-§. 4 Eingeräumt.wqrden, sich auf die Zuwendungen, welche solchen Instituten durch Schenkung oder letztiüillige Verordnungen anfallen, erstrecke und deshalb nach. §. 3 lit i des Stempelgesetzes vom 7. Mäpz 1822 yoch fort­ dauere, daß auch B von den Vermächtnissen .'zur Austheisung,an Arme .eine Stempelsteuer nicht zu erheben sei, und daß 3) die im §. 3 lit. i des Gesetzes vom 7. März 1822 besonderen Anstalten und Gesellschaften provisorisch zugesicherte Stempelfreiheit auch solchen im,§. 4 der Deklaration vom 27. Juni 1811 benannten Instituten derjenigen neu- oder miedereroberten Provinzen, in welchen diese Deklaration nicht Gesetzeskraft gehabt hat, von jetzt an eingeräumt, und. die bisher noch nicht eingezogene Stempelsteuer von ihnen nicht erhoben werde. — Das FMR. v. 6. Juni 1827III10103 ertheilt die Anweisung, diese Kab^Ordre als vorläufig bis zu der im §. 3 lit i des Stempelgesetzes .vorbehaltenen allgemeinen Entscheidung über die Beibehaltung der Stempelfreiheiten getroffen durch die Amtsblätter bekannt zu machen. t Seitens der Reg. in Br. auch bekannt gemacht in v. KA. B. 11 S. 384. 37. Bezüglich der Erbschaftssteuerfreiheit: 1) des Fiskus, öffentlicher Anstalten und Lassen; 2) der Orts- und Land-Armenverbände; 3) öffentlicher Armen-, Kranken-, Arbeits-, Straf- und Befferungs-Anstalten, ferner Waisenhäuser, Hospitäler und anderer Versorgungs-Anstalten oder anderer milder Stiftungen; 4) öffentlicher Schulen und Universitäten, öffentlicher Sammlungen für Kunst und Wissenschaft; 5) Deutscher Kirchen und anderer Deutscher Religionsgestllschaften; sowie 6) wegen Fortbestehens, subjektiver Befreiungen von der Erbschastsabgabe, vergl. Gesetz, .betr. die Erbschaftssteuer, v. 30. Mai 1873,(GS. S. 329) Tarif unter „Befreiungen" Nr. 2. e bis Je.— s. im Asthang. 38. Die durch .Kab.-Ordre vom 16. Januar 1827 < s. Anm. 36. b) bewilligte Stempelfreiheit ist auf die bezeichneten inländischen Institute beschränkt und darf nicht auf . ausländische ausgedehnt werden. FMR. v. 22. Juli 1837 III 16955 u.v. 20. Febr. 1839 III 3756 (GK.). «39. Allerhöchsten Orts ist auf eine »Vorstellung: der Aeltesten der Jüdenfchaft ln Berlin den­ selben in dem Kabinets-Bescheide vom 8. Dez. 1839 zu erkennen gegeben, daß .die Mischen Synagogen die Privilegien-er Kirchen micht haben, und deshalb ihre Angelegenheiten ftempelpflichtig'.sind. FMR. v. 2. Dez. 1841 III 26961 an d. PStD.ln S. Bergl. Anm. 37 Ar. 5. 40. a. Die Stempelfreiheit. der Kirchen nach -er Käb.-Ordre vom 16. Januar 1827 (s. Anm. 36. b) macht sich auch«bei Verträgen geltend, -welche Mer das'Pfarrverm'ögen ^abgeschlossen roetben, kann aber nicht auf Verträge der Pfarrer über die Ausübung ihrer Rutzungsbefugniffe ausgedehnt werden. -FMR. -. 31. Jan. 1832III 2017 cm d. -Reg. u. d. PStD. ih S. In Neuvorpommern find die Geistlichen, Insofern sie der Salarirung und-Hebungen halber, ferner wegen Bau und Reparation der geistlichen Häuser rc. 'Prozesse führen, -der auch -wegen Pfarr- und Kirchenhufen oder emderer geistlichen Güter , auf eine rechtsbchändige Art, der .Pommerschen .Kirchenordnung gemäß (nach dieser sotten die-Pfarrer ihre Pfarräcker In der -Regel.nicht selbst bewirchschaften, sondern verpachten), Kontrakte schließen und Verschreibungen ausgeben, .von der Sterflpejlabgabe frei sein. . Allerh. Patent v. ,19. Mai 1800 »Nr. III lit. f (Dähnert Samml. Pommerscher und Wgischer Gesetze re. Suppl.-B. IV S. 545).

Gesetz §. 3.

47

40. b. Nach der Kab.-Ordre vom 16. Januar 1827 (f. Anm. 36. b) ist es unzweifelhaft,, daß den Kirchen die Befreiung vom Werthstempel in Prozessen zusteht. Den Bischöfen steht aber für ihre Person nicht Stempelfreiheit zu. Wenn sie daher in eigenem Interesse, z. B. als Nießbtaucher des zu ihrem Unterhalt bestimmten Vermögens Prozesse führen, so sind sie vom Stempel für den Prozeß und die Vollmacht nicht frei. Insofern sie aber die Substanz des zum bischöflichen Stuhl gehörigen Vermögens

%\x erhalten suchen und zu diesem Behuf als gesetzliche Vertreter desselben

Prozesse anstrengen, so ist, indem jenem Vermögen, rote dies hinsichtlich der Pfarrgüter im §. 774 M. 11 Th. 2 ALR. vorgeschrieben, die Rechte der Kirchengüter ohne Zweifel zukommen, die Stempel­ freiheit der Verhandlungen, wofür ihnen die Kosten zur Last fallen, namentlich der Vollmachten anzuerkennen. 40. c.

FMR. v. l. Nov. 1838III 26183 an d. PStD. in D. Durch Testament der S. ist nicht einer bestimmten Person, sondern dem jedesmaligen

Pfarrer und Schullehrer zu B., also der Pfarre und Schule daselbst zur Verbesserung des Ein­ kommens des jedesmaligen Pfarrers und Schullehrers, das Legat der 100 Thaler und resp. 50 Thaler jährlich vermacht. Hiernach ist das Legat als der Pfarre oder Kirche und resp. der Schule zu B. zugefallen zu erachten und die Stempelfreiheit vom Erbschaftsstempel nach der Allerh. Ordre vom 16. Januar 1827 (s. Anm. 36. b) anzuerkennen. FMR. v. 6. Febr. 1851 III 1587 an d. Reg. in F. 41. a. Zu den stempelfreien Instituten sind nur solche milde Stiftungen zu rechen, die unter dem besonderen Schutze des Staates stehen, und nach §. 32 Tit. 19 Th. 2 des ALR. unter den Armen-Anstalten begriffen sind, als: Armenhäuser, Hospitäler, Waisen-und Arbeitshäuser. FMR. v. 17. Juni 1822 an d. Direktoren der Frankeschen milden Stiftung (SK.). Vergl. Anm. 37 Nr. 3. 41. b. Nur die öffentlichen, vom Staate sanktionirten Armen-, Waisen- und Arbeitshäuser haben gesetzlich Stempelfteiheit, wogegen alle Privatanstalten dieser Art der Stempelabgabe unter­ worfen sind. FMR. v. 20. März 1823 III 5337 (SK.) u. v. 15. April 1842 III 8517 (GK.j. 41. c. Nur den öffentlichen Armen-Anstalten und Waisenhäusern, nicht aber denen, die aus­ schließlich auf eine gewisse Korporation beschränkt sind, steht die Freiheit vom Erbschaftsstempel zu. FMR. v. 21. Dez. 1823 III 23224 (SK.). 41. d. Der Nachweis, daß die von der verstorbenen unverehelichten W. gegründeten beiden Stiftungen als öffentliche milde Stiftungen anzusehen find, ist als geführt zu erachten, indem die Allerh. Ordre vom 20. Okt. 1851 dem dortigen Magistrat die Annahme der ausgesetzten Kapitale gestattet. Mit Rücksicht hierauf und da den Stadtgemeinden für alle Armen-Angelegenheiten Stempel­ freiheit zusteht (s. Anm. 45. a), ist solche auch in den vorliegenden Fällen zugestanden. FMR. v. 26. Juni 1861 III 14561 an d. Reg. in F.; durch vorgedachte Kab.-Ordre war dem Magistrat zu F. die landesherrliche Genehmigung zur Annahme der von der re. W. Behufs der Unterstützung einer gebildeten Familie und eines gebildeten Mädchens in F. letztwillig ausgesetzten Kapitalien von je 2000 Thalern ertheilt. Nach dem Gesetz vom 13. Mai 1833 (GS. S. 49) war diese Genehmigung erforderlich (jetzt Ges. v. 23. Febr. 1870, GS. S. 118). 42. R. des FM. und des M. d. I. v. 13. Aug. 1845 (MB. S. 259): Aus der Cirk.-Verfügung vom 21. Sept. 1844 (MB. S. 283) läßt sich für die Stempelfreiheit der Kranken- und Sterbekaffen nichts folgern, -indem darin nur ausgesprochen ist, daß diese Kassen zu denjenigen Anstalten zu zählen seien, von denen der §. 42 Tit. 19 Th. 2 des ALR. bestimmt, daß sie im Falle ausdrücklicher oder stillschweigender Genehmigung von Seiten des Staats die Rechte moralischer Personen ge­ nießen sollen. Was der Bewilligung der Stempelfreiheit entgegensteht, liegt in ihre,« Wesen -selbst. Während milde Stiftungen lediglich den Zweck der Gewährung von Unterstützungen an.hülfsbedürftige Personen verfolgen, hat bei den Kranken- und Sterbekassen jedes Mitglied der Gesellschaft, gleichviel ob hülfsbedürftig oder nicht, Anspruch auf Ueberweisung der Vortheile, welche die Statuten ihm für gewisse Fälle zusichern. Solchen Gesellschaften zur gegenseitigen Unterstützung ist Stempel-

48

Gesetz §. 3.

freiheit bisher nicht allgemein bewilligt und auch in Zukunft nicht zuzugestehen. Vergl. Anm. 37 Nr. 3. 43. Die Armen-Kasse der Freimaurer-Loge ist kein für sich bestehendes Institut, sondern eine gesellschaftliche Einrichtung jener Korporation. Der Letzteren gebührt nicht die Stempelfreiheit, folglich auch nicht dem ihrer Armen-Kasse zugefallenen Legat. Rev.-Prot. des FM. v. 2. April 1829, betr. Stettiner Erbsch.-Stemp.-Tab., mitgetheilt durch FMR. v. 6. desi. M. III 6598 an d. PStD. in S. Demgemäß ist auch der Antrag einer Freimaurer-Loge auf Niederschlagung eines Schenkungs­ stempels durch Allerh. Erlaß abgelehnt. FMR. v. 31. Dez. 1859 III 29719 an d. PStD. in S. Vergl. Anm. 37. Nr. 3. 44. Nur die Armen-Anstalten re., d. h. die im MR. §. 32 Tit 19 Th. 2. bezeichneten In­ stitute, denen nach §. 42 daselbst die Rechte einer moralischen Person beigelegt worden, haben nach der Kab.-Ordre vom 16. Zanuar 1827 (s. Anm. 36. b) Anspruch auf Stempelfreiheit, nicht aber die Kommunal-Armen-Kommissionen oder Vorstände, so wenig wie die Kommunal-Verwaltung über­ haupt. FMR. v. 9. April 1838 (CB. 1840 S. 219); ebenso nach dem FMR. v. 3. Dez. 1824 an d. PStD. in Cöln (SK.); ferner Schreiben des FM. an d. M. d. Z. v. 22. April 1840, mit­ getheilt durch R. des Letzteren v. 12. Mai 1840 (MB. S. 268), wonach ein der Armen-Verwaltung in Cöln vermachtes Legat für stempelpflichtig erklärt wird, mit dem Zusatz, daß KommunalArmenverwaltungs-Behörden nur dann auf Stempelfreiheit Anspruch haben, wenn ihnen solche vermöge besonderen Privilegiums, wie z. B. der Armen-Direktion zu Berlin, verliehen worden; s. jedoch die folg. Anm. 45. a. Die den Armen-Anstalten in Prozessen und sonstigen Angelegenheiten zustehende Stem­ pelfreiheit wird hiermit auch den Gutsherrschaften, so wie den Stadt- und den Landgemeinden in der ganzen Monarchie für alle Armen-Angelegenheiten bewilligt, jedoch mit der Einschränkung, daß sie diese Befreiung durch Uebernahme von Stempeln, welche nach den bestehenden Vorschriften den Privatpersonen, mit welchen sie Verträge schließen, zur Last fallen würden, auf die Letzteren zu übertragen nicht befugt sein sollen. Kab.-O. v. 18. Aug. 1841 (GS. S. 288.). Vergl. Anm. 37 Nr. 2. 45. b. Auf Grund Allerh. Bestimmung war durch R. des M. d. Z. v. 31. Juli 1840 (MB. S. 321) angeordnet, daß nur solchen Vermächtnissen, deren Substanz an Arme vertheilt wird, Stempelfteiheit zusteht, daß aber Vermächtnisse, nach welchen Kapitalien aufbewahrt und nur die Zinsen zur Unterstützung nothleidender Personen verwendet werden, stempelpflichtig sind. Dagegen bestimmt das FMR. v. 17. Sept. 1866 III 17217 an d. Reg. in F.: Es ist anzuerkennen, daß dem, der Landgemeinde zu V., oder der Gutsherrschast, zur Verwendung sür die Ortsarmen vermachten Legate auf Grund der Kab.-Ordre vom 18. August 1841 (s. vorige Anm.) die Stempelfteiheit zusteht. Diese Ordre unterscheidet nicht mehr, wie dies früher geschehen war, ob das Kapital, oder ob nur die Zinsen an Arme vertheilt werden. — Ebenso ist schon entschieden: a) durch FMR. v. 23. Nov. 1846 III 23684 an d. Reg. in F., wonach die Stempel­ freiheit eines Legats anerkannt wird, welches einem Kirchspiel mit der Bestimmung vermacht war, daß die Zinsen davon jährlich durch den Pfarrer an die Ortsarmen vertheilt werden sollen, weil die Kab.-O. v. 18. Aug. 1841 den Landgemeinden für alle Armen-Angelegenheiten Stempelfteiheit zusichere; b) durch FMR. v. 20. Juli 1861 III 16093 an d. PStD. in S., welches die Stempel­ fteiheit für ein einer städtischen Armenkaffe vermachtes Legat anerkennt, weil die Kab.-O. v. 18. Aug. 1841 den Stadtgemeinden für alle Armen-Angelegenheiten Stempelfteiheit bewillige, und letztere sich nicht mehr auf Vermächtniffe, deren Substanz an Arme vertheilt werde, beschränke. 46. a. Bei den Gerichten im Bezirk des Appellationsgerichtshofes zu Cöln sind Zweifel darüber entstanden, ob in Prozeffen über die Frage, welcher von zwei streitenden Gemeinden die Verpflegung

49

Gesetz §. 3. eines Armen obliege, ein Erkenntnißstempel zu verwenden sei.

Da derartige Prozesse die Armen-

Angelegenheiten der streitenden Gemeinden betreffen, so sind sie auf Grund der Kab.-Ordre vom 18. August 1841 (f. Anm. 45. a) stempelfrei zu behandeln.

JMR. v. 22. Okt. 1867 (ZMB. S. 391,

CB. 1868 S. 62), mitgetheilt durch FMR. v. 6. Nov. 1867 (CB. 1868 S. 61). 46. b.

Gesetz, betr. den Unterstützungswohnsitz, v. 6. Juni 1870 (BGbl. S. 360) §. 50:

Die Entscheidung des Bundesamtes [für das Heimathswesen §. 42] erfolgt gebührenfrei. Gesetz, betr. die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz (s. vorstehend), v. 8. März 1871 (GS. S. 130) §. 56:

Das Verfahren [in

Streitsachen der Armenverbände

§. 40 ff.] ist stempelfrei; §. 62: Die Entscheidungen [der Kommission §. 60] erfolgen gebührenund stempelfrei. ,

47. a.

Anstalten, denen Stempelfreiheit bewilligt ist:

1. der Aachener Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit für die nach §. 3,

14,

17 seines

Reglements vom 28. August 1851 beizubringenden Atteste Behufs Benutzung der Pensions­ Kasse.

Kab.-O. v. 26. April 1852 (Staats-Anz. S. 1685);

2. die Balley Brandenburg des St. Johanniter-Ordens und deren Provinzial-Genossenschaften beim Ankauf von Grundstücken zur Errichtung von Kranken- und Siechenhäusern in dem nach

§. 3. i des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 gestatteten Umfange.

Allerh.

Erlaß

v. 25. März 1857, bekannt gemacht durch JMR. v. 6. April dess. I. (JMB. S. 134) und durch FMR. v. 26. dess. M. (CB. S. 170); 3. gemeinnützige Baugesellschaften: a. die Berliner gemeinnützige Baugesellschaft, in dem Umfange, wie die Stempelfreiheit den öffentlichen Armen - Anstalten gesetzlich zusteht.

Bekanntm. des IM. u. des M. d. I. v.

14. Juni 1851, auf Grund des in derselben allegirten Allerh. Erlasses v. 10. März dess. I. (GS. S. 413); — die Königsberger gemeinnützige Aktien-Bau-Gesellschaft, in demselben Umfange.

Ges. v. 10. Aug. 1865

(GS. S. 898); — die Stettiner gemeinnützige Bau­

gesellschaft, in gleichem Umfange.

Ges. v. 13. Febr. 1854 (GS. S. 90);

l). Gesetz, betr. die den gemeinnützigen Aktien-Baugesellschaften bewilligte Sportel- und Stempelfreiheit, v. 2. März 1867 (GS. S. 385): §. 1:

Gemeinnützigen Aktien - Baugesellschaften

wird hierdurch die Sportel- und Stempelfreiheit in dem Umfange bewilligt, wie dieselbe den öffentlichen Armen - Anstalten zusteht.

§. 2: Unter gemeinnützigen Aktien-Baugesell­

schaften sind solche Aktiengesellschaften zu verstehen, deren durch Statut bestimmter Zweck ausschließlich darauf gerichtet ist, unbemittelten Familien gesunde und zweckmäßig ein­ gerichtete Wohnungen in eigens erbauten oder angekauften Häusern zu billigen Preisen zu verschaffen, und deren Statut die an die Gesellschafter zu vertheilende Dividende

auf

höchstens fünf Prozent ihrer Antheile beschränkt, auch den Gesellschaftern für den Fall der Auflösung der Gesellschaft nicht mehr als den Nominalwerth ihrer Antheile zusichert, den etwaigen Rest des Gesellschaftsvermögens aber für gemeinnützige Zwecke bestimmt. 4. Bürger - Rettungs - Institute (s. namentlich sub c):

a. das zu Brandenburg errichtete Stein-

becksche Bürger-Rettungs-Jnstitut, soweit die Stempelfreiheit nach den jedesmaligen Stempelgesetzen ähnlichen Instituten zukommt.

Kab.-O. v. 30. Sept. 1841 (JMB. S. 342); b. die

Bürger - Rettungs - Anstalt in Breslau, in demselben Umfange, wie die Stempelfreiheit nach den

jedesmaligen

Kab.-O. v.

Stempelgesetzen

31. Jan. 1846 (GK.);

den öffentlich anerkannten

nülden

Stiftungen zusteht.

c. der Bürger -Rettungs- und Unterstützungs-Verein in

Liegnitz, wie nach den jedesmaligen Bestimmungen der Stempelgesetze ähnlichen Wohlthätigkeits-Anstalten. (JMB. S. 330).

Kab.-O. v. 17. Okt. 1842, zur Kenntniß gebracht durch JMR. v. 22. dess. M. In dieser Kab.-O. wird auf die schon nach der Kab.-O. v. 16. Febr. 1841

dem Vereine zustehende Gebührenfreiheit verwiesen; letztere Kab.-O. (JMB. S. 87) bewilligt

50

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sämmtlichen Bürger-Rettungs -Instituten selbst, und den von ihnen unterstützten Personen, be denen außer einer unverschuldeten Armuth zugleich Redlichkeit des Charakters, Thätigkeit und Arbeitskraft vorhanden ist, in Beziehung auf die bewilligten Unterstützungen, die hierüber auszüstellenden Schuld- und Verpfändungs-Urkunden und erfolgenden Eintragungen im Hypo­ thekenbuche, die Gebührenfreiheit; d. das Bürger - Rettungs - Institut zu Merseburg, wie zu c. ZMR. v. 28. Dez.' 1841, auf Grund Kabinets-Befehls vom 22. dess. M. (ZMB. 1842 S. 9); e. das Bürger-Rettungs-Znstitut zu Sagan, wie den öffentlich anerkannten milden Stiftungen. Kab.-O. v. 19. Zuli 1847 (GK.); f. das Bürger-Rettungs-Znstitut in Stettin. FMR. v. 7. Zuni 1859 HI 13034 an d. PStD. daselbst, welches bestimmt: nach §. 55 zu 6 der Allerhöchst be­ stätigten Statuten des dortigen Bürger-Rettungs-Znstituts vom 21. August 1815 sei dasselbe zwar als wahre Armen-Anstalt anerkannt und ihm bei allen seinen Verhandlungen sowohl in, als außerhalb des Gerichts gleich einer solchen Anstalt die Befreiung von Stempelgebühren zugestanden; allein es lasse sich hieraus die beanspruchte Stempelftecheit der Schuld- und Bürgschaftsscheine über die aus den Fonds der Anstalt bewilligten Darlehne von 50 Thlrn und darüber nicht herleiten; denn bei diesen Scheinen sei nach dem Gesetze nicht das BürgerRettungs-Znstitut zur Berichtigung der Stempelabgabe verpflichtet, sondern der Aussteller des Instruments, und es sei nicht statthaft, die der Anstalt zustehende Stempelfreiheit auf die Empfänger von Darlehnen und die Aussteller von Bürgschafts-Urkunden zu übertragen, wie überhaupt alle Schuld- und Bürgschaftsscheine , aus den Fonds milder Stiftungen über 50 Thlr und mehr, wenn nicht den Ausstellern persönlich die Befreiung von der Stempel-Abgabe zu­ stehe, zu versteuern seien; der Frauen-Verein zu Barth (in Reu-Vorpommern) für die, die wohlthätigen Zwecke des Vereins betreffenden Verhandlungen. FMR. v. 31. März 1831 IH 7205 an d. PStD. in S., auf Grund der Kab.-O. v. 24. dess. M.; die Hülfskaffe der Provinz Westphalen im inneren Verkehr, wie der Königl. Hauptbank, mithin für alle diejenigen Geschäfte, bei welchen die Hülfskaffe die Stempel zu zahlen haben würde, vorbehaltlich zu erlassender allgemeiner Vorschriften bei künftiger allgemeiner Aenderung des Stempelwesens. Statut v. 26. Rov. 1831 §. 16 (Zurist. Zeitung 1832 S. 100); . sämmtliche von der Regierung genehmigte Vereine für die Klein-Kinder-Bewahr-Anstalten, in gleichem Umfange, wie den öffentlichen Schulen. Kab.-O. v. 21. April 1841 (v. KZ. B. 60 S. 360), auch bekannt gemacht im FMR. v. 30. deff. M. (CB. S. 116, MB. S. 140). Rach der durch R. des M. d. Z. u. d. P., des M. d. geistl. rc. Angel. u. des FM. v. 6. Mai 1842 bekannt gemachten Kab.-O. v. 28. Febr. dess. Z. (MB. S. 200), auch bekannt gemacht durch ZMR. v. 4. März 1842 (JMB. S. 95), ist dem Vereine für die Klein-Kinder-Bewahr-Anstalten in Brandenburg die Stempel- und Gebührenfreiheit noch besonders bewilligt, auch be­ stimmt, daß allen bereits bestehenden und mit Genehmigung des Staats noch zu errichtenden Klein-Kinder-Bewahr-Anstalten neben der Stempelfreiheit auch die Gebührenfreiheit in gleichem Umfange, wie den öffentlichen Schulen, zu Theil werden soll; s. auch Kab.-O. v. 3. Zuli 1842 (ZMB. S. 295, MB. S. 342), wonach es bei der allgemein feststehenden Stempelftecheit der gedachten Anstalten sein Bewenden hat. Vergl. auch die folg. Anm. 47. b; die Provinzial-Irren-, Heil- und Pflege-Anstalt zu Paterswalde bei Wehlau, in dem Umfange, wie den öffentlichen Armen-Anstalten. Kab.-O. v. 10. April 1854, bekannt gemacht durch ZMR. v. 12. Zuni deff. Z. (ZMB. S. 274); | Besserungs-Anstalten für Kinder: a. die Rettungs-Anstalt für sittlich verwahrlosete Mädchen, zu Greifswald, wie den öffentlich anerkannten milden Stiftungen nach der jedesmaligen Gesetzt gebung. Kab.-O. v. 28. Rov. 1855, bekannt gemacht durch FMR. v. 15. Dez. dess. Z. III 30042 an d. Ober-Präs. u. d. PStD. in S.; b. das Knaben-Rettungshaus St. Zohannißhütte

Gesetz §. 3.

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zu Sommerfeld, dem, mit Rücksicht auf seine staatliche Anerkennung als milde Stiftung und Beleihung mit Korporationsrechten, für ein ihm ausgesetztes Legat Erbschaftsstempelfreiheit zu­ gestanden ist. FMR. v. 24. Febr. 1861 III 3590 an d. Reg. in F.; c. der Verein für ver­ wahrloste Kinder, in Schreiberhau, Kreis Hirschberg. Kab.-O. v. 7. Juli 1841 (GK.); d. die Stiftung für sittlich verwahrlosete Kinder, in Stralsund. FMR. v. 3. Febr. 1848 III 2025 an d. PStD. in S.; e. die Anstalt zur Rettung verwahrloseter Kinder, in Zühlsdorf, Kreis Arnswalde, Reg.-Bezirk Frankfurt a. d. O., nachdem selbige Korporationsrechte erworben und deshalb den öffentlich anerkannten milden Stiftungen beizuzählen. FMR. v. 9. Dez. 1851 III 25935 an d. Reg. in F.; f. die Anstalt zur Besserung sittlich verwahrloseter Kinder, zu Züllchow bei Stettin, da dieselbe hauptsächlich nur milde Zwecke verfolge und ihr mittelst Kab.-Ordre v. 23. Jan. 1832 Korporations-Rechte beigelegt seien, mithin als öffentliche milde Stiftung anzuerkennen sei. FMR. v. 13. Juli 1843 III 15769 an d. PStD. in S. (SK.); die Rheinische Pastoral-Gehülfen-Anstalt in Duisburg, wie den öffentlich anerkannten milden Stiftungen nach der jedesmaligen Stempel-Gesetzgebung. Kab.-O. v. 9. Sept. 1846 (JMB. S. 166); der Rheinisch - Westphälische Verein für Bildung und Beschäftigung evangelischer Diakonissen, wie nach jedesmaligen gesetzlichen Bestimmungen den öffentlich anerkannten milden Stiftungen. Königl. Bestätigung rc. v. 20. Rov. 1846 (MB. 1847 S. 76); der Schlesische Verein der Freiwilligen aus den Jahren 1813, 1814, 1815, zu Breslau. Statut v. 3. Mai 1842, bestätigt durch R. des M. d. I. v. 18. Aug. 1843 auf Grund der Kab.-O. v. 2. Mai dess. I., alles bekannt gemacht durch JMR. v. 4. Sept. 1843 (JMB. S. 222 ff.); die Ermächtigung für den Vertreter des Vereins zum Abschluß von Vertrügen und zu allen sonstigen Verhandlungen mit dritten Personen ist stempelfrei (§. 14 des Statuts); das Kapital-Vermögen der Stiftung wird im Depositorium des Stadtgerichts zu Breslau frei von Stempel- rc. Gebühren verwaltet (§. 5 des Statuts und die Kab.-Ordre v. 2. Mai 1843); die ständische Darlehnskasse für die Provinz Schlesien, zu Breslau, hinsichtlich ihrer eigenen Schuldverschreibungen, §. 5 des durch Allerh. Erlaß v. 5. Dez. 1854 bestätigten Statuts (GS. S. 609ff.); die Stiftung zur Unterstützung armer unverheiratheter Töchter von Beamten und Offizieren, für ihre Angelegenheiten, mit Vorbehalt des Widerrufs. Kab.-O. v. 19. Juli 1840 (GS. S. 187); die Stiftung für Wittwen und Waisen der Justitiarien des Glogauer OberlandesgerichtsDepartements. Kab.-O. v. 6. April 1844 (GK.); der in Cöslin bestehende Verein zur Unterstützung hülfsbedürftiger Kinder verstorbener Justiz­ beamten, wie den öffentlichen Armen-Anstalten und milden Stiftungen. Kab.-O. v. 29. April 1848, bekannt gemacht durch FMR. v. 28. Rov. 1850 III 25307 an d. PStD. in S.; der Unterstützungsfonds für die emeritirten evangelischen Geistlichen der Provinz Brandenburg bei allen Verhandlungen in Sachen der Anstalt und für die Behufs Empfangnahme der Ruhegehaltszuschüsse erforderlichen Lebensatteste. Kab.-O. v. 29. Rov. 1847 mit dem darin bekannt gemachten §. 15 (sub Nr. 3) des Reglements (GS. 1848 S. 22); ebenso der für die evangelischen Geistlichen der Provinz Pommern Behufs Unterstützung ihrer Emeriten zu gründende Fonds. Kab.-O. v. 9. Juli 1856 (GS. S. 753); der Verein zur Gründung einer Bürger-Versorgungs-Anstalt in Breslau, in dem Umfange, wie den öffentlich anerkannten milden Stiftungen und Armen-Anstalten. Kab.-O. v. 21. April 1845 (JMB. S. 111); die Haupt-Bibel-Gesellschaft und deren Töchter-Gesellschasten bezüglich der ihnen zugefallenen

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Gesetz §. 3.

Schenkungen und Vermächtnisse. Cirk.-R. des FM. v. 19. Okt. 1831 III 21094, auf Grund der Kab.-O. v. 29. Siept. 1831 (letztere abgedruckt in v. KZ. B. 39 S. 205, v. KA. B. 15 S. 733); 20. ' die in Berlin Befle^enb-e deutsche Gesellschaft zur Versorgung wahrer Hausarmen mit Feuerung, bei Vermächtnissen. Kab.-O. v. 28. Aug. 1836 (v. KZ. B. 48 S. 263), mitgetheilt durch ZMR. v. 1. Sept. dess. Z. (a. a. O. S. 262); 21. die Missions-Anstalten der evangelischen Brüder-Unität zu Berthelsdorf bei Herrnhut, bei Schenkungen und Vermächtnissen, sobald dergleichen Zuwendungen wirklich zu dem erwähnten Zwecke, und nicht zum Vortheil der Brüder-Gemeine verwendet werden. Kab.-O. v..29. Okt. 1827, Cirk.-R?des FM. v. 19. Nov. 1827 III 21347; 22. die in Berlin bestehende Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden, bezüglich des Erbschaftsstempels. .Kab.-O. v. 29. Sept. 1840 (ZMB. 1844 S. 92), auch bekannt gemacht rm FMR. v. 14. April 1844 (CB. S. 85). Dem in Sorau bestehenden Missions-Hülfsverein dieser Gesellschaft ist in einem Spezialfalle gleichfalls Exbschaftsstempelfreiheit zugestanden. FMR. v. 9. Zuni 1854 III 14541 an d. Reg. in F. 23. der in Breslau bestehende Verein zur Beförderung evangelischer Missionen unter den Heiden, in Bezug auf Erbschaftsstempelfreiheit. Kab.-O. v. 28. Febr, 1846 u. FMR. v. 10. März 1846 III 5027 (GK.); 24. der evangelische Missions-Verein, zu Königsberg in Pr., bei Vermächtnissen. FMR. v. 28. Dez. 1830 an d. PStD. ,in Kg., auf Grund ,der Kab.-O. v. 20. dess. M. (SK.); 25. das bei der jüdischen Gemeinde zu Glogau bestehende, mit den Rechten einer milden Stiftung anerkannte „heilige Stift". FMR. v. 2. Dez. 1845 III 25128 (GK.); 26. die Wadzecksche Anstalt in Berlin, bei Vermächtnissen. Kab.-O. v. 8. Okt. 1830, FMR. v. 15. dess. M. III 21395 an d. Geh. Reg^Rath Erbkam (SK.). 47. b. szu Anm. 47. a Nr. 7]. Den Klein - Kinder - Bewahr - Anstalten gebührt Erbschafts­ stempelfreiheit, auch wenn sie von der Regierung nicht ausdrücklich bestätigt sind, sofern nur vor Erledigung des Stempelfalles die, die Bedingung der Stempelfreiheit ausmachende, wenngleich nur stillschweigende Genehmigung der Negierung nachgewiesen werden kann. Erk. des OT. (I) v. 24. April 1865 (Gruchot Beiträge rc. B. 10 S. 248 ff., GA. B. 15 S. 604 sub Nr. 21)'); vergl. Anm. 37 Nr. 3. ') Erk.-Gründe (aus Gruchot re., in GA. sind sie nur sehr dürftig gegeben): Gegen die An­ nahme des Appell.-Richters, daß das Legat von 300 Thalern an die Klein-Kinder-Bewahr-Anstalt zu Naumburg dem Erbschaftsstempel nicht unterworfen sei, sind verschiedene Beschwerden erhoben. Der Appell.-Richter führt aus: das Stempelgesetz vom 7. März 1822 habe im §. 3 lit. i die bis dahin gesetzlich bestehenden Befreiungen besonderer Anstalten, Gesellschaften und Personen von gegewiffen Stempelabgaben fortdauern lassen; zu diesen Befreiungen gehörten nach der Deklaration vom 27. Zuni 1811 §. 4 Nr. 2 (s. Anm. 36. a) alle Angelegenheiten der Kirchen, Armen-Anstalten, Waisenhäuser, milden Sttftungen, Schulen, Universitäten; durch die Kab.-Ordre vom 16. Jan.'1827 (s. Anm. 36. b) sei die Stempelfreiheit solcher Institute in den neuen und wiedereroberten Pro­ vinzen auch rücksichtlich der Zuwendungen in letztwilligen Verordnungen anerkannt; die KleinKinder - Bewahr - Anstalten wären den genannten Instituten analoge milde Sttftungen; durch die Kab.-drdre vom 21. April 1841 und 28. Febr. 1842 (s. Anm. 47. a Nr. 7) sei den sämmtlichen bereits bestehenden und mit Genehmigung der König!. Regierung noch zu errichtenden KleinKinder-Bewahr-Anstalten die Stempelfreiheit in gleichem Umfange wie den Schulen zugestanden; mit Rücksicht auf die §§. 32 ff., 42 Tit. 19 Th. 2 ALR. sei nur eine stillschweigende Genehmigung der Regierung für erforderlich und diese für dargethan zu achten. Die Angriffe gegen diese Erwägungen erscheinen grundlos. — In Beziehung auf die einzelnen Angriffe wird hrernächst in den Erkenntniß-Gründen näher ausgeführt: Es erscheine gerechtfertigt, daß der Appell.-Richter den Charakter dieser neuen Institute (der Klein-Kinder-Bewahr-Anstalten) untersuche und die Deklaration vom 27. Juni 1811 auf sie an­ wende, weil sie, wenn sie auch nicht ausschließlich unter den Begriff einer Armenanstalt oder eines

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Gesetz §. 3. 48. a.

Wittwen-Verpflegungs-Anstalten:

Die Allgemeine Wittwen-Verpflegungs-Anstalt hat unbeschränkte Befreiung vorn Gebrauch des Stempelpapiers (§. 41 des Allerh. Patents und Reglements für die Königl. Allg. Wittw.Verpfleg.-Anstalt v. 28. Dez. 1775 — Mylius Verordnungen von 1771—1775 S. 382 ff.). Die nach §. 6—9 u. 11a. a. O. behufs Aufnahme in die Anstalt beizubringenden Atteste, namentlich über die Rezeptionsfähigkeit, die Tauf-, Gesundheits- und Kopulations-Atteste, und die darunter zu setzenden amtlichen Rekognitions-Atteste sind stempelfrei (§. 15 a. a. £).), des­ gleichen der von der Obrigkeit des Orts bescheinigte Todtenschein und die Atteste, daß die Wittwe noch am Leben und unverheirathet sei, behufs Erhebung der Pension (§. 38 a. a. £).). Vergl. Bekanntm. der Gen.-Direktion der Königl. Allg. Wittwen-Verpflegungs-Anstalt v. 29. Jan. 1859 sub II. b,c, wonach die Geburts-Atteste der Eheleute, der Kopulationsschein u. das ärztliche Attest stempelfrei sind (CB. S. 34, JMB. S. 42, MB. S. 70); ebenso nach der Bekanntm. derselben v. 17. Sept. 1872 sub II. b, c. (MB. S. 270).

b. Die Militär-Wittwen-Penstons-Anstalt ist mit allen Privilegien einer milden Stiftung ausge­ stattet, und die Mitglieder genießen den Vorzug der Stempelsteuer-Befreiung nicht nur in Be­ treff der von ihnen einzureichenden Geburts-, Kopulations- und Todtenscheine, sowie der Ge­ sundheits-Atteste, sondern auch in Betreff der Rezeptionsscheine, welche ihnen, und in Betreff der Pensionsberechtigungs-Scheine, welche den Wittwen ertheilt werden müssen, §. 13 der Jnstr. des Kriegs-M. v. 26. Sept. 1865 (MB. S. 311). c.

Da die Stempelfreiheit der Institute vorerst noch nach der früheren Gesetzgebung beurtheilt werben, und, soweit sie in derselben begründet ist, fortdauern soll, nach der Instruktion vom 5. Sept. 1811 §. 10 (GS. S. 316) aber in Angelegenheiten der Wittwen-Kasse die Quit­ tungen über zurückgezahlte Antrittsgelder ausdrücklich von der Stempelpflichtigkeit ausgenommen worden, so sind dergleichen Quittungen auch jetzt noch stempelfrei zu lassen.

Dagegen sind

die Mortifikationsscheine stempelpflichtig, da sie nicht zu den gewöhnlichen Angelegenheiten des

Waisenhauses oder einer Schule sielen, doch diesen Instituten verwandte Wohlthätigkeits-Anstalten wären; die Stempelfreiheit der Klein-Kinder-Bewahr-Anstalten sei aber auch, offenbar aus obengedachter Rücksicht, durch besondere Kab.-Ordres, vom 21. April 1841 und 28. Febr. 1842, ausgesprochen; die erstere, welche hier hauptsächlich in Betracht komme, sei eine allgemeine und ordne unter bestimmten Maßgaben die Stempelfreiheit für alle derartigen Institute an, weshalb die Voraussetzungen des Grundsatzes des §. 5 der Einleitung zum Allg. Landrecht hier nicht vorhanden seien; ebensowenig sei der §. 10 a. a. O. anzuwenden, daß ein Gesetz erst von Zeit seiner Publikation rechtliche Wirk­ samkeit erlange, denn die Kab.-Ordre enthalte eine die Steuerverwaltung angehende allgemeine An­ ordnung über die Ausführung des Stempelgesetzes, sie habe als solche keiner Publikation durch die Gesetz-Sammlung bedurft und sei den Behörden von den Ministerien durch die dazu bestimmten amtlichen Blätter bekannt gemacht, Fiskus habe sich ihr, den Steuerpflichtigen gegenüber, zu unterwerfen, und die Stempelbehörde könne nicht für legitimirt erachtet werden, ihrer Wirksamkeit die nicht erfolgte Publikation als Gesetz entgegenzustellen; die Klein-Kinder-Bewahr-Anstalten seien ähnliche Wohlthätigkeits-Anstalten wie die im §. 32 Tit. 19 Th. 2 ALR. genannten; das Bestehen solcher Anstalten sei von einer ausdrücklichen Bestäti­ gung nicht abhängig gemacht, auch den nur stillschweigend genehmigten seien die Rechte moralischer Personen gegeben §. 42 a. a. O.; auch komme es nicht auf den Nachweis an, daß die Regierung schon zur Zeit, wo das Legat angefallen, von dem Bestehen der betreffenden Klein-Kinder-Bewahr-Anstalt Kenntniß gehabt und sie zugelassen habe; es genüge als Regel, wenn vor Erledigung des Stempelfalles die, die Bedin­ gung der Stempelfreiheit ausmachende Genehmigung der Regierung nachgewiesen werden könne; der Appell. - Richter habe keine Vermuthung von Thatsachen aufgestellt, sondern das Vor­ handensein der stillschweigenden Genehmigung aus den vorhandenen thatsächlichen Verhältnissen, insbesondere der öffentlichen Wirksamkeit der betreffenden Anstalt unter den Augen der staatlichen Aufsichtsbehörden geschloffen, wozu er vollkommen berechtigt gewesen sei, ohne gegen den §. 28 Tit. 13 Th. 1 AGO. rechtsgrundsätzlich, sowie gegen den Art. 3 Nr. 1 der Deklaration vom 6. April 1839 prozessualisch zu verstoßen.

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d.

e.

f.

g.

a.

b.

a.

b.

Instituts selbst, fonbent zu den durch die Schuld der Interessenten veranlaßten außerordent­ lichen Ausfertigungen gehören. Schreiben des FM. an d. OR.-Kammer v. 28. März 1824 und Antwort derselben t>. 28. April deff. Z. (SK.). Wechsel über gestundete Antrittsgelder find nicht stempelfrei (Bekanntm. des PStD. zu Br. v. 26. Mai 1829 — v. KA. B. 13 S. 501), und die zu den Antritts-Wechseln erforder­ lichen Rekognitions-Atteste nur dann stempelfrei, wenn die Legalisation auf dem WechselInstrumente selbst sich befindet, oder wenn jene Atteste auf Grund eines bereits mit dem Stempel versehenen Rekognitions-Protokolls ausgefertigt werden. R. des M. d. I. v. 27. März 1823 (v. KA. B. 7 S. 39). Denjenigen Staatsbeamten, welche der Graf von der Schulenburgschen Allgemeinen WittwenPensions- und Unterstützungs-Kaffe in Berlin beitreten, ist für die von denselben beizubringen­ den Aufnahme-Atteste die Stempelfreiheit in eben der Art bewilligt, wie den Jnteresienten der König!. Wittwen - Verpflegungs - Anstalt nach §.15 ihres Reglements v. 28. Dez. 1775. Kab.-O. v. 7. Febr. 1842, bekannt gemacht durch R. des M. d. Z. u. d. P. u. des FM. v. 28; deff. M. (CB. S. 170, MB. S. 50) u. IMR. v. 23. März 1842, welches das vorige Reskript mittheilt (ZMB. S. 110). Auf Kostenfreiheit haben nach Anh. §. 145 (zu §. 46 Tit. 23 Th. 1) AGO. u. A. Anspruch: die allgemeine Wittwen-Berpflegungs-Anstalt, die Offizierwittwen-Kaffe, die Predigerwittwen­ kaffe in Berlin, die Wittwenkaffe des Königl. Orchesters; letzterer ist im §.25 des Allerh. Reglements v. 1. Sept. 1800 (Mylius Verordnungen v. 1800 u. 1801 S. 3053) vollständige Stempel- und Gebührenfreiheit in allen chren Angelegenheiten bewilligt. Die Stempelfreiheit mehrerer bei der Versicherung in der Allgemeinen Wittwen-VerpflegungsAnstalt vorkommender Atteste, namentlich der Atteste Behufs des Eintritts, beruht in den be­ sonderen Privilegien dieser Anstalt, zufolge §. 15 des Reglements v. 28. Dez. 1775. Der­ gleichen Befreiung kann aber nicht von anderen Wittwen-Verpsiegungs-Anstalten in Anspruch genommen werden, und eben so wenig sind dergleichen Anstalten, woraus Wittweil vermöge des Versicherungs-Verhättniffes, und ohne Rücksicht auf Bedürftigkeit Pensionen erhalten, als milde Stiftungen zu betrachten, denen aus der Kab.-Ordre vom 16, Januar 1827 (s. Anm. 36. b) Stempelfreiheit zusteht. FMR. v. 2. Rov 1831 III 21326 au d. PStD. in S. (SK.). 49. Institute mit beschränkter Stempelfreiheit: die Kreissparkasse zu Brakel, Kreis Höxter, bezüglich der von ihr zu gewährenden Darlehne, bis Ende 1850, §. 30 des Statuts v. 30. Rov. 1846 u. Allerh. Ordre v. 10. Jan. 1848 (ZMB. 1848 S. 71 ff.); die den Einlegern einzuhändigenden Sparkassenbücher sind der Stempel­ steuer nicht unterworfen, §. 17 des Statuts; der Verein zur Regulirung des Kapital-Schuldenwesens der städtischen und bäuerlichen Grund­ besitzer im Kreise Marburg, bezüglich der von ihm vermittelten Darlehnsgeschäfte, bis Ende 1846, §. 23 der durch Kab.-O. v. 19. April 1844 bestätigten Statuten v. 7. Dez. 1843 (ZMB. 1844 S. 136 ff.). Der Verein selbst hat in Prozessen Sportelfreiheit, mit Ausschluß der baaren Auslagen, §. 18 a. a. O. — Im Nachtrage zum Statut ist dem Verein der Name „Verein zur Beförderung des Wohlstandes im Kreise Marburg" beigelegt (ZMB. 1848 S. 67, 68). 50. Institute, denen Gerichtskosten-Freiheit verliehen ist: die Belöhnungs- und Unterstützungs-Anstalt für das Gesinde zu Berlin, der nach Nr. 21 des durch Kab.-O. v. 31. Aug. 1836 bestätigten Statuts alle Rechte einer milden Stiftung ver­ liehen sind (v. KA. B. 20 S. 959); der Pensions-Verein der Justiz-Kommiffarien im Departement des Oberlandesgerichts zu

Gesetz §. 3.

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Frankfurt a. d. O. hat in seinen gerichtlichen Angelegenheiten die Sportelfreiheit, soweit solche den öffentlichen Armen-Anstalten gesetzlich zusteht, Nr. 2 des ZMR. v. 26. Juni 1843, welches die Allerh. Bestät.-Ordre v. 23. Mai dess. I. und die Statuten bekannt macht (JMB. S. 162 ff.); c. die Prediger-Wittwen-Sozietät in den Kreisen Bolkenhain und Landeshut hat Gerichtskosten­ freiheit in allen gerichtlichen Angelegenheiten. Kab.-O. v. 4. Mai 1844 (JMB. S. 145); d. der Sterbe-Kassen-Verein der Justiz-Beamten im Bezirk des Oberlandesgerichts zu Breslau hat Sportelfreiheit, wie die öffentlichen Armen - Anstalten. Kab.-O. v. 5. Sept. 1843 (JMB. S. 248). Diesem Verein sind die Justizbeamten des Glogauer OLGer.-Bezirks beigetreten und es ist auch bezüglich der hinzutretenden Mitglieder durch Kab.-O. v. 4. April 1845 Sportel­ freiheit bewilligt (JMB. S. 94, 95); e. der Verein zur Erziehung armer verlaffener Kinder in Meseritz hat in seinen Rechtsangelegen­ heiten Sportelfreiheit, wie solche auch anderen öffentlichen Armen-Anstalten gesetzlich zusteht. Kab.-O. v. 21. Jan. 1835 (v. KJ. B. 45 S. 258); f. die Waisen-Versorgungs-Anstalt zu Klein-Glienicke hat in ihren Prozeß-Angelegenheiten Ge­ richtskosten-Freiheit. JMR. v. 30. Mai 1837 (v. KJ. B. 49 S. 502); g. der Verein zur Beförderung des Wohlstandes im Kreise Marburg, s. Anm. 49 b. 50. Schul-Anstalten: a. Mit den Kommunal-Schulen hat es eine andere Bewandtniß, als mit den Kommunal-ArmenVerwaltungen (s. Anm. 44). Kommunal-Schulen sind selbstständige öffentliche Anstalten, denen die Stempelfreiheit nach der Kab.-Ordre vom 16. Januar 1827 (s. Anm. 36. b) gebührt. Ob die Kommunal-Schulen, getrennt von der Kommunal-Verwaltung, einen besonderen Vorstand haben oder nicht, macht keinen Unterschied, und ist auch in letzterem Falle für Verhandlungen, welche die Kommunal-Behörden wegen der Kommunal-Schulen eingehen, die Stempelfreiheit nach der Kab.-Ordre vom 16. Januar 1827 und §. 3 lit. i des Stempelgesetzes anzuerkennen. FMR. v. 6. Juni 1838 (CB. 1840 S. 219). b. Den Kommunal-Schulen der Städte und Dörfer, gleichviel ob sie niedere oder gelehrte Schulen sind, gebührt nach der Kab.-Ordre vom 16. Januar 1827 Stempslfteiheit. FMR. v. 20. Okt. 1838 (CB. 1840 S. 220). c. Die Sportel- und Stempelfreiheit der Schulgemeinde N. hinsichtlich des von ihr mit dem N. abgeschloffenen Kaufvertrages und der daran sich knüpfenden Verhandlungen und Ein­ tragungen ist anzuerkennen. Wo für den öffentlichen Elementar-Unterricht von der Aufsichts­ behörde eine Schulsozietät eingerichtet worden, ist die Letztere als das Subjekt der Rechtsver­ hältnisse der Schule anzusehen (Entsch. des O.-Trib. B. 25 S. 301), und hat demgemäß, wenn sie in Angelegenheiten der Schule handelnd auftritt, Anspruch auf die den öffentlichen Volksschulen zustehende Sportel- und Stempelfreiheit. Ob die Schul-Anstalt bereits besteht, oder erst noch in der Gründung begriffen ist, erscheint um so mehr einflußlos, als sich nicht annehmen läßt, daß die Gesetze, auf welchen jene Befreiung beruht, nur die Verwaltung der bereits existirenden Schulanstalten und nicht auch die Errichtung neuer Schulanstalten hätten begünstigen wollen. JMR. v. 2. Aug. 1865, mitgetheilt durch R. des M. d. geistl. rc. Angel, v. 15. deff. M. (MB. S. 247). Diesem Grundsatz ist das FM. in dem R. v. 31. Mai 1866 III 9427 an d. Reg. in F. beigetreten, indem nach Nr. 4 §. 2 der Deklaration vom 27. Juni 1811 (GS. S. 313) in Verbindung mit §. 3. i des Stempel-Gesetzes „allen Angelegenheiten" der darin genannten Anstalten Stempelfreiheil zugebilligt sei. d. Auch die jüdischen Normalschulen, sofern denselben die Anerkennung als öffentliche Schulan-

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Gesetz §. 3. stalten zur Seite steht, sind in ihren Angelegenheiten frei vom Stempel. FMR. v. 2. Dez. 1845 HI 25128 (GK.). Die Königl. Ritterakademie zu Liegnitz und das damit verbundene Zohannisstift gehören zu denjenigen Anstalten, welchen nach der Kab.-Ordre vom 16. Januar 1827 Stempelfreiheit zusteht. FMR. v. 9. Febr. 1837 III 2825 (GK.). 51. Bank-Institute und Darlehns-Kafsen: Sowohl der Seehandlung, als auch den Eigenthümern der auf den Wollmärkten nicht ver­ käuflichen, der Seehandlung verpfändeten Wolle ist die Stempelfreiheit für alle Verhandlungen, welche das Beleihungs-, Lagerungs- und Verkaufsgeschäft erforderlich macht, bewilligt. Kab.-O. v. 20. Mai 1826 (GS. S. 44). Dem Königlichen Seehandlungs - Institute stehen, als einem Geld- und Handels-Institute des Staats, fiskalische Rechte und mit denselben auch die Befreiung von dem Gebrauche des Stempelpapiers zu, wovon allein diejenigen Angelegenheiten ausgenommen sind, in denen dasselbe mit Kaufleuten in Konkurrenz tritt. Wir beziehen uns in dieser Hinsicht auf die gegenwärtig noch geltenden Bestimmungen des §. 25 des Allerhöchsten Patents wegen. Ver­ längerung des Octroy für die Seehandlungs-Societät vom 4. März 1794. Die inzwischen veräußerten ehemals Fürstlich v. H.'schen Güter nebst Zubehör sind unbeschränktes Eigenthum des Königlichen Seehandlungs-Jnstituts gewesen und es ist das beim Abschlüsse der Kaufverträge mit rc. P. vom 29. Juli 1850 und re..R. vom 6. September 1850 beobachtete Verfahren, daß die dem gedachten Institute zufallende Hälfte des Werthstempels außer Ansatz gelassen worden, hiernach gerechtfertigt. Schreiben der General-Direktion der Seehandlungs-Societät v. 21. Juli 1854 an d. Notar S. in S. Die Königl. Bank, welche durch das Reglement vom 29. Oktober 1766 zugleich als Giro-Bank gegründet worden, soll befugt sein, auf jeden Inhaber ausgestellte Anweisungen der GiroInteressenten auf deren Guthaben im Giro zu acceptiren. Zur Erleichterung des Verkehrs wird den diesfälligen Anweisungen Stempelfreiheit bewilligt. Kab.-O. v. 31. Jan. 1841 (GS. S. 29). Die Preußische Bank, sowie ihre Komtoire, Kommanditen und Agenturen haben alle Rechte des Fiskus, insbesondere verbleibt ihnen die Stempelfreiheit in dem bisherigen Umfange. Bank-Ordnung v. 5. Okt. 1846 §. 116 (GS. S. 435). Den unter abgesonderter Verwaltung der Preuß. Bank stehenden öffentlichen Darlehns-Kaffen steht Stempelfreiheit in demselben Umfange, wie der Bank, zu. Ges. v. 15. April 1848 §.11 (GS. S. 105). Gleichergestalt war den durch Verordnung vom 18. Mai 1866 (GS. S. 227) gegründeten, nach dem Gesetz vom 27. Sept. 1866 (GS. S. 584) wieder geschloffenen öffent­ lichen Darlehnskassen die Stempelfreiheit bewilligt (§. 11 der Verordn, u. §. 5 des Ges.). Auch nach §.11 des Ges., betr. die Gründung öffentlicher Darlehnskasfen und die Ausgabe von Darlehnskaffenscheinen, v. 21. Juli 1870 (BGbl. S. 499) bilden die Darlehnskaffen selbst­ ständige Institute mit den Eigenschaften und Rechten juristischer Personen, und genießen Freiheit von Stempeln und Sporteln. Die Aktien und die Noten der Ritterschaftlichen Privatbank in Pommern (zu Stettin) sind keiner Stempelabgabe unterworfen. Bei dem inneren Verkehr der Bank soll sie hinsichtlich der Stempelbefreiung nach den Bestimmungen für die Preußische Bank behandelt werden. Auch soll sie in ihren Prozessen als Institut die Sportelfreiheit und in Betreff der Stempel die Rechte der Preußischen Bank genießen. Statuten v. 24. Aug. 1849 (GS. S. 359). Wegen Verlängerung ihres Privilegiums zur Notenausgabe bis zum 1. Januar 1880 s. Allerh. Erlaß v. 20. Sept. 1869 (GS. S. 1112). Zum inneren Verkehr können blos die Funktionen und Geschäfte gerechnet werden, welche die

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Bank mit ihren Aktionären, Beamten und Agenten abschließt, wogegen alle Verträge mit dritten Personen über Darlehne, Deposita, oder wie selbige sonst Namen haben mögen, ganz unstreitig zum äußeren Verkehr gehören. Die ausgefertigten Depositenscheine der Bank bedürfen hiernach des gesetzlichen Werthstempels; auch dürfen zur Bankkasse zurückgekommene Bank-Depositen­ scheine nicht wieder ausgegeben werden. FMR. v. 31. Okt. 1836 an d. Ober-Präs, in S. u. FMR. v. 1. Zan. 1837 III 352 an d. PStD. daselbst. Diese Depositenscheine waren Be­ kenntnisse der Bank über unverzinslich eingezahlte Summen, mit der Verpflichtung zur jeder­ zeitigen Zurückzahlung, zu denen auch das FMR. v. 5. Sept. 1838 an d. PSt.D. in S. den Schuldverschreibungs-Stempel für fällig erklärte. e. Folgende Privatbanken sind befugt, während der Dauer ihres Bestehens unverzinsbare, auf jeden Inhaber lautende Noten auszufertigen und in Umlauf zu setzen, welche der Stempel­ steuer nicht unterworfen sind: 1. die Bank des Berliner Kaffen-Vereins, §. 12 des Statuts vom 15. April 1850 (GS. S. 301). Dieses Privil. ist zuletzt bis zum 15. April 1880 ver­ längert, Allerh. Erlaß v. 12. März 1870 (GS. S. 282); 2. die Städtische Bank zu Breslau, §.7 des durch Allerh. Erlaß v. 27. Mai 1863 bestätigten Status (GS. S. 337 ff.); 3. die Cölnische Privatbank, §. 12 des durch Allerh. Erlaß v. 27. Nov. 1865 bestätigten Statuts (GS. S. 1157ff.); 4. die Danziger Privat-Aktienbank, §. 18 des durch Allerh. Erlaß vom 4. Febr. 1867 bestätigten Statuts (GS. S. 245 ff.); 5. die Dortmunder Privat - Aktienbank, §. 16 des durch Allerh. Erlaß v. 2. März 1857 genehmigten Statuts (GS. S. 193 ff.); 6. die Hagener Privat-Aktienbank, §. 16 des durch Allerh. Erlaß v. 20. Juli 1857 bestätigten Statuts (GS. S. 705ff.); 7. die Königsberger Privatbank, §. 12 des durch Allerh. Erlaß v. 8. Aug. 1866 bestätigten Statuts (GS. S. 508ff.); 8. die Magdeburger Privatbank, §.16 des durch Allerh. Erlaß v. 23. Juni 1866 bestätigten Statuts (GS. S. 533ff.); 9. die Kommunalständische Bank für die Preußische Oberlausttz, §. 7 des durch Allerh. Erlaß vom 31. März 1866 bestätigten Statuts v. 2. dess. M. (GS. S. 157ff.); 10. die Provinzial-Aktienbank des Grohherzogthums Posen, §. 12 des durch Allerh. Erlaß v. 25. Febr. 1867 bestätigten Statuts (GS. S. 281 ff.). 52. a. Sparkaffenbücher über einzelne Einlagen von 50 Thlrn oder mehr, sowie die Quit­ tungen über zurückgezahlte Einlagen von dieser Höhe bleiben stempelfrei. Kab.-O. v. 8. März 1847, bekannt gemacht durch FMR. v. 26. deff. M. (EB. S. 38) und durch R. des M. d. I. v. 10. April dess. I. (MB. S. 108). Hierdurch ist das R. des M. d. I. u. des FM. v. 21. Aug. 1846 (MB. S. 149), wonach bei Einzahlungen, wenn dieselben auf einmal 50 Thaler oder mehr betrugen, das Sparkaffenbuch den Schuldverschreibungsstempel erheischte und bei Rückzahlungen die Quittung zu versteuern war, aufgehoben. 52. b. Allerh. Reglement über die Einrichtung des Sparkaffenwesens v. 12. Dez. 1838 (GS. 1839 S. 5): Für die dem Verlierer eines Sparkassenbuchs Seitens der Kaffenbehörde zu ertheilende Bescheinigung, daß das Buch in der bestimmten Frist nicht zum Vorschein gekommen, und für die Abschrift des Kontos des Buches, um auf Grund dieser Schriftstücke das öffentliche Aufgebot und die Amortisation bei dem Ortsgericht nachzusuchen, werden blos Kopialien er­ legt (Nr. 15. d a. a. £).). Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens trägt der Verlierer; die Stempel-Abgabe wird aber, wenn der Gegenstand unter 100 Thlrn beträgt, erlassen (Nr. 15. h a. a. O.). 53. Die Verhandlungen, welche die in Gemäßheit der Allerh. Befehle vom 15. April 1842, 7. Aug. und 5. Okt. 1846 zu errichtenden Verträge wegen Befreiung der Städte von der sub­ sidiarischen Verhaftung für die Lasten der Kriminal-Gerichtsbarkeit und resp. von der Last der Gefängniß-Unterhaltung betreffen, sind stempelfrei. Kab.-O. v. 10. Sept. 1847, bekannt gemacht durch JMR. v. 2. Okt. 1847 (ZMB. S. 293, MB. S. 276).

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54. a. Die Instruktion v. 5. Sept. 1811 (GS. S. 316) hat im §. 12 zu 3 in Ansehung der Städte blos bestimmt: „zu den in Bezug auf das Gemeinwohl stempelfteien Verhandlungen und Verfügungen öffentlicher Behörden gehören auch städtische Angelegenheiten, sofern sie nicht blos das Privatinteresse einzelner Individuen betreffen", und hierauf allein beschränkt sich die an­ gebliche bisherige Stempelfteiheit der altländischen Städte. Zn dem Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 sind aber die Artikel „Ausfertigungen" und „Gesuche" so gefaßt, daß danach die Verhandlungen und Verfügungen der städtischen Behörden, soweit es die Gemeinde-Verwaltungs­ sachen angeht, dem Stempel in dem ganzen Umfange der Monarchie nicht unterworfen sind. FMR. v. 8. Okt. 1822 an die Deputaten der Neuvorpommerschen Städte (SK.). Vergl. auch Anm. 6 zu §. 7 und in Betreff der Gesuche S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1. 54. b. Nur die Gesuche und Ausfertigungen, welche im Wege des gewöhnlichen Verwaltungs­ Schriftwechsels zwischen den Magisträten und den Staatsbehörden vorkommen, und städtische An­ gelegenheiten, nicht aber blos das Privatintereffe einzelner Individuen zum Gegenstände haben, sind stempelfrei; übrigens aber können die Prozeffe, Schuldverschreibungen der Städte, und die Quittungen, welche zum Belag der Stadtrechnung dienen, nicht stempelftei gelaffen werden. FMR. v. 12. Nov. 1822 HL 22063 an d. Magistrat in Greifswald (SK.). Zn Betreff der Quittungen s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 7. 54. c. Den Kommunen ist niemals eine allgemeine Stempelfreiheit zugestanden; ihre Miethsverträge über die zu Garnison-Anstalten eingeräumten Kommunal-Gebäude sind daher stempel­ pflichtig rc. Schreiben des FM. an d. Kriegs-M. v. 20. Sept. 1825 (v. KA. B. 9 S. 923). 54. d. Die zurückgezahlten Darlehne sind von der Stadt zur Bestreitung der Kosten der Kriegsleistungen aufgenommen und hieraus will der Magistrat die Stempelfteiheit der Schuldver­ schreibungen herleiten. Es läßt sich aber nicht anerkennen, daß die Darlehne, wie der Magistrat meint, für die General-Militair-Kasse, also für den Staat aufgenommen seien. Denn abgesehen davon, daß es an jeglicher Legitimation der Stadtkommune zur Aufnahme von Darlehnen für Rechnung des Königlichen Fiskus fehlen würde, so ist auch nicht der Fiskus, oder speziell die General-Militair-Kaffe, sondern es sind der Magistrat, die Stadtverordneten und die Kämmereikaffe in den Verschreibungen als Darlehnsempfänger und Schuldner aufgeführt. Nach der Verordnung vom 12. Nov. 1850 (GS. S. 493) gehören die den Gemeinden, Kreisen rc. obliegenden Leistungen für Kriegszwecke zur Kategorie der allgemeinen Kreis- und Gemeinde-Lasten, und Behufs der Tragung dieser allgemeinen Gemeinde-Lasten, also im Zntereffe der verpflichteten Stadtgemeinde, hat dieselbe die Darlehne aufgenommen. Der Umstand, daß als Fonds, woraus die Darlehne den Gläubigern zurückgezahlt werden sollten, diejenigen Gelder bezeichnet und angewiesen sind, welche der Stadtgemeinde aus der Staatskasse auf die gemachten Leistungen würden vergütigt werden, ändert das rechtliche Verhältniß nicht. Auch kann die Stempelfteiheit der Schuldverschreibungen nicht aus der Bestimmung 11t. e §. 3 des Stempelgesetzes hergeleitet werden, da die Schuldverschreibungen nicht zu den Verhandlungen gehören, welche wegen Leistungen an den Staat in Folge allgemeiner Vorschriften beigebracht werden müssen. FMR. v. 9. März 1853 IH 3636 an d. Magistrat in L. u. an d. Reg. in F. 54. e. Den Stadtgemeinden kommt nach dem Stempelgesetz vom 7. März 1822 rücksichtlich ihrer, das städtische Zntereffe betreffenden Schuldverschreibungen (Stadtobligationen) und Kaufkon­ trakte keine Stempelbefreiung zu. Erk. des OT. (I) v. 20. Zan. 1873 (Entsch. B. 68 S. 351). 55. a. Die Stempelfreiheit der Verhandlungen in den nach dem Gesetz vom 11. März 1850 (GS. S. 277) zu behandelnden Vereinsangelegenheiten ist nur in so weit anzuerkennen, als dieselben ausschließlich zum Zweck des öffentlichen polizeilichen Zntereffes gepflogen worden, und als sie nur stattgefunden haben, um die Bedingungen zu erfüllen, welche das Gesetz vom 11. März 1850 den Vereinen auferlegt. Sind aber die Verhandlungen nicht lediglich diesem Zwecke gewidmet, ergiebt

sich aus ihnen, daß sie entweder nur ein Privatinteresse der Gesellschaft, oder ein solches neben dem öffentlichen Interesse verfolgen, so tritt die allgemeine gesetzliche Bestimmung der Stempelpflichtig-keit ein, namentlich bezüglich der Gesuche, Anzeigen und Bescheide. Das Gesetz macht zu Gunsten der Vereine und Gesellschaften keine Ausnahme und es liegen auch sonst nirgend Gründe vor, welche die Stempelfteiheit auch nur billig erscheinen lasten. Die bloße Anzeige an das PolizeiPräsidium, daß ein Verein zur geselligen Unterhaltung nach den mitgetheilten Statuten sich gebildet habe, würde an sich stempelfrei gewesen sein, weil sie nur in Folge der Bestimmungen über das Vereinsgesetz erstattet ist; sie wurde aber stempelpflichtig, weil sie außerdem auch den Antrag ent­ hielt, dem Vereine die Führung des Namens „des Gemüthlichen" zu gestatten, welcher Antrag lediglich im Privatinteresse gemacht ist. R. des M. d. Z. v. 8. März 1851 (MB. S. 168, CB. S. 128). Vergl. S. 2 die Sinnt §. 2 Nr. 1—3. 55- b. Dem Vernehmen nach ist es in den Provinzen Hannover und Schleswig-Holstein hin und wieder vorgekommen, daß die Anzeigen bei der Orts-Polizei-Behörde über Versammlungen, in welchen öffentliche Angelegenheiten erörtert oder berathen werden sollen, sowie die Bescheinigungen hierüber, beides vorgeschrieben in dem mittelst Verordnung vom 25. Juni 1867 (GS. S. 921) dort eingeführten Vereinsgesetze vom 11. März 1850, für stempelpflichtig erachtet worden sind. Eine solche Austastung ist, wie aus der im Ministerialblatte für die innere Verwaltung für 1851 S. 168 abgedruckten Verfügung vom 8. März 1851 (s. vorige Sinnt.) des Näheren zu entnehmen ist, nicht zutreffend, weil Gesuche, Bescheinigungen und Verhandlungen, welche in Angelegenheiten der Vereine und Versammlungen lediglich zu dem Zwecke stattfinden, um den Vorschriften des erwähnten Ge­ setzes zu genügen, als ausschließlich dem öffentlichen Interesse dienend anzusehen, folglich stempelfrei sind. Demgemäß sind die Polizei-Behörden mit Anweisung zu versehen; auch ist dafür Sorge zu tragen, daß Stempelbeträge, welche bei Anlässen der erwähnten Art bereits erhoben sind, auf etwa ergehende Reklamationen zurückerstattet werden. R. des FM. u. des M. d. I. an d. Landdrosteien und an d. Reg. zu Schleswig, Kastei u. Wiesbaden v. 29. Nov. 1868 (MB. 1869 S. 23.) 55. c. Von dem Verlangen der Einziehung der zu den Anzeigen der Schützen-Gilde wegen abzuhaltender Schießübungen defektirten Gesuchstempel ist Abstand zu nehmen, da anzuerkennen ist, daß es sich bei diesen Gesuchen und den darauf erlassenen Bescheiden wesentlich nur um das öffent­ liche Jntereffe handelt. FMR. v. 16. Juni 1864 III 11800 an d. PStD. in S. 56. a. Landschafts-Direktionen sind als öffentliche Behörden anzuerkennen. — Stempelfreiheit steht ihnen nicht zu; soweit also nach dem Tarif stempelpflichtige Verhandlungen bei chnen vor­ kommen, muß der Stempelverbrauch eintreten, namentlich zu den Bestallungen der Landschafts-Be­ amten, so wie zu den Taxen, nach den gleichnamigen Stempeltarif-Positionen. — Die LandschaftsDirektionen gehören aber nicht zu den bei den Tarif-Positionen „Gesuche", „Protokolle" und „Aus­ fertigungen" unter Absatz „Bescheide" bezeichneten, mit richterlichen oder polizeilichen Verrichtungen oder mit Verwaltung öffentlicher allgemeiner Slbgaben beauftragten Behörden; jeder Art Gesuche an sie, als: Stundungs-, Urlaubs-, Anstellungs- rc. Gesuche, ihre Protokolle, soweit sie ohne Zu­ ziehung von Gerichts-Personen stattfinden, als: Uebergabe- und Abnahme-Verhandlungen, Ver­ pflichtungs-Protokolle rc., die Bescheide und Verfügungen, sind daher stempelfrei, und nur Ausferti­ gungen im engeren Sinne, als: Konfirmationen, Konsense zur Abzweigung einer Mühle vom Haupt­ gut rc., stempelpflichtig. FMR. v. 21. April 1827 III 4798 an d. PStFiskal in Posen (LR.). 56. b. Bei den Behufs Bepfandbriefung von Grundstücken aufgenommenen landschaftlichen Taxen bedürfen zwar die einzelnen Protokolle der Abschätzungs - Kommission und auch die im §. 9 Nr. 6 der AGO. Tit. 6 Th. 2 näher bezeichneten, den Protokollen als Beilagen beizufügenden Ver­ handlungen oder Abschriften derselben keines besonderen Stempels, der Stempel von 15 Sgr. ist jedoch einmal zum Tax-Instrumente zu verwenden. R. des M. d. I. v. 20. Jan. 1859 an d.

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Pommersche Gen.-Landschasts-Dlrektion in S., mitgetheilt durch FMR. v. 31. dess. M. III 2057 an d. PStD. daselbst. 56. c. Dem König!. Kreditinstitute für Schlesien ist für alle seine Verhandlungen, Verfügungen und Requisitionen die Stempel- und Portofreiheit, desgleichen die Kosten- und Stempelfreiheit in seinen Angelegenheiten bewilligt. Verordnung vom 8. Zuni 1835 §. 73 (GS. S. 120). Die Ver­ waltung dieses Instituts ist auf die Regierung in Breslau übergegangen. Allerh. Erlaß v. 19. Dez. 1870 (GS. 1871 S. 20). Diese Stempelfreiheit erstreckt sich jedoch nicht auf die von den Gutsbesitzern auszustellenden Schuldverschreibungen. FMR. v. 21. Zuni 1838 III 11576 (GK.). Auch die Darlehns-Kafse der schlesischen Landschaft hat für die von den Darlehnsnehmern aus­ zustellenden Wechsel keine Stempelfreiheit. Allerh. Erlaß v. 13. Nov. 1848 (GS. S. 410). 56. d. Die Konfirmations-Urkunde der Pommerschen Landschaft vom 13. März 1781 verleiht derselben alle Rechte und Privilegien, die der Schlesischen Landschaft verliehen worden oder in Zu­ kunft noch verliehen werden möchten (s. vorige Anm.) 56. e. Den Landschaften kann der Besitz der Güter, welche sie bei Subhastationen für ihre Forderungen zu übernehmen genöthigt sind, auf Ein Zahr ohne Entrichtung des Kaufstempels ver­ stattet werden, bei Verlängerung des Besitzes über das erste Jahr hinaus gegen Entrichtung von V12 des gesetzlichen Stempels, und mit dem Schluß des dritten Zahres des Besitzes muß der volle Rest des Kaufftempels nachgezahlt werden. Kab.-O. v. 31. Dez. 1826, mitgetheilt durch Cirk.-R. des M. d. Z. u. des FM. v. 25. Juli 1829 III 14576; Cirk.-R. d. IM. v. 31. Aug. 1829 A. 8763. 57. Die dem Landkasten in Stralsund zustehenden jura fisci dürfen nicht auf die auszu­ stellenden ständischen Schuldverschreibungen — Landeswechsel — bezogen werden. FMR. v. 23. Okt. 1822 III19911 an d. Reg. in Stralsund. Von der Stempelnachforderung für die Vergangenheit ist abzustehen. FMR. v. 24. Dez. dess. I. III 24590 (an dieselbe). 58. Die den Verhandlungen bei der ersten Regulirung des Hypothekenwesens von Grund­ stücken nach §. 42 Tit. 4 der Hyp.-Ordnung zustehende Kostenfreiheit soll auch die Stempelfreiheit der Hypotheken-Einrichtungs-Verhandlungen selbst, welche bei der, das Hypothekenwesen regulirenden Behörde gepflogen werden, und wohin auch die ersten Ausfertigungen der Hypothekenscheine über die Berichtigung des Besitztitelö, sowie über die Rubr. II und III vorgenommenen Eintragungen gehören, zur Folge haben; auf anderweitige Verhandlungen aber erstreckt sich die Stempelfreiheit nicht, namentlich nicht auf Atteste anderer Behörden, zu denen die ausstellende Behörde den Stempel zu verwenden hat, noch auf sonstige dem Hypothekenrichter Behufs Regulirung des Hypothekenwesens vorgelegte Urkunden, noch auf den Werthstempel, den das Stempelgesetz zu gewissen Arten von Verhandlungen tarifmäßig erfordert. Cirk.-R. des FM. v. 28. Juni 1830 III 11845; JMR. v. 28. Okt. 1830 (v. KI. B. 36 S. 371). Bezüglich des Hypotheken- resp. Grundbuchwesens im Bezirk des Justiz-Senats zu Ehrenbreitstein vergl. §. 17 des Ges. v. 2. Febr. 1864 (GS. S. 34) resp. §. 43 des Ges. v. 30. Mai 1873 (GS. S. 287 — s. Anm. 59. f zu §. 5). In Betreff des Grundbuchwesens in den sonstigen Landestheilen zufolge der im Jahre 1873 ergangenen Gesetze s. Anm. 59 zu §. 5. 59. In Betreff der Stempelfreiheit für die Verhandlungen wegen Wiederherstellung der durch Brand oder sonst verloren gegangenen Hypothekenbücher und Grundakten einzelner Gerichte resp. Appellationsger.-Bezirke, ferner für die Anlegung der Hypothekenbücher im Herzogthum Westphalen, Fürstenthum Siegen re. und für die Regulirung des Berg-Hypothekenwesens in diesen Landes­ theilen s. das Register zur Gesetz-Sammlung von 1806—1863 S.425 unter „Hypotheken-Akten" u. S. 908 Nr. 10. t>, c.

Gesetz §. 3.

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60. Die zur Wiederherstellung der verbrannten Verhandlungen der Registratur der Provinzial-Landschafts-Direktion zu Schneidemühl erforderlichen Hypothekenscheine und beglaubigten Ab­ schriften sind, letztere jedoch unter Beobachtung des §. 14 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822, und unter Vermerk der Finanzministerial-Genehmigung vom 20. Sept. 1834, stempelfrei zu lassen. JMR. p, 13. Okt. 1834 an d. OL.-Gericht in Mr, FMR. v. 23. defs. M. HI 24914 an d. PStD. in D. (SK.). 61. In Prisensachen ist das Verfahren kosten- und stempelfrei, §. 33 der Bestimmungen über das Verfahren in Prisensachen, genehmigt durch Allerh. Erlaß v. 20. Zuni 1864 (GS. S. 369 ff.). 62. Revidirte Rheinschiffahrts-Akte zwischen Preußen, Baden, Bayern, Frankreich, Hessen und den Niederlanden, v. 17. Okt. 1868 (GS. 1869 S. 798) Art. 39: Bei dem richterlichen Verfahren in Nheinschiffahrts - Angelegenheiten findet weder der Gebrauch von Stempelpapier, noch die An­ wendung von Sporteltaxen für die Richter und Gerichtsschreiber statt; die Parteien haben keine anderen Kosten als diejenigen zu tragen, welche durch Zeugen oder Sachverständige und deren Vorladung, durch Insinuationen, Porto u. s. w. veranlaßt und nach der für andere Streitsachen bestehenden Taxordnung erhoben werden. Das zur Ausführung dieser Rheinschiff.-Akte erlassene Gesetz, betr. die Rheinschiffahrtsgerichte, v. 9. März 1870 (GS. S. 177) bestimmt: §. 55: rc. Im Uebrigen ist in Betreff der Gebühren und Kosten des richterlichen Verfahrens der Artikel 39 der revidirten Rheinschiffahrts-Akte (s. vor­ stehend) maßgebend re. §. 58: Erkenntnisse und Beschlüsse der Rheinschiffahrtsgerichte anderer Rheinufer-Staaten sind in Gemäßheit des Artikels 40 der revidirten Rheinschiffahrtsakte auf An­ trag eines Betheiligten von dem Appellationsgerichte kostenfrei für vollstreckbar zu erklären. Das fernere Gesetz, betr. die Ausführung der revid. Rheinschiffahrts-Akte v. 17. Okt. 1868, v. 17. März 1870 (GS. S. 187) enthält keine hier interessirenden Bestimmungen. 63. Das Verfahren [in den von dem Kreisausschuß event, dem Verwaltungsgericht zu ent­ scheidenden streitigen Verwaltungssachen^s ist stempelsrei, §. 162 der Kreisordnung v. 13. Dez. 1872 (GS. S. 661). 64. Die Stempel-Vergünstigungen, welche dem Grafen von Stolberg-Wernigerode zu Statten kommen, sind lediglich auf die von ihm bei seinen eigenen Gerichten innerhalb der Grafschaft vor­ kommenden Angelegenheiten beschränkt, und können nicht allegirt werden, um eine Befreiung vom Ouittungsstempel zu begründen, wenn der Graf oder eine Gräfliche Behörde etwas verkauft und dafür Zahlung zu empfangen hat. FMR. v. 24. Juni 1822 an d. Ober-Präs. in Mg. (SK.). 65. Alle Verhandlungen, welche durch die bis zum 1. Januar 1848 nachgesuchte Eintragung der Lehns- und Suecessionsrechte erforderlich werden, sind stempelftei, auch diejenigen Urkunden, welche Behufs der Bescheinigung der Lehnrechte beizubringen sind; in Ansehung der Stempelpflichtigkeit der Verhandlungen, welche durch die nach dem 1. Januar 1848 nachgesuchte Eintragung der Lehns- und Suceessionsrechte veranlaßt werden, verbleibt es bei den allgemeinen gesetzlichen Vor­ schriften. Ges. v. 11. Juli 1845 über die Lehns- und Suecessionsregister in Altvorpommern und Hinterpommern §. 15 (GS. S. 474). Dieselbe Stempelfreiheit tritt ein hinsichtlich der binnen 2 Jahren nachgesuchten Eintragung der Lehnsberechtigten in die Lehns- und Suecessionsregister bei Auflösung des Lehnsverbandes der nach Pommerschen Lehnrechten zu beurtheilenden Lehne in Alt-Bor- und Hinterpommern. Ges. v. 4. März 1867 §. 1 (GS. S. 362). 66. a. Die ehrengerichtlichen Untersuchungen (in der Armee) werden kosten- und stempelfrei bearbeitet, §. 53 der Verordnung v. 20. Juli 1843 (GS. 1844 S. 299 ff.). 66. b. Verordnung über die Bildung eines Ehrenraths unter den Justiz-Kommissarien, Advo­ katen und Notarien (excl. Appell.ger.-Bezirk Cöln) v. 30. April 1847 (GS. S. 196) §. 19: An

62 Kosten kommen nur Baare Auslagen in Ansatz. — Diese Verordnung gilt auch für die RechtsAnwälte bei betn Ober-Tribunal, Ges. v. 26. März 1856 (GS. S. 201). 67. Gesetz v. 3. Mai 1853, betr. den Ansatz der Gerichtskosten rc. in Untersuchungssachen (GS. S. 170) §.6: Zn den im Disciplinar-Verfahren verhandelten Sachen werden nur die im fünften Abschnitte des Tarifs zum Gesetze vom 10. Mai 1851 bezeichneten Nebenkosten und die im §. 14 dieses Gesetzes erwähnten Auslagen erhoben. Verordnung v. 23. Sept. 1867, für die neuen Landestheile, excl. Meisenheim und Kaulsdorf, (GS. S. 1613) Art. VIII: An Gerichtskosten werden in Disziplinarsachen nur Baare Auslagen erhoben. 68. Alle Angelegenheiten der Bürgerwehr find stempelfrei. Ges. v. 17. Okt. 1848 §. 127 (GS. S. 289). 69. a. Kab.-O. v. 7. Marz 1845, betr. die Mitglieder des König!. Hauses (GK.): 1. Von dem Prozeßstempel sollen die Mitglieder des Königl. Hauses in so weit befreit bleiben, als ihnen nach §. 146 des Anhanges zur AGO. die Sportelfreiheit zusteht. — 2. Verträge und sonstige Rechtsgeschäfte, welche von Mitgliedern des Königl. Hauses unter sich abgeschlossen werden, so wie alle Verhandlungen in Bezug auf innere Verhältnisse des Königl. Hauses bleiben stempelfrei. — 3. Die Mitglieder des Königl. Hauses, bleiben für ihre Person, auch bei solchen Verträgen und Ver­ handlungen von der Stempelsteuer befreit, welche von ihnen mit dritten Personen über ein rein persönliches Verhältniß abgeschlossen werden. — 4. Dasselbe gilt von allen Verhandlungen, Verträgen oder sonstigen Rechtsgeschäften, die sich auf das eigentliche Hausvermögen beziehen, wohin nicht nur die eigentlichen Haus-Revenuen, die Apanagen und andere gleichartige Einnahmen, sondern auch alle diejenigen Vermögens-Gegenstände gehören, welche dem Hausfideikommiß-Verbande und dem dereinstigen Anfalle an die Krone unterworfen sind. — Konkurriren bei den zu 3 und 4 erwähnten Verhandlungen, Verträgen und sonstigen Rechtsgeschäften Personen, die gesetzlich zur Entrichtung des Stempels.verbunden sind, so muß die Stempelabgabe, soweit sie einer solchen Person gesetzlich zur Last fällt, auch dann bezahlt werden, wenn der Antheil derselben von dem mitkontrahirenden Mitgliede des Königl. Hauses vertragsmäßig übernommen worden ist. Es behält in Fällen dieser Art bei der Schlußbestimmung des §. 3 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 sein Bewenden. — 5. Erbschaften und Legate, welche ein Mitglied des Königl. Hauses von einem anderen Mitgliede desselben erbt, sind vom Erbschaftsstempel Befreit. — 6. Zn allen vorstehend nicht bezeichneten Fällen bleiben die Mitglieder des Königl. Hauses der Stempelsteuer unterworfen. Die Bestimmungen unter Nr. 4 und 6 finden sich wiederholt im FMR. v. 18. Aug. 1846 III 16795 (GK.). 69. b. Die Mitglieder der Fürstlichen Häuser Hohenzollern-Hechingen und Sigmaringen wer­ den in Bezug auf Steuer- und Abgaben-Befreiungen den Mitgliedern des Königl. Hauses gleichge­ stellt. Allerh. Erlaß v. 14. Aug. 1852 Nr. 3 (GS. S. 771); vergl. JMR. v. 28. Febr. 1853 (ZMB. S. 90), welches unter 4 Nummern die Fälle der Stempelfreiheit spezifieirt. Diese Num­ mern 1—4 stimmen im Wesentlichen und fast wörtlich mit Nr. 2 bis 5 in Anm. 69. a überein, nur daß statt des „Königl. Hauses" hier die „Fürstlich Hohenzollernschen Häuser" genannt werden und daß die dortige Nr. 4 hier (als Nr. 3) mit dem Worte „beziehen" abschließt. 70. a. Gesetz über das Mobiliar-Feuer-Versicherungswesen v. 8. Mai 1837 (GS. S. 102) §. 14: re. Alle hierauf ^ortspolizeiliche Genehmigung der Versicherung, event. Rekurs an die Re­ gierung^ sich beziehenden Verhandlungen sind stempelfrei. 70. b. Die Bestimmungen im §. 14 des Gesetzes vom 8. Mai 1837 sind auch auf Versiche­ rungen von Immobilien bei in- und ausländischen Feuer-Versicherungsgesellschaften ausgedehnt. Kab.-O. v. 30. Mai 1841 (GS.. S. 122).

63

Gesetz §. 3. 70. c.

Der §. 14 des Gesetzes vom 8. Mai 1837 handelt nur von dem Verfahren, welches

die Agenten der Gesellschaften vor Aushändigung der Polizen und Prolongations-Scheine ein­ zuschlagen haben, also von dem Eintritt in eine Feuerversicherungsgesellschaft oder von der Fortentrichtung der versicherten Summe.

Vom Austritt aus einer solchen Gesellschaft und vom

Aufhören der Versicherung ist im §. 14 nicht die Rede; den diesfälligen Verhandlungen bei der Polizei-Behörde kann daher Stempelfreiheit nach dieser gesetzlichen Bestimmung nicht beigelegt werden.

R. des M. d. Z. u. des FM. v. 29. Dez. 1851 (CB. 1852 S. 28, MB. 1852 S. 39).

Vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1—3.

71.

Die Provinzial-Feuer-Sozietäts-Direktionen gehören zu den Kommunalbehörden, denen

eine polizeiliche Gewalt anvertraut ist.

Da nun die Verfügungen solcher Behörden, sowie die Ge­

suche an sie nach dem Stempel-Tarif sub voce „Ausfertigungen" und „Gesuche" an sich stempel­ pflichtig, auch die Verhandlungen, von deren SLempelfreiheit in den reglementarischen Bestimmungen die Rede ist, offenbar nur solche sind, welche die Sozietät als Institut und ihre Verhältniffe zu ihren Mitgliedern betreffen, nicht aber die Verhandlungen mit dritten Personen, da endlich die Ge­ suche an die Provinzial-Feuer-Sozietäts-Direktion für Westfalen wegen Zulaffung zur Versicherung bei einer Privatgesellschaft nicht blos im polizeilichen, sondern auch im Interesse des Nachsuchenden und der Privatgesellschaft geschehen, so sind die diesfälligen Verhandlungen stempelpflichtig, wonach sich die frühere Verfügung vom 3. Juni 1844 (MB. S. 170) ändert. 1853, im Einverst. des FM. (MB. S. 131). 72. a.

R. des M. d. Z. v. 23. Mai

Vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1—3.

Das revidirte Feuersozietäts-Reglement für die Städte der Kur- und Neumark (excl.

Berlin) re. v. 23. Zuli 1844 (GS. S. 334) bestimmt, übereinstimmend mit §. 2 des früher gültigen Regl. vom 19. Sept. 1838 (GS. S. 449) und mit anderen Reglements, im §. 2: „Die Verhand­ lungen Behufs Verwaltung der Angelegenheiten dieser Feuersozietät, die darauf bezügliche Korre­ spondenz zwischen den Behörden und den Mitgliedern der Sozietät, die amtlichen Atteste für die Versicherungen und

die Quittungen über

empfangene Brandentschädigungs - Zahlung

Sozietätskasse sind von tarifmäßigen Stempeln entbunden.

sind diejenigen Stempel, deren Bezahlung der Sozietät obliegt, außer Ansatz zu lassen. trägen mit einer stempelpflichtigen Partei

ist

der

aus der

Bei Prozeffen Namens der Sozietät

tarifmäßige Stempel

Zu Ver­

in dem halben Betrage,

und zu den Nebenexemplaren der Stempel beglaubigter Abschriften zu verwenden." In Stelle dieses Feuersoz. - Regl.'s ist mit dem 1. Januar 1872 getreten: das durch Allerh. Erlaß

vom 18. Sept. 1871

genehmigte „Revidirte Reglement für die Städte-Feuersozietät der

Kur- und Neumark, der Niederlausitz und der Aemter Senftenberg und Finsterwalde von 1871" (GS. S. 413 ff.), welches, soweit es hier von Interesse ist, folgende Bestimmungen enthält: §. 3: „Die Verhandlungen, welche die Verwaltung der Sozietät betreffen, die darauf bezügliche Korre­ spondenz zwischen den Behörden und Mitgliedern der Sozietät, sowie zwischen den Behörden der Sozietät und anderen öffentlichen Behörden, die Beschreibungen der zu versichernden Gebäude, die amtlichen Atteste für die Versicherungen und die Quittungen über empfangene Schadensvergütung sind vom tarifmäßigen Stempel und von Sporteln entbunden.

Zu Verträgen mit einer stempel­

pflichtigen Partei ist der tarifmäßige Stempel in dem halben Betrage, zu den Nebenexemplaren der Stempel beglaubigter Abschriften zu verwenden.

Bei Prozessen ist die Sozietät von der Zah­

lung der Gerichtskosten und Vorschüsse unter der im §. 6 des Gesetzes vom 10. Mai 1851 (GS. S. 622) bestimmten Maßgabe befreit."

§. 12: re. „Der Gebäudebesitzer erhält über die Feststellung

und Annahme der Versicherung eine von der Direktion stempel- und gebührenfrei ausgestellte Bescheinigung." In Betreff der sonstigen Feuersoz.-Regl.'s wird auf die Gesetz-Sammlung verwiesen. 72. b.

Weder die den Feuer-Sozietäts-Direktionen einzureichenden amtlichen Atteste über den

vollendeten Wiederaufbau abgebrannter Gebäude Behufs Auszahlung der Feuerkassengelder an die

64 Brandbeschädigten, noch Gesuche wegen Löschung der bei der Feuer-Sozietät versicherten Gebäude, gehören zu den Feuersozietäts-Angelegenheiten, welchen der §. 2 des Reglements der Kur- und Neu­ märkischen Feuer-Sozietät vom 19. Sept. 1838 und der §.2 des revidirten Feuer-Soz.-Reg.'s vom 23. Juli 1844 (s. vorige Anm.) Stempelfreiheit bewilligt. Denn hier ist nur den Verhand­ lungen Behufs Verwaltung der Angelegenheiten der Feuer-Sozietät, der darauf bezüglichen Korrespondenz zwischen den Behörden und den Mitgliedern der Sozietät, den amtlichen Attesten für die Versicherungen und den Quittungen über empfangene Brandentschädigungs-Zahlung aus der Sozietätskaffe Stempelfreiheit zugestanden, nicht aber auch den von anderen Behörden ausgestellten amtlichen Attesten Behufs der Empfangnahme von Feuerkassengeldern, oder Eingaben bei einem Rentamts wegen zu bewirkender Löschung eines Theils der bei der Feuer-Sozietät verffchertm Gebäude. Nach der Tarif-Positton „Atteste, amtliche" und „Gesuche" unterliegen der­ gleichen Atteste und Eingaben vielmehr dem Stempel von 15 und resp. 5 Sgr. R. des. FM. u. des M. d. I. v. 13. Zuli 1846 (MB. S. 137.) Vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1.

72. v. Auf Gesuche und Taxen, welche die Aufnahme von Gebäuden resp. die Löschung der­ selben bei der Alt-Pommerschen Städte-Feuer-Sozietät bezwecken, bezieht sich §. 4 des Regl.'s vom 23. Febr. 1840 (GS. S. 33) nicht sjetzt §. 3 des revid. Regl.'s GS. 1864 S. 409 wie dies bereits in einem ähnlichen Falle bei gleicher Disposition des Kur- und Neumärkischen FeuerSoz.-Regl.'s vom 23. Zuli 1844 durch Reskript vom 13. Zuli 1846 (s. vorige Anm.) näher dargethan worden. R. des M. d. I., im Einverst. des FM., v. 4. April 1860 I A 2184, mitgetheilt durch FMR. v. 17. dessi M. III 8426 an d. PStD. in S. 72.d. Die Bescheinigungen der Dorffchulzen unter Häuser-Taxen für Versicherungen gegen Feuersgefahr sind siempelpflichttg, da die Schulzen mittelbare Staatsbeamte und auch, weil ihnen nach §§. 59, 61, 62, 63, 65, 70, 71 und selbst §§. 66, 67 Th. 2 Tit. 7 des ALR. Funkttonen der Polizeigewalt auferlegt worden, Polizeibeamte sind, in beiden Beziehungen also die Qualität öffent­ licher Behörden haben. R. des M. d. Z. v. 28. Dez. 1849 (MB. 1850 S. 11). Werden dagegen diese Taxen von den Ortspolizeibehörden zur Prüfung der bei Privatgesell­ schaften beantragten oder geschehenen Versicherungen extrahirt, so sind solche lediglich im polizeilichen Interesse aufgenommene Taxen nach dem Gesetz vom 8. Mai 1837 und der Kab.-Ordre vom 30. Mai 1841 (s. Anm. 70. a, b) stempelfrei. FMR. v. 20. April 1850 III 7647 (GK.). 72. e. Die in den betreffenden Reglements der seit dem Zahre 1836 neu errichteten Pro­ vinzial - Feuer - Sozietäten bereits zugestandene Stempelfreiheit soll sich auch auf die Auszüge aus dem Feuer-Sozietäts-Kataster, welche den Zntereffenten auf ihr Ansuchen, zur Benutzung für Privat­ zwecke, ertheilt werden, ersttecken. R. des M. d. I. u. d. P. u. des FM. v. 29. Mai 1840, auf Grund der Kab.-O. v. 4. deff. M., (CB. S. 256, MB. S. 244). 72. f. Der Westfälischen gegenseitigen Hagelversicherungs-Anstalt ist für die nach §. 4 ihres Statuts zu Protokoll zu gebenden Versicherungs-Deklarationen die Stempelfreiheit zugestanden. Landtags-Abschied v. 8. Juni 1839 unter II Nr. 44 (v. KA. B. 23 S. 738 ff.) 73. a. Bei Besitzveränderungen, welche zum Zweck des gemeinen Besten unter Verpflichtung der Zntereffenten angeordnet werden (vergl. Anm. 74. a Abs. 1 Satz 1), soll sowohl den gerichtlichen als den von den Verwaltungsbehörden aufzunehmenden Verhandlungen und allen in dieser Be­ ziehung bei dem Hypothekenbuche nothwendigen Eintragungen und den darüber auszustellenden Ur­ kunden die Gebühren- und Stempelfreiheit zustehen. Kab.-O. v. 4. Mai 1833 (GS. S. 49). 73. b. Soweit die Grundstücke der Expropriation unterliegen, sind die über deren Erwerb aufgenommenen Kaufverträge nach der Kab.-Ordre vom 4. Mai 1833 gänzlich stempelfrei, wobei eS keinen Unterschied macht, ob im einzelnen Falle von dem Expropriationsrechte in seinem ganzen Umfange Gebrauch gemacht wird, oder ob die Uebereignung des Grundstücks im Wege freier Ueber-

Gesetz §. 3.

65

einkunst an die zur Expropriation berechtigte Person erfolgt. FMR. v. 15. Mai 1847 HI 10359 an d. PStD. in D. Vergl. Anm. 77. 74. a. Verhandlungen wegen Abtretung von Grundstücken zum Zweck des gemeinen Besten unter der Verpflichtung der Interessenten zu dieser Abtretung sind ganz stempelfrei zu behandeln (s. Anm. 73. a). Zu dieser Gattung von Verträgen sind auch die Behufs Anlegung von Festungs­ werken zu rechnen. FMR. v. 20. Febr. 1853 III 2643 an d. PStD. in S. Dieser Erlaß theilt ein R. des FM. und des Kriegs-M. v. 31. Dez. 1840 an d. Reg. in Posen mit, worin es heißt: Es ist in den Bestimmungen der Kab.-Ordres v. 4. Mai 1833 (f. Anm. 73. a) und vom 25. April 1836 (GS. S. 179) begründet, daß in Bezug auf Besttzveränderungen, welche zum Festungsbau unter Verpflichtung der Interessenten angeordnet werden, den gerichtlichen wie den von Verwaltungsbehörden aufzunehmenden Verhandlungen, ohne Unterschied, ob die Expropriation selbst, sowie die Bestimmung des Preises zwangs- oder vergleichweise erfolge, Stempelsreiheit zusteht. Zu Quittungen über Kaufzelder für Grundstücke, welche zum Festungsbau eingezogen werden, ist daher Seitens der Regierungs-Haupt-Kasse der Quittungsstempel nicht zu fordern. 74. b. Gesetz, betr. die Beschränkungen des Grundeigentums in der Umgebung von Festungen, v. 21. Dez. 1871 (RGbl. S. 459) §. 46: Alle administrativen Verhandlungen und Gesuche in RayonAngelegenheiten sind kosten- und stempelsrei. 75. a. Verordnung, betr. die Bestimmungen des Edikts v. 18. April 1792 rc. in Bezug auf die Geldentschädigungen für zum Chausseebau abgetretenen Grund und Boden, v. 8. Aug. 1832 (GS. S. 202): Bei den Geldentschädigungen für abgetretenen Grund und Boden, zur Anlegung von Chausseen und zu den Chaussee-Einnehmer- und Wärterhäusern und Gärten, kommen folgende Vorschriften zur Anwendung: g. Die Verhandlungen der Regierung und der Gerichte über diesen Gegenstand, sowie die Quittungen oder die Konsense der Hypothekarien, erfolgen stempel- und sportel­ frei bis zur geschehenen Deposition; auch werden keine Depositalgebühren angesetzt. 75. b. Die Vorschriften der Kab.-Ordre v. 4. Mai 1833 (s. Anm. 73. a) sind sowohl auf Ver­ träge, welche mit den Eigenthümern von Grundstücken und Gebäuden über Abtretungen oder Ver­ änderungen Behufs des Straßenbaues, wegen der denselben zu zahlenden Entschädigung, zur mehreren Sicherheit des fiskalischen Interesses abgeschlossen werden, als auch aus Quittungen über Entschädigungsgelder für zum Chausseebau abgetretene Grundstücke anzuwenden, und also dergleichen Verträge und Quittungen stempelfrei. Cirk.-R. der Gen.-Verwaltung für Handel, Fabrikation u. Bauwesen v. 26. Rov. 1834, im Einverst. des FM. (v. KA. B. 18 S. 971); auch FMR. v. 16. Febr. 1835 III 3672 (SK.). 75. c. In Uebereinstimmung mit dem Herrn Zustizminister wird diesseits angenommen, daß die Verleihung des fiskalischen Expropriationsrechts die Stempelsreiheit derjenigen Angelegenheiten in sich schließt, welche sich auf den Erwerb der zu dem betreffenden Chausseebau erforderlichen Grundstücke beziehen. Diese Stempelfreiheit erstreckt sich selbstredend auch auf außergerichtlich ge­ schlossene Kaufverträge. Gesellschaften, denen das fiskalische Expropriationsrecht nicht verliehen ist, steht sie dagegen nicht zu. FMR. v. 20. Dez. 1866 III 26649 an d. Reg. in F. 75. d. Die Allerh. Ordres vom 14. Mai 1847 und 11. Aug. d. Z. (GS. 1847 S. 235 u. 1848 S. 231) gewähren den Kreisständen in Bezug auf den Bau von Kreis-Chausseen die fiskalischen Vorrechte lediglich hinsichts der Expropriation der dazu erforderlichen Grundstücke und der Ueberlafsung von Feldsteinen, Kies und Sand, bewilligen aber keinesweges den auszustellenden Obliga­ tionen die Stempelfreiheit. Den Eisenbahnaktien hat der §. 2 des Gesetzes vom 3. Rov. 1838 (s. Anm. 76. a) ausdrücklich die Stempelfreiheit verliehen; die Berufung auf dieselben trifft daher Nicht zu. FMR. v. 19. Dez. 1848 III 26978 an d. Reg. in F.

66

Gesetz §. 3.

75. e. Dem Rosenberger Chaussee-Bau-Aktien-Verein ist für die Namens desselben zur Bei­ treibung der rückständigen Miengelder bereits angestrengten oder noch anzustrengenden Prozesse die Stempelfreiheit bewilligt. Kab.-O. v. 1. Mai 1846 (ZMB. S. 102). 76. a. Gesetz über die Eisenbahn-Unternehmungen v. 3. Nov. 1838 (GS. S. 505) §. 2: Hin­ sichtlich der Aktien und der Verpflichtungen der Aktienzeichner finden folgende Grundsätze Anwen­ dung: 1. Die Aktien dürfen auf den Inhaber gestellt werden und sind stempelfrei. §. 15: Bei der Zahlung der Geldvergütungen für Grundstücke, welche nach §. 8 der Expropriation unterworfen sind, ohne Unterschied, ob die Veräußerung selbst durch Expropriation oder durch freien Vertrag bewirkt wird, kommen die, für den Chauffeebau in den verschiedenen Landestheilen hierüber beste­ henden gesetzlichen Bestimmungen zur Anwendung; auch sollen die dabei vorkommenden Verhand­ lungen stempel- und sportelfrei erfolgen. — sDie in Stelle des vorallegirten §. 8 tretenden Be­ stimmungen s. im Nachtrags. 76. b. Wegen Einführung des Ges. v. 3. Nov. 1838 (s. vorige Anm.) in die neuen Landes­ theile s. Verord. v. 19. Aug. 1867 (GS. S. 1426). 76. c. Die Absicht des §. 15 des Gesetzes über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. Nov. 1838 geht keineswegs dahin, blos die Quittungen über die Vergütungssumme für stempel- und sportelfrei zu erklären; es sollen vielmehr alle auf die Grunderwerbung bezüglichen Verhandlungen stempel- und sportelfrei erfolgen, soweit es sich von solchen Grundstücken handelt, für welche das Expropriationsrecht nach §. 8 (vergl. die Schlußbemerkung in Anm. 76. a) in Anspruch genommen werden kann. Auch ist es nicht beabsichtigt worden, diese Freiheit an das faktische Eintreten der Expropriation zu knüpfen, weil sonst die freiwillige Einigung sehr erschwert und die Dazwischenkunft der Behörden zur Regel werden möchte. Die Stempel- und Sportelfreiheit steht daher nicht allein den Urtheilen der Gerichte, wodurch die Expropriation ausgesprochen wird rc., sowie allen dabei vorkommenden gerichtlichen, notariellen und von Verwaltungsbehörden aufgenommenen Verhand­ lungen, sondern auch den im Wege der freien Uebereinkunft geschlossenen Verträgen zu, insoweit sie sich auf solche Grundstücke beziehen, hinsichtlich deren im Weigerungsfälle die Expropriation von der Gesellschaft in Gemäßheit des §. 8 1. c. in Anspruch genommen werden könnte. FMR. v. 21. April 1839 (v. KA. B. 23 S. 348, ZMB. S. 166), mitgetheilt durch ZMR. v. 2. Mai 1839 (ZMB. S. 165). Vergl. Anm. 77. 76. d. Zn Betreff der Stempelfreiheit der Verträge u. Verhandlungen bezüglich des Ankaufs der Taunusbahn durch den Preußischen Staat s. §. 9 des dem Gesetz v. 3. Mai 1872 beigefügten desfallsigen Vertrages (GS. S. 420 ff.). 77. In Abänderung des ZMR. v. 7. Nov. 1843 (ZMB. S. 276) bestimmt das ZMR. vom 13. Juli 1845 im Einverst. des FM. (ZMB. S. 137, MB. S. 192), daß, gleichwie die durch die Kab.-Ordres v. 4. Mai 1833 u. 8. Aug. 1832 (s. Anm. 73. a u. 75. a), so auch die nach §. 15 des Ges. v. 3. Nov. 1838 (s. Anm. 76. a) bewilligte Stempel- und Sportelfreiheit sich auf Pro­ zesse, welche durch die Unzufriedenheit der Grundeigenthümer mit der im Wege des Expropriations­ verfahrens ihnen festgesetzten Entschädigung hervorgerufen werden, nicht erstreckt. Bezüglich des Appell.ger.-Bezirks Cöln vergl. ZMR. v. 7. Mai 1860 (ZMB. S. 246), mitgetheilt durch FMR. v. 11. deff. M. (CB. S. 210). — die desfallsigen neueren Bestimmungen s. im Nachtrag. 78. a. Gesetz über die Benutzung der Privatfiüsse v. 28. Febr. 1843 (GS. S. 41) §. 51: Sämmtliche Verhandlungen, welche durch das nach Vorschrift des §. 19 Nr. 1 und 2 eingeleitete Verfahren, ingleichen durch das Verfahren zur Ermittelung der Entschädigung (§§. 45, 46) und durch die Einziehung und Auszahlung oder Deposttion der Entschädigungsgelder (§. 50) veranlaßt werden, sind gebühren- und stempelfrei; in Prozessen (§.23) und in der Rekurs-Instanz wegen Festsetzung der Entschädigung (§. 47) sind jedoch Gebühren und Stempel zu entrichten.

Gesetz Z. 3.

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78: b. Den Verhandlungen und Attesten hinsichtlich der Geldentschädigungen für die zur Regu­ lirung des Finow-Kanals, sowie überhaupt zur Anlegung von Kanälen und öffentlichen Flußbfluten abgetretenen Ländereien ist die Stempel- und Sportelfreiheit in gleichen; Maße zu bewilligen, wie dies in Betreff der Chauffeebauten durch die Verordnung vom 8. August 1832 lit. g (s. Anm. 75. a) geschehen ist. JMR. v. 15. Mai 1844, im Cinverst. des FM. (JMB. S. 120). 79. Gesetz, betr. das für Entwässerungsanlagen einzuführende Aufgebots- und Präklusions­ verfahren, v. 23. Jan. 1846 (GS. S. 26) §. 8: Der Provokant trägt sämmtliche Kosten des Verfahrens; als solche sind indessen nur die baaren Auslagen, nicht aber auch Gebühren oder Stempel in Ansatz zu bringen. 80. a. Verordnung, betr. die Verwaltung der Oder von Nieder-Wutzow bis unterhalb Stützkow und die Bildung einer Bau-Korporation zu diesem Zwecke, v. 22. Aug. 1848 (GS. S. 281) §. 8: Den Verhandlungen wegen Ueberlaffung der für die Meliorations - Anlagen in Anspruch genommenen Grundstücke und Materialien und wegen Zahlung der Entschädigungs-Summen, ferner allen' in dieser Beziehung bei dem Hypothekenbuche nöthigen Eintragungen und darüber auszufertigenden Urkunden, sowie den gerichtlichen und außergerichtlichen Verhandlungen wegen Ermittelung der Betheiligten und deren Beiträge soll die Gebühren- und Stempelfreiheit zustehen. 80. b. Gesetz, betr. die Melioration der Niederung der Schwarzen Elster, v. 7. April 1852 (GS. S. 110) §. 9 Nr. 2: Der Staat gewährt dem Verbände zur Regulirung der Schwarzen Elster die Stempel-, Porto- und Gebührenfreiheit für alle Verhandlungen in Angelegenheiten des Verbandes für die Dauer der ersten von Königlichen Beamten zu leitenden Ausführung der Me­ liorations-Anlagen bis zu deren Uebergabe in die eigene Verwaltung des Verbandes. 81. Verordnung, betr. die Ausführung der Strom- und Deichbauten an der Weichsel und Nogat, v. 12. April 1848 (GS. S. 126) §.7: Den Verhandlungen wegen Ueberlaffung der für die Deich- und Strombauten in Anspruch genommenen Grundstücke und Materialien, wegen Zahlung der Entschädigungssummen, sowie allen in dieser Beziehung bei dem Hypothekenbuche nothwendigen Eintragungen und den darüber auszustellenden Urkunden soll die Gebühren- und Stempelfreiheit zustehen. 82. Die Allensteiner Kreis-Korporation für Meliorationsanlagen genießt in ihren Angelegen­ heiten Stempelfreiheit gleich dem Königlichen Fiskus, §. 24 des durch Ges. v. 30. Mai 1853 bestätigten Statuts (GS. S. 325 ff.). 83. Wiesen - Ordnung für den Kreis Siegen v. 28. Okt. 1846 (GS. S. 485) §. 33: Stempelfrei sind alle Verhandlungen, welche durch die öffentlichen Bekanntmachungen, durch das Verfahren der Wiesenschöffen und Kreissachverständigen und durch die Auszahlung oder Deposition der Entschädigungsgelder veranlaßt werden; in Prozeffen und in der Rekurs-Znstanz wegen Fest­ setzung der Entschädigung durch das Nevisionskollegium sind jedoch Stempel zu entrichten. §. 59: Die Verhandlungen über die Wahl, Bestätigung und Verpflichtung der sämmtlichen Beamten sind stempelfrei. 84. a. Fischerei-Ordnung für die Provinz Posen v. 7. März 1845 (GS. S. 107) §. 13: Sämmtliche Verhandlungen, welche durch das in Fällen des §. 6 etwa erforderliche Verfahren, ingleichen durch das Verfahren zur Ermittelung der Entschädigung (§. 8), und durch die Einziehung und Auszahlung oder Deposition der Entschädigungsgelder (§. 12) veranlaßt werden, sind gebührenund stempelfrei; und es werden nur die baaren Auslagen in Ansatz gebracht. Zn der Rekurs-In­ stanz (§. 9) sind jedoch Gebühren und Stempel zu entrichten. 84. b. Fischerei-Ordnung für die Binnengewässer der Provinz Preußen v. 7. März 1845 (GS. S. 114) §. 13: wie §. 13 in voriger Anm.

68 ' 85. a. Das Staatsministerium hat sich in dem Beschluß vom 18. Sept. 1838 dahin geeinigt: 1. daß die polizeilichen Verhandlungen und Gesuche in Bauangelegenheiten und die Baukonsense fortan stempelfrei bleiben sollen; 2. betrifft den Militär-Austritt, s. Anm. 23. e; 3. ist die Entscheidung Sr. Majestät nachgesucht, welche in der Allerh. Kab.-Ordre v. 24. März c. dahin ertheilt ist, daß alle in Deichbau- und Vorfluths-Angelegenheiten bei Verwaltungsbehör­ den vorkommenden Gesuche und Verhandlungen stempelfrei bleiben sollen. FMR. v. 7. Mai 1839 (EB. S. 151, JMB. S. 243), mitgetheilt durch JMR. v. 6. Juli 1839 (ZMB. S. 242); R. des M. d. I. u. d. P. v. 10. April 1839 (v. KA. B. 23 S. 346). 85.1). Nach §§. 1 und 2 des Gesetzes vom 15. Nov. 1811 wegen des Wafserstauens bei Mühlen und Verschaffung der Vorfluth muß bei den Mühlen und anderen durch Wehre oder Schleusen veranlaßten Störungen, wo der Wasserstand noch nicht durch einen unter polizeilicher Aufficht gesetzten Merkpsahl bestimmt ist, jeder Besitzer derselben sich die Setzung eines Merkpfahls auf Antrag und Kosten derer, die dabei interessirt sind, gefalleil fassen. Diese Setzung wird durch sachverständige Kommiffarien der Verwaltungsbehörden unter Zuziehung des zuständigen Gerichts vollzogen k. Die Merkpfahlsetzung nach dem Gesetze vom 15. Nov. 1811 ist wesentlich ein im öffentlichen Interesse angeordnetes landespolizeiliches Verfahren, bei welchem das Gericht sich auf Requisition der Ver­ waltungsbehörden betheiligt, weshalb nach §. 3 des Gesetzes vom 10. Mai 1851, über den Ansatz und die Erhebung der Gerichtskosten, Sportelfreiheit eintreten muß, ebenso wie nach der Allerh. Ordre vom 24. März 1839 (s. vorige Anm. Nr. 3) die Befreiung vom Stempel stattfindet rc. JMR. v. 20. Sept. 1856 (JMB. S. 314). 85. c. Die den Baukonsensen, den Gesuchen und polizeilichen Verhandlungen in Bauange­ legenheiten, sowie in Deichbau- und Vorfluthsachen zugestandene Stempelfreiheit ist, als Allsnahme von der Regel, strikt zu verstehen, und auf ähnliche Verhältnisse nicht auszudehnen. Sie findet daher auf Verhandlungen und Konsense zu Veränderungen des Wasserlaufes und Wasserstandes öffentlicher Flüsse, wobei das Interesse von Privatpersonen betheiligt ist, und auf die in Folge des dort noch bestehenden Kaiserlichen Dekretes vom 15. Okt. 1810 eingehenden Gesuche und Entschei­ dungen in gewerbepolizeilichen Angelegenheiten keine Anwendung, weshalb diese Gegenstände auch ferner stempelpflichtig zu behandeln sind. R. des M. d. I. u. d. P. u. des FM. v. 26. Juni 1840 an d. Reg. in Trier (MB. S. 267). Vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1-3. 85. d. Daß Konzessionen zu Mühlen-Anlagen dem tarifmäßigen Stempel von 15 Sgr. unter­ liegen, ist von der Königl. Regierung nicht in Zweifel gezogen; aber auch die sonstigen hierauf be­ züglichen Verhandlungen sind der Stempelsteuer zu unterwerfen, wenn auf sie ihrem Inhalte nach eine Position des Tarifs zum Stempelgesetze vom 7. März 1822 Anwendung findet. Daß z. B. Remonstrationen gegen beabsichtigte Mühlen-Anlagen dem Gesuchstempel unterliegen, ist schon in der Verfügung [bei* Reg. zu M.^j vom 7. März 1834 (v. KA. B. 18 S. 58) ausgesprochen, und liegt in der inzwischen erschienenen Allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1845 kein An­ laß, gegenwärtig in dieser Beziehung anders zu verfahren (vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1). Kommt es auf Grund von erhobenen Widersprüchen gegen beabsichtigte Mühlen-Anlagen zur Ab­ fassung eines Resoluts, welches den Betheiligten zugefertigt wird, so ist dies eine amtliche Ausfer­ tigung in Privatangelegenheiten, worauf die gleichnamige Position im Tarif zum Stempelgesey Anwendung findet. Dagegen ist den Vorfluths-Angelegenheiten durch die Kab.-Ordre vom 24. März 1839 (s. Anm. 85. a) allgemein die Stempelfreiheit bewilligt, diese mithin auch dann anzuerkennen, wenn der Anlaß zur Regulirung dieser Angelegenheit von einer Privatperson bei Gelegenheit einer Mühlenanlage gegeben wird. R. des M. d. I. u. des FM. v. 26. Sept. 1855 III 22252 an d. Reg. in Pm. Vergl. Anm. 13. a.

Gesetz §. 3.

69

H. zu lit. i Absatz 2. 86. Bei allen zweiseitigen Verträgen zwischen einer Anstalt, die fiskalische Rechte hat, und einem Dritten ist nur die Hälfte des tarifmäßigen Kontraktstempels zu verwenden, die alsdann, sowie der Stempel für alle Ueber-Exemplare, von der mitkontrahirenden Privatperson getragen wird. FMR. v. 25. Zuni 1822 III 12448 an d. Reg. in S. (SK.). 87. Unter dem gewöhnlichen Stempel für Ueber-Exemplare (§. 3. i am Schluß) wird nicht der gewöhnliche Vertragsstempel nach der Tarifposition „Verträge" verstanden, sondem auf die Regel verwiesen, welche der §. 13 des Gesetzes für den Fall giebt, wenn von einer Verhandlung verschie­ dene Exemplare ausgefertigt werden. Zn einem solchen Falle ist zu denjenigen Exemplaren, welche nicht mit dem, nach dem Gegenstände des Vertrages zu bestimmenden Werth- oder besonderen Stempel versehen sind, der Stempel wie zu beglaubigten Abschriften erforderlich, d. h. der 15 Sgr.Stempel, jedoch mit der Einschränkung, daß, wenn zu der stempelpflichtigen Verhandlung selbst nur ein geringerer Stempel nöthig gewesen ist, es deflen auch nur zu den beglaubigten Abschriften be­ darf. Wenn demnach eine stempelfreie Behörde einen, dem allgemeinen Vertragsstempel von 15 Sgr. unterliegenden Vertrag abschließt, zu welchem es also vermöge ihrer Stempelfreiheit nur des halben Vertragsstempels im darstellbaren Betrage von 10 Sgr. bedarf, so ist auch zu den übrigen Exemplaren kein höherer Stempel erforderlich. Zu Verträgen, die verschiedene stempelpflichtige Gegenstände oder Geschäfte enthalten, ist zu jedem derselben nach Nr. 1 der Allgemeinen Vorschriften beim Gebrauch des Stempeltarifs der er­ forderliche Stempel festzustellen. Für Lieferungs-Verträge insbesondere bestimmt die gleichnamige Tarifposition, daß diejenigen, welche die Lieferung von Bedürsniffen der Regierung oder öffentlicher Anstalten übernehmen, den vollen Stempel zu entrichten haben, wodurch also für diese besonderen Verträge die allgemeine Regel am Schluß des §. 3 des Stempelgesetzes aufgehoben rvird. Wenn demnach eine stempelfreie Behörde einen Vertrag abschließt, worin der Mitkontrahent Lieferung von Arbeit gegen Bezahlung — contractus innominatus, do ut facias, Entreprise — und außerdem die Lieferung von Bedürfnissen einer öffentlichen Anstalt, z. B. der Steine zum Bau eines Hauses oder einer Kunststraße übernimmt, so ist zu einem Exemplar, in der Regel dem Haupt-Exemplar, neben dem 10 Sgr.-Stempel zum Entreprise-Verträge — als darstellbare Hälfte des allgemeinen Vertragsstempels — der Stempel des Lieferungspreises, und zu den übrigen ausgefertigten Exem­ plaren der Stempel von 15 Sgr. erforderlich. FMR. v. 26. Mai 1829 III 10854 an d. Reg. in Köslin, mitgetheilt an d. PStD. in S. durch FMR. v. 3. Mai 1834 III 9995. 88. Bei Verträgen zwischen dem Fiskus und einer Privatperson ist, mit alleiniger Ausnahme der Lieferungs-Verträge (s. diese Tarifposition), nach der Schlußbestimmung des §. 3 des Stempel­ gesetzes die Hälfte des tarifmäßigen Stempelbetrages nebst dem gewöhnlichen Stempel für die aus­ gefertigten Neben-Exemplare auch dann nur in Ansatz zu bringen, wenn die kontrahirende Privat­ partei den ganzen erforderlichen Stempel übernommen hat, indem der gesetzlich erforderliche Stempel nach der allegirten Bestimmung eben in der Hälfte des Stempels für den Vertrag besteht und die Behörden nicht berechtigt sind, einen höheren Betrag, als dys Gesetz erfordert, an Stempeln an­ zusetzen. ZMR. v. 28. Zuni 1854 I 2767 an d. Appel.-G. in F., im Einverst. des FM. 89. Die Schlußbestimmung im §. 3 lit. i des Stempelgesetzes findet auch auf den allgemeinen Vertragsstempel zu Entreprise-Kontrakten Anwendung, zu welchen daher nur der halbe darstellbare Stempel von 10 Sgr. zu verwenden ist. FMR. v. 30. Zuni 1828 (v. KA. B. 12 S. 336). 90. Die Behörden oder Beamten, welche Namens des Fiskus Verträge abschließen, werden für die genaue Beachtung der Schlußbestimmung des §. 3 des Stempelgesetzes, wonach die Zu­ sicherung gänzlicher Stempelfreiheit unstatthaft ist, persönlich verantwortlich gemacht. Kab.-O. v. 13. Okt. 1843 (MB. S. 338), auch bekannt gemacht durch FMR. v. 8. Nov. (CB. S. 238) u. im ZMR. v. 20. Nov. dess. Z. (ZMB. S. 292).

70 91. Zn den Verträgen zwischen betn Fiskus und Privatpersonen, insbesondere in den Domainen-Verpachtungs- oder Verkaufs-Verträgen, ist künftig jede besondere Stipulation über die Stempelabgabe um so mehr zu vermeiden, als die Letztere in der Art, wie sie im §. 3 des Stempel­ gesetzes vorgeschrieben ist, der kontrahirenden Privatperson nicht erlassen werden darf, und der­ gleichen Süpulationen mithin nur unnöthigerweise Zweifel über das Verabredete veranlaffen kön­ nen. Es wird vielmehr eine bloße Verweisung auf den §. 3 des Stempelgesetzes, etwa dahin, daß der Pächter, Käufer re. den Stempel in der Art zu entrichten habe, wie solches in dem §. 3 vorgeschrieben ist, vollkommen genügen. Rücksichts- der Lieferungs-Verträge verbleibt es lediglich bei der im Stempel-Tarif für sie besonders gegebenen Vorschrift. Cirk.-R. des FM. v. 11. Zuli 1825 III 13007. Dieses R. ist durch R. des M. d. % u. d. P., des FM. u. des M. d. Königl. Hauses v. 26. Mai 1837 unter Nr. 4 Absatz 2 in Erinnerung gebracht (v. KA. B. 21 S. 291). 92. Sollte bei Verträgen zwischen einer fiskalischen Behörde und einer Privatperson letztere sich bestimmt weigern, den ihr gesetzlich zur Last fallenden Stempel aus eigenen Mitteln zu berich­ tigen, und das Zustandekommen des Geschäfts, worüber der Vertrag lautet, im fiskalischen Interesse liegen, so soll die fiskalische Behörde befugt sein, die von der Privatperson ausbedungene Leistung um den Betrag der, die Privatperson treffenden Stempel-Abgabe zu erhöhen. Die Letztere gelangt in gewöhnlichem Wege zur Verwendung. Kab.-O. v. 18. Zuli 1859 an d. Kriegs-M. u. FM. 93. Durch den Schlußsatz des §. 3 des Stempelgesetzes ist in Betreff des Stempels dem Artikel 1593 des Civil-Gesetzbuches, welcher dem Käufer alle Kosten des Kaufs zur Last legt, derogirt. Um aber für die Zukunft die dem Stempel-Zntetesse nachtheiligen Folgen zu beseitigen, welche aus dem Artikel 1593 des Civil-Gesetzbuches hergeleitet werden könnten, ist fortan bei allen von der Regierung oder deren Kommissarien zwischen einer stempelfreien Station und einer Privatperson abzuschließenden Kaufkontrakten, in welchen letztere als Verkäufer auftritt, ausdrücklich für diesen die Verpflichtung stipuliren zu lassen, daß er die Hälfte des tarifmäßigen Stempels aus eigenen Mitteln zu berichtigen habe. R. des FM. u. des M. d. Z. v. 14. Zuli 1846 an d. Regierungen der Rheinprovinz (MB. S. 123).

Nrgetri, wonach der Werth der Gegenstände zu bestimmen ist, wenn der Ätempelsatz darnach berechnet werden soll, a. Zm Allgemeinen.

§. 4. Wenn der Werth eines Gegenstandes ausgemittelt werden soll, um den Betrag der Stempelgebühren zu bestimmen, welche von den Verhandlungen darüber nach anliegendem Tarif zu entrichten sind, so ist dabei im Allgemeinen nach folgenden Regeln zu verfahren: a. Die Berechnung ist in Preußischem Silbergelde nach dem Gesetze über die Münz­ verfassung vom 30. September 1821 anzulegen. b. Es müssen also alle in Golde, in fremdem Silbergelde oder in andern Wäh­ rungen angegebenen Werthe nach ihrem Betrage in Preußischem Silbergelde aus­ gedrückt werden. Hierbei sollen: aa. zehn Thaler in Golde für elf Thaler in Silbergelde angenommen; bb. für Konventionsgeld nach dem Zwanzigguldenfuße keine Aufgelder berechnet; cc. zwölf Gulden Reichsgeld nach dem Merundzwanzigguldenfuße sieben Thalern Silbergeld, und dd. einhundert elf Mark Hamburger Banco sechsundfünszig Thalern Silbergeld gleichgesetzt werden.

0.

d. e. f.

Für andere im Handel gewöhnlich vorkommende Währungen sind von dem Finanzministerium mit Zuziehung der Börsenvorsteher auf den Wechselplätzen Mittelwerthe festzusetzen, wonach die Verwandlung in Preußisches Silbergeld so lange geschieht, bis erhebliche Aenderungen im Kurse dieser Währungen die Be­ stimmung anderer Mittelwerthe auf gleichem Wege veranlassen. A) Von immerwährenden Nutzungen wird das Zwanzigfache ihres einjährigen Be­ trages als Kapitalwerth angenommen, von einer Leibrente oder einem Nießbrauchsrecht auf Lebens- oder andere unbestimmte Zeit dagegen nur das Zwölf­ und Einhalbfache der einjährigen Nutzung. Nutzungen eines Kapitals sind zu fünf vom Hundert jährlich zu veranschlagen, sofern ein anderer Prozentsatz für die Nutzung aus den stempelpflichtigen Ver­ handlungen darüber nicht ausdrücklich hervorgeht. Der Werth von Bergwerksantheilen ist nach dem Gutachten der Oberbergämter anzunehmen. B) Der Betrag aller übrigen unbeweglichen und beweglichen Gegenstände ist in der Regel von dem Steuerpflichtigen nach dem gegenwärtigen Werthe anzugeben, so­ fern er aus den stempelpflichtigen Verhandlungen selbst nicht unzweifelhaft her­ vorgeht. Trägt die Steuerbehörde Bedenken, diese Angabe für richtig anzu­ nehmen, so kann sie die Aufnahme einer gerichtlichen Taxe veranlassen. 0.)

A. zu lit. b. 1. Auf Grund der Bestimmungen im §. 4 lit. b des Stempelgesetzes vom 7. März 1822, im §. 2 lit. b der Allerh. Verordnung, betreffend die Verwaltung des Stempelwesens und die Er­ hebung des Urkundenstempels in dem vormaligen Königreiche Hannover u. s. w., vom 19. Juli 1867 (GS. S. 1191), im §. 2 lit. b der Allerh. Verordnung, betreffend die Stempelsteuer in den Herzogthümern Schleswig und Holstein, vom 7. August er. wird hiermit bekannt gemacht, daß bei Ausmittelung der in anderen Währungen, als Preußischem Silbergelde, angegebenen Werthe zum Zweck der Berechnung derjenigen Stempel-Abgaben, welche nach den Vorschriften der im Ein­ gänge näher bezeichneten Gesetze ukd der denselben angehängten Tarife zu entrichten sind, die fol­ genden Mittelwerthe vom 1. Sept. d. I. ab zum Grunde zu legen sind. Es werden an­ genommen: 10 Thlr in Gold gleich 11 Thlr Silber, 111 Mark Hamburger Banko gleich 56 Thlr (§. 4. b des Gesetzes v. 7. März 1822), 100 Pfund Sterling gleich 675 Thlr Silbergeld, 1 Gulden holländisch gleich 1 Gulden süddeutscher Währung, 1000 Franc oder Lire gleich 2662/3 Thlr, 12 Nordamerikanische Dollars gleich 17 Thlr, 1 Gulden Oesterreichisch gleich 2/z Thlr, 1000 Rubel Silber gleich 1076V- Thlr. Die denselben Gegenstand betreffende Bekanntmachung des Finanz-Ministeriums vom 30. Okt. 1822 wird hierdurch vom 1. Sept. d. I. ab aufgehoben. Bekanntm. des FM. v. 8. Aug. 1867 (CB. S. 368, MB. S. 248, Staats-Anz. S. 3123, auch in den Amtsblättern). 2. Es ist durch die Presse darauf aufmerksam gemacht, daß bei den in der Guldenvaluta aus­ gestellten Wechseln die Umrechnung in Preußisches Silbergeld zum Zwecke der Stempelerhebung nach dem 24 Guldenfuße erfolge, obwohl dieser Münzfuß keine praktische Bedeutung mehr habe und überall der 24y2 Guldenfuß gemeint sei, und daß durch diese Art der Umrechnung der Wechsel­ stempel über den tarifmäßigen Betrag hinaus erhöht werde. Es sind daher Wechsel oder sonstige stempelpstichtige Schriftstücke, welche, wofür im Zweifelsfalle die Vermuthung anzunehmen ist, auf Gulden nach dem 24y2 Guldenfuße (jetzt dem 52y2 Guldenfuße) lauten, in Gemäßheit des Artikel 3

72 des Münzvertrages vom 24. Januar 1857 — GS. S. 315 — in der Weise zu besteuern, daß sieben Gulden vier Thalern Preußisch gleichgesetzt werden. FMR. v. 23. Mai 1862 (CB. S. 163). B. zu lit. e. 3. Nur selten bedarf es nach §. 4 lit. e. eines Gutachtens des Ober-Bergamtes über den Werth von Bergwerks-Antheilen, da derselbe sich in der Regel aus ähnlichen Datis, wie bei an­ deren Immobilien, bestimmen lassen, und nicht leicht eine Eigenthums-Veränderung vorkommen wird, wo der Werth des einen Kux nicht aus dem jüngsten Verkaufs- oder Taxwerth irgend eines andern mit hinlänglicher Sicherheit zu entnehmen wäre. Wo aber ein Gutachten des Ober-Bergamts er­ forderlich ist, fehlt es demselben nicht an Mitteln, den Werth eines solchen Antheils mit der für den Stempel erforderlichen Genauigkeit auch ohne eine mit Kosten verknüpfte kommiffarische Unter­ suchung abzuschätzen, und muß ein solches Gutachten allerdings für eine Offizialsache dieser Be­ hörde angesehen werden, wofür, den Ersatz etwaniger baarer Auslagen, die von dem Stempel­ pflichtigen zu tragen sind, ausgenommen, der Stempelkasse so wenig als dem Stempelpflichtigen eine besondere Ausgabe zugemuthet werden kann. FMR. vom 26. Mai 1824 an d. PStD. in Cöln (SK.). C. zu lit. f. 4. Zn allen Fällen, in welchen der Werth des Gegenstandes sich nicht aus den instrumentirten Erklärungen der Parteien von selbst ergießt, liegt den Notaren die Verpflichtung ob, die­ selben darüber zu vernehmen, und die Werthsangabe zum Protokoll zu registriren. Znstr. des ZM. v. 11. Sept. 1851 (ZMB. 1852 S. 152 ff.) zu §. 2 des Ges. v. 11. Mai 1851, betreffend die Gebühren der Notare. 5. a. Wo Staats- und andere, öffentlichen Cours habende Papiere den stempelpflichtigen Werth bilden, ist solcher nach ihrem Cours zu berechnen, bei Verträgen zur Zeit des Abschlusses, bei Erbschaften zur Zeit ihres Anfalls. FMR. v. 21. Dez. 1826 III 24068 an d. PStD. in S. 5. b. Die allgemeine Regel, daß bei Berechnung des Erbschastsstempels auf den gegenwärtigen Werth der zu einem Nachlasse gehörenden Gegenstände Rücksicht genommen werden soll, ist bei Staats- und anderen öffentlichen Papieren auch dann in Anwendung zu bringen, wenn solche einen Cours über ihren Nennwerth erreicht haben, zumal eine Abweichung von diesem Grundsätze, ins­ besondere bei Aktien, leicht zu einer bedeutenden Verkürzung der Stempelsteuer Anlaß geben könnte. FMR. v. 30. Sept. 1825 (v. KA. B. 9 S. 923). 6. Das Gesuch des N., ihn von Zahlung der Kosten für die Behufs Feststellung des Erbschaftsstempels aufgenommene gerichtliche Taxe der Nachlaß-Güter zu entbinden, ist durch Allerh. Kab.-Ordre vom 29. Okt. c. abgelehnt, weil die Verwaltung hinreichenden Grund hatte, die Werths­ angabe zu bezweifeln, sie dadurch zu dem Verlangen einer gerichtlichen Taxe gesetzmäßig bestimmt worden ist, und diese einen höheren Werth ergeben hat. Da sich jedoch aus diesem Falle zugleich ergiebt, daß durch die Aufnahme gerichtlicher Taxen Kosten erwachsen, die öfters mit der davon zu erwartenden Erhöhung des Erbschaftsstempels in keinem Verhältnisse stehen, so ist bei dem Ver­ langen gerichtlicher Taxen in Anwendung der Bestimmungen im §. 4 Buchstabe f des Stempelgesetzes mit Vorsicht zu verfahren, und nur in solchen Fällen dazu zu schreiten, wenn kein anderes Mittel zur Feststellung eines entsprechenden Güterwerths übrig bleibt, auch die anscheinende Abweichung der Angabe von der Wahrheit so erheblich ist, daß damit die voraussichtlichen Kosten einer gericht­ lichen Abschätzung in Verhältniß stehen. In zweifelhaften Fällen ist hierüber vorher anzufragen [btefer Anfrage soll jedoch eine genaue Erwägung nach allen Richtungen hin vorangehen, FMR. v. 13. Aug. 1865 III 19805 an d. Reg. in $.]. Uebrigens soll nach der Bestimmung der Allerh. Kab.-Ordre vom 29. Okt. c. in den Provinzen, worin sich ein Kreditsystem befindet, die gerichtliche Taxe jederzeit .nach den ritterschaftlichen Taxations-Prinzipien ausgearbeitet werden. FMR. v.

Gesetz §. 4, 5.

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16. Dez. 1834 (v. KA. B. 18 S. 972), mitgetheilt durch ZMR. v. 23. desf. M. (v. KZ. B. 44 S. 398). Vergl. jetzt §§. 12, 19 des Gesetzes, Bett. die Erbschaftssteuer, v. 30. Mai 1873 (GS. S. 329) — s. im Anhang. b. Besonders. aa. Bei Veräußerungen von Grundstücken und Grund-Gerechtigkeiten.

§. 5. Für die Bestimmung desjenigen Werthes, wonach bei Veräußerungen von Grundstücken und Grundgerechtigkeiten der Betrag der Stempelabgabe berechnet wird, sind folgende Vorschriften zu beachten: a. Bei reinen Verkäufen ist der bestimmte Kaufpreis, mit Hinzufügung des Werths der vorbehaltenen Nutzungen und ausbedungenen Leistungen, diejenige Summe, wonach der Betrag des Stempels zu berechnen ist. A) b. Verkäufliche Gutsüberlasiungen an Descendenten sind den Schenkungen unter Lebenden gleich zu achten. Gutsüberlasiungen solcher Art an Nichtdeseendenten sind dagegen als reine Verkäufe zu Besteuern; jedoch kommt dabei nur der Werth des Guts, nach Abzug des etwanigen Altentheils, in Anrechnung. A) c. Werden Grundstücke auf Erbzins oder in Erbpacht ausgethan, so besteht die Summe, von welcher der Stempel bei dieser Veräußerung zu entrichten ist, aus dem Erbstandsgelde, und aus dem Zwanzigfachen der jährlichen Leistung an Zins, Kanon oder anbetn beständigen zu Gunsten des Verpächters übernom­ menen Lasten. d. Wenn zwar der erbliche Besitz des Nutzungsrechts übertragen, aber vorbehalten wird, daß periodisch nach Ablauf einer gewissen Zeit ein neuer Nutzungsanschlag gemacht, und der Kanon für die nächstfolgende Periode darnach bestimmt werben soll, so wird der Vertrag über ein solches Geschäft nur in Rücksicht des etwanigen Erbstandsgeldes wie eine Veräußerung, in Rücksicht des Kanons aber wie eine Verpachtung auf die Anschlagsperiode besteuert. B) o. Bei Tauschverträgen über Grundstücke oder Grundgerechtigkeiten wird der Stempelsatz nur nach dem Werthe des einen der beiden vertauschten Gegen­ stände, und zwar nach demjenigen, wofür der höchste Werth zu ermitteln ist, berechnet. 6) f. Werden Gegenstände anderer Art, ohne besondere Angabe ihres Werths, mit Grundstücken oder Grundgerechtigkeiten zusammengenommen in einer Summe veräußert, so wird der Stempelsatz von der gedachten Summe dergestalt be­ rechnet, als ob sie ganz für Grundstücke oder Grundgerechtigkeiten gezahlt worden wäre.v) g. Bei Subhastationen wird der Stempel nach dem Gebote, worauf der Zuschlag erfolgt, entrichtet. E) A. zu lit. a u. b. 1. Kab.-O. v. 14. April 1832 (GS. S. 137): Auf den Bericht des Staatsministeriums vom 30. v. M. will Zch die Vorschriften des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 §. 5 lit. a u. b dahin abändern: a. Bei Verkäufen ist der bestimmte Kaufpreis mit Hinzufügung des Werths der vorbehaltenen Nutzungen und ausbedungenen Leistungen diejenige Summe, wonach der Betrag des Stempels zu berechnen ist. b. Bei Verkäufen von Grundstücken an Descendenten kommt derjenige Theil des Kaufpreises, welcher dem Käufer als sein künftiges Erbtheil von dem Verkäufer angewiesen wird, nicht in Anrechnung. Auch wird der Werth eines vorbehaltenen Altentheils der Stempelabgabe nicht unterworfen, wenn der Verkauf des Grundstücks an Descendenten geschieht (die Bestimmung sub b ist aufgehoben, s. Anm. 37 §. 4].

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Gesetz Z. 5.

2. Eine von beiden Theilen unterschriebene Urkunde, in welcher das Anerkenntniß eines münd­ lich abgeschlossenen Kaufvertrages enthalten ist, unterliegt, auch wenn ihr Hauptzweck auf die Be­ legung der Kaufgelder gerichtet gewesen sein mag, als Kaufvertrag dem Kaufwerthstempel. Die Entrichtung der Steuer kann unter dem Vorwände, daß der mündlich geschloffene und vollzogene Kauf nur historisch erwähnt sei, nicht abgelehnt werden. Erk. des OT. (I) v. 22. April 1864 (CB. S. 224); es handelte sich um einen in Neuvorpommern mündlich geschloffenen und in dieser Form nach dem dort geltenden gemeinen Recht zurechtbeständigen Zmmobiliar-Kauf-Kontrakt, welcher in einem die Belegung der Kaufgelder regulirenden Notariats-Protokoll anerkannt wurde; in den Erk.-Gründen heißt es, daß das Anerkenntniß: es sei das Gut S. Seitens des W. an seinen Sohn für 180,000 Thaler verkauft worden, alle Effentialien des Kaufvertrages enthalte, mithin dem Zürmobiliar-Kaufstempel von 1 Prozent unterliege. — Auch in anderen Fällen sind schriftliche Anerkenntnisse mündlich geschloffener Kauf-Verträge für stempelpflichtig erklärt: FMR. v. 13. Aug. 1861 III 18614 an d. PStD. in S., wonach durch sogenannte historische Erwähnung mündlich abgeschlossener Kaufverträge der Zmmobiliar-Kaufstempel nicht vermieden wird; ferner JMR. v. 29. Sept. 1863 an d. Appell.-G. in Greifswald (mitgetheilt durch FMR. v. 21. Okt. deff. Z. III 21098 an d. PStD. in S.) unter lit. d, e und f, woselbst zu e gesagt ist: ob das mündliche Ab­ kommen schon rechtsverbindlich war und es einer schriftlichen Urkunde nicht erst bedurfte, ist uner­ heblich, weil der Stempel auf der Urkunde ruht. 3. a. Der Grundsatz, daß zu jeder Verhandlung, wenn von denselben Personen über den nämlichen Gegenstand mehrmals kontrahirt wird, der Stempel besonders verwendet werden muß, ist im Allgemeinen richtig. Bei Verhandlungen, welche die Veräußerung von Grundstücken zum Gegenstände haben, findet aber, insofern von den Interessenten zuerst blos in einer Privatschrift, und demnächst notariell oder gerichtlich darüber verhandelt wird, eine Ausnahme Statt. Denn wenn gleich blos privatschriftliche Verträge über die Veräußerung von Grundstücken zum Uebergange des Eigenthums hinreichend find, und deshalb, wie förmliche Verträge, der Stempelabgabe haben unterworfen werden können, so bleiben sie doch insofern immer unvollständig, als zur weiteren Disposition über das Grundstück hypothekarische Eintragung erforderlich ist, diese aber notarielle oder gerichtliche Vollziehung nothwendig voraussetzt. Es kann daher in Absicht derartiger Verträge von einer mehrfachen Stempelverwendung abgesehen, und für genügend angenommen werden, wenn der durch das Geschäft bedingte Stempel nur Einmal verwendet wird. Ob der privatschriftliche Vertrag in der notariellen oder gerichtlichen Verhandlung blos rekognoszirt und vollzogen, oder in extenso betritt aufgenommen wird, macht keinen Unterschied, vorausgesetzt, daß das Geschäft im Wesentlichen nicht abgeändert wird. Ist letzteres der Fall, so ist entweder ein Ergänzungs- oder ein neuer Stempel zu fordern, und die Wahl zwischen beiden nach den Umständen des speziellen Falls zu bemessen, wobei beispielsweise bemerkt wird, daß wenn der notariellen oder gerichtlichen Verhandlung eine Quittung über eine nach Abfassung des privatschriftlichen Vertrages gezahlte Summe inserirt wird, ein Ergänzungsstempel für die Quittung genügt. Darauf aber ist zu halten, daß der notariellen oder gerichtlichen Verhandlung, wenn schon früher der Stempel zum privatschrift­ lichen Vertrag verwendet ist, dieser Vertrag selbst mit dem Stempel angeheftet, und außerdem auf jener Verhandlung die Stempelverwendung gehörig vermerkt wird. FMR. v. 7. Zan. 1841 III 31371 an d. PStD. in S. (SK.). 3. b. Dem Königl. Appellationsgericht wird eröffnet, daß der Zustizminister im Einverständniß mit dem Herrn Finanzminister die Anrechnung des zu dem notariellen Kaufverträge vom 5. Febr. d. Z. verwendeten Werthstempels auf den für den gerichtlichen Vertrag vom 25. März d. Z. mit den Gerichtskosten zum Soll gestellten Stempelbetrag nach dem Antrage des Kollegiums genehmigen will. Die Verschiedenheit zwischen dem in der späteren gerichtlichen Verhandlung beurkundeten Ge­ schäft, und dem laut des früheren notariellen Akts abgeschlossenen Geschäft, besteht, soweit ersichtlich,

lediglich darin, daß der frühere Vertrag sich auf das ganze Grundstück des Verkäufers bezogen hat, während in dem späteren Vertrage mehrere Morgen dieses Grundstücks von dem Verkaufe ausgeschlossen geblieben sind. Ungeachtet des letztgedachten Umstandes ist jedoch selbst eine Aende­ rung des Kaufpreises nicht eingetreten. Die Aufnahme des späteren Vertrages ist dem entsprechend auch keineswegs durch die sachliche Verschiedenheit der beiden Geschäfte veranlaßt, sondern nur durch die gesetzlichen Bestimmungen über die Form der Parzellirungsverträge erforderlich geworden. Denn die Betheiligten würden, wenn die Gültigkeit solcher Verträge nicht an die Beobachtung der gerichtlichen Form geknüpft wäre [jefct nicht mehr, Ges. v. 5. Mai 1872, GS. 6.508], sich in der Lage befunden haben, die auf Versehen oder Irrthum beruhende Nichterwähnung des Aus­ schlusses eines Theils des Grundstücks vom Verkauf ohne Aufnahme eines zweiten Kaufvertrages durch eine den Inhalt des notariellen Ms berichtigende nachträgliche Verhandlung beurkunden zu lasten. Unter diesen Umständen erscheint es gerechtfertigt, beide Geschäfte als im Wesentlichen identisch anzusehen, und sonach auf den vorliegenden Fall den in der Verfügung des Herrn Finanz­ ministers vom 7. Januar 1841 (Schmidt Komm. Band 1 Seite 38, Hoyer Preuß. Stempelgesetz Seite 58 — in dieser Ausgabe die vorige Anm.) aufgestellten Grundsatz analogisch zur Anwendung zu bringen. Das Kollegium wolle demgemäß das Weitere veranlaffen, und namentlich auch dafür Sorge tragen, daß die zu dem notariellen Vertrage verwendeten Naturalstempel zu den Akten kassirt werden, und die durch Anrechnung auf die Gerichtskosten erfolgende Verwendung derselben zu dem gerichtlichem Vertrage auf den Ausfertigungen des letzteren vermerkt werde. ZMR. vom 2. Sept. 1872 III 2197 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. vom 15. dess. M. III 13928 an d. Reg. daselbst. Vergl. §. 22 Anm. 15. a, b und Tarifposition „Notariats-Instrumente" Anm. 5. In Betreff der Fälle, in welchen über ein und dasselbe Kaufgeschäft wiederholt, unter Ver­ abredung verschiedener Kaufpreise, kontrahirt wird, s. §. 22 Anm. 15. c. 4. a. Die Allerh. Ordre vom 14. April 1832 (s. Anm. 1) bezieht sich ausdrücklich nur auf die Bestimmungen lit. a und b im §. 5 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822, welche von der Berechnung des Werthstempels bei Verkäufen von Grundstücken handeln, und wenn daher die gedachte Allerh. Ordre unter b verordnet: daß der Werth eines vorbehaltenen Altentheils bei Verkäufen von Grundstücken an Descendenten der Stempelabgabe nicht unterworfen sein solle [ebenso nach d. Ges. v. 22. Juli 1861, s. Anm. 37], so schränkt sich diese Vorschrift ebenfalls lediglich auf die Berechnung des Werthstempels bei dergleichen Verkäufen ein. Handelt es sich aber von der Frage, ob überhaupt ein Vertrag über ein Objekt von 50 Thalern und darüber abgeschlossen worden ist, so ist der Werth des ausbedungenen Altentheils dem Kaufpreise zuzusetzen. Beträgt die Summe der Gegenleistungen für die Uebereignung eines Grundstücks 50 Thaler und darüber, und darf, beson­ derer Vorschriften wegen, der Kaufwerthstempel nicht eintreten, so ist doch die Anwendung des allgeneinen Vertragsstempels von 15 Sgr. nicht ausgeschloffen, welcher überall zur Anwendung kommt, wo nicht andere Vorschriften über die Versteuerung besonderer Arten von Verträgen Platz greifm. IMR. vom 21. Jan. 1859 I 257 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. vom 28. dess. M. III 1796 an. d. Reg. daselbst. Gleichmäßig bestimmt das FMR. v. 27. Febr. 1844 III 4377 (GK.): Wenn gleich nach der Aller). Kab.-Ordre vom 14. April 1832 bei Verkäufen von Rustikalstellen von Ascendenten an Descendenten die ausbedungenen Altentheile von dem Kaufwerthstempel befreit sein sollen, so kommt der Lapitalswerth dieser Altentheile nichts desto weniger in Rechnung, wenn es sich um die Fest­ stellung des Kaufpreises überhaupt handelt. Insofern also der Kaufpreis und der Kapitalswerth des llltentheils die Summe von 50 Thalern erreichen oder übersteigen, sind die Ausfertigungen der besfallsigen Verträge und resp. Hypothekenscheine dem Ausfertigungsstempel von 15 Sgr. unterworfen.

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Gesetz §. 5.

4. b. Zn Betreff der Stempelpflichtigkeit notarieller Zmmobiliar- Kaufverträge, in welchen zwar ein Kaufgeld von weniger als 50 Thlr stipulirt ist, der Käufer aber, abgesehen von der Ueber­ nahme der gemeinen Abgaben und Lasten, sich verpflichtet, auf dem erkauften Grundstücke haftende Schulden löschen zu lasten, s. Anm. 6. b zur Tarifposition „Notariats-Instrumente". 5. a. Wenn in einem schriftlichen Zmmobiliar-Kaufkontrakte der Kaufpreis niedriger angegeben wird, als mündlich verabredet war, so ist der verschwiegene Betrag dem Kaufstempel nicht unter­ worfen und Stempelstrafe nicht verwirkt. Erk. des OT. (S. f. Str. Pl.) v. 9. März 1857 (Entsch. B. 36 S. 430, GA. B. 5 S. 221); denn der Stempel zu Kaufverträgen sei, wie es in den Crk.Gründen heißt, ein Urkundenstempel und nur der schriftliche Vertrag bestimme die Höhe des Stem­ pels; ein Betrug setze die Verletzung eines Rechtes des Fiskus voraus, welches in der Ausdehnung der Stempelabgabe auf mündliche Nebenabreden, neben schriftlichen Verträgen, nicht bestehe. Gleich­ mäßig bereits entschieden durch Erk. des OT. v. 7. Sept. 1855 (GA. B. 3 S. 687). 5.b. Der Kaufwerthstempel ist nur nach dem minderen im schriftlichen Vertrage, nicht nach dem höheren in der mündlichen Nebenabrede stipulirten Kaufpreise zu berechnen. Erk. des OT. (1) v. 13. Okt. 1869 (GA. B. 17 S. 846, OR. B. 10 S. 659); in den Erk.-Gründen heißt es, nach Verweisung auf das in Anm. 5. a citirte Erkenntniß, noch: Es ist zwar richtig, daß nach den Vorschriften des §. 5. a des Stempelges. vom 7. März 1822 und nach der Kab.-Ordre vom 14. April 1832 (s. Anm. 1) der Kaufstempel nach dem bestimmten Kaufpreise zu berechnen ist; damit ist aber nur der in dem schriftlichen Vertrage selbst bestimmte Kaufpreis gemeint, ohne daß es hierbei auf mündliche Nebenabreden, oder eine etwaige Simulation in Betreff der Höhe des Kaufpreises ankommt. 5. e. Für die Bestempelung eines schriftlichen Kaufvertrages ist stets die Höhe des darin an­ gegebenen Preises maßgebend, sollte dieser in Folge einer Simulation auch höher sein, als die Par­ teien vereinbart hatten. Erk. des OT. (1) v. 22. Oet. 1869 (OR. B. 10 S. 659). 6. a. Die durch wechselseitige Einwilligung erfolgende Wiederaufhebung eines in den wesent­ lichen Theilen von beiden Seiten erfüllten Vertrages soll nach §. 390 Tit. 5 Th. 1 MR. als ein neuer Vertrag angesehen werden. Zu welcher Gattung von Verträgen dieser neue Vertrag gehört, und welchem Stempel derselbe daher unterliegt, ist nach deffen Inhalte zu beurtheilen. Zn dem vorliegenden Falle verpflichtet sich der Käufer des Gutes N. zur Zurückgabe des ihm bereits übergebenen Gutes an den früheren Verkäufer, und bewilligt die Umschreibung des Besitztitels auf bessert Namen, wogegen der frühere Verkäufer die von dem Käufer auf Rechnung des Kaufgeldes übernommenen Schulden wieder übernimmt, und denselbm von der Bezahlung des übrigen kreditirten Kaufgeldes erttbindet. Es liegen also die Erfordernisse eines Kaufver­ trages vor: Verpflichtung zur Abtretung des Eigenthums der Sache von der einen, gegen Erle­ gung einer bestimmten Kaufsumme von der anderen Seite. Ob diese Kaufsumme baar bezahlt, oder gegen Uebernahme und Erlaß einer gleich hohen Schuld getilgt wird, ist nur eine Zah­ lungs-Modalität, und ändert in dem Wesen des Geschäfts nichts. ZMR. v. 26. Febr. 1842 (3MB. S. 96). 6.b. Zu einem Vertrage, wodurch ein früherer Kaufvertrag über ein Gut aufgehoben wird, genügt der Ausfertigungsstempel, wenn der ursprüngliche Käufer im Eigenthum und Besitz des Guts geblieben ist. Von der Verwendung des Werthstempels zu dem ersten Kaufverträge kann jedoch bessert Wiederaufhebung nicht entbinden. ZMR. v. 25.Zuli 1834, irrt Einverst. des FM. (Jurist. Zeitung 1834 S. 905). 6.e. Zn dem privatschriftlichen Vertrage vom 22. März v. I. zwischen Zhnen und dem Eigen­ thümer N. ist ausdrücklich hervorgehoben, daß die Rückgewähr der gegenseitig verkauften Grund­ stücke stattgefunden habe. Daraus ergiebt sich, daß, was auch aus den vorangegangenen notariellen Kaufverträgen hervorgeht, die beiderseits anerkannte Uebergabe der Grundstücke erfolgt war. Für

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die Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit einer Urkunde ist deren Inhalt allein entscheidend; es kann daher auf den Antrag, durch Beweisaufnahme festzustellen, daß dieses wiederholten Aner­ kenntnisses ungeachtet die Uebergabe dennoch nicht stattgefunden habe, nicht eingegangen werden, und muß es bei der erfolgten Einziehung des Stempels zu dem Rückkauf-Vertrage vom 22. März v. I. bewenden. FMR. v. 17. Mai 1864 III 9269 an d. M. u. zur Nachricht an d. Reg. in F. 6. d. In der notariellen Verhandlung vom 30. April 1863 wird der unterm 25. desselben Monats geschlossene, von keinem der Kontrahenten bis dahin erfüllte Kaufvertrag einfach wieder aufgehoben. Die Verhandlung enthält demnach keinen (Rück-) Kauf-Vertrag und es liegt, da nur der Inhalt der Urkunde in Betracht kommt, der Steuer-Verwaltung nicht ob, zu erörtern, ob die in der Verhandlung abgegebene Erklärung, daß die im vorangegangenen Kaufvertrags als geschehen anerkannte Uebergabe in Wirklichkeit nicht erfolgt sei, auf Wahrheit beruhe oder nicht. Es ge­ nügt, daß in der Verhandlung kein Kaufvertrag geschlossen worden ist. FMR. v. 20. Juli 1866 III 14591 an d. PStD. in Br., im Einverst. des IM. 6. e. Die notarielle Verhandlung vom 2. Okt. 1867 enthält in der That keinen Rückkaufs­ vertrag. Es wird darin der unterm 18. Sept. desselben Jahres geschlossene Kaufvertrag einfach wieder aufgehoben. Ob die Uebergabe bereits erfolgt war, was die Verhandlung vom 2. Okt. 1867 in Abrede stellt, kommt bei Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit der Letzteren nicht in Be­ tracht. Der Notar wendet mit Recht ein, daß die etwaige rechtliche Nothwendigkeit eines förm­ lichen Rückkauf-Vertrages nicht berechtige, die vorliegende Urkunde, welche solchen nicht enthält, dennoch als Rückkauf anzusehen. FMR. v. 24. Okt. 1869 III 20712 an d. Reg. in F.; in dem Kaufvertrags v. 18. Sept. 1867 hatten Verkäufer und Käufer die Uebergabe des Grundstückes Seitens des Ersteren an den Letzteren anerkannt, und mit Rücksicht auf dieses Anerkenntniß war, unter Verwerfung des in der Verhandlung vom 2. Okt. dess. Z. erklärten unmotivirten Wider­ rufes, zu dieser Verhandlung der Kauf-Werthstempel, abzüglich des verwendeten J5 Sgr.-Stempels, nachgefordert. 6. f. Wenn in einem Akte erklärt wird, daß ein früher abgeschlossener Kaufvertrag nicht ernst­ lich gemeint gewesen sei, sondern daß jener Akt nur ein Scheingeschäft darstelle, so liegt in einer solchen Erklärung der früheren Kontrahenten weder ein Kauf, noch ein Rückkauf, noch ein Wiederkauf. Erk. des OT. (V) v. 22. Dez. 1863 (GA. B. 15 S. 605 sub Nr. 25). 7. a. Da der Käufer vor vollzogener Uebergabe — die Fälle eines gerichtlich nothwendigen Ver­ kaufs ausgenommen — noch kein Eigenthum an der Sache erlangt, der Vertrag, wodurch er seine Rechte aus dem Kaufgeschäft an einen Dritten überträgt, folglich kein Kaufkontrakt sein kann, wo­ durch der eine Kontrahent zur Abtretung des Eigenthums einer Sache sich verpflichtet (ALR. Th. 1 Tit. 11 §. 1), vielmehr eine gewöhnliche (Session enthält, so genügt zu einem Vertrage, in welchem die durch einen früheren, durch Uebergabe noch nicht erfüllten Kaufkontrakt erworbenen Rechte auf ein Grundstück an einen Dritten abgetreten werden, soweit der Vertrag sich auf das Abtretungsgeschäft bezieht, ein Stempel von 15 Sgr. Die Berufung auf das Reskript vom 11. Dez. 1820 (v. KI. B. 16 S. 263) ist unzutreffend, da dasselbe den Fall betrifft, in welchem ein Grundstück im Wege der Subhastation adjudizirt worden und nach publizirtem Adjudikationsbescheide, wodurch das Eigenthum bereits übergangen ist, abgetreten wird. ZMR. vom 7. März 1835, im Einverst. des FM. (v. KZ. B. 45 S. 274). 7. b. Wenn der §. 342 Tit. 11 Th. 1 ALR. bestimmt, daß bei gerichtlichen nothwendigen Ver­ käufen Eigenthum u. s. w. durch den Zuschlag auf den Käufer übergeht, so ist unter dem „Zuschlag" nicht die bloße Abfassung des Zuschlagsbescheides oder Erkenntnisses, von welcher der Meistbietende vor der Publikation keine Kenntniß hat, und aus welcher allein er keine Rechte erlangt, sondern die Publikation des Zuschlagsbescheides zu verstehen. Der Zeitpunkt, zu welchem der Richter auf Grund der Lizitationsverhandlungen die Adjudikatoria abfaßt, ist für den Bestbietenden

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ein rein zufälliger, von seiner Einwirkung und Kenntniß völlig unabhängiger. Dieser rein zufällige, dem Bestbietenden unbekannte Zeitpunkt kann daher für dessen Rechte und Pflichten nicht entscheiden. Der §. 342 a. a. O., welcher zugleich die durch den Zuschlag auf den Käufer übergehenden Rechte des Eigenthümers —- Gefahr und Nutzen als Folge des Eigenthumsüberganges — erwähnt und hinzufügt, daß diese Rechte und Pflichten auch vor der Uebergabe der erstandenen Sache auf den Käufer übergehen, will offenbar nicht etwas von dem §. 61

Zit

52 Th. 1 AGO. Verschiedenes

aussprechen, sondern das Prinzip desselben, welches eine Abweichung von den landrechtlichen Regeln des mittelbaren Eigenthumserwerbes enthält, vielmehr wiederholen, wie aus dem Zusammenhange der §§. 341 und 342 Tit. 11 Th. 1 ALR. klar hervorgeht rc. Sowohl das ALR. als die AGO. — letztere a. a. O. ausdrücklich — haben demnach unbedenklich die Publikation des Zuschlagserkenntniffes als den für den Eigenthumsübergang entscheidenden Zeitpunkt vor Augen rc. Deshalb kann zur vorliegenden notariellen Verhandlung vom 12. Zanuar v. Z., in welcher der Bestbietende vor der erst am 15. Zanuar v. Z. erfolgten Publikation des Zuschlags seine Rechte aus dem Meistgebot abgetreten hat, der Kaufwerthstempel nicht gefordert werden; vielmehr ist die geschehene Verwendung des Cessionsstempels gerechtfertigt. JMR. v. 6. Zuni 1867 III 1842 an d. Ostpr. Tribunal in Kg, mitgetheilt durch FMR. v. 16. deff. M. III 10862 an d. PStD. daselbst. 7. c. Werden in einer schriftlichen Verhandlung die aus einem bereits publizirten Adjudikations-Bescheide erworbenen Rechte einem Dritten mittelst „Cession" übertragen, so unterliegt eine solche Verhandlung nicht dem Kaufwerth-, sondern nur dem Cessionsinstrumenten - Stempel von 15 Sgr. Erk. des OT. (I Nr. 1546) v. 17. Zuli 1868 in Sachen des Notars R. wider den Fiskus (bisher nicht abgedruckt).') 1) Aus den Erk.-Gründen: Es handelt sich um einen Vertrag, worin der P. dem H. die ihm aus dem bereits publizirten Adjudikations-Bescheide zustehenden Rechte gegen Uebernahme der ihm als Adjudikatar obliegenden Verpflichtungen mit dem Bemerken cedirt, daß die Uebergabe des adjudicirten Grundstückes noch nicht erfolgt sei. Unbestritten steht fest, daß nach den aufgestellten Kauf­ bedingungen die Uebergabe des Grundstücks an den Ersteher nicht durch die Publikation oder Insinua­ tion des Zuschlagsbescheides, sondern erst durch besondere Erklärung der Zntereffenten nach Zahlung des Kaufgeldes erfolgen sollte. Der Appellations-Richter führt aus: wenn es auch richtig sei, daß der gedachten Kaufbedmgung ungeachtet das Eigenthum des Grundstücks ohne vorgängige Uebergabe durch den Zuschlag gemäß §. 342 Tit. 11 Th. 1 ALR. auf den Ersteher übergegangen, so folge daraus doch nur, daß von Letzterem das Eigenthum des Grundstücks nicht mehr durch Cession seiner Rechte aus dem AdjudikationsBescheide, sondern nur durch einen Kaufvertrag aus einen Dritten habe übertragen werden - können. Ein Kaufvertrag aber sei nicht abgeschlossen worden, und die in der NotariatsUrkunde enthaltene bloße Cession (welche ohne rechtliche Wirkung und nicht geeignet wäre, f das Eigenthum des Grundstücks auf den Cessionar zu übertragen) könne nicht als Kauf­ vertrag versteuert werden, wenngleich der Hypothekenrichter auf Grund derselben mit Unrecht den Besitztitel für den Cessionar berichtigt haben sollte. Der Verklagte wirst deshalb in seiner Nichtigkeitsbeschwerde dem Appell.-Richter vor, den §. 1 Tit. 11 Th. 1 ALR. verletzt und die Natur und den wesentlichen Charakter des zu beurtheilenden Rechtsgeschäfts verkannt zu haben. Dieser Vorwurf ist jedoch nicht begründet. Nach §. 1 Tit. 11 Th. 1 ALR. ist das Kaufgeschäft ein Vertrag, wodurch der eine Kontrahent zur Abtretung des Ergenthums einer Sache, und der Andere zur Erlegung einer bestimmten Geldsumme dafür sich verpflichtet. Unter diesen Begriff fällt die vorliegende Urkunde nicht. In derselben verpflichtet sich der P. keinesweges zur Abtretung des Eigenthums des subhastirten Grundstücks, er bemerkt viel­ mehr ausdrücklich, daß er noch nicht Eigenthümer desselben geworden sei, cedirt vielmehr nur die ihm aus der Adjudikatoria zustehenden Rechte an den H., welcher als Valuta cessionis alle dem Adjudikatar obliegenden Verpflichtungen übernimmt. Wenn nun auch der Cedent das Eigenthum an dem subhastitten Grundstücke bereits erlangt haben mochte, so hat es doch bei Ausstellung der bloßen Cession nicht in seiner Absicht gelegen, dem Cessionar das Eigenthum zu übertragen,- da er ausdrücklich bemerkt hat, daß er noch nicht Eigenthümer geworden sei. Mag diese Ansicht auch unrichtig sein, so genügte die bloße Cession doch nicht, das Eigenthum an dem subhastirten Grund­ stück zu überttagen. Der Urkunde fehlt daher nach Inhalt und Form ein wesentliches Erforderniß eines Kaufvertrages, nämlich die Verpflichtung zur Abtretung des Eigenthums einer Sache, und den Appell.-Richter trifft der erhobene Vorwurf nicht.

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8. Aus beut Grunde, weil einem Vorbesitzer eines Guts das Recht zusteht, letzteres nach einer gewissen Zeit zurückzukaufen, kann eine Verminderung des Kaufstempels nicht nachgelassen werden, indem das Stempelgesetz solche Kaufverträge, wobei Rückkauf stipulirt worden ist, vom gewöhnlichen Kaufstempel nicht ausnimmt. FMR. v. 21. April 1841 III 8183 an d. PStD. in S. (SK.). 9. Das Mg. Landrecht bestimmt Th. 1 Zit. 20 §. 568: „Das Vorkaufsrecht ist die Befugniß, eine von dem Eigenthümer an einen Dritten verkaufte Sache, unter den Bedingungen des ge­ schlossenen Kaufs, oder unter gewissen im Voraus bestimmten Bedingungen, käuflich zu übernehmen." Zst also ein Kaufvertrag vorhanden, in Beziehung auf welchen das Vorkaufsrecht geltend gemacht werden kann, so wird vorausgesetzt, daß dieser Vertrag bereits perfekt abgeschlossen ist, was auch der Natur des Vorkaufsrechts ganz entspricht, da der Berechtigte, wenn er von seinem Rechte Ge­ brauch machen will, verpflichtet ist, vollständig in die mit dem Käufer verabredeten Bedingungen einzutreten. Auch läßt sich nicht behaupten, daß in Beziehung auf die Person des Käufers eine die Perfektion des Kaufsgeschäfts hindernde Ungewißheit bestehe, indem die Person des Käufers wenig­ stens alternativ feststeht, und das Kaufgeschäft jedenfalls nach dem Inhalte des Vertrages, es mag der Vorkaufsberechtigte eintreten oder nicht, zur Versteuerung gelangen muß. Wäre, um Gewißheit darüber zu erlangen, ob der Vorkaufsberechtigte von seinem Rechte Gebrauch machen wolle, unter allen Umständen eine schriftliche Erklärung erforderlich, so würde sich wohl behaupten lassen, daß es, eben dieser zur Zeit der Errichtung des Vertrages noch fehlenden Erklärung wegen, an einem formellen Abschlüsse desselben ermangle. Allein einer solchen Erklärung bedarf es nur dann, wenn der Vorkaufsberechtigte in den Kaufvertrag eintreten will, wobei übrigens auch in diesem Falle nicht für zweifelhaft gehalten wird, daß der Kaufstempel nur Einmal gefordert werden kann, indem kein neuer Kaufvertrag abgeschlossen wird, sondern nur der Vorkaufsberechtigte an die Stelle des Käufers tritt. Macht dagegen der Vorkaufsberechtigte binnen der gesetzlichen Frist von seinem Rechte keinen Gebrauch, so behält der abgeschlossene Kaufvertrag, ganz wie er verabredet worden, und ohne daß noch irgend eine schriftliche Erklärung hinzutreten darf, die volle Gültigkeit, welche selbiger schon mit dem Abschlüsse erlangt hatte. Bei sonst perfekt abgeschlossenen Verträgen ist deren Ver­ steuerung daher, der Existenz eines Vorkaufsrechts ungeachtet, sofort zu bewirken. FMR. v. 17. Nov. 1851 (CB. S. 342). 10. Da die Versteigerung eines Grundstückes in mehreren Parzellen nichts anderes ist, als eine Reihe aufeinander folgender Verkäufe, so muß die Stempelabgabe von jedem Vertrage besonders berechnet werden. Wo mithin das Versteigerungs-Protokoll selbst den Vertrag bildet, da ist für jeden Käufer die Summe seines Ankaufs besonders zu berechnen, und für diese Summe den Stempel zu entrichten sind Käufer und Verkäufer dem Fiskus in solidum verhaftet. FMR. v. 8. Juli 1825 an d. PStD. in Cöln (SK.). 11. a. Der über das Gut N. mit Ihrem Schwiegersöhne abzuschließende Vertrag, wovon Sie den Entwurf in Abschrift eingereicht haben, kann vom Kaufstempel nicht entbunden werden. Es wird Ihnen danach das Eigenthum des besagten Gutes übertragen, gegen die Ihrerseits über­ nommene Verpflichtung, den Verkäufer von den auf dem Gute haftenden Real-Verbindlichkeiten zu befreien. In dem Geldbeträge dieser Real-Verbindlichkeiten liegt der Preis, wofür Sie das Gut erworben, und es sind also die Bedingungen des Kaufs, wie solche der §. 1 Tit. 11 Th. 1 ALR. bestimmt, nämlich Abtretung des Eigenthums einer Sache auf der einen, und Erlegung einer be­ stimmten Geldsumme auf der anderen Seite, vorhanden. Daß es vermieden ist, den Geldbetrag der Real-Verbindlichkeiten im Vertrage selbst anzugeben, ändert hierbei nichts, da nach §. 52 Tit. 11 Th. 1 ALR. der Preis durch Beziehung auf eine anderwärts schon feststehende Summe bestimmt werden kann, welche im vorliegenden Falle hinsichtlich des Geldbetrages der Real-Verbindlichkeiten

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aus dem HypoLhekenbuche sich leicht und vollständig wird feststellen lassen. FMR. v. 17. Zuni 1838 111 12488 an d. v. W. und zur Nachricht an d. Reg. in F. 11b. In dem notariellen Kaufverträge vom 23. August 1852 zwischen Zhnen und dem M. haben Sie für die erkauften Immobilien allerdings nur einen Kaufpreis von 3000 Thalern ver­ sprochen, jedoch in der Nachtrags.Verhandlung dazu nicht nur einen Altentheil zum jährlichen Werthe von 30 Thalern übernommen, sondern auch anerkannt, davon unterrichtet zu sein, daß auf den verkauften Grundstücken 8100 Thaler Schulden eingetragen stehen und daß Sie für diese Schulden zwar nicht mit ihrem eigenen Vermögen, wohl aber mit den erworbenen Grundstücken aufkommen müßten. Der Altentheil ist bei Berechnung des Kaufstempels mitberücksichtigt. Wenn Sie dagegen annehmen, daß Sie zur Versteuerung der 8100 Thaler, als eines Theils des Kauf­ preises, nicht angehalten werden könnten, weil Sie diese Schulden nicht persönlich übernommen haben, so befinden Sie sich im Zrrthum, inbent es nicht hierauf, fonbertt nur darauf ankommt, daß selbige zur Zeit des Kaufabschlusses noch validirten, was die Einsicht des Hypothekenbuches ergeben hat, und daß sie von Zhnen in Zhrer Eigenschaft als Käuferin und Eigenthümerin der Grundstücke übernommen worden sind, was durch Zhre vorerwähnte Erklärung gleichfalls geschehen ist. Uebrigens haben Sie selbst auch nicht daran gezweifelt, daß Sie zur Berichtigung der ein­ getragenen Hypotheken in Folge des Kaufgeschäfts mit dem M. verpflichtet seien, indem Sie bei dem späteren weiteren Verkauf jener Grundstücke dem neuen Käufer die Verpflichtung auferlegt haben, den größten Theil der Hypothekenschulden in pariern pretii zu übernehmen. Der Betrag derselben mit 8100 Thalern bildet daher einen Theil des Kaufpreises und ist gleichfalls zur Ver­ steuerung zu ziehen. FMR. v. 30. Sept. 1856 III 23984 an d. H. und zur Nachricht an d. Reg. in F. Auf erneute Beschwerde erging das FMR. v. 23. Dez. 1856 III 30731, worin, unter Aufrecht­ haltung des Bescheides vom 30. Sept. dess. Z., noch gesagt wurde: Daß die von Zhnen, wenn auch nicht persönlich, doch in Folge des abgeschlossenen Kaufs mitübernommenen Hypothekenschulden einen Theil des Kaufpreises ausmachen, leidet kein Bedenken, und ist die diesfällige ausdrückliche Stipulation unter den Kontrahenten auch nicht unwesentlich und überflüssig, indem ohne eine solche Sie dem Verkäufer gegenüber die Befreiung des erkauften Grundstückes von den Zntabulaten würden haben begehren können. 12. Der Kaufstempel soll nach §. 5 des Stempelgesetzes (vergl. Anm. 1 lit a) nach den Summen des stipulirten Kaufgelbes, mit Hinzufügung dessen, was betn Kaufgelbe Beitritt, also jedenfalls mindestens nach der Kaufgelbsumme, niemals geringer, berechnet werden. Die Art und Weise, wie fiipulirtes Kaufgeld berichtigt wird, kommt bei der Berechnung des Kontraktstempels eben so wenig, wie die Erfüllung des Kontraktes überhaupt, in Betracht, vielmehr richtet sich der Stempel lediglich nach den Stipulationen des Kontraktes. Enthalten diese also Festsetzungen, welche eine Verminderung des Werths der Kaufsumme herbeiführen, etwa, daß das Kaufgeld ganz oder zum Theil in Papieren nach dem Nennwerthe, deren Cours aber geringer ist, berichtigt werden soll, so wird allerdings die Kaufsumme, der Vorschrift des §. 4 lit. f gemäß, nur nach dem Cours der Papiere anzunehmen sein. Tritt dieser Fall aber nicht ein, sondern ist der Kaufpreis unbedingt nach einer gewiffen Summe unter den Interessenten festgesetzt, so liegt die Art und Weise, wie der Käufer solche aufbringt und damit den Käufer zufriedenstellt, bei Berechnung des Kontraktstempels außer Betracht, und eS kann, wenn dies zum Theil durch Uebernahme einer Pfandbriefs-Schuld geschieht, der geringere Betrag, womit der Käufer diese zu belegen im Stande ist, eben so wenig auf den Betrag des Kontrakt-Stempels von Einfluß sein, als der Nachweis des Käufers, daß er hypothekarische Privatforderungen, die er in pariern pretii übernommen, durch Cession zu einem geringeren Preise an sich gebracht habe. Schreiben des FM. an d. IM. v. 27. März 1828, mit­ getheilt durch ZMR. v. 24. Mai dess. Z. an b. Stadtgericht in Kg (SK.); vergl. Anm. 13. a,

Gesetz §. 5.

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13. a. Ob der Käufer eines Grundstückes, welcher stch in bem Kaufverträge verpflichtet hat, den Verkäufer von den eingetragenen Kapitalien zu liberiren und löschungsfähige Quittung zu beschaffen, vor oder nach Abschluß des Vertrages diese Kapitalien durch jura cessa selbst erworben hat und für welchen Preis dies geschehen, erscheint bezüglich des zu berechnenden Werthstempels nicht von Erheblichkeit, indem zum Kaufpreise nach der Allerh. Ordre vom 14. April 1832 (f. Anm. 1) jedenfalls alle Leistungen zu rechnen sind, welche der Käufer für den Verkäufer aus Anlaß des Kaufgeschäfts übernimmt. Hat Käufer sich daher die eingetragenen Forderungen auch wirklich schon vor Abschluß des Kaufvertrages cediren lassen, so war der Verkäufer auf Höhe derselben sein Schuldner und er durch das Eigenthum des ihm überlassenen Grundstückes deshalb befriedigt, und kann also in der Cession dieser Kapitalien kein Grund gefunden werden, deren Betrag bei Berechnung des Kaufstempels außer Ansatz zu lassen. FMR. v. 27. Sept. 1854 III 23860 an d. PStD. in D.; vergl. Anm. 12 am Schluß. 13. b. Der §. 9 des Kaufvertrages vom 17. Juni 1863 ergiebt, daß diejenigen 10000 Thaler, welche außer den vom Käufer übernommenen 31000 Thalern für einen VorbesitzerN. und deffen Ehefrau eingetragen stehen, bereits vom Verkäufer abgezahlt sind, daß dieser letztere darüber ein Zweigdokument für sich hat fertigen lassen und daß an und für sich, auf Verlangen des Käufers, Jbet Verkäufer verpflichtet sein würde, diese Hypothek löschen zu lassen. Wenn der Käufer es vor­ zieht, diese löschungsfähige Hypothek nicht löschen, sich dieselbe vielmehr cediren zu lassen, um etwa gelegentlich von dem locus Gebrauch zu machen, so liegt darin nicht die Uebernahme einer aus­ bedungenen Leistung im Sinne der Allerh. Ordre vom 14. April 1832. Denn der Käufer hat die 10000 Thaler an Niemand zu zahlen und die Hypothek ruht, so lange er Gläubiger und Schuldner in Einer Person ist. Von der Forderung des defektirten Stempels von 100 Thalern ist daher Abstand zu nehmen. FMR. v. 2. Mai 1868 III 9631 an d. Reg. in F. 14. a. Um die abweichenden Meinungen der Gerichtshöfe, wegen der Stempelsteuer bei Ver­ trägen über Angaben an Zahlungsstatt, zu vereinigen, setze Ich, in Berücksichtigung des Gesetzes §. 242 Tit. 16 Th. 1 des Landrechts, woselbst auf diese Gattung von Verträgen das zwischen Käufern und Verkäufern obwaltende Rechtsverhältniß angeordnet wird, hierdurch fest: daß bei den Verträgen über Angaben an Zahlungsstatt die Stempelsteuer vom Kaufwerth, wie solche nach den Bestimmungen int §. 5 des Gesetzes vom 7. März 1822, und im Tarif unter der Rubrik von Kauf­ verträgen, vorgeschrieben ist, entrichtet werden soll. Kab.-O. v. 13. Nov. 1828 (GS. 1829 S. 21). 14. b. Nach dem beigebrachten Vertrage haben Sie die Güter P. und R. theils durch Kauf, indem Sie sich verpflichtet, dafür einen bestimmten Preis zu entrichten, theils durch Angabe (be­ ziehungsweise Annahme) an Zahlungsstatt erworben, indem Sie gegen Annahme der Güter Schuld­ forderungen erlassen haben. Auch für -das letztere Geschäft unterliegt der Vertrag nach der Allerh. Kab.-Ordre vom 13. Nov. 1828 (GS. 1829 S. 21 — s. vorige Anm.) dem Kaufwerthstempel rc. FMR. v. 14. Mai 1836 III 12106 an d. H. u. zur Nachricht an d. Reg. in F. 14. c. Der Vertrag vom 30. April 1829, wodurch Sie Ihrer Ehefrau das Miteigenthum an Ihrem Bauergute für 2500 Thaler, die Ihre Ehefrau Ihnen eingebracht hat, eingeräumt haben, enthält eine Angabe an Zahlungsstatt, wofür nach der Allerh. Kab.-Ordre vom 13. Nov. 1828 (GS. 1829 S. 21) die Stempelsteuer vom Kaufwerthe, wie solche für Kaufverträge vorgeschrieben, zu entrichten ist. Der nachgeforderte Stempel von 24 Thalern 15 Sgr. [15 Sgr. Stempel waren verwendet^ ist hiernach begründet. FMR. v. 26. Jan. 1838 III 1677 an d. F. u. zur Nachricht an d. Reg. in F. 15. a. Verträge über Theilung gemeinschaftlich besessener Grundstücke, durch welche kein Theilnehmer an, ihm zum speziellen Eigenthum zugewiesenen Immobilien mehr erhält, als er vorher an der Gemeinschaft pro indiviso besessen hat, sind allerdings nur als Jnnominat-Verträge zu behan­ deln, und unterliegen als solche mir dem allgemeinen Vertragsstempel von 15 Sgr. Soweit aber 6

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Gesetz 8. 5.

ein Theilnehmer über diesen Alltheil Grundeigenthum übernimmt, hat er ben dafür zu entrich­ tenden Preis als Kaufpreis für den Erwerb von Immobilien zu versteuerll. FMR. vom 25. Nov. 1852 III 28331 an d. Reg. in F.

15. b. Wenn eine Naturaltheilung gemeinschaftlichen Eigenthums unter die Theilnehmer daran dergestalt stattfindet, daß keiner dieser Theilnehmer dadurch zum ausschließlichen Eigenthum mehr erhält, als er bisher ungetheilt am genleinschaftlichen Eigenthum besessen hat, so ist der darüber abgeschloffene Vertrag als ein bloßer Theilungsvertrag dem allgemeinen Vertragsstempel unter­ worfen, wogegen der Kaufwerth-Stempel eintritt, soweit der Werth eines von einem Theilnehmer zum alleinigen Eigenthum übernommenen Gegenstandes, insbesondere eines Grundstückes, mehr be­ trägt, als der Werth seines ideellen Antheils am gemeinschaftlichen Eigenthum.

Zm vorliegenden

Falle hatten beide Kontrahenten die Güter zu gemeinschaftlichem Eigenthum gekauft und dabei 21000 Thlr Schulden übernommen. Käufer die Hälfte mit 10500 Thlrn.

Der Antheil an diesen Schulden betrug für jeden der beiden Hätte nun bei der Natural-Thellung der Güter jeder der

beiden Kontrahenten für die Annahme eines der Güter zum ausschließlichen Eigenthum keinen hö­ heren Schuldbetrag, als 10500 Thlr übernommen, so würde ein nur mit 15 Sgr. Stempel zu besteuernder Theilungsvertrag vorliegen.

Der eine hat aber das größere Grundstück erhalten und

13750 Thlr an Schulden übernommen.

Rechnet man davon diejenigen 10500 Thlr ab, welche

ihm schon als Miteigenthümer des gemeinschaftlichen Besitzes zur Last fielen, so find es 3250 Thlr, welche er mehr übernommen hat, als ihm zur Hälfte des Zmmobiliarwerthes bisher zu berichtigen oblag, die er daher zu 1 Prozent zu versteuern hat.

FMR. v. 13. Oct. 1854 III 25062 an d.

PS1D. in D.

16. a. Um eine gleichförmige Anwendung der stempelgesetzlichen Vorschriften auf die Verhand­ lungen in den: durch das Gesetz vom 18. April d. Z. geregelten Verfahren bei Theilungen und gerichtlichen Verkäufen von Immobilien im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln herbei­ zuführen, werden, im Einverständnisse mit dem H. Finanz-Minister, folgende Bestimmungen getroffen: 1. Da in den Fällen der Artikel 13 und 29 des erwähnten Gesetzes wegen der Betheiligung eines Minderjährigen oder einer dem Minderjährigen gleichgestellten Person oder Vermögens maffe die Theilungs-UrkUNde (Artikel 13 Nr. 1), sowie die Vereinbarung über den Verkauf (Artikel 22 Nr. 1) nach Artikel 19 u. 24 des Gesetzes erst dann volle rechtliche Wirkung er­ langt, wenn die vorschriftsmäßige Hinterlegung der landgerichtlichen Bestätigung bei dem Notar erfolgt, so ist in den bezeichneten Fällen zu der Theilungsurkunde oder zu der Vereinbarung über ben Verkauf, einschließlich der vorhergegangenen Theilungsverhandlungen, ein Stempel erst dann erforderlich, wenn und nachdem die Hinterlegung der Bestätigung für sämmtliche Be­ theiligte jener Kategorien bei dem Notar stattgefunden hat; sobald aber diese Hinterlegung erfolgt, ist der Notar verpflichtet, ohne Verzug, und spätestens innerhalb 14 Tagen, den zur Theilungsurkunde oder gut Vereinbarung über den Verkauf erforderlichen tarifmäßigen Stempel zu adhibiren.

Zu den Akten über die Hinterlegung der Bestätigung wird ein besonderer

Stempel nicht erhoben. 2. Vergleiche bei der Theilung und dem Tausche von Loosen, welche nach Artikel 15 des Gesetzes vom 18. April d. I. vor Abschließung der Theilung eingegangen worden, unterliegen einem besonderen Stempel nicht, insoweit sie nur Vorbereitungen oder integrirende Bestandtheile des Auseinandersetzungs- und Theilungsvertrages bilden. 3. Zn den Fällen, wo Minderjährige, emanzipirte Minderjährige oder Znterdizirte bei einem außergerichtlichen Theilungsverfahren betheiligt oder die Eigenthümer von Immobilien sind, welche gerichtlich verkauft werden sollen, gehören insbesondere auch die Rathskammerbeschlüffe, welche dem Antrage des Vormundes mtf Genehmigung oder Bestätigung der Theilung oder der Vereinbarung über den Verkauf, oder dem Antrage auf Anordnung des Verkaufs nicht

Gesetz §. 5.

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stattgeben, oder nur Zwischenverfügungen enthalten, zu denjenigen Verhandlungen, welche in der Ausfertigung, wie in der Urschrift nach den §§. 1 und 4 des Gesetzes vom 23. Dezember 1846, betreffend den Stempel und die Gerichtskosten in Vormundschaften und Curatelen (s. S. 32 Anm. 3), als frei von Stempel und von dem zu den Staatskassen fließenden Antheil der Ge­ richtsschreibergebühren zu behandeln sind. Diese Vorschriften werden den Gerichtsbehörden im Bezirk des Appellationsgerichtshofes zu Cöln zur Kenntniß und Nachachtung mit dem Bemerken mitgetheilt, daß von Seiten des Herrn Finanz-Ministers die demselben untergeordneten Behörden mit gleichmäßiger Anweisung werden ver­ sehen werden. ZMR. vom 24. Sept. 1855 (JMB. S. 374, CB. S. 210), mitgetheilt durch FMN. v. 11. Okt. 1855 (CB. S. 211). 16. b. Bei Verwendung der Stempel zu den nach Artikel 458 des bürgerlichen Gesetzbuchs und Artikel 16 ff. des Gesetzes über das Verfahren bei Theilungen und gerichtlichen Verkäufen von Immobilien vom 18. April 1855 erforderlichen Bestätigungen von Familienraths-Beschlüffen wird von den Rheinischen Landgerichten nicht nach gleichen Grundsätzen verfahren. Es wird daher, im Einverständnisse mit dem Herrn Finanz-Minister, Folgendes bestimmt: 1) Die Urschrift des fraglichen Bestätigungsbeschlusses ist nach §. 1 des Gesetzes vom 23. Dez. 1846 (s. S. 32 Anm. 3), als ein Znternum der Gerichte, in allen Fällen stempelfrei. 2) Die Ausfertigung des Beschluffes ist nach §. 2 ibid. stempelpflichtig und nur insofern vom Stempel frei zu lassen, als derselbe in nicht stempelpflichtigen Vormundschaftssachen den Ku­ randen zur Last fallen würde. Hinsichtlich der Stempelpflichtigkeit ist aber nicht das Gesetz über die Gebührenpflichtigkeit in Vormundschaftssachen im Bezirk des Appellationsgerichtshofes zu Cöln vom 5. Zuni 1863 (vergl. Artikel 21), sondern der §. 3. c des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 maßgebend. ZMR. v. 18. Juni 1869 an die Gerichte im Bezirk des Appell.ger.hofes zu Cöln (JMB. S. 135). 17. a. Die Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 (s. Anm. 1) verordnet, daß bei Verkäufen von Grundstücken der bestimmte Kaufpreis mit Hinzufügung des Werths der vorbehaltenen Nutzungen und ausbedungenen Leistungen diejenige Summe sein soll, wonach der Betrag des Stempels zu berechnen ist. Wenn nun in dem Kaufkontrakte der Kaufpreis im §. 3 nicht blos auf 2000 Thaler, sondern auf 2500 Thaler festgesetzt und im §. 8 nur die Bedingungen näher ange­ geben sind, unter denen 500 Thaler davon gezahlt werden sollen, so ist nicht abzusehen, in wiefern diese 500 Thaler von der Versteuerung sollten ausgeschlossen bleiben können, da sie offenbar einen Theil des Kaufpreises bilden. Daß die Zahlung derselben erst bei dem Tode des Käufers aus dessen Nachlasse erfolgen und unter gewissen Bedingungen ganz wegfallen soll, ist hierbei nicht ent­ scheidend, weil durch diese Bedingungen in dem Wesen des Geschäfts nichts geändert wird, und als Grundsatz feststeht, daß jeder Vertrag seinem Inhalte nach mit seinem Abschluß der tarif­ mäßigen Versteuerung zu unterwerfen ist. Einen Theil des Kaufpreises, vorliegend die erwähnten 500 Thaler für jetzt von der Versteuerung auszuschließen und erst dann dazu heranzuziehen, wenn die Zahlung derselben fällig geworden, ist ebenso unstatthaft, als es unzulässig sein würde, die Versteuerung des Kaufpreises überhaupt erst mit dem Zeitpunkte eintreten zu lassen, wenn selbiger gezahlt werden soll. FMR. v. 13. Mai 1842 III 11143 an d. Reg. in F. 17. b. Das Versprechen des Käufers, in einem vorausgesetzten Falle weitere 500 Thaler — neben dem Kaufpreise — zu zahlen', ist eine ausbedungene Leistung im Sinne der Allerh. Ordre vom 14. April 1832. und muß, gleich dem übrigen Kaufpreise, innerhalb der gesetzlichen, höchstens 14tägigen Frist versteuert werden. Ob die Bedingung eintreten und die Zahlung demnächst wird geleistet werden, oder nicht, ist eine Frage, welche nur die bei Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit einer Urkunde nicht in Betracht kommende Ausführung des Geschäfts berührt. Eine Stundung 6*

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Gesetz §. 5.

des Urkundenstempels bis zum Eintritt einer Bedingung ist dem SLempelgesetz, welches die Ver­ steuerung spätestens innerhalb einer kurzen Frist von 14 Tagen verlangt, unbekannt. FMR. v. 18. Okt. 1867 HI 20230 an d. PStD. in Br. Zn diesem FMR. ist noch bemerkt, daß dem an den Notar K. in G. ergangenen Bescheide v. 27. Jan. 1865, auf welchen der Bittsteller sich berufe, nicht beigetreten werden könne. Dieser, im Central-Blatt für gerichtliche Beamte 1865 S. 16 ab­ gedruckte Bescheid des PStD.'s zu Br. v. 27. Jan. 1865 lautet: In der Kaufstempel-Angelegenheit von Nr. 41 zu K. ist für jetzt ein Stempel für die Erhöhung des Kaufgeldes um 500 Thaler fin­ den event. Fall, daß die Frau des Käufers kinderlos versterben sollte, nicht erforderlich, der Stempel von 5 Thalern vielmehr erst dann fällig und nachzulösen, wenn jene Bedingung eintritt. 17. c. Nach §. 5. a des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 und der Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 tritt der Werth der vorbehaltenen Nutzungen und ausbedungenen Leistungen den: festgesetzten Kaufpreise Behufs Feststellung des stempelpflichtigen Betrages hinzu. Es kann daher keinem Bedenken unterliegen, daß der Werth der in dem Jmmobiliar-Kaufkontrakte von der Käuferin, der Ehefrau des Verkäufers, übernommenen Verpflichtung, dem Invaliden R. fernerhin die freie Wohnung auf dem Gute zu gewähren, bei der Versteuerung ebenso zu beriicksichtigen ist, wie die freie Wohnung, Beköstigung und Verpflegung, welche der Verkäufer sich selbst für den Fall aus seine Lebenszeit ausbedungen hat, daß er von seiner Ehefrau durch richterliches Erkenntniß ge­ schieden werden sollte. Daß diese letztere Stipulation erst dann von Wirksamkeit wird, wenn eine Trennung der Ehe erfolgt, macht bei der Versteuerung keinen Unterschied, indem diese auf bem Abschluß des Kontrakts ruht und nach dessen Inhalt eintreten muß, wenn auch die Stipulationen an Bedingungen geknüpft sein sollten, deren Erfüllung ungewiß ist. FMR. v. 17. Juli 1842 III 16634 an d. Reg. in F. Derselbe Grundsatz rücksichtlich der Versteuerung der in Jmmobiliar-Kaufverträgen neben bem Kaufpreise ausbedungenen, von dem Eintritt einer Bedingung abhängig gemachten Leistungen ist ausgesprochen in dem FMR. v. 16. Nov. 1861 in 25430 an d. PStD. in S.; desgl. im JMR. v. 29. Sept. 1863 an d. Appell.-G. in Greifswald, mitgetheilt durch FMR. v. 21. Okt. dess. I. III 21098 an d. PStD. in S. 17. d. Die Bestimmung in dem Kaufverträge, daß Käufer, sofern er das Grundstück bei Leb­ zeiten der Verkäufer anderweit verkaufen, vertauschen oder verpachten sollte, außer den bedungenen 1700 Thalern Kaufgeld noch 400 Thaler zahlen solle, enthält eine Erhöhung des Kaufgeldes auf 2100 Thaler. Daß diese Erhöhung von gewissen Voraussetzungen abhängig gemacht ist, kann in Betreff der Stempelpflichtigkeit keinen Unterschied herbeiführen. Aehnlich verhält es sich bezüglich des Vertrages vom 7. Okt. 1862; darin ist für den Fall der weiteren Veräußerung des Grund­ stückes während der Lebenszeit des Verkäufers bestimmt, daß an Letzteren statt der stipulirten jährlichen 10 Thaler die Summe von 200 Thalern gezahlt werden solle. Auch hierin liegt eine bedingte stempelpflichtige Erhöhung des Kaufgeldes um! 200 Thaler. Denn jene Leistung von 10 Thalern jährlich ist ein Theil des den Verkäufern des Gründstückes, den Eltern des Käufers, bedungenen Leibgedinges und daher nach §. 1 des Gesetzes vom 22. Juli 1861 (s. Anm. 37) stempel­ frei. Dagegen ist die an deren Stelle tretende Kapital-Summe dem Stempel unterworfen, und muß deshalb der Stempel auch von den vollen 200 Thalern zum Ansatz gebracht werden. JMR. v. 30. April 1864 an den , Notar N., mitgetheilt durch FMR. v. 9. Mai dess. I. III 9240 an d. PStD. in S. 17. e. Ist nicht die Gültigkeit des ganzen Vertrages, sondern nur die Höhe der Leistung von dem Eintreten gewisser Ereignisse abhängig, so ist der Stempel von der bedingungsweisen höheren Leistung zu entrichten. Ist also bei einem Kaufverträge über ein Grundstück das Kaufgeld auf 6000 Thaler festgesetzt, jedoch verabredet, daß der Käufer weitere 4000 Thaler zahlen solle.

Gesetz §. 5.

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wenn er bei Lebzeiten des Verkäufers das Grundstück anderweitig verkaufe, so ist der Kaufstempel von 10,000 Thalern zu entrichten. Erk. des OT- (I) v. 4. Okt. 1869 (Str. A. B. 76 S. 188).') 18. Unter den nach! der Kab.-Ordre vom 14. April 1832 lit. a (s. Anm. 1) dem stempel­ pflichtigen Kaufpreise bei Feststellung des Kaufstempels hinzuzurechnenden „vorbehattenen Nutzungen" sind nur diejenigen Nutzungen zu verstehen, welche dem Verkäufer nach der Uebergabe Seitens des Käufers gewährt werden müssen, nicht auch diejenigen, welche der Verkäufer noch bis zur Uebergabe bezieht. ZMR. v. 23. Mai 1866 III 1557 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 2. Juni dess. I. III 11105 an d. Reg. daselbst. Dasselbe gilt auch für den Fall, wenn die Uebergabe des Grundstückes auf unbestimmte Zeit resp. bis zum Tode des Verkäufers ausgesetzt wird. FMR. v. 14. Okt. 1866 III 20948 an d. Reg. in F. Nach §. 3 Tit. 9 Th. 1 MR. wird zur Erwerbung des Eigenthums die Besitznehmung erfordert. Dem entsprechend bleiben bis zur Uebergabe der Sache an den Käufer die Lasten und Nutzungen dem Verkäufer, §. 95, 105 a. a. O.; nur beim Verkauf einer Sache in Pausch und Bogen, oder mte sie steht und liegt, gehen mit der Unterzeichnung des Kontrakts die Nutzungen und Lasten auf den Käufer über, §. 117 a. a. O. — Vergl. Gesetz über den Eigenthumserwerb re. v. 5. Mai 1872 (GS. S. 433) §. 1: Im Fall einer freiwilligen Veräußerung wird das Eigenthum an einem Grund­ stück nur durch die auf Grund einer Auflassung erfolgte Eintragung des Eigenthumsüberganges im Grundbuch erworben. 19. Der Verkäufer erlangt zwar, wenn ihm das Kaufgeld oder ein Theil desselben vor der Uebergabe des verkauften Grundstückes gezahlt wird, einen Vortheis;! dieser Vortheil ist aber keine ') In den Crk.-Gründen heißt es u. A.: Inwiefern aus der Bestimmung des §. 12 des Stempel­ gesetzes, daß stempelpflichtige Verträge auf das erforderliche Stempelpapier zu schreiben, oder die Stempel in 14 Tagen nachzubringen seien, ganz zutreffend ein Entscheidungsgrund dafür herzuleiten, daß auch von einem bedingt stipulirten Kaufpreise der Kaufftempel zu entrichten, kann füglich dahin gestellt bleiben; der Hauptentscheidungsgrund des Appell.-Richters beruht darin, daß. nach dem Stempelgesetze von dem bedungenen Kaufgelde der Stempel zu entrichten, und kein Unterschied geinacht sei, ob dasselbe ganz unbedingt oder nur bedingt verabredet worden. Dieser Entscheidungsgrund wird durch den Vorwurf der Verletzung des §. 12 des Stempelgesetzes nicht beseitigt, ist aber auch gerechtfertigt. Das Stempelgesetz bestimmt im Tarif, daß Kaufverträge über Grundstücke einem Stempel von einem Prozent des Kaufwerthes unterliegen. Ob dieser Kaufwerth ein bedingter oder unbedingter ist, erscheint gleichgültig, das Gesetz unterscheidet in dieser Beziehung nicht, immer hat der Verkäufer aus dem Vertrage einen Titel auf das Recht erlangt, den Kaufpreis zu verlangen, sowie durch den Vertrag auch für den Käufer die Ver­ pflichtung begründet wird, in dem festgesetzten Falle außer den 6000 Thalern auch noch 4000 Thaler zu bezahlen. Implorant beruft sich in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Widerlegung dieser Ansicht auch nur auf eine Entscheidung des Rheinischen Senats des Ober-Tribunals vom 2. Februar 1864. Indeß zu Unrecht. Der damals entschiedene Fall ist wesentlich verschieden von dem gegenwärtigen. Es war damals die Gültigkeit des Vertrages überhaupt von dem Eintritte einer Bedingung ab­ hängig gemacht; es sollte, wenn die Regierung den Konsens zur Betreibung des Apothekergewerbes in dem gekauften Grundstücke verweigern würde, der ganze Vertrag als gar nicht geschloffen an­ gesehen, für keinen Theil irgend welche Verbindlichkeiten begründet werden. Mit Rücksicht hierauf ist damals ausgeführt: daß zwar das Rechtsgeschäft der gesetzlichen Definition gemäß unter den Begriff eines Kaufvertrages zu subsumiren, indeß durch die Bedingung die Existenz des Rechts­ verhältnisses selbst in Frage gestellt sei, dergestalt, daß es von Anfang an als nicht existirend be­ trachtet werden müsse, und daß danach gerechtfertigt sei, den Unterschied zwischen bedingten und unbedingten Verträgen in das Stempelgesetz zu übertragen. Eine weitere Prüfung dieser Ansicht kann hier dahin gestellt bleiben, denn es handelt sich im gegenwärtigen Falle nicht, wie damals, um die Existenz des Vertrages. Das Kaufgeschäft ist hier völlig unbedingt abgeschlossen, es ist völlig perfekt geworden und unbestritten auch stempelpflichtig; lediglich nur ein Theil oer Gegen­ leistung ist vom Eintritte eines Ereignisses abhängig gemacht. Die Verschiedenheit beider Fälle leuchtet ein. Das Ober-Tribunal hab "sich denn auch bereits in einem dem vorliegenden ähnlichen Falle für die oben entwickelte Ansicht ausgesprochen [e§ wird hierbei das Erk. v. 8. Juli 1867 citirt, s. Tarifposition „Leibrenten-Nerträge" Anm. 5. b*].

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Gesetz H. 5.

„ausbedungene Leistung" im Sinne der Allerh. Ordre vom 14. April 1832 (s. Anm. 1), welche ohne Weiteres dem stempelpflichligen Kaufpreise Behufs der Versteuerung hinzugerechnet werden muß. Wenn, wie in den vorliegenden Fällen, verabredet wird, daß der Verkäufer bis zur Uebergabe die Nutzungen ziehe und daß ihm der Käufer den Kaufpreis zum Theil vor der Uebergabe zahle, so handelt es sich dabei um bloße Kontraktsbedingungen, deren Absicht dahin geht, festzusetzen, daß gegen die gesetzliche Regel des §. 109 Tit. 11 Th. 1 ALR. der eine Kontrahent — der Ver­ käufer — Sache und Kaufgeld zugleich soll nutzen dürfen. FMR. v. 13. Aug. 1866 III 16634 an d. Reg. in F. 20. Noch nicht geerntete Früchte, welche vom Verkauf ausgeschlossen resp. vorbehalten werden, sind vorbehaltene Nutzungen, deren Werth nach der Kab.-Ordre vom 14. April 1832 sub a (s. Anm. 1) dem Kaufpreise hinzuzurechnen und mit 1 Prozent zu versteuern ist. ZMR. v. 17. Zuni 1854 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 22. dess. M. III 15896 an d. Reg. daselbst. Bezüglich der Versteuerung von Jmmobiliar-Kaufverträgen beim Mitverkauf noch im Boden befindlicher oder bereits geernteter resp. zur Aberntung bestimmter Früchte s. Tarifpos. „Kauf­ verträge" Anm. 15. aff. 21. Soweit die nach den aufgestellten allgemeinen Bedingungen bei der Veräußerung von Domainen-Grundstücken statt anderweiter Verabredung wegen der Kosten dem Käufer auferlegte Verpflichtung zur Zahlung von 1 Sgr. für jeden Thaler des Meistgebots nur die Bestreitung der auflaufenden Kosten einschließlich der Stempel berührt, läßt sich zwar die Anwendbarkeit der Allerh. Ordre vom 14. April 1832 zu a (s. Anm. 1) nicht anerkennen, well diejenige Summe, welche der Käufer an Kosten zu berichtigen hat, keinen Theil des Kaufpreises bildet; so weit aber die aus dem 1 Sgr. für jeden Thaler des Kaufpreises sich ergebende Sumnle den Gesammtbetrag der Kosten einschließlich der Stempel übersteigt, bildet selbige allerdings eine dem Verkäufer, des Kaufes wegen, zu Gute kommende Leistung, welche daher in soweit auch dem Kaufpreise bei der Berechnung des Werthstempels zuzusetzen ist. Demgemäß hat die Königl. Regierung die Stempel-Revis.-Moniten zu erledigen und ist der H. Prov.-Steuer-Dir. dort danach mit Anweisung versehen worden. FMR. v. 23. April 1854 III 7772 an d. Reg. in Posen. 22. Die Vertragsbestimmung, nach welcher der Verkäufer sich die fernere Benutzung eines über das verkaufte Grundstück führenden Weges vorbehält, enthält nicht sowohl einen selbstständigen Nebenvertrag, als vielmehr eine vorbehaltene Nutzung, deren festzustellender Werth auf Grund der Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 unter a ss. Anm. 1) dem stempelpflichtigen Kaufpreise hinzuzurechnen ist. FMR. v. 8. Zan. 1866 III 25605 an d. Reg. in F. [£)& die vorbehaltene Benutzung des Weges zum 12V25 oder zum 20 fachen Betrage des einjährigen Nutzungswerthes zu veranschlagen, wird nach §. 4. c des Stempelges. zu beurtheilen fein]. 23. Zn Ansehung des Kauflontrakts vom 21. April 1836 kommt in Erwägung, daß sich der Verkäufer gegen die Verköstigung, welche ihm der Käufer ausgesetzt hat, seinerseits zu, seinen Kräften angemessenen Dienstleistungen an den Käufer verpflichtet, und die Ehefrau des Verkäufers für die ihr im Vertrage ausbedungenen Vortheile auf eine Forderung von 10 Thalern verzichtet hat [für den Verkäufer sowohl wie für dessen Ehefrau war auf ihre Lebenszeit Wohnung und Be­ köstigung ausbedungenj. Es läßt sich daher nicht behaupten, daß der Werth dieser Prästationen in Folge der Bestimmungen der Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 (f. Anm. 1) dem Kauf­ preise bei Berechnung der stempelpflichtigen Summe hinzuzurechnen sei, weil selbige nicht wegen des Kaufs, sondern für andere Gegenprästationen der Verkäufer geleistet werden sollen. FMR. v. 30. Zuli 1842 III 17196 an d. Reg. in F. 24. Es ist anzuerkennen, daß das Allg. Landrecht den „Wald" selbst als eine Substanz be­ trachtet und davon die „Nutzungen" desselben an verschiedenen Stellen unterscheidet (cf. §§. 30

Gesetz §. 5.

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und 32 Tit. 21 Th. 1). Demgemäß liegt in der im §. 5 des Kaufvertrages oom 23. Dez. 1862 getroffenen Verabredung, wonach die Verkäufer das Recht behalten sollen, das auf 90 bis 100 Morgen des durchweg aus Forstland bestehenden Guts-Areals stehende hohe, 50 bis 60 Jahre alte Kiefernholz niederschlagen und abfahren zu lassen, und erst alsdann das Areal dem Käufer zur Dis­ position zu überlassen, nicht der Vorbehalt einer „Nutzung" des Waldes oder des Guts-Areals im Sinne der Allerh. Ordre vom 14. April 1832 unter a (s. Anm. 1); es wird dadurch vielmehr ein Theil der Substanz des Guts vom Verkauf ausgeschlossen. JMR. v. 12. Juni 1866 III 1763 r) an d. Kammergericht, mitgetheilt durch FMR. v. 4. Juli dess. I. III 13041 an d. Reg. in Pm. 25. a. Wenn mit der Veräußerung und durch dieselbe zuerst neue onera realia dem ver­ äußerten Grundstücke auferlegt werden, so ist durch die Verfügung vom 3. Dez. 1824 an die Re­ gierung zu Frankfurt a. d. O. bereits anerkannt, daß der Kapitalwerth der Grundsteuer dem stem­ pelpflichtigen Betrage nicht beizurechnen sei. Es findet nun aber kein Bedenken, dieselbe Bestim­ mung auf alle öffentliche Abgaben auszudehnen, welche als onera perpetua realia auf das ver­ äußerte Grundstück radicirt werden, und sind dahin auch die gemeinen Lasten und Pflichten zu rechnen, welche, nach der Verfassung des Orts, des Kreises, oder der Provinz, von allen Grund­ stücken derselben Art an die Kirche, die Geistlichkeit, oder an Armenhaus-Beiträgen zu entrichten sind, wo also die Verbindlichkeit zur Entrichtung auf dem Gesetze beruht, und nur die feste Bestim­ mung des Maßes und Betrages dieser Leistung den Gegenstand der Stipulation ausmacht. Wo aber das dem Grundstück erst aufzuerlegende onus reale lediglich auf der Uebereinkunft der Kon­ trahenten beruht, wie z. B. der bei Dismembrationen dem Dominio stipulirte jährliche Grundzins, oder eine perpetuirliche jährliche Rente an eine fromme Stiftung, eine Kirche, oder sonstige mora­ lische Person, die der Veräußerer dem Erwerber zur Pflicht macht, da muß, mit Berücksichtigung des Satzes lit. c §. 5 int Stempelgesetze, dem Kaufgelde auch noch der Kapitalwerth dieses neu konstituirten oneris realis zur Bestimmung des stempelpflichtigen Betrages hinzugerechnet werden. FMR. v. 25. Mai 1825 III 1.0037 an d. Reg. in Br. (SK.). 25. b. Unter „auf dem Gute bereits haftenden Lasten", welche nach desfalls ergangenen Ver­ fügungen von der Stempelberechnung ausgeschlossen bleiben dürfen, find nur die im §. 48 Tit. 1 der Hypotheken-Ordnung aufgeführten gemeinen Lasten und Pflichten, welche nach der Verfassung des Orts, des Kreises, oder der Provinz von allen Grundstücken derselben Art an den Landesherrn, die Obrigkeit, die Kirche oder Geistlichkeit zu entrichten sind, als: Kontribution, Lehns-Kanon, Steuern, Dienste, Servis u. s. w., zu verstehen, niemals aber übernommene Schulden zu begreifen. FMR. v. 28. Okt. 1840 III 24646 an d. PStD. in S. 25. c. Das Laudemium, welches überhaupt keine Leistung aus dem Vertrage zwischen dem Verkäufer und Käufer des Erbpachtsrechts ist, bleibt bei Berechnung des kaufstempelpflichtigen Be­ trages außer Anwendung. FMR. v. 9. Jan. 1843 III 31759 an d. PStD. in S., im Einverst. des IM. (SK.). 26. a. Aus den Verfügungen des Finanz-Ministeriums vom 3. Dez. 1824 u. 25. Mai 1825 (s. Anm. 25. a) ist von einzelnen Behörden gefolgert worden, daß der Werth von Altentheilen und anderen in der zweiten Rubrik des Hypothekenbuchs eingetragenen Verbindlichkeiten, wenn solche auf einem zu veräußernden Grundstücke bei dem Abschlüsse des Kaufvertrages bereits haften, bei Berechnung des stempelpflichtigen Kaufpreises nicht zu berücksichtigen sei. Diese Ansicht läßt sich nicht rechtfertigen. Der §. 5 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 und die Allerh. Kab.-O. vom 14. April 1832 (f. Anm. 1) machen in Betreff der Leistungen, deren Werth dem Kaufpreise *) Als „Verf. vom 12. Juni 1866 I 2305", im Wesentlichen gleichlautend, abgedruckt im Bureau-Blatt für gerichtliche Beamte 1866 S. 147, woselbst jedoch statt der §§. 30, 32 Tit. 21 Th. 1 die §§. 64 ff. Tit. 2 Th. 1 ALR. allegirt werden.

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Gesetz §. 5.

hinzuzurechnen ist, keinen Unterschied zwischen solchen Leistungen, welche durch den Vertrag dem Grundstücke erst auferlegt werden, und solchen, welche aus früheren Verträgen auf dem Grundstücke bereits haften. Zene Verfügungen sind lediglich auf solche uneingetragene gemeine oder eingetragene fortwährende Lasten zu beziehen, von deren Vertretung der Verkäufer in Gemäßheit der Vorschrift §. 175 Tit. 11 Th. 1 ALR. auch ohne ausdrückliche Uebernahme von Seiten des Käufers frei wird. Es muß demnach auch der Werth eines Altentheils, welcher auf einem zu veräußernden Grundstücke bereits hastet, bei Bestimmung des stempelpflichtigen Kaufgelderbetrages der vorbedungenen Kauf­ summe hinzugerechnet werden, wenn der Käufer die Entrichtung des Altentheils außer der Zahlung des Kaufpreises mit übernommen hat re. R. des ZM. u. des FM. v. 12. März 1842 (ZMB. S. 108, CB. S. 220). 26. b. Bei Anwendung der Vorschrift der Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 und §. 5 Nr. 1 des Stempelgesetzes kann es keinen Unterschied machen, ob der Verkäufer dergleichen Nutzungen und Leistungen für sich, oder zu Gunsten eines Dritten, neben dem Kaufpreise ausbedingt, und ob der zu Gunsten eines^Dritten gemachte Vorbehalt sich in einer bereits bestehenden Verpflichtung des Verkäufers gegen den Dritten gründet, oder ob ein solcher Vortheil durch und bei Gelegenheit des Vertrages erst dem Dritten eingeräumt wird. Das Gesetz enthält von einem solchen Unterschiede nichts, den man um so weniger hineinlegen darf, als man sonst dahin gelangen würde, auch Hy­ pothekenschulden, welche der Verkäufer nicht kontrahirt, sondern bereits mit dem Grundstücke über­ nommen hat und rücksichtlich deren er zu den Gläubigern in keinem persönlichen Schuldnexus steht, selbst dann dem stempelpflichtigen Kaufpreise nicht hinzuzurechnen, wenn solche auch in partem pretii, oder neben demselben, ausdrücklich iibernommen wurden. Altentheils-Prästationen stehen in dieser Beziehung Hypothekenschulden gleich. Sie gehören zu den im §. 184 Tit. 11 Th. 1 MR. den Privatschulden gleichgestellten Verbindlichkeiten, welche der Verkäufer allemal vertreten und wofür er Gewähr leisten muß, wenn der Käufer dieselben nicht ausdrücklich übernommen hat. Nur die gememett Lasten, sie mögen nach Z. 48 Tit. 1 der Hypotheken-Ordnung nicht eingetragen, oder auf Antrag der Berechtigten eingetragen sein, welche bei der Abschätzung eines Grundstückes und der Bestimmung des Kaufpreises vorweg abgezogen zu werden pflegen, sind bei Bestimmung des Werth­ stempels dem Uebernahmepreise nicht hinzuzurechnen, insbesondere also nicht die aus dem Gemeindeoder Kirchen - Verbände oder aus gutsherrlichen Verhältnissen fließenden, Rubr. II eingetragenen Lasten und Prästationen, als: Dienste, Natural-Abgaben, Zehnten, Laudemien. Hierzu sind jedoch Altentheile und andere Privatleistungen und Schulden, da sie nicht zu den gemeinen Lasten zu zählen sind, nicht zu rechnen. ZMR. v. 12. Juli 1842 (Central-Blatt für Preuß. Juristen 1842 S. 571). 26. c. Bei Berechnung des Stempels zu einem schriftlich geschloffenen Kaufvertrags muß der Werth auch eines auf dem verkauften Grundstücke bereits hastenden, vom Käufer übernommenen Altentheils als einer neben dem Kaufpreise ausbedungenen Leistung in Ansatz gebracht werden. Erk. des OT. (I) v. 28. Okt. 1872 (Entsch. B. 68 S. 99). In den Erk.-Gründen heißt es im Wesentlichen: die Berufung der Vorderrichter auf die Erkenntnisse v. 13. Febr. u. 9. Sept. 1863 (s. Anm. 29. b) sei unzutreffend; die Ausführung in diesen Entscheidungen betreffe nur den Erb­ pachts-Kanon und beziehe sich in ihrer Verallgemeinerung nur auf die Real-Lasten und gemeinen Lasten, wie sie beispielsweise in den §§. 175, 183 Tit. 11 Th. 1 MR. u. §§. 48, 49 Tit. 1 der Hyp.-Ordnung erwähnt werden; jene Ausführung unterscheide, übereinstimmend mit dem in den §§. 183 u. 184 Tit. 11 Th. 1 ALR. aufgestellten Unterschiede, zwischen Real-Lasten und Real-Ver­ bindlichkeiten; zu letzteren gehöre, gleich den Hypothekenschulden, der Altentheil, und dessen Ueber­ nahme Seitens des Käufers involvire eine Erhöhung des von ihm zu entrichtenden Kaufpreises, als eine ausbedungene Leistung. Vorgedachtes Erkenntniß ist auch der Reg. in F. durch FMR. v. 7. Dez. 1872 III 18110 mit-

getheilt, mit dem Bemerken, daß dieses von dem ftüljemt Erkenntniß des OTrib. v. 11. Juli 1866 (I in Sachen Lommel wider Fiskus) abweichende Erkenntniß auch mit der letzten Entscheidung des Krim.-Senats des OTrib. übereinstimme und der Ausfassung der beiden Resiort-Minister entspreche. Auch schon das Erk. des OT. v. 30. Juni 1854 (GA. B. 2 S. 685) u. das FMR. v. 29. April 1848 III 8556 an d. PStD. in D. sprechen — beide unter Verwerfung der entgegengesetzten Ent­ scheidung des OT. (I) v. 10. Febr. 1848 (Rechtsfälle des OT. B. 3 S. 344) — aus, daß auch die dem Grundstücke bereits inhärirenden, vom Käufer übernommenen Privat-Lasten,, insbesondere Altentheile, der Versteuerung unterliegen. 27. a. Es wird der Ansicht beigetreten, daß das Ausgedinge, dessen Uebertragung auf die verkaufte Hausabfindung der Käufer sich gefallen läßt, dem stempelpflichtigen Kaufpreise nicht hin­ zuzurechnen ist. Daß unter Umständen nach §. 183 Tit. 11 Th. 1 ALR. der Verkäufer dem Käufer Privatdienstbarkerten re. nur anzuzeigen braucht, um von der Vertretung frei zu werden, und daß demgemäß die bloße Anzeige solcher Lasten in gewiffen Fällen mit deren ausdrücklicher Ueber­ nahme gleichbedeutend sein mag (vergl. Anm. 28. c), rechtfertigt das vorliegende Monitum dennoch nicht, weil die Absicht der Kontrahenten nach Inhalt der getroffenen Verabredung nicht dahin gegangen ist, festzusetzen, daß der Verkäufer von der Gewährung des Altentheils befreit werden und daß der Käufer dasselbe zu entrichten haben soll. JMR. v. 18. März 1865 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 29. deff. M. III 6435 an d. Reg. daselbst; im vorliegenden Vertrage wurde von einem städtischen Wohnhause die sogenannte Hansabfindung abverkauft, und dabei erklärt: Käufer weiß, daß auf dem verkauften Grundstücke ein Ausgedinge der Mutter des Verkäufers eingetragen ist; er ist damit einverstanden, daß dasselbe mitübertragen wird. 27. b. Wenn ausbedungen ist, daß, ungeachtet der Käufer von dem auf dem ganzen Grund­ stücke haftenden Altentheile nur die Gewährung der Wohnung übernommen hat, dennoch der volle Altentheil auch auf dem, dem Käufer verkauften Theile des Grundstückes stehen bleiben soll, so hat dies nur die Bedeutung, daß dem Altentheilsberechtigten gegenüber durch den mit dem Käufer abgeschlossenen Verkauf nichts geändert werden soll; zu leisten aber hat letzterer dem Altentheils­ berechtigten außer der übernommenen Gewährung der Wohnung nichts weiter; der Käufer hat sich nur gefallen zu lassen, daß nach wie vor das erkaufte Grundstück für die Gewährung des vollen Altentheils Seitens des Verkäufers hafte; diese Verpflichtung ist aber der Uebernahme der sämmt­ lichen Altentheils-Prästationen Seitens des Käufers in keiner Weise gleich zu achten, deren Werth daher nicht zu versteuern. FMR. v. 27. Aug. 1856 III 21131 an d. PStD. in D. 28. a. Die in Folge des Gesetzes vom 2. März 1850 (GS. S. 112) festgesetzten RentenbankRenten, welche auf den Käufer eines Grundstücks übergehen und ein Aequivalent für die in der Verfügung vom 28. Okt. 1840 (s. Anm. 25. b) näher bezeichneten gemeinen Lasten und Pflichten bilden, find bei Berechnung des Kaufwerthstempels nicht zu berücksichtigen. Die Stempelsteuer­ freiheit der auf dem verkauften Grundstücke haftenden Renten wird übrigens nicht ohne Weiteres at]3imef)men, vielmehr im Allgemeinen davon auszugehen sein, daß den Interessenten die Führung des Nachweises obliege, daß bei Berechnung des Kaufwerthstempels die Renten außer Betracht bleiben müssen. Es bleibt hiernach in jedem einzelnen Falle zu ermessen, um welche Art von Rentenzahlungen es sich handelt, und wenn hierüber Zweifel obwalten, welche nicht sofort zu be­ seitigen find, wird bis auf weiteren Nachweis die Annahme Platz zu greifen haben, daß die zu kapitalisirende Rente dem Kaufpreise bei der Versteuerung des Kaufvertrages zuzusetzen sei. FMR. v. 19. März 1857 III 5118 an d. PStD. in Mg (SK.); vergl. Anm. 30. 28.b. Als ausbedungene Leistung (Kab.O. v. 14. April 1832 lit. a, s. Anm. 1) kann die an die Rentenbank zu zahlende Rente, welche an die Stelle der vom verkauften bäuerlichen Grund­ stücke an die Gutsherrschast zu entrichten gewesenen Hülfsdienste getreten ist, nicht angesehen werden, weil sie auch ohne besonderen Vorbehalt auf den Käufer übergegangen sein würde, über-

90

Gesetz §. 5.

dies im §. 4 des Vertrages nicht ausbedungen, vielmehr daselbst nur erwähnt worden ist, wie dem Käufer bekannt sei, daß das verkaufte Grundstück der Rentenbank rentenpflichtig sei. Durch diese bloße Anzeige von dem Bestehen der Rente wurde der Verkäufer dem Käufer gegenüber von jeder Regreßverpflichtung dafür frei, und der Zusatz: „es hat Käufer diese Rente, wie alle anderen Verbindlichkeiten Rubr. II des Hypothekenbuches zu übernehmen", ist auf die Versteuerung ohne Einfluß. FMR. v. 21. Mai 1856 III 11462 an d. PStD. in Kg; s. jedoch die folg. Anm. 28. c. Wir finden uns veranlaßt, unsere Cirk.-Verfügung vom 14. März 1862 zu Ziffer 1 und 3 dahin zu erläutern, daß die Hinzurechnung des Kapitalwerths der auf einem verkauften Grundstücke haftenden Rente zum Kaufpreise Behufs Berechnung des Kaufstempels, unter der dort gegebenen Voraussetzung, immer nur dann stattfindet, wenn die Vertrags-Urkunde selbst irgend eine, den Uebergang der Rentenpflicht auf den Käufer direkt oder indirekt anzeigende Erklärung enthält. Dies folgt aus dem allgemeinen Grundsätze, daß die Stempelpflichtigkeit auf dem über den Vertragsschluß errichteten Dokumente beruht. Als eine solche indirekte Erklärung ist insbesondere die in Gemäßheit des §. 183 Tit. 11 Th. 1 ALR. in der Vertragsurkunde enthaltene Anzeige der Rentenpflichtigkeit des Grundstücks an den Käufer zu betrachten, da dieselbe die rechtliche Wirkung hat, daß der Verkäufer von der Vertretung der Rente dem Käufer gegenüber befreit wird. Die in dem Reskript des Herrn Finanz-Ministers vom 21. Mai 1856 (f. vorige Anm.) ausgesprochene entgegengesetzte Ansicht ist nach dem Reskript des Herm General-Direktors der Steuern vom 28. Zanuar d. Z. im Einverständniß mit dem Herrn Zustiz-Minister aufgegeben worden. Wenn dagegen die Vertragsurkunde der auf dem Grundstück ruhenden Rentenpflicht überhaupt nicht erwähnt, so kann auch die Versteuerung der Rente nicht gefordert werden. Cirk.-Verf. des Appell.-G. zu Br. v. 13. März 1863 (CBl. f. ger. Beamte 1863 S. 67); vergl. Anm. 27. a. 28. d. Bei Versteuerung von Kaufverträgen über Immobilien ist in Betreff der vom Käufer mitübernommenen Renten nach den in dem Erlaß vom 19. März v. Z. (s. Anm. 28. a) ausge­ sprochenen Grundsätzen zu verfahren, und es ist namentlich nach §. 4. c des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 bei immerwährenden Nutzungen das Zwanzigfache ihres einjährigen Betrages als Kapitalwerth anzunehmen, wobei es keinen Unterschied macht, wenn an Stelle der Nutzungen eine ablösbare Geldrente getreten ist. So lange die Rente auf dem Grundstücke haftet, repräsentirt sie die immerwährenden Nutzungen, und ist daher der Kapitalbetrag nach dem Zwanzigfachen der JahresRente zu berechnen. FMR. v. 15. Febr. 1858 III 3066 an d. Reg. in Pm. 28. c. Uebernimmt der Käufer eines vormaligen Erbpachtsgrundstückes die Berichtigung der in Stelle des Kanons getretenen, rezeßmäßig nach einer 56 Zahre 1 Monat hindurch fortgesetzten Zahlung erlöschenden jährlichen Rente, so ist zwar anzuerkennen, daß es sich nicht um eine neben dem Kaufpreise übernommene immerwährende Leistung, sondem um eine solche handelt, welche nach Ablauf einer bestimmten Zeit aufhört, und es ist mithin zuzugeben, daß dem Kaufpreise der Kapital­ werth der Rente zur Zeit des Vertrags-Abschlusses Behufs der Stempelberechnung hinzuzutreten hat. Allein dieser Kapitalwerth läßt sich nur nach der Höhe der Summe bestimmen, welche für die Ab­ lösung der Rente zu entrichten gewesen sein würde, und der gedachte Werth besteht nach §. 65 des Gesetzes vom 2. März 1850 (GS. S. 77) in dem zwanzigfachen Betrage der Rente. Daß nach §. 4. c des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 ebenfalls das Zwanzigfache der Zahresrente bei immerwährenden Renten als deren Kapitalwerth angesehen werden soll, ändert hierin nichts. Es muß daher der zu versteuernde Kaufpreis um den erwähnten zwanzigfachen Betrag erhöht werden. FMR. v. 30. Sept. 1859 III 22353 an d. Reg. in F. Es handelte sich um einen Vertrag aus einer Zeit, zu welcher noch der Erbpachts-Kanon und der Erbzins der Versteuerung unterlag (s. Anm. 29. a, b). Zn einem ähnlichen Falle bestimmt das FMR. v. 9. Zan. 1864 III 2896 an d. Notar Z. in S. (mitgetheilt durch FMR. v. 26. dess. M. III 915 an d. PStD. daselbst),

Gesetz H. 5.

91

daß, wenn diese erst in späterer Zeit fortfallenden Renten Behufs der Versteuerung mit dem Machen Jahresbetrage zu Kapital berechnet werden, die Kontrahenten mindestens gegen diese ihnen günstige Kapitalisirung keinen gegründeten Einwand haben.

29.

a.

Bei Verkäufen solcher Grundstücke, welche bis zum Erlasse des Gesetzes vom 2. Mai

1850 [soll heißen März, GS. S. 77] zu Erbzins- oder Erbpachtsrechten besessen worden waren, ist der von dem Käufer übernommene bisherige Erbzins, beziehungsweise Erbpachtskanon, oder die an dessen Stelle getretene

Amortisationsrente, dem für den

Kaufpreise nicht mehr hinzuzurechnen.

Dasselbe

Stempelbetrag maßgebenden

gilt von den Domainenzinsen, beziehungsweise

Domainen - Amortisationsrenten, welche der Käufer im Kaufverträge übernimmt.

Die von Stempel-

fiskälen in noch schwebenden Stempelrevisionssachen aufgestellten Erinnerungen, vorstehenden Bestimmung nicht im Einklänge stehen, sind fallen zu lassen.

welche mit der

Eine Erstattung der

auf Grund der bisherigen, jetzt aufgegebenen Auffassung erhobenen Stempelbeträge tritt nur in soweit ein, als die Betheiligten unter den Voraussetzungen der §§. 11 ff. des Gesetzes v. 24. Mai 1861 (s. S. 17 Anm. 34. a) noch befugt sein würden, gegen den Fiskus die Civilklage anzustellen und von dieser Befugniß Gebrauch gemacht haben, oder mit Berufung auf diese Befugniß recht­ zeitig die Erstattung nachsuchen sollten.

FMR. v. 2. März 1865 (CB. S. 317, MB. S. 237). —

Auch ZMR. v. 17. Febr. 1865 (JMB. S. 54), welches bekannt macht, daß, unter Aufhebung der allgemeinen Verfügung vom 5. Mai 1855 S. 107],

[R.

des

IM. u. des FM., JMB. S. 134, CB.

der vom Käufer übernommene bisherige Erbzins-

beziehungsweise Erbpachts-Kanon,

oder die an dessen Stelle getretene Amortisations-Rente der Versteuerung nicht mit zu unter­ werfen sei.

29. b.

Der auf einem verkauften Grundstücke haftende, von: Käufer übernommene Erpachts-

(Erbzins-) Kanon unterliegt dem Kaufstempel nicht. B. 55 S. 314).

Ebenso

Erk. des OT. (I) v. 28. Nov. 1864 (Str. A.

Erk. des OT. (I. 709/63) v. 9. Sept. 1863 (nicht „1862", wie in Entsch.

B. 51 S. 313, noch „1864", wie

in GA. B. 15 S. 599 sub Nr. 4, sondern „1863", wie in Neu­

mann Erkenntnisse des OTrib. B. 3 S. 94), wonach beim Verkauf eines bisherigen Erbpachtsgutes der Kaufstempel vom Kapitalwerth der als Erbpachtskanon anzusehenden, auf dem Gute Haftendell beständigen Lasten und Abgaben gebenden Gründe s. in

nicht berechnet wird. — Die für diese Entscheidungen

maß-

der Note zu dem im folgenden Absatz gedachten Erkenntniß v. 13. Febr.

1863, insbesondere unter lit. c dieser Note auch noch Einiges aus den Gründen des vorerwähnten Erk. v. 9. Sept. 1863. Auch die an die Stelle eines Erbpachtskanons getretene Alnortisationsrente hat die Natur einer Real-Last; sie ist daher bei dem Verkauf des belasteten Grundstücks Behufs Bestimmung des Kauf­ stempels nicht mit in Anschlag zu bringen.

Erk. des OT. (1) v. 13. Febr. 1863 (Str. A. B. 49

S. 77, Entsch. B. 51 S. 307, Gruchot Beiträge :c. B. 7 S. 392). *)

') a. Die Gründe des dem Erk. des OT. v. 13. Febr. 1863 zu Grunde liegenden Erk. des Appell.- G. zu Magdeburg v. 24. Mai 1862 (Gruchot a. a. O.) lauten im Wesentlichen: Wenn das Gesetz vonr 7. März 1822 §. 5 unter a und die Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 (GS. S. 137 — s. oben Anm. 1) vorschreiben: „Bei Verkäufen ist der bestimmte Kaufpreis, mit Hinzufügung des Werths der vorbehaltenen Nutzungen und ausbedungenen Leistungen, diejenige Summe, wonach der Betrag des Stempels zu berechnen ist", so muß diese Vorschrift dahin aus­ gelegt werden, daß zu den „ausbedungenen Leistungell" nur solche Leistungen gehören, welche in dem Vertrage selbst, um dessen Besteuerung es sich handelt, ausbedungell sind. Indem das Gesetz von dell neben dem bestimmten Kaufpreise ausbedungenen Leistungen spricht, beschränkt es sich auf die Verabredungen der Kontrahenten über die Gegenleistung des Käufers. Der Stempel soll überall llur von demjenigen Gesammtbetrage entrichtet werden, welcher nach der Verabredung der Kontrahenten als die für die Ueberlaffung der Sache bedungene Gegenleistung des Käufers sich darstellt. Allerdings können auch bereits auf der Sache haftende Leistungen Gegen­ stand einer solchen Dernbredlmg sein; bei Berechnung des stelnpelpstichtigen Betrages muß jedoch

92

Gesetz §. 5.

die Bedeutung der jedesmaligen Verabredung und die Beschaffenheit der Leistung in Betracht ge­ zogen werden, um zu beurtheilen, ob in dem Uebergange der Leistung auf den Käufer zugleich eine bedungene Gegenleistung desselben für Rechnung oder im Interesse des Verkäufers enthalten ist. Hierbei ergeben sich folgende Gesichtspunkte: 1. Gemeine Lasten und Abgaben (Hyp.-Ordnung Tit. 1 §.48) bleiben außer Berechnung; sie gehen gesetzlich auf den Käufer über, ohne daß ihm der Verkäufer dafür Gewähr zu leisten hat (§. 175 Tit. 11 Th. 1 ALR.). Wenn daher auch der Uebergang derselben auf den Käufer ausdrücklich stipulirt wird, so ist dies kein Ausbedingen im Sinne des Stempelgesetzes, da die Uebernahme durch den Käufer keine Gegenleistung für Rechnung oder im Interesse des Verkäufers enthält, son­ dern lediglich als ein Anerkenntniß der gesetzlichen Verpflichtung des Käufers anzusehen ist. Rur die Uebernahme von Rückständen würde sich als Gegenleistung darstellen (§. 182 1. c.). 2. Beständige Lasten, welche aus speziellem Titel beruhen (Hyp.-Ordnung Tit. 1 §. 49), müssen ebenfalls außer Berechnung bleiben. Dergleichen Lasten hat nach §. 183 Tit. 11 Th. 1 ALR. der Verkäufer dem Käufer anzuzeigen; geschieht dies, so ist die Sachlage ebenso, wie bei gemeinen Lasten. Die bloße Anzeige des Verkäufers, sogar die bloße Wissenschaft des Käufers von dem Vorhandensein der Last, befreit den Verkäufer dem Käufer gegenüber von der Vertretungs-Verbindlich­ keit; damit ist jedes Zntereffe des Verkäufers an einer besonderen Uebernahme der Last durch den Käufer weggefallen. Erklärt also der Käufer gleichwohl, daß er die Last übernehme, — welche Erklärung nothwendig voraussetzt, daß die Anzeige von Seiten des Verkäufers bereits gescheben ist, oder doch sonst der Käufer Kenntniß von dem Vorhandensein der Last erlangt hat —, so liegt darin kein Versprechen einer Gegenleistung für den Verkäufer. Jene Anzeige des Verkäufers aber, die hiernach allein von Erheblichkeit für das Vertrags-Verhältniß ist, enthält weder der Form, noch dem Wesen nach ein Ausbedingen, eine Verabredung der Kontrahenten; sie ist eine einfache Thathandlung des Verkäufers. Durch die Uebernahme einer derartigen Real-Last wird mithin die dem Käufer obliegende Fortentrichtung derselben an den Realberechtigten nicht zu einer ausbedun­ genen Leistung im Sinne des Stempelgesetzes. Für die Ausschließung solcher Real-Lasten von der Berechnung des stempelpfiichtigen Betrages spricht auch die Vorschrift des Gesetzes vom 7. März 1822 §. 5 unter g, wonach bei Subhastationen der Stempel nur nach dem Gebote, worauf der Zuschlag erfolgt, entrichtet werden soll; denn auch bei Subhastationen hat der Ersteher, außer der Gewährung des Gebotes, die im §. 49 Tit. 1 Hyp.-Ordnung bezeichneten Real-Lasten zu übernehmen, wenn nicht etwas Anderes bedungen ist. 3. Hypotheken (Privatschulden und Verbindlichkeiten) kommen dagegen stets zur Berechnung, wenn sie vom Käufer neben dem Kaufpreise übernommen werden; denn eine solche Uebernahme erscheint stets als eine Gegenleistung für den Verkäufer, der nur dadurch dem Käufer gegenüber von der Vertretungs-Verbindlichkeit befreit wird (§. 184 Tit. 11 Th. 1 ALR.). Der Erbpachts­ kanon gehört nicht zu dieser letzteren Kategorie, sondern zu den Real-Lasten unter 2, wohin ihn die Hyp.-Ordnung §. 49 Tit. 1 ausdrücklich rechnet. Die Uebernahme desselben durch den Käufer des belasteten Grundstücks ist daher nach der obigen Ausführung stempelfrei rc. Der auf dem in Rede stehenden Grundstücke für den Domainen - Fiskus haftende Erbpachts­ kanon ist nun mittelst Rezesses in der Weise abgelöst, daß an die Stelle desselben eine Rente ge­ treten ist, welche nach einer Zahlungs-Periode von 56 Vir Jahren erlischt rc. Diese Geldrente ist ihrer rechtlichen Natur nach nicht verschieden von der ursprünglichen Real-Last, sie repräsentirt die­ selbe vollständig. Der Verpflichtete zahlt, selbst wenn er an die Rentenbank nicht die volle, son­ dern nur die ®/io Rente entrichtet, keine von der ursprünglichen Realabgabe rechtlich verschiedene Rente. Wie daher der Erbpachtskanon bei Berechnung des stempelpflichtigen Betrages außer Be­ tracht bleiben mußte, so muß dies auch rücksichtlich der Rente geschehen. b. In den Gründen des, das unter a gedachte Erk. des Appell.-G. zu Magdeburg bestäti­ genden Erk. des OTrib. v. 13. Febr. 1863 heißt es im Wesentlichen: Die Frage: ob die in Stelle des Erbpachtskanons getretene Amortisationsrente im Sinne des §. 5. a des Stempelgesetzes und der Allerh. Kab.-Ordre v. 14. April 1832 sub a eine vorbedungene Leistung sei, hat der Appel­ lationsrichter aus völlig überzeugenden Gründen verneint. Es ist ihm darin beizupflichten, daß die gesetzliche Vorschrift sich auf solche Leistungen bezieht, die in dem vorliegenden Kontrakte einen Theil der Gegenleistung des Käufers ausmachen, wogegen die Amortisationsrente eine auf dem ver­ kauften Grundstücke ruhende Real-Last bildet, die wegen ihrer dinglichen Natur mit dem verpflich­ teten Grundstücke auf jeden neuen Erwerber desselben übergeht. Da sie in das Hypothenbuch eingetragen ist, würde sich der Käufer dem Berechtigten gegenüber nicht einmal mit mangelnder Kenntniß derselben schützen können, §. 19 Tit. 4 Th. 1 ALR., und nur gegen seinen Verkäufer, wenn er sie ihm nicht angezeigt hat, Vertretungs-Ansprüche machen dürfen §. 183 Tit. 11 Th. 1. Die Real-Last trägt den Charakter einer Beschränkung des Eigenthums an sich. Ein durch sie belastetes Eigenthum stand dem Verkäufer nur zu, und hat er hier dem Käufer auch nur verkauft. Als eine bloße Real-Verbindlichkeit kann die Amortisationsrente nicht angesehen werden. Real-Ver­ bindlichkeiten gehören in die dritte Rubrik des Hypothekenbuchs, der frühere Erbpachtskanon wie die Amortisationsrente sind in die zweite eingetragen, welche für beständige Lasten und Einschrän-

Gesetz §. 5.

93

29. c. Bei der Versteuerung von Zmmobiliar-Kaufverträgen fommen die vom Käufer übernommenen, auf dein verkauften Grundstücke haftenden, an ein anderes Grundstück zu entrichtenden beständigen Abgaben nicht in Betracht. Erk. des OT. v. 29. Nov. 1872 (I Nr, 26/72 in Sachen des Notars K. wider den Fiskus — bisher nicht abgedruckt). 9 kungen des Eigenthums oder der Disposition bestimmt ist rc. Ganz zutreffend ist die Erwägung des Appellationsrichters, daß nach der Vorschrift des §. 5. g 1. c. bei Subhastationen der Stempel nach dem Gebot, auf welches der Zuschlag erfolgt, entrichtet wird. Es ist kein Grund abzusehen, warum bei freien Verkäufen etwas Anderes gelten und neben dem Kaufpreis der Werth der über* nommenen Real-Lasten in Anschlag fommen solle. Auch bei Subhastationen gehen die Real-Lasten, soweit sie nicht ausdrücklich ausgenommen sind, mit auf den Käufer über rc. Der §. 5. c ver­ ordnet, daß, wenn Grundstücke in Erbzins oder in Erbpacht ausgethan werden, der Stempel von dem Erbstandsgelde und dem Zwanzigfachen der jährlichen Leistung an Zins, Kanon oder andern zu Gunsten des Verkäufers übernommenen beständigen Lasten zu entrichten ist. Daß auch bei späteren Veräußerungen des Erbzins- oder Erbpachtsgutes der Stempel von dem Werth dieser früher auf sie gelegten Lasten zu berechnen, ist hier nicht bestimmt rc. Dem Appellationsrichter wird nur noch eine Verkennung der rechtlichen Natur der Rente zur Last gelegt, weil er, nachdem der Kanon mittelst Rezesses durch Konstituirung einer Amortisationsrente abgelöst worden, letztere als eine beständige Real-Last beurtheile, während sie die Natur einer Hypothekenschuld habe. Diese Ansicht ist ebenfalls hinfällig. Durch die von der Gesetzgebung gestattete Ablösbarkeit geht der Kanon noch nicht in eine Hypothekenschuld oder ihr gleichzustellende bloße Real-Verbind­ lichkeit über rc. c. Aus den Gründen des oben in Anm 29. b Abs. 1 gedachten Erk. des OT. v. 9. Sept. 1863: Daß der vom Käufer übernommene Kanon keine vorbehaltene Nutzung ist, liegt auf der Hand. Er läßt sich aber auch nicht als eine ausbedungene Leistung auffassen. Dazu sind viel­ mehr nur solche obligatorische Verpflichtungen des Käufers zu rechnen, welche derselbe neben der Zahlung des bestimmten Kaufpreises dem Käufer zu leisten, oder wodurch er diesen von einer ihm gegen einen Dritten obliegenden persönlichen Verbindlichkeit zu befreien verspricht. Davon ist aber bei der bloßen Uebernahme der auf einem Grundstücke haftenden Abgaben und Lasteck nicht die Rede, sie mögen auf einem speziellen Titel beruhen oder nicht. Dergleichen Prästationen haften auf dem Gute selbst. Gegenstand des Kaufs ist daher in einem solchen Falle ein belastetes Gut und auf diese Lasten wird bei Bestimmung des Kaufpreises Rücksicht genommen. Sie gehen von selbst mit dem Gute auf den Käufer über, er mag sie dem Verkäufer gegenüber besonders übernehmen oder nicht. Daraus folgt weiter, daß, wenn der Käufer sie im Kontrakte übernimmt, ohne sich dem Verkäufer etwa besonders zu dessen Befreiung von einer ihm möglicher Weise ob­ liegenden persönlichen Verbindlichkeit hinsichtlich solcher Gutslasten zu verpflichten, in deren bloßen Uebernahme kein Versprechen einer Leistung zu Gunsten des Verkäufers liegt. Diese Uebernahme enthält nur das Anerkenntniß des Käufers, daß er sich diese Beschränkung oder Belastung seines Eigenthums gefallen läßt. Dieser objektive Charakter einer Reallast wird keinesweges, wie Ver­ klagter meint, dadurch verändert, daß sie auf das Grundstück vermöge eines speziellen Titels (§. 49 Tit. 1 Hyp.-Ordnung) gelegt ist. Denn das Recht desjenigen, für welchen Lasten und Abgaben dieser Art eingetragen sind, deren Leistung vom neuen Besitzer zu verlangen, hängt nicht davon ab, ob dieser seinem Verkäufer gegenüber sich dazu verpflichtet hat; dem Berechtigten gegeniiber sind die Verabredungen zwischen Verkäufer und Käufer gleichgültig rc. 9 Es handelte sich um eine in Rubr. II des Hypothekenbuchs eingetragene Rente, welche das verkaufte Grundstück an das Stanlmgut, zu dem es einst gehörte, mit 12 Thalern jährlich zu ent­ richten hatte und die der Käufer übernahm. Der instrumentirende Notar hatte nur den Werth­ stempel von dem Kaufpreise der 1400 Thaler verwendet, nicht aber jene Rente versteuert, von deren 20 fächern Betrage (§. 4. c des Stempelges.) daher der Stempel mit 2 Thalern 15 Sgr. nach­ gefordert und exekutivisch beigetrieben wurde. Das obige Erk. des OT. v. 29. Nov. 1872 erklärt nun in den Gründen, unter Hinweisung auf die Präjudikate v. 13. Febr. u. 9. Sept. 1863 (s. Anm. 29. d) sowie v. 28. Okt. 1872 (s. Anm. 26. e), daß für die auch im vorliegenden Falle den Rechtspunkt beherrschende Frage: wie der Begriff einer „ausbedungenen Leistung" im Sinne der Allerh. Kab.-Ordre v. 14. April 1832 zu verstehen sei, der in den §§. 183 u. 184 Tit. 11 Th. 1 ALR. aufgestellte, die Vertretungsverbindlichkeit des Käufers regelnde Unterschied zwischen RealLasten und Real-Verbindlichkeiten (z. B. Hypothekenschulden, Altentheilen) zu beachten und der Gesichtspunkt keinesweges der allein entscheidende sei: ob es sich bei der „ausbedungenen Leistung" um Befreiung von einer persönlichen Verbindlichkeit des Verkäufers oder um eine Leistung an denselben handle; es könne auch allerdings bei jeder einzelnen Leistung nur in Frage kommen, ob sie eine Erhöhung des vom Käufer zu entrichtenden Kaufpreises bewirke. Dies aber sei unzweifel­ haft nicht der Fall, wenn die Leistung eine beständige Last des verkauften Grundstückes sei, die

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30. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß der Notar die aus dein Instrumente selbst sich er­ gebenden Erinnerungen zu erledigen und die deshalb nothwendigen Ermittelungen anzustellen ver­ bunden ist. Wenn der Käufer Lasten und Abgaben, die auf dem Grundstücke hasten, übernimmt, so spricht auch die Vermuthung dafür, daß dergleichen das Grundstück belasten, und der sonst geltende Grundsatz, daß die Vermuthung gegen das Vorhandensein solcher Lasten spreche, steht dem Notar dann nicht mehr zur Seite, und ist es alsdann auch seine Pflicht, die Beschaffenheit und den Betrag derselben angeben zu fassen, um beurtheilen zu können, ob eine Versteuerung erfolgen muß. Uebrigens aber kann es dem Notar, wenn er nicht an dem Orte, an welchem das Hypothekenbuch befindlich, wohnhaft ist, nicht schwer fallen, durch Einsicht der Besitz-Dokumente und Hypotheken­ scheine von dem Vorhandensein der eingetragenen Lasten Kenntniß zu erlangen. ZMR. v. 9. Jan. 1864 in 2896 an d. Notar Z., mitgetheilt durch FMN. v. 26. dess. M. III 915 an d. PStD. in S.; vergl. Anm. 28. a.

Zm Mobiliar-Kaufverträge zwischen Aseendenten und Descendenten — a. Be­ stimmungen vor Emanation des Gesetzes vom 22. Zuli 1861; b. die neueren Bestimmungen: a. die älteren Bestimmungen — Anm. 31 bis 36. 31. Ein Kaufvertrag liegt jedesmal vor, wenn Eltern einem ihrer Kinder bei Lebzeiten einen Theil ihres Vermögens oder auch das gesammte Vermögen übertragen, und dabei bestimmen, was es dafür an sie oder an ihre übrigen Kinder entrichten soll. Alsdann ist der stempelpflichtige Be­ trag nach der Kab.-Ordre vom 14. April 1832 zu a (s. Anm. 1), wie bei jedem anderen Kaufe, zu berechnen. Die Schulden kommen also nicht in Abzug. Frei vom Stempel ist nach dieser Kab.-Drdre zu b nicht der künftige Erbtheil an sich, sondern nur derjenige Theil des Kaufpreises, welcher dem Descendenten als sein künftiges Erbtheil von dem Verkäufer angewiesen wird (vergl. Anm. 34. a—c u. 43 sub a), so wie der vorbehaltene Altentheil. mit dessen Eigenthumsübertragung von selbst auf den neuen Erwerber übergehe, das berechtigte Subjekt ein anderes Grundstück sei, und der Verkäufer auch nicht persönlich für jene dingliche Last, etwa als deren erster Konstituent verhaftet bleibe, wo also daö Kaufobjekt in einer belasteten Sache bestehe, für deren Last der Verkäufer dem Käufer sogar Gewähr zu leisten hätte, wenn ihm die im §. 183 Tit. 11 Th. 1 ALR. vorgeschriebene Anzeige obläge; und das Vorhandensein aller dieser Voraussetzungen ergebe die unangefochtene faktische Grundlage des Appellationserkenntniffes. Kläger hatte auch noch die Erstattung der ihm durch die exekutivische Beitreibung deö Stempelbetrages^ erwachsenen Kosterl von 5 Sgr. nebst 5 Prozent Zinsen seit dem Tage der Zahlung dieser Kosten eingeklagt und der Appell. - Richter ihm dies mit Rücksicht auf §§. 207, 208, 189, 194 Tit. 16 Th. 1 ALR. zuerkannt, indem er in den Erk.-Gründen noch bemerkt, wie der Umstand, daß Kläger nach §.12 des Ges. v. 24. Mai 1861 (f. S. 17 Anm. 34. a) berechtigt gewesen wäre, gegen den Fiskus schon dann den Rechtsweg zu beschreiten, wenn er mit Vorbehalt den von ihm geforderten Stempelbetrag gezahlt hätte und daß in diesem Falle Exekutionskosten nicht entstanden sein würden, einflußlos sei, indem Kläger gesetzlich zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet gewesen sei, eine derartige Zahlung mit Vorbehalt zu leisten und somit vor exekutivischer Beitreibung den erforderten Stempelbetrag nicht habe zahlen brauchen. Zn Beziehung hierauf heißt es in den Gründen des OTrib.-Erk.: Doch auch die Entscheidung bezüglich der 5 Sgr. Exekutionsgebühren ist unzutreffend als Verletzung der §§. 207, 208, 189, 194 Tit. 16 Th. 1 ALR. angefochten. Denn diese Gesetzstellen bestimmen nicht über die Verpflichtung zum Ersätze des unmittelbaren Schadens — §. 2 Tit. 6 Th. 1 ALR.; als solcher charakteristrt sich aber, nach der unangefochtenen Sachlage des zweiten Richters, die Einziehung der Exekutronsgebühren, und der Umstand, daß von einer anderen, als der im Prozesse den Fiskus vertretenden Behörde die Exekution verfügt wurde, kam nicht zur Erörterung [ber Stempelbetrag war Seitens des Kreisgerichts, aus Anlaß einer ihm vom Notar eingereichten beglaubigten Abschrift des Vertrages, nachgefordert und auf Anweisung des Appell.-Gerichts exekutivisch beigetrieben, während der Prozeß, da der Stempel nicht als Gerichtsgebühr zu verrechnen, sondern in natura zu verwenden war, gegen die Prov.-Steuerbehörde angestrengt ist].

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Liegt kein Kaufvertrag vor, so tritt auch der Kauswerthstempel nicht ein, und insbesondere sind die sogenannten Vitalitien - Verträge nur dem 15 Sgr.-Stempel unterworfen. FMR. v. 18. April 1834 (Zurrst. Zeitung 1834 S. 644). 32. a. Das Grundstück der Verkäuferin ist nicht blos an die Tochter, sondern auch an deren Ehemann verkauft; soweit der Verkauf an Letzteren geschehen ist, also zur Hälfte, muß das der Verkäuferin vorbehaltene Ausgedinge zur Versteuerung kommen. Auf den Einwand, daß bei der zwischen den Käufern bestehenden Gütergemeinschaft die Sache eben so wie jetzt zu stehen gekommen sein würde, wenn der Ehemann nicht als Mitkäufer aufgetreten wäre, läßt sich kein Gewicht legen, weil es Behufs der Versteuerung eines Vertrages nur darauf ankommt, wie selbiger wirklich abge­ schlossen worden, nicht wie er anderweit hätte verabredet werden können. FMR. v. 25. Mai 1854 III 12312 an d. PStD. in D. 32. b. Zn dem in Rede stehenden Vertrage ist lediglich der Schwiegersohn der Verkäufer als Käufer des Grundstückes aufgeführt, und die Absicht der Verkäufer, durch den Verkauf eine Zu­ wendung an ihre mit dem Käufer in ehelicher Gütergemeinschaft lebende Tochter zu machen, in dem Vertrage nicht im Entferntesten angedeutet; es kann daher auf die Vorschrift unter b der Kab.-Ordre vom 14. April 1832 (s. Anm. 1) bei der Verwendung des Stempels zu dem gedachten Vertrage nicht zurückgegangen werden. ZMR. v. 15. Zuli 1853 an d. Appell.-G. in Mr, mit­ getheilt durch FMR. v. 6. Aug. dess. Z. III 16762 an d. PStD. in D. Die Verpflichtung zur Versteuerung des ganzen Altentheils und des ganzen auf den künftigen Erbtheil des Kindes angewiesenen Betrages ist für den Fall, daß der Verkauf lediglich an den Schwiegersohn oder den Bräutigam der Tochter der Verkäufer erfolgt, auch ausgesprochen durch ZMR. v. 27. Febr. 1855 I 666 an d. Appell.-G. in Mr, mitgetheilt durch FMR. v. 7. März dess. I. III 5414 an d. PStD. in D. Der Vertrag vom 21. August 1858 ist zwar lediglich mit dem Schwiegersohn der Verkäufer abgeschlossen, das Grundstück aber an ihn und zugleich an seine mit ihm in Gütergemeinschaft lebende Ehefrau, Tochter der Verkäufer, verkauft, der Altentheil daher in so weit, als solcher von den; Schwiegersohn zu entrichten ist, mithin zur Hälfte stempelpflichtig. ZMR. v. 12. Sept. 1863 III 2362 an d. Notar B. in Stargard in Pommern. Vergl. Anm. 38. b. 32. c. Nach dem Wortlaut des Gesetzes — Kab.-Ordre vom 14. April 1832 lit. b, s. Anm. 1 — ist der Altentheil nur stempelfrei, soweit er dem leiblichen Ascendenten des Käufers ausbedungen worden. Haben in Gütergemeinschaft lebende Eheleute, von denen nur der eine Theil leiblicher Aseendent des Käufers ist, der andere aber in einem stiefelterlichen Verhältniß zu demselben steht, sich den Altentheil vorbehalten, so hat blos die Hälfte des Altentheils auf Stempelfreiheit An­ spruch rc. FMR. v. 1. Zuni 1853 III 10815 an d. PStD. in D. 32. d. Die in der Provinz Westfalen hergebrachte, in der ehelichen Gütergemeinschaft begrün­ dete Form der Schenkungs- und Veräußerungs-Verträge zwischen Ascendenten und ihren in ehe­ licher Gütergemeinschaft lebenden Abkömmlingen weiblichen Geschlechts, wonach erstere die den letz­ teren bestimmten Vermögensstücke unmittelbar deren Ehemännern ohne Zuziehung der Frauen, und ohne ausdrückliche Bestimmung darüber, zu wessen Gunsten die Zuwendung erfolgt, abtreten, giebt Anlaß, darauf aufmerksam zu machen, daß die Stempelpflichtigkeit einer Urkunde nach deren wört­ lichem Inhalte und dem, was äußerlich vorliegt, zu beurtheilen, und auf Verhältnisse der Kontra­ henten, welche außerhalb der Wortfassung liegen, und auf daraus zu folgernde Vermuthungen nicht einzugehen ist, daß daher für Schenkungs- und Veräußerungs-Verträge zwischen Ascendenten und den in ehelicher Gütergemeinschaft lebenden Abkömmlingen weiblichen Geschlechts in Beziehung auf Schenkungen die Befreiung vom Prozentstempel, und in Beziehung auf Veräußerungen die be­ günstigende Vorschrift der Kab.-Ordre vom 14. April 1832 lit. b (s. Anm. .1) nur dann in An­ spruch genommen werden kann, wenn entweder, die Tochter oder Enkelin selbst als Käuferin auf-

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tritt, oder, mernt in beut Falle, wo sie von ihrem Manne vermöge der denlselben auS dem güter­ gemeinschaftlichen Verhältnisse zustehenden Befugniß allem vertreten wird, dieses Verhältnisses in dem Vertrage Erwähnung geschieht, und die Ascendenten zugleich deutlich erklären, daß sie durch die Abtretung der den Gegenstand des Vertrages ausmachenden Vermögensstücke eine Zuwendung an ihre in Gütergemeinschaft lebende Tochter oder Enkelin beabsichtigen. R. des ZM. u. des FM. v. 11. Dez. 1839 (ZMB. 1840 S. 150). Vergl. Anm. 38. b. 33. Das in Verträgen über die Veräußerung ländlicher Grundstücke von Ascendenten an Descendenten ausbedungene freie Begräbniß der Verkäufer kann als zu dem gleichzeitig stipulirten Altentheil gehörig nicht angesehen werden, weil nach §. 602 Tit. 11 Th. 1 ALR. unter Altentheil nur die Versorgung des früheren Besitzers einer verkauften Rustikalstelle auf seine Lebenszeit zu verstehen ist. ZMR. v. 17. Dez. 1851 I 4949 an d. Notar V., mitgetheilt durch FMR. v. 24. dess. M. III 28471 an d. PStD. in D.; vergl. (jetzt) Anm. 39. 34. a. Die Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 (s. Anm. 1) befreit bei Verkäufen von Grundstücken an Descendenten denjenigen Theil des Kaufpreises, welcher dem Käufer als sein künf­ tiges Erbtheil angewiesen wird, vom Kaufstempel. Zn einer solchen Anweisung des Kaufpreises auf das künftige Erbtheil des Käufers liegt der unentgeltliche Erlaß einer Forderung, also eine Schenkung, und es ist der, die Stempelfreiheit der Schenkungen von Eltern an Kinder aussprechenden Verfügung gemäß, daß das solchergestalt erlassene Kaufgeld der Versteuerung nicht unterworfen wird. Der über das Rittergut F. zwischen Zhnen und Ihrem Sohne abgeschlossene Vertrag vom 4. Zuni 1834 enthält keine Anweisung des Kaufgeldes auf das künftige Erbtheil des Käufers, son­ dern die Bestimmung, daß es dabei künftig in Anrechnung kommen soll, so daß, je nachdem das künftige Erbtheil mehr oder weniger als 45000 Thaler beträgt, der Käufer den Mehrbetrag zuge­ zahlt erhält, oder den Minderbetrag seinen Miterben herausbezahlen muß. Ob und wieviel der Käufer von dem Kaufgelde bezahlen muß, ist zur Zeit noch ungewiß, er kann aber in die Lage kommen, daß er dasselbe zum größeren Theil, vielleicht ganz an seine Miterben bezahlen muß. Die gedachte Ausnahme-Bestimmung der Allerh. Kab.-Ordre kann daher auf diesen Vertrag nicht für anwendbar erachtet, vielmehr muß das auf Nachbringung des Kaufstempels von 449 Thalem 15 Sgr. gerich­ tete Monitum als begründet anerkannt werden. Auch kann durch eine nachträglich wegen Regu­ lirung des Erbtheils des Käufers abzugebende Erklärung der bereits fällige Stempel nicht ver­ mieden werden, und habe ich daher Ihrem eventuellen Antrage, eine solche nachträgliche Erklärung zuzulassen, nicht nachgeben können. FMR. v. 24. Zuni 1838 III 12487 an d. v. W. und zur Nachricht an d. Reg. in F. — Vergl. Anm. 31 Abs. 1 Schlußsatz, Anm. 34. b, c u. Anm. 43 sub a. 34. b. Nach der Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 soll bei Verkäufen von Immobilien an die Descendenz derjenige Theil- des Kaufpreises vom Kausstempel frei bleiben, welcher den: Käufer als sein künftiges Erbtheil vom Verkäufer angewiesen wird. Zy dem zwischen Zhnen und Ihrem Vater abgeschlossenen Haus-Kaufkontrakt vom 16. Zuli 1842 ist Zhnen aber der Kaufpreis nicht unbedingt als künftiges Erbtheil angewiesen, sondern stipulirt: daß zwar der Kaufpreis der 4500 Thaler Zhnen als künftiges Erbtheil vom Verkäufer angerechnet werden solle, Sie aber, falls Ihr Erbtheil die Höhe des Kaufpreises nicht erreichen möchte, verpflichtet sind, den Mehrbetrag an Ihre Miterben herauszuzahlen. Es ist ersichtlich, daß hierin nur die Zusicherung einer be­ dingten Anweisung der Kaufgelder auf Zhr väterliches Erbtheil liegt, da Sie möglicherweise in den Fall kommen können, den ganzen Kaufpreis in die künftige Nachlaßmasse des Verkäufers einwerfen zu müssen. Es hätte also hiernach die volle Versteuerung des Kaufpreises der 4500 Thaler zu 1 Prozent mit 45 Thalern von Zhnen gefordert werden können, und wenn nur 25 Thaler von Zhnen verlangt worden sind, wobei es das Bewenden behalten soll, so haben Sie keinen Anlaß zur Beschwerde, mit welcher Sie vielmehr hiermit zurückgewiesen werden. FMR. v. 2. Zuni 1846 III 10986 an d. S. und zur Nachricht an d. PStD. in Br.

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34. c. (Sitte Verabredung dahin, daß der Käufer — Sohn des Verkäufers — den Kaufgelderrückstand erst nach dem Tode des Verkäufers zu zahlen haben solle, weiset dem Käufer einen Theil des Kaufgeldes als sein künftiges Erbtheil nicht an; es kann daher derjenige Theil des Kaufgeldes, welchen der Käufer dereinst vielleicht als Miterbe nicht zu zahlen haben wird, sondern kompensiren kann, vom Kaufstempel nicht frei bleiben. Erk. des OT. (I) v. 22. April 1864 (CB. S. 224); die Erk.-Gründe lauten: Kläger hat zwar event, gegen das Quantum des Stempelbetrages noch ein­ gewendet, daß der Kaufgelder-Rückstand von 90000 Thalern nach der Verhandlung vom 1. Juli 1859 erst nach dem Tode des Verkäufers, der 9 Kinder habe, zu zahlen sei und daß daher der Käufer V9 davon, nämlich 10000 Thaler nicht werde zu zahlen brauchen, sondern kompensiren könne. Dieser Einwand erscheint jedoch durchaus verwerflich. Die Bestimmung des §. 5 lit. b des Stempelgesetzes vom 7. März 1822, wonach verkäufliche Gutsüberlassungen an Descendenten den Schenkungen unter Lebenden gleich zu achten sind, ist durch die Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 dahin abgeändert, daß bei Verkäufen von Grundstücken an Descendenten derjenige Theil des Kaufgeldes, welcher dem Käufer als sein künftiges Erbtheil von dem Verkäufer angewiesen wird, nicht in Anrechnung kommt. Von einer solchen Anrechnung eines Theils des Kaufgeldes ‘List aber in der Urkunde vom 1. Juli 1859 nichts enthalten und kann daher auch von einer Anrechnung, wie sie Kläger verlangt, nicht die Rede sein. 35. Nach der Kab.-Ordre vom 14. April 1832 zu b (s. Anm. 1) soll der auf das künftige Erbtheil angewiesene Theil des Kaufgeldes stempelfrei bleiben, wogegen des Falles, wenn die ver­ kaufenden Eltern dem Sohne eine Mitgift geben, nicht gedacht ist. Allein im Resultate stimmen beide Fälle auf das Genaueste überein. Es macht in faktischer und rechtlicher Beziehung gar keinen Unterschied, mögen die Eltern bei dem Verkaufe ihres Grundstücks an den Sohn diesem einen Theil des Kaufgeldes als sein künftiges Erbtheil anweisen, oder mögen sie ihm denselben als Mitgift, als Ausstattung zuwenden; immer ist die Folge die, daß der Sohn diesen Theil des Kaufgeldes an die verkaufenden Eltern nicht zu zahlen hat und daß er sich denselbett bei der künftigen Erbtheiluttg nach dem Tode der Eltern, seinen Miterben gegenüber, auf das Erbtheil muß anrechnen lassen. Hiernach ist von der Stempelnachforderung zu dem notariellen Jmmobiliar-Kaufvertrage vom 14. Sept. 1858 zwischen dem N. und seinem Sohne Abstand zu nehmen und auch künftig gleichmäßig zu verfahren. FMN. v. 19. Sept. 1860 (CB. S. 273). 36. Die Frage: ob und wie weit bei dem Verkaufe eines Grundstücks nebst Zubehör an die Descendenz, wenn für das Immobile und die Mobilien besondere Preise verabredet sind und wenn dem Annehmer ein Theil des Kaufpreises als sein künftiges Erbtheil von dem Verkäufer an­ gewiesen ist, auf das Erbtheil das Kaufgeld für das Immobile oder das für die Mobilien ange­ rechnet werden soll? kann an sich nur nach den vertragsmäßigen Bestimmungen der Parteien ent­ schieden werden. Da nun im vorliegenden Falle eine solche Bestimmung weder in dem über den Verkauf des Gutes abgeschlossenen notariellen Vertrage vom 29. Okt. 1850, noch bis jetzt in einem Nachtrage zu demselben getroffen ist, so können die Kontrahenten sich nicht darüber beschweren, wenn bei Festsetzung des Kausstempels die Erbtheils - Anrechnung auf die Jmmobiliar- und die Mobiliar-Kaufgelder verhältnißmäßig erfolgt. JMN. v. 11. Mai 1852 I 1528 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 2. Juni dess. I. III 12513 an d. Reg. daselbst; vergl. Anm. 42. a, b. b. die neueren Bestimmungen — Anm. 37 bis 44. 37. Gesetz, betr. die Entrichtung des Stempels von Uebertragsverträgen zwischen Ascendenfen und Descendenten, v. 22. Juli 1861 (GS. S. 754):. §- 1.

Lästige Verträge, durch welche Immobilien allein oder int Zusammenhange mit anderem Ver-

98 mögen von Aseendenten auf Descendenten übertragen werden, unterliegen dem gesetzlichen Kauf­ stempel. Es kommen jedoch für die Festsetzung des stempelpfiichtigen Erwerbspreises folgende von dem Erwerber übernommene Verpflichtungen und Gegenleistungen nicht in Anrechnung: 1. die von dem Erwerber übernommenen Schulden des Uebertragenden, sowie die auf den über­ tragenen Vermögensstücken haftenden beständigen Lasten und Abgaben; 2. der zu Gunsten des Uebertragenden und dessen Ehegatten in dem Vertrage festgesetzte Alten­ theil, die denselben vorbehaltenen Nutzungen, Leibrenten und sonstigen lebenslänglichen Geld­ oder Natural-Prästationen, sowie die denselben zugesicherten Alimente; 3. die Abfindungen, Alimente und Erziehungsgelder, welche der Erwerber nach Inhalt des Ver­ trages an andere Descendenten des Uebertragenden zu entrichten hat; endlich 4. derjenige Theil des Erwerbspreises, welcher dem Uebernehmer als sein künftiges Erbtheil an­ gewiesen wird. §.

2.

Wenn die von dem Erwerber übernommenen Gegenleistungen lediglich in den im §. 1 unter Nr. 1—4 einschließlich aufgeführten Verpflichtungen bestehen, so ist der Vertrag einer Schenkung unter Lebenden gleich zu achten und bleibt daher vom Kaufftempel frei. §. 3. Wenn in einem solchen Vertrage dem Uebernehmer Abfindungen, Alimente oder Erziehungs­ gelder für andere Descendenten des Uebertragenden auferlegt sind (§. 1 Nr. 3) und der Kapital­ werth dieser Zuwendungen zusammengenommen wenigstens fünfzig Thaler beträgt, so ist zu dem Vertrage, abgesehen von dem nach §. 1 etwa erforderlichen Kaufftempel, ein Rezeßstempel von 15 Silbergroschen resp. 2 Thalem zu verwenden. §. 4. Die Bestimmung sub b der Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 (GS. S. 137, s. Anm. 1) wird hierdurch aufgehoben. Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1862 in Kraft. 38. a. Das Wort Descendenten" hat in dem Gesetze vom 22. Juli 1861 denselben Sinn, wie in der Bestimmung des §. 5 lit. b des Stempelgesetzes vom 7. März 1822, aus welcher der gedachte Ausdruck in die Allerh. Ordre vom 14. April 1832, an deren Stelle das Gesetz v. 22. Juli 1861 getreten ist, übernommen worden (s. Anm. 1, 37). Daß aber im §. 5 des Stempelgesetzes unter „Descendenten" nur leibliche, nicht auch Adoptiv-Kinder verstanden sind, folgt mit Ge­ wißheit daraus, daß durch die Anordnung: „verkäufliche Gutsüberlassungen an Descen­ denten sind den Schenkungen gleich zu achten" eine Begünstigung gewährt werden sollte, während Adoptiv-Kinder für Schenkungen der Adoptiv - Eltern einen Stempel von 2 Prozent zu zahlen haben, mithin die Anwendung der Bestimmung des §. 5 a. a. O. auf Adoptiv-Kinder nicht eine Begünstigung, sondern eine ganz unmotivirte Benachtheiligung sein würde. Ueberdies ist nicht nur in dem Berichte des Hauses der Abgeordneten über den Entwurf des Gesetzes vom 22. Juli 1861 klar ausgesprochen, daß unter „Descendenten" nur „erbschaftsstempelfreie", also leibliche Descendenten verstanden seien, sondern es folgt dies auch aus der Bestimmung im §. 2 des Gesetzes selbst, indem nach derselben die Adoptiv-Kinder, wenn sie unter den Descendenten im Sinne des Gesetzes begriffen wären, von dem an sie übergehenden Werthe 2 Prozent, statt des nach dem Preise zu berechnenden Stempels von nur 1 Prozent zu zahlen haben würden. FMR. v. 4. Juni 1863 (CB. S. 274). 38. b. Für die Stempelpflichtigkeit einer Urkunde ist ausschließlich deren Inhalt enffcheidend und maßgebend. Von diesem Grundsätze ausgehend, haben die beiderseitigen Reffort-Ministerien stets.an der Ansicht festgehalten, daß, wenn Schwiegereltern an ihre Schwiegersöhne Grund-

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stücke verkaufen, der Umftanb, daß die Töchter (oder sonstige Descendentinnen) mit letzteren in Gütergemeinschaft, gleichviel welcher Art, leben, an sich nicht zur Anwendung der Begünstigungen des Gesetzes vom 22. Juli 1861 (s Amn. 37) in Bezug auf den Kaufstempel führen kann, weil der Schwiegersohn nicht „Descendent" der Uebertragenden ist, und der Miterwerb des Grundstücks durch die mit dem Käufer verheirathete Tochter derselben nur gesetzliche Wirkung der Gütergemeinschaft ist, nicht auf der Vertragsstipulation als solcher beruht. Diese Gesichtspunkte lassen auch in den Fällen, aus denen das rc. Veranlassung zu der Remonstration entnommen hat, die bestrittenen Monita des rc. Nr. 2 und 3 der Nevisionsverhandlung vom 4. Juli v. I. als gerechtfertigt erscheinen. Nach den abschriftlich eingereichten beiden Vertragsurkunden ist in den beiden, diesen Erinnerungen zu Grunde liegenden Fällen die Uebertragung der Grundstücke an die Schwieger­ söhne allein erfolgt und nur historisch des gütergemeinschaftlichen Verhältnisses zu den mit denselben verehelichten Töchtern des Uebertragenden erwähnt. Zn ein obligatorisches Verhältniß zu letzteren, namentlich auch bezüglich der bei der Versteuerung in Betracht kommenden Gegen­ leistungen, tritt vertragsmäßig nur der Schwiegersohn. Das Reskript vom 11. Dez. 1839 (JMB. 1840 S. 150 — s. Anm. 32. d), welches von dem rc. angezogen worden, und, wie anerkannt werden kann, wenngleich für die Provinz Westfalen erlassen, nicht auf die prinzipiellen Eigenthümlichkeiten der dortigen Gütergemeinschaft allein zu beziehen ist, giebt in den konkreten Fällen der Remonstration des rc. keine Unterstützung, weil es an der dort ausgesprochenen Voraussetzung: daß die Tochter der Uebertragenden vermöge der derselben aus dem gütergemeinschaftlichen Verhältnisse zustehenden Befugniß allein vertreten wird, und dieses Verhältnisses nicht nur in dem Vertrage Erwähnung geschieht, sondern die Ascendenten zugleich deutlich erklären, daß sie durch die Abtretung eine Zuwendung an ihre in Gütergemeinschaft lebende Tochter (Descendentin) beabsichtigen, hier fehlt. Die Frage wegen fernerer Anwendbarkeit dieser Ministerial - Verfügung vom 11. Dez. 1839 nach Emanation des Gesetzes vom 22. Juli 1861 kann auf sich beruhen; keinenfalls findet eine Ausdehnung der Voraussetzung und Bedingungen derselben in dem allgemeinen Umfange Statt, den der in dem Bericht des rc. vorgetragene Beschluß desselben vom 7. Oktober 1865 jenem Erlasse gegeben hat. JMR. v. 8. April 1868 I 1421 im Einverst. des FM. (B.-Bl.f. ger. Beamte 1868 S. 146). — Vergl. Anm. 32. a, b u. S. 44 Anm. 34. b sub Nr. 12. 39. Wenngleich es im Allgemeinen zweifelhaft sein mag, ob die von dem Annehmer eines Gutes übernommene Verpflichtung, den Uebertragenden dereinst kostenfrei beerdigen zu lassen, unter den gesetzlichen Begriff des Altentheils subsumirt werden kann, so würde es doch bei Verträgen, die unter das Gesetz vom 22. Juli 1861 fallen, der Absicht dieses letzteren nicht entsprechen, Leistungen der gedachten Art zur Versteuerung heranzuziehen. In Zukunft sind daher Erinnerungen nicht mehr aufzustellen, wenn bei Berechnung des Werthstempels zu derartigen Ueberlassungsverträgen der Geldwerth eines dem Altentheilsnehmer Seitens des Descendenten zu gewährenden freien Begräb­ nisses als ein Theil des Kaufpreises nicht besonders zur Versteuerung gezogen ist. FMR. v. 19. Mai 1866 (CB. S. 157); vergl. (früher) Anm. 33. 40. Wenn statt der nach §. 1 Nr. 2 des Ges. v. 22. Juli 1861 (s. Anm. 37) bei der Ver­ steuerung außer Betracht bleibenden Prästationen die eventuelle Zahlung einer Kapital-Summe ausbedungen wird, s. Anm. 17. d. 41. a. Unter den im §. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 22. Juli 1861 (s. Anm. 37) erwähnten Schulden des Uebertragenden sind nicht blos Forderungen eines Dritten, sondern auch solche Forderungen zu verstehen, welche dem Erwerber selbst an den Uebertragenden zustehen. Auch diese kommen, wenn sich der Erwerber wegen einer solchen Forderung durch die Ueberlassung für befriedigt erklärt, zur Feststellung des stempelpflichtigen Erwerbspreises nicht in Anrechnung. Erk. i*

100 des OT. (I) v. 3. April 1867 (Gruchot Beiträge rc. B. 11 S. 769, GA. B. 15 S. 610 sub Nr. 45). Zn Folge mehrerer Entscheidungen des König!. Ober-Tribunals ist schon anderweit nachgegeben worden, daß auch die eigenen Forderungen des Descendenten an den übertragenden Ascendenten als von dem Ersteren übernommene Schulden des Uebertragenden, im Sinne des Gesetzes vom 22. Zuli 1861, vom Kaufstempel befreit bleiben. FMR. v. 17. April 1868 III 8841 an d. Reg. in F. Ebenso FMR. v. 23. Zan. 1868 III 120 an d. PStD. in Mg (mitgetheilt durch FMR. v. 10. Zuni 1869 III 11734 an d. Reg. in Pm), wonach auch solche, mit dem Kaufpreise nur zu kompensirende Forderungen bei Feststellung des stempelpflichtigen Erwerbspreises außer Betracht bleiben. 41. b. Bei Kaufverträgen nach Maßgabe des Gesetzes vom 22. Zuli 1861 kann auch ein vom Käufer übernommener, auf dem erkauften Grundstücke eingetragener Altentheil als eine Schuld des Verkäufers angesehen und deshalb bei Berechnung des Kaufftempels unberücksichtigt bleiben. FMR. v. 28. März 1866 III 6310 an d. Reg. in F. 42. a. Das Gesetz vom 22. Juli 1861 (s. Anm. 37) bestimmt, daß gewisse Leistungen des Käufers bei Berechnung des Werthstempels nicht in Anrechnung kommen sollen, wenn Ascendenten Grundstücke allein, oder im Zusammenhange mit anderem Vermögen, an Descendenten übertragen. Dasselbe setzt aber nicht fest, daß die vom Werthstempel befreiten Leistungen zunächst, oder gar allein, von dem für die Immobilien verabredeten Kaufpreise in Abzug zu bringen seien; der steuerfrei bleibende Theil des Letzteren ist vielmehr verhältnißmäßig auf den für die Immobilien und den für die Mobilien stipulirten Preis zu vertheilen. Rach diesem Grundsätze ist bei Anwendung der Allerh. Ordre vom 14. April 1832 unter b (s. Anm. 1) verfahren worden, und es kann keinem Bedenken unterliegen, daß in gleicher Weise auch jetzt zu verfahren, da das Gesetz vom 22. Juli 1861 in dieser Hinsicht an jener Ordre nichts geändert hat. FMR. v. 22. Zuli 1864 (CB. S. 279); vergl. die folg. Anm. 42. b. Werden in einem schriftlichen Vertrage von Ascendenten an Descendenten Grundstücke im Zusammenhange mit beweglichen Sachen für getrennte Preise veräußert, so steht es den Kontrahenten frei, zu bestimmen, in welcher Weise die gesetzlich vom Kaufstempel befreiten Ab­ findungssummen oder Gegenleistungen des Käufers von den beiden Kaufpreisen abgerechnet werden sollen, und sie sind nicht verpflichtet, im Interesse der Stempelabgabe, diese Summen resp. den Werth der Gegenleistungen des Gutsannehmers verhältnißmäßig auf die gesonderten Kaufpreise in Abzug zu bringen. Erk. des OT. (I) v. 22. März 1869 (Entsch. B. 61 S. 267); vergl. Anm. 36. 43. a) Giebt in einem zwischen Vater und Tochter geschlossenen Jmmobiliar-Kaufvertrage die Letztere, mit Bezug auf die Seitens des Ersteren geschehene Ueberweisung von je 100 Thaler Kauf­ geld an ihre Geschwister, die Erklärung ab, daß sie durch den Vortheil der Erwerbung des Grund­ stücks mit ihren Geschwistern in Betreff des künftigen Vatererbes gleichgestellt sei und sich dereinst gleichfalls 100 Thaler als auf das Vatererbe erhalten anzurechnen habe, so verstößt der Richter rechtsgrundsätzlich nicht, wenn er annimmt, daß diese Erklärung eine Anweisung auf den künftigen Erbtheil int Sinne des §. 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 22. Juli 1861 (s. Anm. 37) enthält (vergl. Anm. 31 Abs. 1 Schlußsatz u. Anm. 34. a—e); b) Wenn in einem solchen Vertrage der als Mitläufer auftretende Ehemann der Käuferin erklärt, daß er für die ganzen Verpflichtungen aus dem Kaufverträge, für die eine Hälfte allein, für die andere Hälfte neben seiner Ehefrau als Mitschuldner hafte, so hat er den Kaufstempel immer nur rückstchtlich der von ihm selbst erworbenen ideellen Hälfte des Grundstücks zu entrichten, nicht auch von den auf die Grundstückshälfte der Ehefrau entfallenden antheiligen Kaufgeldern

und Prästationen, für welche er die Mitverhaftung übernommen hat. Erk. des OT. (I Nr. 184 in Sachen Friedrich wider den Fiskus — bisher nicht abgedruckt) v. 20. Dez. 1872. In den Erk.-Gründen heißt es im Wesentlichen — zu a): die Nichtigkeitsbeschwerde scheitere an der prozessualisch nicht angegriffenen und daher hier zu Grunde zu legenden thatsächlichen Fest­ stellung des Appell.-Richters, daß eine Anweisung der 100 Thaler auf das künftige Vatergut der Ehefrau, wenn auch im Vertrage nicht mit direkten Worten Seitens des Verkäufers ausgesprochen, doch aus dem Zusammenhange der Vertragsbestimmungen zu entnehmen sei. — 3u b): die auf die Grundstückshälfte der Ehefrau des Klägers entfallenden anteiligen Kaufgelder und Prästationen seien um deswillen als ein Theil des Kaufwerthes der vom Kläger selbst erworbenen Grundstücks­ hälfte nicht zu erachten, weil schon, beim bloßen Mangel einer gegenteiligen Vereinbarung, der Kläger nach §. 434 Tit. 5 Th. 1 ALR. dem Verkäufer gegenüber für alle demselben von den beiden gemeinsamen Käufern versprochenen Kaufgelder und Prästationen gesetzlich verhaftet und nur diese seine gesetzliche Verpflichtung zu einer ausdrücklichen vertragsmäßigen gemacht worden sei. 44. Bereits in früheren Fällen hat mit dem Herrn Finanz - Minister eine Verständigung darüber stattgefunden, inwieweit bei Kaufverträgen zwischen Ascendenten und Descendenten, wenn dieselben nach §. 3 des Gesetzes vom 22. Juli 1861 (GS. S. 754 — s. Anm. 37) einem Rezeß­ stempel von 2 Thalern beziehentlich 15 Sgr. unterliegen, außer diesem Stempel zur einmaligen Aus­ fertigung des Vertrages der Ausfertigungsstempel zu verwenden resp. zu erheben ist. Diese Ver­ ständigung hat zu dem Ergebniß geführt, daß zwar dann, wenn mit dem Rezeßstempel ein Werth­ stempel konkurrirt, für die Ausfertigung ein weiterer Stempel nicht zu verwenden resp. anzusetzen, außer diesem Falle jedoch der Rezeßstempel und der Ausfertigungsstempel, als auf verschiedenen Tarifpositionen beruhend, nach Nr.l der Allgemeinen Vorschriften zum Gebrauch des Stempeltarifs, neben einander zur Verwendung resp. zum Ansatz zu bringen sind. Daß in solchen Fällen einmal ausnahmsweise eine kleine Erhöhung des Stempels gegen die frühere Gesetzgebung eintreten kann, ist nicht entscheidend; dieselbe wird sich übrigens in dem jetzt zur Erörterung stehenden Falle vermeiden lassen, wenn von der nach der Tarifposition „Ausfertigungen" den Gerichtsbe­ hörden zustehenden Befugniß, den Stempel zur Ausfertigung, wo die Verhältnisse der Parteien es rechtfertigen, auf 5 Sgr. zu ermäßigen, Gebrauch gemacht wird. JMR. v. 6. Dez. 1866 I 4364 an d. Appell.-G. in Ratibor (CBl. f. ger. Beamte 1867 S. 40); vergl. Anm. 6 zur Tarifpos. „Erbrezesse". B. zu lit. d. 45. Bei einer emphyteutischen Verleihung auf Zeit, wo von einem neuen Kanon nach Ablauf derselben die Rede ist, obgleich kein neuer Nutzungsanschlag zur Bestimmung desselben hervorgeht, kann vom Erbstandsgelde Ein Prozent, vom dreißigjährigen Kanon ein Drittheil Prozent, erhoben werden. FMR. v. 30. Okt. 1822 III 20925 an d. Reg. in D. (SK.). C. zu lit. e. 46. Bei Berechnung des Stempels für Tauschverträge über Grundstücke uud Gerechtigkeiten ist nicht lediglich auf den absoluten Werth der verschiedenen Tauschobjekte Rücksicht zu nehmen, vielmehr kommt es dabei nur auf den höheren Werth oder Werthstheil des einen oder des andern der vertauschten Grundstücke an, wie derselbe bei Berechnung der Stempelsteuer in Betracht kommt. Erk. des OT. (I) v. 31. Mai 1872 (Str. A. B. 85 S. 193)?) 0 Aus den Erk.-Gründen: Der Kläger will das von v. K. sen. seinem Sohne übertragene Gut B. als das werthvollere, von welchem allein der erforderliche Stempelsatz zu berechnen sei, um deshalb ansehen, weil in dem notariellen Tauschvertrage vom 15. März 1866 der Tauschpreis für dieses auf 102000 Thaler, derjenige für die dagegen eingetauschten Grundstücke in L. und D. von

102 47. Dem Königl. Appell.-Gericht wird auf den über die Auslegung des Stempelgesetzes §. 5 lit. e erstatteten Bericht hierdurch eröffnet, daß der Zustiz-Minister im Einverständniß mit dein Herrn Finanz-Minister der Ansicht des Kollegiums aus den in dem Berichte entwickelten Gründen Beitritt. Demnach findet auf den notariellen Vertrag vom 11. Dez. 1856 der §. 5. e des Stempel­ gesetzes vom 7. März 1822 in der Art Anwendung, daß der Stempel zu 1 Prozent von 33000 Thalern, dem Werthe des vertauschten Grundstücks, mit 330 Thalern Platz greift, während der zu 27000 Thalern angegebene geringere Werth der dagegen vertauschten Mobilien von der Versteuerung ausscheidet und nicht noch besonders mit V3 Prozent betroffen wird. ZMR. v. 8. Jan. 1859 I 4567 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 19. dess. M. III 612 an d. Reg. daselbst. Zn dem vorgedachten Bericht des Appell.-G. war u. A. gesagt: das Stempelgesetz v. 7. März 1822 lasse im §. 5 lit. e dasjenige, was für die Grundstücke oder Grundgerechtigkeiten in Tausch gegeben werden solle, ganz dahingestellt, und bezeichne diese Gegenleistung nur ganz im Allgemeinen mit dem Ausdrucke „Gegenstand", so daß dieser Gegenstand füglich auch eine bewegliche Sache sein könne; im §. 5 lit. e finde sich der allgemeine Grundsatz aufgestellt, daß bei allen Tauschverträgen nicht der von jedem Kontrahenten veräußerte Gegenstand seinem besonderen Werthe nach versteuert, also das einheitliche Geschäft nicht doppelt besteuert, sondern nur einmal nach dem zu ermittelnden werthvollsten Tauschgegenstande die Stempelsteuer erhoben werden solle. 48. Mit der in Ew. rc. Berichte dargelegten Auffaffung erkläre ich mich dahin einverstanden, daß bei Verträgen, durch welche inländische Grundstücke gegen ausländische vertauscht werden, es sich rechtfertigen läßt, mit Rücksicht auf die Position „Kaufverträge" im Stempeltarif (über außer­ halb Landes gelegene Grundstücke rc.), auf welche die Stempeltarifposition „Tauschverträge" r»erweist, von der allgemeinen Vorschrift im §. 5. e des Gesetzes abzusehen, und demgemäß bei der Berechnung des Werthstempels nicht unbedingt den größeren Werth der beiden Tauschgegenstände in Betracht zu ziehen, dergestalt, daß der Stempel vom Werthe des inländischen, derselbe möge den Kontrahenten aber nur auf 82000 Thaler festgestellt worden ist. Desien ungeachtet will er den zu entrichtenden Zmmobiliar-Tauschstempel doch nicht nach jener höheren Werthangabe (102000 Thaler), sondern unter Anwendung der erleichternden Bestimmungen des Gesetzes vom 22. Zuli 1861 §. 1 Nr. 1 und 4 (s. oben Anm. 37), d. h. nach Abrechnung von 59000 Thalern (Seitens des Erwerbers übernommenen Schulden des Uebertragenden) und 20000 Thalern (dem Erwerber auf dessen künftigen elterlichen Erbtheil angewiesen) schließlich nur nach einem Werthe von 23000 Thalern, also nach einem Betrage berechnen, der weit hinter demjenigen Werthe zurückbleibt, der durch die eigene Preisfeststellung der Kontrahenten für die Grundstücke in L. und D. in Höhe von 82000 Thalern ermittelt ist. Dies Verlangen erscheint nicht blos in sich inkonsequent, sondern widerspricht auch augenscheinlich dem Sinne und Zwecke- der Vorschrift des §. 5. a a. a. O., deffen Wortfassung schon darauf hindeutet, daß nicht unbedingt der höhere Werth, sondern nur insofern entscheiden soll, als er für Berechnung des Stempelsatzes als höchster ermittelt wird. Bei der Berechnung des Klägers würde die Differenz zwischen dem Tauschpreise für die Grundstücke in L. und D. (82000 Thaler) und dem Werthstheile des Tauschpreises für das Gut B., der allein der Stempelsteuer unterliegt (23000 Thaler), also der Betrag von 59000 Thalern ganz unbesteuert bleiben; das ist offenbar nicht die Absicht des Gesetzes. Schon der Appell.-Richter macht hierbei derauf aufmerksam, man dürfe nur an den Fall denken, daß Immobilien, etwa zum Werthe von 1000 Thalern, gegen Mobilien, die vielleicht auf 1500 Thaler abgeschätzt sind, vertauscht würden; beim Kauf würden die ersteren mit 1 Prozent, also mit 10 Thalern, die letzteren aber mit V3 Pro­ zent des Werthes, also mit 5 Thalern besteuert; handele es sich nun um Tausch beider, so würde die StempelabAabe zu erheben sein, je nachdem die Berechnung nach dem höhern oder geringern Prozentsätze die Abgabe am höchsten herausstelle. Der Vorwurf des Imploranten: der Appell.Richter mache die beabsichtigte Wohlthat des Gesetzes vom 22. Zuli 1861 illusorisch durch die Art und Weise, wie er den §. 5 lit. e a. a. O. auslege, beruht auf einem Irrthum. An sich, d. h. ab­ gesehen von jenem Gesetz, mühte für das vertauschte Gut unzweifelhaft ein Zmmobiliarstempel von 1020 Thalern entrichtet werden; wenn nun statt dessen, gerade mit Rücksicht auf die Erleichte­ rungen des gedachten Gesetzes, nach Maßgabe des Werthes des andern Tauschobjektes — 82000 Thaler — nur ein Stempel von 820 Thalern erfordert ist, so kommt den Kontrahenten immer der Minderbetrag von 200 Thalern zu Statten rc.

Gesetz Z. 5.

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höher oder geringer sein, als der des ausländischen, zu berechnen ist. FMR. v. 18. April 1866 III 6979 an d. PStD. in Br. D. zu lit. f. 49. a. Es soll nichts dagegen erinnert werden, wenn bei Verkäufen von Grundstücken und Grundgerechtigkeiten von dem besonders bedungenen Kaufpreise der aus beweglichen Gegenständen bestehenden Znventarienstücke der Kaufstempel auf ein Drittheil Prozent berechnet und verwendet wird. FMR. v. 26. Sept. 1830 III 17465 an d. PStD. in S. (SK.). 49. b. Die Wortfassung des §. 5. f. des Stempelgesetzes schließt die Annahme aus, daß die besondere Berechnung des Stempels für die Immobilien und für die mitveräußerten sonstigen Gegenstände nur da Platz greife, wo für beiderlei Gegenstände getrennte Kaufpreise verabredet worden sind; vielmehr ergiebt sich daraus, daß auch in den Fällen, in welchen Immobilien mit Sachen anderer Art zusammengenommen in einer Summe, d. h. für einen gemeinschaft­ lichen Kaufpreis veräußert worden sind, die getrennte Berechnung des Werthstempels stattfinden muß, sofern nur der Werth der zuletzt gedachten Sachen besonders angegeben ist. Hätte das Stempelgesetz beabsichtigt, die Festsetzung abgesonderter Kaufpreise als Erforderniß aufzu­ stellen, so mußten die Worte im §. 5. f: „ohne besondere Angabe ihres Werths" ganz wegbleiben. Schreiben des ZM. an d. FM. v. 17. März 1857 I 1018, mitgetheilt durch FMR. v. 22. Okt. dess. 3- III. 22959 an d. Reg. in F. 49. c. Der §. 5. f des Stempelgesetzes greift dann nicht Platz, wenn die Kontrahenten das Gmndstück mit den beweglichen Inventarienstücken zwar in Einer Summe veräußert, aber in dem­ selben Vertrage angegeben haben, welcher Theil der Gesammtsumme auf das mitveräußerte beweg­ liche Inventarium gerechnet werden soll. Erk. des OT. (1) v. 7. Mai 1858 (GA. B. 6 S. 547). 49. d. Da das dingliche Recht des Hypotheken-Gläubigers sich auf die bei dem Grundstücke befindlichen Pertinenzstücke erstreckt (§. 443 Tit. 20 Th. 1 ALR.), so läßt sich nichts dagegen erinnem, wenn bei dem vorliegenden Kaufverträge ein Theil der in partem pretii non soluti vom Käufer übernommenen Hypotheken-Schulden auf die mitverkauften Pertinenzstücke gerechnet ist, und es ist daher, nachdem einmal nachgegeben ist, daß vom Werthe mitverkaufter Pertinenzstücke der Stempel nur mit y3 Prozent entrichtet zu werden braucht, der Anspruch, den auf die Pertinenzstücke fallenden Theil der Hypotheken-Schulden nach dem Satze von 1 Prozent, statt nach dem Satze von y3 Pro­ zent zu versteuern, nicht aufrecht zu erhalten. FMR. v. 19. Juni 1840III 13844 an d. Reg. in F. In anderen ähnlichen Fällen, in welchen der Käufer von Immobilien und Mobilien, wofür getrennte Kaufpreise verabredet waren, an Hypotheken-Schulden einen, den Kaufpreis für die Im­ mobilien übersteigenden Betrag übernommen hatte, gleichmäßig entschieden durch FMR. v. 28. Okt. 1858 III 22733, 8. März und 11. Juni 1859 III 5416 und 12424, sämmtlich an d. Reg. in F. 50. a. Wenn ein Grundstück mit andern Gegenständen in Einer Summe veräußert worden, ist eine nachträgliche Einigung der Kontrahenten über den Werth der mitverkauften Mobiliar-Gegen­ stände, lediglich um dadurch eine Herabsetzung des Stempels herbeizuführen, nach §. 5. f des Stem­ pelgesetzes unzulässig. FMR. v. 1. Nov. (nicht Sept., wie in S.K.) 1852 III 25111 an d. PStD. in D.; desgl. v. 2. Mai 1854 III 9502 an d. Reg. in F. 50. b. Die Vorschrift in §. 5. f des Stempelgesetzes erscheint durchgreifend, weil in dem Ver­ trage ein Kaufpreis für die mitverkauften Mobilien nicht ersichtlich gemacht worden ist. Auf den Vertrag selbst kommt es aber allein an, denn die Stempelpflichtigkeit einer Urkunde bestimmt sich lediglich nach ihrem Inhalte. Die nachträgliche Notiz des Notars, wenn man sie auch für völlig glaub­ haft erachtet, und in Gemäßheit seiner amtlichen Versicherung annimmt, daß sie dem bei Gelegen­ heit der Aufnahme des Kontrakts erklärten Willen der Parteien entspreche, kann deshalb keine Berücksichtigung finden. ZMR. v. 2. Aug. 1861 an d. Appell.-G. in Greifswald, mitgetheilt durch FMR. v. 13. dess. M. III 18614 an d. PStD. in S.

104 50. c. In dem gerichtlichen Kaufvertrags vom 19. Sept. 1850 zwischen Ihnen und dem Verkäufer ist eine Trennung des Kaufpreises für die verkauften Immobilien und Inventarien nicht enthalten, wiewohl in dem Gesuche um Aufnahme des gerichtlichen Kaufvertrages der Werth der Immobilien nur zu 6000 Thalern angegeben ist, während sich der Werth der Inventarien danach auf 4000 Thaler belaufen sollte. Daß aber diese Angaben in dem Gesuche um Aufnahme des gerichtlichen Vertrages vorkommen, genügt nicht, um darauf Rücksicht nehmen zu können, viel­ mehr ist, da sie im Kaufverträge nicht wiederholt werden, anzunehmen, daß es in der Absicht der Kontrahenten gelegen habe, eine Trennung des Kaufpreises für Mobilien und Immobilien nicht vorzunehmen. Außerdem ist dem gerichtlichen Kaufvertrags der schriftliche Abschluß einer rechtsverbindlichere Kaufpunktation unter Privatunterschrift der Kontrahenten vorhergegangen und in dieser der Kauf­ preis gleichfalls in Einer Summe für Immobilien und Inventarien auf 10000 Thaler ausgeworfen. Diese Kaufpunktation schon hat nach der Allerh. Ordre vom 19. Juni 1834 (GS. S. 81 — s. Anm. 5 zu §. 12) dem Kaufwerthstempel, und zwar, mit Rücksicht auf den §. 5 lit. f des Stempel­ gesetzes vom 7. März 1822, dem 1 Prozent-Stempel mit 100 Thalern unterlegen. Auf diesen Stempelbetrag stand der Staatskasse mit dem Abschlüsse der Kaufpunktation ein Anspruch zu, und selbst der späteren wirklichen Aenderung der diesfälligen Stipulation in dem nachher gerichtlich aufgenommenen Kaufverträge würde nicht die Wirkung einer Verminderung der Stempelabgabe haben beigelegt werden können, wie bald auch der gerichtliche Vertrag nach dem Abschluß der Punktation aufgenommen worden sein möchte. FMR. v. 18. April 1851 III 7506 an d. P. und nachrichtlich an d. Reg. in F. — Vergl. Anm. 15. c zu §. 22. 50. d. Im §. 12 des Kaufvertrages vom 17. Nov. 1852 ist zwar Behufs der Stempel­ berechnung bemerkt, daß das neben den Immobilien mitverkaufte bewegliche Vermögen einen Werth von 15566 Thalern 20 Sgr. habe, zugleich aber auch von den Kontrahenten angeführt, daß diese Werthsangabe auf die kontraktlichen Rechte und Verpflichtungen der Kontrahenten ohne allen Ein­ fluß sein solle. Bei der Stempelberechnung ist von dem solchergestalt angegebenen Mobiliarwerthe der Kaufstempel nur zu Vz Prozent angesetzt. Dies ist aber unrichtig und die Versteuerung des vollen Kaufpreises mit dem Stempel zu 1 Prozent zu verlangen, weil eine Werthsbestimmung, welche von den Kontrahenten selbst als für sie unverbindlich bezeichnet ist, für den Steuerfiskus nicht maßgebend sein kann. Die Versteuerung des vollen Kaufpreises zu 1 Prozent erscheint auch schon um deshalb er­ forderlich, weil in der dem Kaufvertrags vorangegangenen Punktation der gefammte Kaufpreis in Einer Summe ausgeworfen worden ist. Sie wenden zwar hiergegen ein, wie es der Natur einer Punktation entspreche, daß dieselbe den Vertrag nur in seinen allgemeinen wesentlichen Umrissen enthalte, deren nähere Ausführung aber dem formellen Vertrage überlasse. Dieser Einwand kann aber, was den Kaufpreis anlangt, als zutreffend nicht erachtet werden; letzterer gehört vielmehr zu den Essentialien des Kaufgeschäfts, dergestalt, daß der in einer rechtsverbindlichen Punktation festgestellte Kaufpreis der Berechnung des Vertragswerthstempels zum Grunde gelegt werden muß, gleichviel ob der Stempel zur Punktatton oder zu einem nachher geschloffenen formellen Vertrage verwendet wird. Denn nach der Allerh. Ordre vom 19. Juni 1834 hat der Antrag auf Abschluß eines förmlichen gerichtlichen oder notariellen Vertrages, wenn er binnen 14 Tagen nach Abschluß der Punktation angebracht wird, sowie die nachherige Aufnahme eines solchen Vertrages nur die Wirkung, daß das Stempelpapier nicht zur Punktatton, sondern zur Ausfertigung des Vertrages zu adhibiren ist. Der Betrag des Stempels hingegen richtet sich nach dem Inhalte der Punk­ tatton als des stempelpflichtigen Schriftstückes, und der Entrichtung des Stempels in dem einmal fällig gewordenen Betrage können die Kontrahenten sich durch eine Modifikation der früheren Sti-

Gesetz §. 5.

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pulationen nicht entziehen. FMR. v. 21. Mai 1855 III 11757 an d. Notar P. und zur Nachricht an d. Reg. in F. 51. Der Betrag des Kaufpreises, der auf das Inventarium zu rechnen, ist im Vertrage speziell notirt; wenn daher noch die Zahlung einer lebenslänglichen Rente von 1000 Thalern über­ nommen wird, so tritt der entsprechende, nach §. 4. c des Stempelgesetzes zu berechnende Kapitalbetrag dem Kaufpreise für die Immobilien Behufs der Versteuerung mit 1 Prozent hinzu. ZMR. v. 5. Juli 1860 III 2228 an d. Appell.-G. in S. 52. a. Wenn in einem und demselben Vertrage Immobilien und Mobilien zusammen verkauft werden, und der Werth jeder der beiden Arten von Sachen die Summe von 50 Thalern nicht erreicht, beide zusammengenommen aber diesen Betrag übersteigen, wenn also z. B. für 40 Thaler Immobilien und für 20 Thaler Mobilien veräußert werden, so muß der Stempel resp. mit 1 Prozent von dem Jmmobiliarwerth, und mit V3 Prozent des Mobiliarwerths berechnet werden. ZMR. v. 30. April 1829 an d. OLGericht in Insterburg, FMR. v. 18. Mai defs. I. III 10004 an d. PStD. in Kg (SK.). 52. b. Es ist der Ansicht beizutreten, daß eine Trennung des Mobiliar-Kaufpreises von beut Kaufpreise für Grundstücke nicht füglich zu einer Erhöhung des Werthstempels führen darf und daß demgemäß, einer derartigen Trennung der Preise ungeachtet, höchstens derjenige Werthstempel zu erlegen ist', welcher zu entrichten gewesen sein würde, wenn die Trennung unterblieben wäre. Die Verfügung vom 18. Mai 1829 III 10004 (s. vorige Anm.) hat nur dahin Entscheidung ge­ troffen, daß ein Kaufvertrag steuerpflichtig sei, sobald nur der gesammte Kaufpreis, für Mobilien und Immobilien zusammen, den Betrag von 50 Thlrn erreicht, und daß eine Vertheilung der Preise auf Mobilien und Immobilien eine Befreiung nicht herbeiführe, auch wenn die für diese Gegenstände verabredeten Preise je unter 50 Thlr betragen und nur zusammen 50 Thlr erreichen oder übersteigen. Daß in dem gewählten Beispiele (Kaufpreis zusammen 50 Thlr, davon für Immobilien 40 und für Mobilien 10 Thlr) statt eines Stempels von höchstens 15 Sgr. ein solcher von 20 Sgr. zu verwenden sein soll, ist nicht ausgesprochen. FMR. v. 14. Jan. 1869 III 28983 an d. Reg. in F. 53. a. FMR. v. 22. Jan. 1842 (CB. S. 147), mitgetheilt durch JMR. v. 2. Febr. dess. Z. (JMB. S. 52): Zur Beseitigung der über die Versteuerung der Erbschaftskäufe — §§. 445, 447 Tit. 11 Th. 1 ALR. — entstandenen Zweifel wird Folgendes festgesetzt: 1. Bei Erbschaftskäufen, wo also das Erbschaftsrecht Gegenstand des Kaufes ist, besteht die dem Kaufftempel unterliegende Summe, wie bei anderen Käufen, in dem Kaufpreise, mit Einschluß der vorbehaltenen Nutzungen und ausbedungenen Leistungen. Schulden, welche auf der Erbschaft ruhen, gehören aber, da dieselben in Folge des Erbschaftskaufs ohne besondere Uebernahme auf den Käufer übergehen, nicht zur stempelpflichtigen Kaufsumme. 2. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob der Erbschaftskauf das Erbrecht nur Eines oder aller Erben einer Erbschaft umfaßt, und ob der Kauf mit einem Dritten, oder unter Theilnehmern der Erbschaft abgeschlossen wird. Im letzteren Falle versteht es sich jedoch von selbst, daß dabei die Begünstigungen der Allerh. Kab.-Ordre vom 24. Dez. 1834 (s. §. 10), welche überhaupt auf Erbschaftskäufe keine Anwendung leidet, nicht in Anspruch genommen werden können, mithin auch solchen Falls der volle Kaufstempel zum Verbrauch kommen muß. 3. Gehören zu der Erbschaft, auf welche sich der Erbschaftskauf bezieht, Grundstücke oder Grundgerechtigkeiten, so unterliegt der nach der vorstehenden Nr. 1 zu berechnende volle Kaufpreis dem Kaufstempel für Immobilien; s. jedoch Anm. 53. b, c. 53. b. Erk. des OT. (I) v. 19. Dez. 1864 (Str.A. B. 55 S. 342, Entsch. B. 52 S. 379): a. Gehören zu der verkauften Erbschaft Immobilien, so kommen Behufs Berechnung der Stempelsteuer die Vorschriften des §. 5 lit. f des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 zur Anwen-

106 düng. Zst daher in dem Vertrage der Kaufpreis der Erbschaft in nur einer Summe bestimmt worden, ohne daß ein besonderer Werth für die zur Erbschaft gehörigen unbeweglichen be­ ziehungsweise beweglichen Gegenstände angegeben ist, so ist der Stempelsatz von dieser Summe dergestalt zu berechnen, als ob sie ganz für Grundstücke oder Grundgerechtigkeiten gezahlt worden wäre. Zst dagegen ein besonderer Werth für die unbeweglichen beziehungsweise beweg­ lichen Gegenstände angegeben, so macht in Betreff der Letzteren ein Drittheil Prozent des Kauf­ preises den zu erhebenden Stempel aus; b. Hat ein Rechtsgeschäft, z. B. der Erbschaftskauf, in dem einen Landestheile nach der dort geltenden Gesetzgebung einen anderen rechtlichen Charakter, als in einer anderer Provinz, so unter­ liegt dasselbe auch einer verschiedenen Behandlung hinsichtlich der Stempelsteuer. 53. c. FMR. vom 10. Sept. 1866 (CB. S. 245), mitgetheilt durch JMR. v. 22. dess. M. (ZMB. S. 262): Mit Rücksicht auf die Entscheidung des Ober-Tribunals vom 19. Dez. 1864 wird der unter Nr. 3 der Verfügung vom 22. Zanuar 1842 ausgesprochene Grundsatz dahin modifizirt, daß Erbschaftskäufverträge allgemein wie Kaufverträge zur Versteuerung zu ziehen sind, daß mit­ hin auch bei den Ersteren nur dann der volle Kaufpreis dem Werthstempel zu 1 Prozent unter­ liegt, wenn eine Trennung der Preise der Immobilien von denen der Mobilien (§. 5. f des Stempelges. v. 7. März 1822) nicht stattgefunden hat, daß aber, wenn für die beweglichen Gegen­ stände ein besonderer Kaufpreis verabredet ist, von dem Letzteren nur ein Werthstempel zu y3 Pro­ zent verwendet zu werden braucht. E. zu lit. g. 54. a. Zur Subhastations-Ordnung vom 15. März 1869, für die Landestheile, in welchen die Allg. Gerichts-Ordnung Gesetzeskraft hat, mit Ausnahme der Gebietstheile des ehemaligen Königreichs Hannover (GS. S. 421), bestimmt der derselben nach §. 114 beigefügte und nach dem­ selben §. in Stelle des Artikels 12 des Gesetzes vom 9. Mai 1854 (GS. S. 273) getretene Kosten­ tarif (S. 449 a. a. O.) §. 1: An Gerichtskosten werden erhoben: 4) für das Urtheil, durch welches der Zuschlag ertheilt wird: ^Kosten-Sätze nach Maßgabe des Objekts^. Neben den unter Nr. 4 bestimmten Sätzen wird noch der Betrag des nach den Bestimmungen der Stempelgesetze zu berech­ nenden Werthstempels erhoben. Wird auf erhobene Beschwerde das Urtheil, durch welches der Zu­ schlag ertheilt worden ist, aufgehoben und der Zuschlag versagt, so sind die nach Nr. 4 berechneten Kosten und Stempel niederzuschlagen. §. 2: Wenn in einem und demselben Verfahren mehrere Grundstücke, Gerechtigkeiten, Schiffe rc. zur Subhastation gezogen werden, so sind die Sätze zu 1, 2, 3 und 5 int §. 1 nach der Summe des Werthes derselben, die Sätze zu 4 aber nach der Summe des Werthes der jedem einzelnen Meistbietenden zugeschlagenen Gegenstände zu berechnen. §. 4: Die Kosten der Einlegung und Verhandlung der Beschwerde — §§. 46 ff. — werden nach den Vorschriften und Grundsätzen berechnet, welche für den Kostenansatz bei Einlegung und Verhand­ lung der Appellation in schleunigen Sachen maßgebend sind. Daneben kommen die unter Nr. 4 bestimmten Sätze in Anwendung, wenn der von dem Subhastationsrichter versagte Zuschlag durch das Appellationsgericht ertheilt wird. Zu §. 1 Nr. 4 bestimmt das ZMR. vom 20. März 1869 (ZMB. S. 62) unter Nr. 13, daß, wie aus Nr. 4. c des §. 1 a. a. O. hervorgehe, bei Gegenständen über 20,000 Thaler von dem Mehrbeträge besondere Kosten für das Zuschlagsurtheil nicht berechnet werden, sondern nur der Werthstempel in Ansatz kommt, und daß derselbe bei Schiffen, als beweglichen Sachen, nur in V3 Prozent besteht. 54. b. Vergl. auch Tarifpos. „Adjudicationsbescheide" nebst Anm. 2 ff., namentlich in Betreff des Stempelansatzes, falls der Zuschlag an einen Miteigenthümer des subhastirten Grundstücks er­ folgt, Anm. 8 a, b daselbst,^ und bezüglich des Falles einer Erbschaststheilung Anm. 10 zu §. 10.

Gesetz Z. 5.

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Die Stempelabgaben in Grundbuch fachen. 55. a. Grundbuch-Ordnung v. 5. Mai 1872 (GS. S. 446) §. 142: Die Stempelabgaben für die bei dem Grundbuchamt vorgenommenen Geschäfte und gestellten Anträge werden nach dem be­ sonderen hierüber erlassenen Gesetze erhoben. Auch bestimmt der nach §. 141 a. a. O. beigefügte Kosten-Tarif für Grundbuchsachen (GS. S. 503) im §. 8 unter Nr. 2: Außer den vorstehend be­ stimmten Kostensätzen wird noch der Betrag der Stempelabgabe erhoben, welche nach dem Gesetz vom 5. Mai 1872 von gewissen, bei dem Grundbuchamt anzubringenden Anträgen zu entrichten ist. 55.b. Gesetz, betreffend die Stempelabgaben von gewissen, bei dem Grundbuchamte anzu­ bringenden Anträgen, v. 5. Mai 1872 (GS. S. 509): Wir re. verordnen für die Landestheile, in welchen das Gesetz über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Berg­ werke und selbstständigen Gerechtigkeiten vom 5. Mai 1872 [® 39, OR. B. 10 S. 433 ff., GA. B. 17 S. 650).') Vergl. die vorige Anm. !) Erk.-Gründe: rc.

Dem Appell.-Richter ist darin beizutreten, daß die Urkunde v. 5. Aug.

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Gesetz §. 12.

16. a. In Anwendung der Kab.-Ordre vom 19. Juni 1834 Nr. 3 (s. Anm. 5) ist das Zahlungs­ und Exekutions-Mandat wegen der zu Notariats-Verhandlungen zu verwendenden Stempel schon dann zu erlassen, wenn der Notar in seinem Antrage die aufgenommene Verhandlung nur speziell bezeichnet und eine Berechnung des Stempels mit Verweisung auf die betreffende Position des Stempeltarifs beigefügt hat, dagegen von dem Verlangen der Beilegung der Notariats-Akten zur näheren Verifizirung und Prüfung des Antrages abzustehen. Erst wenn die Partei Erinnerungen erhebt, kommt es auf eine Prüfung derselben Seitens des Gerichts, nachdem der Notar selbst darüber vernommen worden, an, und kann die Einsicht der Notariats-Akten nothwendig werden. Dabei eintretende Differenzen über die Auslegung des Stempelgesetzes müssen auf dem in dem Reskript vom 2. Dez. 1831 (s. S. 16 Anm. 27) bezeichneten Wege erledigt werden. JMR. v. 11. Juli 1835 I 2480 an d. OLGericht in Mr (LR.). 16.1). Neben dem Mandatsprozesse wegen der Gebühren verbleibt den Notaren die ihnen durch die Allerh. Ordre vom 19. Juni 1834 (s. Anm. 5) beigelegte Befugniß, bei den Gerichten die exekutivische Einziehung der zu verwendenden Stempel von den Interessenten zu veranlassen. 1868 als Kaufpunktation nicht angesehen werden kann, weil nach Nr. 1 der Kab.-O. v. 19. Juni 1834 (s. oben Anm. 5) dies nur dann der Fall sein würde, wenn dieselbe die Kraft eines Ver­ trages hat und eine Klage auf Erfüllung begründet, eine solche Klage aber nicht zulässig ist, weil die als Mitkontrahentin aufgeführte Ehefrau des Angeklagten die Punktation nicht unterschrieben hat, die einseitige Veräußerung Seitens des Ehemannes aber, wie in dem Plenar-Beschluß des Ober-Trib. v. 15. Febr. 1841 (Entsch. B. 6 S. 410) ausgeführt worden, ungültig ist, also auch eine Klage gegen den Ehemann daraus nicht zugelassen werden kann (Str. A. B. 30 S. 251). Dagegen kann dem Appell.-Richter darin nicht zugestimmt werden, daß derselbe auch die im §. 7 der Urkunde enthaltene, folgendermaßen lautende Bestimmung: „W. muß seine Ehefrau zur Ab­ schließung dieses Kontrakts veranlassen; sollte er dieses nicht thun, so verfällt er in eine Konven­ tionalstrafe von 100 Thalern", für nicht stempelpflichtig erachtet, weil es bei der Stempelpflichtigkeit eines Vertrages nur auf den Inhalt der Schrift, wie er vorliegt, ankomme, und Punktationen nicht deshalb, weil überhaupt daraus Rechte und Verbindlichkeiten der Paciscenten gegen einander hergeleitet werden können, stempelpflichtig seien, sondern nur, wenn sie unmittelbar die Klage auf Erfüllung, d. h. auf Errichtung der vorbehaltenen förmlichen Vertragsurkunde begründen. Dieser aus dem Erkenntnisse des höchsten Gerichtshofes vom 20. Mai 1859 (GA. B. 7 S. 529 — s. oben Anm. 15. d) wortgetreu entnommene Entscheidungsgrund ist jedoch für den gegenwärtigen Fall nicht zutreffend. Die vorstehend erwähnte, im §. 7 der Urkunde v. 5. Aug. 1868 enthaltene Bestimmung ist kein integrirender Theil des in den vorhergehenden Paragraphen verabredeten Kaufs, der mit beiden Eheleuten W. abgeschlossen worden, sondern eine davon verschiedene, von O. mit dem Ehemanne W. allein getroffene Verabredung, welche lediglich das Versprechen des W., die Genehmigung seiner Ehefrau zu dem Kauf zu beschaffen, keinesweges aber den Kauf selbst betraf. Die erwähnte Verabredung im §. 7 hängt vielmehr mit dem Kauf nur insofern zusammen, als letzterer die Veranlassung dazu gegeben hat; sie ist aber kein Bestandtheil des Kaufs selbst, vielmehr ein von demselben getrenntes und verschiedenes Geschäft. Dasselbe enthält die Verpflich­ tung des W., die Genehmigung seiner Ehefrau zu dem Kauf, also die Handlung eines Dritten zu beschaffen, und dieser Vertrag gestattet nach §§. 40, 41 Tit. 5 Th. 1 ALR. die Klage auf Er­ füllung. Es muß aber dieser Vertrag, weil von dem Kauf verschieden und unabhängig, für sich besonders hinsichtlich der Stempelpflichtigkeit beurtheilt werden, weil der Stempeltarif des Gesetzes vom 7. März 1822 unter Nr. 1 vorschreibt: „Enthält eine schriftliche Verhandlung verschiedene stempelpflichtige Gegenstände oder Geschäfte, so ist der Betrag des Stempels für jeden dieser Gegenstände und jedes dieser Geschäfte nach den darauf Anwendung habenden Vorschriften be­ sonders zu berechnen, und die Verhandlung mit der Summe aller dieser Stempelbeträge zu­ sammengenommen zu belegen". Der Betrag des im §. 7 der Urkunde v. 5. Aug. 1868 enthal­ tenen, von dem Kauf über das Grundstück verschiedenen und selbstständigen klagbaren Vertrages beträgt aber 100 Thaler und unterliegt daher nach §. 3 lit. a und der Tarifposition „Verträge" des Stempelges. .vom 7. März 1822 einem Stempel von 15 Sgr. Der in dem Erkenntniß v. 20. Mai 1859 ausgesprochene, vorerwähnte Entscheidungsgründ, welchen der Appell.-Richter für sich anführt, betraf einen von dem gegenwärtigen ganz verschiedenen Fall. In jener Sache war die Konventionalstrafe für die Erfüllung des Kaufs stipulirt, sie war also ein integrirender Theil desselben und fiel zugleich mit demselben; in der vorliegenden Sache aber ist die Stipulation der Konventionalstrafe, wie vorstehend ausgeführt, ein von dem Kauf unabhängiges, davon getrenntes und selbstständiges Geschäft rc.

Gesetz §. 12.

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Jnstr. des IM. v. 11. SepL. 1851, zu §. 5 des Ges. v. 11. Mai 1851, betr. die Gebühren der Notare, excl. derjenigen im Bezirk des Appell.ger.hofes zu Cöln u. der Fürstenthümer Hohenzollern (JMB. 1852 S. 152 ff.)

16.c. JMR. v. 5. Nov. 1846 (JMB. S. 191): Die Gerichte und Notare in den Landes­ theilen, in welchen die Allg. Gerichts-Ordnung Gesetzeskraft hat, werden auf folgende Vorschriften aufmerksam gemacht: 1. Notare sind verpflichtet, den Antrag auf exekutivische Einziehung des tarifmäßigen Stempels zu den von ihnen aufgenommenen Verträgen und Punktationen bei dem betreffenden Gerichte spätestens mit Ablauf der vom Tage der Aufnahme ab laufenden 14tägigen Frist anzubringen, wenn die Kontrahenten bis dahin ihrer Aufforderung zur Beibringung des Stempels nicht ge­ nügt haben, dürfen auch ohne dessen Verwendung Ausfertigungen der Verträge und Punktationen nicht ertheilen, verfallen vielmehr in dem einen oder anderen Falle durch Verabsäumung oder Uebertretung dieser Vorschriften in die gesetzliche Stempelstrafe — Allerh. Kab.-Ordre vom 19. Juni 1834 Nr. 3, 4 (s. Sinnt. 5); vergl. Anm. 16. e Schlußabsatz, 16. h, i, auch §. 22 Absatz 4 des Stempelges. u. Anm. 17. c daselbst. 2. Die den Notar treffende Stempelstrafe besteht auch bei mehrseitigen Verträgen nicht in der Summe der Strafen, welche jeder Teilnehmer, wenn der Vertrag unter Privatunterschrift ge­ schloffen worden wäre, zu entrichten haben würde, sondern, da der Notar allein als Kontravenient angesehen wird, immer nur in dem vierfachen Betrage des zu der Ausfertigung, oder, wenn diese nicht ertheilt wird, zu der Original-Verhandlung garnicht, oder zu wenig verwendeten tarifmäßigen Stempels — §§. 21, 22 des Stempelgesetzes und Nr. 4, 5 der Allerh. Kab.-Ordre vom 28. Okt. 1836 (f: §. 22 Anm. 17. a). 3. Die Festsetzung von Stempelstrafen gegen Notare wegen Nichtbeachtung der Stempelgesetze kann nur von der vorgesetzten Dienstbehörde ausgehen, mithin nach §. 8 und 90 Tit. 7 Th. 3 der Allg. Gerichts-Ordnung nur von dem Obergerichte, in dessen Departement der Notar angestellt ist. Untergerichte und andere Obergerichte, bei welchen Notariats-Urkunden produzirt werden, die nicht mit dem tarifmäßigen Stempel versehen sind, haben sich demnach jeder Straffestsetzung zu enthalten, vielmehr die vorkommenden Fälle zu diesem Zweck bei dem betreffenden Ober­ gerichte zur Anzeige zu bringen — §. 30 des Stempelgesetzes vierter (muß heißen „dritter") Absatz. 4. Beabsichtigt der Notar, gegen die Straffestsetzung den Weg des Rekurses einzuschlagen, welcher bei Strafen unter 10 Thlrn überall nur, bei Strafen von 10 Thlrn und darüber aber unter Verzichtleistung auf richterliches Gehör und Entscheidung zulässig ist [bie Berufung auf richterliche Entscheidung ist jetzt ohne Rücksicht auf die Löhe der Strafe zulässig, s. §. 31 Anm. 8. a, b], so ist das Rekursgesuch weder bei den Provinzial-Steuer-Behörden oder dem H. Finanz-Minister, noch bei dem Justiz-Minister unmittelbar anzubringen, sondern dem Obergerichte, welches das Strafresolut abgefaßt hat, einzureichen. Das Obergericht hat demnächst das Rekursgesuch mit den betreffenden Urkunden und Verhandlungen dem Justiz-Minister zur Entscheidung einzusenden, und sich dabei über die angebrachte Beschwerde und die Dienstführung des Notars gutachtlich zu äußern — Kab.-Ordre v. 13. April 1833 Nr. 2 und 4 (s. §. 31 Anm. 2. a).

16. d. Bei allen in der Rheinprovinz aufgenommenen Notariats - Acten ist der nach bereit Inhalt nöthige Werthstempel zu dem Original (Minute) zu verwenden, da die Minute als das Haupt-Exemplar zu betrachten ist, und der Vorschrift des §. 12 des Stempelgesetzes, wonach stempelpflichtige Verhandlungen in der Regel auf das erforderliche Stempelpapier selbst geschrieben werden müssen, nach der Rheinischen Gesetzgebung nur dadurch genügt werden kann, wenn der Stempel zu der Minute verwendet wird. Am Schluffe des Originals, desgleichen im Repertorium, ist von dem Notar der verwandte Stempel zu vermerken. JMR. v. 1. Aug. 1825 im Einverst.

156 des FM. (v. KA. B. 9 S. 624, Lottner (Sammt. B. 2 S. 602, 603). Bergt, die folg. Amn. im vorletzten u. letzten Absatz. 16. e. JMR. v. 16. Sept. 1868, betr. die Anträge der Notarien im Bezirke des Appell.ger.hofes zu Cöln auf exekutivische Einziehung der zu ihren Verhandlungen zu verwendenden Stempel (JMB. S. 312): Die Allerh. Ordre vom 19. Juni 1834, betreffend die Stempelpflichtigkeit der Punktationen (s. Anm. 5), bestimmt unter Nr. 3 und 4: daß bei gerichtlich oder von Notarien aufgenommenen Verträgen und Punktationen, wenn deren Ausfertigung nicht früher erfolgt, der Stempel binnen 14 Tagen nach der Auf­ nahme verwendet und für dessen Einziehung von den Theilnehmern an dem Vertrage oder der Punktation von Amtswegen gesorgt werden soll, und daß ferner der Richter oder Notar, welcher bei der Stempelverwendung seine Pflicht versäumt, in die gesetzliche Stempelstrafe verfällt und wegen des Stempels zugleich mit den Inter­ essenten, unter Vorbehalt des Regresses an dieselben, persönlich verhaftet ist. Die Ausführung dieser Bestimmungen hat im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln bisher darin einen Anstand gefunden, daß nach der Anordnung unter Nr. 3 der Allerh. Ordre die Gerichte verpflichtet sein sollen, auf den Antrag des Notars den zu verwendenden Stempel von den Inter-, essenten exekutivisch einzuziehen, während nach der Rheinischen Gerichtsverfassung die Exekution wegen Steuern nicht den Gerichten, sondern nach der Verordnung vom 24. Nov. 1843 den betref­ fenden Steuerbehörden obliegt. Um die hieraus sich ergebenden Schwierigkeiten zu beseitigen, wird, im Einverständnisse mit dem Herrn Finanz-Minister, den Notarien im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln gestattet, den nach der Allerh. Ordre vom 19. Juni 1834 binnen 14 Tagen nach der Aufnahme des Aktes zulässigen Antrag auf exekutivische Einziehung der von ihnen festgesetzten und von den Interessenten nicht gezahlten Werthstempel an das Haupt - Steueramt des Bezirks ihres Wohnsitzes zu richten. Für die richtige Berechnung des Stempels, dessen Einziehung beantragt wird, bleiben die Notarien verantwortlich. Der Antrag auf Einziehung des Stempels ist von dem Notar in zwei gleichlautenden Exem­ plaren, für jeden Akt besonders, dem Haupt-Steueramt des Bezirks seines Wohnsitzes einzureichen. Derselbe muß die sämmtlichen Parteien unter Angabe, ob sie in eigenem Namen oder etwa als Vormünder betheiligt sind, speziell bezeichnen, Datum, Nummer und Gattung der Urkunde enthalten, sowie den Betrag des Stempels angeben. Beläge zur Prüfung und Begründung des Antrages sind nicht beizufügen. Das eine Exemplar des Antrages ist dem Notar mit der Bescheinigung des Haupt-Steueramtes zurückzugeben und vorläufig bis zur wirklichen Einziehung des Stempels als Belag zu den Akten zu nehmen. Auf Auktions-Protokolle, zu denen der Stempel binnen drei Tagen verwendet werden muß, findet diese Verfügung keine Anwendung. Uebrigens bleibt es bei der Vorschrift, daß eine Ausfertigung nicht ertheilt werden darf, bevor der erforderliche Werthstempel zur Urschrift verwendet ist (vergl. Anm. 16. c. Nr. 1, 16. h, i). 16. f. In Betreff der zur Festsetzung von Stempelstrafen gegen Notare befugten Behörden s. §. 30 Absatz 3 nebst Anm. 13. a—d daselbst, auch oben Anm. 16. c Nr. 3. 16.g. Das Recht des Notars, gemäß der Kab.-Ordre vom 19. Juni 1834 (s. Anm. 5) die exekutivische Einziehung des Stempels von den Interessenten zu beantragen, ist nicht an die unter Nr. 3 daselbst festgesetzte 14tägige Frist gebunden (es handelte sich um eine Seitens des Notars bei Gericht später beantragte Beitreibung eines Stempelbetrages, welchen der Stempelfiskal zu einem vom Notar aufgenommenen Vertrage defektirt hatte). Erk. des OT. (IV) v. 23. Jan. 1873 (Str. A. B. 87 S. 350).

16. h. Der Notar, welcher einen von ihm aufgenommenen Akt vor der Nachbringung des erforderlichen Stempels ausfertigt, unterliegt der Stempelstrafe, sollte auch zur Zeit die 14tägige Beikassirungsfrist noch nicht verstrichen sein (§. 22 des Stempelges. v. 7. März 1822 in Verbindung mit der Kab.-Ordre v. 19. Juni 1834, s. Anm. 5, u. dem JMR. v. 5. Nov. 1846, s. Anm. 16. c Nr. 1). Beschluß des OT. (1) v. 15. Sept. 1865 (091. B. 6 S. 309, GA. B. 13 S. 814). 16. i. In einem Falle, in welchem Behufs Berichtigung des Stempels zu einem notariellen Kaufverträge Theilzahlungen bewilligt waren, ist der Antrag des Notars, diesen Vertrag vor Be­ richtigung und ohne Verwendung des erforderlichen Stempels ausfertigen zu dürfen, durch FMR. v. 13. Oft. 1859 III 23512 an d. PStD. in S. abgelehnt worden. 17. Diejenigen Personen, welche nachweisen, daß sie die tarifmäßigen (Stempel für die sie betreffenden Notariats-Verhandlungen an den Notar gezahlt haben, können nicht angehalten werden, die von dem Notar nicht verwendeten Stempel nochmals zu zahlen. Auch ist anzuer­ kennen, daß den betheiligten Privatpersonen, welche die Zahlung des Stempels nachweisen, die Ausfertigungen der betreffenden Notariats-Verhandlungen ertheilt werden müssen, ohne Rücksicht auf den Ausfall des zur Erlangung der Stempel gegen den Notar beziehungsweise dessen Nachlaß einzuleitenden Verfahrens. Die Königl. Regierung wolle die Gerichtsbehörde ersuchen, ihr die ein­ zelnen Ausfertigungen Behufs Kassation der dazu erforderlichen Stempelmaterialien zugehen zu lassen. Die betreffenden Stempelmaterialien sind auf Grund dieser Verfügung, ohne Erhebung eines Geldbetrages dafür, in Ausgabe nachzuweisen, und Seitens der Steuerbehörde amtlich zu kassiren. FMR. v. 5. Okt. 1866 III 20106 an d. Reg. in F. 18. a. FMR. v. 6. Mai 1840 (CB. S. 245): Stempel-Stundungen kommen vor: a. beim Erbschaftsstempel, b. beim Defekten-Verfahren in Folge von Stempel-Revisionen, c. bei Unter­ suchungen wegen entdeckter Stempel-Defraudationen, d. in Beziehung auf Spielkarten-Stempel, und e. in solchen Fällen, wo die Zahlung der Stempelsteuer für Verträge oder andere stempel­ pflichtige Verhandlungen ausnahmsweise ausgesetzt oder in Terminen nachgelassen wird. Auf die Fälle sub a bis d erstreckt sich die gegenwärtige Verfügung nicht, indem ad a beim Erbschaftsdie Kontrole durch die Verfügungen vom 10. März 1814 und 12. Mai 1815 bereits vorgeschrieben ist fjetzt Erbschaftssteuer-Gesetz v. 30. Mai 1873 rc. — s. im Anhang), ad b und c die Kontrole durch die über die Stempel-Revisionen und resp. über die Untersuchungen angelegten Akten ge­ nügend gesichert ist, ad d wegen der kreditirten Spielkarten-Stempelgefälle gleichfalls besondere Verfügungen ergangen sind. Es beschränkt sich hiernach die gegenwärtige Anweisung auf die sub e gedachten Stempel-Stundungen, zu deren Kontrolirung bei den Provinzial-Steuer-Behörden eine Nachweisung nach folgenden Rubriken anzulegen und fortzuführen ist:. 1. laufende Nummer, 2. Stand, Name, Wohnort des Debenten, 3. Datum und Gattung der Urkunde, 4. Betrag des gestundeten Stempels, 5. Datum und Nummer der Verfügung, wodurch die Stundung bewilligt ist, 6. Zahlungs-Termine und sonstige Bedingungen der Stundung, 7. Angabe, wann die Zahlung geschehen ist, oder Angabe der Seite und des Jahrganges der Rechnung, wo der Betrag weiter nachgewiesen wird, 8. Bemerkungen. Diese Nachweisung ist nun zunächst zu benutzen, um die richtige Aufnahme solcher Stempel-Stundungen, welche durch die Bücher und Rechnungen der .Haupt-Aemter laufen, in diese Bücher und Rechnungen zu sichern. Wie die Haupt-Aemter solche Stempel-Stundungen behandeln sollen, ist durch Cirk. - Verfügung vom 26. Februar er. (folgt unter b) vorgeschrieben; daß hiernach verfahren werde, muh bei Revision der Verwaltungs-Abschlüsse und Abnahme der Rechnungen sorgfältig geprüft werden. Findet sich, daß dies geschehen, und dadurch der gestundete Stempelbetrag gehörig gesichert ist, so ist dessen Fortführung in der Nach­ weisung der Provinzial-Steuer-Behörden nicht weiter nöthig, sondern es kann in dieser die be­ treffende Position mit einer entsprechenden Bemerkung in der Kolonne 7 als erledigt gelöscht werden. Sodann ist die Nachweisung zu benutzen, um den richtigen Eingang solcher Stempel-

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IGesetz Z. 12.

gefälle, die, wie zuweilen vorkommt, gestundet werden, ohne daß sie durch die Bücher und Rech­ nungen der Haupt-Aemter laufen, zu sichern. Eine Aushändigung von Stempelpapier, vor vollständiger Zahlung des Geldbetrages, darf, ohne Ausnahme, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Finanz-Ministeriums stattfinden. 18. b. FMR. v. 26. Febr. 1840 (CB. S. 157): Hinsichtlich der gestundeten Stempelsteuer findet in den Registern, Verwaltungs-Abschlüssen und Rechnungen nicht überall ein gleichmäßiges Verfahren Statt. Um dem abzuhelfen, wird bestimmt: 1. Geschieht die Stempelsteuer-Stundung in Bezug auf auszuhändigendes Stempelpapier, so erfolgt dessen Nachweis in den Registern und Extrakten eben so, als ob die Steuer sofort entrichtet worden; nur ist alsdann in der Geldspalte des Stempelgeld-Einnahmebuches, unter Beisetzung der genehmigenden Verfügung, der gestundete Betrag mit rother Schrift anzugeben, und solcher, sowie jeder andere Gefälle-Kredit, auf die Kredit-Register und Kredit-Konten zu übernehmen, worin die im Laufe des Jahres eintretenden Abschlagszahlungen in gewöhnlicher Weise nachgewiesen werden. Ist aber zur Zeit des JahresAbschlusses der Haupt-Zoll- und Haupt-Steuer-Aemter der ganze Stempelsteuer-Rückstand noch nicht abgeführt, so ist der Rest in den Kredit-Registern und Kredit-Konten als zu den Resten übergegangen abzuschreiben, und als solcher in den Verwaltungs-Abschlüssen und Rechnungen nach­ zuweisen. Die kreditirte Steuer für verabfolgte aufgedrückte Stempel macht von dieser Regel keine Ausnahme; 2. Tritt aber eine terminliche Entrichtung von Stempelsteuer-Beträgen ein, unter Aussetzung der Aushändigung des Stempelpapiers bis zur vollständigen Einzahlung der ganzen Stempelsteuer, so sind diese Termin-Zahlungen blos in das Depositen-Register zu übernehmen, und hierin auch so lange nachzuweisen, bis, nach erfolgter Zahlung des vollen Stempelbetrages des alsdann auszuhändigenden Stempelpapiers, das gewöhnliche Buchungsverfahren für verkaufte Stempelmaterialien eintritt. Gehen solche Deponate auf das folgende Jahr über, so sind die­ selben, mit Bemerkung des einzuzahlenden ganzen Betrages der noch auszulösenden Stempel und der bewilligten Zahlungstermine, unter Benutzung der desfallsigen genehmigenden Reskripte als Rechnungs-Justifikatorien, in dem Abschnitt IV. b der Depositen-Nachweisung zu den Rechnungen der Haupt-Aemter, worin, nach §. 12 des ersten Nachtrages zur Rechnungs-Anweisung vom 7. Dez. 1829, sonst nur die Summe der noch nicht über zwei Jahr alten Depositen aufzuführen ist, speziell anzugeben [jefct Depositen-Nachweisung — V. b — in den Rechnungen der Haupt-Aemter u. §. 62 Absatz 3 der Anweisung des FM. zur Rechnungslegung über die indirekten Steuern für die .Haupt-Zoll- und Haupt-Steuer-Aemter v. 17. Dez. 1868, CB. 1869 S. 21]. 18. c* Die zur Sicherung vorbehaltener Stempel ertheilten Dokumente, mögen solche in ver­ pfändeten Effekten oder in bloßen Rekognitionen über Eintragung des gestundeten Stempel­ betrages bestehen, sind bei der Provinzial-Stempelverwaltung niederzulegen, und es scheint dem Zwecke völlig zu genügen, wenn sämmtliche Fälle, bei denen Stempel vorbehalten sind, in eine fortlaufende Stundungs-Nachweisung eingetragen und dabei die etwa bestellten Sicherheiten ange­ merkt, die Dokumente aber bei der Kasse unter gemeinsamem Verschluß gehalten werden. FMR. v. 10. Dez. 1833 III 26620 (GK.). [$n Stelle der inzwischen aufgehobenen Prov. - Steuerkassen werden jetzt die Hauptamts-Kassen treten müssen]. In Betreff der Asservation von baaren Kautionen, Werthpapieren rc., zur Sicherstellung suspendirter Erbschaftssteuerbeträge, bei den betreffenden Hauptämtern s. §. 11, 12 resp. §. 9 der zum Erbschaftssteuergesetz v. 30. Mai 1873 (GS. S. 329) für die Erbschaftssteuer- resp. die HauptAemter erlassenen beiden Anweisungen des FM. v. 14. Nov. dess. I. — s. im Anhang. 19. a. Bei der gegenwärtigen Lage der Staatskasse erscheint es erforderlich, auch den auf gestundete fällig gewesene Stempelsteuerbeträge gewährten Kredit zu beschränken, und dies soll dahin geschehen, daß dergleichen Beträge künftig nicht über den Jahres-Kassenschluß desjenigen Jahres, in dessen Laufe der Kredit gewährt ist, ausstehen dürfen. Es ist demgemäß das Erfor-

Gesetz §§. 12—15.

159

derliche anzuordnen, damit die jetzt bereits gewährten Kredite spätestens im Januar k. I. gezahlt werden, und künftige Bewilligungen nach Maßgabe der vorbezeichneten Bestimmung erfolgen. FMR. v. 31. Mai 1869 (CB. S. 241); s. jedoch die folg. Anm.

19.1).

In Verbindung mit den Anordnungen,

welche wegen anderweiter Regelung der

Fristen für die Abtragung gestundeter Zollbeträge von mir für nöthig erachtet sind, will ich im Einschluß an die Verfügung vom 31. Mai d. I. (s. vorige Anm.) für die Abzahlung der vom 1. Okt. d. I. ab bereits gestundeten, sowie der ferner zu stundenden Stempelsteuerbeträge bis auf Weiteres eine Frist von fortlaufend sechs Monaten bewilligen und zwar dergestalt, daß die Einzahlung der kreditirten Beträge bis zum 25. Tage des auf den Monat der Anschreibung folgenden sechsten Monats zu geschehen hat.

In Betreff der vor dem 1. Oktober d. I. gestun­

deten Stempelsteuerbeträge bewendet es bei der in der Verfügung vom 31. Mai d. I. angeord­ neten Abzahlung bis zum Jahres-Kassenschluß.

Den betheiligten Kreditnehmern ist durch die

Hauptämter von dieser Bestimmung schleunigst schriftliche Nachricht zu geben und das sonst zur Ausführung der Anordnung Erforderliche sofort zu veranlassen. FMR. v. 7. Dez. 1869 (CB. 1870 S. 117). bb. Zu welchem Exemplare der Verhandlung der tarifmäßige Stempel zu nehmen ist.

§. 13. Werden von einer Verhandlung verschiedene Exemplare ausgefertigt, so wird der tarifmäßige Stempel nur zu einem derselben, und zwar in der Regel zu dem Haupt-Exemplare angewandt; zu den übrigen Exemplaren aber wird blos dasjenige Stempelpapier gebraucht, das tarifmäßig zu beglaubten Abschriften stempelpflichtiger Ver­ handlungen erfordert wird. Bei Notariatsverhandlungen in der Nheinprovinz ist der Werthstempel zum Original zu ver­ wenden, s. S. 150 Anm. 16. d. cc.

Auf beglaubten Abschriften ist der Stempel des Originals zu vermerken.

§. 14. Auf allen beglaubigten Abschriften, Duplikaten und Ausfertigungen stem­ pelpflichtiger Verhandlungen muß ausdrücklich der Betrag des Stempels bemerkt werden, welcher zu der Urschrift oder der ausgefertigten Verhandlung gebraucht, oder derselben kassirt beigefügt worden ist. 1. Auf den zur Belegung der Prozeßgelder-Berechnung dienenden Ausfertigungen der Reso­ lute oder Erkenntnisse (ohne die Gründe) ist der Betrag der zu den Originalen verwendeten Stempel, bei Vermeidung der gesetzlich angedrohten Geldstrafe, zu bemerken, §. 20. a der Anweisung des FM. zur Prozeßbuchführung für d. Haupt-Zoll- u. Haupt-Steuerämter v. 7. Sept. 1867 (CB. S. 471).

2. Wegen Bestrafung der Zuwiderhandlung gegen die Vorschrift im §. 14, sowie wegen deren Unanwendbarkeit auf Verträge, zu denen kein Werthstempel zu verwenden ist, s. §. 24 u. Anm. 2 daselbst. dd.

Förmlichkeiten, wenn mehr als ein Bogen zur Verhandlung, oder zur Erfüllung des Stempelsatzes erforderlich ist.

§. 15. Wenn stempelpflichtige Verhandlungen auch stärker als ein Bogen sind, so wird doch nur zum ersten Bogen der vorgeschriebene Stempel erfordert. Müssen mehrerere Stempelbogen beigebracht werden, um den gesetzlichen Betrag des Stempels für eine Verhandlung zu erfüllen, so muß der höchste beigebrachte Stempel­ bogen zum ersten Bogen der Verhandlung gebraucht, das übrige Stempelpapier aber zu den folgenden Bogen der Verhandlung genommen, und was auf solche Weise nicht verwendet werden kann, zur Verhandlung kassirt werden. Wird das Stempelpapier zur Verhandlung blos umgeschlagen, so muß nicht nur

160 der Hauptbogen, sondern auch jeder zur Ergänzung des Stempelbetrages beigefügte Nebenbogen unter Beobachtung der Vorschriften Z. 12 dazu besonders kassirt werden. Wegen der Zuwiderhandlung gegen §. 15 s. §. 24 u. Anm. 1, 3 daselbst. b. Besonders, aa. Beim Erbschaftsstempel.

§§. 16 bis 18. Aufgehoben durch §. 49 des Gesetzes, betr. die Erbschaftssteuer, v. 30. Mai 1873 (GS. S. 329) — s. im Anhang. bb.

Beim Prozeßstempel.

§. 19. Den Betrag der Prozeßstempel haben die Gerichte gleich nach Abfassung des Erkenntnisses festzusetzen und dafür zu sorgen, daß das Akten-Exemplar auf das erforderliche Stempelpapier selbst geschrieben, oder dieses Papier doch binnen vierzehn Tagen zu demselben nachgebracht und kassirt werde. Die Einziehung des Stempelbetrages von den Parteien geschieht, wie bei den übrigen Gerichtskosten; jedoch darf keine Kassenquote von demselben erhoben werden. Zn Konkurs- und Liquidationssachen werden die Stempelabgaben bei jeder Vertheilung von dem zu vertheilenden Betrage der Aktivmasse berechnet, und vorweg ab­ gezogen. Die Entrichtung der Stempelabgaben in gerichtlichen Verhandlungen über Vor­ mundschaftssachen kann so lange ausgesetzt bleiben, als es zweifelhaft ist, ob denselben nicht die Stempelfreiheit nach §. 3 Buchst, c zustehen würde. 1. In kontradiktorischen Prozessen (in der Rheinprovinz) ist der Werthstempel nach Maßgabe der Entscheidung über den Kostenpunkt von den Parteien einzuziehen, und der Extrahent der Urtheils - Ausfertigung, wenn derselbe in dem Prozesse obgesiegt hat und der Gegentheil in die Kosten verurtheilt worden, den Stempel vorzuschießen nicht verpflichtet, sondern es muß ihm die Urtheils-Ausfertigung ohne vorgängige Berichtigung des Stempels verabfolgt werden. JMR. v. 23. Mai 1836, im Einverst. des FM. (v. KJ. B. 47 S. 645) Dagegen ist für Kontumazial-Erkenntnisse in den nach der Rheinischen Civil-Prozeß-Ordnung verhandelten Sachen der Werthstempel, wenn der Verklagte in die Kosten verurtheilt worden, dennoch vom Kläger einzuziehen, weshalb die Gerichtsschreiber bei Auslösung der Ausfertigung eines Kontumazial - Erkenntnisses durch den Kläger von dem Letzteren zugleich den Stempelbetrag zu erheben haben. JMR. v. 2. Jan. 1839, im Einverst. des FM. (JMB. S. 34). 2. Zur Sicherstellung des Stempel-Interesses wegen Beitreibung der Stempel in Civilsachen für den Fall der nicht geforderten Expeditionen der ausgesprochenen Erkenntnisse haben die Gerichte in den Rheinprovinzen bei Festsetzung des Stempels die 14tägige Frist zu dessen Beibringung sub praejudicio der verwirkten Stempelstrafe zu bestimmen, und die auftretenden Advokaten und An­ wälte, insofern sie den Stempel nicht vorschießen wollen, zu verpflichten, ihre Partei unmittelbar nach dem Erkenntnisse von dem Betrage des Stempels sowohl, als von der Frist zur Beibringung und den Folgen des Verzugs in Kenntniß zu setzen, sub praejudicio des Regreß - Anspruches. JMR. v. 19. Aug. 1825 (Lottner Sammt. B. 2 S. 607). 3. Wenngleich nach der Allerh. Kab.-Ordre vom 18. Rov. 1828 (s. S. 25 Anm. 54 sub a) über die Verbindlichkeit zur Entrichtung der Stempelsteuer der Regel nach der Weg Rechtens nicht stattfindet, so ist doch dadurch den Steuerbehörden, denen in der Rheinprovinz die Einziehung der Prozehstempel verfassungsmäßig überwiesen ist, nicht die Befugnih beigelegt, Prozeßstempel, welche von den Gerichten den Parteien nicht auferlegt worden sind, die aber die Steuerbehörde fordern zu können glaubt, unmittelbar ohne Vermittelung der Gerichte einzuziehen, was der Vorschrift des §. 19 des Stempelgesetzes entgegen sein würde, wonach die Festsetzung des Prozeßstempels Sache der Gerichte ist. JMR. v. 19. Rov. 1839 (JMB. S. 386).

Gesetz §. 19, 20 — Wechselstempel.

161

4. In den Rheinprovinzen sind in allen Strafsachen die Erkenntnisse der Gerichte auf unge­ stempeltem Papier zu schreiben, in den von den Gerichten den mit Einziehung der Gerichtskosten und Strafen beauftragten Verwaltungsbehörden periodisch mitzutheilenden Urtheils-Extrakten und Kosten-Verzeichnissen aber die erforderlichen Stempelbeträge für die Urschrift der Urtheile unter besonderer Rubrik mit in Ansatz zu bringen. Die Gerichte und Gerichtsschreiber sind für die Nichtigkeit dieser Kosten-Verzeichnisse und Extrakte in Strafsachen auch in Hinsicht der Stempel­ gebühren verantwortlich, und diese werden von den Stempelfiskälen in der Hinsicht noch besonders geprüft werden, wodurch der Erkenntnißstempel in Strafsachen hinreichend kontrolirt ist. Das Nachbringen des Stempels zu den Erkenntnissen in Strafsachen, nach Einziehung der exigiblen Stempelbeträge, kann zur Vermeidung der Weitläuftigkeit und des überflüssigen Papier­ verbrauchs ganz unterbleiben, dagegen ist von den zur Einziehung der Gerichtskosten und Strafen beauftragten Verwaltungsbehörden in Ansehung dieser Stempel folgendes Verfahren zu beobachten: Ueber die Stempel in Strafsachen wird von ihnen in derselben Art, wie über die Gerichtskosten und Strafen, und in denselben Perioden, mit der Negierungs-Hauptkasse abgerechnet. Was von der Solleinnahme an Stempeln in Strafsachen wirklich eingekommen, darüber wird von ihnen ein einziger über den ganzen Betrag der Einnahmen sprechender Stempelbogen bei dem nächsten HauptZoll- oder Haupt-Steueramte gelöset. Auf diesem Stempelbogen werden die Sachen, aus welchen der Stempelbetrag eingezogen, alle einzeln mit dem auszuwerfenden Betrage des Erkenntniß­ stempels vom Einnehmer vermerkt, und solchergestalt wird derselbe gehörig kassirt dem Extrakt an die Regierungs-Hauptkasse statt der Geldablieferung beigefügt. Die Lösung des Stempelbogens geschieht lediglich bei den Hauptämtern, und zwar theils durch Uebersendung des baaren Betrages nach Abzug der Tantieme, theils durch Uebersendung der Quittung über die dem Einnehmer davon gebührende Tantieme. Die Hauptämter stellen den vollen Betrag des debitirten Stempel­ bogens bei den Stempelgefällen in Einnahme, die in Abzug gebrachten Tantiemen aber in Aus­ gabe. Was von den zur Einziehung der Gerichtskosten und Strafen beauftragten Behörden von der Solleinnahme an Stempeln in Strafsachen in vorstehender Art nicht als wirklich eingekommen nachgewiesen und abgeführt wird, muß als niedergeschlagen mit den nöthigen Niederschlagungs­ ordres belegt werden oder erscheint als Resteinnahme. Gehen aus solchen Untersuchungssachen die Zahlungen nur theilweise oder abschläglich ein, so muß zuerst auf die zu ersetzenden baaren Auslagen oder Kosten, dann auf das Stempelpapier und zuletzt auf die Geldstrafe der Vereinnahmung erfolgen. FMR. v. 15. Juli 1823 an d. Rheinischen Reg., mitgetheilt durch JMR. v. 6. Aug. dess. I. (Lottner Sammt. B. 2 S. 396). 5. Wegen des Stempels in Konkurs- und Liquidationssachen s. §. 11 lit. c nebst Anm. 2,3, und wegen Aussetzung der Stelnpel-Entrichtung in Vormundschaftssachen s. S. 33 Anm. 9. a ff. cc. Beim Wechselstempel. §. 20. Fällt weg, ebenso der über die Wechselstempelstrafe disponirende §. 26; desgleichen sind die hierzu ergangenen gesetzlichen Bestimmungen, namentlich die Kab.-Ordre v. 3. Jan. 1830 (GS. S. 9) und das Gesetz v. 26. Mai 1852 (GS. S. 299) außer Kraft getreten (vergl. S. 165 sub II. A. 1 §. 29). Die neueren Vorschriften folgen sub II. I. Frühere Administrativ - u. Gerichts-Entscheidungen. 1. a. Für die Stempelpflichtigkeit eines Wechsels entscheidet nur der Inhalt der Schrift, ohne Rücksicht darauf, ob das Wechselgeschäft zur Ausführung gelangen kann oder nicht. Darum ist auch derjenige Wechsel stempelpflichtig, welcher von einem unter väterlicher Gewalt stehenden Aus­ steller herrührt, ohne daß dieser Umstand aus dem Wechsel selbst erhellt. Erk. des OT. (1) v. 13. Mai 1859 (JMB. S. 236, EB. S. 154, GA. B. 7 S. 528). Vergl. S. 141 Anm. d. Hoyer, Stempelqesetzgebnng. 2. Ausl.

11

162

Wechselstempel. 1. Ir.

Der Aussteller eines Wechsels, der nur seinen Namen schreiben kann, mithin nach

§. 72 des Anhangs [$u §. 19 Tit. 10 Th. 1] AGO. einem Analphabeten gleich geachtet wird, macht sich durch Uebersendung des Wechsels an den Remittenten einer Stempelkontravention nicht schuldig, weil ein solcher Wechsel nach §. 172, 174 Tit. 5 Th. 1 ALR. nicht rechtsverbindlich, mithin durch jene Uebersendung kein Geschäft mit dem Wechsel gemacht ist. Erk. des OT. (1) v. 6. Febr. 1863 (GA. B. 11 S. 353, OR. B. 3 S. 268). Zu diesem Erk. wird in OR. a. a. O. in der Note darauf verwiesen, daß diese Entscheidung mit den anderweitig angenommenen Grund­ sätzen des OT. nicht in Einklang stehe, namentlich nicht mit d. Erk. v. 9. März 1857 (s. S. 76 Anm. 5.a) und v. 16. Mai 1860 (s. S. 144 sub Nr. 2 Absatz 2) und daß demnach die Frei­ sprechung nur dann gerechtfertigt gewesen sein würde, wenn aus dem Wechsel selbst hervorgegangen wäre, daß der Aussteller nur seinen Namen habe schreiben können, zumal nach dem Präjudiz (IV) v. 6. Febr. 1851 (Entsch. B. 20 S. 354) dieser Einwand im Wechselprozesse überhaupt unzulässig sei.

2. Ein postdatirter Datowechsel wird erst mit dem Eintritt des Tages stempelpflichtig, von welchem er datirt ist. Erk. des OT. (2) v. 27. Mai 1865 (OR. B. 6 S. 155, GA. B. 13 S. 584); es handelte sich um einen gezogenen, bereits acceptirten und indosstrten, vom 12. Sept. 1864 datirten Dato-Wechsel (von da ab in 3 Monaten zahlbar), welcher schon am 8. dess. M. vom In­ dossatar zur Abstempelung präsentirt, von dem betr. Steuerbeamten jedoch nach protokollarischer Konstatirung des Sachverhältnisses zurückgegeben, und demnächst am 10. dess. M. vernichtet wurde. In den Erk.-Gründen heißt es, daß die Allg. Deutsche Wechsel-Ordn. im Art. 4, abweichend von früheren Auffassungen, die Angabe des Datums zum wesentlichen Erforderniß eines Wechsels mache, und daß ein postdatirter Wechsel jedenfalls erst mit dem Tage rechtliche Wirkung erlange, von welchem er datirt sei. 3.

Ein Wechsel, in welchem vermöge eines Schreibfehlers in der Jahreszahl ein vor dem

Datum der Ausstellung liegender Zeitpunkt als Zahlungstag angegeben worden, ist ungültig. Erk. des Reichs-Oberhandelsger. v. 11. Okt. 1870 (Gruchot Beiträge rc. B. 15 S. 46); auf bcm Wechsel war der 1. Dez. 1869 als Tag der Ausstellung und der 15. März dess. I. als der Fällig­ keitstermin angegeben.

4. Ein auf eigene Ordre ausgestellter trockener Wechsel begründet kein Wechselrecht rc. Erk. des OT. (2) v. 9. Dez. 1858 (JMB. 1859 S. 58). 5. Die Frage, ob ein im Auslande ausgestelltes Schriftstück ein gültiger Wechsel sei, ist nach den Gesetzen des Auslandes zu beurtheilen. Die inländischen Operationen mit einem aus­ ländischen Wechsel unterliegen der Beurtheilung nach inländischen Gesetzen (Art. 85 der Allg. Deutschen Wechselordnung).

Erk. des OT. (IV) v. 17. Juli 1858 (Str. A. B. 28 S. 361).

Nach amerikanischem Rechte ist zur Gültigkeit einer Promissory-Note als Wechsel die in diese Urkunde aufzunehmende Benennung derselben als Wechsel nicht erforderlich. Eine in Massachu­ setts ausgestellte Promissory-Note ist, insofern sie den daselbst vorgeschriebenen Erfordernissen entspricht, im Gebiete der Allg. Deutschen Wechselordnung als eigener Wechsel zu behandeln. Erk. des OT. (IV) v. 10. Juli 1860 (Str. A. B. 37 S. 339).

Bergl. über die promissory notes des

Englischen und Nordamerikanischen Rechts die Abhandlungen im nicht amtlichen Theile dtzs JMB. 1859 S. 195 u. 1860 S. 400. 6.

Wenn zum Zwecke der Bewilligung eines Darlehns aus der ständischen Darlehns - Kasse

unter Umständen, außer der Schuldverschreibung darüber, zur Verstärkung der Sicherheit noch ein Wechsel von dem Darlehns.Empfänger ausgestellt wird, so kann dieser Wechsel weder als Kautions-Instrument versteuert, noch ganz unversteuert gelassen werden, da es hierzu an einem gesetzlichen Anhalt fehlt; es muß vielmehr der Wechselstempel in Anwendung kommen, indem bei der Frage wegen der steuerlichen Behandlung der Wechsel nicht der damit verbundene

Wechselstempel.

163

Zweck, sondern lediglich deren Inhalt in Betracht zu ziehen ist. FMR. v. 15. April 1855 (CB. S. 106). 7. Alle Wechsel, vermittelst deren fremde Post - und Telegraphen - Verwaltungen die diesseitigen Guthaben aus den General-Abrechnungen berichtigen, müssen, so weit dieselben nach den Bestimmungen des Stempelgesetzes stempelpflichtig sind, mithin auch solche, bei denen nur der Fiskus an dem Umlauf betheiligt ist, mit dem gesetzlichen Wechselstempelsteuer-Betrage durch Verwendung der entsprechenden Stempelmarken, versteuert werden. Soweit die solchergestalt entrichteten Wechselstempelsteuer-Beträge von den Interessenten nicht eingezogen werden können, sind sie bei den Fonds der Telegraphen-Verwaltung zu verausgaben. Verfügung des Präsi­ denten des Staatsministeriums v. 5. Dez. 1867 an d. Telegraphen-Direktion in Berlin, mitgetheilt durch FMR. v. 22. dess. M. (CB. 1868 S. 89). 8. a. Prolongationen eines Wechsels sind, so lange dieselben als Wechsel validiren, über­ haupt nicht stempelpflichtig; denn, wenn auch der Stempeltarif die Position „Prolongationen" enthält, so ist doch hierbei lediglich auf die Bestimmungen bei Pacht- und Mietsverträgen ver­ wiesen. Auch wird durch die Prolongation bei Wechsel- und Schuldverschreibungen in der Regel kein neues Geschäft abgeschlossen, sondern nur die Frist zur Erfüllung des schon stattgefundenen Abkommens verlängert. Hiernach kann von der Stempelpflichtigkeit der Wechselprolongationen nur die Rede sein in dem Falle des §. 1222 Tit. 8 Th. 2 ALR., wenn nämlich die Prolongation des Wechsels erst stattfindet, nachdem dessen Wechselkraft schon erloschen ist, weil in diesem Falle nach dieser Gesetzstelle die Prolongation einem neuen Wechsel gleich zu achten ist. FMR. v. 2. Jan. 1830 III 25772 an d. Reg. in F. fDie jetzt geltende Allg. Deutsche Wechsel-Ordn. kennt Wechsel-Prolongationen nichtj; vergl. die folg. Anm. 8. b. Für Prolongationen von eigenen Wechseln ist im Gesetze eine besondere Bestimmung nicht enthalten, vielmehr sind Vermerke der Art auf versteuerten Wechseln, beim Mangel einer aus­ drücklichen gesetzlichen Anordnung, einer besonderen Stempelabgabe nicht unterworfen. FMR. v. 21. Rov. 1856 III 27517 an d. PStD. in D. 9. Der Inhaber oder Produzent eines Wechsels ist als solcher nicht verpflichtet, die vom Aus­ steller und Giranten des Wechsels verwirkte Stempelstrafe vorzuschießen, da der §. 26 des Stem­ pelgesetzes, in Abweichung von den allgemeinen Anordnungen im §. 22, in Ansehung der Wechsel­ stempel-Kontraventionen speziell festsetzt, daß der Inhaber nur für den Stempel aufkommen soll, nicht aber auch für die Stempelstrafen. FMR. v. 3. Sept. 1844 an d. OLGericht in F., mit­ getheilt durch FMR. v. 6. Dez. 1848 III 26114 an d. PStD. in D.; der §. 26 a. a. O. bestimmt: „die Strafe ist besonders und ganz zu entrichten (gleichlautend mit §. 15 des Wechselstempelges. v. 10. Juni 1869) von einem jeden Inländer, der als Aussteller, Präsentant, Acceptant, Indossant oder Girant an den: Umlaufe des gedachten Papiers Antheil genommen hatrc.; außerdem ist der Betrag des Stempels selbst zunächst von dem Inhaber, mit Vorbehalt des Regresses an seine Vor­ männer, einzuziehen". Vergl. Anm. 10 u. 11 Absätze 1. 10. Der §. 22 des Stempelgesetzes findet auf Wechsel keine Anwendung; der §. 26 daselbst erklärt den Indossatar als solchen nicht für die Stempelstrafe verhaftet (vergl. Anm. 9); Die Vorzeigung des Wechsels an den Aussteller, um sich über dessen Unterschrift Gewißheit zu verschaffen, so wie die Aufforderung zur Zahlung stellt kein Geschäft im Sinne des §. 20 Ab­ satz 1 a. a. O. dar, indem diese, die Anstellung der Regreßklage gegen den Aussteller vorberei­ tenden Handlungen nicht die Eigenschaften als Präsentanten im Sinne der Artikel 17 und 31 der Allg. Deutschen Wechsel-Ordnung ergeben. Erk. des OT. (1) v. 24. Okt. 1856 (Str.A. B. 22 S. 263). 11. Der §. 22 des Stempelgesetzes bezieht sich auf Wechsel nicht mit; daher haftet der In­ haber eines Wechsels als solcher nicht für die Stempelstrafe (vergl. Anm. 9); li*

164

Wechselstempel. Wer einen trockenen Wechsel, welcher nicht nach einer bestimmten Zeit „nach Sicht" zahlbar

ist, dem Aussteller Behufs der Zahlung vorzeigt, ist nicht als Präsentant im Sinne des §. 26 st. a. O. anzusehen. Erk. des OT. (1) v. 27. Juni 1862 (JMB. S. 250, OR. B. 2 S. 503, GA. B. 10 S. 572); in den Erk.-Gründen heißt es: die Präsentation zur Zahlung sei zwar ein Wechsel­ geschäft (Art. 18—20, 31, 91 der Allg. Deutschen Wechsel-Ordn.); die Art. 19 und 20 über die Präsentation der gezogenen Wechsel gelten indessen nur für trockene Wechsel auf eine Zeit nach Sicht, für andere Fälle nicht (Art. 98 a. a. O.) Vergl. Anm. 12 Absatz 2. 12.

Wer einen auf ihn girirten trockenen Wechsel ungestempelt den: Aussteller zur Zahlung

präsentirt, verfällt der Stempelstrafe, indem auch er an dem Umlauf des Wechsels in so weit Theil genommen hat, als er vom Aussteller Zahlung begehrt, und erst mit dieser der Umlauf des Wechsels durch dessen Zurückgabe an den Aussteller endet.

FMR. v. 6. Dez. 1848

III 26114 an

d. PStD. in D. Der Inhaber eines girirten trockenen Wechsels, welcher diesen dem Aussteller zum Zwecke der Zahlung vorlegt, nimmt als „Präsentant" am Umlaufe Theil; er verwirkt daher die Stempelstrafe, wenn der Wechsel zu jener Zeit nicht vorschriftsmäßig gestempelt war. Erk. des OT. (1) v. 1. Nov. 1867 (OR. B. 8 S. 646); in den Erk.-Gründen heißt es: der ursprüngliche Inhaber eines trockenen Wechsels werde zwar dadurch, daß er diesen dem Aussteller am Verfalltage zur Zahlung vorlege, rechtlich nicht „Präsentant" des Wechsels, weil es solcher Präsentation überhaupt nicht bedürfe, wie denn ein derartiger Fall denl Erk. v. 27. Juni 1862 zürn Grunde gelegen habe (s. Anm. 11 Absatz 2); wenn aber der trockene Wechsel girirt sei, so sei der Girat allerdings ver­ pflichtet, zur Erhaltung seines Regresses an den Giranten den Wechsel rechtzeitig dem Schuldner zur Zahlung vorzulegen, da die Art. 41 u. 42 der Allg. Deutschen Wechsel-Ordn. nach Art. 98 Nr. 6 auch für trockene Wechsel gelten; daß der Wechsel im vorl. Falle über dem Blanko-Indossa­ ment mit dem Vermerk „ohne Protest" versehen gewesen sei, mache keinen Unterschied, weil dies nach Art. 42 a. a. O. die rechtzeitige Präsentation Behufs der Zahlung nicht entbehrlich mache, sondern nur auf die Beweislast von Einfluß sei. 13. Zur Verhängung der Stempelstrafe gegen den Aussteller und den Acceptanten eines Wechsels genügt es nicht, wenn der Letztere sich ungestempelt im Comtoir des Remittenten be­ funden hat; es muß vielmehr feststehen, daß sie die Aushändigung an den Remittenten bewirkt haben. Erk. des OT. (1) v. 4. März 1863 (OR. B. 3 S. 319). 14. Ein ausländischer, auf einen Inländer gezogener Wechsel wird durch die Acceptation des Letzterennoch nicht zum inländischen Wechsel; seine Stempelpflichtigkeit kann nur durch den be­ sonders zu führenden Nachweis begründet werden, daß das Accept im Jnlande hinzugefügt worden sei.

Erk.

des OT. (1) v. 30. Jan. 1861 (OR. B. 1 S. 231).

Ebensoentschieden durch

Erk. des

OT. (1) v. 2. Dez. 1864 (OR. B. 5 S. 331, GA. B. 13 S. 117). Es besteht keine gesetzliche Vermuthung, daß der inländische Acceptant eines ausländischen auf ihn gezogenen Wechsels denselben in seinem in der Adresse angegebenen Wohnorte acceptirt und hier mit demselben ein Geschäft gemacht habe. S. 574). 15.

Erk. des OT. (2) v. 25. Okt. 1866 (OR. B. 7

Wer als Wechselbürge am Umlauf des Wechsels vor der Stempelung Theil nimmt, haftet

für den Wechselstempel und verfällt in die Stempelstrafe.

Erk. des OT. (1) v. 1. Dez. 1865 (CB.

1866 S. 66, JMB. 1866 S. 20, OR. B. 6 S. 514, GA. B. 14 S. 127), weil, wie es in den Erk.Gründen heißt, der jetzt nach Art. 81 der Allg. Deutschen Wechsel-Ordn. wechselmäßig mithaftende Bürge dadurch in die Kategorie als Mitaussteller resp. Mitacceptant und Mitindossant trete, wes­ halb §.26 des Stempelgesetzes (s. Anm. 9 am Schluß), wiewohl daselbst vom Bürgen nicht die Rede sei, auf diesen gleichmäßig Anwendung finden müsse.

Wechselstempel.

16.

165

Der N. hat die Wechsel nicht selbst acceptirt, sondern es ist dies durch den von ihm mit

Prokura versehen gewesenen Buchhalter geschehen, der demnach auch der Stempel-Kontravenient ist. FMR. v. 29. Dez. 1858 III 28818 an d. PStD. in S. 17. Das Wesen der Anweisung (Assignation) besteht in dem vom Anweisenden sowohl dem Assignaten als dem Assignatar ertheilten Aufträge, eine bestimmte Summe zu zahlen, resp. für eigene Rechnung zu erheben.

Auch wenn der Assignant dem Assignatar und der Assignat beut

Assignanten vorher nichts schuldete, ist die Anweisung stempelpflichtig, und die Stempelstrafe tritt ein, sobald der Assignant dem Assignatar die Assignation ungestempelt aushändigt. Erk. des OT. (2. 348 e. Ruthe) v. 24. Nov. 1859 (H. Str. S. 150 sub L. II Nr. 3).

18.

Die den Wechsel-Stempel betreffenden gesetzlichen Vorschriften gelten auch für kauf­

männische Anweisungen, sollte darin der Zahlungsauftrag auch nur „für den Benutzungsfall" ertheilt sein (zumal jede Anweisung, auch wenn sie die Worte „im Benutzungsfalle" nicht enthalte, nach der Natur der Sache nur dann wirksam werde, wenn der Inhaber davon Gebrauch mache und nicht etwa sie dem Aussteller unbenutzt zurückgebe). Erk. des OT. (2) v. 20. Jan. 1870 (OR. B. 11 S. 46, GA. B. 18 S. 199). 19. Wegen des Strafmaßes bei mehreren Ausstellern eines Wechsels s. §. 22 Anm. 7, und wegen des Verfahrens der Haupt-Aemter bei Wechselstempel-Kontraventionen s. §. 30 Anm. 3. a.

20.

Bezüglich der Wechselproteste, insbesondere der auf Antrag der Königl. Bank und ihrer

Kommanditen aufgenommenen, sowie bei Wechselbeträgen unter 50 Thalern s. Tarifpos. „Proteste" nebst den Anm. dazu. II. Die neuere Gesetzgebung rc. A.

Bundes- resp. Reichs - Bestimmungen.

1. Gesetz, betreffend die Wechselstempelsteuer im Norddeutschen Bunde (jetzt Reichsgesetz, s. Anm. 2 sub 2], v. 10. Juni 1869 (BGbl. S. 193): §.

1.

Gezogene und eigene Wechsel unterliegen im Gebiete des Norddeutschen Bundes') (jetzt des Deutschen Reiches, s. S. 170 Anm. 2], mit Ausschluß der Hohenzollernschen Lande [f. jedoch S. 170 Anm. 2], einer nach Vorschrift dieses Gesetzes zu erhebenden, zur Bundeskasse fließenden Abgabe. Von der Stempelabgabe befreit bleiben: 1) die vom Auslande auf das Ausland gezogenen, nur im Auslande zahlbaren Wechsel; 2) die vom Jnlande auf das Ausland gezogenen, nur im Auslande und zwar auf Sicht oder spätestens innerhalb zehn Tagen nach dem Tage der Ausstellung zahlbaren Wechsel, sofern sie vom Aussteller direkt in das Ausland remittirt werden. §.

2.

Die Stempelabgabe wird in folgenden, im Dreißigthalerfuße unter Eintheilung des Thalers in dreißig Groschen berechneten und nach der Summe, auf welche der Wechsel lautet, abgestuften Steuersätzen erhoben, nämlich: von einer om 1. März 1870 ab auch Marken u. Blankets zu 22V2 Groschen, s. Anm. 4. b].

176

Wechselstempel.

Stempelmarken und Blankets zum Werthe von 1, 1 y2 und 3 Groschen werden bei allen Post­ anstalten, auch den Postexpeditionen zweiter Klasse, verkauft. Die Debitsstellen für Marken und Blankets, welche auf höhere Stempelbeträge lauten, werden nach den örtlichen Verhältnissen, dem Bedürfniß entsprechend, bestimmt. Die bezüglichen Anordnungen sollen durch Aushang an Amts­ stelle der Postanstalten und, soweit erforderlich, durch amtliche Bekanntmachung zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden. Für die bei den Postanstalten angekauften, demnächst aber verdorbenen Stempelmarken und Blankets kann nur dann Erstattung beansprucht werden, wenn 1) der Schaden mindestens einen Thaler beträgt und wenn 2) vollständig erwiesen wird, daß der Schaden lediglich durch Zufall oder Versehen veran­ laßt und von den betreffenden Stempelmaterialien, beziehungsweise von den Schrift­ stücken, zu welchen sie verwendet sind, noch kein oder doch kein solcher Gebrauch ge­ macht ist, wodurch das steuerliche Interesse gefährdet werden kann; wenn endlich 3) der Erstattungsanspruch innerhalb 14 Tagen, nachdem der Schaden dem Berechtigten bekannt geworden, bei der Ober-Postdirektion des Bezirks, in Lübeck, Bremen und Hamburg bei dem zuständigen Ober-Postamte, angemeldet wird. Die Erstattung erfolgt durch Umtausch der verdorbenen gegen andere Stempelmaterialien bei der zu bestimmenden Debitsstelle. Hinsichtlich der Art und Weise der Verwendung der Bundes - Stempelmarken wird auf die am heutigen Tage erlassene Bekanntmachung zur Ausführung des Gesetzes, betreffend die Wechsel­ stempelsteuer im Norddeutschen Bunde, unter Nr. II verwiesen (f. Anm. 3. a). 4. Ir. Bekanntmachung des Kanzlers des Norddeutschen Bundes, betreffend den Debit von Bundesstempelmarken und gestempelten Blankets zur Entrichtung der Wechselstempelsteuer zum Betrage von 22y2 Groschen, v. 21. Febr. 1870 (BGbl. S. 36): Vom 1. März d. I. ab werden Bundesstempelmarken und gestempelte Blankets zur Entrichtung der Wechselstempelsteuer über Stempelbeträge von 22y2 Groschen bei den Postanstalten im Gebiete des Norddeutschen Bundes, mit Ausschluß der Hohenzollernschen Lande (f. jedoch Anm. 2 sub 1), verkauft werden. Diese Marken und Blankets sind mit dem Werthbetrage von 22 y2 Groschen bezeichnet und im Uebrigen mit den auf andere Beträge lautenden Stempelmarken resp. gestempelten Blankets übereinstim­ mend. Die in der Bekanntmachung vom 13. Dez. 1869 (BGbl. S. 695 — s. vorige Anm.) über den Debit der Bundesstempelmarken und gestempelten Blankets, sowie über das Verfahren bei Erstattung verdorbener Stempelmarken und Blankets getroffenen Anordnungen finden auch auf die Bundesstempelmarken und gestempelten Blankets zu 22V2 Groschen Anwendung. 4.c. Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend die Ausgabe von Reichsstempelmarken und gestempelten Blankets zur Entrichtung der Wechselstempelsteuer, v. 11. Aug. 1871 (RGbl. S. 323): Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung, betreffend den Debit der Bundesstempel­ marken und gestempelten Blankets zur Entrichtung der Wechselstempelsteuer u. s. w., vom 13. De­ zember 1869 (Bundesgesetzbl. S. 695 — s. Anm. 4. a) wird hierdurch bekannt gemacht, daß in Folge der Ausdehnung des Geltungsbereichs des Gesetzes vorn 10. Juni 1869, betreffend die Wechselstempelsteuer im Norddeutschen Bunde (BGbl. S. 193) auf das gesammte Bundesgebiet einschließlich Elsaß-Lothringens (s. Anm. 2) die Anfertigung von Neichsstempelmarken und mit dem Reichsstempel versehener Blankets zur Entrichtung der Wechselstempelsteuer bewirkt ist. Die Reichsstempelmarken sind mit der Umschrift „Deutscher Wechselsternpel" und der Angabe des Steuerbetrages in Groschen, für welchen sie gelten, bezeichnet und lauten wie die bisherigen Stempelmarken auf Steuerbeträge von 1, iy2, 3, 41/2, 6, 71/2, 9, 12, 15, 22y2, 30, 45, 60, 90,

177

Wechselstempel. 150 und 300 Groschen.

Die mit bem Neichsstempel versehenen Wechselblankets lauten auf Steuer­

beträge von 1, iy2, 3, 4'/2, 6, 7y2/ 9, 12, 15, 22V2 und 30 Groschen. Von der Mitte dieses Monats ab werden die Reichsstempelmarken und mit dem Reichsstempel versehenen Blankets allmälig in den Debit übergehen. Gut Umtausch der in die Hände des Publikums übergegangenen älteren Bundesstempelmarken und gestempelten Blankets gegen die neuen Reichsstempelmarken und Blankets findet nicht Statt, vielmehr können die mit „Norddeutscher Wechselstempel" bezeichneten älteren Marken und Blankets bis auf Weiteres auch ferner zur Entrichtung der Wechselstempelabgabe verwendet werden. Die in der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1869 (BGbl. S. 695 — s. Anm. 4. a) über den Debit der Bundesstempelmarken und gestempelten Blankets, sowie über das Verfahren bei Erstattung verdorbener Stempelmarken und Blankets getroffenen Anordnungen, sowie die hin­ sichtlich der Art und Weise der Verwendung der Bundesstempelmarken in der Bekanntmachung zur Ausführung des Gesetzes,

betreffend

die Wechselstempelsteuer, vont 23. Juni 1871 (RGbl.

S. 267 — s. Anm. 3. b) unter II enthaltenen Bestimmungen finden auf die Reichsstempelmarken und mit dem Neichsstempel versehenen Blankets ebenmäßig Anwendung. 4. (1.

General-Verfügung des General-Post-Amts des Norddeutschen Bundes v. 19. April

1871, betr. die Besorgung von Bundeswechselstelnpelnmrken und gestempelten Wechselblankets durch die Landbriefträger (Abl. der R. P.-V. S. 142): Um den Landbewohnern den Bezug von Bundeswechselstempelutarken und gestempelten Wechselblankets zu erleichtern, wird nachgegeben, daß die Landbriefträger Bestellungen auf diese Stempelmaterialien mit den dafür zu entrichtenden Geld­ beträgen von den Landbewohnern entgegennehmen und die gewünschten Materialien beim nächsten Bestellgange den Bestellern unentgeltlich überbringen dürfen.

Die Geldbeträge, welche den Land­

briefträgern für die zu beschaffenden Materialien mitgegeben werden, sind in das durch die Ge­ neral-Verfügung vom 1. Okt. 1869 (Postamtsblatt Nr. 63) eingeführte „Annahmebuch des Land­ briefträgers" in ähnlicher Weise wie rekommnndirte Sendungen, Postanweisungen u. s. w. einzu­ tragen. [5.]

Beschluß des Bundesraths v. 2. Juli 1873, betr. die Befugniß der Haupt-Amts-Diri-

genten zur Niederschlagung von Anklagen wegen Wechselstempel-Kontravention, s. Anm. 13. b. B. 5.

Ministerial-Erlasse.

FMR. v. 19. Dez. 1869 (CB. 1870 S. 134):

Zur Ausführung des mit dem 1. Januar

1870 in Kraft tretenden Gesetzes vom 10. Juni d. I., betreffend die Wechselstempelabgabe (BGbl. S. 193 — s. oben S. 165) übersende ich Ew. re. (den Prov.-Steuerbehörden) 1) eine Bekanntmachung vom heutigen Tage (folgt sub 1), mit der Veranlassung, dieselbe durch die Amtsblätter zu veröffentlichen tmb dafür Sorge zu tragen, daß der Debit der gestem­ pelten Wechselblankets mit.bem Ablauf dieses Jahres eingestellt, die bei den Steuerstellen alsdann verbleibenden Vorräthe eingezogen und unter Ihrer Aufsicht vernichtet werden.

Die bei den

Hauptämtern vor den: 1. April k. I. mit dem Anspruch auf Ersatzleistung eingehenden Exetnplare sind bei denselben sorgfältig zu prüfen, ehe die Erstattung des Stempelwerthes, beziehungsweise der Umtausch erfolgt, und demnächst gleichfalls mit einer Spezifikation an Ew. re. zur Vernichtung einzusenden.

Später als zu dem bezeichneten Termine eingehende Erstattungsanträge können zwar

in Ermangelung einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung nicht als pläkludirt behandelt werden, die Erledigung derselben bleibt jedoch den Provinzialbehörden vorbehalten. Sodann lasse ich Ew. re. 2) eine Anweisung, betreffend das Strafverfahren wegen Wechselstempelhinterziehung, zugehen (folgt sub 2), tun dieselbe den Haupt-Aemtern mitzutheilen und gleichzeitig deren Aufmerksamkeit auf die den Beamten der Verwaltung der indirekten Steuern nach den §§. 18 bis 21 des Gesetzes £09er, Stempelgesetzgebimfl. 2. Aufl.

12

178

Wechselstempel.

vom 10. Juni d. I. obliegenden Verpflichtungen in Betreff der Beaufsichtigung der Versteuerung der Wechsel, der Rüge entdeckter Stempelhinterziehungen und der Einleitung des Strafverfahrens nach den wegen der Zollvergehen bestehenden Vorschriften zu lenken.

Die gedachte Anweisung

enthält einige mit Rücksicht auf die bisherigen Vorschriften über den Wechselstempel für zweck­ dienlich erachtete Erläuterungen und Zusammenstellungen, deren Beachtung auch für die übrigen zur Mitwirkung bei Beaufsichtigung des Wechselstempels berufenen Behörden und das betheiligte Publikum von Nutzen sein kann. Ew. rc. veranlasse ich deshalb, den Abdruck der Anweisung (zu 2) im Anschluß an die unter 1 erwähnte Bekanntmachung im Amtsblatte bewirken zu lassen: 1. Bekanntmachung des FM. v. 19. Dez. 1869. (CB. 1870 S. 135, MB. 1870 S. 14 u. in den Amtsblättern) In Folge des Gesetzes vom 10. Juni d. I., die Wechselstempelabgabe im Norddeutschen Bunde betreffend (BGbl. S. 193 — s. oben S. 165), treten mit dem 1. Januar 1870 die gegenwärtig in der Preußischen Monarchie (mit Ausnahme der Hohenzollernschen Lande — s. jedoch S. 170 Anm. 2 sub 1) bestehenden Vorschriften wegen Versteuerung der Wechsel außer Kraft, vorbehaltlich ihrer Anwendung auf die vor dem bezeichneten Tage ausgestellten inländischen oder von dem ersten inländischen Inhaber bereits

aus

den Händen gegebenen ausländischen Wechsel und

Anweisungen. Zur Versteuerung aller anderen Wechsel und Anweisungen sind vom 1. Januar 1870 ab nicht mehr die Preußischen, sondern die von den Postanstalten debitirten Bundesstempelmarken und mit dem Bundesstempel versehenen Blankets zu verwenden, wegen deren auf die unterm 13. d. M. erlassenen, durch das Bundesgesetzblatt S. 691 ff. (s. S. 172 ff. Anm. 3. a, 4. a) veröffentlichten Bekanntmachungen des Kanzlers des Norddeutschen Bundes verwiesen wird. Der Debit der Preu­ ßischen gestempelten Wechselblankets nmß deshalb mit Ablauf dieses Monats und Jahres gänzlich eingestellt werden. Etwaige Anträge auf Ersatzleistung für dergleichen noch nicht verwendete und in unverdorbenem Zustande befindliche Blankets können unter Beifügung derselben bei den HauptZoll- und Haupt-Steuer-Aemtern angebracht werden, welche ermächtigt find, die bis zum 1. April 1870 eingehenden desfallsigen Anträge nach vorgängiger Prüfung mittelst Umtausches gegen andere gültige Stempelmaterialien oder mittelst Erstattung des Verkaufspreises zu erledigen. Um den Uebergang zu der neuen Einrichtung in Betreff des Wechselstempels zu erleichtern und Zuwiderhandlungen, welche auf Unkenntniß oder Mißverständniß des Gesetzes vom 10. Juni d. I. beruhen möchten, vorzubeugen, wird im Anschluß an die gegenwärtige Bekanntmachung die an die Behörden der Verwaltung der indirekten Steuern in Preußen erlassene Anweisung, be­ treffend das Strafverfahren wegen Wechselstempelhinterziehung, durch die Amtsblätter veröffentlicht werden (folgt unter 2). 2. Anweisung des FM. v. 19. Dez. 1869, betreffend das Strafverfahren wegen Wechselstempelhinterziehung nach dem Bundesgesetz vom 10. Juni 1869. (CB. 1870 S. 136, MB. 1870 S. 14, JMB. 1869 S. 282 u. in den Amtsblättern) 1. Das Strafverfahren wegen Wechselstempelhinterziehung ist einzuleiten, wenn ein steuerpflichtiger Wechsel oder eine steuerpflichtige Anweisung a. überhaupt nicht, oder b. mit einem geringeren als dem gesetzlich erforderlichen Abgabenbetrage, oder c. nicht rechtzeitig versteuert ist. 2. Welche Wechsel und Anweisungen steuerfrei sind, ist im §. 1 unter Nr. 1 und 2 und im §. 24 des Gesetzes bestimmt.

Wechselstempel.

3.

4.

5. 6.

7.

179

Zur Erläuterung wird darauf hingewiesen, daß nach dem Sprachgebrauch des Gesetzes das ganze Gebiet des Norddeutschen Bundes, mit Ausnahme der Hohenzollernschen Lande, als Inland und im Gegensatze hierzu die Hohenzollernschen Lande und alle Orte außerhalb des Bundesgebietes als Ausland bezeichnet werden. In Betreff der Gebiete der einzelnen Bundesstaaten findet hiernach bezüglich des Wechselstempels kein Unterschied Statt. Es ist also z. B. ein von Leipzig auf Bremen gezogener Wechsel im ganzen Bundesgebiet als ein inländischer zu behandeln und die etwa hinsichtlich desselben entdeckte Wechselstempel-Hinter­ ziehung eintretenden Falles von den dazu berufenen Preußischen Behörden ebenso zu verfolgen, als wenn dieselbe bei einem Wechsel vorgekommen wäre, der von einem Preußischen Orte auf einen Preußischen Ort gezogen worden fvergl. die folg. Anm. 6. a, b]. Mit der aus Vorstehendem sich ergebenden Maßgabe ist die bisherige Stempelfreiheit der vom Auslande auf das Ausland gezogenen Wechsel (der sogenannten Transito-Wechsel) im §. 1 unter Nr. 1 beibehalten. Die Stempelfreiheit ist ferner unter gewissen Beschränkungen und Bedingungen auch auf Wechsel, welche vom Jnlande auf das Ausland gezogen sind, ausgedehnt. Hinsichtlich derselben ist insbesondere Folgendes zu beachten: a. Die Befreiung bezieht sich überhaupt nur auf Wechsel, die auf Sicht, oder spätestens innerhalb 10 Tagen nach denr Tage der Ausstellung zahlbar sind. Hierdurch sind alle Wechsel, deren Zahlungszeit auf eine beliebig bestimmte Frist nach Sicht, oder sonst auf einen irgend wie bestimmten späteren als den zehnten Tag nach der Ausstellung festgesetzt ist, von der Befreiung ausgeschlossen. b. Auch jene unter a bezeichneten Wechsel, auf welche sich die Befreiung bezieht, sind nur unter der Bedingung steuerfrei, daß sie vom Aussteller direkt in das Ausland remittirt werden. Jede vorgängige Betheiligung einer anderen inländischen Person oder Finna hebt den Anspruch auf Befreiung von der Steuer auf und stellt den betref­ fenden Wechsel allen anderen stempelpflichtigen Wechseln gleich. Die bisherige Befreiung der Wechsel und Anweisungen über Beträge von weniger als 50 Thaler ist aufgehoben. Der gesetzlich erforderliche Betrag der Stempelabgabe ist nach den Vorschriften in den §§. 2 und 3 des Gesetzes und den vom Bundesrathe erlassenen Ausführungs-Anordnungen zu berechnen. Ist von einem Wechsel ein geringerer als der erforderliche Stempelbetrag entrichtet, so ist die Wechselstempel-Hinterziehung nur hinsichtlich des noch fehlenden Betrages zu ver­ folgen (§. 15 des Gesetzes). Jedem späteren Inhaber eines nicht vollständig versteuerten Wechsels ist gestattet, die von seinen Vordermännern zu wenig entrichtete Steuer durch Kassirung der den fehlenden Betrag darstellenden Bundesstempelmarken nachzuentrichten und dadurch sich und etwaige spätere Hintermänner vor den Folgen der Hinterziehung zu schützen. Auf die von den Vordermännern verwirkte Strafe hat dies jedoch keinen Einfluß (§. 11 a. E.) Der Zeitpunkt, bis zu welchem die Versteuerung erfolgen muß, um dem Erforderniß der Rechtzeitigkeit zu genügen (§. 15 zweiter Absatz), ist in den §§. 6 bis 11 des Gesetzes näher bestimmt. Danach müssen: a. inländische Wechsel von dem Aussteller, ausländische Wechsel von dem ersten in­ ländischen Inhaber versteuert werden und zwar vor jeder weiteren Aushändigung. Eine Ausnahme hiervon tritt nur rücksichtlich der Versendung zum Accept ein. Will der Aussteller des inländischen oder der erste inländische Inhaber des ausländischen Wechsels sich über dessen Annahme vergewissern, so kann er vor der Versteuerung, aber nur 12*

180

Wechselstempel.

bevor irgend ein inländisches Indossament auf den Wechsel gesetzt wird, die Ver­ sendung zum Accept vornehmen (§. 7 erster Absatz). Jede andere und jede den vorstehenden Erfordernissen nicht entsprechende Disposition, bei welcher der unversteuerte Wechsel von dem Aussteller, beziehungsweise dem ersten inländischen Inhaber aus den Händen gegeben wird, zieht die Strafe der Wechselstempel-Hinterziehung nach sich. b. Der inländische Acceptant eines noch nicht versteuerten Wechsels muß dessen Ver­ steuerung bewirken, ehe er seinerseits denselben zurückgiebt oder anderweit aushändigt. Der Einwand, daß das mit der Annahme-Erklärung versehene Exemplar nicht zum Um­ laufe im Bundesgebiete bestimmt sei, kommt dem Acceptanten nur dann zu Statten, wenn die Rückseite des acceptirten Exemplars vor der Rückgabe dergestalt durchkreuzt wird, daß dadurch die weitere Benutzung desselben zun: Jndossiren ausgeschlossen ist (§. 7 Absatz 2). Der bisher nicht selten gemachte Einwand, daß ein Wechsel zur Zeit des Acceptes noch nicht vollständig ausgefüllt gewesen, oder noch nicht vom Aussteller vollzogen oder sonst mangel­ haft gewesen sei, ist für die Zukunft durch §. 16 des Gesetzes ausgeschlossen. 8. Haben die in erster Linie zur Versteuerung des Wechsels Verpflichteten (vorstehend unter Nr. 7.a und b) dieser Verpflichtung nicht genügt, so geht dieselbe nach §. 11 des Gesetzes auf den nächsten und jeden ferneren inländischen Inhaber des Wechsels über, so lange die Versteuerung nicht nachgeholt ist. Aus der Verbindung der Vorschriften in den §§. 4, 5 und 11 des Gesetzes ergiebt sich, daß auch die späteren Inhaber für die Entrichtung des Wechselstempels ohne Weiteres soli­ darisch haften, daß mithin der der Bundeskasse entzogene Abgabenbetrag jederzeit von dem letzten oder einem früheren Inhaber erfordert und derselbe zur Versteuerung des Wechsels angehalten werden kann, so lange diese nicht bewirkt ist. Die Strafe der Wechselstempel-Hinterziehung trifft aber den späteren Inhaber nicht, wenn er die Versteuerung bewirkt, ehe er eine der im §.11 bezeichneten Handlungen mit demselben vornimmt (Unterzeichnung, Jndossirung, Veräußerung, Verpfändung, Aushän­ digung u. s. w.) Wegen der näheren Bestimmung des Ausdruckes „Inhaber des Wechsels" wird auf den §. 5 des Gesetzes verwiesen. Einerseits ist über den Kreis der aus dem Wechsel selbst ersichtlichen Theilnehmer am Umlaufe hinausgegrisfen, indem die Verantwortlichkeit für den Stempel und die eventuelle Strafbarkeit auf diejenigen ausgedehnt worden, welche den Wechsel erwerben, veräußern, verpfänden, als Sicherheit annehmen u. s. w., ohne daß ihr Name oder ihre Firma auf den Wechsel gesetzt wird sz. B. im Falle eines Blanko-Indossaments); andererseits macht fortan die Präsentation zur Annahme allein, wenn der Präsentant nicht in anderer Weise oder in anderer Eigenschaft noch betheiligt ist, denselben nicht für den Stempel verantwortlich. Wer dagegen das acceptirte Exemplar in Verwahrung genommen hat (zur Disposition des Umlaufs-Exemplars oder der umlaufenden Kopie), unterliegt der Verantwortlichkeit für die Versteuerung des Wechsels nach dem §. 12 des Gesetzes. 0. Nach den Vorschriften in den §§. 8 bis 10 des Gesetzes bewendet es bei der Regel, daß die Stempelabgabe von den in mehreren Exemplaren ausgefertigten Wechseln nur einmal und zwar von demjenigen Exemplar zu entrichten ist, welches zum Umlaufe bestimmt ist. Die Steuerfreiheit der Duplikate und der Wechselkopien ist jedoch ausgeschlossen: a. wenn sich auf denselben eine Wechselerklärung — mit Ausnahme des Acceptes und der Nothadressen — befindet, die nicht auch auf ein nach Vorschrift des Gesetzes versteuertes Exemplar gesetzt ist. Unter dem der Allgemeinen deutschen Wechsel­ ordnung geläufigen Ausdrucke „Wechselerklärung" ist jede Erklärung zu verstehen,

181

Wechselstempel.

welche wechselmätzig verpflichtet, z. B. Indossament, Bürgschaft (vergl. Art. 85, 94 u. f.); die Annahme-Erklärung ist hiervon ausgenommen, weil hinsichtlich derselben im §. 7 (zweiter

Absatz) die erforderliche

besondere Bestinunung

enthalten ist.

Zugleich sind

auch Nothndressen als Ausnahme genannt, um jeden Zweifel hierüber auszuschließen, obwohl diese streng genommen überhaupt nicht als Wechselerklärungen zu bezeichnen sind. Hiernach ist zum Beispiel, wenn der Original-Wechsel zum Accept versandt und eine Kopie desselben zum Jndossiren benutzt wird, die letztere zu versteuern, auch wenn von dem OriginalWechsel die Steuer bereits entrichtet war.

Desgleichen ist, falls mehrere Exemplare desselben

Wechsels an verschiedene Personen indossirt werden sollten (Art. 67 Nr. 1 der Wechselordnung), jedes dieser Exemplare steuerpflichtig. wenn auf demselben

eine

nicht

Ferner muß ein nicht zum Umlauf bestimmtes Exemplar, auf das Umlaufs-Exemplar

gesetzte Bürgschafts­

erklärung abgegeben werden sollte, versteuert werden, und dasselbe gilt, falls ein Duplikat des Wechsels, nachdem das ursprünglich zum Umlauf bestinnnte Exemplar verloren oder in unrechte Hände gekommen sein sollte, zur weiteren Uebertragung benutzt wird u. s. w.

Der

Zeitpunkt, bis zu welchem die Versteuerung in Fällen der vorerwähnten Art bewirkt werden muß, um dem Erforderniß der Rechtzeitigkeit

zu genügen, ist im

§. 9 im

ersten Absatz

bestimmt. b.

Die Steuerpflichtigkeit eines Duplikats tritt außerdem dann ein, Auslieferung eines versteuerten Exemplars — letzteres mag

wenn dasselbe ohne

verloren oder in unrechte

Hände gegangen sein u. s. w. — bezahlt oder Mangels Zahlung protestirt wird (§. 9, 2. Absatz). 10. In Betreff des Strafverfahrens

und

in allen übrigen Beziehungen wird auf die Bestim­

mungen des Gesetzes selbst verwiesen.

Die festzusetzenden Geldbußen sind bis auf Weiteres

ebenso zu verrechnen, wie die auf Grund der bisherigen Stempelgesetze eingezogenen Wechsel­ stempelstrafgelder. 6. a.

FMR. v. 17. Jan. 1871 (CB. S. 323, im MB. S. 54 ohne den Schluß-Absatz und

S. 125, 126 mit demselben abgedruckt):

Nachdem seit dem 1. Januar d. I. das Gesetz, betreffend

die Wechselstempelsteuer im Norddeutschen Bunde, vom 10. Juni 1869 (BGbl. S. 193 — s. oben S. 165) auch

in den Hohenzollernschen Landen, im Königreich

Württemberg,

Großherzogthum

Baden und im Großherzogthum Hessen, südlich des Mains, in Geltung getreten ist (s. S. 170 Anm. 2 — nach Nr. 2 am Schluß daselbst inzwischen auch in Bayern),

treffen die über die Be­

deutung der Ausdrücke „Inland" und „Ausland" noch dem Sprachgebrauchs des gedachten Gesetzes in der Anweisung,

betreffend das Strafverfahren wegen Wechselstempel-Hinterziehung,

unter Nr. 2 gegebenen Erläuterungen nicht mehr zu (s. die vorige Anm. unter 2).

Unter „In­

land" ist nunmehr das ganze Geltungsgebiet des Gesetzes, also mit Einschluß der Hohenzollern­ schen Lande und der übrigen vorbezeichneten Länder und Gebiete zu verstehen.

Im Gegensatze

hierzu sind alle Orte außerhalb des nunmehrigen Geltungsgebiets als „Ausland" anzusehen.

Es

ist mithin fortan z. B. auch ein aus Stuttgart, Karlsruhe oder Darmstadt auf Hamburg, Leipzig oder Bremen gezogener Wechsel im ganzen Geltungsbereich des Gesetzes als ein inländischer zu behandeln und die etwa hinsichtlich desselben entdeckte Wechselstempel- Hinterziehung eintretenden Falles

von

den dazu berufenen Preußischen Behörden ebenso zu verfolgen, als wenn dieselbe

bei einem Wechsel vorgekommen wäre, der von einem Preußischen Orte auf einen Preußischen Ort gezogen

ist.

Unter Bezugnahme

auf den Erlaß v. 19. Dez. 1869 (s. Anm. 5) gebe ich Ew. rc.

(den Prov.-Steuerbehörden) anheim, auf diese Aenderung durch das Amtsblatt die betreffenden Be­ hörden und das Publikum aufmerksam zu machen. 6. b.

FMR. v. 3. Aug. 1871

(CB. S. 524, MB. 1872 S. 63), wonach auch Elsaß-Loth­

ringen, nachdem daselbst in Folge des Gesetzes vom 14. Juli 1871 (Gbl. f. Elsaß-Lothr. S. 175

182

Wechselstempel.

— s. oben S. 170 Anin. 2 sub Nr. 3. a) das Wechselstempelgesetz vom 10. Juni 1869 in Kraft getreten, zum „Jnlande" im Sinne des angezogenen Wechselstempelgesetzes zu rechnen ist.

7. a. JMR. v. 29. Dez. 1869 an sämmtl. Gerichte und Notare (JMB. S. 282): Nach §§. 20 und 21 des Gesetzes vom 10. Juni 1869, betreffend die Wechselstempelsteuer im Norddeutschen Bunde, bleiben die Preußischen gerichtlichen Behörden und Beamten, einschließlich der Notare, auch ferner verpflichtet, die Versteuerung der bei ihnen zur Vorlage kommenden Wechsel und der den­ selben durch §. 24 des Gesetzes gleichgestellten Papiere von Amtswegen zu überwachen und zu prüfen.

Wahrgenommene Kontraventionen sind den — nach §. 18 a. a. O. zur Einleitung des

administrativen Strafverfahrens fortan ausschließlich zuständigen — Behörden zur Verwaltung der indirekten Steuern anzuzeigen (§. 21 a. a. O.). Der Justiz-Minister erwartet, daß diese für die Bundes- und Staatsfinanzen wichtige Verpflichtung auf das sorgfältigste erfüllt werden wird. Zugleich werden die bezeichneten Behörden und Beamten auf die nachstehend abgedruckte, an die Steuerbehörden erlassene Anweisung des Herrn Finanz-Ministers vom 19. Dez. 1869, betreffend das Strafverfahren wegen Wechselstempel-Hinterziehung nach dem Bundesgesetze v. 10. Juni 1869, mit der Aufforderung hingewiesen, die in derselben gegebenen Erläuterungen zu beachten (s. S. 178 ff.). — Vergl. Anm. 7. b, d.

7.b. JMR. v. 10. Okt. 1872 an sämmtl. Gerichte und Notare (JMB. S. 267, CB. S. 469, MB. 1873 S. 21): Der §. 21 des Gesetzes vom 10. Juni 1869, betreffend die Wechselstempelsteuer im Norddeutschen Bunde, legt allen Staats- und Kommunalbehörden und Beamten, denen eine richterliche oder Polizeigewalt anvertraut ist, sowie den Notaren und anderen Beamten, welche Wechselproteste ausfertigen, die Verpflichtung auf, die Besteuerung der bei ihnen vorkommenden Wechsel und Anweisungen von Amtswegen zu prüfen und die zu ihrer Kenntniß kommenden Zu­ widerhandlungen gegen dies Gesetz bei der nach §. 18 zuständigen Behörde zur Anzeige zu bringen. Notare, Gerichtspersonen und andere Beamte, welche Wechselproteste ausfertigen, sind ins­ besondere verbunden, sowohl in dem Proteste als in dem über die Protestation etwa aufzuneh­ menden Protokolle ausdrücklich zu bemerken, mit welchem Stempel die protestirten Urkunden ver­ sehen, oder daß sie mit einem Bundesstempel nicht versehen sind. Nach der Mittheilung des Herrn Finanz-Ministers beschränken sich die Notare und Gerichtsbeamten bei der Aufnahme von Protesten darauf, daß sie in dem Proteste bemerken, mit welchem Stempel der protestirte Wechsel u. s. w. versehen, oder daß er mit einem Bundesstempel nicht versehen sei, ohne zu prüfen, ob die Versteuerung richtig und rechtzeitig erfolgt sei. Hierdurch wird der im ersten Satze des §. 21 den gedachten Beamten auferlegten Pflicht, die vorschriftsmäßige Versteuerung zu prüfen, nicht genügt. Der §. 21 im Zusammenhange mit §§. 13 und 14 des Gesetzes ergiebt, daß eine vorschriftsmäßige Verwendung des Stempels nur dann anzunehmen ist, wenn der Wechsel entweder auf einem mit dem erforderlichen Bundesstempel versehenen Blanquet ausgestellt, oder die Verwendung der er­ forderlichen Bundesstempelmarke auf dem Wechsel nach Maßgabe der vom Bundesrath erlassenen Vorschriften über die Art und Weise der Verwendung erfolgt ist. Da die Kassation der Stempel­ marken selbst nicht mehr amtlich erfolgt, sondern von jedem Privatmann bewirkt werden kann, so ist eine Ueberwachung der für das Aufkleben und die Kassirung der Marken gegebenen Vorschriften um so mehr unerläßlich, als diese Vorschriften die einzige Gewähr für die Rechtzeitigkeit der Ver­ steuerung und zur Verhütung des mehrmaligen Gebrauchs derselben Marke bilden. Die Gerichts­ behörden und Notare werden deshalb auf die genaue Beobachtung dieser Vorschriften hingewiesen und insbesondere darauf aufmerksam gemacht, daß der im letzten Satze des §. 21 des Bundes­ gesetzes vorgeschriebene Vermerk nur dann in den Wechselprotest aufgenommen werden kann, wenn die Wechsel entweder auf einem mit dem Bundesstempel versehenen Blanquet ausgestellt, oder bei der Verwendung von Bundesstempelmarken zu dem erforderlichen Steuerbetrage Seitens der Aus­ steller, Acceptanten oder Indossanten die Vorschriften der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom

Wechselstempel.

183

23. Juni 1871 sub

II — Bundesgesetz-Bl. S. 267 (muß heißen: „Reichs-Gesetzblatt", s. oben

S. 172 Anm. 3. b)

— beobachtet sind.

Es ist deshalb in allen Fällen, in denen hiergegen ver­

stoßen oder in denen die Verwendung der Marken nicht rechtzeitig durch den ersten zur Stempel­ abgabe gesetzlich Verpflichteten bewirkt ist, der nach §. 18 des Gesetzes zuständigen Behörde von der vorgefallenen Kontravention Nachricht zu geben. Um den mit der Aufsicht des Stempelwesens beauftragten Beamten möglichst in Stand zu setzen, sich bei der Revision der Wechselproteste eine Ueberzeugung darüber zu verschaffen, ob den gesetzlichen Vorschriften entsprochen ist, werden die Gerichtsbeamten und Notare zugleich angewiesen, in den nach §. 88 der Wechselordnung zu neh­ menden beglaubigten Abschriften der Wechsel und Anweisungen die Stelle, wo die Stempelmarke aufgeklebt worden, zu bezeichnen, sowie die Art und Weise der Kassation durch Abschrift des Kasiationsvermerks und der neben demselben befindlichen Durchkreuzung ersichtlich zu machen ^letz­ tere findet jetzt nicht mehr Statt, s. S. 174 Anm. 3. c].

7. c. R. des M. d. I. v. 3. Jan. 1870 an sämmtl. Regierungen (mit Ausschluß der Reg. zu Sigmaringen — s jedoch S. 170 Anm. 2 Nr. 1) die Landdrosteien, das Polizei-Präsidium in Berlin, sowie zurKenntnißnahme an d. Ober-Präsidenten (MB. S. 13): Nach den Vorschriften in den §§. 20 und 21des Gesetzes vom 10. Juni 1869, die Wechselstempelabgabe im Norddeutschen Bunde betreffend (BGbl. S. 193), bleiben die Behörden und Beamten, denen eine richterliche oder Polizei-Gewalt anvertraut ist, auch nach dem 1. Januar 1870 verpflichtet, die Versteuerung der bei ihnen vorkommenden Wechsel und Anweisungen zu prüfen und wahrgenommene Kontraventionen von Amtswegen zur Anzeige zu bringen.

Nur insofern tritt eine erhebliche Aenderung ein, als

fortan auch im Bereiche des Preußischen Stempelgesetzes vom 7. März 1822 [rote nach §. 7 der früher in den neuen Landestheilen geltenden Verordnung v. 4. Juli 1867, GS. S. 1063] die Einleitung des administrativen Strafverfahrens nach §. 18 des Gesetzes vom 10. Juni 1869 den Behörden der Verwaltung der indirekten Steuern obliegt. Nachdem diese letzteren von dem Herrn Finanz-Minister auf die ihnen auferlegten Verpflichtungen hingewiesen und unter dem 19. De­ zember pr. mit einer Anweisung versehen sind (s. S. 178), deren Veröffentlichung durch die Amts­ blätter angeordnet ist. finde ich mich veranlaßt, die Behörden meines Ressorts auf die Fortdauer der Eingangs erwähnten Pflichten noch besonders aufmerksam zu machen. Ich veranlasse demnach die Königl. Regierung, sämmtliche Ihr Nachgeordneten Behörden und Beamten, denen eine Polizei­ gewalt anvertraut ist, auf die bezüglichen Vorschriften des Gesetzes vom 10. Juni 1869 hinzu­ weisen, und denselben die sorgfältige Prüfung der bei ihnen vorkommenden Wechsel und Anwei­ sungen mit Rücksicht auf ihre Stempelpflichtigkeit, sowie die Anzeige wahrgenommener Kontra­ ventionen aufzugeben. — Vergl. die folg. Anm. 7. d. Bezüglich der Begründung der Wechselstempelkontraventions-Anzeigen Seitens der Be­ hörden u. Beamten durch Mittheilung stempelfreier beglaubigter Wechsel-Abschriften, nicht der Original-Wechsel, s. unten im Abschnitt D. zu §.21 des Wstges. v. 10. Juni 1869 die Verhand­ lung im Reichstage sub b Absatz 2 u. 4. Wegen der Beweiskraft solcher Abschriften s. Annt. 22. 8. JMR. v. 15. April 1872 an sämmtl. Gerichte u. Notare (JMB. S. 98): Nach einer Mittheilung des Herrn Reichskanzlers sind in dem Bezirk der Königl. Provinzial-Steuerdirektion zu Magdeburg zahlreiche Fälle zur Entdeckung und Verfolgung gelangt, in denen die seit beut 15. August v. I. zum Verkauf gelangten Reichs-Wechselstempelmarken mit einem früheren Kaffationsdatum als dem ihrer Einfühmng resp. Debitirung zur Versteuerung von Wechseln angewendet, also offenbar nachträglich verbraucht und mit falsch datirtem Kassationsvermerk versehen waren. Es ist nicht zu bezweifeln, daß wie in diesen, so auch sonst in zahlreichen Fällen die Stempel­ marken erst dann nachgeklebt werden, wenn gelegentlich der Protesterhebung oder Klageanstellung die Wechsel produzirt werden müssen. Um den Stempelhinterziehungen möglichst zu begegnen, werden die Gerichte und Notarien hierdurch veranlaßt, bei den zur Protesterhebung oder in Pro-

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Wechselstempel.

zessen produzirten Wechseln ihr Augenmerk darauf zu richten, ob der Kassationsvermerk der mit Reichsstempelmarken versehenen Wechsel ein Datum führt, welches der Ausgabe der Reichs-Wechsel­ stempelmarken vorausging, und die dabei sich herausstellenden Kontraventionen zur Verfolgung anzuzeigen. — Das denselben Gegenstand betreffende FMR. v. 18. April 1872 (CB. S. 204) giebt den Prov.Steuerbehörden auf, die bezüglichen Beamten anzuweisen, diesen! Gegenstände ihre Aufmerksamkeit zu widmen, unter Mittheilung des vorerwähnten Berichtes des Prov.-Steuerdir. v. 27. Febr. 1872 (CB. S. 205 sub b) sowie des aus diesem Anlaß an die Bundesregierungen gerichteten Schreibens des Reichskanzleramts v. 6. April 1872 (CB. S. 205 sub a). 9. FMR. v. 9. Sept. 1870 an d. PStD. in P. und zur Kenntnißnahme an alle übrigen Prov.-Steuerbehörden, betr. die allgemeine Verpflichtung der Gerichte zur Wahrnehmung des Bundes-Stempelinteresses (CB. S. 365): Die in dem Berichte v. rc. vorgetragenen Bedenken, die Buchung und Verwendung des Wechselstempels in Prozessen wegen Wechselstempel-Hinterziehung betreffend, beruhen auf nicht zu­ treffender Auffassung der bezüglichen Vorschriften des Gesetzes vom 10. Juni v. I. (BGbl. S. 193 — s. oben S. 165). Die Strafe der Wechselstempel-Hinterziehung besteht ausschließlich in der im §. 15 des Gesetzes vorgeschriebenen Geldbuße. Nur diese Geldbuße fällt nach §. 18 dem Fiskus desjenigen Staates zu, von dessen Behörden die Strafentscheidung erlassen ist. Die etwaige Verpflichtung des Kon­ travenienten zur Nachentrichtung der zur Bundeskasse fliehenden Wechselstempelabgabe ist weder Gegenstand der Strafentscheidung, noch bei der Prozeßgelder-Buchung und -Verrechnung überhaupt zu berücksichtigen. Die Voraussetzung, daß der Kontravenient immer auch zur Nachentrichtung der Stempelabgabe verpflichtet sei, entbehrt der Begründung. Wenn der letzte Inhaber des Wechsels denselben versteuert hat, so sind nach §. 11 des Gesetzes die Vordermänner zwar zur Strafe zu ziehen; von einer nochmaligen Einziehung der Steuer von einzelnen oder allen Vorder­ männern kann alsdann aber keine Rede sein. In diesem Betracht ist es mithin zufällig, ob neben der Einleitung des Strafverfahrens überhaupt noch die Einziehung des Stempels zu dem Wechsel zu betreiben ist, oder nicht; unter allen Umständen wird die Steuerbehörde nur auf Grund der ihr im §. 20 des Gesetzes hinsichtlich der Beaufsichtigung der Bundesstempelabgabe, nicht aber auf Grund der ihr im §.18 hinsichtlich der Untersuchung und Entscheidung der Wechselstempel-Hinter­ ziehungen aufgelegten Verpflichtungen und eingeräumten Rechte dafür zu sorgen haben, daß der hinterzogene Steuerbetrag, falls er nicht bereits von einem späteren Wechselinhaber entrichtet ist, der Bundeskasse zugeführt werde. Soviel bisher wahrzunehmen Gelegenheit gewesen ist, werden die Steuerbehörden aber überhaupt nicht oft in die Lage kornmen, die nachträgliche Versteuerung eines Wechsels zu veranlassen, da die überwiegende Mehrzahl der angebrachten Anzeigen wegen Wechselstempel-Hinterziehung sich auf Wechsel bezieht, welche bei den Gerichten vorgekommen sind, und die Gerichte selbst dafür zu sorgen haben, daß der etwa fehlende Stempel zu dem Wechsel verwendet wird. Die von Ihnen ohne nähere Motivirung ausgesprochene Ansicht, daß den Gerichten die Bei­ treibung der Steuer nicht obliege, hat Veranlassung gegeben, dieserhalb mit dem Herrn Justiz-Minister in Einvernehmen zu treten und eröffne ich Ew. Hochwohlgeboren im Einverständnih mit dem ge­ dachten Herrn Minister hierüber Folgendes: Wenn bei den Gerichten stempelpflichtige Wechsel vorkommen, welche noch nicht versteuert sind, so ist in Betreff der Nachbringung der Steuer ebenso zu verfahren, wie wenn eine nach dem Preußischen Stempelgesetz stempelpflichtige Privaturkunde ohne den erforderlichen Stempel bei Gericht eingereicht wird, d. h. es ist Seitens des Gerichtes die Nachbringung des Stempels in natura zu verlangen und nöthigen Falles zu erzwingen, das nachgebrachte Stempelmaterial aber zu der

Wechselstempel.

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Urkunde zu Jassiren. Diese Verpflichtung der Gerichte ergiebt sich aus §. 20 des Bundesgesetzes vom 10. Juni v. I. (BGbl. S. 193 — s. oben S. 165). Da besondere Bundesbehörden zur Beauf­ sichtigung des Wechselstempels nicht bestellt werden konnten, so mußte darauf Bedacht genommen werden, in Betreff der Beaufsichtigung der Bundes-Stempelabgabe eine vollständige Gleichstellung derselben mit den Landes-Stempelabgaben der einzelnen Bundesstaaten eintreten zu lassen, insoweit nicht besondere Ausnahmen in dem Gesetze selbst vorgesehen sind. In der angezogenen Bestimmung (§. 20) ist zu diesem Zwecke angeordnet, daß die in den einzelnen Staaten mit Beaufsichtigung des Stempelwesens beauftragten Behörden und Beamten die ihnen obliegenden Verpflichtungen auch hinsichtlich der Bundes-Stempelabgabe und zwar mit gleichen Befugnissen, wie sie ihnen hinsichtlich der Landes-Stempelabgaben zustehen, warzunehmen haben. Die Sorge für Nachbringung des fehlenden Stempels ist nicht etwa ein Ausfluß der Befugniß zur Festsetzung der Stempelstrafe, über welche im §. 18 und 21 des Bundesgesetzes vom 10. Juni v. I. disponirt ist, sondern von letzterer durchaus unabhängig. Der §. 21 regelt die Verpflichtung, begangene Stempelkontraventionen zu ermitteln und zur Anzeige zu bringen. Die dort angeordnete Prüfung der Versteuerung der bei den Gerichten vorkommenden Wechsel ist auch in denjenigen Fällen nothwendig, wo unzweifelhaft eine nachträgliche Versteuerung nicht gefordert werden kann, weil z. B. der letzte Inhaber den Wechsel — §. 11 des Gesetzes — bereits versteuert hat, wo aber dessen ungeachtet die Vordermänner desselben die Strafe des §. 15 verwirkt haben. Die Verpflichtung der Gerichte, den Vorschriften in den §§. 4 und 5 des Gesetzes entsprechend, die nachträgliche Versteuerung eines noch unversteuerten Wechsels zu fordern, ist vielmehr ein Ausfluß der ihnen übertragenen Theilnahme an der allgemeinen Aufsicht über die Beobachtung der Stempelgesetze (Marginale zu §. 30 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822) und der ihnen aufgelegten besonderen Verpflichtung, auf die Befolgung der Stempelgesetze zu halten (§. 30 des gedachten Gesetzes, §. 23 der Allerh. Verordnung vom 19. Juli 1867 GS. S. 1191 — s. in Abth. II des Komm. subB. l.a). Zwischen der Verfolgung der Strafe der Wechselstempel-Hinterziehung, die lediglich in einer zur Landeskasse (§. 18) fließenden Geldbuße besteht, und der Sorge für Nach­ bringung des der Bundeskasse vorenthaltenen Stempels besteht kein nothwendiger Zusammenhang. Die Gerichte haben sonach den letzten oder, nach ihrer Wahl, einen der früheren Theilnehmer am Umlaufe des Wechsels zur Einlieferung der erforderlichen Bundes-Stempelmarken anzuhalten und dieselben, ebenso wie es in Betreff der in natura nachzubringenden Preußischen Stempelmaterialien zu vorgelegten Privaturkunden geschieht, zu kassiren. Nach den vorstehenden Ausführungen haben die Steuerbehörden neben und unabhängig von dem einzuleitenden Prozesse wegen Wechselstempel-Hinterziehung für die Versteuerung des noch unver­ steuerten Wechsels nur dann Sorge zu tragen, wenn die Hinterziehung der Steuer nicht von einer Behörde oder einem Beamten zur Anzeige gebracht wird, welchen nicht schon selbst die gleiche Ver­ pflichtung obliegt. Insofern es hierbei zur exekutivischen Einziehung des fehlenden Steuerbetrages kommen sollte, ist derselbe sofort zum Ankauf von Bundesstempelmarken wieder zu verausgaben und sind die letzteren event, auf der stempelpflichtigen Urkunde vor deren Wiederaushändigung zu be­ festigen und zu kassiren. In dem von Ew. rc. als möglich bezeichneten, wenn auch unwahrscheinlichen Falle, daß Armuthshalber der fehlende Steuerbetrag nicht ganz sollte beigetrieben werden können, muß der wirklich beigetriebene Betrag in Marken verwendet werden. Sollte, wie Sie beispielsweise anführen, auf einen schuldigen Steuerbetrag von 4 Sgr. 6 Pf. nur 3 Sgr. 9 Pf. beizutreiben sein, so möchte der in Marken nicht darstellbare Betrag, der niemals 1 Sgr. erreichen kann, dem Steuerpflichtigen belassen oder herausgegeben werden, da besondere Anordnungen für dergleichen Fälle nicht erlassen sind und auch nicht als Bedürfniß angesehen werden können. — Die Aufnahme der Einnahme an Wechselstempelsteuer des Norddeutschen Bundes in den Vordruck der Formulare zu den für die

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Wechselstempel.

Hauptbuchhalterei zu fertigenden monatlichen Abschlüssen der Hauptämter ist irrthümlicherweise erfolgt.

Mit Bezug auf die am Schlüsse des Berichtes vorgetragene Anfrage eröffne ich Ew. rc.

endlich, daß die Bestimmung im §. 14 des Gesetzes vom 10. Juni v. I., wonach nicht vorschrifts­ mäßig verwendete Stempelmarken als nicht verwendet angesehen werden, ebenso wie die gleich­ lautende Vorschrift im §. 3 des Gesetzes vom 2. Sept. 1862 (GS. S. 295 — s. Anm. 4. a zu §. 35 des Stempelges. v. 7. März 1822) unzweifelhaft sowohl für die strafrechtlichen Folgen als für die Verpflichtung zur Nachbringung des Stempels maßgebend ist.

10. FMR. v. 18. Sept. 1871, betr. die Einziehung eines Wechselstempeldefekts von 6 Pfen­ nigen (CB. S. 528, MB. 1872 S. 38): Die Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelsteuer von einem Wechsel über mehr als 50 Thaler bis 100 Thaler, von welchem nur eine Stempelabgabe von 1 Sgr. verwendet ist, kann nach den von dem Bundesrathe erlassenen Anordnungen in keiner anderen Weise als durch nachträgliche Verwendung einer Stempelmarke im Werthe von 1 Sgr. erfüllt werden.

Jeder spätere Inhaber des Wechsels, welcher nach §. 11 des Bundesgesetzes vorn

10. Juni 1869 (BGbl. S. 193 — s. oben S. 165) zur Nachholung der vollständigen Versteuerung des Wechsels verpflichtet ist, kann nur in der bezeichneten Weise dieser Anfordemng genügen. Wenn dadurch die Stempelabgabe um 6 Pf. über den gesetzlichen Betrag gesteigert wird, so stellt sich dies als eine unvermeidliche Folge der dem ersten Kontravenienten zur Last fallenden Gesetzes­ übertretung heraus.

Hiernach kann auch in denjenigen Fällen der vorgedachten Art, wo die mit

der Ahndung der begangenen Steuerhinterziehung (§. 15 desselben Gesetzes) befaßte Steuerbehörde auf die nachträgliche Versteuerung des Wechsels zu halten hat, die einzufordernde Steuer, für deren Entrichtung die im §. 4 des Gesetzes bezeichneten Personen haften, nicht weniger als 1 Sgr. betragen. 11. FMR. v. 6. Juni 1870 III 9633 an das HStAmt für inländ. Gegenst. in Berlin (mit­ getheilt durch FMR. v. 4. Juli dess. I. III 11417 an d. Reg. in F.), betr. das Verfahren bei Konkurrenz mehrerer in verschiedenen Hauptamtsbezirken wohnenden Wechselstempel-Kontra­ venienten: In denjenigen Fällen, wo mehrere Personen in Betreff eines Wechsels ihrer Ver­ pflichtung zur Entrichtung der Stempelabgabe nicht rechtzeitig genügt haben und deshalb wegen Wechselstempel-Hinterziehung zur Untersuchung zu ziehen sind, ist gegen alle betreffenden Personen, namentlich auch gegen die in anderen Hauptamtsbezirken wohnhaften Kontravenienten die Unter­ suchung von dem zuerst mit derselben befaßten zuständigen Hauptamte zu führen. Im §. 19 des Bundesgesetzes vom 10. Juni v. I. ist ausdrücklich vorgeschrieben, daß jede von einer nach §. 18 zuständigen Behörde wegen Wechselstempel-Hinterziehung einzuleitende Untersuchung und zu er­ lassende Strafentscheidung auch auf diejenigen Inhaber des Wechsels, welche anderen Bundes­ staaten angehören, ausgedehnt werden kann. Aus den Motiven zu dem gedachten Gesetze ergiebt sich, daß es für eine überflüssige und der Sache selbst nachtheilige Weitläuftigkeit des Verfahrens erachtet ist, wenn in jedem Bundesstaate, welchem ein Inhaber des Wechsels angehört, eine be­ sondere Procedur eingeleitet werden sollte. Die Ausführungen in dem Berichte sind nicht geeignet, eine andere Auffassung zu begründen;

denn wenn es auch richtig ist, daß unter Umständen in

einzelnen Fällen die Einleitung eines besonderen Prozesses gegen jeden Inhaber des Wechsels schneller zum Ziele führen mag, so kann doch unter anderen Umständen das Gegentheil ebensowohl eintreten und namentlich können aus der verschiedenen Behandlung der vorkommenden Rechts­ fragen bei den verschiedenen Behörden sehr unerwünschte Verwickelungen hervorgehen.

Es unter­

liegt auch keinem Zweifel, daß es der Absicht des Gesetzgebers entspricht, diejenigen Fälle, in welchen die mehreren zur Untersuchung zu ziehenden Inhaber des Wechsels einem und demselben Bundesstaate angehören, aber in verschiedenen Hauptamtsbezirken ihren Wohnsitz haben, in der fraglichen Beziehung nicht anders zu behandeln, als die Fälle, wo die Kontravenienten verschie­ denen Bundesstaaten angehören.

Die Bestimmung im §. 19 des Gesetzes berechtigt in den erst-

Wechselstempel.

187

gedachten Fällen ebenfalls das zur Einleitung der Untersuchung zuständige Hauptamt, den Prozeß zugleich auf die seinem Bezirke nicht angehörenden Inhaber des Wechsels auszudehnen. Hiernach hat das Haupt-Steuer-Amt fernerhin zu verfahren. Ob die Praxis der Gerichte künftig zur An­ nahme eines anderen Grundsatzes Veranlassung geben möchte, ist abzuwarten. — Vergl. Anm. 3. b zu §. 30 des Stempelges. v. 7. März 1822.

12. FMR. v. 19. Mai 1870 III 8727 an d. Reg. in F., betr. die Einreichung eines un­ gestempelten Wechsels bei Gericht und die Unzulässigkeit der Klage wegen Wechselstempelsteuer: rc Zu bemerken bleibt noch, daß, wenn das Bundesgesetz vom 10. Juni v. I. zur Anwendung käme, die Einreichung der Wechsel bei Gericht allerdings als Aushändigung anzusehen (vergl. Anm. 17. a, b), im Uebrigen aber vom Civilprozeß über die Frage der Steuerpflichtigkeit keine Rede sein würde (§. 18), so wenig wie in Zottsachen. — ^Jn Beziehung auf die Unzulässigkeit des Rechts­ weges bezüglich der Wechselstempelsteuer vergl. unten im Abschnitt D die Motive zu §. 19 des Wechselstempelges. v. 10. Juni 1869].

13. a. FMR. v. 5. März 1871, betr. die Ausgleichung von Härten in Wechselstempelstraf­ sachen (CB. S. 349): Die Verfügung vom 14. Nov. 1827 III 18284, welche den Ober-Inspektoren die Befugniß beilegt, Anklage-Verhandlungen, bei denen es sich um höchstens 1 Thaler Zoll-Gefälle handelt, auf sich beruhen zu lassen, ist zu den im §. 18 des Wechselstempelgesetzes v. 10. Juni 1869 gedachten, die Behandlung von Wechselstempel-Strafsachen regelnden Vorschriften nicht zu rechnen ^gleichmäßig nach dem im FMR. v. 1. Juni 1871, CB. S. 419, mitgetheilten BundesrathsBeschluß v. 11. Mai dess. I.]; es stehen auch einer Ausdehnung dieser Befugniß auf den Wechsel­ stempel gewichtige Bedenken entgegen [f. jedoch die folg. Anm.].

Eben so wenig erscheint es zu­

lässig, die den Provinzial-Behörden in Zollsachen eingeräumte Befugniß, nach Umständen von der Festsetzung einer Strafe gänzlich abzusehen (Cirk.-Verfügung v. 23. Dez. 1869, CB. 1870 S. 14 — s. Anm. 7. b zu §. 31 des Stempelges. v. 7. März 1822), auf Wechselstempelsachen auszudehnen. Hiemach sind Härten, welche bei der strengen Anwendung des Wechselstempelgesetzes in einzelnen Fällen entstehen, nach wie vor in der Rekurs-Instanz durch eventuelle Ermäßigung der gesetzlichen Strafe nach Anleitung der Verfügung vom 28. Juli 1838 III 7157 (s. Note zur Anm. 6 zu §. 31 des Stempelges. v. 7. März 1822), beziehungsweise durch den Erlaß der Strafe im Gnadenwege auf desfallsigen hierher zu erstattenden Bericht auszugleichen.

13. b. FMR. v. 26. Aug. 1873 (CB. S. 249) — dieses Reskript bestimmt im Eingänge, was S. 174 in der Note zu Anm. 3. c bemerkt ist, wonächst es weiter dahin lautet: Der Bundesrath hat in der Sitzung vom 2. v. M. beschlossen, daß fortan die Dirigenten der Hauptämter befugt sein sollen, von der ihnen in Zollsachen zustehenden Befugniß, Anklageverhandlungen über Kleinig­ keiten bis zu 1 Thlr Gefälle höchstens auf sich beruhen zu lassen, auch bezüglich der Anklage­ verhandlungen wegen Wechselstempelhinterziehungen Gebrauch zu machen, falls offenbar nur Versehen vorliegen und die Absicht der Steuerhinterziehung ausgeschlossen ist. Die Absicht ist hierbei hauptsächlich dahin gegangen, dem Uebelstande zu begegnen, daß auch wegen der ge­ ringsten Inkorrektheit bei Ausführung der Markenkassation Prozeß eingeleitet und die Defrau­ dationsstrafe verhängt wurde, obgleich dies nach den obwaltenden Umständen als eine offenbare Härte von allen Seiten erkannt werden mußte.

Um den beabsichtigten Zweck zu erreichen, ohne

die Sicherheit des Steuerinteresses zu gefährden, ist es nothwendig, daß die Hauptamtsdirigenten sich mit dem Sinn und Zusammenhang der einzelnen Vorschriften über die Verwendung der Stempelmarken zu Wechseln genau vertraut machen, in jedem einzelnen Falle, wo die Abstand­ nahme von der Strafverfolgung in Frage kommt, die obwaltenden thatsächlichen Verhältnisse ge­ wissenhaft und unparteiisch prüfen und von der ihnen ertheilten Ermächtigung mit Umsicht Gebrauch machen. Die Hauptamtsdirigenten haben jeden derartigen Fall in einer besonderen tabellarischen Nachweisung unter kurzer Angabe des Thatbestandes der angezeigten Kontravention

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Wechselstempel.

und der Motive für die Abstandnahme von der Strafverfolgung einzutragen und dieselbe in den nach den Umständen zu bestimmenden periodischen Terminen (etwa halbjährlich) der vorgesetzten Provinzialbehörde vorzulegen. Letztere hat die Nachweisungen einer sorgfältigen Prüfung zu unterwerfen, wobei auch darauf zu achten bleibt, daß in den einzelnen Hauptamtsbezirken nicht offenbare Ungleichheiten Platz greifen, indem in dem einen ein sehr ausgedehnter, in dem andern ein sehr beschränkter Gebrauch von der in Nede stehenden Befugniß unter gleichartigen Verhält­ nissen gemacht wird. Seitens der Provinzialbehörden ist in den Erläuterungen zu der ProzeßStatistik dieser Gegenstand besonders zu berücksichtigen und über die Anzahl der Fälle, in welchen die Abstandnahme stattgefunden hat, und die bezüglichen Wahrnehmungen das Geeignete an­ zuführen. Die Hauptamts-Dirigenten des Verwaltungsbezirks sind hiernach mit der erforderlichen Anweisung zu versehen. C. Erkenntnisse des Ober-Tribunals. 14. Eine juristische Person kann sich keiner Uebelthat schuldig machen, also nicht strafrechtlich verfolgt werden. Das gilt auch da, wo es sich um eine Wechselstempelhinterziehung handelt (die Strafverfolgung war gegen die §cmt>el3firina „Gebrüder Wolfgang" als Theilnehmerin am Umlauf eines Wechsels gerichtet). Erk. des OT. (1) v. 30. Okt. 1872 (OR. B. 13 S. 562, GA. B. 20 S. 569, Entsch. B. 68 Abth. f. Krim.-S. S. 5); in den Erk.-Gründen heißt es: nur gegen physische Personen könne eine Strafverfolgung eintreten, nicht aber gegen moralische Personen, da nur In­ dividuen, nicht fingirte Personen in strafrechtlicher Beziehung für willensfähig anzusehen seien rc. Vergl. auch Anm. 20. a am Schluß die Erk.-Gründe zu Nr. 1. 15. a. Derjenige, welcher einen im Jahre 1869 gezogenen Wechsel im Jahre 1870 mit einer Bundes-Stempelmarke versieht, genügt dadurch nicht der Stempelvorschrift des Bundes-Gesetzes vom 10. Juni 1869 (§.29), sollte auch der um Beikassirung des Preußischen Stempels ange­ gangene Stempel-Distributor diese abgelehnt haben, Erk. des OT. (1) v. 26. April 1871 (OR. B. 12 S. 238), weil, wie es in den Erk.-Gründen heißt, Gesetzunkenntniß ihn nicht entschuldige und ebensowenig die unrichtige Belehrung anderer Personen; im Zweifel habe er die Entscheidung der betr. Steuerbehörde einholen müssen. Vergl. §.21 Anm. 5. a—d. 15. b. Das Datum eines Wechsels ist nur ein Beweismittel, dessen Erheblichkeit der richter­ lichen Prüfung unterliegt. Der Richter ist befugt, in Betreff der für die Stempelpflichtigkeit eines Wechsels entscheidenden Thatsachen von Amtswegen einen Beweis zu erheben. Erk. des OT. (1) v. 1. Mai 1872 (OR. B. 13 S. 290); ein von S. unter dem „29. Dez. 1869" ansgestellter und in blanco girirter, von L. acceptirter, am 3. Januar 1870 in den Verkehr gebrachter Wechsel trug eine Wechselstempelmarke, welche dem erst am 1. Januar 1870 in Wirksamkeit getretenen Wstgesetz v. 10. Juni 1869 entsprach. Hierin fand die Anklage eine Stempel-Hinterziehung, weil der Wechsel schon im Dez. 1869 mittelst einer Preußischen Marke zu versteuern gewesen sei. Beide Jnstanzgerichte sprachen aber frei, weil sie es für erwiesen erachteten, daß der Wechsel erst am 3. Januar 1870 mit der Unterschrift des Ausstellers versehen und somit im Jahre 1869 nach dem damals geltenden Preußischen Stempelgesetze noch nicht stempelpflichtig gewesen sei. Die Nichtig­ keitsbeschwerde des PStD., welche auszuführen suchte, daß für die Stempelpflichtigkeit einer Schrift zunächst ausschließlich der sichtbare Inhalt derselben entscheidend sei, ist durch vorgedachtes Erk. des OT. zurückgewiesen. 16. Derjenige, welcher einen von ihm acceptirten Wechsel aus den Händen giebt, bevor die Stempelverwendung in vorgeschriebener Weise stattgefunden, verwirkt die Strafe des Wechselstem­ pelgesetzes vom 10. Juni 1869 §. 14, 15 [§. 5, 7 Absatz 1 Schlußsatz a. a. D.]. Erk. des OT. (1) v. 11. Dez. 1872 (OR. B. 13 S. 650); G. hatte einen auf ihn gezogenen, mit nicht vorschrifts­ mäßig kassirter Stempelmarke versehenen Wechsel, nachdem derselbe von ihm acceptirt worden, in demselben Zustande zurückgegeben.

Wechselstempel.

189

17. a. Der Inhaber eines Wechsels, zu welchem nicht in vorschriftsmäßiger Weise die erfor­ derlichen Stempelmarken verwendet sind, verwirkt die Stempelstrafe, wenn er denselben in dem gedachten Zustande bei Gericht einreicht. Erk. des OT. (!) v. 18. Juni 1873 (OR. B. 14 S. 443, GA. B. 21 S. 579); in den Erk.-Gründen heißt es: Pflicht des Ausstellers, sowie jedes Inhabers eines Wechsels ist es, für die vorschriftsmäßige Entrichtung der Stempelabgaben zu sorgen, ehe er den Wechsel „aus .Händen giebt" (§. 6, 11 des Wstges. v. 10. Juni 1869); diese Pflicht hat so­ mit auch dem N. (in der doppelten Eigenschaft als Aussteller und Inhaber) obgelegen, ehe er bei Anmeldung seiner Forderung durch gleichzeitiges Einreichen der Wechsel zu den Konkursakten über die Grenze der eigenen Aufbewahrung hinausging. — Vergl. Anm. 12 u. 18. c am Schluß. 17. b. Sobald der Acceptant dem Aussteller den gezogenen Wechsel zurückgegeben hat, be­ findet sich derselbe int „Umlaufe" int Sinne des Bundes-Wechselstempelgesetzes vom 10. Juni 1869 §§.4,5. Erk. des OT. (!) v. 17. Jan. 1872 (09t. B. 13 S. 50); P. hatte einen von ihm ge­ zogenen, von dem Bezogenen acceptirten und ihm sodann zurückgegebenen Wechsel eingeklagt und zu diesem Ende ungestempelt dem Gericht eingereicht. Deshalb wegen Wechselstempel-Hinterziehung verurtheilt, machte er geltend, daß der Wechsel von den Jnstanzgerichten zu Unrecht als „Umlaufs­ wechsel" qualifizirt worden, da die Rückseite desselben leer — ohne Indossament — gewesen sei. In den Erk.-Gründen heißt es: Der Ausdruck: „Umlauf eines Wechsels" bedeutet nach §.4,5 des Ges. v. 10. Juni 1869 nicht, daß der Wechsel mit einem Indossamente versehen gewesen sein müsse, sondern bezeichnet mit: diejenige Thätigkeit eines Wechselinteressenten, welche geeignet ist, den Wechsel geschäftsfähig zu machen, oder in irgend einer Weise zu realisiren. Es ergiebt dies der §. 5 a. a. O. auf das Deutlichste, woselbst diejenigen Personen, welche als Theilnehmer „an dem Umlaufe eines Wechsels" anzusehen sind, bezeichnet werden. 18. a. Die Unvollständigkeit eines mit Accept zurückgegebenen Wechsels befreit den Accept(inten nicht von der Pflicht der Versteuerung. Erk. des OT. (1) v. 18. Okt. 1871 (09t. B. 12 S. 515); in den Erk.-Gründen heißt es: Der Acceptant hat der Vorschrift im §. 7 (Absatz 1 Schluß - Satz) des Wstges. v. 10. Juni 1869 zuwiderhandelt, mithin nach §. 15 a. a. O. die Defraudationsstrafe verwirkt. Wegen der zur Zeit des Acceptes fehlenden Unterschrift des Aus­ stellers und des fehlenden Datums der Ausstellung erwuchs aus dem Schriftstücke in seiner damaligen Beschaffenheit allerdings keine Wechselverbindlichkeit (Art. 7 der Deutschen Wechsel-Ordn.). Da jedoch durch Fortsetzung der bereits begonnenen Ausfüllung des Wechselformulars ein vollständiger Wechsel entstehen konnte und entstanden ist, so konnte der Thatrichter ohne Rechtsirrthum die thatsächliche Feststellung treffen, daß 9t. einen Wechsel acceptirt habe, der zur Zeit der Acceptation mangelhaft gewesen; aus diesem Umstande kann aber nach §. 16 a. a. 0. der Acceptant keinen Ein­ wand gegen die gesetzlichen Folgen der Nichtversteuerung entnehmen. — Derjenige, welcher ein nicht vollständig ausgefülltes (vom Aussteller nicht unterzeichnetes) Wechselformular mit seinem Accept versieht, und dann ungestempelt aus den Händen giebt, ver­ wirkt die Wechselstempelstrafe, wenn später das Formular durch vollständige Ausfüllung zum wirklichen Wechsel gemacht ist. Erk. des OT. (1) v. 6. Mai 1874 (09t. B. 15 S. 284); in den Erk.-Gründen heißt es, daß die Unterscheidung des Appell.-Richters zwischen wesentlichen und anderen Erfordernissen eines Wechsels int §.16 des Wstges. v. 10. Juni 1869 nicht gemacht sei, vielmehr unter einem „mangelhaften Wechsel" ein im wechselrechtlichen Sinne mangelhafter Wechsel, d. i. ein solcher, welchem eines der wesentlichen Erfordernisse fehle, verstanden sei. 18. b. Wer ein ausgefülltes, aber von einem Aussteller noch nicht unterschriebenes Wechsel­ formular mit einem Accept versieht und ungestempelt versendet, verwirkt die volle Stempelstrafe. Es kommt nicht darauf an, daß zur Zeit der Versendung noch kein Aussteller unterschrieben hatte, und es kommt ihm nicht zu Statten, daß der Aussteller bei seiner späteren Unterschrift einen Theil des Stempels verwendet hat. Erk. des OT. (!) v. 13. Nov. 1872 (JMB. S. 328, 09t.

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Wechselstempel.

B. 13 S. 592, GA. B. 20 S. 570, Entsch. B. 68 Abth. f. Krim.-Sachen S. 1); in den Erk.-Gründen heißt es: Aus §. 16 des Wstges. v. 10. Juni 1869 folgt, daß auch der Richter, dem ein nicht mit dem tarifmäßigen Stempel versehener Wechsel zur Festsetzung der gesetzlichen Strafe vorgelegt wird, nicht zu untersuchen hat, ob etwa der Wechsel zur Zeit des Acceptes schon soweit ausgefüllt gewesen sei, als zur Begrüudung einer Wechselverbindlichkeit erforderlich ist, daß er denselben vielmehr nur nach derjenigen Gestalt zu beurtheilen hat, wie er ihm vorliegt.

Erweist der­

selbe sich dann, wie dieses hier der Fall ist, als ein wirklicher, der Stempelsteuer unterliegender Wechsel, so ist darauf, wenn es sich um die Stempelpflichtigkeit des Acceptanten handelt, lediglich §. 7 a. a. O. anzuwenden, in welchem es heißt: „Der Acceptant eines unversteuerten Wechsels ist verpflichtet, vor der Rückgabe oder jeder anderweiten Aushändigung des Wechsels die Versteuerung desselben zu bewirken." Mußte hiernach der jetzige Angeklagte den hier in Rede stehenden, mit der Unterschrift des Ausstellers versehenen und auch sonst vollständigen Wechsel zu der Zeit, als er sein Accept darauf setzte, gleichviel, ob derselbe schon damals die Unterschrift des Ausstellers trug oder nicht, mit dem im §. 2 a. a. O. bestimmten tarifmäßigen Stempel von 7 V2 Sgr. ver­ sehen, so hatte er in demselben Augenblick, als er den Wechsel, ohne dieser Verpflichtung genügt zu haben, an den Aussteller sandte, nach §. 15 a. a. O. die Strafe des fünfzigfachen Betrages der hinterzogenen Stempelabgabe von 7y2 Sgr., also 12 Thlr 15 Sgr. verwirkt, und es kann ihm nicht zu Statten kommen, daß hinterher der Aussteller einen Theil derselben ordnungsmäßig ent­ richtet hat, wie solches der Schlußsatz im §. 11 ci.ct.jD.: „auf die von den Vordermännern verwirkten Strafen hat die Entrichtung der Abgabe durch einen späteren Inhaber keinen Ein­ fluß", deutlich zu erkennen giebt. 18. c. 1. Derjenige, welcher ein unvollständig ausgefülltes Wechselformular mit seinem Accept versieht, und in diesem Zustande einem Andern aushändigt, verwirkt dadurch, wenn später die vollständige Ausfüllung erfolgt, die Stempelstrafe nach dem vollen darin verschriebenen Be­ trage, sollte auch der später den Wechsel als Aussteller Vollziehende seinerseits rechtzeitig den Stempel (ganz oder theilweise) verwendet haben; 2. In dem gedachten Fall ist der Wechsel nach Maßgabe des ursprünglich in demselben verschriebenen Betrages zu besteuern, sollte dieser auch nachträglich (bei der Vollziehung durch den Aussteller) reduzirt worden sein. Erk. des OT. (1) vom 16. Mai 1873 (OR. B. 14 S. 364); der Angeklagte hatte zwei mit seinem Accept versehene Wechsel, denen noch das Datum, der Fälligkeitstermin und die Unterschrift des Ausstellers gefehlt haben sollen, angeblich als Depotwechsel zur Sicherung künftiger Forderungen an den H. über­ sendet. Letzterer als Aussteller hatte dieselben später vollständig ausgefüllt, dabei die verschrie­ benen Wechselbeträge durch Hinzufügung entsprechender Vermerke ermäßigt, diesen Vermerken entsprechend die Wechsel mit Stempelmarken beklebt und sie demnächst in Umlauf gesetzt. In den Erk.-Gründen wird zunächst bemerkt, daß die Vorderrichter von der richtigen' Voraussetzung aus­ gehen, daß die Wechsel nach dem vollen darin verschriebenen Betrage hätten versteuert werden müssen [m Beziehung hierauf heißt es in dem erstrichterlichen Erk.: der Text der Wechsel laute auf je 5000 Thaler, nach dieser Summe richte sich also die Steuer — §. 2 des Wstges. v. 10. Juni 1869; die Reduktion auf geringere Summen, gleichviel ob in Folge von Theilzahlungen oder aus welchem anderen Gmnde, sei bezüglich des Steuerbetrages ohne Belang. Der Appell.-Richter hatte sich hiermit einverstanden erklärt^.

Im Uebrigen stimmen die Erk.-Gründe im Wesentlichen mit denen

des Erk. v. 13. Nov. 1872 (s. vorige Anm.), auf welches auch verwiesen wird, überein. — Gegen den Wechsel-Aussteller resp. gegen den Indossatar, welcher letztere den einen an ihn girirten Wechsel, ohne eine Ergänzungs-Stempelmarke aufzukleben, dem Gericht zur Begründung einer Klage gegen den Acceptanten eingereicht hatte (vergl. Anm. 17. a, b), sind die Stempelstrafen wegen unzulänglicher Markenverwendung (nach Maßgabe der reduzirten, statt der verschriebenen vollen Wechselsummen) im Administrativ-Verfahren festgesetzt; die FMR. v. 8. Juli u. 13. Sept.

Wechselstempel. 1871

191

III 9267 u. 13067 an d. Reg. in F. haben diese Strafen zwar ermäßigt, hiermit aber an­

erkannt (int ersteren FMR. werden die festgesetzten Strafen ausdrücklich als gesetzlich gerecht­ fertigte bezeichnet), daß die Wechsel nach dem ganzen Betrage der verschriebenen Wechselsummen von je 5000 Thalern versteuert werden mußten.

19.

Bei der Verfolgung des Extrahenten eines Protestes ist der Nachweis, daß derselbe eine

rechtliche Beziehung zu dem Wechsel gehabt habe, nicht erforderlich.

Erk. des OT. (1) v. 7. Nov.

1873 (GA. B. 21 S. 579); in den Erk.-Gründen heißt es: Der Angriff wegen Verletzung der §§. 4, 5, 11 des Wechselstempelges. v. 10. Juni 1869 stützt sich darauf, daß Seitens der Jnstanzrichter die Qualität des Angeklagten als Bote des Wechseleigenthümers D. zwar negirt, aber eine positive Feststellung: welche rechtliche Beziehung der Angeklagte zu dem Wechsel gehabt habe, nicht getroffen worden sei; die bloße Detention des Wechsels genüge nicht, um die Ver­ hängung der Stempelstrafe zu begründen.

Dieser Angriff ist verfehlt. In den thatsächlichen Fest­

stellungen der Jnstanzrichter ist der Angeklagte als „Inhaber" des Wechsels bezeichnet und diese Feststellung in Verbindung mit der weiteren Feststellung, daß Angeklagter die Prolesterhebung nicht lediglich als Bote des D. extrahirt habe, genügt zur Anwendung des Strafgesetzes. Nach §. 4 des Wechselstempelges. sind für die Entrichtung der Abgabe sämmtliche Personen, welche an dem Umlaufe des Wechsels Theil genommen haben, solidarisch verhaftet und nach §. 5 wird als Theilnehmer an dem Umlaufe eines Wechsels hinsichtlich der Stempelpflichtigkeit u. A. Jeder an­ gesehen, der für eigene oder fremde Rechnung Mangels Zahlung Protest erheben läßt, ohne Unterschied, ob der Name oder die Firma auf den Wechsel gesetzt wird oder nicht. Hierdurch wird die Behauptung der Nichtigkeitsbeschwerde, daß, gegenüber dem Strafgesetze, irgend eine rechtliche Beziehung der betreffenden Person zu dem Wechsel vorausgesetzt sei, widerlegt. Es genügt vielmehr vollkommen eine rechtliche Beziehung zu der Person des Wechseleigenthümers oder son­ stigen Wechselberechtigten. Indem die Jnstanzrichter eine solche Beziehung als unzweifelhaft an­ nehmen und die Thatsache, daß der Angeklagte den Protest für eigene oder fremde Rechnung habe erheben lassen, bejahen, ohne sich gerade bestimmt für eine oder die andere der beiden Alterna­ tiven zu entscheiden, haben sie die Strafanwendung ausreichend begründet. 20. a. 1. Ein Beamter, welcher, Namens einer Behörde handelnd, gegen die Vorschriften des Wechselstempelgesetzes verstößt, macht sich persönlich strafbar, selbst wenn er auf Grund eines Kollegialbeschluffes und ohne eigenes Interesse handelte; 2. Die auf die Handhabung eines Landes-Stempelgesetzes bezüglichen Vorschriften finden bei dem Wechsel-Stempel keine Anwendung. Das gilt selbst von solchen Vorschriften, welche die Kompetenz in Betreff verübter Zuwider­ handlungen regeln; 3. [betrifft die Ungültigkeit der Kassation der Marken durch eine Diagonallinie auf beiden Seiten der Marke statt der vorgeschriebenen Durchkreuzung, deren es jedoch jetzt nicht mehr bedarf, s. S. 174 Anm 3. c].

Erk. des OT. (1) v. 9. April 1873 (OR. B. 14 S. 269, GA

B. 21 S. 296, Entsch. B. 69 Abth. f. Krim.-S. S. 162); ein Bankdirektor und ein Bankrendant hatten sich durch Indossament am Umlauf eines mit nicht vorschriftsmäßig kassirter Stempelmarke versehenen Wechsels betheiligt. In den Erk.-Gründen heißt es, zu 1: Eine Behörde kann als solche allerdings nicht delinquiren (vergl. Anm. 14), was aber die Strafbarkeit der Individuen, denen das Delikt zur Last fällt, hier nach §. 5 des Wstges. v. 10. Juni 1869, nicht ausschließt; zu 2: Bezüglich der Strafverfolgung gegen Beamte kommen hier nicht §. 30 Absatz 3 des Stempelges. v. 7. März 1822 und die Kab.-O. v. 28. Okt. 1836 u. 23. Dez. 1842 (s. Anm 17. a, b zu §. 22) zur Anwendung, sondern lediglich die Strafbestimmungen des Bundesges. v. 10. Juni 1869, welches im §. 18 in Betreff der Feststellung, Untersuchung und Entscheidung wegen WechselstempelHinterziehung auf das Verfahren wegen Vergehen gegen die Zollgesetze verweiset, d. i. §. 33 ff. des Zollstrafges. v. 23. Jan. 1838, bei welchen; es §. 165 des Vcreinszollges. v. 1. Juli 1869 beläßt (s. unten im Abschnitt D zu §. 18).

192

Wechselstempel.

20. l>. Auch derjenige, welcher für frembe Rechnung „am Umtcmfe eines Wechsels Theil nimmt", verwirkt die Strafe der Stempelhinterziehung, wenn er eine bezügliche Handlung vor­ nimmt, ehe der Wechsel versteuert worden. Erk. des OT. (1) o. 15. Jan. 1873 (OR. B. 14 S. 47, GA. B. 21 S. 214, JMB. S. 64); der Kämmerer I. hatte als Rendant einer Sparkasse Darlehne gegen Wechsel gegeben, später die Letzteren zur Zahlung präsentirt und die Rückzahlung in Empfang genommen, ohne daß die Wechsel versteuert waren; strafbar nach §. 5 des Wstges. v. 10. Juni 1869, weil er, gleichviel ob für eigene oder fremde Rechnung, unversteuerte Wechsel zur Zahlung vor­ gezeigt, auch weil er Zahlung darauf empfangen hat. 20. c. Der Beamte eines öffentlichen Instituts, welcher für Rechnung des Letzteren am Umlauf eines nicht gestempelten Wechsels Theil nimmt, verwirkt die Strafe des Wechsclstempelgesetzes vom 10. Juni 1869 §. 5, 15. Erk. des OT. (2) v. 30. Okt. 1873 (OR. B. 14 S. 673); ein KreisSparkassen-Rendant hatte als solcher einen ungestempelten Wechsel einem Notar zur Protesterhebung übergeben. 21. a. Eine Wechselstempelmarke, welche nicht an der vorschriftsmäßigen Stelle aufgeklebt, oder mit anderen als den Anfangsbuchstaben des Namens des Inhabers bezeichnet ist, gilt als nicht verwendet — §§. 13—15 des Wstges. v. 10. Juni 1869; Bekanntm. v. 13. Dez. 1869 sub II Nr. 1 u. 2, s. S. 172 Anm. 3. a. Erk. des OT. (1) v. 13. Sept. 1871 (OR. B. 12 S. 442, GA. B. 19 S. 693). 21. b. Die Verwendung einer mit einem unrichtigen Datum versehenen Stempelmarke ist nicht als eine vorschriftsmäßige anzusehen. Erk. des OT. (1) v. 18. Okt. 1871 (OR. B. 12 S. 515); in den Erk -Gründen heißt es: Eine Erfüllung der Pflicht zur Versteuerung kann nach §. 13 Nr. 2 u. §. 14 des Wstges. v. 10. Juni 1869 in der Verwendung der Marke nur dann gefunden werden, wenn die Verwendung nach Maßgabe der Bekanntmachung v. 13. Dez. 1869 (BGbl. S. 691 — s. oben S. 172 Anm. 3. a) erfolgt ist. Nach dieser Bestimmung [sub II Nr. 2 daselbst^ soll in die Marke das Datum der Verwendung in Ziffern oder in Buchstaben niedergeschrieben sein. Nach der Feststellung erfolgte die Verwendung der Marke im Okt. oder Nov. 1870, die Marke aber enthielt als Datum des Verbrauchs den 22. März 1870, also ein nicht richtiges Da­ tum; nach der weiteren Feststellung haben beide Imploranten [die Wechsel-Ausstellerin und der Indossatars volle Kenntniß von dieser Unrichtigkeit gehabt rc. 21. c. Durch die Verabsäumung der für die Kassirung der verwendeten Wechselstempelmarke vorgeschriebenen Förmlichkeiten wird die Hinterziehungsstrafe verwirkt, selbst wenn dabei eine Venachtheiligung des Steuer-Interesses schlechthin ausgeschlossen war und lediglich ein Versehen ob­ waltete. Erk. des OT. (2) v. 27. Nov. 1873 (OR. B. 14 S. 759, GA. B. 21 S. 580, Entsch. B. 71 S. 422); der Kassationsvermerk auf der Marke war aus Versehen datirt „20. April 1874" statt „20. April 1872" und es heißt in den Erk.-Gründen, daß das Gesetz an die Nichtbeobach­ tung der die Verwendung von Wechselstempelmarken regelnden Vorschriften sub II. 2 der Bekanntm. v. 23. Juni 1871 (s. S. 172 Anm. 3. b) die Strafe der'Wechselstempelhinterziehung knüpfe — §. 15, 13 u. 14 des Wstges. v. 10. Juni 1869, und daß weder der Grund noch die Erheblichkeit der Nichtbeobachtung jener Vorschriften für die Anwendung des Strafgesetzes in Betracht kommen könne. 21. d. Nur der zeitliche Inhaber des Wechsels kann die erforderliche Stempelmarke wirksam verwenden. Dazu genügt es nicht, wenn der Inhaber eine von einem Vormann regelrecht auf­ geklebte, aber nicht mit dem Kassationsvermerk versehene Stempelmarke seinerseits nachträglich durch Einschreibung der Anfangsbuchstaben seines Namens rc. kassirt. Erk. des OT. (2) v. 25. Juni 1874 (OR. B. 15 S. 451); in den Erk.-Gründen heißt es: das Wstgesetz v. 10. Juni 1869 bestimme zwar nicht mit ausdrücklichen Worten, wer zur form gerechten Kassirung der Stem­ pelmarken legitimirt sei, allein indem es im §. 6 sage: „die Entrichtung rc.", setze es mit Noth-

Wechselstempel.

193

wendigkeit bei seinen Vorschriften über die Verwendung der Marken voraus, daß der Aussteller beziehungsweise Inhaber des Wechsels im Sinne des §. 5 es sei, welcher die Marke verwende, wie denn auch die Bekanntmachung des Bundeskanzlers v. 13. Dez. 1869 in Nr. II Absatz 1 Nr. 1 (f. S. 172 Anm. 3. a, b) davon ausgehe, daß der Inhaber die Marke aufklebe rc. 21. e. Die Verabsäumung einer Formvorschrift bei Kassirung einer Wechselstempelmarke bleibt strafbar, selbst wenn später jene Formvorschrift aufgehoben worden ist. Erk. des OT. (2) v. 11. Juni 1874 (ON. B. 15 S. 396); bei der im Uebrigen regelrechten Verwendung der richtigen Stempelmarke zu einem Wechsel' hatte W. es verabsäumt, der damals zu Recht bestehenden, in­ zwischen durch die Bekanntmachung des Reichskanzlers v. 11. Juli 1873 abgeänderten Vorschrift der Bekanntmachung des Bundeskanzlers v. 13. Dez. 1869 gemäß (s. S. 172 ff. Anm. 3. a—c) die Anfangsbuchstaben seines Wohnorts in die Marke einzuschreiben. Der §. 2 Absatz 2 des ReichsStrafgesetzbuches und §. 17 der Einleitung zum ALR. sind, wie in den Erk.-Gründen ausgeführt wird, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. 21. f. Der Vorschrift der Nr. 1 subll der Bekanntmachung des Bundeskanzlers vom 13. Dez. 1869 sowie der damit übereinstimmenden des Reichskanzlers vom 23. Juni 1871 (s. S. 172 Anm. 3. a, b) ist genügt, wenn auf die zur Zeit leere Rückseite des Wechsels die Wechselstempel, marke dicht am Rande nicht einer schmalen, sondern an demjenigen Rande der längeren Querseite aufgeklebt wird, welcher auf der Vorderseite den oberen Rand der Schrift des Wechsels bildet. Erk. des OT. (1) v. 17. Sept. 1873 (Oft. B. 14 S. 540, GA. B. 21 S. 593, Entsch. B. 71 S. 418); in den Erk.-Gründen heißt es: Was als „oberer Rand" anzusehen, ist in den allegirten Bekanntmachungen v. 13. Dez. 1869 u. 23. Juni 1871 nicht vorgeschrieben, ebensowenig enthalten die Art. 11, 66 ff. der Allg. Deutschen Wechselordnung über die Stelle, an welcher auf dem Wechsel und dessen Rückseite ein Indossament geschrieben werden soll, eine Bestimmung; Gebräuche aber, die im Handels- oder Geschäftsverkehr sich gebildet haben mögen, können, sofern sie nicht durch die gesetzliche Vorschrift gerechtfertigt werden, nicht maßgebend sein. 22. Auch ohne Vorlegung des Originals und beim bloßen Vorhandensein einer beglaubigten Abschrift des Wechsels ist der erkennende Richter nach §. 22 der Verordnung v. 3. Jan. 1849 (GS. S. 14) wohl befugt, thatsächlich festzustellen, daß das auf dem Wechsel befindliche Giro von bem Angeklagten herrühre, sobald er die in dieser Beziehung vorliegenden Beweise nach seiner Ueberzeugung für genügend erachtet. Erk. des OT. (1) v. 24. Okt. 1866 (GA. B. 14 S. 832). Ebenso entschieden beim bloßen Vorhandensein einer beglaubigten Wechselabschrift in einem Falle, in welchem der Angeklagte seine Namensunterschrift als Acceptant bestritten hatte. Erk. dess. v. 27. Sept. 1871 (GA. B. 19 S. 775, OR. B. 12 S. 466); in den Erk.-Gründen heißt es, unter Verweisung auf das vorgedachte Erk. v. 24. Okt. 1866, u. 21.: der Appell.-Richter habe auf eine nähere Erörterung eingehen müssen, nicht aber, den §§. 4 ff. u. 15 des Wstges. v. 10. Juni 1869 zuwider, ohne Weiteres auf Freisprechung erkennen dürfen. Der Beweis, daß eine Wechselstempelmarke nicht in vorschriftsmäßiger Weise kassirt worden sei, kann nicht blos durch Vorlegung des mit der Marke versehenen Wechsels, sondern auch durch Vorlegung einer beglaubigten Abschrift des Wechsels geführt werden. Erk. des OT. (1) v. 17. Mai 1871 (OR. B. 12 S. 268); es lag eine beglaubigte Abschrift des Wechsels, der Marke und des darauf befindlichen ungenügenden Kassationsvermerkes vor; in den Erk.-Gründen wird auf §. 22 der Verordnung v. 3. Jan. 1849 (GS. S. 14) verwiesen und noch bemerkt, daß, nachdem der Richter mit der Anklage befaßt worden, die Herbeischaffung der Beweisstücke nicht ausschließlich der Anklage-Behörde obliege. Gleichmäßig in einem anderen Falle entschieden, daß der Beweis der nicht vorschriftsmäßig bewirkten Wechselstempel-Verwendung durch jedes im Strafverfahren statthafte Beweismittel, insbesondere auch durch Zeugen geführt werden könne. Erk. dess. uont 11. Dez. 1872 (OR. B. 13 S. 650). Ebenso in einem gleichen Falle entschieden, daß die nicht Hoyer, Stempelgesetzgebung. 2. Aufl.

13

194

Wechselstempel.

vorschriftsmäßige Verwendung einer Wechselstempelmarke durch jedes im Strafverfahren statthafte Beweismittel dargethan werden kann und daß die Annahme: es sei zur Beweisführung die Vor­ legung des Originalwechsels erforderlich, rechtsirrthümlich ist ses lag eine gerichtlich beglaubigte Abschrift und eine Beschreibung des der Partei zurückgegebenen Wechsels vorj.

Erk. des OT. (1)

v. 26. Nov. 1873 (OR. B. 14 S. 757). Wegen Feststellung der Stempelpflichtigkeit nicht mehr vorhandener Urkunden vergl. auch die Allegate S. 207 am Schluß der Anm. 4. D. Auszug aus den Motiven zum Entwurf des Wechselstempelges. v. 10. Juni 1869 (Sten. Ber. B. 3 S. 509 ff.), den Reichtagsverhandlungen (S. 708 sf., 711, 777 a. a. O. u. B. 2 S. 1187 ff., 1275ff.), u. d e n Z o l lst r afb e st i mnt w « g e n (ju §. 18fc. Ges.) rc. Zu §§. 8 und 9. Die §§. 8 u. 9 sind in der Fassung des Gesetz-Entwurfes im Gesetz beibehalten, bis auf die im Absatz 1 des §. 9 des Gesetzes hinter den Worten „mit Ausnahme des Acceptes" befindlichen Worte „und der Nothadressen", welche letzteren Worte auf Beschluß des Reichstages zugesetzt sind, weil, wie geltend gemacht war, wenn das Accept stempelfrei sein solle, die Nothadresse es noth­ wendig auch sein müsse, da diese beim Wechselverkehr in vielen Fällen dem Accept vorangehen müsse. — Motive: „Die Besteuerung der in mehreren Exemplaren ausgefertigten Wechsel ist nach dem Grundsatz geregelt, daß im Allgemeinen nur ein und zwar das zum Umlauf bestimmte Exemplar der Versteuerung unterliegt.

Wird aber ein hiernach unversteuert gebliebenes Exemplar

mit besonderen Wechsel-Erklärungen (außer dem Accepte) versehen und somit zum Träger beson­ derer wechselrechtlicher Verpflichtungen gemacht, so muß auch die Versteuerung desselben erfolgen. Dasselbe gilt, wenn das unversteuerte Duplikat außer Verbindung mit einem versteuerten Um­ laufs-Exemplar etwa bezahlt oder Mangels Zahlung protestirt werden möchte, gleichviel, ob das angeblich versteuerte Exemplar verloren oder in andere oder unrechte Hände übergegangen sein möchte oder welches andere Verhältniß der Bezahlung oder Protestirung des unversteuerten Exemplars zum Grunde liegen möge. Unter dem der Allg. Deutschen Wechsel-Ordnung geläufigen Ausdrucke „Wechsel-Erklärungen" (vergleiche Artikel 85, 94, 95) sind Erklärungen aller Art, welche wechsel­ mäßig verpflichten, zu verstehen; es ist deshalb nothwendig gewesen, die Annahme-Erklärung, wegen deren im §. 7 das Erforderliche angeordnet ist, hier auszunehmen. Das zum Accept dienende Exemplar wird dadurch, daß die Annahme-Erklärung nicht auch auf das UmlaufsExemplar gesetzt wird, nicht stempelpflichtig. Im Uebrigen finden die im §. 9 aufgestellten Regeln ohne Rücksicht auf die besonderen, sehr verschiedenen Zwecke Anwendung, welche die Vervielfältigung des Wechsels veranlaßt haben mögen.

Was den letzten Satz im §. 9 betrifft, so ist zu bemerken,

daß der Inhaber eines unversteuerten Exemplars, der beim Vorhandensein eines versteuerten Umlaufs-Exemplars steuer- und straffrei ist, durch den Einwand, daß ein solches existire, viele Weitläuftigkeiten erregen kann. Es rechtfertigt sich daher die Schlußbestimmung des §. 9, welche eine Präsumtion des Nichtvorhandenseins eines versteuerten Exemplars enthält." Zu §. 10. Dieser §. ist im Gesetz-Entwurf und im Gesetz gleichlautend. Motive: „Vergleiche Art. 71 der Allg. Deutschen Wechsel-Ordnung; Wechselkopien, welche mit einem Onginal-Jndossament versehen werden, sind Träger selbstständiger wechselrechtlicher Verpflichtungen und deshalb steuerpflichtig". I^Art. 71 a. a. O. bestimmt: Jedes auf einer Kopie befindliche Original-Indossament verpflichtet den Indossanten eben so, als wenn es auf einen: Originalwechsel stünde^. Zu §. 12. Dieser §. ist im Gesetz-Entwurf und im Gesetz gleichlautend. Motive: „Der Verwahrer eines acceptirten unversteuerten Wechsels, welcher denselben gegen Vorlegung eines ebenfalls unver­ steuerten Duplikates ausliefert, begünstigt in so hohem Grade die Stempelhiuterziehung, daß es

195

Wechselstempel.

gerechtfertigt scheint, ihn für deren gesetzliche Folgen mit verantwortlich zu machen, wie dies in ähnlicher Weise auch in dem Hamburger Stempelgesetze geschehen ist." Zu §. 13. Dieser §. ist im Gesetz-Entwurf und im Gesetz gleichlautend.

Motive: „rc. Die Vorschriften

über die Art und Weise der Verwendung der Stempelmarken sind einem von dem Bundesrath zu erlassenden und nach Bedürfniß zu modifizirenden Reglement vorzubehalten.

In diesem Reg­

lement wird auch zu bestimmen sein, ob die Kassation der Vundes-Stempelmarken bei inländischen wie bei ausländischen Wechseln dem Steuerpflichtigen selbst allein zu überlassen oder ob und unter welchen Umständen etwa die Mitwirkung einer öffentlichen Behörde oder eines Beamten zu ver­ langen sein möchte." In der Kommission des Reichstages hat hiernächst der Bundes-Kommissarius erklärt, daß in dem dieserhalb zu erlassenden Reglement die Verwendung der Stempelmarken lediglich den Steuerpflichtigen überlassen und davon Abstand genommen werden soll, eine amtliche Mitwirkung bei der Kassirung der Marken zu verlangen [ist geschehen, s. S. 172 ff. Anm. 3. a, b Nr.

II, 3. c]. Zu §. 15. Im tz. 15 Absatz 2 des Gesetzes ist das zwischen den Schlußworten „welche" und „unversteuerte

Wechsel verhandelt haben" befindliche, im Gesetz-Entwurf fehlende Wort „wissentlich" auf Antrag der Kommission und nach dem Beschluß des Reichstages zugesetzt, weil die Makler in der Regel die von ihnen verhandelten Wechsel nicht zu Gesicht bekommen — Motive: „rc. In Betreff der Höhe der Strafe ist es dabei belassen, daß die einzelnen Teilnehmer nicht solidarisch für die ihnen Allen aufzulegenden Strafen hasten" rc. Zu §. 16. Dieser §. ist im Gesetz - Entwurf und im Gesetz gleichlautend.

Motive: „Die gegebene Vor­

schrift bezieht sich auf die Einrede, daß die Urkunde zur Zeit, wo der Inhaber zur Versteuerung derselben verpflichtet gewesen sein soll, noch nicht vollständig ausgefüllt gewesen sei. Die Aus­ händigung unvollständiger Wechsel geschieht regelmäßig, um den Empfänger zur Ergänzung des Fehlenden zu ermächtigen. Namentlich ist dies der Fall, wenn auf ein noch nicht vollständig aus­ gefülltes Wechselformular ein Accept gesetzt, oder ein trockener Wechsel von dem Plussteller vor der vollständigen Ausfüllung unterschrieben und weggegeben wird. Der Nehmer kann jeden Augenblick den Wechsel vollständig ausfüllen und der Acceptant resp. der Aussteller des trockenen Wechsels, der eben dies beabsichtigt, bleibt für die Versteuerung, wenn sie der erste Wechselnehmer nicht bewirkt, verantwortlich." Zu §. 18. Das Strafverfahren nach den zollgesetzlichen Vorschriften. Bezüglich des Strafverfahrens bestimmt das Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869 (BGbl. S. 317) im §. 165: „Hinsichtlich des Strafverfahrens verbleibt es bei den Bestinnnungen der Landesgesetze". Diese Landesgesetze des Preußischen Staats sind: I. In den alten Landestheilen. Gesetz wegen Untersuchung und Bestrafung der Zollvergehen, v. 23. Jan. 1838 (GS. S. 78). Dasselbe verordnet in den §§. 28. sf.: B. Von dem Strafverfahren. a. bis c. §§. 28—32. rc. d. Kompetenz. §. 33. Die Untersuchung und Entscheidung steht in den Fällen, wo eine Freiheitsstrafe unmit­ telbar Statt findet, oder beim Zusammentreffen mit anderen Verbrechen (§. 23) den Gerichten und in den Fällen, wo es nur auf eine Ordnungsstrafe ankommt, der Zoll- oder Steuerbehörde aus­ schließlich zu.

In den übrigen Füllen wird die Untersuchung von den .Hauptzoll- lind Steuerämtern 13"

196

Wechselstempel.

geführt und darauf im Verwaltungswege, wenn die gesetzliche Geldstrafe und der Werth des der Konfiskation unterliegenden Gegenstandes zusammengenommen fünfzig Thaler nicht übersteigt, von den genannten Aemtern, sonst aber von der Provinzial-Zollbehörde entschieden.') Letztere kann jedoch, so lange noch kein Strafbescheid erlassen worden ist, die Verweisung der Sache zum gerichtlichen Verfahren verfügen, und eben so der Angeschuldigte während der Untersuchung bei der Zoll­ oder Steuerbehörde, und binnen zehn Tagen präklusivischer Frist nach Eröffnung des von letzterer abgefaßten Strafbescheides, auf rechtliches Gehör antragen. Der Strafbescheid wird alsdann als nicht ergangen angesehen. — Vergl. §. 31 Anm. 8.aff. u. unten die Motive zu §. 19. e. Verfahren bei gerichtlichen Untersuchungen. §. 34. Die Berufung auf rechtliches Gehör ist bei dem Hauptzoll- und Steueramte anzu­ melden, bei welchem die Sache anhängig ist. Dasselbe veranlaßt hierauf die Einleitung der gericht­ lichen Untersuchung, zu deren Führung bei einem jeden Hauptzoll- und Steueramte ein Unter­ suchungsrichter anzustellen ist snach dem Aufhören des Instituts der Hauptamts - Justitiarien jetzt durch Vermittelung der Staats- resp. Polizeianwaltschaften^. 8.35.

§. 36.

rc.

Die Führung und Entscheidung der gerichtlichen Untersuchungen erfolgt in der Form

und in dem Jnstanzenzuge, welche für diejenige Gattung von Vergehen, zu welcher die ZollgesetzUebertretung gehört, in den Prozeßgesetzen vorgeschrieben sind. 8.37.

f.

rc.

Verfahren bei Untersuchungen im Verwaltungswege.

§. 38. Die Hauptzoll- und. Steuerämter untersuchen die Uebertretungen summarisch und können sich hierbei der ihnen untergeordneten Aemter und Beamten bedienen; die Betheiligten und Zeugen werden mündlich verhört und ihre Aussagen zu Protokoll genommen. §. 39.

Die Vorladungen geschehen durch die Steuerauffeher oder Unterbedienten der Zoll­

oder Steuerämter, oder auf deren Requisition durch die Orts-Behörden nach den für die gericht­ lichen Insinuationen bestehenden Vorschriften. sWegen der Verwarnung, unter welcher der Angeschuldigte vorzuladen, s. §. 30 Anm. 3. d]. §. 40. Erscheint der Angeschuldigte auf die Vorladung nicht, oder verweigert er die Aus­ lassung vor der Zoll- oder Steuerbehörde, so wird die Sache nach Vorschrift des §. 33 [f. oben] zur gerichtlichen Untersuchung und Entscheidung abgegeben. §.41. rc.

§. 42.

Die Zeugen sind verbunden, den an sie von den Zoll- oder Steuerstellen ergehenden

Vorladungen Folge zu leisten.

') FMR. v. 6. Aug. 1839 an d. PStD. in Mg, betr. die Entscheidungsbefugniß der Haupt­ ämter in solchen Zoll- und Steuer-Prozessen, wo in einer und derselben Sache mehrere Kontra­ venienten vorhanden sind (CB. S. 251): Die Königl. Ober - Rechnungskammer hat auf den 8- 29 der von Ew. Hochwohlgeboren unterm 24. Juni pr. erlassenen Prozeß-Instruktion aufmerksam gemacht, worin ausgesprochen ist: daß die Entscheidungsbefugniß der Hauptämter nicht nach dem Betrage der in einer und derselben Sache von jedem einzelnen Kontravenienten verwirkten Strafe, sondern nach der Summe der Strafen sämmtlicher Kontravenienten zu beurtheilen sei. Rach der ferneren Mittheilung der Königl. Ober-Rechnungskammer haben Sie, zur Rechtfertigung dieser Be­ stimmung, sich auf das von dem Finanz-Ministerio erlassene Reskript vom 21. Februar 1825 III 3596 bezogen. Dieses Reskript enthält allerdings diesen Grundsatz; derselbe ist aber dem, was in dieser Hinsicht bei den Gerichten gilt, entgegen; auch spricht kein Grund dafür, die Entscheidungs­ befugniß der Hauptämter nach dem oft zufälligen Zusammentreffen mehrerer Angeklagten zu be­ schränken. Indem daher das Reskript von: 21. Februar 1825 hiermit zurückgenommen wird, veranlasse ich Ew. rc., den §. 29 der Prozeß-Instruktion vom 24. Juni pr. dahin zu ändern, daß künftig die Entscheidungsbefugniß der Hauptämter nach der Strafe jedes einzelnen Kon­ travenienten bemessen werde. Die Unterbehörden wollen Sie danach anderweit mit Anweisung versehen.

Wechselstempel.

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Wer sich dessen weigert, wird dazu auf Requisition des Zoll- oder Steuer-Amtes durch das Gericht in gleicher Art, wie bei gerichtlichen Vorladungen, angehalten. Bei Vereidung von Zeugen, welche nur in solchen Fällen stattfindet, in denen der Antrag auf gerichtliche Untersuchung und Entscheidung ausgeschlossen bleibt, ist ein mit richterlicher Qualität versehener Justizbeamter zuzu­ ziehen oder die Zeugen sind zur Vereidung vor einen solchen Justizbeamten zu stellen. §. 43. In Sachen, wo die Geldbuße und der Konfiskationswerth zusammen den Betrag von 50 Thalern übersteigen, muß dem Angeschuldigten auf Verlangen eine Frist von acht Tagen bis vier Wochen zur Einreichung einer schriftlichen Vertheidigung gestattet werden. §. 44.

Findet die Zollbehörde die Anwendung einer Strafe nicht begründet, so verfügt sie

die Zurücklegung der Akten. §. 45.

Der Strafbescheid, welchem die Entscheidungsgründe beigefügt sein müssen, wird durch

das Zoll- oder Steueramt dem Angeschuldigten nach Befinden der Umstände zu Protokoll publizirt oder in der für die Vorladung vorgeschriebenen Form insinuirt [f. oben §. 39].

Bei Eröff­

nung des Strafbescheides sind dem Angeschuldigten zugleich die ihm dagegen zustehenden Rechts­ mittel bekannt, auch ist derselbe auf die Erhöhung der Strafe aufmerksam zu machen, welche er im Fall der Wiederholung seines Vergehens zu erwarten hat, und daß dieses geschehen in der Pu­ blikations-Verhandlung zu erwähnen. Wird solches bei den administrativen oder auch den gericht­ lichen Untersuchungen unterlassen, so hat die mit der Publikation beauftragte Behörde eine Ord­ nungsstrafe von fünf bis zehn Thalern verwirkt, den Kontravenienten trifft jedoch dessenungeachtet bei der Wiederholung des Vergehens die auf letztere gesetzte Strafe. [(Sine Straferhöhung für den Wiederholungsfall kennt das Wechselstempelgesetz nicht; selbstredend cessirt daher hier die Verwarnung für den Wiederholungsfall]. Wegen der sonstigen Belehrung s. die Rote zu §. 46 Absatz 1. g. Rekurs-Instanz. §. 46. Der Angeschuldigte kann, wenn er von der Befugniß zur Berufung auf richterliche Entscheidung keinen Gebrauch machen will, gegen den Strafbescheid den Rekurs an die zunächst vorgesetzte Finanzbehörde ergreifen. Dies muß jedoch binnen zehn Tagen präklusivischer Frist nach der Eröffnung des Strafbescheides geschehen und schließt fernerhin jedes gerichtliche Ver­ fahren aus. Der Rekurs ist bei dem Zoll- oder Steueramte, welches die Untersuchung geführt hat, anzumelden.') Wenn mit der Anmeldung des Rekurses nicht zugleich dessen Rechtfertigung verbunden ist, so wird der Angeschuldigte durch das Zoll- oder Steueramt aufgefordert, die Ausführung seiner wei­ teren Vertheidigung in einem nicht über vier Wochen hinaus anzusetzenden Termin zu Protokoll zu geben oder bis dahin schriftlich einzureichen.*2) §. 47. Die Verhandlungen werden hiernächst zur Abfassung des Rekurs-Resoluts an die kompetente Behörde eingesandt.

Hat jedoch der Angeschuldigte zur Rechtfertigung des Rekurses

9 Rach dem Cirk.-Reskr. des Fin.-Min. v. 28. Sept. 1825 III 18836 sollen alle Rekurs­ schriften gegen die von Verwaltungs-Behörden in Untersuchungen wegen Steuer-Kontraventionen ergangenen Straf-Resolute bei der Behörde, welche dem Angeschuldigten das Straf-Resolut bekannt gemacht hat, eingereicht werden; auch sollen die das Straf-Resolut publizirenden Behörden in je­ dem einzelnen Falle den Denunciaten, bei der Belehrung über die ihm zustehenden Rechtsmittel, mit vorgedachter Bestimmung bekannt machen; (in Erinnerung gebracht durch Cirk.-Reskr. des Fin.-Min. v. 29. Mai 1840 — CB. S. 254, MB. S. 261). 2) Das in voriger Rote erwähnte FMR. v. 28. Sept. 1825 bestimmt u. A. noch: Bittet der Denunciat, bei der Anmeldung des Rekurses innerhalb der gesetzlichen zehntägigen Frist, um Be­ willigung einer besonderen Frist zur Einreichung der Rekursschrift, so ist ihm dieselbe, jedoch läng­ stens auf vier Wochen und mit der Eröffnung zu bewilligen, daß nach deren Ablauf angenommen werden wird, er leiste auf die Einreichung einer besondern Rekursschrift Verzicht und lasse sich die Einsendung der Verhandlungen zur weiteren Entscheidung gefallen; danach ist demnächst auch eintretenden Falls zu verfahren.

198

Wechselstempel.

neue Thatsachen oder Beweismittel, bereit Aufnahme erheblich befunden ivird, angeführt, so wird mit der Instruktion nach den für die erste Instanz gegebenen Bestimmungen verfahren. §. 48. Das Rekurs-Resolut, welchem die Entscheidungsgründe beizufügen sind, wird an das betreffende Zoll- oder Steueramt befördert und nach erfolgter Publikation oder Insinuation voll­ streckt. h. Kosten. §. 49. Bei der Untersuchung im Verwaltungswege kommen außer den baaren Auslagen an Porto, Stempel, Zeugengebühren u. f. w. keine Kosten zum Ansätze. i. Strafvollstreckung. §. 50. Die Veräußerung der Konfiskate wird ohne Unterschied, ob die Entscheidung im ge­ richtlichen oder im Venvaltungswege erfolgt ist, durch die Zoll- oder Steuerbehörde bewirkt. Die Vollstreckung der rechtskräftigen Erkenntnisse geschieht von den Gerichten, die der Resolute aber von der Zoll- oder Steuerbehörde, welche dabei nach den für Exekutionen im Venvaltungswege ertheilten Vorschriften zu verfahren hat. Die Zoll- oder Steuerbehörde kann nach Umständen der Vollstreckung Einhalt thun, und die Gerichte haben ihren desfallsigen Anträgen Folge zu geben [oergL S. 210 Anm. 9]. §. 51. Zur Beitreibung von Geldbußen darf ohne die Zustimmung des Verurtheilten, inso­ fern dieser ein Inländer ist, kein Grundstück subhastirt werden [ebenso §. 15 Absatz 3 des Wechselstempelges. v. 10. Juni 1869]. §. 52 und lit. k §. 53. re. I. Verfahren bei der Exekution gegen Ausländer. §. 54. Ausländer, welche die gegen sie erkannte Geldbuße nicht abtragen, sind, sobald sie im Jnlande betroffen werden, von der Zoll- oder Steuerbehörde unter Zuziehung der Ortsobrig­ keit zu verhaften, und wenn sie hierauf nicht binnen einer, nach den Umständen zu bestinrmenden Frist für die Berichtigung oder Sicherstellung der Geldbuße sorgen, an die Gerichte Behufs der Vollstreckung der subsidiarisch eintretenden Freiheitsstrafe abzuliefern [letztere findet bei Wechsel­ stempel-Kontraventionen nicht Statt, §. 15 Absatz 3 des Wechselstempelges. v. 10. Juni 1869]. §§. 55.-63. re. II. In den neuen Landestheilen.') Ordnung für das Verfahren bei Entdeckung und Untersuchung von Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze in den Regierungsbezirken Wiesbaden und Kassel, dem vormaligen Königreich Han­ nover, und den Herzogthümern Holstein und Schleswig, v. 29. Juli 1867 (GS. S. 1270). Wir Wilhelm re. verordnen für die durch die Verordnung vom 22. Februar 1867 (GS. S. 273) gebildeten Regierungsbezirke Kassel und Wiesbaden, ferner für daö Gebiet des vormaligen Königreichs Hannover und für das Gebiet der Herzogthümer Holstein und Schleswig, was folgt: 1. bis 3. §§. 1—5. re. 4. Kompetenz. §. 6. Die Untersuchung und Entscheidung steht in den Fällen, wo eine Freiheitsstrafe un­ mittelbar stattfindet, oder beim Zusammentreffen mit anderen strafbaren Handlungen, oder wenn der Angeschuldigte verhaftet ist, den Gerichten zit. 9 Mit Ausschluß der vormals Bayerischen Enklave Kaulsdorf und des vormals Hessen-Hom­ burgischen Oberamtes Meisenheim; in ersterer sind alle Preußischen Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen, welche in dem Kreise Ziegenrück des Regierungsbezirks Erfurt Gesetzeskraft haben, und in letzterem alle seit dem 5. April 1815 ergangenen, die Zölle und inneren indirekten Steuern und Abgaben betreffenden Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen, welche im Regierungsbezirke Coblenz Gesetzkraft haben, eingeführt (s. in Betreff Kaulsdorf's die Verordnung v. 22. Mai 1867 GS. S. 729 und in Betreff Meisenheim's die Verordnung v. 3. Juni 1867 GS. S. 776).

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Wechselstempel.

In allen übrigen Fällen wird die Untersuchung von den Haupt-Zoll- und Steuerämtern geführt und darauf int Verwaltungswege entschieden. §. 7.

Jedoch hat in allen Fällen der Angeschuldigte das Recht, während der Untersuchung

oder während einer zehntägigen präklusivischen Frist auf rechtliches Gehör anzutragen.

Die Frist

beginnt mit dem Ablaufe des Tages, an dem die Bekanntmachung des in erster Verwaltungs­ instanz ergangenen Strafbescheides erfolgt ist. Die Anmeldung der Berufung auf rechtliches Gehör erfolgt bei dem Haupt-Zoll- oder Steueramte, bei welchem die Sache anhängig ist.

Einer aus­

drücklichen Anmeldung wird es gleich geachtet, wenn der Angeschuldigte auf die Vorladung dieser Behörde nicht erscheint, oder die Auslassung vor derselben verweigert.

Die Einleitung der gericht­

lichen Untersuchung wird von dem betreffenden Haupt-Zoll- oder Steueramt durch Abgabe der Verhandlungen an die Staatsanwaltschaft veranlaßt. §. 8.

So lange ein Strafbescheid noch nicht erlassen, oder nod; nicht verkündet ist, kann die

Zoll- oder Steuerbehörde in allen Fällen sich der Entscheidung enthalten und wegen Einleitung des gerichtlichen Verfahrens das Erforderliche veranlassen (§. 7). — Vergl., §.31 Anm. 8. a ff. 5.

Verfahren bei gerichtlichen Untersuchungen.

§. 9.

Die Führung und Entscheidung der gerichtlichen Untersuchungen erfolgt in Gemäßheit

der Bestimmungen der Strafprozeßordnung vom 25. Juni 1867 (GS. S. 933). Wenn jedoch der Angeschuldigte bei einer im Verwaltungswege gegen ihn geführten Untersuchung während der zehntägigen Frist nach der Bekanntmachung des Strafbescheides (§§. 7 und 15) auf rechtliches Gehör angetragen hat, so wird in diesem Falle das Hauptverfahren eingeleitet, ohne daß über die Eröffnung der Untersuchung von dem Gerichte Beschluß gefaßt loirb. Bis zum Beginne der Hauptverhandlung kann der Angeschuldigte, indem er sich bei betn er­ gangenen Bescheide beruhigt, den Antrag auf rechtliches Gehör zurücknehmen. Es fallen ihm jedoch alsdann auch die bis dahin erwachsenen Kosten der gerichtlichen Untersuchung zur Last. Der Angeschuldigte, welcher zu einer Strafe gerichtlich verurtheilt wird, hat auch die durch das Verfahren im Verwaltungswege entstandenen Kosten zu tragen. 6. Verfahren bei Untersuchungen im Verwaltungswege. §. 10. Die Haupt-Zoll- und Steuerämter untersuchen die Zuwiderhandlungen und können sich hierbei der ihnen untergeordneten Aemter und Beamten bedienen; die Betheiligten und Zeugen werden mündlich verhört und ihre Aussagen zu Protokoll genommen. §. 11. Die Vorladungen geschehen durch die Steueraufseher oder Unterbedienten der Zolloder (Steuerämter, oder auf deren Requisition nach den für gerichtliche Insinuationen bestehenden Vorschriften. — Vergl. die Verweisung bei §. 39 sub I. §. 12. Die Zeugen sind verbunden, den an sie von den Zoll- oder Steuerstellen ergehenden Vorladungen Folge zu leisten. Wer sich dessen weigert, wird dazu auf Requisition des Zoll- oder Steueramts durch das Gericht in gleicher Art, tote bei gerichtlichen Vorladungen, angehalten. §. 13. In Sachen, wo die Geldbuße und der Konfiskationswerth zusammen den Betrag von fünfzig Thalern übersteigen, tnuß betn Angeschuldigten auf Verlangen eine Frist von acht Tagert bis vier Wochen zur Einreichung einer schriftlichen Vertheidigung gestattet werden. §. 14.

Findet die Zollbehörde die Anwendung einer Strafe nicht begründet, so verfügt sie

die Zurücklegung der Akten. §. 15. Der Strafbescheid wird, wenn die gesetzliche Strafe und der Werth des der Konfis­ kation unterliegenden Gegenstandes zusammen genommen fünfzig Thaler nicht übersteigt, von den Haupt-Zoll- oder Haupt-Steuerämtern, sonst aber von der Provinzial-Steuerbehörde erlassen [oergt. die Rote zu §. 33 sub I]. sein.

Dem Strafbescheide müssen die Entscheidungsgründe beigefügt

Derselbe wird durch das Zoll- oder Steueramt dem Angeschuldigten nach S3cfinbctt der Um-

200

Wechselstempel.

stände zu Protokoll publizirt oder in der für die Vorladung vorgeschriebenen Form [f. oben §. 11] insinuirt.

Bei Eröffnung des Strafbescheides sind dem Angeschuldigten zugleich die ihn: dagegen

zustehenden Rechtsmittel bekannt, auch ist derselbe auf die Erhöhung der Strafe aufmerksam zu machen, welche er im Falle der Wiederholung seines Vergehens zu erwarten hat, und daß dieses geschehen, in der Publikationsverhandlung zu erwähnen.

Wird solches unterlassen, so hat die mit

der Publikation beauftragte Behörde eine Ordnungsstrafe von fünf bis zehn Thalern verwirkt; den Kontravenienten trifft jedoch dessen ungeachtet bei der Wiederholung des Vergehens die auf letztere gesetzte Strafe. — Vergl. die Bem. zu §. 45 sub I. 7.

Rekurs-Instanz.

§. 16.

Der Angeschuldigte kann, wenn er von der Berufung auf richterliche Entscheidung

keinen Gebrauch machen will, gegen den Strafbescheid den Rekurs an Finanzbehörde ergreifen.

die zunächst vorgesetzte

Dies muß jedoch binnen zehn Tagen präklusivischer Frist nach der Er­

öffnung des Strafbescheides geschehen und schließt fernerhin jedes gerichtliche Verfahren aus.

Der

Rekurs ist bei dem Zoll- oder Steueramte, welches die Untersuchung geführt hat, anzumelden. Wenn mit der Anmeldung des Rekurses nicht zugleich dessen Rechtfertigung verbunden ist, so wird der Angeschuldigte durch das Zoll- oder Steueramt aufgefordert,

die Ausführung seiner

weiteren Vertheidigung in einem nicht über vier Wochen hinaus anzusetzenden Termine zu Pro­ tokoll zu geben, oder bis dahin schriftlich einzureichen. §. 17.

Die Verhandlungen werden hiernächst zur Abfassung des Rekursresoluts an die kom­

petente Behörde eingesandt.

Hat jedoch der Angeschuldigte zur Rechtfertigung des Rekurses neue

Thatsachen oder Beweismittel, deren Aufnahme erheblich befunden wird, angeführt, so wird mit der Instruktion nach den für die erste Instanz gegebenen Bestimmungen verfahren. §. 18.

Das Rekursresolut, welchem die Entscheidungsgründe beizufügen sind, wird an das

betreffende Zoll- oder Steueramt befördert und nach erfolgter Publikation oder Insinuation vollstreckt. 8.

Kosten.

§. 19.

Bei der Untersuchung im Verwaltungswege kommen außer den baaren Auslagen an

Porto, Stempel, Zeugengebühren u. s. w. keine Kosten zum Ansätze. 9.

Strafvollstreckung.

§. 20.

Die Veräußerung der Konfiskate wird, ohne Unterschied, ob die Entscheidung im ge­

richtlichen oder im Verwaltungswege erfolgt ist, durch die Zoll- oder Steuerbehörde bewirkt.

Die

Vollstreckung der rechtskräftigen Erkenntnisse geschieht nach den für die. Vollstreckung strafgericht­ licher Erkenntnisse im Allgemeinen bestehenden Vorschriften, die Vollstreckung der Resolute aber von der Zoll- oder Steuerbehörde,

welche dabei nach den für Exekutionen im Verwaltungswege er­

theilten Vorschriften zu verfahren hat.

Die Zoll- oder Steuerbehörde kann nach Umständen der

Vollstreckung Einhalt thun, und die Gerichtsbehörden haben ihren desfallsigen Anträgen Folge zu geben. — Vergl. die Verweisung bei §. 50 sub I. §.21.

Zur Beitreibung von Geldbußen darf ohne die Zustimmung des Verurtheilten, inso­

fern dieser ein

Inländer ist,

kein

Grundstück subhastirt werden. — Vergleiche die Bem.

zu

§. 51 sub I. §. 22. und Nr. 10 §. 23 rc. 11.

Verfahren bei der Exekution gegen Ausländer.

§. 24.

Ausländer, welche die gegen sie erkannte Geldbuße nicht abtragen, sind, sobald sie

im Inlands betroffen werden, von der Zoll- oder Steuerbehörde unter Zuziehung der Ortsobrig­ keit zu verhaften, und wenn sie hierauf nicht binnen einer nach den Umständen zu bestimmenden Frist für die Berichtigung

oder Sicherstellung der Geldbuße sorgen,

an

die Gerichtsbehörde

Behufs der Vollstreckung der subsidiarisch eintretenden Freiheitsstrafe abzuliefern. — Vergl. die Bem. bei §. 54 sub I.

Wechselstempel.

201

§§. 25-31. re. Zu §. 19. Dieser §. ist tut Gesetz - Entwurf und im Gesetz gleichlautend.

Motive: „re. Unerwähnt darf

schließlich nicht gelassen werden, daß in Preußen nach dein Gesetz vom 24. Mai 1861 [$©. S. 241 — s. oben S. 17 Anm. 34. a, b] Jeder, der zur Entrichtung des Wechselstempels nicht verpflichtet zu sein vermeint, dies gerichtlich — im Civilprozesse gegen die betreffende Provinzial-Steuerbehörde auszuführen und geltend zu machen befugt ist. Der Entwurf gestattet im §. 18 durch die Verweisung auf das Verfahren in Zollsachen jedem Angeschuldigten die Provokation auf richter­ liches Gehör und bringt auf diese Weise ebenfalls etwa streitige Fragen über die Auslegung und Anwendung des Wechsel-Stempelgesetzes zur richterlichen Entscheidung. Dies muß für jetzt um so mehr als ausreichend angesehen werden, als auch in Preußen trotz des erwähnten Gesetzes kaum ein Fall bekannt geworden ist, in welchem die Gerichte anders als in Folge der Provokation des Angeschuldigten auf richterliches Gehör zur Entscheidung über die Stempelpflichtigkeit von Wechseln veranlaßt worden wären." Zu §. 21. a. Dieser §. enthielt im Gesetz-Entwurf, übereinstimmend mit der Kab.-Ordre vom 3. Januar 1830 unter Nr. 8 (GS. S. 9), im Satz 2 zwischen den Worten „Notare, Gerichtspersonen und andere Beamte, welche Wechsel-Proteste ausfertigen, sind" und dem Wort „verbunden" die Worte „bei einer Ordnungsstrafe von 1 Thaler", und am Schlüsse den Passus: „Verabsäumen sie, eine bei dieser Gelegenheit zu ihrer Kenntniß gekommene Stempelsteuer-Hinterziehung der nach §. 18 zuständigen Behörde anzuzeigen, so sollen sie dafür noch besonders mit einer Strafe von 2 bis 5 Thalern belegt werden. Die Festsetzung dieser Strafen erfolgt durch die Aufsichtsbehörde." Bei der Berathung im Reichstage wurde jedoch geltend gemacht, daß die in Rede stehenden Straf­ androhungen gehässig und nicht zu rechtfertigen seien, zumal auch die Steuer-, Staats- und Kommunal-Behörden und andere Beamte verpflichtet wären, die Wechsel, welche bei ihnen vor­ kommen, zu prüfen und Uebertretungen des Wechselstempelgesetzes zur Anzeige zu bringen, ohne mit einer Geldstrafe bedroht zu sein, falls sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen rc. Hiergegen wurde von einem anderen Abgeordneten bemerkt: man habe geglaubt, den Beamten: Richtern, Notaren und anderen Personen, die berechtigt seien, überhaupt Wechselproteste aufzunehmen, eine Erleichterung zu schaffen, wenn man in Omissionsfällen eine kleine Geldbuße ihnen auferlege und sie dadurch den Nachtheilen entziehe, welche jedesmal eine disziplinarische Einwirkung herbeiführe; es würde bei uns (in Preußen) ja z. B. entweder der Ehrenrath eintreten müssen in den Formen, die vorgeschrieben seien, oder der Gerichtspräsident in den Fällen, wo das Gesetz ihm eine besondere Einwirkung zuweise, und deshalb habe man geglaubt, daß es den Herren angenehmer wäre, wenn sie kraft dieses Gesetzes einfach durch die Aufsichtsbehörden in 2 Thaler Ordnungsstrafe genommen werden, als wenn ein vollständiger Beschluß des Präsidenten oder des Ehrenraths verlangt werde rc. Der Bundeskommissar erwiderte hierauf: „Die Aufnahme geringer Ordnungsstrafen in den Entwurf ist keineswegs aus einem besonderen Mißtrauen gegen die Beamten, welche mit der Ausfertigung von Protesten zu thun haben, hervorgegangen, sondern einfach erfolgt, weil diese Bestimmung in Preußen seit langer Zeit eingeführt ist und weil sie zu keinen Beschwerden bisher Veranlassung gegeben hat rc.

Für das Interesse der Verwaltung ist es in der That ziemlich

gleichgültig, ob Sie auf den Weg der Disziplin verweisen oder ob Sie ein für allemal ein kleines Maß von Strafen festsetzen, die ja nur auf der Unterstellung beruhen können, daß man es mit Versehen zu thun hat. Ginge man von dem Mißtrauen aus, daß vorsätzlich und fortgesetzt die Notare sich gewissermaßen zu Mitschuldigen machten, ja dann würde man viel härtere Strafen genommen haben.

Ich bezweifle garnicht, daß, wenn Sie auf den Weg der Disziplin verweisen,

und wenn sich herausstellt, daß ein Notar d o loser Weise seine Pflicht verletzt hat, er viel härter

202

Wechselstempel.

megfommett mürbe vor beut Disziplinargerichtshof, als bei biesem ein für allemal bestimmten Strastnaße" rc. b. Im Reichstage war ferner von bem Abgeorbneten A. ber Antrag gestellt, statt ber Worte am Schluffe bes ersten Satzes bes §. 21 „bei ber nach §. 18 zustänbigen Behörbe" zu setzen: „bei ber zunächst gelegenen Zoll- ober Steuerbehörbe, imb zwar unter Beifügung bes Originals ober anstatt bes Originals einer von ihnen beglaubigten Abschrift bes Wechsels beziehungsweise ber An­ weisung", welcher Antrag bemnächst, zufolge ber Erklärung bes Bunbeskommissars (s. unten), bahin mobifizirt würbe: statt „Zoll- ober Steuerbehörbe" nur zu sagen „Zollbehörbe", sowie bie Worte „bes Originals ober anstatt bes Originals" wegzulassen. Der Antragsteller führte zur Begrünbung seines Antrages an: „Die Beamten unb Notare sollen nach ber Gesetzvorlage verpflichtet sein, bie zu ihrer Kenntniß kommenben Kontraventionen zur Anzeige zu bringen bei ber im §.18 bezeichneten Behörbe, b. h. bei ber Behörbe, bie nach bem einschlagenben Zollgesetze kompetent ist. Das zu entscheiben, ist gar nicht so leicht.

Nehmen Sie z. B. ben Fall an, baß ber Wechsel,

welcher bem Notar von betn Requirenten zum Protest übergeben wirb, von bem letzten Inhaber zwar mit einer Wechselstempelmarke versehen ist, baß aber eine Menge von inlänbischen Giros theils ausgefüllt, theils unausgefüllt auf bem Wechsel sich befinben, welche bie Vermuthung an bie Hanb geben, bah ber Wechsel schon früher abzustempeln gewesen wäre.

Der Notar soll nun

sich bie Behörbe heraussuchen, bei welcher er bie Anzeige ber Kontravention zu erstatten hat; er kennt bie Behörben gar nicht, sie liegen ihm ganz fern; ber Wechsel ist vielleicht ausgestellt in einem kleinen Sächsischen Fabrikorte unb kommt zum Protest in Schleswig-Holstein: woher soll ber Schleswig-Holsteinische Beamte ober Notar wissen, wo ber Fabrikort liegt, wo bie nächste Stabt ist, wie bie kompetente Zoll- ober Steuerbehörbe heißt rc. Der anbere Theil meines Antrages bezieht sich barauf, baß ben Beamten unb Notaren nachge­ lassen sein soll, statt bes Originals bes Wechsels, wenn sie eine Kontravention entbecken, eine be­ glaubigte Abschrift besselben bei ber Steuerbehörbe einzureichen. Daß bie Anzeige begrünbet sein muß mit bem corpus delicti, ist selbstverstänblich; allein einen Original-Wechsel bem Verkehr, ber Cirkulation für bie Dauer ber Untersuchung zu entziehen, ist bebenklich, ja schäbigenb für bie In­ teressen bes Hanbels" rc. In ber Entgegnung bes Bunbeskommissars heißt es: „Was bas Amenbement bes Herrn Abgcorbneten A. anbelangt, so ist bie Vorschrift auch keineswegs von bem Gebanken ausgegangen, baß ber Notar bei einem Wechsel, ber lange gelaufen hat unb mit vielen Jnbossamenten bebeckt ist, nun ermitteln sollte, an welcher Stelle eigentlich bas Vergehen liege, unb banach bie Auswahl treffen muß, an welche Behörbe er seine Anzeige richten soll; ber Ausbruck „zustänbige Behörbe" soll nur heißen: an bie Zollbehörbe, bie nach §. 18 zur weiteren Verfolgung kompetent ist. Dabei ist es eine meines Erachtens vollkommen begrünbete Unterstellung, bah bie nächstbelegene Zoll­ behörbe auch bie kompetente sei, nämlich nicht als forum delicti commissi, sonbern als forum deprchensionis; bas ist ber allgemeine Grunbsatz, nach welchem bei solchen Wechselkontraventionen jetzt verfahren tmrb unb bei welchem Sie, glaube ich, es ganz gut belassen können; es ist auch Dasjenige, was Sie wollen. Es wirb Niemanb verlangen, baß ber Notar in Dresben bie Anzeige ber Kontravention an irgenb eine anbere Behörbe, als an bas Zollamt in Dresben richtet. Wenn Sie bagegen aufnehmen „nächstgelegene Zoll- ober Steuerbehörbe", so würbe bas nicht korrekt sein; bettn Steuerbehörben giebt es ganz außerorbentlich verschiebene Arten, bie mit ber Bunbesabgabe gar nichts zu thun haben,- es sinb Kommunalsteuerbehörben ba, es sinb Lanbessteuerbehörben ba, bie es nun erst wieber an bie zustänbige Behörbe abgeben müssen, währenb es meiner Meinung nach für ben Notar ganz einfach ist, bie Sache an bas ihm bekannte Haupt-Zoll-Amt ober HauptSteuer-Amt abzugeben. Was bie Frage anbetrifft, ob ber Notar bas Original bes Wechsels aus betn Verkehr nehmen

Wechselstempel.

203

soll oder ob er eine Abschrift einreichen soll, so theile ich ganz das Bedenken, was der Herr Ab­ geordnete H. angeregt hat. Nach meiner Auffassung geht der Vorschlag des Herrn Abgeordneten A. zu weit. Sie geben mit dieser Bestimmung dein Notar eine einfache Alternative, ob er das Ori­ ginal einreichen will oder die beglaubigte Abschrift. So weit sind wir bis jetzt bei unseren Steuer­ behörden nicht einmal gegangen. Wir haben ihnen gesagt, daß sie regelmäßig nur eine Abschrift nehmen sollen (vergl. zu §. 30 des Stempelges. v. 7. März 1822 die Anin. 3. a Absatz 2), weil es höchst bedenklich ist, das Original, der Kontravention wegen, die beim doch ein untergeordneter Punkt ist, aus dein Verkehr zu nehinen.

Was den ferneren Punkt betrifft, ob die beglaubigte

Abschrift stenrpelfrei sein müsse, so unterliegt das in Preußen gar keinen: Zweifel, daß eine solche Abschrift stempelfrei ist; ob das aber in allen Stempelgesetzen der einzelnen Bundesstaaten sich ebenso verhält, daß weiß ich augenblicklich nicht. Ich würde dann also noch empfehlen zu sagen: „stempelfrei beglaubigten Abschrift", denn darüber kann gar kein Zweifel sein, daß man diese Abschrift nicht noch einmal mit einer Abgabe strafen will" rc. Zu §. 24. Der Gesetz-Entwurf hat darin eine Aenderung erfahren, daß die im §. 24 des Gesetzes unter Nr. 1 der Befreiungen in Parenthese stehenden Worte „Bankhause oder Geld-Institute" in Stelle der Worte „Banquier oder Geldwechsler" getreten sind, während ein anderer Antrag, nicht blos die kaufmännischen, sondern alle Anweisungen zur Versteuerung zu ziehen, abgelehnt wurde (f. hierüber das Nähere unten, hinter den Motiven). Motive: „Hinsichtlich der Anweisungen und Ordrepapiere ist zu bemerken, daß'vor Erlaß der Allg. Wechsel-Ordnung durch die Wechselklausel häufig solchen Papieren, welche nicht Wechsel waren, wechselähnliche Wirkungen gegeben wurden. Die Allg. Wechsel-Ordnung läßt für dergleichen Aushülfen keinen Raun: mehr; die sogenannten kaufmännischen Anweisungen blieben ebenfalls von der Allg. Wechsel-Ordnung ausgeschlossen und wurden dem Partikularrechte überlassen, welches in Preußen (Einf.-Gesetz zur Wechsel-Ordnung vom 15. Februar 1850 §. 9) die früheren Bestim­ mungen über Handelsbillets und kaufmännische Assignationen aufhob, in anderen Ländern, wie z. B. in Sachsen, durch das Gesetz vom 7. Juni 1849 den bestehenden Gebrauch von Anweisungen legalisirte. In Sachsen charakterisiren sich die gezogenen Anweisungen, die sonst den Wechseln gleichstehen, dadurch, daß sie nicht acceptirt werden. Das Handelsgesetzbuch, Artikel 300—305, enthält dann die Bestiummngen über kaufmännische Ordrepapiere, die von der Wechsel-Ordnung aus­ geschlossen worden waren. Daß diese Papiere, welche die Funktionen des Wechsels wenigstens zum großen Theil erfüllen können, der Steuer unterworfen werden, rechtfertigt sich von selbst. Nach dem Allg. Handelsgesetzbuch Art. 300 und 301 ist die kaufmännische Anweisung^ negoziabel, wenn sie an Ordre lautet, und ist alsdann nach Art. 305 in den wichtigsten Punkten nach der Wechsel-Ord­ nung zu beurtheilen. Sie kann aber auch auf eine Quantität vertretbarer Sachen lauten. Ueber die bestimmte Zahlungszeit ist keine Vorschrift gegeben. Ebensowenig ist durch das Erforderniß, daß der Inhaber benannt werden müsse, die Anweisung au porteur ausgeschlossen, und ob nicht die Ausstellung von Papieren au porteur einein Jeden freistehe, ist bekanntlich — wo nicht wie in Preußen durch das Gesetz vom 17. Juni 1833, in Sachsen durch das Civilgesetz §. 1040 die Frage ausdrücklich entschieden ist — Gegenstand einer Kontroverse. Hiernach wird sich die Bestimmung im §. 24 rechtfertigen, welche alle Papiere, welche fähig sind, den Wechsel zu vertreten, der Steuer unterwirft und diejenigen, auf welche die Absicht des Gesetzes nicht paßt, ausnimmt." Bericht der Kommission des Reichstages: „Die Fassung der Nr. 1 des zweiten Alinea dieses Paragraphen gab zu Zweifeln darüber Veranlassung, ob danach auch die von Banken und Geld­ instituten honorirten Checks, sowie ferner, ob die auf Guthaben bei nicht kaufmännischen Kassen ausgestellten Checks stempelfrei sein sollten. Nachdem der Herr Bundes-Kommissarius die erste der

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Wechselstempel.

mit jenen Zweifeln angeregten Fragen in affirmativem, die zweite dagegen unter Bezugnahme auf die Worte: „von Kaufleuten oder auf Kaufleute" im ersten Alinea dieses Paragraphen im nega­ tiven Sinne beantwortet hatte, wurde ein dahin gehender Antrag, sub Nr. 1 im zweiten Alinea an Stelle der Worte: „Banquier oder Geldwechsler" die Worte: „Bankhause oder Geldinstitute" zu setzen, angenommen. Bon der ausdrücklichen Erwähnung der Steuerfreiheit, welche den im Alinea 1 bezeichneten Zahlungs-Versprechen und Zahlungs-Anweisungen, sofern dieselben im Aus­ lande zahlbar sind, unzweifelhaft event, ebenso wie den im Auslande zahlbaren Wechseln zuge­ billigt werden müßte, wurde mit Rücksicht auf die Erklärung des H. Bundes-Kommissarius Ab­ stand genommen, daß der Wortlaut des ersten Alinea („Die Vorschriften dieses Gesetzes kommen gleichmäßig zur Anwendung rc.") eine solche Erwähnung überflüssig mache." Im Reichstage war noch der Antrag gestellt, die Worte im §. 24 Absatz 1: „von Kaufleuten oder auf Kaufleute ausgestellten" zu streichen, theils im Interesse einer gerechten Vertheilung der Steuer auf die gesammte Bevölkerung, theils zur Vermeidung von Unzuträglichkeiten, die dadurch entstehen, daß Jemand, dem eine Anweisung durch die dritte oder vierte Hand zugehe, erst zu untersuchen und nachzuforschen haben werde, ob der Aussteller oder der Bezogene ein Kaufmann sei oder nicht. Die Entgegnung des Bundes-Kommissarius hierauf lautete: „Es ist nicht die Ab­ sicht gewesen, den einen Stand schwerer zu belasten, als den anderen, indem man hier die Stempelpflichtigkeit der Anweisungen an den Umstand gebunden hat, daß sie entweder von Kaufleuten oder auf Kaufleute ausgestellt sind. Es hat dies nur den Zweck gehabt (eigentlich auf einem Umwege) das Äbjekt zu bezeichnen, das man treffen will. Wenn auch nur gesagt wurde „An­ weisungen", so würde doch kein Zweifel darüber sein können, daß es die Absicht nur ist, diejenigen Anweisungen zu treffen, die sich der Natur des Wechsels vermöge ihrer Natur nähern und den Wechsel sehr leicht zu ersetzen geeignet sind, ein in der Regel indossables Papier. Man würde das anders haben ausdrücken können, wenn eine allgemeine Gesetzgebung über Anweisungen ebenso bestände für den Norddeutschen Bund, wie für den Wechsel. Indessen gerade diese Ma­ terie des Rechts, die Normen über die Anweisungen, ist bis jetzt partikularrechtlich sehr verschieden ausgebildet; wir haben allgemeine Bestimmungen darüber eigentlich nur im Handelsgesetzbuch, und gerade hierin nur für Anweisungen, die von Kaufleuten oder auf Kaufleute ausgestellt werden; es sind die Artikel 300 und folgende im Handelsgesetzbuch. Deshalb hat man sich veranlaßt ge­ sehen, Ihnen diese Beschränkung vorzuschlagen, wohl bewußt, daß man damit unter Umständen die finanzielle Einnahme schmälert. Gewiß ist es keine Schmälerung der Einnahme, wenn Sie ein Kriterium wegstreichen; dadurch wird das Gesetz allgemeiner und faßt mehr, als es jetzt faßt. Wir bitten Sie aber, lassen Sie die Beschränkung stehen, weil wir sonst auf ein wirklich garnicht zu übersehendes Gebiet gelangen. Was ist alles Anweisung? Jeder Zahlungsauftrag, wodurch der Angewiesene beauftragt wird, an den Assignatar Zahlung zu leisten, fällt unter den Begriff „Anweisung". Wir haben gesehen, daß, wo in den Gesetzen „Anweisung" steht, es aber praktisch ein todter Buchstabe geblieben ist. Umgekehrt hat man da, wo die Angabe wirklich eine praktische Bedeutung gewonnen hat, auch in den Fällen, wo im Gesetz „Assignation" steht, doch stillschwei­ gend darunter nur dasjenige verstanden, was hier darunter getroffen werden soll. Die Anwei­ sungen z. B., welche von der Regierung auf eine ihrer Kassen ausgestellt werden, ferner die An­ weisungen, welche zwischen Mandatar und Mandanten vorkommen oder zwischen verschiedenen Behörden vorkommen, welche nicht zu demselben Ressort gehören, Alles das sind Dinge, welche unter das Wort „Anweisung" gefaßt werden können, welche es aber doch nicht die Absicht sein kann, den Wechseln gleich zu besteuern". Zu §. 26. Im Gesetz-Entwurf fehlte das erste Wort des §. 26 „Subjektive", und statt der in den ersten Zeilen des Absatzes 2 daselbst stehenden Worte „auf lästigen Privatrechtstiteln" hieß es im Ent-

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Wechselstempel. wurf „auf speziellen Nechtstiteln".

Motive: „Die subjektive Befreiung des einen oder anderen

Theilnehmers an dem Umlauf oder an der Entstehung des Wechsels kann nur von untergeordneter Bedeutung sein, wenn die Verantwortlichkeit für die Versteuerung des Wechsels, wie im Entwürfe geschieht, allen Teilnehmern aufgelegt wird.

Je mannigfaltiger und individueller die fraglichen

Exemtionen sich in den einzelnen Staaten gestaltet haben, desto nothwendiger erscheint es, den­ selben keinen Einfluß auf die Verpflichtung zur Versteuerung der dem Bundesstempel unterwor­ fenen Urkunden zu gestatten.

Insoweit die Exemtionen nur auf der Stempelsteuer-Verfassung

der einzelnen Staaten beruhen, bedarf es keiner weiteren Regelung. Ob die auf privatrechtlichen Titeln (Verträgen, Spezial-Privilegien u. s. w.) beruhenden Exemtionen über die Landesstempel­ steuer hinaus auch auf Bundessteuern ihre Wirkung äußern können, mag staatsrechtlich zweifelhaft erscheinen.

Die im Entwürfe vorgeschlagene Regelung der Entschädigung aus Bundesmitteln wird

voraussichtlich auch für diejenigen Staaten, welche sich durch die erwähnten speziellen Rechtstitel für gebunden erachten möchten, nicht die Einführung einer Bundesstempelsteuer zu befördern, diesen Anstand beheben, ohne erhebliche Opfer der Bundeskasse aufzulegen". Bericht der Kommission des Reichstages: „Da die Kommission objektive Steuerbefreiungen in Vorschlag bringt, welche die Regierungs-Vorlage nicht kennt ses bezieht sich dies auf die im Gesetz-Entwurf fehlende, auf Vorschlag der Kommission hinzugefügte Bestimmung im §. 1 Absatz 2 Nr. 1 u. 2 des Gesetzes^, so wurde es für nothwendig erachtet, vor das erste Wort des vor­ liegenden Paragraphen das Beiwort „Subjektive" zu setzen. Ferner wurde im Alinea 2 des Paragraphen in Rede dem Ausdruck „lästigen Privatrechtstiteln" als dem präziseren, in Ueberein­ stimmung mit dem die Aufhebung der Portofreiheiten betreffenden Gesetz, vor dem in der Rerungs-Vorlage gebrauchten Ausdruck „spezielle Rechtstitel" der Vorzug gegeben.

Ueber die zur

Zeit bestehenden persönlichen Befreiungen von der Wechselstempelsteuer gab der H. Bundes -Kommissarius auf Anfrage die Erklärung ab, daß man deren Umfang nicht mit voller Gewißheit über­ sehen könne; indessen sei deren Ablösung für den Staat von nur untergeordneter Bedeutung, weil nach der Natur des Wechsels fast jederzeit mehrere Personen auf demselben figuriren, welchen nicht sämmtlich die Stempelfreiheit zustehe, so daß in Wirklichkeit zu fast allen Wechseln der Stempel verwendet werden müsse". Im Reichstage bemerkte ein Abgeordneter noch: „Ich möchte mir doch bei diesem Paragraphen einige Auskunft von dem Herrn Bundeskommissar erbitten über den voraussichtlichen Umfang der Entschädigungen, welche einzutreten haben in Folge dieser Bestimmung und namentlich darüber, in welcher Weise und in welchem Umfange der Preußische Staat als Mttheilnehmer der Preußischen Bank an diesen Entschädigungen Antheil hat.

Ich glaube, eine Auskunft darüber

würde für die Beurtheilung der Tragweite dieses Paragraphen von Wichtigkeit sein." Der Bundeskommissar entgegnete hierauf: „Eine Uebersicht über diese Befreiungen kann nicht gegeben werden.

Die Befreiungen, die bei uns in Preußen selbst bestehen, beruhen auf sehr verschiedenen

Titeln.

Sie werden aufgehoben mit Ausnahme derjenigen, welche auf lästigen Privatrechtstiteln

beruhen.

Darüber zu entscheiden, welche Ausnahmen auf lästigen Privatrechtstiteln beruhen, und

auf welche dieses Kriterium nicht Anwendung findet, das ist eine sehr schwierige Sache. kommen hierbei die allerkomplizirtesten Sach- und Rechtsverhältnisse in Betracht.

Es

Wir haben Ver­

träge, bei denen es zweifelhaft ist, ob ein staatsrechtlicher Vertrag oder ein privatrechtlicher zu Grunde liegt.

Wir haben Privilegien, bei denen es zweifelhaft ist, ob sie die Natur einer Kon­

zessionsbewilligung haben oder ob sie durch Gegenleistung erworben sind, und diese Fragen sind zum Theil nur zu entscheiden, indem man auf Jahrhunderte lange Entwickelungen zurückgeht. Deshalb werden Sie es begreiflich finden, wenn ich mich auf den allgemeinen Ausdruck beschränke, daß nach meiner Ueberzeugung — ein Mehreres kann ich Ihnen nicht bieten — die Frage finan­ ziell von keiner erheblichen Tragweite sein wird.

Es ist hierbei zu berücksichtigen, was ich schon

206

Wechselstempel. — Gesetz §. 21.

in der Kommission hervorgehoben habe, daß ja, wenn Sie dieses Gesetz annehmen, nach der Be­ stimmung im §. 4 für die Entrichtung der Abgabe der Bundeskasse sämmtliche Personen, welche an dem Umlauf des Wechsels im Bundesgebiete Theil genommen haben, solidarisch verhaftet sind, und daß ferner im §. 26 auch noch ausdrücklich vorgesehen ist, daß für Stempelbeträge, deren Er­ stattung der Berechtigte von anderen Theilnehmern am Umlaufe des Wechsels oder von seinen Kommittenten zu fordern hat, in keinem Falle aus der Bundeskasse Entschädigung gewährt werden soll. Was die Frage mit der Preußischen Bank anlangt, so muß dahin gestellt bleiben, wie lange dies Privilegium, was die Bank in Bezug auf Stempelfreiheit besitzt, noch dauern wird; das ist auch eine Frage, über die ich hier ein Urtheil in keiner Weise abgeben kann. Aber die Wechsel, für welche die Bank sich nicht an irgend einen Kommittenten, wie der §. 26 bestimmt, für die Stempelauslage erholen könnte, werden nicht so bedeutend sein. Ich glaube deshalb, daß auch dies Privilegium der Preußischen Bank, das gewiß das bedeutendste sein wird, das hierbei in Frage kommt, nicht in's Gewicht fällt". Zu §. 29. Bericht der Kommission des Reichstages: „re. Eine an den Herrn Bundes-Kommissarius von einem Mitgliede der Kommission gerichtete Anfrage, bezüglich des Einflusses der event, eintre­ tenden Besteuerung der Wechsel unter 50 Thaler auf die Stempelpflichtigkeit der, solche Wechsel betreffenden Proteste, wurde von dem Herrn Bundes-Kommissarius dahin beantwortet, daß die Höhe des zu einem Protest zu verwendenden Stempels von dem Betrage des Stempels des protestirten Wechsels vollständig unabhängig sei und daß der Proteststempel, auch wenn der Wechselstempel der Bundesgesetzgebung unterworfen würde, der Landesgesetzgebung vorbehalten bleibe".

Strafen, wegen Nichtgebranch des tarifmäßigen Stempels oder verabsäumn«,) der vor­ stellenden Vorschriften. a. I m Allgemeinen.

§. 21. Zst das tarifmäßige Stempelpapier nach den Vorschriften des gegenwär­ tigen Gesetzes nicht gebraucht oder beigebracht worden, so ist dasselbe nicht allein sofort nachzubringen, sondern es tritt auch außerdem die ordentliche Stempelstrafe ein, welche in Entrichtung des vierfachen Betrages des nachzubringenden Stempels besteht. Wo zwar ein Stempel, jedoch nur ein geringerer als der tarifmäßige, gebraucht oder beigebracht worden, da ist der fehlende Stempelbetrag zu ergänzen, und auch miv von diesem die Strafe des Vierfachen zu entrichten. Beträgt aber das Vierfache des nachzubringenden Stempels weniger als einen Thaler, so wird die ordentliche Stempelstrafe, außer dem §. 23 bestimmten Fall, den­ noch zu einem Thaler festgesetzt und erhoben. 1. In Betreff der Unzulässigkeit der strafrechtlichen Verfolgung einer juristischen Person (Handelsfirma) s. S. 188 Anm. 14.

2. a. Zur Verhängung der Stempelstrafe genügt der Nichtgebrauch des verordneten Stem­ pels; der Nachweis der Absicht zu defraudiren ist nicht erforderlich. Erk. des OT. (2. 87. c. Büchner) v. 12. April 1855 (H. Str. S. 141 sub Nr. 1). 2.1). Auf den materiellen Beweis der innerhalb 14 Tagen erfolgten Kassation der nicht so­ fort adhibirten Stempel kommt es, wenn die Bescheinigung eines Beamten [f. §. 12] fehlt, nicht an, um die Strafe nach §. 21 und 22 des Stempelgesetzes festsetzen zu können. FMR. v. 2. April 1829 III 6845 an d. PStD. in S. (SK.). — Die im §.21 des Stempelgesetzes verordnete Stempelstrafe findet unzweifelhaft Anwendung, wenn, der Vorschrift im §. 12 dieses Gesetzes ent-

Gesetz §.21.

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gegen, die zeitgemäße Nachbringung des erforderlichen Stempelpapiers nicht von der Behörde, bei welcher das Stempelpapier gelöset worden, mit Buchstaben ausgeschrieben, bescheinigt worden. JMR. v. 19. April 1831 B. 7043 an d. OLGericht in Mr (SK.). 3. a. Die Stempelkontravention muß feststehen, ehe der Richter eine Strafe verhängen kann. Der Richter ist aber nicht befugt, von dem Produzenten einer simplen Abschrift die Vorlegung des Originals blos zu dem Zwecke zu fordern, um nachzuforschen, ob auch zu diesem der gesetzliche Stempel verwendet ist, oder nicht. Sind erhebliche Verdachtsgründe vorhanden, so muß die Pro­ duktion des Originals unter Androhung einer fiskalischen Untersuchung wegen Stempeldefraudation erfordert, und, wenn die Produktion verweigert wird, mit Rücksicht auf die Vorschrift des §. 34 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 die fiskalische Untersuchung eingeleitet werden. Bei dieser hat der Inquirent den §. 258 des Anhangs zur Allg. Ger.-Ordn. zu beachten. JMR. v. 1. Febr. 1834 (v. KJ. B. 43 S. 201). [2)er fiskalische Untersuchungsprozeß findet nicht mehr Statt, §. 182 der Verordnung v. 3. Jan. 1849, GS. S. 14]. 3.1) . Daß der G. auf Grund der von ihm dem Gericht in seiner Prozehsache wider den M. ein­ gereichten bloßen Abschriften von zwei Bau-Entreprise-Verträgen nicht in Stempelstrafe genommen, noch weniger aber als Produzent dieser Verträge angesehen werden durfte, kann nicht zweifelhaft sein. Die hiernach ungehöriger Weise festgesetzte Stempelstrafe wird daher hiermit niedergeschlagen. FMR. v. 13. Sept. 1851 III 19736 an d. Reg. in F. 4. Ist die angeblich stempelpflichtige Urkunde nicht zu ermitteln und ihr Inhalt nicht fest­ zustellen, so kann eine Bestrafung wegen Stempeldefraude nicht stattfinden. Der Nachweis Des­ jenigen, worüber die Parteien sich vereinbart hatten, reicht in dieser Beziehung nicht aus, wenn nicht feststeht, daß auch die demnächst aufgenommene Urkunde jene mündlichen Vereinbarungen in übereinstimmender Weise wiedergab. Erk. des OT. (1) v. 14. Dez. 1866 (ON. B. 7 S. 717). In Beziehung auf Feststellung der Stempelpflichtigkeit eines nicht mehr vorhandenen Schriftstückes vergl. S. 21 ff. Anm. 43 sub a, 44 a, b, S. 193 Anm. 22 u. Tarifpos. „Verträge" Anm. 1. g Absatz 2. Rücksichtlich der Stempelpflichtigkeit wieder aufgehobener resp. vernichteter Verträge s. S. 150 Anm. 12. 5. a. Durch faktische Unmöglichkeit der Beibringung des Stempels binnen 14 Tagen wird die Stempelstrafe ausgeschlossen (ein Vertrag war bei dem Inhaber desselben noch am Tage des Vertragsabschlusses gerichtlich in Beschlag genommen und bei den Untersuchungs-Akten asservirt). Erk. des OT. (2) v. 1. Okt. 1857 (GA. B. 5 S. 841). 5.1) . Eine zuzurechnende Schuld liegt da nicht vor, wo ein Anderer, z. B. der Stempelvertheiler, die alleinige Schuld der Nichtverwendung des Stempels trägt. Erk. des OT. (2. 106 c. Hesse) v. 27. März 1856 (h. Str. S. 140 sub Nr. 5). Vergl. S. 188 Anm. 15. a. 5. c. Der Jnstanzrichter macht sich nicht eines Rechtsirrthums schuldig, wenn er den That­ bestand einer Stempeldefraude in einem Falle verneint, wo die stempelpflichtige Urkunde innerhalb der Präklusivfrist zur Beikassirung des Stempels einem dazu berufenen Beamten übergeben und von diesem angenommen ist, sollte der Letztere auch die rechtzeitige Beikassirung aus irgend einem Grunde verabsäumt haben. Erk. des OT. (1) v. 9. Juni 1869 (OR. B. 10 S. 403, GA. B. 17 S. 649); der rc. F. hatte einen Vertrag Behufs Lösung des Stempels dem Haupt-Steuer-AmtsRendanten am letzten Tage der 14tägigen Nachkassirungsfrist — einem Sonntage — überreicht, und der Rendant, da er wegen Abwesenheit des Kontroleurs nicht zu einem Stempel gelangen konnte, den Vertrag zurückbehalten, dem F. die Erhebung des Stempelbetrages durch Postvorschuß zugesichert und den Stempel erst am Tage darauf nachkassirt. In den Erk.-Gründen heißt es nun: Der F. hat also seinerseits seine Obliegenheit erfüllt und der Vertreter der Steuerbehörde trägt die Schuld der verspäteten Nachkassation des Stempels. Daß der Tag der Einlieferung ein Sonntag war, ändert hierin nichts, da die Annahme einmal erfolgt war. Dazu kommt, daß die

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Gesetz §.21.

Instruktion [beS FM.] für die Hauptämter, wegen Behandlung des Stempelwesens, v. 26. März 1822 im §. 8 ausdrücklich vorschreibt, daß der Ankauf der Stempelmaterialien dem Publikum so viel als möglich erleichtert und bei den Zoll- und Steuer-Aemtern die Einrichtung getroffen werden soll, daß damit das Publikum auch außer den Amts stunden bedient werden kann. Daß in dieser Beziehung der Sonntag eine Ausnahme machen soll, ist nicht vorgeschrieben. 5. d. Eine Stempelkontravention wird durch eine von der Steuerbehörde selbst ausgegangene Erschwerung der Stempelverwendung nicht straflos, sobald nur für die Partei nicht eine völlige Unmöglichkeit herbeigeführt war (denn die Betheiligten hätten den Antrag auf Rückgabe der Punktation Behufs deren rechtzeitiger notarieller Vollziehung zeitig beim Haupt-Steueramte stellen oder die Stempelgefälle an letzteres berichtigen sollen). Erk. des OT. (1) v. 23. Mai 1862 (OR. B. 2 S. 426). 6. Ob der Stempel zu einer Urkunde (z. B. zu einer Vollmacht) rechtzeitig beigebracht sei, ist lediglich nach der in derselben enthaltenen Datumsangabe zu beurtheilen (der Einwand des Ange­ klagten: daß das Vollmachts-Blanquet erst später überschrieben worden, sei unerheblich; denn es liege in dem Rechtsbegriffe des Urkunden-Stempels, daß der schriftlich bekundete Inhalt maßgebend für die Stempelpflichtigkeit des Schriftstückes sei, nicht Etwas, was die Behörde aus diesem selbst nicht erkennen könne, zu dem Schriftstück als solchem nicht gehöre, sondern aus anderweiten Ermittelungen entnommen werden solle; ein Irrthum in der Urkunde, auf dessen Möglichkeit An­ geklagter hinweise, insbesondere ein Schreibfehler, sei nicht festgestellt; welchen Einfluß ein solcher haben könnte, sei daher einer Erörterung nicht zu unterziehen). Erk. des OT. (2) v. 9. Febr. 1871 (OR. B. 12 S. 84, GA. B. 19 S. 272 — wonach das Erk. vom „4." Febr. datirt). Vergl. §. 22 Anm. 12. f Nr. 3. 7. Mit dem wegen Verwandlung der Stempelstrafen in Freiheitsstrafen bisher beobachteten Verfahren erkläre Ich mich dahin einverstanden, daß eine solche Verwandlung in den Fällen, wenn der Verpflichtete zur Zahlung der Geldbuße unvermögend ist, der Regel nach nicht stattfinden soll. Eine Ausnahme hiervon tritt jedoch ein bei Stempelstrafen gegen Verleger oder Vertheiler von Zeitungen oder Kalendern [fceifce jetzt stempelfrei, s. §. 28 u. 29]. Auch behält es bei den in der Verordnung vom 16. Juni 1838 §§. 25 bis 34 wegen der Kartenstempelkontraventionen getroffenen Bestimmungen [jefct Ges. v. 23. Dez. 1867., s. §. 27 Anm. 1. a], so wie in Ansehung der Beamten, die sich bei ihrer Dienstverwaltung einer Verletzung des Stempelgesetzes schuldig machen, bei den hierüber bestehenden allgemeinen Vorschriften sein Bewenden. Kab.-O. v. 24. Mai 1844 (GS. S. 238). Die vorgedachte Kab.-Ordre ist in Kraft verblieben, Erk. des OT. (1 — c. Schwedt) v. 16. Jan. 1857 (H. Str. S. 142 sub Nr. 4); namentlich ist sie durch §. 17 Abs. 2 u. §. 335 Abs. 2 des Preuß. Strafgesetzbuchs [f. jetzt Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich §. 28 Abs. 1] und durch Art. 132 des Ges. v. 3. Mai 1852 (GS. S. 209) gemäß Art. II des Einführungsgesetzes zum Preuß. Strafgesetzbuch [f. jetzt die im Wesentlichen conforme Bestimmung des §. 2 in Anm. 6. a zu §. 35 des Stempelgesetzes] nicht aufgehoben, Erk. des OT. (2) vom 11. Juni 1863 (OR. B. 3 S. 491). Diese Kab.-Ordre v. 24. Mai 1844 ist auch in die neuen Landestheile eingeführt — s. §. 30 Anm. 2. b, §. 15 der Verordnung v. 19. Juli 1867 (GS. S. 1191 — s. in Abth. II des Komm, sub B), §. 15 der Verordnung vom 7. Aug. 1867 (GS. S. 1277 — s. a. a. O.) Bei Stempel­ strafen ist daher, wie in den Gründen des (einen hier nicht interessirenden Fall betreffenden) Erk. des Ober-Appell.-Ger. (II) v. 26. Mai 1869 (OR. B. 10 S. 338, GA. B. 17 S. 606) bemerkt wird, un­ geachtet der Vorschrift im §. 435 der Strafprozeß - Ordnung für die neuen Landestheile, excl. Kaulsdorf und Meisenheim (GS. 1867 S. 933), auf subsidiäre Freiheitsstrafe in der Regel nicht zu erkennen.

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Bezüglich der Unstatthaftigkeit der Umwandlung in Freiheitsstrafe bei Wechselstempelstrafen nach dem Ges. v. 10. Juni 1869 s. §. 15 Abs. 3 desselben (s. S. 165 Anm. 1) und bei Erbschafts­ steuerstrafen s. §. 44 des Ges., betr. die Erbschaftssteuer, v. 30. Mai 1873 (s. im Anhang). 8. a. Vergehen und Uebertretungen, welche durch Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Steuern, Zölle, Postgefälle, Kommunikations-Abgaben und aller übrigen öffentlichen Abgaben und Gefälle begangen werden, verjähren in fünf Jahren. Art. V des Ges. v. 22. Mai 1852 (GS. S. 250). Diese Bestimmung findet namentlich auch auf Stempelkontra­ ventionen Anwendung, nicht aber, wie in einer Untersuchungssache der Appell.-Richter angenommen hatte, der §. 339 des Preuß. Strafgesetzbuches (jetzt §. 67 des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reichs — 3monatliche Verjährungsfrist bei Uebertretungen (anerkannt in den Gründen des Erk. des OT. (2) v. 2. Okt 1856, JMB. S. 350). Wörtlich wie vorstehend Art. V a. a. 0. lautet Art. XI der Verordnung v. 25. Juni 1867, betr. das Strafrecht rc. in den neuen Landestheilen, excl. Kaulsdorf u Meisenheim (GS. S. 921). 8. b. Die Verjährung der Stempelstrafe beginnt nach fünf Jahren, von Ablauf der zur Nachkassation des Stempels im §. 12 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 gewährten 14tägigen Frist gerechnet, nicht (wie ein JMR. v. 1. Febr. 1834, v. KJ. B. 43 S. 201, angenommen hattet vom Tage der Ausstellung der Urkunde, weil die Strafe erst mit Ablauf jener Frist verwirkt ist Erk. des OT. (2) v. 6. Mai 1858 (GA. B. 6 S. 566). 8. c. Auch bei den für mehrere Jahre abgeschlossenen Miethsverträgen beginnt die Verjäh­ rung der Stempelstrafe mit Ablauf der 14tägigen Nachbringungsfrist im §. 12 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822, wenn auch die Verjährung während der Dauer der Miethszeit vollendet wird, weil mit Ablauf der Frist im §. 12 a. a. O. die Stempel-Kontravention als konsumirt zu be­ trachten ist. Erk. des OT. (2) v. 16. Okt. 1856 (GA. B. 5 S. 86). 8. d. Ist in einem auf eine bestimmte Anzahl Jahre geschlossenen Pachtverträge festgesetzt, daß nach Ablauf dieser Zeit der Vertrag, insoweit es dem Pächter oder dessen Nachfolger konvenire, anderweit auf gleiche Dauer und so weiter fortlaufen solle, eine Frist der Kündigung aber nicht bestimmt, so entsteht die Verpflichtung, den Stempel nach §. 6. e des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 für die stillschweigend eintretende Prolongation zu lösen, nicht etwa schon 6 Monate vor Ablauf der letzten Kontraktsdauer (gesetzliche Pacht-Kündigungsfrist nach §.342 Tit. 21 Th. 1 ALRZ, sondern erst mit Eintritt der stillschweigenden Fortsetzung der Pacht, weil bis dahin die neue Pachtperiode nicht existent geworden. Folgerecht beginnt daher die Verjährung der Stempelstrafe, in Gemäßheit des letzten Absatzes des §. 46 des Strafgesetzbuches (für die Preuß. Staaten, jetzt letzter Absatz des §. 67 des Strgesb. für das Deutsche Reichs, mit den: ersten Tage der neuen Pachtzeit. Erk. des OT. (1) v. 20. Jan. 1860 (GA. B. 8 S. 258). 8. e. Die Vorschrift des §. 22 (Absatz 5) des Stempelgesetzes v. 7. März 1822, wonach den: Käufer, Pächter oder Miether das mit dem Werthstempel versehene Exemplar des Vertrages innerhalb der dort erwähnten Fristen abgefordert werden kann, läßt nicht die Deutung zu, daß nach Ablauf dieser Fristen die Stempelkontravention verjährt sei. Erk. des OT. (2. 249 c. Selig­ mann) v. 6. Oft. 1859 (fr. Str. S. 142 sub Nr. 3). 8. f. Auf die Anfrage: ob bei Vergehen gegen die Stempelgesetze, welche von Behörden oder Beamten begangen worden, die Aufnahme des Straffalles in das Revisions-Protokoll des Provinzial-Stempelfiskals die Verjährung unterbreche, wird erwidert, daß die Bestimmungen der §§. 597 bis 600 der Kriminal-Ordnung, auf Stempelstrafen angewendet, keine andere Auslegung gestatten, als daß die Stempelstrafe verjährt sei, wenn zwischen Verübung der Stempelkontravention und dem Tage, wo die zur Festsetzung der Stempelstrafe nach § 30 des Stempelgesetzes kompetente Behörde davon Kenntniß erhält, ein Zeitraum von 5 Jahren verflossen ist. FMR. v. 15. April 1834 III 8614 an d. PStD. in S. (SK.) Hoyer, Stempelgesetzgebung. 2. Ausl.

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Gesetz §.21.

8. g. Die Verjährung der Stempelstrafe wird in Folge des §. 48 des Strafgesetzbuches [für die Preuß. Staaten, jetzt Strgesb. für d. Deutsche Reich §§. 68, 69] unterbrochen, wenn gleich die ersten, die Unterbrechung herbeiführenden Handlungen der Staatsanwaltschaft von einem nicht kompetenten Mitglieds derselben ausgegangen waren. Erk. des OT. (1) v. 20. Jan. 1860 (GA. B. 8 S. 258); vergl. auch Erk. des OT. (2) v. 9. Juni 1855 (JMB. S. 348). Die Verjährung einer Strafverfolgung wird auch unterbrochen: 1) durch bloße, sachlich gebotene Reproduktions­ Verfügungen des Gerichts (Erk. des OT. (1) v. 13. Jan. 1869, GA. B. 17 S. 203, OR. B. 10 S. 20); 2) durch eine vom Beamten der Staatsanwaltschaft ausgegangene Anfrage, durch welche eine zur Feststellung des Thatbestandes unerläßliche amtliche Auskunft erwirkt werden soll (Erk. des OT. (2) v. 23. Sept. 1869, OR. B. 10 S. 587). 8. h. In Betreff der Verjährung und deren Unterbrechung bei Wechselstempel-Hinterziehungen s. S. 165 sub II. A. 1 §. 17. 8. i. Bezüglich der Verjährung der Erbschaftssteuer-Strafen und deren Vollstreckung s. §. 47 Absatz 4 des Ges., betr. die Erbschaftssteuer, v. 30. Mai 1873 (GS. S. 329) - s. im Anhang. 9. Nach den bestehenden Vorschriften über das Verfahren gegen Zoll- und Steuer-Kon­ travenienten sind die Regierungen und Provinzial-Steuer-Direktionen befugt, der Vollstreckung der gerichtlichen Straferkenntnisse nach Umständen Anstand zu geben, und die Gerichte sind verpflichtet, den deshalb an sie ergehenden Requisitionen der Verwaltungsbehörden zu entsprechen. Da diese Bestimmungen nach einer Mittheilung des H. Finanzministers in neuerer Zeit nicht immer beachtet worden sind, so werden dieselben hierdurch den Gerichten mit der Anweisung in Erinnerung gebracht, Gesuche, welche die Aussetzung oder Unterbrechung rechtskräftig erkannter Zoll- und Steuerstrafen, insbesondere also die Bewilligung von Terminalzahlungen oder die Abbüßung der Freiheitsstrafen mit Zwischenräumen betreffen, falls solche bei ihnen eingehen, an die zuständigen Zoll- und Steuerbehörden zur ressortmäßigen Prüfung und weiteren Veranlaffung abzugeben. An der allgemeinen Befugniß der Gerichtsbehörden, in den vorgeschriebenen Grenzen Gesuche um Aussetzung oder Unterbrechung solcher Strafen, welche durch eine in der Person des Verurtheilten eingetretene Veränderung, als Krankheit, Schwangerschaft u. s. w., nothwendig wird, zu bewilligen, oder deshalb an den Justizminister zu berichten (§. 4 der Instruktion vom 30. Juni 1834 — v. KJ. B. 43 S. 642, Allerh. Ordre v. 14. August 1846 - JMB. S. 151), sowie auch in anderen Fällen die durch die Dringlichkeit der Sache etwa gebotene Verfügung zu treffen, wird jedoch hierdurch nichts geändert. JMR. v. 10. Sept. 1857 (JMB. S. 302, CB. S. 265). Vergl. auch JMR. v. 7. Febr. 1845 (JMB. S. 32, MB. S. 49), betr. die Befugniß der Regierungen und Prov.-Steuer-Direktionen, der Vollstreckung noch nicht angetretener gleichwie schon angetretener Steuerstrafen Anstand zu geben; s. auch S. 195 ff. zu §. 18 sub I §. 50 u. sub II §. 20. Unter Hinweisung auf das vorgedachte JMR. v. 10. Sept. 1857 werden die Regierungen und Prov.-Steuer-Direktoren durch FMR. v. 26. dess. M. (CB. S. 266) angewiesen, im Falle der Bewilligung solcher Gesuche die zu erlassende Requisition schleunigst an die betreffende Gerichts­ behörde zu befördern, damit diese noch mit Erfolg der Vollstreckung Einhalt thun.kann, übrigens aber die Bewilligung von Terminalzahlungen, entsprechend den in der Verfügung fdes FM.] vom 14. Okt. 1840 (CB. S. 376) ertheilten Vorschriften, stets an die Bedingung zu knüpfen, daß die eingehenden Zahlungen zunächst auf die rückständigen Steuer- und Zollbeträge, sodann auf die Kosten und zuletzt auf die Geldbuße verrechnet werden. — Vergl. auch FMR. v. 31. Jan. 1868 (MB. S. 160), welches hinsichtlich der im administrativen Wege entschiedenen Steuerkontraventions­ sachen noch bestimmt, daß die Regierungen die Terminalzahlungen nach Umständen auch über den Schluß des Rechnungsjahres hinaus bewilligen dürfen und daß diese Bewilligung stets an die Bedingung zu knüpfen: daß rc. [Verrechnungsweise, ähnlich wie im letztgedachten FMR.], sowie daß beim Ausbleiben einer Theilzahlung die zwangsweise Beitreibung des ganzen noch rückständigen

Restes unnachsichtlich erfolgen würde. sDieses Reskript hat zwar, da es an die Prov.-Steuer-Direkt. nicht mitergangen, wohl nur die Kontraventionen gegen die direkten Steuern vor Augen, ist indessen auf Kontraventionen gegen die indirekten Steuern für gleichmäßig anwendbar zu erachten^ 10. a. Die bei den Gerichten eingehenden Begnadigungsgesuche in Kontraventionssachen gegen die indirekten Steuergesetze sind von den Gerichten, mit deren Gutachten begleitet, an den Provinzial-Steuer-Direktor (resp. an die betr. Reg., Abth. für indir. Steuern, s. §. 30 Anrn. 1) zur weiteren Veranlassung abzugeben rc. JMR. v. 18. Aug. 1837, im Einverst. des FM. (v. KJ. B. 50 S. 233, v. KA. B. 21 S. 633). 10. b. Wenn die Absendung eines an des Königs Majestät gerichteten Gesuches wegen Er­ lasses oder Ermäßigung einer wegen eines Vergehens gegen die Steuergesetze gerichtlich erkannten, rechtskräftig feststehenden Strafe dem Gerichte — im Gebiete des französischen Rechts dem OberProkurator — bescheinigt wird, so darf die Strafe nicht eher vollstreckt werden, als bis eine de­ finitive Entscheidung auf das Gesuch ergangen und zur Kenntniß des Gerichtes — Ober-Proku­ rators — gelangt ist. Um einer Verzögerung der Vollstreckung der vorbezeichneten Strafen zu begegnen, wird die Königliche Regierung (die Provinzial-Steuer-Direktion) angewiesen, die von des Königs Majestät Allerhöchst Selbst oder von dem Finanz-Ministerium ausgegangene Entscheidung auf ein Gesuch der oben erwähnten Art, sobald dieselbe Derselben zugegangen sein wird, jedesmal ungesäumt zur Kenntniß des betreffenden Landes-Justiz-Kollegiums — Ober-Prokurators — zu bringen. FMR. v. 4. Juni 1836 (v. KA. B. 20 S. 310). Vergl. auch das, den Inhalt des Absatzes 2 dieses Re­ skriptes in Erinnerung bringende FMR. v. 4. Juni 1844 (CB. S. 110).

§. 22. Die Nachbringung des Stempels und Entrichtung der ordentlichen Stem­ pelstrafe kann gegen jeden Inhaber oder Vorzeiger einer Verhandlung oder Urkunde verfolgt werden, welche mit dem gesetzlich dazu erforderlichen Stempel nicht ver­ sehen ist. Es behält derselbe jedoch seinen Regreß deshalb an den eigentlichen Kon­ travenienten. Kann der Inhaber oder Vorzeiger jedoch nachweisen, daß er in den Besitz der Ver­ handlung oder Uäunde erst nach dem Tode des eigentlichen Kontravenienten gekommen, so kann die Stempelstrafe von ihm nicht eingezogen werden. Der eigentliche Kontravenient ist bei einseitigen Verträgen, Verpflichtungen und Er­ klärungen der Aussteller. Bei mehrseitigen Verträgen sind es alle Theilnehmer, und jeder derselben besonders ist in die ganze Stempelstrafe verfallen. Ist der gesetzliche Stempel zu einer Verhandlung nicht gebraucht, welche vor Ge­ richt oder vor einem Notar aufgenommen worden, so trifft die ordentliche Stempelstrafe denjenigen Richter oder Notar, welcher die Verhandlung unter seiner Unterschrift aus­ gefertigt hat. Das mit dem Stempel vom Werthe eines Kaufs, einer Pacht oder einer Miethe versehene Exemplar des Vertrages muß in den Händen des Käufers, Pächters oder Miethers sein, um von diesem auf Erfordern, bei Käufen von Grundstücken und Grund­ gerechtigkeiten innerhalb der ersten drei Jahre, bei Käufen von anderen Gegenständen innerhalb des ersten Jahres, nach vollzogener Uebergabe, bei Pachten und Miethen aber während ihrer Dauer, darüber Auskunft erhalten zu können, ob der tarifmäßige Stem­ pel gebraucht worden. Stempelpflichtige Quittungen müssen auf Erfordern innerhalb eines Jahres nach deren Empfang vorgezeigt werden können [f. jedoch S. 2 die Anrn. §. 2 Nr. 7]. 1. a. Mandatarien, welche von ungestempelten oder nicht mit dem vorgeschriebenen Stempel versehenen Schriften im Interesse ihrer Mandanten Gebrauch machen, können, insofern sie nicht durch eigene Uebertretung der Stempelvorschriften eine Stempelstrafe verwirkt haben, in ihrer 14*

212 Eigenschaft als Mandatarien nicht in Stempelstrafe genommen werden, indem das Stempelgesetz unter dem Vorzeiger eines Dokuments nichts anderes versteht, als was die Prozeß-Ordnung den Produzenten einer Urkunde nennt, unter welcher Bezeichnung sie jederzeit die Partei begreift, deren Interesse der Gegenstand der betreffenden Verhandlung ist. Die gesetzliche Strafe ist daher sofort gegen die Parteien selbst zu verhängen. JMR. v. 30. April 1830 (v. KJ. B. 35 S. 296); ebenso im Wesentlichen das Cirk-R. des FM. v. 12. März 1830 III 4671, beide ReMpte auf Grund der darin citirten Kab.-O. v. 24. Febr. dess. I. l.b. Unter „Inhaber" der Urkunde ist hier nicht jeglicher Inhaber im Sinne der §§. 1, 2 Tit. 7 Th. 1 ALR. zu verstehen, sondern nur derjenige, dessen Interesse der Gegenstand der frag­ lichen Urkunde ist, welchem wegen dieses Interesses die Urkunde ausgehändigt, oder welchem sie von dem Berechtigten zu eigener Verfügung ausgeantwortet ist. Es kann daher auch der Ver­ treter einer Partei, in dessen Gewahrsam eine stempelpflichtige Urkunde gelangt ist, und der die­ selbe Namens der Partei produzirt, nicht in Stempelstrafe genommen werden. Erk. des OT. v. 20. Juni 1855 (GA. B. 3 S. 689). — Wegen der von Rechtsanwälten dem Gericht eingereichten Vollmachten s. Anm. 12. a ff. 1. c. Beamte und Behörden, welche als solche eine stempelpflichtige Urkunde, zu welcher der Stempel nicht verwendet ist, vorlegen, verwirken dadurch nicht die Stempelstrafe. Erk. des OT. (1) v. 20. Juni 1866 (OR. B. 7 S. 378, GA. 14 S. 637); die Schriftstücke waren Seitens der Kuratoren einer städtischen Sparkasse dem Gericht zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens ein­ gereicht; in den Erk.-Gründen heißt es: ein unmittelbarer oder mittelbarer Staatsbeamter sei als solcher nicht für einen Produzenten im Sinne des §. 22 des Stempelges. anzusehen; die Verwal­ tungsbehörde aber habe das Recht, von ihm als Produzenten den nach ihrer Ansicht erforderlichen Stempel einzuziehm, und hiergegen schütze ihn nur die Beschreitung des Civilrechtsweges in Ge­ mäßheit des §. 11, 14 des Ges. v. 24. Mai 1861 (s. S. 17 Anm. 34. a); vergl. S. 18 Anm. 38 (dasselbe Erkenntniß). 2. Die Rendanten öffentlicher Kassen sind verpflichtet, darauf zu sehen, daß die Quittungen über die von ihnen geleisteten Zahlungen mit dem tarifmäßigen Stempel versehen sind, widrigen­ falls sie sich der Gefahr aussetzen, als Produzenten, welche die Quittungen zur Rechtfertigung der Rechnungen vorzulegen haben, nach §. 22 des Stempelsgesetzes v. 7. März 1822 wegen des Stem­ pels und der Stempelstrafe, vorbehaltlich des Regresses gegen den Aussteller der Quittung, in Anspruch genommen zu werden. JMR. v. 22. Juli 1838, im Einverst. des FM. (v. KJ. B. 52 S. 212, v. KA. B. 22 S. 602). Ebenso disponirt das FMR. v. 9. Sept. 1838 III 21776 an d. PStD. in S. (SK.), mit dem Bemerken, daß die Kab.-O. vom 28. Okt. 1836 (s. Anm. 17. a), da dieselbe nur die amtlichen Verhandlungen der Beamten, d. h. solche, die von ihnen in ihrer amtlichen Qualität aufgenommen oder anerkannt oder von ihnen ausgefertigt worden, betreffe, den Rendanten, welche die Quittungen anzunehmen und mit der Rechnung zu produziren haben, nur insofern zu Statten komme, daß sie wegen der mit dem tarifmäßigen Stempel nicht ver­ sehenen Quittungen, welche von einem öffentlichen Beamten amtlich aufgenommen oder anerkannt oder überhaupt als amtliche Verhandlungen anzusehen sind, nicht in Anspruch genommen werden können. — Vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 7. 3. a. Es ist richtig, daß Sie im gesetzlichen Sinne nicht als Produzent des Vertrages an­ gesehen werden können, da Sie blos eines der beiden Exemplare desselben eingereicht haben, während nur die beiden Exemplare zusammen genommen den Vertrag ausmachen, und das Gericht hätte daher vor der Vorlegung der beiden Exemplare überhaupt keine Stempelstrafe festsetzen und nach derselben nur gegen die Kontrahenten mit Straffestsetzung verfahren sollen, sofern nicht etwa von Ihnen auch das zweite Exemplar des Vertrages noch nachträglich vorgelegt worden wäre. FMR. v. 8. Juni 1847 III 12242 an d. I. und zur Nachricht an d. Reg. in F.; es handelte sich

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um einen Fall, in welchem der Vertrag in der Art geschlossen war, daß von zwei VertragsExemplaren jedes von Einem der Kontrahenten unterschrieben und dem Anderen übergeben worden; der I. hatte das eine, von dem Mitkontrahenten unterzeichnete Exemplar zur Be­ gründung einer Klage gegen den Letzteren dem Gericht eingereicht, von welchem das produzirte Schriftstück in Verbindung mit der angebrachten Klage als stempelpflichtiger Vertrag er­ achtet, und deshalb gegen den Produzenten, neben Nachforderung des Stempels von 2 Thalern 25 Sgr., die Stempelstrafe mit 22 Thalern 20 Sgr. festgesetzt war. — Bezüglich solcher durch Austausch einseitig unterschriebener Vertrags-Exemplare geschlossenen Verträge vergl. S. 152 Anm. 15. a Absatz 2 u. Tarifpos. „Verträge" Anm. 1. a ff. 3. b. Der Produzent einer bloßen Vertrags-Abschrift ist nicht als Produzent des Vertrages anzusehen, s. S. 207 Anm. 3. b. 4 a. Es kann der Ansicht nicht beigetreten werden, daß die Festsetzung der Stempelstrafe deshalb nicht gerechtfertigt sei, weil bei Einreichung der Vollmacht der vierzehntägige Zeitraum seit deren Ausstellung noch nicht verflossen gewesen sei. Denn sobald der Aussteller einer Ur­ kunde dieselbe aus Händen giebt, so daß es nun nicht mehr in seine Wahl gestellt ist, den er­ forderlichen Stempel umschlagen und vorschriftsmäßig kassiren zu lassen, so kann ihm auch die Bestimmung des §. 12 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 wegen der Zulässigkeit der Nach­ bringung des Stempels nicht zu Statten kommen. FMR. v. 30. April 1846 III 8986 (GK.). Gleichmäßig bestimmt schon das FMR. vom 30. Juni 1836 III 14959 (GK.): Der §. 12 des Stempelges. gestattet bei Vollmachten die Ausnahme, daß es der Bescheinigung des Zeitpunktes, wo der Stempel nachkassirt worden, nicht bedarf. Wer aber die ungestempelte Vollmacht aus den Händen giebt oder davon Gebrauch macht, ohne zuvor dazu den Stempel verwendet zu haben, der fällt in Stempelstrafe. — Vergl. Anm. 4. b, c. Bezüglich der Vollmachten, welche dem Gericht eingereicht werden resp. zu welchen Letzteres den Stempelbetrag als Gerichtsgebühr zu liquidiren und einzuziehen hat, s. Anm. 12. a ff. 4. b. Wenn die Vorzeigung einer Verhandlung, welche mit dem gesetzlichen Stempel nicht versehen ist, innerhalb des Zeitraums erfolgt, binnen welchem die nachträgliche Beibringung gesetzlich (§. 12) zulässig ist, so kann gegen einen solchen Inhaber oder Vorzeiger die Entrichtung der Stempelstrafe nicht verfolgt werden, da diese Strafe noch nicht verwirkt ist. Erk. des OT. v. 13. Oft. 1851 (Entsch. B. 22 S. 80). 4. c. Die Stempelstrafe ist nur dann verwirkt, wenn die Nachkassirung des Stempels nicht in der vorgeschriebenen 14tägigen Frist bewirkt worden ist; es ist gleichgültig, durch wen die rechtzeitig erfolgte Nachkassirung veranlaßt ist; sie kommt auch dem zu Statten, welcher die Ur­ kunde vor Ablauf der Frist aus den Händen gegeben und sich dadurch in die Unmöglichkeit ver­ setzt hat, selbst die Nachkassirung herbeizuführen. Beschluß des OT. (1) v. 18. Jan. 1866 (OR. B. 7 S. 33, GA. B. 18 S. 213); ein Gläubiger hatte zu einem ihm vom Schuldner ausgehän­ digten Schuldschein innerhalb 14 Tagen nach der Ausstellung den Stempel beikassiren lassen. In den Erk.-Gründen heißt es: dem FMR. v. 30. April 1846 (s. Anm. 4. a) lasse sich in der Allge­ meinheit, daß der Aussteller einer Urkunde schon durch das aus Händen geben strafbar werde, nicht beipflichten; nur bei Wechseln und Anweisungen greife die 14tägige Nachkassirungsfrist nicht Platz, welcher Grundsatz aber auf andere Verhandlungen nicht übertragen werden dürfe. 5. a. Bei mehrseitigen Verträgen ist der Inhaber oder Vorzeiger nicht blos in die Stempel­ strafe, welche er selbst verwirkt hat, zu verurtheilen, sondern es ist auch seine Verpflichtung zur Erlegung der Stempelstrafe, in welche die übrigen Theilnehmer an dem Vertrage verfallen sind, in dem Strafurtheile auszusprechen. Erk. des OT. (2) v. 10. Mai 1855 (JMB. ©.248); in den Erk.-Gründen heißt es: nach §. 21 des Stempelges. v. 7. März 1822 bestehe die ordentliche Stempelstrafe in Entrichtung des vierfachen Betrages des nachzubringenden Stempels; nach §. 22

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Absatz 3 sei der eigentliche Kontravenient bei einseitigen Erklärungen der Aussteller, bei mehr­ seitigen seien es alle Theilnehmer; nach §. 22 Absatz 1 könne die Nachbringung des Stempels und Entrichtung der ordentlichen Stempelstrafe gegen jeden Inhaber oder Vorzeiger einer nicht mit dem erforderlichen Stempel versehenen Verhandlung oder Urkunde verfolgt werden, mit Vorbehalt seines Regresses gegen den eigentlichen Kontravenienten; ferner sei diese letztere Bestimmung eben­ sowohl, wie die anderen angeführten, eine Strafbestimmung; in Gemäßheit derselben müsse also vom Strafrichter gegen den Produzenten einer Verhandlung erkannt werden, wenn darauf von Seiten der Staatsbehörde angetragen worden, so daß hiernach gegen die Angeklagte, Wittwe S., welche die mit dem gesetzlichen Stempel nicht versehene Kaufverhandlung zwischen ihr und den: Mitangeklagten W. bei Gericht produzirt habe, nicht allein, wie geschehen, dahin: daß ein Jeder von Beiden gehalten, die Stempelstrafe von 44 Thalern zu zahlen, sondern außerdem dahin hätte erkannt werden sollen: daß die Wittwe S. auch für die dem W. auferlegte Stempelstrafe von 44 Thalern selbstschuldnerisch, jedoch mit Vorbehalt ihres Regresses an den W., verhaftet und die­ selbe zu erlegen schuldig sei. 5. b. Der Produzent einer Urkunde, zu welcher der vorschriftsmäßige Stempel nicht verwendet worden, ist in die Summe der durch eine Mehrheit von Defraudanten verwirkten Geldbußen zu verurtheilen (wie dies §. 22 Abs. 1 deutlich ergebe, nach welchem jeder Inhaber oder Vorzeiger einer stempelpflichtigen Urkunde zur Nachbringung des Stempels und zur Entrichtung der ordent­ lichen Stempelstrafe verbunden sei, diese aber nach Absatz 3. 1. c. bei mehrseitigen Verträgen dahin normirt sei, daß alle Theilnehmer und jeder derselben besonders in die ganze Stempel­ strafe verfalle). Erk. des OT. (1) v. 24. Sept. 1869 (OR. B. 10 S. 594, GA. B. 17 S. 808). 5. c. Ein Mitkontrahent hat als solcher, wenn er nicht Produzent oder zeitiger Inhaber des Vertrages ist, nur die von ihm selbst, nicht auch die von dem anderen Kontrahenten verwirkte Stempelstrafe zu entrichten; er haftet insbesondere für letztere auch nicht subsidiarisch, noch hat er­ ste vorzuschießen. Erk. des OT. (1) v. 5. Oft. 1859 (GA. B. 7 S. 810). Vergl. Anm. 6. b. 6. a. Bei Verträgen, welche - in mehreren Exemplaren ausgefertigt sind, haftet jeder Mit­ kontrahent für die Verwendung des zu den verschiedenen Ausfertigungen zu verwendenden Stem­ pels, und wird bei unterbliebener Verwendung von der ganzen (mit Rücksicht auf beide Exemplare verwirkten) Strafe betroffen (da beide Kontrahenten für die rechtzeitige Verwendung des Stempels zu allen von ihnen vollzogenen Exemplaren zu sorgen haben, §. 22 Abs. 3). Erk. des OT. (2) v. 11. Juni 1863 (OR. B. 3 S. 491). Ebenso Erk. des OT. (1) v. 6. Nov. 1868 (OR. B. 9 S. 615), mit der zusätzlichen Entscheidung, daß der Produzent eines der Exemplare auch die vom Mit­ kontrahenten verwirkte Strafe, vorbehaltlich seines Rückgriffsrechts gegen den Letzteren, zu ent; rrchten hat. Vergl. Anm. 5. a, b. 6. b. Wer nur das Neben-Exemplar eines Vertrages einreicht, kann auch nur als Produzent bezüglich des Duplikats in Straf-Anspruch genommen werden, wegen der unvollständigen Ver­ steuerung des Haupt-Exemplars aber nur, insoweit er Mitkontrahent des Vertrages ist. FMR. v. 22. Jan. 1852 III 478 an d. PStD. in S. Vergl. Anm. 5. c. 7. Mehrere selbstständige Mtkontrahenten, welche zusammen dem anderen kontrahirenden Theile gegenüber nur Einen Kontrahenten bilden, haften nur gemeinschaftlich und solidarisch für den einfachen Betrag der Stempelstrafe. Dies gilt namentlich von zwei in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten. Erk. des OT. (1) v. 23. Nov. 1860 (OR. B. 1 S. 154, GA. B. 9 S. 61). Derselbe Grundsatz greift Platz, wenn bei einseitigen Verträgen, Verpflichtungen und Erklärungen, namentlich also bei Wechseln, mehrere gemeinschaftliche Aussteller vorhanden sind, welche gewisser­ maßen nur Eine Person bilden. Erk. des OT. (1) v. 11. März 1857 (GA. B. 5 S. 545). Da­ gegen ist schließlich durch Erk. des OT. (S. f. Str. Pl.) v. 19. Juni 1865 (Entsch. B. 55 Abth. für Krim.-S. S. 94, OR. B. 6 S. 197, GA. B. 13 S. 549) folgender Grundsatz angenommen:

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Die im §. 26 des Stempelgesetzes vorn 7. März 1822 angedrohte Strafe muß gegen jeden Aus­ steller eines ungestempelten Wechsels, ohne Unterschied, ob er als solcher allein oder mit anderen Ausstellern gemeinschaftlich am Umlauf des gedachten Papiers Antheil genommen hat, be­ sonders und ganz ausgesprochen werden, weil, wie es in den Erk.-Gründen heißt, nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts jede der bei einer und derselben strafbaren Handlung konkurrirenden mehreren Personen die volle Strafe ganz und besonders treffe, und dies insbesondere auch auf alle nach §. 20 u. 26, 21 u. 22 des Stempelgesetzes eintretenden Stempelstrafen An­ wendung finden müsse. Das Finanz-Ministerium befolgt jenen milderen Grundsatz: a. FMR. v. 23. April 1824 an d. PStD. in Cöln (SK.), wonach bei einseitigen Verträgen gegen Korporationen oder Eheleute die Stempelstrafe nur einfach zu verhängen ist; b. FMR. v. 25. Aug. 1847 III 18126 an d. PStD. in Kg, wonach den Gerichten nicht entgegenzutreten, wenn sie in Gütergemeinschaft lebende Eheleute als nur Eine Person repräsentirend ansehen und nur mit der einfachen Stempelstrafe belegen; c. FMR. v. 23. Febr. 1862 III 3810 an d. PStD. in S., welches bestimmt, daß, wenn gleich nach allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen jeder Aussteller einer gemeinschaftlichen Schuld­ verschreibung die volle gesetzliche Strafe verwirkt habe, dennoch, um mit den Entscheidungen des höchsten Gerichtshofes nicht in Widerspruch zu treten, mehrere Kontravenienten auf einer Seite, welche zusammen als Eine Person angesehen werden können und civilrechtlich solidarisch aus einer Urkunde hasten, auch bei Stempelkontraventionen nur Einmal, und zwar solidarisch, in die Stem­ pelstrafe verurtheilt werden mögen; ähnlich nach dem FMR. v. 24. Aug. 1861 III 19451 an d. HStAmt f. inl. Geg. in Berlin; d. FMR. v. 31. Dez. 1865 III 27014 an d. Reg. in F., wo­ nach, des Erkenntnisses des Ober-Tribunals vom 19. Juni 1865 ungeachtet (s. oben), zur Zeit keine Veranlassung vorliegt, die ältere mildere Auffassung aufzugeben, und in Fällen, wo gegen die strengeren gerichtlichen Verfügungen rekurrirt wird, die mehrmalige gegen jeden einzelnen der bisher als Eine Person angesehenen Betheiligten besonders festgesetzte Strafe aus Billigkeits-Rück­ sichten auf den einmaligen Betrag der Strafe, welche die mehreren Betheiligten pro rata event, in solidum tragen, zu ermäßigen ist. 8. Der Ehemann, welcher einen Seitens seiner Ehefrau geschlossenen schriftlichen Vertrag nur mit seiner schriftlichen Genehmigung versieht, ist als Theilnehmer oder Mitkontrahent im Sinne des §. 22 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 nicht anzusehen, da, wenn er auch, zufolge dieser nach §. 320 Tit. 1 Th. 2 ALR. zur Gültigkeit des Kontrakts erforderlichen Einwilligung, auf Grund der §§. 329, 333 a. a. O. wegen Erfüllung der von seiner Ehefrau eingegangenen Verbind­ lichkeiten in Anspruch genommen werden tarnt, dies eine Folge der gesetzlichen Vorschrift, und nicht der unter den Kontrahenten verabredeten Stipulationen ist, für welche allein der Stempel entrichtet wird. Erk. des OT. (1) v. 29. Juni 1855 (GA. B. 3 S. 690, H. Str. S. 144 sub Nr. 6). 9. a. Eigentlicher >Kontravenient des Stempels ist nach §. 22 des Stempelges. v. 7. März 1822 derjenige, der eine einseitige schriftliche Erklärung auf ungestempeltem Papier ausstellt, also der quittirende Gläubiger, nicht der Schuldner, dem quittirt wird. Ob er den Werth des Quittungsstempels von dem Schuldner ersetzt verlangen kann, ist eine Privatrechts-Frage, welche die Stempelverwaltung nicht zu entscheiden hat. FMR. v. 22. Juli u. 23. Sept. 1829 III 15397 ii. 19196 an d. PStD. in D. (SK.): ebenso in Ansehung der Verpflichtung zur Tragung des Quittungsstempels entschieden durch FMR. v. 24. Rov. 1868 in 25286 an d. Königl. HauptBank-Direktorium in Berlin, unter Hinweisung auf das Erk. des OT. (I — in Sachen der Kloster Berge'schen Stiftung wider Naesemann) v. 6. Jan. 1865, nach welchem derjenige den Quittungs­ stempel zu tragen habe, welchen der Gesetzgeber habe besteuern wollen und zwar den Aussteller, wenn er nicht nachweisen könne, daß ihm eine Befteiung zur Seite stehe; desgl. FMR. v. 23. Juni

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1837 III 13997 an d. PStD. in S. (SK.), welches jedoch Quittungen über hypothekarische Forderungen, auf Grund deren die Löschung erfolgen kann, ausnahm, da in diesem Falle der §. 54 des Anhanges zum ALR. fzu §. 532 Tit. 20 Th. 1] den Stempel dem Schuldner zur Last lege. — Wegen Aufhebung des Quittungsstempels s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 7. 9. b. Der Aussteller einer Versicherungs-Polize, nicht aber derjenige Beamte, welcher über den Empfang der Prämie quittirt hat, trägt die Verantwortlichkeit für die Lösung des Stempels der Polize. Erk. des OT. (I) v. 4. Nov. 1864 (Str. A. B. 55 S. 258). Die Beikassirung des Stempels zu einer Versicherungs-Polize muß binnen 14 Tagen, vom Tage der Ausfertigung der letzteren an gerechnet, geschehen, sollte der Vertrag nach den betreffenden Bedingungen auch erst später nach der Zahlung der Prämie und nach der Aushändigung der Polize an den Versicherten perfekt werden. Erk. des OT. (1) v. 30. Sept. 1864 (OR. B. 5 S. 142, GA. B. 12 S. 837); s. jedoch den folg. Absatz. Bei der Frage über die Stempelpflichtigkeit einer Assekuranz - Polize ist deren Inhalt in Betracht zu ziehen. Erk. des OT. (I) v. 16. Nov. 1866 (Entsch. B. 57 S. 283); in den Erk.Gründen heißt es, unter Verweisung auf ein ebenso entscheidendes Präjudikat v. 14. Nov. 1864: mit Rücksicht auf die Bestimmung in der Polize: daß die Versicherung erst an dem darin bezeich­ neten Tage, nachdem die Zahlung der Prämie erfolgt und auf der Polize bescheinigt sei, in Kraft trete, liege keine rechtsgültige Versicherung vor; das Erk. v. 30. Sept. 1864 (s. vorigen Absatz) anbelangend, so sei der Senat, abgesehen davon, daß keine Entscheidung der vereinigten Abtheilungen dieses Senats vorliege (Ges. v. 7. Mai 1856 §. 4 — GS. S. 293), wohl nicht gemeint gewesen, ein wirkungsloses Schriftstück vom Tage der Ausfertigung an für stempelpflichtig zu erklärend 9. c. Die Verpflichtung zur Verwendung des gesetzlichen Vertragsstempels als eines UrkundenStempels liegt lediglich denjenigen ob, welche eine Schrift durch ihre Unterschrift zum stempel­ pflichtigen Vertrage machen, also dem Bevollmächtigten, und nicht dem Vollmachtgeber, wenn jener für diesen den Vertrag abschließt und vollzieht (so daß also der Bevollmächtigte es sei, welcher durch unterlassene Stempelverwendung die Stempelvorschriften übertrete, was möglicher Weise ohne Wissen und wider Willen des Machtgebers geschehe rc.). Erk. des OT. (2) v. 2. Okt. 1856 (JMB. S. 350 sub Nr. 3). Für den Stempel hasten Sie als Mitkontrahent solidarisch mit dem Käufer und Ihren: Vollmachtgeber; es ist deshalb nichts dagegen zu erinnern, daß Sie wegen des Stempels in Anspruch genommen sind. FMN. v. 4. Febr. 1870 III 1990 an d. B. u. zur Nachricht an d. Reg. in F. 9. d. Der rc. T., welcher in der Verhandlung vom rc. nur als Käufer der darin auf­ geführten Gegenstände erscheint, hat mit den Stipulationen nichts zu schaffen, welche der Ver­ käufer darin zu Gunsten anderer Personen getroffen hat. In Ansehung dieser Bestimmungen ist lediglich der Verkäufer Deponent und nach §. 22 des Stempelges. v. 7. März 1822 von diesen: der Stempel dafür zu erfordern. FMR. v. 19. April 1842 III 9170 an d. Reg. in F.; der Ver­ käufer hatte in dem gerichtlichen Jmmobiliar - Kaufverträge seinem Neffen aus den Kaufgeldern 260 Thaler überwiesen und für seine Schwägerin einen Altentheil stipulirt, für welche Zu­ wendungen der Schenkungsstempel von dem Käufer, der die Kosten des Vertrages übernommen hatte, erfordert war. 9.6. In Betreff des den Vertragsabschluß seiner Ehefrau nur genehmigenden Ehemannes s. Anm. 8. 10. a. In Betreff der Stempelstraf-Angelegenheit wegen unterbliebenen Stempelverbrauchs zu den bei dem Kreisgerichte zu S. eingereichten, dem Rechtsanwalt v. W. ertheilten Prozeh-Voll­ machten erkläre ach mich darin einverstanden, daß der Artikel 21 des Gesetzes vom 9. Mai 1854

(GS. S. 273 — s. oben S. 7 Anm. 1. h Abs. 2) in den damals gültig gewesenen Vorschriften nichts weiter geändert hat, als was dort wegen Verrechnung der Stempelbeträge zu den ohne Stempelverwendung eingereichten, besonders namhaft gemachten Dokumenten als Gerichtskosten ausdrücklich angeordnet worden ist. Anordnungen in Beziehung auf Festsetzung von Stempel­ strafen sind im Artikel 21 nicht vorgeschrieben, diese daher nach wie vor in den geeigneten Fällen und ganz abgesehen davon festzusetzen, ob der unverbraucht gebliebene Stempel in natura ver­ braucht oder der diesfällige Betrag unter den Gerichtskosten angesetzt wird. FMR. v. 12. Febr. 1855 III 1517 an d. PStD. in S. 10. b. Aus der an den Herrn Prov.-Stcuer-Direktor in S. erlassenen Verfügung vom 12. Februar d. I. (f. vorige Anm.), wonach die Königl. Regierung gleichfalls zu verfahren hat, ergiebt sich zunächst, daß die Königl. Regierung zur Entscheidung auf Rekursgesuche gegen Straf­ festsetzungen des Gerichts wegen unterbliebener Stempelverwendung zu Vollmachten auch nach betn Erlaß des Gesetzes vom 9. Mai 1854 (GS. S. 273) noch befugt ist, indem die Vorschrift des Art. 21 daselbst: daß die zu Vollmachten nachzuliquidirenden Stempelbeträge als Gerichtskosten verrechnet werden sollen, die Frage wegen der Festsetzung von Stempelstrafen für unverbraucht gebliebene Vollmachtsstempel ganz unberührt läßt. FMR. v. 26. Mai 1855 III 12179 an d. Reg. in F. 11. a. Der Vollmachtsstempel ist sofort beizubringen (vergl. Anm. 12. a ff.) und vom Ausfalle der Untersuchung nicht abhängig; es kommt daher auch darauf, ob der Angeschuldigte freigesprochen ist, nicht an. FMR. v. 26. Mai 1855 III 12179 an d. Reg. in F. Wegen der Stempelpflichtigkeit der Vollmachten in Untersuchungssachen s. Tarifpos. „Voll­ machten" Anm. 8. a—c. 11. b. Die von Ihnen auf den Rechtsanwalt N. ausgestellte Vollmacht v. 11. Juni 1853 mußte, wiewohl die gegen Sie eingeleitete Untersuchung damals noch nicht rechtskräftig entschieden war und ganz unabhängig von deren Ausgang, sofort bei der Ausstellung (vergl. Anm. 12. a ff.) mit einem Stempel von 15 Sgr. versehen werden. Da dies unterblieben, so ist die Festsetzung der Stempelstrafe gerechtfertigt. FMR. v. 10. Jan. 1856 III 31352 an d. H. und zur Nachricht an d. Reg. in F. 11. c. Die Beibringung des Vollmachtsstempels muß nach §. 12 des Stempelgesetzes läng­ stens binnen 14 Tagen nach Ausstellung der Vollmacht geschehen (vergl. Anm 12. a ff.) und ist keineswegs von dem Ausfall der Untersuchung und der rechtskräftigen Verurtheilung des Aus­ stellers abhängig zu machen, was nur in Beziehung auf den Erkenntnißstempel, der Natur der Sache nach, stattfindet; die auf die Kosten der Vertheidigung verwendeten außergerichtlichen Kosten, wozu auch die Kosten der Bevollmächtigung des Vertheidigers gehören, muß der Angeklagte selbst tragen, und kein Gesetz berechtigt ihn, die Erstattung derselben für den Fall der Freisprechung aus öffentlichen Mitteln zu verlangen, er ist vielmehr nach tz. 615 ff. der Kriminal-Ordnung und §. 178 der Verordnung vom 3. Januar 1849 nur von Entrichtung der gerichtlichen Kosten befreit. Erk. des OT. (1) v. 7. Nov. 1855 (GA. B. 4 S. 227). 12. a. Wenn Vollmachten innerhalb 14 Tagen nach der Ausstellung ohne den vorgeschrie­ benen Stempel dem Gericht eingereicht werden, ist von Festsetzung einer Strafe auch dann abzusehen, wenn der Stempel nicht vor Ablauf der gedachten Frist nachgebracht ist. FMR. v. 6. März 1861 III 4228 an d. Reg. in F. — In Betreff anderweiter Aushändigung ungestempelter Voll­ machten s. Anm. 4. a. Der Aussteller einer ungestempelten Vollmacht hat die Stempelstrafe nicht verwirkt, wenn die Vollmacht innerhalb 14 Tagen nach der Ausstellung dem Gerichte eingereicht und der Stempel innerhalb dieser Frist nicht nachgebracht wird. Erk. des OT. (S. f. Str. Pl.) v. 28. Nov. 1864 (GA. B. 13 S. 41, OR. B. 5 S. 307, CB. 1865 S. 336); in den Erk.-Gründen heißt es: an der

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Strafbarkeit desjenigen, welcher eine Vollmacht, die vor mehr, als 14 Tagen vor ihrer Einreichung bei Gericht, ausgefertigt sei, ausgestellt habe oder produzire, dessen Stempelkontravention also nach den §§. 12, 21, 22 des Stempelges. konsumirt, dessen Strafe verwirkt sei, habe die Bestimmung des Art. 21 des Gesetzes v. 9. Mai 1854: „wenn Kirchenzeugnisse rc." — s. S. 7 Anm. 1. h Abs. 2, freilich nichts geändert; bei Einreichung der Vollmacht innerhalb 14 Tagen nach ihrer Ausstellung sei aber die Strafe noch nicht verwirkt und die Gerichte hätten sich in solchem Falle darauf zu beschränken, den Geldbetrag des Stempels nach Art. 21 a. a. O. in Soll-Einnahme zu stellen rc. [2tuf Kaufverträge erstreckt sich diese Bestimmung nicht, s. Anm. 14. c Abs. 3]. Vergl. Anm. 11. a—c, wonach in Untersuchungssachen die Beibringung des Vollmachtsstempels nicht vom Ausgange der Untersuchung abhängig ist. 12. b. Wenn ein Rechtsanwalt die zu seiner Legitimation von seinem Klienten ausgestellte Vollmacht erst nach dem Ablaufe der für die Beikassirung des Stempels bestimmten 14tägigen Frist nach Ausstellung der Vollmacht ungestempelt bei Gericht einreicht, so unterliegen die Aus­ steller derselben der Stempelstrafe. Erk. des OT. (2) v. 4. Juli 1861 (OR. B. 1 S. 488, GA. B. 9 S. 695); ein Rechtsanwalt hatte eine unterm 1. März 1859 auf ihn ausgestellte Prozeßvoll­ macht erst am 18. dess. M. dem Gericht ohne Stempel eingereicht; in den Erk.-Gründen heißt es: der Schlußsatz in §. 12 des Stempelges., nach welchem es bei Vollmachten keiner Bescheinigung des Zeitpunktes der Beibringung des Stempels bedürfe, bedeute nicht, daß es bei Vollmachten überhaupt nicht aus Einhaltung der im 2. Absatz des §. 12 bestimmten 14tägigen Frist ankommen solle, sondern nur, daß es bei Vollmachten, welche nicht auf dem dazu erforderlichen Stempel aus­ gestellt seien, nur darauf ankommen solle, daß zu der Zeit, wo davon zur Legitimation des Be­ vollmächtigten Gebrauch gemacht werde, sie mit vorschriftsmäßig kassirtem, d. h. durch Bezeichnung seiner Bestimmung untüchtig gemachtem Umschlage des erforderlichen Stempelpapiers versehen worden seien, wenn auch ihre Ausstellung früher als 14 Tage vor dieser Kassation erfolgt sein sollte rc.; da nun im vorliegenden Falle die im §. 12 des Stempelges. allgemein nachgelassene 14tägige Frist zur Nachbringung des bei der Ausstellung der Vollmacht nicht verwendeten Stempels bereits abgelaufen gewesen, als die Vollmacht dem Gericht eingereicht wurde, und nach §. 22 Abs. 3 des Stempelges. die Aussteller die eigentlichen Kontravenienten seien, so sei die Stempel­ strafe mit Recht gegen sie festgesetzt (vergl. Anm. 12. f Nr. 1); der bei Einreichung der Vollmacht gestellte Antrag: den zu derselben erforderlichen Stempel als Gerichtsgebühr zu liquidiren, sei an sich überflüssig und bei dem bereits eingetretenen Ablauf jener Frist völlig bedeutungslos (vergl. Anm. 12. k Nr. 2); übrigens habe auch die Stempelstrafe gegen den Rechtsanwalt als Produzenten festgesetzt werden können (vergl. Anm. 12. c ff.). 12. c. Ein Rechtsanwalt, welcher zu seiner Legitimation im Prozesse die Vollmacht seines Machtgebers beibringt, ist Prozudent im eigenen Interesse, also selbst strafbar, wenn er eine ungestempelte Vollmacht erst nach Ablauf der im §. 12 des Stempelgesetzes gestatteten Nachfrist von 14 Tagen nach Ausstellung der Vollmacht einreicht (s. auch Anm. 12. b am Schluß u. die folgenden Anm.). Eine solche Vollmacht ist auch keine gerichtliche Verhandlung, welche nach §. 3. b des Stempelgesetzes wegen Armuth des Machtgebers stempelfrei wäre. Erk. des OT. (1) v. 16. Mai 1862 (OR. B. 2 S. 400, GA. B. 10 S. 489). Wegen der Straflosigkeit der Mandatarien, wenn sie andere Schriftstücke im Jntereffe ihres Mandanten vorlegen oder in Gewahrsam haben, s. Anm. 1. a—c. 12. d. Wer eine ungestempelte Vollmacht nach dem Ablauf der Beikassinmgsfrist bei Gericht einreicht, verwirkt die Stempelstrafe. Erk. des Ober-Appell.-G. (II) v. 30. März 1870 (OR. B. 11 S. 210). t) ') Obiges Erkenntniß ist zwar für einen Fall in einem der neuen Landestheile ergangen;

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Ebenso für einen ähnlichen Fall in den neuen Landestheilen, in welchem ein Rechtsanwalt eine Vollmacht mit unvorschriftsmäßig von ihm kassirter Stempelmarke dem Gericht eingereicht hatte, entschieden durch Erk. dess. Gerichts v. 22. Nov. 1873 — s. S. 138 zur Sinnt. 2. c die Note am Schluß. 12. e. Das Königl. Appellationsgericht zu Glogau hat dem Herrn Justiz-Minister die Mei­ nungsverschiedenheit vorgetragen, welche über die Resfortverhältnisse in Fällen entstanden ist, in denen Rechtsanwälte wegen Produktion ungestempelter Prozeß-Vollmachten in Stempelstrafe zu nehmen sind. Im Einverständniß mit dem Herrn Justiz-Minister trete ich der, auch aus den Ent­ scheidungen des Königl. Ober-Tribunals vom 4. Juli 1861 (GA. B. 9 S. 695 — s. Sinnt. 12. b) und vom 22. Februar 1855 (JMB. S. 111 — s. unten) und sonst sich ergebenden Auffassung des Königl. Appellationsgerichts dahin bei, daß, weil durch die Vorlegung der Vollmacht int Prozeß der Anwalt nur das durch den Vollmachtsauftrag erzeugte privatrechtliche Verhältniß zu der von ihm vertretenen Partei beweist, bei diesem Akte die amtliche Stellung des Anwalts außer Betracht bleibt, und daß deshalb die von ihm als Inhaber oder Vorzeiger einer ungestempelten Vollmacht verwirkte Strafe nicht von seiner vorgesetzten Dienstbehörde, sondern von dem Prozeßrichter, bei welchem die Vollmacht produztrt wird, festgesetzt werden muß. Daraus folgt sodann weiter, daß Rechtsanwälte den Rekurs gegen eine derartige Strafverfügung gemäß Ziffer 3 der Allerh. Ordre vom 13. April 1833 (GS. S. 33 — s. §. 31 Sinnt. 2. a) an den Finanz-Minister, beziehungsweise an die von demselben delegirten Provinzial - Steuerbehörden zu richten haben, und daß nicht der Justiz-Mnister (auf Grund der Nr. 2 a. a. O.) darüber entscheidet. FMR. v. 9. Febr. 1870 an allein die hier in Betracht kommenden Bestimmungen in §. 5 Absatz 3 u. §§. 13,14 der Verordnung v. 19. Juli 1867 (GS. S. 1191 — s. in Abth. II des Komm. sub B. l.a) stimmen mit den desfallfigen Bestimmungen in den §§. 12, 21, 22 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 überein. Erk.-Gründe: Der Rechtsanwalt T. hatte in einer Civilprozeßsache dem Gerichte am 7. Dez. eine vom 7. Sept. ej. datirte ungestempelte Generalvollmacht eingereicht und war deshalb mit der Stempelstrafe belegt worden. Seine Nichtigkeits-Beschwerde rügte Gesetzesverletzung, weil es nach §. 5 Absatz 3 der Verordnung v. 19. Juli 1867 bei Vollmachten keiner Bescheinigung des Zeitpunktes bedürfe, worin die Stempelverwendung erfolgt sei, hieraus aber folge, daß es bei Vollmachten überhaupt auf den Zeitpunkt der Stempelverwendung nicht ankomme, daß also hier die Nachbringung des Stempels nicht binnen 14 Tagen zu erfolgen brauche; das müsse namentlich von einer in einer Prozeßsache dem Gerichte eingereichten Urkunde gelten, da nach §. 16 des Ge­ setzes v. 10. Mai 1851 (s. S. 5 Anm. 1. c) zu den bei Gericht aufgenommenen Verhandlungen Stempelpapier nicht zu verwenden, vielmehr die betreffenden Beträge als Gerichtskosten zu ver­ rechnen seien, und §. 3 der Verordnung v. 30. August 1867 (GS. S. 1399 — s. in Abth. II des Komm. sub A. IV) statt dessen für die neuen Provinzen bestimme, daß zu allen Urkunden, welche zu den bei den Gerichtsbehörden zu beurkundenden Angelegenheiten gehörten, der Stempel­ betrag von Amtswegen als Gerichtskosten zu verrechnen sei; hiernach sei auch bei Vollmachten zu verfahren. Das Ober-Appell.-Gericht hat durch obiges Erkenntniß die Nichtigkeits-Beschwerde aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Der dritte Absatz des §. 5 der Verordnung v. 19. Juli 1867 hat nicht den von dem Imploranten hineingelegten Sinn, indem vielmehr der Satz: „wozu Gerichts- oder andere öffentliche Behörden und Beamte den Stempel beizubringen verpflichtet sind" sich nicht blos auf das unmittelbar vorangehende Wort Verhandlungen, sondern auch auf die zuerst gedachten Vollmachten bezieht, so daß die hier statuirte Ausnahme von der im zweiten Absätze gegebenen Vorschrift den vorliegenden Fall nicht treffen lernn. Wäre dieses aber auch der Fall, so würde daraus nur etwa hergeleitet werden können, daß es auf eine Verstempelung der Vollmacht vor Einreichung derselben bei Gericht nicht ankomme, danach aber im vorliegenden Falle immer noch die Bestimmung des §. 13 1. c. mit Recht zur Anwendung gebracht werden sein, da Implorant die betreffende Vollmacht ohne Verwendung des gesetzlichen Stempels produzirt hat. Die Bestimmungen der Verordnung v. 30. August 1867 §. 3 und 18. B betreffen nur die Vorschriften der §§. 13 und 14 der Verordnung v. 19. Juli 1867 über die Wahrung des fiskalischen Rechts hinsichtlich des nicht verwendeten Stempels und modifiziren solche insoweit, als, statt der dort vorgeschriebenen nachträglichen Einziehung des Stempels in Natur, vielmehr der ent­ sprechende Geldbetrag erhoben werden soll, wodurch an der unter Strafandrohung gestellten ursprünglichen Verpflichtung zur Verstempelung nichts geändert worden ist (vergl. die Erk.-Gründe in Anm. 12, h am Schluß).'

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sämmtl. Prov. - Steuerbehörden (CB. S. 246). Hiermit int Wesentlichen gleichlautend JMR. v. 21. Febr. 1870 an sämmtl. Gerichtsbehörden u. Rechtsanwälte im Geltungsgebiet des Stempelges. v. 7. März 1822 (JMB. S. 71). 9Lach dem vorerwähnten Erk. des OT. v. 22. Febr. 1855 ist das Konzipiren von Schriften, welche zur Einreichung bei den Gerichten bestimmt sind, für Andere und gegen Belohnung, keine solche Handlung, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf. 12. f\ 1. Der Umstand, daß der, eine ungestempelte Vollmacht einreichende Rechtsanwalt wegen der Stempelstrafe in Anspruch genommen werden kann, steht nicht entgegen, den eigent­ lichen Kontravenienten direkt zu verfolgen (s. auch Anm. 12. b); 2. Reicht ein Rechtsanwalt bei Gericht eine ungestempelte Vollmacht erst nach dem Ab­ laufe der 14tägigen, für die Nachbringung des Stempels belassenen Frist ein, so wird die Strafbarkeit der vorher bereits begangenen Stempeldefraude nicht durch den Antrag: den Stempel mit den Gerichtskosten zu liquidiren, beseitigt (s. auch die Erk.-Gründe in Anm. 12. b am Schluß); 3. Die 14tägige Frist zur Nachbringung des Stempels ist vom Datum der Urkunde an zu berechnen, sollte auch behauptet werden, daß die letztere erst später angefertigt sei. Erk. des OT. (1) v. 24. Nov. 1869 (OR. B. 10 S. 733, GA. B. 18 S. 121); zu Nr. 3 heißt es in den Erk.Gründen: die angeblich erst später erfolgte Einrückung des Namens des Mandatars in dem Vollmachts-Blanquet komme nicht in Betracht, weil die Stempelpflichtigkeit eines Schriftstücks und der Thatbestand einer Stempelkontravention nur nach dem Inhalt des Schriftstückes, wie es vorliege, beurtheilt werden könne, wie das Ober-Tribunal bereits in vielfachen Entscheidungen angenornmen habe; das vorliegende Schriftstück habe aber zur Zeit seiner Einreichung bei Gericht alle im §. 30 Tit. 3 der Prozeßordnung vorgeschriebenen wesentlichen Erfordernisse einer Prozeß­ vollmacht enthalten. Vergl. die folg. Anm. Satz 2 u. S. 208 Anm. 6. 12. g. Der Rechtsanwalt, welcher zu seiner Legitimation eine nicht rechtzeitig mit dem Stem­ pel versehene Vollmacht beibringt, hat die Stempelstrafe selbst dann verwirkt, wenn der Aussteller der Vollmacht früher verfolgt und freigesprochen ist, und deshalb der Rechtsanwalt einen Rück­ griff gegen jenen nicht mehr nehmen könnte (weil nach §. 22 des Stempelges. die Entrichtung der ordentlichen Stempelstrafe gegen jeden Inhaber oder Vorzeiger einer nicht mit dem gehörigen Stempel versehenen Urkunde verfolgt werden solle und in keiner Weise von seinem Regreß-An­ sprüche bedingt werde, mag er denselben gegen den Aussteller mit Erfolg geltend machen können oder nicht). Die 14tägige Frist zur Nachbringung des Stempels für eine Vollmacht beginnt mit der Ausstellung, nicht mit der Produktion (da nach §.12 Abs. 3 des Stempelges. nicht vom Tage der Produktion, sondern „vom Tage der Ausfertigung an" svergl. die vorige Anm. sub Nr. 3] die Frist für inländische Verhandlungen laufe). Erk. des OT. (2) vom 7. Juli 1864 (OR. B. 5 S. 58). 12. h. Ein Rechtsanwalt ist für den Stempel zu der zu seiner Legitimation von ihm ein­ gereichten Prozeß-Vollmacht, sofern deren Aussteller nicht Stempel- oder Sportelfreiheit genießt, persönlich verhaftet. In dieser Verpflichtung ist auch durch die neuere Sportelgesetzgebung eine Aenderung nicht eingetreten. Erk. des OT. (I) v. 14. Dez. 1866 (Entsch. B. 57 S. 268); in den Erk.-Gründen heißt es: nach §. 22 des Stempelges. sei neben den Richtern und Notaren, deren persönliche Verhaftung für den zu den von ihnen instrumentirten Verhandlungen zu verwendenden Stempel in der Kab.-Ordre v. 19. Juni 1834 sub Nr. 4 (s. S. 139 Anm. 5) ausdrücklich anerkannt sei, außer dem Aussteller der Urkunde auch jedem Inhaber oder Vorzeiger derselben die Ver­ pflichtung zur „Nachbringung" des Stempels auferlegt rc.; rücksichtlich dieser Verpflichtung sei nach §. 16 des Ges. v. 10. Mai 1851 u. Art. 21 des Ges. v. 9. Mai 1854 (s. S. 5 ff. Anm. 1. c u. 1. h Abs. 2) keine Aenderung eingetreten, indem hiernach den Gerichten nur obliege, statt der

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Kassation von Naturalstempeln den Geldbetrag des Stempels als Gerichtsgebühren in Ansatz zu bringen u. einzuziehen rc. — Vergl. zur Anm. 12. d die Note am Schluß. 13. Die Bestimmung im §. 22 Absatz 2 ist nicht auf den Fall auszudehnen, wenn der In­ haber der Urkunde bei Lebzeiten des eigentlichen Kontravenienten in den Besitz derselben ge­ kommen ist, aber erst nach dessen Tode wegen des Stempels und der Strafe in Anspruch ge­ nommen wird. JMR. v. 4. Mai 1838 an d. OLGericht in S., mitgetheilt durch FMR. v. 23. dess. M. III 11996 an d. PStD. daselbst (SK). 14. a. Die Überreichung einer weder gerichtlich noch von einem Notar aufgenommenen Punktation an einen Richter oder Notar, wenn sie innerhalb vierzehn Tagen nach ihrer Errich­ tung mit dem Antrage auf gerichtliche oder notarielle Vollziehung geschieht, schließt die Verwirkung einer Stempelstrafe gegen die Aussteller aus, und es soll in diesem Falle der Richter oder Notar verpflichtet sein, für die Einziehung des Stempels von Amtswegen eben so Sorge zu tragen, wie die Allerh. Kab.-Ordre vom 19. Juni 1834 Nr. 3 und 4 (s. S. 139 Anm. 5) dies bei gerichtlich oder von Notarien selbst aufgenommenen Verträgen und Punktationen vorschreibt. Kab.-O. v. 24. Nov. 1835, bekannt gemacht im Cirk.-R. des IM. v. 27. Nov. 1835 (v. KJ. B. 46 S. 560) u. im Cirk.-R. des FM. v. 25. Jan. 1836 III 30040. 14. b. Nach §. 22 Satz 4 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 und nach Nr. 3 der Kab.Ordre vom 19. Juni 1834 (s. S. 139 Anm. 5), die an beiden Orten gleichmäßig nur von Ver­ handlungen, die von Richtern oder Notaren aufgenommen sind, lauten, muhte der Meinung, daß nur die Aussteller der Privat-Urkunden, nicht der Richter oder Notar, vor welchem sie blos rekognoszirt worden, dem Stempelstraf-Anspruch unterworfen seien, der Vorzug gegeben werden. In allen Fällen aber, die seit dem Erlaß der Kab.-Ordre vom 24. Nov. 1835 vorgekommen sind, kann kein Anstand gefunden werden, gegen Richter oder Notare, die für Verwendung des nach dem Inhalte der vor ihnen rekognoszirten Privat-Urkunden erforderlichen Stempels nicht gesorgt haben, die verordnete Strafe in Anwendung zu bringen. FMR. v. 9. März 1838 (CB. 1840 S. 218.) Vergl. Anm. 17. c Absatz 2. 14. c. Für die Straflosigkeit der Kontrahenten nach Maßgabe der Kab.-Ordre v. 24. Nov. 1835 ist die Nothwendigkeit des Antrages auf gerichtliche oder notarielle Vollziehung, sowie der Einreichung der Punktation selbst anerkannt, erstere durch FMR. v. 19. Juli 1851 III 15316 an d. PStD. in D., letztere durch FMR. v. 8. Nov. 1858 III 24913 an d. PStD. in S. Die Nichtverwendung eines Stempels zu einer Punktation wird nur dann durch die recht­ zeitige Ueberreichung derselben bei Gericht straflos, wenn diese nach dem übereinstimmenden Millen beider Theile Behufs der gerichtlichen Vollziehung als Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit erfolgt, nicht etwa Behufs Anstrengung einer Klage auf Erfüllung — Kab.-O. v. 24. Nov. 1835. Erk. des OT. (1) v. 12. Febr. 1862 (OR. B. 2 S. 249, GA. B. 10 S. 279). Die Vorschrift des Artikels 21 des Gesetzes vom 9. Mai 1854 über die Liquidirung der Stempelbeträge zur Gerichts-Kasse ist auf Werthstempel zu Kaufverträgen nicht auszudehnen, und es wird daher die Nachbringung des Stempels zu einem Kaufverträge nicht dadurch ersetzt, daß dieser Vertrag innerhalb der 14tägigen für die Nachbringung des Stempels gewährten Frist bei Gericht eingereicht wird. Erk. des OT. (1) vom 17. April 1868 (GA. B. 16 so ist der Stempel von 15 Sgr. nach der Tarifposition „Verträge" erforderlich. Bei gleichzeitiger Bestellung eines Pfandes würde streng genommen noch außerdem der Stempel für Kautions-Instrumente verlangt werden können. Es entspricht jedoch der bisherigen Praxis, hiervon abzusehen und auch im letzteren Falle nur Einmal den Stempel von 15 Sgr. zu erfordern. Daß die Position „Schuldverschreibungen" auf Zinserhöhungen der in Rede stehenden Art nicht anzuwenden sei, hat das Finanzministerium im Einverständniß mit dem Justizministerium in zahlreichen Fällen ausgesprochen und es muß hieran im Hinblick auf die Auslegung, welche das Königl. Ober-Tribunal dieser Tarifposition neuerlich in mehreren Ent­

in

scheidungen gegeben hat, festgehalten werden. FMR. v. 16. Nov. 1868 24444 an d. PStD. in G. [jetzt in A.j. 45. d. In Beziehung auf die Bemeffung des Objektes bei Zinserhöhungen bringt das BüreauBlatt für gerichtliche Beamte pro 1873 S. 224 u. 274 die Mittheilung, daß das Appell.-Gericht in Kiel auf Grund der FMR'e v. 16. Nov. u. 23. Dez. 1868 verfügt habe, daß nicht der 12y2*, sondern der 20fache Betrag der einjährigen Zinserhöhung maßgebend sei rc. In dem dieserhalb an die Reg. in F. ergangenen FMR. v. 23. März 1874

III 3747 heißt es jedoch: „Die dieffeitigen

Verfügungen vom 16. Nov. [f. vorige 2fam.] und 23. Dez. 1868 [III 27187 an d. PStD. in G. — jetzt in A.j bezweckten nur die Entscheidung der Frage, ob und welchem Stempel diejenigen Schriftstücke unterliegen, in denen ein Schuldner sich verpflichtet, höhere Zinsen, als bisher, zu zahlen. Die Grundsätze, nach denen das Objekt zu berechnen ist, standen nicht zur Erwägung rc. Hiemach geht das Appell.-Gericht in Kiel. zu weit, wenn es aus der Verfügung v. 23. Dez. 1868, welche allein hier in Betracht kommt, einen allgemeinen Gmndsatz über die Berechnung des Objekts entnehmen zu können geglaubt hat; die Entscheidung dieserhalb wird vielmehr, je nach dem Spezial­ falle, verschieden ausfallen und nach den allgemeinen Gmndsätzen der Stempelgesetzgebung zu treffen sein. Aus dem Berichte des H. Prov.-Steuer-Direktors zu Altona vom 9. d. M., dessen Ausfühmngen beizutreten ist, ergiebt sich, wie verschieden die Fälle liegen können und daß der Gegen­ stand ohne große Kasuistik nicht erschöpfend behandelt werden kann rc." In dem vorgedachten Bericht des PStD. wird näher ausgeführt, wie mit Rücksicht auf die Bestimmung im §. 2. c der Stempel-Verordnung für Schleswig-Holstein vom 7. August 1867 [s. in Abth.

II. B des Komm.

Tarif. Nr. 1.

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— gleichlautend mit §. 4. c des Stempelges. v. 7. März 1822] der Jahresbetrag der Zinserhöhung in einzelnen Fällen zu kapitalisiren, und zwar: 1. bei von beiden Seiten niemals kündbaren Kapi­ talien, bei denen also dem Gläubiger und dessen Erben und Erbeserben ein immerwährender Vortheil zugewendet wird, 20fach; 2. bei Kapitalien, die auf eine fest bestimmte Zeit ausgeliehen sind, kommt nur die bis zum festgesetzten Rückzahlungstermin laufende Zinserhöhung in Betracht, jedoch nicht über den für immerwährende Nutzungen bestimmten 20fachen Betrag hinaus; 3. bei Kapitalien, die mit dem Tode des Gläubigers oder Schuldners rückzahlbar sind oder wenn die Zinserhöhung nur für die Lebenszeit des Gläubigers oder Schuldners bedungen ist, 12fach; 4. bei von beiden Seiten jederzeit kündbaren, oder von der einen Seite kündbaren und von der anderen Seite unkündbaren Kapitalien l^fach; 5. bei Kapitalien, deren Kündbarkeit für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen ist, ist die bis zum Ablauf dieser Zeit laufende Zinserhöhung zu Grunde zu legen, unter Hinzurechnung des 12 V-fachen Betrages für die demnächst eintretende unbestimmte Zeit der Nutzung, jedoch, wie zu 2, im Ganzen nicht über den 20fachen Betrag hinaus.

K. Verträge mit Stipulation von Konventionalstrafen. 46. In einem notariellen Vertrage war für den Fall des Rücktritts Seitens des einen oder des andern Kontrahenten eine Konventionalstrafe von 1000 Thalern ausbedungen und hierzu, neben dem zu dem Vertrage an sich erforderlichen Stempel, der Schuldverschreibungsstempel nach­ gefordert. Das FMR. vom 18. Februar 1871 III 1677 an d. Reg. in F. hat jedoch von dieser Nachforderung, wenngleich solche prinzipiell wohl gerechtfertigt sei, Abstand genommen und bemerkt hierbei: Es ist vielfach zu derartigen Verabredungen nur der Stempel von 15 Sgr. für Verträge erfordert worden, aber es hat das Finanz-Ministerium im Einverständniß mit dem H. JustizMinister auch diese Forderung fallen lassen, weil das Ausbedingen von Konventionalstrafen als bloße Vertragsbedingung aufgefaßt wurde. — s. auch Anm. 26 u. Anm. 27 nebst Note sub Nr. 1. 47.

In Betreff des Falles, in welchem sich der Verkäufer eines Grundstückes bei Ver­

meidung einer Konventionalstrafe zur Beschaffung der Einwilligung seiner Ehefrau verpflichtet, s. S. 153 sub lit. e. L. Kautions-Bestellungen resp. Versprechen. 48. Die in einem Pachtverträge enthaltene Bestellung einer Kaution für die Ansprüche des Verpächters unterliegt nach der Allg. Vorschrift Nr. 1 zum Stempeltarif einem besonderen Stempel nach der Äarifposition „Cautions - Instrumente". Die Kautionsbestellung gehört nicht zu den wesentlichen Bestandtheilen eines Pachtvertrages, sondern bildet selbst in dem Falle, wenn sie als Bedingung des Pachtvertrages erscheint, nur ein Nebengeschäft zu dem letzteren, und wird daher von der gedachten Vorschrift betroffen. Daß ohne den Pachtvertrag eine solche Kautionsbestellung nicht bestehen kann, folgt lediglich aus der accessorischen Natur der Kaution überhaupt, und wenn für die mit einer Schuldverschreibung verbundene hypothekarische Pfandverschreibung kein beson­ derer Stempel erhoben wird, so liegt der Grund hiervon nur in der besonderen Bestimmung der betreffenden Tarifposttion, welche ausdrücklich hypothekarische und andere Schuldverschreibungen mit demselben Stempel belegt. JMR. v. 26. März 1860 I 1153 an d. Appell.-G. in S., mit­ getheilt durch FMR. v. 4. April deff. I. III 7315 an d. PStD. daselbst. 49. a. Die in einem Pachtverträge von dem Pächter übernommene Verpflichtung, für seine Verbindlichkeiten aus dem Pachtverträge eine Kaution zu erlegen, stellt ein nach Nr. 1 der Allg. Vorschriften zum Stempeltarif besonders zu versteuerndes Nebengeschäft dar. Ob daffelbe als eine perfekte Kautionsbestellung oder nur als die Verabredung einer künftigen Kautionsbestellung an­ zusehen sei, kann dahin gestellt bleiben, da auch im letzteren Falle die Stempel-Nachforderung von

316

Tarif. Nr. 1.

15 Sgr. nach der 'Tarifposition „Verträge" gerechtfertigt ist.

JMR. v. 8. Apnl 1865 an d.

Appell.-G. in Gr., mitgetheilt durch FMR. v. 20. dess. M. III 7988 an d. PStD. in S.

49. b. Wenn sich ein Pächter vertragsmäßig verpflichtet, bei Uebernahme der Pacht für Erfüllung der kontraktlichen Verpflichtungen eine Kaution zu bestellen, so handelt es sich nicht um Uebernahme einer von dem Pachtverhältnisse abgesonderten selbstständigen Verpflichtung, sondern um Ausbedingung einer dem Abschlüsse des Pachtverhältnisses zum Grunde gelegten Bedingung. Erk. des OT. (I) v. 8. März 1867 in Sachen Scheven wider Fiskus

(GA. B. 15 S. 609

sub Nr. 41).’) 50. Zu den in Verträgen mit dem Post-FiskuS vorbedungenen, zur Sicherstellung der kon­ traktlichen Verpflichtungen dienenden Kautionsbestellungen ist ein besonderer Stempel von 15 Sgr., der Tarifposition „Cautions - Instrumente" zufolge, zu verwenden.

R. des M. f. Handel rc. v.

11. Febr. 1861 an d. Ober-Post-Direktion in S., mitgetheilt durch FMR. v. 30. April dess. I.

III 3824 an d. PStD. daselbst [also nicht ein Stempel in der darstellbaren Hälfte mit 10 Sgr. — ß. 3.1 des Stempelgesetzes, wonach nur bei zweiseitigen Verträgen mit dem Fiskus rc. die Hälfte des Stempels in Ansatz sammt]. Vergl. übrigens S. 2 die Anm. §. 1 Nr. 2. 51. a. Auch wenn die vom Pächter baar gezahlte Kaution auf die letzte Pachtrate ange’) Der Appell.-Richter hatte, wie die (a. a. O. nicht mitabgedruckten) Gründe des obigen Erk. ergeben, ausgeführt: „Ein besonderes Kautions-Instrument, wie es im Stempeltarif aufgeführt und mit 15 Sgr. besteuert wird, liegt nicht vor; vielmehr enthält der betreffende Pachtvertrag eine von dem Pachtverhältnisse unabhängige und selbstständige Verabredung, durch welche Pächter sich verpflichtet, zur Sicherstellung des Verpächters, eine Kaution zum Betrage der Hälfte der jähr­ lichen Pacht zu bestellen. Dieser Kautionsvertrag unterliegt nach der Tarifpositwn „Verträge" in Ermangelung eines besonders bestimmten Stempels einem 15 Sgr.-Stempel und gerade diesen Vertragsstempel defektirt das Monitum des Stempel-Fiskals. Hieraus folgt, daß das Monitum begründet ist. Denn nach Nr. I der Allg. Vorschriften zum Stempeltarif soll, wenn eine schrift­ liche Verhandlung verschiedene stempelpflichtige Gegenstände oder Geschäfte enthält, zu jedem der­ selben der dafür zu entrichtende Stempel besonders verwendet werden; neben dem Pachtwerth­ stempel muß daher noch der Stempel von 15 Sgr. zum Kautionsvertrage zum Ansatz kommen." In den Gründen des OTrib.-Erk. heißt es u. A.: Mit Recht wirft die Nichtigkeitsbeschwerde dem Appell.-Richter vor, daß derselbe den Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 sub Nr. 1 und in der Position „Verträge" verletzt und die rechtliche Natur des zur Beurtheilung vorliegenden Rechtsgeschäfts verkannt hat. Denn zunächst kann in der Verpflichtung des Pächters zur Kautionsbestellung nach erhaltenem Zuschlage keine von dem Pachtverhältnisse unabhängige und selbst­ ständige Verabredung gefunden werden, da nach deren wörtlichem Inhalt die zu bestellende Kaution gerade zur Sicherstellung der Erfüllung aller von dem Pächter durch die Pacht über­ nommenen Verbindlichkeiten, insbesondere der richtigen Abführung des Pachtgeldes dienen soll. Jene Verpflichtung des Pächters hängt daher wesentlich mit dem Pachtverhältnisse zusammen und würde ohne dasselbe gar keinen Sinn haben. Es liegt darin auch nicht die Uebernahme einer von dem Pachtverhältniffe abgesonderten selbstständigen Verpflichtung, sondern nur die Ausbedingung der Erfüllung einer dem Abschlüsse des Pachtverhältnisses zum Grunde gelegten Bedingung, die eben nur in Verbindung und im Zusammenhange mit dem Pachtverhältnisse von rechtlicher Be­ deutung ist, und der Appell.-Richter irrt rechtlich, wenn er eine entgegengesetzte Auffassung aus­ spricht. Durch die dem Pächter gestellte Bedingung, sofort nach erhaltenem Zuschlage Kaution zu leisten, ist auch kein besonderer Kautionsvertrag, wie ihn der Appell.-Richter bezeichnet, zu Stande gekommen; der Stempeltarif enthält überhaupt von Kautionsverträgen nichts und be­ steuert nur Kautions-Instrumente. Die Berufung des Verklagten auf das Erkenntniß des OberTribunals vom 20. Januar 1865 in Sachen Fiskus wider Werner (s. oben Anm. 54) ist nicht zutreffend, weil in jenem Falle ein anderes Verhältniß vorgelegen hat. In jener Sache hatten die Kontrahenten einen Vertrag über Verkauf und Lieferung von Spiritus abgeschlossen und der Verkäufer hatte im §. 10 des Vertrages zur Sicherheit des Käufers wegen seiner Berechtigungen aus dem Vertrage sein Gut Dreetz verpfändet. Diese Stipulation ist als ein besonderes Ge­ schäft angesehen, und es ist dafür erachtet, daß dasselbe nach der Tarifposition „Cautions-Jnstrumente" dem besonderen Stempel von 15 Sgr. unterliege rc. Schließlich wird in den Erk-Gründen noch bemerkt, daß der vom ersten Richter aufgestellte Abweisungsgrund der Unzulässigkeit des Rechtsweges, worin der Ausführung des Appell.-Richters beizutreten sei, nach §. 11 des Gesetzes vom 24. Mai 1861 — GS. S. 241, s. oben S. 17 Anm. 34. a — verworfen werden muß.

Tarif. Nr. 1.

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rechnet werden soll, liegt darin doch keine bloße Vorausbezahlung des Pachtzinses, sondern eine eigentliche Kautionsbestellung mit der besonderen Verabredung, in welcher Weise die Kaution, falls sie vom Verpächter nicht in Anspruch genommen wird, zurückerstattet werden soll. JMR. v. 9. Jan. 1864 III 2896 an d. Notar Z., mitgetheilt durch FMR. v. 26. dess. M. III 915 an d. PStD. in S. 5L b. Der §. 31 des Pachtvertrages in der von dem Magistrat citirten Fassung enthält unbedenklich ein Kautions-Instrument. Die Kaution wird bestellt mit der vom Pächter schon beim Zuschlage gezahlten einjährigen Pacht. Der Pächter hat den Vertrag mitunterschrieben, er hat mithin die im §. 31 getroffene Verabredung mindestens genehmigt. Ueberdies kommt es auf die Form, in welcher die Kaution bestellt wird, nicht cm; auch ist es unerheblich, ob und aus welchen Gründen es der Kautionsbestellung im §. 31 etwa nicht mehr bedurft hätte und ob dieselbe, was auch nicht zugegeben werden kann, eine blos historische Notiz ent­ hält. Es muß demgemäß bei der Forderung des Stempels für Kautions - Instrumente bewenden. R. des FM. u. des M. d. I. v. 3. Mai 1869 an d. Magistrat zu N. (MB. S. 134, 135 - zu Mon. 46). 52. Enthält ein Vertrag über Cession der Rechte aus dem Meistgebot auf ein Grundstück eine Kautionsbestellung zur Sicherheit des Cedenten für die vom Cessionar übernommenen Ver­ pflichtungen, so ändert, wenn auch die baar bestellte Kaution später auf die Cessions-Valuta resp. die Kaufgelder angerechnet werden soll, dies die Natur der Kautionsbestellung nicht, und es ist neben dem Cessions - Stempel der Kautions-Stempel fällig. JMR. v. 12. Sept. 1863 III 2362 an d. Notar B. in Stargard i. Pom., im Einverst. des FM. 53. Zu Lizitations - Protokollen, in welchen zugleich eine Bürgschaft übernommen wird, ist, sofern die verbürgte Summe die Höhe von 50 Thlrn erreicht, ein besonderer Stempel von 15 Sgr., und zwar für jede einzelne solcher Bürgschaften zu verwenden. FMR. v. 5. Okt. 1825 an d. Reg. in Trier. (SK.); vergl. Anm. 58. a—d. 54. Ist in einem im kaufmännischen Verkehr abgeschlossenen Kauf- oder Lieferungsvertrage zur Sicherung der Erfüllung eine Pfandbestellung enthalten, so ist für diese der für KautionsInstrumente festgesetzte Stempel besonders zu entrichten. Die gleiche Besteuerung der hypothe­ karischen und der persönlichen Schuldverschreibungen ist nur eine ausnahmsweise, und kann auf andere Verträge, mit welchen eine Pfandbestellung verbunden ist, nicht ausgedehnt werden. Erk. des OT. (I) v. 20. Jan. 1865 (Str.A. B. 56 S. 315); das Sachverhältniß s. am Schluß des Absatzes 1 der Note zur Anm. 49. b. 55. Der Stempel von 15 Sgr. für ein Kautions-Instrument (die hypothekarische Verpfändung für die Rente) ist begründet, da Kautions-Instrumente nach Nr. 1 der Allg. Vorschriften beim Gebrauch des Stempeltarifs, wie jedes andere der mehreren in einer Verhandlung enthaltenen Ge­ schäfte, besonders zu versteuern sind, wenn der Stempeltarif dieserhalb nicht ausdrücklich eine Be­ freiung gewährt. Eine ausdrückliche Befreiung vom Stempel für Kautions-Instrumente ist aber nur hypothekarischen Schuldverschreibungen zugestanden, und da eine solche hier nicht vorliegt, erscheint das gezogene Stempelmonitum begründet. JMR. v. 19. Jan. 1872 III 3029 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 5. Febr. dess. I. III 1129 an d. Reg. daselbst; das Sachverhältniß s. in der Note zur Anm. 44. 56. Nach Nr. 1 der Allg. Vorschriften beim Gebrauch des Stempeltarifs ist zu der in einem notariellen Kautions-Instrumente enthaltenen Quittung über die Zahlung der bestellten Kautions­ summe neben dem Kautions - Instrumenten - Stempel der besondere Quittungs-Stempel zu ver­ wenden. JMR. v. 24. Juni 1865 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 5. Juli dess. I. III 14013 an d. Reg. daselbst. Der Quittungsstempel ist inzwischen aufgehoben, s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 7.

318

Tarif. Nr. 1. 57. Wird in einem Kautions-Instrumente eine spatere Zahlung der Kautions-Summe stipulirt,

so kann zu einer solchen Stipulation, weil hier nur eine Zeitbestimmung über die Erlegung der Kaution getroffen wird, der Schuldverschreibungs-Stempel nicht gefordert werden. JMR. v. 23. Mai 1866

III 1557 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 2. Juni dess. I. III

11105 an d. Reg. daselbst. 58. a. Wenn Jemand in einer Urkunde zwei von einander ganz unabhängige Bürgschafts­ erklärungen für verschiedene Hauptschuldner abgiebt, so ist die Stempelsteuer für jede selbstständig zu berechnen; wird daher die rechtzeitige Verwendung verabsäumt, so liegt eine zweimalige Stempeldefraude vor, von welcher jede die gesetzliche Strafe nach sich zieht. Erk. des OT. (2) v. 2. Okt. 1856 sub Nr. 4 (JMB. S. 350).') 58. b. Man hat sich diesseits schon anderweit der Ansicht des Ober-Tribunals in dem Er­ kenntnisse vom 2. Okt. 1856 angeschlossen, daß, wenn in einer Urkunde mehrere Bürgschaften oder Cessionen verlautbart werden, jede einzelne derselben nach Nr. 1 der Allg. Vorschriften beim Gebrauch des Stempeltarifs besonders zur Versteuerung zu ziehen ist.

FMR. v. 25. Juli 1865

ULI 5068

an d. Reg. in F. — Das FMR. v. 27. Aug. 1844 (CB. S. 272, MB. 1845 S. 139), welches, unter Bezugnahme auf das R. v. 5. Okt. 1825 (s. Anm. 53), mit Rücksicht darauf, daß die Tarifposition „Cautions-Instrumente" den 15 Sgr.-Stempel nur zum Kautions-Instrumente erfordere, eine Verhandlung mit mehreren Kautionsbestellungen nur Einmal mit 15 Sgr. versteuert wissen wollte, sowie das, denselben Grundsatz in Betreff der Cessions-Jnstrumente aussprechende FMR. v. 19. Mai 1855 III 11978 an d. PStD. in S. sind also aufgehoben, die bezügliche Bestimmung im FMR. v. 5. Okt. 1825 daher wiederhergestellt. In Betreff der Cessionen s. auch Anm. 65. a, b. 58. c.

Die Königl. Ober-Rechnungs-Kammer hat im Interesse des gleichmäßigen Verfahrens

den Wunsch ausgesprochen, daß der im Anschluß an das Erkenntniß des Königl. Ober-Tribunals vom 2. Okt. 1856 unter 4 (JMB. S. 350 — s. Anm. 58. a) bezüglich der Versteuerung der in einer Urkunde enthaltenen mehreren Kautionen diesseits angenommene Grundsatz allen Ver­ waltungsbehörden bekannt gegeben werde. Ich mache deshalb darauf aufmerksam, daß nach dem gedachten Erkenntnisse und nach Nr. 1 der Allg. Vorschriften beim Gebrauch des Stempeltarifs jede einzelne der mehreren Kautionen oder Bürgschaftsleistungen, welche in einer Verhandlung *) Erk.-Gründe: In Erwägung: daß die Schrift vom 2. Aug. 1854 im §. 2 der Bedingungen den Passus enthält: „jeder Käufer ohne Ausnahme hat einen als hinlänglich zahlungsfähig be­ kannten Bürgen sofort zu stellen, der sich als Selbstschuldner zu verpflichten hat", und daß demnächst hinter jedem Meistgebot, für welches dem Meistbietenden das bezeichnete Grundstück zugeschlagen worden ist, nicht blos der Meistbietende seinen Namen unterschrieben hat, sondern neben dessen Unterschrift oder unmittelbar darunter noch eine zweite Namensunterschrift „als Bürge" steht; daß durch diese Unterschrift des schriftlichen Vertrages diese Personen — sie mögen denselben durchgelesen haben oder nicht — diejenige Verbindlichkeit ausdrücklich übernommen haben, welche nach dem Inhalt desselben die einzige Bürgschaftsverpflichtung ist, worauf ihre Unterschrift „als Bürge" sich beziehen kann, und daß dies ferne andere ist, als die im §. 2 der Bedingungen gedachte, so daß Jeder derselben sich für das Meistgebot desjenigen Meistbietenden, unter oder neben dessen Namen er sich „als Bürge" unterschrieben hat, hierdurch ausdrücklich verbürgt hat, der erste Richter also hierin mit Recht eine rechtsgültige Bürgschaftserklärung gefunden und der Appell.-Richter durch seine entgegenstehende Annahme die §§. 116, 127 Tit. 5 und den §. 202 Tit. 14 Th. 1 ALR. verletzt, in demselben Sinne eine Rechtsverletzung begangen hat, als ein Richter, welcher eine ihm vorliegende Schrift mit Unrecht nicht für eine Urkunde im Sinne des §. 247 des Strafgesetzbuches erachtet; in Erwägung: daß B. in der Schrift vom 2. August 1854 zwei von einander ganz unabhängige Bürgschaftserklärungen, die eine für das Meistgebot des N. von 151 Thalern, die andere für das Meistgebot des L. von 215 Thalern abgegeben hat, nach dem Stempel-Tarif, Vorbemerkung Nr. 1, also für jedes dieser Geschäfte der Kautionsstempel von 15 Sgr. zu verwenden war (s. jetzt S. 2 die Anm. §. 1 Nr. 2), durch Ausstellung der Bürg­ schaftserklärungen ohne Verwendung des Stempels und ohne Nachkassirung desselben Binnen 14 Tagen unter Bescheinigung der Behörde mithin der Angeklagte B. zweimal, die beiden anderen Angeklagten jeder einmal der gesetzlichen Strafe von 2 Thalern verfallen ist re.

Tarif. Nr. 1.

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ausgestellt, beziehungsweise verlautbart werden, dem besonderen Stempel von je 15 Sgr. (für „Cautions - Instrumente") unterliegt. Die im Centralblatt der Abgaben rc. -Verwaltung vom Jahre 1844 Seite 272 abgedruckte Verfügung vom 27. August 1844 (f. vorige Anm. Theil 2) kommt demgemäß nicht mehr zur Anwendung. FMR. v. 3. Sept. 1871 (CB. S. 461, MB. S. 287). Wegen Ermäßigung des Stempels zu Kautions-Jnstr. vergl. S. 2 die Anm. §. 1 Nr. 2. 58. d. Das Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 2. Okt. 1856 bezieht sich nur auf den Fall, wenn eine Person sich in derselben Urkunde für verschiedene Schuldner verbürgt; wenn aber mehrere Personen sich in Einem Akte solidarisch für dieselbe Schuld verbürgen, liegt nur eine einzige Bürgschaft vor. JMR. v. 4. Nov. 1873 I 89, im Einverst. des FM. (B.-Bl. f. ger. B. S. 281). M. Sessions-Instrumente. 59. Zur Anerkennung des Cesftonars von Seiten des debitoris cessi bedarf es, wenn die­ selbe mit der Session in einer und derselben Verhandlung erfolgt, außer dem Cessions - Stempel von 15 Sgr. keines besonderen Stempels. JMR. v. 10. Juni 1831 (v. KJ. B. 37 S. 391). 60. Bei Sessionen ist, außer dem im Stempeltarif vorgeschriebenen Stempel von 15 Sgr., wegen der in der Cessionsurkunde enthaltenen Quittung über die bezahlte Valuta nicht noch der Quittungsstempel zu adhibiren, da diese Quittung einen wesentlichen Theil des Cessionsgeschäfts ausmacht, und daher hier die Bestimmung sub 1 des Tarifs, welche ausdrücklich verschiedene stempelpflichtige Gegenstände in einer und derselben Verhandlung voraussetzt, nicht zur Anwendung kommt, wonach, bis auf ergehende Deklaration des Stempelgesetzes über diesen Gegenstand, zu verfahren. JMR. v. 19. Nov. 1829 (Lottner Samml. B. 3 S. 309). — Es ist bis in die neueste Zeit Seitens der Ministerien der Justiz und der Finanzen wiederholt ausgesprochen worden, daß es bei der alten Praxis bewenden möge, nach welcher von dem in Cessionsinstrumenten vor­ kommenden Bekenntniß der gezahlt erhaltenen Valuta ein Quittungsstempel auch dann nicht erfordert wird, wenn der Betrag der Valuta in baarem Gelde ausgedrückt ist. FMR. v. 8. Juni 1871 III 7300 an d. Reg. in F. Der Quittungsstempel ist inzwischen aufgehoben, s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 7. 61. Im Einverständniß mit dem H.Justiz- Minister wird die Königl. Regierung ermächtigt, die vom Notar bestrittenen Erinnerungen Nr. 14 rc. fallen zu lassen. Wiewohl in Uebereinstimmung mit der Auffassung des dortigen Appellationsgerichts und der Regierung anerkannt wird, daß in den diesen Erinnerungen zu Grunde liegenden Fällen die Forderung eines Quittungsstempels sich allerdings wohl rechtfertigen lasse, so ist doch schon bei anderer Gelegenheit anerkannt worden, daß das Seitens des Cedenten abgegebene Anerkenntniß der stattgehabten Zahlung eines Theils der zu cedirenden Forderungen, wenn dasselbe nicht dem debitor cessus, sondern dem Cesstonar gegenüber abgegeben wird, doch nur die nähere Beschreibung und Bezeichnung dieser zu cedirenden Forderungen bezwecke. FMR. v. 24. Sept. 1870 III 14918 an d. Reg. in F.; vergl. die Bem. am Schluß der vorigen Anm. 62. Die Angabe des R. in der notariellen Cessionsurkunde vom 26. Mai 1851, daß ihm seine Ehefrau bei Eingehung der Ehe und während derselben über 2000 Thaler eingebracht habe, wie dies aus den dort näher angegebenen Dokumenten hervorgehe, läßt sich als eine Schuld­ verschreibung auf Höhe von 2000 Thalern nicht auffassen, einmal um deshalb nicht, weil keine bestimmte Summe angegeben ist, dann aber auch nicht nach dem ganzen Zusammenhange der Ver­ handlung, welche nur eine Session zum Gegenstände hat, bei der die Valuta cessionis'burd) die Jllaten der Ehefrau des Cedenten als berichtigt angenommen worden. Zu diesem Zwecke erschien es angemessen, näher darzulegen, daß die Cessionarin mindestens den Betrag der cedirten Summe von dem Cedenten zu fordern habe. Die Revisions-Erinnerung des Stempelfiskals ist daher als

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Tarif. Nr. 1.

erledigt anzunehmen und von der SLempelforderung abzustehen.

FMR. v. 27. Febr 1856 III

4708 an d. Reg. in F.; die Rev.-Erinnemng lautete: „In der Verhandlung v. rc. ist von dem R. ausdrücklich anerkannt, daß seine Ehefrau ihm über 2000 Thaler baar inferirt habe. Zur theilweisen Befriedigung wird ihr hiernächst ein Kapital von 600 Thalem cedirt. Da die Verhandlung ein Schulddokument über 2000 Thaler bildet, so ist, neben dem für die darin enthaltene Cession fälligen und liquidirten Stempel von 15 Sgr., der Schuldverschreibungsstempel zu V12 Prozent von 2000 Thalem nachzuliquidiren." — Wegen der Jllaten - Bekenntnisse s. im Uebrigen S. 310 Anm. 38.

63. a. Wenn der in nothwendiger Subhastation meistbietend Gebliebene seine Rechte aus dem Meistgebot noch vor erfolgter Adjudikation einem Anderen cedirt, und sich der Cessionar in der Cessionsurkunde ausdrücklich verpflichtet, als Entgelt der Cession das Meistgebot für den Cedenten zu berichtigen, so liegt in der Uebernahme dieser Verpflichtung kein von der Cession verschiedenes stempelpflichtiges Geschäft (Nr. 1 der Mg. Vorschriften zum Tarif), namentlich auch keine „Schuld­ verschreibung", weil sich der Cessionar zu einem Mehreren nicht verpflichtet, als er nach §. 402 Tit. II Th. I des Mg. Landrechts zu leisten verbunden ist. Erk. des OT. (I) v. 16. Febr. 1865 (GA. B. 15 S. 603 sub Nr. 20 — etwas Weiteres aus dem Erk. ist daselbst nicht mitgetheilt); [bet citirte §. 402 a. a. O. bestimmt: Durch die Cession tritt der neue Inhaber in alle abge­ tretene Rechte und damit verbundene Pflichten des Cedenten). — Ebenso in einem ähnlichen Falle entschieden durch Erk. des OT. (I) v. 1. Dez. 1865 (Entsch. B. 56 S. 424).')

63. b. Verspricht in einem Cessions-Jnstrumente der Cessionar, dem Cedenten die verabredete Cessions-Valuta künftig zu zahlen, so liegt eine neue und primordiale Schuldverschreibung vor, welche, neben dem Cessions-Jnstrumenten-Stempel von 15 Sgr., den Schuldverschreibungs-Stempel *) Erk.-Gründe: Der Handelsmann Kl. hatte in einem notariellen Vertrage seine Rechte aus dem Meistgebot für das in der H.'schen Subhastation zum Verkauf gestellte Grundstück, vor Ertheilung des Zuschlages, an den Rentier Kr. cedirt und der §. 2 dieses Vertrages lautete: „Herr Kr. nimmt diese Cession an und verspricht als Valuta die Summe von 49850 Thalern an die H.'sche Subhastationsmasse zu bezahlen und die Bedingungen des Zuschlages für den Cedenten zu erfüllen" rc. Der Appell.-Rrchter führt aus: weder jenes Zahlungsversprechen, noch die Angabe der Modalitäten sei als ein der Cession fremdes Geschäft aufzufassen, es könne insbesondere das Zahlungsversprechen nicht als eine besondere Obligation angefehen werden, da dasselbe lediglich aus der Cesiron originire und nicht eine neue Obligation begründe, sondern nur die dem Cessionar durch die Cession aufgelegte Verbindlichkeit noch ausdrücklich ausspreche rc. Die Frage: ob in einem einzelnen Falle eine schriftliche Verhandlung in der That verschiedene stempelpflichtige Gegen­ stände oder verschiedene stempelpflichtige Geschäfte enthält, läßt sich selbstverständlich nicht wohl generell, sondern nur nach Einsicht der jedesmal zur Beurtheilung vorliegenden besonderen Urkunde beantworten, und in sofern wird es dabei vornehmlich auch auf die Würdigung faktischer Momente ankommen rc. Hier waltet, nun an sich gar kein Zweifel ob, daß das zur Beurtheilung vorliegende Hauptgeschäft in der That eine Cession sei; namentlich kann, da der Zuschlag damals an den Handelsmann Kl. noch nicht erfolgt, mithin das Eigenthum des zur Subhastation gestellten Grundstücks auf diesen noch nicht übergegangen war, es sich vielmehr lediglich um die Abtretung seiner Rechte aus dem gethanen Meistgebot handelte, von einem Kaufverträge nicht, sondern allein von einer Cession die Rede sein (JMR. v. 11. Dez. 1820, v. KJ. B. 16 S. 263 — s. oben S. 77 Anm. 7. a; JMB. S. 119 Nr. 73 ff.). Mit dieser Cession hängt das erwähnte Zahlungsversprechen enge und nothwendig zusammen. Hatte Kl. seine Rechte aus dem Meistgebot einmal an Kr. abge­ treten und hatte Letzterer diese Cession angenommen, so wurde er damit auch zugleich dem Cedenten gegenüber verpflichtet, diejenigen Verbindlichkeiten, die dem Cedenten vermöge seines Meistgebots, den Subhastations-Jnteressenten gegenüber, oblagen, zu erfüllen, also namentlich statt seiner das Meistgebot zu erlegen (ALR. Th. 1 Tit. 11 §. 402, Plenar-Beschluß des OTrib. v. 16. Jan. 1846, Entsch. B. 12 S. 10 ff.). Ob im gegenwärtigen Falle das Meistgebot des Kl. gerade 49850 Thaler betragen hat, oder, wie im Appell.-Berichte behauptet wird, und worauf der §. 4 des Vertrages freilich.hindeutet, sogar noch ein höheres gewesen, ist nicht näher ermittelt, aber für den vor­ liegenden Zweck auch einflußlos rc. Unverkennbar hängt die Seitens des Kr. versprochene Zahlung wesentlich und unmittelbar mit der Cession zusammen, sie bildet mit dieser nur Ein Ganzes, und stellt als Gegenleistung des Cessivnars eine von den Modalitäten dar, unter denen das ganze Cessionsgeschäft überhaupt nur zu Stande gekommen und vereinbart ist rc.

321

Darif. Nr.1. erheischt.

Schreiben des FM. an d. IM. v. 27. April 1870

III 6417,, mitgetheilt durch FMR.

v. 31. Mai dess. I. III 9097 an d. Reg. in F. [3n dem in demselben Falle ergangenm JMR. v. 19. Mai 1870 III 1361 an das Appell.-G. daselbst wird bemerkt, daß das betreffende, bei dem Notar gezogene Stempelrevisions - Monitum als der noch nicht aufgegebenen bisherigen Ver­ waltungspraxis entsprechend zu erledigen und den Interessenten die Beschreitung des Rechtsweges dagegen überlassen bleibe^. — Gleichmäßig entschieden durch Erk. des OT. (I) v. 9. Febr. 1874 (Nr. 2167—457. 73 in Sachen des Banquier Jonas wider Fiskus — bisher nicht abgedruckt), mitgetheilt durch FMR. v. 1. Juni 1874

III 7725 an d. Reg. in g.1)

') Durch notariellen Vertrag vom 24. Mai 1872 hat der Kläger seine Rechte aus dem mit O. geschloffenen Vertrage an den Kaufmann E. S. für diesen selbst und als Bevollmächtigten seines Bruders R. S. abgetreten. Die Cessions-Valuta war auf 27400 Thlr verabredet. Nachdem 15900 Thlr anderweitig belegt worden, bestimmte der §. 2 des Vertrages ad c: „Der Rest der CessionsValuta im Betrage von 11500 Thlr wird creditirt, vom Tage der Uebergabe ab mit 5V2 Prozent für's Jahr in vierteljährlichen am Ersten jedes Kalenderquartales fälligen Zinsen verzinst und nach vorausgegangener dreimonatlicher Aufkündigung bezahlt, welche jedoch nicht vor dem 1. Juli 1877 erfolgen darf, wenn die Zinsen spätestens acht Tage nach dem jedesmaligen Fälligkeitstermine vollständig entrichtet werden. Zur Sicherheit für diese 11500 Thlr nebst Zinsen und allen Kosten, auch denen der gerichtlichen und außergerichtlichen Aufkündigung, welche die Herren S. übernehmen, verpfänden dieselben das oben bezeichnete Grundstück, die Eintragung unmittelbar hinter den über­ nommenen 8500 Thlrn nebst Zinsen bewilligend." Zu dem Vertrage ist der Fixstempel von 15 Sgr. verwendet. Das Königs. Stadtgericht hat aber die nachträgliche Beibringung des Obligationsstempels von >/» Prozent für die creditirten 11500 Thlr erfordert. In den Erk.-Gründen heißt es nun: Wenn der Appellations-Richter bei der hier in Rede stehenden Notariats-Urkunde vom 24. Mai 1872, worin vom Kläger die aus einem mit O. geschlossenen Kaufverträge ihm zu­ stehenden Rechte an die Gebrüder S. unter Verabredung einer Cessions-Valuta von 27400 Thlrn abgetreten worden sind, angenommen hat, daß die Bestimmung, in welchen Terminen diese zu zu zahlen sei, nicht zu dem Cessionsakte selbst, sondern zu dem pactum de cedendo gehöre, welches hier, wegen Uebertragung eines Rechts gegen Hingabe von Geld, nach den Regeln des Kaufs zu beurtheilen (§. 381 Tit. 11 Th. 1 ALR.), und daß das Kaufgeld im Allgemeinen, wenn nicht andere Zahlungs-Modalitäten verabredet wären, sogleich bei der Uebergabe zu zahlen sei, so kann offenbar nicht davon die Rede sein, daß er, wie Implorant meint, durch diese vollkommen richtige Argumentation die von ihm allegirten §§. 93, 109, 116, 221 und 381 Tit. 11 Th. 1 ALR. und den in der Nichtigkeitsbeschwerde noch angezogenen §. 393 ebenda verletzt habe. Der Appell.Richter, von welchem nach der Nr. 1 der Vorschriften bei dem Gebrauche des dem Gesetze vom 7. März 1822 beigefügten Stempeltarifs zu prüfen war, ob die Notariats-Urkunde vom 24. Mai 1872 außer dem instrumentirten Cessionsakte noch ein davon verschiedenes nach dem Tarife einem be­ sonderen Stempel unterliegendes Rechtsgeschäft enthalte, hat ein solches darin gefunden, daß im §. 2 der Urkunde, nachdem von der Cessions-Valuta von 27400 Thlrn ein Betrag von 15900 Thlrn auf eine, einem besonderen Stempel nicht unterliegende Weise belegt worden, unter c zwischen dem Cedenten und den Cesftonaren bezüglich des Restes von 11500 Thlrn vertragsmäßige Bestimmungen dahin getroffen sind, daß diese Summe creditirt, vom Tage der Uebergabe ab mit 5V2 Prozent in bestimmten Terminen verzinst, nur nach einer unter gewissen Modalitäten zulässigen Kündigung bezahlt, und nebst Zinsen und allen Kosten hypothekarisch sicher gestellt werden solle. Zu dieser Prüfung war der Appell.-Richter ebenso berechtigt, als verpflichtet, wie dies in dem vom Implo­ ranten in Bezug genommenen diesseitigen Erkenntnisse vom 1. Dez. 1856 (Entsch. B. 56 S. 424ff. — s. oben Anm. 63. a) S. 429 ausdrücklich anerkannt ist, und es kann nur auf einem Mißverstehen der Gründe dieses Präjudikats, und auf einem Uebersehen der thatsächlich zwischen dem damals abgeurtelten und dem jetzt zur Entscheidung vorliegenden Falle obwaltenden Verschiedenheit be­ ruhen, wenn Implorant darin eine Unterstützung für die Ansicht finden zu können meint: das, was von „Erwähnung der Verpflichtung zur Zahlung der Valuta als Gegenleistung — des Ver­ sprechens, die Cessions-Valuta an eine Masse zu zahlen —" gelte, nämlich: „„daß ein solches Versprechen keineswegs als eine besondere Schuldverschreibung im Sinne der gleichnamigen Stempel­ tarif-Position anzusehen und aufzufassen sei"", müsse auch „von den dieser Gegenleistung in der Cessionsurkunde beigefügten Zahlungsmodalitäten" gelten. Wenn aber der Appell.-Richter weiter angenommen hat: daß die in der Urkunde vom 24. Mai 1872 enthaltenen Stipulationen: daß dem Cessionar die Cessions-Valuta auf eine nicht bestimmte Zeit, und zwar gegen höhere als die gesetzlichen Zinsen unter Verabredung einer förmlichen Kündigungsfrist creditirt werde, — als keine bloße Zahlungsmodalität anzusehen, mit dem bloßen Cessionsakte, der dem Fixstempel unter­ liege, nicht zu identistziren, und als Begründung eines neuen obligatorischen Verhältnisses, zu welchem auch noch die Verpfändung des Grundstücks Behufs der Eintragung hinzugetreten, aufHoyer, Srempelgesetzgebung. 2. 2tufL

21

322

Tarif. Nr. L

64. Wegen der besonderen Versteuerung der Kautionsbestellungen in Cessionsinstrumenten s. S. 317 Anm. 52. Bezüglich der Cessionsinstrumente, in welchen zugleich eine Erhöhung der Zinsen von den cedirten Kapitalien stipulirt resp. Kaution dafür bestellt wird, s. S. 313 sub J. 65. a. In Betreff der Versteuerung jeder der in einer Verhandlung enthaltenen mehreren Cessionen s. Anm. 58. b u. 39. a Absatz 2. 65. b. Wenn verschiedene Personen ihre an sich nicht in Verbindung stehenden Forderungen einem Dritten abtreten, so stellt sich dadurch bezüglich jedes einzelnen Cedenten ein besonderes, für sich allein zu besteuerndes Rechtsgeschäft dar. Erk. des OT. (1.1070 c. Laudecker) v. 18. Nov. 1859 (H. Str. S. 145 sub Nr. 4). N.

ComproMißverträge.

66. Der §. 10 der Kontraktsbedingungen, in welchem die Kontrahenten bestimmen, daß etwaige Streitigkeiten unter Ausschluß des Rechtsweges durch das daselbst näher beschriebene schiedsrichterliche Verfahren geschlichtet werden sollen, ist ein die Effentialien oder auch nur die Naturalien des Geschäfts nicht betreffender besonderer Vertrag — Compromißvertrag, welcher nach Nr. 1 der Allg. Vorschriften beim Gebrauch des Stempeltarifs dem Stempel von 15 Sgr. für Verträge unterliegt. Es kann sich nur fragen, ob und wann derartige Verträge rechtsverbindlich seien oder nicht, und es muß der Stempel davon erfordert werden, wenn dieserhalb ein Zweifel nicht besteht. Daß die vorliegenden Verträge rechtsverbindlich sind, erscheint nach den §§. 167 ff. Tit. 2 Th. 1 AGO. und den hierzu ergangenen Entscheidungen des Ober-Tribunals (cfr. dieselben in den Ergänzungen rc. der Preußischen Rechtsbücher) nicht zweifelhaft. FMR. v. 8. Sept. 1874 III 12063 an d. PStD. in Br., auch Schreiben des FM. an d. M. f. Handel rc. v. 19. Juni 1873 III 8429. S^tempelansatz zum Haupt- u. zu jedem weiteren Exemplar. 67. a. Nach Nr. 1. der Allg. Vorschriften beim Gebrauch des Stempeltarifs und nach §. 13 des Stempelgesetzes wird zur Haupt-Ausfertigung einer Verhandlung, in der verschiedene Geschäfte enthalten sind, der Stempel in der Summe aller für die einzelnen Geschäfte fälligen Stempel, und zu jeder weiteren Ausfertigung der Verhandlung der für Neben-Exemplare vorgeschriebene Stempel verwendet. JMR. v. 24. Mai 1854, mitgetheilt durch FMR. v. 4. Juni dess. I. HI 12984 an d. PStD. in S. 67. b. Die Interessenten können Ausfertigung eines ihr Rechtsgeschäft betreffenden Extrakts aus der notariellen Verhandlung fordern, welcher alsdann bei einem Objekt unter 50 Thalern zufassen, resp. anzunehmen seien, so ist dies eine einerseits auf thatsächlichen Momenten beruhende, andererseits rechtlich durchaus begründete Ausführung, welche seine Entscheidung für sich allein schon aufrecht erhält, und dadurch nicht die Bedeutung des Haupt- (eigentlichen) Entscheidungs­ grundes verliert, daß der Appellations-Richter die durch die angegebenen vertragsmäßigen Stipu­ lationen bewirkte Begründung des neuen obligatorischen Verhältnisses noch besonders konstruiren zu müssen gemeint und dabei angenommen hat: „daß das Kaufgeld durch datio in solutum einer Darlehnsschuld bezahlt und durch brevi manu traditio eine Darlehnsschuld konstituirt sei." Da diese Worte keinen selbstständigen, jedenfalls nicht den alleinigen Entscheidungsgrund darstellen, so bedarf es einer näheren Erörterung darüber nicht, ob dieselben so, wie sie lauten, rechtsgrund­ sätzlich falsch seien, resp. wie die Nichtigkeits-Beschwerde rügt, die Vorschriften des ALR. Th. 1 Tit. 7 §. 70 und Tit. 11 §. 653 verletzen, und eine Verkennung der Natur und des wesentlichen Charakters des zu beurtheilenden Rechtsgeschäfts, insbesondere der Session und des DarlehnsVertrages im Sinne der Nr. 9 der Instruktion vom 7. April 1839 enthalten. Kommt es aber auf diese Angriffe nicht an, und ist die Rüge der Verletzung der §§. 93, 109, 116, 221, 381, 393 Tit. 11 Th. 1 ALR., wie oben gezeigt, nicht begründet, so trifft auch der Vorwurf der Verletzung der Positionen „Sessions-Instrumente" und „Schuldverschreibungen" im Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 nicht zu.

Tarif. Nr. 1, 2.

323

stempelfrer ist, während, wenn die ganze Verhandlung ausgefertigt wird und der Gegenstand der­ selben stempelpflichtig ist, jede Neben-Ausfertigung 15 Sgr. Stempel erheischt. FMR. v. 23. April 1851

HI 8096 an d. PStD. in D. Statt der Ausfertigung der ganzen, mehrere Rechtsgeschäfte enthaltenden notariellen Verhand­

lung hätte es für die einzelnen Interessenten nur der Ausfertigung eines ihr Rechtsgeschäft betref­ fenden Extraktes bedurft, um diesen mit dem für das betreffende Geschäft erforderlichen Werth­ stempel belegen zu können. Die Interessenten, denen es freisteht, sich mit der Ausfertigung solcher Extrakte zufriedengestellt zu erklären, haben es sonach in der Hand, die Folgen zu beseitigen, welche aus der Ausfertigung eines vollständigen Exemplars solcher Verhandlungen für jeden von ihnen hervorgehen.

Wer das Haupt-Exemplar erhält, kann der Einigung der Interessenten

überlassen bleiben, ist auch gleichgültig.

JMR. v. 4. Dez. 1854

I 5614 an d. Appell.-G. in S.,

mitgetheilt durch FMR. v. 18. dess. M. III 30562 an d. PStD. daselbst. Die Nr. 1 der Allg. Bemerkungen zum Tarif des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 schreibt in Verbindung mit §. 13 desselben nur für den Fall die Belegung der Hauptausfertigung mit dem für sämmtliche in der Verhandlung enthaltenen verschiedenen stempelpflichtigen Gegenstände oder Geschäfte tarifmäßig erforderlichen Stempel vor, wenn die Verhandlung zur Aus­ fertigung gelangt.

Im vorliegenden Falle ist aber für keinen der Käufer die ganze Verhandlung

ausgefertigt worden, und es konnte deshalb auch zu keinem Exemplar der Stempel für sämmtliche Kaufverträge verwendet werden. Es ist vielmehr nur für jeden der ihn betreffende Extrakt zur Ausfertigung gelangt und für diesen der vorschriftsmäßige Stempel berechnet und eingezogen rc. Die dieser Ausführung entsprechende Ansicht ist auch schon früher als die richtige anerkannt worden und in Uebereinstimmung damit das Appellations-Gericht zu Stettin in der Verfügung vom 4. Dez. 1854 I 5614 (s. vorigen Absatz) darauf hingewiesen, wie die Interessenten, indem es ihnen freistände, sich mit der Ausfertigung solcher Extrakte zufriedengestellt zu erklären, es selbst in der Hand hätten, die Folge zu beseitigen, die aus der Ausfertigung eines voll­ ständigen Exemplars solcher Verhandlungen für jeden Interessenten hervorgehe und die eben darin bestehen würde, daß noch für eine jede Nebenausfertigung der Stempel verlangt werden könnte, wie es Seitens des Provinzial - Stempelfiskals im vorliegenden Falle geschehen ist. Schreiben des IM. an d. FM. v. 28. Juli 1868 III 2821. Demgemäß ist Inhalts des FMR.'s vom 6. Aug. 1868 III 17285 an den PStD. in Kg mit Rücksicht darauf, daß nicht die ganze notarielle Verhandlung für jeden einzelnen Käufer ausgefertigt worden, vielmehr jeder Käufer nur einen ihn betreffenden Auszug derselben erhalten hat, von der Nachforderung des Stempels für Nebenexemplare Abstand genommen.

2. Wenn der Stempel tarifmäßig in einem Prozentsätze zu entrichten ist, so wird der Betrag desselben blos nach dem Werthe des Gegenstandes, gemäß §§. 4 bis 11 des Gesetzes, berechnet. Da indessen nach §. 35 der niedrigste Stempelbogen Fünf Silbergroschen kostet, so muß ein solcher Stempelbogen wenigstens zu jeder stempel­ pflichtigen Verhandlung genommen werden, wenn auch der vorgedachtermaßen berechnete Betrag des Stempels geringer ausfällt. Desgleichen steigt der Betrag der höheren Stempel von fünf zu fünf Silbergroschen, weil das käufliche Stempelpapier nur nach diesen Abstufungen steigt. Es wird daher, wenn der berechnete Betrag des Stempels Fünf Silbergroschen übersteigt, aber nicht über Zehn Silbergroschen hinausgeht, ein Stempelbogen von.......................................................... Zehn Silbergroschen; wenn der berechnete Betrag des Stempels Zehn Silbergroschen übersteigt, aber nicht über Fünfzehn Silbergroschen hinausgeht, ein Stempelbogen von..................................................... Fünfzehn Silbergroschen; wenn der berechnete Betrag des Stempels Fünfzehn Silber-

324

Tarif. Nr. 2 - Abschriften.

groschen übersteigt, aber nicht über Zwanzig Silbergroschen hinausgeht, ein Stempelbogen von...........................................Zwanzig Silbergroschen und so weiter, zu jeder Summe aufsteigend, für Alles, was den Satz des käuflichen Stempelpapiers übersteigt, der zunächst um Fünf Silbergroschen höhere Betrag an Stempelpapier genommen.

Abschiede, der Oberoffiziere und besoldeten Militair-, Civil-, geistlichen und KommunalBeamten . . 15 Sgr., der unbesoldeten Beamten . . frei sjetzt allgemein stempelfrei, s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 8.].

Abschriften,

beglaubigte............................................................................................15 Sgr. Zst jedoch zu der stempelpflichtigen Verhandlung selbst nur ein geringerer Stempel nöthig gewesen, so bedarf es dessen auch nur zu der beglaubigten Abschrift. 1.

Ueber die Pflicht der Beamten bei Ertheilung stempelfreier beglaubigter Abschriften und

deren mißbräuchliche Benutzung s. S. 227 Anm. 19.

2.

Beglaubigte Abschriften sind nur dann dem Stempel unterworfen, wenn das Original

stempelpflichtig ist.

FMN. v. 16. Jan. 1823 an d. PStD. in Cöln (SK.).

3. Jedes einzelne Beglaubigungs-Attest erfordert den Stempel. Wenn jedoch hinter einander geschriebene Kopieen mehrerer Urkunden durch ein und dasselbe hinter die letzte Kopie gesetztes Attest beglaubigt werden, so bedarf es alsdann zu diesem auch nur Eines 15 Sgr.-Stempels Beglaubigte Abschriften von Vollmachten erfordern auch dann nur den 15 Sgr.-Stempel, wenn das Original, neben dem Vollmachtsstempel, noch mit dem Atteststempel versehen ist, .und die beglaubigte Abschrift zu einem Geschäfte dienen soll, wozu eine gerichtlich oder notariell attestirte Vollmacht nothwendig ist. FMR. v. 1. Okt. 1823 III 17858 (SK.). Vergl. auch Tarifpos. „Atteste"' Anm. 3.

4. a.

Beglaubigte Abschriften, welche die Gerichte von stempelpflichtigen Dokumenten ex

officio zu den Grundakten fertigen lassen, sind stempelfrei.

Werden dagegen von Notaren Namens

der Interessenten statt der stempelpflichtigen Originalien beglaubigte Abschriften derselben ein­ gereicht, so hat darauf die betreffende Tarifposition volle Anwendung.

FMR. v. 31. Mai 1842

III 12298 an d. PStD. in S.

4. b.

Notare haben von den durch sie aufgenommenen oder vor ihnen rekognoszirten Ver­

äußerungs-Verträgen über Grundstücke oder Gerechtigkeiten der Hypothekenbehörde eine beglau­ bigte, aber stempelfreie Abschrift einzureichen.

Jnstr. des IM. v. 12. Juni 1835 §. 1 (v. KJ.

B. 45 S. 510); eine gleiche Pflicht liegt jedem Richter ob, wenn er nicht zugleich der Hypotheken­ richter ist, §. 2 a. a. O.

In Betreff der Notare s. auch Tarifpos. „Notariats-Instrumente"

Anm. 10. — „Durch die im §. 57 der Grundbuch-Ordnung den Grundbuchämtern auferlegte Ver­ pflichtung, die Steuerbehörde von der Eintragung eines Eigenthumsüberganges zu benachrichtigen, erledigt sich die bisherige Verpflichtung der Gerichte und Notare, von den vor ihnen errich­ teten Veräußerungsverträgen Mittheilung zu machen", Artikel 14 der Ausführungs - Verfügung des IM. v. 2. Sept. 1872 (JMB. S. 178) zu §. 4 der Grundbuch-Ordnung v. 5. Mai 1872 (GS. S. 446). 5.

Von Veräußerungs-Verträgen über die Zertheilung eines Grundstücks zufolge Gesetzes

vom 3. Januar 1845 (s. GS. S. 25) und zum Zwecke des im §. 7 desselben vorgeschriebenen Regulirungs-Verfahrens ist eine beglaubte stempelfreie Abschrift dem Landrath oder Magistrat mit­ zutheilen. 6

JMR. v. 23. Juni 1846 (JMB. S. 123, 124).

Es ist dagegen nichts zu erinnern, wenn die beglaubigten Abschriften, welche die Magisträte

von ihren stempelpflichtigen Verträgen entnehmen, um damit bei der Rechnungslegung über die städtische Kassenverwaltung Einnahme- oder Ausgabe-Summen zu justisiziren, sofern dergleichen

325

Tarif. Abschriften — Adjudieationsbescheide. Abschriften zu keinem anderen Zwecke dienen, vom Stempel entbunden bleiben.

FMR. v. 5. Dez.

1834 III 28020 an d. PStD. in D. (LR.).

7.

Vidimirte Abschriften eines Testaments, die von dem publizirenden Gericht vor der Ab­

sendung des Originals an das ordentliche Gericht des Erblassers nach §. 237 Tit. 12 Th. 1 ALR. zurückbehalten werden, sind stempelpflichtig.

FMR. v. 10. Febr. 1838 III 2934 an d. PStD. in

S., im Einverst. des IM. 8.

Nach den bestehenden Vorschriften dürfen unter bestimmten Bedingungen von den in den

Staatsarchiven aufbewahrten Urkunden, Handschriften und Akten durch die Archivbeamten be­ glaubigte Abschriften an Privatpersonen oder Korporationen gegen Honorar verabfolgt werden. Zur Behebung der Zweifel, in wie weit solche Abschriften der Stempelsteuer unterliegen, und zur Sicherung eines gleichmäßigen Verfahrens wird Folgendes bemerkt: 1. Bei denjenigen Urkunden oder Verhandlungen, welche nach Emanation des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 ausgestellt oder aufgenommen worden sind, entscheidet der Stempeltarif (Ges.-S. von 1822 S. 73 ff.). Darnach und nach den dazu ergangenen Erläuterungen ist zu beglaubigten Abschriften nur dann ein Stempel zu verwenden, wenn das Original selbst überhaupt stempelpflichtig gewesen ist. Jy diesem Falle beträgt der Stempel für die beglaubigte Abschrift 15 Sgr., sofern zu dem Originale ein solcher von mindestens 15 Sgr. gehört hat.

Ist zu dem Originale nur ein geringerer

Stempel nöthig gewesen, als 15 Sgr., so genügt dieser geringere Stempel auch für die beglaubigte Abschrift; 2. Auf die älteren, vor Emanation des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 ausgestellten Urkunden (z. B. Ahnentafeln, Stammbäume, Privilegien), von welchen zum Theile nur Konzepte, Ausfertigungen oder (oft nicht einmal beglaubigte) Abschriften auf ungestempeltem Papiere vor­ handen sind, finden die Bestimmungen ad 1 nur in dem Maße Anwendung, daß die beglaubigten Abschriften davon, und zwar immer nur mit dem ad 1 gedachten Betrage, lediglich .dann stempel­ pflichtig sind, wenn auch schon zur Zeit der Aufnahme der Verhandlung oder Ausstellung der Urkunde zu denselben überhaupt ein Stempel erforderlich gewesen ist. damals einem Stempel

Waren dieselben aber

nicht unterworfen, so sind auch die beglaubigten Abschroten davon

stempelfrei; 3. Nach dem Stempeltarife vom 7. 'März 1822 ist zu Auszügen aus Akten, öffentlichen Verhandlungen, amtlich geführten Büchern, Registern und Rechnungen, wenn sie für Privatpersonen auf ihr Ansuchen ausgefertigt werden, stets ein Stempel von 15 Sgr. zu ver­ wenden.

Indem wir das rc. beauftragen, fortan hiernach zu verfahren, machen wir zugleich auf

§. 14 und §. 24 des Gesetzes vom 7. März 1822 aufmerksam, wonach auf allen beglaubigten Ab­ schriften, Duplikaten und Ausfertigungen stempelpflichtiger Verhandlungen bei Vermeidung von Ordnungsstrafen ausdrücklich der Betrag des Stempels angegeben werden soll, welcher zu dem Originale oder zu der Ausfertigung verwendet worden ist. Erlaß des Präsidenten des StaatsMinisteriums u. des FM. v. 17. März 1873 an das Königl.'Geheime Staats-Archiv in Berlin bezw. die Königl. Staats-Archive in den Provinzen (MB. S. 72, RA. Nr. 74 erste Beilage).

Adjudieationsbescheide, 1.

wie Kaufverträge, s. diese.

Für Adjudikationsbescheide wird jetzt wieder der Betrag des nach den Bestimmungen des

Stempelgesetzes zu berechnenden Werthstempels erhoben (s. S. 106 Anm. 54. a), während, nach den Gerichtskostengesetzen v. 10. Mai 1851 §. 11 des Tarifs und v. 9. Mai 1854 Art. 12 Nr. 4 nebst Jnstr. des IM. v. 1. Juni 1854 Nr. 48 Absatz 4, in dem Gerichtskosten-Satze der früher zu ver­ wenden gewesene Jmmobiliar- Kaufstempel von

1 Prozent miteinbegriffen war.

Im Uebrigen

vergl. Tarifpos. „Subhastationsprozeffe", ferner S. 133 Anm. 10 (Verkauf unter Erbschafts-Theilnehmern in freiwilliger Subhastation u. Stempelansatz bei freiw. Subh. nach den vorgedachten Kostengesetzen) u. unten Anm. 8. a, b (Zuschlag an einen Miteigenthümer).

2.

Da nach §. 5. g des Stempelgesetzes der Adjudikationsstempel lediglich nach dem Meist-

gebot, worauf der Zuschlag erfolgt, berechnet werden soll, so ist von dem durch den Adjudikatar

326

Tarif.

Adjudicatkonsbescheide.

mitübernommenen Ausgedinge kein Stempel zu erheben. FMR. v. 22. Nov. 1842 HI 27578 (GK.). Auch FMR. v. 16. Dez. 1850 HI 26339 an d. PStD. in D. u. v. 23. Sept. 1841 an d. PStD. in Mg, wonach überhaupt der Kapitalwerth ausbedungener Leistungen und vorbehaltener Nutzungen nicht zu versteuern. 3. In Betreff der bei Subhastationen von den so genannten Unraths- (onera) Geldern zu entnehmenden Stempel ist durch JMR. v. 21. Juli 1834 bestimmt, daß diese Gelder, welche neben dem eigentlichen Kaufpreise in Subhastations-Sachen zur Bestreitung der Kosten u. s. w. bedungen zu werden pflegen, als ein Theil der Kaufgelder-Maffe, jedoch nur insoweit angesehen werden müssen, als sie nicht zur Deckung der Kosten bestimmt sind, die der Adjudikatar gesetzlich (§. 18 der Verordnung über den Subhast.-Proz. vom 4. März d. I.) zu tragen hat, sie daher, nach Abzug des eben gedachten Betrages, auch dem Prozent-Stempel unterliegen. Sollte sich nicht sogleich ergeben, wieviel von den Unrathsgeldern nach Abrechnung der Kosten übrig bleibt, so kann die Berechnung des hiervon zu entrichtenden Kaufstempels später erfolgen und dieser zu den Akten kassirt werden. Publik, des Hofgerichts zu Arnsberg v. 12. Aug. 1834 (Jurist. Zeitung 1834 S. 893). 4. In der Rheinprovinz tritt das Lizitations-Protokoll an die Stelle des Adjudikationsbescheides. Subhast.-Ordnung v. 1. Aug. 1822 §. 33 (GS. S. 195). 5. Bei den nach Art. 2181—2192 des Rheinischen Civilgesetzbuches eintretenden Zwangs­ verkäufen darf, insofern der unmittelbar vorangegangene Erwerb auf einem Kaufverträge beruht, und dazu der tarifmäßige Stempel verwendet ist, nur ein Zusatzstempel nach dem bei der Ver­ steigerung erzielten Mehrgebot verwendet werden. Kab.-O. v. 5. April 1840, mitgetheilt durch JMR. v. 30. dess. M. (JMB. S. 170, 171). 6. Bei den in der Rheinprovinz vorkommenden Subhastationen ist lediglich nach §. 21 der Subhast. - Ordnung vom 1. August 1822 zu verfahren, daher auch nur der Meistbietende wegen des Stempels in Anspruch zu nehmen, da ein Vertrags - Verhältniß zwischen dem bis­ herigen^ Eigenthümer und dem Adjudikatar nicht eintritt, so daß also, wenn Fiskus oder über­ haupt eine stempelfreie Behörde Meistbietender bleibt, der Stempel ganz wegfällt. FMR. v. 14. April 1826 (SK.). 7. Wenn der Magistrat ein baufälliges städtisches Grundstück in nothwendiger Suhastation nach §. 40 Tit. 8 Th. 1 ALR. ersteht, so muß zum Adjudikationsbescheide der tarifmäßige Stempel entrichtet werden. FMR. v. 11. Aug. 1841 III 17150 (GK.). 8. a. Nach einer dem Finanz-Ministerium ertheilten allgemeinen Ermächtigung ist es zulässig, in den Fällen der Theilungs halber extrahirten Subhastation den Werthstempel zum Adjudikationsbescheid, statt von der vollen Zahlungssumme, nur von einem Theile derselben, und zwar nach Verhältniß des vom Adjudikatar durch das Zuschlags-Erkenntniß erworbenen, früher von ihm nicht besessenen Antheiles an dem adjudizirten Grundstück zu erheben. FMR. v. 18. März 1845 III 5175 an d. PStD. in D. Nach d. FMR. v. 11. Nov. 1847 III 23756 (GK.), wonach jene Er­ mächtigung dem FM. durch Kab.-O. v. 29. Okt. 1842 ertheilt ist, soll in derartigen Fällen der Antrag auf Stempelermäßigung nicht zurückgewiesen, sondern darüber berichtet werden. 8. b. Der Kaufmann C. in P. ist sowohl bei dem Justiz-Minister als bei dem Herrn FinanzMinister gegen den Stempelansatz in der nothwendigen Subhastation des Gutes L. nebst Zu­ behör, wonach der Werthstempel von dem ganzen Zuschlagspreise berechnet worden, obgleich der Adjudikatar (und Beschwerdeführer) Miteigenthümer der subhastirten Realitäten war, vorstellig geworden. Zwar ist diese Beschwerde nach strengem Recht nicht begründet. Es ist jedoch schon früher nicht verkannt worden, wie sehr es in der Billigkeit liege, den Werthstempel für Adjudi­ kationsbescheide nur zur Hälfte zu erfordern, wenn bei einer Theilungshalber nothwendigen Sub­ hastation ein Miteigenthümer das ganze Grundstück durch das Meistgebot erwirbt. Demgemäß

Tarif. Adjudieationsbescheide — Antichretische Verträge.

327

ist denn auch durch die Allerh. Ordre vom 29. Okt. 1842 (s. vorige Anm.) der Finanz-Minister ermächtigt worden, sowohl in dem damals vorliegenden Falle die Hälfte des Werthstempels zu erlassen, als auch in ähnlichen Fällen nach gleichen Billigkeitsrücksichten zu verfahren. Auf Grund dieser Ermächtigung, deren praktische Bedeutung durch das Gesetz vom 10. Mai 1851 beseitigt, aber durch den Kostentarif zur Subhastationsordnung vom 15. März 1869 vermöge der den Kosten- und Stempelansatz trennenden und den Letzteren lediglich den Bestimmungen der Stempel­ gesetze unterwerfenden Bestimmung im §. 1 Ziffer 4 wieder in's Leben gerufen ist (f. S. 106 Anm. 54. a), hat der Herr Finanz-Minister es genehmigt, daß der Werthstempel für den Zuschlags­ bescheid nur von der Hälfte des Zuschlagspreises berechnet werde. JMR. v. 4. Mai 1870 an d. Kammergericht, mitgetheilt durch Cirk.-R. des FM. v. 15. dess. M. III 8163. Vergl. S. 81 ff. Anm. 15. a, b.

Adoptions - Verträge.......................................................................................... 2 Thlr. Zur einmaligen Ausfertigung bedarf es nicht noch des Ausfertigungsstempels, s. Tarifpos. „Eheverträge" Anm. 7.

Afterpacht- oder Mieths-Verträge, s. Pachtverträge. Vergl. S. 122 ff. Anm. 5. a — e.

Aktien. Ein Zwölftheil Prozent desjenigen Betrages, bis auf welchen der AktienZnhaber durch die ihm ertheilte Aktie zur Theilnahme an den Einlagen und Zuschüssen verpflichtet wird. Antichretische Verträge, wie Pachtverträge, s. diese. Die Königl. Regierung erhält anliegende Abschriften der Verfügungen des Königl. JustizMinisteriums vom 28. Dez. 1852, Fin.-M. III 31388, und vom 23. Mai 1863, Fin.-M. III 11262 (folgen sub a, b), um aus denselben zu ersehen, von welchen Grundsätzen dieses und das Finanz-Ministerium bei der Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit von antichretischen Verträgen ausgehen. Danach sind im Allgemeinen die Revenüen des Pfandobjekts der Gegenstand der Be­ steuerung und zwar, bei einer Antichrese auf eine bestimmte Zahl von Jahren die Revenüen dieser Jahre, bei Antichresen von unbestimmter Zeit die Revenüen je eines oder dreier Jahre (cf. §. 6. f des Stempelgesetzes). FMR. v. 4. Dez. 1869 III 22977 an d. Reg. in F.') a. Der Justiz-Minister muß in Uebereinstimmung mit dem Herrn Finanz-Minister der in dem Schreiben des Stempelfiskals vom 26. Juni d. I. enthaltenen Ausfühmng hinsichtlich des in Rede stehenden Monitums beitreten und Ihre dagegen angebrachte Remonstration für unbegründet er­ achten. Rach dem Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 werden antichretische Verträge, wie Pachtverträge, d. h. mit V3 Prozent von dem ganzen Betrage dessen, was der Pfandinhaber für die ihm überlassene Pfandnutzung zu leisten hat, besteuert. Ein Unterschied zwischen den in den §§. 139 ff. und 226 ff. Tit. 20 Th. 1 des ALR's gedachten verschiedenen Arten der Antichrese [mit, oder ohne Verpflichtung des Pfandinhabers zur Rechnungslegung^ ist dabei nicht gemacht und es i) Im vorliegenden Falle hatte der rc. F. sein Gut seinem Gläubiger zum nutzbaren Pfande übergeben, damit derselbe dieses Gut verwalte und die nach Abzug der Kosten und Lasten und der sonst zu entrichtenden Hypotheken-Zinsen verbleibenden Nutzungen bis zu seiner vollständigen Be­ friedigung zuerst auf die Zinsen der Kapital-Schuld von 800 Thalern und sodann auf das Kapital behalte und abrechne. Der Gläubiger hatte sich verpflichtet, jährlich Rechnung zu legen. Mit Rücksicht darauf, daß der Vertrag auf unbestimmte Zeit und über ein ländliches Grundstück geschlossen war, ist in Gemäßheit obigen FMR's der Stempel zu V3 Prozent von der Summe der Revenüen dreier Jahre, und zwar der Brutto-Revenüen, berechnet und nachgefordert worden. In der hiergegen erhobenen Beschwerde wurde geltend gemacht, daß das in Rede stehende Gut auf Höhe von 50000 Thalern mit Hypotheken - Schulden belastet sei, wovon der Pfand­ inhaber nach §. 153 Tit. 20 Th. 1 ALR. die Zinsen berichtigen müsse , daß demnach das Gut keine Revenüen abwerfe. Das hierauf ergangene FMR. vom 8. Juni 1870 III 9497 erkannte jedoch jene Stempelberechnung unter Zugrundelegung der dreijährigen Brutto-Revenüen als begründet an.

Tarif. Antichretische Verträge.

328

folgt daraus, daß Alles, was von Pachtverträgen gilt, in Betreff der Berechnung des zu ver­ wendenden Stempels auch in den Fällen Anwendung finden muß, in welchen dem Inhaber des nutzbaren Pfandes vertragsmäßig die Rechnungslegung über die gezogenen Nutzungen und die daraus

in Gemäßheit der ihm übertragenen Verwaltung zu Gunsten des Verpfänders zu

machenden Aufwendungen obliegt.

Da aber nach §. 6 des Stempelgesetzes bei Berechnung

des Werths des stempelpflichtigen Gegenstandes bei Pachtverträgen Alles, was der Pächter ver­ tragsmäßig dem Verpächter selbst oder einem Dritten für Rechnung des Verpächters wegen erhaltener Pacht zahlt, liefert oder leistet, dem ausbedungenen Pachtzinse zugerechnet werden muß, so ist auch bei antichretischen Pfandverträgen der vorliegenden Art der Stempelbetrag nicht blos von demjenigen Theile der Nutzungen, welchen der Pfandinhaber auf seine eigene Forderung an Zinsen und Kapital anrechnet, sondern außerdem auch noch von den, aus den Nutzungen an dritte Personen für Rechnung des Verpfänders zu zahlenden Beträgen, sowie von dem Werthe der für den Verpfänder selbst ausbedungenen Leistungen zu berechnen. Hiernach muß das betreffende Monitum aufrecht erhalten und es kann von dessen Erledigung nicht Abstand ge­ nommen werden.

JMR. v. 23. Dez. 1852 I 5851 an d. Notar H.')

1 b. Der Justiz-Minister tritt im Einverständnisse mit dem Herrn Finanz-Minister den Aus­ führungen des König!. Kammer-Gerichts und des Notars dahin bei, daß der zu dem anti­ chretischen Pfandvertrage vom 21. Dez. 1860 zwischen dem Fabrikanten G. und der rc. H. nachzufordemde Werthstempel nur von dem noch festzustellenden, event, nach der Angabe des Notars auf 1500 Thaler anzunehmenden Betrage der einjährigen Revenüen der verpfändeten Grundstücke zu berechnen und der von dem Stempelfiskal gezogene Defekt dem entsprechend zu ermäßigen ist. Da nach dem Vertrage die Pfandnehmerin dem Schuldner von ihrer Verwaltung Rechnung zu legen, sie zur Tilgung der Lasten, Abgaben, Zinsen u. s. w. auch aus eigenen Mitteln Nichts beizutragen hat, so entsprechen nicht die gedachten übernommenen, im Wesentlichen - schon gesetzlich selbstverständlichen Leistungen, zu welchen möglicher Weise die Revenüen ganz oder zum Theil nach und nach die Mittel gewähren, sondern nur die Revenüen selbst Demjenigen, was nach §. 6. a des Stempelgesetzes beim Pachtverträge der Versteuerung unterliegt, und J) Mittelst notariellen Vertrages hatte der rc. S. sein Grundstück dem rc. N. zur Sicherheit wegen einer Forderung von 3000 Thalern sowie Behufs dessen Befriedigung wegen der Zinsen davon zum antichretischen Pfandbefitz auf die Dauer von 5 Jahren überlassen. In Ausführung dieses Vertrages ist von den Kontrahenten verabredet, daß über die Verwaltung des Grundstückes alljährlich von dem N. Rechnung gelegt, daß aus den Revenüen des Grundstückes alle Hypotheken-Zinsen, Abgaben und Lasten berichtigt, die Salarien - Kasse wegen einer Kostenforderung befriedigt, zwei andere Forderungen von 47 und 106 Thalern bezahlt, und dem S. eine freie Wohnung sowie an dessen Ehefrau eine jährliche Rente von 200 Thalern gewährt werden solle. Zu diesem antichretischen Vertrage hatte der instrumentirende Notar einen Werthstempel von 12 Thalern 15 Sgr. verwendet, indem er zu dem Kapital der 3000 Thaler, welches der N. von dem S. zu fordern hatte, die Zinsen davon für die Dauer des Pfandvertrages hinzugerechnet und von der Summe von 3750 Thalern den Stempel mit y3 Prozent berechnet hat. In dem, in obigem JMR. vom 28. Dez. 1852 erwähnten Schreiben des Stempelfiskals an den Notar vom 26. Juni 1852 heißt es nun: Das Monitum kann ich durch die von Euer rc. angegebenen Gründe nicht widerlegt finden. Aus den allcgirten §§. 140 ff. und §. 226 Tit. 20 Th. 1 ALR. folgt nur, daß ein antrchretischer Pfandvertrag mit uno ohne Rechnungslegung abgeschlossen werden kann, nicht aber, daß im ersteren Falle keine Antichresis, sondern ein Verwaltungs- oder Vollmachts­ Vertrag, den bte Antichresis mit Rechnungslegung schon in der Regel in sich schließt, angenommen werden soll. Ist daher der in Rede stehende Pfandvertrag ein antichretischer, so folgt auch aus der Positron im Stempeltarif zum Gesetz vom 7. März 1822 „antichretische Verträge", daß der Vertrag wie ein Pachtvertrag versteuert werden muß, mithin nach §. 6 1. c. mit V3 Prozent von dem Betrage des Pachtgeldes und alles desjenigen, was der Pächter dem Verpächter selbst oder einem Dritten zu leisten hat, und in concreto von den durch die Nutzung zu tilgenden KapitalBeträgen, den fünfjährigen Zinsen der Schuld von 3000 Thalern an den Pfandinhaber, den Ab­ gaben und Lasten, der Rente an die Ehefrau des Schuldners und dem Werth der dem Letzteren eingeräumten Wohnung.

Tarif.

Antichretische Verträge — Asiekuranz-Policen.

329

demgemäß sind auch nur sie bei dem antichretischen Pfandvertrage, der laut der gleichnamigen Tarifposition nach denselben Grundsätzen wie der Pachtvertrag zu behandeln ist, zu versteuern. Nur sie sind das, was der verwaltende Gläubiger für Rechnung des Schuldners aus der Antichrese zu zahlen und zu leisten sich verpflichtet.

JMR. v. 23. Mai 1863 XU 1374 an d.

Kammer-Gericht?)

ApPeVations-Crkenntnisi, s. Erkenntniß. . Assekurariz-Polieen. Ein halbes Prozent der gezahlten Prämie. Zn allen Fällen, wo die gezahlte Prämie Einhundert Thaler nicht übersteigt........................................................................................... 15 Sgr. Da hiernach die Prämie bei Assekuranz-Policen als Gegenstand der Verhandlung angesehen wird, so sind diese Policen nach § 3 Buchst, a des Gesetzes stempelfrei, wenn der Betrag der Prämie Fünfzig Thaler nicht erreicht. 1.

Bezüglich des Erfordernisses für die Stempelpflichtigkeit der Assekuranz-Polizen und der

Verantwortlichkeit für die Lösung des Stempels zu denselben, s. S. 216 Anm. 9. b u. unten Anm. 5. a Absatz 2. Wegen der Verwendung von Stempelmarken zu Assek.-Pol. s. S. 278 Absatz 2. 2. Der §. 4. c des Stempetgesetzes bezieht sich nur auf Leibrenten oder Nießbrauch auf Lebens- oder andere unbestimmte Zeit, und ist auf andere Verhältnisse nicht analog anzuwenden. Enthalten daher Lebensversicherungs - Polizen die Anordnung, daß die jährliche Prämie bis zum Tode des Versicherten zu zahlen, so entscheidet nicht §. 4. c, sondern die Tarifposition „AssekuranzPolicen" (s. auch Anm. 6 Absatz 1, 2). Bei Polizen der eben gedachten Art ist die Prämien-Zahlung ihrer Dauer nach unbestimmt, also weder unter 50 Thlr, noch nach Gelde schätzbar, daher mit 15 Sgr. stempelpflichtig (s. jedoch Anm. 5. b), sofern nicht schon die für ein Jahr verabredete Prämie einen höheren Stempel erfordert, oder nicht etwa auf Grund solcher Polizen alljährlich besondere schriftliche Prolongations-Scheine ausgefertigt werden, für welchen Fall dergleichen Scheine steuerlich ebenso, wie andere auf ein Jahr gültige Polizen zu behandeln sein würden, in1) Der 2c. G. hatte mittelst notariellen Vertrages seine beiden städtischen Grundstücke der rc. H. auf so lange zum antichretischen Pfandbesitz eingeräumt, bis dieselbe wegen ihrer auf diesen Grundstücken eingetragenen Forderungen nebst rückständigen und laufenden Zinsen befriedigt sein würde. Nach der weiteren Verabredung in dem Vertrage soll die Gläubigerin die Grundstücke verwalten, aus den Früchten und Nutzungen die Lasten und Abgaben der Grundstücke, sodann die Zinsen der ihren hypothekarischen Forderungen vorstehenden Hypotheken-Kapitalien berichtigen, und den alsdann verbleibenden Ueberschuß zunächst auf die ihr zustehenden Zinsen ihrer eigenen Hypothekforderungen und sodann auf die Letzteren abrechnen. Der vom Stempelfiskal ange­ legten Berechnung des Stempels zu diesem Vertrage war der Betrag der Hypothekforderungen der Gläubigerin, der einjährigen Zinsen der gesammten eingetragenen Kapitalien und der ein­ jährigen Lasten und Abgaben zu Grunde gelegt. Das Kammergericht pflichtete der Ansicht des Stempelfiskals nicht bei, und äußerte sich in seinem Schreiben an denselben vom 1. Okt. 1862 dahin: Die Differenz der Ansicht liegt darin, daß wir den Gesammtbetrag der jährlichen Nutzungen für entscheidend halten, Sie aber den Gesammtbetrag alles dessen, was möglicher Weise in künftiger Zeit aus den Nutzungen des Pfandes getilgt werden kann, namentlich also auch den Betrag der Kapitalien. Eine derartige Berechnung könnte eine richtige sein, wenn der antichretische Pfand­ vertrag dahin ginge, daß durch die eingeräumte Antichrese in bestimmter Zeit Kapital und Zinsen als getilgt erachtet werden sollen. Wenn es sich aber, wie Sie anerkennen, nur darum handelt, wie hoch die jährlichen vom Pfandnehmer übernommenen Prästationen zu schätzen sind, so kann hierbei, da es an jedem anderen Maßstabe dazu fehlt, nur der Werth der dem Pfandnehmer über­ lassenen Nutzungen entscheidend sein. Etwas Anderes läßt sich auch aus dem Reskript vom 28. Dez. 1852 (s. oben sub a) nicht schließen, indem dasselbe eben nur den Grundsatz aufstellt, daß der Stempelbetrag nicht blos von demjenigen Theile der Nutzungen, welchen der Pfandinhaber auf seine eigene Forderung anrechnet, sondern auch von den aus den Nutzungen an dritte Personen für Rechnung des Verpfänders zu zahlenden Beträgen und dem Werthe der für den Verpfänder selbst ausbedungenen Leistungen zu tragen ist. Daß aber der Pfandnehmer mehr, als den ge­ sammten Werth der Nutzungen, also im vorliegenden Falle der einjährigen Nutzungen, versteuern soll, sagt jenes Reflript nicht.

330

Tarif. Assekuranz-Policen.

dem die Prolongations-Scheine gleich den Polizen selbst zu versteuern sind.

FMR. v. 12. Mai

1858 III 9745 an d. Reg.-Rath Richter in Berlin. 3.

Auch. die Polizen der Feuer-Versicherungs-Gesellschaften unterliegen gleich denen anderer

Versicherungs-Gesellschaften der Stempelsteuer nach Maßgabe der Position „Assekuranz-Policen" im Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822.

Wenn dem entgegen in dem Reflript vom

25. Juni 1822 [III 12449] an die Königl. Regierung zu Stralsund gesagt ist, daß die gedachte Stempel-Tarifposition auf die Feuer-Versicherungs-Anstalten im genannten Regierungsbezirke keine Anwendung finde, so beruht dies lediglich auf der Anzeige dieser Regierung, daß Afiekuranz-Polizen in dem Sinne des Stempelgesetzes bei den damals dort bestehenden Feuer-Versicherungs-Anstalten nicht vorkämen.

4. a.

FMR. v. 31. Jan. 1860 III 1518 an d. PStD. in S.

Der Stempel für Assekuranz - Polizen soll nach der Tarifposition des Stempelgesetzes

vom 7. März 1822 bei diesem Worte von der „gezahlten Prämie" entrichtet werden, und außerdem heißt es ebendaselbst ausdrücklich ganz allgemein, daß die „Prämie" als Gegenstand der Verhandlung angesehen werde. Hiernach unterliegt bei Polizen, in welchen eine terminweise Prämienzahlung für die Lebens­ dauer des Versicherten, oder auf sonst unbestimmte, oder auf bestimmte Zeit festgesetzt ist, nicht blos der auf Grund der Polize gezahlte erste Prämienbetrag, sondern der Gesammtbetrag der Prämie, welche aus der Polize zu zahlen ist, der Versteuerung. Ob die Entrichtung der Steuer beim Abschluß der Polize sofort für die ganze Dauer der Versicherung, oder in Raten, jedesmal nach Eintritt einer neuen Prämienzahlung zu erfolgen habe, kann zweifelhaft erscheinen; diese Frage hat indeß wesentlich an Bedeutung verloren, nachdem die Praxis sich dahin ausgebildet hat, daß bei Versicherungen auf unbestimmte Zeit der Werthstempel für die Polize nur nach Maß­ gabe der erstjährigen Prämie verwendet wird. Es soll gegen dieses Verfahren nichts erinnert, vielmehr in Uebereinstimmung mit demselben auch nachgegeben werden, daß in gleicher Weise auch bei Versicherungen auf bestimmte Zeit die Versteuerung nur von der Prämie des ersten Jahres eintrete; dagegen ist im Uebrigen an dem Wortlaut des Gesetzes festzuhalten. Wenn demnach Bestimmt ist, daß „in allen Fällen", wo die gezahlte Prämie 100 Thlr nicht übersteigt, ein Stempel von 15 Sgr. verwendet werden soll, und daß die Polize nach §. 3. a des Stempelgesetzes stempelfrei bleibe, wenn der Betrag der Prämie 50 Thlr nicht erreiche, so folgt daraus, daß die Verwendung eines Stempels von 15 Sgr. die Regel bildet, und daß eine Ausnahme hiervon nur dann eintritt, die Polize also nur dann stempelfrei ist, wenn überhaupt daraus eine Prämie von 50 Thlrn, unter Berücksichtigung der ganzen Versicherungsdauer, nicht zur Zahlung kommen kann. Wenn dagegen die Prämie, welche möglicher Weise aus der Polize während der Versicherungs­ dauer gezahlt werden kann, sich in Gelde nicht schätzen läßt, so ist nach der allgemeinen Regel des §. 3. a des Gesetzes die Polize mit 15 Sgr. stempelpflichtig, weil „in allen Fällen" dieser Stempel zu verwenden ist, wo die gezahlte Prämie 100 Thlr nicht übersteigt, und weil von dem Ausnahmefall, daß nämlich die Prämie 50 Thlr nicht erreiche, in den Fällen nicht die Rede sein kann, wo die Prämie sich in Gelde nicht schätzen läßt. MB. S. 107); s. jedoch Anm. 5. a, b.

4. b.

FMR. v. 6. März 1863 (CB. S. 138, j !

In der Cirk.-Verfügung vom 6. März 1863 Absatz 3 am Schluffe (f. Anm. 4. a) ist!

darauf aufmerksam gemacht, daß diejenigen Assekuranz-Polizen stempelfrei zu lassen sind, aus; welchen unter Berücksichtigung der ganzen Versicherungsdauer eine Prämie von 50 Thlrn nid)tj zur Zahlung kommen kann. Hieraus ist von einzelnen Behörden gefolgert worden, daß bei Ver-i sicherungen auf unbestimmte Zeit, namentlich auf Lebensdauer, unter allen Umständen der Stempel > von 15 Sgr. für erforderlich zu erachten sei, weil der Betrag der wirklich zur Zahlung kommenden) Prämie sich im Voraus nicht schätzen lasse.

Diese Auffassung kann jedoch nicht für zutreffend ^

Tarif. erachtet werden.

Assekuranz-Policen.

331

Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der Werth einer auf Lebensdauer oder

auf sonst unbestimmte Zeit zu leistenden Prämienzahlung jedenfalls den Werth einer immer­ währenden Rente von gleichem jährlichen Betrage nicht übersteigt; es erscheint deshalb nicht gerechtfertigt, diejenigen Polizen, aus welchen eine Prämie von weniger als 2 Thlr 15 Sgr. auf Lebens- oder auf sonst unbestimmte Zeit zu zahlen ist, dem Stempel zu unterwerfen.

FMR.

v. 28. Febr. 1866 (CB. S. 83, MB. S. 90); s. jedoch Anm. 5. b. 5. a.

Aus der Bestimmung des Stempeltarifs bei „Assekuranz-Policen" über die Höhe des

zu verwendenden Stempels läßt sich nicht die Folgerung herleiten, daß die Stempelpfichtigkeit überhaupt durch die Zahlung der Prämie bedingt sei, so daß also zur Assekuranz-Polize insofern gar kein Stempel zu verwenden wäre, wenn die Prämie noch nicht gezahlt, sondern etwa gestundet wäre. Vielmehr gelangt man nur dann zu einem mit §. 3. a des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 übereinstimmenden Resultat, wenn man bei Polizen über mehrjährige Versicherungen den für die ganze Dauer der Versicherung vertragsmäßig bestimmten und verbrieften Betrag der, wenn­ gleich in jährlichen Raten zu zahlenden Prämie, und nicht blos für Ein Jahr, als den wahren Gegenstand der Assekuranz-Polize betrachtet. Erk. des OT. (I) v. 4. Nov. 1864 (Str. A. B. 55 S. 258); es handelte sich um Feuerversicherungs - Polizen, die auf 10 Jahre ausgestellt waren, mit alljährlicher Zahlung der Prämie, welche jährlich unter 50 Thlr betrug, für alle 10 Jahre aber 50 Thlr erreichte resp. überstieg. Bei Polizen über mehrjährige Versicherungen bildet den Gegenstand der Versteuemng nicht die wirklich gezahlte, sondern die für die ganze Dauer der Versicherung stipulirte Prämie, wenn auch deren ratenweise Zahlung bedungen ist, und ohne Rücksicht auf die wegen etwaiger früherer Auflösung des Versichernngs-Vertrages vorgesehenen, als Resolutiv-Bedingung aufzufassenden, die Wirksamkeit des Kontrakts zur Zeit seiner Errichtung in keiner Weise ausschließenden Eventuali­ täten. Erk. des OT. (VI) v. 1. Juni 1874 (Entsch. B. 72 S. 323, CB. S. 214). Dieses Erk. betrifft zwar einen Fall in Schleswig-Holstein; die dort geltende Stempelsteuer-Verordnung vom 7. August 1867 (s. in Abth. II. B des Komm.) stimmt jedoch im Tarif sub voce „AffekuranzPolizen" mit der gleichnamigen Position im Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 überein. Es handelte sich um eine Feuerversicherung auf sechs Jahre gegen eine jährlich im Voraus zahl­ bare Prämie von 15 Thalern, und mit Rücksicht auf die Gesammtprämie von 90 Thalern hatte die Steuerverwaltung 15 Sgr. Stempel nachgefordert. In den Erk.-Gründen wird u. A. auf das im Absatz 1 gedachte Erk. des OTrib. verwiesen und bemerkt, daß die Berufung auf das fernere Erk. des OTrib. vom 21. Januar 1868 (s. Anm. 5. b Absatz 2) unzutreffend sei, weil der dort entschiedene Fall als eine Lebensversicherung betreffend wesentlich von dem hier vorliegenden sich unterscheide, und deshalb die Frage, ob die vorerwähnten beiden Urtheile in dem hier frag­ lichen Punkte prinzipiell von einander abweichen, dahingestellt bleiben könne. Im Uebrigen hatte der Kläger eventuell noch geltend gemacht, daß im vorliegenden Falle als bedungene Prämie der Gesammtbetrag der Jahresraten auch deshalb nicht gelten könne, weil nach den in der Polize enthaltenen Bedingungen die Versicherung erst durch die gehörig geleistete Zahlung gültig werde, auch nach einem etwa eintretenden Brande die Versicherungssumme sich um soviel vermindereals Entschädigung zu leisten sei, die Prämie also keinesweges so bedungen und festgestellt worden, daß sie bereits bezahlt sein könne. — Vergl. S. 216 Anm. 9. b Absatz 3. 5. b. Zwei verschiedene Senate des Königl. Ober-Tribunals haben die Position „AssekuranzPolicen" Absatz 2 und 3 im Tarif zum Stempelgesetz dahin ausgelegt, daß Polizen, welche für die Lebenszeit eines Menschen geschlossen sind, einem Stempel nicht unterliegen, wenn die alljährlich zu zahlende Prämie den Betrag von 50 Thalern nicht erreicht (die Erkenntnisse des Ober-Trib. folgen im Absatz 2). Das Ober-Tribunal nimmt dabei an, daß, weil die Dauer des Lebens des Versicherten eine ungewisse und die Zahlung der Prämie jedes folgenden Jahres durch

632

Tarif. Assekuranz-Policen.

das Leben des Versicherten bedingt sei, der Vertrag ein vollendetes Recht nur auf die Prämie des ersten Jahres gewähre.

Da eine Abänderung dieser übereinstimmenden Entscheidungen nicht

zu erwarten steht, so werden die in den Cirkular-Verfügungen v. 6. März 1863 und v. 28. Febr. 1866 (f. Anm. 4. a, b) für Lebens - Versicherung - Polizen aufgestellten, hiervon abweichenden Be­ stimmungen aufgehoben. Es sind daher Erinnerungen nicht mehr aufzustellen, wenn, in Gemäßheit der erwähnten Entscheidungendes Königl. Ober-Tribunals, Lebensversicherungs-Gesellschaften in Fällen der vorgedachten Art zu den Polizen über Kapital-, Renten-, Begräbnißgeld- u. s. w. Versicherungen, die Versicherung mag auf bestimmte Zeit oder auf Lebenszeit geschlossen sein, einen Stempel nicht mehr verwenden.

FMR. v. 20. Juni 1869 (CB. S. 421, MB. S. 248).

Zur Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit von Versicherungs - Polizen ist lediglich die in der Polize selbst festgesetzte Prämie maßgebend.

Deshalb sind Lebens-Versicherungs-Polizen auf eine

unbestimmte Zeitdauer, wenn die in der Polize bestimmte Prämie den Betrag von 50 Thalern nicht erreicht, nicht stempelpflichtig (es handelte sich um Lebens-Versicherungs-Polizen mit Stipu­ lation eines jährlichen Prämienbetrages unter 50 Thlr).

Erk. des OT. (V) v. 21. Jan. 1868

Str. A. B. 70 S. 23). — Bei Versicherungsverträgen auf unbestimmte Zeit ist der Werthstempel zur Polize nach der Prämie des ersten Versicherungsjahres anzusetzen (es handelte sich um BegräbnißVersicherungen, für welche jährliche Prämien unter 50 Thlr auf die Dauer des Lebens des Ver­ sicherten ausbedungen waren).

Erk. des OT. (I) v. 19. März 1869 (Str. A. B. 74 S. 146,

Entsch. B. 61 S. 259). 6.

Der in dem Schreiben der Direktion vom 6. August v. I. ausgedrückten Auffassung, daß

die mit Ihren Interessenten geschlossenen Verträge durch Korrespondenz, beziehungsweise in einer die Stempelpflichtigkeit nicht bedingenden Form zu Stande kommen, läßt sich zwar nicht beitreten-, es muß vielmehr nach wie vor im Prinzip daran festgehalten werden, daß durch den statutenmäßig einzureichenden Antrag des Versicherungsnehmers und durch die schriftliche Annahme des Antrages ein schriftlicher, seinem Inhalte nach steuerpflichtiger Vertrag geschloffen wird.

Wenn gleich hier­

nach von diesem Gesichtspunkte aus eine den Lebens-, Renten-, Pensions- rc.

Versicherungs­

geschäften günstigere Auslegung der einschlagenden Bestimmungen des Stempelgesetzes sich nicht rechtfertigt, so läßt doch eine andere Erwägung, daß nämlich die von solchen Gesellschaften ge­ schlossenen Verträge, obwohl durch dieselben Leibrenten, Renten, Pensionen rc. konstituirt werden, immerhin Versicherungsverträge seien, welche das Stempelgesetz einem Werthstempel nicht unterwirft, die in Antrag gebrachte mildere Auslegung zu. Es soll demgemäß nichts dagegen erinnert werden, daß in Zukunft zu den Urkunden, in denen eine Lebens- rc. Versicherungsgesellschaft die Annahme eines Versicherungsantrages zu erkennen giebt und die entsprechenden Verpflichtungen übernimmt, statt des tarifmäßig für Leibrenten-Verträge vorgeschriebenen Werthstempels zu 1 Prozent nur der gesetzliche Stempel für AssekuranzPolizen mit V2 Prozent zur Verwendung kommt (s. auch Anm. 2).

Der letztere Werthstempel ist

demnach, wenn die Einkaufssumme Seitens des Versicherungsnehmers in Einem und ungetrennt gezahlt wird, von dieser Summe, wenn sie aber in jährlichen Raten entrichtet wird, nach Anleitung .der Verfügung vom 6. März v. I. (s. Anm. 4. a), welche auch hier Platz greift, zu verwenden. Der Versteuerung unterliegt, mit der aus der angezogenen Verfügung folgenden Maßgabe, der ganze statutenmäßig zu entrichtende Betrag, welchen, wenn er aus der Polize nicht hervorgehen sollte, die Kontrahenten nach §. 4. f des Stempelgesetzes anzugeben verpflichtet sind (s. jedoch Anm. 5. b). Das Verhältniß ausländischer Versicherungsgesellschaften anlangend, so können die mit den­ selben eingegangenen Verträge

gesetzlich nur dann der

werden, wenn deren Abschluß in Preußen erfolgt.

diesseitigen Versteuerung

unterworfen

Das Letztere ist, woran auch ferner festgehalten

wird, auch dann der Fall, wenn ein in Preußen wohnender Agent die Polize statutenmäßig mit-

Tarif. Assekuranz-Policen — Atteste. zuvollziehen hat, und sie dem entsprechend mitvollzieht.

ZZZ

FMR. v. 6. Jan. 1864 an die Berlinische

Renten- und Kapital-Versicherungsbank in Berlin (CB. S. 66, MB. S. 108).

Assignationen, rc. [fäat weg, s. S. 165 ff.]. Atteste, amtliche, tn Privatsachen...................................................15 Sgr. der Mäkler, s. Mäkleratteste. Zeugnisse, welche, von wem es auch sei, nur allein zu dem Zwecke ausgestellt werden, um auf den Grund derselben ein amtliches Attest ausfertigen zu lassen, sind keinesweges stempelpflichtig. Alle amtliche Atteste, welche nur deshalb ausgefertigt werden, damit der Inhaber seine Berechtigung zum Genusse von Wohlthaten, Stiftungen und andern Dispositionen für Dürftige dadurch nachweisen könne, sind stempelfrei. Alle Atteste, welche die Pfarrer von Amtswegen in Bezug auf kirchliche Handlungen ertheilen, mit alleiniger Ausnahme der Geburts-, oder Tauf-, Trauungs- und Todtenoder Beerdigungs-Scheine, bedürfen keines Stempels [f. jetzt S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 12]. Diejenigen Atteste, welche bei öffentlichen Kassen als Rechnungsbelag wegen Zahlung der Wartegelder und Pensionen von den Empfängern eingereicht werden müssen, sind stempelfrei. 1. Ueber die Pflicht der Beamten bei Ausstellung stempelfreier Atteste und deren mißbräuch­ liche Benutzung s. S. 227 Anm. 19. 2. Das Attest muß Umstände betreffen, über welche ein öffentliches Dokument auszustellen der Beamte durch sein Amt berufen ist. Dies folgt von selbst aus dem Zwecke eines amtlichen Attestes. Nun ist aber klar, daß der Orts-Schulze darüber amtlich nichts zu bezeugen hat, ob sich eine Frauensperson schwanger befindet; sein Attest ist daher kein amtliches und der Defekt nieder­ zuschlagen. FMR. v.^ll. Juni 1843 III 13178 an d. PStD. in D. — Die Stempelfreiheit des Attestes würde auch dann eintreten, wenn etwa der rc. N. bei Ausstellung desselben über seine Befugnih zur Ausstellung amtlicher Atteste hinausgegangen sein sollte, weil alsdann in der That kein amtliches, sondern nur ein stempelfreies Privat-Attest vorliegen würde. FMR. v. 12. Mai 1858 III 9856 an d. Reg. in F. 3. Da nur das Zeugniß an sich der stempelpflichtige Akt ist, nicht aber die darin bezeugte Thatsache, so ist zu jedem kirchlichen Zeugniß nur der einfache Atteststempel erforderlich, gesetzt auch, daß Taufatteste über die Mannes mit mehreren Frauen (LR.). Bergl. S. 324 Anm. 3. 4. Amtliche Atteste, wenn bedürfen keines Stempels. 5.

Geburt mehrerer Kinder, Trauscheine über die Kopulation eines ausgefertigt werden. FMR. v. 5. Jan. 1825 an d. Reg. in Mr Im Uebrigen s. jetzt S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 12. sie zu Verhandlungen erfordert werden, welche stempelfrei sind,

FMR. v. 22. Okt. 1827 III 16037 an d. PStD. in Kg (LR.).

Amtliche Atteste sind zwar auch Ausfertigungen; es muß zu denselben jedoch stets der

im Tarif ausdrücklich vorgeschriebene Stempel von 15 Sgr. verwendet werden, und genügt nicht der für gewisse Fälle zulässige Ausfertigungsstempel von 5 Sgr.

FMR. v. 1. Okt. 1823 III

17858 (SK.). 6. Atteste öffentlich approbirter Aerzte und Wundärzte sind in der Regel nicht, sondern nur in sofern stempelpflichtig, als sie von ihnen in der Eigenschaft öffentlicher Medizinalbeamten, also z. B. von Kreisphysikern, Kreis-Chirurgen, gerichtlichen Medizinalbeamten, öffentlichen Lehrem an den Unterrichtsanstalten des Staats u s. w. ertheilt werden. Publik, der Reg. in P. v. 30. März 1824 auf Grund des R. des M. d. geistl. rc. Angel, und des FM. v. 25. dess. M. (v. KA. B. 8 S. 354). Ebenso im Wesentlichen nach dem R. des M. d. geistl. rc. Angel. v. 18. Jan. 1830 (v. KA. B. 14 S. 178). Wenn der Attest-Aussteller durch Beifügung seiner amtlichen Firma zu erkennen giebt, daß er das Zeugniß nicht in seiner Qualität als Arzt, sondern als Medizinalbeamter ausgestellt hat>

334

Tarif. Atteste.

so ist die Bedingung zur Forderung des Atteststempels vorhanden, wenn es auch der Sache nach keines amtlichen Zeugnisses bedurft, sondern das privatärztliche Attest genügt haben würde.

Die

Beifügung der Amtsfirma entscheidet übrigens für die Stempelpflichtigkeit des Attestes, auch wenn nicht das Amtssiegel beigedrückt ist.

Cirk.-Verf. der Reg. in Kg v. 8. Juli 1832 auf Grund des

FMR. v. 7. April dess. I. (v. KA. B. 17 S. 217). 7. a. Daß die Stempelpflichtigkeit der Rekognitions-Atteste nicht nach der Position „Abschriften, beglaubigte" im Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 beurtheilt werden darf, ist ohne Zweifel, indem bei der Ausstellung eines Rekognitions - Attestes die Beglaubigung einer Abschrift garnicht in Frage steht. Eben so wenig Bedenken aber kann es haben, ein Attest in nachstehender Form: „beglaubigt (versehen mit Datum und Unterschrift unter Beidrückung des Amtssiegels)" für ein amtliches Attest und insbesondere für ein Rekognitions-Attest zu halten, da nirgends vor­ geschrieben ist, daß nur die auf Grund besonderer Rekognitions-Protokolle ausgefertigten Rekog­ nitions-Atteste dem Attest-Stempel unterworfen werden sollen.

Im Uebrigen ist die Frage, ob

die unter Privat-Urkunden und insbesondere unter Privat-Bescheinigungen ausgestellten RekognitionsAtteste stempelpflichtig sind, sei es nun, daß diese Rekognition sich auf den ganzen Inhalt der Urkunde, oder nur auf die Unterschrift des Ausstellers bezieht, bereits entschieden, wie aus der in Abschrift beiliegmden Verfügung an die Regierung zu Potsdam vom 30. März 1846 (s. folg. Absatz) zu ersehen gegeben wird. FMR. v. 17. Jan. 1855 III 32063 an d. Reg. in F. Unterschriftsbescheinigungen Seitens einer öffentlichen Behörde sind im Sinne des Stempel­ gesetzes Rekognitions-Atteste über die Richtigkeit der Unterschrift, und auch bei Privat-Dokumenten von dem 15 Sgr.-Stempel nach dem Stempeltarif „Atteste" nicht ausgeschlossen, sofern das Do­ kument nicht über einen an sich oder beziehungsweise stempelfreien Gegenstand spricht. Ein Führungszeugniß, um welches es sich im vorliegenden Falle handelt, ist abB ein nach Gelde nicht schätzbarer Gegenstand; auch ist nicht nachgewiesen, daß dasselbe zu einem die Stempelfreiheit nach sich ziehenden Zweck hat verwendet werden sollen. FMR. v. 30. März 1846 III 5880 an d. Reg. in Pm. Vergl. Absatz 2 der Anm. zur Tarifpos. „Legalisation" u. die Tarifpos. „Recognitionsprotokolle".

7. b. In Betreff der Stempelfreiheit der Beglaubigungen nach §. 33 der Grundbuchordnung v. 5. Mai 1872 vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 6. 8. a. Bei Zahlungen aus Königl. Kassen bedarf es in der Regel, namentlich bei bekannten Personen, der Beibringung eines Rekognitions - Attestes über die Echtheit der Unterschrift des Quittungs-Ausstellers nicht, sondern nur wenn bei unbekannten Empfängern die Identität der Person zweifelhaft erscheint, oder die Erhebung durch einen Dritten erfolgen soll, ist eine besondere Legitimation des zur Empfangnahme der Gelder und Effekten sich Meldenden erforderlich. Wo indessen eine solche besondere Legitimation des Zahlung-Empfängers erforderlich ist, da geschieht sie der Regel nach nicht sowohl im Interesse der zahlenden Kasse, als in seinem eigenen, und er kann sich daher nicht entziehen, die Kosten derselben, gleichviel in welcher gesetzlichen Form sie bewerkstelligt werden möge, zu tragen. Zu dem Attest über die Rekognition der Handschrift des Zahlungs-Empfängers aber muß, außer dem Quittungsstempel, der nach dem Stempeltarif erforderliche Stempel von 15 Sgr. verbraucht werden, indem ein solches Rekognitions-Attest, auch wenn es blos von administrativen Behörden und auf der Urkunde selbst ausgestellt wird, dessen ungeachtet keinesweges zur Kategorie der stempelfreien Legalisationen gehört, sondern die Stelle eines förmlichen Rekognitions - Protokolls vertritt, in dessen Ermangelung der im Stempeltarif für dieses letztere vorgeschriebene Stempel von 15 Sgr. zu dem Atteste selbst verbraucht werden muß.

Bekanntm. der Reg. in Merseburg v. 15. Sept. 1835 auf Grund FMR.'s v. 7. Aug. dess. I.

(v. KA. B. 19 S. 659). Die Königl. Ober-Rechnungskammer hat bei Revision der Jahresrechnung der Königl.

Tarif. Atteste.

335

Proviantämter pro 1841 verordnet, dagegen Vorkehrungen zu treffen, daß die Unterschriften der Fourage- rc. Lieferanten unter Quittungen über empfangene Vergütungen da, wo dies nicht aus­ drücklich vorgeschrieben ist oder durch besondere Umstände bedingt wird, künftig nicht mehr, wie dies wohl bisweilen geschehen, beglaubigt werden sollen. Wo eine solche Unterschrifts-Beglaubigung jedoch durch irgend welche Umstände nothwendig erscheint, soll darauf gehalten werden, daß als­ dann, gemäß den Bestimnmngen in dem Tarif des Stempelsteuergesetzes vom 7. März 1822 8ad voce „Recognitionsprotokolle" und „Atteste" das gesetzliche Stempelpapier dazu kassirt wird. Cirk.-Verfügung der Reg. in P. v. 4. Jan. 1843 an die Landräthe (MB. S. 47).

8. b. Wenn Kassenbeamte sich unter Umständen zu ihrer Sicherheit veranlaßt finden, die Beibringung schriftlicher Bescheinigungen der eigenhändigen Unterschrift des Zahlungs-Empfängers zu verlangen, dessen es jedoch schon nach dem Cirkular vom 28. März 1825 und mehrfach wieder­ holter Anordnung in der Regel nicht bedarf, so ist, mit Rücksicht auf die Stempeltarif-Position „Atteste" Schlußabsatz, bei Zahlungen von Wartegeldern und Pensionen, mit Einschluß der Wittwenpensionen, aus öffentlichen Kassen auch zu dergleichen amtlichen Attesten, durch welche die eigenhändige Unterschrift des Zahlungsempfängers bescheinigt wird, ein Stempel nicht zu ver­ wenden.

Danach modifizirt sich die im §. 50 des Nachtrages zur Anweisung für die Kaffen- und

Buchführung bei den Haupt-Zoll- und Haupt-Steuer-Aemtern vom 25. Oktober 1856 (CB. S. 229) getroffene

Anordnung,

soweit dieselbe die Stempelpflichtigkeit derartiger Atteste ausspricht.

FMR. v. 13. April 1861 (CB. S. 256, MB. S. 225), mitgetheilt durch FMR. v. 14. deff. M. (CB. S. 257, MB. a. a. O.). 9. a. Obrigkeitliche Atteste für, ihren Wohnort wechselnde Personen Behufs Aufnahme in dem neuen Wohnort (Ges. v. 31. Dez. 1842, GS. 1843 S. 5) sind stempelfrei (R. des FM. u. des M. d. I. v. 7. Mai 1847, MB. S. 172), auch wenn nicht eigentlich ein Domicil gewechselt, sondem zum ersten Mal ein solches genommen wird (FMR. v. 30. ykt. 1862 III 22677 an d. Reg. in F.), ferner auch, wenn das Attest die nicht vorgeschriebene Bescheinigung der Führung enthält (FMR. v. 10. Mai 1855 u. R. des FM. u. des M. d. I. v. 15. März 1856, CB. 1858 S. 286, auch R. des M. d. I. v. 3. Aug. 1858, MB. S. 164). Von den vorallegirten Reskripten machen das 1., 3. u. letzte die Stempelfreiheit dieser Umzugsatteste davon abhängig, daß darin der Zweck derselben bemerkt ist; das FMR. v. 10. Mai 1858 III 9858 an d. PStD. in Br. sagt jedoch, daß aus der mangelnden Angabe des Zweckes nicht unbedingt die Stempelpflichtigkeit der Atteste folge, daß vielmehr von deren Versteuerung abzustehen, wenn nachträglich außer Zweifel gestellt werde, daß selbige Anziehenden, Behufs ihrer Aufnahme an ihrem neuen Wohnort, ausgestellt worden. — Vergl. jetzt das Gesetz über die Freizügigkeit vom 1. Nov. 1867 (BGbl. S. 55). Bescheinigungen der Polizeibehörden nach §. 8 des Gesetzes v. 31. Dez. 1842 (GS. 1843 S. 5) über die erfolgte Meldung der sich an einem Orte niederlassenden Personen sind stempelfrei. R. des FM. u. des M. d. I. v. 11. Aug. 1843 (CB. S. 191, MB. S. 235).

9. b. Amtliche Zeugnisse Behufs der Erlangung eines vorübergehenden Aufenthaltes sind stempelpflichtig. Der Erlaß vom 7. Mai 1847 (s. vorige Anm.) spricht sich nur über die Stempelfreiheit von amtlichen Zeugnissen aus, welche Anziehenden aus Anlaß und zum Zwecke ihres Anzuges ertheilt werden.

In Fällen aber, in denen es sich nicht um das Gesetz vom

31. Dez. 1842, also nicht um die Ertheilung von Zeugnissen für Personen handelt, welche die Absicht haben, sich als selbstständige Preußische Unterthanen niederzulassen, läßt sich eine Ausnahme von der Regel, daß amtliche Zeugnisse in Privatsachen stempelpflichtig sind, nicht anerkennen. R. des M. d. I. und des FM. v. 12. März 1854 (CB. S. 204, MB. S. 59). Dieses Reskript ist durch das FMR. v. 22. Juni 1863 (III 11776 an d. PStD. in S.), welches die Gesuche um Gestattung des vorübergehenden Aufenthaltes als stempelfrei anerkennt, nicht aufge­ hoben.

FMR. v. 25. Juli 1865 III 5068 an d. Reg. in F.

336

'

Tarif. Atteste.

10. Zu obrigkeitlichen Attesten für Personen, welche das erstemal in Dienst gehen, kann, da sie zu den Gesinde-Entlassungs-Scheinen nicht zu rechnen sind, der für die letzteren festgesetzte 5 Sgr.-Stempel nicht für zulässig erachtet werden, vielmehr ist zu dergleichen nach §. 40 [sott heißen §. 10] der Gesinde-Ordnung [v. 8. Nov. 1810, GS. S. 101] erforderlichen öffentlichen Zeugnissen ein 15 Sgr.-Stempel anzuwenden.

Dergleichen Atteste sind jedoch gratis auszustellen, wo der

Dienstsuchende zur Entrichtung des 15 Sgr. - Stempels unvermögend ist.

Publik, der Reg. in

Oppeln v. 12. Mai 1823 auf Grund des FMR. v. 18. Dez. 1822 (v. KA. B. 7 S. 256). Die den neu angehenden Dienstboten zur Annahme ihrer ersten Stelle auszufertigenden obrigkeitlichen Zeugnisse können, falls diese Leute wirklich arm sind, stempelfrei ertheilt werden, in welchem Falle nur auf dem Atteste selbst zu bemerken ist, daß die Stempelfreiheit Armuths halber eingetreten sei. Aus dem Stande der, überdies in der Regel noch nicht bekannten künftigen Herrschaft kann indessen ebensowenig, wie aus dem Stande der Dienstboten unbedingt die Armuth der Letzteren gefolgert werden, da es sehr wohl möglich ist, daß ein solcher Dienstbote ein Vermögen von 100 Thlrn und mehr besitzt, und dann nach §. 40 Tit. 23 Th. 1 AGO. keine, die Stempelfreiheit begründende Armuth angenommen werden kann. Ueberhaupt ist, sobald es auf Abgabenpflichtigkeit ankommt, die Armuth der Debenten nicht nach dem im gewöhnlichen Leben wühl üblichen Maßstabe zu ermessen. (v. KA. B. 10 S. 712).

R. des M. d. I. u. des FM. v. 20. Sept. 1826

Zu den für Dienstboten ausgestellten obrigkeitlichen Führungs-Attesten Behufs Antritts eines Dienstverhältnisses müssen nicht blos 5 Sgr., sondern 15 Sgr. Stempel zum Verbrauch kommen. Die Befreiung von diesem Stempel kann nur eintreten, wenn im einzelnen Falle die Uneinziehbarkeit des Stempelbetrages nachgewiesen ist. FMR. v. 6. Jan. 1860 III 29836 an d. Reg. in F. Vergl. S. 31 Anm. 1, 2. 11. Zu den von Behörden oder einzelnen Beamten ertheilten Bau-Abnahme-Attesten (auch Revisions-Balancen, Revisions-Anschläge, und Bau-Revisions-Protokolle benannt), sowie bei Lieferungs-Kontrakten zu den Ablieferungs-Attesten, welche Entrepreneurs über die kontraktmäßige Ablieferung des Baues oder Lieferanten über die erfolgte Ablieferung verlangen, oder zur Justifikation ihrer Liquidationen als Belag beizubringen verpflichtet sind, bedarf es, als zu amtlichen Attesten in Priv-tsachen, sobald sie eine stempelpflichtige Summe betreffen, jederzeit des gesetz­ lichen Stempels von 15 Sgr., ohne Rücksicht darauf, ob dergleichen Attest besonders ausgefertigt, oder auf die Liquidation selbst gesetzt wird. Wenn dagegen die Verwaltung nur sich selbst oder der kontrolirenden Behörde von der Erfüllung des Kontrakts Ueberzeugung verschaffen will, und daher jene Abnahme-Atteste nicht für den Entrepreneur oder Lieferanten, sondern zur eigenen Notiz der Behörden ertheilt werden, blos zu dem Zweck, um zu beweisen: a. daß der mit der Leitung oder der Aufsicht des Baues beauftragt gewesene Beamte sich in den Schranken seiner Befugniß gehalten, und sich keine eigenmächtige Abweichungen gegen den revidirten und geneh­ migten Anschlag erlaubt hat, oder b. daß die für die Ausführung berechnet gewesenen Kosten nothwendig gewesen und dazu verwendet worden sind, so bedürfen solche rein amtliche Verhand­ lungen des Stempels nicht. FMR. v. 26. Aug. 1825 (v. KA. B. 11 S. 381). Zur Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit der im Reskript vom 26. August 1825 gedachten Bau-Abnahme-Atteste, sowie der Ablieferungs-Atteste bei Lieferungs-Kontrakten, kommt es auf die Veranlassung zur Ertheilung derselben an. Liegt diese in der bestehenden Verfaffung, dergestalt, daß die Kasse dergleichen Zeugnisse jedenfalls zur Justifikation ihrer Rechnung bedarf, und ist also der Grund, weshalb dieselben ausgestellt worden, nicht in dem Privatinteresse des Entre-. preneurs oder Lieferanten, sondern in den bestehenden Verwaltungsvorschriften zu suchen, so bleiben dieselben stempelfrei, und kann selbst die zu dem Kontrakte übernommene Bedingung, welche den Entrepreneur verpflichtet, dergleichen Zeugnisse von einen: dazu ihm ausdrücklich

Tarif.

337

Atteste.

bezeichneten, vom Staate für diesen Zweck bestellten Beamten beizubringen, indem dergleichen Be­ dingung nicht zunächst das Interesse des Entrepreneurs oder Lieferanten, sondern vielmehr das Interesse der Verwaltung zur Erfüllung der bestehenden Verfassung bezweckt, die Stempelpflichtigkeit nicht begründen. Werden dagegen dergleichen Zeugnisse außer jenem Verhältniß von dem Entrepreneur oder Lieferanten zur Erreichung seiner Privatzwecke extrahirt, indem er z. B. deren bedarf, um sich mit seinen Theilnehmern auseinanderzusetzen, oder anderweite Ansprüche zu verfolgen, jo unterliegen dieselben dem Stempel von 15 Sgr.

FMR. v. 29. Dez. 1827

(v. KA. B. 12 S. 59). 12. Es sind Zweifel über die Stempelpflichtigkeit der auf Grund der §§. 14 und 16 des Regulativs, betreffend die Anlage von Dampfkesseln, vom 31. August 1861 WB. S. 177] aus­ gestellten Bescheinigungen entstanden. Zur Behebung dieser Zweifel wird bestimmt, daß in jedem Falle nur die letzte dieser Bescheinigungen, nach deren Ausstellung gemäß §. 12 des Gesetzes vom 1. Juli 1861 [©©. S. 749] der Betrieb der Dampfkessel-Anlage beginnen kann, auf Gmnd der Position „Atteste" in dem Stempeltarif vom 7. März 1822 für stempelpflichtig zu erachten ist, daß jedoch die vor dieser Bescheinigung ausgestellten Bescheinigungen nur dann von der Stempel­ pflicht befreit find, wenn sie lediglich zu dem im §. 12 des Gesetzes vom 1. Juli 1861 vorge­ sehenen Zwecke ausgestellt und benutzt werden. Die zur Ausstellung berechtigten Beamten sind in geeigneter Weise zu veranlassen, einen entsprechenden Vermerk in die Bescheinigungen aufzu­ nehmen. FMR. v. 2. Febr. 1868 (CB. S. 130, im MB. S. 67 als R. des FM. u. des M. f. Handel rc. abgedruckt). Vergl. jetzt die Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 (BGbl. S. 245): §. 24 (Erforderniß der Genehmigung der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde zur An­ legung von Dampfkesseln) und §. 25 (Erneuerung der Genehmigung bei Vornahme einer Aenderung in der Lage oder Beschaffenheit der Betriebsstätte); ferner Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend allgemeine polizeiliche Bestimmungen des Bundesraths über die Anlegung von Dampf­ kesseln, v. 29. Mai 1871 (RGbl. S. 122): §. 11 (Prüfung neu aufgestellter Dampflessel); §. 12 (gleiche Prüfung bei Ausbesserung von Dampfkesseln) und §. 19, welcher bezüglich der Kessel in Eisenbahn-Lokomotiven auf die Bestimmungen des Bahnpolizei-Reglements vom 3. Juni 1870 verweiset; aus diesem Reglement (BGbl. S. 461) kommen hier in Betracht: §. 8 (technisch-polizei­ liche Prüfung der Lokomotiven vor deren Jnbetnebstellung) und §. 9 (zeitweise Wiederholung der Revision, sowie nach jeder größeren Kesselreparatur). — In Beziehung auf die von Zeit zu Zeit vorzunehmende amtliche Revision im Betriebe befindlicher Dampfkessel vergl. §. 3 des Gesetzes, den Betrieb der Dampfkessel betreffend, vom 3. Mai 1872 (GS. S. 515) und das zu diesem §. 3 erlassene Regulativ des M. f. Handel rc. vom 24. Juni 1872 (mitgetheilt durch R. desselben M. von demselben Tage — MB. S. 182 ff.). Von einem Stempelansatz kann bei diesem von Amtswegen resp. nur im öffentlichen Interesse stattfindenden Verfahren überall nicht die Rede sein.

13. a. Für Verhandlungen über Außer- und Wieder.Jnkurssetzung von öffentlichen auf jeden Inhaber lautenden Papieren ist eine Befreiung von der Stempelabgabe aus dem Stempelgesetze nicht herzuleiten.

Das Finanz-Ministerium aber hat für solche Fälle, wo nicht ein förmliches

Attest ausgefertigt, sondern nur von der Behörde ein Vermerk mit den Worten „Außer Kurs gesetzt" oder „Wieder in Kurs gesetzt" dem Dokumente beigefügt wird, nachgegeben, daß der Stempel nicht zu diesen einzelnen Vermerken, sondern zu jedem Protokolle mit 15 Sgr., ohne weitere Rücksicht auf die Zahl der danach außer oder wieder in Kurs gesetzten Dokumente, verwendet werde.

Wenn dagegen die Außer- oder Wieder-Jnkurssetzung mittelst Anfertigung

förmlicher Atteste der Behörde geschieht, dann muß zu jedem Atteste der vorgeschriebene Atteststempel mit 15 Sgr. verwendet werden.

In der vom König!. Justiz-Ministerium im diesseitigen

Einverständniß erlassenen Verfügung vom 21..Nov. 1832 ist dies anerkannt. Allgemeine Be­ dingung der Stempelpflichtigkeit der in Rede stehenden Verhandlungen ist übrigens, daß sie in Hoyer, Stempclgesetzgebung.

2. Aufl.

22

338 Privat-Angelegenheiten

Tarif. ausgefertigt

Atteste.

werden, indem

der Stempeltarif

sowohl bei Attesten als bei Protokollen die Stempelpflichtigkeit bindet.

an dieses

Merkmal

Wenn daher öffentliche

Behörden, welche Dokumente aufbewahren müssen, zu ihrer Sicherheit dieselben außer und dem­ nächst wieder in Kurs setzen, so bedarf es zu den desfallsigen Verhandlungen keines Stempels. FMR. v. 12. Febr. 1841 III 3038 an d. PStD. in Br., mitgetheilt durch FMR. v. 31. Mai 1848 III 11105 an d. PStD. in S. Das vorgedachte JMR. v. 21. Nov. 1832 an d. OLGericht in Kg (SK.) bestimmte im Einverst. des FM.: daß die Bescheinigungen, wonach ein außer Kurs gesetzter Staatsschuldschein wieder in Kurs gesetzt werden kann, und wozu nach §. 50 Tit. 15 Th. 1 ALR. ein förmliches richterliches Attest nöthig ist, wie jedes andere amtliche Attest in Privat­ sachen bei einem Gegenstände von 50 Thlrn nach der Tarifposition „Atteste" dem Stempel unter­ worfen find, daß aber das darüber aufgenommene Protokoll, da es entweder nur als RekognitionsProtokoll anzusehen, oder keine solche Verhandlung enthält, wovon im Stempeltarif unter der Rubrik „Protokolle" die Rede ist, keiner Steuer unterliegt. 13. b. Die in dem Gesetze vom 4. Mai 1843 (GS. S. 179) angeordneten Vermerke wegen Wiederinkurssetzung der unter öffentlicher Autorität ausgefertigten, auf jeden Inhaber lautenden Papiere können nicht als stempelpflichtige Atteste angesehen werden. JMR. v. 20. Okt. 1856 III 3007 an d. Appell.-G. in Mr. Auch die Außerkurssetzung auf jeden Inhaber lautender Papiere erfolgt durch einen Vermerk, §.48, 49 Tit. 15 Th. 1 ALR. Ebenso rücksichtlich der Außer- und Wiederinkurssetzung solcher Papiere in den neuen Landestheilen nach der Verordnung v. 16. Aug. 1867 (GS. S. 1457). 14. Zeugnisse, welche den Hebammen-Schülerinnen Behufs der Aufnahme in die HebammenLehranstalt ausgestellt werden, sind stempelpflichtig. Publik, der Reg. in Trier v. 12. März 1824 auf Grund des FMR. v. 4. Febr. dess. I. (v. KA. B. 8 S. 355). Im Falle des wirklichen und gänzlichen Unvermögens zur Stempellösung tritt Stempelfreiheit ein. In den übrigen Fällen dagegen können die fraglichen Atteste nur dann wirklich als vor­ bereitende und sonach stempelfreie Zeugnisse angesehen werden, wenn auf deren Grund ein beson­ deres Attest über die Qualifikation der betreffenden Person zur Aufnahme als Hebammen-Schülerin auf Stempelpapier ausgefertigt wird. Geschieht das Letztere nicht, so sind jene Atteste nicht blos vorbereitende, und deshalb auch nicht stempelfrei. R. des M. d. geistl. re. Angel, u. des FM. v. 1. Sept. 1824 (v. KA. B. 8 S. 922). 15. Die von den Predigeramts-Kandidaten bei Verlegung ihres Aufenthaltes aus einem Superintendentur-Sprengel in einen anderen beizubringenden Moralitäts-Zeugnisse der Superinten­ denten werden nur von oberaufsichtswegen und im Interesse des öffentlichen Dienstes gefordert, und sind daher stempelfrei. Es ist indessen der Zweck der Ausstellung jedesmal am Rande des Attestes zu bemerken, um die Atteste von den dem Stempel unterworfenen im Privatinteresse der Kandidaten zu ertheilenden Sittenzeugnissen zu unterscheiden. R. des M. d. geistl. re. Angel, v. 21. Okt. 1846, im Einverst. des FM. (MB. S. 196).

16. Zeugnisse und sonstige Verhandlungen, welche in Bezug auf Pensionirungen der Beamten beigebracht werden müssen, sind durch keine gesetzliche Bestimmung von der Stempelpflichtigkeit entbunden. FMR. v. 15. Dez. 1830 III 23468 an d. PStD. in S. (SK.). 17. Rach §. 18 der Vorschriften der Ober-Rechnungs-Kammer, betreffend die Anfertigung der Civil-Pensions- und Wartegelder-Rechnungen Seitens der Regiemngs-Haupt-Kassen, vom 1. März 1844 sind die Abgänge in Sterbefällen durch die Todtenscheine nebst den sonst noch er­ forderlichen Justifikatorien nachzuweisen. Die Beibringung dieser Atteste ist lediglich im fiskalischen Interesse und zur Erlangung der Ueberzeugung erforderlich, daß der Pensionair resp. WartegeldEmpfänger wirklich bis zu dem angegebenen Zeitpunkte gelebt hat.

Die Pfarrer haben daher die

Todtenscheine von Amtswegen unentgeltlich auszustellen, wie dies in Betreff der Militair-Jnvaliden-

Tarif.

839

Atteste.

Pensionen bereits im rc. (hier werden die bezüglichen Bestimmungen aus den Jahren 1809—1811 citirt) vorgeschrieben ist. (MB. S. 110).

R. des FM. u. des M. d. geistl. rc. Angel, vom 18. März 1862

18. Wenn die nach §. 161 Tit. 18 Th. 1 ALR. den Civilbedienten zur Annahme einer Vor­ mundschaft zu ertheilende Genehmigung ihres Amtsvorgesetzten in Form eines Attestes ausgefertigt wird, so ist darauf der Atteststempel anwendbar, wogegen die Regeln der Tarifposition „Aus­ fertigungen" und „Verfügungen" sich geltend machen, sofern zur Ertheilung der Genehmigung nicht die Attestform gewählt wird.

Uebrigens gehören die von anderen Behörden vor Uebernahme der

Vormundschaft ergehenden Verfügungen der bezeichneten Art nicht zu den Verhandlungen in Vor­ mundschaftssachen, worauf die Bestimmung im §. 3 lit. c des Stempelgesetzes angewendet werden kann, so wenig wie die sonstigen zu Vormundschafts-Akten zu bringenden Zeugnisse anderer Be­ hörden und Beamten, z. B. Taufzeugnisse. FMR. v. 13. Juni 1832 III 13194 an d. PStD. in S.

19. Die von den Posthaltern zur Begründung ihres Anspruches auf die kontraktliche Fourage-Bonifikation beizubringenden polizeilichen Atteste über die Markt-Getreide-Preise sind als amtliche Bescheinigungen in Privatsachen stempelpflichtig. R. des General-Postmeisters v. 5. April 1831 (v. KA. B. 15 S. 308). 20. Die von Privatpersonen bei Lieferungen an die Militair-Verpflegungs-Behörden extrahirten Marktpreis-Atteste sind stempelpflichtig. R. des Kriegs-M. v. 26. Febr. 1823 (SK.). Bei Liquidationen über freie Ankäufe und freiwillige Lieferungen bedarf es zu den MarktpreisAttesten des Stempels nicht. R. des Kriegs-M. v. 15. April 1823 (SK.). 21. Die den Elementar-Schulamts-Kandidaten nur Behufs der Prüfung und zu dem Zwecke des in Folge derselben auszustellenden amtlichen Qualifikations - Attestes zu ertheilenden Atteste über ihren Gesundheitszustand, über die genossene Erziehung und Bildung überhaupt und Vor­ bereitung zum Schulamte insbesondere, der Ortsbehörde und des Pfarrers über den Lebenswandel und die religiöse und moralische Qualifikation zum Schulamte unter Angabe des Lebensalters, sind stempelfrei; jedoch ist der Befreiungsgrund auf den Zeugnissen ausdrücklich zu bemerken. Zu dem Prüfungs-Zeugnisse ist ein 15 Sgr.-Stempel zu verwenden. R. des M. d. geistl. rc. Angel. u. des FM. v. 30. Juli 1831 (v. KA. B. 15 S. 562).

22. Die vorerwähnte, die Stempelfreiheit der Zeugnisse betreffende Bestimmung des Reskripts vom 30. Juli 1831 (s. vorige Anm.) gilt auch für diejenigen Zeugnisse, welche von den zur Auf­ nahme in die Schullehrer-Seminarien sich meldenden Schulamts-Aspiranten gefordert werden. R. des M. d. geistl. rc. Angel. u. des FM. v. 15. Rov. 1839 (CB. S. 403). Werden aber den Seminar - Präparanden bei Zulassung zur Aufnahme in das Seminar über die abgelegte Prüfung besondere, dem 15 Sgr.-Stempel unterliegende Qualifikations - Atteste nicht ausgestellt, so fehlt es an einer gesetzlichen Vorschrift zur Gewährung der Stempelfreiheit für die gedachten amtlichen Vor-Atteste. R. des M. d. geistl. rc. Angel. v. 20. Rov. 1860, im Cinverst. des FM. (MB. 1861 S. 4). 23. a. Prüfungs-Zeugnisse pro facultate docendi, ascensione, licentia concionandi et pro ministerio, desgleichen über colloquia pro rectoratu sind stempelpflichtig. Zeugnisse über Prüfung der Abiturienten und Jmmatrikulanden aber sind stempelfrei.

FMR. v. 16. Juli 1822 III

13944 (SK.). 23. b. Zu den Zeugnissen der Königl. Prüfungs-Kommissionen über die Prüfung oder Nach­ prüfung der Kandidaten für das Lehramt an höheren Schulen (pro facultate docendi) ist ein Stempel von 15 Sgr. zu verwenden.

Reglement des M. d. geistl. rc. Angel. v. 12. Dez. 1866

§. 39 (MB. 1867 S. 11). 23. c. Die Zeugnisse der Königl. Provinzial-Schul-Kollegien über das Probe-Jahr der Kan­ didaten des höheren Schulamts können nur in denjenigen Fällen ohne besondern Stempel ausge32*

340

Tarif.

Atteste.

fertigt werden, wenn sie unmittelbar unter das Zeugniß pro facultate docendi zur Ergänzung desselben gesetzt werden. Geschieht dies nicht, sondern erfolgt die Ausfertigung in der Form eines selbstständigen Zeugnisses auf besonderm Bogen, so bedarf es dazu, den bestehenden Vorschriften gemäß, auch der Verwendung eines besondern Stempels. R. des M. d. geistl. rc. Angel, v. 14. Aug. 1867 (MB. S. 331). 23. d. Dem gesetzlichen Stempel unterliegen die Befähigungs-Zeugnisse der Königl. Akademien zu Berlin, Düsseldorf und Königsberg: a. für Zeichnenlehrer an Gymnasien, Real- oder höheren Bürger-Schulen. Jnstr. des M. d. geistl. rc. Angel, v. 2. Okt. 1863 §. 8 (MB. S. 213); b. für Zeichnen - Lehrerinnen an höheren Töchter-Schulen. Bestimmungen rc. des M. d. geistl. rc. Angel, v. 6. Febr. 1864 §. 4 (MB. S. 120). 23. e. Zu den Zeugnissen über die von den Telegraphen-Beamten abzulegenden Prüfungen, insbesondere auch zu den auf Verlangen zu ertheilenden Zeugnissen über das Nichtbestehen der Prüfung, ist ein Stempel von 15 Sgr. zu verwenden. Reglement des Bundes-Kanzlers v. 15. März 1868 Schluß-Absatz (MB. S. 130). 23. f. Bekanntmachung des Bundesraths, betreffend die Prüfung der Seeschiffer und See­ steuerleute auf Deutschen Kauffahrteischiffen, v. 30. Mai 1870 (BGbl. S. 314ff.): 1. Anordnungen über die Prüfung der Seeschiffer und Seesteuerleute für große Fahrt, §. 21: Die Prüfungs­ gebühren betragen, einschließlich des etwaigen Stempels, für die Steuermannsprüfung 5 Thaler und für die Schifferprüfung zur großen Fahrt 10 Thaler rc.; 2. Anordnungen über die Prüfung der Seeschrffer für kleine Fahrt, §. 17: Die Prüfungsgebühren betragen, einschließlich des etwaigen Stempels, 5 Thaler rc. 24. Atteste, welche den Auskultatoren und Referendarien Behufs ihrer Zulassung zu den höheren Prüfungen von den Gerichten oder deren Präsidenten und Direktoren ertheilt werden, sind stempelpflichtig, wogegen zu den Censuren und amtlichen Aeußenmgen der Correferenten und Codecernenten, worauf sich das Behufs der Zulassung zur Prüfung auszustellende Attest zum Theil gründet, kein Stempel zu verbrauchen ist. JMR. v. 18. März 1836 (v. KJ. B. 47 S. 361). 25. Die den Kandidaten für die höhere Intendantur-Carriere nach §. 2. A. e und B. c und §. 21 des Regulativs über die Prüfung rc. der Jntendantur-Referendarien zu ertheilenden Atteste sind als amtliche Atteste in Privatsachen auf 15 Sgr. Stempel auszufertigen. Cirk.-R. des Kriegs-M. v. 12. April 1843 I. 372. 3. an d. Intendanturen (SK.). 26. Schulzeugnisse, die nur dazu dienen, um auf Grund derselben das amtliche Attest über die Befähigung als Feldmesser zu erlangen, sind nach der Bestimmung im ersten Abschnitt der Tarifposition „Atteste" stempelfrei. R. des M. f. Handel rc. u. des FM. v. 1. Juni 1850 (CB. S. 133, MB. S. 193). Aus demselben Grunde und unter gleicher Voraussetzung, daß die Atteste lediglich den Zweck haben, daß auf Grund derselben ein mit dem behörigen Stempel zu versehendes amtliches Zeugniß über den Ausfall der Prüfung ausgestellt wird (s. vorige Anm.), sind auch die Zeugnisse der Feldmesser-Kandidaten über deren praktische Ausbildung, die Schulzeugnisse zu den Bauführerund Baumeister-Prüfungen, sowie die von geprüften Baumeistern ausgestellten Zeugnisse über praktische Thätigkeit, und die von den Lehranstalten, Lehrern und geprüften Baumeistern ausge­ stellten Zeugnisse stempelfrei. R. des M. f. Handel rc. u. des FM. v. 20. Juli 1850 (CB. S. 134, MB. S. 256). Diejenigen, welche die Prüfung zum Feldmesser ablegen wollen, haben sich bei der König­ lichen Regierung, in deren Bezirk sie ihren Wohnsitz haben, in der Provinz Hannover bei dem Ober-Präsidenten derselben zu melden und folgende nicht stempelpflichtige Zeugnisse einzureichen rc. §. 2 der Vorschriften des M. für Handel rc., des M. für die landw. Angel, u. des FM. v. 2. März 1871 über die Prüfung der öffentlich anzustellenden Feldmesser (MB. S. 121).

Tarif.

27.

Atteste.

341

Stempelfreie Prüfungs- resp. Befähigungs-Zeugnisse: a. die nach §. 166 der Mg.

Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1845 (GS. S. 41) für die Aufnahme in Innungen und für die Befugniß zur Annahme von Lehrlingen zu ertheilenden Prüfungs-Zeugnisse, deren Stempel­ freiheit sich in den Bestimmungen des §. 163 (soll heißen §. 165) a. a. O. gründe.

R. des FM.

u. des M. d. I. v. 30. Nov. 1845 (MB. S. 357); b. die Zeugnisse über die Meister- und GesellenPrüfungen nach §. 37, 39 der Verordnung vom 9. Februar 1849 (GS. S. 93).

Anweis, des M.

f. Handel rc. v. 31. März 1849 §.11 (MB. S. 141); c. die Behufs Anstellung in den unteren Stellen des Forstdienstes beizubringenden Atteste, und zwar: zur Einstellung des Forst-Lehrlings ins Jäger-Korps das durch den Oberförster resp. Forstmeister resp. Kreislandrath (Amtshauptmann) zu bestätigende, event, zu ergänzende Attest seines Lehrherrn über die moralische Führung, Fleiß und Applikation, Regul. des FM. u. des Kriegs-M. v. 8. Jan. 1873 §. 8 (MB. S. 229), sowie das Zeugniß der Prüfungs-Kommission beim Jäger-Bataillon über die zur Erwerbung der Forstanstellungsberechtigung abzulegende Jägerprüfung (Lehrbrief), §. 10 a. a. O.

28. Da nach §. 69 Tit. 10 Th. 2 ALR. zu den Civil-Beamten nicht blos diejenigen gehören, welche im unmittelbaren Dienste des Staates stehen, sondern auch die in Diensten der dem Staate untergeordneten Kollegien, Korporationen und Gemeinden stehenden Beamten, so hat es kein Bedenken, daß auch die von den Beamten solcher Korporationen, also auch der Zünfte, in Ge­ schäften ihres Amts ausgefertigten Zeugnisse als amtliche, folglich in Privatsachen als stempel­ pflichtig anzusehen sind.

Nach §. 196 Tit. 8 Th. 2 ALR. sollen aber die Schlüsse und Aus­

fertigungen der Zünfte durch die Mitunterschrift des von

dem Orts-Magistrat verordneten

Beisitzers und durch Beidrückung des ihm anvertrauten Gewerks-Siegels bekräftigt werden. Wegen Richtbebachtung dieser Vorschrift ist das von den Aeltesten des Bäckergewerks für den Gesellen I. einseitig ausgestellte Wohlverhaltungs - Attest nur als ein Privat-Zeugniß und deshalb als nicht stempelpflichtig zu betrachten. FMR. v. 26. Febr. 1825 in 3910 (nach GK. Nr. 3913) an d. Reg. in Br., dem wesentlichen Inhalt des ersten Theiles nach im Publik, der Reg. zu Br. v. 29. Sept. 1825 unter Nr. 2 bekannt gemacht (v. KA. B. 9 S. 921).

Vergl. §. 81 ff. der Gewerbeordnung

v. 21. Juni 1869 (BGbl. S. 245).

29. a. Die von den Meistern ihren abgehenden Gesellen zu ertheilenden Aufführungs-Atteste sind, wenn sie aus einer Zunftverfassung fließen, oder zu gleichem Zwecke, wie die Gesindescheine, ertheilt werden, stempelpflichtig. FMR. v. 6. Mai 1822

III 8572 (SK.); vergl. Anm. 28 u. Tarifpos.

„Gestnde-Entlasiungsscheine" Anm. 1. 29. b. Entlassungsscheine, wodurch Werkmeister ihre Gesellen oder Gehülfen der Arbeit ent­ lassen, sind stempelfrei. FMR. v. 23. Okt. 1822 III 26247 (SK.). 29. c. Da die, den einzeln auf besonderen Bauplätzen arbeitenden Maurern und Zimmer­ leuten von. ihren Meistern mitzugebenden Legitimations-Scheine blos einen gewerbesteuerlichen und polizeilichen Zweck haben, und dieserhalb an sich nicht stempelpflichtig sind, so soll auch, nach einer Bestimmung des Finanz-Ministeriums vom 8. d. M., wegen der dazu erforderlichen Be­ glaubigungs-Atteste der Orts-Polizeibehörde kein Stempel zu den gedachten Legitimations-Scheinen verwendet werden dürfen. Publik, der Reg. in Br. v. 24. Okt. 1823 (v. KA. B. 7 S. 793). Nach dem Publ. der Reg. zu Oppeln vom 4. Juli 1826 (auf Grund des FMR. v. 18. April defs. I.) — v. KA. B. 10 S. 714 — bedarf es zu diesen Beglaubigungs-Attesten eines Stempels nicht, insofern dieselben auf das von dem Meister ausgestellte Zeugniß selbst gesetzt werden, indem unter dieser Bedingung auch Legalisationen nach dem Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 nicht stempelpflichtig seien. — Vergl. Absatz 2 der Anm. zur Tarifpos. „Legalisation" u. S. 334 Anm. 7. a.

29. d.

Bei Auflösung des Lehrverhältnisses kann der Lehrling über die Dauer der Lehrzeit

und die während derselben erworbenen Kenntnisie und Fertigkeiten, sowie über sein Betragen vom

342

Tarif.

Atteste.

Lehrherrn ein Zeugniß fordern, welches, auf Antrag der Betheiligten und, wenn gegen den Inhalt sich nichts zu erinnern findet, von der Gemeindebehörde kosten- und stempelfrei zu beglau­ bigen ist.

Gewerbeordnung v. 21. Juni 1869 §. 124 (BGbl. S. 245).

Beim Abgänge (vom Arbeitgeber) können die Gesellen und Gehülfen ein Zeugniß über die Art und Dauer ihrer Beschäftigung fordern, welches, auf Antrag der Beiheiligten und, wenn gegen den Inhalt sich nichts zu erinnern findet, von der Gemeindebehörde kosten- und stempelfrei zu beglaubigen ist.

Dieses Zeugniß ist auf Verlangen der Gesellen und Gehülfen auch auf ihre

Führung auszudehnen, §. 113 a. a. O. Die vorgedachten Bestimmungen der §§. 113 u. 124 finden auf die Gehülfen und Lehrlinge der Apotheker und Kaufleute, ingleichen auf die Werkmeister in Fabriken keine Anwendung; die Verhältnisse derselben zu ihren Lehrherren und Arbeitgebern sind fernerhin nach den bisherigen Vorschriften zu beurtheilen, §. 126 a. a. O. 29. e. Der Bergwerkbesitzer oder dessen Stellvertreter ist verpflichtet, dem abkehrenden Berg­ manne ein Zeugniß über die Art und Dauer seiner Beschäftigung und auf Verlangen auch über seine Führung auszustellen, deflen Unterschrift die Ortspolizeibehörde kosten- und stempelfrei zu beglaubigen hat, §. 84 des Allg. Berggesetzes v. 24. Juni 1865 (GS. S. 705).

Dieses Gesetz ist

auch in die neu erworbenen Landestheile eingeführt (GS. 1867 S. 237, 242, 601, 770 u. GS. 1869 S. 453).

29. f. Entlassungsscheine, welche den Handlungsdienern, Handlungslehrlingen und Hand­ werksgesellen von ihren seitherigen Brodherren und Meistern zum Ausweise ihres Wohlverhaltens ertheilt werden, find nicht wie Gesindescheine auf einem 5 Sgr.-Stempel, sondern als Privat-Atteste ohne Anwendung eines Stempels auszustellen. Publik, der Reg. in Br. v. 29. Sept. 1825 auf Grund des FMR. v. 22. April dess. I. (v. KA. B. 9 S. 921). Atteste, welche Gewerbtreibende ihren Gehülfen, z. B. Apotheker ihren Provisoren oder Rezeptoren, darüber ausstellen, daß sie eine Zeit hindurch bei ihnen gearbeitet, und sich gut ge­ führt haben, find nicht stempelpflichtig, indem sie weder als amtliche Atteste, noch als Gesindescheine betrachtet werden können, und sie sonst, besonders bei Erwähnung der Lehrbriefe, im Stempelgesetz vom 7. März 1822 ganz übergangen sind. FMR. v. 10. Rov. 1826 an d. Reg. in Mr (SK.). 29. g. Auf Atteste, durch welche die Ortspolizeibehörde Entlasiungszeugnisse der Handlungs­ gehülfen beglaubigt, findet der §. 142 der Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 in Gemäßheit des §. 161 dieses Gesetzes nicht Anwendung Ebenso jetzt §. 113 der Gewerbeordnung v. 21. Juni 1869 in Gemäßheit des §. 126 daselbst, s. Anm. 29. d Absatz 2 und 3]. Die amtlichen Be­ glaubigungen der den Handlungsgehülfen von ihren Prinzipalen über die Art und Dauer ihrer Beschäftigung ausgestellten Zeugnisse unterliegen 15 Sgr.

daher

dem tarifmäßigen Atteststempel von

FMR. v. 7. Febr. 1852, mitgetheilt durch FMR. v. 12. Mai 1855 (CB. S. 97,MB. @.127).

29. h. Die in Betreff der Atteste der Apotheken-Besitzer über die Lehr- und Servirzeit der Lehrlinge nnd Gehülfen vorschriftlich von dem betreffenden Kreisphysikus abzugebende Bescheinigung, daß der Lehrling oder Gehülfe während der irrt Atteste angegebenen Zeit wirklich in der Lehre gestanden, oder als ordentlicher Gehülfe servirt habe, erfordert als amtliches Attest in Privatsachen 15 Sgr. Stempel. Diese Verfügung ist durch das Amtsblatt bekannt zu machen. Gegen die zuwiderhandelnden Kreisphysiker ist nach der Kab.-Ordre v. 28. Okt. 1836 (s. S. 225 Anm. 17. a) zu verfahren.

R. des M. d. geistl. rc. Angel. v. 14. Juni 1858 (CB. S. 220), mitgetheilt durch

FMR. v. 24. dess. M. (S. 221 a. a. O.).

30. Die unter den Handwerkern üblichen sogenannten Zuschickescheine, sowie die von Meistern den abgehenden Gesellen zur Ertheilung eines Reisepaffes zu gebenden Legitimationsscheine sind stempelfrei.

FMR. v. 14. Juni 1822

III 11577 (SK.).

Tarif. 31.

Atteste.

343

Heimathscheine und auf Ertheilung derselbm gerichtete Gesuche sind nicht als stempel­

pflichtig zu behandeln. KA. B. 23 S. 348).

R. des M. d. I. u. d. P. v. 9. April 1839, im Einverst. des FM. (v.

Heimathscheine sind ihrer Natur nach amtliche Zeugnisie, daß Jemand in

einer bestimmten Gemeine oder doch in einem bestimmten Staate anerkannte Heimathsrechte besitze, und daß er dort, entweder innerhalb eines bestimmten Zeitraums, oder ohne Zeitbeschränkung, Wiederaufnahme finde rc.

R. des M. d. I. v. 21. Juni 1843, betr. die Ausstellung der Heimath­

scheine nach fremdherrlichen Staaten und durch die Behörden der Letzteren (MB. S. 220); ferner R. des M. d. I. v. 31. Jan. 1869 (MB. S. 53), wonach Heimathschein eine Bescheinigung darüber ist, daß die betreffende Person im Besitze der Preußischen Unterthanen-Eigenschaft sich befindet. — In Betreff der nach der Bekanntm. v. 21. Juli 1827 (GS. S. 81) den nach Frankreich reisenden Handwerkern zu ertheilenden Heimathscheine war die Stempelfreiheit schon in dem R. des M. d. I. u. des M. d. auswärt. Angel. v. 30. Sept. 1827 (v. KA. B. 11 S. 709) ausgesprochen. 32. a. Zu Gesuchen ehemaliger Militairpersonen um Ausstellung von Führungs-Attesten Behufs Erlangung des Civil-Bersorgungsscheines und um darauf ihre Anstellungs-Berechtigung zu gründen, sowie zu dem hierauf ertheilten Führungsatteste selbst sind fortan keine Stempel zu fordern, indem es offenbar nicht in der Absicht des Gesetzes liegt, die Realisirung der Ansprüche vormaliger Militairs auf Anstellung im Civildienst durch die Erhebung von Stempelabgaben zu erschweren. FMR. v. 29. Nov. 1842 (CB. 1843 S. 11, MB. 1843 S. 17). Rücksichtlich der Gesuche s. auch S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1. 32. b. Nach Inhalt des Erlaffes vom 29. Nov. 1842 ist nichts dagegen zu erinnern, .wenn amtliche Gesundheits-Atteste, welche dazu dienen sollen, Militair-Jnvaliden als Unterlagen bei ihren Gesuchen um Anstellung im Staatsdienste zu dienen, stempelfrei behandelt werden. Schreiben des FM. an d. M. f. Handel rc. v. 31. März 1858 III 6763, mitgetheilt durch Vers. des Gen.-PostAmtes v. 16. April dess. I. I. B. 492 b an sämmtl. Ober-Postdir. Ebenso nach der PostdienstJnstr. v. 1867 Abschn. X §. 42. 32 c, Aus den in der Cirkular-Verfügung vom 29. Nov. 1842 angegebenen Gründen sind, gleich den Führungs-Attesten, auch die von Militairärzten oder Medizinalbeamten ausgestellten Gesundheits-Atteste stempelfrei, welche Militair-Jnvaliden, vor oder nach Erlangung des Civilversorgungsscheins, zum Nachweise ihrer körperlichen Brauchbarkeit zur Anstellung im Staatsdienste beizubringen haben. Auch die Stempelfreiheit der Gesuche um Ertheilung dieser Atteste ist an­ zuerkennen. FMR. v. 17. Febr. 1868 (CB. S. 145, MB. S. 232). 33. Das Attest, welches die Polizei-Verwaltung dem Privatsekretair L. dortselbst zum Zwecke seines Eintritts als Civil - Supernumerar bei der Königl. Regierung zu N. ausgestellt hat, ist als ein Abschied oder eine Dienstentlassung im Sinne des §. 2 Ziffer 8 des Gesetzes vom 26. März d. I. (GS. S. 131, s. oben S. 2 die Anm.) schon um deswillen nicht anzusehen, weil L. nicht polizei­ licher Beamter war, sondern sich nur vorübergehend in den dortigen Polizei-Büreaux hatte beschäftigen laffen. Vielmehr charakterisirt sich jenes Attest unzweideutig als ein Führungs- oder Qualifikations-Attest. Dasselbe erforderte demgemäß den im Tarife zum Gesetze vom 7. März 1822 (GS. S. 74) unter der Position „Atteste, amtliche in Privatsachen" vorgeschriebenen Stempel von 15 Sgr. Unter diesen Umständen ist die Strafverfügung des Königl. Regierungs-Präsidiums zu N. an sich durchaus gerechtfertigt. R. des M. d. I. v. 7. Okt. 1873 (MB. S. 301). 34. Bezüglich der Stempelpflichtigkeit der Atteste, welche ein Gutsbesitzer in seiner Eigenschaft als Polizei-Verwalter ausstellt, s. S. 226 Anm. 17. e. 35. Bei der nach Art. 70 des bürgerlichen Gesetzbuches stattfindenden Aufnahme einer Notorietäts-Urkunde genügt der Stempel von 15 Sgr. zur Urkunde selbst, wogegen die vorher beizubringenden Atteste der Civilstandsbeamten darüber, daß aus der betreffenden Zeit kein GeburtsRegister existire, oder daß die Geburt in den vorhandenen Registern nicht eingetragen sei, keines

344

Tarif.

Atteste.

Stempels bedürfen. JMR. v. 21. Nov. 1838, im Einverst. des FM. (v. KJ. B. 52 S. 659). Nach Nr. 3 der Kab.-O. v. 22. Nov. 1828 (GS. 1829 S. 1) sind zu dieser Notorietäts - Urkunde (welche nach Art. 70 a. a. O. die zum Zweck der Eheschließung beizubringenden, aber nicht beibringlichen Geburtsscheinen der künftigen Ehegatten ersetzt) 15 Sgr. Stempel zu nehmen. 36. Der Gebrauch des Stempels zu den Transscriptionsattesten, welche von den Hypotheken­ bewahrern auf den Urkunden vermerkt werden, wird durch die Tarifposition „Atteste, amtliche in Privatsachen" gerechtfertigt, und kann um so weniger erlassen werden, als in den alten Provinzen die Hypothekenscheine, an deren Stelle nach der rheinischen Verfassung jenes Attest tritt, allgemein dem Stempel unterworfen sind. Rheinischer Landtags-Abschied v. 3. März 1835 (Jurist. Zeitung 1835 S. 363, 364). 37. Zu den amtlichen Attesten (Ursprungs-Certifikaten), durch welche nach Artikel 10 des Handelsvertrages mit Brasilien vom 9. Juli 1827 (GS. 1828 S. 81) und in einigen anderen Handelsverhältnissen bei Versendung inländischer Fabrikate in das Ausland, deren Ursprung nach­ gewiesen werden muß, ist der tarifmäßige Stempel zu verwenden. FMR. v. 24. Dez. 1835 III 30440 an d. PStD. in D. (LR.) 38. Die Stempelpflichtigkeit der Auswanderungs-Konsense — welche nicht als Atteste be­ trachtet werden können — beruht auf der Position „Ausfertigungen" im Tarif zum Stempelgesetz v. 7. März 1822, so daß die Behufs Erlangung des Auswanderungs-Konsenses vorzulegenden Atteste auch keine vorbereitenden Atteste im Sinne des alinea 2 des Tarifs unter diesem Worte sind. R. des M. d. I. v. 11. Juli 1865, im Einverst. des FM. (MB. S. 224). Vergl. S. 348 Anm. 9. 39. Stempelfrei sind: a. die den Bergarbeitern zum Zwecke der Aufnahme in den Knappschafts-Verein auszustellenden amtlichen Atteste über den Besitz ihrer bürgerlichen Ehrenrechte, da diese Atteste lediglich er­ forderlich seien, um den Bergarbeitern die Aufnahme in den Knappschafts-Verein und dadurch den Bezug der Unterstützungen — §. 1 des Gesetzes vom 10. April 1854 (GS. S. 139) — zu ermöglichen, auf welche sie nach §. 3 unter Umständen Anspruch zu machen haben sollen, dergleichen Unterstützungen aber füglich den Wohlthaten beigezählt werden können, deren die Position „Atteste" im Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 alinea 2 erwähne. FMR. v. 17. Sept. 1857 an d. PStD. in Cöln. Ueber denselben Gegenstand äußert sich das R. des M. der geistl. rc. Angel, v. 20. Juli 1861 E. 14692 an d. Reg. in F.: daß sich der H. Finanz­ minister bereits im Jahre 1857 allgemein dahin ausgesprochen habe, daß die Behufs der Auf­ nahme der Bergarbeiter in den Knappschafts-Verband beizubringenden Atteste überhaupt für stempelftei zu erachten seien, und daß in Folge dessen auch die Stempelfteiheit der zu jenem Zwecke erforderlichen Geburts- und Taufzeugnisse überall festgehalten und bis jetzt nirgends angefochten worden sei; b. Führungs-Atteste, welche ein Hauptmann und Kompagnie-Chef unter Privatsiegel ausstellt, da solche Atteste nicht als amtliche anzusehen und nur amtliche Atteste in Privatsachen dem Stempel von 15 Sgr. unterworfen seien. FMR. v. 31. Jan. 1860 III1517 an d. PStD. in S.; c. die zur Abwehrung der Cholera, der Verordnung vom 5. April 1831 gemäß, von den Be­ hörden auszustellenden Gesundheits-Atteste. Kab.-O. v. 28. Juli 1831 (GS. S. 170); d. die im Wege gesandtschaftlicher Verwendungen nachgesuchten Tauf-, Trau- und Todtenscheine (vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 12), sowie andere dergleichen Zeugnisse. R. des M. d. geistl. rc. Angel., des M. d. auswärt. Angel., des M. d. I. u. d. P. u. des FM. v. 22. Sept. 1836 auf Grund der Kab.-O. v. 5. Aug. dess. I. (v. KA. B. 20 S. 522, 523, MB. 1846 S. 199), JMR. v. 27. Jan. 1837 u. die Kab.-O. (v. KJ. B. 49 S. 317, 318); e. Atteste, welche Konsuln ftemder Mächte in dieser ihrer Qualität ausstellen, da diese Atteste als amtliche nicht zu betrachten. FMR. v. 29. Jan. 1836 III 2137 an d. PStD. in S.;

Tarif. 5

Atteste — Ausfertigungen.

345

die Legitimations-Atteste bei Veräußerung von Pferden in den östlichen Provinzen der Mon­

archie. Verordnung v. 13. Febr. 1843 §. 9 (GS. S. 75); g. Atteste der Militair-Behörden darüber, daß ein Soldat während seines Kriegsdienstes im Militair-Lazareth gestorben sei, da sie als militairische Angelegenheit betrachtet werden können, in Ansehung welcher Unteroffiziere und Soldaten nach der jetzigen und früheren Stempelver­ fassung stempelfrei seien.

h.

FMR. v. 15. Mai 1824 an d. Reg. in Br. (SK.) — vergl. S. 2

die Sinnt. §. 2 Nr. 12; die im Falle fruchtlos versuchter Sühne nach §. 10 der Verordnung vom 28. Juni 1844 über das Verfahren in Ehescheidungssachen ausgestellten Atteste der Geistlichen, zufolge der Stempel­ tarif-Position „Atteste" Absatz 3.

i.

R. des M. der geistl. rc. Angel. v. 13. April 1847 (MB.

S. 255); Atteste, welche von den auf Universitäten immatrikulirten Studirenden im Anfange eines jeden Semesters bei der Immatrikulations-Kommission zur Nachweisung ihres während der Ferien gemachten Aufenthalts zufolge des Publikandums vom 5. Dez. 1835 (GS. S. 287) beizubringen sind.

Cirk.-R. des FM. v. 20. Sept. 1836 III 23450 auf Grund der Kab.-O. v. 25. Aug.

1836 (in d. Amtsblättern); k. die Ursprungs-Zeugnisse der Bezirksbehörden, um zufolge des Kais. Russischen Ukases vom 9. Juli 1842 der Zoll-Erleichterungen beim Handelsverkehr mit Rußland theilhaftig zu werden. FMR. v. 28. Sept. 1842 (CB. S. 366, MB. S. 350); desgl. zufolge Ukases v. 28. Aug. rc. 1842 beim Handelsverkehr mit dem Königreich Polen. MB. S. 381).

FMR. v. 12. Okt. 1842 (CB. S. 372,

Auktionsprolokolle. Ein Drittheil Prozent des reinen Ertrages der Lösung. Der behörige Stempelbogen muß binnen drei Tagen nach dem Schluffe der Auktion dem Protokolle beigefügt, dazu kassirt, und daß solches geschehen, auf dem Protokolle selbst vermerkt werden. Vergl. S. 128 §. 7 u. die Sinnt, daselbst.

Ausfertigungen, amtliche, insofern sie in gegenwärtigem Tarif nicht besonders taxirt worden, nach dem Ermessen der Behörden..............................................................15 Sgr. oder auch nur.................... 5 „ Der Stempel von Fünfzehn Silbergroschen ist für Ausfertigungen in der Regel zu gebrauchen. Der niedrigere Stempel findet nur statt, wo die Verhältnisse des Empfän­ gers oder die Geringfügigkeit eines nicht nach Gelde zu schätzenden Gegenstandes die Ausnahme besonders begründen. Bloße Benachrichtigungen der Behörden an die Bittsteller, wodurch ihnen nur vor­ läufig bekannt gemacht wird, daß ihr Gesuch eingegangen sei, und sie darauf Bescheid zu gewärtigen haben, sind ohne Stempel zu erlassen. Bescheide derjenigen Staats- und Kommunal-Behörden und Beamten, welchen eine richterliche oder polizeiliche Gewalt, oder die Verwaltung allgemeiner Abgaben anver­ traut ist, auf in ihrer amtlichen Eigenschaft an sie gerichtete Gesuche, Anfragen und Anträge in Privatangelegenheiten, sind dagegen in der Regel für stempelpflichtige Aus­ fertigungen zu achten, wenn sie eine Entscheidung oder Belehrung in der Sache selbst enthalten, welche dem Bittsteller darauf zugefertigt wird; sie mögen nun in Form eines Antwortschreibens, einer Verfügung, einer Dekretsabschrift, oder eines auf die zurück­ gehende Bittschrift selbst gesetzten Dekrets, erlaffen werden. Zn wie weit besondere Gründe eine Ausnahme von dieser Regel rechtfertigen, und eine stempelfreie Bescheidung auch in den vorgedachten Fällen veranlassen können, bleibt dem billigen Ermessen der Behörden anheimgestellt. sVergl. S. 2 die Sinnt. §. 2 Nr. 2 nebst Schlußabsatz sub b ; s. auch die Tarifposition „Ver­ fügungen"^.

346

Tarif. 1.

Ausfertigungen.

Ueber die Pflicht der Beamten bei Ertheilung stempelfreier Ausfertigungen und deren

mißbräuchliche Benutzung s. S. 227 Anm. 19. 2. Der Stempeltarif unter den Rubriken „amtliche Ausfertigungen" und „Gesuche" hat den Gebrauch des Stempelpapiers nur davon abhängig gemacht: daß die Behörde, vor welcher ein an sich stempelpflichtiger Gegenstand des Privat-Interesses verhandelt wird, die amtliche Eigen­ schaft einer richterlichen, einer polizeilichen oder einer abgabenverwaltenden Behörde besitze, nicht aber davon, daß sie auch in der Eigenschaft einer solchen Behörde auf das vor ihr verhandelte Geschäft amtlich eingewirkt habe.

Bei diesen dreien Gattungen amtlicher Behörden ist hiewach

der Gebrauch des Stempelpapiers zu allen an sich stempelpflichtigen Verhandlungen, ohne Unter­ schied des Gegenstandes, im Gesetze vorgeschrieben, und es würde an sich keiner Deklaration des Tarifs, sondew nur einer Belehrung, durch welche die Mißverständnisse der gerichtlichen und ver­ waltenden Behörden beseitigt werden, bedürfen. Kab.-O. v. 18. Nov. 1828 (GS. 1829 S. 16). 3. Nach der Stempeltarif-Position „Ausfertigungen" Absatz 4 sind nur diejenigen Bescheide stempelpflichtig, welche dem Bittsteller, sei es in Form eines Antwortschreibens, einer Verfügung, einer Dekrets-Abschrift, oder eines auf die zurückgehende Bittschrift selbst gesetzten Dekrets zugefertigt werden. Eine solche Zufertigung findet aber nicht Statt, wenn der Bescheid nur vor­ gezeigt wird, demnächst aber urschriftlich zu den Akten gelangt, der daher stempelfrei ist. JMR. v. 17. Dez. 1860 I 4443 an d. Appell.-G. in Gr., mitgetheilt durch FMR. v. 28. defl. M. III 27915 an d. PStD. in S. Auch nach dem JMR. v. 26. Mai 1831 (v. KJ. B. 37 S. 392) sind in derartigen Fällen die Verfügungen stempelftei. 4.

Die Stempeltarif-Position „Ausfertigungen" setzt zwar zunächst für alle im Tarif nicht

besonders taxirten amtlichen Ausfertigungen den Stempel allgemein fest. In dem Absatz „Be­ scheide" macht sie jedoch deren Stempelpflichtigkeit, gleichwie bei den Positionen „Gesuche" und „Protokolle", von der Qualität der Behörden abhängig.

Die vom Kriegsministerium, den Militair-

Verwaltungsbehörden und den Truppen-Kommandos ausgehenden Bescheide sind daher stempelftei, die Ausfertigungen im engeren Sinne hingegen, z. B. Kontrakts-Konfirmationen, stempelpflichtig. Schreiben des M. d. I. u. des FM. an d. Kriegs-M. v. 31. Mai 1829 (v. KA. B. 13 S. 263). 5. Aus der den Bescheiden der Universitäts-Kuratoren zustehenden Befreiung vom Stempel (s. Anm. 2) darf nicht die Stempelfteiheit aller sonstigen Ausfertigungen gefolgert werden, welche zu ertheilen diese Behörden etwa in die Lage kommen. Dies gilt insonderheit von den im Stempel­ tarif besonders taxirten amtlichen Ausfertigungen, wownter im Gegensatz zu bloßen Bescheiden die in einer feierlichen Form abgefaßten und vollzogenen Erlasse, Entscheidungen und Urkunden zu verstehw sind, welche ohne Unterschied der Behörden, von welchen sie ausgehm, dem Stempel unterliegen. R. des M. d. geistl. rc. Angel. v. 28. März 1870 (CBl. f. d. g. UV. S. 196). Ebenso nach dem R. dess. M. v. 20. Dez. 1871 (MB. 1872 S. 63) in Ansehung der Stempelpflichtigkeit der, Seitens der König!. Konsistorien ergehenden Ausfertigungen, für die der Stempel­ tarif besondere Festsetzungen enthält, wie z. B. der -Atteste, Bestallungen, Vokationen rc. 6. a. Die nach der Verordnung vom 24. Januar 1844 (GS. S. 52) über den Betrag von Defekten und über die Person des zum Ersatz Verpflichteten abzufassenden motivirten Beschlüsse gehören zu den amtlichen Ausfertigungen, und sind daher nach der Stempeltarif-Position „Aus­ fertigungen", insofew es sich um einen Defekt von 50 Thlrn oder mehr handelt, in der Regel einem Stempel von 15 Sgr. zu unterwerfen.

FMR. v. 3. Sept. 1850, mitgetheilt durch R. des

M. d. I. u. des FM. v. dems. Tage (CB. S. 155, MB. S. 301). 6. b. Gesetz, betr. die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, v. 31. März 1873 (RGBl. S. 61) §. 148: Für das Defekten-Verfahren im Verwaltungswege werden Gebühren und Stempel nicht berechnet. 7.

Zu Gesuchen, Bescheiden und sonstigen die Feststellung der Sicherheit betreffenden Ver-

Tarif.

347

Ausfertigungen.

Handlungen wegen Bewilligung von Darlehnen aus General-Depositorien der Gerichte sollen keine Gerichtsgebühren angesetzt werden, indem, wenn auch solche Gesuche den Privat-Vortheil des Bitt­ stellers bezwecken, sie doch gleichzeitig und überwiegend im Interesse der Gerichte liegen. Es sind daher nur Stempel, Kopialien und andere baare Auslagen anzusetzen, und es ist namentlich zu erwägen, ob nicht bei Bescheidungen auf dergleichen Darlehns - Gesuche, namentlich bei deren Zu­ rückweisung, nach der Stempeltarif-Position „Ausfertigungen" der geringere Stempel von 5 Sgr. oder unter Berücksichtigung der Verhältnisse gar kein Stempel zur Bescheidung zu adhibiren. JMR. v. 26. Dez. 1848 (JMB. 1849 S. 3).

Vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1-4 u. Schlußabs. sub b.

8.

Bergamtliche Verhandlungen (vergl. jedoch S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1—3):

a.

Die Angelegenheiten, betreffend die Herrichtung von Betriebsmaschinen rc. in Privat-

Bergwerken, Aufstellung von Maschinen, z. B. die Gesuche um Genehmigung und die Genehmigung selbst rc., sind stempelfrei behandelt.

Dies ist nicht richtig.

Nur solche Verfügungen und Ver­

handlungen sind stempelfrei, welche, wie z. B. die General-Befahrungsprotokolle rc., von Amtswegen in unmittelbarer Folge der Beaufsichtigung des Betriebs erlassen werden, wie dies auch in der für die Bergämter erlassenen Gebührentaxe vom 11. Okt. 1841 ad 3 anerkannt ist; hierzu gehören aber die gedachten Schriftstücke nicht, da diesen die besonderen Anträge der Interessenten zum Grunde liegen, es sich also nicht um Handlungen der Bergbehörde von Amtswegen handelt. Eben so wenig lassen sich die Vorverhandlungen in Grund-Entschädigungssachen (Gesuche, Vor­ ladungen rc.) stempelfrei behandeln, und auch die Angelegenheiten, betreffend die Anstellung, Prü­ fung rc. der Privat-Grubenbeamten (wozu auch die Genehmigung der Dienstverträge gehört) sind stempelpflichtig, da hier allenthalben ein Privatintereffe mit vorwaltet.

R. des M. f. Handel rc.

v. 9. Nov. 1856 (Zeitschrift f. d. B.-, H.- u. S.wesen B. 5 S. 148). b. 1.

Die Stempelpflichtigkeit der Vorladungen zu den Repräsentantenwahlen ist bereits in

der Instruktion vom 6. März 1852 ausgesprochen, welche im Art. III bestimmt: „die Wahlver­ handlungen sind nicht stempelfrei", wobei unter den Wahl-Verhandlungen nicht, wie das Bergamt unter Berufung auf das hier gar nicht entscheidende Register zur Allg. Gerichtsordnung deducirt, blos die Wahl-Protokolle, sondern dem richtigen Sprachgebrauchs gemäß alle auf die Wahl bezüglichen Schriftstücke verstanden sind, welche ihrem Inhalte nach zu der Kategorie der stempelpflichtigen gehören. Die erwähnte Bestimmung sollte der Auffassung begegnen, als ob die Repräsentantenwahlen nicht zu den stempelpflichtigen Angelegenheiten gehörten, keinesweges aber die Stempelpflichtigkeit ohne Grund und Zweck auf eine besondere Art der Verhandlungen, die Protokolle, beschränken.

Was nun insbesondere die Vorladungen zu den Wahlterminen

betrifft, so sind dieselben unzweifelhaft als amtliche Verfügungen anzusehen, welche nach der gleich­ namigen Position im Tarife zum Stempelgesetze von 1822 wie Ausfertigungen zu behandeln sind, wenn sie in Angelegenheiten des Empfängers, oder überhaupt an Privatpersonen in Privatange­ legenheiten ergehen. Daß die Repräsentantenwahlen zu den Privatangelegenheiten gehören, erhellt daraus, daß der Zweck derselben ist, der Personenmehrheit der Gewerkschaft zur Ergänzung ihrer physischen Handlungsfähigkeit einen Vertreter zu geben.

Ein öffentliches Interesse waltet bei der

Bestellung des Repräsentanten nicht vor und ist auch aus dem §. 13 des Gesetzes vom 12. Mai 1851 (GS. S. 265) nicht herzuleiten, da nicht die Behörde, sondern die Gewerkschaft der Ver­ tretung bedarf und die Verpflichtung zur Bestellung eines Repräsentanten der Letzteren nur in ihrem eigenen Interesse auferlegt ist. Auch kann es nicht darauf ankommen, ob der Wahltermin auf Antrag der Interessenten oder von Amtswegen anberaumt wird, da die Stempelpflichtigkeit der amtlichen Ausfertigungen nach der gleichlautenden Tarifposition nicht dadurch bedingt ist, daß sie auf den Antrag der Interessenten erfolgen.

Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß die Vor­

ladungen zu den Repräsentanten-Wahlterminen dem Stempel für Ausfertigungen unterliegen. Welcher von den beiden, nach der erwähnten Tarifposition zulässigen Sätzen von 15 Sgr. oder

348

Tarif.

Ausfertigungen.

5 Sgr. in jedem Falle zu verwenden, ist von den Bergämtern mit Rücksicht auf den Werth des Bergwerks und den Umfang der Geschäfte des Repräsentanten, also besonders mit Rücksicht darauf zu bestimmen, ob das Bergwerk in Betrieb steht oder nicht. Wenn mehrere Interessenten durch eine Verfügung in Form einer Gurrende, oder zu Händen eines gemeinschaftlichen Bevollmäch­ tigten, vorgeladen werden, so unterliegt dieselbe selbstverständlich nur dem einfachen Stempelbetrage. 2. Den Verhandlungen in Grund-Entschädigungssachen steht die Stempelfreiheit nicht zu. Die analoge Anwendung der Bestimmung des §. 15 des Eisenbahngesetzes vom 3. Nov. 1838 (s. S. 66 Anm. 76. a) ist unzulässig, und die generelle Bestimmung der Allerh. Ordre vom 4. Mai 1833 (GS. S. 49 — s. oben S. 64 Anm. 73. a): daß Besitzveränderungen, welche zum gemeinen Besten unter Verpflichtung der Interessenten angeordnet werden, als stempelfrei zu behandeln sind, kann weder auf die Entschädigungen für die beim Bergbau zufällig entstandenen Grund­ schäden, noch auch auf die zwangsweise Abtretung von Grund und Boden zum Betrieb des Berg­ baues (§. 109 Tit. 16 Th. 2 Mg. Landrecht, Deklaration vom 27. Okt. 1804) ausgedehnt werden, da auch die zwangsweise Abtretung nur auf eine vorübergehende Benutzung für die Dauer der bergbaulichen Anlage gerichtet ist, also keine Besitzveränderung enthält, andrerseits aber die Ab­ tretung an einen bergbautreibenden Privaten nicht zum gemeinen Besten, sondern zunächst im Privatinteresse des Bergwerksbesitzers erfolgt. Der Erlaß des Generaldirektors der Steuern vom 18. Sept. 1842 bezieht sich auf den Fall einer Landabtretung an den Fiskus zum Betrieb des fiskalischen Bergbaues und ist deshalb für andere Fälle nicht maßgebend. 3. In Betreff der Stempelpflichtigkeit derMuthungen bestimme ich unter Abänderung meines Erlaffes vom 21. Juni 1852 (Zeitschrift f. d. B.-, H.- u. S.wesen B. 1 S. 48], daß von dem Muther nur der Gesuchsstempel von 5 Sgr. und zwar zu dem Hauptexemplare der Muthung zu verwenden ist. Zu dem Nebenexemplare, welches mit dem Präsentationsvermerk an den Muther zurückgegeben wird, ist von dem Bergamte oder dem Kommiffar desselben bei der Rückgabe der in der Tarifposition „Muthscheine" vorgeschriebene Stempel von 15 Sgr. zu verwenden. Ebenso ist bei der Einlegung einer Muthung zu Protokoll zu der Originalverhandlung der in der Tarif­ position „Protokolle" unter a vorgeschriebene Stempel von 5 Sgr., zu der beglaubigten Abschrift aber ein Stempelbetrag von 15 Sgr. zu verwenden, und zu der Approbations-Verfügung dem­ nächst der Ausfertigungsstempel von 15 Sgr. R. des M. f. Handel rc. v. 12. Juli 1857, im Einverst. des FM. (Zeitschrift f. d. B.-, H.- u. S.wesen B. 5 S. 149). 9. Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit, v. 1. Juni 1870 (BGbl. S. 355), §. 24: „DieErtheilung von Aufnahme-Urkunden und in den Fällen des §. 15 Absatz 1 von Entlassungs - Urkunden erfolgt kostenfrei. Für die Ertheilung von Ent­ lassungs-Urkunden in anderen, als den im §. 15 Absatz 1 bezeichneten Fällen darf an Stempel­ abgaben und Ausfertigungsgebühren zusammen nicht mehr als höchstens Ein Thaler erhoben werden." Die sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes, soweit sie hier in Betracht kommen, lauten: §. 2: Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate wird fortan nur begründet rc.: 4) für einen Norddeutschen durch Aufnahme und 5) für einen Ausländer durch Naturalisation (§§. 6 ff.); §.6: Die Aufnahme, sowie die Naturalisation (§. 2 Nr. 4 und 5) erfolgt durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde ausgefertigte Urkunde; §. 14: Die Entlassung wird durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde des Heimathsstaates ausgefertigte Entlassungs-Urkunde ertheilt; §. 15 Absatz 1: Die Entlassung wird jedem Staatsangehörigen ertheilt, welcher nachweist, daß er in einem anderen Bundesstaate die Staatsangehörigkeit erworben hat. — Vergl. auch R. des FM. u. des M. d. I. u. d. P. v. 16. Aug. 1833 (v. KA. B. 17 S. 598), welches bekannt macht, daß nach Allerh. Kab.-O. v. 10. Juli dess. I. die in Gemäßheit der Amnestie des Bundes-Kartells zu ertheilenden Auswanderungs-Konsense (nach den Bundesstaaten] stempelfrei auszufertigen sind. — In Betreff der Voratteste zu Auswanderungs-Konsensen und der Letzteren vergl. S. 344 Anm. 38.

Tarif.

10.

Ausfertigungen.

349

Der Ansicht, daß den Gesuchen der Gast- und Schankwirthe um die polizeiliche Erlaubniß

zum Halten von Tanzmusik und den darauf ergangenen Bescheiden Stempelfreiheit zustehe, weil mit dem Privat-Jnteresse der Gesuchsteller das öffentliche konkurrire, beziehungsweise weil der Geld­ werth, um welchen es sich dabei handelt, 50 Thlr meist nicht erreichen werde, läßt sich nicht bei­ treten.

Entscheidend ist, daß die Gesuche rc. zugleich und zunächst ein Privat-Jnteresse zum Gegen­

stände haben, und daß bei Einreichung derselben und beim Erlaß der schriftlichen Bescheide der Geldwerth einer Schätzung nicht fähig ist.

FMN. v. 5. April 1862 111 7031 an d. PStD. in

S. —- Den Gesuchen um die Erlaubniß zum Halten von Tanzmusik, sowie den darauf Seitens der Behörden ertheilten Erlaubnihscheinen kann nach Lage der Gesetzgebung die Stempelfreiheit nicht zugestanden werden rc.

Zu den Erlaubnißscheinen ist daher auf Grund der Stempeltarif-

Position „Ausfertigungen" Absatz 4, „Bescheide",

„Dekrete", „Verfügungen" der tarifmäßige

Stempel zu verwenden rc. R. des M. d. I. v. 20. Juni 1866 an d. Reg. in Pm, mitgetheilt durch Cirk.-R. des FM. v. 2. Juli dess. I. III 13166. — Nach den in gleichen Fällen ergangenen FMR. v. 6. Juli 1861 III 14659 u. 18. Juni 1863 III 11779 an d. PStD. in S. soll die Bestimmung des Stempels zu diesen Bescheiden der dieselben erlassenden Behörde anheimgegeben bleiben [f. Tarifpos. „Ausfertigungen"]. Ein Stempel für schriftlich ertheilte Tanzmusik-Erlaubnißscheine wird seit dem Erlaß des Ge­ setzes vom 26. März d. I. (s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 2) nur dann noch gefordert werden können, wenn und soweit dieselben sich als „Ausfertigungen", — im Gegensatz zu bloßen Bescheiden —, je nach der Form der Ertheilung, möchten auffassen lassen.

Die früherhin als Ausfertigungen

angesehenen und zur Versteuerung gezogenen Eintragungen der Genehmigungs-Vermerke in poli­ zeilich vorgeschriebene Bücher mögen auf Grund des Gesetzes vom 26. März d. I. ebenfalls von der Steuer frei gelassen werden; Nach den gleichen Grundsätzen ist die Stempelpflichtigkeit der in Schank- und sonstigen gewerb­ lichen Angelegenheiten zu ertheilenden Konzessionen rc. zu beurtheilen. Soweit dieselben unter den Be­ griff von Ausfertigungen fallen, oder soweit dieselben in Ausfertigungen ertheilt werden, sind dieselben stempelpflichtig. Ueber diesen Punkt wird nach Erledigung eines anderweit mit dem Herrn Minister des Innern dieserhalb schwebenden Schriftwechsels besondere Verfügung ergehen. FMR. v. 27. Dez. 1873 III 18013 an d. Reg. in F. — Vergl. S. 36 ff. Anm. 13. a, 14, 16 u. die hier folg. Anm. 11.

11. Durch die im §. 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 26. März 1873 (GS. S. 131 — s? oben S. 2 die Anm.) erfolgte Aufhebung der Stempelabgaben von Bescheiden aus Gesuche, Anfragen und Anträge in Privat-Angelegenheiten hat, nach den Motiven dieses Gesetzes, die Stempelpflich­ tigkeit der Ausfertigungen, Resolute und Resolutionen nicht berührt werden sollen. I.

Es unterliegen hiernach die nach den §§. 16 bis 25, 40 Absatz 2, 43, 54 und 57 Absatz 2

der Reichs-Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 (BGbl. S. 245] in dem formellen Verfahren der §§. 20 und 21 dieses Gesetzes zu erlassenden, den Parteien in schriftlicher Ausfertigung zuzu­ stellenden Entscheidungen — soweit sie nicht im Geltungsbereiche der Kreisordnung vom 13. Dez. 1872 [©6. S. 661] zur Zuständigkeit der Kreis-Ausschüsse oder der Verwaltungsgerichte gehören, mithin nach den §§. 162 Absatz 1 und 195 der Kreisordnung stempelfrei zu erfolgen haben [oergl. S. 61 Anm. 63] — nach wie vor der Stempelpflichtigkeit. Als stempelpflichtig werden demgemäß in Gewerbe-Angelegenheiten der fraglichen Art zu be­ handeln sein: 1. die in erster Instanz von einer kollegialischen Behörde auf mündliche Verhandlung erlassenen Entscheidungen (zu vergl. jedoch der Ausnahmefall unter II. b), 2. die sämmtlichen Rekursbescheide. Dabei ist indessen zu beachten, daß nur die den Parteien zuzustellenden Ausfertigungen oder beglaubigten Abschriften der Bescheide, nicht auch diejenigen Ausfertigungen, welche von der Re-

350

Tarif.

Ausfertigungen.

kursbehörde der Behörde erster Instanz übersandt werden und die sodann bei den Akten der Letz­ teren verbleiben, der Stempelpflichtigkeit unterliegen und daß die Zustellung einer Ausfertigung oder einer beglaubigten Abschrift der Entscheidung an die Parteien zu unterbleiben hat, wenn diese Entscheidung — sie sei erster oder zweiter Instanz — a. in dem Verfahren bei der Errichtung oder Veränderung gewerblicher Anlagen (§§. 16 und 25 der Gewerbeordnung) auf Ertheilung der Konzession ohne Bedingungen oder Einschränkungen lautet und Opponenten nicht vorhanden sind; b. in dem Verfahren bei der Errichtnng oder Veränderung von Dampfkessel-Anlagen (§§. 24 und 25 der Gewerbeordnung) auf Ertheilung der Konzession ohne Bedingungen oder Einschrän­ kungen lautet; c. in dem Verfahren wegen Versagung der Genehmigung zum Betriebe eines stehenden Gewerbes oder eines Legitimationsscheins zum Gewerbebetriebe im Umherziehen (§§. 30, 32, 33, 34, 43, 57 der Gewerbeordnung) auf Ertheilung der Konzession resp. des Legitimationsscheins lautet, da in allen diesen Fällen ohne Weiteres die Konzessions-Urkunde resp. der Legitimationsschein dem Antragsteller zugefertigt wird.

Vergl. Nr. 48, 51 letzter Absatz, 57 Absatz 4 und 58 Absatz 2

der Instruktion vom 4. Sept. 1869 (MB. S. 200 ff.], sowie Nr. 2 Absatz 8 und 12 der Instruk­ tion vom 24. Nov. 1869 sMB. S. 284 ff.]. 11. Von der Stempelpslichtigkeit sind dagegen, in Angelegenheiten der gedachten Art, befreit die folgenden, im gewöhnlichen Geschäftsgänge zu erlassenden und daher zu den „Bescheiden" im Sinne des Gesetzes vom 26. März 1873 zu rechnenden Entscheidungen: a. die in erster Instanz von einer kollegialischen Behörde erlassenen vorläufigen, durch rechtzeitigen Antrag auf mündliche Verhandlung außer Kraft tretenden Bescheide; b. die in erster Instanz von einer nicht kollegialischen Behörde — in der Provinz Hannover auch die von den Magisträten der selbstständigen Städte (vergl. Cirk.-Versügung vom 5. März 1870 MB. S. 107]) — erlassenen Entscheidungen. III. Schließlich machen wir noch besonders darauf aufmerksam, daß in denjenigen gewerb­ lichen Angelegenheiten, auf welche das Verfahren der §§. 20 und 21 der Gewerbeordnung keine Anwendung findet (vergl. Nr. 26 Absatz 2 der Instruktion vom 4. Sept. 1869 und Nr. 3 Absatz 2 der Instruktion vom 24. Nov. 1869) die Bescheide aller Instanzen der Stempelpflicht nicht unterliegen. Wir veranlassen die König!. (Regierung rc.), nach diesen Grundsätzen fortan zu verfahren und die betheiligten Nachgeordneten Behörden mit einer entsprechenden Anweisung zu versehen.

R. des

FM., des M. d. I., des M. f. Handel rc. u. des M. d. geistl. rc. Angel, v. 14. Juli 1874 (CB. S. 204, MB. S. 189), mitgetheilt durch FMR. v. 24. dess. M. (CB. a. a. O.) — Vergl. Anm. 10.

12. Die Nr. 7 im §. 2 des Gesetzes vom 26. März 1873 (GS. S. 131 — s. oben S. 2 die Anm.) hebt den Stempel von Quittungen und Löschungsbewilligungen aus, die Nr. 3 daselbst aber erhält den Stempel von Auktions-, Notariats-, Rekognitions- und von denjenigen Proto­ kollen aufrecht, welche die Stelle einer, nach anderweiter Bestimmung der Stempeltarife steuer­ pflichtigen Verhandlung vertreten.

Daraus, sowie aus der nicht aufgehobenen Position „Ausfer­

tigungen" des Tarifs zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 ergiebt sich, daß Ausfertigungen auch derjenigen gerichtlichen und notariellen Protokolle, welche eine Quittung oder Löschungsbewilligung enthalten, sowie die Bebufs Anerkennung der Unterschriften zu diesen Urkunden aufgenommenen Protokolle, dem Stempel von 15 Sgr. gerade ebenso unterliegen, wie Ausfertigungen oder Pro­ tokolle über andere Gegenstände oder Geschäfte, welche nur ihrer gerichtlichen oder notariellen Be­ urkundung wegen stempelpflichtig sein können, welche aber stempelfrei sein würden, wenn sie nur unter Privatunterschrift ausgestellt werden möchten.

Daß in Folge dessen für Quittungen rc.

unter 600 Thlrn eine Erleichterung im Falle gerichtlicher oder notarieller Ausfertigung u. f. w.

Tarif.

Ausfertigungen.

351

nicht eintritt, ist richtig, kommt aber nicht in Betracht. Es werden gerade nur der gedachten amtlichen Beurkundung wegen noch andere, an sich stempelfreie Gegenstände stempelpflichtig, so daß die Erhebung eines Stempels von 15 Sgr. in diesem Falle, für Quittungen rc., nichts Besonderes und Abweichendes ist. Bloße Beglaubigungen, wie der §. 33 der Grundbuch Ordnung vom 5. Mai 1872 sie voraussetzt, sind stempelfrei auf Grund der Nr. 6 §. 2 des Gesetzes vom 26. März 1873. JMR. v. 21. Aug. 1873 an d. Appell.-G. in M., mitgetheilt durch FMR. v. 13. Aug. 1874 HI 11368 an d. Reg. in F. Die Stempelfreiheit der zu gerichtlichem Protokoll erklärten Quittungen und Löschungsbewilli­ gungen ist anzuerkennen. Werden die betreffenden Prototolle ausgefertigt, so unterliegen die Ausfertigungen als solche dem vorgeschriebenen Stempel. Ebenso wird die Stempelpflichtigkeit der Protokolle nach deren anderweitem Inhalte durch die Stempelfreiheit der darin enthaltenen Quittungen nicht berührt. JMR. v. 29. Okt. 1873 an d. Appell.-G. in M., mitgetheilt rc. wie im Absatz 1. Nach dem Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 unterliegen Ausfertigungen dem Stempel ohne Rücksicht auf den Inhalt der auszufertigenden Urkunde. Selbstverständliche Aus­ nahmen bilden nur die für gewisse Gegenstände (insbesondere diejenigen unter 50 Thlr) oder Per­ sonen als Ausnahmen bewilligten Befreiungen. Als eine Befreiung der auf die Quittirung einer Schuld bezüglichen Verhandlungen von Stempeln jeder Art kann die Vorschrift des Gesetzes vom 26. März 1873 §. 1 Nr. 7 nicht gelten. Durch dieselbe ist vielmehr nur der Quittungsstempel aufgehoben, und so wie Notariatsprotokolle, auch wenn sie nur eine Quittung enthalten, noch ferner dem Protokollstempel unterliegen, so ist zu den Ausfertigungen gerichtlich aufgenommener Quittungen noch ferner gemäß §. 24 Nr. 1 des Gesetzes vom 10. Mai 1851 (s. S. 6 Anm. 1. f) der Ausfertigungsstempel zu liquidiren. JMR. v. 19. Febr. 1874 (B.-Bl. f. ger. Beamte S. 109). 13. Die Stempelpflichtigkeit der Schiffs- und Schiffer-Patente (Art. 4 der Elbschifffahrts-Akte vom 23. Juni 1821 — GS. 1822 S. 10) ist auf den Wunsch des H. Finanz-Ministers den Lokalund Kreis-Polizeibehörden des Bezirks in Erinnerung zu bringen, und zwar mit der Maßgabe, daß der tarifmäßige Stempel von 15 Sgr. entweder zur Ausfertigung selbst zu verwenden, oder derselben alsbald kassirt beizuheften ist. R. des M. d. I. v. 27. Sept. 1858 (MB. S. 211, CB. S. 311). 14. Stempelfrei sind: a. alle Anträge, Verhandlungen und Beglaubigungen Behufs Uebersendung von Geld und geldwetthen Papieren aus den gerichtlichen Depositorien durch die Post. Ges. v. 8. Juli 1865 §. 5 (GS. S. 761). Nach §. 1 a. a. D. geschieht bei Beträgen von mehr als 50 Thlr die Uebersendung durch die Post nur auf Antrag, der zum gerichtlichen Protokoll erklärt oder nota­ riell beglaubigt sein muß; b. die aus den Civilstands-Registern von Amtswegen zu fertigenden und Behufs der Heirathsverkündigungen an dem Gemeindehause anzuheftenden Ausfertigungen; alle anderen Ausfer­ tigungen aus diesen Registern sind stempelpflichtig. FMR. v. 4. Sept. 1822 an d. Reg. in Trier (SK.); vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 12 u. S. 10 Anm. 9 letzten Absatz; c. die für die evangelischen Geistlichen von den Superintendenten, für die katholischen von den Landräthen auszufertigende Erlaubniß, wenn kirchliche Handlungen von dem Geistlichen einer anderen Konfession, als derjenigen, zu welcher der Eingepfarrte gehört, vorgenommen werden sollen, erfolgt kostenfrei. Kab.-O. v. 6. Nov. 1841, mitgetheilt durch FMR. v. 7. Sept. 1842, Inhalts dessen die Kostenfreiheit auch die Befreiung vom Stempel in sich begreift (CB. S. 354, MB. S. 339); d. Autorisationen für Gemeinden und öffentliche Institute (in der Rheinprovinz) zur Führung von Prozessen, als lediglich aus dem verfassungsmäßigen Oberaufsichtsrecht der Regierung her-

352

Tarif.

Ausfertigungen — Auszüge.

fließend, mithin als Akt der öffentlichen Verwaltung. FMR. v. 2. April 1823 an die Reg. in Cöln (SK.); e. Resolutionen und Verfügungen auf Gesuche derjenigen Individuen, denen wegen freiwillig ge­ leisteter Militairdienste Anspruch auf Versorgung zusteht. R. des M. d. I. v. 13. Sept. 1828 (v. KA. B. 12 S. 630); vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 2; f. „alle Eingaben, Verhandlungen, Atteste, Beglaubigungen, Zeugnisse, Auszüge u. s. w., welche die Eintragung in die Eintragsrolle betreffen", §. 42 des Ges., betr. das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musik. Kompos. u. dramat. Werken, v. 11. Juni 1870 (BGbl. S. 339). 15. Bisher ist der Betrag des Ausfertigungs-Stempels von 15 Sgr., welcher einestheils unmittelbar zu den im Finanz-Ministerium ausgefertigten Bestallungen, Patenten und Dimissorialien verwendet (wegen letzterer s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 8), und anderntheils in solchen Fällen, wo die Bestallungen, Patente und Dimifforalien im Reffort der Finanz-Verwaltung zur Vollzie­ hung Sr. Majestät des Königs gelangen, zu den Ministerial-Akten kassirt worden ist, durch Post­ vorschuß bei Uebersendung der beregten Urkunden von den Königl. Ober-Präsidien, und die dadurch bei den Letzteren entstandene Auslage sodann auf demselben Wege von den Königl. Regierungen und deren Verlag dann erst von dem betreffenden Beamten eingezogen worden. In Folge dessen haben die Empfänger mitunter den dreifachen Betrag des verwendeten Stempels bezahlen müssen. Um dies in Zukunft zu vermeiden, werden die oben beregten Bestallungen, Patente und Dimissorialien im Reffort der Finanz-Verwaltung fortan eben so, wie dies bisher schon in Betreff der zur Allerh. Vollziehung gelangenden derartigen Urkunden geschehen, auf ungestempeltem Papier ausgefertigt werden. Dagegen muß alsdann der tarifmäßige Ausfertigungs-Stempel zu den Akten derjenigen Provinzialbehörde kassirt werden, welcher die Extradition jener Urkunden an die be­ treffenden Beamten diesseits aufgetragen wird, und zwar bevor diese Extradition geschieht. FMR. v. 15. Nov. 1857 (CB. 1858 S. 127). Das gleiche Verfahren ist auch im Ressort des M. d. I. eingeführt. R. dess. v. 25. Jan. 1858 (MB. S. 13). Im Anschluß an den diesseitigen Erlaß vom 15. Nov. 1857 über die Erhebung des Ausfer­ tigungsstempels für Bestallungen, Patente und Dimifforialien bestimme ich, daß Urkunden dieser Art auch in den Fällen, in welchen deren Ertheilung einer Provinzial - Behörde meines Ressorts zusteht, auf ungestempeltem Papier auszufertigen sind. Der tarifmäßige Ausfertigungsstempel ist sowohl in diesen Fällen als auch dann, wenn die Bestallung, das Patent oder das Dimifforiale von Sr. Majestät dem Könige oder von mir vollzogen ist, zu den Akten derjenigen Behörde zu kassiren, bei welcher der Empfänger der Urkunde angestellt ist. Gehört jedoch der Letztere zu den einzelnstehenden Beamten, welche eine Behörde repräsentiern (z. B. Oberförster, Domainenrentmeister, Katasterbeamte, Kreissteuereinnehmer, Steuerempfänger), so erfolgt die Kaffation des Stempels zu den Akten der ihm unmittelbar vorgesetzten Behörde. Die rc. (Provinzial-Behörde) hat hiernach das Weitere zu veranlassen. Cirk.-R. des FM v. 2. Sept. 1870 (I 12006, II 14716, III 14399, IV 11895).

Aussrrhr-Päffe, s. Pässe. Auszüge aus den Akten, öffentlichen Verhandlungen, amtlich geführten Büchern, Re­ gistern und Rechnungen, wenn sie für Privatpersonen auf ihr Ansuchen ausgefertigt werden.................................................................................................. 15 Sgr. 1. Die auf die Fortschreibung bezüglichen Eingaben der Grundsteuerpflichtigen und sonstigen Verhandlungen sind ebenso, wie die den Grundeigenthümern aus den Karten, Flurbüchern u. s. w., zu ertheilenden Auszüge, stempelfrei. Verordnung, betr. die Grundsteuer rc. in den 6 östlichen Pro­ vinzen, v. 12. Dez. 1864 §. 23 (GS. S. 673) u. Ges. v. 8. Febr. 1867 §. 38 (GS. S. 185). 2. Auszüge aus den Büchern und Karten des in den westlichen Provinzen auf Kosten der

Tarif.

353

Auszüge — Bestallungen.

Grundsteuerpflichtigen aufgenommenen Grundsteuer-Katasters können für die Behörden und Privat­ personen, welche dergleichen Auszüge zu verlangen befugt sind, fortan in allen Fällen stempelfrei ausgefertigt werden.

Diese Bestimmung ist durch die Amtsblätter der Rheinischen und Westphäli-

schen Regierungen bekannt zu machen. 3.

Kab.-O. v. 23. Febr. 1839 (CB. S. 38, JMB. S. 125).

Mit Bezug auf die Bekanntmachung vom 20. Oft. 1833 (Amtsblatt S. 357] wird darauf

aufmerksam gemacht, daß nur diejenigen Auszüge aus den Grundsteuer-Mutterrollen, welche in Folge der deshalb ertheilten Anweisung bei Kauf- und anderen Veräußerungs-Verträgen beigebracht werden müssen, damit die zu veräußernden Grundstücke in genauer Uebereinstimmung mit den Steuer-Mutterrollen bezeichnet werden, stempelfrei ausgefertigt werden dürfen, alle übrigen bei Notarialakten zu adhibirenden Auszüge dagegen stempelpflichtig sind. In dem Atteste muß jedoch der die Stempelfreiheit begründende Zweck, wozu der Auszug ertheilt worden ist, ausgegedrückt werden.

4.

Bekanntm. des PStD. in Cöln v. 10. Dez. 1834 (v. KA. B. 18 S. 973).

Auch auf das Ansuchen von Privatpersonen dürfen, zum Zweck der Einrichtung des Hy­

pothekenbuches, Auszüge aus Katastern, Flurbüchern, Flurläufern oder andere Bescheinigungen über den Naturalbesitz von Grundstücken durch die Kommunalbehörden im Herzogthum Sachsen, unter Angabe des oben erwähnten Zwecks im Beglaubigungsatteste, stempelfrei ertheilt werden. Kab.-O. v. 13. Febr. 1839 (CB. S. 37).

Bellbriefe........................................................................................... 15 Sgr. Berichte, welche von gerichtlichen und Verwaltungsbehörden an ihre Vorgesetzte er­ stattet werden, sind auch dann, wenn sie Privatangelegenheiten betreffen, von Stempel­ gebühren frei. Bescheide, schriftliche, wie Ausfertigungen, s. diese (vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 2 und Schlußabsatz sub b],

Beschwerdeschristen, s. Gesuche (vergl. wie vor Nr. 1 re.]. Bestallungen besoldeter Beamten.......................................................... 15 Sgr. „ unbesoldeter Beamten.......................................................... frei. 1. a. Das Wort „besoldete" soll hier nicht blos in Bezug auf wirkliches Gehalt verstanden werden, und der Ausdruck „unbesoldeter Beamter" zunächst auf die ganz umsonst dienenden Ma­ gistratsbeamten der Kommunen bezogen werden. Bestallungen für Justizkommissare, Notarien, unbesoldete, aber auf fixe Diäten angestellte Assessoren u. s. w., sind stempelpflichtig, da sie, wenn auch auf keine eigentliche Besoldung, doch auf eine anderweitige Diensteinnahme angewiesen sind. Wenn das jährliche Gehalt die Summe von 50 Thlrn nicht erreicht, sollen Bestallungen an Unter­ beamte stempelfrei ertheilt werden. Schreiben des FM. an d. IM. v. 24. April 1822 III 7962 (SK.). 1. b.

Nur in Beziehung auf solche Beamte', die ganz unentgeltlich dienen, und auf solche,

die nur auf ein Jahr angenommen werden und in dieser Zeit ein Diensteinkommen unter 50 Thlr beziehen, ist die Stempelfreiheit der Bestallungen nachgelassen. Mit Ausschluß dieser Ausnahmen muß zu allen übrigen Bestallungen, gleichviel, ob die Beamten etatsmäßige Besoldung, Diäten oder sonstige Remunerationen empfangen, der Stempel von 15 Sgr. verwendet werden. Nach gleichen Grundsätzen ist auch die Stempelpflichtigkeit der Beamten-Verpflichtungs-Protokolle zu be­ urtheilen. 2

FMR. v. 28. April 1840 (CB. S. 240, MB. S. 188); vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 3. Auch bei vorläufiger Anstellung eines Beamten in einen erledigten Posten ist zu der

Benachrichtigung desselben von der Ernennung, so wie zu dem Verpflichtungs-Protokolle gestem­ peltes Papier zu verwenden; doch ist dies nicht zu erstrecken auf die blos für eine dreimonatliche Probezeit vorläufig angenommenen Militairs.

FMR. v. 26. Okt. 1823 III 20313 an d. Reg. in

vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 2, 3 u. Schlußabsatz sub b. 3. a. Zu der Bestallung oder dem Bestätigungs-Dekrete für Elementar-Schulamts-Kandidaten Hoyer, Stempelgesetzgebung. 2. Aufl.

23

354

Tarif.

Bestallungen — Bestätigungen.

ist ein 15 Sgr.-Stempel zu verwenden.

R. des M. d. geistl. rc. Angel, u. des FM. v. SO. Juli

1831 unter Nr. 4 (v. KA. B. 15 S. 562).

3. b.

Insofern die Verfügungen der Negierung wegen provisorischer Anstellung der Schul­

amts-Kandidaten nur an die Superintendenten und andere die Schulaufsicht übende Unterbehörden ergehen, ist die Stempelfreiheit dieser Verfügungen unbedenklich.

Aber auch den schriftlichen Be­

nachrichtigungen, welche solchen provisorisch angestellten Schulamts-Kandidaten hin und wiederselbst ertheilt werden, soll die Stempelfreiheit nicht versagt werden, wogegen bei der definitiven Anstellung derselben nach der Stempeltarif-Position „Bestallungen" verfahren werden muß. FMR. v. 14. Mai 1846 III 9522 an d. PStD. in Kg, im Einverst. des M. d. geistl. rc. Angel.

4. Die Frage, ob die Anstellungs-Urkunden der in Preußen in Funktion tretenden Reichs­ beamten der Preußischen Stempelsteuer unterliegen, war bisher verneint worden; nach der neuer­ dings veränderten Reichsgesetzgebung ist dieselbe indessen nunmehr wieder zu bejahen.

Nach dem

Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März d. I. (RGbl. S. 61) sollen auf die Rechtsverhältnisse der aktiven Reichsbeamten, über welche nicht durch Reichs­ gesetz Bestimmung getroffen ist, diejenigen gesetzlichen Vorschriften Anwendung finden, welche an ihren Wohnorten für die aktiven Staatsbeamten gelten [§. 19 a. a. D.]. Ueber die Steuerpflichtigkeit der Reichsbeamten sind, abgesehen von den bezüglichen Anordnungen des Gesetzes wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870 (BGbl. S. 119) reichsgesetzliche Bestim­ mungen nicht getroffen worden; es kommen also im vorliegenden Falle die für die Preußischen Staatsbeamten maßgebenden Gesetze zur Anwendung.

Nach diesen, insbesondere nach dem Tarif

zu dem Gesetze wegen der Stempelsteuer vom 7. März 1822 (GS. S. 57) ist für die Bestallung eines besoldeten Beamten eine Stempelabgabe von 15 Sgr. zu entrichten, während die Bestallungen unbesoldeter Beamten stempelfrei sind. Die fragliche Steuer ist mithin fortan auch für die An­ stellungs-Urkunden (Bestallungen und Patente) der besoldeten Beamten der Marine-Verwaltung .in der früheren Weise zu erheben. Erlaß des Chefs der Admiralität v. 25. April 1873 (MarineVerordnungsblatt S. 72).

Bestätigungen, sofern für besondere Gattungen derselben nicht ein besonderer Tarif­ satz stattfindet, wie Ausfertigungen, s. diese. 1.

Der Stempel-Tarif verlangt zu Bestätigungen, sofern für besondere Gattungen derselben

nicht ein besonderer Tariffatz stattfindet, den Ausfertigungsstempel, und dieser ist zu der Bestäti­ gung des zwischen der Wittwe R. und ihrem Sohne abgeschlossenen Kaufvertrages zu verwenden, da die Nothwendigkeit der Bestätigung zur Gültigkeit des Vertrages, mag dieselbe in allgemeiner Verfassung oder in örtlichen Statuten beruhen, eben so wenig von der Anwendung des Tarifs entbindet, wie die Supposition, daß die Bestätigung pro Interesse pnblico angeordnet worden sei. Daß es dieses Stempels nicht bedarf, wenn keine Bestätigung ertheilt wird, versteht sich von selbst, hat jedoch keinen Einfluß auf die Stempelpflichtigkeit der bestehenden schriftlichen Bestäti­ gungen. FMR. v. 3. Aug. 1831 III 16379 an d. PStD. in S.; es handelte sich um die Sei­ tens eines Magistrats in Neuvorpommern schriftlich ertheilte Bestätigung eines Jmmobiliar-Kaufkontraktes.

2. In Fällen, wo stempelpflichtige, von den Unterbehörden abgeschlossene Kontrakte einer Bestätigung des ihnen vorgesetzten Provinzial-Kollegii bedürfen, muß dazu nach dem Stempel-Tarif der Ausfertigungs-Stempel angewandt werden, insofern diese Bestätigung durch eine besondere Formel oder Ausfertigung, sei es auf dem Kontrakte selbst, oder als Anhang zu demselben er­ folgt. Wo aber der Kontrakt blos mit einer genehmigenden Verfügung oder Eröffnung, daß da­ bei nichts zu erinnern sei, der Unterbehörde zurückgesandt wird, da ist zu der begleitenden Ver­ fügung, die als zur Dienst-Korrespondenz der Behörden unter sich gehörig zu betrachten ist, kein

Tarif. Ausfertigungsstempel anzuwenden.

355

Bestätigungen.

FMR. v. 2. Sept. 1823 an d. Reg. in Merseburg, zur Nach-

achtung mitgetheilt durch R. des M. d. I. u. d. P. v. 2. Juni 1836 an sämmtl. Rheinische Re­ gierungen (v. KA. B. 20 S. 321). Die Bestätigung derjenigen Verträge, welche von einer Behörde oder einem Beamten im Auf­ träge und Namen seiner vorgesetzten Behörde abgeschlossen worden, und wo es also von der vor­ gesetzten Behörde abhängt, ob sie diese Bestätigung (eigentlicher Genehmigung) in einer dem Ver­ trage angehängten, unter ihrer Firma und Unterschrift ausgestellten Erklärung, oder in einer be­ sonders an den Beauftragten erlassenen Verfügung in Bezug auf den Vertrag ausdrücken will, bedürfen weder in dem einen noch dem anderen Falle des Ausfertigungs - Stempels.

FMR. v.

25. Okt. 1829 an d. Reg. in Merseburg (SK.). Verhandlungen, in welchen die vorgesetzte Amtsbehörde der Kirchen- und Schulverwaltungen ihre Bestätigung oder eigentlich Genehmigung zu Verträgen über Rechtsverhältnisse der Kirchen und Schulen ausdrückt, unterliegen dem Ausfertigungsstempel nicht.

R. des M. d. geistl. re. Angel.

u. des FM. v. 14. Febr. 1834 III 1661 an d. Reg. in S. 3. Gegen die Ansicht, daß Bestätigungen von Verträgen Seitens der vorgesetzten Dienstbe­ hörde, mögen die Verträge nur im Namen der Letzteren, oder selbstständig mit dritten Personen abgeschlossen sein, den Stempel für Ausfertigungen dann nicht bedürfen, wenn die kontrahirende Behörde eine fiskalische Station ist, findet sich nichts zu erinnern. Dagegen hat in den Fällen, in welchen den kontrahirenden Behörden, wie z. V. den Kommunalbehörden allgemein Stempel­ freiheit nicht zusteht, zu den Bestätigungen der für Ausfertigungen vorgeschriebene Stempel Platz zu greifen. R. des M. d. I. u. des FM. v. 10. März 1857 (CB. S. 247, MB. S. 73). 4. Die von der Königl. Regierung geäußerten Zweifel über die Stempelpflichtigkeit der vor­ schriftsmäßig zu Jagdverpachtungen auf - Privatgrundstücken zu extrahirenden landräthlichen Be­ stätigungen können nicht als begründet angesehen werden. Denn das Stempelgesetz vom 7. März 1822 enthält keine Bestimmung, woraus die Stempelfreiheit von Verhandlungen, welche Privat­ personen des polizeilichen Interesses wegen nachsuchen müssen, abzuleiten wäre. Ueberdies ist es aber auch nicht richtig, daß die Bestätigung blos das polizeiliche Interesse bezweckt, vielmehr ge­ schieht sie, — wie die von der Königl. Regierung allegirte Instruktion vom 10. August 1831 dies ausspricht, — um die Beobachtung der Vorschriften des Gesetzes bei dieser Art von Verpachtungen zu sichern. Ohne Zweifel erhalten die Verpachtungsverträge durch die landräthliche Bestätigung erst ihre rechtliche Perfektion, und es müssen daher auch zu diesen Bestätigungen die Stempel nach der Vorschrift des Stempeltarifs bei der Position „Bestätigungen" verwendet werden. R. des M. d. I. u. d. P. u. des FM. v. 13. Dez. 1839 an d. Reg. in Aachen (v. KA. B. 23 S. 808). Vergl. Jagdpolizeigesetz v. 7. März 1850 (GS. S. 165) und das zu dessen Ausführung ergangene R. des M. f. landwirthsch. Angel. u. des M. d. I. v. 14. dess. M. (MB.. S. 107); letzteres bestimmt sub Nr. 5, daß die Art der Benutzung der gemeinschaftlichen Jagdbezirke, ohne unmittelbare Ein­ mischung der Aufsichtsbehörden, von dem Beschlusse der Gemeindebehörden abhängt; ferner R. des M. d. I. u. des M. f. landwirthsch. Angel. v. 4. Aug. 1852 (MB. S. 175), wonach die von den Gemeindebehörden geschlossenen Jagdpachtverträge zu ihrer Gültigkeit der Bestätigung des Land­ raths nicht bedürfen, der jedoch befugt ist, einen derartigen Vertrag von Aufsichtswegen aufzu­ heben und für ungültig zu erklären. Sodann bestimmt das R. des M. f. landwirthsch. Angel. u. des M. d. I. v. 20. Dez. 1867 (MB. 1868 S. 6), daß unter dem im §. 9 des Jagdpolizeigesetzes v. 7. März 1850 gebrauchten Ausdruck „Gemeindebehörde" in ländlichen Gemeinden der Schulze zu verstehen und derselbe allein berufen ist, die Interessenten am gemeinschaftlichen Jagdbezirke zu vertreten resp. Jagdpachtverträge abzuschließen, indem die Schöppen nur mit der Unterstützung des Schulzen und dessen Vertretung in Behinderungsfällen betraut seien, der Schulze daher als die ausführende Behörde gelte (vergl. auch Jnstr. des M. d. I. v. 20. Sept. 1873, MB. S. 259, 23*

356

Tarif.

Bestätigungen — Cautions-Jnstrumente.

wonach der §. 22 der Kreisordnung v. 13. Dez. 1872, GS. S. 661, keine Aendemng der amtlichen Stellung der Schöffen zu dem Gemeindevorsteher beabsichtigt rc.). Dagegen ist nach dem Er­ kenntniß des OTrib. (II) v. 20. Okt. 1868 (Entsch. B. 60 S. 302) zur Verbindlichkeit eines von einer ländlichen Gemeindebehörde abgeschlossenen Jagdverpachtungs-Kontrakts in den sechs östlichen Provinzen der Monarchie außer der Unterschrift des Schulzen und der Beidrückung des Gemeinde­ siegels die Unterschrift der Schöppen erforderlich (§§. 9, 10 ff. des Jagdpolizeiges. v. 7. März 1850, GS. S. 165, u. §. 10 Nr. 2 des Ges., betr. die Landgemeinde-Verfassungen in d. sechs östl. Pro­ vinzen der Preuß. Monarchie, v. 14. April 1856, GS. S. 359). 5. In Folge eines Monitums der Ober-Rechnungs-Kammer wird die Königl. Regierung darauf aufmerksam gemacht, daß die von Ihr, als Aufsichtsbehörde, unter die Schuldurkunden der Meliorationsgenossenschaften zu setzenden Genehmigungsurkunden als Bestätigungen im Sinne der gleichlautenden Tarifposition des Stempelgesetzes angesehen werden müssen und als solche der Stempelsteuer unterliegen. Bei Schuldurkunden über Priv atdarlehne wird die Königl. Regierung von der urkundlichen Genehmigung Abstand nehmen können, sofern dieselbe von den betreffenden Verbänden nicht beantragt wird. Inwiefern außerdem bei solchen Darlehnen, in Betreff deren die urkundliche Genehmigung stattfindet, auf Grund des ersten Absatzes oder des Schlußabsatzes der Position „Ausfertigungen" im Stempeltarife, auf welche die Position „Bestätigungen" hinweist, die Verwendung des geringeren Stempels von 5 Sgr. oder die stempelfreie Ausfertigung statthaft sei, bleibt dem Ermessen der Königl. Regierung in jedem einzelnen Falle überlassen. Cirk.-R. des M. für die landwirthsch. Angel, u. des FM. v. 12. Mai 1868 Nr. 4559.

Bittschriften, s. Gesuche svergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1 u. Schlußabsatz sub b]. Bürgerbriefe . .............................................................................. 15 Sgr. Nach Anleitung der in den alten Provinzen ftüher gültig gewesenen Verordnung vom 13. März 1733 soll künftig in sämmtlichen Provinzen Meiner Monarchie den Soldaten, die entweder zwölf Jahre im aktiven Militair gedient haben, oder, abgesehen von der Zahl ihrer Dienstjahre, durch Wunden im Kriege invalide geworden sind, das Bürgerrecht in den Städten unentgeltlich ertheilt, und diese Vorschrift überall in Anwendung gebracht werden, mit der Maßgabe, daß nur diejenigen auf diese Befreiung Anspruch machen können, welche sich über ihre gute Führung auszuweisen vermögen und durch ein Zeugniß zweier unbescholtener Bürger des Orts bescheinigen, daß sie ohne Beeinträchtigung ihres Nahrungszustandes die Kosten des Bürgerrechts zu bezahlen nicht im Stande sind. Kab.-O. v. 7. April 1838 (GS. S. 255).

Cautions-Jnstrumente . . 15 Sgr. (vergl. S. 2 die Anm. §. 1 Nr. 2]. Alle anderen Verhandlungen über Dienst-Cautionen, wobei ein öffentliches Zntereffe besteht, sind stempelfrei. 1. In Betreff dieser Tarifpos. vergl. auch S. 315 sub L., insbesondere Anm. 58. a—d da­ selbst über die Versteuerung mehrerer Kautionsbestellungen in Einer Verhandlung. 2. Das vorgelegte Schriftstück, in welchem der N. sich verbindlich macht, für seinen Neffen die zur Annahme und Fortsetzung einer Pachtung erforderlichen Mittel herzugeben und zu garantiren, ist ein Kautions-Instrument und deshalb als solches stempelpflichtig. Ob die Bestellung der Kaution eine bedingte oder unbedingte ist, erscheint ohne Bedeutung für die Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit; überdies enthält die Urkunde von einer Bedingung nichts. R. des FM. u. des M. d. I. v. 3. Mai 1869 an d. Magistrat zu N. (MB. S. 134, 135 — zu Mon. 78). 3. In dem Vertrage, durch welchen der Mäkler H. sich in der Person des B. einen Substi­ tuten bestellt, hat Letzterer mit 4 eigenen Wechseln ä 300 Thaler jenem Kaution bestellt. Daß eine Kautionsbestellung an sich besonders versteuert werden muß, wird nicht bestritten, sondern nur eingewendet, daß in der Deponirung von eigenen Wechseln keine Kaution liege. Dieser Ein-

Tarif.

Cautions-Jnstrumente.

357

wand ist indessen unbegründet; denn durch Wechsel wird wegen der leichteren beschleunigten Ein­ ziehung der verschriebenen Summe und der mit einer Wechselverbindlichkeit sonst noch verknüpften Vorzüge jedenfalls eine erhöhte Sicherheit gewährt und somit können fie auch wohl als Mittel zur Sicherheitsbestellung benutzt werden für eine Forderung, der jene Vorrechte und Vorzüge nicht zustehen.

JMR. v. 9. Jan. 1864 III 2896 an d. Notar Z., mitgetheilt durch FMR. v. 26. dess. M.

III 915 an d. PStD. in S. 4.

Unter Anwendung des in der Verfügung vom 27. Mai 1850 (CB. S. 103 — s. Tarifpos.

„Protokolle" Anm. 6. b Absatz 2) ausgesprochenen Grundsatzes, wonach Pacht-Lizitations-Protokolle, wenn dieselben zu keinem Ergebniß führen, als im öffentlichen Jntereffe aufgenommene Verhand­ lungen stempelfrei bleiben dürfen, und entsprechend der bisherigen Praxis, ist ein Stempel für Kautions-Instrumente zu den Erklärungen nicht zu erfordern, durch welche in Lizitationsproto­ kollen die drei Bestbietenden in Folge der allgemeinen Kontrakts-Vedingungen bei der Verpachtung von Chauffeegeld-Hebestellen, in Erwartung des Zuschlages, nur interimistisch eine gewiffe Kaution bestellen. FMR. v. 26. Mai 1866 III 10367 an d. Reg. in F.; es handelte sich um die Ver­ pachtung einer Staatschauffee-Hebestelle. 5. In der generellen Klausel, nach welcher „Pächter für die pünktliche Erfüllung ihrer kontraktlichen Verpflichtungen eine Hypothek in ihrem gesammten gegenwärtigen und zukünf­ tigen Vermögen konstituiren" kann ein nach der Tarifposition „Cautions-Jnstmmente" stempel­ pflichtiger Nebenvertrag nicht gefunden werden. FMR. v. 25. Nov. 1861 III 22780 an d. PStD. in S. — Die in den Gebieten des gemeinen Rechtes bei Kontraktsschlüffen gebräuchliche Klausel „unter Verpfändung der Güter" oder „sub hypotheca bonorum“ begründet nicht die Anwendung der Tarifposition „Cautions-Jnstrumente".

Es ist schor: in früheren Fällen angenommen, daß

diese Position Verpfändung bestimmter Gegenstände voraussetzt. FMR. v. 16. Nov. 1868 III 24444 an d. PStD. in G. tjetzt in 21.]. 6. a. Rekognitions - Protokolle, welche bei Bestellung einer Kaution, wobei ein öffentliches Jntereffe besteht, aufgenommen werden, unterliegen mit Rücksicht auf die Tarifposition „CautionsJnstrumente" dem besonderen Protokollstempel nicht, und dürfen daher stempelfrei ausgefertigt werden. Bekanntm. des PStD. in Kg v. 28. Nov. 1828 auf Grund des FMR. v. 7. dess. M. (v. KA. B. 12 S. 987). 6. b. Mit Rücksicht auf die Stempeltarif-Position „Cautions-Jnstrumente" bedarf es keines Stempels zu den Unterschrifts - Beglaubigungsattesten unter den Kautions-Verschreibungen, welche nach der Dienst-Instruktion für die Ober-Postdirektionen die nicht förmlich angestellten, sondern nur gegen Diäten, Remuneration, oder Kontrakt im Postdienst beschäftigten Individuen auszu­ stellen haben. Schreiben des FM. an d. M. f. Handel rc. v. 2. Nov. 1852 III 23831. Ebenso nach der Postdienst - Jnstr. v. 1867 Abschn. X (sub XIV. B „Cautions - Verhältnisse der nicht etatsmäßig angestellten Beamten und Unterbeamten und der kontraktlichen Diener") §. 115, woselbst es am Schluß noch heißt: „In den Landestheilen, wo das Rheinische Civil-Gesetzbuch gilt, muß die Verschreibung über die Kaution eines nicht etatsmäßig angestellten Beamten oder Unterbeamten oder eines kontraktlichen Dieners, sofern dieselbe nicht notariell ausgefertigt ist, bei dem Friedens­ gerichte einregistrirt werden. Die Kosten der Einregistrirung hat der Kautionsbesteller zu tragen. Die Verschreibungen über die Amts-Kautionen im Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln sind von der Stempel-Abgabe befreit".

7. Bei Dienst-Kautionen sind stempelfrei: 1. die bei Erledigung einer Kaution von der vor­ gesetzten Dienstbehörde in Gemäßheit des §. 2 der Kab.-Ordre vom 15. April 1837 (GS. S. 73) auszustellende Bescheinigung, daß das Dienstverhältniß des Kautionsstellers aufgelöst, ob und was aus der Amtsführung desselben zu vertreten, und wer zur Empfangnahme der Kaution legitimirt ist; 2. die bei Rückzahlung erledigter Kautionen von dem legitimirten Empfänger auszustellende

368

Tarif.

Cautions-Jnstrumente — Cessions-Jnstrumente.

Quittung (vergl. Anm. 8 u. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 7); 3. die unter diese Quittungen, in den Fällen, wo es nöthig, zur Beglaubigung der Unterschrift des Quittungs-Ausstellers zu setzende Rekognitionsbescheinigung.

Dagegen muß zu allen übrigen Verhandlungen, die mit der Kautions­

bestellung in keinem nothwendigen Zusammenhange stehen, als: die von den Eigenthümern ver­ loren gegangener Kautions-Empfangscheine auszustellenden Mortifikations-Erklärungen, Vollmachten, (Sessionen, Erbeslegitimationsatteste u. s. w., das gesetzliche Stempelpapier verbraucht werden. FMR. v. 7. Febr. 1838 I 475 III 30539 an d. General-Staatskasse. 8. Die Behufs der Umwandlung einer in baarem Gelde bestellten Amtskaution in eine in Staatspapieren bestehende, über den Kautionsbetrag auszustellende (Session an die betreffende Kasse oder deren Rendanten ist als zur inneren Kassenverwaltung gehörig anzusehen, und deshalb sowie mit Bezug auf die Vorschrift bei der Stempeltarif-Position „Cautions-Jnstrumente" stempelfrei. FMR. v. 4. Nov. 1860 (CB. 1861 S. 26, MB. 1861 S. 71). Wegen dieser (Sessionen, zu­ folge des Ges. v. 21. Mai 1860 u. der Verord. v. dems. Tage, wegen anderweitiger Einrichtung des Amts- und Zeitungs-Kautionswesens (GS. S. 211, 213), s. FMR. v. 23. Juni 1860 unter Nr. 8 u. v. 9. Aug. dess. I. (CB. S. 196, 230). Solche (Sessionen, sowie Quittungen über Amtskautions-Rückzahlungen werden nicht füglich mehr vorkommen (das Cirk.-R. des FM. v. 30. 'Nov. 1865 III 25550 hat als Endtermin für die Kautionsumwandlungen den 2. Jan. 1866 bei Ver­ meidung der Einstellung der Verzinsung bestimmt). — Wegen des Amtskautionswesens in den neuen Landestheilen s. Verord. v. 12. Sept. 1867 (GS. S. 1513).

Cessions-Jnstrumente...................................................................................... 15 Sgr. Die Sessionen öffentlicher Papiere sind stempelfrei. 1. In Betreff dieser Tarifpos. vergl. auch S. 319 sub M, insbesondere Anm. 65. a, b daselbst über die Versteuerung mehrerer (Sessionen in Einer Verhandlung; bezüglich der Session eines Pachtrechts s. S. 122 ff. Anm. 5. a—e. 2 Die Gültigkeit einer (Session ist nicht davon abhängig, daß aus dem Cesstonsinstrumente die über die Zahlung der Valuta getroffenen Verabredungen ersichtlich find. Es genügt auch eine darüber stattgefundene, der (Session vorhergegangene, im Laufe des Prozeffes ihbem Inhalte nach anerkannte mündliche Verabredung — ALR. Th. 1 Tit. 11 §.376, 377, 390, 393. Erk. des OT. v. 2. Juni 1845 (Entsch. B. 12 S. 204). Auch das Erk. des OT. v. 11. Okt. 1847 (Entsch. B. 16 S. 248) spricht in den Gründen aus (S. 253 1. c. letzter Absatz), daß zur Gültigkeit einer (Session die Erklärung, daß Valuta gezahlt sei, nicht nothwendig ist — ALR. Th. 1 Tit. 11 §. 393.

3. Für die Stempelpflichtigkeit der Cessions-Jnstrumente entscheidet nicht der Betrag der cedirten Forderung, sondern die dafür im Cessions-Jnstrumente festgesetzte Valuta. FMR. v. 12. März 1845

III 2616 an d. PStD. in M, mitgetheilt durch FMR. v. 23. April 1851 III

8096 an d. PStD. in D. 4. Prioritäts-Einräumungen sind, wenn sie gegen Entgelt geschehen, gemäß §. 376 Tit. 11 Th. 1 ALR. als (Sessionen zu besteuern, indem in dergleichen Fällen die Ueberlaffung eines dem vorstehenden Gläubiger zuständigen Rechtes an den nachstehenden Gläubiger stattfindet. Da nun die (Session gemäß §. 393 1. c. nur die Erklärung des Cedenten, daß der Andere das abgetretene Recht von nun an als das seinige auszuüben befugt sein soll, und die Annahme dieser Erklärung, nicht auch die Erwähnung erfordert, daß die Abtretung gegen Entgelt geschehen sei (vergl. Anm. 2), so wird in allen Fällen, in welchen nicht eine unentgeltliche, also nach §. 378 a. a. O. geschenk­ weise geschehene Prioritäts-Einräumung aus der Urkunde klar erhellt, diese lediglich als CessionsUrkunde zu besteuern sein. JMR. v. 28. April 1857 I 1486 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 5. Mai dess. I. III 10278 an d. Reg. daselbst. 5. Nach Lage der preußischen Gesetzgebung sind schriftliche Beurkundungen, durch welche Aktien auf andere Personen übertragen werden (Art. 182 und 183 des Allg. Deutschen Handels-

Tarif.

Sessions-Instrumente — Concessionen.

359

gesetzbuchs und §.377 Tit. 11 Th. 1 ALR.) als Cessions-Jnstrumente stempelpflichtig, auch wenn die Uebertragung durch Indossament geschieht. Die Stempelfreiheit der Indossamente und Giro bei Wechseln beruht auf besonderen und ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften (cfr. be­ züglich der älteren Gesetzgebung die Positionen „Giro" und „Wechsel" im Tarif zum Stempel­ gesetz vom 7. März 1822, die Nr. 7 der Allerh. Ordre vom 3. Januar 1830 — GS. S. 9, und §. 2 des Gesetzes vom 26. Mai 1852 — GS. S. 299, und bezüglich der neueren Gesetzgebung §. 25 des Wechselstempelgesetzes vom 10. Juni 1869 — s. S. 165 ff.) und erstreckt sich auf die Indossa­ mente bei Aktien nicht.

FMR. v. 24. Juni 1871 (CB. S. 512, MB. 1872 S. 39).

6. Die unversteuert gebliebenen, vom Rekurrenten produzirten Sessionen über die Abtretung der Rechte aus der Zeichnung auf 10000 Thaler Aktien zur Frankfurt-Posener Eisenbahn unter­ liegen dem Stempel von je 15 Sgr., indem es sich hierbei nicht um die Session öffentlicher Pa­ piere handelt, für welche bloße Zeichnungen auf Aktien zu Eisenbahn-Unternehmungen nicht gelten können.

Auch kommt es nicht darauf an, welche Erfolge hieraus für die Interessenten hervorge­

gangen sind. Rekurs-Resolut des FM. vom 8. Febr. 1848, mitgetheilt durch FMR. v. dems. Tage IE 2310 an d. Reg. in F. 7.

Zur Erleichterung des Verkehrs mit Anerkenntnissen über Steuervergütung für ausge­

führten Branntwein wird bestimmt, daß dergleichen Anerkenntnisse nicht mehr, wie bisher nach §. 5 der Bekanntmachung vom 18. Okt. 1838 geschehen mußte, auf den Namen des Versenders ausgefertigt, sondern auf jeden Inhaber gestellt werden sebenso nach den neueren Bestimmungen — FMR. v. 3. Juli 1867 (CB. S. 245) sub Nr. 12 nebst den beigefügten beiden Mustern zu den Anerkenntnissen über Branntweinsteuervergütung (S. 267, 269 a. a. O.); vergl. auch Bekanntm. des FM. v. denis. Tage (S. 275 a. a. O.) §. 7 Absatz 2]. Bei der Uebertragung der Anerkenntniffe bedarf es daher künftig einer Session nicht weiter; wo aber eine solche bei Anerkenntnissen erfolgt, die nach der bisher üblichen Form ausgefertigt worden sind, ist die Verwendung eines Stempels dazu fernerhin nicht zu fordern. Auch sind Quittungen der Königl. Bank - Komptoire über den Betrag der Anerkenntnisse, welche derselben in Folge der Verfügung vom 7. Februar 1846 (CB. S. 136) abgetreten werden, als Quittungen einer fiskalischen Behörde ebenfalls nicht stempelpflichtig.

FMR. v. 18. März 1846 (CB. S. 145).

8. Im gesetzlichen Sinne lassen sich die sogenannten Extraditionsscheine als Sessionen nicht ansehen, indem es sich dabei nicht um die Uebertragung eines besonderen Forderungsrechts gegen Festsetzung einer Valuta handelt. Der Zweck dieser Extraditionsscheine ist kein anderer, als der, der Packhofsverwaltung davon sichere Mittheilung zu machen, daß die Disposttions - Befugniß über die niedergelegten Waaren Seitens des Niederlegers, auf dessen Namen der Niederlageschein lautet, an den anderweiten im Extraditionsschein benannten Eigenthümer oder sonstigen Dispo­ nenten übergegangen ist, und erfordern dergleichen unter der bloßen Privatunterschrift des Nieder­ legers ausgestellte Bedingungen (soll wohl heißen „Bescheinigungen") tarifmäßig einen Stempel nicht. FMR. v. 30. Sept. 1855 (CB. S. 210). 9.

Das Finanz-Ministerium hat mittelst Reskriptes vom 13. Juni 1825 entschieden, daß,

wenn Sessionen öffentlicher Papiere durch Notariats-Instrumente vollzogen werden, eine solche Session betn zu jedem Notariats-Instrumente erforderlichen Stempel gleichfalls unterliegt. Publik, des PStD. in Cöln v. 2. Juli 1825 (v. KA. B. 9 S. 324); bestätigt durch FMR. v. 25. Juli 1865 III 5068 an d. Reg. in F.

Charte-Partien, wenn sie bei einem Handelsgerichte oder einer andern gerichtlichen, Polizei- oder Kommunal-Behörde ausgefertigt werden, wie Ausfertigungen, s. diese. Codieille........................................................................................... 15 Sgr. Concessionen, wie Ausfertigungen, s. diese. 1.

Dre Stempelpflichtigkeit der Erlaubnihscheine, welche nach §. 21 der Instruktion des Königl.

360

Tarif.

Concessionen.

Staatsministenums vom 31. Dez. 1839 (MB. 1840 S. 94 ff.) denjenigen Personen zu ertheilen sind, die als Hauslehrer, Erzieher und Erzieherinnen fungiren wollen, ist nicht nach der Stempel­ tarif-Position „Bestallungen", sondern nach der Position „Concessionen" zu beurtheilen. Die Ertheilung der Erlaubnihscheine ist allerdings im Interesse des Staats angeordnet worden. Ein solches Jntereffe waltet jedoch auch bei anderen Anordnungen und Verfügungen ob, ohne daß deshalb den betreffenden Verhandlungen im Stempelgesetz Stempelfreiheit eingeräumt ist. Wenn aber auf die Stempelfreiheit der polizeilichen Erlaubnißscheine zum Getränkehandel, sowie zur Gastund Schankwirthschaft exemplifizirt wird, so ist dabei unerwogen geblieben, daß diese Erlaubniß­ scheine nur vorbereitende Verhandlungen zu einem Gewerbe sind, wovon dem Staate eine Ab­ gabe bezahlt werden muß, und daß offenbar nur diese Rücksicht das Zugeständniß der Stempel­ freiheit für diese Erlaubnißscheine motivirt hat ^jetzt stempelpflichtig, s. S. 36 Anm. 14, vergl. auch S. 349 Anm. 10 letzten Absatz u. 11]. Der Stempel für die an Hauslehrer, Erzieher und Er­ zieherinnen zu ertheilenden Erlaubnißscheine trifft Personen, die nicht zur ärmeren Volksklasse ge­ hören, und von denen diese Abgabe in der Regel nur einmal in ihrem Leben zu entrichten ist. Es handelt sich also um eine durchaus nicht belästigende Abgabe.

Ueberdies können die Regie­

rungen, indem bei der Position „Concessionen" auf „Ausfertigungen" verwiesen ist, nach der im zweiten Satze der letztgedachten Tarifposition enthaltenen Bestimmung, unter den dort bemerkten Voraussetzungen, statt des Stempels von 15 Sgr. den geringeren Stempel von 5 Sgr. anwenden, und dadurch eine angemessene Erleichterung, wenn dazu in einzelnen Fällen Anlaß vorhanden ist, gewähren.

R. des FM. u. des M. d. geistl. rc. Angel. v. 30. April 1841 (CB. S. 115, MB. S. 139).

2. Die in Antrag gebrachte stempelfreie Ausfertigung der Concessionen, welcher Gewerbtreibende im Grenzbezirk auf dem platten Lande, oder in den Städten unter 1500 Einwohnern, in Gemäßheit der Verordnung vom 19. Rov. 1824 zu §. 17 der Zollordnung bedürfen, um sich an solchen Orten als Kaufleute niederzulassen, kann um so weniger von Uns bewilligt werden, als der Betrag des Stempels von 15 Sgr. für dergleichen Ausfertigungen, in Betracht, daß der Gewerbtreibende nur eine einmalige Concession nachzusuchen hat, zu unbedeutend ist, um die nach­ gesuchte Ausnahme von den Vorschriften des Stempelgesetzes zu begründen. Landtags-Abschied für die Provinz Westfalen v. 22. Juli 1832 unter Nr. 29. a (v. KA. B. 16 S. 736). Vergl. §. 124 des jetzt geltenden Vereinszollgesetzes v. 1. Juli 1869 (BGbl. S. 317).

3. Die in der Allerh. Ordre vom 14. Okt. 1838 resp. in der Cirk.-Verfügung vom 28. Dez. 1838 des damaligen Ministers des Innern und der Polizei (v. KA. B. 22 S. 171 ff.) vorgeschrie­ benen Concessionen, welche, Behufs des Arbeitnehmens bei inländischen Meistern, an jüdische Hand­ werksgesellen aus den deutschen Bundesstaaten, beziehentlich, nach der durch die Allerh. Erlaffe vom 19. Februar 1842 und 20. März 1858 der erstgedachten Ordre gegebenen Ausdehnung, an solche Gesellen aus dem Königreiche Dänemark und den Niederlanden von den Bezirks-Regierungen ertheilt werden, und zu denen nach der Cirk.-Verfügung von 1838 bisher ein Stempel von 15 Sgr. zu verwenden gewesen, sind künftig stempelfrei auszufertigen. R. des M. f. Handel rc., des FM. u. des M. d. I. v. 10. Juni 1861 (CB. S. 336, MB. S. 132). 4. Es unterliegen die nach §. 51 der Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 (GS. S. 41) für Mäkler erforderlichen Concessionen nach der gleichnamigen Position im Tarif zum Stempel­ gesetze von 1822 dem Stempel für Ausfertigungen.

Nur wenn durch eine ausdrückliche Bestim­

mung für gewisse Concessionen, wie z. B. für Concessionen in Betreff des Kleinhandels mit Ge­ tränken auf dem Lande durch die Allerh. Ordre vom 7. Februar 1835, GS. S. 18, eine Aus­ nahme nachgegeben ist (s. jetzt S. 36 Anm. 14, S. 349 Anm. 10 am Schluß u. 11), dürfen Concessionen stempelfrei ertherlt werden. Für Mäkler-Concessionen besteht aber eine solche Aus­ nahme nicht. Da indessen statt des in der Regel bei Ausfertigungen Anwendung findenden Stempels von 15 Sgr. unter Umständen ein Stempel von nur 5 Sgr. eintreten darf, und für

Tarif.

Concessionen — Dispositionen von Todeswegen.

361

die Ihnen ertheilten 3, beziehungsweise 4 Concessionen je 15 Sgr. Stempel, mithin 1 Thaler 15 Sgr. und 2 Thaler nachgefordert worden sind, so soll diese Nachforderung ausnahmsweise auf je 5 Sgr., mithin auf 15 Sgr. beziehungsweise 20 Sgr. ermäßigt werden. Beträge läßt sich und zur Nachricht worden, weil es Allgemeinen aber

Der Erlaß auch dieser

nicht nachgeben. FMR. v. 20. April 1856 III 9099 an die Mäkler B. u. N., an d. Reg. in F., mit dem Bemerken, daß der Stempel auf 5 Sgr. ermäßigt sich um eine von den Betheiligten nicht verschuldete Nachforderung handele; im sei das Mäklergewerbe nicht von der Art, daß es sich rechtfertigen ließe, die

Concessionen zu demselben einem geringeren Stempel, als dem von 15 Sgr., welcher in der Regel zu Ausfertigungen verwendet werden solle, zu unterwerfen.

Conmrs- und Liquidations-Prozesse. Prioritäts- und Klassifikations-Erkenntnisse in denselben, wie Erkenntnisse überhaupt, s. diese. Das Präklusions-Erkenntniß gegen die im Liquidationstermin nicht erschienenen Gläubiger, wenn der Konkurs durch einen Vergleich eingestellt wird ... 15 Sgr. Die Auszüge aus dem Prioritäts- und Klassifikaüons-Erkenntnisse, welche zu den Spezial-Akten gehen............................................................................. 15 Sgr. Kontrakte, s. Verträge. Copnlationsscheine, Trauungsscheine, wie amtliche Atteste, s. Atteste sjetzt stempelftei, s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 12].

Dechargen . . 15 Sgr. Die Dechargen sind jedoch stempelfrei, wenn dieselben über Rechnungen der Garnison-Lazarethe, Garnison-Kompagnien, Depots oder einzelner Truppen-Abtheilungen ertheilt werden; desgleichen, wenn der Rendant weniger als Fünfzig Thaler für die Führung der gelegten Rechnung bezieht sjetzt allgemein stempelfrei, s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 5].

Dekrete, wenn sie statt Ausfertigungen dienen, wie diese, s. Ausfertigungen

svergl. S. 2

die Anm. §. 2 Nr. 2 nebst Schlußabsatz sub b].

Deposital - Extrakte oder Depositenscheine, wenn sie die Stelle von Quittungen ver­ treten, wie diese, s. Quittungen, sonst . . frei sjetzt allgemein stempelftei, s. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 7J.

Dienst-Entlaffungen, der Beamten, s. Abschiede des Gesindes, s. Gesinde-Entlassungsscheine Dispositionen, von Todeswegen, wie Testamente, Nr. 8],

[jefct stempelfrei, s. S. 2 die Anm. §. 2 sjetzt stempelfrei, s, bei dieser Tarifpos.]. s. diese sjetzt 15 Sgr., s. S. 2 die Anm.

§. 1 Nr. 1]. 1. Notarielle Dispositionen der Eltern unter ihre Kinder von Todes wegen, wenn sie ge­ nerelle Bestimmungen über ihren künftigen Nachlaß enthalten, und nicht einzelne Vermögens-Objekte zum Gegenstände haben, unterliegen nach der Stempeltarif-Position „Dispositionen von Todes­ wegen", wie Testamente, dem Stempel von 2 Thlrn (jetzt 15 Sgr., s. bei vorst. Tarifpos.). Ent­ hält die elterliche Disposition keine solche allgemeine Vermögensvertheilung, so kommt nur der für Notariats-Instrumente vorgeschriebene Stempel von 15 Sgr. zur Anwendung, der daher auch im vorliegenden Falle genügt, in welchem der M. nur in Ansehung eines speziell bezeichneten Immobile zu Gunsten seiner Tochter auf seinen Todesfall disponirt hat. FMR. v. 30. April 1859, im Einverst. des IM. (CB. S. 114). Letztwillige Verordnungen der Eltern, sofern sie nur die Grundsätze oder die Art der Theilung unter ihren Kindern betreffen, sind auch in außerge­ richtlicher Form zurechtbeständig, ALR. Th. 2 Tit. 2 §. 378 ff. 2. Der Notar hat zu der Erklärung, durch welche die Verkäuferin ihren Kindern von dem Kaufgelder-Rückstande den Betrag von 2000 Thlrn auf deren künftige Mutter-Erbtheile cedirt und überweiset, einen Stempel von 15 Sgr. verwendet. Dieser Stempel aber genügt, man mag die Erklärung als Cession oder als Disposition von Todes wegen auffassen, da letzteren Falls nach dem Charakter der Disposition, als einer über einzelne bestimmte Geldsummen getroffenen, der Stempel für Codieille ausreicht. JMR. v. 23. Mai 1866 III 1557 an d. Appell.-G. in F., mit­ getheilt durch FMR. v. 2. Juni dess. I. III 11105 an d. Reg. daselbst. Der Jmmobiliar-Kauf-

362

Tarif.

kontrakt, in war Seitens letzteren Fall Todes wegen

Dispositionen von Todeswegen — Cheverträge.

welchem die Ueberweisung der 2000 Thlr an die Kinder der Verkäuferin erfolgte, derselben mit einem Fremden, nicht mit einem Descendenten geschlossen; für den vergl. S. 97 Anm. 37 §. 3. Rücksichtlich des jetzigen Stempelsatzes für Disp. von s. oben bei dieser Tarifpos.

Donationen oder Schenkungen, wie Erbschaften, s. diese. Diese Tarifpos. ist aufgehoben durch §. 49 des Ges., betr. die Erbschaftssteuer, v. 30. Mai 1873 (GS. S. 329); an die Stelle tritt §. 4 a. a. O. - s. im Anhang.

Duplikate von stempelpflichtigen Verhandlungen, wie beglaubigte Abschriften; s. Ab­ schriften. Vergl. die Anm. zur Tarifpos. „Neben-Exemplare."

Ehescheidungs-Erkenntnisse, s. Erkenntnisse Buchst. A. b. Wenn darin auf eine Strafe oder Abfindung erkannt wird, so wird außerdem von dieser der ErbschaftsStempel erhoben, s. Erbschaften. Der Erbschafts-Stempel von Strafen und Abfindungen aus Ehescheidungs-Erkenntnissen wird nicht mehr erhoben. Kab.-O. v. 16. Mai 1828 (GS. S. 71).

Eheversprechen, schriftliche................................................................ 15 Sgr. Vergl. die folg. Tarifpos. „Eheverträge" Anm. 1 am Schluß.

Eheverträge . . 2 Thlr

[je|t 15 Sgr., s. S. 2 die Anm. §. 1 Nr. 1].'

1. Der Stempeltarif unterwirft Cheverträge dem Stempel von 2 Thlrn (jetzt 15 Sgr., s. bei vorst. Tarifpos.). Eheverträge sind diejenigen Verträge, welche, außer dem Versprechen zu heirathen, Verabredung über Vermögen oder Erbfolge, oder beides zugleich, enthalten (vergl. Anm. 3). Daß solche Verträge auch vor der Hochzeit abgeschlossen werden können, ergiebt der §. 209 Tit. 1 Th. 2 des ALR.; es ist also für Eheverträge, ohne Rücksicht auf die Zeit des Abschlusses, ob solcher vor oder nach der Hochzeit stattfindet, der Stempel von 2 Thlrn fällig. Enthalten Ver­ handlungen aber ohne beigefügte Verabredung über. Vermögen oder Erbfolge weiter nichts als das Versprechen, eine Person heirathen zu wollen, sei es daß dieses Versprechen einseitig oder gegenseitig (Ehegelöbniß-Vertrag) ausgestellt worden, so unterliegen solche Verhandlungen nach der Tarifposition „Eheversprechen" dem Stempel von 15 Sgr. FMR. v. 6. April 1837 III 7874 an d. PStD. in Br. Vergl. die Anm. zur Tarifpos. „Gütergemeinschafts-Verträge". 2. Der Vertrag zwischen der unverehelichten G. und dem Kaufmann S. enthält außer dem Ehegelöbniß ganz bestimmte Verabredungen in Betreff des eingebrachten Vermögens und wegen Gewährung einer Morgengabe, also Ehepakten, und unterliegt daher nicht als ein bloßes Ehever­ sprechen einem Stempel von 15 Sgr., sondern als Ehevertrag dem Stempel von 2 Thlrn (jetzt 15 Sgr., s. bei vorst. Tarifpos.). JMR. v. 4. Dez. 1850 I 4384 an den Notar G. in D. 3. Zu Eheverträgen, welche zugleich Verabredungen über die künftige Erbfolge enthalten, ist nicht der Stempel nach dem Tarif unter der Position „Erbvertrag" (soll heißen „Erbfolge-Ver­ träge"), sondern allein nach der Position „Ehevertrag" zu verwenden, indem die Bestimmungen über das Erbrecht nur einen Theil des Ehevertrages bilden, und dessen Natur als Ehevertrag nicht verändern. JMR. v. 29. Juli 1833 (v. KJ. B. 42 S. 139). Vergl. Anm. 1. 4. Nach Einvernehmen mit dem H. Finanz-Minister erklärt sich der Justiz-Minister damit einverstanden, daß der Stempel von 2 Thlrn zu Ehe- und Erbverträgen (jetzt 15 Sgr., s. bei vorst. Tarifpos.) nur alsdann verbraucht werden muß, wenn der Ehevertrag formelle Gültigkeit hat, d. h. gerichtlich, vor einem Justizkommissarius und Notar, oder vor Schulzen und Schöppen (§. 83 Tit. 1 Th. 2 ALR.) errichtet ist; daß ein formell ungültiges Ehegelöbniß nur als eine bloße Unterhandlung erachtet werden kann (§. 91 a. a. O.), und ein darüber niedergeschriebener Vertrag, dem es an der gesetzlichen Form mangelt, durch den Hinzutritt des Aufgebots kein gültiger Ver­ trag wird; daß in, diesem letzteren Falle vielmehr das Aufgebot, ohne Rücksicht auf den Vertrag,

Tarif.

Cheverträge.

die rechtlichen Wirkungen eines Ehegelöbnisses erzeugt (§. 92 a. a. O.).

363 JMR. v. 23. Mai 1834

(v. KJ. B. 43 S. 579). 5. Eheverträge sind, wenn auch das Vermögen beider Paciscenten unter 50 Thaler beträgt, dennoch stempelpflichtig. Der §. 3. a des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 bestimmt nämlich, daß nur diejenigen Verhandlungen stempelfrei sind, deren Werth in Gelde geschätzt werden kann. und nicht 50 Thaler erreicht.

Der Gegenstand, über welchen in Eheverträgen, abgesehen

von dem Vermögen, verhandelt wird, ist aber in Gelde nicht schätzbar. Da nach Art. 3 des Küstengesetzes vom 9. Mai 1854 bei Gegenständen, die keiner Schätzung fähig sind, der Kosten­ ansatz in unbedeutenden Angelegenheiten wie bei einem Werthe von 60 bis 100 Thalern erfolgen soll, so ist in allen solchen Fällen das Objekt mindestens auf 60 Thaler zu arbitriren. Cirk.-Verf. des Ostpreußischen Tribunals an dessen Untergerichte v. 2. Juli 1861 unter Nr. 2, auf Grund einer Entscheidung des IM. im Einverst. des FM. (B.-Bl. f. ger. Beamte S. 137 ff.). 6. Die Erinnerung des Stempelstskals muß aufrecht erhalten werden. Daß die notarielle Verhandlung' vom 15. Okt. 1868, in welcher der Ehemann I. auf den maritalischen Nießbrauch verzichtet, die Ehefrau aber diese Erklärung acceptirt, einen Vertrag enthält, und zwar einen Ver­ trag, welcher, weil die Ehefrau nur Recht dadurch erwirbt, gültig auch vor dem Notar errichtet werden konnte, ist nicht zweifelhaft. Es unterliegt auch keinem Bedenken, daß der Vertrag, welcher sich generell auf die vermögensrechtlichen Beziehungen der Eheleute untereinander erstreckt, als „Ehevertrag" anzusprechen und als solcher auf Grund der gleichlautenden Tarif-Position des Stempelgesetzes zu versteuern ist. JMR. v. 3. März 1870 an d. Notar I., mitgetheilt durch FMR. v. 13. deff. M. III 4385 an d. Reg. in F. In letzterem Erlaß wird noch bemerkt, daß zu einer einseitigen Erklämng, worin der Ehemann auf den ihm gesetzlich zustehenden Nießbrauch an dem Vermögen seiner Ehefrau verzichtet, ebensowenig ein Schenkungsstempel erfordert werden kann, als wenn der Verzicht in einem zweiseitigen Vertrage beurkundet wird. 7. Daß der tarifmäßig zu Eheverträgen erforderliche Stempel von 2 Thlrn (jetzt 15 Sgr., s. bei vorst. Tarifpos.) zu dem Akten-Exemplare gehören und jede Ausfertigung desselben noch besonders auf dem Stempel von 15 Sgr. erfolgen müsse, läßt sich aus den Vorschriften des Stempelgesetzes nicht begründen. Auch Adoptions-Verträge, Majorennitäts - Erklärungen, Pässe zum Transport von Leichen, unterliegen dem Stempel von 2 Thlrn. Es gilt aber hier, wie für Eheverträge, die aus dem Stempelgesetze folgende allgemeine Regel, daß der Stempel zur OriginalVerhandlung verwendet werden muß, daß aber, wenn eine Ausfertigung geschieht, zu dieser, und wenn mehrere Ausfertigungen gemacht werden, zu einer derselben der 2 Thlr-Stempel, und zu den übrigen der gewöhnliche Ausfertigungsstempel verwendet werden muß. Mit Testamenten, Erbfolgeverträgen und Erbrezessen hat es eine andere Bewandtniß. Testamente und Erbfolge­ verträge werden niemals gleich nach ihrer Errichtung ausgefertigt, sie müssen gerichtlich deponirt werden, und bleiben oft lange Zeit im Verwahrsam des Gerichts, bis sie publizirt und ausge­ fertigt werden; aus diesen den Testamenten und Erbfolgeverträgen eigenthümlichen Verhältnissen folgt, daß, um der Vorschrift des §. 12 im Stempelgesetz, wonach die stempelpflichtige Verhand­ lung auf das erforderliche Stempelpapier geschrieben oder letzteres doch längstens binnen 14 Tagen nachgebracht werden muß, zu genügen, der Stempel zum Original-Testament und zum OriginalErbfolgevertrag verbraucht werden muß, und die später erfolgenden Ausfertigungen, abgesehen von'dem 2 Thlr-Stempel (jetzt 15 Sgr., s. bei den betr. Pos.) mit dem erforderlichen Ausfertigüngsstempel versehen werden müssen (s. auch Tarifpos. „Testamente" Anm. 2). Der Erbrezeßstempel aber charakterisirt sich deshalb als ein zum Original oder Akten-Exemplar des Erbrezesses zu verwen­ dender Stempel, weil die Ausfertigungen je nach dem Inhalt der Erbrezesse, ob darin Käufe, Leibrenten, Quittungen, Cessionen u. s. w. vorkommen, sehr verschiedenartigen Stempeln unterliegen können. FMR. v. 20. Nov. 1837 (v. KJ. B. 50 S. 564), mitgetheilt durch JMR. v. 26. dess. M. (S. 565 daselbst)'.

364

Tarif. 8.

Eheverträge — Erbrezesse.

Wegen der Jllaten-Bekenntnisse in Eheverträgen s. S. 310 sub E.

Einfuhrpäffe, s. Pässe. Eingaben, s. Gesuche [vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1 u. Schlußabsatz Ernaneipations-Urkunden, wie Ausfertigungen, s. diese.

sub b].

Vergl. Anm. 1 zur Tarifpos. „Majorennitäts-Erklärungen."

Endoffement, s. Wechsel [fällt weg, s. S. 165 ff.]. Engagements-Protokolle, wenn sie die Stelle von Verträgen vertreten, wie diese, s. Verträge. Erbfolge-Bertrage . . 2 Thlr [jetzt 15 Sgr., s. S. 2 die Anm. §. 1 Nr. l]. Bezüglich der besonderen Verwendung des Ausfertigungsstempels s. Anm. 7 zur Tarifpos. „Eheverträge."

Erbpachts-Verträge. Eins vom Hundert des Werths des dadurch vererbpachteten Gegenstandes (§. 5 Buchst, c und d des Gesetzes). Crbrezesse oder Crbtheilungsrezesse, wenn dadurch die Vertheilung einer stempelfreien Erbschaft ausgesprochen wird: falls die dadurch zu vertheilende Masse Eintausend Thaler und darüber beträgt.................................................................... . . . . . 2 Thlr falls gedachte Masse den Werth von Eintausend Thalern nicht erreicht, wie Ausfertigungen, s. diese; wenn dadurch eine stempelpflichtige Erbschaft vertheilt wird............................ frei. 1.

Die Annahme, daß die Verhandlung, in welcher sich Miterben über Nachlaßgegenstände

auseinandersetzen, nothwendig einen Erbrezeß enthalten müsse, kann für richtig nicht anerkannt werden. Der Erbrezeß ist ein Abkommen der Erben wegen Auseinandersetzung der Erbschaft. Wird dagegen blos über einzelne Gegenstände eine Vereinigung unter den Erben getroffen, so hat zwar nach den bisher gültigen Bestimmungen die Allerh. Kab.-Ordre vom 24. Dez. 1834 (s. S. 130 §. 10) daraus Anwendung gehabt, weil eine solche Vereinigung zum Zweck der Ausein­ andersetzung der Erben erfolgt; als Erbrezeß kann aber eine Verhandlung der Art, indem sie die Requisite desselben nicht erfüllt, nicht angesehen werden. FMR. v. 28. Sept. 1844 III 20550 an d. PStD. in S. (SK.). — Der Vertrag ist, wiewohl sich die Auseinandersetzung der Erben darin nicht auf den Gesammtbetrag des nachgelassenen Vermögens erstreckt, nichtsdestoweniger doch als ein Erbrezeß anzusehen, weshalb auch beim Vorhandensein einer erbschaftsstempelfreien Masse von 1000 Thlrn und darüber ein Rezeßstempel von 2 Thlrn zum Akten - Exemplar des Rezesses erfor­ derlich ist (Gegenstand der Erbesauseinandersetzung war der gesammte Nachlaß mit Ausschluß der Nachlaßforderungen, in Betreff deren sich die Erben, mit Ausnahme eines schon Inhalts der ersten Verhandlung abgefundenen Miterben, in einer späteren Verhandlung auseinandersetzten). FMR. v. 15. April 1851 III 8134 an d. Reg. in F. — Die Notariatsverhandlung vom rc. ist als ein Erbrezeß zu betrachten rc. (in dieser Verhandlung fetzten sich die Erben nur wegen der Nachlaßgmndstücke auseinander, jedoch unter Hinweisung auf die bereits außergerichtlich erfolgte Auseinandersetzung wegen der übrigen Nachlaßgegenstände).

JMR. v. 15. Juni 1867 III 1947

an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 29. dess. M. III 11643 an d. Reg. daselbst. 2. a. Der Stempeltarif verlangt in der Position „Erbrezeffe" die Verwendung eines eigen­ thümlichen Stempels zu dem schriftlichen Akt der Vertheilung einer stempelfreien Erbschaft; dieser Stempel ist daher beizubringen, gleichviel, ob der schriftliche Akt vor einem Gericht oder einem Notar oder von einer Privatperson aufgenommen worden. Hieraus folgt, daß der Erbrezeß gleich einem Erkenntniß entweder auf das erforderliche Stempelpapier selbst geschrieben, oder das letztere binnen der gesetzlichen Frist zu dem Akt kassirt, zu jeder Ausfertigung aber ein besonderer Aus­ fertigungsstempel verwendet werden muß.

In dem Reskripte vom 1. Okt. 1823 (s. Anm. 2. b)

sind nur die dem Erbrezeffe vorhergegangenen vorbereitenden Verhandlungen, zu denen der

365

Tarif. Erbrezesse. Erbrezeß selbst nicht gehört, für stempelfrei erklärt worden.

FMR. v. 29. Nov. 1838 III 23397

an d. Gerichtsamt der Herrschaft Saaber zu Grünberg, mitgetheilt durch FMR. v. 28. Febr. 1852 III 3165 an d. PStD. in S. — Daß bei Erbrezessen in erbschaftsstempelfreien Erbfällen der tarif­ mäßige Erbrezeßstempel von 2 Thlrn resp. 15 Sgr. als Werthstempel zum Aktenexemplar, zu jeder Ausfertigung aber noch besonders der Ausfertigungsstempel zu verwenden ist, bestimmen auch schon das FMR. v. 1. Okt. 1823 III 17858 an d. Prov.-Stempelfiskal S. u. die JMR'e v. 27. Juli 1832 an d. OLGericht in Kg (SK.) u. v. 10. Nov. 1832 (Jurist. Zeitung 1833 S. 53) rc.; vergl. Anm. 6 u. Tarifpos. „Eheverträge" Anm. 7, und, für den Fall der Konkurrenz erbschaftsstempelfreier u. erbschaftsstempelpflichtiger Erben, unten die Anm. 3.

2. b. Protokolle, die vor Entwerfung des förmlichen Erbrezesses lediglich über die Prinzi­ pien der Vertheilung der Erbmasse, oder auch nach entworfenem Rezesse über die Genehmigung desselben Seitens aller oder einiger Interessenten aufgenommen werden, sind, als zum Inbegriff des Erbrezesses gehörig, nicht besonders stempelpflichtig. d. Prov.-Stempelfiskal S. (SK.).

FMR. v. 1. Okt. 1823 III 17858 an

3. Auch wenn ein Erbrezeß privatim unter stempelfreien Erben schriftlich abgefaßt wird, ist der Stempel von 2 Thlrn resp. 15 Sgr. erforderlich, der jedoch in diesem Falle natürlich nicht zu den Akten einer öffentlichen Behörde gebracht werden kann, vielmehr zu dem Rezeß selbst zu verwenden oder in den Formen des §. 12 des Stempelgesetzes nachzubringen ist.

Der Betrag

aber richtet sich nach dem erbschaftsstempelfreien Antheil einer zu vertheilenden Masse dergestalt, daß, wenn bei Erbtheilungen erbschaftsstempelfreie Erben und solche, die es nicht sind, zusammen­ treffen, zu den Erbrezessen der Stempel von 2 Thlrn nur anzuwenden ist, insofern der Erbtheil der erbschaftsstempelfreien Erben 1000 Thlr oder mehr beträgt.

FMR. v. 20. Mai 1828 III

10145 an d. PStD. in D. (LR.). 4. Erbrezesse über den Nachlaß eines Ehegatten, der mit dem überlebenden in Gütergemein­ schaft gestanden, unterliegen nur dann dem Stempel von 2 Thlrn, wenn die vertheilte erbschafts­ stempelfreie Erbschaftsmasse, außer der dem Letzteren zustehenden Hälfte, 1000 Thlr und darüber beträgt, da diese an den überlebenden Ehegatten ex communione bonorum zurückfallende Hälfte gar nicht zu dem Nachlasse des Verstorbenen gehört, und daher bei der Bestimmung des Stempels für den Erbrezeß der durch diesen zu vertheilenden Masse nicht beigerechnet werden kann. FMR. v. 8. Sept. 1826 III 16674 an d. PStD. in D. (LR.). 5. Bei erbschaftsstempelfreien Massen unter 1000 Thlrn ist der Erbrezeßstempel im Betrage dem Ausfertigungsstempel gleich gestellt. Der Letztere beträgt nach dem Ermessen der Behörde 15 oder 5 Sgr., den daher eine Behörde nach pflichtmäßigem Ermessen, wie bei Ausfertigungen, auch zu Erbrezeffen festsetzen darf, wogegen die Befugniß, aus besonderen Gründen eine Ausnahme von dieser Regel zu machen und Bescheidungen stempelfrei zu erlassen, auf den Rezeßstempel nicht Anwendung finden kann, weil die Tarifposition „Erbrezesse" ausdrücklich einm Stempel im Be­ trage eines Ausfertigungsstempels verlangt, und in der Position „Ausfertigungen" im letzten Absätze für die Ausnahme bei Ausfertigungen auf die „vorgedachten" Fälle, also nicht auf andere, ausdrücklich verwiesen wird.

Es folgt ferner daraus, daß Erbrezesse vorgedachter Art, vor einem

Notar aufgenommen, keinem anderen als dem Erbrezehstempel von 15 Sgr. unterliegen, weil die Ausfertigungen der Notare auf keinem geringeren Stempel zu ertheilen sind, und endlich, daß auch die privatim abgeschlossenen Erbrezesse des Stempels von 15 Sgr. bedürfen, weil Privat­ personen keine Behörden sind, und das arbitrium zu dem Stempel der Ausfertigungen tarifmäßig nur den Behörden zusteht. 6.

FMR. v. 31. Mai 1828 III 10657 an d. PStD. in D. (LR.).

Seit Emanation des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 ist grundsätzlich daran festge­

halten, daß der tarifmäßige Stempel von 2 Thlrn resp. 15 Sgr. für Erbrezesse ein, von dem für Ausfertigungen vorgeschriebenen zu unterscheidender Fixstempel ist, und daß der betreffende Aus-

Tarif.

366

Erbrezeffe — Erkenntnisse.

fertigungsstempel, welcher, je nach dem Inhalte des Erbrezesses, ein Werthstempel von einem Kaufe, von Schuldverschreibungen, Quittungen u. s. w., oder der gewöhnliche Stempel von 15 Sgr. sein kann, auch dann zur Verwendung kommen muß, wenn der Erbrezeß, nach dem Schlußabsatz in der gleichnamigen Tarifposition, als solcher von einem Fixstempel frei ist.

Von diesem in die

Praxis übergegangenen, gelegentlich wiederholt von dem H. Justiz-Minister anerkannten Grund­ sätze abzugehen, liegt keine hinreichende Veranlassung vor. Es ist also nach wie vor der Stempel von 2 Thlrn oder von 15 Sgr. für die Rezesse selbst zu den Akten der Notare zu kassiren, da­ neben aber der besondere Stempel zu den Ausfertigungen zu verwenden.

Nach dem gleichen

Grundsätze ist bezüglich des nach §. 3 des Gesetzes vom 22. Juli 1861 gelegentlich eintretenden Rezeßstempels zu verfahren. FMR. v. 23. Juni 1862 III 11043 an d. PStD. in M., mitge­ theilt durch FMR. v. 27. Jan. 1864 III 1423 an d. PStD. in S. Vergl. Anm. 2. a., sowie in Beziehung auf den Schlußsatz S. 97 Anm. 37 §. 3 u. S. 101 Anm. 44.

7.

Bei Erbregulirungen sind, wenn auch keines der einzelnen Erbtheile 50 Thlr erreicht,

dennoch alle die Erbtheilung überhaupt betreffenden Verhandlungen, z. B. Gesuche um ge­ richtliche Erbregulirung, Vorladungen zum Erbtheilungstermin u. dergl. stempelpflichtig, sobald nur die ganze Masse 50 Thlr oder mehr beträgt. FMR. v. 1. Okt. 1823 III 17858 an d. Prov.-Stempelfiskal S. (SK.). — Die Stempelpflichtigkeit der Erbregulirungsverhandlungen, so­ fern sie nicht einen einzelnen abgesonderten Gegenstand unter 50 Thlrn betreffen und also stempel­ frei sind, muß jederzeit nach dem Betrage der ganzen Erbmasse und nicht der einzelnen Erbrate beurtheilt werden. JMR. v. 22. Jan. 1830 (v. KJ. B. 35 S. 142), auf welches durch Cirk.-R. des FM. v. 19. Febr. dess. I. III 3129 aufmerksam gemacht wird. — Vergl. auch S. 33 Anm. 7. 8. Bezüglich der in Erbrezessen enthaltenen Kauf- und Tauschverhandlungen zwischen Erbschafts-Theilnehmern, sowie sonst in Erbrezessen vorkommender Geschäfte s. S. 130 Anm. 2 u. S. 310 sub F. 9. In Betreff der Theilungen und gerichtlichen Verkäufe von Immobilien im Bezirk des Appellationsgerichtshofes zu Cöln s. S. 82 ff. Anm. 16. a, b.

Erbschaften, sowie auch Vermächtnisse oder Legate, Schenkungen von Todeswegen und unter Lebendigen, sofern letztere durch schriftliche Willens-Erklärungen erfolgen, mit Einschluß der remuneratorischen Schenkungen, Lehns- und Fideikomrnisf-Arrsälle, ohne Unterschied, ob der Anfall Inländern oder Ausländern zukommt, werden nach dem Betrage des Anfalls (§. 4 und 9 des Gesetzes) folgendermaßen besteuert rc. Diese Tarifpos. ist durch §. 49 des Ges., betr. die Erbschaftssteuer, v. 30. Mai 1873 (GS. S. 329) aufgehoben, namentlich auch bezüglich der Versteuerung schriftlich beurkundeter Schenkungen unter Lebenden, worüber §. 4 a. a. O. anderweitig disponirt — s. im Anhang.

Erbzirrsvyrträge, wie Erbpachtsverträge, s. diese. Erkenntnisse und Urtheilssprüche der Gerichte. A) A. Zn erster Instanz und vor schiedsrichterlichen Behörden. B) a. Wenn der Gegenstand, über welchen im Wege des Civilprozesses gestritten wird, einer Schätzung nach Gelde fähig ist, so wird der Stempel zu dem darüber entscheidenden Erkenntnisse nach dem Werthe des streitigen Gegenstandes be­ stimmt, welcher nach §§. 4 und 11 des Gesetzes zu berechnen ist; und zwar wird gezahlt: aa. von demjenigen Theile des Werths des streitigen Gegenstandes, welcher Eintausend Thaler nicht übersteigt, Eins vom Hundert; bb. ferner von demjenigen Theile des gedachten Werths, der zwar über Ein­ tausend Thaler hinausgeht, aber Zwanzigtausend Thaler nicht übersteigt, ein halbes Prozent; cc, endlich von demjenigen Theile des gedachten Werths, der über Zwanzig­ tausend Thaler hinausgeht, Ein Sechstheil Prozent.

Tarif. b.

Erkenntnisse.

367

Wenn der Gegenstand, über welchen im Wege des Civilprozesses gestritten wird, einer Schätzung nach Gelde nicht fähig ist, so wird der Stempel nach der Wichtigkeit und Weitläufigkeit des Rechtsstreites, welche der Richter zu er­ messen hat, bei Abfassung des definitiven Erkenntnisses von demselben festge­ setzt auf ........................................................................................................ 5 Thlr bis.................................................................................................................... 20 Thlr. Es gehören hierher namentlich auch die Erkenntnisse in solchen Sachen, wo zwar die Verhandlungen einen nach Gelde schätzbaren Gegenstand betreffen, es aber zwischen den Parteien weder streitig ist, wie viel derselbe betrage, noch wem derselbe zugehöre, sondern nur rechtliche Hülfe wegen Bewirkung der Leistung, oder wegen Sicherstellung bei derselben, oder wegen Befristung für dieselbe nachgesucht wird, wie beispielsweise in Exekutions-, Provokations-, Kündigungs-, Besitzstörungs- und Spolien-Prozessen, Prozessen über die Rechts­ wohlthat der Vermögensabtretung, und solchen, welche die Amortisation ver­ loren gegangener Dokumente oder eingetragener Forderungen, oder den Auf­ ruf unbekannter Real-Prätendenten oder Todeserklärungen betreffen. Bei Erkenntnissen auf Ehescheidung oder Trennung von Tisch und Bett ist der höchste Stempelsatz von Zwanzig Thalern in der Regel anzuwenden, und nur bei ganz geringen Vermögensumständen eine Ausnahme zu gestatten, e. Die vorstehend unter a und b für die Erkenntnisse in Civilsachen festgesetzten Stempel werden nur einmal von derselben Sache erhoben. Giebt dieselbe demnach zu mehreren vorbereitenden, nachträglichen oder über Nebenumstände entscheidenden Erkenntnissen Anlaß, so wird der vorstehend vorgeschriebene Stempel nur zu dem Haupterkenntnisse genommen, alle Nebenerkenntnisse aber blos aus einen Stempelbogen von........................................................15 Sgr. geschrieben. Ist bei einem Spezial-Moratorien-Prozesse schon ein Haupt-Prozeß über denselben Anspruch vorangegangen, so ist in Folge vorstehender Vorschrift auch zu dem Spezial-Moratorio nur ein Stempel von Fünfzehn Silbergroschen er­ forderlich. d. Bei Widerklagen, welche in einem Prozesse mit der Klage zusammen verhan­ delt und entschieden werden, wird der Stempel zu den Erkenntnissen darin nur nach Einem von beiden Gegenständen des Prozesses, nämlich entweder nach dem Gegenstände der Klage, oder nach dem Gegenstände der Widerklage, jedoch allemal nach dem höchsten von beiden bestimmt. 6. Zn Straf- und Jnjuriensachen ist zu dem Erkenntnisse nach richterlichem Er­ messen, wobei jedoch nicht blos die Höhe der Strafe, sondern auch das Vermögen und Einkommen des Verurtheilten zu beachten ist, ein Stempel von..................................................................................................................... 5 Thlr bis.....................................................................................................................50 Thlr zu nehmen. Zst jedoch unter Personen geringen Standes nur auf eine Geldstrafe von Fünfzig Thalern und darunter, oder zugleich auch für den Fall des Unver­ mögens auf eine verhältnißmäßige Gefängnißstrafe von vier Wochen und dar­ unter erkannt worden, so ist blos ein Stempel von......................... 15 Sgr. zu dem Erkenntnisse zu brauchen. C) • f. Strafresolute der Finanzbehörden, sowie auch der Polizeibehörden, sind, ohne Unterschied der darin festgesetzten Strafe, nur mit einem Stempel von 15 Sgr. zu belegen. D) g. Kriegsrechtliche Erkenntnisse, wodurch ein Offizier verurtheilt wird, erfordern in der Regel einen Stempel von..............................................................10 Thlr. Dieser Stempel soll jedoch nicht angewendet werden:

368

Tarif.

Erkenntnisse.

aa. gegen Subalternoffiziere, Staabskapitaine und Staabsrittmeister im aktiven Dienste, sofern sie sich nicht notorisch in guten Vermögensumständen be­ finden; E) bb. gegen Offiziere, welche von Wartegeldern oder Pensionen leben, die nur Einhundertfunfzig Thaler oder weniger jährlich betragen. Zn diesen beiden Fällen tritt für das Erkenntniß blos der Ausfer­ tigungsstempel ein, s. Ausfertigungen. h. Zn allen Fällen, wo durch Straferkenntnisse dem Verurtheilten neben der Strafe noch die Leistung einer Entschädigung zuerkannt wird, ist dem Stempel­ betrage für das Straferkenntniß an sich noch der Betrag desjenigen Stempels hinzuzufügen, welcher von dem Werthe der Entschädigung zu zahlen wäre, falls sie im Wege des Civilprozesses (nach Buchst, a) erstritten würde. i. Wenn zwar die Lossprechung, jedoch nur von der Instanz oder wegen Unzu­ länglichkeit des Beweises erkannt, und der Losgesprochene deshalb zur Tra­ gung der Untersuchungskosten verurtheilt worden, so ist zu dem Erkenntniß ein Stempel von der Hälfte desjenigen Betrages zu nehmen, welcher im Falle der Verurtheilung nach Buchst, e anzuwenden gewesen sein würde. k. Fallen bei vollständiger Lossprechung dem Losgesprochenen dennoch die Unter­ suchungskosten zur Last, so ist für das Erkenntniß blos der Stempel von 15 Sgr. anzuwenden. B. Zn jeder höheren Instanz, und zwar sowohl bei Appellations- als auch bei Revisions- und bei Kassations-Erkenntnissen wird ein Stempel zu den Erkenntnissen verwendet, welcher ein Sechstheil desjenigen beträgt, der zu dem Erkenntnisse in erster Znstanz gebraucht worden. Würde der hiernach anzuwendende Stempel weniger als Fünfzehn Silbergro­ schen betragen, so ist jedenfalls dennoch ein Stempelbogen von ... 15 Sgr. zu dem Erkenntnisse zu gebrauchen. Zn Fällen, wo blos Milderungsgesuche oder Rekurse im Wege der Beschwerde stattfinden, tritt für dieselben und die darauf erfolgenden Bescheide dasjenige ein, was wegen des Stempels von Gesuchen und Ausfertigungen im Allgemeinen durch gegenwärtigen Tarif festgesetzt worden. P) C. Ausfertigungen der Erkenntnisse und Urtheilsauszüge, welche den Parteien oder anderen Interessenten zugestellt werden............................................ 15 Sgr. Auszüge aus Erkenntnissen, welche blos zur Vervollständigung der Akten er­ fordert werden, sind, sofern dieser Tarif nicht ausdrücklich Ausnahmen festsetzt, frei. 1.

A. zu „Erkenntnisse rc. der Gerichte." Das Staats-Ministerium hat durch Beschluß vom 13. März 1838 festgesetzt, daß zu den

Entscheidungen der Akademischen Gerichte in Civilsachen, wenn das Objekt stempelpflichtig ist, das erforderliche Stempelpapier, wie sich von selbst versteht, verwendet werden müsse, die Erkenntnisse und Resolute in Straf- und Jnjuriensachen dagegen, wie bisher geschehen, stempelfrei zu expediren sind, obschon nach den bestehenden Vorschriften die Anwendung des Stempelpapiers gefordert werden könnte, und der Revision des Stempelgesetzes die weitere Bestimmung dieserhalb vorbe­ halten bleibe. R. des M. d. geistl. rc. Angel, v. 6. April 1838 an die Reg.-Bevollmächtigten der Universitäten (SK.). 2.

B. zu lit. A. Rach den §§. 1 und 2 des Gesetzes vom 10. Mai 1851 (GS. S. 622 — s. oben S. 5

Anm. 1. b) findet die gerichtliche Sporteltaxe auf schiedsrichterliche Verhandlungen keine Anwen­ dung; es sind vielmehr auf letztere die Vorschriften des Stempelgesetzes, insbesondere in der Tarifposition „Erkenntnisse" und „Prozesse" noch jetzt anwendbar.

Unter den in der Tarifposition

„Erkenntnisse" bei A erwähnten Urtheilssprüchen schiedsrichterlicher Behörden versteht das Stempel-

Tarif.

369

Erkenntnisse.

gesetz, wie hier stets festgehalten worden, die Erkenntnisse aller Schiedsrichter, welche einen rechts­ verbindlichen Urtheilsspruch zu fällen befugt sind, und welche in so weit eine erkennende Behörde bilden (§§. 167 ff. Tit. 2 Th. 1 AGO.).

FMR. v. 2. März 1865 III 2234 an d. PStD. in Br.

(CBl. f. ger. Beamte 1865 S. 42, 43). C. u. D. zu lit. A. e u. f. 3. a.

Zu Straf-Resoluten gegen Beamte zufolge Gesetzes vom 25. April 1835 kann, da

dieses Gesetz ein Disziplinar-Verfahren angeordnet hat, dies aber von dem gerichtlichen Verfahren ausdrücklich unterschieden ist, nur der Stempelsteuer-Satz von 15 Sgr., wie bei den Strafresoluten der Finanz- und Polizeibehörden überhaupt, stattfinden.

R. des M. d. I. u. d. P., des FM. u.

des M. d. Königl. Hauses v. 23. Febr. 1837 snb Nr. 3 (v. KA. B. 21 S. 10).

Das vorgedachte

Ges. v. 25. April 1835 über die Kompetenz der Dienst- und Gerichtsbehörden zur Untersuchung der von Staatsbeamten verübten Ehrenkränkungen (GS. S. 50) ist aufgehoben durch §. 7 des Diszipl.-Ges. v. 29. März 1844 (GS. S. 77), u. an des Letzteren Stelle sind die beiden Diszipl.Ges. v. 7. Mai 1851 (GS. S. 218) u. v. 21. Juli 1852 (GS. S. 465) getreten. 3. b.

Vergl. Anm. 3. d.

Die Position des Stempeltarifs „Erkenntnisse" lit. f, welche nur die Strafresolute

der Finanz- und Polizeibehörden betrifft, und eine Finanz- oder Polizeikontravention voraussetzt, kann auf die Disziplinar-Untersuchungen, welche gegen Notare, Gerichtsschreider und Gerichtsvoll­ zieher in Gemäßheit der Bestimmungen der Notariats-Ordnung vom 25. April 1822 (GS. S. 109) und der Kab.-Ordre vom 21. Juli 1826 (GS. S. 71) eingeleitet werden, keine Anwendung finden. Diese Untersuchungen, bei welchen ein förmlich kontradiktorisches Verfahren vor Gericht eintritt, sind den fiskalischen Untersuchungen der altländischen Prozeß-Ordnung gleichzustellen, und daher nach der Tarifposition lit. e zu behandeln.

Es hätte daher zu dem Urtheil in der Untersuchung

gegen den Notar S. ein Stempel von mindestens 5 Thlrn verwendet werden müffen.

JMR. v.

10. Mai 1838 an d. Landg. - Präs. u. d. Ober-Prok. in Cöln, im Einverst. des FM. (v. KJ. B. 51 S. 498).

Nach §. 67 des Diszipl.-Ges. v. 21. Juli 1852 (GS. S. 465) verbleibt es hin­

sichtlich der Notare im Bezirk des Appell.ger.hofes zu Cöln bei der Verordnung v. 25. April 1822. 3. c.

Gesetz, betr. die Rechtsverhältnisse der Neichsbeamten, v. 31. März 1873 (RGbl. S. 61)

§. 124: Für das Disziplinarverfahren werden weder Gebühren, noch Stempel, sondern nur baare Auslagen in Ansatz gebracht. 3. d.

In Betreff der Untersuchungen gegen Rechtsanwalts und Notare vor dem Ehrenrath,

u. der Disziplinar-Unters, im Geltungsgebiet des Kostenges, v. 10. Mai 1851, sowie in den neuen Landestheilen s. S. 61 ff. Anm. 66. b u. 67. 4. a.

Im Staatsministerium ist unterm 22. Januar d. I. in Beziehung auf die Bestimmung

bei dem Worte „Erkenntnisse" lit. A. f der Beschluß gefaßt, daß die Strafresolute der Finanzund Polizeibehörden für den Fall, daß die Strafe, den Werth des Konfiskats mit einbegriffen, fünf Thaler und weniger in Gelde, oder verhältnißmäßiges Gefängniß beträgt, von der Stempelpflichtigkeit ausgeschlossen bleiben sollen.

FMR. v. 4. April 1823 (v. KA. B. 7 S. 35).

Vergl.

§.11 lit. d nebst Anm. 4 daselbst. 4. Ir.

Der Beschluß des Staats-Minist. vom 22. Januar 1823 (s. vorige Anm.) soll auch

aus die Urtheile Anwendung finden, welche nach der Rheinischen Verfassung zur Bestrafung geringer Polizei-Vergehen durch die Polizei-Gerichte erlassen werden, und welche gleichfalls das in jenem Beschlusse angegebene Strafmaß nicht überschreiten. Publik, des Gen.-Prok. in Cöln v. 12. Juli 1824 auf Grund des FMR. v. 4. April u. 4. Juni dess. I. (v. KA. B. 8 S. 708). — Dieser Beschluß des Staats-Minist. ist jedoch auf Erkenntnisse der Polizei-Gerichte in den als Polizei-Kontraven­ tionen verfolgten Jnjuriensachen nicht zu beziehen, da kein Grund vorhanden ist, bei diesen Sachen, wie bei den übrigen einfachen Polizeisachen, eine Erleichterung in der Stempelsteuer eintreten zu lassen, durch welche die Einwohner der Rheinprovinz gegen die Unterthanen in den anderen ProHoyer Stempelgesetzgebung. 2. Aufl.

24

370

Saris.

Erkenntnisse.

vinzen, wo die Jnjuriensachen jederzeit stempelpflichtig sind, begünstigt werden würden; auch findet die Tarifposition „Erkenntnisse" A. e auf Civilprozesse ^Entschädigungsprozeffe^ wegen Injurien keine Anwendung.

JMR. v. 4. Mai 1836 an d. Gen.-Prok. in Cöln, im Einverst. des FM. (v.

KJ. B. 49 S. 582). Die nach dem Staats-Minist.-Beschlusse vom 22. Januar 1823 gewährte Stempelfreiheit für polizeigerichtliche Urtheile, in welchen auf Geldbuße bis zu 5 Thalern oder auf verhältnißmäßige Gefängnißstrafe erkannt worden, soll, im Einverständniß mit dem H. Finanz-Minister, auch dann eintreten, wenn blos eine Gefängnihstrafe bis zur Höhe einer Woche erkannt wird.

JMR. v.

18. Mai 1867 an die Gerichte im Bezirk des Appell.-ger.-hofes zu Cöln (JMB. S. 150). 4. c.

Gesetz über die vorläufige Straffestsetzung wegen Uebertretungen, v. 14. Mai 1852

(GS. S. 245 — für den Umfang der Monarchie, mit Ausschluß des Bezirks des Appell.-ger.-hofes zu Cöln) §. 1, wonach die Polizeiverwaltung befugt ist, wegen der in ihrem Bezirke verübten, ihr Reffort betreffenden Uebertretungen die Strafe bis zu 5 Thalern oder dreitägigem Gefängniß vor­ läufig durch Verfügung festzusetzen; §. 4: Für dieses Verfahren sind weder Stempel noch Gebühren anzusetzen, re. 5. a.

Urtheile der Polizeigerichte, durch welche mehrere Individuen, jedes zu einer Strafe

von 5 Thalern oder weniger nicht solidarisch vemrtheilt werden, unterliegen mit Rücksicht auf den Staats-Minist.-Beschluß vom 22. Januar 1823 und die Reskripte vom 4. April 1823 und 4. Juni 1824 (s. Anm. 4. a, b) einem Werthstempel nicht, wenn auch der Gesammtbetrag der sämmtlichen Strafen zusammengerechnet die. Summe von 5 Thalern übersteigt.

Die gemeinschaftliche Verurtheilung

mehrerer Polizei-Kontravenienten in einem Straferkenntnisse ist übrigens auf den Fall wirklicher Komplizität an demselben Polizei-Vergehen zu beschränken.

Auch sind für den Stempel, als zu

den Untersuchungskosten gehörig, sämmtliche Mitschuldige solidarisch verhaftet. JMR. v. 4. Juli 1840 an den Gen.-Prok. in Cöln (JMB. S. 238, MB. S. 418). 5. b.

Die diesseitige Verfügung vom 15. Februar 1824 [an d. Reg. in Cöln — in LR. re.

abgedruckt mit dem Datum des „13." Febr.j hat zwar dem Staats-Minist.-Beschlusse vom 22. Ja­ nuar 1823 die Auslegung gegeben, daß der Stempel von 15 Sgr. zu den Straf-Resoluten der Finanz- und Polizei-Behörden schon dann Anwendung finden solle, wenn bei dem Vorhandensein mehrerer Angeschuldigten die darin im Ganzen festgesetzte Geldbuße, einschließlich des Konfiskations­ werths, den Betrag von 5 Thlrn übersteigt, ohne daß es darauf ankomme, ob die den einzelnen Denunziaten treffende Strafe sich auf mehr als 5 Thlr beläuft.

Es ist indessen bereits durch Ver­

fügung des Justiz-Ministeriums vom 4. Juli 1840 (s. vorige Anm.) für die Rheinischen Gerichte angeordnet, daß zu den polizeilichen Urtheilen der Stempel von 15 Sgr. nur dann verbraucht werden dürfe, wenn die Strafe mindestens eines der Angeschuldigten, einschließlich des Werths des Konfiskats, den Betrag von 5 Thlrn übersteige. ist demgemäß in Zukunft zu verfahren.

Diese Ansicht verdient den Vorzug, und es

In den Fällen, in welchen eine solidarische Verhaftung

zweier oder mehrerer Angeschuldigten für die festgesetzten Strafen in demselben Straf-Resolute ausgesprochen ist, dient übrigens nicht der dem einzelnen Angeschuldigten auferlegte Strafbetrag, sondern die Summe der Strafbeträge, für welche die solidarische Verhaftung angeordnet ist, zum Maßstabe bei Beurtheilung der Stempelpflichtigkeit des Resoluts.

FMR. v. 30. Jan. 1850 (CB.

S. 21, MB. S. 79), mitgetheilt durch JMR. v. 21. Febr. 1850 (JMB. S. 82). 6.

Alle dem Resolute vorhergehenden Gesuche und Verhandlungen bedürfen nach Analogie

dessen, was im Stempeltarif bei „Prozessen" gesagt ist, keines Stempels. die Kosten außer Ansatz bleiben, fällt auch der Stempel weg.

Wenn Armuths halber

FMR. v. 13. Juni 1822 III 11393

an d. Magistrat in Berlin (SK.). In Betreff der Rekurs-Instanz vergl. Anm. 12.

7.

Bezüglich der Strafprozesse in Erbschaftssteuer-Angelegenheiten vergl. §. 46 Absatz

Ges., betr. die Erbschaftssteuer, v. 30. Mai 1873 (GS. S. 329) - s. im Anhang.

1

des

Tarif.

8.

Erkenntnisse — Fideikommiß-Stiftungstt.

371

In Betreff der Submissions-Verhandlungen in Zoll- und Steuer-Untersuchungen s.

S. 243 Anm. 3. c.

9. Wegen Zustellung des Resoluts an den Denunziaten auf dem geordneten Stempelbogen, nicht in vidimirter Abschrift, s. S. 243 Anm. 3. e. E. zu 11t. A. g.

10. Die im Stempeltarif vom 7. März 1822 wegen der Stabs-Kapitaine und Stabs-Ritt­ meister bei Erkenntnissen sub A. g enthaltene Bestimmung soll auch auf die, das niedere Gehalt beziehenden Kapitaine und Rittmeister 2ter Klasse Anwendung finden.

Kab.-O. v. 7. Juni 1822

(GS. S. 163).

11. In Betreff der ehrengerichtlichen Untersuchungen s. S. 61 Anm. 66. a. F. zu 11t. B. Absatz 3.

12. Die Vorschrift der Verfügung vom 4. April 1823 (s. Anm. 4. a), daß die Stempelpsiichtigkeit erst bei einem Strafbetrage von mehr als 5 Thlw, mit Einschluß des Konfiskations­ werths, eintreten soll, gilt nur von den in erster Instanz abzufassenden Steuer - Strafresoluten, wogegen beim Rekurse gegen dergleichen Resolute die sub 11t. B der genannten Tarifposition im dritten Absätze gegebenen Bestimmungen eintreten, Inhalts deren zu den Vorstellungen der Ein­ gabenstempel, und zu den Bescheidungen oder Resoluten der Bescheidsstempel erforderlich ist, so­ bald der Gegenstand den Betrag von 50 Thlrn erreicht. S. 991).

FMR. v. 29. Okt. 1828 (v. KA. B. 12

Vergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1—3.

Exarrrinations-Protokolle............................................................................................ frei. Vergl. auch S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 3 nebst Schlußabsatz sub b.

Exekutions Gesuche, s. Gesuche. Extrakte, s. Auszüge. Fideikommifi-Ansälle, s. Erbschaften. Diese Tarifpos. ist aufgehoben durch §. 49 des Ges., betr. die Erbschaftssteuer, v. 30. Mai 1873 (GS. S. 329) — s. im Anhang.

Fideikornmifi-Stiftungen, Bestätigung derselben. Drei vom Hundert des jedesmaligen Werths des Gegenstandes, welcher durch die Stiftung zum Fideikommiß bestimmt worden. 1. a.

Zur Erläuterung und Ergänzung der in dem Tarife zum Stempelgesetze vom 7. März

1822 unter den Worten „Fideikommiß-Stiftungen" enthaltenen Vorschrift will Ich hierdurch Fol­ gendes bestimmen: 1. Fideikommiß-Stiftungen — ohne Unterschied, ob sie zu Gunsten der Anver­ wandten des Stifters oder anderer Personen errichtet werden — unterliegen der Stempelsteuer von drei vom Hundert des Gesammtwerths der denselben gewidmeten Gegenstände, ohne Abzug der etwanigen Schulden; 2.

Der Stempel ist zu der Urkunde, durch welche die Stiftung errichtet

wird, zu verwenden, ohne Rücksicht darauf, ob zu der Stiftung eine Bestätigung erforderlich ist oder nicht; 3.

Bei Stiftungen unter Lebendigen ist der Stempel in der durch §. 12 des Stempel­

gesetzes vom 7. März 1822 vorgeschriebenen Frist, bei Stiftungen von Todeswegen aber innerhalb des für die Lösung des Erbschaftsstempels vorgeschriebenen Zeitraums beizubringen.

Bei Stif­

tungen von Todeswegen sind die Inhaber der Erbschaft für die Entrichtung der Stempelsteuer eben so, wie nach §. 16 jenes Gesetzes für die Entrichtung der Erbschafts-Stempelsteuer, alle für einen und einer für alle verhaftet; 4. Die Bestimmungen unter 1 bis 3 sind auch auf FamilienStiftungen anzuwenden.

1. b.

Kab.-O. v. 18. Juli 1845 (GS. S. 506).

Vergl. Anm. 1. b.

Wegen Ermittelung des stempelpflichtigen Werthes von Fideikommiß- und Familien­

stiftungen, sowie wegen der Zeit der Beibringung des Werthstempels und der Verhaftung dafür bei solchen Stiftungen von Todeswegen, vergl. auch §. 2, 3 des Ges., betr. die Erbschaftssteuer, v. 24*

Tarif.

372

Fideikommiß-Stiftungen — Geburtsscheine.

30. Mai 1873 (GS. S. 329); durch §. 49 daselbst ist auch der in Anm. 1. a sub Nr. 3 citirte §. 16 des Stempelges. v. 7. März 1822 aufgehoben — s. im Anhang.

2. a.

Das Kapital der Familien-Stiftung ist auf 10,000 Thlr bestimmt, wovon jedoch erst

2100 Thlr vorhanden sind, die fehlenden 7900 Thlr aber durch die anzusammelnden Zinsen jenes bereits vorhandenen Kapitals und durch die von den Mitgliedern der Familie bei gewissen Ge­ legenheiten zu leistenden Einzahlungen aufgebracht werden sollen.

Erst nach Erlangung des Ka­

pitals von 10,000 Thlrn soll die Stiftung in's Leben treten, indem bis dahin eine Gewährung von Unterstützungen aus den Zinsen der Stiftung an bedürftige Familien-Mitglieder noch nicht stattfinden soll.

Daß an sich das ganze, der Stiftung gewidmete Kapital von 10,000 Thlrn dem

gesetzlichen Stempel von 3 Prozent zu unterwerfen, darüber waltet kein Bedenken ob; es fragt sich nur, ob schon jetzt diese Versteuerung einzutreten habe, oder ob nicht vielmehr zur Zeit nur das wirklich vorhandene Kapital von 2100 Thlrn zu versteuern und die Nachversteuerung des Ka­ pitalrestes bis zu dessen Aufbringung vorzubehalten sei.

In dieser Hinsicht ist jedoch, abgesehen

davon, daß diese Aufbringung nach und nach in einer Weise erfolgt, welche die sofortige Verwen­ dung des gesetzlichen Stempels ausschließt, jedenfalls der Umstand entscheidend, daß der zu Fa­ milien - Stiftungen erforderliche Stempel ein Urkunden-Stempel ist, daher zu der Urkunde, durch welche die Stiftung errichtet wird, zu verwenden ist, ohne Rücksicht darauf, ob das der Stiftung gewidmete Kapital zur Zeit schon vorhanden ist, oder noch beschafft werden soll [ba§ Stiftungs­ Kapital sollte, abgesehen von einem laufenden Jahresbeiträge von 50 Thlrn, durch kleinere Bei­ träge der Familien-Mitglieder bei Gelegenheit von Hochzeiten und Kindtaufen aufgebracht werden^. JMR. v. 2. April 1860 an d. Appell.-G. in S.. mitgetheilt durch FMR. v. 12. dess. M. III 7866 an d. PStD. daselbst.

Ebenso in einem ähnlichen Falle entschieden durch JMR. v. 24. April

1862 III 1322 an d. Appell.-G. in S., im Einverst. des FM. Bei einem Geldfideikommisse wird die Stempelsteuer von dem ganzen in der Stiftungsurkunde dazu bestimmten Kapitale auch dann erhoben, wenn dasselbe dort nicht sofort für das Fideikommiß in seiner vollen Höhe angewiesen ist, diese vielmehr erst durch Zuschlagung der Zinsen des bereit gestellten Kapitals allmählig erreicht werden soll.

Erk. des OT. (I) v. 27. Nov. 1868 (Entsch.

B. 61 S. 252 ff.).

2. d.

Die Vergrößerung eines bestehenden Fideikommisses durch Inkorporation allodialen

Vermögens vermittelst eines Willensaktes unterliegt in gleicher Weise dem Fideikommißstempel von 3 Prozent, wie die ursprüngliche Errichtung eines Fideikommisses, nicht aber der Austausch von Fideikommiß- und Allodialvermögen von gleichem Werthe.

Erk. des OT. (I) v. 24. Okt.

1873 (Str. A. B. 90 S. 258). 3.

Wegen der Stempelpflichtigkeit der von den Standesherren errichteten Fideikommisse s.

S. 45 Anm. 35. f.

4.

Die Stempelgebühren zur Fideikommißurkunde, bei Umwandlung Alt-Vorpommerscher

und Hinterpommerscher Lehne in Familien - Fideikommisse, werden auf den dritten Theil des ge­ setzlichen Betrages ermäßigt.

Ges. v. 10. Juni 1856 §. 3 (GS. S. 554); desgleichen bei der Um­

wandlung Ostpreußischer und Ermländischer Lehne in Familien-Fideikommisse.

Ges. v. 23. März

1857 §. 3 (GS. S. 169). Bei Auflösung des Lehnsverbandes in Alt-Bor- und Hinterpommern wird für die Bildung resp. Verstärkung der Stiftung aus den zu zahlenden Allodifikationssummen eine Stempelabgabe nicht erhoben.

Ges. v. 4. März 1867 §. 20 (GS. S. 362).

Freigeleits-Briefe, wie Ausfertigungen, s. diese. Freipässe, s. Pässe. Geburtsscheine, wie amtliche Atteste, s. Atteste [jefct stempelfrei, f. S. 2 die Anm. §. 2

Tarif.

Gesinde-Entlassungsscheine,

373

Gesinde-Entlassungsscheine.

für alles Gesinde ohne Unterschieb .

.

5 Sgr.

sjetzt

stempeltet, s. die hier folg. Sfttm.]. 1.

Gesetz v. 21. Febr. 1872 (GS. S. 160) §. 3: Vom 1. März 1872 ab werden die be­

stehenden Stempelabgaben von Gesindedienstbüchern und Gesinde-Entlassungsscheinen aufgehoben, und dürfen weder Gebühren noch sonstige Abgaben für die Ausfertigung, Vorzeigung und Visirung der Gesindedienstbücher oder für die Beglaubigung der Dienstzeugniffe in denselben erhoben werden.

Von demselben Zeitpunkte ab wird der gesetzliche Preis der zu den Seefahrtsbüchern zu

verwendenden Formulare von 12 Sgr. 6 Pf. auf 2 Sgr. 6 Pf. für das Exemplar ermäßigt. *) §. 4: Alle diesem Gesetze entgegenstehende Vorschriften, insbesondere der §. 2 der Verordnung vom 29. Sept. 1846 (GS. S. 467 — betrifft den Preis resp. Stempel von 10 Sgr. für Gesindedienst­ bücher) und die Position „Gesinde-Entlassungsscheine" im Tarife zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 (GS. S. 80) treten vom 1. März 1872 ab außer Kraft.

2.

a.

FMR. v. 28. Febr. 1872 (CB. S. 94, 95): Durch das Gesetz vom 21. d. M., dessen

Publikation durch die Gesetzsammlung bevorsteht (s. vorige Anm.), werden vom 1. März 1872 die bestehenden Stempelabgaben von Gesindedienstbüchern aufgehoben.

In Folge dessen muß der De­

bit der gestempelten Formulare zu Gesindedienstbüchern bei den Steuerstellen mit dem gedachten Tage eingestellt werden.

Die bei den Steuerstellen verbleibenden Bestände sind an die Provinzial-

Steuerbehörden abzuliefern und bei letzteren zu vernichten.

Stempelvertheiler und Polizeibehörden,

denen der Debit von Gesindebüchern gestattet war, können die gestempelten Formulare zu Dienst­ büchern, welche sie bei den Steuerstellen angekauft und bis zum 1. k. M. nicht abgesetzt haben, sofern dieselben noch nicht verwendet und in unverdorbenem Zustande befindlich sind, mit dem Anspruch auf Erstattung des Verkaufspreises zurückgeben.

oder Umtausch gegen

andere Stempelmaterialien

Gehen derartige Anträge bis zum 31. Mai d. I. ein, so sind die Haupt-Zoll- und

Haupt-Steuerämter zu deren selbstständiger Erledigung nach vorgängiger Prüfung befugt. eingehende Anträge sind der ProvinzialbehLrde zur Entscheidung vorzulegen.

Später

Die demgemäß von

den Stempelvertheilern und Polizeibehörden zurückgenommenen gestempelten Formulare sind gleich­ falls zur Vernichtung bei der Provinzial-Steuerbehörde zu befördern.

Privatpersonen, welche bis

zum 1. k. M. gestempelte Formulare zu Dienstbüchern angekauft haben, sind zur Forderung der Erstattung des Preises nicht berechtigt rc.

2. b.

FMR. v. 28. Febr. 1872 (CB. S. 95, 96): In Folge der durch Gesetz vom 21. d. M.

(s. Anm. 1) erfolgten Aufhebung der bestehenden Stempelabgaben von Gesindedienstbüchern und Gesinde-Entlassungsscheinen wird der Debitspreis der Dienstbücher für Rhein-, Elb-, Weser-Schiffer und für Schiffsleute auf anderen Wasserstraßen vom 1. März 1872 ab von 10 Sgr. auf 1 Sgr.

') Aus den Motiven zur Gesetzvorlage (Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten, Akten­ stück Nr. 33): „Es versteht sich von selbst, daß die Beseitigung der Abgaben von Gesindebüchern auch auf die als eine besondere Art derselben durch Ministerial-Bestimmungen eingeführten Dienst­ bücher für Schiffsleute der Stromfahrzeuge auszudehnen ist. Dagegen muß der gesetzlich festge­ stellte Preis der Seefahrtsbücher durch besondere gesetzliche Bestimmung anderweit geregelt werden. Nach §. 8 des Gesetzes vom 26. März 1864, betreffend die Rechtsverhältnisse der Schiffs­ mannschaft auf den Seeschiffen (GS. S. 693), welches durch die Verordnungen vom 24. Juni und 5. Juli 1867 (GS. S. 1165, 1133) auch in den Provinzen Hannover und Schleswig-Holstein in Kraft gesetzt ist, werden die Formulare zu den Seefahrtsbüchern zum Preise von 12V2 Sgr. debitirt. In diesem Preise ist das Aequivalent für die durch die Verordnung vom 29. Sept. 1846 geregelte Abgabe von Gesindebüchern enthalten. Fällt letztere weg, so muß auch eine ent­ sprechende Ermäßigung des Preises der Seesahrtsbücher eintreten. Da die Herstellungskosten der letzteren in neuester Zeit auf 2 Sgr. 4V2 Pf. sich belaufen haben, so kann der Preis der See­ fahrtsbücher von 12Vr Sgr. auf 2V2 Sgr. herabgesetzt werden. In Betreff der Herstellung und des Verkaufs der Seefahrtsbücher eine Aenderung vorzunehmen, erscheint nicht rathsam, da dieselben eine solide Ausstattung erfordern und nur m verhältnißmäßig geringer Zahl abgesetzt werden." — Vergl. oben Anm. 2. d.

374

Tarif. Gesinde-Entlassungsscheine — Gesuche.

für das Stück ermäßigt und fällt die Stempelung derselben künftig weg. Die noch vorhandenen Bestände sind von den betreffenden Steuerstellen zu dem ermäßigten Preise von 1 Sgr. für daS Stück zu debitiren, nachdem zuvor das darauf befindliche Stempelzeichen mittelst Durchkreuzung mit rother Tinte und Ueberstempelung mit dem Schwarzstempel in einer in die Augen fallenden Weise entwerthet ist. Stempelvertheiler und Polizeibehörden, denen der Debit solcher Dienstbücher für Schiffsleute gestattet ist, haben die noch unabgesetzten und in unverdorbenem Zustande be­ findlichen Exemplare gegen Erstattung des bisherigen Verkaufspreises von 10 Sgr. an die Hauptzoll- und Hauptsteuerämter zurückzuliefern. Die auf diese Weise wieder eingelieferten Exemplare können nach Entwerthung der Stempelzeichen in der vorgedachten Art anderweit zum Preise von 1 Sgr. debitirt werden. Im Uebrigen bewendet es für jetzt bei den wegen des Debits der Dienst­ bücher für Schiffsleute getroffenen Anordnungen. In den Stempelmaterialien-Manualien und den Stempeldebits-Extrakten sind die in Rede stehenden Dienstbücher für Schiffsleute, soweit sie zum Preise von 10 Sgr. debitirt sind, mit rother, soweit sie zum Preise von 1 Sgr. debitirt sind, mit schwarzer Schrift einzutragen. — Vergl. Anm. 2. c. 2. c. R. des M. f. Handel rc. v. 10. Okt. 1872, im Einverst. des M. d. I. u. des FM. (MB. S. 302), wonach der Verkauf der für den Gebrauch im Binnenschifffahrtsverkehr bestimmten Dienstbücher vom 1. Januar 1873 ab durch die Lokal-Polizei-Verwaltungen, eventuell, wo das Bedürfniß es erheischt, durch Landrathsämter, zum Preise von 1 Sgr. pro Stück erfolgt. — Vergl. auch Cirk.-R. des FM. v. 26. Sept. 1872 III 14890. 2. d. Seemannsordnung v. 27. Dez. 1872 (RGbl. S. 409) §. 9: Einrichtung und Preis des Seefahrtsbuches bestimmt der Bundesrath. Die Ausfertigung selbst erfolgt kosten- und stem­ pelfrei. §. 17: Vor der Abmusterung hat der Schiffer dem abzumusternden Schiffsmann im See­ fahrtsbuch die bisherigen Rang- und Dienstverhältniffe und die Dauer der Dienstzeit zu be­ scheinigen, auf Verlangen auch ein Führungszeugniß zu ertheilen. Das letztere darf in das Seefahrtsbuch nicht eingetragen werden. §. 18: Die Unterschriften des Schiffers unter der Be­ scheinigung und dem Zeugniß (§. 17) werden von dem Seemannsamte, vor welchem die Abmuste­ rung stattfindet, kosten- und stempelfrei beglaubigt. —'Ebenso schon nach dem'Gesetz v. 26. März 1864, betr. die Rechtsverhältnisse der Schiffsmannschaft auf den Seeschiffen (GS. S. 693), wonach, bezüglich des der Musterungsbehörde zur Ausfertigung vorzulegenden Formulars des Seefahrts­ buches, die Ausfertigung selbst gebühren- und stempelfrei geschieht (§. 8 a. a. £>.), auch das dem Schiffsmann bei Beendigung seines Dienstverhältnisses vom Schiffer zu ertheilende Führungs­ zeugniß einschließlich der Beglaubigung desselben durch die Musterungsbehörde stempelfrei ist (§. 30 a. a. O.).

Gesuche, Beschwerdeschristen, Bittschriften, Eingaben, welche ein Privatintereffe zum Gegen­ stände haben, und bei solchen Staats- und Kommunal-Behörden oder Beamten eingereicht werden, welchen die Ausübung einer richterlichen oder polizeilichen Gewalt übertragen ist, oder welchen die Verwaltung öffentlicher allgemeiner Abgaben obliegt ... 5 Sgr. Gesuche um Exekution eines rechtskräftig gewordenen Erkenntnisses können von dem Bittsteller ohne Stempel eingereicht werden. Es wird aber der dazu, und zu den da­ durch veranlaßten Ausfertigungen erforderliche Stempel von Amtswegen von demjenigen eingezogen, gegen welchen die Exekution gerichtet ist. Bleibt die Exekution fruchtlos, so sind die Gesuche um dieselbe, und die dadurch veranlaßten Ausfertigungen, stempelfrei. ' sVergl. S. 2 die Anm. §. 2 Nr. 1 nebst Schlußabsatz sub b] 1. Kab.-O. v. 11. März 1833 (GS. S. 30): Ich setze hierdurch fest, daß, so wie bloße Be­ nachrichtigungen, keine Bescheidung oder Belehrung in der Sache selbst enthaltende Verfügungen der Behörden in der Regel nicht stempelpflichtig sind, auch bloße Beschleunigungsgesuche, welche keine zur Sache selbst gehörige Erörterungen oder Anträge enthalten und von den Interessenten

Tarif. Gesuche.

375

oder ihren Geschäftsträgern an die Behörden gerichtet werden, in der Regel keines Stempels be­ dürfen, und es in den einzelnen Fällen dem billigen Ermessen der Behörde überlassen sein soll, in wie weit besondere Gründe eine Ausnbhme hiervon rechtfertigen. Diese Bestimmung ist als eine Ergänzung des Tarifs, unter der Rubrik „Gesuche", bekannt zu machen. 2. Gesuche sind nur dann stempelpflichtig, wenn sie bei den in der gleichnamigen Tarifposition genannten Behörden eingereicht werden. In den hier vorliegenden Fällen sind die Gesuche um Bewilligung von Darlehnen an die unter die Tarifposttion a. a. O. nicht fallende Administration eines Hospitals gerichtet und bei dieser eingereicht. Daß die genannte Admini­ stration die Gesuche demnächst dem Magistrat vorgelegt hat, kommt nicht in Betracht. R. des FM. und des M. d. I. v. 3. Mai 1869 an d. Magistrat zu N. (MB. S. 134, 135). 3. Für die Stempelpflichtigkeit von Gesuchen kommt es nicht darauf an, ob die richterliche rc. Behörde, an welche die Gesuche gerichtet werden, in ihrer vorgedachten Eigenschaft auf das vor ihr verhandelte Geschäft amtlich einwirkt, s. S. 346 Anm. 2. 4. Es kann nicht darauf ankommen, ob mit der schriftlichen Erklärung ein Antrag verbunden ist, welcher eine Bescheidung erwarten läßt, oder nicht, indem das Gesetz die Stempelpflichtigkeit der Gesuche nicht davon abhängig gemacht hat. Das Gesetz würde dies sonst nicht mit Still­ schweigen übergangen, und nicht die ganz allgemein jeden schriftlichen Vortrag bezeichnende Be­ nennung „Eingaben" beigefügt haben. FMR. v. 25. Okt. 1828 III 20993 an d. PStD. in Kg. 5. In Betreff der Verwendung des nur Einmaligen Gesuchstempels zu einem von mehreren Personen unterschriebenen Gesuch s. Tarifpos. „Protokolle" Anm. 1. 6. Die Annahme, daß die erneuerten Gesuche der zu Geschworenen einberufenen Schiffskapitaine P. und B. lediglich als vom Gericht erforderte Ergänzungen anzusehen seien, kann nicht getheilt werden. Wenn auch durch die früher den Bittstellern ertheilten Bescheide die Ein­ reichung besonderer Bescheinigungen anheimgegeben war, so enthielten diese Bescheide doch eine bestimmte Ablehnung jener ersten Dispensations-Gesuche, und die darauf erneuerten Vorstellungen waren selbstständige und ergänzte Gesuche. Das Stempelgesetz hat aber dergleichen wiederholte, beziehungsweise ergänzte Gesuche nirgends für stempelfrei erklärt. Nur Beschleunigungsgesuche sollen einem Stempel nicht- unterliegen (s. Anm. 1). JMN. v. 13. Aug. 1864 III 2192 an d. Appell.-G. in Gr., mitgetheilt durch FMR. v. 18. dess. M. III 16922 an d. PStD. in S. 7. Dispensatiünsgesuche der Geschworenen, wenn die Befreiung von der SchwurgerichtsSitzung aus persönlichen Rücksichten nachgesucht wird, sind als Gesuche in Privatangelegenheiten, ebenso wie die zu diesem Zweck beigebrachten amtlichen Atteste, stempelpflichtig. Nach §. 3. a des Stempelgesetzes setzt die dort bezeichnete Befreiung die Schützbarkeit des Gegenstandes voraus; bei an sich unschätzbaren Objekten berechtigt die Geringfügigkeit der Angelegenheit zwar nach der Tarifposition „Ausfertigungen" zu Erleichterungen hinsichtlich des Bescheid-Stempels, bildet aber im Uebrigen keinen Grund, von der Stempelverwendung Umgang zu nehmen. Darüber, in welchen Fällen die Verfolgung eines persönlichen Interesses als vorliegend anzunehmen, läßt sich eine all­ gemeine Regel nicht aufstellen; es wird jedoch daran festzuhalten sein, daß Gesuche, mittelst deren ein Geschworener Erkrankungen oder andere unabweisbare Zufälle, welche ihm die Ausübung seiner Funktionen unmöglich machen, zur Kenntniß des Gerichtshofes bringt, keine Privatangelegenheit betreffen, und somit stempelfrei sind, weil sie den Zweck erfüllen, den Gang der schwurgerichtlrchen Verhandlungen vor Störungen und Unterbrechungen zu bewahren. JMR. v. 11. Sept. 1865 I 3326 an d. Appell -G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 20. dess. M. HI 20013 an d. Reg. da­ selbst. — Das JMR. v. 6. Juni 1855 an d. Appell.-G. in Gr. (mitgetheilt durch FMR. v. 14. dess. M. III 14152 an d. PStD. in S.) nimmt an, daß ein Privat-Jntereffe ausschließlich resp. überwiegend vorliegt,'und die Gesuche stempelpflichtig sind: bei nothwendigen Privat-Reifen, Un­ abkömmlichkeit in der Wirthschaft, angeblicher, von der vorgesetzten Dienstbehörde nicht bescheinigter

Tarif.

376

Gesuche — Gutachten der Sachverständigen.

Unabkömmlichkeit im Amtsberuf, sowie wenn die in den Gesuchen enthaltenen Angaben (z. B. mangelnder Kenntniß der deutschen Sprache, Krankheit) vom Gerichtshöfe nicht als entschuldigend anerkannt, daher nicht berücksichtigt sind, wogegen nach demselben Reskripte in dem Falle, wenn als Dispensationsgrund Krankheit angegeben wird, in Folge deren das Erscheinen zu den Schwurgerichtssttzungen unmöglich wird, die betreffenden Gesuche und Atteste stempelfrei bleiben. 8.

Zu der durch den §. 22 des Post-Reglements vorgeschriebenen Erklärung, welche diejenigen

bei den Postanstalten niederlegen müssen, welche die für sie angekommenen Sendungen sich nicht durch den Briefträger überbringen, sondern von der Post selbst abholen oder abholen lassen wollen, bedarf es, insofern die Erklärung nicht etwa gerichtlich oder notariell aufgenommen ist, überhaupt keines Stempels, und ist daher auch das Beglaubigungsattest nicht stempelpflichtig. FM. an d. M. f. Handel re. v. 2. Rov. 1852 III 23831.

Schreiben des

Ebenso nach der Postdienst-Jnstr. v.

1867 Abschn. V Abth. 1 Ausführungsbestimmungen zu §. 33. — Auch die mit diesen Erklärungen in engem Zusammenhange stehenden Anzeigen von Privaten über die eingetretene Veränderung beziehungsweise das Erlöschen der Firma, oder die Bevollmächtigung beziehungsweise das Auf­ hören einer bisherigen Vollmacht zur Empfangnahme von Briefen re., sind stempelfrei.

Schreiben

des FM. an d. M. f. Handel rc. v. 21. Dez. 1860 III 25350, mitgetheilt durch FMR. v. dems. Tage an d. PStD. in S. — Im Ressort der Post-Verwaltung sind in Zukunft zü Eingaben, Gesuchen, Beschwerdeschriften rc., welche lediglich die Postbetriebs-Einrichtungen für den Reise- und Versendungs-Verkehr zum Gegenstände haben, so wie zu den darauf ergehenden Bescheiden von den Stempelfiskälen Stempel nicht mehr nachzuliquidiren. 10933.

Cirk.-R. des FM. v. 24. Mai 1860 III

Ebenso nach der Cirk.-Verf. des Gen. Postamtes v. 12. Juni 1860 I. D, 2683 an d.

Ober-Post-Dir.

Giro, s. Wechsel Mt weg, s. S. 165 ff.]. Gütergemeinschafts-Verträge, unter Eheleuten, s. Eheverträge sjetzt 15 Sgr., s. S. 2 die Anm. §. 1 Nr. 1]. Die Wortstellung „Gütergemeinschafts-Verträge unter Eheleuten" läßt die Deutung zu, daß Verträge, die erst nach Eingehung der Ehe geschlossen werden, gemeint seien. Gesetzlich muß in­ dessen der Vertrag sowohl über Einführung als Ausschließung der Gütergemeinschaft vor der Heirath geschlossen werden (ALR. Th. 2 Tit. 1 §. 354, 412), während diejenigen Fälle, in welchen der Abschluß solcher Verträge auch noch nach geschlossener Ehe statthaft ist, zu den Ausnahmen ge­ hören (§. 355, 416 ff. a. a. O.). Daß das Stempelgesetz nur die Ausnahmefälle hat hervorheben wollen, ist nicht anzunehmen.

Die allegirte Stempeltarif-Position ist daher auf alle Verträge über

die eheliche Gütergemeinschaft zu beziehen, ohne Unterschied, ob dieselben vor oder nach der Heirath abgeschlossen werden.

Zu diesen Verträgen ist übrigens nicht ein Stempel von 15 Sgr.,

sondern jedesmal der 2 Thlr-Stempel (jetzt 15 Sgr., s. bei vorst. Tarifpos.) zu verwenden. FMR. v. 23. Dez. 1840 III 30210 an d. PStD. in S. Vergl. Tarifpos. „Eheverträge" Anm. 1.

Gutachten der Sachverständigen, wenn sie bei stempelpflichtigen Verhandlungen ge­ braucht werden...................................................................................15 Sgr. 1.

Die einfache, ein Urtheil über eine technische Frage aussprechende Bescheinigung eines

Nichtbeamten ist weder als „Gutachten" noch als „amtliches Attest" stempelpflichtig [em approbirter Thierarzt, der aber kein Beamter (Kreis- oder Departements-Thierarzt) war, hatte, unter ausführlicher Beschreibung des krankhaften Zustandes eines Pferdes, bescheinigt, daß dasselbe mit dem Dummkoller behaftet gewesen, ohne jedoch dies näher technisch zu motiviren, indem er viel­ mehr ausdrücklich bemerkte, daß ein motivirtes Gutachten jederzeit bei ihm eingeholt werden könne]. Erk. des OT. (1) v. 11. Jan. 1865 (OR. B. 5 S. 403).

2.

Vergl. Anm. 4. a Absatz 2.

Der Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 erklärt Gutachten von Sachverständigen nur insoweit für stempelpflichtig, als selbige bei stempelpflichtigen Verhandlungen gebraucht

Tarif.

377

Gutachten der Sachverständigen.

werden; die Stempelverwendung ruht mithin nicht auf der Ausstellung, sondern auf dem Ge­ brauche, welcher damit gemacht wird.

Das Medizinal-Kollegium muß daher für befugt erachtet

werden, derjenigen Behörde, welche die Ausstellung des Gutachtens begehrt hat, den Stempel: Verbrauch zu überlassen. FMR. v. 14. Juli 1852 III 16691 an d. PStD. in S. | 3. Zum Gutachten der nach §. 17 und 31 des Gesetzes zum Schutze gegen Nachdruck rc. I vom 11. Juni 1837 (GS. S. 165) gebildeten Sachverständigen-Vereine werden Stempel nicht ver-

j wendet.

Jnstr. des Staats-Min. v. 15. Mai 1838 Nr. 14 (GS. S. 277).

Die Stempelfreiheit

dieser Gutachten ist wiederholt im Beschluß des Staatsministeriums vom 15. Okt. 1856 (GS. S. 873), betreffend die Abänderung des Gebührensatzes für diese Gutachten, ausgesprochen.

In

Stelle des Gesetzes vom 11. Juni 1837 ist mit dem 1. Januar 1871 das für den Norddeutschen ! Bund erlassene Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen [ Kompositionen und dramatischen Werken, vom 11. Juni 1870 (BGbl. S. 339) getreten.

Nach

! den §§. 30, 31 und 49 dieses Gesetzes sollen ebenfalls Sachverständigen-Vereine gebildet werden, , welche, auf Erfordem des Richters, Gutachten abzugeben haben, und über deren Zusammensetzung ' und Geschäftsbetrieb das Bundeskanzler-Amt die Instruktion erläßt. Diese Instruktion vom | 12. Dez. 1870 (BGbl. S. 621) bestimmt im §.9: Die etwaige Verwendung von Stempeln zu den : Gutachten richtet sich nach den Gesetzen der einzelnen Bundesstaaten. 4. a.

Nach der Position „Prozeß" im Tarif zum Stempelgesetz von 1822 sind die einzelnen

Prozeß-Verhandlungen — einen an sich stempelpflichtigen Gegenstand vorausgesetzt — stempel­ pflichtig . und soll nur die Verwendung der Stempel dazu bis zur Abfassung des Erkenntnisses, i wenn ein solches ergeht, ausgesetzt werden, und alsdann die Position „Erkenntnisse" in Anwen; düng kommen, statt die Stempel zu den einzelnen Verhandlungen nachzubringen. Das Sportelj gesetz vom 10. Mai 1851 (GS. S. 622) hat hierin nach §. 16 (s. S. 5 Anm. 1. c) nur insofern ; eine Aenderung getroffen, daß zu den Prozeß. Verhandlungen besondere Stempel nicht mehr vor' kommen, diese vielmehr mit den Gerichtskosten verschmolzen und mit diesen zu berichtigen sind, während zu den Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Stempel-Ansätze nach Vorschrift des Stempel-Tarifs nach wie vor vollständig erfolgen und als Gerichts-Kosten zur Verrechnung ge­ ilangen.

Stempelpflichtig an sich sind, ein stempelpflichtiges Objekt vorausgesetzt, die gerichtlichen

j Prozeß - Verhandlungen mithin auch gegenwärtig noch, und es findet daher die Position „GutI achten" nach wie vor auf gerichtliche Prozeß-Verhandlungen in der Art Anwendung, daß zu gei richtlichen Prozeß-Akten eingereichte Gutachten der Sachverständigen, da sie solchergestalt bei stempel! pflichtigen Verhandlungen gebraucht werden, dem Stempel von 15 Sgr. unterliegen.

Demgemäß

-haben Ew. rc. den dortigen Polizei-Anwalt auf seine an Sie gerichtete Anfrage unter dem Er­ suchen mit Bescheidung zu versehen, der gegen das erste Erkenntniß angemeldeten Appellation Fortgang zu verschaffen, wobei noch bemerklich zu machen, wie es nicht wohl zweifelhaft sein könne, daß eingereichte Gutachten von Sachverständigen, weil sie im Stempel-Tarif besonders ta; rifirt worden, ebenso besonders zu versteuern sind, wie Taxen, Inventars u. f. w. Eine Erörterung der überdies noch von Ihnen angeregten Frage, ob das Schriftstück ein !Gutachten sei, bedarf es dem Polizei-Anwalt gegenüber nicht, da dieser hierüber keine Bedenken ! erhoben hat. Ew. rc. werden aber zur Nachachtung für künftige Fälle darauf aufmerksam gemacht, !daß es sich vorliegend allerdings um ein Gutachten handelt, da solches von vereideten Taxatoren, jroemt gleich von einer Privat-Person extrahirt, über einen, ihrer Kognition anheimfallenden Gegen-

s

sich

stand ausgestellt ist. Wenn Sie, zur Unterstützung der entgegengesetzten Ansicht, auf die ^diesseitige Entscheidung vom 10. Mai 1842 III 10521 berufen, so ist darauf zu entgegnen, daß ! damals ein, zwar von einem Physikus, aber nicht in seiner amtlich en"Stellung ausgestelltes PrivatlAttest, welches den Charakter des Gutachtens eines vereideten Sachverständigen nicht an sich trug,

[von einer Prozeß-Partei eingereicht war, während das vorliegende Gutachten von den Ausstellern

Karts.

378

Gutachten der Sachverständigen — Inventarien.

ausdrücklich in ihrer Eigenschaft als vereidete Taxatoren abgegeben ist.

FMR. v. 28. Febr. 1860

III 3863 an d. PStD. in Br. (CBl. f. ger. Beamte 1863 S. 114, 115). 4. b.

Vergl. Anm. 1.

Gutachten der Sachverständigen, welche in einem Prozesse beigebracht werden, sind,

sobald der Gegenstand 50 Thlr und mehr beträgt, auch jetzt noch stempelpflichtig (weil nach §. 16 des Gerichtskostenges, v. 10. Mai 1851 nur der Naturalverbrauch des Stempelpapiers aufhöre, durch den früheren Erkenntniß-Stempel aber der Stempel für beigebrachte Gutachten nicht gedeckt werde).

Erk. des OT. (1) v. 19. Okt. 1860 (OR. B. 1 S. 76, GA. B. 8 S. 815).

Handelsbillets, wie gezogene Wechsel, s. Wechsel [fättt weg, s. S. 165 ff.]. Heiraths-Konsense, für Beamte........................................................... frei. Hypothekenscheine............................................................................. 15 Sgr. Indossement, s. Wechsel Mt weg, s. S. 165 ff.] Jngrossations-Berfügungen, an die Hypothekenbuchführer....................... frei. Inventarien, welche zum Gebrauche bei stempelpflichtigen Verhandlungen dienen............................................................................................ 15 Sgr. Werden dieselben jedoch blos deshalb aufgenommen, um den Betrag einer Stempel­ abgabe auszumitteln, so ist die §. 3 Buchst, e des Gesetzes ausgesprochene Befreiung auf sie anzuwenden. 1.

Die Stempelpflichtigkeit der Inventarien hängt nach der deutlichen Vorschrift der dies-

fälligen Tarifposition, welcher gemäß alle zum Gebrauch bei stempelpflichtigen Verhandlungen die­ nenden Inventarien einen Stempel von 15 Sgr. erfordern, keinesweges von der Gattung, sondern lediglich von der Stempelpflichtigkeit der Verhandlungen, bei welchen sie gebraucht werden, ab, und es erfordern hiernach alle Verzeichniffe ohne Ausnahme, welche nach den gesetzlichen Defini­ tionen von „Inventarien" und resp. von „Inbegriff von Sachen und Rechten" (ALR. Th. 1 Tit. 2 §. 104 u. 32 ff.) für Inventarien zu erachten sind und zum Gebrauch bei stempelpflichtigen Ver­ handlungen dienen, gleichviel ob bei Aufnahme derselben das in §. 53 Tit. 5 Th. 2 der AGO. vorgeschriebene Formular angewendet worden ist, oder nicht, einen Stempel von 15 Sgr. FMR. v. 8. Dez. 1834 III 28584, im Einverst. des IM. (Jurist. Zeitung 1836 S. 281.)

2. Nach §. 104 Tit. 2 Th. 1 ALR. ist ein Inventarium ein Verzeichniß aller zu einem In­ begriff gehörigen Stücke, und danach ist ein Verzeichniß, welches die zu einem Grundstücke gehörigen einzelnen unbeweglichen Theile und beweglichen Gegenstände enthält, ein Inventarium, welches nach der Tarifposition „Inventarien" dem Stempel unterliegt.

FMR. v. 21. Jan. 1840 III 994 (GK.).

3

Das dem Pachtverträge beigefügte besondere Verzeichniß der zur verpachteten Badeanstalt resp. zu einzelnen Zimmern und dem Garten gehörenden verschiedenen Gegenstände ist offenbar ein Inventarium im Sinne des Stempelgesetzes; auch §. 104 Tit. 2 Th. 1 des ALR. enthält die Bestimmung: Inventarium überhaupt ist das Verzeichniß aller zu einem Inbegriff gehörigen Gegen­ stände s„Stücke", wie es daselbst heißt, s. vorige Anm.]. Das Stempelgesetz macht die Versteue­ rung eines solchen Verzeichnisses offenbar davon abhängig, daß es besonders aufgenommen und dem'Vertrage beigefügt ist; deshalb erscheint auch der Umstand gleichgültig, daß die Versteuerung unnöthig wird, sobald die Aufzählung aller jener Gegenstände in dem Vertrage selbst bewirkt ist, ebensowie eine doppelte Versteuerung eintritt, wenn Kontrahenten Verabredungen, die sie in einer und derselben Urkunde abgeben konnten, in zwei besonderen Instrumenten treffen.

JMR. v. 9. Jan.

1864 III2896 an d. Notar Z., mitgetheilt durch FMR. v. 26. dess. M. III 915 an d. PStD. in S. 4.

Das dem Kaufverträge beigefügte Verzeichniß enthält die Angabe aller zur maschinellen

Einrichtung des verkauften Brauereigrundstückes gehörigen Gegenstände und ist daher nach §. 104 Tit. 2 Th. 1 ALR. als ein Inventarium anzusehen und nach der gleichnamigen Stempeltarifposition mit 15 Sgr. stempelpflichtig. Erk. des OT. (I) v. 12. Mai 1873 in Sachen der Aktiengesellschaft Frankfurter Aktienbrauerei wider den Fiskus (Nr. 1214 — bisher nicht abgedruckt).

Tarif. 5.

In

379

Inventarien — Kaufverträge.

Betreff der Stempelpflichtigkeit der zu gerichtlichen Nachlaßregulirungsakten einge­

reichten Inventarien vergl. S. 7 Anm. 2.

Kalender rc. [fäirt weg, s. S. 241 bei §. 28, 29]. Kaufverträge über inländische Grundstücke und Grundgerechtigkeiten, Eins vom Hun­ dert des nach §. 4 und 5 des Gesetzes berechneten Kaufwerths. „ über außerhalb Landes belegene Grundstücke und Grundge­ rechtigkeiten ................................................................ 15 Sgr. „ über alle andere Gegenstände ohne Unterschied, sofern über den Kauf derselben ein besonderer schriftlicher Vertrag abgeschloffen wird, Ein Drittheil Prozent des vertragsmäßigen Kaufpreises. 1.

Wenn bei Verträgen über Eigenthumsabtretung oder Lieferung gegen Bezahlung das

abzutretende Objekt dergestalt unbestimmt ist, daß es weder in stch selbst, noch aus einem ander­ weitigen unzweifelhaften und bedingenden Faktum dem Betrage nach festgestellt werden kann (ALR. Th. 1 Tit. 11 §. 32 [soll wohl heißen: §. 12] u. 981), so führt dies nur dahin, daß ein solcher Vertrag gar nicht als Kaufvertrag dem Werthstempel, sondern als unbenannter Vertrag (über Verpflichtung zu künftigen Handlungen) dem allgemeinen Vertragsstempel (von 15 Sgr.) zu unter­ werfen ist.

2.

FMR. v. 10. Nov. 1828 III 23123 an d. PStD. in S. (SK.).

In Betreff der Stempelpflichtigkeit des schriftlichen Anerkenntnisses resp. historischer Er­

wähnung eines mündlich gültig geschloffenen Kaufvertrages s. das Erkenntniß des OTrib. 22. April 1864, S. 74 Anm. 2.

Ebenso hat das inzwischen ergangene Erk. des OT. (2)

v.

v.

11. Juni

1874 (OR. B. 15 S. 387 ff.) entschieden, daß eine von beiden Theilen unterschriebene Urkunde, welche das schriftliche Anerkenntniß eines mündlich gültig abgeschloffenen Kaufvertrages enthält, dem gesetzlichen Kaufstempel unterliegt (die Wittwe S. zu Frankfurt a. M. hatte im Jahre 1860 ihrem Stiefsohne E. ihre Grundstücke in rechtsverbindlicher Weise durch mündlich vereinbarten Ver­ trag verkauft und demnächst im Jahre 1871 dem E. den rückständigen Kaufpreis durch eine Ur­ kunde geschenkt, in welcher jener früher abgeschlossene Kaufvertrag seinem wesentlichen Inhalte nach relatirt wurde.

In den Erk.-Gründen heißt es u. A.: der Ausführung des Angeklagten, daß der

mündlich abgeschlossene Kaufvertrag in der Schenkungsurkunde nur zum Zwecke der genauen Präcisirung der Schenkung und um festzustellen, was und unter welchen Modalitäten die Wittwe S. habe schenken wollen, historisch erwähnt worden, sei kein Gewicht beizulegen; denn die Instanzrichter hätten festgestellt, daß das beiderseitige Anerkenntniß zu dem Zwecke erfolgt sei, den Käufer als Eigenthümer der Grundstücke bei der Hypothekenbehörde zu legitimiren rc.; überdies komme es aber auf den Zweck, zu welchem die Anerkennung des Kaufvertrages und dessen Erwähnung in der Urkunde erfolgt sei, überhaupt nicht an, sondern lediglich darauf, ob, wie im vorliegenden Falle geschehen, neben dem etwaigen anderweitigen Zweck der fraglichen Urkunde das Kaufgeschäft seinen essentiellen Erfordernissen entsprechend in der Urkunde dokumentirt sei. Schließlich wird in den Erk.-Gründen auf die gleiche Entscheidung des OTrib. in dem oben citirten Erk. v. 22. April 1864 verwiesen). — Vergl. auch Tarifpos. „Schuldverschreibungen" Anm. 3. 3. Bei Käufen von Mobilien fehlt es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift, welche anordnet, daß der Werth anderweiter vom Käufer außer dem Kaufpreise übernommener Prästa­ tionen letzterem zugerechnet werden solle, wie dies die Allerh. Ordre vom 14. April 1832 (s. S. 73 Anm. 1) für den Kauf von Immobilien vorschreibt. FMR. v. 9. März 1855 III3878 an d. Reg. in F.

4.

Nur bei Verhandlungen über Immobilien sind nach allgemeinen Grundsätzen die Gesetze

des Orts, wo dieselben liegen, für maßgebend, bei anderen Gegenständen dagegen die Personalstatuten und resp. diejenigen Gesetze, welche am Orte der vorgenommenen Handlung gelten, für anwendbar zu erachten. Hiernach muß zu einem im Anlande geschlossenen Kaufverträge über aus­ ländische bewegliche Sachen der in den diesseitigen Gesetzen vorgeschriebene Stempel verwendet und

580

Tarif.

Kaufverträge.

demgemäß der fehlende Stempel von 10,000 Thlrn zu V3 Prozent nach Abzug der verbrauchten 15 Sgr. nachgebracht werden. FMR. v. 6. März 1842 III 3126 an d. PStD. in Br. 5. a. Ein schriftlicher Vertrag, nach welchem der darin mit dem Verkauf eines Grundstückes Beauftragte, jenachdem er von dem Grundstücke nichts oder nur einen Theil verkauft, im ersteren Falle berechtigt, im letzteren Falle verpflichtet sein soll, das ganze Grundstück resp. den nicht ver­ kauften Theil desselben selbst käuflich zu erwerben, enthält kein Kaufgeschäft. Erk. des OT. v. 20. März 1868 (I Nr. 753 in Sachen des Mühlenbesitzers H. wider die Sportelkasse der Kreisgerichts-Kommission zu W. — bisher nicht abgedruckt). Ebenso Erk. des OT. v. 22. Jan. 1872 (I Nr. 332 in Sachen des Kaufmanns K. wider den Fiskus — bisher nicht abgedruckt); diese Entscheidung gründet sich auf die als thatsächliche Feststellung bezeichnete und deshalb durch die Nichtigkeitsbeschwerde unan­ fechtbare Interpretation des betreffenden Vertrages Seitens des Appell.-Richters, welcher ausgeführt hatte, daß immer nur einer der Kontrahenten ein Recht erworben und der andere Kontrahent nur die entsprechende Pflicht übernommen, daß also eine Uebernahme gegenseitiger Verpflichtungen nicht vorliege, wie zur Annahme eines Kaufvertrages als eines zweiseitigen Vertrages im Sinne der gesetzlichen Vorschriften (ALR. Th. 1 Tit. 5 §. 7 u. Tit. 11 §. 1) erforderlich gewesen, und daß der Mangel wesentlicher Erfordernisse eines Kaufgeschäfts insbesondere für den Fall hervortrete, daß das Gut nur in einzelnen Theilen verkauft werden sollte, da alsdann die nach dem Gesetze (Tit. 11 §.12 a. a. O.) wesentlich erforderliche hinlängliche Bestimmung des von dem Be­ vollmächtigten für eigene Rechnung anzunehmenden Nestes des Grundstückes und des dafür zu er­ legenden Kaufpreises nicht getroffen sei und im Voraus auch nicht wohl habe getroffen werden können. — Die Ministerien der Justiz und der Finanzen haben sich schließlich ebenfalls dafür ent­ schieden, in Fällen der in Rede stehenden Art den Kaufwerthstempel nicht zu fordern. JMR. v. 11. März 1872 III 651 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v. 26. deff. M. III 4140 an d. Reg. daselbst. 5. b. Die Auffassung der Königl. Regierung und des König!. Appelll-Gerichts daselbst, daß die notarielle Verhandlung vom 11. März 1871 außer dem Vollmachtsvertrage noch einen unter Suspensiv - Bedingung geschlossenen Kaufvertrag enthalte, würde, wie das Letztere nicht verkennt, nur unter der Voraussetzung zutreffen, daß der §. 5 beiden Theilen das Recht gäbe, event, auf Erfüllung zu klagen. Der §. 5 legt aber dem betreffenden Einen der Vollmachtnehmer nur die Verpflichtung auf, in dem vorausgesetzten Falle das Grundstück selbst zu kaufen; ein Recht darauf erlangt er aber nicht; der Vollmachtgeberin ist die Verpflichtung zum Verkaufe ebensowenig auferlegt. Aus der ganzen Faffung, auf welche das König!. Appell.-Gericht in dem an den Herrn Justiz-Minister erstatteten Berichte sich nur ganz allgemein bezieht, geht keineswegs hervor, daß die Wittwe S. zur käuflichen Ueberlassung des Grundstücks verpflichtet sei; es scheint im Gegen­ theil, daß auch die Absicht sämmtlicher Kontrahenten dahin gegangen sei, der Vollmachtgeberin nur ein bezügliches Recht zu verleihen, ohne ihr eine entsprechende Verpflichtung aufzuerlegen. Im Einverständniß mit dem Herrn Justiz-Minister wird die Königl. Regierung deshalb ange­ wiesen, die Erinnerung des Stempelfiskals als erledigt anzunehmen. FMR. v. 4. Sept. 1873 III 12635 an d. Reg. in F.; in jener notariellen Verhandlung hatte die Wittwe S. mehrere Per­ sonen bevollmächtigt, ihr Grundstück im Ganzen oder in Parzellen unter Beschaffung eines Kauf­ preises von mindestens 19,000 Thlrn zu verkaufen. Im §. 5 dieser Verhandlung war bestimmt: „Sollte bis zum 2. Juli d. I. kein Theil des der Wittwe S. gehörigen Grundstücks verkauft worden sein, so übernimmt der Bevollmächtigte S. die Verpflichtung, der Wittwe S. ihr vorbezeichnetes Grundstück für den Preis von 18,600 Thlrn unverzüglich abzukaufen." Hierin hatte der Stempel­ fiskal die Verabredung eines eventuellen Kaufgeschäfts erblickt und, außer dem zur Verhandlung verbrauchten Vollmachtsstempel von 15 Sgr., 186 Thlr Kaufwerthstempel nachgefordert. 6. Nach der Stempeltarif-Position „Kaufverträge" sind nur Kaufverträge über inländische

Tarif.

Kaufverträge.

381

Grundstücke und Grundgerechtigkeitcn dem 1 Prozent-Stempel, Kaufverträge über alle andere Gegenstände ohne Unterschied dagegen nur dem Stempel zu y3 Prozent unterworfen.

Von dem

Kaufpreise für, dem Abbruch unterworfene Häuser und andere Gebäulichkeiten ohne Grund und Boden läßt sich daher der Stempel zu 1 Prozent nicht fordern.

FMR. v. 23. Juli 1857 III

16925 an d. PStD. in S.; vergl. Anm. 7. a—c. 7. a.

Unter den in der Tarifposition „Kaufverträge" des Stempelgesetzes vom 7. März 1822

gedachten Grundstücken sind Wohnhäuser überhaupt, welche zur fortdauernden Benutzung dienen und zum Abbruch nicht bestimmt sind, und auch für den Fall mitenthalten, wenn dieselben auf fremdem Grund und Boden sich befinden. S. 71).

Erk. des OT. (I) v. 13. Juli 1868 (Str. A. B. 72

Vergl. Anm. 6.

7. b.

In den vorliegenden Verträgen überläßt der eine Theil dem anderen neben seinem

Nutzungsrechte an sogenannten Elokationsländereien das Eigenthum an den ihm gehörigen, darauf befindlichen Gebäuden gegen Zahlung eines bestimmten Preises.

Das Recht des Uebertragenden

an den Ländereien ist ein emphyteutisches, wenn auch auf eine gewisse Zeit beschränktes; die Uebertragung dieses Rechtes geschieht durch Cejsion.

Hinsichtlich der Gebäude liegt ein Kauf vor und

zwar ein Kauf von Immobilien, da die Gebäude nicht als zum Abbruch bestimmt, sondern als zur fortdauernden Benutzung geeignet verkauft worden sind, und das Eigenthum derselben dem Emphyteuten verbleibt, auch wenn sein Nutzungsrecht aushört.

Nach §. 6 Tit. 2 Th. 1 ALR. und

dem Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 „Kaufverträge" unterliegt es hiernach keinem Zweifel, daß zu den Verträgen, soweit sie sich auf die Gebäude beziehen, der Kaufwerthstempel von 1 Prozent zu verwenden ist.

Eben daraus folgt aber auch mit Rücksicht auf die Allerh.

Kab.-Ordre vom 14. April 1832 (s. S. 73 Anm. 1), daß der Werth des von dem Käufer über­ nommenen Leibgedinges verhältnißmäßig, soweit nämlich das Leibgedinge aus die verkauften Ge­ bäude zu rechnen ist, werden mußte.

als Kaufgeld in Ansatz gebracht und der Stempelsteuer mitunterworfen

JMR. v. 26. Sept. 1853 an d. Notar S., mitgetheilt durch FMR. v. 5. Okt.

dess. I. III 22625 an d. PStD. in D. Wenn dem Pächter auf dem erpachteten Grundstücke eine Superficies zustand, er also die Befugniß zu bauen hatte, so würde die Veräußerung des Gebäudes an den neuen Pächter, sofern es nicht zum Abbruch veräußert worden, dem Werthstempel zu 1 Prozent unterliegen.

FMR. v.

27. April 1854 III 9133 an d. PStD. in D. 7. c. Dem Pächter ist im Pachtverträge zwar die Befugniß eingeräumt, das erpachtete Grundstück mit den erforderlichen Wohn- und Wirthschaftsgebäuden zu besetzen, jedoch nur mit der Wirkung, daß ihm das Eigenthum daran blos für die Dauer seines Pachtrechts verbleibt, während er beim Aufhören desselben lediglich befugt sein soll, die Gebäude, wenn keine anderweite Einigung des­ wegen stattfindet, fortzunehmen.

Daß dem Pächter danach ein dauerndes Recht auf Bebauung

des fremden, von-ihm erpachteten Grund und Bodens eingeräumt ist,

wie es dem Emphyteuten

zusteht, läßt sich hiernach nicht behaupten, wenngleich die Dauer des verabredeten Zeitpachtver­ trages 100 Jahre währen, letzterer auf die Erben des Pächters übergehen und das Pachtrecht selbst bedingungsweise veräußerlich sein soll.

Die entgeltliche Ueberlassung der vom bisherigen

Pächter errichteten Gebäude an den neuen Pächter ist daher als ein Kauf von Immobilien nicht anzusehen, da es bei der Veräußerung von Gegenständen nicht blos auf die physische Beschaffen­ heit derselben zur Zeit der Veräußerung, sondern auch darauf ankommt, ob dem Käufer das Eigen­ thum, dieser physischen Beschaffenheit entsprechend hat übertragen werden sollen, dies aber hier nach Inhalt des Vertrages in so fern nicht der Fall ist, als dem neuen Pächter keine größeren Rechte auf das Fortbestehen dieser Gebäude eingeräumt werden konnten, als der bisherige Pächter besaß.

FMR. v. 15. Aug. 1854 111 18998 an d. PStD. in D.

Gebäude auf fremdem Grund und Boden können, wenn nicht eine Superficies oder ein Recht

382

Tarif. Kaufvertrags.

auf eine dauernde Verbindung vorliegt, als ein Grundstück nicht angesehen werden. Die Kauf­ verträge über derartige Gebäude unterliegen nicht dem Stempelbetrage mit Eins vom Hundert, sondern nur dem mit V3 vom Hundert (es handelte sich um den Verkauf von Gebäuden Seitens eines Pächters, die derselbe auf dem gepachteten, kontraktlich mit Ablauf der Pachtzeit frei von Gebäuden an den Verpächter zurückzugewährenden Grundstücke errichtet hatte). Erk. des OT. (I) v. 20. Okt. 1871 (Str. A. B. 84 S. 88). 8. a. Ein Sozietäts-Vertrag, in welchem ein Socius Güter in die geschlossene Sozietät als Sozietätsfonds bringt, so daß diese Güter nach §. 198—200 Tit. 17 Th. 1 ALR. gemeinschaftliches Eigenthum der Kontrahenten werden, unterliegt nicht dem Kaufstempel, selbst wenn jene Güter zum Zweck der künftigen Auseinandersetzung zu einem bestimmten Preise angeschlagen worden. FMR. v. 6. Juli 1842 III 12921 (GK.). 8. b. Das Erk. des OT. (I) v. 18. Mai 1863 (Entsch. B. 51 S. 323, Str.A. B. 48 S. 338) hatte angenommen, daß, wenn bei Auflösung einer Sozietät der eine Socius in dem Auseinander­ setzungsvertrage das ganze gemeinschaftliche Gesellschafts-Vermögen allein übernimmt und den aus­ scheidenden Socius für dessen Antheil daran durch eine bestimmte Geldsumme abfindet, davon gleich Kaufverträgen der Werthstempel von 1 resp. Vs Prozent nicht zu entrichten ist. Das FMR. v. 21. Juli 1864 (CB. S. 279) erklärt indessen, daß dieser Entscheidung eine prinzipielle Bedeu­ tung nicht habe zugestanden werden können, und kommunizirt das in Str.A. B. 54 S. 145 abge­ druckte Erk. des OT. (V) v. 30. April 1864 (CB. S. 274), durch welches entschieden ist: „Bei Auslegung einzelner Bestimmungen des Stempelgesetzes und Tarifs vom 7. März 1822 streitet die Vermuthung für denjenigen Sinn desselben, wodurch die Gleichmäßigkeit der Steuer in allen Theilen des Staates am meisten gewahrt wird; die Stempelgesetzgebung versteht unter Kauf- und Tausch-Verträgen auch die Verträge zwischen Theilhabern einer Gemeinschaft zum Zwecke der Aus­ einandersetzung, welche die allgemeinen Kennzeichen vom Kaufe oder Tausch unter Dritten an sich' tragen." Gleichmäßig ist durch Erk. des OT. (V) v. 22. Nov. 1864 (Str.A. B. 56 S. 243) dahin entschieden: „Dem für den ganzen Umfang der Monarchie erlassenen und eine gleichmäßige Besteuerung in den verschiedenen Nechtsgebieten derselben herbeizuführen bestimmten Stempelgesetz und den generellen Grundsätzen dieses Gesetzes gegenüber müssen Eigenthümlichkeiten der provin­ ziellen Civilgesetzgebung, soweit sie zu einer den erkennbaren Absichten des Stempelgesetzes wider­ sprechenden Behandlung der Stempelfrage führen könnten, in den Hintergrund treten; die Uebertragung des Antheiles eines Miteigenthümers an einem gemeinschaftlichen Immobile zum Zwecke der Auseinandersetzung unter festgesetzten lästigen Bedingungen, bei welcher keiner der in den Kab.-Ordres vom 21. Juni 1844 und 10. November 1845 vorgesehenen Fälle eintritt, unterliegt als Kaufgeschäft der Besteuerung" sdas letztere Citat ist nicht eine Kab.-Ordre, sondern ein JMR. v. 10. Nov. 1845, welches den Inhalt der Allerh. Deklaration v. 26. Sept. 1845 bekannt macht, s. S. 130 Anm. 1. b. Der Richter 2. Instanz hatte angenommen, daß es sich picht um Abschluß eines Kaufgeschäfts handele, sondern um Auseinandersetzung und Theilung einer Vertrags-Gemein­ schaft, und daß eine derartige Theilung auf Grund der Bestimmungen des in der Rheinprovinz geltenden bürgerlichen Gesetzbuches nach Analogie der Erbschaftstheilungen zu beurtheilen sei ic.]. Ferner bestimmt das JMR. v. 14. Aug. 1867 III 2675 an d. Appell.-G. in F. (mitgetheilt durch FMR. v. 25. dess. M. III 16085 an d. Reg. daselbst): Es ist um so weniger Veranlassung vor­ handen, von dem im Verwaltungswege bisher festgehaltenen Grundsätze: daß die bei Auseinander­ setzungen zwischen Gesellschaftern, einschließlich der Handelsgesellschafter, urkundlich verabredeten Ueberlassungen von Sozietäts-Vermögensstücken resp. Antheilen an einen oder mehrere Gesellschafter zu einem bestimmten, dem ausscheidenden Gesellschafter zu vergütenden Preise mit dem Kaufwerth­ stempel zu belegen sind, abzugehen, als der erste Senat des Ober-Tribunals seine abweichende Entscheidung vom 18. Mai 1863 (s. oben) in einem neueren Erkenntnisse vom 14. Mai 1866 als

&cmf.

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Kaufvertrags.

nicht prinzipiell bezeichnet, und in letzterem die dem obigen Grundsätze entsprechende Entscheidung des Appellationsrichters mit Rücksicht auf dessen thatsächliche Feststellungen gebilligt hat fnach diesem neueren Erk. (Entsch. B. 57 S. 255) unterliegen die bei Auflösung einer Sozietätshandlung unter den Gesellschaftern Behufs ihrer Auseinandersetzung wegen des gemeinschaftlichen Vermögens getroffenen Verabredungen der tarifmäßigen Stempelsteuer insoweit, als sie die Kennzeichen eines wirklichen Kaufs oder Tausches an sich tragens. 8. c.

Verträge, in denen, bei der Begründung von Aktiengesellschaften, den Letzteren die

einem Aktionair, oder einem Dritten, gehörigen, bereits bestehenden Anlagen, oder sonstige Ver­ mögensstücke, gegen Gewährung einer bestimmten Zahl von Aktien, oder gegen Zahlung eines Preises, übertragen werden, unterliegen, je nach ihrem spezielleren Inhalte, als Kaufverträge, An­ gabe an Zahlungsstatt, event, auch wohl als Tauschverträge dem tarifmäßigen Werthstempel. Der neue §. (soll heißen „Artikel") 209 b des Handelsgesetzbuches (cfr. das Bundesgesetz vom 11. Juni 1870 BGbl. S. 375), auf welchem die bezüglichen Vertragsbestimmungen beruhen, ordnet an, daß in dem Gesellschaftsvertrage der Werth der betreffenden Einlage oder des Vermögensstücks fest­ zusetzen, und daß die Zahl der Aktien oder der Preis zu bestimmen sei, welche für dieselben ge­ währt werden.

Der Ausdruck gewähren, welcher offenbar gewählt worden ist, weil er sich

auf das Versprechen der hinzugebenden Zahl von Aktien und des zu zahlenden Preises be­ ziehen soll, umfaßt damit, wenn in einem Vertrage von einemzu gewährenden Preise die Rede ist, zugleich die Zahlung des Preises. nannten Verträge.

In diesen Verabredungen liegen alle Kriterien der ge­

Die Intention der Vertragschließenden ist überdies auf ein Kaufen und Ver­

kaufen gerichtet und es gelangt diese Intention rechtlich dadurch zum Ausdruck, daß der Ueberlassende, als Verkäufer, der Gesellschaft für die von derselben übernommenen Vermögensstücke die Gewähr leisten muh.

Der Werthstempel kann jedoch erst nach erfolgter Eintragung der Aktien­

gesellschaft gefordert werden, weil erst mit der Eintragung das Geschäft perfekt wird.

Cirk.-R.

des FM. v. 12. Aug. 1871 III 11820, im Einverst. des IM. Aus dem citirten Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, v. 11. Juni 1870 (BGbl. S. 375), bestimmen:

Art. 209 b: „Wenn ein Aktionair

eine auf das Grundkapital anzurechnende Einlage macht, welche nicht in baarem Gelde besteht, oder wenn Anlagen oder sonstige Vermögensstücke von der zu errichtenden Gesellschaft übernommen werden sollen, so ist in dem Gesellschaftsvertrage der Werth der Einlage oder des Vermögensstücks festzusetzen und die Zahl der Aktien oder der Preis zu -bestimmen, welche für dieselben gewährt werden" rc.; Art. 210: „Der Gesellschaftsvertrag muß bei dem Handelsgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, in das Handelsregister eingetragen und im Auszuge veröffentlicht werden" rc.; Art. 211: „Vor erfolgter Eintragung in das Handelsregister besteht die Aktiengesell­ schaft als solche nicht.

Die vor der Eintragung ausgegebenen Aktien oder Aktienantheile sind

nichtig" rc. — Was vorstehend in Art. 210 u. 211 für Aktiengesellschaften angeordnet ist, be­ stimmen Art. 176 u. 178 a. a. O. auch für Kommanditgesellschaften auf Aktien. 8. d.

Ein Vertrag, durch welchen ein persönlich haftender Gesellschafter oder ein Komman­

ditist der Kommandit-Gesellschaft das Eigenthum eines Grundstückes, unter Anrechnung des Preises auf die von ihm versprochene Einlage, abtritt, ist der Stempeltarif-Position „Kaufverträge über inländische Grundstücke" unterworfen.

Erk. des OT. (I) v. 20. März 1874 (Entsch. B. 72 S. 79). 0

i) Die klagende ostpreußische Holz-Kommanditgesellschaft R. A. zu K. ist gegründet durch einen notariellen Vertrag vom 17. Januar 1872, welcher zwischen dem persönlich haftenden Gesellschafter A. und den Kommanditisten Dy., Dth. und L. abgeschlossen ist. In dem Vertrage hat sich jeder Gesellschafter verpflichtet, bestimmte Geldsummen in die Gesellschaft zu bringen, und, in Anrech­ nung auf diese Einlagen, haben die drei Ersteren Grundstücke zu bestimmten Werthen, von zu­ sammen 110,000 Thlrn, in die Gesellschaft eingebracht. Die Steuerbehörde fand in dem letzteren Geschäfte zugleich einen Jmmobiliarkauf und sind daher die Kontrahenten genöthigt worden, neben

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Tarif, Kaufverträge.

9. Wenn gleich das Allg. Landrecht §. 11 und 13 Tit. 22 Th. 1 unter Grundgerechtigkeiten allerdings die Real-Servituten versteht, so ist doch nicht zweifelhaft, daß der Stempeltarif dar­ unter solche Real-Berechtigungen und Gerechtigkeiten verstanden wissen will, welche nach den §§• 14 ff. Tit. 1 der Hypotheken-Ordnung unter besonderen Nummern im Hypothekenbuche einge­ tragen werden können und daher allerdings Gegenstand eines besonderen Kaufvertrages sein können, während die Abtretung von Rechten, also auch von Servituten, nur als Session zu be­ handeln ist. Die Apotheker-Privilegien haben übrigens durch die neue Gesetzgebung zwar insoweit ihre frühere Exklusivität verloren, daß die Anlegung neuer Apotheken, wenn dieselbe nach medizinal­ polizeilichen Gründen gerechtfertigt erscheint, durch die Privilegien der schon vorhandenen Apotheken nicht verhindert werden kann; dagegen ist denjenigen Apotheken-Berechtigungen, die früher schon wirkliche Real-Gerechtigkeiten gewesen sind, diese ihre Eigenschaft durch die neue Gesetzgebung keinesweges entzogen worden. Solche Apotheken-Berechtigungen können also noch gegenwärtig für sich bestehend Gegenstand eines besonderen Kaufgeschäfts sein, müssen aber in diesem Falle wie ein Immobile angesehen, und beim Verkaufe mit einer Stempelsteuer von Ein Prozent belegt werden. FMR. v. 18. Febr. 1825 (v. KA. B. 9 S. 61). In Ansehung der den Immobilien gleichzuachtenden Apotheker-Privilegien ebenso entschieden durch JMR. v. 12. Okt. 1833 (v. KJ. B. 43 S. 200); ferner durch JMR. v. 15. Jan. 1848 an d. Justiz - Kommiffarius v. W. in Demmin; letzteres Reskript sagt: die vor Emanation des Gewerbe-Edikts vom 2. Nov. 1810 ertheilten ApothekerPrivilegien in den älteren Provinzen bestehen nach dem JMR. v. 19. März 1840 (JMB. S. 113) noch als Gerechtigkeiten, welche selbstständig verkauft und verpfändet werden können, nach §. 14, 15 Tit. 1 der Hyp.-O. ein Folium im Hypothekenbuche erhalten, und sonach in rechtlicher Beziedem Vertragsstempel noch einen Stempel von 1100 Thlrn zu entrichten, welche Zahlung sie aber nur mit Vorbehalt geleistet haben. Beide Vorderrichter haben die Klägerin abgewiesen und die Mchtigkeitsbeschwerde ist durch obiges Erkenntniß zurückgewiesen, in dessen Gründen es heißt: Der Appell.-Richter geht davon aus, daß die klagende Kommanditgesellschaft eine moralische Person sei, daß nach dem Vertrage die Gesellschafter A., Dy. und Dth. (als Verkäufer) an diese mora­ lische Person (als Käuferin) die im Vertrage bezeichneten Grundstücke abgetreten haben, und daß die Gesellschaft sich dagegen zur Erlegung einer bestimmten Geldsumme dazu verpflichtet hat, .daß sie den genannten Gesellschaftern gestattete, die für die Grundstücke veranschlagten Werthe auf die stipulirten baaren Einlagen in Anrechnung zu bringen. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Bezeichnung der klagenden Gesellschaft als moralische Person (wie die Nichtigkeitsbeschwerde unter Behauptung der Verletzung des §. 25 Tit. 6 Th. 2 ALR. und der Art. 91, 111, 157, 164 des Handelsgesetzbuches und des Art. 23 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch rügt) eine unrichtige ist, und ob bei einer einfachen Kommanditgesellschaft alle die Kriterien vorhanden sind, welche dieser Begriff erfordert. Die in diesem Prozesse zu entscheidende Frage hängt nicht hier­ von, sondern vielmehr davon ab: ob eine solche Kommanditgesellschaft eine hinreichend selbst­ ständige Existenz hat, um sie als ein selbstständiges Rechtssubjekt aufzufassen, auf welches die einzelnen Gesellschafter das Eigenthum ihrer Grundstücke übertragen konnten. Diese Frage ist aber nach dem vom Appell.-Richter angezogenen Art. 164 des Handelsgesetzbuches zu bejahen. Denn danach ist der einfachen Kommanditgesellschaft die Befugniß beigelegt, unter ihrer Firma Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen, Eigenthum und andere ding­ liche Rechte an Grundstücken zu erwerben, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden. In dieser Weise ist die Klägerin auch in ihrem oben bezeichneten Gründungsvertrage aufgefaßt, insbesondere, wie der Appell.-Richter hervorhebt, im §. 18 dieses Vertrages, nach welchem die Ge­ sellschafter im Falle ihres Austrittes nur ihre Einlagen, nicht aber die Grundstücke zurückerhalten sollen. Diese Selbstständigkeit der Kommanditgesellschaft zeigt sich endlich auch in den nach den Art. 169, 170, 172 für Kommanditgesellschaften geltenden Bestimmungen der Art. 119 bis 122, 131, 132, 143, 147 des Handelsgesetzbuches. Hiernach hat der Appell.-Richter in demjenigen, was für die Entscheidung der Frage allein erheblich ist, nämlich ob ein Jmmobiliar-Verkauf oder, was einem solchen in Bezug auf die Stempelpflichtigkeit gleichsteht, die Angabe von Immobilien an Zahlungsstatt (s. S. 81 Anm. 14. a) vorliegt, rechtlich nicht geirrt, und insbesondere den Grundsatz, daß diese Rechtsgeschäfte eine bestimmte Person, welche kauft resp. als Gläubiger an Zahlungsstatt annimmt, voraussetzen, nicht verletzt, und die Rüge einer Verletzung der §§. 1, 12, 46 Tit. 11, des §. 242 Tit. 16 Th. 1 ALR., des §. 5 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822, der Nr. 1 der Allgemeinen Vorschriften desselben und der Position „Kaufverträge" des Tarifs ist nicht begründet,

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Tarif. Kaufverträge.

hung den Grundstücken gleichstehen. Nach dem FMR. v. 11. Febr. 1840III 2008 (GK.) hat dagegen eine Apotheken-Gerechtigkeit, welche weder selbstständig im Hypothekenbuche eingetragen, noch mit dem Besitz eines Grundstücks verbunden ist, nicht die Eigenschaft einer Real-Gerechtigkeit, und ist zu einem solchen Kaufverträge nicht ein Stempel zu 1 Prozent zu verwenden. Vergl. Anm. 10. a — c. 10. a. Die in einem Kaufverträge über ein Grundstück, in welchem eine konzessionirte Apotheke angelegt ist, vom Gesammtkaufpreise ausdrücklich auf die Apotheker-Konzession und die damit verbundenen Rechte verrechnete Summe unterliegt nicht dem Kausstempel zu ein Prozent (weil in der Verabredung eines besonderen Preises für die Apotheker-Konzesston und die damit verbundenen Rechte nicht das Versprechen einer Gegenleistung für das verkaufte Grundstück, sondern nur die Stipulation einer besonderen Vergütigung dafür zu finden sei, daß der Verkäufer durch die Entsagung der ihm für seine Person zustehenden Rechte dem Käufer die Möglichkeit und Gelegenheit, diese Rechte für sich zu erlangen, mindestens erleichtere). Erk. des OT. (I) v. 25. Febr. 1867 (Entsch. B. 58 S. 396). 10. b. Das Ober-Tribunal hat wiederholt sich dahin ausgesprochen, daß, wenn in Kauf­ verträgen über Grundstücke und die darin befindlichen konzessionirten Apotheken ein besonderer Preis für die Abtretung der Konzession verabredet werde, dieser besondere Preis nicht allgemein und unbedingt als ein Theil des Kaufpreises für das Grundstück anzusehen und dem Werthstempel zu 1 Prozent zu unterwerfen sei, daß solches vielmehr nur dann geschehen könne, wenn nach der Vereinbarung der Parteien der für die Uebertragung der Konzession :c. zu zahlende besondere Preis als der Mehrwerth des verkauften Hauses, der Geräthschaften und der VorVäthe habe gelten sollen. Es ist, in Uebereinstimmung mit dem H. Justiz-Minister, beschlossen worden, sich dieser Auffassung anzuschließen und in Zukunft die Versteuerung des Aequivalents für die abgetretene Konzession als einen Theil des Kaufpreises zu 1 Prozent nicht mehr allgemein und unbedingt zu verlangen. Cirk.-R. des FM. v. 16. Mai 1867 III 7761. Vergl. Anm. 9. 10. c. Die Königl. Regierung geht in dem Bericht vom 10. Juni d. I. mit Recht davon aus, daß in dem nach der Cirkular-Verfügung vom 21. Okt. 1846 zu beobachtenden Verfahren bei dem Verkauf konzessiomrter Apotheken durch die Gewerbe-Ordnung vom 21. Juni 1869 keine Aenderung eingetreten ist. Die Existenz einer konzessionirten Apotheke, im Gegensatz zu einer privilegirten, beruht auf der ihrem Inhaber für seine Person ertheilten Konzession. Die letztere ist kein Gegen­ stand privatrechtlicher Uebertragung, und der Käufer einer konzessionirten Apotheke erlangt die Kon­ zession nicht durch Succession in die Rechte seines Verkäufers, sondern kraft einer neuen staatlichen Ver­ leihung, ohne welche die Apotheke die Bedingung ihrer Existenz einbüßen würde. Vom rechtlichen Gesichtspunkt betrachtet, enthält der Uebergang einer blos konzessionirten Apotheke an einen Andern allemal die Errichtung einer neuen Apotheke, weil die Konzession des Verkäufers durch den Ver­ kauf erlischt. An diesem Verhältniß hat die neue Gewerbe-Ordnung nichts geändert und ist somit der Gegenstand auch ferner in derselben Weise, wie früher, zu behandeln. Cirk.-R. des M. d. geistl. rc. Angel. v. 10. Aug. 1871 (D. RA. S. 2222). 10. d. In Beziehung darauf, daß der in einem Kaufverträge über Apotheker-Geräthschaften rc. mitenthaltene Verzicht des Verkäufers auf die Apotheker-Konzession als ein von dem Kauf ver­ schiedenes selbstständiges Geschäft der besonderen Versteuerung unterliegt, s. S. 302 Anm. 12. 11. a. Da die Bestimmung im §. 14 und 15 Tit. 1 der Hypotheken - Ordnung auf die, in Stelle der sonstigen gutsherrlichen Rechte konstituirten Renten nicht Anwendung findet, letztere vielmehr nie auf ein besonderes, sondern immer auf das Folium des belasteten Gutes sub rubr. II eingetragen wAden, so hat sich das Finanzministerium mit dem Justizministerium darin einver­ standen erklärt, daß die Abtretung des Rechts zum Bezüge solcher Renten, gegen einen bestimmten Preis, nicht als Kauf zu betrachten, sondern die Verhandlung darüber blos dem Cessionsstempel unterliege. JMR. v. 16. Rov. 1831 (v. KJ. B. 38 S. 410). Hoyer, Stempelgesetzgebung. 2. Ausl.

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Tarif. Kaufverträge.

11. b. Zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages vom 21. Sept. d. I. zwischen dem Guts­ besitzer S. und dem zeitherigen Pächter W. über die Rittergüter N. und N. haftete auf den ver­ kauften Grundstücken noch die Berechtigung zur Erhebung der Renten rc. von den Verpflichteten. Zwar waren diese Renten rc. damals schon in der Ablösung begriffen und theilweise schon .in Rentenkapitalien umgewandelt; so lange indessen die Berechtigung zur Erhebung der Renten rc. beziehungsweise der an die Stelle derselben getretenen Ablösungskapitalien nicht völlig vom be­ rechtigten Gute abgetrennt ist und eine Abschreibung im Hypothekenbuche nicht stattgefunden hat, was nicht ohne Zustimmung der Hypothekengläubiger geschehen kann, haftet das Erhebungsrecht noch auf dem berechtigten Grundstücke und bildet einen Theil des Grundeigenthums, dessen Ver­ äußerung gegen Entgelt dem Kaufstempel zu 1 Prozent unterliegt. Deshalb ist auch der ganze Kaufpreis der 125000 Thaler einschließlich der 30000 Thaler Ablösungskapitalien für die noch nicht definitiv von den verkauften Gütern abgelösten Renten rc., mit Ausnahme der 3000 Thaler für die mitverkauften Mobilien, dem Kaufstempel zu 1 Prozent unterworfen. Erst wenn eine völ­ lige Ablösung der Renten re. in der Art stattgefunden hätte, daß selbige ganz außer Verbindung mit den bisher berechtigten Grundstücken gesetzt werden, und nur noch ein persönliches Recht auf die Ablösungskapitalien, beziehungsweise auf die Rentenbriefe geltend gemacht werden könnte, würde die Abtretung dieses Rechts dem Stempel von 15 Sgr. unterliegen. Auch trifft die Be­ rufung auf das Justizministerial-Reskript vom 16. Rov. 1831 (s. vorige Anm.) nicht zu, indem es sich in dem dadurch entschiedenen Falle nicht um die Veräußerung von Immobilien, welche renteberechtigt waren, sondern allein um die Abtretung gutsherrlicher Rechte, welche auf einem Grund­ stücke eingetragen standen, mithin nur um die Veräußerung des Rechts zur Erhebung dieser Ab­ gaben handelte. Eine solche Abtretung betraf allerdings nur ein Forderungsrecht und nicht die Veräußerung von Grundstücken oder Grundgerechtigkeiten; es war daher auch gerechtfertigt, da­ für nur den Cessionsstempel von 15 Sgr. zu erfordern. FMR. v. 19. Rov. 1852 III 26045 an d. Reg. in F.; die betreffende Stipulation im Kaufverträge lautete: Endlich cedirt Verkäufer dem Käufer sein Forderungsrecht an die sämmtlichen Einwohner der Dörfer S., M. und S., überhaupt an alle Personen und Grundstücke, welche nach bisheriger Verfassung.den verkauften beiden Ritter­ gütern zins- und dienstpflichtig waren, auf die von allen diesen Personen und Grundstücken zu entrichtenden Renten und Rentenkapitalien oder die in einigen Fällen noch zu leistenden Dienste und Abgaben, zu dem in Pausch und Bogen verabredeten Preise von 30000 Thalern, so daß der Käufer überhaupt 125000 Thaler dem Verkäufer zu zahlen sich verpflichtet. Zu dieser Stipulation glaubten die Vetheiligten nur den Cessions-Jnstrumenten-Stempel von 15 Sgr. verwenden zu dürfen. 12. Der Vertrag, mittelst dessen ein oder mehrere Kuxe für einen bestimmten Preis ver­ kauft werden, erfordert den Stempel zu 1 Prozent. Denn die Kuxe ist ein Theil von den, in 128 Theilen bestehenden Antheilen an dem verliehenen Bergswerks-Eigenthum (ALR. Th. 2 Tit. 16 §. 133), oder der 128ste Theil einer Zeche (Baussen Bergrecht Tit. 2 Kap. 4 §.2), und Zeche das Feld, welches die Gewerkschaft in Belehnung hat (Baussen ibid. §. 1 Nr. 8). mithin die Kuxe zu dem unbeweglichen Vermögen zu rechnen (ALR. Th. 2 Tit. 16 §. 253). FMR. v. 21. März 1823 III 5469 (GK.). Zu diesem FMR. wird in GK. noch bemerkt (ohne Allegirung eines Reskripts rc., also wohl Ansicht des Verfassers): Dagegen ist die Ueberlassung des aus einem Schürfscheine ge­ wonnenen Rechts gegen ein ‘ bestimmtes Entgelt blos als (Session zu erachten und nur mit einem Stempel von 15 Sgr. zu belegen, da der Schürfschein nur die Befugniß gewährt, auf dem an­ gewiesenen Felde weitere Versuche anzustellen, und erst durch die wirkliche Beleihung ein, dem un­ beweglichen Vermögen gleich geachtetes Vergwerkseigenthum konstituirt wird. — ^ergl. übrigens Allg. Berggesetz v. 24. Juni 1865 (GS. S. 705) §. 50, wonach das durch Verleihung begründete Bergwerkseigenthum zu den unbeweglichen Sachen gehört; ferner §. 101, wonach die Kuxe die Eigenschaft der beweglichen Sachen haben, und §§. 226, 228, wonach in den rechtsrheinischen Landes-

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Tarif. Kaufverträge.

theilen die Kuxe die Eigenschaft der unbeweglichen Sachen behalten, jedoch nach §. 235 (jetzt §, 235 a des Ges. v. 9. April 1873, GS. S. 181) vorbehaltlich der Beilegung der Eigenschaft beweg­ licher Sachen durch einen Gewerkschafts-Beschluß. — Wegen Anwendung des Allg. Bergges. v. 24. Juni 1865 auf die neu erworbenen Landestheile s. GS. 1867 S. 237,242,601, 770 u. GS. 1869 S. 453. 13. a. Die Beschwerde des rc. G. ist begründet. Der Vertrag vom rc. enthält die Einräumung eines eingeschränkten Nutzungsrechtes, welche sich weder nach der Theorie des Allgemeinen Landrechts, noch der des Stempelgesetzes unter den Begriff des Kaufgeschäfts subsumiren läßt. Die von dem Kollegium hervorgehobenen Beispiele des Erbschafts- und Nenten-Kauss sind deshalb nicht ent­ scheidend, weil diese im Allgemeinen Landrecht zwar unter der Benennung „Kauf", aber als be­ sondere Rechtsgeschäfte aufgeführt sind (§. 445 ff., 606 ff. Tit. 11 Th. 1); das Erbpachtsrecht aber unterscheidet sich von dem hier in Rede stehenden Rechte dadurch, daß es zu den vollständigen Nutzungsrechten gehört; das Bergwerkseigenthum endlich wird gesetzlich zum Jmmobiliar-Vermögen gerechnet (§. 253 Tit. 16 Th. 2 ALR.) und ist überhaupt so eigenthümlicher Natur, daß es einen Vergleich mit anderen Nutzungsrechten nicht gestattet. Der verwendete Vertragsstempel von 15 Sgr. ist hiernach für ausreichend zu erachten, und von der Stempelnachforderung von 299 Thalern 15 Sgr. abzustehen. JMR. v. 6. März 1857 an d. Appell.-G. in S., mitgetheilt durch FMR. v. 15. dess. M. III 5604 an d. PStD. daselbst (SK. — ohne Angabe des Datums dieser Re­ skripte). In dem vorgedachten Vertrage hatte G. von dem K. die dauernde Mitbenutzung der auf dessen Gute vorhandenen Kalklager für den Preis von 30000 Thalern in der Weise erworben, daß es dem G. freistehen sollte, für alle Zukunft zu jeder beliebigen Zeit jede beliebige Quantität Kalkerde zu entnehmen. Das Appell.-Gericht zu S. erachtete zu diesem Vertrage den JmmobiliarKaufstempel für fällig, weil nach dem ALR. Th. 1 Tit. 11 §. 1 ein Kaufvertrag vorliege; der Ausdruck „Sache" umfasse auch Rechte (Tit. 2 §. 1, 2—7); daher spreche das ALR. auch vom Kauf des Erbrechts, vom Rentenkauf u. s. w., das Erbpachtsrecht, das Vergwerksrecht werden ver­ kauft; Rechte gehören zwar zu den beweglichen Sachen (ALR. Th. 1 Tit. 2 §. 7), allein es sei die Kalkerde auf dem Gute in Pausch und Bogen, also eine von dem Grunde und Boden nicht ab­ gesonderte Sache verkauft und es liege mithin nach §. 117 Tit. 11 Th. 1 ALR. ein Kaufkontrakt vor; Kalkerde bilde nach §. 73 Tit. 16 Th. 2 ALR. einen Gegenstand des Bergwerks und der Verkauf eines solchen oder eines Theiles desselben (eines Kuxes) solle nach dem Finanz-MinisterialReskript vom 21. März 1823 (s. Anm. 12) mit dem Jmmobiliar-Stempel besteuert werden. 13. b. Wenn nicht blos die Abtretung eines Nutzungsrechtes, sondern die Ueberlassung der im Boden befindlichen Eisenerze und Eisensteine für einen bestimmten Preis den Gegenstand eines Vertrages bildet, so ist das Recht, die Eisenerze und Eisensteine aufzusuchen und sich anzueignen, ein genau bestimmtes Recht, und nur der Ertrag ist insofern ungewiß, als sich vorher nicht über­ sehen läßt, ob so viel Eisenerze und Eisensteine, als der stipulirte Preis beträgt, werden aufge­ funden werden. Dieser Umstand gehört aber zur Erfüllung des Geschäfts und hat auf die Stempelpflichtigkeit der Urkunde keinen Einfluß. Ein solcher Vertrag erfordert mithin einen Stempel zu V3 Prozent von dem festgesetzten Preise. Aehnliche Verträge, wodurch Torf, Braunkohlen u. s. w., welche noch im Boden befindlich sind, Steinkohlen eines Bergwerks u. s. w. einem Anderen gegen Entgelt überlassen werden, kommen nicht selten vor, und es wird stets dazu ein Stempel von V3 Prozent verlangt. FMR. v. 18. Sept. 1840 III 20871 (GK.). 13. c. Die schriftliche Ueberlassung des Rechts zur Ausbeutung nicht regaler Fossilien gegen Entgelt'ist nicht ein dem allgemeinem Vertragsstempel von 15 Sgr. unterliegendes Geschäft, sondern hat vielmehr die Natur eines mit y3 Prozent zu versteuernden Kaufgeschäfts. Erk. des OT. (I) v. 2. Okt. 1868 in Sachen Maeß wider Fiskus (Nr. 1451/68 — bisher nicht abgedruckt).') J) Durch den Vertrag vom 10: Juni 1863 ist dem Kläger das Recht eingeräumt worden, aus 25»

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' ITarif.

Kaufverträge.

14. a. Den Gerechtigkeiten zur Gewinnung von Stein- und Braunkohlen in den vormals Königl. Sächsischen Landestheilen, in welchen das Kurfürstlich Sächsische Mandat vom 19. August 1743 gilt, hat der §. 1 des Gesetzes vom 1. Juni 1861 (GS. S. 353) ein eigenes Folium im Hypothekenbuche angewiesen und sie dadurch den Immobilien gleichgestellt; sie sind daher als Grundgerechtigkeiten im Sinne des Stempeltarifs vom 7. März 1822 bei der Position „Kauf­ verträge" anzusehen und Verträge über ihre Veräußerung unterliegen dem Kauf-Werthstempel von 1 Prozent.

Erk. des OT. (I) v. 17. Oft. 1864 (Entsch. B. 54 S. 357, Str. A. B. 56 S. 229).

In Stelle des vorgedachten Gesetzes vom 1. Juni 1861 ist das folgende Gesetz getreten (s. am Schluß §. 11): Gesetz, betr. die Rechtsverhältnisse des Stein- und Braunkohlen-Bergbaues in den­ jenigen Landestheilen, in welchen das Kurfürstlich Sächsische Mandat vom 19. August 1743 Gesetzes­ kraft hat, v. 22. Febr. 1869 (GS. S. 401): §. 1: In den nachbenannten Landestheilen, nämlich: einer Wiese während eines Zeitraums von 20 Jahren gegen Zahlung von 5840 Thlrn die darin stehende Ziegelerde auszugraben und für sich auszubeuten. Zu diesem Vertrage hat der instrumentirende Wotar nach der Stempeltarif - Position „Verträge" 15 Sgr. Stempel verwendet. Ge­ legentlich der Stempelrevision wurde der Kaufwerthstempel mit V3 Prozent nachgefordert, den der Kläger unter Vorbehalt des Rechtsweges an den Notar gezahlt hat. Der Appell.-Richter hat diesen Vertrag ebenfalls als Kaufvertrag aufgefaßt, Absatz 3 der Position „Kaufverträge" des Tarifs zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 für anwendbar erachtet, und demgemäß den Kläger mit seinem Ansprüche auf Rückerstattung des defektirten, von ihm mit Vorbehalt gezahlten Stempel­ betrages von 19 Thlrn abgewiesen. In den Gründen des obigen Ober.-Trib.-Erk. heißt es nun u. A.: Die Entscheidung des Appell. - Richters beruht auf der thatsächlichen Feststellung, daß die einzelnen Erfordernisse des Kaufs in der vorliegenden Vertragsurkunde vorhanden seien. Daran scheitern sämmtliche Angriffe des Imploranten. Hier ist unter den Parteien streitig: ob der Ver­ trag vom 10. Juni 1863 ein unter den Kontrahenten zu Stande gekommenes Kaufgeschäft dar­ stelle, oder aber nur die Konstituirung eines das Eigenthum einer fremden Sache auf Zeit be­ schränkenden Rechts zum Gegenstände gehabt habe. Wenn nun der Appell. - Richter von der Annahme, daß zu den Erfordernissen eines Kaufgeschäfts die Bestimmtheit der Personen des Verkäufers und des Käufers, des Kaufpreises und der, den Gegenstand des Vertrages bil­ denden Sache gehören, ausgeht, so ist schlechthin unerfindlich, wie er hierdurch rechtsgrundsätzlich gegen dre als verletzt bezeichneten Gesetzes-Vorschriften gefehlt haben könnte, da mit seiner recht­ lichen Voraussetzung die §§. 1, 12, 30, 46 Trt. 11 Th. 1 des Allg. Landrechts völlig überein­ stimmen. Wenn der Appell.-Richter annimmt, daß im konkreten Falle die Requisite emes Kauf­ vertrages vorliegen, so sind dies thatsächliche Feststellungen, die auf der Interpretation des Vertrages beruhen, und denen gegenüber von einer Verletzung des §. 31. a. a. O. und der §§. 1 und 9 Tit. 19 Th. 1 des Allg. Landrechts offenbar nicht die Rede sein kann — der §.31 mcht, weil in den Anführungen des Appell.-Richters die Feststellung, daß die nähere Bestimmung des verkauften Gegenstandes — der Ziegelerde — einer künftigen Begebenheit über­ lassen geblieben sei, nicht enthalten ist, der §. 1 und 9 cit. aber umsoweniger, da der AppellRichter nicht nur nicht leugnet, sondern selbst anerkennt, daß der Eigenthümer einer Sache in seiner Verfügung darüber durch fremde Rechte resp. einem Anderen in Beziehung auf die Sache zu­ kommende Befugnisse auch vertragsmäßig beschränkt werden könne, und nur annimmt, daß im konkreten Falle zu prüfen bleibe, ob die vertragsmäßige Einräumung der, ein Recht auf fremdes Eigenthum in sich begreifenden Befugniß zur Entnahme nicht regaler Fossilien aus einem fremden Grundstücke als Ueberlassung von Substanztheilen desselben gegen Entgelt auch Gegenstand eines Kaufs sein könne, und daß im vorliegenden Falle alle Erfordernisse eines Kaufs vorhanden seien. Unter diesen Umständen hat der Appell.-Richter gewiß auch die Natur und den wesentlichen Charakter des zu beurtheilenden Rechtsgeschäfts im Sinne der Nr. 9 der Instruktion vom 7. April 1839 nicht verkannt, da er die einzelnen, dem aus dem Rechtssysteme gebildeten Prinzipe nach für einen Kaufkontrakt erforderlichen thatsächlichen Momente, insbesondere das Erforderniß hinläng­ licher Bestimmtheit der den Gegenstand des Vertrages ausmachenden Sache als wirklich vor­ handen und deshalb das instrumentirte Geschäft für einen Kaufvertrag erklärt, nach dieser Fest­ stellung aber unzweifelhaft rechtsgrundsätzlich nicht gefehlt hat. Wenn Implorant Bestimmungen wegen der Uebergabe in dem Vertrage vom 10. Juni 1863 vermißt und deshalb die Klagbarkeit desselben in Zweifel zieht, so kann dies nur auf einem Rechtsirrthum desselben beruhen, da es nicht darauf ankommt, ob wegen der Uebergabe im Vertrage etwas Besonderes verabredet ist, sondern lediglich darauf, ob auf Uebergabe nach Inhalt des Vertrages geklagt werden kann. Daß übrigens die Ueberlassung des Rechts zur Ausbeutung nicht regaler Fossilien gegen Entgelt unter Umständen die Natur eines Kaufgeschäfts haben kann, ist vom Königl. Ober-Tribunal wiederholt (Archiv B. 13 S. 38; B. 27 S. 155; B. 59 S. 80; Entsch. B. 47 S. 177) angenommen worden.

Tarif.

389

Kaufverträge.

1. in den vormals zum Königreich Sachsen gehörigen Landtstheilen der Provinz Sachsen, mit Ausschluß der Grafschaften Mansfeld und Barby und der standesherrlichen Gebiete der Grafen von Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla, 2. in den vormals zum Königreich Sachsen gehörigen Landestheilen der Provinz Brandenburg, insbesondere in der Standesherrschaft Baruth und den Aemtern Jüterbogk, Dahme, Belzig und Rabenstein nebst enklavirten ritterschaftlichen Orten, sowie in den vormals zum Kreise Wittenberg gehörigen Orten Blankensee und Stangenhagen, 3. in dem Markgrafenthum Oberlausitz, 4. in dem Markgrafenthum Niederlausitz, mit Einschluß der Herrschaft Sonnenwalde, sowie der Aemter Dobrilugk, Finsterwalde und Senftenberg, unterliegen die Steinund Braunkohlen fernerhin lediglich dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers.

Die bestehen­

den Berechtigungen zum Betriebe des Stein- und Braunkohlen-Bergbaues bleiben jedoch aufrecht erhalten, rc. §. 2.: Das Recht zum Stein- oder Braunkohlen-Bergbau kann von dem Eigenthume an dem Grundstücke, in welchem die Stein- und Braunkohlen anstehen, abgetrennt und als eine selbstständige Gerechtigkeit sowohl dem Grundeigenthümer selbst, als auch dritten Personen zustehen. Die Eigenschaft einer selbstständigen Gerechtigkeit erlangt dasselbe entweder 1. durch die gerichtliche oder notarielle Erklärung des Grundeigenthümers, daß das Abbaurecht von dem Eigenthume an dem Grundstücke oder einem Theile desselben in Zukunft abgetrennt sein solle, oder 2. durch die in gleicher Form bewirkte gesonderte Veräußerung des Abbaurechts an dritte Personen, rc. §. 3: Die bei Erlaß dieses Gesetzes nach §. 1 bestehenden Kohlenabbau-Gerechtigkeiten, sowie diejenigen Kohlenabbau-Gerechtigkeiten, welche gemäß §. 2 von dem Grundeigenthum abgetrennt worden sind, haben die Eigenschaft unbeweglicher Sachen und können in das Hypothekenbuch eingetragen werden. §. 11: Das Kurfürstlich Sächsische Mandat vom 19. August 1743, das Regulativ vom 19. Okt./13. Nov. 1843, das Gesetz vom 1. Juni 1861 (GS. S. 353) und die §§. 212 und 213 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 (GS. S. 705) sind aufgehoben. 14. b. Der Tarif zum Stempelgesetze vom 7. März 1822 (Pos. „Kaufverträge") gebraucht den Ausdruck „Grundgerechtigkeiten" in einer anderen Bedeutung als der von Servituten, die als subjektiv-dingliche Rechte zu einem Grundstück gehören. Er stellt sie als Grundstücke neben ein­ ander und unterwirft sie dem gleichen Kaufstempel. Es können darunter nur selbstständige Ge­ rechtigkeiten verstanden werden. Das Kohtenabbaurecht in den vormals Sächsischen Landestheilen ist ein 'objektiv-dingliches, und nach dieser seiner dinglichen Natur ohne Bedenken als eine Grund­ gerechtigkeit anzuerkennen, weshalb unerörtert bleiben kann, ob zur Anwendung der betreffenden Tarifposition die objektiv- oder subjektiv-dingliche Beziehung der Grundgerechtigkeit zu einem be­ stimmten Grundstücke unbedingt nothwendig sei. Erk. des OT. (I) v. 8. Sept. 1865 (GA. B. 15 S. 603 sub Nr. 19).

14. c. Das im §. 1 des Vertrages vom 21. Juni 1864 Ihnen und Ihrem Mitkontrahenten übertragene Recht, die auf dem Rittergute P. befindlichen Braunkohlenlager für Ihre Rechnung und Gefahr auszubeuten, ist nach §. 1 des Gesetzes vom 1. Juni 1861 (GS. S. 353 — s. Anm. 14. a) allerdings eine Grundgerechtigkeit. Die im §. 12 des Vertrages getroffene Verabredung, daß die Berechtigungen der Unternehmer bis zum 1. Januar 1905 — 40 Jahre hindurch — dauern sollen, also auf eine bestimmte Zeit beschränkt sind, verändert den Charakter des Geschäfts, dessen Umfang und Einschränkung gesetzlich von der freien Willenserklärung der Kontrahenten abhängt, eben so wenig, wie die im §. 10 zu Gunsten der Unternehmer verabredete sechsmonatliche Kündi­ gungsfrist. Bei der Nachforderung des defektirten Kaufstempels muß es hiernach bewenden. v. 4. März 1870

FMR.

III 3226 an d. S. u. zur Nachricht an d. Reg. in F. Vergl. Anm. 14. e Absatz 2.

14. d. Ein unter der Herrschaft des Gesetzes vom 22. Februar 1869 (s. Anm. 14. a Absatz 2) notariell geschlossener Vertrag über die entgeltliche Ueberlaffung eines Grundstückes zum Braun­ kohlen-Bergbau unterliegt auch dann dem Kaufwerthstempel von 1 Prozent des Kaufpreises und des Werthes der ausbedungenen Leistungen und vorbehaltenen Nutzungen, wenn die Ueberlaffung

390

Tarif.

Kaufverträge.

des Grundstückes unter dem Vorbehalt „soweit Kohlen darin befindlich sind" erfolgt.

Denn dieser

Vorbehalt betrifft lediglich die auf die Versteuerung grundsätzlich einflußlose Ausfühmng des Ver­ trages und beeinträchtigt die Perfektion desselben nicht.

Namentlich läßt sich nicht, anerkennen,

daß es eines solchen Vorbehalts wegen an der nach §. 12 Tit. 11 Th. 1 ALR. zur Gültigkeit eines Kaufvertrages erforderlichen hinlänglichen Bestimmtheit der zu verkaufenden Sache gebreche, noch daß der im §. 31 a. a. O. vorgesehene Fall vorliege, wonach, wenn die nähere Bestimmung des zu verkaufenden Gegenstandes einer künftigen -Begebenheit überlassen sei, der Vertrag nach den Regeln der gewagten Geschäfte beurtheilt werden solle; denn die Einräumung des Kohlenabbau­ rechts auf bestimmt bezeichneten Grundstücken enthält die feste und hinlängliche Bestimmung des Kaufobjektes.

FMR. v. 18. Febr. 1873 III 2209 an d. Reg. in F., welches sich mit vorstehender

Auffassung einverstanden erklärt hat. 14. e. Bei Berechnung des Stempels zu den vorerwähnten Kaufverträgen (s. Anm. 14. a—d) kommen nach der Kab.-Ordre vom 14. April 1832 sub Nr. 1 (s. S. 73 Anm. 1) auch die ausbe­ dungenen Leistungen in Betracht, deren Werth event, von den Kontrahenten anzugeben ist (§. 4. f des Stempelges.).

In dieser Beziehung pflegt in jenen Verträgen stipulirt zu werden: a. die Ver­

gütung des dem Verkäufer aus der Entziehung der Nutzung des Obergrundes durch Bohrversuche resp. durch den Bergbaubetrieb entstehenden, event, durch Sachverständige festzustellenden Schadens; b. die Vergütung der Beschädigung an Früchten und stehendem Holz; c. die Gewährung der jedes­ maligen zwanzigsten Tonne der geförderten Kohlen resp. des Geldwerthes dafür; d. die Gewährung eines sogenannten Tonnenzinses (z. B. 4 Pfennige von jeder geförderten Tonne Kohlen). Der Werth aller dieser Leistungen ist indessen zur Zeit des Kontraktsabschluffes unbestimmbar und es müffen dieselben daher für die Versteuerung des Vertrages unberücksichtigt bleiben, wie dies in mehrfachen Fällen Seitens des FM. anerkannt ist, und zwar: zu a durch FMR. v. 13. Aug. 1870 III 13181, zu c durch FMR. v. 18. Febr. 1873 III 2209, zu b und c durch FMR. v. 16. März 1871 III 3147, zu a und d durch FMR. v. 18. März 1874 III 3564 (letzteres im Einverst. des IM.), sämmtlich an d. Reg. in F. — Vergl. S. 124 Anm. 6 u. S. 379 Anm. 1. Wird dagegen, wie es in dem in Anm. 14. c gedachten Falle geschehen war, stipulirt, daß zwar 4 Pfennige Tonnenzins, mindestens aber 200 Thaler jährlich gezahlt werden sollen, so wird durch solche Angabe einer zu zahlenden bestimmten Summe ein fester Anhalt für die Bemeffung des zu versteuernden Betrages geboten, und es ist demgemäß in jenem Falle die Summe von 200 Thalern 40fad) (da das Vertragsverhältniß 40 Jahre dauern sollte), also von 8000 Thalern mit 1 Prozent zur Versteuerung gezogen. In einem anderen Vertrage, betreffend die Ueberlassung eines Gutes (in einem vormals Sächsischen Landestheile) zum Kohlenabbau, hatte sich der Käufer, außer der nicht in Betracht kommenden Gewährung eines Tonnenzinses und einer Entschädigung für die entzogene Benutzung des abgebauten Terram's (s. oben Absatz 1), verpflichtet, für die entzogene Nutzung des zu Bauten und Grubenanlagen benöthigten Terrain's jährlich eine Entschädigung von 15 Thalern für den Magdeburger Morgen zu entrichten.

In diesem Falle wurde nun angenommen, daß, entsprechend

der eben erwähnten Verabredung, die Zahlung der Entschädigung von 15 Thalern für den Morgen mindestens Ein Jahr lang gewährt werde oder doch gewährt werden könne, daß mithin, da das ganze Gutsareal zum Kohlenabbau überlassen sei, die vertragsmäßig event, zu zahlende Gesammtsumme sich auf so viel Mal 15 Thaler belaufe, als das ganze Gutsareal Magdeburger Morgen ent­ halte, und daß von dieser Gesammtsumme der Werthstempel zu 1 Prozent fällig sei. Dieser Auffaffung ist das oben im Absatz 1 zuletzt citirte FMR. (im Einverständniß des IM.) beigetreten. 15. a.

Dem zu y3 Prozent zu versteuernden Inventarium dürfen, außer den schon geern­

teten Früchten, Zuwüchse, die noch im Boden stehen, z. B. Bäume des Waldes, Getreide in Aeckern u. s. w., nicht beigerechnet werden. FMR. v. 6. Aug. 1840 III 17972 (GK.).

Tarif.

Kaufverträge.

391

15. b. Die in der Erde befindlichen Saaten bilden bereits einen unzertrennbaren Theil des Grundes und Bodens des verkauften Grundstücks, und können als bewegliche Sache nicht mehr angesehen werden.

Wenn die Stempeltarif-Position „Kaufverträge" „die anderen Gegenstände

ohne Unterschied" den „Grundstücken und Grundgerechtigkeiten" entgegensetzt, so sind unter den Grundstücken unbewegliche Sachen, welchen die Grundgerechtigkeiten gleichstehen, und unter den anderen Gegenständen bewegliche Sachen verstanden, indem überhaupt nur über körperliche Sachen ein Kauf abgeschlossen werden kann.

Um den Kaufstempel zu y3 Prozent Anwendung finden zu

lassen, ist also erforderlich, daß bewegliche Sachen Gegenstand des Kaufs sind, und da diese Be­ dingung in Ansehung der in der Erde befindlichen Saaten und der Ackerbestellung nicht Platz greift, so berechtigt der Umstand, daß im Kontrakt ein besonderer Kaufpreis dafür ausgeworfen ist, nicht, hiervon nur y3 Prozent Stempel zu erlegen.

FMR. v. 19. Okt. 1844 III 22294 an

d. PStD. in S. (SK.). 15. c. Nach Ihrer eigenen Angabe hat die Uebergabe des von Ihnen erkauften Gutes mit bestellter Sommersaat erfolgen sollen, und da hiewach nicht die Sommersaat zur Bestellung als ein Mobile, sondern das Gut mit bestellter, also schon in den Boden eingestreuter und davon unzer­ trennlicher Sommersaat veräußert worden ist, so erscheint die Bestimmung eines besonderen Kauf­ preises für die Sommersaat und die dazu erforderliche Ackerarbeit auf Höhe von 3300 Thalern ein­ flußlos auf die Berechnung des Werthstempels zum Kaufkontrakt; letzterer unterliegt vielmehr nach der Allerh. Kab.-Ordre vom 14. April 1832 (s. S. 73 Anm. 1) und der Tarifposition „Kauf­ verträge" zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 einschließlich dieser 3300 Thaler dem Stempel zu 1 Prozent. FMR. v. 28. Juni 1847' III 13686 an d. H. u. nachrichtlich an d. PStD. in S.

15. d. Es wird verlangt werden müssen, daß die Kontrahenten näher erläutern, ob unter der im Jmmobiliar-Kaufvertrage mitverkauften „vorhandenen Ernte" Früchte auf. dem Halme ent­ halten, eventuell zu welchem Preise sie verkauft sind, um davon statt des y3 den 1 ProzentStempel eintreten zu lassen. Möchten sie sich einer solchen Auffordewng weigern, so würden sie zu gewärtigen haben, daß von dem vollen Kaufpreise für die Immobilien und Mobilien von 34000 Thalern nach §. 5. f des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 der Stempel zu 1 Prozent ver­ langt wird, weil nach der Fassung des Vertrages anzunehmen ist, daß unter der „vorhandenen Ewte" etwas Anderes, als die bereits eingebrachte Ernte zu verstehen sei.

Schreiben des FM.

an d. IM. v. 17. März 1856 III 6283, mitgetheilt durch JMR. v. 14. April 1856 an d. Appell.-G. in F., beides mitgetheilt durch FMR. v. 25. dess. M. III 10009 an d. Reg. daselbst.

15. e. Die Frage, ob auf dem Halme stehende Saaten als eine bewegliche oder unbewegliche Sache anzusehen sind, kann nicht allgemein aufgestellt und beantwortet werden; vielmehr kommt es auf die Umstände des einzelnen Falles an. Sind aber die zum Theil bereits abgeewteten Früchte reif, zur Abewtung bestimmt und geeignet, so sind sie für eine bewegliche Sache im Sinne des §. 6 Tit. 2 Th. 1 des Allg. Landrechts zu erachten, und unterliegen beim Verkauf nicht dem Jmmobiliar-, sondew dem Mobiliarstempel. Erk. des OT. (I) v. 25. März 1872 (Str. A. B. 83 S. 347).') ') Kläger hatte ein Grundstück mit den zum Theil bereits geernteten Saatfrüchten gekauft. Für die noch nicht geernteten Früchte wurde ihm der Jmmobiliar-Kaufstempel von Einem Pro­ zent berechnet. Er erhob Klage gegen den Steuerfiskus auf Zurückzahlung des Ueberschusses, in­ dem er für dm Kaufpreis der Früchte nur den Mobiliarstempel von einem drittel Prozent zu entrichten verpflichtet sein wollte. Erk.-Gründe: Der Appell.-Richter unterwirft die im Kaufkontrakt zugleich mit dem Grundstück vom Imploranten erworbenen Saaten, von denen ein Theil noch nicht geerntet war, dem Jmmobiliarstempel von einem Prozent, und sein Eutscheidungsgrund liegt in der Ausführung: „der Bestimmung des §. 6 Tit. 2 Th. 1 des Allg. Landrechts gegenüber stelle die Saat als organisch mit dem Grund und Boden verbunden in gewisser Hinsicht als ein Theil desselben sich dar; es könne auch ein ganzes Getreidefeld nicht aus dem Boden herausge­ nommen und unbeschadet seiner Substanz anderswohin verpflanzt werden; insoweit spreche die

392

Tarif.

Kaufverträge.

15. s. Es erscheint nicht zweifelhaft, daß der noch nicht eingeerntete Zuwachs, die in der Erde befindlichen Saaten und das noch nicht gefällte Holz als zubehörige Theile des Grund und Bodens anzusehen und das dafür besonders bedungene Kaufgeld gleich dem Kaufpreise für den Grund und Boden mit dem Kaufwerthstempel von 1 Prozent zu belegen ist.

Was dagegen die

Jnventarienstücke betrifft, so würde davon allerdings nur der Stempel von y3 Prozent zu ver­ langen sein, dies jedoch auch nur unter der Voraussetzung, daß dafür ein besonderer Kaufpreis ausgeworfen worden (vergl. S. 103 Anm. 49. b, c).

Es ist aber im Kaufkontrakte ein besonderer

Kaufpreis für die Jnventarienstücke in sofern nicht ausgeworfen, als solcher mit dem Kaufpreise für die als Immobilien anzusprechenden Saaten und Holzbestände zusammengeworfen ist, und es hätte daher nach §. 5. f des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 von dem ganzen dafür in Einer Summe festgesetzten Kaufpreise der 40000 Thaler der Stempel zu 1 Prozent verlangt werden können. Da sich indessen nach der Fassung des Vertrages an der Absicht der Kontrahenten, den Preis der beweglichen von dem der unbeweglichen Gegenstände zu trennen, nicht zweifeln läßt, sie auch geglaubt haben mögen, daß sie diese Absicht durch die getroffene Vertheilung erreichen würden, so ist hierauf billige Rücksicht genommen und es für zulässig erachtet, den Kontrahenten die An­ gabe des Kaufwerths der Jnventarienstücke noch nachträglich zu gestatten, wobei es jedoch nicht zulässig erscheint, ohne weiteren Anhalt einen bestimmten Antheil der Kaufgelder als Kaufpreis der Jnventarienstücke anzunehmen. FMR. v. 17. Jan. 1852 III 476 an d. rc. P. u. nachrichtlich an d. Reg. in F. — Vergl. Anm. 16. a, b. Die Erinnerung des Stempelfiskals ist, wie die Ministerien der Justiz und der Finanzen in ähnlichen Fällen wiederholt angenommen haben, gesetzlich allerdings begründet; der Vertrag ent­ hält eben, wenngleich die Absicht dahin gegangen ist, einen besonderen Preis für die mitver­ kauften Mobilien festzusetzen, eine solche Trennung der Preise in der That nicht, weil der ver­ meintliche Mobiliarkaufpreis auch den davon nicht unterschiedenen Preis für unbewegliche Pertinenzien (die stehende Ernte) wieder mitumfaßt. Dagegen ist anzuerkennen, daß in Fällen dieser Art beide Ministerien schon anderweit das gesetzliche Prinzip nicht in voller Strenge aufrecht erhalten haben. Ich habe demgemäß die Königl. Regierung in F. ermächtigt, eine nachträgliche Aussonderung des Preises der mitverkauften Ernte zu gestatten, beziehungsweise es bei der stattgehabten Nachzahlung des Stempels bewenden zu lassen, wenn gegen die Deklaration der Ernte auf 2000 Thaler sonst nichts zu erinnern ist.

Schreiben des FM. an d. IM. v. 2. Mai 1872, mitgetheilt durch FMR.

Begriffsbestimmung des gedachten §. 6 für Jmmobiliarqualität der Saat." Das Gesetz stellt in­ dessen im §. 6 a. a. O. die Unterscheidung auf: ob eine Sache ihrer Substanz unbeschadet von einer Stelle zur andern gebracht werden kann, und bezeichnet hiermit eine Fortbewegung, welche der Sache gestattet, überhaupt und unter welchen Bedingungen für ihre Existenz es sei, ihre Sub­ stanz zu bewahren, nicht aber eine solche Fortbewegung, bei welcher es darauf ankommen soll, ob die Sache auch noch unter den früheren Umständen und Bedingungen weiter existiren und ihre Substanz bewahren kann. Eine Sache, welche nach ihrer Fortbewegung immer noch unbeschadet ihrer Substanz, wenn auch unter anderen Umständen und Verhältnissen als früher, existiren kann, ist also noch eine solche, welche unbeschadet ihrer Substanz von einer Stelle zur andern gebracht werden kann, und hat den gesetzlichen Charakter einer beweglichen Sache. Rach der thatsächlichen Feststellung des zweiten Richters ist beim Abschluß des Kauftontrakts ein Theil der mit dem Grund und Boden verkauften Saat noch nicht abgeerntet gewesen; die Ernte ist also im Gange gewesen, und die verkaufte Saat hat sich in einem Zustande befunden, in welchem sie theils ab­ geerntet war, theils noch abgeerntet werden sollte. Rach §. 5 a. a. O. ist so lange, als durch die Aenderung einzelner Theile die Sache weder vernichtet, noch die Hauptbestimmung derselben ge­ ändert worden, keine Veränderung in der Substanz vorgefallen, und da die Aberntung der Saat in deren Natur und Bestimmung liegt, so ist anzunehmen, daß die an den Imploranten verkaufte, in der Aberntung begriffene Saat, mochte sie zur Zeit des Verkaufs schon vom Boden getrennt sein oder nicht, durch die Aberntung eine Veränderung ihrer Substanz nicht erlitt. Sie ist daher eine Sache, bei welcher das Kriterium zutrifft, daß sie unbeschadet ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen gebracht werden kann rc.

Tarif. Kaufverträge.

393

von demselben Tage III 5058 an d. Reg. in F. Von der in vorstehendem Schreiben ertheilten Ermächtigung ist das Appell.-Gericht in F. durch JMR. vom 16. Mai 1872 III 1285, welches sich jedoch über das Prinzip nicht weiter äußert, in Kenntniß gesetzt. Gleichmäßig bestimmt das FMR. v. 24. Juli 1874 III 10367 an d. Reg. in F.: Es ist zwar anzuerkennen, daß streng gesetzlich von dem für Jnventarienstücke, Vorräthe und Saaten deklarirtm Kaufpreise von 12000 Thalern der Werthstempel zu 1 Prozent möchte erfordert werden können, weil die Saaten nach Lage des Falles noch zu dem unbeweglichen Zubehör des Gutes gehörten und weil insofern eine Trennung der Preise für Mobilien und Immobilien nicht stattgefunden hat. Indeß ist schon in anderen ähnlichen Fällen und wenn eine Trennung der Preise nicht nur beabsichtigt, sondern auch zum Ausdruck gebracht und wenn nur ein Irrthum darüber vorgefallen war, daß gewisse Dinge, — wie hier die Saaten — nicht zu den Mobilien, sondern zu den un­ beweglichen Pertinenzien, oder zur Substanz des Gutes, zu rechnen waren, von der vollen Strenge des Gesetzes nicht Gebrauch gemacht worden. Die Königl. Regierung wird ermächtigt, den Stempel von 1 Prozent nur von dem sich aus dem Berichte ergebenden wirklichen Werthe der Saaten zu berechnen, resp. mit y3 Prozent nachzufordern, bezüglich des auf Inventarien rc. entfallenden Preises es aber bei der stattgehabten Verwendung des Stempels von y3 Prozent bewenden zu lassen. 15. g. In Betreff der Versteuerung von Jmmobiliar-Kaufverträgen, in welchen noch nicht geerntete Früchte vom Verkauf ausgeschlossen werden, s. S. 86 Anm. 20. 15. h. Die Verordnung zwischen Verpächter und Pächter wegen einer Entschädigung für bereits in der Erde befindliche Saaten kann weder als Jmmobiliar- noch als Mobiliar-Kaufvertrag, sondern lediglich als ein unbenannter Vertrag über eine zu gewährende Entschädigung für Verwendungen zu Gunsten des Pächters angesehen und nur mit 15 Sgr. zur Versteuerung gezogen werden. FMR. v. 19. Dez. 1858 III 27936 an d. PStD. in S. 16. a. Dem Kollegium wird allerdings darin beigetreten, daß eine bewegliche Sache durch die Eigenschaft als Pertinenz einer unbeweglichen nicht zur unbeweglichen Sache wird, sondern, der gedachten Eigenschaft ungeachtet, ihre ursprüngliche Natur in dieser Beziehung behält — vergl. ALR. Th. 1 Tit. 2 §§. 42 ff., 89, 103. Es läßt sich dagegen nicht anerkennen, daß die in dem Monitum aufgeführten Gegenstände durchweg lediglich die Natur von Pertinenzien haben. Vielmehr sind die erheblichsten dieser Sachen, wie z. B. die Dampfmaschine mit Kesseln, die Wellenleitung, die Röhren, Pumpen u. s. w. mit Rücksicht auf §. 4 a. a. O. als Theile der Substanz der verkauften Fabrik anzusehen und darum, so lange ihre physische Verbindung mit derselben dauert, deren allgemeinen Eigenschaften, mithin auch der einer unbeweglichen Sache, unterworfen. Ebenso haben diese Gegenstände in Folge ihrer durch die Verbindung mit den Gebäuden beziehungsweise dem Boden näher bestimmten Individualität die Eigenschaft unbeweglicher Sachen im Sinne des §. 6 a. a. O. erlangt. Von dem Kaufpreise für die bezeichneten Sachen muß daher der Kauf­ werthstempel mit einem Prozent berechnet werden. Was dagegen die übrigen Gegenstände, auf welche die erwähnten Momente nicht passen, angeht, so soll den Kontrahenten gestattet werden, den auf dieselben entfallenden Preis nachträglich zu deklariren und diesen mit nur V3 Prozent zu versteuern saußer den vorgedachten Substanztheilen der Fabrik — unbeweglichen Sachen — waren noch zu dieser Fabrik gehörige Utensilien — bewegliche Sachen — mitverkauft und es war der Kaufpreis für beiderlei Gegenstände zusammen in Einer Summe festgesetzt, von welcher der instrumentirende Notar nur den Stempel zu V3 Prozent verwendet, der Stempelfiskal dagegen deren Gesammtversteuerung zu 1 Prozent gefordert hatte — vergl. Anm. 16. b sub Nr. 2 u. Anm. 15. f]. JMR. v. 25. Aug. 1870 III 2567 an d. Appell.-G. in F., mitgetheilt durch FMR. v.V. Sept. dess. I. III 14432 an d. Reg. daselbst. 16. b. 1. Werden in einem schriftlichen Vertrage über den Verkauf eines Brauerei-Grund­ stückes Gegenstände mitverkauft, welche mit den verkauften Brauerei-Gebäuden, also auch mit dem

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Tarif.

Kaufverträge.

gesammten Brauerei-Grundstücke in einer dauemden physischen (mechanischen) Verbindung, ins­ besondere durch Einmauern untrennbar verbunden, und zum Fortbetriebe der Brauerei bestimmt sind (als: Dampfkessel, Hochdruckmaschine, Kühlschiff, Darre), so sind diese Gegenstände nach §. 4 Tit. 2 Th. 1 ALR. als zur Substanz jenes Grundstückes gehörig, resp. im Sinne des §. 6 a. a. O. als unbewegliche Sachen anzusehen, und es unterliegt daher der für sie besonders bedungene Kaufpreis nicht dem Mobiliar-, sondern zusammen mit dem Kaufpreise für das Grundstück dem Jmmobiliar-Kaufstempel von 1 Prozent.

2. Ist in dem Vertrage der Kaufpreis für die vorge­

dachten Substanztheile — unbewegliche Sachen — und für mitverkaufte, zum verkauften BrauereiGrundstück gehörige Geräthschaften — bewegliche Sachen — in ungetrennter Summe festgesetzt, so hat dies nach §. 5. f des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 zur Folge, daß der gesammte Kaufpreis mit 1 Prozent versteuert werden muß.

Erk. des OT. (I) v. 12. Mai 1873 in Sachen

der Mengesellschaft Frankfurter Aktienbrauerei wider den Fiskus (Nr. 1214 — bisher nicht abgedruckt).

17. Da für die im kaufmännischen Verkehr vorkommenden Verträge über Kauf- und Liefemngs-Geschäfte nach dem gegenwärtigen Stande dieses Verkehrs der für Käufe von Mobilien vorgeschriebene Stempel zu y3 Prozent des Kaufpreises zu hoch erscheint, so bestimme Ich hier­ durch nach dem Antrage des Staatsministeriums vom 18. d. M., daß fortan jeder im kaufmän­ nischen Verkehr über bewegliche Gegenstände mit Einschluß der Aktien und anderen geldwerthen Papiere, sei es mit oder ohne Zuziehung eines vereideten Agenten oder Mäklers, schriftlich ab­ geschlossene Kauf- oder Lieferungs-Vertrag, ohne Unterschied, ob derselbe unter Handeltreibenden oder unter anderen Personen abgeschlosien worden, soweit er nach der Höhe des Betrages an sich stempelpflichtig ist, einer Stempelabgabe von 15 Silbergroschen und falls mehrere KontraktsExemplare durch Unterschrift der Kontrahenten vollzogen werden, jedes Exemplar dem Stempel von 15 Silbergroschen unterliegen soll. — Wenn jedoch der Stempel zu V3 Prozent des Kauf­ preises weniger als 15 Silbergroschen beträgt, und nicht wegen der Form des Vertrages nach den Tarifpositionen „Protokolle zu d" und „Notariats-Instrumente" zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 ein Stempel von 15 Silbergroschen erforderlich ist, so soll anstatt dieses Stempels nur der geringere Prozentstempel eintreten. — In der Anwendung der Stempel-TarifPosition „Mäkler Atteste" wird hierdurch nichts geändert. — Zuwiderhandlungen gegen die gegenwärtige Verordnung sind nach den Strafbestimmungen des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 zn ahnden. — Auch soll in dem Fall, wenn der Kauf- oder Lieferungs-Vertrag unter Mit­ wirkung eines Mäklers oder vereideten Agenten abgeschlossen ist, nicht blos jeden der Kontrahenten, sondern auch den Mäkler oder Agenten die in dem vierfachen Betrage des unverbraucht gebliebenen Stempels bestehende Strafe, unter solidarischer Haftung aller dieser Personen für den Stempel, treffen. Kab.-O. v. 30. April 1847 (G. S. S. 201). — Hierzu Anm. 18. a bis 20. f.

18. a. Es ist, wie auch die Einleitung der Kab.-Ordre vom 30. April d. gi ergiebt, nur Absicht gewesen, lediglich den kaufmännischen Verkehr dahin zu erleichtern, daß die in demselben vorkommenden Kauf- und Lieferungs-Verträge fortan nicht mehr zu y3 Prozent der Kaufsumme, sondern nur mit dem mäßigen Stempel von 15 Sgr. für das Kontrakts-Exemplar versteuert werden sollen.

Wenn sich hiernach die Anwendbarkeit der Ordre blos auf Kauf- und Lieferungs­

Verträge im kaufmännischen Verkehr beschränkt und also die Beantwortung der Frage: ob ein solcher Vertrag im kaufmännischen Verkehr abgeschlossen ist, in jedem einzelnen Falle zugleich darüber entscheidet, ob der y3 Prozentstempel oder der Stempel von 15 Sgr. Platz greifen muß, so darf hierbei' nicht unbeachtet bleiben, daß zum kaufmännischen Verkehr nur solche Kauf- und Lieferungs-Verträge gehören, bei welchen es sich um einen Verkauf zum Wiederverkauf, nicht aber um einen Kauf zum eigenen Bedarf oder Gebrauch des Käufers handelt.

Hält man hieran fest,

so ergiebt sich als zweifellos, daß Militair- und überhaupt Verwaltungs-Behörden, welche Kauf-

Tarif.

395

Kaufverträge.

und Lieferungs-Verträge über Naturalien für die Truppen oder zu ihrem sonstigen Bedarf, sei es mit Lieferanten oder Produzenten abschließen, sich nicht auf die Kab.-Ordre vom 30. April 1847 berufen können, indem sie ihrerseits nicht die Einkäufe zum Handel, sondern für die Truppen, für deren Verpflegung sie zu sorgen haben, oder zu einem anderweiten eigenen Gebrauch machen. Dergleichen Verträge sind also nach wie vor dem Stempel zu V3 Prozent des Kaufpreises zu unterwerfen.

FMN. v. 17. Juli 1847 (CB. S. 141, MB. S. 212).

Vergl. Sinnt. 18.1.

18. b. Es hat kein Bedenken, daß die Kauf- und Lieferungs-Verträge, welche das Bergamt zu W., sei es mit Kaufleuten oder anderen Personen, abschließt, um sich die Bedürfnisse für seine Faktoreien zu verschaffen, nach wie vor dem Stempel zu V3 Prozent des Kaufpreises unterliegen, indem dergleichen Lieferungen für den eigenen Verbrauch des Bergamtes, nicht aber zum Wieder­ verkauf bestimmt sind. FMN. v. 12. Aug. 1847 III 16675 (GK.).

18. c. Es läßt sich nicht verkennen, daß es sich beim Abschluß von Salz-Lieferungs-Verträgen mit den Besitzern von Privatsalinen im Wesentlichen um einen Verruf im käufmännischen Ver­ kehr handelt, weil der Staat das zu liefernde Salz lediglich zu dem Zwecke erwirbt, um es weiter zur Konsumtion zu debitiren (der Staat hatte damals noch das Salzmonopoks. FMR. v. 18 Dez. 1850 III 27272 an d. PStD in M-, mitgetheilt durch FMR. v. 31. März 1859 III 7044 an d. PStD. in Kg und S. 18. d. Zu den über den Verkauf der fiskalischen Salzbestände aus freier Hand zum Wieder­ verkauf abgeschlossenen Verträgen (zufolge der Aufhebung des staatlichen Salzmonopols^ sind in Gemäßheit der Ordre vom 30. April 1847 sowie der Bestimmung des §. 3. i des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 nur 10 Sgr. zu jedem Exemplar zu verwenden; beim öffentlichen meistbieten­ den Verkauf aber findet die Verwendung von Stempeln zum Auktionsprotokoll überhaupt nicht Statt (vergl. S. 128 Anm. 5]. Cirk.-R. des FM. v. 24. Dez. 1867 in 26342. 18. e* Kaufkontrakte über Schiffe oder Schiffsantheile, zwischen welchen Personen sie auch abgeschlossen sein mögen, sind nach wie vor dem Stempel zu V3 Prozent des Kaufpreises unter­ worfen, indem wohl picht leicht der Fall vorkommen wird, daß Jemand mit Schiffen oder Schiffs­ antheilen einen Handel treibt, dergestalt, daß er Schiffe oder Schiffsantheile lediglich zu dem Zwecke kauft, um sie wieder zu verkaufen. Nur für diesen Fall würde die Kab.-Ordre vom 30. April 1847 auf den Kaufkontrakt Anwendung finden. FMN. v. 12. Aug. 1847 III 16675 an d. PStD. in Kg. 18. f. Auf den Kaufvertrag zwischen dem Holzhhändler I. und dem Zimmermeister Z. findet die Kab.-Ordre vom 30. April 1847 nicht Anwendung, weil das gekaufte Holz zum Betriebe des Gewerbes des Käufers als Zimmermeister, mithin nicht zum Handel, sondern zum eigenen Verbrauch bestimmt ist. FMR. v. 19. April 1852 III 9198 an d. Reg. in F. Vergl. Anm. 18. h Absatz 1, 18. m, n sub Nr. 2 u. 20. e Absatz 2.

18. g. Eine besondere Legaldefinition des „kaufmännischen Verkehrs" stellt weder die Kab.Ordre vom 30. April 1847 auf, noch findet sich eine solche im Allg. Landrecht, oder in den neuen dahin einschlagenden Gesetzen, insbesondere auch nicht in der Konkurs-Ordnung vom 8. Mai 1855 oder in dem Allg. Deutschen Handelsgesetzbuch vor.

Die Frage, ob ein bestimmter Kauf- oder

Lieferungs-Vertrag als im kaufmännischen Verkehr abgeschlossen anzusehen sei oder nicht, beruht keinesweges allein auf einer rechtlichen Beurtheilung, sondern ist zum Theil und sogar vorwiegend von den obwaltenden besonderen Umständen des einzelnen Falles abhängig.

Erk. des OT. (I) v.

20. Jan. 1865 (Str. A. B. 56 S. 315); es handelte sich um den Verkauf einer größeren Menge Spiritus, den ein Gutsbesitzer während eines gewissen Zeitraumes produziren würde, an einen Kaufmann; der Jnstanzrichter hatte festgestellt, daß der Spiritus nicht zum eigenen Verbrauch Seitens des Käufers bestimmt war, Letzterer vielmehr das Spiritus-Geschäft im Großen betrieb, und das OTrib. nahm demgemäß an, daß der Appell.-Richter die Kab.-Ordre vom 30. April 1847 hier mit Recht angewendet hat.

Tarif.

396 18. h.

Kaufverträge.

Unter „kaufmännischem Verkehr" im Sinne der Kab.-Ordre vom 30. April 1847 ist

derjenige Verkehr zu verstehen, wie er gewöhnlich unter Kaufleuten vorzukommen pflegt, d. h. ein solcher, welcher im Ankauf eines beweglichen Gegenstandes zum Zweck des Wiederver­ kaufs desselben als einer Waare besteht, im Gegensatz zum Ankauf beweglicher Gegenstände, welche bestimmt sind, in der Haushaltung, in der Wirthschaft oder in dem Gewerbe des Ankäufers selbst verwendet zu werden.

Erk. des OT. (V) v. 23. Febr. 1864 (Str. A. B. 52 S. 265); s. dasselbe

Erk. in Anm. 20. c. Unter „kaufmännischem Verkehr" im Sinne der Kab.-Ordre vom 30. April 1847 ist nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauche ein im Ankauf beweglicher Gegenstände zum Zwecke des Wiederver­ kaufs bestehender Verkehr zu verstehen, im Gegensatze zu einem zur Verwendung für den eigenen Verbrauch des Käufers bestimmten Kaufe. Die Frage aber: ob der Vertrag als ein im kauf­ männischen Verkehr abgeschlossener zu erachten sei oder nicht, ist lediglich nach den obwaltenden Umständen zu entscheiden, und wenn der Appellations-Richter dieselbe nach Inhalt des hier in Rede stehenden Vertrages verneint hat, so beruht diese wesentlich auf die Interpretation desselben sich stützende Entscheidung offenbar auf thatsächlichen Momenten, und ist sonach durch die Nichtig­ keitsbeschwerde nicht angreifbar.

Erk. des OT. v. 4. Dez. 1865 (I Nr. 2129 in Sachen der Kauf­

leute Levison u. Leuffgen wider Fiskus — bisher nicht abgedmckt). 18. i. Der Jnstanzrichter irrt rechtlich nicht, wenn er einen Vertrag über Lieferung von Eisenbahnschienen, welche nicht zum Wiederverkauf, sondern für den eigenen Gebrauch der Eisen­ bahn-Direktion bestimmt sind, nicht als -einen im kaufmännischen Verkehr geschloffenen auffaßt. Erk. des OT. (I) v. 24. Mai 1872, mitgetheilt durch Cirk.-R. des FM. v. 24. Sept. 1872 III 14644. 25 ergl. dasselbe Erk. S. 297 Anm. 4. b.

18. k. Wird über ein unter der Herrschaft des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches geschloffenes Handelsgeschäft, dessen Gegenstand in der Lieferung einer Quantität vertretbarer Sachen gegen einen bestimmten Preis besteht und welches zufolge Artikels 338 a. a. O. nach den Be­ stimmungen über den Kauf zu beurtheilen ist, ein schriftlicher Vertrag geschloffen, so ist ein der­ artiger Vertrag auch bezüglich seiner Bestempelung als Kaufvertrag zu behandeln. Es erscheint aber nicht gerechtfertigt, einen Vertrag, durch welchen eine Aktiengesellschaft in ihrem Handels­ gewerbe sich zur Lieferung von Geräthen und Materialien verpflichtet, welche bei dem Betriebe von Handelsgeschäften im Sinne der Artikel 472 (muß heißen „272") Nr. 3 und 422 ff. des Deut­ schen Handelsgesetzbuches unmittelbar benutzt werden sollen, so daß deren Anschaffung also nach Artikel 273 Absatz 1 a. a. O. auch rücksichtlich des Bestellenden als Handelsgeschäft anzusehen sein würde, schon mit Rücksicht auf diese Auffassung des Vertrages im Deutschen Handelsgesetzbuch auch als einen, nach dem Sinne der Kab.-Ordre vom 30. April 1847 „im kaufmännischen Ver­ kehr" geschloffenen Lieferungsvertrag gelten zu lassen, da man, nach der beim Mangel eines anderen gesetzlichen Anhaltspunktes für die Absicht des Gesetzes maßgebenden Auffassung im gewöhnlichen Leben und dem Sprachgebrauche desselben, nur dasjenige Kauf- oder Lieferungsgeschäft als ein im kaufmännischen Verkehr geschlossenes bezeichnen kann, nach welchem die gekaufte oder gelieferte Sache auch in der Hand des Käufers oder Bestellers einen Gegenstand des kaufmännischen Ver­ kehrs im gewöhnlichen Sinne des Wortes, also der weiteren kaufmännischen Veräußerung in ver­ änderter oder unveränderter Gestalt (vergl. Anm. 20. a ff.) bildet, nicht aber ein solcher Kauf oder eine solche Sache, bei welcher der Käufer oder Besteller Konsument der Sache wird, dieselbe also, wenn auch in einem Handelsgewerbe, unmittelbar verbraucht zu werden bestimmt ist.

Erk. des OT.

(V —in Sachen der Wien-Gesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb Phönix wider den Fiskus) v. 8. Okt. 1872 (CB. 1873 S. 45), mitgetheilt durch FMR. v. 8. Qan.j 1873 (6. 44 a. a. O.) mit dem Bemerken, daß ebenso derselbe Senat noch in einer zweiten Sache an demselben Tage erkannt habe.

18.1. Zur Anwendbarkeit der Kab.-Ordre vom 30. April 1847 ist nicht maßgebend, yb der

Tarif. Kaufverträge.

397

Verkäufer oder Lieferer zur Klaffe der Kaufleute gehört, und ob der von ihm geschlossene Vertrag in dem kaufmännischen Verkehr, in dem er sich bewegt, seine Grundlage gesunden hat; vielmehr muß das fragliche Geschäft den objektiven Charakter eines Handelsgeschäfts haben. Erk. des OT. (V) v. 25. April 1865 (Str. A. B. 58 S. 263), welches den Vertrag nicht für einen im kauf­ männischen Verkehr geschlossenen erachtete, weil das Seitens des Schlächters an die MilitairMenage-Kommission zu liefernde Fleisch re. nicht zum Umsatz als Waare und für den Weiterver­ kauf bestimmt, vielmehr dem Handelsverkehr entzogen und der eigenen Verwendung und Konsumtion auf Seiten des Käufers zugeführt sei. Vergl. Anm. 18. a. 18. m. Ob ein Kaufvertrag „im Kaufmännischen Verkehr" stattgefunden habe, ist'lediglich Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung; der Umstand, ob die Paciscenten Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuchs sind, ist dabei nicht entscheidend. Als ein solcher Vertrag kann der Kauf von Holz zum Bau eines vom Käufer zur Frachtschifsfahrt zu benutzenden Kahns angesehen werden. Erk. des OT. (1) v. 19. Juni 1868 (OR. B. 9 S. 399, GA. B. 16 S. 575); s. dasselbe Erk. S. 294 Anm. 1. a am Schluß. Vergl. Anm. 18. f, 18. h Absatz 1, 18. n sub Nr. 2 u. 20. e Absatz 2. 18. n. Das Erkenntniß des OTrib. (I) v. 5. Febr. 1848 (Entsch. B. 16 S. 153) hatte an­ genommen, daß es zu Lieferungsverträgen, wenn der Lieferant ein Kaufmann ist, nur eines Stempels von 15 Sgr. bedürfe [ein Posthalter hatte für den eigenen Bedarf Hafer von einem Kaufmann gesaust]. Ebenso hatte das Erk. des OTrib. (I) v. 20. Jan. 1865 (Entsch. B. 54 S. 369) angenommen, daß ein Vertrag über die Lieferung von Naturalien an eine Militair-Verwaltungsbehörde als ein Vertrag im kaufmännischen Verkehr anzusehen sei, wenn gleich der Käufer nicht zu den handeltreibenden Personen gehöre und die zu liefernden Naturalien zum eigenen Verbrauch für den Käufer resp. für die Truppen bestimmt seien, insofern nur der Lieferant Kaufmann sei, so daß das Lieferungsgeschäft in den Bereich seines Gewerbes falle. Diese Ansicht ist jedoch in späteren Entscheidungen desselben Senats des OTrib. (I) nicht aufrecht erhalten, und auch Seitens des IM. u. FM. nicht als richtig anerkannt: 1. In Betreff der späteren Entscheidungen dieses Senats vergl. die Hinweisung darauf in dem sub Nr. 2 folgenden JMR., sowie die Anm. 18. h Absatz 2 u. 18. i; s. auch die Entschei­ dungen anderer Senate in Anm. 18. I, m. 2. JMR. v. 25. Nov. 1868 III 4413 an d. Appell.-G. in F. (mttgetheilt durch FMR. v. 7. Dez. dess. I. III 26368 an d. Reg. daselbst): Dem, Band 54 Sette 369 der Entscheidungen des Königl. Ober-Tribunals abgedruckten Erkenntnisse vom 20. Januar 1865 ist von den bethei­ ligten Ressortchefs eine prinzipielle Bedeutung nicht zugestanden worden, weil es selbst die Prüfung, ob ein im kaufmännischen Verkehr geschlossener Vertrag vorliege, nach Maßgabe des konkreten Falles für geboten erachtet, und das Königl. Ober-Tribunal in später zu seiner Entscheidung ge­ diehenen Fällen die Nichtigkeitsbeschwerde gegen Instanz-Urtheile verworfen hat, in denen der Be­ griff des kaufmännischen Verkehrs int Sinne der Allerh. Kab.-Ordre vom 30. April 1847 so definirt worden ist, wie in dem Urtheile des fünften Senats vom 23. Februar 1864 (Striethorst B. 52 S. 265 ff. — s. Anm. 18. h Absatz 1). In Uebereinstimmung mit der dort ausgesprochenen Be­ griffsbestimmung ist von den betheiligten Ressort-Ministern an der Annahme festgehalten worden,' daß Lieferungsgeschäfte zur Befriedigung des eigenen Bedarfs des Empfängers, selbst in dessen gewerblichem Betriebe, als Handelsgeschäfte im Sinne der Kab.-Ordre vom 30. April 1847 nicht anzusehen sind. Dieser Sinn kann aber nur aus diesem Gesetze selbst erkannt, nicht aus der er­ weiterten Begriffsbestimmung entnommen werden, welche das jüngere Handelsgesetzbuch „den Handelsgeschäften" im Artikel 271 bis 277 giebt. Hiernach muß im Verwaltungswege für den Ansatz des V3 Prozentstempels zu den Lieferungs­ verträgen entschieden werden, welche das Königl. Appellations-Gericht über die Lieferung des Be­ darfs an Brennmaterial, wenngleich mit Kaufleuten, schließt.

398

Tarif.

Kaufverträge.

Dagegen wird die dortige Regierung mit Anweisung versehen werden, das Monitum bezüglich des Natural-Stempel-Verbrauchs zu derartigen Verträgen, welche von den Gerichtsbehörden in Angelegenheiten des eigenen dienstlichen Bedarfs geschlossen werden, fallen zu lassen, indem der Justiz-Minister, im Einverständniß mit dem Herrn Finanz-Minister, der Ansicht des Kollegiums beitritt, daß der Stempel zu solchen Verträgen als Gebühr zur Gerichtskasse einzuziehen ist.

19. a. Die Allerh. Kab.-Ordre vom 30. April 1847 bezweckt offenbar nur die Erleichterung des kaufmännischen Geschäftsbetriebes. Aus diesem Zwecke aber, eben so wie aus den Worten der gedachten Bestimmung muß gefolgert werden, daß letztere sich nur auf Verträge über solche Sachen bezieht, welche einen Gegenstand des Handels bilden, wobei es übrigens gleichgültig ist, ob dergleichen Verträge unter Kaufleuten oder unter anderen Personen geschlossen worden. Waarenlager

als Inbegriff einer größeren

oder geringeren Quantität zum

Ein

Handel be­

stimmter Gegenstände mit Einschluß der für den Geschäftsbetrieb erforderlichen Utensilien ist aber selbst nicht Objekt des Handels, und es kann daher auf den über ein solches, wenn auch unter Kaufleuten

geschlossenen

nicht angewendet werden. (CB. S. 303).

Kaufvertrag die

Vorschrift der erwähnten

Kab.-Ordre

JMR. v. 6. Nov. 1852, mitgetheilt durch FMR. v. 25. deff. M.

19. b. Ein ganzes Waarenlager und Geschäft ist als solches nicht Gegenstand des kaufmännischen Verkehrs. ' Der desfallsige Vertrag unterliegt daher dem Werthstempel zu V3 Prozent. 26. Mai 1861 HI 11632 an d. Reg. in F.

FMR. v.

19. c. Die Anwendung der Kab.-Ordre vom 30. April 1847 auf Verträge über den Verkauf eines ganzen Waarenlagers ist als ausgeschlossen zu betrachten.

JMR. v. 6. Aug. 1855 an den

Notar B., mitgetheilt durch FMR. v. 22. deff. M. III 19346 an d. PStD. in D.; ebenso die FMR. v. 31. Okt. 1855 III 26114 an d. PStD. in D. u. v. 25. Juli 1865 III 5068 an d. Reg. in F. 19. d. Das Weinlager als solches ist nicht zum Wiederverkauf bestimmt, sondern nur die dazu gehörigen Weine in größeren oder geringeren Mengen, je nachdem sich Käufer dazu finden; es handelt sich daher nicht um den Kauf von Gegenständen im Sinne der Kab.-Ordre v. 30. April 1847.

FMR. v. 25. Jan. 1856 III 528 an d. PStD. in S.

19. e.

Darauf, daß der Käufer sein Geschäft auch auf den Verkauf von Haus- und Wirthschaftsgeräth richtet, kommt es nicht an, indem die erkauften Gegenstände nicht dazu bestimmt sind, in ihrer Gesammtheit zum Wiederverkauf zu dienen, sondern nur um im Geschäft zum Verkauf.je nach Gelegenheit und Umständen benutzt zu werden; es liegt daher kein Kauf­ vertrag im kaufmännischen Verkehr vor. FMR. v. 11. Sept. 1860 III 19709 an d. PStD. in S.

19. f. Was unter „kaufmännischem Verkehr" zu verstehen sei, ist in der Kab.-Ordre vom 30. April 1847 nicht gesagt, hat auch nach den Materialien gar nicht festgestellt werden sollen, ist vielmehr in jedem einzelnen Falle nach den besonderen begleitenden Umständen der Beurtheilung des Richters überlassen, fällt somit wesentlich der thatsächlichen Feststellung anheim und kann eben deshalb mit dem Vorwurfe der unpassenden Anwendung jener Kab.-Ordre nicht angegriffen werden, soweit es sich eben nur darum handelt, ob das bestimmte Geschäft im kaufmännischen Verkehr geschlossen ist.

Wenn daher die Jnstanzrichter angenommen haben, daß ganze Handlungsgeschäfte

war Gegenstand des Verkehrs im Allgemeinen seien und daher auch veräußert werden können, daß sie aber nicht Gegenstand des kaufmännischen Verkehrs als solchen seien, wenigstens noch nicht' zur Zeit, so liegt darin kein Rechtsirrthum. Erk. des OT. (I) v. 9. Juli 1866 (GA. B. 15 S. 608 sub Nr. 37). 20. a. Die Allerh. Kab.-Ordre vom 30. April 1847 findet nur auf diejenigen Kauf- und Lieferungsverträge über bewegliche Gegenstände Anwendung, welche im kaufmännischen Verkehr geschloffen werden; ein solcher Verkehr läßt sich aber nur dann annehmen, wenn die erkauften

Tarif.

399

Kaufverträge.

Gegenstände bestimmt find, Seitens des Käufers in derselben Beschaffenheit und in demselben Zu­ stande wieder verkauft zu werden (vergl. jedoch Anm. 20. b ff.). Auf einen Kaufkontrakt, in welchem ein Torflager zum Ausstechen des Torfs von dem Käufer zum Wiederverkauf des ausgestochenen Torfs acquirirt worden ist, scheint die Anwendung der Kab.-Ordre vom 30. April 1847 nicht zweifelhaft, indem in einem solchen Falle der Torf selbst den eigentlichen Gegenstand des Kaufs bildet, ohne daß solcher Behufs des Wiederverkaufs einer wesentlichen Umwandlung unterliegt. FMR. v. 3. März 1849 III 5052 (GK.). 20. b. Die Kab.-Ordre vom 30. April 1847 macht die Anwendung des Stempelsatzes von 15 Sgr. nicht davon abhängig, daß die erkaufte Sache ganz in der nämlichen Beschaffenheit weiter verkauft wird, so wenig sie zwischen primitiven Kaufgeschäften, aus denen sich der Waaren- und kaufmännische Verkehr erst weiterhin durch Verarbeitung der erkauften Gegenstände entwickeln soll, und anderen Kaufgeschäften unterscheidet. Es liegt daher ein Kaufvertrag im kaufmännischen Verkehr vor, wenn ein Holzhändler Holz auf dem Stamme, das noch erst gefällt werden muß, zum Wiederverkauf en gros und en detail kauft. Erk. des OT. (1) v. 26. Sept. 1856 (GA. B. 4 S. 822). Ebenso in einem gleichen Falle entschieden durch Erk. des OT. (1) v. 2. Okt. 1861 (OR. B. 1 S. 558, GA. B. 10 S. 46). Mit Rücksicht auf die Entscheidungen des Ober-Tribunals ist im Einverständniß mit dem H. Justizminister beschlossen worden, daß ferner nichts mehr dagegen erinnert werden soll, wenn der zum Weiterverkauf erfolgende Kauf von Holz auf dem Stamme als Kauf im kaufmännischen Verkehr angesehen und unter Zugrundelegung der Kab.-Ordre vom 30. April 1847 nicht mit dem Werthstempel versteuert wird. FMR. v. 6. Aug. 1863 III 15914 an d. Reg. in F.; desgleichen FMR. v. 6. Jan. 1863 III 27871 an d. PStD. in Br. (CB. f. ger. Beamte 1867 S. 28). Ebenso entschieden durch FMR. v. 17. Mai 1862 III 9947 an d. PStD. in P., mit dem Zusatz, daß neben dem 15 Sgr.-Stempel selbstredend der Stempel von sonst in dem Dokumente vorkommenden stempelpstichtigen Gegenständen oder Geschäften, wie Quittungen in notariellen Verträgen dieser Art u. s. T o., zu verwenden bleibt (mitgetheilt durch FMR. v. 20. Aug. 1862 III 17836 an d. PStD. in S.). Bezüglich dieser zusätzlichen Bestimmung vergl. auch S. 312 sub G.

20. c. Der Begriff des „kaufmännischen Verkehrs" schließt die Fälle nicht aus, in denen der angekaufte Gegenstand vor dem Wiederverkauf erst verfeinert oder sonst bearbeitet werden soll, um in der ihm hierdurch erst gegebenen Form oder Beschaffenheit als Waare umgesetzt zu werden. Erk. des OT. (V) v. 23. Febr. 1864 (Str. A. B. 52 S. 265); eine Handlungsgesellschaft hatte mit einem Bergamte einen schriftlichen Kohlenlieferungsvertrag geschloffen, um die Kohlen in Coaks zu verwandeln und letztere im Großen weiter zu verkaufen, und es ist auf diesen Vertrag die Kab.-Ordre v. 30. April 1847 für anwendbar erachtet. Vergl. dasselbe Erk. in Anm. 18. h Absatz 1.

20. d. Ein Kauf ist im kaufmännischen Verkehr geschlossen, sobald der Ankauf zum Zwecke des Wiederverkaufs erfolgt, ohne Unterschied, ob der Gegenstand in unverändeter Gestalt oder nach geschehener Verarbeitung wiederverkauft werden soll.

Auch im letzteren Falle unterliegt der

Kauf nur einem Stempel von 15 Sgr. Erk. des OT. (1) v. 11. Okt. 1865 (OR. B. 6