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German Pages 289 [306] Year 2021
Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament · 2. Reihe Herausgeber / Editor Jörg Frey (Zürich)
Mitherausgeber/Associate Editors Markus Bockmuehl (Oxford) ∙ James A. Kelhoffer (Uppsala) Tobias Nicklas (Regensburg) ∙ Janet Spittler (Charlottesville, VA) J. Ross Wagner (Durham, NC)
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Jens-Arne Edelmann
Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk Darstellung und Ertragspotenzial für christliche Leser des späten ersten Jahrhunderts
Mohr Siebeck
Jens-Arne Edelmann, geboren 1964; Studium der Geschichte, Religionswissenschaft und Ev. Theologie in Tübingen, Philadelphia (USA), Göttingen und Hamburg; 1997–2000 Pastor der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers in Uelzen, 2000 –2020 in Gieboldehausen/Wollershausen und derzeit in Elze bei Hannover.
ISBN 978-3-16-160111-8 / eISBN 978-3-16-160112-5 DOI 10.1628/978-3-16-160112-5 ISSN 0340-9570 / eISSN 2568-7484 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 2. Reihe) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Über setzung sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Laupp & Göbel in Gomaringen auf alterungsbeständiges Werkdruck papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.
Für Claudia, Joris und Clemens
Vorwort Die vorliegende Studie wurde im Sommersemester 2020 von der Theologischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen als Dissertation angenommen und für den Druck überarbeitet. Vielen, die mich in den vergangenen Jahren unterstützt haben, danke ich. Zunächst meinem Doktorvater Prof. em. Dr. Reinhard Feldmeier, Göttingen, der mich als 46-jährigen Pastor im Jahre 2010 als Doktoranden an seinem Lehrstuhl aufgenommen hat. Er hat meine Arbeit seitdem mit Interesse, Sympathie und Einsatz gefördert. Insbesondere in seinen lehrstuhlinternen Oberseminaren hat er uns als ‚seinen Leuten‘ Anregungen gegeben und weitergeholfen. Auch die Treffen des Doktorandenkolloquiums der Fakultät, an denen ich schon als Hilfskraft von Prof. Dr. Georg Strecker † Anfang der 90er-Jahre teilgenommen hatte – in den letzten zehn Jahren geleitet oder geprägt von den Professores Dr. Feldmeier, Dr. Berndt Schaller † und Dr. Florian Wilk –, haben mir wichtige Anregungen gegeben. Ohne die Anregungen, die ich in den 90er-Jahren durch Veranstaltungen in Göttingen in Alter Geschichte bei Prof. Dr. em. Egon Flaig, Rostock, bekommen habe, und ohne die sorgfältige Betreuung meiner Magisterarbeit in Alter Geschichte in Hamburg durch Prof. em. Dr. Joachim Molthagen hätte ich die vorliegende Arbeit in dieser Form nicht verfassen können. In einer Übung im Sommersemester 2010 zu Strukturfragen neutestamentlicher Texte habe ich bei Prof. Dr. Florian Wilk vieles von dem gelernt, was sich in den Analysen der einzelnen Perikopen dieser Arbeit methodisch niederschlägt. Auch für die Unterstützung durch Privatdozentin Dr. Helga Botermann, ehemals Althistorisches Seminar in Göttingen, bin ich dankbar, ebenso wie für die Hilfe von Pastor Dr. Marvin Döbler und seiner Frau, Prof. Dr. Ilinca Tanaseanu-Döbler. Dankbar bin ich auch der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, die mir im Jahre 2019 die Möglichkeit gegeben hat, innerhalb eines halben Jahres meine Studien weitgehend abzuschließen, an denen ich bis dahin über zehn Jahre berufsbegleitend gearbeitet hatte. Die Geselligkeit am Lehrstuhl von Prof. Feldmeier hat in diesem halben Jahr mein Forschungsvorhaben deutlich gefördert. In seiner Wirkung kaum zu überschätzen war für mich der fachliche Austausch mit Prof. Dr. Dr. Matthias Becker, Heidelberg, Dr. theol. Jan David Basczok und T. R. Niles. Bei der Durchsicht der Arbeit haben mir geholfen Hannah Seidig, Johanna
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Vorwort
Christine Mängel und Jonas Hiese. Besonders dankbar bin ich Frauke Thees aus Emden, die in ihrer aufmerksamen und sorgfältigen Art Teile des Werks Korrektur gelesen hat. Frau Anja Lüders aus Gieboldehausen hat mir als Bibliothekarin stets weitergeholfen, wenn es um die Göttinger Staats- und Universitätsbibliothek ging. Dr. Claus-Jürgen Thornton hat dem Werk die angemessene Form gegeben. Prof. Dr. Jürgen Wehnert M.A., Braunschweig, hat das Zweitgutachten erstellt und mir immer wieder wichtige Anregungen gegeben. Dankbar bin ich auch für das fachlich sehr anregende Disputationsgespräch am 20. Mai 2020 mit den Professores Dr. Tanja Scheer und Dr. Andreas Grünschloss. Auch bin ich ‚meinen‘ evangelisch-lutherischen Gemeinden in Gieboldehausen und Wollershausen dankbar, deren Pastor ich 20 Jahre lang war. Unter ihnen habe ich gelernt, die Heilige Schrift mit den Ohren ihrer Hörer und Hörerinnen zu hören. Wie auch sonst im Leben gibt es auch im Pfarramt immer wieder Dürrezeiten. Ohne das kontinuierliche Hören auf die Botschaft des Evangeliums, wie sie Lukas in seinem Doppelwerk verkündigt, hätte ich in den vergangenen Jahren wohl nicht die Freude, die allem Volk widerfahren wird (Lk 2,10), immer wieder erlebt. Was mir meine Frau Claudia und unsere beiden Söhne Joris und Clemens in den letzten zehn Jahren, die ich ‚mit Lukas verbracht habe‘, an Unterstützung gegeben haben, vermag ich in Worten nicht zu sagen. Als kleinen Dank widme ich ihnen mein Buch. Schließlich danke ich Prof. Dr. Jörg Frey, Zürich, für die Aufnahme meiner Arbeit in die Reihe „Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament. 2. Reihe“. Bei der Erarbeitung der Veröffentlichung wusste ich mich bei Frau Elena Müller und anderen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Verlags Mohr Siebeck stets in guten Händen. Elze, am 18. Oktober 2020, dem Tag des Evangelisten Lukas
Inhaltsverzeichnis Vorwort ........................................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................XIII
Teil 1: Das Vorhaben im Kontext der bisherigen Forschung ..............................1 Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks .....................................13 2.1 Die Rekonstruktion der Leser ................................................................13 2.1.1 Die Endzeitrede Jesu (Lk 21,12–19) als Hinweis auf die Situation der Leser ..............................................................13 2.1.2 Die Bedrohung der Leser durch Prozesse vor Statthaltern ..............21 2.1.3 Die soziale Verortung der Leser......................................................26 2.1.4 Das Ansehen der Leser in der damaligen Öffentlichkeit.................29 2.1.5 Der Kontakt der Leser zu Repräsentanten des römischen Staates im Alltag .....................................................34 2.1.6 Bündelung: Die verunsicherten Leser .............................................36 2.2 Die Funktion der Leser zur Erhebung der Aussagen über das Römische Imperium im Doppelwerk.......................................38 2.3 Die Funktion der Leser zur Erhebung des Ertragspotenzials .................40 Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk ........................43 3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums ...................................................43 3.1.1 Die kontrafaktische Realität Gottes (Lk 1,46b–55).........................43 3.1.2 Der Friedenskaiser Augustus und der Retter in Betlehem (Lk 2,1–14) .................................................................47 3.1.3 Kaiser Tiberius und der Statthalter Pontius Pilatus (Lk 3,1–6) .......54 3.1.4 Die ethischen Ansprüche der Christen an das Römische Imperium (Lk 3,10–14) ..................................................56 3.1.5 Der Teufel und die Macht des Imperiums (Lk 4,1–13)...................59 3.1.6 Macht und Ohnmacht eines Zenturios (Lk 7,2–10).........................62 3.1.7 Von der Macht des Heiligen Geistes in Prozessen vor Statthaltern (Lk 12,11–12) ...................................65 3.1.8 Die Gewalt des Pilatus und Jesu Ruf zur Umkehr (Lk 13,1–5).......67
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Inhaltsverzeichnis
3.1.9 Jesu Weg zur Erhöhung (Lk 19,28–46)...........................................69 3.1.10 Jesus und die Steuern des Imperiums (Lk 20,20–26)....................72 3.1.11 Jesu Zuspruch an die Christen in Bedrängnis (Lk 21,12–19) .......75 3.1.12 Die Zerstörung Jerusalems durch die römische Armee (Lk 21,20–24) ...............................................................................76 3.1.13 Vom Herrschen und vom Dienen der Jünger und von Jesu eigenem Dienst (Lk 22,24–27).......................................77 3.1.14 Der Statthalter Pilatus als Richter (Lk 23,1–25) ...........................81 3.1.15 Die Verspottung Jesu durch Soldaten (Lk 23,35–38) ...................91 3.1.16 Das Bekenntnis des Zenturios unter dem Kreuz (Lk 23,47–49) ...............................................................................93 3.1.17 Pilatus und die Grablegung Jesu (Lk 23,50–56) ...........................94 3.1.18 Die Erhöhung des erniedrigten Jesus (Lk 24,50–53) ....................95 3.1.19 Zwischenfazit: Das Römische Imperium im Lukasevangelium .....................................................................97 3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte ..............................100 3.2.1 Die ‚Apotheose‘ Jesu: Die Herrschaft des erhöhten Jesus (Apg 1,6–11) .................................................................................100 3.2.2 Der Heilige Geist überwindet die politischen Grenzen des Imperiums (Apg 2,9–11a).......................................................102 3.2.3 Gott erweist seine Macht trotz des versagenden Statthalters Pilatus (Apg 3,13–18) ...................................................................105 3.2.4 Der Statthalter Pilatus in der Phalanx widergöttlicher Mächte (Apg 4,23–31) ...............................................................................110 3.2.5 „Jesu Namen vor Kaiser tragen“: Der Auftrag an den Zeugen Paulus (Apg 9,15–16) .......................116 3.2.6 Gott überwindet die Grenzen zwischen dem heidnischen Zenturio Kornelius und dem Juden Petrus (Apg 10,1–11,18) .......120 3.2.7 Kaiser Claudius und die Hungersnot auf dem ganzen Erdkreis (Apg 11,27–30) .............................................................................123 3.2.8 Gottes Sieg über den Teufel und der Glaube des Prokonsuls Sergius Paulus (Apg 13,6–12)..............................124 3.2.9 Der Statthalter Pilatus als Befehlsempfänger der Ankläger (Apg 13,27–29) .............................................................................131 3.2.10 Das Römische Imperium als kultureller Raum und als Rechtsraum (Apg 16,11–40)...........................................134 3.2.11 Der Kaiser als symbolische Integrationsinstanz (Apg 17,1–9) ...139 3.2.12 Gottes verborgenes Wirken durch den Kaiser Claudius (Apg 18,1–4)...............................................................................144 3.2.13 Gallios Verhalten und der Weg des Heils in Korinth (Apg 18,5–18).............................................................................145 3.2.14 Gottes Wille, Paulus nach Rom zu senden – der letzte Teil der Apostelgeschichte (Apg 19,21–22)................152
Inhaltsverzeichnis
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3.2.15 Das Römische Imperium als Ordnungsmacht (Apg 19,23–40) ...........................................................................153 3.2.16 Das Römische Imperium als schützende Macht (Apg 21,27–23,32) ......................................................................155 3.2.17 Die Doppelgesichtigkeit des Statthalters Felix (Apg 23,33–24,27) ......................................................................160 3.2.18 Festus – ein Statthalter ohne Gestaltungswillen (Apg 25,1–26,32) ........................................................................164 3.2.19 Die Schiffbrucherzählung und der Wandel des Zenturios (Apg 27,1–44).............................................................................168 3.2.20 Die heilende Macht Gottes und die Wertschätzung der Gefangenen des Römischen Imperiums (Apg 28,1–9) .........173 3.2.21 Die zurückhaltende Darstellung der Stadt Rom und die Macht Gottes (Apg 28,16–31)........................................174 3.2.22 Zwischenfazit: Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte .............................................................178 3.3 Systematische Darstellung des Römischen Imperiums im Lukanischen Doppelwerk ...............................................................187 3.3.1 Das Römische Imperium als irdische Realität...............................189 3.3.1.1 Das Römische Imperium als historische Gegebenheit .......189 3.3.1.2 Das Römische Imperium als Schutzraum und Rechtsinstanz ..............................................................189 3.3.1.3 Das Römische Imperium als Kulturraum...........................191 3.3.1.4 Die Verfehlungen einzelner Repräsentanten des Römischen Imperiums .................................................192 3.3.1.5 Das Römische Imperium als Wirkungsraum des Teufels .........................................................................193 3.3.1.6 Das Römische Imperium als Diener Gottes .......................195 3.3.2 Die Macht des Römischen Imperiums und die Macht Gottes in Jesus ..........................................................................................196 3.3.3 Christliches Verhalten im Schatten des Römischen Imperiums....199 Teil 4: Das Ertragspotenzial der Aussagen des Doppelwerks für die Leser................................................................................................203 4.1 Hilfe für die Leser im Umgang mit dem Römischen Imperium ..........204 4.2 Glaube an Gottes Macht in Jesus vor dem Hintergrund der Macht des Römischen Imperiums..................................................212 4.3 Ermutigung zu christlichem Verhalten im Schatten des Imperiums ....213 Teil 5: Bündelung: Sicherheit für die Verunsicherten.....................................219
XII
Inhaltsverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis...................................................................225 1. Quellen ........................................................................................................225 2. Sekundärliteratur .........................................................................................228 Stellenregister.............................................................................................253 Autorenregister...........................................................................................273 Sachregister................................................................................................279
Abkürzungsverzeichnis AAWG.PH AGJU AJS AncB AncSoc ANRW AThANT AU BBB BCH BEThL BHTh Bibl.Interpr.S BJRL BKV BoJ.B BThSt BWANT BZ BZNW CBQ CBQ.MS CIL CSEL CUFr DNP EdF EHS.T EKK EnAC ET EtB EvTh EWNT FChr
Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse Arbeiten zur Geschichte des antiken Judentums und des Urchristentums American Journal of Sociology The Anchor Bible Ancient Society Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt Abhandlungen zur Theologie des Alten und Neuen Testaments Der altsprachliche Unterricht Bonner biblische Beiträge Bulletin de correspondance hellénique Bibliotheca Ephemeridum theologicarum Lovaniensium Beiträge zur historischen Theologie Biblical Interpretation Series Bulletin of the John Rylands Library Bibliothek der Kirchenväter Bonner Jahrbücher des Rheinischen Landesmuseums in Bonn und des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande. Beihefte Biblisch-theologische Studien Beiträge zur Wissenscchaft vom Alten und Neuen Testament Biblische Zeitschrift Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft The Catholic Biblical Quarterly The Catholic Biblical Quarterly. Monograph Series Corpus inscriptionum Latinarum Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum Collection des universités de France Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike Erträge der Forschung Europäische Hochschulschriften, Reihe 23: Theologie Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament Entretiens sur l’antiquité classique The Expository Times Études Bibliques Evangelische Theologie HORST R. BALZ/GERHARD SCHNEIDER (Hg.), Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 3 Bde., Stuttgart 21992 Fontes Christiani
XIV FRLANT fzb GCS GTA GWU HAW HBS Hist. HLV HNT HThR Hyp. HZ ICC Interp. JbAC JbAC.E JBL JBTh JRAr JRS JSHRZ JSNT.S JSOT.S KEK KIG KP KTA LAW LCL LSJ
MSSNTS NEB.NT NIGTC NT NT.S NTA NF NTD NTOA NTS OCT OGIS ÖTBK
Abkürzungsverzeichnis Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Forschungen zur Bibel Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten (drei) Jahrhunderte Göttinger theologische Arbeiten Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Handbuch der Altertumswissenschaft Herders biblische Studien Historia Hans-Lietzmann-Vorlesungen Handbuch zum Neuen Testament Harvard Theological Review Hypomnemata Historische Zeitschrift International Critical Commentary of the Holy Scriptures of the Old and New Testaments Interpretation. A Journal of Bible and Theology Jahrbuch für Antike und Christentum Jahrbuch für Antike und Christentum. Ergänzungsband Journal of Biblical Literature Jahrbuch für Biblische Theologie Journal of Roman Archaeology Journal of Roman Studies Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit Journal for the Study of the New Testament. Supplement Series Journal for the Study of the Old Testament. Supplement Series Kritisch-exegetischer Kommentar über das Neue Testament Die Kirche in ihrer Geschichte. Ein Handbuch Der Kleine Pauly Kröners Taschenausgabe Lexikon der Alten Welt The Loeb Classical Library LIDDELL, HENRY GEORGE/SCOTT, ROBERT/JONES, HENRY STUART (Hg.), A Greek-English Lexicon. With a revised supplement, Oxford 9 1996 Monograph Series. Society for New Testament Studies Neue Echter Bibel. Kommentar zum Neuen Testament mit der Einheitsübersetzung The New International Greek Testament Commentary Novum Testamentum Novum Testamentum. Supplements Neutestamentliche Abhandlungen. Neue Folge Das Neue Testament Deutsch Novum Testamentum et orbis antiquus New Testament Studies Oxford Classical Texts Orientis Graecae Inscriptiones Selectae Ökumenischer Taschenbuchkommentar zum Neuen Testament
Abkürzungsverzeichnis PRE RAC RivBib RNT RRE Saec. SBL.SS SBS SC SCBO SCH(L) SKK.NT SNTU.A SQS NF STAC StANT StUNT TANZ TB ThBeitr ThHK ThLZ ThR ThRv ThWNT ThZ TJT TRE TSAJ TynB TzF UTB VF VWGTh WBC WdF WSt WUB WUNT ZBK.NT ZNT ZNW ZPE ZRGG ZThK
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Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft Reallexikon für Antike und Christentum Rivista biblica Regensburger Neues Testament Religion in the Roman Empire Saeculum Society of Biblical Literature. Symposim Series Stuttgarter Bibelstudien Sources chrétiennes Scriptorum Classicorum Bibliotheca Oxoniensis Studies in Church History. Ecclesiastical History Society, London Stuttgarter kleiner Kommentar. Neues Testament Studien zum Neuen Testament und seiner Umwelt. Serie A Sammlung ausgewählter kirchen- und dogmengeschichtlicher Quellenschriften. Neue Folge Studien und Texte zu Antike und Christentum Studien zum Alten und Neuen Testament Studien zur Umwelt des Neuen Testaments Texte und Arbeiten zum neutestamentlichen Zeitalter Theologische Bücherei Theologische Beiträge Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament Theologische Literaturzeitung Theologische Rundschau Theologische Revue Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament Theologische Zeitschrift (Basel) Toronto Journal of Theology Theologische Realenzyklopädie Texts and Studies in Ancient Judaism/Texte und Studien zum antiken Judentum Tyndale Bulletin Texte zur Forschung Uni-Taschenbücher Verkündigung und Forschung Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie Word Biblical Commentary Wege der Forschung Wiener Studien Welt und Umwelt der Bibel Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Zürcher Bibelkommentare. Neues Testament Zeitschrift für Neues Testament Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte Zeitschrift für Theologie und Kirche
Teil 1
Das Vorhaben im Kontext der bisherigen Forschung Im Jahre 1720 veröffentlichte der Göttinger Gymnasialinspektor und spätere Ordinarius für Literaturgeschichte und Theologie Christoph August Heumann eine kleine Studie, in der er als Erster in der Neuzeit die Ansicht vertrat, Lukas habe sein Doppelwerk verfasst, um das Christentum gegen Angriffe vonseiten des römischen Staates zu verteidigen.1 Theophilos, dem Lukas beide Teile seines Doppelwerkes gewidmet habe, sei ein römischer Beamter gewesen, den Lukas mit seiner „historia sacra“ davon zu überzeugen versucht habe, dass es keinen Grund gebe, das Christentum zu verfolgen. Wie die Apologeten des zweiten Jahrhunderts habe es auch Lukas unternommen, eine Apologie zu schreiben. Somit sei er ein Apologet des Christentums gewesen: „haec est apologia pro Christiana religione, quam Theophilo inscriptam edidit Lucas … Quomodo enim melius defendi tum poterat Christiana religio, quam impliciter enarrando facta Christi & apostolorum […]?“2 Nach Heumann vertraten diese Meinung auch die Schüler Ferdinand Christian Baurs.3 Sie verbanden sie mit der These ihres Lehrers, die Apostelgeschichte wolle in der Hauptsache zwischen Paulus- und Petrusanhängern zur Zeit des Lukas vermitteln.4 „[D]ie politische Verdächtigung des Christenthums zu widerlegen“,5 sahen sie dabei als einen Nebenzweck der Apostelgeschichte an. So weit wie Heumann, der in der Apologetik den eigentlichen Zweck des Doppelwerkes sah, ging nach ihm in Hinsicht auf die Apostelgeschichte nur Johannes Weiß am Ende des 19. Jahrhunderts. Dieser bestimmte – ähnlich wie Heumann – die ganze Apostelgeschichte als „Apologie der christlichen Religion vor Heiden“.6 Meine Untersuchung steht im Kontext der genannten und vieler späterer Studien, die seit dem 19. Jahrhundert dazu beigetragen haben, das Imperiums1
HEUMANN, Programma De Theophilo. Ebd., S. 16. „Dies ist eine Verteidigung der christlichen Religion, die Lukas veröffentlicht und Theophilus gewidmet hat […]. Denn wie konnte man damals die christliche Religion besser verteidigen, als die Taten Christi und der Apostel miteinander verbunden darzulegen?“ (Übers. J.-A. E.). Zu C.A. Heumann: MULSOW/ESKILDSEN/ZEDELMAIER (Hg.), Christoph August Heumann (1681–1764). Kurz informiert KRUMWIEDE, Art. Heumann. 3 Z.B. ZELLER, Apostelgeschichte (1854). 4 Ebd., S. 364f: „Die Versöhnung der judenchristlichen und paulinischen Parthei ist als der allgemeine und wesentliche Zweck der Apostelgeschichte zu betrachten.“ 5 Ebd., S. 367. 6 J. WEIẞ, Über die Absicht und den literarischen Charakter der Apostelgeschichte, S. 56. 2
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Teil 1: Das Vorhaben im Kontext der bisherigen Forschung
verständnis des Doppelwerks zu erschließen. Sie arbeitet die unterschiedlichen Aussagen des Lukanischen Doppelwerks zum Römischen Imperium heraus und befragt sie anschließend nach deren potenziellem Ertrag für christliche Leser7 des späten ersten Jahrhunderts. An Methoden verwendet sie die der theologischen Exegese, der historischen Wissenschaft und der Literaturwissenschaft. Mithilfe der Exegese befragt sie die Texte nach ihrer theologischen Aussage, mithilfe der historischen Wissenschaften bestimmt sie die Situation der Christen, und mithilfe der Althistorie und Literaturwissenschaft rekonstruiert sie Leser und beschreibt das Potenzial des Ertrags für die zu diesem Zweck bestimmten Rezipienten. Soweit mir bekannt, gibt es keine größere Studie zum Römischen Imperium im Lukanischen Doppelwerk, die die Darstellung und das Ertragspotenzial für Leser des späten ersten Jahrhunderts auf die genannte Weise erhebt. Wie angedeutet, ist das Doppelwerk von exegetischer Seite häufig unter der Fragestellung untersucht worden, ob es romfreundlich oder – so spätere Forscher – romkritisch sei.8 Von historischer Seite sind oft die konkreten historischen Informationen ausgewertet worden, die das Lukanische Doppelwerk in Fülle zur Verfügung stellt.9 Seit einiger Zeit erscheinen darüber hinaus Untersuchungen, die das Doppelwerk und insbesondere die Apostelgeschichte unter literaturwissenschaftlicher Perspektive in den Blick nehmen.10 Ich werde zunächst die entscheidenden Ansätze der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts darstellen, die bis heute nachwirken. Arbeiten der letzten zwanzig Jahre weisen zunehmend auf die Vielfalt der Aussagen des Doppelwerks zum Imperium hin. Vor dem Hintergrund dieser letztgenannten Studien profiliere ich schließlich meinen eigenen Zugang zur Frage nach dem Imperium im Doppelwerk.11 Die Forschungsarbeiten des 20. Jahrhunderts knüpften hinsichtlich des lukanischen Staatsverständnisses eher bei den Baur-Schülern als bei Johannes Weiß an. Die Apologie des Christentums in der Apostelgeschichte war für 7
„Leser“ verstehe ich – dies sei hier schon gesagt – im literaturwissenschaftlichen Sinne. Sie sind in dieser Studie gleichbedeutend mit Rezipienten oder Rezipientinnen. Mit Lesern sind also ebenso Leserinnen, Hörer, Hörerinnen, aber auch Rezeptionsgemeinschaften ebenso wie männliche Leser gemeint. Zur Näherbestimmung dieser ‚Leser‘ siehe Teil 2.2 (unten S. 38ff). 8 Vgl. den folgenden Forschungsüberblick. 9 Z.B. EDUARD MEYER, Ursprung und Anfänge. 10 Z.B. EISEN, Die Poetik der Apostelgeschichte. Zum Verhältnis von Narratologie und Exegese vgl. die Einführung in den ‚Methodenteil‘ bei FINNERN, Narratologie und biblische Exegese, S. 1–22. Hier sei auch auf die Göttinger Dissertation von JAN D. BASCZOK verwiesen: „Szenen, Inszenierungen und Bühnen in der Apostelgeschichte“. 11 Diesen Forschungsüberblick halte ich in seinem Umfang begrenzt, vgl. LUZ, Was aber hast du, das du nicht empfangen hast? (I), S. 460: „Nicht in jedem Buch muss die ganze Forschungsgeschichte nochmals dargestellt werden.“ Neben dem Überblick bei OMERZU, Das Imperium schlägt zurück, siehe WALASKAY, „And so we came to Rome“, S. 1–14, und WALTON, The State They Were in, S. 2–12.
Teil 1: Das Vorhaben im Kontext der bisherigen Forschung
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sie, wenn überhaupt, in der Regel nur ein Nebenzweck. Die Forschung im 20. Jahrhundert verstand diesen Komplex im Lukanischen Doppelwerk meist in der Weise, dass Lukas durch seine Darstellung in der Apostelgeschichte das Christentum als unverdächtig präsentieren wolle. Im deutschen Sprachraum verbinden sich mit dieser Ansicht vor allem die Namen Hans Conzelmann und Ernst Haenchen. Ihre Arbeiten beeinflussten die Forschung in Deutschland weitgehend bis zum Ende des Jahrhunderts.12 Haenchen interpretierte die Apostelgeschichte als den Versuch, für die Christen beim römischen Staat die gleichen Privilegien zu erwirken, wie die Juden sie besaßen.13 Bis zur sechsten Auflage seines Acta-Kommentars sprach er davon, Lukas wolle, dass die Christen vom Staat als „religio licita“ angesehen werden.14 Diese Terminologie wurde zwar in der Folgezeit meist nicht übernommen,15 dennoch wurde sein Kommentar zur Apostelgeschichte in seiner entschieden ‚pro-apologetischen‘ Haltung im 20. Jahrhundert breit rezipiert.16 Seit dem 19. Jahrhundert hat es jedoch immer wieder Stimmen gegeben, die an der apologetischen Tendenz der Apostelgeschichte zweifelten. Sie verstanden das Buch weniger als indirekte Botschaft an die Leser des Lukas als vielmehr als historischen Bericht über die Zeit der Apostel. In Reaktion auf die sogenannte Tendenzkritik der Schule Ferdinand Christian Baurs waren es unter anderen Althistoriker, die die Nähe der Apostelgeschichte zur antiken Historiographie betonten. Für sie war Lukas zwar auch Theologe, aber in erster Linie Historiker. Hier sind für die althistorische Seite die Namen Eduard Meyer17 und Adrian Nicholas Sherwin-White18 und für die theologische Seite Adolf von Harnack19 zu nennen.20 12
Der Ansatz von Conzelmann wird unten (S. 4f) noch zu besprechen sein. HAENCHEN, Judentum und Christentum, S. 186. 14 HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage 1956, z.B. S. 625. 15 Zur religio-licita-Theorie und zu ihrer Problematik vgl. ESLER, Community and Gospel in Luke-Acts, S. 211ff. 16 Einige nahmen an, die Apologetik spiele nur eine untergeordnete Rolle, vgl. WEISER, Apostelgeschichte, Bd. 1, S. 33; ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 356; G. SCHNEIDER, Apostelgeschichte, Bd. 1, S. 306.341.376. Andere hielten sie für wichtiger, vgl. LÜDEMANN, Das frühe Christentum, S. 247; SCHILLE, Apostelgeschichte, S. 41–43. SCHMITHALS, Apostelgeschichte, S. 11, sprach vom „apologetischen Nebenzweck“. Letztlich blieben sie jedoch, wenn auch manche in sehr abgeschwächter Form, den Ansichten Haenchens und Conzelmanns treu. 17 Die Apostelgeschichte war für ihn „eines der bedeutsamsten aus dem Altertum erhaltenen Geschichtswerke“, EDUARD MEYER, Ursprung und Anfänge, S. X. 18 SHERWIN-WHITE, Roman Society and Roman Law (1963). 19 HARNACK, Apostelgeschichte (1908). 20 Vor allem als Historiker und weniger als Redaktor sahen Lukas im letzten Jahrhundert z.B. BOTERMANN, Heidenapostel, und THORNTON, Der Zeuge des Zeugen. MOLTHAGEN nahm eine ‚Mittelstellung‘ ein. Er wusste sich einerseits den Ergebnissen der kritischen theologischen Forschung verpflichtet, nahm aber andererseits Lukas als Historiker 13
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Teil 1: Das Vorhaben im Kontext der bisherigen Forschung
Dieter Lührmann und Wolfgang Stegemann haben schließlich Ende der achtziger Jahre darauf hingewiesen, dass es keine neuere Monographie zum lukanischen Staatsverständnis gebe.21 Für den deutschen Sprachraum bestand ihre Bemerkung zu Recht.22 In Bezug auf den angelsächsischen Bereich hatten beide Unrecht; denn in England, den USA und Australien diskutierte man seit einigen Jahren rege über die Sicht vom römischen Staat im Lukanischen Doppelwerk. Dort erschienen in Abständen von mehreren Jahren regelmäßig Monographien zum Thema. Soweit ich sehen kann, grenzten sie sich weitgehend von Haenchen und Conzelmann ab und bestritten die apologetische Tendenz der Apostelgeschichte, indem sie nachzuweisen versuchten, Lukas habe nur für Christen geschrieben, und dies gelte auch für seine Präsentation des römischen Staates.23 Alle folgenden Arbeiten zum römischen Staat im Lukanischen Doppelwerk – auch meine – setzen sich explizit oder implizit mit den drei Forschungsrichtungen auseinander, die Hans Conzelmann, Richard J. Cassidy und Paul Walaskay repräsentieren. Deshalb seien diese hier kurz dargestellt. Hans Conzelmann schreibt in „Die Mitte der Zeit“,24 in der alten Zeit25 habe man den Staat „eschatologisch ausgehalten“; nun – da sich die Zeit für die Christen zu dehnen beginne – versuche Lukas, mit dem Staat ins Gespräch zu kommen, um bei ihm eine „Dauerregelung“ zu erreichen. Deshalb betreibe Lukas politische Apologetik. Er betone in seinem Doppelwerk die politische Harmlosigkeit des christlichen Glaubens. Conzelmann nennt Stellen wie Lk 20,26, wo Lukas gegenüber der Markusparallele herausstellt, dass die Spione der Hohepriester und Schriftgelehrten Jesus mit der Frage nach dem Zinsgroschen nicht fangen konnten. Dadurch werde dem Leser deutlich, dass der zweite Vorwurf des Synhedriums vor Pilatus im Lukasevangelium (Lk 23,2) – Jesus verbiete, die Steuern zu zahlen – falsch sei. Da die Vertreter des Synhedriums an dieser Stelle des Evangeliums offensichtlich lügen, sei
ernst. Ähnlich im Jahre 2002 auch OMERZU, Prozeß des Paulus. Sie schrieb eine exegetische und rechtshistorische Untersuchung, die einerseits historisch fragt, aber dennoch von der apologetischen Tendenz der Apostelgeschichte ausgeht, z.B. S. 439–451. 21 LÜHRMANN, Superstitio, S. 206. STEGEMANN, Zwischen Synagoge und Obrigkeit, S. 26. 22 Die bis dahin letzte Auseinandersetzung mit dem Thema ‚Staat bei Lukas‘ sind einige Seiten aus dem Jahr 1979 bei K. ALAND, Das Verhältnis von Kirche und Staat, S. 210–215 zur Apostelgeschichte. 23 Vgl. FRANKLIN, Christ the Lord, S. 134–139; ESLER, Community and Gospel in Luke-Acts, S. 201ff; STERLING, Historiography and Self-Definition, S. 376ff. Näher an Conzelmann und Haenchen rückten wieder SQUIRES, The Plan of God, S. 187, und LENTZ, Luke’s Portrait of Paul, S. 171f. 24 CONZELMANN, Mitte der Zeit (1954), S. 128–139. 25 Conzelmann meint die Zeit der ersten beiden Generationen des Christentums. Lukas gehört seiner Ansicht nach der dritten Generation an.
Teil 1: Das Vorhaben im Kontext der bisherigen Forschung
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für den Leser evident, dass Jesus in Wirklichkeit kein Aufrührer sei. Conzelmann führt eine Reihe weiterer Stellen an, die seines Erachtens belegen, dass Lukas das Christentum als politisch harmlos präsentieren wollte.26 Richard Cassidy vertritt in seinem Werk von 1979 „Jesus, Politics and Society“ die im angelsächsischen Sprachraum in der Folge einflussreiche These,27 der lukanische Jesus kritisiere den römischen Staat. Zwei Säulen tragen seine Argumentation. Zum einen versuche Lukas nachzuweisen, dass die Haltung Jesu im Lukasevangelium gegenüber dem Besitz, den Frauen und der Gewalt zumindest potenziell eine Bedrohung für die römische Herrschaft darstelle. Zum anderen bemühe sich Lukas zu zeigen, dass Jesus die Römer nach dem Lukasevangelium direkt kritisiere. Als Belege führt er vor allem die Perikopen Lk 13,31–33, 22,24–27 und 23,13–25 an. Paul Walaskay schließlich kommt in seiner Untersuchung „And so we came to Rome“ von 1982 zu dem Ergebnis, Lukas verteidige nicht das Christentum gegenüber dem Staat, sondern den Staat gegenüber einigen Kritikern Roms in der Kirche. Lukas schreibe keine „apologia pro ecclesia“, wie Conzelmann es annimmt, sondern eine „apologia pro imperio“. Nicht für Statthalter schreibe er, sondern für die eigenen Gemeinden. Lukas zeichne deshalb den Staat von seiner besten Seite. Der Passionsbericht könne z.B. nicht für einen römischen Statthalter geschrieben sein, da dieser sich gewundert hätte, dass sein Kollege Pontius Pilatus so oberflächlich verhandelt habe. Die drei kurz vorgestellten einflussreichen Positionen, mit denen sich bis heute Forscher und Forscherinnen auseinandersetzen,28 haben letztlich in ihren sehr unterschiedlichen Ergebnissen gezeigt, dass sich eine eindeutige Zuschreibung des Doppelwerks auf Intention und Rezipienten nicht überzeugend durchführen lässt. So finden sich seit der Jahrhundertwende zunehmend Stimmen, die den unterschiedlichen Aussagen des Werks zum Imperium gerecht zu werden versuchen.29 Hier die kurze Darstellung zum Thema bis heute. Grob lassen sich drei Forschungsrichtungen ausmachen: 1) Seyoon Kim geht davon aus, dass für Lukas das Römische Imperium fundamental satanisch ist, er aber ein dialektisches Verhältnis zu ihm pflege, 26
Z.B. CONZELMANN, Mitte der Zeit, S. 129f. Z.B. WALASKAY, „And so we came to Rome“, S. 12–14; ESLER, Community and Gospel in Luke-Acts, S. 207f; STERLING, Historiography and Self-Definition, S. 328f. 28 Z.B. WALTON, The State They Were in, S. 2–12. 29 Ausnahmen bilden HORN, Haltung des Lukas, und H. KLEIN, Jesus und der römische Staat, der resümiert: „Lk will deutlich machen, dass das Christentum nichts gegen den Römischen Staat oder gar gegen den Kaiser unternimmt. Christen sind loyale Staatsbürger, welche die Gesetze des Römischen Staates einhalten“ (S. 151). Ähnlich auch BISOTTI, Gottes Dienerin, S. 267: Die Apostelgeschichte „sieht ‚Rom‘ wegen ihrer apologetischen Interessen durchweg positiv“. Siehe auch JANTSCH, Jesus, der Retter, S. 317: „Das lukanische Doppelwerk zeichnet sonst kein negatives Bild vom Reich, ist also keine ‚antiimperiale‘ Schrift“. 27
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weil er auf diese Weise das Imperium und seine Wohltaten für die Mission nutzen könne.30 Martin Meiser sieht Lukas ebenfalls von pragmatischen Motiven bewegt, wenn er davon ausgeht, dass Lukas angesichts fehlender Meinungsfreiheit nicht alle Repräsentanten Roms in gleicher Weise darstellen konnte. Aus diesem Grund seien die Zenturionen und der Tribun positiv, die Statthalter jedoch ambivalent dargestellt.31 Drew Billings sieht die lukanische Paulusdarstellung an Mitteln der Identitätsrekonstruktion der Bewohner des Römischen Reiches zur Zeit Kaiser Trajans orientiert. Darstellungen auf der Trajansäule sind für ihn ein Beispiel der Erinnerungskultur der Zeit. Inschriften würden nahelegen, dass Lukas Paulus als Patron und Wohltäter porträtiere. Die apologetische Seite des Doppelwerks nähere sich inhaltlich dem Judenexkurs des Tacitus; so würde Lukas versuchen, wie Tacitus die Identität der Christen in Abgrenzung zu den Juden zu konstituieren.32 Craig Evans weist darauf hin, dass Lukas an manchen Stellen seines Werks politische Sprache verwendet, um Jesus als König und die Christen als dessen Botschafter darzustellen.33 Gary Gilbert versteht das Doppelwerk im Rahmen der Zweiten Sophistik vor dem Hintergrund des jüdischen Diskurses über Rom, wie er sich bei Josephus niederschlage: Durch Annahme und Infragestellung der Macht des Imperiums würde Lukas den Anspruch Roms auf Herrschaft unterlaufen und auf diese Weise den Christen eine Identität unter der Herrschaft Roms geben.34 Alexander Kyrychenko hat vor dem Hintergrund paganer und jüdischer Autoren und Texte gezeigt, dass insbesondere die Zenturionen im Doppelwerk stellvertretend für das Imperium selbst und damit als prototypische Figuren für heidnische Gläubige im Imperium stehen.35 2) Waren die eben präsentierten Ansätze von dem Bemühen getragen, in der weiteren oder näheren kulturellen Umgebung des Lukas Anknüpfungspunkte für das Verständnis der Vielschichtigkeit seiner Aussagen zu finden, so sind die folgenden Ansätze tendenziell der Richtung des imperial criticism zuzurechnen, die das Römische Imperium primär als repressives Machtsystem versteht und damit das Doppelwerk als einen Versuch begreift, einen Umgang mit dem Imperium zu finden.36 So versteht Brigitte Kahl im Anschluss 30
KIM, Christ and Caesar, S. 190. MEISER, Acts and Roman Authorities, S. 172. 32 BILLINGS, Acts of the Apostles and the Rhetoric of Roman Imperialism. 33 EVANS, King Jesus and His Ambassadors. 34 GILBERT, Luke-Acts and Negotiation of Authority, S. 104. 35 KYRYCHENKO, Roman Army, S. 189. 36 Zur grundsätzlichen Kritik am imperial criticism, vorgeführt am Beispiel der Johannesoffenbarung, siehe ALKIER, Die große Stadt. Hier ist auch die Studie von AHN, The Reign of God and Rome in Luke’s Passion Narrative, zu nennen, die auf eine koloniale Kollaboration zwischen den Jerusalemer Autoritäten und dem Römischen Imperium hinweist, die die Theologie des Lukas bei seiner Darstellung der Passion Jesu maßgeblich beeinflusst habe. RIPLEY, The Genre of John and the Rule of Rome, hat jetzt das Genre des 31
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an die Arbeiten von Richard Horsley37 das Doppelwerk als „hidden transcript“, wie es Sklaven als Sprechakt in den Vereinigten Staaten in früheren Jahrhunderten verwandt hätten, indem sie ihre Kritik hinter einer zustimmenden Fassade verbargen.38 Von der sog. postkolonialen Perspektive angeregt sind auch sämtliche Aufsätze des Sammelbandes „Luke-Acts and Empire“ von 2011: Warren Carter interpretiert Lk 1 und 2 darin beispielsweise vor dem Hintergrund afro-amerikanischer Protestgesänge.39 Jae-Won Lee versteht den Pilatusprozess als einen Reflex des römischen Unrechtssystems, das Jesus gerade durch sein Schweigen ablehne.40 Steve Walton betrachtet den Paulusprozess der Apostelgeschichte als einen Unrechtsprozess des Systems, da Paulus nicht freigelassen wird.41 Richard Cassidy meldet sich noch einmal zu Wort, indem er betont, dass Jesus zum Ende der Apostelgeschichte hin ebenso wie am Anfang des Lukasevangeliums in Opposition zum Kaiser präsentiert werde.42 In ähnliche Interpretationsrichtungen tendieren weitere Arbeiten: Eric D. Barreto versteht die Vielschichtigkeit des Doppelwerks in Bezug auf Rom als Hybridität, die den Christen der Zeit geholfen habe, das Römische Imperium zurückzuweisen.43 Loveday Alexander deutet den Paulusprozess als Ausdruck eines Lukas, der die politischen Realitäten kenne, aber das „oppressive system“ trotzdem mithilfe seiner rhetorischen Möglichkeiten überleben wolle.44 Schließlich ist das Buch von C. Kavin Rowe zu nennen, das die Widersprüche der Apostelgeschichte als Hinweis begreift, die zentrale Botschaft des Buches als Aufruf an den Leser in den Blick zu nehmen, nämlich die Welt wieder auf die Füße zu stellen.45 Die Welt sei schließlich mit christ-
Johannesevangeliums vor dem imperialen Hintergrund untersucht, „in which emperors used fear and terror to exercise authority over authors and their writings“ (S. 235). Der von LUISE SCHOTTROFF u.a. herausgegebene Sammelband „Das Imperium kehrt zurück. Das Imperium in der Bibel als Herausforderung für die Ökumene heute“ von 2006, der sich unter anderem zum Ziel gesetzt hat darzustellen, „wie Imperien in der Bibel reflektiert werden“ (S. 6), geht auf den spezifisch lukanischen Zugang zum Römischen Imperium nicht ein. 37 Z.B. R.A. HORSLEY (Hg.), In the Shadow of Empire. 38 KAHL, Pro(to)-Imperial Script and Hidden Transcript. 39 CARTER, Singing in the Reign. 40 J.-W. LEE, Pilate and the Crucifixion of Jesus in Luke-Acts. 41 WALTON, Trying Paul or Trying Rome? 42 CASSIDY, Paul’s Proclamation of Lord Jesus. Diesen Aspekt, nämlich dass die Theologie des Lukas in der Apostelgeschichte eine romkritische Pointe in sich trägt, arbeitet auch BURFEIND, Paulus muß nach Rom, heraus. 43 BARRETO, Crafting Colonial Identities, S. 110. 44 ALEXANDER, Luke’s Political Vision, S. 287. 45 ROWE, World upside down, S. 150.
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lichen Augen zu lesen und dem Willen Gottes entsprechend umzugestalten.46 Ähnlich auch James R. Edwards, der die Auseinandersetzung mit Mächten keineswegs nur auf das Römische Imperium beschränkt wissen will: „The ultimate purpose of Luke’s apologetic is […] to produce a metanarrative that redefines all powers and authorities in relation to the gospel.“47 3) Gegen manche deutliche politische Statements hat sich Dean Pinter gewandt, indem er darauf hingewiesen hat, dass für Lukas das Bekenntnis zu Jesus kategorial auf einer anderen Ebene liege als das Bekenntnis zum Kaiser.48 Die Christen der Zeit hätten sehr deutlich unterschieden zwischen Gebeten für und an den Kaiser.49 Vielmehr sei doch zu beobachten, dass es verhältnismäßig selten zu einem Zusammenstoß zwischen den römischen Autoritäten und den Christen gekommen sei. Es gebe zwar Versagen einzelner Repräsentanten Roms im Doppelwerk, aber keine grundsätzliche Feindschaft der Christen gegenüber Rom.50 Einen auf die christliche Binnenethik ausgerichteten Ansatz hat jüngst Stefan Schreiber vorgelegt, der ebenfalls die differenzierte Darstellung Roms im Doppelwerk herausarbeitet.51 Die römische Herrschaft sei selbstverständliche politische Wirklichkeit, mit der sich die Christen der Zeit arrangieren müssten. Das charakteristische christliche Leben52 enthalte „genügend politisches Potential“. „Den Rest, die Verwirklichung der Gottesherrschaft, können sie getrost Gott und seinem Christus überlassen.“53 Schließlich sei auf Steve Walton hingewiesen, der einen ersten Versuch unternommen hat, die unterschiedlichen Sichtweisen auf Rom zu systemati-
46 Ähnlich auch SCHREIBER, Weihnachtspolitik, S. 104: Folgt man Lukas, treten an die Stelle politischer Neutralität „Formen aktiver Gestaltung von Friedensräumen“. 47 EDWARDS, ‚Public Theology‘ in Luke-Acts, S. 250. Auch wenn der Autor das Lukanische Doppelwerk nicht thematisiert, weist auch JÖRG RIEGER in seinem Buch „Christus und das Imperium“ deutlich darauf hin, dass seines Erachtens Christus seit den Zeiten des Paulus stets Widerstand gegen die unterschiedlichen Imperien geleistet habe (S. 15). S. 244: Durch die unterschiedlichen Erscheinungen Christi in der Geschichte „werden sowohl die Kolonisierten als auch die Kolonisatoren, sowohl diejenigen, die vom Imperium profitieren[,] und diejenigen, auf deren Rücken es gebaut wird, transformiert und schlussendlich befreit“. 48 PINTER, The Gospel of Luke and the Roman Empire, S. 113. 49 Ebd., S. 114. 50 Ebd., S. 112. 51 Bei ihm vor allem die lukanischen Darstellungen von Statthaltern (SCHREIBER, Der politische Lukas, S. 184: „Unsicherheitsfaktor für die Christen“) und Zenturionen (ebd., S. 179: „der Christusbotschaft gegenüber aufgeschlossen“), S. 166–180. 52 SCHREIBER, Der politische Lukas, S. 184: Dieser Binnenraum sei eine „eigene, die Werte und Statusstrukturen der römischen Gesellschaft verändernde oder auf den Kopf stellende Form der Gemeinschaft, die indirekt zum ‚Widerstand‘ gegen Rom wird“. 53 Ebd., S. 184.
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sieren.54 Er zeigt in seinem Aufsatz, dass Rom vielschichtig dargestellt wird, damit die Christen je nach Situation angemessen reagieren könnten. Bei fairen Vertretern Roms könnten sie mit Respekt rechnen, und in Verfolgungen sollten sie den Staat an seine Verantwortung für das Recht erinnern und mutig ein christliches Bekenntnis ablegen. Selbstverständlich sei Lukas klar, dass Jesus letztlich über dem Kaiser stehe. Alle genannten Arbeiten, die die Vielschichtigkeit der Aussagen zum Imperium zu entschlüsseln versuchen, haben vor dem Hintergrund ihrer eigenen spezifischen Fragestellungen berechtigte und oft gut begründete Ergebnisse gezeitigt. Die Diskussion der vergangenen rund zwanzig Jahre hat die Vielschichtigkeit des Doppelwerks bestätigt. Wichtige Impulse gehen von den vorgestellten Arbeiten aus: Zum einen darf die positive Haltung zu Rom nicht kleingeredet werden, braucht aber eine schlüssige Erklärung (Positionen unter 1). Zum zweiten darf die Kraft der kritischen Elemente des Doppelwerks nicht unterschätzt werden, die sich unter konkreten sozialen Bedingungen entfaltet (Positionen unter 2). Zudem sollte nicht übersehen werden, dass Jesus der Kyrios des Geschehens ist und sich das Werk keineswegs in einer Systemkritik erschöpft (Positionen unter 3). Letztlich zeigt die Arbeit von Rowe, dass das Doppelwerk aufgrund der Wirklichkeit des Erhöhten durchaus einen Gestaltungsanspruch an die Welt erhebt. Es scheint mir geboten, sämtliche Texte noch einmal in den Blick zu nehmen und die unterschiedlichen Aussagen zu systematisieren.55 Soweit ich sehen kann, gibt es bis heute kaum eine Arbeit, die alle Imperiumsperikopen bespricht und anschließend systematisiert.56 Dabei sollte methodisch im Blick gehalten werden, dass der Autor, der Text, die Intention und der Ertrag des Textes nicht identisch sind. Zudem ist bisher noch nicht in größerem Umfang geleistet worden, die komplexe historische Situation, die das Doppelwerk selbst nahelegt, so zu beschreiben, dass mithilfe von rekonstruierten Lesern die oft vielschichtigen Imperiumstexte rezeptionsorientiert ausgewertet werden können. Um der Fülle und Widersprüchlichkeit der Aussagen der 54
WALTON, The State They Were in, S. 33–35. WALTON, ebd., S. 33–35, hat einen ersten, kleinen Ansatz unternommen. Er nennt seine Systematisierung ein „Proposal“ (S. 33). Er schlägt vor zu erkennen, dass Lukas zum einen eine Absicht verfolge, wenn er vom Römischen Imperium schreibe. Zum zweiten sei die Unterschiedlichkeit der Perspektiven auf das Imperium in den Blick zu nehmen. Drittens sei zu erkennen, dass Lukas Christus dem Cäsar überordne. Hier sei auf den jüngst erschienenen Aufsatz von SCHREIBER, Der politische Lukas, hingewiesen, der viele Texte bespricht, die ich auch bespreche. In vielem stehen sich unsere Ergebnisse nahe. Er kommt zu dem Resultat: „Das traditionelle Bild des romfreundlichen, politisch-apologetischen Lukas bedarf der Revision“ (S. 184). Im Unterschied zu Schreiber differenziere ich die Rezipienten und damit auch das Ertragspotenzial der Texte weiter aus. 56 Im Werk von ROWE, World upside down, kommt beispielsweise kein eigener Abschnitt zu Apg 13,4–12 vor. 55
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Imperiumstexte gerecht zu werden, legt es sich nahe, nicht eine einzige, in sich schlüssige, spezifische Sicht des Textes auf das Imperium zu postulieren. Es empfiehlt sich vielmehr, die Sicht des Lukas auf das Imperium als Teil eines narrativen Sinnfindungsprozesses in Gemeinden zu betrachten, der vom Text selber und keineswegs ausschließlich von der Intention des Textes oder gar des Autors bestimmt ist.57 Die von mir rekonstruierten Leser sind in diesem Prozess dabei nur eine heuristische Hilfe, um die Darstellung und das Ertragspotenzial des Textes selbst zu erheben.58 Auf diese Weise nehme ich eine Anregung von Heike Omerzu auf, die schon 2006 in Hinsicht auf die exegetische Aufgabe der Interpretation der Apostelgeschichte formuliert hat: „In jedem Fall ist zu begrüßen, dass das Römische Reich wieder verstärkt in den Blick kommt.“ „Diese Arbeit muss […] unbedingt fortgesetzt werden“.59 Meine Studie gliedert sich in fünf Teile: Nach dem eben gegebenen Überblick über die Forschungsgeschichte (Teil 1) schildere ich meine methodischen Überlegungen zu den Lesern, indem ich sie in der Weise rekonstruiere, wie sie für meine Frage nach dem Imperiumsverständnis des Doppelwerks von Belang sind. Anschließend beschreibe ich die Funktion dieser Leser für die Erhebung der Aussagen des Doppelwerks zum Römischen Imperium und für das Ertragspotenzial der Texte (Teil 2). Danach befrage ich die Texte nach ihrer Darstellung des Römischen Imperiums und systematisiere anschließend die Aussagen (Teil 3). Dann erhebe ich das Ertragspotenzial 57
Vgl. BUSSE, Historische Semantik, S. 23: „Die Geschichte der Verständigung über Wirklichkeit kann von der geschichtlichen Veränderung dieser Wirklichkeit nicht getrennt werden, wenn man annimmt, daß die Gegenstände und Sachverhalte der Welt, in der Bedeutung[,] die sie für die Menschen einer jeweiligen Gesellschaft (Sprachgemeinschaft) haben, durch ihre sprachliche Aneignung erst konstituiert werden. In der Veränderung sprachlicher Bedeutungsmuster scheint die Veränderung der Wahrnehmung von Welt auf, was mit sich bringt, daß die Veränderung des Einen nicht ohne die des Anderen begriffen werden kann.“ 58 „Für die neutestamentliche Wissenschaft wurde zwar die Idee der Sinnstiftung durch historische Narration gelegentlich aufgenommen, eine methodische Öffnung hin zu einer rezipientenorientierten Exegese erfolgte jedoch nur zögerlich. Eine ntl. Wissenschaft, die sich als historische Disziplin mit der Rekonstruktion von Vergangenem begnügt, missachtet die Gegenwartsorientierung der historischen Erzählungen des NT. Nicht erst gegenwärtiges oder kirchliches Interesse, sondern die narrative Verfasstheit der Texte selbst gebieten deshalb den Einsatz ‚aneignender‘ Methoden der Analyse. Ziel der Exegeten darf dabei nicht sein, eine Mustersinnstiftung vorzuschreiben, sondern vielmehr Geburtshilfe für die Sinnfindung der jeweiligen Leserinnen und Leser zu leisten. Die Sinnstiftung erfolgt dabei durch Einbindung der individuellen Lebensgeschichte in die Geschichte Gottes mit seiner Welt. Bei diesem ‚Story-Konzept‘ ermöglicht die biblische ‚Meistererzählung‘ nicht nur narrative Identität, sondern auch narrative Ethik. Das gegenwärtige Leben wird in Auseinandersetzung mit der narrativ entfalteten Geschichte Gottes mit der Welt erzählbar, verstehbar und überhaupt sinnvoll lebbar.“ ZIMMERMANN, Geschichtstheorien und Neues Testament, S. 442f, Belege dort. 59 OMERZU, Das Imperium schlägt zurück, S. 34.
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für die rekonstruierten Leser (Teil 4). Schließlich bündele ich meine Studie, indem ich sowohl die Darstellung als auch das Ertragspotenzial begrifflich verdichte (Teil 5). Einige Klärungen zur Verwendung einzelner Begriffe: Ich spreche vorwiegend vom „Römischen Imperium“ und seltener vom „Römischen Reich“, weil es mir nicht so sehr um die Rede vom Imperium in geographischer, sondern vor allem in politischer, juristischer, sozialer, theologischer und ethischer Hinsicht geht. Imperium Romanum meint nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis den Bereich, der der Herrschaft Roms unterstand. In meiner Arbeit nehme ich also gezielt das Imperium als Raum der Macht in den Blick. Unter Macht verstehe ich mit Max Weber „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“.60 Wenn ich von römischer Herrschaft rede, meine ich die institutionalisierte Form dieser Macht. Mir geht es nicht um die Legitimität der Macht Roms.61 Auch wenn die Macht Roms in hohem Maße besonders in der Zeit des Prinzipats auf einem Konsens beruhte,62 verwende ich den Begriff der Macht nur als Beschreibung des Phänomens und impliziere keine ethische Wertung. Wenn ich keine andere Kennzeichnung vornehme, meine ich mit ‚Lukas‘ den Text des Doppelwerks. Meine Forschung zielt – wie schon beschrieben – nicht auf den Autor des Textes,63 sondern auf die Wirkung des Textes auf die von mir rekonstruierten Rezipienten. Einleitungsfragen sind für mich nur insofern von Belang, als ich von der sog. Zwei-Quellen-Hypothese ausgehe64
60 WEBER, Wirtschaft und Gesellschaft, § 16. „Der Begriff ‚Macht‘ ist soziologisch amorph. Alle denkbaren Qualitäten eines Menschen und alle denkbaren Konstellationen können jemand in die Lage versetzen, seinen Willen in einer gegebenen Situation durchzusetzen“ (ebd.). 61 Vgl. z.B. die Unterscheidung von Macht und Gewalt bei ARENDT, Macht und Gewalt (1970). Nach ihrem Verständnis beruht Macht im Unterschied zu Gewalt stets auf dem Konsens einer Gruppe, die z.B. einen Mächtigen ermächtigt (S. 45). 62 LUNDGREEN, Regelkonflikte, S. 277–285, spricht sogar schon für die Zeit der Republik von „Rom als Konsenssystem“, das er durch den „strukturellen Verzicht auf die konkrete Durchsetzung prinzipiell unbegrenzten Rechts“ charakterisiert sieht (S. 284, Anm. 806). Dass es dennoch Unruhen und Revolten in den ersten beiden Jahrhunderten im Gebiet des Römischen Reiches gab, belegt, wie fragil dieser gesellschaftliche Konsens an manchen Orten und zu manchen Zeiten sein konnte, vgl. PEKÁRY, Seditio. 63 Grundlegend für das Verständnis der unterschiedlichen Perspektiven auf eine Erzählung: GENETTE, Die Erzählung, S. 259–270. 64 Zusammengefasst bei SCHNELLE, Einleitung, S. 70–90. Zum gegenwärtigen Stand der Diskussion um die sog. Zwei-Quellen-Theorie sei auf das Heft ZNT 43/44 (2019) hingewiesen, dessen Beiträge die Zwei-Quellen-Hypothese und alternative Ansätze diskutieren. Vgl. ALKIER, Mehr oder weniger plausible Hypothesen, S. 7f: „Von der Zwei-Quellen‚Theorie‘ als gesicherter Ausgangsbasis der Synoptikerforschung kann längst nicht mehr
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Teil 1: Das Vorhaben im Kontext der bisherigen Forschung
und davon, dass das Doppelwerk im letzten Viertel des ersten Jahrhunderts rezipiert wurde.65 Die Methodik meines Vorgehens stelle ich im folgenden zweiten Teil ausführlicher vor. Soweit es möglich war, sind die Abkürzungen der Texte antiker Autoren und im Quellen- und Literaturverzeichnis erstellt worden nach: Abkürzungen Theologie und Religionswissenschaft nach RGG4, Tübingen 2007.
die Rede sein, besser sollte man auch hier in sachlich angemessener Bescheidenheit von der Zwei-Quellen-Hypothese sprechen“. 65 Weiteres zur zeitlichen Näherbestimmung des Werks in Teil 2.
Teil 2
Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks 2.1 Die Rekonstruktion der Leser Will man die zeitgenössischen Leser des Doppelwerks bestimmen, so legt es sich nahe, zunächst auf die Signale im Text selbst zu achten, um diese anschließend in den historischen Kontext einzubetten. Jesu Worte aus seiner Endzeitrede, die von den kommenden Bedrängnissen sprechen (Lk 21,12– 19), bieten sich in diesem Zusammenhang an, zeigen sie doch, wie der Autor Lukas den ihm vorliegenden Text Mk 13,9–13 eigenständig gestaltet hat.1 2.1.1 Die Endzeitrede Jesu (Lk 21,12–19) als Hinweis auf die Situation der Leser Sehr unterschiedliche Ansichten sind geäußert worden zur historischen Situation der Christen zur Zeit des Lukas im Römischen Imperium. Gehen die einen von staatlicher Verfolgung aus, unter der die lukanische Gemeinde leide,2 so bestreiten dies andere3 oder gehen auf diese Frage nur am Rande ein.4 Wurde im frühen 20. Jahrhundert noch häufiger die Ansicht vertreten, die lukanische Gemeinde sei von staatlicher Seite aus bedrängt worden, so sind die Aussagen hierzu deutlich zurückhaltender und vorsichtiger geworden.5
1 Ob es sich bei den Änderungen gegenüber Markus um lukanisches Sondergut handelt oder ob Lukas sie selber formuliert hat, lasse ich dahingestellt; siehe die Darstellung der Positionen bei VERHEYDEN, The Source(s) of Luke 21. In Lk 12,12–19 scheinen sie mir auf Lukas zurückzugehen, wie die Mehrheit der Forscher annimmt. 2 Z.B. CONZELMANN, Mitte der Zeit, S. 246: „ecclesia pressa“. SCHMITHALS, Evangelium nach Lukas, S. 13. 3 Z.B. HORN, Glaube und Handeln, S. 216. 4 Z.B. G. SCHNEIDER, Evangelium nach Lukas, S. 33f. 5 Z.B. WOLTER, Lukasevangelium, S. 24. Eine prononcierte Ansicht hat 1969 SCHÜTZ in seiner Dissertation vertreten, der von einer „bedrängten Gemeinde“ (Der leidende Christus, S. 20) spricht, der „Hass und Verfolgung“ zuteilgeworden seien. Er stützt sich auf die Textstellen Lk 6,22.27; 8,13.15; 21,12–17; 22,36 und einzelne Aussagen zur Kreuzesnachfolge im Evangelium. Da seine Studie nicht primär historisch, sondern theologisch angelegt ist, untersucht er die Stellen nicht genauer, sodass kein präziseres Bild der Lage der Christen zur Zeit des Lukas entsteht.
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Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks
Mir scheint eine Untersuchung vor allem auf der Grundlage der Verse Lk 21,12–19 gewinnbringend zu sein, deren historische Auslegung oft unter der Alternative ‚Verfolgung: ja oder nein‘ litt. Außerdem wurde die Frage nach der Bedeutung der Verse für die aktuelle Situation der Gemeinde unter der schroffen Fragestellung behandelt, ob Lukas hier nur auf die erzählte Zeit der Apostelgeschichte zurückblicke oder ausschließlich seine eigene Zeit im Auge habe. Meines Erachtens legt sich nahe, Lk 21,12–19 zu nutzen, um die historische Situation im Hintergrund näher zu bestimmen.6 Frage ich in dieser Studie sonst primär nach der Wirkung des Textes auf die Leser, so ist an dieser Stelle eine diachrone Arbeitsweise notwendig, um die historische Situation der Leser bestimmen zu können. Deshalb hier ein erneuter Blick auf den Text. Die sog. Endzeitrede Jesu im Lukasevangelium Lk 21,5–36 gliedert sich in folgende Abschnitte: V. 5–6: Einleitung, V. 7–11: die Vorzeichen des Endes, V. 12–19: die Bedrängnisse der Gemeinde, V. 20–24: das Ende Jerusalems, V. 25–28: das Kommen des Menschensohns, V. 29–31: das Gleichnis vom Feigenbaum, V. 32–36: Ermahnungen zur Wachsamkeit. In ihrer Grundstruktur hat Lukas sie aus dem Markusevangelium übernommen, jedoch immer wieder eigene chronologische und theologische Akzente gesetzt. Es ist schon oft beobachtet worden, dass der Autor Lukas die sog. Endzeitrede historisiert,7 das heißt, er schildert die Ereignisse, die bei Markus noch in einer nicht eindeutig zu erkennenden Reihenfolge und Zukunft liegen, innerhalb eines chronologischen innerzeitlichen Rasters. Oft wird Lk 21,7–24 als Blick in die Vergangenheit angesehen, die historisch schon hinter der Zeit des Verfassers liege, die geschilderten Ereignisse aus V. 25– 28 lägen hingegen noch vor der Zeit des Lukas.8 Vertreter der Ansicht, Lukas schildere in den Versen 12–19 ausschließlich eine Vergangenheit, nennen folgende Hauptargumente:9 1) Die Zerstörung Jerusalems, von der Lukas in den Versen 20–24 berichtet, liege zeitlich nach der Schilderung der Bedrängnisse der Gemeinde.10 2) Die Verfolgungsszenen in V. 12–19 seien der Apostelgeschichte sprachlich angeglichen. 3) Lk 21,16 korrigiere in historischer Richtigstellung Mk 13,12.11 Alle genannten Argumente sind jedoch nicht zwingend. Zu 1): Das Ende Jerusalems in den Versen 20–24 steht in keinem klaren zeitlichen Verhältnis 6
Zur Diskussion siehe z.B. FITZMYER, Gospel according to Luke, Bd. 2, S. 1338f; STEGEMANN, Zwischen Synagoge und Obrigkeit, S. 81f. 7 Oft in der Folge von CONZELMANN, Mitte der Zeit, S. 116–124. 8 Z.B. WIEFEL, Evangelium nach Lukas, S. 350. 9 Z.B. HORN, Glaube und Handeln, S. 216–220. SCHWEIZER, Evangelium nach Lukas, S. 207–209. 10 Ὅταν in V. 20. 11 „Nicht alle werden getötet“.
2.1 Die Rekonstruktion der Leser
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zu den Versen 12–19. Ὅταν in V. 20 als Einleitung des Nebensatzes stellt eine sachliche Bedingung für das im Hauptsatz Gesagte dar. Es impliziert jedoch keine zeitliche Abfolge gegenüber dem Vorhergehenden. Eindeutig ist nur, dass beides klar vor den Vorzeichen der Endzeit, also innerhalb der historischen Zeit, liegt (V. 12: Πρὸ δὲ τούτων).12 Zu 2): In der Tat lassen sich Parallelen und sprachliche Ähnlichkeiten zwischen den Schilderungen aus der Apostelgeschichte und denen in den Versen 12–19 finden.13 Jedoch belegen diese Ähnlichkeiten nur, dass nach lukanischem Verständnis Jesus Bedrängnisse vorausgesagt hat, die später eingetroffen sind. Sie belegen jedoch nicht, dass sie ausschließlich zur erzählten Zeit der Apostelgeschichte eingetroffen wären. Zu 3): Es ist in der Tat richtig, dass Lk 21,16 Mk 13,12 korrigiert. Doch diese Korrektur spricht ebenfalls nur für die Historisierung der Endzeitrede, nicht aber für die Aussagen über den Zeitpunkt des Geschehens der Ereignisse in der Zeit.14 Es wäre sicher unzureichend, Lk 21,12–19 ausschließlich auf die Zeit des Schreibers Lukas zu beziehen. Dafür scheinen mir die Aussagen zu allgemein gehalten. Man sollte aber nicht so weit gehen, diese Verse ausschließlich auf die erzählte Zeit der Apostelgeschichte zu beziehen. Bezeichnenderweise spricht Horn, der ansonsten dafür ist, Lk 21,12–19 allein als Ansage der Zeiten der Apostelgeschichte zu verstehen, dies selber aus, wenn er schreibt: „Freilich zeigen die Imperative in V. 14 und 19, dass Lukas die Verfolgung nicht allein historisieren will, sondern in einer möglichen zukünftigen Verfolgungssituation entsprechende Ausrichtung geboten ist.“15 Aus althistorischer Perspektive überrascht dieses Ergebnis im Übrigen keineswegs, haben sich die Instanzen, von denen die Verse 12–19 sprechen, doch innerhalb des ersten Jahrhunderts nicht so grundsätzlich gewandelt, dass Lukas nicht gleichzeitig von seiner Zeit und der Zeit vor ihm sprechen könnte. So legt sich also die Annahme nahe, Lukas habe die Verse Lk 21,12–19 aufgrund von Erfahrungen seiner eigenen Zeit bewusst gestaltet.16 12 In der Frage, ob es sich bei Lk 21,20–24 überhaupt um ein vaticinium ex eventu handele, kommt MITTELSTAEDT, Lukas als Historiker, S. 49–164, zu dem Ergebnis, dass der Tempel zur Zeit des Lukas noch stand. 13 Apg 4,3; 5,18; 8,1; 9,4–5; 12,1; 21,27; 22,4 (weitere Stellen bei HORN, Glaube und Handeln, S. 216). 14 Siehe auch WOLTER, Lukasevangelium, S. 669: In V. 12–19 „wird ein Zeitraum in den Blick genommen, der die in V. 20–24 erzählten Ereignisse umgreift. […] Vom lk Standpunkt aus gesehen beschreibt Jesus hier Ereignisse der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.“ 15 HORN, Glaube und Handeln, S. 217. Siehe auch Wolter zu Lk 21,12: „Das bedeutet freilich nicht, dass Lukas diese Ankündigung nur auf die Zeit bis zur Zerstörung Jerusalems bezogen wissen wollte“ (WOLTER, Lukasevangelium, S. 674). 16 Vgl. MARSHALL, Gospel of Luke, zu Lk 21,12: „Luke presumably has in his mind experiences that his readers may still undergo.“ Zum zweiten Diskussionspunkt in Bezug
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Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks
Hier die wichtigsten Veränderungen von Lk 21,12–19 gegenüber Mk 13,9– 13: 1) Lukas verzichtet auf die Erwähnung der „Synhedria“, setzt aber „Gefängnisse“ hinzu; ebenso spricht er nicht vom „Geißeln in den Synagogen“. Lukas drängt also die jüdischen Instanzen zurück. 2) ∆ιώκω versteht Lukas hier konkreter als Markus, nämlich als Übergabe der Christen an Synagogen und Gefängnisse einerseits und als Wegführen vor Könige/Kaiser17 und Statthalter andererseits.18 3) Des Weiteren beschreibt Lukas hier stärker einen Weg, den die Jünger zu gehen haben (ἀπαγοµένους): Zunächst werden sie ergriffen werden, anschließend in die Synagogen und Gefängnisse geführt, danach von dort weg vor Könige (Kaiser) und Statthalter. 4) Lukas ergänzt ἕνεκεν τοῦ ὀνόµατός µου. Was den Jüngern geschieht, geschieht ihnen also um des Namens Jesu willen.19 V. 13: Die Bedrängnisse versteht Lukas wie Markus als Zeugnis an die Jünger. Lukas formuliert gefälliger. Die Verfolgungen sind für ihn außerdem deutlicher Teil des irdischen Zeitgeschehens. Das Evangelium muss nicht wie bei Markus zunächst der ganzen Welt verkündigt werden (vgl. auch in V. 12: πρὸ δὲ τούτων). V. 14: Jesus schärft den Jüngern nach Lukas ein, im Voraus keine Verteidigungsreden zu schreiben. Indem er προµελετάω, den Terminus technicus für das Auswendiglernen einer Verteidigungsschrift,20 verwendet, zeigt er deutlicher als Markus, dass er von einer geordneten Verhandlung ausgeht. Die weitere Überlieferung von Verfolgungslogien in Lk 12,11 spricht von αἱ ἀρχαὶ καὶ αἱ ἐξουσίαι; ob Lukas damit konkrete politische Instanzen im Blick hat, bleibt unklar. V. 15: Lukas verstärkt den ermutigenden Zuspruch gegenüber Markus, indem er einen Halbvers hinzusetzt: Ihrem Mund und ihrer Weisheit können die Widersacher weder widersprechen noch widerstehen. Lukas könnte hier
auf Lk 21,12–19 (zur Frage einer Verfolgung von Christen zur Zeit des Lukas) siehe unten. Gegen einen historischen Bezug von Lk 21,12–19 allein auf die erzählte Zeit der Apostelgeschichte spricht auch die Beobachtung, dass V. 18 durch den Tod des Stephanus widerlegt würde und dass dem Verfahren von V. 12 nur der Weg des Paulus in der Apostelgeschichte entspricht, Lukas jedoch im Plural spricht. 17 Ob Lukas in Anknüpfung an die Markusvorlage hier an Verhandlungen vor dem kaiserlichen Gericht in Rom oder an Konfrontationen der Christen mit Königen denkt (wie in Apg 12,2; 2. Kor 11,32 genannt), lässt sich kaum feststellen. Das Wort βασιλεῖς deutet auf beides hin. Ein eindrückliches Beispiel für die Verwendung von „Basileus“ als Anrede an den Kaiser Antoninus Pius hat jüngst STAAB, Neues zu Theos Hypsistos, ediert. 18 Lukas verwendet auch sonst die Formen von διώκω selten, vgl. STEGEMANN, Zwischen Synagoge und Obrigkeit, S. 114: sparsamer und ausgesuchter Gebrauch. 19 Weiteres siehe unten. 20 Aristophanes, Eccl. 116–117.
2.1 Die Rekonstruktion der Leser
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ein Verfahren mit Klägern (οἱ ἀντικείµενοι) vor Augen gehabt haben, in dem Argumente zählen. Die Bezeichnung οἱ ἀντικείµενοι wird jedoch in Lk 13,17 ohne juristische Anklänge im Sinne von „Gegner“ gebraucht.21 Die Verneinung οὐ δυνήσονται oder andere Formen von „vermögen“ verwendet Lukas oft, um das ohnmächtige Verhalten der Widersacher des Evangeliums zu beschreiben (z.B. Lk 9,40; Apg 5,39; 11,17). Lukas verzichtet überraschend auf den Verweis auf den Heiligen Geist. In der Parallele Lk 12,12 nimmt er ihn jedoch auf. Die freie Rede vor dem Gericht bezeichnet er als Ausdruck der σοφία eines Christen. V. 16: Lukas schwächt ab: Nicht alle werden getötet werden, sondern nur einige. Lukas erweitert den Kreis derer, die zur Preisgabe beitragen können, in den eines antiken Hauses, nämlich auf Verwandte und Freunde. V. 17: Hier äußert sich die Erfahrung der Isolation der Christen. Lukas ändert nichts gegenüber Markus. Er ergänzt keine Subjekte des Hasses (anders Mt 10,9). V. 18: Zu diesem Vers existiert keine Markusparallele, wohl aber eine entfernte Matthäusparallele (10,20). Lukas lässt Jesus eine reine Zusage machen, die sich konkret auf eine Verhandlung bezieht: Kein Haar wird von ihrem Haupt verloren gehen. V. 19: Der Ton von Mk 13,9 liegt auf der Paränese angesichts des nahen Endes.22 Lukas formuliert nicht so drängend eschatologisch, sondern zeitlich und inhaltlich weniger präzise: Die Geduld in der Bedrängnis führt zum Gewinn des Lebens. Zusammenfassend kann man festhalten: 1) Lukas sieht die Bedrängnisse der Gemeinde stärker als Markus als einen Weg der Jünger von einer Instanz zu einer anderen. Er spricht davon, dass die Jünger zunächst ergriffen werden, dann in Synagogen und Gefängnisse und – von dort weg (ἀπαγοµένους) – vor Kaiser/Könige und Statthalter geführt werden. 2) Schemenhaft lassen sich Formen von Gerichtsverfahren vor Statthaltern erkennen: Lukas scheint einerseits ein Verfahren vorauszusetzen, in dem Argumente zählen. Es gibt Ankläger, und es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, eine Verteidigungsrede vorzubereiten. Andererseits spricht er davon, dass all dies geschieht „wegen meines Namens“ (siehe auch die Konkretion in V. 12), sodass das vorausgesetzte Verfahren dennoch starken Bekenntnischarakter trägt. Alle weiteren beteiligten Personen kommen nur als Gegner in den Blick.23 Es geht um Leben und Tod (V. 19), die Tötung ist aber keine 21
So auch 1. Kor 16,9; Gal 5,17; 1. Tim 1,10. Phil 1,28, 2. Thess 2,4 und 1. Tim 5,14 zeigen, dass διδόναι τῷ ἀντικειµένῳ im Neuen Testament auch im Sinne von „dem Teufel übergeben“ gebraucht werden kann. 22 Ὁ δὲ ὑποµείνας εἰς τέλος. 23 Siehe die dreimalige Verwendung des Präfixes ἀντι- in V. 15, siehe auch V. 19.
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Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks
zwangsläufige Folge des Verfahrens (V. 16). Jesus vermittelt Zuspruch und Trost in unterschiedlichen juristischen Verfahren. 3) Lukas betont den Zuspruch in den Worten Jesu: a) Sie sollen sich im Voraus keine Sorgen machen, wie sie sich verteidigen sollen (V. 14). b) Ihre Widersacher werden ihnen nicht widerstehen können (V. 15b). c) Von ihrem Haupt wird ihnen kein Haar verloren gehen. 4) Für Lukas sind die Bedrängnisse im Rahmen der Endzeitrede Ereignisse in der irdischen Zeit (V. 12.13.19). Er fasst die Reihenfolge der Ereignisse schärfer. 5) Lukas drängt jüdische Institutionen in den Hintergrund und spricht neben den Synagogen von Gefängnissen. Er nähert den Text also vorsichtig an eine heidnische Erfahrungswelt seiner Leser an. Wenn es stimmen sollte, dass Lukas durch Jesus auch zu den Christen seiner Zeit spricht, dann darf man aus Lk 21,12–19 mit aller Vorsicht Schlüsse auf deren Situation ziehen. Demnach könnte man sich die historische Situation der Gemeinde in Hinsicht auf ihre Kontakte zu Prozessen folgendermaßen vorstellen: Es gab Konflikte auf der lokalen Ebene, und es kam zu Prozessen vor Statthaltern.24 Allem Anschein nach wurden Christen – wohl aufgrund von Anklagen (V. 16: Übergabe durch Mitglieder des antiken Hauses und durch Freunde25) – in den Städten verhaftet. Die lokalen Magistrate warfen die Verhafteten ins Gefängnis,26 um sie später unter Umständen dem Statthalter vorzuführen. Vor dem Statthalter kam es dann zu Verhandlungen, in denen gegebenenfalls Kläger auftraten (V. 15). Diese Verhandlungen konnten mit der Freilassung der Angeklagten enden (V. 16), es konnte aber auch zu Verurteilungen zum Tode kommen (V. 16). Die Tatsache, dass Lukas ἕνεκεν τοῦ ὀνόµατός µου ohne offensichtliche Notwendigkeit27 in den Vers 12 einfügt, könnte eine Chance sein, das Verfahren vor Statthaltern deutlicher zu beschreiben. Dabei fällt auf, dass Lukas sonst nie von ἕνεκεν τοῦ ὀνόµατός µου spricht, sondern immer von ἐπὶ/ἐν τῷ ὀνόµατι oder διὰ τὸ ὄνοµα.28 Außer in Mt 19,29 kommt der Ausdruck ἕνεκεν τοῦ ὀνόµατός µου auch sonst im Neuen Testament nicht vor. Lukas hat also offenbar den Eindruck, er solle den Weg, den er in V. 12 skizziert hat, noch klarer dahin gehend präzisieren, dass dieser Weg „wegen seines [sc. Jesu] 24 Die Frage, inwieweit Lukas hier auch an Prozesse vor Kaisern, etwa bei römischen Bürgern, denkt, möchte ich hier beiseitelassen. Auszuschließen ist es nicht. 25 In V. 16 hat Lukas die Verwandtschaftsverhältnisse eigenständig geordnet. Außerdem ist bei Markus von Freunden keine Rede. 26 Die Instanz der Synagogen stammt aus der Vorlage Mk 13. 27 Vgl Mk 13,9: ἕνεκεν ἐµοῦ. In V. 17 heißt es schon wie in Mk 13,13 διὰ τὸ ὄνοµά µου. Außerdem heißt es in Lk 21,13 gleich folgend: Dies wird euch widerfahren zu einem Zeugnis. 28 Soweit mir bekannt, ist dies noch nicht beobachtet worden.
2.1 Die Rekonstruktion der Leser
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Namens“ geschieht. Wenn es kein reiner Zufall ist, dass Lukas hier ἕνεκεν und nicht ἐπί, ἐν oder διά verwendet, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass Lukas hier vom Namen Jesu spricht, weil er schon ein Verfahren im Blick hat, auf das in 1. Petr 4,16 angespielt wird, wo es heißt: εἰ δὲ ὡς χριστιανός, µὴ αἰσχυνέσθω, δοξαζέτω δὲ τὸν θεὸν ἐν τῷ ὀνόµατι τούτῳ.29 Dieser Beobachtung entspricht, dass Lukas in der Seligpreisung in Lk 6,22 im Gegensatz zu Matthäus ausdrücklich vom Schmähen des Namens30 schreibt. Sollte diese Formulierung auf Lukas zurückgehen,31 so könnte dies ein weiteres Indiz für Christenprozesse zu seiner Zeit sein.32 Lukas hätte in einem solchen Fall Gerichtsverfahren im Blick, in denen es für die Christen allein um das Bekenntnis ihres Glaubens an Jesus geht und nicht um den Nachweis einer konkreten Schuld oder Unschuld.33 Da die Zusage Jesu in Lk 12,12, die Christen würden wegen Jesu Namens vor Statthalter geführt werden, die Christen in sog. Christenprozessen hätte stärken können, liegt die Vermutung nahe, dass Lukas auch in seiner Zeit zumindest mit ersten Christenprozessen rechnet. Da sich der Ausdruck ἕνεκεν τοῦ ὀνόµατός µου sowohl theologisch als auch historisch-strafrechtlich verstehen lässt, könnte Lukas hier auf Christenprozesse hinweisen, ohne sie notwendigerweise an allen Orten vorauszusetzen. Vor dem Hintergrund der Frage nach der Situation eines Lesers des Doppelwerks könnte sich also folgern lassen, dass Christenprozesse möglich, aber nicht überall gang und gäbe waren.34 Dies würde bedeuten, dass den von mir rekonstruierten Lesern als Bewohnern des Imperiums gerade unklar gewesen ist, mit welch einer Prozessform sie vor einem Statthalter zu rechnen hatten. Weiterhin ist festzuhalten, dass nach Lk 21,12–19 die Initiative für die Durchführung von Prozessen nicht von staatlicher Seite, sondern vonseiten der Bevölkerung und von lokalen Behörden ausging. Letztere Feststellung wird dadurch unterstützt, dass Lukas das Verhalten der staatlichen Behörden nie mit dem Verb διώκω und dem Substantiv διωγ29 NESTLE/ALAND, 28. Auflage, liest aufgrund der lectio difficilior gegenüber NESTLE/ ALAND, 27. Auflage, ἐν τῷ µέρει. DÖRING, Gottes Volk, S. 104, wägt die Belege und wirbt dafür, die Priorität von ἐν τῷ ὀνόµατι durchaus zu erwägen. 30 Μακάριοί ἐστε ὅταν µισήσωσιν ὑµᾶς οἱ ἄνθρωποι καὶ ὅταν ἀφορίσωσιν ὑµᾶς καὶ ὀνειδίσωσιν καὶ ἐκβάλωσιν τὸ ὄνοµα ὑµῶν ὡς πονηρὸν ἕνεκα τοῦ υἱοῦ τοῦ ἀνθρώπου. 31 So WOLTER, Lukasevangelium, S. 250. 32 So auch STEGEMANN, Zwischen Synagoge und Obrigkeit, S. 133f. 33 Solche Christenprozesse könnten auch hinter manchen Repressalien der Christen zu vermuten sein, die in der Johannesoffenbarung genannt werden. Zur gegenwärtigen Diskussion um die Rolle Roms in der Johannesoffenbarung siehe ALKIER, Die große Stadt; VOGEL, Das letzte Buch als Auftakt. Sammlung der einschlägigen Belege bei HUTTNER, Art. Imperium Romanum. 34 Lukas könnte in Lk 12,12 bewusst theologisch und in Hinsicht auf Prozesse formuliert haben.
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Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks
µός bezeichnet. In Lk 21,12 bezeichnet er mit διώκω das Verhalten der Bevölkerung,35 die die Christen an die Behörden ausliefert. In Lk 6,22 schreibt er anders als Mt 5,11 nicht von Verfolgungen. Ebenso vermeidet er den Begriff in Lk 8,13 gegenüber seiner Vorlage in Mk 4,17. In Lk 8,13 spricht er stattdessen von ἐν καιρῷ πειρασµοῦ. Das Substantiv διωγµός begegnet sogar überhaupt nicht im Lukasevangelium. Wenn Lukas eine Form von διώκω in der Apostelgeschichte verwendet, meint er die Verfolgung durch jüdische Institutionen oder Personen.36 Zur Zeit des Lukas scheinen sich also die römischen Behörden gegenüber den Christen reaktiv verhalten zu haben – ein Verhalten, das im frühen zweiten Jahrhundert37 seinen prägnanten Ausdruck in der Antwort des Kaisers Trajan auf den sog. Christenbrief seines Statthalters Plinius findet: „conquirendi non sunt“.38 Weitere Texte aus dem Doppelwerk unterstützen diesen bisherigen Befund der historischen Situation der von mir rekonstruierten Leser. In Lk 12,11–12 findet sich ein weiterer Paralleltext zu Mk 13,11. Mk 13,11 lautet: „Wenn sie euch übergeben, sorgt euch nicht, was ihr sagen werdet, sondern es wird euch gegeben werden, was ihr in jener Stunde sagen sollt; denn nicht ihr werdet reden, sondern der Heilige Geist.“ In Lk 12,11–12 heißt es: „Wenn sie euch vor die Synagogen und die Behörden und Beamten führen, sorgt euch nicht, wie ihr euch verteidigen werdet und was ihr sagen sollt. Der Heilige Geist wird euch in jener Stunde lehren, was ihr sagen sollt.“ Lukas präzisiert also auch hier. Er spricht konkret von den Instanzen und vom „Verteidigen“. Die Instanzen sind jüdische (Synagogen) und heidnische (ἐπὶ … τὰς ἀρχὰς καὶ τὰς ἐξουσίας). Bei den jüdischen handelt es sich um die synagogale Gerichtsbarkeit. Die heidnischen Instanzen sind schwer zu bestimmen. Die ἀρχαί sind die Magistrate,39 die ἐξουσίαι die Instanzen, die potestas ausüben.40 Der erste Begriff meint stärker das Amt, der zweite stärker die Vollmacht des Amtes. Ob es sich hier stärker um die lokale oder um die statthalterliche Ebene handelt, lässt sich nicht sicher feststellen. Auch die Prozesssituation präzisiert Lukas gegenüber Mk 13,11 (πῶς ἢ τί ἀπολογήσησθε). Lukas hat also wie in Lk 21,12–21 auch hier offenbar eine konkrete Bedrohung durch Prozesse vor Augen. Dem entspricht die Beobachtung, dass er in Lk 12,4–5 die Bedrohung stärker theologisch deutet als die Q-Parallele in Mt 10,28. Während Mt 10,28 anthropologisch zwischen dem Töten des 35 36
Siehe auch Apg 13,50. Apg 7,52; 8,1; siehe auch STEGEMANN, Zwischen Synagoge und Obrigkeit, S. 114–
133. 37 SHERWIN-WHITE, Commentary, S. 710: verfasst nach Plinius d.J., Ep. X 96, der zwischen dem 18. September und dem 3. Januar des zweiten Jahres der Statthalterschaft des Plinius in Bithynien-Pontus verfasst wurde, siehe ebd., S. 691. 38 Plinius d.J., Ep. X 97,2. 39 MASON, Greek Terms, S. 26. 40 Ebd., S. 132ff.
2.1 Die Rekonstruktion der Leser
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Leibes und dem Töten der Seele unterscheidet, trennt Lukas chronologisch aufgrund der Handelnden: Die Menschen können nur den Leib töten – der Satan41 kann nach dem Töten auch in die Hölle werfen.42 Dieses Bemühen des Lukas, die Bedrohung theologisch zu deuten, zeigt, dass eine Bedrohung vorliegt.43 Über das Genannte hinaus lässt sich zur Stimmung in den Gemeinden vermuten, dass die Prozesse vor Königen/Kaisern und Statthaltern44 die Christen der Gemeinden, die Lukas vor Augen hat, verunsichern. Andernfalls wäre nicht verständlich, weshalb Lukas den Ton einzelner Abschnitte so eindringlich auf den Trost der Leser legt. Wenn man sich zudem vor Augen führt, dass die Konfrontation mit einer Anklage vor einem Statthalter den meisten Christen an sich fremd war,45 es aber sogar in diesen Fällen um Leben und Tod gehen konnte, kann man vermuten, dass in manchen Gemeinden diese Prozesse Verunsicherung hervorriefen. Aus Lk 21,12–21 und den anderen genannten Texten des Doppelwerks lässt sich also Folgendes für näher zu bestimmende Leser annehmen: Sie wissen von Prozessen vor Statthaltern; Gemeindeglieder könnten auch persönlich betroffen gewesen sein. In den Prozessen konnte es um Leben und Tod gehen. Vermutlich war den Gemeindegliedern unklar, ob es sich bei solchen Verfahren um Christenprozesse handelte. Die Bedrohung von Christen zog das unmittelbare Umfeld, das antike Haus, in Mitleidenschaft. Es kam zu Unruhen im lokalen Umfeld, die zu Verhandlungen vor lokalen Behörden führten. Angesichts solch einer verunsichernden Situation lässt Lukas ‚seinen Jesus‘ dem Leser Trost und Zuspruch geben. 2.1.2 Die Bedrohung der Leser durch Prozesse vor Statthaltern Der Althistoriker Werner Dahlheim schreibt, dass die Forschungsdiskussion um das Verhältnis von Christentum und römischem Staat in den ersten drei Jahrhunderten in der Gegenwart als abgeschlossen gelten könne.46 In der Tat lässt sich seit dem letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ein Forschungskonsens für das späte erste Jahrhundert zwischen Theologen und Althistorikern 41 WOLTER, Lukasevangelium, S. 442, vermutet, es sei Gott. Dass Lukas in V. 5c zur Furcht vor Gott aufruft, halte ich jedoch für unwahrscheinlich. 42 Hier scheint also die Vorstellung vorzuliegen, dass der Satan durch die Instanzen der Welt wirkt (siehe auch unten S. 61 zu Lk 4,6). 43 Auch die lukanische Umgestaltung der markinischen Gethsemane-Perikope in eine Gehorsams- und Vorbildgeschichte mit paränetischem Interesse (FELDMEIER, Die Krisis des Gottessohnes, S. 12.38) könnte ein Indiz für eine Bedrohungssituation zur Zeit des Lukas sein. Schließlich wäre auch auf Apg 14,22 hinzuweisen, wo es heißt, dass es nötig sei (δεῖ), dass die Jünger durch viele Bedrängnisse ins Reich Gottes eingehen. 44 Auf lokaler Ebene scheint Lukas nach V. 12 nicht mit Prozessen zu rechnen. 45 Siehe unten Teil 2.1.5 (S. 34–36). 46 DAHLHEIM, Geschichte der römischen Kaiserzeit, S. 338.
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Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks
beobachten. Sowohl Theologen als auch Althistoriker beginnen die Christen der Zeit in sozialer Hinsicht primär als Außenseiter der Gesellschaft anzusehen.47 Dabei hat sich gezeigt, dass nicht mehr pauschal davon die Rede sein kann, der römische Staat habe von sich aus Christen verfolgt.48 ‚Verfolgung‘ sei vielmehr differenzierter als ein Prozess zu betrachten, der im städtischen Bereich begann und sich auf der Ebene der Statthalter oder Kaiser fortsetzte. Nach der bisherigen Analyse waren also einige Christen zur Zeit des Lukas genötigt, vor einem Statthalter Rede und Antwort zu stehen. Offensichtlich konnten solche Verfahren mit der Tötung einzelner Christen enden. Wenn darüber hinaus die Annahme zutreffen sollte, dass sich der Abschnitt Lk 21,12–21 auf unterschiedliche Prozessformen beziehen lässt, ist es naheliegend, diese Beobachtungen zur uns bekannten Geschichte der Strafprozesse von Christen im späten ersten und frühen zweiten Jahrhundert in Beziehung zu setzen. Leider gibt es viele offene Fragen im Zusammenhang mit den Christenprozessen, die sich aufgrund der schmalen Quellenlage nur schwer beantworten lassen: Man kann erstens nicht eindeutig sagen, ab wann sich die Christenprozesse im Römischen Reich eingebürgert haben. Die Apostelgeschichte, als historische Quelle betrachtet, schildert keine Christenprozesse.49 Sieht man einmal von dem Einzelfall der sog. Neronischen Verfolgung50 ab, ist nur festzustellen, dass der Statthalter von Bithynien und Pontus, Plinius Caecilius Secundus, sie als Erster in den Quellen nachweisbar in den ersten Jahrzehnten des zweiten Jahrhunderts voraussetzt.51 Unklar ist aber auch zweitens, was man den Christen eigentlich vorgeworfen hat. Die einen denken an politische Illoyalität,52 andere an Atheismus,53 und wieder andere an konkrete Schandtaten.54 Zum dritten kann man nur mutmaßen, auf welcher 47
Als eine erste Annäherung an einen Konsens kann die grundsätzlich zustimmende Rezension des Buches von REINHARD FELDMEIER, Die Christen als Fremde, durch JOACHIM MOLTHAGEN gelten. Noch 1995 sprach BOTERMANN, Judenedikt, S. 19, von „mangelnder Kooperation“ zwischen den Disziplinen Theologie und Althistorie, zwischen denen über zwei Generationen hinweg praktisch kein Kontakt bestanden habe. 48 Z.B. SCHNEPEL, Christus im Römerreich, S. 32f: „Man musste jederzeit des Zugriffs durch den Staatsanwalt gewärtig sein.“ 49 MOLTHAGEN, Konflikte, S. 45. 50 Tacitus, Ann. XV 44. 51 Plinius d.J., Ep. X 96,1, zwischen den Jahren 111 und 113, vgl. SHERWIN-WHITE, Letters of Pliny, S. 691–710. 52 MOLTHAGEN, Der römische Staat und die Christen, S. 30ff; HEUẞ, Römische Geschichte, S. 398. Dafür spricht meines Erachtens die in fast allen bekannten Fällen des zweiten Jahrhunderts angewandte Todesstrafe an den Christen bei Verurteilung. 53 So MOMMSEN, Strafrecht, S. 572, Anm. 2; nähere Angaben bei BRINGMANN, Christentum und römischer Staat, S. 14, Anm. 10. Ein Gegenargument bildet jedoch die religiöse Toleranz der Römer, vgl. NESSELHAUF, Staat und Kirche, S. 1–17. 54 So NESSELHAUF, Staat und Kirche, S. 17ff. Dagegen ist einzuwenden, dass Plinius seine ersten Urteile aufgrund des Bekenntnisses und nicht aufgrund von flagitia fällt.
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Rechtsgrundlage die Christenprozesse stattfanden. Die einen vermuten eine spezielle gesetzliche Grundlage,55 die anderen glauben, die Statthalter hätten im Rahmen ihrer Polizeigewalt, der coercitio, gehandelt.56 Eine Diskussion der genannten Probleme würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Folgendes lässt sich jedoch mittlerweile feststellen: Zwischen den Zeiten, von denen die letzten Partien der Apostelgeschichte berichten (frühe 60er-Jahre des ersten Jahrhunderts), und den ersten Jahrzehnten des zweiten Jahrhunderts gab es erkennbar einen Umschwung im Verhalten der Statthalter gegenüber den Christen. Waren in der Frühzeit offensichtlich lokale Unruhen der Grund, so wurde später das Bekenntnis eines Christen entscheidend, um vor einen Statthalter geführt zu werden. Joachim Molthagen hat versucht, den Zeitpunkt der Rechtsänderung näher zu bestimmen. Er vermutet, Domitian hätte die Rechtsgrundlage für eine Kriminalisierung des Christentums geschaffen.57 Seiner Meinung nach haben die Spannungen zwischen der Bevölkerung und den Christen im Laufe der Zeit so stark zugenommen, dass Domitian, der für seine gute Verwaltung in seinen frühen Regierungsjahren bekannt war,58 eine Lösung der Christenfrage – in Anlehnung an das Verfahren Neros im Jahre 64 – herbeiführen wollte. Erfahren hätte Domitian vom Christenproblem über seine Statthalter, die ihm davon berichteten.59 Unabhängig von der Frage, ob es eine kaiserliche Rechtsgrundlage gab oder nicht, passen die bisherigen allgemeinen Erkenntnisse gut zu den hier erzielten Ergebnissen über die Situation der Christen, wie sie sich in Lk 21,12– 19 widerspiegelt. Demnach wäre das Doppelwerk in einer Zeit verfasst, in der es immer wieder zu lokalen Unruhen wegen der Christen kam, diese dann vor 55
So etwa MOLTHAGEN, Der römische Staat und die Christen, S. 21ff, siehe auch S. 135ff. Schwierig ist allerdings, dass bis zu Tertullian nirgends direkt davon die Rede ist. 56 So etwa SHERWIN-WHITE, Letters of Pliny, S. 772–787. Dagegen steht allerdings der Grundsatz des römischen Rechts: nulla poena sine lege, vgl. HABICHT, Die augusteische Zeit, S. 172: „Das Imperium Romanum war ein Rechtsstaat.“ 57 Ähnlich auch HEUẞ, Römische Geschichte, S. 398: „um die Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert“. 58 Sueton, Dom. 8. 59 BOTERMANN, Judenedikt, S. 185, vermutet, die Einführung von Christenprozessen könnte mit der verschärften Eintreibung des sog. fiscus judaicus durch Kaiser Domitian zusammenhängen (Sueton, Dom. 12), ähnlich auch STEGEMANN, Zwischen Synagoge und Obrigkeit, S. 266f. In diesem Zusammenhang könnte den Römern die Unterscheidung zwischen den bis zu einem gewissen Grade rechtlich geschützten Juden und den rechtlich schutzlosen Christen stärker deutlich geworden sein. Vor einiger Zeit hat es wieder eine Diskussion über die Frage gegeben, ob Plinius eine Rechtsgrundlage vorliegen gehabt hat oder nicht: REICHERT, Durchdachte Konfusion, vertritt die Ansicht, Plinius habe die Grundlage für das Verfahren erst geschaffen. THRAEDE, Plinius, stimmt ihr in seiner philologischen Analyse zu. Beide gegen MOLTHAGEN, „Cognitionibus de Christianis interfui numquam“.
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Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks
die Statthalter geführt wurden bzw. vor den Kaiser, wenn die Christen römische Bürger waren.60 Das Lukanische Doppelwerk wäre demnach zu einer Zeit entstanden, in der Statthalter häufiger mit Christen konfrontiert wurden – eine Entwicklung, die sicher auch der zunehmenden Ausbreitung des Christentums geschuldet war. Dies würde zumindest gut zur bekannten Praxis der kaiserlichen Verwaltung passen, die stark reaktiv arbeitete.61 Wir haben uns also eine Situation vorzustellen, in der es zu gehäuften Prozessen vor Statthaltern kam. Wenn das Doppelwerk nun aber Christenprozesse allenfalls andeutet, so müssen andere Verhandlungen vor dem Statthalter eine andere Anklage zum Gegenstand gehabt haben als das christliche Bekenntnis. Da wir hierüber keine direkten Quellen besitzen, sind wir auf versteckte Hinweise angewiesen. Apg 17,6 könnte solch ein Hinweis sein. Es ist schon oft aufgefallen, dass der Vorwurf, den die Juden von Thessalonich vor den Politarchen erhoben, streng genommen historisch nicht in jener Situation gesprochen worden sein kann, in der Lukas ihn präsentiert.62 Er lautet, die Christen versetzten den Erdkreis in Aufruhr.63 Nach dem Bericht der Apostelgeschichte ist Thessalonich aber erst die zweite europäische Stadt, in der die Christen missionierten. Vom Aufruhr in der Oikoumene kann also kaum die Rede sein. So ist man meist zu dem Schluss gekommen, der Vorwurf stamme aus der Zeit des Lukas.64 Wenn dies den Tatsachen entsprechen sollte, dann hätten wir hier einen Anhaltspunkt, von dem aus man auch auf die Prozesse zur Zeit des Lukas Rückschlüsse ziehen könnte. Apg 17,6 würde dann nahelegen, dass die Anklage in den Prozessen wenn nicht auf „Christ“, dann doch zumindest auf „Aufruhr“ (seditio/στάσις) lautete. Wie Apg 24,1–21 belegt,65 konnte ein
60 Da die Reichsverwaltung Domitians gewissenhaft arbeitete (JONES, Emperor Domitian, S. 72–113), könnte solch eine allgemeine Verfügung wohl noch nicht am Anfang seiner Regierungszeit erschienen sein, da er sich zunächst von den Schwierigkeiten überzeugen wollte, die die Christen im Reich machten. Möglicherweise war irgendwann einmal ‚das Maß voll‘, und Domitian entschloss sich, die Christen per se für Unruhestifter zu erklären. Dies hieße nichts anderes als die Anweisung, sie zum Tode zu verurteilen – eine Entscheidung, die Plinius als Statthalter von Bithynien-Pontus rund zwanzig Jahre später in seinem Verhalten gegenüber den bei ihm angeklagten Christen voraussetzte (MOLTHAGEN, Der römische Staat und die Christen, S. 13–21). 61 Zum reaktiven Verhalten der kaiserlichen Verwaltung MILLAR, Emperor, S. 313– 328. 62 Z.B. LÜDEMANN, Das frühe Christentum, S. 193. 63 Οἱ τὴν οἰκουµένην ἀναστατώσαντες οὗτοι καὶ ἐνθάδε πάρεισιν. 64 So z.B. LÜDEMANN, Das frühe Christentum, S. 193; G. SCHNEIDER, Evangelium nach Lukas, S. 225; CONZELMANN, Mitte der Zeit, S. 103; SCHILLE, Apostelgeschichte, S. 351; MOLTHAGEN, Konflikte, S. 55. 65 Dort findet sich der Vorwurf in V. 5 in fast der gleichen Form wie in Apg 17,6.
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Prozess wegen Aufruhrs grundsätzlich geführt werden.66 Diese Beobachtung würde auch dadurch gestützt werden, dass Lukas immer wieder unterschiedliche Wörter aus dem Wortfeld ‚Unruhestiftung‘ verwendet.67 Was Prozesse zur Zeit der ersten Rezeption des Doppelwerks angeht, hätten wir es also mit einer Übergangszeit zu tun. Einerseits gab es wohl Gerichtsverfahren, in denen das Christsein selbst noch nicht unter Strafe stand; andererseits deutet sich an, dass es Christenprozesse gab. Ganz offensichtlich nahm wohl die Anzahl derer zu, die wegen Unruhestiftung oder wegen des christlichen Bekenntnisses bei Statthaltern vorgeladen wurden. Wenn die Annahme richtig ist, dass die Christen wenig Kontakt zur Oberschicht des Reiches hatten, wäre auch nicht überraschend, wenn vielen Christen zur Zeit des Lukas gar nicht deutlich war, was eigentlich Grund einer Verhandlung war.68 Die Unsicherheit selbst des Statthalters Plinius in Hinsicht auf das rechte Verfahren69 spricht jedenfalls dafür, dass es eine Zeitlang dauerte, bis sich ein einheitliches Verfahren herauskristallisierte. Da auf Unruhestiftung ohnehin die Todesstrafe stand, mag es für die Christen der Zeit auch schwer gewesen sein, die eine von der anderen Prozessform zu unterscheiden. So könnte ironischer-, aber auch tragischerweise die Verunsicherung des senatorischen Statthalters Plinius im Umgang mit den Christen in einer Verunsicherung der Christen seiner Zeit ihre Entsprechung gefunden haben. Wenn man die bisher geäußerten Überlegungen zur Situation der Christen zusammenfasst, legt sich die Vermutung nahe, das Lukanische Doppelwerk spiegele eine Phase der christlichen Kirche wider, die im letzten Viertel des ersten Jahrhunderts wahrscheinlich war: Die Christen wurden zunehmend von der Gesellschaft, aber auch von den Behörden als eigenständige, von den Juden getrennte Gruppe wahrgenommen, deren Verhalten zu Irritationen führte.70 Gleichzeitig waren ihre Kontakte zu den Statthaltern noch nicht so 66
Wenn die Vorwürfe gegen die Christen in der Zeit vor den Christenprozessen auf Aufruhr gelautet haben sollten, würde dies auch erklären, weshalb Domitian eine allgemeine Regelung finden wollte. Nach allem, was wir wissen, reagierten die Kaiser bei diesem Verdacht besonders empfindlich. Man denke an die Pliniusbriefe, in denen Trajan scharf die Gründung einer Feuerwehr verbot, weil er befürchtete, es könnte eine Hetärie (politische Vereinigung) daraus werden (siehe unten S. 154 mit Anm. 359). 67 Apg 19,23: τάραχος; 19,29: σύγχυσις; 19,40: στάσις; 20,1: θόρυβος; 23,7: στάσις; 24,12: ἐπίστασις. 68 Siehe unten. 69 Plinius d.J., Ep. X 96,2. 70 Über die Anzahl der Christen im ersten Jahrhundert kann man nur spekulieren. Sie waren bis zum Ende des ersten Jahrhunderts in allen östlichen Provinzen und in Italien, bis zum Ende des zweiten Jahrhunderts in allen Provinzen des Reiches verbreitet, vgl. HARNACK, Mission und Ausbreitung, S. 618–628. SCHNELLE, Die ersten 100 Jahre, S. 532, errechnet ein geschätztes Wachstum um 40 % in jedem Jahrzehnt: 60 n.Chr.: 4000, 70 n.Chr.: 5600, 80 n.Chr.: 7840, 90 n.Chr.: 10976, 100 n.Chr.: 15366.
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häufig, dass ein Plinius schon auf ein eingespieltes Verfahren zurückgreifen konnte. Ja, Plinius selbst scheint ein Unbehagen verspürt zu haben, das christliche Bekenntnis allein als Hinrichtungsgrund anzusehen.71 Dass für die römischen Behörden, die mit Christen vor allem in Konfliktsituationen Kontakt hatten, schon bald der Name „Christ“ mit der Bezeichnung „Unruhestifter“ synonym verwendet wurde, lässt sich leicht vorstellen. Tacitus (Ann. XIV 17; XIII 48) und Sueton (Tib. 37,3) belegen für frühere Zeiten, wie konsequent die Kaiser eingriffen, wenn die lokalen Autoritäten nicht mehr in der Lage waren, Unruhen zu verhindern. Die politische und juristische Situation im späten ersten und frühen zweiten Jahrhundert könnte nach dem bisher Gesagten einen Hintergrund der Situation der von mir angenommenen Leser darstellen. Folgendes ist also ergänzend festzuhalten: Die von mir postulierten Leser waren Leser der Zeit des späten ersten Jahrhunderts. Die Christengesetzgebung, die in dieser Zeit vermutlich im Umbruch war, könnte deren Verunsicherung verstärkt haben. 2.1.3 Die soziale Verortung der Leser Fragt man danach, wo sich die Christen innerhalb der Sozialstruktur der Gesellschaft des Römischen Reiches befanden, so lassen sich eindeutige Belege nur für die Schicht der Handwerker/Händler und Sklaven finden. Auf Christen im Senatoren-, im Ritter- oder im Dekurionenstand lassen sich für das erste Jahrhundert nur in Ausnahmefällen Hinweise finden.72 71
Plinius d.J., Ep. X 96,2. Hier sei auf den Befund hingewiesen, dass Lukas nur die Kaiser namentlich nennt, die auch Kaiser Vespasian in seiner lex de imperio Vespasiani, die im Dezember 69 n.Chr. auf Senatsbeschluss Vespasian die kaiserliche Macht übertrug und die im Reich verbreitet wurde, benennt: Augustus, Tiberius, Claudius. Die Namen der Kaiser Caligula und Nero waren unter die in der Neuzeit sog. damnatio memoriae (in der Antike: abolitio nominis) gefallen: „[…] und auf dass alles, was er beschließt, im Einklang mit dem Vorteil der res publica und der göttlichen, menschlichen, öffentlichen und privaten Vorrangstellung sei, erhält er das Recht und die Macht, zu handeln und zu entscheiden, das gleiche Recht und die gleiche Macht, wie sie auch die vergöttlichten Kaiser Augustus und Tiberius Julius Caesar Augustus und Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus besessen haben“ (CIL VI 930, Übers. SCARRE, Die römischen Kaiser, S. 68). Soweit ich sehen kann, ist dieser Befund noch nicht notiert worden. Er könnte für eine Abfassung des Werks nach der Ermordung Neros (68 n.Chr.) sprechen. Zur Beseitigung der Statuen Caligulas durch den Senat siehe Cassius Dio, Hist. rom. LX 3,6–4,6; 5,4. 72 Plinius d.J., Ep. X 96,9, ist der früheste Beleg für eine Verbreitung der Christen in allen ordines. Die Annahme, dass es sich bei dem Konsul Flavius Clemens und seiner Frau Domitilla (Cassius Dio, Hist. rom. LXVII 14,1, siehe auch Eusebius, Hist. eccl. III 18,4– 20,7) um Christen handelte, wird zunehmend in Zweifel gezogen, siehe die Literatur bei MOLTHAGEN, Lage der Christen, S. 427, Anm. 32. ECK, Eindringen des Christentums, S. 381–401, hat für den Senatorenstand gezeigt, dass bis zur Wende vom zweiten zum dritten Jahrhundert keine Christen nachweisbar sind. Für den Dekurionenstand siehe die
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Dieser Befund überrascht nicht, da jeder, der an der Verwaltung einer Stadt in der Kaiserzeit beteiligt war, bei städtischen Opferhandlungen zugegen sein oder sie sogar organisieren musste. Tertullian schreibt gegen Ende des zweiten Jahrhunderts, in dem sich das Verhalten der städtischen Magistrate in Hinsicht auf Opferungen gegenüber dem ersten Jahrhundert nicht wesentlich geändert hat, in seiner Schrift „De idololatria“ über die Möglichkeit zur Mitarbeit von Christen in der Stadtverwaltung: Nehmen wir einmal an, dass es jemandem gelingen könne, in irgendeinem Ehrenamt nur der damit verbundenen Ehre entsprechend aufzutreten, ohne zu opfern, ohne die Opfer durch seine Anwesenheit zu autorisieren, ohne die Lieferung von Opfervieh zu verpachten, ohne die Sorge um die Tempel jemandem zuzuweisen, ohne deren Einnahmen zu verwalten, ohne Spiele zu veranstalten aus eigenen oder öffentlichen Mitteln oder diesen Spielen vorzusitzen, ohne eine Feierlichkeit anzukündigen oder zu verfügen, ohne […] ohne […] ohne […]. [Die Reihe setzt sich noch über viele Zeilen fort. Schließlich schreibt er:] […] so kann es geschehen.73
Mit anderen Worten: Die Beteiligung an der Stadtverwaltung war für Christen so gut wie ausgeschlossen.74 Dass auch die Christen selbst untereinander soziale Unterschiede aufwiesen, belegt für die Frühzeit beispielsweise der Erste Korintherbrief des Paulus.75 Dies betraf auch den im Neuen Testament vielfach belegten Zusammenfassung der Diskussion bei PLÜMACHER, Identitätsverlust und Identitätsgewinn, S. 31–35; zu den einzelnen Aufgaben der Dekurionen siehe LANGHAMMER, Stellung der Magistratus Municipales und der Decuriones, S. 340–349. HORN, Glaube und Handeln, unternimmt keine soziale Einordnung der sog. Reichen und Armen in die soziale Gesellschaft der Kaiserzeit. So auch KOCH, Geschichte des Urchristentums, S. 268. Zur Diskussion um die Funktion des Erastos, der in Röm 16,23 als ὁ οἰκονόµος τῆς πόλεως bezeichnet wird, siehe SCHNELLE, Die ersten 100 Jahre, S. 262, Anm. 83. An dieser Stelle ist auch auf die neue Arbeit von A. WEIẞ, Soziale Elite und Christentum, hinzuweisen, der sich in Abgrenzung zu THEIẞEN, MALHERBE und MEEKS dafür stark macht, doch mit Mitgliedern des ordo im frühen Christentum zu rechnen. Er nennt neben strukturellen Gründen vor allem die Personen Sergius Paul(l)us (Apg 13,4–12), den Areopagiten Dionysios (Apg 17,34) und den schon erwähnten Erastos aus Korinth (Röm 16,23). Die Tatsache, dass im gesamten Neuen Testament überhaupt nur drei namentlich genannte Personen infrage kommen, die zu einem ordo gehört haben könnten, belegt die Annahme, dass es sich bei den drei Personen um Ausnahmen handelt. 73 Tertullian, Idol. 17, zur Übersetzung siehe SCHÖLLGEN, Teilnahme der Christen, S. 337. Eine Sammlung der Quellen zur Diskussion um die Mitarbeit von Christen im römischen Staat für die ersten Jahrhunderte bieten GUYOT/KLEIN (Hg.), Das frühe Christentum, Bd. 2, S. 246–261. 74 Siehe auch Caecilius im „Octavius“ des Minucius Felix: „Ihr haltet euch von allen Vergnügungen fern, auch von den anständigsten. Ihr besucht keine Schauspiele, nehmt an den Festzügen nicht teil, verschmäht die öffentlichen Speisungen; ihr verabscheut die öffentlichen Spiele zu Ehren der Götter, das Opferfleisch und den Opferwein der Altäre“ (Oct. 12,5). 75 Z.B. 1. Kor 1,26.
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unterschiedlichen Wohlstand unter Christen.76 Auch wenn die soziale Struktur einer christlichen Gemeinde in sich nicht homogen war, befanden sich Menschen christlichen Glaubens vorwiegend in den Schichten unterhalb der ordines, also des Senatoren-, des Ritter- und des Dekurionenstands.77 Es gibt noch eine weitere wichtige soziale Verortung der Christen, die nicht übersehen werden darf: Die Christen des ersten Jahrhunderts waren vorwiegend Stadtbürger. Für ca. 15–25% der Bewohner des Römischen Reiches im späten ersten Jahrhundert war die Stadt ihr Lebensraum,78 dem auch die ländliche Umgebung rechtlich zugeordnet war.79 Dort arbeiteten diese, dort lebte ihr Familienverband, dem sie rechtlich und sozial zugeordnet waren, dort besaßen sie – soweit sie frei waren – ihr Bürgerrecht. Man kann sagen, dass die Städte der eigentliche christliche Lebensraum waren; denn nur wenige Zeugnisse der Frühzeit deuten darauf hin, dass es auch Christen auf dem Lande gab.80 So entwickelte sich das Christentum zunächst als Stadtreligion. Paulus wandte sich bei seiner Mission an die Synagogen in den Städten, und auch die ersten Gemeinden organisierten sich innerhalb der Städte.81 Nach allem, was wir wissen, waren die Christen in Hinsicht auf ihre berufliche Tätigkeit in die Stadt, in der sie wohnten, integriert. Sie gingen Berufen nach, die auch Nichtchristen ausübten. Für das erste Jahrhundert belegen die Schriften des Neuen Testaments vor allem christliche Handwerker und Händler.82 Für die Zeit Tertullians in Nordafrika hat Gerhard Schöllgen nach76 Dass es reichere Christen im ersten Jahrhundert in den Gemeinden gab, belegen Jak 2,1–4; 5,1–6; 1. Tim 2,9, weitere Belege bei LAMPE/LUZ, Nachpaulinisches Christentum, S. 186–188. 77 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass ein subdekurialer sozialer Status keineswegs ein Hinweis auf ein niedriges Bildungsniveau darstellt, vgl. M. BECKER, Lukas und Dion von Prusa, S. 62–125. Vgl. auch die zentrale Rolle, die Pallas und Narcissus als Freigelassene am Kaiserhof unter Kaiser Claudius spielten, ebenso wie den sozialen Status etwa des stoischen Philosophen Epiktet (50 bis ca. 138 n. Chr.), der zunächst ein Sklave war und erst später ein Freigelassener wurde. Zur Rolle der Freigelassenen im Umfeld von Kaiser Claudius: ECK, Die Bedeutung der claudischen Regierungszeit. Zur Biographie Epiktets: WÖHRLE, Epiktet für Anfänger. 78 SCHEIDEL, Demographic and Economic Development, S. 747. HANSON/ORTMAN, A Systematic Method, schätzen die stadtische Bevölkerung des Reiches auf 20–25% der Gesamtbevölkerung. 79 Siehe DAHLHEIM, Geschichte der römischen Kaiserzeit, S. 234 (Literatur dort). 80 Plinius d.J., Ep. X 96,9; vielleicht 1. Petr 1,1; Gal 1,1. 81 Zum Leben der Christen zur Zeit des Paulus in den Städten der Antike vgl. MEEKS, Urchristentum und Stadtkultur. Zur näheren Bestimmung von christlichen Wohnsiedlungen innerhalb der Städte siehe jetzt das Heft 6 (2020) von „Religion in the Roman Empire“, das beginnt, die Chancen einer Untersuchung der „Religion of Quarters“ auszuloten. 82 Das Material hat GRIMM, Untersuchungen zur sozialen Stellung der frühen Christen in der römischen Gesellschaft, zusammengetragen.
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gewiesen, dass die Christen denselben Berufen nachgingen wie die Heiden – mit Ausnahme der Berufe, die wie im ersten Jahrhundert in irgendeiner Form mit heidnischen Tempeln,83 dem Militärdienst oder der Stadtverwaltung84 zu tun hatten. So hat Friedrich Vittinghoff sicher recht, wenn er in Hinsicht auf mögliche Spannungen schreibt: „In den Stadtgemeinden musste die Auseinandersetzung mit den Χριστιανοί ausgetragen werden.“85 Über das bisher Gesagte hinaus lässt sich folglich ergänzen: Die christlichen Leser des Doppelwerks sind im Wesentlichen den städtischen subdekurialen Schichten zuzuordnen. 2.1.4 Das Ansehen der Leser in der damaligen Öffentlichkeit Obwohl die Christen der damaligen Zeit nicht von ihrer heidnischen Umgebung getrennt lebten, bestand die Gefahr, dass sie zu Außenseitern in ihren Städten wurden. Zweierlei im öffentlichen Leben einer Stadt dürfte nach allem, was wir wissen, dafür ausschlaggebend gewesen sein: Die Christen nahmen in der Regel nicht an öffentlichen Festen teil, und sie übernahmen keine Ämter, die mit Opfern verbunden waren. Zu den Festen: Antike Städte feierten häufig. Der römische Festkalender zählte zum Beispiel zur Zeit der Republik in einem Jahr 45 Feste.86 Auch wenn nicht alle Feste von allen Bewohnern begangen wurden, darf man davon ausgehen, dass die Zahl der Feste in Rom – aber auch im ganzen Reich – während der Kaiserzeit erheblich zunahm.87 Besonders wichtige Tage im Leben des Kaisers – sein Geburtstag, der Tag seines Herrschaftsantritts – wurden zum Anlass genommen, in einer Stadt ein Fest zu feiern. Die Städte dokumentierten so unter anderem ihre Bereitschaft zur Integration in das Römische Imperium.88 Diese Feste wurden in einer Stadt von reichen Bürgern, Statthaltern oder dem Kaiser selbst gestiftet. Oft dauerten sie tagelang und wurden von regelmäßigen Opferungen, Stadtratssitzungen und Wett-
83 Devotionalienhandel, Arbeit beim Tempelbau u.a.; SCHÖLLGEN , Teilnahme der Christen, S. 321–335. 84 Ebd., S. 336–340. 85 VITTINGHOFF, Christianus sum, S. 322. 86 LE BONNIEC, Art. Feste, S. 962; siehe die Liste der römischen Feste bei SCULLARD, Römische Feste, S. 366–373. 87 LE BONNIEC, Art. Feste, S. 962. 88 Vgl. CLAVEL-LÉVÈQUE, L’Empire en jeux. Zur Bedeutung der Städte im Römischen Reich siehe die Literatur bei DAHLHEIM, Geschichte der römischen Kaiserzeit, S. 407f. Das sog. feriale Duranum belegt allein 41 Opferhandlungen in der römischen Armee zwischen dem 1. Januar und dem 23. September eines Jahres für Dura Europos am Anfang des dritten Jahrhunderts (vgl. FINK et al., The Feriale Duranum).
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kämpfen begleitet.89 Sie waren Höhepunkte im Leben einer Stadt, an denen diese ‚sich selbst feierte‘. Die Polisbürger intensivierten auf diese Weise ihre Bindungen zu ihrer Stadt. In soziologischer Hinsicht kann man sagen, dass sie ihre Identität regenerierten.90 Sie regenerierten jedoch im Fest nicht nur ihre lokale Identität, sondern auch ihre Identität als Städte im Römischen Reich, insbesondere dadurch, dass sie durch Opfer, aber auch durch die Anlässe ihrer Feste ihre Loyalität zur Pax romana stärkten und dokumentierten. Dieser Loyalitätsbeweis wurde für sie immer bedeutungsvoller, je mehr politischen Handlungsspielraum sie für sich selbst verloren. Die Städte im Römischen Reich der ersten beiden Jahrhunderte verwandten viel Energie darauf, sich als treue und loyale kleine Einheiten im großen Ganzen des Imperiums darzustellen. Auf diese Weise kompensierten sie ihren realen Machtverlust und konnten sich den römischen Behörden, dem Senat und dem Kaiserhaus anempfehlen, die sie umgekehrt mit Privilegien und Unterstützungen für Baumaßnahmen auszeichneten. Die Pax romana, die viele Menschen dankbar als Schutz vor Bürgerkriegen empfanden und als dessen Repräsentant und Garant der Kaiser galt, beruhte nicht zum kleinsten Teil auf der überzeugten Loyalität der Stadtbürger.91 Soweit wir wissen, nahmen in den ersten Jahrhunderten kaum Christen an den Festen teil, da diese mit Opferungen verbunden waren. Tertullian drängte im späten zweiten Jahrhundert seine Glaubensgenossen entschieden dazu, den Festivitäten der Städte fernzubleiben.92 Seiner Ansicht nach solle man gerade daran einen Christen erkennen, dass er nicht an einem städtischen Fest teilnehme. Demnach scheint es wohl einige gegeben zu haben, die sich der Anziehungskraft eines Stadtfestes nicht entziehen konnten. Doch trotz dieser Ausnahmen kann man davon ausgehen, dass nur wenige Christen während der ersten beiden Jahrhunderte sich an Stadtfesten beteiligten – zu groß war die Gefahr, an Opferungen teilnehmen zu müssen.93 Dieses Verhalten muss die Christen innerhalb einer Polis isoliert haben. Bei den Festivitäten wurde ja gerade deutlich, wer zur Polis gehörte und wer 89
Ein gutes Beispiel bietet die Inschrift aus Oinoanda, vgl. WÖRRLE, Stadt und Fest im kaiserzeitlichen Kleinasien, S. 5–17. Zu den Kaiserfesten der ersten Jahrhunderte HERZ, Kaiserfeste der Prinzipatszeit. 90 Zum soziologischen Phänomen ‚Fest‘ siehe MARTIN, Fest und Alltag. 91 Zur Bedeutung für ein Staatswesen, seinen Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Loyalität zu bekunden, siehe FLETCHER, Loyalität. LATTE, Römische Religionsgeschichte, S. 312–326, spricht von der „Loyalitätsreligion der Kaiserzeit“. Wie stark sich diese Loyalität auch auf den privaten Bereich erstrecken konnte, hat STEWART, Social History of Roman Art, aus kunstgeschichtlicher Sicht beleuchtet. 92 Tertullian, Idol. 16. 93 Vgl. SCHÖLLGEN, Teilnahme der Christen, S. 34–38. Die erhaltenen Teile des feriale Cumanum weisen für fast jedes Fest im Jahr ein Opfer aus (Inscriptiones Italiae, Bd. XIII/2, S. 278ff).
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nicht.94 In solchen Zeiten war offen zu erkennen, dass die Christen nur bedingt zur Polisgemeinschaft gehörten, auch wenn sie während ihres Arbeitsalltags nicht von ihren Mitbürgern getrennt waren. An den identitätsstiftenden Ritualen ihrer Städte nahmen sie nicht teil; ihre Mitbürger konnten daraus nur schließen, dass sie sich nicht voll zur Polis gehörig fühlten.95 Dazu kam ein weiteres die Christen isolierendes Moment: Sie waren in der Regel nicht bereit, ein öffentliches Amt zu übernehmen. Wie oben beschrieben, war solch ein Amt notwendigerweise mit Opferungen verbunden.96 In den Augen der Öffentlichkeit konnte dies nur bedeuten, dass die Christen nicht bereit waren, für die Bürgerschaft Verantwortung zu übernehmen: Sie wollten offenbar – so musste die Umgebung schließen – auch in dieser Hinsicht nicht Teil der Polis sein.97 Dies wird auch für die Übernahme der meisten Ämter in antiken Vereinen gegolten haben, die sich in der Regel an den Ämtern der Städte orientierten.98 Mit der Ablehnung der Übernahme öffentlicher Ämter entzogen sich die Christen auch einem Konstitutivum der kaiserzeitlichen Gesellschaft, nämlich der zunehmenden sozialen Integration, die für die Westprovinzen oft als Romanisierung beschrieben worden ist. Wie man zunehmend erkennt, war die grundsätzliche Möglichkeit zum sozialen Aufstieg ein entscheidendes Movens zur Akzeptanz von der Gesellschaft und zur Integration der unterschiedlichen Völker ins Imperium. Wer sich dieser Möglichkeit versagte, dürfte für einige Irritation gesorgt haben.99 Diese beiden offenkundigen Verhaltensweisen, die sich innerhalb einer antiken Stadt kaum verheimlichen ließen, offenbarten der heidnischen Umgebung, dass die Christen in einem mit ihren Wertvorstellungen „konkurrieren94
Die Bestimmung des eigenen sozialen Ortes ist eine wesentliche Funktion eines Festes, vgl. MARTIN, Fest und Alltag, S. 21ff. 95 Was ja auch in gewisser Hinsicht ihrem Selbstverständnis entsprach, vgl. Phil 3,20; Hebr 13,14. Vgl. auch die Isolierung der Juden, die der der Christen ähnlich, wenn auch nicht so weitgehend war, siehe FELDMEIER, Die Christen als Fremde, S. 127–132. 96 Vgl. SCHÖLLGEN, Teilnahme der Christen, S. 338f: „Die Schriftsteller der vorkonstantinischen Kirche haben sich, soweit sie auf dieses Thema zu sprechen kommen, in seltener Einmütigkeit gegen die Übernahme von Magistraturen ausgesprochen.“ 97 Die Übernahme eines Amtes in einer Stadt kam für die meisten Christen wohl auch deshalb nicht in Betracht, da sie nicht wohlhabend genug waren. ALFÖLDY, Römische Sozialgeschichte, S. 110: „In größeren und mittleren Städten betrug der Minimalzensus 100 000 Sesterzen“. Dennoch wird der Öffentlichkeit aufgefallen sein, dass auch die reicheren Christen nicht bereit waren, in den Dekurionenstand aufzusteigen. 98 Zu den antiken Vereinen und ihrer Bedeutung für die neutestamentliche Exegese siehe EBEL, Mit vereinten Kräften Profil gewinnen, S. 71: Literatur zum antiken Vereinswesen dort. 99 Zur sozialen Mobilität in der römischen Kaiserzeit, zu ihren Grenzen und ihrer Bedeutung für die Identifikation mit der Pax romana siehe die Literatur bei DAHLHEIM, Geschichte der römischen Kaiserzeit, S. 200f.
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den Bezugssystem“100 lebten. Die Ausübung des Kaiserkults101 gehörte ebenso zur Selbstverständlichkeit der antiken Welt wie die Darstellung homerischer Szenen in den Räumen des privaten Hauses, die für Gäste zugänglich waren.102 Beides, die Teilnahme an Festen und die Übernahme städtischer Ämter, grundsätzlich abzulehnen, bedeutete für antike Bewohner des Römischen Reiches eine grundsätzliche Ablehnung der Pax romana, die neben dem täglich erfahrbaren Frieden auch auf einem religiösen Fundament ruhte.103 Auch wenn die superstitio, die im Hinblick auf Christen in heidnischen antiken Quellen sichtbar wird,104 sicher in rechtlicher Hinsicht kein Grund war, um die Christen zu verurteilen, so ist die Erwähnung des Aberglaubens doch ein Symptom dafür, wie sehr die Umgebung vom christlichen Glauben und von seinen öffentlichen Konsequenzen befremdet sein konnte.105 Die Tatsache, dass unsere Quellen keine eindeutige Rechtsgrundlage belegen, auf der die Christen verurteilt wurden, spricht dafür, wie selbstverständlich die Christen von der römischen Verwaltung als Bedrohung der Pax romana wahrgenommen wurden. Wenn Christen heidnische Opfer aus religiösen Gründen ablehnten, konnte diese Haltung für Heiden eine politische Stellungnahme zur Pax romana darstellen. Neben den beiden Hauptfaktoren Ablehnung der Teilnahme an Festen und der Übernahme öffentlicher Ämter begegnen uns in den antiken Quellen weitere Verhaltensweisen der Christen, die die heidnische Öffentlichkeit
100
FELDMEIER, Die Christen als Fremde, S. 117. Die Bedeutung des Kaiserkults für einen antiken Ort betonen WLOSOK, Rom und die Christen, und SCHÄFKE, Frühchristlicher Widerstand. 102 Zu diesem Bereich ZANKER, Die römische Kunst, S. 73–88, S. 78: „Mythologische Szenen machten den weitaus größten Teil der häuslichen Bilder aus.“ Sie hatten die Funktion, den Alltag der sich in den Räumen versammelnden Gesellschaft in deren Spiegel zu deuten, so ebd., S. 80. 103 Siehe z.B. Polybius, Hist. VI 56,6–8, im Zusammenhang mit der Frage, warum die Römer so erfolgreich waren: „Der größte Vorzug des römischen Gemeinwesens scheint mir aber in ihrer Ansicht von den Göttern zu liegen […], die Grundlage des römischen Staates […]: eine beinahe abergläubische Götterfurcht. Die Religion spielt dort im privaten wie im öffentlichen Leben eine solche Rolle, und es wird so viel Wesens darum gemacht, wie man es sich kaum vorstellen kann.“ Cicero, Nat. deor. II 8: „Aus dem Untergang dieser Heerführer [z.B. des Caius Flaminius] lässt sich erkennen, dass unser Staat nur dann mächtiger geworden ist, wenn ihn Männer führten, die die religiösen Gebräuche beachtet haben.“ PRICE, Rituals and Power, S. XI, spricht von einem „web of power“, das Politik und Religion verband. 104 Z.B. Sueton, Nero 16,2; Tacitus, Ann. XV 44,1; Plinius d.J., Ep. X 96,8. Vgl. LÜHRMANN, Superstitio. 105 Gerade das Schweigen in der Antwort Trajans auf die Frage des Plinius nach den Gründen der Christenprozesse belegt meines Erachtens, wie selbstverständlich die Christen als Außenseiter angesehen wurden, die die Pax romana infrage stellten, vgl. Plinius d.J., Ep. X 97. 101
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befremdeten:106 ihre nächtlichen Gottesdienste, ihre Anrede „Schwestern und Brüder“, ihre Begräbnisriten und nicht zuletzt ihr ethisch gewissenhaftes Verhalten, das für Außenstehende wie Arroganz anmuten konnte.107 Letztlich werden auch die wirtschaftlichen Einbußen, die manche heidnischen Händler durch die Christen zu erleiden hatten,108 ihren Teil dazu beigetragen haben, die Christen innerhalb einer Stadt in eine Außenseiterrolle zu drängen.109 Diese Außenseiterrolle innerhalb der Städte aber war es, die den Christen ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit verschaffte. Es verwundert nicht, dass man ihnen allerlei Schandtaten (flagitia) nachsagte und sie allgemein als Unruhestifter in den Städten ansah.110 Dieses schlechte Image hatte – dies dürfte deutlich sein – wenig mit dem wirklichen Verhalten der Christen zu tun. Es rührte zwar von ihrer Lebensart her, hatte aber seinen Grund in der Projektion auf die Christen als Außenseiter. Seinen prägnantesten Ausdruck fand dieses Gemisch aus Vorurteilen und Distanzerfahrungen in einem Vorwurf, den schon Tacitus gegen die Christen erhob und der nach ihm in der einen oder anderen Form immer wieder ausgesprochen wurde: Die Christen trügen einen „Hass auf das Menschengeschlecht“ (odium humani generis) in sich.111 Stellt man dieses Vorurteil dem christlichen Liebesgebot und den Mühen gegenüber, zu denen der Erste Petrusbrief auffordert, sich ethisch einwandfrei gegenüber den Hei106
Quellenangaben zum Folgenden bei FELDMEIER, Die Christen als Fremde, S. 113–
121. 107 Vgl. etwa die Beschreibung korinthischer Magistrate in 1. Kor 6,1 als ἄδικοι oder die pauschale Diffamierung der heidnischen Lebensweise in 1. Kor 6,9–10, vgl. auch 1. Petr 4,3. 108 Vgl. Apg 19,28.29; Plinius d.J., Ep. X 96,10. 109 Allerdings fehlen oft die Quellen für das erste Jahrhundert. Der Erste Petrusbrief (z.B. 3,16) belegt, dass die Christen schon früh isoliert waren, siehe auch VITTINGHOFF, Christianus sum, S. 335. 110 Plinius spricht von flagitia coherentia nomini (Plinius d.J., Ep. X 96,2). In der Literatur des zweiten und dritten Jahrhunderts begegnet man einer Reihe von obskuren Vorstellungen in Hinblick auf Schandtaten, die allesamt belegen, wie wenig die Öffentlichkeit von der Lebensweise der Christen wahrnahm oder wahrnehmen wollte. Die Palette war breit gefächert. Sie reichte vom Vorwurf des Starrsinns (pertinacia) über den der magischen Kulte bis hin zu thyesteischen Festen. Die Christen scheinen aber auch die sexuelle Fantasie ihrer Umgebung angeregt zu haben: Man verdächtigte sie der Promiskuität, der Blutschande und der ödipodeischen Beilager. Dies führte dazu, dass den Christen das Image der Unruhestifter anhaftete: Sie seien ein Geschwür am Gemeinwesen und würden eine christliche Revolution, die das Unterste zuoberst kehrt, herbeiführen wollen. Der Philosoph Kelsos ging um 170 n.Chr. so weit, den Aufruhr als das eigentliche Wesen des Christentums zu beschreiben, sein Glaube würde nur das Chaos nach sich ziehen. Auch wenn sich solche oder ähnliche Vorwürfe sicher nicht an allen Orten und in allen Städten fanden, so scheinen sie doch eine gewisse Verbreitung gehabt zu haben. Vgl. SCHÄFKE, Frühchristlicher Widerstand, S. 579–606, dort auch die einzelnen Quellenbelege. 111 Tacitus, Ann. XV 44.
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den zu verhalten,112 offenbart sich die Distanz weiter Kreise der hellenistischrömischen Gesellschaft des ersten Jahrhunderts und zeigt, wie stark die Christen als Fremdkörper in ihren Städten wahrgenommen wurden. Es legt sich also nahe, davon auszugehen, dass die von mir rekonstruierten Leser eine Außenseiterrolle in den Städten, in denen sie lebten, gespielt haben. Nach allem, was wir wissen, riefen Glaube und Verhalten in der Umgebung der Christen Irritationen hervor. 2.1.5 Der Kontakt der Leser zu Repräsentanten des römischen Staates im Alltag Solange es nicht zu lokalen Unruhen kam,113 überließ das Römische Imperium in der Regel ihre innere Verwaltung den Städten selbst.114 Die große Akzeptanz der römischen Herrschaft in weiten Teilen des Reiches im ersten und zweiten Jahrhundert115 bedingte, dass die römische Herrschaft vor allem symbolisch in den Städten präsent war116 und ein durchschnittlicher Stadtbewohner nur selten einen Repräsentanten Roms zu Gesicht bekam.117 Dies galt sicher auch für die Christen. Mit einem Statthalter werden sie, wie ihre heidnischen Mitbewohner, vermutlich nur selten oder nie in Kontakt gekommen sein. Man mag sich vorstellen, dass sie ihn sahen, wenn er mit seinem Verwaltungsstab in eine Stadt einzog. Wenn die Reisen des Plinius in den ersten Jahrzehnten des zweiten Jahrhunderts repräsentativ sind, dann besuchte ein Statthalter überhaupt nur die wichtigeren Städte seiner Provinz. Im Falle des Statthalters Plinius lassen sich während der zwei Jahre, die er Bithynien-Pontus verwaltete, nur sechs Städte sicher nachweisen, die er besuchte.118 Üblicherweise dürfte ein Christ mit einem Statthalter nur dann etwas zu tun gehabt haben, wenn er zum ersten Mal in einen Strafprozess verwickelt war. War der Christ oder die Christin Peregrine, also kein römischer Bürger, 112
Z.B. 1. Petr 2,11–3,17. Unruhe in den Städten und das konsequente Eingreifen Roms belegen Tacitus, Ann. XIII 48; XIV 17; Sueton, Tib. 37,3. 114 Neuere Literatur zum Thema Verwaltung des Römischen Reiches in der Kaiserzeit bei GEHRKE/SCHNEIDER, Geschichte der Antike, S. 551f und 555–557. 115 Sueton (Aug. 98,2) berichtet von spontanen Huldigungen des Kaisers am Golf von Puteoli: „durch ihn würden sie leben, durch ihn könnten sie zur See fahren, durch ihn könnten sie die Freiheit und das Glück genießen“. 116 Zur symbolischen Präsenz Roms in den Städten z.B. ZANKER, Augustus und die Macht der Bilder. 117 HERZ, Die römische Kaiserzeit, S. 387: „Das Imperium Romanum kam bei der Verwaltung seiner Provinzen mit einer erstaunlich geringen Menge von Personal aus.“ 118 WILCKEN, Plinius’ Reisen, S. 135f. Bei meiner Durchsicht der Korrespondenz des Plinius mit Kaiser Trajan habe ich außer im sog. Christenbrief (Ep. X 96,3) keinen Beleg für einen direkten Kontakt eines Peregrinen mit dem Statthalter gefunden. 113
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kam es nur zu einem Gerichtsverfahren, wenn es um politische, die römische Herrschaft betreffende Anklagen oder um Kapitalverbrechen ging.119 Handelte es sich um einen römischen Bürger, war der Statthalter die für ihn zuständige Rechtsinstanz. Wer also nicht in einen Prozess verwickelt war, mag in seinem ganzen Leben nicht einen Statthalter zu Gesicht bekommen haben.120 Ähnlich könnte es sich mit der Begegnung mit einer größeren Anzahl von römischen Legionären verhalten haben. In der Regel standen keine Legionen fest in senatorischen Provinzen. So waren beipielsweise im Osten des Reiches im späten ersten Jahrhundert Truppen vor allem in den die Sicherheit des östlichen Reiches wichtigen Grenzprovinzen Syrien und Kappadokien stationiert.121 Ein Statthalter hatte in der Regel seine kleine, ihm untergebene Truppe in den senatorischen Provinzen. Selbst römische Legionäre bekamen die meisten Christen deshalb vermutlich auch eher selten zu Gesicht. Ausnahmen waren die Einquartierungen von Truppen, wenn sie verlagert wurden, über die es in späteren Zeiten immer wieder Klagen gab.122 Dennoch war jedem Bürger/jeder Bürgerin einer Stadt im Bereich des Imperiums bewusst, dass er oder sie im Römischen Reich lebte. Rom hatte eine hohe symbolische Präsenz in den Städten.123 Römische Aquädukte brachten Wasser in die Städte, römische Thermen und Brunnen wurden gebaut.124 Tempel für den Genius des Kaisers oder für gewesene Kaiser entstanden und nahmen oft einen Platz an der Agora oder in einem Gymnasium einer 119 BLEICKEN, Verfassungs- und Sozialgeschichte, S. 186–193. RIEẞ, Gesellschaft der Kaiserzeit: „Die römische Verwaltung musste sich aufgrund ihrer Ressourcenknappheit nur auf Hauptaufgaben beschränken; dies war die Schaffung von Ruhe und Ordnung, der Schutz von Leben und Eigentum und die Garantie der lokalen und regionalen Selbstverwaltung, auf die Rom unbedingt angewiesen war.“ 120 Von Ähnlichem scheint auch SCHREIBER, Der politische Lukas, S. 177, auszugehen, wenn er von den Zenturionen und Soldaten als Repräsentanten vor Ort spricht. 121 MILLAR, Roman Near East, S. 89. 122 Dies schließt nicht aus, dass es Begegnungen gab, von denen SCHREIBER, Der politische Lukas, S. 184, ausgeht. Auch über die Organisation der Einnahme der Steuern dürfte ein Stadtbürger im Allgemeinen kaum direkten Kontakt mit dem Römischen Imperium gehabt haben. Die direkten Steuern wurden über die städtischen Beamten eingenommen, die indirekten über private Unternehmen – so zumindest die Unterscheidung von HEUẞ, Römische Geschichte, S. 295. Über das Steuersystem der frühen Kaiserzeit gibt es wenige Quellen. Es war kompliziert und lokal verschieden, siehe DE MARTINO, Wirtschaftsgeschichte des alten Rom, S. 466–480. Die kaiserlichen Finanzbeamten in den kaiserlichen und senatorischen Provinzen dürften sich wohl nur an die zuständigen Amtsträger in der Stadtverwaltung gewandt haben. 123 F. KOLB, Stadt im Altertum, S. 178. 124 Siehe die Aufforderung Frontins, die Aquädukte besonders zu pflegen, seien sie doch ein besonderes Zeichen für die Größe des Römischen Imperiums (Frontin, Aqu. 119,1).
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Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks
hellenistischen Stadt ein125 – ganz abgesehen von den Statuen und Gebäuden, die zu Ehren eines Statthalters oder eines Kaisers errichtet wurden, und den Festen, die eine Stadt zu Ehren eines Römers feierte. Rom war in den Städten des Reiches präsent, jedem Bewohner war bewusst, dass er in der Pax romana lebte, auch wenn er keinem römischen Beamten in seiner Stadt begegnete.126 Diese symbolische Präsenz des Imperiums wurde verstärkt durch den sog. Euergetismus, ohne den das Römische Reich nicht hätte existieren können.127 Nach dem, was uns die Quellen vermitteln, überbot sich die lokale Aristokratie geradezu darin, ihre Loyalität zum Kaiser herauszustellen, indem sie eine Fülle von Bauwerken, Statuen und anderes in den Städten stiftete.128 Sozial aufzusteigen und ‚römischer‘ zu werden, war in den Städten des Römischen Reiches praktisch identisch. Der Kaiser galt dabei als Garant des inneren Friedens, und ihn durch Wohltätigkeit zu ehren, hieß, die Pax romana zu unterstützen und sein eigenes Sozialprestige zu mehren.129 Die christlichen Leser des Doppelwerks hatten also mit Repräsentanten Roms kaum Kontakt. Doch lebten sie in einer Welt, die die Pax romana grundsätzlich bejahte und deren symbolische Repräsentation auf sehr unterschiedliche Weise offenkundig war. 2.1.6 Bündelung: Die verunsicherten Leser Bündeln wir die bisherigen Ergebnisse zur Erhebung einer historischen Situation der für unsere Zwecke rekonstruierten Leser, so fällt zunächst der tröstende Grundton von Lk 21,12–19 und 12,11–12 auf. Jesus spricht den Christen Mut und Orientierung zu, die sich in der Situation der Verfolgung130 befinden, um ihnen Sicherheit im Umgang mit solch einer Situation zu geben, die für sie eine Ausnahmesituation war. Nach unserer Untersuchung des 125
8% der Grundfläche des Stadtkerns nahm das Gymnasium in Ephesus ein, F. KOLB, Stadt im Altertum, S. 178. 126 Auch der Status, ein römischer Bürger zu sein, und die Übernahme der römischen Bezeichnung der städtischen Ämter in manchen Städten dürften zur symbolischen Präsenz Roms zu rechnen sein. Zur symbolischen Präsenz des Kaisers siehe KUHOFF, Felicior Augusto Melior Traiano, S. 28–45. R. KLEIN, Die Romrede des Aelius Aristides. Eine Einführung, S. 132, Anm. 24: Der Kaiserkult „war der einzige Weg, auf welchem die meisten Provinzialen dem Kaiser begegneten“. 127 Zur Bedeutung des Euergetismus für die Finanzierung städtischer Aufgaben am Beispiel der Provinz Asia siehe CRAMME, Bedeutung des Euergetismus. 128 Apuleius charakterisiert im zweiten Jahrhundert den Städter Demochares mit den Worten: „Er war ein Mann von der edelsten Geburt, von großem Vermögen und von ausnehmender Freigebigkeit, und die Zurüstung zur öffentlichen Lustbarkeit geschah mit einer Pracht, die vollkommen seiner würdig war“ (Apuleius, Met. IV 13,2). 129 Grundlegend zum Euergetismus: VEYNE, Brot und Spiele. 130 V. 12: διώξουσιν.
2.1 Die Rekonstruktion der Leser
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Textes Lk 21,12–19 und des historischen Kontextes legt es sich nahe, von einer latenten Bedrohungssituation auszugehen, die sich für Christen des späten ersten Jahrhunderts131 und damit auch für die von mir rekonstruierten Leser durch folgende Faktoren konstituiert: Es gab Unruhen auf der lokalen Ebene, die ihre Ursache in der allgemeinen skeptischen Stimmung der Bevölkerungsmehrheit hatten und auch das familiäre Umfeld beeinträchtigen konnten. Es bestand die Gefahr, dass lokale Magistrate Christen bei Unruhen an die zuständigen Statthalter überstellten. Für jeden Christen und für jede Gemeinde der Zeit bestand die Gefahr, dass es zu Prozessen vor Statthaltern kam, in denen es um Leben und Tod ging. Es dürfte den Christen der Zeit kaum klar gewesen sein, was ihnen juristisch konkret vorgeworfen wurde, also ob im christlichen Glauben allein der zu verhandelnde Straftatbestand bestand und ob solche Prozesse überhaupt eine allgemein gültige juristische Grundlage hatten. Da die rekonstruierten Leser in der Regel aufgrund ihrer sozialen Stellung kaum Kontakt zu Statthaltern hatten, dürften sie in der Kommunikation mit Statthaltern ungeübt gewesen sein. Kulturell hellenistisch-römisch geprägte Leser dürften in besonderem Maße durch das Verhalten ‚ihres‘ Imperiums verunsichert gewesen sein, standen sie doch grundsätzlich dem in den Städten symbolisch präsenten Imperium und seiner Kultur positiv gegenüber. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die von mir rekonstruierten christlichen Leser in ihrer Beziehung zum Römischen Imperium verunsicherte Leser waren.
131
BACKHAUS, Zur Datierung der Apostelgeschichte, hat die unterschiedlichen Versuche zur Datierung der Apostelgeschichte diskutiert. Lange bestand ein Konsens, die Apostelgeschichte um das Jahr 90 zu datieren. Backhaus selbst gelangt zur relativen Spätdatierung 100–130 n.Chr. Zur Diskussion über die Datierung des Lukasevangeliums siehe WOLTER, Lukasevangelium, S. 4–10. Wolter selbst präferiert eine Abfassung zu Anfang der 80er-Jahre. GREGORY, The Reception of Luke and Acts, S. 353, kommt in seiner Studie zur Rezeption des Doppelwerks vor Irenäus zu dem Ergebnis: „the earliest external evidence for Luke can be dated no earlier than the activity of Marcion and Justin in the mid second-century“. BAKER, Identity, Memory and Narrative, schließt sein Werk mit Worten zur Datierung des Doppelwerks (S. 206): „This places the composition of Luke-Acts in the Roman Imperial reign oft the Flavian and Nervan-Antonian dynasties, which includes the reign of Vespasian (69–79), and his two sons Titus and Domitian (81–96), Nerva (96–98), and Trajan (98–117).“
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Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks
2.2 Die Funktion der Leser zur Erhebung der Aussagen über das Römische Imperium im Doppelwerk Mithilfe der in der eben beschriebenen Weise rekonstruierten Leser lese ich im Folgenden die Aussagen des Textes132 zum Römischen Imperium. Dabei wende ich ein Verfahren an, das Manfred Lang in seiner leicht überarbeiteten Habilitationsschrift von 2008 ebenfalls angewandt hat: Um den Beitrag zu erheben, den das lukanische Paulusbild für die christliche Kunst der Lebensführung zur Zeit seiner Abfassung leistet, nimmt er einen „implied reader“133 an, der als Resonanzboden dient, den er durch die Werke antiker Autoren zur Lebenskunst charaktierisiert.134 So legt er nahe, dass das lukanische Paulusbild in den Kapiteln 20–27 der Apostelgeschichte für eine Rezeption zur „Kunst des christlichen Lebens“ offen ist: Nachdem das Leben der Christen in Apg 5–12 grundlegend verortet und sowohl sachlich als auch theologisch entfaltet worden sei (vgl. auch Apg 17,16–34), entfalte Lukas anschließend die Haltung des christlichen Lebens zum Tode (Apg 20,18–35), zur Gastfreundschaft, zur Askese (Apg 21,15–26) und zum Thema „Der Weise vor Gericht“ (Apg 24,1–27; 25,23–26,32). Schließlich stelle Lukas seinen in Fragen der Lebenskunst belesenen Rezipienten den Weisen in der Todesbedrohung vor Augen (Apg 27).135 Wenn ich auch nicht von impliziten, sondern von realen Lesern ausgehe, übenehme ich diesen rezeptionsorientierten Ansatz im Grundsatz, indem auch ich Leser rekonstruiere, um die Rede vom Imperium im Doppelwerk in der Zeit seiner frühen Rezeption zu erfassen.136 Da sich die Rede von einem „Leser“ in der Literaturtheorie als Bezeichnung eines Rezipienten eingebürgert hat,137 spreche ich von Lesern, die stellvertretend stehen für weibliche 132 Mit „Text“ meine ich das Lukanische Doppelwerk, wie es den damaligen Lesern zugänglich war. Ich beziehe mich auf den Text des sog. NESTLE/ALAND, 28. Auflage. Für meine Frage nach der Rezeption des Textes ist die Unterscheidung zwischen dem realen Autor, dem impliziten Autor, dem Erzähler Lukas und dem vorliegenden Text unerheblich. Zur Unterscheidung der genannten erzähltheoretischen Begriffe siehe JANNIDIS/LAUER/ MARTÍNEZ/WINKO, Einleitung. 133 LANG, Kunst des christlichen Lebens, S. 47. 134 Vor allem Sallust, Tacitus, Cicero, Horaz und Seneca, vgl. LANG, ebd., S. 100–167. Langs Hauptfrage lautet (S. 47): „Wie konnte ein Römer die Apostelgeschichte lesen?“ 135 Ähnlich auch das Verfahren von KANY, Der lukanische Bericht, S. 76–80, der von „heuristischer Fiktion“ (S. 76) der Leser spricht. Hier sei auch auf M. BECKER, Lukas und Dion von Prusa, S. 51–61, verwiesen. Er spricht von „konstruierten Lesern“ als einer hypothetischen Größe und betont aber auch, dass solch ein Leserkonstrukt kein „ahistorisches“ sei (S. 55). 136 Mein Zugang steht also im Kontext der Rezeptionsästhetik, die einen Text nicht vom Autor, sondern vom Rezipienten aus versteht, vgl. z.B. KÖPPE/WINKO, Neuere Literaturtheorien, S. 85–96. 137 Z.B. SCHWEIKLE/SCHWEIKLE (Hg.), Metzler-Literatur-Lexikon, S. 266.
2.2 Funktion der Leser zur Erhebung der Aussagen über das Römische Imperium
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ebenso wie für männliche Leser, ebenso für einzelne Leser oder Leserinnen, eine oder mehrere Rezeptionsgruppen.138 Diese Gruppen können durchaus Interpretationsgemeinschaften sein, die sich beispielsweise nach oder in einem Gottesdienst über das Gehörte austauschen. Sie mögen den Text liturgisch oder unabhängig vom christlichen Gottesdienst der Zeit rezipieren.139 Leser können dabei laut oder leise Lesende ebenso wie Hörende sein.140 Ebenso können Leser den Text in einzelnen Perikopen, größeren Abschnitten oder als ganzen rezipieren.141 Leser und Rezipienten sind für mich also gleichbedeutend.142 Da ich die in den vorhergehenden Abschnitten rekonstruierten Leser aufgrund unserer Quellenlage nur in begrenztem Maße bestimmen kann, ist meine rezeptionsorientierte Untersuchung nicht ohne Vermutungen von Leserassoziationen möglich. Solch eine Untersuchung kann letztlich nur im Bereich der historischen Wahrscheinlichkeit gelingen. Doch erlangt sie ihren Reiz gerade dadurch, dass ich die Leser nutze, um mehr Plausibilitäten aufzuzeigen als eindeutig verifizierbare Feststellungen. Da mein Schwerpunkt auf der Rezeption der Texte liegt, werde ich klassische exegetische Fragen nach der Textkritik, der Quellenkritik, der Form-, der Traditions-, Begriffs- und Motivs- und Redaktionsgeschichte143 nur anwenden, wenn sie Ergebnisse zum besseren Verständnis einer möglichen Rezeption durch Christen in der Zeit des späten ersten Jahrhunderts beisteuern. Wie die Rekonstruktion der Leser gezeigt hat, postuliere ich nur christliche Leser mit einem paganen Hintergrund. Historisch spricht wenig gegen die 138
Lukas kennt sowohl das Konzept vom (lauten) Lesen eines Einzelnen (Apg 8,30) als auch eines von der gemeinsamen Lektüre zweier Personen (Apg 8,31). Ebenso kennt er die Rezeption von Texten in einer Gemeinschaft (z.B. Lk 4,16–27; Apg 15,31). 139 Hier sei auf die soziale Funktion des gemeinsamen Lesens verwiesen, vgl. BASCZOK, Szenen, Inszenierungen und Bühnen, S. 149: „Wenn der Text in der Gemeinschaft erfahren wird und im Anschluss an das Gehörte wahrscheinlich noch zum Thema in Gesprächen wird, kann deshalb in dieser Performance von einer identitätsstiftenden Funktion des Textes ausgegangen werden.“ 140 Paul J. Achtemeier spricht sich für lautes Lesen als Regel in der Antike aus: ACHTEMEIER, Omne Verbum Sonat. Zur Diskussion um das laute Lesen in der Antike: BUSCH, Lautes und leises Lesen in der Antike, S. 1–7. 141 Grundlegend zur Methodik der rezeptionsorientierten Arbeitsweise am Lukanischen Doppelwerk: LANG, Kunst des christlichen Lebens, S. 47–95. 142 Dies ist umso wichtiger wahrzunehmen, als die Alphabetisierungsquote für das gesamte Imperium mit 3–10 % und für männliche Städter mit etwa 15–30 % angenommen werden kann, vgl. EVE, Writing the Gospels, S. 7; KEENER, Acts. Introduction and 1–2, S. 47. Jetzt zum gesamten Bereich der Rezeption des Doppelwerks siehe BASCZOK, Szenen, Inszenierungen und Bühnen, S. 140–149. Zur Bildung von Frauen in der Kaiserzeit grundlegend: HEMELRIJK, Matrona Docta, S. 17–96. Zum römischen Buchwesen: LANG, Kunst des christlichen Lebens, S. 415–421. 143 Zur Näherbestimmung der Methoden siehe SCHNELLE/STRECKER, Einführung.
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Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks
Annahme, dass neben christlichen Lesern auch rein pagane Leser, Gottesfürchtige, Judenchristen, hellenistische oder palästinische Juden das Doppelwerk rezipiert haben könnten. Diese Gruppen sind jedoch nicht meine ‚Zielgruppe‘, die ich untersuche. Die Leser, die ich rekonstruiere, lebten im hellenistisch-römischen Kulturkreis innerhalb der Grenzen des Imperium Romanum. Um die Interpretationsmöglichkeiten des Textes nicht zu weit einzuschränken, bestimme ich diese Leser geographisch nicht näher als für diesen Raum.144 Für die Hauptteile meiner Arbeit (Teile 3 und 4) dienen die rekonstruierten Leser primär als heuristische Hilfe, um die Aussagen des Textes zu erheben, die sich auf das Römische Imperium beziehen.145 Ziel meiner Arbeit ist also das Verständnis der Darstellung und des Ertragspotenzials des Textes. Die historische Rekonstruktion der Leser dient diesem Ziel.
2.3 Die Funktion der Leser zur Erhebung des Ertragspotenzials Die mithilfe der rekonstruierten Leser gewonnenen Erkenntnisse über die Aussagen des Doppelwerks werde ich anschließend im vierten Teil meiner Studie nach ihrem Ertragspotenzial für diese Leser befragen. Da wir keine direkten Quellen haben, die uns Auskunft über die Wirkung des Doppelwerks auf die von mir rekonstruierten Leser im letzten Viertel des ersten Jahrhunderts geben, beschränke ich mich auf die Erhebung des Ertragspotenzials des Doppelwerks.146 Kirsten Adamzik definiert den Ertrag eines Textes als das, „was Rezipienten und Produzenten aus dem Text gewinnen können, er schließt also auch die selbstbezogenen Funktionen ein und kann sich sowohl von Individuum zu Individuum unterscheiden als sich auch mit der Zeit, etwa bei wiederholter
144 Um der Klarheit willen sei darauf hingewiesen, dass Aufnahmen alttestamentlicher Motive in den Texten nur dann eine Rolle bei der Exegese spielen, wenn ihre Aussagen eine Beziehung zu den Aussagen der Texte zum Imperium Romanum aufweisen. 145 Da solche Leser idealtypisch rekonstruiert sind, sind sie auch konstruierte Leser, vgl. M. BECKER, Lukas und Dion von Prusa, S. 51–61. Mit meinem Verfahren nähere ich mich der Methode der historischen Diskursanalyse an, die Sachverhalte erforscht, „die zu einer bestimmten Zeit in ihrer zeichenhaften und gesellschaftlichen Vermittlung – und eine andere Art der Aneignung von Welt ist nicht denkbar – als gegeben anerkannt werden“ (LANDWEHR, Historische Diskursanalyse, S. 96). 146 In linguistischer Hinsicht bewege ich mich mit der Frage nach dem Ertrag auf dem Feld der Textpragmatik, die Stein folgendermaßen bestimmt hat: „Pragmatik beschäftigt sich mit den Aspekten der Bedeutung, die über das Zeichen und seine Referenten hinausgehen: Sie schließt sowohl die Sprachbenutzer als auch kontextuelle Faktoren ein, wie die Situation, die Absicht des Sprechers oder die Strukturen der Konversation“ (STEIN, Einführung, S. 85).
2.3 Die Funktion der Leser zur Erhebung des Ertragspotenzials
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Rezeption durch ein und dasselbe Individuum, verändern“.147 Für unseren Zusammenhang sind an dieser Definition folgende drei Feststellungen wichtig: (1) Es handelt sich bei dem Ertrag eines Textes um sein Potenzial. Um dies zu betonen, spreche ich von Ertragspotenzial. (2) Ebenfalls ist für unsere Frage wichtig, dass der Ertrag nicht bei jedem Rezipienten gleich ist. (3) Außerdem kann sich der Ertrag für einen Rezipienten wandeln, etwa wenn ein Leser einen Text mehrfach liest.148 Alles drei scheint mir im Falle der Rezeption des Doppelwerks gegeben zu sein: Mithilfe der rekonstruierten Leser ist das Ertragspotenzial für sie als Rezipienten erhebbar. Die Rezipienten sind unterschiedlich. Die historische Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das Doppelwerk mehrfach gelesen wurde und deshalb auch, z.B. weil sich die Lebenssituationen der Rezipienten geändert haben, unterschiedlich rezipiert wurde. Dabei ist meine Frage nach dem Ertragspotenzial zu unterscheiden von der Frage nach der Intention des Autors, die im 19. und 20. Jahrhundert oft gestellt wurde.149 Die Intention des Autors mag Voraussetzung und damit eine Unterkategorie des Ertrages sein, wie Adamzik vorgeschlagen hat,150 sie bleibt aber von dem Ertragspotenzial unterschieden. Ich frage rezeptionsorientiert – gewissermaßen zum Leser hin –, welches Potenzial der Text für die von mir rekonstruierten Leser bereithält. Die Frage nach der Intention des Autors fragt demgegenüber sozusagen hinter den Text zurück nach dem letztlich nur implizit zu erschließenden Autor. Für meine Studie ertragreicher scheint mir die Frage nach dem Ertragspotenzial des Textes zu sein, weil sie keinen Autor und keine Intention dieses Autors zu postulieren braucht.151 Ob das Ertragspotenzial des Textes historisch ausgeschöpft wurde, ist für meine Untersuchung nicht ausschlaggebend. Die aufzuzeigende Fülle der Aussagen zum Imperium legt sogar die Vermutung nahe, dass das Doppelwerk Erzählpotenziale anbietet, die je nach Situation abgerufen werden konn-
147
ADAMZIK, Textlinguistik, S. 116. Hier sei nur der Vollständigkeit erwähnt, dass es mir anders als Adamzik nicht um die Rückwirkung des Textes auf den Autor geht. 149 Vgl. z.B. den Titel der Arbeit von J. WEIẞ, Über die Absicht und den literarischen Charakter der Apostelgeschichte, noch vor der Jahrhundertwende (von 1897). 150 ADAMZIK, Textlinguistik, S. 116, dort weitere Literatur. 151 Dass Lukas mit dem Adressaten Theophilos (Lk 1,3; Apg 1,1) dem Leser ein Identifikationsangebot macht, darauf weist BASCZOK, Szenen, Inszenierungen und Bühnen, S. 36, hin: „Wenn sich die Stimme als Autor ausgibt, warum sollte dann nicht auch der Leser die Möglichkeit erhalten, in die Rolle des Adressaten zu schlüpfen?“ Dass der Autor Lukas keineswegs nur durch die Figur Theophilos ein Identifikationsangebot macht, zeigt Basczok im Folgenden (z.B. S. 52–63). 148
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Teil 2: Überlegungen zu den Lesern des Doppelwerks
ten.152 Zudem ist immer damit zu rechnen, dass ein Leser oder eine Rezeptionsgemeinschaft assoziativ liest und dadurch individuell Sinnpotenziale erschließt, die anderen nicht zugänglich sind. Deshalb ist vermutlich auch meine Erschließung des Textpotenzials nur begrenzt. Je nach individueller historischer Situation gibt es sicher weitere Potenziale des Textes als die von mir in Teil 4 genannten. Nicht zuletzt deshalb verstehe ich meine Studie als einen Gesprächsbeitrag zur gegenwärtigen Diskussion um das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk. Im Folgenden untersuche ich die Texte im Einzelnen, systematisiere ihre Aussagen und erhebe schließlich das Ertragspotenzial des Textes für die verunsicherten zeitgenössischen Leser.
152
Ähnlich LANG, Kunst des christlichen Lebens, S. 89: „Der Re-Repräsentant nimmt dieses kohärente Gefüge [d.h. des Haupt-Topics, Erg. J.-A. E.) auf und interferiert es mit seinem Vorwissen zu einer bruchlosen mentalen Konstruktion.“
Teil 3
Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk Jede Perikope des Doppelwerks hat ihren eigenen Charakter und ihren eigenen Klang und meist mehr als eine einzige Aussage zum Römischen Imperium. Deshalb bespreche ich die Perikopen im Folgenden einzeln und entfalte in diesem Durchgang die unterschiedlichen Aussagen des Doppelwerks.
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums 3.1.1 Die kontrafaktische Realität Gottes (Lk 1,46b–55) Zur Gliederung der Vorgeschichte des Evangeliums (Lk 1,5–4,13): Teilt man die Vorgeschichte in einzelne Abschnitte ein, so fällt die Zäsur in 3,1 ins Auge. Schließt der Vers Lk 2,52 in Anklang an 1,80 deutlich das zweite Kapitel ab, das ausschließlich von Jesu Geburt und seiner Kindheit handelt, so beginnt mit der Zeitangabe in 3,1–2 deutlich ein neues Thema, nämlich die Erzählung von Johannes dem Täufer in der Wüste, der nun erwachsen ist. Soweit ich sehe, ist diese Zäsur allgemein anerkannt. Für die weitere Unterteilung empfiehlt es sich, die Texte nach einem Muster zu gliedern, das Lukas in 3,15–17 selber nahelegt, nämlich der Überbietung der Johannes- durch die Jesusgeschichten, das sich auch in vielen Einzelmotiven findet. Überträgt man dieses Schema der Überbietung auf die Einteilung der Vorgeschichte, ergibt sich folgende Grobgliederung: Teil 1a) Ankündigung der Geburt des Johannes und der Geburt Jesu: 1,4–56 Teil 1b) Geburt des Johannes und Geburt und Kindheit Jesu: 1,57–2,52 Teil 2a) Johannes der Täufer: 3,1–20 Teil 2b) Jesu Taufe, Stammbaum, Versuchung: 3,21–4,13 Die Berichte über Johannes gehen so jeweils den Berichten über Jesus voraus. Alle vier Teile sind formal deutlich voneinander abgegrenzt: Teil 1a) endet mit Lk 1,56: Maria bleibt bei Elisabet drei Monate lang, dann wendet sie sich wieder nach Hause. 1b) Im anschließenden Vers 57 folgt die kurze Schilderung der Geburt Johannes’ des Täufers. 2a) Lk 3,1 markiert einen deutlichen Neuanfang unter anderem durch den chronologischen Neubeginn. 2b) Die Zäsur Lk 3,20/21 wird dadurch markiert, dass Lukas – anders als Markus und Matthäus – fast verschweigt, dass Johannes Jesus tauft (siehe die häufige Verwendung unpersönlicher Verbformen in den Versen 21– 22). Markus erwähnt die Taufe durch Johannes explizit, Matthäus schildert ein Gespräch der beiden. Lukas hingegen schließt den Johannesabschnitt mit der historisch erst später erfolgten Gefangennahme des Johannes durch Herodes ab und verstärkt so die Zäsur zwischen Johannes und Jesus. Auch die Formel ἐγένετο, durch die Lukas häufig innerhalb der Vorgeschichte gliedert (1,5; 2,1.15 u.ö.), verstärkt den Eindruck einer Zäsur an dieser Stelle.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Den von mir rekonstruierten Lesern dürfte bei der Lektüre des sog. Magnifikats auffallen, wie deutlich Lukas in diesen Versen davon spricht, dass Gott die Mächtigen von ihren Thronen stürzt und die Niedrigen erhebt. Das Römische Imperium nennt Lukas nicht explizit, für Leser des späten ersten Jahrhunderts legt es sich jedoch nahe, bei der Formulierung καθεῖλεν δυνάστας ἀπὸ θρόνων (V. 521) auch an das Imperium und seine Herrscher zu denken. Das hier mitgemeinte Imperium stellt Lukas dabei im Magnifikat in einen größeren theologischen Zusammenhang: Gott offenbart sein Wesen und seinen Willen darin, dass er Mächtige von ihren Thronen stürzt. Das Imperium wird also hier schon in der Vorgeschichte des Evangeliums in seiner Macht relativiert. Diese frühe und grundsätzliche Erwähnung zeigt den Lesern, dass das Imperium auch im Folgenden stets unter dem Vorzeichen der Kritik irdischer Macht steht. Diese theologische Machtkritik wird Lukas im Folgenden durch die Geburt Jesu, durch sein Leben und auch schließlich durch seine Erhöhung auf Erden weiter ausführen. Theologische Grundlage von Gottes Handeln ist sein Erbarmen, wie das Magnifikat zeigt: Maria preist hymnisch Gottes Erbarmen (siehe die zentrale Verwendung des Wortes ἔλεος in V. 50 und 54) und staunt über das Wirken des Gottes, der die Mächtigen von ihren Thronen stürzt (V. 52a). Beim Magnifikat handelt es sich formgeschichtlich um ein traditionelles Danklied,2 dessen Einzelaussagen auf vielfältige Art und Weise miteinander verflochten sind (allein sechs Wortstämme, die zentrale Aussagen markieren, wiederholen sich innerhalb der neun Verse3). Dem damaligen wie dem heutigen Leser erschließen nur wenige eindeutige Hinweise eine klare Gliederung (siehe unten). Dazu kommt, dass das Magnifikat eine Fülle von alttestamentlichen Anspielungen aufweist. Es ist nicht geklärt, ob V. 48, der davon spricht, dass Gott die Niedrigkeit seiner Magd angesehen habe, die von nun an von allen Generationen gepriesen werde, zum ursprünglichen Lied gehört.4 Die Ursprache des Liedes ist nicht klar, manche vermuten Hebräisch, andere Aramäisch, wieder andere Griechisch. Michael Wolter resümiert in seinem Kommentar: „Allen Aussagen über eine wie auch immer geartete Vorgeschichte des Magnifikat ist gemeinsam, dass sie hochspekulativ sind“.5
1
Zu V. 52 finden sich Parallelen in der Septuaginta (1. Sam 2,7–8; 2. Sam 22,28; Ez 17,24; 21,31; Sir 10,14), aber auch im paganen Bereich (z.B. Hesiod, Op. 5–8). Wenn Maria von den δυνάσται singt, kann dies im paganen wie im jüdischen Bereich neutral den Herrscher, einen Gott, den Gott des Alten Testaments oder einen Menschen bezeichnen, siehe die Belege bei W. BAUER et al., Wörterbuch, Sp. 419. In Apg 8,27 ist der Hofbeamte gemeint. 2 So z.B. TANNEHILL, Narrative Unity, Bd. 2, S. 26: „traditional hymn of praise“. Zur Diskussion der unterschiedlichen Traditionen und Gliederungsvorschläge RADL, Evangelium nach Lukas, Bd. 1, S. 70–85. 3 Μεγα-: V. 46b, 49a; ταπείν-: V. 48a, 52b; γεν-: V. 48b, 50; ποι-: V. 49a, 51a; δυν-: V. 49a, 52a; ἐλε-: V. 50a, 54b. 4 Vgl. FITZMYER, Gospel according to Luke, Bd. 1, S. 360. 5 WOLTER, Lukasevangelium, S. 99. Forschungspositionen dort.
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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Die Infragestellung irdischer Macht durch Gott, der in seiner Barmherzigkeit Mächtige von den Thronen stürzt und Niedrige erhebt, so erfahren die Leser des Doppelwerks, entspringt Gottes eigenem Wesen. Dies belegen die Gliederung des Magnifikats und die grammatische Verflochtenheit der Aussagen miteinander. Dabei scheinen mir die vielen inneren Bezüge des Textes untereinander und die Durchdringung von inhaltlichen und formalen Kriterien bei dem Versuch der Erfassung des Liedes eine Chance zu sein: Sie zeigen, wie kompakt das Lied formuliert ist und wie dicht die unterschiedlichen Akzente des Liedes miteinander verwoben sind: Aufbau: 1. V. 46b–49a: Gottes Wirken an Maria als Selbstoffenbarung 2. V. 49b–50: Der mächtige Gott 3. V. 51–53: Gottes umstürzendes Handeln 4. V. 54–55: Gottes Handeln an Israel
Es lassen sich deshalb weniger deutlich abgegrenzte Einheiten als vielmehr Schwerpunkte der Verse ausmachen. Deutlich ist nur die Zäsur zwischen den Versen 50 und 51, die das Lied in zwei Abschnitte teilt: 1. die an Maria erwiesene Gnade Gottes und sein Wesen (V. 46b–50) und 2. das Heilshandeln Gottes und die Verlässlichkeit seiner Verheißungen (V. 51–55). Doch – bezeichnend für das Magnifikat – überbrückt das Lied diese Zäsur von sich aus, stellt doch das Substantiv δυνατός in V. 49a das Subjekt dar, auf das sich die folgenden Verse 49b–55 zurückbeziehen. Inhaltlich zeigt die Überbrückung der Zäsur: Das Heilshandeln Gottes an der Welt und an Israel entspringt seinem Wesen. Wesen und Wirken Gottes sind untrennbar miteinander verwoben. Ähnliches lässt sich an V. 49 beobachten, der die Beschreibung des Wesens Gottes als erbarmenden Gottes mit dem vorher besungenen persönlichen Handeln an Maria verbindet. Formal sind die Verse 46–49a von den folgenden Versen geschieden, findet sich doch nur in ihnen die (viermalige) Verwendung der ersten Person Singular. Inhaltlich sollte man dennoch die Trennung von den Versen 49b–50 nicht zu stark betonen, wird doch Gott in V. 47, der bis dahin Subjekt war und allein an Maria gehandelt hat, nun als mächtiger Gott charakterisiert, eben als δυνατός (V. 49a). Gerade solche schwachen Zäsuren, die das Lied an mehreren Stellen aufweist, verweisen auf die zentrale Rolle, die die Macht Gottes im Magnifikat spielt. Dem bisher Gesagten entspricht die Beobachtung, dass Lukas das Adjektiv δυνατός (V. 49) zur Charakterisierung Gottes verwendet und entsprechend die Machthaber als δυνάσται beschreibt (V. 52). Hier spielt offensichtlich das Magnifikat mit Begriffen vom gleichen Wortstamm und begrenzt semantisch die Macht der irdischen Machthaber durch seine Rede von Gottes mächtigem Erbarmen. Ähnliches lässt sich für ὕψωσεν (V. 52) beobachten: Nach V. 35 wirkt an Maria die Kraft des Höchsten, nach V. 52 erhöht Gott selber. Nicht nur sachlich, sondern auch sprachlich sind Wesen und Wirken Gottes eng verbunden.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Die inhaltliche Verflochtenheit des Liedes belegt auch die Zäsur zwischen V. 53 und V. 54. Sie beendet den Teil, der vom umstürzenden Handeln der irdischen Verhältnisse durch Gott singt. In den anschließenden Versen 54 und 55 preist das Lied die verlässliche Zuwendung Gottes zu seinem Volk Israel. Trotz dieser inhaltlichen Zäsur ist das Subjekt des Handelns immer noch Gott. Gott handelt also keineswegs unterschiedlich an Israel und der Welt. Ausgangspunkt bleibt Gottes erbarmendes Wirken. Die Wiederholung des Substantivs ἔλεος von V. 50 in V. 54 unterstreicht diese Beobachtung. So singt das Lied von Gottes mächtigem6 und rettendem Erbarmen,7 das alle irdische Macht infrage stellt und ‚Demütige‘ erhebt,8 und leitet auf diese Weise das Evangelium ein. Den von mir rekonstruierten Lesern könnte am Magnifikat Folgendes in Hinblick auf das Imperium ins Auge gefallen sein: 1. An dieser zentralen Stelle in der Vorgeschichte, an der Lukas das Geschehen der Zeugung Jesu durch den Heiligen Geist in Maria (V. 35) in einen größeren theologischen Kontext stellt, spielt das Thema Macht eine entscheidende Rolle: zum einen in der Form, dass Gott als der Mächtige angeführt wird, zum anderen aber auch in der Weise, dass Gottes Macht durch sein Erbarmen die in irdischer Hinsicht Mächtigen entmachtet.9 2. Die Herrschaft Roms wird im Magnifikat nicht explizit genannt. Diese Beobachtung überrascht nicht, da aufgrund der Psalmensprache des Magnifikats solch eine Konkretisierung sehr ungewöhnlich gewesen wäre. Dennoch bleibt die Herrschaft Roms aber auch nicht außen vor, ist sie doch als eine Form irdischer Herrschaft in V. 52 mit gemeint. Auch wenn manche Ausleger10 die in Lk 1,52 erwähnte Herrschaft konkret auf Nero oder Vespasian beziehen, bleibt doch festzuhalten, dass Lukas die Frage der Macht hier allgemein theologisch und damit zunächst als grundsätzliche Frage nach irdischer Macht in den Blick nimmt. 3. Aufgrund der hier gemachten Beobachtungen lässt sich drittens feststellen: Alles, was im Doppelwerk über Rom und seine Herrschaft folgt, steht unter dem Vorbehalt, dass Gottes Wirken und Sein die irdische Macht von Menschen grundsätzlich infrage stellt. So warnt Lk 1,52 davor, für weitere Stellen des Doppelwerkes, die von Lukas nicht ausdrücklich theologisch 6
Vgl. die Rede vom κέρας σωτηρίας in Lk 1,69. Lk 1,47.50.54.69.71.72.77.78; 2,11.30; 3,6. 8 V. 52b: καὶ ὕψωσεν ταπεινούς. Die Verse 51–53 sind insofern aus dem Kontext gehoben, als sie zunächst allgemein von Gottes machtvollem Handeln mit seinem Arm sprechen, um im Folgenden (V. 52–53) dieses Wirken doppelt in jeweils zwei parallelen synthetischen Parallelismen zu konkretisieren, die nach dem Schema a–b–b–a gefasst sind und sich im Griechischen reimen. 9 FELDMEIER, Der Höchste, S. 147, spricht sogar davon, dass das Magnifikat „eine Art Präludium für das sich im Evangelium dann entfaltende Handeln Gottes darstellt“. 10 Z.B. ECKEY, Lukasevangelium, z.St. 7
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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gedeutet werden, eine Eigenmächtigkeit des Staates anzunehmen, die Gott und das Römische Imperium voneinander trennen würde. Nach der Analyse des Magnifikats existiert irdische Macht für Lukas stets nur unter Vorbehalt. 3.1.2 Der Friedenskaiser Augustus und der Retter in Betlehem (Lk 2,1–14) In Lk 2,1 begegnet den Lesern zum ersten Mal das Römische Imperium explizit: Lukas nennt Kaiser Augustus und dessen Befehl an „die ganze Welt“,11 sich in Steuerlisten einzutragen zu lassen. Leser, die die Vorgeschichte lesen, dürfte die Erwähnung in Lk 2,1 insofern überraschen, als sie wohl kaum nach der Schilderung der Geburt Johannes’ des Täufers in Lk 1,57–79 und dessen weiterer Entwicklung in Lk 1,80 mit einer furiosen Eröffnung des Folgenden rechnen, wie sie Lukas in 2,1–5 bietet. Spielte bisher alles Erzählte im jüdischen Kontext,12 so erwähnt Lukas ab 2,1 die gesellschaftliche Spitze des Römischen Imperiums, den Kaiser Augustus, dessen Wirken weit über dessen Zeit hinausreichte. Um die Rolle des Augustus, des Quirinius und die Bewegung des Textes für einen Leser der damaligen Zeit angemessen zu erfassen, ist es unabdingbar, die Verse 1–21 zu gliedern. Gliedert man den Text nach räumlichen Gesichtspunkten und nach dem deutlichen Wechsel der Akteure in V. 8, so ergibt sich eine starke Zäsur zwischen V. 7 und V. 8.13 V. 7 schildert die Geburt im „Stall“, V. 8 benennt die Existenz von Hirten auf dem Feld, die nachts auf dem eingezäunten Feld auf ihre Herde achtgeben. Der Satzteil „sie hatten keinen Raum“ in V. 7 zeigt, wie wichtig Lukas die Kategorie des Raumes in diesem Text ist. Aufbau: V. 1–7: Weg nach Betlehem. Geburt im „Stall“ V. 8–14: Proklamation und Akklamation des Retters auf dem Feld vor den Hirten V. 15–20: Verknüpfung der Aktanten der beiden ersten Teile: Hirten – Joseph/Maria V. 21: Abschluss: Notiz von der Beschneidung Jesu14
11
Πᾶσαν τὴν οἰκουµένην. Vgl. Lk 1,5 als früheste Zeitangabe. 13 Über die Einteilung der Verse 1–21 herrscht in der Forschung Uneinigkeit. Insbesondere die inhaltlich wichtigen Verse 6 und 7 (die knappe Schilderung der Geburt Jesu) halten einige Ausleger für einen eigenen Teil der Weihnachtsgeschichte (z.B. FITZMYER, Gospel according to Luke, Bd. 1, S. 392). Für eine Zäsur zwischen V. 5 und 6 spricht, dass Lukas in V. 6 wie in V. 1 und 15 mit ἐγένετο einsetzt. Die räumlichen und personalen Signale legen allerdings die hier vorgestellte Gliederung nahe. Zur Überordnung des personalen Inventars vor der Syntax vgl. WILK, Erzählstrukturen, S. 140–144. Zur hier präferierten Gliederung z.B. auch ECKEY, Lukasevangelium, Bd. 1, S. 131. 14 Auch das ἐγένετο in V. 6 unterstreicht letztlich sogar diese Gliederung nach räumlichen Gesichtspunkten, benennt es doch gerade die Tatsache, dass das Paar dort (ἐν τῷ εἶναι αὐτοὺς ἐκεῖ) angekommen war. Die geschilderte Epiphanie des Engels (V. 9–12) mit 12
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Diese Gliederung erschließt das für das Imperiumsverständnis entscheidende inhaltliche Gefälle der gesamten Erzählung Lk 2,1–20: Zunächst berichtet Lukas vom Edikt des Augustus, das – sicher von Rom aus – über die ganze Welt ausgeht. Dann verengt er die Perspektive auf Quirinius, der ‚nur‘ Statthalter von Syrien ist (V. 2). Nun leitet Lukas den Blick des Lesers auf Joseph aus der galiläischen Stadt Nazaret (V. 4) bis hin zur Stadt Betlehem in Judäa. Schließlich geht es um die schwangere junge Frau Maria, die in einer Herberge,15 wo kein Raum war, ihren ersten Sohn zur Welt bringt (V. 7). Was also mit dem Blick auf Augustus, den Herrscher der ganzen „Oikoumene“, begann, endet mit dem Blick auf eine Herberge, in der nicht genügend Platz für die Geburt des Gottessohnes (Lk 1,32) ist. Verdichtet sich im ersten Teil die Erzählung räumlich von Augustus auf das Kind in der Krippe hin (V. 1–7), so schildert Lukas den zweiten Teil (V. 8–14) so, dass sich der Blick des Hörers vom Feld über die Hirten, über den Engel, über den Retter auf Gott hin weitet. Was also in den Versen 1–7 aus profaner, irdischer Perspektive geschildert wird, wird in den Versen 8–14 in ein neues, göttliches Licht gesetzt: Der in der Enge Geborene ist der von den Engeln akklamierte Retter, dessen Botschaft sich im „Stall“ von Betlehem ebenso ausbreitet wie zu allen, die diese Botschaft hören (V. 17–18). Dem Weg in die Enge einer Herberge (V. 1–7) entspricht der Weg der weiteren Erzählung von den Hirten auf dem Felde in die Weite himmlischer Heerscharen (V. 8–14), die sich schließlich in der Verkündigung an die Welt fortsetzt (V. 17–18). Blickt man also auf dieses Gefälle der Erzählung, so könnte man von einer Spiegelung der Bewegung des Texts sprechen: der Weg in die Enge in V. 1–7 einerseits und der Weg in die Weite in V. 8–14 andererseits. Vor dem Hintergrund dieser entgegengesetzten Struktur – von Lk 2,1–7 einerseits und Lk 2,8–14 andererseits – sind nun Bedeutung und Funktion der Erwähnung des Kaisers Augustus und des Quirinius in Lk 2,1 zu betrachten. Zunächst ist theologisch festzuhalten, dass Lukas in 2,1 die Geschichte Jesu mit der Weltgeschichte verzahnt. Das Heil für die Welt, von dem Lukas erzählt, ereignet sich nicht zeitlos, sondern zu einem konkreten Zeitpunkt und an einem konkreten Ort: Es beginnt zu der Zeit, als Augustus Kaiser in Rom war.16 Dieser konkreten zeitlichen Verortung des Heilsbeginns bei Augustus entspricht gleichzeitig eine Relativierung seiner Bedeutung. Wie gezeigt, erwähnt Lukas Augustus in dem zentralen Abschnitt Lk 2,1–21 an der Stelle, wo er Marias und Josephs Aufbruch schildert, nicht aber dort, wo die Geburt der sich anschließenden Theophanie (in den Versen 13–14) ist also von dem Wegbericht und der Geburtserzählung zu trennen. 15 Ἐν τῷ καταλύµατι. 16 27 v.Chr.–14 n.Chr.
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Jesu und ihre Verkündigung geschieht. Kaiser Augustus, der wie kein anderer dem römischen Kaiserreich Gestalt gab, ist für Lukas zwar wichtiger Initiator des Ortswechsels von Maria und Joseph, spielt aber in der sich anschließenden weiteren Vorgeschichte des Evangeliums bis 4,13 und dem folgenden Evangelium selbst keine Rolle mehr. Dem entspricht, dass auch die Registrierung in den Steuerlisten, der eigentliche, äußere Grund der Reise, nur in Lk 2,1–5 und nicht mehr im weiteren Evangelium erwähnt wird. Lukas konstatiert Augustus’ politische Funktion und äußere Wirkung für die Heilsgeschichte;17 für die Offenbarung des Heils selbst billigt Lukas ihm jedoch keine tragende Rolle zu.18 Dabei halte ich es für wichtig festzuhalten, dass Lukas die irdische Macht des Augustus und die profane Motivation der Reise nach Betlehem zunächst schildert, ohne dass sich eine direkte Kritik feststellen ließe. Die Macht des Augustus nimmt Lukas als gegeben hin, ebenso wie auch die Bedeutung des Quirinius. Selbst die Steuerschätzung, die im Laufe des ersten Jahrhunderts in anderen Teilen des Reiches Anlass zu Erhebungen war, schildert er neutral und nimmt sie hin. Ja, sie führt sogar dazu, dass Maria und Joseph nach Betlehem gelangen. Dies ist umso erstaunlicher, als eine Steuerschätzung in Judäa immer wieder Anlass zu Unruhen gab (z.B. bei Amtsantritt des in der Weihnachtsgeschichte genannten Quirinius, siehe Josephus, Bell. II 118) und schließlich einen Auslöser für den Ausbruch des Jüdischen Krieges (66–70/73 n.Chr.) darstellte,19 den der spätere Kaiser Vespasian aus römischer Sicht erfolgreich führte und den sein Sohn Titus abschloss. Doch nicht nur in dieser konkreten Hinsicht erweist sich Lukas als ‚treuer Bürger des römischen Staates‘, waren es doch auch die vielen Steuern, welche Kaiser Vespasian den Bewohnern des Reiches auferlegte, die das Reich nach den finanziell ruinösen Zeiten Kaiser Neros wieder auf soliden Boden stellten.20 Erst durch den fiscus alexandrinus, den fiscus judaicus, den fiscus asiaticus und andere Steuern konsolidierte Vespasian das Reich in finanzieller Hinsicht.21 Einem Leser der Zeit des letzten Viertels des ersten Jahrhunderts könnte ins Auge fallen, wie zunächst scheinbar kritiklos Lukas die Erhebung von Steuern nennt, die den Frieden im Reich aufrechterhielten. Prägnant formuliert diese römische Perspektive auf das Steuerwesen im Jahre 70 n.Chr. in den Worten des Tacitus Petilius Ceralis, ein Legionskommandeur und Verwandter Vespasians, gegenüber den besiegten Galliern in einer Rede in den „Historien“ des Tacitus: 17
Es legt sich sogar nahe, hier Gottes verborgenes Wirken zu sehen, vgl. z.B. Apg 4,28. Allenfalls wäre zu erwägen, ob sich hier ein Gedanke an ein Handeln Gottes als Vorsehung in der Welt finden ließe, doch dafür gibt es keine expliziten Belege. 19 Josephus, Bell. II 402–404. 20 Cassius Dio, Hist. rom. LXV 10,5–11,1. 21 PFEIFFER, Zeit der Flavier, S. 24f. 18
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Wir haben, sooft wir auch gereizt wurden, von dem Recht des Siegers nur insofern Gebrauch gemacht, als wir euch nicht mehr aufbürdeten, als was zum Schutz des Friedens diente. Es kann nämlich Ruhe unter den Völkern nicht bestehen ohne Waffenmacht, Waffenmacht nicht ohne Soldzahlung, Soldzahlung nicht ohne Tribute. (Hist. IV 74,1)
Auch die Darstellung des Lukas in 2,1, Augustus habe die Macht gehabt, über die ganze „Oikoumene“ die Steuerschätzung durchführen zu lassen, scheint zunächst ohne Ironie zu sein. Sie entspricht zweifelsohne dem Selbstverständnis mancher Zeitgenossen, das Römische Imperium sei der Inbegriff der zivilisierten Welt,22 allerdings nicht der augusteischen Realität. Augustus hätte zwar theoretisch in seinem Reich eine Steuerschätzung durchführen können, jedoch nicht im ganzen bewohnten Erdkreis. Den Lesern der damaligen Zeit könnte aufgefallen sein, dass Lukas sich in der Erwähnung der Oikoumene bewusst oder unbewusst an einem Diskurs der ersten beiden Jahrhunderte beteiligt. War es doch eine offene Frage im Prinzipat, ob Rom den gesamten bewohnten Erdkreis unterwerfen sollte, um ihm den Frieden zu bringen, wie dies programmatisch Vergil im sechsten Buch der „Aeneis“ formulierte.23 Faktisch wurde dieser Anspruch durch die defensive Außenpolitik der Kaiser Tiberius, Domitian und Hadrian – oft zum Unwillen der Senatoren – infrage gestellt. Nach der Interpretation der lobpreisenden Romrede des Publius Aelius Aristides aus dem Jahre 155 n.Chr. durch Richard Klein24 finden sich selbst noch in dieser Rede die Spuren der immer wieder diskutierten Frage, ob Rom seine Expansionspolitik mit dem Ziel, die „Oikoumene“ zu beherrschen, fortsetzen solle oder nicht. In das bisher Geschilderte fügt sich die große Selbstverständlichkeit, mit der Lukas alle Ereignisse in Judäa schildert. Im Text findet sich kein Hinweis darauf, dass Reichsbewohner zur Zeit der Flavier mit Judäa vermutlich vor allem ein Aufstandsgebiet verbanden, das dank Kaiser Vespasian und seinem Sohn Titus nun militärisch befriedet war. Judäa galt noch lange nach dem Sieg im Jüdischen Krieg der Jahre 66–70(73) als der Ort im Reich, der den römischen Frieden infrage stellte. Die sog. Judaea-Capta-Münzen waren beispielsweise wesentlicher Teil der Selbstdarstellung Vespasians im Römischen Reich. Auch die selbstverständliche Erwähnung König Davids, aus dessen Geschlecht Jesus stammt, könnte für eine ‚Staatstreue‘ des Lukas sprechen, die er in den Versen 1–7 signalisiert. Auch wenn ihm beides, der Ort Betlehem und die Davidssohnschaft, durch die Tradition vorgegeben war,
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W. BAUER et al., Wörterbuch, Sp. 1138. Vergil, Aen. VI 850–853: „Tu regere imperio populos, romane, memento, […] pacisque imponere morem, parcere subiectis et debellare superbos.“ „Du, Römer, erinnere dich, mit deiner Herrschaft die Völker [!] zu regieren, […] den Frieden mit [römischer] Lebensart zu verbreiten, die Besiegten zu schonen und die Hochmütigen zu vernichten“ (Übers. J.-A. E.). 24 R. KLEIN, Die Romrede des Aelius Aristides. Eine Einführung, S. 148–160. 23
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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so könnten die damaligen Leser wahrgenommen haben, dass Lukas in den Versen 1–7 in keiner Hinsicht mit Aufstandsbewegungen sympathisierte. Zeit, Ort und Herrschaft Roms schildert Lukas in 2,1–7 als selbstverständliche Gegebenheit, aber auch als Erinnerung an den Friedenskaiser Augustus, wie dieser sich selbst verstand und präsentierte.25 Lesen die Leser die Weihnachtsgeschichte in den Versen 8–14, zeigt sich, dass Lukas die Macht Roms zwar nicht explizit, aber implizit infrage stellt. In V. 11 verkündet der Engel den Hirten gegenüber den Neugeborenen als σωτήρ, was für eine/n Bewohner/in des Römischen Reiches fast zwangsläufig Assoziationen an römische Kaiser hervorrufen musste; war doch der Titel „Retter“ ein typischer Ehrentitel eines hellenistischen Herrschers, der später auf den römischen Kaiser überging – insbesondere auf Augustus, von dem die Titel σωτὴρ τῆς οἰκουµένης und σωτὴρ τοῦ κόσµου überliefert sind. Anders als für die Septuaginta, die den titularen Gebrauch des Rettertitels für Gott reservierte, wie Jung nachgewiesen hat,26 wurden die römischen Kaiser oft in Ehreninschriften als „Retter“ bezeichnet. Insbesondere Augustus selbst wurde oft als Retter gepriesen, hatte er doch dem Römischen Imperium nach der Zeit der Bürgerkriege den Frieden gebracht, wie er selber in seinen „Res gestae“ darstellt.27 In einer Inschrift aus Priene von nach 9 v.Chr. wird Augustus beispielsweise als Retter gefeiert, dessen Geburtstag am 23. September in der ganzen Provinz Asia den Jahresbeginn darstellen sollte. Der – politisch weitgehend bedeutungslose – Provinziallandtag bekundete auf diese Art und Weise seine Verbundenheit mit dem Prinzeps.28 Ähnliches dürfte für den Lobpreis der himmlischen Heerscharen in Lk 2,14 gelten, die anlässlich der Geburt Jesu Gott in der Höhe als den preisen, der Friede auf Erden schafft bei den Menschen seines Wohlgefallens. Nicht allein Vergil preist Augustus als denjenigen, mit dessen Geburt das Zeitalter des Friedens beginne.29 „Frieden“ war der Begriff, mit dem sich der Kaiser nach 25
Hier sei nur kurz auf die Fülle von Zeugnissen hingewiesen, die ZANKER, Augustus und die Macht der Bilder, gesammelt hat. Was die althistorische Frage angeht, wann denn die Geburt Jesu stattgefunden haben soll, hier nur die kurze Anmerkung, dass sich die Statthalterschaft des Publius Sulpicius Quirinius der kaiserlichen Provinz Syrien (nach Josephus, Ant. XVIII 1) von 6 bis 9 n.Chr. gar nicht mit der Datierung des Lukas verträgt, alles habe sich nach Lk 1,5 zur Zeit des Herodes zugetragen. Anfragen bestehen auch wegen der reichsweiten Eintragung in die Steuerlisten, die uns – außer hier – sonst erst von Vespasian aus dem Jahre 74/75 überliefert sind. Vgl. BRAUNERT, Der römische Provinzialzensus. 26 JUNG, ΣΩΤΗΡ, S. 230–238. 27 Z.B. Augustus, R.g. VII 13. 28 Vgl. KLAUCK, Das göttliche Kind, S. 298f. SCHREIBER, Weihnachtspolitik, S. 56–62, sammelt als Grundelemente des sog. Goldenen Zeitalters: Friede, Gerechtigkeit, Weltherrschaft, Rückbindung an alte römische Werte, Naturparadies (das heißt Tierfriede und Fruchtbarkeit). 29 Z.B. in der 4. Ekloge.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
außen darstellte und mit dem auch die Bevölkerung seine Regierungszeit assoziierte. Auch in der „1. Ekloge“ des Calpurnius kündet in der Tradition Vergils der Hirtengott Faunus den Hirten Korydon und Oryntus eine „goldene Zeit mit gefahrlosem Frieden“ anlässlich des Amtsantritts Neros im Jahre 54 an.30 Für einen Leser oder Hörer der Zeit Kaiser Vespasians könnte beim Hören des Titels σωτήρ und des Wortes εἰρήνη auch mitschwingen, dass sich Vespasian selber als Retter des Reiches inszenierte, der nach dem Krisenjahr 69 und der Zeit Neros das Reich in der Tradition des Augustus wieder konsolidierte.31 Schon Ende August 69 n.Chr., also zu einem Zeitpunkt, als der Senat noch Vespasians Vorgänger Vitellius als Augustus anerkannte, änderte Vespasian seinen Namen von Imperator Titus Flavius Vespasianus Caesar in Imperator Caesar Vespasianus Augustus und stellte sich damit eindeutig in die Tradition des Augustus. Auch die lex de imperio Vespasiani, das uns überlieferte Gesetz über seine Herrschergewalt von 69 n.Chr., stellt Vespasian immer wieder in die Tradition des Augustus.32 Münzprägungen mit den Inschriften „Victoria“ oder „Pacis eventus“ („Sieg“ oder „Eintritt des Friedens“) bestätigen dies. Dies belegen auch die Feiern anlässlich der 100-Jahres-Jubiläen des Sieges des Augustus über Marcus Antonius im Jahre 70 n.Chr. und die Jubiläumsfeierlichkeiten für die Wiederherstellung der Republik im Jahre 74 n.Chr., die uns auf Münzen überliefert sind. So wie Augustus über Mark Anton gesiegt und den Frieden für das Römische Imperium gebracht hat, so sollte auch Vespasian als zweiter Augustus in seinem Sieg über Vitellius erscheinen. Flavius Josephus berichtet in seinem „Jüdischen Krieg“ (Bell. VII 161–162), dass Vespasian ähnlich wie Augustus in Rom kurz nach seinem Regierungsantritt einen Tempel bauen ließ, in dem er die Symbole aller Provinzen des Reiches aufstellen ließ: Die Friedensideologie sollte also nicht nur der Repräsentation des Kaisers dienen, sondern auch der Integration ins Reich. Plinius der Ältere schreibt zum neuen Frieden unter Vespasian (H.n. XXVII 1,3): Die Kräuter von allen Gegenden der Welt kommen „zum Wohle des menschlichen Geschlechts auf der ganzen Erde [nach Rom], und zwar unter der unermesslichen Herrlichkeit des römischen Friedens […]. Möchte doch, ich bitte darum, dieses Geschenk der Götter von Dauer sein! So sehr hat es den Anschein, dass sie [sc. die Götter] die Römer der Menschheit gleichsam als zweites Licht geschenkt haben.“ Der Friedenskaiser Vespasian bezieht sogar die Natur ein. Nicht nur Augustus stellte sich als Friedenskaiser dar, ebenso auch Vespasian.
30
Calpurnius, Ekl. I 43. An dieser Stelle sei auch auf die Ara Pacis Augustae verwiesen, die der Senat zu Ehren des siegreichen Augustus errichten ließ. Siehe MLASOWSKY, Ara Pacis. 31 Zum Folgenden PFEIFFER, Zeit der Flavier, S. 27–32. 32 CIL VI 930, §§ 1.2.6.7 u.ö.
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass auch der in V. 11 genannte Titel Kyrios, den Lukas so oft in seinem Doppelwerk verwendet wie kein anderer Evangelist, Herrscherkritik enthält.33 In Apg 25,26 nennt der Statthalter Festus Kaiser Nero seinen „Kyrios“. Wenn sich hinter diesem Titel in V. 11 das Tetragramm aus der Septuaginta verbergen sollte, könnte dies eine Andeutung von Kritik am Kaiser darstellen. Erste Anknüpfungspunkte solch einer Kritik gab es sogar schon bei Augustus selbst, der für sich selber den Titel dominus ablehnte.34 Lk 2,11 bietet vor diesem Hintergrund gewissermaßen einen Beitrag zu einer im ersten Jahrhundert aufkommenden römischen Diskussion, inwiefern dem römischen Kaiser ein göttlicher Status zukomme. Die von Theologen viel beachtete, bei Sueton überlieferte Notiz, dass sich Domitian als „dominus et deus“ habe bezeichnen lassen, bildet dabei gewissermaßen nur die Spitze einer Diskussion, die uns in den Quellen immer wieder begegnet.35 Zur Aufnahme des Römischen Imperiums in Lk 2,1–21 lässt sich also Folgendes festhalten: 1. Die Herrschaft Roms stellt Lukas in den Versen 1–7 neutral und ohne kritischen Unterton dar. Er akzeptiert in diesen Versen offensichtlich das Imperium in seiner historischen Funktion und seinen irdischen Grenzen. Selbst die Tatsache, dass die ganze Heilsgeschichte in der Provinz Judäa spielt, die in den Jahren 66 bis 69 n.Chr. zur Unruheprovinz wurde, scheint ihn nicht davon abzubringen, die Herrschaft Roms mehr oder weniger neutral darzustellen. Es ist sogar gegenüber Lk 1,52 festzuhalten, dass Lukas in 2,1–7 offensichtlich davon ausgeht, dass Gott – wenn auch sehr verborgen – seinen Anteil daran hat, dass Augustus Maria und Joseph nach Betlehem sendet. 2. Dennoch beginnt die anerkennende Schilderung der Herrschaft Roms in den Versen 1–7 in den Versen 8–14 gewissermaßen zu oszillieren, indem Lukas zum einen der Schilderung des Weges in die Enge in den Versen 1–7 die Schilderung des Evangeliums in die Weite gegenüberstellt, und zum anderen dadurch, dass er in V. 8–14 theologisch gefüllte Wörter wie σωτήρ, κύριος und εἰρήνη verwendet, die nicht nur Christus und sein Wirken, sondern auch den Kaiser und sein Wirken bezeichneten. Was also auf den ersten Blick als Anerkennung erscheint, zeigt sich beim weiteren Lesen als subtile Relativierung der Herrschaft Roms.36 Diese Beobachtung wird auch durch die Tatsache unterstrichen, dass Lk 2,1–7 nicht das Zentrum des Abschnittes 2,1– 20 darstellt, sondern die Verse 8–14, welche die Epiphanie des Engels vor 33 Markus: 18x; Matthäus: 80x; Lukas 104x; Apostelgeschichte: 107x. Vgl. STRECKER, Theologie, S. 423. 34 Vgl. FRENSCHKOWSKI, Art. Kyrios, Sp. 772, poetisch allerdings möglich: Sueton, Aug. 53,1. 35 CLAUSS, Kaiser und Gott, S. 54–132. 36 Dies ist auch ein Ergebnis des Werks von SCHREIBER, Weihnachtspolitik.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
den Hirten mit der Akklamation und Proklamation schildern.37 Lk 2,1–20 schildert die Herrschaft Roms also ambivalent. Walter Schmithals hat sicher recht, wenn er in seinem Kommentar von „feiner Ironie“ spricht, die sich in der Weihnachtsgeschichte dem Kaiser Augustus gegenüber finde.38 Der Bericht in Lk 2,1–20 überrascht die Leser nach der Lektüre von Lk 1,52 also zum einen mit der historischen und positiven Darstellung der Herrschaft Roms; zum anderen setzt er die herrschaftskritische Tendenz aus Lk 1,52 – wenn auch ohne dessen klare theologische Konturierung – fort. Besonders sei darauf hingewiesen, dass sich den Lesern in Lk 2,1–14 die kritische Sicht auf den Kaiser Augustus und die pax Augusta erst im Prozess der Lektüre der Verse 1–14 offenbart: Lukas führt die Leser so, dass sie bei sehr positiven Assoziationen zu lesen beginnen und schließlich zu den Hirten auf dem Feld und zu den Engeln geführt werden – Hirten, die räumlich und sozial sehr weit vom Kaiser Augustus entfernt waren. Hier, im zweiten Text des Evangeliums, deutet sich zum ersten Mal eine Vielschichtigkeit im Verständnis des Römischen Imperiums an, die den Lesern des Doppelwerks immer wieder begegnen wird. 3.1.3 Kaiser Tiberius und der Statthalter Pontius Pilatus (Lk 3,1–6) Markierte schon Lk 2,1 einen Neuanfang innerhalb der Schilderungen der Geburtsberichte der Kindheitsgeschichten, so gilt dies umso stärker für Lk 3,1–2. Durch seine deutliche chronologische Funktion und seine Fokussierung auf den erwachsenen Johannes den Täufer markiert Lk 3,1 einen deutlichen Beginn des zweiten Teils der Vorgeschichte. Die Erwähnung des Kaisers Tiberius kündigt an: Jetzt spielt das Erzählte zu einem späteren Zeitpunkt der Weltgeschichte als der Befehl zum Eintrag in die Steuerlisten durch Kaiser Augustus, den Lukas in 2,1 erzählt hatte. Einem Leser der Zeit dürfte zunächst chronologisches Interesse in dem Abschnitt Lk 3,1–6 ins Auge fallen. Lukas datiert das Auftreten Johannes’ des Täufers in das 15. Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius.39 37
So z.B. WOLTER, Lukasevangelium, S. 124: „Das Gewicht liegt zweifellos auf der Erscheinungserzählung“. 38 SCHMITHALS, Evangelium nach Lukas, S. 41. 39 Historisch gesehen sind mit dieser Angabe einige Fragen verbunden, die ich hier nur benennen möchte: Rechnet Lukas vom 23. September 14 n.Chr., dem Datum der Übertragung der Vollmachten durch den Senat an Tiberius, oder rechnet er schon seit dem Jahr 12 n.Chr., als Augustus Tiberius Vollmachten zur Mitregentschaft übertrug? Welchen Jahresbeginn legt Lukas zugrunde: den julianischen (1. Januar) oder den jüdischen (1. Nisan)? Die meisten Kommentatoren entscheiden sich, das 15. Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius als genannten Zeitraum in der Zeit zwischen dem Sommer 28 und dem Ende des Jahres 29 anzusetzen. In jedem Fall ist offensichtlich, dass Lukas das Auftreten Johannes’ des Täufers mit den üblichen Mitteln seiner Zeit möglichst genau datieren möchte. Dass Lk 3,1–6 an Prophetenberufungen erinnert, sei hier nur kurz erwähnt, vgl. Hos 1,1 und Jer
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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Auch wenn die Zeitangabe in Lk 2,1 chronologisch nicht so exakt sein sollte wie Lk 3,1–2, so könnte der Vergleich mit Lk 2,1–5 dennoch eine kleine ironische Note offenbaren, die sich erst vom althistorischen Standpunkt aus erschließt. Augustus und Quirinius sind historisch betrachtet den späteren Lesern als historisch erheblich bedeutendere Persönlichkeiten in Erinnerung als Tiberius und Pontius Pilatus. Augustus war der bedeutendste und folgenreichste Kaiser Roms. Publius Sulpicius Quirinius war Senator und kaiserlicher Legat der vor allem strategisch wichtigen Provinz Syria und besaß großen Einfluss wegen „seiner ehrenvollen Stellung“.40 Außerdem war er nach Sueton am Ende seines Lebens „steinreich“41 und erhielt sogar ein Staatsbegräbnis. Tiberius war dagegen zwar Augustus’ Nachfolger, aber gegenüber den vorhergehenden missglückten Versuchen, einen Nachfolger zu bestimmen, keineswegs die erste Wahl.42 Auch hatte er bei allem, was wir wissen, bei Weitem nicht das Charisma und die Gestaltungskraft eines Augustus. Pontius Pilatus war gegenüber Quirinius nur ritterlicher Präfekt des kleinen Anhängsels Judäa an die große und wichtige Provinz Syria.43 Der Statthalter von Syrien war ihm weit übergeordnet.44 Aufmerksamen Lesern mag auffallen, dass die historische Bedeutung der Repräsentanten Roms Lukas’ Ziel unterstreicht, die Johannesberichte jeweils durch die Jesusberichte zu überbieten. Jesus wird in Lk 2,1 mit Augustus und Quirinius, Johannes in 3,1 ‚nur‘ mit Tiberius und Pilatus verbunden. Dies könnte von manchem Zeitgenossen als Relativierung der Bedeutung wichtiger Repräsentanten des Imperiums verstanden worden sein, ordnet doch Lukas auf diesem Weg Vertreter des Imperiums der Heilsgeschichte so im Text zu, dass sie keine tragende, sondern nur noch eine chronologische und die Bedeutung der Personen der Heilsgeschichte illustrierende Rolle spielen.
1,1. Zur Diskussion um die Datierung: FITZMYER, Gospel according to Luke, Bd. 1, S. 455–459. Auch sei darauf hingewiesen, dass Lukas Johannes für die Leser prophetisch und weisheitlich doppelkodiert, vgl. FELDMEIER, Endzeitprophet und Volkserzieher. 40 Josephus, Ant. XVIII 1. 41 Sueton, Tib. 49,1. 42 Auch wurde er nach seinem Tode nicht konsekriert, Sueton, Tib. 75; dort auch der Unmut der Bevölkerung über den Kaiser und die Freude über seinen Tod. 43 Hier sei darauf hingewiesen, dass die Ersterwähnung des Statthalters Pontius Pilatus in 3,1 als ἡγεµονεύοντος Ποντίου Πιλάτου τῆς Ἰουδαίας keine Wertung seines Amtes oder seiner Person impliziert, sondern nur seine Funktion in der Verwaltung des Imperiums bezeichnet. Vor dem Hintergrund einer fortlaufenden Lektüre des Doppelwerks könnte diese Ersterwähnung den Eindruck der folgenden, ausschließlich kritischen oder ambivalenten Darstellungen verstärken, vgl. RÜGGEMEIER, Poetik der markinischen Christologie, S. 408: „Kognitionswissenschaftlich betrachtet ist es gerade der Ersteindruck einer Figur, der den weiteren Wahrnehmungsprozess steuert und nachhaltig beeinflusst (= Primäreffekt).“ 44 Zum Verhältnis von Judäa zur Syria ECK, Judäa – Syria Palästina.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
In jedem Fall ist festzuhalten: Lukas nennt Tiberius und Pontius Pilatus, um die Heilsgeschichte mit der profanen Weltgeschichte zu verzahnen. Der Retter erscheint zu einer konkreten und benennbaren Zeit, deren Chronologie sich an der Zeit von Kaisern und Statthaltern orientiert. 3.1.4 Die ethischen Ansprüche der Christen an das Römische Imperium (Lk 3,10–14) Hat die bisherige Untersuchung der Texte der Vorgeschichte ergeben, dass sie den römischen Staat vor dem Hintergrund der Geburt des Gottessohnes entweder in kritischer, in positiver oder in neutraler Weise präsentieren, so fügt Lukas in 3,10–14 seinem bisherigen Bild der römischen Herrschaft eine weitere Facette hinzu, indem er jetzt darauf hinweist, dass nicht nur das Imperium Ansprüche an die Christen stellt, sondern auch die Christen an das Imperium ethische Erwartungen haben. Die in diesem Zusammenhang wichtige Täuferpredigt (Lk 3,7–17) lässt sich nach inhaltlichen Gesichtspunkten schlüssig gliedern: V. 7–9: Ruf zur Buße angesichts des Gerichtes V. 10–14: Paränese (die sog. Standespredigt) V. 15–17: Ankündigung des Stärkeren, der kommen soll
Die sog. Standespredigt in den Versen 10–14 bildet dabei nicht nur inhaltlich, sondern auch formal eine eigene kleine Einheit: Dreimal fragen jeweils drei unterschiedliche Gruppen fast wortgleich: „Was sollen wir tun?“ Johannes antwortet direkt auf die Frage mit jeweils einem Satz. Die offensichtlich größte Gruppe sind die „Menge“ (ὄχλοι), dann folgen die „Zöllner“ (τελῶναι), und schließlich fragen die Soldaten (στρατευόµενοι). Fragt man, um wen es sich bei diesen einzelnen Gruppen genau handelt, so bilden die ὄχλοι die unbestimmteste Gruppe. Sie sind offensichtlich für Lukas diejenigen, die dort am Jordan standen. Ihnen gibt Johannes den Ratschlag, Gewand und Speise mit denjenigen zu teilen, die von beidem nichts haben. Für unser Thema wichtiger sind die beiden anderen Gruppen, die Zöllner und die Soldaten. Sollte es sich bei dieser Predigt um die Widerspiegelung der Verhältnisse in Peräa um das Jahr 28/29 n.Chr. handeln, so dürfte es sich bei den τελῶναι kaum um römische Steuerbeamte gehandelt haben. Zeigen doch die Forschungen zum Steuerwesen im Palästina jener Zeit, dass es sich bei den sog. Zöllnern weder um publicani handelte, wie wir sie aus der römischen Republik kennen, noch um kaiserliche Beamte, wie sie sich zunehmend in der Kaiserzeit etablierten. Sie waren stattdessen lokale „beliehene Unternehmer“,45 das heißt, sie ersteigerten sich das Recht, direkte und indirekte Steuern einzutreiben. Das so vorgestreckte Geld versuchten sie durch die Eintreibung 45
HERRENBRÜCK, Jesus und die Zöllner, S. 225.
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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von Steuern wieder zu gewinnen. Was sie an Zusätzlichem eintreiben konnten, war ihr Gewinn. Da Lukas zwar einerseits vom Gebiet um den Jordan spricht (V. 3), aber andererseits eindeutig davon ausgeht, dass Johannes Untertan des Tetrarchen Herodes Antipas war (V. 19), dürfen wir – wenn wir den Text als historische Quelle über die Zeit des Tiberius lesen – kaum davon ausgehen, dass eine Beziehung zwischen den Zöllnern und der Herrschaft Roms in der Präfektur Judäa bestand. Bei allem historischen Anspruch des Geschilderten ist der Standespredigt ein Zug ins Grundsätzliche nicht abzusprechen, der über die geschilderte Zeit hinausweist. Manch ein Zeitgenosse des Lukas mag bei der Aufforderung an die Steuereintreiber, nicht mehr als das Festgesetzte einzutreiben, deshalb an seine eigene Zeit gedacht haben.46 Auch wenn sich viele offene historische Fragen mit der konkreten Struktur des Steuerwesens der Kaiserzeit verbinden, so zeigen doch die Quellen deutlich, dass sich mit der Einführung der kaiserlichen Beamten in den Provinzen keineswegs eine allgemeine Zufriedenheit in Hinsicht auf das Steuerwesen eingestellt hat. Der durch Quellen belegte Unmut der Bevölkerung angesichts der rigiden Maßnahmen Vespasians zur Konsolidierung der Staatsfinanzen47 mag bei den Hörern und Lesern des Lukas eine Rolle gespielt haben. Klagen über eine zu rigide Eintreibung von Steuern gab es im Laufe des gesamten Prinzipats. So spricht beispielsweise eine Bittschrift der Bewohner und Bauern von Aragua in Phrygien an den Kaiser Philippus Arabs aus der Mitte des dritten Jahrhunderts davon, dass sie von den Caesariani, den Beamten des Kaisers, in ungewöhnlichem Maße Erpressungen erleiden müssten – mit dem bezeichnenden Zusatz, dass dies doch gar nicht in die „allerglücklichsten Zeiten“ passe, in denen sie ansonsten lebten.48 Ähnlich verhält es sich mit den in V. 14 genannten Soldaten. Dass sich im Bereich des Tetrarchen römische Legionäre aufhielten, ist nirgends belegt. Ebenso gibt es keinen Beleg dafür, dass römische Auxiliartruppen im Bereich des Herodes Antipas ihren Dienst getan haben. Historisch gesehen werden wir also mit Soldaten des Herodes Antipas zu rechnen haben, wie die meisten Ausleger betonen.49 Deshalb könnten bei den Lesern des Lukas auch Rechtsverstöße von Soldaten aus ihrer Zeit der Flavier mitschwingen. Vor allem die vehiculatio (Bereitstellung von Transportmitteln) oder die hospitatio (Aufnahme und Bewirtung von Soldaten oder Mitgliedern der Verwaltung) waren oft Anlass für Beschwerden. Die obengenannte Quelle aus Phrygien spricht in 46 Πράσσω im Zusammenhang mit „Steuern“ ist ein stehender Ausdruck für die Eintreibung von Steuern, HERRENBRÜCK, Jesus und die Zöllner, S. 250. LSJ, S. 1774, bieten eine Fülle von Belegen für τελώνης als „farmer or collector of tolls, customs or taxes“. 47 Sueton, Vesp. 16,1. 48 OGIS 519. 49 Vertreter bei RADL, Evangelium nach Lukas, Bd. 1, S. 175.
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Hinsicht auf Soldaten und Kommandeure davon, dass sie ausgerechnet von denen, die doch dem Schutz des öffentlichen Wohls verpflichtet sind, Repressionen ausgesetzt sind. Der Althistoriker Peter Herz spricht nicht umsonst von einem „endemischen Übel“ des Machtmissbrauchs an dieser Stelle in der Kaiserzeit.50 Aufgrund der Tatsache, dass Lukas in der Standespredigt eher eine allgemeine Ethik vertritt, die nicht nur die historisch gemeinten Soldaten betrifft, legt sich nahe, dem Text das Potenzial einzuräumen, eine Ethik zu entfalten, die auch das Verhalten der Soldaten späterer Zeiten einschließt. Johannes würde dann unabhängig vom Dienstgrad grundsätzlich an Soldaten appellieren, sich an ihrem Sold Genüge sein zu lassen. Wozu ruft Johannes aus der Sicht der Leser des späten ersten Jahrhunderts auf? Die Volksmenge ruft er auf, Kleidung und Speise zu teilen mit denen, die beides nicht haben. Die Zöllner und Soldaten ruft er auf, ihre Macht nicht zu missbrauchen: Die Zöllner sollen von den Menschen nicht mehr Geld erpressen als die Summe, die ihnen zusteht, und die Soldaten sollen ihre Macht nicht missbrauchen, um zu „misshandeln“ und zu „plündern“.51 Stattdessen sollen sich die Soldaten an ihrem Sold Genüge sein lassen. Angemessene Reaktion auf die Ankündigung des Gerichtes und gute Früchte der Umkehr sind also für Lukas ein Verhalten, das die Möglichkeiten der eigenen Macht nicht missbraucht, sondern sie so nutzt, dass das Recht gewahrt bleibt. Die eigene Macht darf nicht zur Gewalt verkommen. In allen genannten Fällen geht es um den Missbrauch von Macht, den die betreffenden Gruppen nicht begehen sollen. Für unseren Zusammenhang ist wichtig, dass wir es hier mit einem Abschnitt zu tun haben, der klare ethische Forderungen an die Repräsentanten irdischer Macht und damit auch an das Römische Imperium stellt. Gottes Wille zum verantwortungsvollen Handeln bezieht sich nicht nur auf den Einzelnen, sondern auch auf den Vertreter staatlicher Einrichtungen. Steuereintreiber und Soldaten sollen ihre von Anderen verliehene Macht nicht missbrauchen. Wir sehen also in der sog. Standespredigt, dass Lukas die Palette der Facetten seiner Darstellung des römischen Staates ein weiteres Mal erweitert. Nicht nur die Tatsache, dass Rom Macht ausübt, ist für die Leser von Belang, sondern auch die Maßstäbe des Verhaltens ihrer Vertreter sind es. Macht darf nach Gottes Willen nicht missbraucht werden. Lk 3,12–14 könnte also durchaus Ansporn für die Christen der Zeit sein, dem Imperium in ethischer Hinsicht offensiv zu begegnen.
50 51
HERZ, Die römische Kaiserzeit, S. 391. Begründung dieser Übersetzung bei WOLTER, Lukasevangelium, S. 163.
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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3.1.5 Der Teufel und die Macht des Imperiums (Lk 4,1–13) Einen neuen Akzent, der bisher noch keine Rolle gespielt hat, der aber für das angemessene Verständnis der Einschätzung des Römischen Imperiums für die Leser des Lukanischen Doppelwerks von Bedeutung ist, tritt in Lk 4,1–13 auf den Plan: Gegen Ende der Vorgeschichten führt das Lukasevangelium irdische Macht auf den Teufel zurück. Allerdings spricht die Versuchungsgeschichte wie das Magnifikat nicht direkt von Rom, sondern von irdischer Herrschaft allgemein. Der Vergleich mit der Parallele Mt 4,1–11 zeigt die Schwerpunkte des Lukastextes.52 Vergleicht man Mt 4,1–11 mit Lk 4,1–13, fällt vor allem auf, dass beide Versionen (außer dass sie sich in ihren Rahmenversen unterscheiden) eine unterschiedliche Reihenfolge der zweiten und dritten Versuchung aufweisen. Außerdem ist die matthäische Version stilistisch stringenter formuliert.53 Matthäus steigert seine Erzählung vor allem dadurch, dass der Teufel Jesus immer höher führt: Die erste Versuchung ereignet sich in der Wüste, die zweite auf der Zinne des Tempels, die dritte auf einem sehr hohen Berg. Die einzelnen Versuchungen sind formal stringent aufgebaut: Nach der kurzen Einleitung in V. 1 fordert der Teufel Jesus dreimal jeweils in einem Satz heraus, Jesus pariert diese Versuchung jeweils mit einem Vers aus dem Deuteronomium. Höhepunkt der Versuchungen in der Matthäusversion ist die Versuchung der Macht auf dem hohen Berg.
Lukas hingegen steigert die Versuchungen nicht primär räumlich wie Matthäus, sondern vor allem inhaltlich. Dies gelingt ihm dadurch, dass er einzelne Gespräche Jesu mit dem Teufel gegenüber dem jeweils vorhergehenden Dialog inhaltlich ausweitet: Nachdem er in V. 1 die Notiz aufgenommen hat, dass Jesus voll des Heiligen Geistes war, kürzt er überraschenderweise am Ende der ersten Versuchung das Zitat aus Dtn 8,3 um einen Halbsatz und macht so die erste Versuchung zur 52 Zur Redaktion: Nachdem Lukas von Johannes, seiner Verkündigung und seiner Festnahme erzählt hat (Lk 3,1–20), beginnt er den letzten Teil seiner Vorgeschichten, indem er – wie auch sonst oft in den Vorgeschichten – nach einem Bericht über Johannes zu einem Bericht über Jesus zurückkehrt: Ab 3,21 berichtet er von Jesu Taufe (V. 21–22), dann vom Stammbaum Jesu und schließlich von der Versuchung Jesu durch den Satan. Mit dieser letzten Erzählung, die Lukas im Wesentlichen (außer aus der kurzen Notiz in Mk 1,12–13) aus der Quelle Q übernommen, dann überarbeitet und umgestaltet hat, vollendet er seinen Vorbereitungsteil auf den öffentlichen Auftritt Jesu, der zügig mit der sog. Antrittspredigt in Nazaret in Lk 4,14ff beginnt. So die Annahme der meisten Forscher. Dass durch die Verwendung der Zitate aus dem Deuteronomium in den Versen 4, 8 und 10 die Wüstenzeit des Volkes Israel als Zeit der Versuchung im Hintergrund steht, sei hier der Vollständigkeit halber nur kurz erwähnt. 53 Der stringentere Aufbau bei Matthäus, aber auch die Änderung der Reihenfolge auf Jerusalem hin, das im Doppelwerk als Ort des Heils und der Verwerfung eine zentrale Rolle spielt, sind die wesentlichen Argumente für die Annahme, Matthäus gebe die QVorlage besser wieder als Lukas. Ähnlich HEIL, Lukas und Q, S. 355. Zum Vergleich des Schriftgebrauchs in Mt 4 und Lk 4: HOGETERP, Dualism and Scripture in the Temptation Narrative and Jewish Tradition.
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kürzesten. In der zweiten Versuchung – bei ihm die Versuchung der irdischen Macht – lässt er den Teufel sagen, dass alle irdische Macht von Gott komme und der Teufel sie weitergeben könne, wem er wolle. Diese inhaltliche Ausweitung steigert Lukas in der dritten und letzten Versuchung: Dort nimmt er das Zitat aus Ps 91,11–12 auf, teilt es aber durch ein καὶ ὅτι und schließt dezidiert mit dem Zitat aus Dtn 6,16 LXX, das davon spricht, dass Gott nicht versucht werden soll. Offensichtlich möchte Lukas auf diese Weise seine Erzählung inhaltlich so steigern, dass die erste Versuchung zunächst nur Jesus selbst, die zweite die Herrschaft über andere Menschen und die dritte Jesu Verhältnis zu seinem Vater betrifft. Alle drei Versuchungen berühren so in unterschiedlicher Weise auch das Sohnesverhältnis Jesu zu seinem Vater im Himmel, denn alle Prüfungen erweisen ihn als denjenigen, der sich den Versuchungen des Teufels gewachsen zeigt; dabei betont Lukas im Unterschied zu Matthäus, dass Jesus am Ende (V. 13) „alle“ Versuchungen bestanden habe. Die Versuchungen sind also für Lukas exemplarische Versuchungen, in denen Jesus als Gottessohn seinen Gehorsam gegenüber Gott durchgehalten hat. In allen drei Versuchungen geht es darum, Gott nicht dem eigenen Willen dienstbar zu machen, sondern Gott gehorsam zu bleiben. Die Notiz, dass der Teufel „bis zur passenden Gelegenheit“ von Jesus ablässt, schließt die Erzählung. Für unseren Zusammenhang ist die zweite Versuchung in Lk 4,5–8 von Belang. Sie fällt durch den schon erwähnten Zusatz auf, durch den der Teufel erläutert, woher er seine Macht empfangen habe: „und der Teufel sagt ihm: Ich gebe dir alle diese Macht und ihre Ehre; denn mir ist sie gegeben worden, und ich gebe sie, wem ich will: Wenn du nun niederfällst vor mir, wird alles dein sein.“ Ob dieser Zusatz von Lukas selber stammt oder ihm vorgegeben war, ist schwer zu entscheiden. Joachim Jeremias plädierte dafür, diesen Zusatz für lukanisch zu halten, da ἅπας ein lukanisches Vorzugswort und das Personalpronomen αὐτῶν ohne klaren Bezug sei. Erst durch die Ausklammerung des Zusatzes „diese ganze Macht und“ beziehe sich αὐτῶν wieder deutlich wie bei Matthäus auf τὰς βασιλείας.54 Lukas habe deshalb gegenüber Matthäus erweitert.
Wie auch immer die Genese dieses Wortes gewesen sein mag: Für Lukas geht der Ursprung irdischer Macht auf den Teufel zurück, der behauptet, sie von Gott empfangen zu haben. So wird der Teufel zu einer Art Zwischeninstanz. Es legt sich der Gedanke nahe, dass erst durch das Eingreifen des Teufels55 die gute Macht Gottes in ihr Gegenteil pervertiert wird, sodass sie zu einer Herrschaft von Menschen über Menschen durch Prestige (δόξα) wird. Dass Lukas von der Macht von Menschen über Menschen und nicht allgemein von
54 55
JEREMIAS, Sprache des Lukasevangeliums, S. 117. V. 6: „Ich übergebe sie, wem ich will.“
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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Macht in der Welt spricht, ist dadurch belegt, dass Lukas in V. 5 τῆς οἰκουµένης – und nicht wie Matthäus τοῦ κόσµου – liest. Nimmt man den Text in seiner Aussage ernst, so zeigt Lukas in den Versen 5 und 6, dass der Satan die ihm von Gott gegebene Macht auf Erden verteilt. Irdische Macht hat somit mindestens teuflische Anteile. Dafür spricht neben dem Wortsinn des Textes auch die Tatsache, dass Matthäus dieses Verständnis in Mt 4,9 schon voraussetzt und Jesus in Lk 4,8 nicht widerspricht. Außerdem setzt auch Lukas in 12,5 voraus, dass der Teufel den Leib der verfolgten Christen zunächst tötet, um sie dann in die Hölle zu werfen. Lukas schreibt hier sogar gegenüber Mt 10,28, dass der Teufel die irdische Macht besitzt, den Leib zu töten! Der Teufel steht also nach Lk 12,5 letztlich hinter der Ermordung der Christen. In Apg 26,18 und in Lk 22,3 klingt ebenfalls an, dass die irdische Macht auf den Teufel zurückgeht. Den Lesern der Zeit dürfte nicht entgangen sein, dass Lukas hier von der ἐξουσία des Satans spricht. Von ἐξουσία spricht Lukas dort, wo er markinische Texte übernimmt, die von der ἐξουσία Jesu schon gesprochen haben (z.B. Lk 5,24). Wenn er aber Abschnitte selber formuliert oder in markinische Texte eingreift, spricht er von ἐξουσία, um die irdische Macht zu kennzeichnen: In Lk 20,20 liest er sogar τῇ ἀρχῇ καὶ τῇ ἐξουσίᾳ, um die Herrschaft eines Statthalters zu charakterisieren (vgl. Lk 22,24–27). In Lk 23,7 wird mit ἐξουσία der Herrschaftsbereich des Herodes bezeichnet. Der Hauptmann von Kapernaum weiß um seine ἐξουσία (Lk 7,8, wohl aus Q). Dass diese ἐξουσία auch missbraucht werden kann, zeigt Apg 9,14 (siehe auch 26,10): Paulus hat seine Vollmacht zur Verfolgung der Christen von den Hohepriestern bekommen. Hier klingt an, was Lk 4,6 zeigt: Die irdische Macht kann Teufelsmacht sein. Lk 22,53 spricht sogar von der Macht der Finsternis. Simon Magus besitzt gerade keine Dynamis, sondern nur ἐξουσία, irdische, antigöttliche Macht (Apg 8,19). Die Leser hören: Das Imperium übt ἐξουσία aus wie auch der Teufel. Die Macht des Imperiums und die Macht Satans sind also terminologisch zunächst nicht zu unterscheiden. Ebenso ist für die Leser zu sehen, dass der Gottessohn der Versuchung der Macht widersteht und damit in Jesus der Machtmissbrauch keine Fortsetzung erfährt. Als Geistträger gelingt es ihm, der Versuchung der Macht nicht zu erliegen und keine Weltherrschaft56 wie etwa das Römische Imperium aufbauen zu wollen. Jesus erstrebt keine Herrschaft über die ganze Welt; er ist gekommen, um zu dienen, so werden die Leser in Lk 22,27 erfahren. Der Geist ermächtigt Jesus, der Versuchung der Macht zu widerstehen (Lk 4,1). Durch diesen Geist gelingt es ihm, einen Anfang zu setzen, um die Menschen von der Macht des Teufels zu befreien. Die Leser zur Zeit des Lukas erfahren: Der Teufel verteilt die von Gott empfangene Macht über alle irdischen Reiche nach eigenem Gutdünken. 56
V. 5: πάσας τὰς βασιλείας τῆς οἰκουµένης.
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Diese Macht bezeichnet Lukas als ἐξουσία.57 Damit fügt er seinem Verständnis vom Römischen Imperium eine weitere Facette hinzu: Rom übt eine Macht aus, die der Teufel verteilt. Gleichzeitig zeigt die Versuchungsgeschichte: Im Heiligen Geist ist es möglich, der teuflischen Macht zu entrinnen und die Welt zu ihrem Ursprung als Gottes Schöpfung zurückzuführen. Im Geist kann die Pervertierung von irdischer Macht zu Ende kommen, und die irdische Macht kann dem Teufel wieder entrissen werden.58 3.1.6 Macht und Ohnmacht eines Zenturios (Lk 7,2–10) Um zu erfassen, was Leser des späten ersten Jahrhunderts in der Erzählung vom Hauptmann von Kapernaum vom Römischen Imperium gelesen haben könnten, ist wieder ein gliedernder Durchgang durch die kurze Geschichte59 vonnöten. Die hier vorgeschlagene Gliederung orientiert sich an räumlichen Signalen: Nach der Hinführung in V. 1 bilden die Teile 1 (V. 2–3) und 4 (V. 10) den Rahmen mit dem Handlungszentrum „Haus des Zenturios“ um die beiden Begegnungsszenen auf dem Weg durch Kapernaum in Richtung auf das Haus des Zenturios (Teil 2, V. 4–6a; Teil 3, V. 6b–9). Im ersten Rahmenteil wird die Exposition entfaltet: Der wertgeschätzte Sklave des Zenturios ist krank. Deshalb sendet der Zenturio die Ältesten der Juden zu Jesus (im Haus). Im letzten Rahmenteil (Teil 4) wird der Schluss der Geschichte berichtet (wieder im Haus). In den beiden mittleren Szenen, die auf dem Weg spielen, geht es in der ersten um die Wertschätzung, die der Zenturio dem Volk entgegenbringt 57 Hier sei auf die wörtliche Bedeutung von ἐξουσία verwiesen: „die von einer höheren Norm oder Instanz gegebene Möglichkeit und damit das Recht, etwas zu tun“ (FÖRSTER, Art. ἐξουσία, S. 559). 58 Vgl. Apg 10,38; 26,18. 59 Die Erzählung vom sog. Hauptmann von Kapernaum ist immer wieder Zentrum vieler, vor allem literarkritischer und redaktionsgeschichtlicher Untersuchungen gewesen. Es scheint sich folgender Konsens herauszukristallisieren (so ECKEY, Lukasevangelium, Bd. 1, S. 330–335): Ursprung war die Erzählung aus der judenchristlich-palästinischen Urgemeinde, die von der Begegnung eines heidnischen Hauptmanns mit Jesus berichtete. Diese Erzählung, die in Q aufgenommen wurde, enthielt vermutlich den Grundbestand Mt 8,5–10.13//Lk 7,1.3.6c.7b–9. Schon zu diesem Zeitpunkt, noch vor dem Beginn des jüdischen Aufstands, könnte der Q-Redaktor einen römischen Zenturio vor Augen gehabt haben. Lukas nimmt in seinen eingefügten Versen die Liebe zum jüdischen Volk (V. 4–5), den Takt gegenüber den Reinheitsgeboten (V. 6 und 7) und dadurch die Betonung der Demut des Hauptmanns auf. Lukas selbst dürfte an einen römischen Zenturio gedacht haben. Für die meisten seiner heidenchristlichen Leser dürfte solch ein römischer Zenturio das Modell sein, das sie vor Augen hatten, wenn sie von einem Zenturio lasen. Formal lässt sich die Ursprungsform als eine „Mischform von Wundergeschichte und Apophtegma“ bestimmen (WEGNER, Hauptmann, S. 335–367); in der jetzigen Form handelt es sich um eine Fernheilungswundererzählung (POPP, Fern – schnell – gut, S. 570).
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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(V. 4–5); in der zweiten Szene halten die Freunde eine Rede (V. 6b–8), die die Ehrerbietung des Zenturios entfaltet, die ihn eine persönliche Begegnung mit Jesus vermeiden lässt. Die zentrale Rede in Teil 3 gliedert sich dabei in zwei Aufforderungen, die jeweils durch einen γάρ-Satz begründet werden. An diese Begründungen schließen sich dann jeweils weitere Erläuterungen an. Jesu Reaktion sind Staunen und die Feststellung, dass er bisher noch keinen solchen Glauben in Israel gefunden habe (V. 9). Dieses Grundgerüst der Erzählung gibt dem Autor Lukas die Möglichkeit, die Geschichte zu entfalten, indem sie die wertschätzende Haltung des Zenturios dem jüdischen Volk und die Demut Jesus gegenüber beschreibt. Noch im ersten Teil, zu Hause beim Zenturio, wird erzählt, dass er seinen Sklaven wertschätzt (ἔντιµος). Dann, im zweiten Teil, bringen die Ältesten der Juden zum Ausdruck, dass der Zenturio es wert sei (ὅτι ἄξιός ἐστιν), dass Jesus ihm die Erfüllung seiner Bitte gewährt. Danach, im dritten Teil, wird die Jesus wertschätzende Haltung des Zenturios kunstvoll entfaltet, indem der Leser erfährt, dass der Zenturio noch nicht einmal möchte, dass Jesus unter sein Dach kommt (wie er auch nicht zu Jesus kommen möchte). Dann ruft der Zenturio Jesus auf, nur ein Wort zu sprechen, damit sein Sklave (hier in V. 7 jetzt ὁ παῖς µου) gesund werde. Diese demütige Haltung des nichtjüdischen Zenturios begründet Lukas in der kurzen, durch die Freunde vermittelten Rede des Zenturios in V. 8 umfänglich: Zunächst bringt er das Beispiel zweier Soldaten, denen er befiehlt, zu gehen bzw. zu kommen; schließlich spricht er davon, dass er ja auch seinem Sklaven Befehle erteilen könne, die dieser dann ausführe. Diese Haltung der Wertschätzung dem jüdischen Glauben und der Demut Jesus gegenüber findet ihre Bestätigung im Staunen Jesu über dessen Glauben und in der Heilung des Sklaven, die Jesus dann vollzieht, sogar ohne Wort und persönliche Begegnung. Diese Beobachtung, dass unsere Erzählung vornehmlich die gläubige (V. 9: πίστις) Demut des Zenturios und dessen Wertschätzung anderen gegenüber zum Thema hat, wird dadurch gestützt, dass die Wörter, die mit Wert und Wertschätzung zu tun haben, jeweils in zentralen Versen vorkommen: ἔντιµος (V. 2), ἄξιος (V. 4), ἱκανός (V. 6), ἀξιόω (V. 7). Inhaltsangabe im Überblick: Hinführung: Auf dem Weg nach Kapernaum V. 1: Jesu Weg nach Kapernaum Teil 1 (V. 2–3): Im Haus des Zenturios (Rahmen) V. 2: Der sterbende Sklave und der Zenturio, der ihn wertschätzt V. 3: Der Zenturio sendet die Ältesten zu Jesus mit der Bitte, zur Rettung zu kommen. Teil 2 (V. 4–6a): Station 1: Auf dem Weg: Worte der Ältesten V. 4–5: Die Presbyter kommen bei Jesus an. Die Worte der Ältesten: Ihre Bitte: Er ist es wert, denn er liebt das Volk und hat die Synagoge gebaut. V. 6a: Reaktion Jesu: Jesu Aufbruch zum Zenturio
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Teil 3 (V. 6b–9): Station 2: Auf dem Weg, nicht weit vom Haus: Worte der Freunde. Reaktion Jesu V. 6b: Der Zenturio sendet Freunde zu Jesus. V. 6c: Die zwei Einheiten des Zenturios durch die Freunde: a) V. 6c: Aufruf, sich keine Mühe zu machen, unter sein Dach zu kommen Begründung: Er sei es wert. V. 7a: Hinweis, warum nicht selbst gekommen: ebenfalls nicht wert sein b) V. 7b: Aufruf: nur ein Wort sagen V. 8: Begründung: auch der Zenturio in Machtbezügen Beleg 1: Wort an jeweils einen Soldaten (gehen und kommen) Beleg 2: Wort an seinen Sklaven V. 9: Reaktion auf die Rede: Jesu Staunen. Solch einen Glauben hat er selbst in Israel nicht gefunden. Teil 4 (V. 10): Im Haus des Zenturios: Die Heilung (Rahmen) V. 10: Die Rückkehr der Gesandten. Der Sklave ist geheilt.
Für unsere Frage nach der Rolle Roms und seiner Herrschaftsstrukturen im Doppelwerk ist wichtig, dass Lukas hier in 7,1–10 zunächst keinerlei kritische Anklänge an irdische Herrschaft erklingen lässt. Der Zenturio schätzt seinen Sklaven, setzt sich für ihn ein, wird von den lokalen jüdischen Autoritäten für seinen Euergetismus geschätzt. Er verhält sich Jesus gegenüber so demütig, dass er – gemäß dem jüdischen Gesetz – nicht einmal eine persönliche Begegnung möchte.60 Gleichzeitig begründet er seine Demut gerade mit seiner Aufgabe als Zenturio, der selber in Herrschaftsstrukturen so eingebunden sei, dass er wisse, ein bloßes Wort reiche aus, um eine Wirkung zu erzielen. Zenturio sein und innerlich demütig sein schließen sich nach Lk 7,1–10 also nicht aus. Im Gegenteil. Gerade die Erfahrung von Befehl und Gehorsam eröffnet dem Zenturio die Perspektive für die Macht Jesu. Lukas positioniert den Zenturio nicht etwa als Gegenbild zu Jesus, der in seiner Zuwendung zu den Niedrigen die Menschen rettet, sondern er wählt gerade einen Soldaten, der dadurch zum Glaubensvorbild wird, dass er die Herrschaft und Macht Jesu anerkennt, weil er selber „der Obrigkeit untertan“ ist (ἐγὼ ἄνθρωπός εἰµι ὑπὸ ἐξουσίαν τασσόµενος, V. 8). Ein Aspekt, der mir bisher in der Literatur noch nicht begegnet ist, ist die Beobachtung, dass Lukas den Zenturio nicht nur als mächtig, sondern ebenso 60 Je nach Perspektive der Fragenden bietet die Perikope unterschiedliche Deutungshorizonte an (Zusammenstellung bei POPP, Fern – schnell – gut, S. 569): Sie kann die Relation von Juden und Heiden in den Blick nehmen. Sie kann als Illustration des Glaubens verstanden werden, der „die religiöse Barriere, die das jüdische Volk von den Heiden trennte“, überwindet (so auch WEGNER, Hauptmann, S. 401). Sie mag als Hinweis auf die Macht Gottes verstanden werden, als Hinweis auf die Demut des Hauptmanns, als Hinweis auf die Lücke, die das nicht geschilderte Wunder hinterlässt, die nun der Leser zu füllen habe (so WOLTER, Lukasevangelium, S. 273), als Hinweis auf die Verbindung von Hören und Handeln oder auf die sozialen Beziehungen des Zenturios.
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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als ohnmächtig schildert. Das, was er möchte, nämlich dass sein Sklave gesund wird, ereignet sich bis zu Jesu Ankunft in Kapernaum gerade nicht. Die irdische Macht des Zenturios kommt offensichtlich dort an ihre Grenzen, wo es um Leben und Tod geht.61 Der Sklave, den er wertschätzt, kann gerade nicht gesund werden, nur weil der Zenturio es ihm befiehlt (so V. 8c). So gesehen bilden zwar die Verse 6c–8 eindrückliche Beweise für die Demut des Zenturios, sie werden aber in V. 8 am Ende eigentümlich gebrochen, wenn Lukas durch die Ausgangssituation der Geschichte den Beleg für die Demut infrage stellt. Die irdische Macht, die das Verständnis des Zenturios für Jesus eröffnet, wird dadurch relativiert, dass der Zenturio gegenüber seinem Sklaven (τῷ δούλῳ µου) gerade keine Macht hat. Diese Beobachtung, dass Lukas in 7,1–10 nicht nur einen Zenturio, der Herrschaft ausübt, schildert, sondern auch einen, der die Grenze seiner Herrschaft erfährt, wird gestützt durch die Beobachtung, dass dem Zenturio sehr wohl bewusst ist, dass Jesu Herrschaft ihrem Charakter nach strukturell nicht auf der Ebene seiner eigenen Herrschaft zu verorten ist. Sicher nicht zufällig erhofft der Zenturio in V. 3, dass sein Sklave gerettet werde (V. 3: ὅπως … διασώσῃ), und nimmt damit eine zentrale Prädikation Jesu aus Lk 2,11 (σωτήρ) und dem gesamten Doppelwerk auf. Außerdem sprechen die Freunde Jesus in V. 6 als κύριε an, was in unserem Zusammenhang, in dem es um Leben und Tod geht, sicher nicht nur die alltägliche Anrede „Herr“, sondern auch schon die Anrede an den Erhöhten anklingen lässt. Der Zenturio weiß, dass er eine größere Macht braucht als seine irdische, um seinen Sklaven zu retten. Von Ferne lassen sich in dieser doppelseitigen Schilderung des Zenturios Parallelen zum ‚Programm‘ des Magnifikats in Lk 1,52 finden: Gott stößt die Mächtigen von den Thronen und erhebt die Demütigen. Als Zenturio, der gewohnt ist, Macht gegenüber seinem Diener auszuüben, gerat er an die ihm als Mensch gesetzten Grenzen. Als demütig Glaubender wird der Zenturio „erhöht“ und erlebt, dass Jesus der „Fürst“ des Lebens62 ist. Der Zenturio als Vertreter Roms wird zu einem Glaubensvorbild.63 3.1.7 Von der Macht des Heiligen Geistes in Prozessen vor Statthaltern (Lk 12,11–12) Wurde in Lk 7,1–10 deutlich, dass auch ein römischer Zenturio ein Glaubender sein kann, so zeigt sich in den wenigen Versen Lk 12,11–12 das Imperium von einer anderen, bedrohlichen Seite. Zum ersten Mal spricht Lukas direkt Konflikte mit Behörden an, die Prozesse vor Statthaltern einschließen. 61
V. 2: δοῦλος κακῶς ἔχων ἤµελλεν τελευτᾶν. Vgl. Apg 3,15: ἀρχηγὸς τῆς ζωῆς. 63 So auch KYRYCHENKO, Roman Army, S. 189. Nach KLAUCK, Gottesfürchtige im Magnificat?, S. 210, rechnet Lukas in Lk 1,50 bereits mit Gottesfürchtigen. 62
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Auch wenn die Imperiumsträger in solchen Prozessen Richter sind, die Deutungshoheit über das, was zu sagen ist, hat der Heilige Geist. Zum Kontext: In Lk 12,1–12 ermutigt Jesus seine Jünger, die vor der großen, eng stehenden Menschenmenge (V. 1) stehen, öffentlich Bekenntnis abzulegen. Diese Rede gliedert sich in drei Teile: Teil 1: Warnung vor der Heuchelei der Pharisäer (V. 1–3). Teil 2: In V. 4–7 fordert Jesus die Jünger auf, sich vor Gott, aber nicht vor Menschen zu fürchten. Teil 3: Die Aufforderung an die Jünger, öffentlich zu bekennen, zunächst allgemein (V. 8– 9), dann in Hinblick auf eine gerichtliche Situation (V. 11–12). Die Verse 11 und 12 sprechen also von einer konkreten Situation vor Gericht, die sich nicht ausschließlich, aber auch auf eine römische Gerichtssituation beziehen lässt.
Für unsere Frage nach der Darstellung der Macht Roms ist die Beobachtung wichtig, dass Lukas zwar nicht explizit von Rom spricht, aber das Römische Imperium mit seinen Magistraten auch nicht ausschließt. Welche Instanzen konkret gemeint sind, wenn Lukas von εἰσφέρωσιν ὑµᾶς … ἐπὶ τὰς ἀρχὰς καὶ τὰς ἐξουσίας spricht, ist nicht deutlich zu bestimmen. Philo (Leg. Gai. 71) spricht allgemein von vielen ἀρχαὶ καὶ ἐξουσίαι. Pseudo-Plato meint konkret nichtstädtische Autoritäten, wenn er von ἀρχαὶ καὶ ἐξουσίαι spricht.64 Nicht auszuschließen ist, dass Lukas hier keine konkreten Instanzen beschreibt, sondern nur von Behörden, die Macht ausüben, spricht, sodass diese Worte für unterschiedliche Kontexte anschlussfähig bleiben. Offensichtlich scheint ein Verfahren im Blick zu sein, in dem die Jünger von Anklägern vor die zuständigen Behörden gebracht werden (εἰσφέρωσιν ὑµᾶς ἐπί, V. 11) und somit das Verfahren eine gewisse Form hatte. Dies unterstreicht auch die Beobachtung, dass Lukas von τί ἀπολογήσησθε ἢ τί εἴπητε spricht und damit den Terminus technicus für das Anfertigen einer Verteidigungsrede65 im Unterschied zum einfachen „Reden“ verwendet (V. 11: εἰπεῖν). Offensichtlich möchte Lukas hier die Prozesssituation nicht zu genau bestimmen. Sein Ziel: Die Jünger sollen sich nicht schon vor dem Verfahren Sorgen machen (µὴ µεριµνήσητε), sondern darauf vertrauen, dass der Heilige Geist sie in dieser Stunde lehren wird, was sie sagen sollen (ἃ δεῖ εἰπεῖν). Für unsere Frage nach der Sicht des Lukas auf das Römische Imperium ist zu erkennen, dass Lukas in diesen Worten die Herausforderungen, die sich im Umgang mit Prozessen ergeben, seelsorgerlich und theologisch bewältigt. Jesus gibt keine Argumente zur Entlastung an die Hand, sondern ruft dazu auf, auf Gottes Handeln im Heiligen Geist zu vertrauen. Auch wenn Lukas das Imperium hier in seiner Existenz nicht grundsätzlich infrage stellt, bleibt die Situation bedrohlich. Es geht ihm nicht so sehr um die Behörden als vielmehr um die seelsorgerliche Stärkung der Jünger und das Wirken des Geistes.
64 65
Ps.-Plato, Alcib. 1,135a. LSJ, S. 207f.
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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Die Jünger sollen sich nach Lk 12,11–12 nicht sorgen, was sie sagen werden; denn der Heilige Geist wird sie das lehren. Dieser Zuspruch an die Jünger findet seine Begründung (γάρ) im Wirken des Heiligen Geistes, der in ebenjener Stunde eingreifen wird. Der Heilige Geist wirkt hier also punktuell, indem er die Jünger lehrt, das zu sagen, was an der Zeit ist. Dass dieses Reden im Heiligen Geist letztlich von Gott stammt, zeigt das Wort δεῖ an, das bei Lukas oft das notwendige Wirken Gottes beschreibt.66 Genau besehen, ermutigt Jesus seine Jünger, indem er ihnen zusagt, der Heilige Geist werde den entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass die Jünger in solch einer Gerichtssituation so sprechen, dass sich Gottes Wille erfüllt. Dies dürfte wohl nicht anders zu verstehen sein, als dass Gott durch den Heiligen Geist die Jünger ermächtigt, in dieser schwierigen Situation die rechten Worte zu finden (vgl. Lk 21,14–15). Bei aller Bedrohung durch die weltlichen Gerichtsinstanzen besteht kein Zweifel, dass Gott durch den Heiligen Geist in solchen Situationen das Entscheidende wirkt. Es zeigt sich also eine Ambivalenz in der Darstellung Roms: Lukas nimmt die Bedrohung durch das Imperium ernst, doch ausschlaggebend bleibt Gottes Handeln im Heiligen Geist. Das Imperium, das die Jünger in die Situation bringen kann, Bekenntnis ablegen zu müssen, ist nicht die Macht, die ihnen hilft, sondern der Heilige Geist.67 Roms Macht über Menschen kann die Christen bedrohen. Die stärkere Macht ist jedoch die des Heiligen Geistes, der die Jünger in jener Stunde die rechten Worte lehrt. 3.1.8 Die Gewalt des Pilatus und Jesu Ruf zur Umkehr (Lk 13,1–5) Klang für die damaligen Leser in Lk 12,11–12 die potenzielle Macht Roms an, so bringt Lukas in 13,1–5 deutlich die Gewalt des Statthalters Pilatus zur Sprache – allerdings wieder nicht als Hauptaussage des Textes, wie die Gliederung belegt.
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Z.B. Lk 24,26; Apg 23,11. Es lässt sich sogar nicht ausschließen, dass bei ἀρχαὶ καὶ ἐξουσίαι ein Verständnis mitschwingt, das die deuteropaulinischen Briefe nahelegen. Dort sind ἀρχαὶ καὶ ἐξουσίαι Engel oder andere himmlische Mächte (Eph 1,21; 3,10; 6,12; Kol 1,16; 2,10.15; Tit 3,1). Dieses Verständnis würde die Tür dafür öffnen, dass Lukas im Wirken Roms gegen die Jünger mehr sieht als allein eine irdische Macht. Dann würden die Kräfte wirken, deren teuflische Macht er in Lk 4,6 andeutet und aus deren Machtbereich Jesus (Apg 10,38) und später Paulus (Apg 26,18, auch dort ἐξουσία) die Glaubenden befreit. Wir sehen, also auch hier könnte ein Verständnis von Rom als widergöttlicher Macht zumindest mitschwingen. Vgl. die Interpretation von ἐξουσίαις ὑπερεχούσαις in Röm 13,1 durch CULLMANN, The State, S. 95–114 u.a. 67
68
Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Die Verse 1–9 fallen deutlich in zwei Abschnitte: In V. 1–5 fordert Jesus seine Zuhörer in jeweils zwei „pronouncement stories“68 zur Umkehr auf. Im Gleichnis vom Feigenbaum in V. 6–9 erzählt er anschließend von einem Feigenbaum, der noch ein Jahr Frist bekommt, bevor er durch den Weinbergbesitzer abgeschlagen wird. Die Verse 1–5 sind parallel konstruiert (und mit einem ἤ in V. 4 deutlich verbunden): Zunächst wird der beispielhafte Fall genannt (V. 1: Blutbad durch Pilatus an den Galiläern, V. 4: Der Turm am Siloahteich erschlägt 14 Menschen), dann folgt die Abweisung der irrigen Ansicht in Form zweier rhetorischer Fragen, die Umgekommenen seien größere Sünder/Schuldner als die Nichterschlagenen, schließlich fast gleichlautend die Aufforderung zur Umkehr. Das Gleichnis vom Feigenbaum, das die Umkehrforderungen aus V. 1–5 illustriert, ist ebenfalls klar aufgebaut. Ihm ist leicht zu folgen: V. 6: Jemand hat in einem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt und sucht bei ihm Frucht, findet aber keine. V. 7: Er fordert den Weingärtner auf, ihn deshalb abzuschlagen. V. 8–9: Der Weingärtner bittet darum, ihn noch dieses Jahr stehen zu lassen und dann zu entscheiden.
Die Gliederung des Textes zeigt, dass Pilatus hier keineswegs ein theologisches Eigengewicht besitzt. Im Gegenteil: Sein Verhalten verwendet Jesus hier in den beiden Umkehrrufen V. 1–5 als eines von zwei Beispielen, um die Überzeugung infrage zu stellen, willkürlich oder zufällig umgekommene Menschen seien größere Sünder/Schuldner als andere. Wesentlicher als das Verhalten des Pilatus ist Jesu Ruf zur Umkehr. Nimmt man das illustrierende Feigenbaumgleichnis hinzu, in dem der Feigenbaum durchgehend die zentrale Figur bildet, verstärkt sich dieser Eindruck. Umkehr (hier im Bild des Fruchtbringens) ist das Gebot der Stunde. Der Weingärtner sagt zu, den Baum umzugraben und zu düngen in der Hoffnung, dass dieser dann Frucht bringe. Binnen Jahresfrist soll entschieden werden, ob er abgeschlagen wird oder nicht. Der Präfekt von Judäa, Pilatus, ist also auch hier nur eine Randfigur, das Fruchtbringen des Feigenbaums bildet das Hauptthema des Gleichnisses. Nichtsdestoweniger berichtet Lukas von einer Gewalttat des Pilatus, die sich historisch offenbar im Tempel69 ereignet hat im Zusammenhang mit Opferungen durch Gläubige. Auch wenn das Bild vom Mischen des Blutes nicht notwendigerweise die Gleichzeitigkeit von Tieropferungen und Menschentötungen meint,70 so handelt es sich hier um eine Tempelschändung, die Pilatus bei anderen Gelegenheiten aufgrund weit weniger gravierender Vergehen im Tempel in scharfe Opposition zu den Juden gebracht hat. Auch wenn Pilatus hier in keiner Weise eine Hauptfigur im Text darstellt, so offenbaren die Verse eine Gewalttat, die sich zudem im Tempel ereignet, der im Lukasevangelium den Ort der Gottesbegegnung darstellt.71 Pilatus frevelt also
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WOLTER, Lukasevangelium, S. 474. Nur dort wurden zur Zeit Jesu Opfer gebracht, vgl. Josephus, Bell. II 10–13. 70 Vgl. Philo, Spec. leg. III 91. 71 Z.B. Lk 1,9 u.ö. 69
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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nicht nur an Menschen, sondern auch an Gott. Wurde der Vertreter Roms in Lk 3,1 noch aus chronologischen Gründen und neutral genannt, so zeigt die Herrschaft Roms in Lk 13,1 ihre gewalttätige und blasphemische Seite, auch wenn deren Schilderung keineswegs das Zentrum des Textes ausmacht. Dabei darf allerdings nicht die innere Dynamik der Umkehrrufe und des anschließenden Gleichnisses übersehen werden: Bei aller Brutalität des Pilatus führt gerade der Aufbau von Lk 13,1–9 die Leser dazu, dass sie, von Pilatus und den Toten von Siloah ausgehend, den Umkehrruf Jesu hören, der sie aus der Todesbedrohung zum Leben führt. Zu dem Leben, das die Umkehrrufe Jesu ermöglichen, steht die Gewalt des Pilatus in starkem Kontrast. Wer erkennt, dass er sündigt, und umkehrt, wird das Leben finden;72 denn Gott, der im Tempel in Jerusalem angebetet wird bzw. wurde, ist ein Gott, der Leben schafft (z.B. Lk 20,38), nicht ein Gott der Zerstörung von Leben. 3.1.9 Jesu Weg zur Erhöhung (Lk 19,28–46) Auf unserem Weg durch das Lukasevangelium sind wir immer wieder Texten begegnet, die nicht explizit vom Römischen Imperium erzählen, aber bei den Lesern der Zeit Assoziationen an das Imperium wachrufen können (Lk 1,46b–55; 4,1–13; 12,11–12). Zu solch einem Text kommen wir erneut; legt sich doch nahe, bei dem Einzug Jesu in Jerusalem an den Triumphzug eines Kaisers der Prinzipatszeit zu denken. Lukas bietet bei seiner Schilderung Ähnlichkeiten, aber vor allem auch Differenzen. Wie in anderen Texten, so legt sich auch hier die Gliederung nach lokalen Gesichtspunkten nahe. Die Zäsuren sind fast jedes Mal klar mit einer Verbform von ἐγγύς markiert: V. 29: καὶ ἐγένετο ὡς ἤγγισεν εἰς Βηθφαγὴ καὶ Βηθανία[ν] πρὸς τὸ ὄρος; V. 37: ἐγγίζοντος δὲ αὐτοῦ ἤδη πρὸς τῇ καταβάσει τοῦ ὄρους; V. 41: ὡς ἤγγισεν; V. 45: καὶ εἰσελθὼν εἰς τὸ ἱερόν. Fast alles Erzählte geschieht also auf dem Weg, bis Jesus schließlich in den Tempel tritt (V. 45). Durch diese Gliederung ergeben sich formal zwei Rahmenteile: V. 29–36 und V. 45–46. Die beiden Innenteile werden bestimmt vom Lobpreis Jesu durch die Menge der Jünger73 (V. 37–40) und von der prophetischen Klage Jesu (V. 41–44). Beide Innenteile sind thematisch durch das Wort „Friede“ miteinander verbunden: in V. 38 der Lobpreis Jesu, der im Himmel Frieden bringt; und in V. 42 die Klage Jesu über Jerusalem, das nicht erkennt, was dem Frieden dient.
72 73
So wie der Feigenbaum weiterleben wird, wenn er Frucht bringt (Lk 13,6–9). Diff. Mk 11,8–9.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Die Gliederung nach lokalen Gesichtspunkten im Überblick: Teil 1 (V. 29–36): Am Ölberg: Die Aussendung der zwei Jünger. Das Füllen wird aus dem vor ihnen liegenden Dorf geholt kraft der Autorität des Kyrios (V. 31). Der Aufbruch aus der Nähe von Betfage und Betanien (Demonstration der Vollmacht Jesu) Teil 2 (V. 37–40): In der Nähe des Abstiegs vom Ölberg: Der Lobpreis des Königs durch die Menge der Jünger. Abweisung der Pharisäerkritik am Lob Jesu (Huldigung Jesu durch die Menschenmenge) Teil 3 (V. 41–44): Die prophetische Klage: Jesus weint über Jerusalem. Ankündigung ihres Untergangs (Gerichtsankündigung an Jerusalem) Teil 4 (V. 45–46): Der Gang in den Tempel und die Vertreibung der Verkäufer (prophetische Zeichenhandlung im Tempel)
An dieser Stelle ist der synoptische Vergleich mit dem Markusevangelium (Mk 11,1–10) für unsere Frage74 von Belang, zeigt er doch einzelne Schwerpunktsetzungen der lukanischen Fassung: Anders als Markus erzählt Lukas nur in zwei Versen von der Vertreibung der Verkäufer aus dem Tempel (V. 45–46 diff. Mk 11,15–17), außerdem bleibt – anders als bei Markus (Mk 11,11b) – bei Lukas Jesus nach dem Einzug in den Tempel im Weiteren im Tempel (bis Lk 21,38). So wird der Eindruck eines zielgerichteten Einzugs in den Tempel verstärkt, der seinen Endpunkt im längeren Aufenthalt Jesu im Tempel findet. Außerdem verstärkt Lukas mögliche politische Konnotationen: Er fügt auf eine prägnante, fast bekenntnishafte Weise in V. 33 die wörtliche Rede mit dem Titel „Kyrios“ ein (ὁ κύριος αὐτοῦ χρείαν ἔχει75). Außerdem fügt er in V. 38 an prominenter Stelle ὁ βασιλεύς in den Lobpreis ein und übergeht das hebräische Hosianna der markinischen Fassung (Mk 11,10). Zudem schließt der Lobpreis mit den Worten: ἐν οὐρανῷ εἰρήνη καὶ δόξα76 ἐν ὑψίστοις (Ergänzung gegenüber Markus). Schildert Lukas den Zug stringenter als Markus und fügt er Worte ein, die auch politisch konnotiert waren, so legt sich die Vermutung nahe, die lukanische Schilderung erinnere an den Triumphzug eines römischen Imperators der Kaiserzeit in die Stadt Rom, wie er sich allerdings nur idealtypisch beschreiben lässt.77 Folgende Ähnlichkeiten lassen sich finden: Der Zug begann mit Vorbereitungen außerhalb des Pomeriums, der sakralen Stadtgrenze (vgl. V. 29–36). Der Triumphator wird mit einem besonderen Transportmittel geehrt (vgl. V. 35), die Wege werden besonders geschmückt (vgl. V. 36), die Menge jubelt (vgl. V. 37), der Einzug endet im Tempel (V. 45), das Thema
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Andere Differenzen nenne ich nicht. Zweite (vgl. V. 31) Aufnahme von Mk 11,3. Vgl. auch die Einfügung von οἱ κύριοι als Kontrast zum Kyrios Jesus in V. 33. 76 Vgl. Lk 4,6, wo der Teufel von der δόξα der Reiche der Welt spricht. 77 Die umfangreichste Beschreibung bei Josephus, Bell. VII 123–162. Vgl. WIENAND/ GOLDBECK/BÖRM, Der römische Triumph in Prinzipat und Spätantike. 75
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
71
Friede ist präsent (vgl. V. 38 und 42), der Triumphator wird während des Zugs als Erscheinung Jupiters auf Erden angesehen.78 Durch die genannten Ähnlichkeiten ermöglicht Lukas also dem Leser oder Hörer seiner Zeit, Anklänge79 an einen Triumphzug zu hören. Gleichzeitig zeigen sich Differenzen: Lukas schildert keine Erinnerungen an vergangene kriegerische Aktivitäten. In Lk 19,28–46 jubelt nicht die Bevölkerung, sondern es jubeln allein die Jünger. Fast alles Erzählte ereignet sich vor, nicht in der Stadt (dort nur V. 45 und 46). Jesus zieht allein in die Stadt; weder Bilder noch Tiere, noch Gefangene werden vor ihm hergeführt. Jesus folgen keine Soldaten. Das Volk ruft nicht, nur die Jünger rufen. Jesus klagt. Händler werden aus dem Tempel getrieben. Die Bewohner der Stadt werden bei Lukas nicht erwähnt. Jesus opfert nicht im Tempel. Kein Siegerkranz oder Sklave wird genannt. Diese Differenzen erklären sich zum einen durch seine Vorlage, haben aber auch darin ihren sachlichen Grund, dass Lukas nicht den Zug eines Siegers schildert, sondern den Weg Jesu zur Erhöhung, der ihn durchs Kreuz führt.80 Lukas nennt kein Wedeln der Palmzweige. Er nennt keinen Jubel außer dem der Jünger, sondern erwähnt Kritik an der Stadt, in die er einzieht (V. 39–40). Der Tempel, in den Jesus einzieht, wird der Ort des Widerstands gegen ihn (vgl. den Vers 47, unmittelbar auf den Einzug folgend) und der Ort der Eskalation (20,19). Jesus wird als König, der im Namen des Herrn, also Gottes,81 kommt, anerkannt, doch er ist kein in irdischer Hinsicht siegender König; denn gegen ihn werden gleich im Folgenden Mordpläne geschmiedet (V. 47). Deshalb ist sein Friede anders als in Lk 2,14 zu Beginn der Zeit in Jerusalem ein „Friede im Himmel“, und „seine Ehre“ gilt „in den Höhen“ (V. 38: εὐλογηµένος ὁ ἐρχόµενος, ὁ βασιλεὺς ἐν ὀνόµατι κυρίου· ἐν οὐρανῷ εἰρήνη καὶ δόξα ἐν ὑψίστοις). So lässt dieser Einzugsbericht schon die Passion und die Erhöhung anklingen. Wir sehen also, dass Lukas hier nur einzelne Elemente eines antiken Triumphzugs aufnimmt. So ermöglicht er den Lesern seiner Zeit Assoziationen an Einzüge von Imperatoren in Rom. Doch gerade durch das Auslassen der kriegerischen und von allen Anwesenden getragenen euphorischen Elemente, die in Rom den einziehenden erfolgreichen Imperator charakterisieren, schildert Lukas den einziehenden König als Friedenskönig, dem nur 78
Deshalb trägt er einen roten Mantel, die Farbe Jupiters. Zu den Triumphzugsmotiven im Hintergrund von Lk 19,28–46 KINMAN, Jesus’ Entry into Jerusalem, S. 25–47 und 91–122. 80 Lk 24,26. Zum Verständnis der Passion Jesu als Weg zur Erhöhung BARTH, Tod Jesu Christi, S. 131–138: Der Tod Jesu „ist nur ein Durchgangsstadium auf dem Weg zur Herrlichkeit“ (S. 134). Vgl. BÖTTRICH, Proexistenz im Leben und Sterben, S. 415: Lukas schildert „den Tod am Kreuz als einen Teil des Weges Jesu – von der Geburt und dem Auftreten in Galiläa bis zur ‚Hinaufnahme‘ (Lk 9,51) in Jerusalem“. 81 Vgl. LXX Ps 117,26, vgl. auch 1. Kön 1,34. 79
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
von wenigen zugejubelt wird. Dieser König bringt keinen irdischen (V. 41– 44), sondern einen himmlischen Frieden. Lukas knüpft also bei Assoziationen seiner Hörer an römische Macht an, stellt diese infrage und verweist auf den Kyrios (V. 34) und König Jesus, dessen Weg durch die Erniedrigung zur Erhöhung führt. Er wird als βασιλεύς bejubelt,82 doch er ist ein himmlischer (V. 38b), kein irdischer König, der gerade deshalb im Namen Gottes (V. 38a) kommt. Er ist kein Imperator, der sich auf dem Höhepunkt seiner Macht befindet, sondern ein himmlischer König, der seiner Erhöhung entgegengeht.83 3.1.10 Jesus und die Steuern des Imperiums (Lk 20,20–26) Im Laufe unseres Durchgangs durch die Perikopen des Doppelwerks fällt immer wieder die Vielschichtigkeit der lukanischen Texte zum Imperium ins Auge. Auch Lk 20,20–26 nimmt das Imperium aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick. Dabei zeigt sich die politische Brisanz des Textes, die Lukas durch seine Redaktion gesteigert hat. Aufbau des Streitgesprächs: 1. Einleitung: Die handelnden Personen werden genannt: die Spitzel (von den Schriftgelehrten und Hohepriestern gesandt), Jesus. Ziel der Spitzel ist es, Jesus der Macht des Statthalters auszuliefern (V. 20). 2. Die Fangfrage der Spitzel (V. 21–22) 2.1 Captatio benevolentiae (V. 21) 2.2 Die Frage der Spitzel nach der Kaisersteuer (V. 22) 3. Antwort Jesu (V. 23–25) 3.1 Jesus durchschaut ihre List. (V. 23) 3.2 Seine Antwort (V. 24–25) 4. Scheitern des Ziels. Reaktion der Spitzel: Wundern und Schweigen (V. 26) Inhaltliche Erläuterung: Die Einleitung nennt die handelnden Personen und die unlauteren Motive der Spitzel (V. 20). Diese loben Jesus für seine rechte (ὀρθῶς), gerechte (οὐ λαµβάνεις πρόσωπον) und wahrhaft gottgemäße (ἐπ’ ἀληθείας τὴν ὁδὸν τοῦ θεοῦ) Lehre (V. 21). Nach dieser captatio benevolentiae stellen sie ihre kurze Frage, ob es erlaubt sei, dem Kaiser Abgaben zu geben (V. 22). Jesus durchschaut ihre List (V. 23) und fordert sie auf, einen Denar zu zeigen (V. 24). Dann fragt er sie, wessen Bild und Schrift dieser trage. Sie antworten sachgemäß: des Kaisers (V. 24). Jesus fordert sie auf, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist (V. 25). Schließlich wird festgestellt, dass sie Jesus nicht mit Worten fassen konnten, sich über diese Antwort wunderten und schwiegen (V. 26). Zur Redaktion: Lukas übernimmt den klaren Grundaufbau der Perikope von Markus, strafft sie an einigen Stellen (V. 22.24), verbessert die Erzählung stilistisch (z.B. V. 25: τοίνυν), verleiht ihr aber auch eigene Akzente, indem er vor allem die Verse 20 und 26 erweitert, sodass die Episode nicht nur ihren Akzent auf das Jesuswort in V. 25 legt, sondern auf die heuchlerische Motivation der Fragenden, die die Obrigkeit instrumentalisieren, um Jesus vor den Statthalter zu bringen. 82
Auch Bezeichnung des Kaisers, vgl. LSJ, S. 309. Vgl. Lk 9,51 zu Beginn des sog. lukanischen Reiseberichts: ἐγένετο δὲ ἐν τῷ συµπληροῦσθαι τὰς ἡµέρας τῆς ἀναλήµψεως. Die Erhöhung ist demnach Ziel des Weges nach Jerusalem. 83
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
73
Untersucht man die kleine Episode im Tempel in Jerusalem (vgl. Lk 19,47), so fällt auf, dass Lukas sie auf das Ziel der unlauteren Spitzel hin ausrichtet, Jesus vor das Gericht des Statthalters zu bringen. Deshalb steigert sich bis zu V. 25 die Spannung, die erst in V. 26 wieder abebbt, aber aufgrund von Lk 19,47 grundsätzlich erhalten bleibt. Schon in V. 20, der Exposition, beschreibt Lukas dieses Ziel im Gegenüber zu den Spitzeln, die sich als δίκαιοι darstellen. Im Folgenden, in der Fangfrage mit der captatio benevolentiae, klingt es indirekt an, indem Jesus als Gerechter, der Recht spricht und lehrt, bezeichnet wird (V. 21). In V. 22, der Frage nach der Kaisersteuer, spitzt sich die Brisanz zu; galt doch im Römischen Reich die Verweigerung von Steuern als seditio und damit als Grund für die Todesstrafe.84 Jesu Antwort in V. 25, dem Höhepunkt der Episode, entlastet ihn juristisch, verweigert er doch nicht das Zahlen der Steuer. Im letzten Vers 26 wird das Scheitern, ihn zu fangen, noch einmal ausdrücklich genannt. Diese Brisanz der politischen Ausrichtung der lukanischen Erzählung „Vom Zinsgroschen“ gilt es im Folgenden näher zu entfalten. Der klare Aufbau und die gegenüber Markus an manchen Stellen geraffte Erzählung der kleinen Episode öffnen einen Blick auf die unterschiedlichen Anklänge und ironischen Hinweise, die der Text zum Imperium gibt. Insbesondere legt die lukanische Ergänzung in der Exposition in V. 20 ὥστε παραδοῦναι αὐτὸν τῇ ἀρχῇ καὶ τῇ ἐξουσίᾳ τοῦ ἡγεµόνος nahe, die Episode vor dem Hintergrund einer möglichen Bedrohung Jesu durch eine Anklage vor dem römischen Statthalter durch die jüdische Obrigkeit, die ihn instrumentalisiert, zu verstehen. Deshalb folgt an dieser Stelle ein Durchgang durch die Episode vor dem Hintergrund der Frage nach dem Römischen Imperium. Die Spitzel der Hohepriester und Schriftgelehrten, die vorgeben, gerecht zu sein, haben Münzen mit dem Kaiserbildnis im Tempel dabei. In diesem Zusammenhang kommt zum ersten Mal Pilatus als mögliche Bedrohung für Jesus in den Blick. Leser, die Lk 13,31 noch im Ohr haben, mögen die Bedrohung der Tötung spüren, die Jesus selber in seinen Leidensankündigungen vorausgesagt hat85 und die die Schriftgelehrten und Hohepriester nach Lk 19,47 (vgl. 20,19) konsequent anstreben. Dann bezeichnen sie Jesus als den, der eine rechte (ὀρθῶς), unparteiische (οὐ λαµβάνεις πρόσωπον) und wahrhaft gottgemäße (ἐπ’ ἀληθείας τὴν ὁδὸν τοῦ θεοῦ) Lehre bringt und damit „den Weg“ lehrt – eine der Selbstbezeichnungen der Christen in der Apostelgeschichte.86 Wenn diese Beschreibungen Jesu ernst gemeint wären, würde er in einem fairen Verfahren keinen Anlass für eine Anklage bieten. Die Frage nach der Legitimität der Steuererhebung, die im Hintergrund der kleinen Episode steht, erinnert an Aufstände im Römischen Reich im ersten 84
MOMMSEN, Strafrecht, S. 590ff. Lk 9,21–22; in 9,43b–45 und 18,31–34 wie in 20,20 παραδοῦναι. 86 Z.B. Apg 9,2. 85
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Jahrhundert, die sich in vielen Fällen an der Steuerfrage festmachten.87 Nach allgemeinem römischen Selbstverständnis waren Steuern der Provinzialen notwendig zum Erhalt des Friedens.88 Jesus erkennt zwar die Frage als Fangfrage. Aus historischer Perspektive betrachtet, versuchen die Spitzel ihn in eine Klemme zu bringen: Sagt er ‚Ja‘, zieht er den Zorn des anwesenden Volkes (V. 26) auf sich. Sagt er ‚Nein‘, bringt er sich selber in den Gegensatz zum Römischen Imperium. Dabei fällt auf, dass gerade die Spitzel, die sich als gerecht/fromm präsentieren, einen Denar mit dem Bild und der Aufschrift des Kaisers dabeihaben, Jesus und seine Jünger offenbar nicht. Die altkirchliche, reformatorische und neuzeitliche Auslegungstradition hat viele Antworten gegeben über das Verhältnis von Staat und Kirche nach Jesu Wort vom Zinsgroschen.89 Leser der Zeit des Lukas werden gesehen haben, dass Jesus in diesen Worten das Römische Imperium in seiner Existenz nicht infrage stellt. Die mögliche Doppeldeutigkeit von ἀπόδοτε als „gebt zurück“ und als „zahlt (Steuern)“ zeigt, dass Jesus zunächst das Steuerrecht Roms grundsätzlich anerkennt. Dass für Lukas theologisch das Gewicht auf dem zweiten Teil des Parallelismus liegt, nämlich Gott (zurück) zu geben, was Gottes ist, liegt auf der Hand: So wie der Denar dem Kaiser gehört, gehört der Mensch Gott.90 Indem Jesus sein zentrales Wort (V. 25) allerdings nur mit καί verbindet, bleibt eine genauere Verhältnisbestimmung der Größen Denar und Mensch zueinander offen. Schließlich schlägt der Versuch fehl, Jesus als Volksfeind oder als Aufrührer in Bedrängnis zu bringen. Lk 23,2 zeigt, dass die Widersacher Jesus dennoch vor den Statthalter bringen. Lk 20,20–26 wird belegen, dass die Ankläger lügen. Wir fassen zusammen: Der römische Statthalter Pilatus erscheint hier den Lesern zum ersten Mal als Instanz, die das Leben Jesu tödlich bedroht. Der Kaiser wird in seiner Macht grundsätzlich anerkannt, diese wird aber durch Gottes Macht relativiert. Diese Vielschichtigkeit der Aussagen spiegelt sich auch in der Gestaltung der Perikope durch Lukas wider: Einerseits lässt sie die Bedrohung Jesu durch das von jüdischen Autoritäten instrumentalisierte Römische Imperium deutlich im Hintergrund erscheinen, andererseits leitet sie im zentralen Wort (V. 25) die Frage nach der Loyalität zu Rom zur Frage über nach der Loyalität Gott gegenüber. Es lässt sich also wieder die narrative Bewegung finden, dass eine scheinbar rein historische Darstellung von Rom zur Frage nach der Macht Roms und der Macht Gottes überleitet. So zeigt sich also erneut die Vielschichtigkeit des Werks, wenn es um das Römische Imperium geht. In einer Hinsicht erkennt es den Herrschaftsanspruch Roms an (V. 25, Amtsgewalt des Statthalters), in anderer Hinsicht zeigt sich, dass 87
Z.B. Josephus, Bell. II 402–404. Belege bei ECKEY, Lukasevangelium, Bd. 1, S. 134f. 89 Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas, Bd. 3, S. 98–101. 90 Vgl. Tertullian, Idol. 15,3. 88
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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Lukas durchaus das Versagen von Pontius Pilatus im Blick hat: In Lk 3,1 hatte er ihn noch neutral eingeführt, in Lk 13,1 erschien er als Gewalttäter, die Leidensankündigungen kündigen Jesu Tod an, Lk 19,47 und 20,19 sprechen deutlich von den Zielen der Widersacher. Schon hier deutet sich an, was das Doppelwerk im Pilatus-, aber auch später im Paulusprozess in der Apostelgeschichte hintergründig entfalten wird: Roms Versagen. Auf einer zweiten, theologischen Ebene führt gerade V. 25b von der Steuerfrage weg zur Übergabe des Menschen selbst an Gott. Letztlich geht es Jesus nicht um Steuern und um Rom, sondern um das Gottesverhältnis der Menschen, nämlich Gott zu geben, was Gottes ist. 3.1.11 Jesu Zuspruch an die Christen in Bedrängnis (Lk 21,12–19) Schon die Betrachtung von Lk 12,11–12 hat gezeigt, dass Jesus den Lesern Mut zuspricht angesichts möglicher Prozesse, in die sie verwickelt werden könnten. Diesen seelsorgerlichen Ton lässt Lukas in 21,12–19 erneut erklingen, nun dadurch verstärkt, dass er die Gefahrenlage, aber auch den Zuspruch konkretisiert.91 Gliederung:92 1. V. 12–13: Die Auslieferung an die Gerichte als Gelegenheit zum Zeugnis 2. V. 14–15: Der Zuspruch, sich nicht schon vorher zu sorgen, da Jesus den Jüngern eine Verteidigung ermöglichen wird, der nicht widersprochen werden wird 3. V. 16: Auslieferung durch nahe und ferne Verwandte und Freunde 4. V. 17–18: Ankündigung des Hasses und Zuspruch der Bewahrung 5: V. 19: Zusage, durch Standfestigkeit das Leben zu gewinnen
Für unsere Frage nach der Rolle des Römischen Imperiums im Lukanischen Doppelwerk ergibt sich, dass Lukas die irdische Realität der Gerichte Roms wieder grundsätzlich anerkennt. Dennoch wird die Situation vor römischen Gerichten zur Zeugnissituation, in der sich Jesus zeigt, indem er durch seine Worte, durch den Schutz und durch die Zusage des Lebens wirkt. Erneut zeigt sich, dass nicht etwa die Macht der Gerichte über die Deutung der Situation, in der die Jünger sind, entscheidet, sondern Jesus, der in die Bedrohungssituation hineinwirkt. Durch ihr Zeugnis werden die Jünger ermächtigt, Gott wirken zu lassen, dem die Gerichte, selbst wenn sie Fehlentscheidungen treffen, nicht widerstehen können. Auch wenn die Jünger um Jesu Namen willen (V. 17) in diese Lage kommen, bleibt es doch Jesus selbst, der sie dort beschützt und bewahrt. Die Macht Roms, insoweit sie sich in den Gerichten der Statthalter und des Kaisers offenbart, erscheint zwar als bedrohliche Realität.
91 Hier sei daran erinnert, dass Lukas seine Vorlage aus Mk 13 so abwandelt, dass aus Zukunfts- bei ihm Gegenwartsaussagen werden (siehe oben S. 14). 92 Zur näheren Analyse des Textes und zur lukanischen Redaktion vgl. Teil 2.1.1 dieser Arbeit (oben S. 13ff).
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Dennoch ist die Macht Jesu weit mächtiger als die Roms. Auch wenn man Menschen, die den Christen nahe sind (V. 12), in diese Bedrohungslage bringt, brauchen diese sich nicht zu sorgen (V. 14); denn sie werden um ihrer Standhaftigkeit willen das Leben gewinnen (V. 19). 3.1.12 Die Zerstörung Jerusalems durch die römische Armee (Lk 21,20–24) War in den bisher behandelten Texten die Schilderung der zerstörenden Kraft des Imperiums auf das Verhalten eines Einzelnen wie Pilatus oder auf das Verhalten nicht namentlich genannter Statthalter begrenzt, so wird in Lk 21,20–24 zum ersten Mal ein ganzes Heer für die Gewalt verantwortlich gemacht und dessen Handeln theologisch gedeutet. Gliederung: V. 20: Die Belagerung Jerusalems als Zeichen der kommenden Verwüstung V. 21–22: Wegen dieser Tage der Strafe sollen alle die Stadt meiden. V. 23–24: Wehruf über die Schwangeren und Stillenden. Die Zerstörung des Lebens in der Stadt (vgl. auch Lk 19,43–44)
Den meisten Lesern des späten ersten Jahrhunderts dürfte selbstverständlich gewesen sein, dass Lukas hier konkret das Verhalten der römischen Armee aus dem Jüdischen Krieg schildert: Mithilfe mehrerer Heerlager93 umzingelten die Römer die Stadt Jerusalem und verwüsteten sie (V. 20). Die in Judäa sollten in die Berge flüchten, die in Jerusalem sollten die Stadt verlassen, und die auf dem Lande sollten die Stadt – wohl wegen der Kämpfe – nicht betreten (V. 21). Schwangere und Stillende würden getroffen werden (V. 23). Die Bewohner Jerusalems und das Volk würden durch die Schärfe des Schwertes fallen und als Gefangene zu allen Völkern verschleppt werden, und Jerusalem würde von den Völkern mit Füßen getreten werden bis zum „Ende der Tage der Heiden“ (V. 24). Für manche der Ereignisse lassen sich in den Schilderungen des Josephus vom Jüdischen Krieg historische Belege finden.94 Zur zeitlichen Einordnung der in Lk 21,5–36 geschilderten Ereignisse ist entscheidend zu erkennen, dass die ab V. 20 geschilderte Verwüstung Jerusalems beginnt, als die ab V. 12 bis V. 19 geschilderten Ereignisse noch nicht abgeschlossen sind (V. 20: ὅταν δὲ ἴδητε). Damit fallen sie in den Rahmen der Ereignisse vor dem Kommen des Menschensohns (V. 8–9 und 34–36).95 Sie liegen gewissermaßen im ‚inneren Bereich‘ der letzten öffentlichen Rede Jesu und damit nicht jenseits, sondern in der Zeit (vgl. V. 12: πρὸ δὲ τούτων). So kann Lukas konkreter als Markus über die Zerstörung Jerusalems berichten. Manche sprechen davon, dass Lukas die von Markus geschilderten eschatologischen Ereignisse in 93 Oder Armee: ὑπὸ στρατοπέδων kann die Armee selber meinen (so Polybius, Hist. I 16,1; II 1,6), aber auch die Heerlager (so Josephus, Bell. V 47 u.ö.). 94 Belege bei FLÜCKIGER, Lk 21,20–24 und die Zerstörung Jerusalems. Es sei betont, dass damit keine Entscheidung darüber getroffen ist, ob Lk 21,20–24 den historischen Verlauf der Belagerung wiederzugeben beabsichtigt. 95 So auch WOLTER, Lukasevangelium, S. 669.
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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den Versen 20–25 wie auch in den Versen 12–19 historisiere. So lässt sich in den Versen 20–24 erkennen, dass zur Zeit des Lukas Jerusalem noch zerstört war und deren eschatologische Restauration am Ende der Zeiten der Heiden (V. 24) noch ausstand.96
Für unseren Zusammenhang ist wichtig, dass Lukas das Handeln Roms keineswegs allein aus historischer Perspektive betrachtet, sondern als Strafhandeln Gottes (V. 22: ὅτι ἡµέραι ἐκδικήσεως αὗταί εἰσιν) an der Stadt Jerusalem, die nach Lk 19,42 den Tag nicht erkennt. Das zerstörerische und lebensfeindliche (V. 23) Verhalten Roms sieht Lukas also eingebettet in den Plan Gottes, der sich in den Schriften offenbart (V. 22: πλησθῆναι πάντα τὰ γεγραµµένα) und der nach V. 24 – einer nur bei Lukas zu findenden Ergänzung – bis zur Erfüllung der Zeiten der Heiden andauert (ἄχρι οὗ πληρωθῶσιν καιροὶ ἐθνῶν). Dem entspricht die Fülle der Anklänge unter anderem an die Septuaginta.97 Alles, was geschildert wird – die Belagerung Jerusalems, die Not Einzelner, die Tötungen durch das Schwert, die Deportation unter die Völker und die „Zertretung“ der Stadt und ihre Restauration –, liegt letztlich im Willen Gottes begründet. Das römische Imperium in seiner Konsequenz und Grausamkeit als Strafhandeln Gottes ist keineswegs aus dem Plan Gottes ausgeklammert. Im Gegenteil: Gott wirkt durch die Macht Roms in die Geschichte hinein. Dieser Zorn (V. 23) trifft primär die Bewohner des Landes (V. 20). Es lässt sich sagen, dass Lukas keineswegs die Augen vor der Gewalt des Imperiums verschließt. Er ordnet sie vielmehr Gottes Macht unter und gibt ihr auf diese Weise einen tieferen Grund. Die Zerstörung Jerusalems, die nicht für immer sein wird (V. 24c), ist letztlich nicht Ausdruck der Macht Roms, sondern der Macht Gottes. 3.1.13 Vom Herrschen und vom Dienen der Jünger und von Jesu eigenem Dienst (Lk 22,24–27) Nur an einer Stelle im Lukanischen Doppelwerk steht menschliche Macht thematisch im Mittelpunkt einzelner Worte: In Lk 22,24–27 spricht Jesus zu Beginn seines Vermächtnisses an die Jünger (Lk 22,24–38) von dem, wie sich die Jünger verhalten sollen und wie Jesus unter ihnen wirkt. Um herauszuarbeiten, wie diese Worte auf Leser der Zeit des Lukas gewirkt haben könnten, legt sich ein Vergleich mit der markinischen Vorlage nahe, der Lukas eigene Akzente gegeben hat.
96 So WAINWRIGHT, Luke and the Restoration, S. 77f. Vgl. die Diskussion bei BOCK, Luke, Bd. 2, S. 1680ff. 97 Z.B. an das Danielbuch, die Makkabäer- und die Prophetenbücher, vgl. RUSAM, Das Alte Testament bei Lukas, S. 233ff.
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V. 24 leitet die Worte Jesu ein, durch die Lukas die Situation am Tisch (siehe V. 12–13) nach dem letzten Abendmahl entfaltet: Die Jünger geraten in Streit (φιλονεικία), wer der Größte (µείζων) unter ihnen sei. Jesus reagiert, indem er zunächst das Herrschen unter den Königen und Mächtigen der Völker schildert (V. 25). Diesem Herrschen stellt er das Dienen der größten unter den Jüngern entgegen, das durch zwei rhetorische Fragen unterstützt wird. Schließlich bezeichnet Jesus sich selbst als Dienenden unter den Jüngern. Folgender Gedankenverlauf kristallisiert sich heraus: 1. V. 24: Der Streit der Jünger 2.1 V. 25: Wort Jesu über die Herrscher unter den Völkern 2.2.1 V. 26: Jesu Aufruf an die Größten zu dienen 2.2.2 V. 27a–b: Bekräftigung (γάρ) durch zwei Fragen 2.3 V. 27c: Jesu Selbstbezeichnung als Dienender
Erstens fällt auf, dass Lukas Herrschaft unter den Völkern anerkennt und nicht begrifflich abwertet: Markus (10,41–45) apostrophiert die irdische Herrschaft als Gewaltherrschaft, indem er abwertend von κατακυριεύουσιν98 und von κατεξουσιάζουσιν99 spricht, während Lukas neutral und präziser von κυριεύουσιν („herrschen“) und von εὐεργέται καλοῦνται („Wohltäter heißen“) spricht. Außerdem stellt er die Herrschaft zunächst nicht grundsätzlich infrage: Markus spricht von denen, die zu herrschen scheinen (V. 42), Lukas erkennt die Tatsache der Herrschaft unter den Völkern schlicht an. Zum zweiten beschreibt Lukas das System der Herrschaft und die gegenseitigen Abhängigkeiten präziser als Markus: Dieser spricht schlicht von οἱ δοκοῦντες ἄρχειν τῶν ἐθνῶν und von οἱ µεγάλοι, wenn er die Herrscher meint. Lukas präzisiert: οἱ βασιλεῖς τῶν ἐθνῶν κυριεύουσιν αὐτῶν καὶ οἱ ἐξουσιάζοντες αὐτῶν εὐεργέται καλοῦνται. Mit βασιλεῖς könnten Könige allgemein, aber auch speziell die Kaiser gemeint sein. Mit ἐξουσιάζοντες sind alle gemeint, die Amtsautorität ausüben. Dies können ebenso römische wie lokale Magistrate sein. Innerhalb eines Halbsatzes (V. 25b) gibt Lukas zu erkennen, dass er eine wichtige Legitimation des römischen Imperiums präzise erkannt hat, den sog. Euergetismus:100 Wohlhabende Mitglieder des Dekurionenstandes, solche, die es werden wollten, Statthalter und Kaiser erbrachten eine finanzielle Leistung für die Öffentlichkeit und wurden im Gegenzug öffentlich geehrt. Ökonomisches wurde so in soziales Kapital und politischen Einfluss umgewandelt. Lukas erkennt hier, dass Herrschaft nicht allein auf dem Status einer Person beruht (V. 25a), sondern ebenso auf Strukturen, die Akzeptanz ermöglichen. Lukas überführt also seine allgemeine Vorlage aus Markus in den konkreten kulturellen Bereich der kaiserzeitlichen Gesellschaft. Zum dritten fällt auf, dass Lukas einen konkreten Kontrast zur weltlichen Herrschaft formuliert, indem er Leitende anspricht und zum Dienst aufruft, während Markus den Weg weist, wie man innerhalb der Jüngergemeinschaft 98
LSJ: „gain or exercise complete dominion“. LSJ: „exercise authority over“. 100 VEYNE, Brot und Spiele, S. 22–27. 99
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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durch Dienst zu einem Großen wird.101 Anders als von Markus akzentuiert, der von einem sozial flexiblen Gemeinschaftsmodell auszugehen scheint, stellt Lukas keineswegs die Tatsache, dass es Leitende gibt, infrage, sondern fordert diese auf, zu dienen anstelle zu herrschen, sodass sie auf diese Weise in ihrem Handeln letztlich das Magnifikat realisieren: Weil die Herrschenden den Niedrigen bzw. Demütigen dienen, sitzen sie sozusagen nicht mehr auf den Thronen, sondern stehen nun in deren Dienst und erheben sie auf diese Weise (Lk 1,52). Auch wenn die äußere Form erhalten bleibt, so verkehrt sich Herrschaft in Dienst. Dem entspricht die Absicherung des Gesagten durch die Feststellungen in V. 27a–b, wo noch einmal die Selbstverständlichkeit herausgestrichen wird, dass die zu Tische Liegenden die größeren sind gegenüber den am Tisch Dienenden (vgl. das οὐχί am Anfang der zweiten Frage). Zuletzt ist zu nennen, dass die kleine Versfolge bei Lukas in dem Wort kulminiert (V. 27c): Ich bin in eurer Mitte wie ein Dienender. Dieser Satz verdichtet das vermutlich alte102 sog. λύτρον-Wort103 bei Markus in das Partizip διακονῶν und zeigt dadurch, dass Jesu eigener Dienst das Handeln der Jünger christologisch fundiert. Man mag in V. 27c an die Abendmahlssituation denken und Jesu Handeln und seine Hingabe in Brot und Wein (V. 19– 20) als einen Dienst an den Anwesenden verstehen. Diese Deutung passt gut zu der Beobachtung, dass Jesus im Lukasevangelium seinen Weg grundsätzlich als einen Dienst versteht, in dessen heilvollem Reden und Handeln Gott sich offenbart.104 Alle vier Einsichten sind nun von Belang für die Frage, wie seinerzeitige Leser Lk 22,24–27 rezipiert haben könnten. Lukas erkennt erneut irdische Herrschaft und damit auch die Herrschaft Roms grundsätzlich an. Er weiß um die Mechanismen der Gesellschaft des Römischen Reiches der Kaiserzeit: Es gibt Könige (bzw. Kaiser), und es gibt Wohltäter, die sich ihr Sozialprestige durch ihre Wohltaten erkaufen.105 Zweitens stellt Lukas das Verhalten der Herrscher dem der Christen scharf entgegen: ὑµεῖς δὲ οὐχ οὕτως (V. 26). Die Großen unter ihnen sollen wie Junge sein und die Leitenden wie Dienende. Lukas profiliert dabei sein Jüngerbild im Gegenüber zum Bereich von Königen und Mächtigen, die sich gerade durch die Ausübung von Herrschaft auszeichnen. Unter den Jüngern 101 Mk 10,43–44: οὐχ οὕτως δέ ἐστιν ἐν ὑµῖν, ὃς ἂν θέλῃ µέγας γενέσθαι ἐν ὑµῖν ἔσται ὑµῶν διάκονος, καὶ ὃς ἂν θέλῃ ἐν ὑµῖν εἶναι πρῶτος ἔσται πάντων δοῦλος. Lk 22,26: ὑµεῖς δὲ οὐχ οὕτως, ἀλλ’ ὁ µείζων ἐν ὑµῖν γινέσθω ὡς ὁ νεώτερος καὶ ὁ ἡγούµενος ὡς ὁ διακονῶν. 102 STRECKER, Theologie, S. 374f. 103 Mk 10,45: καὶ γὰρ ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου οὐκ ἦλθεν διακονηθῆναι ἀλλὰ διακονῆσαι καὶ δοῦναι τὴν ψυχὴν αὐτοῦ λύτρον ἀντὶ πολλῶν. 104 Vgl. FELDMEIER, Macht – Dienst – Demut, S. 59. 105 Nicht zuletzt der Kaiser, der größte der εὐεργέται, vgl. z.B. zu Augustus Philo, Leg. Gai. 149: Augustus, der „erste und größte und allgemeine Wohltäter“.
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soll der Dienst die Maxime der Leitenden sein, so wie die Herrschaftsausübung die Maxime der Herrschenden ist. Damit beschreibt Lukas nicht nur das Selbstverständnis der römischen Herrschaft als Machtausübung,106 sondern baut auch an einer „Gegenwelt“,107 für die Jesus ein anderes und dem römischen Herrschaftsdenken letztlich fremdes Ethos entwirft. Lukas destruiert das Statusdenken der Jünger nicht, indem er den Status selbst infrage stellt (wie Markus), sondern indem er die Verhaltensweisen, die dem Status entsprechen, in deren Gegenteil verkehrt: Herrschende sollen nicht herrschen, sondern dienen. Dieses Verfahren, das grundsätzlich auch Paulus im Philemonbrief anwendet, konstituiert den Status auf einer neuen Grundlage, nämlich dem des Dienstes und nicht der Herrschaft.108 Auf diese Weise höhlt Lukas 22,24–27 letztlich – zugespitzt formuliert – das Herrschaftsethos Roms theologisch von innen aus, ohne sich offen gegen Rom zu stellen. Ohne dem Autor Lukas zu viel politische Strategie zu unterstellen, zeigt sich die Ethik in V. 26 doch als herrschafts- und romkritisch, sodass Lk 22,24–27 die Herrschaft auch unter den Jüngern nicht an sich, sondern in ihrem herrschaftlichen Vollzug infrage stellt. Doch letztlich entscheidend für das Romverständnis von Lk 22,24–27 ist der letzte Satz des Textes. Im dritten Schritt nach dem Weg durch die Herrschaftsakzeptanz und die Herrschaftskritik kommt Lukas überraschend zur Grundlage seiner Ethik: Jesus selber dient den Jüngern: ἐγὼ δὲ ἐν µέσῳ ὑµῶν εἰµι ὡς ὁ διακονῶν. In diesen wenigen Worten fasst Jesus einerseits prägnant seinen Weg zusammen, den er als Dienst für die Jünger und für die Welt geht.109 Andererseits begründet er die Ethik der Jünger, die ihr Handeln auf deren Grundlage verstehen sollen. Wichtig ist, dass Jesus sein Handeln als eines versteht, das die Jünger ermächtigt, so zu handeln wie er selbst: Weil Jesus dient, sollen auch sie dienen. Sein Handeln geht dem ihrigen voraus. In 106 Kaiser Trajan versuchte z.B. den Fragen nach der Legitimation seiner Herrschaft ab dem Jahre 98 so zu begegnen, dass er sich als optimus princeps präsentierte. Dieser Titel wurde ihm später, zwischen dem 10. August und 1. September 114, nach dem Abschluss des Armenienfeldzugs vom Senat offiziell verliehen (Cassius Dio, Hist. rom. LXVIII 23,1; KIENAST, Römische Kaisertabellen, S. 123; RIEẞ, Die Adoptivkaiser). Vgl. zur Frühzeit seiner Regierungszeit z.B. Plinius, Pan. 2,7: „Iam quid tam civile, tam senatorium, quam illud additum a nobis Optimi cognomen?“ Schon die Einleitung der Verse ebenso wie die Ausgangsfrage der Jünger konnten den Lesern also Raum für Assoziationen an das Römische Imperium geben: Ἐγένετο δὲ καὶ φιλονεικία ἐν αὐτοῖς, τὸ τίς αὐτῶν δοκεῖ εἶναι µείζων. Vgl. auch Plutarchs Reflexion darüber, unter welchen Bedingungen jemand πρώτος wird, in Plutarch, Lys. Sull. comp. 1,3–4. 107 Vgl. ROWE, World upside down, S. 176, der vom „counter-reading of the world“ spricht. 108 Phlm 13–16. Auch römisches Herrschaftsdenken kennt den Dienst als Maxime (vgl. Ciceros officium-Ideal), nur findet dieser Dienst letztlich sein Ziel in der rechten Ausübung von Herrschaft. Vgl. DAHLHEIM, Geschichte der römischen Kaiserzeit, S. 204. 109 Vgl. Lk 12,37. Vgl. FELDMEIER, Macht – Dienst – Demut, S. 57f.
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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den später folgenden Versen 29–30 ist dabei vorausgesetzt, dass Jesus hier als Herr gedacht wird (so wie die Leitenden der Welt und der Gemeinde ebenfalls „Große“ sind). Jesu eigenes Handeln wird zur Grundlage des Handelns der Jünger, das sich so vom Herrschen der Herrscher der Welt unterscheidet. Wir sehen also, dass Lukas hier in drei Schritten der Herrschaft Roms kritisch, aber auch produktiv begegnet: Zunächst akzeptiert er grundsätzlich das Verhalten der imperial Herrschenden und deren Mechanismen. Dann lehnt er beides ab und entwirft eine Gegenethik. Schließlich führt er die Leser zu Christus, der selbst in der Mitte der Jünger dient. Lukas ist weit davon entfernt, in diesen Versen ein eindimensionales Bild von Rom zu entwerfen. Er wirbt eher dafür, sich dem Prozess der Auseinandersetzung mit Rom zu stellen, um schließlich in Jesu eigenem Handeln die Grundlage zu finden, auf der ein Leben als Christ im Imperium Romanum möglich wird. 3.1.14 Der Statthalter Pilatus als Richter (Lk 23,1–25) Als Sohn Gottes und Retter geht Jesus seinen Weg als Dienst für die Welt durch das Kreuz hindurch bis zur Erhöhung am Ende des Evangeliums. Einen entscheidenden Anteil an diesem Weg hat in irdischer Hinsicht der Präfekt von Judäa, Pontius Pilatus, der Jesus nicht freispricht. Wie werden die von mir postulierten Leser das Verhalten des Pilatus eingeschätzt haben? Um dieser Frage angemessen nachzugehen, sind zunächst kurz die Gründe zu nennen, weshalb ich die Verse 1–25 als die Schilderung eines einzigen Prozesses lese. Anschließend ist die Dynamik des Prozesses nachzuzeichnen, der sich auch die Leser anvertrauen. Dann sind die drei aktiv am Prozess Beteiligten in den Blick zu nehmen, um das Verhalten des Pilatus aus Sicht der damaligen Leser abschließend einzuschätzen. Die Einheit der Darstellung: Die lukanische Darstellung des Pilatusprozesses (Lk 23,1–25) gewinnt ihre innere Einheit durch die zentrale Stellung der Person des Pilatus. Zum einen nennt Lukas seinen Namen (Πιλᾶτος) neunmal innerhalb der vierundzwanzig110 Verse, zum anderen zeigt Lk 23,1 klar, dass Pilatus derjenige ist, der in den Auseinandersetzungen um die Person Jesu ein Urteil zu fällen hat. Dass es sich bei Pilatus um den Statthalter der Provinz Judäa aus der Familie der Pontier handelt, weiß der Leser/Hörer aus Lk 3,1 (ἡγεµονεύοντος Ποντίου Πιλάτου τῆς Ἰουδαίας). Nach den abschließenden Rahmenversen Lk 23,24–25 folgt erst in 23,52 eine erneute Nennung seines Namens.111 Dabei ist zunächst zu beobachten, dass Lukas in stärkerem Maße als Markus Termini verwendet, die eine rechtliche Konnotation haben. Vor allem sind zu nennen: V. 2: κατηγορεῖν (siehe auch V. 10) … διαστρέφοντα; V. 4: εὑρίσκω αἴτιον; V. 7: ἀνέπεµψεν; V. 13: συγκαλεσάµενος; V. 14: αἴτιον (siehe auch V. 22); V. 19: στάσιν; V. 19: φόνον (siehe auch V. 25); V. 19: βληθεὶς ἐν τῇ φυλακῇ (siehe auch V. 25); V. 22: παιδεύσας; V. 22: ἀπολύσω; V. 24: ἐπέκρινεν; V. 24: αἴτηµα. 110 111
110.
Zur späteren Einfügung von V. 17 z.B. METZGER, Textual Commentary, S. 179f. Zur prosopographischen Erfassung des Pilatus METZNER, Die Prominenten, S. 96–
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Zum zweiten gibt Lukas dem ganzen Geschehen eine prozessuale Struktur, die sich bei Markus (15,1–20) nicht so deutlich findet: Lk 23,2–5: Anklage, Verhör, Entscheidung, Einspruch; V. 6–12: Instanzenverlagerung; V. 13–23: Entscheidungsbegründung, Entscheidung, Einspruch; V. 24–25: abschließendes Urteil und Urteilsvollstreckung.112 Zum dritten nennt Lukas anders als Markus konkrete, für das römische Strafrecht relevante Anklagepunkte wie Unruhestiftung im Volk, Verhinderung von Steuerzahlung, Königsanspruch. Auf diese Weise erweckt Lukas den Eindruck der Schilderung eines juristischen Verfahrens, dem der Präfekt Pontius Pilatus vorsteht. Dadurch dass Lukas gegenüber Markus dem Erzählten eine deutlichere prozessuale Struktur gibt, tritt bei ihm Pilatus in seiner juristischen Funktion als Richter deutlicher hervor. Doch nicht nur die Person des Statthalters, sondern auch der Ort des Prozesses zeigt die Einheit des Abschnitts. Das Verb ἄγω in Lk 23,1 und 23,26 legt nahe, dass die vorherige Szene vor dem Hohen Rat und die auf den Pilatusprozess folgende Schilderung der Kreuzigung Jesu nicht am Ort des Pilatusprozesses spielen. Nach Mk 15,1–20 scheint sich der Prozess vor dem Prätorium in Jerusalem zu ereignen (siehe V. 16). Lukas nennt dagegen keine Lokalität explizit; historisch lässt sich der Vorplatz des Palasts des Herodes im Osten der Stadt Jerusalem vermuten, in dem Pilatus sich an Festtagen in Jerusalem häufiger aufhielt.113 Neben der Rolle der Person des Pilatus und dem Ort unterstreichen nicht zuletzt die Konzentration der lukanischen Darstellung auf den Prozess selbst und die Stringenz der Darstellung die Einheit der Szene.114 Diese geschlossene Darstellung legt die Annahme nahe, es handele sich um die Darstellung eines einzigen Prozesses mit unterschiedlichen Phasen.115
Die Dynamik der einzelnen Abschnitte Die Grobgliederung der drei Hauptteile der Darstellung: Blickt man auf die einzelnen Phasen des Prozesses, so fällt auf, dass sie in sich nicht abgeschlossen sind. Die Erzählung, die durchgängig von drei Handlungspolen bestimmt wird (Ankläger, Angeklagter und Richter), drängt von Abschnitt zu Abschnitt weiter und findet ihren Ruhepunkt erst in der Urteilsverkündung in V. 24. In jeder der drei zentralen Szenen ergäbe sich die erzählerische Möglichkeit, die Schilderung zu beenden. Die handelnden Personen führen den Prozess jedoch nicht zu Ende, sondern setzen ihn durch ihr unentschlossenes Verhalten fort. Dadurch entsteht der Eindruck eines sich länger hinziehenden Verfahrens. Immer wieder drängt die Prozessdarstellung auf eine Entscheidung des Pilatus (im Mittelteil, in V. 6–12: des Herodes) hin. Pilatus lässt jedoch seine gefällten Entscheidungen nicht wirksam werden. Da er seine Entscheidungen nicht gegen Widerstände durchsetzt, tritt das Verfahren jeweils in ein neues Stadium ein. Durch Pilatus’ Verhalten kommt der Prozess also lange Zeit nicht zum Ende. Erst das Urteil in V. 24, dem Ansinnen der Menge nachzugeben, schließt den Prozess ab. Orientiert man sich an diesem Charakteristikum der Unabgeschlossenheit der einzelnen Teile, ergibt sich folgende Grobgliederung: 112 Markus: 15,1–5: Verhör; 15,6–15: Diskussion mit der Menge; 15,16–20: Verspottung und Geißelung. 113 Josephus, Bell. I 402; II 301. 114 Vgl. z.B. die deutliche Nennung der Anklagepunkte in V. 2 und die abschließende Schilderung des Urteils in V. 24. 115 Ebenso WOLTER, Lukasevangelium, S. 738: „Es gibt nur einen einzigen Prozess“; anders z.B. ECKEY, Lukasevangelium, Bd. 2, S. 930.
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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Der Rahmen (V. 1): Die Disposition Prozess, Teil 1 (V. 2–5): Das Verhör vor Pilatus. Die erste Entscheidung Prozess, Teil 2 (V. 6–12): Das Verhör vor Herodes Prozess, Teil 3 (V. 13–23): Die zweite Entscheidung des Pilatus und die anschließenden Auseinandersetzungen Der Rahmen (V. 24–25): Das Urteil
Lk 23,1: Disposition (der Rahmen). Im ersten Vers des Abschnitts führt Lukas die drei Akteure zusammen, die für den Verlauf des gesamten Prozesses von zentraler Bedeutung sind: Jesus, die ganze Versammlung (nach 22,66 die Ältesten des Volkes, die Hohepriester und Schriftgelehrten) und Pilatus. Angeklagter, Kläger und Richter sind beisammen. Der Prozess kann beginnen. Lk 23,2–5: Verhör vor Pilatus. Die erste Entscheidung (Prozess, Teil 1). In einem klaren Aufbau führt Lukas den Leser auf den zentralen Vers 4 zu, in dem Pilatus seine erste Entscheidung verkündet: In V. 2 nennen die Ankläger die drei Gründe ihrer Anklage: Aufruhr, Verweigerung der Steuerzahlung, Christus-König-Anspruch. Es folgt in V. 3 das Verhör durch Pilatus, in dem dieser Jesus nur nach dem letzten Anklagepunkt befragt. In V. 4 folgt schließlich die Einschätzung des Pilatus, dass er Jesus für schuldlos hält. Anklage, Verhör und richterliche Erklärung sind erfolgt – der Prozess könnte mit einer Entscheidung des Richters beendet sein. Lukas führt jedoch seinen Prozessbericht in V. 5 weiter und gibt ihm dadurch die für Leser im Römischen Imperium befremdliche Dynamik, dass er die Ankläger ihren ersten Vorwurf in anderen Worten116 lautstark wiederholen und gleichzeitig darauf hinweisen lässt, Jesus habe in ganz Judäa – von Galiläa aus bis nach Jerusalem – gelehrt. So schließt die erste Szene nicht mit einem Urteil, sondern mit einem Einspruch. Lk 23,6–12: Das Verhör vor Herodes (Prozess, Teil 2). Den folgenden zweiten Abschnitt mit der Schilderung des Verfahrens hat Lukas ähnlich komponiert:117 Die Verse 6–9 motivieren die Sendung Jesu zu Herodes, begründen die Freude des Herodes auf das Kennenlernen Jesu und schildern beider Begegnung. Ab V. 10 beginnt die Anklage (κατηγοροῦντες) der Hohepriester und Schriftgelehrten. Es folgt in V. 11 jedoch kein Verhör, den Versuch einer Anhörung hatte Herodes schon in V. 9 unternommen. Statt 116
Ἀνασείει τὸν λαόν statt διαστρέφοντα τὸ ἔθνος. Die Mehrheit der gegenwärtigen Veröffentlichungen geht davon aus, dass Lukas zumindest einen großen Anteil an der gegenwärtigen Gestalt der Episode hat (ältere Positionen bei FITZMYER, Gospel according to Luke, Bd. 2, S. 1478–1480). Viele rechtliche Fragen, die sich mit dem historischen Prozess verbinden, sind umstritten. Vgl. z.B. PAULUS, Der Prozess Jesu, der zu dem Ergebnis kommt (S. 35): „Daraus folgt, dass Jesus im Einklang mit [dem] römischen Straf- und Strafverfahrensrecht von Pilatus behandelt worden ist und die Kreuzigung somit im Einklang mit dem damaligen Recht stand.“ Andere sprechen von einem „Justizskandal“. Kurze Darstellung der grundlegenden Fragen in: WENZ, Christus, S. 263–282. 117
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einer mündlichen Einschätzung des Falles, die nun zu erwarten wäre, folgt die Verachtung (ἐξουθενήσας) Jesu durch Herodes mit seinen Soldaten in V. 11a und das Anlegen eines hellen Gewandes.118 Anschließend sendet Herodes Jesus in V. 11b zu Pilatus zurück. Mit Lk 23,2–5 vergleichbar, läuft also auch diese kleine Szene zunächst auf eine richterliche Entscheidung als vorläufigen Höhepunkt zu, der insbesondere durch V. 6 vorbereitet wurde, der Erkenntnis des Pilatus, dass Jesus Untertan des Herodes ist. Dadurch jedoch, dass Herodes ebenso wie Pilatus in V. 2–5 keine klare Entscheidung trifft und ihn kommentarlos zu Pilatus zurücksendet, endet diese Szene – vermutlich wieder zur Überraschung der Leser – wie die vorherige offen.119 V. 12 beschließt die kleine Episode, indem der Vers ohne nähere Begründung das mittlerweile freundschaftliche Verhältnis des Herodes zu Pilatus benennt. Die Leser werden folgern, spätestens wenn sie Apg 4,27 lesen: Zwei Machthaber werden Freunde und verbinden sich, indem sie einen unschuldig Angeklagten opfern.120 Lk 23,13–23: Die zweite Entscheidung des Pilatus und die folgenden Auseinandersetzungen (Prozess, Teil 3). Der nun folgende letzte Abschnitt des Prozesses beginnt in den Versen 13–15a mit einer Zusammenfassung des bisher Geschilderten durch Pilatus vor den Schriftgelehrten, den Leitenden der Juden (wohl den Mitgliedern des Synhedriums) und dem Volk, einschließlich der Bewertung in V. 14b, der Vorwurf der Aufwiegelung des Volkes habe sich im Verhör als unbegründet herausgestellt, und auch Pilatus habe Jesus zu ihm zurückgesandt. Aus den beiden zuletzt genannten Gründen folgert Pilatus in V. 15b, dass Jesus nichts getan habe, was den Tod verdient. Pilatus fällt seine Entscheidung, Jesus solle gezüchtigt und anschließend freigelassen werden (V. 16). Ähnlich wie in Lk 23,4 folgt ab V. 18 der Protest der Menge, der sich allerdings nun anders als in V. 4 kontinuierlich steigert (die Zählung der Verteidigungsversuche des Pilatus in den Versen 20 und 22 unterstreicht dabei diese Steigerung): In V. 18 schreit (ἀνέκραγον) die Menge, Jesus solle „weggetan“ (αἶρε) und Barabbas solle freigelassen werden. V. 19 erläutert kurz, dass Barabbas bei einem Aufruhr wegen Mordes in Untersuchungshaft genommen worden sei. Nun wiederholt Pilatus in V. 20 sein Urteil aus V. 16, indem er laut in die Menge ruft (προσεφώνησεν αὐτοῖς). Doch die Menge übertönt ihn (ἐπεφώνουν) in V. 21, indem sie zweimal „Kreuzige ihn!“ schreit. Pilatus versucht nun ein drittes Mal, die Menge von der Unschuld Jesu zu überzeugen, indem er ihnen die Kernaussagen seiner Urteilsbegründung („er hat nichts Schlechtes getan“ und „ich finde 118 Zur Bedeutungsvielfalt der ἐσθὴς λαµπρά und zur Einschätzung des Gewandes als Spottgewand WOLTER, Lukasevangelium, S. 744. 119 Offensichtlich interpretiert Pilatus die Zurücksendung Jesu zu ihm nur als Anerkennung von dessen Unschuld, siehe V. 15. 120 Vgl. die Interpretation von Apg 4,23–31 in Teil 3.2.4 dieser Studie (unten S. 110– 116).
3.1 Die Perikopen des Lukasevangeliums
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keine Schuld, die den Tod nach sich zieht“) und sein kurzes Urteil aus V. 16 wiederholt. In V. 23 findet das „Crescendo“121 der Menge seinen Höhepunkt, die nun Pilatus mit lauter Stimme bedrängt (ἐπέκειντο φωναῖς µεγάλαις), er solle Jesus kreuzigen lassen. Schließlich schreien sie Pilatus – sicher wieder zum Erstaunen der wohl mittlerweile unruhig werdenden Leser – nieder (κατίσχυον αἱ φωναὶ αὐτῶν, V. 23).
Lk 23,24–25: Das Urteil (der Rahmen). Nachdem weder die Erklärung der Unschuld Jesu in V. 4 noch die Rücksendung durch Herodes, noch die Ankündigung der Geißelung und die Freilassung bei den Widersachern Gehör gefunden haben, fällt Pilatus das Urteil, dem Einspruch der Menge stattzugeben. Er lässt den angeklagten Aufrührer und Mörder – vermutlich zur Erschütterung der Leser – frei und übergibt Jesus dem Willen der Menge. Mit zwei klaren Sätzen (V. 24: Urteil; V. 25: Konsequenz) schließt der lukanische Pilatusprozess. So trägt erst die dritte Entscheidung des Pilatus den Charakter eines wenn auch nicht klar gekennzeichneten Gerichtsurteils. Die lukanische Darstellung der Prozessbeteiligten Nicht nur der Rahmen, der Ort, die Person des Pilatus und die vergleichbare Dynamik der drei Szenen prägen die Prozessdarstellung, sondern auch die durchgehende Darstellung der Szene als Handlungsdreieck, das sich aus den Personen Jesus – Pilatus (Herodes) – Menge (bzw. Hohepriester/Schriftgelehrte/Volk) ergibt. Dadurch dass Lukas die Szenen jeweils auf drei Pole der Handlung fokussiert (Angeklagter, Ankläger, Richter), nimmt die kurze Erzählung von Szene zu Szene an Dramatik zu, sodass die Leser mit zunehmender Spannung das Urteil erwarten. Diese Spannung löst sich erst in der Entscheidung des Pilatus in V. 24. Diese Dramatik entsteht durch das Verhalten der am Prozess beteiligten Figuren, das sich von Szene zu Szene wandelt. Vor dem Hintergrund des Verhaltens Jesu und der Ankläger tritt das Verhalten des Pilatus deutlich heraus. 1) Das Verhalten Jesu: Jesus tritt als eigenständiger Akteur zunehmend zurück. Spricht er im ersten Teil, dem Verhör, noch einen Satz (V. 3), so schweigt er im zweiten Teil, der Verhandlung vor Herodes (V. 9). Im dritten und letzten Teil des Prozesses, in der Auseinandersetzung um die zweite Entscheidung des Pilatus, ist Jesus schließlich allein Objekt des Verfahrens: Im gesamten letzten Teil in den Versen 13–23 ist Jesus nicht einmal mehr Adressat der Worte, die gesprochen werden. Diese letzte Beobachtung wird gestützt durch die Beobachtung, dass sich im letzten Teil auffällig viele Personalpronomina und Demonstrativpartikel im Akkusativ finden, die auf Jesus verweisen, Jesus also nicht Subjekt, sondern zunehmend Objekt der Handlung wird: Die Gegner Jesu sprechen von τοῦτον (V. 18) und αὐτόν (V. 21), Pilatus spricht 121
WOLTER, Lukasevangelium, S. 749.
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von τὸν ἄνθρωπον τοῦτον (V. 14, vgl. V. 4) oder schlicht von αὐτόν (V. 15.16.22). Jesus greift also immer weniger ins Geschehen ein. Einen Schlusspunkt findet diese Entwicklung in der Übergabe Jesu an den Willen der Ankläger in V. 25 (Ἰησοῦν παρέδωκεν τῷ θελήµατι αὐτῶν). 2) Das Verhalten der Gegner Jesu: Der abnehmenden Präsenz Jesu im Pilatusprozess entspricht das immer energischer werdende Auftreten seiner Gegner. Spricht Lukas in V. 2 bei der Nennung der einzelnen Anklagepunkte noch neutral von λέγοντες, so erhöht er in V. 5 schon die Intensität, in der Jesu Gegner insistieren (ἐπίσχυον). Wie eben schon geschildert, steigert sich die Intensität des Auftretens der Gegner kontinuierlich (über V. 10), vor allem ab V. 18.122 3) Das Verhalten des Pilatus: Die bisherige Forschung ist zu sehr unterschiedlichen Urteilen gelangt. Auf deutscher Seite wurde lange Zeit betont, Lukas versuche Pilatus zu entschuldigen, indem er aus apologetischem Interesse in seiner Darstellung des Prozesses Jesu die Intensität des jüdischen Widerstandes gegenüber dem Urteil des Pilatus so erhöhe, dass Pilatus letztlich keine andere Wahl gehabt habe, als Jesus zu verurteilen.123 Dem wurde lange Zeit vor allem von angelsächsischer Seite widersprochen, indem die problematischen Züge in der Prozessführung des Pilatus betont wurden, der in seiner Amtsführung als Statthalter in diesem Prozess versagt habe.124 Es lohnt also ein erneuter Blick auf das Verhalten des Pilatus. a) Das Verhör. Die erste Entscheidung: Lk 23,2–5. Nach V. 2 nennen die Ankläger deutlich die drei Anklagepunkte, von denen alle drei eindeutig in den Zuständigkeitsbereich des Statthalters Pilatus fallen, der der Präfektur Judäa vorstand. Alle drei sind politische Vorwürfe, die nach römischem Recht die Kapitalstrafe nach sich ziehen.125 Die Tatsache, dass die beiden 122
Der synoptische Vergleich mit der Markusparallele 15,1–20 verstärkt diese Beobachtung: Lk 23,5, der Einspruch der Ankläger, fehlt bei Markus ebenso wie fast der gesamte Abschnitt V. 2–5 (nur V. 3 hat Lukas fast wörtlich aus Mk 15,2 übernommen). Da Markus die Barabbasepisode nicht konsequent einem Urteil des Pilatus zuführt (Mk 15,6– 15), fehlt bei Markus auch das Geschrei der Menge als Reaktion auf das Urteil (15,6 par. Lk 23,18). In Lk 23,21 verdoppelt Lukas den Ruf des Volkes nach der Kreuzigung Jesu gegenüber Mk 15,13. Markus erwähnt zwar auch an zwei Stellen, dass das Volk ruft und lauter wird (Mk 15,13.14); Lukas steigert jedoch die Intensität des Rufens kontinuierlich und konsequenter, indem er insgesamt fünfmal mit jeweils unterschiedlichen Verben vom Schreien der Gegner Jesu spricht (siehe oben), sodass der Abschnitt Lk 23,13–23 seinen Höhepunkt in den Worten findet: „und ihr Geschrei nahm überhand“ (κατίσχυον αἱ φωναὶ αὐτῶν, V. 23). 123 Z.B. REINBOLD, Der älteste Bericht, S. 249ff, aber auch CADBURY, Making of LukeActs, S. 308–316. 124 Z.B. NOLLAND, Luke, Bd. 3, S. 1133. 125 Z.B. MOMMSEN, Strafrecht, S. 537–594.
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letzten Vorwürfe als Infinitivkonstruktionen von dem ersten Vorwurf abhängig sind, deutet wohl darauf hin, dass die beiden letzten den ersten, weitestgehenden Vorwurf, στάσις, illustrieren. Das Delikt „Aufruhr, Unruhestiftung“ (seditio, στάσις) war nach den „Sentenzen“ des Paulus (V 29,1) aus dem zweiten Jahrhundert ein crimen laesae maiestatis („Hoheitsverbrechen“) und wurde nach Sent. V 22,1 mit dem Tode bestraft.126 Dieses Verbrechen fiel historisch in das in der Frühzeit des Prinzipats noch nicht systematisch ausgebildete127 Strafrecht, das ein Statthalter qua seines vom Kaiser verliehenen Imperiums ausübte. Der Angriff auf das Gemeinwesen, der die Anklage der seditio ausmachte, wurde im Laufe des Prinzipats zunehmend zu einem Angriff auf den Kaiser.128 Die Ankläger Jesu bringen also politische Anklagen vor, denen die oberste Rechtsinstanz der Provinz Judäa, der Präfekt, nachzugehen hatte, in dessen Funktionen die weitgehend alleinige Ausübung des Kapitalrechtes gehörte.129 Dies dürfte Lesern aus dem letzten Viertel des ersten Jahrhunderts durchaus bewusst gewesen sein.
Pilatus greift dann in V. 3, für den Leser überraschend, die – auch in Mk 15,2 als einziger Vorwurf genannte – Anklage des Anspruchs auf die Königsherrschaft, nicht aber den ersten, weitreichenderen Vorwurf (Unruhestiftung/Aufstand) oder den zweiten, konkreteren Vorwurf (Verweigerung der Steuer) heraus. Warum Pilatus sich so entscheidet, erfahren die Leser nicht. Auf die Frage des Präfekten, ob Jesus der König der Juden sei, antwortet dieser rätselhaft: „Du sagst es.“ Diese Antwort, die Lukas aus Mk 15,2 übernommen hat und über deren Sinn viele Vermutungen angestellt worden sind,130 scheint Lukas bewusst mehrdeutig gemeint zu haben,131 sodass zumindest Pilatus sie im Sinne einer Replik132 („Das sagst du“) verstehen und Jesus für unschuldig erklären konnte. Lukas schildert das Verhalten des Pilatus also auf eine Weise, die es ihm erlaubt, Pilatus als Jesus zugeneigt darzustellen. Lukas offenbart den Lesern, dass der römische Präfekt Pontius Pilatus das Ziel verfolgt, den Provinzialen Jesus für unschuldig zu erklären. Dafür spricht auch die Tatsache, dass Pilatus nach Lukas darauf verzichtet, Jesus zu dem Vorwurf, Herrscher der Juden zu sein, näher zu verhören. Es entsteht so der Eindruck, Pilatus ignoriere den ernsten Vorwurf der στάσις und nutze Jesu Antwort für seine Absicht, Jesus für unschuldig zu erklären.
126
MOMMSEN, Strafrecht, S. 590ff. So KASER, Römische Rechtsgeschichte, S. 121. 128 KUNKEL, Römische Rechtsgeschichte, S. 66, Anm. 26. 129 Belege bei HEUSLER, Kapitalprozesse, S. 206–211; siehe auch MOMMSEN, Strafrecht, S. 241. 130 WIEFEL, Evangelium nach Lukas, S. 388: „Verneinung“; FITZMYER, Gospel according to Luke, Bd. 2, S. 1475: „half-yes answer“; SCHWEIZER, Evangelium nach Lukas, S. 233: „Bejahung“. 131 So HEUSLER, Kapitalprozesse, S. 79. 132 So auch ECKEY, Lukasevangelium, Bd. 2, S. 925. 127
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Doch gerade dieses Unternehmen des Lukas, Pilatus als Statthalter zu zeigen, der von Jesu Unschuld überzeugt ist, führt von nun an zu einer problematischen Verhandlungsführung, sodass Pilatus nicht einmal dem klarsten Vorwurf nachgeht, Jesus halte andere davon ab, Steuern zu zahlen. Da die Leser aus Lk 20,25 wissen, dass Jesus sich nicht gegen die Steuerzahlung gewandt hat, wird die fehlerhafte Verhandlungsführung deutlich; hätte Pilatus diesen Vorwurf doch rasch entkräften können. Die lukanische Darstellung des Verhörs zeigt also, dass Pilatus zwar von Jesu Unschuld überzeugt ist und ihn deshalb nicht verurteilen möchte, aber gleichzeitig Prozessfehler begeht. Dieses doppelgesichtige Verhalten führt dazu, dass der Prozess in V. 4 keinen Abschluss findet, sondern der Hohe Rat auf der Aufrechterhaltung der Anklage ‚Aufruhr‘ besteht (V. 5), der Pilatus bisher noch nicht ernsthaft nachgegangen war. b) Der Versuch der Instanzenverlagerung: Lk 23,6–12. Zeigt sich schon innerhalb des ersten Teils der Verhandlung ein problematisches Bild des Richters Pilatus, so verstärkt sich dieser Eindruck im zweiten Teil. Auf den ersten Blick wirkt die Sendung Jesu zu seinem Landesherrn Herodes rechtlich sehr korrekt; zeigt Pilatus doch auf diese Weise, dass er die causa Jesu für eine lokale Angelegenheit hält, die ihn als Statthalter nichts angehe.133 Auf diese Weise gibt er dem Provinzialen Jesus die Chance, sich vor einer weiteren Instanz, seinem direkten Landesherrn, zu verteidigen. Doch Pilatus begeht hier erneut einen Prozessfehler: Für Kapitalstrafen an Provinzialen waren die Statthalter zuständig und keine lokale Instanz.134 Zudem heißt es in V. 5 ausdrücklich, dass Jesus Unruhe stifte von Galiläa bis nach Jerusalem. Ein Teil der Unruhestiftung geschieht also in der Provinz Judäa, für die Pilatus zuständig war. Eine Instanzenverlagerung wäre folglich auch aus geographischen Gründen nicht möglich. Es vertieft sich für die Leser somit der Eindruck, dass Pilatus keine Verantwortung für ein eigenes Urteil übernehmen will, das seiner Überzeugung von der Unschuld Jesu entspricht. So überrascht es nicht, dass der Prozess auch in V. 12 noch kein Ende findet. Wählt Pilatus doch rechtlich und geographisch die falsche Instanz, wenn er Jesus zu Herodes sendet. Bezeichnenderweise macht Herodes in den Versen 8–12 auch keine Anstalten, ein rechtlich korrektes Urteil zu fällen. c) Die zweite Entscheidung und die folgenden Auseinandersetzungen: Lk 23,13–23. In V. 4 hatte sich Pilatus schon an das Volk gewandt; in V. 13 bezieht er es ausdrücklich in das Verfahren ein. Der Imperiumsträger Pilatus mag in emotionaler Hinsicht darauf hoffen, durch das Volk Unterstützung zu erhalten. Rechtlich betrachtet, dürfte das Volk einer Provinz in einem
133
Zur Diskussion um die Intention der Perikope OMERZU, Prozeß des Paulus, S. 414–
416. 134
Belege: MOMMSEN, Strafrecht, S. 243.
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Kapitalverfahren, in dem es um ein crimen laesae maiestatis ging, kaum ein Mitspracherecht am Verfahren gehabt haben.135 Der erste Abschnitt des letzten Prozessteils (V. 13–16) findet sein Ziel in Pilatus’ Entscheidung in V. 16: Züchtigung und Freispruch. Warum Züchtigung?136 Flagellation hatte im römischen Verfahren unterschiedliche Funktionen: als Inquisitionsfolter,137 als Todesstrafe,138 als Auftakt zur Hinrichtung nach ergangenem Todesurteil139 und als selbstständige polizeiliche Züchtigung.140 In Lk 23,16 scheidet die erste Variante aus, weil Pilatus sein Beweisverfahren schon abgeschlossen hat. Die zweite Strafe würde das Urteil selbst umkehren, ebenso die dritte Möglichkeit. In die vierte Richtung, polizeiliche Züchtigung, scheint Fitzmyer zu denken, wenn er als Übersetzung von παιδεύω „to teach someone a lesson“ vorschlägt.141 Josephus (Bell. II 269) belegt, dass Unruhestifter mit Geißelung bestraft werden konnten. In jedem Fall bleibt jedoch unklar, wofür Jesus eigentlich gemaßregelt werden soll. Zwar ist dieses ‚erste Urteil‘ milder als das von der Menge geforderte, entspräche aber keineswegs der Überzeugung des Pilatus von der Unschuld des Angeklagten (V. 4, vgl. V. 14–15). Mit Billigung des Statthalters würde also ein Unschuldiger gezüchtigt werden. Anders als Markus (15,6) erwähnt Lukas keine Festtagsamnestie, für die es außer in den Evangelien keinen antiken Beleg gibt. Lukas erwähnt in V. 19 vielmehr nur, dass Barabbas wegen Aufruhrs und Mordes in Untersuchungshaft einsitzt. Dadurch unterstreicht Lukas die Verantwortung des Pilatus für dessen Entscheidung, der sonst vor allem aus Traditionsgründen einen Verbrecher freigeben würde. Dig. XLVIII 19,31 und CIC IX 47,12 legen nahe, dass die Freigabe eines Gefangenen auf Intervention der Bevölkerung auch schon im ersten Jahrhundert untersagt war. Auch wenn Lukas durch den sich steigernden Geräuschpegel der Menge Verständnis für Pilatus weckt, bleibt dieser verantwortlich dafür, den Mörder und Unruhestifter Barabbas nach V. 25 freigelassen zu haben.142 Die Zählung der lukanischen Versuche in den Versen 20 und 22, der Menge Jesu Unschuld zu vermitteln, weckt beim Leser 135
Dig. XLVIII 19,31 und CIC IX 47,12 untersagen ausdrücklich die Ausrichtung des Richterspruchs an der Stimme des Volkes (ähnlich Sueton, Tib. 37,3). Anders ECKEY, Lukasevangelium, Bd. 2, S. 933, der von einem Akklamationsverfahren spricht. 136 Da Lukas keine Geißelung durch römische Soldaten schildert, scheint er die Züchtigung aus Mk 15,15 hier eingetragen zu haben. 137 Vgl. Apg 22,24. 138 Horaz, Sat. I 2,4–5. 139 Josephus, Bell. II 306 u.ö.; Livius XXXIII 36,3. Act. Iust. 5,8. 140 Josephus, Bell. II 269; Apg 16,22–23. 141 FITZMYER, Gospel according to Luke, Bd. 2, S. 1485. 142 Lukas formuliert das Ansinnen der Menge als „Bitte“. Hinter dem Begriff αἴτηµα könnte sich die römische Einrichtung der petitio verbergen (siehe MASON, Greek Terms, s.v. αἴτηµα).
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Verständnis für die Mühsal des Pilatus in diesem schwierigen Prozess, offenbart aber erneut die schlechte Prozessführung des Statthalters, der sich nicht durchzusetzen vermag. Pilatus hatte in V. 16 schon seine Entscheidung gefällt, sodass er einen zusätzlichen Verfahrensfehler begeht, indem er sich wieder auf eine Auseinandersetzung über sein Urteil einlässt, ohne dass neue Indizien eine Fortführung des Prozesses rechtfertigen würden. d) Das Urteil: Lk 23,24–25. Die Verse 24 und 25 offenbaren das entscheidende Versagen des Pilatus: Der Verbrecher wird freigelassen, Jesus aber, den der Statthalter selbst für unschuldig hält, wird der Menge übergeben. Auch wenn Pilatus ihn in V. 24 nicht explizit verurteilt, so offenbart besonders die lukanische Formulierung „er übergab ihn ihrem Willen“ (παρέδωκεν τῷ θελήµατι αὐτῶν) die Hilflosigkeit des Statthalters. Auch wenn Lukas Pilatus und die römische Herrschaft in seiner Darstellung insofern entlastet, als er Pilatus Jesus nur ihrem Willen ausliefern lässt, dürfte den Lesern klar sein, dass nur das Imperium für Kreuzigungen in seinem Bereich zuständig war. Das Versagen des Statthalters ist ein weiteres Mal deutlich erkennbar. Fazit: Vor dem Hintergrund eines Prozesses, in dem der Angeklagte als Handelnder zunehmend in den Hintergrund tritt und die Ankläger vehement Jesu Verurteilung fordern, entsteht vor den Augen der Leser ein Bild des römischen Statthalters Pilatus, der zwar von Jesu Unschuld überzeugt ist, sich aber nicht gegen die Ankläger und die Menge durchsetzt. Auch wenn den Lesern der Zeit sicher nicht sämtliche Prozessfehler des Pilatus auffielen, so wird ihnen klar geworden sein, dass der Statthalter, der für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung zuständig ist,143 in diesem Prozess als Richter versagt: Zunächst versucht er das Verfahren zu verlagern und fällt am Ende ein Urteil, das das gesamte Verfahren in seiner Rechtmäßigkeit infrage stellt: ein Todesurteil auf Grund des massiven Drucks der Ankläger und die Freilassung eines des Aufruhrs (στάσις) und des Mordes Angeklagten, der anders als Jesus noch nicht einmal einem Prozess unterzogen wird (V. 24– 25). Deutlicher kann das Versagen des Pilatus als Präfekt kaum gezeigt werden. Auch wenn Pilatus persönlich von Jesu Unschuld überzeugt war, versagt er als Statthalter in seiner zentralen Funktion, der die „Digesten“ Justinians in I 18,13 später als „Sorge für Ruhe und Frieden im Land durch Verfolgung von Verbrechen“ Gestalt geben.144 Gerade die lukanische Schilderung der Verhandlung vor Pilatus in der äußeren Form eines Gerichtsverfahrens unterstreicht diese Einschätzung des Pilatus. 143 Die lukanische Gestaltung der Szene als römischer Prozess betont diese Funktion des Pilatus. 144 „Congruit bono et gravi praesidi curare, ut pacata atque quieta provincia sit quam regit.“
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Auch wenn das Bild von Pilatus als versagendem Richter auf den ersten Blick rein historisch erscheint, ist die theologische Botschaft im Kontext nicht außer Acht zu lassen: Wie in der Vorgeschichte des Evangeliums angekündigt, lebt und entfaltet Jesus den rettenden Willen Gottes für die Welt. Dadurch dass Pilatus versagt, trägt er Verantwortung für die Tötung des Retters, der ihm auf die Frage, ob er der König der Juden sei, geantwortet hat: „Du sagst es“ (V. 3). Das Versagen des Pilatus findet jedoch seinen tieferen Grund im Handeln des Teufels, der nach Lk 22,3 in Judas eingeht und so die Dynamik der Zerstörung Jesu in Gang setzt (vgl auch Apg 4,27). Pilatus gehört so zu einem Netz unterschiedlicher Kräfte, die den Tod Jesu herbeiführen. Wie in den lukanischen Leidensankündigungen vorausgesagt (Lk 9,21–22; 9,44–45; 18,31–34), führt der Weg Jesu als Erüllung des Willens nicht am Leid vorbei, sondern mitten hindurch.145 Dass Gott nicht nur durch Jesus wirkt, sondern auch an ihm, wird schließlich nach der Auferstehung deutlich werden, wenn Jesus das Ziel seines irdischen Weges erreicht und in die Herrlichkeit eingeht (Lk 24,26). Dass dieser Weg Jesu über das Kreuz in die Höhe führt, könnte sich sogar schon in V. 18 andeuten, wenn seine Gegner von Pilatus fordern: αἶρε τοῦτον, was man übersetzen kann mit „weg mit ihm“, aber auch mit „heb ihn hoch“.146 Die Leser des Doppelwerks erfahren vom Versagen des Richters Pilatus als Repräsentanten des Römischen Imperiums, aber im Folgenden auch von Gottes Handeln zu ihrem Heil. 3.1.15 Die Verspottung Jesu durch Soldaten (Lk 23,35–38) Wie der bisherige Durchgang durch das Lukasevangelium gezeigt hat, können die Vertreter des Imperiums neutral erscheinen, gläubig sein, aber auch die Christen bedrohen, Unrecht tun oder gewalttätig sein. Bei der Verspottung Jesu nutzt Lukas das entwürdigende Verhalten der Soldaten, um Jesu Auftrag zu illustrieren, dass er nicht für sich selbst, sondern als Diener für andere seinen Weg geht. Der synoptische Vergleich hilft erneut, den Charakter des lukanischen Textes herauszuarbeiten: Die kleine Szene von der Verspottung Jesu durch die führenden Männer der Stadt und die Soldaten147 scheint Lukas aus unterschiedlichen markinischen Elementen ‚zusammengebaut‘ zu haben: Mk 15,31 liest ἐµπαίζοντες πρὸς ἀλλήλους („sie treiben ihr Spiel“), Mk 15,36 spricht von ὄξος („Essig“), Mk 15,30 liest das dort nur einmalige σῶσον σεαυτόν („rette dich selbst“). Vor allem aber scheint Lukas Elemente aus Mk 15,16–20a übernommen zu haben, der Schilderung der Verspottung durch eine ganze Kohorte römi145
Vgl. auch den späteren Weg seiner Zeugen nach Apg 14,11 und 9,16. Vgl. schon zu Beginn des sog. lukanischen Reiseberichts: ἐγένετο δὲ ἐν τῷ συµπληροῦσθαι τὰς ἡµέρας τῆς ἀναλήµψεως (!) αὐτοῦ καὶ αὐτὸς τὸ πρόσωπον ἐστήρισεν τοῦ πορεύεσθαι εἰς Ἰερουσαλήµ (Lk 9,51). 147 Da es sich hier nicht um die Tempelwache, sondern um diejenigen zu handeln scheint, die Jesus ans Kreuz geschlagen haben, ist anzunehmen, dass es sich um römische Soldaten handelt; vgl. Petronius, Sat. 111/112. 146
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scher Soldaten im Prätorium,148 die Jesus einen Purpurmantel anziehen, eine Dornenkrone flechten, ihm diese dann aufsetzen und ihn grüßend als König der Juden verhöhnen. Schließlich schlagen sie ihn mit einem Rohr, speien ihn an und huldigen ihm zynisch, bevor sie von ihm ablassen.
All diese zuletzt genannten erniedrigenden Gesten schildert Lukas nicht. Stattdessen führt er die Schilderung zweimal auf die spöttische Aufforderung an den Gekreuzigten zu: Wenn Jesus der Christus Gottes, der Erwählte (V. 35) bzw. der König der Juden (V. 38) sei, dann solle er sich doch selber helfen (V. 35 und 37). Lukas stellt also nicht so sehr wie Markus den Spott an sich, den die Akteure treiben, in den Mittelpunkt der Szene, sondern das Missverständnis, dass der Retter (vgl. 2,11) gekommen sei, um sich selbst zu retten. Sie haben erkannt, das Jesus gekommen ist, um zu retten;149 doch sie verkennen, dass er nicht gekommen ist, um sich selber, sondern um Verlorene zu retten, Sünden zu vergeben, zu heilen, die Seelen bzw. das Leben zu retten.150 Es entspricht gerade nicht Jesu Auftrag und seiner Sendung, für sich selber zu wirken, sondern es gehört zu seinem Weg als Retter, dass er andere rettet.151 Diese theologische Botschaft steht nun im scharfen Kontrast zum Spott und zum Spiel, das die Oberen und die Soldaten mit ihm treiben. Demgemäß geht es bei Lukas anders als bei Markus nicht primär um das Missverständnis, dass Elia ihn vom Kreuz nehmen könnte (Mk 15,36), oder darum, dass die Kreuzestitulatur Jesu Schuld anzeige (so Mk 15,26); sondern bei Lukas geht es um den Spott, den die Oberen und – von diesen inspiriert – auch die Soldaten mit dem Gekreuzigten treiben152 als Missverständnis seiner Person. Auch wenn immer wieder formal richtig beschrieben worden ist, dass Lukas die römischen Soldaten weniger spotten lässt, als Markus dies tut,153 ist doch nicht zu übersehen, dass auch sie sich an dem bitteren Spiel (V. 36: ἐνέπαιξαν) beteiligen. Ja, gerade die Nüchternheit der Schilderung in ihrem Kontrast zu den feierlichen Titulaturen Jesu als „Christus Gottes“ und „König der Juden“154 unterstreicht die Niedrigkeit Jesu an dieser Stelle, der kurz vorher um Vergebung für seine Peiniger gebetet hat155 und im folgenden Vers 148
Dort übergeht Lukas die Vorlage aus Mk 15,16–20a. Vgl. z.B. Lk 19,10. 150 Z.B. Lk 8,12.36.50; 13,23; 19,10; 23,43 (!) u.ö. 151 Vgl. auch Lk 23,40–43, die sog. Schächer am Kreuz, von Lukas in die Passion eingefügt. 152 Auch die Verwendung des „Essigs“, in der für Lukas noch Ps 69,22 nachklingen könnte, könnte den Spott durch die „soziale Konnotation des Getränks“ (siehe WOLTER, Lukasevangelium, S. 759) noch verstärken. 153 Z.B. MARSHALL, Gospel of Luke, S. 862. Lukas lässt auch den Spott der vorübergehenden Juden aus Mk 15,29 aus. 154 Vielleicht auch als „Erwählter“ (sonst nicht bei Lukas als Titel). 155 Zur textkritischen Diskussion vgl. METZGER, Textual Commentary, S. 180. 149
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noch einmal von einem der „Schächer“ verspottet wird: „Bist du nicht der Christus? Rette dich selbst und uns.“ Das Römische Imperium, das nach seinem eigenen Verständnis für das Recht und den Schutz des Lebens, der Kultur und des Friedens steht, zeigt sich hier den Lesern nach Lk 13,1, 21,20–24 und 23,1–25 erneut von seiner grausamen Seite. Die Soldaten verstehen nicht, dass Jesus nicht für sich selbst, sondern für andere gekommen ist, und schon gar nicht, dass die Erniedrigung Jesu am Kreuz sein von Gott gewollter Weg war (Lk 24,26). Sie spielen ihr Spiel mit dem Erniedrigten und erniedrigen ihn dadurch umso mehr. 3.1.16 Das Bekenntnis des Zenturios unter dem Kreuz (Lk 23,47–49) Hatte sich in Lk 7,1–10 schon gezeigt, dass ein Zenturio Gottes Wirken in Jesus erkennt, so wird dieses Motiv durch den Zenturio unter dem Kreuz erneut aufgenommen. An dem Ort, an dem die Soldaten des Zenturio Jesus verspotten, erkennt er, dass Jesus ein δίκαιος ist. Lk 23,47–49 im Kontext von Lk 23,26–49: Die Verse Lk 23,26–32 schildern all das, was sich auf dem Weg zur Kreuzigung zuträgt. Lk 23,33–46 schildert den Weg von der Kreuzigung bis zum Tod Jesu. Lk 23,47–49 schildert den Epilog: das Bekenntnis des Zenturios (V. 47), die Reaktion der Menge (V. 48) und das Schauen aller, die Jesus bekannt waren, und der Frauen (V. 49). Diese drei letztgenannten Personengruppen und ihre Beteiligung bilden den Abschluss der Schilderung dessen, was sich auf Golgatha ereignet. Alle drei Personen(gruppen) verbindet, dass sie alle ‚sehen‘: V. 47: ἰδών; V. 48: τὴν θεωρίαν ταύτην, θεωρήσαντες; V. 49: ὁρῶσαι. So ist für das Verständnis durch die damaligen Leser im Blick zu behalten, dass der Zenturio ein Sehender ist.
Alle drei Personen(gruppen) reagieren auf je ihre Weise: Im Unterschied zu den Soldaten in den Versen 36–38 erkennt der Zenturio Jesus als Gerechten (V. 47). Die Schaulustigen bekennen ihre Schuld (V. 48), und die, die Jesus von Galiläa an begleitet haben (wohl Männer und Frauen, V. 49), sehen das Geschehen von Ferne. Anders als bei Markus, der vom Zenturio spricht, der Jesus als Gottes Sohn erkennt (Mk 15,39), lobt bei Lukas der Zenturio Gott: Dieser Mensch war δίκαιος. Da sich mehrere Übersetzungsmöglichkeiten anbieten, legt sich die Vermutung nahe, dass Lukas hier bewusst den Zenturio mehrdeutig sprechen lässt. Zur Frage nach der Übersetzung von δίκαιος: Von den Anhängern der Ansicht, Lukas wolle aus apologetischem Interesse Jesus als schuldlos darstellen, ist oft herausgestellt worden, dass δίκαιος strafrechtlich zu verstehen sei: Jesus sei also, so wolle Lukas sagen, schuldlos gewesen und als Schuldloser gekreuzigt worden.156 Doch dieses Verständnis scheint mir nicht das einzige zu sein; denn der Zenturio lobt vorher Gott, was im Lukasevangelium in der Regel Menschen immer dann tun, wenn sie Gottes Handeln erkennen (Lk 5,25.26;
156 Z.B. GRUNDMANN, Evangelium nach Lukas, S. 435. Oft mit der These, Lukas wolle die Schuld allein den Juden geben, z.B. REINBOLD, Der älteste Bericht, S. 66.
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7,16; 13,13; 17,15; 18,43). Demnach erkennt der Zenturio im Weg Jesu Gottes Handeln.157 So könnte die Übersetzung auch lauten: „Dieser ist wirklich ein frommer Mensch gewesen.“ Verbunden mit Lk 2,20 stünde dann am Anfang und am Ende des Weges Jesu im Lukasevangelium das Lob Gottes. Es legt sich die Vermutung nahe, dass δίκαιος zugleich als Bezeichnung für einen leidenden Gerechten steht, von dem z.B. Ps 31,19, 34,20, 37,32, 94,1 u.a. sprechen. ∆ίκαιος stünde dann dafür, dass Jesus seinen Weg als Gerechter im Leid gegangen ist, ohne dass ihn jemand von diesem Weg hätte abbringen können.
Für unser Thema von Belang ist die Beobachtung, dass der Zenturio Gott in Jesus am Wirken sieht.158 Wie der Zenturio aus Lk 7,1–10 erkennt auch er, dass Gott durch Jesus wirkt. Die Niedrigkeit des Leidenden am Kreuz hält ihn nicht von dem wahren Sehen ab, sondern ermöglicht erst die Erkenntnis und das Lob Gottes. Dieser Repräsentant Roms erkennt in demjenigen, der die schändlichste Strafe erleidet, die das Römische Imperium zu verhängen hatte, die Macht Gottes. So endet der irdische Weg Jesu, der mit einem Lobpreis in Lk 2,14 begann und nun mit einem Lobpreis des Zenturios endet. Der Zenturio erkennt, dass Gottes Macht größer ist als seine eigene. Nicht der Teufel siegt, durch dessen Initiative der Weg ans Kreuz begann (22,3), auch nicht Rom, dessen Fehlurteil in der Folge des Verrats Jesus ans Kreuz gebracht hat, sondern Gott, der Jesus in die Niedrigkeit des Kreuzes führt, um ihn in den Himmel zu erhöhen (24,50–53). Das Kreuz schreckt den Zenturio nicht ab, Gottes Wirken in Jesus zu sehen (23,47). Selbst dort, so mögen damalige Leser erkennen, wo Rom den Tod Jesu verschuldet, geschieht, dass ein anderer Vertreter Roms ihn als Gerechten erkennt. So stehen in der Passion Jesu nicht nur Pilatus und die spottenden Soldaten für das Imperium, sondern auch der Zenturio unter dem Kreuz. 3.1.17 Pilatus und die Grablegung Jesu (Lk 23,50–56) Dass das Doppelwerk keineswegs ein einheitliches Bild vom Römischen Imperium zeichnet, ist bisher immer wieder deutlich geworden. Nach dem fatalen Verhalten des Pilatus während des Prozesses erfahren die Leser nun, dass Pilatus, ohne zu zögern, dem „Ratsherrn“ Joseph von Arimathäa Jesu Leichnam überlässt, damit dieser ihn bestatten kann. Der Vergleich mit Markus zeigt, dass es Lukas hier nicht so sehr um Pilatus geht als vielmehr um Joseph von Arimathäa und dessen Ablehnung des Geschehenen.159 Lukas erweitert die Angabe zu Joseph, indem er ihn als ein Mitglied der βουλή („Stadtrat“) von Jerusalem darstellt, was für Leser des Lukasevange157
Vgl. Lk 24,46. Vgl. auch die Umkehr der in V. 48 Genannten. 159 Mk 15,44–45: Pilatus holt Erkundigungen ein und gibt anschließend den Leichnam frei. Mt 27,58: Da befahl Pilatus, man solle ihn ihm geben (τότε ὁ Πιλᾶτος ἐκέλευσεν ἀποδοθῆναι). 158
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liums wohl nur das Synhedrium meinen kann. Die Leser erfahren, dass die Entscheidung in der βουλή keineswegs einstimmig gefallen ist, sodass der Eindruck von Lk 23,1 im Nachhinein differenziert wird, die ganze Menge einschließlich des Rates (vgl. Lk 22,66) habe Jesus verklagt. Für hellenistische Leser entsteht vielmehr der Eindruck, dass Joseph wie in einer hellenistischen Stadt im Rat bei einer Abstimmung unterlegen war und sich letztlich dem Urteil der anderen gefügt habe, ohne dies innerlich mitzutragen (V. 51). Seine fromme jüdische Haltung (V. 52) und sein Status als βουλευτής geben ihm den Rückhalt, den Statthalter aufzusuchen.160 Anders als im Römischen Imperium üblich,161 wird Jesus durch die Intervention des Ratsherrn beim Statthalter nicht zur Abschreckung am Kreuz gelassen. Pilatus gibt den Leichnam ohne weitere Rückfrage (diff. Mk 15,44–45) frei und ermöglicht so ein angemessenes jüdisches Begräbnis. Auch wenn die von mir angenommenen Leser kaum vor Augen gehabt haben dürften, dass nach Dtn 21,22 ein Leichnam nicht über Nacht am Holz bleiben darf, wird aber auch ihnen deutlich werden, dass Pilatus dazu beiträgt, dass Jesus dem Gesetz gemäß (V. 56) bestattet werden kann. So lichtet sich das Bild von Pilatus gegen Ende der Passionserzählung. Er ist nicht nur der massiv versagende Richter, sondern auch derjenige, der Jesu angemessene Beisetzung ermöglicht, sodass die Würde des Verstorbenen gewahrt bleibt. 3.1.18 Die Erhöhung des erniedrigten Jesus (Lk 24,50–53) Da ich nach der Rezeption durch die Leser des Doppelwerks des späten ersten Jahrhunderts frage, legt es sich immer wieder nahe, mit Assoziationen zu rechnen, die sich einem heutigen Rezipienten nicht unmittelbar erschließen. Bei der Betrachtung von Lk 19,28–46 habe ich mit Assoziationen an einen Triumphzug in Rom gerechnet. Wer Lk 24,50–53 mit den Augen von Lesern im Römischen Reich des späten ersten Jahrhunderts liest, dem drängen sich Assoziationen an Kaiserapotheosen geradezu auf. Aus dem ersten Jahrhundert wissen wir von den Apotheosen aus dem jüdischen und allgemeinen paganen Umfeld, denen des Augustus, Claudius, Vespasian, Titus und Nerva.162 Peter Lampe resümiert: „das Kaisertum politisierte, institutionalisierte und ritualisierte die Apotheose“.163 160 Hier haben wir einen Beleg im Doppelwerk für eine klare positive Einflussnahme eines Angehörigen des Dekurionenstandes auf einen Statthalter (vgl. Apg 26,31). 161 Siehe z.B. Petronius, Sat. 111. 162 Zur Entwicklung der Herrscherverehrung im Römischen Reich CANCIK/HITZL (Hg.), Praxis der Herrscherverehrung. Paralleltexte bei LOHFINK, Himmelfahrt Jesu, S. 36–39. Dass sich für andere Leser Assoziationen z.B. an die Himmelfahrt Moses in der „Assumptio Mosis“ oder an die des Herakles nahelegten, sei hier nur erwähnt. Da es mir um das Römische Imperium geht, gehe ich diesen Spuren nicht nach. 163 LAMPE, Himmelfahrt Jesu.
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Die Verse 50–53 schließen nicht nur das Evangelium ab, den ersten Bericht des Lukas, sondern sie bilden auch den Abschluss der Verse 36–49, in denen Jesus den anwesenden Jüngern den Frieden zuspricht und die Auferstehung als leibliche Auferstehung erweist (V. 36–43), den Weg Jesu als schriftgemäß und dem Willen Gottes entsprechend zeigt, ebenso wie die Verkündigung in Jesu Namen an alle Völker (V. 44–47). Bevor Jesus in den Himmel fährt, fordert er die Jünger auf, Zeugen dieses seines Weges zu sein und in der Stadt zu bleiben, bis sie ausgerüstet werden mit der „Kraft aus der Höhe“. Schließlich führt Jesus seine Jünger nach Jerusalem und segnet sie (V. 50). Während er sie segnet, wird er in den Himmel hinaufgehoben (V. 51). Die Jünger beten ihn an, gehen zurück in den Tempel und loben Gott.
Lukas schildert in V. 51, dem Zentrum der vier Verse, Jesu Erhöhung zu Gott. Gott ist es, der ihn hinaufhebt (ἀνεφέρετο). Diese Trennung ist aber nicht so zu denken, dass Jesus von nun an keinen Kontakt mehr mit seinen Jüngern hätte, sondern vielmehr so, dass Jesus die Jünger, die nun in Jerusalem bleiben sollen (V. 49), mit „Kraft aus der Höhe“ einkleiden wird (ἕως οὗ ἐνδύσησθε ἐξ ὕψους δύναµιν). Anders als in den politischen Apotheosen der Zeit, in denen die Erhöhten gerade in eine dem Menschen ferne Sphäre hineinfahren, um die Entscheidungen des Kaisers zu dessen Lebzeiten politisch zu legitimieren, erzählt Lukas von Jesus, der seinen Jüngern weiter nahe sein wird, indem er ihnen die Kraft verheißt, die sie seine Zeugen werden lässt. Auch die Segnung, mit der Jesus die Jünger verlässt, deutet darauf hin, dass er weiterhin mit den Jüngern verbunden bleiben wird.164 So schließt die Erhöhung Jesu sein Erdenleben ab, das sich – anders als bei römischen Kaisern – dadurch auszeichnet, dass Jesus als Erniedrigter ans Kreuz geht und von den Toten aufersteht – ein Weg, der nach V. 44 und 46 der Schrift entspricht und Gottes Wille war (V. 44: δεῖ). Die Himmelfahrt beschließt den Erdenweg des Gottessohnes, der mit der „Überzeltung“ der Maria in Lk 1,35 begann,165 die daraufhin in ihrem Lied, dem Magnifikat, singt, dass Gott die Mächtigen von den Thronen stürzt und die Niedrigen erhöht hat. Eine gewisse Ähnlichkeit mit antiken römischen Apotheosen (für die die Apotheose des Herrschers der Höhepunkt des Lebens darstellte) darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Lukas in den Versen 50–53 ebenso wie in Apg 1,9–11 die Vergöttlichung der irdischen Herrscher gerade infrage stellt: Jesus ist derjenige, den die Jünger verehren (Lk 24,53), und derjenige, auf dessen Weisungen sie hören (V. 49) und von dem sie Kraft aus der Höhe erwarten (V. 49). Die Einsetzung Jesu in den Himmel führt zu der großen Freude, die den Hirten schon in Lk 2,10 an das ganze Volk verheißen worden ist und sich von nun an immer weiter ausbreiten wird (vgl. Apg 8,8.39; 12,14; 15,3; 20,24).166
164
Vgl. FITZMYER, Gospel according to Luke, Bd. 2, S. 1590. Vgl. GUNKEL, Der Heilige Geist bei Lukas, S. 58–69. 166 Zur Freude INSELMANN, Freude im Lukasevangelium. 165
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So gesehen knüpft Lukas bei bekannten Kaiserapotheosen an, lässt deren primär politische Funktionen anklingen und führt die Leser oder Hörer zu Jesus, dem eigentlichen Herrscher.167 Denn sosehr die Verse 50–53 den Abschluss des Evangeliums bilden, so sehr zeigen sie doch auch, dass der Erhöhte nun seine Herrschaft antritt, für die Gott ihn auserwählt hat (Lk 24,26) und die sich darin zeigt, dass die Jünger nicht etwa vor einem Kaiserbild, sondern vor Jesus zu Boden fallen (V. 49).168 3.1.19 Zwischenfazit: Das Römische Imperium im Lukasevangelium Überblickt man die vorgelegte Auslegung und Mehrdimensionalität der Darstellung des Römischen Imperiums im Lukasevangelium als ganze, so fällt ins Auge, dass Lukas das Römische Imperium zunächst als historische Realität und als selbstverständlichen Rahmen des zu erzählenden Lebens Jesu voraussetzt. In Lk 2,1 wird Augustus als historische Gestalt eingeführt wie auch Kaiser Tiberius und Pilatus in Lk 3,1–6. Auch die sog. Standespredigt in Lk 3,10–14 und die Erzählung vom Zenturio in Kapitel 7,1–10 dürften zunächst einmal die von Lukas vorausgesetzte historische Realität ebenso abbilden wie das Verhalten des Pilatus in Lk 13,1. Auch die angekündigte Verfolgungssituation durch römische Behörden war historische Realität zur Zeit der Leser wie auch die geweissagte Zerstörung Jerusalems durch römische Legionen in Lk 21,20–24. Das Verhalten der Herrschenden (22,22–24), der sog. Pilatusprozess Lk 23,1–25, das Verhalten der Soldaten (23,36–38) und das Bekenntnis des Zenturios unter dem Kreuz (23,47), die Genehmigung des Pilatus zur Kreuzabnahme Jesu (23,52) waren Ausdruck der historischen Herrschaft Roms in der Präfektur Judäa. Auch wenn die genannten Perikopen Unterschiedliches über Rom aussagen, sind sie zunächst Zeugnisse der Konstatierung der Realität der Herrschaft Roms im Lukasevangelium. Dabei ist nicht zu übersehen, dass Lukas diese historische Realität der Herrschaft Rom durchaus unterschiedlich bewertet: Zunächst einmal implizit oder explizit positiv, wie die Erwähnung des von vielen als ‚Friedenskaiser‘ wahrgenommenen Augustus in Lk 2,1, aber auch der erfüllbare Anspruch an die Soldaten, das Recht zu wahren, in Lk 3,14 zeigen. Auch in Lk 7,1–10 wird der Zenturio in Kapernaum positiv als Freund des jüdischen Volkes (V. 5) eingeführt. Auch das Streitgespräch über die Berechtigung der Steuerzahlung an das Römische Imperium legt offen, dass Jesus zumindest die Steuerzahlung an den römischen Kaiser bejaht (20,25). Von Pilatus wird in Lk 23,1–5 erwartet, dass er als Richter und Stellvertreter der römischen Herrschaft Recht spricht – auch wenn er dies letztlich nicht tut. Der Zenturio unter dem Kreuz bekennt Jesus als Gerechten 167 168
So auch BOHNET, Himmelfahrten Jesu. Siehe ALEXOPOULOS, Art. Proskynesis.
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(23,47). Pilatus gibt überraschend fair den Leichnam Jesu zur Bestattung frei (23,52). Über dem Blick auf diese Belege für ein neutrales bis positives Rombild im Lukasevangelium darf nicht vergessen werden, dass sich ebenso Perikopen finden lassen, die die negative, defizitäre und manchmal grausame Realität der Macht Roms zeigen. Lk 13,1 verschleiert keineswegs die Grausamkeit des Pilatus. Auch Lk 21,20–26 weiß von der lebenzerstörenden Macht der römischen Heere. Die römischen Behörden bringen die Jünger in existenzielle Bedrängnis (21,16). Pilatus versagt als römischer Statthalter, und die römischen Soldaten verspotten Jesus am Kreuz. Hinzu kommt, dass Lukas immer wieder durchschimmern lässt, dass sich hinter der zerstörerischen Kraft Roms kein anderer als der Teufel verbirgt: am deutlichsten in Lk 4,6, wo der Teufel fast damit prahlt, Jesus die Macht aller Herrschaften der „Oikoumene“ und ihre Herrlichkeit zu geben. Auch wäre zu fragen, ob das Massaker in Lk 13,1 nicht Ausdruck einer von der Verantwortung gegenüber Gott losgelösten Gewalt ist. Nicht auszuschließen ist, dass der Teufel mit seinen Mächten in den ἀντικείµενοι in Lk 21,15 wirksam ist. Jesu Auslieferung und damit seine Kreuzigung gehen mittelbar auf den σατανᾶς zurück (22,3). Auch wäre zu prüfen, ob sich in der Verspottung Jesu nicht der teuflische Missbrauch der Macht spiegelt. Lukas rechnet also mit der Wirkmächtigkeit des Satans als lebensfeindlicher, gegen Jesu Herrschaft der Liebe wirkender Macht, ohne dass er das gesamte Römische Imperium undifferenziert auf diese Macht zurückführen würde. Wichtig ist wahrzunehmen, dass auch der Teufel in seiner irdischen Macht begrenzt ist. Im Hintergrund des Lukasevangeliums wirkt nicht nur der Teufel, sondern auch Gott auf seine Weise in die irdische Geschichte hinein. Das Strafgericht an Jerusalem, das die Zeichen der Zeit nicht erkennt, vollzieht nicht der Teufel, sondern Gott. Immer wieder zeigt das göttliche δεῖ an, dass Gott in der Geschichte am Werk ist. Auch ist die Frage legitim, ob nicht letztlich Gott durch Augustus gewirkt hat, als der Kaiser durch seine Steuerschätzung Maria und Joseph nach Betlehem gesandt hat. Ja, auch die Verurteilung und Kreuzigung Jesu als irdischer Vorgang findet letztlich ihren Ausgangspunkt in Gott selbst (Lk 24,26.44). Entscheidend für ein angemessenes Verständnis der Macht des Römischen Imperiums im Lukasevangelium ist jedoch, dass Gottes Macht stärker ist als die Macht Roms und als alle irdischen Mächte, weil Gottes Macht eine eigene, von den irdischen Mächten grundsätzlich unterschiedene Qualität besitzt. Schon Lk 1,52, der erste Vers im Evangelium zur irdischen Macht, schildert Gott als den, der die Mächtigen von den Thronen stürzt, und schon vorher Lk 1,37 als den Gott, dem kein Ding unmöglich ist. Damit ist der Grundton angeschlagen, der in allen weiteren Darstellungen der römischen Herrschaft offen oder im Hintergrund anklingt. In Lk 2,1–21 lässt Lukas hintergründig die Macht Gottes in Jesus anklingen, wenn der Text Jesus mit Prädikaten des
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Kaisers tituliert. Auch in Lk 4,1–13 erweist Jesus seine Macht, indem er als Geistträger die Versuchungen besteht: Der Teufel muss weichen. Als Leben schaffend erweist sich Gott in Jesus in Lk 7,1–10: Im Bereich irdischer soldatischer Macht, deren Grenzen der Zenturio durch seinen todkranken Sklaven erfährt, erhält Jesus dem Sklaven das Leben (V. 10). In der bedrohlichen Gerichtssituation, in der es um Leben und Tod geht (21,16), lehrt der Heilige Geist die Jünger die Worte und die Standhaftigkeit (ἐν τῇ ὑποµονῇ ὑµῶν). Sie führen dazu, dass die Jünger das Leben gewinnen (21,19). Zum Leben führt auch die Umkehr, zu der die Grausamkeit des Pilatus veranlassen soll (13,1–9). Dass die Macht Roms und die Macht Gottes gerade nicht ineinanderfallen, zeigt Lk 20,25b: Das, was Gott zu geben ist, ist deutlich zu unterscheiden von dem, was dem Kaiser zu geben ist. Auch der Einzug Jesu in den Tempel, wenn man ihn vor dem Hintergrund paganer Triumphzüge versteht, deutet an, dass das Leben aus Gott nicht im Jubel für einen irdischen Herrscher zu finden ist, sondern im Lobpreis des Königs, dessen Frieden im Himmel und dessen Ehre in der Höhe ist (19,38). Ja, selbst der Pilatusprozess, der mit dem juristisch ungerechten Urteil endet, Jesus „ihrem Willen“ auszuliefern (23,24), und selbst die Kreuzigung Jesu zeigen durch die Auferstehung und Erhöhung des Erniedrigten, dass Gott nicht der irdischen Macht recht gibt, sondern seinen eigenen, Leben schaffenden Willen durchsetzt (24,5b–6.49). So haben auch nicht die römischen Soldaten in ihrem Spott das letzte Wort unter dem Kreuz, sondern der Zenturio, der in Jesus Gott am Werk sieht (23,47). Gerade die Himmelfahrt, die Assoziationen mit antiken (Kaiser-)Apotheosen freien Raum gibt, führt deutlich vor Augen, dass Gott Jesus als den Fürsten des Lebens nicht im Tode gelassen (Apg 3,15), sondern ihn zum Lebensfürsten und Retter (Apg 5,31) erhöht hat und den Jüngern auch im Folgenden nahe sein wird. Jedoch stürzt Gott nach dem Magnifikat nicht nur die Mächtigen von ihren Thronen (Lk 1,52a), sondern erhöht auch die Niedrigen (καὶ ὕψωσεν ταπεινούς, 1,52b): Jesus erhält dem Sklaven des Zenturio das Leben, weil dieser sich ihm gegenüber so demütig verhält, wie Jesus es in ganz Israel noch nicht gefunden hat (7,9). Nach Lk 13,19 bleiben diejenigen am Leben, die umkehren und ihre Schuld anerkennen. Gerade der Verzicht auf das Sorgen im Voraus und auf das Verfassen eigener Worte (21,14–15, vgl. 12,12) führt dazu, dass die Jünger Zeugnis ablegen und das Leben finden werden (21,13.19). Jesus, der König (19,38; 23,3), hat im Pilatusprozess keine irdische Chance und spricht fast kein Wort. Er wird von Soldaten am Kreuz verspottet (23,36– 38). Doch eben als solcher wird er erhöht, wie schon die Titel in Lk 23,35.37 nahelegen – so wie überhaupt das Kreuz für Lukas nicht das Ende Jesu markiert, sondern durch die Himmelfahrt Jesu den Anfang der Zeit, in der die Kraft aus der Höhe (24,49) durch Jesus (Apg 2,33) wirken wird. Dem Weg Jesu und seiner Präsenz unter den Jüngern entspricht eine Ethik, die Jesus in einem deutlichen Gegensatz zu einer Ethik des Herrschens ent-
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wickelt (Lk 22,24–27). Die neue Ethik zeigt sich darin, dass die Leitenden nicht herrschen, sondern dienen. Zu diesem Verhalten werden sie verpflichtet, aber auch ermächtigt, weil Jesus selber in ihrer Mitte ist und ihnen dient (22,27). Bei der Konzentration auf die inhaltlichen Aussagen der Texte ist nicht aus dem Blick zu verlieren, dass das Lukasevangelium in fast jeder einzelnen besprochenen Perikope auf Gottes Handeln in Jesus oder an Jesus verweist. Oft geht es um dessen Worte und Taten und um seinen Weg, den er geht. Diese Beobachtung spiegelt sich wider im Blick auf das gesamte Evangelium, das von Gottes rettendem Handeln erzählt, das mit dem Geistträger Jesus beginnt und in der Apostelgeschichte seine Fortsetzung im Handeln des erhöhten Jesus findet. Damit ist angedeutet, dass in allen besprochenen Texten nicht das Römische Imperium das inhaltliche Zentrum der Perikopen darstellt, sondern Gottes Handeln in und an Jesus. Jede einzelne Perikope und das ganze Evangelium leiten also die Leser von der irdischen Macht des Römischen Imperiums zur Macht Gottes, die sich in Jesus offenbart.
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte 3.2.1 Die ‚Apotheose‘ Jesu: Die Herrschaft des erhöhten Jesus (Apg 1,6–11) Angesichts der Beobachtung, dass die Erzählung von der Himmelfahrt Jesu Lukas’ ersten Bericht schließt und seinen zweiten eröffnet (vgl. Apg 1,1–2), legt sich die Annahme nahe, dass die Himmelfahrtserzählung für die Theologie und somit auch für die theologische Einordnung des Imperiums in der Apostelgeschichte von grundlegender Bedeutung ist. Zum Aufbau von Apg 1,1–11: Der Rückblick Apg 1,1–2 zeigt, dass die Zeit des irdischen Wirkens Jesu ihr Ziel gefunden hat,169 indem Jesus nun in den Himmel aufgenommen worden ist (V. 2: ἀνελήµφθη170). Die Schilderung des weiteren Verlaufs der Ereignisse in den Versen 3–5 und 9–12 offenbart, dass die Taufe mit dem Heiligen Geist noch aussteht, Jesus bis zur Parusie im Himmel bleiben wird und die Jünger nach Jerusalem zurückkehren, um auf den Wiederkommenden zu warten. Gerade die inhaltliche Leerstelle nach V. 9, die offenlässt, wie Jesus nun weiterwirkt, gibt dem Leser die Möglichkeit, diese mit dem ab Kapitel 2 folgenden Bericht zu füllen, der mit der Ausgießung des Geistes beginnt. Der Ausblick in den Versen 6–8 mit der Abweisung des Wissens um die Aufrichtung des Reiches für Israel und der Zusage des Heiligen Geistes mit der Ankündigung der Zeugenschaft für Jesus „bis zum Ende der Erde“ (V. 8) zeigt den Lesern, dass Jesu Herrschaft nun zwar eine andere Qualität besitzt als zur Zeit seines Erdenlebens, aber keineswegs vorbei ist.171 169
So im Ergebnis auch LOHFINK, Himmelfahrt Jesu, S. 251–283. Dass die Aufnahme Jesu in den Himmel der Zielpunkt des irdischen Weges Jesu ist, belegt auch Lk 9,51, dort: τὰς ἡµέρας τῆς ἀναλήµψεως, vgl. auch 2. Kön 2,9.10.11; Sir 48,9; 1. Makk 2,58. 171 Zur Gliederung von Apg 1,1–11 ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 17f. 170
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Durch die Lektüre des Himmelfahrtsberichts erfahren die Leser also, unter welchen Prämissen alles Folgende zu verstehen ist: Gott bleibt in Jesus in der Apostelgeschichte wie im Lukasevangelium der Akteur des Geschehens. So wie im Evangelium Gott durch den irdischen Jesus wirkt, so in der nun zu schildernden Zeit durch den erhöhten Jesus:172 Nicht etwa das Römische Imperium bestimmt den Fortgang der Geschichte der Christen, sondern Gott wirkt wie im Evangelium weiter in die Geschichte hinein. Lk 1,52 vergleichbar, gibt Apg 1,9–11 (zusammen mit Apg 1,8) den deutlichen Hinweis, dass Gott in die irdische Wirklichkeit eingreift und diese gestaltet. Bildete Lk 24,50–53 den Zielpunkt des Evangeliums, so fungiert Apg 1,9– 11 als Ausgangspunkt der Apostelgeschichte. Wie in Lk 24,50–53 lässt Lukas für die Leser auch hier Kaiserapotheosen anklingen, die in der Kaiserzeit eine primär politische Funktion hatten.173 Wie in Lk 2,1–14, so stellt Lukas hier die Macht des Imperiums wieder implizit infrage, ohne das Imperium explizit zu nennen. Das Imperium bleibt weiter historische Gegebenheit des zu Berichtenden; bei aller Einflussnahme auf den Verlauf des Geschehens bildet es jedoch letztlich nur den Hintergrund des von Gottes Handeln zu Berichtenden. Durch den erhöhten Jesus wirkt Gott im Heiligen Geist in die nun zu erzählende Geschichte hinein (Apg 2,33). So wie Gott im Evangelium durch den Heiligen Geist in Jesus wirkt (Lk 1,35), so wird nun Gott durch Jesus im Heiligen Geist als Kraft (Apg 1,8) die Christen auf ihrem Weg auch in ihrem Verhältnis zum Imperium bestimmen. Während die divinisierten Kaiser in ihrer gesellschaftlichen Funktion zur Integration der Reichsbevölkerung und zur Legitimation der vergangenen Entscheidungen eines Kaisers politisch wirkten, bildet Gott durch Jesus im Heiligen Geist eine gestaltende göttliche Kraft der Gegenwart. Immer wieder wird Gott in der folgenden Narration seine heilbringende Macht durch die Christen in die Welt bringen und sie zu einer Ethik ermächtigen, die gerade im Schatten des Imperiums gedeiht. Die Erzählung von der Himmelfahrt Jesu in ihren beiden Berichten174 bildet also das Scharnier zwischen Evangelium und Apostelgeschichte und verweist auf die theologische Einheit des Werks, das Gottes Wirken in der Geschichte entfaltet.
172 Vgl. POKORNÝ/HECKEL, Einleitung, S. 484: „Jesus, nicht Paulus ist der Hauptakteur“. 173 Siehe oben S. 95–97 zu Lk 24,50–53. 174 Anders BOHNET, Himmelfahrten Jesu, der die These vertritt, dass mit den beiden Himmelfahrtsberichten von Lukas zwei verschiedene Himmelfahrten gemeint seien und dargestellt würden.
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3.2.2 Der Heilige Geist überwindet die politischen Grenzen des Imperiums (Apg 2,9–11a) Zum Stand der Forschung: Viele Fragen verbinden sich mit der Völkerliste, so wie Lukas sie den Lesern in Apg 2,9–11a präsentiert, die bis heute noch nicht so weit gelöst sind, dass man von einem Konsens sprechen könnte: Gibt es eine geographische Idee, die der Liste zugrunde liegt? Weshalb erscheint in V. 9 Judäa? Sprachen doch die Jerusalemer Juden kaum anders als die judäischen. Gab es eine ursprüngliche Form der Liste, und wo könnte diese entstanden sein? Ist „Rom“ in V. 10 ein lukanischer Zusatz? Wieso erscheinen nichtsprachliche Bezeichnungen wie Juden und Proselyten in V. 11? Warum schließt die Liste überraschend mit Kretern und Arabern?175 So hat man die Reihenfolge und Anordnung der sog. Völkerliste in Apg 2,9–11 aus unterschiedlichen Motivationen zu erklären versucht: Sie sei ein Ausdruck sprachlicher Vielfalt, sie wolle die geographische und ethnische Herkunft der Zeugen des Pfingstgeschehens erhellen. Sie sei eine Liste, die einen älteren, mittlerweile vergangenen Zustand beschreibe. Sie spiegele astrologisches Wissen der Zeit wider, oder auch sie sei verfasst vor dem Hintergrund des Vier- bzw. Fünf-Reiche-Schemas der Weltgeschichte.176 Alle diese Verständnisversuche haben Argumente für sich und lassen sich von anderer Seite aus wieder infrage stellen.177
In unserem Zusammenhang ist die Beobachtung wichtig, dass das Römische Imperium als politischer Raum oder als begrenzter Kulturraum in der Liste keine offensichtliche Rolle spielt. Zwar werden in V. 10 „ansässige Bewohner aus Rom“ genannt (καὶ οἱ ἐπιδηµοῦντες Ῥωµαῖοι) und durch ἐπιδηµοῦντες vermutlich auch im rechtlichen Sinne als römische Bürger, die in Jerusalem lebten, kenntlich gemacht;178 doch gerade die Tatsache, dass sie in keiner sonstigen Hinsicht in dieser Liste herausgehoben sind,179 zeigt, dass das Imperium kaum anders denn als ein kultureller und rechtlicher Raum unter anderen von den Lesern dieser Liste wahrgenommen werden konnte. Dieser indirekten, relativierenden Bedeutung Roms entspricht, dass die Liste in der jetzigen Form in keiner Weise auf die Grenzen des Imperiums referiert, sondern diese Grenzen immer wieder überschreitet: Parthien, Medien, 175 LOHSE, Bedeutung des Pfingstberichts, S. 425: „Die Völkerliste, die in der Tat eine Reihe von Unklarheiten enthält, hat den Gelehrten mancherlei Kopfzerbrechen bereitet.“ 176 Diskussion vieler der genannten Positionen bei KEENER, Acts, Bd. 1, S. 835–851. 177 Darstellung und Diskussion der Positionen bei J.T. BAUER, Christliches Selbstverständnis. Er selber macht den Vorschlag, die Liste vor dem Hintergrund des apokalyptischen Fünf-Reiche-Schemas zu verstehen, benennt zum Ende seines Aufsatzes hin jedoch auch die mit diesem Verständnis aufkommenden Anfragen, ab S. 51. 178 So JUDGE, Christliche Gruppen in nichtchristlicher Gesellschaft, S. 54: „Der Ausdruck ‚zugereiste Römer‘ (Apg 2,10) findet sich als Terminus technicus in Inschriften, wenn es um verfassungsrechtliche Angelegenheiten römischer Bürger geht, die an bestimmten Orten wohnen und im Einvernehmen mit den lokalen Behörden korporativ organisiert waren.“ 179 Anders KEENER, Acts, Bd. 1, S. 850: „Rome holds the climactic geographic position here.“
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Elam, Mesopotamien und Arabien waren weder in den dreißiger Jahren des ersten Jahrhunderts noch zur Zeit der Flavier180 römische Provinzen, sondern kamen erst unter Trajan zu Beginn des zweiten Jahrhunderts als rechtlich gefasste römische Territorien in den Blick. Auch lässt sich nicht ohne zusätzliche Interpretationen nachweisen, dass sich hier schon der Weg des Evangeliums nach Rom abgebildet finde; folgen doch in der jetzigen Auflistung auf die Nennung Roms noch die Kreter und die Araber in V. 11.181 Mit dem auffälligen Beginn mit den Parthern könnte den Lesern sogar vorsichtig nahegelegt worden sein, dass die Liste sich nicht am Imperium Romanum orientiert; galten doch manchen im Reich die Parther als die ‚Erzfeinde‘ Roms.182 Will man dem Text keine weiteren Botschaften unterstellen, die oft ein erhebliches Maß an Zusatzwissen voraussetzen, so empfiehlt es sich, sich Robert Tannehill anzuschließen, der schreibt: „The long list of peoples and lands underlines the diversity of this audience.“183 Es lässt sich eher sagen, dass die Tatsache, dass das Imperium Romanum keine hervorgehobene Rolle spielt, den Schluss nahelegt, dass auch die Leser zur Zeit des Lukas dort keinen expliziten Bezug auf Rom gehört haben. Wie in allen weiteren Texten bis Kapitel 10 der Apostelgeschichte spielt Rom als Imperium keine explizite Rolle. Vor dem Hintergrund von Apg 2,5 zeigt sich vielmehr, dass die genannten Ethnien und Gruppen exemplarisch für die Vielfalt der jüdischen kulturellen Hintergründe stehen. Juden und Proselyten (Ἰουδαῖοί τε καὶ προσήλυτοι) könnte auch auf alle bisher genannten Gruppen zu beziehen sein und nicht nur auf die „ansässigen“ Römer, sodass der Eindruck der Vielfalt noch verstärkt würde. Kreter könnten dann in der Tat, wie schon Otto Eißfeldt vermutet hat, für Inselbewohner, also das westliche Ende der Welt, und Araber für Wüstenbewohner, also das östliche Ende der Erde, stehen.184 Die
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Vgl. PFEIFFER, Zeit der Flavier, S. 81f. So zum Beispiel ECKEY, Apostelgeschichte, Bd. 1, S. 142, vgl. auch S. 140. Eckey hält καὶ οἱ ἐπιδηµοῦντες Ῥωµαῖοι für eine lukanische Einfügung in die Liste. 182 Man vergleiche die propagandistisch ausgenutzte Rückgabe der Feldzeichen aus der Schlacht bei Cannae im Jahre 20 v.Chr. an Augustus. ZANKER, Augustus und die Macht der Bilder, S. 188–196, hat anhand der Ikonographie der Zeit gezeigt, welch grundlegende Rolle dieser Akt für die Repräsentation des sog. saeculum aureum spielte. Vgl. auch Apk 6,2: Manche Ausleger verstehen das Auftreten des ersten apokalyptischen Reiters als Bezugnahme auf das Vordringen des Partherreichs, siehe z.B. U.B. MÜLLER, Offenbarung, S. 167. 183 TANNEHILL, Narrative Unity, Bd. 2, S. 27. Ähnlich LOHSE, Bedeutung des Pfingstberichts, S. 435: „Lukas kommt es […] auf einen Namen mehr oder weniger gar nicht an […]. Denn er verfolgt mit der Aufzählung der Völkerscharen nur eine rhetorische Absicht, um nämlich durch die lange Kette der Namen zu zeigen, daß alle Völker – im weiteren Umkreis um die heilige Stadt herum – beim Pfingstgeschehen vertreten waren.“ 184 EIẞFELDT, Kreter und Araber, S. 28–43 (aufgrund der Parallelen zu Jer 2,10–11; Jes 52,10–12; 60,5–9; Ps 72,10). 181
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Leser der Apostelgeschichte dürften vor allem über die Fülle von Herkunftsorten von Hörern der Verkündigung gestaunt haben.185 Ohnehin scheint mir noch nicht angemessen die Tatsache in den Blick gekommen zu sein, dass die sog. Völkerliste gerade kein deutlich erkennbares Strukturelement aufweist. So verstärkt sich für die Leser der Eindruck des Situativen. Es wird nämlich in der Liste nicht klar, weshalb Bewohner Judäas als eigene Sprachgruppe genannt werden. Außerdem wird nicht deutlich, weshalb der geographische Bogen nicht die Provinz Syrien einschließt und vergleichsweise viele Völker (allein fünf) aus Kleinasien genannt werden. Zudem springt die Liste in V. 11a überraschend gedanklich von den Sprachräumen in den Bereich der religiösen Zugehörigkeiten (Ἰουδαῖοί τε καὶ προσήλυτοι), um schließlich sehr überraschend zum Abschluss bei Kretern und Arabern zu landen. Aus der Situation der pfingstlichen Verkündigung durch die Apostel heraus nennen die Hörenden die Orte und Regionen, aus denen sie nach Jerusalem gekommen sind. So schaffen gerade die vermissten Erklärungen für die Sprünge in der Liste die Leerstellen, die dafür sorgen, dass der Eindruck des Spontanen, aber auch der Vielfalt entsteht. Nimmt man zudem ernst, dass die Hörenden zwar ihre eigenen Sprachen hören (V. 11: ἀκούοµεν λαλούντων αὐτῶν ταῖς ἡµετέραις γλώσσαις), dies aber noch lange nicht heißt, dass sie sich in ihren Selbstbezeichnungen nach Sprachgebieten benannt hätten, verstärkt sich der Eindruck, dass diese Liste vor allem die Vielfalt der zur Zeit des Pfingstereignisses in Jerusalem anwesenden Juden abbildet. Aufgrund von Apg 2,5 legt es sich mir deshalb eher nahe, Apg 2,9–11a weniger als Sprachen- oder Länderliste, sondern eher als Ausdruck des Eingehens des Heiligen Geistes in diverse kulturelle Kontexte zu verstehen. Für Lukas geht es nicht primär darum, den Lesern eine schlüssige Völkerliste zu präsentieren, sondern das Wirken des Heiligen Geistes zu entfalten, das zum Verständnis der kulturell und sprachlich unterschiedlich geprägten Menschen führt. Alle Genannten hören von den großen Taten Gottes (V. 11: ἀκούοµεν λαλούντων αὐτῶν … τὰ µεγαλεῖα τοῦ θεοῦ), was zu ihrem eigenen Entsetzen (ἐξίσταντο) und zur Ratlosigkeit führt (V. 12).186 Ohne dass das Imperium Romanum ausdrücklich eine Rolle spielt, schildert Lukas dieses Eingehen des Geistes als ein Ereignis, das sich in unterschiedlichen Formen und zu späteren Zeiten in synkretistischen, kulturellen und religiös pluralen Kontexten immer wieder ähnlich ereignen wird: In Apg 13,6 wird der Heilige Geist die Macht eines Zauberers und falschen Propheten brechen. In Apg 16,18 gebietet Paulus im Namen Jesu Christi dem Wahrsagegeist, aus einer Frau auszufahren. In Apg 14,11 werden Barnabas 185
Zur Frage nach dem Hör- oder Sprachwunder HAACKER, Apostelgeschichte, S. 52. Vgl. z.B. die entsprechenden Reaktionen auf Heilungswunder in den Evangelien, siehe BULTMANN, Geschichte der synoptischen Tradition, S. 241. 186
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und Paulus für Götter gehalten, und in Apg 28,4 gehen die Anwesenden davon aus, dass die Rachegöttin durch eine Schlange an Paulus wirkt. Immer wieder bewirkt Gott – oft durch den Heiligen Geist –, dass Menschen vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen religiösen und kulturellen Kontexte zum Glauben an den Kyrios Jesus kommen. Das Römische Imperium wird dafür zwar oft den vorausgesetzten politischen Rahmen bilden, wird aber als eigene politische Macht keine ausdrücklich genannte Rolle spielen. Für unseren Zusammenhang ist wichtig zu erkennen, dass die Rede von den großen Taten Gottes in V. 11 (τὰ µεγαλεῖα τοῦ θεοῦ) nicht nur an Ps 70,19 LXX anschließt und dadurch Gottes Handeln an seinem Volk als Gottes Handeln benennt, sondern auch das Magnifikat und dessen theologischen Grundgedanken aufnimmt (vgl. Lk 1,49). Dort lobt Maria Gott, den Mächtigen (δυνατός), der große Dinge an ihr tut (ἐποίησέν µοι µεγάλα), von dem es heißt, dass er die Niedrigkeit seiner Magd (V. 48) angesehen habe und die Niedrigen erhöhe (V. 52). Durch diese Nähe zum Magnifikat bestätigt sich, was dem Leser von Apg 1,1–12 schon angekündigt wurde und was sich in der Apostelgeschichte immer wieder ereignen wird: Gott erweist seine Macht darin, dass er sich den Niedrigen zuwendet, wie er es an dem gekreuzigten Herrn getan hat (Apg 2,23–24; 10,39–40; 13,29–30 u.ö.), aber auch in der Heilung der Kranken (z.B. Apg 3,6ff) und in seiner Zuwendung zu den Gefangenen (Apg 16,25–26; Kapitel 21ff) im Laufe der Geschichte, die sich in den folgenden Kapiteln an das Pfingstwunder anschließt. Ähnlich dem Evangelium, so wird also auch in der Apostelgeschichte schon sehr früh ein – wenn auch nur angedeuteter – machtkritischer Akzent gesetzt, gerade weil das Römische Imperium in seiner politischen Funktion keine explizite Rolle spielt. Die damaligen Leser erkennen: Gott wirkte machtvoll zur Zeit des Gottesvolkes im Alten Testament, so wie er auch zur Zeit Jesu wirkt. Dieses machtvolle Wirken setzt sich vor allem jetzt in der Kraft des Heiligen Geistes (Apg 1,8) fort. Also: Auch wenn Lukas Rom als Rechtsinstanz nicht unterschlägt (Apg 2,10b), so spannt sich der kulturelle Bogen in Apg 2,9–11a erheblich weiter als der politische Rahmen des Römischen Imperiums. Ohne dass Apg 2,9– 11a einen konkreten geographischen Weg vorzeichnet, deutet der Abschnitt schon an, was folgen wird: der Weg der Zeugen der Herrschaft Jesu bis ans Ende der Erde – in diverse kulturelle Kontexte hinein. 3.2.3 Gott erweist seine Macht trotz des versagenden Statthalters Pilatus (Apg 3,13–18) Nachdem Lukas auf das Römische Imperium in Apg 1 und 2 sozusagen als Negativfolie Bezug genommen hat, spricht er in Kapitel 3 in der Rede des Petrus im Tempel nach der Heilung des Gelähmten ausdrücklich von Pilatus als dem, der „geurteilt hatte, Jesus freizugeben“ (V. 13). Er nennt also expli-
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zit den Namen jenes Präfekten, durch dessen juristische Fehlentscheidung Jesus zu Tode gekommen ist (vgl. Lk 23,24–25). Dabei geht es Lukas in diesem Text nicht nur um den Rückblick auf das Geschehene, sondern darum, angesichts des Versagens der Juden und des Pilatus den Lesern die Macht Gottes vor Augen zu führen. Das Römische Imperium kommt hier als in seinem Vermögen begrenzte und von Gott überwundene Macht in den Blick. Der Kontext: Die Worte, um die es geht, sind Worte aus dem ersten Teil187 der zweiten Missionsrede des Petrus in der Apostelgeschichte.188 Petrus und Johannes hatten einen von Mutterleib an Gelähmten, der kurz vorher an die sog. Schöne Pforte des Tempels gelegt worden war, so geheilt, dass er nicht nur aufstehen konnte, sondern mit ihnen in den Tempel ging, dort umhersprang und Gott lobte. Da der Geheilte Petrus und Johannes festhielt, bildete sich umgehend eine staunende Menschentraube um die beiden Apostel an der sog. Stoa Salomos. Petrus sieht die Menschenmenge um sich herum, dann – so schreibt Lukas – „antwortet“ er dem Volk. Was folgt, ist eine umfangreiche, im Wesentlichen von Lukas gestaltete Rede, in der Petrus – von der Grundfrage ausgehend, in wessen Vollmacht beide geheilt hätten – von der Auferstehung Jesu spricht, und zwar zum einen in Hinblick auf die Passion Jesu, die Lukas in Lk 22/23 geschildert hatte, und zum anderen in Hinblick auf die alttestamentlichen Verheißungen, die in der Auferstehung in Erfüllung gegangen seien. Für die Frage nach der Rolle des Pilatus ist vor allem der erste Teil der Rede, V. 13– 18, von Belang, nicht nur weil Pilatus in diesen Worten des Petrus namentlich erwähnt wird (in V. 13), sondern vor allem, weil Lukas hier das erste Mal in seinem Doppelwerk die Passion und damit auch das Verhalten des Pilatus theologisch deutet. Zur Gliederung (hier ist vor allem Teil 1, V. 13–18, von Belang): Einleitung: Anrede und Grundfrage der folgenden Rede (V. 12b) Überschrift (V. 13a): Die Verherrlichung Jesu angesichts der Passion Jesu 1. Die Verleugnung Jesu vor Pilatus (V. 13b) 1.1 Die Folgen der Verleugnung (V. 14–15) 2. Die gegenwärtigen Wirkungen der Macht des Namens Jesu im Geheilten (V. 16) 3. Die Erfüllung der Verheißungen durch Gott trotz der Unwissenheit des Volkes und seiner Oberen (V. 17–18)189
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Apg 3,12–18. Apg 3,12–26. 189 Begründung: Die Verse 13–18 sind schwer zu gliedern, denn in der Tat springen nur wenige Signale, die jeweils eine Zäsur nahelegen, klar ins Auge: Die Verse 11–12a leiten die Rede ein. Der Übergang von der Einleitung zur direkten Rede ist deutlich auszumachen. Erst spät, in V. 19, findet sich ein Imperativ (µετανοήσατε), der anzeigt, dass Petrus eine Bußrede hält. Damit ist meines Erachtens der Anfang des zweiten Redeteils klar markiert. Die Einleitung der Rede in V. 12b schließt mit einer Frage ab, ein weiteres Signal, das den Beginn des Hauptteils der Rede kennzeichnet. Schwächer sind die Hinweise im ersten Hauptteil der Rede selbst. Der Vers 13a bildet mit der Nennung der Namen der ‚Väter‘ als Beginn durch das Zitat aus Ex 3,6.15.16 eine Art Überschrift für alles Folgende (ὁ θεὸς Ἀβραὰµ καὶ [ὁ θεὸς] Ἰσαὰκ καὶ [ὁ θεὸς] Ἰακώβ, ὁ θεὸς τῶν πατέρων ἡµῶν, ἐδόξασεν τὸν παῖδα αὐτοῦ Ἰησοῦν). Vers 13 scheint ein Vorsatz für die Verse 14 und 15 zu sein, da er grundsätzlicher formuliert ist als diese und mit einem Doppelpunkt schließt. Μὲν … δὲ … δέ in den Versen 13b–16 kann aus inhaltlichen Gründen keinen Gegensatz bezeichnen, sondern zeigt eher, dass das Geschilderte auf einer inhaltlichen 188
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Für die Frage nach der Funktion des Römischen Imperiums im Text ist entscheidend zu erkennen, dass die hier zugrunde gelegte Gliederung zeigt, dass Petrus seine Rede mit der Grundfrage nach der Macht Jesu beginnt, die Petrus mit den Worten beantwortet: „Männer von Jerusalem, was wundert ihr euch über diesen Mann – oder was seht ihr auf uns, als hätten wir durch eigene Macht oder Frömmigkeit (ἰδίᾳ δυνάµει ἢ εὐσεβείᾳ) bewirkt, dass er gehen kann?“190 Nach den ersten Worten des Petrus steht also die Frage im Raum, aus welcher Kraft und Frömmigkeit heraus Petrus und Johannes gehandelt hätten, wenn nicht aus der eigenen? Die Heilung aufgrund des Namens Jesu aus V. 6 führt in V. 13 zu der Antwort: „Der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Sohn191 Jesus verherrlicht …“ Wie die Gliederung zeigt, wird Petrus’ weitere Rede diesen Grundgedanken entfalten. Die gesamte Rede könnte auch überschrieben werden: „Von der Macht Gottes“. Darüber hinaus weist die genannte Grundfrage des Petrus in V. 12b auf ein weiteres Charakteristikum des Abschnitts hin, das die bisherige Gliederung schon angedeutet hat: Die genannte grundsätzliche Frage besitzt einen klaren Bezug auf die Gegenwart der Situation im Tempel; denn auf diese Gegenwart wird Petrus im Folgenden immer wieder zu sprechen kommen. Genauer gesagt: Petrus spricht immer wieder von der Vergangenheit der Passion Jesu (V. 13b.14.15, teilweise 17), führt jedoch stets aus der Vergangenheit des Leidens Jesu in die gegenwärtige Macht Gottes hinein, die sich im erhöhten Jesus offenbart. Dadurch erscheinen die Worte des Petrus über das vergangene Leiden Jesu in V. 13b wie ein Exkurs. Wie fundamental die Auferstehung und in der Folge die Erhöhung Jesu theologisch sowohl für die Gliederung als auch für die Gesamtaussage der Rede sind, belegt, dass Lukas in Apg 4,2 die gesamte Rede als Auferstehungsrede charakterisiert, Petrus sich selbst und die anderen Apostel in Apg 3,15c als Zeugen der Auferstehung benennt und in V. 21 die Erhöhung Jesu als Zielpunkt des Weges Jesu benennt (ὃν δεῖ
Ebene zu verorten ist. Außerdem finden sich – anders als in V. 13b – in den Versen 15 und 16 keine christologischen Hoheitstitel. V. 16 setzt neu mit καί ein und führt so die Rede erneut zur Gegenwart des Geheilten zurück. Καὶ νῦν in V. 17 kann in diesem Abschnitt mit den weiteren καί (V. 13.16.17) als Hinweis gewertet werden, dass es Petrus nun wieder um die Gegenwart geht, nachdem er vorher von der Vergangenheit der Passion Jesu gesprochen hatte. V. 18 – durch δέ mit V. 17 verbunden – schließt den ersten Teil der Rede mit dem theologisch wichtigen Hinweis ab, dass Gott, der das Leiden Jesu schon durch alle Propheten angekündigt habe, alles so (οὕτως) erfüllt habe, was aufgrund der den gesamten ersten Teil abschließenden Wendung wohl einen Hinweis auf alles bisher Gesagte darstellt. 190 HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage, S. 169, schreibt zu V. 13: „Der Gedanke ist: Nicht wir haben diesen Mann gesund gemacht, sondern Gott durch Jesus, der damit verherrlicht wurde.“ 191 Zur Frage, warum „Sohn“ statt „Knecht“, siehe den Exkurs bei HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage, S. 169, Anm. 4.
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οὐρανὸν µὲν δέξασθαι).192 Es zeigt sich also, dass der erste Teil der Rede, die Verse 13–18, zwischen dem gegenwärtigen machtvollen Handeln Gottes durch den Namen Jesu und der Schilderung der Passion Jesu in der Vergangenheit changiert. Ja, man könnte sogar sagen, dass die Rede selbst gewissermaßen immer wieder aus der Vergangenheit in die Gegenwart drängt und dadurch Lukas keineswegs eine allein historische Darstellung des Gewesenen gibt. Stattdessen lebt der redende Apostel im Einflussbereich der Macht Jesu und blickt von dort auf dessen Leiden zurück, um dieses im Lichte der geschehenen Erhöhung zu deuten. Die gegenwärtige Vollmacht des Erhöhten ist also der Kerngedanke dieses Redeteils. Vor diesem Hintergrund ist das Verständnis des Pilatus in Apg 3,13b zu deuten. Versteht man V. 13b zum einen im Kontrast zur ‚Überschrift‘ V. 13a und zum anderen als sachliche Voraussetzung der Verse 14 und 15, so ergibt sich organisch eine doppelte Interpretationsrichtung: Der Vers sollte verstanden werden als bewusster Kontrast zum Verherrlichungsgeschehen in V. 13a und zugleich als Ermöglichung der Passion, wie Lukas sie in den Versen 14 und 15 entfaltet. So fallen die wörtlichen Übereinstimmungen mit Lk 23,1–25 ins Auge, dem lukanischen Bericht vom Pilatusprozess: κρίναντος: siehe Lk 23,24; ἀπολύειν: siehe Lk 23,16.(17).18.20.22.25; ᾐτήσασθε: Lk 23,23.25, vgl. V. 24; φονέα: Lk 23,19.25; παρεδώκατε: Lk 23,25. Schon durch diese Parallelen nimmt der Text Apg 3,13–14 auf Lk 23,1–25 Bezug. Wichtig ist zu sehen, dass das leitende Verb von V. 13 ἐδόξασεν ist. Der Gott der Väter ist eindeutig Subjekt, und das Verhalten der Juden und das des Pilatus sind dem Handeln Gottes grammatikalisch nachgeordnet. In diesem Satzaufbau deutet sich schon an, was Petrus theologisch ausführen wird: Erst Gottes Wille zur Verherrlichung führt zur Passion und Auferstehung Jesu. So legt die Nähe zum Passionsbericht die Vermutung nahe, dass Lukas in Apg 3,13–14 einen Weg von der Passion zur Verherrlichung schildert. Auch wenn Gott letztlich derjenige ist, der in Jesu Weg wirkt, zeigt sich eine Tendenz, die schon die Interpretation des lukanischen Pilatusprozesses gezeigt hat: Die Verantwortung für Verurteilung und Tod Jesu wird den Juden angelastet. Diese bilden immer wieder das Subjekt des Satzes. Besonders deutlich wird ihr ablehnendes Verhalten angesichts des Versuchs des Pilatus, Jesus freizusprechen, ebenso wie angesichts der Bezeichnungen Jesu als Gerechtem, Heiligem und Urheber des Lebens (V. 14–15). Pilatus bildet also in dieser Hinsicht in V. 13 eine helle Kontrastfolie, vor deren Hintergrund das Verhalten der Juden besonders schuldhaft erscheint.
192 Vgl. JEONG, Die Auferstehung in der Apostelgeschichte, S. 48: „Den Höhepunkt des Ganzen […] bildet die Auferweckungsaussage“.
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Doch wird Pilatus deshalb als schuldlos dargestellt, wie viele Ausleger interpretieren?193 Wie im Pilatusprozess, so scheint mir auch die Darstellung in Apg 3,13–18 differenzierter zu sein; denn die Formulierung ἠρνήσασθε κατὰ πρόσωπον Πιλάτου, κρίναντος ἐκείνου ἀπολύειν und der Kontext von V. 13 deuten an, dass Lukas Pilatus durchaus als Mitverantwortlichen für den Tod Jesu im Blick hat. Apg 3,13b versteht Pilatus deutlich als Richter, wenn Lukas hier194 von κρίναντος195 spricht: Pilatus fällt wie in Lk 23,34 ein Urteil (dort: καὶ Πιλᾶτος ἐπέκρινεν). Dabei könnte sich im Partizip Aorist κρίναντος die Länge des Prozesses nach dessen Beginn in Lk 23 widerspiegeln. Das in Lk 23,13–23 mehrfach verwandte Verb ἀπολύειν lässt zudem die Hilflosigkeit des Pilatus anklingen, die die letzte und entscheidende Phase des Prozesses Lk 23,13–23 geprägt hatte. Es mag sogar für die Leser anklingen, dass Pilatus in Lk 23,25 nicht Jesus, sondern den Mörder freilässt. Auch ἀρνέοµαι kommt im Doppelwerk sonst in Zusammenhängen von Gerichtsprozessen vor.196 Zudem spiegelt sich in der Formulierung ἠρνήσασθε κατὰ πρόσωπον Πιλάτου, κρίναντος ἐκείνου ἀπολύειν in doppelter Hinsicht eine Distanz zwischen den Verleugnern und dem Statthalter Pilatus: Zum einen ist ἐκείνου inhaltlich nicht erforderlich, zum anderen wäre im hellenistischen Griechisch eher etwa πρὸ Πιλάτου zu erwarten gewesen, ist doch κατὰ πρόσωπον Πιλάτου („im Angesicht des Pilatus“) mit anschließendem Genitiv hellenistischen Ohren fremd.197 So mag sich die Ehrfurcht der Verleugner198 gegenüber dem Richter über Leben und Tod von Provinzialen hier niederschlagen. Die nähere Analyse von V. 13 legt also nahe, dass Lukas Pilatus hier nicht nur als positive Hintergrundsgestalt gegenüber dem schuldhaften Verhalten des Volkes einführt, sondern dass er 193
Z.B. REINBOLD, Der älteste Bericht, S. 297. Anders als in Apg 13,28. 195 Es ist nicht auszuschließen, dass Lukas hier hintergründig formuliert: κρίνειν besitzt im klassischen Griechisch ein breites Bedeutungsspektrum: vom informellen „to pick out, choose“ bis hin zum formellen „form a judgement“ (LSJ, S. 996), bleibt doch auch in Lk 23,1–25 lange Zeit offen, ob Pilatus im Verlauf des Prozesses eine Entscheidung fällt, die er dann auch umsetzt. Erst in Lk 23,24 wird klar, dass er ein Urteil fällt, indem er Jesus dem Willen der Menge überlässt (dort zum ersten Mal in Lk 23 ἐπέκρινεν). 196 Lk 12,9; Apg 3,14; 4,16 (anders Lk 9,23; 8,45; Apg 7,35). 197 LOHSE, Art. πρόσωπον, ThWNT 6, S. 773, Anm. 24. Für jüdisch-hellenistische Ohren mag die feierliche Sprache der Septuaginta mitschwingen (vgl. Gen 16,12; 33,18; Lev 16,14–15 u.ö. Übersetzung von )לפני. 198 Wie schon angedeutet, versteht Petrus den Prozess vor Pilatus offensichtlich als Bekenntnissituation, wenn er von ἠρνήσασθε κατὰ πρόσωπον Πιλάτου spricht. Geht es doch nicht um das Leugnen eines Sachverhaltes (wie in Apg 4,16), sondern um die Verleugnung einer Person, wie sie in Apg 7,35 anklingt. Die engste Parallele findet sich in Lk 12,8–9, wo Jesus denen, die ihn verleugnen, ebenfalls ein Verleugnen vor den Engeln ankündigt. Offensichtlich steht auch dort die Bekenntnissituation der Christen vor einem Statthalter im Hintergrund (siehe V. 11). 194
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
auch die problematischen Seiten des Verhaltens des Pilatus durchaus ankleingen lässt. So betrachtet ist die Setzung eines Doppelpunktes am Ende von V. 13 nur sachgerecht,199 ließe sich doch sachlich das Folgende auch mit einem „sodass“ einleiten. So ergibt die sprachliche Analyse der Verse 13b–15, dass sich hier wie in Lk 23 deutlich die Tendenz widerspiegelt, das jüdische Volk für Leiden und Tod Jesu verantwortlich zu machen, gleichzeitig aber auch Anhaltspunkte zu finden sind, dass Petrus hier das Versagen des Pilatus nicht aus dem Blick verliert. Für die theologische Interpretation des Handelns des Pilatus ist in Erinnerung zu rufen, dass die gesamte Rede Apg 3,12–26 der Frage nachgeht, aus welcher Kraft heraus Petrus und Johannes gehandelt haben. Wie die Interpretation der Verse 13–16 gezeigt hat, ist es die Kraft Gottes (V. 13a), die durch Petrus und Johannes und in der Gegenwart derer wirkt, die der Macht des Namens des Erhöhten unterstehen (V. 6.16). Diese Kraft übersteigt die Wirkung der Schuld der Juden, aber auch des Pilatus: Selbst aus dem Versagen der Juden und des Statthalters lässt Gott Heil entstehen, indem er durch den erhöhten Jesus in der Gegenwart heilend wirkt. In Apg 3,13–18 legt Lukas damit theologisch aus, was er in Lk 23,1–15 noch nicht ausdrücklich entfaltet hat. Wie im Evangelium (24,44–49), so versteht Lukas auch hier in Apg 3,13–18 den Weg Jesu, den auch Pilatus verschuldet hat, als Weg zur Erhöhung bei Gott. Von dort rüstet Gott durch den Fürsten des Lebens (V. 15) diejenigen mit Kraft im Namen Jesu aus, die seiner Kraft unterstehen. In der Erhöhung des Sohnes zeigt sich die wahre Macht Gottes. Gottes Rettung schaffende Macht ist erneut mächtiger als die Macht der irdischen Mächte. 3.2.4 Der Statthalter Pilatus in der Phalanx widergöttlicher Mächte (Apg 4,23–31) Stand in Apg 1,6–11 und 2,9–11 die grundsätzliche Herrschaft des erhöhten Jesus im Vordergrund, der auch die Grenzen der Herrschaft Roms infrage stellt, und in Apg 3,13–18 die Macht des Erhöhten selbst, der sogar Fehlentscheidungen eines Imperiumsträgers überwindet, so tritt nun in Apg 4,23–31 die bedrohliche Seite des Imperiums in den Vordergrund: das Imperium als Gegner der Christen. Hatte schon die Analyse von Apg 3,13–16 herausgearbeitet, dass Gott keineswegs nur in der Vergangenheit der Passion gewirkt hat, so setzt sich diese Tendenz, den Lesern von Gottes Macht in der Gegenwart angesichts einer gegenwärtigen Bedrohung zu erzählen, in Apg 4,23–31 fort.
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So NESTLE/ALAND, 28. Auflage.
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Mit dem Gebet Apg 4,23–31 findet der erste Machtkampf mit jüdischen Autoritäten sein vorläufiges Ende.200 Dieses Gebet versichert die Gemeinde der Zuwendung Gottes und seines Wirkens in Vergangenheit und Gegenwart. Dabei bittet sie Gott, dass er seine Macht in der Gegenwart erweisen möge. Diesen Weg der Betenden möchte ich näher betrachten und mein Augenmerk dabei besonders auf die Rolle des Präfekten Pontius Pilatus lenken. Die Verse 23 und 24a leiten das Gebet ein, V. 31 schildert seine Erhörung. Das Gemeindegebet selbst lässt sich vergleichsweise leicht grob in drei Teile gliedern. Der zweite, für uns wichtige Teil des Gebets gliedert sich nach der Anrede Gottes in jeweils zwei weitere Teile: 1. Anrede Gottes als Schöpfer der Welt (V. 24) 2. Die Bedrohung: Ihre Voraussage in Ps 2,1–2 und die Schilderung der gegenwärtigen Situation als Erfüllung des Angekündigten (V. 25–28): 2.1 Die Voraussage der Bedrohung (V. 25–26, Ps 2,1–2) 2.2 Die Schilderung der gegenwärtigen Situation als Erfüllung des Angekündigten (V. 27–28) 3. Die Bitte um Gottes Blick auf die Bedrohung und um Wirken aus Jesu Vollmacht (V. 29–30) 3.1 Bitte um Gottes Blick auf die Bedrohung (V. 29a) 3.2 Bitte um Wirken durch den Namen Jesu: 3.2.1 durch freie Wortverkündigung (V. 29b) 3.2.2 durch Heilungen (V. 30a) 3.2.3 durch Zeichen und Wunder (V. 30b) 3.2.4 Nennung der Vollmacht (V. 30c)
Das Gebet orientiert sich wie Apg 3,12b–18 an der Heilsgeschichte:201 Zunächst spricht die Gemeinde Gott als Herrscher (δέσποτα) der Schöpfung an und wendet sich dann der Voraussage aus Ps 2,1–2202 zu, die durch den Mund Davids203 ergangen ist, um anschließend einen vorläufigen Ruhepunkt zu finden in der Erinnerung an die Passion Jesu unter Pilatus, Herodes, den Heiden und den Völkern Israels, die von Gott schon lange vorher geplant (προώρισεν) gewesen sei. Schließlich erreicht das Gebet sein Ziel in den drei Bitten, die um des Namens des heiligen Dieners Jesu willen geschehen sollen. So schlägt die Gemeinde im Gebet einen weiten Bogen von der Schöpfung bis zu ihrer eigenen Gegenwart. Alle drei Gebetsteile sind durchzogen von Ausdrücken, die weltliche oder geistliche Herrschaft bezeichnen.204 Gott wird in V. 24b – wie auch in 200
Die vier großen, klar zu unterscheidenden Abschnitte kann man folgendermaßen überschreiben: 1) Apg 3,1–11: Die Heilung des Gelähmten. 2) Apg 3,12–26: Die Predigt des Petrus. 3) Apg 4,1–22: Die Auseinandersetzungen mit den Jerusalemer Autoritäten. 4) Apg 4,23–31: Das Gebet der Gemeinde. 201 Soweit ich sehe, ist dies noch in keiner Analyse entfaltet worden. 202 Vor allem Jes 37,16–20 und 2. Kön 19,15–19 scheinen bei der Formulierung des Gebetes Pate gestanden zu haben, siehe ECKEY, Apostelgeschichte, Bd. 1, S. 184. 203 Zur Diskussion um den konkreten Sinn des Verses 25a und um eventuelle Umstellungen RUSAM, Das Alte Testament bei Lukas, S. 77f; siehe auch zur älteren Diskussion HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage, S. 188. 204 Zum Folgenden ähnlich SCHILLE, Apostelgeschichte, S. 139–142.
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Lk 2,29 zu Beginn des sog. Nunc dimittis – als δέσποτα angesprochen.205 Ps 2, der den Sieg Gottes und die Herrschaft des Königs, dort Sohn genannt, besingt – von Lukas exakt nach der Septuaginta zitiert –, kündigt an, dass sich die Könige der Erde und die Herrscher (οἱ βασιλεῖς τῆς γῆς καὶ οἱ ἄρχοντες) zusammentun werden gegen den Kyrios und seinen Gesalbten. Diese Ankündigung geht nach Apg 4,27–28 darin in Erfüllung, dass sich die Herrscher Pilatus und Herodes tatsächlich (ἐπ’ ἀληθείας) zusammentun in der Stadt Jerusalem gegen den gesalbten Diener Jesus. Schließlich bittet die Gemeinde, dass der Kyrios – hier ist Gott gemeint (vgl. die Anrede in V. 24b und 30c) – seine Macht darin erweisen möge,206 dass er durch den Namen207 des Knechtes Jesus wirkt. So wird schon aus diesem Überblick deutlich, dass das Gebet implizit, aber auch explizit von irdischer und von göttlicher Herrschaft spricht. Durch einen Vergleich der Subjekte der beiden Teile wird diese Beobachtung erhärtet. Im ersten Teil sind die irdischen Herrscher Subjekt sämtlicher Verben. Die Herrschaft Gottes kommt in diesen Versen nur mit adversativen Präpositionen in den Blick (κατὰ τοῦ κυρίου καὶ κατὰ τοῦ Χριστοῦ αὐτοῦ), die das Gegeneinander von weltlicher und göttlicher Herrschaft betonen. Nach dem Umschwung ab V. 29, den das Gebet mit καὶ τὰ νῦν, κύριε einleitet, werden die irdischen Herrscher ignoriert, und allein Gott, der Kyrios, ist als Adressat der folgenden Bitten sachliches Subjekt sämtlicher folgender Verben: In (im Vergleich zu den Versen 25b–28) flüssig formulierten griechischen Bitten wird im zweiten Hauptteil Gott gebeten, zu sehen (V. 29), zu geben, dass die Christen frei reden (V. 30), seine Hand auszustrecken (V. 30) und Zeichen und Wunder geschehen zu lassen (V. 30).208 Es geht also in diesem letzten Teil des Gebetes, der Bitte der Gemeinde, um die erkennbare Durchsetzung der Herrschaft des Namens Jesu. Dies belegt insbesondere die Stellung des letzten Satzgliedes διὰ τοῦ ὀνόµατος τοῦ ἁγίου παιδός σου Ἰησοῦ in V. 30, das in der Regel von den Auslegern allein zu καὶ σηµεῖα καὶ τέρατα γίνεσθαι geschlagen wird.209 Dagegen sprechen allerdings die so entstehende Überlänge des letzten Satzgliedes ebenso
205 DÖMER, Heil Gottes, S. 66, bemerkt, dass δεσπότης für Gott „in solchen Texten bevorzugt gebraucht wird, in denen von der Herrschaft Gottes über die Schöpfung die Rede ist (vgl. Jdt 9,12; Hiob 5,8; Weish 6,7; 3Makk 2,2)“. 206 Τὴν χεῖρά [σου] ἐκτείνειν ist in der Septuaginta Ausdruck für die Durchsetzung der Macht Gottes, 80mal in der Septuaginta; vgl. HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage, S. 189. 207 Der Name Jesu steht für die Macht Gottes, siehe ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 87. Zum Verhältnis von Macht und Name Gottes vgl. FELDMEIER/SPIECKERMANN, Gott der Lebendigen, S. 17–52. 208 Oft wird das freie Reden als hauptsächliches Gebetsanliegen verstanden; ἐν τῷ wird dann oft mit „indem“ übersetzt (z.B. ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 84). Doch diese modale Übersetzung ist selten und hier kaum verständlich. Viel eher besteht der wörtliche Sinn darin, dass sich das freie Verkündigen „in dem“ Heilen und „in dem“ Wirken der Zeichen und Wunder ereignet, was nichts anderes bedeutet, als dass sich Wortverkündigung und Heilung sachlich und theologisch nicht voneinander trennen lassen (vgl. BLASS/DEBRUNNER/REHKOPF, Grammatik, § 404). 209 Z.B. ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 87.
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wie die tragende Bedeutung des Ausdrucks „Name Jesu“ im gesamten Abschnitt Apg 3,1– 4,31, in dem es immer wieder um die Vollmacht des Namens Jesu geht, die sich in der Heilung des Gelähmten in 3,6 erwiesen hat, die ja die schon besprochene Petrusrede motiviert und anschließend die Verhandlung vor dem Synhedrium auslöst.
Die Betenden schreiten also im Gebet einen Weg ab von der Anrede des Schöpfers über die Wahrnehmung der irdischen Herrscher als Angriff auf die Herrschaft Gottes und ‚seines Christus‘ bis zur wahren Herrschaft des Kyrios und seines heiligen Knechtes. Schon grammatisch ist also zu erkennen, dass allein der Kyrios und sein Diener Jesus als Herrschende von den Betenden akzeptiert werden. Um nun die Rolle des Pilatus in diesem Gebetsgefüge vor dem Hintergrund der Gegenwart der bedrohten Gemeinde näher zu beschreiben, ist ein Blick auf den ersten Teil des Gebets vonnöten. Dabei ist nach dem Blick auf die Gliederung der Verse wichtig zu erkennen: Apg 4,25–28 bildet nicht das Zentrum des Gebets, sondern nur den Hintergrund, vor dem die Gemeinde um die Durchsetzung der Macht des Kyrios und seines Knechtes bittet. Doch auch diesen Hintergrund hat Lukas sorgfältig formuliert, wenn er hier nicht sogar, wie immer wieder vermutet worden ist, ein altes, an der Sprache der Septuaginta orientiertes210 Gemeindegebet verarbeitet hat, das schon Ps 2,1–2 auf die Passion Jesu bezogen habe.211 Für unsere Frage nach der Rolle des Pilatus in diesem ersten Teil des Gebets ist ein genauer Blick auf die Struktur der Verse 25–28 vonnöten. Die Verse 25b–28 sind spiegelbildlich formuliert.212 Der erste Gebetsteil gliedert sich folgendermaßen: D) 25ὁ τοῦ πατρὸς ἡµῶν διὰ πνεύµατος ἁγίου στόµατος ∆αυὶδ παιδός σου εἰπών, C) Ἱνατί ἐφρύαξαν ἔθνη καὶ λαοὶ ἐµελέτησαν κενά; B) 26παρέστησαν οἱ βασιλεῖς τῆς γῆς καὶ οἱ ἄρχοντες συνήχθησαν A) ἐπὶ τὸ αὐτὸ κατὰ τοῦ κυρίου καὶ κατὰ τοῦ Χριστοῦ αὐτοῦ. A') 27συνήχθησαν γὰρ ἐπ’ ἀληθείας ἐν τῇ πόλει ταύτῃ ἐπὶ τὸν ἅγιον παῖδά σου Ἰησοῦν, ὃν ἔχρισας, B') Ἡρῴδης τε καὶ Πόντιος Πιλᾶτος C') σὺν ἔθνεσιν καὶ λαοῖς Ἰσραήλ, D') 28ποιῆσαι ὅσα ἡ χείρ σου καὶ ἡ βουλή [σου] προώρισεν γενέσθαι.
210 Z.B.: zu V. 24b vgl. Ps 145,6; Ez 20,11; zum Umschwung ab V. 29 vgl. 2. Kön 19,19; Jes 37,20; Hiob 9,2 u.ö.; zum Beben der Erde in V. 31 vgl. Ex 19,18; Jes 6,4. 211 Insbesondere die typisch lukanischen Begriffe ab V. 29 und die Deutung von Ps 2,1– 2 auf Pilatus und Herodes könnten darauf hindeuten, dass Lukas hier ein Traditionsstück aufgenommen hat (z.B. LÜDEMANN, Das frühe Christentum, S. 63). Diese Beobachtungen stärken in jedem Fall den schon bisher geäußerten Eindruck, dass Lukas ab V. 29 eine Zäsur (HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage, S. 190: „Riss“) gesetzt hat, um das eigentliche Anliegen der Gemeinde zu formulieren. 212 Dies wird leider nur selten erkannt. Mir ist nur LÜDEMANN, Das frühe Christentum, S. 63, bekannt.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Im Zentrum, in den Versen 26b und 27a, steht die Feindschaft zu dem Kyrios und seinem Christus. Dorthin führt im ersten Teil der Psalm seinen Weg von der Vorhersage Davids über die Völker und Heiden bis zu den Königen und Herrschern. Ab V. 27 führt Lukas diesen Gedankengang dann in umgekehrter Reihenfolge weiter, indem er zunächst an die Gegnerschaft der Genannten erinnert und anschließend in einem einzigen Satz Herodes, Pontius Pilatus, die Völker und die Heiden benennt, die sich gegen den Kyrios und seinen Christus zusammentun (συνήχθησαν). Entsprechend der Voraussage Davids vom Anfang (V. 25a) benennt Lukas zum Schluss (V. 28) die Hand Gottes und den Plan Gottes, der schon vorausgeplant habe, was sich später in der Passion Jesu ereignen werde. Diese spiegelbildliche Struktur führt also dazu, dass der erste Gebetsteil mithilfe von Ps 2,1–2 die Gegnerschaft der Genannten gegen Jesus scharf herausstellt. So entsteht im ersten Teil des Gebets (V. 25–28) der Eindruck eines Bedrohungsszenarios, zu dem Pilatus seinen Beitrag leistet: Im ersten Abschnitt (V. 25b–26) werden die einzelnen Gruppen unterschieden und jeweils mit einem eigenen Verb belegt. So stellt sich die Vorstellung unterschiedlicher Gruppen ein, die sich auf ihre je eigene Art gegen den Kyrios und seinen Gesalbten erheben. Im zweiten Abschnitt ab V. 27 entsteht dagegen der Anschein einer drohenden Menge, in der nicht mehr unterschieden werden kann, wer sich wie genau gegen den Herrn und seinen Gesalbten wendet, da συνήχθησαν dort das einzige Verb ist, das außerdem noch an erster Stelle des Abschnitts steht. So verschwimmen die handelnden Personen, und man gewinnt den Eindruck einer ablehnenden Front von Kräften, die sich gegen Gott wendet. Für unsere Interpretation ist dieser erweckte Eindruck insofern von Bedeutung, als Pontius Pilatus hier zwar als einzelne, für ihre Handlungen individuell verantwortliche Person genannt wird, gleichzeitig aber Teil einer Phalanx von Kräften wird, die sich gegen den Herrn verschrieben haben. Pilatus steht also keineswegs als Verantwortlicher allein, sondern Lukas bindet ihn ein in ein Geflecht von ablehnenden Kräften, die bei der Passion Jesu gewirkt haben. Theologisch ist in diesem Zusammenhang die grammatische Beobachtung wichtig, dass die Schilderung des Wirkens der gottfernen Kräfte, einschließlich des Pilatus, durch jene Verse, die vom Willen Gottes sprechen (V. 25a und 28), gerahmt werden, sodass schon durch diese Struktur deutlich wird, dass Gott in der Bedrängnis Jesu seine Verheißungen erfüllt.213 Jesu Leiden, das sich zurückführt auf das Wirken des Herodes, des Pontius Pilatus, der Heiden (wohl der Soldaten) und der Völker Israels (wohl der jüdischen Menge), ist nicht allein deren unheilvollem Wirken zuzuschreiben, sondern
213 So ist meines Erachtens auch nicht ausgeschlossen, dass es sich bei συνήχθησαν in V. 27 („sie haben sich zusammengetan“) um ein Passivum divinum handeln könnte.
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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dem Willen Gottes, der dieses Verhalten vorausgeplant214 hat. In dem Versagen jener Menschen vollzieht sich also der Heilswille Gottes. Damit entzieht Lukas, theologisch gesprochen, jedem Denken den Boden, das die Passion Jesu allein als Justizirrtum betrachten könnte. Gott wirkt selbst in den widergöttlichen Mächten, die Jesus ans Kreuz gebracht haben. In Apg 4,25b–28 nimmt Lukas also zum einen Pilatus als eine Person ernst, die mit anderen Jesu Passion zu verantworten hat; zum anderen wird Pilatus in diesen Versen mit anderen zu einem Repräsentanten der widergöttlichen Mächte, deren Wirken Gott schon in Ps 2 angekündigt hat. Die widergöttlichen Mächte, die Pilatus neben anderen repräsentiert, haben jedoch nicht nur in der Passion Jesu gewirkt, sondern wirken auch zur Zeit der betenden Gemeinde. Vier Beobachtungen belegen dies: 1) ἔπιδε ἐπὶ τὰς ἀπειλὰς αὐτῶν (V. 29) zu Beginn des zweiten Teils kann man grammatisch nur auf Herodes, Pilatus, die Völker Israels und die Völker beziehen. Doch die Passion ist historisch gesprochen zur Zeit des Gemeindegebets vorbei; warum zur Zeit der Gemeinde Gott deren Drohungen ansehen soll, wird in der allein historischen Betrachtung der Verse nicht klar.215 2) Schon in Apg 4,5 hat die AoristPassiv-Verbform συναχθῆναι das Zusammenrotten der Gegner der Christen beschrieben (V. 27: συνήχθησαν). 3) Schon in V. 17 beschreibt Lukas mit ἀπειλησώµεθα und in V. 21 mit προσαπειλησάµενοι das aktuelle Drohen der Mitglieder des Synhedriums (V. 29: ἐπὶ τὰς ἀπειλὰς αὐτῶν). 4) Versteht man die Verse 25–28 allein als Reminiszenz an die Vergangenheit, bleibt unklar, warum Lukas überhaupt von der Passion Jesu und ihrer Ankündigung in Ps 2 spricht.
Es drängt sich also die Annahme geradezu auf, dass sich die in V. 25b–28 genannten Bedrohungen nicht nur auf die Zeit Jesu, sondern auch auf die gegenwärtigen Erfahrungen der Gemeinde beziehen. Offensichtlich sind die Bedrohungen, die Jesus zur Zeit seiner Passion erlebt hat, mit seiner Auferstehung keineswegs vergangen. Dieselben Kräfte, die ihn mit dem Tod bedroht haben, sind nun kurz nach Pfingsten wieder am Werke. Sie tun sich zusammen (V. 5), sie drohen (V. 17 und 21), und sie sind ebenso gefährlich, wie sie damals waren: ἔπιδε ἐπὶ τὰς ἀπειλὰς αὐτῶν, „Siehe, Herr, ihr Drohen an“.216 Das widergöttliche Handeln des Pilatus stellt für die Leser keineswegs nur ein Verhalten der Vergangenheit dar, sondern reicht bis in die Gegenwart der betenden Gemeinde der Apostelgeschichte hinein. Die gleiche Gefahr, die Jesus damals durch Pilatus gedroht hat, kommt jetzt über die Gemeinde. Um 214 FELDMEIER, Wenn die Vorsehung ein Gesicht erhält, S. 168, legt nahe, dass Lukas hier wie andernorts Gedanken des antiken paganen und jüdischen philosophischen Vorsehungsglaubens in den „Zuspruch des biblischen Gottes“ (S. 169) integriert, vgl. auch DERS., Gottvater, S. 322. 215 Soweit mir bekannt, geht neben RUSAM, Das Alte Testament bei Lukas, S. 250, nur HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage, S. 190, auf diesen Bruch im Text selbst ausführlicher ein, er deutet ihn jedoch literarkritisch. 216 Diese Interpretation unterstützt auch ein Blick auf das von Lukas (siehe Apg 5,38; 20,32; 27,22) verwandte καὶ τὰ νῦν, das sowohl rein zeitlich als auch sachlich verstanden werden kann, siehe LSJ, S. 1185.
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dies zu verhindern, braucht es das Gebet der ganzen Gemeinde, die um παρρησία, Heilungen und Zeichen und Wunder betet (V. 30). Gott soll den Namen seines Dieners durchsetzen, wie er dies bei der Auferstehung Jesu (Apg 3,13–15) ebenso wie bei der Heilung des Gelähmten (Apg 3,6) getan hat. Auch wenn Gott in den Widersachern Jesu seinen Willen durchsetzt, vertraut sich seine Gemeinde ihm dennoch an, weil sie sich nicht als Diener weltlicher Herrscher versteht, sondern als Diener der Herrschaft des Kyrios (V. 29). Dass Gott seine Herrschaft auch gegen das widergöttliche Verhalten eines Repräsentanten Roms wie Pilatus durchsetzt, zeigt sich schließlich in V. 31: „Und während sie noch beteten, erbebte die Erde, auf der sie sich versammelt hatten, und sie wurden alle vom Heiligen Geist erfüllt, und sie verkündigten das Wort Gottes offen.“ 3.2.5 „Jesu Namen vor Kaiser tragen“: Der Auftrag an den Zeugen Paulus (Apg 9,15–16) Innerhalb der Erzählung der Apostelgeschichte vom Zeugnis der Apostel in Jerusalem (1,1–5,42) und von der Ausbreitung des Evangeliums in der Umgebung mit dem Beginn der Heidenmission (6,1–15,35) spielt die nun folgende implizite Erwähnung Roms in Apg 9,15–16 insofern eine besondere Rolle, als die Berufung des Paulus nicht von dessen Leiden vor Autoritäten zu trennen ist. Später, ab Apg 15,36, wird Paulus als von Jesus berufener Missionar Hauptakteur des Geschehens und ab Apg 21,33 ein Gefangener Roms sein. Die Bedrängnis durch irdische Autoritäten, die nach Lk 12,11–12 und 21,12–19 Jesus allen seinen Zeugen angekündigt hat, sagt der Kyrios Jesus auch Paulus als von Gott erwähltem Gefäß durch Hananias voraus: ὅτι σκεῦος ἐκλογῆς ἐστίν µοι οὗτος τοῦ βαστάσαι τὸ ὄνοµά µου ἐνώπιον ἐθνῶν τε καὶ βασιλέων υἱῶν τε Ἰσραήλ· ἐγὼ γὰρ ὑποδείξω αὐτῷ ὅσα δεῖ αὐτὸν ὑπὲρ τοῦ ὀνόµατός µου παθεῖν.217 Die Verse Apg 9,15–16 entfalten den Lesern den Auftrag Jesu an Paulus. Sie bilden das Zentrum zweier Ringkompositionen: Äußerer Ring (9,1–8): Bedrohung der Christen in Damaskus und Erscheinung Jesu vor Paulus und seinen Gefährten. Apg 9,19b–22: Wirken des ehemaligen Gegners als Verkündiger Jesu Christi.218 Innerer Ring (9,10–14): Epiphanie Jesu vor Hananias und dessen Weigerung, zu Paulus zu gehen. V. 17–19a: Erfüllung des Auftrags und Heilung des Paulus. Erfüllung mit dem Heiligen Geist und Taufe des Paulus. Im Zentrum der beiden „Ringe“: die Aussage des Kyrios über Paulus, dass er sein erwähltes Gefäß (σκεῦος ἐκλογῆς) ist, der seinen Namen vor Heiden, Herrscher und die Söhne Israels trägt, weil (V. 16: γάρ) der Kyrios ihm zeigen wird, wie viel er für seinen Namen zu leiden haben wird.
217 „… denn dieser ist mir ein erwähltes Gefäß, dass er meinen Namen trage vor Heiden und Könige und Söhne Israels; denn ich werde ihm zeigen, wie viel er für meinen Namen wird leiden müssen.“ 218 Vgl. ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 145.
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Für unseren Zusammenhang ist wichtig, dass βασιλεῖς nicht nur Könige allgemein, sondern im ersten Jahrhundert auch die römischen Kaiser bezeichnen kann, wie Dion von Prusa, aber auch spätere Texte (Cassius Dio und Flavius Philostratus) belegen,219 sodass für einen Leser des späten ersten Jahrhunderts in dieser Voraussage an Paulus durchaus seine Begegnung mit dem Kaiser im Blick sein konnte.220 Gerade die drei Foren Heiden, Herrscher, Söhne Israels (V. 15: ἐνώπιον ἐθνῶν τε καὶ βασιλέων υἱῶν τε Ἰσραήλ) sind so unbestimmt formuliert, dass sich für Leser der Zeit nur schwer eindeutige Instanzen ausmachen lassen. Mit „Heiden“ können heidnische Behörden221 und Statthalter222 ebenso gemeint sein wie eine heidnische Menge.223 Bei „Herrschern“ mag König Agrippa im Blick sein,224 aber auch der in der Apostelgeschichte namentlich nicht genannte Kaiser Nero. Der Ausdruck „Söhne Israels“ könnte alle Juden225 meinen, aber auch das Synhedrium in Jerusalem226 oder die Juden in Rom.227 Vor allen genannten Gruppen wird Paulus um des Namens Jesu willen Zeugnis ablegen. Ob die Reihenfolge Heiden, Herrscher, Söhne Israels von Lukas schon den weiteren Weg des Paulus in seiner Reihenfolge präfiguriert, wie Heike Omerzu annimmt,228 lasse ich offen. Die Rede von einem βασιλεύς schließt jedenfalls kaiserliche Instanzen ein. Dass es bei dem „Tragen des Namens“ nicht primär um das Predigen, sondern um ein existenzielles Zeugnis geht, hat Gerhard Lohfink gezeigt.229 Dazu passt die Beobachtung, dass σκεῦος im Doppelwerk eher das Gefäß als das Werkzeug meint.230 Wie bei Jeremia in 18,3–6231 der Prophet, so wird 219
Cassius Dio, Hist. rom. LXVI 11,3; Philostratus, Vit. Apoll. V 41,12 u.ö. Vgl. auch DEISSMANN, Licht vom Osten, S. 310f, und KLEINKNECHT, Art. βασιλεύς, S. 563. Auch Apg 17,7 belegt, dass mit βασιλεύς im ersten Jahrhundert auch der Kaiser gemeint sein konnte: καὶ οὗτοι πάντες ἀπέναντι τῶν δογµάτων Καίσαρος πράσσουσιν βασιλέα ἕτερον λέγοντες εἶναι Ἰησοῦν. 220 Vgl. Apg 27,24. 221 Wie z.B. Apg 16,22; 17,8 u.ö. 222 Z.B. Apg 24–26. 223 Z.B. Apg 19,23–40. 224 Apg 16,1–32. 225 In der Apostelgeschichte ist immer wieder von „den Juden“ die Rede (z.B. 13,45 u.ö.). 226 Z.B. Apg 23,1–11. 227 Apg 28,17–28. 228 OMERZU, Prozeß des Paulus, S. 279. 229 LOHFINK, „Meinen Namen zu tragen …“. Bei OMERZU, Prozeß des Paulus, S. 279, Anm. 20, weitere Literatur zum Namen-Tragen als Motiv aus der Sprache des Martyriums. 230 Σκεῦος bei Lukas sonst eher Gefäß/Behälter als Werkzeug/Gerät: Lk 8,16; Apg 10,11.16; 11,5. In Apg 17,31 ist es wohl eher im Sinne von „Sachen“ gemeint. Apg 27,17: wohl eher Treibanker o.Ä. 231 Vgl. SapSal 15,7.
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auch Paulus von Gott im Geist geschaffen und bekommt als auserwähltes Gefäß seinen Auftrag,232 den Namen Jesu vor unterschiedliche weltliche Instanzen zu tragen. Für die Leser legt sich zudem nahe, σκεῦος in V. 15 mit dem „gefüllt werden durch den Heiligen Geist“ (πλησθῇς πνεύµατος ἁγίου) in V. 17 zu verbinden. Dann würde Paulus in seiner Berufung zu dem von Gott erwählten und geschaffenen Gefäß werden, das mit dem Heiligen Geist gefüllt wird. Wichtig ist dabei, dass Lukas in V. 15 nicht von φέρω, sondern von βαστάζω spricht, das in biblischen Schriften fast immer das Tragen von Lasten bezeichnet.233 Paulus wird nach Apg 9,15 also ‚schwer zu tragen haben‘ an der Erfüllung dieses besonderen Auftrags. Zu Paulus’ Berufung gehört folglich das Leiden um des Namens Jesu willen, von dem im Folgevers die Rede ist (V. 16: δεῖ αὐτὸν ὑπὲρ τοῦ ὀνόµατός µου παθεῖν), konstitutiv dazu. Also wird auch der Weg, den Paulus vor den Kaiser gehen wird, ein Weg sein, an dem er zu tragen haben wird.234 Es fällt auf, dass der Name Kaiser Neros im Doppelwerk nicht genannt wird, unter dessen Herrschaft Paulus möglicherweise den Märtyrertod in Rom erlitten hat235 und der nach Tacitus236 für die erste koordinierte staatliche Aktivität gegen die Christen Verantwortung trägt. Dieses Schweigen des Lukas mag man auf seine apologetische Tendenz zurückführen. Dies ist nicht auszuschließen. Gleichzeitig kann man fragen, ob die explizite Nennung Kaiser Neros etwa in Apg 9,15 nicht den Sinn der göttlichen Ankündigung unnötig auf einen Kaiser eingeengt hätte. Weitere naheliegende Orte, Nero in der Apostelgeschichte zu nennen, wären 23,11 und 27,24 gewesen. Doch Lukas geht es in diesen göttlichen Zusagen wie auch in 25,10 und 25,12 nicht um die individuelle Person des Kaisers, sondern um den Ort Rom bzw. die Instanz der kaiserlichen Gerichte. Nicht die individuelle Haltung eines Einzelnen, sondern die Forumssituationen, denen sich die Christen zu stellen haben, stehen in der Apostelgeschichte im Vordergrund. Eine explizite Nennung Neros hätte gegebenenfalls davon abgelenkt, dass sich in den Situationen und im Verhalten des Paulus neben Individuellem stets auch Exemplarisches abbildet.237 Neben dem spekulativen Charakter solch einer Frage und ihrer Beantwortung lässt sich darauf verweisen, dass keinesfalls sicher ist, ob ein Kaiser einem Verfahren gegen einen römischen Bürger wegen Unruhestiftung persönlich vorgesessen hätte.238 So liegt der Ton von Apg 9,15 nicht auf dem Leiden, das mit dem Tragen des Namens Jesu vor einen speziellen Kaiser verbunden ist, sondern auf dem Leiden des Namentragens vor Herrschern überhaupt.
Für die Leser des Doppelwerks dürften beim Hören dieser Berufung des Paulus Erinnerungen an Verfolgungslogien wie Lk 21,12 anklingen: … ἀπαγοµένους ἐπὶ βασιλεῖς καὶ ἡγεµόνας ἕνεκεν τοῦ ὀνόµατός µου heißt es dort. 232
Vgl. auch den Töpfervergleich in Röm 9,20–21. W. BAUER et al., Wörterbuch, Sp. 274f. 234 Z.B. wird Paulus von Jerusalem bis nach Rom ein Gefangener des Imperiums sein (Apg 21–28), vgl. Apg 20,23. 235 Zur Diskussion LAMPE, Die stadtrömischen Christen, S. 65–67. 236 Tacitus, Ann. XV 44. 237 Vgl. in Apg 23,11 und in 27,24 den Mut zusprechenden Charakter der Zusagen. 238 Zur Art der Prozessführung Neros Sueton, Nero 15,1. 233
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Dort hatte Jesus den Christen angekündigt, dass sie um des Namens Jesu willen vor Herrscher und Statthalter weggeführt würden. Paulus’ Leiden ist demnach kein exklusives Leiden, das nur ihm von Gott zuteilwürde, sondern ein exemplarisches, das auch jeden anderen Christen treffen kann. Auch wenn Paulus als auserwähltes Gefäß einen singulären Auftrag erfüllt, so hat er doch Anteil an dem Leiden, das dem Weg239 der Christen innewohnt. Dabei ist für Lukas das Leiden gerade kein sinnloses Leiden, sondern eines um des Namens Jesu willen. Als irdische Macht gehört die Instanz des Kaisers ebenso zu den Mächten, vor denen Paulus Leidenserfahrungen machen wird, wie auch vor den anderen genannten Instanzen (Könige, Heiden, Söhne Israels). Diese belastenden Erfahrungen gehören zum Weg, der für Paulus von Gott bestimmt ist (V. 16: δεῖ). Diese Leiderfahrungen erschließen ihren Sinn nicht im Willen der genannten Instanzen, sondern im Willen Gottes. Wenn auch in versteckter Weise, so zeigt sich schon hier in der Berufung des Paulus, dass nicht etwa die Heiden, die „Könige“ oder die Juden, mit denen er es zu tun haben wird, seinen Weg bestimmen – auch wenn es im Laufe der Apostelgeschichte so erscheinen mag –, sondern Gott, der ihn durch Jesus Christus seinen Weg führt. Christliche Existenz und Bekenntnis coram mundo gehören zusammen.240 Fragt man, welche Assoziationen sich für Zeitgenossen bei dem Ausdruck βαστάσαι τὸ ὄνοµά µου einstellen konnten, so dürften diese ähnlich sein wie bei dem Ausdruck ἀπαγοµένους ἐπὶ βασιλεῖς καὶ ἡγεµόνας ἕνεκεν τοῦ ὀνόµατός µου aus Lk 21,12: Nicht auszuschließen ist, dass auch hier in dem Ausdruck „Name Jesu“ Christenprozesse anklingen, wie sie sich bei Plinius d.J., Ep. X 96, widerspiegeln.241 In Hinblick auf unsere Frage nach der Funktion der Erwähnung des Kaisers zeigt sich also in den Worten Jesu in Apg 9,15, die Hananias Paulus sagen soll, dass das Imperium – repräsentiert durch den Kaiser – auf unterschiedliche Weise in Paulus’ Leben präsent sein wird: zum ersten darin, dass das Imperium keineswegs das Leiden des Paulus verhindern wird, zum zweiten darin, dass Gott Paulus das Leid nicht ersparen wird, und drittens darin, dass Gott seine Macht darin erweisen wird, dass Paulus um des Namens Jesu willen leidet. So wie Jesus mit den durch Paulus Verfolgten verbunden war (Apg 9,4), so wird er auch mit Paulus, seinem auserwählten Gefäß, im Leiden verbunden bleiben.
239
So die Bezeichnung der Christen unter anderem in Apg 9,2, vgl. 14,22. Die Vulgata liest: „dixit autem ad eum Dominus vade quoniam vas electionis est mihi iste ut portet nomen meum coram gentibus et regibus et filiis Israhel“ (Kursive J.A. E.). 241 Vgl. oben S. 21–26. 240
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3.2.6 Gott überwindet die Grenzen zwischen dem heidnischen Zenturio Kornelius und dem Juden Petrus (Apg 10,1–11,18) Der römische Zenturio Kornelius, um den es jetzt geht, ist der erste Repräsentant Roms, der in der Welt des Textes als Akteur und Repräsentant des Imperiums als Kulturraums auftritt. Er ist neben Petrus die Hauptfigur innerhalb des inhaltlich zentralen Abschnitts Apg 10,1–11,18, der dem Leser offenbart, dass es Gottes Wille ist, dass nicht nur Männer aus der Beschneidung (11,2), sondern auch Heiden gerettet werden (11,14) und eine Umkehr zum Leben (11,18) finden können. Apg 10,1–11,18 bildet eine Kernerzählung der Apostelgeschichte: Vor der Korneliuserzählung werden fast ausschließlich Bekehrungen von Juden berichtet, nach unserem Abschnitt steht auch den Heiden die Tür zum Kyrios offen. Lukas versteht Kornelius also nicht nur als Repräsentanten der Herrschaft Roms, sondern ebenso als Repräsentanten des heidnischen Kulturraums.242 Als Repräsentant des Römischen Imperiums wird Kornelius in Apg 10,1–11,18 sehr positiv geschildert. Schon in 10,1–2 heißt es: „Ein Mann in Cäsarea mit Namen Kornelius, Zenturio der Italischen Kohorte,243 der mit seinem gesamten Hause fromm und gottesfürchtig war, dem Volk viel Almosen gab und immer zu Gott betete …“ Dieser Kornelius wird als heidnischer Zenturio von Gott einer Engelsoffenbarung gewürdigt (10,3). Seine Gebete, Teil des Gottesvolkes zu sein, werden von Gott erhört (10,4.31). Er selber, sein Haus, seine Verwandten und Freunde (10,24) hören die Verkündigung des Petrus und erleben gewissermaßen ein Pfingstfest wie die Jünger in Jerusalem (11,17): Der Heilige Geist kommt auf sie herab (10,44), sodass sie zusammen mit den anwesenden Juden Ekstasen erleben (10,45), in denen sie in Zungen reden und Gott preisen (10,46). Schließlich wird Kornelius mit den anderen Anwesenden getauft (10,48), und die Getauften nehmen Petrus in ihre Hausgemeinschaft auf (10,48). Der römische Zenturio Kornelius wird auf diese Weise zum eindeutig244 ersten getauften Nichtjuden der Apostelgeschichte. Sein Geistempfang und seine Taufe, die auf Gottes Willen zurückgehen, öffnen den Weg für die folgende Mission, die Lukas im weiteren dritten und vor allem im vierten Teil seiner Apostelgeschichte (15,36–19,20) entfalten wird. Gott offenbart mithilfe des Zenturios in Cäsarea seinen Heilswillen für Nichtjuden. Hier in Cäsarea wird klar, dass Gott mithilfe der Heiden das Zeugnis vom Erhöhten bis an die Enden der Erde (1,8) bringen wird. Judäa und Samarien sind erreicht (9,31); jetzt breitet der Kyrios seine Herrschaft durch den Heiligen Geist über die gesamte „Ökumene“ (17,8 u.ö., vgl. Lk 2,10) aus, was auch die Brüder in Jerusalem anerkennen (Apg 11,3.18). 242 Vgl. in Apg 11,1 die zusammenfassende Formulierung: τὰ ἔθνη ἐδέξαντο τὸν λόγον τοῦ θεοῦ. Zur Gliederung des Abschnitts WILK, Erzählstrukturen, S. 59–76. Zur Interpretation von Apg 10,1–11,18 als Hintergrund der Petrusrede in Apg 15,7–11 siehe WEHNERT, Die Reinheit des „christlichen Gottesvolkes“, S. 74–77. 243 Die Cohors II Militaria Italica Civium Romanorum Voluntariorum, die sich aus Freigelassenen zusammensetzte, ist für die zweite Hälfte des ersten Jahrhunderts als Teil der Syrischen Armee für Cäsarea belegt (CIL VI 3528; XI 6,117). Die Annahme einer Stationierung einer cohors italica schon zur Zeit des Apostels Paulus ist umstritten. Zur Diskussion KYRYCHENKO, Roman Army, S. 39f. 244 Siehe auch Apg 8,38.
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Zum Verständnis der Rolle des Imperiums innerhalb dieses Abschnitts ist wichtig zu sehen, dass Gottes Macht die Grenze zwischen dem Judentum und dem Heidentum aufhebt: Kornelius erkennt, dass der Kyrios durch den Engel zu ihm (10,4) und dass der Kyrios durch Petrus spricht (10,33) und dass schließlich Jesus das Wort vom Frieden und der Herr aller Menschen ist (10,36). Petrus bestätigt, dass es der Kyrios ist, der in all den geschilderten Erscheinungen wirkt (10,14; 11,8.16). Nicht etwa die römischen Heere durch ihren Repräsentanten Kornelius,245 sondern Gott bewirkt die Aufhebung der Trennung zwischen Juden und Heiden. So entsteht der Friede (vgl. 10,36). Nicht etwa der römischen Armee gelingt es, den erhofften Frieden im Zusammenleben mit den Juden im Römischen Reich herzustellen, sondern Gott, der sich in Jesus zeigt und im Heiligen Geist zu den Heiden kommt. Gott hebt die Trennung zwischen den beiden unterschiedlichen kulturellen Welten auf und schafft so eine Gemeinschaft, die vorher nicht denkbar war (11,2.18). So gesehen zeigt sich an einem Repräsentanten Roms, dass die Macht Gottes Grenzen überwindet und dadurch Wege des Friedens (10,36) und des Lebens (11,18) eröffnet. Diese Botschaft vom grenzüberschreitenden Handeln Gottes könnte für die Leser der flavischen Zeit besonderen Klang gehabt haben; lag es doch Kaiser Vespasian und seinem Sohn Titus am Herzen, sich als Sieger über die Juden zu inszenieren. Zudem war es fester Bestandteil von Vespasians Bauprogramm in Rom und der Darstellung im Reich, sich als Friedenskaiser und Nachfolger des Augustus darzustellen.246 Dass es jedoch keineswegs zu einem echten Frieden zwischen den Juden und der Herrschaft Roms gekommen war, zeigen die Aufstände der späteren Jahre 115–117 und 132–135 n.Chr. Auch dass es bei mancher juristischen Sicherheit, die Juden im Reich besaßen, keineswegs zum Verständnis des Judentums im Reich gekommen wäre, belegt beispielsweise der sog. Judenexkurs des Tacitus.247 Unter den genannten Prämissen könnte Apg 10–11 von den von mir rekonstruierten Lesern so gelesen werden: Anders als dem Imperium gelingt es dem Kyrios, die Grenzen zwischen zwei unterschiedlichen Kulturräumen zu überwinden und so ein wahrhaft friedliches Miteinander zu schaffen. Diese Interpretation, dass Kornelius für heidnische Leser der Zeit als Heide nicht nur die Macht Roms, sondern auch deren Verhältnis zu den Juden repräsentiert, legen die Beobachtungen nahe, dass die „Bekehrung“ des Kornelius sich nicht etwa in Joppe, wo Petrus sich vorher aufhielt (9,43), sondern in Cäsarea ereignet, wohin Petrus – von Gott gesandt – eigens reist (10,23). Cäsarea war als Amtssitz zur Zeit der römischen Herrschaft über 245 FLESSEN, An Exemplary Man, S. 98, versteht Kornelius ebenfalls als „representative of the empire“. 246 Vgl. PFEIFFER, Zeit der Flavier, S. 27–32.101–113. 247 Tacitus, Hist. V 4–5.
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Judäa häufiger Aufenthaltsort der Präfekten bzw. der Statthalter in Judäa.248 In Cäsarea wird Vespasian noch während des Jüdischen Krieges im Juli des Jahres 69 n.Chr. von seinen Legionen zum Kaiser ausgerufen.249 Die von Herodes dem Großen zu Ehren des Kaisers Augustus benannte Stadt war eine Kolonie Roms, das heißt eine Stadt mit italischem Recht und vorwiegend römischen Bürgern. Im Laufe des ersten Jahrhunderts wurden unter anderem ein Theater, ein Hippodrom, Geschäftsstraßen, große Bäder und Palastanlagen gebaut. Das Theater fasste ca. 15 000 Besucher. In der Stadt wohnten im zweiten Jahrhundert 125 000 Einwohner. Nicht zufällig fanden ebendort große Auseinandersetzungen zwischen Pilatus und den Juden in den 30er-Jahren des ersten Jahrhunderts statt, in denen sich Pilatus oft ungeschickt verhielt.250 Im ersten Jahrhundert war Cäsarea in vielem ein heidnisch-hellenistischer Antipode zum religiös aufgeladenen jüdischen Zentrum Jerusalem.251 Auch könnte der Anachronismus, dass Kornelius Zenturio einer Italischen Kohorte war, die es zur Zeit des Petrus vermutlich noch gar nicht gab, für die Leser einen Sinn bekommen: Kornelius tut seinen Dienst in einem typisch heidnischen Umfeld, nämlich dort, wo römische Freigelassene in einer römischen Armee ihren Dienst für das Imperium Romanum leisten. Dabei geht es für die Leser nicht um historische Genauigkeit, sondern darum, die grundsätzliche religiöse und kulturelle Distanz der beiden Protagonisten ebenso herauszustellen (vgl. 10,14; 11,3.8) wie die Sehnsucht des Kornelius, diese Distanz zu überwinden (10,1.2.4).252 Durch die Symbolik der Funktion in der römischen Armee, des Ortes und des kulturellen Umfeldes der Protagonisten gelingt es dem Text, für die Leser die Grenze zwischen beiden Lebenswelten zu überwinden: ‚Jerusalem‘ (Apg 11,1–18) erkennt an, dass in Cäsarea (Apg 10) der Heilige Geist auf die Heiden gekommen ist. Demnach würde Kornelius für die Leser die römischhellenistische Kultur repräsentieren,253 Petrus die jüdische. Wenn die Leser Apg 10,1–11,18 so lesen, würde das Römische Imperium in seinem Repräsentanten nicht nur positiv und aufgeschlossen erscheinen, sondern mit Cäsarea auch zum ersten Mal der Kulturraum des Römischen Reiches in den Blick kommen, der sich von nun an dem christlichen Glauben öffnet. 248
HAENSCH, Capita provinciarum, S. 227–237, vgl. Josephus, Bell. II 268–270. Sueton, Vesp. 6,3. 250 Josephus, Bell. II 169–172. 251 Zu Cäsarea: PATRIK, Studies in the Archaeology and History of Caesarea Maritima. Zur Diskussion um die Frage der Präsenz Roms in Judäa BORMANN, Jüdische oder römische Perspektive? Zu Städten als erzähltem Raum in der Apostelgeschichte und ihrer ‚semantischen Aufladung‘ TISCHLER, Diener des höchsten Gottes, S. 223–225. 252 BARRETO, Ethnic Negotiations, S. 187: „I believe that much work remains to be done if we are to understand fully the function of ethnic discourse in this Christian myth of origins.“ 253 So auch KYRYCHENKO, Roman Army, S. 162–182. 249
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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3.2.7 Kaiser Claudius und die Hungersnot auf dem ganzen Erdkreis (Apg 11,27–30) Zum Selbstverständnis eines guten Kaisers gehörte, dass er sich als pater patriae verstand, der sich um seine „Kinder“ kümmert. Stefan Pfeiffer schreibt über die Zeit der Flavier: „Die Unterstützung von in Not geratenen Städten gehörte wiederum zu den wesentlichen Aufgaben eines guten Herrschers, der, einer Gottheit gleich, als Heiland und Wohltäter oder als fürsorgender Vater der Untertanen aufzutreten hatte. Das unterschied den rechtmäßigen Kaiser vom Tyrann.“254 Kaiser Claudius scheint dagegen in Apg 11,28 aus rein chronologischen Gründen genannt zu werden: ἥτις ἐγένετο ἐπὶ Κλαυδίου – „welche [sc. Hungersnot] geschah zur Zeit des Claudius“. Doch blickt man genauer auf den Abschnitt, lässt sich nicht ausschließen, dass Lukas hier für die Leser der Zeit einen Mangel anklingen lässt, den die Christen aufgrund ihrer Ethik ausfüllten. Die Verse 27–28a sprechen davon, dass der Prophet Agabus, der mit anderen Propheten aus Jerusalem gekommen war, durch den Geist in Antiochia eine Hungersnot auf dem ganzen Erdkreis voraussagt. Nach der kurzen chronologischen Erwähnung in V. 28b berichtet Lukas, dass die Jünger in Antiochia beschlossen, den Brüdern in Judäa eine Gabe zu senden, ein jeder nach seinem Einkommen. Durch Barnabas und Paulus wird diese Gabe nach Jerusalem gesandt.
Durch Josephus255 wissen wir, dass es nach dem Tod Agrippas I. aufgrund einer Missernte zu Versorgungsengpässen in Jerusalem gekommen ist. Rainer Riesner256 zählt zehn Hungersnöte zur Zeit des Claudius.257 Von einer weltweiten Hungersnot ist nichts bekannt. Leser der späteren Zeit werden vermutlich weniger Einzelheiten der vergangenen Zeit des Claudius gewusst haben als vielmehr, dass die Kaiser nach ihrem Selbstverständnis in Notzeiten finanziell halfen, wie es etwa Titus nach dem Vesuvausbruch tat.258 Hier berichtet Lukas jedoch den Lesern von keiner Hilfe durch den Kaiser, die den Brüdern in Jerusalem zuteilwürde. Weil der Text in V. 27 und V. 28a von der Hungersnot auf dem ganzen Erdkreis spricht, anschließend vom Kaiser redet (V. 28) und schließlich von der Hilfe der Christen untereinander, dürfte 254
PFEIFFER, Zeit der Flavier, S. 26. Ähnlich GEHRKE/SCHNEIDER, Geschichte der Antike, S. 368: „in einem fast patriarchalischen Verständnis der kaiserlichen Gewalt erwartete man, dass sich der Kaiser zumindest persönlich um die Anliegen seiner Untertanen kümmerte“. Dieses Selbstverständnis der Kaiser spiegelt sich darin, dass von Vespasian bis Trajan allen Kaisern des späten ersten Jahrhunderts der Ehrentitel pater patriae verliehen wurde, siehe KIENAST, Römische Kaisertabellen, S. 108–124. 255 Josephus, Ant. XX 51.101. 256 RIESNER, Frühzeit des Apostels Paulus, S. 114–116. 257 Der zwischen dem 6. und dem 12. Januar 42 n.Chr. den Titel pater patriae verliehen bekam, siehe KIENAST, Römische Kaisertabellen, S. 90. 258 Sueton, Tit. 8,4; Cassius Dio, Hist. rom. LXVI 23; Statius, Silv. III 5,72–74.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
einem Leser des späten ersten Jahrhunderts auffallen, dass es nicht Kaiser Claudius ist, der hilft, sondern die Christen tun es untereinander. Gerade die enge Vernetzung der Christen untereinander, die sich in diesen Versen spiegelt, führt dazu, dass die vom Geist geweissagte Hungersnot bewältigt wird. Die Ethik der Christen füllt die Leerstelle aus, die der Kaiser hinterlässt. So gesehen spricht Apg 11,27–30 zum einen rein chronologisch vom Imperium; gleichzeitig könnte Kritik am Kaiser als Wohltäter durch V. 28 schimmern. Grundsätzlich lenkt Lukas in Apg 11,27–30 den Blick seiner Leser weg vom Kaiser Claudius zum Verhalten der Christen, die ihre Diakonie259 im Gegenüber zum Verhalten des Imperiums entfalten.260 3.2.8 Gottes Sieg über den Teufel und der Glaube des Prokonsuls Sergius Paulus (Apg 13,6–12) Hatte der Bericht des Lukas von der Himmelfahrt Jesu schon erzählerisch die Grenze zwischen Himmel und Erde überwunden (Apg 1,9–11), so lassen sich im bisherigen Durchgang durch die Apostelgeschichte immer wieder Grenzüberschreitungen beobachten: Apg 2,9–11 berichtet von der Grenze des Imperiums, die der Heilige Geist überschreitet; Apg 10,1–11,18 erzählt von der Überwindung der Grenze zwischen Juden und Heiden durch Gottes Wirken. Jetzt in Apg 13,6–12261 überschreitet Lukas eine soziale Grenze, die für die Leser deutlich ist: Ein Statthalter wird Christ, weil Paulus ihn durch das Wirken des Heiligen Geistes aus der Macht des Teufels befreit. Um diese theologische Zuspitzung durch die dualistische Struktur der Episode in Apg 13,6–12 zu erfassen, ist ein Blick auf die Gliederung des Textes unerlässlich. Die Handlung kreist um zwei Pole: um den Magier, der sich gegen die Verbreitung des Evangeliums wehrt, und um Paulus, der die Macht des Kyrios gegen den Willen des Magiers durchsetzt. Diese Annahme wird durch unterschiedliche Beobachtungen gestützt:262 259
Vgl. V. 29: εἰς διακονίαν πέµψαι. So auch Jesus in Lk 22,22–24. Wie die Analyse gezeigt hat, legt Lk 2,1 ein ähnliches Leseverhalten nahe. 261 In der Frage nach der Darstellung der Macht Roms im Doppelwerk hat man Apg 13,4–12 bisher wenig Gewicht gegeben. Galt die Perikope doch den Anhängern der Annahme, Lukas wolle vor allem ein problemloses Miteinander von Staat und Christentum zeigen, als eindeutiger Beleg für ihre These. Die Anhänger der Annahme, Lukas kritisiere die römische Herrschaft, schweigen weitgehend zu diesem Text. Leider behandeln auch diejenigen, die in den letzten Jahren angefangen haben, differenzierter über das Verhältnis von Staat und Kirche im Doppelwerk zu schreiben, unsere Episode in der Regel kaum (zu den einzelnen Positionen siehe oben Teil 1 (S. 5ff). Jüngst hat sich A. WEIẞ, Soziale Elite und Christentum, unter historischen Gesichtspunkten intensiv mit Apg 13,6–12 beschäftigt. 262 Viele dieser Beobachtungen sind mir bisher nicht in der Sekundärliteratur begegnet. In der Regel wird Apg 13,4–12 nicht bipolar ausgelegt (z.B. HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage, S. 353). 260
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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Erstens: Die gesamte Geschichte ist zum einen von sieben unterschiedlichen Gegensätzen durchzogen. 1. Suchen und Finden: Die Missionare finden (εὗρον, V. 6) einen Magier. Diejenigen, die unter dem Einfluss des Magiers stehen, sind dagegen Suchende: Der Statthalter sucht das Wort Gottes zu hören (ἐπεζήτησεν ἀκοῦσαι, V. 7), der Magier sucht danach, den Statthalter vom Glauben abzubringen. Nachdem die Hand des Kyrios den Magier in die Finsternis geführt hat, sucht er jemanden, der ihn an der Hand führt: ἐζήτει χειραγωγούς (V. 11). 2. Lügenprophet und Verkündiger des Wortes Gottes: Der Magier ist ein Lügenprophet (V. 6), Paulus verkündigt dagegen das wahre Wort Gottes (V. 9–10). 3. Voll vom Teufel – erfüllt vom Geist: Paulus ist vom Heiligen Geist erfüllt worden (πλησθεὶς πνεύµατος ἁγίου, V. 9), der Magier ist dagegen voller antigöttlicher Eigenschaften (πλήρης παντὸς δόλου καὶ πάσης ῥᾳδιουργίας, υἱὲ διαβόλου, ἐχθρὲ πάσης δικαιοσύνης, V. 10). Dabei fällt auf, dass die Füllung des Paulus durch den Heiligen Geist verbal formuliert ist, während die Füllung des Magiers durch den Teufel adjektivisch gesetzt ist. Paulus handelt also nicht aus eigener Macht (er wird von Gott mit dem Heiligen Geist gefüllt), für den Magier hingegen sind die List und der Leichtsinn seine Eigenschaften. 4. Die „geraden“ Wege Gottes – die „krummen“ Wege des Teufels: Die Wege des Herrn sind gerade (τὰς ὁδοὺς [τοῦ] κυρίου τὰς εὐθείας, V. 10), der Magier dagegen bringt diese Wege durcheinander (οὐ παύσῃ διαστρέφων, V. 10). 5. Die Unbarmherzigkeit des Magiers – die Barmherzigkeit Gottes: Der Magier ist nach V. 10 dabei, Gottes Wege pausenlos (vgl. V. 10b) durcheinanderzubringen, Gott straft den Magier dagegen nur eine Zeitlang (V. 11, vgl auch Lk 4,13, wo Jesus den Teufel nur eine Zeitlang vertreibt). 6. Das unterschiedliche Sehen: Der Magier sieht die Sonne nicht mehr (V. 11), der Statthalter sieht und erkennt dagegen die Lehrer des Herrn (V. 12). 7. Sohn Jesu – Teufelssohn: Der Magier heißt Barjesus (aramäisch: „Sohn Jesu“), von Paulus wird er dagegen als Sohn des Teufels identifiziert (V. 10).
Zweitens könnte auch der traditionsgeschichtliche Hintergrund einzelner Begriffe auf eine dualistische Grundstruktur der Episode hinweisen. Auffällig viele Ausdrücke der Erzählung haben einen alttestamentlich-weisheitlichen Hintergrund und beschreiben in der Septuaginta den Weg der Gottlosen im Gegensatz zu dem der Frommen. Beispielsweise zitiert Apg 13,10 fast wörtlich LXX Hos 14,10, die letzten, weisheitlich gestalteten Worte des Hoseabuches, in denen der Schreiber dazu aufruft, auf den richtigen Wegen des Herrn zu wandeln und sich nicht so wie die Übertreter der Wege des Herrn zu verhalten (vgl. auch Apg 13,7; ähnlich Prov 10,9 und Sir 1,30). Stets geht es in den Prätexten aus der Septuaginta um das Straucheln des Gottlosen im Gegensatz zum weisen Leben des Gerechten. So könnte auch die Septuaginta als Hintergrund einzelner Verse zur dualistischen Grundstruktur beigetragen haben.
Drittens: Wie sehr die Erzählung in den ersten Versen auf eine Konfrontation zuläuft, erkennt man, wenn man die Verse 6–8 analysiert, die den Konflikt kunstvoll andeuten, um ihn anschließend kontinuierlich zu steigern.263 263
Schon in V. 6 könnte sich andeuten, dass Paulus nicht zufällig auf den Magier trifft. Εὗρον kann zwar eine Zufallsbegegnung bezeichnen. Doch aufgrund der Beobachtung, dass Barnabas und Paulus in Antiochia vom Heiligen Geist ausgesondert worden sind, wie
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
In ἄνδρα τινὰ µάγον ψευδοπροφήτην Ἰουδαῖον ᾧ ὄνοµα Βαριησοῦ (V. 6) klingt ebenfalls an, dass ein Konflikt bevorsteht: ἀνήρ τις („ein gewisser Mann“) deutet die Distanz des Lukas zu der betreffenden Person an. Μάγος erinnert an den Magier Simon aus Apg 8, den Philippus zunächst erfolgreich für den Glauben gewonnen hat. Ψευδοπροφήτης Ἰουδαῖος erinnert an Lk 6,26, wo Jesus in der Feldrede vor den „Lügenpropheten“ warnt, denen die jüdischen Väter des Volkes wohlgeredet hätten. ᾩ ὄνοµα Βαριησοῦ: Wer ein wenig Aramäisch verstand, wird in diesem Namen eine Konkurrenz zu Jesus herausgehört haben. Dass es zu einem ernsthaften Konflikt kommen würde, ahnt der Leser, wenn er anschließend ὃς ἦν σὺν τῷ ἀνθυπάτῳ Σεργίῳ Παύλῳ, ἀνδρὶ συνετῷ liest. Befindet sich doch dieser zweifelhafte Magier im Gefolge (so ist wohl σύν zu übersetzen264) eines Statthalters, der wiederum in Anklang an weisheitliche Sprache (z.B. Hos 14,10) als „verständig“ beschrieben wird. Vorsichtig deutet Lukas also schon in den ersten beiden Versen einen Gegensatz zwischen dem Magier und den Missionaren an. Ein weiterer Beleg für die genannte Ansicht ist die Beobachtung, dass Lukas grammatisch nur Paulus (Subjekt) und den Magier (Objekt) einführend hervorhebt, den Statthalter dagegen nur mit σύν einführt.265 Diese immer deutlicher werdenden Andeutungen des heraufziehenden Konfliktes zwischen dem Magier und den Aposteln werden zur Gewissheit in den ersten Worten des folgenden Verses 8: ἀνθίστατο δὲ αὐτοῖς Ἐλύµας ὁ µάγος. Nicht etwa, wie zu erwarten wäre, wendet sich der Magier gegen den Statthalter, sondern er wendet sich scharf gegen die Missionare, seine eigentlichen Gegner. Lukas schreibt ἀνθίστατο („er trat entgegen“, vgl. auch Mt 5,39; Röm 13,2; Gal 2,11; Jak 4,7) und markiert so den scharfen Widerstand des Magiers gegen die Missionare. Räumlich vorgestellt, stehen sich also Magier und Missionare gegenüber, nicht etwa Magier und Statthalter. Der nun offen zutage getretene Konflikt finden seinen Höhepunkt in den Worten: ζητῶν διαστρέψαι τὸν ἀνθύπατον ἀπὸ τῆς πίστεως – „Er versuchte, den Statthalter vom Glauben abzubringen“.
Viertens: Zunächst angedeutet in Begriffen, dann beschrieben in konkreten Handlungen, steigert Lukas also die Auseinandersetzung um den Glauben des Statthalters zwischen dem Magier und den Aposteln, die ja nach Apg 13,2 zu dem Werk ausgesondert worden sind, zu dem Gott sie berufen hat. Im Schluss von V. 8 findet der erste Teil der Erzählung seine Klimax. Der Konflikt ist offen ausgebrochen. Jetzt spricht Paulus zum ersten Mal in direkter Rede (eingeleitet mit Σαῦλος δέ), flankiert von dem starken Ausdruck ἀτενίσας, was so viel bedeutet wie aktiv Widerstand leisten (wörtlich: „eine Gegenspannung aufbauen“). Lukas in V. 4 ausdrücklich wiederholt, liegt die Annahme nahe, dass mit εὗρον hier die Leitung der beiden Missionare durch den Heiligen Geist gemeint ist, der die Begegnung mit dem Magier herbeiführt. 264 LSJ, S. 1690. 265 Die in den Versen 6 und 7 unterschwellig anklingende Konfrontation zwischen Paulus und dem Magier wird literarisch dadurch betont, dass der Statthalter, der auch hier grammatisch nur demonstrativ mit οὗτος eingeführt wird, Barnabas und Paulus in V. 7 zu sich ruft und versucht, das Wort Gottes zu hören. Klingt in προσκαλεσάµενος („zu sich rufend“) noch die irdische Macht des Statthalters an, so impliziert schon die finite Form des Prädikates ἐπεζήτησεν die Mühen dieses Vorhabens: Der Statthalter „bemühte sich“, das Wort Gottes zu hören. Der Leser – noch mit V. 6 im Ohr – ahnt, dass der Pseudoprophet sich dem Wort Gottes in den Weg stellen wird.
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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Fünftens: Der zweite, entscheidende Teil der Erzählung entfaltet die Macht Gottes, die sich in der Macht des Heiligen Geistes (V. 10), in der Macht des Schöpfergottes (V. 11) und in der Macht der Lehre des Kyrios Jesus (V. 12) erweist. Alle drei (später so genannten) Personen der Trinität treten hier in diesen wenigen Versen machtvoll in Erscheinung und offenbaren die Überlegenheit Gottes über die Macht des Magiers. In dem Schelt- (V. 10) und Drohwort (V. 11) des Paulus verkündigt der vom Heiligen Geist erfüllte Missionar die Macht Gottes, die sich dann umgehend (παραχρῆµα) im zeitweiligen Verlust des Augenlichtes des Magiers (vgl. Apg 9,9) und im Glauben des Statthalters offenbart und durchsetzt. Diese Erkenntnis der bipolaren Gliederung des Textes bildet den Schlüssel, um die Bedeutung des Magiers, des Paulus und vor allem des Statthalters innerhalb der Erzählung zu erkennen. Die Macht des Magiers: Lukas charakterisiert den Magier durch Attribute, aber auch durch dessen Auftreten. Lukas nennt ihn zunächst µάγος, eine schwer näher zu bestimmende Beschreibung eines antiken Menschen, der aus übernatürlichen Kräften heraus wirkt.266 Dass der Magier Jude war, scheint nicht ungewöhnlich gewesen zu sein. Juvenal schreibt (Sat. VI 546–547), dass jüdische Traumdeuter eher die Regel als die Ausnahme waren. Die weite Verbreitung von Juden auf Zypern im ersten Jahrhundert ist reichlich belegt. Josephus berichtet in seinen „Antiquitates“ (XX 172) von einem jüdischen Magier Simon, einem Freund des Statthalters Felix, der diesem die schöne Drusilla, die wir wie Felix aus der Apostelgeschichte kennen, zuführte. Mit Magier scheint Lukas also Personen zu verbinden, die sich im Umkreis von Herrschenden befinden können und dort ihre übersinnlichen Fähigkeiten einsetzen.
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Ursprünglich bezeichnete Magier die persische Priesterkaste. Mit µάγοι können in antiken Texten Traumdeuter ebenso wie Zauberer oder Wahrsager gemeint sein. In der Nähe römischer Herrscher und Statthalter waren sie nicht ungewöhnlich. Nach Cassius Dio (Hist. rom. VII 36,3) warnt Maecenas Augustus vor Magiern, empfiehlt ihm aber Wahrsager und Auguren. Nach Sueton (Aug. 98,4–5; Tib. 14,4; Calig. 19,3) war der Astrologe Thrasyllos aus Alexandria Begleiter, Berater und Freund des Kaisers Tiberius. Dennoch vertrieb dieser Astrologen aus der Stadt (Sueton, Tib. 36) ebenso wie bereits Marcus Vipsanius Agrippa, der Vertraute des Augustus (Cassius Dio, Hist. rom. XLIX 43,5). Nach allem, was wir wissen, waren Personen, die übernatürliche Gaben für sich reklamierten, nicht ungewöhnlich im Umkreis von entscheidenden Imperiumsträgern Roms, ohne dass wir genau sagen könnten, was sie konkret taten. Sie waren offensichtlich Teil des religiösen Synkretismus des ersten Jahrhunderts. Wie kritisch die Apostelgeschichte Magier sieht, sehen wir in Apg 8. Matthäus scheint sie in Kapitel 2 weniger kritisch zu sehen.
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Die Bezeichnung Lügenprophet ist ebenso schwer näher zu bestimmen. Oft werden im Neuen Testament endzeitliche Irrlehrer so bezeichnet (z.B. Mt 24,11). In Apg 13,6 scheint es sich um einen Magier zu handeln, der jüdische Tradition zu magischen Praktiken genutzt hat.267
Deutete sich in den bisher besprochenen Attributen des Magiers nur an, dass es sich bei ihm um eine widergöttliche Gestalt handelt, so zeigt er nach Lukas sein wahres Gesicht in dem, was er in V. 8 tut: Er versucht den Statthalter vom Glauben abzubringen (ζητῶν διαστρέψαι τὸν ἀνθύπατον ἀπὸ τῆς πίστεως).268 Dass es sich bei dem Magier Barjesus um einen Feind Gottes handelt, wird vollends offenbar durch die Attribute, die Paulus ihm in seinen scharfen Worten in V. 10 zumisst: ὦ πλήρης παντὸς δόλου καὶ πάσης ῥᾳδιουργίας, υἱὲ διαβόλου, ἐχθρὲ πάσης δικαιοσύνης, οὐ παύσῃ διαστρέφων τὰς ὁδοὺς [τοῦ] κυρίου τὰς εὐθείας;269 Für unseren Zusammenhang ist wichtig, dass Lukas den Magier darstellt als den, der grundsätzlich widergöttlich handelt: Er ist voll von aller List und von allem Leichtsinn, ein Feind aller Gerechtigkeit. Er hört überhaupt nicht auf, die Wege des Herrn zu verwirren. Die Gottesfeindschaft ist also Teil seines Wesens. Das Mittelglied dieser Kette bringt es auf den Punkt: Er ist ein Sohn des Teufels, und als Sohn des Teufels wirkt der Teufel durch ihn.
Konsequenterweise vertreibt den Teufel die Hand Gottes, in der Septuaginta wie auch im hebräischen Alten Testament Inbegriff der Segen wirkenden, aber auch strafenden Macht Gottes (z.B. 1. Sam 7,13). Geblendet von Gottes Macht, stößt ihn die Macht Gottes zurück in den Bereich der Finsternis (V. 11), wo er orientierungslos nach einer Hand sucht, die ihn führen könnte (V. 11). Der Verwirrer der geraden Wege Gottes braucht nun selber jemanden, der ihn an die Hand nimmt. Lukas schildert den Magier also nicht nur als Repräsentanten des religiösen Synkretismus und der Magie, wie oft gesagt wird und wie sie damals auf Zypern verbreitet waren, sondern als teuflische Gestalt, die ihre Macht über den Repräsentanten der irdischen Macht, den Statthalter, auszubauen versucht. In der Nähe der Missionare, die vom Heiligen Geist erfüllt sind, offenbart sich das wahre Gesicht des Magiers, der mit Anstrengung (V. 8) versucht, den Repräsentanten irdischer Macht von Gott fernzuhalten. Seine Macht ist die Teufelsmacht.
267 Die Frage seiner Namen verwirrt mehr, als dass sie klärt. In welchem Verhältnis Magos, Barjesus und Elymas stehen, ist umstritten. Elymas könnte mit dem aramäischen Wort ḥaloma („Traumdeuter“) zusammenhängen. 268 ∆ιαστρέφειν zeichnet ihn also aus, siebenmal kommt das Verb im Neuen Testament vor, fünfmal bei Lukas (Lk 9,41; 23,2; Apg 13,8.10; 20,30). Es bezeichnet meist den Vorgang, der Menschen den Weg zum Heil versperrt. 269 Mit Ausnahme von ῥᾳδιουργία („Leichtsinn“) finden sich alle diese Bezeichnungen der fünf Glieder in der Septuaginta (Belege bei HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage, S. 349).
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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Die Macht des Missionars Paulus: Sind die Gefährten Barnabas und Paulus bis zur Klimax in V. 8 eher Katalysatoren des Geschehens, so wird Paulus von V. 9 bis 12 zum Herrn des Geschehens. Indem er, vom Heiligen Geist erfüllt, dem teuflischen Magier deutlich Widerstand leistet, weist er ihn und dessen Vater, den Teufel, in die Schranken. Zwar besiegt Paulus den Magier in dieser Szene nicht grundsätzlich – er stößt ihn nur „eine Zeitlang“ (ἄχρι καιροῦ) in die Finsternis –, aber Paulus bleibt dennoch souveräner Kampfessieger. Für unsere Frage nach der Darstellung des Statthalters in unseren Versen ist wichtig: Durch Paulus spricht Gott (V. 9). Seine Worte offenbaren den wahren Charakter des Gegners (V. 10a) und sorgen dafür, dass die Wege Gottes an ihr Ziel, die Mission, kommen (V. 10b). Der Teufel kann zwar die Wege Gottes verwirren, grundsätzlich aufhalten kann er sie nicht. Gottes Macht setzt sich durch sowohl gegen den Teufel (V. 11) als auch im Herzen des Inhabers der irdischen Macht (V. 12). Gottes Wirken straft (V. 11b) und schafft Glauben (V. 12) – zwei Wirkweisen des einen Wortes Gottes. Paulus spricht aus der Macht Gottes heraus und wirkt dessen Willen: die Zurückweisung des Teufels und die Ausbreitung der Macht Gottes. Die Macht des Prokonsuls: Niemand wendet sich in unserer Erzählung dem Prokonsul direkt zu. Sein Befehl, die Apostel zu sehen, ist nur Anlass der folgenden Ereignisse. Lediglich in V. 7b versucht (!) er aktiv das Wort Gottes zu hören. Allein an dieser kleinen Stelle blitzt seine faktische irdische Macht kurz auf. Dass er sich räumlich überhaupt dort befindet, wo der Magier und Paulus gegeneinander kämpfen, wird erst im letzten Vers deutlich. Dass der Statthalter das Geschehen (τὸ γεγονός, V. 12) mit ansieht, erfährt der Leser also erst am Schluss der Erzählung. Überspitzt könnte man sagen, der Statthalter sei nur eine Randfigur der Geschichte.270 In Apg 13,6–12 stellt Lukas nun diese Herrschaft des Sergius Paulus unterschwellig durch den Magier infrage: Dieser Magier, der zum Gefolge des Statthalters gehört (V. 6), beginnt in den Ereignissen in V. 7b und 8 zu kontrollieren, wen der Statthalter hört und wen nicht. Der Magier droht zum heimlichen Herrscher des Geschehens zu werden. Sergius Paulus setzt als mächtigster Mann in der Provinz Zypern nach Apg 13,6–12 seinen Willen, die Verkündiger des Wortes Gottes zu hören, nicht eindeutig durch. Er wird stattdessen zum Betrachter eines Kampfes Gottes gegen den Teufel.
270 Zu Sergius Paulus vgl. METZNER, Die Prominenten, S. 408–415. Dass die Sergier auch in der Kaiserzeit ein bedeutendes Geschlecht waren, hat unter anderen HALFMANN, Senatoren, S. 106, nachgewiesen. FUJII, Imperial Cult, hat zwar jüngst gezeigt, dass die Statthalter von Zypern nicht die engsten Kontakte in die einflussreichsten Kreise Roms hatten; dennoch war Sergius Paulus nicht nur als Imperiumsträger der mächtigste Mann auf Zypern, sondern auch Mitglied einer alten, reichen und angesehenen Familie aus dem kleinasiatischen Raum.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Bündelung: Die eigentliche Macht, von der Lukas erzählt, findet sich in unserer Episode also nicht etwa beim Statthalter, wie historisch zu erwarten gewesen wäre, sondern beim umherreisenden christlichen Missionar: In dessen Worten setzt sich die Macht des Kyrios durch (V. 10 und 11), sodass die Lehre dieses Herrn den Statthalter entsetzt (V. 12). Zum Schluss akzeptiert der Statthalter obendrein diese göttliche Macht, indem er an sie glaubt (V. 12). Wir werden in unserer Erzählung also Zeuge eines Machtkampfes, in dem der römische Statthalter, der Repräsentant der irdischen Macht, nur eine Nebenrolle spielt. Sein Glaube ist nur eine Folge des Sieges Gottes über den Teufel. Betrachten wir die Rolle des Statthalters in Apg 13,6–12, ist nicht zu vergessen, dass Lukas offensichtlich unsere kleine Episode als Zäsur in der gesamten erzählten Geschichte der Kirche in der Apostelgeschichte versteht. Darauf weist der Namenswechsel des Paulus in V. 9 hin, den Lukas hier nach allgemeiner exegetischer Meinung einführt, weil Paulus als zentrale Gestalt aller folgenden Kapitel hier zum ersten Mal öffentlich vor einem Heiden auftritt: Jetzt betritt Paulus eindeutig heidenchristlichen Boden. Es erfüllt sich, was Lukas schon in der Korneliusgeschichte in Apg 10 und durch die Darstellung der ersten Christen in Antiochia in Apg 11,19–30 vorbereitet hat: die Mission des Apostels im gesamten Römischen Reich. Paulus steht dabei auf Zypern noch am Anfang seiner großen Mission zum ersten Mal einem heidnischen Statthalter gegenüber – eine Situation, die sich später im Gegenüber zu Gallio, Felix und Festus wiederholen wird. Von kritischer exegetischer Seite ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass es historisch sehr unwahrscheinlich sei, dass ein Statthalter im ersten Jahrhundert Christ geworden sei.271 Vermutlich hätte solch eine grandiose Bekehrung in der frühen Kirche mehr Spuren hinterlassen als unsere kleine Episode in Apg 13. Dennoch werden wir mit dieser Beobachtung allein der Komposition der Geschichte und ihrer Rolle im Doppelwerk nicht gerecht; lässt Lukas doch hier am Beginn der sog. ersten Missionsreise des Paulus seine Leser über die Macht Gottes staunen, die nicht nur den Teufel vertreibt, sondern auch höchste Repräsentanten Roms für den christlichen Glauben gewinnt. Indem sogar ein Statthalter Christ wird (so weit geht Lukas im gesamten Doppelwerk sonst nie!), zeigt Lukas, dass der Heilige Geist in der Lage ist, Grenzen zu überwinden, die für die Zeitgenossen unüberwindbar waren. Das Römische Imperium erscheint hier in Apg 13,6–12 als eine irdische, in theologischer Perspektive aber nicht wirklich entscheidende Macht (vgl. Lk 4,6). Für christliche Leser des späten ersten Jahrhunderts dürfte diese Episode dennoch freudiges Erstaunen hervorgerufen haben; war doch der
271 Z.B. HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage S. 352f. Vertreter dieser Ansicht dort. S. 353: „Eine bessere ἀπολογία des Christentums kann man sich nicht denken.“
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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Gewinn eines Statthalters für den christlichen Glauben eine große Besonderheit, mit der keinesfalls zu rechnen war. Apg 13,6–12 eröffnet also die Denkmöglichkeit, dass durch den Heiligen Geist selbst soziale Schichten zu erreichen sind, die jenseits des Erfahrungshorizontes vieler Christen der Zeit lagen. Vorsichtig – so mag man die sechs Verse lesen – eröffnet die Lektüre dieser Episode also christlichen Lesern die Perspektive, dass das gesamte Römische Reich einschließlich seiner mächtigen Repräsentanten einmal ein christliches Reich werden könnte – eine Perspektive, die hier zum ersten Mal in der Apostelgeschichte in den Blick kommt, auch wenn sie für Christen im späten ersten Jahrhundert vermutlich nur schwer vorstellbar war. 3.2.9 Der Statthalter Pilatus als Befehlsempfänger der Ankläger (Apg 13,27–29) In Apg 13,27–29 wird Pilatus ein letztes Mal in der Apostelgeschichte erwähnt. Er erscheint hier nur noch als Vollstrecker des Willens der Widersacher Jesu. Damit bildet der kleine Abschnitt der Pauluspredigt gewissermaßen einen moralischen Tiefpunkt der Darstellung des von Rom bevollmächtigten Präfekten. Wurde Pilatus in Apg 3 noch in seinem Versagen ernst genommen und erschien er in Apg 4 vor dem Hintergrund von Ps 2 als Teil einer widergöttlichen Phalanx, so erscheint er hier in Apg 13 nur noch als Ausführender. Um dieses Verständnis des Pilatus angemessen zu erfassen, ist die Analyse des Mittelteils der Rede in Antiochia in Pisidien (V. 26–37) und vor allem der Verse 27–29 von Belang.272
272 Nachdem sich die Kirche in Jerusalem konsolidiert und an die Küste und nach Samaria ausgebreitet hatte, beginnt nach dem Summarium in Apg 9,31 ab 9,32 nun ein Abschnitt, in dem sich sowohl geographisch als auch theologisch der Horizont der jungen Kirche weiter weitet. Bis zum sog. Apostelkonzil in Kapitel 15 breitet sie sich geographisch vom neuen Zentrum Antiochia bis nach Pamphylien und Lykaonien aus; inhaltlich stehen die Apostel ebenso wie Paulus vor der großen Herausforderung der Heidenmission und damit verbunden auch vor theologischen Herausforderungen. Die Rede, die Paulus in Antiochia in Pisidien in Apg 13 hält, spiegelt beides wider: Zum einen befindet sich Paulus nicht in Jerusalem oder Judäa, sondern weit weg vom jüdischen Ursprungsland, zum anderen spiegelt seine Rede in der Synagoge und die ablehnende Reaktion der Juden wider, dass sie nach lukanischer Darstellung das ihnen verheißene Heil anzunehmen nicht bereit sind (Apg 13,45). Vielmehr resümieren er und Barnabas gegen Ende der Antiochia-Episode in V. 46: „Euch musste das Wort Gottes zuerst gesagt werden. Da ihr es aber nun von euch stoßt und damit euch selbst des ewigen Lebens nicht würdig erachtet, siehe, so wenden wir uns nun an die Heiden.“ Und als Schriftbeleg wird Jes 49,6 zitiert. Die Rede des Paulus im pisidischen Antiochia in Apg 13,16b–41 hat Lukas sorgfältig komponiert (vgl. JESKA, Geschichte Israels, S. 234–245). Zunächst blickt Paulus auf die Heilsgeschichte zurück (Teil 1, V. 16–25). Dann schildert er die Passion und Auferstehung Jesu, deren Vorhersage er mit alttestamentlichen Zitaten belegt (Teil 2, V. 26–37).
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Innerhalb des chronologisch aufgebauten Mittelteils fallen die drei Phasen ins Auge, in denen Paulus den Weg Jesu schildert: Zunächst wird Jesus von Gott gesandt (1. Phase, V. 26), dann erleidet er seine Passion und den Tod (2. Phase, V. 27–29); dieser Weg findet seine Vollendung in der Auferstehung Jesu, die schon in der Schrift verheißen war (3. Phase, V. 31–40). Deutet sich hier schon an, dass Lukas Jesu Sendung in die Welt als einen Weg versteht, so wird dies deutlich, schaut man auf die Verben der Verse 27–29, die das äußere Geschehen beschreiben: Nachdem die Bewohner von Jerusalem und ihre Herrschenden Jesus nicht erkannten (obwohl von ihm doch an jedem Sabbat aus den Propheten vorgelesen worden war), haben sie ihn verurteilt (κρίναντες). Sie fanden keine Schuld an ihm, die den Tod hätte nach sich ziehen müssen, haben aber dennoch Pilatus angewiesen, ihn zu töten. Dann nahmen sie ihn vom Holz ab und legten ihn in ein Grab. Anschließend erweckte Gott ihn von den Toten. Schließlich wird Jesus gesehen von denen, die mit ihm auf dem Wege waren von Galiläa bis Jerusalem. Nun sind einige von ihnen Zeugen vor dem Volk (V. 30 und 31). Blicken wir auf die Schilderung der Passion selbst, so lassen sich also die einzelnen geschilderten Schritte gut erkennen: Nichthören der Propheten, Verurteilung, Anweisung an Pilatus, Holzabnahme und Grablegung, alles markiert Paulus jeweils durch Verben. Diese Verben äußeren Handelns, die allesamt die Bewohner Jerusalems und die Leitenden (οἱ ἄρχοντες) zum Subjekt haben, finden gewissermaßen ihre Basis in den Verben, die von Gottes Verheißung sprechen, die im Handeln der Jerusalemer und der Leitenden erfüllt wird. Zwar sind auch jene grammatikalisch Subjekt der finiten Verben ἐπλήρωσαν und ἐτέλεσαν, doch bezeichnen sie sachlich Gott als Handelnden, erfüllen sie doch dessen Willen. Ἐπλήρωσαν und ἐτέλεσαν erfüllen formal eine Scharnierfunktion im Text, da sie die chronologische Schilderung der Ereignisse jeweils unterbrechen, um sie auf eine theologische Ebene zu heben.
So legt diese äußerliche Beobachtung nahe, dass die Interpretation der gesamten drei Verse ebenso wie die des Verhaltens des Pilatus auf zwei Ebenen geschehen muss: zum einen auf der Ebene des irdischen Verhaltens der Ankläger, zum anderen auf der heilsgeschichtlichen Ebene, die darin zum Ausdruck kommt, dass Gott im Letzten Subjekt des Geschehens ist. Die Beobachtung zweier Ebenen im Text wird unterstützt durch einen Blick auf das Gesamtgefälle des mittleren Redeabschnitts (V. 26–37): Gott selber sendet sein Wort aus (V. 26), die Ankläger Jesu erfüllen seinen Willen (V. 27–29). Gott erweckt ihn von den Toten (V. 30–31), wie Gott schon vorher in seiner Schrift kundgetan hat (V. 32–37): Auch wenn die Ankläger scheinbar ‚das Heft in der Hand halten‘, so ist es doch Gott, dessen Willen sie unwissentlich erfüllen. Gott ist im Mittelteil, wie in der gesamten Rede, der Handelnde. Alles, was zum Tode Jesu führt, geht nach Apg 13,27–29 auf die Initiative der Ankläger zurück: die Verurteilung, die Festlegung des Strafmaßes, die Aufforderung an Pilatus, Jesus zu töten, ja sogar (anders als in Lk 23) die
Schließlich ruft er zur Buße auf (Teil 3, V. 38–41). Den Beginn eines jeden Teils hat er mit der direkten Anrede an die Anwesenden deutlich markiert.
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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Kreuzabnahme und die Grablegung. Pilatus scheint in diesem Geschehen nur noch ein ausführendes Organ der Jerusalemer Juden zu sein. Besonders deutlich wird dies an dem schon in Apg 3,13b verwendeten Verb κρίνω. In Lk 23,24 war es das entscheidende Stichwort, das dem Prozess seinen Abschluss gab, auf den dieser sich dort zubewegte: καὶ Πιλᾶτος ἐπέκρινεν γενέσθαι τὸ αἴτηµα αὐτῶν. Pilatus urteilte dort in seiner richterlichen Vollmacht als Statthalter, dass Jesus sterben muss. In dieser sprachlichen Wendung („er urteilte, dass ihr Anliegen erfüllt werde“) verdichtete sich das Versagen des Pontius Pilatus: Er war Richter, um Recht zu sprechen, und versagte unter dem Druck der Ankläger, indem er Unrecht sprach. Hier in Apg 13 erscheint Pilatus nur noch als oberster Henker, der anderen nur noch die Anweisung gibt, die Hinrichtung durchzuführen (V. 28: ᾐτήσαντο Πιλᾶτον ἀναιρεθῆναι αὐτόν). Seine eigentliche Aufgabe, Recht zu sprechen (κρίναντες), haben die Ankläger übernommen.
Dieser Verschiebung der herrschaftlichen Funktion entspricht die Verschiebung der Prozessführung. Der Prozess, sofern man überhaupt von einem solchen sprechen kann, beginnt nach Apg 13 mit dem Urteil in V. 27. Betonte Pilatus in Lk 23,4, in 23,15 und in 23,22, dass er keine Schuld an Jesus fände, so führen die Juden in Apg 13,28 eine eigene Untersuchung über die Höhe der Schuld durch. Obwohl sie keine Schuld finden (µηδεµίαν αἰτίαν θανάτου εὑρόντες), fordern sie Pilatus auf, ihn töten zu lassen. Die klassischen Funktionen eines Richters, die Untersuchung, das Urteil und die Bestimmung des Strafmaßes, gehen in Apg 13 also auf die Ankläger über. Die schon in Lk 23 zu findende sprachliche Nähe von αἰτίαν und ᾐτήσαντο unterstreicht dabei zusätzlich die Schuld der Juden am Tode Jesu. Wird diese grundsätzliche Feststellung, dass Lukas hier eine Tendenz aus Lk 23 noch verschärft, immer wieder getroffen,273 so wird doch häufig übersehen, dass auch in Apg 13 der Zuweisung der Schuld an die Juden das Versagen des Pilatus entspricht. Hier in Apg 13 kann keineswegs von einer rein positiven Darstellung des Pilatus gesprochen werden. Im Gegenteil: Durch seine Darstellung als Handlanger der Juden bleibt Pilatus im antiken Verständnis seine Pflicht als Statthalter schuldig; spricht er doch kein Recht, wie es seine Aufgabe gewesen wäre. Je stärker die Schuld der Juden betont wird, desto deutlicher tritt das Versagen des Pilatus in den Blick.274 Eine Interpretation des Verhaltens des Pilatus nach Apg 13,27–29 wäre allerdings unvollständig, würde sie nicht in den Blick nehmen, dass sein Verhalten – ebenso wie das der Ankläger – der Erfüllung der Verheißung Gottes entspricht.275 Wie die gesamte Rede (z.B. V. 23.27b.32), so durchzieht auch unsere Verse der theologische Gedanke der Verheißung. Jesu Passion
273
Vgl. z.B. REINBOLD, Der älteste Bericht, S. 297. Die erste Hand der Handschrift D, die den westlichen Text repräsentiert, verdeutlicht diese ambivalente Tendenz: „Nachdem sie ihn verurteilt hatten, übergaben sie ihn Pilatus zur Hinrichtung.“ 275 So auch WEISER, Apostelgeschichte, Bd. 2, S. 333f. 274
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entspricht der Schrift und damit dem verheißenen Willen Gottes, den die Bewohner Jerusalems und ihre Herrscher freilich nicht kennen, da sie nicht auf die Schrift hören (V. 27). Vielmehr erfüllen diese wie auch Pilatus unbewusst Gottes Willen. Pilatus’ Versagen ist also Teil des Heilsplanes Gottes, den er in Jesu Tod und Auferstehung erfüllt. Was angekündigt war, setzt Gott nun um und offenbart auf diese Weise, dass seine Macht größer ist als die der Ankläger, aber auch die des Statthalters. Sieht man Pilatus als Repräsentanten des Imperiums, bleibt er in Apg 13,27–29 als römischer Präfekt so eklatant wie in keinem anderen Abschnitt des Doppelwerks hinter dem Anspruch Roms zurück, einen rechtlichen Schutzraum für einzelne Provinziale oder Bürger zu bieten. Gleichzeitig zeigt sich erneut, dass Pilatus für Lukas letztlich nur ein Diener Gottes ist, der durch Pilatus seinen Heilsplan verwirklicht. 3.2.10 Das Römische Imperium als kultureller Raum und als Rechtsraum (Apg 16,11–40)276 Um das Romverständnis der Philippi-Episode Apg 16,11–40 angemessen zu entfalten, ist zunächst wahrzunehmen, dass Paulus und Silas bei ihrem ersten Besuch einer größeren Stadt auf europäischem Boden eine römische Kolonie betreten, die in rechtlicher und kultureller Hinsicht römisch geprägt war, wie sich den Lesern aufgrund von V. 12 nahelegt und wie durch V. 21 zur Gewissheit wird. Hier, am Anfang der ab Apg 15,36 eigenständigen großen Missionstätigkeit des Paulus in Griechenland und Kleinasien, lässt Lukas nicht wie in Apg 10,1–2 den römischen Kulturraum nur anklingen, sondern notiert auch zum ersten Mal deutlich, dass gerade die kulturelle Verunsicherung der Bevölkerung Paulus und Silas in Bedrängnis bringt (V. 21).277 Doch 276 Apg 15,36–19,20: Die große Mission in Griechenland und der Asia. Hatte Apg 13,6– 12 die soziale Perspektive für den christlichen Glauben bis in den senatorischen Bereich hinein geöffnet, so kommt den Lesern in diesem Teil der Apostelgeschichte das Imperium vor allem als ordnende Macht auf lokaler Ebene in den Blick. Diese Perspektive dürfte dicht am Erfahrungshorizont der Leser sein, deren Lebensumfeld nach allem, was wir wissen, vor allem ein städtisches war. Explizit kommt das Römische Imperium in den Episoden in Philippi, in Thessalonich und in Korinth in den Blick. Es sei nur am Rande erwähnt, dass in Apg 16,10 die erste der drei Wir-Passagen der Apostelgeschichte (Apg 16,10–17; 20,5–21,15; 27,1–28,16) beginnt, vgl. dazu WEHNERT, Die Wir-Passagen der Apostelgeschichte, der nahelegt, dass Lukas selber kein Teilnehmer an den Reisen war und in den Wir-Passagen ein Stilmittel aus jüdischer Zeit verwendet, vor allem S. 182–204. Anders THORNTON, Der Zeuge des Zeugen, S. 341: „Lukas, der Mitarbeiter des Paulus, kann an den drei Reisen, die er in Wir-Form erzählt, durchaus teilgenommen haben.“ 277 Lucius Aemilius Paullus hatte 168 v.Chr. Makedonien erobert. Später wurde es in vier Teile aufgeteilt (vgl. Apg 16,12). Im Jahr 148 v.Chr. wurde Makedonien dann römische Provinz. Bedeutung erlangte Philippi wegen seiner Lage an der Via Egnatia, der Hauptverkehrsachse zwischen Rom und dem Nahen Osten. Nach der Schlacht von Philippi
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dann greift Gott ein, unterstellt Einzelne der Herrschaft des Kyrios Jesus und führt sie aus der Machtlosigkeit zu machtvollem Handeln. Ebenfalls ist wichtig zu sehen, dass die gesamte Philippi-Episode in ihrem Zentrum ein Befreiungswunder durch Gott schildert (V. 25–26): Nach den Bekehrungsereignissen um Lydia (V. 13–15) und dem Exorzismus mit seinen Folgen für Paulus und Silas (V. 16–24) schildert Lukas das Eingreifen Gottes (V. 25–26), das zur Taufe des Hauses des Gefängniswärters (V. 27–34) und zum souveränen Auftreten des Paulus und Silas gegenüber den duoviri278 führt (V. 35–40). Was der sog. Wahrsagegeist (πνεῦµα πύθων, V. 16) über Paulus und Silas verkündigt, nämlich dass sie Diener des höchsten Gottes seien und den Weg der Rettung verkündigten, geht also im Folgenden in Erfüllung.279 Gottes Machterweis in V. 25–26, der an Epiphanien wie in Ex 19,18, Ri 5,4 und Ps 97,5–7 erinnert, steht also sowohl im Hinblick auf den Aufbau der Episode als auch theologisch im Mittelpunkt der PhilippiEpisode. Die in Jes 61 als Zeichen der Heilszeit verheißene Befreiung der Gefangenen, die in der Person Jesu Wirklichkeit wird (Lk 4,18–19), ereignet sich hier durch Gottes Eingreifen erneut und führt zum Erhalt des Lebens des Gefängniswärters (Apg 16,28) und zur Rettung seines ganzen Hauses (V. 30– 34). So rettet (V. 17) Gott in Philippi die Missionare, das ganze Haus des Gefängniswärters, letztlich aber auch Lydia und alle anderen (V. 40). Zum Herunterreißen ihrer Kleider, zu Geißelungen und schließlich zur Einkerkerung von Paulus und Silas kommt es allerdings erst, nachdem die
42 v.Chr. hatte Marcus Antonius in Philippi eine römische Kolonie gegründet und dort Veteranen angesiedelt. Nach dem Sieg Octavians über Antonius bei Actium im Jahre 30 v.Chr. wurden dort weitere Italiker angesiedelt. Im Jahr 27 v.Chr. erhielt die Stadt den Namen Colonia Augusta Iulia Philippensis. Als Kolonie besaß Philippi das ius italicum und war so von Kopf- und Grundsteuern befreit. Die Nachkommen der Legionäre bestimmten das öffentliche und kulturelle Leben. Die leitenden Beamten (duoviri) besaßen wie alle Dekurionen das römische Bürgerrecht. Die gesamte städtische Verwaltung einschließlich der Liktoren (V. 36) und der Kerkermeister (vgl. V. 23.27.36) lag in römischer Hand. Einschließlich der Tempel und weiterer Gebäude war die gesamte Kultur trotz noch vorhandener autochthoner Bevölkerung vor allem von römischer Lebensart geprägt (ca. 5 000 bis 10 000 Einwohner). Allem Anschein nach gab es keine eigene Synagoge. KEENER, Acts, Bd. 3, S. 2472: „Philippi was a heavily romanized city, that celebrated its Roman character“. Gellius, Noct. Att. XVI 13,9, spricht von den Kolonien als „quasi effigies parvae simulacraque quaedam“. Siehe auch den Exkurs bei ECKEY, Apostelgeschichte, Bd. 2, S. 450–453, und PILHOFER, Philippi, Bd. 1. Siehe des Weiteren das große Werk von COLLART, Philippes. 278 So MOLTHAGEN, Konflikte, S. 19. Mit στρατηγοί können die duoviri (= duumviri) oder die Prätoren gemeint sein. KEENER, Acts, Bd. 3, S. 2486, schreibt: „A Roman colony would have two duumvirs, who often assumed the more traditional, higher-status title of praetor“. 279 V. 17: οὗτοι οἱ ἄνθρωποι δοῦλοι τοῦ θεοῦ τοῦ ὑψίστου εἰσίν, οἵτινες καταγγέλλουσιν ὑµῖν ὁδὸν σωτηρίας.
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Menge (συνεπέστη ὁ ὄχλος κατ’ αὐτῶν) in der Stadt unruhig wurde (V. 22a). Neben der Gefahr, dass die Herren der Sklavin ihre wirtschaftlichen Interessen in Gefahr sahen, führten diese gegenüber den duoviri an: „Diese Menschen bringen unsere Stadt in Unruhe. Sie sind Juden. Und sie verkündigen Gebräuche, die wir als Römer weder annehmen noch befolgen dürfen.“280 Mit den Gebräuchen (ἔθη) dürften wohl in der Situation der ersten Mission in Philippi Ende der Vierzigerjahre des ersten Jahrhunderts die jüdischen Sabbatgebote, Speisegesetze, die Unmöglichkeit des römischen Kriegsdienstes u.a. gemeint sein, wie van Unnik gezeigt hat.281 Für unseren Zusammenhang ist nun wichtig zu sehen, dass der Begriff ἔθος in V. 21 in keiner Hinsicht spezifiziert ist282 und damit auch als Identifikationspunkt für Christen zur Zeit des Lukas dienen kann. Auch wenn vermutlich Jahrzehnte nach den Ereignissen in Philippi die römische Mehrheit in den Städten deutlicher zwischen Juden und Christen trennen konnte, so legt sich die Vermutung nahe, dass der Vorwurf ‚unrömischer‘ Lebensweise auch Jahrzehnte später immer noch einer war, mit dem sich Christen auseinanderzusetzen hatten. Zu sehr unterschieden sich ihr Leben und ihr Glaube vom Verhalten und von der Einstellung ihrer Umgebung.283 Wir haben hier also den ersten Beleg im Doppelwerk dafür, dass das Römische Imperium als identitätsstiftender Kulturraum geschildert wird.284 Gerade der Angriff auf das Selbstverständnis und die kulturelle Identität des Ortes als römische Kolonie bedeutete eine Gefahr für die Christen. Eben weil die Bevölkerung weiß, dass eine jüdische Lebensweise den Ort kulturell grundsätzlich verändern würde, kommt es zu Unruhen. Die römische Lebensweise gewährleistet die kulturelle Identität. Doch die römische kulturelle Identität und die Gefahr ihrer Bedrohung sind nur zwei Aspekte der vielschichtigen Philippi-Episode, die einer näheren Betrachtung wert sind. Auch die deutliche Zurückweisung der Macht Roms durch die Macht Gottes, die, wie oben gezeigt, das Zentrum der Episode bildet, ist in den Blick zu nehmen: Indem sie die Missionare misshandeln (V. 22), brechen die duoviri römisches Recht, weil sie nicht danach fragen, ob diese römische Bürger seien 280
Οὗτοι οἱ ἄνθρωποι ἐκταράσσουσιν ἡµῶν τὴν πόλιν, Ἰουδαῖοι ὑπάρχοντες, καὶ καταγγέλλουσιν ἔθη ἃ οὐκ ἔξεστιν ἡµῖν παραδέχεσθαι οὐδὲ ποιεῖν Ῥωµαίοις οὖσιν. 281 VAN UNNIK, Die Anklagen gegen die Apostel in Philippi, S. 369ff. 282 So LSJ, S. 480: „custom, habit“. Sicher schwingt auch die Grundüberzeugung vieler Römer mit, dass nur die Orientierung an dem alten mos maiorum der Römer zu einem friedlichen Miteinander führen kann. 283 Siehe oben Teil 2. Eine weitere Parallele zur Zeit des Lukas könnte darin bestehen, dass der städtische Magistrat erst reagiert, wenn es zu Unruhen in der Stadt gekommen ist. Sie versuchen keineswegs von sich aus, Silas und Paulus festzusetzen. Erst die Gefahr der Störung der öffentlichen Ordnung sorgt für die Aktivität des Magistrats. 284 Wie er in Apg 10,1–2 anklingt.
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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(vgl. V. 37). Sie versuchen die Bewegungsfreiheit des Paulus und des Silas stark einzuschränken, indem sie sie nicht nur ins Innere des Gefängnisses werfen, sondern auch ihre Füße in den Block legen (V. 24). Gott jedoch antwortet auf den nächtlichen Gesang der beiden, indem er durch das Erdbeben die Grundmauern des Gefängnisses ins Wanken bringt, die Türen öffnet und die Fesseln aller (!) Gefangenen löst (V. 26). Die römische Macht in Philippi versucht die Missionare aufzuhalten; Gott jedoch sorgt dafür, dass die Mission vorangeht und später in die Weite des Römischen Reiches führt. Diese Macht Gottes, die sich im Erdbeben manifestiert, setzt sich theologisch gewissermaßen in der Verkündigung an den Gefängniswärter und seine Familie fort. Hält dieser nach dem erschütternden Erlebnis des Erdbebens Paulus und Silas offenbar für Halbgötter (V. 29–30),285 so verkündigen ihm die Missionare, worin die wahre Rettung/das wahre Heil besteht: „Glaube an den Kyrios Jesus, so wirst du […] gerettet.“286 Der Gefängniswärter, der sich noch kurz zuvor das Leben nehmen wollte, wie auch sein Hausstand öffnen sich Gott und nehmen das Wort des Kyrios an. In irdischer Hinsicht den römischen Magistraten der römischen Kolonie untertan, bekommt er nun einen neuen Herrn (V. 31: κύριος Ἰησοῦς). Dieser Herrschaftswechsel der Familie, der sich in der Taufe vollzieht (V. 33), gewinnt nun Gestalt in der Umkehrung dessen, was die duoviri den Missionaren angetan haben: Anstatt sie zu schlagen, wäscht der Wächter ihre Wunden. Anstatt sie tief im Gefängnis zu isolieren, schenkt er ihnen nächtliche Tischgemeinschaft (V. 34). An die Stelle des betenden Gesangs in der Not (V. 25: προσευχόµενοι ὕµνουν τὸν θεόν) tritt der gemeinsame Jubel der Hausgemeinschaft darüber, dass der dominus des Hauses zum Glauben an Gott gefunden hat (V. 34: ἠγαλλιάσατο πανοικεὶ πεπιστευκὼς τῷ θεῷ). Gottes machtvolles Wirken, das sich im befreienden Erdbeben zeigt, findet sein eigentliches Ziel im machtvollen Wirken an dem Gefängniswärter und seiner Familie. Der Kyrios, der schon Lydia das Herz auftat (V. 14) und sie zum Glauben führte (V. 15), errettet weitere Bürger der Stadt, sodass alle zusammen letztlich eine Gemeinde bilden (V. 30). Schließlich kehren sich sogar ansatzweise die Machtverhältnisse in Philippi für eine kurze Zeit um: Die duoviri, die Paulus und Silas möglichst geräuschlos aus der Stadt schicken wollten (V. 35, vgl. auch V. 37), werden nun von Paulus und Silas genötigt, persönlich zu ihnen zu kommen, um sie zu bitten, die Stadt zu verlassen (V. 37–39). Sein römisches Bürgerrecht, das verbietet, römische Bürger ohne Gerichtsurteil zu schlagen,287 setzt Paulus nun so ein, dass die duoviri Furcht bekommen und bereit sind, zu Paulus und 285 Προσέπεσεν τῷ Παύλῳ καὶ [τῷ] Σιλᾷ καὶ […] ἔφη· κύριοι, τί µε δεῖ ποιεῖν ἵνα σωθῶ; 286 Πίστευσον ἐπὶ τὸν κύριον Ἰησοῦν καὶ σωθήσῃ σὺ καὶ ὁ οἶκός σου, V. 31. 287 Z.B. Cicero, Verr. II 5,170.
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Silas zu kommen, ihnen gut zuzureden, sie hinauszuführen und zu bitten, die Stadt zu verlassen.288 Schon diese Reihung an Verben der Zuwendung zu den Missionaren zeigt, dass Paulus und Silas nun diejenigen sind, die das Heft des Handelns in die Hand bekommen. So erscheint schließlich das Recht Roms noch immer als Ordnung schaffende Kraft, die nun allerdings nicht von den Herren der Stadt, sondern von den vormals Eingekerkerten und von Gott Befreiten eingesetzt wird. Paulus und Silas, die sich im letzten Teil der geschilderten Ereignisse offensichtlich (V. 36.40) wieder am Ort des Gefängnisses befinden, nötigen die Stadtherren dazu, ins Gefängnis zu kommen, um sie von dort aus der Stadt zu geleiten. Die Christen Paulus und Silas sind nun keineswegs mehr in der Defensive, sondern in der Offensive. Ihre agency289 hat deutlich zugenommen. Die Macht Gottes, die Gott darin erweist, dass er die Mächtigen von ihren Thronen stürzt und die Niedrigen erhöht (Lk 1,52), bekommt hier durch die Apostel erneut Realität. So sind sie diejenigen, die die neue Gemeinde trösten und ihr Mut machen (Apg 16,40: παρεκάλεσαν). In diesen 30 Versen des 16. Kapitels, die die Zeit der großen Missionserfolge in Griechenland und Kleinasien einläuten (Apg 16–19), lässt sich also eine große Dichte unterschiedlicher Verständnisse des Römischen Imperiums finden: Der offensichtliche römische kulturelle Kontext (16,12), den das Römische Imperium ermöglicht, wird zum ersten Mal explizit thematisiert (16,21). Die empfundene Bedrohung dieses rechtlichen und ethischen Raums führt zum Missbrauch der Macht Roms durch ihre Vertreter und zur ersten Einkerkerung der Missionare durch römische Instanzen (16,22–24). Doch Gottes Macht erweist sich als stärker denn die Macht des Römischen Imperiums. Diese göttliche Macht zeigt sich im Erdbeben, das die Gefangenen befreit, ebenso wie in der vollmächtigen Verkündigung der Apostel, deren Mission Rom nicht aufhalten kann. Im Gegenteil: Gottes Macht breitet sich aus, indem sie den Gefängniswärter dem wahren Kyrios unterstellt und einen Raum der Barmherzigkeit schafft. Während der Gefängniswärter den Aposteln Frieden zuspricht (16,36), offenbaren die Missionare weitere Züge der Herrschaft des Kyrios, indem sie nun ihrerseits das römische Recht einfordern, sodass schließlich, dank des Eingreifens Gottes, das römische Recht als Schutzrecht des Menschen tatsächlich in Kraft gesetzt wird.
288 V. 39: ἐλθόντες παρεκάλεσαν αὐτοὺς καὶ ἐξαγαγόντες ἠρώτων ἀπελθεῖν ἀπὸ τῆς πόλεως. 289 „Agency“ bezeichnet in der Soziologie, aber auch in der Literaturwissenschaft die Handlungsmöglichkeiten von Individuen innerhalb von Gesellschaften. Es lässt sich wohl am besten mit „Handlungsfähigkeit“ wiedergeben, vgl. EMIRBAYER/MISCHE, What is Agency?
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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3.2.11 Der Kaiser als symbolische Integrationsinstanz (Apg 17,1–9) War bisher das Römische Imperium in seiner kulturellen, juristischen, historischen, aber auch theologischen Dimension in den Blick genommen worden, so zeichnet sich die Episode in Thessalonich290 im Kontext der bisherigen Analysen dadurch aus, dass nun zum ersten Mal der Kaiser als religiöse Integrationsinstanz des vielfältigen Römischen Reiches in den Blick gerät. Die Grundstruktur des Textes ist klar: Die Verse 1–4 berichten von den Missionserfolgen des Silas und Paulus unter den Juden, Gottesfürchtigen und Frauen in Thessalonich, die sich einstellen durch die Predigt vom leidenden und auferstandenen Jesus, der der Christus sei (V. 3). Die Verse 5–9 handeln anschließend von den Unruhen, die diese Erfolge in der Stadt nach sich ziehen: Die Juden und einige üble Leute bringen die Stadt in Unruhe und versuchen Paulus und Silas vor die Volksversammlung291 (εἰς τὸν δῆµον, V. 5) zu führen. Da sie Silas und Paulus nicht finden, schleppen sie ihren Wirt Jason und einige andere Brüder vor die Politarchen und erheben Vorwürfe gegen sie (V. 6b–7): „Diese bringen den ganzen (bewohnten) Erdkreis in Aufruhr – und hier sind sie jetzt auch […]. Sie verstoßen alle gegen die Edikte/Anordnungen des Kaisers, wenn sie behaupten, ein anderer sei Kaiser, nämlich Jesus“ (βασιλέα ἕτερον λέγοντες εἶναι Ἰησοῦν). So geraten auch die Politarchen in Unruhe (V. 8). Schließlich werden Jason und die Brüder freigelassen, nachdem sie eine Bürgschaft geleistet haben.
Für unseren Zusammenhang sind vor allem die beiden292 Vorwürfe von Belang, die die Juden und einige üble Leute (V. 5: ἄνδρας τινὰς πονηρούς) gegenüber den Politarchen293 erheben. Sie in ihrem historischen Sinn zu erfassen, ist kaum mehr möglich.294 Apg 17,6 setzt zudem eine historische Situation voraus (Aufruhr im ganzen bewohnten Erdkreis), die historisch nicht zur Mission in Apg 17 passt.295 Hilfreich ist der Hinweis, den Joachim Molthagen gibt, wenn er konstatiert: „Welche Beschuldigungen vor den Politarchen von Thessalonike gegen die Christen erhoben wurden, läßt sich leider nicht mehr erkennen, da die Apg. 17,6f. formulierten Anklagen der
290 Zu Thessalonich als Stadt und als Lebensraum der frühen Christen VOM BROCKE, Thessaloniki. 291 Belege bei KEENER, Acts, Bd. 3, S. 2548f. 292 Meist werden die Vorwürfe als drei einzelne verstanden. Da ἀπέναντι τῶν δογµάτων Καίσαρος πράσσουσιν sehr unscharf ist und beide Teile nach V. 7a durch ein καί getrennt sind, legt sich mir eher nahe, davon auszugehen, dass der folgende Partizipialsatz dem zweiten Vorwurf seinen Sinn gibt. So auch MOLTHAGEN, Konflikte, S. 26. Ähnlich auch ROWE, World upside down, S. 96. 293 Die Politarchen sind mittlerweile für Thessalonich gut belegt; vgl. G.H.R. HORSLEY, The Politarchs. ‚Politarch‘ war der Titel von gewählten Archonten in makedonischen Städten in hellenistischer Zeit. 294 Z.B. SHERWIN-WHITE, Roman Society and Roman Law, S. 103: „this is the most confused of the various descriptions of charges in Acts.“ 295 Deshalb wird meist angenommen, der Vorwurf stamme nicht aus der Zeit der 40erJahre in Thessalonich, z.B. CONZELMANN, Apostelgeschichte, S. 103.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
lukanischen Darstellung zuzurechnen sind.“296 Folgt man dieser Spur und liest die beiden Vorwürfe als Angebote an die Leser des Doppelwerks, ihre eigene städtische Situation in ihnen wiederzufinden, so bietet meines Erachtens gerade die Unschärfe der Vorwürfe den Rezipienten die Möglichkeit, ihre eigene Situation durch Apg 17,6b–7 zu erhellen. Der Vorwurf der Unruhestiftung (στάσις297/seditio), den die Ankläger in Apg 17,6 erheben, dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit der Hauptvorwurf sein, der gegen Christen im Laufe der Frühzeit der christlichen Kirche vonseiten der Bevölkerung, der städtischen Verwaltung, aber auch vonseiten der Statthalter erhoben worden ist:298 Auch in Apg 21,38 geht Claudius Lysias davon aus, dass Paulus ein Unruhestifter ist. In Apg 24,5 macht der Anwalt Tertullus Paulus fast den gleichen Vorwurf, wie ihn Jason und seine Brüder in Thessalonich hören: Er errege Unruhe unter den Juden des ganzen Erdkreises. Der Erste Petrusbrief belegt durch seine intensiven Aufrufe zu einem Leben, das keinen Anstoß gibt,299 wie wichtig es für die Christen des späten ersten Jahrhunderts war, keine Unruhe in ihrer Umgebung zu verursachen. Und schließlich lässt sich das Verfahren, das der vielzitierte Pliniusbrief Ep. X 96 zugrunde legt, kaum anders erklären als dadurch, dass den Christenprozessen letztlich der Vorwurf der Unruhestiftung zugrunde liegt. In dem Ausdruck „Unruhe im ganzen Erdkreis“ könnte anklingen, dass die Christen in der allgemeinen Wahrnehmung Außenseiter waren, die sich durch manche religiöse und ethische Entscheidungen nach Wahrnehmung der heidnischen Bevölkerung außerhalb der allgemeinen Menschheit auf dem Erdkreis stellten. Die Hartnäckigkeit, mit der sich Christen aufgrund ihres monotheistischen Glaubens und ihrer persönlichen Bindung an Christus weigerten, an Kulthandlungen teilzunehmen, war für einen heidnischen Bewohner des Reiches ebenso schwer nachzuvollziehen wie die Nichtübernahme öffentlicher Ämter oder die ethische Sicht auf Sklaven, die Brüderlichkeit untereinander u.a. Alles zusammen konnte schnell den Eindruck entstehen lassen, die Chris-
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MOLTHAGEN, Konflikte, S. 25. Zum Entstehen des Phänomens innerhalb der griechischen Staatenwelt: στάσις meint ursprünglich „Stillstand, Standpunkt“. Seit Solon (6. Jahrhundert v.Chr.) wird es in der Bedeutung von „Bürgerkrieg“ verwandt. Für unseren Zusammenhang ist wichtig, dass sich mit dem Begriff στάσις nicht nur die politische Unruhe, sondern auch der Verlust von moralischer Orientierung mit dem Bruch von kulturellen und religiösen Gesetzen und Normen verbinden konnte. Dies zeigt eindrücklich Thukydides (Hist. III 69–84) in seiner Darstellung der στάσις „in Korkyra“ aus den Jahren 427–425 v.Chr., die für ihn sinnbildlich für alle Bürgerkriege und damit verbundenen Tabubrüche stehen. Zur Einführung in die Frage der στάσις in griechischen Poleis siehe HANSEN, Stasis. Dass Christen mit der gesellschaftlichen Unruhe assoziiert wurden, zeigt Origenes (Cels. III 5; VIII 2). 298 Vgl. VITTINGHOFF, Christianus sum. 299 Z.B. 1. Petr 4,15. 297
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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ten stellten sich außerhalb des gesamten Menschengeschlechts.300 Den Lesern des Doppelwerks dürfte der Vorwurf, der gesamte bewohnte Erdkreis werde von den Christen in Unruhe versetzt und sie brächten Grundordnungen des menschlichen Zusammenlebens ins Wanken, nicht fremd gewesen sein. Was konkret mit ἀπέναντι τῶν δογµάτων, „gegen die Anordnungen/Edikte“, gemeint sein könnte, dürfte dabei wohl auch den Lesern der lukanischen Zeit unklar gewesen sein. Vielleicht schwingt im Hintergrund die Ansicht mit, es habe Erlasse von Kaisern gegen die Christen gegeben.301 Der Vorwurf könnte aber auch allgemein verstanden worden sein im Sinne von „gegen den Willen des Kaisers“. Diese letzte Annahme legt sich nahe, wenn man den sog. dritten Vorwurf als Begründung des zweiten versteht:302 Weil sie Jesus für ihren Kaiser halten, darum verstoßen sie gegen die Erlasse des Kaisers. Da der Kaiser auch in der flavischen Zeit unabhängig von seiner persönlichen Einschätzung in weiten Teilen des Reiches persönlich oder sein Genius als Repräsentant des Reiches kultisch verehrt wurde, könnte dieser Vorwurf daran erinnern, dass die Ablehnung der kultischen Verehrung des Kaisers jenem eine Grundlage seiner Legitimation nimmt. Dann läge für die späteren Leser des Werks die Brisanz der Vorwürfe gerade in ihrer Vermischung von religiösen und politischen Argumenten: Weil sie den Kaiser nicht religiös verehren, erkennen sie ihn auch nicht als Integrationsinstanz des Reiches und damit der gesamten Pax romana an, könnte die Folgerung der Nichtchristen gelautet haben.303 Verschärft würde dieser Vorwurf an die Christen dadurch, dass die Ablehnung der Teilnahme am Kaiserkult gesellschaftlich nicht so sehr eine religiöse,304 sondern vielmehr eine politische Dimension hatte.305 Wer den 300 Eine Sammlung vieler Vorwürfe bietet NESTLE, Haupteinwände. Eine Fülle von Quellenbelegen aus dem zweiten bis vierten Jahrhundert bieten GUYOT/KLEIN (Hg.), Das frühe Christentum, Bd. 2, S. 140–232, Themen: Atheismus, Abkehr vom Staat – politische Verschwörung, Feindschaft gegen die Tradition, Ursache allen Unglücks, niedere soziale Stellung – Dummheit, thyesteische Mahlzeiten und ödipodeische Verbindungen. 301 Zur Diskussion siehe oben Teil 2. 302 Das Partizip λέγοντες in V. 7 wäre dann kausal zu verstehen. 303 Welch starke Integrationskraft die Person des Kaisers selbst noch Jahrzehnte nach seinem Tod haben konnte, zeigt der Fund eines aureus mit dem Abbild Vespasians, die im Fahnenheiligtum der auf Vespasian zurückgehenden ala II Flavia millaria pia fidelis in Aalen gefunden wurde. Die Münze aus dem Jahr 72/73 n.Chr., die vermutlich als Bauopfer vor der Fertigstellung des Kastells in den Jahren 163/164 n. Chr. dort deponiert wurde, belegt die Verbindung der berittenen, vorwiegend aus Spanien stammenden Kohorte mit dem längst verstorbenen Herrscher. Siehe KEMKES/WALTER, Der Limes, S. 80. 304 Zur althistorischen Diskussion um die Frage, ob die Zeitgenossen den Kaiser tatsächlich als Gottheit betrachteten, vgl. CLAUSS, Kaiser und Gott, S. 17: „Der römische Kaiser war Gottheit“, und GRADEL, Emperor Worship and Roman Religion, der nur von Kaiserverehrung spricht und den Begriff „Herrscherkult“ vermeidet. 305 Vgl. MIKAT, Lukanische Christusverkündigung und Kaiserkult. Der Kaiserkult war stets politisch konnotiert. Schon der früheste Beleg für die Verehrung einer Person im
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Kaiserkult ablehnte, lehnte implizit auch den Kaiser selbst ab und damit auch die gegenwärtige Friedensordnung, die der Kaiser repräsentierte. Besonders unter Vespasian, der sich selber als Nachfahren des Augustus inszenierte,306 dürfte dieser Aspekt eine besondere Rolle gespielt haben. Dabei ist für unsere Fragestellung nach der Rezeption von Apg 17,6 wichtig zu sehen, dass die Verehrung des Kaisers unterschiedliche Ebenen betraf:307 Eine Ebene war die persönliche Haltung des Kaisers zum Kaiserkult. Vespasian scheint persönlich eine innere Distanz zur kultischen Verehrung seiner Person gehabt zu haben.308 Von Titus wissen wir in dieser Hinsicht wenig. Domitian hatte ein persönliches Interesse am Kaiserkult.309 Wichtiger als diese persönliche Haltung zum Kaiserkult dürfte allerdings für die Christen die unterschiedliche Verbreitung des Kultes gewesen sein.310 In Rom selbst gab es in Weiterführung der republikanischen Tradition keinen eigentlichen Kaiserkult. Nur das numen oder der genius des Kaisers wurde verehrt. Die Provinz Asia war als östliche Provinz dagegen bekannt für ihre vielen Kaiserkultorte.311 Dort wurde der Kaiserkult vor allem von den Provinziallandtagen getragen, die auch als politische Versammlungsorte dienten. Überhaupt war der Kaiserkult im Osten seit den hellenistischen Königen erheblich verbreiteter als im Westen. Er diente der Integration der Reichsbewohner. Durch ihn zeigten sie ihre Loyalität zum Reich und zum Kaiser. Außerdem band er die Dekurionen vor Ort durch die Annahme von kultischen Ämtern an Rom. In diesem Sinne sind auch die ersten Kultorte im Westen, Lyon und Köln, zur Zeit des Augustus zu verstehen, die die Befriedung der Provinzen unterstützen sollten. Senatorische Provinzen im Westen erhielten lange Zeit keinen Kaiserkult.312
griechischen Mutterland vor Alexander dem Großen und den hellenistischen Herrschern (unter anderem Plutarch, Lys. 18,4) – die kultische Verehrung des spartanischen Feldherrn Lysander nach der Schlacht bei Aigospotamoi durch die Samier im Jahre 405 – dürfte der politischen Motivation der Bewohner von Samos als bis dahin letzten Verbündeten Athens entspringen. 306 Belege bei PFEIFFER, Zeit der Flavier, S. 14–20. 307 Die grundsätzliche Verehrung spiegelt sich beispielsweise in der Romrede des Aelius Aristides in Kapitel 32: „Keiner ist so stolz auf sich, dass er ohne Bewegung bleiben könnte, wenn er auch nur den Namen des Kaisers vernimmt, sondern er erhebt sich, preist und verehrt ihn und spricht zwei Gebete, eines für den Herrscher zu den Göttern und eines zu dem Herrscher selbst für das eigene Wohl“ (Übers. R. KLEIN). Sueton (Aug. 98,2) spricht davon, dass Passagiere eines Schiffes aus Alexandria dem Kaiser Augustus in Puteoli unter anderem Weihrauchopfer brachten und ihn priesen: „Unter deinem Schutz leben wir; unter deinem Schutz treiben wir unsre Schifffahrt; unter deinem Schutz genießen wir Freiheit und Wohlstand!“ 308 Sueton, Vesp. 12; 13,4. 309 Vgl. z.B. Cassius Dio, Hist. rom. LXVII 13,3–4, aber auch z.B. Statius, Silv. V 2,170, vgl. I 6,81–84. 310 Vgl. den Sammelband A. KOLB/VITALE (Hg.), Kaiserkult in den Provinzen des Römischen Reiches. Ebenso ROWE, Luke-Acts and the Imperial Cult. 311 PRICE, Rituals and Power, S. 249–274, führt eine Fülle von Kaiserkultorten in der Asia auf. 312 Dass das Kultbild einer Gottheit im Ritual in klassischer Zeit und zur Zeit des Hellenismus keineswegs nur ein „Ziergegenstand im Hintergrund kultischen Handelns“
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Gerade auf diese genannten geographischen, sozialen und funktionalen Unterschiede der Kaiserverehrung im Reich nimmt Apg 17,6 Rücksicht. In welcher Form Jesus den Kaiser ersetzt, wird in den Vorwürfen gerade nicht deutlich. Dies mag ein Leser zur Zeit Domitians in östlichen Provinzen auf den Kaiserkult seiner Zeit übertragen haben, in anderen Provinzen des Reiches mögen die Vorwürfe losgelöst vom Kaiserkult als allgemeine Äußerung über den für Heiden nicht verständlichen rigorosen monotheistischen Glauben verstanden worden sein. Auch die unklare Beziehung zwischen den Unruhen und dem Vorwurf des Majestätsfrevels, Jesus Kaiser zu nennen, gibt den Lesenden die Gelegenheit, an Unruhen im eigenen städtischen Umfeld zu denken. In der Erwähnung von „üblen Leuten“ (ἄνδρες τινὲς πονηροί, V. 5) mag sich mancher an Unruhen in der eigenen Stadt erinnert fühlen. Dabei ist Apg 17,1–9 nicht ohne Ironie; sind es doch gerade die Ankläger, die für Unruhe unter der Menge und bei den Politarchen sorgen.313 So wie in Philippi (Apg 16,20) das Römische Imperium als Kulturraum in den Blick kam, erscheint es in Thessalonich wieder als Kulturraum, der in Thessalonich in Apg 17,1–9 allerdings durch die Erwähnung des Kaisers als Integrationsinstanz repräsentiert wird, die die Stabilität der Rechts- und Friedensordnung gewährleistete. Der Kaiser repräsentierte die gesamte menschliche Ordnung,314 die durch die Christen in Unruhe geriet (V. 6: οἱ τὴν οἰκουµένην ἀναστατώσαντες). Freilich wird in Apg 17,1–9 aber auch deutlich, dass der Kaiser als symbolische Integrationsinstanz im Falle von Thessalonich gerade keine Rechtssicherheit für die Christen gewährleistet: Paulus und Silas müssen von dort fliehen (V. 10), und Jason hat einen Betrag zu entrichten, damit die Unruhe stiftende Menge nicht über ihn und seine Brüder herfällt (V. 9). Zudem erschließt die kleine Episode aus Apg 17,1–9 auch den Christen der flavischen Zeit, wie es überhaupt zu Unruhen kommt. Gerade die Infragestellung des Kaisers als symbolischer Integrationsinstanz durch die Christen mag so manchen auch sozial wenig integrierten hellenistischen Zeitgenossen (vgl. V. 5) irritiert haben. Präsentierte sich doch der Kaiser und besonders Vespasian als Kümmerer der Reichsbewohner, die in seiner Zeit eine Zeit des Friedens, des Wohlstands und der Rechtssicherheit erlebten. So diente der Kaiser im Kult und in allen seinen weiteren Formen der Verehrung manchmal privat, oft in den Städten oder im Kult der Provinziallandtage, die sich auch im Wes-
(SCHEER, Gottheit, S. 302f) darstellte, sondern die Gottheit selbst und ihre Anwesenheit repräsentierte, hat SCHEER, Gottheit, z.B. S. 303, gezeigt, vgl. auch Philo, Spec. leg. I 81; Seneca, Clem. I 3,5; SapSal 7,25–29. Vgl. CANCIK/HITZL (Hg.), Praxis der Herrscherverehrung. Die grundsätzliche Bedeutung der Religion für die gesellschaftlichen Transformationen in der Kaiserzeit hat jetzt RÜPKE, Religiöse Transformationen, beschrieben. 313 V. 8: ἐτάραξαν δὲ τὸν ὄχλον καὶ τοὺς πολιτάρχας. 314 Vgl. SCHREIBER, Weihnachtspolitik, S. 59.
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ten zunehmend ausbreiteten, als Instanz, die den Bewohnern Halt und Orientierung gab.315 Diese Orientierungsinstanz anzugreifen durch Nichtteilnahme am Kult, konnte – so legt sich die Vermutung nahe – leicht zu Unruhen auf lokaler Ebene führen, die im ungünstigen Fall Anklagen vor lokalen Instanzen (vgl. Apg 17,5) oder daraufhin bei Statthaltern zur Folge haben konnten. Apg 17,1–9 belegt den Beginn solcher lokalen Unruhen, die in diesem konkreten Fall nicht zur Weiterleitung an die nächsthöhere Instanz führte. Christen in lukanischer Zeit, die, soweit wir wissen, fast immer aus subdekurialen Schichten stammten, konnten sehen, dass der Prozess vor einem Statthalter nicht etwa eine selbstverständliche Folge von lokalen Unruhen war, sondern auch lokale Vertreter von solchen prozessualen Folgen absehen konnten, wenn auch hier freilich unter der zweifelhaften Bedingung der Zahlung einer Kaution (V. 9). Theologisch ist der Vorwurf in Apg 17,7, ein anderer sei Kaiser, durchaus vor dem Hintergrund der Erzählung von der Himmelfahrt Jesu in Apg 1,9–11 zu lesen, die den Grundton der Apostelgeschichte anschlägt, nämlich dass der Kyrios und nicht etwa ein konsekrierter Kaiser von nun an der Herr der Christen ist. Sollte ein Christ sogar von dem persönlichen Verständnis eines Domitian oder seiner Forcierung des Kaiserkults erfahren haben, bekommt solch ein Vorwurf eine besondere Brisanz, wie etwa die Vorgänge, die die Johannesoffenbarung widerspiegelt, zeigen.316 So könnten die Vorwürfe in Apg 17,6–7 den Lesern eigene Erfahrungen erschließen. Für unseren Zusammenhang ist wichtig zu sehen, dass der römische Kaiser in Apg 17,19 als Integrationsinstanz verstanden wird, dessen Wirken durch die Christen infrage gestellt wird. Dass Rom als Rechtsinstanz versagt, zeigen die Verse 5–9 deutlich. Wenn die kultische Verehrung des Kaisers einen Hintergrund für Konflikte bilden sollte, dann macht Apg 17,1– 9 deutlich, dass sich solche Konflikte, die durch soziale Komponenten verschärft wurden, auf lokaler Ebene kaum vermeiden ließen. 3.2.12 Gottes verborgenes Wirken durch den Kaiser Claudius (Apg 18,1–4) Lukas berichtet in Apg 18,1–2, dass Paulus von Athen nach Korinth ging und dort auf den Juden Aquila traf, der aus Pontus stammte und kürzlich mit seiner Frau Priszilla aus Italien gekommen war. Claudius hätte angeordnet, dass alle Juden Rom zu verlassen haben.
315 Der Kaiserkult war zudem in der Regel „der einzige Weg, auf welchem die meisten Provinzialen dem Kaiser begegneten“. So R. KLEIN, Die Romrede des Aelius Aristides. Eine Einführung, S. 132, Anm. 24. 316 Vgl. VOGEL, Das letzte Buch als Auftakt.
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Historisch verbirgt sich hinter dieser Notiz sicher das sog. Claudius-Edikt, das anordnete, dass Juden, die – von einem „Chrestus“ aufgehetzt – fortwährend Unruhe stifteten, Rom zu verlassen hatten. Sueton und Orosius überliefern uns dieses Edikt.317 Helga Botermann318 hat wie andere vor ihr sehr wahrscheinlich gemacht, dass es sich bei „Chrestus“ um Christus handelt, dessen Anhänger immer wieder als Chrestianer bezeichnet wurden und in den Augen vieler wie auch nach Tacitus und Sueton kein gutes Ansehen in der heidnischen Öffentlichkeit besaßen. Historisch betrachtet gab es wieder Unruhen im Umfeld der Christen, die zu einer Vertreibung der Christen, die als Juden angesehen wurden, aus Rom führten.319
Für unsere Frage nach dem Römischen Imperium ist wichtig zu erkennen, dass Lukas hier den Kaiser wie in Apg 11,27–30 neutral nennt, ihm indirekt aber auch eine heilsgeschichtliche Funktion zuweist: Erst durch die Christen Aquila und Priszilla bekommt Paulus die Basis für seine erfolgreiche Mission (V. 4): eine Unterkunft (V. 2) und eine gemeinsame Arbeit (V. 3). Später wird Paulus auf dieser Basis seinen Verkündigungsdienst sogar ausweiten, weil Silas und Timotheus ihm die zeitlichen Freiräume verschaffen werden (V. 5). Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass in V. 2 Kritik an einem willkürlichen Befehl des Kaisers mitschwingt, steht doch für die Leser im Vordergrund, dass der Kaiser mit seiner Entscheidung unbewusst den Willen Gottes vollzieht; denn der Kyrios (V. 9) hat ein großes Volk in dieser Stadt (V. 10). Die Leser zur Zeit des Lukas haben die Option zu erkennen: Auch kaiserliche Entscheidungen tragen mittelbar dazu bei, dass sich das Evangelium ausbreitet und Glauben an den Herrn schafft und dass Korinther getauft werden (V. 8). 3.2.13 Gallios Verhalten und der Weg des Heils in Korinth (Apg 18,1–18) Nach dem in Lk 2,2 kurz erwähnten Quirinius und dem 15mal erwähnten Statthalter Pilatus führt Lukas die Leser im 18. Kapitel der Apostelgeschichte wieder auf die politische Ebene der Statthalter. Gallio,320 den Prokonsul der 317
Mit hoher Wahrscheinlichkeit in das Jahr 49 n.Chr. zu datieren, zur Debatte METZDie Prominenten, S. 437. 318 BOTERMANN, Judenedikt, S. 57–71. 319 Zu Aquila und Priszilla LAMPE, Die stadtrömischen Christen, S. 156–164. 320 Einiges ist uns aus dem Leben Gallios bekannt. Er wurde um 5 v.Chr. im andalusischen Cordoba geboren. Als ältester Sohn des Ritters und Rhetors Lucius Annaeus wurde er wie sein jüngerer Bruder, der spätere Philosoph und Tragiker Seneca, von Lucius Junius Gallio adoptiert und nannte sich anschließend Lucius Junius Gallio Annaeus. Unter Kaiser Tiberius kam er nach Rom. Er gehörte zu Kaiser Claudius’ Freunden. Als sein jüngerer Bruder im Jahre 49 aus seinem Exil auf Korsika zurückkehrte, konnte auch Gallio in hohe Staatsämter aufsteigen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war er vom 1. Juli 51 bis zum 30. Juni 52 Prokonsul der senatorischen Provinz Achaia, als Paulus vor seinen Richterstuhl trat. Sein Bruder Seneca erwähnt in Ep. 104,1 Gallios schwache Gesundheit, deretwegen dieser Achaia verließ. Nero berief ihn zum consul suffectus in Rom. Kurz nach dem Tode seines Bruders im Jahre 65 beging Gallio wie dieser Suizid. Vgl. METZNER, Die Prominenten, S. 443–450. NER,
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Provinz Achaia, schildert Lukas seinen Lesern in Hinsicht auf seine Amtsführung ambivalent. Doch nicht Gallio ist es, der das Zentrum der Schilderung des Korinthaufenthaltes bildet, sondern Gott, der ein „großes Volk in der Stadt“ hat (V. 10). Bei oberflächlicher Lektüre scheint die gesamte Episode auf die Auseinandersetzung vor dem Statthalter Gallio zuzulaufen, die nicht stattfindet, weil Gallio die Anklage nicht annehmen will.321 Diese an sozialen und politischen Gesichtspunkten orientierte Annahme eines Höhepunktes in den Versen 12–17 wird allerdings dadurch infrage gestellt, dass Lukas innerhalb des gesamten Abschnittes theologisch weniger die Auseinandersetzung mit Gallio als vielmehr die von Gott gewirkte Mission in den Vordergrund stellt. Dies wird deutlich, versteht man – was, soweit ich sehe, selten geschieht – V. 18 nicht als Teil des Folgenden, sondern als Abschluss des Korinthberichts. Lukas schreibt dort nämlich ἔτι προσµείνας ἡµέρας ἱκανάς,322 geht also davon aus, dass Paulus noch einige Zeit in Korinth geblieben ist. Dieser Beobachtung entspricht, dass Lukas die Gallio-Episode zeitlich nicht in die Dauer des Aufenthaltes des Paulus einordnet.323 Entsprechend dem „Episodenstil“ (Plümacher) der Apostelgeschichte des Schriftstellers Lukas ist die Gallio-Episode nur eine Episode innerhalb des langen Aufenthaltes in Korinth (V. 11, ἐκάθισεν324). Auch die Tatsache, dass die konkrete Schilderung der Mission in Korinth den breitesten Raum innerhalb des Berichts einnimmt (V. 4–8), und die Beobachtung, dass in V. 11 die Mission als einzige Tätigkeit des Paulus innerhalb seines Aufenthaltes genannt wird, belegen dies ebenso wie die Beobachtung, dass nicht vor allem die Missionstätigkeit auf die Auseinandersetzung mit Gallio zuläuft, sondern umgekehrt Gallios Verhalten dazu führt, dass die sehr erfolgreiche325 Mission in Korinth ungehindert fortgesetzt werden kann.
Aus den genannten Gründen, die die Bedeutung der Mission für die Interpretation des Abschnitts unterstreichen, legt sich mir nahe, räumliche und theologische Gesichtspunkte zur Gliederung des Textes in den Blick zu nehmen. Die Christusvision in den Versen 9 und 10 bildet dabei den Mittelpunkt der Perikope Apg 18,1–18. Diese Vision ist sowohl mit dem unmittelbaren Kontext des Korinthberichtes als auch mit der gesamten Apostelgeschichte verzahnt. Dieses „Traumgesicht“326 wird meist nur als typisch lukanisches Element betrachtet, das Lukas z.B. zur Steigerung der Dramatik eingebaut habe. Als theologisch tragendes Element des Abschnittes wird es, soweit mir bekannt, eher seltener in den Blick genommen.327 Die Verse 9–10 bilden jedoch sowohl formal als auch inhaltlich die Mitte des Abschnittes. 321
HAENCHEN, Apostelgeschichte, 1. Auflage, S. 480, spricht von V. 12–17 als dem „Höhepunkt des Ganzen“, ähnlich WEISER, Apostelgeschichte, Bd. 2, S. 483. 322 ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 275, spricht von unbestimmter Zeitangabe. 323 So wird immer wieder betont, wenn es um die Diskussion über die historische Aufenthaltszeit des Paulus in Korinth geht, z.B. METZNER, Die Prominenten, S. 445f. 324 BLASS/DEBRUNNER/REHKOPF, Grammatik, § 57,8, sprechen in Hinblick auf Apg 18,11 von einem Aorist, der Berichtetes ausdrückt, das sich nach ausdrücklicher Zeitangabe „über eine beliebig lange Zeit erstreckt“ haben kann. 325 V. 4: ἔπειθέν τε Ἰουδαίους καὶ Ἕλληνας; V. 8: σὺν ὅλῳ τῷ οἴκῳ αὐτοῦ. 326 ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 272. 327 Jetzt aber von HAACKER, Apostelgeschichte, S. 311.
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Formal: Gliederung nach räumlichen Gesichtspunkten: Nachdem Paulus in der Einleitung in Korinth angekommen ist (V. 1), trifft er auf den Juden Aquila und dessen Frau Priszilla, die von Claudius aus Rom vertrieben worden waren. Weil sowohl Paulus als auch Aquila Zeltmacher/Gerber (σκηνοποιοί, V. 3) waren, zieht er bei ihnen ein (V. 2–3, Teil 1). Der zweite Teil des Hauptteils erzählt von Paulus’ Mission. Zunächst verkündigt er das Evangelium in der Synagoge und überzeugt Juden und Griechen; doch als Silas und Timotheus aus Makedonien nach Korinth kommen, kann sich Paulus ganz der Verkündigung widmen, dass Jesus der Christus ist. Es gibt Widerstände, Paulus zerreißt seine Kleider, spricht ein Drohwort mit Verwünschung, Unschulds- und Absichtserklärung aus.328 Anschließend geht er in das Haus des Gottesfürchtigen Titius Justus, das neben der Synagoge liegt. Der Synagogenvorsteher kommt mit seinem gesamten Haus zum Glauben, ebenso wie viele Korinther, die sich taufen lassen (V. 4–8, Teil 2). Nach einer Christuserscheinung, in der der Kyrios ihm zuspricht, mit ihm zu sein (die Mitte, V. 9–10, Teil 3), bleibt Paulus noch eineinhalb Jahre in Korinth (V. 11, Teil 4). Schließlich tun sich die Juden zusammen (V. 12), führen Paulus vor den Richterstuhl des Statthalters von Achaia, Gallio, und klagen ihn an, er verführe Menschen, Gott gesetzeswidrig zu verehren (V. 13). Gallio interpretiert diese Anklage als eine rein innerjüdische Angelegenheit und erklärt sich für nicht zuständig (V. 15–16). Schließlich wird der Synagogenvorsteher Sosthenes vor dem Richterstuhl verprügelt, Gallio kümmert sich jedoch nicht darum (V. 17; V. 12–17, Teil 5). Zum Schluss verabschiedet sich Paulus von den Brüdern, „nachdem er noch genügend Tage geblieben war“ (ἔτι προσµείνας ἡµέρας ἱκανάς), und reist über Kenchreä nach Syrien (V. 18, Schluss). Inhaltlich: Nach der Einleitung in V. 9a, die davon spricht, dass der Kyrios des Nachts zu Paulus gesprochen habe, folgt zunächst die Zusage, er solle sich nicht fürchten, sondern reden und nicht schweigen. Begründet329 wird diese Zusage zum einen durch den Beistand des Kyrios (verbunden mit der Zusage, keiner werde ihm schaden), zum anderen durch die Zusage, der Kyrios habe ein großes Volk (λαός ἐστίν µοι πολύς) in der Stadt. Der erste διότι-Nebensatz scheint kausal, der zweite final konstruiert zu sein. Der erste gibt die Begründung der Zusage, der zweite die Folge der Zusage an. Durch die parallele Setzung des zweimaligen διότι wird dabei deutlich, dass diese Zusage, die an alttestamentliche Heilszusagen wie Jes 41,10, 43,5 und Jer 1,8 erinnert, insofern mit dem nahen Kontext verknüpft ist, als sie vor allem eine Zusage der erfolgreichen Mission darstellt.330 Die Aussage, keiner werde Hand an ihn legen, um ihm zu schaden, die plastisch die Gallio-Episode anklingen lässt, ist dabei keineswegs die Hauptzielrichtung der Zusage,331 wie man oft lesen kann, sondern nur den Worten „denn ich bin mit dir“ an zweiter Stelle beigeordnet. Paulus wird folglich in seinem furchtlosen missionarischen Reden, das die Verse 4–8 durchzogen hat (vgl. die Fülle von Ausdrücken für das Reden), bestärkt. Ebendiese Verkündigung des Wortes Gottes (V. 11) bekräftigt der Kyrios nun durch die starken Zusagen, er sei mit ihm, und er habe ein großes Volk in der Stadt. Dadurch unterstreicht Lukas, dass die Mission in Korinth keinesfalls dem Zufall, sondern dem Willen Gottes entspringt. Den gesamten Aufenthalt in Korinth führt Lukas also ebenso wie die erfolgreiche Mission auf
328
So ECKEY, Apostelgeschichte, Bd. 2, S. 510. Oder auch konsekutiv fortgeführt; διότι kann „denn“, „weil“ ebenso wie „sodass“ bedeuten, vgl. LSJ, S. 435. 330 Dies übersieht ECKEY, Apostelgeschichte, Bd. 2, S. 510. 331 Z.B. LÜDEMANN, Das frühe Christentum, S. 204. 329
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den Willen Gottes zurück. Allem, was Paulus in Apg 18,1–18 tut und was ihm widerfährt, liegt also letztlich Gottes Wille zugrunde.332
So geht es in der Gallio-Episode ab V. 12 also vor allem darum, dass Gallio ohne sein Wissen die weitere Mission durch seine Entscheidung, die Klage nicht anzunehmen, ermöglicht.333 Gemäß der beigeordneten Zusage in V. 10b legt niemand Hand an Paulus, um ihm zu schaden. Gottes Wille erfüllt sich im Handeln des Statthalters, indem er Paulus die Möglichkeit gibt, anderthalb Jahre weiter zu missionieren. Wie verhält sich nun Gallio nach Apg 18,12–17? Um dies zu verstehen, ist ein genauer Blick auf den fünften Teil des Textes, die Verse 12–17, vonnöten. Zwei Teile sind zu erkennen: V. 12–16 und V. 17. Der erste Teil endet deutlich mit V. 16: Gallio setzt seinen Entschluss um, die Klage nicht anzunehmen, indem er die Ankläger vom Richterstuhl verjagt. Auch wenn die Person des Statthalters formal weiterhin zu V. 17 noch ein Bindeglied bildet, so kann die Sosthenes-Szene nur jenseits des Bema spielen (V. 16: ἀπήλασεν) – ein Umstand, der in der Forschung, soweit ich sehe, keine Beachtung findet. Außerdem sind in diesem kurzen zweiten Teil alle, das heißt die Menge (πάντες), die Handelnden. Auch führt V. 17 die Person des Sosthenes ein, von der vorher noch keine Rede war.
Die historische und exegetische Forschung hat sehr unterschiedliche Urteile über Gallios Verhalten gefällt. Oft ist betont worden, Gallio verhalte sich vorbildlich in seinem Auftreten als Prokonsul gegenüber den Anklägern. Er verhalte sich so, wie es sich die Christen zur Zeit des Lukas gewünscht hätten und wie Lukas einen Statthalter auch als vorbildlich präsentieren wollte (so von allen Vertretern, die eine apologetische Grundhaltung der Apostelgeschichte annehmen).334 Kritische Stimmen wie z.B. die von Richard Cassidy335 kritisieren Gallio dafür, dass er sich nicht näher mit der Anklage beschäftigt und Sosthenes nicht geschützt habe.336 332 Ein weiteres inhaltliches Argument, das inhaltliche Zentrum des Abschnitts in der Christusvision zu sehen, fußt darauf, dass die gesamte Mission, von der die Apostelgeschichte erzählt, nicht nur in Apg 18, sondern auch sonst theologisch auf dem Wirken des Heiligen Geistes (Apg 1,8) und dem Wirken Gottes und des Kyrios (Apg 2,33) beruht. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich die Verwendung des Begriffes ὅραµα im Neuen Testament vor Augen führt. Er findet sich zwölfmal im Neuen Testament, elfmal davon in der Apostelgeschichte (sonst nur Mt 17,9). Prägnante Beispiele der Verwendung des Begriffes sind die Vision Apg 16,9, in der ein weißgekleideter Mann Paulus bittet, nach Europa herüberzukommen, und die Vision des Petrus in Apg 10,17 und 11,5, in der die folgende Heidenmission legitimiert wird. Hierher gehört auch die Beobachtung, dass der Gang des Geschehens in der Apostelgeschichte immer wieder durch himmlische Weisungen gedeutet oder bestimmt wird (Apg 10,44; 16,9; 23,11; 27,23ff). 333 Paulus braucht in der Gallio-Episode noch nicht einmal zu sprechen, vgl. V. 14a. 334 Z.B. CONZELMANN, Apostelgeschichte, S. 107. 335 CASSIDY, Society and Politics in the Acts of the Apostles, S. 92f. 336 ROWE, World upside down, S. 62, wundert sich darüber, dass Gallio nicht die umstürzende Kraft des Christentums erkannt und Paulus freigesprochen habe.
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Der Beobachtung, Gallio verhalte sich korrekt, ist einerseits zuzustimmen. Aufgrund seiner Amtsgewalt hatte er die Möglichkeit, in Belangen, die die öffentliche Ordnung betrafen, extra ordinem zu handeln, das heißt, er konnte den Prozess so gestalten, wie er es für angemessen hielt.337 In unserem Fall interpretiert er als Prokonsul den vermutlich bewusst doppeldeutig formulierten Begriff νόµος338 als innerjüdisch und deshalb als nicht das römische Recht betreffend. Auch wenn die Anklage von den Juden so formuliert ist, dass παρὰ τὸν νόµον an den Anfang gestellt ist, scheint Gallio nach der Darstellung des Lukas die Ankläger zu durchschauen339 und schlägt sie so mit ihren eigenen Waffen. Er wolle nicht Richter sein über eine Angelegenheit, die ihn als Statthalter nichts angehe. Seine Antwort ist dabei so formuliert, dass sie einerseits einen Prozess des Überlegens widerspiegelt (vgl. die Parallelisierung des zweifachen εἰ), doch gleichzeitg auch eine unterschwellige Ablehnung des jüdischen Anliegens zeigt: ἀδίκηµα und ῥᾳδιούργηµα dürften Begriffe des römischen Rechts sein,340 während ζητήµατα abwertend mit „Streitereien“ (so die meisten Exegeten) zu übersetzen sein dürfte.341 Roloff schreibt, im Tonfall Gallios schwinge die ganze Verachtung „des römischen Aristokraten gegenüber dem Judentum“ mit.342 Andererseits ist auch nicht zu übersehen, dass Gallios Verhalten Sosthenes gegenüber nicht dem „Idealfall der römischen Praxis“343 entspricht. Vergil schildert in seinem „Staatsmanngleichnis“ geradezu ein Gegenbild zum Verhalten Gallios gegenüber Sosthenes. In den Versen 150–156 seines ersten Buches der „Aeneis“ vergleicht Vergil das Verhalten Neptuns, der das Meer besänftigt, mit einem Mann, der einen Tumult (seditio) des einfachen Volkes beruhigt durch seine tiefe Frömmigkeit und seine Verdienste. Seine Worte führen dazu, dass alle schweigen und mit gespitzten Ohren dastehen. Diese Vorstellung dürfte wohl dem Idealbild eines Römers entsprechen, der sich als Vertreter der Macht sieht, die die Welt ordnet und ihr so den Frieden bringt. Gallio hingegen versagt demgegenüber als Statthalter in seiner zentralen Funktion, die die „Digesten“ Justinians344 als „Sorge für Ruhe und Frieden im Land“ beschreiben. Gallio geht gerade nicht gegen den Tumult vor, der sich unweit seines Richterstuhls abspielt. 337
SHERWIN-WHITE, Roman Society and Roman Law, S. 14. WENGST, Pax romana, S. 228f, Anm. 63. 339 So auch die Mehrheit der Exegeten, z.B. CONZELMANN, Apostelgeschichte, S. 107. 340 So WINTER, Gallio’s Ruling, S. 213f. 341 Ob sich in seinem Verhalten eine antijüdische Haltung von Gallios Adoptivvater widerspiegelt, wie ROWE, World upside down, S. 39, annimmt, möchte ich dahingestellt sein lassen. 342 ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 273. 343 CONZELMANN, Apostelgeschichte, S. 107. 344 Dig. I 18,13: „Congruit bono et gravi praesidi curare, ut pacata atque quieta provincia sit quam regit.“ 338
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Dass Lukas in dieser kleinen Episode nicht nur eine „burleske Szene“345 schildert, die die Korintherzählung unterhaltsam abschließt, sondern von einem allgemeinen (V. 17: ἐπιλαβόµενοι δὲ πάντες) Tumult erzählt, wird unterstützt durch die Textgeschichte, in der immer wieder versucht worden ist, die Handelnden in diesem Tumult vor dem Richterstuhl klarer zu bestimmen. Der westliche Text und spätere kirchliche Texte lesen beispielsweise in V. 17 οἱ Ἕλληνες, die Minuskeln 36 und 453 ebenso wie wenige andere lesen οἱ Ἰουδαῖοι. Offensichtlich empfanden die jeweiligen Schreiber es als unbefriedigend, nicht sagen zu können, wer Sosthenes konkret geschlagen hat. Eine spätere genannte Minuskeltradition sah den Konflikt als einen rein innerjüdischen an.346 Der Codex Bezae belegt sogar deutlich, dass sich Gallio seines falschen Verhaltens bewusst war, denn er ergänzt „tunc Gallio fingebat eum non videre“ („Gallio tat so, als ob er ihn nicht sehe“). All diese Änderungen und Ergänzungen versuchen dem lukanischen Text den Anschein der allgemeinen öffentlichen Unruhe zu nehmen, die offensichtlich nur schwer zusammenzubringen war mit dem korrekten Verhalten des Statthalters zuvor. Nach dem lukanischen Text dämmt Gallio nicht die Unruhe ein, wie es seine Pflicht als Statthalter gewesen wäre,347 sodass der Eindruck eines ambivalenten Verhaltens Gallios entsteht. Um die theologische Dimension der Gallio-Episode zu erfassen, ist abschließend ein Blick auf das Herzstück des Abschnitts, die Verse 9–10, notwendig. Paulus’ Mission, die Lukas in den Versen 4–8 schildert, führt in Korinth zu bedrohlichen Spannungen innerhalb der Synagogengemeinschaft. V. 6 spricht ausdrücklich davon, dass die Juden sich „ihnen“ (wohl Paulus, Silas und Timotheus, V. 5) widersetzten und Gott lästerten. Paulus kündigt ihnen das Gericht an und missioniert weiter im Hause des Gottesfürchtigen Titius Justus. Dass die Spannungen durch diese räumliche Trennung von der Synagoge nicht beseitigt sind, ist leicht vorstellbar, zumal die sog. Gottesfürchtigen zum selbstverständlichen Umfeld einer hellenistischen Synagoge gehörten. Da der neue Hausherr der neuen kleinen Gemeinde, Titius Justus, einen lateinischen Namen trägt, könnten sogar Konflikte in Aussicht stehen, in die sich die Stadtobrigkeit der römischen Colonia Laus Iulius Corinthus in stärkerem Maße engagieren könnte als bei zugereisten Peregrinen. Als schließlich sogar noch der Synagogenvorsteher Krispus – ebenfalls offensichtlich jemand mit lateinischem Hintergrund – sich mit seinem gesamten Haus und mit vielen anderen Korinthern Paulus anschließt, liegen Spannungen geradezu in der Luft, die die Mission in Gefahr bringen könnten.
Mitten hinein in diesen Bericht von den Missionserfolgen, aber auch von den sich aufbauenden Spannungen, die sich später vor dem Richterstuhl des 345
CONZELMANN, Apostelgeschichte, S. 107. OMERZU, Darstellung der Römer, schließt aus diesem Befund, dass Gallio zunehmend entlastet werden sollte. Die Belege zu Apg 18,17 finden sich auf S. 163. 347 Plinius d.J., Ep. X 96. Zur Textgeschichte von V. 17 insgesamt METZGER, Textual Commentary, S. 463f. 346
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Statthalters zu entladen versuchen, empfängt nun Paulus des Nachts eine Offenbarung des Kyrios, er solle sich nicht fürchten, weil dieser mit ihm sei und ein großes Volk in der Stadt habe. Diese Worte sprechen nun nichts weniger aus, als dass die Mission des Paulus unter dem besonderen Schutz Gottes steht. Sie motivieren nicht nur Paulus, anderthalb Jahre in Korinth zu bleiben, sondern rücken auch die Anklage der Juden vor Gallio in ein besonderes Licht. Im Lichte des Traumgesichts erfassen die Leser, dass Gallios Verhalten nicht nur dessen persönlicher und römischer Rechtseinschätzung entspringt, sondern im Kern auf Gottes eigenes Wirken zurückgeht. Wenn Lukas dies auch nicht weiter ausführt, so legt er es den Lesern nahe, dass der Kyrios so ins Verhalten Gallios eingreift, dass Paulus kein Schaden zuteilwird. So begrenzt er für den Leser die Macht des Statthalters, indem er dessen Macht in den Dienst der Macht Gottes stellt. Durch Paulus, das auserwählte Gefäß Gottes (Apg 9,15), realisiert Gott seine Heilsgeschichte in Korinth. Im Unterschied zu den paganen Traumberichten, die meist visionären Charakter haben,348 fällt auf, dass Lukas kein Wort zur Erscheinungsweise des Kyrios selbst sagt. Anders als in Apg 9,3 oder 16,9 wird nicht einmal von Licht oder Helligkeit berichtet. Der Ton der Worte liegt nicht auf der bildlichen Erscheinung des Kyrios, sondern auf dessen Zusage. Christlichen Lesern mit paganem Hintergrund dürfte bewusst gewesen sein, dass der Kyrios in den Versen 9 und 10 der eigentliche Akteur des Geschehens ist, der Paulus Mut zuspricht. Die erfolgreiche Mission des Paulus in Korinth hat also letztlich der Kyrios bewirkt. Apg 18,5–18 kann folglich in doppelter Hinsicht als ambivalente Schilderung eines Statthalters betrachtet werden. Die erste Ambivalenz lässt sich so beschreiben, dass sich die Darstellung des Verhaltens des Statthalters keineswegs auf die Bewertung ‚staatskritisch‘ oder ‚staatskonform‘ reduzieren lässt und deshalb jeder Versuch, Apg 18,1–18 so einzuordnen, scheitern muss. Apg 18,1–18 schildert beides: das Imperium als Rechtsinstanz, aber auch das Versagen des Gallio. Die zweite Ambivalenz besteht darin, dass Lukas hintergründig Gallios Macht durch die Christusvision in Apg 18,9–10 begrenzt. Ohne offen Gottes und des Statthalters Macht gegeneinanderzustellen, macht Lukas den Lesern auf hintergründige Weise deutlich, dass nicht Rom, sondern der Kyrios Paulus’ Weg auf verborgene Weise leitet.
348
GIEBEL (Hg.), Träume in der Antike, S. 9: „Träume galten in der griechischrömischen Antike als Botschaften aus der Welt des Göttlichen, als Orakel der Seele, durch die man die Zukunft erkennen konnte.“
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
3.2.14 Gottes Wille, Paulus nach Rom zu senden – der letzte Teil der Apostelgeschichte (Apg 19,21–22) Überblickt man die letzten Kapitel der Apostelgeschichte und damit auch des gesamten Doppelwerks, so fällt hinsichtlich unserer Frage nach der Rolle des Imperiums auf, dass alle Motive, die bisher zur Sprache gekommen sind, hier noch einmal aufgenommen werden: Das Imperium schildert Lukas als historische Gegebenheit, indem er in chronologischer Folge konkret Ort und Personen benennt. Rom wird immer wieder als Rechtsinstanz geschildert, die Schutz gewährt. Gleichzeitig erscheint Rom als Kulturraum, der sich von anderen Räumen unterscheidet. Negative Züge des Imperiums sind nicht zu bestreiten. Einmal kommt sogar der Teufel zur Sprache (Apg 26,18). Der Kyrios führt Paulus nach Rom, indem er den Verlauf der Erzählung immer wieder verborgen lenkt. Er erweist seine Macht, indem er sich immer wieder offenbart. Und schließlich erscheinen Paulus und die Christen nicht nur als Leidende, sondern als diejenigen, die den Fortgang des Erzählten maßgeblich mitbestimmen. Schon der Weg des Paulus belegt, dass er bis ins Zentrum des Imperiums hinein weite Räume dieses Imperiums auf göttliche Weisung hin (δεῖ349) durchreist (vgl. Apg 19,21): Die Grobgliederung des letzten Teils gibt der Aufbau der göttlichen Ankündigung in Apg 19,21350 vor: Nachdem Gott das Werk der bisherigen Mission vollendet hat (ἐπληρώθη), werden die Christen noch einmal auf städtischer Ebene bedroht. Daraufhin stärkt Paulus die Gemeinden in Griechenland und der Asia.351 Dann erscheint er vor allem als Gefangener in Jerusalem und Cäsarea.352 Schließlich reist der gefangene Paulus nach Rom, wo er mindestens zwei Jahre (28,31) bleibt.353 Ab Apg 21,33 ist Paulus Gefangener des Imperiums. Deshalb bewegt er sich in diesem Teil der Apostelgeschichte stets in den direkten Machtbezügen des Imperiums. Dass dieser Leidensweg seinem Weg als Zeugen Jesu innewohnt, belegt nicht nur Apg 9,16, sondern auch eine gewisse sprachliche Nähe des Verses 19,21 zu
349
Vgl. auch ἔθετο ὁ Παῦλος ἐν τῷ πνεύµατι (Apg 19,21). „Als dieses erfüllt war, wurde Paulus im Geist bestimmt, Makedonien und Achaia zu durchziehen, um nach Jerusalem zu gehen und zu sagen: Nachdem ich dort gewesen bin, ist es notwendig, dass ich auch Rom sehe“ (Übers. J.-A. E.). 351 Apg 19,21–40: Ephesus; 20,1–16: Makedonien, Achaia, Troas, Assos, Mitylene, Chios, Samos, Milet; 20,17–38: Milet. 352 Apg 21,1–14: Kos, Rhodos, Patara, Zypern, Tyros, Ptolemais, Cäsarea; 21,15–23,30: Jerusalem; 23,31–26,32: (Antipatris), Cäsarea. Dass der Aufenthalt in Jerusalem nur eine Übergangsstation ist, belegt die Gliederung der Reise in V. 21 durch die beiden Partizipien: διελθὼν τὴν Μακεδονίαν καὶ Ἀχαΐαν πορεύεσθαι εἰς Ἱεροσόλυµα εἰπὼν ὅτι µετὰ τὸ γενέσθαι µε ἐκεῖ δεῖ µε καὶ Ῥώµην ἰδεῖν. 353 Apg 27,1–44: die Seereise; 28,1–10: Malta; 28,11–15: Rhegion, Puteoli, Forum Appii; 28,16–31: Rom. 350
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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Lk 9,51, der Erzählung vom Aufbruch Jesu nach Jerusalem.354 In die gleiche Richtung weisen die Hinweise auf dem Weg in Tyros (Apg 21,1–6) und Ptolemais (21,8–10) und schließlich seine Bereitschaft, für den Namen des Herrn zu sterben (21,13).355 Da wir in den folgenden Kapiteln immer wieder von direkten Begegnungen des Gefangenen Paulus mit Vertretern des Imperiums hören, legt sich die Vermutung nahe, dass Leser des späten ersten Jahrhunderts, die um Christen in Gefahr wussten, diesen letzten Teil der Apostelgeschichte mit erhöhter Anteilnahme gelesen haben dürften. 3.2.15 Das Römische Imperium als Ordnungsmacht (Apg 19,23–40) Auch wenn Lukas mit Apg 19,21–22 dem Weg des Paulus in seiner Erzählung eine klare Richtung auf Rom gibt, verbindet doch die Unruhe in der Stadt Ephesus Apg 19,23–40 mit den vorhergehenden Episoden, in denen das Imperium von Belang ist. Zunächst geht die Unruhe von der städtischen Bevölkerung, besonders von Demetrius, seinen Mitarbeitern aus der Silberschmiede und den Zulieferern, aus und berührt zunächst keineswegs die politische oder juristische Ebene des Imperiums. Ab V. 29 schildert Lukas dann einen Aufruhr, der dazu führt, dass Christen – in diesem Fall die Gefährten des Paulus, Gaius und Aristarch – in Bedrängnis kommen. Als lokale Amtsträger werden die Asiarchen und der ‚Grammateus‘ genannt. Rom kommt erst in sekundärer Hinsicht in der Rede des Grammateus ins Spiel, und zwar als Garant der Ordnung. Wie in Apg 16,21 und 17,7 steht auch wieder das von den Christen infrage gestellte lokale Selbstverständnis der Ankläger und der Menge als Bewohner von Ephesus auf dem Spiel. Die Menge versucht erneut die lokalen Institutionen für ihre Anklagen in Anspruch zu nehmen.
Dennoch sind auch beachtliche Unterschiede zwischen dem „Aufruhr des Demetrius“ und den bisher geschilderten Unruhen zu beachten. Das Ausmaß des Tumults ist erheblich größer: Die Menge trifft sich im Theater und ruft fast zwei Stunden lang (V. 34) „Groß ist die Artemis der Epheser“.356 Die Erzählung der Bedrohung ist erheblich länger und in sich geschlossener als beispielsweise in Apg 16,10–40. Das Römische Imperium tritt als Ordnungsmacht nur in der direkten Rede der Figur des Stadtbeamten in Erscheinung, deren Involvierung der Stadtsekretär357 (V. 35: ὁ γραµµατεύς) und die lokalen Eliten mit großem Einsatz zu verhindern versuchen: zum einen dadurch, dass
354 Ἐγένετο δὲ ἐν τῷ συµπληροῦσθαι τὰς ἡµέρας τῆς ἀναλήµψεως αὐτοῦ καὶ αὐτὸς τὸ πρόσωπον ἐστήρισεν τοῦ πορεύεσθαι εἰς Ἰερουσαλήµ. 355 Vgl. auch Apg 20,23: πλὴν ὅτι τὸ πνεῦµα τὸ ἅγιον κατὰ πόλιν διαµαρτύρεταί µοι λέγον ὅτι δεσµὰ καὶ θλίψεις µε µένουσιν. 356 Zum Artemiskult in der Kaiserzeit, siehe AUFFARTH, ‚Groß ist die Artemis von Ephesos!‘. 357 So könnte man γραµµατεύς wiedergeben. ECKEY, Apostelgeschichte, Bd. 2, S. 556: Der Stadtsekretär ist ein „kommunaler Spitzenbeamter“, der in Ephesus die höchste politische Macht innehat. Er konnte zugleich Asiarch sein.
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sie auf die lokalen Gerichte (V. 38: ἀγοραῖοι) und Statthalter (V. 38: ἀνθύπατοι) verweisen; zum zweiten dadurch, dass sie auf geordnete Volksversammlungen (V. 39: ἐν τῇ ἐννόµῳ ἐκκλησίᾳ) verweisen; zum dritten dadurch, dass die Gefahr zur Sprache kommt, dass die Stadt des Aufruhrs ohne Anlass bezichtigt wird (V. 40: κινδυνεύοµεν ἐγκαλεῖσθαι στάσεως περὶ τῆς σήµερον, µηδενὸς αἰτίου ὑπάρχοντος). Wenn es dem Stadtseketär in seiner Motivation auch nicht primär um die Rechte der Christen geht, sondern darum, als Stadt beim Statthalter nicht in Misskredit zu geraten, so ist doch für unsere Fragestellung bemerkenswert, dass das Imperium hier wie in Apg 16,35–39 und 18,12–17 als Garant der öffentlichen Ordnung seine Funktion hat. Dies ist umso bemerkenswerter, als Rom selbst durch keinerlei Repräsentanten in der Erzählung direkt in Erscheinung tritt. Rom sorgt durch seine schlichte Existenz und durch seine Rechtsinstanzen dafür, dass die Christen nicht in einem Tumult zu Schaden kommen. Dabei fällt auf, dass der Stadtsekretär sowohl dem Vorwurf der Tempelschändung als auch dem der Blasphemie aus dem Weg zu gehen versucht, in dessen Nähe die Ankläger die Christen zu bringen versuchen (19,27). Diese physische Abwesenheit Roms in den inneren, senatorischen Provinzen des Römischen Reiches ist charakteristisch für die ersten Jahrhunderte, aber auch schon für die Zeit Vespasians, dem daran gelegen war, militärisch vor allem an den Grenzen des Reiches präsent zu sein.358 Das Imperium setzte stark auf symbolische Präsenz und zunehmende Romanisierung durch Euergetismus in den Provinzen, die die Städte und die Bevölkerung in zunehmendem Maße an die Herrschaft Roms banden. Die Städte hielten die Spielregeln Roms in der Regel im Eigeninteresse ein; wollten sie doch auf keinen Fall den Eindruck erwecken, sie würden für Unruhen verantwortlich sein. Im 34. Brief des Plinius an Trajan untersagt dieser sogar die Gründung einer Feuerwehr in der Stadt Nikomedia aus der Furcht heraus, aus ihr würden sehr schnell Hetärien werden.359 Die indirekte Präsenz Roms bewährt sich nach Apg 19,23–40 insofern, als der Stadtsekretär den Aufruhr der Menge verhindert: Zum einen nimmt der Stadtschreiber das religiöse und lokale Selbstverständnis der Menge auf und bestätigt die Menge ausdrücklich. Neben diesem emotionalen Zugang zu der Menge argumentiert er vor allem rechtlich, indem er darauf verweist, dass die gesamte Versammlung keine Rechtsgrundlage habe (V. 37), es stattdessen die Rechtswege der von den Statthaltern einberufenen Gerichtstage und die regelmäßigen Volksversammlungen gebe. Schließlich verweist er auf die 358 PFEIFFER, Zeit der Flavier, S. 21: „Das Ergebnis dieser Truppenverteilung [das heißt die Stationierung an der Rhein- und Donaugrenze, J.-A. E.] war eine weitgehende Entmilitarisierung der reichsinneren Provinzen.“ 359 Plinius d.J., Ep. X 34,1: „hetaeria eaeque brevi fient“.
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Anklagen, die der Stadt wegen Aufruhrs drohen könnten. So gelingt es ihm, einerseits die Menge zu beruhigen und andererseits durch die Klarstellung der rechtlichen Situation für Demetrius und seine Handwerker Wege des Umgangs im Rahmen des Rechts zu eröffnen. Er kanalisiert also die Emotionen der Menge, indem er sie in juristische Bahnen lenkt. Das Römische Imperium entfaltet in Apg 19,23–40 seine Wirkung als Rechtsinstanz und verhindert einen Aufruhr, unter dem die Christen zu leiden gehabt hätten. Der Rechtsraum Rom setzt sich hier im städtischen Bereich durch. Rom, auch wenn es nicht durch Repräsentanten präsent ist, bleibt durch seine strukturelle Präsenz Garant der öffentlichen Ordnung. Es lässt sich vermuten, dass dies für christliche Leser der Zeit des Lukas eine stabilisierende und auch tröstliche Botschaft war. 3.2.16 Das Römische Imperium als schützende Macht (Apg 21,27–23,32) In keinem Abschnitt des Doppelwerks erscheint das Imperium Romanum den Lesern so häufig und eindeutig als Schutzmacht wie in Apg 21,27–23,32. Allein viermal rettet der Tribun Claudius Lysias Paulus aus Lebensgefahr: Apg 21,32, 22,24, 23,10 und 23,22. Der Rhythmus von Bedrohung und Errettung prägt so sehr den Bericht vom ersten Teil der Gefangenschaft des Paulus in Jerusalem, dass er sogar eine Gliederung nahelegt: Teil 1 (21,27–40): Bedrohung und Rettung des Paulus vor dem Tempel Teil 2 (22,1–29): Bedrohung auf den Tempelstufen und Rettung in die Burg Antonia Teil 3 (22,30–23,11): Bedrohung im Synhedrium und Rettung Teil 4 (23,12–32): Der Anschlagsplan und die Überführung nach Cäsarea
Dabei wird die Schutzmacht Rom ersichtlich dem Auftreten der Juden gegenübergestellt.360 Deutlich zeigt sich dies am ‚Unruhevokabular‘ des Abschnitts Apg 21,27–40. Apg 21,27: „rottete sich das ganze Volk zusammen und legte Hand an ihn“ (συνέχεον πάντα τὸν ὄχλον καὶ ἐπέβαλον ἐπ’ αὐτὸν τὰς χεῖρας); V. 28: „(und) schrien“ (κράζοντες); V. 30: „Die ganze Stadt geriet in Bewegung, und es kam zu einem Volksauflauf, und sie ergriffen Paulus und schleppten ihn aus dem Tempel“ (ἐκινήθη τε ἡ πόλις ὅλη καὶ ἐγένετο συνδροµὴ τοῦ λαοῦ, καὶ ἐπιλαβόµενοι τοῦ Παύλου εἷλκον αὐτὸν ἔξω τοῦ ἱεροῦ); V. 31: „Als sie versuchten, ihn zu töten, kam die Nachricht zum Tribun der Kohorte: Ganz Jerusalem ist in Aufruhr“ (ζητούντων τε αὐτὸν ἀποκτεῖναι ἀνέβη φάσις τῷ χιλιάρχῳ τῆς σπείρης ὅτι ὅλη συγχύννεται Ἰερουσαλήµ); V. 32: „Sie hörten auf, Paulus zu schlagen“ (ἐπαύσαντο τύπτοντες τὸν Παῦλον); V. 34: „Einige riefen dieses, andere riefen jenes in der Menge. Als er wegen des Tumults nichts Sicheres in Erfahrung bringen konnte, befahl er, ihn in die Burg (Kaserne) zu führen“ (ἄλλοι δὲ ἄλλο τι ἐπεφώνουν ἐν τῷ ὄχλῳ. µὴ δυναµένου δὲ αὐτοῦ γνῶναι τὸ ἀσφαλὲς διὰ τὸν θόρυβον ἐκέλευσεν ἄγεσθαι αὐτὸν εἰς τὴν παρεµβολήν); V. 35: „wegen der Gewalt der Menge“ (διὰ τὴν βίαν τοῦ ὄχλου); V. 36: „Denn die Volks360 Zur Rolle Jerusalems in den Texten des Doppelwerks jetzt DAUME, Das Verhältnis von Israel und Kirche bei Lukas.
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menge folgte und rief: Weg mit ihm“ (ἠκολούθει γὰρ τὸ πλῆθος τοῦ λαοῦ κράζοντες· αἶρε αὐτόν; vgl. Lk 23,18). In V. 35 muss Paulus zum Schutz vor den Juden von den Soldaten getragen werden.361
Den Juden als Repräsentanten der Bedrohung steht nun der Tribun Claudius Lysias362 als Repräsentant der Schutzmacht Rom gegenüber: zum einen dadurch, dass er aus der Burg Antonia kommt (21,31) und Paulus zweimal zur Rettung in die Burg führt (22,24; 23,10). Immer wenn Paulus in der Burg ist, ist er geschützt (23,12–22). Zum zweiten repräsentiert Claudius Lysias Rom als Schutzmacht, weil sich der Tribun sehr korrekt verhält. Er lässt sogleich (22,29) von Paulus’ Geißelung ab, nachdem er erfährt, dass dieser römischer Bürger ist. Solange ein römischer Bürger nicht verurteilt ist, darf er nicht gegeißelt werden – auch nicht zu Verhörszwecken.363 In Apg 23,10 rettet der Tribun Paulus davor, im Getümmel des Synhedriums zerrissen zu werden. Immer wieder ist auch darauf hingewiesen worden, dass der Neffe des Paulus auf Geheiß des Paulus ohne Weiteres von einem Zenturio zum Tribun gesandt wird und dieser dann auch noch dem Neffen ohne weitere Nachprüfung glaubt (man achte auf die vorsichtige Formulierung: ἐπιλαβόµενος δὲ τῆς χειρὸς αὐτοῦ ὁ χιλίαρχος καὶ ἀναχωρήσας, 23,19). Schließlich fällt die außerordentlich große Zahl von zweihundert Soldaten, siebzig Reitern und zweihundert Lanzenträgern auf, die der Tribun aufwendet, um Paulus sicher bis Antipatris zu begleiten (23,23).364 An vier Stellen könnten allerdings kleine Schatten auf die ‚lichte‘ Darstellung des Claudius Lysias fallen: 1) Nach Apg 21,33 wird Paulus vor dem Tempel verhaftet, obwohl er doch am Tumult nicht schuldig ist. Die Verhaftung von Nichtrömern durch Ketten war, wie Harry Tajra365 gezeigt hat, allerdings üblich. Zu diesem Zeitpunkt wusste der Tribun ja nicht, dass Paulus römischer Bürger war. Zudem war für den Tribun die Ursache des Tumults schwer zu erkennen. 2) Man könnte außerdem dem Tribun ankreiden, dass er Paulus geißeln lässt, ohne sich vorher nach seinem Rechtsstatus erkundigt zu haben (22,24). Heike Omerzu366 meint allerdings, dass der Tribun hier im Rahmen des noch immer üblichen maßgeblichen Provokationsverfahrens aus der Republik handelt: Ein römischer Bürger hatte ab dem dritten Jahrhundert v.Chr. das Recht, 361 Erst im Abstand von Jerusalem, in Antipatris (Apg 23,31), wird die Schutztruppe reduziert. 362 Ein tribunus militum befehligte eine Kohorte von 500 bis 1000 Mann. Zu Claudius Lysias METZNER, Die Prominenten, S. 469–481. 363 So juristisch präzise Paulus in Apg 22,25: „Wenn jemand ein römischer Bürger ist und unverurteilt, ist es euch erlaubt, ihn zu geißeln?“, vgl. OMERZU, Prozeß des Paulus, S. 379. 364 Z.B. CONZELMANN, Apostelgeschichte, S. 12–131. 365 TAJRA, Trial of St. Paul, S. 68, vgl. Cicero, Verr. II 5,170. 366 OMERZU, Prozeß des Paulus, S. 379.
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die Volksversammlung bei Rechtsmissbrauch eines Magistrates anzurufen. Diese Praxis stehe im Hintergrund dieser kleinen Szene, so Omerzu. Theodor Mommsen367 hat darüber hinaus nachgewiesen, dass sich außerdem Geißelungen als polizeilicher Akt gegen Nichtbürger und Sklaven zur Erpressung von Geständnissen ebenfalls im Rahmen des römischen Rechts bewegten. So gesehen begeht der Tribun hier, wenn überhaupt, nur einen kleinen Fehler, indem er nicht vorher den Status des Paulus geklärt hat. Bezeichnenderweise lässt der Tribun sofort von ihm ab (εὐθέως, 22,29) und fürchtet sich, nachdem er erfährt, dass Paulus römischer Bürger ist. In jedem Fall ist ihm gutzuschreiben, dass er ja nichts von Paulus’ Bürgerrecht gewusst hat. 3) Nach Apg 22,30 scheint Paulus am folgenden Morgen noch immer die Ketten zu tragen.368 Adrian Sherwin-White nimmt allerdings an, dass im ersten Jahrhundert eine einfache Fesselung auch bei römischen Bürgern als Teil der custodia militaris erlaubt war,369 sodass es sich letztlich um keine andere Maßnahme handelt als in Apg 28,20. Paulus war ja weiterhin kein freier Mann, sondern blieb Gefangener. 4) In Apg 23,27 erwähnt der Tribun in seinem Schreiben an den Prokonsul nicht, dass er Paulus hat geißeln wollen. Doch es besteht keine Notwendigkeit, µαθὼν ὅτι Ῥωµαῖός ἐστιν in V. 27 vorzeitig zu lesen. Es könnte auch heißen: „Dann erfuhr ich, dass er römischer Bürger war“ und hätte damit das Verfahren korrekt beschrieben. Claudius Lysias präsentierte also stolz seinem Vorgesetzten, dass er einen römischen Bürger geschützt hat.370 Nach allem, was wir wissen, verhält sich der Tribun also sehr korrekt. Dass Lukas das Römische Imperium nicht nur als Rechtsinstanz, sondern auch als Kulturraum betrachtet, zeigt sich in Apg 21,37, wenn der Tribun überrascht ist, dass Paulus Griechisch spricht und nicht der Ägypter ist, der einen Aufruhr gestartet hat, außerdem in der Tatsache, dass Paulus wie ein klassischer Rhetor eine Rede hält (22,1–21), und zudem in dem kurzen Gespräch über das Bürgerrecht, das Paulus von Geburt an besitzt, der Tribun aber nur gekauft hat.371 Es legt sich auch die Vermutung nahe, dass Lukas das 367
MOMMSEN, Rechtsverhältnisse, S. 90 mit Anm. 7. Der westliche Text ergänzt deshalb schon V. 29, siehe METZGER, Textual Commentary, S. 487. 369 SHERWIN-WHITE, Roman Society and Roman Law, S. 73f. Zu den unterschiedlichen Interpretationen von Apg 23,20 siehe METZNER, Die Prominenten, S. 477, Anm. 667. 370 Vgl. TAJRA, Trial of St. Paul, S. 107. 371 Hier mag sogar „lukanischer Humor“ (BACKHAUS, Transformation durch Humor, S. 221) mitschwingen; hat sich doch schon Seneca über die freigiebige Bürgerrechtspolitik des Claudius lustig gemacht (Seneca, Apoc. 3). Nach allem, was wir wissen, hat Claudius die Anzahl der Bürger im Römischen Reich erheblich erhöht (im Jahre 48 n.Chr. nach dem Zensus: 5.984.072 Personen, rund eine Million mehr als zur Zeit des Augustus). Diese erhöhte Bürgerzahl lässt sich erklären durch die Gründung römischer Kolonien und die großzügige Praxis der Verleihung des römischen Bürgerrechts an Provinziale (vor allem an 368
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geordnete Verfahren, das der Tribun anstrebt, als etwas typisch Römisches ansieht (vgl. 25,16). Dennoch wäre eine Darstellung Roms in Apg 21,27–32 nicht vollständig, würde man nicht in den Blick nehmen, dass Claudius Lysias den Apostel aufgrund seiner Redlichkeit am Ende nicht freilässt. Vermutlich aufgrund seiner Überzeugung, dass die Frage nach dem Aufruhr noch nicht geklärt war, lässt er ihn nicht frei, wie es sich nach Apg 23,29 wie bei Gallio in Apg 18,15 nahegelegt hätte.372 Vermutlich weil Paulus römischer Bürger war, überstellt der Tribun das Verfahren jedoch an den Statthalter. Gerade die Korrektheit des Tribuns führt also dazu, dass ein Mann, „der keine Anklage gegen sich hat, auf der Tod oder Gefängnis steht“ (23,30), weiter in Gefangenschaft bleibt. Die Einhaltung der Rechtsnormen führt Paulus also paradoxerweise keineswegs in die Freiheit, sondern hält ihn in Haft. Eine theologische Facette ist dem bisher gewonnenen Bild hinzuzufügen: Umrahmt von zwei Bedrohungsszenen heißt es in Apg 23,11: Τῇ δὲ ἐπιούσῃ νυκτὶ ἐπιστὰς αὐτῷ ὁ κύριος εἶπεν· θάρσει· ὡς γὰρ διεµαρτύρω τὰ περὶ ἐµοῦ εἰς Ἰερουσαλήµ, οὕτως σε δεῖ καὶ εἰς Ῥώµην µαρτυρῆσαι.373 Der Apostel war gerade vorher vom Tribun davor bewahrt worden, in Stücke gerissen zu werden, und Paulus hatte sich, so dürfen wir annehmen, wohl in der Kaserne schlafen gelegt. Da spricht ihm der erhöhte Kyrios selber Mut zu (θάρσει) und offenbart ihm, dass ihm von Gott vorbestimmt sei (δεῖ), auch in Rom Zeugnis abzulegen. Es zeigt sich also hier wie auch sonst häufiger in der Apostelgeschichte, dass der erhöhte Jesus letztlich derjenige ist, der die Geschicke des Apostels lenkt. Man könnte annehmen, dass Paulus vor dieser Zusage nur aus Britannier, Gallier, Griechen, Spanier). Auch hat sich wohl zur Zeit des Claudius die Vergabe des Bürgerrechts an Auxiliarsoldaten nach 25 Dienstjahren endgültig durchgesetzt (vgl. KIERDORF, Claudius, S. 73). Teil der Ironie könnte sein, dass der Statthalter Felix, der Vorgesetzte des Claudius Lysias, selbst ein Freigelassener war und damit in seinem ritterlichen Amt als Prokurator von Kaiser Claudius eigentlich gar nicht hätte zugelassen werden dürfen: Für die Berufung zum ordo equester durch den Kaiser waren neben 400 000 Sesterzen Mindestvermögen auch die freie Geburt seit mindestens zwei Generationen Voraussetzung, „was oft missachtet wurde“ (RIEẞ, Gesellschaft der Kaiserzeit; zum Drängen der Freigelassenen, insbesondere Statussymbole des Ritterstandes zu erreichen, siehe REINHOLD, Usurpation of Status; vermutlich wurde Felix bei Antritt seines Amtes als Prokurator von Kaiser Claudius in den Ritterstand erhoben, vgl. LÉMONON, Pilate, S. 55). Nicht auszuschließen ist auch, dass Lukas mit dem Namen „Claudius Lysias“ auf diese Bürgerrechtspolitik des Kaisers anspielt (Claudius als Hinweis auf einen Freigelassenen des Kaisers Claudius, Lysias von λύω, „entlassen“, vgl. HEMER, Book of Acts in the Setting of Hellenistic History, S. 127.170; BARRETT, Acts, Bd. 2, S. 1049f). 372 Vgl. OMERZU, Prozeß des Paulus, S. 401. 373 „Als es Nacht wurde, stand der Kyrios bei ihm und sagte: ‚Habe guten Mut: Denn wie du meine Sache in Jerusalem bezeugt hast, so ist es dir bestimmt, auch in Rom Zeugnis abzulegen‘“ (Übers. J.-A. E.).
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Geschicklichkeit, um einen Tumult vor dem Synhedrium zu initiieren, die Auferstehung angesprochen habe. Mir scheint aber auch der Gedanke naheliegend, dass Lukas hier andeutet, dass Paulus in einem tieferen Sinne tatsächlich um der Auferstehung der Toten willen angeklagt sei: Schließlich ist es der Auferstandene und Erhöhte, der die Geschicke des Paulus lenkt und ihn letztlich durch die Tumulte der Juden und die Rettung durch die Römer nach Rom bringt. In theologischer Hinsicht ist ebenfalls von Bedeutung, dass Paulus die grundsätzliche Motivation seines Handelns in der Rede auf den Stufen des Tempels entfaltet (22,1–22): Paulus blickt in diesen Worten zurück auf seine Zeit als Verfolger der Gemeinde. Er wird Zeuge des Auferstandenen, der sich ihm zum einen vor Damaskus, zum zweiten in den Worten des Hananias und schließlich zum dritten in einer Ekstase im Tempel geoffenbart hat (die sonst nicht berichtet wird). Auch die Verwerfung durch die Jerusalemer, so offenbart ihm der Kyrios, sei letztlich Gottes Wille (V. 18), ebenso wie seine Sendung zu den Heiden (V. 21).374 Diese Rede bestätigt: Letztlich handelt nicht Rom, sondern der Auferstandene und Erhöhte, der das Geschehen jeweils weiterführt.375 Die deutliche Ablehnung der Botschaft vom auferstandenen Jesus, die Paulus durch das Synhedrium, die Hohepriester und Ältesten erfährt (23,1– 10), geht also letztlich auf Paulus’ eigene Zeugenfunktion für den Kyrios zurück. Dabei legt sich die Vermutung nahe, dass Lukas mit µαρτυρῆσαι in Apg 23,11 das gesamte Verhalten des Paulus, das er in Jerusalem an den Tag legt, meint. Sowohl seine Rede vor dem jüdischen Volk als auch sein Auftritt vor dem Synhedrium und sein Auftreten in der Burg Antonia sind also ein Zeugnis für den Auferstandenen, das vom Volk nicht verstanden wird. Auch 374 Hier sei der kurze Hinweis erlaubt, dass schon Martin Dibelius in seiner grundlegenden Untersuchung zu den Reden der Apostelgeschichte von 1949 die Rede auf den Stufen der Burg Antonia als eine der fünf Reden in der Apostelgeschichte bezeichnet hat, die innerhalb der konkreten Situation wenig Sinn ergeben, aber als Botschaft für die Leser die Gesamtaussage des Werkes plastisch werden lassen. Hier verteidigt Paulus „noch einmal grundsätzlich sein Werk, die Heidenmission“ (DIBELIUS, Aufsätze, S. 136–139, Zitat S. 138). 375 Betrachtet man außerdem das Wort µαρτυρῆσαι in 23,11 näher, so fällt auf, dass die Verwendung des Stammes µαρτ- gerade in der Rede des Paulus auf den Stufen zur Burg Antonia gehäuft vorkommt; zum einen im Sinne eines weltlichen Beleges: „Viele können bezeugen, dass Paulus früher Christen verfolgt hat“ (22,5). Ebenso auch in der Aussage über Hananias, der ein Mann sei, über dessen guten Ruf andere Zeugnis ablegten (22,12). Darüber hinaus wird Stephanus im religiösen Sinne als Zeuge des Kyrios beschrieben (22,20). Und zum vierten wird Paulus durch die Vision im Tempel selbst zu einem Zeugen des Kyrios, dessen Zeugnis von den Jerusalemern nicht angenommen wird: 22,18: καὶ ἰδεῖν αὐτὸν λέγοντά µοι· σπεῦσον καὶ ἔξελθε ἐν τάχει ἐξ Ἰερουσαλήµ, διότι οὐ παραδέξονταί σου µαρτυρίαν περὶ ἐµοῦ, „und (ich) sah ihn, der zu mir sagte: ‚Beeile dich und verlasse Jerusalem schnell, denn dein Zeugnis von mir werden sie nicht annehmen‘“.
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wenn Paulus selber kein Augen- oder Ohrenzeuge des irdischen Jesus war, ist er dennoch ein erwählter Zeuge des Auferstandenen in seinem gesamten Weg, den er für den und mit dem Auferstandenen geht: In Apg 22,15 sagt der Erhöhte durch Hananias zu ihm: ἔσῃ µάρτυς αὐτῷ πρὸς πάντας ἀνθρώπους ὧν ἑώρακας καὶ ἤκουσας („Du wirst für ihn Zeuge sein vor allen Menschen von den Dingen, die du gesehen und gehört hast“376). Seine Gefangenschaft und seine Bewahrung durch die Macht Roms dienen also dem Zeugnis vom erhöhten Herrn, der die Geschicke des Apostels lenkt (vgl. auch Apg 9,15–16). Letztlich ist im Blick zu behalten, dass Paulus seine agency, sein Handlungspotenzial, in Apg 21,27–23,32 trotz seiner Gefangenschaft keineswegs verloren geht: Paulus hält eine Rede auf den Stufen der Burg. Er weist deutlich auf sein Bürgerrecht hin (22,26). Er wehrt sich verbal gegen die Schläge des Hohepriesters (23,3) und argumentiert vor dem Hohen Rat offensiv (23,6). Er sendet seinen Neffen zum Tribun, der ihn mit einem großen Aufgebot an Soldaten schützt (23,24). Paulus bleibt während seiner gesamten Zeit in Jerusalem derjenige, der trotz seiner Gefangenschaft aktiv auf den Prozess des Geschehens einwirkt. Die Leser, die Apg 21,27–23,32 lesen, sehen, dass Claudius Lysias Paulus sehr korrekt beschützt, dass Rom auch als Kulturraum in den Blick kommt, dass der Kyrios den Weg des Paulus führt und ihm Mut zuspricht und Paulus keineswegs sein Handlungspotenzial verliert, sondern den Ausgang der Szenen innerhalb seiner Möglichkeiten mitbestimmt. 3.2.17 Die Doppelgesichtigkeit des Statthalters Felix (Apg 23,33–24,27) Verhielt sich der Tribun Claudius Lysias in vielerlei Hinsicht korrekt, so präsentiert uns Lukas im Anschluss an die Episoden in Jerusalem einen Statthalter in der Provinzhauptstadt Cäsarea, der fast als ein Gegenbild zu dem tribunus militum aus Jerusalem verstanden werden kann. Wie Pilatus wahrt Felix377 die Form des Gerichtsverfahrens, fällt aber wie Pilatus kein Urteil, um seinen eigenen Vorteil aus der Begegnung mit dem gefangenen Paulus zu ziehen. Im Laufe des Doppelwerks sind uns immer wieder Repräsentanten des Imperiums begegnet, die sich zweifelhaft oder gar unrecht verhielten. Hier, im ersten wirklichen Prozess gegen Paulus, missbraucht Felix seine Macht, auch wenn es zunächst nicht den Anschein hat. Doch gerade dieser Machtmissbrauch zerbricht den gefangenen Apostel nicht innerlich, sondern stärkt ihn und führt schließlich dazu, dass er seinen Weg nach Rom geht. Wie schon in Lk 23,1–25 und Apg 13,4–12 verdichtet sich im Laufe der Darstellung eine Dreierkonstellation zu einem Dualismus. 376
Vgl. Lk 21,13. Antonius Felix (Tacitus, Ann. XII 54; Tacitus, Hist. V 9), nach Josephus, Ant. XX 137, Claudius Felix, war wohl Prokurator von Judäa von 52 bis 59 n.Chr. Zu Felix und seiner Bewertung durch Tacitus und Josephus METZNER, Die Prominenten, S. 497–509. 377
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Die gesamte auf Apg 23,35 folgende Szene spielt im Prätorium des Herodes in Cäsarea, wo der Prokurator residiert. Die von Lukas ausdrücklich gekennzeichnete Chronologie der Szene strukturiert die Verse deutlich: In V. 1 schreibt Lukas: „nach fünf Tagen“. So eröffnet er den Prozess. Dass der Prozess nicht mehr weitergeht und es sich nun nur noch um persönliche Begegnungen zwischen Paulus, Felix und Drusilla handelt, erfährt der Leser aus V. 24: „nach einigen Tagen“. Und die letzte Zäsur vor dem Überleitungsvers zu den Festusszenen setzt Lukas in V. 27: „nach zwei Jahren“ (vermutlich bezogen auf die Dauer der Haft des Paulus). Dieser chronologischen Einteilung korrespondieren die unterschiedlichen Figuren: In den Versen 1–23 sind die anwesenden und agierenden Personen der Hohepriester Hananias, der Anwalt Tertullus, die Ältesten, der Statthalter und Paulus, in den Versen 24–26 Paulus, Felix und seine jüdische Frau Drusilla. Die Prozessszene strukturiert sich dabei deutlich durch die beiden Reden (V. 1–9 und 10–21) und durch die Verkündung der Entscheidung in den Versen 22–23. Die persönliche Unterhaltung zwischen Drusilla, Felix und Paulus wird strukturiert durch das ἅµα in V. 26, das die unterschiedlichen Motive des Felix trennt. Die Anklage des Tertullus und die Verteidigungsrede des Paulus sind jeweils parallel aufgebaut. Nehmen wir diese Hinweise ernst, ergibt sich ein klarer Aufbau: 1. Die Überleitung: Paulus kommt als Gefangener in Cäsarea an (23,33–35). 2. Der erste Hauptteil: Der Prozess vor dem Statthalter Felix (24,1–23) 2.1 Anklagerede des Rhetors Tertullus (24,1–9) 2.1.1 Captatio benevolentiae (24,2–4) 2.1.2 Die Anklagepunkte 2.1.2.1 Paulus stiftet Unruhe in der ganzen Welt (24,5). 2.1.2.2 Er ist ein Anführer der Sekte der Nazarener (24,5). 2.1.2.3 Er hat versucht den Tempel zu entweihen (24,6).378 2.1.3 Aufforderung zum Verhör (24,8) 2.1.4 Unterstützung durch die Juden (24,9) 2.2 Die Verteidigungsrede des Paulus (24,10–21) 2.2.1 Captatio benevolentiae (24,11) 2.2.2 Widerlegung der Anklage (24,11–19a) 2.2.2.1 Weder im Tempel noch in der Stadt hat Paulus Unruhe gestiftet (24,12–13). 2.2.2.2 Die Nazarener sind keine Sekte, sondern der Weg, der den Vätern, dem Gesetz und den Propheten entspricht. Wir alle warten auf die Auferstehung (24,14–16). 2.2.2.3 Paulus hat den Tempel nicht entweiht, sondern sich selbst einer Weihe unterzogen (24,17–19a). 2.2.3 Aufforderungen an den Statthalter, sich selber ein Bild zu machen (24,19b–21): 2.2.3.1 hinsichtlich der asiatischen Juden (24,19b) 2.2.3.2 hinsichtlich der anwesenden Juden (24,20–21) 2.3 Felix’ Entscheidung: Vertagung des Prozesses. Leichte Haft des Paulus (24,22–23) 3. Der zweite Hauptteil: Der Statthalter Felix verfolgt seine eigenen Interessen (24,24–26). 3.1 Felix’ Interesse am christlichen Glauben und seine Abwehr konsequenten christlichen Lebens (24,24–25) 3.2 Felix’ Käuflichkeit (24,26) 4. Die Überleitung zum Folgenden (24,27), Felix’ Nachgiebigkeit den Juden gegenüber
378
Die Verse 6b–7 finden sich erst in späterer Überlieferung.
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Beginnen die Leser ab Apg 23,33 den Text zu rezipieren, so erscheint Felix ihnen zunächst im ersten Hauptteil als korrekter Vertreter Roms: Er liest das Schreiben seines Tribuns aus Jerusalem, stellt die Heimatprovinz des Paulus fest und hält ihn in Gewahrsam. Dann eröffnet er in Apg 24,1 den Prozess, indem er die Anklage der Anwesenden annimmt. Tertullus klagt Paulus an, indem er die drei Anklagepunkte nennt: Unruhestiftung (στάσις) unter allen Juden, Anführer einer Unruhe stiftenden Sekte, Entweihung des Tempels. Tertullus bezeichnet Paulus als Pest und meint damit, dass Paulus den bewohnten Erdkreis krank mache. Entscheidend ist dabei der Vorwurf der στάσις (seditio), die nach römischem Recht, ist sie nachgewiesen, die Todesstrafe nach sich zieht.379 Paulus darf antworten und entkräftet die Vorwürfe. Felix berät sich und entscheidet sich für eine Vertagung des Prozesses mit der Begründung, er wolle auch den Tribunen Lysias hören (V. 22). Paulus wird in leichte Untersuchungshaft genommen. Felix scheint also dem Recht Genüge zu tun. Dieser erste Eindruck vertieft sich, wenn man diesen Prozess nach den Schilderungen in Jerusalem liest, die sich durch einen Nebel von „Emotionen, Intrigen und Gruppeninteressen“380 ausgezeichnet hatten. Die vielen von Lukas verwandten Rechtstermini unterstützen diese Beobachtung.381 Verhält sich Felix für oberflächlich Lesende korrekt, so schleichen sich dennoch bei der Lektüre des ersten Hauptteils Zweifel ein: Warum nimmt Felix nicht die Bitte des Paulus auf, die asiatischen Juden kommen zu lassen, um sie zu befragen? Warum befragt Felix nicht die anwesenden Juden, wozu ihn Paulus auffordert? Was kann ihm der Tribun Claudius Lysias eigentlich noch Weiteres sagen als das, was er schon brieflich mitgeteilt hat (23,26–30)? Warum spielt eigentlich das römische Bürgerrecht des Paulus in dieser Verhandlung keine Rolle? Geht es doch um στάσις, also ein Verbrechen, bei dem eindeutig feststeht, dass in Fällen von römischen Bürgern die kaiserlichen Gerichte zuständig waren. Diese Zweifel verstärken sich für die Leser, wenn sie sich fragen, weshalb Felix den Prozess überhaupt vertagt: Wie im Pilatusprozess wird nicht recht deutlich, weshalb der Statthalter nicht sofort ein Urteil fällt, sei es, dass er Paulus freilässt, sei es, dass er ihn als römischen Bürger nach Rom sendet. Erst im zweiten Hauptteil wird deutlich, wie schwach Felix als Statthalter ist und welche eigenen Interessen er verfolgt. Deshalb nun zum zweiten Hauptteil von Apg 24. Erst dort werden die Schwäche des Felix und seine eigenen Interessen klarer; denn hier verdichtet sich die Dreieckskonstellation auf ein Zwei-Parteien-Gespräch, sodass sich Felix’ wahrer Charakter zeigt. Entsteht im Prozess der Eindruck von Felix als einem integren Statthalter, dessen Entscheidungen zwar nicht unmittelbar 379
Belege bei MIKAT, Lukanische Christusverkündigung und Kaiserkult. ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 335. 381 Z.B. ἐνεφάνισαν: „Anzeige erstatten“ (V. 1); ἀνεβάλετο: „eine Vertagung verkünden“ (V. 22). 380
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nachvollziehbar, aber dennoch bei vielem guten Willen verständlich sind, so entsteht im zweiten Teil der Eindruck eines korrupten Beamten, der es nicht wagt, das römische Recht gegen ein unterworfenes Volk durchzusetzen. So wirkt er gegenüber dem gefangenen Paulus schwach, während dieser dem mächtigen Statthalter gegenüber stark wirkt. So offenbart sich, dass Felix’ Interesse am christlichen Glauben anders als bei Sergius Paulus in Apg 13,4– 12 nicht so sehr an der Sache selbst orientiert ist als an seinem eigenen finanziellen Vorteil. Außerdem ist der Statthalter nicht bereit, die moralischen Verpflichtungen einzugehen, die der christliche Glaube mit sich bringt. Lukas entfaltet in Apg 24 ein Bild von Felix, das im Wesentlichen unseren sonstigen, weitgehend negativen Informationen über ihn durch Tacitus und Flavius Josephus entspricht.382 Ihm geht es nicht um Gerechtigkeit gegenüber einem der Unruhestiftung angeklagten römischen Bürger, sondern um seinen eigenen Vorteil. Auch wenn sich auf den ersten Blick kaum direkte Anhaltspunkte für eine theologische Sicht auf den Prozess vor dem Statthalter Felix ergeben, schimmert auch durch Apg 24 hindurch, dass Paulus hier nicht nur als fälschlich angeklagte Einzelperson, sondern als von Gott berufener Zeuge auftritt, der sich auch in dieser heiklen Situation, in der es juristisch um die Anklage eines todeswürdigen Verbrechens geht, vom Kyrios bestimmt weiß, dessen Kraft nach Apg 1,8 die gesamte Kirche der Apostelgeschichte bestimmt. Dabei ist sicher kein Zufall, dass Paulus seine Argumentation in den Versen 10–21 zweimal auf ein Bekenntnis zur Auferstehung zulaufen lässt; denn die Auferstehung und Erhöhung Jesu sind die Grundlage seiner theologischen Aussagen in Apg 23,33–24,27. Zum einen macht er am Ende seiner Zurückweisung des Vorwurfs der Sektenleitung in V. 15 und 16 deutlich, dass sein Glaube und sein Verhalten den Vätern, dem Gesetz und den Propheten entsprechen. Damit verweist er deutlich auf die heilsgeschichtliche Kontinuität seines christlichen Glaubens zu dem der Schriften des Volkes Israel. Sein Glaube und sein Verhalten entsprechen dem Willen des Gottes Israels und damit nach lukanischem Verständnis dem Gott, dem auch schon die frommen Gestalten des Alten Testaments, Johannes der Täufer und die Personen der Kindheitsgeschichte gedient haben.383 Paulus ist und bleibt Gefäß Gottes (Apg 9,15), das heißt des Gottes des Alten Testaments ebenso wie des Herrn Jesus. Dort, wo Paulus Felix auffordert, die anwesenden Juden selber bezeugen zu lassen, was vor dem Hohen Rat geschehen war, erinnert er noch einmal an die Auferstehung, an die er glaube. Zunächst legt sich nahe, hier an die Auferstehung der Toten zum kommenden Gericht zu denken (vgl. V. 25). Gleichzeitig ist meines Erachtens aber nicht ausgeschlossen, dass er auch die Auferstehung Jesu 382 383
Josephus, Bell. II 247.262–263; Josephus, Ant. X 169ff; Tacitus, Hist. V 9. GUNKEL, Der Heilige Geist bei Lukas, S. 54.
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einschließt, die erst die Voraussetzung für die Auferstehung der Toten ist (so Lk 23,43). Dann würde Paulus hier anklingen lassen, dass er an den Kyrios glaubt, der nach Lukas Herr der Kirche und ihrer Geschichte ist. Zum zweiten deutet Paulus in seinen Worten gegenüber Felix sein theologisches und moralisches Koordinatensystem an, das sich nach Apg 24,22–26 erheblich von dem des römischen Statthalters unterscheidet. Paulus, so sagt er in V. 16, übe sich, in allem eine ἀπρόσκοπος συνείδησις zu haben gegenüber Gott und den Menschen. Felix hingegen versucht Paulus nach V. 26 zu erpressen und handelt nach V. 27b so, wie es einem Statthalter gerade nicht entsprechen soll. Außerdem verkündet Paulus dem Statthalter mutig, dass der Glaube an Jesus Christus zu δικαιοσύνη und ἐγκράτεια angesichts des kommenden Gerichtes führe – Begriffe, die dem Statthalter offenbar gar nicht gefallen, bricht dieser doch das Gespräch ab. Paulus legt also hier auch in ethischer Hinsicht Zeugnis vom erhöhten Herrn Jesus Christus ab (V. 24). Zum dritten ist in der Gesamtsicht auf den Paulusprozess stets im Blick zu behalten, dass das Verfahren unter dem Vorzeichen steht, dass Paulus seinen von Gott bestimmten Weg nach Rom findet, der letztlich durch die einzelnen Prozessteile, die versagenden Statthalter und die Standhaftigkeit des Apostels führt. Nach Apg 21,13, 23,11 und 27,24 führt Gott seinen Weg nach Rom vor den Kaiser. So gesehen sind alle Kapitel und eben auch das 24. letztlich gar nicht anders zu lesen denn als Schilderung der Umsetzung des Willens Gottes, der Paulus dorthin führt, wohin der nach Gottes Willen schließlich reisen soll, nämlich nach Rom. Dabei ist nicht zu übersehen, dass der Zeuge Jesu, Paulus, dem Statthalter Felix wie in Apg 16,11–40 und 21,27–23,32 offensiv gegenübertritt. Er verteidigt in der Rede deutlich seine Position (24,10–21) und vertritt eine klare ethische und eschatologische Position. So entsteht in Apg 24 der Eindruck eines mutigen Zeugen Jesu und eines Repräsentanten des Römischen Imperiums, der scheinbar das Recht wahrt, aber als Richter Roms versagt. 3.2.18 Festus – ein Statthalter ohne Gestaltungswillen (Apg 25,1–26,32) Haben die Repräsentanten des Imperiums im Verlauf des Doppelwerks immer wieder Schwächen im Umgang mit Jesus oder den Christen gezeigt,384 so wird diese mangelnde Gestaltungskraft eines Repräsentanten Roms im letzten Teil des sog. Paulusprozesses zum bestimmenden Motiv der Handlung, das die Erzählung vorantreibt und das die Grundlage für die Entfaltung weiterer Motive bildet. Dabei ist wichtig wahrzunehmen, dass sich diese Schwäche des Statthalters im Laufe des Berichts Apg 25–26 kontinuierlich steigert, bis am Ende der Episode sogar König Agrippa die Einschätzung aller Beratenden verkündet: „Dieser Mensch könnte freigelassen werden, wenn er nicht an den 384
Lk 23,1–25; Apg 16,23–24; 24,22–27.
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Kaiser appelliert hätte“385 – eine Einschätzung, die Festus schon sehr früh trifft (25,18), aber nicht in die Tat umsetzt, sodass Paulus nicht freigelassen wird. Diese mangelnde Gestaltungskraft des Festus steigert sich, je umfangreicher und größer die geschilderte Szene wird.386 Beginnt im ersten Teil in Jerusalem alles noch so, als ob das Verfahren nun auf einen geregelten Prozess im Amtssitz des Prokonsuls von Judäa in Cäsarea hinausliefe, so zeigt sich im zweiten Teil, dass Festus, obwohl er auf dem Richterstuhl sitzt (25,6), keineswegs ein geregeltes Verfahren anstrebt, sondern den Juden mit seinem Vorschlag der Prozessverlagerung nach Jerusalem eine Gunst erweisen will (25,9). Erst dieses Fehlverhalten führt dazu, dass Paulus an den Kaiser appelliert (25,9–12).387 Im dritten Teil konstatiert Festus gegenüber Agrippa und Berenike,388 dass es um Fragen des Glaubens gehe, zieht aber keineswegs den Schluss, dass er Paulus schon nach 25,8 hätte freilassen sollen. Da er im Folgenden etwas hilflos keine Aktivität mehr vorschlägt, ergreift Agrippa im Schlussvers der Szene (25,22) die Initiative und sagt, er möchte Paulus hören. Zu Beginn des letzten großen Teils (Apg 25,23–26,32) benennt Felix seine eigene Verunsicherung ausdrücklich („Ich habe nichts Sicheres, was ich meinem Herrn schreiben könnte“, 25,26) und begründet mit dieser Unsicherheit die gesamte folgende Szene um Agrippa vor Berenike, den Tribunen und den Persönlichkeiten der Stadt (25,23). Blickt man auf die Reihenfolge der Benennung der Personen jeweils am Anfang der unterschiedlichen Teile, so zeigt sich, dass der Statthalter, der doch das Verfahren aktiv zu gestalten hätte, bezeichnenderweise immer später in der Reihenfolge der auftretenden Personen genannt wird.389 Am Ende hat Festus noch nicht einmal etwas Greifbares, was er seinem Herrn, dem Kaiser (25,26), hätte schreiben können. Ein anderer, König Agrippa, konstatiert für ihn die Unschuld des Paulus (26,32). Dieser zunehmenden Schwäche des Statthalters entspricht die zunehmende Aktivität des gefangenen Paulus, der im Laufe von Apg 25–26 vom Objekt 385
Apg 26,32: Ἀπολελύσθαι ἐδύνατο ὁ ἄνθρωπος οὗτος εἰ µὴ ἐπεκέκλητο Καίσαρα. Es legt sich eine Gliederung aufgrund der chronologischen Hinweise des Textes nahe, die jeweils neue, textlich immer umfangreichere Szenen einläuten, deren beteiligte Personenzahl kontinuierlich zunimmt: 25,1: Festus und die Vertreter des Judentums in Jerusalem (nach drei Tagen); 25,6: Festus in Cäsarea mit Paulus und den Juden (nach nicht mehr als acht oder zehn Tagen); 25,13: Festus mit König Agrippa und Berenike in Cäsarea (nach einigen Tagen); 25,23: Festus, Agrippa, Berenike, der große Hofstaat, Tribunen und maßgebliche Persönlichkeiten der Stadt (am nächsten Tag). 387 Zu den historischen Fragen, die mit der Appellation verbunden sind, siehe OMERZU, Prozeß des Paulus, S. 485–494. 388 Wie Gallio (Apg 18,15). 389 Apg 25,1.6.13.23. Diese Beobachtung ist mir in der Literatur noch nicht begegnet. 386
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zum Subjekt des Verfahrens wird – gegen Ende kann er sogar über seine Ketten scherzen (26,29). Ist Paulus im ersten Teil (25,1–5) nur Objekt des Gesprächs, so gibt er dem Verfahren im zweiten Teil (25,6–12) mit der Appellation an den Kaiser die entscheidende Wende. Im dritten Teil (25,13– 22) zeigen sich die Folgen dieser Appellation; zwingt er doch nun den Statthalter, sich mit ihm als Gefangenem zu beschäftigen, der unter dem Schutz seines Kaisers steht. Im vierten und letzten Teil (25,23–26,32) verkündigt er offen wie ein klassischer Rhetor (26,1) Gottes gegenwärtige Macht, bringt den Statthalter zum Staunen (26,24), den König fast zum Glauben (26,28) und sorgt sogar dafür, dass alle sich gegenseitig der Unschuld des Paulus versichern (26,31). Dabei mag angesichts der Situation der Gefangenschaft des Paulus ein Leser des späten ersten Jahrhunderts darüber gestaunt haben, mit welch großem Freimut (vgl. Apg 28,31) der Zeuge Jesu seinem Auftrag nachkommt, als Leidender auch vor Könige den Namen Jesu zu tragen (Apg 9,15), wie selbstbewusst er sein Recht einfordert (25,9–12) und mit welcher Selbstverständlichkeit er sich in den höchsten Kreisen einer Provinz zu bewegen weiß (26,24–29). Für die Leser der Zeit mag sich hier widerspiegeln, dass das Zeugnis von Jesus nicht nur räumliche (2,9–11), ethnische (Kap. 10–11) und kulturelle (16,21) Grenzen überwindet, sondern wie in Apg 13,6–12 auch soziale.390 Parallel zur abnehmenden Gestaltungskraft des Statthalters nimmt die agency des Paulus so zu, dass dieser selbst einer Berenike, die immerhin bis zum Amtsantritt des späteren Kaisers Titus (79 n.Chr.) die in Rom präsente Geliebte des ältesten Vespasian-Sohns war, das Evangelium verkündet.391 Diese Gestaltungskraft des Paulus trotz seiner römischen Gefangenschaft392 geht jedoch nicht allein auf die Schwäche des Prokonsuls zurück. Sie wurzelt vielmehr in Gott, der die Toten auferweckt (26,8), und in Christus, der als Leidender und Auferstandener seinem Volk und den Heiden das Licht verkündet (26,23). Untersucht man nämlich die Paulusrede in ihrem geradezu klassischen Aufbau als Gerichtsrede,393 so zeigt sich, dass Paulus – theologisch gesprochen – in seiner eigenen Verkündigung in Apg 26,2–29 der Verkündigung Christi Raum gibt.
390
Vgl. Apg 26,22a: Gottes Auferstehungsmacht wirkt so, dass er bis heute vor Großen und Kleinen steht: ἐπικουρίας οὖν τυχὼν τῆς ἀπὸ τοῦ θεοῦ ἄχρι τῆς ἡµέρας ταύτης ἕστηκα µαρτυρόµενος µικρῷ τε καὶ µεγάλῳ. 391 Zu König Agrippa II. und Berenike siehe METZNER, Die Prominenten, S. 539–550. Festus war wohl von 59/60 bis 61/62 n.Chr. Statthalter von Judäa, vgl. METZNER, ebd., S. 514–525. 392 Paulus bleibt in Ketten, vgl. Apg 26,29. 393 Vgl. WALDE, Art. Rhetorik, Sp. 971–974.
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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1. Exordium – Einleitung der Rede (V. 2–5) 1.1 Captatio benevolentiae (V. 2–3) 1.2 Paulus stellt seinen bisherigen Weg vor (V. 4–5). 2. Kernteil (V. 6–23) 2.1 Propositio mit Narratio: Die Auferstehung Jesu als erfüllte Verheißung (V. 6–8) 2.2 Argumentatio: Die Herrschaft des auferstandenen Kyrios in der Gegenwart (V. 9– 21) 2.2.1 Vorgeschichte des Damaskuserlebnisses (V. 9–11) 2.2.2 Die Begegnung mit dem Kyrios (V. 12–21) 2.2.2.1 Die Erscheinung des Kyrios (V. 12–15) 2.2.2.2 Das Ziel der Erscheinung/der Auftrag des Kyrios an Paulus (V. 16–18) 2.2.2.3 Die Folgen des Damaskuserlebnisses – Paulus’ Treue zum Kyrios (V. 19–21) 2.3 Conclusio (V. 22–23) 3. Erregung parteigünstiger Affekte (V. 24–29) 3.1 Einwurf des Festus (V. 24) 3.2 Paulus setzt seine Rede fort/Agrippa als Zeuge der Wahrheit des Verkündigten (V. 25–27) 3.3 Einwurf Agrippas (V. 28) 3.4 Abschluss der Rede – Paulus’ Hoffnung, alle werden Christen (V. 29)
Diese Kernaussagen der Rede, dass Gott die Macht hat und dass Christus seinem Volk und den Heiden Licht verkündet, kristallisieren sich nämlich heraus, wenn man erkennt, dass die Verse 6–8 die Propositio mit Narratio bilden, die Verse 9–21 die Argumentatio und die Verse 22 und 23 die Conclusio. Die Propositio findet ihren Zielpunkt in der Aussage,394 dass Gott Tote auferweckt. Die Argumentatio findet ihr Ziel in der Erscheinung des Herrn, der Paulus beauftragt, den Heiden und Juden die Augen aufzutun, damit sie sich von der Finsternis zum Licht umwenden und von der Gewalt des Satans zu Gott.395 Die Conclusio fasst noch einmal zusammen, dass Christus das Licht dem Volk und den Heiden verkündigt. Damit wird deutlich, dass Paulus’ Vollmacht zur Verkündigung in der Bevollmächtigung 394
V. 8, hier in eine rhetorische Frage gekleidet. Grammatisch gleichgeordnet und damit konkretisierend: um die Vergebung der Sünden und das Erbteil unter den Heiden durch den Glauben an mich zu empfangen (V. 18). Das Ziel der Erscheinung/der Auftrag des Kyrios an Paulus: 16 ἀλλ’ ἀνάστηθι καὶ στῆθι ἐπὶ τοὺς πόδας σου· εἰς τοῦτο γὰρ ὤφθην σοι, προχειρίσασθαί σε ὑπηρέτην καὶ µάρτυρα ὧν τε εἶδές [µε] ὧν τε ὀφθήσοµαί σοι, 17 ἐξαιρούµενός σε ἐκ τοῦ λαοῦ καὶ ἐκ τῶν ἐθνῶν εἰς οὓς ἐγὼ ἀποστέλλω σε 18 ἀνοῖξαι ὀφθαλµοὺς αὐτῶν, τοῦ ἐπιστρέψαι ἀπὸ σκότους εἰς φῶς καὶ τῆς ἐξουσίας τοῦ σατανᾶ ἐπὶ τὸν θεόν, τοῦ λαβεῖν αὐτοὺς ἄφεσιν ἁµαρτιῶν καὶ κλῆρον ἐν τοῖς ἡγιασµένοις πίστει τῇ εἰς ἐµέ. 395
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durch Christus gründet; genauer gesagt, dass Paulus sogar die Verkündigung Jesu nur fortsetzt, wenn Christus durch ihn die Augen öffnet, damit alle von der Finsternis zum Licht (vgl. V. 23) und aus der Macht des Satans in den Machtbereich Gottes treten. Die Auferstehung Jesu ist nach V. 23 also kein bloßes Ereignis der Vergangenheit, sondern setzt sich in seiner eigenen Verkündigung fort. Bezogen auf die Situation vor allen anwesenden Großen bedeutet dies, dass Paulus der Macht Gottes und des Auferstandenen untersteht und deshalb so frei und offen redet. Wie sich auch im Damaskuserlebnis des Paulus gezeigt hat (V. 12–18), ist die Macht Gottes und Christi keine Macht der Vergangenheit, sondern eine, die in der Gegenwart in Cäsarea wirkt. Dadurch dass Lukas die Form der Gerichtsrede wählt, präsentiert er Paulus als Teil der gehobenen hellenistisch-römischen Kultur und nähert gleichzeitig die Paulusrede an die Situation vor dem Statthalter an. Lukas stellt Gottes lebenschaffende Macht in den Mittelpunkt der Rede (V. 8; vgl. V. 23), führt seine Leser über die Situation hinaus und verweist auf Gott und Christus als die eigentliche Macht, die Paulus ermächtigt. Vorsichtig mag auch anklingen, dass die damals in Cäsarea Anwesenden selbst unter der Macht des Satans (V. 18) standen; verwendet doch Lukas für die Macht des Staates und die des Satans wie auch sonst oft jeweils den Begriff ἐξουσία.396 Überblickt man die Darstellung des Imperiums in Apg 25 und 26, so zeigt sich, dass der Statthalter Festus zunehmend das Verfahren aus der Hand gibt. Paulus bleibt Gefangener, gestaltet aber in wachsendem Maße die Szenerie, weil Gott ihn durch Christus ermächtigt, das Licht seinem Volk (Agrippa) und den Heiden (Festus) zu verkündigen (26,23). Durch die Rede des Paulus zeigt sich erneut, dass Gottes Macht die des Imperiums weit übersteigt. Nicht zuletzt aus dieser souveränen Macht heraus sorgt Gott durch die Schwäche des Prokurators Festus auf verborgene Weise dafür, dass Paulus gefesselt (vgl. 21,14) seinen Weg nach Rom findet (vgl. 19,21). 3.2.19 Die Schiffbrucherzählung und der Wandel des Zenturios (Apg 27,1–44) Immer wieder erzählt die Apostelgeschichte den Lesern davon, dass sich das Verhältnis zwischen Paulus und den Repräsentanten des Imperiums im Laufe einer Episode wandelt.397 Doch in keiner Episode wandelt sich das Verhältnis eines Repräsentanten Roms zu Paulus so eindeutig von einem Befehls- zu einem Vertrauensverhältnis wie in der Erzählung von der Schiffsreise nach Rom in Apg 27. Unter dem Eindruck der Worte des Engels, denen Paulus in seinen Taten und in seinen Worten im Folgenden Raum gibt, trägt der Zenturio schließlich dazu bei, dass alle gerettet werden, wie es der Engel verkündet hatte (V. 22). Wie in anderen Episoden der Apostelgeschichte 396 397
In Apg 28,18, vgl. Lk 4,6; Apg 10,38. Z.B. in Apg 16,11–40.
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spiegelt die Struktur der Erzählung in Apg 27 ihre theologische Kernaussage wider: Gottes Macht rettet die Menschen auf dem Schiff, die in Not sind, und schafft Vertrauen unter denjenigen, die im Dienst des Imperiums stehen. Die Erzählung lässt sich in sieben unterschiedliche, aufeinander aufbauende Teile gliedern, die untereinander verbindet, dass sie chronologisch von der Seefahrt des Paulus und aller anderen Schiffsinsassen berichten. Jeweils am Anfang der Perikopen lassen sich neben geographischen (V. 13: παρελέγοντο τὴν Κρήτην) und sachlichen Signalen (V. 21: σταθεὶς ὁ Παῦλος ἐν µέσῳ αὐτῶν) vor allem chronologische (V. 1: ὡς δὲ ἐκρίθη;398 V. 9: ἱκανοῦ δὲ χρόνου; V. 27: τεσσαρεσκαιδεκάτη νύξ; V. 33: ἄχρι δὲ οὗ ἡµέρα ἤµελλεν γίνεσθαι; V. 39: ὅτε δὲ ἡµέρα ἐγένετο) ausmachen. Es ergibt sich folgende Gliederung: 1) V. 1–8: Die verzögerte Fahrt von Cäsarea nach „Guthafen“ (Καλοὶ λιµένες) auf Kreta. Der menschenfreundliche (V. 3: φιλανθρώπως) Zenturio 2) V. 9–12: In „Guthafen“ auf Kreta: Paulus warnt den Zenturio vor der Weiterfahrt. Der Zenturio schließt sich Paulus nicht an. 3) V. 13–20: Bei der Insel Kauda. Ein Sturm kommt auf, das Schiff schießt auf, die Mannschaft sichert das Beiboot und das Schiff. Sonne und Sterne sind nicht mehr zu sehen. Die Hoffnung auf Rettung schwindet. 4) V. 21–26: Der Umschwung: Die Rettungszusage des Engels an Paulus. Paulus macht allen Mut. 5) V. 27–32: Vor Malta nach vierzehn Tagen: Land in Sicht. Fluchtversuch der Matrosen. Paulus interveniert beim Zenturio dafür. Die Taue der Rettungsboote werden gekappt. 6) V. 33–38: Paulus lädt zum gemeinsamen Essen ein. Gemeinsames Mahl 7) V. 39–44: Vor Malta: Fahrt an den Strand. Der Zenturio rettet Paulus und die Soldaten. Alle werden gerettet.
Betrachtet man die Erzählung als ganze, fällt auf, dass die mittlere Perikope (V. 21–26) formal aus dem Rahmen fällt, da sie fast ausschließlich aus einer Paulusrede besteht. Dieser Beobachtung korrespondiert, dass diese Episode die theologische Mitte des Textes entfaltet; berichtet sie doch in Septuagintasprache399 von der Engelsoffenbarung in V. 24, in der sich den Lesern die eigentliche Macht im Hintergrund alles Berichteten offenbart: Gottes Wille, dass Paulus vor den Kaiser gestellt werde und alle (πάντας) Mitreisenden gerettet werden. Dieser theologischen Botschaft entspricht eine geographische Beobachtung: Zu keiner Stelle der Erzählung ist Paulus so weit vom sicheren Land entfernt, und zu keinem Zeitpunkt ist der Sturm mit seinen Begleiterscheinungen wie der Verdunkelung der Sonne und der Sterne (V. 20) so bedrohlich wie zum Zeitpunkt der Offenbarung in V. 24. Der seelsorgerliche, tröstliche Klang der Offenbarung (µὴ φοβοῦ,400 Παῦλε) wird dabei durch seine Rahmung in den Versen 22: νῦν παραινῶ ὑµᾶς εὐθυµεῖν und 25: διὸ εὐθυµεῖτε, ἄνδρες verstärkt. Gleichzeitig rahmen Außenverse die 398 Hier entsteht der Eindruck, als ob ein Urteil gefällt worden sei. Doch dies ist gerade nicht passiert (vgl. Lk 23,24). 399 Vgl. HAACKER, Apostelgeschichte, S. 412, Belege dort. 400 Ähnlich Apg 23,11.
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kleine Rede (V. 21b.26), die beide von Landerfahrungen sprechen. Überhaupt spiegelt sich in der kleinen Paulusrede geographisch die Grundstruktur der gesamten Erzählung in Kapitel 27 wider: Zunächst spricht sie von einer Landerfahrung (V. 21b), dann von der Zeit auf dem Meer (V. 22–25), schließlich wieder von einer Landerfahrung (V. 26). Auf diese Offenbarung in V. 24 während des Sturms bewegt sich zunächst die ganze Erzählung zu: Im ersten Teil deutet sich eine witterungsbedingte Verzögerung durch die ungünstigen Winde an, die die für die Reise schlechte Winterzeit näher herankommen lässt. Im zweiten und dritten Teil wird die Bedrohung der Reise offenbar, indem Julius nicht dem Rat des Paulus folgt, im Hafen von Kaloi Limenes zu bleiben, sondern stattdessen versucht, Phönix zu erreichen, was im Folgenden zu der Bedrohung durch den Sturm führt. In V. 20 erreicht der Bericht schließlich seinen inhaltlichen Tiefpunkt, wenn es heißt, dass die ganze Hoffnung schwand, „dass wir gerettet würden“ (περιῃρεῖτο ἐλπὶς πᾶσα τοῦ σῴζεσθαι ἡµᾶς). Ab V. 33 – nach der Offenbarung – geht es mit der Grundstimmung der Erzählung gewissermaßen wieder bergauf; wird doch im fünften Teil berichtet, dass nach 14 Tagen Land in Sicht kommt und die Soldaten die Seeleute an der Flucht hindern. In V. 33–38, der Mahlerzählung, erreicht das Erzählte einen Ruhepunkt: Alle Anwesenden werden durch das Mahl und durch die zusprechenden Worte des Paulus seelisch (V. 36) und körperlich (V. 38) gestärkt. Schließlich, im siebten Teil, in den Versen 39–44, werden alle gerettet, weil der Zenturio durch sein beherztes Eingreifen das Leben der Gefangenen bewahrt. In diesen in sich stimmigen Erzählbogen von der Abfahrt in Cäsarea über die Bedrohung im Sturm bis zur Rettung am Ufer von Malta fügt sich organisch die Wandlung des Verhältnisses des Zenturio Julius mit seinen Soldaten zu dem Gottesdiener (V. 23401) Paulus ein. Hauptvertreter der römischen Macht in der Erzählung ist der Zenturio Julius der Kohorte Augusta.402 Neben ihm treten Soldaten in Erscheinung. Fragt man nach den Rollen beider in dem Geschehen, so lassen sich weder Julius noch die Soldaten in die schlichten Kategorien ‚positiv‘ oder ‚negativ‘ einordnen.
401
… ᾧ καὶ λατρεύω. Der Zenturio könnte ein Freigelassener aus dem Hause der Julier sein. Er gehört offensichtlich zu einer Kohorte mit dem Ehrennamen Augusta. Die Cohors I Augusta war während des ersten Jahrhunderts in Syrien stationiert, KEENER, Acts, Bd. 4, S. 352; TAJRA, Trial of St. Paul, S. 173. Nicht auszuschließen ist, dass mit dem Ehrennamen Augusta für Leser schon das Ziel der Reise, der Kaiser in Rom, anklingt. Ebenfalls denkbar ist, dass mit den Dioskuren Rom als Ziel der Reise in den Blick kommt, wo sich seit 484 v.Chr. nach der Entscheidungsschlacht des ersten Latinerkrieges am See Regillus ein ihnen geweihter Tempel auf dem Forum Romanum befand, siehe SCHEER, Art. Dioskuroi I, Sp. 675. 402
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Julius nimmt als Befehlshaber der Soldaten Paulus auf dem Schiff in Empfang und verhält sich ihm gegenüber freundlich (φιλανθρώπως), indem er ihm erlaubt, sich von dessen Freunden umsorgen zu lassen (V. 3). Doch dann wandelt sich das Bild: Die Leser hören, dass sich Julius nicht an den Rat des Paulus hält, in „Guthafen“ zu überwintern. Nachdem er wie alle anderen von Paulus’ Engelsoffenbarung und dem Zuspruch gehört hat, bewahrt er jedoch die Seeleute mithilfe der Soldaten vor der Flucht und sorgt nach dem gemeinsamen Mahl dafür, dass die Gefangenen nicht durch die Soldaten getötet werden (V. 43). Nach allem, was die Leser erfahren, scheint Julius im Laufe der Erzählung eine Entwicklung vom menschenfreundlichen Hauptmann über einen Skeptiker zu einem Diener Gottes genommen zu haben, der am Ende dazu beiträgt, dass geschieht, was der Engel Gottes angekündigt hatte: Paulus und alle Mitreisenden werden gerettet. Entsprechend wandelt sich im Laufe der Erzählung das Verhältnis des Julius zu Paulus von einem Befehls-403 zu einem Vertrauensverhältnis in unterschiedlichen Phasen. In den ersten Versen des Berichts wird deutlich, dass Julius den Gefangenen gegenüber die Befehlsgewalt innehat,404 der Paulus aus Freundlichkeit Zugang zu seinen Freunden in Sidon gewährt (V. 3: ἐπέτρεψεν). In V. 10 nimmt Paulus dann die Rolle eines Beraters ein.405 In V. 31 vertraut Julius dem Gefangenen Paulus, indem er wagt, die Taue des Rettungsbootes von den Soldaten kappen zu lassen, um die Matrosen an der Flucht zu hindern, damit alle gerettet werden können.406 Zuletzt befiehlt der Zenturio von sich aus, Paulus und die Gefangenen zu retten (V. 43), vertraut also darauf, dass die Gefangenen nicht zum Schaden ihrer Bewacher flüchten.407 Julius setzt also in seinem Verhalten den Aufruf des Engels und der anschließenden aufmunternden Worte des Paulus in den Versen 24 und 25 um. Möglicherweise kann man diesen Weg so beschreiben, dass Julius seine Machtstellung verliert und dass sich das Verhältnis beider zueinander von einem Macht- zu einem Vertrauensverhältnis wandelt, sodass insgesamt 276 Menschen das Leben gerettet wird. Dient der Zenturio zunächst (V. 1) vor allem dem Imperium, so wird er unter der Erfahrung der Ohnmacht auf dem Meer (V. 20) und dem Hören auf die Worte des Engels (V. 24) zu einem 403
Paulus war Gefangener, und der Zenturio hatte auf dem Schiff die Befehlsgewalt inne (vgl. V. 11). 404 Die Einführung des Julius als ἑκατοντάρχης […] σπείρης Σεβαστῆς (V. 1). 405 In dem Wort ὕβρις mag eine Warnung an Julius stecken, vgl. jetzt HAACKER, Apostelgeschichte, S. 409. Nach Sueton, Claud. 18,2, hat Kaiser Claudius Entschädigungen bei Havarie bei winterlicher Reise zugesagt. 406 Paulus: ἐὰν µὴ οὗτοι µείνωσιν ἐν τῷ πλοίῳ, ὑµεῖς σωθῆναι οὐ δύνασθε. Der Personenwechsel zeigt an, dass es Paulus bei dieser Aufforderung primär um den Zenturio und die Soldaten, nicht um die Seeleute geht. 407 Flucht der Gefangenen konnte zur Tötung des Wachpersonals führen, siehe HAACKER, Apostelgeschichte, S. 286.
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Diener des Lebens, der alle rettet – unabhängig davon, ob es sich um Soldaten oder Gefangene handelt. War er in V. 13 den Worten des Paulus gegenüber noch misstrauisch, so trägt er in V. 20 dazu bei, dass sich die hoffnungslose Stimmung408 wandelt und schließlich die Matrosen, die Soldaten und die Gefangenen nach und nach gerettet werden. Auch die Erfahrungen der Gemeinschaft auf dem Schiff nehmen im Laufe der gefahrvollen Reise zu. Wird zu Beginn nur Paulus allein gepflegt (V. 3), so fürchten sich sämtliche Reisenden (V. 20) und verlieren gemeinsam die Hoffnung auf Rettung. Nach der Zusage des Paulus, dass alle gerettet würden, essen sie gemeinsam auf dem Schiff, was ausdrücklich ihrer Rettung dient (V. 34: τοῦτο γὰρ πρὸς τῆς ὑµετέρας σωτηρίας ὑπάρχει). In der Furcht vor Untiefen erleichtern alle zusammen das Schiff durch Über-Bord-Werfen der Ladung (V. 37). Schließlich sorgt der Zenturio dafür, dass alle gemeinsam gerettet werden (V. 43–44), ja nach einer möglichen Übersetzung409 sogar einer den andern auf die Schultern nimmt, um an Land zu kommen. Der Zenturio, der Paulus zunehmend vertraut, dient in seinem Handeln dem Willen Gottes; so ermöglicht er Leben und Gemeinschaft. Einen ähnlichen Wandel finden Leser auch bei den Soldaten: Werden sie zunächst eingeführt als Mitglieder der kaiserlichen Kohorte (V. 1), die dem Julius untersteht, so werden auch sie durch Paulus und Julius zunehmend Teil der Schiffsgemeinschaft. Sie kappen die Taue des Rettungsbootes aufgrund der Worte des Paulus (V. 31). Sie nehmen am Gemeinschaftsmahl auf dem Schiff teil (V. 33: ἅπαντες) und retten durch ihren Einsatz trotz ihres ursprünglichen Widerstands (V. 42) allen Gefangenen das Leben. Die vielschichtige Darstellung der römischen Herrschaft und ihrer Repräsentanten trägt deutlich dazu bei, Gottes rettende Macht narrativ zu entfalten. Die nächtliche Offenbarung des Engels Gottes in der Bedrohung führt dazu, dass alle Nahrung zu sich nehmen, guten Mutes werden (V. 36410) und am Ende gerettet werden. Wie auch in vielen anderen Episoden erweist sich erneut, dass Gottes rettende Macht die irdische Macht Roms weit übersteigt. So zeigt sich ein weiteres Mal, dass das schlichte Schema ‚Rom positiv oder Rom negativ‘ vielen Erzählungen des Doppelwerks kaum entspricht. Dabei wird Rom in seiner Macht erneut als beschränkt beschrieben: Gott als der Herr der Schöpfung weist Rom in seine Schranken,411 das ihm letztlich dienen und Paulus und alle Gefangenen nach Rom bringen muss. Die tröstende Botschaft der Schiffbrucherzählung mag auch für die Zeitgenossen des Lukas von Belang gewesen sein; finden sich in Apg 27 doch 408
Περιῃρεῖτο ἐλπὶς πᾶσα τοῦ σῴζεσθαι ἡµᾶς. ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 357. 410 Εὔθυµοι δὲ γενόµενοι πάντες καὶ αὐτοὶ προσελάβοντο τροφῆς (vgl. V. 22: τὰ νῦν παραινῶ ὑµᾶς εὐθυµεῖν). 411 Vgl. V. 11 im Gegensatz zu V. 25. 409
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auch immer wieder Anklänge an Lk 21,12–19, die große Zusage Jesu an die Christen in Bedrängnis. In V. 34 sagt Paulus fast gleichlautend wie Jesus in Lk 21,18 überraschend: Kein Haar wird von eurem Kopfe verloren gehen.412 Auch ist in Apg 27 auffällig oft von der Rettung des Lebens wie in Lk 21,19 (ψυχή) die Rede.413 Auch die Perspektive des Paulus, vor den Kaiser gestellt zu werden,414 erinnert an Lk 21,12.415 Schließlich erinnert der seelsorgerliche Grundton der Engelsworte416 an den tröstenden Grundton der Jesusrede in Lk 21,12–19. So kann die Bedrohung des Paulus auf dem Meer für Leser durchlässig werden für die Bedrohungen der Leser im späten ersten Jahrhundert. 3.2.20 Die heilende Macht Gottes und die Wertschätzung der Gefangenen des Römischen Imperiums (Apg 28,1–9) Es gehört zu den charakteristischen Zügen der Erzählungen von der Gefangenschaft des Paulus, dass die Leser im Laufe der Lektüre fast vergessen, dass sich Paulus in römischer Gefangenschaft befindet. So stark prägt die Figur des Paulus aktiv einzelne Szenen der Erzählung der Apostelgeschichte. Nur kleine Signale erinnern daran, dass Paulus in Ketten ist und damit deutlich unter der Macht Roms steht.417 Befragen wir Apg 28,1–9 nach der Rolle des Imperiums in der Erzählung, so ist bemerkenswert, dass es weder ausdrücklich präsent ist noch für die Heilungen eine Rolle spielt. Paulus ist weiter Gefangener, aber diese Gefangenschaft hält ihn keineswegs davon ab, in wachsendem Maße Menschen zu heilen und von den Bewohnern der Insel verehrt zu werden: Paulus selbst stirbt nicht nach einem Schlangenbiss und wird von den Bewohnern für ein Gott gehalten (V. 6).418 Paulus wird von Publius, dem Ersten der Insel (V. 7), drei Tage gastfreundlich aufgenommen und heilt dessen Vater unter Gebet und Handauflegung (V. 8). Die übrigen Kranken der Insel heilt Paulus, und allen Reisenden werden große Ehren erwiesen (V. 10). Die heilende Kraft Gottes, die sich in Paulus in dem Bewahrungswunder und in den Heilungswundern manifestiert, erinnert an Jesu eigene Heilungen.419 Wichtig ist festzuhalten, dass Paulus nicht aus eigener Vollmacht heilt, sondern sich in seinem Wirken die heilende Kraft Gottes 412
Οὐδενὸς γὰρ ὑµῶν θρὶξ ἀπὸ τῆς κεφαλῆς ἀπολεῖται. Apg 27,44; ähnlich 27,10 und 27,22. Dort als Zuspruch des Paulus aufgrund der Engelsoffenbarung: ἀποβολὴ γὰρ ψυχῆς οὐδεµία ἔσται ἐξ ὑµῶν. 414 Hier zum ersten Mal explizit. 415 Ἀπαγοµένους ἐπὶ βασιλεῖς. 416 Μὴ φοβοῦ, Παῦλε. 417 Apg 22,30; 26,29; 28,20. 418 „Die höchste Steigerung des θεῖος-ἀνήρ-Motivs in den Act, anders als 14,11 ohne kritischen Vorbehalt“ (CONZELMANN, Apostelgeschichte, S. 147). 419 Z.B. Lk 4,38–41. 413
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zeigt.420 Das Imperium Romanum bildet zwar in Apg 28,1–9 den kulturellen und pagan-religiösen Rahmen des Erzählten und hält Paulus weiterhin gefangen, doch erscheint es durch die Abwesenheit seiner Repräsentanten nicht als Akteur des Geschehens. Paulus und seine Begleiter werden geehrt, als ob sie keine Gefangenen des Imperiums, sondern dessen Repräsentanten wären, so mag es den Lesern erscheinen. 3.2.21 Die zurückhaltende Darstellung der Stadt Rom und die Macht Gottes (Apg 28,16–31) In fast 40 Perikopen hat Lukas den Lesern im Verlauf des Doppelwerks vom Römischen Imperium in unterschiedlichen Facetten erzählt, hat Paulus sozial bis hinauf vor Statthalter und vor einen König geführt421 und hat dreimal durch Gottes Weisung angekündigt, dass die Stadt Rom das Ziel der Paulusreise sei.422 Schließlich geht Paulus nach Rom (Apg 28,14) und tritt damit ins Zentrum des Reiches, das auch symbolisch für Roms Anspruch auf die Weltherrschaft423 steht. Doch was folgt? Die Schilderung der Mission des Paulus unter den lokalen Juden424 mit einem kurzen Ausblick auf zwei folgende Jahre. Wenn die Schilderung nicht einen historischen Angelpunkt im Aufenthalt des Paulus in Rom hätte, hätten die auf V. 16 folgenden Ereignisse separat betrachtet auch in jeder anderen Stadt des Reiches spielen können. Doch gerade diese Zurückhaltung des Lukas gegenüber der Stadt Rom, ihrer Symbolik und ihrem Lokalkolorit offenbart eine Möglichkeit zur Interpretation dieser letzten Verse des Doppelwerks: Rom als unverwechselbare Stadt gerät für die Leser fast aus dem Blickfeld. Zwar ist Paulus, begleitet von anderen, in die Stadt eingezogen; doch es folgt kein entfalteter Triumphzug, sondern der Bericht von einem Verkündiger in leichter Gefangenschaft, der in einer eigenen Mietwohnung425 wohnt und von einem einzigen Soldaten426 bewacht wird. Die Stadt selbst und das gesamte Imperium gerieten aus dem Blickfeld, gäbe es nicht die Erinnerungen an vergangene Stationen der Reise nach Rom, die im Rückblick, in den Versen 17–19, anklingen. So ist bei der Interpretation des Abschnitts nicht nur nach dem zu fragen, was Lukas 420
Siehe die Erwähnung des Gebets in V. 8: προσευξάµενος. Apg 25,1–26,32. 422 Apg 19,21; 23,11; 27,24. 423 Z.B. Vergil, Aen. VI 851–853. 424 Die theologische Grundfrage der Verse 23–28, ob Lukas hier von einer grundsätzlichen Verwerfung der Juden spricht, nehme ich nicht auf, da sie nicht zu meiner Frage gehört, vgl. jetzt dazu HAACKER, Apostelgeschichte, S. 425–433. 425 V. 30: ἐν ἰδίῳ µισθώµατι. Zur Diskussion, worum es sich bei dieser Unterkunft genau handelt, siehe HAACKER, Apostelgeschichte, S. 433. Einen anderen Akzent setzt BACKHAUS, Religion als Reise, S. 224, zur Ankunft des Paulus in Rom: „Das Evangelium bedarf der Weltbühne.“ 426 Vgl. V. 16. 421
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vom Römischen Imperium erwähnt, sondern auch nach dem, was er nicht erwähnt. Es klingen zwar einige Motive der Herrschaft Roms an, sie werden aber durch die zurückhaltende Darstellung der Stadt und ihrer Symbolik und durch das Fehlen von Lokalkolorit in ihrer Bedeutung relativiert. Der Aufbau im Überblick: Rahmen (V. 16): Ankunft in Rom: Paulus’ Bewachung durch einen Soldaten (alles in der Stadt Rom in einer Wohnung) Erster Hauptteil (V. 17–22): Erste Begegnung mit den Ersten der Juden von Rom nach drei Tagen V. 17–20: Bericht des Paulus V. 21–22: Reaktion der Juden: Interesse Zweiter Hauptteil (V. 23–28): Das Gespräch am vereinbarten Tag V. 23–25a: Verkündigung des Paulus vom Reich Gottes V. 24: Unterschiedliche Reaktionen der Juden V. 25a: Der Aufbruch der Juden V. 25b–28: Verkündigung der Heidenmission als Wille Gottes V. 25b–26a: Einleitung des Zitats V. 26b–27: Zitat aus Jes 6, das jetzt in Erfüllung geht V. 28: Kundgabe an alle: Das Heil geht an die Völker, die es hören werden.427 Rahmen (V. 30–31): Summarium über die folgenden zwei Jahre
Ab V. 16 ereignet sich alles Geschilderte ausschließlich in der Wohnung in Rom unter der Bewachung des römischen Soldaten. Nach Apg 28,20 liegt Paulus in Ketten.428 Dennoch wird ihm eine leichte Haft gewährt. Dass es sich um einen längeren Aufenthalt in Rom handelt, legt das Verb µένειν in V. 16 nahe. In Apg 28,14 wird konstatiert, dass Paulus in Rom ankommt. Liest man jedoch weiter, so fällt auf, dass Lukas – anders als bei Aufenthalten des Paulus in vielen anderen Städten des Reiches – seiner Schilderung Roms kein Lokalkolorit verleiht. Anders als in Athen den Areopag nennt er keinen typischen Ort wie beispielsweise das Forum Romanum.429 Auch typische Repräsentanten Roms wie den Kaiser oder Vertreter der kaiserlichen Gerichte, wie nach Apg 17,24 zu erwarten gewesen wäre, nennt Lukas den Lesern nicht – anders als in Cäsarea, wenn er den Zenturio Kornelius oder später die Statthalter Felix und Festus nennt. Auch werden keine typischen religiösen Orte genannt430 wie etwa in Jerusalem der Tempel. Keine charakteristischen lokalen Rechtsräume wie etwa das Pomerium431 benennt Lukas – anders als in 427
Der Vers 29 findet sich erst in späterer Überlieferung. Τὴν ἅλυσιν ταύτην περίκειµαι. Nach W. BAUER et al., Wörterbuch, Sp. 80, sind die Handschellen gemeint, in Eph 6,20 allgemein die Gefangenschaft, 2. Tim 1,16 entehrend. 429 Auch Einträge in die Erzählung aus flavischer Zeit fehlen, wie etwa Verweise auf Gebäude, die das zeitgenössische Stadtbild prägten und das Selbstverständnis der flavischen Kaiser widerspiegelten, vgl. PFEIFFER, Zeit der Flavier, S. 27–32. 430 Ara pacis, Tempel der Isis, Jupiter-Tempel o.Ä. 431 Die heilige Stadtgrenze Roms. 428
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Philippi (16,12). Auch Typisches zum Selbstverständnis der Bewohner Roms spielt anders als in Apg 16,21 keine Rolle. Typische Formen des religiösen Lebens432 werden anders als in Ephesus (19,34)433 nicht genannt. Man kann allenfalls in den Versen 11–16 vorsichtige Anklänge an einen Triumphzug erkennen; typische Elemente eines Triumphzuges fehlen jedoch.434 Auch fehlen Anklänge an das mythische Selbstverständnis Roms, das sich beispielsweise in der „Aeneis“435 spiegelt. Ebenso gibt es keine Anklänge an die Wohltaten der Stadt, die sie dem Erdkreis erweist, wie sie die epideiktische Rede des Aelius Aristides „Εἰς Ῥώµην“ aus dem Jahre 143 in Rom preist.436 Für zeitgenössische Leser mögen diese unterschiedlichen Motive des Imperium Romanum anklingen, wenn Lukas in V. 16 schreibt: „und so kamen wir nach Rom“.437 Lukas führt sie jedoch nicht aus. Es legt sich deshalb die Vermutung nahe, dass Apg 28,16–31 zwar die Herrschaft Roms anerkennt, sie aber gleichzeitig durch Nichtbenennung ihrer Charakteristika hintergründig in ihrer Relevanz infrage stellt.438 Dieser Eindruck wird unterstützt durch die Beobachtung, dass Lukas keineswegs verschweigt, dass Paulus unter römischer Herrschaft steht: Ein Soldat bewacht ihn (V. 16), und Paulus trägt weiterhin Ketten (V. 20). Dennoch hat man bei der Lektüre von Apg 28,16–31 zu keiner Zeit den Eindruck, Paulus würde durch das Imperium an seiner Verkündigung gehindert (V. 31). Im Gegenteil: Paulus nimmt alle auf, die zu ihm kommen, und verkündigt ihnen. So bleibt er zu Unrecht (vgl. 26,32) Gefangener, kommt aber dennoch seinem Auftrag nach, den Juden (V. 23–27) und den Heiden (V. 28) das Reich Gottes zu verkündigen. Man könnte sogar sagen, dass Paulus, obwohl Gefangener, in den Versen 16–31 geradezu der Hauptakteur des Geschehens ist: Auch wenn nach V. 16 432 Von Ferne mag in der Erwähnung der Dioskuren des Schiffes, das Paulus und seine Gefährten nach Rom brachte, im vorhergehenden Abschnitt in V. 11 anklingen, dass es einen Castor-Tempel im Südosten des Forums gab, der an einen Gründungmythos aus der Frühzeit Roms erinnerte und den Machtanspruch Roms repräsentierte, vgl. BACKHAUS, Paulus und die Dioskuren, S. 351–354. Vgl. oben S. 170, Anm. 402. 433 Oder synkretistische Formen von Religion wie auf Zypern (Apg 13,4–12), in Lystra (14,11–13) oder auf Malta (28,1–9). 434 Die Menge der Teilnehmenden und Zuschauer, der Weg durch Rom, der Aufbau des Zuges, der religiöse Abschluss u.a., vgl. diese Studie zu Lk 19,28–46 (siehe oben S. 69ff). 435 Z.B. Vergil, Aen. VI 851–853. 436 Aristides, Romrede. Z.B. Themen wie die Herrschaft Roms, die andere teilhaben lässt, oder der Schutz, den Rom den Völkern gewährt, oder die Vorzüge der römischen Verfassung. Zur Datierung: R. KLEIN, Zur Datierung der Romrede, S. 349f. 437 Zur vielschichtigen Konstruktion von Rom als ‚Zentrum‘ in der Antike CANCIK, Caput mundi. 438 Diese Beobachtung bekommt umso mehr Gewicht, wenn man bedenkt, dass der „Zug vom Rand ins Zentrum […] die Strategie des gesamten Doppelwerks“ bestimmt (FELDMEIER, Gottes Volk an den Rändern der Gesellschaft, S. 214).
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klar ist, dass nicht er es ist, der über die Form der Haft entscheidet (ἐπετράπη), ist es doch Paulus, der die Oberen der Juden zu sich zusammenruft (V. 17: συγκαλέσασθαι), die Themen setzt und die Diskussion führt. Selbst dann noch, als die in Gruppen von Überzeugten und Nichtgläubigen gespaltenen Juden dabei sind, Paulus zu verlassen (V. 25: ἀπελύοντο: Imperfekt), ist er es, der ein neues Thema, die Heidenmission, aufbringt und diesen neuen Gesprächsgang mit einem umfangreichen Jesajazitat einleitet. Schließlich bleibt (V. 30: ἐνέµεινεν) Paulus in seiner eigenen Wohnung (ἐν ἰδίῳ µισθώµατι) und empfängt (ἀπεδέχετο) alle, die zu ihm kommen. Paulus verkündigt, er lehrt in aller Freiheit ungestört (κηρύσσων τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ καὶ διδάσκων τὰ περὶ τοῦ κυρίου Ἰησοῦ Χριστοῦ µετὰ πάσης παρρησίας ἀκωλύτως). Der Eindruck der Gefangenschaft, der noch in V. 16 und 20 vorhanden war, verflüchtigt sich bei den Lesern wie in Apg 28,1–9 im Prozess des Lesens zunehmend, sodass sich am Ende der Eindruck verfestigt, Paulus sei allein der Verkündigung wegen in Rom, ja, das Imperium habe im Laufe der vergangenen Jahre überhaupt nur deshalb in den Lebensweg des Paulus eingegriffen, damit Paulus am Ende in Rom frei verkündigen könne. Die lebensbedrohliche Lage, in der er sich nach Apg 20,22–25 und 21,10–14 befand, scheint für seine letzte Zeit in Rom keine Rolle mehr zu spielen. Diese Doppelbödigkeit, die Herrschaft Roms einerseits anzuerkennen, sie jedoch andererseits durch Auslassen von Lokalkolorit und die Zeichnung der Aktivität des Paulus infrage zu stellen, findet ihren tieferen Sinn im Heilshandeln Gottes, wie insbesondere die letzten Verse 30–31 auf zweierlei Weise bezeugen. Als Abschluss des letzten Teils der Apostelgeschichte (19,21–28,31) zeigen diese Verse zum einen, dass Gott seinen Plan (19,21), Paulus als Zeugen Jesu (23,11) nach Rom zu führen, in der irdischen Geschichte realisiert. In der irdischen Welt, in der auch die Leser des Doppelwerks leben, lässt Gott sich nicht von dem abhalten, wozu er Paulus bestimmt hat (27,24). Auch wenn Gottes Plan mit Paulus nicht in allen Phasen dieses Weges für Paulus offen zu erkennen ist, nutzt Gott Mächte wie das Imperium, um seinem Heilswillen auf Erden Gestalt zu geben. Gott hat Paulus als Gefäß auserwählt (9,15–16), und als solches verkündigt Paulus auch in Rom (28,31). Zum zweiten zeigen die Verse 30–31 als Schluss der Apostelgeschichte und des gesamten Doppelwerks, dass es Lukas nicht nur um Paulus’ Weg nach Rom, sondern vor allem um die Verkündigung des Heils geht, das sich in Jesus offenbart hat (Lk 1,47; 2,11439) und im Heiligen Geist bis ans Ende der Erde (Apg 1,8) verkündigt wird. Gerade die Zurückhaltung, die Lukas in der Schilderung Roms als Machtzentrum an den Tag legt, könnte darauf hindeuten, dass Lukas den Leserblick von der Macht Roms weg auf die Verkündigung des Reiches Gottes (28,31) hinlenkt. Das Heil, das Gott dem 439
Siehe auch Lk 1,69.71.77; 19,9.
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Gottesvolk Israel verheißen hat440 und das von Jesu Geburt bis zum Kreuz in Jesus präsent war, das sich in Leiden, Auferstehung und Erhöhung Jesu gezeigt hat, das sich im Heiligen Geist in der Kirche zum Heil der Welt realisiert, geht über die Lebenszeit des Paulus hinaus und lässt sich nicht durch ein Römisches Imperium eingrenzen.441 Dass dieses Heil selbst in der Mietwohnung irgendwo in Rom Gestalt gewinnt, zeigt sich darin, dass Paulus – so als ob der Soldat keine Einflussmöglichkeit mehr hätte – alle aufnimmt, die zu ihm kommen.442 Wie belanglos letztlich das Imperium gegenüber dem Heil Gottes ist, belegen schließlich die theologischen Termini in V. 31, von denen manche auch eine politische Konnotation haben.443 Für Leser des Doppelwerks mag diese Botschaft, dass selbst im Zentrum der Macht des Imperiums das Evangelium erklingt und ungehindert verkündigt wird, tröstlich gewesen sein.444 Indem Lukas die Bedeutung Roms anerkennt und gleichzeitig deutlich relativiert, führt er den Lesern der Romepisode Apg 28,16–31 vor Augen, dass nicht Rom, sondern letztlich Gott durch Jesus Christus die Herrschaft auf Erden ausübt und seinen Zeugen den Heiligen Geist gibt. 3.2.22 Zwischenfazit: Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte Überblickt man die unterschiedlichen Perspektiven, die Lukas in seiner Apostelgeschichte auf das Römische Imperium im Anschluss an sein Evangelium einnimmt, so fällt auf, dass er alle im ersten Teil seines Werks angesprochenen Aspekte der Darstellung erneut aufnimmt und in Hinsicht auf den Weg der nun entstehenden Kirche weiter ausführt. Einen weiteren Aspekt fügt er hinzu: Lukas versteht in der Apostelgeschichte das Römische Imperium nicht nur als Rechtsinstanz, sondern darüber hinaus auch als Kulturraum.
440
Z.B. Lk 1,68–79. Vgl. Apg 2,9–11 u.ö. Man beachte auch die triadische Erwähnung Gottes (τοῦ θεοῦ), Jesu Christi (τοῦ κυρίου Ἰησοῦ Χριστοῦ) und des Heiligen Geistes (µετὰ πάσης παρρησίας als Folge des Heiligen Geistes, vgl. z.B. Apg 4,31) im letzten Vers des Doppelwerks, vgl. dazu FELDMEIER, Gottes Geist, S. 167–182, der von einer „triadischen Theologie“ im Doppelwerk spricht, zusammenfassend S. 180–182. 442 V. 30: ἀπεδέχετο πάντας τοὺς εἰσπορευοµένους πρὸς αὐτόν. 443 Κηρύσσω, βασιλεία, κύριος, παρρησία, ἀκωλύτως. 444 Dass es Lukas nicht primär um die Person des Paulus und sein Schicksal geht, sondern um Paulus als Zeugen des Evangeliums, legt auch die Tatsache nahe, dass Lukas das Ende des Paulus, das er wohl kannte (Apg 20,24–25), gerade nicht schildert und so das Werk in seinem nachhallenden Eindruck offenlässt. MARGUERAT, The End of Acts, S. 74, legt nahe, davon auszugehen, dass Lukas das Ende der Apostelgeschichte bewusst offen gestaltet, damit die Leser dieses Ende selbst rekonstruieren. K. MÜLLER, Paulus’ Gefangenschaften, diskutiert jüngst unterschiedliche Erklärungsversuche für das Ende der Apostelgeschichte. 441
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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Grundsätzlich fällt in geographischer Hinsicht auf, dass die Erzählung der Apostelgeschichte von wenigen Andeutungen abgesehen (Apg 8,39) den äußeren Rahmen des Römischen Imperiums nicht verlässt. So bildet es auch weiterhin den politischen Raum, innerhalb dessen sich alles Erzählte ereignet. Das Imperium stellt wie im Evangelium, so auch in der Apostelgeschichte schlicht eine historische Gegebenheit dar. Gleichzeitig ist zu bemerken, dass die Grenzen des Imperiums schon sehr früh in der Apostelgeschichte zwar nicht explizit, aber implizit infrage gestellt werden. Die Beauftragung der Jünger in Apg 1,8 spannt ihren Bogen nicht etwa nur bis Rom, sondern weitet ihren Auftrag „bis an die Enden der Erde“ aus. Dem entspricht die räumliche Entgrenzung in der Himmelfahrtserzählung selbst; wird doch der Auferstandene nicht etwa zum Herrn des Imperiums im Himmel wie ein konsekrierter Kaiser, sondern zum erhöhten Kyrios, der aus dem Himmel zurückkommen wird, wenn es der Vater in seiner Macht entscheidet (Apg 1,7). Auch die Völkerliste in Apg 2,9–11a reflektiert keineswegs römische Grenzen. Dies ist umso bemerkenswerter, als Lukas doch auch in dieser Liste sehr wohl um die juristischen Privilegien weiß, die römische Bürger besaßen. Die Predigt der Apostel wird vielmehr verstanden von zu Beginn der Liste genannten Menschen, die aus dem Bereich der politischen Feinde Roms kommen, die zu besiegen dem Imperium nicht gelingt (Parther), und endet mit arabischen Menschen, deren Bewohner zur Zeit des Lukas als Provinziale kaum im Blick waren. Diesen Beobachtungen entspricht die kurze Notiz in Apg 8,39, wenn es heißt, dass der Äthiopier seines Weges zog (vgl. V. 28). Auch lässt sich fragen, ob Lukas nicht in Apg 11,28, 17,6, 19,27 und 24,5 den Grundton von Lk 2,1 weiterklingen lässt, indem er kritische Töne gegenüber den Grenzen des Imperium Romanum anklingen lässt: Lukas spricht von den Bewohnern der „Oikoumene“. Diese reicht „als bewohnter Erdkreis“ weit über das Imperium hinaus.445 Das Römische Imperium kommt jedoch nicht mehr nur als historische Tatsache und Rechtsinstanz unter anderen wie in manchen Texten des Lukasevangeliums in den Blick, sondern zunehmend als Kulturraum, innerhalb dessen sich die Zeugen des Kyrios zu bewähren haben. Immer wieder haben sich die Apostel mit synkretistischen Verhaltensweisen und Überzeugungen 445 Hier wäre zu erwägen, ob Lukas sich nicht an einem Diskurs der Kaiserzeit beteiligt, der politische, aber auch menschliche Grenzen grundsätzlich reflektierte. Solch ein Diskurs ließe sich unter anderem an der Diskussion um die Person Alexanders des Großen festmachen, der von Kaisern auf der einen Seite verehrt und in Ansätzen imitiert (z.B. von Augustus, Caligula, Nero und vor allem Trajan), auf der anderen Seite insbesondere von stoischen Philosophen wegen unterstellter Hybris kritisiert wurde. Zum hier zugrunde gelegten Diskursbegriff siehe M. BECKER, Lukas und Dion von Prusa, S. 44–51. Zur philosophischen Alexanderrezeption in der Kaiserzeit: zur philosophischen Alexanderkritik allgemein STROUX, Die stoische Beurteilung Alexanders des Großen; zur politischen Rezeption WILL, Alexander (Kaiserzeit).
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
auseinanderzusetzen, die für die religiöse Entwicklung der Kaiserzeit charakteristisch sind (Apg 8,13.14.16.28 u.ö.). Gleichzeitig stehen aber auch die Orte, um die es vor allem geht, wenn die Apostel zunehmend heidnischhellenistischen Boden betreten, für die hellenistisch-römische Kultur, die sich an diesen Orten entfaltet. Cäsarea ist in Apg 10,1–11,18, wo es um die Taufe und den Glauben des ersten Heiden in der Apostelgeschichte geht, nicht einfach nur irgendein Ort in Judäa. Es ist eine wesentliche, römischhellenistisch geprägte Stadt, in der der Statthalter residiert (vgl. Apg 24–26). Auch klingt in Apg 16 und 18 immer wieder an, dass Philippi und Korinth römische Kolonien waren. In Ephesus steht sogar das Ansehen der Stadt als Hüterin der großen Diana (Apg 19,34) auf dem Spiel. Und die Reise nach Rom steht nicht zufällig am Ende der Apostelgeschichte; bildet Rom doch nicht nur den politischen, sondern auch einen kulturellen Mittelpunkt des Reiches. Gegenüber dem Lukasevangelium, in dem dieses Motiv ‚das Imperium als Kulturraum‘ allenfalls anklang (Lk 2,1–14), weitet Lukas in der Apostelgeschichte den Blick der Leser: Wie Cäsarea, so stehen auch Philippi, Korinth, Ephesus und Rom für Städte, deren Bewohner sich als Bewohner des Römischen Reiches und als Träger von dessen Kultur verstanden. Ebenso wie im Evangelium (z.B. Lk 23,1–25) spielt auch in der Apostelgeschichte das römische Recht eine wichtige Rolle. Je länger die Erzählung von der Ausbreitung des Evangeliums voranschreitet, desto größer wird die Bedeutung des Rechts; ist Paulus doch nach seiner Gefangennahme in Jerusalem in Kapitel 21 bis zum letzten Vers der Apostelgeschichte (28,31) ein Gefangener in der Obhut des Imperiums, wie es schon der Prophet Agabus in Cäsarea in Apg 21,11 als Willen Gottes prophezeit hatte. Punktuell klingen Rechtsfragen schon in den Texten vor der Gefangennahme des Paulus an (latent: 17,19; explizit: 16,18). Während des Prozesses sind sie immer wieder von Bedeutung (z.B. 22,13–29 u.ö.). Dabei rekurriert die Apostelgeschichte in den Kapiteln 3, 4 und 13 explizit auf die Verhandlung Jesu vor Pilatus als Gerichtsprozess. Schon seit langer Zeit ist aufgefallen, dass viele Repräsentanten Roms in der Apostelgeschichte dem Christentum gegenüber positiv eingestellt sind oder dessen Vertreter gegen Angriffe schützen. In dieser Hinsicht beginnt die Apostelgeschichte ihre Missionserzählung unter den Heiden in Apg 13 geradezu mit einem Paukenschlag, indem sie von der Bekehrung eines Prokonsuls erzählt, der als Statthalter von Zypern in der Stadt Paphos residierte. Den Hörern der Apostelgeschichte zur Zeit des Lukas wird dies fast wie ein Märchen vorgekommen sein; war doch für die damalige Zeit schwer vorstellbar, dass ein Statthalter Christ wird. Auch die duoviri der römischen Kolonie Philippi verhalten sich im Nachhinein sehr korrekt, wenn sie Paulus und Silas freigeben und ihnen Geleit bis zu den Stadttoren geben (16,35–39). Auch der Statthalter Gallio in Korinth verhält sich sehr korrekt, wenn er sich weigert, wegen jüdischer Streitfragen einen römischen Prozess zu eröffnen
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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(18,12–17). Mittelbar wirkt Rom als Ordnungsinstanz auch in Apg 19,23–40, wenn der Stadtsekretär auf die Gerichte und Statthalter verweist (V. 38) und so den Tumult auflöst. Schließlich ist ein Charakteristikum der Gefangenschaftskapitel im letzten Teil der Apostelgeschichte (Kapitel 21–28), dass die Leser den Eindruck gewinnen, die Repräsentanten Roms seien Paulus weitgehend wohlgesinnt. Claudius Lysias rettet Paulus aus Lebensgefahr vor dem tobenden Mob vor dem Tempel in Jerusalem. Sobald (22,29: εὐθέως, vgl. aber V. 30) die Soldaten erfahren haben, dass Paulus römischer Bürger ist, lösen sie ihn aus seinen Fesseln; der Chiliarch Claudius Lysias fürchtet sich und befiehlt selbst noch einmal am darauffolgenden Tag, ihm die Fesseln zu lösen (V. 30). Vor dem Synhedrium rettet der Tribun Paulus erneut (23,10) und sogar ein weiteres Mal, als 40 Juden einen Anschlag auf Paulus planen (23,12–22). Schließlich schildert der Tribun detailgetreu die Vorkommnisse in einem Brief gegenüber seinem Statthalter in Cäsarea und schützt Paulus mit einem Großaufgebot an Soldaten. Auch Felix lässt zunächst ein faires Verfahren zu. Festus scheint zunächst ebenfalls ein faires Verfahren im Blick zu haben (25,6–8, vgl. V. 13–23) und bemüht sich mit der Hilfe König Agrippas, den Apostel Paulus zu verstehen, damit er seinem Herrn, dem Kaiser, Sicheres schreiben könne (26,26). Schließlich erklärt er ihn mit anderen sogar für unschuldig (26,31). Auch der Zenturio Julius auf der Seereise verhält sich freundlich gegenüber Paulus (27,3) und rettet ihm und den anderen Gefangenen das Leben. Schließlich wird als Letztes nur noch ein Soldat erwähnt, der Paulus bewacht (28,16), der auf keinerlei Weise durch unangemessenes Verhalten auffällt. Je weiter die Erzählung der Apostelgeschichte voranschreitet, desto deutlicher stellt sich bei den Lesern der Eindruck ein, dass das Imperium zu einer Schutzmacht des Paulus wird, die ihn immer wieder vor den Angriffen seiner fanatischen Gegner bewahrt. Gegenüber diesen positiven Eindrücken vom Imperium Romanum sollte aber nicht übersehen werden, dass Lukas die negativen Eindrücke des Imperiums und seiner Repräsentanten wie im Evangelium, so auch in der Apostelgeschichte keineswegs verschweigt. Schon in den frühen Rückblicken auf die Kreuzigung Jesu in Apg 3 und 4 wird Pilatus ebenso wie in Kapitel 13 keineswegs ausschließlich entschuldigt, wie immer wieder zu lesen ist. Gerade die deutliche Schuldzuweisung an die Juden in der direkten Rede beschwert den Präfekten als verantwortlichen Richter, der sich dem Druck der Juden gebeugt hat: In Apg 3,15 hat Pilatus den „Fürsten des Lebens“ nicht gerettet. In Apg 4,27 bildet Pilatus mit Herodes, den Heiden und den Völkern Israels in Aufnahme von Ps 2,1–2 eine Phalanx gegen den heiligen Knecht Jesus. Und in Apg 13,28 wird Pilatus geradezu zum verlängerten Arm der Einwohner und Leiter von Jerusalem. Die Tendenz aus dem Evangelium, Pilatus zwar einerseits dem Druck der Ankläger auszusetzen, ihn aber andererseits als Richter damit umso verantwortlicher für die Tötung Jesu zu machen, setzt sich also in der Apostelgeschichte fort. Jesus ist in der Apostelgeschichte
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
somit nicht nur der erhöhte Kyrios, sondern ebenso ein erniedrigtes Opfer irdischer Justiz. Gerade in den Abschnitten, die nach Roloff einem Kontrastschema folgen,446 wird die Kontinuität der Identität Jesu als Erniedrigtem und Erhöhtem deutlich: Der Name Jesu, durch den hindurch immer wieder die Macht Gottes wirkt, ist der Name eines Erniedrigten, der als Erniedrigter, aber auch als Erhöhter immer wieder Leben schafft. Je weiter der Bericht der Apostelgeschichte voranschreitet, desto häufiger erscheinen die Repräsentanten Roms als ambivalent handelnde Akteure. In Apg 11,27–30, der Notiz über die Hungersnot auf dem ganzen Erdkreis, deutet sich diese Ambivalenz in einer vorsichtigen Kritik nur an. In der römischen Kolonie Philippi, dem ersten größeren Ort, den die Missionare auf europäischem Boden betreten, lassen die duoviri Paulus und Silas ohne rechtliche Grundlage aufgrund des Drucks der Menge misshandeln. Trotz der Hoffnung auf den Kaiser als Ordnungsinstanz wird in Thessalonich das Recht gebeugt, indem Aufruhr entsteht und Jason eine Kaution zahlen muss. Auch in Korinth zeigt der Statthalter Gallio, dass er keineswegs ausschließlich Recht spricht, wenn er, ohne sich darum zu scheren, zulässt, dass der Synagogenvorsteher Sosthenes verprügelt wird (18,17). Der Statthalter Felix, erschrocken über die moralischen Ansprüche des christlichen Glaubens (24,25), versucht Paulus zu erpressen (24,26) und lässt ihn deshalb nicht frei. Der Prokurator Festus erweist den Juden eine Gunst, indem er Paulus nicht freilässt, sondern ihn nach Jerusalem überführen will (25,9), was dazu führt, dass Paulus als römischer Bürger an den Kaiser appelliert. Der Zenturio Julius hört nicht auf den Rat des Paulus, in „Guthafen“ zu überwintern, und bringt so die Passagiere und die gesamte Schiffsbesatzung in Lebensgefahr. Schließlich verschweigt die Apostelgeschichte keineswegs, dass Paulus bis zum Ende in Ketten bleibt (28,20), auch wenn das Evangelium dennoch ungehindert und mit Freimut verkündigt wird (28,31). Vielleicht zeigt sogar das Verschweigen Neros an, dass Lukas um die Untaten des Kaisers an den Christen weiß. Gerade die Tatsache, dass Paulus letztlich zu Unrecht in Gefangenschaft bleibt, zeigt an, dass er sich als auserwähltes Gefäß Gottes bewährt, das den Namen Jesu vor Heiden, Herrscher und die Israeliten trägt (9,15: βαστάσαι). So zeigt ihm Gott, wie viel er für diesen Namen leiden muss, wie Jesus es ihm durch Hananias prophezeit hat (9,16). Der Diener und Zeuge (26,16) leidet, wie auch der Herr gelitten hat.
446 ROLOFF, Anfänge der soteriologischen Deutung des Todes Jesu, S. 38: „Durch die Petruspredigten der Acta ziehen sich Aussagen über den Tod Jesu, für die das Gegeneinander des Handelns der Juden, die Jesus gekreuzigt haben, und des Handelns Gottes, der ihn auferweckt hat, konstitutiv ist: ‚Jesus Christus, den Nazoräer, den ihr gekreuzigt habt, hat Gott von den Toten erweckt‘ (Apg. iv. 10; vgl. ii. 22 f.; iii. 13 ff.; v. 30 f.; x. 40). Wir bezeichnen dieses Schema im folgenden als ‚Kontrastschema‘.“
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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Gerade die Präsentation des Paulusprozesses macht deutlich, dass das Doppelwerk nicht nur den konkreten Weg des Paulus in der Gefangenschaft zeigt, sondern auch die Grenzen römischen Rechts andeutet, irdische Gerechtigkeit zu schaffen: Im Claudius-Lysias-Teil verhält sich der Tribun juristisch akkurat. Folge: Paulus wird nicht freigelassen. Im zweiten Prozessteil verhält sich der Prokurator Felix juristisch inkorrekt. Folge: Paulus wird wiederum nicht freigelassen. Im letzten Teil des Prozesses beruft sich Paulus von sich aus auf sein Recht (Berufung an den Kaiser). Folge: Paulus wird erneut nicht freigelassen, diesmal gerade weil er sich auf sein Recht berufen hat. Gleichzeitig steht für die Leser außer Frage: „Dieser Mensch könnte freigelassen werden“ (26,32). Was immer Paulus auch tut, freigelassen wird er selbst dann nicht, wenn er selbst und die Repräsentanten des Rechts sich rechtskonform verhalten. Um die Wirkung des Satans auf das Imperium nach der Apostelgeschichte angemessen zu bestimmen, ist zu sehen, dass der Teufel durch das Leben Jesu keineswegs endgültig besiegt ist. Zwar hat Gott durch das Leben Jesu von Nazaret im Heiligen Geist und in der Kraft alle gesund gemacht, die in der Macht (ἐξουσία) des Teufels waren (Apg 10,38). Jedoch bedeutet dies keineswegs, dass der Teufel keine Macht mehr hätte. So wie Jesus in seinem Vermächtnis in Lk 22,24–38 schon angekündigt hat, dass der Teufel die Jünger und insbesondere Petrus „sieben“ werde (Lk 22,31), so bleiben das jüdische Volk und die Heiden (Apg 26,16) weiterhin der Macht des Teufels ausgesetzt. Neben der Paulusrede in Apg 26 belegt dies deutlich Apg 13,10, wenn der Zauberer Elymas von Paulus als „Sohn des Teufels“ bezeichnet wird, der „voll von aller List ist und von allem Leichtsinn, ein Feind aller Gerechtigkeit, der überhaupt nicht aufhört, die Wege des Herrn zu verwirren“. Als Sohn des Teufels bleibt er kontinuierlich ein Gottesfeind, der nur durch die Hand des Herrn (V. 11), durch Paulus, der voll des Heiligen Geistes ist (V. 9), befreit wird. Durch diesen Exorzismus wird nicht nur der Zauberer von der Macht des Satans befreit, sondern auch der Statthalter. Durch das befreiende Wirken des Heiligen Geistes wird die Macht des Satans gebrochen, die sich auch auf den Statthalter erstreckte (V. 7a). Der ist jetzt frei zu glauben (V. 12). Sind die Repräsentanten der irdischen Macht nicht unter der Macht des Kyrios, so besteht wie im Evangelium, so auch in der Apostelgeschichte stets die Gefahr, dass die irdische Macht vom Teufel missbraucht wird. Erst wenn irdische Macht durch die Macht Gottes, des Vaters Jesu (9,20), in ihren Dienst genommen wird, löst sie sich aus der Macht des Satans. So offenbarte es auch Jesus dem Paulus in dessen Berufung nach Apg 26,18: Jesus beruft ihn, damit er die Augen des Volkes und der Heiden auftue, um sie von der Finsternis zum Licht und aus der Macht des Satans zu Gott zu führen. Von der Macht des Satans sind sie erst frei, wenn der Kyrios sie in seinen Machtbereich führt. Auch die Repräsentanten des Imperiums werden also durch den
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
andauernden Dienst und das Zeugnis (26,16) des Paulus aus der Einflusssphäre des Satans befreit (13,6–12).447 So ist Paulus in der Apostelgeschichte gegenüber römischen Autoritäten überhaupt oft der Verkündigende. Überhaupt ist auffällig, dass im Doppelwerk vom Satan häufig im Kontext von irdischer Macht die Rede ist.448 Dies mag an einer Strukturanalogie der Macht der Herrschenden mit der Macht Satans liegen, die sich im Doppelwerk darin ausdrückt, dass beides mit dem Begriff ἐξουσία bezeichnet wird. Die Macht des Teufels wird stets als ἐξουσία bezeichnet (Lk 4,6; Apg 10,38; 26,18). Dies stützt die Beobachtung, dass die irdische Macht besonders dann ein Einfallstor für die Macht des Teufels sein kann, wenn diese nicht der Macht des Kyrios unterstellt ist. Dabei sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass sich in der Apostelgeschichte wie im Evangelium letztlich Gott hinter allem staatlichen Handeln verbirgt. Wenn in Apg 23,11 der Kyrios in der Nacht zu Paulus sagt, es sei notwendig, dass Paulus auch in Rom sein Zeuge sei, so zeigt sich deutlich, dass Gott das Handeln der Repräsentanten Roms so lenkt, dass der Wille Gottes (20,14) in Erfüllung geht. Überhaupt besteht für die Apostelgeschichte kein Zweifel daran, dass im Weg des Geistes und der Kirche Gottes Verheißungen in der Schrift in Erfüllung gehen (Apg 2,16–36; 3,18–26; 5,34–42; 7,2–53; 22,14 u.ö.). Dies schließt auch ein, dass letztlich die Vertreter Roms diesem Willen unterworfen sind (z.B. Apg 18,1.2.9.10). Ja, sogar das widergöttliche Handeln des Pilatus geht nach Apg 4,28 auf Gottes Ratschluss449 zurück, den er vorherbestimmt hat ebenso wie das Versagen des Pilatus nach Apg 3,13 und 13,28. Auch die Rettung des Paulus auf See, die ihn nach Rom bringt, und die Gewinnung aller, die mit ihm fahren, gehen auf Gott zurück (27,23–24). So wie Gott, der Schöpfer, in der Natur wirkt (14,15–17, vgl. 16,26), so lenkt er letztlich die Geschichte so, dass Gottes Wille in Erfüllung geht (17,24–31, vgl. 5,34–42). Ja, manchmal greift Gott sogar direkt und für alle erkennbar in das Wirken der Geschichte ein (12,23). Selbst das Leiden, dem Paulus als Zeuge Jesu ausgesetzt ist, ist Teil seines von Gott gegebenen Auftrags (9,16–17). Damit setzt sich in der Apostelgeschichte ein Grundzug des Lukasevangeliums fort: Das Handeln Roms ist im Letzten ein Ausführen des Willens Gottes. Bei allem Teuflischen, das sich hinter dem irdischen Wirken verbergen mag (Lk 4,6; 22,3), bleibt doch Gottes Macht wirksam, die sich im umstürzenden Wandel der Machtverhältnisse ebenso zeigt (Lk 1,52) wie auch im 447 Dass solch eine Befreiung auch in der christlichen Gemeinde nicht endgültig ist, belegt Apg 5,3. 448 Lk 4,6; 22,3; gegebenenfalls auch 22,31; Apg 13,10; 26,18. 449 V. 28: ποιῆσαι ὅσα ἡ χείρ σου καὶ ἡ βουλή [σου] προώρισεν γενέσθαι. Vermutlich in Aufnahme von, aber auch in gleichzeitiger Abgrenzung gegenüber Vorstellungen der Stoa der Zeit, vgl. FELDMEIER, Wenn die Vorsehung ein Gesicht erhält.
3.2 Das Römische Imperium in der Apostelgeschichte
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Weg Jesu (Lk 24,26). Seinen Willen, den er in den Schriften kundgetan hat (z.B. Lk 24,26), setzt Gott machtvoll auf Erden um – sei es im Leben Jesu, sei es im Leben der Zeugen des Erhöhten. So zeigt sich, dass sich die theologische Aussage, dass Gott durch die irdische Macht der Repräsentanten Roms wirkt, vom Evangelium zur Apostelgesichte keineswegs geändert hat. So wie der Geistträger Jesus dem Willen Gottes in der Welt unterworfen war, so sind es auch die Zeugen Jesu, die Gott im Laufe der Apostelgeschichte immer wieder durch die Repräsentanten Roms dorthin führt, wohin er will. So wirkt Gott wie im Lukasevangelium, so auch in der Apostelgeschichte durch die Repräsentanten des Imperiums auf verborgene Weise. Dabei ist Gottes Wirken keineswegs ein willkürliches, folgt es doch dem Heilswillen, den er schon in den Schriften offenbart hat. So wie die Vorgeschichte des Lukasevangeliums immer wieder belegt, dass Gott in die Geschichte eingreift, den Menschen und der ganzen Menschheit zum Heil, so setzt sich dieses heilvolle Wirken Gottes in der Apostelgeschichte fort. Dabei spielen die Repräsentanten Roms insofern eine Rolle, als sie immer wieder durch ihr Handeln dem Wirken Gottes, Jesu oder des Geistes Raum geben. Gott erweist seine Macht gerade darin, dass er sich nicht an die Macht des Imperiums bindet, sondern das Imperium in den Dienst seiner heilschaffenden Macht stellt. Schon die Schilderung von der Himmelfahrt Jesu findet ihr Ziel nicht in ihrem Faktum selbst, sondern in Jesu Herrschaft, die Gott durch ihn im Heiligen Geist ausübt (Apg 2,33). Auch die Völkerliste findet ihren Sinn nicht in der reinen Auflistung der unterschiedlichen Völker, sondern im Hören der anwesenden Juden der großen Taten Gottes (2,11). Auch Apg 9,15 zeigt, dass Paulus nicht um der Herrscher willen zum leidenden Zeugen wird, sondern weil Gott ihn als Gefäß erwählt hat, also um des Namens des Kyrios willen. Gott erwählt auch den Zenturio Kornelius in Apg 10,1–11,18, um ihn durch Taufe und Geist zum Heil zu führen. In Apg 13,4–12 befreit der Geist durch Paulus den Statthalter aus der Macht des Teufelssohnes und bewirkt, dass er das Wort Gottes hört (V. 7) und gläubig wird (V. 12). Auch die rückblickenden Erwähnungen vom Versagen des Pilatus finden jeweils ihr näheres Ziel in den Schilderungen der von Gott gewirkten Auferstehung Jesu (3,13) bzw. in der Bitte an Gott, dass er Heilungen, Zeichen und Wunder (4,30) geschehen lasse. Auch die Mission in Philippi findet ihre Mitte im Erweis der Macht Gottes, die Lydia und ihrem Haus Glauben gibt (16,15) und das Haus des Gefängniswärters nach dem gottgewirkten Erdbeben und der Verkündigung zum Glauben führt, ja alle am Ende „aufbaut“ (16,40: παρεκάλεσαν) und auf diese Weise die Macht der duoviri in ihre Schranken weist. Die Episode in Korinth findet ihre Mitte in der Zusage des Kyrios an Paulus, dass der Kyrios „ein großes Volk“ in der Stadt habe (18,10). Auch in der gesamten Zeit der Gefangenschaft, die letztlich auf Gott zurückgeht (19,21; 20,40), ist Paulus Zeuge (23,11) der Auferstehung des Herrn, in deren Zeugnis alle Reden im Gefangenschaftsteil ihren End- oder Zielpunkt finden
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(22,21; 23,8; 24,21; 26,23). In der Rettung der Passagiere aus Seenot (27,44) erweist Gott seine in Apg 27,24 verkündigte Macht. Die Zeit in Ketten in Rom (28,20) offenbart die heilbringende Macht Gottes, indem Paulus dort – geradezu triadisch – das Reich Gottes predigt und den Herrn Jesus mit allem Freimut ungehindert lehrt. Gerade im Kontext irdischer Macht verkündigt die Apostelgeschichte oft den Weg der Rettung (16,17, vgl. 4,12). Ja, in den letzten Versen des Doppelwerks bestätigt Paulus sogar in der Gefangenschaft, dass der Weg des Heils zu den Heiden geht (28,28). Vor dem Hintergrund der Macht des Imperiums offenbart er den Lesern die Macht Gottes. Gerade die häufige Verwendung von δεῖ im Kontext der römischen Macht deutet an, dass Gottes Wirken im Kyrios Jesus nicht Herrschen, sondern ein Dienst zur Rettung der Menschen ist (vgl. Lk 22,27). Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Apostelgeschichte nicht nur von der christlichen Mission handelt, sondern auch ansatzweise immer wieder die Gestaltung christlichen Lebens in den Blick nimmt. Hatten die Leser schon in Lk 22,24–27 gesehen, dass Jesus in seinem Vermächtnis den Jüngern gegenüber gewissermaßen eine Gegenwelt gegen die irdische Macht der Herrschaft Roms entwirft, so baut die Apostelgeschichte diese Grundlage weiter aus, indem sie immer wieder gestaltetes christliches Leben im Kontext irdischer Macht schildert: Kornelius, sein Haus, seine Verwandten und Freunde (Apg 10,24) bilden mit Petrus und den Juden aus Jerusalem eine kleine Hausgemeinde im römischen Machtzentrum Cäsarea (10,48). Wenn der Kaiser Claudius sich nicht um die hungernden Heiligen in Jerusalem kümmert, sammeln die Antiochener Christen, jeder nach seinen Möglichkeiten, Gaben für Jerusalem (11,27–30, V. 29: διακονίαν πέµψαι). Der Gefängniswärter in Philippi tötet sich nicht selbst, wie es der römischen Sitte in einem vergleichbaren Fall entsprochen hätte, sondern nimmt Silas und Paulus, der seinen Weg als Missionar grundsätzlich als Dienst von Jesus versteht (20,24: τὴν διακονίαν ἣν ἔλαβον παρὰ τοῦ κυρίου Ἰησοῦ, vgl. 21,19), in der Nacht zu sich, wäscht ihnen die Striemen, deckt ihnen den Tisch und freut sich mit seinem ganzen Haus, dass er zum Glauben gekommen ist (16,34). Im Hause des Krispus in Korinth entsteht eine Gemeinde (18,8). Der tribunus militum nimmt den Neffen des Paulus bei der Hand (23,19). Mitten auf dem Meer findet sich eine Gemeinschaft von 276 Bewachern und Gefangenen, die zusammen Brot essen (27,36) und schließlich am Leben bleiben (27,44). Paulus heilt den Vater des Publius, des Ersten der Insel, und viele andere werden zu ihm gebracht und werden gesund (28,7–10). Die Christen finden auf dem Weg nach Rom Unterkunft für sieben Tage bei den Brüdern in Puteoli (28,14), und die Brüder aus Rom kommen Paulus entgegen bis Forum Appii und Tres Tabernae, danken Gott und geben Paulus Mut (28,16: ἰδὼν ὁ Παῦλος εὐχαριστήσας τῷ θεῷ ἔλαβεν θάρσος). Das Miteinander der Christen ist im Kontext
3.3 Systematische Darstellung des Römischen Imperiums bei Lukas
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irdischer Macht nie durch Über- oder Unterordnung bestimmt, sondern stets durch gemeinschaftliches Leben miteinander. Wie von Jesus in Lk 24,49 vorausgesagt, ermächtigt Gott die Christen durch den Heiligen Geist (Apg 2,33, vgl. 1,8) und gibt ihnen Kraft zur Heilung (3,12), so wie auch schon Jesus selbst von Gott ermächtigt war (10,38). Nur im Namen des Gekreuzigten und Auferstandenen gibt Gott Kraft (4,7) zur Rettung (4,12)450 und heilt durch Paulus (19,11). Das Wort von Gottes Gnade hat die Kraft, die Christen zu erbauen und das Erbe allen zu geben, die geheiligt werden (20,32).451 Aus Gottes δύναµις zu leben, ist auch im Schatten des Imperium Romanum möglich. Entsprechend zeigt sich in der Zunahme des Handlungspotenzials des Paulus vor allem während des langen Prozesses, dass Gott ihm Kraft gibt, ein Zeuge des Evangeliums zu sein. Auch wenn der Weg des Paulus ein Leidensweg ist (9,15–16), bleibt er in der Apostelgeschichte ein Weg aus der Kraft Gottes, die seine Zeugen an die Enden der Erde führt (1,8).
3.3 Systematische Darstellung des Römischen Imperiums im Lukanischen Doppelwerk Überblickt man alle besprochenen Texte des Doppelwerks, die vom Römischen Imperium sprechen, so fällt auf, dass sich in der Vorgeschichte des Evangeliums Lk 1,5–4,13 alle angesprochenen Facetten der lukanischen Imperiumsdarstellung explizit oder implizit finden lassen. In Lk 2,1–2 und 3,1 werden Augustus, Quirinius, Tiberius und Pontius Pilatus zunächst aus rein chronologischen Gründen genannt (1). Dass Rom sich selbst als Friedens- und Ordnungsmacht versteht, klingt mit der Nennung des Augustus und den Anspielungen in Lk 2,8–14 an. Auch die Erwähnung der Zöllner in Lk 3,12–13 und der Soldaten in Lk 3,14 im Rahmen der sog. Standespredigt scheint dieses Verständnis ebenso vorauszusetzen wie die Erwähnung der Eintragung in Steuerlisten in Lk 2,1–2 (2). Dass sich das Imperium nicht nur als Machtinstanz, sondern auch als Raum der griechisch-römischen Kultur verstand, deutet sich im Begriff der οἰκουµένη und in der Erwähnung des Namens des Kaisers Augustus an, der in der Wahrnehmung Späterer mit der Pax augusta assoziiert wurde (3). Dass Repräsentanten Roms versagen können, deutet sich in Lk 3,14 und 4,6 an. Aber auch die Erwähnung von Pontius Pilatus in Lk 3,1 konnte bei Lesern Erinnerungen an den Pilatusprozess wachrufen (4). Der Teufel wird als „Verteiler der Macht der gesamten Welt“ 450 Apg 4,12: καὶ οὐκ ἔστιν ἐν ἄλλῳ οὐδενὶ ἡ σωτηρία, οὐδὲ γὰρ ὄνοµά ἐστιν ἕτερον ὑπὸ τὸν οὐρανὸν τὸ δεδοµένον ἐν ἀνθρώποις ἐν ᾧ δεῖ σωθῆναι ἡµᾶς. 451 Apg 20,32: Καὶ τὰ νῦν παρατίθεµαι ὑµᾶς τῷ θεῷ καὶ τῷ λόγῳ τῆς χάριτος αὐτοῦ, τῷ δυναµένῳ οἰκοδοµῆσαι καὶ δοῦναι τὴν κληρονοµίαν ἐν τοῖς ἡγιασµένοις πᾶσιν.
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in den Blick genommen (5). Lk 2,1–7 zeigt, dass Gott die Steuerschätzung des Augustus nutzt, damit Maria und Joseph nach Betlehem kommen (6). Dass nicht Augustus, sondern Jesus der Retter ist, der die Wirklichkeit von Gottes Frieden, Barmherzigkeit und Erbarmen lebt, wird in Lk 2,8–14 deutlich (7). Schließlich zeigt das Magnifikat, dass es Lukas um die Realisierung der Wirklichkeit Gottes auf Erden geht, die die Mächtigen von ihren Thronen stürzt und die Niedrigen erhebt (8). Schon dieser kurze Überblick über die Vorgeschichte legt also nahe, dass die Leser des folgenden Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte mit einer vielschichtigen Darstellung des Imperiums rechnen können. Tatsächlich stellt sich heraus, dass die in der Vorgeschichte angedeuteten Dimensionen im folgenden Doppelwerk an vielen Stellen immer wieder aufgenommen werden. In mehreren Perikopen lassen sich unterschiedliche Facetten der Imperiumsdarstellung finden. Deshalb werden in der folgenden systematischen Zusammenstellung immer wieder dieselben Perikopen unter unterschiedlichen Rubriken eine Rolle spielen. Für das Imperiumsverständnis des Doppelwerks ist zentral, dass schon die Geburt Jesu als Retter der Welt die Zurückweisung irdischer Macht als heilbringender Macht signalisiert. Diese Zurückweisung, aber auch Neuverortung des Imperiums findet ihre Entsprechung im Zielpunkt des Lukasevangeliums, in der Erhöhung Jesu (Lk 24,50–53). Sie bildet den Ausgangspunkt der Apostelgeschichte, die die Ausbreitung der Herrschaft des Erhöhten schildert, sodass die Welt als Schöpfung Gottes wieder sichtbar wird. Diese Erhöhung wiederum stellt – wie gezeigt – kaiserliche Apotheosen infrage. So ist bei aller Systematisierung der Imperiumsaussagen nicht aus dem Auge zu verlieren, dass das Doppelwerk die Leser als Lesende einen Weg des Heils452 weist, der zur Wiedergewinnung der Welt durch Gott, Jesus und seinen Heiligen Geist führt. Jede einzelne Perikope des Werks leistet auf eigene Weise einen unverwechselbaren Beitrag zum Erreichen dieses Ziels. In den nun auszuführenden Multivalenzen der Präsentation des Imperiums im Doppelwerk deutet sich das umfangreiche Beziehungsgeflecht an, das der Text durch die Erwähnung des Imperiums in einzelnen Perikopen, durch die Präsentation einzelner Figuren und durch die vielfältigen wechselseitigen Beziehungen der Perikopen entfaltet. Diese Fülle von Bezügen der Texte untereinander kann hier nur angedeutet werden. Lukas trifft zum Römischen Imperium Aussagen auf drei unterschiedlichen Ebenen: Zunächst nimmt der Text das Imperium in der Vielschichtigkeit seiner irdischen Realität wahr (3.3.1). Dann entfaltet er vor dem Hintergrund der Herrschaft des Römischen Imperiums die Herrschaft Gottes durch den erhöhten Jesus (3.3.2). Schließlich spielt das Werk ethische Optionen angesichts der Herrschaft des Imperiums durch (3.3.3).
452
Vgl. Apg 16,17.
3.3 Systematische Darstellung des Römischen Imperiums bei Lukas
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3.3.1 Das Römische Imperium als irdische Realität 3.3.1.1 Das Römische Imperium als historische Gegebenheit Schon die chronologischen Erwähnungen der Kaiser Augustus und Tiberius,453 aber auch die des Quirinius und des Pilatus454 zeigen klar, dass Lukas seine Darstellung in einen weltgeschichtlichen Rahmen stellt. Auch die chronologische Darstellung des Erzählten und die häufige Erwähnung römischer Instanzen und Repräsentanten vor allem gegen Ende der jeweiligen Bücher belegen, dass das Römische Imperium für Lukas, aber auch für seine Leser ein historisches Faktum darstellt. Es wäre wohl ein absurdes Unterfangen gewesen, diese Tatsache zu unterschlagen. Lukas schildert die Entfaltung des Heils auf Erden unter den Bedingungen der irdischen Realität. Die irdische Geschichte erweist sich auf diese Weise als Raum, in dem das Imperium wirkt, aber auch der Teufel und auch Gott. 3.3.1.2 Das Römische Imperium als Schutzraum und Rechtsinstanz Wenn Leser das Doppelwerk und insbesondere die Apostelgeschichte von ihren geschilderten Anfängen in Jerusalem bis zu ihrem Schluss in Rom lesen, wird ihnen kaum dieser prägnante Zug in der Darstellung des Imperiums entgehen: Das Imperium schützt die Christen immer wieder neu vor Unrecht, das ihnen ihre Widersacher antun wollen. Claudius Lysias rettet Paulus allein dreimal vor „den Juden“455 und verhält sich Paulus gegenüber, soweit wir sehen können, korrekt. Die Burg Antonia versinnbildlicht diesen Schutzraum gegenüber den Anschlägen der Gegner. Claudius Lysias’ Brief, aber auch die große Zahl an Soldaten bei der Überführung nach Cäsarea zeigen den Lesern, welch großes Anliegen dem Statthalter der Schutz des Paulus ist. Auch der Prokonsul von Achaia, Gallio, schützt Paulus dadurch, dass er das Verfahren gegen ihn gar nicht erst eröffnet.456 Wenn auch erst in Apg 16,35, so lässt sich nicht leugnen, dass die duoviri von Philippi Paulus abschließend fair behandeln. Nicht zuletzt der Rechtsstatus des Paulus als römischer Bürger führt dazu, dass Paulus von den duoviri selbst bis vor die Stadt geleitet wird.457 Sein Bürgerrecht schützt ihn vor Schlägen458 und sorgt dafür, dass er die juristische Sicherheit bekommt, in Rom vernommen zu werden.459 Selbst Pilatus hält wie zunächst auch der
453
Lk 2,1; 3,1. Lk 2,2; 3,1. 455 Apg 21,32; 23,10.31–33. 456 Apg 18,15. 457 Apg 16,39. 458 Apg 16,22; 22,29. 459 Apg 25,9–12. 454
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Statthalter Felix die äußere Rechtsform eines Prozesses um Jesus ein,460 und in Apg 19,38–40 sorgen der Rechtsrahmen des Imperiums und die verfassten Grundlagen der Stadt dafür, dass sich die Versammlung auflöst. Die tumultartigen Aufläufe der Menge in den Städten Philippi, Thessalonich, Korinth und Ephesus finden in den Episoden ihr Ziel selten in der Selbstjustiz der städtischen Bevölkerung, sondern im Eingreifen der Magistrate, die die Wut der Menge kanalisieren.461 Das Imperium schützt die Christen und gibt ihnen Rechtssicherheit. Immer wieder dürften die Figuren, die im Doppelwerk das Imperium repräsentieren, bei den Lesern positive Assoziationen an das Römische Imperium als Rechts- und Schutzraum ausgelöst haben. Lk 2,1 erinnert mit der Erwähnung des Kaisers Augustus an die Pax augusta, zu deren charakteristischen Zügen die Rechtssicherheit gehörte. Claudius Lysias nimmt den Neffen des Paulus an der Hand zur Seite462 und gibt – wie später auch Festus und Felix – Paulus die Möglichkeit, umfangreiche Reden zu halten.463 Jesus selber stellt das Recht auf Steuererhebung nicht infrage,464 und selbst Pilatus gibt, wenn auch für die Leser etwas überraschend, den Leichnam Jesu zur angemessenen Bestattung frei.465 Nach Lk 3,12–14 sollen sich Soldaten mit ihrem Sold begnügen und keine Gewalttaten begehen. Auch der Zenturio in Kapernaum, den die Leser vermutlich als römischen Zenturio aufgefasst haben,466 ist dem Glauben des Gottesvolkes gegenüber aufgeschlossen467 und wirkt keinesfalls bedrohlich. Kornelius in Cäsarea und der Prokonsul von Zypern, Sergius Paulus, nehmen sogar den christlichen Glauben an.468 Der Zenturio Julius ist Paulus gegenüber freundlich gesinnt, folgt mit der Zeit seinen Bitten und sorgt schließlich dafür, dass alle Soldaten und Passagiere auf dem Schiff gerettet werden.469 Obwohl Paulus Gefangener des Imperiums ist, hat er die Möglichkeit, Menschen zu heilen.470 Paulus scheint nirgendwo, auch in Rom nicht,471 durch römische Soldaten gehindert zu werden, das Evangelium zu verkündigen. Das Römische Imperium erscheint im Doppelwerk oft als Wahrer des Rechts und als Beschützer und beizeiten sogar als Sympathisant derer, die an Christus glauben. 460
Lk 23,1–25; Apg 24,1–24. Apg 16,11–40; 17,1–9; 18,1–18; 19,23–40. 462 Apg 23,19. 463 Apg 22.23.24.26. 464 Lk 20,20–26. 465 Lk 23,52. 466 Lk 7,1–10. 467 Apg 10,2. 468 Apg 13,4–12. 469 Apg 27. 470 Apg 28,1–10. 471 Apg 28,30–31. 461
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3.3.1.3 Das Römische Imperium als Kulturraum Das Doppelwerk weitet jedoch die Perspektive der Leser über die Darstellung Roms als Schutz- und Rechtsinstanz hinaus, indem es den Lesern den Blick auf das Römische Imperium als kulturellen Raum eröffnet. Nach unserer Analyse steht Kornelius in Apg 10,1–11,18 als heidnischer Zenturio in Cäsarea nicht nur für die römische Armee, sondern auch für die hellenistischrömische Kultur, deren Grenzen zum jüdischen Glauben der Heilige Geist überwindet. Auch Apg 16,20 deutet diese Perspektive an, wenn die Herren der Magd, die Paulus kurz vorher durch einen Exorzismus von ihrem Wahrsagegeist befreit hat, sich selber gegenüber den duoviri als Römer präsentieren, die die Ordnungen der Juden nicht annehmen dürften. Diesem kulturellen Selbstverständnis der Kolonie Philippi korrespondiert der Vorwurf der Juden und einiger übler Männer in Thessalonich, die Christen brächten den ganzen Erdkreis in Aufruhr, wenn sie Jesus an die Stelle des Kaisers setzten.472 Offensichtlich fühlen sich die Einwohner von Philippi und Thessalonisch in ihrer kulturellen Identität als Bewohner des Imperium Romanum bedroht, sodass die heimischen Einwohner für Paulus, Silas oder die Christen von den Behörden ihrer Städte Konsequenzen einfordern. Auch die Assoziationen an pagane Rituale wie den Triumphzug473 oder die Divinisierung von Mitgliedern der Kaiserfamilie474 legen nahe, dass Lukas die Leser an die kulturell prägende Kraft solcher Rituale erinnert, sie jedoch in ihrer identitätsstiftenden Funktion infrage stellt, indem Jesus in Apg 1,9–11 zur Rechten Gottes erhöht wird,475 durch den Gott in Wahrheit herrscht. Dieser Hinweis auf das Imperium als Kulturraum ist insofern auszuweiten, als das Doppelwerk immer wieder in vielfacher Bedeutung von οἰκουµένη spricht:476 Zum einen scheint das Doppelwerk den Anspruch mancher in Rom,477 die Welt zu repräsentieren, zu kennen und durchaus anzuerkennen;478 andererseits scheint es aber auch diesen Anspruch Roms zu ironisieren, da Lukas ebenso weiß, dass die οἰκουµένη weit über den Bereich des Imperiums hinausreicht.479 Zusätzlich zeigt sich auch eine theologische Verwendung des Wortes; beansprucht doch der Teufel die Herrschaft über die οἰκουµένη480 472
Apg 17,6. Lk 19,28–46. 474 Lk 24,50–53; Apg 1,9–11. 475 Apg 2,33. 476 MICHEL, Art. οἰκουµένη, S. 160: „Lk liebt überhaupt den Ausdruck οἰκουµένη.“ 477 R. KLEIN, Die Romrede des Aelius Aristides. Eine Einführung, S. 13.61.60, weist auf die Diskussion über den Anspruch Roms als Herrscher der Welt hin, die im zweiten Jahrhundert geführt wurde und als Hintergrund der Romrede des Aelius Aristides zu sehen ist (Ῥώµης ἐγκώµιον in den Kapiteln 10, 11, 16, 29, 33, 36, 59, 85–86, 101–102 und 105). 478 Lk 2,1. 479 Lk 4,5; Apg 11,28; 24,5. 480 Lk 4,6. 473
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ebenso wie auch Gott, der durch den Menschensohn den Erdkreis richten wird.481 Apg 17,6 zeigt zudem, dass Lukas um die Welt umstürzende Kraft der Macht Jesu weiß. Aus lukanischer Perspektive scheinen sich also unterschiedliche inhaltliche Konzepte mit dem Begriff der οἰκουµένη zu verbinden. Für unseren Zusammenhang ist wichtig, dass Lukas das Römische Imperium als kulturellen Raum im Blick hat, der die Tendenz in sich trägt, diesen Raum über die ganze Erde auszuweiten, diese Tendenz aber ironisch und theologisch bricht. Die Grenzüberschreitungen im Doppelwerk durch den Heiligen Geist482 sprechen dafür, dass Lukas den Lesern die Vorläufigkeit solcher Grenzen vor Augen führt, die durch den erhöhten Jesus überwunden werden.483 3.3.1.4 Die Verfehlungen einzelner Repräsentanten des Römischen Imperiums Auch wenn in der Apostelgeschichte das Römische Imperium die Christen immer wieder schützt, darf nicht übersehen werden, dass Jesus, Paulus und einzelne Christen oft überhaupt erst in ernste Bedrohungslagen geraten, weil sich einzelne Repräsentanten des Imperiums nicht an das Recht halten, das Jesus, Paulus oder die Christen eigentlich schützen soll. Die duoviri in Apg 16,22–24 zeigen dies deutlich, wenn sie befehlen, Paulus und Silas zu schlagen und einzukerkern.484 Auch Felix versagt als Statthalter, wenn er von Paulus Geld verlangt und so den Prozess in die Länge zieht.485 Auch der schwache Festus verhält sich zweifelhaft, wenn er Paulus überhaupt erst in die Situation bringt, sich auf den Kaiser berufen zu müssen, da er den Juden eine Gunst erweisen will.486 Selbst der Zenturio Julius bringt die Passagiere erst dadurch in Gefahr, dass er den Rat des Paulus, in „Guthafen“ zu überwintern, nicht befolgt.487 Sogar auf das Verhalten des Prokonsuls Gallio, der den Christen gegenüber durch klare Befolgung des Rechts besticht, fällt ein Schatten, wenn er sich nicht darum kümmert, dass vor seinem Richterstuhl der Synagogenvorsteher Sosthenes verprügelt wird.488 Überhaupt bleibt Paulus ein Gefangener des Imperiums, auch wenn ihm keine Verfehlungen nachgewiesen werden können.
481
Lk 21,26, vgl. Apg 17,31. Apg 10,1–11,18; 2,9–11. 483 Apg 1,8. 484 Bezeichnenderweise veranlassen die duoviri in Apg 16,35 die Freilassung der Gefangenen, obwohl das römische Bürgerrecht des Paulus offenbar noch keine Rolle spielt (erst in V. 37). Sie wissen, dass sie die Missionare nicht ohne rechtliche Grundlage hätten einsperren dürfen. 485 Apg 24,26–27. 486 Apg 25,9. 487 Apg 27,11. 488 Apg 18,17. 482
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Lukas weiß um die Gefahr, die von Soldaten ausgeht, wenn sie sich nicht ans Recht halten.489 Besonders eklatant zeigt sich dies am Verhalten des Pilatus, der brutal gegen Galiläer vorgeht.490 Auch Lk 23,1–5 offenbart, dass Pilatus der Form nach ein faires Verfahren beginnt, aber nicht die Kraft hat, ein gerechtes Urteil zu fällen.491 Dass Pilatus keineswegs schuldlos am Tod Jesu ist, wie man nach Lk 23,25 annehmen könnte, belegen Apg 3,13, 4,27 und 13,28 – Texte, in denen das Verhalten des Pilatus in der Apostelgeschichte nachklingt. Aber auch die Verspottung Jesu durch die Soldaten492 und die bloße Anwesenheit des Zenturios unter dem Kreuz493 zeigen, dass das Imperium Verantwortung für die Tötung Jesu trägt. Rom schützt nicht nur, Rom bedroht oder zerstört auch Leben. 3.3.1.5 Das Römische Imperium als Wirkungsraum des Teufels Da das Doppelwerk nur selten zwischen den Verfehlungen einzelner Repräsentanten Roms und dem Wirken des Teufels direkte Kausalzusammenhänge herstellt, lässt sich diese Beziehung der Macht des Teufels zum Römischen Imperium nur indirekt erschließen. Eindeutig ist, dass der Teufel in Lk 4,6 Jesus gegenüber beansprucht, die Macht aller Herrschaften des Erdkreises und ihre Ehre von Gott empfangen zu haben, und dass der Teufel zudem behauptet, er habe die Macht, diese nach eigenem Gutdünken weiterzugeben.494 Wenn der Teufel hier nicht lügt, haben die Leser immer wieder mit seinem Wirken im Doppelwerk zu rechnen. Am deutlichsten zeigt sich die Wirkung des Teufels zu Beginn der Passion Jesu. Dort geht der Teufel direkt in Judas ein (Lk 22,3), was zum Verrat, zur Verhandlung und schließlich zum Tod Jesu führt. Der Teufel nutzt die Strukturen des Imperiums, um den Gottessohn Jesus schließlich doch anzugreifen, was ihm nach Lk 4,1–13 nicht gelungen war. Dass der Teufel nicht gesiegt hat, zeigen Lk 24,26 und 24,46 nach der Auferstehung Jesu – Verse, die offenbaren, dass gerade das Sterben und das Eingehen in die Herrlichkeit Gottes Weg mit Jesus war. Angesichts der Grausamkeit des Pilatus in Lk 13,1 mag man den Teufel am Werke sehen. Allerdings ist im Blick zu behalten, dass nicht dessen Grausamkeit den Zielpunkt des Textes darstellt, sondern Jesu Ruf zur Buße, zu der der Hinweis auf die Grausamkeit des Pilatus nur den dunklen Hintergrund bildet. Auch die Brutalität des „Heeres“, das
489
Lk 3,14. Lk 13,1. 491 Lk 23,24–25. 492 Lk 23,35–38. 493 Lk 23,47–49. 494 Καὶ εἶπεν αὐτῷ ὁ διάβολος· σοὶ δώσω τὴν ἐξουσίαν ταύτην ἅπασαν καὶ τὴν δόξαν αὐτῶν, ὅτι ἐµοὶ παραδέδοται καὶ ᾧ ἐὰν θέλω δίδωµι αὐτήν. 490
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Jerusalem zerstört,495 mag man als Wirkung des Teufels sehen. Wieder ist auch nicht zu vergessen, dass Jesus diese Zerstörung auf das Nichterkennen dessen, was dem Frieden dient, zurückführt.496 Auch ist zu erkennen, dass Gott diese Zerstörung in dem nur bei Lukas vorhandenen Hinweis auf das Ende der Zeit der Heiden497 begrenzt. Sollte also der Teufel in den Grausamkeiten des Imperiums wirksam sein, so ist sein Wirken im Doppelwerk doch nie ohne Begrenzung oder Sinngebung durch Jesus, der die Gewalt in den Kontext seiner Verkündigung stellt. Nach Lukas geht es dem Teufel um die zerstörerische Macht von Menschen über Menschen.498 Er bezeichnet die Macht, die er missbraucht, als ἐξουσία. Mit ἐξουσία bezeichnet Lukas nicht nur, aber auch irdische Macht.499 Man könnte deshalb von einer Strukturähnlichkeit der irdischen Macht mit der Macht des Satans sprechen, sodass der Teufel die Möglichkeit besitzt, die Macht Roms auch zu missbrauchen, weil irdische Macht strukturell für die Macht des Teufels anfällig ist.500 Auch die häufige Erwähnung des Teufels in imperialen Kontexten (Apg 10,38; 13,10; 26,18501) könnte in diese Richtung deuten. Wichtig ist dabei, nicht aus den Augen zu verlieren, dass die Macht des Teufels und damit auch die Macht seiner Einwirkung auf das Imperium vom Kyrios begrenzt oder gar zerstört wird.502 Selbst Pontius Pilatus führt letztlich nur aus, was Gottes Ratschluss im Voraus beschlossen hat.503 Deutlich wird die Begrenzung der Macht des Teufels in Apg 13,4–12, die ihre Pointe gerade darin findet, dass Paulus durch den Geist die Teufelsmacht im Magier eindämmt und dadurch die Wege öffnet,504 dass der Statthalter zum christlichen Glauben findet. Auch Apg 10,38 zeigt, dass die Heilung durch den, der mit dem Heiligen Geist und der Kraft gesalbt wurde, Jesus, dadurch geschieht, dass der Teufel seine Macht über Menschen verliert. Die gleiche Macht Gottes übt Paulus aus, wenn er in Apg 26,18 seiner Berufung nachkommt und Menschen aus der Finsternis zum Licht und aus der Macht des Satans zu Gott führt. Paulus, der ab Apg 21,27 durchgehend ein Gefan495
Lk 21,20. Lk 19,41–44. 497 Lk 21,24. 498 Lk 4,6. 499 Z.B. Lk 23,7. 500 Dies betont KIM, Christ and Caesar, S. 114–150, siehe auch S. 191: „The Roman Empire is another embodiment of the reign of Satan“. 501 Vgl. auch Lk 22,31. Auch hinter den ἀντικείµενοι in Lk 21,15 könnte man unter anderem den Teufel vermuten. 502 Apg 10,38; 13,10; 26,18. 503 Apg 4,28: ποιῆσαι ὅσα ἡ χείρ σου καὶ ἡ βουλή [σου] προώρισεν γενέσθαι. 504 Und dadurch die geraden Wege des Herrn nicht mehr verdreht sind (vgl. V. 10: οὐ παύσῃ διαστρέφων τὰς ὁδοὺς [τοῦ] κυρίου τὰς εὐθείας). 496
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gener Roms ist, ist dafür selbst ein Beispiel, das von Gott Zeugnis ablegt, auch wenn das für den Teufel anfällige System des Römischen Imperiums ihn nicht freigibt. Es ist also stets damit zu rechnen, dass das Imperium vom Teufel durchwirkt ist. Ebendeshalb ist Gott in Jesus gekommen, um Menschen aus der Macht des Teufels zu befreien.505 3.3.1.6 Das Römische Imperium als Diener Gottes Überblickt man den Weg Jesu als Geistträger und den Weg der Anhänger des Weges derer, die im Geist Zeugnis von der Herrschaft des erhöhten Jesus geben, also das gesamte Doppelwerk, so fällt auf, dass die Evangeliumsbotschaft trotz aller Widerstände ihren Weg findet: Paulus gelangt nach Rom trotz aller Widrigkeiten und zweifelhaften Entscheidungen von Repräsentanten Roms. Trotz des Wirkens des Teufels506 in den Machtstrukturen des Römischen Imperiums legen die Jünger Jesu507 in der Apostelgeschichte Zeugnis von Jesu Herrschaft ab, sodass sich das Reich Gottes508 weiter ausbreitet. Dass es sich bei dem Weg des Paulus nicht um Zufall handelt, zeigt zum einen der Hinweis der Apostelgeschichte, dass das Handeln Gottes in der Welt im Ratschluss Gottes begründet liegt (Apg 4,28), zeigt aber auch die häufige Verwendung des sogenannten göttlichen δεῖ: Immer wieder zeigt Gott Paulus an, dass der Weg nach Rom der von Gott bestimmte Weg ist.509 Dass dieser Weg mit Leiden verbunden sein würde, hatte Christus Paulus schon in Apg 9,16 angekündigt (vgl. Apg 21,14). Aber auch für nicht so herausgehobene Christen wie Paulus gilt: Der Weg ins Reich Gottes führt nach Gottes Willen durch viele Bedrängnisse hindurch.510 Gott wirkt demnach durch die Verfehlungen der Repräsentanten des Imperiums hindurch, um seinen Willen zum Ziel zu bringen: Die Einkerkerung von Paulus und Silas führt dazu, dass der Gefängniswärter und seine Familie Christen werden.511 Dass der Statthalter Felix Paulus aus eigennützigen Motiven heraus nicht freilässt, führt dazu, dass Paulus weiter in Haft bleibt. Dass der Statthalter Festus den Juden eine Gunst erweisen möchte, hat zur Folge, dass Paulus sich auf sein römisches Bürgerrecht beruft und nach Rom überstellt wird.512 Ja, sogar das Eingehen (Lk 22,3) des Teufels in Judas führt mittelbar zum Tode Jesu und schließlich zu seiner Erhöhung. 505
Vgl. Apg 10,38; 16,18. Dass der Teufel schon in der jüdisch-hellenistischen Literatur seit dem Hiobbuch Feind und Diener Gottes zugleich sein konnte, hat GARRETT, Jesus als Befreier vom Satan, S. 17, gezeigt. 507 Vgl. Apg 11,29. 508 Vgl. Apg 28,31. 509 Apg 21,14; 23,11; 27,24. 510 Apg 14,22: διὰ πολλῶν θλίψεων δεῖ ἡµᾶς εἰσελθεῖν εἰς τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ. 511 Apg 16,33. 512 Apg 25,12; vgl. 26,32. 506
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Aber auch die korrekten Verhaltensweisen der Vertreter Roms tragen dazu bei, dass das Evangelium seinen Weg geht: Durch Gallios Entscheidung missioniert Paulus weiter in Korinth.513 Durch den Schutz, den Claudius Lysias dem Paulus gewährt, gelangt dieser sicher nach Cäsarea.514 Durch die Entscheidung der duoviri in Philippi, Paulus und Silas freizulassen, bekommen diese die Möglichkeit, Lydia und die Brüder zu trösten.515 Die von Gott gewirkte Heilsgeschichte geht auf Erden ihren Weg, weil sie gerechtes und unrechtes Handeln der Repräsentanten des Imperiums in ihren Dienst nimmt. Wenn auch nicht immer unmittelbar sichtbar, so wirkt doch Gott gemäß seiner Vorherbestimmung in der Welt, sodass seine Diener den Weg gehen, den er für sie im Voraus festgelegt hat.516 Gott erweist seine Macht, die mächtiger ist als die der Verfehlungen der Imperiumsträger oder gar des Teufels. Das Erdbeben in Apg 16,26 belegt eindrücklich, was Lk 2,1–14 schon andeutet, Lk 7,1–10 ausführt und der Tod Jesu und die verkündigte Erhöhung in Lk 24,44 besiegeln werden: Gottes Macht übersteigt die Macht des Imperiums. Gott wirkt in der Weltgeschichte zur Rettung der Welt.517 Rom bildet letztlich nur den historischen Hintergrund für dieses heilsvolle Wirken Gottes.518 3.3.2 Die Macht des Römischen Imperiums und die Macht Gottes in Jesus Nicht aus Willkür nimmt Gott römische Imperiumsträger in seinen Dienst, sondern um seinem Heil in der irdischen Geschichte Raum zu geben. Die βασιλεία τοῦ θεοῦ, die im Lukasevangelium in Jesus Gestalt gewonnen hat, weitet sich in der Herrschaft des Erhöhten in der Apostelgeschichte gewissermaßen aus. Lukas erzählt nur den Anfang dieser Ausweitung der Herrschaft; denn die βασιλεία τοῦ θεοῦ setzt sich fort, bis sie die Enden der Erde erreicht hat.519 Diese Gottesherrschaft setzt sich auf Erden nicht durch aufgrund ihrer äußeren Macht, sondern aufgrund des Dienstes Jesu.520 Diese rettende Bewegung Jesu, von der Lk 22,24–27 erzählt und die sich im Dienst der Jünger untereinander fortsetzt, schildert das Doppelwerk immer wieder vor dem Hintergrund des Römischen Imperiums, aber auch im Kontrast zu dessen faktischer Herrschaft. Dies deutet sich an, wenn Lukas einzelne Motive eines Triumphzuges in Lk 19,28–46 oder der Kaiserapotheosen in Lk 24,50 und Apg 1,9–11 aufnimmt. Auch an anderen Orten der Erzählung des Doppel513
Apg 18,18. Apg 23,32. 515 Apg 16,40. 516 Z.B. Apg 4,28. 517 Lk 2,11. 518 Apg 28,16–31. 519 Vgl. Apg 1,8 und 28,31. 520 Z.B. Lk 22,27. 514
3.3 Systematische Darstellung des Römischen Imperiums bei Lukas
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werks verkündigt Lukas den Lesern die Herrschaft Gottes, die sich durch Jesus im Heiligen Geist auf Erden realisiert, vor dem Hintergrund der Herrschaft des Imperiums. Diese Gottesherrschaft gewinnt sogar in Repräsentanten Roms Gestalt: im demütigen und gesetzestreuen Hauptmann von Kapernaum,521 im Bekenntnis des Zenturios unter dem Kreuz,522 im Zenturio Kornelius in Cäsarea,523 im Glauben des Prokonsuls Sergius Paulus,524 in der Rettung des Kerkermeisters und seiner Familie in Philippi,525 im ‚Fast-Glauben‘ des Herodes Agrippa,526 im Verhalten des Zenturios Julius auf der Schiffsreise.527 Gleichzeitig steht es Gott anheim, Repräsentanten Roms für den christlichen Glauben zu gewinnen: Weder Pontius Pilatus noch Claudius Lysias, Felix oder Festus werden Christen. Der weltumspannenden Herrschaft Gottes, die sich im Zeugendienst für Jesus auf Erden konkretisiert, entspricht, dass sie geographisch-politische, soziale und ethnisch-kulturelle Imperiumsgrenzen überwindet. Dies deutet schon die vielschichtige Völkerliste für die Leser in Apg 2,9–11a an. Auch Apg 8,39 öffnet den Lesern einen Raum, der sie in afrikanische Bereiche jenseits des Imperiums führt. Die Leser erfahren, dass der Geist die sozialen Grenzen innerhalb des Imperiums überwindet, wenn in Apg 13,6–12 ein Mitglied einer alten römischen Patrizierfamilie, Senator und Prokonsul Christ wird. Auch der Apostel Paulus selbst überwindet in der Erzählung soziale Grenzen mit großer Leichtigkeit: In Apg 16,37 fordert er die duoviri auf, zu ihm zu kommen. Nach Apg 19,31 sind Asiarchen seine Freunde. Anders als der Tribun Claudius Lysias besitzt Paulus sein Bürgerrecht schon seit seiner Geburt.528 Er weist den Statthalter Felix – immerhin der Bruder des unter Kaiser Claudius mächtigen Freigelassenen Antonius Pallas529 – moralisch in dessen Schranken.530 Paulus hält fast klassische Reden531 und scherzt mit dem König Agrippa.532 Er heilt schließlich auf Malta den Vater des Ersten der Insel von Fieber und Ruhr.533 Obwohl 521
Apg 7,1–10. Lk 23,47. 523 Apg 10,48. 524 Apg 13,12. 525 Apg 16,30–34. 526 Apg 26,27–28. 527 Apg 27,1–44. 528 Apg 22,28. 529 Z.B. Cassius Dio, Hist. rom. LXII 14,3; Tacitus, Ann. XII 53; Sueton, Claud. 28; Plinius d.J., Ep. VII 29; VIII 6. 530 Apg 24,24–26. 531 Apg 17.22.24.26. 532 Apg 26,29. 533 Apg 28,8. 522
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
Paulus seit seiner Verhaftung in Jerusalem534 Gefangener des Römischen Imperiums ist, weiß er sich mühelos bis in hohe soziale Kreise hinein angemessen zu verhalten und als Zeuge des Erhöhten dessen Herrschaft zu verkündigen. Schließlich überwindet der Heilige Geist die ethnische und kulturelle Grenze zwischen Römern und Juden. Wenn die Erzählung von der Bekehrung des Kornelius in Apg 10–11 nicht nur eine singuläre, sondern ebenso eine paradigmatische Aussage macht, zeigt sie, dass der Geist in der Lage ist, die tiefsitzende Abneigung und das Unverständnis vieler Römer gegenüber dem Judentum zu überwinden. Die „Befriedung Judäas“, die dem Imperium nicht gelang, wird irdische Wirklichkeit, wenn sich die Herrschaft Jesu nicht nur auf Juden, sondern auch auf Römer erstreckt, wie es die Schrift verheißen hat: Gott hat das Wort den Söhnen Israels gesandt, damit er durch Jesus Christus, der der Herr aller ist, den Frieden verkündigte.535 So lässt sich mit Recht von einem Herrschaftswechsel sprechen, den diejenigen vollziehen, die unter der Herrschaft des Imperiums standen, nun aber unter der Herrschaft des Kyrios leben. In der Bezeichnung des Kaisers als „Kyrios“ (Apg 25,26536) klingt dieser Wechsel an und setzt sich – andeutungsweise – im fehlenden Lokalkolorit Roms in Apg 28,16–31 fort. Dabei ist zu beachten, dass dieser Herrschaftswechsel nicht mit einer grundsätzlichen Abwertung des Reiches einhergeht, sondern mit einer neuen Zuordnung und Begrenzung Roms auf seinen irdischen Bereich, in dem Rom innerhalb seiner Möglichkeiten dem Unrecht Einhalt gebieten soll. Die Herrschaft Jesu, der die Christen unterstehen, konkretisiert sich zwar unter den Bedingungen der irdischen Welt, offenbart sich aber auf einer strukturell anderen Ebene als auf der der irdischen Herrschaft. Dies wird deutlich an Konfliktfällen zwischen dem Imperium und dem Zeugnis von der Herrschaft Jesu vor städtischen und römischen imperialen Magistraten:537 Ist auch gewiss, dass einige Christen getötet werden,538 wird ihnen dennoch kein Haar vom Kopf verloren gehen,539 und sie werden das Leben gewinnen, wenn sie standhaft bleiben.540 Ja, gerade die ganze Konfrontation geschieht um des Zeugnisses Jesu willen.541 Dieses Zeugnis von der 534
Apg 21,33. Apg 10,36: τὸν λόγον [ὃν] ἀπέστειλεν τοῖς υἱοῖς Ἰσραὴλ εὐαγγελιζόµενος εἰρήνην διὰ Ἰησοῦ Χριστοῦ, οὗτός ἐστιν πάντων κύριος. 536 Für ROLOFF, Apostelgeschichte, S. 350, sogar der älteste Beleg für die Anwendung des absolut gebrauchten Titels „Herr“ auf den Kaiser. Vgl. aber DEISSMANN, Licht vom Osten, S. 299–311. Historisch dürfte Nero gemeint sein. 537 Lk 21,12–19; 12,11–12. 538 Lk 21,16b. 539 Lk 21,18a, ohne Parallele bei Matthäus und Markus. 540 Lk 21,19: ἐν τῇ ὑποµονῇ ὑµῶν κτήσασθε τὰς ψυχὰς ὑµῶν. 541 Lk 21,12–13. 535
3.3 Systematische Darstellung des Römischen Imperiums bei Lukas
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Herrschaft und Macht Jesu gewinnt gerade darin Gestalt, dass die Christen nicht, wie es üblich war, im Voraus eine Verteidigungsschrift verfassen sollen,542 sondern von Jesus selbst Mund und Weisheit bekommen, der die Widersacher nicht widerstehen können.543 In dieser Konfliktsituation gibt Jesus den Heiligen Geist, der sie zu sagen lehrt, was in jener Stunde zu sagen nötig ist, sodass sie sich nicht zu sorgen brauchen.544 Mögliche Klientel- und familia-Bindungen werden zwar eine lebenzerstörende Kraft entfalten,545 aber sie werden unter einer neuen Herrschaft, der Herrschaft Jesu, stehen.546 Deshalb wird nicht die ἐξουσία von Königen oder Statthaltern von Belang sein, sondern das Zeugnis von Jesu Namen ausschlaggebend sein.547 Gerade die auffällige Sinngebung des Konfliktes im Zeugnis vom Namen Jesu offenbart, dass es Lukas nicht primär um die Machtstrukturen der Welt geht, sondern um das Zeugnis von seinem Namen: Die Konflikte entstehen nicht etwa um der Widersacher (Lk 21,15), sondern um des Zeugnisses willen (Lk 21,13548). In diesem schwierigen Konflikt wird Jesus für seine Zeugen sorgen.549 Wie in der Vorgeschichte verheißen550 und immer wieder im Laufe des Evangeliums551 und der Apostelgeschichte552 benannt, erweist sich Jesus auch hier in der Konfrontation zwischen römischer Herrschaft und Macht Jesu als rettender Herr, der das Leben erhält.553 3.3.3 Christliches Verhalten im Schatten des Römischen Imperiums Dass die Herrschaft Jesu und ihr Zeugnis eine fundamental andere Struktur besitzen, bedeutet für Lukas nun nicht, dass diese Herrschaft des Kyrios keine irdische Gestaltungskraft besäße. Es lässt sich im Gegenteil immer wieder zeigen, dass das Römische Imperium den Hintergrund oder gar den Gegenentwurf bildet zu Aussagen über die konkrete Gestaltung des christlichen Lebens. Zu Beginn seines Vermächtnisses vor seinem Tod, der Rede Jesu in Lk 22,24–38, profiliert554 Jesus seine Ethik in Abgrenzung zur Herrschaft der irdischen Herrscher und zum Verhalten im römisch-hellenistischen Kultur542
Lk 21,14. Lk 21,14–15. 544 Lk 12,11–12. 545 Lk 21,16–17. 546 Lk 21,18–19. 547 Lk 21,12. 548 Vgl. den Auftrag des Kyrios an Paulus in Apg 9,15–16. 549 Lk 12,12. 550 Z.B. Lk 1,69.71.77. 551 Lk 19,11. 552 Apg 4,12; 7,25; 13,26 u.ö. 553 Lk 21,19. 554 Lk 23,35. 543
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Teil 3: Das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk
raum in scharfem Ton555 mit der Begründung, dass er selber unter ihnen ein Diener sei. Auch wenn Jesus nicht den Status des Jüngers, sondern dessen Verhalten aufgreift, zeigt sich durch Jesu Verweis auf sein eigenes Verhalten, dass dieses die Orientierung für die Jünger darstellt, nicht primär die Abgrenzung zu irdischen Mächten. Das Verhalten des Imperiums und das seiner einflussreichen Repräsentanten bildet also nur die Kontrastfolie, nicht die Begründung für das andere, dienende Verhalten der Jünger. Mit ‚Dienst statt Herrschaft‘ ließe sich schlagwortartig diese Ethik zusammenfassen, die später die soldatischen Spötter am Kreuz befremden wird. Die Königsherrschaft Gottes, die Jesus und schließlich auch Paulus verkündigen (Apg 28,31), wird so Wirklichkeit unter den Bedingungen des Römischen Imperiums. Dieses Verhalten Jesu, das letztlich seinen Angelpunkt in der Zuwendung Gottes zur Welt findet,556 realisiert sich in der Apostelgeschichte immer wieder im Kontext des Imperiums: Der Gefängniswärter in Apg 16,11–40 wandelt sich als Christ unter der Herrschaft des Kyrios von einem Kerkerwächter in einen pflegenden und zugewandten Christen.557 Der Zenturio Julius eröffnet unter dem Einfluss des Paulus Lebensräume, indem er die Möglichkeit zum gemeinsamen Mahl schafft und schließlich seinen Beitrag leistet, dass alle Gefangenen gerettet werden.558 Wie der Gefängniswärter, so wandelt auch er sich von einem Mann mit Befehlsgewalt zu einem Diener und damit auch in seinem Verhältnis zum Zeugen des Erhöhten, zu Paulus. Dieser Paulus heilt auf Malta selbst – zunächst den Vater des Publius, dann auch die anderen Kranken der Insel.559 Seine Gefangenschaft hält ihn keineswegs davon ab, Zeugnis für den Herrn abzulegen und als dienend Heilender der Wirklichkeit des Erhöhten auf Erden Raum zu geben, weil er als Gefangener des Imperiums den Namen Jesu unter anderem vor den Kaiser trägt: beides im Willen Gottes verankert.560 Gerade die Gefangenschaftskapitel in Apg 21–28 zeigen, dass Rom in seinem bisweilen zweifelhaften Verhalten die Verkündigung des Evangeliums zwar einschränken mag, aber das Zeugnis Jesu gerade in der Bedrängnis561 seine Kraft entfaltet, weil Jesus Christus der Herr ist.562 Alle acht Aspekte der Imperiumsdarstellung im Doppelwerk lassen sich schließlich so zusammenfassen: Lukas erkennt die Realität des Imperiums an. Er schätzt Rom wert als Schutzmacht und Rechtsinstanz. Er weiß um das Imperium als Kulturraum. Er benennt auch negative Züge einzelner Reprä555 Οὐχ οὕτως δέ ἐστιν ἐν ὑµῖν, so auch schon in Mk 10,43, vgl. FELDMEIER, „Die zu herrschen scheinen“, S. 29. 556 Lk 1,46b–55. 557 Apg 16,33. 558 Apg 27. 559 Apg 28,1–10. 560 Apg 21,14; 9,15–16. 561 Apg 14,22. 562 Apg 28,31.
3.3 Systematische Darstellung des Römischen Imperiums bei Lukas
201
sentanten. Er weiß um die Macht des Teufels in imperialen Strukturen, aber auch um Gottes Wirken in der Geschichte. Er verkündigt die Macht Gottes, die sich durch den erhöhten Jesus und im Heiligen Geist manifestiert und die Christen zu christlichem Verhalten ermächtigt.
Teil 4
Das Ertragspotenzial der Aussagen des Doppelwerks für die Leser Die bisherige Darstellung hat insgesamt acht Perspektiven auf das Römische Imperium im Lukanischen Doppelwerk herausgearbeitet, die sich theologisch in dreierlei Hinsicht in den Blick nehmen lassen: Zum einen spricht das Doppelwerk vom Imperium als einer irdischen Macht, die vor allem durch ihre Vertreter repräsentiert wird. Zum zweiten macht Lukas vor dem Hintergrund seiner Aussagen über Rom immer wieder christologische Aussagen. Zum dritten entfaltet Lukas im Kontext des Imperiums immer wieder Szenen, die ethisches Potenzial für die Christen seiner Zeit beinhalten. So spricht das Doppelwerk zu seinen Lesern von Rom auf sehr unterschiedliche Weise. Wie zunehmend erkannt wird1 und wie meine Arbeit bestätigt, lassen sich diese unterschiedlichen Zugänge keineswegs auf eine einzelne Aussage reduzieren. Vielmehr scheint mir gerade die Diversität der Aussagen über Rom Anknüpfungspotenzial an die Realität der Christen im letzten Viertel des ersten Jahrhunderts zu bieten. Durch diese Weite seiner Imperiumsdarstellung besitzt der Text das Potenzial, in unterschiedliche Lebenssituationen der Leser hinein zu sprechen und unterschiedliche Erfahrungshorizonte zu eröffnen. Ich werde einige solcher Situationen und Horizonte im Folgenden nennen, weitere sind sicher denkbar. Wenn wir davon ausgehen, dass sich die Leser des späten ersten Jahrhunderts in einer latenten Bedrohungssituation befanden, eröffnet gerade seine Vielschichtigkeit dem Text die Möglichkeit, in unterschiedliche Lebenssituationen der Christen zu sprechen. In diesem vorletzten Teil meiner Arbeit geht es also darum zu erheben, welches Ertragspotenzial sich in den Aussagen des Doppelwerks zum Römischen Imperium verbirgt, die ich im dritten Teil herausgearbeitet habe. Wie der methodische Teil ausgeführt hat (Teil 2), geht es nicht um die Frage, ob sich dieses Potenzial tatsächlich unter den Lesern im letzten Drittel des ersten Jahrhunderts historisch entfaltet hat, sondern allein um das Potenzial des Textes selbst. Um dieses zu erheben, wähle ich erneut die rekonstruierten Leser, deren konkrete historische Situation ich im zweiten Teil der Arbeit als eine latente Bedrohungssituation folgendermaßen konkretisiert habe:
1
Siehe oben Teil 1.
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Teil 4: Das Ertragspotenzial der Aussagen des Doppelwerks für die Leser
Es gab Unruhen auf der lokalen Ebene, die ihre Ursache in der allgemeinen skeptischen Stimmung der Bevölkerungsmehrheit hatten und auch das familiäre Umfeld beeinträchtigen konnten. Es bestand die Gefahr, dass lokale Magistrate Christen bei Unruhen an die zuständigen Statthalter überstellten, sodass diese dort verklagt wurden. Für jeden Christen und für jede christliche Gemeinde der damaligen Zeit bestand die Gefahr, dass es zu Prozessen vor Statthaltern kam, in denen es um Leben und Tod ging. Es dürfte den Christen der Zeit kaum klar gewesen sein, was ihnen juristisch konkret vorgeworfen wurde, also ob im christlichen Glauben allein der zu verhandelnde Straftatbestand bestand und ob solche Prozesse überhaupt eine allgemein gültige juristische Grundlage besaßen. Da die rekonstruierten Leser in der Regel aufgrund ihrer sozialen Stellung kaum Kontakt zu Statthaltern hatten, dürften sie in der Kommunikation mit Statthaltern ungeübt gewesen sein. Kulturell hellenistisch-römisch geprägte Leser dürften in besonderem Maße durch das Verhalten ‚ihres‘ Imperiums verunsichert gewesen sein; standen sie doch in der Regel grundsätzlich dem in den Städten symbolisch präsenten Imperium und seiner Kultur positiv gegenüber. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die von mir rekonstruierten Leser in ihrer Beziehung zum Römischen Imperium verunsicherte Leser waren.
4.1 Hilfe für die Leser im Umgang mit dem Römischen Imperium Lukas berichtet seinen Lesern vor allem in den Missionserzählungen in der Apostelgeschichte aus Philippi, Thessalonich, Korinth und Ephesus, aber auch später in Jerusalem von lokalen Unruhen. Viele Kontakte des Paulus zu römischen Beamten haben in der Apostelgeschichte ihren Ursprung in tumultartigen Unruhen in Städten. Die geschilderten Szenen nähern sich also den Erfahrungen der Leser des späten ersten Jahrhunderts an. Gerade angesichts solcher Schilderungen könnte eine Botschaft des Doppelwerks an verunsicherte Leser lauten: Auch solche Unruhen sind für Christen zu bestehen und zu bewältigen und können sogar der Mission dienen (Apg 16.17.18.19 u.ö.). So bekommen solche bedrohliche Schilderungen von Unruhen einen ermutigenden und tröstlichen Klang. Texte wie Apg 16,11–40, 17,1–9, 18,1–18 und 19,23–40 stellen den Lesern damit ein hohes Anknüpfungspotenzial zur Verfügung. Beim näheren Umgang mit den Texten könnte den Lesern zudem auffallen, dass jeder einzelne Text von sehr unterschiedlichen Ursachen erzählt, die schließlich zu lokalen Unruhen führen: In Philippi geht es um finanzielle Interessen Einzelner, aber auch um die bedrohte Identität des Ortes als römische Kolonie. In Thessalonich
4.1 Hilfe für die Leser im Umgang mit dem Römischen Imperium
205
scheint es um soziale Probleme des Ortes und um die Verehrung des Kaisers als Integrationsinstanz des Reiches zu gehen. In Korinth fühlen sich die Juden als separate Gruppe der Stadt bedroht. In Ephesus geht es um finanzielle Interessen Einzelner, um die innerstädtische Dynamik des Mobs (Apg 19,32), um die Identität der Stadt als kulturelles und religiöses Zentrum innerhalb der Provinz Asia, aber auch darum, dass wichtige Personen der Provinz keine Tumulte unterstützen (Apg 19,31). Zudem fällt ins Auge, dass bei vielen Anlässen die Behörden, aber auch die Menge selbst versuchen, die allgemeine Unruhe in bewährte städtische Strukturen zu kanalisieren (Apg 16,19; 17,6; 18,12; 19,35.38.39). Für Christen der lukanischen Zeit könnte dies ein Hinweis sein, sich mit den gängigen städtischen Verfahren in ihrem jeweiligen Ort vertraut zu machen, um im Falle von Unruhen angemessen reagieren zu können. Sie regen zudem an zu verstehen, weshalb manche Bewohner die Christen ablehnten. Die Texte haben somit das Potenzial, sich mit den Ursachen eventueller Tumulte inhaltlich konstruktiv auseinanderzusetzen. Indem die Texte den Blick auf die Ursachen und die Dynamiken von lokalen Unruhen legen, eröffnen sie Perspektiven auf die lokalen Magistrate, die ihrerseits, den Christen ähnlich, der Dynamik der Menschenmengen ausgesetzt waren und versuchten, die vorhandenen lokalen Strukturen konstruktiv zu nutzen: In Philippi reagieren die duoviri auf die Unruhen zunächst mit der Einkerkerung von Paulus und Silas, lassen beide aber schließlich frei, unter anderem weil diese römische Bürger waren. In Thessalonich gibt es eine vorläufige, finanzielle Lösung. In Ephesus zeigt sich, dass die lokalen Beamten selbst vom Statthalter der Provinz abhängig sind.2 Sie möchten keinesfalls den Eindruck erwecken, eine Stadt in Aufruhr zu repräsentieren. So haben also die Texte Apg 16,11–40, 17,1–9, 18,1–18 und 19,23–40 sogar das Potenzial, im besten Fall Verständnis für Vertreter lokaler Behörden zu wecken. Christen, die die Motive der lokalen Behörden verstehen, können dann im Falle von Konflikten leichter mit Dekurionen einer Stadt sprechen. Die Texte, die von lokalen Unruhen handeln, könnten damit einen Beitrag zur Entdämonisierung von Menschenmengen eines Ortes, aber auch ihrer Dekurionen beitragen und Verständnis für die lokalen Bedingungen schaffen. Die Texte spielen in gewisser Weise Handlungsoptionen durch, wie Christen in Zeiten von lokalen Unruhen reagieren können3 (z.B. Philippi: Gottvertrau2 Hier sei ein Hinweis auf Lk 23,50–56 gegeben, eine Perikope, die auf das Verhältnis eines Ratsherrn zum zuständigen Statthalter ein kleines Licht wirft. 3 Ähnlich PLÜMACHER, Lukas als hellenistischer Schriftsteller, S. 92, der nach der Intention des realen Autors fragt und in den Texten im dramatischen Episodenstil sehr wesentlich den Zweck sieht, „jeweils einen bestimmten Gedanken oder eine These, die Lk seinen Lesern nahebringen möchte, hervorzuheben und im konkreten Ereignis zu zeigen“. Vgl. jetzt auch E.-M. BECKER, Birth of Christian History, S. 145: „Luke’s narratives, most notably Acts, are filled with exemplary stories“. Vgl. auch VEGGE, Der Zweite Korintherbrief, S. 19: „In der Antike galt die Verwendung von Modellbeispielen als effektivere
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Teil 4: Das Ertragspotenzial der Aussagen des Doppelwerks für die Leser
en; Thessalonich: Kaution; Korinth: Hoffnung auf den Statthalter; Ephesus: aktive Kontaktaufnahme mit Dekurionen). Dabei dürfte tröstlich sein zu sehen, dass nicht jeder Tumult zu einer Anklage vor einem Statthalter führt: Außer in Apg 18,1–18 bleiben alle Konflikte auf der lokalen Ebene. Zu einer lebensbedrohlichen Situation vor einem Statthalter kommt es in den Episoden also oft gar nicht erst. Schließlich dienen selbst die Unruhen und ihre Folgen letztlich der Ausbreitung der heilvollen Wirklichkeit Gottes unter den Menschen. Da die von mir postulierten Leser nicht ständig und überall einer Verfolgung ausgeliefert waren, sondern durchaus an Orten und zu Zeiten gelebt haben, die nicht von Unruhen und Prozessen betroffen waren, stärkt das Doppelwerk die Leser, die keine Bedrängnisse erleben, in ihrer positiven Haltung zum Römischen Imperium. Die Aussagen des Doppelwerks erinnern daran, dass auch andere Verhaltensweisen römischer Repräsentanten möglich sind als die konkret am eigenen Ort erlebten. Das Doppelwerk weitet dadurch zudem auf diese Weise den Blick auf Brüder und Schwestern, die an anderen Orten leben, aber auch zu leiden haben. Christen in einer konkreten Bedrohungslage tröstet das Doppelwerk: Texte wie das Magnifikat (Lk 1,46b–55), Lk 21,12–19 oder Apg 1,9–11 erinnern bedrohte Christen an Gottes Macht. Kein Prozess gegen einen Christen ereignet sich zufällig oder gar ohne Gottes Zutun: Jeder Weg von den lokalen Instanzen zum Auftritt vor dem Richterstuhl eines Statthalters geschieht zum Zeugnis für Jesus (Lk 21,13). Dadurch bekommt selbst das Leiden vor einem Statthalter einen Sinn; beruht der Sinn des Leidens derer in Bedrängnis doch im Kern nicht auf dem Handeln eines Magistrates, Statthalters oder gar des Teufels, sondern auf Gott, der Christen zu einem Leidensweg beruft (Apg 14,22; vgl. 9,16). Die Deutungshoheit des Geschehenen besitzt demnach Jesus, nicht etwa ein Statthalter. Diese Vollmacht, vergangene oder gegenwärtige Not zu deuten, übt Jesus im gesamten Doppelwerk aus (Lk 24,26; Apg 23,11; 27,24 u.ö.). Er erinnert die bedrängten Christen daran, dass Gottes Macht stärker ist als die der Behörden. Nicht zuletzt daran erinnert die Christen die programmatische Voranstellung des Magnifikats. Doch das Doppelwerk bietet nicht nur Botschaften für konkret bedrohte Leser, sondern auch für solche, für die nur die Gefahr bestand, mit Rom in Konflikt zu geraten: Sie sollen sich nicht im Voraus Sorgen machen (Lk 21,14), durchaus aber die Bedrohung ernst nehmen, die von Prozessen vor Statthaltern ausgeht (Lk 21,16; 23,1–12; Apg 24,24–27). Jesus tröstet die Leser durch das Wirken des Heiligen Geistes (Lk 12,12). Der Erhöhte bleibt den Christen treu, und das Evangelium wird seinen Weg zum von Gott gesetzten Ziel finden (Apg 1,8), auch wenn dies nicht so scheinen mag. Auch Mahnung als schiere Logik oder physische Gewalt. Außerdem traute man dem gelebten Leben mehr Überzeugungskraft zu als bloßen Worten.“
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für diese Situation gilt: Gottes Macht übersteigt letztlich doch die Macht Roms (vgl. Apg 16,11–40). Der Blick der Leser auf die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Statthalter zeigt ihnen, dass Lukas eher Perspektiven im Umgang mit unterschiedlichen Repräsentanten Roms eröffnet, als sich auf einen einzigen Weg des Umgangs oder eine einzige Art von Prozess festzulegen: Pilatus, der trotz eines juristischen Verfahrens das Recht nicht zur Geltung bringt, verhält sich anders als Felix, der seinen eigenen Vorteil sucht. Festus wiederum mangelt es an Gestaltungskraft; schafft er es doch noch nicht einmal, sich gegen die anklagenden Juden durchzusetzen (Apg 25,9). Sergius Paulus tritt als Mensch in Erscheinung, der sich aus dem Bereich des Bösen löst und gläubig wird. Gallio reagiert souverän. Wer das Doppelwerk liest, dem bleiben sowohl souveräne als auch hilflose oder unfähige Statthalter in Erinnerung. Christen, die wenig oder gar keinen direkten Kontakt zu Statthaltern hatten, lernen: Jeder Statthalter mag sich anders verhalten. So eröffnen gerade die Darstellungen von unterschiedlichen Bedrängnisphasen und verschiedenen Charakteren von Statthaltern die Möglichkeit, die Leser in unterschiedlichen Situationen und an verschiedenen Orten anzusprechen und ‚abzuholen‘. Das Doppelwerk eröffnet geradezu ein Kaleidoskop von unterschiedlichen Statthaltern und unterschiedlichen Lebenssituationen der Christen der Zeit, auf die sich die Leser für sich einstellen können, damit sie Wege des Umgangs mit ihren konkreten Herausforderungen entwickeln. Dabei erinnert das Doppelwerk die Leser daran, ihre eigene konkrete Situation nicht absolut zu setzen, sondern andere Christen vor anderen Herausforderungen ebenfalls im Blick zu haben. So gibt das Doppelwerk für die Leser keine klaren Antworten auf ihre Fragen, vor denen sie stehen, sondern weist Wege des Umgangs mit den Herausforderungen der Zeit. Entsprechend eröffnet das Doppelwerk Perspektiven im Umgang mit der Rechtslage, die vermutlich von Christen vor dem oder im Prozess nur schwer zu durchschauen war. Bei aller Verunsicherung, die den gesamten Paulusprozess durchzieht, zweifelt das Doppelwerk nicht an der grundsätzlichen Möglichkeit Roms, angemessen Recht zu sprechen. Darüber hinaus geben Lk 21,12–19 und 12,11–12 und die vielen Prozessdarstellungen geradezu Hilfestellungen im Umgang mit beiden Prozessformen: dem Christenprozess und dem Prozess aufgrund der Anklage wegen Aufruhrs. Wenn Christen in Christenprozessen um des Namens Jesu willen verfolgt werden, so wird ihnen Jesus Mund und Weisheit geben, angemessen zu sprechen (Lk 21,15). Wenn sie aufgrund von στάσις-Vorwürfen in Bedrängnis geraten, dann gilt auch ihnen die Zusage Jesu, dass der Heilige Geist sie in jener Stunde lehren wird, was zu sagen notwendig ist (δεῖ) (Lk 12,12). Zusätzlich dient das Doppelwerk selbst als Argumentationshilfe: Durch die Apostelgeschichte bekommen Christen die Möglichkeit, auf Präzedenzfälle aus der Vergangenheit des Paulus zu verweisen, in denen Statthalter sich für nicht zuständig gehalten
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Teil 4: Das Ertragspotenzial der Aussagen des Doppelwerks für die Leser
(Apg 18,15) oder Christen für unschuldig erklärt haben (Apg 23,29; 25,19; 26,32). Die in der Apostelgeschichte immer wieder geschilderte Verunsicherung der Statthalter könnte den Blick dafür öffnen, dass selbst Statthalter in der Begründung ihres Urteils sich nicht immer sicher sind (Apg 25,26).4 Die geschilderte Haltung eines Sergius Paulus, eines Gallio, eines Claudius Lysias oder eines Julius ist zudem dazu angetan, das Vertrauen in das Imperium zu stärken. Auch die Verweise des Doppelwerks auf das Handeln Gottes in der Geschichte und das Wirken des Erhöhten haben das Potenzial, Leser immer wieder von juristischen Einzelfragen wegzuleiten und zum grundsätzlichen Vertrauen in Gottes Wirken in der Welt zu führen. So könnte das Doppelwerk eine praktische Hilfe sein, mit der unklaren Rechtslage der Zeit umzugehen. Wenn es stimmt, dass die Leser wenig oder keine Erfahrung im Umgang mit ritterlichen oder senatorischen Vertretern des Imperiums hatten, dann dürfte die Leichtigkeit, mit der Paulus soziale Distanz zu Asiarchen, einem Tribunen, einem ritterlichen Statthalter oder gar einem König überwindet, unter den Christen Erstaunen oder sogar Bewunderung hervorgerufen haben. In jedem Fall eröffnen die Schilderungen von Kommunikation über soziale Grenzen hinweg Perspektiven des Denkbaren, auch wenn solche Überwindung von sozialen Distanzen im Alltag sicher selten erfahren wurde. Wer auf Paulus’ Verhalten in der Gefangenschaft und in Prozessen blickt, kann in dessen Handeln ein Vorbild für sein eigenes Verhalten erkennen: Ein gefangener Christ braucht sich nicht zu verstecken, sondern hat die Möglichkeit, in der bedrängenden Situation eines Prozesses auf Augenhöhe mit Imperiumsvertretern zu sprechen. Nirgendwo in den Gefangenschaftskapiteln entsteht der Eindruck, dass Paulus als Christ zu einer marginalisierten Gruppe gehört. So wie das Evangelium von Jesus im Doppelwerk geographische Räume erschließt, so überwindet es auch soziale Grenzen. Anders als die Johannesoffenbarung5 stellt das Doppelwerk die grundsätzliche Daseinsberechtigung des Römischen Imperiums nicht infrage; denn Lukas schildert das Imperium nicht nur als historisches, wirksames Faktum, sondern verzahnt sogar die Weltgeschichte mit der Heilsgeschichte. Darin könnte für seine Leser und Hörer das Potenzial einer grundsätzlichen Bejahung der Realität der Macht Roms liegen. Christen brauchen nicht gegen die Existenz des Imperiums zu kämpfen, auch wenn sie den Sinn mancher Verhaltensweisen von Statthaltern nicht verstehen. Umgekehrt führt gerade die historische Darstellung die Leser dazu, durch einzelne schlechte Erfahrungen nicht die Herrschaft Roms grundsätzlich infrage zu stellen. Lk 2,1 deutet sogar an, dass es Gottes Wille war, den Retter auf die Erde zu senden, als
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Festus: περὶ οὗ ἀσφαλές τι γράψαι τῷ κυρίῳ οὐκ ἔχω. Z.B. in Kapitel 13 oder in Kapitel 17.
4.1 Hilfe für die Leser im Umgang mit dem Römischen Imperium
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Augustus herrschte.6 Es legt den Lesern sogar den Schluss nahe, dass Gott selbst das Imperium grundsätzlich bejaht, wenn es dem Schutz des Lebens und der Verbreitung des Evangeliums7 dient. Gerade weil das Doppelwerk die Existenz Roms nicht grundsätzlich infrage stellt, ruft es die Leser der Zeit auf, sich aktiv mit dem Imperium auseinanderzusetzen. Lukas gibt verunsicherten Lesern der Zeit aus dem griechischrömischen Kulturkreis auch an dieser Stelle wieder keine einfachen Antworten, sondern führt sie in einen Prozess der Auseinandersetzung mit den Erscheinungsweisen der aktuellen Herrschaft des späten ersten Jahrhunderts hinein. Das Doppelwerk hat auf diese Weise das Potenzial, durch Bestätigung (z.B. Lk 2,1; Apg 19,38–40), kritische ethische Anfrage (Lk 3,10–14), aber auch durch hintergründige Infragestellung (z.B. Lk 2,8–14) der Pax romana oder seiner Repräsentanten in den Gemeinden zu wirken. Gerade weil ein Kaiser wie Vespasian, dem die dynastische Legitimation fehlte, sich in seiner Repräsentation in die Tradition des Augustus stellte und weil ein Kaiser wie Domitian nach seinem Tod öffentlich der damnatio memoriae anheimfiel, könnte das Doppelwerk in seiner vielschichtigen Darstellung auch für einen Leser aus einer subdekurialen Schicht Perspektiven zu einem produktiven Umgang mit Gelingen und Scheitern kaiserlicher Herrschaft eröffnen: Das Verhalten und der Charakter eines Kaisers schwanken und sind darüber hinaus auch zeitlich begrenzt, der christliche Glaube jedoch gibt Stabilität, weil er sich an Jesus, den wahren Herrscher, bindet. So wird der Kaiser als fehlbarer Mensch in seiner Bedeutung vom Text akzeptiert, Zentrum des Lebens der Leser aber bleibt der Kyrios Jesus Christus. Auch wenn Lukas die irdische Herrschaft Roms in ihrer Ambivalenz durchaus akzeptiert, stellt das Doppelwerk den sozialen Aufstieg durch zunehmende Romanisierung oder Integration als Lebensziel eines Angehörigen einer subdekurialen Schicht infrage. Nicht im sozialen Aufstieg, sondern im Dienst an der christlichen Gemeinschaft verwirklicht ein Christ sein Lebensziel und verleiht Gottes Wirklichkeit auf Erden Realität. So hat es Jesus in seinem Vermächtnis den Christen mit auf ihren Weg gegeben (Lk 22,22–24).8 Gerade eine Gruppe, die nicht an lokalen Festivitäten als ‚sozialem Kitt‘ einer Stadt teilnahm, brauchte solch eine ethische Stärkung. So gesehen besitzt das Doppelwerk das Potenzial zur Stabilisierung der Leser angesichts der Bedrohung und Infragestellung durch die städtische Umgebung. 6
Bischof Melito von Sardes (gest. um 180) wird später die Geburt Jesu und die Herrschaft des Augustus heilsgeschichtlich parallelisieren. Er schreibt an Kaiser Mark Aurel: „Unsere religiöse Bewegung erwachte dereinst kräftig im Schoße von Barbaren, reifte unter der ruhmreichen Regierung deines Vorgängers Augustus unter deinen Völkern zur Blüte und brachte vor allem deiner Regierung Glück und Segen. Von da ab nämlich erhob sich die römische Macht zu Größe und Glanz“ (Eusebius, Hist. eccl. IV 26,7–8). 7 Vgl. Apg 28,31: ἀκωλύτως. 8 Vgl. auch Lk 6,33.
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Teil 4: Das Ertragspotenzial der Aussagen des Doppelwerks für die Leser
Diese subtile Relativierung der Herrschaft Roms setzt sich fort, indem der Text gängige kulturelle Verständnismuster griechisch-römischer Leser der Zeit im Doppelwerk zur Diskussion stellt. Apg 2,9–11a wirft mit dem souveränen Überschreiten der Reichsgrenzen die Frage nach der Legitimität solcher Grenzen auf und betont deren Vorläufigkeit. Kapitel 10 und 11 der Apostelgeschichte verkünden einen Frieden zwischen Juden und Heiden, der politisch nie gelungen ist. Apg 17,6 stellt die Legitimität der Kaiserverehrung in ihrer kultischen Form und deren Integrationsleistung ansatzweise zur Diskussion. Apg 16,21 wirft die Frage auf, inwiefern sich der mos maiorum mit christlichen Verhaltensweisen verträgt. Schließlich offenbart die hintergründige Kritik an Claudius (Apg 11,28) oder auch Augustus (Lk 2,1–14), dass die Fürsorge eines Kaisers als pater patriae begrenzt ist. Auch die Anspielungen auf kaiserliche Triumphzüge (Lk 19,28–48) und Apotheosen (Lk 24,50– 53 und Apg 1,9–11) sowie die Verwendung des Begriffs οἰκουµένη zeigen deutlich, dass Lukas den Leser zu einer aktiven Auseinandersetzung mit der Frage anleitet, was des Kaisers und was Gottes ist (vgl. Lk 20,20–26). So hat das Doppelwerk das Potenzial, wichtige Impulse für Diskurse zu geben, die die frühe Kirche untereinander, aber auch mit Repräsentanten des Römischen Imperiums zur Zeit des späten ersten Jahrhunderts und darüber hinaus in den folgenden Jahrhunderten zu führen hatte. Auch wenn das Doppelwerk das Römische Imperium grundsätzlich bejaht, lässt es sich doch nicht ausschließen, dass auch widergöttliche Kräfte im Hintergrund der irdischen Geschichte wirken: Auch wenn dies nicht explizit erwähnt wird, könnte man fragen, ob die Zerstörung familiärer Vertrauensverhältnisse und der Tod einzelner Familienmitglieder (Lk 21,16) ihren Ursprung nicht letztlich im Wirken des Teufels finden, der irdische Macht missbraucht (Lk 4,6, vgl. 22,3). Auch das klare Versagen des Pilatus, das einmal geschildert und in der Apostelgeschichte dreimal angedeutet wird, legt die vorsichtige Frage nahe, ob es sich nicht zumindest mittelbar auf den Teufel und dessen Missbrauch von Macht zurückführen ließe (vgl. Lk 22,3). Umso wichtiger bleibt, dass das Doppelwerk unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass Jesus (Lk 4,1–13) und in seiner Folge seine Verkündiger die Macht haben, die Werke des Teufels zu zerstören (Apg 10,26; 26,18). Dabei entfaltet das Doppelwerk sein Potenzial zur Anknüpfung an die Lebenswelt der Christen der Zeit darin, dass es von der überlegenen Macht Gottes erzählt, die sich trotz des teuflischen Wirkens durchsetzt. Auch wenn Lukas stets mit dem Teufel im Hintergrund rechnet, so werden die Vertreter Roms oft nur als Menschen mit Schwächen und Stärken dargestellt. Zwar versagen manche Repräsentanten Roms, doch werden sie – anders als in der Johannesoffenbarung – nicht als Inbegriff des Teufels verstanden. Vielmehr sind ihre Schwächen oft verständlich, oder ihre Stärken überwiegen gegenüber ihren Schwächen (Apg 18,12–17). Die Konflikte mit Widersachern der Christen und die Gefangenschaften der Christen führen häufig dazu, dass sich
4.1 Hilfe für die Leser im Umgang mit dem Römischen Imperium
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die Herrschaft des Erhöhten ausweitet. Gerade die Tatsache, dass die Repräsentanten Roms sich in ihrem Verhalten einem Christen gegenüber wandeln (Apg 16 und 27) oder selbst Christen werden (Apg 10 und 13) bzw. an die Schwelle zum christlichen Glauben treten (z.B. Lk 7,1–10), zeigt, dass Gottes Macht der Liebe und Zuwendung zu den Menschen (vgl. Lk 1,68–79) auch an den Repräsentanten Roms keine Grenze findet. Gott wirkt auch durch widerständige Repräsentanten Roms.9 Gerade für Christen, denen die Kultur, in der sie leben, fragwürdig werden konnte, ist die Botschaft, dass letztlich Gott hinter aller unverständlichen Wirkungsweise Roms verborgen handelt, von großem Trost. Der Weg Jesu ins Leid ist kein von Gott getrennter Weg, auch wenn er auf den Teufel zurückgehen mag (Lk 22,3). Gott wirkt sogar durch einen versagenden Statthalter wie Pilatus (Apg 3,12–16; 4,23–31; 13,27–29). Auch Paulus’ Gefangenschaft bringt ihn dorthin, wo er verkündigen soll, nämlich nach Rom. Gott wirkt verborgen in der Welt; sollte er nicht auch verborgen an Christen wirken, die bedroht werden? So könnte das Doppelwerk den Christen der Zeit Gelassenheit im Umgang mit der Kultur gegeben haben, deren Teil sie waren: Auch wenn so manches unverständlich war und manches wie der Kaiserkult von Christen nicht mitgetragen werden konnte, so war das Imperium doch die Welt, in der sie lebten10 und in Gottes Händen blieben. Dieses Trostpotenzial des Doppelwerks liegt auf der Ebene der Erzählung darin begründet, dass Lukas die irdische Spannung zwischen der Herrschaft des Teufels und der Herrschaft Gottes nicht auflöst. Die Tötung eines Christen zur Zeit des Lukas mag aus Sicht der Rezipienten in manchen Gemeinden als Konsequenz des Wirkens des Teufels aufgefasst worden sein; gleichzeitig mag gerade das Doppelwerk dieselben Christen in ihrem Glauben, dass Gott letztlich die Geschichte lenkt, bestärkt haben. In Hinsicht auf das Wirken Roms nimmt Lukas die Ambivalenz der Wirklichkeit des Imperiums auch theologisch ernst. Entscheidend jedoch ist, dass das Doppelwerk in seiner Erzähldynamik nicht bei der irdischen Ambivalenz als Anknüpfungsmöglichkeit der Leser oder bei der theologischen Deutung dieser Ambivalenz stehen bleibt, sondern der Text die Leser zum Glauben an Jesus führt, den Gott erhöht hat.
9
Vgl. Röm 13,4. Vgl. den Titel des Aufsatzes von WALTON, The State They Were in. Luke’s View of the Roman Empire. 10
212
Teil 4: Das Ertragspotenzial der Aussagen des Doppelwerks für die Leser
4.2 Glaube an Gottes Macht in Jesus vor dem Hintergrund der Macht des Römischen Imperiums Bei aller Vielschichtigkeit der Darstellung Roms bildet das Römische Imperium selbst keineswegs die inhaltliche Mitte der besprochenen Perikopen oder gar des Doppelwerks. Rom ist letztlich nur die Folie, vor der Lukas die Herrschaft Gottes im irdischen und erhöhten Jesus entfaltet. Wie schon angedeutet, hat grundsätzlich jede Perikope im Lukasevangelium oder in der Apostelgeschichte das Potenzial, den Leser von der Herrschaft Roms zur Herrschaft Jesu zu führen: Lk 2,1–14 erinnert geradezu paradigmatisch daran, dass Jesus und nicht der Kaiser der Retter der Christen ist. Lk 4,1–13 erinnert die Christen daran, dass Jesus dem Teufel widerstanden hat. Jeder Christ kann von Gott ermächtigt werden, auch noch so teuflischen Erscheinungsweisen des Staates (z.B. Lk 13,1; 23,36–37) zu widerstehen.11 Nicht die begrenzte irdische Macht römischer Repräsentanten, die die Christen in Not bringen konnte, sondern das Vertrauen in Jesus schafft Leben (Lk 7,2–10). Wie es auch der Weg der Leser des späten ersten Jahrhunderts sein konnte, so war der Weg Jesu ein Weg ins Leiden; durch dieses Leiden ging Jesus hindurch, sodass Gott ihn schließlich erhöhte. Nicht der irdische Triumph zählt für die Christen (Lk 19,28–40), sondern der Weg Jesu gibt ihnen die Perspektive zu angemessener Lebensführung (vgl. Lk 21,13). Auch wenn das Doppelwerk die Herrschaft des Imperiums innerhalb seiner irdischen Grenzen grundsätzlich bejaht (Lk 20,20–24), so ruft es doch auch in Erinnerung, dass die Christen Jesus und nicht dem Imperium unterstehen. Diesen Herrschaftswechsel, den das Doppelwerk den Lesern verkündigt, belegen besonders die Schilderungen der Erhöhung Jesu in Lk 24,50–53 und Apg 1,9–11: Die Leser, die vor der Aufgabe standen, angesichts verunsichernder Erfahrungen ihren angemessenen Ort im Imperium zu finden, leben nicht im Herrschaftsraum eines erhöhten Kaisers oder Heroen, sondern im Herrschaftsraum ihres Kyrios. Vor allem in der Apostelgeschichte entfaltet Lukas Jesu Macht vor dem Hintergrund der Macht Roms. Als Erhöhter ist er es, der in der konkreten Bedrohung eines Prozesses den Christen in Gefahr die Worte eingibt (Lk 21,15, vgl. auch 12,12 in Verbindung mit Apg 2,33). Sein Heiliger Geist vertreibt den Teufel und schafft sogar den Glauben eines Statthalters (Apg 13,4–12). Jesus lässt die Christen in der Gefangenschaft nicht allein und wirkt selbst dort noch Wunder. Er greift immer wieder ein und stärkt die Glaubenden in Not (z.B. Apg 18,9–10; 23,27).
11
Vgl. BÖTTRICH, Das Rätsel der Judasgestalt, S. 165, mit Verweis auf Lk 4,1–13: „zweifellos gehen Lukas und sein Lesepublikum davon aus, dass man dem Versucher widerstehen kann“.
4.3 Ermutigung zu christlichem Verhalten im Schatten des Imperiums
213
Diesem Glauben wohnt das Potenzial inne, politische, soziale und religiöse Grenzen zu überwinden (Apg 2,9–11a; 13,4–12; 10,1–11,18). Jesus spendet den Christen Trost, indem er daran erinnert, wer ihr eigentlicher Herr ist, von dem sie in der Not Zeugnis ablegen (Lk 21,13). Lk 1,46b–55 zeigt, dass Gott in Jesus Christus fundamental anders handelt als die Herrscher der Welt. Gottes Macht ist Rettermacht und Ausdruck seiner Barmherzigkeit (z.B. Lk 1,50.78–79). Die Ethik, die das Doppelwerk auch vor dem Hintergrund der Herrschaft Roms entfaltet, findet in der Herrschaft Gottes in Jesus ihr Zentrum. Das Doppelwerk erkennt letztlich die Herrschaft Roms nur als begrenztes Mittel zur Eindämmung des Bösen an. Lebenschaffende Rettung aus der Zuwendung Gottes, die die Welt für die Liebe Gottes durchlässig macht, ereignet sich nur im Glauben an den einen und einzigen ‚Soter‘ Jesus.
4.3 Ermutigung zu christlichem Verhalten im Schatten des Imperiums Überblickt man das Doppelwerk, so fällt auf, dass Lukas nicht nur Perspektiven in Hinblick auf Christus als den erhöhten Herrn vor dem Hintergrund des Imperiums entfaltet, sondern dass er auch immer wieder darauf hinweist, dass es auch im Einflussbereich Roms möglich ist, das eigene Leben christlich zu gestalten. Wurde schon der Zenturio unter dem von den römischen Soldaten bewachten Kreuz zu einem Bekenner Jesu (Lk 23,47), so zeigt sich in der Apostelgeschichte immer wieder, dass die römische Herrschaft keineswegs ein Grund ist, den christlichen Glauben zu verleugnen oder das eigene Leben nicht christlich-ethisch zu gestalten. Für unsere Frage ist wichtig wahrzunehmen, dass das Imperium Romanum auch in seinen repressiven Zügen christliche Ethik grundsätzlich nicht verhindert, sondern in manchen Fällen geradezu befördert. Hatte schon Jesus in Lk 21,12–19 zusammen mit Lk 12,11–12 den tröstlichen Grundton angeschlagen, dass seine Herrschaft in einer Konfliktsituation nicht endet, sondern den Christen Perspektiven zur Gewinnung des Lebens eröffnet (Lk 21,19), so zeigen sich besonders in der Apostelgeschichte die Potenziale des Textes, christliches Verhalten unter den Bedingungen des Imperiums anzuregen. Die zahlreichen Gefangenschaften nehmen folglich Paulus keineswegs den Freimut (παρρησία12) zum offenen Bekenntnis. Paulus legt im Gegenteil mutig und frei immer wieder ein Bekenntnis zum erhöhten Jesus ab. Seine 12
Als direkte oder indirekte Folge des Heiligen Geistes: Apg 2,29; 4,13.29.31; ausdrücklich auf Paulus bezogen: 28,31. Vgl. GUNKEL, Der Heilige Geist bei Lukas, S. 156– 161.
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Teil 4: Das Ertragspotenzial der Aussagen des Doppelwerks für die Leser
Gefangenschaft gibt ihm oft erst die Bühne, um seinen Glauben zu bezeugen. Es legt sich nahe, im Doppelwerk das Potenzial zur Ermutigung zum Bekennen zu entdecken, zu dem Jesus aufruft und das Paulus verwirklicht. So ermutigt das Doppelwerk, die Prozesssituation nicht nur als Defensiv-, sondern auch als Offensivsituation zu verstehen, in der der erhöhte Jesus seiner Macht (δύναµις13) durch den Mund der Christen Raum gibt. Erzählungen, wie Apg 13,4–12, 19,27–26,32 und 27,1–40 sie entfalten, ermutigen Christen geradezu, einen Prozess vor einem Statthalter als eine offene Situation zu begreifen, die immer wieder Verkündigung ermöglicht. Wie schon erwähnt, schafft paradoxerweise gerade das Imperium, indem es Christen gefangen hält, den Rahmen für Nähe und Gemeinschaft der Christen untereinander. Apg 16,11–40 eröffnet z.B. eine überraschende Perspektive, indem ein Gefängniswärter Christ wird und selbst unter widrigen Bedingungen christliche Liebe, Gemeinschaft und Taufe möglich werden. Der mangelnde Einsatz eines Kaisers Claudius schafft erst die Voraussetzung für das Teilen der Jünger mit den Brüdern in Jerusalem (Apg 11,27–30). Die Gefangenschaft des Paulus ist keineswegs ein Hindernis für die Gestaltung christlichen Lebens. In seinem Falle dient sie sogar der Verwirklichung seines Apostolats (Apg 9,16). Damit einher geht das Potenzial des Textes, die Christen des späten ersten Jahrhunderts im christlichen Glauben sprachfähig zu machen. Gerade die Anklagen und Beschuldigungen sind es, die es Paulus ermöglichen, Christus zu verkündigen. Das Doppelwerk besitzt das Potenzial, Bekenner zu mutigen Verkündigern zu machen, die sich von der ablehnenden Stimmung in den Städten nicht entmutigen lassen; dies umso mehr, als das Doppelwerk für Christen in den Städten einen offensiven Umgang mit Angehörigen höherer Schichten nahelegt: Paulus ist mit den Asiarchen in Ephesus befreundet (Apg 19,31) und den römischen Statthaltern, in der Regel immerhin Senatoren oder zumindest Ritter, ein ebenbürtiger Gesprächspartner. Das Doppelwerk ermutigt Christen auf diese Weise, sich auch in ihren alltäglichen Lebensräumen nicht zu verstecken, sondern sebstbewusst die Kommunikation mit Entscheidungsträgern in Städten oder im Imperium zu suchen. Dabei ist das christliche Verhalten im Schatten des Imperiums nicht auf innerchristliche Zirkel beschränkt, sondern leitet die Leser zu inhaltlichen Auseinandersetzungen mit den religiösen Bedingungen des Reiches an: Apg 16,21 und 17,7 kann man in diesem Sinne verstehen. Nicht zuletzt kann bei solchen Gelegenheiten der Unterschied zwischen Juden und Christen aufgezeigt,14 aber auch klargestellt werden, dass Jesus sich keineswegs gegen die Entrichtung von Steuern an den römischen Staat und damit auch nicht gegen 13
Apg 1,8; 2,22; 6,8 u.ö. Dies könnte vor dem Hintergrund des sog. fiscus judaicus in der Zeit Vespasians eine besondere Bedeutung gehabt haben, vgl. BOTERMANN, Judenedikt, S. 183–188. 14
4.3 Ermutigung zu christlichem Verhalten im Schatten des Imperiums
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die Legitimität irdischer Herrschaft des Imperiums richtet (Lk 20,20–26).15 Hierher gehört auch die Aufforderung an Zöllner und Soldaten durch Johannes den Täufer aus Lk 3,10–14, die indirekt die Christen der Zeit dazu ermuntert, sich nicht nur unterwürfig zu verhalten, sondern offen eigene ethische Forderungen an das Imperium zu stellen, wie sie auch Paulus in Apg 24,24–27 erhebt.16 Die Bedrängnis führt zudem im Doppelwerk zum Gemeindegebet, das Gottes Ratschluss für die Welt in Erinnerung ruft. Auch in Zeiten der Bedrängnis gibt Gott Freimut zum Bekenntnis und Macht zu Heilungen, zu Zeichen und Wundern.17 Das Beispiel eines Statthalters (Apg 4,27) führt keineswegs zu geistlicher Sprachlosigkeit, geht es doch auf Gottes Ratschluss selbst zurück (4,25.28). So führt selbst das widergöttliche Handeln (4,26) zum Gebet an den Schöpfer (4,24). Man kann Apg 4,23–31 als Ermutigung zum Gebet in der Bedrängnis lesen. Wie schon die Hinweise zur Verkündigung in der Gefangenschaft gezeigt haben, hindert diese Gefangenschaft Paulus nicht daran, als Christ in der Vollmacht des Erhöhten zu leben. Auch als vom Imperium Gefangener wird Paulus von Gott geschützt (Apg 28,5), der Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten heilt (Apg 28,7–10). Das Doppelwerk stärkt die Gemeinschaft der Christen im späten ersten Jahrhundert, die latent bedroht sind: zum einen grundsätzlich dadurch, dass es ein Gründungsnarrativ entwirft18 und auf diese Weise identitätsstiftend wirkt;19 zum anderen aber auch konkret dadurch, dass Lukas durch seine Darstellung den Blick des Lesers auf alle Christen seiner Zeit weitet. Ein Text wie Lk 21,12–19 öffnet den Blick von Christen, die aktuell selbst nicht bedroht sind, auf bedrängte Glaubensgeschwister. Die δύναµις des Erhöhten (Apg 1,8) bezieht sich ja keinesfalls nur auf einzelne Gemeinden oder womöglich nur auf Christen im Römischen Reich: Schon Apg 1,8 zeigt an, dass die Jünger bis zu den Enden der Erde Jesu Zeugen sein werden. Auch
15 Vgl. PINTER, The Gospel of Luke and the Roman Empire, S. 114: „Christians […] found ways of making a distinction between honoring and praying for the emperor and worshiping him beneath their ultimate commitment to their Lord.“ 16 FELDMEIER, Gottes Volk an den Rändern der Gesellschaft, S. 215, spricht davon, dass in der Apostelgeschichte das Christentum kulturell zur Gegenoffensive übergehe. 17 Apg 4,30: ἐν τῷ τὴν χεῖρά [σου] ἐκτείνειν σε εἰς ἴασιν καὶ σηµεῖα καὶ τέρατα γίνεσθαι διὰ τοῦ ὀνόµατος τοῦ ἁγίου παιδός σου Ἰησοῦ. 18 BUTTICAZ, Between Jerusalem and Rome. 19 Vgl. dazu E.-M. BECKER, Birth of Christian History, S. 1–15. Ebd., S. 154: „The conception of history engendered in part by Mark and Luke constitutes a coherent framework within which to perceive the elements of time and, moreover, to demythologize the future.“ Ähnlich resümiert BAKER, Identity, Memory and Narrative, S. 202: „Luke is attempting to develop a common superordinate identity for the Christ group“, vgl auch BASCZOK, Szenen, Inszenierungen und Bühnen, S. 158: Die Apostelgeschichte sei eine „identitätsstarkende Herkunftserzählung“.
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Teil 4: Das Ertragspotenzial der Aussagen des Doppelwerks für die Leser
Paulus ist in der Gefangenschaft oft mit anderen verbunden (Apg 16,25; 23,12–22; 28,14–16.30–31). Das Doppelwerk berichtet gerade in der Gefangenschaft oft von Gemeinschaftserfahrungen (Apg 16,34; 23,12–22; 24,23; 27,35; 28,1–10). So erbringt der Text auch einen sozialen Ertrag, der die Leser zusammenbringt.20 Wenn hier nach dem Ertrag des Textes gefragt wird, der Christen ermächtigt, unter Bedingungen des Imperiums christlich zu handeln, darf ein Blick auf Lk 22,24–27 nicht fehlen. Kein Text verdeutlicht so sehr, dass Lukas seine Ethik Jesu im Gegensatz zur Ethik des Imperiums entwirft, wenn es um Macht und Demut geht. In den Worten Lk 22,22–38 entfaltet Jesus sein Vermächtnis.21 In V. 24–27 entwirft er seine Ethik der Demut in Abgrenzung zur faktischen Machtausübung Roms, die nicht zuletzt auf Romanisierung und Integration durch Euergetismus beruht. Die Einzelexegese hat gezeigt, dass der Text drei Potenziale entfaltet: zum einen durch die Anerkennung Roms als irdische Macht, zum zweiten durch die Relativierung der Macht Roms, zum dritten dadurch, dass Jesus selbst als Dienender unter den Jüngern bzw. den Christen vor Augen geführt wird. Hier zeigt sich deutlich die tiefere Begründung der lukanischen Ethik, die auch zur Zeit des Lukas ihr Potenzial entfalten konnte: Sie gründet in Jesu eigenem Dienst, der wiederum im Dienst Gottes gründet, der sich aus Erbarmen im Retter Jesus offenbart, der Frieden bringt (vgl. Lk 1,79; 2,14). So gesehen vollzieht Jesus nach, was Maria an Gott erkannt hat: Gott stößt die Mächtigen von den Thronen (Lk 1,52). Hier zeigen sich grundlegende lukanische Zugänge zum Verständnis des Imperiums: Lukas akzeptiert das Imperium in dessen Existenz (Lk 22,25), stellt aber dessen Verhalten als Ausdruck der Macht infrage (Lk 22,26) und verweist auf Jesus selbst, der unter den Christen dient (Lk 22,27b). So offenbart Lukas hier in diesen wenigen Versen das theologische Potenzial des Doppelwerks, das die Ethik des Imperiums relativiert und begrenzt, ohne das Imperium äußerlich stets erkennbar infrage zu stellen. So gesehen wohnt dem Doppelwerk ein imperiumskritischer Zug inne, der jedoch weniger darin besteht, dass es das Imperium offen kritisiert, sondern vielmehr darin, dass es neben seinem Verweis auf die Herrschaft Jesu die für die Verwaltung des Imperiums grundlegende, oft agonale Ethik ihrer Bewohner22 infrage zu stellen beginnt. Gegenüber der Ethik, möglichst Bester im Dienst für die res publica zu sein, entwirft Jesus in Lk 22,24–27 – hier am prägnantesten formuliert – eine Ethik der Demut, die ihren Grund nicht im
20
Vgl. ADAMZIK, Textlinguistik, S. 116. Vgl. FELDMEIER, Macht – Dienst – Demut, S. 57–59. 22 Vgl. z.B. DAHLHEIM, Geschichte der römischen Kaiserzeit, S. 202: In der römischen Gesellschaft war „Herrschaft immer auch ein ständiger Kampf um den sozialen Rang“. 21
4.3 Ermutigung zu christlichem Verhalten im Schatten des Imperiums
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hingebungsvollen Dienst für den Staat,23 sondern in Jesu eigenem Leben und Handeln findet.24
23 Vgl. z.B. ALFÖLDY, Die Römische Gesellschaft, S. 366. Prägnant formuliert Plinius dieses römische Ideal gegenüber Pompeius Bassus, der Konsul und Statthalter in Asia, Galatien und Kappadokien gewesen war (Plinius, Ep. IV 23,2–3): „So muss ein Mann seinen Lebensabend verbringen, der höchste Ämter bekleidet (magistratos amplissimos gesserit), Armeen angeführt (exercitus rexerit) und sich, solange es ging, dem Staate gewidmet hat (totumque se rei publicae, quam diu decebat, obtulerit). Die erste Zeit unseres Lebens und seine Mitte müssen wir dem Vaterlande weihen […]“. 24 Wie sich dieses kritische Potenzial des irdischen aber auch erhöhten Jesus in den folgenden Jahrhunderten entfaltet hat, hat JÖRG RIEGER in seinem Werk „Christus und das Imperium“ nachgezeichnet.
Teil 5
Bündelung: Sicherheit für die Verunsicherten Mithilfe der von mir rekonstruierten Leser habe ich die Aussagen des Lukanischen Doppelwerks zum Römischen Imperium und ihr Potenzial in der Zeit seiner Abfassung erhoben. Die Leser habe ich als Leser rekonstruiert, die von den latenten Bedrohungen verunsichert werden, denen sie ausgesetzt sind. Diese Bedrohungen entstammen den lokalen Bedingungen, aber auch der Gefahr, in Prozesse verwickelt zu werden, deren juristische Voraussetzungen ihnen kaum bekannt gewesen sein dürften. Solche Prozesse verunsichern die Leser zusätzlich durch den vorher nicht vorhandenen Kontakt zu den Statthaltern und durch die Infragestellung einer grundsätzlich positiven Haltung zum Römischen Imperium. Möchte man bündeln, was das Doppelwerk in dieser Situation zu leisten imstande ist, so lässt sich sein grundlegendes Potenzial gut als Vermittlung von Sicherheit, die die Leser stabilisiert, beschreiben. Schon die Worte Jesu in Lk 21,12–19 und 12,11–12 vermitteln den Christen Sicherheit im Umgang mit Prozessen vor Statthaltern: Auch wenn die Bedrängnis Realität sein wird und einige sogar in Prozessen zum Tode verurteilt werden, so sollen sich die Christen nicht im Voraus Sorgen machen, sondern sie sollen wissen, dass ihnen alles zum Zeugnis des Namens Jesu geschehen wird, der seine Macht erweisen wird, indem der Heilige Geist ihnen die Worte in solch einer Situation in den Mund geben werde. Diesem tröstlichen Grundton, der der Gewissheit der Gegenwart des Erhöhten entspringt, entspricht letztlich die gesamte Darstellung des Imperiums im Lukanischen Doppelwerk, das im Übrigen von sich aus in Apg 20,2 die gesamte Verkündigung des Paulus in Makedonien und Griechenland als Paraklese zusammenfasst.1 Diese Erkenntnis, dass das Doppelwerk des Lukas das Potenzial entfaltet, den Christen der Zeit Sicherheit zu vermitteln, erinnert an Lk 1,4, den Zielvers des Proömiums, in dem es heißt: ἵνα ἐπιγνῷς […] τὴν ἀσφάλειαν.2 Lukas
1 Παρακαλέσας αὐτοὺς λόγῳ πολλῷ, vgl. V. 1. THOMAS, Art. παρακαλέω, παράκλησις, S. 54: „(Er-)Mahnung, Zuspruch, Trost, Bitte, Paraklese“. 2 Zur Diskussion um ἀσφάλεια im Rahmen des antiken Wahrheitsdiskurses siehe BACKHAUS, Asphaleia. Zum Proömium allgemein siehe z.B. ALEXANDER, The Preface to Luke’s Gospel. LSJ, S. 266, nennen als Übersetzungsmöglichkeiten für ἀσφάλεια: „1. security against stumbling or falling 2. assurance from danger, personal safety 3. Caution
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Teil 5: Bündelung und Ausblick: Sicherheit für die Verunsicherten
schreibt sein Werk, damit die Christen, die schon unterwiesen worden sind – der angeredete Theophilos steht hier für die Leser insgesamt3 –, nun Gewissheit bekommen.4 Achtmal verwendet Lukas im Doppelwerk das Substantiv, das Verb, das Adjektiv oder das Adverb des Stammes σφάλ- (mit αprivativum): jeweils in theologischem Sinne an zentraler Stelle zu Beginn seiner einzelnen Bücher in Lk 1,4 und in Apg 2,36 im Zielvers der Predigt des Petrus an Pfingsten. Die weiteren Erwähnungen sind nichttheologischer Natur und stehen durchgehend im Zusammenhang von irdischer Macht: Diese schafft es nicht, die Apostel festzusetzen und sicher zu verwahren, weil Gott sie einmal in Jerusalem und ein anderes Mal in Philippi aus den Gefängnissen befreit (Apg 5,23; 16,23–24). An den drei weiteren Stellen versuchen zweimal Claudius Lysias und einmal der Statthalter Festus etwas Verlässliches über den Apostel Paulus zu erfahren, was ihnen jedoch nicht gelingt: Einmal wird Claudius Lysias im Tumult auf den Stufen des Tempels von der Menschenmenge davon abgehalten, Sicheres zu erfahren (Apg 21,34). Dann versucht er über das Synhedrium Sicherheit darüber zu gewinnen, was Paulus von den Juden eigentlich vorgeworfen werde, was ebenfalls misslingt (Apg 22,30). Schließlich motiviert sogar die Verunsicherung des Statthalters Festus die große Abschlussszene in Cäsarea: Festus ist unsicher, was er seinem Herrn, dem Kaiser, in einem Begleitbrief über Paulus schreiben soll (Apg 25,26). Am Ende der Szene hat Festus jedoch keinerlei Erkenntnisse darüber, was Paulus eigentlich vorgeworfen wird. Es bleibt lediglich die irritierende Erkenntnis, dass der schuldlose Paulus nur nach Rom reist, weil er sich auf den Kaiser berufen hat.5 Den Vertretern irdischer Gewalt gelingt es also weder, die Apostel festzusetzen, noch inhaltliche Gewissheit über die Vorwürfe der Juden an Paulus zu erlangen. So zeigt dieser kleine Überblick über die Verwendung der Wörter im Doppelwerk, die demselben Wortstamm wie ἀσφάλεια entspringen, dass die Verwendung von ἀσφάλεια im Doppelwerk zwischen vermittelter geistlicher und ausbleibender irdischer Sicherheit changiert. Vor dem Hintergrund des bisher Dargestellten legt sich die Vermutung nahe, dass für verunsicherte Christen die Erwähnung von „Sicherheit“ insofern Aktualität besaß, als die Macht des Imperiums keine äußere Sicherheit gewährleistete.6 Diese Vermutung erlangt zusätzliche Plausibilität, wenn man
4. Assurance, certainty 5. Convincing nature certainty (of an argument) 6. (as law term) security, bond 7. (name for) eight“. 3 Vgl. z.B. BASCZOK, Szenen, Inszenierungen und Bühnen, S. 36. 4 Zur Diskussion um Bedeutung und syntaktische Auflösung des Finalsatzes siehe WOLTER, Lukasevangelium, S. 67. 5 Apg 26,32. 6 Vgl. WALTON, The State They Were in, S. 33: Lukas „tells his stories of Christians, and particularly Paul, relating to the empire to help his readers see what shape Christian
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in Betracht zieht, dass ἀσφάλεια bzw. securitas zum Repertoire der Repräsentation der Pax romana gehörte. Tacitus erwähnt die securitas im Römischen Reich als drittes Glied in einer Auflistung in der Einleitung seines „Agricola“ (3,1) gleichwertig mit den Kaisern Nerva und Trajan, die es möglich gemacht hätten, dass die freie Rede nicht nur eine Hoffnung geblieben, sondern Wirklichkeit geworden sei. Diese securitas, die in personifizierter Form oft als Frau auf Münzen erscheint,7 preist auch Aelius Aristides in seiner Romrede aus dem Jahre 155 n.Chr.8 Schließlich sei auf das Begriffspaar εἰρήνη καὶ ἀσφάλεια aus 1. Thess 5,3 verwiesen, die Ernst Bammel als politische Parole der Zeit beschrieben hat.9 Doch die Erfahrung der Sicherheit, die das Imperium zu schaffen beansprucht, machen die Christen im späten ersten Jahrhundert gerade nicht, sodass sich der Eindruck nahelegt, Wortformen von ἀσφάλεια in nicht heilsgeschichtlichem Kontext könnten vor den Hintergrund der Lebenswirklichkeit der Christen eine ironische Note anklingen lassen; denn immer dann, wenn die Erzählung von irdischer Sicherheit spricht, schaffen oder erlangen die Vertreter der irdischen Macht gerade keine Gewissheit oder Sicherheit. In der Verwendung der Wortformen von ἀσφάλεια in Apg 5,23; 16,23–24; 21,34; 22,30; 25,26 könnte sich neben dem Genannten die theologische Überzeugung spiegeln, die darum weiß, dass das Imperium gar nicht in der Lage ist, den Christen im späten ersten Jahrhundert grundlegende, das heißt theologische Sicherheit zu vermitteln. Das Doppelwerk vermittelt zwar Hilfen im Umgang mit dem Imperium (Teil 3.1), wahre ἀσφάλεια ist jedoch nur im Glauben an Gott zu erlangen, der sich im erhöhten Jesus den bedrohten Christen zuwendet und sie im Heiligen Geist stärkt (vgl. Apg 2,36). Das Potenzial des Doppelwerks, Hilfe im Umgang mit dem Imperium zu vermitteln, discipleship in relation to the empire might take in their day. The prologue to the Gospel suggests this strongly (Luke 1:3–4).“ 7 Vgl. STEVENSON, Dictionary of Roman Coins, S. 726: „Security, as a goddess worshipped by the Romans, is delineated in a great variety of ways on their imperial coins. She appears for the most part under the form of a woman in matronly costume.“ Dass Sicherheit und Frieden im politischen Raum einander bedingen, aber keineswegs gleichbedeutend sind, darauf macht CONZE, Geschichte der Sicherheit, S. 166–173, aufmerksam. 8 Aristides, Rom. 100: εἰς ἀσφάλειαν ἐξαρκεῖ Ῥωµαῖον εἶναι, µᾶλλον δὲ ἕνα τῶν ὑφ’ ὑµῖν, „Es ist Sicherheit genug, ein Römer zu sein, mehr noch einer derer unter eurer Herrschaft“ (an Kaiser Antoninus Pius gerichtet, Übers. J.-A. E.). Vgl. R. KLEIN, Die Romrede des Aelius Aristides. Eine Einführung, S. 132: So gelangt man zu dem Ergebnis, dass dem Redner die durch eine geregelte Verwaltung garantierte Rechtssicherheit das eigentliche Gut ist, das er preisen will. Vgl. auch Cassius Dio, Hist. rom. LII 14–15, zudem Tacitus, Hist. II 12,2 („securitate pacis“). Zum Selbstverständnis Roms als Macht, die Sicherheit schafft, siehe weitere Belege bei WENGST, Pax romana, S. 186f. 9 BAMMEL, Ein Beitrag zur paulinischen Staatsanschauung. Zur Diskussion, ob 1. Thess 5,3 eine politische Parole oder ein Prophetenwort zitiert, RAASCH, Gott des Friedens, S. 38–42.
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findet so seine Mitte in der Verkündigung des erhöhten Jesus. Verlässliche ἀσφάλεια, so legt dieser kurze Übeblick über die Verwendung des Wortes im Doppelwerk nahe, vermittelt nur der Glaube an Gott. Darüber hinaus legen die beiden zentralen theologischen Verwendungen von ἀσφάλεια in Lk 1,4 und ἀσφαλῶς in Apg 2,36 im Evangelium bzw. in der Apostelgeschichte nahe, dass Lukas den Lesern sogar vermittelt, wie ‚gesicherter‘ Glaube wächst: durch den Blick zurück auf den Weg Jesu im Evangelium (Lk 1,4) und durch den Blick auf den Erhöhten und dessen Wirken in der Gegenwart der christlichen Gemeinde und durch sie in der Welt (Apg 2,36). Was schon in Lk 24,50–53 und Apg 1,9–11 in der Doppelerzählung der Himmelfahrt dargestellt wird, dass nämlich der gekreuzigte und auferstandene Jesus auch der erhöhte und zur Rechten Gottes herrschende Herr ist, verdichtet sich in der Verwendung der Begriffe ἀσφάλεια in Lk 1,4 und ἀσφαλῶς in Apg 2,36: Die Leser empfangen nur Gewissheit mit Blick auf die Vergangenheit der Person Jesu in der Erzählung des Evangeliums verbunden mit dem Blick auf den erhöhten Jesus, dessen Wirken die Apostelgeschichte entfaltet. Diese Gewissheit, die die Leser keineswegs vom Imperium Romanum bekommen, entsteht dabei im narrativen Nachvollzug dieses Weges Jesu, der sich auch in seiner Kirche materialisisert. Die Leser vollziehen diesen Weg Jesu nach und erlangen so geistliche Sicherheit. Indem sie dieser Verkündigung des Doppelwerks Raum geben, werden sie „gerettet“, wie es die Vorgeschichte des Evangeliums verheißt.10 Lukas vermittelt so im Doppelwerk dadurch ἀσφάλεια, dass er an die vielfältige irdische Realität zwar anknüpft, die Leser aber – das ist entscheidend – zum Glauben an den erhöhten Jesus führt und daran anschließend Wege zur Gestaltung des christlichen Lebens eröffnet. Diesem hermeneutischen Weg korrespondiert die Feststellung, dass es sich bei der Darstellung Roms im Doppelwerk wie angedeutet um eine narrative Darstellung handelt,11 die den Leser des Werks in seine erzählte Welt12 führt und auf diese Weise den Leser verändert. Gerade die Vielfalt der Aussagen zum Imperium, die das Doppelwerk macht, legen einen dynamischen hermeneutischen Prozess der Interpretation nahe. Da das Doppelwerk Vergangenheit beschreibt, schafft der zeitliche Abstand zwar Distanz zwischen der geschilderten Handlung und der Zeit der Leser, öffnet aber gleichzeitig die Möglichkeit, Empathie zu Figuren aus unterschiedlichen erzählten Welten und Räumen zu entwickeln. Das
10 Vgl. ähnlich auch BACKHAUS, Asphaleia, S. 217: „ἀσφάλεια gewinnt der Leser nicht durch die Kenntnisnahme von Faktengut, sondern durch das Verstehen einer Richtung und Sinnlinie in der Faktenfolge […]“. 11 Zugespitzt JERVELL, Apostelgeschichte, S. 91: „Lukas ist Erzähler und kein systematischer Theologe.“ 12 Zur erzählten Welt (Diegese) siehe MARTÍNEZ/SCHEFFEL, Einführung in die Erzähltheorie, S. 134–147.
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Römische Imperium ist zwar in der erzählten Welt eine wichtige Figur, aber keineswegs sind seine Repräsentanten zentrale Handlungsträger. Gott, Jesus und Heiliger Geist sind die Hauptfiguren der Erzählung. Allenfalls mag man Repräsentanten Roms als Nebenfiguren beschreiben. Lukas integriert also das mächtige Imperium in die Erzählung der Handlung, deren Hauptakteur Gott in unterschiedlicher Weise13 in der historischen, aber auch erzählten Geschichte wirkt.14 Wie gezeigt, zeichnen sich alle besprochenen Abschnitte des Doppelwerks dadurch aus, dass sie zwar das Imperium und seine Repräsentanten charakterisieren, aber in jeder Perikope auf den eigentlichen Akteur des Geschehens, Gott, verweisen. Aufgrund der hier entworfenen verunsichernden Situation der Leser ist damit zu rechnen, dass diese zunächst Empathie für die erzählten Zeugen Jesu entwickeln, sich mit ihnen identifizieren und im Prozess des Lesens schließlich – theologisch gesprochen – Teil der Geschichte werden, in der Gott Hauptakteur ist. „Im Akt des Lesens vollziehen sich Erkenntnis-, Bewusstseins- und Wertungsprozesse, die auch den Lesenden selbst in einen Deutungsprozess verwickeln“, so Ruben Zimmermann.15 Die facettenreiche Schilderung des Lukas bietet in diesem Prozess aufgrund der Situation der historischen Leser die Möglichkeit zur vielfältigen empathischen Anknüpfung durch Identifikation und leitet von dort als Ertrag des Textes zur Begegnung mit Gott und dessen Macht über. Im Vollzug des Lesens erfährt schließlich der Rezipient: Die Macht Gottes übersteigt die Macht Roms.16
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FELDMEIER, Heiliger Geist, resümiert (S. 180): „Wir haben es also in beiden Büchern [d.h. Lukasevangelium und Apostelgeschichte] mit einer göttlichen Triade zu tun, deren Mitglieder in jeweils spezifischer Weise interagieren und agieren“. 14 Ähnlich BACKHAUS, No Apologies!, S. 407: „Apologie, lukanisch geformt, ist biblisch geschulte, theologisch ansprechende Aufmerksamkeit.“ 15 ZIMMERMANN, Geschichtstheorien und Neues Testament, S. 441. 16 Vgl. Zimmermann zum Ertrag von neutestamentlichen Texten, die narrative Sinnstiftung und Identität schaffen: „Historische Erzählungen sind nie einseitig rückwärtsgewandt, sondern immer schon vergegenwärtigende Repräsentationen des Vergangenen. Durch die Strukturierung von Zeit und Raum, durch Identifikations- und Abgrenzungsangebote der handelnden Personen, durch explizite und implizite Leserkommentare, ja selbst durch das, was nicht erzählt wird, durch die so genannten ‚Leerstellen‘, werden Hörer bzw. Leser unmittelbar von der Erzählung angesprochen und in sie hineingezogen. Sie sollen verstehen, und zwar nicht rein kognitiv, sondern auch emotional und affektiv. Im Akt des Lesens vollziehen sich Erkenntnis-, Bewusstseins- und Wertungsprozesse, die auch den Lesenden selbst in einen Deutungsprozess verwickeln. Die Sinnstiftung durch historische Erzählungen lässt dabei nicht nur eine Gegebenheit der Vergangenheit verstehen, sie zielen letztlich auf die Gegenwart und schließen – wie Rüsen formuliert – sogar die Zukunft mit ein, da ‚[…] die Vergangenheit […] zum Zweck der Handlungsorientierung und sozialen und personalen Identitätsbildung erinnert wird‘“ (ZIMMERMANN, Geschichtstheorien und Neues Testament, S. 442f, Belege der Zitate dort).
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Diesen dynamischen hermeneutischen Prozess, der sich in seinen grundlegenden Vollzügen in der Rezeption eines jeden Abschnitts ereignen kann, möchte ich abschließend anhand von Apg 16,11–40 exemplarisch verdeutlichen. Schon zu Beginn der geschilderten Episoden, in V. 12, erfassen die Leser des späten ersten Jahrhunderts, dass die Apostel nun gewissermaßen römischen Boden betreten. Sie hören von Missionserfolgen und christlichen Gemeinschaftserfahrungen (V. 15), aber auch von den Irritationen, die der christliche Glaube unter Menschen heidnischer Religiosität auslöst, ebenso wie von den Chancen (V. 18: Exorzismus) und von den Leiden (V. 22), die die christliche Verkündigung im städtischen Kontext nach sich ziehen kann. Sie hören in V. 20–22 und im Folgenden (V. 37), dass die Stadt intakte lokale Magistratsstrukturen besitzt und das Recht seine Macht entfalten kann. Es bieten sich eine Fülle von Anknüpfungsmöglichkeiten: bei der Gegebenheit imperialer Macht innerhalb einer Stadt, bei Rom als Rechtsinstanz, als Kulturraum, bei der Verfehlung einzelner Repräsentanten, bei der Aussage zu dämonischem Wirken, bei den finanziellen Interessen, bei einer heidnischen Religiosität, die wie die Christen Gott als den Höchsten anerkennt (V. 17), ebenso wie bei den Tumulten, die der Glaube mittelbar auslöst. Dann wandelt sich die erzählte Welt für die Leser insofern, als die folgenden Szenen die Macht des Kyrios im Gegenüber zur Macht des Imperiums entfalten: Gott greift ein durch Erdbeben und durch den Heiligen Geist, der den Gefängniswärter und sein Haus zum Glauben führt. So werden die Leser im Prozess des Lesens von der irdischen Realität zur Realität der Macht Gottes geführt, die die Macht der duoviri von Philippi weit übersteigt. Schließlich offenbaren sich dem Leser sogar ethische Handlungsoptionen, die sich dank des Eingreifens Gottes selbst unter den widrigen Umständen realisieren lassen: Die Christen in Philippi erleben gemeinsam Geschwisterliebe, Mahlgemeinschaft und Freude (V. 33–34, vgl. V. 40). Schließlich ist es sogar Paulus, der die duoviri anweist, die Apostel aus der Stadt zu geleiten. Wer als Christ diesen Text im späten ersten Jahrhundert liest, wird kaum bei der alleinigen historischen Schilderung oder bei äußeren Handlungsoptionen stehen bleiben. Die Leser werden vielmehr narrativ zu Gott und seiner Macht geführt, die die irdische Realität so wandelt, dass sie die Christen nicht mehr einengt, sondern ihnen Freiraum gibt. Schließlich sind es ja sogar die Christen, die die erzählte Welt unter den Bedingungen des Imperiums so wandeln, dass die Macht Roms ihre zerstörerische Kraft verliert und in den Dienst der Apostel und damit in den Dienst Gottes tritt.
Im Prozess des Lesens eröffnet sich den Lesern also ein Weg des Heils (vgl. Apg 16,17), der sie von der irdischen Realität über die Erfahrung der Macht Gottes im Glauben zur ethischen Gestaltung der Welt führt. Diesen hermeneutischen Weg eröffnet das Doppelwerk bei der Lektüre der einzelnen Perikopen, aber auch des gesamten Werks. Roms Macht wird dabei auf vielerlei Weise entfaltet, doch stets von Gottes Macht überboten, die den verunsicherten Lesern Sicherheit verleiht. Auf diese Weise führt das Lukanische Doppelwerk seine Leser von der Macht des Imperiums zur Macht Gottes.
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Stellenregister 1. Altes Testament und Septuaginta Genesis 16,12 33,18
109 Anm. 197 109 Anm. 197
Psalmen 2 2,1–2
Exodus 3,6.15.16 19,18
106 Anm. 189 113 Anm. 210, 135
Levitikus 16,14–15
109 Anm. 197
Deuteronomium 6,16 LXX 8,3 21,22
60 59 95
112, 115, 131 111, 113 mit Anm. 211, 114, 181 31,19 94 34,20 94 37,32 94 69,22 92 Anm. 152 71(70),19 LXX 105 72,10 103 Anm. 184 91,11–12 60 94,1 94 97,5–7 135 118(117),26 LXX 71 Anm. 81 145,6 113 Anm. 210
Richter 5,4
135
Proverbien 10.9
125
1. Samuel 2,7–8 7,13
44 Anm. 1 128
2. Samuel 22,28
44 Anm. 1
1. Könige 1,34
71 Anm. 81
Jesaja 6 6,4 37,16–20 37,20 41,10 43,5 52,10–12 60,5–9
175 113 Anm. 210 111 Anm. 202 113 Anm. 210 147 147 103 Anm. 184 103 Anm. 184
2. Könige 2,9.10.11 19,15–19 19,19
100 Anm. 170 111 Anm. 202 113 Anm. 210
Jeremia 1,1 1,8 2,10–11 18,3–6
54f Anm. 39 147 103 Anm. 184 117
Hiob 5,8 9,2
112 Anm. 205 113 Anm. 210
Ezechiel 17,24
44 Anm. 1
254 20,11 21,31
Stellenregister 113 Anm. 210 44 Anm. 1
15,7
117 Anm. 231
125 44 Anm. 1 100 Anm. 170
Hosea 1,1 14,10 LXX
54 Anm. 39 125, 126
Jesus Sirach 1,30 10,14 48,9
Judith 9,12
112 Anm. 205
1. Makkabäer 2,58
100 Anm. 170
3. Makkabäer 2,2
112 Anm. 205
Sapientia Salomonis 6,7 112 Anm. 205 7,25–29 143 Anm. 312
2. Neues Testament Matthäusevangelium 2 127 Anm. 266 4,1–11 59 4,1 59 4,9 61 5,11 20 5,39 126 8,5–10.13 62 Anm. 59 10,9.20 17 10,28 20f, 61 17,9 148 Anm. 332 19,29 18 24,11 128 27,58 94 Anm. 159 Markusevangelium 1,12–13 4,17 10,41–45 10,42 10,43–44 10,43 10,45 11,1–10 11,3 11,8–9 11,10.11b 11,15–17 13 13,9–13 13,9 13,11
59 Anm. 52 20 78 78 79 Anm. 101 200 Anm. 555 79 Anm. 103 70 70 Anm. 75 69 Anm. 73 70 70 75 Anm. 91 13, 16 17, 18 Anm. 27 20
13,12 13,13 15,1–20 15,1–5 15,2 15,6–15 15,6 15,13.14 15,15 15,16–20 15,16–20a 15,16 15,26 15,29 15,30.31 15,36 15,39 15,44–45 Lukasevangelium 1,3 1,4–56 1,4 1,5–4,13 1,5 1,9 1,32 1,35 1,37 1,46–49a
14, 15 18 Anm. 27 82, 86 Anm. 122 82 Anm. 112 87 82 Anm. 112, 86 Anm. 122 86 Anm. 122, 89 86 Anm. 122 89 Anm. 136 82 Anm. 112 91, 92 Anm. 148 82 92 92 Anm. 153 91 91, 92 93 94 Anm. 159, 95
41 Anm. 151 43 219, 220, 222 43, 187 43, 47 Anm. 12, 51 Anm. 25 68 Anm. 70 48 46, 96, 101 98 45
Stellenregister 1,46b–55 1,46b–50 1,46b 1,47 1,48 1,48a.b 1,49 1,49a 1,49b–55 1,49b–50 1,50
1,50a 1,51–55 1,51–53 1,51a 1,52–53 1,52
1,52a 1,52b 1,53 1,54–55 1,54 1,54b 1,56 1,57–2,52 1,57–59 1,57 1,68–79 1,69
1,71
1,72 1,77
1,78–79 1,78 1,79 1,80 2
43–47, 69, 200 Anm. 556, 206, 213 45 44 Anm. 3 45, 46 Anm. 7, 177 44, 105 44 Anm. 3 45, 105 44 Anm. 3, 45 45 45 44 mit Anm. 3, 46 mit Anm. 7, 65 Anm. 63, 213 44 Anm. 3 45 46 Anm. 8 44 Anm. 3 46 Anm. 8 44, 45, 46, 53, 65, 79, 98, 101, 105, 138, 184, 216 44 mit Anm. 3, 99 44 Anm. 3, 46 Anm. 8, 99 46 46 44, 46 mit Anm. 7 44 Anm. 3 43 43 47 43 178 Anm. 440, 211 46 Anm. 6.7, 177 Anm. 439, 199 Anm. 550 46 Anm. 7, 177 Anm. 439, 199 Anm. 550 46 Anm. 7 46 Anm. 7, 177 Anm. 439, 199 Anm. 550 213 46 Anm. 7 216 43, 47 43
2,1–21 2,1–20 2,1–14 2,1–7 2,1–5 2,1–2 2,1
2,2 2,4 2,6–7 2,6 2,7 2,8–14 2,8 2,9–12 2,10 2,11
2,13–14 2,14 2,15–20 2,15 2,17–18 2,20 2,21 2,29 2,30 2,52 3,1–20 3,1–6 3,1–2 3,1
3,3 3,6 3,7–17 3,7–9
255 47 mit Anm. 13, 48, 53, 98 48, 53f 47–54, 101, 196, 210, 212 47, 48, 51, 53, 188 47, 49, 55 187 43, 47 mit Anm. 13, 48, 50, 54, 55, 97, 124 Anm. 260, 179, 189 Anm. 453, 190, 191 Anm. 478, 208, 209 48, 145, 189 Anm. 454 48 47 Anm. 13 47 Anm. 13–14 47, 48 47, 48, 51, 53, 187, 188, 209 47 47 Anm. 14 96, 120 46 Anm. 7, 51, 53, 65, 92, 177, 196 Anm. 517 48 Anm. 14 51, 71, 94, 216 47 43, 47 Anm. 13 48 94 47 112 46 Anm. 7 43 43 54–56, 97 43, 54, 55 43, 54, 55 mit Anm. 43, 69, 75, 81, 187, 189 Anm. 453– 454 57 46 Anm. 7 56 56
256 3,10–14 3,12–14 3,12–13 3,14 3,15–17 3,19 3,20 3,21–4,13 3,21–22 4,1–13
4,1 4,4 4,5–8 4,5 4,6
4,8 4,10 4,13 4,14ff 4,16–27 4,18–19 4,38–41 5,24 5,25.26 6,22 6,26 6,27 6,33 7,1–20 7,1–10 7,1 7,2–10 7,2–3 7,2 7,3 7,4–6a 7,4–5 7,4
Stellenregister 56–58, 97, 209, 215 58, 190 187 57, 97, 187, 193 Anm. 489 43, 56 57 43 43 43, 59 Anm. 52 59–62, 69, 99, 193, 210, 212 mit Anm. 11 59, 61 59 Anm. 52 60 61 mit Anm. 56, 191 Anm. 479 60 Anm. 55, 61, 67 Anm. 67, 70 Anm. 76, 98, 130, 168 Anm. 396, 184 mit Anm. 448, 187, 191 Anm. 480, 193, 194 Anm. 498, 210 59 Anm. 52, 61 59 Anm. 52 60, 125 59 Anm. 52 39 Anm. 138 135 173 Anm. 419 61 93 13 Anm. 5, 19, 20 126 13 Anm. 5 209 Anm. 8 62–65 93, 94, 97, 99, 190 Anm. 466, 196, 211 62 mit Anm. 59 212 62 63, 65 Anm. 61 62 Anm. 59, 65 62 62 Anm. 59, 63 63
7,5 7,6 7,6b–9 7,6b–8 7,6c–8 7,6c 7,7 7,7b–9 7,8 7,8c 7,9 7,10 7,16 8,12 8,13 8,15 8,16 8,36 8,45 8,50 9,21–22 9,23 9,40 9,41 9,43b–45 9,44–45 9,51
12,1–12 12,1–3 12,1 12,4–7 12,4–5 12,5 12,8–9 12,9 12,11–12
12,11 12,12
97 62 Anm. 59, 63, 65 62 63 65 62 Anm. 59 62 Anm. 59, 63 62 Anm. 59 61, 63, 64 65 63, 99 62, 99 94 92 Anm. 150 13 Anm. 5, 20 13 Anm. 5 117 Anm. 230 92 Anm. 150 109 Anm. 196 92 Anm. 150 73 Anm. 85, 91 109 Anm. 196 17 128 Anm. 268 73 Anm. 85 91 71 Anm. 80, 72 Anm. 83, 91 Anm. 146, 100 Anm. 170, 153 66 66 66 66 20 61 66, 109 Anm. 198 109 Anm. 196 20, 36, 65–67, 69, 75, 116, 198 Anm. 537, 199 Anm. 544, 207, 213, 219 16, 66, 109 Anm. 198 17, 19 mit 34, 20, 36 Anm. 130, 99, 199 Anm. 549, 206, 207, 212
Stellenregister 12,37 13,1–9 13,1–5 13,1
13,4 13,6–9 13,6.7.8–9 13,13 13,17 13,19 13,23 13,31–33 13,31 17,15 18,31–34 18,43 19,9 19,10 19,11 19,28–46 19,28–40 19,29–36 19,29 19,31 19,33 19,34 19,35.36 19,37–40 19,37 19,38 19,38a.b 19,39–40 19,41–44 19,41 19,42 19,43–44 19,45–46 19,45 19,46 19,47 20,19 20,20–26 20,20–24
80 Anm. 109 68, 69, 99 67–69 68, 69, 75, 93, 97, 98, 193 mit Anm. 490, 212 68 69 Anm. 72 68 94 17 99 92 Anm. 150 5 73 94 73 Anm. 85, 91 94 177 Anm. 439 92 Anm. 149–150 199 Anm. 551 69–72, 95, 191 Anm. 473, 196 212 69, 70 69 70 70 mit Anm. 75 72 70 69, 70 69, 70 69, 70, 71, 99 72 71 69, 70, 72, 194 Anm. 496 69 69, 71, 77 76 69, 70 69, 70, 71 71 71, 73, 75 71, 73, 75 72–75, 190 Anm. 464, 210, 215 212
20,20 20,21–22 20,21.21 20,23–25 20,23.24 20,25 20,25b 20,26 20,38 21,3 21,5–36 21,5–6 21,5c 21,7–24 21,7–11 21,8–9 21,12–21 21,12–19
21,12–17 21,12–13 21,12
21,13
21,14–15 21,14 21,15
21,15b 21,16–17 21,16
21,16b 21,17–18 21,17 21,18–19 21,18
257 61, 72, 73 mit Anm. 85 72 72, 73 72 72 72, 73, 74, 88 75, 99 4, 72, 73, 74 69 18 Anm. 27 14, 76 14 21 Anm. 41 14 14 76 20, 21, 22 13–21, 23, 36f, 75f, 116, 173, 198 Anm. 537, 206, 207, 213, 215, 219 13 Anm. 5 75, 198 Anm. 541 15 mit Anm. 17–18, 16 mit Anm. 16, 17, 18, 21 Anm. 44, 76, 118, 119, 199 Anm. 547 16, 18, 99, 160 Anm. 376, 199, 206, 212, 213 67, 75, 99, 199 Anm. 543 15, 16, 18, 76, 199 Anm. 542, 206 16f, 18, 98, 194 Anm. 501, 199, 207, 212 18 199 Anm. 545 14, 15, 17, 18 mit Anm. 25, 75, 98, 99, 206, 210 198 Anm. 538 75 17, 18 Anm. 27, 75 199 Anm. 546 16 Anm. 16, 17, 173
258 21,18a 21,19
21,20–26 21,20–25 21,20–24 21,20 21,21–22 21,21 21,22 21,23–24 21,23 21,24 21,24c 21,25–28 21,26 21,29–31 21,32–36 21,34–36 22,3
22,12–13 22,19–20 22,22–38 22,22–24 22,24–38 22,24–27 22,24 22,25 22,25a.b 22,26 22,27 22,27a–b 22,27b 22,27c 22,29–30 22,31 22,36 22,53
Stellenregister 198 Anm. 539 15, 17 mit Anm. 23, 18, 76, 99, 173, 198 Anm. 540, 199 Anm. 553, 213 98 77 14f, 76f, 93, 97 15, 76, 77, 194 Anm. 495 76 76 77 76 76, 77 76, 77, 194 Anm. 497 77 14 192 Anm. 481 14 14 76 61, 91, 94, 98, 184 mit Anm. 448, 193, 210, 211 78 79 216 97, 124 Anm. 260, 209 77, 183, 199 5, 61, 77–81, 79, 80, 100, 186, 196, 216 78 78, 216 78 78, 79 mit Anm. 101, 80, 216 61, 100, 186, 196 Anm. 520 78, 79 216 78, 79 81 183, 184 Anm. 448, 194 Anm. 501 13 Anm. 5 61
22,66 23 23,1–25
23,1–15 23,1–12 23,1–5 23,1 23,2–5 23,2
23,3 23,4 23,5 23,6–12 23,6–9 23,6 23,7 23,8–12 23,9 23,10 23,11 23,11a 23,11b 23,12 23,13–25 23,13–23
23,13–16 23,13–15a 23,13 23,14–15 23,14 23,14b 23,15 23,15b 23,16 23,17 23,18
83, 95 110, 132 81–91, 93, 97, 108, 160, 164 Anm. 384, 190 Anm. 460 110 206 97, 193 81, 83, 95 82, 83, 84, 86–88 4, 74, 81, 82 Anm. 114, 83, 86, 128 Anm. 268 83, 85, 86 Anm. 122, 87, 91, 99 81, 83, 84, 85, 86, 88, 89, 133 83, 86 mit Anm. 122, 88 82, 83f, 88 83 84 61, 81, 194 Anm. 499 88 83, 85 81, 83, 86 83 84 84 84, 88 5 82, 83, 84f, 85, 86 Anm. 122, 88–90, 109 89 84 81, 88 89 81, 86 84 84 Anm. 119, 86, 133 84 84, 86, 89, 90, 108 81 Anm. 110, 108 84, 85, 86 mit Anm. 122, 91, 108, 156
Stellenregister 23,19 23,20 23,21 23,22 23,23 23,24–25 23,24
23,25 23,26–49 23,26–32 23,26 23,33–46 23,34 23,35–38 23,35 23,36–38 23,36–37 23,36 23,37 23,38 23,40–43 23,43 23,47–49 23,47 23,48.49 23,50–56 23,51 23,52 23,56 24,5b–6 24,26
24,36–49 24,36–43 24,44–49 24,44–47 24,44
81, 84, 89, 108 84, 89, 108 84, 86 mit Anm. 122 81, 84, 86, 89, 108, 133 85, 86 Anm. 122, 108 81, 83, 85, 90, 106, 193 Anm. 491 81, 82 mit Anm. 114, 85, 90, 99, 108, 109 Anm. 195, 133, 169 Anm. 398 81, 86, 89, 108, 109, 193 93 93 82 93 109 91–93, 193 Anm. 492 92, 99, 199 Anm. 554 93, 99 212 92 92, 99 92 92 Anm. 151 92 Anm. 150, 164 93f, 193 Anm. 493 93, 94, 97, 98, 197 Anm. 522, 213 93 94f, 205 Anm. 2 95 81, 95, 97, 98, 190 Anm. 465 95 99 67 Anm. 66, 71 Anm. 80, 91, 93, 97, 98, 185, 193, 206 96 96 110 96 96, 98, 196
24,46 24,47 24,48 24,49 24,50–53
24,50 24,51.53 Apostelgeschichte 1,1–5,42 1,1–12 1,1–11 1,1–2 1,1 1,2 1,3–5 1,6–11 1,6–8 1,7 1,8
1,9–12 1,9–11
1,9 2,5 2,9–11
2,9–11a 2,9 2,10 2,10b 2,11 2,11a 2,12 2,16–36 2,22–23 2,22
259 94 Anm. 157, 96, 193 99 94 Anm. 158 96, 97, 99, 187 94, 95–97, 101, 188, 191 Anm. 474, 210, 212, 222 96, 196 96
116 105 100 100 41 Anm. 151 100 100 100f, 111 100 179 100, 101, 105, 120, 148 Anm. 332, 163, 177, 179, 187, 192 Anm. 483, 196 Anm. 519, 206, 214 Anm. 13, 215 100 96, 101, 124, 144, 191 mit Anm. 474, 196, 206, 210, 212, 222 100 103, 104 111, 124, 166, 178 Anm. 441, 192 Anm. 482 102–105, 179, 197, 210, 213 102 102 mit Anm. 178 105 102, 103, 104, 185 104 104 184 182 Anm. 446 214 Anm. 13
260 2,23–24 2,29 2,33
2,36 3,1–4,31 3 3,1–11 3,6ff 3,6 3,11–12a 3,12–26 3,12–18 3,12–16 3,12 3,12b–18 3,12b 3,13–18 3,13–16 3,13–15 3,13–14 3,13ff 3,13
3,13a 3,13b–16 3,13b–15 3,13b 3,14–15 3,14 3,15
3,15c 3,16 3,17–18 3,17 3,18–26 3,18
Stellenregister 105 213 Anm. 12 99, 101, 148 Anm. 332, 185, 187, 191 Anm. 475 220, 221, 222 113 131, 181 111 Anm. 200 105 107, 110, 113, 116 106 Anm. 189 106 Anm. 188, 110, 111 Anm. 200 106 Anm. 187 211 187 111 106 mit Anm. 189, 107 105–110, 111 110 116 108 182 Anm. 446 105, 106 mit Anm. 189, 107 mit Anm. 189, 108, 109, 110, 184, 185, 193 106 mit Anm. 189, 108, 110 106 Anm. 189 110 107 mit Anm. 189, 108, 109, 133 106, 108 106 Anm. 189, 107, 108, 109 Anm. 196 65 Anm. 62, 99, 106 Anm. 189, 107 mit Anm. 189, 108, 110, 181 107 106, 107 Anm. 189, 110 106 107 mit Anm. 189 184 107 Anm. 189
3,19 3,21 4 4,1–22 4,2 4,3 4,5 4,7 4,10 4,12
4,13 4,16 4,17.21 4,23–31 4,23 4,24 4,24a 4,24b 4,25–28 4,25 4,25a 4,25b–28 4,25b–26 4,26 4,26b 4,27
4,27a 4,28
4,29–30 4,29
4,30 4,30c 4,31
5–12 5,3 5,18
106 Anm. 189 107 131, 181 111 Anm. 200 107 15 Anm. 13 115 187 182 Anm. 446 186, 187 mit Anm. 450, 199 Anm. 552 213 Anm. 12 109 Anm. 196.198 115 110–116, 211, 215 111 111, 215 111 111, 112, 113 Anm. 210 111, 113, 114, 115 215 114 112, 113, 115 114 215 114 84, 91, 114 Anm. 213, 115, 181, 193, 215 114 49 Anm. 17, 114, 184, 194 Anm. 503, 195, 196 Anm. 516, 215 111 112, 113 Anm. 210, 115, 116, 213 Anm. 12 112, 185, 215 Anm. 17 112 113 Anm. 210, 116, 178 Anm. 441, 213 Anm. 12 38 184 Anm. 447 15 Anm. 13
Stellenregister 5,23 5,30–31 5,31 5,34–42 5,38 5,39 6,1–15,35 6,8 7,1–10 7,2–53 7,25 7,35 7,52 8 8,1 8,8 8,13.14.16 8,19 8,27 8,28 8,30.31 8,38 8,39 9,1–8 9,2 9,3 9,4–5 9,4 9,9 9,10–14 9,14 9,15–16
9,15 9,16–17 9,16
9,17–19a 9,17 9,19b–22 9,20 9,31 9,32ff 9,43
220, 221 182 Anm. 446 99 184 115 Anm. 216 17 116 214 Anm. 13 197 Anm. 521 184 199 Anm. 552 109 Anm. 196.198 20 Anm. 36 126, 127 Anm. 266 15 Anm. 13, 20 Anm. 36 96 180 61 44 Anm. 1 179, 180 39 Anm. 138 120 Anm. 244 96, 179, 197 116 73 Anm. 86, 119 Anm. 239 151 15 Anm. 13 119 127 116 61 116–119, 160, 177, 187, 199 Anm. 548, 200 Anm. 560 117, 118, 119, 151, 163, 166, 182, 185 184 91 Anm. 145, 116, 118, 119, 152, 182, 195, 206, 214 116 118 116 183 120, 131 Anm. 272 131 Anm. 272 121
10–11 10,1–11,18
10 10,1–2 10,1 10,2 10,3 10,4 10,11 10,14 10,16 10,17 10,23 10,24 10,26 10,31 10,33 10,36 10,38
10,39–40 10,40 10,44 10,45.46 10,48 11,1–18 11,1 11,2 11,3 11,5 11,8 11,14 11,16 11,17 11,18 11,19–30 11,27–30 11,27–28a 11,27 11,28 11,28a.b
261 121, 166, 198, 210 120–122, 124, 180, 185, 191, 192 Anm. 482, 213 122, 130, 211 120, 134 122 122, 190 Anm. 467 120 120, 121, 122 117 Anm. 230 121, 122 117 Anm. 230 148 Anm. 332 121 120, 186 210 120 121 121, 198 Anm. 535 62 Anm. 58, 67 Anm. 67, 168 Anm. 396, 183, 184, 187, 194 mit Anm. 502, 195 Anm. 505 105 182 Anm. 446 120, 148 Anm. 332 120 120, 197 Anm. 523 122 120 Anm. 242 120, 121 120, 122 148 Anm. 332 121, 122 120 121 17, 120 120, 121 130 123f, 145, 182, 186, 214 123 123 123, 124, 179, 191 Anm. 479, 210 123
262 11,29 12,1 12,2 12,14 12,23 13 13,2 13,4–12
13,4 13,6–12
13,6–8 13,6
13,7 13,7a 13,7b 13,8 13,9–12 13,9–10 13,9 13,10
13,10a 13,10b 13,11 13,11b 13,12
13,16–25 13,16b–41 13,18–41 13,23 13,26–37
Stellenregister 124 Anm. 259, 186, 195 Anm. 507 15 Anm. 13 16 Anm. 17 96 184 130, 131 mit Anm. 272, 180, 181, 211 126 27 Anm. 72, 124 Anm. 261, 160, 163, 176 Anm. 433, 185, 190 Anm. 468, 194, 213, 214 126 Anm. 263 124–131, 134 Anm. 276, 166, 184, 197 125 104, 125 mit Anm. 263, 126 mit Anm. 265, 128, 129 125, 126 Anm. 265, 185 183 129 126, 128 mit Anm. 268, 129 129 125 125, 129, 130, 183 125, 127, 128 mit Anm. 268, 130, 183, 184 Anm. 448, 194 mit Anm. 502.504 129 125, 129 125, 127, 128, 129, 130, 183 129 125, 127, 129, 130, 183, 185, 197 Anm. 524 131 Anm. 272 131 Anm. 272 132 Anm. 272 133 131 mit Anm. 272, 132
13,26 13,27–29 13,27 13,27b 13,28 13,29–30 13,30–31 13,30 13,31–40 13,31 13,32–37 13,32 13,45 13,46 13,50 14,11–13 14,11 14,15–17 14,22
15 15,3 15,31 15,36–19,20 15,36 16–19 16 16,1–32 16,9 16,10–40 16,10–17 16,10 16,11–40
16,12 16,13–15 16,14 16,15 16,16–24 16,16
132, 199 Anm. 552 131–134, 211 133, 134 133 109 Anm. 194, 133, 181, 184, 193 105 132 132 132 132 132 133 117 Anm. 225, 131 Anm. 272 131 Anm. 272 20 Anm. 35 176 Anm. 433 91 Anm. 145, 104, 173 Anm. 418 184 21 Anm. 43, 119 Anm. 239, 195 Anm. 510, 200 Anm. 561, 206 131 Anm. 272 96 39 Anm. 138 120, 134 Anm. 276 116, 134 138 180, 211 117 Anm. 224 148 Anm. 332, 151 153 134 Anm. 276 134 Anm. 276 134–138, 164, 168 Anm. 397, 190 Anm. 461, 200, 204, 205, 207, 214, 224 134 mit Anm. 277, 138, 176, 224 135 137 137, 185, 224 135 135
Stellenregister 16,17
16,18 16,19 16,20–22 16,20 16,21 16,22–24 16,22–23 16,22 16,22a 16,23–24 16,23 16,24 16,25–26 16,25 16,26 16,27 16,28 16,29–30 16,30–34 16,30 16,31 16,33–34 16,33 16,34 16,35–39 16,35 16,36 16,37–39 16,37 16,39 16,40 17,1–9 17,1–4 17,3 17,5–9 17,5
135 mit Anm. 279, 186, 188 Anm. 452, 224 104, 180, 195 Anm. 505, 224 205 224 143, 191 134, 136, 138, 153, 166, 176, 210, 214 138, 192 89 Anm. 140 117 Anm. 221, 136, 189 Anm. 458, 224 136 164 Anm. 384, 220, 221 135 Anm. 277 137 105, 135 137, 216 137, 184, 196 135 Anm. 277 135 137 135, 197 Anm. 525 137 137 mit Anm. 286 224 137, 195 Anm. 511, 200 Anm. 557 137, 186, 216 154, 180 137, 189, 192 Anm. 484 135 Anm. 277, 138 137 137 mit Anm. 484, 197, 224 138 Anm. 288, 189 Anm. 457 135, 138, 185, 196 Anm. 515, 224 139–144, 190 Anm. 461, 204, 205 139 139 139, 144 139, 143, 144
17,6–7 17,6
17,6b–7 17,7
17,7a 17,8 17,9 17,10 17,16–34 17,19 17,24–31 17,24 17,31 17,34 18 18,1–18 18,1–4 18,1–2 18,1 18,2–3 18,2 18,3 18,4–8 18,4 18,5–18 18,5.6 18,8 18,9–10 18,9 18,9a 18,10 18,10b 18,11 18,12–17
18,12 18,13
263 139, 144 24 mit Anm. 65, 139, 142, 143, 179, 191 Anm. 472, 192, 205, 210 139, 140 117 Anm. 219, 141 Anm. 300, 144, 153, 214 139 Anm. 292 117 Anm. 221, 120, 139, 143 Anm. 313 143, 144 143 38 144, 180 184 175 117 Anm. 230, 192 Anm. 481 27 Anm. 72 180 145–151, 190 Anm. 461, 204, 205 144f 144 147, 184 147 145, 184 145, 147 147, 150 145, 146 Anm. 325 151 150 145, 146 Anm. 325, 186 147, 150 145, 146, 151, 184 147 145, 146, 151, 184, 185 148 146 mit Anm. 324, 147 146 mit Anm. 321, 147, 148, 154, 181, 210 147, 205 147
264 18,14a 18,15–16 18,15 18,16 18,17 18,18 19,11 19,21–28,31 19,21–40 19,21–22 19,21
19,23–40
19,23 19,27–26,32 19,27 19,28 19,29 19,31 19,32 19,34 19,35 19,37 19,38–40 19,38 19,39 19,40 20–27 20,1–16 20,1 20,2 20,5–21 20,14 20,17–38 20,18–35 20,22–25 20,23 20,24–25 20,24 20,30
Stellenregister 148 Anm. 333 147 158, 165 Anm. 388, 189 Anm. 456, 208 148 148, 150, 182, 192 Anm. 488 146, 147, 196 Anm. 513 187 177 152 Anm. 351 152f 152 mit Anm. 349.352, 168, 174 Anm. 422, 177, 185 117 Anm. 223, 153– 155, 181, 190 Anm. 461, 204, 205 25 Anm. 67 214 154, 179 33 Anm. 108 25 Anm. 67, 33 Anm. 108 197, 205, 214 205 153, 180 153, 205 154 190, 209 154, 181, 205 154, 205 25 Anm. 67, 154 38 152 Anm. 351 25 Anm. 67 219 134 Anm. 276 184 152 Anm. 351 38 177 118 Anm. 234, 153 Anm. 355 178 Anm. 444 96, 186 128 Anm. 268
20,32 20,40 21ff 21,1–14 21,1–6 21,8–10 21,10–14 21,11 21,13 21,14
21,15–23,30 21,15–26 21,19 21,27–23,32 21,27–40 21,27–32 21,27 21,28.30 21,31 21,32 21,33 21,34 21,35 21,36 21,37 21,38 22,1–29 22,1–22 22,1–21 22,4 22,5.12 22,13–29 22,14 22,15 22,18 22,20 22,21 22,24 22,25 22,26 22,28
115 Anm. 216, 187 mit Anm. 451 185 105 152 Anm. 352 153 153 177 180 153, 164 168, 195 mit Anm. 509, 200 Anm. 560 152 Anm. 352 38 186 155–160, 164 155 158 15 Anm. 13, 155, 194 155 155, 156 155, 189 Anm. 455 116, 156, 198 Anm. 534 155, 220, 221 155, 156 155 157 140 155 159 157 15 Anm. 13 159 Anm. 375 180 184 160 159 mit Anm. 375 159 Anm. 375 159, 186 89 Anm. 137, 155, 156 156 Anm. 363 160 197 Anm. 528
Stellenregister 22,29
22,30–23,11 22,30 23,1–11 23,1–10 23,3.6 23,7 23,8 23,10 23,11
23,12–32 23,12–22 23,19 23,22–24,27 23,22 23,23 23,24 23,26–30 23,27 23,29 23,30 23,31–26,32 23,31–33 23,31 23,32 23,35 24–26 24,1–27 24,1–24 24,1–23 24,1–21 24,1–9 24,1 24,5 24,6b–7
156, 157 mit Anm. 368, 181, 189 Anm. 458 155 157, 173 Anm. 417, 181, 220, 221 117 Anm. 226 159 160 25 Anm. 67 186 155, 156, 181, 189 Anm. 455 67 Anm. 66, 118 mit Anm. 237, 148 Anm. 332, 158, 159 mit Anm. 375, 164, 169 Anm. 400, 174 Anm. 422, 177, 184, 185, 195 Anm. 509, 206 155 156, 181, 216 156, 186, 190 Anm. 462 160–164 155 156 160 162 157 158, 208 158 152 Anm. 352 189 Anm. 455 156 Anm. 361 196 Anm. 514 161 117 Anm. 222, 180 38 190 Anm. 460 161 24f 161 161, 162 mit Anm. 381 24 Anm. 65, 140, 179, 191 Anm. 479 161 Anm. 378
24,10–21 24,12 24,15 24,16 24,21 24,22–27 24,22–26 24,22–23 24,22 24,23 24,24–27 24,24–26 24,24 24,25 24,26–27 24,26 24,27 24,27b 25–26 25,1–26,32 25,1–5 25,1 25,6–12 25,6–8 25,6 25,8 25,9–12 25,9 25,10 25,12 25,13–23 25,13–22 25,13 25,16 25,18 25,19 25,22 25,23–26,32 25,23 25,26 26,1 26,2–29 26,2–5
265 161, 163, 164 25 Anm. 67 163 163, 164 186 164 Anm. 384 164 161 162 mit Anm. 381 216 206, 215 161, 197 Anm. 530 161, 164 163, 182 192 Anm. 485 161, 164, 182 161 164 164, 165f, 168 164–168, 174 Anm. 421 166 165 Anm. 386.389 166 181 165 mit Anm. 386.389 165 165, 166, 189 Anm. 459 165, 182, 192 Anm. 486, 207 118 118, 195 Anm. 512 181 166 165 Anm. 386.389 158 165 208 165 38, 165, 166 165 mit Anm. 386.389 53, 165, 198, 208, 220, 221 166 166 167
266 26,6–23 26,6–8 26,8 26,9–21 26,10 26,12–18 26,16–18 26,16 26,18
26,22–23 26,22a 26,23 26,24–29 26,24 26,26 26,27–28 26,28 26,29
26,31 26,32 27,1–28,16 27 27,1–44 27,1–40 27,1–8 27,1 27,3 27,8 27,9–12 27,9 27,10 27,11
27,13–20 27,13
Stellenregister 167 167 166, 167 Anm. 394, 168 167 61 168 167 Anm. 395 182, 183, 184 61, 62 Anm. 58, 67 Anm. 67, 152, 167 Anm. 395, 168, 183, 184 mit Anm. 448, 194 mit Anm. 502, 210 167 166 Anm. 390 166, 168, 186 166, 167 166 181 197 Anm. 526 166 166 mit Anm. 392, 173 Anm. 417, 197 Anm. 532 95 Anm. 160, 166, 181 165, 176, 183, 195 Anm. 512, 208 134 Anm. 276 38, 190 Anm. 469, 200 Anm. 558, 211 152 Anm. 353, 168– 173, 197 Anm. 527 214 169 169, 171 mit Anm. 404, 172 169, 171, 172, 181 174 Anm. 420 169 169 171, 173 Anm. 413 171 Anm. 403, 172 Anm. 411, 192 Anm. 487 169 169, 172
27,17 27,20 27,21–26 27,21 27,21b 27,22–25 27,22
27,23ff 27,23–24 27,23 27,24
27,25 27,26 27,27–32 27,27 27,31 27,33–38 27,33 27,34 27,35 27,36 27,37 27,38 27,39–44 27,39 27,42 27,43–44 27,43 27,44 28,1–10
28,1–9 28,4 28,5 28,6 28,7–10 28,7 28,8 28,10 28,11–15
117 Anm. 230 169, 170, 171, 172 169 169 170 170 115 Anm. 216, 168, 169, 172 Anm. 410, 173 Anm. 413 148 Anm. 332 184 170 117 Anm. 220, 118 mit Anm. 237, 164, 169, 171, 174 Anm. 422, 177, 186, 195 Anm. 509, 206 169, 171, 172 Anm. 411 170 169 169 172 169, 170 169, 172 172, 173 216 170, 172, 186 172 170 169, 170 169 172 172 171 173 Anm. 413, 186 152 Anm. 353, 190 Anm. 470, 200 Anm. 559, 216 173f, 176 Anm. 433, 177 105 215 173 186, 215 173 173, 197 Anm. 533 173 152 Anm. 353
267
Stellenregister 28,11 28,14–16 28,14 28,16–31
28,16
28,17–28 28,17–22 28,17–19 28,17 28,18 28,20
28,23–28 28,23–27 28,25 28,28 28,29 28,30–31 28,30 28,31
Römerbrief 9,20–21 13,2 13,4 16,23
176 Anm. 432 216 174, 175, 186 152 Anm. 353, 174– 178, 196 Anm. 518, 198 174 mit Anm. 426, 175, 176, 177, 181, 186 117 Anm. 227 175 174 177 168 Anm. 396 157, 173 Anm. 417, 175, 176, 177, 182, 186 174 Anm. 424, 175 176 177 176, 186 175 Anm. 427 175, 177, 190 Anm. 471, 216 174 Anm. 425, 177, 178 Anm. 442 152, 166, 176, 177, 178, 180, 182, 195 Anm. 508, 196 Anm. 519, 200 mit Anm. 562, 209 Anm. 7, 213 Anm. 12
118 Anm. 232 126 211 Anm. 9 27 Anm. 72
1. Korintherbrief 1,26 6,1 6,9–10 16,9
27 Anm. 75 33 Anm. 107 33 Anm. 107 17 Anm. 21
2. Korintherbrief 11,32
16 Anm. 17
Galaterbrief 1,1 2,11 5,17
28 Anm. 80 126 17 Anm. 21
Epheserbrief 1,21 3,10 6,12 6,20
67 Anm. 67 67 Anm. 67 67 Anm. 67 175 Anm. 428
Philipperbrief 1,28 3,20
17 Anm. 21 31 Anm. 95
Kolosserbrief 1,16 2,10.15
67 Anm. 67 67 Anm. 67
1. Thessalonicherbrief 5,3 221 mit Anm. 9 2. Thessalonicherbrief 2,4 17 Anm. 21 1. Timotheusbrief 1,10 2,9 5,14
17 Anm. 21 28 Anm. 76 17 Anm. 21
2. Timotheusbrief 1,16
175 Anm. 428
Titusbrief 3,1
67 Anm. 67
Philemonbrief 13–16
80 Anm. 108
Hebräerbrief 13,14
31 Anm. 95
Jakobusbrief 2,1–4 4,7 5,1–6
28 Anm. 76 126 28 Anm. 76
1. Petrusbrief 1,1
28 Anm. 80
268 2,11–3,17 3,16 4,3 4,15
Stellenregister 34 Anm. 112 33 Anm. 109 33 Anm. 107 140 Anm. 299
4,16
19
Apokalypse 6,2
103 Anm. 182
3. Frühjüdische Autoren Josephus Antiquitates X 169ff XVIII 1 XX 51.101 XX 137 XX 172
163 Anm. 382 51 Anm. 25, 55 Anm. 40 123 Anm. 255 160 Anm. 377 127
Bellum Judaicum I 402 II 10–13 II 118 II 9,169–172 II 247.262–263 II 268–270 II 268
82 Anm. 113 68 Anm. 69 49 122 Anm. 250 163 Anm. 382 122 Anm. 248 89 Anm. 140
II 269 II 301 II 306 II 402–404 V 47 VII 123–162 VII 161–162
89 82 Anm. 113 89 Anm. 139 49 Anm. 19, 74 Anm. 87 76 Anm. 93 70 Anm. 75 52
Philo von Alexandria Legatio ad Gaium 71 66 149 79 Anm. 105 De specialibus legibus I 81 143 Anm. 312 III 91 68 Anm. 70
4. Altkirchliche Schriften und Autoren Acta Iustini 5,8
89 Anm. 139
Eusebius von Cäsarea Historia ecclesiastica III 18,4–20,7 26 Anm. 72 IV 26,7–8 209 Anm. 6 Minucius Felix Octavius 12,5
Origenes Contra Celsum III 5 VIII 2
140 Anm. 297 140 Anm. 297
Tertullian De idololatria 15,3 16 17
74 Anm. 90 30 Anm. 92 27 Anm. 73
27 Anm. 74
5. Griechisch-römische Autoren Apuleius Metamorphosen IV 13,2
36 Anm. 128
Aristides, Publius Aelius Εἰς Ῥώµην 176 10.11.16.29 191 Anm. 477 32 142 Anm. 307 33.36.59 191 Anm. 477
269
Stellenregister 85–86 100 101–102.105 Aristophanes Ecclesiazusae 116–117 Augustus Res gestae VII 13
191 Anm. 477 221 Anm. 8 191 Anm. 477
Horaz Satirae I 2,4–5
89 Anm. 138
16 Anm. 20
Juvenal Satirae VI 546–547
127
51 Anm. 27
Livius Ab urbe condita III 36,3
89 Anm. 139
Petronius Satyrikon 111/112 111
91 Anm. 147 95 Anm. 161
Philostratus Vita Apollonii V 41,12
117 Anm. 219
Ps.-Plato Alcibiades 1,135a
66 Anm. 64
Calpurnius Eklogen I 43
52
Cassius Dio Historia romana VII 36,3 XVII 14,1 XLIX 43,5 LII 14–15 LX 3,6–4,6; 5,4 LXII 14,3 LXV 10,5–11,1 LXVI 11,3 LXVI 23 LXVII 13,3–4 LXVIII 23,1
127 Anm. 266 26 Anm. 72 127 Anm. 266 221 Anm. 8 26 Anm. 71 197 Anm. 529 49 Anm. 20 117 Anm. 219 123 Anm. 258 142 Anm. 309 80 Anm. 106
Cicero De natura deorum II 8 32 Anm. 103 In Verrem II 5,170
137 Anm. 287, 156 Anm. 365
Frontin De aquaeductu urbis Romae 119,1 35 Anm. 124 Gellius, Aulus Noctes Atticae VI 13,9 Hesiod Opera et dies 5–8
Plinius d.Ä. Historia naturalis XXVII 1,3 52 Plinius d.J. Epistulae IV 23,2–3 VII 29 VIII 6 X 34,1 X 96 X 96,1 X 96,2
X 96,3 X 96,8 X 96,9 135 Anm. 277 X 96,10 X 97 X 97,2 44 Anm. 1
217 Anm. 23 197 Anm. 529 197 Anm. 529 154 Anm. 359 20 Anm. 37, 119, 140, 150 Anm. 347 22 Anm. 51 25 Anm. 69, 26 Anm. 71, 33 Anm. 110 34 Anm. 118 32 Anm. 104 26 Anm. 72, 28 Anm. 80 33 Anm. 108 32 Anm. 105 20 Anm. 38
270
Stellenregister
Panegyrikon 2,7
80 Anm. 106
Plutarch Lysandros 18,4
142 Anm. 305
Tiberius 36 37,3 49,1 75
127 Anm. 266 26, 34 Anm. 113, 89 Anm. 135 55 Anm. 41 55 Anm. 42
Lysandri et Sullae comparatio 1,3–4 80 Anm. 106
Titus 8,4
123 Anm. 258
Polybius Historiae I 16,1 II 1,6 VI 56,6–8
76 Anm. 93 76 Anm. 93 32 Anm. 103
Vespasian 6,3 12 13,4 16,1
122 Anm. 249 142 Anm. 308 142 Anm. 308 57 Anm. 47
Seneca Apocolocyntosis 3
157 Anm. 371
Tacitus Agricola 3,1
221
De clementia I 3,5
143 Anm. 312
Epistulae morales 104,1 145 Anm. 320 Statius Silvae I 6,81–84 III 5,72–74 V 2,170 Sueton Augustus 53,1 98,2
Claudius 18,2 28
142 Anm. 309 123 Anm. 258 142 Anm. 309
53 Anm. 34 34 Anm. 115, 142 Anm. 307
171 Anm. 405 197 Anm. 529
Domitian 8 12
23 Anm. 58 23 Anm. 59
Nero 15,1 16,2
118 Anm. 238 32 Anm. 104
Annales XII 53 XII 54 XIII 48 XIV 17 XV 44
XV 44,1 Historiae II 12,2 IV 74,1 V 4–5 V9
Thukydides Historiae III 69–84 Vergil Aeneis I 150–156 VI 850–853 VI 851–853
197 Anm. 529 160 Anm. 377 26, 34 Anm. 113 26, 34 Anm. 113 22 Anm. 50, 33 Anm. 111, 118 Anm. 236 32 Anm. 104
221 Anm. 8 50 121 Anm. 247 160 Anm. 377, 163 Anm. 382
140 Anm. 297
149 50 Anm. 23 174 Anm. 423, 176 Anm. 435
271
Stellenregister
6. Rechtssammlungen und Inschriften Corpus inscriptionum Latinarum (CIL) VI 930 26 Anm. 71, 52 Anm. 32 VI 3528 120 Anm. 243 XI 6,117 120 Anm. 243 Corpus Iuris Civilis (CIC) IX 47,12 89 mit Anm. 135 Digesta (Dig.) I 18,13 XLVIII 19,31
90, 149 Anm. 344 89 mit Anm. 135
Inscriptiones Italiae Bd. XIII/2, S. 278ff
30 Anm. 93
Orientis Graecae Inscriptiones Selectae (OGIS) 519 57 Anm. 48 Paulus Sententiae (Sent.) V 22,1 V 29,1
87 87
Autorenregister Bei Belegen im Haupttext wird auf die Angabe von Fußnoten verzichtet. Achtemeier, Paul J.…39 Anm. 140 Adamzik, Kirsten…40f, 216 Anm. 20 Ahn, Yong-Sung…6 Anm. 36 Aland, Kurt…4 Anm. 22 Alexander, Loveday…7, 219 Anm. 2 Alexopoulos, Stefanos…97 Anm. 168 Alföldy, Geza…31 Anm. 97, 217 Anm. 23 Alkier, Stefan…6 Anm. 36, 11 Anm. 64, 19 Anm. 33 Arendt, Hannah…11 Anm. 61 Auffarth, Christoph…153 Anm. 356 Backhaus, Knut…37 Anm. 131, 157 Anm. 371, 174 Anm. 425, 176 Anm. 432, 219 Anm. 2, 222 Anm. 10, 223 Anm. 14 Baker, Coleman A.…37 Anm. 131, 215 Anm. 19 Bammel, Ernst…221 Barreto, Eric D.…7, 122 Anm. 252 Barrett, Charles Kingsley…158 Anm. 371 Barth, Gerhard…71 Anm. 80 Basczok, Jan D.…2 Anm. 10, 39 Anm. 139.142, 41 Anm. 151, 215 Anm. 19, 220 Anm. 3 Bauer, Johann Thomas…102 Anm. 177 Bauer, Walter…44 Anm. 1, 50 Anm. 22, 118 Anm. 233, 175 Anm. 428 Baur, Ferdinand Christian…1 Becker, Eve-Marie…205 Anm. 3, 215 Anm. 19 Becker, Matthias…28 Anm. 77, 38 Anm. 135, 40 Anm. 145, 179 Anm. 445 Billings, Drew…6 Bisotti, Marcello…5 Anm. 29
Blass, Friedrich…112 Anm. 208, 146 Anm. 324 Bleicken, Jochen…35 Anm. 119 Bock, Darrell L.…77 Anm. 96 Bohnet, Jörg-Michael…97 Anm. 167, 101 Anm. 174 Börm, Henning…70 Anm. 77 Bormann, Lukas…122 Anm. 251 Botermann, Helga…3 Anm. 20, 22 Anm. 47, 23 Anm. 59, 145, 214 Anm. 14 Böttrich, Christfried…71 Anm. 80, 212 Anm. 11 Bovon, François…74 Anm. 89 Braunert, Horst…51 Anm. 25 Bringmann, Klaus…22 Anm. 53 Brocke, Christoph vom…139 Anm. 290 Bultmann, Rudolf…104 Anm. 186 Burfeind, Carsten…7 Anm. 42 Busch, Stephan…39 Anm. 140 Busse, Dietrich…10 Anm. 57 Cadbury, Henry J.…86 Anm. 123 Cancik, Hubert…95 Anm. 162, 143 Anm. 312, 176 Anm. 437 Carter, Warren…7 Cassidy, Richard J.…4, 5, 7, 148 Clauss, Manfred…53 Anm. 35, 141 Anm. 304 Clavel-Lévèque, Monique…29 Anm. 88 Collart, Paul…135 Anm. 277 Conze, Eckart…221 Anm. 7 Conzelmann, Hans…3, 4f, 13 Anm. 2, 14 Anm. 7, 24 Anm. 64, 139 Anm. 295, 148 Anm. 334, 149 Anm. 339.343, 150 Anm. 345, 156 Anm. 364, 173 Anm. 418
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Autorenregister
Cramme, Stefan…36 Anm. 127 Cullmann, Oscar…67 Anm. 67 Dahlheim, Werner…21, 28 Anm. 79, 29 Anm. 88, 31 Anm. 99, 80 Anm. 108, 216 Anm. 22 Daume, Mirjam…155 Anm. 360 Debrunner, Albert…112 Anm. 208, 146 Anm. 324 Deissmann, Adolf…117 Anm. 219, 198 Anm. 536 De Martino, Francesco…35 Anm. 122 Dibelius, Martin…159 Anm. 374 Dömer, Michael…111 Anm. 205 Döring, Lutz…19 Anm. 29 Ebel, Eva…31 Anm. 98 Eck, Werner…26 Anm. 72, 28 Anm. 77, 55 Anm. 44 Eckey, Wilfried…46 Anm. 10, 47 Anm. 13, 62 Anm. 59, 74 Anm. 88, 82 Anm. 115, 87 Anm. 132, 89 Anm. 135, 103 Anm. 181, 111 Anm. 202, 135 Anm. 278, 147 Anm. 328.330, 153 Anm. 357 Edwards, James R.…8 Eisen, Ute…2 Anm. 10 Eißfeldt, Otto…103 Emirbayer, Mustafa…138 Anm. 289 Eskildsen, Kasper Risbjerg…1 Anm. 2 Esler, Philip Francis…3 Anm. 15, 4 Anm. 23, 5 Anm. 27 Evans, Craig A.…6 Eve, Eric…39 Anm. 142 Feldmeier, Reinhard…21 Anm. 43, 22 Anm. 47, 31 Anm. 95, 32 Anm. 100, 33 Anm. 106, 49 Anm. 9, 55 Anm. 39, 79 Anm. 104, 80 Anm. 109, 112 Anm. 207, 115 Anm. 214, 176 Anm. 438, 178 Anm. 441, 184 Anm. 449, 200 Anm. 555, 215 Anm. 16, 216 Anm. 21, 223 Anm. 13 Fink, Robert O.…29 Anm. 88 Finnern, Sönke…2 Anm. 10 Fitzmyer, Joseph A.…14 Anm. 6, 44 Anm. 4, 47 Anm. 13, 55 Anm. 39,
83 Anm. 117, 87 Anm. 130, 89, 96 Anm. 164 Flessen, Bonnie J.…121 Anm. 245 Fletcher, George P.…30 Anm. 91 Flückiger, Felix…76 Anm. 94 Förster, Werner…62 Anm. 57 Franklin, Eric…4 Anm. 23 Frenschkowski, Marco…53 Anm. 34 Fujii, Takashi…129 Anm. 270 Garrett, Susan R.…195 Anm. 506 Gehrke, Hans-Joachim…34 Anm. 114, 123 Anm. 254 Genette, Gérard…11 Anm. 63 Giebel, Marion…151 Anm. 348 Gilbert, Gary…6 Goldbeck, Fabian…70 Anm. 77 Gradel, Ittai…141 Anm. 304 Gregory, Andrew…37 Anm. 131 Grimm, Bernhard…28 Anm. 82 Grundmann, Walter…93 Anm. 156 Gunkel, Heidrun…96 Anm. 165, 163 Anm. 383, 213 Anm. 12 Guyot, Peter…27 Anm. 73, 141 Anm. 300 Haacker, Klaus…104 Anm. 185, 146 Anm. 327, 169 Anm. 399, 171 Anm. 405.407, 174 Anm. 424– 425 Habicht, Christian…23 Anm. 56 Haenchen, Ernst…3, 4, 107 Anm. 190– 191, 111 Anm, 203, 112 Anm. 206, 113 Anm. 211, 115 Anm. 215, 124 Anm. 262, 128 Anm. 269, 130 Anm. 271, 146 Anm. 321 Haensch, Rudolf…122 Anm. 248 Halfmann, Helmut…129 Anm. 270 Hansen, Mogens Herman…140 Anm. 257 Hanson, John W.…28 Anm. 78 Harnack, Adolf (von)…3, 25 Anm. 70 Heckel, Ulrich…101 Anm. 172 Heil, Christoph…59 Anm. 53 Hemelrijk, Emily A.…39 Anm. 142 Hemer, Colin J.…158 Anm. 371 Herrenbrück, Fritz…56 Anm. 45, 57 Anm. 46
Autorenregister Herz, Peter…30 Anm. 89, 34 Anm. 117, 58 Heumann, Christoph August…1 Heusler, Erika…87 Anm. 129.131 Heuß, Alfred…22 Anm. 52, 23 Anm. 57, 35 Anm. 122 Hitzl, Konrad…95 Anm. 162, 143 Anm. 312 Hogeterp, Albert…59 Anm. 53 Horn, Friedrich Wilhelm…5 Anm. 29, 13 Anm. 3, 14 Anm. 9, 15, 27 Anm. 72 Horsley, Greg H.R.…139 Anm. 293 Horsley, Richard A.…7 Huttner, Ulrich…19 Anm. 33 Inselmann, Anke…96 Anm. 166 Jannidis, Fotis…38 Anm. 132 Jantsch, Torsten…5 Anm. 29 Jeong, Chang-Kyo…108 Anm. 192 Jeremias, Joachim…60 Jervell, Jacob…222 Anm. 1 Jeska, Joachim…131 Anm. 272 Jones, Brian William…24 Anm. 60 Judge, Edwin A.…102 Anm. 178 Jung, Franz…51 Kahl, Brigitte…6f Kany, Roland…38 Anm. 135 Kaser, Max…87 Anm. 127 Keener, Craig S.…39 Anm. 142, 102 Anm. 176.179, 135 Anm. 277– 278, 139 Anm. 291, 170 Anm. 402 Kemkes, Martin…141 Anm. 303 Kienast, Dietmar…80 Anm. 106, 123 Anm. 254.257 Kierdorf, Wilhelm…158 Anm. 371 Kim, Seyoon…5f, 194 Anm. 500 Kinman, Brent…71 Anm. 79 Klauck, Hans-Josef…51 Anm. 28, 65 Anm. 63 Klein, Hans…5 Anm. 29 Klein, Richard…27 Anm. 73, 36 Anm. 126, 50 Anm. 24, 141 Anm. 300, 142 Anm. 307, 144 Anm. 315, 176 Anm. 436, 191 Anm. 477, 221 Anm. 8
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Kleinknecht, Hermann Martin…117 Anm. 219 Koch, Dietrich-Alex…27 Anm. 72 Kolb, Anne…142 Anm. 310 Kolb, Frank…35 Anm. 123, 36 Anm. 125 Köppe, Tilmann…38 Anm. 136 Krumwiede, Hans-Walter…1 Anm. 2 Kuhoff, Wolfgang…36 Anm. 126 Kunkel, Wolfgang…87 Anm. 128 Kyrychenko, Alexander…6, 65 Anm. 63, 120 Anm. 243, 122 Anm. 253 Lampe, Peter…28 Anm. 76, 95, 118 Anm. 235, 145 Anm. 319 Landwehr, Achim…40 Anm. 145 Lang, Manfred…38 Anm. 133–134, 39 Anm. 141–142, 42 Anm. 152 Langhammer, Walter…27 Anm. 72 Latte, Kurt…30 Anm. 91 Lauer, Gerhard…38 Anm. 132 Le Bonniec, Henri…29 Anm. 86–87 Lee, Jae-Won…7 Lémonon, Jean-Pierre…158 Anm. 371 Lentz, John Clayton…4 Anm. 23 Lohfink, Gerhard…95 Anm. 162, 100 Anm. 169, 117 Lohse, Eduard…102 Anm. 175, 103 Anm. 183, 109 Anm. 197 Lüdemann, Gerd…3 Anm. 16, 24 Anm. 62.64, 113 Anm. 211–212, 147 Anm. 331 Lührmann, Dieter…4, 32 Anm. 104 Lundgreen, Christoph…11 Anm. 62 Luz, Ulrich…2 Anm. 11, 28 Anm. 76 Malherbe, Abraham J.…27 Anm. 72 Marguerat, Daniel…178 Anm. 444 Marshall, I. Howard…15 Anm. 16, 92 Anm. 153 Martin, Gerhard Marcel…30 Anm. 90, 31 Anm. 94 Martínez, Matías…38 Anm. 132, 222 Anm. 12 Mason, Hugh H.…20 Anm. 39–40, 89 Anm. 142 Meeks, Wayne A.…27 Anm. 72, 28 Anm. 81 Meiser, Martin…6
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Autorenregister
Metzger, Bruce M.…81 Anm. 110, 92 Anm. 155, 150 Anm. 347, 157 Anm. 368 Metzner, Rainer…81 Anm. 111, 129 Anm. 270, 145 Anm. 317.320, 146 Anm. 323, 156 Anm. 362, 157 Anm. 369, 160 Anm. 377, 166 Anm. 391 Meyer, Eduard…2 Anm. 9, 3 Michel, Otto…191 Anm. 476 Mikat, Paul…141 Anm. 305, 162 Anm. 379 Millar, Fergus…24 Anm. 61, 35 Anm. 121 Mische, Anne…138 Anm. 289 Mittelstaedt, Alexander…15 Anm. 12 Mlasowsky, Alexander…52 Anm. 30 Molthagen Joachim…3 Anm. 20, 22 Anm. 47.49.52, 23, 24 Anm. 60.64, 27 Anm. 7, 135 Anm. 278, 139, 140 Anm. 296 Mommsen, Theodor…22 Anm. 53, 73 Anm. 84, 86 Anm. 125, 87 Anm. 126.129, 88 Anm. 134, 157 Müller, Karl…178 Anm. 444 Müller, Ulrich B.…103 Anm. 182 Mulsow, Martin…1 Anm. 2 Nesselhauf, Herbert…22 Anm. 53–54 Nestle, Wilhelm…141 Anm. 300 Nolland, John…86 Anm. 124 Omerzu, Heike…2 Anm. 11, 4 Anm. 20, 10, 88 Anm. 133, 117, 150 Anm. 346, 156f, 158 Anm. 372, 165 Anm. 387 Ortman, Scott G.…28 Anm. 78 Patrik, Yosef…122 Anm. 251 Paulus, Christoph G.…83 Anm. 117 Pekáry, Thomas…11 Anm. 62 Pfeiffer, Stefan…49 Anm. 21, 52 Anm. 31, 103 Anm. 180, 121 Anm. 246, 123, 142 Anm. 306, 154 Anm. 358, 175 Anm. 429 Pilhofer, Peter…135 Anm. 277 Pinter, Dean…8, 215 Anm. 15 Plümacher, Eckhard…27 Anm. 72, 146, 205 Anm. 3 Pokorný, Petr…101 Anm. 172
Popp, Thomas…62 Anm. 59, 64 Anm. 60 Price, Simon R.F.…23 Anm. 103, 142 Anm. 311 Raasch, Renato Carlos…221 Anm. 9 Radl, Walter…44 Anm. 2, 57 Anm. 49 Rehkopf, Friedrich…112 Anm. 208, 146 Anm. 324 Reichert, Angelika…23 Anm. 59 Reinbold, Wolfgang…86 Anm. 123, 93 Anm. 156, 109 Anm. 193, 133 Anm. 273 Reinhold, Meyer…158 Anm. 371 Rieger, Jörg…8 Anm. 47, 217 Anm. 24 Riesner, Rainer…123 Rieß, Werner…35 Anm. 119, 80 Anm. 106, 158 Anm. 371 Ripley, Jason J.…6 Anm. 36 Roloff, Jürgen…3 Anm. 16, 100 Anm. 171, 112 Anm. 207–209, 116 Anm. 218, 146 Anm. 322.326, 149, 162 Anm. 380, 172 Anm. 409, 182, 198 Anm. 536 Rowe, Christopher Kavin…7, 9, 80 Anm. 107, 139 Anm. 292, 142 Anm. 310, 148 Anm. 336, 149 Anm. 341 Rüggemeier, Jan…55 Anm. 43 Rüpke, Jörg…143 Anm. 312 Rusam, Dietrich…77 Anm. 97, 111 Anm. 203, 115 Anm. 215 Scarre, Chris…26 Anm. 71 Schäfke, Werner…32 Anm. 101, 33 Anm. 110 Scheer, Tanja Susanne…143 Anm. 312, 170 Anm. 402 Scheffel, Michael…222 Anm. 12 Scheidel, Walter…28 Anm. 78 Schille, Gottfried…3 Anm. 16, 24 Anm. 64, 111 Anm. 204 Schmithals, Walter…3 Anm. 16, 13 Anm. 2, 54 Schneider, Gerhard…3 Anm. 16, 13 Anm. 4, 24 Anm. 64 Schneider, Helmut…34 Anm. 114, 123 Anm. 254
Autorenregister Schnelle, Udo…11 Anm. 64, 25 Anm. 70, 27 Anm. 72, 39 Anm. 143 Schnepel, Erich…22 Anm. 48 Schöllgen, Gerhard…27 Anm. 73, 28f, 30 Anm. 93, 31 Anm. 96 Schottroff, Luise…7 Anm. 36 Schreiber, Stefan…8, 9 Anm. 55, 35 Anm. 120.122, 51 Anm. 28, 53 Anm. 36, 143 Anm. 314 Schütz, Frieder…13 Anm. 5 Schweikle, Günther…38 Anm. 137 Schweikle, Irmgard…38 Anm. 137 Schweizer, Eduard…14 Anm. 9, 87 Anm. 130 Scullard, Howard Hayes…29 Anm. 86 Sherwin-White, Adrian Nicholas…3, 20 Anm. 37, 22 Anm. 51, 23 Anm. 56, 139 Anm. 294, 149 Anm. 337, 157 Spieckermann, Hermann…112 Anm. 207 Squires, John T.…4 Anm. 23 Staab, Gregor…16 Anm. 17 Stegemann, Wolfgang…4, 14 Anm. 6, 16 Anm. 18, 19 Anm. 32, 20 Anm. 36, 23 Anm. 59 Stein, Achim…40 Anm. 146 Sterling, Gregory H.…4 Anm. 23, 5 Anm. 27 Stevenson, Seth William…221 Anm. 7 Stewart, Peter…30 Anm. 91 Strecker, Georg…39 Anm. 143, 53 Anm. 33, 79 Anm. 102 Stroux, Johannes…179 Anm. 445 Tajra, Harry W.…156, 157 Anm. 350, 170 Anm. 402 Tannehill, Robert C.…44 Anm. 2, 103 Theißen, Gerd…27 Anm. 72 Thomas, Johannes…219 Anm. 1 Thornton, Claus-Jürgen…3 Anm. 20, 134 Anm. 276 Thraede, Klaus…23 Anm. 59 Tischler, Johannes Nikolai…122 Anm. 251 Van Unnik, Willem Cornelis…136 Vegge, Ivar…205 Anm. 3 Verheyden, Joseph…13 Anm. 1
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Veyne, Paul…36 Anm. 129, 78 Anm. 100 Vitale, Marco…142 Anm. 310 Vittinghoff, Friedrich…29, 33 Anm. 109, 140 Anm. 298 Vogel, Manuel…19 Anm. 33, 144 Anm. 316 Wainwright, Arthur William…77 Anm. 96 Walaskay, Paul…2 Anm. 11, 4, 5 Walde, Christine…166 Anm. 393 Walter, Lydia…141 Anm. 303 Walton, Steve…2 Anm. 11, 5 Anm. 28, 7, 8f, 211 Anm. 10, 220 Anm. 6 Weber, Max…11 Wegner, Uwe…62 Anm. 59, 64 Anm. 60 Wehnert, Jürgen…120 Anm. 242, 134 Anm. 276 Weiser, Alfons…3 Anm. 16, 133 Anm. 275, 146 Anm. 321 Weiß, Alexander…27 Anm. 72, 124 Anm. 261 Weiß, Johannes…1 Anm. 6, 41 Anm. 149 Wengst, Klaus…149 Anm. 338, 221 Anm. 8 Wenz, Gunther…83 Anm. 117 Wiefel, Wolfgang…14 Anm. 8, 87 Anm. 130 Wienand, Johannes…70 Anm. 77 Wilcken, Ulrich…34 Anm. 118 Wilk, Florian…47 Anm. 13, 120 Anm. 242 Will, Wolfgang…179 Anm. 445 Winko, Simone…38 Anm. 132.136 Winter, Bruce W.…149 Anm. 340 Wlosok, Antonie…32 Anm. 101 Wöhrle, Georg…28 Anm. 77 Wolter, Michael…13 Anm. 5, 15 Anm. 14–15, 19 Anm. 31, 21 Anm. 41, 37 Anm. 131, 44, 54 Anm. 37, 58 Anm. 51, 64 Anm. 60, 68 Anm. 68, 76 Anm. 95, 82 Anm. 115, 84 Anm. 118, 85 Anm. 121, 92 Anm. 152, 220 Anm. 4 Wörrle, Michael…30 Anm. 89
278 Zanker, Paul…32 Anm. 102, 34 Anm. 116, 51 Anm. 25, 103 Anm. 182
Autorenregister Zedelmaier, Helmut…1 Anm. 2 Zeller, Eduard…1 Anm. 3–5 Zimmermann, Ruben…10 Anm. 58, 223
Sachregister Aberglaube (superstitio)…32 Achaia…152 Anm. 350–351 – (senatorische) Provinz…145 Anm. 320, 146, 147, 189 Aemilius Paullus, Lucius…134 Anm. 277 Agabus…123, 180 agency…138 Anm. 289, 160, 166 Agrippa I.…123 Agrippa II.…117, 164f, 167f, 181, 197 Agrippa, Marcus Vipsanius…127 Anm. 266 Alexander der Große…142 Anm. 305, 179 Anm. 445 Ältestenamt, jüdisches…62, 63, 83, 159, 161 Ämter, politische – Nichtübernahme seitens von Christen…29, 31 mit Anm. 96–97, 32, 140 Anklagepunkte gegen Christen…22, 24, 32, 144, 204; siehe auch Atheismusvorwurf, Aufruhr, Illoyalität, „Schandtaten“, Starrsinn Antiochia in Pisidien…131 mit Anm. 272 Antiochia in Syrien…123, 125 Anm. 263, 130, 131 Anm. 272 Antonia, Burg…155, 156, 159 mit Anm. 374–375, 160, 189 Antonius, Marcus…52, 135 Anm. 277 Antrittspredigt Jesu in Nazaret…59 Anm. 52 Apostelkonzil…131 Anm. 272 Aquila und Priszilla…144f, 147 Ara Pacis Augustae…52 Anm. 30 Aristarch (Paulusbegleiter)…153 Aristides, Publius Aelius – Romrede („Εἰς Ῥώµην“)…50, 142 Anm. 307, 176 mit Anm. 436, 191 Anm. 477, 221 mit Anm. 8
Asia, Provinz…51, 129 Anm. 270, 142, 205, 217 Anm. 23 – fiscus asiaticus…49 – Juden aus ~…162 – Paulus in ~…134 Anm. 276, 152; siehe auch Ephesus Asiarchen…153 mit Anm. 357 – ~ als Freunde des Paulus…197, 208, 214 Astrologie/Astrologen…102, 127 Anm. 266 Atheismusvorwurf…22, 141 Anm. 300 Auferstehung – ~ Jesu…91, 96, 99, 106, 107, 108 mit Anm. 192, 115f, 131 Anm. 272, 132, 134, 139, 159f, 163f, 166, 167, 168, 178, 179, 182 Anm. 446, 185, 187, 193, 222 – ~/Auferweckung der Toten…159, 161, 163f, 166 mit Anm. 390, 167 Aufruhr/Unruhestiftung/Tumult (seditio/στάσις)…24f, 26, 33 mit Anm. 110, 37, 73, 84f, 89, 90, 136, 140 mit Anm. 297, 141, 143, 144, 145, 149f, 153–156, 157f, 159, 162, 181, 182, 190, 191, 204, 205, 206, 220, 224 – Christen versetzen den ganzen Erdkreis in ~…24, 139f, 141, 162, 191 – crimen laesae maiestatis…87 – Geißelungsstrafe…89 – Todesstrafe auf ~…24 Anm. 60, 25, 73, 87, 162 – Verfahren gegen Christen wegen ~s…24f mit Anm. 60.66, 118, 139, 140, 153, 162, 207 – Verfahren gegen Jesus wegen ~s…5, 74, 83, 88
280
Sachregister
Augustus (Kaiser)…47–54, 55, 79 Anm. 105, 97, 98, 103 Anm. 182, 121, 122, 127 Anm. 266, 142, 179 Anm. 445, 187f, 189, 190, 209 mit Anm. 6, 210 – Ablehnung des Titels dominus…53; siehe auch Kyrios-Titel – Apotheose…26 Anm. 71, 95 – Ara Pacis Augustae…52 Anm. 30 – Octavians Sieg bei Actium…52, 135 Anm. 277 – pax Augusta…54, 187, 190 – Selbstverständnis als Friedenskaiser…51, 52 – σωτήρ-Titel…51 – Weihrauchopfer für ~…142 Anm. 307 – Zensus…47, 49, 50, 98, 188 Auxiliarsoldaten…158 Anm. 371 Barabbas…84, 86 Anm. 122, 89 Barjesus/Elymas…124–129, 183, 194 – Name Elymas…127 Anm. 266 Barnabas…104f, 123, 125 Anm. 263, 126 Anm. 265, 129, 131 Anm. 272 Baur-Schule…1, 2, 3 Bekenntnis zu Jesus – Hauptmann von Kapernaum…93 – Jünger Jesu/Christen…8, 9, 17, 19, 22 Anm. 54, 23, 24, 25, 26, 66, 67, 109 Anm. 198, 119, 213f, 215 – Zenturio unter dem Kreuz…97, 197, 213 Berenike…165, 166 Bestattung Jesu…94, 95, 98, 190 Bestattungsriten – christliche ~…33 – jüdische ~…95 Betlehem…47–49, 50, 53, 98, 188 Bürgerrecht, römisches…36 Anm. 126, 102 mit Anm. 178, 135 Anm. 277, 156f mit Anm. 371, 162, 179 – Christen mit ~… 24, 28, 35; siehe auch Paulus, Silas – Claudius’ ~spolitik…157 Anm. 371 Buße siehe Umkehr Caligula (Kaiser)…179 Anm. 445 – damnatio memoriae…26 Anm. 71
Cäsarea…122, 180; siehe auch Korneliusgeschichte, Paulus: Prozess – Amtssitz des Präfekten und Provinzhauptstadt…121f, 160, 165, 180 – Infrastruktur und Einwohnerzahl…122 – Prätorium des Herodes…161 – römische Kolonie…122 – Stationierung einer cohors italica…120 Anm. 243, 122 – Überführung des Paulus nach ~…152, 155, 161, 189, 196 Castor-Tempel (Rom)…176 Anm. 432 Chrestianer (Christenbezeichnung)…145 Christen im Römischen Reich – Christentum als Stadtreligion…28, 134 Anm. 276 – soziale Verortung der ~…26–29, 31 Anm. 97 – Strafprozesse gegen ~ auf lokaler Ebene…18, 19, 20, 21 mit Anm. 44, 135ff, 139ff, 144, 153f, 204, 205f – Strafprozesse gegen ~ vor Statthaltern…16, 18f, 21–26, 34f, 37, 65– 67, 119, 144, 147, 204, 206, 214, 219; siehe auch Paulus: Prozess, Plinius: Vorgehen gegen Christen – Verbreitung in den ordines…26 mit Anm. 72 – Zahlenstatistik…25 Anm. 70 Christenprozesse…22f, 207; siehe auch Christen im Römischen Reich: Strafprozesse gegen Christen Christenverfolgungen…9, 13, 14, 16 Anm. 18, 22, 36, 97, 118 – Neronische Verfolgung…22, 23, 118, 182 Christus-Titel…83, 92f, 113f, 139, 147 Claudius (Kaiser)…26 Anm. 71, 28 Anm. 77, 123f, 144f, 158 Anm. 371, 171 Anm. 405, 186, 210, 214 – Apotheose…95 – Bürgerrechtspolitik…157 Anm. 371 – Claudius-Edikt…144f, 147 – pater patriae…123 Anm. 257 – Zensus…157 Anm. 371
Sachregister Claudius Lysias…140, 155, 156–160, 162, 181, 183, 189, 190, 196, 197, 208, 220 – Name…158 Anm. 371 Codex Bezae…133 Anm. 274, 150 Cohors II Militaria Italica Civium Romanorum Voluntariorum…120 Anm. 243 David…50, 111, 114 Davidssohnschaft Jesu…50 δεῖ…67, 96, 98, 107, 116, 118, 119, 152 mit Anm. 352, 158, 186, 195, 207 Dekurionenstand…26, 28, 78, 95 Anm. 160, 135 Anm. 277, 142, 205f – Zurückhaltung der Christen gegenüber Aufstieg in den ~…31 Anm. 97 Demetrius (Silberschmied)…153, 155 Demut – Hauptmann von Kapernaum…62 Anm. 59, 63–65, 99, 197 – Jesu Ethik der ~ und des Dienstes…80f, 99f, 199f, 216 – Magnifikat…46, 65, 79 δεσπότης…111, 112 mit Anm. 205 Diakonie, christliche – Jesu dienendes Vorbild…79f – Sammlung der Antiochener Christen für die Heiligen in Jerusalem…124, 186 Diana (Göttin)…180 Dion von Prusa…117 Dionysios Areopagita…27 Anm. 72 Dioskuren…170 Anm. 402, 176 Anm. 432 Domitian (Kaiser)…23, 24 Anm. 60, 50 – christenfeindliche Politik…23 mit Anm. 59, 24 Anm. 60, 25 Anm. 66 – damnatio memoriae…209 – fiscus judaicus…23 Anm. 59 – Kaiserkult…142, 144 – lässt sich als dominus et deus bezeichnen…53; siehe auch Kyrios-Titel Domitilla…26 Anm. 72 Drusilla…127, 161 duoviri siehe Philippi Dura Europos…29 Anm. 88
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Einzugsgeschichte…69–71, 99 εἰρήνη…52, 53, 70, 198 Anm. 535, 221; siehe auch Friede Elia…92 Elymas siehe Barjesus Endgericht…164; siehe auch Gerichte: göttliches Gericht Engel…67 Anm. 67, 109 Anm. 198 – Geburtsgeschichten…47 Anm. 14, 48, 51, 53f – Korneliusgeschichte…120, 121 – Romfahrt des Paulus…168, 169, 171, 172, 173 mit Anm. 413 Ephesus…36 Anm. 125, 153 Anm. 357, 180, 205; siehe auch Asiarchen, Grammateus – Paulus in ~…152 Anm. 351, 153– 155, 176, 180, 190, 204f, 206, 214 Epiktet…28 Anm. 77 Erastos aus Korinth…27 Anm. 72 Erdbeben…116, 137, 138, 185, 196, 224 Erhöhung Jesu…44, 71, 72 mit Anm. 83, 81, 94, 96f, 99, 100f, 107, 108, 110, 158f, 163, 178f, 182, 188, 191, 195f, 211, 212, 222 Ethik – christliche ~…8, 58, 101, 123f, 213 – Jesu ~ des Dienstes und der Demut…80f, 99f, 199f, 216 Euergetismus/Wohltäter…36, 64, 78, 79 mit Anm. 105, 123f, 154, 216 Exorzismen…135, 183, 191, 224 Feigenbaumgleichnis…14, 68, 69 Anm. 72 Feldrede…126 Felix (Statthalter)…127, 130, 158 Anm. 371, 160–164, 165, 175, 181, 182, 183, 190, 192, 195, 197, 207 – Name…160 Anm. 377 – Vita…158 Anm. 371 Fernheilungswundererzählung…62 Anm. 59 Feste, jüdische…82, 89, 120 Feste, römische…29f, 31 Anm. 94, 36 – feriale Cumanum…30 Anm. 93 – feriale Duranum…29 Anm. 88 – Fest und Opfer…30 Anm. 93
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Sachregister
– Nichtteilnahme von Christen…27 Anm. 74, 29, 30, 32, 209 – römischer Festkalender…29 Festus (Statthalter)…53, 130, 161, 164– 168, 175, 181, 182, 190, 192, 195, 197, 207, 220 – Amtszeit…166 Anm. 391 fiscus judaicus…23 Anm. 59, 49, 214 Anm. 14 Flavius Clemens…26 Anm. 72 Frauen im Lukanischen Doppelwerk…5, 93, 139 Freimut (παρρησία)…116, 166, 177, 178 Anm. 441.443, 182, 186, 213 Freude…96 Friede – göttlicher ~…51, 69, 71f, 96, 99, 121, 138, 188, 198, 210, 216; siehe auch εἰρήνη – römischer ~…32, 36, 49f, 51f, 74, 90, 93, 142, 143, 149, 187; siehe auch εἰρήνη, Pax romana Friedenskönig…71 – Augustus als Friedenskaiser…51, 97 – Jesus als ~…71f – Vespasian als Friedenskaiser…52, 121 Fürst/Urheber des Lebens (ἀρχηγὸς τῆς ζωῆς)…65, 99, 108, 110, 181 Gaius (Reisebegleiter des Paulus)…153 Gallio (Statthalter)…130, 145–151, 158, 165 Anm. 388, 180f, 182, 189, 192, 196, 207, 208 – Vita…145 Anm. 320 Gebet – ~e für und an den Kaiser…8, 142 Anm. 307 – Gemeinde~ (Apg 4)…111–116, 215 – Heilung durch ~ und Handauflegung…173 – Jesu ~ am Kreuz für seine Peiniger…92 Gebetserhörung…111 Gefängnisse…16, 17, 18, 137, 138, 158, 220; siehe auch Philippi Gehorsam – gläubiger ~…21 Anm. 43, 64 – Jesu ~ gegenüber Gott…60
Geißelung – ~ Jesu…82 Anm. 112, 85 – ~ des Paulus und des Silas in Philippi…135, 156f mit Anm. 363 – römische flagellatio…89, 156f mit Anm. 363 – Synagogalstrafe…16 Geist, Heiliger…62, 101, 104f, 116, 118, 120, 121f, 123f, 125, 127, 128, 130, 131, 148 Anm. 332, 152 Anm. 350, 177, 178, 183, 185, 187, 191f, 194, 197, 198, 206, 212, 221, 223, 224 – ~ und die Apologie der Christen vor Gericht…17, 20, 65–67, 99, 199, 207, 219 – ~ausgießung (Pfingsten)…100 – Jesus als ~träger…59, 61, 99, 100, 185, 195 – Taufe mit dem ~…100 – triadische Formulierung…178 Anm. 441 – Zeugung Jesu aus dem ~…46 Gerechter (δίκαιος) – Jesus als ~…93f, 97, 108 – leidender ~…94 Gerichte – göttliches Gericht…56, 58, 70, 98, 150, 163f – jüdische Gerichtsbarkeit…16, 17, 18, 20, 66f, 75, 99 – römische ~…16 Anm. 17, 17, 19, 25, 35, 66f, 73, 75, 99, 118, 154f, 162, 175, 181; siehe auch Paulus: Prozess, Pilatus: Jesusprozess Gerichtspredigt siehe Umkehr Gottesdienst, christlicher…33, 39 Gottesfürchtige…40, 65 Anm. 63, 120, 139, 147, 150 Gottessohnschaft Jesu…48, 56, 60, 61, 81, 96, 193 Grammateus (Ephesus)…153 Hadrian (Kaiser)…50 Hananias (Christ)…116, 119, 159 mit Anm. 375, 160, 182 Hananias (Hohepriester)…181 Handauflegung…173 „Hass auf das Menschengeschlecht“…33
Sachregister Hauptmann unter dem Kreuz…93f, 97, 99, 193, 197, 213 Hauptmann von Kapernaum…61, 62–65, 97, 175, 185, 190, 191, 197 – ~ als Glaubensvorbild…64, 65 Heidenchristen…62 Anm. 59, 130, 180 Heidenmission…24, 28, 116, 120, 130, 131 Anm. 272, 134 Anm. 276, 138, 145, 148 Anm. 332, 159 Anm. 374, 166, 167, 175, 176, 177 Heilsplan Gottes siehe Vorherbestimmung Heilung(swunder) – Bitte um Heilung in der Urgemeinde…111, 112 Anm. 208, 116, 215 – Jesu Wunderheilungen…62–65, 92, 194 – Paulus (auf Malta)…173, 186, 190, 197, 200, 215 – Petrus (Heilung des Gelähmten) 105ff, 111 Anm. 200, 113, 116, 187 Herakles siehe Himmelfahrten Herodes der Große…51 Anm. 25, 122 – ~palast in Jerusalem…82 – Prätorium des ~ in Cäsarea…161 Herodes Antipas…43, 57, 61, 82, 83f, 85, 88, 111, 112, 113 Anm. 211, 114, 115, 181 Hetärien…25 Anm. 66, 154 mit Anm. 359 Himmelfahrten – Herakles…95 Anm. 162 – Jesus…95, 96, 99, 100f, 124, 144, 179, 185, 222 – Mose…95 Anm. 162 Hohepriester – Jesus-Geschichte…4, 72, 73, 83, 85 – Paulusprozess…61, 159, 160, 161 Hoher Rat siehe Synhedrium Hölle…21, 61 Hosianna…70 hospitatio…57 Hungersnot…123f, 182 Illoyalität, politische…22 imperial criticism…6 Inschriften siehe Oinoanda, Priene Italische Kohorte…120 mit Anm. 243, 122
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Jason…139, 140, 143, 182 Jerusalem – Jesu Klage über ~…69, 70 – Rolle im Lukanischen Doppelwerk…59 Anm. 53 – Sammlung der Antiochener Christen für die Heiligen in ~…124, 186 – Stadtrat (βουλή) von ~…94 – Zerstörung 70 n.Chr.…14, 15 Anm. 15, 76f, 97 Johannes der Täufer…43, 55 Anm. 39, 57, 59 Anm. 52, 163 – Datierung…54 mit Anm. 39, 55 – lukanische Geburtsgeschichte…47, 55 – Standespredigt…56–58, 97, 187, 215 Johannes der Zebedaide…106f Johannesoffenbarung…19 Anm. 33, 144, 208, 210 Joseph (Vater Jesu) siehe Maria Joseph von Arimathäa…94 Judäa, Präfektur…55, 57, 86, 97 Judaea-Capta-Münzen…50 Judas Iskariot…91, 193, 195 Jüdischer Krieg…49, 50, 76f, 122 Julius (Zenturio)…156, 168, 170–172, 181, 182, 190, 192, 197, 200, 208 – Name und Identität…170 Anm. 402 Jupiter…71 mit Anm. 78 Kaiserapotheose…26 Anm. 71, 95–97, 99, 101, 188, 196, 210 Kaiserkult…32, 36 Anm. 126, 53, 141f mit Anm. 305, 143, 144 mit Anm. 315, 205, 210 – Ablehnung durch Christen…141, 211 – Verbreitung…142 Kaloi Limenes/Guthafen…169, 170, 171, 182, 192 Kapitalstrafrecht…35, 86f, 88f Kelsos…33 Anm. 110 Kohorte Augusta…170 mit Anm. 402, 171 Anm. 404 Kollekte siehe Diakonie Königstitel Jesu – Einzugsgeschichte…70, 71f, 99 – königliche Darstellung Jesu durch Lukas…6 – Königsfrage im Pilatusprozess…82, 83, 87, 91, 92, 99
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Sachregister
– Königsfrage in Thessalonich…143f Korinth…33 Anm. 107, 182 – Paulus in ~…134 Anm. 276, 144, 145–151, 180f, 182, 185, 186, 190, 196, 204, 206 – römische Kolonie…180 – Synagoge…147 Korneliusgeschichte…120–122, 130, 175, 185, 186, 190, 191, 197, 198 Kreuzigung Jesu…71 mit Anm. 80, 81, 82, 83 Anm. 117, 85, 86 Anm. 122, 90–99, 105, 115, 178, 181, 182 Anm. 446; siehe auch Passion Jesu) – Schächer…92 Anm. 151, 93 – Titulatur…92 – Zenturio unter dem Kreuz…93f, 97, 99, 193, 197, 213 Krispus…150, 186 Kultbild…142 Anm. 312 Kyrios-Titel – Gott…112f, 114, 116 – Jesus…9, 53, 65, 70 mit Anm. 75, 72, 105, 116, 120, 121, 124, 125, 127, 130, 135, 137, 138, 145, 147, 148 Anm. 332, 151, 152, 158 mit Anm. 373, 159 mit Anm. 375, 160, 163, 164, 167, 179, 182, 183, 184, 185, 186, 194, 198, 199, 200, 209, 212, 224 – Kaiser…53, 198 mit Anm. 536 Legionen, Stationierung…35 Leidensankündigungen Jesu…73, 75, 91 Lesen, lautes…39 Anm. 138 Logienquelle (Q)…59 Anm. 52, 61, 62 Anm. 59 Loyalität – ~ zu Gott…74 – ~ zu Rom…5 Anm. 29, 30 mit Anm. 91, 36, 74, 142; siehe auch Illoyalität Lügenprophet…125, 126, 128 Lydia…135, 137, 185, 196 Macht – ἐξουσία als Begriff für irdische und teuflische Macht…61f, 168, 184, 194
– göttliche ~…44f, 46f, 64 Anm. 60, 67, 74, 77, 94, 98f, 100, 101, 105– 110, 111f, 119, 121, 127, 128, 129f, 134, 136f, 138, 151, 152, 166–168, 169, 172, 173, 174ff, 179, 182, 183, 184f, 186f, 196ff, 206f, 210, 212f, 223, 224 – ~ Jesu…64, 70, 76, 99, 107, 108, 113, 124, 130, 192, 199, 212, 214, 219, 224 – teuflische ~…59–62, 67 Anm. 67, 98, 124, 128, 168, 183, 184, 187, 193, 194f, 196, 201, 210 – weltliche/irdische ~…6, 11 mit Anm. 60–61, 44f, 46, 49, 50, 59–65, 66, 72, 74, 75f, 77–81, 98f, 110, 119, 121, 124 Anm. 261, 128, 129f, 133, 134 Anm. 276, 136f, 138, 149, 151, 153ff, 155ff, 171, 172, 173, 177f, 181, 183, 184, 185, 186f, 193, 194, 196ff, 203, 207, 212f, 216, 220f, 223, 224 Machtkritik…44–47, 51, 101, 105, 188, 216 Machtmissbrauch…58, 98, 138, 160, 183, 194, 210 Maecenas…127 Anm. 266 Magier…127 Anm. 266; siehe auch Barjesus, Simon Magus Magistrate…20, 157, 206 – lokale ~…18, 27, 33 Anm. 107, 37, 78, 136 Anm. 283, 190, 198, 204, 205, 224 – römische ~…66, 78, 137, 198 Magnifikat…44–47, 59, 65, 79, 96, 99, 105, 188, 206 Makedonien…147, 152 Anm. 350–351, 219 – Politarchen-Titel…139 Anm. 293 – römische Provinz…134 Anm. 277 Maria (Mutter Jesu)…43, 44, 216; siehe auch Magnifikat – ~ und Joseph…47, 48f, 53, 98, 188 Melito von Sardes…209 Anm. 6 Menschensohn…14, 76, 192 messianische Titel siehe Christus-Titel, Davidssohnschaft Jesu, Fürst/Urheber des Lebens, Gottessohnschaft Jesu,
Sachregister Königstitel Jesu, Kyrios-Titel, Menschensohn, σωτήρ Mose siehe Himmelfahrten Münzen siehe Judaea-Capta-Münzen, Vespasian Name Jesu – (Heilungs-)Macht des Namens Jesu…106f, 110, 111, 112, 113, 182 – Leiden/Verfolgung der Jünger/der Christen um des Namens Jesu willen…16, 17, 18f, 119, 207, 219 – Paulus’ (leidvolles) Tragen des Namens Jesu…116 Anm. 217, 117f, 119, 166, 185 – Schmähen des Namens Jesu…19 Narcissus…28 Anm. 77 Nazarener…161 Nero (Kaiser)…46, 49, 52, 145 Anm. 320, 179 Anm. 445 – Amtsantritt…52 – Christenverfolgung…22, 23 – damnatio memoriae…26 Anm. 71 – Kyrios-Titel…53, 198 Anm. 536 – Verschweigen des Namens bei Lukas…117, 118, 182 Nerva (Kaiser)…221 – Apotheose…95 Nunc dimittis…112 Oinoanda, Inschrift aus…30 Anm. 89 Opferungen, heidnische…27, 29 mit Anm. 88, 30, 142 Anm. 307 – Ablehnung durch Christen…27 mit Anm. 74, 29, 30, 31, 32 Orosius, Paulus…145 Pallas, Antonius…28 Anm. 77, 197 Parther…103 mit Anm. 182, 179 Parusie Christi…100 Passion Jesu…98, 99, 106, 107, 108, 111, 113, 114, 131 Anm. 272, 132, 133, 181, 193 pater patriae…123 mit Anm. 254.257, 210 Paulus – Appellation an den Kaiser…118, 165, 166, 182, 183, 192, 195
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– Berufung…116, 118, 119, 163, 183, 194 – Christophanie in Korinth…146, 147, 148 Anm. 332, 151 – Damaskuserlebnis…116, 159, 167, 168 – Heilungen (auf Malta)…173, 186, 190, 197, 200, 215 – lukanisches ~-Porträt…6, 38 – Missionsmethode…28, 131 Anm. 272, 147 – Neffe…156, 160, 186, 190 – Prozess…7, 75, 164ff, 183 – römisches Bürgerrecht…118, 136f, 156 mit Anm. 363, 157, 158, 160, 162, 181, 182, 189, 192 Anm. 484, 195, 197, 205 – vorchristlicher ~…61 Pax romana…30, 32, 36, 141, 221 – Christen als Bedrohung für die ~…32 mit Anm. 105, 209 Peregrine…34f, 150 Petilius Ceralis…49f petitio…89 Anm. 142 Petrus…1, 105–108, 109 Anm. 198, 110, 113, 120–122, 148 Anm. 332, 182 Anm. 446, 183, 186, 220 Pfingstgeschichte…100, 102–105, 120, 220 Philemonbrief…80 Philippi…134f Anm. 277 – duoviri…135 mit Anm. 277–278, 136f, 180, 182, 185, 189, 191, 192 mit Anm. 484, 196, 197, 205, 224 – ius italicum…135 Anm. 277 – Kerkermeister von ~…135 mit Anm. 277, 137, 138, 185, 186, 195, 197, 200, 214, 224 – Paulus und Silas in ~…134–138, 143, 176, 180, 182, 185, 189, 196, 204f, 220, 224 – römische Kolonie…134, 135 Anm. 277, 180, 182, 191 Philippus (Evangelist)…126 Philippus Arabs (Kaiser)…57 Phönix (Hafen)…170 Pilatus, Pontius…73, 74, 122 – Blutbad an Galiläern (Lk 13,1– 3)…67–69, 97, 98, 99, 193
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Sachregister
– Familie und Laufbahn…55, 81 – Freigabe von Jesu Leichnam…94f, 98, 132, 190 – Jesusprozess und Kreuzigung…4, 5, 7, 81–91, 94, 97, 98, 99, 105–116, 131–134, 180, 189f, 193, 207, 210 – ~ und die Chronologie der Jesusgeschichte…55f, 97, 187, 189 – Schuldfrage bezüglich des Todes Jesu…86–90, 94, 109f, 133, 181, 193 Plinius Caecilius Secundus…22, 25f, 34, 217 Anm. 23 – Briefwechsel mit Trajan…20, 25 Anm. 66, 32 Anm. 105, 34 Anm. 118 – Vorgehen gegen Christen…22 Anm. 54, 23 Anm. 59, 24 Anm. 60, 25f, 32 Anm. 105, 33 Anm. 110, 119, 140 Politarchen siehe Thessalonich Pomerium…70, 175 Priene, Inschrift…51 Priszilla und Aquila…144f, 147 Provinzen, senatorische…35, 142, 154 – Achaia…145 Anm. 320 Provinziallandtage…51, 142, 143 Publius (Erster von Malta)…173, 186, 200 Q siehe Logienquelle Quirinius, Publius Sulpicius…47, 48, 49, 51 Anm. 25, 55, 145, 187, 189 – Vita und Datierung…51 Anm. 25, 55 Retter siehe σωτήρ Rezeptionsästhetik…38 Anm. 136 Ritterstand…26, 28, 55, 145 Anm. 320, 158 Anm. 371, 208, 214 – Voraussetzung der Berufung in den ordo equester…158 Anm. 371 Romanisierung…31, 154, 209, 216 Satan siehe Teufel „Schandtaten“ (flagitia)…22 mit Anm. 54, 33 mit Anm. 110 – Blutschande…33 Anm. 110 – ödipodeische Beilager…33 Anm. 110, 141 Anm. 300 – Promiskuität…33 Anm. 110
Schuldzuweisung für Jesu Tod – an Juden…86, 93 Anm. 156, 108, 109f, 132f, 181 – Mitschuld des Pilatus…88, 90, 94, 109f, 133, 181, 193 seditio siehe Aufruhr Sekte – Christentum als ~ der Nazarener…161 – Paulus als Anführer einer ~…161, 162, 163 Senatorenstand…25, 26 mit Anm. 72, 28, 50, 55, 134 Anm. 276, 197, 208, 214 Seneca, Lucius Annaeus…38 Anm. 134, 143 Anm. 312, 145 Anm. 320, 157 Anm. 371 Septuaginta…44 Anm. 1, 51, 53, 60, 71 Anm. 81, 77, 105, 112 mit Anm. 206, 125, 128 mit Anm. 269 – ~sprache…109 Anm. 197, 113, 169 Sergier…129 Anm. 270 Sergius Paul(l)us (Statthalter)…27 Anm. 72, 124–131, 163, 190, 197, 207 Sicherheit…36, 143, 189f, 219ff – Göttin Securitas…221 mit Anm. 7 Silas…134ff, 139, 143, 145, 147, 150, 180, 182, 186, 191, 192, 195, 196 – römisches Bürgerrecht…205 Simon Magus…61, 126 Sklaven – Christen aus dem ~stand…26 – christlich-ethische Sicht der Sklaverei…140 – Epiktet…28 Anm. 77 – Geißelung von ~…157 – Hauptmann von Kapernaum…62–65, 99 – Sklavin mit dem Wahrsagegeist in Philippi…136 Soldaten…35 Anm. 120, 63f – Bürgerrechtsvergabe an Auxiliar~…158 Anm. 371 – Jesu Prozess und Kreuzigung…84, 91–94, 97, 98, 99, 213 – Paulusprozess…156, 160, 169–172 – Standespredigt Johannes’ des Täufers…56–58, 97, 187, 215 Sosthenes…147, 148, 149, 150, 182, 192
Sachregister σωτήρ (Retter) – hellenistische Herrscher und römische Kaiser…51, 52, 53 – Jesus…48, 51f, 53, 65, 81, 92, 99, 188, 208, 212, 213, 216 Standespredigt Johannes’ des Täufers…56–58, 97, 187, 215 Starrsinn (pertinacia)…33 Anm. 110 στάσις siehe Aufruhr Stephanus (Protomärtyrer)…16 Anm. 16, 159 Anm. 375 Steuern, römische – direkte und indirekte ~…35 Anm. 122, 56 – Eintreibung von ~…35 Anm. 122, 56f mit Anm. 46, 58; siehe auch Zöllner – Erhebung von ~…49, 73f, 190 – Jesus und die Steuerfrage…4, 72–75, 87f, 97, 190, 214 – Steuerbefreiung…135 Anm. 277 – Steuerlast unter Vespasian…49; siehe auch fiscus judaicus, Vespasian: Konsolidierung der Staatsfinanzen – Steuerschätzung/Eintragung in Steuerlisten…47, 49f, 51 Anm. 25, 54, 98, 187f; siehe auch Zensus – Steuerverweigerung…73, 82, 83, 87f Synagoge – Anknüpfungspunkt der paulinischen Mission…28, 131 Anm. 272, 147 – Auslieferung von Christen an synagogale Gerichtsbarkeit…16, 17, 18, 20 – Geißelung als Synagogalstrafe…16 – ~ in/bei Philippi…135 Anm. 277 – ~ von Kapernaum…63 – ~ von Korinth…147, 150 – ~nvorsteher…147, 150, 182, 192 Synhedrium (Hoher Rat)…16, 117 – Jesus vor dem ~…4, 82, 84, 88, 95 – Paulus vor dem ~…155, 156, 159, 160, 163, 181, 220 – Petrus und Johannes vor dem ~…113, 115 Syria, Provinz…55 Tacitus…6, 26, 33, 49f, 118, 145, 163, 221 – Judenexkurs…6, 121
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Taufe – christliche ~…116, 120, 135, 137, 145, 147, 180, 185, 214 – ~ Jesu…43, 59 Anm. 52 – ~ mit dem Heiligen Geist…100 Tempel, Jerusalemer…68, 69, 70f, 73, 106 – Entweihung durch Herodes…68 – Jesu Tempelreinigung…70, 71 – Vorwurf der Entweihung durch Paulus…161, 162 Tendenzkritik…3 Tertullian…23 Anm. 33, 27, 28f, 30 Tertullus…140, 161, 162 Teufel/Satan…17 Anm. 21, 21 mit Anm. 42, 70 Anm. 76, 94, 152, 167, 168, 183f, 189, 191, 194 Anm. 501, 196, 206, 210f, 212 – Barjesus/Elymas, der ~ssohn…124ff, 183, 185, 194 – Judas…91, 193, 195 – satanische Aspekte des Imperium Romanum/irdischer Macht…5, 60– 62, 67 Anm. 67, 98, 168, 183f, 187f, 193–195, 201, 210, 212 – Versuchungsgeschichte…59–62, 98f, 125, 193, 210, 212 Textpragmatik……40 Anm. 146 Theophilos…41 Anm. 151, 220 – Identität…1 Thessalonich…191 – Paulus in ~…24, 134 Anm. 276, 139– 144, 182, 190, 191, 204f, 206 – Politarchen…24, 139 mit Anm. 293, 143 Thrasyllos aus Alexandria…127 Anm. 266 Tiberius (Kaiser)…26 Anm. 71, 50, 54– 56 – Datierung des Auftretens Johannes’ des Täufers…54–56, 97, 187, 189 – Tag des Amtsantritts…54 Anm. 39 – Vertreibung der Astrologen aus Rom…127 Anm. 266 Timotheus…145, 147, 150 Titius Justus…147, 150 Titus (Kaiser)…142, 166 – Apotheose…95 – Euergetismus…123 – Jüdischer Krieg…49, 50, 121
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Sachregister
Todesstrafe…90 – Flagellation als ~…89 – ~ auf Steuerverweigerung…73 – ~ auf Unruhestiftung (seditio)…24 Anm. 60, 25, 73, 87, 162 – Todesurteile gegen Christen…18, 22 mit Anm. 52, 24 Anm. 60, 37, 99, 204, 219 Trajan (Kaiser)…6, 80 Anm. 106, 103, 179 Anm. 445, 221 – Briefwechsel mit Plinius d.J.…20, 25 Anm. 66, 32 Anm. 105, 34 Anm. 118 – optimus princeps…80 Anm. 106 – pater patriae…123 Anm. 257 – Sorge vor Hetärien…25 Anm. 66, 154 mit Anm. 359 Traumdeuter…127 mit Anm. 266, 128 Anm. 267 Träume…146, 151 mit Anm. 348 tribunus militum…156 Anm. 362, 160, 186 Triumphzüge, römische…69, 70, 71, 95, 99, 176, 191, 196, 210 Tumult siehe Aufruhr Umkehr/Buße – ~möglichkeit für Heiden…120 – ~predigt und Gerichtsankündigung Johannes’ des Täufers…56, 58 – ~ruf Jesu…67–69, 99, 193 Unruhe/Unruhestiftung siehe Aufruhr Unschuld Jesu…83, 84f, 88, 89f, 93, 132 Urgemeinde, Jerusalemer…62 Anm. 59, 111, 122, 131 Anm. 272 – Sammlung der Antiochener Christen für die ~…124, 186 vehiculatio…57 Vereine, antike…31; siehe auch Hetärien Vergil…51f, 149 Verspottungsszene…91–93, 98, 99, 193 Versuchungsgeschichte…59–62 Verteidigungsrede/-schrift…16, 17, 66, 199 – Auswendiglernen…16 – Paulus…161 Vespasian (Kaiser)…46, 49, 51 Anm. 25, 52, 121f, 142, 154
– Apotheose…95 – distanziertes Verhältnis zum Kaiserkult…142 – fiscus judaicus…49, 214 Anm. 14 – Judaea-Capta-Münzen…50 – Jüdischer Krieg…49, 50, 121 – Konsolidierung der Staatsfinanzen…49, 57 – lex de imperio Vespasiani…26 Anm. 71, 52 – Münze mit seinem Abbild…141 Anm. 303 – pater patriae…123 Anm. 254 – Selbstdarstellung als „Kümmerer“ der Reichsbewohner…143 – Selbstinszenierung als Retter des Reichs und Friedenskaiser…52, 121 – Selbststilisierung als Nachfahre des Augustus…52, 121, 142, 209 – „Victoria“- und „Pacis eventus“Münzen…52 Via Egnatia…134 Anm. 277 Vitellius (Kaiser)…52 Völkerliste (Apg 2,9–11a)…102f, 104, 179, 185, 197 Vorherbestimmung/Vorausplanung/ Heilsplan Gottes…111, 114, 115, 134, 184, 196; siehe auch δεῖ, Wille Gottes Vorzugswörter, lukanische…60 Wahrsagegeist…104, 135, 191 „Weg“ als Selbstbezeichnung der Christen…73, 119 mit Anm. 239, 161 westlicher Text in der Apostelgeschichte 133 Anm. 274, 150, 157 Anm. 368 Wille Gottes…8, 58, 67, 77, 91, 96, 108, 114f, 119, 120, 132, 134, 145, 147f, 152, 159, 163, 164, 169, 172, 175, 177, 180, 184f, 195, 200, 208; siehe auch δεῖ, Vorherbestimmung Wohltäter siehe Euergetismus Wort Gottes…116, 125, 126 Anm. 265, 129, 131 Anm. 272, 132, 147, 185 Zensus – unter Augustus…47, 49, 50, 98, 188 – unter Claudius…157 Anm. 371
Sachregister Zenturio siehe Hauptmann unter dem Kreuz, Hauptmann von Kapernaum, Julius, Korneliusgeschichte Zinsgroschenperikope…72–75 Zöllner (τελῶναι)…56f mit Anm. 46, 58, 187, 215 Zungenrede…120
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Zwei-Quellen-Hypothese…11 mit Anm. 64 Zypern…128, 176 Anm. 433 – jüdische Population…127 – Paulus auf ~…124–131, 152 Anm. 352 – Statthalter…129 mit Anm. 220, 180, 190