Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes: Empirische Untersuchung, verfassungsrechtlicher Rahmen, rechtliche Befugnisse und gewerberechtlicher Novellierungsvorschlag [1 ed.] 9783428485482, 9783428085484


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German Pages 836 Year 1996

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Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes: Empirische Untersuchung, verfassungsrechtlicher Rahmen, rechtliche Befugnisse und gewerberechtlicher Novellierungsvorschlag [1 ed.]
 9783428485482, 9783428085484

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 710

Das Recht des Auskunfteiund Detekteigewerbes Empirische Untersuchung, verfassungsrechtlicher Rahmen, rechtliche Befugnisse und gewerberechtlicher Novellierungsvorschlag

Von Dr. Andreas Peilert

Duncker & Humblot · Berlin

ANDREAS

PEILERT

Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 710

Das Recht des Auskunfteiund Detekteigewerbes Empirische Untersuchung, verfassungsrechtlicher Rahmen, rechtliche Befugnisse und gewerberechtlicher Novellierungsvorschlag

Von Dr. Andreas Peilert

Duncker & Humblot • Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Peilert, Andreas: Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes : empirische Untersuchung, verfassungsrechtlicher Rahmen, rechtliche Befugnisse und gewerberechtlicher Novellierungsvorschlag / von Andreas Peilert. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 710) Zugl.: Hagen, Univ., Diss., 1994/95 ISBN 3-428-08548-5 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-08548-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Meinen Eltern sowie meinen Geschwistern Beate und Joachim gewidmet

Vorwort Diese Arbeit lag der FernUniversität Hagen i m Wintersemester 1994/95 als Dissertation vor. I m Jahr 1995 wurde die Arbeit mit dem Sonderpreis zur Förderung junger Wissenschaftler der FernUniversität/Gesamthochschule Hagen, gestiftet von der Sparkasse Hagen, ausgezeichnet. Die vorliegende Veröffentlichung berücksichtigt den Stand der Literatur und Rechtsprechung von September 1995. A n dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Ulrich Battis von der Humboldt-Universität zu Berlin bedanken, der meine Arbeit stets kritisch und engagiert begleitet hat. Seine Hinweise und Anregungen waren für die vorliegende Untersuchung von besonderer Bedeutung. Herrn Prof. Dr. Dimitris Th. Tsatsos möchte ich nicht nur für die Erstellung des Zweitgutachtens danken, sondern auch für die freundliche Aufnahme in den Seminarveranstaltungen der FernUniversität Hagen. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle auch Herrn Prof. Dr. Günter Erbel von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn für die vielfältige Unterstützung meines beruflichen und privaten Werdegangs. Meinen Dank aussprechen möchte ich auch Herrn Albrecht Huckenbeck, Herrn Christoph Wahlefeld und Herrn Dr. Hermann-Josef Blanke, die meine Arbeit mit besonderer Anteilnahme und Unterstützung begleitet haben. Dank gebührt ferner allen Behörden, Verbänden und sonstigen Institutionen, die mir Materialien für den rechtstatsächlichen Teil der Untersuchung zur Verfügung gestellt haben. Herrn Prof. Dr. Norbert Simon bin ich für die Aufnahme der Arbeit in die „Schriften zum Öffentlichen Recht", dem Bundesminister des Innern für den gewährten Druckkostenzuschuß zu Dank verpflichtet.

Bonn, i m September 1995

Andreas Peilert

Inhaltsverzeichnis Einleitung

35

Erstes Kapitel Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

39

A. Übersicht über private Gefahrenabwehr

39

B. Formen privater Gefahrenabwehr

41

I. Hoheitliche Gefahrenabwehr durch Private

42

1. Hilfspolizeibeamte nach Landesrecht

43

2. Spezielle Beleihungstatbestände

48

II. Staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr durch Private ohne hoheitliche Befugnisse

50

III. Nicht staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr durch Private

51

C. Systematisierung privater Gefahrenabwehreinrichtungen

52

I. Abgrenzung nach organisatorischen Kriterien

52

1. Abhängige private Gefahrenabwehreinrichtungen

53

2. Unabhängige private Gefahrenabwehreinrichtungen

54

3. Organe der freiwilligen Selbsthilfe

55

II. Abgrenzung nach gewerberechtlichen Kriterien

56

1. Nichtgewerbliche Gefahrenabwehr

57

2. Gewerbliche Gefahrenabwehr

57

D. Begriffsbestimmungen I. Private Gefahrenabwehreinrichtungen II. Private Sicherheitsdienste m . Privates Sicherheitsgewerbe

57 58 59 60

nsverzeichnis

10 IV. Bewachungsgewerbe

60

V. Auskunftsgewerbe

61

VI. Auskunfteien

62

VII.Detekteien

62

E. Sonstige Vertreter auf dem Auskunftsmarkt I. Kalenderauskunfteien

63 64

II. Kreditschutzgemeinschaften

65

1. Branchengebundene Kreditschutzgemeinschaften

66

2. Nicht branchengebundene Kreditschutzgemeinschaften, insbesondere Schufa

67

III. Sonstige Informationsstellen

69

Zweites Kapitel Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes I. Auskunfteien

73

73 73

1. Von der Entstehung des Auskunftsbedarfs zur Entstehung der organisierten Auskunftserteilung

74

2. Die Gründung der ersten Auskunfteien

76

3. Die Gründung der ersten Auskunfteien in Deutschland

77

4. Anfangsprobleme der organisierten Auskunftserteilung

79

5. Der Rückschritt durch den Ersten Weltkrieg

81

6. Die Zeit der Weimarer Republik

81

7. Die Situation der Auskunfteien im Dritten Reich

82

8. Die Entwicklung von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart

84

9. Die Entwicklung in den neuen Bundesländern

85

10. Entwicklungslinien in der Geschichte der Auskunfteien

86

II. Detekteien 1. Von der Überlastung der Polizei zur privaten Verbrechensbekämpfung..

87 88

nsverzeichnis

11

2. Die Gründung der ersten Detekteien

89

3. Die Gründung der ersten Detekteien in Deutschland

91

4. Die Zeit der Weimarer Republik

92

5. Die Situation der Detekteien im Dritten Reich

93

6. Die Entwicklung von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart

93

7. Die Entwicklung in den neuen Bundesländern

95

8. Entwicklungslinien in der Geschichte der Detekteien

99

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland I. Auskunfteien

100 100

1. Wirtschaftliche Bedeutung

100

a) Stärke und Verbreitung

100

aa) Creditreform

102

bb) Schimmelpfeng

104

cc) Bürgel

105

b) Betriebswirtschaftliche Bedeutung

105

c) Volkswirtschaftliche Bedeutung

106

2. Externe Organisationen

107

3. Interne Organisation von Auskunfteien

108

a) Größeneinteilungen und Organisationsformen

108

b) Betriebsaufbau

110

c) Personelle Betriebsmittel

110

d) Sachliche Betriebsmittel

111

4. Tätigkeitsbereich a) Aufgaben und Leistungen aa) Bereich der Auskunftserteilung

112 112 112

(1) Auskünfte über Kreditwürdigkeit und Kreditfähigkeit

113

(2) Auskünfte zur Entscheidungsfindung in Personalfragen

115

(3) Auskünfte zur Erreichung einer größeren Markttransparenz

116

(4) Auslandsauskünfte

116

(5) Nachträge bb) Bereich der Nebenleistungen

117 117

nsverzeichnis

12

(1) Mahn- und Inkassotätigkeit

118

(2) Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität..

119

(3) Marktforschung

119

b) Arbeitsweise aa) Informationsbeschaffung

120 120

(1) Amtliche Register

121

(2) Nichtamtliche, allgemein zugängliche Quellen

121

(3) Auskünfte durch Dritte

121

(4) Selbstauskünfte

122

(5) Auskunfteiintern anfallende Informationen

123

bb) Informationsverarbeitung

123

5. Auskunftskosten und Auskunftspreise

124

6. Auftraggeber von Auskunfteien

125

7. Gründe für das Heranziehen von Auskunfteien

126

8. Fehlverhalten und Mißbrauchsmöglichkeiten

127

9. Zusammenarbeit von Auskunfteien mit staatlichen Stellen

133

10. Internationale Zusammenarbeit

136

11. Neuere Entwicklungen und Tendenzen

137

II. Detekteien

138

1. Wirtschaftliche Bedeutung

138

a) Stärke und Verbreitung

138

b) Betriebswirtschaftliche Bedeutung

140

c) Volkswirtschaftliche Bedeutung

141

2. Externe Organisationen a) Leistungen der Verbände und Gründe für die Mitgliedschaft

142 143

b) Verbandsübergreifende Initiativen, insbesondere im Bereich der Berrufsbildung

144

3. Interne Organisation von Detekteien

146

4. Tätigkeitsbereich

147

a) Aufgaben und Leistungen

147

aa) Ermittlungen bei Diebstahl, Unterschlagung und Betrug im Bereich der Wirtschaft

149

nsverzeichnis

13

bb) Schutz gegen Konkurrenzübergriffe und unlautere Wettbewerbspraktiken

151

cc) Ermittlungen bei Betrügereien im Anlage- und Kapitalverkehr.

151

dd) Ermittlung und Überwachung im Personenbereich

152

ee) Beweishilfe für Straf- und Zivilprozesse

153

ff) Ermittlungen bei Versicherungsmißbrauch

154

gg) Schutz- und Bewachungsaufgaben

154

hh) Sonstige Leistungsangebote von Spezialisten

155

b) Arbeitsweise

156

aa) Durchführung von Ermittlungen

156

bb) Observationsmaßnahmen

157

cc) Beratung und Erteilung von Auskünften

158

dd) Handwerkliche Tätigkeiten

158

ee) Festnahmehandlungen

159

ff) Berichterstellung und Büroarbeit

159

5. Detektivkosten und Detektivpreise

159

6. Auftraggeber von Detekteien

162

7. Gründe für das Heranziehen von Detekteien

164

a) Zusicherung von Diskretion

164

b) Objektives Bedrohungsbild und subjektive Kriminalitätsfurcht

166

c) Vorteile gegenüber der Polizei

168

d) Ausfüllung einer Lücke im Sicherheitssystem

170

8. Fehlverhalten und Mißbrauchsmöglichkeiten

172

9. Zusammenarbeit von Detekteien mit staatlichen Stellen

175

a) Überschneidungen im Aufgabenbereich

176

b) Möglichkeiten der Zusammenarbeit

176

c) Tatsächlich praktizierte Zusammenarbeit

178

d) Interesse an einer Zusammenarbeit und Möglichkeiten einer verstärkten Kooperation

181

10. Internationale Zusammenarbeit

182

11. Neuere Entwicklungen und Tendenzen

183

III. Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Auskunfteien und Detekteien 184

nsverzeichnis

14

Drittes Kapitel Verfassungsrechtlicher Rahmen für das Tätigwerden des Auskunftsgewerbes

187

A. Verfassungsrechtliche Begründung für die Zulässigkeit privater, gewerblicher Gefahrenabwehr unter Inanspruchnahme der Jedermannrechte I. Art. 33 Abs. 4 GG

188 189

1. Übertragung von Befugnissen

190

2. Vorliegen hoheitsrechtlicher Befugnisse

191

a) Umfassender Begriff der hoheitsrechtlichen Befugnisse

192

b) Rechtsstellungstheorie

193

c) Funktionstheorie

194

3. Art. 33 Abs. 4 GG kein Prüfungsmaßstab II. Rechtsstaats- und Demokratieprinzip III. Subsidiaritätsprinzip

197 197 198

1. Subsidiaritätsprinzip als Kompetenzregel

200

2. Subsidiaritätsprinzip als politische Klugheitsregel

201

IV. „Staatsaufgabenlehre"

202

1. Genuine Staatsaufgaben

203

2. Notwendig staatliche Aufgaben aufgrund formellen Rechts

203

3. Notwendig staatliche Aufgaben aufgrund materiellen Rechts

204

a) Notwendig staatliche Aufgaben bei Vorliegen bestimmter Aufgabenbereiche

205

b) Notwendig staatliche Aufgaben bei Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse

206

V. Grundrechtliche Begründung

209

VI. Ergebnis: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der privaten, gewerblichen Gefahrenabwehr unter Inanspruchnahme der Jedermannrechte

210

B. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr unter Inanspruchnahme der Jedermannrechte I. Staatliches Gewaltmonopol

211 211

nsverzeichnis

15

1. Bedeutung des staatlichen Gewaltmonopols

211

2. Rechtspolitische Bedenken und tatsächlicher Befund

213

3. Begriffsbestimmung des staatlichen Gewaltmonopols

217

4. Einschränkung privater Gewaltausübung durch das staatliche Gewaltmonopol

220

II. Demokratieprinzip

222

III. Rechtsstaatsprinzip

225

IV. Sozialstaatsprinzip

227

1. Rechtspolitische Bedenken

227

2. Entgegnung auf die Bedenken aus dem Sozialstaatsprinzip

229

3. Begriffsbestimmung und Bedeutung des Sozialstaatsprinzips

233

4. Einzelne Bedeutungsinhalte des Sozialstaatsprinzips

234

a) Herstellung annähernd gleicher Lebensverhältnisse

235

b) Der Resozialisierungsgedanke als Inhalt des Sozialstaatsprinzips.... 236 V. Verfassungsrechtliche Bedenken aufgrund der grundrechtlichen Schutzpflichten

236

1. Betroffenheit von grundrechtlichen Schutzgütern

237

a) Allgemeines Persönlichkeitsrecht

237

b) Weitere Grundrechte

240

2. Gefährdung oder Verletzung der grundrechtlichen Schutzgüter von Seiten Privater

241

3. Ableitung von Schutzpflichten aus den betroffenen Grundrechten

241

4. Kriterien für eine Schutzpflicht des Staates

243

a) Art, Nähe und Ausmaß von Gefahr und Schaden

244

b) Rang des in Frage stehenden Rechtsgutes

244

c) Bedeutung der schon vorhandenen Regelungen und getroffenen Maßnahmen

245

d) Alternative Möglichkeiten der Gefahrenabwehr

247

e) Schutzbedürftigkeit der potentiellen Opfer

248

5. Keine Feststellung grundrechtswidrigen Unterlassens

248

nsverzeichnis

16

Viertes Kapitel Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden des Auskunftsgewerbes A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen I. Gewerberecht II. Rechtsberatungsgesetz

253 253 254 254

1. Auskunfteien

256

2. Detekteien

257

III. Datenschutzrecht

259

1. Meldepflicht

259

2. Datengeheimnis

260

3. Technische und organisatorische Maßnahmen

261

4. Einrichtung automatisierter Abrufverfahren

262

5. Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz

264

6. Aufsicht

265

7. Datenkontrollrechte der Betroffenen

266

a) Benachrichtigung des Betroffenen (§ 33 BDSG)

266

b) Auskunft an den Betroffenen (§ 34 BDSG)

268

c) Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten (§ 35 BDSG)

270

IV. Waffenrecht B. Strafrechtlicher Rahmen I. Anstiftung und Beihilfe II. Irrtumsbedingte Inanspruchnahme von Notrechten

271 275 276 281

III. Unechte Unterlassungsdelikte

283

IV. Hausfriedensbruch (§ 123 StGB)

285

V.Amtsanmaßung (§ 132 StGB) und Mißbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen (§ 132a StGB) VI. Nichtanzeige geplanter Straftaten (§§ 138f. StGB)

286 289

1. Tatbestand des § 138 StGB

289

2. Straflosigkeitsregel des § 139 StGB

292

nsverzeichnis

17

VII.Falsche Verdächtigung (§ 164 StGB)

293

VIII.Beleidigungstatbestände (§§ 185ff. StGB)

295

1. Beleidigung (§ 185 StGB)

296

2. Üble Nachrede (§ 186 StGB)

298

3. Verleumdung (§ 187 StGB)

299

IX.Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB)

299

X. Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 StGB) und Ausspähen von Daten (§ 202a StGB)

301

XI. Körperverletzung (§ 223 StGB)

302

XII. Freiheitsberaubung (§ 239 StGB)

302

XIII. Nötigung (§ 240 StGB) und Erpressung (§ 253 StGB)

304

1. Nötigung (§ 240 StGB)

305

2. Erpressung (§ 253 StGB)

306

X I V . Betrug (§ 263 StGB)

308

XV. Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) und Bestechung (§ 334 StGB)

308

XVI. Straftaten nach dem Gesetz über Fernmeldeanlagen

309

1. Unbefugtes Errichten oder Betreiben einer Fernmeldeanlage ( § 1 5 Abs. 1FAG)

310

2. Unbefugter Besitz von Sendeanlagen (§§ 15 Abs. 2 lit. c, 5a FAG)

312

3. Überlassen von Sendeanlagen an Unbefugte (§§15 Abs. 2 l i t d, 5d FAG)

312

4. Unbefugtes Vertreiben von Sendeanlagen (§§ 15 Abs. 2 lit. e, 5e FAG). 313 X V I I . Verkehrsrechtliche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

314

X V I I I . Datenschutzrechtliche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

315

XIX. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

315

X X . Strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht

316

XXI. Rechtswidrig erlangte Beweismittel im Strafprozeß

320

X X I I . Kostenerstattung in Strafsachen

322

C. Zivilrechtlicher Rahmen I. Vertrag zwischen Auftraggeber und Auskunftsunternehmen

2 Peilert

324 324

nsverzeichnis

18

1. Rechtsnatur von Verträgen mit Auskunfteien

324

2. Rechtsnatur von Verträgen mit Detekteien

326

3. Vertragliche Haftung von Auskunfteien

328

4. Vertragliche Haftung von Detekteien

330

II. Unerlaubte Handlungen 1. Auskunfteien

331 331

a) §824 BGB

331

b) § 823 Abs. 1 BGB

332

c) § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Schutzgesetzen

335

d) §826 BGB

336

2. Detekteien

338

a) § 823 Abs. 1 BGB

338

b) § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Schutzgesetzen

340

III. Kunsturheberrecht

340

IV. Unterlassungsansprüche

341

V. Beseitigungsansprüche

342

VI. Kostenerstattung in Zivilsachen

345

VII.Materielle Kostenerstattungsansprüche, insbesondere Zulässigkeit von Fangprämien

348

VIII. Zivilprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht

352

IX. Rechtswidrig erlangte Beweismittel im Zivilprozeß

353

X. Arbeitsrechtliche Probleme

355

1. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates beim Einsatz von Detektiven... 356 2. Arbeitsrechtliche Probleme der Einschleusung von Detektiven

359

a) Arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht

360

b) Deliktsrechtliche Bedenken

362

c) Keine erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung

364

3. Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattung der Detektivkosten

365

D. Rechtsprobleme im Verhältnis von Auskunftsunternehmen zu staatlichen Stellen 366

nsverzeichnis

19

Fünftes Kapitel Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden des Auskunftsgewerbes

370

A. Überblick über eine Rechtsgrundlage erfordernde Tätigkeiten von Auskunfteien und Detekteien

371

B. Darstellung einzelner Rechtsgrundlagen für das Tätig werden von Auskunfteien

373

I. Datenschutzrechtliche Rechtsgrundlagen 1. Anwendungsvoraussetzungen des BDSG

373 373

a) Umgang mit personenbezogenen Daten

373

b) Vorliegen von Dateien

374

c) Nicht-öffentliche Stellen

375

d) Geschäftsmäßige, berufliche oder gewerbliche Zwecke

375

e) Verarbeitung, Nutzung oder Erhebung

376

2. Erforderlichkeit einer Rechtsgrundlage

376

a) §28 BDSG

377

b) §29 BDSG

379

aa) § 29 Abs. 1 BDSG (1) § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG (a) Allgemeine Abwägungskriterien

379 379 381

(b) Abwägungskriterien bei Daten für Kreditinformationszwecke

381

(2) § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG

385

(3) § 29 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 2 BDSG

385

bb) § 29 Abs. 2 BDSG (1) § 29 Abs. 2 Nr. 1 lit. a, Nr. 2 BDSG

387 387

(a) Berechtigtes Interesse des Empfängers und schutzwürdiges Interesse des Betroffenen im Sinne des § 29 Abs. 2 BDSG

387

(b) Glaubhafte Darlegung des berechtigten Interesses

391

(c) Überprüfung des berechtigten Interesses

393

nsverzeichnis

20

(d) Weitere organisatorische Voraussetzungen für die Auskunftserteilung (2) § 29 Abs. 2 Nr. 1 lit. b, Nr. 2 BDSG II.§193 StGB 1. Berechtigtes Interesse

395 396 398 399

2. Prüfungs- und Informationspflicht

403

a) Allgemeine Voraussetzungen

403

b) Bedeutung für die Praxis der Auskunfteien

405

3. Absicht der Interessenwahrnehmung

406

III. §824 Abs. 2 BGB

406

1. Mitteilung

407

2. Unbekanntheit der Unwahrheit

409

3. Berechtigtes Interesse

409

4. Prüfungs- und Informationspflicht

410

IV. Güter- und Interessenabwägung bei § 823 Abs. 1 BGB V. Einzelne Auskunftsrechte

410 411

1. Handelsregister

413

2. Genossenschaftsregister

413

3. Vereinsregister

413

4. Güterrechtsregister

413

5. Schuldnerverzeichnis

414

6. Konkursverzeichnis

415

7. Melderegister

416

8. Grundbuch

419

9. Handwerksrolle

423

10. Gewerberegister

424

11. Personenstandsbücher

426

12. Gewerbezentralregister

426

13. Bundeszentralregister

427

C. Darstellung einzelner Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden von Detkteien

428

nsverzeichnis I. Berechtigtes Interesse als Handlungsermächtigung für Detekteien 1. BDSG

21 428 428

a) AnwendungsVoraussetzungen des BDSG

429

b) Erforderlichkeit einer Rechtsgrundlage

431

c) Verschärfung des Bundesdatenschutzgesetzes?

434

aa) Schaffung bereichsspezifischer Rechtsgrundlagen

435

bb) Erweiterung des Anwendungsbereiches des Bundesdatenschutzgesetzes 2. §193 StGB a) Anwendungsbereich von § 193 StGB aa) Anwendung ausschließlich bei den Ehrenschutzdelikten

437 439 440 440

bb) Ausdehnung der Anwendbarkeit auf sogenannte „gemeinschaftsbezogene Rechtsgüter"

440

cc) Untersuchung einzelner Tatbestände

441

dd) Vorrang der „klassischen" allgemeinen Rechtfertigungsgründe..

443

b) Tatbestandsmäßige Voraussetzungen und Anwendungsfälle 3. Güter- und Interessenabwägung bei § 823 Abs. 1 BGB

446 447

a) Eingriffe in die Intimsphäre

447

b) Eingriffe in die Privatsphäre

448

c) Eingriffe in die Individualsphäre

450

d) Einzelne Eingriffsarten

451

aa) Heimliche Tonbandaufnahmen

451

bb) Belauschen von Gesprächen

453

cc) Observationen

454

dd) Heimliches Fotografieren und Filmen

455

e) Prüfungs- und Informationspflicht

456

4. Einzelne Auskunftsrechte

457

a) Fahrzeugregister

457

b) Verkehrszentralregister

458

c) Polizeiliche Auskünfte

459

d) Verschiedene Akteneinsichtsrechte

460

II. Befugnisse aus den verschiedenen Jedermannrechten

461

nsverzeichnis

22

1. § 32 StGB, § 227 BGB, § 15 OWiG

461

a) Anwendbarkeit der Jedermannrechte auf professionelle Nothelfer .. 462 aa) Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für professionelle Nothelfer?

463

bb) Vorliegen weitergehender Befugnisse gegenüber der Polizei?... 465 cc) Subsidiarität privater Unrechtsabwehr?

468

dd) Rechts- und kriminalpolitische Begründungen

469

ee) Differenzierungsschwierigkeiten hinsichtlich des Anwendungsbereiches von Einschränkungen ff) Notrechtsdogmatische Begründungen

473 474

gg) Ergebnis: Uneingeschränkte Anwendbarkeit der Jedermannrechte. 475 b) Tatbestandsmäßige Voraussetzungen

475

c) Bedeutung für die Praxis der Detektive

476

2. § 34 StGB, § 16 OWiG

478

a) Allgemeine Voraussetzungen

478

b) Besonderheiten bei einzelnen Tatbeständen

481

c) Abwägungsprobleme bei § 201 StGB

482

3. Zivilrechtlicher Notstand

485

4. §35 StGB

486

5. §127 StPO

487

6. Einverständnis, Einwilligung und Vertrag

492

III. Sonstige Befugnisse aus vom Auftraggeber abgeleitetem Recht

494

1. §§ 859, 903, 860, 858, 855 BGB

494

2. §§229,230,231 BGB

497

3. Hausrecht

500

D. Zusammenfassende Betrachtung der Rechtsgrundlagen

501

nsverzeichnis

23

Sechstes Kapitel Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

A. Gewerberechtlicher Status von Auskunftsunternehmen I. Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gewerbes II. Ausübung als stehendes Gewerbe

B. Zugang zum Gewerbe I. Anzeigepflicht gemäß § 14 Abs. 1 GewO

503

503 503 505

506 506

1. Anzeigepflichtige Tätigkeiten und Vorgänge

507

2. Rechtsnatur und Wirkung der Anzeige

508

3. Erfüllung der Anzeigepflicht

509

4. Folgen der Nichterfüllung der Anzeigepflicht

510

II. Praxis der Gewerbeanmeldung

C. Gewerbeüberwachung

512

513

I. Aufsichts- und Kontrollinstrumentarium nach den landesrechtlichen Verordnungen

514

1. Buchführungs-und Aufbewahrungspflicht

517

2. Auskunft

519

3. Nachschau

520

II. Allgemeines Aufsichts- und Kontrollinstrumentarium

520

1. Anzeigepflicht

521

2. Gewerbeuntersagung bei Unzuverlässigkeit

521

a) Überkommene Voraussetzungen der Untersagung

522

b) Sachkunde als Kriterium der Zuverlässigkeit

525

aa) Bejahung der Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung

526

bb) Keine vollumfängliche Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung

526

24

nsverzeichnis cc) Art. 12 GG als Beurteilungsmaßstab

526

dd) Möglichkeit der Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung in Ausnahmefällen

528

ee) Restriktive Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung

529

c) Das Untersagungsverfahren

531

3. Ordnungswidrigkeitstatbestände

533

4. Gewerbezentralregister

533

D. Abgrenzung zum Bewachungsgewerbe

534

I. Begriff der Bewachungstätigkeit IL Ausschließlich unter § 34a GewO fallende Tätigkeiten

534 537

Siebtes Kapitel Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

A. Meinungsstand I. Gegenwärtige Rechtslage ist ausreichend II. Bejahung einer Gesetzesänderung

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung I. Rechtshistorische Argumentation

545

546 546 549

550 551

1. Historische Entwicklung der Gewerbefreiheit

551

2. Die Entwicklung der Rechtslage im Auskunftsgewerbe

555

3. Bedeutungswandel des Auskunftsgewerbes

557

II. Rechtstatsächliche Argumentation 1. Aufgaben Wahrnehmung ohne Sachkunde?

559 559

a) Der Einwand aus dem Rechtsberatungsgesetz

560

b) Erforderlichkeit von Sachkunde für einzelne Tätigkeiten

560

2. Auswertung von Verfehlungen von Auskunftsunternehmen a) Auskunfteien

562 564

nsverzeichnis b) Detekteien

25 566

3. Verstärkte Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen

569

4. Einschätzung der Ausbildungsinitiativen im Auskunftsgewerbe

571

5. Versagen der Selbstreinigungskräfte des Marktes

574

6. Weitere denkbare Begründungsmöglichkeiten einer Erlaubnispflicht....

578

7. Zulassungsbeschränkungen und Normenflut

579

8. Zulassungsbeschränkungen und Bürokratismus

582

9. Die „Blauen Prüffragen" als Kontrollmaßstab der Rechtsetzung

583

m . Rechts vergleichende Argumentation 1. Österreich

585 587

a) Gewerberechtliche Regelung in Österreich

588

b) Verhältnisse in Österreich

590

2. Schweiz

593

a) Gewerberechtliche Regelung in der Schweiz

594

b) Verhältnisse in der Schweiz

595

3. Auswertung IV. Begründung aus der Schutzkonzeption des Gewerberechts 1. Gefahrenabwehr als Regelungszweck der Gewerbeordnung

595 596 596

a) Verbraucherschutzgedanke als Aspekt der Gefahrenabwehraufgabe.

598

b) Der Schutz Dritter als Aspekt der Gefahrenabwehraufgabe

598

c) Bewertung der Regelung für Auskunftsunternehmen im Hinblick auf die Gefahrenabwehraufgabe als Regelungszweck der Gewerbeordnung 2. Gewerberechtliche Regelungsinstrumente a) System Widrigkeit der aktuellen Regelung

599 600 601

aa) Sinn und Zweck der Anzeigepflicht

601

bb) Vergleich mit lediglich anzeigepflichtigen Gewerbearten

603

cc) Sinn und Zweck der Überwachungsbedürftigkeit

604

dd) Vergleich mit den anderen Modalitäten des § 38 GewO

606

ee) Sinn und Zweck der sofortigen Zuverlässigkeitsüberprüfung .... 607 ff) Vergleich mit den anderen Veitrauensgewerben

608

b) Systemkonformität verschärfter Zulassungsregelungen

609

nsverzeichnis aa) Sinn und Zweck der Zuverlässigkeitsprüfung im Erlaubnisverfahren

609

bb) Vergleich mit Gewerbearten, bei denen eine Zuverlässigkeitsprüfung im Erlaubnisverfahren stattfindet

612

cc) Vergleich mit dem Bewachungsgewerbe

613

dd) Sinn und Zweck des Nachweises finanzieller Mittel

618

ee) Vergleich mit Gewerbearten, bei denen der Nachweis finanzieller Mittel erforderlich ist ff) Sinn und Zweck des Sachkundenachweises

619 620

gg) Vergleich mit Gewerbearten, bei denen ein Sachkundenachweis erforderlich ist

622

c) Bewertung der gewerberechtlichen Regelung für Auskunftsunternehmen im Hinblick auf die Systematik der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen

624

aa) Zuverlässigkeitsprüfung nach Gewerbeaufnahme verfehlt

625

bb) Gewerbeuntersagung aufgrund Zuverlässigkeitsprüfung nach Gewerbeaufnahme als schwererer Eingriff

627

cc) Uneinheitliche Rechtslage und uneinheitliche Verwaltungspraxis bei der sofortigen Zuverlässigkeitsprüfung dd) Unzulänglichkeit des § 38 GewO V. Erforderlichkeit aufgrund mangelnder Gewerbeüberwachung 1. Ineffektivität der gewerblichen Überwachung

628 632 633 634

2. Wirksamkeit des vorliegenden gesetzlichen Instrumentariums zur Beseitigung von Mißständen

638

a) Buchführungs-und Aufbewahrungspflicht

638

b) Auskunft

639

c) Nachschau

640

d) Gewerbeuntersagung bei Unzuverlässigkeit

641

aa) Informationsdefizit der Untersagungsbehörden

642

bb) Problem der externen Verfahrensanregung

643

cc) Gewerbeüberwachung und Amtshaftung

644

dd) Keine Überprüfung der Sachkunde

646

ee) Unzulänglichkeit der repressiven Wirkung

647

nsverzeichnis

27

e) Ordnungswidrigkeitentatbestände

648

f)

648

Gewerbezentralregister

3. Gewerbeaufsicht keine Alternative zur Erlaubnispflicht

652

4. Anhaltspunkte zur Durchführung gewerbeaufsichtsrechtlicher Überprüfungen von Auskunfteien und Detekteien 5. Kontrollmöglichkeiten außerhalb des Gewerberechts

654 656

a) Straf- und polizeirechtliche Kontrolle

656

b) Datenschutzrechtliche Kontrolle

657

aa) Kontrollmöglichkeiten nach dem BDSG

657

bb) Erweiterung der datenschutzrechtlichen Aufsichtsbefugnisse

660

c) Verbandsrechtliche Kontrolle

664

d) Unternehmens- und betriebsinterne Kontrolle

664

e) Individualschutzrechte von Betroffenen

666

f)

666

Kontrollmöglichkeiten keine Alternative zur Erlaubnispflicht

VI. Unterschiedliche Regelungszwecke von Gewerbeordnung und Berufsbildungsgesetz

667

1. Generelles Anforderungsprofil statt speziellem Gefahrenprofil

668

2. Fortbildungsmöglichkeit statt Berufszugangsvoraussetzung

670

3. Berufsbildungsgang keine Alternative zur Erlaubnispflicht

672

C. Bejahung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

673

D. Änderungsvorschläge

673

I. Erlaubnispflicht mit Zuverlässigkeitsprüfung II. Nachweis finanzieller Mittel III. Sachkundenachweis

674 675 677

1. Differenzierte Ausgestaltung des Sachkundenachweises

678

2. Inhaltliche Ausgestaltung des Sachkundenachweises

681

a) Auskunfteien

681

b) Detekteien

683

nsverzeichnis

28

aa) Keine Angleichung an die Polizeiausbildung

684

bb) Keine Übernahme von Ausbildungsordnungen in den Sachkundenachweis

685

IV. Persönlicher Geltungsbereich der vorgeschlagenen Zulassungsregelungen.. 686 V. Vorschläge für eine Gesetzesnovellierung

688

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

691

I. Gebot zur Einführung einer Erlaubnispflicht? 1. Grundrechtliche Schutzpflichten

693 693

2. Nachbesserungspflicht bezüglich der gewerberechtlichen Regelung?.... 695 3. Anspruch auf eine Gesetzesänderung aus der Dimension des Art. 12 Abs. 1 GG als derivatives Teilhaberecht 4. Rechtsstaatsprinzip und staatliches Gewaltmonopol

698 699

II. Entgegenstehen einer verfassungsrechtlich gewährleisteten Wirtschaftsordnung?

700

III. Vereinbarkeit der Erlaubnispflicht mit den Grundrechten

702

1. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG

702

2. Art. 3 Abs. 1 GG

703

3. Art. 12 Abs. 1 GG

706

a) Grundsätze verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung zum Grundrecht der Berufsfreiheit

707

b) Auslegungsgrundsätze der Literatur zum Grundrecht der Berufsfreiheit

709

c) Konsequenzen für die Prüfung der Erlaubnispflicht

711

d) Schutzbereich

711

e) Eingriff

712

f)

Schranken

713

aa) Verhältnismäßigkeit der Erlaubnispflicht

713

(1) Anwendbarkeit der Stufenlehre oder bloße Willkürkontrolle

714

(2) Die Erlaubnispflicht als Regelung der Berufswahl

715

nsverzeichnis

29

(3) Die verschiedenen Kriterien der Erlaubnispflicht als subjektive Zulassungsschranken

716

(4) Besonders wichtige Gemeinschaftsgüter als Eingriffslegitimation

717

(a) Kein Fall atypischer Betroffenheit

718

(b) Der Begriff der „besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter"

720

(c) Denkbare Interessen einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

723

(aa) Leistungssteigerung

723

(bb) Steigerung des sozialen Ansehens des Auskunftsgewerbes

725

(cc) Schutz von Unternehmen vor Konkurs

726

(dd) Konkurrenzschutz

727

(d) Die beabsichtigten Gesetzeszwecke als Eingriffslegitimation

727

(aa) Verbraucherschutz

727

(bb) Fernhalten unlauterer Personen von der Gewerbeausübung (cc) Effektivere Verbrechensbekämpfung

728 729

(dd) Verhinderung von Eingriffen in verfassungsrechtlich geschützte Rechte

729

(e) Vorliegen prinzipiell besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter

730

(5) Verhältnismäßigkeitsurteil als Prognoseentscheidung

732

(6) Geeignetheit der Erlaubnispflicht

733

(a) Zuverlässigkeit

734

(b) Nachweis finanzieller Mittel

734

(c) Sachkundenachweis

736

(7) Erforderlichkeit der Erlaubnispflicht

738

(a) Zuverlässigkeit

742

(b) Nachweis finanzieller Mittel

743

(c) Sachkundenachweis

744

nsverzeichnis

30

(8) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne der Erlaubnispflicht

747

(a) Zuverlässigkeit

749

(b) Nachweis finanzieller Mittel

750

(c) Sachkundenachweis

750

bb) Bejahung der Verhältnismäßigkeit

F. Vereinbarkeit der Erlaubnispflicht mit EG-Recht

752

752

I. Art. 189 Abs. 2 EGV

752

II. Art. 189 Abs. 3 EGV

753

in. Art. 3 lit. h EGV i. V. m. Art. l00ff. EGV

754

IV. Art. 52 EGV

757

1. Der Begriff der Niederlassung

758

2. Der Begriff der Beschränkung

759

V. Art. 59 EGV

762

1. Art. 55, 66 EGV

763

2. Der Begriff des freien Dienstleistungsverkehrs

764

3. Der Begriff der Beschränkung

767

4. Legitimation für Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit

768

a) Keine formale Diskriminierung

769

b) Bestimmung der Eingriffsintensität

770

c) Vorliegen eines Allgemeininteresses

771

5. Verhältnismäßigkeit

774

a) Geeignetheit

774

b) Erforderlichkeit

775

c) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne

778

6. Kein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit

780

G. Rechtspolitisches Umfeld des Änderungsvorschlages

781

Schluß

785

nsverzeichnis

31

Zusammenfasssende Thesen

787

Literaturverzeichnis

792

Abkürzungsverzeichnis BDD

Bundesverband Deutscher Detektive

Bekm.

Bekanntmachung

Bericht A K I I

Bericht der ad hoc-Arbeitsgruppe des Arbeitskreises I I „Öffentliche Sicherheit und Ordnung" der Arbeitsgemeinschaft der Innenministerien der Bundesländer vom 04.01.1990 zum Thema „Tätigkeitsmerkmale von Detekteien", Az.: 36350/12

Bericht B M I I

Bericht des Bundesministers des Innern an den Innenausschuß und den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages zur privaten Wahrnehmung von Wach- und Sicherheitsaufgaben vom 30.04.1982, Az.: IS 1-600100/1

Bericht B M I I I

Fortschreibung des Berichtes des Bundesministers des Innern an den Innenausschuß des Deutschen Bundestages zur privaten Wahrnehmung von Wach- und Sicherheitsaufgaben, Juni 1986, Az.: IS 1-600100/1

BID

Bund Internationaler Detektive

DDV

Deutscher Detektiv-Verband

Der Kriminalbeamte

Der Kriminalbeamte, Mitteilungsblatt der Vereinigung der Bundeskriminalbeamten Österreichs

DNP

Die Neue Polizei

DSD

Der Sicherheitsdienst, offizielles Organ des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen, erscheint halbjährlich, Vorgänger: W+S-Information

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

FPR

Freiwillige Polizeireserve

Abkürzungsverzeichnis

33

FR

Frankfurter Rundschau

FS

Festschrift

G.D.I. Topics

Zeitschrift, herausgegeben vom Gottlieb Duttweiler-Institut für Wirtschaftliche und Soziale Studien in Rüschlikon

GrKrim

Grundlagen der Kriminalistik, herausgegeben von Herbert Schäfer

GS

Gedächtnisschrift

Kap.

Kapitel

OES

Öffentliche Sicherheit, in Österreich erscheindende Zeitschrift für Fragen des Sicherheitsrechtes

PFA I

Protokoll über die Arbeitstagung für Beamte des gehobenen und höheren Polizeivollzugsdienstes und Bedienstete von Behörden, die mit der Durchführung des Gewerberechts beauftragt sind, aus Anlaß der 2. Internationalen Sicherheitsmesse „Security" in Essen vom 19. bis 21. Oktober 1976 bei der Polizei-Führungsakademie (Tagungsort Essen) zum Thema: „Zur Problematik des Zusammenwirkens zwischen öffentlichen und privaten Sicherheitseinrichtungen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft"

PFA I I

Protokoll des Seminars für Referenten/Dozenten für polizeibezogene und gewerbeorientierte Rechtsangelegenheiten der Ministerialebene und der oberen Integrationsebene, Funktionsträger des Sicherheitswesens der gewerblichen Wirtschaft und der Verbände gewerblicher Unternehmen des Sicherheitsbereiches sowie leitende Beamte des höheren Polizeivollzugsdienstes vom 20. bis 24. Juni 1977 bei der Polizei-Führungsakademie in Münster zum Thema: „ Z u r Problematik des Zusammenwirkens zwischen öffentlichen und privaten Sicherheitseinrichtungen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft"

PFA I I I

Protokoll der Arbeitstagung für Leiter S und K der oberen und unteren Integrationsebene, Leiter des Sicherheits- und Ordnungsdienstes (z.B. S I)

3 Peilert

34

Abkürzungsverzeichnis auf der Ministerialebene sowie der oberen und unteren Integrationsebene sowie vergleichbare Funktionsträger des Bundes vom 12. bis 14. Mai 1980 bei der Polizei-Führungsakademie in Münster zum Thema: „Rechtsfragen zur Arbeit von und mit privaten und kommunalen Sicherheitseinrichtungen"

Sp.

Spalte

Spaak-Bericht

Dokument M A E 120 d/56, Regierungsausschuß eingesetzt von der Konferenz von Messina, Bericht der Delegationsleiter an die Außenminister, Brüssel, den 21.04.1956

StWK

Steuer- und Wirtschafts-Kurzpost

SZ

Süddeutsche Zeitung

TW

Teilzahlungs-Wirtschaft

ws/w+s/w&s

Wirtschaftsschutz (ab Heft 1/1979; Wirtschaftsschutz und Sicherheitstechnik bzw. Zeitschrift für das Sicherheitswesen in der Wirtschaft (ab Heft 2/1980); auf dem Titelblatt, im Impressum und in den Fußzeilen auf den einzelnen Seiten werden jeweils unterschiedliche Abkürzungen verwandt; Zitierweise erfolgt nach Abkürzungen in den Fußzeilen (WS bis Heft 1/1980; W+S bis Heft 11/1987; W&S ab Heft 12/1987)

W+S-Information

Offizielles Organ des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V., erscheint halbjährlich, Nachfolger: DSD

ZAD

Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe

Abgesehen von den vorstehend genannten Ausnahmen werden die üblichen Abkürzungen verwendet, wie sie dem Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, bearbeitet von Hilbert Kirchner und Fritz Kastner, 4. Aufl., Berlin, New York 1993, zu entnehmen sind.

Einleitung

D a s R e c h t des A u s k u n f t e i - u n d Detekteigewerbes Empirische Untersuchung, verfassungsrechtlicher Rahmen, rechtliche Befugnisse und gewerberechtlicher Novellierungsvorschlag M i t einer stetig wachsenden Zahl von Auskunfteien und Detekteien erlebt das Auskunftsgewerbe in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit einen Boom. Über das Tätigwerden von Auskunfteien und Detekteien ist allerdings wenig bekannt. Während das B i l d der Detektive vielfach durch Literatur und F i l m geprägt ist, bestehen über die Auskunfteien häufig überhaupt keine Vorstellungen. Soweit Einschätzungen über das Auskunftsgewerbe vorhanden sind, reichen diese von der Einstufung als massives Bedrohungspotential bis zur Zuerkennung einer wichtigen Schutzfunktion. Auch in der Wissenschaft findet das Auskunftsgewerbe - i m Gegensatz etwa zu dem in der Öffentlichkeit stärker präsenten Bewachungsgewerbe - kaum Beachtung. Insgesamt läßt sich jedoch eine stiefmütterliche Behandlung des gesamten privaten Sicherheitsgewerbes in der Literatur feststellen, 1 was i m Gegensatz zu seiner schon erreichten Bedeutung und seiner noch zu erwartenden Entwicklung steht. Die Auskunfteien haben sich aufgrund der Fortschritte in der Computer- und Kommunikationstechnik sowie der stetig wachsenden Bedeutung von Handels- und Verbraucherkrediten sowie des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zu einem wichtigen Faktor in der Wirtschaft entwickelt. Durch die von ihnen verwalteten Datenmengen können sie aber auch ein nicht unerhebliches Gefährdungspotential für Betroffene darstellen. Dieses Gefährdungspotential resultiert bei den großen Handels- und Wirtschaftsauskunfteien aus der zum Teil per Online-Abfrage erfolgenden Massenab1

Hoogenboom, S. 197; Mahlberg (S. 209), der feststellt, daß die deutsche Forschung auf diesem Gebiet „hinterherhinkt"; Seysen, S. 179 (195); alle in: K r i m Journal, 4. Beiheft 1992.

Einleitung

36

fertigung von Auskunftsersuchen, die immer weniger Spielraum für die Wahrnehmung von Schutzrechten Betroffener läßt. Der starke Aufwärtstrend i m Auskunftsgewerbe betrifft insbesondere die Detektivbranche, die in der Personalentwicklung jährliche Zuwachsraten von über 20% zu verzeichnen hat. 2 Die Ursache für diese Entwicklung liegt i n dem aufgrund des Grenzabbaus anläßlich der Einführung des europäischen Binnenmarktes und der zunehmenden Öffnung nach Osten eingetretenen Anstieg der Kriminalität. Dieser bewirkt eine Aufgabenüberlastung der Polizei und eine zunehmende Verlagerung der Bekämpfung der Kleinkriminalität auf Private. Eine stärkere Wahrnehmung derzeit privat erledigter Sicherheitsaufgaben durch die Polizei ist nicht in Sicht. Die Schwerpunktbildung der Polizeiarbeit auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität spricht vielmehr sogar dafür, daß die Bekämpfung der Kleinkriminalität in noch stärkerem Maße als bisher von Privaten wahrgenommen wird. Dies hat sogar schon dazu geführt, daß von einem „dualen Sicherheitssystem" gesprochen wird, in dem eine Aufgabenteilung zwischen Polizei und privaten Sicherheitsdiensten besteht. 3 Trotz der wichtigen Funktion von Detektiven i m Rahmen dieser Aufgabenteilung, speziell bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität, ist das B i l d der Detektive in der Öffentlichkeit - soweit nicht durch Literatur oder F i l m geprägt negativ. Bei einer Umfrage über die Akzeptanz gängiger Berufe rangierten die Privatdetektive auf der Werteskala unter den 28 aufgeführten Berufen an letzter Stelle. 4 Immer wieder finden sich Berichterstattungen über Negativerscheinungen i m Detektivgewerbe, wie etwa in der sogenannten „Barschel-Pfeiffer-Affäre". 5 In der Tat sind auftretende Mißstände eines

2 Kocks, Detektiv-Kurier Dezember 1992, S. 1 (2); vgl. auch die Einschätzung von Schurich (Detektiv-Kurier Mai 1994, S. 1): „Das Jahrhundert der Detektive liegt noch vor uns." 3

Vgl. Bändel, WirtschaftsWoche Nr. 37 vom 10.09.1993, S. 134 (137f.); siehe auch die Überschrift zum Bericht über die 10. Sicherheitstagung des Bayerischen Verbandes für Sicherheit in der Wirtschaft (abgedruckt in W I K 1993/Nr. 3, S. 9ff.): „Bewacher: Eingeschränkt tauglich für das duale System Sicherheit". 4

Emnid-Umfrage in: Münder, Die Zeit vom 09.08.1991, Beilage Zeitmagazin, S. 22 (24); vgl. auch Langer (markt + Wirtschaft Nr. 8/1988, S. 24), nach dem Detektive in der Öffentlichkeit „eher als zwielichtige Typen" gelten. 5 Vgl. dazu PötzU S. 57ff.; Detektive hatten im Januar 1987 den damaligen schleswig-holsteinischen Oppositionsführer Engholm beschattet, um dessen Sexualleben auszuspähen. Vor dem eingesetzen Untersuchungsausschuß des Landtages

Einleitung

der drängendsten Probleme der Branche, wobei sich die K r i t i k insbesondere dagegen richtet, daß Privatdetektive zum T e i l tief i n die Privatsphäre Dritter eindringen, ohne einer wirksamen Kontrolle zu unterliegen. Angesichts der nachweisbaren Mißstände und der Gefährdungspotentiale des Auskunftsgewerbes kann die geringe gesetzliche Regelungsdichte des Auskunftsgewerbes nur verwundern. A l l e i n in § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO, wonach Auskunfteien und Detekteien aufgrund landesrechtlicher Verordnungen einer verschärften Gewerbeüberwachung unterworfen werden können, finden sich Auskunfteien und Detekteien i m Gesetz erwähnt. Weitere spezialgesetzliche Regelungen sind nicht vorhanden. Die zahlreichen Rechtsfragen i m Zusammenhang mit dem Tätigwerden von Auskunfteien und Detekteien müssen vielmehr aus der Auslegung allgemeiner Rechtsvorschriften beantwortet werden. Dieser Befund ist schon Anlaß genug, die rechtlichen Rahmenbedingungen des Tätigwerdens von Auskunfteien und Detekteien zu untersuchen. Dazu werden zunächst durch eine historische und empirische Untersuchung die tatsächlichen Erkenntnisse für die rechtliche Erörterung aufbereitet. Anschließend folgt eine verfassungstheoretische Untersuchung, die sich einerseits mit der grundsätzlichen Zulässigkeit der v o m Auskunftsgewerbe angebotenen Dienstleistungen beschäftigt und andererseits die Frage behandelt, ob das Verfassungsrecht den Umfang des Tätigwerdes von Auskunfteien und Detekteien beschränkt. Dabei wird unter anderem die Vereinbarkeit detektivischen Tätigwerdens mit dem staatlichen Gewaltmonopol erörtert. Untersucht wird die verfassungsrechtliche Relevanz des aktuell vielfach gebrauchten Schlagwortes vom „Verlust des staatlichen Gewaltmonopols", mit dem in unterschiedlichstem Zusammenhang die staatliche Ohnmacht angesichts wachsender Kriminalität dokumentiert werden soll. Die darauffolgende Darstellung einfachrechtlicher Rahmenbedingungen für das Auskunftsgewerbe behandelt die Grenzen und Befugnisse des Tätigwerdens von Auskunftsunternehmen. Einerseits werden dabei i m empirischen Teil nachgewiesene Mißstände i m Auskunftsgewerbe auf ihre rechtliche Relevanz hin untersucht, und andererseits werden die den Auskunfteien und Detekteien zustehenden Eingriffsbefugnisse erörtert. und bei staatsanwaltlichen Ermittlungen gaben sie ein falsches Observationsziel an und wurden wegen Meineides in einem minder schweren Fall bzw. uneidlicher Falschaussage verurteilt; vgl. FAZ vom 15.02.1992, S. 4.

38

Einleitung

Dabei w i r d sich zeigen, daß Auskunfteien und Detekteien gegenüber anderen Privaten keine erweiterten rechtlichen Handlungsmöglichkeiten innehaben. I n diesem Zusammenhang wird die Frage aufgeworfen, ob das System der Handlungsbefugnisse gegebenenfalls zu erweitern oder einzuschränken ist, wobei insbesondere auf den datenschutzrechtlichen Bereich und die sogenannten Jedermannrechte eingegangen wird. Die Jedermannrechte spielen insbesondere für das Tätigwerden der sogenannten Kaufhausdetektive eine wichtige Rolle. Die hier entwickelten Grundsätze können aber insoweit themenübergreifende Anwendung finden, als sie auch auf andere Formen privater Gefahrenabwehr, wie das Bewachungsgewerbe oder die in Bayern und Nordrhein-Westfalen in der Diskussion befindliche private Sicherheitswacht anwendbar sind. M i t der Erörterung der gewerberechtlichen Regelung wird die Untersuchung der tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen des Auskunftsgewerbes abgeschlossen. Damit liegen die Voraussetzungen für das Hauptanliegen der Arbeit vor. Durch Aufarbeitung der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten soll nunmehr die Unzulänglichkeit der gewerberechtlichen Regelung des Auskunftsgewerbes aufgezeigt und ein Änderungsvorschlag entwickelt werden. Dieser Änderungsvorschlag wird die Einführung einer gewerberechtlichen Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe beinhalten.

Erstes Kapitel

Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr A. Übersicht über private Gefahrenabwehr Private Gefahrenabwehr wird in den verschiedensten Erscheinungsformen wahrgenommen. Eine Übersicht über die private Gefahrenabwehr kann deshalb nicht durch eine - notwendig lückenhafte - Aufzählung dieser Erscheinungsformen gegeben werden, sondern hat von dem gemeinsamen Tätigkeitsfeld auszugehen. Ist dieses Tätigkeitsfeld beschrieben, kann beispielhaft auf einige der Erscheinungsformen verwiesen werden. Der Begriff „Gefahrenabwehr" wurde i m Bereich des Polizei- und Ordnungsrechtes geprägt. Er ist dementsprechend auf die Aufgaben der Ordnungsbehörden und der Polizei zugeschnitten: Die Polizei hat von der A l l gemeinheit oder dem einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird. Öffentliche Sicherheit i m Sinne der Gefahrenabwehraufgabe ist die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des einzelnen sowie der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und der sonstigen Träger der Hoheitsgewalt. 1 Das Schutzgut der öffentlichen Ordnung w i r d von der herrschenden Auffassung als die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des einzelnen in der Öffentlichkeit angesehen, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerläßliche Voraussetzung eines geordneten staatsbürgerlichen Zusammenlebens betrachtet wird. 2

1

§ 2 Nr. 2 BremPolG; diese Legaldefinition wurde weitgehend von der Literatur übernommen, vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens y § 15/1 (S. 232); V. Götz, Rdn. 75; Denninger in: Lisken/Denninger, Kap. E Rdn. 6; ebenso auch § 3 Nr. 1 SOG LSA. 2 Grundlegend: PrOVGE 91, S. 139 (140) -Urteil vom 09.11.1933- III. C. 109/33; eine Legaldefinition des Begriffes der öffentlichen Ordnung findet sich in § 3 Nr. 2

40

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

I m Bereich der Abwehr von Gefahren für diese beiden Schutzgüter nehmen auch Private einzelne Aufgaben wahr. Ihr Tätigkeitsfeld enthält allerdings zumeist auch darüber hinausgehende, eher der allgemeinen Wohlfahrtspflege zuzuordnende Elemente. Verallgemeinernd läßt sich sagen, daß die Organisationen der privaten Gefahrenabwehr über die klassischen polizeilichen und ordnungsbehördlichen Gefahrenabwehraufgaben hinaus einem weitergehenden Interessen- und Vermögensschutz dienen. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt dabei i m präventiven Bereich. Durch diese umfassende Aufgabenstellung ist die private Gefahrenabwehr zum unverzichtbaren Bestandteil i m System der Gefahrenabwehr geworden. Ihre Bedeutung ergibt sich schon daraus, daß sich in der Praxis nicht nur Unternehmen und Einzelpersonen, sondern auch staatliche Stellen darauf verlassen, daß Private zur Gefahrenabwehr beitragen und die in Notfällen von ihnen erwartete Hilfe leisten. 3 Teilweise w i r d von staatlicher Seite die Beteiligung von Privaten an der Gefahrenabwehr, etwa in Nr. 260c RiStBV, 4 angeregt, teilweise sogar ausdrücklich gesetzlich bestimmt, wie etwa bei der Verpflichtung zur Eigensicherung nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG. 5 So haben sich aufgrund der Bedürfnisse der Bevölkerung und des staatlichen Interesses die verschiedensten Erscheinungsformen privater Gefahrenabwehr herausgebildet. Als Beispiele können neben den hier zu behandelnden Auskunfteien und Detekteien so unterschiedliche Einrichtungen wie Werkschutz, Deutsches Rotes Kreuz, Deutscher Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität sowie Flugzeugführer, Schiffskapitäne und

SOG LSA; verfassungsrechtliche Bedenken gegen den herkömmlichen Begriff der öffentlichen Ordnung bei V. Götz, Rdnrn. 98ff.; Achterberg, FS Scupin, S. 9 (insbesondere S. 35ff.); Denninger, JZ 1970, S. 145 (148); für die Beibehaltung des Begriffs der „öffentlichen Ordnung": Erbel, DVB1 1972, S. 475 (478ff.). 3

Groß/Geerds,

§ 25 (S. 478).

4

Nr. 260c RiStBV enthält eine Anregung zur Auskunftseinholung bei der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, dem Gutachterausschuß für Wettbewerbsfragen beim Deutschen Industrie- und Handelstag, dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität, dem Verein „Pro Honore" - Verein für Treu und Glauben im Geschäftsleben und dem Verbraucherschutzverein in Fällen der Verfolgung unlauterer Wettbewerbsmethoden. 5

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG darf eine atomrechtliche Genehmigung nur erteilt werden, wenn der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist.

B. Formen privater Gefahrenabwehr

41

Jagdaufseher genannt werden. So vielfältig wie die Rechtsgütern drohenden Gefahren, so vielfältig ist auch die private Gefahrenabwehr. Sie reicht von bundesweit tätigen Großverbänden bis zu örtlich begrenzten kleinen Rettungsstaffeln. Entsprechend dem zur Zeit stetig wachsenden Sicherheitsbedürfnis der Bürger entstehen immer neue Erscheinungsformen privater Gefahrenabwehr, und neue Anbieter drängen auf den lukrativen Sicherheitsmarkt. Dienstleister aus den unterschiedlichsten Branchen versuchen, sich auf dem Sicherheitsmarkt zu etablieren, Industrieunternehmen verschaffen sich durch eine entsprechende Erweiterung ihres Angebotes ein zweites Standbein, und Software-Hersteller entwickeln Computerprogramme, die für alle denkbaren Störfälle in einem Unternehmen Musterpläne für Notfallmaßnahmen enthalten. U m bei der Angebotsvielfalt nicht die Übersicht zu verlieren, bieten Unternehmensberatungen ein sogenanntes „Sicherheitsmanagement" an. A u f Seiten der Anbieter von Sicherheitsleistungen wiederum entsteht ein Bedarf an geeigneten Schulungsmaßnahmen. Demzufolge werden spezielle Ausbildungseinrichtungen für Sicherheitstraining gegründet; Buchverlage spezialisieren sich auf die Herausgabe sicherheitsrelevanter Literatur. So ist ein Markt für Sicherheitsleistungen entstanden, dessen Wachstumsgrenzen angesichts des steigenden Sicherheitsbedürfnisses in der Bevölkerung und des nicht einmal mehr still zu nennenden Rückzuges des Staates aus der Gefahrenabwehr noch lange nicht erreicht sein dürften.

B. Formen privater Gefahrenabwehr Je nach dem Grad der Bindung an den Staat können unterschiedliche Formen der privaten Gefahrenabwehr unterschieden werden: hoheitliche Gefahrenabwehr durch Private, die staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr ohne Hoheitscharakter und die nicht staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr durch Private. Dabei kann ein und dieselbe Sicherheitseinrichtung mit Hoheitsbefugnissen ausgestattet sein, 6 aufgrund staatlicher Veranlassung

6 Vgl. den Fall des § 1 Abs. 2 UZwGBw für die Wahrnehmung militärischer Wachaufgaben durch zivile Wachpersonen.

42

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

und auch ohne staatliche Veranlassung tätig werden; zwischen den Gruppen sind also Überschneidungen möglich. Beispielsweise kann ein Unternehmen des Bewachungsgewerbes sowohl zur Erfüllung der Eigensicherungspflicht nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 A t o m G als auch aufgrund eines individuellen Schutzbedürfnisses beauftragt werden. Dennoch hat diese Unterscheidung eine wichtige Funktion, da sie verdeutlicht, in welchen Bereichen der Staat Hoheitsbefugnisse auf Private delegieren w i l l , wo der Staat eine Gefahrenabwehr durch Private sicherstellen w i l l , und bei welchen Aufgaben der Staat die Durchführung der Gefahrenabwehr ausschließlich privater Initiative überläßt. Dies ist als Gradmesser dafür anzusehen, für wie bedeutungsvoll der Staat die einzelnen Gefahrenabwehraufgaben einstuft.

I . Hoheitliche Gefahrenabwehr durch Private Auch die hoheitliche Gefahrenabwehr durch Private wird in den verschiedensten Erscheinungsformen wahrgenommen. Eine vollständige Aufzählung aller Erscheinungsformen ist nicht bezweckt und auch nicht möglich, da die Bestellung Privater zur Wahrnehmung von Gefahrenabwehraufgaben zum Teil nicht veröffentlicht wird und aufgrund der einzelnen Ermächtigungsnormen neu vorgenommen, aber auch wieder zurückgenommen werden kann, so daß es in Bund und Ländern keinen festen Bestand privat erledigter Gefahrenabwehraufgaben gibt. Es werden deshalb beispielhaft Fälle hoheitlicher Gefahrenabwehr durch Private auf Bundes- und Landesebene aufgeführt. Diese werden hier unter Außerachtlassung der terminologischen Uneinigkeiten 7 in sogenannte aufgrund des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts der Länder bestellte und für allgemeine Gefahrenabwehraufgaben vorgesehene Hilfspolizeibeamte und aufgrund spezialgesetzlicher Beleihungstatbestände bestellte Private unterteilt. Nicht berücksichtigt i m System der hoheitlichen Gefahrenabwehr durch Private werden solche Fälle, in denen Beamte oder Angestellte i m öffentlichen Dienst aufgrund spezieller Ermächtigungen zur Wahrnehmung außerhalb ihres eigentlichen Tätigkeitsbereiches liegender polizeilicher Aufgaben bestellt werden. Hier handelt es sich nicht um Gefahrenabwehr durch Private, sondern - überwiegend - um Fälle von Vollzugshilfe

7 Zu den unterschiedlichen Begriffsbestimmungen des sogenannten „Hilfspolizeibeamten" vgl. Ungerbieler, DVB1 1980, S. 409.

B. Formen privater Gefahrenabwehr

43

i m Verhältnis von Behörde zu Behörde aufgrund eines gesetzlichen Mandates.

1. Hilfspolizeibeamte nach Landesrecht Die M ö g l i c h k e i t e n zur Bestellung von Hilfspolizeibeamten sind landesrechtlich unterschiedlich ausgestaltet, so daß nahezu jedes Bundesland einzeln zu behandeln ist. In Baden-Württemberg besteht eine besondere ständige Polizeireserve, der „Freiwillige Polizeidienst", dem eine unterstützende Hilfsfunktion bei der Wahrnehmung vollzugspolizeilicher Aufgaben zukommt. 8 In dieser Polizeireserve sind Freiwillige organisiert, die T e i l des Polizeivollzugsdienstes sind und bei der Erledigung ihrer polizeilichen Dienstverrichtungen Dritten gegenüber die Stellung von Polizeibeamten i m Sinne des Polizeigesetzes haben. 9 Der Freiwillige Polizeidienst verstärkt gemäß § 1 Abs. 3 FPolDG bei Aufruf den örtlichen Polizeivollzugsdienst und soll in der Regel nur eingesetzt werden zur Sicherung von Gebäuden und Anlagen, zur Sicherung und Überwachung des Straßenverkehrs, zum Streifendienst, zum Kraftfahrdienst, Fernmeldedienst und zu ähnlichen technischen Diensten. Da es i m Zeitraum von 1970 bis Ende 1992 trotz Werbeaktionen einen Personalrückgang um 65% auf 1.511 Mitgliedern gegeben hat 1 0 und die Leistungen des Freiwilligen Polizeidienstes vielfach kritisch gesehen werden, 11 bestehen allerdings Bestrebungen zur Abschaffung des Freiwilligen Polizeidienstes. Das bayerische Landesrecht sieht keine Möglichkeit zur Bestellung von Hilfspolizeibeamten vor. Durch das Gesetz über die Erprobung einer Sicherheitswacht 12 besteht seit dem 1. Januar 1994 aber die Möglichkeit, 8 Vgl. zum baden-württembergischen „Freiwilligen Polizeidienst" und zu den weiteren landesrechtlichen Regelungen von Hilfspolizeibeamten Ungerbieler, DVB1 1980, S. 409 (41 Iff.). 9

Gesetz über den Freiwilligen Polizeidienst in der Fassung vom 12.04.1985 (GBl S. 129); geändert durch Art. 3 Gesetz vom 22.10.1991 (GBl S. 625). 10

Angaben des baden-württembergischen Innenministers Birzele in: FAZ vom 29.12.1992, S. 2. 11 12

F A Z vom 26.08.1992, S. 10: „ I m Ernstfall meist ein Ausfall".

Gesetz über die Erprobung einer Sicherheitswacht (Sicherheitswachterprobungsgesetz - SEG) vom 24.12.1993, GVB1 1993 S. 1049. Nach Art. 20 SEG trat dieses

44

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

Private zur Unterstützung der Polizei einzusetzen. V o n Januar bis Juni 1994 lief aufgrund des Sicherheitswachterprobungsgesetzes in Nürnberg, Ingolstadt und Deggendorf eine sechsmonatige Erprobungsphase einer privaten „Sicherheitswacht". I m Februar 1995 beschloß die Bayerische Landesregierung dann den Probelauf auf München-Schwabing, auf Teile Augsburgs und Würzburgs sowie auf Erlangen, Forchheim, Weiden, Rosenheim und Neu-Ulm auszudehnen. 13 Die Sicherheitswacht, die weder bewaffnet noch uniformiert ist, hat die Befugnis, Zeugen zu befragen, die Identität von Personen festzustellen, i m Zweifel Personen bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten, Platzverweise auszusprechen und Daten an öffentliche Stellen zu übermitteln. I m übrigen stehen den Angehörigen der Sicherheitswacht nur die Jedermannrechte zu. Eine Hilfspolizei soll die geplante Sicherheitswacht nicht sein; bei Gefahr i m Verzug müssen die Angehörigen der Sicherheitswacht vielmehr sofort die Polizei verständigen. Insofern ist sie nicht der Freiwilligen Polizeireserve in B aden-Württemberg oder Berlin vergleichbar. In Berlin wird aufgrund § 5 Abs. 2 B l n A S O G und dem Gesetz über die Freiwillige Polizei-Reserve (FPRG) 1 4 eine „Freiwillige Polizei-Reserve (FPR)" zur Unterstützung der Vollzugspolizei tätig. Sie kann gemäß § 1 Abs. 2 FPRG zu folgenden Aufgaben herangezogen werden: zur Sicherung und Schutz von Gebäuden und Anlagen, zur Unterstützung i m Rahmen der Überwachung des Straßenverkehrs, zur Unterstützung des polizeilichen Streifendienstes und zum Streifendienst in Grün- und Erholungsanlagen, in Wäldern und auf Friedhöfen, zur Unterstützung bei öffentlichen Veranstaltungen sowie zur Unterstützung bei Kurier- und Transportdiensten. Polizeiliche Befugnisse können den Angehörigen der FPR gemäß § 3 FPRG durch Rechtsverordnung nach § 5 Abs. 3 des B l n A S O G nur übertragen werden, soweit dies zur Erfüllung der genannten Aufgaben erforderlich ist. Nach § 5 Abs. 1 FPRG wird mit der Bestellung zum Angehörigen der Freiwilligen Polizei-Reserve ein öffentlich-rechtliches TreueGesetz am 01.01.1994 in Kraft und tritt am 31.12.1996 außer Kraft. Vgl. zum Sicherheitswachterprobungsgesetz Spörl, Bayerns Polizei 2/1993, S. 5f.; Stellungnahme des Bayerischen Innenministers Beckstein in: SZ vom 07.07.1993, S. 44; vgl. zu der geplanten Einführung der Sicherheitswacht in Bayern auch Die Welt vom 14.08.1992, S. 4; F A Z vom 17.08.1992, S. 4; vom 07.07.1993, S. 4; vom 07.02.1994, S. 5 und vom 14.02.1995, S. 5; FR vom 07.07.1993, S. 4. 13

FAZ vom 14.02.1995, S. 5.

14

Gesetz vom 23.06.1992, GVB1 1992 S. 198.

B. Formen privater Gefahrenabwehr

45

Verhältnis besonderer Art zum Land Berlin begründet. In die K r i t i k geriet die FPR in Berlin, als bekannt wurde, daß aufgrund fehlender personeller Überprüfungen eine erhebliche Anzahl von Angehörigen der Freiwilligen Polizeireserve „eine zwielichtige Vergangenheit" aufwiesen. 15 I n Bremen besteht aufgrund von § 84 Abs. 1 BremPolG die Möglichkeit, Personen, die keine Polizeibeamten sind, mit der hilfsweisen Wahrnehmung der den Polizeibeamten obliegenden Aufgaben zu betrauen. Nach hamburgischem Landesrecht können Hilfspolizisten i m Bereich der Verkehrsregelung und -Überwachung sowie zur Unterstützung der Polizei oder der Feuerwehr bei Naturkatastrophen, Seuchen, Bränden, Explosionen, Unfällen oder ähnlichen Ereignissen eingesetzt werden. 1 6 Gemäß § 29 Abs. 2 HmbgSOG haben die Hilfspolizisten und Feuerwehrhelfer - abgesehen vom Waffengebrauch - i m Rahmen ihres Auftrages die den Beamten des Polizeivollzugsdienstes oder den Feuerwehrbeamten zustehenden Befugnisse. Zur Zeit werden in Hamburg Hilfspolizisten nur zur Überwachung und Regelung des Straßenverkehrs bestellt, wobei es sich ausschließlich um Angestellte der Polizei handelt, die auf dem Wege über § 29 Hmbg SOG mit den Befugnissen des Polizeivollzugsdienstes ausgestattet werden. 17 In Hessen besteht aufgrund § 99 Abs. 1 HSOG die M ö g l i c h k e i t Hilfspolizeibeamte zur Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Gefahrenabwehr oder zur hilfsweisen Wahrnehmung bestimmter polizeilicher Aufgaben zu bestellen. Die Hilfspolizeibeamten haben i m Rahmen ihrer Aufgaben die Befugnisse von Polizeivollzugsbeamten. Neben Beamten und Angestellten i m öffentlichen Dienst kommt eine Bestellung gemäß 15

F A Z vom 23.02.1993, S. 1 („Insgesamt sind bei 807 der 2426 Mitglieder der FPR Anhaltspunkte für eine zwielichtige Vergangenheit gefunden worden."); einem Bericht der Berliner Innen Verwaltung zufolge wurden gegen 515 FPR-Angehörige Ermittlungen eingeleitet oder Urteile wegen verschiedener Delikte ausgesprochen (FAZ vom 01.03.1994, S. 4); nach Auskunft des Berliner Innensenators Heckelmann hätten sich bei der Überprüfung von 2210 „Polizeireservisten" in 515 Fällen Hinweise auf Straftaten ergeben. 109 ehemalige FPR-Mitglieder seien wegen verschiedener Delikte rechtskräftig verurteilt worden (FAZ vom 28.09.1994, S. 3); dazu ferner: F A Z vom24.02.1993,S. 4;vom25.02.1993,S. 4;vom27.02.1993,S. 4undvom 17.03.1995, S. 4; Die Welt vom 16.02.1993, S. 2. 16

§ 29 HmbgSOG; vgl. dazu Ungerbieler, DVB1 1980, S. 409 (411).

17 Schreiben der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg an den Verfasser vom 29.09.1993, Az.: - A 410/N - .

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

46

§ 9 9 A b s . 3 N r . 2 l i t . b , c, e H S O G a u c h f ü r P r i v a t e i n B e t r a c h t . 1 8 So setzt d i e Stadt F r a n k f u r t a m M a i n als erste deutsche G r o ß s t a d t M i t a r b e i t e r eines p r i v a t e n D i e n s t l e i s t u n g s u n t e r n e h m e n s als H i l f s p o l i z i s t e n z u r K o n t r o l l e v o n Parkvorschriften ein.19 I n s b e s o n d e r e z u r Ü b e r w a c h u n g des r u h e n d e n V e r k e h r s i n K o m m u n e n , z u r Ü b e r w a c h u n g u n d R e g e l u n g des Straßenverkehrs u n d z u r U n t e r s t ü t z u n g der P o l i z e i b e i N o t f ä l l e n k ö n n e n gemäß T e i l X I I I V o r l P o l G M V i n Mecklenburg-Vorpommern

Personen, d i e n i c h t P o l i z e i k r ä f t e s i n d , z u

H i l f s k r ä f t e n der P o l i z e i b e s t e l l t w e r d e n . I h n e n k ö n n e n i m R a h m e n ihres A u f t r a g e s - abgesehen v o m W a f f e n g e b r a u c h - d i e d e n P o l i z e i a n g e h ö r i g e n zustehenden Befugnisse verliehen werden. Beispielsweise wurde i m Landk r e i s G r e v e s m ü h l e n e i n e D e t e k t e i m i t der K o n t r o l l e v o n G e s c h w i n d i g keitsbegrenzungen beauftragt. 20 I n N i e d e r s a c h s e n (§ 73 N d s S O G ) 2 1 , i n R h e i n l a n d - P f a l z (§ 95

POG

R h P f ) 2 2 u n d i m S a a r l a n d (§ 8 4 S P o l G ) 2 3 k ö n n e n z u r h i l f s w e i s e n W a h r n e h m u n g b e s t i m m t e r p o l i z e i l i c h e r A u f g a b e n Personen z u H i l f s p o l i z e i b e a m -

18 Nach Auskunft des Hessischen Ministeriums des Innern und für Europaangelegenheiten (Schreiben an den Verfasser vom 01.10.1993, Az.: I I I A 21 - 21 a 02 -) ist eine Bestellung von Privaten zu Hilfspolizeibeamten nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 lit. e HSOG bis zu diesem Zeitpunkt nur in einem Fall vorgenommen worden. 19 SZ vom 29.11.1994, S. 5; Welt am Sonntag vom 29.01.1995, S. 40 („Auch Hanau hat sich eine Genehmigung für private Hilfs-Polizisten eingeholt."). 20

Beispiel aus Detektiv-Kurier Dezember 1992, S. 7.

21

Vgl. zu der Rechtsstellung der Hilfspolizeibeamten in Niedersachsen Rd.Erl. d. M I vom 06.09.1982 - 21.1 - 12020/2, Nds. MB1 Nr. 50/1982, S. 1393. Nach Auskunft des Niedersächsischen Innenministeriums (Schreiben an den Verfasser vom 11.10.1993, Az.: 21.1-W) wurden bisher in Niedersachsen zu Hilfspolizeibeamten bestellt: Werkschutzleute für Objekt- und Personenschutzaufgaben, Förster zur Überwachung des Fahrverbots in Naturschutzgebieten, Deichvögte zur Überwachung des Fahrverbots auf Deichen und Talsperrenwärter zur Überwachung von Verboten an Talsperren in abgelegenen Gebieten. 22 Allerdings werden in Rheinland-Pfalz zur Zeit keine polizeilichen Aufgaben durch Private wahrgenommen; so die Auskunft des Ministeriums des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz (Schreiben an den Verfasser vom 23.09.1993, Az.: 341/19 099). 23

Nach Auskunft des saarländischen Ministeriums des Innern (Schreiben an den Verfasser vom 28.09.1993, Az.: D 2 - 5200-04 -) werden im Saarland Hilfspolizeibeamte ausschließlich zur Überwachung des ruhenden Verkehrs eingesetzt.

B. Formen privater Gefahrenabwehr

47

ten bestellt werden, soweit hierzu ein Bedürfnis besteht. Ihnen stehen i m Rahmen der Aufgabenwahrnehmung polizeiliche Befugnisse zu. Eine der hamburgischen Regelung weitgehend entsprechende Möglichkeit, Hilfspolizeibeamte und Feuerwehrhelfer zu bestellen, enthält § 83 SOG L S A . Danach können in Sachsen-Anhalt Personen mit ihrer E i n w i l ligung zur Überwachung und Regelung des Straßenverkehrs und zur Unterstützung der Polizei oder der Feuerwehr bei Notfällen eingesetzt werden. Allerdings w i r d von dieser Möglichkeit in Sachsen-Anhalt zur Zeit kein Gebrauch gemacht. 24 In Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen besteht die Möglichkeit, Hilfspolizeibeamte zu bestellen, dagegen nicht. 2 5 Allerdings werden gerade in den neuen Bundesländern neue Wege der Einbeziehung von Privaten in die Gefahrenabwehr beschritten. Das Land Brandenburg startete 1994 in zehn ausgewählten Gemeinden einen Modellversuch mit Streifengängen von unbewaffneten Bürgern. A u f sogenannten „Sicherheitsversammlungen" hatte die Bevölkerung dieser Gemeinden die Gelegenheit, „Sicherheitspartner" zu wählen, die anschließend von den Polizeipräsidien überprüft und als Mitglieder der Bürgerwehren bestätigt wurden. Den nicht uniformierten Sicherheitspartnern stehen ausschließlich die Jedermannrechte zu; 2 6 sie unterscheiden sich insofern von der bayerischen Sicherheitswacht. Für die sächsische Landeshauptstadt Dresden wurde das Konzept einer Sicherheits- und Service-Gesellschaft Dresden GmbH (SGD) entwickelt, an der die Stadt zu 51 % und eine private Sicherheitsfirma zu 49% beteiligt sein sollen. Diese kommunale Beteiligungsgesellschaft soll Sicherheitsund Kontrollaufgaben wahrnehmen, die nicht hoheitlich gebunden sind.

24 Schreiben des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt an den Verfasser vom Oktober 1993, Az.: 21.11-12002-3.83. 25

Vgl. aber den früheren § 11 PolG N W (Gesetz in der Fassung der Bekm. vom 28.10.1969 [GVB1S. 740]), auf den die Möglichkeit Hilfspolizeibeamte zu bestellen, gestützt werden konnte und § 14 schlhPOG (Gesetz über die Organisation der Polizei in Schleswig-Holstein vom 09.12.1968 [GVOB1 S. 327]), der ebenfalls eine Ermächtigung zur Bestellung von Hilfspolizeibeamten enthielt. 26

Vgl. F A Z vom 03.05.1994, S. 4 und 14 sowie vom 04.05.1994, S. 8.

48

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

Die Leistungen der G m b H können auch von Privaten i n Anspruch genommen werden. 2 7 A u f Bundesebene sieht § 63 BGSG die Bestellung von Hilfspolizeibeamten zur Wahrnehmung von Aufgaben bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs vor.

2. Spezielle Beleihungstatbestände Neben der Bestellung von Hilfspolizeibeamten zur Wahrnehmung allgemeiner Gefahrenabwehraufgaben überträgt der Staat i m Wege der Beleihung Hoheitsbefugnisse zur Erfüllung spezieller Gefahrenabwehraufgaben auf Private. Bei der Beleihung werden Privatpersonen mit der hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben i m eigenen Namen betraut. 28 Allgemein w i r d als Sinn und Zweck einer Beleihung angesehen, daß sich der beleihende Staat die Sachkunde, die Initiative und die Interessen sowie die technischen und betrieblichen M i t t e l und Möglichkeiten von Privaten nutzbar macht und damit den eigenen Verwaltungsapparat entlastet. 29 Speziell i m Bereich der Gefahrenabwehr erfolgt eine Beleihung i n den Fällen, in denen eine hoheitliche Gefahrenabwehr zwar als erforderlich angesehen wird, eine effektive Gefahrenabwehr seitens des Staates aber nicht möglich ist. Die Unmöglichkeit einer effektiven staatlichen Gefahrenabwehr resultiert dabei zumeist aus den zu hohen Kosten der Aufgabenerledigung, den fehlenden Eingriffsmöglichkeiten oder der mangelnden Qualifikation staatlicher Organe i n bestimmten Spezialbereichen. Kennzeichnend für die Beliehenen auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr ist dementsprechend, daß die Aufgabenwahrnehmung kostengünstig als Annex zur eigentlichen Berufstätigkeit erfolgen kann, daß eine besondere Qualifikation vorliegt oder daß eine besondere Einwirkungsmöglichkeit auf die Gefahrenquelle besteht. Dies wird auch durch die Beispiele von Beleihungen zur Gefahrenabwehr bestätigt, die sich in erster Linie in den Bereichen Verkehrswesen, Landwirtschaft und Jagd sowie Katastrophenschutz finden.

27

Vgl. zum Modellversuch in Dresden: F A Z vom 20.05.1994, S. 5.

28

Maurer, § 23 Rdn. 56; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 15.

29

Maurer, § 23 Rdn. 57; Michaelis,

S. 10.

B. Formen privater Gefahrenabwehr

49

Das Verkehrsrecht kennt unter anderem folgende Beleihungstatbestände, die Private zu einer hoheitlichen Gefahrenabwehr berechtigen: -

Schiffskapitän (§ 106 Abs. 1 SeemG), Beauftragte für Luftaufsicht (§ 29 Abs. 2 L u f t V G ) , Flugzeugführer (§ 29 Abs. 3 LuftVG), Bedienstete von Privatbahnen (§ 55 EBO).

I n diesen Fällen privater Gefahrenabwehr wird den Beliehenen ein Einschreiten mit Befehl und Zwang ermöglicht. Daneben gibt es gerade i m Bereich des Verkehrswesens aber auch Beleihungstatbestände m i t präventiv-polizeilichem Charakter. So erfolgen die Erteilung der Prüfplakette gemäß § 29 Abs. 3 StVZO und die Prüfung der Befähigung zum Führen eines Kraftfahrzeuges gemäß §§ 10, 11 StVZO durch private Sachverständige, die als Beliehene tätig werden. 3 0 A u f dem Gebiet von Landwirtschaft und Jagd können folgende Privatpersonen zur hoheitlichen Gefahrenabwehr ermächtigt werden: -

Jagdausübungsberechtigte (§ 25 Abs. 1 BJagdG), bestätigte Jagdaufseher (§ 25 Abs. 2 BJagdG), Forstschutzbedienstete (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 lit. b HSOG), 3 1 Fischereiaufseher (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 lit. c HSOG).

Neben den bisher erörterten präventiv-polizeilichen Befugnissen und den typischen Polizeiaufgaben zum Einschreiten gegen Störer gibt es Beleihungen zur Abwendung von Gefahren, die durch Naturereignisse, Unglücksfälle oder gar durch den beliehenen Privaten selbst verursacht worden sind. Als Beliehene, die in solchen Fällen zum Einsatz kommen, sind zu nennen: -

Brandsicherheitswachen (§ 24 F S H G N W ) , 3 2

30

In der Literatur finden sich unterschiedliche Auffassungen. Im Falle der Erteilung der Prüfplakette bejaht eine Ausübung öffentlicher Gewalt: Bracher, S. 36f.; verneinend: H. Peters, FS Nipperdey, S. 877 (887); Siebert, S. 35ff. Bejahend bei der Befähigungsprüfung: Bracher, S. 37f.; verneinend: Siebert, S. 22ff. 31

Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 26.06.1990, GVB11 S. 197, zuletzt geändert durch Gesetz vom 05.02.1992, GBV1. I S. 69. 32

Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und öffentlichen Notständen (FSHG) vom 25.02.1975 (GV S. 182). Ähnliche Regelungen finden sich allerdings in anderen Bundesländern nicht. 4 Peilert

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

50

Bezirksschornsteinfegermeister als Feuerstättenbeschauer, Bisamrattenfänger (§ 4 Abs. 3 der Verordnung zur Bekämpfung der Bisamratte vom 01.07.1938), 3 3 Strandvogt (§§ 1 Abs. 2, 6 Abs. 1 der Strandungsordnung vom 17.05.1874). 34

I I . Staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr durch Private ohne hoheitliche Befugnisse I n bestimmten Bereichen w i l l der Staat eine Gefahrenabwehr durch Private sicherstellen, ohne den Privaten Hoheitsbefugnisse zu verleihen. In Fällen der Verpflichtung Privater zur Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe, ohne daß diesen hoheitliche Befugnisse übertragen werden, spricht man von einer gesetzlichen Indienstnahme. 35 Fallbeispiele einer Indienstnahme Privater zur Gefahrenabwehr gibt es in den verschiedensten Bereichen. Die Verpflichtung Privater zur Gefahrenabwehr, ohne daß ihnen Hoheitsbefugnisse zustehen, ergibt sich in ihrer allgemeinsten Form aus den Bestimmungen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechtes über die polizeiliche Verantwortlichkeit von Personen. 36

33

RGBl I S. 847.

34

RGBl I S. 73.

35

Vgl. von Heimburg, S. 38; grundlegend Ipsen (FS E. Kaufmann, S. 141), der mit Indienstnahme einen Vorgang bezeichnet, in dem der Staat in Ermangelung oder zur Schonung verwaltungseigener Mittel die persönlichen oder sächlichen Kräfte Privater kraft Gesetzes in Anspruch nimmt, um durch sie öffentliche Aufgaben erledigen zu lassen. Zu diesem Rechtsinstitut sollen also nur die Fälle „gesetzlicher" Indienstnahme gehören, nicht hingegen solche, in denen die Dienste des einzelnen auf gesetzlicher Grundlage durch Verwaltungsakt in Anspruch genommen werden. Diese Unterscheidung wird allerdings vielfach abgelehnt: Michaelis, S. 79; Vogel, S. 31; von Heimburg, S. 40. 36

Vgl. §§ 6ff. PolG BW; Art. 7ff. Bay PAG; §§ lOff. BlnASOG; §§ 6ff. V G PolG Bbg; §§ 5ff. BremPolG; §§ 8ff. HmbgSOG; §§ 6ff. HSOG; Teil V I Nr. 1.3 VorlPolG M V i. V. m. §§ 6ff. PAG (Gesetz vom 13.09.1990, GBl I S. 1489); §§ 6ff. NdsSOG; §§ 4ff. PolG N W ; §§ 4ff. PVG RhPf; §§ 4ff. SPolG; §§ 4ff. Sachs PAG; §§ 7ff. SOG L S A ; §§ 217ff. L V w G SchlH; §§ 7ff. Thür PAG.

B. Formen privater Gefahrenabwehr

51

Ein anderer Bereich der Indienstnahme Privater zur Gefahrenabwehr ist die Gewährleistung der Sicherheit i m eigenen Verantwortungsbereich, etwa durch die verschiedenen Vorschriften, die Eigensicherungspflichten begründen: § 19 Abs. 1 Nr. 4 L u f t V G , wonach der Unternehmer eines Verkehrsflughafens verpflichtet ist, Luftfahrzeuge, die Gegenstand von Bedrohungen sind, auf Sicherheitspositionen zu verbringen und die Vor- und Entsorgung durchzuführen, § 20a Abs. 1 Nr. 3 L u f t V G , nach dem der Luftunternehmer die Luftfahrzeuge, die Gegenstand von Bedrohungen sind und sich noch in Betrieb befinden, auf Sicherheitspositionen zu verbringen hat, § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG, der dem Betreiber eines Kernkraftwerkes den erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter auferlegt, § 4 Nr. 5 der 12. BImSchV, 3 7 der die Betreiber von Anlagen, die in den Anwendungsbereich der Störfallverordnung fallen, verpflichtet, sicherheitstechnisch bedeutsame Anlagenteile vor Eingriffen Dritter zu schützen.

I I I . Nicht staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr durch Private Neben der hoheitlichen und der staatlich veranlaßten, nicht hoheitlichen Gefahrenabwehr nehmen Private auch aus eigenem Antrieb bestimmte Gefahrenabwehraugaben wahr. Diese sogenannten privaten Gefahrenabwehreinrichtungen haben es sich teils aus gewerblichen, teils aus altruistischen Gründen zur Aufgabe gemacht, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu bekämpfen. Zu dieser Gruppe zählen auch die Auskunfteien und Detekteien.

37

Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV in der Fassung der Bekm. vom 20.09.1991 [ B G B I I S . 1891]).

52

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe i m System privater Gefahrenabwehr

C. Systematisierung privater Gefahrenabwehreinrichtungen I m Rahmen der privaten Gefahrenabwehreinrichtungen haben sich entsprechend dem Umfang der Gefahrenabwehraufgabe i m Laufe der Zeit eine Vielzahl von Organisationen mit den unterschiedlichsten Aufgaben und Zielsetzungen herausgebildet. Eine gewisse Systematisierung dieser einzelnen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen läßt sich unter den Gesichtspunkten der Organisationsform und der Gewerblichkeit der Tätigkeit vornehmen. Dagegen läßt sich eine strikte Trennung der Tätigkeit von privaten Gefahrenabwehreinrichtungen und der freien Wohlfahrtspflege nicht vornehmen, denn auch die Arbeit von Organisationen der freien Wohlfahrtspflege kann i m Einzelfall der Gefahrenabwehr zugutekommen.

I . Abgrenzung nach organisatorischen Kriterien Die privaten Gefahrenabwehreinrichtungen lassen sich unter dem Gesichtspunkt der Organisationsform in drei Gruppen einteilen: die abhängigen und die unabhängigen Gefahrenabwehreinrichtungen sowie die Organe der freiwilligen Selbsthilfe. 38 M i t den abhängigen Gefahrenabwehreinrichtungen, wie insbesondere dem Werkschutz, haben sich Wirtschaftsunternehmen oder ähnliche Institutionen eigene Organe geschaffen, die i m Bereich von Bewachung und Betriebssicherheit tätig werden. Vergleichbare, aber auch darüber hinausgehende Leistungen werden auch von selbständigen Unternehmen, den unabhängigen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen angeboten. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Kategorien beruht allein auf der Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zum Auftraggeber. Bei den abhängigen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen liegt eine vollständige Eingliederung in den Betrieb des zu Schützenden vor, bei den unabhängigen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen bleibt das Personal Arbeitnehmer des externen Unternehmens. Demzufolge sind etwa Werkschutz (abhängig) und Bewachungsgewerbe (unabhängig) i n unterschiedliche Kategorien einzuordnen, obwohl sie zum Teil identische Aufgaben wahrnehmen.

38

So auch Groß/GeerdSy

§ 25 (S. 478) und Honigl, S. 23.

C. Systematisierung privater Gefahrenabwehreinrichtungen

53

Schließlich haben sich Verbände, Unternehmen und Einzelpersonen in Form einer freiwilligen Selbsthilfe gewisse Organe geschaffen, die sich meist auf ein bestimmtes Gebiet der Gefahrenabwehr spezialisiert haben. Auch zwischen diesen sogenannten Organen der freiwilligen Selbsthilfe und den abhängigen und unabhängigen Gefahrenabwehreinrichtungen gibt es Aufgabenüberschneidungen. So werden etwa in allen drei Formen der privaten Gefahrenabwehreinrichtungen sogenannte Sicherheitsberater tätig. Trotz der Überschneidungen zwischen den einzelnen Gruppen ist aber an der vorgenommenen Einteilung festzuhalten, denn eine Unterscheidung nach Sachgebieten ist aufgrund der Vielfalt der Gefahrenabwehreinrichtungen nicht möglich und die vorliegende Abgrenzung bietet wichtige Anhaltspunkte für verschiedene zu erörternde Probleme des Tätigwerdens privater Gefahrenabwehreinrichtungen, wie etwa die Zusammenarbeit privater Gefahrenabwehreinrichtungen mit staatlichen Stellen. 3 9

1. Abhängige private Gefahrenabwehreinrichtungen U m abhängige private Gefahrenabwehreinrichtungen handelt es sich also, wenn ein Unternehmen oder eine Privatperson eine Organisation ins Leben ruft, die zur Bewältigung der Sicherheitsaufgaben erforderlichen Personen selbst beschäftigt und die anfallenden Sicherheitsprobleme in die Hand nimmt. 4 0 Zu solchen abhängigen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen zählen Werkschutz, Hoteldetektive, Kaufhausdetektive (soweit i m Einzelfall das Unternehmen selbst die Detektive fest angestellt und nicht eine Detektei beauftragt hat), Schadenssachbearbeiter bei Versicherungen, Sicherheitsbeauftragte sowie andere spezialisierte Sicherheitsdienste, wie Werksfeuerwehren, interne Revisionsabteilungen und andere Kontrollpersonen. Der Werkschutz ist eine Institution, die vor allem von Wirtschaftsunternehmen geschaffen worden ist und die i m Rahmen der von diesen mit ihren Arbeitnehmern eingegangenen Arbeitsverhältnissen Sicherungsaufgaben wahrnimmt, die außer auf präventivem Gebiet auch i m Bereich der Verbrechensaufklärung liegen können. 4 1 Der Werkschutz wird ausschließ39

Vgl. Kap. 7 B I 4.

40

Vgl. Hilfiker

41

Groß/Geerds,

(S. 29), der von „interner privater Überwachung" spricht. § 25 I 1 (S. 479).

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

54

lieh innerhalb des Unternehmens tätig und dient der betriebsinternen Gefahrenabwehr. Seine Hauptaufgaben bestehen i m Ordnungs-, Schutzund Ermittlungsdienst, die nach dem Bericht des Bundesministers des Innern v o m 30. A p r i l 1982 4 2 folgende Einzelaufgaben beinhalten: Ordnungsdienst: Pförtnerdienst (Personen-, Fahrzeug- und Güterkontrolle); Verkehrsdienst (Verkehrskontrolle, Verkehrssicherung und Verkehrsüberwachung) und Ordnungsdienst i m engeren Sinne (Schließanlagen, Ausweiswesen und sonstige Aufgaben, wie z.B. Telefondienst); Schutzdienst: Wachdienst (Wachdienst, Pfortendienst, Streifendienst, Aufsichts- und Begleitschutz); allgemeine Schadensabwehr (Schutz der Sachwerte, Personenschutz und Schutz der Organisationseinrichtungen) und besondere Schadensabwehr (Schutz gegen Ausspähung und Spionage, betriebsinnere und betriebsäußere Sabotageabwehr, Abwehr von oder M i t w i r k u n g bei Notständen); Ermittlungsdienst: Ermittlungen bei Ordnungswidrigkeiten und Betriebskriminalität sowie in Schadensfällen. Die praktische Bedeutung des Werkschutzes w i r d durch die Zahl von bundesweit zwischen geschätzten 50.000 und 60.000 4 3 Angehörigen des betrieblichen Werkschutzes verdeutlicht. Zu den abhängigen privaten Gefahrenabwehrorganen gehören auch Kaufhaus- und Hoteldetektive, sofern sie festangestellt sind und für keine weiteren Auftraggeber tätig werden. Ihre Tätigkeit entspricht der von gewerblichen Detektiven.

2. Unabhängige private Gefahrenabwehreinrichtungen Unabhängige private Gefahrenabwehreinrichtungen bieten einer beliebigen Anzahl von Kunden ihre Dienste gegen Entgelt an. Sie sind nicht an einen bestimmten Arbeitgeber gebunden. 44 Zu den unabhängigen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen zählen Auskunfteien, Detekteien und die Bewachungsunternehmen in ihren unterschiedlichen Erscheinungsfor42

Bericht B M I I, S. 12f.

43 So die Schätzung in: Bericht B M I II, S. 7; Schiffl etwa 60.000 Werkschutzangehörigen aus. 44

Vgl. Hilflker

(W&S 1990, S. 906) geht von

(S. 28), der von „externer privater Überwachung" spricht.

C. Systematisierung privater Gefahrenabwehreinrichtungen

55

men, wie Wach- und Schließgesellschaften oder Geld- und Werttransportunternehmer.

3. Organe der freiwilligen Selbsthilfe I m Vorfeld des Schutzes und der Sicherheit, die der Staat als Inhaber des Gewaltmonopols seinen Bürgern gewähren und garantieren muß, aber auch noch innerhalb des staatlichen Schutzkreises, gibt es zahlreiche Rechtsgüter, die aus der Sicht des Bürgers unzulänglich geschützt sind. Den Schutz einiger dieser gefährdeten Rechtsgüter haben die Bürger i m Laufe der Zeit selbst organisiert, indem sie sich zu gemeinnützigen Vereinigungen zusammenschlossen, die spezielle, die gefährdeten Rechtsgüter sichernde Maßnahmen und Hilfen zum gemeinsamen Vereinsziel haben. 45 Diese als Organe der freiwilligen Selbsthilfe bezeichneten Organisationen 46 werden in verschiedenen Erscheinungsformen und nahezu allen Lebensbereichen tätig. Zu dieser Gruppe gehören Stellen zur Selbstkontrolle in bestimmten Gewerbebereichen, Informationsstellen, Schutzgemeinschaften aus verschiedenen Unternehmen, Interessenverbände sowie Rettungs- und Notfalleinrichtungen verschiedenster Art. Ihr Haupttätigkeitsbereich liegt bei den Rettungs- und Notfalldiensten, dem Wirtschafts- und Verbraucherschutz sowie dem Schutz besonders gefährdeter Personengruppen. Zumeist erfolgt ihre Tätigkeit unentgeltlich, wenngleich damit nicht ausgeschlossen ist, daß manche Stellen für ihre A k t i v i t ä t e n einen Unkostenbeitrag fordern. 47 Dieser dient jedoch nur zur Deckung der Selbstkosten, denn die Organe der freiwilligen Selbsthilfe sind gemeinnützig. 4 8 Finanziell getragen werden die Organe der freiwilligen Selbsthilfe

45 Schäfer I I I 2 (S. 496).

y

Die Polizei 1977, S. 153; vgl auch Groß/Geerds



25 (S. 479) und § 25

46

Begriff bei HonigU S. 23; Groß/Geerds y § 25 I I I (S. 492) und Müller/Wabnitz, S. 308f., die aber unter diesen Begriff auch gewerbliche Unternehmen, wie Auskunfteien, einordnen. 47 48

Groß/Geerds

y

§ 25 I I I (S. 492).

Vgl. etwa § 3 Abs. 1 der Satzung des Deutschen Schutzverbandes gegen Wirtschaftskriminalität e.V.: „Der Verein dient ausschließlich und unmittelbar der Förderung der Allgemeinheit im Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24.12.1953 (BGBl 1954 I S. 69)".

56

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

von Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Bußgeldzuweisungen. Teilweise w i r d auch eine staatliche Unterstützung gewährt. 4 9 Als Organe der freiwilligen Selbsthilfe i m Bereich der Rettungs- und Notfalldienste sind beispielhaft zu nennen: Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiter Samariter Bund, Johanniter Unfallhilfe, Malteserhilfsdienst, Bergwacht, Wasserwacht, Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, Freiwillige Feuerwehr. Ein weiterer Tätigkeitsbereich, in dem Organe der freiwilligen Selbsthilfe stark engagiert sind, ist der Wirtschaftsschutz. Zu den Organen der freiwilligen Selbsthilfe i m Bereich des Wirtschaftsschutzes zählen die verschiedenen Kreditschutzgemeinschaften, sowie: Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, Deutscher Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität, Pro Honore, Verein für Treu und Glauben i m Wirtschaftsleben, Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft. Als Organisation, deren Aufgaben i m Verbraucherschutz liegen, ist die Stiftung Warentest zu nennen. Dem Schutz besonders gefährdeter Personen widmen sich beispielsweise der Deutsche Kinderschutzbund oder die Heilsarmee.

I I . Abgrenzung nach gewerberechtlichen Kriterien Eine Unterscheidung der privaten Gefahrenabwehreinrichtungen ist auch unter dem Aspekt möglich, ob ein Gewerbe ausgeübt wird oder nicht.

49 So erhält die Stiftung Warentest, eine Stiftung des privaten Rechts, Mittel aus dem Bundeshaushalt, um so zusammen mit den eigenen Einnahmen die finanzielle Unabhängigkeit zu gewährleisten; vgl. Groß/Geerds, § 25 V 2 d (S. 502). Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes wird durch das Bundesministerium des Innern finanziell unterstützt; vgl. FAZ vom 03.12.1993, S. 21.

D. Begriffsbestimmungen

57

Dabei sind zwischen den gewerblichen und nichtgewerblichen Gefahrenabwehreinrichtungen erhebliche Aufgabenüberschneidungen festzustellen.

1. Nichtgewerbliche Gefahrenabwehr Die nichtgewerblichen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen umfassen die abhängigen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen und die Organe der freiwilligen Selbsthilfe. Bei den abhängigen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen fehlt es an dem für den Gewerbebegriff erforderlichen Kriterium der „selbständigen Tätigkeit"; die Organe der freiwilligen Selbsthilfe haben keine Gewinnerzielungsabsicht.

2. Gewerbliche Gefahrenabwehr Die unabhängigen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen üben ihre Tätigkeit durchweg als Gewerbe aus. Private gewerbliche Gefahrenabwehr wird demnach von Auskunfteien, Detekteien und Bewachungsunternehmen ausgeübt.

D . Begriffsbestimmungen Die wissenschaftliche Diskussion um die private Gefahrenabwehr steht erst am Anfang. Allgemein anerkannte oder auch nur überwiegend gebrauchte Begriffe für einzelne Kategorien oder Erscheinungsformen der privaten Gefahrenabwehr haben sich - abgesehen von den i m Gesetz verwendeten Bezeichnungen - dementsprechend noch nicht herausgebildet. Aber auch die i m Gesetz vorhandenen Begriffe sind zum Teil nur unzulänglich legaldefiniert. Dies gilt insbesondere für die nicht staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr. Angesichts der wachsenden Bedeutung der privaten Gefahrenabwehr erscheint es deshalb angezeigt - soweit zur Erörterung der Problematik erforderlich - über die i m Rahmen der Systematisierung privater Gefahrenabwehreinrichtungen eingeführten Bezeichnungen hinaus, einige Begriffsbestimmungen vorzunehmen. Es fehlt insbesondere an Oberbegriffen für einzelne zu unterscheidende Kategorien der nicht staatlich veranlaßten Gefahrenabwehr. Bezeichnungen finden sich weder i m Gesetz, noch haben sich in Praxis, Rechtsprechung oder Literatur überwiegend anerkannte Begriffe herausgebildet. Lediglich

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

58

Definitionen von unabhängigen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen (Bewachungsgewerbe, Auskunfteien und Detekteien) sind der Gewerbeordnung zu entnehmen. U m insgesamt möglichst konsensfähige Begriffsbestimmungen zu schaffen, bietet sich folgendes Vorgehen an: Zuerst ist herauszufinden, welche Begriffe i m Gesetz erwähnt werden. Daraufhin ist zu überprüfen, welche dieser Begriffe legaldefiniert sind und ob diese Legaldefinitionen aussagekräftig sind. Ist dies nicht der Fall - wie eben bei allen Oberbegriffen ist festzustellen, ob der Begriff durch Praxis, Rechtsprechung oder Literatur gewisse Konturen erfahren hat. Ist auch dies nicht der Fall oder kann die entsprechende Begriffsbildung nicht überzeugen, hat eine eigenständige Begriffsbildung zu erfolgen.

I . Private Gefahrenabwehreinrichtungen Der in den bisherigen Ausführungen als Oberbegriff für abhängige und unabhängige private Gefahrenabwehreinrichtungen sowie Organe der freiwilligen Selbsthilfe verwandte Begriff „private Gefahrenabwehreinrichtungen" findet sich nicht i m Gesetz, so daß folglich auch keine Legaldefinition vorhanden ist. In der Literatur wird die Bezeichnung „private Gefahrenabwehreinrichtung" vereinzelt in dem hier verstandenen Sinne als Oberbegriff für abhängige und unabhängige private Gefahrenabwehreinrichtungen sowie Organe der freiwilligen Selbsthilfe verwendet. 5 0 Z u m Teil wird auch der Begriff „private Sicherheitseinrichtungen" gebraucht. 51 Vorzuziehen ist aber die Bezeichnung „private Gefahrenabwehreinrichtungen", da durch ihn die Organe der freiwilligen Selbsthilfe zutreffender einbezogen werden. A n einer Definition des Begriffes dagegen fehlt es. Schwierigkeiten kann es bereiten, die privaten Gefahrenabwehreinrichtungen von Vereinigungen, die ausschließlich auf dem Gebiet der Wohlfahrtspflege tätig sind, abzugrenzen, denn auch deren Tätigkeit kann i m Einzelfall - wenn auch nur mittelbar - durchaus der Gefahrenabwehr 50

Mahlberg (S. 43), der aber ebenda auch die Bezeichnung „private Sicherheitseinrichtungen" für den gleichen Sachverhalt verwendet. 51 HonigU S. 23; Mahlberg, S. 43; Krainz (OES 1985, Heft 12, S. 2ff.) spricht von „privaten Sicherheitsorganen".

D. Begriffsbestimmungen

59

dienen. 5 2 Eine Definition der privaten Gefahrenabwehreinrichtungen muß deshalb enthalten, daß die Gefahrenabwehr ein Hauptzweck der Organisation ist und sich nicht nur mittelbar aus der wahrgenommenen Tätigkeit ergibt. Da die privaten Gefahrenabwehreinrichtungen in der Systematik der nicht staatlich veranlaßten Gefahrenabwehr entsprechen, gehört zu einer Begriffsbestimmung des weiteren das Merkmal der Institutionalisierung um die Abgrenzung zu den i m Einzelfall vom Staat zur Gefahrenabwehr herangezogenen Privaten zu verdeutlichen. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann folgende Definition vorgenommen werden: Private Gefahrenabwehreinrichtungen sind institutionalisierte Träger der privaten Gefahrenabwehr, deren Aufgaben in dem Schutz des einzelnen vor Gefahren für Rechtsgüter, insbesondere vor Straftaten, Unfällen und anderen, vielfach existenzbedrohenden Schicksalsschlägen sowie allgemein dem Interessen- und Vermögensschutz liegen.

I I . Private Sicherheitsdienste Der Begriff „private Sicherheitsdienste" wird vielfach in der Diskussion um die Befugnisse und Grenzen solcher privater Gefahrenabwehreinrichtungen verwendet, die i m Bereich des Personen- und Eigentumsschutzes tätig sind und dabei polizeiähnliche Aufgaben wahrnehmen. 53 Die gleiche Bedeutung hat der Begriff „private Sicherheitseinrichtungen". Der Begriff umfaßt den Werkschutz, das Bewachungsgewerbe und die Detektive. 5 4 Soweit die Begriffe „private Sicherheitsdienste", „private Sicherheitseinrichtungen" oder „privates Sicherheitsgewerbe" lediglich für das Bewachungsgewerbe gebraucht werden, 55 ist dies abzulehnen, weil damit der legaldefinierte Begriff „Bewachungsgewerbe" außer acht gelassen wird.

52

Vgl. Drews/Wacke

(7. Aufl.), § 32/10 (S. 493).

53

Mahlberg, Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 209ff.; Seysen, Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 179ff.; Stacharowsky, Krim Journal 1985, S. 228ff. 54

Vgl. Ebert/Ehses/Foerster/Otto: „Lehrbuch für den Werkschutz und andere private Sicherheitseinrichtungen"; Ztoefc/ier, W+S-Information 1980, Heft 146, S. 12; Köhler, Die Polizei 1994, S. 49 (53); dahingehend auch Rössmann, Protector 1978, Heft 2, S. 8ff. 55 So Rupprecht, Die Polizei 1994, S. 46; Schriml, W+S 1980, S. 266; Schuster, Die Polizei 1989, S. 5ff.

60

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

Private Sicherheitsdienste sind institutionalisierte Träger der privaten Gefahrenabwehr, deren Aufgaben in dem Schutz des einzelnen vor Gefahren für Rechtsgüter, insbesondere vor Straftaten, Unfällen und anderen vielfach existenzbedrohenden Schicksalsschlägen liegen.

I I I . Privates Sicherheitsgewerbe Die Bedeutung des Begriffes „privates Sicherheitsgewerbe" ergibt sich unmittelbar aus der Definition der privaten Sicherheitsdienste. Z u m privaten Sicherheitsgewerbe gehören die privaten Sicherheitsdienste, die ihre Tätigkeit gewerblich ausüben, also das Bewachungsgewerbe und die Detektive. Zu definieren ist das private Sicherheitsgewerbe als gewerblicher, institutionalisierter Träger der privaten Gefahrenabwehr, deren Aufgaben in dem Schutz des einzelnen vor Gefahren für Rechtsgüter, insbesondere vor Straftaten, Unfällen und anderen, vielfach existenzbedrohenden Schicksalsschlägen liegen. Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß der Begriff „Privatpolizei" 5 6 für das private Sicherheitsgewerbe nicht verwendet werden sollte, da diese Bezeichnung irrigerweise auf polizeiliche Befugnisse des Gewerbes hindeutet und soweit in An- und Abführung gebraucht, 57 nur unnötigerweise einen Erklärungszwang hervorruft.

I V . Bewachungsgewerbe Der Begriff „Bewachungsgewerbe" ist in § 34a Abs. 1 GewO legaldefiniert. Danach übt ein Bewachungsgewerbe aus, „wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen w i l l " . Das Bewachungsgewerbe ist also die Gesamtheit der Unternehmen, die nach gewerberechtlicher Zulassung die Bewachung von Leben und/oder Eigentum gegen Zahlung anbieten. 58

56 Vgl. etwa schon den Titel des Aufsatzes von Lindenau, Deutsche Strafrechtszeitung 1921, Sp. 78. 57 Etwa bei Mahlberg, Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 209; Wehner, Kriminalistik 1980, S. 34. 58 Blum, W+S -Information 1985, Heft 162, S. 11. Das Bewachungsgewerbe kann also, da es an strengere gewerberechtliche Voraussetzungen gebunden ist, nicht vom

D. Begriffsbestimmungen

61

Als typische Vertreter gelten die Wach- und Schließgesellschaften. Allerdings gehen die von Unternehmen des Bewachungsgewerbes wahrgenommenen Aufgaben heutzutage weit über den ursprünglich betriebstypischen Wach- und Schließdienst hinaus. 59 Der Kanon der wahrgenommenen Aufgaben hängt zudem von der jeweiligen Sicherheitslage ab und ist demnach Schwankungen unterworfen. Beispielhaft lassen sich aus dem Dienstleistungsangebot von Bewachungsunternehmen nennen: Transportbewachung, Zugbegleitung, Personenschutz, Schutz von Industrieanlagen, Bewachung militärischer Anlagen, Alarmverfolgung, externe Datenträgerund Aktenlagerung, Fluggastkontrolle, Veranstaltungsdienste, Pförtnerund Empfangsdienste, Fahrzeugs-, Schiffs-, Baubewachung, Betreuung technischer Sicherheitseinrichtungen, Sicherheitsberatungen sowie Kurierdienste.

V. Auskunftsgewerbe Für die i m Gesetz lediglich in § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO erwähnten Auskunfteien und Detekteien findet sich in der Gewerbeordnung kein gemeinsamer Oberbegriff. Aufgrund der gleichen gewerberechtlichen Einordnung ist ein gemeinsamer Oberbegriff aber sinnvoll. Entsprechend der Legaldefinition als „Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse und persönliche Angelegenheiten" und den betriebstypischen Leistungen, können die Auskunfteien und Detekteien als „Auskunftsgewerbe" bezeichnet werden. Allerdings findet dieser Begriff bislang keine Verwendung. 60

Detektivgewerbe umfaßt werden. A. A. Vahle (NWB 1993, S. 1967 = Fach 30, S. 883): „Für die Tätigkeit des Bewachungsgewerbes -um einen Zweig der Detektivtätigkeit im weiteren Sinne zu nennen- ist die Vorschrift des § 34a GewO maßgebend." 59 Geerds, W+S-Information 1980, Heft 148, S. 171 (172); diese Aufgabenerweiterung spiegelt sich auch in der Namensänderung des betreffenden Berufsverbandes wider, der von „Zentralverband des Deutschen Bewachungsgewerbes" in „Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen" umbenannt wurde; vgl. Schammert, PFA I, S. 63 (64). 60 Bei Sieg/Leifermann/Tettinger (§ 34a Rdn. 2) werden Detekteien in Abgrenzung zum Bewachungsgewerbe als „Auskunftsgewerbe" bezeichnet.

62

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

V I . Auskunfteien Die Tätigkeit der Auskunfteien besteht nach der Legaldefinition des § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO in der „Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse und persönliche Angelegenheiten". In der Literatur 6 1 w i r d diese Legaldefinition dahingehend präzisiert, daß Auskunfteien Unternehmen sind, die gewerbsmäßig gegen Entgelt Auskünfte privater oder geschäftlicher Natur über Verhältnisse Dritter, insbesondere über deren Kreditwürdigkeit erteilen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Fakten zu ermitteln, diese systematisch zu sammeln, zu selektieren und zu Auskünften zu kombinieren. 6 2 Entsprechend ihrer betriebstypischen Leistung werden Auskunfteien auch als Kredit-, Wirtschafts- oder Handelsauskunfteien bezeichnet. 63 Die Begriffsbestimmung stellt allein auf die Auskunftserteilung als Tätigkeitsfeld der Auskunfteien ab, obwohl Auskunfteien regelmäßig noch andere Aufgaben, wie Mahn- und Inkassowesen oder Marktforschung, wahrnehmen. Dennoch ist an der obengenannten Begriffsbestimmung festzuhalten, denn der i m Gewerberecht vorgegebene Begriff „Auskunftei" knüpft allein an die Auskunftserteilung an. Die Nebenleistungen, wie etwa das Mahn- und Inkassowesen, unterliegen dagegen anderen rechtlichen Vorschriften, 6 4 sind also für den gewerberechtlichen Begriff der Auskunftei unerheblich.

V I I . Detekteien Eine Phänomenologie ist bei den Detekteien vor besondere Schwierigkeiten gestellt, wie sich noch angesichts des umfangreichen Tätigkeitsfeldes zeigen wird. 6 5 Dazu kommt, daß viele Detekteien aufgrund des schlechten Images in der Öffentlichkeit ihre Unternehmen nicht als Detektei bezeich-

61

Vgl. Geerds, W+S-Information 1980, Heft 148, S. 171.

62

Wobbe-Sahm y S. 6.

63

Poerting, S. 26; Wobbe-Sahm y S. 6.

64 So erfolgt etwa die Erteilung einer Inkasso-Erlaubnis durch die zuständigen Amts- oder Landgerichtspräsidenten nach dem Rechtsberatungsgesetz; vgl. Kap. 4 A II. 65

Vgl. Kap. 2 B I I 4 a.

E. Sonstige Vertreter auf dem Auskunftsmarkt

63

nen und ihnen zum Teil v ö l l i g neutrale Namen geben. 66 Das Detektivgewerbe ist ebenso wie das Auskunfteigewerbe in § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO als „Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse und persönliche Angelegenheiten" legaldefiniert. Diese Legaldefinition ist jedoch nicht sehr aussagekräftig. Der Begriff „Detektei" läßt sich auf das lateinische „detegere" (das Dach abdecken, aber auch enthüllen, aufdecken) zurückführen, was zwangsläufig an Lesage's hinkenden Teufel erinnert, 67 der auf diese Weise spionierte. Aus dem lateinischen Ursprung des Begriffes „Detektei" läßt sich jedenfalls entnehmen, daß Detektive enthüllend bzw. ermittelnd tätig werden. Nach einem überschlägigen B l i c k auf die weitere Tätigkeit von Detektiven kann ein Detektiv als Person bezeichnet werden, die in privatem Auftrag gewerbsmäßig Informationen beschafft, Auskünfte erteilt und dazu überwachend und ermittelnd tätig wird. Nach ihrem Tätigkeitsschwerpunkt lassen sich Privat- und Wirtschaftsdetektive, die ein umfangreiches Dienstleistungsprogramm anbieten, und Kaufhausdetektive unterscheiden, die allein zur Bekämpfung von Ladendiebstählen eingesetzt werden. Welche Aufgaben von Detekteien i m einzelnen wahrgenommen werden, wird sich aus der empirischen Untersuchung ergeben. 68

E. Sonstige Vertreter auf dem Auskunftsmarkt Über die Auskunfteien und Detekteien hinaus haben die Bedürfnisse verschiedener Interessengruppen, insbesondere aus dem Bereich der Wirtschaft, zur Gründung zahlreicher weiterer Organisationen auf dem Aus66

Wirsching, (Bd. 2, S. 53) hat in seiner empirischen Untersuchung unter anderem Bezeichnungen wie Sicherheitsberater, Sicherheitsbüro, Internationales Ermittlungsbüro, Ermittlungsbüro für Industrie und Wirtschaft, Wirtschaftsberatung, SecurityCenter, Sicherheitsservice, Gesellschaft für Sicherheitsberatung, Berater in Sicherheitsfragen, Wirtschaftsdienst, Sicherheitsdienste, Wach- und Sicherheitsgesellschaft, Informationsdienst oder Info-Partner festgestellt. In dem Grundwerk ausbildungsund berufskundlicher Informationen der Bundesanstalt für Arbeit finden sich unter der Nr. 791a (Detektiv(in) und zugehörige Berufe) immerhin 53 Benennungen für Ausübungsformen, Spezialisierungen und Aufstiegsmöglichkeiten. 67 Alain Rene' Le sage, französische Originalfassung: „Lediableboiteux",S. 126ff.; deutsche Übersetzung: „Der hinkende Teufel", S. 18ff.; vgl. dazu auch Wirsching, Kriminalistik 1957, S. 494. 68

Vgl. Kap. 2 B I I 4 a.

64

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

kunftsmarkt geführt. Bei den i m folgenden beispielhaft beschriebenen Organisationen steht die Abgrenzung gegenüber den Auskunfteien i m Vordergrund.

I. Kalenderauskunfteien Kalenderauskunfteien sind Unternehmen, die Adressen von meist lokalen, kleineren Auskunfteien oder solchen Personen vermitteln, die sich dem Käufer des Adreßbuches („Kalenders") gegenüber zur Auskunftserteilung bereit erklären, und an die sich die Interessenten direkt wenden können. 6 9 Die Kalenderauskunfteien geben ein Verzeichnis heraus, in dem von jedem Ort ab einer bestimmten Größe die Namen von Auskunftserteilern aufgelistet sind. 7 0 Kalenderauskunfteien geben folglich selbst keine Auskünfte. 7 1 Die Auskunftserteilung erfolgt durch die aufgeführten Auskunfteien und Korrespondenten. Der Anfragende schickt ihnen einen Fragebogen zu, den diese ausgefüllt oder mit einer kurzen Textauskunft versehen zurückschicken. Die Vergütung erfolgt durch Gutscheine, die die in Anspruch genommene Auskunftei in regelmäßigen Zeitabständen mit dem Herausgeber des Auskunfteikalenders abrechnet. Die sogenannte Kalenderauskunftei erstellt also lediglich den Auskunftskalender, veräußert die Gutscheine und fungiert als Abrechnungsstelle. 72 Damit sind Kalenderauskunfteien keine Auskunfteien i m Sinne der Gewerbeordnung. Die in § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO als Tätigkeit von Auskunfteien beschriebene „Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse und persönliche Angelegenheiten" erfolgt gerade nicht durch die Kalenderauskunftei, sondern die in dem Kalender aufgeführten Auskunftserteiler. Damit unterliegen die Kalenderauskunfteien nicht den aufgrund des § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO erlassenen landesrechtlichen Überwachungsvorschriften. Diese gelten vielmehr für die aufgeführten Auskunftserteiler. Die Kalenderauskunfteien, deren Name auf eine Auskunftei hindeutet und damit irreführend ist - geeigneter wäre die Bezeichnung Herausgeber von Aus69

Neumann, S. 21; Symann, S. 12; Trettner,

70

Windolph,

S. 14.

Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86

(90). 71

Neumann, S. 21; Symann, S. 12.

72 Wobbe-Sahm, S. 29; Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86 (90).

E. Sonstige Vertreter auf dem Auskunftsmarkt

65

kunfteikalendern -, sind folglich auch nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit.

I I . Kreditschutzgemeinschaften Kreditschutzgemeinschaften sind Zusammenschlüsse, die aufgrund einer Mitteilungspflicht ihrer angeschlossenen Mitglieder über Kreditinformationen verfügen und diese ihren Mitgliedern zugänglich machen. 73 Teilweise werden die Kreditschutzgemeinschaften den Handelsauskunfteien i m „weiteren Sinne" zugeordnet. Eine solche Einteilung, die Symann aus haftungsrechtlicher Sicht einführt und die von Neumann übernommen w i r d , 7 4 ist indes abzulehnen, denn als Ausgangspunkt der Begriffsbestimmung ist § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO heranzuziehen, in dem Auskunfteien vom Gesetzgeber als Gewerbe eingestuft werden. Kreditschutzgemeinschaften üben ihre Tätigkeit aber nicht gewerbsmäßig aus, da sie nicht in Gewinnerzielungsabsicht handeln. 75 Eine Bezeichnung der nichtgewerblichen Kreditschutzgemeinschaften als Handelsauskunfteien i m weiteren Sinne ist daher als Begriffsbestimmung contra legem abzulehnen. Die Gewerbsmäßigkeit ist für den Begriff der Auskunftei zwingendes Tatbestandsmerkmal. Die Arbeitsmethode der Kreditschutzgemeinschaften basiert auf dem Gegenseitigkeitsprinzip, das heißt, daß die einzelnen Mitglieder in regelmäßigen Abständen diejenigen Abnehmer melden, bei denen bestimmte Zahlungsschwierigkeiten auftreten. 76 Die eingegangenen Meldungen werden in der Geschäftsstelle der Kreditschutzgemeinschaft ausgewertet und karteimäßig bzw. datenverarbeitungsmäßig erfaßt oder in eine Kreditschutzliste aufgenommen. Die Kreditschutzgemeinschaften sichern die Wahrnehmung der Meldepflicht durch ihre Mitglieder, indem sie in den Satzungen Sanktionen für die Verletzung der Meldepflicht vorsehen. Bei 73

Anders Neumann (S. 22), die die Kreditschutzgemeinschaften auf branchengebundene Zusammenschlüsse beschränkt, was aber nicht gerechtfertigt ist, da sich bisher branchengebundene Organisationen zunehmend anderen Wirtschaftszweigen öffnen und des weiteren Fusionsbestrebungen erkennbar sind. 74

Symann, S. 13f.; im Anschluß an ihn auch Neumann, S. 23; vgl. auch Teske, Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, S. 105 (109f.). 75

Vgl. Kap. 6 A I.

76

Neumann, S. 22; Lingenberg, NJW 1954, S. 449.

5 Peilert

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

66

einigen Kreditschutzgemeinschaften gibt es sogenannte „Verpflichtungsscheine", in denen sich die Mitglieder zu Schadensersatzleistungen für den Fall schuldhaft falscher Meldung verpflichten. 7 7

1. Branchengebundene Kreditschutzgemeinschaften Branchengebundene Kreditschutzgemeinschaften, auch Brancheauskunfteien, Spezialauskunfteien oder Evidenzen genannt, sind Einrichtungen, die Mitteilungen von Mitgliedern eines bestimmten Verbandes oder aus einem bestimmten Unternehmensbereich sammeln, dieses Material sichten und ergänzen und es den Mitgliedern wiederum zur Verfügung stellen. 78 Häufig ist es so, daß branchengebundene Kreditschutzgemeinschaften i m Rahmen des Gesamtverbandes finanziert werden. 7 9 U m Auskunfteien handelt es sich bei den „Brancheauskunfteien" nur insoweit, als sie die Auskunfteileistungen als Gewerbe betreiben. Ist dies nicht der Fall, sind sie den Kreditschutzgemeinschaften zuzuordnen. Die branchengebundenen Kreditschutzgemeinschaften stellen in dem Wirtschaftszweig, den sie betreuen, eine starke Konkurrenz zu den Auskunfteien dar, zumal sich die Qualität ihrer Auskünfte dadurch verbessert hat, daß sie die Wahrnehmung der Meldepflicht nunmehr durch Sanktionen absichern, so daß ihnen keine wichtigen Informationen vorenthalten bleiben. 8 0 Beispiele für solche branchengebundenen Kreditschutzgemeinschaften sind in Deutschland Wadler & Co. in Bielefeld für den Bereich Holz, KasEnzer in Stuttgart für die Textilbranche, 8 1 die Delkrederestelle der deutschen Stahlindustrie und der Pforzheimer Creditorenverein für die Uhrenund Schmuckindustrie. 8 2 77

Hoene, S. 59.

78

Vgl. Grießbauer, S. 65.

79

Grießbauer, S. 67.

80

Hoene, S. 59; anders noch Grießbauer, S. 67, nach dem es sich nachteilig auf die Qualität der Auskünfte auswirkt, daß die Brancheauskunfteien keine Möglichkeit haben, Meldungen ihrer Mitglieder zu erzwingen, so daß ihnen wichtige Informationen vorenthalten bleiben können. 81

Vgl. Wobbe-Sahm, S. 30.

82

Teske, Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, S. 105 (109).

E. Sonstige Vertreter auf dem Auskunftsmarkt

67

2. Nicht branchengebundene Kreditschutzgemeinschaften, insbesondere Schufa Bei den Kreditschutzgemeinschaften, die an keinen bestimmten Wirtschaftszweig gebunden sind, handelt es sich zumeist um regional begrenzte Schutzgemeinschaften. Beispielhaft zu nennen ist etwa der Süddeutsche Gläubigerschutzverband. 83 Eine Ausnahme in Hinblick auf Größe und Bedeutung innerhalb der Kreditschutzgemeinschaften bildet die Schufa. Die Schufa ist eine Gemeinschaftseinrichtung der Kreditinstitute und der anderen kreditgebenden Wirtschaftszweige, deren Zielsetzung sich auf den Schutz der Anschlußfirmen vor Verlusten i m Kreditgeschäft und gleichzeitig auf den Schutz der Kreditnehmer vor einer übermäßigen Verschuldung erstreckt. 84 Die Schufa wird vielfach als Auskunftei bezeichnet. 85 Dies trifft aber nicht zu. Grundlegender Unterschied zwischen der Schufa und Auskunfteien ist, daß die Schufa-Organisationen ihre Tätigkeit nicht als Gewerbe ausüben. Schufa-Auskünfte sind anders als Auskünfte von Auskunfteien nicht frei verkäuflich, sondern werden ohne das für die Ausübung eines Gewerbes erforderliche Gewinnstreben zum Selbstkostenpreis allein an die Anschlußfirmen veräußert. I m Bereich des Auskunftsinhalts besteht der Unterschied darin, daß die Schufa-Organisationen nur Daten bzw. Nachrichten ohne wertende oder urteilende Zusätze weitergeben, während zu den betriebstypischen Leistungen bei den Auskunfteien gerade der Kreditbericht gehört. 8 6 Während die Auskünfte der Auskunfteien vor allem Wirtschaftsunternehmen und Einzelkaufleute betreffen, konzentriert sich die Schufa auf den Konsumentenkredit. Informationen über den Familienstand, die Anzahl der Kinder, das Einkommen, über Guthaben, Depotwerte oder sonstige Vermögensverhältnisse werden nicht gespeichert. 87 83 Nach Hoene (S. 49) hat der Süddeutsche Gläubigerschutzverband mehr als 1.500 Mitglieder. 84

van Hooven, Bank-Betrieb 1965, S. 145 (146).

85

Die Einordnung als Auskunftei findet sich in den unterschiedlichsten Publikationen. Vgl. 5. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 10.09.1992, LTDrucks 13/2650, S. 13; Brockhaus, Bd. 2, Stichwort „Auskunftei", S. 346; Gola/Wronka, S. 116; Müller/Wabnitz, S. 42 (2. Aufl.), nicht übernommen in 3. Aufl., S. 102f.; Ruhmann, S. 205; Seidel, S. 9; Simon, NJW 1979, S. 265 (266); test 9/85, S. 795 (796); FAZ vom 09.06.1990, S. 15. 86

Vgl. Poerting, S. 24.

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

68

Die Arbeitsweise basiert auf dem Gegenseitigkeitsprinzip, das heißt, der vertraglichen Verpflichtung der Schufa, Auskünfte zu erteilen, steht die Verpflichtung der Vertragspartner gegenüber, der Schufa Informationen zur Verfügung zu stellen. Gemeldet werden die abgeschlossenen Verträge unter Angabe von Höhe und Laufzeit des Kredits sowie gegebenenfalls Erfahrungen über die Abwicklung. A u f diese Weise werden alle von den Mitgliedern abgeschlossenen Kreditverträge erfaßt, so daß auf Anfrage mitgeteilt werden kann, ob der potentielle Kreditnehmer früher getätigte Ratengeschäfte ordnungsgemäß abgewickelt hat oder ob er bei anderen Unternehmen noch Ratenverpflichtungen erfüllen muß. 8 8 Eigene Erkundigungen führt die Schufa nur in bezug auf behördliche Mitteilungen, wie etwa die öffentlichen Schuldnerverzeichnisse der Gerichte, durch. 8 9 Auskunftsberechtigte Anschlußfirmen der Schufa können Kreditinstitute, Leasinggesellschaften, Einzelhandelsunternehmen, einschließlich des Versandhandels, Kreditkartengesellschaften und sonstige Unternehmen sein, die gewerbsmäßig Geld- oder Warenkredite an Konsumenten geben. 90 Auskünfte erteilt die Schufa nur, wenn ein Vertragspartner Informationen über Personen i m Zusammenhang mit der Aufnahme eines Geldoder Warenkredites, der Eingehung einer Bürgschaftsverpflichtung, dem Abschluß eines Kreditvertrages, eines Mobilien-Leasinggeschäftes oder eines wirtschaftlich gleichzusetzenden Mietkaufs oder der Eröffnung eines Girokontos benötigt. 9 1 Des weiteren werden von der Schufa auch Nachmeldungen erteilt, wenn während der Laufzeit eines Kredits eine neue Verbindlichkeit eingegangen wird, die eine bestimmte Höhe übersteigt, oder Negativmerkmale bekannt werden. 9 2

87

Vgl. Geschäftsbericht der Bundes-Schufa 1986, S. 5.

88

Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86 (91).

89

Vgl. Geschäftsbericht der Bundes-Schufa 1986, S. 5.

90

Vgl. Geschäftsbericht der Bundes-Schufa 1986, S. 4; unter „Konsumenten" sind hier Privatpersonen zu verstehen, die Kredite aufnehmen, ausgenommen solche für berufliche oder gewerbliche Zwecke. 91

Geschäftsbericht der Bundes-Schufa 1986, S. 4.

92 van Hooven, Bank-Betrieb 1965, S. 145 (146); Hendriks, S. 199 (202).

ZHR 149 (1985),

E. Sonstige Vertreter auf dem Auskunftsmarkt

69

Zwar führen die Schufa-Organisationen ihre Geschäfte unter dem Gesichtspunkt der Gemeinnützigkeit und ohne Gewinnstreben, sie erheben jedoch zur Kostendeckung Gebühren, die wegen der Massenhaftigkeit jedoch recht günstig sind. So kostet eine Auskunft zwischen einer und über zwei D M . 9 3 Die Schufa ist mit jährlich 30 M i l l i o n e n Auskünften und 36 Millionen sogenannten Personal-Stammdaten die größte private Datenbank Deutschlands. 94 Der Bundes-Schufa, der „Vereinigung der Deutschen Schutzgemeinschaften für allgemeine Kreditsicherung e. V . " in Wiesbaden, gehören 13 regionale Schufa-Gesellschaften an, die in der Rechtsform der GmbH betrieben werden und insgesamt 34 Geschäftsstellen unterhalten. 95

I I I . Sonstige Informationsstellen Neben den genannten Kalenderauskunfteien und den verschiedenen Kreditschutzgemeinschaften gibt es noch eine Vielzahl von Institutionen, die durch ihre Informations- und Beratungstätigkeit in Konkurrenz zu Auskunfteien und Detekteien treten. Insbesondere die Organe der freiwilligen Selbsthilfe nehmen vielfach gleichartige Aufgaben wahr wie die gewerblichen Anbieter. So sammelt beispielsweise der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität Material über das Geschäftsgebaren von "Schwindelfirmen" und erteilt diesbezüglich Auskünfte. 9 6 Pro Honore, Verein für Treu und Glauben i m Geschäftsleben e. V. erteilt jedermann, der ein berechtigtes Interesse nachweisen kann, Auskunft über die Seriosität von Personen, Personenvereinigungen und Unternehmen. Dazu unterhält Pro Honore ein spezielles Archiv, das nach eigenen Angaben 9 7 etwa 40.000 Einzelangaben enthält. Pro Honore steht nicht nur Mitgliedern, sondern auch dem anfragenden Bürger und den mit dem Verein zusammenarbeitenden staatlichen

93

F A Z vom 31.10.1990, S. 18.

94

Vgl. Müller von Blumencron, Capital 1990 Nr. 9, S. 300 (304f.); FAZ vom 31.10.1990, S. 18. 95

Mallmann, S. 94.

96

Kisseier, S. 14.

97

Schreiben an den Verfasser vom 27.11.1990.

70

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

Stellen zur Verfügung. Überschneidungen mit den gewerblichen Auskunfteien ergeben sich hier also sowohl i m Aufgabenbereich als auch beim Kundenkreis. Die Auskunftsstelle über den Versicherungsaußendienst ( A V A D ) hat die Aufgabe sicherzustellen, daß nur vertrauenswürdige Personen i m Versicherungsaußendienst tätig sind. Hierzu unterhält sie einen Auskunftsverkehr mit allen Versicherungsgesellschaften i m Bundesgebiet, die ihr über alle ausgeschiedenen Außendienstmitarbeiter formularmäßige Auskünfte zusenden, die bei späteren Bewerbungen auf Anfrage an andere Unternehmen der Versicherungsbranche weitergegeben werden. Auch Kreditinstitute erteilen als sogenannte Bankauskünfte Informationen über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Kunden und üben demzufolge eine der gewerblichen Auskunftserteilung ähnliche Tätigkeit aus. 98 Bankauskünfte erhalten nur die eigenen Kunden sowie andere Kreditinsitute für deren Zwecke und die ihrer Kunden; auch sie werden nur erteilt, wenn der Anfragende ein berechtigtes Interesse an der gewünschten Auskunft glaubhaft darlegt. 99 Hauptinformationsquelle für die Bankauskünfte ist die kundenbetreuende Abteilung des Geldinstituts. U m weitergehende Informationen zu erhalten, werden aber auch Korrespondenz-Banken, gegebenenfalls sogar i m Ausland, eingeschaltet. 100 Genannt werden können noch die Herausgeber von Referenzbüchern, die auf dem deutschen Auskunftsmarkt allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen. 1 0 1 Referenzbücher sind periodisch erscheinende Veröffentlichungen, in denen - meist in verschlüsselter Form - wirtschaftliche Informationen über lokale Firmen und Kaufleute abgedruckt sind. 1 0 2 Als Informationsstellen i m Bereich der Kreditbewertung sind schließlich die sogenannten „Ratingagenturen" zu nennen, deren Dienstleistung in der Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Anbieter von Wert-

98

Ebenso Symann, S. 11.

99

Ferch, S. 6.

100

Fercky

101

Neumann, S. 22; Symann y S. 11.

102

Definition bei Neumann, S. 22f. und Symann y S. 11.

S. 7, 11.

E. Sonstige Vertreter auf dem Auskunftsmarkt

71

papieren besteht, damit diese auf dem Kapitalmarkt tätig werden können. Die ständige aktualisierten „Ratings" (Bonitätseinstufungen) sollen dem Wertpapieranleger Anhaltspunkte über die Sicherheit eines Investments gegenüber Ausfallrisiken geben. I n immer stärkerem Maße engagieren sich private Informationsanbieter unter Ausnutzung der modernen Computer- und Kommunikationstechnologie auf dem Auskunftsmarkt. So bietet ein privates Unternehmen über Datex P die M ö g l i c h k e i t an, i m Handelsregister zu recherchieren. Seit 1985 wurden dazu Daten aus dem Bundesanzeiger in die private Datenbank gespeichert. Ebenfalls über Datex P können Mitteilungen über Konkurse und Vergleiche eingeholt werden. Möglich ist etwa auch die Suche nach Unternehmensbeteiligungen lediglich unter der Namensangabe des Betreffenden. Als Konkurrenz zu den Detekteien i m Bereich von Information und Beratung zu sicherheitsrelevanten Themen sind die Vereine und Verbände für innerbetriebliche Sicherheit zu nennen. Diese Einrichtungen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die innerbetriebliche Sicherheit in ihren M i t gliedsfirmen durch Information und Beratung sowie durch Ausbildung ihrer Mitarbeiter zu verbessern. 103 So bietet die Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft mit ihren Regionalverbänden Seminare und Lehrgänge zu den Themen Praxis des Ermittlungsdienstes, Spurensicherung, Observation i m Privatbereich, Maßnahmen gegen Ladendiebstahl und Schutz von Betriebsgeheimnissen an. 1 0 4 Des weiteren werden die Mitglieder der Vereinigung kostenlos beraten zu den Themenkomplexen Abwendung der Kriminalität in den Betrieben, Maßnahmen gegen Überfälle auf Geldinstitute und -transporte, Vorbeugung gegen den Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Planungen von vorbeugendem Brand- und Katastrophenschutz, Maßnahmen bei der Androhung von Brand- und Sprengstoffanschlägen, Zielsetzungen politisch radikaler Kräfte gegen Unternehmer und Betriebe, Schutz von Betriebsanlagen und gefährdeten Räumen sowie Fragen zur Organisation des Werkschutzes. Darüber hinaus werden bei schwierigen aktuellen Gefährdungslagen erfahrene Spezialisten aus allen Sicherheitsbereichen zur Hilfeleistung

103 104

Groß/Geerds, § 25 I I I 1 b (S. 494f.).

Beispiele aus dem Aus- und Fortbildungsprogramm 1990 der Vereinigung für Sicherheit in der Wirtschaft e. V. im Bereich Hessen, Saarland, Rheinland-Pfalz, S. 3ff.

72

1. Kap.: Das Auskunftsgewerbe im System privater Gefahrenabwehr

vermittelt. 1 0 5 Diese Arbeitsgebiete gehören auch zum klassischen Betätigungsfeld der Detekteien. In direkter Konkurrenz zu der Tätigkeit der Detekteien steht auch der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes, der sich lange Zeit insbesondere bei der Suche nach vermißten deutschen Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg und aktuell bei der Ermittlung unterhaltspflichtiger Väter engagiert.

105 Schreiben des Geschäftsführers der Vereinigung für Sicherheit in der Wirtschaft e. V. im Bereich Hessen, Saarland, Rheinland-Pfalz an den Verfasser vom 12.11.1990.

Zweites Kapitel

Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes Die Darstellung der historischen Entwicklung von Auskunfteien und Detekteien soll aufzeigen, wie sich die Auskunftsunternehmen von ihrer Entstehung bis zu ihrem heutigen Erscheinungsbild entwickelt haben. Neben den einschneidenden historischen Ereignissen wird daneben auf gewichtige Änderungen der Rechtslage und auf Besonderheiten der Stellung von Auskunfteien und Detekteien in der Gesellschaft eingegangen. Zu untersuchen ist aber insbesondere, ob sich ein Wandel im Aufgabenbereich der Auskunftsunternehmen vollzogen hat. Dies kann Anlaß zu der Prüfung sein, ob die gegenwärtige Rechtslage dem heutigen Erscheinungsbild von Auskunfteien und Detekteien noch gerecht wird. 1

I . Auskunfteien So lange ein Handel zwischen Geschäftsleuten besteht, so lange besteht auch das Bedürfnis, sich über Zuverlässigkeit und Bonität des möglichen Geschäftspartners zu informieren. I m Zuge der sich wandelnden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der fortschreitenden Technik stiegen die Anforderungen hinsichtlich Qualität und Quantität dieser Informationen, so daß sich auch das Auskunftswesen weiterentwickelte. Die Entstehung der ersten gewerbsmäßigen Auskunfteien ist folglich untrennbar mit dem Beginn des modernen Wirtschaftslebens verbunden.

1 Vgl. Kap. 7 B I 2, 3.

74

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

1. Von der Entstehung des Auskunftsbedarfs zur Entstehung der organisierten Auskunftserteilung Als erster historischer Anknüpfungspunkt einer organisierten Auskunftserteilung wird die Aufstellung eines Verzeichnisses deutscher Schuldner durch den Rat der Zehn i m Jahre 1495 in Venedig angesehen.2 Wer nicht in diesem Schuldnerverzeichnis aufgeführt war, galt als solvent. Allerdings darf die Bedeutung dieses Schuldnerverzeichnisses für die historische Entwicklung des Auskunfteiwesens nicht überschätzt werden, denn zum einen ging die Aufstellung der Liste von einer staatlichen Initiative 3 aus und zum anderen blieb es bis zur Neuzeit dabei, daß sich die Kaufleute zur Informationsgewinnung der Nachfrage bei Geschäftsfreunden oder Referenzen des Geschäftspartners bedienten. So dauerte es auch noch über 300 Jahre bis zur Gründung der ersten Auskunftei im heutigen Sinne. Es ist jedoch bemerkenswert, daß schon im Spätmittelalter die Notwendigkeit einer Kontrolle der Kreditwürdigkeit erkannt worden ist, daß schon damals die persönlichen Verbindungen des einzelnen Kaufmanns allein als vielfach nicht ausreichend angesehen wurden und daß aufgrund dessen öffentliche Organe ihre größeren organisatorischen Möglichkeiten in den Dienst der Auskunftserteilung stellten. 4 Dennoch war die historische Entwicklung von etwa 1500 bis 1800, also der frühen Neuzeit, durch die sogenannten geschäftsfreundlichen Auskünfte geprägt. 5 Als geschäftsfreundliche Auskünfte 6 bezeichnet man Auskünfte,

2

Vgl. etwa Kieschke, S. 3; Neumann, S. 34; Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskünfteiwesen", S. 86. 3 Der Rat der Zehn war in der Republik Venedig eines der fünf Gremien der Staatsführung. Aufgaben des Rates der Zehn waren unter anderem die Verhinderung und Aburteilung von Verschwörungen gegen die Sicherheit des Staates und den verschiedensten Verbrechen, aber auch die Kontrolle der anderen vier Gremien der Staatsführung, die Verwaltung einer Sonderkasse für Geheimausgaben, die Leitung der Dogenkanzlei sowie die Oberaufsicht über die Waldgebiete und Bergwerke (Kurowski, S. 127f.; Maus/von MondfeldS. 202). Damit vereinigte der Rat der Zehn Aufgaben eines Verfassungsorgans, eines höchsten Gerichtes, eines Geheimdienstes, einer Polizei- und Ordnungsbehörde sowie der Staatsanwaltschaft in sich. 4

Vgl. Schmitt, S. 30.

5

Neumann, S. 34; Rohe, S. 3ff.; Trettner,

6

S. 3.

Gegensatz sind die berufsmäßigen Auskünfte, die eben von Auskunfteien erteilt werden.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

75

die entweder durch Nachfrage bei Geschäftsfreunden eingeholt werden oder durch von der Gegenpartei angegebene Referenzen erteilt werden. 7 Diese geschäftsfreundlichen Auskünfte stellen eine wichtige Stufe in der Entwicklung vom Auskunftsbedarf zur Entstehung der organisierten Auskunftserteilung dar. Ein solcher Auskunftsbedarf bestand solange nicht, wie der einzelne nur für seinen eigenen Bedarf produzierte, beziehungsweise Tauschwirtschaft vorherrschte. Eigenbedarfsproduktion und Tauschwirtschaft verloren jedoch an Bedeutung. A n ihre Stelle traten der Distanz- und der Kreditkauf. Die damit verbundene Ausdehnung des Handelsverkehrs brachte es mit sich, daß der persönliche Kontakt zwischen den Geschäftspartnern zunehmend verloren ging. Die Folge war, daß ein Kaufmann die finanziellen und persönlichen Verhältnisse seiner Geschäftspartner nicht mehr selbst einschätzen konnte. 8 U m sein Kreditrisiko möglichst gering zu halten, mußte er sich an Geschäftsfreunde wenden oder die Kunden um Referenzen bitten. Doch mangelnde Objektivität der geschäftsfreundlichen Auskünfte 9 und die Tatsache, daß der Auskunfterteilende ausschließlich seine eigene Erfahrungen berichten konnte, ließen im Kaufmannsstand das Bedürfnis nach einer Institution entstehen, die ohne eigenes Konkurrenzinteresse die erforderlichen Erkundigungen in großer Zahl selbständig beschaffte und gegen Entgelt zur Verfügung stellte. 10 Eine solche Institution sollten die gewerbsmäßigen Auskunfteien werden. Ihre Entstehung ist also entscheidend mit der Entstehung des modernen Wirtschaftsverkehrs, insbesondere des Kreditwesens, verbunden.

7

Definition bei Trettner,

8

Trettner,

S. 2.

S. 1; Wobbe-Sahm, S. 12.

9

Schulz (TW 1970 Nr. 2, S. 11) beschreibt dies zutreffend folgendermaßen: „Die früheren Gefälligkeitsauskünften waren oft ebensoviel wert, wie dafür bezahlt wurde, nämlich nichts." Noch drastischer äußert sich Wilhelm Schimmelpfeng (aus Vorbemerkung zu Kieschke: Die Auskunftei und der Kreditbericht): „Die geschäftsfreundliche Empfehlung und Warnung der Konkurrenz gleicht der Weinflasche, die Petroleum enthielt und im Kreise der Zigeuner ihren Rundgang machte. Jeder trank daraus auf Empfehlung seines Vordermannes, aber jeder nahm sich auch vor, bei nächster Gelegenheit Vergeltung zu üben." 10

Vgl. Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunftei wesen", S. 86.

76

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

2. Die Gründung der ersten Auskunfteien I m Ausland setzte die Errichtung von Auskunftsbüros früher ein als in Deutschland. So wurde die weltweit erste gewerbsmäßige Auskunftei in England, dem damals i m Welthandel führenden Staat, gegründet. Aus statistischer Liebhaberei legte ein Kaufmann namens Perry eine Liste aller zu seiner Kenntnis gelangenden Konkurse, Gerichtsurteile und geschäftlicher Vorkommnisse an. 11 1830 eröffnete er schließlich unter der Firma Perry's Original Bankrupt And Insolvent Registry Office in London ein Auskunftsbüro und stellte seine gesammelten Informationen gegen Entgelt zur Verfügung. 1838 wurde mit dem Comptoir Th. Eckel das erste Auskunftsinstitut der Schweiz gegründet. 12 Es ist heute noch in Frankreich, Belgien und Holland vertreten und somit die älteste derzeit noch bestehende Auskunftei. Das erste amerikanische Auskunftsbüro eröffnete 1841 der New Yorker Anwalt Lewis Tappan, nach dem er zuvor in den Südstaaten bezahlte Informanten für sein Unternehmen geworben hatte. 13 Dieses Auskunftsbüro wurde 1859 von R. G. Dun übernommen. Dun schuf ein Unternehmen mit einem dichten Netz von Büros, die sich mehr und mehr auch im Ausland etablierten und begründete damit den Weltruf des Unternehmens. 14 Als zweite große amerikanische Auskunftei wurde 1849 die Bradstreet Company gegründet, die 1879 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Die darauf zurückzuführende hohe Kapitalausstattung verhalf der Bradstreet Company zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung. 1930 erfolgte der Zusammenschluß von Bradstreet Company mit der R. G. Dun & Co. zur Dun & Bradstreet's Inc. Dun & Bradstreet gilt heute als größte Auskunftei der Welt. 1 5 In Frankreich wurde 1857 die Sürete de Commerce gegründet, die aus einer in Konkurs geratenen Versicherungsgesellschaft hervorging. 16

11

Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86.

12

Neumann, S. 39.

13

Wobbe-Sahm, S. 15; vgl. auch Geyer, S. 16 und Stets, S. 18.

14

Trettner,

15

Wobbe-Sahm, S. 15.

16

Grießbauer, S. 38; Tiedemann/Sasse,

S. 6f.

S. 34.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

77

1862 entstand in den Niederlanden die Auskunftei Wys Muller & Co., die ihre Tätigkeit auch auf Deutschland ausdehnte.17 Bemerkenswert ist, daß die Auskunftei-Gründungen in den einzelnen Ländern innerhalb einer kurzen Zeitperiode stattfanden und dies zunächst ohne jede Kenntnis voneinander. 18 Daran zeigte sich einerseits die Notwendigkeit der gewerbsmäßigen Auskunftserteilung für das Wirtschaftsleben, andererseits ist die zeitliche Abfolge der Unternehmensgründungen ein Gradmesser für die wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Ländern.

3. Die Gründung der ersten Auskunfteien in Deutschland Das erste Auskunftsbüro in Deutschland wurde 1860 gegründet. A m 1. A p r i l des Jahres versandte der Stettiner Makler Salomon ein Rundschreiben, in dem er auf die Eröffnung seines „Erkundigungsbureaus zur Wahrung kaufmännischer Interessen für Stettin und die Provinz Pommern" hinwies. 19 Allerdings erlangte dieses Auskunftsbüro nur lokale Bedeutung. 1862 folgte das Büro „Lesser & Liman, Bureau für Auskunft über Geschäfts- und Kreditverhältnisse". 2 0 Ein früherer Angestellter dieses Unternehmens, Wilhelm Schimmelpfeng, machte sich selbständig und gründete 1872 in Berlin und Frankfurt/M. das Auskunfts- Und Kontroll-Bureau Über Geschäftliche, Insbesondere Kreditverhältnisse von W. Schimmelpfeng. 21 1888 wurde das Unternehmen in Auskunftei W. Schimmelpfeng umbenannt und firmiert seit 1972 als Schimmelpfeng GmbH. 2 2 1888 entstand auch der Begriff „Auskunftei", nachdem der Germanist von PfisterSchwaighusen von Wilhelm Schimmelpfeng den Auftrag erhalten hatte, die Tätigkeit der gewerbsmäßigen Auskunftserteilung mit einer geeigneten Bezeichnung von der lange Zeit üblichen geschäftsfreundlichen Aus17

Grießbauer, S. 38; Neumann, S. 37.

18

Geyer, S. 15.

19 Diese präzise Beschreibung gibt Grießbauer (S. 38); ebenso Rohe, S. 7; Geyer (S. 17) und Stets (S. 20) datieren das Gründungsdatum auf 1859; Poerting (S. 18) und Wobbe-Sahm (S. 16) geben 1862 an. 20

Grießbauer, S. 38f.; Neumann, S. 38.

21

Rohe, S. 8; Wobbe-Sahm, S. 16; Windolph, Kreditwesen 1972, S. 1032.

22

Neumann, S. 38.

78

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

kunftserteilung abzugrenzen. Aus den Worten „Auskunft" und „Kauffahrtei" entstand so als sprachliche Neuschöpfung der Begriff „Auskunftei". Schimmelpfeng gelang es nicht, die Bezeichnung für sein Unternehmen zu schützen, vielmehr hat sich der Begriff sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch als auch in der Fachsprache durchgesetzt. 23 Nicht nur die Begriffsbildung, sondern auch der Aufstieg des deutschen Auskunfteiwesens ist eng mit der Person Wilhelm Schimmelpfengs verbunden. 24 Er setzte sich einerseits gegen gesellschaftliche Vorbehalte gegenüber dem Auskunfteiwesen und für Verbesserungen der rechtlichen Rahmenbedingungen ein und baute andererseits sein Unternehmen zur führenden Auskunftei auf dem Kontinent auf. 1938 erfolgte ihr Zusammenschluß mit der Firma „Deutsche Auskunftei vormals R. G. Dun & Co. GmbH". 2 5 I m März 1879 gründeten Mainzer Kaufleute den „Verein Barzahlung", weil sie zunächst der Auffassung waren, den Kreditmißbrauch nur durch Abschaffung der Kreditwirtschaft bekämpfen zu können. 2 6 Bereits im August desselben Jahres erfolgte jedoch eine Kurskorrektur, da man erkannte, daß das Kreditwesen ein notwendiger Bestandteil des modernen Wirtschaftslebens war und somit nicht die Beseitigung der Kreditwirtschaft, sondern deren Schutz zur Aufgabe gemacht werden mußte. Demzufolge wurde auch der Name in „Verein Creditreform - zum Schutz gegen schädliches Kreditgeben" geändert. 27 Nach der ersten Vereinsgründung in Mainz folgten weitere Vereinsgründungen in verschiedenen deutschen Städten, und 1883 schlossen sich 15 Vereine zum Verband der Vereine Creditreform zusammen. 28 1885 wurde in Berlin die „Handelsauskunftei Martin Bürgel" gegründet. Für Martin Bürgel's Plan, eine überregionale Organisation aufzubauen, fehl23

Vgl. H. Schimmelpfeng, Handbuch, S. 17; Trettner,

24

Tiedemann/Sasse, kunfteiwesen", S. 86. 25

S. 35; Windolph,

S. 5; Wobbe-Sahm, S. 6f.

Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Aus-

Grießbauer, S. 39; Wobbe-Sahm, S. 17.

26

Neumann, S. 38; Sölter/Rödl (FS Creditreform, S. 43) formulieren dies prägnant mit den Worten: „Die Gründer der Organisation Creditreform schössen mit der Gründung eines 'Verein Barzahlung* und der Forderung nach Abschaffung des Kredits zunächst über das Ziel hinaus." 27

Groß/Geerds,

28

Wobbe-Sahm, S. 18.

§ 25 I I I 1 a (S. 493); Neumann, S. 38.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

79

te Kapital, so daß in den Jahren 1859 bis 1903 die Auskunftei bezirksweise verkauft wurde. Damit wurde die Basis für die heute noch existierende dezentralisierte Organisation mit selbständigen Kaufleuten als Leitern der örtlichen Auskunfteistellen geschaffen. I m Jahre 1903 schlossen sich diese örtlichen Auskunfteistellen zur Centrale des Kartells der Auskunfteien Bürgel GmbH zusammen, deren Firmenbezeichnung 1946 in „Vereinigte Auskunfteien Bürgel und Auskunftei Bürgel Centrale GmbH" geändert wurde. 29

4. Anfangsprobleme der organisierten Auskunftserteilung Die Tätigkeit der Auskunfteien war von Anfang an in der Öffentlichkeit unter dem Gesichtspunkt des Eingriffes in die Privatsphäre massiven Angriffen ausgesetzt, die insbesondere auf Mängel der Anfangszeit zurückzuführen waren. 30 Dabei schoß die Kritik an dem Auskunfteiwesen vielfach über das Ziel hinaus. Beispielsweise wurden Auskunfteien „vom ethischen Standpunkt betrachtet, unter dem Straßenräuber, und hinsichtlich der Gemeingefährlichkeit noch über demselben" angesiedelt. 31 Die Rechercheure wurden als „vorzugsweise heruntergekommene, moralisch defecte Individuen" bezeichnet 32 und aus der Kritik folgte schließlich der Vorschlag, das gesamte Auskunfteiwesen zu verstaatlichen. 33 I m Gegenzug wurden Gegner und Kritiker des Auskunftswesens als „Streber und Dilettanten" 34 und „dreiste wie gewissenlose Verleumder" 35 bezeichnet.

29

Wobbe-Sahm, S. 17.

30 W. Schimmelpfeng, S. 7ff.; Tiedemann/Sasse, Handbuch, S. 287.

S. 36; vgl. auch H. Schimmelpfeng,

31

Adamski, S. 49; vgl. auch dens., S. 8: „gemeinschädlicher Unsinn"; S. 9: „lichtscheue, gemeinschädliche Institute"; S. 9, 72 und 115: „Krebsschaden". 32

Adamski, S. 11 und ders., S. 10: „Die Rechercheure rekrutiren sich zumeist aus der Klasse Deijenigen, die ihren Beruf verfehlt und im Leben Schiffbruch erlitten haben, z. B. aus weggejagten Schreibern, stellenlosen Handlungsdienern, bankerotten Kaufleuten, verkommenen Genie's, ausgesungenen Sängern, ausgezeichneten Zeichnern..." und auf S. 14 ebenfalls über Rechercheure: „Ein etwas reducirt aussehender Mensch...". 33

Adamski, S. 113.

34

W. Schimmelpfeng, S. 8.

80

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes Bedenken gegen die T ä t i g k e i t der A u s k u n f t e i e n bestanden auch a u f staat-

l i c h e r Seite. So prüfte das Preußische H a n d e l s m i n i s t e r i u m bereits 1872 die Z u l ä s s i g k e i t der A u s k u n f t e i e n . 3 6 N a c h einer s t i c h p r o b e n a r t i g e n

Unter-

suchung i m Jahre 1912 hatten v o n 228 der insgesamt e t w a 1.000 A u s kunfteiinhaber 138 Inhabern den Offenbarungseid geleistet, 85 waren unpfandbar u n d l e d i g l i c h 5 waren als zahlungsfähig einzustufen. 3 7 D i e Folge war, daß die Zentrale zur B e k ä m p f u n g v o n S c h w i n d e l f i r m e n eine W a r n u n g v o r den W i r t s c h a f t s a u s k u n f t e i e n herausgab. 3 8 D i e s w i e d e r u m r i e f erste Reformbestrebungen der seriösen A u s k u n f t e i e n hervor. Änderungsvorschläge betrafen unter anderem die Gewerbeordnung, die i m H i n b l i c k auf die u n z u r e i c h e n d e n Voraussetzungen, unter denen zahlreiche A u s k u n f t e i e n gegründet u n d betrieben w u r d e n , zu reformieren sei. Es gab aber auch E i n g a b e n an den Reichstag, die eine A u s d e h n u n g der Rechte der A u s k u n f teien z u m I n h a l t hatten u n d etwa die Erschließung u n d Sicherung a m t l i c h e n Materials für die Auskunftserteilung forderten. 3 9

35

W. Schimmelpfeng, S. 16; vgl. dens. S. 7: „Wenn ich die Schar überblicke, die sich gewöhnlich bei Angriffen gegen die Auskunftsbureaus zusammenfindet, so sehe ich ein wunderliches Bild, das sich aus Rachsucht und blasser Furcht, Bosheit und Leichtsinn, Verleumdungssucht und Unkenntniss, Berechnung und Naivetät zusammensetzt."; S. 7f.: „Ganz besonders verbittert zeigen sich die Agenten untersten Schlages, jene Schaar unreifer Streber und gescheiterter Existenzen, die, aus den verschiedensten Gesellschaftskreisen heraus sich rekrutierend, jede Erkundigung über ihre Vertrauenswürdigkeit und Brauchbarkeit als persönliche Beleidigung empfinden und die bei dem Gedanken an eine Controle der Geschäftsabschlüsse, welche sie provisionsbedürftig ohne Rücksicht auf das Risico ihrer Häuser eingefädelt haben, völlig ausser sich gerathen", S. 9. „Ich würde in der Aufzählung der Gegner nicht vollständig verfahren, wenn ich nicht auch jene Gattung streifte, welche, ohne sich eigene Gedanken zur Sache zu machen, ihre Freude an jedem Scandal hat, aus dem sie ihrer Gedankenarmuth und geistigen Impotenz am Biertisch einige Phrasen zuzuführen liebt...und wenn ich nicht noch zu allerletzt erwähnte, dass auch der Antisemitismus es sich nicht entgehen lässt, auf diesem Gebiete zuweilen eine kleine Hetze aufzuführen." 36 H. Schimmelpfeng, Handbuch, S. 80; in Österreich wurde die kaufmännische Auskunftserteilung sogar vor der Einführung der Konzessionierung im Jahre 1885 von den Behörden als unzulässiges Gewerbe angesehen; ebenda, S. 43. 37

Bücken, S. 90.

38

Bücken, S. 18ff.

39

Sölter/Rödl,

FS Creditreform, S. 23 (60).

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

81

5. Der Rückschritt durch den Ersten Weltkrieg Der Erste Weltkrieg bedeutete für die Auskunfteien einen starken Rückschlag, da die Handelstätigkeit abnahm und damit der Auskunftsbedarf sank. Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, daß die großen Handelsauskunfteien während des Ersten Weltkrieges als Betriebe eingestuft wurden, die mit volksversorgungswichtigen Arbeiten im Sinne des § 2 Hilfsdienstgesetz 40 beschäftigt sind. Das Hilfsdienstgesetz hatte die Erfassung und Mobilisierung aller Arbeitskräfte zum Ziel und führte dazu in § 1 eine Arbeitspflicht für alle Männer vom 17. bis zum 60. Lebensjahr ein, soweit sie nicht zum Wehrdienst einberufen waren. 41 Diese Arbeitspflicht war in sogenannten „Einrichtungen des Hilfsdienstes" zu erfüllen, zu denen gemäß § 2 neben Behörden, behördlichen Einrichtungen, der Kriegsindustrie, der Land- und Forstwirtschaft, der Krankenpflege, kriegswirtschaftlicher Organisationen jeder Art auch solche Betriebe gezählt wurden, die „für Zwecke der Kriegsführung oder der Volksversorgung unmittelbar oder mittelbar Bedeutung haben". In diese Gruppe wurden auch die Auskunfteien eingeordnet, die somit zumindest einen gewissen Personalstand halten konnten. Drastischer waren die unmittelbaren Kriegsfolgen für die Auskunfteien, denn die ausländischen Filialen wurden weitgehend beschlagnahmt und die Archive größtenteils vernichtet. 42 Vernichtet wurde durch den Krieg auch ein großer Teil des Auslandsvermögens deutscher Auskunfteien, und der Versailler Vertrag untersagte ihnen die Errichtung von Filialen in den sogenannten Entente-Ländern. 43

6. Die Zeit der Weimarer Republik Neben den Beschränkungen durch den Versailler Vertrag erschwerten auch die auf den Ersten Weltkrieg folgenden Inflationsjahre den Wieder-

40

Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 05.12.1916 (RGBl I 1917, S. 1333). 41

Dazu ausführlich: Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 5, S. 101 bis 115.

42

Neumann, S. 39; Windolph (S. 3) berichtet, daß das Archivmaterial der Firma Schimmelpfeng in Mailand öffentlich auf dem Marktplatz verbrannt wurde. 43

Als Entente-Länder wurden im Ersten Weltkrieg alle Gegner der Mittelmächte Deutschland und Österreich bezeichnet. Dazu gehörten so wirtschaftlich bedeutende Länder wie Frankreich, Großbritannien, Italien, Rußland und die Vereinigten Staaten von Amerika. 6 Peilert

82

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

aufbau der Auskunfteien. Durch die rasante Geldentwertung wurden die Auskünfte in den Archiven wertlos. Darüber hinaus nahmen die Inflationserscheinungen so zu, daß immer weniger Kredite gewährt wurden, der Auskunftsbedarf folglich sank und Auskünfte ohnehin kaum noch Bedeutung hatten, da sich die Geschäftsverhältnisse selbst in der kurzen Zeit zwischen Anfrage und Auskunftserteilung grundlegend geändert haben konnten. 44 Diese Umstände stellten die finanzielle Belastbarkeit der Auskunfteien auf eine ernste Probe. Die darauffolgende Zeit der Hochkonjunktur wiederum stellte hohe Anforderungen an die Auskunfteien, da zahlreiche Unternehmen gegründet wurden, deren Solidität die Auskunfteien durch eingehende Erkundigungen festzustellen hatten, ohne auf vorhandenes Archivmaterial zurückgreifen zu können. Erneute Mißstände i m Auskunfteiwesen ergaben sich in der Zeit der Weltwirtschaftskrise. Etwa 2.000 Personen 45 gründeten - weitgehend ohne jede fachliche Qualifikation und finanzielle Basis - Auskunfteien und erteilten zumeist überaus pauschale Auskünfte. 46 Auch an diesem Beispiel zeigt sich die Abhängigkeit der Auskunfteien von der allgemeinen Wirtschaftslage: Der Auskunftsbedarf während der Weltwirtschaftskrise stieg sprunghaft an, ebenso sprunghaft kam es zu Neugründungen im Auskunfteiwesen.

7. Die Situation der Auskunfteien im Dritten Reich I m Zuge der nationalsozialistischen Gleichschaltungspolitik wurden die Auskunfteien durch „Anordnung des Reichswirtschaftsministers betreffend die Anerkennung der Fachgruppe Auskunftsgewerbe" vom 17. September 1934 in der Deutschen Arbeitsfront 47 zwangsorganisiert. 48 In dieser Fach-

44

Geyer, S. 20f.

45

Diese Zahl schätzt Strunz (S. 61), der gleichzeitig aber meint, daß der größte Teil diese Bezeichnung nicht verdient. 46 47

Tiedemann/Sasse,

S. 37.

Die Deutsche Arbeitsfront war ein im Zuge der Gleichschaltungspolitik der NSDAP geschaffener Zwangsverband der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die Arbeitnehmer und Arbeitgeber verloren damit die Möglichkeit, sich unabhängig vom Staat zur Durchsetzung ihrer Interessen organisieren zu können. Aufgabe der Deutschen Arbeitsfront war es, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber dem uneingeschränkten

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

83

gruppe wurden alle Unternehmen zusammengefaßt, die gewerbsmäßig Auskünfte zu gewerblichen Zwecken erteilten sowie 1936 49 auch solche Unternehmen, die die außergerichtliche Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen geschäftsmäßig betrieben. Eine vom Staat unabhängige Interessenwahrnehmung war diesen Unternehmen demnach in der Zeit des Dritten Reiches nicht möglich. A m 1. Februar 1939 wurde das Gesetz zur Beseitigung von Mißständen i m Auskunfts- und Detektivgewerbe erlassen. 50 Danach stand es im Ermessen der Kreispolizeibehörde, die gewerbsmäßige Erteilung von Auskünften über Vermögensverhältnisse oder persönliche Angelegenheiten zu untersagen, wenn der Gewerbetreibende keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Ausübung des Gewerbes bietet. Ergänzt wurden die staatlichen Kontrollmöglichkeiten durch eine Verordnung des Reichswirtschaftsministers vom 23. Februar 1939, 51 die vorsah, daß Auskunfteien und Detekteien Geschäftsbücher zu führen hatten, die vor Gebrauch durch polizeilich beglaubigte Seitenzahlen veränderungssicher gemacht wurden. Neben der Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden die Auskunfteien in der Zeit des Nationalsozialismus auch von den Änderungen im Wirtschaftssystem betroffen. Als Folge der staatlich gelenkten Wirtschaft setzte nach 1933 ein Rückgang des Auskunftsbedarfs ein. 5 2 Diese Entwicklung verstärkte sich noch während des Zweiten Weltkrieges, obwohl in einer Ergänzungsanordnung des Reichswirtschaftsministers vom 24. Februar 1943 verlautete, daß das Auskunftsgewerbe für die Kriegswirtschaft von Bedeutung sei und sogar Vereinfachungen der Auskunftserteilung durch das Reichswirtschaftsministerium beschlossen wurden. 53

Machtanspruch Hitlers und seiner Rüstungspolitik zu unterwerfen, ideologisch im Sinne des Nationalsozialismus zu beeinflussen und zur Erreichung dieser Ziele ihre Mitglieder sozial zu betreuen. (Dazu eingehend: Schumann, S. 110 bis 162; insbesondere S. 110, 114, 140, 142 und 157). 48

GeyenS. 22.

49

Gemäß einer Anordnung des Wirtschaftsministeriums über die Ergänzung der Fachgruppe Auskunftsgewerbe von 1936; dazu Grießbauer, S. 49. 50

RGBl I S . 266.

51

MinBl 1939, S. 253.

52

Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86.

53

Sölter/Rödl,

FS Creditreform, S. 23 (68).

84

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

8. Die Entwicklung von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart Die Folgen des Zweiten Weltkrieges waren für die Auskunfteien noch gravierender als die des Ersten. Zu dem Verlust der Auslandsniederlassungen und der Auslandsverbindungen traten noch die Bombenschäden in der Heimat. Während 1947 in der sowjetischen Besatzungszone jedoch jegliche Auskunftserteilung verboten, j a sogar unter Strafe gestellt wurde, 54 begann in den drei westlichen Besatzungszonen auch i m Auskunfteiwesen der Wiederaufbau. So setzte insbesondere nach der Währungsreform parallel zu dem gesamten Wirtschaftsaufschwung auch ein Aufschwung bei den Auskunfteien ein. 5 5 Zahlreiche Auskunfteien wurden gegründet, die jedoch zum Teil schon bald ihre Tätigkeit wieder einstellten. 56 I m Wirtschaftsboom Anfang der 60er Jahre nahm das Interesse an Auskünften wieder ab, da das Kreditrisiko aufgrund der wenigen Insolvenzen als nicht so groß erschien. 57 Dies änderte sich jedoch mit der Rezession von 1967, die eine Erhöhung der Insolvenzquote bedingte, was wiederum als Folgeerscheinungen ein vorsichtigeres Disponieren der Geschäftsleute, eine Nachfragesteigerung von Auskünften und somit ein Aufblühen der Auskunfteien nach sich zog. Änderungen ergaben sich auch in der Arbeitsweise der Auskunfteien. Während früher ganz eindeutig die Methode vorherrschte, erst auf Anfrage eines Interessenten zu recherchieren und dabei das Informationsbedürfnis des Anfragenden bezüglich bestimmter Einzelheiten zu berücksichtigen, hat sich seit Anfang der 70er Jahre der Trend zu standardisierten, auf regelmäßigen Untersuchungen basierenden Auskünften verstärkt. 58 Grundlage dieser Arbeitsmethode sind die Auskunftsarchive. Das dort gesammelte

54

Befehl Nr. 136 der Sowjetischen Militär-Administration vom 03.06.1947, Zentralverordnungsblatt, herausgegeben namens aller Zentralverwaltungen von der Deutschen Justizverwaltung der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland, Nr. 10/1947 vom 05.08.1947, S. 113. 55

Wobbe-Sahm, S. 18; Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86. 56

7ledemann/Sasse, S. 38.

57

Wobbe-Sahm, S. 18.

58

Symann, S. 21; zur Standardisierung der Auskünfte vgl. auch Geyer, S. 35.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

85

Material ermöglicht es, kurzfristig Auskünfte zu erteilen und die finanzielle Entwicklung sowie das Geschäftsgebaren insbesondere größerer Betriebe über einen größeren Berichtszeitraum zu erfassen.

9. Die Entwicklung in den neuen Bundesländern In den neuen Bundesländern begann mit dem Sturz des SED-Regimes und der Abschaffung der Planwirtschaft der Aufbau eines Auskunfteiwesens. Zwar gab es auch in der DDR eine legale 59 Privatwirtschaft, diese konzentrierte sich jedoch vornehmlich auf Handwerk, Einzelhandel und Gaststättenwesen.60 Auskunfteien oder vergleichbare Einrichtungen gab es demgegenüber nicht, denn in einer zentralistischen Planwirtschaft werden keine Wirtschaftsauskünfte gebraucht. Geschäftsverbindungen werden nicht nach marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten geknüpft, sondern nach Planvorgaben verordnet. So blieb es nach der Gründung der DDR bei dem 1947 in der früheren sowjetischen Besatzungszone ausgesprochenen Verbot der Kreditberichterstattung. 61 M i t den politischen Veränderungen in der DDR und der Einführung der Gewerbefreiheit i m Gewerbegesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990 62 ergab sich dann jedoch die Möglichkeit zu Auskunfteigründungen. So wurde noch i m März die Auskunftei WinBonidata GmbH, Berlin gegründet, an der sich die Schimmelpfeng GmbH zunächst beteiligte und die später von Schimmelpfeng ganz übernommen

59

Vgl. Art. 14 Abs. 2 Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik: „Die auf überwiegend persönlicher Arbeit beruhenden kleinen Handwerks- und anderen Gewerbebetriebe sind auf gesetzlicher Grundlage tätig. In der Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die sozialistische Gesellschaft werden sie vom Staat gefördert." 60

Ausführlich dazu Haendcke-Hoppe, insbesondere S. 5f., 25f. und 31; Göhring, Recht in Ost und West 1989, S. 197 (198f.). 61

Befehl Nr. 136 der Sowjetischen Militär-Administration vom 03.06.1947, Zentralverordnungsblatt, herausgegeben namens aller Zentralverwaltungen von der Deutschen Justizverwaltung der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland, Nr. 10/1947 vom 05.08.1947, S. 113. Auskunfteien waren sogar schon per definitionem ausgeschlossen, denn eine Auskunftei war nach Meyers Neues Lexikon (Leipziger Ausgabe) „ein gewerbsmäßiges Unternehmen in bürgerlichen Staaten, das an Interessenten gegen Honorar Auskunft über wirtschaftliche Verhältnisse Dritter erteilt." 62

GBl 1990 I, S. 138; ber. GBl 1990 I, S. 219.

86

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

wurde. 63 Bereits drei Monate nach ihrer Gründung verfügte Win-Bonidata über eine Rechercheorganisation in 24 größeren Städten. 64 Sämtliche Großauskunfteien begannen unmittelbar nach der politischen Öffnung ihre Aktivitäten auf das Gebiet der ehemaligen DDR auszudehnen. In Vorbereitung auf einen verstärkten Auskunftsbedarf aufgrund der erwarteten verstärkten Zusammenarbeit von Unternehmen aus den beiden zusammenwachsenden Teilen Deutschlands sowie bundesdeutschen Investitionen erweiterten die Großauskunfteien ihr Leistungsprogramm um Auskünfte über die bisher volkseigenen Betriebe, die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften sowie größerer Handwerksbetriebe aus den neuen Bundesländern. 65

10. Entwicklungslinien in der Geschichte der Auskunfteien Aus der historischen Untersuchung läßt sich entnehmen, daß die Entwicklung der Auskunfteien zum Großteil von sich in ähnlicher Form wiederholenden Vorgängen geprägt wird. Entscheidende Faktoren sind dabei der Bedarf an Auskünften und die technische Entwicklung. So ist die Entstehung der Wirtschaftsauskunfteien als eine Weiterentwicklung anderer kaufmännischer Erkundigungsformen anzusehen, durch die die Anforderungen erfüllt werden sollten, denen jene nicht mehr vollends gerecht werden konnten. 66 War es ursprünglich die Ausdehnung des Warenverkehrs durch Kreditgeschäft und Distanzkauf, so stellt heute die Internationalisierung der Geschäftswelt erhöhte Anforderungen an die Auskunfteien. Diesen wachsenden Anforderungen begegneten die Auskunfteien unter Ausnutzung der fortschreitenden technischen Entwicklung, um die Möglichkeiten der Informationsgewinnung auszuschöpfen sowie die Formen der Abfassung und Übermittlung der Daten zu verbessern. Aus dieser Entwicklung resultiert aber nicht nur eine Leistungssteigerung i m Auskunfteiwesen, sondern diese Entwicklung ist auch mit Gefahren verbunden. Durch die neue-

63

FAZ vom 19.06.1990, S. 23; FAZ vom 02.11.1990, S. 22.

64

FAZ vom 19.06.1990, S. 23.

65

Creditreform-Jahresbericht 1989/90, S. 6; Schreiben der Auskunftei Bürgel Centrale GmbH an den Verfasser vom 31.10.1990; FAZ vom 23.06.1990, S. 16 und FAZ vom 02.07.1990, S. 22 für die Schimmelpfeng GmbH. 66

Poerting, S. 18.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

87

ren technischen Möglichkeiten der Datenspeicherung und -Übermittlung, bei deren Entwicklung noch kein Endpunkt abzusehen ist, potenzieren sich auch die Eingriffsmöglichkeiten in die Rechte Dritter. Dazu kommt, daß in Zeiten hohen Auskunftsbedarfs die Auskunfteigründungen, da voraussetzungslos, stark zunehmen, und sich ebenso stark auch die von Auskunfteien ausgehenden Verfehlungen häufen. Zwar hat diese Entwicklung stets zu Reformvorschlägen der Öffentlichkeit und auch von Seiten der Auskunfteien geführt, Konsequenzen für die Zulassungsvoraussetzungen hat dies bislang indes noch nicht gehabt. Angesichts der Stringenz, mit der die geschichtliche Entwicklung der Auskunfteien verlaufen ist und noch weiter verlaufen wird, spricht die historische Untersuchung dafür, den wiederkehrenden Gefahren zu begegnen.

I I . Detekteien Zwar läßt sich die historische Entwicklung der Detekteien in den einzelnen Epochen auch nüchtern als Reaktion auf die jeweilige Situation der staatlichen Strafverfolgungsorgane und die Verbrechenswirklichkeit begreifen, dennoch haftet ihr etwas Faszinierendes an. Ohne die technischen und wissenschaftlichen Hilfsmittel der heutigen Kriminalistik waren in der Anfangszeit allein die persönlichen Fähigkeiten des Detektivs ausschlaggebend. Das Element des Abenteuerlichen, das mit den Errungenschaften von Wissenschaft und Technik i m Bereich der Kriminalistik immer mehr zurückgedrängt wurde, war damals selbstverständlicher Teil der detektivischen Arbeit. Dies ist wohl auch der Grund, warum gerade dieser Abschnitt der Kriminalgeschichte so viele Menschen fasziniert und etwa in der Literatur bis zum heutigen Tag einen so großen Widerhall gefunden hat. 67 Demgegenüber findet die neuere Entwicklung des Detektivwesens weniger Beachtung. So scheinen auch die heutigen Urteile/Vorurteile noch von diesen Verhältnissen auszugehen. Zu zeigen, daß sich das Detektivwesen seit seinen Anfängen erheblich gewandelt hat, die Arbeitsbereiche sich verändert und die Probleme verlagert haben, ist Aufgabe der historischen Untersuchung und der Darstellung des heutigen Tätigkeitsbereichs der Detekteien.

67

Wehner, S. 109.

88

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

1. Von der Überlastung der Polizei zur privaten Verbrechensbekämpfung Während die Geschichte der Auskunfteien sich als eine stringente, zwangsläufige Entwicklung, orientiert an den Bedürfnissen ihres Kundenkreises, erwiesen hat, ergab sich die Entstehung der ersten Detekteien aufgrund konkret zu benennender historischer Verhältnisse. I m 17. und 18. Jahrhundert galt England wegen seiner beschränkten Monarchie als eines der freiesten Länder. 68 Dies hatte jedoch auch die Kehrseite, daß eine hohe Verbrechensrate zu verzeichnen war, die noch dadurch begünstigt wurde, daß London, als einzige Großstadt der Welt, keine reguläre Polizei besaß. 69 Der Londoner Friedensrichter Henry Fielding stellte zur Beseitigung der zum Teil untragbaren Zustände ein Dutzend Männer an, die in Zivilkleidung polizeiliche Ermittlungen betrieben. Diese sogenannten „Bow Street Runners" 70 vereinigten erstmalig amtliche und private Detektivtätigkeit in einer Funktion. Da die Entlohnung für ihre amtliche Tätigkeit als nicht ausreichend anzusehen war, erlaubte man ihnen, daß jeder Bürger, der ein Verbrechen aufzuklären wünschte oder persönlichen Schutz benötigte, sie dazu privat beauftragen konnte. 71 Zwar kann diese Organisation aufgrund ihrer Eingliederung in den staatlichen Bereich nicht als Detektei bezeichnet werden, 72 sie stellt aber den Beginn der privaten Verbrechensbekämpfung dar. Ähnliche Verhältnisse i m Hinblick auf die innere Sicherheit wie in England boten sich Anfang des 18. Jahrhunderts in Frankreich. Aufgrund des 1812 begonnenen französisch - russischen Krieges befanden sich kaum noch wehrfähige Männer in Frankreich, und die Kriminalität nahm - insbesondere in Paris - schlagartig zu. 7 3 In dieser Situation wurde Eugene Francois Vidocq, ein entlassener Sträfling, der zuvor der Polizei schon drei

68

Dazu ausführlich: Hatschek, S. 563ff. und Kluxen, in: Handbuch der Europäischen Geschichte, S. 326ff. 69

Kocks, ZAD-Studie „Geschichte der Detektive in Deutschland", S. 1.

70

Ihren Namen verdanken sie ihrem in der Londoner Bow Street gelegenen Office.

71

Kocks, ZAD-Studie „Geschichte der Detektive in Deutschland", S. 2.

72

Ebenso Neumann, S. 26; Zweifel auch bei Kocks, ZAD-Studie „Geschichte der Detektive in Deutschland", S. 2; vgl. aber Binder, S. 6. 73

Neumann, S. 25; Wehner, S. 83.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

89

Jahre erfolgreich als Spitzel gedient hatte, Leiter einer neugeschaffenen französischen Polizeibehörde, der Brigade de Sürete. 74 Die Brigade de Süret6 ist die älteste Kriminalorganisation, die heute noch besteht. 75 1832 schied Vidocq aus der Brigade de Süret6 aus und gründete eine private kriminalistisch tätige Einrichtung. 76 Vidocqs „Bureau des Renseignements" wurde das erste private Detektivbüro der Geschichte. 77

2. Die Gründung der ersten Detekteien Das erste Detektivbüro wurde also i m Jahre 1832 durch Eugene Francois Vidocq in Frankreich gegründet. 1850 eröffnete Allan Pinkerton 78 eine Detektivagentur, die er „Pinkerton's North Western Police Agency" nannte und zwei Jahre später in „Pinkerton's National Detective Agency" umbenannte. 79 Seine Laufbahn als Privatdetektiv begann mit einer zufälligen Beobachtung, die zur Entlarvung einer Falschmünzerbande führte. Als sich daraufhin immer mehr Menschen mit der Bitte um Hilfe an Pinkerton wandten, entschloß er sich, seinen Beruf als Böttcher aufzugeben und sich ausschließlich mit der Aufklärung von Verbrechen zu befassen. 80 In der korrupten Gesellschaft Nordamerikas, in der die Polizeibeamten nicht mehr als Hüter des Friedens sondern als öffentlicher Feind angesehen

74

Wehner (S. 83) bezeichnet diesen Vorgang als „den frechsten Witz, den sich die sonst so seriöse Kriminalgeschichte je erlaubt hat". 75

Neumann, S. 25.

76

Neumann, S. 25.

77

Thorwald, S. 18f.; Neumann, S. 26 mit der Einschränkung, daß dies „formal" betrachtet zwar zutreffe, er aber dennoch lediglich als Vorläufer der heutigen Detektive zu bezeichnen sei, da er seine staatlich begonnene Tätigkeit lediglich privat fortsetzte. Dem ist allerdings nicht zuzustimmen, da es auf die Vorgeschichte der Entstehung eines Unternehmens nicht entscheidend ankommt. Man würde ja auch heute nicht auf die Idee kommen, ein von ehemaligen Kriminalbeamten betriebenes Unternehmen nur „formal" als Detektei zu bezeichnen. 78 Seine Lebensgeschichte ist dem Buch „Die Pinkerton-Story" von Frederick Hetmann zu entnehmen. 79

Bauer, S. 10; Neumann, S. 28.

80

Gerteis, S. 45ff.

90

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

wurden, wuchs die Bedeutung der als unbestechlich eingestuften privaten Detektivagentur Allan Pinkertons stetig. 81 Ihr Aufgabenbereich umfaßte die Aufklärung der damals schwersten Straftaten, wie Straßenraub, Postkutschen« und Eisenbahnüberfälle, Pferdediebstahl, Bankraub und bezahlten Mord. 8 2 Die spektakulären Erfolge, wie etwa die Verhinderung einer Verschwörung gegen Präsident Abraham Lincoln i m Jahre 1861 oder die Zerschlagung ganzer Verbrecherorganisationen, 83 waren weitere Gründe für den Aufstieg des Unternehmens. In den Arbeitskämpfen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurden Pinkerton-Mitarbeiter vielfach als Streikbrecher eingesetzt. Allein zwischen 1869 und 1892 war die Detektivagentur Pinkerton an der Niederschlagung von 77 größeren Streiks beteiligt. 84 Durch das gewaltsame Eingreifen der Pinkerton-Detektive in Arbeitskämpfe verschlechterte sich das Ansehen der privaten Sicherheitsfirmen in großem Maße. 8 5 Die Aufwärtsentwicklung setzte sich erst wieder fort, als die Detektivagentur Pinkerton ankündigte, keine Aufträge als Streikbrecher mehr anzunehmen. Pinkerton begann 1850 mit neun Angestellten, 86 1968 hatte die Detektei 17.000 feste und freie Mitarbeiter, mehr als 60 Filialen und einen Jahres-

81

Thorwald,

S. 109ff.

82

Thorwald,

S. 112 mit der Schilderung einzelner Fälle.

83

Zu nennen ist etwa die Reno-Bande, die 1866 durch Gewaltverbrechen und Bestechung die gesamte Grafschaft Jackson beherrschte. Wehner (S. 105) bezeichnet dies als „ein in der Kriminalgeschichte einzigartiges Unternehmen: Der Kampf eines privaten Detektiv-Institutes gegen eine übermächtige VerbrecherbandeWeitere Beispiele sind die erfolgreiche Bekämpfung der Geheimgesellschaft der Molly-Maguires oder der Bande von Jesse James, anschaulich geschildert von Thorwald, S. 109ff. und Wehner, S. 103 ff. 84

Voß, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Band 15, S. 81 (87); vgl. auch Nemeth, S. 9: „over 72 labor management disputes in the second half of the nineteenth century." 85

Nemeth, S. 10: „The name Pinkerton became synonymous with labor spying and strikebreaking. Its image was so badly tarnished that a House Judiciary Subcommittee began a formal investigation of Pinkertons and the private security industry in 1892. In 1893, the House passed the Pinkerton Law, which stated... an individual employed by the Pinkerton Detective Agency, or similar organization, may not be employed by the government of the District of Columbia." 86

Neumann, S. 29; Gay, Kriminalistik 1968, S. 514.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

91

Umsatz von ca. 280 Millionen Mark. 8 7 Zur Zeit ist Pinkerton Security & Investigation Services mit rund 200 Geschäftsstellen in über 70 Ländern und allein 55.000 uniformierten Sicherheitskräften eine der größten Sicherheitsfirmen der Welt. 8 8 Seit 1994 ist Pinkerton Security & Investigation Services auch in der Bundesrepublik Deutschland tätig. Das Leistungsprogramm umfaßt neben den Ermittlungsdiensten unter anderem auch Personen- und Objektschutz, Sicherheitstraining für Manager, Erstellung von Sicherheitskonzepten für Unternehmen und Waffensachkundelehrgänge.

3. Die Gründung der ersten Detekteien in Deutschland 1861 gründete H. L. Römer in Dresden die erste deutsche Detektei unter dem Namen „Detektiv- und Rechtsbüro Rex". 8 9 Von anderen 90 wird das 1880 von Caspari Roth Rossi in Berlin eröffnete Detektivbüro als erste deutsche Detektei angesehen. Ende der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts gründete der frühere Kriminalkommissar Weier, der neben seinen Erfolgen als Kriminalkommissar auch durch einschlägige Publikationen bekanntgeworden war, ein weiteres Detektivbüro. 91 Schon bald entstanden auch in anderen deutschen Großstädten weitere Detekteien. In der Hauptsache wurden sie von ehemaligen Kriminal- und Polizeibeamten gegründet, die aufgrund ihrer beruflichen Kenntnisse die erforderlichen Voraussetzungen für den Detektivberuf mitbrachten. 92 Das Detektivgewerbe gewann so schnell an Bedeutung, daß

87

Gay, Kriminalistik 1968, S. 514; vgl. auch die Angaben bei Stiillenberg, Journal 1982 Nr. 1, S. 52 (53): 110 Niederlassungen und 36.000 Beschäftigte.

Polizei-

88

Schreiben der Pinkerton Security & Investigation Services, World Headquarters, Van Nuys, California und der Pinkerton Security & Investigation Pittsburgh an den Verfasser vom 04.09.1991. Nach anderen Angaben unterhält Pinkerton Security & Investigation Services 220 Geschäftsstellen und beschäftigt mehr als 46.000 Sicherheitsfachleute (Annual Report of Pinkerton Security and Investigation Services 1993, Corporate Profile und S. 6. Nemeth (S. 9) bezeichnet Pinkerton als größtes Sicherheitsunternehmen der USA. 89

Kocks, ZAD-Studie „Geschichte der Detektive in Deutschland", S. 4.

90

Bauer, S. 11; Groß/Geerds, 166 (1980), S. 129(130).

§ 25 I I 3 (S. 489); Neumann, S. 30; dies., ArchKrim

91

Bauer, S. 11; Groß/Geerds,

92

Altmann, S. 5; Bauer, S. 11; Binder, S. 6.

§ 25 I I 3 (S. 489); Neumann, S. 30.

92

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

bereits 1896 zur gemeinschaftlichen Interessenvertretung der Reichsverband Deutscher Detektiv-Institute gegründet wurde. 93 Allerdings wurde die Entwicklung des Detektivwesens von der Öffentlichkeit auch kritisch beobachtet und den Detekteien zum Teil sogar jegliche Existenzberechtigung abgesprochen. 94

4. Die Zeit der Weimarer Republik Nach dem Ersten Weltkrieg war ein Anstieg der Kriminalität zu verzeichnen. 95 Die Polizei befand sich in einer schweren inneren Krise, da nach dem Ersten Weltkrieg eine völlige Re- und Neuorganisation der deutschen Polizei vorgenommen wurde, und die leitenden Beamten ausgewechselt wurden. 96 Somit fehlte es an den Voraussetzungen für eine wirksame staatliche Verbrechensbekämpfung. Dies wiederum führte zu einem Aufblühen der privaten Verbrechensbekämpfung, sowohl durch Bewachungsunternehmen als auch Detekteien. Einer amtlichen Erhebung aus dem Jahre 1925 zufolge, gab es in Deutschland 1.321 Detektivinstitute mit 7.624 Angestellten und 437 Bewachungsunternehmen mit 7.742 Angestellten. 97 Allerdings dürften sich diese Zahlen mit der Konsolidierung der Verhältnisse um 1930 deutlich verringert haben. 98 U m eine gewisse Kontrolle über das florierende Detektivgewerbe zu erhalten, gab das Reichswirtschaftsministerium am 12. Mai 1920 einen Ministerial-Erlaß über das Recht der Behörden zur Einsichtnahme in die Handaktensammlungen der Detekteien und Auskunfteien heraus. 99 Darüber 93

Kocks, ZAD-Studie „Geschichte der Detektive in Deutschland", S. 5.

94

Schmitt (S. 22) schrieb 1911: „Da diesem Institut keinerlei Existenzberechtigung zugesprochen werden kann, so darf der mit ihm abgeschlossene Vertrag wohl mit Fug und Recht als wider die guten Sitten verstoßend, mithin als nichtig nach § 138 BGB, bezeichnet werden." 95

Groß/Geerds,

§ 27 I 3 (S. 531).

96

Groß/Geerds,

§ 27 13 (S. 531); Lindenau, Deutsche Strafrechtszeitung 1921, Sp. 78.

97

Hagemann, Handwörterbuch der Kriminologie, Erster Band, S. 227 (229); zu aktuelleren Angaben vgl. Kap. 2 B I I 1 a. 98 99

Hagemann, Handwörterbuch der Kriminologie, Erster Band, S. 227 (229).

Ministerial-Blatt der Handels- und Gewerbe-Verwaltung, herausgegeben vom Ministerium für Handel und Gewerbe 1920, S. 134.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

93

hinaus entstanden als Reaktion auf die Mißstände Initiativen zur Einführung einer Erlaubnispflicht für das Detektivwesen. 100

5. Die Situation der Detekteien im Dritten Reich Ebenso wie die Auskunfteien wurden auch die Detekteien in die Deutsche Arbeitsfront, Fachgruppe Auskunfteien und Detekteien eingeordnet. 101 U m die Möglichkeit zu schaffen, den Detekteien ihre Tätigkeit zu untersagen, wenn sie keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Ausübung ihres Gewerbes mehr boten, wurde des weiteren am 1. Februar 1939 das „Gesetz zur Beseitigung von Mißständen im Auskunfts- und Detektivgewerbe" 102 eingeführt. Über die bislang detektivtypischen Aufgaben hinaus führten Detektive während der Zeit des Dritten Reiches auch Ermittlungen im Zusammenhang mit der Erbringung des Ariernachweises durch. 103 I m übrigen läßt sich die Situation der Detekteien im Dritten Reich kaum nachzeichnen, da in dem Omnipotenz beanspruchenden nationalsozialistischen Staat, der seinem Selbstverständnis nach die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit allein gewährleisten konnte, kein Interesse an Berichterstattungen über private Sicherheitsunternehmen bestand.

6. Die Entwicklung von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches übernahmen die Besatzungsmächte i m Rahmen sämtlicher staatlicher Befugnisse auch die Ausübung des Polizeiwesens. 104 Die geringe Effektivität der Militärpolizei und die darauffolgende uneinheitliche Polizeiorganisation in den Ländern, als Ergebnis der Dezentralisierungsbestrebungen, verursachten die Ineffektivität der damaligen Verbrechensbekämpfung. 105 Da - wie typisch für eine

100

Vgl. Hagemann, Handwörterbuch der Kriminologie, Erster Band, S. 227 (229); Bark, Der Kriminalistische Selbstschutz Januar - März 1931, S. 26ff. 101

Jungfer, StrV 1989, S. 495 (496); vgl. auch Kap. 2 A I 7.

102

RGBl I S . 266.

103

Jaromin, Der Kriminalbeamte 1976, Heft 10, Nr. 319, S. 3 (7).

104 Groß/Geerds, § 27 I 4 (S. 535); allgemein zur Übernahme der staatlichen Befugnisse durch die Alliierten: Kimminich, S. 591 ff. 105

Groß/Geerds,

§ 27 I 4 (S. 535f.).

94

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Nachkriegszeit - eine beträchtliche Zunahme der Kriminalität zu verzeichnen war, ergab sich i m Nachkriegs-Deutschland ein Defizit i m Bereich der öffentlichen Sicherheit. Diese Ausgangslage schuf für die Detekteien gute Bedingungen für eine Aufwärtsentwicklung. Zahlreiche neue Detekteien entstanden, für die sich etwa mit der Wiederbeschaffung in den Kriegswirren gestohlener oder geplünderter Gegenstände ein neues Betätigungsfeld ergab."* Allerdings hatten die Detektive bei ihrer Tätigkeit alliierte Vorbehalte zu beachten. So ließen die drei westlichen Besatzungsmächte im Oktober 1946 zwar die detektivische Tätigkeit zu, verboten Privaten jedoch solche Aufgaben, bei denen Personen oder Güter mit Waffengewalt zu verteidigen waren. 107 Zudem bestimmte der Alliierte Kontrollrat mit Gesetz Nr. 42 vom 23. September 1946, das am 11. Oktober 1946 in Kraft trat, eine Lizenzpflicht für Auskunfteien und Detekteien. Die Lizenzerteilung setzte sowohl eine persönliche, als auch eine fachliche Eignung voraus. A m 31.12.1949 wurde das Gesetz Nr. 42 wieder außer kraft gesetzt. Demgegenüber wurden i m Verwaltungsbereich der russischen Militärregierung die Detekteien, ebenso wie die Auskunfteien, generell untersagt. Ein Rückgang in der Auftragslage der Detekteien war in der Bundesrepublik erst wieder zu verzeichnen, als die Aufgaben in Zusammenhang mit den Kriegsfolgen ausblieben. Jedoch blieb aufgrund einer Erweiterung der von Detektiven angebotenen Dienstleistungen, nicht zuletzt hervorgerufen durch die fortschreitende technische Entwicklung, ein gewisser Standard erhalten. Einzelne Veränderungen im Bereich der rechtlichen Rahmenbedingungen haben jedoch immer wieder Einfluß auf die Entwicklung i m Detektivwesen ausgeübt. So änderte sich etwa durch die Ersetzung des Schuldprinzips durch das Zerrüttungsprinzip in dem ab dem 01.07.1977 geltenden neuen Ehescheidungsrecht die Auftragsstruktur der Detektive erheblich. Viele Detekteien haben den damit verbundenen Auftragsrückgang nicht verkraftet. 1 0 8 Durch die Rechtsprechung in Unterhaltssachen, nach der der Unterhaltsberechtigte gegebenenfalls als nicht mehr bedürftig gilt und seinen ansonsten bestehenden Unterhaltsanspruch verlieren kann, wenn er während 106

Neumann, S. 32.

107

Kocks, ZAD-Studie „Geschichte der Detektive in Deutschland", S. 12.

108

Kocks, ZAD-Studie „Geschichte der Detektive in Deutschland", S. 19.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

95

des Getrenntlebens mit einem anderen Partner zusammenlebt, 109 hat sich die Auftragslage in diesem Bereich aber wieder verbessert. 110

7. Die Entwicklung in den neuen Bundesländern Ebenso wie die Auskunfteien wurden in der sowjetischen Besatzungszone durch folgenden Befehl der Sowjetischen Militär-Administration 1 1 1 auch die Detekteien verboten: „Unter Berücksichtigung dessen, daß die Tätigkeit der deutschen detektivischen Agenturen und Büros, welche durch ihre Beauftragten unauffällige Beobachtungen oder Aufsichten durchführen und sich mit der Sammlung aller möglichen Daten oder Angaben befassen, wozu sie durch Auftrag von privaten Personen, Unternehmern oder Organisationen verpflichtet werden, den Prinzipien des demokratischen Aufbaues des öffentlichen, wirtschaftlichen und persönlichen Lebens des deutschen Volkes widerspricht, befehle ich: 1. Alle in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands bestehenden deutschen detektivischen Agenturen und Büros sind zum 15. Juni 1947 vollständig aufzulösen. 2. Die Gründung neuer detektivischer Agenturen, Büros, Firmen oder ähnlicher Organisationen sowie irgendeine Tätigkeit einzelner Personen als Detektiv ist zu verbieten.

109

BGH, FamRZ 1987, S. 689 (690)- Urteil vom 06.05.1987- IV b ZR 61/86; OLG Hamm, FamRZ 1988, S. 730f. -Urteil vom 03.12.1987- 2 UF/87. Siehe dazu § 1361 Abs. 1 bis 3 BGB i. V. m. § 1579 BGB. 110 Langen markt + Wirtschaft Nr. 8/1988, S. 24 (28); Seysen, Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 179 (182). 111

Befehl Nr. 136 der Sowjetischen Militär-Administration vom 03.06.1947, Zentralverordnungsblatt, herausgegeben namens aller Zentralverwaltungen von der Deutschen Justizverwaltung der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland, Nr. 10/1947 vom 05.08.1947, S. 113.

96

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

3. Personen, die vorliegenden Befehl übertreten, sind zur strafrechtlichen Verantwortung zu ziehen und mit Gefängnis bis zu 3 Jahren oder einer Geldstrafe bis zu R M 5.000 zu bestrafen..." Die Beibehaltung dieses Verbotes in der DDR steht i m Einklang mit der die bürgerlichen Freiheiten einschränkenden kommunistischen Ideologie. So ist in allen Ländern mit kommunistischen Regierungsformen privatdetektivisches Tätigwerden als Beeinträchtigung der umfassenden staatlichen Polizeigewalt unerwünscht. 112 Die politischen Umwälzungen in der DDR brachten jedoch auch in diesem Bereich Änderungen mit sich. Durch das Gewerbegesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990 wurde die Gewerbefreiheit (§ 1 GewG) eingeführt. Die Detekteien wurden allerdings - im Gegensatz zu den Auskunfteien - gemäß § 3 Abs. 1 und 2 GewG i. V. m. Anl. 1 DVO/GewG 1 1 3 dem erlaubnispflichtigen Gewerbe zugeordnet. Dieser Rechtszustand dauerte aber nur bis zum Einigungsvertrag vom 31.08.1990, 114 denn nunmehr gilt gemäß der Überleitungsregelung zur Gewerbeordnung die bundesdeutsche Regelung, also die bloße Anzeigepflicht für Detekteien. Allerdings waren schon unter dem Rechtszustand der Erlaubnispflicht die ersten Detekteigründungen in der D D R zu verzeichnen. Nach der Abschaffung der Erlaubnispflicht stieg die Anzahl der Detekteigründungen dann sprunghaft an. Diese Entwicklung wurde maßgeblich durch drei Faktoren beeinflußt: die ehemaligen Angestellten des Staatssicherheits-

112

Wirsching, Bd. 2, S. 499; Dessauförinker, ArchKrim 159 (1977), S. 107 (111); Kocks, ZAD-Studie „Geschichte der Detektive in Deutschland", S. 12; ders., ZADStudie „Regelungen für Detektive in den europäischen Ländern", S. 8, 18. Ebenso wie die Auskunfteien sind auch Detekteien in kommunistischen Staaten nach der Leipziger Ausgabe von Meyers Neues Lexikon (Bd. 3, Stichwort „Detektiv") schon begrifflich nicht möglich, denn danach ist Detektiv „in bürgerlichen Staaten Bezeichnung für einen Ermittler von Beweismaterial, der eine private Detektei unterhält. Detektive werden vorwiegend für großkapitalistische Unternehmen und in Ehesachen tätig". 113

Durchführungsverordnung zum Gewerbegesetz (Erlaubnispflichtige Gewerbe, besondere Überwachung von Anlagen und vom Reisegewerbe ausgeschlossene Tätigkeiten) vom 08.03.1990 (GBl I S. 140, geändert durch § 33 Abs. 3 VO über den gewerblichen Personenverkehr vom 20.06.1990, GBl I S. 574). 114

EVertr. v. 31.08.1990, Anl. I Kap. V I I I Sachgeb. A Abschn. I I I Nr. 3, Sachgeb. B Abschn. I I I Nr. 1 und 9, Sachgeb. C Abschn. HI Nr. 1, BGBl II, S. 889,1020,1026,1028 und 1030.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

97

dienstes drängten in die Auskunftei- und Detekteibranche, die allgemeine Sicherheitslage verschlechterte sich, und angesichts der Umstrukturierung des Polizeiwesens wurde das Bedürfnis nach einem - bislang nicht existenten - privaten Sicherheitsgewerbe deutlich. Bedenklich bei der Entwicklung des Detekteiwesens in den neuen Bundesländern ist insbesondere, daß eine große Zahl ehemaliger Angehöriger des Staatssicherheitsdienstes nach der Einführung der Gewerbefreiheit und nachfolgend der bloßen Anzeigepflicht für die Aufnahme des Detektivgewerbes unkontrolliert in den Detekteimarkt drängten. So schafften sich ehemalige Stasi-Mitarbeiter, insbesondere diejenigen, die wegen ihrer Stasi-Vergangenheit nicht in den Polizeidienst übernommen wurden, neben der Beschäftigung bei fremden Geheimdiensten 115 mit der Gründung von Detekteien eine weitere Beschäftigungsmöglichkeit. Dies ist insbesondere deshalb problematisch, weil die ehemaligen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit über umfangreiches Datenmaterial aus ihrer früheren Tätigkeit verfügen und sich zum Teil auch die technische Ausrüstung des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes weiter zunutze machen. Diese Befürchtungen äußerte auch der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Boeden, der in einem Zeitungsgespräch 116 vor den Mitarbeitern der ehemaligen Staatsicherheit warnte: „Manche haben sich zusammengeschlossen, um ihre Existenz zu sichern, sich gegenseitig zu helfen. Zum Teil sind solche Zusammenschlüsse auch nicht ungefährlich, etwa wenn Stasi-Leute jetzt anfangen, Detekteien einzurichten, um auf diese Weise ihre Kenntnisse weiter nutzen zu können." Diese Befürchtungen gelten für sämtliche ehemaligen Sicherheitsorgane der DDR. So liegen dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten konkrete Hinweise vor, daß ehemalige DDR-Volkspolizisten in ihrer früheren Dienstzeit erlangte Daten heute in privaten Sicherheitsdiensten nutzen. 117 Angesichts dieser Entwicklung sind

115

Als Beispiel wurde insbesondere Angola bekannt; vgl. FAZ vom 20.03.1991, S. lf.

116

FAZ vom 11.12.1990, S. 6.

117

Stellungnahme des Sächsischen Datenschutzbeauftragten Giesen anläßlich der Vorlage seines ersten Tätigkeitsberichtes, FAZ vom 08.04.1993, S. 1; vgl. dens. 1. Tätigkeitsbericht vom 31.03.1993, S. 73: „Insbesondere in den neuen Bundesländern wird sorgfältig zu überprüfen sein, inwieweit personelle Verflechtungen (Mitarbeiter von privaten Sicherheitsdiensten, die der Volkspolizei oder anderen Sicherheitsorganen der DDR angehört haben) im Verborgenen zu informellen Datenflüssen geführt haben." Nach der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Gerd Wartenberg (Berlin), Günter Graf u. a. (BTDrucks 12/4949) ist bekannt, daß „ehemalige 7 Peilert

98

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Detektive aus den alten Bundesländern bei Kontakten zu den östlichen Kollegen vielfach äußerst vorsichtig. 118 Da aber auch sie an dem neuen Markt teilhaben wollten, führte dies dazu, daß auch Detektive aus den alten Bundesländern Detektei-Neugründungen oder Etablierungen von Filialbetrieben in den neuen Bundesländern vornahmen, 119 was den Gründungsboom noch verstärkte. Zu diesem Gründungsboom trägt des weiteren die sich verschlechternde Sicherheitslage in den neuen Bundesländern bei, die durch die Schwierigkeiten der Polizei bei der Umstrukturierung, der Auseinandersetzung mit veränderten Anforderungen und der Berücksichtigung neuer Gesetze einerseits sowie das Ausnutzen dieses Umstandes durch Kriminelle andererseits gekennzeichnet ist. Es fehlt der Polizei an Ausbildung, Mitarbeitern und technischen Hilfsmitteln, um der steigenden Zahl der Verbrechen insgesamt Herr zu werden, und diese Einschätzung wird auch von der Bevölkerung geteilt. 1 2 0 So wurde das Detektivgewerbe zu einer echten Wachtstumsbranche, zumal sich durch die Wiedervereinigung für Detektive mit der Ermittlung von Eigentumsverhältnissen und der Überprüfung von Personen auf eine mögliche Stasi-Vergangenheit auch ein neues Tätigkeitsfeld eröffnete. 121 Sollte der damit verbundene Aufschwung aber nachlassen, liegen die Angehörige der DDR-Sicherheitsbehörden im Bereich des privaten Sicherheitsgewerbes Firmen gegründet haben bzw. in solchen Firmen tätig sind." (BTDrucks 12/5246, S. 7). Ebenso Holler, WirtschaftsWoche Nr. 37 vom 10.09.1993, S. 138. 118

Der Bundesverband Deutscher Detektive überprüft Antragsteller auf eine Mitgliedschaft aus den neuen Ländern auf eine mögliche Stasi-Vergangenheit. Danach sind gut 70% der Antragsteller ehemalige Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes; vgl. FAZ vom 13.05.1991, S. 17. 119

So sind laut FAZ vom 13.05.1991, S. 17 mehr als zwei Drittel der dem Bundesverband Deutscher Detektive angeschlossenen Detektive auch in den Neuen Ländern aktiv. 120 Nach einer Repräsentativumfrage des Münchener Inas-Instituts meinten nur 5% der Befragten in den neuen Bundesländern „die Polizei sorgt im großen und ganzen gut für unsere Sicherheit", aber 65% kritisieren, daß sie dafür „nicht besonders gut sorgt", 26% sagen „teils, teils". Dagegen stellen immerhin 36% der Befragten in den alten Bundesländern der Polizei ein gutes Zeugnis aus, 18% sagen, sie sorge „nicht besonders gut für die Sicherheit" und 40% differenzieren „teils, teils"; vgl. FAZ vom 24.09.1991, S. 4. 121

Vgl. dazu den Beispielsfall in: FAZ vom 23.01.1993, S. 5, in dem ein Landtagsabgeordneter in Sachsen-Anhalt von einem Privatdetektiv im Hinblick auf eine mögliche Stasi-Vergangenheit überprüft worden ist.

A. Geschichtliche Entwicklung des Auskunftsgewerbes

99

Gefahren, die von in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedrohten Detekteien unter Leitung ehemaliger Angehöriger des früheren Staatssicherheitsdienstes ausgehen, auf der Hand.

8. Entwicklungslinien in der Geschichte der Detekteien So wie die Geschichte der Auskunfteien sich als ein Spiegelbild der Wirtschaftsgeschichte gezeigt hat, so ist die Geschichte der Detekteien mit der Kriminalgeschichte und mit der Geschichte der Polizei verknüpft. Immer dann, wenn aus den unterschiedlichsten Gründen, wie Überlastung, Desorganisation oder Korruption, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei erschüttert wurde, kam es zu verstärkten Neugründungen von Detekteien. Solche Faktoren, die das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei gefährden, lassen sich auch zur Zeit feststellen. Beispiele sind etwa der Kriminalitätsanstieg durch die Öffnung der Grenzen im Rahmen des Europäischen Binnenmarktes 122 und die Anlaufschwierigkeiten bei der polizeilichen Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, die aus dem ehemaligen Ostblock übergreifende Kriminalität und die fehlenden polizeilichen Reaktionsmöglichkeiten, die Aufgabenverlagerung der Polizei auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und die Vernachlässigung der Bekämpfung der sogenannten Kleinkriminalität sowie die Schwierigkeiten bei der Integration der Volkspolizisten der ehemaligen DDR. Dazu kommt, daß aufgrund der nur unzulänglichen Verdienstmöglichkeiten bei der Polizei ausgebildete Beamte von der Privatwirtschaft abgeworben werden. Die Vielzahl der aktuell zu nennenden Faktoren, die ein Anwachsen privater Sicherheitskräfte begünstigen, zeigen, daß das rasche Anwachsen dieser Branche nicht auf einmaligen historischen Vorgängen beruht, sondern daß es sich um sich in unkalkulierbarer Weise wiederholende Abläufe handelt. Die sich wiederholenden Vorgänge ziehen regelmäßig auch übereinstimmende Folgen nach sich: Die verstärkten - unkontrollierten - Detekteigründungen führen zu einem Anwachsen der Mißstände in diesem Gewerbezweig. Somit ergibt sich eine Parallele zu dem Ergebnis der historischen Untersuchung des Auskunfteiwesens. Folglich ist auch das Fazit der beiden historischen Untersuchungen identisch: Es bedarf eines Instrumentes zur Verhinderung der sich wiederholenden Gefahren. 122 Nach einem Bericht der FAZ vom 16.10.1992, S. 3 werden mehr als die Hälfte der gesuchten Verbrecher bei Grenzüberschreitungen gefaßt.

100

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland Ziel der vorliegenden Arbeit soll unter anderem die Überprüfung der Rechtslage betreffend Auskunfteien und Detekteien - insbesondere in gewerberechtlicher Hinsicht - sein. U m diese Überprüfung leisten zu können und gegebenenfalls einen sachlich fundierten Novellierungsvorschlag zu unterbreiten, bedarf es umfassender Information über die Fakten und Meinungen, von denen auszugehen ist und auf die eingewirkt werden soll. 1 2 3 Dies gilt um so mehr, als die Rechtstatsachenforschung vielfach erst die Aufklärung regelungsbedürftiger Sachverhalte ermöglicht. Eine solche empirische Untersuchung ist i m konkreten Fall aber auch deshalb angebracht, weil sich das Handeln von Auskunfteien und Detekteien in einem Bereich vollzieht, der zwar i m Interesse der Öffentlichkeit liegt, jedoch weitgehend unbemerkt von dieser abläuft. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, zum Verständnis und zur Erfassung der rechtlichen Fragen zunächst einige tatsächliche Fragen zu beantworten.

L Auskunfteien 1. Wirtschaftliche Bedeutung Die Erörterung der wirtschaftlichen Bedeutung der Auskunfteien in der Bundesrepublik soll die tatsächliche Bedeutung im Wirtschaftsleben einerseits und die betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Relevanz des Tätigwerdens von Auskunfteien andererseits berücksichtigen. Dabei soll vereinfachend ausgedrückt - unter dem betriebswirtschaftlichen Aspekt die Bedeutung der Auskunfteien für ein einzelnes Unternehmen und unter dem volkswirtschaftlichen Aspekt die Bedeutung der Auskunfteien für den gesamten Wirtschaftsprozeß, also die Summe der Aktivitäten aller einzelnen Unternehmen, dargestellt werden. a) Stärke und Verbreitung Zunächst ist festzustellen, daß umfassendes aktuelles Zahlenmaterial über das Auskunfteiwesen nicht verfügbar ist. Die aufgeführten Zahlen, die überwiegend auf Schätzungen beruhen und zum Teil widersprüchlich sind, dienen deshalb nur dazu, den ungefähren Umfang aufzuzeigen, in dem in 123 Vgl. Raiser, Rechtssoziologie, S. 18.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

101

der Bundesrepublik Deutschland Auskunfteien tätig werden. Vom Statistischen Bundesamt ist lediglich ein Auszug aus einer Arbeitsstättenzählung vom 25.05.1987 zu erhalten. 124 Eine neuere Arbeitsstättenzählung liegt nicht vor und die nächste Volks- bzw. Arbeitsstättenzählung wird voraussichtlich EG-weit i m Jahr 2001 stattfinden. 125 Darüber hinaus wird auf Zahlenmaterial von Anfragen bei den Großauskunfteien (Creditreform, Schimmelpfeng, Bürgel) zurückgegriffen, das aber ebenfalls nicht als umfassend bezeichnet werden kann. 1 2 6 Ansonsten wurden ältere verfügbare Daten herangezogen. Die Arbeitsstättenzählung des Statistischen Bundesamtes enthält nur Angaben über den Wirtschaftszweig „Auskunftsbüros", der nach der Aufschlüsselung des Statistischen Bundesamtes Auskunfteien, Detekteien, Detektivbüros, Ermittlungsbüros, Handelsauskunfteien, Informationsbüros, Kreditauskunfteien und Kreditschutzorganisationen umfaßt, 127 und demnach nur wenig Aussagekraft besitzt. Danach gab es im Mai 1987 in der damaligen Bundesrepublik Deutschland 1.233 Auskunftsbüros mit insgesamt 5.516 Beschäftigten. 128 Sie erzielten einen Umsatz von rund 580 Millionen

124 Statistisches Bundesamt, Unternehmen und Arbeitsstätten, Arbeitsstättenzählung vom 25.05.1987, Fachserie 2, Heft 9, WZ-Nr. 78971 (Beschäftigte in Unternehmen nach Stellung in Betrieb und Wirtschaftszweigen). 125

Schreiben des Statistischen Bundesamtes an den Verfasser vom 04.08.1993, Az.: IV C 61 - 1905. 126

In diesem Zusammenhang mutet die Publizitätsscheu der großen Auskunfteien etwas seltsam an, da sie eben diese Verhaltensweise bei den beauskunfteten Unternehmen kritisieren. 127 Systematische Verzeichnisse: Systematik der Wirtschaftszweige mit Betriebsbennungen und ähnlichen Benennungen, Ausgabe 1979, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt Wiesbaden, Nr. 78971. Nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes (Schreiben an den Verfasser vom 04.08.1993, Az.: IV C 61 - 1905) besteht bei weiterer Untergliederung dieses Wirtschaftszweiges wegen der Größenordnung die Gefahr, daß diese Ergebnisse aus datenschutzrechtlichen Gründen unter die Geheimhaltung fallen und nicht veröffentlicht werden dürften. 128

Genaue Aufschlüsselung: 1.233 Unternehmen mit 5.516 Beschäftigten (davon 2.631 weiblich); von den Beschäftigten sind 1.183 tätige Inhaber (davon 199 weiblich), 184 unbezahlt mithelfende Familienangehörige (davon 117 weiblich) und 4.149 Arbeitnehmer (davon 2.315 weiblich). Die einzelnen Auskunftsbüros verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Bundesländer: Baden-Württemberg: 185; Bayern: 218; Berlin: 64; Bremen: 17; Hamburg: 56; Hessen: 122; Niedersachsen: 93; Nordrhein-Westfalen: 369; Rheinland-Pfalz: 54; Saarland: 23; Schleswig-Holstein: 32.

102

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Mark, wobei 10% der Unternehmen, die im Umsatzbereich von 1 bis 10 Millionen liegen, allein gut 50% des Umsatzes erreichten. In früheren Angaben 1 2 9 wurde sogar allein von etwa 1.000 Auskunfteien ausgegangen. Sie sollen nach einer Schätzung aus dem Jahr 1971 etwa 15 Millionen Handelsauskünfte pro Jahr erteilen. 130 Legt man allerdings jüngste Angaben über die erteilten Wirtschaftsauskünfte 131 der drei größten Auskunfteien zugrunde, dürfte die Zahl der erteilten Auskünfte pro Jahr jedenfalls deutlich über 20 Millionen betragen. Etwa 70% dieses Auskunftsbedarfs soll nach einer Schätzung aus dem Jahr 1982 von den drei Großauskunfteien Creditreform, Schimmelpfeng und Bürgel gedeckt werden, die in dieser Reihenfolge die Branchengrößten seien. 132

aa) Creditreform Der Branchenführer Creditreform ist eine auf vereinsrechtlicher Basis organisierte Auskunftei. 1 3 3 Die Auskunftsnachfrager erwerben in der Regel eine Mitgliedschaft in den örtlichen Vereinen Creditreform, die sie zur Inanspruchnahme sämtlicher Auskunfteileistungen berechtigt. 134 Jeder Verein steht unter der Leitung eines Geschäftsführers, der einerseits als Beauftragter des Vereins die Interessen der Mitglieder vertritt und andererseits als

129

Tiedemann/Sasse

(1973), S. 38.

130

Dies schätzt Hoene (1971), S. 36; Windolph, NJW 1959, S. 1166 (1167) ging im Jahre 1959 von 8 bis 10 Millionen aus. Nach Auskunft eines Sprechers des Verbandes der Handelsauskunfteien beläuft sich die Zahl der jährlich von den Mitgliedern (Verband der Vereine Creditreform, Schimmelpfeng GmbH, Bürgel Centrale und IHD-Kreditschutzverein für Handel und Dienstleistungen e.V.) auf etwa 9 Millionen (Schreiben an den Verfasser vom 04.08.1993). Nach einem Bericht der FAZ vom 24.04.1992, S. 20 hat der Verband der Vereine Creditreform 1991 allein rund 8 Millionen Wirtschaftsauskünfte erteilt, bei Schimmelpfeng sollen es 1982 etwa 4 Millionen Auskünfte (Handelsblatt vom 04.08.1983, S. 8) und bei Bürgel 1991 rund 2,1 Millionen Auskünfte (FAZ vom 23.06.1992, S. 18) gewesen sein. 131

Vgl. die vorhergehende Fn.

132

Wobbe-Sahm, S. 36.

133

Sie wurde 1870 gegründet und nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches 1901 in das Vereinsregister eingetragen; vgl. Wobbe-Sahm f S. 17ff. Ob eine solche registergerichtliche Eintragung gemäß § 21 BGB auch weiterhin möglich sein soll, ist umstritten. Bejahend: Zergiebel, S. 43ff. Verneinend: Hoene, S. S. 21f. und Schroif, S. 178f. 134

Mallmann, S. 80; Wobbe-Sahm, S. 77.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

103

selbständiger Unternehmer mit eigenem Risiko fungiert. 135 Die regionalen Vereine Creditreform sind in der Dachorganisation Verband der Vereine Creditreform e. V. Neuss zusammengeschlossen. I m Geschäftsjahr 1993/94 erreichte die Unternehmensgruppe Creditreform einen Gesamtumsatz von 417,3 Millionen D M , was gegenüber dem Vorjahr einem Zuwachs von 13,6% entspricht. 136 Dem Verband gehören in Europa 160 Vereine Creditreform an, die 3.000 Mitarbeiter beschäftigen und denen 130.000 Mitglieder angeschlossen sind. 1 3 7 Allein in der Bundesrepublik Deutschland hat Creditreform 118.000 Mitglieder, die von 130 Geschäftsstellen aus betreut werden. 1 3 8 In der Creditreform-Wirtschaftsdatenbank waren 1990 8,5 Millionen Datensätze unter Berücksichtigung von einer M i l l i o n deutscher Unternehmen gespeichert. 139 Nach dem Stand von 1994 ist die Zahl der gespeicherten Unternehmen inzwischen auf mehr als 2,3 Millionen allein in der Bundesrepublik Deutschland angewachsen. 140 I m Geschäftsjahr 1991/92 wurden rund acht Millionen Wirtschaftsauskünfte erteilt, davon 500.000 in den neuen Bundesländern. 141

135

Wobbe-Sahm, S. 77.

136

Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform 1993/94, S. 2; zum Vergleich Geschäftsjahr 1992/93: 367,4 Millionen D M (Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform 1992/93, S. 2); 1991/92: 320,6 Millionen D M (FAZ vom 24.04.1992, S. 20); 1990/91: 277,3 Millionen D M (FAZ vom 24.04.1992, S. 20); 1989/90. 253,6 Millionen D M (Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform 1989/90, S. 2). 137 Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform 1993/94, S. 2; zum Vergleich Geschäftsjahr 1992/1993: 155 Vereine Creditreform in Europa/2.800 Mitarbeiter und 124.000 angeschlossene Mitglieder (Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform 1992/93, S. 2); 1991/92: 132 Vereine Creditreform in Deutschland und Österreich/2.500 Mitarbeiter und 90.000 angeschlossene Mitglieder (FAZ vom 24.04.1992, S. 20). 138

Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform 1993/94, S. 5, 13.

139

Diese Zahlenangaben stützen sich auf den Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform e. V. 1989/90, S. 2, 5 und 8. 140

Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform 1993/94, S. 16.

141

FAZ vom 24.04.1992, S. 20.

104

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

bb) Schimmelpfeng Die zweitgrößte 142 deutsche Wirtschaftsauskunftei ist die Schimmelpfeng GmbH. Sie wurde 1984 von dem weltweit größten Anbieter von Wirtschaftsauskünften, der Dun & Bradstreet Corp., New York übernommen. 143 Die Schimmelpfeng GmbH unterhält rechtlich unselbständige Zweigstellen, die unter Leitung eines festangestellten Filialleiters stehen, der Weisungsempfänger der Zentrale ist. 1 4 4 Für die Anfragenden besteht die Möglichkeit Mitglied der Schimmelpfeng-Organisation zu werden. 145 Die Schimmelpfeng GmbH setzte i m Geschäftsjahr 1993 92 Millionen D M u m . 1 4 6 In neun Verkaufsniederlassungen und 75 lokalen Stützpunkten sind etwa 550 Mitarbeiter beschäftigt. 147 Geschätzte 10 Millionen Einzelauskünfte 148 und Angaben über rund 1 M i l l i o n deutsche Unternehmen 149 bilden die Basis für jährlich ca. 4 Millionen Auskünfte. 150 Die internationalen Datenbanken, auf die das Unternehmen zurückgreifen kann, enthalten Informationen über mehr als 30 Millionen Unternehmen. 151

142

Noch 1983 konnte sich die Schimmelpfeng GmbH Europas größte Wirtschaftsauskunftei nennen, vgl. Handelsblatt vom 04.08.1983, S. 8. 143

Dun & Bradstreet setzte 1985 insgesamt 7 Milliarden D M um und beschäftigte 60.000 Mitarbeiter in 28 Ländern; FAZ vom 06.04.1986, S. 17. Bis zum Jahr 1993 steigerte sich der Umsatz auf etwa 8,2 Milliarden D M ; FAZ vom 14.07.1994, S. 19. 144

Wobbe-Sahm, S. 90.

145

Mallmann, S. 81.

146

FAZ vom 14.07.1994, S. 19; nach Angaben des Geschäftsführers Alfred Zemen gegenüber dem Handelsblatt (vom 03.04.1986, S. 14) lag der Umsatz im Geschäftsjahr 1985/86 bei 85 Millionen DM. 147

FAZ vom 14.07.1994, S. 19. Zu Beginn der Rationalisierungsmaßnahmen von Dun & Bradstreet waren es noch 100 Geschäftsstellen (Hoene, S. 18) mit etwa 1.000 Mitarbeitern (FAZ vom 06.04.1986, S. 17 nennt 970; Handelsblatt vom 03.04.1986, S. 14 nennt 995 und FAZ vom 01.03.1986, S. 16 gibt die Anzahl für das Jahr 1983, also vor der Übernahme durch Dun & Bradstreet, noch mit rund 1.500 an. 148

Schimmelpfeng-Ortsbuch, S. VI.

149 Mitteilung der Schimmelpfeng GmbH an die Presse vom Oktober 1990; laut Handelsblatt vom 03.04.1986, S. 14 waren es noch lediglich 300.000. 150

Die Angabe bezieht sich auf 1982; vgl. Handelsblatt vom 04.08.1983, S. 8.

151

FAZ vom 14.07.1994, S. 19.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

105

cc) Bürgel Bis Ende 1994 bestand die Auskunfteigruppe Bürgel aus den einzelnen Auskunftsstellen, die in einer BGB-Gesellschaft zusammengeschlossen waren und die „Vereinigten Auskunfteien Bürger* bildeten, sowie der Auskunftei Bürgel Centrale GmbH. 1 5 2 Gesellschafter der Centrale waren ausschließlich die Auskunfteiinhaber, so daß keine Kapitalbeteiligung Dritter bestand. Die Auskunftei Bürgel Centrale GmbH fungierte als Verwaltungs- und Abrechnungsstelle der Vereinigten Auskunfteien Bürgel. Nach der neuen Unternehmensstruktur liegen die Zentralfunktionen jetzt bei der Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. K G (B WI). Die ehemalige Bürgel Centrale GmbH ist heute eine Beteiligungsgesellschaft, die Bürgel Beteiligungs GmbH. Sie ist zur Hälfte an der B W I beteiligt, die andere Hälfte hält die Hermes Beteiligungen GmbH, eine Tochtergesellschaft der Hermes Kreditversicherungs A G . 1 5 3 1991 bestanden 76 Auskunftsstellen, die etwa 1.200 Mitarbeiter beschäftigten. Es wurden in diesem Jahr rund 2,1 Millionen Auskünfte erteilt und damit rund zwei Drittel des Umsatzes erzielt. 1 5 4 Das verbleibende Umsatzdrittel wurde vom Mahn- und Inkassowesen beigesteuert. Der Umsatz der Vereinigten Auskunfteien Bürgel belief sich 1991 auf etwa 100 Millionen D M . 1 5 5 1994 hat Bürgel den Umsatz auf 135,5 Millionen D M gesteigert. Die Beschäftigtenzahl ging auf rund 1.000 Mitarbeiter zurück. 1 5 6

b) Betriebswirtschaftliche

Bedeutung

Die neuere Wirtschaftswissenschaft erfaßt die Informationskosten über mögliche Geschäftspartner auf Beschaffungs- und Absatzmärkten nach der

152

Vgl. zu der Organisation von Bürgel in Form einer „Doppelgesellschaft" WobbeSahm, S. 74ff. 153

Vgl. FAZ vom 28.06.1995, S. 24; Handelsblatt vom 14.11.1994, S. 20.

154

FAZ vom 23.06.1992, S. 18.

155

FAZ vom 23.06.1992, S. 18; aufgrund der früheren besonderen Unternehmensstruktur - selbständige Kaufleute - konnten hierzu keine genaueren Angaben gemacht werden, so die Auskunftei Bürgel Centrale GmbH in einem Informationsblatt für die Zeitschrift Impulse vom 25.09.1990. 156

FAZ vom 28.06.1995, S. 24.

106

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

von Coase begründeten Transaktionskostentheorie. 157 Entsprechend dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit führt dabei jedes Unternehmen einen Kosten-Nutzen-Vergleich zwischen der Einschaltung einer Auskunftei und der Eigenbeschaffung der benötigten Informationen durch. Für eine Eigenbeschaffung spricht, daß auch die Auskunfteien ihre Informationssammlung zum größten Teil lediglich auf sogenannte allgemein zugängliche Quellen 158 stützen und das Unternehmen darüber hinaus noch auf interne Quellen (z. B. eigene Buchhaltung, Kundendateien, Marktforschung) zurückgreifen kann. Dem steht allerdings entgegen, daß sich der erforderliche Aufwand dabei in aller Regel in keiner vernünftigen Relation zu den Kosten bei Inanspruchnahme einer Auskunftei befindet und zudem die erlangten Informationen i m Hinblick auf Vollständigkeit und Geschwindigkeit nicht das Niveau der Auskunfteileistungen erreichen würden. Für die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit von Auskunfteien spricht auch die bereits i m 19. Jahrhundert gemachte Erfahrung, 159 daß die Möglichkeiten des einzelnen Unternehmers, sich Informationen über mögliche Geschäftspartner zu verschaffen, häufig nicht ausreichten. Insbesondere die sogenannten geschäftsfreundlichen Auskünfte erwiesen sich als unzulänglich. Ein weiteres Indiz dafür, daß aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Inanspruchnahme von Auskunfteien sinnvoll sein kann, ist der zur Zeit bestehende Trend, daß Unternehmen sich auf ihre Kerngebiete konzentrieren, Zubringerleistungen ausgliedern (lean management/outsourcing) und an außenstehende Spezialisten übertragen, die ihrerseits aufgrund der Massenproduktion günstiger anbieten können. Somit bleibt als Ergebnis festzuhalten, daß bei Auskunftsbedarf die Einschaltung von Auskunfteien im Regelfall den schnellsten und kosteneffizientesten Weg der Informationsbeschaffung darstellt und somit aus betriebswirtschaftlicher Sicht geboten ist.

c) Volkswirtschaftliche

Bedeutung

Aus volkswirtschaftlicher Sicht können die Leistungen der Auskunfteien zur Verbesserung der Kredittransparenz, damit der Risikoverminderung im 157

Grundlegend Coase, The Nature of the Firm, in: Economica, New Series, Vol. 4 (1937), S. 386ff; Diederich, S. 227; Schneider, S. 250ff.; Begriffsdefinition in: Gabler, Bd. 2, Stichwort „Transaktionskosten", S. 3295. 158

Vgl. Kap. 2 B I 4 b aa (1) und (2); Kap. 5 B IV.

159

Vgl. Kap. 2 A I I .

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

107

Finanzbereich und daraus folgend der Verringerung von Insolvenzgefahren beitragen. In diesem unmittelbaren Zweck erschöpfen sich die Leistungen der Auskunfteien jedoch nicht. Denn je größer die Kredittransparenz ist, desto sicherer sind die Lieferantenerwartungen über das Zahlungsverhalten der Kunden. Je sicherer diese Erwartungen sind, desto reibungsloser funktioniert der Kapitalfluß und desto produktiver ist die volkswirtschaftliche Distribution. Daraus folgert Gerthe 60 daß die durch die Auskunfteien gewährleistete Kredittransparenz eine erhebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Volkswirtschaft besitzt. Des weiteren ist feststellbar, daß die Auskunfteien zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbs beitragen können, indem sie den Informationsvorsprung größerer Unternehmen, der auf der größeren Zahl und Intensität der wirtschaftlichen Beziehungen beruht, mindern. 1 6 1 Dieser Ausgleich des größenbedingten Informationsvorsprunges ist deshalb volkswirtschaftlich wichtig, da kleinere Anbieter vielfach schon durch geringe Wettbewerbsnachteile aus dem Markt ausscheiden können und damit die Volkswirtschaft in ihrer Wettbewerbsfunktion eingeschränkt w i r d . 1 6 2 Einer ordnungsgemäßen Auskunftserteilung kommt damit durchaus Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Volkswirtschaft zu. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Auskunfteien wurde beispielsweise bei der Investitionstätigkeit in den neuen Bundesländern deutlich. Hier war die beklagte zurückhaltende Anfangsphase auch durch einen Mangel an Informationen bedingt und zwar nicht nur in bezug auf den gesetzlichen Rahmen und die Eigentumsverhältnisse, sondern insbesondere auch bezüglich der wirtschaftlichen Situation einzelner Unternehmen.

2. Externe Organisationen Zwar weist das Verbandswesen der Auskunfteien keine vergleichbare Vielfalt von Standesvertretungen auf wie die Detektivbranche, 163 doch bestehen auch hier mehrere Berufsorganisationen nebeneinander. Zu nennen sind etwa der Verband der Handelsauskunfteien, der Verband Detektei-, 160

S. 6 und zusammenfassend S. 14.

161

Gerth, S. 17.

162

Gerth, S. 12.

163

Vgl. dazu Kap. 2 B I I 2.

108

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Auskunftei- und zugelassene Inkasso-Unternehmen und der Verband Hamburger Detektive und Auskunfteien. Dem Verband der Handelsauskunfteien können nur Auskunfteien angehören, die überregional arbeiten. Mitglieder des Verbandes der Handelsauskunfteien sind der Verband der Vereine Creditreform e. V., die Schimmelpfeng GmbH, die Bürgel Centrale und der IHD-Kreditschutzverein für Handel und Dienstleistungen e. V.. In den weiteren Verbänden sind dagegen überwiegend kleinere Auskunfteien organisiert, wobei auch gemeinsame Zusammenschlüsse mit Detekteien bestehen. Dies resultiert daraus, daß kleinere Auskunfteien in ihrer Tätigkeit eher den Detekteien als den Großauskunfteien vergleichbar sind, denn bei den kleineren Auskunfteien, die zum Teil auch für Großauskunfteien tätig sind, bilden Recherchen einen wichtigen Bestandteil der Tätigkeit. Die Leistungen der Auskunfteiverbände bestehen in der Interessenwahrnehmung ihrer Mitglieder, indem sie dem Gesetzgeber Reformvorschläge unterbreiten oder den Austausch wichtiger Informationen innerhalb der Berufsgruppe fördern.

3. Interne Organisation von Auskunfteien Die interne Organisation von Auskunfteien unterscheidet sich je nach Größe, regionaler Ausdehnung und Leistungsangebot ganz erheblich. Der Größenunterschied zwischen den wenigen Großauskunfteien und den kleineren Auskunfteien wächst dabei mit den kostenintensiven Möglichkeiten der Computerisierung und Vernetzung weiter. Die Großauskunfteien betreiben unter Ausnutzung modernster Computer- und Kommunikationstechnik einen Massenverkehr mit Auskünften, während die kleineren Unternehmen Auskünfte lediglich auf lokaler Ebene erteilen und ansonsten als Rechercheure für die Großauskunfteien tätig werden. Folge dieser Entwicklung ist es, daß es in der Bundesrepublik Deutschland kaum Auskunfteien mittlerer Größe gibt.

a) Größeneinteilungen und Organisationsformen Es hat sich eingebürgert, die Auskunfteien nach ihrer regionalen Ausdehnung zu unterscheiden, 164 da es sich dabei um ein offenkundiges Merkmal handelt, das zudem Aufschluß über die Leistungsfähigkeit gibt.

164 Grießbauer, S. 58ff.; Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86 (87).

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

109

Großauskunfteien erstrecken ihre Organisation und ihre Tätigkeit auf mindestens ein Land und arbeiten zumeist auch international. Sie werden nach einheitlichen Richtlinien tätig, so daß sich die Auskünfte, unabhängig von welcher Filiale sie erteilt werden, im Aufbau gleichen und die Auskunftsgutscheine für das gesamte Gebiet Gültigkeit haben. 165 Als denkbare Organisationsformen, also als System in dem die verschiedenen Auskunftsstellen zueinander und zur Zentrale organisiert sind, kommen für die Großauskunfteien Zentralisation und Dezentralisation in Betracht. Eine Zentralisation i m Auskunfteiwesen liegt vor, wenn die gesamten Auskunfteileistungen von einer einzigen Bearbeitungsstelle erbracht werden. 166 Von einer Dezentralisation i m Auskunfteiwesen kann gesprochen werden, wenn regionale Auskunftsstellen die Auskünfte in einem bestimmten Bezirk vollkommen selbständig erteilen, dabei jedoch unter der Kontrolle der Zentrale stehen. 167 Bei den in der Bundesrepublik tätigen Großauskunfteien läßt sich ein gemischter Organisationsaufbau feststellen. Dieser ist etwa dadurch verwirklicht, daß die Geschäftsführer bzw. Filialleiter der selbständigen Geschäftsstellen dazu verpflichtet werden, verbandseinheitlich aufzutreten und zu leisten, so daß Qualitätsunterschiede der Auskünfte kaum in Erscheinung treten. 1 6 8 Zudem übernimmt die Zentrale mit besonderen Abteilungen die Kontrolle der Filialbetätigung, insbesondere die Einhaltung der Richtlinien bei der Auskunftserstellung, Auskunftserteilung, dem Service und der Archivführung. 169 Durch die zunehmende Vernetzung der Auskunftsstellen untereinander besteht aber im Hinblick auf die Bereitstellung der Auskünfte durch ein computerisiertes Zentralarchiv der Trend zu einer weitergehenden Zentralisation. Unter Mittel- und Kleinauskunfteien sind solche Auskunfteien zu verstehen, die nur in einem örtlich begrenzten Gebiet, oft nur in einer Stadt tätig sind. 1 7 0 Häufig handelt es sich bei den Kleinauskunfteien um Einmannbetriebe, bei denen der Inhaber alle Arbeitsleistungen selbst vornehmen

165 Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86 (87). 166

Grießbauer, S. 73; Wobbe-Sahm, S. 62.

167

In diesem Sinne auch Grießbauer, S. 74.

168

Wobbe-Sahm, S. 68.

169 Etwa bei Schimmelpfeng und Bürgel; vgl. Wobbe-Sahm, S. 73 und S. 76. 170 Grießbauer, S. 60; Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86 (87).

110

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

muß. 1 7 1 Der alleinige Betrieb einer solchen Auskunftei bietet vielfach keine ausreichende Existenzgrundlage, so daß die Inhaber entweder noch andere Nebenberufe ausüben oder als Korrespondenten von Groß- und Kalenderauskunfteien tätig sind. 1 7 2

b) Betriebsaufbau Bei jeder einzelnen Auskunftsstelle und selbständigen Auskunftei erfolgt je nach Leistungsangebot eine organisatorische Trennung nach den einzelnen Leistungsobjekten, etwa Auskunftserteilung, Mahnwesen, Inkassotätigkeit und Marktforschung. 1 7 3 Allerdings ergeben sich dabei auch Überschneidungen, die beispielsweise durch den wechselseitigen Informationsfluß bedingt sind. Eine weitere Untergliederung innerhalb der Leistungsbereiche erfolgt nach Aufgaben. Insbesondere bei größeren Auskunftsstellen werden etwa Informationsbeschaffung, Leistungserstellung und Absatz in unterschiedlichen Abteilungen wahrgenommen. Nur übergreifende Verwaltungsaufgaben werden von einem Aufgabenträger erfüllt. 1 7 4 Bei kleineren Auskunfteien sind die Möglichkeiten einer solchen Arbeitsteilung natürlich begrenzt, bei Einmannbetrieben kann sie nicht stattfinden.

c) Personelle Betriebsmittel Die verschiedenen Aufgaben innerhalb einer Auskunftei werden von Rechercheuren, Korrespondenten, Archivpersonal und Redakteuren, die auskunfteitypische Funktionen wahrnehmen, sowie Schreibkräften, Verkaufs- und Versandpersonal, Kundenberatern und der Geschäftsleitung wahrgenommen. Die Rechercheure ziehen Erkundigungen an Ort und Stelle ein, indem sie geeignete Informanten befragen und Beobachtungen dokumentieren. Nach Darstellungen aus dem Bereich der Auskunfteibranche ist der Rechercheur ein besonders geeigneter, festangestellter Mitarbeiter, von Haus aus Kauf-

171

Grießbauer, S. 61.

172 Grießbauer, S. 60; Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86 (87). 173

Wobbe-Sahm, S. 61.

174

Wobbe-Sahm, S. 61.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

111

mann, aber mit einer Spezialausbildung durch die Handelsauskunftei. 175 Dagegen beklagen kritische Stimmen 1 7 6 eine zu niedrige Qualifikation der Rechercheure, insbesondere fehlende Branchenkenntnis. Darauf wird auch eine unzulängliche Qualität der Auskünfte zurückgeführt. 177 Daneben bedienen sich die Auskunfteien bei der Informationsbeschaffung sogenannter Korrespondenten, auch Gewährsleute oder Vertrauensmänner genannt. 178 Korrespondenten sind freie Mitarbeiter der Auskunfteien, die Nachforschungen am Wohnsitz des Auskunftsbezogenen übernehmen und über bestimmte Ereignisse unaufgefordert berichten. 179 Das Archivpersonal ordnet die eingehenden Informationen den betreffenden Personen und Unternehmen zu und wertet darüber hinaus bestimmte Quellen anfrageunabhängig aus. Die Redakteure fertigen aufgrund neu eingehender Berichte und aufgrund des Archivmaterials die Auskünfte. 180 Die fertige Auskunft wird schließlich durch das Versandpersonal per Telefon, Telefax oder Brief dem Anfragenden übermittelt.

d) Sachliche Betriebsmittel Innerhalb der sachlichen Ausstattung hat die Gestaltung des Auskunftsarchivs besondere Bedeutung. Während die Auskünfte früher in

175 Kieschke, S. 12; Windolph (Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86 [88]) beschreibt den Rechercheur folgendermaßen: „Neben vielseitigem Wissen auf kaufmännischem und volkswirtschaftlichem Gebiet muß der Berichter mit den Branchenverhältnissen seines Bezirks vertraut sein, guten Kontakt zu Gewährsleuten halten und über ein einwandfreies und korrektes Auftreten verfügen. Eine besondere Lauterkeit des Charakters und Immunität gegen Beeinflussungs- oder Bestechungsversuche jeglicher Art sind eine unerläßliche Voraussetzung." 176 Raithel, Manager Magazin 1975, Heft 4, S. 52 (54f.); vgl. auch Capital 1965, Heft 1, S. 55. 177 So eine Stellungnahme des Managers der Hermes-Kreditversicherungs-AG Asmussen in: Raithel, Manager Magazin 1975, Heft 4, S. 52 (54). 178

Vgl. Trettner,

S. 11.

179 Trettner, S. 10; Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86 (88). 180

Stets, S. 38.

112

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Karteikartenform, teilweise sogar in Büchern, 181 gesammelt wurden, setzt sich seit Beginn der 80er Jahre der Trend zur Umstellung auf EDV-Betrieb durch. 1 8 2 Genauer auf die dabei bestehenden technischen Möglichkeiten einzugehen, verbietet sich geradezu, da sie sich fast ständig überholen und erweitern. U m insbesondere das Verfahren bei den Großauskunfteien transparenter zu machen, sei jedoch darauf hingewiesen, daß bei ihnen die Möglichkeit von Online-Abrufen besteht, bei denen der Kunde mit seinem Computer die Datenbank der Auskunftei anwählt. Die gewünschte Auskunft wird dann auf den Bildschirm des kundeneigenen Computers überspielt und kann von ihm auch gespeichert werden. Durch die Vernetzungen der Großauskunfteien mit verschiedenen in- und ausländischen Datenbanken besteht somit für den einzelnen Kunden ein direkter Zugriff auf eine nahezu unüberschaubare Datenmenge.

4. Tätigkeitsbereich Bei der Darstellung des Tätigkeitsbereiches der Auskunfteien ist zunächst festzustellen, daß die großen Handels- oder Wirtschaftsauskunfteien sowohl in ihrer Arbeitsweise als auch in ihrem Leistungsprogramm sehr ähnlich sind. Dieses Leistungsprogramm soll i m folgenden ebenso erörtert werden wie die Tätigkeit der sogenannten kleinen Auskunfteien. Einzugehen ist ferner auf die Arbeitsweise der Auskunfteien, also die Informationsbeschaffung und die Informationsverarbeitung.

a) Aufgaben und Leistungen Das Leistungsangebot der Auskunfteien erschöpft sich keineswegs mehr in der bloßen Auskunftserteilung. Vielmehr sind zu dieser betriebstypischen Leistung eine Reihe weiterer Leistungsarten hinzugekommen.

aa) Bereich der Auskunftserteilung Die Leistungserweiterung i m Bereich des Auskunfteiwesens betrifft nicht nur die Hinzunahme verschiedener Nebenleistungen, sondern auch das 181 182

Trettner,

S. 12.

Siehe Römer, markt + Wirtschaft, Nr. 1/1984, S. 8 (9ff.); für die Umstellung auf EDV investierte etwa Schimmelpfeng 85 Millionen D M ; FAZ vom 06.06.1986, S, 17; Handelsblatt vom 03.04.1986, S. 14.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

113

Angebot i m Bereich der Auskunftserteilung selbst ist zunehmend differenzierter geworden. Unterschiedliche Informationsbedürfnisse der Wirtschaft haben bezüglich Inhalt, Umfang und Erledigungsgeschwindigkeit verschiedene Arten der Wirtschaftsauskunft entstehen lassen. So gibt es neben der Normalauskunft, einem schriftlichen Bericht, der sich in erster Linie aus Archivangaben zusammensetzt, die erweiterte Auskunft, die auf Sonderfragen des Anfragenden eingeht. Von der Normalauskunft unterscheidet sich die Expreßauskunft durch die vordringliche Erledigung und die Übermittlung per Telex. 1 8 3 Ferner werden aus den vorhandenen Archivunterlagen telefonische Sofortinformationen gegeben. Entscheidendes Differenzierungskriterium für eine Einteilung der Auskunftsarten ist aber deren Inhalt. Die diesbezüglichen Unterschiede werden im folgenden dargestellt.

(1) Auskünfte über Kreditwürdigkeit

und Kreditfähigkeit

Die betriebstypische Leistung von Auskunfteien liegt in der Erteilung von Kreditauskünften. 184 Kredit ist das Vertrauen, das der Gläubiger in den Schuldner setzt, daß dieser zahlen kann und zahlen w i l l . 1 8 5 Es ist demnach zwischen Kreditfähigkeit (der Frage, ob ein Schuldner wirtschaftlich in der Lage ist, den Kredit zurückzuzahlen, also zahlen kann) und Kreditwürdigkeit (der Frage, ob der Schuldner den Kredit zurückzahlen will) zu unterscheiden. 186 Zur Beurteilung der Kreditfähigkeit gehören alle Angaben, die auf finanzieller Grundlage beruhen, wie etwa Einrichtung, Lagerbestände, Grundstücke, Gebäude, Bank- und Postbankguthaben, Außenstände und Verpflichtungen, Hypotheken, Wertpapiere. 187 Die Kreditwürdigkeit wird durch die Auskunfteien nach fachlichem Können, Branchenerfahrung, geschäftlicher Tüchtigkeit und charakterlicher Veranlagung beurteilt. 188 183

Schweizerischer Verband Creditreform: Die Wirtschaftsauskunftei, S. 9.

184

Deshalb wird für die Handelsauskunfteien auch vielfach der Begriff „Kreditauskunftei" verwendet (vgl. Fischer, S. 9). Entsprechend ihrer Aufgabe den Kreditgeber zu schützen, bezeichnen sich die Auskunfteien auch selbst gern als Stützen des seriösen Unternehmers im Kampf gegen unseriöse Kreditnehmer. (Vgl. Schulz, TW 1970 Nr. 2, S. 11). 185 Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86 (87). 186

Neumann, S. 58.

187

Kieschke, S. 7.

188

Kieschke, S. 7; Neumann, S. 59.

8 Peilert

114

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Daneben enthält ein Kreditbericht zahlreiche weitere Angaben wie zum Beispiel: -

Firmenname, Firmenanschrift, Gesellschaftsform, Inhaber/Gesellschafter, Geschäftsführer/Vorstand, alle Angaben zur Geschäftsleitung, Aufsichtsrat, Gründung und Entwicklung der Firma, Art und Umfang des Geschäfts, Bankverbindungen, Persönliches über die Inhaber/leitenden Angestellten, Branche und Produkte, Mitarbeiterzahl, Umsatz, Handelsregister- und sonstige Eintragungen, bei Gesellschaften mit bestimmtem Kapital dessen Höhe, Haftsummen und Anteilshöhen sowie Kapitaleinlagen. 189

Eine Auskunft enthält regelmäßig wenigstens 20 Fakten aus einer größeren Anzahl von Quellen. 1 9 0 Der Kreditbericht schließt zumeist mit einer Kreditbeurteilung und der Beantwortung der speziellen Kreditfragen oder anderer Sonderwünsche ab. 1 9 1 Intimdaten haben in einer Kreditauskunft laut Stellungnahmen aus der Auskunfteibranche 192 keinen Platz. Dies wird allerdings für den Fall eingeschränkt, daß die persönlichen Verhältnisse für die Kreditwürdigkeit von Bedeutung sind. 1 9 3 Dies läßt den Auskunfteien

189

Vgl. Kieschke, S. 11; Neumann, S. 58f.; Döhlen WS 1979, S. 273f.

190

Döhlen WS 1979, S. 273.

191

Kieschke, S. 11.

192

Rödl/Benninghaus, Wirtschaftskriminalität, S. 7 (20f.); Stellungnahme von Creditreform-Geschäftsführer Rödl, wiedergegeben im Aufsatz von Raithel, Manager Magazin 1975, Heft 4, S. 52 (52 und 54). 193 Rödl/Benninghaus, Wirtschaftskriminalität, S. 7 (21); bei Müller von Blumencron, Capital 1990 Nr. 9, S. 300 (309) wird ein Sprecher von Creditreform zu der Verwendung von Details aus Beruf und Familie mit der Äußerung zitiert: „Schließlich wollen die Leute für ihr Geld auch etwas lesen."

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

115

einen weiten Spielraum, auch persönliche Daten in die Auskunft aufzunehmen. So kann eine Auskunft auch Angaben über „notorische Trunksucht, übermäßige Spielleidenschaft und offenbare geistige Defekte" 1 9 4 enthalten, denn es kann nicht geleugnet werden, daß solche Informationen für die Kreditwürdigkeit von Bedeutung sein können. Bezüglich der übermittelten Auskünfte ist festzustellen, daß sich die meisten der von den Großauskunfteien erteilten Kreditauskünfte auf Wirtschaftsunternehmen und selbständige Gewerbetreibende beziehen. Dagegen machen Auskünfte über Privatpersonen - etwa i m Rahmen des Teilzahlungsund Hypothekenkredits sowie bei Anfragen von Lebensversicherungen - bei den Großauskunfteien nur einen Anteil von 10 bis 15% aus. 195 Anders ist die Situation bei den Klein- und Mittelauskunfteien, die überwiegend Auskünfte über Verbraucher erteilen. 196

(2) Auskünfte zur Entscheidungsfindung

in Personalfragen

I m Rahmen ihrer Auskunftstätigkeit übernehmen Auskunfteien zum Teil auch die Überprüfung von Bewerbungsunterlagen vor dem Abschluß von Anstellungsverträgen, insbesondere mit Führungskräften. 197 Der inhaltliche Schwerpunkt dieser Auskünfte liegt dabei auf dem beruflichen Werdegang unter besonderer Berücksichtigung der vorhergehenden Beschäftigungsverhältnisse. 198 In Anbetracht der exponierten Stellung, die Führungskräfte innerhalb eines Unternehmens bekleiden, machen in erster Linie große Unternehmen von diesem Spezialdienst Gebrauch. 199 Darüber hinaus sind

194

Mallmann, S. 87; Tiedemann/Sasse, S. 46; vgl. auch Tätigkeits- und Erfahrungsbericht der niedersächsischen Aufsichtsbehörden zu Fragen des Datenschutzes im nichtöffentlichen Bereich vom 10.03.1986, LTDrucks 10/5750, S. 11 und den Beispielsfall im 4. Jahresbericht des Bremischen Landesdatenschutzbeauftragten vom 31.03.1982, LTDrucks 10/800, S. 51: Speicherung des Merkmals „Drogenabhängigkeit" durch Kreditauskunfteien. 195 Mallmann, S. 81; Tiedemann/Sasse, S. 33; nach dem 2. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1984, S. 120 liegt der Anteil der über Privatpersonen erteilten Auskünfte bei „weit unter einem Drittel". 196

Mallmann, S. 81; Geyer, S. 48 Fn. 1.

197

Mallmann, S. 93.

198

Neumann, S. 59.

199

Mallmann, S. 93.

116

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

aber auch routinemäßige Überprüfungen von Arbeitnehmern durch Auskunfteien bekannt geworden. 2 0 0 Allerdings fallen diese sogenannten Personalauskünfte gegenüber der Kreditberichterstattung zahlenmäßig kaum ins Gewicht. 2 0 1

(3) Auskünfte zur Erreichung einer größeren Markttransparenz Die Auskunfteien machen sich des weiteren ihr Archivmaterial zunutze, um ihr Leistungsprogramm um solche Dienstleistungen zu erweitern, die den Kunden eine größere Markttransparenz gewährleisten sollen. Zielgruppe dieser Auskünfte sind insbesondere Unternehmen im Gründungsstadium. Für sie kommt beispielsweise die Prüfung der Duplizität des Firmennamens vor der Gründung des Unternehmens in Betracht. 202 Ebenso beschaffen Auskunfteien Adressen von Unternehmen, die für Verkauf und Werbung des Auftraggebers in Betracht kommen. Im Gegensatz zu den reinen Adreßvermittlungsunternehmen treffen die Auskunfteien dabei bereits eine die Leistungsfähigkeit der Adressaten berücksichtigende Auswahl. 2 0 3

(4) Auslandsauskünfte Das Leistungsprogramm der Auskunfteien umfaßt ferner die Erteilung von Auskünften über ausländische Geschäftspartner. Die Informationsbeschaffung i m Ausland erfolgt entweder durch eigene Niederlassungen oder i m Wege einer Zusammenarbeit mit Partnerauskunfteien auf Gegenseitigkeits- und Austauschbasis. 204 Dabei eröffnen die Großauskunfteien über den Weg der Vernetzung zum Teil den direkten Zugriff auf die Datenbanken ausländischer Korrespondenzauskunfteien.

200

Vgl. die Fallbeispiele bei Wohlgemuth , BB 1980, S. 1530.

201

Neumann, S. 60.

202

Fischer, S. 10.

203 Fischer, S. 10; Kieschke, Kap. 5 B I 2 b bb (2). 204

S. 24; vgl. zu der datenschutzrechtlichen Problematik

Schulz, TW 1970 Nr. 2, S. 11 (12).

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

117

(5) Nachträge Die meisten deutschen Auskunfteien bieten einen kostenlosen Ergänzungsdienst, in dessen Rahmen sie innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Erstauskunft freiwillig über wesentliche Änderungen in den Firmenverhältnissen berichten, die ihnen durch ihren betriebsüblichen Erkundigungsdienst bekannt werden. 205 Mitgeteilt werden sowohl positive als auch negative Veränderungen. 206 Diese sogenannten Nachträge setzen vor ihrer Erteilung eine sorgfältige Abwägung der Auskunfteien voraus, denn es sind Fälle denkbar, in denen äußere Anzeichen auf eine Verschlechterung der Lage der Firma hinweisen können, die tatsächlich aber nur Ausdruck kurzfristiger betrieblicher Engpässe sind. Eine zu frühe Auskunftserteilung kann dann zu schwersten Nachteilen für das betroffene Unternehmen führen, wenn sämtliche Empfänger der Nachtragsinformation in ihren Geschäftsabschlüssen zurückhaltender werden, im ungünstigsten Fall sogar umgehend ausstehende Forderungen einziehen. A u f der anderen Seite kann ein zu langes Warten mit der Auskunftserteilung, den Auskunftsempfänger zu spät erreichen und eine rechtzeitige Reaktion unmöglich machen. 207

bb) Bereich der Nebenleistungen Das Angebot von Nebenleistungen, insbesondere die Mahn- und Inkassotätigkeit sowie die Marktforschung stehen mit dem Auskunftswesen aus beschaffungs- und absatzwirtschaftlicher Sicht in einem sachlichen Zusammenhang. 208 Es können gleiche Informationsquellen genutzt und auf bereits gespeicherte Informationen zurückgegriffen werden. Darüber hinaus ermöglicht die absatzwirtschaftliche Verwandtschaft die Nutzung vorhandener Geschäftsbeziehungen insofern, als sich die Kundengruppen des Auskunftsbereichs mit denen von Mahn- und Inkassotätigkeit sowie dem Marktforschungsbereich teilweise überschneiden. 209

205

Neumann, S. 61; Windolph, GDI-Topics 1970, S. 77f.

206

Rödl/Benninghaus,

Wirtschaftskriminalität, S. 7 (27).

207

Vgl. zu dieser Problematik Neumann, S. 61; Rödl/Benninghaus, Wirtschaftskriminalität, S. 7 (28); ausschließlich aus der Sicht des Auskunftsempfängers: Windolph, Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunfteiwesen", S. 86 (89). 208

Wobbe-Sahm, S. 148.

209

Fischer, S. 11; Wobbe-Sahm, S. 148.

118

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

(1) Mahn- und Inkassotätigkeit Zum Leistungsangebot der großen Auskunfteien gehört die Mahn- und Inkassotätigkeit. 2 1 0 Die Auskunfteien unterstützen Mahnungen ihrer Kunden, indem sie sogenannte Mahnaufkleber ausgeben, die den Hinweis enthalten, daß bei Nichtbeachtung die Auskunftei eingeschaltet wird. 2 1 1 Die Auskunftei übernimmt dann auch den Einzug der Forderung. Für titulierte, augenblicklich uneinbringliche Forderungen übernehmen die Auskunfteien die Überwachung der Vermögensverhältnisse, bis ihnen auf betriebsüblichem Weg eine Vollstreckungsmöglichkeit bekannt wird. 2 1 2 Der Inkassodienst der Auskunfteien weist eine hohe Erfolgsquote 213 auf, da der Gläubiger einerseits aufgrund der bei den Auskunfteien über die Schuldner gespeicherten Informationen besser erwägen kann, ob ein Einzugsverfahren überhaupt Aussicht auf Erfolg hat, und der Schuldner andererseits aus Angst bei einer Auskunftei als nicht kreditwürdig geführt zu werden, versuchen wird, gegenüber dem Inkassobüro der Auskunftei seine Außenstände so schnell wie möglich zu begleichen. 214

210

Daß insbesondere die weitgehend mitgliedschaftlich organisierte Creditreform ihren Mitgliedern einerseits Kreditauskünfte anbietet, andererseits für dieselben Mitglieder auch Forderungen einzieht, scheint widersprüchlich zu sein. Denkt man nämlich das System des vorbeugenden Kreditschutzes konsequent zu Ende, müßte sich bei ausreichender Qualität der Wirtschaftsauskünfte eigentlich ein Inkassosystem erübrigen. Gegen diese Schlußfolgerung wendet der Schweizerische Verband Creditreform (Die Wirtschaftsauskunftei, S. 12) jedoch ein, daß die Unternehmen aufgrund ihres Bemühens um Umsatzsteigerungen vielfach bereit sind, erhöhte Risiken einzugehen oder aber vorhandene Risiken als gering zu erachten. 211

Neumann, S. 57.

212

Hoene, S. 139f.; Mallmann, S. 92f.; Neumann, S. 57.

213

Hoene (S. 41) geht von einer Erfolgsquote von 60 bis 80% allein im außergerichtlichen Mahnverfahren aus; Schimmelpfeng gibt eine Erfolgsquote von 60 bis 70% an; vgl. FAZ vom 04.07.1983, S. 11. Nach einer internen Untersuchung von Creditreform werden etwa 63% aller Aufträge im Mahnbereich erfolgreich außergerichtlich abgeschlossen (Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform e.V. 1992/93, S. 12). 214

Dieses Zusammenspiel von Auskunfts- und Inkassotätigkeit bezeichnet Klöters in einem Aufsatz mit dem bezeichnenden Titel „Auskunfteien: Geschäft mit der Angst" (WirtschaftsWoche 1982, Heft 50, S. 57) als „nahezu ideale Symbiose".

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

119

(2) Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Neben der speziellen Prävention im Bereich der Wirtschaftskriminalität durch Hinweise auf ein zur Vorsicht mahnendes Verhalten des Geschäftspartners widmen sich die Auskunfteien durch verschiedene Maßnahmen auch der generellen Prävention. Diese erfolgt in erster Linie durch Öffentlichkeitsarbeit i m weitesten Sinne, wie Herausgabe von eigenen Zeitschriften, Kontakt mit Massenmedien und Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, die sich die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität zur Aufgabe gemacht haben. Inhaltlich erfolgen Schilderungen typischer Geschehensabläufe und Methoden wirtschaftkriminellen Verhaltens, die aus den Erfahrungen der Auskunfteien bekannt geworden sind und mit Hinweisen auf mögliche Abwehrmaßnahmen verbunden werden. 215 Die Möglichkeiten der Auskunfteien bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität zeigen sich insbesondere im Fall des sogenannten Stoßbetruges. Bei dieser Form des Betruges wird von den Tätern ein neues Unternehmen gegründet oder die Firma eines bestehenden Unternehmens erworben. Die Täter bezahlen eine Zeit lang alle Rechnungen pünktlich, um das Vertrauen ihrer Lieferanten zu gewinnen. Sind die Stoßbetrüger der Ansicht, daß ihnen dies gelungen ist, erfolgen gleichzeitig größere Bestellungen auf Kreditbasis bei sämtlichen Lieferfirmen, mit denen sie in GeschäfsVerbindung stehen. Die gelieferten Waren werden anschließend unter Preis gegen Bargeld verkauft, und der Wirtschaftsstraftäter taucht unter. 216 Die Auskunfteien registrieren in einem solchen Fall eine verstärkte Auskunftsnachfrage über das betreffende Unternehmen, prüfen, ob die gesteigerte Kreditaufnahme betriebswirtschaftlich notwendig ist, wie etwa bei einer Geschäftserweiterung, und warnen bei einem negativen Ergebnis dieser Prüfung ihre Kunden mit einem Rundschreiben, zumeist in der Form einer Nachtragsinformation. 217

(3) Marktforschung Dem Trend der Erweiterung des Leistungsangebotes folgend, bieten insbesondere die Großauskunfteien auch Dienste i m Bereich der Markt-

215

Rödl/Benninghaus,

Wirtschaftskriminalität, S. 7 (13 bis 17).

216 Der Stoßbetrug wird anschaulich geschildert bei Rödl/Benninghaus, kriminalität, S. 7 (22f.) und in: Handelsblatt vom 20.10.1976, S. 27. 217

Benninghaus, GrKrim Bd. 13/2, S. 319 (325).

Wirtschafts-

120

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

forschung an. 2 1 8 Dienstleistungen im Bereich der Marktforschung sind etwa Kundentests, Branchenuntersuchungen und die Erarbeitung von Firmenprofilen. 2 1 9 Creditreform nimmt beispielsweise regelmäßig Befragungen zu marktwirtschaftlich relevanten Themen vor und leitet die Ergebnisse sowie eigene Statistiken - auch aus werbestrategischen Gründen - an die Öffentlichkeit weiter.

b) Arbeitsweise I m Anschluß an die Darstellung der Aufgaben und Leistungen von Auskunfteien soll aufgezeigt werden wie die Auskunfteien ihre auskunfteitypischen Dienstleistungen erstellen. Dabei ist festzustellen, daß der Entstehungsprozeß einer standardisierten Auskunft von der Anforderung bis zu ihrer Weitergabe von verschiedenen stets wiederkehrenden Arbeitsschritten geprägt ist. Diese lassen sich in Informationsbeschaffung, Informationsaufbereitung, Informationsspeicherung und Informationsweitergabe unterteilen.

aa) Informationsbeschaffung Bei der Informationsbeschaffung ist zwischen der anfrageunabhängigen und anfrageabhängigen Informationsbeschaffung zu unterscheiden. Die anfrageunabhängige Informationsbeschaffung erfolgt dadurch, daß eine Reihe von Informationsquellen, insbesondere die verschiedenen Register, laufend und unabhängig vom Vorliegen einer Anfrage ausgeschöpft werden. 2 2 0 Diese Art der Informationsbeschaffung dient der laufenden Aktualisierung des Archivs. Erweist sich das Archivmaterial bei einer Kundenanfrage als nicht ausreichend, veranlaßt die Auskunftei weitere Ermittlungen, die sogenannte anfrageabhängige Informationsbeschaffung. Der anfrageabhängigen Informationsbeschaffung kommt bei den kleineren Auskunfteien eine wichtige Bedeutung zu, da diese von der personellen Ausstattung her nicht die Möglichkeiten einer umfassenden anfrageunabhängi-

218 Allerdings hat die Schimmelpfeng GmbH ihren Kapitalschutz-Informationsdienst sowie ihre publizistischen Aktivitäten eingestellt; vgl. FAZ vom 06.06.1986, S. 17; Handelsblatt vom 03.04.1986, S. 14. 219

Kieschke, S. 24 und 29f.

220

Hoene, S. 24; Mallmann, S. 83.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

121

gen Informationsbeschaffung haben und demzufolge die bereits archivierten Daten für eine Auskunftserteilung zumeist nicht ausreichen.

(1) Amtliche Register Die Auskunfteien nutzen amtliche Register, soweit ihnen eine Einsichtnahme gestattet ist, 2 2 1 als Grundlage ihrer systematischen anfrageunabhängigen Informationsbeschaffung. In Betracht kommen insbesondere Handels-, Genossenschafts-, Gewerbe-, Vereins- und Güterrechtsregister sowie Schuldner- und Konkursverzeichnis. 222 Diese den amtlichen Quellen entnommenen Informationen bieten den Vorteil der Objektivität.

(2) Nichtamtliche, allgemein zugängliche Quellen Zu den von Auskunfteien genutzten nichtamtlichen, allgemein zugänglichen Quellen gehören unter anderem Nachschlagewerke, Nachrichten- und Informationsdienste, Zeitungen, Zeitschriften, Branchenverzeichnisse, Geschäftsberichte, veröffentlichte Bilanzen und Publikationen über Großunternehmen. 223 Zunehmend an Bedeutung gewinnen dabei die über elektronische Medien angebotenen Informationsdienste. Die aufgezählten Quellen werden regelmäßig im Rahmen der anfrageunabhängigen Informationsbeschaffung zur Vervollständigung der Archivunterlagen herangezogen. 2 2 4

(3) Auskünfte durch Dritte Eine wichtige Informationsquelle für Auskunfteien bilden die Angaben solcher Personen, die zum Auskunftsbezogenen in Beziehung stehen. Zu denken ist dabei an Lieferanten, Geschäftsfreunde, Konkurrenten, sonstige Personen am Ort des Betriebes des Auskunftsbezogenen sowie früher belieferte Auskunftsempfänger, soweit angenommen werden kann, daß diese 221 Die rechtlichen Möglichkeiten der Einsichtnahme werden im 5. Kapitel, insbesondere Gliederungspunkt B IV erörtert. 222

Fischer, S. 12; Hoene, S. 26.

223

Neumann, S. 64; Windolph, wesen", S. 86 (88). 224

Vgl. Hoene, S. 26.

Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort „Auskunftei-

122

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Auskünfte auch zu Geschäftsbeziehungen geführt haben. 225 Des weiteren werden für die großen Auskunfteien in wirtschaftlich wichtigen Bereichen Korrespondenten tätig. Zu ihnen zählen etwa Bankangestellte oder Leiter von Verkaufsabteilungen bedeutender Unternehmen. 226 Schließlich werden für die Auskunfteien, insbesondere an Orten mit eigener Niederlassung, Rechercheure tätig. Sie ziehen i m Rahmen ihrer Ermittlungen häufig auch Erkundigungen bei Nachbarn und Bekannten des Betroffenen ein, und es werden Hauseigentümer und Arbeitgeber befragt. 227 In dieser Hinsicht läßt sich die Tätigkeit der Rechercheure mit den Ermittlungen von Detektiven vergleichen, wie noch gezeigt wird. 2 2 8

(4) Selbstauskünfte Regelmäßig 229 verwerten die Auskunfteien sogenannte Selbstauskünfte, also Informationen des Auskunftsbezogenen selbst. Dies geschieht jedoch nicht, wenn der Auftraggeber eine Selbstauskunft ausdrücklich ausgeschlossen hat. 2 3 0 Daran kann er etwa deshalb ein Interesse haben, weil durch die Selbstbefragung der Auskunftsbezogene Kenntnis von der Tatsache einer Anfrage erhält. Allerdings erfährt der Betroffene nicht die Person oder Firma des Anfragenden. 231 Die Initiative zur Selbstauskunft kann nicht nur von der Auskunftei ausgehen, vielmehr kann auch der Auskunftgeber Einsicht in den Kreditbericht verlangen und durch eine Gegendarstellung

225

Hoene, S. 27f.; Wobbe-Sahm, S. 27.

226

Wobbe-Sahm, S. 27; vgl. dazu auch Kap. 2 B I 3 c.

227

Mallmann, S. 86; für Befragungen von Nachbarn: 2. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1984, S. 122; 1. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 27.09.1988, LTDrucks 12/3069, S. 11 und Anhang, Antwort Nr. 11 zum Berichtsantrag der Abg. Posch, Hahn (F.D.P. und Fraktion [LTDrucks 12/2377]); Tätigkeits- und Erfahrungsbericht der niedersächsischen Aufsichtsbehörden zu Fragen des Datenschutzes im nicht-öffentlichen Bereich vom 10.03.1986, LTDrucks 10/5750, S. 12. 228

Vgl. Kap. 2 B I I 4 b aa.

229 Der Anteil der Auskünfte, die unter anderem auch auf Selbstauskünften beruhen, wird auf etwa 60 bis 70% geschätzt; vgl. Tiedemann/Sasse, S. 43. 230

Fischer, S. 12; Kieschke, S. 13; Tiedemann/Sasse,

231

Neumann, S. 65; Tiedemann/Sasse,

S. 43.

S. 43.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

123

auf eine Korrektur des gespeicherten Informationsbildes hinwirken. 2 3 2 Zudem stellen Firmen insbesondere den Großauskunfteien turnusgemäß Unterlagen, wie etwa Geschäftsberichte oder Bilanzen, zur Verfügung. Der Gefahr einer geringen Aussagekraft dieser Selbstauskünfte versuchen die Auskunfteien damit zu begegnen, daß sie die Selbstauskünfte prüfen und, sofern sie nicht durch eigene Erkundigungen bestätigt werden oder als glaubhaft erscheinen, ausdrücklich als eigene Angaben des Auskunftsbezogenen kennzeichnen. 233

(5) Auskunfteiintern

anfallende Informationen

M i t der Erweiterung des Leistungsprogrammes um die Mahn- und Inkassotätigkeit ergab sich für die Auskunfteien eine weitere nicht zu unterschätzende Informationsquelle. 234 Die Erfahrungen aus der Mahn- und Inkassotätigkeit gehen als kostengünstig erreichbare Informationen in den Auskunftsinhalt ein.

bb) Informationsverarbeitung I m Arbeitsablauf der Auskunfteitätigkeiten schließt sich der Informationsbeschaffung die Informationsverarbeitung an. 2 3 5 Ziel dieser Tätigkeit ist es, die erlangten Informationen für aktuelle und zukünftige Auskunftsersuchen anfragegerecht bereitzustellen. Die Informationsverarbeitung läßt sich dabei in die Leistungsprozesse Informationsspeicherung, Informationsaufbereitung und Informationsweitergabe unterteilen. 236 Bei der Informationsspeicherung werden die anfallenden Informationen entweder bei EDVBetrieb gespeichert oder bei manueller Verarbeitung in Akten gesammelt. Bei der Informationsaufbereitung ist es üblich geworden, Auskünfte nach bestimmten Gesichtspunkten zu gliedern und mit einem bestimmten Inhalt

232

Fischer, S. 12f.; Wobbe-Sahm, S. 27; vgl. dazu Kap. 4 A I I I 7 c.

233

Kieschke, S. 13.

234

Rödl/Benninghaus,

235

Wirtschaftskriminalität, S. 7 (20).

Der Gesamtkomplex der Informationsverarbeitung wird auch als „Transformationsfunktion" einer Auskunftei bezeichnet; vgl. Geyer, S. 27 und Poerting, S. 29. 236

Poerting, S. 37.

124

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

zu versehen, so daß der Anfragende sich auf Art und Umfang der Auskunft bereits einstellen kann und gegebenenfalls Zusatzfragen an die Auskunftei richten kann. Diese Abfassung von standardisierten Auskünften dient auch dem Zweck, eine einmal erteilte Auskunft erneut verkaufen zu können. 237 Eine Erleichterung für die Informationsaufbereitung bedeuten die Einsatzmöglichkeiten der EDV, durch deren vereinfachte Veränderungsmöglichkeiten einer Auskunft auch die Gefahr gemindert wird, daß aus Kostengründen ältere Auskünfte mehrmals verkauft werden, ohne daß bekanntgewordene, neuere Erkenntnisse eingearbeitet wurden. Die Informationsweitergabe kann j e nach den Wünschen und technischen Möglichkeiten per Brief, Telex, Telefax, Telefon oder per Online-Abruf erfolgen.

5. Auskunftskosten und Auskunftspreise I n die Auskunftskosten gehen unter anderem die Personalkosten, Gebühren für auswärtige Gewährsleute und die nicht unerheblichen Bürokosten (insbesondere Porto- und Telefongebühren) ein. Die Kosten für die Produktion einer Normalauskunft sollen nach einer Angabe aus dem Jahr 1975 zwischen 70 und 100 D M betragen. 238 Eine Auskunft mußte nach den damals gültigen Preisen zur Kostendeckung drei- bis fünfmal verkauft werden. Entsprechend der Vielfalt der angebotenen Leistungen ergeben sich unterschiedliche Herstellungskosten und unterschiedliche Auskunftspreise. Für die Normalauskunft i m Abonnement, deren Preise bei den Großauskunfteien ähnlich sind, 2 3 9 sind je nach Jahresabnahmemenge zwischen 30 und 50 D M zu veranschlagen. 240 Einzelauskünfte kosten dagegen zwischen 100 und 400 D M , bei einzelnen kleineren Auskunfteien bis 2.500

237

Hoene, S. 29.

238

Mitteilung von Windolph in: Raithel, Manager Magazin 1975, Heft 4, S. 52 (54).

239

Dies geht aus einem Preis vergleich der Zeitschrift Capital (1980, Heft 4, S. 92)

hervor. 240

Auskunftei Bürgel-Abonnementgebühren (Inland) gültig ab 01.01.1989; Mitteilung von Schimmelpfeng Geschäftsführer Alfred Zemen gegenüber dem Handelsblatt (03.04.1986, S. 14); test 9/85, S. 795 (797). Allerdings sollen Großunternehmen nach einem Bericht der Zeitschrift Capital (1965, Heft 1, S. 55 [56]) den Preis für sich erheblich unter den Durchschnitt drücken.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

125

D M . 2 4 1 Eilauskünfte und Auslandsauskünfte - häufig nach Ländern gestaffelt - sind i m Durchschnitt zwei- bis dreimal so teuer. 242 Sogenannte Direktionsauskünfte sind 3.000 bis 5.000 D M teuer, dann aber auch allumfassend; die Anfertigung dauert etwa vier Wochen. Die Auskünfte werden in der Regel nicht als Einzelauskünfte bezogen, sondern als Gutscheinheft mit einer bestimmten Anzahl von Fragezetteln. 243

6. Auftraggeber von Auskunfteien Theoretisch kommt jeder, der einer Auskunftei ein berechtigtes Interesse an der Information glaubhaft machen kann, als Kunde in Betracht. 2 4 4 Tatsächlich kommen die Anfragenden in erster Linie aus dem Bereich der Wirtschaft. Dabei sind alle Wirtschaftszweige vertreten. Ein Großteil der Klientel rekrutiert sich aus der kreditgebenden Wirtschaft, also den Warenund Geldkreditgebern. Dazu zählen vor allem die Industrie, Großhandelsbetriebe, Versandhäuser und sämtliche Kreditinstitute. Insgesamt werden die Auskunfteien nach einer Zahlangabe aus dem Jahre 1983 von rund 200.000 deutschen Unternehmen in Anspruch genommen. 245 Als wichtiger Kunde im Zusammenhang mit der Kreditvergabe sind des weiteren die Kreditversicherer zu nennen. 246 Einen gegenüber der Auskunftsnachfrage aus der Wirtschaft geringen Anteil machen Einzelpersonen als Auskunfteikunden aus. Zu denken ist hier etwa an Vermieter. 247 Eine Inanspruchnahme von Auskunfteien durch staatliche Stellen findet nur in 241 Test 9/85, S. 795 (797); nach einem weiteren Test der Stiftung Warentest (Finanztest 5/91, S. 70 [72]) kostete die Einzelauskunft bei Schimmelpfeng 300 DM, bei den kleineren Auskunfteien ging das Spektrum von 20 D M bis 2.500 DM. 242

Kieschke, S. 21; Römer, markt + Wirtschaft, Nr. 1/1984, S. 8 (11).

243

Hoene, S. 35.

244

Nach Windolph (in: Raithel, Manager Magazin 1975, Heft 4, S. 52 [54]) reicht „die Kundenliste von Krupp bis zur Gemüsefrau". 245

Handelsblatt vom 04.08.1983, S. 8.

246

So arbeitet etwa die Hermes Kreditversicherungs-AG grundsätzlich mit allen Auskunfteien zusammen; Schreiben der Hermes Kreditversicherungs AG an den Verfasser vom 20.02.1991. Die Allgemeine Kredit arbeitet ebenfalls mit verschiedenen Auskunfteien zusammen, vgl. FAZ vom 25.02.1994, S. 18. 247 2. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1984, S. 129.

16

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Ausnahmefällen statt. 248 Zum Kundenkreis von Auskunfteien gehören auch Detekteien. 249 In der detektivischen Ausbildungsliteratur findet sich sogar die ausdrückliche Aufforderung, Handelsauskunfteien unter Umgehung des berechtigten Interesses in Anspruch zu nehmen. 2 5 0 Die Anfrage von Detekteien bei Auskunfteien ist insofern problematisch, als häufig nicht erkennbar ist, für welchen Auftraggeber die Detektei die betreffenden Auskünfte einholt und damit nicht überprüft werden kann, ob ein berechtigtes Interesse für die Auskunftserteilung vorliegt. 251

7. Gründe für das Heranziehen von Auskunfteien Auskünfte werden für die unterschiedlichsten Zwecke benötigt und dementsprechend unterscheiden sich auch die Gründe für die Inanspruchnahme von Auskunfteien. A u f ihren Anfragezetteln bitten die großen Wirtschaftsauskunfteien um eine Angabe des Anfragegrundes und geben dafür unter anderem die folgenden als einschlägig angesehenen Antwortmöglichkeiten vor: Aufnahme von Geschäftsbeziehungen, Entscheidung über Kreditvergabe, Abschluß eines Versicherungsvertrages, Abschluß eines Dienstvertrages oder sonstige Eignungsfragen, Einblick in Beteiligungsverhältnisse, Überprüfung der Bonität von Forderungen, Einziehung von Forderungen, Aufnahme von Gesellschaftern, Vergabe von Vertretungen, 248

Siehe dazu Kap. 2 B I 9.

249

Fallbeispiele im 7. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1989, S. 165. 250

Kocks, ZAD-Studie „Informationsquellen und Auskunfteien", S. 7: „Aber sicher haben Sie guten Kontakt zu irgendeiner Handelsauskunftei, falls sich die Meldebehörde nicht erweichen läßt." 251

Diese Praxis wurde auch vom hamburgischen Datenschutzbeauftragten gerügt und die Auskunfteien hatten auch zugesichert, solche geschäftlichen Verbindungen nicht einzugehen und keine Daten zu übermitteln. Entgegen dieser Absprache unterhielt eine Wirtschafts- und Handelsauskunftei dennoch mit einer Detektei regelmäßige Vertragsbeziehungen, vgl. 7. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1989, S. 165. Vgl. dazu auch Kap. 5 B I 2 b bb (1) (b).

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

Erwerb eines Unternehmens, Wertpapier- und Immobilienkauf, Beurteilung der Wechselqualität. 252 Diese Anfragegründe spiegeln das Spektrum der Informationsbedürfnisse und damit der Anfragegründe wider. Bei der Frage, warum dieses Informationsbedürfnis durch Auskunfteien gedeckt wird, lassen sich rechtliche, betriebswirtschaftliche und situationsbedingte Aspekte unterscheiden. Ein rechtlicher Aspekt, aus dem sich die Inanspruchnahme von Auskunfteien zu einem großen Teil erklären läßt, ist folgender: Der überwiegende Teil der Anfragen betrifft bei den Großauskunfteien die Vertretbarkeit von Lieferantenkrediten. Während die Kreditinstitute i m Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Kreditwürdigkeitsprüfung von ihren Kreditnehmern nach § 18 K W G die Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse verlangen können, besteht eine entsprechende Regelung für den Lieferantenkredit nicht. Aus diesem Grund müssen die Warenkreditgeber ihr Informationsbedürfnis auf andere Art und Weise decken, nämlich beispielsweise bei den Auskunfteien. 253 Aus betriebswirtschaftlicher Sicht liegen die Gründe für die Beauftragung einer Auskunftei darin, daß Auskunfteien die erforderlichen Auskünfte schneller und preisgünstiger beschaffen können, als dies durch eigene Informationssammlung der Unternehmen der Fall wäre. 2 5 4 Eine situationsgebundene Einzelentscheidung zur Beauftragung einer Auskunftei kann etwa aufgrund der Abwägung zwischen Auskunftskosten und möglicherweise eintretendem Schaden fallen.

8. Fehlverhalten und Mißbrauchsmöglichkeiten „Kein Beruf bleibt von mißbräuchlichen Erscheinungen völlig verschont. Diese machen sich namentlich im Auskunftswesen breit. Sie einzeln aufzuzählen, würde zu weit führen. Nur der hauptsächlicheren und bemerkenswerteren soll hier gedacht werden." M i t diesen Ausführungen beginnt das Kapitel „Mißbräuche und Auswüchse im Auskunftswesen" in Schimmel-

252

Poerting, S. 94 f.

253

Hoene, S. 16; Mallmann, S. 80f.

254

Vgl. Kap. 2 B I 1 b.

128

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

pfengs „Handbuch des deutschen Auskunftswesens" von 1922. 255 I m folgenden wird gezeigt, daß diese Einschätzung auch heute nicht ganz von der Hand zu weisen ist. I m Mittelpunkt von Bedenken und Kritik stehen die Arbeitsweise der Auskunfteien, die Qualität der Auskünfte und die Mißbrauchsmöglichkeiten der Auskunfteien durch Dritte. Kritisch gesehen wird in erster Linie die Tätigkeit der Rechercheure. Nach dem von ihnen zu verlangenden Anforderungsprofil müssen Rechercheure objektive und subjektive Berichte, Gerüchte und Tatsachen unterscheiden können. 2 5 6 Voraussetzung dafür sollen ein stark ausgeprägtes Verantwortungsbewußtsein, ein Mindestmaß an volkswirtschaftlichem Wissen und vor allem Branchenkenntnisse sein. 257 Gerade an den beiden letztgenannten Voraussetzungen scheint es jedoch häufig zu fehlen. So kommen zunehmend selbst die festangestellten Rechercheure aus nichtkaufmännischen Berufen. 258 Hinzu kommt, daß die Rechercheure aus Kostengründen und um die Anfragenden möglichst schnell zu beliefern, stets unter Zeitdruck arbeiten. Bei Bürgel etwa galten nach Angaben aus dem Jahr 1975 20 bis 25 abgeschlossene Recherchen und Auskünfte als Tagessoll. 259 Bei Creditreform und Schimmelpfeng wurde mit der Hälfte kalkuliert. 2 6 0 So besteht die Gefahr, daß auf zeitraubende Recherchen verzichtet wird, und damit die Auskunft nicht vollständig ist. 2 6 1 Aufgrund der Konkurrenzsituation i m Auskunfteiwesen kommt noch hinzu, daß Auskunfteien auch Gerüchte in ihre Auskünfte aufnehmen, weil sie gegenüber den Kunden nicht abwarten können, bis der Lauf der Ereignisse das Gerücht bestätigt, 262

255

H. Schimmelpfeng, Handbuch, S. 50. Seidel (S. 7) bezeichnet das Kreditauskunfteiwesen als „eines der augenfälligsten Beispiele für das Eindringen in die Privatsphäre". 256

Hoene, S. 28; Mallmann, S. 89.

257

Mallmann, S. 89.

258

Mallmann, S. 89; nach Raithel (Manager Magazin 1975, Heft 4, S. 52 [54f.]) ist vom gelernten Maler bis zum Disc-Jockey alles vertreten. Kritisch auch Capital 1965, Heft 1, S. 55f. 259

Raithel, Manager Magazin 1975, Heft 4, S. 52 (56).

260

Mallmann, S. 90; Raithel, Manager Magazin 1975, Heft 4, S. 52 (56).

261 Vgl. 11. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen vom Februar 1993, S. 227; Geyer, S. 96. 262

Seidel, S. 11.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in D e u t s c h l a n d 1

wodurch ebenfalls die Qualität der Auskünfte beeinträchtigt wird. Des weiteren sind nur etwa 40 bis 50% der befragten Lieferanten zu Aussagen bereit, 263 so daß durch die notgedrungene Beschränkung in der Auswahl der Informationsquellen die entstehende Auskunft an repräsentativem Wert verliert. 2 6 4 Schließlich führt die Berücksichtigung von allgemeinen Erfahrungssätzen 265 bei der Auskunftserstellung zu fehlerhaften Ergebnissen. Nach Feststellungen der hessischen Aufsichtsbehörden für den Datenschutz i m nicht-öffentlichen Bereich 2 6 6 wird von Rechercheuren nicht selten in der Weise verfahren, daß bei Vorliegen veralteter Daten und dem Scheitern von Erkundigungen bei dem Betroffenen, um dem Auftraggeber dennoch einige Angaben liefern zu können, Brancheninformationsprogramme zu Rate gezogen werden. Diese Informationssammlungen zeigen aktuelle Entwicklungen in einzelnen Branchen auf. Der Rechercheur vergleicht diese nur statistisch ermittelten Durchschnittswerte mit den veralteten Zahlen des zu beurteilenden Unternehmens und schätzt auf deren Grundlage, daß sich die erforderlichen aktuellen Angaben irgendwo in dem Bereich zwischen den alten Zahlen und den durch das Hilfsprogramm an die Hand gegebenen Zahlen bewegen könnten. Die Herkunft der so gewonnenen Daten war in den dokumentierten Fällen aber weder der nun „aktuellen" Speicherung noch der Übermittlung zu entnehmen. Überhaupt beurteilen Branchenkenner die Qualität von Auskünften vielfach eher skeptisch. 267 Für die Berechtigung dieser Skepsis spricht, daß es bei vielen Unternehmen üblich ist, mehrere Auskunfteien zu beauftragen. 268 Es ist weiterhin üblich, der schlechtesten (= der für den potentiellen Kreditnehmer ungünstigsten) Auskunft zu glauben, so daß sich das Risiko, einen wichtigen Kredit aufgrund einer negativen Falschauskunft nicht zu erhalten, um die Zahl der in Anspruch genommenen Auskunfteien erhöht.

263

Zahlenangaben aus Raithel, Manager Magazin 1975, Heft 4, S. 52 (56).

264

Ebenso Tiedemann/Sasse, S. 40; Mallmann, S. 90 spricht sogar in Zusammenhang mit der Auswahl der Informationen von „mehr zufällig als repräsentativ". 265

Als solchen Erfahrungssatz nennt Creditreform-Sprecher Bretz (in: Müller von Blumencron, Capital 1990 Nr. 9, S. 300 [309]) das Beispiel: „Wohnt jemand in einer Wohnung im dritten Stock, gehen wir davon aus, daß ihm das Haus nicht gehört." 266

5. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 19.08.1992, LTDrucks 13/2650, S. 13. 267

Mallmann, S. 90.

268

Kocks, ZAD-Studie „Informationsquellen und Auskunfteien", S. 18.

9 Peilert

130

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Die Fehlerhaftigkeit ist das entscheidende Manko der von Auskunfteien erteilten Auskünfte. Einschlägige Anfragetests ergaben zum Teil beträchtliche Fehlerquoten und nichtssagende Auskünfte. 2 6 9 Dies liegt aber nicht allein an den geschilderten Methoden der Informationsgewinnung. Bei Lieferanten und Banken, zwei wichtigen Informationsquellen, besteht nämlich aufgrund von Interessenkonflikten die Gefahr, daß den Auskunfteien unrichtige Informationen erteilt werden. 270 So widerspricht es dem Interesse der Lieferanten, die Aufmerksamkeit der Konkurrenz auf Kunden hoher Bonität zu lenken. Dies kann aber durch eine eher negative Auskunft verhindert werden. Umgekehrt kann Lieferanten nicht daran gelegen sein, daß Schuldner, die ohnehin nur schleppend zahlen und noch bedeutende Beträge schulden, infolge negativer Auskünfte keine Kredite mehr erhalten können und damit die Rückzahlungswahrscheinlichkeit weiter sinkt. 2 7 1 Daraus ergibt sich, daß die Mängel der geschäftsfreundlichen Auskunft, die entscheidend zur Entstehung der organisierten Auskunftserteilung beigetragen haben, auch durch die Zwischenschaltung einer neutralen Einrichtung nicht ganz beseitigt werden konnten. Da den Kreditgebern jedoch zumeist keine vergleichbaren Informationsquellen zur Verfügung stehen und der Preis relativ niedrig ist, besteht dennoch eine Nachfrage nach Auskünften. Dabei ist von Seiten der Auskunftsnachfrager eine gewisse Quote von Fehlern und Ungenauigkeiten von vornherein einkalkuliert. 272 Eine niedrigere Fehlerquote würde jedenfalls die Auskünfte verteuern und damit voraussichtlich

269

Bei einem Anfragetest der Zeitschrift Capital (Müller von Blumencron, Capital 1990 Nr. 9, S. 300ff.) enthielt „nahezu" jede Auskunft Fehler. Die Stiftung Warentest stellte fest: „Rund die Hälfte der Antworten sagte über Forderungen und Verbindlichkeiten der ausgekundschafteten Unternehmen nicht aus. In den neuen Bundesländern war das noch krasser: Die meisten Auskünfte enthielten nicht eine Silbe zum Wert der Betriebseinrichtung und des Warenlagers. Teilweise wurden nicht einmal der Geschäftsgegenstand, die Anzahl der Mitarbeiter, der Umsatz und die Bankverbindung genannt. ... Waren die Auskünfte zu den Unternehmen schon schlecht genug, wurde bei den Personen der Tiefpunkt erreicht. Der Auftraggeber wird mit einem breiten Spektrum von Informationen bedient, die allerdings mit der Kreditwürdigkeit und Bonität herzlich wenig zu tun haben." (Finanztest 5/91, S. 70). „Fast alle der uns vorliegenden Auskünfte hatten Lücken, einige waren sogar eindeutig falsch." (test 9/85, S. 795 [796]). Vgl. auch 11. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen vom Februar 1993, S. 227: „Bitte mehr Sorgfalt: Übermittlung durch Auskunfteien". 270

Geyer, S. l l l f . ; Hoene, S. 28; Mallmann, S. 91.

271

Dazu Mallmann, S. 91.

272

Mallmann, S.91.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

die Nachfrage senken. Ist für die Auskunftsnachfrager eine gewisse Fehlerquote noch hinnehmbar, so stellt sich die Situation aus der Sicht der Auskunftsbezogenen gänzlich anders dar. Sie sind in wesentlich größerem Maße von der Richtigkeit der Auskünfte abhängig. Die Gewährung eines Kredits kann für die Betroffenen zu einer Existenzfrage werden. Dabei führt eine Negativauskunft fast zwangsläufig zu einer Versagung des Kredits, denn während sich die Kreditgeber auf positive Auskünfte nur bedingt verlassen, verhindern negative Informationen in der Regel die Kreditgewährung. 273 Zu Negativerscheinungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Auskunfteien kann es aber auch durch den Mißbrauch von Auskunfteileistungen kommen. Dies kann etwa durch eine Anfrage mit nur vorgetäuschtem berechtigten Interesse der Fall sein. 274 Diese Mißbrauchsmöglichkeit wird insbesondere dadurch erleichtert, daß der Informationsinteressent bei einigen Auskunfteien lediglich ein Kreuz an der richtigen Stelle des Formulars machen muß, um sein berechtigtes Interesse glaubhaft darzulegen. 275 Es wurden auch Fälle festgestellt, in denen Auskünfte erteilt wurden, ohne daß überhaupt eine der aufgeführten Alternativen angekreuzt war. 2 7 6 Denkbar ist 273

Mallmann, S. 92.

274 Ygi z u Fällen einer unzureichenden bzw. vorgetäuschten Darlegung des berechtigten Interesses im 5. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1987, S. 132: „Ein krasses Beispiel war die Anfrage eines jungen Unternehmers, der nacheinander über drei junge Frauen, mit denen er rein private Beziehungen unterhielt, Auskünfte einholte." 1. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 27.09.1988, LTDrucks 12/3069, S. 13 und die Zusammenfassung auf S. 14: „Diese Erfahrungen zeigen: Jeder Vertragspartner einer Wirtschaftsauskunftei kann unter Vortäuschung eines berechtigten Interesses Auskünfte erhalten, ohne ein großes Entdeckungsrisiko einzugehen"; ders., 4. Tätigkeitsbericht vom 10.09.1991, LTDrucks 13/584, S. 11. Vgl. auch Teske, Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, S. 105 (123); Vollmuth, Die Polizei 1974, S. 67f.; weitere Beispiele für den Mißbrauch von Auskunfteileistungen bei Rödl/Benninghaus, Wirtschaftskriminalität, S. 7 (30). 275

So für das Beispiel Schimmelpfeng GmbH: Teske, Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, S. 105 (117, 123); vgl. zu dieser Praxis auch Tätigkeitsbericht des Innenministeriums Baden-Württemberg als Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vom September 1985, S. 73. 276

Vgl. zu dieser Praxis Tätigkeitsbericht des Innenministeriums Baden-Württemberg als Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vom September 1985, S. 73; 5. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1987, S. 130; 5. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Be-

1 2 .

Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

auch der Versuch, d u r c h Wirtschaftsauskünfte Konkurrenzausspähung zu betreiben. A l l e r d i n g s ist diese Gefahr nicht überzubewerten, denn die i n der Wirtschaftsauskunft enthaltenen I n f o r m a t i o n e n umfassen keine Geschäftsg e h e i m n i s s e , so daß eine A u s s p ä h u n g m i t i h r e r H i l f e k a u m

möglich

erscheint.277 Ü b e r die b i s l a n g dargestellten Mißstände hinaus sind Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften durch A u s k u n f t e i e n festzustellen. B e i spiele, insbesondere aus d e n T ä t i g k e i t s - u n d E r f a h r u n g s b e r i c h t e n

der

Aufsichtsbehörden für den Datenschutz i m nicht-öffentlichen Bereich, sind etwa: N i c h t v o r n a h m e der A n m e l d u n g b e i d e n A u f s i c h t s b e h ö r d e n , 2 7 8 zu weitgehende Recherchen,279 U n t e r l a s s u n g der M i t t e i l u n g an d e n B e t r o f f e n e n über d i e Tatsache d e r e r s t m a l i g e n Ü b e r m i t t l u n g seiner D a t e n , 2 8 0 unzulässige Speicherung von Daten,281 Verstöße gegen L ö s c h u n g s v o r s c h r i f t e n , 2 8 2

reich in Hessen vom 19.08.1992, LTDrucks 13/2650, S. 10; ders., 6. Tätigkeitsbericht vom 13.09.1993, LTDrucks 13/4809, S. 8; Finanztest 5/91, S. 70 (72). 277

Ebenso Poerting, S. 176f.; größere Bedeutung mißt Grießbauer (S. 44) einer Konkurrenzausspähung durch Wirtschaftsauskünfte zu. 278

11. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen vom Februar 1993, S. 221; 2. Bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen über die Tätigkeit der für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich zuständigen Aufsichtsbehörden vom Februar 1992, S. 4; Schreiben des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg an den Verfasser vom 13.08.1993, Az.: 1.6-41-20. 279 Bericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung zur Datenschutzkontrolle in der Wirtschaft vom 20.12.1984, S. 29f., 33; vgl. auch Focus, Heft Nr. 17 vom 24.04.1995, S. 28: Unzulässige Recherche durch Auskunfteien als „möglicherweise größter deutscher Datenschutzskandal".

280 3. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 22.08.1990, LTDrucks 12/7186, S. 9; Finanztest 5/91, S. 70 (72). 281

4. Jahresbericht des Bremischen Landesdatenschutzbeauftragten vom 31.03.1982, LTDrucks 10/800, S. 51; Tätigkeits- und Erfahrungsbericht der niedersächsischen Aufsichtsbehörden zu Fragen des Datenschutzes im nicht-öffentlichen Bereich, LTDrucks 10/5750, S. 11; Bericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung zur Datenschutzkontrolle in der Wirtschaft vom 20.12.1984, S. 12. 282 Tätigkeitsbericht des Innenministeriums Baden-Württemberg als Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vom September 1985, S. 74;

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

Fehlen jeglicher Überprüfungen des berechtigten Interesses, 283 keine weitere Überprüfung des berechtigten Interesses, obwohl der Anfragende bei einer Stichprobenkontrolle andere Gründe für sein berechtigtes Interesse angab, als bei der Anforderung der Auskunft, 2 8 4 fehlende oder nur zögernde Umsetzung von Absprachen mit den Aufsichtsbehörden 2 8 5 sowie verschiedene auf fehlender Sachkenntnis beruhende organisatorische Mängel. 2 8 6

9. Zusammenarbeit von Auskunfteien mit staatlichen Stellen Die Zusammenarbeit von staatlichen Stellen mit Privaten auf dem Gebiet der Verbrechensbekämpfung ist ein Thema, das insbesondere von staatlicher Seite mit besonderer Zurückhaltung behandelt wird. Diese „Scheu" ist jedoch fehl am Platze. Einerseits ruft die fehlende Offenlegung der Kooperation das Mißtrauen der Öffentlichkeit hervor und gibt Vermutungen über Unregelmäßigkeiten freien Raum, und andererseits könnte der Offenlegung einer geregelten Zusammenarbeit, etwa zwischen Auskunfteien und der Kriminalpolizei, ein nicht zu unterschätzender generalpräventiver Aspekt zukommen. So scheint es i m Interesse einer effektiven Verbrechensbekämpfung eher angebracht, die Möglichkeiten einer Zu-

1. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1983, S. 51; Tätigkeits- und Erfahrungsbericht der niedersächsischen Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vom 10.03.1986, LTDrucks 10/5750, S. 9, 13; Bericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung zur Datenschutzkontrolle in der Wirtschaft vom 20.12.1984, S. 35. 283

1. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 27.09.1988, LTDrucks 12/3069, S. 10. 284

1. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 27.09.1988, LTDrucks 12/3069, S. 15. 285

Tätigkeitsbericht des Innenministeriums Baden-Württemberg als Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vom September 1985, S. 70; 6. Jahresbericht des Bremischen Datenschutzbeauftragten vom 04.04.1984, S. 60f.; 1. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1983, S. 51; ders., 2. Tätigkeitsbericht vom 01.01.1984, S. 122. 286 Schreiben des Bremischen Landesbeauftragten für den Datenschutz an den Verfasser vom 31.08.1993, Az.: 029-30-00.

1

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

sammenarbeit offenzulegen und Wege zu einer Intensivierung der Kooperation aufzuzeigen. Die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit oder deren Intensivierung können etwa nach folgendem Schema ermittelt werden: - Zunächst ist festzustellen, wo es Überschneidungen im Aufgabenbereich von Auskunfteien und staatlichen Stellen gibt. - Aus diesen gemeinsamen Aufgaben sind die tatsächlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit herauszufinden. - Dieser tatsächliche Befund praktisch durchführbarer Kooperation wiederum ist auf seine rechtliche Durchführbarkeit zu untersuchen. So erhält man die tatsächlich durchführbaren und rechtlich zulässigen Kooperationsmöglichkeiten. Überschneidungen i m Aufgabenbereich zwischen Auskunfteien und staatlichen Stellen sind in erster Linie i m Bereich der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität zu finden. Insbesondere ist dies der Fall im Bereich der präventiven Tätigkeit der Polizei bei der Bekämpfung unseriöser Erscheinungen i m Geschäftsleben, die kriminogen zu werden drohen. 287 Als staatliche Stellen, die für eine Kooperation in Betracht kommen, sind somit Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft, aber auch Industrie- und Handelskammern zu nennen. Als tatsächliche Möglichkeit der Zusammenarbeit ist an einen regelmäßigen gegenseitigen Erfahrungsaustausch 288 oder an die gegenseitige Unterrichtung über konkrete Fälle von Kriminalität zu denken. 2 8 9 Daß aus rechtlicher Sicht eine Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden und Privaten nicht unter prinzipiellem Vorbehalt steht, zeigen etwa Nrn. 236 und 260c RiStBV, 2 9 0 nach denen bei der Bekämpfung von Schwindelunternehmen bzw. in Fällen des unlauteren Wettbewerbs eine 287

Tiedemann/Sasse,

288

Neumann, S. 106 und S. 141; Zirpiens, Kriminalistik 1968, S. 12f.

S. 26.

289

Vgl. Neumann, S. 106 für die Zusammenarbeit mit Industrie- und Handelskammern und S. 141 für die Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei; weitere Kooperationsvorschlage S. 139ff. 290

Obwohl es sich bei ihnen um VerwaltungsVorschriften ohne Gesetzeskraft handelt, vgl. OLG Koblenz, NJW 1986, S. 3093 (3095) -Beschluß vom 30.05.1986- 2 VAs 20/85; KK-StP O/Pfeiffer, Anhang III Vorbem. RiStBV), die ihrem Wesen nach aus sich selbst heraus verbindliche Wirkung nur gegenüber den jeweiligen Justizministerien nachgeordneten Dienststellen und deren Bediensteten entfalten können (vgl. Achterberg, § 21 Rdn. 211; Maurer § 24 Rdnrn. 15ff. zu dem Problem, wann Verwaltungsvorschriften Außenwirkung entfalten können).

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

15

Zusammenarbeit mit Privaten empfohlen wird. I m Einzelfall ist aber auf Seiten der Auskunfteien die Diskretionspflicht und auf Seiten der staatlichen Stellen die Verpflichtung zur Wahrung von Dienstgeheimnissen zu beachten.291 Gegenüber der praktisch möglichen und rechtlich zulässigen Zusammenarbeit ist von der tatsächlichen Kooperation wenig bekannt. In der Literatur finden sich verschiedene Einschätzungen, etwa daß eine Zusammenarbeit „nicht oder nur in ganz geringem Umfang und zwar zumeist am Rande oder außerhalb der Legalität" stattfinde, 292 daß die Auskunfteien mit den Strafverfolgungsorganen, vor allem der Polizei zusammenarbeiten, und dieser Kooperation mehr als nur marginale Bedeutung zukomme 2 9 3 oder daß eine relativ gute Kooperation mit Industrie- und Handelskammern im In- und Ausland bestehe. 294 Die Auskunfteien stehen einer verstärkten Zusammenarbeit positiv gegenüber, 295 da einerseits die polizeilichen Anfragen dazu geeignet sein können, das Material der Auskunfteien zu vervollständigen 296 und andererseits eine Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen als imagefördernd anzusehen ist. Demgegenüber wird von behördlicher Seite nur ein bedingtes Interesse an einer Zusammenarbeit geäußert. 297 Begründet werden kann diese Zurückhaltung mit der Befürchtung, daß bei Kontakten außerhalb eines privatrechtlichen Vertrages auf Seiten der Auskunfteien die Erwartung einer Gegenleistung in Form von Informationen entstehen könne 2 9 8 sowie dem Mißtrauen gegenüber der Leistungsfähigkeit von Auskunfteien.

291

Vgl. dazu Kap. 4 D.

292

Neumann, S. 118; dahingehend auch eine Stellungnahme der Auskunftei Bürgel in einem Schreiben an den Verfasser vom 31.10.1990: „Eine solche Zusammenarbeit gibt es nicht." 293

Mallmann, S. 85.

294

Rödl/Benninghaus,

295

Mallmann, S. 85; Neumann, S. 119f.

296

Tiedemann/Sasse,

Wirtschaftskriminalität, S. 7 (18f.).

S. 26.

297 So auch Neumann, S. 124f.; Der Kriminalbeamte und sein Arbeitsgebiet, BKASchriftenreihe, S. 38; eine Zusammenarbeit ablehnend: Meixner/Helldörfer (Stichwort .Auskunfteien", S. 51) „weil die Verschwiegenheit der Auskunfteien nicht verbürgt ist und dadurch der Person oder Firma, über die die Polizei Auskunft verlangt hat, Nachteile entstehen könnten". 298

Neumann, S. 125.

16

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

10. Internationale Zusammenarbeit Vielfältige internationale Beziehungen und Verflechtungen zeigen, daß eine Wirtschaft im nationalen Rahmen nicht mehr denkbar ist. Dokumentiert wird dies insbesondere durch die Einführung des Europäischen Binnenmarktes und die durch die politischen Veränderungen erweiterten Möglichkeiten i m Osthandel. Diesen veränderten wirtschaftlichen Bedingungen tragen auch die Auskunfteien - speziell die großen Wirtschaftsauskunfteien Rechnung. Die internationale Zusammenarbeit hat i m Auskunfteiwesen aber schon Tradition. Denn aus der Natur der Sache ergibt sich, daß sich bei Nutzung internationaler Beziehungen das Auskunftsangebot und damit die Leistung gegenüber den Nachfragenden quantitativ und qualitativ verbessert. So gab es bereits 1887 zwischen der Auskunftei W. Schimmelpfeng und der Bradstreet Company einen Kooperationsvertrag, der ein Tätigwerden von Schimmelpfeng für die Bradstreet Company in Deutschland vorsah und umgekehrt das Tätigwerden von Bradstreet für Schimmelpfeng in Amerika, Kanada und Australien regelte. 299 Allerdings dienen solche Verträge nicht nur der Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit, sondern tragen auch zur Sicherung der Marktposition der Auskunfteien in den betreffenden Ländern bei. Zumeist ist in derartigen Kooperationsverträgen eine Zusammenarbeit der Auskunfteien auf Gegenseitigkeits- und Austauschbasis vorgesehen. I m Zuge des technischen Fortschritts in der Informationsund Kommunikationstechnik geschieht dies mehr und mehr durch Vernetzungen. Im Wege der internationalen Zusammenarbeit wird die Möglichkeit des Online-Zugriffs auf ausländische Datenbanken eröffnet. 3 0 0 Unterstützt werden solche Formen der Zusammenarbeit von den europäischen Auskunfteiverbänden, wie Internet oder FEBIS. Darüber hinaus unterhalten mehrere deutsche Auskunfteien im Ausland eigene Niederlassungen.

299 300

Trettner,

S. 7.

Creditreform nimmt Online-Zugriff auf Datenbanken aus Frankreich und Italien, in der Handelsregisterdaten, Bilanzen sowie Scheck- und Wechselproteste gespeichert sind (Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform 1989/90, S. 10). Im Rahmen von „Internet" wird ein internationales Kommunikationsnetzwerk aufgebaut, das Datenbestände von 14 Wirtschaftsauskunfteien in 14 Ländern Europas verbindet und damit einen Online-Zugriff auf mehr als 10 Millionen Unternehmensdaten ermöglicht (Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform 1992/93, S. 3, 10).

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

11. Neuere Entwicklungen und Tendenzen Zu den aktuellen Entwicklungen im Auskunfteiwesen gehört die zunehmende Computerisierung der Auskunftsarchive, die Vernetzung einzelner Auskunftsstellen untereinander und die Schaffung von Online-Verbindungen zwischen Auskunftei und Anfragen Insbesondere die größeren Auskunfteien veränderten und verändern weiter ihr Leistungsangebot durch den Einsatz neuer technischer Möglichkeiten. Neben den erweiterten und beschleunigten Zugriffsmöglichkeiten auf die computerisierten Auskunftsarchive werden beispielsweise Unternehmensdaten auch auf CD-ROM angeboten. Die sich bereits andeutende Entwicklung im Auskunfteiwesen, die einen Trend zu Großauskunfteien mit internationalen Kooperationen zeigt, wird sich weiter fortsetzen. Angesichts der steigenden Bedeutung von Informationen, die bereits als vierter betrieblicher Produktionsfaktor neben Boden, Arbeit und Kapital bezeichnet werden können, ist zu erwarten, daß die Großauskunfteien ihr Dienstleistungsprogramm um Informationen über verfügbares Know-how verschiedener Fachgebiete erweitern werden. So werden Auskunfteien als Informations-Broker tätig, das heißt, sie nehmen Zugriff auf mehrere tausend Datenbanken und Archive in aller Welt zur Beschaffung des jeweils aktuellen Wissenstandes verschiedenster Fachgebiete. 301 Dabei wird es nicht ausschließlich mehr um die Zahlungsfähigkeit gehen, sondern vor allem auch um neue Techniken, neue Märkte und Standortfragen im In- und Ausland mit Daten zu den dortigen Investitionsmöglichkeiten. In diesem Bereich werden aber auch jetzt schon neue Anbieter außerhalb der Auskunfteibranche tätig. Aufgrund der wachsenden Internationalität der Wirtschaftsbeziehungen wird die internationale Zusammenarbeit von Auskunfteien noch ausgebaut werden. Über die Vernetzung der verschiedenen Datensysteme werden Online-Recherchen auf verschiedene Datenbanken weltweit möglich sein. Damit wird sich auch die Form der Auskunft ändern, wobei über B T X der Trend zu einer papierlosen Auskunft führen dürfte. Aber auch die Perfektionierung der Überprüfung der Kreditfähigkeit von Einzelpersonen i m Hinblick auf vollständige Erfassung und Auskunftsgeschwindigkeit ist zu erwarten. Dies gebietet schon die stetige Ausweitung

301 Die Schimmelpfeng GmbH ist bereits seit 1984 als Informations-Broker tätig; vgl. Römer, markt + Wirtschaft Nr. 1/1984, S. 8 (12); FAZ vom 04.08.1983, S. 11.

18

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Auch diese Aufgaben werden aufgrund der erforderlichen kostenintensiven technischen Ausstattung überwiegend von Großauskunfteien wahrgenommen werden. Kleine Auskunfteien, etwa lokalen Zuschnitts, werden sich dagegen auch als Korrespondenten für die Großauskunfteien zur Verfügung stellen müssen und darüber hinaus für besondere Anfragewünsche offen sein müssen, um am Markt bestehen zu können.

I L Detekteien 1. Wirtschaftliche Bedeutung Die Erörterung der wirtschaftlichen Bedeutung der Detekteien folgt der Dreiteilung in Stärke und Verbreitung sowie betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Bedeutung. Gegenstand des ersten Teils sollen dabei Angaben über Anzahl der Unternehmen, Beschäftigtenzahlen und Umsatz sein. In den beiden wirtschaftstheoretischen Teilen wird sich die Untersuchung schwerpunktmäßig auf Detektivaufträge von Unternehmen beziehen. Die i m Rahmen der Detektivaufträge ebenfalls einen breiten Raum einnehmende Tätigkeit von Detekteien für Privatpersonen eignet sich demgegenüber nicht für eine betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Betrachtung. Dies liegt daran, daß ein Großteil dieser gegenüber Einzelpersonen erbrachten Leistungen, wie etwa die Beschaffung von Beweismaterial oder die Enttarnung eines Heiratsschwindlers zwar von großem Wert sein können, dieser Wert aber zumeist nicht meßbar ist. Die betriebswirtschaftliche Untersuchung soll die Folgen für einzelne Unternehmen aufzeigen, die sich aus solchen gesetzeswidrigen Praktiken ergeben, deren Bekämpfung sich die Detekteien zur Aufgabe gemacht haben. In der Verhinderung dieser Folgen liegt die betriebswirtschaftliche Bedeutung der Detekteien. Daran anknüpfend sollen die Auswirkungen der Detektivtätigkeit für einzelne Unternehmen auf der Ebene der Volkswirtschaft erörtert werden.

a) Stärke und Verbreitung Zuverlässiges Zahlenmaterial über das Detektivwesen in Deutschland ist ebensowenig erhältlich wie über das Auskunfteiwesen. Der Auszug aus der Arbeitsstättenzählung des Statistischen Bundesamtes vom 25.05.1987 302 hat nur beschränkte Aussagekraft, da er sich nicht auf Detekteien allein bezieht,

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

sondern den W i r t s c h a f t s z w e i g „ A u s k u n f t s b ü r o s " u m f a ß t . 3 0 3 D e m n a c h ist z u m T e i l a u f Schätzungen zurückzugreifen. Schätzungen über detektivisch tätige Personen w e r d e n allerdings dadurch erschwert, daß es zahlreiche Personen u n d Unternehmen g i b t , die zwar detektivische Leistungen anbieten, aber n i c h t als D e t e k t e i firmieren, daß i n der Praxis die Kleindetekteien überwiegen, die als E i n m a n n - oder Familienbetrieb geführt werden u n d sich häufig auf eine A n z a h l freier M i t a r b e i t e r stützen, daß viele Personen nur nebenberuflich

als D e t e k t i v

arbeiten u n d daß s c h l i e ß l i c h eine

hohe

F l u k t u a t i o n i m Detektivgewerbe besteht. Diese Umstände führen zu der großen Bandbreite v o n Schätzungen, die v o n etwa 1 2 . 0 0 0 3 0 4 bis zu r u n d 20.000 D e t e k t i v e n 3 0 5 reicht. N a c h anderen Schätzungen soll es allein 12.000 bis 15.000 ausschließlich als K a u f h a u s d e t e k t i v e tätige Personen g e b e n . 3 0 6 D i e A n z a h l der U n t e r nehmen w i r d v o n z w i s c h e n 6 0 0 bis 800 (einschließlich A u s k u n f t e i e n ) 3 0 7 bis

302

Statistisches Bundesamt, Unternehmen und Arbeitsstätten, Arbeitsstättenzählung vom 25.05.1987, Fachserie 2, Heft 9, WZ-Nr. 78971 (Beschäftigte in Unternehmen nach Stellung in Betrieb und Wirtschaftszweigen. 303

Vgl. Kap. 2 B I 1 a.

304

Kobold, ZAD-Studie „Die Volks- und Betriebswirtschaftliche Bedeutung des Detektivberufs", S. 14. 305 Köhler, Die Polizei 1994, S. 49 (53); Weichen, Die Polizei 1994, S. 313; Münder, Die Zeit vom 09.08.1991, Beilage Zeitmagazin, S. 22; FAZ vom 09.06.1990, S. 15. Nach Angaben der Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe (Berg/Dessau/Kocks, Berufsbildung für Detektive und Detektivinnen, S. 12) waren zu Beginn des Jahres 1992 nach Einschätzung von Experten im Detektivgewerbe etwa 18.000 Personen tätig, davon ca. 1.000 Privat- und Wirtschaftsdetektive, ca. 5.000 hauptberuflich tätige Kaufhausdetektive, ca. 4.000 Teilzeit-Detektive und ca. 8.000 Laien- und Hobbydetektive. Nach Schätzungen der Z A D aus dem Jahr 1990 waren insgesamt 10.000 Personen mit detektivischen Aufgaben beschäftigt (rund 8.500 Kaufhausdetektive/600 selbständige gewerbliche Privatdetektive/150 in Detekteien angestellte Detektive/einige Hoteldetektive und eine Anzahl von Detektiven bei Versicherungen und Aufklärungsdiensten (Berg/ Dessau/Kocks, Berufsbildungsinformation, S. 17). 306 FAZ vom 23.05.1990, S. 10; „rund 12.000": Münder, Die Zeit vom 09.08.1991, Beilage Zeitmagazin, S. 22. 307

FAZ vom 09.06.1990, S. 15; Münder (Die Zeit vom 09.08.1991, Beilage Zeitmagazin, S. 22) gibt rund 600 Detekteien an; Binder (S. 6) und Kobold (ZAD-Studie „Die Volks-und Betriebswirtschaftliche Bedeutung des Detektivberufs", S. 14) gehen von 800 Detekteien in der Bundesrepublik Deutschland aus.

1

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

zu 950 (nur Detekteien) 308 geschätzt. Insgesamt erwirtschafteten sie 1993 einen Jahresumsatz von etwa 250 Millionen D M . 3 0 9

b) Betriebswirtschaftliche

Bedeutung

Die Bedeutung der Tätigkeit von Detektiven für einzelne Unternehmen kann in der Ersparung von Kosten in den Bereichen liegen, in denen Unternehmen durch wirtschaftskriminelle Handlungen Verluste drohen, zu deren Verhinderung Detektive beitragen. I m Bereich der Materialkosten kann dies etwa durch falsch abgerechnete Liefermengen, bei den Personalkosten durch ungerechtfertigtes „Krankfeiern" sowie auf dem Gebiet der Entwicklungs- und Produktionskosten in erster Linie durch Wirtschaftsspionage der Fall sein. 3 1 0 Selbst bei den Vertriebskosten entstehen durch Unterschlagungen eigener Mitarbeiter Schäden. Von besonderer Relevanz ist aber insbesondere der Bereich der Wirtschaftsspionage. Erlangt die Konkurrenz durch Wirtschaftsspionage ein durch kostenintensive Entwicklungsarbeit erwirtschaftetes know how praktisch zum Nulltarif, besteht die Gefahr, daß die Entwicklungskosten durch das Produkt nicht erwirtschaftet werden können und sich die langwierige Entwicklung und Forschung des neuen Produktes als Fehlinvestition erweist. 311 Erhebliche Bedeutung kann für ein Unternehmen auch ein einfacher Diebstahl haben. Es entstehen nämlich nicht nur Kosten durch den Verlust der Waren, sondern möglicherweise auch Absatzrückgänge, wenn die

308

FAZ vom 01.03.1994, Verlagsbeilage „Kartengesteuerte Dienstleistungen",

S. B13. 309

FAZ vom 01.03.1994, Verlagsbeilage „Kartengesteuerte Dienstleistungen", S. B13; nach einer Angabe des Statistischen Bundesamtes ( V I I B - 60/4 - 39 Steuerpflichtige und steuerbarer Umsatz 1988 nach Umsatzgrößenklassen, Nr. 78971 [Auskunftsbüros]) belief sich der steuerbare Umsatz für Auskunftsbüros 1988 auf rund 580 Millionen DM. 310

Kobold, ZAD-Studie „Die Volks- und Betriebswirtschaftliche Bedeutung des Detektivberufs", S. 3; speziell zu den durch Fehlzeiten der Arbeitnehmer entstehenden Schäden: Der Spiegel, Heft Nr. 18 vom 29.04.1991, S. 40ff. 311 Kobold, ZAD-Studie „Die Volks- und Betriebswirtschaftliche Bedeutung des Detektivberufs", S. 6.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

gestohlenen Waren über Hehler wieder auf den Markt gelangen und somit den Absatz der eigenen Produkte erschweren. 312 Zur Verhinderung der verschiedenen geschilderten wirtschaftskriminellen Verhaltensweisen werden vielfach Detektive eingesetzt. Sie leisten dadurch einen Beitrag zur Kostenreduzierung in den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen und können sich im Einzelfall für ein Unternehmen als unentbehrlich erweisen.

c) Volkswirtschaftliche

Bedeutung

Der im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Untersuchung festgestellte Beitrag von Detektiven zur Kostenreduzierung bei Unternehmen hat auch Auswirkungen auf volkswirtschaftlicher Ebene. Durch ihre Tätigkeit vermindern Detektive die der Volkswirtschaft durch Wirtschaftskriminalität drohenden Schäden. Solche Schäden ergeben sich - grob vereinfacht - aus folgendem volkswirtschaftlichen Ablauf: Die aus der Wirtschaftskriminalität folgende Erhöhung der Kosten kann entweder über den Preis an den Kunden weitergegeben werden oder zu einer Gewinnminderung auf Unternehmerseite führen. Ein geringerer Gewinn führt zu einer geringeren Investitionstätigkeit. Eine abnehmende Investitionstätigkeit wiederum beeinträchtigt das Wirtschaftswachstum und die Sicherung von Arbeitsplätzen. Der Wegfall von Arbeitsplätzen sowie die Kürzungen von Dividenden, Gewinnbeteiligungen oder Prämien aufgrund des Gewinnrückganges führen zu einem Rückgang der Kaufkraft bei den Betroffenen. Weniger Gewinn, weniger Arbeitsplätze und geringere Kaufkraft bedeuten für den Staat ein niedrigereres Aufkommen an Steuern und Sozialabgaben. Diese Wirkungskette 313 stellt die Bedeutung wirtschaftskriminellen Verhaltens für die Volkswirtschaft dar. Durch ihre Leistungen bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität tragen Detektive - in allerdings nur unzureichend erfaßbarer Weise - zur Abschwächung dieser Folgen bei. Daneben kommen bestimmte Tätigkeiten der Detektive auch unmittelbar dem Staatshaushalt zugute. Beispiele sind die Bekämpfung von Schwarz312

Kobold, ZAD-Studie „Die Volks- und Betriebswirtschaftliche Bedeutung des Detektivberufs", S. 9. 313 Diese Wirkungskette beschreibt Kobold, ZAD-Studie „Die Volks- und Betriebswirtschaftliche Bedeutung des Detektivberufs", S. 5 und S. 12ff.

1 2 .

Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

arbeit und die Suche nach flüchtigen Vätern nichtehelicher Kinder, für die der Staat Unterhaltsvorschußleistungen erbringt.

2. Externe Organisationen Die Detektivbranche ist verbandsmäßig noch uneinheitlicher organisiert, als dies bei den Auskunfteien der Fall ist. Seit der Gründung des Reichsverbandes Deutscher Detektiv-Institute i m Jahre 1896 hat es über vierzig nationale Verbände gegeben. Davon existieren auch heute noch ein „gutes Dutzend", 3 1 4 die sich zum Teil als Konkurrenten gegenüberstehen. Setzt man für die Qualifikation einer Organisation als Berufsverband als Kriterien voraus, daß ein Angebot an bestimmten Serviceleistungen, eine bestimmte Mitgliedsstärke und Akzeptanz vorhanden sind sowie eine Satzung, die Modalitäten über Aufgaben und Ziele, Erwerb und Beendigung der Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten der Mitglieder sowie Vereinsorgane enthält, und daß die satzungsmäßig geforderten Aufgaben auch tatsächlich wahrgenommen werden, so reduziert sich die Zahl der Berufsverbände in Deutschland bereits erheblich. 315 Der Bundesverband Deutscher Detektive, der sich selbst als „größter Detektivverband des europäischen Kontinents" bezeichnet, 316 hat 200, der Bund Internationaler Detektive 94 und der Deutsche Detektiv Verband 46 Mitglieder. 3 1 7 Aus diesen Zahlen ist zu entnehmen, daß sich auch die großen Berufsverbände nicht als Repräsentanten ihres Berufsstandes bezeichnen können. Einer Schätzung zufolge sind bei den Detektiven, die ein umfang-

314

FAZ vom 09.06.1990, S. 15; der Zeitschrift Detektiv-Kurier liegt sogar eine Liste von 23 Vereinen und Verbänden im Detektivgewerbe vor (vgl. Kocks, Detektiv-Kurier Mai 1994, S. 2). 315 Kocks (ZAD-Studie „Detektivische Berufsverbände", S. 3) geht unter diesen Voraussetzungen davon aus, daß somit in Deutschland mit dem Bundesverband Deutscher Detektive, dem Bund Internationaler Detektive und dem Deutschen Detektiv Verband nur drei Berufsverbände existieren. Symptomatisch dafür ist auch, daß die Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe von ihren Prüflingen als Übungsaufgabe zum Thema „Detektivische Berufsverbände" verlangt: „Erkunden Sie mindestens einen Verein, der den äußeren Anschein eines Berufsverbandes erweckt, tatsächlich jedoch kein Berufsverband ist. Begründen Sie bitte ausführlich, warum und aufgrund welcher Details Sie zu diesem Urteil gelangen." 316

Binder, S. 10.

317

Hoppenstedt, S. 421 und S. 425.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

reiches Leistungsprogramm anbieten (Privat- und Wirtschaftsdetektive), 25 bis 50% und bei den sogenannten Kaufhausdetektiven 0,2 bis 1,0% Mitglieder eines Detektivverbandes. 318 Die große Bandbreite innerhalb der Schätzungen erklärt sich daraus, daß einerseits nicht bekannt ist, wieviel Privatdetektive es in Deutschland gibt und man demzufolge auch nicht angeben kann, wieviel Prozent verbandsmäßig organisiert sind, und andererseits daraus, daß viele Detektive in mehreren Verbänden zugleich Mitglied sind. 3 1 9 Zudem gibt es Verbände, die gleichzeitig Auskunfteien, Detekteien und Inkassounternehmen betreuen, 320 und einige Detektivverbände nehmen auch Auskunfteien auf. 3 2 1

a) Leistungen der Verbände und Gründe für die Mitgliedschaft Neben Initiativen im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung nehmen die Berufsverbände folgende Aufgaben wahr: Darstellung der Detektivbranche in der Öffentlichkeit, Zurverfügungstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Formularen und Informationsblättern, Rechtsberatung, Schlichtungsaufgaben bei Auseinandersetzungen zwischen Detektiv und Verband, Interessenvertretung gegenüber Ministerien, Behörden, Gerichten, Wirtschaftsverbänden und sonstigen Organen des öffentlichen Lebens sowie Vermittlung von berufsspezifischem Wissen. Darüber hinaus soll die Mitgliedschaft Kontakte sichern, einen Erfahrungsaustausch begünstigen und eine kollegiale Zusammenarbeit fördern. Die von den Berufsverbänden angebotenen Leistungen sind aber nicht die einzigen Motive für eine Mitgliedschaft. Die Zugehörigkeit zu nationalen und internationalen Verbänden scheint für Detektive nämlich besonders werbeträchtig und imagefördernd zu sein. 322 Eine solche Werbung ist nach § 54 der Berufsordnung des Bundesverbandes Deutscher Detektive, des 318

Wirsching,

Bd. 2, S. 418.

319

Wirsching,

Bd. 2, S. 417f.

320

So der Verband Detektei-, Auskunftei- und Inkasso-Unternehmen mit Sitz in Worms. 321

Etwa der Bundesverband Deutscher Detektive; vgl. § 2 der Satzung (ohne Datumsangabe). 322

Wirsching, Bd. 2, S. 417 und S. 419; dies wird auch belegt durch die Werbung im Branchenverzeichnis der Deutschen Bundespost, den „Gelben Seiten", in dem Detektive häufig mit mehreren Verbandsmitgliedschaften werben.

1

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Bundes Internationaler Detektive und des Deutschen Detektiv Verbandes auch ausdrücklich „erwünscht". Als Gründe dafür, daß dennoch nicht mehr Detektive verbandsmäßig organisiert sind, spielt sicherlich auch eine Rolle, daß einzelne Detektive sich durch die Bindung an Satzung und Berufsordnung kontrolliert fühlen und eine Mitgliedschaft deshalb ablehnen. Als weitere Gründe werden eine Unzufriedenheit mit den gebotenen Serviceleistungen gesehen, und daß auf Verbandsseite zu wenig gegen solche Mitglieder unternommen wird, die der Satzung oder Berufsordnung zuwiderhandeln. 323 Jedenfalls liegt der alleinige Grund nicht in den zu hohen Aufnahmehürden der Verbände. 324 Aufnahmekriterien sind etwa ein bestimmtes Mindestalter, unbeschränkte Geschäftsfähigkeit, geordnete persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, keine Vorstrafen (allerdings nur für wenig bestimmt umschriebene Strafbarkeitsbereiche), eine durch unterschiedliche Verfahren nachzuweisende Sachkunde und Berufserfahrung als Privatdetektiv. 325 Als Ausschlußgründe werden insbesondere grobe Verstöße gegen die Berufsordnung oder gegen die Satzung genannt. 326 Allerdings besteht durch eine zu rigorose Handhabung des Vereinsdisziplinarrechts die Gefahr, daß die Mitglieder den Verband wechseln und der Nachwuchs ausbleibt. I m Selbsterhaltungsinteresse sind der Ausübung des Vereinsdisziplinarrechtes also Grenzen gesetzt.

b) Verbandsübergreifende Initiativen, insbesondere im Bereich der Berufsbildung Zu den verbandsübergreifenden Initiativen in der Detektivbranche zählt, daß die drei größten Berufsverbände eine gemeinsame Berufsordnung anerkennen, die Standesregeln für die Ausübung des Detektivberufes enthält. In der Präambel zu dieser Berufsordnung findet sich eine Beschreibung des

323

Vgl. Wirsching,

324

Dies wird häufig von Verbandsseite als Grund angegeben; vgl. Wirsching,

Bd. 2, S. 420. Bd. 2,

S. 423. 325

§ 3 der Satzung des BDD (ohne Datumsangabe); § 3 der Satzung des BID (vom 27.01.1989); § 3 der Satzung des DDV (vom 12.05.1984). 326

§ 5 Nr. 2 der Satzung des BDD; § 4 Nr. 3 der Satzung des BID; § 3 der Satzung des DDV. Vgl. auch die vorhergehende Fn.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

15

Berufsbildes, danach werden allgemeine Berufspflichten festgelegt: Sorgfaltspflichten (§§ 1 bis 3), Verschwiegenheitspflicht (§ 4) sowie die Pflicht, den Anschein amtlicher oder behördlicher Funktionen (§ 5) oder die Beeinflussung von Zeugen (§ 6) zu vermeiden. Des weiteren wird geregelt: das Verhalten in der Öffentlichkeit (§§ 7 bis 10), das Verhalten gegenüber Kollegen und Berufsverband (§§ 1 lf.), die Maßnahmen bei Verstößen gegen die Berufsordnung durch Kollegen (§§ 13 bis 17), das Beschwerdeverfahren (§§18 bis 24), das Verhalten gegenüber Behörden und Gerichten (§§ 25 bis 28), das Verhältnis zum Auftraggeber (§§ 29 bis 40), Art und Weise der Berichterstattung (§§41 bis 43), Preisgestaltung und Rechnungslegung (§§ 44 bis 51), Fragen der Werbung (§§ 52 bis 55), das Verhältnis zu Personal und Mitarbeitern (§§ 56 bis 62) sowie Buchführung und Aktenordnung (§§ 63 bis 65). Ein weiteres Beispiel für die Kooperation von Detektivverbänden bildet das Lehrinstitut des Berufsverbandes Deutscher Detektive, das zwar nur von einem Verband unterhalten wird, an dessen Seminaren aber auch Nichtmitglieder teilnehmen können. In diesen Seminaren werden Kriminologie, Rechtskunde, Staatsbürgerkunde und spezielle berufstypische Themen behandelt. Seit 1986 unterhalten die drei größten Detektiv verbände zur Ausbildung für Berufsanfänger als gemeinschaftliche Einrichtung die „Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe". Nach der verbandsübergreifenden Verabschiedung eines Berufsbildungsplanes für Detektive beschäftigt sich die Z A D mit der Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen, der Erarbeitung des für die Berufsbildung notwendigen Wissensstoffes sowie der Dokumentation von Fachinformationen. 327 Neben den Berufsverbänden besteht seit Dezember 1985 die Stiftung Gesellschaft und Recht e. V.. Zu ihren Aufgaben zählen nach § 2 der Satzung unter anderem - die Sammlung, Aufarbeitung, Förderung und Darstellung speziell detektivischen Fachwissens,

327

Kocks, ZAD-Studie „Detektivische Berufs verbände", S. 6.

10 Peilert

16

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

- die Erarbeitung von Sachverständigengutachten zu speziellen Detektivthemen, - die Förderung von Forschungsvorhaben, die im Zusammenhang mit branchenspezifischen Problemen stehen und - der Gedankenaustausch und die Meinungsbildung über branchenspezifische Themen unabhängig von den Interessen organisierter Gruppen der Branche.

3. Interne Organisation von Detekteien In der Bundesrepublik Deutschland überwiegen zur Zeit Kleindetekteien, zum Teil Einmann- oder Familienbetriebe, 328 so daß sich Fragen nach unternehmerischen Organisationsformen und dem Betriebsaufbau nicht stellen. Bei den Kleindetekteien ist es vielmehr die Regel, daß alle Aufgaben - etwa Ermittlungs-, Büro- und Labortätigkeiten - von einem einzigen Detektiv wahrgenommen werden. Je nach Größe der Detektei kommen Bürokräfte und festangestellte Mitarbeiter dazu. Fachleute, wie Chemiker, Blutgruppenspezialisten und Handschriftenexperten werden von Detekteien aus Kostengründen nur von Fall zu Fall beauftragt. Häufig jedoch finden sich ehemalige Polizeibeamte unter den Detektiven, 329 die solche Fachkenntnisse aufweisen. Neben den festangestellten Mitarbeitern bedienen sich die Detekteien auch sogenannter Gewährsleute, Informanten und sonstiger freier Mitarbeiter, die bei Bedarf eingesetzt werden. 330 Detektivische Tätigkeit wird somit nicht nur als selbständiger Detektiv, sondern auch als angestellter Detektiv oder freier Mitarbeiter einer Detektei ausgeübt. Zu der Ausstattung von Detekteien gehören je nach Arbeitsschwerpunkt Kraftfahrzeuge mit Autotelefon und Funk, mobile Observationsstationen (Observationsbusse), Funkgeräte, eine gute Fotoausrüstung (Minikameras), Diktiergeräte für die Aufnahme von Beobachtungsergebnissen während eines Observationsauftrages und Spezialgeräte zum Anlegen von elektronischen und chemischen Diebesfallen. In der Berufsbeschreibung der Bundes-

328

FAZ vom 27.11.1993, S. 43.

329

Groß/Geerds

330

Neumann, S. 46f.

§ 25 (S. 478).

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in D e u t s c h l a n d 1

anstalt für Arbeit 3 3 1 werden als Arbeitsmittel für die eigentliche detektivische Tätigkeit auch Foto-, Film- und Video-Kameras mit technischen Besonderheiten - wie Bewegungsmeldern -, Nachtsichtgeräte, Tonbandgeräte/Kassettenrekorder, Mikrofone/Richtmikrofone sowie Tag- und Nachtferngläser genannt. Diese Aufzählung zeigt, daß sich aufgrund der technischen Entwicklung die Arbeitsmöglichkeiten von Detekteien enorm erweitert haben, und die Eingriffsmöglichkeiten in die Privatsphäre des einzelnen gestiegen sind.

4. Tätigkeitsbereich Unter dem Oberbegriff „Tätigkeitsbereich" werden sowohl die von Detekteien wahrgenommenen Aufgaben und Leistungen als auch ihre Arbeitsweise beschrieben. Eine Trennung zwischen Aufgaben und Leistungen einerseits sowie der Arbeitsweise andererseits läßt sich dabei nicht immer genau einhalten, denn oftmals bestimmt die Aufgabe auch das methodische Vorgehen, so daß Aufgabe und Arbeitsweise identisch sind. Eine vollständige Auflistung der angebotenen Dienstleistungen und der zu ihrer Erfüllung eingesetzten Methoden ist weder möglich noch gewollt. Dies liegt daran, daß die Einzelaufträge an Detekteien selten vollkommen identisch sein werden. Die Aufträge sind jedoch die Basis jedweder Tätigkeit der Detektive, und so verschieden, wie sich diese Aufträge darstellen, so verschieden sind demzufolge auch die Aufgaben und die zu ihrer Bewältigung einzusetzenden Arbeitsmethoden.

a) Aufgaben und Leistungen Nachfolgend soll eine Übersicht über die vielfältigen von Detekteien angebotenen Dienstleistungen gegeben werden. Die einzelnen von Detekteien angebotenen Dienstleistungen sind - soweit nicht anderweitig gekennzeichnet - der Berufsbildungsinformation für Detektive und Detektivinnen, 3 3 2 dem Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen der Bundesanstalt für Arbeit 3 3 3 und einer Sichtung von Werbematerialien einzelner Detekteien und Verbände entnommen. Vor der

331 Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen Nr. 791a (Detektiven), Zugehörige Berufe), S. 8f. 332

Berg/Dessau/Kocks,

Berufsbildung für Detektive und Detektivinnen, S. 36f.

18

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Erörterung der einzelnen Tätigkeiten ist festzustellen, daß die einzelnen Detekteien nicht sämtliche der aufgeführten Dienstleistungen wahrnehmen. Vielmehr bearbeitet eine einzelne Detektei zumeist jeweils nur einen Teilbereich der geschilderten Fälle, teilweise haben sich Detekteien auch auf nur ein einziges Arbeitsgebiet spezialisiert. Dies hängt oftmals mit dem zuvor ausgeübten Beruf des Detekteiinhabers zusammen, der eine solche Spezialisierung nahelegt. Aufgrund der Vielfalt der angebotenen Dienstleistungen bereitet eine Systematisierung der Aufgaben Schwierigkeiten. Eine Unterteilung in Kaufhausdetektive sowie Privat- und Wirtschaftsdetektive ist gegebenenfalls für den Bereich der Ausbildung geeignet. Für eine Systematisierung der Tätigkeiten ist das Begriffspaar jedoch ungeeignet, da mit dem Aufgabenbereich der Kaufhausdetektive nur eine Tätigkeitsgruppe ausgegrenzt wird. Eine Differenzierung nach Rechtsgebieten in zivil- und strafrechtliche Tätigkeit 3 3 4 erweist sich aufgrund der oftmals fließenden Übergänge ebenfalls als ungeeignet. Zumeist wird ein Auftrag nämlich Elemente beider Rechtsgebiete enthalten, etwa wenn bei einem Diebstahl nicht nur der Täter überführt werden soll, sondern auch die zivilrechtlichen Ansprüche auf Herausgabe geltend gemacht werden sollen. 335 Eine Einteilung nach repressiver und präventiver Tätigkeit trennt Aufgabenbereiche, die als zusammengehörig anzusehen sind, 3 3 6 eine Einteilung nach dem Auftraggeber (Wirtschaftsunternehmen oder Einzelperson) weist dagegen zahlreiche Überschneidungen auf. 3 3 7 Zudem wird eine Einteilung in nur zwei Gruppierungen der Vielfalt der möglichen Dienstleistungen nicht gerecht, so daß eine Einteilung nach Sachgebieten den Vorzug verdient. 338 Die Reihenfolge

333

Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen Nr. 791a (Detektiven), Zugehörige Berufe), S. 3ff. 334

Neumann, S. 68; dies., ArchKrim 166 (1980), S. 129 (132).

335

Diese Schwäche einer solchen Abgrenzung konstatiert auch Neumann (S. 68 und ArchKrim 166 [1980], S. 129 [132]). 336

Zum Beispiel das Anbringen einer Diebstahlssicherung (präventiv) und Überführen des Diebes (repressiv). 337

Etwa das Aufspüren von Abhöranlagen oder Ermittlungen bei Anlagebetrug sind Aufträge, die sowohl aus der Wirtschaft als auch von Einzelpersonen erteilt werden kön 338 Eine vergleichbare Einteilung nehmen auch Berg/Dessau/Kocks für Detektive und Detektivinnen, S. 36f.) vor.

(Berufsbildung

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

der dargestellten Sachgebiete soll sich dabei in etwa an der Häufigkeit der Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistungen ausrichten.

aa) Ermittlungen bei Diebstahl, Unterschlagung und Betrug im Bereich der Wirtschaft Der hohe Anteil der Ladendiebstähle in der Kriminalstatistik 339 , der daraus dem Handel entstehende Gesamtschaden von jährlich rund vier Milliarden D M 3 4 0 (aufgrund der hohen vermuteten Dunkelziffer wird der tatsächliche Schaden vom Einzelhandel sogar auf zwölf Milliarden D M geschätzt) 341 und die unzulänglichen Möglichkeiten des polizeilichen Einschreitens ließen die Bekämpfung von Ladendiebstählen zu einem Schwerpunkt i m Aufgabenfeld der Detekteien werden. M i t den sogenannten Kaufhausdetektiven, die ausschließlich die Aufgabe der Bekämpfung von Ladendiebstählen wahrnehmen, bildete sich sogar ein eigener Stand innerhalb der Detektivbranche heraus. Alarmierende Inventurdifferenzen, insbesondere in den größeren Kaufhäusern, sichern den Detektiven beständig Aufträge. Sie reichen von der Schwachstellenerkennung beim Einrichten eines Verkaufsraumes über das Anbringen von Sicherheitseinrichtungen bis zum Überwachen des Verkaufsraumes. Das Augenmerk der Detektive richtet sich dabei nicht nur auf den Diebstahl durch Kunden, sondern auch auf den Diebstahl durch Personal,

339

Unter den 1992 insgesamt registrierten 6.291.519 Straftaten (Bundesgebiet insgesamt, ohne Verkehrs- und Staatschutzdelikte) waren 523.013 Ladendiebstähle (Polizeiliche Kriminalstatistik 1992, S. 14, 148). 340

FAZ vom 05.11.1993, S. 12; Die Welt vom 08.01.1993, S. 2; Die Welt vom 05.11.1993, S. 12 (jeweils Angaben des Geschäftsführers im Hauptverband des Deutschen Einzelhandels). Nach einer Erhebung des Kölner EuroHandelsinstituts liegt der jährliche Inventurschaden bei 7 Milliarden D M (FAZ-Beilage „Technik und Motor" vom 16.05.1995, S. T2). 341

Die Welt vom 14.06.1993, S. 14; die Dunkelziffer der nicht gefaßten Ladendiebe wird allgemein auf etwa 90 bis 95% geschätzt; vgl. Loitz, Kriminalistik 1965, S. 510 (Verweis auf eine Schätzung des Bundeskriminalamtes aus dem Jahre 1956, nach der nur jeder zwanzigste Ladendieb ermittelt wird. Loitz selbst differenziert nach Art der betroffenen Geschäfte und stimmt der Quote von 95% für Lebensmittelgeschäfte zu.); Tegel, Kriminalistik 1962, S. 124 („Man schätzt, daß überhaupt nur 5% aller Täter ergriffen werden."); Droste (S. 15) hält diese Zahlen für „eher noch zu niedrig als zu hoch geschätzt". Engels (WirtschaftsWoche Nr. 38 vom 16.09.1994, S. 178) geht von 0,5% aufgeklärter Ladendiebstähle aus.

1

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

der Schätzungen zufolge ebenso hoch zu veranschlagen ist wie der sogenannte Kundendiebstahl. 342 Bei dieser Form der Mitarbeiterkriminalität scheint es sich um ein absolutes Tabuthema zu handeln, Zahlen über Personaldiebstähle sind kaum erhältlich, und die Dunkelziffer der nie gemeldeten Fälle wird auf 95% geschätzt, denn die betroffenen Firmen scheuen die mit einem Prozeß häufig verbundene Publicity. 3 4 3 Dies ist eine typische Ausgangslage, in der die mit dem Anspruch der Diskretion arbeitenden Detektive tätig werden. Die Mitarbeiterkriminalität äußert sich in unterschiedlichen Erscheinungsformen, die von der Annahme der Ware bis zum Verkauf reichen, und die Detektive ergreifen deshalb unter anderem folgende Maßnahmen: Belegkontrolle zwecks Feststellung von Unterschlagungen beim Wareneingang, Überprüfung der Liefermengen zur Erkennung von Betrugshandlungen, Überwachung der Verkaufsräume, Überwachung der Aufenthaltsräume für das Personal sowie Untersuchungen von Selbstbereicherung und Kundenbegünstigung i m Kassenbereich. Neben der Beauftragung durch Wirtschaftsunternehmen werden Detektive auch von Privatpersonen zur Aufklärung von Diebstählen eingesetzt, und zwar dann, wenn nicht die Ergreifung des Täters, sondern die Wiederbeschaffung des Diebesgutes im Vordergrund des Interesses steht. 342 Die Revisionsabteilung der Karstadt AG, des größten deutschen Warenhauskonzerns, macht intern folgende Rechnung auf: Knapp 70 Millionen Mark pro Jahr beträgt die Inventurdifferenz. 20% dieses Schwundes entstehen der Karstadt-Statistik zufolge durch Verderb und Bruch von Ware sowie statistische Mängel, 40% durch Kundendiebstahl und ebensoviel durch Personaldiebstahl. Nach einer Schätzung des Deutschen Einzelhandels soll der Anteil der Mitarbeiter am Warenschwund bei 20%, der Anteil der Lieferanten bei 10% liegen. Dagegen wurde bei einer Befragung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels festgestellt, daß jeder zweite Unternehmensleiter glaubt, daß Kunden und Personal gleichermaßen am Warenschwund beteiligt sind; vgl. Focus Heft Nr. 30 vom 26.07.1993, S. 40. Nach einer weiteren Schätzung (FAZ vom 25.03.1994, S. 24) sind Mitarbeiter zu 40% und Kunden zu 50% an den Inventurdifferenzen beteiligt. Bauer (S. 55) geht davon aus, daß der Warenschwund zu einem „Großteil" durch eigene Angestellte verursacht wird. Vertreter aus der Detektivbranche schätzen die wertmäßige Beteiligung der Mitarbeiter mit bis zu 70% ein; vgl. Der Spiegel, Heft Nr. 49 vom 03.12.1990, S. 74 (75). 343

Vgl. Der Spiegel, Heft Nr. 49 vom 03.12.1990, S. 74 (74f., 81).

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

15

bb) Schutz gegen Konkurrenzübergriffe und unlautere Wettbewerbspraktiken Aufgrund der Vielzahl der Anbieter auf dem Markt und dem sich daraus ergebenden verstärkten Konkurrenzkampf können durch KonkurrenzÜbergriffe und Verstöße gegen Wettbewerbsregeln Unternehmen aus dem Wettbewerb gedrängt werden. U m sich vor solchen Aktivitäten zu schützen bzw. um solche Aktivitäten aufklären zu lassen, setzen Unternehmen Detektive ein. 3 4 4 Auch in diesem Bereich ist in der Detektivbranche eine Spezialisierung festzustellen, die auch in der Firmierung einzelner Detekteien als „Wirtschaftsdetekteien" ihren Ausdruck findet. Mögliche Einzelaufträge zur Bekämpfung von Konkurrenzübergriffen und unlauteren Wettbewerbsmethoden sind: Abwehr von Betriebsspionage, Ermittlungen bei Verrat von Betriebsgeheimnissen, Entdeckung und Verhinderung von Sabotage an Arbeitsmitteln, Untersuchungen bei Angriffen auf den Ruf einer Institution, Entdeckung der Konkurrenztätigkeit eigener Mitarbeiter, Untersuchung von Verstößen gegen Wettbewerbsverbote und Untreue von Mitgesellschaftern sowie Entdeckung unzulässiger Abwerbung. Speziell auf dem Gebiet der Gebrauchsmuster-, Urheber- und Patentverletzungen werden Detektive zum Aufspüren von Raubkopien im Buchund Tonwesen sowie der Ermittlung der Hersteller bei Markenpiraterie eingesetzt.

cc) Ermittlungen bei Betrügereien im Anlage- und Kapitalverkehr Ein weiteres Sachgebiet im Bereich des Wirtschaftslebens, in dem Detekteien beauftragt werden, sind Betrügereien im Anlage- und Kapitalverkehr. Gerade mit der Internationalisierung des Wirtschaftsverkehrs sind die diesbezüglichen Möglichkeiten für Wirtschaftskriminelle größer geworden, so daß hier in Zukunft mit einem verstärkten Tätigwerden von Detektiven zu rechnen ist.

344 Ygi den F a i i \ n dem der Automobilhersteller Opel den früheren Opel- und jetzigen VW-Manager Jose' Lopez sowie seine Mitarbeiter von Detektiven beobachten ließ (Dazu Krey, Problematik privater Ermittlungen, S. 17ff.; FAZ vom 16.05.1994, S. 22).

152

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Detektive nehmen in diesem Bereich folgende Aufgaben wahr: Entdeckung von Briefkasten- und Schwindelfirmen in verschiedenen Märkten, Aufdeckung von Gründungsschwindel, Ermittlungen bei Erstattungs- und Subventionsbetrug, Untersuchung von Werttäuschungen durch Überbewertung von Immobilien, Aufklärung von Wechselreiterei und Anlageschwindel sowie Ermittlungen in Fällen des Treuhandmißbrauchs.

dd) Ermittlung und Überwachung im Personenbereich Bei Ermittlungs- und Überwachungsaufträgen im Personenbereich bilden Überprüfungen im Bereich von Ehe und Familie einerseits sowie in arbeitsrechtlichem Zusammenhang andererseits die Schwerpunkte. Dazu kommt noch die Ermittlung säumiger Schuldner. Das Klischee, Detektive bearbeiteten in erster Linie Eheangelegenheiten, ist spätestens seit der Eherechtsreform von 1977 (Abschaffung des Verschuldensprinzips) jedoch nicht mehr zutreffend. Doch auch schon vor der Eherechtsreform war bei den Detekteien ein Zuwachs von Aufträgen aus Industrie, Wirtschaft und von Versicherungsgesellschaften zu verzeichnen. 3 4 5 Aktuell haben sich die Ermittlungen in Eheangelegenheiten von der Klärung der Verschuldensfrage für Scheidungsprozesse auf Untersuchungen verlagert, ob dem unterhaltsberechtigten getrenntlebenden oder geschiedenen Partner noch ein Unterhaltsanspruch zusteht oder ob dies mangels Bedürftigkeit - etwa beim Zusammenleben mit einem neuen Partner - nicht mehr der Fall ist. 3 4 6 Des weiteren lassen rund 1.000 Heiratskandidaten jedes Jahr ihren zukünftigen Partner durch Privatdetektive überprüfen, wobei die Fragen nach Schulden, Vorstrafen oder einer HIV-Infektion im Vordergrund des Interesses stehen. 347

345

Dunze, S. 6.

346

Langer, markt + Wirtschaft Nr. 8/1988, S. 24 (28); Seysen, Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 179 (182); vgl. dazu auch Kap. 2 A I I 6. 347

SZ vom 30./31.05.1992, S. 13.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

15

I m Bereich von Ehe und Familie ermitteln Detektive darüber hinaus in folgenden Fällen: -

Untreue eines Partners, Geltendmachung von Unterhalts- oder Versorgungsansprüchen, Bestimmung der elterlichen Sorge, Feststellung möglicher Drogenabhängigkeit von Minderjährigen, Indizienfeststellung für Vaterschaftsprozesse, insbesondere Aufspüren sogenannter Mehrverkehrszeugen, - Identitätsfeststellungen und - Aufenthaltsfragen.

Aufträge an Detektive im arbeitsrechtlichen Bereich, insbesondere von Arbeitgeberseite richten sich zumeist auf: - Ermittlungen i m Bereich von Nebentätigkeits- und Heimarbeitsschwindel sowie - Bewerberüberprüfung auf fachliche und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, aber auch auf kriminelle Vergangenheit, negative Verhaltensweisen bei bisherigen Arbeitgebern, moralischen Lebenswandel und politische Aktivitäten. 3 4 8

ee) Beweishilfe für Straf- und Zivilprozesse I m Rahmen der Beweishilfe für Straf- und Zivilprozesse werden Detektive in erster Linie zur Zeugensuche und zur Indizienfeststellung tätig. Eine Beauftragung von Detektiven erfolgt dabei besonders häufig in strafprozessualen Wiederaufnahmeverfahren nach §§ 359ff. StPO. Die dort vorgesehene Durchbrechung der Rechtskraft zur Beseitigung von Fehlurteilen erfolgt nicht von Amts wegen, sondern auf Verlangen eines Antragsberechtigten. Die erforderliche Beibringung der Indizien und Beweise für das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes im Sinne von § 359 StPO wird von Detektiven unterstützt. 349

348 Kritisch zu Überprüfungen politischer Betätigung Metall Nr. 1/1977 vom 11.01.1977, S. 5; siehe dazu den Beispielsfall in: Der Spiegel, Heft Nr. 19 vom 11.07.1977, S. 59 (60). 349

Beispiele für erfolgreiche Ermittlungen von Detekteien als Grundlage eines Wiederaufnahmeverfahrens bei K Peters, Fehlerquellen im Strafprozeß, S. 232 (Fall Nr. 558) und Kocks, Festvortrag, S. 3.

1

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

ff) Ermittlungen bei Versicherungsmißbrauch Der Versicherungsmißbrauch, also die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen, wird vielfach als Kavaliersdelikt angesehen und als eine Art „Volkssport" betrieben. 350 U m sich dagegen zur Wehr zu setzen, beauftragen die Versicherungen entweder eigene Schadenssachbearbeiter oder Detektive mit der Überprüfung verdächtiger Schadensfälle. Die häufigsten Fälle des Versicherungsmißbrauches, bei denen Detektive eingesetzt werden, sind: - Zeitliche Manipulationen bei Versicherungsabschluß kurz nach dem Schadensereignis, - betrügerisches Vortäuschen eines Versicherungsfalles durch fingierte Unfälle und Diebstähle, - Herbeiführung eines Versicherungsfalles und - betrügerisches Ausnutzen eines Versicherungsfalles, insbesondere bei Bezug von Renten trotz wiederhergestellter Gesundheit und im Rahmen von KFZ-Versicherungen.

gg) Schutz- und Bewachungsaufgaben Als Detekteien firmierende Unternehmen bieten auch in erheblichem Umfang Schutz- und Bewachungsaufgaben an. Da es sich dabei häufig um regelmäßig wiederkehrende Aufträge, teilweise sogar um Daueraufträge handelt, können sich die Detektive durch die Wahrnehmung dieser Aufgaben eine finanzielle Basis schaffen, was durch die sonstigen unregelmäßigen Aufträge als erheblich schwieriger anzusehen ist. Allerdings handelt es sich dabei vielfach um Aufgaben aus dem klassischen Betätigungsfeld der Bewachungsunternehmen. Erforderlich für eine gewerbsmäßige Bewachung ist i m Gegensatz zu der sonstigen Betätigung der Detektive eine Gewerbeerlaubnis nach § 34a GewO. Häufig übernehmen Detektive entsprechende Aufträge, wie etwa Begleitschutz für gefährdete Personen, Kurierdienste oder Überwachung von Personen und Waren durch technische Einrichtungen, obwohl sie die erforderliche Erlaubnis nicht besitzen. 351

350

Egli, S. 23; FAZ vom 22.03.1995, S. 18.

351 Neumann, S. 69 und S. 99; in welchen Fällen eine solche Gewerbeerlaubnis erforderlich ist, wird in Kap. 6 D dargestellt.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

155

Unproblematisch im Hinblick auf die gewerberechtliche Erlaubnis sind aber folgende von Detektiven wahrgenommenen Aufgaben auf dem Schutzund Bewachungssektor: Kontrolle der Organe und der Tätigkeit des Werkschutzes, Sicherheitsanalysen, Fehlerquellenfeststellung in Sicherheitssystemen, Behebung von Sicherheitsmängeln, fabrikat- und markenunabhängige Beratung vor Einbau von Sicherungs- und Kontrollanlagen und Beschattung von Geheimnisträgern.

hh) Sonstige Leistungsangebote von Spezialisten Kriminaltechnische Untersuchungen zur Auswertung von Sachbeweisen erfordern Spezialeinrichtungen und entsprechend ausgebildetes Personal. Die Anschaffung solcher Einrichtungen und die Beschäftigung von Spezialisten erweist sich für die meisten Detekteien als zu kostenintensiv. Zudem dürfte die Anschaffung von Spezialgeräten bei der Vielfalt der Aufträge oftmals unrentabel sein. So verfügen die meisten Detekteien gegenwärtig nicht über solche Ausstattungen und sind deshalb nicht in der Lage, beispielsweise Werkzeug- und Fingerspuren auszuwerten, Schriftvergleiche von Schreibmaschinen- und Handschriften oder vergleichbare Tätigkeiten selbst vorzunehmen. 352 Es gibt jedoch Detektivunternehmen, die sich spezialisiert haben und mit Fachleuten besetzt sind und über eine entsprechende technische Ausstattung verfügen. Solche Detekteien werden im Bedarfsfall insbesondere auch von Kollegen konsultiert. Spezialisierungen von Detekteien lassen sich insbesondere feststellen bei: Ermittlungen in Zusammenhang mit Datendelikten, Feststellungen von EDV-Rückkopplungen, Aufspüren von Abhöranlagen, Schriftalterbestimmungen, Spurensicherung und Videoüberwachung. Gerade bei der Überwachung, etwa durch verdeckte Kameras, die zur Aufdeckung von Manipulationen im Kassenbereich eingesetzt werden kön-

2

Neumann,

S.

.

16

. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

nen, floriert das Geschäft mit der Vermietung von Video-Überwachungssystemen. 353

b) Arbeitsweise Die Darstellung der Arbeitsweise soll die Antwort auf die Frage geben, wie die Aufgaben von Detekteien bewältigt werden. Neben den immer wiederkehrenden Standardmethoden, die Detekteien zur Erfüllung ihrer Aufgaben anwenden, wird auch auf solche Arbeitsmethoden eingegangen, die aus rechtlicher Sicht Probleme aufwerfen können. Eine vollständige Aufzählung kann hier aber ebensowenig wie bei den Aufgaben erfolgen, zumal auch nicht alle Arbeitsmethoden bekannt sein dürften.

aa) Durchführung von Ermittlungen I m allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter „ermitteln" etwas „durch geschicktes Nachforschen feststellen, herausfinden". 3 5 4 Diese Umschreibung ist auch für die Tätigkeit von Detektiven geeignet. Erhält der Detektiv einen Auftrag, in dessen Rahmen Ermittlungen erforderlich sind, so beginnt er seine Recherche mit geringst möglichem Aufwand. Große Bedeutung hat zunächst die ausführliche Erörterung des Sachverhaltes mit dem Auftraggeber. Je nach Auftragslage folgt dann das Erheben, Sammeln und Bewerten von Daten, das etwa in der Durchsicht von Nachschlagewerken aller Art bestehen kann. Genutzt werden von Detektiven zunehmend auch die verschiedenen elektronischen Medien, wie etwa das von einem privaten Unternehmen angebotene Elektronische Telefon-Verzeichnis, bei dem unter Angabe lediglich des Namens eine bundesweite Adressenrecherche unter den betreffenden Namensträgern möglich ist. Erst wenn derartige Routinearbeiten geleistet sind, beginnen Detektive mit den Arbeitsmethoden, die für ihr Gewerbe als charakteristisch angesehen werden. I m Vordergrund stehen dabei Personenbefragungen, die sowohl offen (der Detektiv gibt seine Identität preis) als auch verdeckt vorgenommen werden.

353 Der Spiegel Heft Nr. 49 vom 03.12.1990, S. 74 (90); Wirsching, Februar 1991, S. 1 (3f.). 354

Duden, Bd. 10, Stichwort „ermitteln", S. 221.

Detektiv-Kurier

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

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Bei der Wahl des Vörwandes, 355 unter dem die Ermittlungen vorgenommen werden, wenden die Detektive die unterschiedlichsten Methoden an, um an ihr Ziel, die Informationsgewinnung, zu gelangen. 356 Häufig geschehen solche Befragungen unter falscher Identität und Einsatz psychologischer Tricks. Zur Förderung der Gesprächsbereitschaft wird von Detektiven auch gezielt Alkohol oder vom Auftraggeber zur Verfügung gestelltes Geld eingesetzt. 357 Es sind auch Fälle bekanntgeworden, in denen Detektive sich bei Personenbefragungen als Amtsträger ausgegeben haben. 358 Speziell bei der Ermittlung zur Aufdeckung von Personaldiebstahl nehmen Detektive Testkäufe zur Kontrolle der korrekten Kassenführung vor. Ebenfalls zur Bekämpfung von Personaldiebstahl werden Detektive als Mitarbeiter in das betreffende Geschäft eingeschleust, um das Vertrauen der anderen Angestellten zu erwecken und dann dem Auftraggeber über mögliche Unregelmäßigkeiten zu berichten. Zu den Ermittlungsmaßnahmen zählen des weiteren Tatortuntersuchungen mit Spurensicherung.

bb) Observationsmaßnahmen Unter Observation ist das Beobachten bestimmter Personen oder gewisser Örtlichkeiten im Hinblick auf Personen zu verstehen. 359 Die Observation kann von einem festen Standort oder als Verfolgung zu Fuß oder mit einem Fahrzeug erfolgen. Häufig erfolgt die Observation unter Zuhilfenahme tech-

355 Ein solcher Vorwand wird in der Detektivbranche „Legende" genannt; vgl. Dessau, ZAD-Studie „Vorwand oder Legende", S. 1. 356 Fallbeispiele in: Der Spiegel Heft Nr. 13 vom 22.03.1976, S. 58 (Titel des Beitrags: „Täuschen, tarnen und lügen"), siehe insbesondere S. 62ff. 357

Neumann, S. 71f.; Krainz, OES 1985, Heft 12, S. 2 (3).

358

Siehe dazu Kap. 4 B V.

359 Der Kriminalbeamte und sein Arbeitsgebiet, BKA-Schriftenreihe, S. 124; Groß/Geerds, § 19 I I I 1 b (S. 85); nur auf das Tätigwerden der Polizei bezogen: Eisenberg § 27 Rdn. 8; im Rahmen der Diskussion um die Zulässigkeit von polizeilicher Beobachtung und Observation als Strafverfolgungsmaßnahmen wird die polizeiliche Observation als „ständige, im allgemeinen unauffällige, Rund-um-die-Uhr-Beobachtung von Personen, Objekten oder Vorgängen" bezeichnet. In Abgrenzung dazu hat die polizeiliche Beobachtung zwar die gleiche Zielrichtung, ist aber „weniger intensiv", da sie nicht durchgehend vorgenommen wird. Vgl. Krey, Strafverfahrensrecht I, Rdn. 482.

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2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

nischer Geräte. 360 Besonders wichtig ist dabei, unentdeckt zu bleiben, so daß insbesondere bei der Verfolgung mit einem Fahrzeug sinnvollerweise mit einer Ablösung zu arbeiten ist. Dies bedeutet für eine kleinere Detektei schon einen großen Aufwand und für den Auftraggeber ist dies mit beträchtlichen Kosten verbunden. 361 Bei der Personenbeobachtung unter Zuhilfenahme von Videotechnik kommt den Detekteien die technische Entwicklung in diesem Bereich entgegen, so daß die Observationstätigkeit vielfach darin besteht, Geschehnisse auf verschiedenen Monitoren zu verfolgen.

cc) Beratung und Erteilung von Auskünften Insbesondere i m Rahmen der Schutz- und Bewachungsaufgaben werden Detektive beratend tätig und erteilen Auskünfte in sicherheitsrelevanten Fragen. Dabei reichen die Themen von der Vermeidung uneinsehbarer Ecken bei der Einrichtung neuer Ladenlokale über fabrikat- und markenunabhängige Information vor Einbau von Sicherungs- und Kontrollanlagen bis zu Empfehlungen über den Umgang mit ertappten Ladendieben.

dd) Handwerkliche Tätigkeiten Speziell zur Durchführung von Ermittlungen und dabei insbesondere bei der Sicherstellung von Beweismitteln nehmen Detektive handwerkliche Tätigkeiten wahr. Als Beispiel ist etwa das Anlegen chemischer Diebesfallen zu nennen. Unter einer chemischen Diebesfalle versteht man die Verwendung eines Köders, der vor dem vermeintlichen Diebstahl mit chemischen Substanzen präpariert wird. An den Händen des Täters hinterläßt diese Chemikalie dann eindeutige Spuren, die ihn erkennen und überführen lassen. 362 Weitere handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen detektivischer Ermittlungstätigkeit sind das Anfertigen von Gipsabdrücken und Fingerabdruckuntersuchungen bei der Spurensicherung. Im präventiven Bereich bringen

360

Siehe oben Kap. 2 B I I 3.

361

Vgl. Kap. 2 B I I 5.

362

Ebert/Ehses/Foerster/Otto-Ehses-Pfeiffer/Beisel mit der Beschreibung technischer Einzelheiten.

Rdn. 305 und Pokorny,

S. 145f.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

15

Detektive Alarmanlagen an, installieren Videokameras, Foto- und Akustikfallen zur Überwachung und bauen Mikrosender ein. 3 6 3

ee) Festnahmehandlungen Festnahmehandlungen können zwar aufgrund der fehlenden Sonderrechte von Detektiven nicht unmittelbarer Auftragsgegenstand sein, gehören aber insbesondere in Zusammenhang mit der Überführung von Ladendieben zur detektivischen Routinearbeit. Im Einzelfall werden bei renitenten Tätern Handschellen verwendet, der Einsatz von Waffengewalt erfolgt nur in Ausnahmefällen.

ff) Berichterstellung und Büroarbeit Als Annex zu nahezu jedem Auftrag obliegt den Detektiven auch eine umfangreiche Büroarbeit, die sich von der Bürotätigkeit in kaufmännischen Berufen nicht unterscheidet. Der Schwerpunkt liegt aber auf der Erstellung von Berichten für den Auftraggeber. Schließlich dient der Tätigkeitsbericht der Information des Auftraggebers und kommt als Beweismittel vor Gericht in Betracht. Wenn der Detektiv zudem den Auftragsgegenstand schriftlich festgehalten hat, kann der Tätigkeitsbericht im Streitfall als Beweismittel für eine Auftragserledigung dienen.

5. Detektivkosten und Detektivpreise Ein maßgebliches Kriterium für die Entscheidung, ob Detektive eingesetzt werden, ist die Höhe der entstehenden Kosten. Diese können beträchtlich sein. Der größte Kostenfaktor für die Erbringung von Detektivleistungen ist der Personaleinsatz, der etwa bei Schutz- und Bewachungsaufgaben besonders hoch zu veranschlagen ist. Dazu kommen Aufwendungen für den Einsatz von technischem Gerät und Fahrzeugen. Grundlage der Preisgestaltung für die Inanspruchnahme von Detektivleistungen ist die freie Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Detektiv; allgemeine Gebührenordnungen oder Honorarrichtlinien existieren nicht. Zumeist wird auf der Basis von Stundenhonoraren gearbeitet. Dazu kom-

363 Vgl. Neumann, S. 75; zur Strafbarkeit des Betriebes dieser sogenannten „Wanzen" siehe Kap. 4 B X V I 1.

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2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

men Nacht-, Wochenend-, Feiertagszuschläge und ähnliche Mehrkosten. Manche Detekteien machen noch ein Grundhonorar geltend, eine feste und einmalige Summe, die Nebenkosten, wie Verhandlungen mit den Klienten, Telefon- und Portogebühren und die Abfassung der Berichte decken soll. 3 6 4 Die Landesgruppe „Rheinland-Westfalen" im Bundesverband Deutscher Detektive hat i m 2. Halbjahr 1991 eine Mitgliederumfrage hinsichtlich der seinerzeit gültigen Abrechnungssätze durchgeführt. Aufgrund der durchgeführten Mitgliederumfrage wurden Abrechnungssätze pro Einsatzstunde zwischen 70 D M und 220 D M festgestellt. 365 Allerdings wird darauf hingewiesen, daß für langfristige Vereinbarungen, beispielsweise für Kauf- und Warenhauseinsätze, günstigere Konditionen vereinbart werden, da derartige Dauereinsätze eine andere Kalkulation ermöglichten als die üblichen kurzfristigen Detektivaufträge. Umgekehrt gäbe es aber auch Faktoren, die zu einer Erhöhung der Stundenvergütung führen würden. Zu nennen sei etwa, daß die angebotenen Dienstleistungen zum Teil zu außergewöhnlichen Zeiten durchgeführt würden oder daß zur Auftragsdurchführung Spezialisten herangezogen werden müßten. Der nachts, an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen üblicherweise zu zahlende Zuschlag liegt nach dem Preisspiegel zwischen 25 und 100% auf das Stundenhonorar. Die Kosten für einen Fahrzeugeinsatz bestehen aus einer Kilometerpauschale zwischen 1 D M und 3,50 D M sowie einer zusätzlichen Gebühr pro Einsatzstunde, die sich je nach KFZ-Klasse und technischer Sonderausrüstung bemißt. Des weiteren können auftragsbedingt notwendig gewordene Barauslagen und Spesen in Rechnung gestellt werden. Der Preisspiegel setzt zwar gewisse Eckpfeiler, über die letztendlich tatsächlich entstehenden Kosten für die Durchführung eines Auftrages kann er jedoch keine Auskunft geben. 366 Anzahl und Qualifikation des Einsatzpersonals, Anwendung der erforderlichen technischen Ausrüstung und vor 364

Dessau, Privatdetektive, S. 18f.

365

Preisspiegel für Detektivleistungen IV, herausgegeben von der Landesgruppe „Rheinland-Westfalen" des Bundesverbandes Deutscher Detektive, Düsseldorf Februar 1992 (veröffentlicht in: Detektiv-Kurier Mai 1993, S. 3f.); vgl. auch Preisspiegel für Detektivleistungen III, herausgegeben von der Landesgruppe „Rheinland-Westfalen" des Bundesverbandes Deutscher Detektive, Düsseldorf März 1990: Abrechnungssätze pro Einsatzstunde zwischen 40 D M und 150 DM; Langer (markt + Wirtschaft Nr. 8/1988, S. 24 [27]): zwischen 50 D M und 150 DM; Seysen (Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 179 [182]): zwischen 45 D M und 155 DM. 366

Wirsching,

Bd. 2, S. 385.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

16

allem die Einsatzstunden ergeben sich erst während der Auftragsdurchführung und lassen sich erst bei Auftragsende quantifizieren. So kommt es nicht selten vor, daß über die Honorarkosten Streit zwischen den Vertragsparteien entsteht, 367 was um so häufiger der Fall ist, wenn sich der gewünschte Erfolg aus der Sicht des Auftraggebers nicht eingestellt hat und dennoch hohe Kosten anfallen. Ein Beispiel aus der Überwachungstätigkeit kann verdeutlichen, durch welch unkomplizierte Aufträge schon hohe Rechnungen Zustandekommen können. 3 6 8 Ein Auftrag zur Beschattung einer Person von morgens 8.00 Uhr bis abends 18.00 Uhr, also 10 Stunden täglich, kostet pro Woche bei dem Einsatz eines einzigen Detektivs bei einem nach dem BDD-Preisspiegel durchschnittlichen Stundenhonorar von 150 D M und einem Wochenendzuschlag von 50% bereits 12.000 D M . Dabei sind nicht ein eventuell zu zahlendes Grundhonorar, Kosten für Einsatzfahrzeuge, Spesen oder gar Einsatzstunden eines oftmals erforderlichen zweiten Mitarbeiters eingerechnet. Daraus erklärt sich auch, daß Privatdetektive bei der Aufklärung von Bagatellkriminalität nur in Ausnahmefällen in Anspruch genommen werden, weil der Kostenaufwand außer Verhältnis zur Sache stehen würde. 3 6 9 Um trotz der hohen Kosten detektivische Leistungen in Anspruch nehmen zu können, haben beispielsweise in Bremen und Lübeck mehrere Einzelhändler gemeinsam Detektive engagiert und die anfallenden Kosten geteilt. 37 » 367

Wirsching, Bd. 2, S. 388; Fallbeispiele sind BGH, NJW 1990, S. 2549f., -Urteil vom 22.05.1990- IX ZR 208/89 und BGH, BB 1978, S. 636 -Urteil vom 02.03.1978- V I I ZR 104/77 zu entnehmen. 368

Vgl. dazu auch BGHZ 111, S. 168 (169) -Urteil vom 24.04.1990- V I ZR 110/89; in dessen Sachverhalt Detektivrechnungen in Höhe von 38.573.60 D M bzw. 72.604.60 D M in Rede standen. Ein Teilbetrag von 11.464.24 D M wurde von einer Detektei für Leistungen in einem Zeitraum von drei Tagen berechnet. Im Fall des OLG Hamm, AnwBl 1994, S. 93f. -Beschluß vom 31.08.1992- 23 W 92/92 betrugen die Kosten für die Einschaltung einer Detektei für Observationsmaßnahmen in sechs Nächten 50.338.58 DM. Als erstattungsfähig wurden schließlich 18.641.65 D M anerkannt. In der Zeitschrift test (9/85, S. 795 [797]) werden die Testergebnisse im Hinblick auf die verlangten Honorare folgendermaßen kommentiert: „Es gibt Situationen, man kennt sie aus dem Fernsehen, da muß ein Privatdetektiv auch mal zuschlagen. In unseren Fällen geschah es regelmäßig bei der Rechnung." 369

Neumann, S. 98.

370

Vgl. zum „Detektiv-Sharing" im Bremischen Einzelhandel Schulz, DetektivKurier Februar 1992, S. 1 (3ff.); zur Beauftragung von Detektiven durch mehrere 11 Peilert

1 6 2 . Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

In bestimmten Fällen wird zwischen Auftraggeber und Detektiv ein Erfolgshonorar vereinbart. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars ist nach § 46 Satz 2 der Berufsordnung für Detektive zwar zulässig, sei „aber von der Sache her unnatürlich, da der Detektiv einen „Erfolg" seiner Tätigkeit nicht garantieren kann". 3 7 1 In der Versicherungsbranche erhalten Privatdetektive jedoch üblicherweise einen bestimmten Prozentsatz, der gegebenenfalls von der Versicherungsgesellschaft zu zahlenden Summe, wenn sie einen Fall von Versicherungsmißbrauch nachweisen können. 3 7 2 Solche Honorarvereinbarungen sind aber nicht unproblematisch, da sie die Detektivarbeit im Hinblick auf ein bestimmtes Ergebnis beeinflussen können und insbesondere für finanzschwache Detektive einen erheblichen Erfolgsdruck erzeugen. 3 7 3 Für die Zahlungsweise gilt nach Nr. 7 der vom Bundesverband Deutscher Detektive empfohlenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 374 daß die Erledigung des Auftrags von angemessenen Vorschußzahlungen abhängig gemacht wird.

6. Auftraggeber von Detekteien Entsprechend den vielfältigen von Detektiven wahrgenommenen Aufgaben kommen Auftraggeber aus den unterschiedlichsten Bereichen für die Inanspruchnahme von Detektiven in Betracht. Der potentielle Kundenkreis Unternehmen in Lübeck FAZ vom 23.02.1994, S. 12. Die Mitglieder des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels schließlich bezahlen Beiträge an den Verband, der sogenannte „ambulante Detektive" beschäftigt (FAZ vom 25.03.1994, S. 24). 371

Ein Fallbeispiel zeigt jedoch BGH, NStZ 1989, S. 279 -Urteil vom 19.01.1989- III ZR 243/87. 372

Je nach der Höhe des Schadens und der Art der Versicherung sind dies 10 bis 40%; vgl. Neumann, S. 97; Der Spiegel Heft Nr. 46 vom 11.11.1964, S. 74 (78); Langer (markt + Wirtschaft Nr. 8/1988, S. 24 [27]): zwischen 5.000 und 10.000 Mark, wenn die Versicherungssumme bei 200.000 Mark lag." 373

So wird in Kreisen der Kriminalpolizei die Ansicht vertreten, daß die Vereinbarung von Erfolgshonoraren kriminelle Praktiken der Detektive erzeuge. Es sind beispielsweise Fälle vorgekommen, in denen Detektive Versicherungen ihre Dienste anboten, bevor der Versicherungsnehmer einen Schaden gemeldet hatte. Vgl. Neumann, S. 97 Fn. 80. 374 Der Bundesverband Deutscher Detektive hat am 07.04.1986 die unverbindliche Empfehlung neuer Allgemeiner Geschäftsbedingungen für das Detektivgewerbe beim Bundeskartellamt angemeldet (§ 38 Abs. 2 GWB (Bekm. Nr. 38/86 vom 15.04.1986, BAnz. Nr. 79/1986 vom 26.04.1986), es bleibt aber in jedem Fall den Vertragsparteien unbenommen, abweichende Vereinbarungen zu treffen.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

163

wird allerdings durch die hohen mit der Beauftragung eines Detektivs verbundenen Kosten und der Ungewißheit der Kostenerstattung im Prozeß 375 begrenzt. Der Kreis möglicher Auftraggeber läßt sich in Wirtschaftsunternehmen, Privatpersonen und staatliche Einrichtungen unterteilen. Wirtschaftsunternehmen, die Aufträge an Detektive erteilen, kommen praktisch aus allen Bereichen der Wirtschaft, wie Industrie, Versicherungsgesellschaften aller Sparten und insbesondere Handelsunternehmen. Warenhausunternehmen sowie Einzel- und Großhandel stellen dabei den größten Auftraggeber für Detektive dar. Überhaupt hat sich das Schwergewicht detektivischer Tätigkeit zunehmend verlagert und liegt seit der Eherechtsreform nun bei den Aufträgen aus der Wirtschaft. Der Bundesverband Deutscher Detektive schätzt, daß inzwischen rund 75% aller Aufträge aus der Wirtschaft kommen. 3 7 6 Bei den Einzelpersonen sind Rechtsanwälte die häufigsten Auftraggeber. 377 A u f Seiten der Detektivbranche wird auf eine Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten besonderer Wert gelegt. 378 Die Gründe dafür liegen darin, daß eine solche Zusammenarbeit als imagefördernd anzusehen ist, und daß sich die Detektive bei zufriedenstellender Auftragserledigung eine Empfehlung durch den Rechtsanwalt an weitere Mandanten erhoffen. Zu nennen sind des weiteren die Aufträge durch Kollegen, die sich einer anderen Detektei bei Überlastung und zu großer räumlicher Entfernung für eigene Ermittlungen bedienen sowie Spezialfähigkeiten und -ausrüstungen anderer Detekteien in Anspruch nehmen. Staatliche Einrichtungen als Auftraggeber für Detekteien bilden einen Ausnahmefall. 379

375

Dazu Kap. 4 B X X I I und C IV.

376

FAZ vom 09.06.1990, S. 15; Kocks (Festvortrag, S. 7) geht davon aus, daß mehr als 80% der Untersuchungsleistungen direkt oder indirekt für die Wirtschaft erfolgen. Nach neueren Angaben (Die Welt vom 04.08.1995, S. 11) stammen sogar 90% der Ermittlungsaufträge von Wirtschaftsunternehmen. 377 Neumann, S. 82; nach Dahs (S. 167) ist jedoch bei der Beauftragung von Detektiven durch Rechtsanwälte „Vorsicht geboten", denn „ihre Methode und ihre persönliche Zuverlässigkeit sind nicht immer unanfechtbar." 378

Dessau, Privatdetektive, S. 113ff.; ders., Die eigene Ermittlungstätigkeit, S. 38ff.

379

Vgl. dazu Kap. 2 B II 9.

16

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

7. Gründe für das Heranziehen von Detekteien Verallgemeinernd läßt sich feststellen, daß Detektive immer dann beauftragt werden, wenn das öffentliche Interesse nicht berührt ist oder wenn Gründe vorliegen, die eine Hinzuziehung der staatlichen Organe als unangebracht bzw. unzweckmäßig erscheinen lassen. 380 Interessant sind jedoch die weitergehenden Fragen, wann eine Hinzuziehung der staatlichen Organe als unangebracht bzw. unzweckmäßig erscheint, wann also die Polizei keine Alternative zu einer Detektei darstellt oder in welchem Bereich Detekteien Leistungen anbieten, die ansonsten weder von staatlichen noch von anderen privaten Institutionen angeboten werden.

a) Zusicherung von Diskretion In vielen Fällen ist es der ausdrückliche Wunsch nach absoluter Diskretion, der den Auftraggeber veranlaßt, sich an eine Detektei zu wenden. Nicht umsonst zählt die Detektivbranche zu den sogenannten „Vertrauensgewerben". 381 Dem Wunsch nach Diskretion wiederum liegen die unterschiedlichsten Motive zugrunde. Die Beauftragung von Detektiven und die damit verbundene Nichtanzeige von Straftaten erfolgt beispielsweise häufig bei Wirtschaftsstraftaten, denn in diesem Deliktsbereich gilt die allgemeine Erfahrung, daß niemand gerne als Betrogener gelten w i l l . 3 8 2 Insbesondere Personen, die in der Öffentlichkeit bekannt sind, fürchten den Renomeeverlust, der dadurch entsteht, daß bekannt wird, daß sie - möglicherweise durch eine besondere Cleverness des Täters - 3 8 3 betrogen worden

380

Neumann, S. 11; dies., ArchKrim 166 (1980), S. 129.

381

Bericht A K II, S. 9; Landmann/Rohmer-Marcks § 35 Rdn. 17 und Bd. I I Nr. 12 Rdn. 9; vgl. zu dem Begriff „Vertrauensgewerbe" Kap. B IV 2 c cc. 382 383

Egli, S. 24.

Ein Fall der geradezu als Musterbeispiel für die Ausnutzung der Eitelkeit bestimmter Personen dienen kann, schildert Egli (S. 24): „Ein Titelschwindler verstand es, Kontakt zu bestimmten Wirtschaftskreisen zu gewinnen. Er erkannte, daß es viele Personen gibt, die großen Wert darauf legten, ihre gesellschaftliche Stellung mit Hilfe eines „Titels" aufzubessern. Er versprach die „Beschaffung" von Titeln - z. B. Konsul eines südamerikanischen Staates - und ließ sich namhafte Vermittlungsgebühren vorauszahlen. Die Geschädigten erhielten auch sehr bald eine „Verleihungsurkunde", mußten jedoch feststellen, daß es sich um Fälschungen handelte. Nur in einem einzigen Falle wurde eine Anzeige erstattet. Im Zuge der Ermittlungen wurden mehrere Geschädigte bekannt, die keine Anzeige erstattet hatten und auch im Rahmen des Ermittlungs-

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

165

sind. Sie stehen in dem Konflikt, zwar einerseits die Wiedergutmachung des Schadens zu wollen, aber andererseits das mit der Hilfe der Polizei zu befürchtende Risiko des Bekanntwerdens der Vorgänge nicht eingehen zu wollen. Folglich wird eine Detektei beauftragt. Das Motiv ist die Furcht vor Spott und Bloßstellung. Der Wunsch nach Diskretion resultiert aber nicht nur aus der Angst vor der Schädigung des persönlichen Rufes, sondern auch aus Angst vor möglichen wirtschaftlichen Folgen, die durch das Bekanntwerden betrügerischer Vorgänge in einem Unternehmen entstehen können. Der damit verbundene Imageschaden kann für den Ruf eines Unternehmens, sein Ansehen bei Lieferanten, Abnehmern und Kreditgebern beträchtlich sein. 384 Innerbetrieblich kann die Rücksichtnahme auf das Betriebsklima ein Motiv zum Verzicht auf eine Anzeige bei der Polizei und eine Beauftragung von Detekteien sein. Überhaupt spielt die Rücksichtnahme auf den Täter oder den Verdächtigten eine wichtige Rolle. Vielfach wird keine Strafanzeige erstattet, wenn der Täter im öffentlichen Leben eine besondere Rolle spielt, beispielsweise etwa in Vereinen oder Verbänden eine führende Funktion innehat. Die Verantwortlichen der betreffenden Institutionen befürchten eine Schädigung des Rufs ihrer Gemeinschaft und beauftragen einen Detektiv mit diskreten Ermittlungen. Gleiches gilt auch für Vorkommnisse innerhalb der Familie. Auch hier kann es dem Verletzten zwar um Aufklärung und Wiedergutmachung des Schadens gehen, nicht aber um das Bekanntwerden des Vorfalles und die Bestrafung des Täters, die bei Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden unvermeidlich wäre. Schließlich kann die Angst vor eigener Strafverfolgung ein Motiv für die Beauftragung von Privatdetektiven anstelle der Polizei sein, wenn im Ver-

verfahrens alles unternahmen, um die Tatsache ihrer betrügerischen Schädigung zu verschleiern oder geheimzuhalten. Sie befürchteten den Spott der Öffentlichkeit." 384

Kobold, ZAD-Studie „Die Volks- und Betriebswirtschaftliche Bedeutung des Detektivberufs", S. 1; Egli (S. 26) schildert folgenden Fall: „Der Prokurist einer kleineren Privatbank hat einen namhaften Betrag unterschlagen. Der Bankier befürchtet für den Fall des Bekanntwerdens dieser Unterschlagung, daß die Bankkunden sofort ihre Einlagen zurückziehen würden und damit die Insolvenz der Bank unvermeidlich sei. Aus diesem Grunde sieht er von der Erstattung einer Strafanzeige ab und beschäftigt den Prokuristen sogar weiter, weil dieser sich bereitgefunden hat, zukünftig die Hälfte seines Gehaltes zur Schuldentilgung zu verwenden." Ein weiteres Beispiel schildert Langer (markt + Wirtschaft Nr. 8/1988, S. 24 [25]). Vgl. auch die hohe Dunkelziffer beim sogenannten Personaldiebstahl; Der Spiegel Heft Nr. 49 vom 03.12.1990, S. 74 (81).

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2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

laufe der Ermittlungen eine Strafbarkeit des Auftraggebers bekannt werden könnte.

b) Objektives Bedrohungsbild und subjektive Kriminalitätsfurcht Sowohl das objektive Bedrohungsbild (Sicherheitslage) als auch die subjektive Kriminalitätsfurcht (Sicherheitsgefühl) sind - als eine der historischen Ursachen für die Entstehung von Detekteien - auch heute noch Grund für deren Beauftragung. Einerseits quantitativ wie qualitativ zunehmende Straftaten und andererseits eng begrenzte Ressourcen der Sicherheitsbehörden führen zwangsläufig dazu, daß die staatlich gewährleistete innere Sicherheit abnimmt und private Institutionen in Anspruch genommen werden. Die Polizeiliche Kriminalstatistik der Bundesrepublik Deutschland weist in den Jahren 1975 bis 1992 einen Zuwachs der Straftaten von 2.919.390 385 auf 6.291.519 (in den alten Bundesländern inklusive GesamtBerlin: 5.209.060) Straftaten auf, 3 8 6 was bei einem Vergleich der Zahlenangaben der alten Bundesländer einen Zuwachs von 78,4% bedeutet. Demgegenüber ist der polizeiliche Personalbestand in dem selben Zeitraum in den alten Bundesländern nur von 145.113 auf 179.317 387 gestiegen; dies ist eine prozentuale Verstärkung der Polizei um 23,6%. Angesichts dieser Entwicklung verlagert sich die Tätigkeit der Polizei zunehmend auf Schwerpunktbereiche, wie die organisierte Kriminalität, während die sogenannte Kleinkriminalität vernachlässigt wird. Konkretes Beispiel ist das bedrohliche Anwachsen von Ladendiebstählen, das einhergeht mit einem Boom bei den sogenannten Kaufhausdetektiven. In diesem Bereich kann die Polizei immer erst dann einschreiten, wenn bereits ein Ladendiebstahl aufgedeckt worden ist. Für ein präventives Vorgehen fehlen ihr die Personalmittel.

385

Gesamtzahl der registrierten Straftaten ohne Verkehrs- und Staatschutzdelikte im Bundesgebiet einschließlich West-Berlin, Polizeiliche Kriminalstatistik 1975, S. 9. 3ß

6 Gesamtzahl der registrierten Straftaten ohne Verkehrs- und Staatschutzdelikte, Polizeiliche Kriminalstatistik 1992, S. 14. 387

Aufstellungen des Bundesministeriums des Innern über die Gesamtstärke der Polizeien der Länder, Stand: 01.07.1975 und 15.10.1992; von der Gesamtstärke der bundesdeutschen Polizei (soweit sie für allgemeinpolizeiliche Aufgaben der Länder zuständig ist) des Jahres 1992 von 219.587 wurden die 40.570 Polizisten aus den neuen Bundesländern abgezogen, um von gegenüber dem Jahr 1975 vergleichbaren Sachverhalten ausgehen zu können.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

167

Dennoch schneidet die Polizei im Urteil des Bürgers, auch im Hinblick auf die Effektivität der Aufgabenerfüllung, recht gut ab. 3 8 8 Die Ursache für den Boom bei privaten Sicherheitsdienstleistungen insgesamt ist dann auch darin zu suchen, daß die Polizei aufgrund der stetig anwachsenden Kriminalität wegen der hohen Arbeitsbelastung als überfordert angesehen wird. 3 8 9 Die positive Beurteilung der Aufgabenerfüllung der Polizei ist also so zu interpretieren, daß die Polizei mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln ihr Möglichstes tue, durch die Vielfalt der Aufgaben aber insgesamt überfordert sei. 3 9 0 Diese Einschätzung innerhalb der Bevölkerung wird noch dadurch verstärkt, daß maßgebliche Vertreter der Polizei diese Auffassung ebenfalls vertreten und in die Diskussion um die aktuelle Sicherheitslage einbringen. 391 Nach einer Befragung des Bundesministeriums des Innern 3 9 2 teilten auch die Bundesländer ausnahmslos mit, aller anstehenden Sicherheitsaufgaben allein mit ihren staatlichen Polizeikräften nicht Herr werden zu können. Durch die Diskussion um die Notwendigkeit einer Aufgabenverlagerung der Polizei bildet sich in der Bevölkerung zudem die Einschätzung, daß die von der Polizei wahrgenommenen Aufgaben nicht mehr den eigenen Interessen entsprechen. Dies gilt sowohl für die präventive als auch die repressive Tätigkeit der Polizei, so daß der Aufwärtstrend innerhalb der Sicherheitsbranche gleichermaßen Schutz- und Bewachungsunternehmen wie Detekteien zugute kommt. Begünstigt wird diese Entwicklung des pri-

388

Kerner, S. 218, 224, 253, 384 und insbesondere S. 220: 50% der Befragten bei einer Repräsentativumfrage des Hamburger Sample-Instituts aus dem Jahre 1976 zeigten sich mit der Arbeit der Polizei im Hinblick auf die Verbrechensbekämpfung völlig oder überwiegend zufrieden; ebenso Stephan, S. 202. 389 Vgl. Stephan, S. 235; nach einer Umfrage der Wickert-Institute im September 1993 (veröffentlich in: Welt am Sonntag vom 12.09.1993, S. 1) sehen 77,7% (alte Bundesländer 76,1%, neue Bundesländer 83,9%) der wahlberechtigten Bundesbürger die Polizei als überfordert an. 390

So auch Kerner, S. 219ff.; Stephan, S. 235.

391

Bleck (Polizeidirektor a.D.), Die Polizei 1992, S. 178; Steffenhagen (Vorsitzender der nordrhein-westfälischen Gewerkschaft der Polizei), Welt am Sonntag vom 18.11.1990, S. 95. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, daß diese Äußerungen von Polizeiseite zum Teil dem Zweck dienen, eine bessere personelle und sachliche Ausstattung zu erlangen, als tatsächlich die eigene Leistungsfähigkeit in Zweifel zu ziehen. 392

Bericht B M I I, S. 19.

168

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

vaten Sicherheitsgewerbes des weiteren durch den in der Bevölkerung stark ausgeprägten Wunsch nach einem Mehr an Sicherheit. Demoskopische Erhebungen belegen dieses individuelle Bedürfnis. 393 A u f die Frage des Institutes für Demoskopie Allensbach nach den aktuellen Sorgen der Bundesbürger wurde am häufigsten die Furcht vor dem Anwachsen der Kriminalität in Deutschland genannt. 394

c) Vorteile gegenüber der Polizei Gründe für die Beschäftigung von Detekteien können sich auch aus den Unterschieden gegenüber polizeilichem Tätigwerden ergeben. Als ein solcher Unterschied ist das aus der Vertragsfreiheit folgende Weisungsrecht gegenüber Detektiven anzusehen. Damit kann der Auftraggeber die Ermittlungen in die von ihm gewünschte Richtung lenken, womit sich auch die Wahrscheinlichkeit eines von ihm gewünschten Ermittlungsergebnisses erhöht. Der Auftraggeber muß auch aufgrund der zugesicherten Diskretion nicht damit rechnen, daß sich die von ihm veranlaßten Ermittlungen zu seinem Nachteil auswirken. Im Zweifelsfalle kann er das Vertrags Verhältnis vorzeitig beenden. Derartige Weisungsrechte an die Polizei bestehen demgegenüber nicht. Ist die Angelegenheit einmal zur Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden gelangt, ist sie im Rahmen des Legalitätsprinzips gezwungen, die Angelegenheit weiterzuverfolgen.

393

Kerner, S. 122 und insbesondere S. 380: Nach der Repräsentativumfrage des Hamburger Sample-Instituts aus dem Jahre 1976 hielten 63% der Befragten die Verstärkung der Verbrechensbekämpfung für eine sehr wichtige staatliche Aufgabe. Hoffmann-Riem sieht deshalb sogar die Gefahr, daß sich die privaten Sicherheitsunternehmen dies zunutze machen und einen „künstlichen Angstmarkt" schaffen. Er vertritt die These, daß, je mehr die öffentliche und private Sicherheit kommerzialisiert wird, um so größer die Bemühungen des einschlägigen Wirtschaftszweiges sein werden, ihren Markt zu sichern. (Hoffmann-Riem, ZRP 1977, S. 277 [279]); ebenso Narr, Bürgerrechte & Polizei 1992/Nr. 3, S. 6 (8). 394

Alte Bundesländer: 47%; neue Bundesländer 63%; Umfrage veröffentlicht in: Welt am Sonntag vom 30.05.1993, S. 29; nach einer weiteren Umfrage des Institutes für Demoskopie Allensbach haben zudem 85% der Westdeutschen und 94% der Ostdeutschen das Gefühl die Zahl der Verbrechen in Deutschland werde immer größer; Umfrageergebnis veröffentlicht in: FAZ vom 15.11.1993, S. 12. Eine Befragung von 7.000 als repräsentativ ausgewählten Bürgern durch die Forschungsgruppe Kriminologie des Max-Planck-Institutes für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg ergab, daß das Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung innerhalb von drei Jahren fast um das Dreifache angestiegen ist (FAZ vom 19.01.1995, S. 10).

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

Eine Beauftragung von Detekteien entweder ausschließlich oder neben der Polizei, insbesondere durch Versicherungsunternehmen, wird des weiteren aufgrund einer unterschiedlichen Zielsetzung von polizeilicher und detektivischer Arbeit vorgenommen. Die Polizei hat ihren Schwerpunkt bei der Aufspürung der Täter, nicht aber bei der Wiederbeschaffung von Diebesgut. So begründen Wirtschaftsunternehmen die Beauftragung von Privatdetektiven häufig damit, daß ihnen weniger an der Bestrafung des Täters als vielmehr an der Wiedergutmachung des Schadens gelegen ist. 3 9 5 Ein Vorteil der Detekteien gegenüber der Polizei kann aus der Sicht potentieller Auftraggeber auch ein unbürokratischeres, schnelleres Vorgehen der Privaten sein. Je nach Art des Auftrages nehmen Auftraggeber eine Abwägung zwischen der größeren Flexibilität und der Möglichkeit sich auf einen einzigen Auftrag konzentrieren zu können auf Seiten der Detekteien sowie den Vorteilen der Polizei - insbesondere die Möglichkeit der Nutzung des großen polizeilichen Organisationsapparates - vor. Dabei bestimmen die Erfordernisse des Auftrages, ob allein die Polizei informiert wird, ob ausschließlich Detekteien beauftragt werden oder ob Detekteien zusätzlich zur Polizei tätig werden sollen. Ein paralleler Einsatz kommt etwa bei der Suche nach vermißten Personen in Betracht. Während die Polizei bei der Suche nach Vermißten zunächst zwar auch im persönlichen Bereich der vermißten Person ermittelt, dann aber eher administrativ als gezielt die weiteren Nachforschungen betreibt, ihre Strategie also zum Teil darauf aufbaut, daß sämtliche Polizeidienststellen vom Umstand der Fahndung informiert sind, 3 9 6 können Detektive zusätzlich zur Ermittlung im Umfeld der vermißten Person beauftragt werden. Auftraggeber machen sich deshalb häufig beide Methoden zunutze, indem sie gleichzeitig die Polizei und Detektive einschalten. Grund für die Beauftragung von Detekteien können des weiteren die unterschiedlichen Ermittlungsmethoden gegenüber der Polizei sein. Das natürliche Mitteilungsbedürfnis kann durch unter Vorwand arbeitende Detektive besser geweckt werden als durch die Polizei, der stets mit einer gewissen Zurückhaltung begegnet wird. 3 9 7

39

5 Neumann, S. 87.

396 397

Pokorny, S. 56f.

Pokorny (S. 139) folgert daraus: „Damit ist auch erklärt, warum die Ermittlungserfolge der Kriminalpolizei, die fast immer plump unter Verwendung ihrer Dienstmarke

170

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Ein Grund für die Beauftragung von Detekteien kann schließlich darin liegen, daß diese flexibler auf neue Gefahren reagieren können als die Polizei. Dies zeigt sich etwa bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität. Die Anforderungen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden sind hoch, sie müssen vom Kenntnisstand her dem Wirtschaftsstraftäter zumindest niveaumäßig entsprechen, was nur schwer realisierbar ist. 3 9 8 In Kenntnis dieser Schwierigkeiten spezialisieren sich immer mehr Detekteien auf die Bekämpfung von Wirtschaftsstraftaten. Als Vorteil für die Detekteien ist schließlich anzusehen, daß sie sich gleichzeitig nur auf wenige - oftmals nur einen einzigen - Auftrag konzentrieren müssen. Dies ist auch eine der Ursachen für die mit über 80% 3 9 9 gegenüber 42,3% 4 0 0 sehr hohe Aufklärungsquote der Detekteien. Die hohe Aufklärungsquote von Detekteien ist des weiteren aber auch entscheidend darauf zurückzuführen, daß vor der Beauftragung eines Detektivs regelmäßig ein Abwägungsprozeß vorgenommen wird, ob die hohen mit der Beauftragung verbundenen Kosten angesichts der bestehenden Erfolgsaussichten gerechtfertigt sind. 4 0 1 V ö l l i g aussichtslose Fälle werden Detektive deshalb nur in Ausnahmefällen zu bearbeiten haben.

d) Ausfüllung einer Lücke im Sicherheitssystem Wie schon zum Teil bei dem Vergleich mit der Polizei festgestellt, 402 bieten Detekteien Dienstleistungen an, die in dieser Form von keiner anderen Institution erbracht werden. Dies bezieht sich nicht nur auf die Art der Auftragserledigung, sondern in einigen Fällen besteht auch eine monoauftritt, gegenüber einem verdeckt ermittelnden Berufsdetektiv wesentlich geringer sind." 398

Egli, S. 193; Schlächter, Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, S. 35; Reulecke (wistra 1986, S. 21 [22]) fordert deshalb eine fachübergreifende Ausbildung. 399

Der Bundesverband Deutscher Detektive gibt in einer Presseinformation vom 13.05.1988 87,3% als Ergebnis einer Mitgliederumfrage an. Wirsching (Bd. 2, S. 414) schätzt rund 80%; Dessau (Privatdetektive, S. 18) geht von 75% bzw. fast 80% (Dessau/Bergner, ZAD-Studie „Berichterstattung", S. 3) aus. 400

Polizeiliche Kriminalstatistik 1992, S. 64.

401

Dessau, ZAD-Studie „Legende oder Vorwand", S. 1.

402

Kap. 2 B I I 7 c.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

polähnliche Stellung in bezug auf die Wahrnehmung einer Aufgabe. Dies gilt etwa für Fälle, in denen das für ein polizeiliches Tätigwerden erforderliche öffentliche Interesse noch nicht oder nicht mehr gegeben ist. Zu denken ist dabei in erster Linie an Schutz- und Bewachungsaufgaben, aber auch an Ermittlungen im Bereich von Ehe und Familie sowie der Suche nach vermißten Personen, wenn diese nach den polizeilichen Vorschriften nicht mehr als vermißt gelten. Ein weiterer Aufgabenbereich von Detekteien, in dem ein Tätigwerden der Polizei ausscheidet, ist die Wahrnehmung von Ermittlungen für Rechtsanwälte. Aufgrund der Beistandspflicht des Strafverteidigers bei unklarer Sachlage ist es oft nicht möglich, Ermittlungsbegehren an Polizei oder Staatsanwaltschaft zu richten, um nicht durch ein ohne Prüfung gestelltes Beweisbegehren eine Belastung des Beschuldigten hervorzurufen oder auch nur ein nutzloses Beweisbegehren gestellt zu haben. 403 Als Folge dieser Beistandspflicht sollte der Strafverteidiger nie eine Frage, eine Beweisanregung, einen Beweisantrag stellen, deren Antwort er nicht weiß, also selbst ermittelt oder durch Dritte hat ermitteln lassen. 404 Prädestiniert für diese Ermittlungen sind Privatdetektive. Sie erfüllen damit eine Lücke im Sicherheitssystem, die zwischen dem Wirkungsbereich der staatlichen Sicherheitsorgane und der Arbeit der Rechtsanwälte besteht. 405 Grund für die Beauftragung von Detekteien ist hier also die Wahrnehmung der eigenverantwortlichen Ermittlungstätigkeit, die dem Strafverteidiger zusteht, 406 die er aber nicht selbst durchführen kann und für die staatliche Ermittlungsorgane nicht in Betracht kommen. Schließlich wollen viele Rechtsschutzsuchende einerseits in Verfahren, in denen der Verhandlungsgrundsatz gilt, die Möglichkeiten zur Beibringung ihnen günstiger Tatsachen möglichst ausnutzen. Andererseits vertrauen sie nicht darauf, daß die Gerichte dem etwa im Strafprozeß geltenden Untersuchungsgrundsatz in ausreichendem Maße gerecht werden, so daß aus diesen Gründen Detektive beauftragt werden.

403

Jungfer,

StrV 1989, S. 495f. und S. 498; ders., StrV 1981, S. 100 (101).

404

Jungfer,

StrV 1989, S. 495 (498).

405

Bericht A K II, S. 9.

406

Dazu: Jungfer,

StrV 1981, S. lOOff.

12

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

8. Fehlverhalten und Mißbrauchsmöglichkeiten Auftretendes Fehlverhalten von Detektiven ist als das schwerwiegendste Problem der Branche anzusehen. 407 Mißstände im Detektivgewerbe sind das Hauptargument der Befürworter einer Verschärfung gesetzlicher Regelungen für das Tätigwerden von Detektiven, insbesondere der Einführung einer gewerberechtlichen Erlaubnispflicht. Um ihrer Forderung nach der Einführung einer Berufszulassungsregelung Nachdruck zu verleihen, hat der Zentralverband der Auskunfteien und Detekteien e. V . 4 0 8 unter Federführung seines Präsidenten Manfred Dessau eine Dokumentation über negative Erscheinungen i m Detektivgewerbe herausgegeben. Aus dieser Dokumentation geht hervor, wie hoch die kriminelle Anfälligkeit des Detektivberufes ist. Bestätigt wurde die negative Bestandsaufnahme noch durch eine Untersuchung der Stiftung Warentest, 409 die ein „niederschmetterndes Resultat" ergab. Detektivisches Fehlverhalten läßt sich in den verschiedensten Bereichen, wie Arbeitsmethoden, Berichterstellung, Honorarabrechnung, Werbung und Ausbildungswesen feststellen. Ein besonders ins Gewicht fallendes Fehlverhalten stellt die Begehung von Straftaten durch Detektive unter Ausnutzung des besonderen Vertrauensverhältnisses zum Auftraggeber dar. Insbesondere Schutz- und Bewachungsaufgaben gewähren Zugriffsmöglichkeiten auf beträchtliche Vermögenswerte, wodurch es schon zu Straftaten, wie Diebstählen oder Unterschlagungen gekommen ist. 4 1 0 Eine vergleichbare Konstellation besteht, 407

Vgl. aus der Vielzahl von Stellungnahmen etwa FAZ vom 09.06.1990, S. 15: „Da sich jedermann ohne besondere Auflagen (Privat-)detektiv nennen und eine Detektei oder Auskunftei eröffnen darf, tummelt sich neben seriöser Investigation halsabschneiderische Inkompetenz und kriminelle Betrügerei." Der Anteil sogenannter „schwarzer Schafe" wird selbst innerhalb der Branche auf „fast 50%" geschätzt, vgl. Capital 4/1980, S. 147. Die SZ vom 03.11.1987, S. 18 berichtet von einem Test der Detektei des BDDPräsidenten, in dem der betreffende Detektiv einen anonymen Auftrag entgegennahm. Vgl. zu einzelnen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten Kap. 4 B; weitere Beispiele in: Wirsching, Bd. 2, S. 144ff. und Sellin/Wenzel, durchgehend. 408

Der Zentralverband der Auskunfteien und Detekteien schloß sich 1983 mit dem Bund Deutscher Detektive zu dem Bundesverband Deutscher Detektive zusammen. 409 4,0

Test 9/85, S. 795ff.

Dessau, Dokumentation, S. 22f.; dies betrifft aber in erster Linie die Bewachungsunternehmen, vgl. die Fallbeispiele bei Pfennig, PFA III, S. 7 (16); FAZ vom 21.06.1991, S. 9.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

173

wenn Detektive tiefen Einblick in die Privatsphäre von Personen erhalten und dies zu Erpressungen ausnutzen. 411 Aber auch unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit liegende Ermittlungsmethoden, wie Scheinverlobungen 412 oder Befragungen von gezielt unter Alkoholeinfluß gesetzten Personen, 413 sind zu mißbilligen. Harte Kritik wird von der Stiftung Warentest aber insbesondere an der Qualität der Arbeit geübt. 414 Bei einem Testauftrag, der die Beobachtung einer Person vorsah, schaffte es nur eine einzige von 16 getesteten Detekteien, die Aufgabe annähernd zu erfüllen. Die von der Stiftung Warentest geäußerten Zweifel an der Brauchbarkeit von Detektivleistungen betreffen neben den Arbeitsmethoden des weiteren die Berichterstattung. Gerügt werden „magere Fakten und nichtssagende Floskeln", ebenso enthielten einige Berichte Erfindungen, die insbesondere dazu dienten, Lücken im Beobachtungsprotokoll zu schließen, wenn der zu Observierende vorübergehend verloren wurde. 4 1 5 Dennoch wurden teilweise Honorarabrechnungen für den gesamten, im Vertrag festgelegten Beobachtungszeitraum erstellt. 416 Auch bei der Honorargestaltung treten Mißstände auf. Zwar ist es den Detekteien zuzugestehen, daß aufgrund der im voraus kaum kalkulierbaren Einsatzleistungen auch das Endhonorar nur schwer abschätzbar ist, die Kritik richtet sich aber gegen Praktiken, die das Honorar ungerechtfertigt in die Höhe treiben. So wurde etwa folgende Methode festgestellt: 417 Das Honorar wird zuerst niedrig angesetzt, um den Auftrag zu bekommen. Dann behauptet die Detektei immer kurz vor wichtigen Erkenntnissen zu stehen, um den Auftrag in die Länge zu ziehen und das Honorar in die Höhe zu trei411

Beispiel bei Dessau, Dokumentation, S. 3; diese Gefahr wurde schon früh erkannt; vgl. Phillip, MschrKrimPsych 1926, S. 51 (52). 412

Dessau, Dokumentation, S. 1.

413

Juknat, PFA II, S. 253 (263).

414

In test 9/85, S. 795 (796) wird die Arbeit von manchen Detekteien als „plump und unprofessioneU" bezeichnet. 415

Test 9/85, S. 795 (795f.); vgl. auch Dessau, Dokumentation, S. 11 und Juknat, PFA II, S. 253 (261, 264, 270f., 274). Zum Problem, daß Detektive trotz Vorkasse keine oder nur unzureichende Ermittlungen aufnehmen siehe Welt am Sonntag vom 26.03.1995, S. 55 („Geschäftsidee: Betrogene betrügen - Nicht jeder Detektiv'ermittelt wirklich"). 416

Zur strafrechtlichen Würdigung vgl. Kap. 4 B XIV.

417

Test 9/85, S. 795 (798).

1

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

ben. Zu diesen unseriösen Praktiken im Bereich der Honorarabrechnungen gehören auch die Vielzahl von unüberschaubaren Nebenkosten, die von Detektiven verlangt werden. So verlangte eine Detektei laut Stiftung Warentest 4 1 8 neben dem Stundenhonorar noch Grundhonorar, Überstundenzuschlag, Ermittlungsaufwand, pauschale Aufwandsentschädigung und BüroAbwesenheitspauschale. Eine unerfreuliche Erscheinung i m Detektivgewerbe ist auch die zum Teil völlig überzogene Werbung, die ebenfalls zur Einschätzung der Unseriosität beiträgt. 4 1 9 Beispielsweise werben Detekteien mit einer Vielzahl von Filialen, die dann aber nur aus einem Telefonanschluß bestanden, so daß der Detektei gerade die erwarteten Kontakte vor Ort fehlten, um schnell und effektiv arbeiten zu können. 420 Zu den Negativerscheinungen zu zählen sind auch die Versuche einzelner Detekteien, eine Ausbildung als Privatdetektiv i m Wege von Fernunterricht durch die Versendung von völlig unzulänglichen Lehrbriefen, anzubieten. 421 Ein Mißbrauch von Detektivleistungen liegt etwa dann vor, wenn Detektive in Anspruch genommen werden, ohne daß dem Auftraggeber ein berechtigtes Interesse zukommt. 4 2 2 Zwar hat der Detektiv das berechtigte Interesse seiner möglichen Auftraggeber vor Auftragsannahme zu prüfen, aber dies ist für den Detektiv zum Teil nur schwer möglich und im Falle

418

Test 9/85, S. 795 (796).

419

Vgl. dazu etwa die Gelben Seiten der Deutschen Bundespost, Stichwort „Detekteien/Detektive"; siehe auch Wirsching, Bd. 2, S. 75ff.; dens. Detektiv-Kurier September 1991, S. 7f. In kritischen Beiträgen wird sich sogar über Namensgebung und Werbung von Detekteien lustig gemacht: „Deutschlands Detektive wählen ihre Namen mit Bedacht. Sie firmieren beziehungsvoll unter 'Fox' und 'Fido', nennen sich 'Argus', 'Kobra', 'Scharfsinn'oder 'Greif. Der Leopard im Briefkopf soll symbolisieren, daß sie ständig auf dem Sprunge, das Späherauge überm Firmenzeichen sagen, daß sie überall dabei sind. ... Nach allem, was Annoncen in Tageszeitungen und Fernsprechbüchern verheißen, sind dem detektivischen Bemühen keine Grenzen gesetzt: 'Aussprache über alles mit jedem' - 'Beobachtungen Tag und Nacht im In- und Ausland' - 'Be- und Entlastungsmaterial für sämtliche Zivil- und Strafprozesse'. In Hamburg annoncierten die „CCB-Detektive lapidar: 'Uns entgeht nichts.', so Der Spiegel Heft Nr. 13 vom 22.03.1976, S. 58. 420

Beispiele bei Juknat, PFA II, S. 253 (258) und in: test 9/85, S. 795 (798).

421 Wenzky, Kriminalistik 1950, S. 173 (174); vgl. zu den Mißständen im Ausbildungswesen auch Dessau, Dokumentation, S. 1. 422

Fallbeispiel in: SZ vom 03.11.1987, S. 18.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in D e u t s c h l a n d 1

konkreter Verdienstaussichten widerspricht es auch seinem Interesse, woran sich ebenfalls die Anfälligkeit des Detektivberufes für Konflikte mit gesetzlichen Vorschriften zeigt.

9. Zusammenarbeit von Detekteien mit staatlichen Stellen Vergleicht man die nur in Ausnahmefällen praktizierte Zusammenarbeit von staatlichen Stellen mit Detekteien mit der wesentlich engeren Kooperation staatlicher Stellen mit anderen privaten Gefahrenabwehreinrichtungen, insbesondere den Organen der freiwilligen Selbsthilfe, so wirken die Detekteien wie ein Fremdkörper im System der Gefahrenabwehr. Dabei ist eine Zusammenarbeit gewerblicher Sicherheitsunternehmen mit staatlichen Stellen aus rechtlicher Sicht 4 2 3 keinesfalls grundsätzlich ausgeschlossen, und es lassen sich auch Beispiele arbeitsteiligen Tätigwerdens etwa von Bewachungsunternehmen mit staatlichen Stellen nennen. 424 Denkbar ist eine Zusammenarbeit zwischen Detekteien und staatlichen Stellen im Wege bloßer Konfliktvermeidung, durch Kontaktaufnahme bei der Überschneidung der Aufgabenbereiche, Informationsaustausch, arbeitsteiliges Zusammenwirken oder durch eine Beauftragung von Detekteien seitens staatlicher Stellen. In welchem Bereich sich Aufgaben von staatlichen Stellen und Detekteien überschneiden, wo die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit bestehen und wo schon tatsächlich eine Zusammenarbeit praktiziert wird, soll im folgenden untersucht werden. Ziel dieser Untersuchung ist es, Möglichkeiten einer erweiterten Zusammenarbeit aufzuzeigen und mögliche Voraussetzungen für eine verstärkte Kooperation zu benennen.

423

Vgl. dazu Kap. 4 D.

424 Vgl etwa aus dem Jahr 1980 das Beispiel der Flughafen-Sicherung in Berlin, bei der Schutzpolizei, Wachpolizei, Angestellte der Berliner Flughafen GmbH sowie Angestellte des Deutschen Schutz- und Wachdienstes A. Oppermann & Sohn Wachgesellschaft (DSW) zusammenwirkten; siehe Pfennig, PFA III, S. 7 (22). Weitere Beispiele für eine Zusammenarbeit zwischen Bewachungsunternehmen („Raab-KarcherSicherheit") und der Polizei nennt Glavic (Die Polizei 1994, S. 36 [39]): „In München geht dies zum Beispiel so weit, daß gemeinsame Streifen unseres Unternehmens und der Polizei im U-Bahn-Bereich patroullieren."

1

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

a) Überschneidungen im Aufgabenbereich Als staatliche Stellen, mit denen eine Zusammenarbeit in Betracht kommt, sind in erster Linie Polizei und Staatsanwaltschaft zu nennen. Ihre Aufgaben liegen gemäß § 163 Abs. 1 StPO, § 53 Abs. 1 OWiG und nach den Polizeigesetzen der Länder 4 2 5 in der Erforschung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie der Gefahrenabwehr. Nach den Untersuchungsergebnissen der von Detekteien wahrgenommenen Aufgaben und Leistungen ist der gemeinsame Aufgabenbereich also die Verbrechensbekämpfung sowohl in präventiver als auch repressiver Hinsicht. Dabei gilt zunächst der Grundsatz, daß ein privatdetektivisches Tätigwerden weder in präventiver noch repressiver Hinsicht die staatliche Handlungspflicht ausräumt. Dies gilt etwa bei der Bekämpfung der sogenannten Kleinkriminalität, insbesondere den Ladendiebstählen, bei deren Bekämpfung ein besonders starkes Engagement von Detekteien festzustellen ist. Dennoch gehört auch die Bekämpfung dieser Kriminalitätsform weiterhin zum Aufgabenbereich der Polizei, doch kann und w i l l die Polizei diese Aufgaben nicht vollumfänglich wahrnehmen. Hier bietet sich somit ein erster Ansatzpunkt für eine mögliche Zusammenarbeit. Grundsätzlich sind Detektive aber auch berechtigt, Aufträge zur Klärung von Kapitalverbrechen zu übernehmen. 426 Auch insofern kann es also zu Aufgabenüberschneidungen zwischen Detekteien und staatlichen Ermittlungsorganen kommen.

b) Möglichkeiten der Zusammenarbeit Aus rechtlicher Sicht ist eine Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit Privaten bei der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Im Einzelfall kann eine Kooperation aber durch strafrechtliche, beamtenrechtliche, polizeirechtliche und datenschutzrechtliche Vorschriften sowie spezielle Verordnungen, wie Verschlußsachenanweisungen, eingeschränkt sein. 427 Von Seiten der Detektive kann die dem

425

§ 1 Abs. 1 PolG BW; Art. 2 Abs. 1 BayPAG; § 1 Abs. 1 BlnASOG; § 1 VGPolG Bbg; § 1 BremPolG; § 3 Abs. 1 HmbgSOG; § 1 Abs. 1, 4 HSOG; Teil V I Nr. 1 VorlPolG M V ; § 1 Abs. 1, 2 NdsSOG; § 1 Abs. 1 PolG NW; § 1 Abs. 1 PVG RhPf; § 1 Abs. 2 SPolG; § 1 Abs. 1 SächsPAG; §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 SOG LSA; § 162 Abs. 1 LVwG SchlH; § 2 Abs. 1 ThürPAG. 426

Vgl. Kap. 4 B VI.

427

Vgl. Kap. 4 D.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

Auftraggeber gegenüber bestehende Verschwiegenheitspflicht einer Kooperation entgegenstehen. Schon eine bloße Kontaktaufnahme zur Konfliktvermeidung kann bei Ermittlungen aufgrund der Diskretionspflicht auf Seiten der Detektive ausgeschlossen sein. Eine solche Kontaktaufnahme kann sich aber insbesondere aus der Sicht der Detektive als notwendig erweisen, um Konfrontationen mit der Polizei zu vermeiden. 428 Eine Zusammenarbeit von Detekteien mit der Polizei findet insbesondere bei der Anzeige oder der Übergabe von ertappten Ladendieben statt. Dies ist rechtlich unproblematisch. Als weitere Möglichkeiten einer Zusammenarbeit sind ein Informationsaustausch und ein arbeitsteiliges Zusammenwirken, etwa bei der Bekämpfung des Ladendiebstahls, vorstellbar. Im Bereich der gegenseitigen Information wird etwa ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch im Wege gemeinsamer Arbeitstagungen angeregt. 429 Zur Förderung des gegenseitigen Kontaktes wird auch die Bildung von Kontaktstellen bei der Polizei und den privaten Sicherheitsunternehmen befürwortet. 430 Dagegen sind die Möglichkeiten der gegenseitigen Unterrichtung bei konkreten Fällen von Kriminalität gering. Hier werden nämlich zumeist die Verpflichtung zur Wahrung von Dienstgeheimnissen bei der Polizei und die Verschwiegenheitspflicht bei den Detekteien einem Informationsaustausch entgegenstehen. Ein arbeitsteiliges Zusammenwirken zwischen staatlichen Stellen und Detekteien wird deshalb in diesem Bereich die Ausnahme bleiben müssen. Eine solche Ausnahme ist aber im Bereich der Fahndung nach Straftätern, insbesondere Terroristen, denkbar. 431 Kaufhausdetektive beobachten bei ihrer Tätigkeit zum Aufspüren von Ladendieben jeden Tag intensiv eine Vielzahl von Menschen. Ein Kaufhausdetektiv ist damit zur Identifizierung von Personen weit mehr prädestiniert als die in Einzelfällen zur Teilnahme an einer Fahndung aufgerufene übrige Bevölkerung. Deshalb sollte sich die Kriminalpolizei durch das Überlassen von Fahndungsfotos diese Fahndungshilfe zunutze machen, zumal hier nicht das einer Beauf-

428

Vgl. Kocks, ZAD-Studie „Die Polizei", S. 14; Stümper, Kriminalistik 1975, S. 193

(194f.). 429

Neumann, S. 141, 143.

430 Neumann, S. 141; dies., ArchKrim 166 (1980), S. 129 (137); Geerds, W+SInformation 1980, Heft 148, S. 171 (175). 431

So auch Stoperan, Der Kriminalist 1976, S. 678 (679).

12 Peilert

18

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

tragung von Detekteien entgegenstehende Problem der Kosten für den Einsatz von Detekteien auftreten würde, da sie nur bei Gelegenheit ihrer Arbeit als Kaufhausdetektiv tätig werden.

c) Tatsächlich praktizierte

Zusammenarbeit

Über die tatsächlich praktizierte Zusammenarbeit zwischen staatlichen Stellen und Detekteien ist nur wenig bekannt. Soweit Stellungnahmen vorliegen, wird davon ausgegangen, daß eine Zusammenarbeit zwischen Kriminalbeamten und Detektiven nur selten, 432 mancherorten schon üblicherweise 433 und teilweise am Rande oder außerhalb der Legalität stattfindet. 4 3 4 Eine rechtlich unproblematische Kooperation läßt sich etwa bei der Überführung von Ladendieben, bei der Anzeigenerstattung und der Inanspruchnahme von Fachleuten aus dem polizeilichen Bereich als Referenten bei detektivischen Weiterbildungsmaßnahmen feststellen. Dagegen bildet ein arbeitsteiliges Zusammenwirken zwischen Polizei und Detektiven eine Ausnahme. So scheiterte etwa 1991 das von Vertretern der Polizei, der Detektivbranche und dem Handel in Bochum entwickelte Konzept, bei dem in einem zunächst räumlich begrenzten Bereich eine Gruppe mobiler, mit moderner Kommunikationstechnik ausgestatteter Detektive eingesetzt werden sollte. Diese, von einem Trägerverein des Handels bezahlten Detektive, sollten ständigen Kontakt zu einer Detektiveinsatzzentrale und zur Polizei halten. Vorgesehen war ebenfalls, daß die verdeckt arbeitenden Detektivgruppen gegebenenfalls durch Polizeikräfte in Z i v i l unterstützt werden sollten. 4 3 5 Dieses in der Bundesrepublik Deutschland einmalige Projekt wurde jedoch vom Bochumer Polizeipräsidenten unter Hinweis auf das staatliche Gewaltmonopol abgelehnt.

432

Vgl. Dunze, S. 2; Schreiben des Bundeskriminalamtes an den Verfasser vom 13.11.1990, Az.: K I 15, nach dem von einer Zusammenarbeit zwischen Polizei und Auskunfteien/Detekteien „grundsätzlich nicht ausgegangen werden kann"; vgl. aber als Beispiel für eine legale, erfolgreiche Zusammenarbeit: Crimninal Digest 6/91, S. 21 (Überführung von Dieben in Zusammenwirken einer Detektei mit der Kriminalpolizei). 433

Schurich, Detektiv-Kurier Februar 1994, S. 4 (6).

434

Neumann, S. 118.

435

Siehe dazu Krupp, Detektiv-Kurier September 1991, S. 4.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

1

Ein illegales Zusammenwirken von Detektiven mit staatlichen Stellen kann vielfach festgestellt werden, wenn ehemalige Polizeibeamte, die nunmehr als Detektive tätig sind unter Ausnutzung ihrer fortbestehenden Beziehungen die ehemaligen Kollegen als Informationsquelle benutzen. 436 In der Dokumentation von Veröffentlichungen über negative Erscheinungen i m Detektivgewerbe 437 wird ein Fall geschildert, in dem ehemalige Polizeibeamte noch während ihrer Tätigkeit bei der Polizei die Dossiers von rund 2.000 Personen fotokopiert hatten, „um sie gewissermaßen als 'Starthilfe' für ihre neue Laufbahn zu benutzen". Diese Problematik ist insofern von besonderer Brisanz, als bereits aktuell die Mehrzahl der Detektive ehemals in staatlichen Sicherheitsorganen tätig gewesen sein soll. 4 3 8 Abschließend ist auf eine spektakuläre Zusammenarbeit zwischen einem einzelnen Detektiv und verschiedenen staatlichen Stellen hinzuweisen. A m 10.05.1990 hat der damalige Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, Spranger, die Fragen des Abgeordneten Dr. Emmerlich: L

Welche Geldbeträge sind vom Bundeskriminalamt an den Versicherungsdetektiv Mauss gezahlt worden und wofür?

436

Neumann, S. 121; dies., ArchKrim 166 (1980), S. 129 (136) mit Beispiel; Helmers/Murck, Die Polizei 1994, S. 64 (68); Murck, Deutsche Polizei 1993, S. 10 (12); test 9/85, S. 795 (799): „durchaus nicht unüblich"; weitere Beispiele: Der Spiegel, Heft Nr. 29 vom 11.07.1977, S. 59 (60): Einsatz des Polizeicomputers durch Polizisten, die „nebenberuflich" bei einer Detektei arbeiteten; Der Spiegel, Heft Nr. 1 vom 04.01.1988, S. 50 (51): Weitergabe von Daten aus dem polizeilichen Informationssystem für Verbrechensbekämpfung; Der Spiegel, Heft Nr. 46 vom 14.11.1988, S. 70 (83ff.): Weitergabe von Informationen aus Polizeiakten und von Computer-Daten aus einem internen Informationssystem der Polizei; FAZ vom 14.10.1978 (Rhein-Main-Ausgabe), S. 50: Einsichtnahme in die Kriminalkartei gegen Bezahlung, Weitergabe von Ablichtungen. Hoogenboom (Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 197 [203]) beschreibt dies als „Old-Boy-Network". A u f die besondere Bedeutung dieses Problems in den neuen Bundesländern weist der Sächsische Datenschutzbeauftragte (1. Tätigkeitsbericht vom 31.03.1993, S. 73) hin: „Insbesondere in den neuen Bundesländern wird sorgfältig zu überprüfen sein, inwieweit personelle Verflechtungen (Mitarbeiter von privaten Sicherheitsdiensten, die der Volkspolizei oder anderen Sicherheitsorganen der DDR angehört haben) im verborgenen zu informellen Datenflüssen geführt haben." 437 438

Dessau, Dokumentation, S. 21.

Schätzung von Kocks von der Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe in: Der Spiegel, Heft Nr. 46 vom 14.11.1988, S. 70.

18

2.

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Aufgrund welcher Tatsachen behauptete das Bundeskriminalamt, dem Versicherungsdetektiv Mauss drohe Gefahr für Leib und Leben, wenn seine ladungsfähige Anschrift bekanntgegeben und Mauss von parlamentarischen Ausschüssen oder Gerichten vernommen werden würde?

vor dem Plenum des Deutschen Bundestages wie folgt beantwortet: 439 „Das Bundeskriminalamt hat dem Versicherungsdetektiv Werner Mauss jeweils nur die Kosten erstattet, die ihm durch seine Tätigkeit für das Bundeskriminalamt entstanden waren. Nach Mitteilung des Bundeskriminalamtes beliefen sich die diesbezüglichen Kostenerstattungen im Rahmen der in Rede stehenden Vereinbarungen auf insgesamt 174.000 DM. ... Darüber hinaus hat Herr Mauss vom Bundeskriminalamt 8.946,25 DM in zwei Fällen erhalten, bei denen es indessen letztlich nicht zu einer Zusammenarbeit des Bundeskriminalamtes mit Mauss gekommen war. Im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt hat Mauss in den Jahren 1970 bis Anfang 1976 - soweit heute noch feststellbar - weitere Zahlungen in Höhe von insgesamt 100.941,77 DM und 1.000 Schweizer Franken erhalten. Es ist heute im Bundeskriminalamt nicht mehr feststellbar, ob es sich bei diesen Zahlungen um Aufwendungsersatz für Herrn Mauss oder aber um Mittel für operative Zwecke, z. B. Vorzeigegeld, gehandelt hat. Mögliche Gefährdungen für Leib und Leben des Versicherungsdetektivs Werner Mauss ergeben sich aus seinen Einsätzen im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt bzw. anderen Polizeidienststellen. Herr Mauss hat von Fall zu Fall wichtige Beiträge zur Ergreifung von Schwerstkriminellen geleistet. In manchen Einzelfällen sind deshalb Racheakte dieser Täter bzw. aus deren Umfeld gegen Herrn Mauss und dessen Familie nicht auszuschließen. Ich bitte um Verständnis, daß ich über diese allgemeinen Bemerkungen hinaus keine konkreten Angaben machen kann, da sich sonst die Gefährdung von Herrn Mauss und dessen Familie noch 439

Innere Sicherheit Nr. 3/90, S. 25; ausführlich zu dem Fall „Mauss": Stefan Aust: „Mauss - Ein deutscher Agent", Hamburg 1989; kritisch auch Schröder, Vorgänge 1989, Heft 1, S. 1 Iff.; insbesondere S. 13: „Wir müssen uns wehren gegen eine Philosophie der Sicherheit, bei der der Zweck die Mittel heiligt und die nichts mehr mit der Sicherheit des Bürgers und den im Grundgesetz garantierten Freiheitsrechten und Sicherungen zu tun hat."

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in D e u t s c h l a n d 1 8

erhöhen würde. Deshalb ist es auch nicht möglich, die Anschrift von Herrn Mauss zu veröffentlichen " M i t diesem Fall hat sich auch ein Untersuchungsausschuß des niedersächsischen Landtages befaßt. I m Laufe der Ermittlungen stellte sich heraus, daß die Polizei von vornherein Mauss zu Diensten war und andere Spuren nicht ernsthaft verfolgte. Bekannt wurde durch den Untersuchungsausschuß auch, daß der Privatdetektiv Mauss neben dem Bundeskriminalamt auch von der Polizei, dem Bundesnachrichtendienst und verschiedenen Landeskriminalämtern eingesetzt wurde.

d) Interesse an einer Zusammenarbeit und Möglichkeiten einer verstärkten Kooperation Das Interesse an einer Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit Detekteien richtet sich nach der Art der Zusammenarbeit. Soweit es um bloße Anzeigenerstattung und die Übergabe überführter Ladendiebe geht, besteht aufgrund der damit verbundenen Entlastungsfunktion ein staatliches Interesse an einer Kooperation mit Detekteien. Gleiches gilt auch für die Weiterbildung von Detektiven durch Vertreter staatlicher Ermittlungsorgane. Dagegen ist das Interesse an einem arbeitsteiligen Zusammenwirken bzw. einer Beauftragung - soweit keine gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen - auf Seiten von Polizei und Detekteien unterschiedlich ausgeprägt. Als ein Grund für das fehlende Interesse staatlicher Stellen an einer Zusammenarbeit in diesem Bereich wird angesehen, daß es aus Gründen der Staatsautorität grundsätzlich unerwünscht bleibe, kriminalpolizeiliche Unterstützungsersuchen an Privatdetektive zu richten.440 Entscheidend dürfte aber sein, daß eine Zusammenarbeit der Polizei mit Detekteien aufgrund des unterschiedlichen und teilweise zu niedrigen Ausbildungsstandes sowie der fehlenden Zuverlässigkeitsgewähr von Detektiven vermieden wird. Deshalb wird eine Kooperation seitens der Polizei vielfach von einer höheren Qualifikation der Detektive abhängig gemacht. Solange jedoch der freie Zugang zu diesem Gewerbe besteht und eine garantierte Ausbildung sowie Prüfung fehlen, wird es eine Verstärkung der Zusammenarbeit nicht geben. 441 Von 440 441

Neumann, S. 89.

So auch Bericht A K II, S. 9; Der Kriminalbeamte und sein Arbeitsgebiet, BKASchriftenreihe, S. 55; Dessau, Privatdetektive, S. 13; Neumann, S. 122 und S. 140; Gregg, Polizeispiegel 1976, S. 260; Bleck, Die Polizei 1992, S. 178 (180) für die Zusammenarbeit mit dem Bewachungsgewerbe.

182

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Seiten der Polizei w i r d deshalb eine verstärkte Zusammenarbeit mit Zurückhaltung beurteilt. 4 4 2 Von Seiten der Privatdetektive besteht dagegen - insbesondere aus Gründen des Imagegewinnes - großes Interesse an einer verstärkten Zusammenarbeit, so daß Verbesserungsvorschläge und Anregungen für eine Kooperation zumeist von Initiativen der Detekteien ausgehen. Aufgrund des fehlenden Interesses der staatlichen Stellen ist jedoch festzustellen, daß die Voraussetzung des beiderseitigen Interesses zur Zeit nicht gegeben ist und einer erweiterten Kooperation entgegensteht. Eine solche erweiterte Kooperation ist aber bei der Bekämpfung des Ladendiebstahls, der Weitergabe von Fahndungsfotos an Detektive und der Unterstützung detektivischer Ausbildungsmaßnahmen durch Fachleute aus dem polizeilichen Bereich zu befürworten.

10. Internationale Zusammenarbeit Zwar besteht bei den Detekteien keine der Auskunfteibranche vergleichbare internationale Zusammenarbeit, doch die Internationalisierung der Wirtschaft und die steigende Anzahl von Aufträgen eben aus diesem Bereich erfordert auch eine internationale Zusammenarbeit von Detekteien. Speziell i m Bereich der Entdeckung von Schwindelfirmen, der Produktpiraterie und sämtlichen Aufträgen bei Gebrauchsmuster-, Urheber- und Patentverletzungen kommt es verstärkt zu einer Kooperation von Detekteien verschiedener Länder. Die notwendigen Verbindungen von Detekteien ins Ausland werden teilweise durch Eigeninitiative, Kontakte der nationalen Berufsverbände und Vermittlung der internationalen Berufsorganisationen hergestellt. 443

442 443

Vgl. Der Kriminalbeamte und sein Arbeitsgebiet, BKA-Schriftenreihe, S. 56.

1963 wurde vom Bund Deutscher Detektive, dem Österreichischen DetektivVerband und der Vereinigung Schweizerischer Privatdetektive die Internationale Kommission der Detektiv-Verbände gegründet, die die Integration der europäischen Detektiv-Verbände und die Zusammenarbeit über die Ländergrenzen hinweg anstrebt. Hierdurch verfügen die Mitglieder des Bundes Deutscher Detektive über internationale Verbindungen und stehen in ständigem Kontakt zu Kollegen des westlichen Auslandes; vgl. Binder, Mittelständische Wirtschaft 11/1983, S. 26 (27).

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

183

11. Neuere Entwicklungen und Tendenzen Das Sicherheitsgewerbe ist als eine echte Zuwachsbranche anzusehen, deren Entwicklung bei weitem noch nicht abgeschlossen ist. Einerseits quantitativ und qualitativ zunehmende Straftaten und andererseits eng begrenzte Kapazitäten der staatlichen Sicherheitsbehörden führen vielmehr zwangsläufig dazu, daß der Sicherheitsmarkt expandiert und in diesem Rahmen auch die Tätigkeit der Detektive an Bedeutung gewinnt. 4 4 4 Angesichts der sich verschlechternden Sicherheitslage wird die Polizei bei der Verbrechensbekämpfung Schwerpunkte setzen müssen und einer dieser Schwerpunkte wird die Bekämpfung der organisierten Kriminalität sein. 445 In anderen Bereichen wird die Kriminalitätsbekämpfung aus Personal bzw. Kostengründen dagegen weiter auf Private verlagert werden und die Polizei sich ausschließlich auf repressive Aufgaben beschränken. Aber auch die Detekteien stehen vor dem Problem, bei den personalintensiven, von der Polizei ausgelagerten Aufgaben kostengünstig arbeiten zu können. Dies wird insbesondere in dem größten Bereich, nämlich der Bekämpfung des Ladendiebstahls, durch den verstärkten Einsatz technischer Überwachungssysteme geschehen. Durch den Einsatz technischer Überwachungs- und Warensicherungssysteme wird der Handel bei den Kaufhausdetektiven Personaleinsparungen vornehmen. Entbehrlich werden die Kaufhausdetektive dadurch jedoch nicht, vielmehr wird sich ihre Tätigkeit auf die Beobachtung an Kontrollmonitoren und das Überführen der ertappten Ladendiebe verlagern. 446 444

Bericht A K II, S. 5.

445

Stüllenberg, Polizei-Journal 1982, Nr. 1, S. 52 (54); Stellungnahme von Zachert, FAZ vom 10.11.1990, S. 9; vgl. als Beispiel für die zahlreichen politischen Absichtserklärungen: Bundesinnenminister Schäuble, Die Welt vom 15.05.1991, S. 4. Vgl. auch Bernhardt, Die Polizei 1994, S. 55 („Die Polizei der Zukunft wird sich darauf beschränken müssen, deliktische und geografische Brennpunkte zu erkennen, dementsprechende Schwerpunkte zu setzen und ihr Personal auf diese Aufgaben präventiv und repressiv zu konzentrieren"). 446 In der Firmenzeitschrift eines Unternehmens aus dem Bereich der Sicherheitstechnik, der Senelco GmbH, Ratingen, liest man dazu folgendes: „ Die Befürchtung der Detektive, sie würden nun arbeitslos, erfüllte sich nicht, früher ermittelte man 5 Diebe pro Woche, nun waren es im Monat 80 bis 90, weil die Effizienz der Detektivarbeit verbessert werden konnte. Während ein Detektiv an der Kontrollstation via Kamera nach Dieben Ausschau hält, bewegt sich sein Kollege in den Verkaufsräumen. Wird ein Kunde bei einem Diebstahlsversuch beobachtet, verständigen sich die beiden über Walkie-talkie und der Ladendieb wird 'nach hinten' gebeten." Vgl. SENELCO NEWS 1/90.

184

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

Darüber hinaus entsteht mit der Beratung über die kaum mehr zu überschauenden technischen Möglichkeiten im Bereich von Überwachung und Warensicherung für Detektive ein neues Aufgabenfeld. In der Erschließung neuer Aufgabenfelder und der Spezialisierung auf bestimmte Arbeitsgebiete dürfte überhaupt die Zukunft in der Detektivbranche zu sehen sein. So ist es denkbar, daß sich Spezialdetekteien herausbilden und ihre Dienste im Einzelfall eigenen Kunden oder anderen Detekteien anbieten. Denkbar ist auf lange Sicht auch, daß sich - vergleichbar den Verhältnissen in den USA Großdetekteien oder sogenannte Detektei-Ketten 447 bilden werden. Diese Form der Zusammenarbeit ist bislang in Europa noch unüblich. 4 4 8

I I I . Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Auskunfteien und Detekteien Gemäß § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO und den aufgrund dieser Vorschrift von den meisten Bundesländern erlassenen „Verordnungen über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien" 449 entsprechen sich die gewerberechtlichen Regelungen von Auskunfteien und Detekteien. Als Abschluß der empirischen Untersuchung sollen Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Auskunfteien und Detekteien herausgearbeitet werden, die diese gemeinsame Einordnung gegebenenfalls bestätigen oder eine unterschiedliche rechtliche Behandlung nahelegen können. Der Tätigkeitsbereich der Detekteien ist im Vergleich zu dem der Auskunfteien umfassender. 450 Während der Schwerpunkt im Leistungsbereich der Auskunfteien eindeutig auf der Kreditberichterstattung liegt, ist bei den Detekteien keine derartige betriebstypische Leistung zu erkennen. Überschneidungen im Leistungsbereich ergeben sich etwa, soweit Auskunfteien Auskünfte zur Entscheidungsfindung in Personalfragen erteilen oder Kreditauskünfte Intimdaten enthalten. Derartige Bewerberüberprüfungen und das Auskundschaften persönlicher Verhältnisse gehören auch zum Arbeitsbereich der Detekteien.

447

Eine Detektei-Kette ist ein Zusammenschluß mehrerer selbständiger Detekteien auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages. 448

Vgl. Krainz, OES 1985, Heft 12, S. 2.

449

Vgl. Kap. 6 C I .

450

Neumann, S. 68; Binden Der Kriminalist 1983, S. 475.

B. Tatsächliche Bedeutung des Auskunftsgewerbes in Deutschland

185

Auch werden Aufträge an Detekteien erteilt ganz allgemein über Geschäfts-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berichten. Der Bericht des Detektivs unterscheidet sich dann kaum von einer auskunfteimäßigen Information. 451 Zumeist sind jedoch Ermittlungsaufträge an Detekteien weitergehend und betreffen in erster Linie den persönlichen Bereich. Ganz erhebliche Unterschiede ergeben sich im Hinblick auf die Arbeitsweise von Auskunfteien und Detekteien. Während bei den Auskunfteien die anfrageunabhängige Informationsbeschaffung eine wichtige Rolle spielt, gibt es bei den Detekteien keine auftragsunabhängigen Ermittlungen. Das Prinzip der vorrätigen Auskunft und eine systematische Informationsspeicherung sind den Detekteien fremd. Aktenführung und Registratur spielen bei ihnen eine untergeordnete Rolle. Vergleichbar der Tätigkeit der Detektive ist aus dem Bereich des Auskunfteiwesens allein die Arbeit der Rechercheure, die im Rahmen ihrer Ermittlungen auch Personenbefragungen vornehmen. Die unterschiedliche Arbeitsweise von Auskunfteien und Detekteien schlägt sich auch in den Kosten nieder. Während der Preis für eine auskunfteimäßige Information darauf beruht, daß die Auskunft mehrmals verkauft wird, gehen in die Kosten für einen Detektivauftrag sämtliche auftragsbedingten Kosten ein, so daß sie dementsprechend um ein Vielfaches höher liegen. Diesen Kosten liegen nach genau aufgeschlüsselter Zusammenstellung Stundenhonorar, Nacht- und Wochenendzuschläge und Nebenkosten zugrunde, während die Auskunftskosten über die Abonnementgebühren nach einem Pauschalsatz im voraus bezahlt werden. Gemeinsam ist Auskunfteien und Detekteien demgegenüber die Kritik an ihrer Arbeitsweise. Sie betrifft bei den Auskunfteien in erster Linie die Tätigkeit der Rechercheure. Ihnen wird eine unzureichende Qualifikation vorgeworfen, die neben anderen Negativfaktoren auch in einer unzureichenden Qualität der Auskünfte ihren Niederschlag finde. Ähnliches gelte für die Berichterstattung von Detekteien. Sowohl Detektei- als auch Auskunfteiberichte enthielten vielfach nichtssagende Floskeln und seien deshalb für die Auftraggeber nur von beschränktem Wert. A u f einen einfachen Nenner gebracht, läßt sich feststellen, daß Auskunfteien mit büromäßiger Routine Informationen in großen Mengen sam-

451

Grießbauer, S. 64.

186

2. Kap.: Historische und empirische Untersuchung des Auskunftsgewerbes

mein, während Detekteien durch auftragsbedingte Ermittlungen tief in die Privatsphäre des einzelnen eindringen. Daß beides mit erheblichen Eingriffen in die Persönlichkeitssphäre verbunden sein kann, liegt auf der Hand. Ob aufgrund der dargestellten Unterschiede beider Gewerbearten auch eine unterschiedliche rechtliche Behandlung vorgenommen werden sollte, oder ob aufgrund der festgestellten Gemeinsamkeiten an einer gleichen gewerberechtlichen Behandlung festgehalten werden sollte, wird sich in der gewerberechtlichen Untersuchung zeigen. 4 5 2 Abhängig ist die Beantwortung dieser Frage insbesondere davon, ob möglichen von Auskunfteien und Detekteien ausgehenden Gefahren mit einem gemeinsamen Regelungsinstrument begegnet werden kann.

452

Kap. 7 D III 3 a, b.

Drittes Kapitel

Verfassungsrechtlicher Rahmen für das Tätigwerden des Auskunftsgewerbes Gegen das Tätigwerden von Privaten zur Gefahrenabwehr werden in der Literatur rechtspolitische und verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht. 1 Immer stärker drängten private Sicherheitsunternehmen in Aufgabenbereiche, die früher ausschließlich von der Polizei wahrgenommen worden seien. Diese Entwicklung werde von der Politik nicht gebremst, da durch das Anwachsen privater Sicherheitsdienste die Kosten für die Unterhaltung des Polizeiapparates gesenkt werden könnten. Dies führe in einen „Teufelskreis", 2 denn durch die verminderten Aufwendungen für die Polizei verminderten sich auch deren Leistungen und damit ihr Ansehen in der Bevölkerung, so daß der Ruf nach dem weiteren Ausbau privater Sicherheitsdienste noch verstärkt werde. Diese Entwicklung sei auch aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklich. Dies wird vornehmlich an drei verschiedenen Gesichtspunkten festgemacht: Es entstehe ein Gewalt- und Machtpotential, das das staatliche Gewaltmonopol gefährden könne. Dieses neu entstehende Machtpotential sei nicht - wie etwa die Polizei in den Rahmen demokratischer Kontrolle gebunden. Die Sicherheit werde kommerzialisiert, so daß sie zunehmend ein Privileg des finanzkräftigeren Teils der Bevölkerung werde. Diese Bedenken werden zum Anlaß genommen, die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der privaten Gefahrenabwehr, hier speziell des Tätigwerdens von Auskunfteien und Detekteien, zu untersuchen. Dabei soll zunächst versucht werden, die grundsätzliche verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Tätigwerdens Privater im Bereich der Gefahrenabwehr zu begrün1

Ausgangspunkt der Diskussion war der Aufsatz „Übergang der Polizeigewalt auf Private?" von Hoffmann-Riem in: ZRP 1977, S. 277ff. 2

Stacharowsky,

Krim Journal 1985, S. 228 (232).

188

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

den. Anschließend soll auf die verfassungsrechtlichen Aspekte eingegangen werden, aus denen Bedenken gegen das private Sicherheitsgewerbe hergeleitet werden und denen gegebenenfalls Einschränkungen für ihr Tätigwerden zu entnehmen sind. Methodisch wird dabei so vorgegangen, daß stets die angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken angesprochen werden, der tatsächliche Befund dargestellt wird und anschließend die eigentliche verfassungsrechtliche Prüfung vorgenommen wird. Als Ergebnis sind dann sich eventuell ergebende Konsequenzen für die grundsätzliche Zulässigkeit bzw. Vorgaben für das einfache Gesetzesrecht darzustellen. Vor der eigentlichen verfassungsrechtlichen Untersuchung ist der Untersuchungsgegenstand zu präzisieren. Die Tätigkeit der Auskunfteien erweist sich dabei - abgesehen von den grundrechtlichen Schutzpflichten - als verfassungsrechtlich indifferent. Die geschäftsmäßige Auskunftserteilung erfolgt nicht in Wahrnehmung einer öffentlich-rechtlichen Funktion, 3 so daß sich die Problematik der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit nicht stellt. Die verfassungsrechtliche Prüfung betrifft somit in erster Linie die Tätigkeit der Detektive und hier besonders solche Tätigkeitsbereiche, die mit dem Einsatz von Gewalt verbunden sein können. Verfassungsrechtlich untersucht wird also die gewerbliche Wahrnehmung der Jedermannrechte, wie die allgemeine Nothilfe, das Festnahmerecht und die Selbsthilfe. Relevant wird die Wahrnehmung dieser Rechte insbesondere bei der Tätigkeit der sogenannten Kaufhausdetektive.

A. Verfassungsrechtliche Begründung für die Zulässigkeit privater, gewerblicher Gefahrenabwehr unter Inanspruchnahme der Jedermannrechte Die Tätigkeit von Detekteien ist aus verfassungsrechtlicher Sicht dann grundsätzlich zulässig, wenn die von Detekteien wahrgenommenen Aufgaben nicht ausschließlich dem Staat vorbehalten sind. Als solche möglicherweise dem Staat vorbehaltene Tätigkeiten könnten die Wahrnehmung von Schutz- und Bewachungsaufgaben sowie Ermittlungen im Zusammenhang mit Straftaten, also Tätigkeiten i m Bereich der präventiven und repressiven Gefahrenabwehr, in Betracht kommen. Dies würde im Einklang mit

3 OVG NW, MDR 1981, S. 434 (435) -Urteil vom 30.09.1980- 18 A 2942/79; Ebert/Ehses/Foerster/Otto-Ebert, Rdn. 29.

.

ke privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

189

der v i e l f a c h vertretenen A u f f a s s u n g stehen, die e i n staatliches P o l i z e i m o n o p o l a n n i m m t . 4 A l s verfassungsrechtliche Ansatzpunkte, die die oben genannten Aufgabenfelder ausschließlich d e m Staat zuweisen könnten, sind A r t . 33 A b s . 4 G G , das Rechtsstaats- u n d D e m o k r a t i e p r i n z i p , das Subsidiaritätsprinzip u n d die Staatsaufgabenlehre denkbar.

I. Art. 33 Abs. 4 GG I n der D i s k u s s i o n u m die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer privaten Gefahrenabwehr w i r d v i e l f a c h A r t . 33 A b s . 4 G G als Prüfungsmaßstab herangezogen. 5 Insbesondere geschieht dies b e i der Frage, o b die B e l e i h u n g i m B e r e i c h der Gefahrenabwehr verfassungsrechtlich zulässig i s t . 6 Einer Auffassung zufolge läßt sich aus A r t . 33 A b s . 4 G G insbesondere entnehmen, daß hoheitliche Befugnisse u n d die A u s ü b u n g des staatlichen G e w a l t m o n o p o l s d e m Staat vorbehalten sind. 7 A u f A r t . 33 A b s . 4 G G als verfassungsrechtlichen A n s a t z p u n k t für die P r ü f u n g der Z u l ä s s i g k e i t v o n B e l e i h u n g e n i m B e r e i c h v o n Gefahren-

4

Friauf in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 2. Abschn. Rdn. 2 (S. 106); OssenbühU Gutachten, S. 46; Greifeid, DÖV 1981, S. 906; Schick,, DÖV 1962, S. 931 (932). 5

Brohm, S. 215; Däubler, S. 73f.; Leisner, AöR 93 (1968), S. 161 (185); Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 (161). 6 7

Bracher, S. 62ff. und die in der vorhergehenden Fn. Genannten.

Roßnagel, ZRP 1983, S. 59 (62). Vgl. auch die Begründung zu der Verfassungbeschwerde der Gewerkschaft der Polizei gegen §§ 1, 2, 3,4 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 3 Satz 2 des Berliner Gesetzes über die Freiwillige Polizeireserve, nach der nur Personen, die einem öffentlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat stehen, das staatliche Gewaltmonopol durchsetzen dürften. (So der Berliner Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei von Walsleben in: FAZ vom 21.09.1993, S. 5). Die Verfassungsbeschwerde wurde mit folgender Begründung nicht zur Entscheidung angenommen: „Die Kammer lehnt die Annahme der Verfassungsbeschwerde ab (§ 93b BVerfGG n. F.), weil ihr weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zur Auslegung und Anwendung der Art. 2 Abs. 1 und 2 Abs. 2 Satz 1 GG zukommt, noch die Annahme zur Entscheidung zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführer angezeigt ist; insbesondere ist nicht ersichtlich, daß den Beschwerdeführern durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Einer Begründung für die Nichtannahme bedarf es nicht (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG n. F." (Beschluß des BVerfG vom 24.08.1993,2 BvR 1376/93 - unveröffentlicht). Zu der Frage der Vereinbarkeit detektivischer Tätigkeiten mit dem staatlichen Gewaltmonopol vgl. Kap. 3 B I.

190

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

abwehraufgaben kann jedenfalls dann abgestellt werden, wenn man Art. 33 Abs. 4 GG als Aufgabenzuweisungsnorm i m Verhältnis Staat/Private ansieht. Fraglich ist aber, ob Art. 33 Abs. 4 GG als Prüfungsmaßstab auch für andere Formen der privaten Gefahrenabwehr fruchtbar gemacht werden kann. Insbesondere stellt sich die Frage, ob Art. 33 Abs. 4 GG auch für die nicht vom Staat veranlaßte Gefahrenabwehr einschlägig ist. Art. 33 Abs. 4 GG müßte also nach seinem Regelungsgegenstand auch auf diese Fälle privater Gefahrenabwehr anwendbar sein.

1. Übertragung von Befugnissen Art. 33 Abs. 4 GG setzt voraus, daß Befugnisse vom Staat übertragen werden. Dies kann insofern der Fall sein, als Detektive ihre Tätigkeit auf die verschiedenen Notrechtsbefugnisse stützen und ihnen diese Befugnisse vom Staat übertragen worden sind. 8 Der Begriff der „Übertragung" im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG wird in der Literatur - soweit ersichtlich - nicht erörtert, 9 doch ist jedenfalls dann von einer Übertragung i m Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG zu sprechen, wenn Befugnisse durch den Gesetzgeber verliehen werden. Zwar werden die Notrechte durch den Gesetzgeber geregelt; Zweifel, ob darin eine Übertragung im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG liegt, könnten sich aber insofern ergeben, als die Notrechte jedermann zur Verfügung stehen und dem „Aufgabenträger" keine Sonderstellung eingeräumt ist. Diese Bedenken hindern allerdings nicht die Annahme einer Übertragung, sondern betreffen vielmehr die Frage, ob dann hoheitsrechtliche Befugnisse vorliegen, wenn jedermann zur Befugniswahrnehmung berechtigt i s t . 1 0 Das Merkmal der „Übertragung" hat gegenüber dem Merkmal „hoheitsrechtliche Befugnisse" also praktisch keine eigenständige Bedeutung, sondern grenzt allein solche Befugnisverleihungen aus dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 4 GG aus, die nicht auf einen staatlichen Willensakt zurückzu-

8 Vgl. Bracher (S. 123), der offenläßt, ob darin eine Übertragung im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG gesehen werden kann.

9 Vgl. die Kommentierungen zu Art. 33 GG: AK-GG/Schuppert Art. 33 Abs. 4, 5 Rdnrn. Iff.; BK/Jess Art. 33 Anm. 5; Pieroth in: Jarass/Pieroth Art. 33 Rdnrn. 9f.; Hamann/Lenz Art. 33 Anm. B 4; Leibholz/Rinck/Hesselberger Art. 33 Rdnrn. 46ff.; Mangoldt/Klein Art. 33 Anm. V I ; Maunz/Dürig-Maunz Art. 33 Rdnrn. 32ff.; von Münch/Matthey Art. 33 Rdnrn. 28ff.; Schmidt/Bleibtreu Art. 33 Rdnrn. 11 f. w Dazu Kap. 3 A I 2 b.

.

ke privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

191

führen sind. Insofern liegt eine Übertragung von Befugnissen im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG vor.

2. Vorliegen hoheitsrechtlicher Befugnisse Zu untersuchen ist nunmehr, ob diese übertragenen Befugnisse hoheitsrechtlicher Natur sind. Die Begriffsbestimmung der hoheitsrechtlichen Befugnisse i m Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG wird nicht einheitlich vorgenommen. Weitgehende Übereinstimmung besteht jedoch in den Fällen der Wahrnehmung einfacher Hilfsgeschäfte und bei der Eingriffsverwaltung. So ist die Leistung untergeordneter Hilfsdienste keine Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse. 11 Honigl nimmt an, daß die privaten Sicherheitsunternehmen nur eine solche, mit Art. 33 Abs. 4 GG vereinbare Hilfsfunktion wahrnehmen würden. 12 Dem kann aber nicht gefolgt werden. Als Hilfsdienste i m Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG sind nur Tätigkeiten anzusehen, denen lediglich vorbereitender bzw. unterstützender Charakter für die eigentliche materielle Tätigkeit zukommt. Dies wird in der Literatur beispielsweise für Schreibdienste, Wartungsarbeiten oder Chauffeurdienste angenommen. 13 Eine solche einfache Hilfstätigkeit nehmen Detektive - wie der empirische Befund belegt - 1 4 aber nicht wahr. Vielmehr gestalten sie im Rahmen ihres Auftrages ihre Tätigkeit eigenverantwortlich und nehmen ohne Rückkopplung zum Auftraggeber auch Eingriffe in die Rechte Dritter vor. Ein solches Tätigwerden läßt sich nicht als einfache Hilfstätigkeit im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG qualifizieren. Übereinstimmung besteht neben der Einordnung der einfachen Hilfsgeschäfte als nicht-hoheitlich insofern, als der Bereich der Eingriffsverwaltung, also solche Aufgaben, bei denen der Staat dem einzelnen mit einseitigem Zwang gebietend oder entscheidend gegenübertritt, mit der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse verbunden ist. 1 5 Soweit damit der Kernbereich obrigkeitlicher Tätigkeiten erfaßt wird, ist dem vorbehaltlos zu 11

Pieroth in: Jarass/Pieroth Art. 33 Rdn. 9; Lecheler in Isensee/Kirchhof III, § 72 Rdn. 28; Benndorf, DVB1 1981, S. 23 (24). 12

Honigl y S. 87f.

13

So auch Isensee, Beamtenstreik, S. 95; Benndorf,\ DVB11981, S. 23 (24).

14

Kap. 2 B I I 4.

15

Benndorf, DVB1 1981, S. 23 (24).

192

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

folgen. Fraglich ist aber, ob dies auch für die weitergehende Feststellung gelten kann, daß damit ganze Verwaltungsbereiche, wie etwa die Polizeitätigkeit, 1 6 notwendig hoheitsrechtliche Befugnisse voraussetzen. Dies könnte dann auch für diejenigen Aufgaben gelten, die sowohl von der Polizei als auch Detektiven wahrgenommen werden, 17 auch wenn sich die Rechtmäßigkeit des detektivischen Tätigwerdens aus den allgemeinen Notrechten ergibt. Die einzelnen Begriffsbestimmungen der hoheitsrechtlichen Befugnisse nach Art. 33 Abs. 4 GG sind deshalb daraufhin zu untersuchen, ob sie diejenigen Tätigkeiten der Detektive erfassen, die die Inanspruchnahme von Notrechten voraussetzen.

a) Umfassender Begriff der hoheitsrechtlichen

Befugnisse

Nach der wohl weitestgehenden Begriffsbestimmung der hoheitsrechtlichen Befugnisse sollen unter den beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt „alle diejenigen ständigen öffentlichen Aufgabenbereiche fallen, die die Existenz des Volkes sichern sollen, also namentlich auch solche der gewährenden Verwaltung". 18 Von dieser Definition wird zum Teil auch die Gefahrenabwehr durch Private, soweit sie sich auf die Anwendung der allgemeinen Notrechte stützt, erfaßt, denn auch in dieser Wahrnehmungsform kann es sich - wie bei der vorläufigen Festnahme nach § 127 Abs. 1 StPO - 1 9 um die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe 20 handeln. Dieser Begriffsbestimmung kann aber nicht gefolgt werden, denn bei einer derartigen Ausweitung des Begriffs der hoheitsrechtlichen Befugnisse würde praktisch der gesamte öffentliche Tätigkeitsbereich an den beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt gebunden. So erfüllen private Unternehmen regelmäßig Aufgaben, die die Existenz des Volkes sichern sollen, was etwa

16

So Benndorf,\ DVB1 1981, S. 23 (24).

17

Vgl. Kap. 2 B I I 9 a.

18

Hamann/Lenz Art. 33 Anm. 4; ähnlich Fischbach, DÖV 1951, S. 453 (455f.).

19

RGSt 17, S. 127 (128) -Urteil vom 13.02.1888- Rep. 3/88; BayOBLG, MDR 1986, S. 956 (957) -Urteil vom 30.05.1986- RReg 5 St 43/86; KK-StPO/Boujong § 127 Rdn. 6; Kleinknecht/Meyer-Goßner § 127 Rdn. 1; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 31 A 1 2 d; Arzt, FS Kleinknecht, S. 1 (3): „Hilferuf des Staates". 20

Zum Begriff der „öffentlichen Aufgabe" vgl. Kap. 4 A IV.

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ke privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

193

für die privaten Energieversorgungsunternehmen oder auch die Lebensmittelversorgung g i l t . 2 1 Auch solche Tätigkeiten könnten dann nur von Beamten wahrgenommen werden. Daraus ergibt sich, daß diese Definition, die mit dem Begriff der „Existenz des Volkes" einen viel zu weiten und unbestimmten Begriff einführt, zur Beschreibung der hoheitsrechtlichen Befugnisse i m Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG nicht heranzuziehen ist.

b) Rechtsstellungstheorie Nach der sogenannten Rechtsstellungstheorie 22 ist für die Bestimmung der hoheitlichen Befugnisse i m Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG allein die Form des staatlichen Handelns maßgeblich. Nur dann, wenn der Staat dem einzelnen in einem Über- und Unterordnungsverhältnis, also mit einseitigem Zwang gebietend oder entscheidend gegenübersteht, unterfällt das Handeln dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG. Grundsätzlich können auch Privatpersonen mit derartigen Zwangsbefugnissen ausgestattet sein. Als Beispiel kann hier etwa auf die Rechtsfigur des sogenannten Beliehenen hingewiesen werden. Voraussetzung dafür ist aber stets ein formaler, gesetzlich zu bestimmender Beleihungsakt. 23 Ein derartiger Beleihungstatbestand ist für die Tätigkeit von Detektiven aber gerade nicht vorgesehen. I m Gegenteil können sich Detektive bei ihrer Tätigkeit auf keine weitergehenden Befugnisse berufen, als diejenigen, die jedem Bürger zur Abwehr rechtswidriger Angriffe zur Verfügung stehen. Die Qualifikation als obrigkeitliches Handeln scheidet also schon deshalb aus, weil die einzelnen Notrechte jedermann zur Verfügung stehen. Ein hoheitsrechtliches Handeln kann nach der Rechtsstellungstheorie nur angenommen werden, wenn dem Aufgabenträger eine Sonderstellung eingeräumt ist, wenn ihm Handlungsmittel zukommen, über die andere Bürger nicht verfügen. Dort jedoch, wo sogar die Privatrechtsordnung dem einzelnen bestimmte Tätigkeiten eröffnet, fehlt es an der ausschließlich öffentlich-rechtlichen Befugnis als Wesensmerkmal obrigkeitlicher Tätigkeit. 2 4

21

Benndorf, DVB1 1981, S. 23 (24).

22

Grabbe, S. 40f.; Vogel, S. 81f.; im Ergebnis auch BVerwG, DVB1 1989, S. 517 Urteil vom 19.01.1989- 7 C 31. 87. 23

Drews/Wacke/Vogel/Martens,

24

Bracher, S. 123; Mahlberg, S. 72f.

13 Peilert

§ 4, 5 b (S. 59).

194

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

Nach der Rechtsstellungstheorie liegt bei den von Detektiven wahrgenommenen Tätigkeiten also keine Ausübung von Hoheitsbefugnissen vor, so daß die detektivische Tätigkeit nach der Rechtsstellungstheorie im Hinblick auf Art. 33 Abs. 4 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt.

c) Funktionstheorie Nach anderer Auffassung wird die Qualifizierung einer Aufgabe als hoheitlich von ihrer Funktion her getroffen. Entscheidend ist danach der Inhalt der Aufgabe als solcher und nicht die konkrete Form ihrer Ausübung. 25 Dabei wird zum Teil die Geltung des beamtenrechtlichen Funktionsvorbehaltes auf die Eingriffsverwaltung beschränkt, 26 während überwiegend eine Anwendung auch auf die schlichte Hoheitsverwaltung, also die in den Formen des öffentlichen Rechts erfolgende Erfüllung öffentlicher Aufgaben befürwortet wird. 2 7 A u f die Streitfrage, ob auch die Leistungsverwaltung unter den beamtenrechtlichen Funktionsvorbehält des Art. 33 Abs. 4 GG fällt, kommt es aber in dem vorliegenden Zusammenhang nicht an, denn bei der Gefahrenabwehr unter Inanspruchnahme der Notrechtsbefugnisse, also mit Mitteln des Zwanges, handelt es sich nicht um Leistungsverwaltung. Bei einer funktionsorientierten Betrachtungsweise könnte die Gefahrenabwehr dem beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt unterfallen, wenn man das Polizeiwesen in seiner Gesamtheit dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG unterwerfen würde. 2 8 Daraus könnte gefolgert werden, daß Aufgaben der Gefahrenabwehr allgemein dem beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt zuzuordnen seien. Dies trifft aber nicht zu. 2 9

25

Ossenbühl, Gutachten, S. 34; Bracher, DVB1 1989, S. 520 (521).

26

Jung, S. 132ff. Daß der Bereich der Eingriffsverwaltung von Art. 33 Abs. 4 GG erfaßt wird, ist unstreitig, so etwa Maunz/Dürig-Maunz Art. 33 Rdn. 33. 27 Maunz/Dürig-Maunz Art. 33 Rdn. 33: Begriffsbildung „analog der hoheitlichen Verwaltung in Art. 19 Abs. 4 GG"; Battis in: Achterberg/Püttner Kap. 4 Rdn. 40; Isensee, Öffentlicher Dienst, in: Handbuch des Verfassungsrechts, S. 1173f. 28

Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 168; ders., Beamtenstreik, S. 85ff. (vgl. aber auch ebenda, S. 95); Benndorf,\ DVB11981, S. 23 (24); der Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wird als notwendig staatliche Aufgabe angesehen von: Wolff/Bachofl, §2 I I b 1. 29

Ebenso Bracher, S. 138.

.

ke privater, gewerblicher G e f a h r e n a b w e h r 1 9 5

Der Auffassung, daß in ganzen Verwaltungsbereichen ohne jede Differenzierungsmöglichkeit nach Art der wahrgenommenen Tätigkeit hoheitsrechtliche Befugnisse wahrgenommen werden sollen, kann nicht zugestimmt werden. Auszunehmen sind - auch nach der Ansicht, die grundsätzlich den Funktionsvorbehalt auf ganze Bereiche der Eingriffsverwaltung, wie auch der Polizei, ausdehnt - 3 0 jeweils die Tätigkeitsbereiche, in denen nicht konkret hoheitliche Aufgaben erfüllt werden. Die Erforderlichkeit einer Abgrenzung resultiert daraus, daß die Verwaltungsgliederung in der Regel nach zweckbezogenen Aufgaben erfolgt, während der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG auf bestimmte Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben abstellt. So räumt etwa Isensee ein, wenn „Vollzugspolizei und Finanzverwaltung zum Vorbehaltsbereich gezählt werden, bedeutet das nicht, daß auch die Putzfrau des Polizeipräsidiums und die Stenotypistin des Finanzamts in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen müssen. Art. 33 Abs. 4 GG erfaßt nicht ganze Verwaltungszweige und Organisationskomplexe, sondern einzig bestimmte Funktionen. Nur wer diese ausübt, partizipiert am Verfassungsvorbehalt." 31 M i t den untergeordneten, mechanischen Hilfstätigkeiten, wie sie etwa Hausmeister, Schreibkräfte und Chauffeure ausüben, ist also eine allgemein anerkannte Durchbrechung des beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalts - auch in den Verwaltungszweigen, die zu dem obrigkeitlichen Kernbereich gezählt werden - genannt. 32 Schon um dieser allgemein anerkannten Ausnahme gerecht zu werden, ist die Einordnung ganzer Verwaltungsbereiche unter den beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt abzulehnen und die Frage der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse allein nach den konkret wahrgenommenen Befugnissen zu bestimmen. Die Benennung ganzer Verwaltungsbereiche als dem beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt zugehörig erweist sich also als überflüssig, denn sie hilft bei der Einordnung einer konkreten Tätigkeit - wie von ihr selber eingeräumt - ja gerade nicht weiter. Vielmehr trägt sie dazu bei, daß in einigen Verwaltungsbereichen die erforderliche Diskussion um die konkrete Aufgabenzuordnung erschwert wird. Es bleibt also festzuhalten, daß jedenfalls die Gesamtheit der von der Polizei wahrgenommenen Aufgaben nicht grundsätzlich mit hoheitsrechtli-

3(

> Benndorf,\ DVB1 1981, S. 23 (27).

31

Isensee, Beamtenstreik, S. 95.

32

Isensee, Beamtenstreik, S. 95; Benndorf, DVB1 1981, S. 23 (24).

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

196

chen Befugnissen verbunden sein muß und damit einer Wahrnehmung durch Private grundsätzlich entzogen ist. Der allgemeine Grundsatz, daß die staatliche Polizeigewalt nicht privatisiert werden kann, 33 darf also nicht dahingehend überinterpretiert werden, daß damit jegliche Tätigkeit, die von der Polizei ausgeübt wird, demnach auch ausschließlich dem Staat vorbehalten ist. Zur Bestimmung der hoheitsrechtlichen Befugnisse ist somit eine ausschließlich funktionsorientierte Betrachtungsweise nicht geeignet. Auch bei der Funktionstheorie muß letztendlich der Rechtscharakter des Tätigwerdens berücksichtigt werden. Zwingend unter den beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt fallen dabei allein solche Tätigkeiten, die unter Ausübung obrigkeitlicher Befugnisse vorgenommen werden. Es ist also zu fragen, welche von der Polizei wahrgenommenen Tätigkeiten solcher Art sind, daß sie obrigkeitliche Befugnisse erfordern. Die polizeiliche Tätigkeit i m präventiven Bereich, die nicht mit Eingriffen in die Rechte Dritter verbunden ist, ist nicht an den Einsatz obrigkeitlicher Befugnisse gebunden. M i t dieser Tätigkeit ist also schon ein Ausschnitt aus der polizeilichen Tätigkeit gefunden, der ohne hoheitsrechtliche Befugnisse wahrgenommen werden kann und somit nicht dem beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt unterliegt. 34 Die Tätigkeit von Detektiven beschränkt sich aber nicht nur auf eine solche präventive Tätigkeit, so daß zu untersuchen ist, ob es auch im repressiven Bereich Aufgaben gibt, die nicht zwingend hoheitsrechtliche Befugnisse voraussetzen. Ein Grenzfall zwischen präventiver und repressiver Tätigkeit bildet das Einschreiten gegen fortdauernde Störungen, das aufgrund der Jedermannrechte möglich ist. Diese Aufgabe setzt ihrem Inhalt nach ebenfalls keine obrigkeitlichen Befugnisse voraus. Gleiches gilt für die Fallkonstellation, in der Detektive aufgrund der Selbsthilferechte 35 oder dem Recht zur vorläufigen Festnahme nach § 127 Abs. 1 StPO handeln. Da Detektive dabei aufgrund jedermann zustehender Rechte tätig werden, fehlt es an dem entscheidenden Wesensmerkmal obrigkeitlicher Tätigkeit, nämlich der ausschließlich öffentlich-rechtlichen Befugnis.

33

3

4

35

Böckstiegel, Der Durchgriff auf den Staat, S. 21 (Fn. 89); Greifeid,, So auch Mahlberg

y

S. 71.

Dazu Kap. 5 C H I 1,2.

DÖV 1981, S. 906.

.

ke privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

197

3. Art. 33 Abs. 4 GG kein Prüfungsmaßstab Damit steht fest, daß Art. 33 Abs. 4 GG schon tatbestandlich nicht auf die ohne staatliche Veranlassung wahrgenommene Gefahrenabwehr paßt. Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es auf den Streit, ob Art. 33 Abs. 4 GG eine Aufgabenzuweisungsnorm auch für das Verhältnis Staat/Private ist oder nicht, 3 6 deshalb nur für die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Beleihung an, nicht aber für die vorliegende Untersuchung. Ebensowenig kommt es auf das Problem an, ob die „ i n der Regel-Formulierung" des Art. 33 Abs. 4 GG bereits Ausnahmen impliziert 3 7 und sich eine solche Ausnahme i m Falle einzelner privat erledigter Gefahrenabwehraufgaben sachlich begründen läßt. 38 Aus der Verneinung einer unmittelbaren Anwendung des Art. 33 Abs. 4 GG ergibt sich jedoch nicht, daß diese Vorschrift keine Bedeutung für die verfassungsrechtliche Erörterung der Zulässigkeit nicht staatlich veranlaßter privater Gefahrenabwehr hat, vielmehr wird Art. 33 Abs. 4 GG eine bedeutsame Rolle i m Rahmen der Staatsaufgabenlehre spielen. 39

I I . Rechtsstaats- und Demokratieprinzip Nach einer Auffassung in der Literatur ist zur Bestimmung der Grenzen der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben 40 durch Private unmittelbar auf die verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien, vor allem das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip, zurückzugreifen. 41 Speziell die Beleihung berühre unmittelbar den organisationsrechtlichen Gehalt des rechtsstaatlichen und des demokratischen Prinzips. So wird die Bedeutung des Rechtsstaatsprinzips für die Beleihung von Steiner folgendermaßen erklärt: „Ist die

36

Bejahend: Bracher, S. 64; Grabbe y S. 53f.; verneinend: Ule, VVDStRL 29 (1971),

S. 269. 37

Däubler, S. 74; Mahlberg, S. 62; vgl. allgemein zu der Bedeutung der „in der Regel-Formulierung" von Münch/Matthey Art. 33 Rdn. 31. 38

Vgl. dazu Bracher, S. 70ff.

39

Vgl. Kap. 3 I V 3 b.

40

Zum Begriff vgl. Kap. 3 IV.

41

Däubler, S. 76ff.; Steiner, S. 269f.; Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 (159f.); für eine Berücksichtigung neben Art. 33 Abs. 4 GG: Bracher, S. 67.

198

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

öffentlich-rechtlich und insbesondere die behördlich institutionalisierte Verwaltung die angemessene Organisationsform für die Verwirklichung der formellen und materiellen Rechtsstaatlichkeit, so bedeutet das 'Minus an institutionalisierter Amtlichkeit', das Privatrechtssubjektivität und Privatstatus des Beliehenen zur Folge haben, zugleich ein rechtsstaatliches M i n u s . " 4 2 Diese Überlegungen sind aber von der Beleihungsproblematik nicht auf die Fälle der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ohne hoheitsrechtliche Befugnisse übertragbar. Das angesprochene rechtsstaatliche Minus tritt nämlich dort nicht auf, wo Private eine Tätigkeit wahrnehmen, die dieser rechtsstaatlichen Kontrolle mangels hoheitsrechtlicher Befugnisse gar nicht bedarf. Einer solchen Kontrolle bedarf es nur dort, wo die entsprechenden Tätigkeiten dem Staat als notwendige Aufgaben zugewiesen sind. Diese Frage wird durch das Rechsstaatsprinzip aber nicht beantwortet. Gleiches gilt für das Demokratieprinzip. Das Demokratieprinzip wird in die Privatisierungsdiskussion eingebracht, weil es durch die Einführung einer Verwaltungsform tangiert sei, deren Risiko die Brechung des staatlichen Willens durch Personen ist, die keine selbständige demokratische Legitimation aufweisen, sondern ihren Auftrag zur Ausübung staatlicher Kompetenzen lediglich von Staatsorganen ableiten. 43 Auch die Geltung des Demokratieprinzips kann jedoch nur insofern Geltung beanspruchen, als es sich um notwendig staatliche Aufgaben handelt. Aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip lassen sich also nur Kriterien für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Beleihung, nicht aber für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ohne hoheitsrechtliche Befugnisse entnehmen.

I I I . Subsidiaritätsprinzip In Betracht kommt als Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit privater Gefahrenabwehr das sogenannte Subsidiaritätsprinzip. 44 Nach Mahlberg 45 bietet sich diese Lösung auf den

42

Steiner, S. 270.

43

Steiner, S. 269f.

44

So etwa Mahlberg, S. 53ff.

45

Mahlberg, S. 53.

.

ke privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

199

ersten Blick an, da ein wesentlicher Gegenstand des Subsidiaritätsprinzips, grob vereinfacht, die Aufgabenerfüllung durch Private anstelle des Staates sei. Der Inhalt des Subsidiaritätsprinzips lautet nach der maßgeblichen Formulierung der Sozialenzyklika Quadragesimo Anno Papst Pius X I . aus dem Jahre 1931: „ W i e dasjenige, was der Einzelmensch aus eigener Initiative und mit seinen eigenen Kräften leisten kann, ihm nicht entzogen und der Gesellschaftstätigkeit zugewiesen werden darf, so verstößt es gegen die Gerechtigkeit, das, was die kleineren und untergeordneten Gemeinwesen leisten und zum guten Ende führen können, für die weitere und übergeordnete Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen; zugleich ist es überaus nachteilig und verwirrt die ganze Gesellschaftsordnung. Jedwede Gesellschaftstätigkeit ist ja ihrem Wesen und Begriff nach subsidiär; sie soll die Glieder des Sozialkörpers unterstützen, darf sie aber niemals zerschlagen oder aufsaugen." 46 Geregelt werden soll durch das Subsidiaritätsprinzip also das Verhältnis der Individuen zum Staat, das Verhältnis der Gesellschaft zum Staat und schließlich der innere Aufbau von Staat und Gesellschaft. Grundgedanke ist der Schutz untergeordneter Einheiten vor einer Aufgabenentziehung durch übergeordnete Einheiten. Nach dem Subsidiaritätsprinzip hat die Gesellschaft Vorrang vor dem Staat, der gegenüber den gesellschaftlichen Kräften nur subsidiär tätig werden darf. In der staatsrechtlichen Literatur findet sich keine allgemein akzeptierte Begriffsdefinition des Subsidiaritätsprinzips, 47 doch für die vorliegende Untersuchung läßt sich als Konkretisierung des Subsidiaritätsprinzips für das Verhältnis des Staates zu Privaten von folgendem Gedanken ausgehen: Der Staat soll nur dann tätig werden, wenn die betreffenden Aufgaben nicht in ebensolcher Weise von Privaten wahrgenommen werden können. Diese Quintessenz der unterschiedlichen Begriffsbestimmungen wird vielfach mit dem Schlagwort „So wenig Staat wie möglich, so viel Staat wie nötig" umschrieben. 48

46

Sozialenzyklika Quadragesimo Anno (1931), Nr. 79; vgl. dazu Herzog, Der Staat 2 (1963), S. 399f. und dens., FS Lerche, S. 15 (19) mit Ausführungen zur Geschichte des Subsidiaritätsprinzips. 47 48

Vgl. dazu Mahlberg, S. 54ff.

von Arnim, S. 474; Mahlberg, S. 55; ders., Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 209 (210); Thieme, JZ 1961, S. 280 (284).

200

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

1. Subsidiaritätsprinzip als Kompetenzregel In der verfassungsrechtlichen 49 und auch der wirtschaftsverfassungsrechtlichen 50 Literatur wird bestritten, daß das Subsidiaritätsprinzip durch das Grundgesetz als durchgängiger, alle staatliche Maßnahmen begrenzender Grundsatz vorgesehen ist. Zwar werden auch von Gegnern des Subsidiaritätsprinzips gewisse aus der Aussagekraft einzelner Grundrechte zu entnehmende Subsidiaritätsansätze nicht geleugnet, 51 aber als verbindlicher Maßstab für eine Kompetenzordnung sei das Subsidiaritätsprinzip abzulehnen. U m eine verfassungsrechtliche Wirkung zu entfalten, bedürfe es der Konkretisierung, die sich beispielsweise aus den Grundrechten ergeben könne. Aus diesem Grund komme dem Subsidiaritätsprinzip aber gerade keine eigenständige Bedeutung zu, denn in diesen Fällen sei unmittelbar auf die Grundrechte abzustellen. 52 Ein Verfassungsrang komme dem Subsidiaritätsprinzip nicht zu. 5 3 Diesem Ergebnis ist beizupflichten. Die Anerkennung des Subsidiaritätsprinzips als verbindlichen Verfassungsgrundsatz würde bedeuten, eine starre, undifferenzierte Kompetenzverteilungsregel auf eine hochdifferenzierte, Flexibilität erfordernde Aufgabenstruktur zu übertragen. 54 Dies kann insbesondere i m Hinblick auf die sich wandelnden Bedeutungen einzelner öffentlicher Aufgaben aber nicht dem Sinn einer verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilungsregel gerecht werden. Dies gilt sowohl für die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips für die Aufgabenstruktur innerhalb des Staatswesens, als auch die Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips für den Teilbereich des Verhältnisses Privater zum Staat. Das Subsidiaritätsprinzip ist dementsprechend kein geeigneter verfassungsrechtlicher Maßstab, nach dem die Zulässigkeit privater Gefahrenabwehr beurteilt werden kann.

49

von Heimburg, S. 26f.; Herzog, Subsidiaritätsprinzip, Evangelisches Staatslexikon, Sp. 3564 (3566f.); ders. y Der Staat 2 (1963), S. 399 (412). 50

Stober, Handbuch, § 15 II.

51

So insbesondere Schuppert, VerwArch 71 (1980), S. 309 (334).

52

Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 313; von Heimburg, S. 28.

53 So auch BVerwGE 23, S. 304 (306) -Urteil vom 25.02.1966- V I I C 72.64; 39, S. 329 (338) -Urteil vom 22.02.1972- I C 24.69; Bull, S. 196; von Heimburg, S. 27; Herzog, Der Staat 1963, S. 399ff. 54

So ausdrücklich auch von Münch/Roters Art. 28 Rdn. 6.

.

ke privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

201

2. Subsidiaritätsprinzip als politische Klugheitsregel I m Gegensatz zu der Einstufung des Subsidiaritätsprinzips als Kompentenzregel wird vielfach davon ausgegangen, daß das Subsidiaritätsprinzip als „politische Klugheitsregel" 55 oder als Leitsatz für die staatlichen Organe diene, der aber ihre Entscheidungsfreiheit nicht aufhebe. 56 Danach kann das Subsidiaritätsprinzip aber nur dort Bedeutung gewinnen, wo aufgrund anderer rechtlicher Kategorien die Frage nach der Kompetenzverteilung bereits beantwortet ist. Das so verstandene Subsidiaritätsprinzip setzt also die Beantwortung der hier zu untersuchenden Frage bereits voraus, denn der Grundsatz „So wenig Staat wie möglich" kann nur i m Rahmen derjenigen Staatsaufgaben Geltung beanspruchen, die der Staat nicht notwendigerweise selbst wahrnehmen muß. Dies ist aber genau der entscheidende Untersuchungsgegenstand bei der Frage, ob und in welchem Umfang private Gefahrenabwehr verfassungsrechtlich zulässig ist. Damit ist auch das so interpretierte Subsidiaritätsprinzip als Anknüpfungspunkt für die Prüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Gefahrenabwehr durch Private nicht geeignet. Das Subsidiaritätsprinzip als politische Klugheitsregel entscheidet nicht über Wahrnehmungszuständigkeiten, sondern stellt einen Grundsatz für die Aufgabenwahrnehmung für den Fall auf, in dem die Wahrnehmungszuständigkeiten bereits feststehen und zwar in dem Sinne, daß die betreffenden Aufgaben sowohl durch den Staat als auch durch private Träger erfüllbar sind. Der Anwendungsschwerpunkt für das Subsidiaritätsprinzip ist damit in dem Bereich der sogenannten öffentlichen Aufgaben zu suchen. Erst wenn also die zu untersuchenden Gefahrenabwehraufgaben als solche vom Staat und Privaten gleichermaßen wahrnehmbare Aufgaben festgestellt worden sind, kann auf das Subsidiaritätsprinzip zurückgegriffen werden. Ist die Prüfung allerdings so weit fortgeschritten, hat das Subsidiaritätsprinzip keinen Einfluß mehr auf die grundsätzliche verfassungsrechtliche Zulässigkeit der privaten Gefahrenabwehr, sondern ist nur noch für die Frage von Bedeutung, ob die private Gefahrenabwehr in dem zu prüfenden Bereich nicht nur verfassungsrechtlich erlaubt, sondern aufgrund des Subsidiaritätsgedankens sogar verfassungsrechtlich geboten 55 56

Schuppert, VerwArch 71 (1980), S. 309 (334).

So ausdrücklich von Heimburg, S. 28; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 313; eine größere Bedeutung mißt Zuck (S. 133) dem Subsidiaritätsprinzip bei, denn er sieht darin eine Auslegungsregel, eine Kollisionsnorm und eine Ermächtigungsgrundlage; ihm folgend Mahlberg (S. 58), der das Subsidiaritätsprinzip als Maßstab für die Prüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der privaten Gefahrenabwehr heranzieht.

202

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

ist. Dies berührt aber die grundsätzliche verfassungsrechtliche Zulässigkeit nicht und ist somit auch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung.

IV. „Staatsaufgabenlehre 44 Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der von Detektiven wahrgenommenen Gefahrenabwehraufgaben könnte die „Staatsaufgabenlehre" 57 sein. Die Tätigkeit der Detektive wäre danach grundsätzlich zulässig, wenn deren Tätigkeiten nicht zwingend dem Staat zur Erledigung auferlegt wären. Bei der Klassifizierung der dem Staat vorbehaltenen Aufgaben fangen die Schwierigkeiten schon bei den Begriffsbestimmungen an. So wird vielfach zwischen „öffentlichen" und „staatlichen" Aufgaben nicht unterschieden, 58 zum Teil werden beide Begriffe bewußt gleichgesetzt. 59 Überwiegend wird aber eine solche Unterscheidung getroffen. 60 Nach dieser Unterscheidung wird der Begriff „öffentliche Aufgaben" rechtssystematisch als Oberbegriff verstanden, der sowohl die notwendig staatlichen Aufgaben, als auch solche Aufgaben umfaßt, die der Staat zwar wahrnehmen kann, deren Erfüllung er aber auch Privaten überlassen darf. 6 1 Inhaltlich bezeichnet er solche Aufgaben, an deren Erfüllung die Öffentlichkeit maßgeblich interessiert ist. 6 2 Staatliche Aufgaben sind eine der Unterarten der öffentlichen Aufgaben. U m für die vorliegende Untersuchung eine eindeutige Begrifflichkeit 57

Dabei soll hier keinesfalls der Versuch unternommen werden, eine abstrakte und damit allgemeingültige Lehre von den Staatsaufgaben zu entwickeln (zur Unmöglichkeit eines solchen Versuchs vgl. Herzog in: Isensee/Kirchhof III, § 58 Rdnrn. Iff., 23). Vielmehr soll die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der von Detektiven wahrgenommenen Gefahrenabwehraufgaben anhand einer „verfassungsrechtlichen Momentaufnahme", also der aktuellen Verfassungslage, überprüft werden. 58

Vgl. die Beispiele bei Michaelis, S. 16ff.

59

Zeidler, AöR 86 (1961), S. 397f.; vgl. auch BVerfGE 12, S. 205 (243) -Urteil vom 28.02.1961- 2 BvG 1, 2/60 („Fernseh-Urteil") in dem sich die Feststellung findet, daß sich jede Aufgabe, mit der sich der Staat „mittels seiner Verwaltungsbehörden befaßt, eine staatliche" sei. 60

von Heimburg, S. 15; Martens, S. 81ff.; H. Peters, FS Nipperdey Bd. II, S. 877; Klein, DÖV 1965, S. 755 (756); vgl. auch Mahlberg, S. 61; Thieme, Gutachten, S. 17. öi H Peters, FS Nipperdey Bd. II, S. 877 (879); ihm folgend Mahlberg, 60f. 62

H Peters, FS Nipperdey Bd. II, S. 877 (878).

A. Zulässigkeit privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

203

zu schaffen, wird hinsichtlich der Aufgaben, die ausschließlich vom Staat wahrgenommen werden dürfen, von „notwendig staatlichen Aufgaben" gesprochen.

1. Genuine Staatsaufgaben Einen Teil der notwendigerweise vom Staat wahrzunehmenden Aufgaben stellen die genuinen Staatsaufgaben dar. Für diesen Aufgabenkatalog, über dessen Reichweite i m einzelnen keine Einigkeit besteht, ist ein absolutes Privatisierungsverbot zu bejahen. Dies rechtfertigt sich dann, wenn man genuine Staatsaufgaben als solche Aufgaben definiert, bei denen ein staatlicher Kompetenzverzicht den Staatscharakter in Frage stellen würde. 63 Zu diesen genuinen Staatsaufgaben sind deshalb etwa die Ausübung der auswärtigen Gewalt, die Landesverteidigung, die Währungshoheit, Gesetzgebung und Rechtsprechung zu zählen. 64 Zu diesem Aufgabenkatalog gehört aber nicht die Gefahrenabwehr in ihrer Gesamtheit.

2. Notwendig staatliche Aufgaben aufgrund formellen Rechts Zur Überprüfung der Frage, ob bestimmte Aufgaben ausschließlich der staatlichen Durchführung vorbehalten sind, ist des weiteren zu untersuchen, ob sich aus dem Grundgesetz formelle Regelungen zugunsten einer ausschließlich staatlichen Aufgabenwahrnehmung finden. Ist dies der Fall, braucht auf die Frage nicht eingegangen zu werden, ob sich aus einer materiellen Betrachtung notwendig staatliche Aufgaben herleiten lassen. Wie bereits geprüft, 65 kommt die Vorschrift des Art. 33 Abs. 4 GG als ein solcher formeller Vorbehalt nicht in Betracht. Als ein weiterer formeller Vorbehalt für eine ausschließlich staatliche Aufgabenwahrnehmung kommt die Regelung über die obligatorische Bundesverwaltung nach Art. 87 Abs. 1 GG in Betracht. Für die in Art. 87 Abs. 1 GG genannten Aufgaben soll nicht nur die Kompetenz des Bundes 63

Vgl. von Heimburg, S. 22.

64

von Heimburg, S. 22; für den Selbstschutz des Staates gegen äußere Gefahren auch Bull, S. 101; Krautzberger (S. 54) beschränkt diese Aufgaben auf „Erhalt, Gewährleistung bzw. Funktionssicherung des Staates als Organisation" und nennt als Beispiel die Abhaltung von Wahlen. 65

Kap. 3 A I .

204

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

bestehen, sondern aus der Kompetenz zur Errichtung eines eigenen Verwaltungsunterbaus soll auch darüber hinaus die Verpflichtung folgen, diesen Verwaltungsunterbau durch bundeseigene, unmittelbare Verwaltungsbehörden zu führen. 66 Allerdings gehört die Gefahrenabwehr nicht zu den Regelungsgegenständen des Art. 87 Abs. 1 GG, so daß es auf die Frage, ob aus den Vorschriften der Art. 83ff. GG überhaupt ein Verbot der Übertragung hoheitlicher Befugnisse auf Private entnommen werden kann, 6 7 im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht ankommt. Gegen die Auffassung, daß aufgrund der verfassungsrechtlich positivierten Kompetenzordnung allein der notwendig staatliche Aufgabenbereich hinreichend erfaßt werden kann, spricht aber auch, daß die verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsregelungen zumeist auf das Bund-Länder-Verhältnis zugeschnitten sind, und deshalb diejenigen Teilbereiche notwendig staatlicher Aufgaben nicht genannt werden könnten, die sich aus den Generalnormen der Art. 30, 70 und 83 GG ergeben. 68 Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Vorschriften des Landespolizeirechtes, die unter der Überschrift „Gefahrenabwehr als staatliche Aufgabe" bestimmen, daß die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei in Ausübung staatlicher Gewalt handeln, 69 keine Bedeutung für die Frage haben, ob es sich bei den von Detektiven wahrgenommenen Tätigkeiten um notwendig staatliche Aufgaben handelt, da diesen landesrechtlichen Regelungen die bundesrechtlich geregelten Jedermannrechte gegenüberstehen, auf denen unter anderem die Tätigkeit der Detektive beruht. Insofern hat gemäß Art. 31 GG die bundesrechtliche Regelung Vorrang.

3. Notwendig staatliche Aufgaben aufgrund materiellen Rechts Da die bisherige Untersuchung ergeben hat, daß die Gefahrenabwehr weder zu den genuinen Staatsaufgaben zu zählen ist, noch aufgrund formel-

66

Vgl. von Heimburg, S. 24.

67

Dagegen Grabbe y S. 55f.; von Heimburg, S. 24f.

68

Isensee in: Isensee/Kirchhof III, § 57 Rdn. 147; Krautzberger,

69

S. 44.

Vgl. § 75 POG RhPf: „Gefahrenabwehr als staatliche Aufgabe - (1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei handeln in Ausübung staatlicher Gewalt."; vgl. aber § 81 HSOG: „Gefahrenabwehr als staatliche Aufgabe - Die Gefahrenabwehr ist Angelegenheit des Landes, soweit andere Rechtsvorschriften nichts Abweichendes bestimmen."

.

ke privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

205

len Verfassungsrechts dem Staat zur ausschließlichen Wahrnehmung zugewiesen ist, bleibt die Erörterung der Frage, ob dem Staat einzelne Aufgabenbereiche von ihrem Inhalt her ausschließlich zuzuordnen sind.

a) Notwendig staatliche Aufgaben bei Vorliegen bestimmter Aufgabenbereiche Materiell-staatliche Aufgabenbereiche werden insbesondere von der i m Zusammenhang mit der Rechtsfigur des Beliehenen entwickelten Aufgabentheorie anerkannt. Danach können Private aufgrund einer Beleihung zu einzelnen Tätigkeiten berechtigt und verpflichtet werden, die sich materiell als solche des Staates darstellen. 70 Dies setzt aber voraus, daß es solche dem Staat vorbehaltenen materiellen Tätigkeiten überhaupt gibt. 7 1 Dies wurde insbesondere i m älteren Schrifttum vertreten 72 und auch in der neueren Literatur werden Aufgaben als „nach dem Wesen unserer Staatsidee", 73 „zwingend" 7 4 oder als „geborene" 7 5 Staatsaufgaben dem ausschließlich staatlichen Tätigkeitsbereich zugeordnet. Auch in der Rechtsprechung finden sich Formulierungen wie „natürliche Aufgabe des Staates" 76 oder „vorrangige, der Existenzsicherung weiter Teile des Volkes dienende Aufgabe staatlicher Daseinsvorsorge", 77 die auf die Anerkennung materieller staatlicher Aufgabenbereiche hindeuten. Zu diesen ausschließlich dem Staat vorbehaltenen Aufgaben werden auch das Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechnet. 78 Daraus 70 Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 533; Badura (Verwaltungsmonopol, S. 92) bejaht ausschließliche Befugnisse des Staates als Inhalt eines Verwaltungsmonopols, das aus dem Wesen des Staates selbst entspringt. 71

So auch Mahlberg, S. 63.

72

So etwa Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 533.

73

H. Peters, FS Nipperdey Bd. II, S. 877 (892); ähnlich H. Peters/Ossenbühl,

S. 26,

39. 74

Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, S. 40.

75 Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, S. 41 (allerdings in Anführungszeichen und mit dem Zusatz „gewissermaßen"; als Beispiel sei „etwa an so deutliche Fälle wie polizeiliche Maßnahmen" zu denken; (ebenda, S. 41, Fn. 81). 76

BVerfG, DÖV 1970, S. 92 (94) -Beschluß vom 14.11.1969- 1 BvL 24/64.

77

BGH, NJW 1962, S. 1115 (1116) -Urteil vom 13.12.1961- 2 StR 507/60.

206

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

kann aber nicht gefolgert werden, daß sämtliche Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr notwendig dem Staat obliegen. Die weitgehend akzeptierte Zuordnung des Polizeiwesens zu den notwendig staatlichen Aufgaben beruht vielmehr auf der Tatsache, daß die Polizei ihre Aufgaben regelmäßig unter Einsatz von Befehl und Zwang oder jedenfalls unter Eingriffen in die Rechte von Bürgern erfüllt, nicht dagegen auf einer Betrachtung des Inhaltes der einzelnen von der Polizei wahrgenommenen Funktionen. 79 Soweit der Einsatz der Polizei tatsächlich auf der Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Machtmittel beruht, ist der Einordnung als notwendig staatliche Aufgabe zuzustimmen. Es soll hier also nicht bestritten werden, daß die Gefahrenabwehr weitgehend eine staatliche Aufgabe ist.

b) Notwendig staatliche Aufgaben bei Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse Es finden sich aber auch Stimmen, die das Vorliegen materieller Agenden zugunsten des Staates ablehnen. 80 In erster Linie ist Vogel 81 der Aufgabentheorie entgegengetreten. Er unterscheidet zwischen der Verantwortung des Staates für die Erfüllung bestimmter, namentlich daseinswichtiger Tätigkeiten einerseits und seinem Wahrnehmungsmonopol andererseits. Vogel folgert daraus, daß der Schluß von staatlicher Verantwortung für die Wahrnehmung einer Aufgabe nicht den Schluß auf ein staatliches Wahrnehmungsmonopol rechtfertigt. 82 Aus seiner Auffassung ergibt sich, daß notwendig staatliche Aufgaben nicht aufgrund ihres Inhaltes bestimmt werden können. 78

von Arnim, S. 18; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 168; ders. y Beamtenstreik, S. 86; Wolff/Bachof I § 2 I I b 1; H Peters, FS Nipperdey Bd. II, S. 877 (892); Lintner (Innere Sicherheit 4/92, S. 8) äußert sich in einem Vortrag folgendermaßen: „Die Gefahrenabwehr ist unverzichtbare staatliche Aufgabe", schränkt dies aber im weiteren Verlauf seines Vortrages dahingehend ein, daß auch dem Bürger „eine Verantwortung für die Abwehr von Gefahren" zukommt und die im Rahmen der Kriminalitätsvorbeugung angebotenen Dienstleistungen eine „besondere Bedeutung" haben. 79

Bracher, S. 138, 141; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 168.

80 von Arnim, S. 471; Däubler, S. 64f.; von Heimburg, S. 15; Krautzberger, Mahlberg, S. 65; Thieme, Gutachten, S. 18; Vogel, S. 66. 81 82

S. 52;

Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, S. 66.

Vogel, S. 62; ihm folgend Mahlberg, S. 65; ders. y Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 209 (210).

.

ke privater, gewerblicher G e f a h r e n a b w e h r 2 0 7

Für die Ablehnung der Festlegung bestimmter materieller Kriterien zur Ermittlung der notwendig staatlichen Aufgaben spricht auch, daß der Begriff der notwendig staatlichen Aufgaben nicht starr, sondern dynamisch zu verstehen ist. 8 3 Der Staat ist keine unwandelbare Größe. Er ändert sich und mit i h m die von i h m notwendigerweise wahrzunehmenden Aufgaben. Gerade die Auffassungen, die das Vorliegen originärer Staatsaufgaben bejahen und zur Begründung auf das typische Erscheinungsbild des Staates und die Voraussetzungen seiner Wirksamkeit abstellen, 84 begeben sich insofern in einen Widerspruch, als sie nicht berücksichtigen, daß gerade der Wandel dieses Erscheinungsbildes gegen das Vorliegen originärer staatlicher Aufgaben spricht. Dieses Ergebnis läßt sich auch umgekehrt - aus der Sicht der Bürger - begründen, denn in einem anthropozentrischen Gemeinwesen muß alle Staatstätigkeit den Interessen der Bürger dienen. 85 Diese Interessen unterliegen aber einem Wandel. Belegen läßt sich die Notwendigkeit eines dynamischen Staatsaufgabenbegriffes auch anhand historischer Entwicklungen. Allein die Änderung des Staatsverständnisses in der Zeit des naturrechtlichen Zweckdenkens über den spätabsolutistischen Wohlfahrtsstaat zum liberalen „Nachtwächterstaat" bis hin zum Sozialstaat der Moderne zeigt, daß das typische Erscheinungsbild des Staates immer wieder neu zu definieren ist. Das Aufgabenverständnis wandelte sich beispielsweise im Schul- und Hochschulwesen 86 und gerade auch im Bereich der Gefahrenabwehr. Genannt werden können als Beispiele für ein gewandeltes Zuständigkeitsverständnis i m Bereich der Gefahrenabwehr etwa die Aufgabenwahrnehmung der Technischen Überwachungsvereine, die Kraftfahrzeuge und andere Maschinen auf ihre Sicherheit überprüfen, der Prüfingenieure i m Bauwesen und der Hilfskräfte bei der Brandbekämpfung. 87

83 von Mangoldt/Klein Art. 33 Anm. V I 1; Maunz/Dürig-Maunz Art. 33 Rdn. 33; Krautzberger, S. 48; Mahlberg, S. 68; Tiemann, Der Staat 16 (1977), S. 171 (185); kritisch Benndorf, DVB1 1981, S. 23 (24). 84

H. Peters/Ossenbühl,

85

von Arnim, S. 471.

S. 39.

86

Vgl. Mahlberg, S. 68f. mit weiteren Beispielen. Ein aktuelleres Beispiel ist etwa die Privatisierung der zivilen Flugsicherung; vgl. FAZ vom 02.05.1992, S. 11. 87 Vgl. zu einzelnen Beispielen aus dem Bereich der Gefahrenabwehr Bull, S. 100; Mahlberg, S. 68f.; Thieme, Gutachten, S. 18f.

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

208

Daraus folgt, daß es keine notwendig staatlichen Aufgaben allein aufgrund des Inhalts der Tätigkeit gibt. Zu suchen ist vielmehr nach einem Kriterium, das unabhängig von dem sich verändernden Erscheinungsbild des Staates die Bestimmung notwendig staatlicher Aufgaben ermöglicht. Dieses Kriterium ist die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse. Als notwendig staatliche Aufgaben sind also nur solche Tätigkeiten anzusehen, deren Wahrnehmung hoheitsrechtliche Befugnisse voraussetzen. 88 Dies ergibt sich daraus, daß die hoheitsrechtlichen Befugnisse und damit notwendig staatlichen Aufgaben den Beamten als einer den hoheitlichen Staatsaufgaben besonders eng verbundenen Gruppe von Bediensteten im Interesse eines intakten, auch in Krisenzeiten noch funktionsfähigen Gemeinwesens zugewiesen sind. 8 9 Diesem Sinn und Zweck des beamtenrechtlichen Funktionsvorbehaltes entspricht es aber nicht, wenn durch die Festlegung der notwendig staatlichen Aufgaben auf bestimmte materielle Tätigkeiten Unzeitgemäßes konserviert wird, und der beamtenrechtliche Funktionsvorbehalt somit seinem Regelungszweck, eine bestimmte, den Bedürfnissen des jeweiligen Gemeinwesens entsprechende Aufgabenwahrnehmung auch in Krisenzeiten zu sichern, nicht mehr gerecht werden kann. Die notwendig staatlichen Aufgaben setzen also das Vorliegen hoheitsrechtlicher Befugnisse im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG voraus. 90 Für dieses Ergebnis spricht ferner, daß die Besonderheiten des Beamtenstatus sich nur funktional, also ausgehend von der Besonderheit der wahrgenommenen Aufgaben begründen lassen. 91 Der Funktionsvorbehalt für das Berufsbeamtentum als staatsspezifischem Diensttypus in Art. 33 Abs. 4 GG ist nur dann gerechtfertigt, wenn dieser Funktionsvorbehalt auch nur staatsspezifische Aufgaben erfaßt. 92 Dies sind die an die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Befugnisse gebundenen Aufgaben. Soweit dieser dynamische Staatsaufgabenbegriff im Zusammenhang mit der Ausdehnung des beamtenrechtlichen Funktionsvorbehaltes auf be88

Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 89; Mahlberg, S. 65f.; Vogel, S. 80; Görgmaier, DÖV 1977, S. 356 (359). 89

von Münch/Matthey

Art. 33 Rdn. 29.

90

So ausdrücklich Isensee, Beamtenstreik, S. 93; ebenso AK-GG/Schuppert Rdn. 36; Jung, S. 132ff. 9

» AK-GG/Schuppert Art. 33 Rdn. 34.

92

Isensee, Beamtenstreik, S. 93.

Art. 33

.

ke privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

209

stimmte Bereiche der Leistungsverwaltung entwickelt worden ist, 9 3 muß dies gleichermaßen für den umgekehrten Fall gelten, nämlich, daß Aufgaben, die bislang als notwendig staatliche galten, nicht mehr dem beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt unterzuordnen sind. Diese Argumentation darf aber nicht dahin mißverstanden werden, daß die Frage, ob ein Dienstposten beamtenrechtlich zu besetzen ist und die Frage, ob eine notwendig staatliche Aufgabe vorliegt, identisch sind. Ein Dienstposten kann nämlich auch dann insgesamt dem Beamtenreservat zugeordnet werden, wenn die Erfüllung der Aufgabe regelmäßig unter Inanspruchnahme hoheitsrechtlicher Befugnisse erfolgt. 94 Es kommt zur Ermittlung der notwendig staatlichen Aufgaben also auf das Vorliegen hoheitsrechtlicher Befugnisse i m Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG an. Wie gezeigt, 95 erfolgt die detektivische Tätigkeit aber nicht unter Inanspruchnahme hoheitsrechtlicher Befugnisse, so daß es sich auch nicht um eine notwendig staatliche Aufgabe handelt. Nach der „Staatsaufgabenlehre" stehen der gefahrenabwehrenden Tätigkeit der Detektive also keine Bedenken entgegen.

V. Grundrechtliche Begründung Die Zulässigkeit privater Gefahrenabwehr läßt sich des weiteren aus grundrechtlicher Sicht begründen. Die vorliegend am Maßstab der Verfassung zu überprüfenden gewerblich ausgeübten Selbstschutzmaßnahmen entspringen nämlich nicht nur einem elementaren menschlichen Bedürfnis, dem der Staat lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen Rechnung trägt, 96 sondern ergeben sich aus den Grundrechten des Selbstschützers, insbesondere etwa aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 GG. Eine - soweit ersichtlich real noch nie beabsichtigte - Streichung der Selbstschutzbefugnisse würde

93

Vgl. Maunz/Dürig-Maunz

94

So auch Isensee, Beamtenstreik, S. 85.

95

Kap. 3 A I 2.

Art. 33 Rdn. 33; von Münch/Matthey Art. 33 Rdnrn. 29f.

96 Dahingehend etwa Hoffmann-Riem (ZRP 1977, S. 277 [281]), nach dem das Verbot von Selbstschutzmaßnahmen „nicht einsichtig" wäre; gegen ihn Schwabe, W+SInformation 1983, Heft 158, S. 10 (12).

14 Peilert

210

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

sich letztlich als eine staatlich auferlegte Pflicht zur Duldung rechtswidriger Angriffe darstellen und deshalb einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1, 14 GG bedeuten. 97 U m die Effizienz dieser Selbstschutzbefugnisse sicherzustellen, ist aber nicht nur das Recht geschützt, sich selbst zu verteidigen, sondern auch, sich dabei eines Helfers zu bedienen, unabhängig davon ob dieser aus Gefälligkeit oder gegen Bezahlung tätig wird. Dementsprechend ist ein Verbot der Gefahrenabwehr einerseits an den Grundrechten der schutzbedürftigen Kunden (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, 14 GG) und andererseits an den Grundrechten des Gewerbetreibenden selbst (Art. 12 GG) zu messen, so daß Anbieter und Kunde hier gleichsam einen Grundrechtsverbund gegenüber staatlichen Eingriffen bilden. 9 8 Unter diesem Aspekt ist die private Gefahrenabwehr in gewerblicher Form also nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern ihre Abschaffung verstieße sogar gegen Grundrechte der Gewerbetreibenden und ihrer Kunden.

VI. Ergebnis: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der privaten, gewerblichen Gefahrenabwehr unter Inanspruchnahme der Jedermannrechte Damit steht als Ergebnis fest, daß auch im Bereich der Gefahrenabwehr privates Handeln, und zwar auch in gewerblicher Form, verfassungsrechtlich zulässig ist. Soweit behauptet wird, daß die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Angelegenheit des Staates ist, gilt dies nur insofern, als in diesem Aufgabenbereich zwar eine staatliche Verantwortung, nicht aber ein staatliches Ausführungsmonopol besteht. 99 Welche Konsequenzen die staatliche Verantwortung für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen hat, wird - etwa im Zusammenhang mit der Erörterung des staatlichen Gewaltmonopols - noch zu zeigen sein.

97

Schwabe, W+S-Information 1983, Heft 158, S. lOff.

98

Schwabe, W+S-Information 1983, Heft 158, S. 10 (12). Vgl. auch Krey (Problematik privater Ermittlungen, S. 45): „Die Tätigkeit der Detektive als Gehilfen von Verletzten und deren Anwälten steht zum einen unter dem Schutz des Art. 12 GG, was keiner weiteren Ausführungen bedarf." 99

So im Ergebnis auch Mahlberg (S. Iii.)

und Vogel (S. 62).

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

211

B. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr unter Inanspruchnahme der Jedermannrechte

L Staatliches Gewaltmonopol I m folgenden soll untersucht werden, ob und inwieweit das staatliche Gewaltmonopol durch die Tätigkeit von privaten Sicherheitsunternehmen, speziell den Detektiven, berührt wird. Dabei wird sich zeigen, daß das Problem weniger darin zu suchen ist, ob Private grundsätzlich auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung tätig werden können, sondern darin, ob dem Tätig werden von Privaten in diesem Bereich durch das staatliche Gewaltmonopol Grenzen gesetzt sind. Zu prüfen ist insbesondere, ob diese Grenzen das einfache Recht beeinflussen, wie etwa den Umfang der Notrechtsbefugnisse oder die Ausgestaltung der gewerberechtlichen Zulassungsvorschriften.

1. Bedeutung des staatlichen Gewaltmonopols Das staatliche Gewaltmonopol ist eines der konstituierenden Staatsmerkmale. Verliert der Souverän die alleinige Zwangsgewalt und bilden sich von ihm unabhängige Träger von Gewaltpotentialen, so verliert er auch das Gewaltmonopol und damit eines der konstituierenden Staatsmerkmale. 100 Bei dieser Betrachtungsweise steht das Gewaltmonopol als Bedingung staatlicher Souveränität und damit als Mittel der Selbsterhaltung im Vordergrund. 1 0 1 Daneben tritt jedoch eine weitere und durchaus eigenständige Funktion des staatlichen Gewaltmonopols, die die Ächtung der Gewalt zur Austragung innergesellschaftlicher Konflikte zum Inhalt h a t . 1 0 2 Die Funktion des staatlichen Gewaltmonopols, die Gewalt unter Privaten zu äch-

100

Vgl. Merten (Konsens und Konflikt, S. 324 [327f.]), der daraus folgert, daß sich dann die innerstaatlichen Beziehungen in völkerrechtliche verwandeln. Ausführlich zum Begriff der Souveränität: Quaritsch, durchgehend; vgl. zu den Merkmalen und Eigenschaften der Souveränität nach der Lehre Jean Bodin's insbesondere S. 255f. 101

Bracher, S. 109.

102

Bracher, S. 109; Merten, S. 60; ders, Konsens und Konflikt, S. 324 (333).

212

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

ten, stand sogar ursprünglich im Vordergrund, denn i m absoluten Staat gehörte der Schutz der Untertanen vor privater Gewalt zu den Hauptaufgaben des Staates. Durch die Monopolisierung der staatlichen Gewalt i m Zeitalter der absoluten Monarchie verlor der Bürger das Recht, seine privaten Auseinandersetzungen mit Fehde und Faust auszutragen. 103 Das staatliche Gewaltmonopol beinhaltet somit zwei unterschiedliche Aspekte, die auch unterschiedliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das staatliche Gewaltmonopol unter dem Gesichtspunkt der Gewaltunterbindung i m Bürger-Staat-Verhältnis ist für den Staat konstitutiv, um seinen Willen in der Gesellschaft durchsetzen zu können. U m die Durchsetzbarkeit seines Willens zu gewährleisten ist er auf das Mittel der Gewalt angewiesen, das nur dann wirksam ist, wenn der Staat die Gewaltanwendung durch Private soweit unterbindet, als sie die staatliche Machtausübung behindern könnte. 1 0 4 Sowohl der Einsatz von Gewalt als auch das Verbot privater Gewaltausübung stellen sich insofern als Herrschaftsinstrumente des Staates dar. Aus diesen Überlegungen ergibt sich, daß der Staat eine Gewaltanwendung von Bürgern gegen den Staat nicht hinnehmen kann. I m Bürger-Staat-Verhältnis gilt somit ein absolutes Verbot der Gewaltausübung. Demgegenüber erfordert das Souveränitätsprinzip ein solch absolutes Verbot der Gewaltanwendung i m Verhältnis der Bürger untereinander nicht. Solange Bürger untereinander Gewalt anwenden und nicht gegenüber dem Staat, sich vielmehr den staatlichen Anordnungen fügen, ist die staatliche Willensdurchsetzung nicht gefährdet. 105 Die Wirksamkeit staatlicher Willensdurchsetzung wird durch eine Gewaltanwendung unter Bürgern nicht unmittelbar beeinträchtigt. Daraus folgt, daß der Staat, ohne seine Existenz in Frage zu stellen, in gewissem Umfang gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Bürgern tolerieren kann. 1 0 6 Wesentlich ist, daß einerseits die Grenzen des Gewalteinsatzes durch den Staat bestimmt werden und ihm andererseits die rechtliche und faktische Möglichkeit verbleibt, jederzeit regulierend einzugreifen.

103

Faller, FS Geiger, S. 3 (6f.); Isensee, FS Eichenberger, S. 23 (26).

104

So auch überzeugend Bracher, S. 109. Bracher, S. 109.

106

Bracher, S. 110.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

213

Diese inhaltlichen Vorgaben des staatlichen Gewaltmonopols im Hinblick auf das hier zu untersuchende Bürger-Bürger-Verhältnis werden sowohl für die später vorzunehmende genaue Begriffsbestimmung des staatlichen Gewaltmonopols als auch für eventuelle Einschränkungen des Tätigwerdens privater Sicherheitsunternehmen Bedeutung haben.

2. Rechtspolitische Bedenken und tatsächlicher Befund Gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen werden i m Hinblick auf eine Durchbrechung des staatlichen Gewaltmonopols Bedenken geltend gemacht. Bevor auf einige der sich in den letzten Jahren häufenden kritischen Stellungnahmen eingegangen wird, ist aber festzuhalten, daß sich diese Kritik überwiegend auf das Bewachungsgewerbe bezieht und auf die Tätigkeit von Detektiven nicht ohne weiteres übertragbar ist. Bedeutung kann die Kritik aber etwa für die Tätigkeit der Kaufhausdetektive haben und soweit Detektive i m Rahmen ihrer Ermittlungen ausnahmsweise Festnahmehandlungen vornehmen. Wesentlich beeinflußt wurde die kritische Auseinandersetzung mit dem Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen durch einen Aufsatz von Hoffmann-Riem. 107 Er leitet seine Gefahrenanalyse des Tätigwerdens privater Sicherheitskräfte mit dem Hinweis auf die Ausweitung ihres Dienstleistungsangebotes ein und trifft die Feststellung, daß der Gesamtumsatz des deutschen Bewachungsgewerbes bereits so hoch sei, daß mit den Ausgaben die Kostenbelastung des Polizeivollzugsdienstes eines mittleren Bundeslandes bestritten werden könne. 1 0 8 Dies sei aber nur der Anfang einer zu befürchtenden Entwicklung, denn wenn es gelänge den - berechtigten oder unberechtigten - Eindruck zu erwecken, das private Sicherheitsgewerbe arbeite unbürokratischer, rascher, effektiver und ideenreicher, die Polizei dagegen sei überlastet und daher nicht in der Lage einer als steigend empfundenen Verbrechenswelle wirksam zu begegnen, sei es nicht mehr weit zu der suggestiven Frage, warum die staatliche Polizei überhaupt benötigt würde. Des weiteren liege für die Politiker die Versuchung nahe, die bei den Polizeikosten eingesparten Mittel in anderen Bereichen zu investieren, was wiederum dazu führe, daß die Effizienz staatlicher Polizeiarbeit weiter abneh-

10

? ZRP 1977, S. 277.

108

Hoffmann-Riem, ZRP 1977, S. 277 unter Berufung auf die Angaben von Stümper, Kriminalistik 1975, S. 193.

214

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

men und demzufolge das Vertrauen der Bevölkerung in die Leistungsfähigkeit der Polizei sich weiter vermindern werde. Dadurch werde auch die Bereitschaft zur Einschaltung und Unterstützung der Polizei in der Bevölkerung weiter sinken, was wiederum die Aufklärungsquote der Polizei negativ beeinflussen werde. So werde der Ruf nach dem Ausbau privater Sicherung immer stärker, die Versuchung der Politiker diesem Drängen nachzugeben immer größer. 1 0 9 Die Ausdehnung privater gewerblicher Tätigkeit i m Bereich der Gefahrenabwehr werde immer weitere Tätigkeitsfelder erfassen und immer stärker in den Bereich der repressiven Tätigkeit vordringen. Ausdrücklich sieht Hoffmann-Riem diese Gefahr auch für die „Bespitzelung" 1 1 0 von Personen und bezieht somit auch die detektivische Tätigkeit in seine Gefahrenanalyse ein. Speziell in bezug auf das staatliche Gewaltmonopol sieht Hoffmann-Riem die Gefährdung wichtiger rechtsstaatlicher Errungenschaften, nämlich der Zurückdrängung von Selbsthilfe, Faustrecht, Rachejustiz oder sonstiger Formen strafrechtlicher Privatjustiz und die Bereitstellung zivil- und verwaltungsgerichtlicher Verfahren zur Rechtsgutsicherung. 111 Zu dieser Gefahrenanalyse von Hoffmann-Riem ist allerdings anzumerken, daß sie auch dem Zweck dient, einer von der Wissenschaft stiefmütterlich behandelten Problematik durch zum Teil auch bewußt überzogene Behauptungen zu stärkerer Beachtung zu verhelfen. Dies ergibt sich schon daraus, daß Hoffmann-Riem von „Zukunftsvisionen" 1 1 2 spricht und einräumt, daß die geäußerten Befürchtungen „überzogen oder doch jedenfalls zur Zeit (noch) nicht berechtigt sein" mögen. 1 1 3 Dennoch hat Hoffmann-Riem in der Literatur Gefolgschaft gefunden. 114 Dabei wird die Problematik vielfach unter dem Stichwort „Verlust des staatlichen Gewaltmonopols durch Privat-

109 Hoffmann-Riem, Ordnung, S. 52.

ZRP 1977, S. 277 (278); ebenso Arzt, Der Ruf nach Recht und

110

Hoffmann-Riem,

ZRP 1977, S. 277 (279).

111

Hoffmann-Riem,

ZRP 1977, S. 277 (279).

112

Hoffmann-Riem,

ZRP 1977, S. 277 (278f.).

113

Hoffmann-Riem,

ZRP 1977, S. 277 (280).

114

Roßnagel, ZRP 1983, S. 59 (62); Stacharowsky, Krim Journal 1985, S. 228 (232); Steinke, DNP 1986, S. 38f.; Stüllenberg, Kriminalistik 1987, S. 616 (617); ebenso Hermann Lutz (Vorsitzender des Bundesvorstands der Gewerkschaft der Polizei), Die Woche vom 12.08.1993, S. 26 („Abschied vom Gewaltmonopol des Staates").

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

215

polizeien" abgehandelt 115 und damit suggeriert, daß sich neben der staatlichen Polizei private Polizeiorganisationen mit gleichen Befugnissen bildeten. Auch die Gefahr, daß durch das Anwachsen des privaten Sicherheitsgewerbes Privatarmeen entstehen könnten, aus denen auch einmal eine politische Gefahr erwachsen könne, wenn unter dem Deckmantel einer solchen Schutzorganisation eine private schlagkräftige Einheit zu politischen Zwekken aufgebaut würde, wird aber als „derzeit natürlich theoretisch" 116 oder „nicht aktuell", „aber real" 1 1 7 bezeichnet. Die dargestellten Befürchtungen entsprechen - wie auch überwiegend eingeräumt - nicht dem tatsächlichen Befund. Für den gesamten Bereich der privaten Sicherheitsunternehmen gilt, daß es für eine den Staat gefährdende Privatarmee an organisatorischen und logistischen Grundvoraussetzungen fehlt. Dabei sprechen die folgenden tatsächlichen Umstände gegen das aktuelle Bestehen und gegen das zukünftige Entstehen sogenannter Privatarmeen: Das Bewachungsgewerbe weist eine Vielzahl von Unternehmen auf, bei denen aufgrund der Konkurrenzsituation irgendwie geartete Absprachen über ein Zusammenwirken nicht getroffen werden. 1 1 8 Die meisten in der Bundesrepublik tätigen Sicherheitsunternehmen haben deutlich unter 100 Beschäftigte und sind somit eigenständig nicht zur Bildung einer Privatarmee in der Lage. 1 1 9 Der Anteil des bewaffneten Personals liegt im allgemeinen Wachdienst nur bei 5 bis 10%. 1 2 0

115 Wehner, Kriminalistik 1980, S. 34; vgl. auch Stüllenberg, Kriminalistik 1987, S. 616 (617). 116

Stümper, Kriminalistik 1975, S. 193 (195).

117

Hoffmann-Riem,

118

Vgl. Mahlberg, S. 88; Häring, PFA III, S. 179 (190); ders., WS 1979, S. 162 (164).

119

Vgl. Mahlberg, S. 88; Häring, WS 1979, S. 162 (164).

120

ZRP 1977, S. 277 (279).

Häring (PFA III, S. 179 [186]) gibt einen Anteil an bewaffnetem Personal von 5% an; Loyo (Der Kriminalist 1995, S. 2 [4]) nennt eine durchschnittliche Ausstattung der Sicherheitsunternehmen mit Kurzwaffen von „merklich unter 10%" des Personalbestandes. Bei dem Großunternehmen „Raab-Karcher-Sicherheit" sind von den rund 8.000 Mitarbeitern rund 500 Mitarbeiter bewaffnet, und diese sind überwiegend in kerntechnischen Anlagen und im Bereich der Geld- und Wertdienste eingesetzt (Glavic, Die Polizei 1994, S. 36 [40]).

216

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

Diese Gründe gelten in noch stärkerem Maße für das Detektivgewerbe als für das Bewachungsgewerbe, denn Detekteien haben noch eine geringere Durchschnittsgröße, eine Bewaffnung bildet die Ausnahme und die Detektivtätigkeit ist gerade nicht auf ein einheitliches, geschlossenes Auftreten ausgerichtet. Damit läßt der tatsächliche Befund keine Zweifel daran, daß eine Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols durch aus dem privatem Sicherheitsgewerbe entstehende Privatarmeen derzeit nicht droht 1 2 1 und eine solche Entwicklung derzeit auch nicht absehbar ist. Dieser eindeutige tatsächliche Befund - dem, wie gesagt, auch die Kritiker des privaten Sicherheitsgewerbes zustimmen - könnte nun dazu veranlassen, die Untersuchung des staatlichen Gewaltmonopols einzustellen. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist aber nicht allein die Frage, ob das staatliche Gewaltmonopol zu einer Unzulässigkeit des privaten Sicherheitsgewerbes führen kann oder ob unter dem Aspekt der Entstehung von Privatarmeen Einschränkungen des privaten Sicherheitsgewerbes geboten sind, sondern generell, welche Anforderungen an den Staat zu stellen sind, wenn er in beliebiger Weise sein staatliches Gewaltmonopol einschränkt.

121 Ebenso Bericht B M I I, S. 18f.; Bericht B M I II, S. 7; Mahlberg, S. 87; Häring, PFA III, S. 179 (190). Nach dem Bericht des Bundesministers des Innern zum Problem der privaten Wahrnehmung von Wach- und Sicherheitsaufgaben (Bericht B M I I, S. 19) sollte die Entwicklung »jedoch angesichts der zunehmenden Ausdehnung des Gewerbes weiterhin sorgfältig beobachtet werden. Wegen der besonderen sicherheitspolitischen Aspekte der privaten Wahrnehmung von Wach- und Sicherheitsaufgaben wird unter Beteiligung der Länder und der betroffenen Organisationen die Entwicklung in diesem Bereich von Zeit zur Zeit zu überprüfen sein, um den parlamentarischen Körperschaften sowie den Regierungen des Bundes und der Länder Anhaltspunkte für ggf. erforderliche staatliche Maßnahmen zu geben." Ebenso die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Willfried Penner, Gerd Wartenberg (Berlin) u. a. (BTDrucks 12/908), nach der eventuell auftretenden Mißständen in diesem Bereich durch „geeignete Maßnahmen, insbesondere im Bereich des Gewerbe- und Waffenrechts" entgegenzutreten wäre; BTDrucks 12/2374, S. 23. Bei der Entwicklung des Bewachungsgewerbes ist zu beachten, daß neuerdings die Branche auch von großen Industriekonzernen entdeckt worden ist, die sich von dem Dienstleistungsgeschäft stetig wachsende Einnahmen und eine gute Rendite versprechen. Zur Unternehmensstrategie gehört es dabei, das Geschäft nicht von unten her aufzubauen, sondern bereits bestehende größere Unternehmen zu akquirieren. Ein Beispiel ist etwa der Veba-Konzern mit dem Aufbau der Raab Karcher-Sicherheitsgruppe (FAZ vom 30.12.1994, S. 14; weiteres Beispiel in FAZ vom 03.07.1995, S. 17).

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

217

3. Begriffsbestimmung des staatlichen Gewaltmonopols Die verfassungsrechtliche Herleitung des staatlichen Gewaltmonopols ist umstritten. Zum Teil wird es als ein i m Grundgesetz nicht ausdrücklich genanntes, i m Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 GG) verankertes ungeschriebenes Verfassungsprinzip angesehen, 122 zum Teil wird dies ausdrücklich verneint und statt dessen Art. 33 Abs. 4 GG als verfassungsrechtliche Konkretisierung des staatlichen Gewaltmonopols angesehen. 123 Nach einer weiteren Auffassung ergibt sich das staatliche Gewaltmonopol aus einem Gesamtbild der Verfassung, insbesondere den Art. 20 Abs. 2 Satz 1, Art. 33 Abs. 4 und Art. 13 Abs. 3 G G , 1 2 4 und schließlich wird das staatliche Gewaltmonopol aus der wesentlichen Funktion des Rechtsstaates zur Sicherung des Rechtsfriedens hergeleitet. 125 Trotz der unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Herleitungen des staatlichen Gewaltmonopols besteht über die Begrifflichkeit des staatlichen Gewaltmonopols aber weitgehend Einigkeit. Als Ausgangspunkt der inhaltlichen Erfassung des staatlichen Gewaltmonopols wird allgemein die Begriffsbestimmung Max Weber's 1 2 6 als „Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit" herangezogen. 127 Bei der näheren inhaltlichen Erfassung des staatlichen Gewaltmonopols wird vielfach formuliert, daß das staatliche Gewaltmonopol durch die den Bürgern gewährten Notrechte durchbrochen werde. 1 2 8 Die Tatsache, daß das staatliche Gewaltmonopol in den Notrechten seine Einschränkung findet, ist zwar zutreffend, aber diese Einschränkungen sind dem staatlichen Gewaltmonopol in freiheitlichen Staaten geradezu immanent. Insbesondere ergibt sich dies daraus, daß das Gewaltmonopol im Bürger-Bürger-Verhältnis von

122

Ebert/Ehses/Foerster/Otto-Ebert,

Rdn. 11; Schuster, Die Polizei 1989, S. 5 (6).

123

Bracher (S. 101, 107ff.), demzufolge aber das staatliche Gewaltmonopol zwar keine spezifische Ausprägung des Rechtsstaates ist, aber als notwendiges Element auch des Rechtsstaates aus dem Rechtsstaatsprinzip begründet werden kann. 124

Isensee, FS Eichenberger, S. 23 (32, Fn. 19).

125

Mahlberg, S. 79.

126

M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 821f., des weiteren S. 29, 518f.

127 Herzog, Gewalt und Kriminalität, S. 13; Merten, Konsens und Konflikt, S. 324 (325); Schwegmann, VR 1987, S. 217. 128

Bracher, S. 104; Mahlberg, S. 82, 146; Roßnagel, ZRP 1983, S. 59 (62).

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

218

vornherein - wie dargelegt - 1 2 9 keine absolute Geltung beansprucht. Die Notrechte stellen also keine Durchbrechung des staatlichen Gewaltmonopols dar, sondern definieren den Umfang des staatlichen Gewaltmonopols, soweit dieses aus der staatlichen Friedenssicherungspflicht entspringt und das Bürger-Bürger-Verhältnis betrifft. Insoweit ist das Gewaltverbot inter privatos schon per definitionem mit dem Vorbehalt zu versehen, daß private Gewaltausübung grundsätzlich zulässig ist, daß sie aber nur aufgrund einer staatlichen Gewaltgestattung erfolgen darf. 1 3 0 I m Rahmen der Gewaltgestattungen unterscheidet man üblicherweise Gewaltübertragung und Gewaltermächtigung. Die Gewaltübertragung betrifft die Fälle der sogenannten Beliehenen, bei denen der Beliehene nunmehr hoheitliche Kompetenzen im eigenen Namen wahrnehmen kann. Bei der Gewaltermächtigung darf der Bürger aufgrund gesetzlicher Vorschriften, aber ohne hoheitliche Befugnisse, Gewalt gegen andere anwenden. 1 3 1 Beispiele für die Gewaltermächtigung sind die verschiedenen Notrechte. Ausgeschlossen wird durch das staatliche Gewaltmonopol also nur ein originäres Recht der Gewaltanwendung durch Private, nicht jedoch eine Gewaltanwendung aufgrund einer entsprechenden vom Staat abgeleiteten Befugnis. So müssen auch die Versuche scheitern, die Notrechte als systemwidrig einzustufen und ihre Zurückdrängung als „rechtsstaatliche Errungenschaft" 1 3 2 anzusehen. Die rechtsstaatliche Errungenschaft besteht vielmehr darin, daß die Notrechte hinsichtlich der Eingriffsvoraussetzungen und ihres Befugnisumfanges - etwa im Vergleich zum mittelalterlichen Fehdewesen reglementiert wurden. 1 3 3 Eine andere inhaltliche Erfassung des Gewaltverbotes inter privatos wäre nur in einem allgegenwärtigen Polizeistaat Orwell'scher Prägung denkbar. Dieses Ergebnis läßt sich einerseits aus dem Wesen des staatlichen Gewaltmonopols selbst und andererseits aus dem Zusammenspiel mit anderen Verfassungsgrundsätzen herleiten. Aus der Monopolisierung der Gewalt beim Staat resultiert auch eine Pflicht zum Gewaltgebrauch, denn die Legitimation des staatlichen Gewalt129

Kap. 3 B I 1 .

130

So auch Merten, S. 56 allerdings ohne spezielle Bezugnahme auf das Gewaltverbot inter privatos. 131

Grundlegend Merten, S. 56f.; ders., Konsens und Konflikt, S. 324 (333).

»32 Hoffmann-Riem, 133

ZRP 1977, S. 277 (279).

Vgl. Mahlberg, S. 83.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

219

monopols wäre in Frage gestellt, wenn der Staat den inneren Frieden und den Schutz der Bürger nicht gewährleisten würde. 1 3 4 Allerdings ist es praktisch unmöglich und verfassungsrechtlich auch gar nicht geboten, daß der Staat sein Gewaltmonopol umfassend wahrnimmt. 1 3 5 Das staatliche Gewaltmonopol legitimiert sich aber aus der optimalen Gewährleistung der allgemeinen Rechtssicherheit und des inneren Friedens. 136 Wo der Staat dieser Gewährleistungsfunktion nicht gerecht werden kann, verliert das staatliche Gewaltmonopol diese Legitimation. Die Entlegitimation des staatlichen Gewaltmonopols erweist sich dabei als Ausfluß der Ambivalenz von Staatsmonopolen. Das monopolisierte Verhalten kann dem Bürger nur solange verboten werden, wie der Staat von seinem Recht und seiner Pflicht zur Wahrnehmung des monopolisierten Verhaltens Gebrauch macht. So ist widerspruchsfrei die staatliche Ermächtigung zur Anwendung von Privatgewalt erklärlich, weil der Staat dann nicht am Gewaltmonopol festhalten kann, wenn er selbst nicht rechtzeitig zu helfen vermag oder wenn der Bürger sich in einer extremen Situation befindet. 137 Schon Hobbes hat in seinem Leviathan daraufhingewiesen, daß die Friedenspflicht des Bürgers dort endet, wo der Staat in seiner Schutzpflicht versagt. 138 Die Einschränkung des staatlichen Gewaltmonopols durch die Notrechte resultiert somit schon aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG, da auch die Legislative den Grundrechtsschutz für Leben, Gesundheit und Freiheit zu beachten hat. Aus den grundrechtlichen Schutzpflichten ergibt sich, daß die für das Verhältnis der Bürger untereinander geltende Rechtsordnung so auszugestalten ist, daß ein wirksamer Rechtsgüterschutz gewährleistet ist. Der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG wäre aber berührt, wenn es dem einzelnen aufgrund der staatlichen Gesetzgebung nicht möglich wäre, sich i m Falle fehlender staatlicher Hilfe eines Angriffs auf Leben, Gesundheit oder Freiheit zu erwehren. Der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG wäre aber gleichermaßen berührt, wenn es der Staat zulas134

Merten, S. 60; Mertins, GA 1980, S. 41 (44); so auch schon § 1 I I 17 und § 3 I I 17

ALR. 135 Vgi # zu der Tatsache, daß der Staat keine allumfassende Gefahrenabwehr leisten kann, etwa Dunkel W & S 1988, S. 745 (747); Kraus, W+S-Information 1983, Heft 159, S. 71. 136

Matz, Konsens und Konflikt, S. 336 (339).

137

Merten, S. 57.

138

Hobbes, Thomas: Leviathan, in: Hennis/Maier, Politica, Bd. 22, S. 131.

220

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

sen würde, daß der sich Verteidigende in übermäßiger Weise in die Rechtsgüter des Angreifenden eingreifen dürfte. Daraus ergibt sich, daß der Staat, der nicht nur die Grundrechte des Angegriffenen, sondern in gleichartiger Grundrechtskollision auch die des Angegriffenen zu beachten hat, bei der Gewaltermächtigung eine über die erforderliche Verteidigung hinausgehende übermäßige Beeinträchtigung des Angreifers nicht zulassen darf. 1 3 9 Insofern spricht auch viel dafür das staatliche Gewaltmonopol tatsächlich aus einem Gesamtbild der Verfassung herzuleiten und dabei sowohl Vorschriften, die den grundsätzlichen Bestand des staatlichen Gewaltmonopols begründen, als auch solche Normen, die den Umfang des staatlichen Gewaltmonopols eingrenzen, zu berücksichtigen. Insgesamt ist festzuhalten, daß der Staat sein Gewaltmonopol durch die Einräumung von Notrechten, die auch von gewerblichen Sicherheitsunternehmen wahrgenommen werden können, nicht aus der Hand gibt. Das staatliche Gewaltmonopol beinhaltet die Notwendigkeit der Einräumung privater Notrechte, so daß die vom Staat abgeleitete Wahrnehmung dieser Notrechte schon begrifflich nicht das staatliche Gewaltmonopol verletzen kann. Deswegen kann eine Entwicklung „weg vom staatlichen Gewaltmonop o l " 1 4 0 jedenfalls nicht darin gesehen werden, daß sich die Zahl der gewerblichen Sicherheitsunternehmen stetig vergrößert und sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf die allgemeinen Notrechte beruft. Eine Gefährdung des staatlichen Gewaltmonopols wäre vielmehr erst dann zu sehen, wenn der Staat entweder aufgrund der Stärke des privaten Sicherheitsgewerbes oder aufgrund der Vielzahl von Überschreitungen der Notrechtsbefugnisse nicht mehr in der Lage wäre, regulierend einzugreifen.

4. Einschränkung privater Gewaltausübung durch das staatliche Gewaltmonopol Die innere Souveränität des Staates ist keine selbstverständliche Eigenschaft des Staates. Es handelt sich vielmehr um eine faktische Eigenschaft, um die der Staat immer kämpfen muß. 1 4 1 Daraus läßt sich begründen, daß soweit der Staat private Gewaltausübung zuläßt, er dennoch diese private

1 3 9 Merten, S. 57f. 14

0 Pfennig, PFA III, S. 7 (26).

141

Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 187.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

221

Gewalt unter Kontrolle haben muß, um seine innere Souveränität zu behaupten. Das Erfordernis einer Kontrollierbarkeit privater Gewalt läßt sich auch aus dem Friedenserhaltungsgebot begründen, das eine ungezügelte private Gewaltausübung nicht zuläßt. Ferner kann die zulässige Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Private, wie etwa bei dem Festnahmerecht des § 127 Abs. 1 StPO, nicht bedeuten, daß sich der Staat in diesem Bereich seiner Verantwortung gänzlich entzieht. Vielmehr verbleibt auch bei der privaten Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ein Restbestand staatlicher Verantwortung, der sich eben in bestimmten Kontrollmechanismen widerspiegelt. Als solche Kontrollmechanismen kommen bei der privaten Gefahrenabwehr in gewerblicher Form eine Vielzahl von Maßnahmen, insbesondere im Bereich des wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ordnungsinstrumentariums in Betracht. Zu denken ist etwa an spezielle aufsichtsrechtliche Maßnahmen 142 und an Zuverlässigkeitsprüfungen. 143 Dabei wird insbesondere einer Zuverlässigkeitsprüfung dann ein besonderes Gewicht zugemessen, wenn die Gefahrenabwehr mit der Anwendung von Gewalt gegen Dritte verbunden ist. 1 4 4 In Betracht kommt auch eine Einschränkung der Notrechte durch das staatliche Gewaltmonopol. Dies ergibt sich daraus, daß der Staat dafür Sorge tragen muß, daß sich die Maßnahmen Privater zur Gefahrenabwehr innerhalb eines Rahmens halten, der das öffentliche Interesse wie auch das schutzwürdige Interesse Dritter angemessen berücksichtigt. Insofern könnte die professionelle Nothilfe verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen, als sie nicht den Bindungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterliegt. A u f diese Streitfrage wird i m Rahmen der Erörterung der den privaten Sicherheitsunternehmen zustehenden Befugnisnormen eingegangen. 145 Als Fazit der Untersuchung ist festzustellen, daß durch die Tätigkeit privater Sicherheitsunternehmen eine Gefährdung des staatlichen Gewaltmonopols derzeit nicht ersichtlich ist. Aus dem staatlichen Gewaltmonopol ergibt sich aber, daß sich der Staat bei Gewaltermächtigungen zugunsten

142

Tiemann, Der Staat 16 (1977), S. 171 (186).

143

Bracher, S. 146.

144

Bracher, S. 146.

145

Kap. 5 C I I 1 a.

222

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

Privater einen Restbestand an Kontrollbefugnissen bewahren muß. Diese Kontrollrechte können insbesondere die Befugnisse der Privaten betreffen und gewerberechtliche Maßnahmen erfordern.

I I . Demokratieprinzip In der Literatur werden zum Teil Bedenken gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Demokratiegebotes geltend gemacht. 146 Begründet wird dies in erster Linie damit, daß in einer demokratischen Gesellschaft die Verwaltung, also auch die Polizei, zumindest mittelbar demokratisch legitimiert sei und deswegen der parlamentarischen Kontrolle unterworfen sei. M i t dem Aufbau privater Sicherheitsdienste entstehe dagegen ein neues Machtpotential, das einer derartigen Kontrolle nicht unterstehe. 147 Wer Verfügungsrechte über solche Kräfte besitze, konkurriere mit dem Staat in einem besonders gefährlichen Bereich, nämlich der Innehabung der Entscheidungsmacht über den Einsatz von organisierter Gewalt. 1 4 8 Gegen diese aus dem Demokratieprinzip hergeleiteten Bedenken gegen das Sicherheitsgewerbe sind sowohl tatsächliche als auch rechtliche Einwände zu erheben. Soweit Kritik gegen die in der Bundesrepublik Deutschland tätigen privaten Sicherheitsunternehmen unter dem Aspekt der Entstehung eines neuen Machtpotentials geübt wird, sind diese Bedenken - wie bereits im Zusammenhang mit dem staatlichen Gewaltmonopol dargestellt - 1 4 9 nicht begründet. 1 5 0 Die Problematik des Aufbaus einer mit dem Staat konkurrierenden Entscheidungsmacht über den Einsatz organisierter Gewalt bietet weniger unter dem Aspekt des Demokratieprinzips als vielmehr unter dem Gesichtspunkt des staatlichen Gewaltmonopols Anlaß zu einer verfassungsrechtlichen Prüfung.

146 Hilfiker y S. 147 („Staat im Staate"); Hoffmann-Riem,, ZRP 1977, S. 277 (279); Roßnagel, ZRP 1983, S. 59 (62); Stacharowsky, Krim Journal 1985, S. 228 (232).

147 Vgl. die in der vorhergehenden Fn. Genannten. 148

Hoffmann-Riem

149

Kap. 3 B 12.

150

Ebenso Mahlberg

ZRP 1977, S. 277 (279).

y

y

S. 89.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

223

Bedeutung kann das Demokratieprinzip aber insofern gewinnen, als private Sicherheitsunternehmen - insbesondere Detektive - Eingriffe in die Rechte Dritter vornehmen, ohne daß diese Eingriffe einer Kontrolle, insbesondere einer vorhergehenden Kontrolle, unterliegen. Dabei ist weniger an körperliche Eingriffe, etwa durch Kaufhausdetektive oder allgemeines Wachpersonal, zu denken, sondern vielmehr an solche Eingriffe durch Detektive, von denen dem Betroffenen zunächst nichts bekannt wird. Dies gilt beispielsweise für Observationen oder Ermittlungen. Demgegenüber sind vergleichbare Eingriffe von staatlicher Seite, beispielsweise in den Fernmeldeverkehr, zum Teil an strenge Voraussetzungen, insbesondere vorhergehende richterliche Anordnungen, gebunden. 151 Soweit man das demokratische Prinzip als konkreten verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab heranzieht, 1 5 2 könnten sich Bedenken aus dem Demokratieprinzip also unter dem Aspekt fehlender Machtkontrolle ergeben, wobei sich auch hier darüber streiten läßt, ob dieser Ansatzpunkt der Kritik gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen nicht eher in den Zusammenhang des Rechtsstaatsprinzips gehört. 1 5 3 Unter dem Gesichtspunkt, daß bei dem Tätigwerden von Detekteien keine Kontrolle von Einzelmaßnahmen durch zumindest mittelbar demokratisch legitimierte Organe vorgenommen wird, obwohl es sich dabei um solche Eingriffe handeln kann, bei denen staatliche Institutionen einer - zumeist sogar vorhergehenden Kontrolle - unterworfen sind, soll hier jedoch auf die aus dem Demokratieprinzip hergeleiteten Bedenken eingegangen werden. Die zu untersuchende Frage ist also, ob das Demokratieprinzip eine solche Kontrolle von Privaten gebietet. Das Grundgesetz hat das demokratische Prinzip grundsätzlich allein auf den Staat und andere gebietskörperschaftliche Einheiten, nämlich Gemeinden und Kreise (Art. 28 Abs. 1 GG), sowie in Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG

151

Vgl. etwa die in der überwiegenden Anzahl der Bundesländer erlassenen polizeirechtlichen Vorschriften über die Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes: §§ 22f. PolG BW; Art. 33f. Bay PAG; § 37 VG PolG Bbg; § 15 HSOG; Teil V I Nr. 1.3 i. V. m. § 37 PAG (Gesetz vom 13.09.1990, GBl I S. 1489); § 18 PolG NW; §§ 25a, b PVG RhPf; § 28 SPolG; § 17 SOG LSA; §§ 185f. LVwG SchlH; § 34 Thür PAG. 152 153

Bedenken dagegen bei Ossenbühl, Gutachten, S. 59.

So allgemein zu dem Aspekt der Machtkontrolle auch Maunz/Dürig-Maunz 20 I I Rdn. 119.

Art.

224

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

auf die innere Ordnung der politischen Parteien bezogen. 154 Nur an dieser einzigen Stelle hat das Grundgesetz das Demokratieprinzip auch auf private Institutionen übertragen. Diese als Ausnahme zu qualifizierende Ausdehnung des Demokratieprinzips auf eine nicht-staatliche Institution ist auch nur aufgrund der besonderen Staatsnähe der Parteien und aufgrund ihrer maßgeblichen Bedeutung für das Funktionieren des parlamentarischen Regierungssystems gerechtfertigt. 155 Eine solche staatstragende Bedeutung kommt dem privaten Sicherheitsgewerbe aber nicht zu. Zudem ließe sich aus der Ausnahmeregelung des Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG schon allein deshalb keine Rechtfertigung für eine umfassende Kontrolle anderer Privater herleiten, da Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG nur davon spricht, daß die innere Ordnung einer Partei den demokratischen Grundsätzen entspricht. Für eine aus dem Demokratieprinzip folgende Kontrolle privater Einzelmaßnahmen gibt Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG, der sich ausschließlich auf das Erfordernis einer demokratischen Binnenstruktur bezieht, dagegen nichts her. Den Bedenken aus dem Demokratieprinzip steht ferner entgegen, daß das Grundgesetz in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bestimmt, daß alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, womit gleichzeitig zum Ausdruck gebracht wird, daß nur die Staatsgewalt vom Volke ausgehen soll. 1 5 6 Das Demokratieprinzip stellt also lediglich Anforderungen an die Bildung und Verwirklichung des staatlichen Willens, verlangt vom Staat aber nicht die Gewährleistung gleicher Bedingungen im Rahmen privater Betätigungen. 157 Damit der durch das Demokratieprinzip gebotene Einfluß der Bürger auf staatliches Handeln vom Staat nicht willkürlich reduziert werden kann, sind ihm etwa für die Auslagerung von bestimmten Aufgaben, nämlich den sogenannten notwendig staatlichen Aufgaben, Grenzen gesetzt. Zu diesen notwendig staatlichen Aufgaben gehören die von Detektiven wahrgenommenen Aufgaben jedoch

154

Stern I, § 18 I I I l;-vgl. auch Krüger, DVB1 1951, S. 361 (365).

155

Stern I, § 18 I I I 1; zur Bedeutung der politischen Parteien für das Funktionieren des Staatswesens und zum Problem der innerparteilichen Demokratie Tsatsos/Morlock, § 2 I I und § 3 II. 156 Bracher, S. 91; Stern I, § 18 I I I 1. 157 Vgl. Bracher, S. 124; ausdrücklich in bezug auf die private Gefahrenabwehr: Friauf/Höfling § 34a Rdn. 12.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

225

nicht. 1 5 8 Eine Umgehung des Demokratieprinzips liegt somit nicht vor, wenn Private keine notwendig staatlichen Aufgaben wahrnehmen. I m übrigen wäre bei entgegengesetzter Entscheidung zu fragen, ob eine solche demokratische Kontrolle nicht auch in anderen Bereichen erforderlich wäre. Machtpotentiale i m privaten Bereich sind nämlich nicht nur solche, die die Möglichkeit organisierter physischer Gewalt oder besondere Eingriffsmöglichkeiten in Persönlichkeitsrechte besitzen. Auch andere Bereiche der Gesellschaft, wie die Wirtschaft oder die Medien sind Machtpotentiale, ohne daß diese einer demokratischen Kontrolle in dem geforderten Sinne unterliegen. 159 Der faktische Besitz gesellschaftlicher Macht vermittelt aber noch keinen öffentlichen Status, 160 der es rechtfertigen würde, diese verschiedenen Machtpotentiale einer über die allgemeine demokratische Kontrolle durch die parlamentarischen Gesetze hinausgehenden besonderen Kontrolle zu unterwerfen. Eine Detailkontrolle ließe sich somit nur im Wege einer Verstaatlichung erreichen, 161 der jedoch andere Verfassungsgrundsätze, etwa Art. 12 GG, entgegenstehen. Somit ist auch bei dem privaten Sicherheitsgewerbe die allgemeine demokratische Kontrolle, die durch die Bindung an das parlamentarisch gesetzte Recht erfolgt, als verfassungsrechtlich ausreichend anzusehen. Wie diese Kontrolle durch das einfache Recht ausgestaltet ist, ist keine Frage des Demokratieprinzips, vielmehr kann diese Problematik unter dem Gesichtspunkt des Rechtsstaatsprinzips Bedeutung gewinnen. 1 6 2

I I I . Rechtsstaatsprinzip Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Tätigwerden von Detektiven könnten sich des weiteren aus dem Rechsstaatsprinzip ergeben. Dies könnte unter dem Aspekt der Fall sein, daß zu dem Recht auf einen fairen Prozeß auch das Recht auf ein faires Ermittlungsverfahren gehört. Detektive werden jedoch nicht im staatlichen Auftrag tätig und ihr Handeln richtet sich nur

158

Vgl. Kap. 3 A IV.

159

Vgl. Mahlberg, S. 90.

160

So ausdrücklich Martens, S. 125f. und Mahlberg, S. 90.

161

Mahlberg, S. 90; Schwabe, ZRP 1978, S. 165.

162

Vgl. Kap. 3 B III.

15 Peilert

226

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

nach den für jedermann geltenden Normen. Demnach handelt es sich nicht um ein staatliches Ermittlungsverfahren, so daß das aus dem allgemeinen Prozeßgrundrecht auf ein faires Verfahren 163 abzuleitende Recht auf ein faires Ermittlungsverfahren nicht einschlägig ist. Diesbezüglich können sich also keine Bedenken gegen detektivische Ermittlungen ergeben. Soweit im Hinblick auf das Rechtsprechungs- und Strafmonopol (Art. 92 GG), dem gesetzlichen Richter und dem Gleichheitssatz rechtsstaatliche Bedenken gegen die sogenannte Warenhausjustiz geltend gemacht werden, 1 6 4 betrifft dies nicht die Tätigkeit der Kaufhausdetektive (Überführen von Ladendieben), sondern die für die Abwicklung von Diebstahlsfällen zuständigen Kaufhausinhaber. Auch insofern liegt also kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip vor. Bedenken aus dem Rechtsstaatsprinzip könnten sich aber - im Gegensatz zu dem bei der Prüfung des Demokratieprinzips erzielten Ergebnis - 1 6 5 unter dem hier verorteten Aspekt der Machtkontrolle ergeben. 166 Die Machtkontrolle umfaßt keineswegs nur wirtschaftliche Machtpositionen und soziale Abhängigkeitsverhältnisse. Entsprechend der Bedeutung des Rechtsstaatsprinzip als Kontrollinstrument für staatliche Eingriffe ist die Kontrollfunktion gesellschaftlicher Macht auf sämtliche Eingriffe von Bürgern untereinander anzuwenden, wenn diese aufgrund gesetzlicher Gestattung erfolgen. Dies gilt insbesondere, wenn diese Eingriffe aus einer Überlegenheitsposition heraus vorgenommen werden bzw. dem Betroffenen nur unzulänglicher Individualschutz möglich ist. Demzufolge kann auch detektivisches Vorgehen unter dem Aspekt des Rechtsstaatsprinzips zu betrachten sein. Eine durch das Rechtsstaatsprinzip gebotene Machtkontrolle Privater bewirkt zwar nicht die Unzulässigkeit detektivischen Tätigwerdens, stellt aber bestimmte Anforderungen an den einfachen Gesetzgeber. Dabei kann

163 Zum Recht auf ein faires Verfahren vgl. BVerfGE 46, S. 202 (209) -Beschluß vom 19.10.1977- 2 BvR 462/77; 57, S. 250 (274f.) -Beschluß vom 26.05.1981- 2 BvR 215/81; 78, S. 104 (126) -Beschluß vom 26.04.1988- 1 BvL 84/86; von Mangoldt/Klein/Starck Art. 2 Abs. 1 Rdn. 86; Kennzeichnung als allgemeines Prozeßgrundrecht bei Leibholz/Rinck/Hesselberger Art. 20 Rdn. 1231.

164 Ygi dazu Droste (S. 36ff.), nach dem „Verfassungsverstöße durch Warenhausjustiz nicht erkennbar" sind (S. 44). 165

Vgl. Kap. 3 B II.

166 Für die Verankerung dieses Aspektes im Rechtstaatsprinzip statt im Demokratieprinzip auch: Maunz/Dürig-Maunz Art. 20 I I Rdn. 119.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

227

der parlamentarische Gesetzgeber unter verschiedenen Möglichkeiten wählen, wie er seine verfassungsrechtliche Pflicht, eine gewisse Kontrolle gesellschaftlicher Macht herbeizuführen, wahrnimmt. 1 6 7 Eine dieser Möglichkeiten besteht darin, daß der Staat selbst durch Gebote und Verbote diese Kontrolle ausübt. Zu den ihm dabei zur Verfügung stehenden Regelungsinstrumentarien gehören etwa Strafvorschriften aber auch verwaltungsrechtliche Genehmigungsvorbehalte, wie die gewerberechtlichen Zulassungsregelungen. Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich also, daß sich der Staat dort einen Restbestand an Kontrollbefugnissen bewahren muß, wo Bürger gegenüber anderen Bürgern eine Machtposition innehaben.

IV. Sozialstaatsprinzip Bedenken gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen werden auch aus dem Sozialstaatsprinzip geltend gemacht. Bei der verfassungsrechtlichen Untersuchung dieser Bedenken wird methodisch so vorgegangen, daß aufgrund der inhaltlichen Unbestimmtheit des Sozialstaatsprinzips und der damit gegebenen Konkretisierungsbedürftigkeit, 168 nicht undifferenziert auf das Sozialstaatsgebot zurückgegriffen wird, sondern die einzelnen gegen das private Sicherheitsgewerbe vorgebrachten Bedenken an näher aufzugliedernden Einzelaspekten des Sozialstaatsprinzips gemessen werden.

1. Rechtspolitische Bedenken Die Bedenken gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen aus dem Sozialstaatsprinzip konzentrieren sich i m wesentlichen auf drei Gesichtspunkte: Eine Kommerzialisierung der Sicherheit würde zu einer Bevorteilung der finanzkräftigen Bevölkerungsteile führen. Dahingehend äußerte sich unter anderem etwa 1984 der damalige Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Günter Schröder: „Derjenige, der viel Geld hat, bekommt Sicherheit, die anderen 90% gehen in immer größerem Maße leer aus, 167 168

Zu diesen einzelnen Möglichkeiten: Maunz/Dürig-Maunz

Art. 20 I I Rdnrn. 120ff.

Vgl. BVerfGE 65, S. 182 (193) -Beschluß vom 19.10.1983- 2 BvR 485, 486/80; 71, S. 66 (80) -Beschluß vom 22.10.1985- 1 BvL 2/82; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 20 Rdnrn. 72f.; Degenhart, Rdn. 363.

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

228

obwohl sie als Steuerzahler einen Anspruch gegenüber dem Staat haben." 1 6 9 Auch wird für die Bundesrepublik eine ähnliche Entwicklung befürchtet, wie sie bereits in den USA stattgefunden habe, daß nämlich infolge der Käuflichkeit privater Sicherheitsunternehmen die Polizei zu einer Einrichtung mit Wohltätigkeitscharakter zugunsten finanzschwacher Bevölkerungsteile werde, die sich eine private Sicherung nicht leisten könnten. 1 7 0 Des weiteren wird gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen vorgebracht, daß durch ihre Abschreckungswirkung die Kriminalität lediglich auf weniger geschützte Objekte und Gebiete verdrängt werde. Somit komme es zu einem Umlenkungseffekt zuungunsten derjenigen, die sich aufgrund fehlender finanzieller Möglichkeiten einen effektiven Schutz nicht leisten könnten. 1 7 1 Die Privatisierung der Kriminalitätsabwehr löse einen Kampf um die Verteilung des Opferrisikos aus, bei dem diejenigen unterliegen müßten, die den Preis für erhöhte Sicherheit nicht zahlen könnten oder wollten. 1 7 2 Schließlich ergäben sich Bedenken gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen aus dem Sozialstaatsprinzip durch die Nichtberücksichtigung des Resozialisierungsgedankens durch das private Sicherheitsgewerbe bei der von ihm wahrgenommenen Verbrechensbekämpfung. Die Polizeibeamten könnten und sollten bei ihrer Ermittlungstätigkeit, insbesondere im Hinblick auf Bagatelltaten, berücksichtigen, welche Folgen die polizeiliche Tätigkeit für den potentiellen Täter auslöst. Solche Erwägungen müßten einer privaten Präventions- und Strafverfolgungsinstanz dagegen fremd sein. Ihr Erfolg werde - wie die stolze Präsentation entsprechender Statistiken durch Verbandsvertreter

169 Neue Osnabrücker Zeitung vom 06.09.1984, S. 4; ebenso Hoffmann-Riem, ZRP 1977, S. 277 (280); Lutz (Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei), in: Fietz/Jach, S. 136 (139ff.); ders., FAZ vom 22.01.1993, S. 8; Grimm (Bundesgeschäftsführer der Deutschen Polizeigewerkschaft im Beamtenbund), Die Woche vom 12.08.1993, S. 26; von Walsleben (Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in Berlin), Bürgerrechte und Polizei 1992/Nr. 3, S. 14; ders., FAZ vom 21.09.1993, S. 5. 170

Hoffmann-Riem,,

ZRP 1977, S. 277; Stacharowsky,

Krim Journal 1985, S. 228

(233). 171 Honigl, S. 89; Hoffmann-Riem, ZRP 1977, S. 277 (280); Kunz, ZStW 95 (1983), S. 973 (980); Schuster, Die Polizei 1989, S. 5 (7); Stacharowsky, Krim Journal 1985, S. 228 (233); Stümper, Kriminalistik 1975, S. 193 (194). 172

Kunz, ZStW 95 (1983), S. 973 (980).

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

229

belege - vielmehr an der Zahl der verhinderten Straftaten und der zur Festnahme gebrachten Straftäter gemessen. 173 Diese verschiedenen Bedenken verstärkten sich nach Ansicht der Kritiker noch durch ein unkontrolliertes Anwachsen der Tätigkeit von privaten Sicherheitsunternehmen und einem damit verbundenen weiteren Abbau der Polizei. 1 7 4 Diese, in erster Linie auf das Bewachungsgewerbe bezogenen Bedenken lassen sich in bezug auf die von Detektiven wahrgenommen Aufgaben noch um einen weiteren Aspekt ergänzen. Detektive nehmen nämlich nicht nur Aufgaben i m Bereich der Sicherheitsgewährung wahr, sondern werden unter anderem auch bei der Beweishilfe für Straf- und Zivilprozesse tätig. Damit könnte man entsprechend den bisherigen aus dem Sozialstaatsprinzip vorgetragenen Kritikpunkten auch deshalb Bedenken aus dem Sozialstaatsprinzip herleiten, weil den finanzkräftigeren Bevölkerungsteilen durch die kostenintensive Beauftragung eines Detektivs die Möglichkeit einer effektiveren Rechtsverfolgung gegeben ist.

2. Entgegnung auf die Bedenken aus dem Sozialstaatsprinzip Vor der Untersuchung, ob die vorgebrachten Bedenken gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips darstellen, soll kurz aus rechtstatsächlicher Sicht zu den geäußerten Kritikpunkten Stellung bezogen werden. Zunächst ist auf den Kritikpunkt einzugehen, daß die Kommerzialisierung der Sicherheit zu einer Bevorteilung der finanzkräftigen Bevölkerungsteile führe. Dagegen läßt sich einwenden, daß eine Eigensicherung naheliegender- und zulässigerweise besonders von solchen Personenkreisen vorgenommen wird, die wegen des Wertes ihres Vermögens einer erhöhten Gefahr krimineller Handlungen ausgesetzt sind und somit eine intensivere Gefahrenquelle darstellen. Daraus ergibt sich aber nicht allein ein Vorteil für die finanzkräftigeren Bevölkerungsteile, denn durch die Sicherheitsvorkehrungen stärker gefährdeter Personen kann die Polizei faktisch besser ihrer Verpflichtung zu gleichmäßigem Schutz aller Bürger gerecht werden. Soweit finanzkräftigere Personen, von deren Vermögen ein erhöhtes Gefährdungspotential ausgeht, durch privat finanzierte Maßnahmen dieses erhöhte 173

Hoffmann-Riem

174

HonigU S. 88f.; Hoffmann-Riem,

y

ZRP 1977, S. 277 (280). ZRP 1977, S. 277ff.

230

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

Gefährdungspotential gewissermaßen kompensieren, stellt dies eher einen sozialstaatlich wünschenswerten Umstand dar, da dies zu einem Freiwerden polizeilicher Kräfte führen kann, was eben auch denjenigen zugute kommt, die sich eine kommerzielle Sicherung nicht leisten können. 1 7 5 Zwar erlischt die Verantwortung der Polizei nicht durch das Tätigwerden von privaten Sicherheitsunternehmen, aber - insbesondere bei einer Koordination privater und polizeilicher Maßnahmen - kann das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen eine Entlastung der Polizei bedeuten. 176 Problematisch ist, ob mit dem Einsatz privater Sicherungsmaßnahmen ein Umlenkungseffekt der Kriminalität auf weniger geschützte Objekte verbunden ist. Eine pauschale Antwort wird hier mangels zuverlässiger empirischer Kenntnisse kaum möglich sein. 1 7 7 Die Erschwerung von Kriminalität in einem bestimmten Bereich muß aber nicht zwangsläufig dazu führen, daß jeder potentielle Täter auf einen anderen Bereich ausweicht und etwa eine größere Anzahl weniger lukrativer Objekte heimsucht, weil sich dadurch auch sein Risiko entsprechend erhöht. 1 7 8 Ob eine Verlagerung des Opferrisikos durch die privaten Sicherungsmaßnahmen eintritt, wird von verschiedenen Faktoren, wie von der Art der Kriminalität und den zu ihrer Bekämpfung eingesetzten Sicherungsmaßnahmen abhängen. Ein Umlenkungseffekt wird sich eher dort feststellen lassen, wo mit den Schutzmaßnahmen ein hoher Abschreckungseffekt und eine erhebliche Steigerung des Täterrisikos verbunden ist. 1 7 9 Detektive werden vornehmlich bei der

175

Mahlberg, S. 93; ders., Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 209 (211); Rupprecht, Die Polizei 1994, S. 46 (47); dagegen Seysen (Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 179 [187]) am Beispiel von Geldtransporten; Zimmermann, Die Polizei 1994, S. 60 (63). Vgl. auch das Beispiel des Anstiegs der Ladendiebstahlskriminalität „im Umland" von Lübeck, nachdem dort verstärkt Detektive eingesetzt wurden (FAZ vom 23.02.1994, S. 12). 176

Allerdings ist der Polizei mancherorts nicht bekannt, welche Firmen des privaten Bewachungsgewerbes in ihrem Zuständigkeitsbereich überhaupt existieren und welche Objekte durch sie geschützt werden (Gallus, Polizei und Prävention 1976, S. 71 [73f.]), was wiederum gegen eine Entlastungsfunktion spricht. 177

Schuster (Die Polizei 1989, S. 5 [7]) spricht in diesem Zusammenhang von „weißen Erkenntnisflecken", räumt aber ein, daß ein Umlenkungseffekt mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei. 178

Gallus, Polizei und Prävention 1976, S. 71 (73). Eine Ausnahme ist allerdings bei der sogenannten Beschaffungskriminalität denkbar. 179

Vgl. Seysen (Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 179 [187f.]), der mit den Geldtransporten ein Beispiel für einen Umlenkungseffekt anführt.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

231

Bekämpfung des Ladendiebstahls eingesetzt. Ob die von den sogenannten Kaufhausdetektiven wahrgenommene Tätigkeit zu einer Verdrängung der Kriminalität führt, erscheint zumindest zweifelhaft. Kaufhausdetektive sollen nämlich unbemerkt arbeiten, eine Abschreckungswirkung und damit ein Verdrängungseffekt wird also nicht durch das bloße Auftreten der Detektive erreicht, sondern erst dann, wenn ein potentieller Ladendieb eines Diebstahls überführt wird. Zwar wird der Einsatz von Kaufhausdetektiven durch größere Kaufhäuser, die sich finanziell die Beschäftigung von Kaufhausdetektiven leisten können, in Täterkreisen vielfach bekannt sein, einer Verdrängung der Ladendiebstahlskriminalität auf kleinere Geschäfte steht aber entgegen, daß bei diesen kleineren Geschäften dafür eine stärkere Kontrolle durch das Verkaufspersonal möglich sein wird. Soweit von der ein Tätigwerden privater Sicherheitsdienste kritisierenden Auffassung davon ausgegangen wird, daß analog dem Anwachsen privater Sicherheitsunternehmen die Polizei abgebaut werde, läßt sich dies statistisch widerlegen, denn neben dem personellen Anstieg bei den gewerblichen Sicherheitsdiensten wurde auch der Personalbestand der Polizei kontinuierlich vergrößert. 180 Dies ist im Hinblick darauf konsequent, daß der Staat die Gewährleistungsfunktion für die öffentliche Sicherheit und Ordnung behält. Würde sich der Staat gänzlich aus der Verantwortung für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit entziehen und diese Tätigkeiten allein Privaten überlassen, könnte darin in der Tat ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip liegen. 1 8 1 Auch der Einwand, das Sozialstaatsprinzip sei durch die Nichtberücksichtigung des Resozialisierungsgedankens durch private Sicherheitsunternehmen bei der von ihnen wahrgenommenen Verbrechensbekämpfung verletzt, ist Bedenken ausgesetzt. So unterliegt die Polizei bei ihrer Strafermittlungs- und Strafverfolgungstätigkeit den durch das Legalitätsprinzip

180 Vgi # Aufstellungen des Bundesministeriums des Innern über die Gesamtstärke der Polizeien der Länder: 1975: 145.113; 1976: 147.565; 1977: 150.247; 1978: 154.041; 1979: 158.925 (jeweils Stand vom 01.07. des Jahres); 1980: 165.484; 1981: 168.611; 1982: 168.611; 1983: 168.955; 1984: 167.999; 1985: 167.761; 1986: 170.103; 1987: 169.221; 1988: 169.644; 1989: 173.267; 1992: 179.317 (jeweils Stand vom 15.10. des Jahres). Für die Jahre 1990 und 1991 wurden aufgrund der Wiedervereinigung keine Statistiken erstellt, die vorliegenden Zahlen ergeben - abgesehen von den Jahren 1984, 1985 und 1987 - einen kontinuierlichen Anstieg der Personalstärke der Polizei. 181

(187).

Vgl. Görgmaier, DÖV 1977, S. 356 (359); Tiemann, Der Staat 16 (1977), S. 171

232

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

gesetzten Schranken, die für Private gerade nicht gelten. 1 8 2 Nach dem Legalitätsprinzip ist die Polizei im Rahmen ihrer Strafverfolgungsaufgabe grundsätzlich zur Durchführung von Ermittlungsverfahren verpflichtet, hat entsprechende Vorgänge an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten und besitzt auf dem Gebiet der Strafverfolgung nur einen verhältnismäßig engen Entscheidungsspielraum nach Maßgabe des Opportunitätsprinzips. 183 Diese, das staatliche Strafverfahren beherrschenden Verfahrensgrundsätze gelten aber für Private gerade nicht. Vielmehr kann es der Private, von den engen Ausnahmen des § 138 StGB abgesehen, nach Belieben unterlassen, gestellte Rechtsbrecher der Strafverfolgung zuzuführen und damit entgegen den Zwecken des Resozialisierungsprinzips zu kriminalisieren. So wird auch die Auffassung vertreten, daß gerade unter Resozialisierungsaspekten die Privatisierung von Gefahrenabwehraufgaben eher erwünscht, denn bedenklich s e i . 1 8 4 Demgegenüber hat diese Möglichkeit der Privaten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Werkschutzes und den sogenannten Betriebsbußen sowie der sogenannten „Warenhausjustiz" aber auch heftige Kritik erfahren. 185 Diese Kritik ist allerdings nicht auf das Tätigwerden von Detektiven übertragbar. Zwar ist es beispielsweise das Ziel der Kaufhausdetektive möglichst viele Ladendiebe zu ertappen - insoweit stimmt die Prämisse der aus dem Sozialstaatsprinzip hergeleiteten Kritik -, aber erst nach dem der Täter überführt worden ist, besteht die Möglichkeit zur Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens. Über das sich an die Überführung des Täters anschließende Vorgehen entscheiden jedoch nicht die Detektive, sondern der Kaufhausunternehmer bzw. gegebenenfalls die Polizei. Eine Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens ist aber 182

Honigl y S. 89; Mahlberg, S. 94f.

183

Mahlberg

y

S. 95.

im Vgl. Bull, S. 100. 185

Baur: „Betriebsjustiz", JZ 1965, S. 163ff.; Kraft: „Die vierte Gewalt: Warenhausjustiz?", Der Kriminalist 1977, S. 189ff.; Mey: „Die Selbstjustiz bei Ladendiebstählen, Kriminalistik 1966, S. 570ff.; Kuhlmann: „Betriebsjustiz und Werkschutz", ZRP 1977, S. 298ff. Die Bedenken gegen die sogenannte Betriebsjustiz faßt Seysen (Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 179 (185) treffend folgendermaßen zusammen: „Ebenso problematisch ist die auf dem Ermittlungsdienst aufgebaute sog. Betriebsjustiz, weil es zum einen rechtsstaatlichen Grundsätzen zuwiderläuft, wenn die Rollen des Ermittlers, des Anklägers und des Zeugen sowie oftmals auch die des Richters in einer Person vereinigt sind, und weil es sich zum anderen nicht ausschließen läßt, daß die Betriebsbuße „Entlassung" oftmals nicht nur von der Schwere des Regelverstoßes, sondern von der Ersetzbarkeit des Arbeitnehmers im Betrieb abhängig gemacht wird."

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

233

auch der Polizei i m Zuge von Ermittlungen von Tätern naturgemäß noch nicht möglich. Insgesamt ergeben sich somit schon aus rechtstatsächlicher Sicht Bedenken an der Auffassung, daß das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen gegen das Sozialstaatsprinzip verstößt.

3. Begriffsbestimmung und Bedeutung des Sozialstaatsprinzips Gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen werden in erster Linie unter den Aspekten der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit privater Gefahrenabwehr, des staatlichen Gewaltmonopols, des Demokratieprinzips und des Sozialstaatsprinzips Bedenken geltend gemacht. Doch während als Ergebnis der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zweifel an der Zulässigkeit privater Gefahrenabwehr ein Verbot oder eine Einschränkung der Befugnisse, im Zusammenhang mit dem staatlichen Gewaltmonopol ebenfalls eine Befugniseinschränkung und als Folge des Demokratieprinzips eine stärkere öffentliche Kontrolle gefordert wird, verbleibt es bei den aus dem Sozialstaatsprinzip vorgebrachten Einwänden bei bloßen Bedenken, ohne daß daraus konkrete Forderungen abgeleitet werden. Ziel der folgenden Untersuchung soll es deshalb sein, zu fragen, ob die aus dem Sozialstaatsprinzip erhobenen Bedenken berechtigt sind und sich daraus gegebenenfalls konkrete Folgerungen ableiten lassen. Dazu sind zunächst Begriff und Bedeutung des Sozialstaatsprinzips zu bestimmen. Die Sozialstaatlichkeit ist ein nur schwer faßbares Prinzip und einer erschöpfenden, schulmäßigen Definition nicht zugänglich. Der Inhalt des Sozialstaatsprinzips ergibt sich vielmehr erst aus den sich im Laufe der Zeit wandelnden Einzelelementen. A u f die einzelnen Bedeutungsinhalte des Sozialstaatsprinzips, soweit aus ihnen Bedenken gegen das Tätigwerden des privaten Sicherheitsgewerbes ableitbar sind, wird nachfolgend eingegangen. 1 8 6 Die Bedeutung des Sozialstaatsprinzips besteht in der Verpflichtung des Gesetzgebers zu sozialer Aktivität. 1 8 7 Dies bedeutet allerdings nach allge-

186 187

Kap. 3 B I V 4.

BVerfGE 50, S. 57 (108) -Beschluß vom 19.11.1978- 1 BvR 375, 427, 811/76; BGHZ 108, S. 305 (310) -Urteil vom 19.09.1989- V I ZR 349/88; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 20 Rdn. 73; Degenhart, Rdn. 358; Maunz/Zippelius, § 13 I 2.

234

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

meiner Meinung weder, daß sich allein aus dem Sozialstaatsprinzip für den Gesetzgeber konkrete Pflichten ableiten lassen, 188 noch, daß isoliert aus dem Sozialstaatsprinzip unmittelbar ein Rechtsanspruch auf Tätigwerden des Gesetzgebers in Betracht kommt. 1 8 9 Ein subjektiv-öffentliches Recht des einzelnen könnte aus dem Sozialstaatsprinzip allenfalls dann erwachsen, wenn der Gesetzgeber die von ihm wahrzunehmenden sozialstaatlichen Pflichten willkürlich, das heißt ohne sachlichen Grund versäumt. 190 Zu den allgemein anerkannten rechtlichen Wirkungen des Sozialstaatsprinzips gehört es aber, daß das Sozialstaatsprinzip zur Auslegung anderer Verfassungsnormen und Verfassungsgrundsätze herangezogen w i r d . 1 9 1 So kann das Sozialstaatsprinzip die Frage beeinflussen, ob eine Tätigkeit als notwendig staatliche Aufgabe anzusehen ist oder ob sich aus dem staatlichen Gewaltmonopol eine Befugniseinschränkung ergeben kann. Voraussetzung dafür ist aber, daß das Sozialstaatsprinzip in einer seiner konkreten Ausgestaltungen tatsächlich betroffen ist.

4. Einzelne Bedeutungsinhalte des Sozialstaatsprinzips I m Rahmen der Darstellung der rechtspolitischen Bedenken gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsunternehmen aus dem Sozialstaatsprinzip wurden im wesentlichen drei Kritikpunkte deutlich: Die Bevorteilung der „Reichen" durch die Kommerzialisierung der Verbrechensbekämpfung, die Verdrängung der Kriminalität auf ungeschützte Personen und Objekte und die fehlende Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens durch private Sicherheitsunternehmen. Diese drei unterschiedlichen Kritikpunkte betreffen zwei Aspekte des Sozialstaatsprinzips. Die Bevorteilung der finanzkräftigeren Bevölkerungsteile und die Verdrängung der Kriminalität auf Ungeschützte betreffen das Hauptelement des Sozialstaatsprinzips, nämlich

188

BVerfGE 52, S. 283 (298) -Beschluß vom 06.11.1979- 1 BvR 81/76; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 20 Rdn. 84. 189

BVerfGE 27, S. 253 (283) -Beschluß vom 03.12.1969- 1 BvR 624/56; Degenhard Rdn. 361; von Heimburg, S. 25; Stober, GewArch 1988, S. 145 (153). 190

Katz,, Rdn. 215a; vgl. auch BVerfGE 1, S. 97 (105) -Beschluß vom 19.12.1951- 1 BvR 220/51. 191

BVerfGE 1, S. 97 (105) -Beschluß vom 19.12.1951- 1 BvR 220/51; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 20 Rdn. 73; Maunz/Zippelius § 13 I 4; Bieback, Jura 1987, S. 229 (233).

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

235

die Gewährleistung annähernd gleicher Lebensverhältnisse der Staatsbürger. Der Sozialisierungsgedanke ist ein weiterer Aspekt des Sozialstaatsprinzip, an dem der Kritikpunkt der Nichtberücksichtigung des Resozialisierungsgedankens durch private Sicherheitsunternehmen zu messen ist.

a) Herstellung annähernd gleicher Lebensverhältnisse Der klassische Aspekt des Sozialstaatsprinzips ist die Pflicht des Staates zur Herstellung annähernd gleicher Lebensbedingungen der Bürger. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, daß das Wohl seiner Bürger gleichmäßig gefördert und die Teilhabe an den öffentlichen Leistungen und Einrichtungen sichergestellt ist. Dazu gehört auch, daß der Staat einen bestimmten Sicherheitsstandard für alle Bürger garantiert. Dies ergibt sich aus den grundrechtlichen Schutzpflichten in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip. Gegen das Sozialstaatsprinzip verstößt es aber nicht, wenn sich bestimmte Personenkreise über die staatlichen Gewährleistungen hinaus rechtlich gebilligte Vorteile verschaffen. Dies stellt vielmehr ein prägendes Element der sozialen Marktwirtschaft, als eine der nach dem Grundgesetz möglichen Wirtschaftsordnungen, 192 dar. Bedenken aus dem Sozialstaatsprinzip in Verbindung mit den grundrechtlichen Schutzpflichten könnten sich allenfalls dann ergeben, wenn der Staat seine Sicherheitsgewährleistung in Anbetracht der Möglichkeit, sich kommerziellen Schutz zu erkaufen, allgemein verringern würde. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte. Auch die Möglichkeit sich durch die Beauftragung von Privatdetektiven, Beweisvorteile für straf- und zivilgerichtliche Verfahren zu verschaffen, verstößt nicht gegen das Sozialstaatsprinzip. Damit die rechtsstaatliche Garantie gerichtlichen Schutzes auch für jeden Bürger wirksam wird, muß der Staat aufgrund des Sozialstaatsprinzips lediglich dafür Sorge tragen, daß der Rechtsweg nicht durch zu hohe Kosten für Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit praktisch versperrt w i r d . 1 9 3 Unter dem sozialstaatlichen Aspekt der Herstellung annähernd gleicher Lebensverhältnisse sind die Bedenken gegen das Tätigwerden privater Sicherheitsdienste also unbegründet. 192 193

Dazu Kap. 7 E II.

Vgl. BVerfGE 35, S. 348 (354f.) -Beschluß vom 03.07.1973- 1 BvR 153/69 (,Armenrecht"); Stern I, § 20 IV 5 g.

236

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

b) Der Resozialisierungsgedanke

als Inhalt des Sozialstaatsprinzips

Ein Teilaspekt des Sozialstaatsprinzips i m Rahmen einer rechtsstaatlichen und sozialstaatlichen Rechtspflege ist die Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens. 194 Der Resozialisierungsgedanke gilt nicht nur für den verurteilten Täter, sondern ist bereits während des Strafverfahrens zu berücksichtigen. Allerdings betrifft der Resozialisierungsgedanke nur das staatliche Verfahren. Ungeachtet der Tatsache, daß gerade Private auch den Resozialisierungsgedanken berücksichtigen können und dabei nicht an das Legaltitätsprinzip gebunden sind, 1 9 5 findet das Sozialstaatsprinzip also insofern keine unmittelbare Anwendung, als der Resozialisierungsgedanken eben nur das staatliche Verfahren betrifft. Den privaten Notrechten ist der Resozialisierungsgedanke dagegen fremd, sie enthalten vielmehr sogar eine dem Resozialisierungsgedanken entgegenlaufende Genugtuungsfunktion. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist nicht als willkürlich oder sachfremd zu bezeichnen, denn es obliegt dem gesetzgeberischen Ermessen bei rechtswidrigen Angriffen Dritter der Genugtuungsfunktion Vorrang einzuräumen. Dies gilt um so mehr, als der Resozialisierungsgedanke noch in einem der Ausübung der Notrechte möglicherweise nachfolgenden staatlichen Verfahren berücksichtigt werden kann. Auch aus dem Resozialisierungsgedanken läßt sich demnach kein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip herleiten. Demnach sind aus dem Sozialstaatsprinzip keine Konsequenzen für das Tätigwerden von Detektiven abzuleiten.

V. Verfassungsrechtliche Bedenken aufgrund der grundrechtlichen Schutzpflichten Das Problem der Anwendung der Schutzpflichten aktualisiert sich in der Regel bei der Frage, ob ein Rechtsakt unterhalb der Verfassung verfassungsmäßig ist und zwar entweder über die grundrechtlichen Schutzpflichten gerechtfertigt werden kann oder diese verletzt. Insofern könnte sich in Zusammenhang mit der Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien die Frage erheben, ob sich aus der Schutzdimension der Grundrechte eine Pflicht des Gesetzgebers ergibt, den Handlungsspielraum von Auskunfteien und Detek194 BVerfGE 35, S. 202 (235) -Urteil vom 05.06.1973-1 BvR 536/72; 36, S. 174 (188) -Beschluß vom 27.11.1973- 2 BvL 12/72 und 3/73; AK-GG/Kittner Art. 20 Abs. 1 bis 3 Rdn. 90. 195

Vgl. oben Kap. 3 D II.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

237

teien einzuschränken. Einfachgesetzliche Möglichkeiten dazu bestünden etwa bei den Notrechtsbefugnissen und der gewerberechtlichen Zulassungsregelung. Ließe sich eine solche Pflicht des Gesetzgebers feststellen, wäre er i m Wege der Nachbesserung zu einer Änderung der Gesetzeslage gehalten.

1. Betroffenheit von grundrechtlichen SchutzgUtern Eine konkrete Pflicht des Gesetzgebers zu einer Änderung der Rechtslage für Auskunfteien und Detekteien setzt zunächst voraus, daß das Unterlassen dieser Maßnahmen durch den Staat den Schutzbereich eines Grundrechtes berührt. Insbesondere i m Zusammenhang mit der Tätigkeit von Detektiven wird davon ausgegangen, daß die ihnen erteilten Aufträge in aller Regel Maßnahmen erfordern, die typischerweise eine Gefährdung für grundgesetzlich geschützte Rechte von Bürgern mit sich bringen. 1 9 6 Als durch die Tätigkeit von Detekteien betroffene Grundrechte kommen dabei insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seinen verschiedenen Ausformungen, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG sowie Art. 10 Abs. 1 GG in Betracht. Bei der Tätigkeit von Auskunfteien kann insbesondere das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen sein. 1 9 7 Zwar können diese einzelnen Grundrechtseingriffe jeweils gerechtfertigt sein, aufgrund der zahlreichen festgestellten Überschreitungen der Befugnisse liegen aber auch eine berücksichtigenswerte Anzahl von ungerechtfertigten Grundrechtseingriffen vor. Dies ist für die Beurteilung entscheidend, denn die Frage des Eingreifens der grundrechtlichen Schutzpflichten hat sich nicht an der gesetzlich gewollten, sondern an der tatsächlich gegebenen Sachlage auszurichten, anhand derer die Wirksamkeit der gesetzlichen Regelungen zu messen ist.

a) Allgemeines Persönlichkeitsrecht Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 G G 1 9 8 schützt die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer 196

Bericht A K II, S. 8.

197

BVerfGE 65, S. 1 (43) -Urteil vom 15.12.1983- 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83; 78, S. 77 (84) -Beschluß vom 09.03.1988- 1 BvL 49 /86; BK/Zippelius Art. 1 Abs. 1 u. 2 Rdn. 84; Badura, Staatsrecht, S. 89. 198

Vgl. zu dem Verhältnis beider Vorschriften zueinander etwa Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdn. 26; von Mangoldt/Klein/Starck Art. 2 Rdnrn. 40, 65.

238

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

Grundbedingungen. 199 Es sichert jedem einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann. 2 0 0 Der einzelne soll vor der Ausforschung seines Persönlichkeitsbereichs geschützt werden. 2 0 1 Dabei ist zu berücksichtigen, daß Beobachtungen in der Öffentlichkeit in der Regel nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen, da die Persönlichkeit so erscheint, wie sie sich in der Öffentlichkeit darstellt. Ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann aber dann vorliegen, wenn diese Beobachtungen zu einem Gesamtbild zusammengestellt werden, auch dann, wenn eine Veröffentlichung nicht geplant ist. 2 0 2 Solche Beobachtungen bilden häufig den Inhalt detektivischer Aufträge. Eine systematische Beobachtung oder Observation greift demnach in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein. 2 0 3 Zu den besonderen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes gehören auch das Recht am eigenen B i l d 2 0 4 und das Recht am gesprochenen Wort. 2 0 5 Das heimliche Fotografieren stellt also ebenso einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht d a r 2 0 6 wie das heimliche 199

BVerfGE 54, S. 148 (153) -Beschluß vom 03.06.1980- 1 BvR 185/77; 72, S. 155 (170) -Beschluß vom 13.05.1986- 1 BvR 1542/84; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdn. 27. 200

BVerfGE 79, S. 256 (268) -Urteil vom 31.01.1989- 1 BvL 17/87; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdn. 27. 201 BVerfGE 27, S. 1 (6) -Beschluß vom 16.07.1969- 1 BvL 19/63 („Mikrozensus"); BK/Zippelius Art. 1 Abs. 1 u. 2 Rdn. 97; ebenso von Mangoldt/Klein/Starck Art. 2 Abs. 1 Rdn. 123; speziell zu der Tätigkeit von Detektiven: AG Altena, NJW 1966, S. 1460f. Urteil vom 16.11.1965- 2 C 396/65 mit diesbezüglich zustimmender Anmerkung von Weitnauer, NJW 1966, S. 1460; F. Becker, S. 23, 25. 202 von Mangoldt/Klein/Starck F. Becker, S. 25.

Art. 1 Abs. 1 Rdn. 81 und Art. 2 Abs. 1 Rdn. 123;

203 So auch BVerwG, NJW 1986, S. 2331 (2332) -Urteil vom 21.03.1986- 7 C 73/84; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdn. 28a. 204 BVerfGE 34, S. 238 (246) -Beschluß vom 31.01.1973- 2 BvR 454/71; Leibholz/Rinck/Hesselberger Art. 2 Rdn. 50; von Mangoldt/Klein/Starck Art. 2 Abs. 1 Rdnrn. 70, 120. 205

BVerfGE 34, S. 238 (246) -Beschluß vom 31.01.1973- 2 BvR 454/71; Leibholz/Rinck/Hesselberger Art. 2 Rdn. 55. 206

BGHZ 24, S. 200 (208) -Urteil vom 10.05.1957- I ZR 234/55; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdn. 28a; Maunz/Zippelius y § 23 I 3 d; Ebert/Ehses/Foerster/OttoEbert y Rdn. 66; speziell in bezug auf Detektive: F. Becker, S. 21.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

239

Mithören und Aufzeichnen von Gesprächen. 207 Durch die Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien kann ebenfalls das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelt worden ist, verletzt sein. Dieses Grundrecht gewährleistet dem einzelnen die Befugnis grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen. 208 Dieser Schutz bezieht sich nicht nur auf den Bereich der automatischen Datenverarbeitung, 209 so daß auch die Datenerhebung durch Detektive, der zumeist keine automatische Datenverarbeitung nachfolgt, 2 1 0 in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung fallen kann. Gerade aber die technischen Möglichkeiten der automatischen Datenverarbeitung bergen für das allgemeine Persönlichkeitsrecht besondere Gefahren, denn bei der Informationserlangung muß nicht mehr wie früher auf manuell zusammengetragene Karteien und Akten zurückgegriffen werden, vielmehr sind mit den heutigen technischen Möglichkeiten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse von Personen technisch gesehen unbegrenzt speicherbar, vielfach kombinierbar und in Sekundenschnelle abrufbar. 211 Dadurch vergrößert sich die Gefahr erheblich, daß einzelne Daten zu einem teilweise oder weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild zusammengefügt werden. 2 1 2 So kann aus der Kombination einzelner - auch freiwillig - bekanntgegebener Daten ein zutreffendes oder unzutreffendes Gesamtbild des erfaßten Menschen entstehen, das abrufbereit aufbewahrt wird, ohne daß der Betreffende bei seinen verschiedenen persönlichen und geschäftlichen Aktionen sich insgesamt so weit preisgegeben hätte. 2 1 3 207

Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdnrn. 28a, 32; Maunz/Zippelius, § 23 I 3 d; Ebert/Ehses/Foerster/Otto-Eberty Rdn. 70; speziell in bezug auf Detektive: F. Becker, S. 22. 208

BVerfGE 65, S. 1 (43) -Urteil vom 15.12.1983- 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83; 78, S. 77 (84) -Beschluß vom 09.03.1988- 1 BvL 49 /86; BK/Zippelius Art. 1 Abs. 1 u. 2 Rdn. 84; Badura, Staatsrecht, S. 89. 209 BVerfGE 78, S. 77 (84) -Beschluß vom 09.03.1988- 1 BvL 49 /86; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdn. 28a; Schlink, Der Staat 25 (1986), S. 233 (248). 210

Vgl. Kap. 5 C 11 a.

211

Vgl. BVerfGE 65, S. 1 (42) -Urteil vom 15.12.1983- 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83; Leibholz/Rinck/Hesselberger Art. 2 Rdn. 105; Bürger, S. 34. 212 BVerfGE 65, S. 1 (42) -Urteil vom 15.12.1983- 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83; Leibholz/Rinck/Hesselberger Art. 2 Rdn. 105. 213

Vgl. von Mangoldt/Klein/Starck

Art. 1 Abs. 1 Rdn. 72.

240

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

Gerade darin, daß der Mensch in seiner ganzen Persönlichkeit registriert und katalogisiert wird, ist aber ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und darüber hinaus ein Verstoß gegen die Menschenwürde zu sehen. 214 Daraus ergibt sich, daß es unter dem Blickwinkel des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung kein belangloses Datum mehr gibt und es darüber hinaus nicht darauf ankommt, ob der einzelne selbst über seine persönlichen Daten verfügt hat und diese in der Öffentlichkeit bekannt gemacht hat. Da die Menschenwürde auch nicht von privater Seite angetastet werden darf, verstoßen auch private Datensammlungen, die den Menschen ohne seine Zustimmung in seiner Persönlichkeit registrieren, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Eine Verletzung des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung liegt aber nicht vor, wenn sich die gesammelten Daten nur auf bestimmte Geschäftsvorfälle beziehen und nur einen geringen Ausschnitt der Persönlichkeit des Betroffenen widerspiegeln und demzufolge eine Registrierung des einzelnen in seiner gesamten Persönlichkeit gerade nicht stattfindet. 215

b) Weitere Grundrechte Neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kann die Tätigkeit von Detektiven, insbesondere der Kaufhausdetektive, noch die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und das Grundrecht auf die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) verletzen. Das Abhören von Telefongesprächen greift nicht nur in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein, sondern betrifft auch das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 G G . 2 1 6

214 Vgl. BVerfGE 27, S. 1 (6) -Beschluß vom 16.07.1969- 1 BvL 19/63; 65, S. 1 (42f.) -Urteil vom 15.12.1983- 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83; BIVZippelius Art. 1 Abs. 1 u. 2 Rdn. 98; Bleckmann, Staatsrecht II, S. 470; Maunz/Zippelius, § 23 I 3 d. 215

So auch BK/Zippelius 1 Abs. 1 Rdn. 72. 216

Art. 1 Abs. 1 u. 2 Rdn. 99; von Mangoldt/Klein/Starck

Art.

von Mangoldt/Klein/Starck Art. 1 Abs. 1 Rdn. 58; Ebert/Ehses/Foerster/OttoEbert y Rdn. 70. Vgl. zu der Frage, ob es sich bei Art. 10 GG um ein ausschließlich staatsgerichtetes Grundrecht handelt Gusy y JuS 1986, S. 89 (92) (bejahend) und von Münch/Kunig-Löwer Art. 10 Rdn. 8 (verneinend).

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

241

2. Gefahrdung oder Verletzung der grundrechtlichen Schutzgüter von Seiten Privater Es ist ein allgemein anerkannter Befund, daß die Grundrechte nicht nur durch den Staat, sondern auch durch andere Bürger beeinträchtigt werden können. 2 1 7 Gerade die Ableitung grundrechtlicher Schutzpflichten aus den ursprünglich als Abwehrrechte verstandenen Grundrechten basiert auf dieser Erkenntnis. Dabei stellen die einzelnen geschilderten Handlungen von Auskunfteien und Detekteien auch nicht lediglich hinzunehmende Belästigungen, sondern echte Grundrechtseingriffe dar. Dies gilt insbesondere deshalb, weil Eingriffe dann als besonders gravierend anzusehen sind, wenn sie ohne Kenntnis des Betroffenen erfolgen. 218

3. Ableitung von Schutzpflichten aus den betroffenen Grundrechten Daß dem Staat seinen Bürgern gegenüber Schutzpflichten obliegen, hat das Bundesverfassungsgericht seit den Anfängen seiner Rechtsprechung anerkannt. 219 Die Literatur ist dem Bundesverfassungsgericht darin gefolgt, wobei allerdings die dogmatische Herleitung der grundrechtlichen Schutzpflichten in der Literatur divergiert. 2 2 0 Allerdings ist das Bundesverfassungsgericht bei der Anerkennung von Schutzpflichten bei einigen Grundrechten eher zurückhaltend. Soweit jedoch der Menschenwürdegehalt der 217

Vgl. Häberle in: Isensee/Kirchhof I, § 20 Rdn. 73; Stern m/1, § 67 V 2 a; Hesse, Rdn. 349; Jeand'Heur (AöR 119 [1994], S. 107 [121]) nennt als Beispiel für Grundrechtsgefährdungen durch Dritte bzw. nichtstaatliche Instanzen, die eine staatliche Schutzpflicht auszulösen vermögen, ausdrücklich „Maßnahmen gewerblicher Sicherungsdienste", soweit diesen Eingriffsqualität zukommt. 218

Vgl. Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdn. 37.

219

BVerfGE 1, S. 97 (104) -Beschluß vom 19.12.1951-1 BvR 220/51; 9, S. 305 (327) -Beschluß vom 16.06.1959- 2 BvF 5/56. 220

Ableitung aus dem objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte: Stern I I I / l , § 69 I V 5 c; Hesse, Rdn. 350; Ableitung aus der Abwehrfunktion der Grundrechte: Murswiek, N V w Z 1986, S. 61 Iff., insbesondere S. 615; Ableitung aus der staatlichen Friedenssicherungspflicht: Klein, NJW 1989, S. 1633 (1635f.). Das Bundesverfassungsgericht leitet die grundrechtlichen Schutzpflichten einerseits aus dem objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte ab (BVerfGE 53, S. 30 (57) Beschluß vom 20.12.1979- 1 BvR 385/77; 56, S. 54 (73) -Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72;) und weist andererseits aber auch zusätzlich auf Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG hin (BVerfGE 39, S. 1 (41) -Urteil vom 25.02.1975- 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74; 46, S. 160 (164) -Urteil vom 15.10.1977- 1 BvQ 5/77). 16 Peilert

242

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

einzelnen Grundrechte betroffen ist, steht der Bejahung von grundrechtlichen Schutzpflichten i m Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG nichts i m Wege, da sich dessen Schutz auch auf Angriffe und Beeinträchtigungen von Privaten bezieht. 221 In ständiger Rechtsprechung wird vom Bundesverfassungsgericht eine Schutzpflicht aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit bejaht. Danach hat sich der Staat schützend und fördernd vor das Leben und die Gesundheit zu stellen und sie vor allem auch vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. 222 Auch in der Literatur hat diese Rechtsprechung Zustimmung gefunden. 223 Bei der Herleitung von Schutzpflichten aus anderen Grundrechten hat das Bundesverfassungsgericht dagegen einen weniger strengen Maßstab an die Wahrnehmung der grundrechtlichen Schutzpflichten angelegt. 224 So bejahte das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG eine aus der Schutzpflicht des Staates folgende Handlungspflicht des Gesetzgebers erst dann, wenn das Ersatzschulwesen in seinem Bestand bedroht ist. 2 2 5 Aber diese bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zeigt schon, daß es bei der Herleitung von Schutzpflichten zwar auf die Wertigkeit des zu schützenden Grundrechts ankommt, daß diese Wertigkeit aber nur Bedeutung für den Umfang der Schutzpflichten, nicht aber deren grundsätzliche Anerkennung hat. Vielmehr kommt grundsätzlich jedes Grundrecht als Gegenstand grundrechtlicher Schutzpflichten in Betracht. 226

221

BVerwGE 64, S. 274 (278) -Urteil vom 15.12.1981- 1 C 232.79 („Peep-Show"); von Münch/Kunig-Kunig Art. 1 Rdn. 31; Stem I I I / l , § 58 I I 6 c. 222

BVerfGE 39, S. 1 (42) -Urteil vom 25.02.1975- 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74 („Fristenlösung"); 46, S. 160 (164) -Urteil vom 16.10.1977- 1 BvQ 5/77 („Schleyer"); 49, S. 24 (53) -Beschluß vom 01.08.1978- 2 BvR 1013, 1019, 1034/77 („Kontaktsperregesetz"); 53, S. 30 (57) -Beschluß vom 20.12.1979- 1 BvR 385/77 („MülheimKärlich"); 56, S. 54 (73) -Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72- (,fluglärm"). 223

von Münch/Kunig-Kunig

Art. 2 Rdnrn. 54ff.; Stober, Befähigungsnachweis, S. 102.

224

BVerfGE 6, S. 55 (76) -Beschluß vom 17.01.1957- 1 BvL 4/54 in bezug auf Art. 6 Abs. 1 GG; 49, S. 24 (53) -Beschluß vom 01.08.1978- 2 BvR 1013, 1019, 1034/77 in bezug auf Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; 55, S. 37 (68) -Beschluß vom 07.10.1980- 1 BvR 1289/78 in bezug auf Art. 5 Abs. 3 GG; 75, S. 40 (62ff.) -Urteil vom 08.04.1987- 1 BvL 8, 16/84 in bezug auf Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG. 225

BVerfGE 75, S. 40 (66) -Urteil vom 08.04.1987- 1 BvL 8, 16/84.5/77).

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

243

4. Kriterien für eine Schutzpflicht des Staates U m eine konkrete Pflicht des Gesetzgebers zum Tätigwerden anzunehmen, reicht es nicht aus, wenn Grundrechtseingriffe durch Private lediglich in unbestimmter Zukunft und in unbestimmtem Ausmaß zu befürchten sind. Vielmehr ist anhand verschiedener Kriterien zu ermitteln, ob i m Einzelfall eine solche Pflicht des Gesetzgebers angenommen werden kann. Folgende Kriterien kommen für die Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Staat grundrechtliche Schutzpflichten realisieren muß, in Betracht: Art und Nähe der Gefahr, 227 Ausmaß des drohenden Schadens, 228 Irreparabilität des eingetretenen Schadens, 229 Rang des in Frage stehenden Rechtsgutes, 230 Bedeutung der schon vorhandenen Regelungen und getroffenen Maßnahmen, 2 3 1 Möglichkeit zur Gefahrenabwehr, 232 Schutzbedürftigkeit der potentiellen Opfer. 233 226 So auch Götz in: Isensee/Kirchhof III, § 79 Rdn. 10; Stern I I I / l , § 67 V 2: „Damit besitzen die Schutzansprüche ein potentielles Anwendungsfeld, das dem der Abwehrrechte entspricht; ihre noch nicht voll entwickelte Bedeutung kann daher kaum überschätzt werden." und § 69 I V 5; Alexy, S. 410; Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 33; Badura, FS Eichenberger, S. 481 (490). 227 BVerfGE 49, S. 89 (142) -Beschluß vom 08.08.1978- 2 BvL 8/77; 56, S. 54 (78) Beschluß vom 14.01.1981-1 BvR 612/72; Pieroth/Schlink,, Rdn. 96; Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 37. 228

BVerfGE 49, S. 89 (142) -Beschluß vom 08.08.1978- 2 BvL 8/77; 56, S. 54 (78) Beschluß vom 14.01.1981-1 BvR 612/72; Stern I I I / l , § 67 V 2 b; Pieroth/Schlink, Rdn. 96. 229 Pieroth/Schlink,

Rdn. 93.

230

BVerfGE 49, S. 89 (142) -Beschluß vom 08.08.1978- 2 BvL 8/77; 56, S. 54 (78) Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72; Stern I I I / l , § 67 V 2 b; Pieroth/Schlink, Rdn. 96; Hermes, S. 49; Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 37; Klein, NJW 1989, S. 1633 (1634). 231 BVerfGE 49, S. 89 (142) -Beschluß vom 08.08.1978- 2 BvL 8/77; 56, S. 54 (78) Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72; Pieroth/Schlink, Rdn. 96. 232 233

Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 37.

Isensee in Isensee/Kirchhof V, § 111 Rdn. 142 („Die Staatsaufgabe Sicherheit aktualisiert sich nur nach Maßgabe des Subsidiaritätsprinzips.").

244

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

Diese einzelnen, in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Kriterien sind nun - sinngemäß in fünf Prüfungspunkten zusammengefaßt - i m Hinblick darauf zu untersuchen, ob die Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien das Tätigwerden des Gesetzgebers aufgrund der grundrechtlichen Schutzpflichten erfordert.

a) Art, Nähe und Ausmaß von Gefahr und Schaden Bezüglich des Faktors Art und Nähe der Gefahr spricht bei der Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien keine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß Bürger von einem Grundrechtseingriff betroffen werden. Trotz der beachtenswerten Fehlinformationsquote bei Auskunfteien bzw. Fehlverhaltensquote bei Auskunfteien und Detekteien ist, bezogen auf die Gesamtheit der Bevölkerung, nur eine geringe Wahrscheinlichkeit und damit Nähe eines Schadenseintritts zu befürchten. Die Möglichkeit eines Schadenseintritts ist regelmäßig auf die Gruppe der Auftraggeber und der von Auskünften Betroffenen beschränkt. Das Ausmaß drohender Schäden läßt sich - etwa bei Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht - nur schwer bestimmen. Allerdings kann beispielsweise durch Löschungsansprüche verhindert werden, daß die Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sich ständig erneuern. Da allerdings feststeht, daß bei einem einzelnen Fehlverhalten von Auskunftei- oder Detekteimitarbeitern in der Regel nur ein einzelner Rechtsgutträger betroffen wird, ist das Ausmaß drohender Schäden als nicht sehr groß einzustufen.

b) Rang des in Frage stehenden Rechtsgutes Als weiterer Faktor, der für die Frage bedeutsam ist, ob der Gesetzgeber aufgrund der Schutzpflichten tätig werden muß, wurde der Rang der in Frage stehenden Rechtsgüter genannt. Die Gefahrenschwelle, an der die grundrechtlichen Schutzpflichten einsetzen, sind nämlich nicht für alle Grundrechte einheitlich zu beurteilen. 234 Ausschlaggebend für die Beurteilung dieser Gefahrenschwelle ist aber nicht allein eine mögliche abstrakte Wertordnung innerhalb des Grundrechtskataloges, sondern es ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die dem Grundrecht drohenden Gefahren repara-

234

Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 37.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

245

bei sind oder nicht. Der Staat kann seinen Schutzbefohlenen Bürgern die Hinnahme von Risiken eher zumuten, wenn sich der drohende Schaden später ersetzen läßt, als wenn er irreparabel i s t . 2 3 5 Dieses Kriterium der Irreparabilität des eingetretenen Schadens kann am ehesten dort als erfüllt angesehen werden, wo das menschliche Leben und die menschliche Gesundheit in Frage stehen. 2 3 6 Allerdings sind zahlreiche gewerbliche Tätigkeiten mit Risiken für die menschliche Gesundheit und auch das menschliche Leben verbunden. Ein Automatismus, der bei Gefährdungen des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG den Gesetzgeber in Wahrnehmung seiner grundrechtlichen Schutzpflichten zu gefahrvermeidenden Regelungen zwingt, kann dennoch nicht anerkannt werden. Vielmehr ist noch die Art und Nähe der Gefahr zu berücksichtigen. Dabei ist eine ernsthafte Gefährdung bei schwerwiegenden Gesundheitsschäden als ausreichende, aber auch notwendige Voraussetzung anzusehen. 237 Diese solchermaßen definierte Gefahrenschwelle erreicht das Tätigwerden von Detektiven - etwa durch ungerechtfertigte Körperverletzungen im Zusammenhang mit Festnahmehandlungen i m Hinblick auf Gesundheitsgefährdungen jedoch nicht. Bei den anderen in Frage stehenden Rechtsgütern ist zwar die Nähe der Gefahr größer, aber das Ausmaß des drohenden Schadens i m Hinblick auf die Reparabilität als geringer einzustufen. Schon i m Hinblick auf die zu schützenden Rechtsgüter bestehen somit Bedenken, ob sich Verschärfungen der gesetzlichen Regelungen für das Tätigwerden von Auskunfteien und Detekteien mit Hilfe der grundrechtlichen Schutzpflichten begründen lassen.

c) Bedeutung der schon vorhandenen Regelungen und getroffenen Maßnahmen Die Frage, ob und in welchem Umfang die grundrechtlichen Schutzpflichten weitere staatliche Regelungen und Maßnahmen erfordern, bestimmt sich weiterhin danach, in welchem Umfang der staatliche Schutz bislang wahrgenommen wird. Abzustellen ist darauf, ob das Rechtssystem in seiner Gesamtheit einen der Bedeutung der zu sichernden Rechtsgüter ent235

Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 38.

236

Pieroth/Schlink,

Rdn. 93; Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 38.

237 Vgl. BVerfGE 51, S. 324 (347) -Beschluß vom 19.06.1979- 2 BvR 1060/78; Stern Hl/1, § 67 V 2 b.

246

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

sprechenden tatsächlichen Schutz gewährleistet. 238 Dabei können „alle Formen des staatlichen Handelns in den Dienst des Schutzes gestellt werden: Prävention wie Repression, Gefahrenabwehr wie Strafe, Eingriff wie Fürsorge". 239 Die Realisierung der grundrechtlichen Schutzpflichten in bezug auf das Tätigwerden von Auskunfteien und Detekteien findet sich im Privatrecht, im Strafrecht und i m Öffentlichen Recht. A u f zivilrechtlicher Ebene werden die Schutzpflichten etwa durch Schadensersatzansprüche (§§ 823ff. BGB) oder Unterlassungsansprüche (§§ 12, 862, 1004 BGB) wahrgenommen. Daß zu dem den Schutzpflichten entspringenden Instrumentarium auch das Privatrecht und insbesondere das Haftungsrecht zu zählen ist, ist allgemein anerkannt. 240 Ausfluß der grundrechtlichen Schutzpflichten im Bereich des Zivilrechts ist des weiteren, daß die Erlaubnistatbestände für Eingriffe in Rechtsgüter Dritter auch die Interessen des Störers berücksichtigen. I m Bereich des Strafrechts werden die Schutzpflichten einerseits durch die Strafvorschriften des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches und anderen nebengesetzlichen Straftatbeständen sowie andererseits durch die besondere Ausgestaltung der strafrechtlichen Befugnisnormen realisiert. Auch die Eignung des Straftatbestände zur Erfüllung der grundrechtlichen Schutzgüter ist anerkannt. 241 Von den Grundrechten des potentiellen Störers aus gesehen, ist es verfassungsrechtlich geboten, daß die vom Staat in den sogenannten Notrechten verliehenen Eingriffsbefugnisse nicht grenzenlos sind. So spiegeln sich bei der Ausgestaltung der strafrechtlichen Erlaubnistatbestände die grundrechtlichen Schutzpflichten etwa darin wider, daß in den Fällen des rechtfertigenden Notstandes der Gesetzgeber die Interessenabwägung unmittelbar als

238

BVerfGE 39, S. 1 (Leitsatz 4, 42, 46) -Urteil vom 25.02.1975- 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74; Leibholz/Rinck/Hesselberger Art. 2 Rdn. 482; Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 39. 239

Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 39; ebenso Stern I I I / l , § 69 IV 6 b.

240

Isensee in Isensee/Kirchhof V, § 111 Rdn. 128; Lorenz in: Isensee/Kirchhof VI, § 128 Rdn. 57; Badura, FS K. Molitor, S. 1 (9); Hermes, NJW 1990, S. 1764 (1765). 24 » BVerfGE 39, S. 1 (45) -Urteil vom 25.02.1975- 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74; Badura, Staatsrecht, S. 79.

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

247

Bestandteil der gesetzlichen Regelung übernimmt. Dieses Tatbestandsmerkmal soll sicherstellen, daß es zu einer verfassungswidrigen Verletzung der grundrechtlichen Schutzpflichten weder zum Nachteil des Angegriffenen noch zum Nachteil des Angreifers kommen kann. 2 4 2 Bei Notwehr und Nothilfe, bei denen nach überwiegender Auffassung das Verhältnismäßigkeitsprinzip keine Geltung beansprucht, trägt die sogenannte Rechtsmißbrauchslehre den grundrechtlichen Schutzpflichten Rechnung. 243 Die öffentlich-rechtliche Wahrnehmung von Schutzpflichten gegen Grundrechtseingriffe von Auskunfteien und Detekteien erfolgt in erster Linie durch die gewerberechtlichen Instrumente der Anzeigepflicht (§ 14 GewO), der Überwachung (§ 38 Satz 1 Nr. 4 GewO) und der Untersagungsmöglichkeit (§ 35 GewO). 2 4 4 Als Erfüllung des staatlichen Schutzauftrages i m Bereich des Öffentlichen Rechtes können weiter einzelne Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes aufgefaßt werden. Sie werden der Schutzpflicht gerecht, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Hinblick auf personenbezogene Daten enthält. 2 4 5

d) Alternative Möglichkeiten der Gefahrenabwehr Weiterhin ist zu fragen, welche Möglichkeiten dem Staat zur Gefahrenabwehr verbleiben. Ein Verbot der Tätigkeit privater Sicherheitsunternehmen scheidet aus verfassungsrechtlichen Gründen aus, denn die Anbieter gewerblicher Schutzleistungen bilden insofern mit den schutzbedürftigen Kunden einen Grundrechtsverbund, demzufolge eine solche Tätigkeit als Verstoß gegen die Grundrechte von Unternehmen wie Kunden nicht verboten werden kann. 2 4 6 Bei Tätigkeiten von Auskunfteien und Detekteien, bei denen kein solcher Grundrechtsverbund vorliegt, würde ein Verbot des Gewerbes allein an Art. 12 GG scheitern. Zweifel bestehen auch an der Eig242

Vgl. Bracher, S. 134.

243 Vgl. dazu Kap. 5 C I I 1. Allerdings soll eine solche Verpflichtung zugunsten des Störers nach Auffassung von Bracher (S. 136) gar nicht erforderlich sein, denn der Staat dürfe das öffentliche Interesse der Bürger am Schutz ihrer Rechtsgüter auch so hoch einstufen, daß er zur Verteidigung der Rechtsordnung auch unverhältnismäßige Eingriffe in die Rechte des rechtswidrig handelnden Störers zulassen könne. 244 Ygi d a z u K a p 6 durchgehend. 245

Badura, Staatsrecht, S. 90.

246

Siehe Kap. 3 A V.

248

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

nung der Verschärfung haftungsrechtlicher Vorschriften oder der Schaffung spezieller Straftatbestände. 247 Als mögliches Mittel wäre aber an schärfere gewerberechtliche Erlaubnisvoraussetzungen zu denken.

e) Schutzbedürftigkeit

der potentiellen Opfer

I m Rahmen des letzten Kriteriums ist auf die Schutzbedürftigkeit der potentiellen Opfer abzustellen. Als potentielle Opfer kommen grundsätzlich zwei Personengruppen in Betracht, nämlich einerseits die Zielpersonen von Auskünften und Ermittlungen und andererseits die Auftraggeber. Dabei ist bei der Personengruppe der Zielpersonen von Auskünften und Ermittlungen ein hoher Grad der Schutzbedürftigkeit zu bejahen, da diese vielfach keine Kenntnis von den sie betreffenden Eingriffen haben werden, und somit ein Großteil des ihnen zukommenden einfachgesetzlichen Abwehrinstrumentariums keine Bedeutung entfalten kann. Der Rechtsgüterschutz ist aber gerade dort besonders wichtig, wo der Betroffene nur geringe Chancen hat sich den Eingriffen des anderen zu entziehen. 248 Faktisch befinden sich auch Detektive aufgrund der ihnen anvertrauten Informationen in einer Machtposition gegenüber den Auftraggebern. Da es sich dabei zumeist um solche Informationen handelt, die der Öffentlichkeit oder staatlichen Stellen nicht bekannt werden sollen, sind auch die Abwehrmöglichkeiten der Auftraggeber bei Mißbräuchen nur gering, so daß auch ihre Schutzbedürftigkeit zu bejahen ist.

5. Keine Feststellung grundrechtswidrigen Unterlassens In Rechtsprechung 249 und Literatur 2 5 0 ist allgemein anerkannt, daß dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Erfüllung der grund-

247

Vgl. Kap. 7 B V 5 a, e und Kap. 7 E I I I 3 f aa (7).

248

Klein, NJW 1989, S. 1633 (1636).

249

BVerfGE 39, S. 1 (44) -Urteil vom 25.02.1975- 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74; 49, S. 89 (Leitsatz 2, 90) -Beschluß vom 08.08.1978- 2 BvL 8/77; 56, S. 54 (80f.) -Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72; 77, S. 170 (Leitsatz 2a, 214) -Beschluß vom 29.10.1987- 2 BvR 624, 1080, 2029/83; 79, S. 174 (202) -Beschluß vom 30.11.1988- 1 BvR 1301/84; 88, S. 203 (262) -Urteil vom 28.05.1993- 2 BvF 2/90 und 4, 5/92. 250

Leibholz/Rinck/Hesselberger Art. 2 Rdnrn. 460, 513; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdnrn. 51, 63; Götz in: Isensee/Kirchhof III, § 79 Rdn. 10; Stern I I I / l § 69 IV 6 b;

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

249

rechtlichen Schutzpflichten zusteht. Diese Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist gerichtlich nur begrenzt nachprüfbar. 251 Der aus einer grundrechtlichen Schutzpflicht resultierende Anspruch ist aufgrund dieser Gestaltungsfreiheit nur darauf gerichtet, daß die öffentliche Gewalt überhaupt Vorkehrungen zum Schutze des Grundrechts trifft, die nicht gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das Schutzziel zu erreichen. 252 Nur unter ganz besonderen Umständen kann sich diese Gestaltungsfreiheit derart verengen, daß allein durch eine bestimmte Maßnahme der Schutzpflicht Genüge getan werden kann, 2 5 3 nämlich etwa dann, wenn ein effektiver Schutz auf andere Weise nicht zu erreichen i s t 2 5 4 und wenn der Höchstwert Leben auf dem Spiel steht. 255 Der Gesetzgeber hat insofern das Untermaßverbot zu beachten, 256 das einen Mindeststandard an Grundrechtssicherheit gewährleistet. Für die Bestimmung dieses Mindeststandards haben die auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter und die Intensität der ihnen drohenden Gefahren herausgehobene Bedeutung. Diese Kriterien gebieten im Fall der vom Auskunftsgewerbe ausgehenden Gefahren keine Gesetzesverschärfung

Badura, Staatsrecht, S. 79; Hesse, § 11 Rdn. 350; Pieroth/Schlink, Rdnrn. 96f.; Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 39; Klein, NJW 1989, S. 1633 (1638). 251 BVerfGE 77, S. 170 (Leitsatz 2b, 215) -Beschluß vom 29.10.1987- 2 BvR 624, 1080, 2029/83; 79, S. 174 (202) -Beschluß vom 30.11.1988- 1 BvR 1301/84-; Leibholz/ Rinck/Hesselberger Art. 2 Rdn. 460. 252

BVerfGE 77, S. 170 (Leitsatz 2c, 215) -Beschluß vom 29.10.1987- 2 BvR 624, 1080, 2029/83; 79, S. 174 (202) -Beschluß vom 30.11.1988- 1 BvR 1301/84; Leibholz/ Rinck/Hesselberger Art. 2 Rdn. 460. Vgl. dazu aber auch BVerfGE 88, S. 203 (262f.) Urteil vom 28.05.1993- 2 BvF 2/90 und 4, 5/92 („Die im Beschluß des Senats vom 29. Oktober 1987 (vgl. BVerfGE 77, 170 [214f.]) enthaltenen Ausführungen zur Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen staatliches Unterlassen dürfen nicht dahin verstanden werden, als genügten der Erfüllung der Schutzpflicht des Staates gegenüber menschlichem Leben schon Maßnahmen, 'die nicht gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind\"). 253

BVerfGE 77, S. 170 (215) -Beschluß vom 29.10.1987- 2 BvR 624,1080,2029/83; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdn. 51; Leibholz/Rinck/Hesselberger Art. 2 Rdn. 460. 254

BVerfGE 46, S. 160 (164f.) -Urteil vom 16.10.1977- 1 BvQ 5/77; Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 51. 255

Vgl. von Mangoldt/Klein/Starck Art. 2 Abs. 2 Rdn. 141; Götz in: Isensee/Kirchhof in, § 79 Rdn. 11; Klein, NJW 1989, S. 1633 (1638). 256 BVerfGE 88, S. 203 (Leitsatz 6,254,261) -Urteil vom 28.05.1993- 2 BvF 2/90 und 4, 5/92; Isensee in Isensee/Kirchhof V, § 111 Rdn. 165.

250

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

aufgrund des Untermaßverbotes. M i t der gegenwärtigen Regelung befindet sich der Gesetzgeber vielmehr noch in dem ihm hier zustehenden weiten Gestaltungsspielraum. Der Einräumung eines weiten Gestaltungsspielraumes an den Staat, insbesondere den Gesetzgeber, ist auch aus mehreren Gründen zuzustimmen. Daß sich aus den grundrechtlichen Schutzpflichten konkrete Handlungsaufträge an den Gesetzgeber ergeben sollen, ist mit der Kompetenzordnung der parlamentarischen Demokratie und dem rechtsstaatlichen Gewaltenteilungsprinzip nur schwer vereinbar. Die grundrechtlichen Schutzpflichten können zwar das „ O b " eines staatlichen Tätigwerdens bestimmen, zu der Entscheidung über das „ W i e " ist aber nach der gewaltenteiligen Kompetenzordnung des Grundgesetzes der parlamentarische Gesetzgeber berufen. Dies gilt schon allein deshalb, weil es sich bei der Frage, wie die grundrechtlichen Schutzpflichten im Einzelfall zu realisieren sind, um eine höchst komplexe Frage handelt. Aufgrund unterschiedlicher Beurteilungen der tatsächlichen Verhältnisse und der denkbaren Mittel und Wege zu ihrer Lösung sowie abweichender Präferenzen bei den gesetzgeberischen Zielen, sind verschiedene Lösungen möglich. Zu ihrer Erreichung werden vielfach Kompromisse erforderlich sein. Diese Aufgabe fällt nach dem demokratischen Prinzip und dem Grundsatz der Gewaltenteilung dem vom Volk unmittelbar legitimierten Gesetzgeber zu. 2 5 7 Gegen konkrete Ansprüche auf gesetzgeberisches Tätigwerden bestehen also schon aus grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Erwägungen Bedenken. Speziell bei den grundrechtlichen Schutzpflichten kommt im Hinblick auf das Gewaltenteilungsprinzip und die daraus folgende Zuständigkeit des parlamentarischen Gesetzgebers noch hinzu, daß es sich bei Regelungen aufgrund der Schutzpflichten stets um solche handelt, bei denen eine doppelte Grundrechtsbetroffenheit vorliegt. Die Wahrnehmung des Schutzes zugunsten des einen stellt sich als Eingriff in die Freiheit des anderen dar. 2 5 8 Der Staat vollzieht insofern also keinen vollständigen Rollenwechsel vom

257 BVerfGE 56, S. 54 (81) -Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72; BVerfG, NJW 1983, S. 2931 (2933), -Beschluß vom 14.09.1983- 1 BvB 920/83; Leibholz/Rinck/ Hesselberger Art. 2 Rdn. 501. 258

Vgl. dazu Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 33ff. mit einem wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Beispiel: „Die Gewerbeaufsicht bewegt sich zwischen zwei grundrechtlichen Feuern: der Berufs- und Eigentumsfreiheit des Unternehmers einerseits und dem Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum der Anlieger andererseits" (S. 35).

B. Bedenken gegen den Umfang privater, gewerblicher Gefahrenabwehr

251

potentiellen Grundrechtsgegner zum Grundrechtsschützer, 259 sondern übernimmt zusätzlich die Rolle des Grundrechtsschützers. Die gesetzgeberische Maßnahme zur Erfüllung der Schutzpflichten stellt sich also gegenüber dem potentiellen Störer selbst als ein Eingriff dar, der seinerseits die Abwehrrechte des Betroffenen mobilisieren kann. Somit hat sich der Schutzverantwortliche der angemessenen Auflösung dieser Grundrechtskollision, die sich für ihn als eine Pflichtenkollision darstellt, zu stellen. Beide Aspekte der Grundrechtsgewährleistung genießen dabei gleichen verfassungsrechtlichen Rang. 2 6 0 Die Entscheidung über ihren Ausgleich gebührt allein dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber. Die Notwendigkeit, dem Gesetzgeber einen solchen weitgehenden, von den Gerichten nicht kontrollierbaren Gestaltungsspielraum einzuräumen, zeigt sich auch dann, wenn man subjektive Rechte auf Erfüllung der Schutzpflichten anerkennt. 261 Die Einräumung eines so weitgehenden Individualrechtsschutzes läßt sich nur rechtfertigen, wenn dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zur Erfüllung der Ansprüche verbleibt. Speziell bei den grundrechtlichen Schutzpflichten spricht für die weite Gestaltungsfreiheit schließlich, daß der Gesetzgeber seine Regelungen nicht so treffen muß, daß sie Grundrechtsgefährdungen mit absoluter Sicherheit ausschließen. 262 Vielmehr ist ein sogenanntes „Restrisiko" hinzunehmen. 263 Plausibel wird der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum in diesem Zusammenhang, wenn man davon ausgeht, daß sich die Gefährdungen nicht notwendig realisieren müssen, dem Gesetzgeber also auch insofern ein Gestaltungsspielraum zur Festlegung der für die zu treffenden Regelungen maßgeblichen Risikosphären verbleibt. 2 6 4

259

So aber Stern I I I / l , § 69 I V 5 a; Klein, NJW 1989, S. 1633 (1634, vgl. aber auch S. 1637). 260

Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 33.

261 Das Bundesverfassungsgericht hat zu dieser Frage - soweit ersichtlich - noch keine Stellung bezogen, in der Literatur findet sich keine einheitliche Linie, auch wenn eine kategorische Ablehnung kaum vertreten wird; bejahend mit unterschiedlicher Reichweite etwa: Badura, Staatsrecht, S. 79; Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 50; Fluck, UPR 1990, S. 81 (82f.); Klein, NJW 1989, S. 1633 (1637). 262

Jarass in: Jarass/Pieroth Vorb. vor Art. 1 Rdn. 8; Pieroth/Schlink,

263

Dietlein, S. 71; Stern I I I / l , § 69 I V 6 e; Stober, Befähigungsnachweis, S. 103.

264

Vgl. Fluck, UPR 1990, S. 81 (83); Klein,, NJW 1989, S. 1633 (1637).

Rdn. 97.

252

3. Kap.: Verfassungsrechtlicher Rahmen

Damit steht fest, daß dem Gesetzgeber bei der Erfüllung der grundrechtlichen Schutzpflichten ein weiter Gestaltungsspielraum offensteht. Aus der Schutzdimension der Grundrechte ergibt sich demnach keine Pflicht des Gesetzgebers den Handlungsspielraum von Auskunfteien und Detekteien über die getroffenen Regelungen hinaus einzuengen. Das bedeutet indes nicht, daß die grundrechtlichen Schutzpflichten nicht auch in die Abwägung gesetzgeberischer Entscheidungen einzubeziehen sind. Deren Wahrnehmung in bestimmter Form ist dann aber keine Frage verfassungsrechtlicher Vorgaben, sondern entspringt der politischen Verantwortung des Schutzbefohlenen Gesetzgebers.

Viertes Kapitel

Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden des Auskunftsgewerbes In diesem und dem folgenden Kapitel wird der den Auskunfteien und Detekteien aufgrund des einfachen Rechts zustehende Handlungsspielraum untersucht. Der Schwerpunkt der Darstellung der rechtlichen Grenzen für das Tätigwerden von Auskunftsunternehmen liegt dabei auf den von Auskunfteien und Detekteien typischerweise verwirklichten Eingriffen in die Rechtsgüter von Auftraggebern und Dritten. Diese Erörterung ist Voraussetzung für die Untersuchung, welche dieser Eingriffe vor der Rechtsordnung Bestand haben können, insbesondere ob sie gerechtfertigt sein können. Als Ergebnis der Darstellung der rechtlichen Grenzen und der Untersuchung der Rechtsgrundlagen für Eingriffe in die Rechte Dritter kann festgestellt werden, inwieweit das insbesondere für Detektive bestehende Klischee, daß sie sich stets am Rande der Legalität bewegten, zutrifft oder nicht. Darüber hinaus werden solche einfachgesetzlichen Fragestellungen behandelt, die das Tätigwerden von Auskunfteien und Detekteien in besonderer Weise betreffen, wie etwa Fragen der Kostenerstattung und die Möglichkeiten Zeugnisverweigerungsrechte wahrzunehmen. Zunächst soll jedoch auf die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen für das Tätigwerden von Auskunfteien und Detekteien eingegangen werden.

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen Bei den öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen für das Tätigwerden von Auskunfteien und Detekteien geht es in erster Linie um solche Vorschriften, die die Aufnahme und Ausübung der einzelnen Tätigkeiten von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen. Dies gilt für Regelungen aus dem Gewerbe-, Datenschutz- und Waffenrecht sowie dem Rechtsberatungsgesetz.

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

254

I. Gewerberecht Grundvoraussetzung für den Beginn der gewerblichen Tätigkeit als Auskunfteibetreiber oder Detektiv ist die gewerberechtliche Anmeldung gemäß § 14 Abs. 1 GewO. Weitere gewerberechtliche Anforderungen an die Aufnahme der Tätigkeit bestehen nicht. Lediglich § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO in Verbindung mit einzelnen landesrechtlichen Überwachungsvorschriften legt den Auskunfteien und Detekteien noch Pflichten zur Buchführung und Auskunftserteilung sowie die Duldung der behördlichen Nachschau auf. A u f gewerberechtliche Fragen bei Auskunftsunternehmen wird im Laufe der Arbeit noch ausführlich eingegangen.1

I I . Rechtsberatungsgesetz Das Rechtsberatungsgesetz gehört zu den gewerberechtlichen Gesetzen und regelt speziell die Voraussetzungen für die gewerbsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, die vor Erlaß des Rechtsberatungsgesetzes in der Gewerbeordnung aufgeführt war. 2 Soweit die Tätigkeit von Auskunfteien oder Detekteien die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, insbesondere die Erteilung von Auskünften in Rechtsfragen beinhaltet, könnte eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz erforderlich sein. 3 Eine solche Erlaubnis wird aber nach einer Änderung des Rechtsberatungsgesetzes aus dem Jahre 1980 4 nur noch als Teilerlaubnis den in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG abschließend aufgezählten Rentenberatern, Frachtprüfern, vereidigten Versteigerern, Inkassounternehmen und Rechtskundigen in einem ausländischen Recht erteilt. 5 Da das Auskunftsgewerbe in die1

Zu den gewerberechtlichen Voraussetzungen vgl. ausführlich Kap. 6.

2 Vgl. Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz Art. 1 § 1 Rdn. 1.

Art. 1 § 1 Rdn. 10; Rennen/Caliebe

3 Landmann/Rohmer I-Schönleiter § 38 Rdn. 19 und Band II, Nr. 313 Anm. A; Romanovszky, StWK 1986, S. 2287 (2288); ein Hinweis auf das Erfordernis einer Erlaubnis findet sich auch im Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen, Nr. 791a (Detektiv(in), Zugehörige Berufe), S. 10, 15. 4

Fünftes Gesetz zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 18.08.1980, B G B I I S . 1503. 5

Vgl. dazu Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz Art. 1 § 1 Rdnrn. 15ff. („Eine Ausdehnung durch weitherzige Auslegung entspricht nicht dem Sinn des Art. 1 § 1."; ebenda Rdn. 19); Rennen/Caliebe Art. 1 § 1 Rdn. 37.

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen

255

ser Aufzählung nicht erfaßt ist, könnte eine Rechtsberatung durch Auskunfteien und Detekteien einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz bedeuten und als Ordnungswidrigkeit gemäß Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG geahndet werden. Dies wäre dann der Fall, wenn die typischerweise von Auskunfteien und Detekteien wahrgenommenen Aufgaben als Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i m Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG zu qualifizieren wären. Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ist die unmittelbare Förderung konkreter fremder Rechtsangelegenheiten entweder durch unmittelbare Wahrnehmung Dritten gegenüber, also nach außen als Bevollmächtigter, oder nur nach innen durch Rechtsberatung, Entwerfen von Schriftsätzen und ähnliches, dergestalt, daß diese Rechtsangelegenheiten einen gewissen Abschluß, sei es zwecks Rechtsgestaltung (Schaffung und Veränderung von Rechtsverhältnissen), sei es zwecks Rechtsverwirklichung (Durchsetzung, Sicherung und Klarstellung von Rechten), zugeführt werden. 6 Von diesen unter dem Sammelbegriff der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten zu verstehenden Tätigkeiten könnte allein die Rechtsberatung zu den typischen von Auskunfteien und Detekteien wahrgenommenen Aufgaben zählen. Die Rechtsberatung ist eine Unterform der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, 7 unter der die Unterrichtung des Ratsuchenden über die Rechtslage eines Einzelfalles sowie die zu ergreifenden Maßnahmen und die Hilfeleistung bei der Sammlung von Unterlagen zu verstehen ist. 8 Gerade das Sammeln von Unterlagen zur Durchsetzung von Rechten gehört zum Hauptleistungsbereich von Auskunfteien und Detekteien. Es fällt aber nicht jedes Verschaffen von Unterlagen und Informationen unter den Begriff der Rechtsberatung. Das bloße Sammeln von tatsächlichem Material reicht beispielsweise zur Annahme einer Rechtsberatung nicht aus.9 6 BGH, NJW 1956, S. 591 (592) -Urteil vom 13.12.1955- I ZR 20/54; Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz Art. 1 § 1 Rdn. 37; Erbs/Kohlhaas-Senge Art. 1 § 1 Anm. 2 a und Anm. 4 a; Rennen/Caliebe Art. 1 § 1 Rdn. 7. 7

So Erbs/Kohlhaas-Senge Art. 1 § 1 Anm. 4 b; Rennen/Caliebe Art. 1 § 1 Rdn. 17; anderer Ansicht Dumoulin, NJW 1966, S. 810 (811); der in der Rechtsbesorgung die stärkere Form einer Tätigkeit im fremden Interesse sieht. 8

Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz Art. 1 § 1 Rdn. 24; Rennen/Caliebe Art. 1 § 1 Rdn. 17; in bezug auf das Sammeln von Unterlagen für die Durchführung und Durchsetzung von Ansprüchen auch Romanovszky, StWK 1986, S. 2288 (2289). * BayObLG, AnwBl 1964, S. 143 (144) -Urteil vom 20.04.1961- 4 St 315/60; Müller-Dietz, S. 40; ausdrücklich in bezug auf Auskunfteien und Detekteien: Schäfer in:

256

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

1. Auskunfteien Da das bloße Sammeln von tatsächlichem Material noch keine Rechtsberatung beinhaltet, ist die Auskunftserteilung von Auskunfteien regelmäßig keine Rechtsberatung i m Sinne des Art. 1 § 1 RBerG. Die Auskünfte der Auskunfteien sind nicht mit Ratschlägen oder Hinweisen rechtlicher Art verbunden. Aufgrund des für den Großteil der Auskunftsaiten standardisierten Verfahrens und dem Prinzip der vorrätigen Auskunft fehlt es bei den Auskünften an dem Erfordernis einer individuellen rechtlichen Beratung. Diese ist auch i m Hinblick auf den geringen Zeitansatz für die Erstellung einer Auskunft und die dementsprechend geringen Kosten nicht möglich. So kann es beispielsweise sein, daß zwei verschiedene Anfrager mit durchaus abweichenden Interessen dennoch die gleiche Auskunft erhalten. Die Auskünfte zur Erreichung einer größeren Markttransparenz schließlich haben ihrem Inhalt nach nur einen wirtschaftlichen, nicht aber rechtlichen Bezug. Aus dem Inhalt, dem Herstellungsverfahren und dem fehlenden individuellen Bezug ergibt sich, daß die Auskunftserteilung, wie sie von den Auskunfteien praktiziert wird, keine Rechtsberatung nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG ist. Eine Erlaubnis ist gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 RBerG aber für die außergerichtliche Einziehung von Forderungen (Betrieb sogenannter Inkassobüros) erforderlich, die vielfach zum Bereich der Nebenleistungen von Auskunfteien gehört. Die Erlaubnis darf gemäß Art. 1 § 1 Abs. 2 RBerG nur erteilt werden, wenn der Antragsteller die für den Beruf erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung sowie genügende Sachkunde besitzt. 10

Dalcke/Fuhrmann/Schäfer B I I I 15; Art. 1 § 1 Anm. 1; Erbs/Kohlhaas-Senge Anm. 4 a und 5 b; für Auskunfteien: Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz Rdn. 35 und Art. 1 § 7 Rdn. 539; Rennen/Caliebe Art. 1 § 1 Rdn. 16. 10

Art. 1 § 1 Art. 1 § 1

Das Verfahren zur Überprüfung von Zuverlässigkeit, Eignung und Sachkunde ist in §§ 6ff. RBerV (Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes vom 13.12.1935 [RGBl I S. 1481, Namensvereinfachung in: BGBl 1958 I, S. 437]) geregelt. Die Anforderung des Art. 1 § 1 Abs. 2 RBerG, daß das Bedürfnis in dem betreffenden Berufszweig nicht bereits durch eine hinreichende Zahl von Rechtsberatern gedeckt ist, ist nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.05.1955 (BVerwGE 2, S. 85ff. -Urteil vom 10.05.1955-1 C 121.53) nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen

257

2. Detekteien Schwieriger ist die Frage, ob eine Rechtsberatung vorliegt dagegen bei der Tätigkeit der Detekteien zu beantworten. Regelmäßig betreffen die Aufgaben der Detekteien, etwa bei Ermittlungen im Zusammenhang mit Straf- oder Zivilprozessen, auch rechtliche Fragestellungen. Daraus ergibt sich die Frage, ob in der Wahrnehmung solcher Aufgaben eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i m Sinne des Rechtsberatungsgesetzes zu sehen ist, und wenn ja, ob diese erlaubt oder unerlaubt erfolgt. Bei den Detekteien sprechen die entscheidenden Faktoren, aufgrund derer eine rechtsberatende Tätigkeit der Auskunfteien abgelehnt wurde, eher für das umgekehrte Ergebnis. Die aufgrund der detektivischen Ermittlungen erstellten Berichte entspringen nicht einem standardisierten Verfahren und weisen einen starken individuellen Bezug auf. Auch der höhere Zeitaufwand und die damit verbundenen höheren Kosten sind - wenn auch keinesfalls ausreichende - Indizien für das Vorliegen einer rechtsberatenden Tätigkeit i m Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG. Entscheidendes Beurteilungskriterium ist aber der materielle Gehalt der Tätigkeit. Ob sich die Tätigkeit der Detekteien als Rechtsberatung darstellt, hängt somit von der Ausgestaltung des einzelnen Auftrages ab. Eine unter das Rechtsberatungsgesetz fallende Tätigkeit liegt vor, wenn Detektive die zur Verfolgung des Anliegens des Auftraggebers benötigten tatsächlichen Feststellungen nach rechtlichen Gesichtspunkten selbständig treffen. Wenn die Auswahl der zu ermittelnden tatsächlichen Feststellungen dagegen der Auftraggeber vornimmt und die Detektive nur bestimmte, ihnen vom Auftraggeber genau vorgegebene Ermittlungen anstellen, liegt keine rechtsberatende Tätigkeit vor. 11 Die Annahme einer Rechtsberatung im erstgenannten Fall ist damit zu begründen, daß der Detektiv entscheidet, welche rechtlichen Voraussetzungen für die Verfolgung des Anliegens seines Auftraggebers erforderlich sind. Der Detektiv unterzieht das tatsächliche Anliegen seines Auftraggebers einer rechtlichen Prüfung und entscheidet danach über die zu treffenden Feststellungen. In derartigen Fallkonstella-

11

So auch Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz Art. 1 § 1 Rdnrn. 24f.; Rennen/Caliebe Art. 1 § 1 Rdn. 20; Romanovszky, StWK 1986, S. 2288 (2289); ohne Bezugnahme auf die konkret ausgeübte Tätigkeit verneint Kiesow (NWB 1963, Fach 30, S. 211) die Möglichkeit, daß Detektive rechtsberatend tätig werden. 17 Peilert

258

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

tionen übt ein Detektiv also Rechtsberatung im Sinne von Art. 1 § 1 RBerG aus. Eine Rechtsberatung ist aber zulässig, wenn kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebes in unmittelbarem Zusammenhang stehen (Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG). Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang liegt vor, wenn sich die Rechtsbesorgung im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit des Unternehmens vollzieht und deren Zwecken, also der Vorbereitung oder Durchführung des Geschäfts dient. 1 2 Zur geschäftlichen Tätigkeit der Detektive gehört die Ermittlung von Tatsachen, die insbesondere auch von rechtlicher Bedeutung sind. Zu der sinnvollen Ausübung des Gewerbes zählt es auch, die Leistungen solchen Mandanten anzubieten, die ihr Anliegen nicht in konkrete Aufträge fassen können. Diese Form der Rechtsberatung steht also in unmittelbarem Zusammenhang mit den Geschäften des Detektivgewerbes. Die Rechtsbesorgung darf aber immer nur der Nebenzweck und nicht etwa alleiniger Gegenstand dieser Tätigkeit sein. 13 Letzteres ist der Fall, wenn das gewerbetypische Geschäft bereits abgewickelt ist und noch eine weitere rechtsberatende Tätigkeit erfolgt. 14 Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß soweit Detektive den erforderlichen Ermittlungsumfang unter rechtlichen Gesichtspunkten selbst bestimmen, eine rechtsberatende Tätigkeit im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG vorliegt. Diese Rechtsberatung ist jedoch im Zusammenhang mit den Geschäften des Detektivgewerbes zulässig. Erfolgt allerdings darüber hinaus eine rechtsberatende Tätigkeit, die den Rahmen des unmittelbaren Gewerbezusammenhanges übersteigt, so stellt dies eine Ordnungswidrigkeit gemäß Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG dar.

12

OLG Köln, AnwBl 1986, S. 346 (347) -Urteil vom 05.02.1986- 6 U 128/85; Erbs/Kohlhaas-Meyer/Senge Art. 1 § 1 Anm. 2 d. 13 BGHZ 79, S. 239 (244) -Versäumnisurteil vom 23.01.1981- I ZR 30/79; Erbs/Kohlhaas-Meyer/Senge Art. 1 § 1 Anm. 2 d. 14

OLG Köln, AnwBl 1986, S. 346 (347) -Urteil vom 05.02.1986- 6 U 128/85; Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz Art. 1 § 5 Rdn. 400; Erbs/Kohlhaas-Meyer/Senge Art. 1 § 5 Anm. 2 c.

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen

259

I I I . Datenschutzrecht 1. Meldepflicht Auskunfteien und Detekteien unterliegen einer Meldepflicht bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde, wenn sie gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 BDSG personenbezogene Daten geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung speichern. Dies trifft in der Regel für Auskunfteien, in Ausnahmefällen auch für Detekteien zu. 1 5 Meldepflichtig sind nach § 32 Abs. 1, 4 BDSG die Aufnahme, Beendigung und Änderung der Tätigkeit. Nach § 32 Abs. 2 BDSG sind Name oder Firma der Stelle, Inhaber, Vorstände, Geschäftsführer oder sonstige gesetzlich oder nach der Verfassung des Unternehmens berufene Leiter und die mit der Leitung der Datenverarbeitung beauftragten Personen, Anschrift, Geschäftszwecke der Stelle und der Datenverarbeitung, Name des Beauftragten für den Datenschutz und eine allgemeine Beschreibung der Art der gespeicherten personenbezogenen Daten der Aufsichtsbehörde bei der Anmeldung mitzuteilen. Diese Angaben werden in ein von der Aufsichtsbehörde geführtes Register eingetragen. Nach § 32 Abs. 3 Nr. 2 BDSG sind außerdem die Art der eingesetzten Datenverarbeitungsanlagen und bei regelmäßiger Übermittlung personenbezogener Daten Empfänger und Art der übermittelten Daten anzugeben. Zu diesen mitteilungspflichtigen Angaben gehören auch die von der datenverarbeitenden Stelle eingerichteten Online-Verbindungen. 16 Die letztgenannten Angaben dürfen nach § 38 Abs. 3 BDSG nicht in das Register eingetragen werden. Nach § 32 BDSG hat die Aufsichtsbehörde die Angaben zu registrieren; nicht dagegen zu bewerten. So ist die Aufsichtsbehörde nach § 32 BDSG nicht dazu berechtigt, den Betrieb der Datenverarbeitung zu untersagen oder ihn nur unter Auflagen zu genehmigen. Solche Befugnisse können sich nur

" 16

Vgl. Kap. 5 B I u n d C I l . Bergmann/Möhrle

§ 32 Rdn. 50.

260

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

aus der in § 38 BDSG geregelten Überwachungstätigkeit der Aufsichtsbehörden ergeben. 17 Durch die Meldepflicht des § 32 BDSG soll bei der Datenverarbeitung bei den geschäftsmäßig mit personenbezogenen Daten agierenden Unternehmen eine größere Transparenz erreicht werden. Die Vorschrift hat einerseits den Zweck den Aufsichtsbehörden einen Überblick über bestimmte Datenverarbeiter zu geben und ihnen die verantwortlichen Personen zu benennen und andererseits Publizitätsfunktion für Betroffene, sonstige Personen und die Öffentlichkeit. 18

2. Datengeheimnis Die bei der Datenverarbeitung beschäftigten Personen sind gemäß § 5 BDSG verpflichtet, das Datengeheimnis zu wahren. Nach § 5 Abs. 2 BDSG sind Personen, die bei nicht-öffentlichen Stellen beschäftigt werden, bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Diese Verpflichtung auf das Datengeheimnis dient dem Zweck, die bei der Datenverarbeitung Beschäftigten auf ihre aus dem Bundesdatenschutzgesetz folgenden Verpflichtungen hinzuweisen. Damit wird ihnen bei einer Zuwiderhandlung die Möglichkeit genommen, sich auf einen Verbotsirrtum zu berufen, um so unter Umständen der Strafe zu entgehen. 19 Die Verpflichtung selbst ist vom Bundesdatenschutzgesetz an keine bestimmten Formvorschriften geknüpft. Aus Beweisgründen, und um dem Mitarbeiter seine Pflichten nachdrücklich bewußt zu machen, ist jedoch die Schriftform zu wählen. Die Erklärung ist zu den Akten zu nehmen und vom Betroffenen durch Unterschrift zu bestätigen. 20 Bekanntmachungen durch Aushang am Schwarzen Brett, in der Arbeitsordnung oder auf ähnliche Art und Weise, die die Kenntnisnahme nicht sicherstellen, sind als nicht ausreichend anzusehen.21 17

Ordemann/Schomerus/Gola

18

Bergmann/Möhrle

19

§ 32 Rdn. 32.

Ordemann/Schomerus/Gola dazu Kap. 4 B II. 20

§ 32 Anm. 1.2; vgl. dazu Kap. 4 A I I I 6.

§ 5 Anm. 3.2; Schaffland/Wiltfang

Vgl. Ordemann/Schomerus/Gola

§ 5 Anm. 3.2; Schaffland/Wiltfang

§ 5 Rdn. 17; vgl. § 5 Rdnrn. 18,22.

21 So auch Auernhammer § 5 Rdn. 9; Ordemann/Schomerus/Gola § 5 Anm. 3."; a. A.: Schaffland/Wiltfang § 5 Rdn. 18: „Denkbar, wenn auch nicht unbedingt wünschenswert*4.

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen

261

Konsequenzen einer Verletzung des § 5 BDSG können Schadensersatzansprüche nach §§ 823ff. BGB, Strafbarkeit nach §§ 202ff. StGB und § 43 BDSG sowie arbeitsrechtliche Sanktionen sein.

3. Technische und organisatorische Maßnahmen Die personenbezogene Daten verarbeitenden Stellen i m Sinne des § 9 BDSG haben nach dieser Vorschrift die technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Ausführung der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes und insbesondere die in der Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG genannten Kontrollanforderungen zu gewährleisten. 22 Die zu treffenden Einzelmaßnahmen sollen sowohl vor betriebsinterner als auch externer Gefährdung der personenbezogenen Daten schützen. Als insbesondere für Auskunfteien in Betracht kommende Einzelmaßnahmen sind etwa der Einsatz von Benutzercodes (Vereinbarung von Paßwörtern für die Auskunfteikunden), die Dokumentation von Abrufen und Übermittlungen sowie das sogenannte „Vier-Augen-Prinzip" (kein Operateur oder Programmierer mit Zugriff auf personenbezogene Daten allein im Betrieb) zu nennen. 23 Erforderlich sind nach § 9 Satz 2 BDSG Maßnahmen nur, wenn ihr Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck steht. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß auf bestimmte Maßnahmen zur Ausführung des Bundesdatenschutzgesetzes gänzlich verzichtet werden kann, weil der Aufwand zu groß ist. Nach der Angemessenheitsklausel des § 9 Satz 2 BDSG kann die datenverarbeitende Stelle nicht über das „ O b " der Maßnahmen, sondern nur das „ W i e " ihrer Durchführung entscheiden. So kann etwa der Auskunftsanspruch eines Betroffenen nicht deshalb versagt werden, weil der Aufwand für das Aufsuchen der Daten zu hohe Kosten verursacht. Allein solche Maßnahmen, die den Zeitpunkt der Auskunft, die Vermeidung von Fehlern oder die Form der

22

Die Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG fordert Maßnahmen zur Zugangskontrolle, Datenträgerkontrolle, Speicherkontrolle, Benutzerkontrolle, Zugriffskontrolle, Übermittlungskontrolle, Eingabekontrolle, Auftragskontrolle, Transportkontrolle und Organisationskontrolle. 23

Ausführlich zu den technischen und organisatorischen Einzelmaßnahmen: Bergmann/Möhrle Kommentierung der Anlage zu § 9; Ordemann/Schomerus/Gola §9 Anm. 4; Schaffland/Wiltfang § 9 Anh. 1 Anm. 2.

262

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

Zustellung betreffen, können am Verhältnismäßigkeitsprinzip ausgerichtet werden. 24

4. Einrichtung automatisierter Abrufverfahren Die großen Auskunfteien bedienen sich zur Ermöglichung von Massengeschäften und der Beschleunigung der Auskunftserteilung in zunehmendem Maße sogenannter Online-Anschlüsse, 25 bei denen Informationen der Auskunftei über den kundeneigenen Personalcomputer direkt abgerufen werden können. U m die Dimension dieser Art der Auskunftserteilung zu verdeutlichen, sei als Beispiel genannt, daß i m Jahr 1992 die CreditreformKunden rund eine Million Auskünfte per Online abriefen, was einem Zuwachs von 30% gegenüber dem Vorjahr bedeutete. 26 Das Bundesdatenschutzgesetz begegnet den besonderen Mißbrauchsgefahren für personenbezogene Daten durch Online-Anschlüsse, in dem es eine zweistufige Prüfung zur Feststellung der Zulässigkeit des Abrufverfahrens vorsieht. Die Zulässigkeit der Einrichtung des Verfahrens selbst bestimmt sich nach § 10 BDSG, für den einzelnen Abruf ist ein Erlaubnistatbestand im Sinne des § 4 Abs. 1 BDSG erforderlich. Soweit Auskunfteien den Zugriff auf personenbezogene Daten per Online-Anschluß ermöglichen, müssen sie also die Voraussetzungen der §§ 4 Abs. 1, 10 BDSG erfüllen. Die Grundvoraussetzung für die Einrichtung eines automatisierten Abrufverfahrens ist nach § 10 BDSG das Vorliegen eines Erlaubnistatbestandes im Sinne des § 4 BDSG. Die einzelnen Erlaubnistatbestände werden i m Rahmen der Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden von Auskunfteien erörtert. 27 Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BDSG ist die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens zur Übermittlung personenbezogener Daten durch Abruf nur zulässig, soweit dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen und der Aufgaben oder Geschäftszwecke der beteiligten Stellen angemessen ist. Dabei sind auf der Seite der Betroffenen

24

Ordemann/Schomerus/Gola

25

Vgl. für Creditreform: Müller von Blumencron, Capital 9/90, S. 300 (304).

26

Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform e. V. 1992/93, S. 8, 17.

27

Vgl. Kap. 5 B I 2.

§ 9 Anm. 2.2.

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen

263

die durch das Abrufverfahren für das Persönlichkeitsrecht entstehenden Gefährdungen zu berücksichtigen. Die Intensität dieser Gefährdungen wird insbesondere durch Art und Verwendungszweck der Daten und Art und Größe des Empfängerkreises bestimmt. A u f der Seite der speichernden Stelle ist der Bedarf für ein derartiges Verfahren zu ermitteln. Als Kriterien hierfür kommen etwa die Notwendigkeit besonders schneller Informationen, die Ermöglichung der Abwicklung von Massengeschäften, nicht aber allein Wirtschaftlichkeitsüberlegungen in Betracht. 28 Das Erfordernis zügiger Beantwortung bei Kreditauskünften und die erleichterte Bewältigung der hohen Zahl von Anfragen sprechen für eine Zulässigkeit von Online-Anschlüssen bei Auskunfteien. Demgegenüber besteht aber auch eine erhebliche Gefährdung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Diese ergibt sich bei den Online-Abrufen schon daraus, daß hier eine vorrätige Auskunft weitergegeben wird, ohne daß deren Inhalt auf das konkrete berechtigte Interesse des Anfragenden zugeschnitten werden kann. Die Interessenabwägung kann also nur zugunsten der Zulässigkeit eines Online-Anschlusses ausfallen, wenn die Auskunftsinhalte im Hinblick auf persönliche Daten restriktiv zusammengestellt werden. U m den potentiellen Gefährdungen durch automatisierte Abrufe Rechnung zu tragen, sieht § 10 Abs. 2 BDSG vor, daß die speichernden Stellen gewährleisten müssen, daß die Zulässigkeit des Abrufverfahrens kontrolliert werden kann und legt den Unternehmen eine Dokumentationspflicht auf. Diese Dokumentationspflicht umfaßt gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 BDSG Anlaß und Zweck des Abrufverfahrens, Datenempfänger, Art der zu übermittelnden Daten sowie die nach § 9 BDSG erforderlichen technischen und organisatorischen Kontrollmaßnahmen. Bei der Dokumentation der zu übermittelnden Daten genügt zwar die Beschreibung der in Betracht kommenden Datenarten, aber es ist auch aufzuführen, welche Empfänger hinsichtlich welcher Datenarten abrufberechtigt sein sollen. 29 Nach § 10 Abs. 4 Satz 2 BDSG hat die speichernde Stelle zu gewährleisten, daß die Übermittlung personenbezogener Daten zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden kann. Anforderungen an die Ausgestaltung dieses Stichprobenverfahrens enthält das Bundesdatenschutzgesetz nicht, es überläßt vielmehr die Ausgestaltung

28

Bergmann/Möhrle

29

Vgl. Ordemann/Schomerus/Gola

§ 10 Rdnrn. 12, 14; Ordemann/Schomerus/Gola § 10 Anm. 4.3.

§ 10 Anm. 3.1.

264

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

den speichernden Stellen. Aus dem Sinn und Zweck des Stichprobenverfahrens ergibt sich jedoch, daß zumindest der Empfänger, die abgerufenen Daten und der Zeitpunkt des Abrufs protokolliert werden, denn nur auf diese Weise kann der einzelne Vorgang nachverfolgt werden. 30 Auch über die zahlenmäßige Dichte der Kontrollen schweigt sich das Bundesdatenschutzgesetz aus. In der Literatur wird i m Anschluß an die Spezialvorschrift des § 14 Abs. 4 der Fahrzeugregisterverordnung 31 für Abrufe i m Rahmen des Zentralen Verkehrsinformationssystems (ZEVIS) eine Stichprobenquote von 2% bzw. in Anlehnung an die bei den Beratungen der Verordnung geäußerten Auffassung des Bundesdatenschutzbeauftragten 32 eine Quote von mindestens 5% angeregt. 33 Aufgrund der hohen Mißbrauchsgefahr einerseits und den durch die Möglichkeiten der Datenverarbeitung erleichterten Dokumentationsmöglichkeiten andererseits, ist eine Quote von mindestens 5% zu befürworten.

5. Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BDSG haben die nicht-öffentlichen Stellen, die personenbezogene Daten automatisiert verarbeiten und damit in der Regel mindestens fünf Arbeitnehmer ständig beschäftigen, einen Beauftragten für den Datenschutz zu bestellen. Diese Voraussetzungen treffen für die größeren und mittleren Auskunfteien ohne weiteres zu. Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 BDSG ist eine Bestellung eines Datenschutzbeauftragten auch dann erforderlich, wenn personenbezogene Daten auf andere Weise verarbeitet werden und damit in der Regel mindestens zwanzig Arbeitnehmer beschäftigt sind. Nach dieser Vorschrift dürfte die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten für die kleineren Auskunfteien und Detekteien nicht erforderlich sein. Für die kleineren Auskunfteien beruht dies darauf, daß solche Auskunfteien, die noch nicht zur automatisierten Daten30

So auch Ordemann/Schomerus/Gola

§ 10 Anm. 4.3.

31

Verordnung vom 20.10.1987, BGBl I S. 2305 (zuletzt geändert am 24.04.1992, BGBl I S. 965). 32 Nach Auffassung des Bundesdatenschutzbeauftragten wäre „10 Prozent ein angemessener und geeigneter Satz. Die Festlegung einer Quote von 5 Prozent ist meines Erachtens das Minimum dessen, was zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrages gerade noch ausreichen würde." Vgl. 10. Tätigkeitsbericht, S. 45. 33

Vgl. Bergmann/Möhrle

§ 10 Rdn. 47; Ordemann/Schomerus/Gola

§ 10 Anm. 4.3.

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen

265

Verarbeitung übergegangen sind, in der Regel weniger als zwanzig Arbeitnehmer mit Datenverarbeitungsaufgaben beschäftigen werden. Zwar nehmen zum Teil auch Detekteien Datenverarbeitung i m Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 2 BDSG vor, aber - soweit ersichtlich - gibt es in der Bundesrepublik Deutschland keine so großen Detekteien, die allein zwanzig Arbeitnehmer mit der Verarbeitung personenbezogener Daten beauftragen. § 36 Abs. 3 bis 5 BDSG beschreibt die Stellung des Beauftragten für den Datenschutz im Betrieb, wobei Abs. 5 vorsieht, daß die nicht-öffentliche Stelle den Beauftragten für den Datenschutz bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen und ihm insbesondere, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen hat.

6. Aufsicht Nach § 38 Abs. 1 BDSG überprüft die Aufsichtsbehörde i m Einzelfall die Ausführung datenschutzrechtlicher Bestimmungen, die die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten in oder aus Dateien regeln, wenn ihr hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß eine dieser Vorschriften durch nicht-öffentliche Stellen verletzt ist. Werden personenbezogene Daten geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung gespeichert, wie in der Regel bei Auskunfteien, findet dagegen gemäß § 38 Abs. 2 BDSG eine Überwachung der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen durch die Aufsichtsbehörde statt. Damit unterliegen die Auskunfteien, soweit sie die Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 BDSG erfüllen, einer permanenten Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden. Bei der Aufsicht über die geschäftsmäßigen Datenverarbeiter kann die Aufsichtsbehörde also jeder Zeit tätig werden, und ihr Vorgehen ist nicht an die Voraussetzung hinreichender Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Handeln gebunden. Man spricht hier von der sogenannten Initiativaufsicht im Gegensatz zur Anlaßaufsicht. 34 Zur Durchführung der Aufsicht steht den Behörden das Handlungsinstrumentarium nach § 38 Abs. 3 bis 5 BDSG zu. Zu den dort genannten Aufsichtsmitteln gehören ein Auskunftsrecht, das Recht, Grundstücke und Geschäftsräume zu betreten und dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen, das Recht zur Einsichtnahme in geschäftliche Unterlagen, Befugnisse zur Anordnung der Mängelbeseitigung und Untersagung bestimmter 34

Ordemann/Schomerus/Gola

§ 38 Anm. 3.1.

266

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

Verfahren sowie das Recht zur Abberufung des Beauftragten für den Datenschutz, wenn dieser die erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit nicht besitzt. Das Recht Grundstücke und Geschäftsräume zu betreten, besteht für die Aufsichtsbehörde auch dann, wenn sie sich erst vergewissern will, ob das betreffende Unternehmen zu den datenverarbeitenden Stellen im Sinne des § 38 Abs. 2 BDSG gehört. 35 In bezug auf die Recherchetätigkeit von Auskunfteien und Detekteien ist zu beachten, daß zu der Ausführung des Bundesdatenschutzgesetzes im Sinne des § 38 Abs. 1 BDSG auch die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung zählt. So kann ein Verstoß gegen die Anforderungen rechtmäßiger Datenerhebung nach §§ 28 Abs. 1 Satz 2, 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG also auch dann bei der Aufsichtsbehörde beanstandet werden, wenn der Versuch, entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben Daten zu erschleichen oder zu erzwingen, mißlungen ist und eine nachfolgende Speicherung nicht stattgefunden hat. 3 6

7. Datenkontrollrechte der Betroffenen a) Benachrichtigung

des Betroffenen

(§33

BDSG)

§ 33 BDSG sieht eine Benachrichtigung des Betroffenen vor, wenn personenbezogene Daten gespeichert werden. Detekteien müssen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BDSG grundsätzlich den Betroffenen von der Speicherung und der Art der Daten benachrichtigen, wenn sie erstmals personenbezogene Daten für eigene Zwecke speichern. Als Ausnahmetatbestände von der Benachrichtigungspflicht kommen für Detekteien aber § 33 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 lit. b BDSG in Betracht. Nach § 33 Abs. 2 Nr. 3 BDSG entfällt die Benachrichtigungspflicht, wenn die Daten nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen des überwiegenden rechtlichen Interesses eines Dritten, geheimgehalten werden müssen. Ein lediglich berechtigtes Interesse des Auftraggebers ist im Regelfall für das Entfallen der Benachrichtigungspflicht also nicht ausreichend. Erforderlich ist, daß durch die Benachrichtigung die rechtliche Situation des Auftraggebers betroffen wird. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Auftraggeber

35

Ordemann/Schomerus/Gola

36

Vgl. Ordemann/Schomerus/Gola

§ 38 Anm. 5.2. § 38 Anm. 1.3.

267

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen

bei Benachrichtigung des Betroffenen einen zivilrechtlichen Anspruch nicht mehr durchsetzen könnte, weil durch die Benachrichtigung die Ermittlungen der Detektei keinerlei Erfolgschancen mehr besitzen. 37 Der Ausnahmetatbestand des § 33 Abs. 2 Nr. 6 lit. b BDSG ist gegeben, wenn die Benachrichtigung die Geschäftszwecke der speichernden Stelle erheblich gefährden würde, es sei denn, daß das Interesse an der Benachrichtigung die Gefährdung überwiegt. Zu beachten ist, daß das Nichtzustandekommen eines einzelnen Geschäftes (Erledigung eines einzelnen Auftrages durch Detekteien) in der Regel keine erhebliche Gefährdung der Geschäftszwecke darstellt. 38 Für Detekteien gilt jedoch, daß ihre Recherchen nicht nur gefährdet, sondern stets insgesamt vereitelt werden, wenn der Observierte von der Datenspeicherung durch eine Detektei benachrichtigt würde. 3 9 Dennoch ist jeweils eine Interessenabwägung vorzunehmen, ob i m Einzelfall die Interessengefährdung der Detektei das Interesse an der Benachrichtigung des Betroffenen überwiegt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Sammlung von Verdachtsmomenten über unredliches Verhalten des Betroffenen noch nicht abgeschlossen ist, der Verdacht also weder ausgeräumt noch bestätigt ist und durch die Benachrichtigung weitere Ermittlungen vereitelt würden. Für Auskunfteien, die regelmäßig personenbezogene Daten geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung speichern, greift die Benachrichtigungspflicht erst bei der erstmaligen Übermittlung der Daten. Erfahrungen der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz i m nicht-öffentlichen Bereich haben gezeigt, daß die Auskunfteien die Benachrichtigungspflicht (§ 33 BDSG) und das Auskunftsrecht des Betroffenen (§ 34 BDSG) häufig mit einer direkten Datenerhebung beim Betroffenen verknüpfen wollen, in dem vom Betroffenen die Richtigstellung unrichtiger Daten erbeten w i r d . 4 0 Darauf braucht der Betroffene nicht einzugehen.

37

Müller/Wächter,

38

Auernhammer § 33 Rdn. 21; Ordemann/Schomerus/Gola

39

Müller/Wächter,

40

DuD 1991, S. 619 (627). § 33 Anm. 6.7.

DuD 1991, S. 619 (627).

Vgl. 1. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1983, S. 51; ders., 4. Tätigkeitsbericht vom 01.01.1986, S. 133; ders., 5. Tätigkeitsbericht vom 01.01.1987, S. 131; 2. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich in Hessen vom 14.09.1989, LTDrucks 12/5153, S. 7; ders., 5. Tätigkeitsbericht vom 19.08.1992, LTDrucks 13/2650, S. 12; Tätigkeits- und Erfahrungs-

268

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

Ein Ausnahmetatbestand von der Benachrichtigungspflicht, wie das überwiegende rechtliche Interesse eines Dritten, wird bei Auskunfteien nur in Ausnahmefällen vorliegen, da sie zumeist i m Zusammenhang mit der Klärung rein wirtschaftlicher Zweifelsfragen beauftragt werden. Bei der Benachrichtigung des Betroffenen von der Übermittlung ihn betreffender Daten durch Auskunfteien ist zu beachten, daß die Art der übermittelten Daten zwar so abstrakt umschrieben werden kann, daß eine formularmäßige Abwicklung noch möglich ist, als nicht ausreichend anzusehen sind aber Auskünfte an den Betroffenen, die keine über den Geschäftszweck der speichernden Stelle hinausgehenden Informationen enthalten, wie etwa die Mitteilung, daß die Daten zur Beurteilung der Bonität erforderlich sind. Die Angaben müssen vielmehr konkretisiert werden und etwa Vor- und Familiennamen, Geburtsdatum sowie Informationen zur Beschäftigung enthalten. 41

b) Auskunft an den Betroffenen

(§34

BDSG)

Nach § 34 BDSG kann der Betroffene Auskunft verlangen über die zu seiner Person gespeicherten Daten, auch soweit sie sich auf Herkunft und Empfänger beziehen, den Zweck der Speicherung sowie Personen und Stellen, an die seine Daten regelmäßig übermittelt werden, wenn seine Daten automatisiert verarbeitet werden. A n die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz i m nicht-öffentlichen Bereich werden in diesem Zusammenhang häufig Beschwerden gerichtet, daß Auskunfteien nicht den Informant und Empfänger von Auskünften benennen. 42 Dem ist entgegenzuhalten, daß

bericht der niedersächsischen Aufsichtsbehörden zu Fragen des Datenschutzes im nichtöffentlichen Bereich vom 10.03.1986, LTDrucks 10/5750, S. 12. Zu mißbilligen ist nach den Berichten der hamburgischen und niedersächsischen Aufsichtsbehörden, daß die Aufforderungen der Auskunfteien gelegentlich den Anschein erwecken, als sei der Betroffene verpflichtet, eine derartige „Selbstauskunft" zu erteilen. 41

Aufsichtsbehörde für den Datenschutz Baden-Württemberg, Hinweis zum BDSG Nr. 30, Staatsanz. vom 18.12.1991, Nr. 101, S. 8; Ordemann/Schomerus/Gola § 33 Anm. 4.1. 42

Tätigkeits- und Erfahrungsbericht der niedersächsischen Aufsichtsbehörden zu Fragen des Datenschutzes im nicht-öffentlichen Bereich vom 10.03.1986, LTDrucks 10/5750, S. 12; 1. Bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen für die Tätigkeit der für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich zuständigen Aufsichtsbehörden vom Dezember 1989, S. 53.

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen

269

sich bei der geschäftsmäßigen Speicherung personenbezogener Daten zum Zwecke der Übermittlung - wie es bei den Auskunfteien zumeist der Fall ist - das Auskunftsrecht nur dann auf Herkunft und Empfänger der Auskunft bezieht, wenn durch den Betroffenen begründete Zweifel an der Richtigkeit der Daten geltend gemacht werden. Die Anforderungen an die Geltendmachung begründeter Zweifel dürfen dabei nicht so hoch angesetzt werden, daß das erweiterte Auskunftsrecht nur unter Verzicht auf geschützte Rechtspositionen des Betroffenen einzulösen ist. Keinesfalls kann also der Betroffene auf diesem Wege zur Preisgabe der zutreffenden Daten gezwungen werden. Der Betroffene muß bei seinen Ausführungen lediglich über das bloße Bestreiten hinausgehen, also etwa - sofern möglich - Nachweise vorlegen, die die Unrichtigkeit des Datums belegen. 43 Zumeist werden Daten über Herkunft und Empfänger aber nicht im Auskunftsbestand des Betroffenen gespeichert und unterliegen deshalb nicht der gesetzlichen Auskunftspflicht. Das Auskunftsrecht erstreckt sich bei den geschäftsmäßigen Übermittlern personenbezogener Daten auch auf solche Daten, die nicht in einer Datei gespeichert sind. Damit sind die Auskunfteien auch bezüglich der manuell gefühlten, Auskunftszwecken dienenden Unterlagen auskunftspflichtig. 44 Die Ausnahmen von der Auskunftspflicht entsprechen gemäß § 34 Abs. 4 BDSG den Regelungen des § 33 Abs. 2 Nr. 2 bis 6 BDSG für die Benachrichtigungspflicht. 45 Ein Entgelt kann für die Auskunft von geschäftsmäßigen Übermittlern personenbezogener Daten gemäß § 34 Abs. 5 Satz 2 BDSG nur verlangt werden, wenn der Betroffene die Auskunft gegenüber Dritten zu wirtschaftlichen Zwecken nutzen kann. Hierin liegt eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit, so daß Auskunfteien nicht befugt sind, generell darauf zu verweisen, daß die auskunftspflichtigen Daten auch als Selbstauskunft kommerziell genutzt werden können. Vielmehr muß für die Auskunftei erkennbar sein, daß der Betroffene unmittelbar und in einem kon-

43 So auch 5. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 19.08.1992, LTDrucks 13/2650, S. 12. Vgl. auch 5. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1987, S. 121 f. („Der Betroffene muß vielmehr genau angeben, welchen Teil der Auskunft er bestreitet."). 44

Ordemann/Schomerus/Gola

45

Vgl. Kap. 4 A I I I 7 a.

§ 34 Anm. 2.1.

270

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

kreten Fall ihm ansonsten entstehende Kosten erspart. 46 Das Entgelt ist nach § 34 Abs. 5 Satz 3 BDSG auf die durch die Auskunftserteilung direkt zurechenbaren Kosten, wie Material-, Porto-, Personal- und Maschinenkosten für den konkreten Auskunftslauf, beschränkt. 47 Nach § 34 Abs. 6 BDSG besteht für den Betroffenen zudem die Möglichkeit die Auskunft kostenlos zu erhalten, indem er auf die schriftliche Auskunft verzichtet und bei der speichernden Stelle die über ihn gespeicherten Daten selbst einsieht.

c) Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten (§35

BDSG)

§ 35 BDSG enthält die Korrekturrechte des Betroffenen bei unrichtiger oder unzulässiger Datenverarbeitung. Ein Berichtigungsanspruch besteht bei unrichtigen Daten. Diese Berichtigungspflicht besteht auch bei der zum Teil von Auskunfteien zur Vermeidung von Haftungsrisiken geübten Praxis, Daten in Form einer Aussage - meist nicht namentlich genannter - Dritter auftreten zu lassen, wenn die entsprechende Auskunft unrichtig ist (Beispiel zur Verdeutlichung: „ X soll, wie verlautet, zur Zeit durch die Behörden seiner geschäftlichen Tätigkeit entzogen sein"). 4 8 Löschungsansprüche können sich im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Auskunfteien insbesondere ergeben bei unzulässiger Speicherung (§ 35 Abs. 2 Nr. 1 BDSG), bei Daten über gesundheitliche Verhältnisse, strafbare Handlungen, Ordnungswidrigkeiten sowie religiöse oder politische Anschauungen, sofern die Richtigkeit der Angaben von der speichernden Stelle nicht bewiesen werden kann (§ 35 Abs. 2 Nr. 2 BDSG) und, wenn eine Prüfung am Ende des fünften Kalenderjahres nach ihrer erstmaligen Speicherung ergibt, daß eine längerwährende Speicherung nicht erforderlich ist (§ 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG). Nach fünf Jahren besteht für die Auskunfteien also die Pflicht zu überprüfen, ob eine längerwährende Speicherung der Daten noch erforderlich ist. Eine Sperrung von Daten kommt nach § 35 Abs. 4 BDSG unter anderem in Betracht, wenn die Richtigkeit der Angaben vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. 46

Ordemann/Schomerus/Gola

47

Auernhammer § 34 Rdn. 21; Ordemann/Schomerus/Gola

48

Beispiel bei Mallmann, BB 1980, S. 1020 (1021).

§ 34 Anm. 5.2; Walz, CR 1991, S. 364 (368). § 34 Anm. 5.4.

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen

271

IV. Waffenrecht Für Detektive ist die Frage relevant, ob sie aufgrund ihrer Tätigkeit eine der verschiedenen waffenrechtlichen Erlaubnisse erhalten können. Wer Schußwaffen erwerben und die tatsächliche Gewalt über sie ausüben (§ 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG), wer Munition erwerben (§ 29 Abs. 1 Satz 2 WaffG) 4 9 und wer Schußwaffen führen w i l l (§ 35 Abs. 1 Satz 1 WaffG) bedarf einer behördlichen Erlaubnis. Die Erlaubnis wird dem Antragsteller in den Fällen des § 30 WaffG versagt, wenn er die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG), Sachkunde (§ 31 WaffG) oder körperliche Eignung nicht besitzt oder ein Bedürfnis für die Erlaubnis nicht nachweisen kann (§ 32 WaffG). Nach § 5 Abs. 2 WaffG fehlt solchen Personen in der Regel die Zuverlässigkeit, die eine der dort aufgeführten Straftaten verwirklicht haben. Zu diesen Straftaten gehören auch die für Detektive relevanten Straftaten des vorsätzlichen Angriffs auf das Leben oder die Gesundheit, des Hausfriedensbruchs sowie die Straftaten gegen das Eigentum oder Vermögen. Allerdings handelt es sich - entgegen der Auffassung von Ehmke - 5 0 nicht um eine enumerative Aufzählung derjenigen Sachverhalte, die für die Annahme der Unzuverlässigkeit in Betracht kommen. Vielmehr geht aus der gesetzlichen Formulierung „ i n der Regel" hervor, daß die aufgezählten Straftaten als besonders naheliegende Kriterien für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Zuverlässigkeit dienen. Sie haben einerseits die Funktion dem Verwaltungsbeamten die Zuverlässigkeitsbeurteilung zu erleichtern, 51 andererseits schafft die Aufzählung heranzuziehender Beurteilungskriterien eine größere Transparenz der verwaltungsbehördlichen Ermessensentscheidung für den Antragsteller. Demzufolge können über § 5 Abs. 2 WaffG auch andere Straftatbestände die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen, wenn sie Verstöße gegen die in § 5 Abs. 1 WaffG aufgezählten waffenrechtsspezifischen Unzuverlässigkeitskriterien befürchten lassen.

49 Der sogenannte Munitionserwerbsschein (§ 29 Abs. 1 Satz 2 WaffG) ist aber in den Fällen des § 29 Abs. 2 WaffG erlaubnisfrei.

50 Ehmke Anm. zu § 5 WaffG. 51

Hinze § 5 Anm. 6: Funktion der „Verwaltungsvereinfachung".

272

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

Das entscheidende Kriterium für die Frage, ob Detektive waffenrechtliche Erlaubnisse erhalten können, ist, ob gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 WaffG ein Bedürfnis für die Erlaubnis nachgewiesen werden kann. Als Grund für das geforderte Bedürfnis kommt § 32 Abs. 1 Nr. 3 WaffG in Betracht, nach dem ein Bedürfnis insbesondere vorliegt, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet zu sein, und der Erwerb von Schußwaffen oder Munition geeignet ist, diese Gefährdung zu vermindern. Diese Voraussetzungen stehen unter der Auslegungsmaxime, daß die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht die Regel, sondern die Ausnahme bleiben soll, die einzelnen Voraussetzungen also eng auszulegen sind. 5 2 Daraus ergibt sich, daß die erforderliche Gefährdung i m Fall von Detektiven nicht durch den pauschalen Hinweis auf die Berufszugehörigkeit nachgewiesen werden kann. 5 3 Anderenfalls könnte durch die bloße Absicht, eine Detektei zu betreiben, die Bedürfnisprüfung des Waffengesetzes umgangen werden. Dies würde dem Grundsatz „Möglichst wenig Waffen ins Volk!" widersprechen. Allein der Hinweis, daß eine Gefährdung von Detektiven daraus resultiere, daß sie sich durch ihre berufliche Dienstleistung leicht persönliche Feinde auch in Kreisen verschaffen können, die sich an die „Waffenführungs-Genehmigungspflicht und das Verbot gesetzwidriger Waffenbenutzung nicht halten", reicht als Substantiierung demnach nicht aus. 54 Vielmehr bedarf es in jedem

52

Grundsatz „Möglichst wenig Waffen ins Volk!"; vgl. BVerwGE 49, S. 1 (Leitsatz 4, 6f.) -Urteil vom 24.06.1975- I C 25.73; BayVGH, GewArch 1989, S. 37 -Beschluß vom 02.11.1988- 21 B 88.00505; Erbs/Kohlhaas-Steindorf § 32 Rdn. 1; Neumann, 5. 134; Seysen, Krim Journal, 4. Beiheft 1992, S. 179 (186). 53

So auch BayVGH, -Urteil vom 19.03.1980- 21.B-24/79, S. 11; OVG NW, -Urteil vom 08.10.1987- 20A 1211/87, S. 6; VG Darmstadt, -Urteil vom 26.11.1980- V E 179/79, S. l l f . (alle drei Urteile unveröffentlicht). 54

So aber Hinze, Deutsches Waffen-Journal 1970, S. 918 (919). Kritisch dazu Neumann, S. 134. Vgl. auch VGH Baden-Württemberg -Urteil vom 17.01.1972-1 27/71, S. 8 (unveröffentlicht): „ M i t dem Kläger ist vielmehr davon auszugehen, daß er bei oder zufolge seiner Berufstätigkeit in höherem Maße in Gefahrensituationen geraten kann, die für ihn weder vorhersehbar noch nach ihrem Eintritt durch andere zumutbare Mittel als durch wirksame Abschreckung abwendbar sind, als dies bei Bürgern mit anderen Berufen der Fall ist. Es bedarf seitens des Klägers in diesem Verfahren keines weiteren Vortrags von Fällen, in denen er konkreten Leibes- und Lebensgefahren ausgesetzt war; denn die Risiken, auf die das Verwaltungsgericht im Rahmen der Bedürfnisfrage mit Recht abhebt, sind für den Detektivberuf, wie ihn der Kläger durch Anführen von

A. Öffentlich-rechtlicher Rahmen

273

Einzelfall einer Interessenabwägung zwischen der Anerkennung der Möglichkeit einer effektiven Notwehr des Einzelnen und den aus einer Bewaffnung für die Allgemeinheit folgenden Gefahren. 55 Für dieses Ergebnis spricht auch Nr. 32.3.5.2 WaffVwV, 5 6 wonach eine Gefährdung i m Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 3 WaffG „insbesondere" bei Personen vorliegt, „für die i m Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung in erhöhtem Maße die Gefahr von Überfällen besteht, z. B. bei Angestellten von Geldinstituten und Geldtransportinstituten, Lohngeldfahrern, Angestellten von Bewachungsunternehmen bei besonders gefährdeten Objekten, Personen, die besonders begehrenswerte Güter befördern, wie z. B. Schußwaffen, Munition oder Rauschmittel, und die deshalb bevorzugtes Ziel geplanter verbrecherischer Überfälle sind." Die Formulierungen „kann" und „insbesondere" in der Verwaltungsvorschrift machen deutlich, daß selbst bei diesen gegenüber der Detektivtätigkeit gefahrenintensiveren Tätigkeiten die Berufszugehörigkeit allein nicht zur Begründung einer besonderen Gefährdung ausreicht, sondern ebenfalls die gefahrbegründenden Umstände konkret dargelegt werden müssen.

Beispielen aus seiner Praxis glaubhaft dargestellt hat, typisch. Es ist Tatsache, daß sich ein Detektiv durch seine Observationen von Personen, die nicht beobachtet sein wollen, sowie durch das Auskundschaften von Beweismaterial, das den Gegnern seiner Auftraggeber schadet, weitaus häufiger Feindschaften zuzieht und somit in die Gefahr bringt, angegriffen zu werden, als dies bei anderen Berufen der Fall ist. "Zur Gegenauffassung siehe OVG NW, -Urteil vom 08.10.1987- 20A 1211/87, S. 8 (unveröffentlicht): „Für die Ermittlungstätigkeit des Klägers nach Diebstählen und anderen Vermögensdelikten -auch in Zuhälterkreisen- ist das Bedürfnis für das Führen einer Schußwaffe ebenfalls nicht gegeben. In solchen Fällen wird ein Detektiv durch das Mitführen einer Schußwaffe eher zusätzlich gefährdet, da gerade dies extreme Reaktionen der Zielpersonen hervorrufen kann. Beim Versuch, Diebstähle aufzuklären, ist ein Vorgehen -insbesondere das vorläufige Festnehmen von Tätern- unter Einsatz von Schußwaffen zudem in der Regel unverhältnismäßig. Auch ein Detektiv muß insoweit alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Hilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen. Ebensowenig erforderlich ist das Führen einer Schußwaffe bei der Arbeit des Klägers als Detektiv in Familien-, Ehe und Mietstreitigkeiten; hierbei droht dem Kläger keine besondere Gefahr, die eine Abwehr mit Schußwaffen rechtfertigen könnte." 55

Erbs/Kohlhaas-Steindorf § 32 Rdn. 12; Neumann, S. 134; im Ergebnis auch Haurand/Vahle, DVP 1994, S. 58 (62). 56

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz 29.11.1979, Beilage zum BAnz. Nr. 229a vom 07.11.1979. 18 Peilert

(WaffVwV)

vom

274

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

In der waffenrechtlichen Literatur wird ein Bedürfnis für Detektive ausnahmsweise dann bejaht, wenn sie durch die Beobachtung von Angehörigen politisch radikaler Gruppen oder Schwerkriminellen mit einer erheblichen persönlichen Gefährdung rechnen müssen. 57 Solche Aufträge spielen in der detektivischen Praxis aber allenfalls eine untergeordnete Rolle, so daß regelmäßig ein Bedürfnis für eine waffenrechtliche Erlaubnis bei Detektiven nicht vorliegen dürfte. Dies gilt um so mehr, als eine graduelle Abstufung innerhalb der Bedürfnisprüfung besteht, je nachdem, ob es sich um die Erteilung einer Waffenbesitzkarte (geringere Anforderungen) oder um einen Waffenschein (höhere Anforderungen) handelt. 58 Der Waffenschein unterscheidet sich von der Waffenbesitzkarte insofern, als er zum Führen der Schußwaffe außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums berechtigt (§§ 35 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 4 WaffG), während die Waffenbesitzkarte nur für die Ausübung der tatsächlichen Gewalt innerhalb dieser Bereiche gilt. Soweit Detektive Ermittlungen vornehmen, werden sie außerhalb der in § 4 Abs. 4 WaffG genannten Bereiche tätig und benötigen einen Waffenschein. Der strenge Nachweis an das Bedürfnis für die Erteilung eines Waffenscheines dürfte ihnen nur in Ausnahmefällen gelingen. Demgegenüber benötigen die Kaufhausdetektive lediglich eine Waffenbesitzkarte, denn ein waffenscheinpflichtiges Führen einer Waffe liegt nicht vor, wenn jemand eine Waffe innerhalb eines befriedeten Besitztums mit dem Willen des Hausrechtsinhabers mit sich trägt. 59 Allerdings liegt trotz der geringeren Anforderungen an die Waffenbesitzkarte auch für Kaufhausdetektive in der Regel kein Bedürfnis vor, denn bei ihnen steht die Bekämpfung sogenannter Kleinkrimnalität im Vordergrund, die auch unter Berücksichtigung der Zunahme der sogenannten Beschaffungskriminalität von Drogenabhängigen keine ausreichende Gefährdung im Sinne der Bedürfnisprüfung begründet. Bei der vorzunehmenden Abwägung ist ferner zu berücksichtigen, daß der Einsatz von Schußwaffen in Kaufhäusern regelmäßig zu einer Gefährdung unbeteiligter Dritter führen wird.

57

Ehmke § 32 Anm. 3; Hinze § 32 Anm. 5 C. 1. d; weitergehend noch VGH BadenWürttemberg, -Urteil vom 17.01.1972-1 274/71, S. 8 (unveröffentlicht). 58

Erb s/Kohlhaas-Steindorf

§ 32 Rdn. 12.

59 BayVGH, GewArch 1989, S. 37 (38) -Beschluß vom 02.11.1988- 21 B 88.00505; Potrykus/Steindorf § 4 Anm. 6.

. t r e c h t l i c h e r Rahmen

275

Läßt sich aber i m Einzelfall der Nachweis der besonderen Gefährdung und damit des Bedürfnisses i m Sinne der §§ 30 Abs. 1 Satz 3, 32 Abs. 1 Satz 3 WaffG führen, können bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen (Konkretisierbarkeit der Gefahr sowie Geeignetheit und Erforderlichkeit der waffenrechtlichen Erlaubnis) 60 Detektive unter den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen eine waffenrechtliche Erlaubnis erhalten. Aufgrund eines an den Detekteiinhaber erteilten Waffenscheines können aufgrund entsprechender zusätzlicher Erlaubnis auch zuverlässige und körperlich geeignete Arbeitnehmer die Schußwaffe nach den Weisungen des Erlaubnisinhabers führen. Dieser sogenannte Waffenschein für Unternehmen 61 des § 35 Abs. 3 WaffG wird unter der Auflage erteilt, daß der Erlaubnisinhaber die Personen, die die Schußwaffen führen sollen, der zuständigen Behörde vorher benennt.

B. Strafrechtlicher Rahmen Die Tätigkeit von Detekteien birgt im Vergleich zu anderen Berufstätigkeiten ein hohes Risiko der Verwirklichung von Straftatbeständen. Es dürfte kaum eine andere Berufsgruppe geben, deren Tätigkeit mit derart vielen Risiken behaftet ist, kriminelles Unrecht zu begehen. 62 Für Mitarbeiter von Auskunfteien gilt diese Feststellung dagegen nur bedingt.

60

Hinze (§ 32 Anm. 5 E) bezeichnet die Erforderlichkeit entgegen allgemein üblicher verwaltungsrechtlicher Begriffsbestimmung als „Verhinderbarkeit". Ehmke (§ 32 Anm. 3) nennt als Voraussetzungen sowohl die Verhinderbarkeit als auch den Grundsatz der Geeignetheit und Erforderlichkeit, ohne jedoch auf deren Bedeutung einzugehen. 61 62

Begriff bei Erbs/Kohlhaas-Steindorf

§ 35 Rdn. 5; Hinze § 35 Anm. 10.

So auch Wirsching, Bd. 2, S. 95; Gregg , Polizeispiegel 1976, S. 260; Schulz, Detektiv-Kurier Mai 1991, S. 3f.; diese Einschätzung hat sogar dazu geführt, daß ein großer Versicherungskonzern eine speziell auf Detektive zugeschnittene Rechtsschutzversicherung entwickelt hat. Eine Versicherungsagentur wirbt für den speziellen Rechtsschutz für Detektive folgendermaßen: „Sehr geehrte Damen und Herren, über der täglichen Arbeit von Detekteien hängt stets das Damokles-Schwert von Anschuldigungen wegen körperlicher und verbaler Übergriffe, Nötigungen, Freiheitsberaubungen etc. Die Fußangeln im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, in denen sich Detektive verfangen können, sind vielfaltig."

276

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

I m folgenden werden solche Straftaten erörtert, die mit der Tätigkeit der Auskunfteien und Detekteien in besonderer Weise zusammenhängen, für die ihre Tätigkeit quasi eine Versuchungssituation schafft. Dagegen soll hier nicht die strafrechtliche Beurteilung einzelner sich tatsächlich ereigneter Fälle vorgenommen werden. Soweit auf solche Fälle verwiesen wird, dient dies nur als Beleg für entsprechende Versuchungssituationen. Ziel ist es, abstrakt die Grenzen aufzuzeigen, die dem Auskunftsgewerbe durch das Strafrecht gezogen werden; daß dabei tatsächlich viele Tatbestände durch Beispiele zu belegen sind, zeugt von bestehenden Mißständen in diesem Gewerbe. Straftaten, die aus einer solchen Versuchungssituation entstehen können, können bei den Auskunfteien insbesondere die Beleidigungstatbestände sein, die durch negative Auskunftserteilung verwirklicht werden können. Bei den Detekteien beruhen Straftaten vielfach auf der Ausnutzung des besonderen Vertrauensverhältnis zu dem Auftraggeber und der Tatsache, daß die Verwirklichung von Straftaten die Durchführung von Ermittlungen erleichtern kann. Methodisch wird bei der Darstellung so vorgegangen, daß in einzelnen strittigen Fragen der Strafbarkeit - soweit vorhanden - von der Rechtsprechung ausgegangen wird, auf abweichende Lösungen der Literatur wird verwiesen. Dieses Vorgehen ist deshalb geboten, da hier nicht einzelne strafrechtliche Probleme gelöst werden sollen, sondern die mögliche Strafbarkeit von Auskunfteien und Detekteien in der Praxis ermittelt werden soll und die Praxis eben von der Rechtsprechung bestimmt wird. Dieses Vorgehen ist um so mehr angezeigt, als die potentiell mit der Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien verbundenen strafrechtlichen Verfehlungen Anlaß dazu geben können, die gewerberechtliche Berufszulassung von Auskunfteien und Detekteien zu überdenken.

I. Anstiftung und Beihilfe Eine Strafbarkeit aufgrund von Anstiftungshandlungen kommt für Detektive und Rechercheure von Auskunfteien in Zusammenhang mit der rechtswidrigen Erlangung von Informationen in Betracht. Häufig sind Fälle, in denen Privatdetektive, die ehemals bei der Polizei tätig waren, Informationen von ihren früheren Kollegen erhalten. 63 Vorsätzliche rechtswidrige

63 Vgl. Der Spiegel, Heft Nr. 46 vom 14.11.1988, S. 70 (83, 86); FAZ vom 14.10.1978 (Rhein-Main-Ausgabe), S. 50; FAZ vom 18.10.1978, S. 8; FR vom

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Haupttaten können Vorschriften der Datenschutzgesetze, des Melderechts, die Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB), die Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht (§ 353b StGB) sowie die Verletzung des Post- und Fermeldegeheimnisses (§ 354 StGB) und Steuergeheimnisses (§ 355 StGB) sein. Problematisch ist eine strafrechtliche Verantwortlichkeit als Teilnehmer in den Fällen, in denen Detektive in Verdacht geratene Personen mittels Diebesfallen oder Fangbriefen überführen. Zur Veranschaulichung soll als Beispiel für diese Art von Vertrauenstests die Fallkonstellation dienen, in der ein als Kunde auftretender Detektiv in einem Geschäft eine Geldbörse mit präparierten Geldscheinen „vergißt" und eine zuvor verdächtigte Verkäuferin die Börse an sich nimmt und nicht dem Geschäftsinhaber aushändigt. Sie wird aufgrund der in ihrem Besitz befindlichen präparierten Geldscheine nach Ladenschluß beim Verlassen des Geschäfts überführt. Der Kaufhausinhaber als Auftraggeber des Detektivs war mit der Vorgehensweise des Detektivs einverstanden. Die strafrechtliche Würdigung dieser Fälle ist im einzelnen höchst umstritten. 64 Die Strafbarkeit des Detektivs hängt dabei nach dem Grundsatz der Akzessorietät der Teilnahme von der Strafbarkeit des Haupttäters ab. Für diesen kommt zunächst ein Diebstahl gemäß § 242 StGB an dem präparierten Gegenstand in Betracht. Jedoch fehlt es für einen vollendeten Diebstahl an dem Bruch fremden Gewahrsams und damit an einer Wegnahme im Sinne des § 242 StGB, die ein Handeln gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers oder zumindest ohne sein Einverständnis voraussetzt. 65 Das Einverständnis des Gewahrsamsinhabers schließt den Tatbestand des § 242 StGB aus. 66

18.10.1978, S. 15. Kocks, ZAD-Studie „Informationsquellen und Auskunfteien", S. 5; Dessau in: Dessau/Bergner, ZAD-Studie „Berichterstattung", S. 10: „Jedermann weiß, daß Detektive über Auskunftskanäle verfügen, die dem Normalbürger verschlossen bleiben. Darauf näher einzugehen erübrigt sich, denn wie schon eingangs erwähnt, gehört dies zum know-how." Vgl. dazu auch Kap. 2 B I I 9 c. 64

„Die Diebesfalle - so alt sie ist - bleibt eine Falle für zwei: Die Diebe, die in sie tappen und die Strafjuristen, die die List beurteilen müssen." so Hillenkamp, JR 1987, S. 254. 65 OLG Düsseldorf, NJW 1988, S. 83 -Beschluß vom 07.09.1987- 5 Ss 276/87 221/87 I; BayObLG, JR 1979, S. 296 (297) -Beschluß vom 03.10.1978- 3 St 230/78. 66

OLG Celle, JR 1987, S. 253 (254) -Urteil vom 13.01.1987- 1 Ss 475/86 mit zustimmender Anmerkung Hillenkamp, JR 1987, S. 254; BayObLG, JR 1979, S. 296

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4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

Dieses tatbestandsausschließende Einverständnis liegt vor, wenn der natürliche Wille des Rechtsgutsträgers der Gewahrsamsaufhebung nicht entgegensteht, wobei eine innere Zustimmung ausreicht. 67 Gerade in den Fällen der sogenannten Diebesfalle ist der Gewahrsamsinhaber i m Regelfall nicht nur mit der Aufhebung seines Gewahrsams einverstanden, 68 sondern die Aufhebung des Gewahrsams ist sogar bezweckt, um die beweiskräftige Situation herbeiführen zu können. Somit fehlt es also an dem Wegnahmeelement des objektiven Tatbestandes des § 242 StGB; es liegt jedoch ein (strafbarer) untauglicher Versuch vor. Problematischer ist die Prüfung einer vollendeten Unterschlagung gemäß § 246 StGB. Diese setzt voraus, daß der Täter die fremde bewegliche Sache, die er sich rechtswidrig zueignet, „ i n Besitz oder Gewahrsam hat". In dem geschilderten Beispiel fallen rechtswidrige Zueignung und Gewahrsamserlangung in einem A k t zusammen. Die insbesondere von der Rechtsprechung vertretene sogenannte „kleine berichtigende Auslegung" läßt ein solches zeitliches Zusammenfallen von Gewahrsamserlangung und rechtswidriger Zueignung aber genügen. 69 Geht man davon aus, daß der Unter-

(297) -Beschluß vom 03.10.1978- 3 St 230/78 mit zustimmender Anmerkung Paeffgen, JR 1979, S. 297 (298); Dreher/Tröndle § 26 Rdn. 8 und § 242 Rdnrn. 17, 22; S/S-Cramer § 26 Rdn. 16; S/S-Eser § 242 Rdn. 41; Jescheck, § 34 I 1 b; Eser y Strafrecht I, S. 85; Ebert/Ehses/Foerster/Otto-Ebert y Rdn. 152. 67

OLG Düsseldorf, NStZ 1992, S. 237 -Beschluß vom 29.11.1990- 130/90 I I - 2 Ss 330/90; OLG Düsseldorf, NJW 1988, S. 83 -Beschluß vom 07.09.1987- 5 Ss 276/87 221/87 I. 6

* BayObLG, JR 1979, S. 296 (297) -Beschluß vom 03.10.1978- 3 St 230/78 mit zustimmender Anmerkung Paeffgen, JR 1979, S. 297 (298). 69

BGHSt 4, S. 76 (77) -Urteil vom 26.02.1953- 5 StR 735/52; Dreher/Tröndle § 246 Rdn. 10; Lackner/Kühl § 246 Rdn. 3; Preisendanz § 246 Anm. 3 c; S/S-Eser § 246 Rdnrn. 1, 8; Krey> Strafrecht 2, Rdn. 165; Wessels, BT 2, § 5 I 3 d. Zu dem gleichen Ergebnis kommt die sogenannte „große berichtigende Auslegung", nach der Unterschlagung jede Zueignung ohne Gewahrsamsbruch ist; vgl. Welzel y S. 344f.; Jescheck, GA 1955, S. 97 (102, Fn. 18). Zu einem anderen Ergebnis kommt dagegen die sogenannte „strenge Auslegung", nach der eine Unterschlagung nur dort möglich ist, wo die Gewahrsamserlangung der Zueignung zeitlich vorausgegangen ist; vgl. SK/Samson § 246 Rdnrn. 17ff.; Bockelmann, MDR 1953, S. 3 (5ff.); Schünemann, JuS 1968, S. 114 (115f.); aber auch BGHSt 2, S. 317 (318ff.) -Urteil vom 22.04.1952- 2 StR 657/51.

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schlagungsvorsatz vom Diebstahlsvorsatz mitumfaßt ist, 7 0 so kommt es darauf an, ob sich das Einverständnis mit dem Gewahrsamsbruch auch auf die Manifestation der Zueignung bei der Unterschlagung erstreckt. Dies wird zum Teil 7 1 mit dem Argument bejaht, daß sich der Auftraggeber i m Zweifel mit dem Verlust des Köders abfinden würde, um durch die Überführung des Täters (Spuren an den Händen) größere Schäden zu vermeiden. Danach liegt nur eine versuchte Unterschlagung vor. Für den Kaufhausdetektiv kommt somit eine Strafbarkeit wegen Anstiftung zum versuchten Diebstahl gemäß §§ 242, 22, 26 StGB und zur versuchten Unterschlagung gemäß §§ 246, 22, 26 StGB in Betracht. In dem versuchten Diebstahl und der versuchten Unterschlagung der Verkäuferin liegen die erforderlichen vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttaten, die mindestens das Stadium des mit Strafe bedrohten Versuchs erreicht haben. Ob in der Schaffung einer zur Tat anreizenden Situation durch das Auslegen des Köders eine Anstiftungshandlung liegt oder nicht, 7 2 ist hier nicht ergebnisrelevant, da es jedenfalls am subjektiven Tatbestand fehlt. Der Anstiftervorsatz setzt nämlich voraus, daß die Tat nach der Vorstellung des Anstifters nicht nur versucht, sondern vollendet werden soll, so daß der agent provocateur oder Lockspitzel in dieser Fallkonstellation straflos bleibt. 7 3 Somit scheidet eine Strafbarkeit von Kaufhausdetektiven in der geschilderten Fallkonstellation wegen einer Anstiftung zu den versuchten Delikten des Diebstahls und der Unterschlagung aus. Einer anderen Auffassung zufolge 74 ist das Einverständnis bei der Diebesfalle nicht gleichzeitig als Einverständnis in die Manifestation der Zueig-

70

So S/S-Eser § 246 Rdn. 24; Bedenken bei Hillenkamp, JR 1987, S. 254 (255).

71 Hillenkamp, JR 1987, S. 254 (256) in einer ablehnenden Anmerkung zu OLG Celle, JR 1987, S. 253 -Urteil vom 13.01.1987- 1 Ss 475/86. 72

Bejahend: Dreher/Tröndle § 26 Rdn. 3; Lackner § 26 Rdn. 2; SK/Samson § 26 Rdn. 5. Verneinend: LK/Roxin § 26 Rdn. 12; S/S-Cramer § 26 Rdn. 7; Jakobs, 22. Abschn., Rdnrn 21 f.; Jescheck, § 64 I I I 2 a; dann kommt aber zumeist eine Beihilfe in Betracht. 73 Dreher/Tröndle § 22 Rdn. 2 und § 26 Rdn. 8; Lackner § 26 Rdn. 4; anders dagegen die früher vertretene Schuldteilnahmetheorie; vertreten von: von Olshausen (11. Aufl). § 48 Anm. 14 (ausdrücklich zum agent provocateur); H Mayer § 39 I I 1 b. 74

OLG Celle, JR 1987, S. 253 (254) -Urteil vom 13.01.1987- 1 Ss 475/86; zustimmend Otto, Jura 1989, S. 200 (204); im Ergebnis ebenso Dreher/Tröndle § 242 Rdn. 17;

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4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

nung zu verstehen, auch wenn der mögliche Verlust des präparierten Geldscheines in Kauf genommen wird, um größere Verluste zu verhindern. Danach liegt eine vollendete Unterschlagung vor. Bei einer vollendeten Unterschlagung ändert sich das Ergebnis für die Betreffenden, sofern man in der Schaffung einer zur Tat anreizenden Situation durch das Auslegen des Köders eine Anstiftungshandlung oder zumindest eine Beihilfe sieht. Nach überwiegender Auffassung ist der agent provocateur nämlich zwar dann straflos, wenn er durch rechtzeitiges Eingreifen die Beendigung, 75 den Eintritt einer Rechtsgutsgefährdung 76 oder eine Rechtsgutsverletzung 77 verhindern will, aber wenn der Fallensteller mit dem Verlust des Köders rechnet und sich mit ihm abfindet, um größere Verluste zu verhindern, rechnet er mit der materiellen Beendigung der Tat. Gleichzeitig sind damit sowohl Rechtsgutsgefährdung und Rechtsgutsverletzung verbunden. Der betreffende Kaufhausdetektiv hätte sich wegen Anstiftung bzw. Beihilfe zur vollendeten Unterschlagung gemäß §§ 246, 26 bzw. §§ 246, 27 StGB strafbar gemacht. Der Arrangeur einer Diebesfalle kann sich also nur dann vor einer Strafbarkeit sicher sein, wenn er ein derart weitreichendes Einverständnis des Rechtsgutsinhabers einholt, das nicht nur den Gewahrsamsbruch, sondern auch die Rechtswidrigkeit der Zueignung aufhebt und damit auch bei der Unterschlagung eine vollendete Tatbegehung ausschließt. Sind dagegen weder Gewahrsamsinhaber, Mitgewahrsamsinhaber noch Eigentümer in die Diebesfalle eingeweiht, liegt ein vollendeter Diebstahl und damit auch eine Anstiftung zu diesem Delikt vor. 7 8

Paeffgen, JR 1979, S. 297 (299); dagegen Hillenkamp (ablehnende Anmerkung zu OLG Celle, JR 1987, S. 253 -Urteil vom 13.01.1987- 1 Ss 475/86 in: JR 1987, S. 254 [256]) mit dem beachtenswerten Argument, daß sich der Auftraggeber im Zweifel mit dem Verlust des Köders abfinden würde, um durch die Überführung des Täters (Spuren an den Händen) größere Schäden zu vermeiden. 75

Dreher/Tröndle

76

Otto, JuS 1982, S. 557 (561, Fn. 48); Plate, ZStW 84 (1972), S. 294 (306ff.).

§ 26 Rdn. 8; LK/Roxin

77

§ 26 Rdn. 19; Preisendanz § 26 Anm. 5 d.

S/S-Cramer § 26 Rdn. 16; Maaß, Jura 1981, S. 514 (517); dagegen aber Baumann, JuS 1963, S. 125 (134). 78

S/S-Eser § 242 Rdn. 41.

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I I . Irrtumsbedingte Inanspruchnahme von Notrechten Eingriffe in die Rechte Dritter sind dann erlaubt, wenn sie sich i m Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen und der rechtlichen Grenzen der Notrechte halten. Bei NichtVorliegen der Voraussetzungen der Notrechte kann sich der „Notrechtsausübende" jedoch strafbar machen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich der scheinbar Notrechtsausübende hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes irrt (Erlaubnistatbestandsirrtum) oder wenn er die rechtlichen Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes verkennt (Erlaubnisirrtum). 79 Insbesondere Detektive befinden sich häufig in der Situation, die Notrechte in Anspruch nehmen und dabei augenblicklich über das Vorliegen deren Voraussetzungen entscheiden zu müssen. Sie können als professionelle Nothelfer zugunsten ihres Auftraggebers als Garant sogar zum Einschreiten verpflichtet sein. 80 Verkennen sie dabei die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes, unterliegen sie einem Erlaubnistatbestandsirrtum. Ein solcher Erlaubnistatbestandsirrtum wird von der herrschenden Meinung analog einem Tatbestandsirrtum behandelt und läßt damit gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB den Vorsatz des Handelnden entfallen, so daß nur eine Bestrafung wegen fahrlässiger Tat in Betracht kommt. 8 1

79 Der umgekehrte Erlaubnistatbestandsirrtum und der umgekehrte Erlaubnisirrtum besitzen für die Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien dagegen keine besondere Relevanz. 80 81

Siehe dazu Kap. 4 B III.

S/S-Cramer § 15 Rdn. 26 und § 16 Rdn. 14; S/S-Lenckner Vorbem § 13 Rdn. 18; Backmann, JuS 1972, S. 649 (652); im Ergebnis, aber ohne Bezugnahme auf eine Analogie auch BGHSt 2, S. 194 (211) -Beschluß vom 18.03.1952- GSSt 2/51. Nach der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen ist § 16 StGB unmittelbar anwendbar, so daß sie zum gleichen Ergebnis kommt; vertreten von: Arthur Kaufmann, JZ 1954, S. 653ff. Ebenfalls zum gleichen Ergebnis kommt die sogenannte rechtsfolgeneinschränkende Schuldtheorie, nach der der Erlaubnistatbestandsirrtum zwar nicht den Tatbestandsvorsatz entfallen läßt, aber die Vorsatzschuld, so daß in der Rechtsfolge die Tat wie ein Fahrlässigkeitsdelikt zu behandeln ist; vertreten von: Dreher/Tröndle § 16 Rdn. 27; Jescheck, § 41 I I I 2 d. Ein vorsatzloses Handeln aufgrund fehlenden aktuellen Unrechtsbewußtseins nimmt die modifizierte Vorsatztheorie an und kommt somit ebenfalls zur Prüfung einer Fahrlässigkeitstat; vertreten von: Langer, Sonderverbrechen, S. 357ff. Zu einem abweichenden Ergebnis kommt die strenge Schuldtheorie, die den Erlaubnistatbestandsirrtum wie einen Verbotsirrtum behandelt, so daß der Handelnde bei

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4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

Liegt ein diesbezüglicher Fahrlässigkeitstatbestand nicht vor, bleibt der Detektiv also straflos. Der Irrtum über die rechtlichen Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes, der sogenannte Erlaubnisirrtum, wird dagegen als indirekter Verbotsirrtum aufgefaßt und demgemäß nach den Grundsätzen des § 17 StGB behandelt. 82 Demnach entfällt die Schuld und damit die Strafbarkeit des Täters nur, wenn er den Irrtum nicht vermeiden konnte. Welche Kriterien an die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums zu stellen sind, ist in der Strafrechtswissenschaft höchst umstritten. Die Rechtsprechung stellt an die Bejahung der Unvermeidbarkeit eines Irrtums strenge Anforderungen. Entscheidend ist danach, ob der Täter aufgrund seiner sozialen Stellung, nach seinen individuellen Fähigkeiten und bei dem ihm zumutbaren Einsatz seiner Erkenntniskräfte und seiner rechtlich-sittlichen Wertvorstellungen das Unrecht der Tat hätte einsehen können. 83 Der Rechtsunkundige muß sich vor dem Eingriff in geschützte Rechtsgüter im Rahmen des Möglichen über die Rechtslage vergewissern. 84 Diese für den direkten Verbotsirrtum nach § 17 StGB entwickelten Grundsätze treffen auf den indirekten Verbotsirrtum allerdings nur bedingt zu, denn bei dem Irrtum über die Grenzen eines Rechtfertigungsgrundes wird, etwa bei dem nach § 32 StGB vorausgesetzten gegenwärtigen Angriff, eine Erkundigungspflicht kaum mehr möglich sein. Dennoch ist in bezug auf solche Personen, die als professionelle Nothelfer tätig werden gegenüber solchen Personen, die unversehens und unerfahren in eine die Notrechtsanwendung bedingende Gefahrensituation geraten, an dem strengen Maßstab an die Unvermeidbarkeit des Irrtums festzuhalten. 85 Bei den professionellen Nothelfern sind die Notrechte vielfach

Unvermeidbarkeit des Irrtums ohne Schuld handelt und straflos bleibt, bei Vermeidbarkeit aber aus dem Vorsatzdelikt unter Berücksichtigung der fakultativen Strafmilderung des § 49 Abs. 1 StGB bestraft wird; vertreten von: LK/Schroeder § 16 Rdn. 52. 82

Lackner § 17 Rdn. 19; Wessels, AT, § 11 I I I 2.

83

BGHSt 4, S. 1 (5) -Beschluß vom 23.12.1952- 2 StR 612/52; 4, S. 236 (Leitsatz 2, 243) -Urteil vom 23.04.1953- StR 219/52; aus der Literatur zustimmend: Wessels, AT, § 1 1 1 3 ; kritisch dazu: Dreher/Tröndle § 17 Rdn. 8; Lackner § 17 Rdn. 7. 84 BGHSt 21, S. 18 (20f.) -Beschluß vom 27.01.1966- KRB 2/65; Dreher/Tröndle § 17 Rdnrn. 7, 9; Wessels, AT, § 11 I 3. 85

So auch allgemein für die organisierte Nothilfe: Kunz, ZStW Band 95 (1983), S. 973 (991); für das Bewachungsgewerbe Mahlberg, S. 191 f.; im Ergebnis auch Gusy, § 3 Rdn. 161. Ebenso die Stellungnahme des Bundesministers der Justiz (Bericht B M I I,

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die Grundlage ihrer Tätigkeit, ihnen obliegt deshalb die Pflicht, sich aufgrund der hohen Vorhersehbarkeit einer die Notrechtsanwendung bedingenden Gefahrensituation - entsprechend den Grundsätzen beim direkten Verbotsirrtum - i m voraus über Reichweite und Grenzen der Notrechte zu informieren. Gegen eine solche Pflicht kann auch nicht eingewandt werden, daß ein solches Sonderwissen - etwa in Form eines Sachkundenachweises öffentlich-rechtlich von dieser Berufsgruppe nicht gefordert wird, denn das Strafrecht legt dieses Sonderwissen, in dem es auf die soziale Stellung des Betreffenden und damit ein faktisches Moment abstellt, unabhängig von rechtlich erforderlichen Kenntnissen fest. A n die Unvermeidbarkeit des Irrtums sind bei professionellen Nothelfern deshalb strenge Anforderungen zu stellen, die Vermeidbarkeit eines Irrtums ist als Ausnahmefall anzusehen. Aufgrund der immer wiederkehrenden Konfliktsituationen mit bestimmten Straftatbeständen hat dieser strenge Maßstab an die Unvermeidbarkeit nicht nur für den indirekten, sondern auch für den direkten Verbotsirrtum zu gelten.

I I I . Unechte Unterlassungsdelikte Unechte Unterlassungsdelikte (§13 StGB) sind Straftaten, bei denen der Unterlassende als Garant zur Erfolgsabwendung verpflichtet ist und bei denen das Unterlassen wertungsmäßig der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein aktives Tun entspricht. Eine Strafbarkeit aufgrund eines unechten Unterlassungsdeliktes kommt für Detektive in Betracht, wenn sie gegen Straftaten nicht einschreiten, die sich gegen ihren Auftraggeber richten. Entscheidende Frage ist dabei, ob Detektive gegenüber ihren Auftraggebern eine Garantenstellung innehaben. Eine Entscheidung, ob Detektive eine Garantenstellung zur Aufdeckung/ Verhinderung von gegen ihren Auftraggeber gerichteten Straftaten innehaben, findet sich - soweit ersichtlich - weder in Literatur noch Rechtsprechung. 86 S. 23): „Wenn ein Angehöriger eines privaten Sicherheitsdienstes eine unrichtige Güterund Interessenabwägung vornimmt oder zu Unrecht annimmt, ein leichteres Mittel zur Gefahrenabwehr stehe nicht zur Verfügung, wird er sich daher häufig selbst dann nicht auf einen rechtlich erheblichen Irrtum berufen können, wenn dem Normalbürger ein solcher Irrtum zugebilligt würde." 86

Eine Garantenstellung für privates Bewachungspersonal wird bejaht von LK/Jescheck § 13 Rdn. 29; Mahlberg, S. 202f.; Franzheim, W+S-Information 1979, Heft 145, S. 199 (202).

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4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

In der kontrovers geführten Diskussion um die Garantenstellung von Polizeibeamten 8 7 wird als Argument gegen eine Garantenstellung von Polizeibeamten angeführt, daß die Individualschutzrichtung des polizeilichen Handlungsauftrages nur eine Reflexwirkung der Allgemeinschutzrichtung sei. 88 Dieses Argument macht den - auch auf das Ergebnis durchschlagenden - Unterschied zum privaten Sicherheitsgewerbe deutlich. Bei i m privaten Auftrag tätig werdenden Detektiven ist die Tätigkeit nämlich fast ausschließlich individualbezogen. Dieser Grundsatz erfährt nur insoweit eine Durchbrechung, als die Notrechte dem allgemeinen Zweck des Erhalts der Rechtsordnung dienen. I m übrigen ist die Tätigkeit allein durch das Interesse des Auftraggebers bestimmt. Im Hinblick darauf wird der Auftraggeber auf weitere alternative Schutzmaßnahmen verzichten. Eine Garantenstellung ist damit nicht nur unter dem Aspekt der Individualbezogenheit detektivischer Tätigkeit, sondern auch unter dem Aspekt, daß der Auftraggeber i m Vertrauen auf das Abwehrverhalten des Detektivs weitere Schutzmaßnahmen unterläßt, zu bejahen. 89 Detektive haben demnach gegenüber ihren Auftraggebern eine Garantenstellung, die die Abwehr gegen die Auftraggeber gerichtete Straftaten umfaßt. Maßgebend für die Begründung dieser Garantenstellung ist nicht die zivilrechtliche Gültigkeit der vertraglichen Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Detektiv, sondern i m Hinblick auf das dem Detektiv entgegengebrachte Vertrauen die faktische Übernahme der Schutzpflicht. 90 Als Ergebnis ist festzuhalten, daß sich ein Detektiv bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen strafbar macht, wenn er gegen die von ihm ermittel87

Eine Garantenstellung von Polizeibeamten wird mit unterschiedlicher Reichweite bejaht von: LK/Jescheck § 13 Rdn. 29; S/S-Stree § 13 Rdn. 52 (bei der Ausübung eines auf Gefahrenabwehr gerichteten Dienstes gegen Straftaten, die eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellen); SK/Rudolphi § 13 Rdnrn. 36, 54cf.; ders., JR 1987, S. 336 (338); Schünemann, wistra 1986, S. 235 (243f.) (nur bei Übernahme einer Schutzaufgabe durch besonderen Vertrauensakt, wie etwa bei Personen- und Objektschutz). Eine Garantenstellung von Polizeibeamten verneint Herzberg, S. 356. 88

Vgl. zum Individualschutz lediglich als Reflexwirkung Herzberg, S. 356; dagegen: Schultz, S. 160ff.; ihm folgend Mahlberg, S. 201f. 89 Vgl. zu diesem Entstehungsgrund einer Garantenstellung: LK/Jescheck 27; S/S-Stree § 13 Rdn. 27; Wessels, AT, § 16 I I 5 c. 90

§ 13 Rdn.

Vgl. S/S-Stree § 13 Rdn. 28; SK/Rudolphi § 13 Rdn. 62; Wessels, AT, § 16 I I 5 c; ausdrücklich für den Personenschutz: Franzheim, W+S-Information 1979, Heft 145, S. 199 (202).

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ten, insbesondere fortdauernden Straftaten gegen seinen Auftraggeber nicht einschreitet. Als Beispiele für solche durch Unterlassen zu verwirklichende Straftaten kommen sämtliche Delikte in Betracht, zu deren Aufklärung Detektive eingesetzt werden, also etwa Diebstähle, Unterschlagungen, Betrüge, Versicherungsmißbräuche und wettbewerbsrechtliche Strafvorschriften.

IV. Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) Bei detektivischen Ermittlungen kann es zu Konflikten mit dem Straftatbestand des Hausfriedensbruchs nach § 123 Abs. 1 StGB kommen. Unproblematisch verwirklicht ist der Tatbestand des Hausfriedensbruchs, wenn Detektive in Abwesenheit des Hausrechtsinhabers in dessen Wohnung eindringen, beispielsweise um dort vermutete Beweisstücke zu suchen. Problematisch kann das Vorliegen eines Hausfriedensbruchs dagegen sein, wenn Detektive unter einem Vorwand das Einverständnis des Haus rechtsinhabers erschleichen, um in der Wohnung Ermittlungen aufzunehmen. Fraglich ist dann, ob ein „Eindringen" des Täters in die geschützten Räumlichkeiten i m Sinne des § 123 Abs. 1,1. Alt. StGB vorliegt. Nach der herrschenden Meinung 9 1 dringt in eine Wohnung ein, wer diese gegen den Willen des Berechtigten betritt. Die Problematik besteht in der vorliegenden Fallkonstellation aber gerade darin, daß der Detektiv die Wohnung mit dem - sogar ausdrücklich geäußerten - Willen des Hausrechtsinhabers betritt, dieses Einverständnis aber durch eine Täuschung erschlichen worden ist. Da es aber auch bei einem erschlichenen Einverständnis an einem real entgegenstehenden Willen des Hausrechtsinhabers fehlt, den der Täter überwinden muß, wirkt nach einer Auffassung auch das erschlichene Einverständnis tatbestandsausschließend.92 91

BGH, MDR (D) 1968, S. 551 -Urteil vom 26.03.1968- 1 StR 97/68; Dreher/ Tröndle § 123 Rdn. 10; Lackner/Kühl § 123 Rdn. 5; Wessels, BT 1, § 13 I 3; die Gegenmeinung stellt darauf ab, ob das Eindringen ohne den Willen des Hausrechtsinhabers erfolgt; vgl. SK/Rudolphi § 123 Rdn. 13; Amelung, NStZ 1985, S. 457; Schröder, JR 1967, S. 304 (305). 92

Dreher/Tröndle § 123 Rdn. 10; Lackner/Kühl § 123 Rdn. 5; Wessels, BT 1, § 13 I 3; Bernsmann, Jura 1981, S. 403f. unter Heranziehung eines Beispieles, in dem sich ein Privatdetektiv den Zugang zu einer Wohnung erschleicht; Schlink, NJW 1980, S. 552 (557); Amelung/Schall, JuS 1975, S. 565 (566f.); anders jetzt Amelung, NStZ 1985, S. 457f.

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4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

Nach der Gegenmeinung, die auch in der - soweit ersichtlich - einzigen gerichtlichen Entscheidung geteilt wird, ist demgegenüber auf den wahren W i l l e n des Berechtigten abzustellen, so daß ein Eindringen trotz des (erschlichenen) Einverständnisses vorliegt. 93 Danach wären Detektive, die sich das Einverständnis zum Betreten einer Wohnung unter einem Vorwand erschleichen, gemäß § 123 Abs. 1 StGB zu bestrafen. Erschleichen sich Detektive also den Zugang zu fremden Wohnungen, müssen sie mit einer Bestrafung wegen Hausfriedensbruches rechnen.

V. Amtsanmaßung (§ 132 StGB) und Mißbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen (§ 132a StGB) Der Handlungsspielraum von Auskunfteien und Detekteien ist des weiteren durch die Straftatbestände der Amtsanmaßung (§ 132 StGB) und des Mißbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen (§ 132a StGB) beschränkt. Gerade bei diesen beiden Tatbeständen liegt das Risiko mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten - insbesondere wiederum für Detektive - nahe, dient die Verwirklichung dieser beiden Straftatbestände doch häufig der Erleichterung von Ermittlungsaufgaben. Amtsanmaßungen sollen sogar „an der Tagesordnung" detektivischen Tätigwerdens liegen. 94 Auch die Berufsinformationen der Arbeitsämter 95 und die Standesrichtlinien der Verbände 96 warnen davor, sich bei detektivischen Ermittlungen als Amtspersonen aus-

93 OLG München, NJW 1972, S. 2275 -Beschluß vom 10.03.1972- 2 Ws 40/72; LK/Schäfer § 123 Rdn. 27; SK/Rudolphi § 123 Rdn. 18. 94

Der Spiegel Heft Nr. 13 vom 22.03.1976, S. 58 (59); vgl. auch Neumann, S. 77; Dessau, Dokumentation, S. 3; schon 1933: Hagemann, Handwörterbuch der Kriminologie, Erster Band, S. 227 (236); Fallbeispiel in: BGHZ 111, S. 168 (180) -Urteil vom 24.04.1990- V I ZR 110/89. Die besondere Relevanz der §§ 132, 132a StGB für die Tätigkeit von Detektiven wird auch in der detektivischen Ausbildungsliteratur betont; vgl. Dessau, ZAD-Studie „Berufsrisiken und diesbezügliche Gesetze", S. 6; speziell für § 132a StGB: Dessau, ZAD-Studie „Legende oder Vorwand", S. 6. Fallbeispiel aus der Tätigkeit der Auskunfteien in: Focus, Heft Nr. 17 vom 24.04.1995, S. 28 (30). 95

Vgl. Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen Nr. 791a (Detektiv(in) und Zugehörige Berufe), S. 4. 96 Beispielsweise § 5 der Standesregeln des früheren Zentralverbandes der Auskunfteien und Detekteien.

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287

zugeben und Handlungen vorzunehmen, die nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden dürfen. Der Tatbestand des § 132 StGB enthält zwei Alternativen. Nach der ersten Alternative macht sich strafbar, wer sich unbefugt mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt. Die zweite Alternative setzt die unbefugte Vornahme einer Handlung voraus, die nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden kann. Beiden Begehungsformen ist also das Merkmal „unbefugt" gemeinsam, welches voraussetzt, daß der Täter nicht durch seine amtliche Stellung oder eine Erlaubnis zur Vornahme der Amtshandlung legitimiert worden ist. 9 7 Dieses Tatbestandsmerkmal liegt bei Detektiven ohne weiteres vor, da sie keine amtliche Stellung innehaben und eine Erlaubnis zur Vornahme von Amtshandlungen im Normalfall nicht vorliegt. Bei der ersten Alternative des § 132 StGB sind zwei Voraussetzungen erforderlich: Erstens muß sich der Täter als Inhaber eines öffentlichen Amtes ausgeben, das er in Wirklichkeit nicht bekleidet. Zweitens muß er aufgrund dieser Vortäuschung eine Handlung vornehmen, die nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf. Als in Zusammenhang mit der Detektivtätigkeit in Betracht kommendes Fallbeispiel kann genannt werden, daß sich ein Detektiv als Kriminalbeamter ausgibt und eine Durchsuchung, Beschlagnahme oder Verhaftung vornimmt. 9 8 Dagegen genügt das bloße Auftreten als Kriminalbeamter ohne Vornahme einer Amtshandlung zur Erfüllung des § 132 StGB nicht. 9 9 Die zweite Alternative des § 132 StGB greift ein, wenn jemand den Anschein hoheitlichen Handelns allein dadurch erweckt, daß er unbefugt eine Amtshandlung vornimmt, der Täter also diesen Eindruck ohne Vorspiegelung der Amtsinhaberschaft hervorruft. 100 Als geradezu klassisches

97

LK/von Bubnoff§ 132 Rdn. 12; S/S-Cramer § 132 Rdn. 11; Wessels, BT 1, § 14 I 3.

98

Vgl. S/S-Cramer § 132 Rdn. 5; Wessels, BT 1, § 14 I 2 a; Droste, S. 81. In Bayern sind die zur Gewerbeüberwachung zuständigen Kreisverwaltungsbehörden angewiesen, bei der Überwachung von Detekteien insbesondere zu prüfen, ob sie Handlungen, die „Behörden (z. B. Verhaftung, Durchsuchung, Haussuchung, Beschlagnahme) vorbehalten sind", ausüben. (Entschl. des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 07.6.1967, Nr. 6611 g -1/3- 28842 über die Überwachung von Auskunfteien und Detekteien (WVMB1 Nr.8/1967 S. 89), Nr. I. 99 100

Wessels, BT 1, § 14 I 2 a. Dreher/Tröndle

§ 132 Rdn. 6; Wessels, BT 1, § 14 I 2 b.

288

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

Beispiel in der Literatur wird dabei vielfach der einem Reichsgerichtsurteil 1 0 1 nachgebildete Fall angeführt, in dem ein Privatdetektiv eine Durchsuchung und eine Beschlagnahme vornahm und dabei auch als Privatdetektiv auftrat. 102 Schließlich ist daraufhinzuweisen, daß es bei beiden Alternativen des § 132 StGB unerheblich ist, ob der Täter die Handlung auch als Privatmann - etwa aufgrund der Jedermannrechte - hätte vornehmen können. 1 0 3 In den Zusammenhang des Mißbrauchs von Rechtspositionen durch Detektive gehört auch die Strafbarkeit des Mißbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen gemäß § 132a StGB. Diese Vorschrift dient vornehmlich dem Schutz der Allgemeinheit, die gegenüber Inhabern von bestimmten, die Person qualifizierenden Bezeichnungen und gegenüber Trägern von Uniformen, Amtskleidungen oder Amtsabzeichen unter Umständen anders reagiert und dadurch Hochstaplern leichter zum Opfer fällt. 1 0 4 Verhindert werden soll, daß den unrechtmäßigen Trägern von den in § 132a StGB bezeichneten Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen entsprechend ihrem höheren Maß an Wertschätzung eine unkritischere Haltung entgegengebracht w i r d . 1 0 5 Genau dieser Zweck wird jedoch von solchen Detektiven verfolgt, die sich über die mißbräuchliche Verwendung von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen das Vertrauen ihrer Zielpersonen sichern wollen, um so bessere Ermittlungsergebnisse zu erzielen. In solchen Fällen ist auch ausnahmsweise die Verwendung gegenüber einer einzigen, bestimmten Person bei einer einmaligen Gelegenheit strafbar. 106

101

RGSt 59, S. 291 (295) -Urteil vom 25.06.1925- g.G. u. R. I I 166/25.

102

E. Schmidt § 163 Rdn. 9; Wessels, BT 1, § 14 I 2 b; Küper, JR 1967, S. 451 (452).

103

So schon RGSt 2, S. 292 (293) -Urteil vom 07.07.1880- Rep 1633/80; Dreher/Tröndle § 132 Rdn. 2; LK/Herdegen § 132 Rdn. 5; Mahlberg, S. 211. 104 BGHSt 36, S. 277 (279) -Urteil vom 24.10.1989- 1 StR 504/89; BayObLG, NJW 1979, S. 2359 -Beschluß vom 29.06.1979- 2 St 125/79; Dreher/Tröndle § 132a Rdn. 3; Lackner/Kühl § 132a Rdn. 1; LK/von Bubnoff§ 132a Rdn. 2; SK/Rudolphi § 132a Rdn. 2. 105 BGH, GA 1966, S. 279 -Urteil vom 14.09.1965- 5 StR 347/65; LK/von Bubnoff § 132a Rdn. 2. 106

Verneinend Herzberg, JuS 1973, S. 234 (236); differenzierend danach, ob der einmalige Gebrauch das durch § 132a StGB geschützte Rechtsgut beeinträchtigt oder nicht BGHSt 31, S. 61 (62) -Beschluß vom 13.05.1982- g. L. 3 StR 118/82.

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289

Abgesehen von den in § 132a StGB geschützten Abzeichen werden weitere Abzeichen außerhalb des Strafrechts geschützt, etwa durch § 126 OWiG. Auch durch das Ordnungswidrigkeitenrecht ergeben sich somit Einschränkungen detektivischer Ermittlungsmethoden.

VI. Nichtanzeige geplanter Straftaten (§§ 138f. StGB) Aus § 138 StGB könnte sich die Antwort auf die Frage ergeben, ob Detektive von Ermittlungen im Bereich bestimmter Straftaten ausgeschlossen sind, von denen die staatlichen Strafverfolgungsorgane keine Kenntnis haben. Dies wäre dann der Fall, wenn sich Detektive bei Ermittlungen i m Zusammenhang mit dem Vorhaben oder der Ausführung einer Katalogtat im Sinne des § 138 StGB nach dieser Vorschrift strafbar machen würden. Vorab ist aber klarzustellen, daß die Bedeutung des § 138 StGB für Detektive nur gering ist, da Aufträge i m Zusammenhang mit den dort aufgeführten Katalogtaten nur in Ausnahmefällen an Detektive erteilt werden. Soweit es um das Vorhaben einer gegen Personen gerichteten Katalogtat geht, fällt deren Verhinderung in den Aufgabenbereich des Bewachungsgewerbes. Dagegen können Detektive im Ausnahmefall damit beauftragt werden, entführte Personen aufzuspüren oder mit Entführern zu verhandeln.

1. Tatbestand des § 138 StGB Der objektive Tatbestand des § 138 StGB setzt voraus, daß der Täter von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Katalogtat zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu erstatten. Die Erfolgsabwendung ist bei Dauerdelikten, wie dem erpresserischen Menschenraub nach § 239a StGB, bis zur Beendigung der Tat möglich, so daß eine anzeigepflichtige, sich im Stadium der Ausführung befindliche Katalogtat auch dann vorliegt, wenn der Menschenraub schon ausgeführt (= vollendet) ist. Als i m Stadium der Ausführung befindliche Katalogtat i m Sinne des § 1 3 8 StGB kommt etwa der erpresserische Menschenraub nach § 239a StGB in Betracht. Bei der Frage, ob der Anzeigepflichtige von der Katalogtat glaubhaft erfahren hat, ist nach einer Ansicht 1 0 7 ein objektiver Maßstab anzulegen und 19 Peilert

290

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

auf die Wertung eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen. Danach hat ein Detektiv jedenfalls dann glaubhaft von einer Katalogtat erfahren, wenn er einen Auftrag erhält, der Ermittlungen i m Zusammenhang mit dem Vorhaben oder der Ausführung einer Katalogtat erfordert, denn eine solche Beauftragung dürfte nach der Wertung eines verständigen Durchschnittsmenschen nur dann erfolgen, wenn auch tatsächlich eine Katalogtat vorliegt. Fordert man für ein glaubhaftes Erfahren dagegen, daß der Anzeigepflichtige i m konkreten Fall tatsächlich an die Tatbegehung glaubt, 1 0 8 so ist dies zumeist dann erfüllt, wenn der Detektiv den Auftrag tatsächlich übernimmt. Der Anzeigepflichtige muß des weiteren von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Katalogtat zu einer Zeit erfahren, in der der Erfolg noch abgewendet werden kann. Bei Dauerdelikten - wie auch dem erpresserischen Menschenraub nach § 239a StGB - ist dies bei der Fortdauer des rechtswidrigen Dauerzustandes der Fall. 1 0 9 Die Anzeige muß rechtzeitig, das heißt bis zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem die Anzeige noch geeignet ist, den Erfolg zu verhüten oder zu verringern. Nur innerhalb dieses Zeitraums erfolgt die Anzeige rechtzeitig. 1 1 0 Der Anzeigepflichtige hat somit für die rechtzeitige Erstattung der Anzeige unter Umständen einen gewissen zeitlichen Spielraum, der erst dann endet, wenn die Anzeige zur Abwendung der Ausführung oder des weiteren Erfolges nicht mehr geeignet i s t . 1 1 1 Detektive erfüllen dieses Tatbestandsmerkmal insbesondere dann, wenn sie solange auf den Erfolg der eigenen Bemühungen spekulieren, bis auch eine Anzeige nicht mehr zur Erfolgsabwendung geeignet sein kann.

107

Vornehmlich im älteren Schrifttum wird dieser objektive Maßstab angelegt, nach dem eine glaubhafte Kenntnis dann vorliegt, wenn ein verständiger Durchschnittsmensch an dem Vorhaben oder der Ausführung nicht zweifeln würde, ob es der Anzeigepflichtige im Einzelfall getan hat, ist danach unerheblich; so Frank § 139 Anm. V I I 1; Meister, MDR 1953, S. 649 (651). 108

So die von der Rechtsprechung und einem Großteil der Literatur vertretene subjektive Theorie: BGH, MDR (H) 1976, S. 987 -Urteil vom 29.06.1976- 1 StR 237/76; Dreher/Tröndle § 138 Rdn. 7; LK/Hanack § 138 Rdn. 15; SK/Rudolphi § 138 Rdn. 10. 109

RGSt 63, S. 105 (106) -Urteil vom 08.04.1929- I I 675/28; Dreher/Tröndle Rdn. 4; LK/Hanack § 138 Rdnrn. 8, 20; S/S-Cramer § 138 Rdn. 6. 110

LK/Hanack § 138 Rdn. 23; SK/Rudolphi

111

LK/Hanack § 138 Rdn. 24; Schwarz, S. 62ff.

§ 138 Rdn. 14.

§ 138

291

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Der Anzeigepflicht wird Genüge getan durch eine Anzeige gegenüber Behörde oder Bedrohtem. Grundsätzlich besteht ein Wahlrecht des Anzeigepflichtigen, wen er benachrichtigt. Doch dieses Wahlrecht unterliegt i m Hinblick auf den Schutzzweck der Vorschrift verschiedenen Einschränkungen. 112 So entfällt das Wahlrecht, wenn einer der möglichen Adressaten - Behörde oder Bedrohter - nicht oder nicht mehr in der Lage ist, die drohende Gefahr oder weitere Schäden abzuwenden. 113 Dies gilt etwa für den Bedrohten in einem bereits in dem Stadium der Ausführung befindlichen erpresserischen Menschenraub. Erhält ein Detektiv deshalb durch einen Auftraggeber von einem solchen Fall glaubhaft Kenntnis, so hat er die Anzeige gegenüber der Behörde zu erstatten, denn zur Gefahrenabwehr im Bereich der Katalogtaten sind nur der Bedrohte und - mangels Handlungsmöglichkeit - in diesem Fall ausschließlich und allein die Behörde zuständig, nicht aber ein Dritter wie der beauftragte Detektiv. Gleiches gilt für den i m übrigen streitigen Fall, daß der gesetzliche Vertreter des Bedrohten Kenntnis von der Katalogtat hat und einen Detektiv beauftragt. Unabhängig davon, ob man die Mitteilung an den gesetzlichen Vertreter als ausreichend erachtet 114 oder nicht, 1 1 5 bleibt für den Detektiv nur die Anzeige an die Behörde, denn indem sich der gesetzliche Vertreter des Bedrohten an den Detektiv wendet, bringt er zum Ausdruck, daß er eigene Abwehrmöglichkeiten als nicht mehr gegeben ansieht. Somit verbleibt für den Detektiv nur die Anzeigemöglichkeit gegenüber der Behörde. Diese Anzeigepflicht gegenüber der Behörde geht auch einer vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitspflicht vor, die gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 138 StGB nichtig wäre. Spiegelt ein Detektiv seinem Auftraggeber vor, daß durch seine Beauftragung eine Anzeigepflicht entfalle, so ist er sogar als Begehungstäter der betreffenden Katalogtat strafbar, wenn die anzeigepflichtige Katalogtat auch ausgeführt w i r d . 1 1 6 112

Vgl. zu den einzelnen Einschränkungen insbesondere LK/Hanack und Schwarz, S. 68ff.

§ 138 Rdn. 36

113

So ausdrücklich LK/Hanack § 138 Rdn. 36; S/S-Cramer § 138 Rdn. 13; SK/Rudolphi § 138 Rdn. 17; vgl. in diesem Sinne auch Lackner/Kühl § 138 Rdn. 5. 114

LK/Hanack § 138 Rdn. 33; S¥JRudolphi § 138 Rdn. 17; Schwarz, S. 69.

115

Dreher/Tröndle

116

LK/Hanack § 138 Rdn. 72; SK/Rudolphi

§ 138 Rdn. 10. § 138 Rdn. 33.

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

292

Als Ergebnis läßt sich feststellen, daß § 138 StGB klarstellt, daß im Bereich der Katalogtaten ein Ermittlungsvorrang staatlicher Strafverfolgungsorgane besteht, wofür auch die systematische Stellung des § 138 StGB i m siebenten Abschnitt des Strafgesetzbuches „Straftaten gegen die öffentliche Ordnung" spricht. Diese Erkenntnis ist aber nicht gleichbedeutend damit, daß eine Ermittlung Privater im Zusammenhang mit Katalogtaten auch zu einer Strafbarkeit nach § 138 StGB führen muß.

2. Straflosigkeitsregel des § 139 StGB Eine Straflosigkeit des Anzeigepflichtigen kommt insbesondere nach § 1 3 9 StGB in Betracht. Detektive sind allerdings nicht schon aufgrund ihres Berufes von der Anzeigepflicht befreit, wie etwa Geistliche (§ 139 Abs. 2 StGB) und unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsanwälte, Verteidiger oder Ärzte (§ 139 Abs. 3 Satz 2 StGB). Ihre Anzeigepflicht entfällt auch dann nicht, wenn sie als Helfer für einen Rechtsanwalt tätig werden. 1 1 7 Eine Straffreiheit 118 kommt aber nach § 139 Abs. 4 StGB in Betracht, wenn der Anzeigepflichtige den Erfolg der Tat anders als durch Anzeige abwendet (Satz 1) oder wenn die Ausführung oder der Erfolg der Tat ohne sein Zutun unterbleibt, er sich aber ernsthaft bemüht hat, den Erfolg abzuwenden (Satz 2). Es sind also mehrere Fallkonstellationen denkbar, in denen Privatdetektive im Zusammenhang mit einer Katalogtat, von der die Strafverfolgungsbehörden keine Kenntnis haben, ermitteln und straflos bleiben: Die Ermittlungen bewegen sich in dem Zeitraum, in dem noch eine rechtzeitige Anzeige möglich ist und der Detektiv w i l l die erforderliche Anzeige auch vornehmen. Der Detektiv wendet die Ausführung oder den Erfolg der Tat anders als durch Anzeige ab (§ 139 Abs. 4 Satz 1 StGB). Der Detektiv bemüht sich um die Abwendung des Erfolges und die Ausführung oder der Erfolg der Tat unterbleiben ohne sein Zutun (§ 139 Abs. 4 Satz 2 StGB).

117 1,8

Vgl. Lackner/Kühl

§ 139 Rdn. 2.

Dabei soll nach einer Ansicht bereits die Tatbestandsmäßigkeit des § 138 StGB entfallen (S/S-Cramer § 139 Rdn. 6; SK/Rudolphi § 138 Rdn. Rdn. 20 und § 139 Rdn. 16; Schwarz, S. 153), während die Gegenansicht § 139 Abs. 4 StGB als persönlichen Strafaufhebungsgrund ansieht (Lackner/Kühl § 139 Rdn. 4; LK/Hanack § 139 Rdn. 37).

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293

Von Strafe abgesehen werden kann, wenn die Katalogtaten des § 138 Abs. 1 StGB nicht versucht worden sind (§ 139 Abs. 1 StGB). Strafbar macht sich der Detektiv dagegen immer, wenn der Erfolg der geplanten Tat eintritt. Der Detektiv trägt also das Risiko des Gelingens seiner Abwehrbemühungen. 119 Das Fehlschlagen dieser Abwehrbemühungen wird dabei regelmäßig als leichtfertige Anzeigeunterlassung gemäß § 138 Abs. 3 StGB zu bestrafen sein. 1 2 0

V I I . Falsche Verdächtigung (§ 164 StGB) Dem Straftatbestand der falschen Verdächtigung gemäß § 164 StGB kommt i m Zusammenhang mit der Tätigkeit von Kaufhausdetektiven besondere Bedeutung zu. Das sogenannte Fangprämiensystem verschiedener Kaufhäuser schafft für die nur selten einen ausreichenden Grundlohn erhaltenden Kaufhausdetektive eine Versuchungssituation, dem hohen Erfolgsdruck durch unlautere Methoden gerecht zu werden. 121 Ein solcher Erfolgsdruck entsteht ebenfalls, wenn Warenhäuser ihren Detektiven eine sogenannte Warenwert-Beteiligung statt eines festen Gehaltes anbieten, bei der der Detektiv einen vertraglich vereinbarten Prozentsatz des Preises jener Ware erhält, mit der er einen Ladendieb erwischt. 1 2 2 Solche Methoden kön-

119

Vgl. LK/Hanack § 139 Rdn. 32; S/S-Cramer

120

So auch LK/Hanack § 139 Rdn. 33; Schwarz, S. 150 (Fn. 7).

§ 139 Rdn. 6.

121

In einem Bericht unter dem Titel „Komplott gegen die Kunden" behauptet Der Spiegel: „ U m Fangprämien zu kassieren, beschuldigen Detektive unschuldige Kunden des Ladendiebstahls oder des Betruges. Als Privatpolizisten sind auch vorbestrafte Betrüger, Erpresser und sogar Haft-Freigänger im Einsatz, oftmals auch noch mit Waffen ausgerüstet. „Einkaufen", urteilt ein Experte, „ist eine gefährliche Sache", Der Spiegel Heft Nr. 36 vom 02.09.1991, S. 96. Kritik gegen das Fangprämiensystem kommt allerdings auch aus der Detektivbranche selbst; vgl. Scheffler, S. 76; Deichert, ZAD-Studie „Ladendiebstahl", S. 12; kritisch ebenfalls Wirsching, Bd. 2, S. 375. Nach OLG Frankfurt, NJW-RR 1989, S. 794 (796) -Urteil vom 27.10.1988- 1 U 171/87 ist es „eine durchaus sinnvolle Maßnahme um Übergriffe bei der Detektivarbeit zu vermeiden, daß keine sogenannten Fangprämien vereinbart werden." 122

Der Spiegel Heft Nr. 36 vom 02.09.1991, S. 96 (99); vgl. auch die Fallschilderung bei Schulz, Detektiv-Kurier September 1991, S. 1 (2f.), nach der in einem Arbeitsvertrag eine Kündigungsmöglichkeit für den Fall vorgesehen war, in dem der Kaufhausdetektiv

294

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

nen sich d i e Warenhäuser deshalb leisten, w e i l a u f d e m M a r k t e i n entsprechendes A n g e b o t an K a u f h a u s d e t e k t i v e n b e s t e h t . 1 2 3 D e r

geschilderte

E r f o l g s d r u c k hat z u P r a k t i k e n geführt, b e i denen ahnungslosen K u n d e n Waren oder seitens der D e t e k t i v e falsch ausgezeichnete A r t i k e l zugesteckt w u r d e n , u m die für die Ergreifung der „ T ä t e r " ausgelobte Prämie kassieren z u k ö n n e n . 1 2 4 I n diesen F ä l l e n liegt eine Verdächtigung i m Sinne des § 164 A b s . 1 S t G B vor, denn diese k a n n gleichermaßen d u r c h Äußerungen als a u c h d u r c h schlüssige H a n d l u n g e n e r f o l g e n . A l s B e i s p i e l w i r d i n der L i t e r a t u r auch ausdrücklich das B e i s p i e l des Einschmuggeins v o n Diebesgut i n die W o h n u n g eines anderen v o r einer p o l i z e i l i c h e r D u r c h s u c h u n g gen a n n t . 1 2 5 Das Schaffen falscher Beweislagen, w i e e t w a d u r c h das Zustecken absichtlich falsch ausgezeichneter Waren, ist also als geradezu klassischer F a l l einer Verdächtigung d u r c h schlüssiges H a n d e l n anzusehen. § 164 A b s . 1 S t G B setzt des weiteren voraus, daß die Verdächtigung o b j e k t i v u n w a h r ist. D i e Verdächtigung ist nach der Rechtsprechung nur dann unwahr, w e n n i h r Gegenstand zumindest i n e i n e m wesentlichen Punkt

innerhalb einer Woche keinen Ladendieb erwischt hat. Als Entgelt erhielt der betreffende Detektiv 1.000 D M monatlich und für jeden gestellten Dieb weitere 50 DM. 123

Vgl. Wirsching,

Bd. 2, S. 272.

124

Vgl. dazu Der Spiegel Heft Nr. 36 vom 02.09.1991, S. 96ff., in dessen Bericht davon ausgegangen wird, daß dieses sogenannte „Diebe-Machen" (Branchenjargon) eine weit verbreitete Erscheinung ist. In der Branche gelte es längst als „offenes Geheimnis", daß solche Tricks gegen Kunden eingesetzt werden (S. 99). Vgl. des weiteren Wirsching, Bd.2, S. 247; Brinke, Detektiv-Kurier Februar 1995, S. 26; „auf einen Blick" Nr. 40/1991, S. 3: „In wie vielen der knapp 460.000 Fällen von Ladendiebstahl, die im vergangenen Jahr in der Kriminalstatistik der alten Bundesländer erfaßt wurden, Detektive unschuldige Kaufhaus-Kunden zu Langfingern gemacht haben, weiß niemand. Manche Experten schätzen diesen Anteil jedoch auf mehr als zehn Prozent." Von solchen Fällen wird aber auch außerhalb der Bekämpfung des Ladendiebstahls berichtet. So hat ein Geschäftsführer eines Verbrauchermarktes zwei Frankfurter Privatdetektiven den Auftrag erteilt, einen unbequemen Betriebsratsvorsitzenden aus der Firma zu entfernen. Zu diesem Zweck versahen die beiden Detektive eine Tasche, in der sich zehn Ampullen Morphium und eine Pistole befanden, mit dem Namen des Betriebsrats Vorsitzenden und deponierten sie in einem Schließfach. Anschließend verständigten sie die Kriminalpolizei; vgl. die Fallschilderungen in: FAZ (Rhein-Main-Ausgabe) vom 14.10.1978, S. 50; FAZ vom 18.10.1978, S. 8; FR vom 18.10.1978, S. 15. 125

Dreher/Tröndle § 164 Rdn. 4; weitere Beispiele zu der sogenannten „isolierten Beweismittelfiktion" bei Geilen, Jura 1984, S. 251 (253f.).

. t r e c h t l i c h e r Rahmen

295

nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt und der Beschuldigte die ihm angelastete Tat nicht begangen hat. Demzufolge erfüllt derjenige, der der Wahrheit zuwider behauptet, den Beschuldigten bei der Tat beobachtet zu haben, oder wer sonst falsche Beweismittel für die rechtswidrige Tat eines anderen vorbringt, den Tatbestand der falschen Verdächtigung nach der Rechtsprechung nicht, wenn der Verdächtigte die betreffende Tat wirklich begangen hat. 1 2 6 Detektive, die Beweismittel zur Überführung von zu recht beschuldigter Personen fälschen, machen sich also nach der Rechtsprechung nicht gemäß § 164 StGB strafbar. Als Adressat der falschen Verdächtigung kommen nach § 164 StGB nicht nur die aufgezählten amtlichen Stellen, sondern auch die Öffentlichkeit in Betracht. Verdächtigt ein Kaufhausdetektiv aufgrund der von ihm vorgenommenen Manipulationen einen Kunden in einer Art und Weise, in der es etwa weiteren Kunden bekannt wird (auffälliges Abführen, lautes Ansprechen), so erfüllt dies den Tatbestand des § 164 Abs. 1 StGB, ohne daß eine weitere Anzeige gegenüber der Behörde vorliegen muß. Der Straftatbestand der falschen Verdächtigung ist dagegen nicht erfüllt bei einer irrtümlichen Anzeige bei einer zuständigen Stelle, die etwa aufgrund fehlerhafter Ermittlungen von Detektiven zustande kommen kann, da § 164 StGB ein Handeln wider besseres Wissen voraussetzt.

V I I I . Beleidigungstatbestände (§§ 185ff. StGB) Rechtliche Grenzen speziell für die Auskunftserteilung bzw. Berichterstattung von Auskunftsunternehmen bilden die Beleidigungstatbestände des vierzehnten Abschnitts des Strafgesetzbuches, insbesondere die Beleidigung

12

* BGHSt 35, S. 50 (52ff.) -Beschluß vom 01.09.1987- 5 StR 240/86; OLG Köln, NJW 1952, S. 117 -Urteil vom 09.11.1951- Ss 194/51; Dreher/Tröndle § 164 Rdn. 6; Wessels, BT 1, § 1612 c; dagegen aber ein Großteil der Rechtslehre: LK/Herdegen § 164 Rdn. 10; SK/Rudolphi § 164 Rdnrn. 16f.; sowie Deutscher, JuS 1988, S. 526 („Der Beschluß des Bundesgerichtshofes ist das vorläufig letzte Glied einer Kette höchstrichterlicher Entscheidungen, welche den strafrechtlichen Freiraum von Ladendetektiven nicht unbeträchtlich ausgedehnt haben.") und Fezer, NStZ 1988, S. 177f. in ablehnenden Anmerkungen zu BGHSt 35, S. 50; aber auch OLG Hamburg, StrV 1986, S. 343 (344) Urteil vom 17.04.1986-1 Ss 130/85 (Vorlageentscheidung gemäß § 121 Abs. 2 GVG aufgrund der Abweichung vom Urteil des OLG Köln).

296

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

(§ 185 StGB), die üble Nachrede (§ 186 StGB) und die Verleumdung (§ 187 StGB). Bereits die Behauptung gegenüber einer Person, daß sie einer Straftat verdächtig sei, kann den Tatbestand der Beleidigung erfüllen. Erfolgt diese Äußerung gegenüber einem Dritten und ist sie geeignet die Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, erfüllt die Äußerung bei Nichterweislichkeit der Wahrheit dieser Tatsache den Tatbestand der üblen Nachrede. Wird diese Äußerung auch noch wider besseres Wissen behauptet oder verbreitet, kann eine Verleumdung nach § 187 StGB vorliegen. Obwohl die Auskunfteien nur Informationen weitergeben, ist an einer Täterschaft des Auskunfteipersonals bei Vorliegen beleidigender Äußerungen nicht zu zweifeln, denn es ist zu berücksichtigen, daß das Auskunfteipersonal aus der Fülle der recherchierten Informationen eine Auswahl trifft, die Behauptungen eigenverantwortlich formuliert und letztlich entscheidet, was i m Interesse des Kunden über den Beurteilten mitgeteilt wird. Dadurch ist das Auskunfteipersonal als Äußernder im Sinne der Beleidigungstatbestände anzusehen, auch wenn es die Wahrheit der weitergegebenen Behauptungen nicht überprüft hat. Auch der ausdrückliche oder konkludente Hinweis auf die in Anspruch genommene Informationsquelle hindert eine Anwendung etwa des § 186 StGB nicht, da die Gefährdung des Rufs des Beurteilten hierdurch nicht berührt w i r d . 1 2 7

1. Beleidigung (§ 185 StGB) Eine Beleidigung kann auf verschiedene Art und Weise verwirklicht werden. In Betracht kommen Meinungsäußerungen, Werturteile, symbolische Handlungen, ehrkränkende Behandlungen, ehrverletzende körperberührende Handlungen, die Zumutung strafbarer oder unsittlicher Handlungen, das Vorhalten ehrenrühriger Tatsachen und die Fälle der Formalbeleidigungen i m Sinne des § 192 StGB. I m Hinblick auf beleidigende Werturteile oder Meinungsäußerungen sind die von Auskunfteien erteilten Auskünfte zu untersuchen. Dabei ist festzustellen, daß die Bedeutung des Beleidigungstatbestandes für die Praxis der Wirtschaftsauskunfteien keine allzu große Bedeutung hat, da die Kreditberichtspraxis in der Form zurückhaltend ist, eben um Strafbarkeitsrisiken zu

127

Vgl. PramU NJW 1976, S. 1967 (1969).

. t r e c h t l i c h e r Rahmen

297

vermeiden. 128 Allenfalls bei Wertungen der Auskunfteien in bezug auf Charaktereigenschaften und Leistungen des Beurteilten ist die Verwirklichung des Beleidigungstatbestandes denkbar. 129 I m übrigen gilt, daß das Äußern einer wahren Tatsache gegenüber dem Betroffenen nicht als Beleidigung im Sinne des § 185 StGB anzusehen ist, denn der Tatbestand der Beleidigung schützt nur den Achtungsanspruch i m Rahmen der verdienten Wertgeltung, so daß das Äußern einer - wenn auch mißliebigen - Wahrheit für sich genommen (abgesehen von den Fällen des § 1 9 2 StGB, in denen sich das Vorhandensein einer Beleidigung schon aus der Form der Behauptung oder Verbreitung oder aus den Umständen, unter denen die Beleidigung geschah, ergibt) keine Ehrkränkung oder Mißachtungskundgabe sein kann. 1 3 0 Zu der Fallgruppe der ehrkränkenden Behandlungen im Sinne des § 185 StGB gehört das körperliche Abtasten aufgrund eines fingierten Diebstahlsverdachtes. 131 Dieses Verhalten erfüllt den Qualifikationstatbestand der tätlichen Beleidigung. In der Literatur wird vertreten, daß auch das Observieren von Personen als ehrkränkende Behandlung im Sinne des § 185 StGB angesehen werden kann. 1 3 2 Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Bei allen Erscheinungsformen der Beleidigung ist nämlich an dem Kundgabeerfordernis der Belei128 Vgl. Mallmann, S. 88; Neumann, S. 103; Tiedemann/Sasse, S. 62; Raithel, Manager Magazin 1975, Heft 4, S. 52 (56); siehe dazu auch 1. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1983, S. 50: „Es hat sich sogar eine besondere Sprache herausgebildet, ähnlich wie bei Zeugnissen von Arbeitnehmern." 129 So auch Trettner (S. 70f.): „Die häufigsten Beleidigungen sind denn auch die Eigenbemerkungen der Auskunftei, die den Wert des Beauskunfteten ausdrücklich verneinen. So wird man regelmäßig die Bemerkung, der Beauskunftete sei ein schlechter Kaufmann oder Dilettant in seinem Fache, bei einem angesehenen und tüchtigen Kaufmann als Beleidigung anzusehen haben." 130

OLG Koblenz, M D R 1977, S. 864 -Urteil vom 23.12.1976- 1 Vs 2/76; SK/Rudolphi § 185 Rdn. 4; Wessels, BT 1, § 11 IV 2; Schmid, MDR 1981, S. 15f.; dagegen Härtung, NJW 1965, S. 1743ff.; WelzeU S. 310. 131

BGHSt 35, S. 76f. -Urteil vom 15.10.1987- 4 StR 420/87; Dreher/Tröndle § 185 Rdn. 12; vgl. im übrigen hinsichtlich der Beleidigung durch sexuelle Handlungen Dreher/Tröndle § 185 Rdn. 9a. 132

Bejahend F. Becker, S. 36; Kalleicher, S. 5 für die Kontrolle von Intimräumen, wie Toiletten und Umkleidekabinen.

298

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

dungsdelikte zu festzuhalten. 133 Bei der Observation fehlt es aber gerade an dieser Kundgabe, da es das Ziel des Observierenden ist, möglichst unentdeckt zu bleiben, und er verhindern will, daß andere von seiner Tätigkeit Kenntnis nehmen. 1 3 4 Das Observieren von Personen gehört somit nicht zu den ehrkränkenden Behandlungen i m Sinne des § 185 StGB.

2. Üble Nachrede (§ 186 StGB) Die üble Nachrede gemäß § 186 StGB könnte deshalb für Auskunfteien von Bedeutung sein, weil ein Behaupten oder Verbreiten im Sinne dieser Vorschrift nicht durch einschränkende Zusätze, wie die mitgeteilte Tatsache stelle nur die subjektive Meinung des Auskunftsgebers dar oder die Angabe, daß es sich um ein unbestätigtes oder sogar unglaubwürdiges Gerücht handele, ausgeschlossen w i r d . 1 3 5 Einschränkende Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist aber die Nichterweislichkeit der behaupteten Tatsache. Zudem wird das strafrechtliche Risiko der Auskunfteien in diesem Bereich auch deshalb als gering eingeschätzt, weil den Auskunfteien zumeist der Schutz des § 193 StGB (Wahrnehmung berechtigter Interessen) zugebilligt werde. 1 3 6 § 186 StGB kann durch Detektive bei einer öffentlichen Durchsuchung einer Person in einem Kaufhaus wegen Diebstahlsverdachts erfüllt sein. 1 3 7 Zu beachten ist insofern, daß in § 186 StGB die Nichterweislichkeit der Tatsache kein Tatbestandsmerkmal ist, sondern eine objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz des Täters nicht zu erstrecken braucht. 1 3 8 Das bedeutet für den geschilderten Fall der öffentlichen Durch-

133

Dreher/Tröndle

§ 185 Rdnrn. 9f.; Wessels, BT 1, § 10 I I 1.

134

So für die „Spanner"-Fälle: BayObLG, NJW 1962, S. 1782f. -Urteil vom 26.06.1962- 3 St 51/62; Dreher/Tröndle § 185 Rdn. 9; Wessels, BT 1, § 10 I I 1. 135

BGHSt 18, S. 182 (183) -Urteil vom 15.01.1963- 1 StR 478/62; Dreher/Tröndle § 186 Rdn. 6; Mallmann in: Simitis, BDSG, § 29 Rdn. 108; Tiedemann/Sasse, S. 63; so auch schon H. Schimmelpfeng, Handbuch, S. 375 (1922). 136

Mallmann in: Simitis, BDSG, § 29 Rdn. 108; Neumann, S. 103; Windolph, S. 64; vgl. dazu Kap. 5 B II. 137

OLG Hamm, NJW 1987, S. 1034 -Beschluß vom 30.06.1986- 4Ss 271/86; Dreher/Tröndle § 186 Rdn. 6. 138

BGHSt 11, S. 273 (274) -Beschluß vom 12.02.1958- 4 StR 189/57; Dreher/ Tröndle § 186 Rdn. 12; Wessels, BT 1, § 11 I I I 2; Tiedemann/Sasse, S. 63.

B. Strafrechtlicher Rahmen

299

suchung einer Person, daß, selbst wenn der Durchsuchende glaubt, nach der Überprüfung der Person den Nachweis einer Straftat führen zu können und folglich von der Erweisbarkeit der Tatsachenbehauptung ausgegangen sein mag, dies nicht die Verwirklichung des Tatbestandes der üblen Nachrede berührt. Der Täter kann sich aber durch den Wahrheitsbeweis vor Strafe bewahren.

3. Verleumdung (§ 187 StGB) Der Tatbestand der Verleumdung setzt ein Handeln wider besseres Wissen voraus und ist - über § 186 StGB hinaus - auch dann erfüllt, wenn die behauptete oder verbreitete Tatsache dazu geeignet ist, den Kredit des Betreffenden zu gefährden. Der Täter muß wider besseres Wissen handeln. Aus diesem Grunde hat das Delikt für die Tätigkeit der Auskunfteien so gut wie keine praktische Bedeutung, 139 denn eine inhaltlich falsche Auskunftserteilung kann nicht im Interesse einer Auskunftei liegen. Das gleiche gilt für die geschäftliche Verleumdung (§ 15 UWG), einem der Verleumdung vergleichbaren wettbewerbsrechtlichen Straftatbestand, der ebenfalls ein Handeln wider besseres Wissen voraussetzt. Das bei Kaufhausdetektiven festgestellte Fehlverhalten, ahnungslosen Kunden heimlich Waren zuzustecken, 140 kann aber neben der falschen Verdächtigung nach § 164 StGB auch gemäß § 187 StGB strafbar sein.

IX. Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB) Strafrechtliche Grenzen der heimlichen Überwachung ziehen die Tatbestände zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimnisbereichs des fünfzehnten Abschnitts des Strafgesetzbuches. Einschlägig für die Tätigkeit von Detektiven sind § 201 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und § 201 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Nach § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB machen sich Detektive strafbar, wenn sie das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnehmen. Dieses Delikt ist etwa dann verwirklicht, wenn Detektive den

139

So auch Neumann, S. 104; Windolph

140

Vgl. Kap. 4 B VII.

f

S. 63.

300

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

Telefonverkehr einer Person überwachen und die Gespräche auf einen Tonträger aufnehmen. Wird dieser Tonträger dann auch noch seitens des Detektivs in Gebrauch genommen oder einem Dritten, beispielsweise dem Auftraggeber, zugänglich gemacht, so ist auch § 201 Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht. 1 4 1 § 201 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfaßt das Abhören des nicht zur Kenntnis des Betreffenden bestimmten nichtöffentlich gesprochenen Wortes eines anderen mit einem Abhörgerät. Abhörgeräte im Sinne des § 201 Abs. 2 StGB sind verbotene technische Vorrichtungen jeder Art, die das gesprochene Wort über dessen normalen Klangbereich hinaus durch Verstärkung oder Übertragung unmittelbar hörbar machen und nicht zur verkehrsüblichen Ausstattung gebräuchlicher Kommunikationsmittel gehören. 1 4 2 Darunter fallen etwa Stethoskope, Mikrosender (sogenannte „Minispione" oder „Wanzen") und verschiedene Mikrofonanlagen, wie etwa Richtmikrofone. 1 4 3 Das einfache Belauschen fremder Gespräche ohne Anwendung solcher Abhörgeräte, wie etwa das bloße „Ohr an der W a n d " 1 4 4 ist dagegen nicht strafbar. Erfolgt ein Einsatz von Abhörgeräten, die mit Tonaufnahmevorrichtungen gekoppelt sind, sind gleichzeitig § 201 Abs. 2 Nr. 1 und § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB verwirklicht.

141

Gerade bei diesem Delikt scheint es besonders an dem Unrechtsbewußtsein der Detektive zu fehlen. Dies zeigt das Beispiel eines Privatdetektivs, der von einem Frankfurter Schöffengericht zu einer Geldstrafe von 1.400.- verurteilt wurde, weil er ein vertrauliches Telefongespräch auf Tonband aufgenommen hatte, das er dann der Ehefrau seines Gesprächspartners vorspielte und für 150.- verkaufte. Der verurteilte Privatdetektiv zeigte sich überrascht, daß er sich strafbar gemacht hatte und behauptete: „Das machen doch alle Detektive so"; Fallschilderung bei Neumann, S. 75 Fn. 363. Vgl. auch Dessau, ZAD-Studie „Berufsrisiken und diesbezügliche Gesetze", S. 10: „ein für Detektive berufsspezifisches Delikt". Vgl. BGH, NJW 1982, S. 1397 (1398) -Urteil vom 17.02.1982- V I I I ZR 29/81; Dreher/Tröndle § 201 Rdn. 5; Wessels, BT 1, § 12 I I 5; dagegen bezieht Lenckner (S/S § 201 Rdn. 19) auch nicht verbotene Anlagen, wie beispielsweise die von der Post angebotenen Zusatzeinrichtungen, die das Mithören von Telefongesprächen ermöglichen (Zweithörer, Lautsprecher) in den Begriff des Abhörgerätes ein. 143 144

Vgl. LK/Träger

§ 201 Rdn. 20; SK/Samson § 201 Rdn. 18; Wessels, BT 1, § 12 I I 5.

So ausdrücklich Dreher/Tröndle § 201 Rdn. 5 (46. Aufl.); ebenso im Ergebnis: Dreher/Tröndle § 201 Rdn. 5 (47. Aufl.); Lackner/Kühl § 201 Rdn. 5; SK/Samson § 201 Rdn. 18; Wessels, BT 1, § 12 I I 5.

301

B. Strafrechtlicher Rahmen

X. Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 StGB) und Ausspähen von Daten (§ 202a StGB) Die Straftatbestände der Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 StGB) und des Ausspähens von Daten (§ 202a StGB) können im Rahmen detektivischer Beweisermittlungen verwirklicht werden. Nach § 202 Abs. 1 StGB ist das Öffnen eines verschlossenen Briefes oder eines anderen verschlossenen Schriftstücks und die Kenntnisverschaffung vom Inhalt eines Schriftstücks ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer Mittel strafbar. Als Beispiel für technische Hilfsmittel im Sinne der letztgenannten Tatbestandsalternative sind etwa Durchleuchtungseinrichtungen zu nennen.145 Gemäß § 202 Abs. 2 StGB macht sich strafbar, wer sich von Schriftstücken, die durch ein verschlossenes Behältnis gegen Kenntnisnahme besonders gesichert sind, Kenntnis verschafft, nachdem er dazu das Behältnis geöffnet hat. In Betracht kommen als Behältnisse im Sinne dieser Vorschrift etwa Kassetten mit Briefen oder Tagebuchaufzeichnungen, Dokumentenmappen, Schreibtische oder Aktenschränke. Dagegen sind Schriftstücke, die einem verschlossenen Raum offen aufbewahrt werden nicht geschützt.146 Durch das zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 147 wurde mit § 202a StGB ein neuer Straftatbestand in das Strafgesetzbuch eingefügt, durch den nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeicherte Daten umfassend gegen unbefugte Ausspähung geschützt werden sollen. Neben den beispielhaft in § 202a Abs. 2 StGB genannten elektronisch oder magnetisch fixierten Daten werden auch Daten auf technisch andersartigen Speichermedien, wie Tonbändern, Schallplatten oder Mikrofilmen vom Schutz dieser Vorschrift erfaßt. 148 Neben den gespeicherten Daten fallen auch im Übermittlungsstadium befindliche Daten in den Schutzbereich des § 202a StGB, womit das praktisch bedeutsame „Anzapfen" von Datenübertragungsleitungen im Bereich datenfernverarbeitender Systeme einbe-

145

Dreher/Tröndle § 202 Rdn. 9; Lackner/Kühl 19; S/S-Lenckner § 202 Rdn. 10. 146 14

LK/Träger

§ 202 Rdn. 4; LK/Träger

§ 202 Rdn. 16; S/S-Lenckner § 202 Rdn. 18.

? BGBl 1986 I S . 721.

148

Dreher/Tröndle

§ 202a Rdn. 4; Lackner/Kühl

§ 202a Rdn. 2.

§ 202 Rdn.

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

302

zogen wird. 149 Als Maßnahmen zur besonderen Sicherung der Daten gegen unberechtigten Zugang kommen neben verschlossenen Behältnissen (Kassetten für Magnetbänder) und mechanischen Schließeinrichtungen (Schlösser an Computeranlagen) auch systemimmanente Vorkehrungen (Paßwörter, Kopierschutz, Fingerabdruck- und Stimmerkennungsgeräte) in Betracht. 150

XI. Körperverletzung (§ 223 StGB) Körperverletzungen können im Zusammenhang mit detektivischer Tätigkeit vor allem bei vorläufigen Festnahmen durch Kaufhausdetektive in Betracht kommen. Dies ist in erster Linie der Fall, wenn Kaufhausdetektive irrtumsbedingt Notrechte in Anspruch nehmen oder die rechtlichen Grenzen der ihnen dem Grunde nach zustehenden Notrechte überschreiten. Die rechtlichen Probleme liegen also nicht in der Verwirklichung des Tatbestandes einer Körperverletzung, sondern regelmäßig in der Überschreitung der Notrechtsbefugnisse. Die Erörterung dieser Probleme erfolgt deshalb im Zusammenhang mit der irrtumsbedingten Inanspruchnahme von Notrechten 151 und den einzelnen Notrechtsbefugnissen. 152

X I I . Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) Das Risiko, sich nach § 239 StGB strafbar zu machen, besteht für Kaufhausdetektive, wenn diese vorläufige Festnahmen durchführen. Der Tatbestand der Freiheitsberaubung ist bei einer Überschreitung der erforderlichen Zeitdauer der Festnahme und bei einer unberechtigten vorläufigen Festnahme erfüllt. § 239 StGB setzt voraus, daß ein Mensch eingesperrt oder auf andere Weise des Gebrauchs der persönlichen Freiheit beraubt wird. Beispiele sind das Einsperren in einem Raum, 153 die Veranlassung einer Verhaftung durch 14

*

Lackner/Kühl

§ 202a Rdn. 2; S/S-Lenckner § 202a Rdn. 4.

150

Lackner/Kühl § 202a Rdn. 4; zu den systemimmanenten Schutzvorkehrungen vgl. von Gravenreuth, NStZ 1989, S. 201 (206). 151

Kap. 4 B II.

152

Kap. 5 C II, III.

153

Dazu Dreher/Tröndle

§ 239 Rdn. 2; LK/Schäfer

§ 239 Rdn. 16.

303

B. Strafrechtlicher Rahmen

eine unwahre Anzeige 154 sowie das Festhalten und Anlegen von Handschellen.155 § 239 StGB wird durch diese Tatmodalitäten aber nur bei fehlendem Einverständnis des Betroffenen erfüllt, weil die Tatbestandsmerkmale des Einsperrens und Beraubens ein Handeln gegen oder ohne den Willen des Betroffenen erfordern. 156 Konsequenzen für eine mögliche Strafbarkeit von Kaufhausdetektiven hat die Einordnung des Merkmals „widerrechtlich" als Hinweis auf das allgemeine Verbrechensmerkmal der Rechtswidrigkeit und nicht als Tatbestandsmerkmal.157 Daraus folgt, daß bei irriger Annahme von Umständen, die dem Täter ein Recht zum Eingreifen in die Freiheit des anderen geben würden, dieser Irrtum (Erlaubnistatbestandsirrtum) dem Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB rechtlich gleichsteht, so daß er keine Freiheitsberaubung begeht. Insoweit ergeben sich keine ergebnisrelevanten Unterschiede durch die Einordnung des Merkmals „widerrechtlich" als allgemeines Verbrechensmerkmal und nicht als Tatbestandsmerkmal. Nimmt der Täter dagegen irrtümlich Tatumstände an, die ihm nach der Rechtsordnung kein Recht zum Eingreifen gewähren, so liegt, da „widerrechtlich" nur als Hinweis auf das allgemeine Verbrechensmerkmal der Rechtswidrigkeit verstanden wird, ein Verbotsirrtum vor. 158 Die Strafbarkeit entfällt demnach gemäß § 17 StGB nur bei Unvermeidbarkeit des Irrtums. Wäre „widerrechtlich" dagegen Tatbestandsmerkmal würde eine Strafbarkeit mangels Vorsatzes entfallen. Wenn demnach ein Kaufhausdetektiv eine fälschlicherweise verdächtigte Person vorläufig festnimmt, so bleibt er gemäß § 127 Abs. 1 StPO, § 16 StGB straflos. Überschreitet er dabei aber die erforderliche Zeitdauer der Festnahme, weil er den Umfang der Befugnis des Festnahmerechtes

154

BGHSt 3, S. 4 (5) -Urteil vom 10.06.1952- 1 StR 837/51; Wessels, BT 1, § 8 II 2.

155 vgl. Wessels, BT 1, § 8 I I 2; Mahlberg, S. 206; vgl. zu den von Kaufhausdetektiven tatsächlich verwirklichten Freiheitsberaubungen Wirsching, Bd. 2, S. 239; Der Spiegel Heft Nr. 36 vom 02.09.1991, S. 96 (99). 156

Lackner/Kühl § 239 Rdn. 5; LK/Schäfer SK/Horn § 239 Rdn. 9; Wessels, BT 1, § 8 II 2.

§ 239 Rdn. 26; S/S-Eser

§ 239 Rdn. 8;

M BGHSt 3, S. 357 (364f.) -Urteil vom 19.12.1952- 1 StR 2/52; LK/Schäfer Rdnrn. 23, 30; Wessels, BT 1, § 8 I I 2.

§ 239

"8 BGHSt 3, S. 271; 3, S. 357 (364f.) -Urteil vom 19.12.1952- 1 StR 2/52; Dreher/Tröndle § 239 Rdn. 7; vgl. zu der rechtlichen Behandlung von Erlaubnistatbestandsirrtum und Verbotsirrtum auch Kap. B II.

304

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

nach § 127 StPO verkennt, kommt es für die Strafbarkeit des Irrtums auf die Unvermeidbarkeit des Irrtums an. Im Rahmen der Tätigkeit von Privat- und Wirtschaftsdetektiven kann § 239 StGB schließlich ferner erfüllt sein, wenn Detektive Suchpersonen gegen deren Willen an den den Suchauftrag erteilenden Auftraggeber übergeben.

X I I I . Nötigung (§ 240 StGB) und Erpressung (§ 253 StGB) Praktische Relevanz - wiederum insbesondere für Kaufhausdetektive haben die Tatbestände der Nötigung (§ 240 StGB) und der Erpressung (§ 253 StGB). 159 Eine diesbezügliche Strafbarkeit kommt etwa in Betracht, wenn ein überführter Ladendieb mittels der Drohung mit einer Strafanzeige zur Zahlung von Geldbußen, Fangprämien oder Aufwandserstattungen veranlaßt wird. Gerade in solchen Fällen besteht für Detektive eine besondere Versuchungssituation, ihre gewonnene Machtposition zu rechtswidrigen Zwecken auszunutzen. Neben den Fällen der Veranlassung zur Zahlung bestimmter Geldbeträge sorgen auch immer wieder Fälle sexueller Nötigung durch Kaufhausdetektive für Aufsehen. 160 Als Beispiel für Erpressungen können die Fälle genannt werden, in denen Privatdetektive ihre Auftraggeber damit erpressen, daß sie ihr ermitteltes Material an den Kontrahenten weitergeben, falls keine höheren Zahlungen erfolgen.

159

Fallbeispiel in: Die Zeit vom 08.10.1993, S. 78: Nötigung eines ertappten Ladendiebes, der von Beruf Wohnungsmakler ist, durch einen Kaufhausdetektiv, der als Gegenleistung für das Absehen von einer Strafanzeige die Beschaffung einer Wohnung verlangte. Vgl. zu Fallbeispielen BGHSt 31, S. 195ff. -Beschluß vom 13.01.1983- 1 StR 737/81; Wirsching, Bd. 2, S. 240; Der Spiegel Heft Nr. 36 vom 02.09.1991, S. 96 (99); Detektiv-Kurier Mai 1994, S. 9. Berücksichtigung haben diese Fälle etwa auch in der Fachlichen Weisung der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft - Amt für Wirtschaft - an die Bezirksämter W/G Nr. 2/80 vom 26.03.1980 (Betreff: Auskunfteien und Detekteien), Nr. 64 gefunden. Danach zählen zu den Straftaten, die eine Untersagung nach § 35 GewO rechtfertigen, auch Erpressung und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.

B. Strafrechtlicher Rahmen

305

1. Nötigung (§ 240 StGB) § 240 StGB nennt als Nötigungsmittel Gewalt und Drohung mit einem empfindlichen Übel. Die Tatmodalität der Drohung mit einem empfindlichen Übel kann auch in der Ankündigung einer Strafanzeige liegen.161 Da es sich bei der Erstattung der Anzeige aber um ein prinzipiell erlaubtes Tun handelt, kommt es für die Frage der Strafbarkeit entscheidend darauf an, ob die Drohung mit der Anzeige zu dem angestrebten Zweck als verwerflich im Sinne des § 240 Abs. 2 StGB anzusehen ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Sachverhalt, aus dem das Recht zur Strafanzeige hergeleitet wird, mit dem durch die Drohung verfolgten Zweck keinen inneren Zusammenhang aufweist. Ein solcher innerer Zusammenhang zwischen der anzuzeigenden Straftat und dem empfindlichen Übel fehlt in den Fällen, in denen überführte Ladendiebinnen mit der Drohung einer Strafanzeige zu sexuellen Handlungen genötigt werden. Hier liegt regelmäßig die von § 240 Abs. 2 StGB geforderte Verwerflichkeit vor. Gleiches gilt, wenn Kaufhausdetektive das Absehen von einer Strafanzeige davon abhängig machen, daß sich der überführte Ladendieb körperlich untersuchen läßt. Die Straftatbestände der Nötigung und Erpressung haben für die auskunfteitypische Tätigkeit dagegen keine praktische Relevanz. Sie können allenfalls in Zusammenhang mit der Nebentätigkeit des Mahn- und Inkassowesens Bedeutung erlangen, soweit die Grenzen der Druckausübung bei der Androhung der Eintragung in eine Liste böswilliger Schuldner überschritten werden. 162 Noch nicht das Verdikt der Verwerflichkeit nach § 240 Abs. 2 StGB erreicht etwa die Drohung, bei Nichtzahlung eine Eintragung in eine Schuldnerliste vorzunehmen,163 wohl aber, wenn die zugrundeliegende Forderung zweifelhaft ist. 164

161

BGHSt 5, S. 254 (256ff.) -Urteil vom 19.11.1953- 3 StR 17/53; Dreher/Tröndle § 240 Rdn. 17; Lackner/Kühl § 240 Rdn. 13; Wessels, BT 1, § 8 I I I 3, 6; dagegen Horn, NStZ 1983, S. 497 (498f.), nach dem eine Empfindlichkeit des Übels dann nicht vorliegt, wenn die Zufügung des Übels erlaubt ist. 162

Tiedemann/Sasse,

163

Dreher/Tröndle

S. 66.

§ 240 Rdn. 29.

164 OLG Koblenz, JR 1976, S. 69 (70) -Urteil vom 07.05.1975- 1 Ss 55/75; Dreher/Tröndle § 240 Rdn. 29.

20 Peilert

306

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

2. Erpressung (§ 253 StGB) Der Tatbestand der Erpressung, als das gegenüber der Nötigung speziellere Delikt, kommt in Betracht, wenn sich das abgenötigte Verhalten als Vermögensverfügung darstellt und der Täter in Bereicherungsabsicht handelt. 165 Ob das Verhalten im Einzelfall rechtswidrig im Sinne des § 253 Abs. 2 StGB ist, hängt entscheidend von dem abgenötigten Verhalten ab. So ist die Nötigung durch Kaufhausdetektive, eine „Geldbuße" zu zahlen, die keinerlei Bezug zu einer Schadenswiedergutmachung aufweist, als verwerflich im Sinne des § 253 Abs. 2 StGB anzusehen.166 Eine solche Geldbuße ist von ihrer Intention her der dem Staat vorbehaltenen Kriminalstrafe verwandter als der im privaten Rechtsverkehr zulässigen Schadenswiedergutmachung. Ein Kaufhausdetektiv, der die Nichterstattung einer Strafanzeige von der Zahlung einer solchen Geldbuße abhängig macht, macht sich demnach wegen Erpressung strafbar. Noch eindeutiger fällt die Bejahung der Verwerflichkeit in den Fällen aus, in denen der Detektiv für die Nichtanzeige ein Schweigegeld fordert, denn hier liegt eine noch „entferntere Verwandtschaft" zu einer prinzipiell zulässigen Schadenswiedergutmachung vor. Allerdings ist auch der Umfang einer solchen prinzipiell zulässigen Schadenswiedergutmachung begrenzt. So können Aufwandsentschädigungen für den bloßen Zeitaufwand des Personals bei der Ergreifung eines Ladendiebes und bei der Feststellung seiner Personalien nicht verlangt werden. 167 Glaubt der Täter einen Anspruch auf die Aufwandsentschädigung zu haben, entfällt sein Vorsatz. 168 Da die Absicht unrechtmäßiger Bereicherung fehlt, kommt allenfalls anstelle der Erpressung nach § 253 StGB eine Strafbarkeit wegen Nötigung nach § 240 StGB in Betracht, bei der aber die Verwerflichkeit im Sinne des Abs. 2 kaum vorliegen wird. 165

Beispiele, in denen sich Detektive gemäß § 253 StGB strafbar gemacht haben, sind Dessau, Dokumentation, S. 3; Juknat, PFA II, S. 253 (282); Detektiv-Kurier Dezember 1991, S. 8; Detektiv-Kurier Februar 1991, S. 7; Der Spiegel Heft Nr. 36 vom 02.09.1991, S. 96 (99) zu entnehmen. 166

Droste, S. 71; Mahlberg, S. 205f.

167

BGHZ 75, S. 230 (23Iff.) -Urteil vom 06.11.1979- V I ZR 254/77; OLG Koblenz, JR 1976, S. 69 (70) -Urteil vom 07.05.1975- 1 Ss 55/75; vgl. dazu auch Kap. 4 C VII. 168

Vgl. Dreher/Tröndle 20 und § 263 Rdn. 287.

§ 240 Rdn. 29 und § 253 Rdn. 14; LK/Lackner

§ 253 Rdn.

B. Strafrechtlicher Rahmen

307

Die Drohung mit einer Strafanzeige ist aber dann zulässig, wenn dadurch der Geschädigte den Täter einer strafbaren Handlung zur Erfüllung begründeter Schadensersatzansprüche veranlassen will. 1 6 9 Handelt es sich jedoch um eine dem Grunde nach in Rechtsprechung und Rechtslehre umstrittene Schadenersatzforderung, dann ist die Drohung mit einer Strafanzeige kein zulässiges Mittel zur Durchsetzung dieser Forderungen mehr. 170 Anderenfalls würden durch die strafrechtliche Rechtsprechung die engeren zivilrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen unterlaufen und damit einer Selbstjustiz Vorschub geleistet. So ist auch eine vor dem Diebstahl ausgesetzte Fangprämie vom Warendieb gegenüber dem Kaufhausdetektiv 171 nicht zu erstatten, so daß die Androhung der Erstattung einer Anzeige bei der Polizei im Falle der nicht sofortigen Zahlung der Fangprämie gegenüber einem entdeckten Ladendieb eine Erpressung bzw. Nötigung darstellen kann. § 253 StGB ist dagegen unproblematisch verwirklicht in den Fällen, in denen Detektive ihren Auftraggebern höhere „Honorarleistungen" unter der Drohung abpressen, im Weigerungsfalle die ermittelten Erkenntnisse möglichen Kontrahenten weiterzugeben. Macht der Detektiv in solchen Fällen seine Drohung wahr, hat er sich aber nicht gleichzeitig wegen Parteiverrats gemäß § 356 StGB strafbar gemacht, denn ein Detektiv ist kein Rechtsbeistand im Sinne dieser Vorschrift. 172 Sofern der Detektiv im konkreten Fall von einem Rechtsanwalt beauftragt worden ist, kommt aber eine Strafbarkeit wegen Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 StGB in Betracht. Zwar sind Detektive keine originären Geheimnisträger im Sinne des § 203 Abs. 1 StGB, sie fallen aber als berufsmäßig tätige Gehilfen nach § 203 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 StGB unter diese Strafvorschrift. 173 169

BGHSt 5, S. 254 (258) -Urteil vom 19.11.1953- 3 StR 17/53; LK/Schäfer Rdn. 76.

§ 240

™ OLG Koblenz, JR 1976, S. 69 (70) -Urteil vom 07.05.1975- 1 Ss 55/75. 171

Anders der Bundesgerichtshof für Verkaufspersonal; vgl. Kap. 4 C VII.

172

Die Begriffsbestimmung von „Rechtsbeistand" ist im einzelnen umstritten; verlangt wird aber überwiegend eine amtliche Zulassung zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten {Lackner/Kühl § 356 Rdn. 2; S/S-Cramer § 356 Rdn. 7), so daß Detektive nicht als Rechtsbeistand anzusehen sind. Ausdrücklich für die Ausklammerung der Detektive aus § 356 StGB: Hagemann, Handwörterbuch der Kriminologie, S. 227 (235f.); anders dagegen Dessau, Privatdetektive S. 8; Kocks, ZAD-Studie „Organisation der Verwaltungstätigkeiten und Arbeitsabläufe im Detektivbüro", S. 3. 173

So auch Krey, Problematik privater Ermittlungen, S. 71; vgl. dazu Kap. 4 B XX.

308

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

XIV. Betrug (§ 263 StGB) Handlungen von Detektiven, die den Tatbestand des Betruges erfüllen, lassen sich sowohl gegenüber den Auftraggebern als auch Dritten feststellen. Ein Betrug gegenüber dem Auftraggeber liegt etwa vor, wenn Detektive ihre Zielperson bei einem Observationsauftrag verlieren, über einen bestimmten Zeitraum also die Zielperson nicht beobachten können und dennoch unter entsprechender „Frisierung" des Observationsberichtes das volle Honorar in Rechnung stellen.174 Wegen Betruges nach § 263 StGB machen sich Detektive auch strafbar, wenn sie ihren Auftraggebern wahrheitswidrig vorspiegeln, kurz vor dem Abschluß der Ermittlungen zu stehen, um die Auftraggeber zu weiteren Zahlungen zu veranlassen.175 Der Betrugstatbestand kann gegenüber Dritten beispielsweise dadurch verwirklicht werden, daß ein ertappter Ladendieb durch täuschende Angaben dazu veranlaßt wird, Geldzahlungen zu leisten, auf die seitens des Geschädigten keine zivilrechtlichen Ansprüche bestehen.176 Auch bei der Prüfung der Strafbarkeit des Betruges sind also die zivilrechtlichen Wertungen zu berücksichtigen. Demnach kann das Vorspiegeln, daß ein Anspruch auf Aufwandsentschädigung anerkannt und folglich zu zahlen sei, gemäß § 263 StGB strafbar sein, wenn sich der ertappte Ladendieb täuschen läßt und den geforderten Betrag bezahlt. Läßt sich der Ladendieb nicht täuschen, kommt eine Strafbarkeit wegen versuchten Betrugs in Betracht.

XV. Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) und Bestechung (§ 334 StGB) Praktische Bedeutung können die §§ 333, 334 StGB in Fällen erhalten, in denen Detektive versuchen, von Polizeibeamten und anderen Amtsträgern Informationen zu erhalten, die ihnen von Gesetzes wegen nicht zugänglich sind. Ein Beispiel kann etwa aus dem detektivischen Aufgabenbereich der Beweishilfe für Straf- und Zivilprozesse genannt werden: Insbesondere im 174

Diese Praxis wurde von der Stiftung Warentest in mehreren Fällen festgestellt; vgl. test 9/85, S. 795 (796). 175

Beispiele bei Langer, markt + Wirtschaft Nr. 8/1988, S. 24 (27).

176

Vgl. LK/Lackner § 263 Rdn. 282.

B. Strafrechtlicher Rahmen

309

Strafverfahren kommt es häufig vor, daß der Angeklagte vorträgt, ein bestimmter Zeuge sage bewußt die Unwahrheit. In einem solchen Fall kann der Rechtsanwalt den Detektiv damit beauftragen, herauszufinden, ob der betreffende Zeuge schon wegen Aussagedelikten vorbestraft ist. Beschafft der Detektiv daraufhin eine unbeschränkte Registerauskunft, möglicherweise noch mit Aktenzeichen des Ermittlungsverfahrens, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß er diese Auskunft illegal erhalten hat, weil das Bundeszentralregistergesetz eine legale Möglichkeit, eine solche Auskunft zu erhalten für Unbeteiligte nicht kennt. 177 Ob eine Vorteilsgewährung oder eine Bestechung (Qualifikation) vorliegt, hängt davon ab, ob es sich um eine künftig vorzunehmende, im Ermessen des Betreffenden stehende Diensthandlung (dann Vorteilsgewährung) oder eine bereits vorgenommene oder noch vorzunehmende dienstpflichtwidrige Handlung handelt (dann Bestechung). Die §§ 333, 334 StGB bilden insofern auf Seiten des Vorteilsgebers das spiegelbildliche Gegenstück zu den §§ 331, 332 StGB. 178 Daraus ergibt sich, daß der Vorteilsgeber nur aus diesen Vorschriften und nicht etwa außerdem wegen Anstiftung oder Beihilfe zum Bestechungsdelikt des Amtsträgers (§§ 331, 332 StGB) bestraft werden darf. 179 Eine Bestrafung als Teilnehmer kommt nur insofern in Betracht, als die Verletzung der Dienst- oder Amtspflicht bei § 334 StGB einen weiteren Straftatbestand, etwa § 203 StGB, verwirklicht. 180

X V I . Straftaten nach dem Gesetz über Fernmeldeanlagen Das stetige Fortschreiten der technischen Entwicklung bringt es mit sich, daß immer kleinere, aber hocheffiziente Abhörgeräte gebaut werden können. Damit steigt der praktische Nutzen für diejenigen, zu deren beruflichen 177

Auszuklammern ist etwa der eher unwahrscheinliche Fall einer entsprechenden Auskunft des Betreffenden an den Detektiv. Fallbeispiel bei Jungfer, StrV 1989, S. 495 (502); weitere Beispiele zu §§ 333, 334 StGB: Dessau, Dokumentation, S. 3f.; Jungfer, StrV 1989, S. 495 (502). Vgl. zum Bundeszentralregistergesetz Kap. 5 B V 13. 178

Dreher/Tröndle

179

S/S-Cramer

18

§ 333 Rdn. 1 und § 334 Rdn. 1; Wessels, BT 1, § 25 IV.

§ 334 Rdn. 16; Wessels, BT 1, § 25 IV.

Vgl. Dreher/Tröndle § 334 Rdn. 12; LK/Jescheck § 334 Rdn. 9; S/S-Cramer § 334 Rdn. 20; Wessels, BT 1, § 25 IV alle mit dem Ergebnis des Vorliegens von Idealkonkurrenz.

310

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätig werden

Aufgaben die Erlangung von nicht ohne weiteres erreichbaren Informationen gehört, nämlich die Detektive. Trotz der Strafbarkeit des Einsatzes von Abhörgeräten ist deren Verwendung offenbar branchenüblich. 181 Eine mögliche Strafbarkeit ergibt sich nicht nur aus § 201 StGB, sondern speziell aus dem Gesetz über Fernmeldeanlagen. Das Gesetz über Fernmeldeanlagen wurde durch das Gesetz zur Verhinderung des Mißbrauchs von Sendeanlagen vom 27.06.1986 erheblich verschärft, da zuvor der bloße Erwerb und Besitz von Geräten, die betriebsfertig von einem Händler oder Hersteller bezogen werden, nicht strafbar war. Zwar besteht die Vermutung, daß jemand, der Funkgeräte im Besitz hat, diese auch tatsächlich einsetzt, nachweisbar war dies aber angesichts der restriktiven Rechtsprechung nicht in jedem Fall. 182 Durch die Novellierung des Gesetzes über Fernmeldeanlagen soll nun die Grauzone dieser unerwünschten, aber bis zur Novellierung strafrechtlich nicht relevanten Aktivitäten im Zusammenhang mit Abhörgeräten beseitigt werden. 1. Unbefugtes Errichten oder Betreiben einer Fernmeldeanlage (§ 15 Abs. 1 FAG) Nach § 15 Abs. 1 FAG macht sich strafbar, wer entgegen den Vorschriften des Gesetzes über Fernmeldeanlagen eine Fernmeldeanlage errichtet oder betreibt. Beispiele für Fernmeldeanlagen sind etwa Mikrosender (die als „MiniSpione" oder „Wanzen" bekannten Kleinstabhörgeräte), 183 aber auch die 181

Neumann, S. 75 (Fn. 363); Dessau, Dokumentation, S. 25. Aufgrund des großen Nutzens, den der Einsatz von Abhöranlagen für Detektive bedeutet, wurde auch aus der Detektivbranche die Forderung nach deren Legalisierung erhoben; vgl. Wirsching, Bd. 2, S. 165. Vgl. zu Beispielsfällen: LG Coburg -Urteil vom 07.05.1980- KLs 1 Js 1905 a d/79, S. 5f. (unveröffentlicht); Der Spiegel, Heft Nr. 1 vom 04.01.1988, S. 50; Der Spiegel, Heft Nr. 46 vom 14.11.1988, S. 70 (76). 182

Erbs/Kohlhaas-Meyer § 5a Anm. 1; Aubert/Klingler, S. 211. Diese Strafbarkeitslücken wurden schon lange vorher erkannt, denn bereits im Jahr 1967 brachten die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD erstmals beim Deutschen Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Verhinderung des Mißbrauchs von Abhörgeräten ein (BTDrucks 5/1643). Zu weiteren Gesetzentwürfen vgl. Schilling, JZ 1980, S. 7ff. 183

Vgl. KG, JR 1977, S. 302f. -Urteil vom 25.11.1976- (2) Ss 327/76 (94/76); VGH Mannheim, NJW 1972, S. 972 -Urteil vom 15.12.1971-1242/71; VG Sigmaringen, DÖV 1976; S. 570 (571) -Urteil vom 24.05.1976-1814/75; Erbs/Kohlhaas-Meyer § 1 Anm. 2 e cc.

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B. Strafrechtlicher Rahmen

von Detektiven eingesetzten Empfangsanlagen zur Ortung von Abhörfunkanlagen.184 Errichtet ist eine Fernmeldeanlage, wenn die Anlage betriebsbereit aufgestellt oder mit Hilfe weniger Handgriffe in betriebsfähigen Zustand versetzt werden kann, nicht aber der bloße Kauf und der Erwerb des Besitzes oder des Eigentums.185 Betreiben ist jede bestimmungsgemäße Verwendung der Anlage. 186 Entgegen den Vorschriften des Gesetzes über Fernmeldeanlagen wird eine Fernmeldeanlage errichtet oder betrieben, wenn dies ohne die in §§ 1 bis 5 FAG erforderlichen Befreiungen oder Genehmigungen erfolgt. 187 Dies ist ohne weiteres der Fall bei Geräten, die nicht zulassungsfähig im Sinne des Gesetzes über Fernmeldeanlagen sind. Täter ist jeder, der an der verbotenen Betätigung irgendwie, wenn auch nur vorbereitend, mitwirkt und dabei mit Täterwillen handelt. Auch der Vermieter solcher Fernmeldeanlagen kann Täter im Sinne des § 15 Abs. 1 FAG sein. 188 Demnach kann im Einzelfall auch die vor dem Inkrafttreten der Verschärfungen des Gesetzes über Fernmeldeanlagen durch das Gesetz zur Verhinderung des Mißbrauchs von Sendeanlagen vom 27.06.1986 festgestellte detektivische Praxis der Vermietung von Mikrosendern und der Übernahme der Abhörtätigkeit nicht nur nach § 201 StGB, sondern auch nach § 15 Abs. 1 FAG strafbar sein.18* 184 Vgl. BayObLG, NJW 1979, S. 1837ff. -Urteil vom 29.05.1979- 4 St 88/79; Erbs/Kohlhaas-Meyer § 1 Anm. 2 b ee; zu dem Einsatz solcher Geräte durch Detektive vgl. Wirsching, Bd. 2, S. 146; Fallbeispiel in: FR vom 13.06.1977, S. 16. 185

OLG Zweibrücken, NStZ 1981, S. 356 -Beschluß vom 03.02.1981- 1 Ss 400/80; Erbs/Kohlhaas-Meyer § 1 Anm. 3 b und c; Ohnheiser § 15 FAG Rdn. 3. 186

Erbs/Kohlhaas-Meyer

§ 1 Anm. 4.

187

Erbs/Kohlhaas-Meyer

§ 15 Anm. 2 e; Aubert/Klingler,

S. 203.

188

AG Kiel, SchlHA 1956, S. 84f. -Urteil vom 24.05.1955- 3 Ms 11/55 mit ablehnender Anmerkung Schindelmeiser, SchlHA 1956, S. 151 (153); wie hier auch Erbs/Kohlhaas-Meyer § 15 Anm. 2 a. 189

In der empirischen Untersuchung von Wirsching (Bd. 2, S. 164) wird ein hessischer Detektiv folgendermaßen zitiert: „Ich besitze natürlich Wanzen aller Varianten, setze aber selber keine ein. Das mache ich anders. Ich erkläre meinen Auftraggebern, daß das verboten ist und sie das Risiko selber tragen müssen. Sie müssen die Wanzen also selbst einbauen. Ich berate die Leute, wie sie das machen müssen und wie es funktioniert. Die Auftraggeber müssen Wanzen und Empfänger bei mir kaufen. Hinzu kommt eine Beratungsgebühr." Dieser Detektiv glaubte sich durch dieses Verfahren nicht strafbar gemacht zu haben. Dies stimmt indes nicht, denn es liegt zwar keine Täterschaft, aber eine Beihilfe zu § 15 Abs. 1 FAG und zu § 201 StGB vor.

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4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

2. Unbefugter Besitz von Sendeanlagen (§§ 15 Abs. 2 lit. c, 5a FAG) Nach den durch das Gesetz zur Verhinderung des Mißbrauchs von Sendeanlagen vom 27.06.1986 neu eingefügten §§ 15 Abs. 2 lit. c, 5a FAG ist strafbar, wer ohne eine Befugnis nach §§1,2 FAG zur Errichtung oder zum Betrieb einer Sendeanlage die tatsächliche Gewalt über eine Sendeanlage ausübt. Zu den Sendeanlagen gehören insbesondere die Mikrosender, deren unbefugte Benutzung gerade durch die Gesetzesnovellierung des Gesetzes über Fernmeldeanlagen eingedämmt werden soll. 190 Ein Detektiv macht sich bereits dann strafbar, wenn er in irgendeiner Weise die tatsächliche Gewalt über eine solche Sendeanlage ausübt, es sei denn, es liegt eine Errichtungs- oder Betriebserlaubnis der Post nach § 2 FAG, eine Berechtigung zum Betrieb einer solchen Anlage nach § 1 FAG oder nach dem Gesetz über den Amateurfunk vor, oder, daß für das betreffende Gerät eine allgemeine Genehmigung erteilt bzw. ein Fall des § 5b FAG einschlägig ist. 191 Ein solcher Ausnahmetatbestand liegt aber bei den Mikrosendern nicht vor; vielmehr erteilt die Deutsche Bundespost für das Errichten oder Betreiben derartiger Mikrosender grundsätzlich keine Fernmeldegenehmigung.192 Sofern Detektive die tatsächliche Gewalt über derartige Mikrosender ausüben, machen sie sich folglich gemäß §§15 Abs. 2 lit. c, 5a FAG strafbar. Auf den mit dem Besitz verfolgten Zweck kommt es nicht an. Für die Strafbarkeit unerheblich ist auch, ob beabsichtigt ist, die Sendeanlage aufzustellen und in Betrieb zu nehmen, oder nicht. 193 Die Behauptung, daß das Gerät nicht eingesetzt werden solle, ist daher für die Strafbarkeit bedeutungslos. 3. Überlassen von Sendeanlagen an Unbefugte (§§ 15 Abs. 2 lit. d, 5d FAG) Nach §§ 15 Abs. 2 lit. d, 5d FAG macht sich strafbar, wer einem anderen eine Sendeanlage überläßt, obwohl dieser nach § 5a Abs. 1 FAG nicht zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt befugt und keine Ausnahme nach § 5b 190

BTDrucks 10/1618, S. 8; BTDrucks 10/5453, S. 9; Erbs/Kohlhaas-Meyer Anm. 3; Aubert/Klingler, S. 202. 191

Erbs/Kohlhaas-Meyer

192

BTDrucks 10/5453, S. 9.

193

Erbs/Kohlhaas-Meyer

§ 5a Anm. 2.

§ 15 Anm. 5 b.

§ 5a

313

B. Strafrechtlicher Rahmen

FAG einschlägig ist. Die Unzulässigkeit der Überlassung liegt wiederum unproblematisch bei solchen Geräten vor, die von der Bundespost grundsätzlich nicht genehmigt werden. Gibt ein Detektiv also einen Mikrosender an einen Dritten, etwa seinen Auftraggeber, weiter, damit dieser das Gerät selbst einbauen kann, so macht der Detektiv sich neben §§ 201, 27 StGB, §§ 15 Abs. 1 FAG, 27 StGB und §§ 15 Abs. 2 lit. c, 5a FAG auch noch wegen Überlassens von Sendeanlagen an einen Unbefugten gemäß §§15 Abs. 2 lit. d, 5d FAG strafbar. Unterliegt der Überlassende einem Irrtum über die Genehmigungspflicht des Gerätes, so handelt er im Verbotsirrtum. 194 Dieser Verbotsirrtum wird insbesondere auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze - 1 9 5 bei Detekteien in bezug auf Mikrosender regelmäßig vermeidbar sein. 4. Unbefugtes Vertreiben von Sendeanlagen (§§ 15 Abs. 2 lit. e, 5e FAG) Strafbar im Sinne der §§ 15 Abs. 2 lit. e, 5e FAG macht sich, wer Sendeanlagen herstellt, vertreibt, einführt oder sonst in den Geltungsbereich des Gesetzes verbringt, die ihrer Form nach einen anderen Gegenstand vortäuschen oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind und aufgrund dieser Umstände in besonderer Weise geeignet sind, das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen von diesem unbemerkt abzuhören. Dieses strenge strafbewehrte Verbot wurde durch das Gesetz zur Verhinderung des Mißbrauchs von Sendeanlagen eingeführt, weil derartige Gegenstände eine besonders hohe Gefährlichkeit aufweisen und weil ihre Verwendung für anerkennenswerte Zwecke kaum in Betracht kommt. 196 Solche getarnten Sendeanlagen finden sich etwa in der Verkleidung von Kugelschreibern, Feuerzeugen, Aschenbechern, Kerzenständern und ande-

194

BayObLG, GA 1976, S. 26 -Beschluß vom 28.07.1975- 4 St 43/75; Erbs/Kohlhaas-Meyer § 15 Anm. 8. 19

5 Vgl. dazu Kap. 4 B II.

i*> BT-Drucksache 10/1618, S. 6; Erbs/Kohlhaas-Meyer Klingler, S. 202,211,214.

§ 5e Anm. 1; Aubert/

314

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

ren Gegenständen des täglichen Gebrauchs.197 Daß der Ausnahmetatbestand des § 5e Abs. 2 FAG Anwendung finden könnte, nach dem solche Sendeanlagen im öffentlichen Interesse - insbesondere aus Gründen der öffentlichen Sicherheit - eingesetzt werden dürfen, ist für die Tätigkeit von Privatdetektiven kaum denkbar. Dieser Ausnahmetatbestand ist vielmehr auf die Tätigkeit von Polizeidienststellen und Nachrichtendienste zugeschnitten.198

X V I I . Verkehrsrechtliche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten Die Verwirklichung verkehrsrechtlicher Straftatbestände und Ordnungswidrigkeiten durch Detektive kommt bei der Observation mit Kraftfahrzeugen in Betracht. Zu denken ist dabei einerseits an Verstöße gegen Straßenverkehrsregelungen um eine zu observierende Zielperson im Straßenverkehr nicht zu verlieren und andererseits an Straftatbestände im Zusammenhang mit Tarnmaßnahmen von Kraftfahrzeugen, etwa durch den Austausch von Nummernschildern. Der sogenannte Kennzeichenmißbrauch ist gemäß § 22 StVG strafbar. Für die Tätigkeit von Detektiven relevante Tatbestandsalternativen sind das Versehen eines Kraftfahrzeuges mit einer anderen als der amtlich für das Fahrzeug ausgegebenen oder zugelassenen Kennzeichnung (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 StVG) und das Gebrauchmachen der betreffenden Fahrzeuge (§ 22 Abs. 2 StVG). Verwirklicht wird der Tatbestand des § 22 StVG etwa, wenn Detektive, damit sie in einer Stadt außerhalb des betreffenden Zulassungsbezirks bei der Observation nicht auffallen, ihr Kennzeichen wechseln. Ein Fahrzeugwechsel kommt häufig deshalb nicht in Betracht, weil die technische Ausrüstung des ursprünglichen Einsatzfahrzeuges benötigt wird. Zu Verkehrsverstößen im Rahmen einer Observation kann es aber vor allem im fließenden Verkehr kommen. Zu denken sind etwa an Geschwindigkeitsüberschreitungen (= Ordnungswidrigkeit gemäß § 3 Abs. 3 StVO i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO). Eine grob verkehrswidrige und rücksichtslose Fahrweise, die Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von

197

BTDrucks 10/1618, S. 6; Erbs/Kohlhaas-Meyer § 5e Anm. 1; Aubert/Klingler, S. 214; weitere Beispiele und technische Beschreibungen in: Wirsching, Bd. 2, S. 157ff. 198

So auch Erbs/Kohlhaas-Meyer

§ 5e Anm. 2.

B. Strafrechtlicher Rahmen

315

bedeutendem Wert gefährdet, kann im Einzelfall zu einer Strafbarkeit nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB führen, nach dem auch eine fahrlässige Begehungsweise (Abs. 3) strafbar ist.

X V I I I . Datenschutzrechtliche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten Eine Strafbarkeit nach dem Bundesdatenschutzgesetz kommt für Auskunftei- und Detekteimitarbeiter nach § 43 Abs. 1 Nr. 1, 2 BDSG in Betracht. Nach diesen Vorschriften macht sich strafbar, wer unbefugt durch das Bundesdatenschutzgesetz geschützte Daten, die nicht offenkundig sind, speichelt, verändert oder übermittelt bzw. zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens bereithält. Beispielsweise macht sich ein Mitarbeiter einer Auskunftei gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 BDSG strafbar, wenn er vorsätzlich unter Verstoß gegen die §§ 4 Abs. 1, 29 Abs. 2 Nr. 1 lit. a, 2 BDSG Daten übermittelt, ohne daß der Empfänger ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft dargelegt hat. § 44 Abs. 1 Nrn. 1 bis 7 BDSG enthalten Ordnungswidrigkeitentatbestände, die in erster Linie die nach dem Bundesdatenschutzgesetz erforderlichen organisatorischen Voraussetzungen für die nicht-öffentliche Datenverarbeitung sanktionieren. Normadressaten des § 44 BDSG sind nur nichtöffentliche Stellen, da die einzelnen Ordnungswidrigkeitentatbestände ausschließlich von nicht-öffentlichen Stellen auszuführende Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes betreffen. Zu beachten ist, daß abweichend von der Strafvorschrift des § 43 BDSG bei den Ordnungswidrigkeiten nach § 44 BDSG eine fahrlässige Begehungsweise ausreicht.

X I X . Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Die Erörterung strafrechtlicher Tatbestände soll mit § 4 UWG abgeschlossen werden, der wegen seiner praktischen Bedeutung - wiederum insbesondere für Detekteien - nicht unerwähnt bleiben soll. Nach § 4 UWG macht sich strafbar, wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, unter anderem - über geschäftliche Verhältnisse wissentlich unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben macht. Für Detekteien besteht deshalb eine besondere Versuchungssituation für eine solche irreführende Werbung,

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4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

da Anzeigen in dem auf Diskretion ausgerichteten Gewerbe das einzige Mittel der Werbung darstellen und zudem die einzelnen Angaben von potentiellen Kunden kaum überprüft werden können. Insbesondere in den von der Deutschen Bundespost herausgegebenen Gelben Seiten (Mitteilung für einen größeren Personenkreis) finden sich Werbeanzeigen von Detekteien, die oftmals irreführenden Falschangaben enthalten. Beispiele sind etwa das Vortäuschen bestimmter technischer Ausrüstung, nationaler und internationaler Verbindungen, besonderer zeitlicher Verfügbarkeit sowie besonderer Bekanntheit und Qualifikation. 199 Eine solche wissentliche Werbung mit Falschangaben erfüllt den Straftatbestand des § 4 UWG.

XX. Strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht Ein originäres Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen steht den Mitarbeitern von Auskunfteien und Detekteien nach der enumerativen Aufzählung des § 53 StPO im Strafprozeß nicht zu. Wenn Detektive aber für Rechtsanwälte tätig werden und als deren Berufshelfer angesehen werden könnten, käme für sie ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53a StPO in Betracht. Diese Frage ist insofern von großer Bedeutung für den Beschuldigten und den Strafverteidiger, als sie davon den Einsatz von Detektiven abhängig machen werden. Die Beauftragung eines Detektivs kommt nämlich dann in Betracht, wenn die dem Strafprozeß zugrundeliegende Sachverhaltsaufklärung Zweifel aufkommen läßt. Die Ermittlungen des Detektivs können aber sowohl entlastendes als auch belastendes Material hervorbringen. Im letztgenannten Fall besteht ein massives Interesse des Beschuldigten daran, daß dieses Material nicht zur Kenntnis der Strafver-

199 Wirsching, Bd. 2, S. 66ff., 406; Kocks, ZAD-Studie ,»Mitarbeiterverhältnisse und Verträge", S. 1; Raubach/Lotze, ZAD-Studie „Detektive in Meinung und Medien", S. 14: „krasse Verstöße gegen das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs"; Langer, markt + Wirtschaft Nr. 8/1988, S. 24 (29); für Auskunfteien: Mackert, S. 46f.; vgl. auch Stiftung Warentest, test 9/85, S. 795ff. Die Fachliche Weisung der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft - Amt für Wirtschaft - an die Bezirksämter W/G Nr. 2/80 vom 26.03.1980 (Betreff: Auskunfteien und Detekteien), Nr. 5.2.9 und 5.2.11 weist für die laufende Überwachung von Auskunfteien und Detekteien auf die naheliegende Möglichkeit von Verstößen gegen § 4 UWG hin. Verstöße gegen unlautere Werbung betreffen auch die §§ 52ff. der Berufsordnung für Detektive in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin (abgedruckt etwa bei Dessau, Privatdetektive, S. 145ff.).

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folgungsbehörden gelangen kann, der Detektiv also die Möglichkeit zur Zeugnisverweigerung hat. 200 Die Beantwortung der Frage, ob für Detektive in einer solchen Fallkonstellation ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht oder nicht, hängt davon ab, ob man den Detektiv als „Gehilfen" im Sinne des § 53a StPO ansieht oder nicht. Der Gehilfe im Sinne des § 53a StPO wird definiert als Person, die der Geheimhaltungspflichtige bei der Ausübung seines Berufes zugezogen hat, wobei es nicht darauf ankommt, daß die betreffende Person in einem arbeitsrechtlichen oder berufsmäßigen Verhältnis zu dem Geheimhaltungspflichtigen steht. Auch wer nur zur gelegentlichen Mitwirkung zur berufsmäßigen Tätigkeit des Geheimhaltungspflichtigen herangezogen wird und so Kenntnisse von dessen Berufsgeheimnissen erlangt, ist Gehilfe im Sinne des § 53a StPO. 201 Insofern besteht noch Einigkeit. Nach einer Ansicht zählen jedoch selbständige Gewerbetreibende - wie Detektive - nicht zu den Gehilfen im Sinne des § 53a StPO. 202 Nach der Gegenauffassung 203 gehören Detektive zu den Hilfspersonen im Sinne des § 53a StPO, wobei teilweise angenommen wird, daß dies nur für den Fall gelte, daß aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles eine besonders enge Beziehung des Detektivs zur berufsmäßigen Tätigkeit des Verteidigers bestehe.204 Diesem zusätzlichen Erfordernis kommt in der Praxis keine einschränkende Bedeutung zu, da Detektive in der Regel von Rechtsanwälten zur Beweisermittlung, zu der sie selbst in dem erforderlichen Umfang nicht in der Lage sind, eingesetzt wer-

200

Schilderung dieser Ausgangssituation bei Krey, lungen, S. 71 und Jungfer, StrV 1989, S. 495 (504).

Problematik privater Ermitt-

2( >i LG Frankfurt, NJW 1959, S. 589f. -Beschluß vom 07.11.1958- 5/9 Qs 202/58; AKStPO/Kühne § 53a Rdn. 2; KK-StPO/Pelchen § 53a Rdn. 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner § 53a Rdn. 2; KMR/Paulus § 53a Rdn. 4; Löwe/Rosenberg-Dahs § 53a Rdn. 2. 202 KK-StPO/Pelchen § 53a Rdn. 3; Kleinknecht/Meyer-Goßner § 53a Rdn. 2; Löwe/Rosenberg-Dahs § 53a Rdn. 3; ohne Erörterung des § 53a StPO lehnen Haurand/ Vahle (DVP 1994, S. 58 [64]) und Ostermann (ZAD-Studie „Verfahrensrecht; Der Detektiv als Zeuge vor Gericht", S. 4f.) ein Zeugnisverweigerungsrecht für Detektive ab. 203

LG Frankfurt, NJW 1959, S. 589f. -Beschluß vom 07.11.1958- 5/9 Qs 202/58; KMR/Paulus § 53a Rdn. 4; Jungfer, StrV 1989, S. 495 (504f.). 204

LG Frankfurt, NJW 1959, S. 589 (590) -Beschluß vom 07.11.1958- 5/9 Qs 202/58; Krey, Problematik privater Ermittlungen, S. 71.

318

4. Kap.: Einfachgesetzlicher Rahmen für das Tätigwerden

den und somit die geforderte enge Beziehung zu der Tätigkeit des Verteidigers vorliegt. Zudem wird eine besonders enge Beziehung des Berufshelfers zu der geschützten Tätigkeit Zeugnisverweigerungsberechtigten im Sinne des § 53 StPO schon in der Begriffsbestimmung des „Gehilfen" im Sinne des § 53a StPO vorausgesetzt, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang der Verrichtungen des Berufshelfers zu der Tätigkeit des Berufsträgers gefordert wird. 205 Warum selbständige Gewerbetreibende keine Gehilfen im Sinne des § 53a StPO sein sollen, wird von der ein Zeugnisverweigerungsrecht ablehnenden Auffassung nicht begründet. Nach der hier vertretenen Auffassung ist das Ausschließungskriterium „selbständiger Gewerbetreibender" zur Begriffsbestimmung des Gehilfen ungeeignet. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Ausdehnung des Zeugnisverweigerungsrechtes auf die sogenannten Berufshelfer. Nach allgemeiner Ansicht 206 und insbesondere auch der Auffassung, die ein Zeugnisverweigerungsrecht ablehnt,207 soll § 53a StPO nämlich verhindern, daß auf dem Umweg über die Gehilfen und die beim Zeugnisverweigerungsberechtigten im Vorbereitungsdienst befindlichen Personen das Zeugnisverweigerungsrecht der originären Geheimnisträger umgangen wird. 208 Aufgrund teleologischer Auslegung ergibt sich also, daß die Einordnung unter den Gehilfenbegriff des § 53a StPO nur unter dem Gesichtspunkt vorzunehmen ist, daß der Schutz des Vertrauensverhältnisses zu dem Berufsträger nicht durch die Vernehmung solcher Personen umgangen werden darf, die gerade in dieses Vertrauensverhältnis einbezogen sind. Formale Abgrenzungen nach der Art und Weise der ausgeübten Tätigkeit können dagegen keine Berücksichtigung finden. Daß das Abgrenzungskriterium „selbständi-

205

KK-StPO/Pelchen § 53a Rdn. 3; Kleinknecht/Meyer-Goßner KMR/Paulus § 53a Rdn. 3; Löwe/Rosenberg-Dahs § 53a Rdn. 2.

§ 53a Rdn. 2;

2

DVP 1994, S. 58 (65); Vahle, NWB 1993, S. 1967 (1973) = Fach 30, S. 883 (889). 433

OLG Karlsruhe, NJW 1974, S. 806 (807) -Beschluß vom 18.12.1973- 2 Ws 200/73; Kleinknecht/Meyer-Goßner § 127 Rdn. 14; Ebert/Ehses/Foerster/Otto-Ebert, Rdn. 119. 434 OLG Saarbrücken, NJW 1951, S. 1190 (1191) -Urteil vom 29.01.1959- Ss 78/58; KMR/Müller § 127 Rdnrn. 15f.; Franzheim, W+S-Information 1979, Heft 145, S. 199 (200); Haurand/Vahle y DVP 1994, S. 58 (65). 435

Kleinknecht/Meyer-Goßner § 127 Rdn. 14; Pfeiffer/Fischer-Fischer Roxin, Strafverfahrensrecht, § 31 A II 1 a; Ebert/Ehses/Foerster/Otto-Ebert,

§ 127 Rdn. 7; Rdn. 119;

C. Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden von Detekteien

489

die Androhung des Schußwaffengebrauchs, 436 die Abgabe eines Warnschusses,437 den Täter vorübergehend in der Privatwohnung zu verwahren, um von dort telefonisch die Polizei herbeizurufen 438 und das zwangsweise Verbringen zur Polizeiwache.439 Bei den einzelnen aufgezählten Befugnissen im Rahmen des § 127 Abs. 1 StPO ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Demnach dürfen die Festnahme selbst und die Festnahmemittel zur Bedeutung der entdeckten Tat nicht außer Verhältnis stehen,440 insbesondere kann auf die Festnahme ganz zu verzichten sein, wenn etwa der angestrebte Zweck der Identitätsfeststellung auf weniger einschneidende Weise, wie der Wegnahme eines Ausweises, erreicht werden kann. 441 Für die detektivische Praxis bedeutet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beispielsweise, daß ein Kaufhausdetektiv einen Ladendieb, der nicht bereit ist, ihm in sein Büro zu folgen, zunächst nur festhalten darf, um entweder selbst die Polizei herbeizurufen oder von anderen herbeirufen zu lassen. Der Detektiv darf den Ladendieb erst dann zwangsweise vorübergehend in sein Büro verbringen und dort festhalten, wenn der Betreffende Anstalten

Kalleicher, ZAD-Studie „Hausrecht/Strafantrag/vorläufige Festnahme/Fangprämien", S. 7; Wilde, ZAD-Studie „Rechtfertigungsgründe, Abwägung von Rechtsgütern", S. 5. 436 Kleinknecht/Meyer-Goßner § 127 Rdn. 14; Ebert/Ehses/Foerster/Otto-EberU 119; Wilde, ZAD-Studie „Rechtfertigungsgründe, Abwägung von Rechtsgütern", S. 5. 437

Kleinknecht/Meyer-Goßner § 127 Rdn. 14; AK-StPO,/Krause Ehses/Foerster/Otto-Ebert, Rdn. 119.

§ 127 Rdn. 14; Ebert/

438

KG, JR 1971, S. 30 -Beschluß vom 14.09.1970- 1 Ws 251/70; KK-StPO/Boujong § 127 Rdn. 26; Kleinknecht/Meyer-Goßner § 127 Rdn. 12. 439

BGH, MDR(D) 1970, S. 197 -Urteil vom 12.11.1969- 4 StR 325/69; KK-StPO/ Boujong § 127 Rdn. 26; Deichert, ZAD-Studie „Ladendiebstahl", S. 11. 440

RGSt 65, S. 392 (394) -Urteil vom 12.10.1931- III 520/31; KK-StPO/Boujong § 127 Rdnrn. 19, 29; LR/Wendisch § 127 Rdn. 18; Mahlberg, S. 131; 155; a. A. nur Arzt, FS Kleinknecht, S. 1 (8f.). 441

Rdn.

OLG Saarbrücken, NJW 1959, S. 1190 (1191) -Urteil vom 29.01.1959- Ss 78/58 (für Polizeibeamte, die nicht Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft sind); KK-StPO/ Boujong § 127 Rdn. 29; KMR/Miiller § 127 Rdn. 15; Mahlberg, S. 155.

490

5. Kap.: Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden des Auskunftsgewerbes

macht, sich mit Gewalt zu entfernen, und er außerdem nicht ohne Schwierigkeiten sogleich zur Polizei gebracht werden kann. 442 Durch § 127 Abs. 1 StPO können insbesondere die Straftatbestände der Körperverletzung, der Freiheitsberaubung und der Nötigung gerechtfertigt sein. 443 Die Anwendung körperlicher Gewalt mit der Gefahr oder Folge körperlicher Verletzungen ist nur insoweit zulässig, als Körperverletzungen mit der Festnahme zwangsläufig verbunden sind (festes Zupacken); weitergehende, gravierende Körperbeeinträchtigungen oder die Gefährdung des Lebens sind dagegen nicht vom Festnahmerecht gedeckt.444 Auf fliehende Täter darf nach einer Ansicht, etwa nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, grundsätzlich nicht zum Zwecke der Festnahme geschossen werden, 445 in Ausnahmefällen soll aber im Hinblick auf die Schwere der begangenen Rechtsgutsverletzung auch einem Privaten die Abgabe von Schüssen auf einen fliehenden Täter gestattet sein. 446 Auch das Anlegen von Fesseln ist

442

OLG Frankfurt, NJW-RR 1989, S. 794 (795) -Urteil vom 27.10.1988- 1 U 171/87.

443

LR/Wendisch § 127 Rdn. 28; KK-StPO/Boujong § 127 Rdn. 27:"das Festnahme recht umfaßt die Befugnis zu Handlungen, die als Freiheitsberaubung, Nötigung oder Körperverletzung strafbar wären, wenn dem Festnehmenden nicht der Rechtfertigungsgrund des § 127 zur Seite stünde"; regelmäßig nicht gerechtfertigt sind dagegen Gefährdungen des Straßenverkehrs; vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner § 127 Rdn. 16; LR/ V/endisch § 127 Rdn. 32. 444

RGSt 34, S. 443 (446) -Urteil vom 05.11.1901- g.G. Rep. 1959/01; Kleinknecht/ Meyer-Goßner § 127 Rdn. 14; LK/Hirsch § 223 Rdn. 20; a. A.: Arzt, FS Kleinknecht, S. 1 (8) (nur durch § 32 StGB gedeckt). 445

Ständige Reichsgerichtsrechtsprechung: RGSt 65, S. 392 (394) -Urteil vom 12.10. 1931- I I 520/31; 72, S. 305 (306) -Urteil vom 15.07.1938- 4 D 259/38; KK-StPO/ Boujong § 127 Rdn. 28. 446

BGH, MDR(H) 1979, S. 985 (986) -Urteil vom 15.05.1979- 1 StR 749/78, wobei sich der Bundesgerichtshof mit dieser Entscheidung „nicht in Gegensatz zur Rechtsprechung des Reichsgerichts" setzen will; zustimmend unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit auch BGH, NJW 1981, S. 745 (746) -Urteil vom 18.11.1980- V I ZR 151/78; KK-StPO/Boujong § 127 Rdn. 28; LR/Wendisch § 127 Rdn. 29; dagegen wird der Gebrauch der Schußwaffe durch Private als ausnahmslos verboten angesehen von: AKStPO/Krause § 127 Rdn. 14; Kleinknecht/Meyer-Goßner § 127 Rdn. 15; Krey, Strafverfahrensrecht 1, Rdn. 508, Fn. 131 (Gegenansicht „ohne hinreichendes öffentlichrechtliches Problembewußtsein"); ders., Strafverfahrensrecht 2, Rdnrn. 378f. („in er-

C. Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden von Detekteien

491

nur unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit und der Umstände des Einzelfalles (Gegenwehr) zulässig.447 Rechtsgutsverletzungen, die über eine Beschränkung oder Entziehung der Fortbewegungsfreiheit des Verdächtigen hinausgehen, sind unzulässig. So sind etwa Kaufhausdetektive nicht zur Durchsuchung von Behältnissen und Kleidern des Festgenommenen ohne Einwilligung befugt. Ebensowenig gestattet § 127 Abs. 1 StPO das Abtasten nach Waffen zur Eigensicherung, 448 allerdings kann dieses Vorgehen aus § 32 StGB, der neben § 127 Abs. 1 StPO anwendbar bleibt, 449 gerechtfertigt sein. Das Betreten einer Wohnung zum Zweck der Festnahme eines Verdächtigen ist eine nur unter den Voraussetzungen der §§ 102ff. StPO zulässige Durchsuchung 4 5 0 Dies ergibt sich daraus, daß die Durchsuchung in der Strafprozeßordnung eine eigenständige Regelung erfahren hat und als selbständige Maßnahme an zusätzliche Voraussetzungen - insbesondere den Vorbehalt behördlichen Tätigwerdens - gebunden ist. Für Private scheidet sie schon aus diesem Grunde aus. Zudem stellt die Durchsuchung nicht nur einen durch §§ 102ff. StPO eigenständig geregelten Eingriff dar, sondern enthält mit dem Eingriff in Art. 13 GG auch faktisch eine zusätzliche Belastung des Betroffenen. Daß die Strafprozeßordnung Privatleuten im Rahmen des § 127 Abs. 1 StPO auch einen solchen weiteren Grundrechtseingriff ermöglichen wollte, ist nicht erkennbar. Einschränkungen ergeben sich des weiteren daraus, daß der ausschließliche Zweck der Festnahme nach § 127 StPO darin besteht, den Täter der Strafverfolgung zuzuführen. Wer diese Absicht nicht hat, ist zur vorläufigen

schreckendem Ausmaß von mangelndem verfassungsrechtlichen Problembewußtsein geprägt"); Roxin, Strafverfahrensrecht, § 31 A I I 2 a; Arzt, FS Kleinknecht, S. 1 (12); allerdings bleibt § 32 StGB unberührt. 447

KK-StPO/Boujong

§ 127 Rdn. 27; Kleinknecht/Meyer-Goßner

§ 127 Rdn. 14.

448

RGSt 59, S. 291 (296) -Urteil vom 25.06.1925- I I 166/25: strafbare Amtsanmaßung eines „sogenannten Privatdetektivs" (S. 291); Bauer, S. 46; Ebert/Ehses/ Foerster/Otto-Ebert, Rdn. 119; Riester, S. 43; Haurand/Vahle, DVP 1994, S. 58 (65). 449 4

KMR/Miiller

§ 127 Rdn. 18.

*> LR/Wendisch § 127 Rdn. 34; K Peters, Strafprozeßrecht, § 47 B I 1; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 31 A I I 2 c.

492

5. Kap.: Rechtsgrundlagen für das Tätig werden des Auskunftsgewerbes

Festnahme nach § 127 Abs. 1 StPO nicht berechtigt. 451 Allein die Geltendmachung von Schadenswiedergutmachungsansprüchen - wie es häufig bei Kaufhausdetektiven vorliegen wird - rechtfertigt ein Vorgehen nach § 127 StPO nicht. Zu stützen ist eine solche Maßnahme aber gegebenenfalls auf die allgemeine Selbsthilfe nach § 229 BGB. 6. Einverständnis, Einwilligung und Vertrag Grundlage des Tätigwerdens von Detektiven sind nicht nur die verschiedenen Jedermannrechte, sondern eine wichtige Rolle spielt auch die freiwillige Zusammenarbeit Betroffener mit Detektiven aufgrund Einverständnis oder Einwilligung. Dabei unterscheiden sich das tatbestandsausschließende Einverständnis und die rechtfertigende Einwilligung in ihren Anforderungen. Das Einverständnis des Betroffenen schließt bereits die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung aus, wenn diese ihren Unwert gerade daraus herleitet, daß sie nach der gesetzlichen Verhaltensbeschreibung gegen oder ohne den Willen des Verletzten erfolgt. 452 Im Bereich des detektivischen Tätigwerdens kann ein Einverständnis beim Hausfriedensbruch gemäß § 123 StGB, der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 StGB, der Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB und der Nötigung gemäß § 240 StGB die Tatbestandsverwirklichung ausschließen. So dürfen Detektive zwar aufgrund der Jedermannrechte keine Hausdurchsuchungen vornehmen, diese Möglichkeit haben sie jedoch, wenn der Hausrechtsberechtigte sein Einverständnis erteilt. Das Einverständnis braucht weder ausdrücklich noch konkludent nach außen zum Ausdruck gebracht zu werden, es muß nur tatsächlich bestehen. Ein Einverständnis besteht allerdings nicht in bloßem Geschehenlassen oder passivem Erdulden fremder Handlungen -etwa aus Furcht vor dem Täter-. 453 Im Hinblick auf die rein tatsächliche Natur ist das Einverständnis nach einer Auffassung auch bei Willensmängeln beachtlich, etwa wenn es durch Täu-

451

Kleinknecht/Meyer-Goßner

452

S/S-Lenckner Vor § 32 Rdn. 30; Wessels, AT, § 9 I 1.

453

RGSt 68, S. 306 (307) -Urteil vom 17.09.1934- 2 D 839/33; Wessels, AT, § 9 I 1.

§ 127 Rdn. 8; Lampe, GA 1978, S. 7 (12).

C. Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden von Detekteien

493

schung erschlichen worden ist, 454 solange es nur freiwillig zustandegekommen ist. 455 Dagegen muß eine Einwilligung vor der Tat entweder ausdrücklich erklärt oder konkludent zum Ausdruck gebracht werden. 456 Sie darf nicht an wesentlichen Willensmängeln leiden, so daß eine durch Nötigung erzwungene oder durch Täuschung erschlichene Einwilligung regelmäßig unwirksam ist. 457 Ein Beispiel für eine Fallkonstellation, bei der Detektive unter Berufung auf eine Einwilligung tätig werden, liegt etwa bei den in größeren Warenhäusern üblichen Sensorkontrollen zur Aufklärung von Diebstählen vor. Bei Fehlen einer Einwilligung ist unter den entsprechenden Begleitumständen an eine Strafbarkeit aus §§ 185f. StGB zu denken.458 Die Ankündigung, im Falle der Verweigerung der Sensorkontrolle die Polizei herbeizurufen, ist als sozialadäquat hinzunehmen und nicht als eine die Wirksamkeit der Einwilligung in §§ 185f. StGB ausschließende Drohung anzusehen.459 Ein solches Kontrollrecht kann dagegen nicht aus vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kaufhausinhaber und dem Betroffenen hergeleitet werden. Zwar ergeben sich in Selbstbedienungsläden besondere vertragliche Verpflichtungen für den Käufer, wie etwa, daß er die noch fremde Ware streng von seinem Eigentum trennt und diese an der Kasse zur Bezahlung vorweist. Insofern wird bei dem berechtigten Verdacht gegen einen Verstoß gegen diese Vertragspflicht der Kunde auch eine das Schamgefühl nicht verletzende Kontrolle zuzulassen haben.460 Dazu dürfte er sich - insbesondere 454

BGH, VRS 48 (1975), S. 175 (177) -Urteil vom 27.11.1974- IV ZR 117/73; Herzberg, JA 1980, S. 385 (391). 455

S/S-Lenckner Vorbem §§ 32ff. Rdn. 32; Roxin, Strafrecht AT 1, § 13 Rdn. 73; Wessels, AT, § 9 I 1. Vgl. zur Gegenmeinung bei § 123 StGB Kap. 4 B IV. 456

BGHSt 17, S. 359 (360) -Urteil vom 10.07.1962- 1 StR 194/62; Wessels, AT, § 9 12 f.

457

OLG Hamm, NJW 1987, S. 1034 (1035) -Beschluß vom 30.06.1986- 4 Ss 271/86; S/S-Lenckner V or § 32 Rdn. 47 (zu dem Problem, wann eine Täuschung die Einwilligung unwirksam macht) und Rdn. 48 (Gewalt und Drohung). 458

Vgl. dazu den Fall OLG Hamm, NJW 1987, S. 1034f. -Beschluß vom 30.06.19864 Ss 271/86. 459

OLG Hamm, NJW 1987, S. 1034 (1035) -Beschluß vom 30.06.1986- 4 Ss 271/86.

460

Schluchten JR 1987, S. 309 (311).

494

5. Kap.: Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden des Auskunftsgewerbes

wenn er durch entsprechende Hinweisschilder darauf aufmerksam gemacht worden ist - stillschweigend bereits mit dem Betreten des Selbstbedienungsladens verpflichtet haben. Diese zivilrechtliche Verpflichtung berechtigt aber noch nicht zu deren zwangsweiser Durchsetzung. 461 Diese ist nur aufgrund eines speziellen Eingriffsrechtes zulässig. In Betracht kommt etwa die allgemeine Selbsthilfe gemäß § 229 BGB.

I I I . Sonstige Befugnisse aus vom Auftraggeber abgeleitetem Recht Neben den Befugnissen aus den verschiedenen Jedermannrechten stehen den Detektiven auch solche Rechte zu, die von einer Rechtsposition des Auftraggebers zulässigerweise abgeleitet werden können. Dabei handelt es sich in erster Linie um Befugnisnormen für Schutz- und Bewachungsaufgaben.

1. §§ 859, 903, 860, 858, 855 BGB Für das Tätigwerden speziell von Kaufhausdetektiven kommen als Rechtsgrundlage die §§ 859, 860 BGB in Betracht. Diese zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründe schließen auch eine Strafbarkeit aus.462 Nach § 859 BGB darf sich der Besitzer verbotener Eigenmacht, also der Besitzstörung oder -entziehung gegen seinen Willen (§ 858 BGB), mit Gewalt erwehren. Die Rechte aus § 859 BGB - die sogenannte Besitz-

461

Schlächter, JR 1987, S. 309 (311); Schumann, JuS 1979, S. 559 (561). Allerdings wird von einer Auffassung (H.-D. Weber, S. 86ff., 115ff.; Schlächter, JR 1987, S. 309 [312]) der zivilrechtliche Vertrag als Rechtfertigungsgrund anerkannt. Dies wird aber gleichzeitig mit der Einschränkung verbunden, daß dies nur unter Beachtung des Persönlichkeitsrechtes des Betroffenen und des staatlichen Gewaltmonopols möglich sei. Demzufolge ist regelmäßig nur die Festnahme zulässig, um die Durchsetzung des Anspruchs sicherzustellen. Nach der Festnahme des Schuldners wird nämlich regelmäßig obrigkeitliche Hilfe zur Vornahme der Handlung erreichbar sein (So ausdrücklich Schlächter, JR 1987, S. 309 [312]). Nach der Gegenansicht (Firnhaber, S. 44, 48, 72 und zusammenfassend S. 110) kommt dem zivilrechtlichen Vertrag im Strafrecht dagegen keine Rechtfertigungswirkung zu. 462

Soergel/Fahse

Vor § 227 Rdn. 13.

C. Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden von Detekteien

495

wehr 463 und Besitzkehr - 4 0 4 stehen zunächst dem Besitzer selbst zu. Mangels des für die Besitzereigenschaft erforderlichen Besitzbegründungswillens465 können sich Kaufhausdetektive nicht unmittelbar auf § 859 BGB berufen. Kaufhausdetektive könnten aber als Besitzdiener (§ 855 BGB) anzusehen sein, 466 so daß sie gemäß § 860 BGB auch die dem Besitzer zustehenden Rechte wahrnehmen könnten. Als Voraussetzung für die Eigenschaft als Besitzdiener verlangt die Rechtsprechung die äußere Erkennbarkeit des Abhängigkeitsverhältnisses. 467 An der Erkennbarkeit des sozialen Abhängigkeitsverhältnisses könnte es bei den Kaufhausdetektiven insofern fehlen, als sie nur aufgrund der fehlenden Erkennbarkeit ihrer Vertragsbeziehung zu dem Auftraggeber ihre Aufgabe, Ladendiebe zu überführen, wahrnehmen können. Allerdings ist es als ausreichend anzusehen, wenn sich der Betreffende im Zeitpunkt der Wahrnehmung der Besitzschutzrechte als Besitzdiener zu erkennen gibt. Dies ist bei den Kaufhausdetektiven der Fall, so daß sie als Besitzdiener anzusehen sind. Den Kaufhausdetektiven steht kein eigenes Recht zur Gewaltausübung zu, sondern der Besitzdiener ist nur zur Ausübung der dem Besitzherrn zustehenden Rechte befugt. 468 Die Rechtsausübung ist vom Besitzherrn abhängig, der Weisungen erteilen kann.

463

Man spricht von Besitzwehr, wenn die Beeinträchtigung droht oder noch andauert (§ 859 Abs. 1 BGB). 464

Man spricht von Besitzkehr, wenn die Besitzentziehung durch Begründung des unmittelbaren Besitzes des Entziehers bereits vollendet ist (§ 859 Abs. 2, 3 BGB). 465 H. M.: BGHZ 27, S. 360 (362) -Urteil vom 30.05.1958- V ZR 295/56; MüKoBGB/Joost § 854 Rdn. 8; Mahlberg, S. 163; a. A.: Westermann, § 13 I 2. 466

So aus der detektivischen Ausbildungsliteratur: Scheffler, S. 164; Kalleicher, ZAD-Studie „Selbsthilferechte und Notwehr", S. 2; ebenso Stoperan, Kriminalist 1976, S. 678; für Wachpersonal allgemein: Mahlberg, S. 163f.; für Wachpersonal ablehnend, wenn keine besondere Vereinbarung getroffen ist: Lehmann, DNP 1980, S. 265 (267). 467

BGHZ 27, S. 360 (363) -Urteil vom 30.05.1958- V ZR 295/56; BGH, DB 1956, S. 963 -Urteil vom 09.05.1956- IV ZR 338/55; RGZ 77, S. 201 (209) -Urteil vom 24.06. 1911- V I 525/10; zustimmend Jauernig § 855 Anm. 1, 2; Palandt/Bassenge § 855 Rdn. 1; dagegen lehnt die überwiegende Lehre (vgl. MiiKo-BGB/Joost § 854 Rdn. 10; Baur/ Stürner, § 7 C I 3) das Erfordernis der Erkennbarkeit ab. 468

Rdn. 1.

Erman/Werner

§ 860 Rdn. 1; Palandt/Bassenge

§ 860 Rdn. 1; Soergel/Mühl

§ 860

496

5. Kap.: Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden des Auskunftsgewerbes

Das Besitzwehrrecht geht weiter als Notwehr oder Selbsthilfe nach § 229ff. BGB, 4 6 9 denn es besteht keine Subsidiarität gegenüber obrigkeitlicher Hilfe. 470 Allerdings gilt auch hier, daß die Gewaltanwendung auf das zur Abwehr gegenwärtiger verbotener Eigenmacht gebotene Maß beschränkt ist, ein Überschreiten also rechtswidrig ist. 471 Bei mehreren geeigneten Abwehrmitteln muß der Berechtigte das den Angreifer am wenigsten gefährdende wählen. 472 Eine Abwägung zwischen dem Wert des angegriffenen und dem des bei der Abwehr verletzten Gutes ist bei § 859 BGB dagegen grundsätzlich nicht erforderlich. 473 Die Besitzkehr nach § 859 Abs. 2, 3 BGB erweitert das Notwehrrecht insofern, als ein gegenwärtiger Angriff bei Entstehung des Rechtes zur Besitzkehr nicht mehr vorliegt. Die Grenze zulässiger Notwehrausübung wäre also zeitlich überschritten. 474 Nach § 859 Abs. 2 BGB darf der Berechtigte einem Täter, der ihm den Besitz entzogen hat, nacheilen, um sich der Sache gewaltsam wieder zu bemächtigen. Allerdings sind dieser Nacheile zeitliche Grenzen gesetzt, weil der Besitzschutz sonst den eingetretenen äußeren Frieden zweckwidrig stören würde 4 7 5 Die Besitzkehr ist danach nur im un469

Erman/Werner

§ 859 Rdn. 2; Soergel/Mühl

§ 859 Rdn. 1: „schlagkräftige Waffe".

470

OLG Koblenz, MDR 1978, S. 141 -Urteil vom 08.07.1977- 8 U 1414/76; AKBGB/Dubischar § 860 Rdn. 1; Erman/Werner § 859 Rdn. 2; Palandt/Bassenge § 859 Rdn. 2; Soergel/Mühl § 859 Abs. 1 BGB Rdn. 1; dagegen wird § 859 Abs. 1 BGB zum Teil als überflüssig angesehen, da er keine weiteren Rechte gewähre als das allgemeine Notwehrrecht: Mahlberg, S. 164f. 47

* OLG Koblenz, MDR 1978, S. 141 -Urteil vom 08.07.1977- 8 U 1414/76; Jauernig § 859 Anm. 1; Palandt/Bassenge § 859 Rdn. 2. 472

OLG Koblenz, MDR 1978, S. 141 -Urteil vom 08.07.1977- 8 U 1414/76; Erman/ Werner § 859 Rdn. 2. 473

OLG Schleswig, SchlHA, Teil A, 1987, S. 12 (13) -Beschluß vom 26.08.1986- 1 Ss 303/86; Staudinger/Bund § 859 Rdn. 8 mit der Ausnahme, daß „nach Art. 2 Abs. 1 lit. a MRK die Tötung zur Verteidigung eines Menschen nicht aber eines Sachguts gerechtfertigt sein kann."; gegen eine Abwägung auch: Palandt/Bassenge § 859 Rdn. 2; Soergel/ Mühl § 859 Rdn. 5 mit Anwendungsbeispielen; enger Mahlberg (S. 167), nach dem eine Gewaltanwendung zur Besitzkehr, „deren Folgen in unerträglichem Mißverhältnis zum Wert des weggenommenen Rechtsgutes stehen," unzulässig ist. 474

Staudinger/Bund

475

Jauernig § 859 Anm. 1 b.

§ 859 Rdn. 13; Mahlberg, S. 166.

C. Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden von Detekteien

497

mittelbaren Anschluß an die Wegnahme zulässig, also entweder bei Ertappen auf frischer Tat oder alsbald nach der Tat. 476 Die Verfolgung darf erforderlichenfalls bis in die Wohnung des Täters fortgesetzt werden. 477 Ist Besitzkehr ausgeschlossen, so bleiben §§ 229ff. BGB. 478 2. §§ 229, 230, 231 BGB Eine Erweiterung gegenüber den bisher dargestellten Befugnissen ist mit dem Selbsthilferecht der §§ 229ff. BGB verbunden, das auch als Rechtfertigungsgrund im Strafrecht wirkt. 479 Während das Notwehrrecht einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff voraussetzt und das Recht der vorläufigen Festnahme nach § 127 Abs. 1 StPO nur bei dem Verdacht einer Straftat, bei der der Verdächtige auf frischer Tat ertappt worden sein muß, ausgeübt werden darf, kennt das Selbsthilferecht nach § 229 BGB keine dieser Einschränkungen. Praktische Relevanz hat das Selbsthilferecht deshalb insbesondere in den Fällen, in denen wegen fahrlässiger, nicht strafbewehrter Tat das Festnahmerecht des § 127 Abs. 1 StPO versagt 480 und wenn kein gegenwärtiger Angriff vorliegt, also das Notwehrrecht ausgeschlossen ist. Ein Anwendungsbeispiel für § 229 BGB ist etwa der Fall, in dem ein früher ermittelter, aber entwichener Ladendieb erneut das Geschäft betritt. Hier kann ein Kaufhausdetektiv den Täter festnehmen und geleisteten Widerstand mit Gewalt brechen. Allerdings steht das Recht zur Selbsthilfe zunächst nur dem Inhaber des Anspruches zu, eine unmittelbare Wahrnehmung des Rechts durch Dritte aus deren eigenem Entschluß ist nicht zulässig.481 Der zur Selbsthilfe

476

OLG Schleswig, SchlHA, Teil A, 1987, 12 -Beschluß vom 26.08.1986- 1 Ss 303/86 (30 Minuten nach VerÜbung der Tat); Palandt/Bassenge § 859 Rdn. 3. 477

Palandt/Bassenge

478

Jauernig § 859 Anm. 1 b.

479

Soergel/Mühl

480

Honigl S. 66; Mahlberg, S. 171.

481

§ 859 Rdn. 3.

Vor § 227 Rdn. 13.

Palandt/Heinrichs § 229 Rdn. 3; Mahlberg, S. 168. Die diesbezügliche Streitfrage, ob Selbsthilfe durch Dritte als Geschäftsführung ohne Auftrag zulässig sein kann, (bejahend: MüKo-BGB/von Feldmann § 229 Rdn. 2; Soergel/Fahse § 229 Rdn. 9; verneinend: Staudinger/Dilcher § 229 Rdn. 7) spielt hier keine Rolle, da Kaufhausdetektive 32 Peilert

498

5. Kap.: Rechtsgrundlagen für das Tätig werden des Auskunftsgewerbes

Berechtigte kann sich im Einzelfall aber der Hilfe eines Dritten bedienen.482 Dies kann auch im Wege einer vorherigen generellen Ermächtigung erfolgen. 483 Gegenstand des Selbsthilferechts ist ein Anspruch - bei dem Tätigwerden von Kaufhausdetektiven zumeist ein Herausgabeanspruch -, der zuvor ausdrücklich geltend gemacht worden ist. 484 Als für Kaufhausdetektive einschlägige Mittel der Selbsthilfe kommen insbesondere die Wegnahme einer Sache, die Festnahme eines Fluchtverdächtigen und die Beseitigung des Widerstandes gegen duldungspflichtige Handlungen in Betracht. Ob der Einsatz der Selbsthilfe von einem Selbsthilfewillen getragen sein muß oder nicht, 485 dürfte bei dem Tätigwerden von Kaufhausdetektiven keine Rolle spielen, da sie regelmäßig den Willen haben, zum Zwecke der Selbsthilfe zu handeln, so daß auch die das Selbsthilferecht um dieses subjektive Rechtfertigungselement einschränkende Meinung erfüllt ist. Das Selbsthilferecht besteht nur insoweit, als obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist. Als solche obrigkeitliche Sicherungsmittel kommen in erster Linie Arrest und einstweilige Verfügung in Betracht. 486 Soweit ausnahmsweise der Schutz privater Rechte in die Zuständigkeit der Ordnungsbehörden fällt, stellt aber auch polizeiliches Handeln staatliche Eilfallhilfe dar. 487 Dies ist etwa immer dann der Fall, wenn mit dem anspruchsbegründenden zivilrechtlichen Eingriffstatbestand zugleich eine Straftat verbunden ist, also etwa bei Ladendiebstählen.

regelmäßig in Ausübung ihres Auftrages und daher mit vorheriger Ermächtigung tätig sind; so auch allgemein für Wachpersonal Mahlberg, S. 168 (Fn. 24). 482

Erman/Hefermehl § 229 Rdn. 10; Palandt/Heinrichs Dilcher § 229 Rdn. 7; Mahlberg, S. 169. 483

Mahlberg, S. 169; Ebert/Ehses/Foerster/Otto-Ebert,

§ 229 Rdn. 3 Staudinger/ Rdn. 106.

484

OLG Karlsruhe, VRS 58 (1980), S. 393 (394) -Beschluß vom 08.06.1979- 3 Ss 113/79; Mahlberg, S. 172. 485

Bejahend: MüKo-BGB/von Feldmann § 229 Rdn. 5; Jauernig §§ 229 - 231 Anm. 3 d (7. Aufl.; a. A. noch Jauernig §§ 229 - 231 Anm. 3 d [6. Aufl.]); Palandt/Heinrichs § 229 Rdn. 6; verneinend: RGRK/Johannsen § 229 Rdn. 2. 486

Jauernig §§ 229 - 231 Anm. 2 a, b; Staudinger/Dilcher

487

Palandt/Heinrichs

§ 229 Rdn. 4; Staudinger/Dilcher

§ 229 Rdn. 10. § 229 Rdn. 10.

C. Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden von Detekteien

499

Nach § 230 Abs. 1 BGB darf die Selbsthilfe nicht weiter gehen als zur Abwehr der Gefahr erforderlich. Das Merkmal der Erforderlichkeit begrenzt die Selbsthilfe hinsichtlich der Mittel und des Umfangs, so daß der Selbsthilfeberechtigte das mildeste Mittel zur Sicherung seines Anspruchs anwenden muß. 488 Beispielsweise ist zur Sicherung des Anspruchs - etwa des Herausgabeanspruchs - die Festnahme des fluchtverdächtigen Schuldners nicht erforderlich, wenn durch die Wegnahme einer Sache der Anspruch gesichert werden kann 4 8 9 Deshalb kann die Festnahme eines flüchtigen Ladendiebes, der die Sache zurückgegeben, zurückgelassen oder verloren hat, nicht auf § 229 BGB, sondern nur auf § 127 Abs. 1 StPO gestützt werden. Nicht zulässig ist eine über das feste Zupacken bei der Festnahme hinausgehende Schädigung an Leib oder Leben, insbesondere geben §§ 229ff. BGB keine Rechtfertigung für eine Tötung. 490 Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist aber nicht erforderlich. 491 Das weitere Verhalten des Täters nach Ausübung der Selbsthilfe bestimmt sich nach § 230 Abs. 2, 3 BGB. Die dort vorgesehene Beantragung von Zwangsvollstreckung und Arrest ist aber dann nicht notwendig, wenn es sich - wie bei der Wegnahme einer Sache - um die Wiederherstellung des unmittelbar verletzten Rechtes handelt. Dies trifft etwa dann zu, wenn eine Sache dem Dieb im Wege der Selbsthilfe wieder abgenommen wird. 492 Ebenso brauchen Zwangsvollstreckungs- oder Arrestmaßnahmen nicht erwirkt zu werden, wenn der Widerstand des Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser dulden mußte, beseitigt worden ist. 493 488 Erman/Hefermehl § 230 Rdn. 1: „Grundsatz von Treu und Glauben"; Palandt/ Heinrichs § 230 Rdn. 1: „Grenze des Rechtsmißbrauchs"; Soergel/Fahse § 230 Rdn. 1: „Anspruch nicht überziehen". 489

Soergel/Fahse

§ 230 Rdn. 1; Staudinger/Dilcher

4

§ 230 Rdn. 1.

*> RGSt 69, S. 308 (312) -Urteil vom 03.12.1935- 2 D 640/35; Soergel/Fahse Rdnrn. 20f.

§ 230

491

Erman/Hefermehl § 230 Rdn. 1; MüKo-BGB/von Feldmann § 230 Rdn. 1; Palandt/ Heinrichs § 230 Rdn. 1; Soergel/Fahse § 230 Rdn. 1; Staudinger/Dilcher § 230 Rdn. 1; a. A.: Ebert/Ehses/Foerster/Otto-EberU Rdn. 106; Mahlberg, S. 171. 492

Erman/Hefermehl § 230 Rdn. 4; RGRK/Johannsen § 230 Rdn. 2; Soergel/Fahse § 230 Rdn. 5; kritisch Staudinger/Dilcher § 230 Rdn. 4, der nur für den Fall zustimmt, daß auch die Voraussetzungen der Besitzkehr vorliegen. 493

Erman/Hefermehl

§ 230 Rdn. 4.

500

5. Kap.: Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden des Auskunftsgewerbes

Liegen die Voraussetzungen erlaubter Selbsthilfe vor, können die Straftaten des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB), 494 der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) 495 und der Nötigung (§ 240 StGB) 496 gerechtfertigt sein. Dagegen sind durch § 229 BGB solche Straftaten nicht gerechtfertigt, die zugleich Rechtsgüter Dritter oder der Allgemeinheit verletzen. 497 3. Hausrecht Das Hausrecht ist das Recht, in einem räumlich abgegrenzten Herrschaftsbereich frei schalten und walten zu dürfen und über Zutritt und Verweilen von Personen zu bestimmen, um sich gegen Störungen durch Unberechtigte zu schützen.498 Dabei kommt es für die Tätigkeit von Detektiven speziell Kaufhausdetektiven - nur auf das private Hausrecht an, da sie - im Gegensatz zu dem Bewachungspersonal im Sinne des § 34a GewO - nicht zum Schutz öffentlicher Gebäude tätig werden. Die Ausübung des Hausrechts steht dem Hausrechtsinhaber zu, sie kann aber von ihm auf andere Personen übertragen werden. 499 Diese ermächtigten Personen müssen sich bei der Ausübung des Hausrechts in dem ihnen von dem Berechtigten eingeräumten Rahmen halten. 500 Aus dem Hausrecht ergeben sich die Befugnisse, den Zutritt und den Aufenthalt anderer Personen an Bedingungen zu knüpfen sowie Hausverweise (Verbot des weiteren Aufenthalts) und Hausverbote (Untersagung des künftigen Aufenthalts)

494

Soergel/Fahse

495

Lackner/Kühl

§ 229 Rdn. 24. § 239 Rdn. 7; LK/Schäfer

§ 239 Rdn. 23; Soergel/Fahse

§ 229 Rdn.

20. 496 Dreher/Tröndle Rdn. 33; Soergel/Fahse

§ 240 Rdn. 21; LK/Schäfer § 229 Rdn. 20.

§ 240 Rdn. 68; S/S-Lenckner

§ 240

497

Palandt/Heinrichs § 229 Rdn. 9. („Straßenverkehrsgefährdung"); Soergel/Fahse § 229 Rdn. 24; Staudinger/Dilcher § 229 Rdn. 26. 498

LK/Schäfer

§ 123 Rdn. 1; Ebert/Ehses/Foerster/Otto-Ebert,

Rdn. 96.

499

LK/Schäfer § 123 Rdn. 1; S/S-Lenckner § 123 Rdn. 21; SK/Rudoplhi § 123 Rdn. 17; Mahlberg, S. 175; Kalleicher, ZAD-Studie „Hausrecht/Strafantrag/vorläufige Festnahme/Fangprämien", S. 1; Vahle, NWB 1993, S. 1967 (1972) = Fach 30, S. 883

(888). 500

S/S-Lenckner § 123 Rdn. 21; SK/Rudolphi

§ 123 Rdn. 17; Mahlberg, S. 183f.

D. Zusammenfassende Betrachtung der Rechtsgrundlagen

501

zu erteilen. 501 Als Beispiele aus der Tätigkeit von Kaufhausdetektiven können das Gebot, ein Geschäft nur nach Passieren einer Kontrolleinrichtung zu verlassen, das Verweisen eines Ladendiebes aus den Geschäftsräumen sowie das Verbot, das Geschäft vor Ablauf eines bestimmten Zeitraumes wieder zu betreten, genannt werden. Bei einer Verletzung des Hausrechts kann sich der Berechtigte mit den in den allgemeinen Notrechten vorgesehenen Mitteln wehren, wobei insbesondere Notwehr zur Abwehr eines Hausfriedensbruchs in Betracht kommt.

D. Zusammenfassende Betrachtung der Rechtsgrundlagen Aus der Untersuchung der Rechtsgrundlagen ergibt sich, daß sich keine Regel aufstellen läßt, die besagt, daß bestimmte Interessen bestimmte Eingriffe rechtfertigen. Ein Schema auskunftei- und detekteitypischer Tätigkeiten, die regelmäßig rechtmäßig sind, kann angesichts der Vielzahl der zu berücksichtigenden Abwägungskriterien nicht entworfen werden. Soweit einzelne Abwägungskriterien bei typischen Aufgaben von Auskunfteien und Detekteien immer wieder heranzuziehen sind, bedeutet dies zudem nicht, daß sie auch stets mit dem gleichen Gewicht in die Abwägung einfließen. Werden Auskunfteien und Detekteien aufgrund eines berechtigten Interesses tätig, besteht über die verschiedenen Normen hinaus Einigkeit, daß ein berechtigtes Interesse mehr verlangt als ein bloßes Interesse und weniger voraussetzt als ein rechtliches Interesse. 502 Die konkreten Anforderungen an das berechtigte Interesse sind jedoch entsprechend den unterschiedlichen Interessenlagen und Normzwecken bei den verschiedenen Vorschriften unterschiedlich ausgestaltet. Nur bei einigen bereichsspezifischen Ausnahmen hat sich die Rechtsprechung dabei soweit verdichtet, daß

501

Ebert/Ehses/Foerster/Otto-Ebert, Rdn. 97; Vahle, NWB 1993, S. 1967 (1972) = Fach 30, S. 883 (888); gegen die Übertragbarkeit des Rechtes ein Hausverbot auszusprechen: Mahlberg, S. 181, der damit jedoch die Dispositionsbefugnis des Haus rechtsinhabers unnötig einengt, obwohl er betont, daß der Inhaber des Hausrechts „grundsätzlich nach eigenem Belieben die Grenzen definieren darf* (S. 184). 502

Medert/Süßmuth/Dette-Koch § 21 MRRG Rdn. 29; für § 12 GBO: Meikel/Böttcher § 12 Rdn. 3; Böhringen Rpfleger 1987, S. 181 (183).

502

5. Kap.: Rechtsgrundlagen für das Tätig werden des Auskunftsgewerbes

von einigermaßen vorherbestimmbaren Ergebnissen gesprochen werden kann. Großenteils bewegt man sich bei der Bestimmung des berechtigten Interesses und der Abwägung „ohnehin im Bereich des nur meinungsmäßig Richtigen". 503 Allerdings gilt diese treffende Formulierung nur für bestimmte zweifelhafte Abwägungsfälle, entbindet keinesfalls von einer sorgfältigen Abwägung und entlastet nicht von einer offensichtlichen Fehleinschätzung.

503

Zeiss , ZZP 89 (1976), S. 377 (397).

Sechstes Kapitel

Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien Den Gegenstand der gewerberechtlichen Untersuchung bilden der gewerberechtliche Status von Auskunfteien und Detekteien, der Zugang zum Gewerbe, die Gewerbeüberwachung und die Abgrenzung zum Bewachungsgewerbe. Darzustellen sind zunächst wertungsfrei die Voraussetzungen, unter denen ein Auskunftsgewerbe ausgeübt werden kann, und welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, das ausgeübte Gewerbe der notwendigen Kontrolle zu unterziehen. Anschließend1 ist dann zu untersuchen, ob die nahezu voraussetzungslose Möglichkeit eine Auskunftei oder Detektei zu gründen sowie die rechtlich möglichen und tatsächlich durchgeführten gewerberechtlichen Kontrollen den Besonderheiten des Auskunftsgewerbes gerecht werden.

A. Gewerberechtlicher Status von Auskunftsunternehmen I. Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gewerbes Der Begriff des Gewerbes ist in der Gewerbeordnung weder positiv noch negativ definiert, doch hat sich in Rechtsprechung und Literatur ein allgemein anerkannter Gewerbebegriff herausgebildet. Danach ist Gewerbe jede erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete, selbständige Tätigkeit, die fortgesetzt und nicht nur gelegentlich ausgeübt wird mit Ausnahme der Urproduktion, der Verwaltung eigenen Vermögens, wissenschaftlicher, künstlerischer und schriftstellerischer Berufe sowie persönlicher Dienstleistungen höherer Art. 2 1

Kap. 7.

2 BVerwG, NJW 1977, S. 772 -Urteil vom 24.06.1976- I C 56/74; Landmann/ Rohmerl-Kahl § 1 Rdn. 3; Sieg/Leifermann/Tettinger § 1 Rdn. \\Frotscher , § 91; Stober,

504

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

Die Gewerbeeigenschaft von Auskunfteien und Detekteien ergibt sich schon aus deren ausdrücklicher Nennung in § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO, so daß auf die Merkmale des Gewerbebegriffs nur insoweit einzugehen ist, als sich für Auskunfteien und Detekteien Besonderheiten ergeben. Ein Kennzeichen gewerblicher Tätigkeit ist die selbständige Ausübung. Selbständig tätig ist, wer auf eigene Rechnung und auf eigene Gefahr nach außen im eigenen Namen auftritt und im Innenverhältnis in persönlicher und sachlicher Unabhängigkeit eigene Verantwortung trägt. 3 Das Begriffsmerkmal „selbständig" dient zur Abgrenzung gegenüber dem Stellvertreter des Gewerbetreibenden (§45 GewO) und gegenüber dem Gewerbegehilfen (§§ 105ff. GewO), die unselbständig tätig sind.4 Insofern ist nur der Auskunftei- bzw. Detekteiunternehmer als Gewerbetreibender anzusehen. Von einer gewerblichen Tätigkeit läßt sich nur sprechen, wenn die Tätigkeit der Erzielung von Einkünften dient. Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht grenzt die Auskunfteien von den Kreditschutzgemeinschaften ab, die auf der Basis von Selbstkostenbeiträgen Auskünfte weitergeben. Bei der Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien liegt keines der negativen Merkmale des Gewerbebegriffes vor. Insbesondere handelt es sich nicht um persönliche Dienstleistungen höherer Art. 5 Persönliche Dienstleistungen höherer Art setzen nämlich im Gewerberecht nach einhelliger Auffassung 6 eine höhere Bildung voraus. Teilweise wird sogar eine „spezifische, grundsätzlich akademische Ausbildung" verlangt.7 Als Beispiele werden regelmäßig Ärzte, Anwälte, Notare, Architekten, Steuerberater oder

Lehrbuch, § 45 III. Diese Definition bezieht sich allerdings nur auf das Gewerberecht; einen einheitlichen Gewerbebegriff, der für alle Rechtsmaterien gilt, gibt es nicht. 3

BVerwG, GewArch 1977, S. 14 -Urteil vom 30.09.1976- I C 32.74; Landmann/ Rohmerl-Kahl Einl. Rdn. 35; Sieg/Leifermann/Tettinger § 1 Rdn. 6. 4

Stober, Lehrbuch, § 45 I I I 2 c.

5

Vgl. aber Kap. 4 C I 2 zu dem Verständnis des Begriffes „Dienste höherer Art" in § 627 Abs. 1 BGB. 6

BVerwG, GewArch 1976, S. 293 (294) -Urteil vom 24.06.1976- I C 56.74; BVerwG, DVB1 1987, S. 1075 -Urteil vom 01.07.1987- 1 C 25.85; Friauf§ 1 Rdn. 94; Sieg/Leifermann/Tettinger § 1 Rdn. 9; Jarass, § 18 Rdn. 21; Stober, Lehrbuch, § 45 III 3 d. 7 So ausdrücklich Friauf§ vom 01.07.1987- 1 C 25. 85.

1 Rdn. 95; ebenso BVerwG, DVB1 1987, S. 1075 -Urteil

A. Gewerberechtlicher Status von Auskunftsunternehmen

505

Wirtschaftsprüfer genannt.8 Betreiber von Auskunfteien und Detekteien benötigen keinerlei Ausbildung; ihre Tätigkeit entspricht folglich nicht einer persönlichen Dienstleistung höherer Art.

II. Ausübung als stehendes Gewerbe Die Tätigkeit der Auskunfteien und Detekteien erfolgt als stehendes Gewerbe. Der Begriff des „stehenden Gewerbes" wird in der Gewerbeordnung nicht legaldefiniert. Eine negative Begriffsbildung läßt sich jedoch anhand der Systematik der Gewerbeordnung vornehmen. So ergibt sich aus einer Zusammenschau der §§ 14, 55 und 64ff. GewO folgende Negativdefinition: Das stehende Gewerbe umfaßt all die gewerblichen Tätigkeiten, die weder dem Reisegewerbe noch dem Messe-, Ausstellungs- und Marktwesen zuzuordnen sind.9 Diese Definition folgt aus der Einteilung der Titel der Gewerbeordnung, die zwischen dem „stehenden Gewerbe" (Titel II = §§ 14ff. GewO), dem „Reisegewerbe" (Titel III = §§ 55ff. GewO) und den „Messen, Ausstellungen und Märkten" (Titel IV = §§ 64ff. GewO) unterscheidet. Eine weitergehende inhaltliche Abgrenzung des stehenden Gewerbes vom Reisegewerbe enthält § 55 Abs. 1 GewO, nach dem ein Reisegewerbe betreibt, „wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§42 Abs. 2 GewO) oder ohne eine solche zu haben" bestimmte gewerbliche Tätigkeiten vornimmt. Aus einem Umkehrschluß zu § 55 GewO ergibt sich, daß jedenfalls solche gewerblichen Tätigkeiten, die innerhalb einer gewerblichen Niederlassung ausgeübt werden, als stehendes Gewerbe anzusehen sind.10 Typischerweise wird das stehende Gewerbe also von einem Büro, Laden oder Handwerksbetrieb aus wahrgenommen. Unbedingt erforderlich ist dies jedoch nicht. Als gewerbliche Niederlassung genügt auch eine räumlich bestimmte Stelle, etwa eine Wohnung, wenn sie als Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit dient.11 Aus

8

Jarass, § 18 Rdn. 21; Stober, Lehrbuch, § 45 III 3 d.

9

Landmann/Rohmer I-Marcks § 14 Rdn. 24; Jarass, § 18 Rdn. 39; Stober, Handbuch, § 102 I 1. 10

Vgl. Landmann/Rohmer I-Marcks § 14 Rdn. 24.

11

Stober, Handbuch, § 102 I 1; ders., Lehrbuch, § 46 I 1.

506

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

einem weiteren Umkehrschluß zu § 55 GewO folgt nämlich, daß alle gewerblichen Tätigkeiten, die zwar außerhalb einer gewerblichen Niederlassung aber auf vorhergehende Bestellung vorgenommen werden, nicht zum Reisegewerbe und daher - sofern es sich nicht um Tätigkeiten nach §§ 64ff. GewO handelt - zum stehenden Gewerbe zu rechnen sind, ohne Rücksicht darauf, ob der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung besitzt oder nicht. Erforderlich ist lediglich ein sogenannter gewerblicher Mittelpunkt, von dem aus das Gewerbe betrieben wird. 12 Zudem sieht § 42 Abs. 1 GewO vor, daß das stehende Gewerbe auch außerhalb der Räume der gewerblichen Niederlassung ausgeübt werden darf, ohne daß aus dem stehenden Gewerbe ein Reisegewerbe wird. Die für das Vorliegen eines stehenden Gewerbes genannten Voraussetzungen treffen auf Auskunfteien und Detekteien zu, da ihre Tätigkeiten regelmäßig von einem Büro, als gewerblichem Mittelpunkt, aus wahrgenommen werden.

B. Zugang zum Gewerbe Voraussetzungen für den Zugang zum Auskunftei- und Detekteigewerbe bestehen nicht. Erforderlich ist lediglich eine Anzeige nach § 14 Abs. 1 GewO. Vorschriften über eine Ausbildung und Schulung des Gewerbetreibenden oder den Nachweis bestimmter Kenntnisse als Voraussetzung für den Beginn der Tätigkeit existieren nicht.

I. Anzeigepflicht gemäß § 14 Abs. 1 GewO Die Anzeigepflicht nach § 14 GewO trifft alle Betriebe des stehenden Gewerbes, unabhängig davon, ob es sich um erlaubnisfreie oder um erlaubnispflichtige Tätigkeiten handelt und ob die Tätigkeit in der Gewerbeordnung oder in gewerberechtlichen Nebengesetzen geregelt ist. Neben der Anzeigepflicht aus § 14 GewO können weitere besondere Anzeigepflichten bestehen.13 Für das Auskunftsgewerbe, das keine spezielle Regelung in 12 BVerwG, GewArch 1979, S. 96 -Urteil vom 27.10.1978- 1 C 5.75; Landmann/ Rohmer I-Marcks § 14 Rdn. 24; vgl. auch LUck, S. 10. 13

Etwa aus §§ 16 Abs. 2; 18 HwO; § 4 Abs. 2 GaststättenG; § 11 TierschutzG; § 7 HeimG oder §§ 93, 97, 200 i. V. m. § 150 AO; vgl. Stober, Handbuch, § 102 I 2.

B. Zugang zum Gewerbe

507

einem gewerberechtlichen Nebengesetz erfahren hat, ist dies jedoch nicht der Fall. Voraussetzungen und Durchführung der Anzeigepflicht sind weitestgehend in Verwaltungsvorschriften der Länder 14 niedergelegt, die beim Vollzug der §§ 14, 15 und 55c GewO sowie der Gewerbeanzeigen-Verordnung15 zu beachten sind. 1. Anzeigepflichtige Tätigkeiten und Vorgänge § 14 Abs. 1 GewO statuiert die Voraussetzungen für eine Anzeigepflicht, die dann gegeben sind, wenn bei dem selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes, einer Zweigniederlassung oder einer unselbständigen Zweigstelle (= anzeigepflichtige Tätigkeiten) der Beginn des Betriebes, dessen Verlegung, ein Wechsel oder eine Erweiterung des Geschäftsgegenstandes oder eine Betriebsaufgabe (= anzeigepflichtige Vorgänge) vorgenommen werden. Auf diese anzeigepflichtigen Tätigkeiten und Vorgänge ist insoweit einzugehen, als sie Bedeutung für Auskunfteien und Detekteien haben. Der Begriff der unselbständigen Zweigstelle umfaßt jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines stehenden Gewerbes dient oder die Abwicklung der von der Hauptniederlassung aus geschlossenen Geschäfte erleichtern soll. 16 Hierunter fallen etwa die Vertretungen von Detek14

Vgl. etwa die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr für die Behandlung von Anzeigen nach den §§14 und 55c der Gewerbeordnung (GewAnzVwV) des Landes Baden-Württemberg vom 22.11.1985 (GABI S. 1156). Die GewAnzVwV enthält in kommentierender Form Erläuterungen über die gewerberechtliche Anzeigepflicht, die teilweise aus Rechtsprechung und Literatur übernommen wurden, teilweise aber nun auch umgekehrt von Rechtsprechung und Literatur herangezogen werden. Vgl. zu den weiteren landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften für die Behandlung von Anzeigen nach den §§14 und 55c der Gewerbeordnung Kap. 7 B I V 2 c cc. 15

Verordnung über die Anzeigen nach § 14 und § 55c der Gewerbeordnung (Gewerbeanzeigen-Verordnung - GewAnzV) vom 19.10.1979, BGBl I S. 1761ff. Die GewAnzV enthält lediglich Bestimmungen über die Art der Anzeigenvordrucke. 16

Vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr für die Behandlung von Anzeigen nach den §§14 und 55c der Gewerbeordnung (GewAnzVwV) des Landes Baden-Württemberg vom 22.11.1985 (GABI S. 1156), Nr. 3.2; OLG Düsseldorf, GewArch 1983, S. 331 (332) -Beschluß vom 05.07. 1983- 5 Ss (OWi) 244/83 - 202/83 I; Sieg/Leifermann/Tettinger § 14 Rdn. 7; Robinski, S. 42.

508

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

teien in anderen Städten, die zur Entgegennahme von Aufträgen und Durchführung von Ermittlungen vor Ort vorgesehen sind. Die Geschäftsaufnahme einer solchen Stelle löst also die Anzeigepflicht des § 14 Abs. 1 GewO aus. Eine Anzeigepflicht entsteht auch, wenn Detekteien als weitere Dienstleistung den Personenschutz anbieten, denn dies ist als Betriebserweiterung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 2. Alt. GewO anzusehen. Eine Betriebserweiterung umfaßt Änderungen des Angebotes auf nichtgeschäftsübliche Waren oder die Hinzunahme eines weiteren Gewerbes. Die Angebotserweiterung um den Personenschutz stellt die Hinzunahme eines weiteren Gewerbes dar, denn Personenschutzaufgaben unterfallen dem Bewachungsgewerbe im Sinne des § 34a GewO, dessen Ausübung zudem erlaubnispflichtig ist. 17 2. Rechtsnatur und Wirkung der Anzeige Die Gewerbeanzeige begründet weder Rechte noch Pflichten des Gewerbetreibenden und berührt nicht seinen gewerberechtlichen Status. Die Gewerbeanzeige besagt insbesondere nicht, daß das Gewerbe ordnungsgemäß ausgeübt wird. 18 § 14 GewO kann insofern als „wertneutrale Ordnungsvorschrift" verstanden werden. 19 Aus ihrem Charakter als bloße Ordnungsvorschrift ergibt sich auch, daß bei einem Verstoß gegen die in ihr normierte Anzeigepflicht die Gewerbeausübung selbst nicht rechtswidrig wird. 20 Deshalb kann die Behörde bei unterbliebener Anzeige auch nicht die Fortsetzung des Gewerbes unterbinden, wohl aber die Erstattung der Anzeige mit Mitteln der VerwaltungsVollstreckung erzwingen. 21 Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluß aus § 15 Abs. 2 GewO, wonach nur die Fortsetzung genehmigungsbedürftiger Betriebe verhindert werden darf. 22 17

Vgl. dazu Kap. 6 D.

« BGH, GewArch 1964, S. 55 -Urteil vom 29.05.1963- Ib ZR 155/61; im Ergebnis auch OVG Münster, GewArch 1964, S. 29 (30) -Urteil vom 25.09.1963- IV A 278/62 mit zustimmender Anmerkung BrockU GewArch 1964, S. 30; Sieg/Leifermann/Tettinger Rdn. 16; Stober, Handbuch, § 102 I 2. 19

Formulierung bei Friauf/Heß

§ 14 Rdn. 35a und Stober, Handbuch, § 102 I 2.

20

Sieg/Leifermann/Tettinger

§ 14 Rdn. 18.

21

Friauf/Heß

22

Stober, Handbuch, § 102 I 2.

§ 14 Rdn. 35; Sieg/Leifermann/Tettinger

§ 14

§ 14 Rdn. 18; Robinski, S. 46.

509

B. Zugang zum Gewerbe

Dennoch sind an die Erfüllung der Anzeigepflicht aus § 14 Abs. 1 GewO rechtliche und tatsächliche Folgen geknüpft. So wird durch die Anzeige eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 146 GewO vermieden.23 Je nachdem, ob eine gewerbliche Betätigung eine besondere Vertrauenswürdigkeit des Gewerbetreibenden erfordert, oder ob gar konkrete Verdachtsmomente für eine mögliche Unzuverlässigkeit gegeben sind, kann die Anzeige einen Anlaß für die alsbaldige Überprüfung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden geben.24 Nach Eingang der Anzeige sorgt die Gewerbebehörde außerdem für die interne Benachrichtigung anderer amtlicher Stellen, deren Aufgabenbereiche von der Gewerbeanzeige betroffen sind.25 Schließlich bescheinigt die zuständige Behörde innerhalb von drei Tagen den Empfang der Anzeige (§15 Abs. 1 GewO). Diese Bescheinigung soll dem Gewerbetreibenden die Gewißheit geben, daß seine Anzeige ordnungsgemäß erfolgt ist. 26 Sie ist indes keine Genehmigung, hat somit keine Regelungsfunktion, sondern nur die Funktion einer Bestätigung der Anmeldung.27 3. Erfüllung der Anzeigepflicht Die Anzeigepflicht entsteht nach § 14 Abs. 1 GewO „gleichzeitig" mit Erfüllung des meldepflichtigen Tatbestandes. Für ihre Erstattung ist dem Anzeigepflichtigen eine angemessene Frist einzuräumen.28 Sie hat aber unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, zu erfolgen. 29 Welche Behörde sachlich zur Entgegennahme der Gewerbeanzeige zuständig ist, wird nach § 155 Abs. 2 GewO durch Landesrecht bestimmt. Die 23

Sieg/Leifermann/Tettinger

24

Landmann/Rohmer I-Marcks § 14 Rdn. 7; Robinski, S. 45.

§ 14 Rdn. 14.

25

Regelmäßig sind dies die Finanzämter, die für den Arbeitsschutz zuständigen Gewerbeaufsichtsämter, die Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern, die Berufsgenossenschaften und ggf. die Ausländerbehörden; vgl. Robinski, S. 45. 26

BVerwGE 38, S. 160 (161) -Urteil vom 08.06.1971- 1 C 40.70; Fröhler/Kormann § 15 Rdn. 1; Robinski, S. 44. 27

Stober, Handbuch, § 102 I 2. Demnach stellt die Empfangsbescheinigung auch keinen Verwaltungsakt dar. 28

Friauf/Heß § 14 Rdn. 10; Fröhler/Kormann Tettinger § 14 Rdn. 15. 29

Friauf/Heß

§ 14 Rdn. 17; Sieg/Le if ermann/

§ 14 Rdn. 10; Sieg/Leifermann/Tettinger

§ 14 Rdn. 15.

510

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

landesrechtlichen Zuständigkeiten sind sehr unterschiedlich und in der überwiegenden Anzahl der Bundesländer auf verschiedene Gesetze und Verordnungen verteilt. 30 Örtlich zuständig ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 GewO die Behörde, in deren Bezirk der anzeigepflichtige Vorgang stattfindet. Die formellen Anforderungen an die Anzeige bestimmen sich nach der gemäß § 14 Abs. 4 GewO vom Bundesminister für Wirtschaft erlassenen GewAnzV.31 4. Folgen der Nichterfüllung der Anzeigepflicht Erfüllen Gewerbetreibende ihre Anzeigepflicht nicht, sind sie von der zuständigen Behörde unter Hinweis auf die Bußgeldvorschriften und unter Fristsetzung aufzufordern, die Anzeige nachzuholen.32 Bei Erfolglosigkeit der Aufforderung besteht die Möglichkeit die Erfüllung der Anzeigepflicht durch Verwaltungszwang durchzusetzen, und es kommt die Einleitung eines Bußgeldverfahrens in Betracht. Die Unterlassung der Anzeige berechtigt die Behörden, sofern kein erlaubnispflichtiges Gewerbe vorliegt, - wie dargestellt - 3 3 aber nicht zur Verhinderung des Betriebes.34 Dies gilt nicht nur für Maßnahmen der Gewerbebehörden, sondern auch für polizeiliche Maßnahmen. Die Polizeibehörden können also nicht etwa zur Unterbindung einer Ordnungswidrigkeit nach § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO eine Betriebsschließung anordnen, da die Ordnungswidrigkeit nicht im Betrieb des Gewerbes, sondern allein in der Unterlassung der Anzeige liegt. 35 Bei der zwangsweisen Durchsetzung der Anzeigepflicht fordert die Behörde den Anzeigepflichtigen auf, die bis dahin unterlassene oder unvoll30

Vgl. dazu Sieg/Leifermann/Tettinger § 155 Rdn. 4. Zu den in den einzelnen Bundesländern getroffenen Regelungen vgl. die Übersicht bei Landmann/Rohmer I-Marcks § 14 Rdn. 50. Die für die Durchführung des § 14 GewO zuständigen Stellen sind darüber hinaus den allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Behandlung von Anzeigen nach den §§ 14, 55c der Gewerbeordnung zu entnehmen; vgl. zu den einzelnen landesrechtlichen Regelungen Kap. 7 B IV 2 c cc. 31

Vgl. Kap. 6 B I .

32

Landmann/Rohmer I-Marcks § 14 Rdn. 45; Frotscher,

33

Kap. 6 B I 2 .

§ 9 IV.

34

BGH, GewArch 1964, S. 55 -Urteil vom 29.05.1963- I b ZR 155/61; Stoben Handbuch, § 102 I 2. 35

Vgl. Friauf/Heß

§ 14 Rdn. 35; Fröhler/Kormann

§ 14 Rdn. 31.

B. Zugang zum Gewerbe

511

ständig erstattete Anzeige innerhalb einer bestimmten Frist ordnungsgemäß vorzunehmen.36 Eine besondere Rechtsgrundlage ist für eine solche Verfügung nicht erforderlich, vielmehr ist aus § 14 Abs. 1 GewO selbst ableitbar, daß die Behörde von demjenigen die Ausführung der gesetzlichen Regelung durch Verwaltungsakt verlangen kann, der ihr pflichtwidrig bislang nicht nachgekommen ist. 37 Die Befolgung der Verfügung kann mit den Zwangsmitteln der Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder 38 erzwungen werden. Diese Zwangsmaßnahmen können auch neben einem Ordnungswidrigkeitenverfahren getroffen werden. 39 Gemäß § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO begeht eine Ordnungswidrigkeit, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 14 Abs. 1 bis 3 GewO eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet. Der Bußgeldrahmen reicht gemäß § 146 Abs. 3 GewO bis zu zweitausend Deutsche Mark.

36

Friauf/Heß

§ 14 Rdn. 35.

37 BVerwG, DVB1 1987, S. 1075 -Urteil vom 01.07.1987- 1 C 25.85; BVerwG, GewArch 1976, S. 293 (294) -Urteil vom 24.06.1976-1 C 56.74; Friauf/Heß § 14 Rdn. 35; Frotscher § 9 IV; Stober, NJW 1990, S. 1335 (1339).

38 § 19 VwVG BW; Art. 29 BayVwZVG; § 9 BlnVwVG; § 17 VwVG BB; § 13 BremVwVG; § 14 HmbgVwVG; §§ 74ff. Hess VwVG; Art. 3 Abs. 4 EGVwR M V i. V. m. § 9 VwVG (Bund); § 70 NVwVG i. V. m. § 43 NdsSOG; § 57 VwVG NW; § 62 LVwVG RhPf; § 13 SVwVG; § 19 SächsVwVG; § 109 SOG LSA i. V. m. § 70 NVwVG i. V. m. § 43 NdsSOG; § 235 LVwG SchlH; § 30 ThürVwZVG. 39

Zur Erzwingung von Handlungen oder Unterlassungen dürfen nämlich auch dann Zwangsmittel eingesetzt werden, wenn die zu erzwingende Handlung oder Unterlassung schon durch eine allgemeine Strafvorschrift unter Strafe gestellt oder im Einzelfall tatsächlich schon bestraft ist. So ausdrücklich Art. 36 Abs. 6 BayVwZVG; § 13 Abs. 6 BlnVwVG; § 17 Abs. 2 VwVG BB; § 17 Abs. 6 BremVwVG; § 15 Abs. 2 HmbgVwVG; § 71 Abs. 3 Hess VwVG; Art. 3 Abs. 4 EGVwR M V i. V. m. § 13 Abs. 6 VwVG (Bund); § 70 NVwVG i. V. m. § 43 Abs. 3 NdsSOG; § 57 Abs. 3 VwVG NW; § 62 Abs. 3 LVwVG RhPf; § 13 Abs. 3 SVwVG; § 109 SOG LSA i. V. m. § 70 NVwVG i. V. m. § 43 Abs. 3 NdsSOG; § 235 Abs. 2 LVwG SchlH; § 37 Abs. 4 ThürVwZVG. Für die Zulässigkeit dieses Verfahrens auch: BVerwG, GewArch 1976, S. 293 (294) -Urteil vom 24.06.1976- IC 56.74; Engelhardt/App § 13 Anm. 5 c; Friauf/Heß § 14 Rdn. 35; Fröhler/Kormann Rdn. 30; Landmann/Rohmer I-Marcks § 14 Rdn. 45; Sieg/Leifermann/Tettinger Rdn. 18; Robinski, S. 46.

§ 14 § 14

512

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

I I . Praxis der Gewerbeanmeldung Um die Anzeigepflicht für eine Auskunftei oder Detektei zu erfüllen, reicht es aus, bei der zuständigen Behörde ein stehendes Gewerbe anzumelden und die dafür vorgesehene Gebühr zu entrichten. Bei bestimmten Gewerbetreibenden, an deren Vertrauenswürdigkeit besondere Anforderungen zu stellen sind - dazu zählen auch Auskunfteien und Detekteien - sind die zuständigen Behörden nach einem von den Wirtschaftsministern (-Senatoren) der Länder gemeinsam erarbeiteten Musterentwurf für eine bundeseinheitliche Verwaltungsvorschrift gehalten, von Amts wegen ein Führungszeugnis und eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister einzuholen.40 Allerdings sind die Bundesländer dem Musterentwurf nicht einheitlich gefolgt. 41 Es finden sich vielmehr folgende unterschiedliche Regelungen: Die Verwaltungsbehörde hat in der Regel von Amts wegen ein Führungszeugnis für Behörden (§31 BZRG) sowie eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister (§ 150a Abs. 1 Nr. 2 lit. b GewO) einzuholen. Die Verwaltungsbehörde hat immer ein Führungszeugnis und eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister einzuholen. Eine Regelung in der GewAnzVwv bezüglich der Zuverlässigkeitsprüfung unmittelbar nach Gewerbeaufnahme wurde nicht getroffen. Es wurde überhaupt keine GewAnzVwv erlassen. Sofern im Führungszeugnis oder in der Auskunft aus dem Gewerbezentralregister Eintragungen vorhanden sind, die auf die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden schließen lassen, sind gegen den Betroffenen die für die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die Dauer des Überprüfungsverfahrens hängt davon ab, ob sich den Registeranfragen ein Gewerbeuntersagungsverfahren anschließt oder nicht. Das Führungszeugnis und die Gewerbezentralregisterauskünfte liegen nach Auskünften verschiedener Gewerbeämter nach zwei bis vier Wochen vor. 42 Wird ein Gewerbeuntersagungsverfahren nach § 35 GewO durchge-

40

Vgl. Landmann/Rohmer Ii-Mareks Nr. 12 Rdn. 1.

41

Vgl. Kap. 7 B IV 2 c cc.

42

Schreiben verschiedener Gewerbeämter an den Verfasser: Bremen, Stadtamt (vom 07.10.1993, Az.: 051-200/Vil): 2 Wochen; Frankfurt/M., Ordnungsamt (vom 27.09.1993, Az.: 32.22.2.4. Be.): etwa 1 Monat; Hamburg, Bezirksamt Eimsbüttel, Wirtschafts- und Ordnungsamt (vom 01.10.1993, Az.: -E/WI 20-): 2 bis 3 Wochen; Hannover, Ordnungs-

C. Gewerbeüberwachung

513

führt, und legt der Betroffene gegen die Verwaltungsentscheidung Rechtsmittel ein, kann das Verfahren nach verwaltungsbehördlichen Erfahrungswerten zwischen einem halben und drei Jahren dauern.43

C. Gewerbeüberwachung Die Gewerbeüberwachung oder Gewerbeaufsicht ist ein Teil der Wirtschaftsüberwachung und zwar ihrer funktionalen Qualifizierung entsprechend die auf das Gewerberecht beschränkte staatliche Aufsicht. 44 Unter Wirtschaftsüberwachung versteht man eine Beobachtung und Beeinflussung des Wirtschaftslebens durch staatliche Eingriffe und sonstige Maßnahmen, um von der wirtschaftlichen Betätigung ausgehende Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuwehren, eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, Vorsorge zur Gefahrenvermeidung zu treffen und die Einhaltung wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Vorschriften insgesamt zu kontrollieren. 45 Ausgangspunkt der Gewerbeüberwachung ist die in Art. 12 GG verfassungsrechtlich und in § 1 GewO einfachgesetzlich verankerte Gewerbefreiheit, nach der grundsätzlich die Freiheit besteht, ohne staatliche Genehmigung und ohne staatliche Hindernisse ein Gewerbe aufnehmen und betreiben zu dürfen. Ausnahmen in Form von Zugangsbeschränkungen und Beaufsichtigungen des laufenden Betriebes bedürfen daher einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung oder Ermächtigung. Solche Ausnahmen bestehen allerdings in großer Zahl und betreffen sowohl die Zulassung zum Gewerbe als auch die Überwachung des laufenden Betriebes.46 Die für Auskunfteien und Detekteien geltenden Regelungen werden im folgenden vorgestellt.

amt (vom 29.10.1993, Az.: 32.21 Mi/Pr): etwa 3 Wochen; München, Kreisverwaltungsreferat - Hauptabteilung III (vom 08.10.1993, Az.: KVRIII/121 Ha/ple): etwa 3 Wochen. 43

Schreiben der Stadt Duisburg, Ordnungsamt an den Verfasser vom 29.11.1993, Az.: 32-11 Fo. 44

Vgl. Mösbauer, S. 169.

45

Stoben Handbuch, § 50 IV; ders., Lehrbuch, § 28 II.

46

Püttnen S. 82.

33 Peilert

514

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

I. Aufsichts- und Kontrollinstrumentarium nach den landesrechtlichen Verordnungen Nach § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO können die Landesregierungen Verordnungen zur gewerberechtlichen Überwachung von Auskunfteien und Detekteien erlassen. Überwiegend haben die Bundesländer von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht.47 Zweck der gemäß § 38 GewO erlassenen ÜberwachungsVerordnungen ist zunächst - wie allgemein bei der Gewerbeaufsicht - die Aufsichtsbehörde in die Lage zu versetzen, die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen über die in ihrem Bezirk ansässigen Gewerbetriebe zu erhalten und etwaige Mängel aufzudecken. Die Überwachung dient des weiteren dem

47

Bayern: Landesverordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien (Auskunftei- und Detekteiverordnung - AuskDetV) vom 19.10.1964 (GVB1 S. 188), geändert durch Verordnung vom 20.05.1985 (GVB1 S. 185); Brandenburg: Verordnung über den Gebrauchtwaren-, Edelmetall- und Altmetallhandel, über Auskunfteien, Detekteien und Reisebüros vom 04.12.1991 (GVB1 1992 II S. 6); Bremen: Verordnung über den Gebrauchtwaren-, Edelmetall- und Altmetallhandel, über Auskunfteien, Detekteien, Reisebüros und die Vermittlung von Eheschließungen vom 12.07.1993 (GBl S. 234); Hamburg: Verordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht der Auskunfteien und Detekteien (Auskunftei- und Detekteiverordnung) vom 23.06.1964 (GVB1 S. 150); Hessen: Verordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien (Auskunftei- und Detekteiverordnung) vom 18.01.1965 (GVB11S. 25), geändert durch Verordnung vom 16.12.1974 (GVB11S. 672, 680); Nordrhein-Westfalen: Verordnung über den Gebrauchtwaren-, Edelmetall- und Altmetallhandel, über Auskunfteien, Detekteien, Reisebüros und die Vermittlung von Eheschließungen vom 11.06.1985 (GV S. 466), ergänzt durch Verordnung vom 05.06.1990 (GV S. 327); Saarland: Verordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien (Auskunftei- und Detekteiverordnung) vom 25.06.1964 (ABl Nr. 46/1964 S. 528), geändert durch Gesetz Nr. 982 vom 05.12.1973 (ABl 1974 S. 33); Sachsen-Anhalt: Verordnung über den Gebrauchtwaren-, Edelmetall- und Altmetallhandel, über Auskunfteien, Detekteien, Reisebüros und die Vermittlung von Eheschließungen vom 03.06.1992 (GVB1 S. 426); Schleswig-Holstein: Auskunftei- und Detekteiverordnung (Verordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien) vom 20.04.1964 (GVOB1 S. 41). Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen haben keine Verordnung erlassen. In Baden-Württemberg wurde die Auskunftei- und Detekteiverordnung vom 09.03.1964 (GBl S. 202) durch Verordnung vom 19.03.1984 (GBl S. 281) aufgehoben. In Niedersachsen wurde die Auskunftei- und Detekteiverordnung vom 18.02.1977 (GVB1 S. 40) durch Verordnung vom 05.05.1986 (GVB1 S. 138) aufgehoben.

C. Gewerbeüberwachung

515

Zweck, Nachlässigkeiten und Mängel in dem Gewerbebetrieb erst gar nicht aufkommen zu lassen.48 Ferner soll durch die Kontrollmöglichkeiten der aufgrund von § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO erlassenen Verordnungen auch die Prüfung, ob der Gewerbetreibende die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, erleichtert werden. 49 Nach den inhaltlich weitgehend übereinstimmenden Verordnungen können zur Überwachung von Auskunfteien und Detekteien die Verpflichtung zur Buchführung, zur Erteilung von Auskünften an die Aufsichtsbehörden und zur behördlichen Nachschau festgelegt werden. Für diese einzelnen Überwachungsmöglichkeiten gibt es allgemeine, von der konkreten Überwachungsmaßnahme unabhängige Grundsätze, wie die Überwachung durchzuführen ist. Danach sind bei Überwachungsmaßnahmen stets der gewerbeaufsichtsrechtliche Zweck der Überwachung und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.50 Nach dem erstgenannten Grundsatz müssen sich die einzelnen Überwachungsmaßnahmen an dem gewerbeaufsichtsrechtlichen Zweck der Kontrollvorschriften orientieren. Demzufolge ist es etwa unzulässig, die Geschäftsunterlagen von Auskunfteien oder Detekteien, für deren gewerberechtliche Unzuverlässigkeit keine Anhaltspunkte gegeben sind, ständig zu kontrollieren, um auf diesem Wege lediglich belastendes Material zur Strafverfolgung von Kunden des Gewerbetreibenden in die Hand zu bekommen.51 Kontrollmaßnahmen, die an sich vom Wortlaut der Verordnung gedeckt sind und auch im Rahmen des gewerberechtlichen Überwachungszweckes liegen, können schließlich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unzulässig sein. So dürfen die Behörden ihre Befugnisse nicht mißbräuchlich

4

* Janssen, GewArch 1967, S. 193 (196).

49

Landmann/Rohmer I-Schönleiter

50

Janssen, GewArch 1967, S. 193; vgl. auch Stober, Handbuch, § 50 V 2.

51

§ 38 Rdn. 2.

Janssen, GewArch 1967, S. 193 (195); nach der Fachlichen Weisung W/G Nr. 2/80 vom 26.03.1980 (Betreff: Auskunfteien und Detekteien) der Hamburgischen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft - Amt für Wirtschaft - an die Bezirksämter, Nr. 4.3.1 dürfen das Auskunftsverlangen und das Nachschaurecht grundsätzlich nicht dazu benutzt werden, etwaiges belastendes Material zur Strafverfolgung Dritter, das in keiner Beziehung zur Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden steht, zu erlangen.

516

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

ausüben, sie dürfen nichts Unzumutbares verlangen und sie sind gehalten, bei der Verfolgung des gewerberechtlichen Zwecks auf die Belange des Gewerbetreibenden Rücksicht zu nehmen, soweit dies möglich ist, ohne daß dadurch der sachgerechte Vollzug in Frage gestellt wird. 52 Zwar wird die Beurteilung damit zusammenhängender Fragen stets von dem konkreten Fall abhängen, aber einige allgemeingültige Regeln lassen sich dennoch aufstellen. So sind Überwachungsmaßnahmen unter Rücksichtnahme auf die Belange des Gewerbetreibenden möglichst so durchzuführen, daß hierdurch Ansehen und Ruf des Gewerbetreibenden keine vermeidbaren Einbußen erleiden.53 Daraus folgt, daß gewerberechtliche Kontrollen möglichst nicht in Gegenwart von Kunden des Gewerbetreibenden erfolgen sollen, denn allein die Tatsache einer behördlichen Nachschau kann bei außenstehenden Dritten einen negativen Eindruck hervorrufen. Das Bekanntwerden einer solchen Kontrolle kann für den Gewerbetreibenden zu unübersehbaren wirtschaftlichen Schäden führen. Dies gilt ganz besonders für Gewerbezweige, bei denen die Geschäftspartner besonderen Wert auf Diskretion legen, wie dies bei Auskunfteien und Detekteien der Fall ist. 54 Häufigkeit und Intensität der Überwachung hängen davon ab, ob gegen die ordnungsgemäße Gewerbeausübung bereits Bedenken bestehen, und ob es sich um allgemeine oder in ganz bestimmter Richtung gehende Bedenken handelt.55 Bei Zuwiderhandlungen gegen die auf § 38 GewO beruhenden Verordnungen besteht die Möglichkeit, zu deren Durchsetzung Zwangsmaßnahmen zu verhängen, ein Bußgeld nach dem Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 144 Abs. 2 Nr. 1 GewO festzusetzen oder eine Strafe nach § 148 Nr. 2 GewO zu verhängen. Ebenso wie bei einem Verstoß gegen die Anzeige-

52

Janssen, GewArch 1967, S. 193 (196).

53

Janssen, GewArch 1967, S. 193 (196).

54

Vgl. dazu Robinski, S. 82 und Janssen, GewArch 1967, S. 193 (197); siehe dazu die Fachliche Weisung W/G Nr. 2/80 vom 26.03.1980 (Betreff: Auskunfteien und Detekteien) der Hamburgischen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft - Amt für Wirtschaft - an die Bezirksämter, Nr. 5.2.2: „Die Prüfungen sind grundsätzlich ohne Ankündigung und - ohne Einverständnis des Gewerbetreibenden - nicht in Gegenwart Dritter vorzunehmen." 55

Janssen, GewArch 1967, S. 193 (196).

C. Gewerbeüberwachung

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pflicht des § 14 GewO können auch hier Zwangsmaßnahmen neben der Geldbuße oder Strafe eingeleitet und durchgeführt werden. 56 1. Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht Die vorhandenen landesrechtlichen Verordnungen über Buchführung und Aufbewahrung stimmen im wesentlichen überejn. Einige Bundesländer haben jedoch keine Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht für Auskunfteien und Detekteien in ihre Regelung aufgenommen. 57 Als Beispiel wird die Bayerische Landesverordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien angeführt: § 1 (Buchführung) (1)Wer gewerbsmäßig über Vermögens Verhältnisse oder persönliche Angelegenheiten Nachforschungen anstellt und darüber seinem Auftraggeber Auskunft erteilt, hat nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung Aufzeichnungen zu machen sowie Unterlagen und Belege übersichtlich zu sammeln. Die Verpflichtung entsteht mit der Erteilung des Auftrags. Die Aufzeichnungen sind unverzüglich und in deutscher Sprache vorzunehmen. (2) Aus den Aufzeichnungen, Unterlagen und Belegen müssen ersichtlich sein 1. Tag der Auftragserteilung, 2. Vor- und Zuname, Wohnort und Wohnung des Auftraggebers, 3. der Inhalt des Auftrags, 4. die Ergebnisse der Einzelermittlungen, 5. die Mitteilungen an den Auftraggeber, 6. die Zahlungen des Auftraggebers nach Art, Betrag und Datum.

56 57

Vgl. Kap. 6 B I 4; speziell zu § 38 GewO: Janssen, GewArch 1967, S. 193 (198).

Brandenburg: Verordnung über den Gebrauchtwaren-, Edelmetall- und Altmetallhandel, über Auskunfteien, Detekteien und Reisebüros vom 04.12.1991 (GVB1 1992 II S. 6); Bremen: Verordnung über den Gebrauchtwaren-, Edelmetall- und Altmetallhandel, über Auskunfteien, Detekteien, Reisebüros und die Vermittlung von Eheschließungen vom 12.07.1993 (GBl S. 234); Nordrhein-Westfalen: Verordnung über den Gebrauchtwaren-, Edelmetall- und Altmetallhandel, über Auskunfteien, Detekteien, Reisebüros und die Vermittlung von Eheschließungen vom 11.06.1985 (GV S. 466), ergänzt durch Verordnung vom 05.06.1990 (GV S. 327); Sachsen-Anhalt: Verordnung über den Gebrauchtwaren-, Edelmetall- und Altmetallhandel, über Auskunfteien, Detekteien, Reisebüros und die Vermittlung von Eheschließungen vom 03.06.1992 (GVB1 S. 426).

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6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

§ 2 (Aufbewahrung) Die Aufzeichnungen, Unterlagen und Belege (§ 1) sind drei Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalendeijahres, in dem Aufzeichnungen zu machen, Unterlagen und Belege zu sammeln waren. Vorschriften, die eine längere Frist bestimmen, bleiben unberührt. § 5 (Decknamenliste) (1)Der Gewerbetreibende kann in den Aufzeichnungen, Unterlagen und Belegen sowie bei Auskünften nach § 3 seine Gewährspersonen mit Decknamen oder Decknummern bezeichnen. Er hat in diesem Falle eine besondere Liste zu führen, aus der der Name, der Wohnort und die Wohnung der mit ihrem Decknamen oder ihrer Decknummer bezeichneten Gewährspersonen ersichtlich sind (Decknamenliste). (2) Die Decknamenliste unterliegt nicht der Auskunftspflicht und der behördlichen Nachschau (§§ 3, 4). Unberührt bleiben sonstige Vorschriften über die Beschlagnahme oder die Durchsicht von Papieren.

Die Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht dient neben dem allgemeinen gewerberechtlichen Zweck, die Überwachung des Gewerbes zu ermöglichen und zu erleichtern, darüber hinaus auch unmittelbar der Erreichung einer ordnungsgemäßen Gewerbeausübung.58 Die Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht soll aber auch den Besonderheiten des detektivischen Tätigwerdens gerecht werden, indem sie Unterlagen über die Ausgaben zur Erledigung des Auftrages, wie etwa Quittungen, nicht verlangt. Dies ist damit zu begründen, daß Detektive vielfach mit sogenannten „Vertrauensspesen" arbeiten, über die keine Belege zu erhalten sind.59 Des weiteren wird die Möglichkeit eingeräumt, eine Decknamenliste zu führen, die dem Diskretionsbedürfnis der Kunden von Auskunfteien und Detekteien dienen soll. Die Durchsicht oder Beschlagnahme der Decknamenliste ist von der gewerberechtlichen Auskunftspflicht bzw. der behördlichen Nachschau

58

Janssen, GewArch 1967, S. 193 (197); vgl. dazu Entschl. des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 07.06.1967, Nr. 6611 g -1/3- 28842 über die Überwachung von Auskunfteien und Detekteien (WVMB1 Nr. 8/1967 S. 89), Nr. V: „Sogenannte Schmierzettel entsprechen in keinem Fall den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchführung." 59

Janssen, GewArch 1967, S. 217 (218); vgl. auch die Fachliche Weisung W/G Nr. 2/80 vom 26.03.1980 (Betreff: Auskunfteien und Detekteien) der Hamburgischen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft - Amt für Wirtschaft - an die Bezirksämter, Nr. 4.1.5, nach der für Vertrauensspesen zwar keine Belege erforderlich sind, aber diese Zahlungen dennoch aufzuzeichnen sind.

C. Gewerbeüberwachung

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nicht gedeckt. Diese Maßnahmen können aber zum Schutz der Kunden unter den Voraussetzungen der Strafprozeßordnung (§§ 94ff., 102ff. StPO) erfolgen. 2. Auskunft Der die gewerberechtliche Auskunftspflicht regelnde § 3 der Bayerischen Landesverordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien, der im wesentlichen den Bestimmungen der anderen Bundesländer entspricht, bestimmt: § 3 (Auskunftspflicht) Der Gewerbetreibende hat den Beauftragten der Kreisverwaltungsbehörde jede über den Geschäftsbetrieb verlangte mündliche oder schriftliche Auskunft innerhalb der gesetzten Frist und unentgeltlich zu erteilen. Er kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

„Auskunft" bedeutet die Beantwortung von im Einzelfall gestellten Fragen, nicht aber eine allgemeine, fortlaufende Benachrichtigung über Geschäftsvorfälle. 60 Darin besteht auch der Unterschied zur Anzeigepflicht, die unmittelbar aufgrund Gesetzes begründet wird, so daß die Pflicht mit dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen besteht, während die Auskunftspflicht erst durch ein individualisiertes Auskunftsverlangen der Behörde begründet wird. 61 Gegenstand der Auskunft sind ausschließlich die eigenen Verhältnisse des Verpflichteten, nicht die seiner Kunden, Arbeitnehmer oder sonstiger dritter Personen. Die Ermächtigung des § 38 GewO dient insofern, wie die gesamte Gewerbeordnung, der Überwachung des Gewerbetreibenden, nicht aber sonstiger Personen oder gar der allgemeinen Strafverfolgung. 62 60

Sieg/Leifermann/Tettinger § 38 Rdn. 3; Robinski, S. 81; Janssen, GewArch 1967, S. 193; so auch Entschl. des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 07.06.1967, Nr. 6611 g -1/3- 28842 über die Überwachung von Auskunfteien und Detekteien (WVMB1 Nr. 8/1967 S. 89), Nr. III. 61

Battis/Gusy,

Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16 I 1 (S. 198).

62 BVerwGE 37, S. 283 (292) -Urteil vom 02.03.1971- I C 37.69; Battis/Gusy, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16 11 (S. 198); Jarass, § 15 Rdn. 6f.

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6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

Das in den landesrechtlichen Verordnungen enthaltene Auskunftsverweigerungsrecht betrifft entsprechend seiner systematischen Stellung im Zusammenhang mit der Auskunftspflicht lediglich die Pflicht zur Auskunftserteilung, schließt aber nicht Pflichten zur Duldung der Nachschau ein. 63 3. Nachschau Zumeist kombiniert mit einem Auskunftsrecht findet sich das Recht der behördlichen Nachschau.64 Ebenso wie die anderen Überwachungsinstrumente ist auch die behördliche Nachschau in den einzelnen landesrechtlichen Verordnungen überwiegend identisch geregelt. Beispielhaft wird wieder die Regelung der Bayerischen Landesverordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien angeführt. § 4 (Behördliche Nachschau) Die Beauftragten der Kreisverwaltungsbehörde sind befugt, in den Geschäftsbetrieb Einsicht zu nehmen. Der Gewerbetreibende ist verpflichtet, zu diesem Zweck den Beauftragten Zutritt zu allen für den Geschäftsbetrieb benutzten Räumen zu gestatten und ihnen die Aufzeichnungen, Unterlagen und Belege, auf Verlangen auch in den Diensträumen der Behörde, vorzulegen.

I L Allgemeines Aufsichts- und Kontrollinstrumentarium Um das stehende Gewerbe ausreichend überwachen und beeinflussen zu können, enthält die Gewerbeordnung neben den geschilderten Sondervorschriften der landesrechtlichen Verordnungen eine Reihe von Instrumenten, die grundsätzlich gegenüber allen stehenden Gewerben eingesetzt werden können, unabhängig davon, ob sie in der Gewerbeordnung oder in anderen Gesetzen des Gewerberechtes oder überhaupt nicht näher geregelt sind.65 Zu diesem Aufsichts- und Kontrollinstrumentarium gehört die Anzeigepflicht,

63 Im Ergebnis auch Schönleiter GewArch 1967, S. 193 (194). 64

(.Landmann/Rohmer

I § 38 Rdn. 8a); Janssen,

Jarass, § 15 Rdnrn. 5, 9. Beispiele sind: § 19 Abs. 2 AtomG; § 44 AWG; § 52 Abs. 2, 3 BImSchG; § 22 Abs. 1 GaststättenG; § 55 Abs. 1 Nr. 2 GüKG; § 44 Abs. 1 Nr. 1 KWG; § 22 Abs. 3 LSchlG; § 54a Nr. 2 PBefG; § 82 Abs. 2 VAG und aus der Gewerbeordnung § 24b GewO. 65

Jarass, § 18 Rdn. 41.

C. Gewerbeüberwachung

521

die Gewerbeuntersagung bei Unzuverlässigkeit, die Verhängung von Maßnahmen aufgrund von Ordnungswidrigkeiten und die Aufnahme gewerberechtlich relevanter Vorgänge in das Gewerbezentralregister. 1. Anzeigepflicht Auch die Anzeigepflicht gemäß § 14 GewO ist zu dem allgemeinen Aufsichts- und Kontrollinstrumentarium zu zählen, denn sie ist für die zuständigen Behörden Voraussetzung, um überhaupt überwachend tätig werden zu können. Zudem sind die zuständigen Behörden in einigen Bundesländern 66 bei bestimmten Gewerbezweigen, an deren Vertrauenswürdigkeit besondere Anforderungen zu stellen sind - wie auch bei Auskunfteien und Detekteien - angewiesen, unverzüglich nach der Gewerbeanmeldung die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu überprüfen. Diese Zuverlässigkeitsprüfung wird dadurch vollzogen, daß die Behörde beim Bundeszentralregister in Berlin ein Führungszeugnis und bei dem von derselben Behörde geführten Gewerbezentralregister eine Auskunft einholt, so daß sie über eventuelle Vorstrafen, Bußgeldentscheidungen wegen Ordnungswidrigkeiten, Gewerbeuntersagungs- oder Rücknahmeverfahren informiert ist, 67 und sie gegebenenfalls ein Gewerbeuntersagungsverfahren einleiten kann. An diesem Beispiel zeigt sich auch das Zusammenspiel der einzelnen gewerberechtlichen Aufsichts- und Kontrollinstrumentarien, die für sich genommen kaum wirkungsvoll wären. Allerdings können Funktionsstörungen bei einzelnen Überwachungsmaßnahmen das ganze System gewerberechtlicher Aufsichtsinstrumente beeinträchtigen, wie noch zu zeigen sein wird. 68 2. Gewerbeuntersagung bei Unzuverlässigkeit Allgemeine Regelung für die Gewerbeuntersagung bei Unzuverlässigkeit ist § 35 GewO. Lediglich wenn für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- bzw. Betriebsschließungsvorschriften oder Bestimmungen über die Rücknahme und den Widerruf der Erlaubnis bestehen, wird § 35 GewO nach dem Grundsatz der Subsidiarität gemäß § 35 Abs. 8 GewO verdrängt, sofern

66

Vgl. dazu Kap. 7 B IV 2 c cc.

67

Landmann/Rohmer I-Marcks § 14 Rdn. 7.

68

Vgl. Kap. 7 BV.

522

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

die speziellen Vorschriften ebenfalls die gewerbebezogene Unzuverlässigkeit als Untersagungsvoraussetzung enthalten.69 Bei der nachfolgenden Darstellung des im Laufe der Entwicklung des Gewerberechts immer komplexer gewordenen Instituts der Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit wird schwerpunktmäßig auf solche Fragen eingegangen, die für die Überwachung von Auskunfteien und Detekteien von Bedeutung sein können. a) Überkommene Voraussetzungen der Untersagung Eine Untersagung ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO erfüllt sind. Es muß sich danach um ein Gewerbe handeln, es müssen konkrete Tatsachen hinsichtlich der Unzuverlässigkeit vorliegen, der Gewerbetreibende muß in bezug auf das Gewerbe unzuverlässig sein und die Untersagung muß zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich sein. Kernstück der Voraussetzungen einer Gewerbeuntersagung ist die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Nach der in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannten Begriffsbestimmung ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, daß er das von ihm ausgeübte Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. 70 Wann dies der Fall ist, hängt von dem ausgeübten Gewerbe ab, da die Unzuverlässigkeit in bezug auf das Gewerbe vorliegen muß. Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit sind also nach den verschiedenen Gewerbearten zu unterscheiden. Besonders hoch sind sie bei den sogenannten „Vertrauensgewerben", 71 zu denen auch Auskunfteien und Detekteien zählen. Aber auch bei den „Vertrauensgewerben" läßt nicht jede Verletzung einer Rechtsvorschrift auf Unzuverlässigkeit schließen, und insbesondere vereinzelte Ver-

69

Stoben Handbuch, § 102 I I 4.

™ BVerwGE 65, S. lf. -Urteil vom 02.02.1982- 1 C 146.80; Fröhler/Kormann § 35 Rdn. 13; Sieg/Leifermann/Tettinger § 35 Rdn. 10; Jarass, § 10 Rdn. 3 und § 18 Rdn. 50. 71

BVerwG, GewArch 1968, S. 204 -Beschluß vom 21.02.1968- I B 12/68 (Finanzierungsvermittler); Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 17; ausdrücklich in bezug auf das Detektivgewerbe: VG München, Detektiv-Kurier Februar 1991, S. 6 (Az: M 16 S 90/2078); vgl. zur Bedeutung dieses Begriffes Kap. 7 B IV 2 a ee.

C. Gewerbeüberwachung

523

Stöße rechtfertigen in der Regel keinen derartigen Schluß für die Zukunft. 72 Dennoch lassen sich bei Auskunfteien und Detekteien - wie bei anderen Gewerbezweigen auch - einzelne Verstöße feststellen, die das Unzuverlässigkeitsurteil zumindest nahelegen. In bezug auf Auskunfteien und Detekteien sind dabei insbesondere solche Straftaten zu nennen, die befürchten lassen, daß der Unternehmer von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen seiner Kunden zu deren Nachteil Gebrauch macht. Des weiteren gehören bei Detekteien zu diesen „gewerbebezogenen" Straftaten solche Delikte, für die die Gewerbeausübung eine besondere Versuchungssituation schafft, wie Hausfriedensbruch, Amtsanmaßung, Mißbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen, falsche Verdächtigung, Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, Nötigung, Erpressung, Vorteilsgewährung, Bestechung und die Straftaten nach dem Fernmeldeanlagengesetz.73 Die Zuverlässigkeit eines Detektivs kann ferner bei einer früheren strafbaren geheimdienstlichen Tätigkeit ausgeschlossen sein, denn eine solche Tätigkeit ist vielfach mit der Ausnutzung des Vertrauens derjenigen verbunden, die dem Täter Informationen anvertrauen und mit der Wahrung der Vertraulichkeit rechnen dürfen. 74 Aus diesem Grunde bedarf es auch einer besonders intensiven Zuverlässigkeitsüberprüfung, wenn der Detektiv im ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit tätig war. 75

72

Jarass, § 10 Rdn. 10.

73

Vgl. Kap. 4 B I bis XVII. Nach der Fachlichen Weisung W/G Nr. 2/80 vom 26.03.1980 (Betreff: Auskunfteien und Detekteien) der Hamburgischen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft - Amt für Wirtschaft - an die Bezirksämter, Nr. 6.4 liegen Tatsachen, die eine Unzuverlässigkeit begründen können, bei Auskunfteiund Detekteibetreibern insbesondere vor, „wenn der Gewerbetreibende in den letzten Jahren wegen eines Verbrechens oder Vergehens, insbesondere wegen Diebstahls, Unterschlagung, Untreue, Betrugs, Erpressung, Hehlerei, Urkundenfälschung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verurteilt oder wenn wegen einer dieser strafbaren Handlungen ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden ist oder wenn er in den Schuldnerverzeichnissen bei dem zuständigen Amtsgericht eingetragen ist." 74

OVG Hamburg, GewArch 1984, S. 23f. -Beschluß vom 22.04.1983- OVG Bf. V I

1/82. 75

Vgl. zur Verwaltungspraxis: Petitionsausschuß des Landtages von Sachsen-Anhalt am 12.05.1993 in der Antwort auf die Petition Nr. J/221 vom 30.01.1993: „Die bloße Mitgliedschaft im ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit reicht hierzu allein nicht aus."

524

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

Insgesamt ist festzustellen, daß die Verurteilung wegen einer Straftat regelmäßig ein gewichtiges Indiz für die Unzuverlässigkeit von Detektiven ist. Bei Auskunfteien sind als Tatsachen, die eine Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden begründen, insbesondere Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen zu nennen. Dabei kommt eine Gewerbeuntersagung auch bei hartnäckigen Verstößen gegen datenschutzrechtliche Ordnungswidrigkeitentatbestände in Betracht. Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß nach § 35 GewO die „Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich" sein muß. Mit dem Begriff der Erforderlichkeit hat der verfassungsrechtlich garantierte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausdrücklich Eingang in § 35 GewO gefunden. 76 Zwar würde der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch ohne die ausdrückliche Nennung in § 35 GewO aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Gewährleistung gelten, aber die ausdrückliche Nennung im Gesetzeswortlaut des § 35 GewO ist als Hinweis darauf zu verstehen, daß dieser Grundsatz im vorliegenden Bereich besondere Beachtung verdient. Verhältnismäßig ist die Untersagung nach den allgemeinen Grundsätzen dann, wenn sie geeignet ist, den angestrebten Zweck zu erreichen (Geeignetheit), für den Betroffenen das mildeste Mittel darstellt (Erforderlichkeit) und zu dem angestrebten Erfolg nicht außer Verhältnis steht (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne).77 An der Erforderlichkeit etwa fehlt es, wenn schon mildere Mittel, wie etwa eine Abmahnung als erste Stufe des behördlichen Verfahrens, den angestrebten Zweck erreichen können.78 Als weitere denkbare Maßnahmen, die als milderes Mittel gegenüber der Gewerbeuntersagung in Betracht kommen, sind Teiluntersagung oder verstärkte Überwachung zu nennen.79 Diese Verpflichtung, zunächst mildere gewerbeaufsichtsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, hat in der Praxis die Bedeutung, daß von der Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht wird. Inwieweit dadurch die Wirk76

Stober, Handbuch, § 102 II 5.

77

Speziell zu dem Anwendungsfall der Gewerbeuntersagung: Sieg/Leifermann/ Tettinger § 35 Rdn. 28; Stober, Handbuch, § 102 II 5; ders., NWB 1988, S. 2037 (2041) = Fach 30, S. 703 (707). 78

Jarass, § 18 Rdn. 51.

79

Sieg/Leifermann/Tettinger

§ 35 Rdn. 28.

C. Gewerbeüberwachung

525

samkeit des Aufsichtsmittels der Gewerbeuntersagung eingeschränkt ist, wird im Rahmen der Untersuchung der Effektivität der Gewerbeüberwachung erörtert. 80 b) Sachkunde als Kriterium

der Zuverlässigkeit

Es entspricht der allgemeinen Meinung, daß mangelnde Sachkunde ein Untersagungsgrund bei § 35 GewO sein kann und somit die Sachkunde ein Kriterium der Zuverlässigkeit ist. 81 Begründet werden kann dies aus einem Umkehrschluß zu dem aufgehobenen 82 § 35a GewO. Dieser sah vor, daß unter den dort bestimmten Voraussetzungen ein Mangel an theoretischer oder praktischer Vorbildung im Baugewerbe als Untersagungsgrund im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO ausschied, so daß also bei anderen Gewerbearten die fehlende Sachkunde als Untersagungsgrund in Betracht kommt. 83 Über diesen allgemein anerkannten Ausgangspunkt hinaus herrscht über den praktischen Anwendungsbereich dieses Untersagungsgrundes erhebliche Unsicherheit. 84 Unstreitig ist allein der Fall, in dem die Sachkunde vom Gesetzgeber als besondere Zulassungsvoraussetzung vorgesehen ist (Sachkundenachweis). Hier kommt eine Untersagung in Betracht, wenn der Gewerbetreibende diesen Anforderungen nicht genügt und die weiteren Voraussetzungen des § 35 GewO erfüllt sind.85 Problematisch ist indes, wie eine fehlende Sachkunde bei solchen Gewerbearten zu behandeln ist, bei denen die Sachkunde nicht als besondere Zulassungsvoraussetzung normiert ist. Je nachdem in welchem Umfang die Sachkunde als Kriterium innerhalb der Zuverlässigkeitsbeurteilung bei solchen Gewerbezweigen herangezogen werden kann, könnten sich damit auch die Überlegungen einen Sachkundenachweis für Auskunfteien und Detekteien im Wege einer Gesetzesänderung einzuführen, erübrigen. *> Kap. 7 B V 2 d bb. 81

Fröhler/Kormann § 35 Rdn. 27; Landmann/Rohmer l-Marcks § 35 Rdn. 58; Sieg/Leifermann/Tettinger § 35 Rdn. 19; Hellwig, S. 62; Papier, GewArch 1987, S. 41 (47). 82

§ 35a GewO wurde durch Gesetz vom 25.07.1984 (BGBl I S. 1008) aufgehoben.

83

So auch Friauf/Heß

84

So auch Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 58; Papier, GewArch 1987, S. 41

§ 35 Rdn. 17; Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 58.

(47). 85

Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 60.

526

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

aa) Bejahung der Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung Nach der wohl weitestgehenden Auffassung 86 ist eine fallweise weite Auslegung des Zuverlässigkeitsbegriffes und insbesondere die Einbeziehung des Sachkundekriteriums in den Zuverlässigkeitsbegriff dem Wortsinn nach auch dann möglich, wenn die Sachkunde keine besondere Zulassungsvoraussetzung ist. Nach der allgemein anerkannten Definition „unzuverlässig ist, wer nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung bietet" sei zusammen mit dem Gefahrenschutzgedanken der Gewerbeordnung diese weite Auslegung geboten. Zuverlässigkeit und fachliche Befähigung zur ordnungsgemäßen Erledigung einer Aufgabe schlössen sich begrifflich keineswegs aus; erstere sei durch letztere oft erst bedingt.87 bb) Keine vollumfängliche Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung Gegen eine so weitgehende Einbeziehung des Sachkundekriteriums in den Begriff der Unzuverlässigkeit werden jedoch Bedenken geltend gemacht. Überwiegend wird davon ausgegangen, daß die Sachkunde jedenfalls nicht in vollem Umfang bei der Zuverlässigkeitsprüfung zu berücksichtigen ist. 88 Dies soll im folgenden begründet werden.

cc) Art. 12 GG als Beurteilungsmaßstab Bedenken gegen die Einbeziehung des Sachkundekriteriums in den Begriff der Zuverlässigkeit ergeben sich aus Art. 12 GG. Im Hinblick auf Art. 12 GG ist es unstreitig, daß das Erfordernis der Sachkunde eine intensivere Beschränkung darstellt als das Erfordernis der Zuverlässigkeit. 89 Die 86

Mahlberg, S. 228ff.; für das Bewachungsgewerbe auch Finnberg, Polizei-Journal 1982, Nr. 2, S. 16 (20). 87

Mahlberg, S. 230f.; dahingehend auch OVG Koblenz, GewArch 1957/58, S. 222 (223) -Urteil vom 29.06.1957- 2 A 51/56 (Bejahung der Unzuverlässigkeit, weil dem Gewerbetreibenden „auf Grund seines beruflichen Werdegangs der Sinn für die besondere Verantwortlichkeit des betreffenden Gewerbebetriebs abgeht"). 88 89

Friauf/Höfling

§ 34b Rdn. 19; Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 60.

Vgl. insbesondere Badura in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 3. Abschn. Rdn. 129 (S. 287); so aber auch Mahlberg, S. 229.

C. Gewerbeüberwachung

527

vollständige Subsumtion der Sachkunde unter den Zuverlässigkeitsbegriff ist nicht möglich, wo die betreffende Vorschrift die Berufszulassung oder Berufsausübung nicht vom Nachweis der Sachkunde abhängig macht.90 Der Gesetzgeber hat die Berufszulassungsvoraussetzung der Sachkunde nur in Ausnahmefällen vorgesehen, und diese Wertung des Gesetzgebers darf nicht auf dem Umweg über eine Einbeziehung der Sachkunde in den Zuverlässigkeitsbegriff umgangen werden. 91 Diese Gefahr besteht insbesondere bei Zuverlässigkeitsprüfungen im Erlaubnisverfahren und bei den sogenannten „Vertrauensgewerben", bei denen sich eine Zuverlässigkeitsprüfung unmittelbar an die gewerberechtliche Anzeige anschließen soll. Die Beurteilung der Frage ob der Antragsteller gewerberechtlich zuverlässig ist, das heißt die Gewähr dafür bietet, daß er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird, setzt nämlich eine Prognose seitens der Behörde voraus, die auf in der Vergangenheit eingetretene Tatsachen gestützt werden muß. Bevor ein Antragsteller jedoch sein Gewerbe aufgenommen hat, kann seine fehlende Sachkunde in der Praxis noch nicht zutage getreten sein, sondern kann allenfalls darin bestehen, daß er für die angestrebte Tätigkeit keinerlei Vorbildung besitzt. Die Anforderung einer Vorbildung ist aber typischerweise an den Sachkundenachweis gebunden. Die verbleibende Möglichkeit, nämlich unabhängig von einem konkreten Ausbildungsnachweis bestimmte grundlegende Kenntnisse zu verlangen, begründet angesichts der Wahrscheinlichkeit unterschiedlicher Handhabung durch die einzelnen Gewerbeämter die Gefahr der Willkür. Die Entscheidung, welche Voraussetzungen für die Ausübung eines Gewerbes erforderlich sind, würde in unvertretbar großem Ausmaß vom Gesetzgeber auf die Verwaltungsbehörden übertragen, so daß auch aus kompetenzrechtlichen Erwägungen eine umfassende Aufnahme der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung abzulehnen ist. Zudem kann ein solches Vorgehen nicht dem Vorwurf entgehen, daß dadurch die strengen verfassungsrechtlichen Vorgaben für einen Sachkundenachweis einerseits und die gewerberechtlichen Wertungen des Gesetzgebers andererseits außer Kraft gesetzt werden. Im Einklang damit ist davon auszugehen, daß die fehlende Sachkunde nur in Ausnahmefällen als Untersagungstatbestand in Betracht kommt. 92

90 91

Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 60.

So auch Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 59; Papier, GewArch 1987, S. 41 (47); Schaeffer, WiVerw 1982, S. 100 (107): „durch die Hintertür des § 35 Abs. 1 GewO".

528

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

dd) Möglichkeit der Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung in Ausnahmefällen Wann Ausnahmefälle vorliegen, in denen die Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung einbezogen werden kann, ist problematisch und wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 93 „kann das Fehlen genügender Fachkenntnisse die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden jedenfalls nur bei den Gewerben ergeben, bei denen nach der allgemeinen Lebenserfahrung die ordnungsgemäße Ausübung des Gewerbes von den fachlichen Fähigkeiten des Gewerbetreibenden abhängt." In der Literatur werden Ausnahmefälle, in denen die Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung einbezogen werden kann, beispielsweise in folgenden Fällen bejaht: „Soweit nicht ausdrücklich gesetzlich eine näher bestimmte Sachkunde vorgeschrieben ist, kann ein Einschreiten nach § 35 GewO nur in Betracht kommen, wenn durch Fehlen der für die ordnungsgemäße Ausübung eines bestimmten Gewerbes erforderlichen elementarsten Kenntnisse besondere Gefahren für die Allgemeinheit verursacht werden." 94 „Maßstab kann hierbei nur ein fachlich unerläßlicher Mindeststandard sein, unterhalb dessen der Gewerbetreibende nicht nur gegen seine eigenen Wirtschaftsinteressen verstößt, sondern zu einer ernsten Gefahrenquelle für Kunden, Arbeitnehmer oder Gemeinbelange wird.... Gewerbespezifisch unzuverlässig sind demnach vornehmlich Gewerbetreibende, die mangels elementarster beruflicher Vorkenntnisse lebenswichtige Interessen der mit ihnen gewerbebedingt in Kontakt tretenden und auf ihre Sachkunde vertrauenden Person gefährden, wie etwa ein schwimmunkundiger Schwimmlehrer, ein Abbruchunternehmer ohne jegliche Vorkenntnisse oder ein Gasheizungsinstallateur ohne Fachwissen,

92

So auch Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 60; Sieg/Leifermann/Tettinger § 35 Rdn. 19; Papier, GewArch 1987, S. 41 (47). 93

BVerwGE 22, S. 286 (296) -Urteil vom 04.11.1965- IC 6/63; ähnlich Fröhler/ Kormann § 35 Rdn. 27. 94 Sieg/Leifermann/Tettinger Rdn. 60.

§ 35 Rdn. 19; ähnlich Landmann/Rohmer I-Marcks § 35

C. Gewerbeüberwachung

529

die in besonders verantwortungs-, gefahren- oder schadensträchtigen qualifizierten Berufen (Baugewerbe, Heilgewerbe, Rechtsberatungsgewerbe etc.) nicht die notwendigste theoretische oder praktische Vorbildung besitzen (arg. §§ 35a, 30 Abs. 1 Nr. 1 GewO) und die schlicht unfähig sind, ihr Gewerbe sachgerecht auszuüben bzw. auch nur halbwegs brauchbare gewerbliche Leistungen zu erbringen, und dadurch die Gesundheit, zumindest aber das Vermögen ihrer auf die Qualität der Produkte vertrauenden Kunden gefährden." 95 „Fehlende Sachkunde kann Unzuverlässigkeit sein, wenn damit nicht nur die eigenen Rechte und Interessen gefährdet werden, sondern auch die von Dritten, z. B. von Kunden oder Arbeitnehmern. Sie kann im Mangel an theoretischer oder praktischer Vorbildung liegen (arg. § 35a Abs. 1, 2) oder einfach in der Unfähigkeit, das Gewerbe richtig auszuüben, also halbwegs brauchbare Leistungen zu erbringen." 96 Die aufgeführten Formulierungen enthalten zwar eine Ansammlung von unbestimmten, ausfüllungsbedürftigen Begriffen, die die Gefahr einer Umgehung des Sachkundenachweises durch überhöhte Anforderungen an die Sachkunde nicht ausschließen. Da aber die Begriffsbildung die verschiedenartigsten Gewerbezweige umfassen muß, lassen sich unbestimmte Begriffe nicht gänzlich vermeiden. Für die weitere Prüfung läßt sich jedenfalls als konsensfähiges Ergebnis der genannten Auffassungen festhalten, daß die Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung restriktiv zu handhaben ist.

ee) Restriktive Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung Als Ausgangspunkt für die Bestimmung der restriktiven Handhabung der Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung kann die Formel dienen, daß mangelnde Sachkunde den Schluß auf die Unzuverlässigkeit nur dann zuläßt, wenn ein mit besonderen Gefahren verbundenes Gewerbe betrieben wird, obwohl der Gewerbetreibende die für die ordnungs-

95

Schaeffer (WiVerw 1982, S. 100 [107f.]), der allerdings nicht zwischen den Anforderungen an die zu überprüfende Sachkunde bei Gewerben mit bzw. ohne Sachkundenachweis als Voraussetzung für die Gewerbeaufnahme differenziert. 96

Fröhler/Kormann

34 Peüert

§ 35 Rdn. 27.

530

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

gemäße Gewerbeausübung erforderlichen elementaren Kenntnisse nicht besitzt.97 Diese Formel ist dahingehend zu präzisieren, daß Sinn und Zweck der Einbeziehung der Sachkunde in den Zuverlässigkeitsbegriff der Schutz der Rechtsgüter der Allgemeinheit ist. So kann nicht pauschal eine kaufmännische oder sonstige fachliche Fertigkeit verlangt werden, sondern nur solche fachlichen Kenntnisse, die es dem Gewerbetreibenden ermöglichen sein Gewerbe so auszuüben, daß keine bedeutenden Rechtsgüter der Allgemeinheit beeinträchtigt werden. 98 Hierbei muß es sich im Hinblick auf die Wertung des Art. 12 GG um besonders gelagerte Einzelfälle handeln, wie etwa das Beispiel des schwimmunkundigen Schwimmlehrers. Abgesehen von diesen Fällen unterscheidet sich die Einbeziehung der Sachkunde in den Zuverlässigkeitsbegriff von dem Erfordernis eines Sachkundenachweises dadurch, daß hier nicht der einzelne den Nachweis seiner Sachkunde zu führen hat, sondern umgekehrt muß die Behörde dem Gewerbetreibenden nachweisen, daß ihm aufgrund der festgestellten konkreten Tatsachen die erforderliche Sachkunde fehlt, und dies eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet. Bei den sogenannten Vertrauensgewerben, zu denen auch die Auskunfteien und Detekteien zählen, besteht die Besonderheit, daß unmittelbar nach der Gewerbeanmeldung eine Zuverlässigkeitsprüfung stattfindet. Eine fehlende Sachkunde wird sich deshalb vielfach noch nicht in konkreten Verstößen geäußert haben. Somit kann die Feststellung der fehlenden Sachkunde nur anhand des Lebenslaufes des Betroffenen oder durch ein prüfungsähnliches Verfahren erfolgen. Beide Möglichkeiten sind bei solchen Gewerbezweigen, die nicht ausdrücklich einen Sachkundenachweis fordern, nicht zulässig. Auf diese Weise würde durch die obligatorische Zuverlässigkeitsprüfung bei Gewerbebeginn zusätzlich ein gesetzlich nicht geforderter Sachkundenachweis eingeführt. Dies widerspricht Art. 12 GG. Aus diesen Überlegungen ergibt sich ein zweites Kriterium für eine Einbeziehung der Sachkunde in die Zuverlässigkeitsprüfung: Es muß sich um einen einfach zu überprüfenden Mangel handeln, denn anderenfalls besteht die Gefahr überhöhter Anforderungen, uneinheitlicher Verwaltungspraxis und damit erheblicher Rechtsunsicherheit. Differenzierte Fachkenntnisse können also nur

97

Friauf/Heß § 35 Rdn. 74; Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdnrn. 59f.; Sieg/ Leifermann/Tettinger § 35 Rdn. 19; Papier, GewArch 1987, S. 41 (47). 98

So auch Hellwig, S. 63.

C. Gewerbeüberwachung

531

dort verlangt werden, wo der Gesetzgeber sie als Zulassungsvoraussetzung ausdrücklich vorgesehen hat. Demzufolge kann bei der unmittelbar nach Gewerbebeginn erfolgenden Zuverlässigkeitsprüfung bei Auskunfteien und Detekteien die Sachkunde nicht Gegenstand der Überprüfung sein. Die bei Auskunfteien und Detekteien zur ordnungsgemäßen Gewerbeausübung zu verlangenden Rechtskenntnisse99 sind nicht ohne ein im einzelnen geregeltes Prüfungsverfahren durch die untere Verwaltungsbehörde zu überprüfen. Bei der für Auskunfteien und Detekteien bei Gewerbebeginn obligatorischen Zuverlässigkeitsprüfung kommt eine Gewerbeuntersagung wegen fehlender Sachkunde also nicht in Betracht, wenn sich aufgrund fehlender Sachkunde noch keine Mängel gezeigt haben. Die im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung mögliche Berücksichtigung des Sachkunde kann beim Auskunftsgewerbe also keinen Sachkundenachweis ersetzen. c) Das Untersagungsverfahren Das gewerberechtliche Untersagungsverfahren wird von Amts wegen eingeleitet, wenn die Aufsichtsbehörde Kenntnis von den eine Unzuverlässigkeit begründenden Umständen erhält. Wegen der Bedeutung und Schwere des Eingriffs, der mit einer Gewerbeuntersagung verbunden ist, sind alle für und gegen den Betroffenen sprechenden Umstände zu ermitteln. 100 Als Informationsquellen kommen dabei neben den gewerberechtlichen Aufsichtsund Kontrollinstrumentarien, wie Auskunft und Nachschau, ferner Auskünfte aus dem Bundeszentral- und Gewerbezentralregister, Auskünfte anderer Behörden (unter anderem der Polizei, der Finanzämter und der öffentlichen Versicherungsträger), Mitteilungen aus dem Schuldnerverzeichnis, Mitteilungen über Konkursverfahren und Auskünfte der jeweils zuständigen Industrie- und Handelskammern in Betracht. 101 Zu nennen sind des weiteren Anzeigen oder Beschwerden Dritter und Pressenotizen.102 Über strafgerichtliche Entscheidungen erhalten die zuständigen Behörden Kenntnis nach Maßgabe der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra). 103 99

Vgl. Kap. 7 D III.

100

Robinski, S. 66.

101

Vgl. Robinski, S. 66 und Fedler, PFA I, S. 41 (50). Robinski, S. 66.

103

Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen vom 15.11.1977, Bundesanzeiger Nr. 215.

532

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

Gemäß § 35 Abs. 4 GewO sollen bestimmte Stellen vor der Untersagung angehört werden. Aus § 35 Abs. 4 Satz 2 GewO, nach dem die Anhörung dann unterbleiben kann, wenn Gefahr im Verzuge ist, ergibt sich jedoch, daß die Anhörung erfolgen muß, wenn nicht ein triftiger Grund für eine Ausnahme, wie sie in Satz 2 beispielhaft genannt ist, vorliegt. Die Untersagungsbehörde hat insoweit also einen eingeschränkten Ermessensspielraum. 104 Mit der Anhörung im Sinne des § 35 Abs. 4 GewO ist nicht gemeint, daß ein Einverständnis der Untersagungsbehörde mit den anzuhörenden Stellen erzielt werden müßte. Vielmehr handelt es sich um eine gutachterliche Stellungnahme, die eher den Charakter eines „Hearings" von Sachverständigen trägt. 105 Führen die Ermittlungen der Behörde zu dem Ergebnis, daß die Voraussetzungen einer Untersagung vorliegen, so erläßt sie einen Untersagungsbescheid. Im gegenteiligen Fall stellt die Behörde das Untersagungsverfahren ein und unterrichtet den Betroffenen, sofern er gemäß § 28 VwVfG bereits angehört worden war. 106 Sieht die Behörde aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse eine Unzuverlässigkeit als gegeben an, muß sie den weiteren Betrieb des Gewerbes untersagen. Ein Ermessen besteht für die Behörde nicht. 107 Die von der Behörde ausgesprochene Untersagung unterliegt keiner zeitlichen Begrenzung. Ihre Wirkung wird erst durch einen Aufhebungsakt beseitigt, zumeist durch die auf Antrag ergehende Wiedergestattung nach § 35 Abs. 6 GewO. 108

104

Speziell zu § 35 Abs. 4 GewO: Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 156; Sieg/Leifermann/Tettinger § 35 Rdn. 62; Stober, Handbuch, § 102 I I 8. Allgemein zu der Ermessensausübung bei Soll-Vorschriften: BVerwGE 49, S. 16 (23) -Urteil vom 25.06. 1975- V I I I C 77.74. 105

So ausdrücklich Robinski, S. 68; ebenso Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn.

155. 106

Robinski, S. 68.

107

Jarass, § 18 Rdn. 53.

108

Die Untersagung kann darüber hinaus durch Rücknahme gemäß § 48 VwVfG, Abhilfeentscheidung im Widerspruchsverfahren nach § 72 VwGO und verwaltungsgerichtliche Aufhebung (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) beseitigt werden; vgl. Sieg/Leifermann/ Tettinger § 35 Rdnrn. 39, 41.

C. Gewerbeüberwachung

533

3. Ordnungswidrigkeitstatbestände Titel X der Gewerbeordnung beinhaltet Straf- und Bußgeldvorschriften für die Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften. Für Auskunfteien und Detekteien kommen die Tatbestände von § 144 Abs. 1 Nr. 1 lit. f GewO (Wahrnehmung von Bewachungsaufgaben ohne die nach § 34a Abs. 1 Satz 1 GewO erforderliche Erlaubnis), § 144 Abs. 2 Nr. 1 GewO (Verstoß gegen eine aufgrund von § 38 GewO erlassene Rechtsvorschrift) und § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO (Verstoß gegen die Anzeigepflicht des § 14 GewO) in Betracht. Die unerlaubte Wahrnehmung von Bewachungsaufgaben beispielsweise kann gemäß § 144 Abs. 4 GewO mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche Mark geahndet werden. Im Falle einer beharrlichen Wiederholung im Sinne des § 148 Nr. 1 GewO wird die Ordnungswidrigkeit zur Straftat und kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Ein beharrliches Wiederholen liegt vor, wenn der Täter durch mindestens einen erneuten Verstoß seine rechtsfeindliche Einstellung gegenüber den in § 148 Nr. 1 GewO aufgeführten Vorschriften erkennen läßt, an seiner Einstellung also trotz einer etwaigen Ahndung, Abmahnung oder einer sonst hemmend wirkenden Erfahrung oder Erkenntnis festhält. 109 Neben der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Wege des Bußgeldverfahrens besteht gleichrangig die Möglichkeit, die durch die Gewerbeordnung auferlegten Pflichten durch Maßnahmen des Verwaltungszwanges durchzusetzen.110 4. Gewerbezentralregister Zu dem allgemeinen Aufsichts- und Kontrollinstrumentarium zählt auch das Gewerbezentralregister. 111 Auskunftsunternehmen betreffende eintragungspflichtige Tatsachen können insbesondere die Gewerbeuntersagung (§ 149 Abs. 2 Nr. 1 lit. b GewO) und die rechtskräftigen Bußgeldentscheidungen (§ 149 Abs. 2 Nr. 3 GewO) sein. Die einzutragenden Entscheidungen, Feststellungen und Tatsachen werden dem Gewerbezentralregister ge109

So die amtliche Begründung in: BTDrucks 7/626, S. 14; ebenso Friauf/Ambs Rdn. 4; Landmann/Rohmer I-Kahl § 148 Rdn. 4. 110

§ 148

Sieg/Leifermann/Tettinger §§ 143ff. Rdn. 2; speziell zu § 144 Abs. 2 Nr. 1 GewO: Janssen, GewArch 1967, S. 193 (198). 111

Vgl. dazu Kap. 5 B IV 11.

534

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

mäß § 153a GewO durch die Behörden und Gerichte mitgeteilt. Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister an Behörden werden nach § 150a GewO für Zuverlässigkeitsüberprüfungen, für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und verschiedene weitere gewerberechtliche Entscheidungen erteilt.

D. Abgrenzung zum Bewachungsgewerbe Die Abgrenzung des Detektivgewerbes vom Bewachungsgewerbe ist erforderlich, da sich die Zugangsvoraussetzungen beider Gewerbezweige unterscheiden. Während beim Bewachungsgewerbe gemäß § 34a GewO eine Erlaubnis erforderlich ist, gehört das Detektivgewerbe zu den lediglich anzeigepflichtigen Gewerbearten. In der Detektivbranche läßt sich die Entwicklung feststellen, daß Detekteien zunehmend auch den Sach- und Personenschutz in ihr Dienstleistungsprogramm aufnehmen. Wann dazu eine Erlaubnis nach § 34a GewO erforderlich ist, soll im folgenden untersucht werden.

I. Begriff der Bewachungstätigkeit Das Bewachungsgewerbe hat vom Gesetz- und Verordnungsgeber eine dichtere Regelung erfahren als das Auskunftsgewerbe. Für die Aufnahme und Durchführung einer Bewachungstätigkeit gelten §§ 34a, 55a Abs. 1 Nr. 7 GewO, die Verordnung über das Bewachungsgewerbe (BewachV) 112 und die landesrechtlichen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bewachungsverordnung. 1 1 3 112

Verordnung über das Bewachungsgewerbe (BewachV) in der Fassung vom 01.06.1976 (BGBl I S. 1341), geändert durch Verordnungen vom 28.11.1979 (BGBl I S. 1986) und vom 07.11.1990 (BGBl I S. 2476). 113

Wegen verschiedener Änderungen gewerbe- und verfahrensrechtlicher Vorschriften sind die zum Teil von den Bundesländern in den 60er und 70er Jahren erlassenen Regelungen überholungsbedürftig. Nach den vom Bund-Länder-Ausschuß „Gewerberecht" am 12./13.05.1992 beschlossenen Änderungen waren folgende Regelungen auf dem neuesten Stand: Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum § 34a der Gewerbeordnung und zur Bewachungsverordnung (BewachVwV), Bekm. des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 31.08.1992 (A11MB1 S. 849), geändert am 11.02.1993 (A11MB1 S. 513); Ausführungsvorschrift des Senators für Wirtschaft und Technologie (Berlin) vom 28.12.1992 (A11MB1 1993 S. 104). Aufgrund der Einführung

D. Abgrenzung zum Bewachungsgewerbe

535

Der Begriff „Bewachungsgewerbe" ist in § 34a Abs. 1 Satz 1 GewO legaldefiniert. Danach übt ein Bewachungsgewerbe aus, „wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will". Diese Legaldefinition enthält allerdings lediglich die Gegenstände der Bewachung, konkretisiert aber nicht näher die Tätigkeit des Bewachens selbst.114 Die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Definitionen 115 folgen im wesentlichen einer in den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur BewachungsVerordnung enthaltenen Legaldefinition, nach der Bewachung „die auf den Schutz fremden Lebens oder Eigentums vor Gefahren für die Sicherheit gerichtete Tätigkeit" ist. Allgemein anerkannt ist darüber hinaus, daß eine Bewachungstätigkeit die Begriffselemente des menschlichen Tätigwerdens, der aktiven Obhutstätigkeit und der Schutzintention der Bewachungstätigkeit enthalten muß. 116 Dazu kommt das Erfordernis, daß die Bewachung als tätigkeitsprägende Hauptleistung anzusehen sein muß. 117 Bewachung ist also die auf den Schutz von Leben, Körper, Eigentum und weiterer Rechte vor Gefahren für die Sicherheit gerichtete aktive menschliche Obhutstätigkeit. Erforderlich ist zunächst eine menschliche Tätigkeit. Diese liegt nicht vor, wenn ausschließlich eine Raumüberlassung, wie beispielsweise bei der Schließfachmiete, erfolgt. 118 Die Raumüberlassung steht einer Bewachung im Sinne des § 34a GewO allerdings nicht entgegen, wenn zu dieser Raumüberlassung eine menschliche Obhutstätigkeit als Hauptleistung hinzutritt, wie es etwa bei bewachten Parkplätzen der Fall ist. 119 Das personale Eledes Unterrichtungsnachweises für das Bewachungsgewerbe durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 01.12.1994 besteht aber nunmehr erneut Änderungsbedarf. 114

Vgl. Friauf/Höfling

§ 34a Rdn. 13.

115

Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1988, S. 270f. -Urteil vom 04.05.1988- 12 A 179/87; Fröhler/Kormann § 34a Rdn. 1; Landmann/Rohmer I-Marcks § 34a Rdn. 4; Blum, W+S -Information 1985, Heft 162, S. 11; Kienzle, GewArch 1964, S. 73; Lehmann, DNP 1980, S. 265; Schmidt, PFA III, S. 29 (37); Stollmann, NWVB1 1992, S. 421. 116

Landmann/Rohmer I-Marcks § 34a Rdnrn. 4f.; Sieg/Leifermann/Tettinger Rdn. 2; Kusch, NWB 1973, Fach 30, S. 397. 117

Friauf/Höfling

§ 34a Rdnrn. 13 bis 21.

118

Friauf/Höfling

§ 34a Rdn. 15; Sieg/Leifermann/Tettinger

119

§ 34a

§ 34a Rdn. 2.

Friauf/Höfling § 34a Rdn. 15; Landmann/Rohmer I-Marcks § 34a Rdn. 4; Hojfmann/Janssen/KrautSchneider, S. 21; Kienzle, GewArch 1964, S. 73.

536

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

ment der Bewachung fehlt aber, wenn sich der Gefahrenschutz allein auf mechanische oder elektrische Sicherungsmaßnahmen beschränkt. Werden dagegen technische Hilfsmittel, wie etwa bei der Kameraüberwachung, lediglich zur Unterstützung der personalen Obhutstätigkeit eingesetzt, liegt eine Bewachungstätigkeit im Sinne des § 34a GewO vor. 120 Die Bewachungstätigkeit muß geprägt sein von einem Moment der Aktivität; nur tätige Obhut ist Bewachung. Erforderlich ist ein bewußtes Beaufsichtigen, ein gezieltes Beobachten, eine wiederkehrende Kontrolle oder ein sonstiges den Eintritt von Gefahren verhütendes Verhalten. 121 Gegenstand der Bewachung ist nach dem Gesetzeswortlaut „Leben oder Eigentum fremder Personen". Unter dem Schutzobjekt „Leben" ist die körperliche Integrität zu verstehen, 122 denn der Schutz vor einer Gefährdung des Lebens beeinhaltet notwendigerweise auch den Schutz der körperlichen Integrität. Der Begriff des „Eigentums" ist nicht nach strengen zivilrechtlichen Maßstäben zu interpretieren. Unter diesen Begriff fallen vielmehr auch solche Gegenstände, die nicht im Eigentum des Auftraggebers stehen, sondern etwa aufgrund von Pacht, Miete oder Kauf unter Eigentumsvorbehalt im Besitz des Auftraggebers stehen.123 Eine doppelte Abgrenzungsfunktion kommt dem Merkmal der Schutzgerichtetheit der Bewachungstätigkeit zu. Die Schutzintention unterscheidet die Bewachungstätigkeit nämlich einerseits von der Beobachtungs- und Ermittlungstätigkeit, wie sie für Auskunfteien und Detekteien typisch ist, 124 und andererseits von der bloßen Fürsorge- oder Pflegetätigkeit. 125

120

Friauf/Höfling

§ 34a Rdn. 15; vgl. auch schon Katschke/Schmidt

§ 34a Anm. 7.

121

OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1988, S. 270 (271) -Urteil vom 04.05.1988- 12 A 179/87; Friauf/Höfling § 34a Rdn. 16; Stollmann, NWVB1 1992, S. 421. 122 So auch Friauf/Höfling hend auch Katschke/Schmidt

§ 34a Rdn. 18; Fröhler/Kormann § 34a Anm. 8.

§ 34a Rdn. 1; dahinge-

123

Friauf/Höfling § 34a Rdn. 18; Fröhler/Kormann § 34a Rdn. 1; Hoffmann/Janssen/ Krautschneider, S. 22; Kienzle, GewArch 1964, S. 73 (74). 124

Diese Abgrenzung findet sich - ohne nähere Begründung - etwa bei: Friauf/Höfling § 34a Rdn. 19; Landmann/Rohmer I-Marcks § 34a Rdn. 5; Kienzle, GewArch 1964, S. 73 (74); Lehmann, DNP 1980, S. 265; Stober, NWB 1988, S. 381 (384) = Fach 30, S. 683 (687).

537

D. Abgrenzung zum Bewachungsgewerbe

So fällt beispielsweise der Rettungsdienst nicht unter § 34a GewO, denn dabei geht es nicht mehr um die Verhütung von Gefahren, sondern um die Beseitigung bereits eingetretener Schäden.126 Die Schutzaufgabe des Bewachungsgewerbes umfaßt des weiteren nicht nur den Schutz gegen rechtswidrige Angriffe, sondern auch die Bewahrung vor Gefahren, die durch Naturereignisse drohen oder die in der Person oder Sache selbst begründet sind. 127 Die letzte gewerbespezifische Voraussetzung für das Bewachungsgewerbe besagt, daß die Bewachungstätigkeit zu den dem Auftraggeber zu erbringenden Hauptleistungen gehören muß. 128 Dies ist beispielsweise nicht der Fall bei Verwahrung von Garderobe in Hotels, Theatern oder dergleichen. 129 Durch das für die Gewerbeeigenschaft erforderliche Merkmal der Selbständigkeit läßt sich schließlich das Bewachungsgewerbe vom nicht gewerblichen Werkschutz abgrenzen.130

I I . Ausschließlich unter § 34a GewO fallende Tätigkeiten Im Einzelfall kann es problematisch sein, ob eine Tätigkeit unter § 34a GewO fällt oder nicht. Dies gilt insbesondere für die sogenannten „Kaufhausdetektive". Die Bezeichnung „Kaufhausdetektiv" hat sich umgangssprachlich eingebürgert, ist aber für die gewerberechtliche Einordnung irre125

Landmann/Rohmer I-Marcks § 34a Rdn. 5; Kienzle, GewArch 1964, S. 73 (74); Lehmann, DNP 1980, S. 265. 126

Friauf/Höfling

§ 34a Rdn. 19; Kienzle, GewArch 1964, S. 73 (74).

127

OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1988, S. 270 (271) -Urteil vom 04.05.1988- 12 A 179/87; Fröhler/Kormann § 34a Rdn. 1; Landmann/Rohmer I-Marcks § 34a Rdn. 4; Kienzle, GewArch 1964, S. 73 (74). 128

Friauf/Höfling Robinski, S. 106. 129

Friauf/Höfling Leifermann/Tettinger 130

§ 34a Rdn. 20; Landmann/Rohmer

I-Marcks § 34a Rdn. 8;

§ 34a Rdn. 20; Landmann/Rohmer I-Marcks § 34a Rdn. 8; Sieg/ § 34a Rdn. 2; Robinski, S. 106 jeweils mit weiteren Beispielen.

So Friauf/Höfling § 34a Rdn. 23; Lehmann (DNP 1980, S. 265) macht die Abgrenzung zwischen Bewachungsgewerbe und Werkschutz an dem Merkmal „fremde Personen" in § 34a GewO fest.

538

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

levant. Sie besagt nicht, daß die Kaufhausdetektive zum Detektivgewerbe im Sinne des § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO zu zählen sind. Vielmehr wird es scheinbar als selbstverständlich angesehen, daß Kaufhausdetektive entgegen dem Sprachgebrauch, unabhängig davon, wie sie tätig werden, unter § 34a GewO fallen. Dies wird durch landesrechtliche Verwaltungsvorschriften, 131 durch Äußerungen aus der Rechtswissenschaft 132 und durch die detektivische Praxis 133 bestätigt. Konsequenzen dieser Auffassung wären aus rechtlicher Sicht, daß die Kaufhausdetektive der Erlaubnispflicht nach § 34a GewO unterliegen würden und die Voraussetzungen der Bewachungsverordnung 134 erfüllen müßten. Danach müßten Kaufhausdetektive unter anderem eine Haftpflichtversicherung abschließen (§ 2) und den Wachdienst durch eine Dienstanweisung regeln (§ 6). Aus tatsächlicher Sicht würde die Zuordnung der Kaufhausdetektive zum Bewachungsgewerbe bedeuten, daß ein Teil der in dieser Branche tätigen Personen einen Antrag auf Erlaubnis gemäß § 34a GewO nachholen müßten bzw. gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 lit. f GewO eine Ordnungswidrigkeit begangen hätten. Folgt man dem umgekehrten Ergebnis, wäre die Verwaltungspraxis, die Kaufhausdetektive der Erlaubnispflicht zu unterwerfen, rechtswidrig. Die pauschale Zuordnung der Kaufhausdetektive unter § 34a GewO ist nach der hier vertretenen Auffassung nicht zutreffend. Geboten ist es vielmehr die gewerberechtliche Einordnung der Kaufhausdetektive anhand einer Aufgabendifferenzierung vorzunehmen.

131

Bekm. des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 31.08.1992 (A11MB1 S. 849), geändert am 11.02.1993 (A11MB1 S. 513); vgl. zum aktuellen Stand der weiteren landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften Landmann/Rohmer IiMareks Nr. 241 Rdn. 3. 132

Fuchs, NWB 1992, S. 4167 (4172) = Fach 30, S. 869 (874); HaurandA/ahle, 1994, S. 58 (60); Stober, NWB 1988, S. 381 (384) = Fach 30, S. 683 (687).

DVP

133 Vgl Wirsching, Bd. 2, S. 270; Kocks in seinem Festvortrag anläßlich der Jahreshauptversammlung des Bundesverbandes Deutscher Detektive e. V. am 25.05.1990 in Köln, S. 7; ders., ZAD-Studie „Mitarbeiterverhältnisse und -Verträge", S. 4. 134

Verordnung über das Bewachungsgewerbe (BewachungsVerordnung - BewachV) in der Fassung der Bekm. vom 01.06.1976 (BGBl I S. 1341), geändert durch VO vom 28.11.1979, (BGBl I S. 1986 und VO vom 07.11.1990, [BGBl I S. 2476]).

D. Abgrenzung zum Bewachungsgewerbe

539

Gemeinsame Voraussetzung der beiden im folgenden zu unterscheidenden Gruppen von Kaufhausdetektiven ist, daß sie nicht zum Personal des jeweiligen Kaufhauses gehören dürfen, da es ansonsten an dem allgemeinen gewerberechtlichen Begriffsmerkmal der Selbständigkeit fehlt. Nach der vorzunehmenden Unterscheidung üben diejenigen Kaufhausdetektive, die ihrem Auftrag gemäß sich nicht auf bloße Beobachtung beschränken, sondern darüber hinaus das Eigentum ihres Auftraggebers vor Diebstahl sichern sollen, ein Bewachungsgewerbe aus.135 Als Beispiele aus der Praxis können die sogenannten „Warenhaus-Controller" oder „Doormen" angefühlt werden, die Diebstähle schon vor der Tatausführung durch ihre Anwesenheit oder überprüfende Tätigkeit verhindern sollen. Sie sind durch Tragen von Uniformen für jedermann als Wachpersonal erkennbar. 136 Kaufhausdetektive, die sich demgegenüber zunächst auf bloße Beobachtung von erkannten Dieben beschränken und erst außerhalb der Kassenzone eine Sistierung der Täter vornehmen, üben kein Bewachungsgewerbe aus. 137 In dieser Sachverhaltskonstellation greifen die Kaufhausdetektive erst nach Vollendung eines Diebstahls ein und verhindern also lediglich dessen materielle Beendigung. Dabei handelt es sich nicht nur um eine durchaus übliche Auftragslage, 138 sondern dieses Vorgehen entspricht auch den Vorschlägen der detektivischen Ausbildungsliteratur. 139 Grund für dieses Vorgehen ist,

13

* So auch OLG Köln, GewArch 1994, S. 22 (23) -Beschluß vom 22.01.1993- Ss 447/92 (B) -191 B-; BayObLG, NVwZ 1982, S. 462 -Beschluß vom 25.01.1982- 3 Ob OWi 225/81; Friauf/Ambs § 144 Rdn. 27. 136 Scheffler, S. 73; Focus Nr. 30 vom 26.07. 1993, S. 40 (44f.); Die Welt vom 28.11.1991, S. 26. 137 So auch OLG Zweibrücken, NVwZ 1987, S. 448 -Beschluß vom 14.11.1985- 2 Ss 176/85 mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß in diesem Beschluß kein Widerspruch zu dem Beschluß des BayObLG liege, da diesem eben ein anderer Sachverhalt zugrunde lag. Ausdrücklich in Widerspruch zum OLG Zweibrücken aber OLG Köln, GewArch 1994, S. 22 (23) -Beschluß vom 22.01.1993- Ss 447/92 (B) -191 B-. 138 Fallbeispiele bei Wirsching, Bd. 1, S. 84; ders., Bd. 2, S. 255ff., 303, 307f., 315, 317, 324, 328, 340, 344; ders., Berufshandbuch, S. 1.11.15 mit dem Abdruck eines Detektei-Vertrages („§ 1: Der Auftraggeber beauftragt die Detektei, Kunden- und Personaldiebstähle aufzudecken."); Scheffler, S. 86ff. 139 In dem Leitfaden für Ausbildung und Praxis von Privatdetektiven von Altmann heißt es auf S. 13: „Sie sollten den Übeltäter nicht sofort nach Tatausführung festnehmen,

540

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

daß der Täter dann einen vollendeten Diebstahl begangen hat. Selbst wenn der Täter durch das Einstecken der Ware innerhalb des Verkaufsraumes schon den Diebstahl vollendet hat, werden die Täter hinter der Kasse gestellt, um mögliche Schutzbehauptungen der ertappten Kunden zu verhindern. 140 Ebenfalls kein Bewachungsgewerbe liegt vor, wenn der eingesetzte Detektiv die Vorgänge in dem zu überwachenden Geschäft am Bildschirm verfolgt und die Täter hinter der Kasse stellt. Im Gegensatz zu diesem Ergebnis hat der Bund-Länder-Ausschuß „Gewerberecht" im Auftrag der Wirtschaftsministerkonferenz klargestellt, daß die Tätigkeit selbständiger Kaufhausdetektive nach § 34a GewO erlaubnispflichtig ist, da es sich um eine Bewachungstätigkeit handele. Daraufhin wurde in Bayern ein aktualisierter Musterentwurf der Allgemeinen Vorschrift zum § 34a der Gewerbeordnung und zur Bewachungsverordnung erarbeitet. 141 Darin heißt es in Nr. 1.2.: „Ob es sich um eine Bewachung handelt, ist anhand der Kriterien des Einzelfalles, insb. anhand des Begriffsmerkmals des Schutzes, zu beurteilen. Dies gilt beispielsweise für die Tätigkeit von sog. Kaufhausdetektiven (sofern es sich nicht um firmeneigene Arbeitnehmer handelt, vgl. oben Nr. 1.). Soll - wie es bei solchen Kaufhausdetektiven wohl regelmäßig der Fall ist - das Eigentum des Auftraggebers vor Diebstahl gesichert werden, liegt eine Bewachungstätigkeit vor."

Aus dem Wortlaut dieser Verwaltungsvorschrift, in der die tatsächlichen Gegebenheiten unzutreffend eingeschätzt werden, geht besonders deutlich hervor, daß diejenigen Kaufhausdetektive kein Bewachungsgewerbe ausü-

sondern ihn erst die „Check out line" (Kassenzone in Supermärkten) passieren lassen, denn der Diebstahl gilt vor Gericht erst als vollendet, wenn der Dieb keine Möglichkeit mehr hat, die eingesteckte Ware zu bezahlen." Bei Scheffler (Untertitel: „Ratgeber für Detektive, Detektivanwärter und Verkaufspersonal") heißt es auf S. 70: „Der Täter wird immer erst hinter der Kasse gestellt." Vgl. dens. S. 80. 90, 96. Weitere Beispiele aus der Ausbildungsliteratur für Detektive: Wirsching, Berufshandbuch, S. 11.3, 11.3.1 und 11.3.5; Deichert, ZAD-Studie „Ladendiebstahl", S. 10; so auch ein Merkblatt einer Frankfurter Detektei, die sich auf die Bekämpfung des Ladendiebstahls spezialisiert hat; ebenso der Vorschlag des Bundes Internationaler Detektive für die Checkliste für Kaufhausdetektive; vgl. dazu Wirsching, Bd. 2, S. 281, 283. 140 141

Scheffler,

S. 96; Deichen, ZAD-Studie „Ladendiebstahl", S. 10.

Bekm. des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 31.08.1992 (A11MB1 S. 849), geändert am 11.02.1993 (A11MB1 S. 513); vgl. dazu Fuchs, NWB 1992, S. 4167 = Fach 30, S. 869.

D. Abgrenzung zum Bewachungsgewerbe

541

ben, die nicht zum Schutz des Eigentümers vor Diebstählen eingesetzt werden, sondern primär zum Überführen von Ladendieben, die bereits einen Diebstahl verwirklicht haben. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift hat somit ihr Anliegen, klarzustellen, daß die Tätigkeit der Kaufhausdetektive nach § 34a erlaubnispflichtig ist, verfehlt. Gegen die hier vertretene Auffassung könnte aber eingewandt werden, daß es auf die Kategorien des Strafrechts für die gewerberechtliche Auslegung des Merkmals „Schutz" nicht ankommt. Das Strafrecht orientiert sich jedoch an den tatsächlichen Gegebenheiten, und auf diese kommt es an. Durch das tatsächlich höhere Maß der Rechtsgutsgefährdung bei dem Zulassen vollendeter Diebstähle fehlt es an der durchgehend erforderlichen Schutzgerichtetheit der Tätigkeit. Zwar dient auch dieses Verhalten im Erfolgsfalle letztendlich dem Schutz des Eigentums des Auftraggebers; dies reicht jedoch nicht aus, um diese Tätigkeit als Bewachungsgewerbe zu qualifizieren. 142 Dies ergibt sich aus den für das Vorliegen eines Bewachungsgewerbes erforderlichen, allgemein anerkannten Merkmalen der Schutzgerichtetheit der Bewachungstätigkeit und der tätigen Obhut. Die Bewachungstätigkeit erfordert danach „ein zielgerichtetes, den Schutz des fremden Lebens oder Eigentums bezweckendes Handeln, also ein Aufpassen darauf, daß nichts geschieht, was nicht geschehen soll oder nicht erlaubt ist. ... Nur ein bewußtes Beaufsichtigen oder gezieltes Beobachten, nur eine wiederkehrende Kontrolle oder ein sonstiges den Eintritt von Gefahren verhütendes oder abwehrendes Verhalten unterfällt daher dem Begriff des Bewachens".143 Eine rein beobachtende Tätigkeit stellt auch dann keine Bewachung dar, wenn am Ende der Beobachtung ein Eingreifen des Kaufhausdetektives steht. Bei einer Bewachungstätigkeit im Sinne der genannten Definition ist ein Verhalten des Bewachenden, das es dem Ladendieb ermöglicht, trotz Beobachtung seinen Diebstahl zu vollenden, gegenüber dem Auftraggeber als pflichtwidrig anzusehen. Entspricht es aber genau den Vorstellungen des Auftraggebers, so kann es nicht als Bewachungstätigkeit im dargestellten Sinne angesehen werden. Bei diesem 142

Vgl. OLG Zweibrücken, NVwZ 1987, S. 448 -Beschluß vom 14.11.1985- 2 Ss

176/85. 143

OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1988, S. 270 (271) -Urteil vom 04.05.1988- 12 A 179/87; ebenso OLG Köln, GewArch 1994, S. 22 (23) -Beschluß vom 22.01.1993- Ss 447/92 (B) -191 B-; Friauf/Höfling § 34a Rdn. 16; Stollmann, NWVB11992, S. 421; vgl. auch Duden, Bd. 10, Stichwort „bewachen", S. 141.

542

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

Verhalten fehlt es an der für die Wahrnehmung von Bewachungsaufgaben erforderlichen aktiven Obhutstätigkeit und Schutzgerichtetheit; die Waren werden nicht in erster Linie vor dem Abhandenkommen geschützt, vielmehr werden sie bewußt durch das Zulassen eines vollendeten Diebstahls einer für den Auftraggeber erhöhten Verlustgefahr ausgesetzt. Der Schutz des Eigentums verliert die für die Bejahung einer Bewachungstätigkeit erforderliche Hauptfunktion. Eine solche Tätigkeit als Bewachung zu bezeichnen, widerspricht auch dem allgemeinen Sinn des Wortes „bewachen", dem das Aufpassen, daß nichts geschieht, was nicht erlaubt ist, als begriffsnotwendig innewohnt. Demgegenüber ist der Begriff „beobachten" nur sinnverwandt, nicht aber synonym. Ihm fehlt das Moment der Verhinderung des Gefahreneintritts oder der Gefahrenvergrößerung. 144 Eine einheitliche Einordnung von Kaufhausdetektiven unter § 34a GewO mag zwar wünschenswert und erforderlich sein, unzulässig ist jedoch eine dem Wortsinn des Bewachens nicht mehr entsprechende teleologische Auslegung.145 Diese wie jede andere Auslegungsmethode findet ihre Grenze am Wortlaut einer Norm. 146 Ihre Bestätigung findet diese Auslegung auch durch eine historische Betrachtung des Wortes „bewachen". So findet sich in § 1 Abs. 1 der Verordnung über den Wachdienst vom 14.12.1937147 die Definition der Bewachung als eine Tätigkeit „...bei der Personen ständig mit der Abwehr rechtswidriger Angriffe gegen Menschen oder Sachen betraut werden...". Zwar ist diese Verordnung inzwischen aufgehoben, aber ihr Inhalt wird auch heute noch als eine brauchbare Begriffsbestimmung für das Bewachungsgewerbe angesehen und hat die aktuelle Definition zumindest mitgeprägt. 148 Auch dieser 144 Vgl. dazu Duden, Bd. 10, Stichworte „bewachen" (S. 141) und „überwachen" (S. 662). 145

So speziell zur Auslegung des Merkmals „bewachen": OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1988, S. 270 (271) -Urteil vom 04.05.1988- 12 A 179/87 und die Vorinstanz V G Koblenz, GewArch 1988, S. 86 (87) -Urteil vom 26.10.1987- 9K 486/86. 146

Larenz, Methodenlehre, S. 307f.

147

RGBl I S . 1387.

148

Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1988, S. 270f. -Urteil vom 04.05.1988- 12 A 179/87 und die Vorinstanz VG Koblenz, GewArch 1988, S. 86 (87) -Urteil vom 26.10. 1987- 9K 486/86.

D. Abgrenzung zum Bewachungsgewerbe

543

Begriffsbestimmung steht eine Tätigkeit entgegen, bei der der Angriff auf das Eigentum des Auftraggebers, wenn auch nur zeitweilig, geduldet wird. Indes steht es einer Bewachungstätigkeit nicht entgegen, wenn die Bewachung nicht permanent ausgeübt wird, wie etwa bei regelmäßig wiederkehrenden Kontrollgängen. Entscheidend ist nur, daß die Schutzgerichtetheit der Tätigkeit durchgehend vorhanden ist. Auf das Merkmal der Schutzgerichtetheit bei der Definition der Bewachungstätigkeit kann also nicht verzichtet werden, um auf diesem Wege die Einbeziehung der Kaufhausdetektive in die Erlaubnispflicht des § 34a GewO zu erreichen. In der Literatur findet sich zu der geschilderten Auffassung keine zustimmende Stellungnahme, umgekehrt widerspricht ihr aber auch lediglich Mareks M 9 Seiner Ansicht zufolge sei es richtig, „daß der Festnahme des Diebes eine umfassende Bewachungstätigkeit vorausgehen muß, die unter Umständen dazu führt, daß ein Dieb gestellt wird". Dem kann allerdings nicht zugestimmt werden. Bis zu der Festnahme des Diebes liegt nämlich keinesfalls eine Bewachungstätigkeit vor, da bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei aktive Obhutstätigkeit des Kaufhausdetektives erfolgt, und aus seinem Verhalten auch keine solche Schutzrichtung entnommen werden kann. Vielmehr liegt bis zu dem Zeitpunkt des Eingreifens eine reine Überwachung - im Sinne von Beobachtung - vor. Eine tätige Obhut fordert allerdings auch Mareks selbst.150 Eine Bewachungstätigkeit könnte also allenfalls aufgrund einer Gesamtbetrachtung des Geschehens von der Beobachtung bis zur Überführung angenommen werden. Dies ist aber gerade aufgrund der oben angeführten und auch von Mareks selbst geteilten Bedenken151 in bezug auf die Erfordernisse der ständigen aktiven Obhutstätigkeit und der Schutzgerichtetheit der Bewachungstätigkeit nicht möglich. Ein solches Tätigwerden von Kaufhausdetektiven ist vielmehr als Detektivgewerbe im Sinne des § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO zu qualifizieren. Zwar enthält § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO mit der „Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse und persönliche Angelegenheiten" nur eine Beschreibung des Leistungsgegenstandes von Auskunfteien und Detekteien, doch die dazu erforderliche Tätigkeit liegt gerade auch in der Beobachtung von Personen.

149

Landmann/Rohmer I-Marcks § 34a Rdn. 8.

150

Landmann/Rohmer I-Marcks § 34a Rdn. 6.

151

Landmann/Rohmer I-Marcks § 34a Rdnrn. 4 bis 6.

544

6. Kap.: Gewerberechtliche Probleme bei Auskunfteien und Detekteien

Die nachfolgende Sistierung ist demgegenüber nicht die Tätigkeit, die dem Detektivgewerbe sein typisches Gepräge gibt. Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß es von dem konkreten Auftrag und damit der konkreten Tätigkeit abhängt, ob Kaufhausdetektive dem Bewachungs- oder Detektivgewerbe zuzuordnen sind. Hat der Kaufhausdetektiv die Aufgabe Diebstähle von Kunden oder Angestellten zu verhindern, so liegt eine Bewachungstätigkeit im Sinn des § 34a GewO vor. Lautet der Auftrag dagegen begangene Diebstähle aufzuklären und die ertappten Diebe zu stellen, so zählt die Tätigkeit zum Detektivgewerbe. Aus der vorgenommenen Differenzierung ergibt sich auch, daß im Falle des Personenschutzes regelmäßig eine erlaubnispflichtige Bewachungstätigkeit nach § 34a GewO vorliegt. Das Eintretenlassen einer konkreten Gefährdung der zu schützenden Person, etwa bis zu einer Deliktsvollendung, kann nicht Auftrag des Personenschutzes sein. Gleiches gilt auch für den Objektschutz. Soweit deshalb davon gesprochen wird, daß Detektive typischerweise Aufgaben im Bereich des Personenschutzes wahrnehmen, 152 hat dies nur rechtstatsächliche Bedeutung, spielt aber für die gewerberechtliche Zuordnung keine Rolle;

152

Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen Nr. 791a (Detektiven), Zugehörige Berufe), S. 2ff., 23; Gallus, Polizei und Prävention, S. 71; Scheffler, S. 2: Verwendung „beim Personenschutz" und „beim Objektschutz".

Siebtes Kapitel

Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe In der Darstellung des gewerberechtlichen Status von Auskunfteien und Detekteien wurde festgestellt, daß das Auskunftsgewerbe zu den sogenannten anzeigepflichtigen, überwachungsbedürftigen Gewerbezweigen gehört. Gegenstand dieses Kapitels ist die Frage, ob diese gewerberechtliche Einordnung von Auskunfteien und Detekteien sachgerecht ist, oder eine Gesetzesänderung dahingehend vorzunehmen ist, daß für Auskunfteien und Detekteien eine Verschärfung der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen eingeführt werden sollte. Die Untersuchung wird dazu in zwei größere Blöcke unterteilt, von denen ersterer die Notwendigkeit der Einführung einer Erlaubnispflicht sowie Novellierungsmöglichkeiten enthalten wird. Der zweite größere Komplex behandelt dann die rechtliche und politische Würdigung der vorgeschlagenen Gesetzesänderung. Zunächst wird versucht, die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung auf fünf verschiedene Begründungsansätze zu stützen, nämlich eine rechtshistorische Argumentation, eine rechtstatsächliche Begründung, eine Argumentation aus rechtsvergleichender Sicht, einen rechtssystematischen Ansatz und eine Erforderlichkeitsbegründung aufgrund mangelnder Gewerbeüberwachung. Darauf folgt ein Änderungsentwurf und ein Vorschlag zur gesetzestechnischen Verwirklichung einer Gesetzesänderung. Diese Novellierungsvorschläge werden dann auf ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht und dem EG-Recht überprüft. Abschließend soll kurz auf die Erfolgsaussichten der vorgeschlagenen Gesetzesänderung, insbesondere die politische Durchsetzbarkeit, eingegangen werden. Vorab ist darauf hinzuweisen, daß die vorgeschlagene Erlaubnispflicht der Gefahrenabwehr dienen soll. Auf diesen Regelungszweck ist auch die Begründung für die Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung zugeschnitten. 35 Peilert

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

546

Ein Sachkundenachweis, der allgemeine berufskundliche Kenntnisse erfordert, wird als derzeit verfassungsrechtlich unzulässig1 dagegen nicht befürwortet.

A. Meinungsstand I. Gegenwärtige Rechtslage ist ausreichend Die Neueinführung von Erlaubnispflichten, speziell mit dem Inhalt des Sachkundeerfordernisses, wird insbesondere von Autoren, die dem Bundeswirtschaftsministerium, den Landeswirtschaftsministerien und dem Deutschen Industrie- und Handelstag nahestehen,2 sowie dem Bundeswirtschaftsministerium 3 und dem Deutschen Industrie- und Handelstag4 selbst, kritisch gesehen. Eine ablehnende Haltung nimmt das Bundeswirtschaftsministerium auch konkret zur Einführung einer Erlaubnispflicht mit den Kriterien der Zuverlässigkeit, des Nachweises finanzieller Mittel und der Sachkunde für das Detektivgewerbe ein.5 Aus einer Umfrage bei den Wirtschaftsministerien 1

Vgl. Kap. 7 D I I I 2.

2

Für das Gaststättengewerbe: Sattler, WiVerw 1987, S. 240ff. („Der Sachkundenachweis im Gastgewerbe - Zusammenfassende Bewertung des Deutschen Industrieund Handelstages -"); von Ebner (Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), GewArch 1985, S. 281 ff.; für das Bewachungsgewerbe: Mareks (Bundeswirtschaftsministerium), W+S-Information 1983, Heft 158, S. 17 (20); allgemein für gewerberechtliche Sachkundenachweise: Strauch (Mitglied des DIHT-Sonderarbeitskreises Neukodifikation der Gewerbeordnung), WiVerw 1982, S. 239 (245ff.). 3

Jahresbericht der Bundesregierung 1988, S. 211.

4

Gewerberecht aus einem Guß, Leitsätze für ein Gewerbegesetzbuch, S. 8ff. Die Leitsätze sind vom Sonderarbeitskreis „Neukodifikation der Gewerbeordnung" des Deutschen Industrie- und Handelstages formuliert worden mit dem Ziel, möglichst bald eine grundlegende Reform des Gewerberechts in Gang zu bringen. Vgl. auch die Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages in: Wirsching, Bd. 2, S. 483f. Zur ablehnenden Haltung des Deutschen Industrie- und Handelstages auf der 74. Tagung des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht" am 20./21.10.1993 in Bonn, siehe Schmitz, GewArch 1994, S. 101 (102). 5

Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft an den Verfasser vom 23.12.1991, Az.: I I B 6 - 12 00 89 und 16.11.1993, Az.: I I B 6 - 12 00 89.

A. Meinungsstand

547

der Länder ergab sich, daß - soweit eine Stellungnahme abgegeben wurde eine Erlaubnispflicht für Auskunfteien und Detekteien einheitlich auf Ablehnung stieß.6 Im Hinblick darauf, daß der Bund-Länder-Ausschuß „Gewerberecht" auf seiner Sitzung am 20./21.10.1993 einen Arbeitskreis eingesetzt hat, der die Problematik der Einführung von Erlaubnispflichten für verschiedene Gewerbe erörtern soll, sahen einige Wirtschaftsministerien aber von einer Stellungnahme ab.7 Bei einer Befragung der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich sprach sich dagegen nur eine Minderheit der Befragten gegen die Einführung eines Sachkundenachweises für Auskunfteien und Detekteien aus.8 Innerhalb des Auskunftsgewerbes selbst ergibt sich bei Vertretern von Auskunfteien und Detekteien ein unterschiedliches Meinungsbild. Während in jüngster Zeit von Vertretern der Auskunfteien keine berufsverbandlichen Initiativen zur Einführung einer Erlaubnispflicht unternom-

6

Schreiben verschiedener Wirtschaftsministerien an den Verfasser: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr (vom 03.11.1993, Az.: 4033 b - IV/6 - 48 712); Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie Berlin (vom 16.12.1993, Az.: I I I B 4); Senator für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie der Freien Hansestadt Bremen (vom 26.11.1993, Az.: 702-71-59/5); Wirtschaftsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg (vom 20.10.1993, Az.: -WB 43/717.825-1-); Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Rheinland-Pfalz (vom 28.10.1993, Az.: 21 32 847 - 2.38.2); Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt (vom 19.11.1993, Az.: 42-32070); Thüringer Ministerium für Wirtschaft und Verkehr (vom 12.11.1993, Az.: 2A4/3701-248-sch-gr). 7

Schreiben verschiedener Wirtschaftsministerien an den Verfasser: Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg (vom 25.10.1993, Az.: I 4410.1/26); Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landes Brandenburg (vom 28.10.1993, Az.: 31-St/Kl); Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie (vom 05.11.1993, Az.: II a 2-73a 26-05-02); Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr (vom 05.11.1993, Az.: 31.1 - 30.90/1 - 32.84/1); Ministerium für Wirtschaft des Saarlandes (vom 02.11.1993, Az.: A/4-3002 We/Me); Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit (vom 08.11.1993, Az.: 24-4413.4); Minister für Wirtschaft, Technik und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein (vom 27.10.1993, Az.: V I I 770b-1622A). 8

Schreiben von Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich an den Verfasser: Innenministerium Baden-Württemberg (vom 24.08.1993, Az.: 20553); Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz (vom 20.08. 1993, Az.: 315/190-19/0).

5 4 8 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

men worden sind,9 wird die Einführung einer Erlaubnispflicht innerhalb der Detektivbranche überwiegend befürwortet. Durch Verbandsinitiativen wurde versucht auf eine Gesetzesänderung hinzuwirken. Für die Beibehaltung der gegenwärtigen Rechtslage plädiert dagegen nur eine Minderheit innerhalb der Detektivbranche.10 Gerade aufgrund berufsverbandlicher Initiativen wurde in der Vergangenheit wiederholt die Frage der Berufszulassungsregelung und der fachlichen Qualifikation für Detektive in Bund- und Ländergremien erörtert. 1976 sprachen sich anläßlich einer Umfrage des Bundesministeriums des Innern fünf Länder für und sechs Länder sowie das Bundesministerium des Innern selbst gegen das Bedürfnis von Berufszulassungsregelungen für Detektive aus. Im November 1986 stellte der Bund-Länder-Ausschuß „Gewerberecht" übereinstimmend fest, daß eine Änderung des Gewerberechts nicht für notwendig erachtet wird. Am 27./28.04.1988 wurde infolge einer Landtagsanfrage in Baden-Württemberg in der Wirtschaftsministerkonferenz das Problem erörtert und ablehnend beschieden.11 Auf der 74. Tagung des Bund-LänderAusschusses „Gewerberecht" am 20./21.10.1993 wurden 18 Verbände, unter ihnen der Bundesverband Deutscher Detektive, zu der Frage angehört, ob in den betreffenden Gewerbezweigen Berufszulassungsregelungen oder Berufsausübungsvorschriften neu eingeführt werden sollten. Die Einführung eines Sachkundenachweises für das Detektivgewerbe wurde dabei abgelehnt. Es wurde jedoch ein Arbeitskreis der Länder unter Beteiligung der Verbände beauftragt, Berufsausübungsvorschriften unter anderem für das Detektivgewerbe auszuarbeiten.

9

Beispielsweise nahm kein Vertreter der Auskunfteibranche an der 74. Tagung des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht" am 20./21.10.1993 in Bonn teil. Bei dieser Anhörungsbesprechung bestand für Vertreter verschiedener Gewerbezweige die Gelegenheit, Vorstellungen zu zusätzlichen Berufszulassungsregelungen, insbesondere zur Sachkunde, darzulegen; vgl. Schmitz, GewArch 1994, S. lOlff. mit einem Überblick über das Meinungsbild betreffend die Neueinführung von gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen in verschiedenen Gewerbezweigen. 10 Dessau, Privatdetektive, S. 112; ders., Detektiv-Kurier Mai 1995, S. 2; vgl. aber die gegenteilige Auffassung von Dessau in früheren Stellungnahmen: Dessau/Brinker, ArchKrim 159 (1977), S. 107 (113) und Dessau,, Detektiv-Kurier August 1990, S. lf.; ebenfalls nunmehr für die Beibehaltung der gegenwärtigen Rechtslage: Kocks, DetektivKurier Februar 1995, S. 1 (8). 11

Vgl. Bericht AK II, S. 6.

A. Meinungsstand

549

I I . Bejahung einer Gesetzesänderung Gegenüber der ablehnenden Haltung - insbesondere des für die Vorbereitung von Gesetzesänderungen im Gewerberecht federführenden Bundeswirtschaftsministeriums - erheben sich gerade in jüngster Zeit auch Stimmen in der Literatur, die in verschiedenen Gewerbezweigen für die Einführung von Sachkundenachweisen plädieren.12 Darüber hinaus melden verschiedene Verbände Forderungen an, die auf eine Verschärfung der Berufszulassungsregeln in den von ihnen vertretenen Gewerbezweigen hinauslaufen. 13 Die Forderung nach der Einführung einer Erlaubnispflicht hat im Detektivgewerbe Tradition. Als Reaktion auf eingetretene Mißstände wurde im Detektivgewerbe etwa um das Jahr 1900 erstmalig eine Änderung der gewerberechtlichen Zulassungsregelung gefordert. 14 Aktuell wird die Einführung einer Erlaubnispflicht insbesondere mit dem Inhalt eines Sachkundenachweises von Vertretern der unterschiedlichsten Gruppierungen befürwortet. Neben der überwiegenden Zahl der Vertreter aus dem Bereich der Detektivbranche 15 gehören dazu auch Vertreter der Polizei,16 verschiedene Auf12

Stober, Befähigungsnachweis (Gaststättengewerbe); Thieme, Gutachten (Bewachungsgewerbe). 13

Beispiele sind: Sachkundenachweis für Textilreiniger, vgl. Handelsblatt vom 08./ 09.04.1988, S. 6; Berufszulassung für Versicherungs- und Bausparkaufleute, vgl. FAZ vom 06.05.1988, S. 14 und Handelsblatt vom 05.05.1988, S. 10; Fachkundenachweis für Immobilienmakler, vgl. Handelsblatt vom 09./10.10.1987, S. 28 und FAZ vom 17.01. 1992, S. 33; Fachkundenachweis für das Bewachungsgewerbe, vgl. Olschok-Tautenhahn, Die Polizei 1994, S. 31 (34); FAZ vom 27.10.1993, S. 17 und vom 17.09.1994, S. 11. 14

Wirsching,

Kriminalistik 1957, S. 494 (495).

15

Dessau (Präsident des Zentralverbandes der Auskunfteien und Detekteien)/ Brinker, ArchKrim 159 (1977), S. 107 (113); Dingler (Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Detektive), BDD-INFO-INTERN, Heft 7 vom August/September 1993, S. 5ff.; ders., FAZ vom 01.03.1994, Verlagsbeilage „Kartengesteuerte Dienstleistungen", S. B13; Dunze (Präsident des Bundes Deutscher Detektive), Kriminalistik 1977, S. 176; Eckert (Vizepräsident des Bundes Deutscher Detektive), Kriminalistik 1979, S. 536f.; Stellungnahme des Bundesverbandes Deutscher Detektive zu der Anhörungsbesprechung im Rahmen der 74. Tagung des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht" am 20.10.1993 (Schreiben des Bundesverbandes Deutscher Detektive an das Bundesministerium für Wirtschaft vom 20.09.1993). 16

Stümper (Landespolizeipräsident, Innenministerium Baden-Württemberg), Geleitwort zu Binder „Der Detektiv", S. 4; Stüllenberg (Kriminaldirektor im Landeskriminal-

550

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

sichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich 17 und nicht branchengebundene Autoren. 18 Für eine Zulassungsbeschränkung von Detektiven plädieren zum Teil auch die potentiellen Auftraggeber, die bereits negative Erfahrungen mit Detektiven gemacht haben. Nach einer Umfrage von Wirsching 19 bei 200 potentiellen Auftraggebern sprach sich 1986 etwa die Hälfte für eine Gesetzesänderung aus, während es bei der gleichen Umfrage 10 Jahre zuvor nur ein Viertel der Befragten waren. Eine Initiative für eine Änderung der gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für Detektive ist in jüngster Zeit von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder ausgegangen. Auf ihrer Sitzung am 14. April 1989 in Köln hat die Innenministerkonferenz den Arbeitskreis II („Öffentliche Sicherheit und Ordnung") beauftragt, die Notwendigkeit von Berufsausbildungs- und Zulassungsregelungen für das Detektivgewerbe zu prüfen und gegebenenfalls Vorschläge für Ausbildungs- und Zulassungsregelungen zu unterbreiten. Der Arbeitskreis kam daraufhin zu dem Ergebnis, daß eine gesetzliche Regelung zur Berufszulassung, die insbesondere auch einen Sachkundenachweis beinhalten soll, notwendig ist. 20

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung Das dargelegte Meinungsbild zeigt, daß eine Auseinandersetzung mit dem Problem der Erlaubnispflicht bei Auskunfteien und Detekteien bislang größtenteils von den Verbänden und teilweise von Regierungsseite geführt amt Nordrhein Westfalen), Polizei Journal 1982 Nr. 1, S. 64 (66); Dessau/Brinker, ArchKrim 159 (1977), S. 107 (113), (Horst Brinkerist Kriminaloberkommissar in Hamburg). 17

Schreiben verschiedener Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich an den Verfasser: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg (vom 13.08.1993, Az.: 1.6-41-20); Bremischer Landesbeauftragter für den Datenschutz (vom 31.08.1993, Az.: 029-30-00); Landesbeauftragter für den Datenschutz Niedersachsen (vom 11.08.1993, Az.: 5-80/0-7); Regierungspräsidium Darmstadt (vom 10.09.1993, Az.: IV/41-3 04/05-201/93). 18

Groß/Geerds,

19

Bd. 2, S. 479.

20

Zustimmend Dessau, Detektiv-Kurier August 1990, S. lf.

§ 25 I I 3 (S. 491); Neumann, S. 125ff.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

551

worden ist. Eine intensive branchenspezifische Erörterung des Themas in Rechtsprechung und Literatur fehlt dagegen. Insbesondere ist noch keine Problematisierung der Einführung eines Sachkundenachweises für das Auskunftsgewerbe aus rechtshistorischer, rechtstatsächlicher, rechtsvergleichender und gewerbesystematischer Sicht sowie unter dem Aspekt mangelnder Gewerbeüberwachung erfolgt.

I. Rechtshistorische Argumentation Die heutige Wirtschaftsordnung und speziell das Gewerberecht sind das Ergebnis einer historischen Entwicklung. Diese Entwicklung ist aber noch nicht beendet. Sie geht vielmehr mit der Entwicklung der Gesellschaft und insbesondere den zu regelnden gewerberechtlichen Sachverhalten weiter. Deshalb wird gerade auch die zulassungsbezogene Gewerbepolitik als „dynamisch"21 bezeichnet. Das Gewerberecht insgesamt stellt sich als das Ergebnis der ständigen Auseinandersetzung sich wandelnder Anforderungen an die Gewerbezweige mit dem Grundsatz der Gewerbefreiheit dar. 22 Vordringlich sind bei diesem Prozeß also zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Die Bedeutung des Grundsatzes der Gewerbefreiheit und der Wandel der zu regelnden Sachverhalte. Damit ist auch der Untersuchungsgegenstand einer entwicklungsspezifischen Argumentation für eine gewerberechtliche Gesetzesänderung festgelegt: Zu fragen ist konkret, ob einerseits in der Gewerbeordnung ein Bedeutungswandel dahingehend festgestellt werden kann, daß der Grundsatz der Gewerbefreiheit zugunsten einer stärkeren Betonung des wirtschaftsaufsichtsrechtlichen Aspektes an Bedeutung verloren hat, und ob andererseits die Anforderungen an das Auskunftsgewerbe in einer eine Gesetzesänderung erfordernden Weise gestiegen sind. 1. Historische Entwicklung der Gewerbefreiheit Um die Bedeutung des Prinzips der Gewerbefreiheit 23 als Gegenpol für die Einführung von Zulassungsbeschränkungen herauszufinden, ist ein Blick auf die historische Entwicklung dieses Grundsatzes erforderlich. 21

von Ebner, GewArch 1986, S. 209 (217).

22

Vgl. Robinski, S. 2.

23

Gemeint ist hier der materielle Inhalt der Gewerbefreiheit im Sinne des Art. 12 GG, also der Grundsatz der größtmöglichen Freiheit von Beschränkungen der Gewerbe-

5 5 2 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Die Gewerbefreiheit fand erstmals ihren gesetzlichen Ausdruck im preußischen Gewerbesteueredikt vom 02.11.1810, durch das die Übernahme einer gewerblichen Tätigkeit ausschließlich von der Erteilung eines steuerlichen Gewerbescheines abhängig gemacht wurde. 24 Die wesentliche Bedeutung dieses Gewerbesteuerediktes lag darin, daß die wirtschaftshemmende alte Zunftverfassung, wie sie noch im Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 ihre ausdrückliche Anerkennung gefunden hatte,25 aufgelöst wurde. Bei dem Kampf um die Gewerbefreiheit ging es aber nicht nur um den im Gewerbesteueredikt von 1810 verwirklichten freien Zugang zum Gewerbe, sondern um ein Bündel von Maßnahmen zur Liberalisierung der Wirtschaft und damit zur Beseitigung des Merkantilismus. Das Stichwort „Gewerbefreiheit" wurde nicht nur zum Schlagwort für den Kampf um den freien Zugang zum Gewerbe, sondern auch für den Kampf um die Aufhebung der Gutsuntertänigkeit der Bauern, die Aufhebung der durch das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten eingeführten Genehmigungspflicht für Fabriken, die Aufhebung des Protektionismus und um Liberalisierungen im Domänen- und Fideikommißwesen.26 Daraus resultiert die überragende Bedeutung des Schlagwortes „Gewerbefreiheit" in der Zeit des Liberalismus.

ausübung. Nicht gemeint ist demgegenüber die kompetenzrechtliche Bedeutung des Grundsatzes der Gewerbefreiheit im Sinne des § 1 Abs. 1 GewO, nach der Voraussetzungen für die Aufnahme von Gewerben sowie Untersagungsmöglichkeiten nur durch Bundesgesetz festgelegt werden können. 24

Sieg/Leifermann/Tettinger

Einl. Rdn. 2; Prümm, S. 17; Robinski, S. 2.

25

Vgl. etwa §§ 179ff., I I 8 ALR, insbesondere § 181: „Wo Zünfte sind, muß ein jeder, der in der Stadt ein zunftmäßiges Gewerbe treiben will, sich in dieselben aufnehmen lassen". In § 191 I I 8 ALR wird den Zünften die Rechtsstellung „Privilegierter Korporationen" zuerkannt. 26

Zusammenfassend: Püttner, S. 46; Stober, Handbuch, § 5 V I 1; ders., Lehrbuch, § 3 V. Domänen sind land- und forstwirtschaftlich genutzte Güter in Staatshand. Sie hatten bis zum 19. Jahrhundert eine wichtige Funktion bei der Erwirtschaftung von Staatseinkünften. (Brockhaus, Bd. 5, Stichwort „Domäne", S. 593). Fideikommiß war ein Rechtsinstitut, nach dem ein Familienvermögen, meist Grundbesitz, ungeteilt in der Hand eines Familienmitgliedes blieb, der Inhaber aber in der Verfügung unter Lebenden und von Todes wegen beschränkt war und nur den Ertrag des Vermögens zur freien Verfügung erhielt. Vollstreckungen in das Vermögen wegen Schulden des Inhabers waren ausgeschlossen. Dadurch blieb die vermögensrechtliche Grundlage für die Familie und ihre soziale Stellung gesichert. (Brockhaus, Bd. 7, Stichwort „Fideikommiß", S. 268).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

553

Eine absolute Geltung kam dem Grundsatz der Gewerbefreiheit jedoch in keiner Phase der Geschichte zu. 27 Schon das Gewerbesteueredikt von 1810 und das ergänzende Gesetz über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe (Gewerbepolizeigesetz) vom 07.09.181128 enthielten im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Einschränkungen der Gewerbefreiheit, insbesondere für solche Gewerbe, „bei deren ungeschicktem Betriebe gemeine Gefahr obwaltet". Diese gewerbepolizeilichen Bestimmungen wurden in der preußischen Gewerbeordnung vom 17.01.184529 weiterentwickelt und fanden auch in die Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes30 Eingang. Zudem enthielt das Gewerbesteueredikt, immerhin als Ausgangspunkt der Gewerbefreiheit anerkannt, einen Katalog von 34 Berufen, für die weiterhin ein Befähigungsnachweis gefordert wurde. Daran zeigt sich, daß die Gewerbefreiheit in keiner Phase als ein absoluter Wert bestanden hat, sondern vielmehr stets unter gewerbepolizeilichem bzw. wirtschaftsaufsichtrechtlichem Vorbehalt stand. Dies gilt auch für die Einführung der Gewerbefreiheit in der amerikanischen Besatzungszone in der jüngeren Geschichte, obwohl die Gewerbefreiheit in den USA im Vergleich zu den übrigen Ländern der Welt als am weitestgehenden bezeichnet wird. 31 In der amerikanischen Besatzungszone wurden von der Militärregierung der USA Ende 1948 Direktiven mit dem Inhalt erlassen, daß in Bayern in Kraft befindliche Lizenzierungsgesetze als undemokratisch nicht gebilligt werden könnten,32 wobei jedoch Ausnahmen für bestimmte Tätigkeiten vorgesehen waren: „Es ist der feste Grundsatz der Militärregierung, daß die Lizenzierung der Tätigkeit von Einzelpersonen, offenen Handelsgesellschaften, Kapitalge-

27

Dagegen geht das Bundesverfassungsgericht im sogenannten „Apotheken-Urteil" (BVerfGE 7, S. 377 (391) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56) von einem Prinzip „vollständiger Gewerbefreiheit" in frühliberaler Zeit aus. 28

PreußGS 1811, S. 263.

29

PreußGS 1845, S. 41.

30 Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21.06.1869 (BGBl S. 245). 31 32

von Ebner, GewArch 1986, S. 209.

Abgedruckt bei von Ebner, GewArch 1986, S. 209f. Unrichtig ist die Einschätzung im sogenannten „Apotheken-Urteil" (BVerfGE 7, S. 377 (391) -Urteil vom 11.06.19581 BvR 596/56), daß diese Direktiven zur „völligen Berufsfreiheit" führten.

554

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

sellschaften, Verbänden oder sonstigen juristischen Personen auf sämtlichen Gebieten undemokratisch ist und grundsätzlich nicht gebilligt werden kann, außer wenn solche Tätigkeiten in eine der nachstehenden Gruppen fallen: a) Lizenzierung aus steuerlichen Gründen, b) wenn solche Tätigkeiten die öffentliche Sicherheit betreffen (z. B. Baugewerbe, elektrische Anlagen usw.), c) Tätigkeiten, die das öffentliche Gesundheitswesen betreffen (z. B. Restaurants, Friseurgeschäfte, Molkereien, Metzgereien usw.), jedoch nur in dem zur Überwachung und Kontrolle dieser Tätigkeiten in sanitärer Hinsicht usw. erforderlichen Ausmaß, d) Fälle, die die öffentliche Wohlfahrt betreffen (private Kinderheime, Wohlfahrtseinrichtungen usw.), e) wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die ein „öffentliches Interesse" berühren (z. B. Versorgungsbetriebe, Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerke, Versicherungsgesellschaften, Banken, Transportunternehmen usw.), f) die freien Berufe (Medizin, Pharmazeutik, zahnärztliche Praxis, Tätigkeit als Tierarzt, juristische Tätigkeit, staatlich geprüfte öffentliche Rechnungs- und Buchprüfer, Architekten usw.), die zum Nachweis der zur Ausübung solcher Berufe erforderlichen Ausbildung und Sachkunde eine von einer staatlichen Behörde veranstaltete und unter ihrer Aufsicht durchgeführte öffentliche Prüfung ablegen müssen. Demgemäß ist die Lizenzierung auf allen Gebieten zu unterlassen, auf denen keine inneren und notwendigen Beziehungen zu den sechs oben genannten Gruppen bestehen." Dieser umfangreiche Katalog von Berufszulassungsregelungen belegt, daß auch in der amerikanischen Besatzungszone die Gewerbefreiheit keine absolute Geltung beanspruchte. An den Beispielen des Liberalismus und der Besatzungszeit, in denen die Gewerbefreiheit in besonderem Umfang galt, wurde gezeigt, daß der Gewerbefreiheit zu keiner Zeit eine absolute Geltung zukam. Die Gefahrenabwehraufgabe nahm vielmehr in jeder Entwicklungsphase der Gewerbefreiheit einen hohen Stellenwert ein. Aus diesem historischen Befund ergibt sich, daß dem Grundsatz der Gewerbefreiheit bei der Frage der Einführung von Zulassungsbeschränkungen zwar Bedeutung zukommt, daß er aber keinesfalls eine der Abwägung nahezu entrückte, dominierende Stellung einnimmt.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

555

2. Die Entwicklung der Rechtslage im Auskunftsgewerbe Die Entwicklung der Rechtslage im Auskunftsgewerbe umfaßt im wesentlichen drei Schritte: 1. Nach einer Initiative des Reichstages vom 30.06.1900 wird § 35 GewO in dem Sinne geändert, daß nunmehr auch die „gewerbsmäßige Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse oder persönliche Angelegenheiten" bei Unzuverlässigkeit untersagt werden kann.33 2. Am 01.02.1939 wird das Gesetz zur Beseitigung von Mißständen im Auskunfts- und Detektivgewerbe34 verkündet. Es enthält unter anderem die Möglichkeit, die Fortsetzung des Gewerbes vorläufig zu verbieten, sowie eine Strafvorschrift für Verstöße gegen eine Untersagung oder ein vorläufiges Verbot der Gewerbeausübung. Wesentliche Änderungen sind mit dem Gesetz gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht verbunden. 3. Am 29.09.1953 wird die aktuell geltende Rechtslage, die die Landesregierungen ermächtigt, für Auskunfteien und Detekteien verschärfte Überwachungsvorschriften zu schaffen, beschlossen.35 Der Grund für die Einführung der Untersagungsmöglichkeit für die gewerbsmäßige Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse oder persönliche Angelegenheiten im Jahr 1900 waren schlechte Erfahrungen, die man insbesondere mit Detekteien gemacht hatte. Die Auskunfteien wurden gleich behandelt, da man der Meinung war, daß sie bei leichtsinnigem und unseriösem Betrieb die Gefahr schwerer Kreditschädigungen in sich schlös-

33

RGBl S. 321 (Gesetz betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung vom 30.06. 1900); RGBl S. 871 (Bekm. betreffend die Redaktion der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 26.07.1900). 34

RGBl I S. 266; aufgrund von § 5 des Gesetzes wird des weiteren am 20.02.1939 die Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz zur Beseitigung von Mißständen im Auskunfts- und Detektivgewerbe (RGBl I S. 277) erlassen, die Zuständigkeitsfragen regelt. 35

BGBl IS. 1459; § 38 GewO enthält am 10.02.1960 durch das Vierte Bundesgesetz zur Änderung der Gewerbeordnung (BGBl IS. 61) seine jetzige Fassung, ohne daß damit die Regelung für Auskunfteien und Detekteien inhaltlich betroffen war. Das Gesetz zur Beseitigung von Mißständen im Auskunfts- und Detektivgewerbe vom 01.02.1939 und die entsprechende Erste Durchführungsverordnung vom 20.02.1939 werden aufgehoben (BGBl 1960 I S. 74).

556

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

sen.36 Zum Zeitpunkt dieser Regelung handelte es sich noch um eine junge, kaum entwickelte Branche. Ein genaues, differenziertes Berufsbild stand dem Gesetzgeber damals noch nicht zur Verfügung. Damit fehlte es auch an einer Einschätzung der mit der Ausübung dieser Gewerbearten verbundenen Gefahren. Demzufolge kam es mit der Weiterentwicklung beider Branchen alsbald zu ersten Reformbestrebungen. Bereits 1927 nahm der Reichstag eine Entschließung seines Auschusses „Volkswirtschaft" an, in dem die Reichsregierung nach Anhörung der Länderregierungen dem Reichstag eine Gesetzesvorlage über eine Konzessionierung im Detektivgewerbe vorlegen sollte. Die damals wichtigste Berufsorganisation, der Reichsbund Deutscher Detektive, entwarf einen der Bestimmung über das Bewachungsgewerbe nachgebildeten Vorschlag, der im wesentlichen folgendes beeinhaltete: „Hinter § 34a RGO wird als neue Bestimmung - § 34b - eingeschaltet: Wer in fremden Rechtsangelegenheiten es gewerbsmäßig übernimmt, Tatsachen zu ermitteln, Personen oder Vorgänge zu beobachten, Gegenstände zu Beweiszwecken zu beschaffen (Privatdetektiv), bedarf der Erlaubnis. Die Erlaubnis ist zu verweigern, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Nachsuchende die persönliche oder fachliche Eignung nicht besitzt, der erforderlichen Zuverlässigkeit ermangelt oder die für den selbständigen Gewerbebetrieb ausreichenden Mittel nicht nachzuweisen vermag." 37 Im Januar 1930 legte der Reichswirtschaftsminister dem Reichstag den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung vor, in dem aber dem Wunsch nach einer Konzessionierung des Detektivgewerbes nicht Rechnung getragen wurde. Die ablehnende Begründung verwies auf die Unvereinbarkeit mit dem Grundsatz der Gewerbefreiheit, die Selbstreinigungskräfte der freien Wirtschaft und die ausreichende Möglichkeit zur Beseitigung von Mißständen durch die Gewerbeuntersagung. 38 Auch weitere Reformvorhaben scheiterten, wobei sich die jeweils gegenüberstehenden Begründungen im wesentlichen wiederholten. Auf Seiten der Reformbefür-

36

Tiedemann/Sasse,

37

Hagemann, Handwörterbuch der Kriminologie, Erster Band, S. 227 (233).

38

S. 68.

Vgl. Hagemann, Handwörterbuch der Kriminologie, Erster Band, S. 227 (233f.). Auf diese Begründungen, die eine erstaunliche Parallelität zu der aktuellen Argumentation aufweisen, wird noch ausführlich eingegangen. Vgl. Kap 7 B I 1; Kap. 7 B II 5; Kap. 7 B V 2 d.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

557

worter wurde dabei stets auf die mit der Gewerbeausübung verbundenen Gefahren verwiesen. Strengere gewerberechtliche Regelungen wurden nur durch das inzwischen aufgehobene Gesetz zur Beseitigung von Mißständen im Auskunftsund Detektivgewerbe sowie durch § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO geschaffen, der die Bundesländer zum Erlaß von Überwachungsvorschriften ermächtigt. 3. Bedeutungswandel des Auskunftsgewerbes Zu fragen ist nunmehr, ob es im Tätigkeitsfeld der Auskunfteien und Detekteien einen derart einschneidenden Wandel gegeben hat, daß dieser die bislang unterlassene Verschärfung der Zulasungsvoraussetzungen erfordert. Zu berücksichtigende Zeiträume sind dabei sowohl die Zeit nach der erstmaligen Regelung des Auskunftsgewerbes in der Gewerbeordnung (1900) als auch nach deren Einordnung als überwachungsbedürftiges Gewerbe in § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO (1953), denn dieser Gesetzesänderung lag wiederum eine Neubewertung der Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien zugrunde. Der vorhergehende Zeitraum ist deshalb zu berücksichtigen, weil sich auch schon die Einordnung als überwachungsbedürftiges Gewerbe im Sinne des § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO im Jahre 1953 als nicht ausreichend erweisen könnte. Das Aufgabenfeld von Auskunfteien und Detekteien unterliegt einem stetigen Wandel. Die Auskunftsunternehmen müssen sich auf ständig ändernde Anforderungen, insbesondere ändernde Informationsbedürfnisse ihrer Kunden einstellen. Beispielsweise erweiterten die Auskunfteien ihr Tätigkeitsprogramm über den ursprünglich einzigen Leistungsgegenstand, nämlich die Kreditinformation, hinaus, um Auskünfte zur Entscheidungsfindung in Personalfragen. Dies führt zu der Einschätzung, daß das Kreditauskunfteiwesen über seine ursprüngliche Funktion als Informationshilfe des Geldgebers hinausgewachsen ist. 39 Diese Veränderungen im Leistungsangebot sind aber für eine Neubewertung der gewerberechtlichen Regelung nur insoweit von Bedeutung, als mit den hinzukommenden Leistungsangeboten intensivere Eingriffe in die Rechte Dritter verbunden sind. Entscheidend sind aber die Veränderungen in der Arbeitsweise von Auskunfteien und Detekteien sowie bei den rechtlichen Rahmenbedingungen.

39

Seidel, S. 8.

5 5 8 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

So haben sich bei den Auskunfteien durch die Umstellung auf EDV die Möglichkeiten der Informationsverarbeitung erheblich erweitert. Die Möglichkeit, beispielsweise Informationen von Auskunfteien per Online-Abruf zu erhalten, konnte weder 1900 noch 1953 in die Bewertung der Tätigkeit von Auskunfteien einbezogen werden, und eine solche Entwicklung war auch nicht voraussehbar. Bei den Detekteien führt der Einsatz technischer Mittel zu größeren Möglichkeiten im Rahmen ihrer Ermittlungen. So gehören zur Ausstattung von Detekteien etwa Film-, Foto- und Video-Kameras mit technischer Zusatzausrüstung wie Bewegungsmeldern; zur akustischen Überwachung werden Kleinstmikrofone und Richtmikrofone eingesetzt.40 Es ist also festzustellen, daß sich die Arbeitsweise der Auskunfteien und Detekteien insbesondere auch nach der Einordnung des Auskunftsgewerbes als überwachungsbedürftiges Gewerbe in einer Weise verändert hat, die die Gefahr für Eingriffe in die Rechte Dritter erhöht. Parallel zu den verstärkten Eingriffsmöglichkeiten hat der Schutz von Persönlichkeitsrechten in Gesetzgebung und Rechtsprechung erheblich an Bedeutung gewonnen. Beispielhaft zu nennen sind die Einführung der Datenschutzgesetze (das hessische Datenschutzgesetz vom 07.01.197041 war die erste datenschutzrechtliche Regelung.) und das sogenannte Volkszählungs-Urteil zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung vom 15.12.1983.42 Durch diese Entwicklung sind auch die Anforderungen an die rechtlichen Kenntnisse für Auskunfteien und Detekteien gewachsen. Diese Veränderungen, ebenfalls nach der Einführung der Überwachungsbedürftigkeit von Auskunfteien und Detekteien eingetreten, sind für die Einschätzung der gewerberechtlichen Rechtslage erheblich und legen eine Neubewertung der Zulassungsvoraussetzungen nahe. Inwieweit die festgestellten Veränderungen die Einführung strengerer gewerberechtlicher Zulassungsvoraussetzungen rechtfertigen können, ist endgültig im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchung zu beantworten. Insgesamt läßt sich aus rechtshistorischer Sicht aber zusammenfassend feststellen, daß das Gewerberecht den maßgeblichen Veränderungen im Auskunftei- und Detekteigewerbe nicht Rechnung getragen hat.

40

Vgl. Kap. 2 B I I 3.

41

GVB1IS. 625.

42

BVerfGE 65, S. Iff. -Urteil vom 15.12.1983- 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

559

I L Rechtstatsächliche Argumentation Im Rahmen der rechtstatsächlichen Argumentation wird die empirische Untersuchung im Hinblick auf eine gewerberechtliche Gesetzesänderung für das Auskunftsgewerbe ausgewertet. Es wird auf bislang vorgetragene Argumente gegen die Einführung von Erlaubnispflichten aus der allgemeinen Diskussion ebenso eingegangen wie auf Argumente, die speziell gegen die Einführung in einzelnen Gewerbezweigen vorgebracht werden, dem Sinn nach aber auf das Auskunftsgewerbe übertragen werden können. Schließlich erfolgt eine Auseinandersetzung mit solchen Argumenten, die speziell gegen die Einführung einer Erlaubnispflicht im Auskunftsgewerbe denkbar sind. 1. Aufgabenwahrnehmung ohne Sachkunde? Als Argument speziell gegen Sachkundenachweise wird geltend gemacht, daß ein effektiverer Verbraucherschutz, die Verhinderung von Straftaten sowie die Unterbindung ähnlicher Mißstände durch einen Sachkundenachweis nur in den seltensten Fällen erreichbar sein dürfte. 43 Vielmehr komme es in erster Linie auf die innere Einstellung, also die persönliche Zuverlässigkeit des Unternehmers an. Hier könne der Schutz von Verbrauchern aber präventiv durch eine vor Aufnahme des Gewerbes durchgeführte Zuverlässigkeitsüberprüfung und repressiv durch eine Gewerbeuntersagung erreicht werden. 44 Eine besondere Sachkunde sei also nicht erforderlich. Folgt man dieser Argumentation auch für das Auskunftei- und Detekteigewerbe, stellt sich die Frage der Einführung eines Sachkundenachweises als Inhalt einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe gar nicht. Diese Argumentation soll für das Auskunftsgewerbe im Wege eines rechtssyste-

43

Strauch, WiVerw 1982, S. 239 (247): „Ein Diplom garantiert nicht die Bakterienfreiheit der Bierleitung und gewährleistet nicht die Beachtung von Recht und Gesetz durch den Unternehmer.... Schließlich, um es aber eher unernst auszudrücken, ist erwartungsgemäß derjenige nicht der erfolgreichste Betrüger des Verbrauchers, der von seiner Sache nichts versteht." Daß etwa die Ausübung des Gaststättengewerbes ohne besondere Fachkenntnisse möglich sei, vertreten Michel/Kienzle § 4 Rdn. 26; von Ebner, GewArch 1986, S. 209 (214). Für das Gewerbe der Versicherungsvermittler: Bünger, GewArch 1994, S. 305 (306f.). 44

Vgl. Strauch, WiVerw 1982, S. 239 (247).

5 6 0 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

matischen und eines rechtstatsächlichen Begründungsstranges widerlegt werden. a) Der Einwand aus dem Rechtsberatungsgesetz Daß die Tätigkeit von Detektiven - zumindest in einem Teilbereich Sachkunde erfordert, läßt sich aus dem Rechtsberatungsgesetz begründen. Wie dargestellt, 45 handelt es sich um eine rechtsberatende Tätigkeit im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes, wenn Detektive die zur Verfolgung des Anliegens ihrer Auftraggeber erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nach rechtlichen Gesichtspunkten selbständig treffen. Nach Art. 1 § 5 RBerG ist diese Rechtsberatung aber ausnahmsweise dann zulässig, wenn sie mit dem Geschäft des Gewerbebetriebes in unmittelbarem Zusammenhang steht. Der Sinn und Zweck dieser Regelung liegt darin, daß verhindert werden soll, daß die Erlaubnispflicht nach Art. 1 § 1 RBerG dazu führt, daß einem Unternehmer die gewerbliche Tätigkeit unangemessen erschwert oder sogar unmöglich gemacht wird. 46 Keinesfalls besagt diese Regelung dagegen, daß für die lediglich im Zusammenhang mit einem Hauptgeschäft erfolgende rechtsberatende Tätigkeit materiell keine Sachkunde erforderlich wäre. Dieser Teil detektivischer Tätigkeit erfordert also Sachkunde, die lediglich aufgrund der Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 RBerG ausnahmsweise nicht nachzuweisen ist bzw. nicht zur Unzulässigkeit der rechtsberatenden Tätigkeit führt. Anzumerken ist dazu, daß der Sachkundenachweis für die rechtsberatende Tätigkeit nach allgemeiner Ansicht 47 mit Art. 12 GG vereinbar ist.

b) Erforderlichkeit

von Sachkunde für einzelne Tätigkeiten

Auch für die weiteren Tätigkeiten von Auskunfteien und Detekteien ist Sachkunde erforderlich. Dies gilt insbesondere für Rechtskenntnisse, so daß 45

Kap. 4 A II 2.

46

BGHZ 102, S. 128 (132) -Urteil vom 04.11.1987- IV a ZR 158/86; Erbs/KohlhaasSenge Art. 1 § 5 Anm. 1; Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz Art. 1 § 5 Rdn. 381; Schmidt, DB 1978, S. 1917 (1918). 47

BVerwG, GewArch 1980, S. 396 (397f.) -Urteil vom 15.11.1979- 5 C 4.79; OVG Hamburg, DVB1 1950, S. 752 (753) -Urteil vom 03.10.1950- OVG Bf. I 315/50; Stober, Befähigungsnachweis, S. 88.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderng

561

der Behauptung, daß der Verbraucherschutz, insbesondere das Einhalten von Vorschriften, allein eine Frage des guten Willens und nicht der Kenntnisse sei, nicht zugestimmt werden kann. Vielmehr muß beides zusammentreffen. Wenn der Bundesminister für Wirtschaft gegen die Erforderlichkeit einer Sachkunde beim Gaststättengewerbe damit argumentiert, daß ein einwandfreies Verhalten des Gewerbetreibenden weniger von einer vorangegangenen Prüfung abhängt, sondern in erster Linie von seiner grundsätzlichen Einstellung zur Befolgung der einschlägigen Vorschriften, 48 so wird auch bei dieser Argumentation die Kenntnis von Rechtsvorschriften vorausgesetzt49 Insofern sind fehlende Rechtskenntnisse auch kausal für auftretende Mißstände in verschiedenen Gewerbezweigen.50 Die Kenntnis von Rechtsvorschriften hat gerade für Auskunfteien und Detekteien große Bedeutung, denn die einzelnen Eingriffsermächtigungen verlangen regelmäßig komplizierte Abwägungsvorgänge, die allein durch 48

Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft vom 21.05.1987 an die Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P., abgedruckt in: GewArch 1987, S. 225; ebenso Sattler, WiVerw 1987, S. 240. 49

Die Stellungnahme des Bundesministers für Wirtschaft bezog sich allerdings auf das Gaststättengewerbe, bei dem nach § 4 GaststättenG ein Unterrichtungsnachweis erforderlich ist. Ähnlich argumentiert der Deutsche Industrie- und Handelstag (Bericht B M I II, S. 12): „Dagegen sei nach Erfahrung der Industrie- und Handelskammern ein Unternehmer nicht etwa deswegen rechtstreu, weil er sich in einer Prüfung als fachkundig in seiner Materie erwiesen habe, sondern weil er aufgrund seiner persönlichen Einstellung die geltende Rechtsordnung akzeptiere und sich konsequenterweise an Recht und Gesetz halte. Diese Beobachtungen würden für alle Bereiche der gewerblichen Wirtschaft gelten. Ein Fachkundenachweis für Unternehmer von Wach- und Sicherheitsbetrieben zur Vermeidung von Gesetzesverstößen sei daher prinzipiell ungeeignet." 50

Speziell für das Detektivgewerbe: Burgwald, Detektiv-Kurier Dezember 1994, S. 1 (4f.). Vgl. dazu auch einen Fall aus der Detektivbranche, in dem es durch die Überschreitung rechtlicher Befugnisse aus Unkenntnis zur Tötung eines Einbrechers durch einen Detektiv kam. Der Detektiv verfolgte trotz anwesender Polizei in einem Gebäude befindliche Einbrecher. Im Laufe der Verfolgung erschoß der Detektiv einen der Einbrecher versehentlich (siehe dazu VG München -Urteil vom 11.01.1995- M 7 K 94.952, S. 4f. und 14; zur Zeit der Drucklegung der Arbeit noch nicht veröffentlicht). S. 4f.: Der Detektiv war der Auffassung, „daß er auch dann ein Festnahmerecht habe, wenn die Polizei am Ort des Geschehens eingetroffen sei." S. 14: „Der Pflichtenverstoß wiegt umso schwerer, als der Kläger gerade als Angehöriger des Bewachungsgewerbes über die Grenzen der sich hieraus ergebenden Befugnisse genau Bescheid wissen und diese Grenzen respektieren müßte." 36 Peilert

5 6 2 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskuftsgewerbe

laienhafte Parallelwertungen nicht zu leisten sind. Um hier eine rechtmäßige und dennoch erfolgreiche Arbeit leisten zu können, reicht keinesfalls der gute Wille des Unternehmers aus. So wird in der detektivischen Ausbildungsliteratur auch empfohlen, in Zweifelsfällen juristischen Rat, beispielsweise von Rechtsanwälten, einzuholen.51 Diese Empfehlung ist sicherlich begrüßenswert, doch sind viele Entscheidungen im Rahmen laufender Ermittlungen „vor Ort" zu treffen, so daß kein juristischer Rat von Dritten eingeholt werden kann, und eigene Rechtskenntnisse erforderlich sind. Zudem wird eine Anfrage bei Rechtsanwälten, insbesondere von kleineren Detekteien, vielfach aufgrund der entstehenden Kosten nicht vorgenommen werden können. Das Argument gegen die Einführung von Sachkundenachweisen, daß gegebenenfalls sachunkundige Unternehmer im Rahmen einer Zuverlässigkeitsprüfung „vorsorgend zu disziplinieren" 52 seien, greift für Auskunfteien und Detekteien nicht. Einerseits wird beim Auskunftsgewerbe nur in einigen Bundesländern unmittelbar nach der Gewerbeaufnahme eine Zuverlässigkeitsprüfung durchgeführt und andererseits ist die Überprüfung der Sachkunde, wie gezeigt,53 kein Kriterium einer solchen routinemäßigen Zuverlässigkeitsprüfung bei Gewerbebeginn. Diese einen Sachkundenachweis ablehnende Argumentation spricht aber für die Einführung einer Zuverlässigkeitsprüfung im Erlaubnisverfahren. Insgesamt hat sich jedoch gezeigt, daß die Anforderungen im Auskunftsgewerbe auch einen Sachkundenachweis erfordern. 2. Auswertung von Verfehlungen von Auskunftsunternehmen Aus dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit ist die Notwendigkeit abzuleiten, daß eine normale, seriöse wirtschaftliche Betätigung 51

Dessau, ZAD-Studie „Berufsordnung und Standesregeln", S. 5; ders., ZAD-Studie „Berufsrisiken und diesbezügliche Gesetze", S. 1; Kocks, ZAD-Studie „Organisation der Verwaltungsabläufe im Detektivbüro", S. 7; ders., ZAD-Studie „Verdeckte Ermittlungen durch die Einschleusung eines Detektivs", S. 5, 10,13; Küster, ZAD-Studie „Öffentliche Register und allgemein zugängliche Informationsquellen", S. 4. "Gewisse Rechtskenntnisse" sieht auch Kiesow (NWB 1963, Fach 30, S. 211) als Voraussetzung für die Ausübung des Detektivberufes an. 52

Strauch, WiVerw 1982, S. 239 (247).

53

Vgl. Kap. 6 C I I 2 b.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

563

nicht um der Erfassung unseriöser Ausnahmefälle willen übermäßig erschwert werden darf. Deshalb können nur verbreitete Mißstände im Gewerbe eine Verschärfung der gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen rechtfertigen. Diese Mißstände sind im Hinblick auf die zu treffenden gewerberechtlichen Gegensteuerungsmaßnahmen zu untersuchen. Während etwa für die Einführung einer Zuverlässigkeitsprüfung im Rahmen eines gewerberechtlichen Erlaubnisverfahrens auch eine große Anzahl einzelner, beziehungslos nebeneinanderstehender Verfehlungen ausreicht, rechtfertigen Mißstände die Einführung eines Sachkundenachweises nur, wenn weitgehend übereinstimmende, auf mangelnder Sachkunde beruhende Verfehlungen festzustellen sind. Zwar lassen sich dem Gewerbezentralregister nur eine geringe Anzahl von Verfehlungen von Auskunfteien und Detekteien entnehmen,54 und von den Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich werden keine Statistiken über Art und Inhalt von Verfehlungen von Auskunfteien und Detekteien geführt, 55 doch aus der Sichtung verschiedener anderer Quellen ließ sich eine Vielzahl von Verfehlungen feststellen. So ergaben sich aus den verschiedenen Tätigkeitsberichten der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich, dem Pressearchiv der Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe, der Dokumentation von Veröffentlichungen über negative Erscheinungen im Detektivgewerbe vom Zentralverband der Auskunfteien und Detekteien56 sowie einer empirischen Untersuchung von Wirsching 57 verallgemeinerungsfähige

54

Vgl. dazu Kap. 7 B V 2 f.

55

So die Schreiben verschiedener Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich an den Verfasser: Innenministerium Baden-Württemberg (vom 24.08.1993, Az.: 2-0553); Senatsverwaltung für Inneres Berlin (vom 03.09.1993, Az.: I B 12-493); Hamburgischer Datenschutzbeauftragter (vom 17.08.1993, Az.: D60/50.0102); Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz (vom 20.08.1993, Az.: 315/190-19/0); Innenminister des Landes Schleswig-Holstein (vom 30.08.1993, Az.: IV 240 b - 0253.212.93.35); Regierung von Oberbayern für die bayerischen Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich (vom 25.08.1993, Az.: 2001085.3-37/93). 56 57

Dessau, Dokumentation, durchgehend.

Bd. 2, insbesondere S. 238ff. Wirsching (Der Spiegel, Heft Nr. 36 vom 02.09.1991, S. 96 [103]) schätzt angesichts zahlreicher bekanntgewordener Fälle von Übergriffen von Kaufhausdetektiven gegen Kunden, daß es speziell im Dienstleistungsbereich der Kauf-

5 6 4 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Mißstände, die sowohl auf Unzuverlässigkeit, fehlende finanzielle Mittel als auch mangelnde Rechtskenntnisse zurückzuführen waren. Diese Mißstände wurden bereits im empirischen 58 und im einfachgesetzlichen 59 Teil der Arbeit aufgezeigt. Nunmehr ist zu untersuchen, ob die gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen der Zuverlässigkeit, des Nachweises finanzieller Mittel und der Sachkunde dazu geeignet sind, die festgestellten Verfehlungen einzuschränken. a) Auskunfteien Nach den Prüfungserfahrungen der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich betreffen regelmäßig eine Vielzahl von Beschwerden die Auskunfteien. 60 Dies ist der Fall, obwohl zu berücksichtigen ist, daß aufgrund der nur stichprobenartigen Überprüfungen ein hohes Dunkelfeld an datenschutzrechtlichen Verfehlungen bestehen dürfte. 61 Zum

hausdetektive „lediglich 20 bis 30 seriöse" Unternehmen gibt, denen ein „einfühlsamer und sauberer" Umgang mit Kunden zuzutrauen ist. Vgl. auch Böndel, Wirtschafts Woche Nr. 37 vom 10.09.1993, S. 134 (137): „Nach Meinung von Insidern überwiegt bei weitem die Anzahl windiger Geschäftemacher."; Vahle, NWB 1993, S. 1967 (1968) = Fach 30, S. 883 (884), der feststellt, „daß sich unter den Privatdetektiven/Detekteien etliche befinden, die nicht als seriös eingestuft werden können, sei es mangels Fachkunde, sei es in charakterlicher Hinsicht." 5

* Kap. 2 B 18 und B I I 8.

59

Kap. 4 B I bis XVII.

60

Vgl. 11. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen vom Februar 1993, S. 225; Schreiben an den Verfasser: Landesdatenschutzbeauftragter der Freien Hansestadt Bremen (vom 31.08.1993, Az.: 029-30-00); Innenminister des Landes Schleswig-Holstein (vom 30.08.1993, Az.: IV 240 b - 0253.21293.35). So auch zusammenfassend Wind (S. 120): „Auf Auskunfteien, d. h. Unternehmen, die personenbezogene Daten hauptsächlich zum Zweck der Prüfung der Bonität von Verbrauchern sammeln und weitergeben, beziehen sich nach Aussagen der Aufsichtsbehörden häufig die meisten Beschwerden." 61

So auch 11. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen vom Februar 1993, S. 224 und insbesondere S. 221: „...eine nicht unerhebliche Dunkelziffer zu vermuten. Viele Firmen sind sich nicht darüber im klaren, daß sie eine meldepflichtige Tätigkeit ausüben. Gelegentlich wird wohl auch ganz bewußt eine Meldung nach dem Motto 'Nur keine schlafenden Hunde wecken' unterlassen."; Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt als Aufsichtsbehörde für den Daten-

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

565

Teil wurde bei Überprüfungen eine Beanstandungsquote zwischen 5 und 10% festgestellt. 62 Mißstände im Auskunfteiwesen liegen insbesondere in Verstößen gegen datenschutzrechtliche Vorschriften. Die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Anforderungen wie Kontrollmaßnahmen, Bestellung eines Datenschutzbeauftragten und verschiedener technischer und organisatorischer Maßnahmen sind zeitaufwendig und kostenintensiv und werden aus diesem Grund vielfach nicht eingehalten. Beispielsweise begründeten Auskunfteien Zeitüberschreitungen bezüglich vorgeschriebener Löschungs- und Sperrvorschriften mit einem unzumutbaren Arbeitsaufwand. 63 Die datenschutzrechtlichen Anforderungen können die Auskünfte verlangsamen und verteuern. Damit sie dennoch eingehalten werden, ist erforderlich, daß das Gewerbe der Auskunftserteilung nicht von solchen Personen betrieben wird, für die die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Anforderungen aus finanziellen Gründen nicht möglich ist. Um dies zu gewährleisten, ist für Auskunfteien als gewerberechtliche Maßnahme der Nachweis finanzieller Mittel zu fordern. Ein weiterer Mißstand im Auskunfteigewerbe liegt darin, daß inhaltlich zu weitgehende, nicht mehr von einem berechtigten Interesse an einer Kreditinformation gedeckte Auskünfte erteilt werden, um dem Auftraggeber eine möglichst umfassende Information zu geben. Die Gefahr, daß zu weitgehende Auskünfte erteilt werden, wird noch durch die Konkurrenzsituation im Auskunfteimarkt und die Tatsache vergrößert, daß vielfach zwei Auskunfteien beauftragt werden und so eine Vergleichsmöglichkeit der erteilten Auskünfte besteht. Zur Bekämpfung dieses Mißstandes ist eine Zuverlässigkeitsprüfung im Erlaubnisverfahren und wiederum der Nachweis finanzieller Mittel geeignet. schütz im nicht-öffentlichen Bereich an den Verfasser vom 10.09.1993, Az.: IV/41-3 04/05-201/93; verneinend: Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern an den Verfasser vom 27.08.1993, Az.: IG3-1081.2. 62

1. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1983, S. 51; Tätigkeits- und Erfahrungsbericht der niedersächsischen Aufsichtsbehörden zu Fragen des Datenschutzes im nicht-öffentlichen Bereich, LTDrucks 10/5750, S. 9, 13; Bericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung zur Datenschutzkontrolle in der Wirtschaft vom 20.12.1984, S. 33. 63

Bericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung zur Datenschutzkontrolle in der Wirtschaft vom 20.12.1984, S. 35f.

566

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskuriftsgewerbe

Bei den kleineren Auskunfteien und den Detekteien scheiterte die Einhaltung datenschutzrechtlicher Anforderungen nach den Erfahrungen der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich häufig auch an der fehlenden Kenntnis der einschlägigen Vorschriften, während bei den großen Auskunfteien bessere Rechtskenntnisse festgestellt wurden.64 Insgesamt ist zur Erreichung hinreichender Rechtskenntnisse bei den kleineren Auskunfteien und zur Sicherstellung des Kenntnisstandes bei den Großauskunfteien ein Sachkundenachweis erforderlich. Betont werden muß aber, daß die wirtschaftsaufsichtsrechtlichen Maßnahmen bei den Großauskunfteien isoliert betrachtet den Mißständen nicht abhelfen können. Eine wichtige Funktion hat bei den Großauskunfteien die datenschutzrechtliche Kontrolle, deren Ergebnisse allerdings wirtschaftsaufsichtsrechtliche Sanktionen auslösen können. b) Detekteien Auftretende Verfehlungen im Detektivgewerbe sind schon allein deshalb ein drängendes Problem der Branche, weil die Begehung von Straftaten im Rahmen der Ermittlungstätigkeit im Detektivgewerbe eine gewisse Akzeptanz erfährt. 65 Verfehlungen durch Detektive wurden in allen Auftragsphasen festgestellt.66

64

Schreiben verschiedener Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich an den Verfasser: Bayerisches Staatsministerium des Innern (vom 27.08.1993, Az.: IG3-1081.2); Ministerium des Innern des Landes Brandenburg (vom 13.08.1993, Az.: 1.6-41-20); Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz (vom 20.08.1993, Az.: 315/190-19/0); Regierungspräsidium Darmstadt als Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich (vom 10.09. 1993, Az.: IV/41-3 04/05-201/93). 65

Vgl. Wirsching, Bd. 2, S. 169 und insbesondere S. 21: „Als erfolgreich bezeichnen sich auch die Detektive, die auf dem Wege zur 'Wahrheitsfindung* gegen geltendes Recht verstoßen... Es sind Männer, die in der Detektiv-Branche meist zur Spitze gezählt werden." In Der Spiegel, Heft Nr. 36 vom 02.09.1993, S. 96 (103) wird ein Verbandsfunktionär aus der Detektivbranche folgendermaßen zitiert: „Ein wirklich guter Privatdetektiv, der hat mit Sicherheit schon einige Vorstrafen." Vgl. Kap.

II .

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

567

Dies gilt schon für das Stadium der Auftragsannahme, denn vielfach werden Detektive tätig, obwohl kein berechtigtes Interesse des Auftraggebers besteht. Dies kann auf Unkenntnis oder falscher Auslegung der betreffenden Vorschriften, auf Unzuverlässigkeit oder einem besonders hohen finanziellen Druck beruhen. Dies spricht für die Einführung einer Zuverlässigkeitsprüfung, eines Nachweises finanzieller Mittel und eines Sachkundenachweises, um diesen Mißständen zu begegnen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Regelungsinstrument des Nachweises finanzieller Mittel zu, denn wenn der Detektiv das Vorliegen eines berechtigten Interesses des Auftraggebers verneint, so ist dies stets gleichzeitig eine Entscheidung dahingehend, daß er den betreffenden Auftrag und die entsprechende Verdienstmöglichkeit nicht erhält. Dies wird insbesondere bei illiquiden Unternehmern von Einfluß auf die Entscheidung sein. Der finanzielle Erfolgsdruck, insbesondere im Anfangsstadium der Tätigkeit,67 birgt also die Gefahr der gesetzeswidrigen Annahme von Aufträgen. Dies gilt um so mehr, als die Ablehnung von Aufträgen dem Ruf einer Detektei nicht immer dienlich ist. Zum Teil nehmen Detektive Aufträge an, die kaum durchführbar sind, informieren ihre Kunden nicht über dieses Risiko und halten die Ermittlungen länger aufrecht als nötig. Finanziell schlecht gestellte Detekteien werden kaum zur Abgabe eines Falles an die Polizei raten oder die eigenen Ermittlungen abbrechen, weil sie aufgrund der Verdienstmöglichkeiten die Sache so lange bearbeiten wollen, bis ein Erfolg überhaupt möglich erscheint.68 Zur Bekämpfung dieses Mißstandes ist die Einführung einer Zuverlässigkeitsprüfung und des Nachweises der für den Gewerbebetrieb erforderlichen Mittel zu befürworten. Soweit Verfehlungen von Detektiven aus dem besonderen, ihnen von dem Auftraggeber entgegengebrachten Vertrauensvorschuß resultieren, sind 67

Die Kosten für die Eröffnung einer gut ausgerüsteten Detektei belaufen sich nach Schätzungen auf 30.000 DM, so Radda in: Dessau, Dokumentation, S. 18; nach Binder (Der Kriminalist 1983, S. 475) belaufen sich die Kosten je nach Einrichtung und Ausstattung auf wenigstens 50.000 bis 100.000 DM; teilweise wird davon ausgegangen, daß die sogenannten Anlaufkosten zwischen 100.000 und 200.000 D M liegen können, vgl. Dessau, Privatdetektive, S. 102ff. Unter Anlaufkosten sind dabei solche Kosten zu verstehen, die bei der Einführung einer neuen Detektei durch Werbungskosten und anfängliche Defizite entstehen. Diese Anfangsperiode könne sich über mehrere Jahre erstrecken, so daß Dessau (S. 102) auch davon abrät, sich als Detektiv sofort selbständig zu machen. Dies ist allerdings häufig der Fall. 68

Hagemann, Handwörterbuch der Kriminologie, Erster Band, S. 227 (235).

568

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

ebenfalls Zuverlässigkeitsprüfung und Nachweis finanzieller Mittel die geeigneten gewerberechtlichen Regelungsinstrumente. Bei ihren Aufträgen erhalten die Detektive zumeist Einblick in intimste Familien- und Geschäftsgeheimnisse, die von unzuverlässigen Detektiven zu Erpressungen ausgenutzt werden könnten. Dies ist um so bedeutsamer als Detekteien unter anderem deswegen beauftragt werden, weil deren Auftraggeber aus unterschiedlichen Gründen auf Diskretion Wert legen. Eine Erpressung in diesem Bereich birgt also nur ein geringes Risiko des „Erwischtwerdens", denn die Auftraggeber werden bei einer solchen Erpressung häufig aus dem gleichen Grund, der für die Beauftragung von Detektiven ausschlaggebend war, auf eine Einschaltung der Polizei verzichten. Der Erpressende spekuliert ja gerade darauf, daß das angedrohte empfindliche Übel (Weitergabe des belastenden Materials/kompromittierende Enthüllungen) gegenüber dem abgenötigten Verhalten (Geldzahlung) für das Opfer empfindlicher ist, so daß eine Anzeige wegen Erpressung unterbleiben wird. Dies spricht auch für eine hohe Dunkelziffer in diesem Bereich der Kriminalität, was wiederum die Feststellung untermauert, daß Mißstände im Detektivgewerbe in einem Maß verbreitet sind, das strengere gewerberechtliche Regelungen rechtfertigt. Kenntnisse, die zu unlauteren Zwecken verwendet werden können, erhalten Detektive auch durch ihre Sicherheitsanalysen für Unternehmen und die Installation von technischen Sicherheitsvorrichtungen. Die Gefahr der Ausnutzung einer solchen Vertrauensstellung hat im Bewachungsgewerbe schon zu der Konsequenz intensivierter Zulassungsprüfungen geführt. 69 Dies ist für das Detektivgewerbe nicht anders zu beurteilen. Ein weiterer Problemkreis bei der Tätigkeit von Detekteien ist die Überschreitung der ihnen zustehenden Befugnisse. Dies kann sowohl aus Unkenntnis wie auch bewußt zur Steigerung des Ermittlungserfolges geschehen. Die Einhaltung von Befugnissen, die häufig von den Detektiven anspruchsvolle Abwägungsprozesse verlangt, ist nicht nur eine Frage des guten Willens, sondern auch der erforderlichen Kenntnisse. Nach einer Einschätzung aus der Detektivbranche beruht sogar die Mehrzahl der Straftaten von Detektiven auf fehlender Sachkenntnis.70 Dieser Aspekt spricht also 69

So wurde beispielsweise in Berlin nach negativen Erfahrungen die Überprüfung von Angehörigen von Geldtransportunternehmen um eine Regelanfrage beim zentralen Schuldnerverzeichnis erweitert; vgl. Pfennig, PFA III, S. 7(16). 70

Kocks, Detektiv-Kurier Dezember 1992, S. 1 (4): „Das bei der ZAD geführte Rechtsarchiv über die Verletzung von Strafrechtsnormen durch Detektive zeigt deutlich,

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

569

sowohl für die Einführung einer vorhergehenden Zuverlässigkeitsprüfung als auch eines Sachkundenachweises. Gravierende Mißstände, insbesondere durch die Stiftung Warentest aufgedeckt,71 zeigten sich auch im letzten Stadium der detektivischen Tätigkeit, der Honorarabrechnung. Die fehlenden Kontrollmöglichkeiten der detektivischen Leistungen wurden nach den Testergebnissen zu überhöhten, zum Teil auch unberechtigten Abrechnungen genutzt. Einschlägige Gegensteuerungsmaßnahmen sind hier wiederum die Zuverlässigkeitsprüfung und der Nachweis finanzieller Mittel.

3. Verstärkte Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen Angesichts der Aufgabenüberlastung der Polizei wird eine Zusammenarbeit mit dem privaten Sicherheitsgewerbe zunehmend auch von Polizeiseite für erforderlich gehalten. Dies bezieht sich aber derzeit in erster Linie auf eine Zusammenarbeit mit dem Bewachungsgewerbe.72 In bezug auf das Detektivgewerbe ergab die rechtstatsächliche Untersuchung,73 daß eine solche Kooperation derzeit überwiegend abgelehnt wird. Die Ursachen für diesen Befund liegen unter anderem darin, daß bei den Detektiven keine Gewähr für ein Mindestmaß an Sachkunde und Zuverlässigkeit besteht. Die Einführung einer Erlaubnispflicht mit den Erfordernissen der Zuverlässigkeit und Sachkunde würde also zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen staatlichen Stellen und der Polizei - in den aufgezeigten Grenzen - 7 4 beitragen. Ferner bestehen gegen eine Zusammenarbeit

daß die meisten Rechtsverletzungen von Detektiven aus Unkenntnis, d. h. fehlender Sachkenntnis, erfolgen, und nur in Ausnahmefällen eine vorgegebene kriminelle Energie die Ursache ist." 7

» Test 9/85, S. 795ff.; vgl. auch Kap. 2 B II 8.

72 Bernhardt (Leitender Polizeidirektor), S. 55 (58f.); Köhler (Vizepräsident des Bundeskriminalamtes), S. 49 (54); Schult (Leitender Polizeidirektor), S. 25 (26); Zimmermann (Leitender Kriminaldirektor), S. 60 (62); alle in: Die Polizei 1994, Heft 2 (Schwerpunktheft zum Thema „Privates Sicherheitsgewerbe und Polizei"); Gemmer (Polizeipräsident in Frankfurt) in: Ebner, W&S-Dokumentation 1982, Heft 12, S. 536 (542). 73

Kap. 2 B 19 und I I 9 b.

74

Vgl. Kap. 2 B I I 9 d.

570

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

seitens staatlicher Stellen Bedenken dahingehend, daß bei den gewerblichen Detektiven aus finanziellen Gründen ein hoher Erfolgsdruck bestünde, der zu gesetzeswidrigen Praktiken führen könne. Zwar würde das Erfordernis des Nachweises einer finanziellen Grundlage entsprechend § 34a Abs. 1 Nr. 2 GewO diesen Erfolgsdruck nicht gänzlich beseitigen, aber er könnte zumindest gemindert werden, wenn nicht von jedem Auftrag aus finanziellen Gründen die gesamte Existenz der Detektei abhängen würde. Dies spricht dafür, den Nachweis finanzieller Mittel als weiteres Kriterium für eine einzuführende Erlaubnispflicht für Detektive vorzusehen. Daß diese Vorschläge tatsächlich zu einer verstärkten Zusammenarbeit beitragen können, zeigt das Bewachungsgewerbe, zu dem seitens staatlicher Stellen eine erheblich höhere Kooperationsbereitschaft besteht. Allerdings ist einzuräumen, daß dafür verschiedene Gründe von Bedeutung sind. So werden Bewachungsunternehmen „unter den Augen der Öffentlichkeit", auf einem gewerbeaufsichtsrechtlich wesentlich leichter zu überwachendem und für die Öffentlichkeit transparenterem Aufgabenfeld tätig als Detekteien. Des weiteren ergeben sich bei der vom Bewachungsgewerbe wahrgenommenen präventiven Gefahrenabwehr und der Tätigkeit der Polizei stärkere Kooperationsmöglichkeiten, als dies mit den auch repressiv tätigen Detektiven der Fall ist. Hier fehlt es vielfach aufgrund von Diskretionspflichten der Detektive gegenüber dem Auftraggeber bzw. gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten der Polizei an Möglichkeiten der Kooperation. 75 Neben diesen Gründe für eine stärkere Kooperation staatlicher Stellen mit dem Bewachungsgewerbe im Vergleich zu einer Zusammenarbeit mit Detekteien, wird die polizeiliche Kooperationsbereitschaft aber auch durch die aufgrund der Erlaubnispflicht erhöhte Zuverlässigkeitsgewähr des Bewachungsgewerbes gesteigert.76 Auch die im Einzelfall wünschenswerte Zusammenarbeit zwischen staatlichen Stellen und privatem Auskunftsgewerbe setzt demnach die Verschärfung der gewerberechtlichen Voraussetzungen voraus. 75 76

Vgl. Kap. 2 B I I 9 b und Kap. 4 D.

Vgl. die besonders weitgehenden Vorschläge für eine Zusammenarbeit von Polizei und Bewachungsgewerbe von Gemmer in: Ebner, W&S-Dokumentation 1982, Heft 12, S. 536 (542f.); vgl. auch Seiters (Vortrag vom 25.01.1993, S. 13), nach dem Polizei und private Sicherheitsunternehmen Partner sein können, „deren Zusammenarbeit im Interesse der inneren Sicherheit allerdings auf Seriosität, Integrität und Kompetenz gestützt sein muß."

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

571

4. Einschätzung der Ausbildungsinitiativen im Auskunftsgewerbe Zu untersuchen ist, ob die angesichts fehlender staatlicher Ausbildungsvorschriften getroffenen Ausbildungsinitiativen innerhalb der Branche als ausreichend zu beurteilen sind, um den dargelegten Mißständen wirksam zu begegnen, so daß die Einführung eines Sachkundenachweises entbehrlich wäre. Auf dem Ausbildungssektor in der Detektivbranche besteht eine Reihe von Maßnahmen der Weiterbildung. Angeboten werden unter anderem Seminare, Lehrgänge, Zeitschriften und Fachliteratur. Diese Weiterbildungsmaßnahmen haben ein sehr unterschiedliches Niveau, so daß Fehler in der detektivischen Tätigkeit auch auf die schlechte Ausbildung zurückgeführt werden. 77 Insbesondere im Schulungsbereich bestehen im Detektivwesen Mißstände,78 für die als Negativbeispiel etwa der von verschiedenen Detekteien angebotene, zum Teil überteuerte Fernunterricht zu nennen ist. 79 Getragen von den drei größten Detektivverbänden bietet die Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe ein umfangreiches Lehrgangsprogramm an, das sich auch als Basis für ein einzuführendes Ausbildungsprogramm im Sinne des § 46 Abs. 2 BBiG versteht. Zwar handelt es sich dabei 77

Schulz., Detektiv-Kurier September 1991, S. 1.

78

So wird in Bayern eine „Ausbildungseinrichtung für die Grundausbildung zum Privatdetektiv" betrieben und diese als „Lehreinrichtung nach Art. 83 BayEUG (Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen)" bezeichnet. Als Hintergrund dieser Bezeichnung ergab sich, daß der Ausbildungsleiter eine „Detektivschule" in Bayern gründen wollte und ihm die zuständige Behörde mitteilte, daß der Begriff „Schule" in Bayern gesetzlich geschützt sei und deshalb nicht ohne weiteres verwendet werden könne, was aus der Rechtsgrundlage des Art. 83 BayEUG hervorgehe. Diese Mitteilung nahm der Anfragende zur Veranlassung nunmehr damit zu werben, daß er eine Ausbildungseinrichtung im Sinne dieses Gesetzes betreibe, was insofern richtig ist, als sein Unternehmen im Hinblick auf Art. 83 BayEUG nunmehr auf den Begriff „Schule" verzichtet. Vgl. zu diesem Beispiel Schulz, Detektiv-Kurier September 1991, S. Iff.; die Liste solcher und ähnlicher Vorkommnisse in der Detektivausbildung ließe sich noch beliebig fortsetzen. So gab es in der Geschichte der Detektivausbildung selbsternannte Detektivausbilder, die sich selbst Titel wie „Generaldirektor des Weltpolizeibundes" verliehen und an ihre Schüler Bezeichnungen wie „Bundespräsident von Deutschland" oder ,»Landesdirektor von Preußen" vergaben. Bei aller Sachlichkeit muß man dafür Verständnis haben, wenn Schulz (Detektiv-Kurier September 1991, S. 1 [2]) sich angesichts solcher Vorkommnisse fragt, ob man darüber „lachen oder weinen" soll. 79

Beispiele bei Wirsching,

Bd. 2, S. 448ff.

572

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

um eine anerkennenswerte Initiative für eine fachgerechte Ausbildung, aber auch hier sind die angebotenen Ausbildungsmittel nicht von einheitlich gutem Niveau. Auch die detektivische Ausbildungsliteratur ist zum Großteil eher negativ zu beurteilen. Ohne hier in eine Einzelkritik übergehen zu wollen, finden sich viele selbstdarstellerische, klischeehafte Werke, die eine sachgerechte Detektivausbildung nicht leisten können. Selbst wenn man davon ausginge, daß es in der Detektivausbildung eine fachgerechte Ausbildung geben würde, so könnte diese nicht einen gewerberechtlichen Sachkundenachweis ersetzen. Dies beruht im wesentlichen auf drei Gründen: der fehlenden Sicherstellung der Kontinuität der verbandsmäßigen Ausbildungsmaßnahmen, der Freiwilligkeit der Teilnahme und darauf, daß die Maßnahmen vielfach nicht dem Zweck dienen, den ein gewerberechtlicher Sachkundenachweis erfüllen soll. So könnten qualitativ ansprechende Lehrgangsmaßnahmen durch einzelne Detekteien deshalb aufgegeben werden, weil sie die Konkurrenz auf dem Markt vergrößern. Eine kontinuierliche, qualitativ ansprechende Ausbildung ist auch durch die Verbandsinitiativen nicht sichergestellt. Dies ist damit zu begründen, daß es in der Detektivbranche eine Vielzahl von Verbänden gibt, 80 die zueinander in Konkurrenz stehen. Setzt ein Verband seine Ausbildungsrichtlinien zu hoch an, werden sich die Mitglieder einem anderen Verband anschließen oder die angebotenen Ausbildungsmaßnahmen schlicht ignorieren. So wird einigen der kleineren Detektivverbände auch vorgeworfen, sie seien nur deshalb entstanden, weil den Gründungsmitgliedern die Mitgliedschaft in einem der größeren Verbände aufgrund strengerer Aufnahmebedingungen verwehrt wurde. 81 Selbst wenn die Teilnahme an Lehrgangsmaßnahmen, wie bei der Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe, nicht an eine Verbandsmitgliedschaft gebunden ist, kann dies keinen Ausbildungserfolg im Detektivwesen auf breiter Basis gewährleisten. Denn wer eine solche Ausbildung nicht mit Erfolg absolviert oder sich den erfolgreichen Abschluß erst gar nicht zutraut und deshalb auf eine Teilnahme verzichtet, drängt eben ohne den erfolgreichen Abschluß oder ohne diese Ausbildung auf den Markt. Ent-

80 Vgl. Kap. 2 B I I 2. 81

Vgl. Wirsching,

Bd. 2, S. 422.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

573

scheidendes Manko einer verbandsgesteuerten oder auch verbandsübergreifenden Ausbildung ist also die Freiwilligkeit dieser Ausbildungsmaßnahmen. Gerade die ungeeigneten Bewerber werden sich diesen freiwilligen Ausbildungsmaßnahmen entziehen. So haben sich bis September 1991 etwa 5.000 Interessenten bei der Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe nach den Ausbildungsvorausetzungen im Detektivberuf erkundigt, aber nur 69 Berufsinteressenten haben sich entschlossen, an den Ausbildungsmaßnahmen auch teilzunehmen.82 Schließlich ist bei den verbandsmäßigen Ausbildungsmaßnahmen nicht gewährleistet, daß die Zielrichtung der Ausbildung den Zwecken eines gewerberechtlichen Sachkundenachweises entspricht, der primär der Gefahrenabwehr dient. Es muß zwischen solchen Maßnahmen, die auf eine bessere allgemeine Berufsausbildung abzielen und solchen Maßnahmen, von denen die Berechtigung zur Gewerbeaufnahme abhängt, unterschieden werden. Private Lehrgangsmaßnahmen, die etwa lediglich kriminalistische Kenntnisse vermitteln, ersetzen keinen gewerberechtlichen Sachkundenachweis, der in erster Linie Rechtskenntnisse erfordert. An der Notwendigkeit der Einführung eines Sachkundenachweises ändern die Ausbildungsinitiativen, so sehr sie zum Teil auch zu begrüßen sind, also nichts. Brancheninterne Weiterbildungsmaßnahmen können zur Problemlösung des Ausbildungsdefizites zwar beitragen, es aber nicht lösen. Indes können einigen der freiwilligen Weiterbildungsmaßnahmen wichtige Anhaltspunkte für die Ausgestaltung eines staatlichen Ausbildungsprogrammes im Sinne des Berufsbildungsgesetzes entnommen werden. Die Situation bei den Auskunfteien stellt sich anders dar, denn bei den Auskunfteien sind weniger verbandsmäßige Ausbildungsinitiativen zu registrieren. Dafür werden durch die Großauskunfteien unternehmensinterne Schulungsmaßnahmen durchgeführt, in denen den Mitarbeitern zum Teil ein zufriedenstellender Kenntnisstand vermittelt wird. Problematisch ist die Ausbildungssituation dagegen bei den kleineren Auskunfteien, für die ein Defizit an Ausbildungsmöglichkeiten besteht. Für sie stehen weder betriebliche Schulungsmaßnahmen zur Verfügung, noch bestehen Weiterbildungsangebote auf Verbandsebene. Aber selbst wenn auch für die kleineren Auskunfteien geeignete Ausbildungsmaßnahmen zur Verfügung ständen, würden gegen diese Initiativen die gleichen Bedenken bestehen wie gegen die

82

Mitteilung in Detektiv-Kurier September 1991, S. 5.

574

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Effizienz der detektivischen Ausbildungsmaßnahmen. Deshalb ist auch für die Auskunfteien, insbesondere für die kleineren Auskunfteien, ein gewerberechtlicher Sachkundenachweis zu fordern. 5. Versagen der Selbstreinigungskräfte des Marktes Als zentraler Einwand gegen die Einführung gewerberechtlicher Zulassungsbeschränkungen hat sich in der gewerberechtlichen Diskussion die Behauptung herauskristallisiert, daß der Wettbewerb der Abhilfe von Mißständen und der Förderung des Leistungsstandes in den betreffenden Gewerbezweigen besser diene als die Einführung von Zulassungsbeschränkungen.83 Dem Regulativ des freien Marktes wird eine größere Selbstreinigungskraft zugebilligt als gesetzlichen Restriktionen. Zu untersuchen ist, ob dies konkret im Fall des Auskunftsgewerbes zutrifft, zumal diese Bedenken auch speziell im Hinblick auf das Auskunftsgewerbe geltend gemacht werden. 84 Problematisch ist schon, wie ein freier Wettbewerb bei dem auf Diskretion angelegten Auskunftsgewerbe aussehen soll. Empfohlen wird, daß der potentielle Auftraggeber seinen Rechtsanwalt, die zuständige Industrie- und Handelskammer und die Kriminalpolizei über die Seriosität der Detektei, die er beauftragen will, befragen soll. 85 Gegen die Wirksamkeit dieser Befragungen spricht aber, daß die drei aufgeführten Stellen in der Regel über keine geeigneten Informationen über einzelne Detekteien verfügen. Dies gilt angesichts der hohen Fluktuation in diesem Gewerbe insbesondere für neugegründete Detekteien. Zudem werden sich viele potentielle Auftraggeber davor scheuen, sich mit diesem Anliegen an offizielle Stellen zu wenden.

83 Dessau, Privatdetektive, S. 112; Kocks, Detektiv-Kurier Februar 1995, S. 1 (8); für das Auskunftsgewerbe; Bundesminister für Wirtschaft mit Schreiben vom 21.05.1987 an die Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P., abgedruckt in: GewArch 1987, S. 225 (226); Kienzle, WiVerw 1987, S. 95 (100); Sattler, WiVerw 1987, S. 240f. alle für das Gaststättengewerbe; Strauch, WiVerw 1982, S. 239 (245) für das Gewerberecht allgemein; Rexrodt, GewArch 1993, S. 393 (394) zum Wirtschaftsverwaltungsrecht insgesamt. 84

Dessau, Privatdetektive, S. 112.

85

Dessau in: Capital 4/1980, S. 147 (148).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

575

Die Geeignetheit einer Detektei ist aber auch speziell von der Art des zu erledigenden Auftrags abhängig und hier gilt insbesondere, daß der Auftragsinhalt jedenfalls nicht gegenüber offiziellen Stellen preisgegeben werden dürfte. Schließlich stellt sich die Beauftragung einer Detektei oftmals als spontane, situationsbedingte Einzelentscheidung dar, bei der keine vorhergehende Information ins Auge gefaßt wird. Abgesehen davon, daß es ein bedenklicher Zustand ist, daß Verbraucher vor Inanspruchnahme einer Dienstleistung erst bei drei verschiedenen Institutionen Informationen einholen sollen, ist die Befragung offizieller Stellen also nicht als geeignetes Mittel anzusehen, um staatliche Zulassungsbeschränkungen zum Schutz der Verbraucher entbehrlich zu machen. So bleiben nur die weiteren, markttypischeren Auswahlkriterien, nämlich Leistung und Werbung. Dabei ist zuzugeben, daß eine Detektei, die bei einem Auftrag zufriedenstellende Arbeit geleistet hat, sicherlich von diesem Auftraggeber auch erneut beauftragt werden wird. Um diese einzelnen Fälle kann es aber nicht gehen, wenn man bedenkt, daß die Beauftragung einer Detektei zumeist nicht zu den laufenden Tagesgeschäften zählen wird. Vielmehr geht es um eine Transparenz der detektivischen Leistungen über den einzelnen Auftraggeber hinaus. Dieser Transparenz der Leistungen sind enge Grenzen gesetzt. Dabei kann nur wieder auf das hohe Diskretionsbedürfnis der Auftraggeber hingewiesen werden, das etwa eine Mund-zuMund-Propaganda erheblich einschränkt, wenn nicht gar unmöglich macht. Einzelpersonen, die sich aufgrund ihrer Bekanntheit in einer breiten Öffentlichkeit Vertrauen erwerben können, kann es im Detektivgewerbe nicht geben. Der in der Öffentlichkeit bekannte Detektiv könnte aufgrund seiner Bekanntheit seinem Gewerbe nicht mehr nachgehen. Daß sich allerdings die gesamte Branche einen solchen Vertrauensvorschuß erwirtschaftet, der es ohne Risiko ermöglicht, jede beliebige Detektei zu beauftragen, scheint angesichts der zahlreich auftretenden Verfehlungen ausgeschlossen zu sein. Die werbemäßige Ausnutzung erfolgreicher Arbeit scheitert schließlich zumeist an dem Geheimhaltungsinteresse der Auftraggeber. Häufig sperren sich ehemalige Auftraggeber sogar dagegen, als Referenzpersonen benannt zu werden. Diese besonderen Umstände stehen einem freien Wettbewerb entgegen. Selbst wenn man dieser Argumentation insgesamt nicht zustimmt, muß zugegeben werden, daß bei den Detekteien die Gesetze der freien Marktwirtschaft erst dann zum Zuge kommen, wenn bereits ein Schaden entstanden ist; erst dann kann der Markt seine Selbstreinigungsfunktion entfalten.

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

576

Geht man also davon aus, daß durch den freien Wettbewerb im Detektivgewerbe der Leistungsstand in dieser Branche letztendlich doch gefördert würde, so geht dies zu Lasten der Mandanten bis in einem aus den dargelegten Gründen langwierigen Prozeß eine Auslese stattgefunden hat. Dies widerspricht aber den Bedürfnissen potentieller Auftraggeber. Wer sich aus besonderen Umständen an eine Detektei wendet, vertraut dieser zumeist die persönliche oder wirtschaftliche Sphäre tief berührende Dinge an; er will deshalb von vornherein eine gewisse Gewähr dafür haben, daß sein Vertrauen nicht enttäuscht oder gar mißbraucht wird. Er kann nicht darauf warten bis durch den freien Wettbewerb Unternehmen, die diesem Verlangen nicht entsprechen wollen oder können, aufgrund des Bekanntwerdens dieser Mängel aus dem Markt verdrängt werden. 86 Bleibt als Mittel des freien Wettbewerbs die Werbung. Nach der empirischen Untersuchung des Detektivgewerbes ist aber die aufdringliche Werbung als einer der augenfälligsten Mißstände in diesem Gewerbezweig festgestellt worden. 87 Sie scheidet deshalb als geeignetes Informationsmittel potentieller Auftraggeber ebenfalls aus. Ein wichtiges Argument gegen die Selbstreinigungsfunktion des Marktes ist bei dem Auskunftsgewerbe ferner, daß Konkurrenz hier gerade dazu verleiten wird, gesetzliche Vorschriften nicht zu beachten, denn eine objektive Schlechtleistung (Nichtbeachtung von Gesetzen) kann hier subjektiv durchaus dem Kundeninteresse dienen (Erfüllung des Auftrages unter Umgehung der Gesetze). In einer solchen Konstellation, in der eine Interessenidentität von Anbieter und Nachfrager zu Lasten Dritter besteht, wo Schlechtleistungen zu Marktvorteilen führen können, sind die Mechanismen des freien Marktes ungeeignet, um eine Selbstreinigungsfunktion herbeizuführen. Die Beseitigung eines solchen Funktionsmangels der Marktwirtschaft obliegt vielmehr einer an der Gefahrenabwehraufgabe orientierten Erlaubnispflicht. Diese Betrachtungsweise entspricht auch der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung im Apotheken-Urteil. 88 Dort heißt es, daß verschärfter Konkurrenzkampf eine gewisse Versuchung mit sich bringen mag, Vorschriften zu umgehen, die sich hemmend auf den Umsatz auswirken. Im Apothekerberuf seien jedoch gegenüber dieser Versuchung zur Vernach-

86

Hagemann, Handwörterbuch der Kriminologie, Erster Band, S. 227 (234).

87

Vgl. Kap. 2 B I I 8.

8

» BVerfGE 7, S. 377 (428) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

577

lässigung der Berufspflichten bedeutsame Gegenkräfte wirksam, wie vor allem die traditionell hohe, durch die sorgfältige Ausbildung gepflegte und dem Nachwuchs vermittelte Berufsmoral des Standes, auf der sein soziales Ansehen beruhe. Die so beschriebenen Gegenkräfte werden im Auskunftsgewerbe jedoch nicht wirksam, so daß hier das Korrektiv gewerberechtlicher Zulassungsbeschränkungen wirksam werden muß. Um zu belegen, daß das Versagen der Selbstreinigungskräfte des freien Marktes nicht auf theoretischen Befürchtungen beruht, sondern daß der Wettbewerb im Auskunftsgewerbe das mit der Gewerbeausübung verbundene Gefahrenpotential sogar noch erhöht, seien einige Beispiele genannt. Einer Detektei, die sich mit Wissen des Auftraggebers illegaler Abhörmethoden bediente, wurde im konkreten Fall nicht nur ein höheres Honorar gezahlt, sondern auch noch ein Folgeauftrag erteilt. 89 Bei den Kaufhausdetektiven führt das große Angebot auf dem Markt ebenfalls nicht dazu, daß sich die qualitativ besten Detekteien durchsetzen, sondern es hat sich zum Teil ein Konkurrenzkampf mit unlauteren Mitteln zu Lasten von Kunden entwickelt.90 Dieser Konkurrenzkampf wird durch die Einstellungspraxis einzelner Verbrauchermärkte noch gesteigert, die gleichzeitig mehrere Detekteien beauftragen, um durch ständige Kosten-Nutzen-Analysen Druck auf die einzelnen Detekteien ausüben zu können. Eine Verteuerung der Detektivleistungen durch besondere Schulungsmaßnahmen kommt für die Detekteien infolge des Konkurrenzkampfes deshalb nicht in Betracht. 91 Besondere Relevanz hat der Konkurrenzkampf auch bei den Auskunfteien, bei denen der Wettbewerb mit niedrigen Auskunftspreisen vielfach nur eine unzureichende Recherche zuläßt.92 Die genannten Beispiele bestätigen in allen drei Dienstleistungsbereichen des Auskunftsgewerbes, daß ein härterer Wettbewerb die Neigung, sich durch illegales Vorgehen Vorteile zu verschaffen, verstärkt. Somit ist festzustellen, daß im Fall des Auskunftsgewerbes ein zu einem leistungsstärkeren Gewerbe führender Wettbewerb nicht stattfindet und aufgrund der Besonderheiten des Gewerbes auch nur bedingt stattfinden kann. 89

Der Spiegel, Heft Nr. 19 vom 03.05.1976, S. 71 (73).

90

Vgl. Kap. 2 B I I 8 und Kap. 4 B VII.

91

Vgl. Wirsching,

92

Bd. 2, S. 271 f.

11. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen vom Februar 1993, S. 227. 37 Peilert

5 7 8 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

6. Weitere denkbare Begründungsmöglichkeiten einer Erlaubnispflicht Den Bemühungen um die Einführung von Erlaubnispflichten liegen eine Vielzahl von tatsächlich geäußerten und zu vermutenden Motiven zugrunde. Diese Motive sind unabhängig davon zu untersuchen, ob sie aus verfassungsrechtlicher Sicht berechtigt sind oder nicht, denn nur bei einer möglichst vollständigen Würdigung der Begründungen für die Einführung von Zulassungsbeschränkungen kann die verfassungsrechtliche Prüfung überhaupt vorgenommen werden. Von Gegnern einer Zulassungsbeschränkung wird angeführt, daß die Einführung eines Sachkundenachweises von den Verbänden zur Marktsicherung der Etablierten gefordert werde, also dem Konkurrenzschutz diene, weil der Markt in den betreffenden Gewerbezweigen gesättigt sei.93 Unternehmensneugründungen sollten erschwert werden. Dadurch wirkten Sachkundenachweise wie ein Wettbewerbsschutz. Ein denkbares Motiv für die Einführung gewerberechtlicher Zulassungsvoraussetzungen ist also der Konkurrenzschutz. Angesichts der Tatsache, daß die Einführung von Zulassungsbeschränkungen immer wieder mit Abschottungsversuchen des betreffenden Gewerbes in Verbindung gebracht wird, bemühen sich die Branchenvertreter darzulegen, daß ihre Bemühungen auf anderen Motiven beruhen. Zu nennen ist in erster Linie das Motiv, durch die abschreckende Wirkung staatlicher Zulassungsvoraussetzungen solche Personen von der Gewerbeausübung fernzuhalten, die ansonsten aufgrund ihrer Fehlleistungen erst die Verbraucher schädigen und dann in einem langwierigen Prozeß aus dem Markt gedrängt werden müßten. Insofern ist das Fernhalten unlauterer Personen von der Gewerbeausübung ein Grund für die Einführung einer Erlaubnispflicht. Die Einführung einer Erlaubnispflicht läßt sich auch mit dem Schutz vor Konkurs in dem von einer großen Fluktuation geprägten Auskunftsgewerbe begründen, denn durch die verschärften Anforderungen an die Gewerbeauf-

93

Vgl. von Ebner, GewArch 1986, S. 209 (217); Mareks, W+S-Information 1983, Heft 158, S. 17 (18); Rexrodt (Bundeswirtschaftsminister seit Januar 1993), GewArch 1993, S. 393 (394): „Diese Interessengruppen versuchen, die allgemeinen Prinzipien, die einen Eingriff des Staates in die Freiheitsrechte seiner Bürger rechtfertigen oder erfordern, für ihre Gruppeninteressen zu instrumentalisieren. Sie schützen also gesamtgesellschaftliche, übergeordnete Zwecke vor, um staatliche Wettbewerbsbeschränkungen zu ihren Gunsten zu rechtfertigen."

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

579

nähme werden möglicherweise solche Bewerber abgehalten, die einen Beruf im Auskunftsgewerbe nur wegen der einfachen Möglichkeit, ihn zu ergreifen, auswählen, aber keinerlei Voraussetzungen für die Berufsausübung mitbringen. 94 Im Vordergrund der Begründungen der Verbände für eine Änderung der Gewerbeordnung steht aber die Verbesserung des Ansehens der Detektivbranche, das immer wieder durch Veröffentlichungen über gravierende Mißstände beeinträchtigt wird. Dabei kann die Imageverbesserung einerseits durch eine Reinigung des Gewerbes von unlauteren Kräften aufgrund einer Zuverlässigkeitsprüfung und andererseits durch eine Leistungssteigerung aufgrund eines Sachkundenachweises erreicht werden. Dadurch kann auch die Hemmschwelle, Auskunfteien oder Detekteien zu beauftragen, gesenkt werden, was nicht nur von Vorteil für einzelne etablierte Unternehmer ist, sondern der gesamten Branche zugute kommen würde. Nicht zuletzt steht hinter den Bemühungen um die Einführung eines Sachkundenachweises im Auskunftsgewerbe auch das Motiv eines verstärkten Schutzes der Auftraggeber sowie der von detektivischen Ein- oder Übergriffen betroffenen Personen. Insbesondere im Hinblick auf den Europäischen Binnenmarkt verdient auch der Aspekt der internationalen Konkurrenzfähigkeit des deutschen Auskunftsgewerbes Beachtung. 7. Zulassungsbeschränkungen und Normenflut Gegen die Einführung von Zulassungsbeschränkungen wird vielfach vorgebracht,95 daß die Schaffung solcher neuen Regelungen dem anzustreben-

94

Vgl. für das Gaststättengewerbe: Stober, Befähigungsnachweis, S. 61.

95 Vgl. von Ebner, GewArch 1985, S. 281 (289) für das Gaststättengewerbe; Mareks, W+S-Information 1983 Heft 158, S. 17 (18) für das Bewachungsgewerbe; Schreiben der Wirtschaftsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg an den Verfasser vom 20.10.1993, Az.: -WB 43/717.825-1- für das Auskunftsgewerbe. Vgl. zur Rechtsvereinfachung als wesentlichem Ziel der Rechtspolitik allgemein: Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 04.05.1983, Plenarprotokoll der Bundestagssitzung vom 04.05. 1983 Nr. 10/4, S. 65; Weiß, DÖV 1978, S. 601ff.; speziell in bezug auf das Gewerberecht: Strauch, WiVerw 1982, S. 239 (249ff.); in bezug auf das Schuldrecht: Schmude, NJW 1982, S. 2017ff. Kritisch und mit ausführlicher Begründung für die hohe Regelungsdichte aber Vogel (Bundesminister der Justiz von 1974 bis 1981), JZ 1979, S. 321ff.

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

580

den Ziel einer Einschränkung der Normenflut zuwiderlaufe. Dieses Argument scheint gerade im Gewerberecht aufgrund der Vielzahl der zu beachtenden Gesetze, Verordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften und sonstigen Regelungen seine Berechtigung zu haben.96 Deshalb wurden im Gewerberecht Vorschläge für eine grundlegende Reform im Sinne einer Vereinheitlichung des Gewerberechts, für ein „Gewerberecht aus einem Guß", 97 erarbeitet. Es ist allerdings festzustellen, daß der Bekämpfung der Normenflut und dem Wunsch nach Deregulierung kein Eigenwert in der Diskussion um Gesetzesänderungen zukommen; die gesetzespolitische Zielsetzung der Eindämmung der Normenflut ist vielmehr als ein Kontrollmechanismus aufzufassen, an dessen Maßstab Gesetzesvorhaben zu messen sind. Eine darüber hinausgehende Funktion dieser Vereinfachungsbestrebungen ist nicht anzuerkennen. Insbesondere ist der Gefahr zu begegnen, daß die Normenflutdiskussion als Vorwand für Reformunwilligkeit benutzt und für restaurative Zwecke eingesetzt wird. 98 Es soll hier keinesfalls geleugnet werden, daß die Überschaubarkeit des Rechts ein wichtiges und berechtigtes Anliegen darstellt. Die Funktion dieser Maxime besteht jedoch darin, überflüssige und zu komplizierte Gesetze zu verhindern. 99 Dagegen kann der Hinweis auf eine Normenflut kein durchschlagender Grund für das Scheitern notwendiger und sinnvoller Gesetzesvorhaben sein. 100 Die dynamische Funktion des Rechts, die eine Rechtsentwicklung entsprechend den Notwendigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung gewährleistet, wird durch das Normenflutargument nicht unterbunden, sondern nur kontrolliert. Speziell beim Auskunftsgewerbe läuft das Normenflutargument zumindest bezüglich der Einführung einer Zuverlässigkeitsprüfung im Erlaubnis-

96

Vgl. allgemein zur Regelungsdichte im Besonderen Wirtschaftsverwaltungsrecht: Sieg/Leifermann/Tettinger Einl. Rdn. 3 und Stober, Handbuch, § 101 I und II 2. 97

So der Titel der Leitsätze für ein Gewerbegesetzbuch, vorgelegt vom Deutschen Industrie- und Handelstag im Jahr 1981. 9

» So auch Vogel, JZ 1979, S. 321 (325).

99 Bei einzelnen eingreifenden Gesetzesvorschriften bejaht Kloepfer (VVDStRL 40 (1982), S. 63 [79f.]) das Übermaßverbot als Prüfungsmaßstab. Ein aus dem Übermaßverbot abgeleitetes allgemeines Übernormierungsverbot lehnt er jedoch ab. 100

Ebenso Vogel JZ 1979, S. 321 (325).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

581

verfahren nicht nur prinzipiell, sondern auch inhaltlich zum Teil leer, denn die gesetzliche Regelung der vorhergehenden Zuverlässigkeitsprüfung würde in einigen Bundesländern101 lediglich die Stelle von Verwaltungsvorschriften einnehmen, die bei den sogenannten Vertrauensgewerben eine sofortige Zuverlässigkeitsprüfung fordern. Somit würde die Einführung einer Erlaubnispflicht sogar noch zu einer größeren Rechtsübersichtlichkeit führen. Diese Rechtsübersichtlichkeit würde in noch größerem Maße erreicht, wenn auch die landesrechtlichen Überwachungsvorschriften nach § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO in eine neu zu schaffende Regelung in der Gewerbeordnung aufgenommen würden. 102 Als Fazit ist festzustellen, daß die Befürchtung einer Normenflut nicht die Durchsetzung notwendiger und sinnvoller Gesetzesvorhaben einschränken kann. Die rechtspolitische Forderung nach Rechtsvereinfachung schafft aber einen Kontrollmaßstab, um überflüssige und komplizierte Gesetze zu verhindern. Inhalt dieses Kontrollmaßstabes ist es unter anderem festzustellen, ob anstelle der Einführung eines Gesetzes nicht auch Handlungsalternativen in Betracht kommen, die das Problem ohne eine neu einzuführende Norm lösen. Daß dies beim Auskunftsgewerbe nicht der Fall ist, wird noch gezeigt werden. 103 Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß entgegen den Deregulierungsbestrebungen im gesamten Sicherheitsrecht eine starke gegenläufige Tendenz zu beobachten ist. Allein im Bereich des privaten Sicherheitsgewerbes bestehen Initiativen zur Einführung eines Sachkundenachweises für das Bewachungsgewerbe,104 zur Einführung eines Unterrichtungsverfahrens für das Detektivgewerbe 105 und zur Schaffung von Ausbildungsrichtlinien für Detektive nach § 46 Abs. 2 BBiG. 1 0 6

101

Vgl. Kap. 7 B IV 2 c cc.

102

Vgl. Kap. 7 D V .

103

Kap. 7 B V und VI; Kap. 7 E I I I 3 f.

104

Vgl. Kap. 7 G.

105 Vgl. 106

z u

d e n Initiativen beim Bewachungs- und Detektivgewerbe Kap. 7 A.

Kap. 7 B VI.

582

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

8. Zulassungsbeschränkungen und Bürokratismus Die Einführung von Zulassungsbeschränkungen kann auch in Widerspruch zu der rechtspolitischen Forderung nach Abbau des Bürokratismus stehen.107 Dies gilt in besonderem Maße, wenn zum Inhalt einer einzuführenden Erlaubnispflicht ein förmliches Prüfungsverfahren und möglicherweise sogar ein differenzierender Sachkundenachweis gehören. Dies kann einen erheblichen Mehraufwand für die Verwaltung bedeuten. Ebenso wie der Zielvorgabe der Bekämpfung der Normenflut, kommt aber auch der Forderung nach Abbau des Bürokratismus nur eine kontrollierende Funktion zu. Geht es etwa wie beim Auskunftsgewerbe darum, durch verschärfte Zulassungsvoraussetzungen schwere Nachteile für die Auftraggeber sowie für die von Eingriffen betroffenen Personen zu vermeiden, so kann dem nicht entgegengehalten werden, daß dies mit einem größeren Arbeitsaufwand der Verwaltung verbunden und das Gesetzesvorhaben deshalb zu unterlassen sei. Zudem ist bezüglich der Frage, ob ein Verwaltungsmehraufwand entsteht, nach den unterschiedlichen Kriterien der Erlaubnispflicht zu differenzieren. In den Bundesländern, in denen per Verwaltungsvorschrift eine Zuverlässigkeitsprüfung für den Zeitpunkt unmittelbar nach der Gewerbeanzeige vorgesehen ist, entsteht durch eine Zuverlässigkeitsprüfung im Rahmen der Erlaubnispflicht kein verwaltungstechnischer Mehraufwand. Es verschiebt sich lediglich der Zeitpunkt der Zuverlässigkeitsprüfung. Dagegen würde bei Einführung des Erfordernisses eines Nachweises finanzieller Mittel und eines Sachkundenachweises insbesondere durch die Abwicklung des Prüfungsverfahrens unzweifelhaft ein Verwaltungsmehraufwand entstehen. Sollte diese Sachkundeprüfung den gewünschten Erfolg einer Verbesserung der Leistungen und einer Abhilfe der Mißstände im Auskunftsgewerbe tatsächlich erreichen, so könnte dieser Verwaltungsmehraufwand aber durch verminderte gewerberechtliche Überwachungsmaßnahmen zum Teil kompensiert werden. Es ist davon auszugehen, daß häufigere Kontrollen die Verwaltung mehr belasten als die einmalige Durchführung eines zum Sachkundenachweis führenden Prüfungsverfahrens. Allerdings ist zuzugeben, daß diese Argumentation die Praxis nur unzureichend berück-

107 Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 04.05.1983, Plenarprotokoll der Bundestagssitzung vom 04.05.1983 Nr. 10/4, S. 65; vgl. dazu auch von Ebner, GewArch 1985, S. 281 (289).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

583

sichtigt, denn gewerberechtliche Überprüfungen des Auskunftsgewerbes finden nur in Ausnahmefällen statt. 108 Diese unzulängliche Verwaltungspraxis kann aber eher hingenommen werden, wenn bei Beginn der Gewerbetätigkeit eine intensivere Kontrolle des Bewerbers vorgenommen wird. Geht man schließlich davon aus, daß die Überprüfung der Sachkunde durch die Industrie- und Handelskammern vorgenommen wird, ergibt sich aber auch bei diesem Kriterium der Erlaubnispflicht kein Mehraufwand der Verwaltung. Vielmehr stellt sich die Aufgabenübertragung auf die Industrieund Handelskammern gerade als klassische „Aufgabenvermeidungsstrategie" 1 0 9 dar. Aus der Befürchtung eines Verwaltungsmehraufwandes können sich demnach keine Bedenken gegen die Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe ergeben. 9. Die „Blauen Prüffragen" als Kontrollmaßstab der Rechtsetzung Im Anschluß an die Untersuchung, welche Bedeutung die rechtspolitischen Forderungen nach Eindämmung der Normenflut und dem Abbau des Bürokratismus für die Diskussion um die Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe haben, soll die hier befürwortete gewerberechtliche Gesetzesnovellierung an dem von der Bundesregierung entwickelten Schema zur Vermeidung von Überreglementierungen, den sogenannten „Blauen Prüffragen" 110 gemessen werden. Bei den „Blauen Prüffragen" handelt es sich um einen Fragenkatalog, der allen Beteiligten an der Meinungsbildung über ein Regelungsvorhaben eine Checkliste zur Prüfung der Notwendigkeit, Wirksamkeit und Verständlichkeit des beabsichtigten Vorhabens zur Verfügung stellen soll.

108

Vgl. Kap. 7 B V 1.

109 Begriff bei Becker, S. 738; Stober, Industrie- und Handelskammer, S. 90; ebenso R. Schmidt, § 9 III 2 a aa. 110

Prüffragen für Rechtsvorschriften des Bundes, Beschluß der Bundesregierung vom 11.12.1984, GMB1 1990, S. 42ff.; ebenfalls veröffentlicht im Sonderdruck des Bundesministeriums des Innern „Maßnahmen zur Verbesserung der Rechtsetzung und von Verwaltungsvorschriften, Beschluß der Bundesregierung vom 20.12.1989", S. 27ff.

5 8 4 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Diese Checkliste umfaßt zehn Fragen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Muß überhaupt etwas geschehen? Welche Alternativen gibt es? Muß der Bund handeln? Muß ein Gesetz gemacht werden? Muß jetzt gehandelt werden? Ist der Regelungsumfang erforderlich? Kann die Geltungsdauer beschränkt werden? Ist die Regelung bürgernah und verständlich? Ist die Regelung praktikabel? Stehen Kosten und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis?

Im Hinblick auf den Fragenkatalog ist festzustellen, daß dieser zum Teil Anforderungen enthält, die bei Gesetzen, die in Grundrechte eingreifen, per se zu berücksichtigen sind. Insbesondere die Prüffragen Nrn. 1 bis 7 stellen sich als Konkretisierungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips dar. In der vorliegenden Untersuchung haben die „Blauen Prüffragen Nrn. 1 bis 7" deshalb in erster Linie Bedeutung für die Frage der Erforderlichkeit der neu einzuführenden, in die Berufsfreiheit eingreifenden Regelung der Erlaubnispflicht. Auf diese Prüffragen wurde deshalb schon in der rechtstatsächlichen und wird noch in der verfassungsrechtlichen Untersuchung eingegangen.111 Verbleibende Prüfungsmaßstäbe sind somit die Kontrollfragen Nrn. 8 bis 10. Prüffrage Nr. 8 soll sicherstellen, daß Neuregelungen bürgernah und verständlich sind. Für die Bewertung der Erlaubnispflicht als bürgernahe Neuregelung spricht, daß durch die Bewußtmachung der Eingriffsmöglichkeiten von Auskunfteien und Detekteien in Persönlichkeitsrechte die vorgeschlagene Gesetzesnovellierung auf das Verständnis und die Akzeptanz der Bürger treffen würde. Im Hinblick auf die geforderte Verständlichkeit der Norm ist festzustellen, daß sich die vorgeschlagene Neuregelung in Regelungstechnik und Wortlaut an die weiteren Vorschriften der Gewerbeordnung anpaßt. Neue Begriffe werden durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung nicht eingeführt. Vielmehr wird die Verständlichkeit der Norm durch die Legaldefinition des Auskunftei- und Detekteigewerbes erhöht. Durch die vorzunehmende systematische Einordnung in den Abschnitt

111

Zu Nr. 1: Kap. 2 B I 8 und B I I 8, Kap. 7 B II 2; zu Nr. 2: Kap. 7 B II 4, B II 5, B V, B V I durchgehend und E III 3 f aa (7); zu Nr. 3: Kap. 7 D V; zu Nr. 4: Kap. 7 E III 3 f; zu Nr. 5: Kap. 7 B I 3; zu Nrn. 6 und 7: Kap. 7 E I I I 3 f aa (7).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

585

„Gewerbetreibende, die einer besonderen Genehmigung bedürfen" (§§ 29ff. GewO) würde sich die Bedeutung der Vorschrift unmittelbar erschließen. Die vorgeschlagene Neuregelung genügt deshalb den Anforderungen an Bürgernähe und Verständlichkeit. Für die Praktikabilität der Regelung („Blaue Prüffrage Nr. 9") läßt sich anführen, daß durch die gewerberechtliche Neuregelung für die Kaufhausdetektive die Streitfrage um die Erlaubnispflichtigkeit 112 dieser Tätigkeit keine Bedeutung mehr hat. Damit kann es zu einer Entlastung der Gerichte kommen, was ein wichtiges Kriterium für die Praktikabilität einer Regelung darstellt. Die vorgeschlagene Erlaubnispflicht entspricht ferner typischer gewerberechtlicher Regelungstechnik und enthält typische gewerberechtliche Regelungsinstrumente. Qualitativ neue Aufgaben kommen auf die Verwaltung somit nicht zu. Dies gilt insbesondere, wenn man dem Vorschlag folgt, die Sachkundeprüfung von den Industrie- und Handelskammern durchführen zu lassen. Dies würde sich auch positiv auf die Kostenbelastung der Verwaltung auswirken („Blaue Prüffrage Nr. 10"). Somit zeigt sich insgesamt, daß auch die unter dem Aspekt der Rechtsvereinfachung sowie der Vermeidung einer Überreglementierung verfaßten „Blauen Prüffragen" der Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe nicht entgegenstehen.

I I I . Rechtsvergleichende Argumentation Ein Argument für die Einführung einer Erlaubnispflicht kann darin bestehen, daß in anderen Ländern positive Erfahrungen mit entsprechenden Regelungen gemacht worden sind. Voraussetzung für eine rechtsvergleichende Untersuchung ist, daß den zu vergleichenden Vorschriften auch vergleichbare Lebenssachverhalte zugrundeliegen. Dies bedeutet für das methodische Vorgehen im konkreten Fall, daß Länder herauszufinden sind, in denen drei Voraussetzungen erfüllt sind: 1. eine gewerberechtliche Regelung, die der hier vorgeschlagenen Erlaubnispflicht (Zuverlässigkeit, Nachweis finanzieller Mittel, Sachkundenachweis) vergleichbar ist, 2. dem bundesdeutschen Recht vergleichbare Befugnisse für das Auskunftsgewerbe und 112

Vgl. Kap. 6 D II.

586

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

3. eine vergleichbare Phänomenologie der Auskunftsunternehmen, insbesondere im Hinblick auf die Betriebsorganisation, den Tätigkeitsbereich und die potentiellen Auftraggeber. Eine Erlaubnispflicht und/oder das zusätzliche Erfordernis eines Sachkundenachweises für Detekteien wurde aus dem europäischen Bereich in Spanien, Belgien, den Niederlanden, Italien, Portugal, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein festgestellt sowie im außereuropäischen Ausland etwa in fast allen Bundesstaaten der USA. 113 Bei einem überschlägigen Vergleich zeigt sich, daß in Spanien Ermittlungen im Zusammenhang mit amtlich verfolgbaren Straftaten nur unter Einschränkungen möglich sind. In Portugal sind Ermittlungsdienstleistungen gänzlich verboten; die Aufgabenwahrnehmung des privaten Sicherheitsgewerbes beschränkt sich hier auf den Personen- und Objektschutz. Zudem ist in Portugal kein Nachweis bestimmter Fähigkeiten gefordert. Dagegen sind in Italien zwar private Ermittlungen zulässig, aber sie sind stärker an das öffentliche Interesse einer wirksamen Strafverfolgung gebunden. In Liechtenstein besteht zwar eine Erlaubnispflicht, diese beinhaltet aber kein dem Sachkundenachweis vergleichbares Erfordernis. In Belgien wurde 1992 die Einführung einer Erlaubnispflicht für das Detektivgewerbe beschlossen. Auswertbare Erfahrungen liegen - auch aufgrund von Übergangsregelungen - noch nicht vor. 114 Mit Wirkung vom 01.12.1993 wurde in den Niederlanden eine Erlaubnispflicht für Detektive eingeführt. Ebenso wie in Belgien lassen sich auch in den Niederlanden noch keine Erkenntnisse für eine rechtsvergleichende Argumentation feststellen. Das amerikanische Detektivgewerbe schließlich ist aufgrund der zahlreichen Großdetekteien, der Aufklärung von Kapitalverbrechen als einem Tätigkeitsschwerpunkt und dem Erlaubnissystem der „license period", also der befristeten Erlaubnis, 115 als Vergleichsgegenstand ungeeignet.

1,3 Vgl. Wirsching, Bd. 2, S. 499; Kocks, ZAD-Studie „Regelungen für Detektive in den europäischen Ländern", S. 8 ff.; speziell zu der Regelung in den Niederlanden: Keijser, Detektiv-Kurier September 1994, S. 5.

114 Vgl z u den gewerberechtlichen Regelungen für das Detektivgewerbe in Europa: Kocks, ZAD-Studie „Regelungen für Detektive in den europäischen Ländern", insbesondere S. 14, 18, 20ff. 115

Vgl. Kakalik/Wildhorn, S. 17ff. (zur tatsächlichen Bedeutung), S. 151ff. (zu den Voraussetzungen der Berufsausübung) und S. 205ff. (zu den rechtlichen Befugnissen).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

587

Eine dem bundesdeutschen Recht vergleichbare Befugnisstruktur und eine weitgehende Übereinstimmung in den phänomenologischen Voraussetzungen besteht dagegen zwischen dem Detektivgewerbe in der Bundesrepublik Deutschland sowie in Österreich und der Schweiz. Die rechtsvergleichende Untersuchung wird also exemplarisch für das Detektivgewerbe in Österreich und der Schweiz durchgeführt. Die konkrete Untersuchungsfrage lautet somit, ob die strengere gewerberechtliche Regelung in Österreich und der Schweiz zu einer effektiveren Gefahrenabwehr beiträgt, und die in der Bundesrepublik Deutschland beklagten Mißstände in den beiden Vergleichsländern nicht in gleichem Maße auftreten. 1. Österreich In Österreich weist das Detektivgewerbe eine gegenüber der Bundesrepublik Deutschland vergleichbare Struktur auf. Detekteien bieten das gleiche Leistungsspektrum an, die Unternehmen sind vergleichbar organisiert, und die angebotenen Leistungen werden von einem ähnlich strukturierten Kundenkreis wahrgenommen. Abweichungen gegenüber bundesdeutschem Recht ergeben sich für Detekteien in Österreich allerdings daraus, daß gemäß § 244 Abs. 1 Z. 7 öGewO der Personenschutz von der erforderlichen Konzession mitumfaßt ist, und daß gemäß § 244 Abs. 4 öGewO der gleichzeitige Betrieb einer Auskunftei und einer Detektei verboten ist. Zuverlässiges Zahlenmaterial über die Anzahl von Detekteien ist in Österreich ebensowenig wie in der Bundesrepublik Deutschland erhältlich, denn das Österreichische Statistische Zentralamt faßt in seinen Arbeitsstättenzählungen Schreib-, Übersetzungs- und Auskunftsbüros unter einer Ordnungsziffer zusammen.116 Einer Schätzung zufolge gab es 1976 in Österreich 34 formell gültige konzessionierte Detektivunternehmen, die vom EinMann-Betrieb bis zum Unternehmen mit 140 Beschäftigten reichten. 117 116

Zu den Schreib-, Übersetzungs- und Auskunftsbüros zählen nach dem Definitionsschlüssel des Österreichischen Statistischen Zentralamtes Adressbüros, Adressenschreibbüros, Auskunfteien, Auskunftsbüros, Detektivbüros, Dolmetscherdienste, Ermittlungsbüros, Informationsbüros, Kraftfahrzeugüberwachung, Kreditinformationsbüros, Maschinenschreibbüros, Privatdetektivbüros, Schreibbüros, Übersetzungsbüros und Zeitungsausschnittbüros. Ihre Gesamtzahl wird in der Arbeitsstättenzählung 1981 unter der Ordnungsziffer 9352 mit 331 angegeben. 117

Jaromin y Der Kriminalbeamte 1976, Heft 10 Nr. 19, S. 3 (8). Weitere Schätzungen gehen davon aus, daß Detekteien und Bewachungsinstitute in Österreich etwa gleich

5 8 8 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Bezüglich der von Detekteien in Anspruch zu nehmenden Befugnisnormen ergeben sich Unterschiede nur in Detailfragen. 118 Entscheidend ist, daß Detekteien in Österreich bezüglich ihrer Befugnisse ebenso wie in der Bundesrepublik Deutschland keinerlei Sonderrechte oder berufsbedingte Vergünstigungen haben.119 a) Gewerberechtliche

Regelung in Österreich

Das österreichische Gewerberecht ist trotz des Prinzips der Gewerbefreiheit und den in der Gewerbeordnung 1973 vorgenommenen Liberalisierungen als sehr restriktiv zu bezeichnen.120 Dies ist insbesondere dem Katalog der bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbezweige in § 128 öGewO zu entnehmen. Diese Einschätzung läßt sich auch nach der Gewerberechtsnovelle 1992 aufrecht erhalten, die im Hinblick auf das Abkommen über den

stark vertreten sind. Da die Arbeitsstättenzählung des Österreichischen Statistischen Zentralamtes unter der Ordnungsziffer 9353 die Anzahl der Bewachungsinstitute mit 37 angibt, erscheint die oben genannte Schätzung als durchaus zutreffend. 118

So ist etwa das Recht auf Festnahme durch Privatpersonen in § 86 Abs. 2 der österreichischen Strafprozeßordnung weiter gefaßt als der vergleichbare § 127 StPO. § 86 Abs. 2 der österreichischen Strafprozeßordnung lautet: „Liegen hinreichende Gründe für die Annahme vor, daß eine Person eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung ausführe, unmittelbar vorher ausgeführt habe, oder daß nach ihr wegen einer solchen Handlung gefahndet werde, so ist jedermann berechtigt, diese Person auf angemessene Weise anzuhalten. Er ist jedoch verpflichtet, die Anhaltung unverzüglich dem nächsten Sicherheitsorgan anzuzeigen." Der Unterschied besteht also darin, daß hier lediglich hinreichende Gründe für die Annahme einer strafbaren Handlung vorliegen müssen, während bei § 127 StPO der Täter auf frischer Tat betroffen werden muß. Vgl. Pokorny, S. 36. Umgekehrt ist das Notwehrrecht in Österreich enger gefaßt. § 3 Abs. 1 Satz 2 des österreichischen Strafgesetzbuches lautet: „Die Handlung ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn es offensichtlich ist, daß dem Angegriffenen bloß ein geringerer Nachteil droht und die Verteidigung insbesondere wegen der Schwere der zur Abwehr nötigen Beeinträchtigung des Angreifers unangemessen ist." Hier stellt das österreichische Strafrecht strengere Voraussetzungen an die Gebotenheit der Notwehr als § 32 StGB. Zu einzelnen Befugnisnormen im österreichischen Recht vgl. Hladik/Moser, Rdnrn. 43ff. 119 120

Wirsching,

Bd. 2, S. 504; Jaromin, Der Kriminalbeamte 1976, S. 3 (4).

Vgl. zu den Liberalisierungen der öGewO 1973: Kopp, WiVerw 1978, S. 29 (32f., 36); zur geschichtlichen Entwicklung des österreichischen Gewerberechts: Baryli, insbesondere S. 35ff., 99ff. und 119f.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

589

Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zahlreiche Schritte der Liberalisierung und Deregulierung, insbesondere durch Erleichterungen beim Gewerbeantritt, mit sich brachte. Das Detektivgewerbe war bei der am 01.07.1993 in Kraft getretenen Änderungsnovelle 121 bis auf wenige Detailfragen 122 allerdings von Liberalisierungen ausgenommen. So sehen die §§ 16ff.; 128, 189, 244ff. öGewO weiterhin eine Zuverlässigkeitsprüfung und einen Befähigungsnachweis als Berufszulassungsregelung für Detektive voraus. Die §§ 244ff. öGewO regeln des weiteren den Tätigkeitsbereich von Detekteien, die Stellung der Arbeitnehmer einer Detektei, die Ausgestaltung der amtlichen Legitimation, die Verschwiegenheitspflicht, Begriffsbestimmungen und Zuständigkeitsfragen. Die Ausgestaltung des Befähigungsnachweises ist der 222. Verordnung des Bundesgesetzblattes aus dem Jahre 1981 zu entnehmen.123 Die Befähigung kann nachgewiesen werden durch: 1. Zeugnisse über den erfolgreichen Besuch der rechts wissenschaftlichen Studienrichtung einer inländischen Universität und eine mindestens vierjährige fachliche Tätigkeit als Arbeitnehmer im Gewerbe der Berufsdetektive oder im Höheren Dienst im Bereich einer Sicherheits- oder Bundespolizeidirektion oder 2. das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Konzessionsprüfung. Voraussetzungen für die Zulassung zur Konzessionsprüfung sind: 1. der erfolgreiche Besuch der rechtswissenschaftlichen Studienrichtung einer inländischen Universität und eine mindestens zweijährige fachli-

121

BGBl Nr. 29/1993.

122

Neu ist die Bestimmung des § 245 Abs. 2 öGewO, nach der die Bekanntgabe der Arbeitnehmer und deren Daten spätestens zwei Wochen vor Beginn ihrer Verwendung erfolgen muß. Bisher reichte es aus, wenn das diesbezügliche Verzeichnis binnen einer Woche nach Aufnahme der Gewerbeausübung bzw. jede Änderung innerhalb einer Woche angezeigt wurde. Neu ist auch, daß die Staatsangehörigkeit der beschäftigten Arbeitnehmer bekanntzugeben ist. Die Gewerbebehörde hat außerdem dem Gewerbetreibenden den Verlust der erforderlichen Zuverlässigkeit der Arbeitnehmer bekanntzugeben (§ 245 Abs. 3 ÖGewO). Ansonsten gibt es keine inhaltlichen Änderungen. 123

BGBl Nr. 86/1981 S. 1271 (222. Verordnung). Diese Verordnung bleibt in Kraft, bis eine aufgrund der Gewerberechtsnovelle 1992 notwendig gewordene neue Befähigungsnachweisverordnung veröffentlicht wird.

590

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

che Tätigkeit als Arbeitnehmer im Gewerbe der Berufsdetektive oder im Höheren Dienst im Bereich einer Sicherheits- oder Bundespolizeidirektion oder 2. der erfolgreiche Besuch einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden höheren Schule und eine mindestens vierjährige Praxis, als Arbeitnehmer im Gewerbe der Berufsdetektive oder als Wachbeamter im Gendarmerie-, Kriminal- oder Sicherheitswachdienst oder 3. eine mindestens achtjährige fachliche Tätigkeit, wie in Nr. 2 beschrieben. Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Im schriftlichen Teil wird die Ausarbeitung von Berichten über die Durchführung von zwei Aufträgen verlangt. Die Verwendung von Unterlagen, welche die einschlägigen Rechtsvorschriften enthalten, ist dem Prüfling gestattet. Die schriftliche Prüfung dauert längstens drei Stunden. Die mündliche Prüfung dauert zwischen 40 und 80 Minuten und kann Fragen aus folgenden Bereichen beinhalten: Verfassungs- und Verwaltungsrecht einschließlich Behördenorganisation, Bürgerliches Recht, Handelsrecht, Strafrecht, Kriminalistik, Grundsätze des zivilgerichtlichen Verfahrens, Grundsätze des strafgerichtlichen Verfahrens, Waffengebrauchsrecht, Steuerrecht, Gewerberecht einschließlich der Organisation der Kammern der gewerblichen Wirtschaft, Arbeitsrecht einschließlich der Kollektivverträge, Sozialversicherungsrecht, volkswirtschaftliche Grundbegriffe, betriebswirtschaftliche Grundbegriffe, Buchhaltung, Schriftund Zahlungsverkehr, Kostenrechnung und Kalkulation. Die Konzessionsprüfung muß vor einer fünfköpfigen Prüfungskommission abgelegt werden, die aus zwei konzessionierten Berufsdetektiven, einem Juristen, einem Kriminalisten und einem Wirtschaftsfachmann besteht. Die notwendigen Kenntnisse für das Bestehen der Konzessionsprüfung werden von den konzessionierten Berufsdetektiven an ihre Mitarbeiter vermittelt. Darüber hinaus gibt es auch private Ausbildungseinrichtungen.124 b) Verhältnisse

in Österreich

Die Auswirkungen der strengen gewerberechtlichen Zulassungsbestimmungen für das Detektivgewerbe in Österreich entziehen sich einer objekti-

124

Vgl. Pokorny, S. 40ff.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

591

ven Meßbarkeit. Ob sich aufgrund der abweichenden gewerberechtlichen Regelung Vorteile im rechtstatsächlichen Bereich ergeben, kann deshalb allenfalls anhand von Indizien festgestellt werden. Als solche Indizien können die Einstellung verschiedener Betroffener zu den Konzessionsbestimmungen, das Ansehen der Detektivbranche in Österreich, das Auftreten von Mißständen und die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen angesehen werden. Es ist festzustellen, daß die derzeitige gesetzliche Regelung der Zulassung zum Detektivgewerbe in Österreich eine breite Zustimmung erfährt. 125 So wurde von Dienststellen des österreichischen Bundesministeriums für Inneres im Rahmen der Diskussion um die Gewerberechtsnovelle 1992 aus sicherheitspolitischen Gründen die Beibehaltung der Erlaubnispflicht als unabdingbar erachtet. 126 Das österreichische Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten erklärte auf Anfrage: „Rechtspolitisch kann als Begründung für die Einführung bzw. Beibehaltung einer Bewilligungspflicht für die Ausübung des Gewerbes der Berufsdetektive geltend gemacht werden, daß Mißbräuche und insbesondere bedenkliche Eingriffe in das Privat- und Berufsleben unterbleiben sollten. Es liegt daher im öffentlichen Interesse, daß nur solche Personen das Gewerbe des Berufsdetektives ausüben, die die hierzu erforderliche Zuverlässigkeit besitzen. Auch im Interesse der Auftraggeber erfordert die Ausübung ein besonderes Maß an Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit. ... Eine Zusammenarbeit (mit staatlichen Stellen) kann aber nur auf einer Basis des Vertrauens aufgebaut werden. Mit Personen, die Vorstrafen aufweisen, mögen diese auch vom Ausmaß her gesehen eher geringfügig sein, kann eine solche Vertrauensbasis nicht hergestellt werden. Nach den Informationen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten hat sich gerade aufgrund des Konzessions-

125

Jaromin, Der Kriminalbeamte 1976, Heft 10, Nr. 319, S. 3 (7, 14); Krainz, OES 1985, Heft 12, S. 2 (4); Schreiben des Verbandes der Sicherheitsunternehmungen Österreichs an den Verfasser vom 07.12.1990; Schreiben des Österreichischen Detektiv-Verbandes an den Verfasser vom 17.12.1990; Schreiben des Berufsdetektivverbandes an den Verfasser vom 16.08.1993. Forderungen nach einer Liberalisierung des österreichischen Gewerberechts bezogen sich jeweils nicht auf die Konzessionsbestimmungen im Detektivgewerbe; vgl. Kopp, WiVerw 1978, S. 29 (40ff., insbesondere S. 45 und 49). 126

Vgl. Berufsgruppeninformation Berufsdetektive der Wiener Handelskammer vom 29.03.1992, S. 1.

592

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

systems die Zusammenarbeit zwischen den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und den Berufsdetektiven gut eingespielt. Es wurde daher auch nicht von der bewährten Regelung abgegangen."127 Auch das Ansehen der Detektivbranche in der Öffentlichkeit ist nach verschiedenen Stellungnahmen128 positiver als in Ländern ohne staatliche Zulassungsvoraussetzungen. Die umgekehrte Aussage fand sich dagegen nirgends. Problematisch ist, ob die Feststellung getroffen werden kann, daß durch die gewerberechtlichen Zulassungsbeschränkungen das Auftreten von Mißständen im Detektivgewerbe eingeschränkt wird. Auch auf die Verhältnisse in Österreich bezogen gilt, daß eine solche Bewertung kaum meßbar ist, und die naturgemäß hohe Dunkelziffer in diesem Bereich einer zuverlässigen Bewertung entgegensteht. Nach der allgemeinen Einschätzung129 kann zwar die Konzessionspflicht Mißstände nicht ganz verhindern, aber jedenfalls reduzieren. Die Zusammenarbeit der Berufsdetektive mit staatlichen Stellen wird insgesamt positiv beurteilt. Diese Einschätzung gründet sich unter anderem auf vorhandene Kontakte der Berufsverbände zu staatlichen Stellen,130 auf gemeinsame Initiativen zur Verbrechensbekämpfung im „Kuratorium Sicheres Österreich" 131 und auch darauf, daß sich aufgrund ihrer qualifizierten Aus-

127

Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten der Republik Österreich an den Verfasser vom 07.01.1994, Az.: 30.599/1 -III/1/94. 128 Aus österreichischer Sicht: Pokorny, S. 25f. und 187; Schreiben des Österreichischen Detektiv-Verbandes an den Verfasser vom 17.12.1990; aus deutscher Sicht: Wirsching, Bd. 2, S. 499; Binder, Der Kriminalist 1983, S. 475 (477); Dessau/Brinker, ArchKrim 159 (1977), S. 107 (109, 111). Insbesondere Pokorny stellt dabei einen direkten Vergleich zwischen dem Detektivgewerbe in der Bundesrepublik Deutschland und Österreich an. 129

Pokorny, S. 26, 38; Jaromin, Der Kriminalbeamte 1976, Heft 10, Nr. 319, S. 3 (7, 13); Schriml (W+S 1980, S. 266 [271]) stellt für das Bewachungsgewerbe fest, daß seit Einführung des Befähigungsnachweises in Österreich keine nennenswerten Mißstände mehr aufgetreten sind. 130

Jaromin, Der Kriminalbeamte 1976, Heft 10, Nr. 319, S. 3 (9); Krainz (OES 1985, Heft 12, S. 2, 4), der hier eine stärkere Zusammenarbeit feststellt als in der Bundesrepublik Deutschland. 131 Das „Kuratorium Sicheres Österreich" wurde 1975 unter der Schirmherrschaft des damaligen Innenministers Otto Rösch als Institution für den Gedankenaustausch aller am

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

593

bildung einzelne Berufsdetektive das Vertrauen staatlicher Stellen erworben haben. Die letztgenannte Entwicklung wird allerdings auch durch die gegenüber der Bundesrepublik Deutschland verhältnismäßig geringere Zahl von Detektiven begünstigt, da eine Vertrauensbasis eben insbesondere durch häufige Zusammenarbeit entsteht. So kommt es in Österreich, nach Auskunft eines Detektivverbandes,132 beispielsweise häufig vor, daß Personen mit Sicherheitsproblemen von der Kriminalpolizei zu Detekteien geschickt werden. Insgesamt läßt sich also in Österreich eine intensivere Zusammenarbeit der Detektive mit staatlichen Stellen feststellen als in der Bundesrepublik Deutschland.133

2. Schweiz Die Voraussetzungen für eine rechtsvergleichende Betrachtung, nämlich eine ähnliche Erscheinungsform des Detektivgewerbes sowie ähnlich ausgestaltete Befugnisnormen, treffen auch für die Schweiz zu. 134 Die gleichen Schwierigkeiten wie in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich zeigen sich auch in der Schweiz bei der Feststellung der zahlenmäßigen Stärke von Detekteien. Das schweizerische Bundesamt für Statistik erfaßt die Bewachungsunternehmen sowie Auskunfts- und Detektivbüros nämlich unter einer gemeinsamen Ordnungsziffer zusammen, so daß die Zahl von 127 Unternehmen mit 2.483 Vollzeitbeschäftigten nur wenig aussagekräftig ist. 135

österreichischen Sicherheitsgeschehen interessierten Personen und Verbände geschaffen und dient als Dialogplattform für alle die innere Sicherheit Österreichs betreffenden Fragen; vgl. dazu Schoeller in: Glavic, Kap. 6 Rdnrn. 1 lOff.; Landrock, PFA I, S. 97 (lOlf.). 132

Schreiben des Berufsdetektivverbandes an den Verfasser vom 16.08.1993.

133

So auch Krainz (OES 1985, Heft 12, S. 2, 4); zahlreiche Beispiele finden sich bei Pokorny, S. 38, 93, 121f., 127 und 171. 134

In der Schweiz werden allerdings andere Begriffe verwendet. Unter den Begriff „privates Überwachungspersonal" fallen Werkschutz, Bewachungsunternehmen, Privatdetekteien, Kreditauskunfteien und Sicherheitsberater. 135

Bundesamt für Statistik, Sektion Unternehmen und Beschäftigung, Eidgenössische Betriebszählung 1985, Arbeitsstätten und Beschäftigte in der Schweiz nach Wirtschaftsarten und Beschäftigungsgrößenklassen, Nr. 7544; Hilflker (S. 65f.) geht von 4.500 im Auskunftsgewerbe tätigen Personen in der Schweiz aus. 38 Peilert

594

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Auskunfteien und Detekteien stehen in der Schweiz keine Sonderrechte zu; sie müssen sich ebenso wie die bundesdeutschen Detektive auf das für jedermann geltende Recht stützen. Die gewerberechtliche Lage in der Schweiz bietet für eine rechtsvergleichende Untersuchung eine Besonderheit. Das Gewerberecht in der Schweiz ist nämlich nicht bundeseinheitlich geregelt, 136 sondern es liegen zum Teil erheblich von einander abweichende kantonale Regelungen vor. Eine einheitliche Betrachtung der Verhältnisse in der Schweiz ist somit nicht möglich. Allerdings hat diese besondere Ausgangssituation den Vorteil, daß auf engem Raum unter gleichen rechtstatsächlichen Voraussetzungen völlig unterschiedliche gewerberechtliche Regelungen bestehen, und die diesbezüglichen Erfahrungen ausgewertet werden können. Zudem verspricht die Auswertung eine größere Objektivität, denn eventuelle nationale Rücksichtnahmen bei der bundesstaatlichen Bewertung dieser unterschiedlichen Rechtslagen sind nicht zu erwarten. Dem Untersuchungsergebnis in der Schweiz ist somit eine besondere Bedeutung beizumessen. a) Gewerberechtliche

Regelung in der Schweiz

In 11 der 26 Schweizer Kantone bestehen für Detektive gesetzliche Zulassungsregelungen.137 Die Zersplitterung des schweizerischen Gewerberechts wird daran deutlich, daß allein für Detektive in der Schweiz zehn unterschiedliche gewerberechtliche Regelungen gelten. 138 Die Anforderungen an die persönlichen Voraussetzungen bestehen überwiegend in dem Vorliegen des Aktivbürgerrechts, dem Fehlen von Vorstrafen, geordneten Geschäftsverhältnissen, Handlungsfähigkeit und dem Beibringen eines guten Leumundes. Für acht Kantone bestehen eine Bewilligungspflicht und das 136 Nach Artikel 31 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29.05.1874 können die Kantone Vorschriften über die Ausübung von Handel und Gewerbe erlassen. 137

Diese elf Kantone sind Basel-Stadt, Bern, Genf, Jura, Luzern, St. Gallen, Tessin, Thurgau, Waadt, Wallis und Zürich. Vgl. Kocks, ZAD-Studie „Regelungen für Detektive in den europäischen Ländern", S. 19; siehe dazu auch Hilflker, S. 73. 138

Kocks, ZAD-Studie „Regelungen für Detektive in den europäischen Ländern", S. 5; einen tabellarischen Überblick über einzelne gewerberechtliche Bestimmungen in den Kantonen gibt Hilflker (S. 76ff.).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

595

Erfordernis eines Sachkundenachweises.139 Dabei muß auch eine zum Sachkundenachweis führende Prüfung abgelegt werden, die Kenntnisse des materiellen und formellen Strafrechts, kantonaler Verordnungen im Zusammenhang mit Privatdetektiven, zu Rechtsnormen über das Persönlichkeitsrecht und vertraglicher Haftung sowie über Waffenrecht voraussetzt. Eine Besonderheit gegenüber der bundesdeutschen Regelung besteht in vier Kantonen140 darin, daß zwar das Auskunftsgewerbe, nicht aber das Bewachungsgewerbe unter eine gesetzliche Kontrolle gestellt ist. 141

b) Verhältnisse

in der Schweiz

Angesichts der uneinheitlichen gewerberechtlichen Situation in der Schweiz lassen sich landeseinheitliche Feststellungen über Ansehen, Verminderung von Mißständen und eine Verbesserung der Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen nicht treffen. Von Bedeutung ist aber die Einschätzung von kantonübergreifenden Organisationen. In diesem Zusammenhang machte der Fachverband Schweizerischer Privat-Detektive aufgrund gesammelter Erfahrungen mit den unterschiedlichen kantonalen Regelungen seine Präferenz für die Einführung einer Bewilligungspflicht einschließlich Sachkundenachweis deutlich, bei der die Vermeidung von Mißständen am besten gewährleistet sei. 142 3. Auswertung Die Beantwortung der Untersuchungsfrage, ob durch die strengere gewerberechtliche Regelung in Österreich und der Schweiz eine effektivere Gefahrenabwehr nachzuweisen ist, und die in der Bundesrepublik Deutschland beklagten Mißstände dort nicht in gleichem Maße auftreten, ist nicht objektiv zu beantworten. Aus den Besonderheiten des Gewerbes ergibt sich, daß hier keine konkreten Ergebnisse, kein statistisches Material vorhanden ist.

139

Dies sind Basel-Stadt, Bern, Genf, St. Gallen, Tessin, Thurgau, Waadt und Zürich; vgl. Hilflker, S. 73. 140

Basel-Stadt, Tessin, Thurgau und Waadt; vgl. Hilflker,

141

Zu dieser gesetzlichen Regelungsmöglichkeit vgl. Kap. 7 B III 2 d.

142

S. 73.

Schreiben des Fachverbandes Schweizerischer Privat-Detektive an den Verfasser vom 13.02.1991.

5 9 6 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Es ist deshalb einzuräumen, daß die Ergebnisse aus dieser - beispielhaft für das Detektivgewerbe durchgeführten - rechtsvergleichenden Betrachtung wenig ergiebig sind. Allerdings ist es bei der Rechtstatsachenforschung häufig der Fall, daß keine objektiv meßbaren Ergebnisse erzielt werden, so daß es zulässig ist, auf Indizien und subjektive Anschauungen zurückzugreifen, die als Ausdruck der Zweckmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung gewertet werden können. Zwar ist die Richtigkeit dieser Einschätzungen im Sinne einer wissenschaftlichen Verifizierbarkeit nicht gewährleistet, doch ist dies für den Bereich gesellschaftlicher Untersuchungen typisch. Die Einhelligkeit der Befürwortung des Sachkundenachweises durch verschiedene Interessenvertreter verleiht dem Ergebnis dieser rechtsvergleichenden Betrachtung jedenfalls ein gewisses Gewicht.

IV. Begründung aus der Schutzkonzeption des Gewerberechts Bei der Gewerbeordnung handelt es sich um ein Gesetz, das einer systematischen Betrachtung sehr zugänglich ist. Dies ergibt sich etwa aus den verschiedenen Umkehrschlüssen und titelübergreifenden Betrachtungsweisen, die schon für gewerberechtliche Begriffsbestimmungen erforderlich sind. Bedeutung für die Einführung neuer bzw. die Bewertung bestehender Vorschriften kann deshalb auch eine rechtssytematische Betrachtung gewinnen. Zunächst soll deshalb anhand der gewerberechtlichen Regelungszwecke festgestellt werden, ob die gewerberechtliche Regelung bei Auskunfteien und Detekteien die ihr von der gewerberechtlichen Systematik zugewiesene Schutzaufgabe auch tatsächlich erfüllt. Anschließend wird die Frage erörtert, ob die bisherige gewerberechtliche Regelung für Auskunfteien und Detekteien systemkonform ist, bzw. wie sich eine neu zu schaffende Regelung in das System der verschiedenen Zulassungsmöglichkeiten einfügen würde. 1. Gefahrenabwehr als Regelungszweck der Gewerbeordnung Das Gewerberecht ist Sonderordnungsrecht. 143 Zu den Hauptaufgaben der Gewerbeordnung zählt die Gefahrenabwehr. 144 Um die Anforderungen

143 BVerwG, NJW 1976, S. 986 (987) -Urteil vom 16.09.1975- 1 C 44.74; Robinski, S. lf.; Stober, Lehrbuch, § 28 II; von Ebner, WiVerw 1978, S. 1. So wurde das Gewerberecht in seiner Entwicklung auch lange Zeit als „Gewerbepolizeirecht" bezeichnet, so

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

597

an gewerberechtliche Regelungen zur Gefahrenabwehr feststellen zu können, ist zunächst zu untersuchen, welche Gefahrenqualität das Gewerberecht voraussetzt. Ein wichtiges Ziel des Gewerberechts ist es, daß die Verwaltung erst gar nicht gefahrenabwehrend tätig werden muß, sondern schon im Vorfeld gefahrenvermeidend wirken kann. 145 Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen bei solchen Gewerbezweigen, deren Ausübung regelmäßig mit Gefahren verbunden ist, gefahrenvermeidende Regelungen schon bei abstrakter Gefahr getroffen werden können. Ausreichend um Zulassungsregelungen mit den Erfordernissen der Zuverlässigkeit, des Nachweises finanzieller Mittel und der Sachkunde zu rechtfertigen, ist also das Vorliegen einer abstrakten Gefahr. 146 Eine abstrakte Gefahr ist anzunehmen, wenn eine generelle Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, daß mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (Gefahr „in potentia") ein Schaden einzutreten pflegt und daher Anlaß besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz, zu bekämpfen. 147 Bei dem Tätigwerden von Auskunfteien und Detekteien liegt eine abstrakte Gefahr vor, da mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Eingriffe in die Rechte Dritter durch Auskunfteien und Detekteien zu erwarten sind. Nachdem die Anforderungen an das Vorliegen einer Gefahr im Gewerberecht festgestellt worden sind, ist zu untersuchen, ob die einzelnen Schutzadressaten der gewerberechtlichen Regelung des Auskunftsgewerbes durch die bloße Anzeigepflicht wirksam geschützt werden. Dazu ist zunächst festzustellen, welcher Adressatenkreis vor Gefahren, die mit der Ausübung des Auskunftsgewerbes verbunden sind, geschützt werden soll. Anschließend

daß das Moment der Gefahrenabwehr dem Gewerberecht auch begrifflich immanent war. Dementsprechend lautete der Titel des gewerberechtlichen Standardwerkes von Schecher aus dem Jahre 1910 „Gewerbepolizeirecht des Deutschen Reiches". 144

V. Götz, Rdn. 43; Prümm, S. 21f.; Scholl, S. 15; Steiner/Arndt, Lehrbuch, § 28 I; Heinrich, DVB1 1966, S. 425. 145

Rdn. 128; Stoben

Stoben Handbuch, § 50 III.

146 Mahlberg, S. 225; dahingehend auch Badura in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 3. Abschn. Rdn. 133 (S. 289). 147

BVerwG, NJW 1970, S. 1890 (1892) -Urteil vom 26.06.1970- IV C 99/67; AKPolGNRW § 1 Rdn. 91; V. Götz, Rdn. 120.

5 9 8 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

wird untersucht, ob dieser Schutz durch die gewerberechtliche Regelung des Auskunftsgewerbes in hinreichendem Maß gewährleistet wird. a) Verbraucherschutzgedanke

als Aspekt der Gefahrenabwehraufgabe

Der Verbraucherschutz als Teilaspekt der Gefahrenabwehr ist ein wichtiger gewerberechtlicher Regelungszweck. Er durchzieht als Schutz von Verbrauchern, 148 Auftraggebern 149 und der Allgemeinheit 150 die gesamte Gewerbeordnung. Der Verbraucherschutzgedanke besitzt aber nicht nur in den Vorschriften Gültigkeit, in denen er ausdrücklich genannt wird, sondern überall dort, wo Kunden durch die Gewerbeausübung geschädigt werden können. Dies gilt auch für die in § 38 Satz 1 Nrn. 1 bis 9 GewO genannten Gewerbezweige.151 Die Aufgaben des Verbraucherschutzes liegen darin, die Konsumenten vor einer Gefährdung ihrer Sicherheit und Gesundheit zu bewahren, sie vor Täuschung und Übervorteilung zu schützen und ihnen zu ermöglichen, am Markt optimale Entscheidungen zu treffen. 152 b) Der Schutz Dritter als Aspekt der Gefahrenabwehraufgabe Die Gefahrenabwehraufgabe der Gewerbeordnung bezieht sich auch auf den Schutz der Allgemeinheit und speziell auf den Schutz sogenannter Dritter. 153 Von diesem Schutz werden diejenigen erfaßt, die mit einer gewerblichen Leistung beabsichtigt oder zufällig in Berührung kommen. Notwendig ist die Gewährleistung dieses Schutzes also vornehmlich bei solchen Gewerbearten, bei denen regelmäßig nicht nur die Verbraucher, Kunden

148

§ 55 Abs. 3 GewO.

149

§§ 34a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2; 34b Abs. 3 Satz 2; 34c Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 GewO.

150

§§ 33a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 3; 33c Abs. 1 Satz 3; 33d Abs. 1 Satz 2; 33f Abs. 1; 33i Abs. 1 Satz 2; 34 Abs. 1 Satz 2; 34a Abs. 1 Satz 2; 34b Abs. 1 Satz 2; 34c Abs. 1 Satz 2, Abs. 3; 35 Abs. 1; 55 Abs. 3; 56 Abs. 2 GewO. 151

BayVGH, GewArch 1984, S. 121 (122) -Beschluß vom 14.12.1983- 22 CS 83 A.363; Sieg/Leifermann/Tettinger § 38 Rdn. 1. 152

von Hippel, S. 21ff.; Simitis, S. 18f.; Stober, Handbuch, § 50 IV.

153

Vgl. etwa ausdrücklich § 24 Abs. 1 Satz 1 GewO.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

599

oder Auftraggeber, sondern auch Dritte Gefährdungen ausgesetzt sind. Dies ist in besonderem Maße bei den Unternehmen des Auskunftsgewerbes der Fall, mit deren Tätigkeit stets die von Auskünften und Ermittlungen betroffenen Dritten in Berührung kommen. Dem Schutz dieses Personenkreises dienen insbesondere die Zulassungsregelungen und die Untersagungsnormen des Gewerberechts. 154 c) Bewertung der Regelung für Auskunftsunternehmen im Hinblick auf die Gefahrenabwehraufgabe als Regelungszweck der Gewerbeordnung Nachdem die für gewerberechtliche Regelungen erforderliche Eintrittswahrscheinlichkeit der Gefahr und der geschützte Adressatenkreis der Regelung des Auskunftsgewerbes ermittelt worden sind, ist zu überprüfen, ob die geltende Rechtslage für das Auskunftsgewerbe dieser Schutzkonzeption gerecht wird. Als erstes Ergebnis der Untersuchung wurde festgestellt, daß verschärfte gewerberechtliche Zulassungsvoraussetzungen wie Zuverlässigkeit, Nachweis finanzieller Mittel und Sachkunde eine abstrakte Gefahr voraussetzen. Dem steht das Ergebnis der empirischen Untersuchung gegenüber, in der typische, immer wiederkehrende Gefährdungspotentiale bei der Ausübung des Auskunftsgewerbes festgestellt wurden. Dennoch verzichtet der Gesetzgeber auf die zur Abwehr dieser Gefahren geeigneten Regelungsinstrumente der Zuverlässigkeitsprüfung im Erlaubnisverfahren, des Nachweises finanzieller Mittel und des Sachkundenachweises. Angesichts der Häufigkeit des Eintritts typischer Gefahren ist die aktuelle gewerberechtliche Regelung, die nur in einigen Bundesländern verschärfte Überwachungsmöglichkeiten bzw. eine Zuverlässigkeitsprüfung nach der Gewerbeanzeige vorsieht, verfehlt. Ebensowenig wird die gesetzliche Regelung des Auskunftsgewerbes der traditionell großen Bedeutung des Verbraucherschutzes innerhalb der Gefahrenabwehraufgabe der Gewerbeordnung gerecht. Gerade aus dem Verbraucherschutzgedanken ergibt sich das Erfordernis einer vorhergehenden Zuverlässigkeits- und Sachkundeprüfung, denn die Wahrnehmung der Verbraucherschutzrechte durch den Auftraggeber ist aufgrund der Besonderheiten des Gewerbes faktisch nur eingeschränkt möglich. Das Diskretionsbedürfnis des Auftraggebers wird ihn in der Mehrzahl der Fälle daran hin-

154

Vgl. Mahlberg, S. 224.

600

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

dem, seine individuellen Verbraucherschutzrechte gegenüber Detektiven tatsächlich wahrzunehmen. Wenn der Gesetzgeber das Auskunftsgewerbe rechtlich zuläßt, muß er zwar nicht dafür sorgen, daß es stets fachgerechte Leistungen erbringt, aber diese Leistungen dürfen nicht mit Gefahren verbunden sein, gegen die sich der Verbraucher aufgrund der stärkeren Position des Gewerbetreibenden faktisch nur eingeschränkt wehren kann. Verfehlt ist die gewerberechtliche Regelung für das Auskunftsgewerbe auch im Hinblick auf den Schutz Dritter. Personen, die von Eingriffen betroffen werden, wie etwa durch das rechtswidrige Beobachten durch Detektive oder eine falsche Kreditauskunft von Auskunfteien, erlangen nämlich vielfach keine Kenntnis von diesen Eingriffen. Wo dies aber rechtlich vorgesehen ist, wie bei der Benachrichtigungspflicht des § 33 BDSG, hängt die Kenntnisnahme wiederum von dem rechtmäßigen Verhalten des Auskunftsunternehmers ab. Die Wahrnehmung der rechtlichen Möglichkeiten, etwa durch Unterlassungs- und Schadensersatzklagen, ist deshalb faktisch noch schwieriger als bei den Auftraggebern von Auskunfteien und Detekteien. Insgesamt läßt sich für die Regelung des Auskunftsgewerbes feststellen, daß der Grundsatz verletzt ist, daß diejenigen Unternehmen, von denen besondere, für den Einzelnen nur schwer nachprüfbare Gefahren ausgehen, einer besonderen staatlichen Überwachung unterliegen sollten. Die gewerberechtliche Regelung für Auskunfteien und Detekteien weicht von der Schutzkonzeption der Gewerbeordnung zu Lasten der Verbraucher und zu Lasten Dritter ab und entspricht damit nicht den Schutzzwecken der Gewerbeordnung. 2. Gewerberechtliche Regelungsinstrumente Nach der Prüfung der Vereinbarkeit der gewerberechtlichen Regelung für das Auskunftsgewerbe mit den Regelungszwecken der Gewerbeordnung wird nunmehr untersucht, wie sich die Anzeigepflicht des Auskunftsgewerbes in das System der gewerberechtlichen Zulassungsmöglichkeiten einfügt. Der Gesetzgeber kann die Zulassung zu einem Gewerbe von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig machen. Im einzelnen kommen nach der allgemeinen verwaltungsrechtlichen Terminologie das Verbot mit Anzeigenvorbehalt, das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, das Verbot mit Be-

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

601

freiungsvorbehalt und das absolute Verbot in Betracht. 1 5 5 A u f das Gewerberecht bezogen dominieren die beiden ersten Kategorien, und zwar in Form der Anzeigepflicht nach § 14 GewO und der jeweils für einzelne Gewerbezweige festgelegten Erlaubnispflicht. Aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgt die gewerberechtliche Zulassungskontrolle mittels eines abgestuften rechtstechnischen Instrumentariums. 156 Dabei ist die Eingriffsintensität danach gestaffelt, wie hoch der Gesetzgeber das mit der Norm verfolgte Präventionsanliegen einschätzt. 157 Die Wahl der gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen erfolgt also unter dem Gesichtspunkt einer wirksamen Gefahrenabwehr. Die gewerberechtliche Regelung des Auskunftsgewerbes soll mit solchen gewerberechtlichen Zulassungsmöglichkeiten verglichen werden, die auch für das Auskunftsgewerbe in Betracht kommen. Anhand eines überschlägigen Vergleichs mit den Präventionsanliegen der betreffenden Gewerbezweige, die einer Erlaubnispflicht mit den materiellen Kriterien der Zuverlässigkeit, des Nachweises finanzieller Mittel und der Sachkunde unterliegen, soll festgestellt werden, ob die Regelung der Anzeigepflicht für das Auskunftsgewerbe im Rahmen der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen systemkonform ist. Bevor jedoch ein Vergleich der Regelung des Auskunftsgewerbes mit möglichen alternativen Regelungen gezogen wird, ist darauf einzugehen, ob sich das Auskunftsgewerbe im Hinblick auf das mit seiner Ausübung verbundene Gefahrenpotentials von gleich geregelten Gewerbezweigen abhebt.

a) Systemwidrigkeit

der aktuellen Regelung

aa) Sinn und Zweck der Anzeigepflicht Die Regelungstechnik mit der geringsten Eingriffsintensität ist die Pflicht des Gewerbetreibenden, Aufnahme, Änderung und Beendigung des Gewerbes oder einer gewerblichen Anlage der zuständigen Behörde anzuzei-

155

Stoben Handbuch, § 50 V 1.

156

Badura in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 3. Abschn. Rdn. 123 (S. 284); Püttner, S. 82ff.; Stober y Handbuch, § 50 V 1. 15

? Stober

y

Handbuch, § 50 V 1.

602

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

gen. 1 5 8 Die Anzeigepflicht bezweckt in erster Linie den zuständigen Verwaltungsbehörden einen Überblick darüber zu verschaffen, wieviel und welche Gewerbebetriebe in ihrem Bereich vorhanden sind, und wo sie ihren Sitz haben. 1 5 9 Dadurch soll es den Verwaltungsbehörden ermöglicht werden, die Tätigkeit der Gewerbetreibenden wirksam zu überwachen, insbesondere bei Bedenken gegen die Zuverlässigkeit oder bei Nichterfüllung von sonstigen gewerberechtlichen Voraussetzungen gegen den Gewerbetreibenden einzuschreiten. 160 Aufgaben der Anzeigepflicht sind des weiteren die Weiterleitung der Gewerbeanzeige an andere amtliche Stellen, deren Aufgabenbereiche von der Gewerbeanzeige betroffen sind 1 6 1 und die Verfolgung statistischer Zwecke. 1 6 2 Die Gewerbeanzeige kann den Anstoß für die Überprüfung der Zuverlässigkeit des Anzeigenden geben, sofern Verdachtsmomente vorliegen, die ein Gewerbeuntersagungsverfahren nach § 35 GewO rechtfertigen. 163 Der präventive Charakter der Anzeigepflicht ist somit auf die Vorbereitung repressiver Maßnahmen beschränkt. Indem der Staat für den Normalfall der

158

pattner, S. 82; Stoben Handbuch, § 50 V 1.

159

So die amtliche Begründung zu der 4. Änderungsnovelle zur Gewerbeordnung vom 05.02.1960 (BGBl I S. 61) in: BTDrucks 3/318, S. 14; Landmann/Rohmer I-Marcks § 14 Rdnrn. 3, 6; Robinski y S. 41. 160

Friauf/Heß § 14 Rdn. 3; Sieg/Leifermann/Tettinger § 14 Rdn. 1; Scholl, S. 16; Stoben Handbuch, § 102 I 2; Püttner (S. 311) mißt der Anzeigepflicht darüber hinaus noch Bedeutung unter dem Aspekt bei, Brandrisiken zu vermindern, „wie dies nur bei Information über die Art des jeweiligen Gewerbebetriebs und der Verteilung oder Konzentration solcher Betriebe auf das Stadtgebiet möglich ist". 161

Eine Aufzählung der zu informierenden Behörden enthalten die Verwaltungsvorschriften zur Behandlung von Gewerbeanzeigen; vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr für die Behandlung von Anzeigen nach den §§14 und 55c der Gewerbeordnung (GewAnzVwV) des Landes BadenWürttemberg vom 22.11.1985 (GABI 1156), Nrn 6.4.1 und 6.4.2; vgl. zu den weiteren landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften Kap. 7 B IV 2 c cc; siehe auch Landmann/ Rohmer I-Marcks § 14 Rdn. 6; Robins ki, S. 45. 162 Sieg/Leifermann/Tettinger § 14 Rdn. 1; Berg, Handbuch für die öffentliche Verwaltung, Bd. 2, S. 311; Robinski, S. 41. 163

BVerwG, GewArch 1972, S. 189 (191) -Urteil vom 17.01.1972- I C 33/68; Landmann/Rohmer I-Marcks § 14 Rdn. 7.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

603

Gewerbeaufnahme von den Gewerbetreibenden lediglich eine Anzeige verlangt und zunächst auf jedwede Überprüfungen und Nachweise verzichtet, gewährt er den Gewerbetreibenden einen Vertrauensvorschuß. 164 Die Anzeigepflicht ist also dann ein ungeeignetes gewerberechtliches Instrumentarium, wenn dieser Vertrauensvorschuß bei einem Gewerbezweig nicht gerechtfertigt ist.

bb) Vergleich mit lediglich anzeigepflichtigen Gewerbearten Die lediglich anzeigepflichtigen Gewerbearten, bei denen also zur Gewerbeaufnahme keine weiteren Voraussetzungen verlangt werden, sind dadurch gekennzeichnet, daß ihre Gewerbeausübung kein so großes Gefahrenpotential beinhaltet, als daß nach dem Willen des Gesetzgebers eine vorhergehende Kontrolle erforderlich ist. Auch der Betrieb von Auskunfteien und Detekteien setzt zur Gewerbeaufnahme allein die Gewerbeanzeige nach § 14 GewO voraus. Dennoch bestehen Unterschiede zu anderen lediglich anzeigepflichtigen Gewerbearten, denn der Gesetzgeber hat aufgrund auftretender Mißstände die Auskunfteien und Detekteien gemäß § 38 GewO einer strengeren Überwachung unterworfen. Zudem werden die Auskunfteien und Detekteien in einigen Bundesländern 1 6 5 als sogenanntes „Vertrauensgewerbe" eingestuft, bei dem unmittelbar nach der Erfüllung der Anzeigepflicht eine Zuverlässigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Auch darin unterscheidet sich das Auskunftsgewerbe von anderen lediglich anzeigepflichtigen Gewerbezweigen. Aus diesen beiden Modifizierungen gegenüber den anderen anzeigepflichtigen Gewerbearten wird deutlich, daß der Gesetz- und Verordnungsgeber das Gefährdungspotential von Auskunfteien und Detekteien höher eingeschätzt hat als bei den übrigen Gewerbezweigen mit der gleichen Zulassungsregelung. Allein die bloße Anzeigepflicht wird ohne die vorgenommenen Modifizierungen i m Bereich der Gewerbeüberwachung also nach der Einschätzung in einigen Bundesländern der gewerberechtlichen Gefahrenabwehraufgabe im Bereich des Auskunftsgewerbes nicht gerecht.

164

Berg, Handbuch für die öffentliche Verwaltung, Bd. 2, S. 311.

165

Vgl. Kap. 7 B IV 2 c cc.

604

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Der Sinn und Zweck der Anzeigepflicht, daß es den Verwaltungsbehörden ermöglicht werden soll, die Tätigkeit der Gewerbetreibenden zu überwachen, insbesondere bei Bedenken gegen die Zuverlässigkeit gegen den Gewerbetreibenden einschreiten zu können, wird vielmehr bei den Auskunfteien und Detekteien zum Teil durch Landesrecht von dem Aus3nahme- zu einem Regelprinzip umgekehrt. Eine Zuverlässigkeitsprüfung findet bei ihnen - in einigen Bundesländern - auch ohne konkrete Zweifel an der Zuverlässigkeit statt. Der Normalfall der Anzeigepflicht, bei dem der Staat zunächst auf jedwede Überprüfungen und Nachweise verzichtet und damit dem Gewerbetreibenden einen Vertrauensvorschuß gewährt, liegt bei den Auskunfteien und Detekteien also nicht vor, soweit bei ihnen unmittelbar nach der Erfüllung der Anzeigepflicht eine Zuverlässigkeitsprüfung vorgenommen wird. Die Anzeigepflicht ist aber ein ungeeignetes gewerberechtliches Instrumentarium, wenn dieser Vertrauensvorschuß faktisch gar nicht gewährt bzw. umgangen werden soll. Daß dies bei den Auskunfteien und Detekteien der Fall ist, ergibt sich daraus, daß die Bundesländer zum Teil durch Verwaltungsvorschriften eine Zuverlässigkeitsprüfung unmittelbar nach der Gewerbeanzeige anordnen. Aufgrund des festgestellten Gefahrenpotentials, das die Gewerbeausübung von Auskunfteien und Detekteien beinhaltet, ist es auch gerechtfertigt beim Auskunftsgewerbe diesen Vertrauensvorschuß nicht zu gewähren. Somit ist festzustellen, daß die bloße Anzeigepflicht keine geeignete Zulassungsregelung für Auskunfteien und Detekteien darstellt. Soweit einige Bundesländer also weder von der Möglichkeit landesrechtlicher Überwachungsvorschriften nach § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO Gebrauch machen, noch eine Zuverlässigkeitsprüfung nach Erfüllung der Anzeigepflicht durchführen, ist diese Regelung verfehlt. Sie wird dem von Auskunfteien und Detekteien ausgehenden Gefahrenpotential nicht gerecht.

cc) Sinn und Zweck der Überwachungsbedürftigkeit Die Überwachungsbedürftigkeit gehört nicht in das System der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen, da die Überwachungsbedürftigkeit nicht die Aufnahme des Gewerbes betrifft. Dennoch stellen die überwachungsbedürftigen Gewerbearten, zu denen die Auskunfteien und Detekteien gehören, eine besondere gewerberechtliche Kategorie dar, für die die bloße Anzeigepflicht und die für alle Gewerbetreibende geltenden Überwachungsmöglichkeiten als nicht ausreichend angesehen werden. Deshalb

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

605

wird die Überwachungsbedürftigkeit im Rahmen der Systematik der Zulassungeregelungen behandelt. Darüber hinaus bedarf es auch einer Ermittlung von Sinn und Zweck der gesamten gewerberechtlichen Regelung von Auskunfteien und Detekteien, um deren Regelung einem Vergleich mit den sonstigen gewerberechtlichen Zulassungsregelungen unterziehen zu können. Die überwachungsbedürftigen Gewerbezweige finden sich in § 38 GewO, der eine Ermächtigung zum Erlaß von landesrechtlichen Rechtsverordnungen zur Regelung dort näher bestimmter Überwachungsmaßnahmen enthält. Trotz der systematischen Stellung i m Abschnitt „Gewerbetreibende, die einer besonderen Genehmigung bedürfen", betrifft § 38 GewO ausschließlich anzeigepflichtige Gewerbe. Vielfach dienen die den Aufsichtsbehörden durch § 38 GewO eingeräumten erweiterten Überwachungsrechte der leichteren Überprüfung der Zuverlässigkeit, die eben nicht in einem Erlaubnisverfahren nachzuweisen ist. 1 6 6 Durch die intensivierte Überwachung soll die Kontrolle von solchen Gewerbearten sichergestellt werden, die zwar keiner besonderen Erlaubnis, aber einer gewissen Überwachung bedürfen, weil sie erfahrungsgemäß besondere Gefahren für die Allgemeinheit und besondere Versuchungen für den Gewerbetreibenden in sich bergen. 1 6 7 Bei Auskunfteien und Detekteien soll insbesondere verhindert werden, daß Dritte durch unrichtige Auskünfte geschädigt oder Kunden, die sich in persönlichen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, ausgebeutet werden. 1 6 8 Außerdem kann aufgrund dieser zusätzlichen Überwachungsmöglichkeiten leichter überprüft werden, ob der Gewerbetreibende erlaubnispflichtige Tätigkeiten ohne Erlaubnis ausübt oder den Behörden vorbehaltene Maßnahmen ergreift. 169 Als solche Tätigkeiten kommen bei Auskunfteien und Detekteien etwa Rechtsberatung, Inkasso oder Bewachungsaufgaben einerseits sowie Verhaftungen, Durchsuchungen oder Beschlagnahmen andererseits in Betracht. 166

Vgl. Landmann/Rohmer I-Schönleiter § 38 Rdn. 2.

167 Robinski y S. 81; Janssen, GewArch 1967, S. 193 (194) und GewArch 1967, S. 217; allgemein zu dem Erfordernis intensiver Überwachung: Stober, Handbuch, § 50 V 2. 168

In bezug auf Auskunfteien und Detekteien: Janssen, GewArch 1967, S. 217 (218); in bezug auf Detekteien: Romanovszky, StWK, Heft Nr. 16/1986, Gruppe 18, S. 2287 (2289). 169

In bezug auf Auskunfteien und Detekteien: Janssen, GewArch 1967, S. 217 (218); in bezug auf Detekteien: Romanovszky, StWK, Heft Nr. 16/1986, Gruppe 18, S. 2287 (2289).

606

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Ein weiterer Grund für die verschärften Überwachungsmöglichkeiten ist, daß bei den in § 38 GewO genannten Gewerben die Transparenz der angebotenen Leistungen gering ist. Durch die aufgrund von § 38 GewO erlassenen Rechtsverordnungen soll Gefahren begegnet werden, die durch die unlautere Ausnutzung der Vertrauensstellung zwischen Gewerbetreibendem und Kunden eintreten können. 1 7 0

dd) Vergleich mit den anderen Modalitäten des § 38 GewO Beim Auskunftsgewerbe steht im Vergleich zu den anderen Regelungsmodalitäten des § 38 Satz 1 GewO der geringsten Transparenz der Leistungen das intensivste Vertrauensverhältnis zwischen Kunden und Gewerbetreibendem gegenüber. Beim An- und Verkauf von Gebrauchtwaren (Nr. 1), Anund Verkauf von Edelmetallen und edelmetallhaltigen Legierungen sowie von Waren aus Edelmetall oder edelmetallhaltigen Legierungen (Nr. 2), Anund Verkauf von Altmetallen, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen (Nr. 3) und dem An- und Verkauf von Werken der bildenden Künste und der Bibliophilie (Nr. 9) besteht in dem von gegensätzlichen Interessen geprägten Käufer-Verkäufer-Verhältnis naturgemäß kein intensives Vertrauensverhältnis. Dazu kommt, daß die von den genannten Gewerbezweigen angebotenen Leistungen eine größere Transparenz aufweisen als die des Auskunftsgewerbes, denn sämtliche genannten Leistungen sind - gegebenenfalls durch Hinzuziehung Dritter (Sachverständiger) - in ihrem Preis-LeistungsVerhältnis überprüfbar. Bei dem Ehevermittlungsgewerbe (Nr. 6) können die anvertrauten Ehewünsche nicht in einer Weise mißbraucht werden, wie dies etwa bei den einem Detektiv anvertrauten Informationen der Fall ist. Den Reisebüros und Vermittlern von Unterkünften (Nr. 7) sowie den Vermittlern der Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen oder Luftfahrzeugen (Nr. 8 ) 1 7 1 werden schließlich nur Vorschußzahlungen anvertraut, so daß darüber hinaus keine weiteren Verlustgefahren entstehen können, wie dies durch Erpressungen von Detektiven der Fall sein kann. 170

Landmann/Rohmer I-Schönleiter § 38 Rdn. 26 und Robinski, S. 83 speziell zum Zweck der Reisebüro Verordnungen, den Mißbrauch anvertrauter Gelder zu verhindern. 171

Unter § 38 Satz 1 Nr. 8 GewO fallen in erster Linie die sogenannten „Mitfahrzentralen", die gewerbsmäßig gegen eine Gebühr Mitfahrgelegenheiten in PrivatPKW vermitteln, bei denen der Fahrer nicht gewerbsmäßig handelt, sondern vom Mitfahrer lediglich einen Kostenbeitrag erhält. Vgl. Landmann/Rohmer I-Schönleiter § 38 Rdn. 28; Sieg/Leifermann/Tettinger § 38 Rdn. 11.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

607

I m Vergleich zu den anderen in § 38 GewO genannten Gewerbezweigen heben sich die Detekteien des weiteren von den anderen aufgeführten Gewerbezweigen dadurch ab, daß bei ihnen der Individualrechtsschutz aufgrund des Diskretionsbedürfnisses ihrer Auftraggeber eingeschränkt ist. Ferner unterscheidet sich das Auskunftsgewerbe von den anderen überwachungsbedürftigen Gewerbezweigen dadurch, daß die Eingriffe nicht nur die Kunden, sondern auch und gerade Dritte betreffen, die von Art und Umfang der Eingriffe keine Kenntnis erlangen. Für Auskunfteien und Detekteien gilt schließlich in besonderem, über die anderen Regelungsmodalitäten hinausgehendem Maße, daß sie eine besondere Anziehungskraft für unlautere Personen darstellen. Aus diesem überschlägigen Vergleich mit den anderen Regelungsmodalitäten ergibt sich schon eine Sonderstellung des Auskunftsgewerbes im Rahmen des § 38 GewO. Aufgrund des höheren Gefahrenpotentials gegenüber den anderen in § 38 GewO genannten Gewerbezweigen ist die Einordnung als überwachungsbedürftiges Gewerbe als nicht ausreichend anzusehen.

ee) Sinn und Zweck der sofortigen Zuverlässigkeitsüberprüfung Über die in § 38 GewO geregelte Überwachungsbedürftigkeit ist für einige der dort genannten Gewerbearten, wie die Auskunfteien und Detekteien, in einigen Bundesländern 172 durch allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Behandlung von Anzeigen nach den §§ 14 und 55c GewO weitergehend bestimmt, daß eine Zuverlässigkeitsprüfung unmittelbar nach der Gewerbeanmeldung stattzufinden hat. Da es faktisch nicht möglich ist, alle Gewerbetreibende aufgrund ihrer Gewerbeanzeige eingehend zu überprüfen, 173 und dies auch gar nicht vorgesehen ist, legen die GewAnzVwV eine Überprüfung der Zuverlässigkeit unmittelbar nach Erfüllung der Anzeigepflicht für bestimmte Gewerbezweige fest. Die maßgebliche Bestimmung der G e w A n z V w V 1 7 4 besagt: 172

Vgl. Kap. 7 B IV 2 c cc.

173

Friauf/Heß

174

§ 14 Rdn. 4.

Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr für die Behandlung von Anzeigen nach den §§ 14 und 55c der Gewerbeordnung (GewAnzVwV) des Landes Baden-Württemberg vom 22.11.1985 (GABI 1156). Vgl. zu den weiteren landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften Kap. 7 B IV 2 c cc.

608

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

7.4. Zur Prüfung der Frage, ob bei erlaubnisfreien gewerblichen Tätigkeiten erforderlichenfalls ein Gewerbeuntersagungsverfahren nach § 35 GewO oder § 59 GewO durchzuführen ist, haben Landratsamt, Stadtkreis oder Große Kreisstadt in der Regel bei Anmeldung der nachstehend aufgeführten gewerblichen Tätigkeiten von Amts wegen ein Führungszeugnis für Behörden (§ 29 BZRG) sowie eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister (§ 150a Abs. 1 Nr. 2 Buchst, b GewO) einzuholen, sofern diese nicht schon aus anderem Anlaß vorliegen: 7.4.1 Abbruchunternehmen, Abschlepp- oder Bergungsunternehmen, Auskunfteien und Detekteien, Bautentrockenlegungs-, Holz- und Bautenschutzgewerbe, Schädlingsbekämpfungsunternehmen, Ehe- und Bekanntschaftsvermittler, Einzelhandel mit Lebensmitteln, Einzelhandel mit gebrauchten Waren oder gebrauchten Kraftfahrzeugen, Einzelhandel mit echten Perlen, Kleinhandel mit Eisen- und Stahlschrott, altem Metallgerät oder Metall- und Gußbruch aller Art, Reisebüros und Vermittlung von Unterkünften, Unterricht für Reiten, Schwimmen, Tanzen oder Turnen.

Der Sinn und Zweck der Einordnung als sofort zu überprüfendes Vertrauensgewerbe i m Sinne der GewAnzVwV liegt darin, daß die bloße Anzeigepflicht einer effektiven Gefahrenabwehr bei diesen Gewerbezweigen nicht gerecht wird. Es soll vielmehr sichergestellt werden, daß die aufgeführten Gewerbearten nur von zuverlässigen Personen betrieben werden.

ff) Vergleich mit den anderen Vertrauensgewerben Soweit sich die aufgezählten Gewerbezweige in den allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Behandlung von Gewerbeanzeigen und in § 38 GewO überschneiden, sprechen die oben genannten 175 Gründe auch hier für strengere Regelungen des Auskunftei- und Detekteigewerbes. Insbesondere gilt auch für den Vergleich mit den anderen sogenannten Vertrauensgewerben, daß bei den Detekteien der Individualrechtsschutz faktisch eingeschränkt ist, und das Auskunftsgewerbe eine besondere Anziehungskraft auf unlautere Personen ausübt. Zuzugeben ist allerdings, daß bei anderen in den Verwaltungsvorschriften genannten Gewerbezweigen bei unsachgemäßer Ausübung erhebliche Gefahren für Leib und Leben (Schwimm- und Turnunterricht) sowie das Eigentum Dritter (Abbruchunternehmen, Abschlepp- oder Bergungsunternehmen, Bautentrockenlegungsunternehmen, Holz- und Bautenschutzgewerbe, Schädlingsbekämpfungsunternehmen) entstehen können. Auch bei diesen Gewer-

175

Kap. 7 B IV 2 a dd.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

609

bearten könnte sich die aktuelle gewerberechtliche Regelung als unzureichend erweisen. Allerdings besteht ein bedeutsamer Unterschied zu den von dem Auskunftei- und Detekteigewerbe ausgehenden Gefahren, denn die genannten Gewerbebetriebe werden alles unternehmen, um den Eintritt von Gefahren und Schäden zu verhindern. Dies kann dagegen bei Auskunfteien und Detekteien, bei denen Eingriffe in die Rechte Dritter die Gewerbeausübung sogar erleichtern können, nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden. Dies gilt um so mehr als Eingriffe in die Rechte Dritter (zu weitgehende Auskünfte, unberechtigte Ermittlungen) sogar i m Interesse des Auftraggebers erfolgen können. Auch eine Zuverlässigkeitsprüfung unmittelbar nach der Gewerbeanzeige - soweit in einigen Bundesländern vorgesehen - entspricht also nicht dem von Auskunfteien und Detekteien ausgehenden Gefahrenpotential. Das Auskunftsgewerbe hebt sich vielmehr aufgrund des Gefahrenpotentials - in zum Teil systemwidriger Weise - von den vergleichbaren Regelungstatbeständen ab. Erforderlich ist, daß die Zuverlässigkeitsprüfung bundeseinheitlich vor der Gewerbeaufnahme durchgeführt wird und zusätzlich der Nachweis finanzieller Mittel und der Sachkunde geführt wird. Ob sich eine solche Regelung als systemkonform erweisen würde, wird nachfolgend untersucht.

b) Systemkonformität

verschärfter

Zulassungsregelungen

aa) Sinn und Zweck der Zuverlässigkeitsprüfung im Erlaubnisverfahren Allgemein besteht der Sinn eines präventiven Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt darin, der Verwaltung die präventive Prüfung zu ermöglichen, ob gegen das beabsichtigte Verhalten Bedenken aus rechtlicher Sicht bestehen. 1 7 6 Ist dies nicht der Fall, hat der Antragsteller einen Anspruch auf die Erlaubnis. Speziell bei der gewerberechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung wird geprüft, ob von dem Antragsteller eine ordnungsgemäße Ausübung seines Gewerbes erwartet werden kann. Durch die vorhergehende Zuverlässigkeitsüberprüfung w i l l der Gesetzgeber die Gewerbeaufnahme durch

176

BattiSy Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdn. 117; speziell zur gewerberechtlichen Erlaubnis: Badura in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 3. Abschn. Rdn. 124 (S. 285). 39 Peilert

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

610

unzuverlässige Personen verhindern 177 und dadurch die Allgemeinheit Schädigungen bewahren. Vorzusehen ist eine Zuverlässigkeitsprüfung Erlaubnisverfahren also bei Gewerbezweigen, bei denen im Vergleich anderen Gewerbearten erhöhte Gefahren durch unzuverlässige Personen befürchten sind.

vor im zu zu

Neben diesen allgemeinen Zwecken lassen sich bei der Durchsicht der einzelnen erlaubnispflichtigen Gewerbezweige verschiedene spezielle Gefahrenkomplexe feststellen, die für eine Zuverlässigkeitsprüfung in dem betreffenden Gewerbezweig ausschlaggebend sind. Zum einen sind dies schwer erkennbare Gefahren, die sich ohne vorherige Kontrollmöglichkeit des Verbrauchers realisieren. Die Zuverlässigkeit als Voraussetzung für die Gewerbeerlaubnis soll hier gewährleisten, daß der Gewerbetreibende die schwächere Position der Verbraucher nicht rechtswidrig ausnutzt. Dieser Aspekt hat etwa Bedeutung für die vorhergehenden Zuverlässigkeitsprüfungen i m Bereich des Lebensmittel- und Gaststättenrechts, 178 denn hier kann der Verbraucher etwa die Einhaltung von Hygienevorschriften nicht überprüfen. Ein ähnliches Regelungsmotiv für eine Zuverlässigkeitsprüfung vor Gewerbebeginn liegt vor, wenn zwischen Gewerbetreibendem und Kunden ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht. Dies ist beim Bewachungsgewerbe der Fall. Ebenso kann die Gefahr der Übervorteilung oder Ausbeutung der Kunden für die Einführung einer gewerberechtlichen Erlaubnispflicht mit Zuverlässigkeitsprüfung ausschlaggebend sein. Als Beispiel für Gewerbezweige, in denen dieses Regelungsmotiv besteht, können die verschiedenen Regelungen des Glücksspieles in den §§ 33cff. GewO genannt werden. Eine weitere Begründung für eine an die Zuverlässigkeit des Antragstellers gebundene Erlaubnis ist, daß die Gewerbeausübung selbst Gefahren beinhaltet. Beispiele hierfür finden sich etwa im gesamten Verkehrsrecht. 179 Bezweckt wird dabei sowohl der Schutz der Kunden als auch von Dritten. 177

Mahlberg, S. 221; Kienzle, GewArch 1964, S. 173; beide speziell zum Bewachungsgewerbe. 178 179

Vgl. etwa § 4 GaststättenG.

Vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2 PBefG; § 10 Abs. 1 Nr. 1 GüKG; § 4 Abs. 1 Nr. 3 LuftVG; §24 Abs. 1 LuftVZO.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

611

Ein Gefahrentatbestand, der eine Zuverlässigkeitsprüfung als Voraussetzung für eine Erlaubnis rechtfertigt, ist auch, daß von dem Gewerbegegenstand selbst eine Gefahr ausgehen kann. Die Zuverlässigkeitsprüfung hat hier den Zweck sicherzustellen, daß durch die Weitergabe/den Verkauf gefährlicher Gegenstände - wie beispielsweise Waffen - an ungeeignete Personen keine Gefahren entstehen. Beispiele finden sich dementsprechend im Waffenrecht. 180 Eine Zuverlässigkeitsprüfung ist vielfach auch bei für die Allgemeinheit wichtigen Leistungen vorgesehen. Zwar w i l l der Staat die Erfüllung dieser Aufgaben der Privatwirtschaft überlassen, gleichzeitig aber durch die Zulassungsbeschränkungen eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung sicherstellen. Dieser Grund trifft - neben anderen Regelungsmotiven - im Verkehrswesen, aber etwa auch bei Privatkrankenanstalten (§ 30 GewO) zu. Schließlich können auch Gefahren für die öffentliche Sittlichkeit eine gewerberechtliche Erlaubnispflicht mit Zuverlässigkeitsprüfung rechtfertigen, wie dies bei der Schaustellung von Personen nach § 33a GewO der Fall ist. 1 8 1 Letztendlich spielen aber auch Erfahrungswerte des Gesetzgebers eine Rolle dafür, ob eine vorhergehende Zuverlässigkeitsprüfung vorzunehmen ist oder nicht. Im Zuge der Entwicklung eines Gewerbezweiges zeigt sich häufig, ob das betreffende Gewerbe eine besondere Anziehungskraft auf solche Personen ausübt, die sich häufig als unzuverlässig erweisen. Neben den verschiedenen genannten Begründungen und historischen Erfahrungswerten des Gesetzgebers spielen auch einzelne spezielle ordnungspolitische Gründe eine Rolle, wie etwa die dezidierte Regelung des Glücksspieles in §§ 33cff. GewO zeigt. 1 8 2 Solche, auf die Besonder-

180 Vgl. etwa § 6 KriegswaffenG; §§ 7, 8 WaffG; aber auch § 5 BtMG. 181

ErbeU JA-Übungsblätter 1991, Teil A, Heft 1, S. 10 (15).

182 Ygi z u s i n n u n c i Zweck bei den einzelnen gewerberechtlichen Erlaubnispflichten mit Zuverlässigkeitserfordernis insbesondere die Kommentarliteratur. Zu Privatkrankenanstalten: Sieg/Leifermann/Tettinger § 30 Rdn. 1; Landmann/Rohmer l-Marcks § 30 Rdn. 4; Fröhler/Kormann § 30 Rdn. 6; Stoben Handbuch, § 102 V 1. Zur Schaustellung von Personen: Landmann/Rohmer I-Marcks § 33a Rdn. 2; Stober, Handbuch, § 102 V 3. Zum Glücksspielgewerbe: Sieg/Leifermann/Tettinger Vorbem. § 33c Rdnm. Iff.; Stober, Handbuch, § 102 V 4. Zum Pfandleihgewerbe: Friauf/Höfling § 34 Rdnm. lf.;

612

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

heiten der betreffenden Gewerbearten zugeschnittenen Regelungszwecke sind allerdings für eine Gegenüberstellung mit dem Auskunftsgewerbe aufgrund ihrer Spezialität ungeeignet. Die allgemeiner gehaltenen dargestellten Gründe für eine vorhergehende Zuverlässigkeitsprüfung können demgegenüber auf ihre Anwendbarkeit auf das Auskunftsgewerbe überprüft werden.

bb) Vergleich mit Gewerbearten, bei denen eine Zuverlässigkeitsprüfung i m Erlaubnisverfahren stattfindet Von den genannten Begründungen für Erlaubnispflichten mit Zuverlässigkeitsprüfung rechtfertigen mehrere Motive auch die Einführung einer Zuverlässigkeitsprüfung beim Auskunftsgewerbe. Zum einen resultieren Gefahren des Auskunftsgewerbes daraus, daß der Verbraucher/Auftraggeber vor Auftragsvergabe keine Möglichkeit hat, die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Auftraggebers in ausreichendem Maße zu überprüfen. Aber auch während der Auftragsdurchführung bestehen für den Auftraggeber keine Kontrollmöglichkeiten um die Qualität der Tätigkeit von Auskunfteien oder Detekteien einschätzen zu können. So spricht auch im Auskunftsgewerbe die fehlende Transparenz der Leistungen für eine vorhergehende Zuverlässigkeitsprüfung. Ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Gewerbetreibendem und Kunden, das ebenfalls eine Erlaubnispflicht begründen kann, liegt beim Auskunftsgewerbe in besonderem, mit anderen Gewerbezweigen nicht vergleichbarem Maße vor. Insbesondere Detektive erfahren vielfach schon vor Auftragsannahme Informationen aus der Persönlichkeitssphäre des potentiellen Auftraggebers, von denen etwa staatliche Stellen keine Kenntnis haben dürfen. Dieses Vertrauensverhältnis birgt ebenso wie die fehlende Transparenz der geleisteten Dienste die Gefahr einer Übervorteilung und Ausbeutung des Auftraggebers. Auch dieser Aspekt spricht für die Einführung einer Zuverlässigkeitsprüfung im Rahmen einer Erlaubnispflicht beim Auskunftsgewerbe. Als Grund für eine vorhergehende Zuverlässigkeitsprüfung wurde auch genannt, daß die Gewerbeausübung regelmäßig mit Gefahren für unbe-

Landmann/Rohmer I-Marcks § 34 Rdn. 19. Zu dem Gewerbe der Makler, Bauträger und Baubetreuer: Landmann/Rohmer I-Marcks § 34c Rdnm. 2 und 66f.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

613

teiligte Dritte verbunden ist. Diese drohen bei dem Auskunftsgewerbe dem Vermögen (falsche Kreditauskünfte), der Persönlichkeitssphäre (rechtswidrige Beobachtungen, rechtswidrige Informationsweitergabe) und auch der körperlichen Integrität (Festnahmehandlungen) Dritter. In Anbetracht der zunehmenden Kriminalität und der Überlastung der Polizei ist die Tätigkeit von Detektiven, insbesondere der sogenannten Kaufhausdetektive, als für die Allgemeinheit wichtige Leistung einzustufen. Daß diese bedeutsamen Leistungen nur von zuverlässigen Personen wahrgenommen werden, spricht ebenfalls für die Einführung einer Erlaubnispflicht für das Detektivgewerbe. Schließlich liegen beim Auskunftsgewerbe auch solche Erfahrungswerte vor, die für eine Verschärfung der gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen sprechen. Dies ergibt sich beim Auskunftsgewerbe aus den zahlreichen festgestellten Verfehlungen. 183 cc) Vergleich mit dem Bewachungsgewerbe Als Beispiel für eine Gewerbeart, bei der aus dem Grund eine vorhergehende Zuverlässigkeitsprüfung vorgenommen wird, daß ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Gewerbetreibendem und Kunden besteht, wurde das Bewachungsgewerbe nach § 34a GewO genannt. Aufgrund des vergleichbaren Gefahrenpotentials von Detekteien und Bewachungsunternehmen eignen sich die beiden Branchen des privaten Sicherheitsgewerbes besonders für eine intensivere Gegenüberstellung. Dabei ist zu berücksichtigen, daß auch beim Bewachungsgewerbe vielfach die gewerberechtliche Zulassungsschwelle als zu niedrig angesehen w i r d . 1 8 4 Diese Auffassung

183

Vgl. Kap. 2 B I 8 und B I I 8.

184 Vgl. Thieme y Gutachten, durchgehend; Bernhardt, Die Polizei 1994, S. 55 (58); Bleck, Die Polizei 1994, S. 42 (44f.); Ebner, W&S-Dokumentation 1982, S. 480; Glavic y Die Polizei 1994, S. 36 (41); Olschok-Tautenhahn y Die Polizei 1994, S. 31 (34); Schulte, DVB1. 1995, S. 130 (134); Wittmann, Criminal Digest 1988, Heft 1, S. 58 (59); Beckstein, in: Bericht über die 10. Sicherheitstagung des Bayerischen Verbandes für Sicherheit in der Wirtschaft (abgedruckt in WIK 1993/Nr. 3, S. 9 [10]); Stoiber im Interview mit Böndel/Schumacher in: WirtschaftsWoche Nr. 37 vom 10.09.1993, S. 139 (140); Zachert, Pressemitteilung des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V. vom 29.09.1987 („Auf der 26. Jahresmitgliederversammlung des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V. in Timmendorf unterstützte BKA-Vizepräsident Zachert die Forderung des Verbandes nach Einführung

614

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

wird auch noch vertreten, nachdem durch Art. 15 des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) 185 ein Unterrichtungsnachweis für das Bewachungsgewerbe eingeführt wurde. 1 8 6 Beim Bewachungsgewerbe läßt sich gegenüber den Detekteien ein Renomeevorteil feststellen. Das höhere Ansehen läßt sich unter anderem durch das Tätigwerden in der Öffentlichkeit erklären, das ihnen die Aura des Geheimnisvollen nimmt. Dazu kommt aber des weiteren, daß viele Aufträge für Bewachungsunternehmen von staatlicher Seite erteilt werden, und eine Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen in höherem Maße als bei Detekteien stattfindet. Dies ist auch mit dem aufgrund der vorhergehenden Zuverlässigkeitsprüfung i m Erlaubnisverfahren erhöhten Vertrauensvorschuß zu begründen. Die Zuverlässigkeitsüberprüfung erreicht also beim Bewachungsgewerbe den Zweck einen höheren Vertrauensvorschuß zu sichern. Der höhere Vertrauensvorschuß, der dem Bewachungsgewerbe entgegengebracht wird und der eine stärkere Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen ermöglicht, spricht für die Einführung einer Zuverlässigkeitsprüfung auch bei Detekteien. Darüber hinaus ergeben sich für das Detektivgewerbe im Vergleich zum Bewachungsgewerbe weitere Gründe für eine Angleichung der Erlaubnisvoraussetzungen.

eines gesetzlichen Fachkundenachweises für selbständige Wach- und Sicherheitsunternehmer."). Für die Beibehaltung der alten Rechtslage dagegen Mareks (W+S-Information 1983, Heft 158, S. 17 [20]): „Zusammenfassend darf ich sagen, daß das geltende Recht eine ausreichende Rechtsgrundlage zur Eindämmung unerwünschter Auswüchse im Bewachungsgewerbe bietet, so daß die Einführung der Fachkunde als Zulassungsvoraussetzung schon aus diesem Grunde entbehrlich ist." Vgl. zur Geschichte der Auseinandersetzung um die Einführung der Konzessionspflicht im Bewachungsgewerbe: Nelken, S. 41 Iff. 185

BGBl 1994 I S . 3186 (3196f.).

186 Mauersberger, DSD 1994, Heft 15, S. 56 („Diese Gesetzesänderung ist für uns zwar noch nicht die umfassende Lösung, aber doch ein erster Schritt in die richtige Richtung."); ebenso Czepluch in: Glavic, Kap. 3 Rdn. 42. Durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz wurde also kein Sachkundenachweis, sondern lediglich ein Unterrichtungsnachweis eingeführt. Insofern bestehen die Forderungen, etwa des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V., -entgegen Schulte, DVB1 1995, S. 130 (134)- nach Einführung eines Sachkundenachweises weiter.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

615

So wird das Bewachungsgewerbe weitgehend „ i n der Öffentlichkeit" 1 8 7 tätig, so daß Verfehlungen eher zutage treten, und die Aufsichtsbehörden auch eher von ihnen Kenntnis erlangen und entsprechende Maßnahmen ergreifen können. Bei dem Auskunftsgewerbe ist demgegenüber die laufende Gewerbeaufsicht schwieriger zu leisten. Für die Notwendigkeit einer vorhergehenden Zuverlässigkeitsprüfung für das Auskunftsgewerbe spricht auch noch eine andere Überlegung: Daß jemand ein Bewachungsunternehmen beauftragt hat, darf ruhig bekannt werden. Unter Umständen hat der Auftraggeber sogar aufgrund der möglichen Abschreckungswirkung ein Interesse daran, daß bekannt wird, daß er ein Wach- und Sicherheitsunternehmen beauftragt hat. Anders ist dies dagegen bei der Beauftragung von Detekteien. Aufgrund des Diskretionsinteresses des Auftraggebers soll die Tätigkeit von Detekteien zumeist nicht bekannt werden. Dieses Diskretionsinteresse wird den Auftraggeber auch vielfach hindern, bei unsachgemäßem Tätigwerden des Detektivs seine Verbraucherschutzrechte wahrzunehmen und dadurch ein Bekanntwerden der Angelegenheit in Kauf zu nehmen. Dazu kommt, daß sich Dritte gegen Übergriffe von Bewachungsunternehmen, da sie „öffentlich" stattfinden, wehren können, was aber bei Auskunfteien und Detekteien, deren Tätigwerden sich oft von Dritten unbemerkt vollzieht, nicht der Fall ist. Aufgrund der verminderten Überwachungsmöglichkeiten durch die Aufsichtsbehörden sowie der eingeschränkten Möglichkeiten der Rechtsverfolgung von Verbrauchern und Dritten kann gegenüber dem Bewachungsgewerbe fast ein Erst-recht-Schluß dahingehend gewagt werden, daß bei den Detekteien eine Zuverlässigkeitsüberprüfung im Erlaubnisverfahren noch erforderlicher ist als im Bewachungsgewerbe. Für dieses Ergebnis spricht auch ein Vergleich der Tätigkeiten von Kaufhausdetektiven, die einerseits unter die Erlaubnisvorschrift des § 34a GewO fallen und die andererseits als Detektivgewerbe erlaubnisfrei sind. Die erlaubnispflichtige Tätigkeit besteht darin, daß die Wachpersonen durch ihre Kontrolltätigkeit und ihre Präsenz Diebstähle verhindern. Eine erlaubnisfreie Detektivtätigkeit liegt demgegenüber darin, daß die Kaufhausdetektive einen beobachteten Diebstahl zulassen und den Täter erst nach vollendetem Diebstahl stellen, gegebenenfalls unter Inanspruchnahme von Jedermannrechten festnehmen. M i t der möglichen Festnahmehandlung ist ein zusätzli-

187

Formulierung bei Mahlberg, S. 43; ähnlich Honigl, S. 20.

616

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

ches Gefahrenmoment für Dritte verbunden. Trotz dieser zusätzlichen Gefährdung Dritter ist diese Form der Gewerbeausübung aber erlaubnisfrei. Wurde zuvor von dem Wagnis eines Erst-recht-Schlusses bezüglich der Ausdehnung der Erlaubnispflicht auf Detekteien gesprochen, so drängt sich der Erst-recht-Schluß, daß eine Erlaubnispflicht bei den Detekteien noch erforderlicher ist als beim Bewachungsgewerbe, nach diesem Tätigkeitsvergleich geradezu auf. Für diesen Erst-recht-Schluß spricht auch, daß ein Großteil der Mißstände i m Zusammenhang mit dem Tätigwerden von Kaufhausdetektiven nur i m Rahmen der erlaubnisfreien Tätigkeit verwirklicht werden kann, also wenn der Täter nach vollendetem Diebstahl gestellt wird. So kommt eine falsche Verdächtigung (§ 164 StGB) durch Detektive, die ahnungslosen Kunden heimlich Ware zustecken, um sie dann des Diebstahls zu verdächtigen und gegebenenfalls von dem Kaufhausunternehmen ausgesetzte Fangprämien zu kassieren, nur dann in Betracht, wenn der Auftragsinhalt darin besteht, des Diebstahls verdächtigte Personen nach vollendetem Diebstahl zu stellen. Die aufgrund des Fangprämiensystems beklagten Mißstände 188 betreffen somit nur die erlaubnisfreie Tätigkeit von Kaufhausdetektiven. Ferner wird das Ergebnis der Erforderlichkeit einer Erlaubnispflicht für Detektive i m Vergleich zum Bewachungsgewerbe auch noch durch einen rechtstatsächlichen Aspekt gestützt. Die durchschnittliche Belegschaftsgröße im Bewachungsgewerbe beträgt in der Bundesrepublik Deutschland etwa 150 Personen. Ein-Mann-Betriebe existieren kaum mehr. 1 8 9 Dagegen sind bei Detekteien Kleinstdetekteien, Familienunternehmen und sogar EinMann-Betriebe häufig. 1 9 0 Daraus ergibt sich, daß sich aufgrund der schwächer ausgeprägten Sozialkontrolle bei den Detekteien vorhandene Gefahrenpotentiale schneller realisieren können. M i t Wirkung vom 01.12.1994 1 9 1 hat der Gesetzgeber für das Bewachungsgewerbe einen Unterrichtungsnachweis eingeführt. Zwar ist ein solcher Unterrichtungsnachweis für das Auskunftsgewerbe als nicht ausrei-

* 8 8 Kap. 4 B VII. 189

GerlacK W+S-Information 1986, Heft 164, S. 22 (24).

190

Vgl. Kap. 2 B II 3.

191

BGBl 1994 I S. 3186 (3196f.).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

617

chend anzusehen, 192 aber diese jüngste Gesetzesänderung ist allein schon deshalb in den Vergleich einzubeziehen, weil in ihr eine Neubewertung des Bewachungsgewerbes durch den Gesetzgeber zum Ausdruck kommt. Auch am Beispiel des neu eingeführten Unterrichtungsnachweises läßt sich zeigen, daß die Qualifikationsprofile der zu vergleichenden Gewerbearten eher eine Verschärfung der gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für das Detektivgewerbe nahelegen. Zwar sind für beide Gewerbearten für einen Teil ihrer Tätigkeit mit den Jedermannrechten die gleichen Befugnisnormen einschlägig, aber bei der detektivischen Ermittlungstätigkeit sind regelmäßig kompliziertere Abwägungsvorgänge erforderlich, als dies bei der Inanspruchnahme von Jedermannrechten durch die Bewachungsunternehmen der Fall ist. Zuletzt spricht auch eine rein pragmatische Überlegung für eine Angleichung der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen von Bewachungsund Auskunftsgewerbe. Es besteht nämlich bei den Kaufhausdetektiven eine erhebliche Rechtsunsicherheit, ob diese unter den Tatbestand der erlaubnispflichtigen Bewachungstätigkeit im Sinne des § 34a GewO fallen oder ob sie als erlaubnisfreies Gewerbe zu behandeln sind. 1 9 3 Eine einheitliche Regelung, also ein Erlaubnisverfahren mit Zuverlässigkeitserfordernis (Neuregelung nur für Detekteien) eventuell zusätzlich mit einem Sachkundenachweis (Neuregelung für beide Gewerbearten), würde die hier bestehende Rechtsunsicherheit beseitigen. Zusammenfassend läßt sich aus dem Vergleich des Auskunftsgewerbes mit Gewerbearten, bei denen eine Zuverlässigkeitsprüfung bereits im Erlaubnisverfahren stattfindet, entnehmen, daß typische Gründe für die Erlaubnispflicht auch auf das Auskunftsgewerbe zutreffen. Der spezielle Vergleich mit dem Bewachungsgewerbe ergab sogar ein deutliches Regelungsdefizit speziell des Detektivgewerbes. Bei den verschiedenen Tätigkeiten der Detekteien können Gefahren für Vermögen, Gesundheit und Persönlichkeitssphäre entstehen, denen weder im Wege der staatlichen Gewerbeüberwachung noch durch die Ausübung des privaten Individualrechtsschutzes ausreichend begegnet werden kann. Die unterschiedliche gewerberechtliche Ausgestaltung von Bewachungs- und Auskunftsgewerbe kann nicht überzeugen. Daß Bewachungsunternehmen im Einzelfall höhere Vermögens-

192

Vgl. Kap. 7 E III 3 f aa (7) (c).

193

Vgl. Kap. 6 D II.

618

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

werte anvertraut sind, entspricht i m Gefahrenpotential dem Anvertrauen von wichtigen persönlichen Informationen an den Detektiv. Die zulassungsrechtliche Regelung des Auskunftsgewerbes ist i m Vergleich zu anderen Gewerbearten, bei denen eine Zuverlässigkeitsprüfung im Erlaubnisverfahren stattfindet, demnach nicht systemkonform. Insbesondere ist die, durch die strengeren Anforderungen an die Gewerbeaufnahme dokumentierte Einschätzung des Gesetzgebers, daß die vom Bewachungsgewerbe ausgehenden Gefahren höher einzustufen sind, als nicht zutreffend anzusehen.

dd) Sinn und Zweck des Nachweises finanzieller Mittel Gewerbearten, bei denen der Nachweis finanzieller Mittel Voraussetzung für die Gewerbeaufnahme ist, sind das Pfandleihgewerbe (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 GewO), das Bewachungsgewerbe (§ 34a Abs. 1 Nr. 2 GewO), das Versteigerergewerbe (§ 34b Abs. 4 Nr. 2 GewO) und das Gewerbe der Makler, Bauträger und Baubetreuer (§ 34c Abs. 4 Nr. 2 GewO). Bei den beiden erstgenannten Gewerbearten ist die Gewerbeerlaubnis zu versagen, wenn der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderlichen Mittel oder entsprechende Sicherheiten nicht nachweist. Bei dem Versteigerergewerbe und dem Gewerbe der Makler, Bauträger und Baubetreuer liegt der Versagungsgrund vor, wenn der Antragsteller in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt. Dies ist in der Regel der Fall, wenn über das Vermögen des Antragstellers der Konkurs eröffnet worden ist, oder er in das vom Konkursgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen worden ist. Die dargestellten Erlaubnis Voraussetzungen bei den §§ 34, 34a, b, c GewO dienen (ohne jedoch inhaltlich gleiche Anforderungen zu stellen) vergleichbaren Regelungszwecken. 1 9 4 Gemeinsam ist den vier Gewerbezweigen, daß der Mangel der erforderlichen Mittel oder Sicherheiten bzw. die ungeordnete Vermögenslage die Versagung auch dann rechtfertigt, wenn die Leistungsunfähigkeit unverschuldet ist. Dieser Versagungsgrund bezieht sich also nicht auf den Charakter des Antragstellers. 195 Die mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist vielmehr wegen der dadurch entstehenden

194 195

So auch Fröhler/Kormann

§ 34b Rdn. 11 für §§ 34, 34a, 34b GewO.

Friauf/Höfling § 34 Rdn. 28, § 34a Rdn. 39, § 34b Rdn. 21; Landmann/Rohmer I-Marcks § 34 Rdn. 21; Sieg/Leifermann/Tettinger § 34 Rdn. 8.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

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abstrakten Gefährdung des Vermögens der Kunden zum selbständigen Versagungsgrund erhoben worden. 1 9 6 Dies zeigen auch die in der Kommentarliteratur vertretenen Definitionen der ungeordneten Vermögenslage in §§ 34b und c GewO. Eine ungeordnete Vermögenslage liegt danach vor, wenn allein schon die wirtschaftliche Situation befürchten läßt, daß der Antragsteller seine Gewerbetätigkeit dazu ausnutzen könnte, sein Gewerbe zum Schaden von Kunden oder Dritten zu betreiben. 197 Der Nachweis finanzieller Mittel soll also einer bei den entsprechenden Gewerbearten angenommenen besonderen Versuchungssituation begegnen, die den Zugriff auf fremde Vermögenswerte ermöglicht. Gleichzeitig dient das Erfordernis auch der Einhaltung all derjenigen Vorschriften, die eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung bedingen und deren Einhaltung mit gewissen Kosten verbunden ist.

ee) Vergleich mit Gewerbearten, bei denen der Nachweis finanzieller Mittel erforderlich ist Der gesetzgeberische Grund für das Erfordernis des Nachweises finanzieller Mittel, nämlich die Unterbindung der Gefahr, die von finanziell schlecht gestellten Unternehmen für die ihnen anvertrauten Werte des Auftraggebers ausgeht, 198 paßt unmittelbar nur für Kaufhausdetektive. A n diesem Kriterium ist aber auch für die Privat- und Wirtschaftsdetektive festzuhalten. Bei ihren Aufträgen erhalten Detektive nämlich oftmals tiefen Einblick in die Persönlichkeitssphäre ihrer Auftraggeber. Der Mißbrauch dieser Informationen ist bei einem finanziell schwachen Detektiv wahrscheinlicher als bei einem Detektiv, der in finanzieller Hinsicht die Voraussetzungen des Mittelnachweises erfüllt. Aber auch jenseits der Schwelle kriminellen Unrechts drohen von finanziell schwachen Detektiven größere Gefahren, etwa die Annahme rechtswidriger Aufträge, das nicht notwendige Weiterführen von Ermittlungen in aussichtslosen Fällen und ungerechtfertigt hohe Honorarabrechnungen. 196

Landmann/Rohmer I-Marcks § 34 Rdn. 21; Landmann/Rohmer I-Bleutge § 34b Rdn. 21; Sieg/Leifermann/Tettinger § 34b Rdn. 10. 197 Friauf/Höfling § 34b Rdn. 21; Fröhler/Kormann Tettinger § 34b Rdn. 10. 198

§ 34b Rdn. 11; Sieg/Le if ermann/

Finnberg, Polizei-Journal 1982 Nr. 2, S. 16 (18). Die gleichen Überlegungen gelten für das Pfandleihgewerbe gemäß § 34 GewO.

620

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Bei den Auskunfteien ist der Mittelnachweis zu fordern, damit die zum Teil zeit- und kostenintensiven datenschutzrechtlichen Anforderungen sichergestellt werden können. 1 9 9 Des weiteren kann der Nachweis finanzieller Mittel bei Auskunfteien dazu beitragen, daß erforderliche Recherchen nicht aufgrund des hohen Zeit- und Kostendrucks unterbleiben und auf datenschutzrechtlich unzulässige Schätzmethoden zurückgegriffen wird. Daß geordnete finanzielle Verhältnisse für eine ordnungsgemäße Ausübung des Auskunftei- und Detekteigewerbes von Bedeutung sind, zeigt auch eine Fachliche Weisung der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, wonach bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung von Auskunftei- und Detekteibetreibern auch Auskünfte aus den Schuldnerverzeichnissen der Amtsgerichte einzuholen sind. 2 0 0

ff) Sinn und Zweck des Sachkundenachweises Der Sachkundenachweis ist eine weitere Regelungsmöglichkeit im Rahmen der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen. In Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur werden die Begriffe Sachkundenachweis, 201 Fachkundenachweis, 202 Befähigungsnachweis, 203 fachliche Eignung 2 0 4 oder notwendige Fachkenntnisse 205 synonym gebraucht. Diese verschiedenen Begriffe beinhalten das Erfordernis besonderer Kenntnisse, über die auf einem bestimmten Wissens- oder Erfahrungsgebiet nicht jedermann verfügt, die 199

Vgl. Kap. 7 B II 2 a.

200 Fachliche Weisung W/G Nr. 2/80 vom 26.03.1980 (Betreff: Auskunfteien und Detekteien), Nr. 5.1.2 der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft -Amt für Wirtschaft- an die Bezirksämter. 201

BVerfGE 19, S. 330ff. -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60; 34, S. 71ff. -Beschluß vom 11.10.1972- 1 BvL 2/71; Britsch, GewArch 1973, S. Iff.; von Ebner, GewArch 1985, S. 281ff.; Sattler, WiVerw 1987, S. 240ff. 202

§ 9 Abs. 2 SprengG; § 9 Abs. 1 WaffG; Thieme, Gutachten, durchgehend; ders. W+S-Information 1985, Heft 162, S. 20f.; Finnberg y W+S-Information 1983, Heft 158, S. 21f. 203

BVerfGE 13, S. 97ff. -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55; FriaufEM. Abschn. D, V 2 b; Stober y Befähigungsnachweis, S. Iff.; Becker, NJW 1955, S. 975ff.; Kienzle y WiVerw 1987, S. 95ff.; Ziekow y Wirtschaft und Recht, S. 99ff. 204

§ 33 Abs. 2 KWG; § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 GüKG; § 13 Abs. 1 Nr. 3 PBefG.

205

§ 46 Abs. 2 HandwO.

y

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

621

man sich also durch Studium, Ausbildung oder praktische Betätigung erworben hat. 2 0 6 Ein Sachkundenachweis ist in erster Linie bei solchen Gewerbearten vorgesehen, bei denen sich Gefahren nicht allein aus einer nachlässigen Einstellung des Gewerbetreibenden ergeben, sondern sich auch bei gutem Willen, aber Unkenntnis realisieren. Der Sachkundenachweis ist also typischerweise bei Gewerbezweigen vorgesehen, bei denen sich Gefahren gerade aus der fehlenden Sachkunde des Unternehmers ergeben. Deshalb bezieht sich das Sachkundeerfordernis in der Regel 2 0 7 auch speziell auf die gefahrbegründenden Umstände des Gewerbes und nicht auf solche Kenntnisse, die primär der Qualitätssicherung dienen. In einzelnen Bereichen, etwa i m Handwerksrecht (§§ 1, 7, 45ff. HandwO), kann der Sachkundenachweis aber auch der Erhaltung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit des Gewerbes sowie der Sicherung des Nachwuchses dienen. 2 0 8 Für den einzuführenden Sachkundenachweis im Auskunftsgewerbe hat dieser Regelungszweck aber keine Bedeutung. Die Begründung für die Verschärfung der gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für Auskunfteien und Detekteien ist vielmehr die Gefahrenabwehr. I m Hinblick auf diesen Regelungszweck sind einzelne Sachkundenachweise zu untersuchen. Zu berücksichtigen ist dabei, daß bei vielen Gewerbezweigen die Kriterien der Zuverlässigkeit und Sachkunde zusammenfallen, so daß sich für deren Zulässigkeit auch parallele Begründungen finden. Das Sachkundeerfordernis für den Waffenhandel gemäß §§ 8, 9 WaffG beispielsweise dient zum Nachweis, daß der Waffenhändler die allgemein für die Ausübung seines Gewerbes erforderlichen Kenntnisse besitzt und speziell die Käufer von Schußwaffen und Munition im Hinblick auf deren Gefährlichkeit über Handhabung und Verwendung fachkundig beraten kann. Diese Beratung wiederum dient dem Zweck, Unfälle beim Umgang mit Schußwaffen oder Munition zu verhüten und somit dem Schutz des Schützen und der Allgemeinheit. Der Nachweis waffenrechtlicher Kenntnisse soll darüber hinaus auch dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und a * OVG Münster, GewArch 1955/56, S. 207 -Beschluß vom 11.04.1956- I V A 550/54; Friauf Einl Abschn. D, V 2 b. 207

Vgl. Ziekow (Wirtschaft und Recht, S. 99 [107]), der typologisch zwei Kategorien von Sachkundenachweisen unterscheidet und diese schlagwortartig mit den Begriffen »Mittelstandsschutz" und „Gefahrenabwehr" charakterisiert (S. 115). 208

BVerfGE 13, S. 97 (Leitsatz 2, 110ff.)-Beschluß vom 17.07.1961- 1 BvL 44/55.

622

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Ordnung dienen. 2 0 9 Das Sachkundeerfordernis zur Gewährleistung einer möglichst gefahrenfreien Gewerbeausübung findet sich auch im Sprengstoffrecht, 210 i m Betäubungsmittelrecht, 211 i m Arzneimittelrecht 212 und im Personenbeförderungsrecht. 213 Die sachkundige Gewerbeausübung soll hier jeweils die Verbraucher vor Gefahren für die körperliche Integrität bewahren. Dem Schutz von Vermögenswerten durch eine sachunkundige Gewerbeausübung dient das Sachkundeerfordernis im Versteigerergewerbe gemäß § 34b Abs. 4 Satz 2 GewO. Das Sachkundeerfordernis gilt nur für die Versteigerung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, da hier regelmäßig hohe Vermögenswerte betroffen sind. 2 1 4 Die genannten Beispiele, insbesondere das Sachkundeerfordernis im Waffenrecht, zeigen, daß der Gesetzgeber bei der Gefährdung von Leib und Leben eher geneigt ist, das Sachkundeerfordernis zu bejahen, als etwa in Fällen bloßer Vermögensgefährdung. Dort, wo fehlende Sachkunde zu Vermögensgefährdungen führen kann, wird dies allein als nicht ausreichend angesehen, um einen Sachkundenachweis zu bejahen. Vielmehr muß dafür schon eine erhebliche Vermögensgefährdung vorliegen, wie die abgestufte Zulassungsregelung des § 34b GewO für das Versteigerergewerbe zeigt.

gg) Vergleich mit Gewerbearten, bei denen ein Sachkundenachweis erforderlich ist Gefahren, die von Auskunfteien und Detekteien ausgehen, betreffen körperliche Integrität, Vermögen und insbesondere die Persönlichkeitssphäre. 209

Apel § 9 WaffG Anm. 1 und 5; zu Sinn und Zweck des Sachkundenachweises für Waffenhändler vgl. auch Potrykus/SteindorfV*orbem. § 7 WaffG. 210

§§ 8, 9 SprengG; zu Sinn und Zweck des Sachkundenachweises im Sprengstoffrecht: Apel/Keusgen § 9 Rdn. 2. 211

§§ 5, 6 BTMG; zu Sinn und Zweck des Sachkundenachweises im Betäubungsmittelrecht vgl. Eberth/Müller § 5 Rdnrn. 21ff.; Körner § 5 Rdn. 1. 212

§ 14 Abs. 1 Nr. 1 AMG; der Gesetzeszweck des Arzneimittelgesetzes ist in § 1 A M G legaldefiniert. 213 214

§ 13 Abs. 1 Nr. 3 PBefG.

Friauf/Höfling Leifermann/Tettinger

§ 34b Rdn. 23; Landmann/Rohmer I-Bleutge § 34b Rdn. 25; Sieg/ § 34b Rdn. 11.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

623

Es ist allerdings vorweg einzuräumen, daß rechtswidrige körperliche Übergriffe von Detektiven - etwa i m Vergleich zu den Fällen des Waffen-, Betäubungsmittel» und Arzneimittelrechts - weniger auf fehlender Sachkunde, als vielmehr überwiegend auf fehlender persönlicher Zuverlässigkeit beruhen. In Einzelfällen mag solches Fehlverhalten auf Seiten von Detektiven aber auch auf fehlender Kenntnis der Reichweite der sogenannten Jedermannrechte beruhen. Dieser Aspekt ist aber nicht entscheidend für die Forderung nach der Einführung eines Sachkundenachweises für Detekteien und Auskunfteien. Bei den Vermögensgefährdungen durch Auskunfteien und Detekteien ist zu unterscheiden: Solche Vermögensgefährdungen, die durch Ausnutzung der erlangten Informationen hervorgehen, beruhen allein auf der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Gegen derartige Verfehlungen richten sich die Zuverlässigkeitsüberprüfung i m Erlaubnisverfahren und der Nachweis finanzieller Mittel. Vermögensgefährdungen, denen durch Einführung eines Sachkundenachweises begegnet werden kann, liegen beispielsweise in nicht mehr von einem berechtigten Interesse gedeckten Auskünften über Kreditwürdigkeit und Kreditfähigkeit. Die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen ist hier sowohl eine Frage von Zuverlässigkeit als auch Sachkunde. Denn nur der sachkundige Gewerbetreibende kennt die rechtlichen Grenzen seines Handelns; eine Frage der Zuverlässigkeit ist es dann, ob er diese Grenzen auch tatsächlich beachtet. Entscheidender Grund für die Bejahung eines Sachkundenachweises ist aber die Verhinderung von Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Insofern findet sich zu anderen Gewerbearten, bei denen ein Sachkundenachweis zur Gewerbeaufnahme erforderlich ist, keine Parallele. Die wichtige Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts 215 rechtfertigt den Schutz durch das Regelungsinstrument des Sachkundenachweises. Dies gilt insbesondere deshalb, weil nahezu jede Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien mit Eingriffen in die Rechte Dritter verbunden ist. Diese Eingriffe sind zum Teil erst aufgrund des Eingreifens von Rechtfertigungsgründen rechtmäßig. Ein Gewerbe, dessen Dienstleistungen tatbestandsmäßige Eingriffe in die Rechte Dritter zum Gegenstand haben, bei denen sich die

215

BVerfGE 34, S. 238 (248) -Beschluß vom 31.01.1973- 2 BvR 454/71; BGH, NJW 1983, S. 1569 (1570) -Urteil vom 16.03.1982- 2 StR 775/82.

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7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Rechtmäßigkeit der angebotetenen Leistungen zum Teil erst auf der Rechtswidrigkeitsebene entscheidet, stellt wertungsmäßig gegenüber anderen Gewerbezweigen eine erhöhte Gefahr dar. Die Gefahr von Beeinträchtigungen Dritter hat sich hier schon in einem gegenüber anderen Gewerbearten größeren Maße konkretisiert. Bei der fehlenden Kenntnis der Rechtfertigungsgründe sind die Persönlichkeitsrechte Dritter einem Maß an Gefährdung ausgesetzt, das es nicht erlaubt, daß dem Eingreifenden die Verschaffung der notwendigen Kenntnisse selbst überlassen wird. Die notwendigen Rechtskenntnisse sind vielmehr in Form eines Sachkundenachweises vor Gewerbebeginn zu überprüfen. Daß die Forderung nach einem Sachkundenachweis für das Auskunftsgewerbe auch i m Rahmen der Gewerbeordnung systemkonform ist, ergibt sich aus einem konkreten Vergleich mit dem Versteigerergewerbe des § 34b GewO. Der vorgeschlagene Sachkundenachweis beim Auskunftsgewerbe schützt mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ein höheres Rechtsgut als das i m Rahmen des § 34b GewO geschützte Vermögen. Gegen eine Vergleichbarkeit beider Gewerbezweige kann auch nicht eingewandt werden, daß die zu erwartenden Schädigungen im Falle der Tätigkeit des Grundstücksversteigerers in ihrem Ausmaß höher seien, als dies bei der Tätigkeit des Auskunftsgewerbes der Fall wäre. 2 1 6 Dieser Argumentation steht nämlich entgegen, daß die eintretenden Schäden wertungsmäßig kaum vergleichbar sind, und sofern man dennoch einen Vergleich anstellt, spricht die Vermutung für eine größere Schädigung, wenn ein höherwertiges Rechtsgut betroffen ist. Auch aus diesem konkreten Vergleich ergibt sich somit, daß sich ein Sachkundenachweis für das Auskunftsgewerbe in das System der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen einfügen würde.

c) Bewertung der gewerberechtlichen Regelung für Auskunftsunternehmen im Hinblick auf die Systematik der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen Anhand der Ermittlung von Sinn und Zweck der einzelnen gewerberechtlichen Zulassungsregelungen und dem Vergleich des Auskunftsge-

216

So aber Kienzle, WiVerw 1987, S. 95 (102) für den Vergleich des Versteigerer- mit dem Gaststättengewerbe.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

625

werbes mit abweichend geregelten Tatbeständen, ist nunmehr zusammenfassend zu bewerten, wie sich die Regelung für das Auskunftsgewerbe in das System der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen einfügt.

aa) Zuverlässigkeitsprüfung nach Gewerbeaufnahme verfehlt Das Auskunftsgewerbe gehört nach den überkommenen Zulassungsregelungen zu den lediglich anzeigepflichtigen Gewerbezweigen. Bei den anzeigepflichtigen Gewerbezweigen gewährt der Staat den Antragstellern einen Vertrauensvorschuß. Es wird davon ausgegangen, daß von der Gewerbeausübung keine, eine vorhergehende Überprüfung rechtfertigende Gefahr ausgeht. Ein solcher Vertrauensvorschuß kommt nur in Betracht, wenn die tatsächlichen Gegebenheiten diese Einschätzung des Gesetzgebers bestätigen. Dies ist bei Auskunfteien und Detekteien aber - wie gezeigt - 2 1 7 nicht der Fall. In einigen Bundesländern wird folgerichtig den Auskunfteien und Detekteien dieser Vertrauensvorschuß auch nicht gewährt, sondern unmittelbar nach der Gewerbeanzeige eine Zuverlässigkeitsprüfung durchgeführt. Weniger folgerichtig ist es aber, daß der Gesetzgeber aus den festgestellten Mißständen nicht die Konsequenz zieht und das Auskunftsgewerbe den erlaubnispflichtigen Gewerbearten zuordnet, sondern es bei der Anzeigepflichtigkeit beläßt. Die Fehlentscheidung des Gesetzgebers, das Auskunftsgewerbe den anzeigepflichtigen Gewerbezweigen zuzuordnen, wird durch die Regelung in einigen Bundesländern per Verwaltungsvorschrift teilweise wieder korrigiert. Dies ist allerdings nicht ausreichend, erforderlich ist vielmehr eine bundeseinheitliche Regelung, die die Überprüfung der Zuverlässigkeit vor Gewerbebeginn zwingend vorschreibt. Durch die Einstufung des Auskunftsgewerbes als Vertrauensgewerbe wird auch nicht der damit üblicherweise verbundene Regelungszweck erreicht. Dieser liegt unter anderem darin, daß bei den Vertrauensgewerben der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bieten muß, daß er die ungünstige Situation seiner Geschäftspartner nicht mißbraucht. 218 Diese Gewähr muß aber schon von Anbeginn der Gewerbeausübung bestehen. Dies ist aber nur bei einer vorhergehenden Zuverlässigkeitsprüfung sichergestellt. Bei dem von einer hohen Fluktuation geprägten Auskunftsgewerbe, dessen Verfehlungen

217

Vgl. Kap. 2 B I 8 und B II 8; Kap. 4 B; Kap. 7 B II 2.

218

Vgl. BVerwG, GewArch 1968, S. 204 -Beschluß vom 21.02.1968- IB 12/68.

40 Peilert

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7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

zu einem Großteil zu Beginn der Gewerbeausübung registriert werden, 2 1 9 kommt die der Gewerbeaufnahme nachfolgende Zuverlässigkeitsprüfung zu spät. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das gegebenenfalls einzuleitende Gewerbeuntersagungsverfahren, das angesichts seiner enormen Wichtigkeit besondere Verfahrensgarantien enthält, von nicht unerheblicher Dauer sein kann. Diese Dauer wird durch verfahrensmäßige Sicherungen hervorgerufen, die eine sorgfältige und vollständige Klärung des Sachverhalts sowie eine gründliche Abwägung aller Gesichtspunkte unter Anhörung aller Beteiligter bezwecken. Diese Ausgestaltung des Gewerbeuntersagungsverfahrens hat angesichts der Bedeutung der Gewerbeuntersagung, durch die der Gewerbetreibende in der Regel seine wirtschaftliche Existenz verliert, seine Berechtigung. Das Gewerbeuntersagungsverfahren ist aber kein geeignetes Instrument, um eine schon vor Gewerbebeginn bestehende Unzuverlässigkeit, die sich eindeutig aus dem von der Verwaltungsbehörde angeforderten Führungszeugnis oder Gewerbezentralregisterauszug ergibt, festzustellen. Genau zu diesem Zweck wird das Gewerbeuntersagungsverfahren aber eingesetzt, wenn eine der Gewerbeanzeige nachfolgende Zuverlässigkeitsprüfung vorgenommen wird. Damit wird der ultima-ratio-Charakter der Gewerbeuntersagung außer acht gelassen. Allgemein läßt sich für die Vertrauensgewerbe feststellen, daß ihre Stellung i m System der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen so zu beschreiben ist, daß sie nicht so viel Vertrauen erfordern, daß eine Zuverlässigkeitsüberprüfung vor Gewerbebeginn vorgenommen werden soll, ihre Gefährlichkeit aber so groß ist, daß die Zuverlässigkeitsüberprüfung unmittelbar nach der Gewerbeanzeige nachgeholt werden muß. Gegen den Regelungstypus des Vertrauensgewerbes bestehen deshalb allgemein Bedenken. Die Einstufung des Auskunftsgewerbes als Vertrauensgewerbe ist jedenfalls verfehlt. Erforderlich ist vielmehr, die Zuverlässigkeitsprüfung im Rahmen einer Erlaubnispflicht vorzusehen.

219

Schreiben des Oberstadtdirektors der Stadt Dortmund, Amt für öffentliche Ordnung vom 01.1.1993, Az.: 32/2 an den Verfasser: „Nach den Erfahrungen in Dortmund bleibt festzustellen, daß ein Großteil der Gewerbetreibenden im Bereich Auskunfteien bzw. Detekteien bereits zu Beginn der Gewerbetätigkeit sich nicht analog der gesetzlichen Vorschriften verhält. Dies resultiert zum einen daraus, daß vielen Gewerbetreibenden die persönlichen Voraussetzungen zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Bereich Auskunfteien bzw. Detekteien fehlen und zum anderen sich diese Gewerbetreibenden nicht genügend mit den für sie berufsregelnden Vorschriften (z. B. GewO) auseinandersetzen."

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

627

bb) Gewerbeuntersagung aufgrund Zuverlässigkeitsprüfung nach Gewerbeaufnahme als schwererer Eingriff Nicht zugestimmt werden kann der Auffassung, daß die Zuverlässigkeitsprüfung unmittelbar nach der Gewerbeanzeige generell als milderes Mittel gegenüber der Zuverlässigkeitsprüfung i m Erlaubnisverfahren anzusehen ist, 2 2 0 denn jedenfalls stellt eine Gewerbeuntersagung einen schwereren Eingriff dar als die Ablehnung einer Erlaubnis. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Unternehmer nach erfolgter Gewerbeanzeige seine Gewerbeausübung beginnt und i m Hinblick darauf nur schwerlich rückgängig zu machende Investitionen tätigt, die sich dann als nutzlos erweisen, wenn die der Gewerbeanzeige nachfolgende Zuverlässigkeitsüberprüfung die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ergibt. Die Auswirkungen der Gewerbeuntersagung sind also deshalb gravierender 221 als die einer Zulassungssperre, weil der Gewerbetreibende in der Regel seine wirtschaftliche Existenz verliert, während eine Zulassungsbeschränkung ihn vor dem Aufbau seiner wirtschaftlichen Existenz betrifft. U m sicherzugehen, daß der Bewerber keine Investionen umsonst tätigt, ist es also in Zweifelsfällen ratsam, die Gewerbeanzeige vor solchen Investitionen abzugeben und das Ergebnis der Zuverlässigkeitsprüfung abzuwarten. Ein Unterschied zur Zuverlässigkeitsprüfung i m Erlaubnisverfahren besteht dann aber nicht mehr. Hier erweist sich die Untersagungsvorschrift des § 35 GewO nicht als ein „niederrangiges M i t t e l " . 2 2 2 Soweit angenommen wird, daß die Untersagungsvorschrift des § 35 GewO „wegen ihrer repressiven Bedeutung... i m Vergleich zu den präventiven Erlaubnisregelungen jedoch ein Minus" sei, 2 2 3 gilt dies gerade nicht für das Untersagungsverfahren als Folge einer Zuverlässigkeitsprüfung unmittelbar nach Gewerbebeginn. Hier erfolgt die Zuverlässigkeitsprüfung nämlich ohne konkrete Anhaltspunkte, so daß das Untersagungsverfahren nicht repressiv wirkt, sondern ihm hier ausnahmsweise eine präventive Funktion zukommt. Die Einstufung einzelner Gewerbezweige als Vertrauensgewerbe erfolgt nämlich gerade aufgrund ihrer abstrakten Gefährlichkeit, der mit einem präventiven Regelungsinstrument begegnet werden sollte. 220

Dahingehend aber Landmann/Rohmer I-Mareks § 35 Rdn. 17.

221 B e r g (Handbuch für die öffentliche Verwaltung, Bd. 2, S. 312) spricht sogar von „wesentlich gravierender". 222 Formulierung bei Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 17. 223 Landmann/Rohmer I-Marcks § 35 Rdn. 17.

628

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Das Ergebnis, daß die Untersagungsvorschrift des § 35 GewO gegenüber Zulassungsregelungen nicht generell als ein niederrangiges Mittel angesehen werden kann, steht auch i m Einklang mit der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, nach der verschärfte Anforderungen für sogenannte Altbetroffene aufgrund der Durchkreuzung schutzwürdiger Dispositionen und Investitionen regelmäßig schwerer wiegende Eingriffe sind. 2 2 4 Der Bundesgerichtshof führte schließlich dazu aus, daß es die Folge einer Erlaubnispflicht sei, „daß auch nur derjenige den Beruf beginnen darf, der diese Voraussetzungen erfüllt, denn es wäre widersinnig, die Berufsaufnahme zunächst jedem zu gestatten, die Berufsausübung aber dann, weil die Berufsfähigkeit nicht gegeben ist, zu untersagen." 225 Demzufolge erweist sich die unmittelbar der Gewerbeaufnahme anschließende Zuverlässigkeitsprüfung gegenüber der Erlaubnispflicht dann als schwerwiegenderer Eingriff, wenn die Zuverlässigkeitsprüfung negativ ausfällt. Die höhere Eingriffsintensität für unzuverlässige Gewerbetreibende wird auch nicht dadurch kompensiert, daß zuverlässige Gewerbetreibende ihr Gewerbe ohne Erlaubnis beginnen können, denn die Feststellung der Zuverlässigkeit durch Einholung einer Gewerbezentralregisterauskunft und eines Führungszeugnisses nimmt im Höchstfall vier Wochen Zeit in Anspruch 2 2 6 und stellt demgemäß keinen schwerwiegenden Eingriff dar.

cc) Uneinheitliche Rechtslage und uneinheitliche Verwaltungspraxis bei der sofortigen Zuverlässigkeitsprüfung Soweit sich das Bundeswirtschaftsministerium 227 gegen die Einführung einer Erlaubnispflicht mit dem Argument wendet, daß verschärfte Zulas224

Aus der umfangreichen Rechtsprechung: BVerfGE 21, S. 173 (182f.) -Beschluß vom 15.02.1967- 1 BvR 569, 589/62; 25, S. 236 (248) -Beschluß vom 25.02.1969- 1 BvR 224/67; 75, S. 246 (278ff.) -Beschluß vom 05.05.1987- 1 BvR 724, 1000, 1015/81; 1 BvL 16/82 und 5/84; ebenso Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdnrn. 10, 46; Salzwedel, Die Verwaltung 5 (1972), S. llff. 225

So das gemäß § 80 Abs. 1 BVerfGG erstellte Gutachten des Bundesgerichtshofes (BGHSt 4, S. 385 (391f.) -1. Zivilsenat, Gutachten vom 28.04.1952- VRG 3/52. 226 227

Vgl. Kap. 6 B II.

Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft vom 23.12.1991, Gesch.-Z.: II B 6 - 12 00 89 an den Verfasser: „Das Detektivgewerbe unterliegt den landesrechtlichen Überwachungsvorschriften des § 38 GewO und zählt somit zu den Vertrauensgewerben.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

629

sungsvoraussetzungen nicht erforderlich seien, da die untere Verwaltungsbehörde die Gewerbeanzeige zum Anlaß nehme, die Zuverlässigkeit des Antragstellers zu überprüfen, werden die landesrechtlichen Besonderheiten und deren rechtstatsächliche Durchführung nicht berücksichtigt. Für den Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorschriften für die Behandlung von Anzeigen nach den § § 1 4 und 55c GewO bestand zwar ein Musterentwurf für die Länder, dieser Musterentwurf wurde aber von den Ländern nicht einheitlich umgesetzt. Vielmehr lassen sich vier unterschiedliche Regelungsgruppen folgenden Inhalts unterscheiden: 1.

2.

Bei einer Anmeldung von Auskunfteien und Detekteien ist von Amts wegen ein Führungszeugnis für Behörden sowie eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister einzuholen, sofern diese nicht schon aus anderem Anlaß vorliegen. 228 Zur Prüfung der Frage, ob bei erlaubnisfreien gewerblichen Tätigkeiten, die an die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden besondere Anforderungen stellen (sog. Vertrauensgewerbe), erforderlichenfalls ein Gewerbeuntersagungsverfahren nach § 35 GewO oder § 59 GewO durchzuführen ist, hat die Behörde in der Regel bei Anmeldung von Auskunfteien und Detekteien von Amts wegen ein Führungszeugnis für Behörden sowie eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister einzuholen, sofern diese nicht schon aus anderen Anlaß vorliegen. 229

Das bedeutet, daß die untere Verwaltungsbehörde die Gewerbeanzeige nach § 14 GewO zum Anlaß nimmt, die Zuverlässigkeit durch Einholung eines Führungszeugnisses sowie einer Auskunft aus dem Gewerbezentralregister zu überprüfen (s. hierzu Nr. 7.4 der Gewerbeanzeigen-VwV, abgedruckt unter Nr. 12 in: Landmann-Rohmer, Kommentar zur Gewerbeordnung, 15. Aufl., Bd. II, Rdnrn. 6ff. zu § 14 und 17 zu § 35 GewO, abgedruckt in: Bd. I). "Ebenso aufgrund fehlender Berücksichtigung der landesrechtlichen Unterschiede Haurand/Vahle y DVP 1994, S. 58 (62). 228

Allgemeine VerwaltungsVorschrift zu den §§ 14, 15 und 55c der Gewerbeordnung (GewAnzVwV), Runderlaß des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landes Brandenburg vom 25.11.1991, ABl S. 14; Ausführungsanweisung zu den §§ 14, 15 und 55c der Gewerbeordnung -AA §§ 14, 15 und 55c GewO-, Runderlaß des Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24.06.1980 - Z/B 2-62-2.0-28/80, MinBl S. 1694. 229

Allgemeine Verwaltungs Vorschrift für die Behandlung von Anzeigen nach den §§14 und 55c Gewerbeordnung (GewAnzVwV), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 02.01.1980 Nr. 4021-IV/4-62194, WVMB1 Nr. 1/1980, S. 1; Fachliche Weisung W/G Nr. 1/86, Durchführung der §§ 14, 15 Abs. 1

630 3.

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe I n einigen Bundesländern liegen z w a r allgemeine Verwaltungs Vorschriften für die B e h a n d l u n g v o n A n z e i g e n nach den § § 1 4 u n d 55c G e w O vor, die j e d o c h keine Regelung über eine Zuverlässigkeitsprüfung v o n A u s k u n f t e i e n u n d Detekteien e n t h a l t e n . 2 3 0

4.

Schließlich sind i n einigen Bundesländern keine allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die B e h a n d l u n g v o n A n z e i g e n nach den § § 1 4 u n d 55c G e w O erlassen w o r d e n . 2 3 1 A u s dieser A u f z ä h l u n g der unterschiedlichen landesrechtlichen Rege-

l u n g s m o d e l l e ergibt sich schon, daß v o n d e m B e g r i f f „Vertrauensgewerbe" i m Sinne der Gewerbeordnung als Bundesgesetz nicht gesprochen werden kann. D i e E i n s t u f u n g der A u s k u n f t e i e n u n d Detekteien als Vertrauensgewerbe k a n n also n i c h t als A r g u m e n t dafür dienen, daß strengere Zulassungs-

und 55c der Gewerbeordnung (Gewerbeanzeigen) -GewAnzFW- der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft -Amt für Wirtschaft- an die Bezirksämter vom 01.04.1986; Runderlaß des Ministers für Wirtschaft und Verkehr des Landes Niedersachsen zur Ausführung der §§ 14, 15 Abs. 1 und des § 55c der Gewerbeordnung (GewAnzVwV) vom 31.01.1980 -31.2-30.41 (MB1 S. 201) in der Fassung der Runderlasse vom 02.11.1981 (MB1 S. 1267) und vom 30.01.1985 (MB1 S. 213); Richtlinie über die Behandlung von Anzeigen nach §§ 14 und 55c Gewerbeordnung vom 21.12.1992, Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit, ABl S. 44; Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Behandlung von Anzeigen nach den §§14 und 55c Gewerbeordnung (GewAnzVwv), Runderlaß des schleswig-holsteinischen Ministers für Wirtschaft und Verkehr vom 12.08.1980 - V I I 210b- BNr. 1767-, ABl S. 582. 230

Vgl. Ausführungsvorschriften zu den §§ 14, 15 und 55c der Gewerbeordnung sowie zur Gewerbeanzeigen-Verordnung (GewAnzVwv) des Berliner Senators für Wirtschaft und Verkehr vom 24.10.1980, ABl 1980 S. 1905; Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Behandlung von Anzeigen nach den §§ 14 und 55c Gewerbeordnung (GewAnzVwv) des saarländischen Ministers für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft vom 04.08.1980, Az.: A/4 - 3002 - Mo/Be-, ABl S. 422; Vorläufige Dienstanweisung des Thüringer Ministers für Wirtschaft und Verkehr zur Übermittlung von Gewerbeanzeigen nach den §§14 und 55c der Gewerbeordnung durch die unteren Gewerbebehörden vom 28.06.1993 (unveröffentlicht). 231

Schreiben einzelner Wirtschaftsministerien an den Verfasser: Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg (vom 25.10.1993, Az.: I 4410.1/26); Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie (vom 5.11.1993, Az.: II a 2-73a 26-0502); Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Rheinland-Pfalz (vom 28.10. 1993, Az.: 847 - 2.38.2); Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt (vom 19.11.1993, Az.: 42-32070).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

631

Vorschriften entbehrlich sind, da die Einstufung als Vertrauensgewerbe lediglich in einigen Bundesländern erfolgt ist. Die Argumentation, daß durch unmittelbar der Gewerbeanzeige nachfolgende Zuverlässigkeitsprüfungen eine Verschärfung der gewerberechtlichen Regelungen für Auskunfteien und Detekteien entbehrlich sei, könnte jedoch Beachtung finden, wenn trotz der unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen eine einheitliche Verwaltungspraxis dahingehend festzustellen wäre, daß auch ohne die zwingende Anordnung per Verwaltungsvorschrift stets eine Zuverlässigkeitsprüfung bei Auskunfteien und Detekteien durchgeführt würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Stichprobenartige Nachfragen bei zwanzig Gewerbebehörden, wobei jedes Bundesland berücksichtigt wurde, ergaben eine uneinheitliche Verwaltungspraxis. In den Ländern, in denen stets von Amts wegen eine Zuverlässigkeitsüberprüfung stattfinden muß, wurde dies zum Teil befolgt, 2 3 2 wogegen in einem F a l l 2 3 3 keine Kenntnis von der betreffenden Verwaltungsvorschrift bestand. Soweit eine Zuverlässigkeitsüberprüfung in der Regel durchzuführen ist, wurde in einem Beispiel in der Annahme, daß keine Verwaltungsvorschrift existiere, „ i n der Regel" keine Zuverlässigkeitsprüfung vorgenommen. 234 Schließlich wurden in den 232 Schreiben der Stadt Köln, Amt für öffentliche Ordnung, Gewerbeabteilung an den Verfasser vom 24.09.1993, Az.: 321/L; Schreiben der Stadt Dortmund, Amt für öffentliche Ordnung an den Verfasser vom 01.10.1993, Az.: 32/2; Schreiben der Stadt Duisburg, Ordnungsamt an den Verfasser vom 29.11.1993, Az.: 32-11 Fo. 233

Schreiben der Stadt Bonn, Ordnungsamt an den Verfasser vom 06.08.1993, Az.: 32-21/30. 234

Schreiben der Stadt Leipzig, Ordnungsamt an den Verfasser vom 02.11.1993, Az.: 32.22; dagegen wurde nach Auskunft folgender Gewerbebehörden stets eine Zuverlässigkeitsprüfung durchgeführt: Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Eimsbüttel, Wirtschaft- und Ordnungsamt (Schreiben an den Verfasser vom 01.1.1993, Az.: E/WI 20); Stadt Hannover, Ordnungsamt (Schreiben an den Verfasser vom 29.10.1993, Az.: 32.21. Mi/Pr); Stadt München, Kreisverwaltungsreferat - Hauptabteilung III (Schreiben an den Verfasser vom 08.10.1993, Az.: KVR III/121 Ha/ple). Vgl. auch die Fachliche Weisung W/G Nr. 2/80 vom 26.03.1980 (Betreff: Auskunfteien und Detekteien), Nr. 5.1.2 der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft -Amt für Wirtschaft- an die Bezirksämter: „Nach Fertigung der Niederschrift ist die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden unverzüglich zu überprüfen. Dabei sind auch Auskünfte aus den Schuldnerverzeichnissen nach § 107 Abs. 2 Konkursordnung und § 915 Zivilprozeßordnung bei den Amtsgerichten einzuholen, in deren Gebiet der Antragsteller in den letzten fünf Jahren einen Wohnsitz oder eine gewerbliche Niederlassung hatte."

632

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Bundesländern, in denen keine Regelungen für eine Zuverlässigkeitsüberprüfung bestehen, diese zum Teil nicht, 2 3 5 zum Teil aber auch grundsätzlich durchgeführt. 236 Festzustellen ist also, daß nicht davon ausgegangen werden kann, daß bei Auskunfteien und Detekteien regelmäßig nach Gewerbeaufnahme eine Zuverlässigkeitsprüfung durchgeführt wird. Soweit in der bisherigen Untersuchung sowohl von dem Vorliegen einer Verordnung nach § 38 GewO als auch der Annahme, daß eine Zuverlässigkeitsprüfung durchgeführt wird, also der strengst möglichen Regelung ausgegangen wurde, so hatte dies den Zweck, die Unzulänglichkeit auch der strengst möglichen landesrechtlichen Regelungsvariante darzustellen. Die rechtstatsächlichen Stichproben haben nunmehr ergeben, daß die denkbar strengsten Regelungsmöglichkeiten in keinem Bundesland konsequent beachtet werden, woraus sich die Dringlichkeit einer gewerberechtlichen Änderung ergibt.

dd) Unzulänglichkeit des § 38 GewO Auskunfteien und Detekteien gehören zwar gemäß § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO zu den überwachungsbedürftigen Gewerben, aufgrund der abweichenden Verordnungslage in den einzelnen Bundesländern ist aber festzustellen, daß aufgrund fehlender Verordnung das Auskunftsgewerbe in einigen Bundesländern nicht ausreichend überwachungsfähig ist. Zudem können sich Auskunfteien und Detekteien durch Niederlassung in einem Bundesland ohne spezielle Überwachungsverordnungen der strengeren gewerberechtlichen Aufsicht entziehen. Schon daraus ergibt sich, daß es verfehlt ist, daß § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO die Einführung verschärfter gewerberechtlicher Überwachungsvorschriften den Landesregierungen überläßt, weil dadurch eine effektive bundeseinheitliche Kontrolle des Handelns von Auskunfteien und Detekteien nicht möglich ist. Daß sich die Erforderlichkeit einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe gerade auch aus

235

Schreiben einzelner Gewerbebehörden an den Verfasser: Stadt Frankfurt/M., Ordnungsamt (vom 27.09.1993, Az.: 32.22.2.4 Be.); Stadt Mainz, Ordnungsamt (vom 27.09.1993, Az.: 32 35 06); Stadt Saarbrücken, Stadtsteueramt (vom 11.10.1993, Az.: ko.sch). 236

Schreiben einzelner Gewerbebehörden an den Verfasser: Stadt Karlsruhe, Polizeibehörde (vom 27.10.1993, Az.: PB 4/Ma/Ke); Stadt Schwerin, Ordnungsamt (vom 06.10.1993, Az.: 32.5 ho-bh).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

633

der mangelnden Gewerbeüberwachung ergibt, wird im folgenden Abschnitt gezeigt.

V. Erforderlichkeit aufgrund mangelnder Gewerbeüberwachung Die bisherige Untersuchung hat ergeben, daß die derzeitige gewerberechtliche Regelung des Auskunftsgewerbes der Gefahrenabwehraufgabe der Gewerbeordnung nicht gerecht wird, und sich das Auskunftsgewerbe durch das mit der Gewerbeausübung verbundene Gefahrenpotential von den gleichgeregelten Gewerbezweigen abhebt. Trotz dieses Befundes wäre eine Gesetzesänderung mit dem Inhalt verschärfter Zulassungsvoraussetzungen möglicherweise nicht erforderlich, wenn die Gefahrenabwehraufgabe der Gewerbeordnung durch eine effektive Gewerbeüberwachung verwirklicht würde. Die gegenwärtige gewerberechtliche Zulassungsregelung könnte also bei einer effektiven Gewerbeüberwachung, die die Regelungszwecke der vorgeschlagenen Erlaubnispflicht erfüllt, als ausreichend angesehen werden. 2 3 7 Besondere Bedeutung hat eine effektive Überwachung gerade bei den gemäß § 38 GewO überwachungsbedürftigen Gewerbezweigen. Für Auskunfteien und Detekteien gilt dies sogar noch in besonderem Maße, denn hier hat der Verordnungsgeber von seiner Ermächtigung nach § 38 GewO in den meisten Bundesländern Gebrauch gemacht, 238 was nicht bei allen Verordnungsermächtigungen des § 38 GewO in solch großem Umfang geschehen ist. 2 3 9 Zu untersuchen ist, ob die Gewerbeüberwachung in tatsächlicher Hinsicht den Anforderungen entspricht und ob die rechtlichen Instrumente eine effektive Gewerbeüberwachung ermöglichen. 237

Vgl. Bericht des Ausschusses für Wirtschaft vom 20.06.1972 (BTDrucks 6/3535, S. 2) zum Anlaß und Ziel der Gesetzesänderung für Makler, Bauträger und Baubetreuer nach § 34c GewO: „Der Ausschuß war sich bewußt, daß der Erfolg dieser und ähnlicher gewerberechtlicher Regelungen wesentlich von einer wirksamen Überwachung abhängt; dies setzt eine ausreichende personelle Besetzung der zuständigen Behörden voraus." 23

» Vgl. Kap. 6 C I .

239

So ist bisher von den Ermächtigungen der Nrn. 8 und 9 kein Gebrauch gemacht worden, von Nr. 6 nur in wenigen Bundesländern. Vgl. Sieg/Leifermann/Tettinger § 38 Rdn. 13 und zu den einzelnen Verordnungsermächtigungen Landmann/Rohmer ISchönleiter § 38 Rdnrn. 13ff.

634

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

1. Ineffektivität der gewerblichen Überwachung D i e gewerberechtliche Überwachungspraxis w i r d v o n unterschiedlicher Seite als unzureichend angesehen. K r i t i s c h e Äußerungen fanden sich e t w a b e i Vertretern v o n staatlicher S e i t e , 2 4 0 b e i Repräsentanten verschiedener B r a n c h e n 2 4 1 sowie i n Stellungnahmen i n der L i t e r a t u r . 2 4 2 A u c h i m internationalen Vergleich werden Schwächen bei der Gewerbeaufsicht i n der B u n desrepublik Deutschland g e s e h e n . 2 4 3 Charakterisiert werden die Mißstände i n der Gewerbeaufsicht als „ w e i t h i n bekanntes P h ä n o m e n " 2 4 4 u n d als „ n e u ralgischer P u n k t " . 2 4 5 A l s Gründe für die unzureichende Gewerbeaufsicht werden Überforder u n g der Aufsichtsbeamten bzw. Unterbesetzung der entsprechenden Behörden m i t P e r s o n a l , 2 4 6 mangelnde Q u a l i f i k a t i o n der A u f s i c h t s b e a m t e n , 2 4 7 die

240 Bericht B M I I, S. 29; Höring (Ministerialrat, Bayerisches Staatsministerium des Innern), WS 1979, S. 162 (166); Pfennig (Polizeivizepräsident von Berlin), PFA III, S. 7 (15); Rössmann (Leitender Kriminaldirektor) in einem am 08.12.1977 in der ARD ausgestrahlten Filmbeitrag unter dem Titel „Gekaufte Sicherheit", als Protokoll veröffentlicht in: W+S-Information 1978, Heft 139, S. 90 (91); Stüllenberg (Kriminaldirektor im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen), Polizei-Journal 1982, Nr. 1, S. 52 (57), ders., Polizei-Journal 1982 Nr. 1, S. 64 (66). 241

Eckert (Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Detektive), Kriminalistik 1979, S. 536; Kocks (Mitbegründer der Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe), ZAD-Studie „Aufsichtsregelungen und Qualitätskontrolle", S. 2; Ottens (Geschäftsführer Deutsche Sicherheits- und Werkschutz GmbH & Co), Kriminalistik 1987, S. 618 (619); Schmidt (Geschäftsführer Wach- und Kontrolldienst Nord GmbH), PFA III, S. 29 (45); Schriml (Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen), W+S 1980, S. 266 (268). 242

Neumann, S. 126; Krainz, OES 1985, Heft 12, S. 2 (3).

243

Gerlach, W+S-Information 1986, Heft 164, S. 22 (27).

244

Formulierung bei Battis/Gusy,

245

Höring, PFA III, S. 179 (198).

Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16 II (S. 203).

246

Boetcher, W+S-Information 1980, Heft 146, S. 12 (17); Pfennig, PFA III, S. 7 (15, 17); Stüllenberg, Polizei-Journal 1982 Nr. 1, S. 52 (57); vgl. auch Der Spiegel, Heft Nr. 13 vom 22.03.1976, S. 58 (60). 247

Schmidt, PFA III, S. 29 (45); Stüllenberg, Polizei-Journal 1982 Nr. 1, S. 52 (57).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

635

Vielfalt der gewerbeaufsichtsrechtlichen Zuständigkeiten 248 sowie mangelndes Sicherheitsdenken 249 angeführt. A u f diese Kritikpunkte ist nunmehr im einzelnen einzugehen. Die unzureichende Stellenbesetzung der zur Gewerbeüberwachung zuständigen Verwaltungsbehörden führt dazu, daß eine laufende Kontrolle der Gewerbebetriebe - etwa i m Jahresturnus - nicht möglich ist. Als Beispiel kann genannt werden, daß die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft der Freien und Hansestadt Hamburg die Bezirksämter durch eine Fachliche Weisung 2 5 0 dazu verpflichtete, Auskunfteien und Detekteien erstmalig spätestens drei Monate nach Betriebsbeginn zu überprüfen und sodann, abgesehen von den Prüfungen aus besonderem Anlaß, von Amts wegen regelmäßig in Abständen von etwa drei Jahren. Selbst dieser Überprüfungsturnus war jedoch aufgrund personeller Überlastung der Aufsichtsbehörden nicht einzuhalten, so daß die Wirtschaftsbehörde die Bezirksämter 1992 wieder von dieser Verpflichtung entbunden hat. 2 5 1 Eine Verbesserung der personellen Ausstattung der Dienststellen im Bereich der Gewerbeaufsicht zur Erreichung einer effektiveren Gewerbeaufsicht ist nicht in Sicht. Vielmehr wird, ohne daß das Personal aufgestockt wird, angesichts neuer Aufgaben die Überlastung in diesem Bereich weiter ansteigen. Als Beispiel für die Erweiterung der zu leistenden Aufsichtsmaßnahmen seien nur die i m Umweltschutzbereich vorzunehmenden Kontrollen genannt. 252 Zusätzlich werden im Rahmen der Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes ein großes Maß zusätzlicher Kontrollen für solche Gewerbebetriebe anfallen, die ohne die nach bundesdeutschem Recht erforderlichen Zulassungsbestimmungen in der Bundesrepublik Deutschland tätig werden. Dazu kommt, daß in der historischen Untersuchung festgestellt wurde, daß ein Boom bei den Detekteien stets dann eintrat, wenn die Polizei personell

248 Battis/Gusy, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16 II (S. 203); Pfennig, PFA III, S. 7 (17); Schmidt, PFA III, S. 29 (45). 249

Boetcher, W+S-Information 1980, Heft 146, S. 12 (17).

250

Fachliche Weisung W/G Nr. 2/80 vom 26.03.1980 (Betreff Auskunfteien und Detekteien), Nr. 4.1.5 der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft - Amt für Wirtschaft - an die Bezirksämter. 251

Schreiben der Freien und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Eimsbüttel an den Verfasser vom 01.10.1993, Az.: E/WI 20. 252

von Ebnen GewArch 1987, S. 209 (216).

636

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

überfordert war. 2 5 3 Parallel liegt in solchen Phasen regelmäßig auch ein Personalmangel in der übrigen Verwaltung vor, so daß statt der eigentlich verstärkt erforderlichen nur eine reduzierte Gewerbeüberwachung geleistet werden kann. Durch den Aufgabenzuwachs bei gleichbleibender personeller Ausstattung wird sich auch die Qualifikation der Aufsichtsbeamten weiter vermindern, denn durch die Wahrnehmung zusätzlicher neuer Aufgaben bleibt eine Spezialisierung bei der Überwachung aus. Schon jetzt wird der Aufgabenbereich der Gewerbeaufsicht, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, als so „umfangreich und vielgestaltig, wie man es bei einer anderen staatlichen Behörde kaum antreffen wird" bezeichnet. 254 In besonderem Maße trägt auch die Vielfalt der gewerbeaufsichtsrechtlichen Zuständigkeiten zu der mangelnden Effizienz bei. Dabei spielen nicht nur die aufgrund gesetzlicher Vorschriften bestehenden unterschiedlichen Aufgabenzuständigkeiten eine Rolle, 2 5 5 sondern auch die zum Teil nicht ausreichende Kommunikation der einzelnen Behörden untereinander. 256 Beispielsweise verfahren die Finanzämter nach dem Grundsatz, daß von ihnen selbständig Informationen an die Gewerbeuntersagungsbehörden nur dann weitergegeben werden, wenn sich aus den ihnen bekannten Tatsachen allein die gemäß § 35 GewO erforderliche Unzuverlässigkeit ergibt. 2 5 7 Durch dieses Verfahren wird die Möglichkeit erschwert, daß aufgrund einer Vielzahl von Verstößen, die für sich genommen noch keine Unzuverlässigkeit begründen, gewerberechtliche Maßnahmen, etwa Abmahnungen, ergriffen werden.

253

Kap. 2 A II.

254

So Buch-Heilig (S. 76) in ihrer sozialwissenschaftlichen Studie über die Gewerbeaufsicht. 255 Vgl. etwa Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Gewerbeüberwachung vom 10.12.1974 (GV NW S. 1558), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11.06.1985 (GV NW S. 468). Siehe zu den einzelnen landesrechtlichen Regelungen auch Kap. 6 B I 3 und Kap. 7 B IV 2 c cc. 256 257

Vgl. dazu Kap. 7 B III 4 c bb.

Appy NWB 1988, S. 3359 (3364) = Fach 2, S. 5155 (5160); so auch die Empfehlung des nordrhein-westfälischen Datenschutzbeauftragten (12. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz -für die Zeit vom 01.01.1993 bis zum 31.12. 1994-, S. 113); vgl. auch Battis/Gusy, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16 II (S. 203).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

637

Nicht zuletzt kann auch mangelndes Sicherheitsdenken, hervorgerufen durch ein Informationsdefizit der Verwaltungsbehörden, zur Ineffektivität der Gewerbeüberwachung beitragen. Durch die fehlende Kenntnis von Mißständen in bestimmten Gewerbezweigen kann es zur Vernachlässigung der Kontrolle kommen. So lagen beispielsweise der Wirtschaftsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg keine Erkenntnisse über gravierende Mißstände i m Auskunftsgewerbe vor, 2 5 8 während in den Tätigkeitsberichten des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten regelmäßig über datenschutzrechtliche Bedenken bzw. Verfehlungen berichtet wurde. 2 5 9 Neben den angeführten Gründen, die sich allgemein auf alle Gewerbezweige beziehen, bestehen bei der Überwachung des Auskunftsgewerbes noch Besonderheiten. So ist allgemein festzustellen, daß die Aufsichtsbehörden vordringlich die von ihnen erlassenen Auflagen überprüfen. 260 Mangels Rechtsgrundlage sind Auflagen gegenüber den Unternehmen des Auskunftsgewerbes aber nicht zulässig, so daß dieser Grund für die Vornahme aufsichtsrechtlicher Kontrollen bei den Auskunfteien und Detekteien entfällt. Daneben bestehen im Bereich des Auskunftsgewerbes die gleichen Schwierigkeiten bei der Überwachung wie bei den meisten Unternehmen im Dienstleistungsbereich. Hier reicht nämlich zumeist eine bloße Nachschau nicht aus, wie sie zum Beispiel zur Kontrolle der Einhaltung von Arbeitsschutz-, Lebensmittel-, Preisauszeichnungs-, Sperrzeit- oder Ladenschlußvorschriften genügt. Vielmehr müßte sich eine wirksame Überwachung auf die zeit- und damit personalintensivere Überprüfung des Geschäftsgebarens des Unternehmers etwa anhand der Geschäftsbücher bzw. Bilanzen erstrecken. 261 Dies ist aber - wie bereits dargelegt - aufgrund fehlenden Per-

258

Schreiben der Freien und Hansestadt Hamburg, Wirtschaftsbehörde an den Verfasser vom 20.10.1993, Az.: WB 43/717.825-1-; ebenso Schreiben der Freien und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Eimsbüttel an den Verfasser vom 01.10.1993, Az.: E/Wi 20. 259 Vgl. die Tätigkeitsberichte des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten: 1. Tätigkeitsbericht vom 01.01.1983, S. 50f.; 2. Tätigkeitsbericht vom 01.01.1984, S. 120ff.; 3. Tätigkeitsbericht vom 01.01.1985, S. 107f.; 4. Tätigkeitsbericht vom 01.01.1986, S. 132f.; 5. Tätigkeitsbericht vom 01.01.1987, S. 128ff.; 6. Tätigkeitsbericht vom 01.01. 1988, S. 145; 7. Tätigkeitsbericht vom 01.01.1989, S. 152ff.; 9. Tätigkeitsbericht vom November 1990, S. 109ff.; 10. Tätigkeitsbericht vom Januar 1992, S. 161f.; 11. Tätigkeitsbericht vom Januar 1993, S. 161 f. 260

So etwa Ottens, Kriminalistik 1987, S. 618 (619).

261

Vgl. von Ebner, GewArch 1986, S. 209 (216).

638

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

sonals nur eingeschränkt möglich. Gerade der Dienstleistungssektor befindet sich jedoch i m Wachstum, so daß eine Verbesserung der Zustände im Bereich der Gewerbeüberwachung keinesfalls in Sicht ist.

2. Wirksamkeit des vorliegenden gesetzlichen Instrumentariums zur Beseitigung von Mißständen Nachdem festgestellt wurde, daß die gewerberechtliche Überwachungspraxis nur unzureichend ist, soll nun untersucht werden, ob zumindest das gesetzliche Überwachungsinstrumentarium eine ausreichende GewerbeÜberwachung ermöglicht.

a) Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht Die erweiterten Überwachungsmöglichkeiten für Auskunfteien und Detekteien wurden eingeführt, da deren Tätigkeit vom Auftraggeber nur unzureichend kontrolliert werden kann. 2 6 2 Schwierigkeiten bei der Kontrolle solcher Tätigkeiten ergeben sich aber nicht nur für den privaten Auftraggeber, sondern auch für die staatlichen Überwachungsbehörden. Fälschungen der Aufzeichnungen sind aufgrund eingeschränkter Nachprüfungsmöglichkeiten bei Auftraggebern und Betroffenen ohne weiteres möglich. Daß Auskunftei- oder Detekteimitarbeiter ein eigenes unlauteres oder auch nur zweifelhaftes Vorgehen protokollieren, erscheint mehr als unwahrscheinl i c h . 2 6 3 Dies kommt nur dann in Betracht, wenn im Massenverkehr routinemäßige Aufzeichnungen vorgenommen werden, wie dies bei den Großauskunfteien der Fall ist. Bei kleineren Auskunfteien und Detekteien ist durch Fälschungsmöglichkeiten die Funktion der Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht als Vörbereitungsmaßnahme für ein gewerberechtliches Untersagungsverfahren wegen Unzuverlässigkeit aber eingeschränkt. Des weiteren werden Nachprüfungsmöglichkeiten bei Auskunfteien und Detekteien noch durch die Möglichkeit der Verwendung von Decknamen für die Gewährsleute erschwert. Solche Regelungen finden sich in Überwachungsvorschriften für andere Gewerbezweige nicht. Zwar sind die Auskunftei- und Detekteiunternehmer gehalten, eine sogenannte Decknamen-

262 Ygi Landmann/Rohmer II-Schönleiter 263

Beispiel bei Wirsching,

Bd. 2, S. 108.

Nr. 313 Anm. A.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

639

liste zu führen, diese unterliegt aber weder der Pflicht zur Auskunft noch der Pflicht zur Duldung der behördlichen Nachschau. Eine Auswertung der Decknamenliste ist lediglich unter den engen Voraussetzungen der Strafprozeßordnung, etwa nach den Bestimmungen über die Beschlagnahme, möglich.** Insgesamt erweist sich die Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht als kein durchschlagskräftiges Aufsichtsmittel für das Auskunftsgewerbe, zumal gerade die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Buchführung mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden ist, der den Aufsichtsbehörden aber nicht zur Verfügung steht.

b) Auskunft Ein Nachteil des Auskunftsverlangens als Aufsichtsmittel besteht darin, daß die Behörden zunächst über bestimmte Informationen verfügen müssen, um auf deren Grundlage gezielte Fragen stellen zu können. Ein Auskunftsverlangen ohne jede Veranlassung, also eine Befragung gewissermaßen „ins Blaue" hinein, ist vom Auskunftsrecht im Sinne der aufgrund von § 38 GewO erlassenen Verordnungen nicht gedeckt. 265 Bei dem auf Diskretion angelegten Auskunftsgewerbe wird es aber gerade häufig an dieser Veranlassung fehlen, da das Interesse an dem Bekanntwerden der Durchführung von Aufträgen und etwaigen Mißständen durch das Diskretionsinteresse der Auftraggeber erheblich eingeschränkt ist. Die Möglichkeit der Aufsichtsbehörden, den Unternehmen des Auskunftsgewerbes konkrete Fragen stellen zu können, besteht praktisch nur in Verbindung mit der Pflicht zur Buchführung und dem Recht der behördlichen Nachschau. Dazu kommt, daß die Verordnungen in einigen Bundesländern 266 nicht auf solche

264

Vgl. Kap. 6 C I L

265

Vgl. Battis/Gusy,

266

Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16 I 1 (S. 199).

§ 7 Bayerische Landesverordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien (Auskunftei- und Detekteiverordnung - AuskDetV) vom 19.10.1964 (GVB1 S. 188), geändert durch Verordnung vom 20.05.1985 (GVB1 S. 185); § 6 Hamburgische Verordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht der Auskunfteien und Detekteien (Auskunftei- und Detekteiverordnung) vom 23.06.1964 (GVB1 S. 150); § 7 Hessische Verordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien (Auskunftei- und Detekteiverordnung) vom 18.01. 1965 (GVB11 S. 25), geändert durch Verordnung vom 16.12.1974 (GVB11 S. 672, 680);

640

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Personen anwendbar sind, die ausschließlich für Auskunfteien oder Detekteien Nachforschungen anstellen und ihnen Auskünfte erteilen, also insbesondere die sogenannten Rechercheure. Dies schränkt ebenfalls die Bedeutung des Auskunftsrechts ein.

c) Nachschau Das Recht der behördlichen Nachschau ist typischerweise auf solche Gewerbezweige zugeschnitten, bei denen die Dienstleistungen in den Geschäftsräumen erbracht werden, so daß die behördliche Nachschau auch tatsächliche Rückschlüsse auf das Geschäftsgebaren des zu Überprüfenden zuläßt. Insbesondere bei Detekteien, deren wesentliche Dienstleistungen regelmäßig außerhalb des Gewerbebetriebes erbracht werden, hat das Recht der behördlichen Nachschau daher für sich genommen nur begrenzten Wert. Das Recht der Nachschau dient aber dazu, die Buchführungs- und Auskunftspflicht erst effektiv zu machen, indem es die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Angaben des Gewerbetreibenden zu überprüfen. Eine gewisse eigenständige Bedeutung kommt dem Recht zur Nachschau insofern zu, als es zur Entdeckung unerlaubter technischer Mittel (Minispione) oder Waffen führen kann. Aber auch dazu sind die Erfolgschancen als gering zu beurteilen. Demgegenüber wird aber auch die Auffassung vertreten, daß sich die gewerbliche Überwachung in der Praxis bewährt hat und namhaften Anteil daran hat, daß Mißstände speziell im heutigen deutschen Auskunfteiwesen nicht bekannt geworden sind. 2 6 7 Gerade die Möglichkeit der behördlichen Nachschau erlaube einen wirksamen Schutz Dritter, der weit über das gewöhnliche Maß hinausgehe und in der Bundesrepublik Deutschland schon bisher die Gewähr dafür geboten habe, daß Auskunfteien und Detekteien, die unseriös oder leichtfertig Auskünfte geben, Gefahr liefen, bei behördlichen Nachforschungen entdeckt zu werden. Dieser Auffassung steht zu-

§ 7 Saarländische Verordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien (Auskunftei- und Detekteiverordnung) vom 25.06.1964 (ABl Nr. 46/1964 S. 528), geändert durch Gesetz Nr. 982 vom 05.12.1973 (ABl 1974 S. 33); § 6 Schleswig-Holsteinische Auskunftei- und Detekteiverordnung (Verordnung über die Buchführungs- und Auskunftspflicht von Auskunfteien und Detekteien) vom 20.04.1964 (GVOB1 S. 41). 267

Tiedemann/Sasse,

S. 70; ihnen folgend Wobbe-Sahm, S. 46.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

641

nächst entgegen, daß das Recht auf behördliche Nachschau keine bundesweite Regelung erfahren hat und demzufolge in einigen Bundesländern von den Behörden nicht wahrgenommen werden kann. Des weiteren haben sich - entgegen der oben genannten Auffassung - im Auskunfteiwesen Mißstände gezeigt, die sich insbesondere den Tätigkeitsberichten der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz i m nicht-öffentlichen Bereich entnehmen lassen. Gerade die Wahrnehmung des behördlichen Nachschaurechts ist so zeitintensiv, daß es von den für die Gewerbeüberwachung zuständigen Behörden nicht in erforderlichem Umfang wahrgenommen werden kann. Die Einschätzung, daß das Nachschaurecht in besonderem Maße zur Beseitigung von Mißständen beiträgt, kann also aus rechtlichen wie rechtstatsächlichen Gründen nicht gefolgt werden. Läßt man die Bedenken außer acht, daß die Gewerbebehörden zur Aufsicht bei Auskunfteien aus fachlichen Gründen nicht in der Lage sind und aufgrund der Zeitintensität solche Kontrollen in nur unzureichendem Maße erfolgen können, ist das Recht zur behördlichen Nachschau bei Auskunfteien aber ein geeignetes Aufsichtsinstrument. Doch - wie zuvor festgestellt - 2 6 8 ist nicht davon auszugehen, daß in Zukunft eine quantitativ und qualitativ verbesserte Gewerbeaufsicht möglich sein wird, so daß auch das aufsichtsrechtliche Instrument der Nachschau die Einführung von Zulassungsvoraussetzungen nicht entbehrlich macht.

d) Gewerbeuntersagung bei Unzuverlässigkeit Die allgemeine Gewerbeuntersagungsvorschrift des § 35 GewO wurde vom Gesetzgeber unter anderem deshalb geschaffen, weil eine solche Generalklausel den Vorteil biete, daß dann auf die Einführung von Erlaubnisvorschriften verzichtet werden könne, wenn es sich lediglich darum handele, unzuverlässige Elemente aus dem betreffenden Gewerbezweig fernzuhalten. M i t der Verschärfung der Gewerbeuntersagungsmöglichkeit des § 35 GewO im Jahr 1974 sollten schließlich „die sowohl in der Öffentlichkeit als auch von interessierten Berufskreisen erhobenen Forderungen nach besonderen Berufszulassungsregelungen eingedämmt werden". 2 6 9 Zu untersuchen

26

* Kap. 7 B V 1.

269

So die amtliche Begründung zu dem Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung vom 13.02.1974 (BGBl I. S. 161) in: BTDrucks 7/111, S. 4. Vgl. dazu auch von Ebner, GewArch 1986, S. 209 (212) und dens. y WiVerw 1978, S. 1 (11). 41 Peilert

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

642

ist, ob die Regelung des § 35 GewO beim Auskunftsgewerbe tatsächlich ein Ersatz für gewerberechtliche Zulassungsregelungen sein kann.

aa) Informationsdefizit der Untersagungsbehörden Häufig liegt es schon an der mangelnden Kenntnis von Tatsachen, die eine Untersagung rechtfertigen würden, daß die Gewerbeuntersagungsbehörden kein Verfahren nach § 35 GewO einleiten können. 2 7 0 Zur umfangreichen eigenen Informationsermittlung sind die Gewerbeuntersagungsbehörden schon aus Personalmangel nicht in der Lage, und so sind sie auf die Mitwirkung anderer Behörden und von Privaten, insbesondere Interessenverbänden angewiesen. Auch diesen fehlt jedoch häufig die Kenntnis von Verstößen. Die Einleitung von Gewerbeuntersagungsverfahren wird durch die Weitermeldungspraxis verschiedener anderer Behörden verhindert, was bereits am Beispiel der Finanzämter gezeigt wurde. 2 7 1 Im Rahmen einer Umfrage bei den obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich und einzelnen regionalen Aufsichtsbehörden wurde die Frage, ob eine Weiterleitung von bekanntgewordenen datenschutzrechtlichen Verfehlungen an die Gewerbebehörden erfolgt, - soweit beantwortet - mit Ausnahme des rheinland-pfälzischen Ministeriums des Innern und für Sport durchgehend verneint. 272 Die abweichende Stellungnahme des rheinlandpfälzischen Ministeriums des Innern und für Sport lautete: „Soweit es sich nicht um besonders gravierende Verstöße handelt, die ggf. Anlaß für weitergehende Maßnahmen der Gewerbeaufsicht sein können, werden Beschwerden oder Erkenntnisse über Rechtsverstöße nicht an die Gewerbeaufsicht

27 0

Knaus, S. 44f.; vgl. zu den Schwierigkeiten bei der Wirtschaftsaufsicht auch Schricker, GRUR Int. 1973, S. 694 (698). 27

» Kap. 7 B V 1.

272

Schreiben verschiedener Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich an den Verfasser: Innenministerium Baden-Württemberg (vom 24.08. 1993, Az.: 2-0553); Landesbeauftragter für den Datenschutz der Freien Hansestadt Bremen (vom 31.08.1993, Az.: 029-30-00); Hamburgischer Datenschutzbeauftragter (vom 17.08.1993, Az.: D 60/50.01-02); Landesbeauftragter für den Datenschutz Niedersachsen (vom 11.08.1993, Az.: 5-80/0-7); Innenminister des Landes SchleswigHolstein (vom 30.08.1993, Az.: IV 240 b - 0253.212-93.35); Regierungspräsidium Darmstadt (vom 10.09.1993, Az.: IV 41-3 04/05-201/93).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

643

weitergeleitet" 2 7 3 Aus dieser Verwaltungspraxis ergibt sich, daß der in Ziffer 3.1.1. V w V zum Vollzug des § 35 G e w O 2 7 4 enthaltene Unzuverlässigkeitstatbestand, nach dem bereits eine Vielzahl kleiner Verstöße die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigt, wenn aus ihnen ein eingewurzelter Hang zur Mißachtung der Berufspflichten ersichtlich ist, beim Auskunftsgewerbe weitgehend leerlaufen dürfte.

bb) Problem der externen Verfahrensanregung Unzulänglichkeiten des Gewerbeuntersagungsverfahrens aufgrund eines Informationsdefizits der Aufsichtsbehörden ergeben sich auch im Hinblick speziell auf das Auskunftsgewerbe. Das Untersagungsverfahren wird zwar gemäß Ziffer 5.1 V w V zum Vollzug des § 35 GewO von Amts wegen eingeleitet, wenn Anzeichen dafür erkennbar werden, daß die Voraussetzungen des § 35 GewO vorliegen, aber es bedarf dazu zumeist einer Anregung von außen. Dabei kann es sich um Mitteilungen von anderen Behörden, Pressenotizen, Anzeigen oder Beschwerden handeln. Eine wichtige Rolle ist auch den Interessenverbänden der gewerblichen Wirtschaft zugedacht. 275 Allerdings dürften aufgrund des Diskretionsbedürfnisses der Auftraggeber sowie der Tatsache, daß insbesondere Detektive in einem der Öffentlichkeit weitgehend entzogenen Bereich tätig werden, die Anregungen zur Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens von außen in keinerlei Relation zu den tatsächlich Gewerbeunterbindungsmaßnahmen rechtfertigenden Vorfällen stehen. Im Regelfall wird vielmehr der Anstoß zur gewerberechtlichen Überprüfung aus denselben Gründen unterbleiben, aus denen auch eine Beauftragung/Benachrichtigung der Polizei unterblieben ist. 2 7 6 Abgesehen von der in der Regel unmittelbar der Gewerbeaufnahme nachfolgenden Zuver-

273

Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport an den Verfasser vom 20.08.1993, Az.: 315/190-19/0. 274

Vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des § 35 Gewerbeordnung, RdErl. des Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landes NordrheinWestfalen vom 05.06.1986 (MB1NW S. 895). Die durch verschiedene Änderungen des § 35 GewO notwendig gewordenen Anpassungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des § 35 GewO hat ferner Berlin vollzogen; vgl. Erlaß des Senators für Wirtschaft und Technologie vom 29.04.1987 (ABl S. 704). 27 5

Kienzle, GewArch 1961, S. 25.

276

Vgl. Kap. 2 B I I 7 a.

644

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

lässigkeitspriifung ist die gewerberechtliche Kontrolle also faktisch auf die Zufälle einer externen Verfahrensanregung angewiesen, da von den eingeräumten Überwachungsmöglichkeiten i m Sinne der aufgrund des § 38 GewO erlassenen landesrechtlichen Verordnungen nur unzureichend Gebrauch gemacht wird. Soweit keine landesrechtlichen Verordnungen zur Überwachung von Auskunfteien und Detekteien erlassen worden sind, ist eine laufende Überwachung dieser Gewerbe durch die Verwaltungsbehörde grundsätzlich nicht möglich und wird auch tatsächlich nicht durchgeführt. 277 In den Bundesländern, 278 in denen weder Überwachungsverordnungen noch eine Zuverlässigkeitsprüfung durch allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Behandlung von Gewerbeanzeigen vorgesehen ist, ist die Gewerbeüberwachung also ausschließlich auf eine externe Verfahrensanregung angewiesen. Daß die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens ausschließlich oder weitgehend von den Zufällen einer externen Verfahrensanregung abhängig ist, ist bei dem Gefährdungspotential des Auskunftsgewerbes nicht hinnehmbar. Hier bedarf es zur Kompensation der unzureichenden laufenden Gewerbeüberwachung einer Überprüfung des Gewerbetreibenden zu Beginn seiner Tätigkeit.

cc) Gewerbeüberwachung und Amtshaftung Ein Grund für die Zurückhaltung der Behörden bei der Inanspruchnahme des Gewerbeuntersagungsverfahrens liegt in der enormen Bedeutung einer Gewerbeuntersagung für den Betreffenden einerseits und den engen Voraussetzungen dieser Aufsichtsmaßnahme andererseits. Der Gewerbetreibende verliert bei der erfolgreichen Durchführung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens in der Regel seine wirtschaftliche Existenz, und in diesem Bewußtsein wird eine Gewerbeuntersagung seitens der Behörden zumeist nur dann ergriffen, wenn an der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden keine Zweifel bestehen. Obwohl die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO nach allgemeiner Ansicht nur eine abstrakte Gefahr voraussetzt, 279 lösen zumeist

277

Schreiben der Stadt Hannover, Ordnungsamt an den Verfasser vom 29.10.1993, Az.: 32.21 Mi/Pr; Schreiben der Stadt Saarbrücken, Stadtsteueramt an den Verfasser vom 11.10.1993, Az.:ko.sch. 278 279

Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Thüringen.

HessVGH, GewArch 1976, S. 92 -Urteil vom 07.10.1975- I I OE 29/75; Sieg/ Leifermann/Tettinger § 35 Rdnrn. 12, 28; Stober, Handbuch, § 102 I I 5; Hellwig, S. 39;

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

645

Handlungen, die zu einer konkreten Gefährdung geführt haben, ein Gewerbeuntersagungsverfahren aus. 2 8 0 Als weiteres Indiz für die Richtigkeit dieser Behauptung kann es angesehen werden, daß die eine Gewerbeuntersagung betreffenden Entscheidungen nur selten aus materiellen Gründen von den Verwaltungsgerichten aufgehoben werden. 281 Mitursächlich für die Zurückhaltung der Behörden bei der Anwendung des Gewerebeuntersagungsverfahrens dürfte die Furcht vor Amtshaftungsprozessen und den damit verbundenen Schadensersatzansprüchen sein. Allerdings könnte sich diese Scheu vor Gewerbeuntersagungen, verbunden mit der Neigung, nur in ganz eindeutigen und von der wirtschaftlichen Bedeutung her minimalen Fällen, Gewerbeuntersagungen auszusprechen, durch die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Amtshaftung vermindern. Nach zwei zur Bankenaufsicht ergangenen Entscheidungen 282 sollen nämlich bei Verletzung der staatlichen Wirtschaftsaufsicht durch Unterlassungen auch dem dadurch geschädigten Kunden des Gewerbetreibenden Schadensersatzansprüche aus Amtspflichtverletzung zustehen können. Bislang drohten den Aufsichtsbehörden Amtshaftungsansprüche nur seitens des Gewerbetreibenden, wenn eine zunächst verfügte Gewerbeuntersagung verwaltungsgerichtlich wieder aufgehoben wurde. 2 8 3 Eine Amtspflicht zum Schutz der durch Nichteingreifen der staatlichen Wirtschaftsaufsicht geschädigten Dritten wurde zuvor dagegen weitgehend abgelehnt. Nach der früheren Rechtsprechung diente die staatliche Aufsicht über die Wirtschaftseinheiten in erster Linie dem allgemeinen Interesse,

Schaeffer, WiVerw 1982, S. 100 (103). So auch die amtliche Begründung in: BTDrucks 7/111, S. 5 und Ziffer 3.2.2. VwV zum Vollzug des § 35 GewO. 280

Vgl. Hellwig, S. 39.

281

Knaus y S. 43.

282

BGHZ 74, S. 144ff. -Urteil vom 15.02.1979- I I I ZR 108/76; BGH, NJW 1979, S. 1879ff. -Urteil vom 12.07.1979- I I I ZR 154/77; inzwischen hat jedoch der Bundesgesetzgeber die Rechtsprechung durch Gesetzgebungsakt korrigiert. § 6 Abs. 3 KWG, eingeführt durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 20.12.1984 (BGBl IS. 1693), besagt: „Das Bundesaufsichtsamt nimmt die ihm nach diesem Gesetz und nach anderen Gesetzen zugewiesenen Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahr." 283

Zustimmend aus der Literatur: Knaus, S. 190; Mahlberg, S. 249; trotz geltend gemachter Bedenken auch Papier, JuS 1980, S. 265 (268ff.).

646

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

nicht aber dem Schutz von Kunden, Konkurrenten oder sonstigen Dritten. 2 8 4 Gegenüber dieser Rechtsprechung wurden die beiden neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes als „fundamentaler Bruch mit der traditionellen Rechtsprechung", 285 „Ansatzpunkt für eine prinzipielle und durchgehende Neubestimmung der Schutzzwecke der staatlichen Wirtschaftsaufsicht allgemein" 2 8 6 oder als „Wendepunkt" 2 8 7 mit „Bedeutung weit über die entschiedenen Fälle hinaus" 2 8 8 bezeichnet. Diese Anschauung mag aus rechtsdogmatischer Einschätzung und auch im Hinblick auf zukünftige Entscheidungen zutreffend sein, 2 8 9 ob sie dagegen bereits Einfluß auf die gewerbeaufsichtsbehördlichen Entscheidungen haben, ist zweifelhaft. Dagegen spricht auch, daß die Geltendmachung von Ansprüchen Dritter gerade beim Auskunftsgewerbe weniger wahrscheinlich ist, als dies im Fall des Gewerbetreibenden zu erwarten ist.

dd) Keine Überprüfung der Sachkunde Die aufgrund drohender Amtshaftungsansprüche in bezug auf Gewerbeuntersagungen zurückhaltende Verwaltungspraxis betrifft insbesondere den Versagungsgrund der fehlenden Sachkunde. Es wurde festgestellt, daß mangelnde Sachkunde nur in Ausnahmefällen und unter ganz engen Voraussetzungen zu einer Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit führen kann, sofern die Sachkunde nicht als Erlaubnisvoraussetzung gefordert w i r d . 2 9 0 284

Als Beispiele sind etwa BGHZ, 58, S. 96ff. -Urteil vom 24.01.1972- I I I ZR 166/69; OLG Bremen, NJW 1953, S. 585 (586) -Beschluß vom 13.11.1952- 1 W 244/52; BVerwGE 30, S. 135 (137) -Urteil vom 16.07.1968- I A 5.67 bezüglich der Versicherungsaufsicht; OLG Köln, NJW 1977, S. 2213 -Urteil vom 19.09.1977- 7 U 167/76 bezüglich der Bankenaufsicht zu nennen. Vgl. dazu auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 52; Knaus, S. 43f., 188ff. Drittschützende Amtspflichten wurden aber beispielsweise dann bejaht, wenn sich ein Bürger mit einer Aufsichtsbeschwerde an die Behörden wendet, sich die allgemeinen Aufsichtspflichten also gewissermaßen konkretisiert haben, so etwa BGH, NJW 1961, S. 1347ff. -Urteil vom 24.04.1961- III ZR 40/60. 285

Papier, JuS 1980, S. 265 (267).

286

MüKo-BGB/Papier,

287

Kopf/Bäumler,

NJW 1979, S. 1871.

288

Kopf/Bäumler,

NJW 1979, S. 1873.

289

Zweifelnd allerdings Püttner, JZ 1982, S. 47 (49f.).

290

Kap. 6 C H 2 b.

§ 839 Rdn. 213.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

647

Demzufolge wird es aufgrund der schon allgemein festgestellten Zurückhaltung der Behörden nur in den seltensten Fällen zu einer Gewerbeuntersagung wegen mangelnder Sachkunde kommen. Dies gilt selbst dann, wenn die fehlende Sachkunde nicht nur die ordnungsgemäße Ausübung des Gewerbes beeinträchtigt, sondern auch zu Gefahren für die Allgemeinheit führen kann. Daraus ergeben sich Zweifel, ob das Gewerbeuntersagungsverfahren zur Beseitigung von Mißständen in den verschiedenen Gewerbezweigen ausreicht. Die erforderliche Effizienz im Bereich von Gefahren, die durch fehlende Sachkunde auftreten, hat es jedenfalls nicht.

ee) Unzulänglichkeit der repressiven Wirkung Der entscheidende Grund für die Unzulänglichkeit des Gewerbeuntersagungsverfahrens als Aufsichtsmittel für das Auskunftsgewerbe liegt aber darin, daß es seine Wirkung zumeist erst dann entfaltet, wenn bereits ein Schaden eingetreten ist. 2 9 1 Bei dem hohen Gefährdungspotential des Auskunftsgewerbes ist das Gewerbeuntersagungsverfahren deshalb kein Aufsichtsmittel, das eine präventive Kontrolle des Gewerbes ersetzen kann. Aber auch in der Funktion als repressives Aufsichtsmittel bestehen Bedenken gegen die Effektivität des Gewerbeuntersagungsverfahrens zur Kontrolle des Auskunftsgewerbes. Dies ist damit zu begründen, daß aufgrund der Besonderheiten des Gewerbes Mißstände vielfach nicht bekannt werden. Bei dem von dem Auskunftsgewerbe ausgehenden Gefährdungspotential ist deshalb, neben dem Gewerbeuntersagungsverfahren, eine präventive Kontrolle des Auskunftsgewerbes durch gewerberechtliche Zulassungsvoraussetzungen zu fordern. 292

291

Nach einer Untersuchung von Knaus (S. 45, Fn. 132) ist in den rund 40 im Zeitraum von 1975 bis 1979 in der Zeitschrift „Gewerbearchiv" veröffentlichten Entscheidungen zu Gewerbeuntersagungsmaßnahmen und den durch das Amt für öffentliche Ordnung Kempten im gleichen Zeitraum durchgeführten acht Verfahren nur in höchstens fünf bis sechs Fällen noch kein Schaden eingetreten. 292

Jaromin (Der Kriminalbeamte 1976, Heft 10, Nr. 319, S. 3 [14]) kommentiert diese Tatsache in seinem Plädoyer für eine Erlaubnispflicht im Detektivgewerbe plastisch, in dem er sagt, daß „eine solche Auslese zu Lebzeiten und nicht erst beim Begräbnis erfolgen muß".

648

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

e) Ordnungswidrigkeitentatbestände Die i m Zusammenhang mit der Ausübung des Auskunftsgewerbes möglicherweise relevanten Ordnungswidrigkeitentatbestände der §§ 144 Abs. 1 Nr. 1 lit. f (Betreiben eines Bewachungsgewerbes ohne die erforderliche Erlaubnis), 144 Abs. 2 Nr. 1 (Zuwiderhandlung gegen eine aufgrund von § 38 GewO erlassene Rechtsverordnung) und 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO (Unterlassene oder fehlerhafte Gewerbeanzeige) dienen in erster Linie dem ordnungsgemäßen Ablauf verwaltungsmäßiger Vorgänge, insbesondere der Effektivierung der Aufsichtsmaßnahmen, und nicht selbst unmittelbar der Beseitigung von Mißständen. Da die Aufdeckung der Verwirklichung einer der angeführten Ordnungswidrigkeitentatbestände wiederum selbst erst die Wahrnehmung von Aufsichtsmaßnahmen, etwa der Nachschau oder dem Auskunftsverlangen voraussetzt, ist ihre Wirkung, etwa im Sinne einer Prävention, auf die erfahrungsgemäß selten kontrollierten Gewerbetreibenden nicht hoch einzustufen.

f) Gewerbezentralregister Eine „Unterstützungsfunktion" zugunsten der eigentlichen gewerberechtlichen Aufsichtsmaßnahmen kommt - ebenso wie den Ordnungswidrigkeitentatbeständen - auch dem Gewerbezentralregister zu. Die Eintragungen in das Gewerbezentralregister verfolgen in erster Linie den Zweck, durch die zentrale Erfassung relevanter Entscheidungen den auskunftsberechtigten Behörden für die Verfolgung gewerberechtlicher Ordnungswidrigkeiten und für sonstige gewerberechtliche Entscheidungen, insbesondere auch über Berufszulassungen und -untersagungen, das erforderliche Tatsachenmaterial zur Verfügung zu stellen. 293 Die, abgesehen von der Einrichtung des Gewerbezentralregisters, dezentrale Organisation der Gewerbeaufsicht würde nämlich vorbelasteten Personen ansonsten die Chance einer stetigen Weiterführung ihrer gewerblichen Aktivitäten in anderen Zuständigkeitsbereichen bieten.

293

Fröhler/Kormann § 149 Rdn. 1. Nach der ursprünglichen Planung des Gesetzgebers sollten die Auskünfte zur Vorbereitung einer Verwaltungsentscheidung (§ 150a Abs. 1 Nr. 2 GewO) sogar der ausschließliche Zweck für die Errichtung des Gewerbezentralregisters sein: »Alleiniger Zweck des Gewerbezentralregisters ist, den Gewerbebehörden Tatsachenmaterial an die Hand zu geben, das ihnen einen wirksameren Schutz der Allgemeinheit vor unzuverlässigen Gewerbetreibenden ermöglicht." (BTDrucks 7/626, Anlage 3 zu Nr. 8, S. 33).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

649

Aufgrund der Einholung einer Registerauskunft durch die Verwaltungsbehörde kann die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens nach § 35 GewO erfolgen. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß überhaupt Tatsachen eingetragen sind, was wiederum erst „erfolgreich" durchgeführte Aufsichtsmaßnahmen voraussetzt. Hier zeigen sich schon die Grenzen der Bedeutung des Gewerbezentralregisters, das in seiner Unterstützungsfunktion den gleichen Schwierigkeiten ausgesetzt ist wie die klassischen Aufsichtsmaßnahmen. So überträgt sich etwa auch das Informationsdefizit der Behörden bezüglich der eine gewerberechtliche Aufsichtsmaßnahme begründenden Tatsachen auf die Effektivität des Gewerbezentralregisters als Aufsichtsmittel. Dadurch wird die Bedeutung des Gewerbezentralregisters als Informationsquelle für Tatsachen, die ein Gewerbeuntersagungsverfahren rechtfertigen, eingeschränkt. Gemäß § 150a Abs. 1 Nr. 3 GewO dienen Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister des weiteren zur Vorbereitung von Rechtsvorschriften und allgemeinen Verwaltungsvorschriften. Zu den regelmäßig wiederkehrenden Argumenten gegen die Einführung verschärfter Zulassungsregelungen gehört es, daß Änderungen nicht gerechtfertigt seien, da bei dem betreffenden Gewerbezweig niedrige Eintragungsziffern i m Gewerbezentralregister zu verzeichnen seien. Dies gelte um so mehr, wenn im Vergleich mit Gewerbezweigen, die einer Erlaubnispflicht unterliegen, eine niedrigere Eintragungsziffer vorliege. 2 9 4 M i t 21 Neueintragungen im Jahr 1992 2 9 5 liegt beim Auskunftsgewerbe eine niedrige Eintragungsziffer vor. Gegen die undifferenzierte Anwendung dieses Argumentes auf die verschiedenartigsten Gewerbezweige, die sich nicht nur in ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild, sondern auch in der gewerberechtlichen Regelung unterscheiden, bestehen aber Bedenken. Diese Bedenken resultieren daraus, daß für die Höhe der Eintragungsziffern im Gewerbezentralregister unterschiedliche Faktoren bestimmend sind. Eine generelle Vergleichbarkeit aller Gewerbezweige untereinander scheidet schon aufgrund der unterschiedlichen Regelungen der einzelnen

294

Speziell zum Auskunftsgewerbe: Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr an den Verfasser vom 03.11.1993, Az.: 4033 b - IV 48 712. 295

Übersicht über die Eintragungen im Gewerbezentralregister, Teilregister für natürliche Personen, Stand: 31.12.1992, Tabelle 02, S. 16, Nr. 7201; vgl. auch die Übersicht vom 31.12.1991: 19 Eintragungen.

650

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Gewerbezweige aus. So können etwa bestimmte eintragungspflichtige Tatbestände von erlaubnisfreien Gewerbearten überhaupt nicht erfüllt werden, wie dies für die Ablehnung eines Antrages auf Zulassung sowie Rücknahme oder Widerruf einer erteilten Zulassung gemäß § 149 Abs. 2 Nr. 1 lit. a GewO gilt. Es kann also sogar davon ausgegangen werden, daß sich die Anzahl der Eintragungen für das Auskunftsgewerbe bei Einführung einer Erlaubnispflicht erhöhen würde, da nunmehr für das Auskunftsgewerbe ein eintragungspflichtiger Tatbestand mehr zu berücksichtigen ist, und in einigen Bundesländern sogar erstmals - abgesehen von der beim Auskunftsgewerbe wenig effektiven Anlaßkontrolle - 2 9 6 gewerberechtliche Kontrollen aufgrund der vorgeschlagenen Neuregelung durchgeführt werden müßten. Würde man zur Beurteilung des Vorliegens von Mißständen konsequent nur auf die Anzahl der Gewerberegistereintragungen abstellen, müßte die Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe sofort wieder abgeschafft werden, obwohl Ursache für die Zunahme von Eintragungen in diesem angenommenen Fall die Erhöhung der gewerberechtlichen Überwachungsdichte wäre. Die Regelungs- und Kontrolldichte ist demnach ein wichtiges Kriterium für die Anzahl der Eintragungen i m Gewerbezentralregister. Gerade in bezug auf das Auskunftsgewerbe wurde die gewerberechtliche Überwachung jedoch als unzureichend beurteilt, 297 was gegen die Aussagekraft der Gewerbezentralregisterdaten für die tatsächlich vorliegenden Mißstände im Auskunftsgewerbe spricht. Ein weiteres Kriterium für die Anzahl der Eintragungen im Gewerbezentralregister ist, ob die Mängel durch die Gewerbeüberwachung leicht erkennbar sind. Bei den zehn Gewerbezweigen mit den meisten Neueintragungen im Jahre 1992 handelt es sich um die Güterbeförderung (10.756 Neueintragungen), Gastwirtschaften (5.098), Speisewirtschaften (2.537), Nahrungsmitteleinzelhandel (1.609), Hoch- und Tiefbau (1.353), Speditionen (1.062), Grundstückvertragsvermittlung (1.037), sonstige Bewirtungsstätten (888), Backwarenherstellung (827) und Fleischverarbeitung (727). 2 9 8 Bei keinem der aufgeführten Gewerbezweige bestehen vergleichbare Schwierigkeiten bei der Gewerbeüberwachung wie beim Auskunftsge-

296

Vgl. Kap. 7 B V 2 dd.

297

Kap. 7 B V durchgehend.

298

Übersicht über die Eintragungen im Gewerbezentralregister, Teilregister für natürliche Personen, Stand: 31.12.1992, S. 12.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

651

werbe. Als solche Schwierigkeiten wurden bereits die Manipulationsmöglichkeiten bei der Buchführung, 2 " die Möglichkeiten eine Decknamensliste zu führen 3 0 0 und das fehlende Interesse Geschädigter, den Aufsichtsbehörden Verfehlungen mitzuteilen, 3 0 1 genannt. Als Beispiel für die nur geringe Aussagekraft der Gewerbezentralregisterdaten für die Anzahl der tatsächlich vorliegenden Verfehlungen eignet sich insbesondere der Vergleich der gewerblichen Güterbeförderung, als „Spitzenreiter" bei den Neueintragungen, mit dem Auskunftsgewerbe, bei dem nur eine sehr geringe Eintragungsziffer zu verzeichnen ist. So führten beispielsweise die bayerischen Gewerbeaufsichtsämter i m Berichtsjahr 1992 in 3.880 Unternehmen des Güter- und Personenbeförderungsverkehrs insgesamt 4.371 Überprüfungen (davon 3.508 Kontrollen der gewerblichen Güterbeförderung) durch. Dazu kamen 4.579 Straßenkontrollen von Fahrzeugen, wobei sich 3.962 Kontrollen auf den Güterbeförderungsverkehr bezogen. 3 0 2 Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß i m Jahresturnus Unternehmen sogar mehrfach geprüft wurden. Ein wichtiger Faktor für die hohe Eintragungsziffer bei dem Güterbeförderungsgewerbe ist also, neben der leichten Überprüfbarkeit der Verstöße (Kontrolle von mechanisch aufgezeichneten Lenk- und Ruhezeiten), auch die hohe Kontrolldichte in diesem Gewerbezweig. In bezug auf das Auskunftsgewerbe, für deren Kontrolle nicht die Gewerbeaufsichtsämter, sondern die allgemeinen Ordnungsbehörden zuständig sind, wurde dagegen festgestellt, daß die Überprüfungen einerseits schwierig durchzuführen sind und andererseits nur in unzulänglichem Maße durchgeführt werden. So finden laufende gewerberechtliche Kontrollen des Auskunftsgewerbes aufgrund fehlender landesrechtlicher Ermächtigung in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen überhaupt nicht statt. In anderen Bundesländern 3 0 3 ließ sich aufgrund Personalmangels nicht einmal der per Verwaltungsvorschrift angeordnete Überprüfungsturnus von etwa drei Jahren einhalten. 2

*> Kap. 7 B V 2 a .

300 3

Kap. 7 B V 2 a .

° i Kap. 7 B V 2 d dd.

302

Jahresbericht der Gewerbeaufsicht des Freistaates Bayern 1992, herausgegeben vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung, RB-Nr. 10/93/4, S. 47f. 303 Vgi t Kap. 7 B V 1 zu dem Beispiel der Gewerbeüberwachung in Hamburg.

652

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

U m das Gefährdungspotential eines Gewerbezweiges zutreffend beurteilen zu können, müßten also vergleichbare Überwachungsvorschriften, vergleichbare tatsächliche Überwachungsmöglichkeiten und eine vergleichbare Kontrolldichte bestehen und die Anzahl der Gewerbezentralregistereintragungen müßte in Relation zu der Anzahl der Gewerbetreibenden in dem betreffenden Gewerbezweig gesetzt werden. Untersuchungen oder Erhebungen, die diesen Anforderungen gerecht werden, existieren allerdings nicht. Der Hinweis darauf, daß bei erlaubnispflichtigen Gewerbezweigen mehr Eintragungen vorliegen als bei erlaubnisfreien, kann demnach nicht pauschal als Argument gegen die Wirksamkeit von Zulassungsregelungen angeführt werden. Eine Vergleichbarkeit anderer Gewerbezweige mit dem Auskunftsgewerbe in bezug auf die Anzahl der Gewerbezentralregistereintragungen ist aufgrund unterschiedlicher rechtlicher und tatsächlicher Voraussetzungen nicht möglich. Es ist vielmehr zur Beurteilung des Gefährdungspotentials auf Erfahrungswerte zurückzugreifen, und diese sprechen beim Auskunftsgewerbe für eine wesentlich höhere Zahl von Verfehlungen. Daraus ergibt sich, daß das Gewerbezentralregister seiner Funktion, durch Bereitstellung tatsächlichen Materials zur Vorbereitung von Rechtsvorschriften und allgemeinen Verwaltungsvorschriften beizutragen, nicht in hinreichendem Maße gerecht wird. Insbesondere kann durch die Zahl der vorhandenen Eintragungen nicht auf die tatsächliche Anzahl von Verfehlungen zurückgeschlossen werden.

3. Gewerbeaufsicht keine Alternative zur Erlaubnispflicht Nach der Darstellung der tatsächlich geleisteten und rechtlich möglichen Gewerbeaufsicht ist festzustellen, daß gewerbeaufsichtsrechtliche Maßnahmen beim Auskunftsgewerbe eine Erlaubnispflicht nicht ersetzen können. Es bestehen Bedenken gegen den tatsächlichen Umfang und die rechtlichen Möglichkeiten der Gewerbeaufsicht. Diese Bedenken richten sich nicht nur gegen einzelne gewerbeaufsichtsrechtliche Maßnahmen. Vielmehr entspricht auch die Regelungstechnik bei den für das Auskunftsgewerbe geltenden besonderen Überwachungsvorschriften nicht den Anforderungen an eine effektive Gefahrenabwehr. Die Wirksamkeit der aufgrund § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO erlassenen landesrechtlichen Rechtsvorschriften ist nämlich aufgrund des überregionalen Tätigkeitsbereiches von Auskunfteien und Detekteien begrenzt. U m eine

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

653

effektive Gewerbeaufsicht zu erreichen, müßten bundesweit geltende, günstiger noch bundeseinheitliche Überwachungsvorschriften geschaffen werden. 3 0 4 Für eine bundeseinheitliche Regelung fehlt aber die Übereinstimmung zwischen den Ländern aufgrund derer der Erlaß inhaltsgleicher Regelungen erreicht werden könnte. Allerdings würde auch die bundeseinheitliche Regelung intensivierter Überwachungsvorschriften nichts an der Notwendigkeit der Einführung strengerer gewerberechtlicher Zulassungsregelungen ändern, wie bei der Darstellung der aufsichtsrechtlichen Einzelmaßnahmen gezeigt wurde. 3 0 5 Selbst die gegenüber den sonstigen lediglich anzeigepflichtigen Gewerbezweigen intensivierten Überwachungsmöglichkeiten reichen zur Kontrolle der Unternehmen des Auskunftsgewerbes nicht aus. Die Bedenken gegen die Effektivität der Gewerbeüberwachung fordern eine alternative Lösungsmöglichkeit. Der Vorschlag, die Effizienz der Gewerbeaufsicht durch eine Erhöhung des Personalbestandes der Gewerbeämter zu verbessern, 306 ist zwar begrüßenswert, kann aber aufgrund fehlender Realisierungsmöglichkeit keine Bedeutung für die Diskussion um die Steigerung der Effizienz der Gewerbeüberwachung haben. Ferner wird eine Beteiligung der Polizei an der Gewerbeaufsicht befürwortet. 307 Dies wird mit der größeren Sachnähe begründet. Durch die Aufgabenüberlastung gerade in diesem Verwaltungsbereich kann dadurch die Wirksamkeit gewerbeaufsichtsrechtlicher Maßnahmen aber ebenfalls nicht entscheidend verbessert werden. Der Trend in den Bundesländern geht vielmehr dahin, die Schutz- und Kriminalpolizei von zusätzlichen Aufgaben zu entlasten. Von diesen Fakten hat der Gesetzgeber auszugehen. Da sich ein von ihm eingesetztes ordnungspolitisches

304

Eine solche bundeseinheitliche Regelung im Bereich der Überwachungsvorschriften wird auch aus Gründen der Eindämmung der Vorschriftenflut befürwortet; vgl. Robinski y S. 80. 305

Kap. 7 B V 2 .

306

Knaus, S. 188; für eine Verstärkung der gewerberechtlichen Kontrollen auch Bericht B M I I, S. 29. 307

Vgl. die Vorschläge bei Mahlberg, S. 253f.; Blum, W+S-Information 1985, Heft 162, S. 11 (15); Steinke, DNP 1986, S. 38 (40) für das Bewachungsgewerbe, bei dem diese Forderung in Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz, im Saarland und in NordrheinWestfalen bereits per Verordnung erfüllt ist. Für eine Beteiligung der Kriminalpolizei bei der Gewerbeüberwachung von Auskunfteien und Detekteien: Neumann, S. 131 f.

654

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Instrument als ineffektiv erweist, sind Änderungen der Gesetzeslage zu fordern. Zu befürworten ist die präventive Kontrolle durch eine Erlaubnispflicht. Als Fazit läßt sich die Untersuchung der Gewerbeüberwachung beim Auskunftsgewerbe deshalb schlagwortartig dahingehend zusammenfassen: Was die Behörden bei der Zulassung verpaßt haben, läßt sich durch eine sonstige Gewerbeüberwachung nicht mehr nachholen.

4. Anhaltspunkte zur Durchführung gewerbeaufsichtsrechtlicher Überprüfungen von Auskunfteien und Detekteien Da die befürwortete Einführung einer Erlaubnispflicht auch beim Auskunftsgewerbe kein Allheilmittel zur Verhinderung von Mißständen ist, ist zu untersuchen, wie den festgestellten gewerbeaufsichtrechtlichen Mängeln abgeholfen werden kann. Aus Kostengründen kann dies nicht durch eine personelle Aufstockung der Aufsichtsbehörden geschehen, so daß als Möglichkeit nur bleibt, die Effizienz der möglichen Kontrollen zu steigern. Da die gewerberechtliche Überprüfung von Auskunfteien und Detekteien von den Aufsichtsbehörden nur selten vorgenommen werden, erscheint es sinnvoll, den Behörden ein aus den Anforderungen der Landesverordnungen zur Überwachung von Auskunfteien und Detekteien einerseits und Erfahrungswerten über häufige Mißstände andererseits zusammengestelltes Überprüfungsschema an die Hand zu geben. Anhaltspunkte für die Zusammenstellung eines solchen Überprüfungsschemas können den Arbeitsbögen zum Vollzug der Auskunftei- und Detekteiverordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr 308 und der Hamburgischen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft 309 entnommen werden. In diesen Arbeitsbögen sind die in den landesrechtlichen Überwachungsverordnungen gestellten Anforderungen an die Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht

308

Entschl. des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 07.06.1967, Nr. 6611 g -1/3- 28842 über die Überwachung von Auskunfteien und Detekteien (WVMB1 Nr. 8/1967 S. 89), Anlage (Arbeitsbögen zum Vollzug der Auskunfteiund Detekteiverordnung). 309

Fachliche Weisung W/G Nr. 2/80 vom 26.03.1980 (Betreff: Auskunfteien und Detekteien) der Hamburgischen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft Amt für Wirtschaft - an die Bezirksämter, Anlage (Arbeitsbögen für die Prüfung nach der Auskunftei- und Detekteiverordnung).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

655

von Auskunfteien und Detekteien i m einzelnen aufgeführt. Über diese sich aus den landesrechtlichen Verordnungen unmittelbar ergebenden Prüfungspunkte hinaus sind aber des weiteren in das Überprüfungsschema noch solche Merkpunkte aufzunehmen, die nach Erfahrungswerten bei Auskunfteien und Detekteien häufiger auftretende Mißstände betreffen bzw. zur Aufdeckung von Mißständen führen können. Zu denken ist dabei unter anderem an folgende Prüfungspunkte:

-

Wird neben der angezeigten Gewerbetätigkeit noch ein weiteres (erlaubnispflichtiges) Gewerbe, wie etwa Bewachung, Rechtsberatung oder Inkassotätigkeit, betrieben und liegt die erforderliche Erlaubnis vor? Liegen Erlaubnisse für i m Einsatz befindliche Waffen vor? Wurde die datenschutzrechtliche Meldepflicht nach § 32 BDSG erfüllt? Sind Verstöße gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften (§ 4 UWG) festzustellen? Geben die Ermittlungen zu Beanstandungen Anlaß? Verfügt zum Beispiel der Gewerbetreibende über Unterlagen, die möglicherweise auf unrechtmäßige Weise erlangt worden sind (Bundeszentralregisterauszüge, Behörden- und Gerichtsakten)? Wurden den Auskünften/Berichten an den Auftraggeber veraltete Tatsachen zugrundegelegt? Sind die Ermittlungsunterlagen vollständig vorhanden, die in der Auskunft/dem Bericht an den Auftraggeber verwertet wurden? Sind die Zahlungen des Auftraggebers nach Art, Betrag und Datum festgehalten? Wurden auch Zahlungen für sogenannte „Vertrauensspesen" aufgezeichnet? Werden bei Auskunfteien Anfragegutscheine von Auskunfteien gegen vorhergehende Bezahlung ausgegeben? Bietet der Betrieb nach Größe und Organisation die Gewähr dafür, daß diese Anfragegutscheine auch eingelöst werden können? Enthalten Auskünfte zu weitgehende Daten (erweiterte Melderegisterauskünfte in Online-abrufbaren Auskünften)?

Diese Aufzählung einzelner Prüfungskriterien erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern ist vielmehr nach den Erfahrungswerten der Aufsichtsbehörden gegebenenfalls zu erweitern oder einzuschränken. Befürwortet wird dabei auch ein Erfahrungsaustausch mit den Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich.

656

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

5. Kontrollmöglichkeiten außerhalb des Gewerberechts Neben die gewerberechtlichen Überwachungsmaßnahmen treten noch andere Kontrollmechanismen, zum Teil rechtlicher und zum Teil gesellschaftlicher Art. Wenn sich aus deren Zusammenwirken eine effektive Überwachung ergeben würde, die zu einer Verminderung der von dem Auskunftsgewerbe ausgehenden Gefahren führen würde, könnte gegebenenfalls die aufgrund der bisherigen Untersuchungen als erforderlich anzusehende Verschärfung der Zulassungsregelungen für das Auskunftsgewerbe entfallen. A u f die außerrechtlichen Kontrollen kommt es für die Frage einer Gesetzesänderung insofern an, als eine Verschärfung der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen nur bei tatsächlich festzustellenden Mißständen bejaht werden kann, gegen die kein effizientes Gegenmittel gegeben ist. Zu untersuchen ist also, ob die verschiedenen Kontrollmechanismen außerhalb des Gewerberechts den festgestellten Defiziten bei der Gewerbeaufsicht in ausreichendem Maße abhelfen.

a) Straf- und polizeirechtliche Kontrolle Polizei- und Strafrecht bieten hinreichende theoretische Möglichkeiten um mißbräuchlichen Praktiken im Auskunftsgewerbe begegnen zu können. 3 1 0 Diese liegen im Polizeirecht etwa in den Generalermächtigungen für ein behördliches Einschreiten. 311 I m Strafrecht sind, neben der Abschrekkungswirkung der einzelnen Straftatbestände, das Berufsverbot gemäß § 70 StGB und das vorläufige Berufsverbot gemäß § 132a StPO als Mittel der Kontrolle von Mißständen i m gewerblichen Bereich zu nennen. In der Praxis stellen sich aber die gleichen Probleme wie bei der Gewerbeaufsicht, denn auch in diesem Bereich werden präventives wie repressives Einschreiten häufig an mangelnder Kenntnis der Behörden von der tatbestandsmäßigen Situation scheitern. Auch hier verhindert das fehlende Interesse der Betroffenen an polizeilichem Schutz oder strafrechtlicher Ver-

310

Für den Bereich des Strafrechts: Geerds, W+S-Information 1980, Heft 148, S. 171

(174). 311

§ 3 PolG BW; Art. 11 BayPAG; § 14 BlnASOG; § 13 OBG Bbg und § 12 VGPolG Bbg; § 10 BremPolG; § 3 HmbgSOG; § 11 HSOG; Teil V I I I Nr. 1 VorlPolG MV; § 11 NdsSOG; § 14 OBG NW und § 8 PolG NW; § 9 PVG RhPf; § 8 SPolG; § 3 SächsPAG; § 13 SOG LSA; § 172 LVwG SchlH; § 12 ThürPAG.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

657

folgung eine höhere Wirksamkeit des Polizei- und Strafrechts als Kontrollmittel des Auskunftsgewerbes, speziell der Detekteien. 312 So wird auch allgemein die Kontrolle durch das Strafrecht als nicht ausreichend angesehen, 3 1 3 denn sie kann zwar reagierend Sanktionen verhängen, aber eingetretene Schäden können weder rückgängig gemacht noch kompensiert werden. Das Strafrecht nimmt also nur eine unterstützende Funktion wahr, und selbst in dieser Funktion ist seine Aufgabenwahrnehmung durch die Besonderheit, daß bei den durch Detektive geschädigten Personen vielfach kein Strafverfolgungsinteresse besteht, eingeschränkt.

b) Datenschutzrechtliche

Kontrolle

aa) Kontrollmöglichkeiten nach dem BDSG Wichtige, in erster Linie Auskunfteien betreffende Kontrollmaßnahmen sieht das Bundesdatenschutzgesetz vor. Die datenschutzrechtlichen Kontrollmaßnahmen unterteilen sich in Eigenkontrolle (durch die speichernde Stelle), Selbstkontrolle (durch die Betroffenen) und Fremdkontrolle (durch die regional zuständige Aufsichtsbehörde). Die primäre Kontrollfunktion kommt der Eigenkontrolle zu. Deren Effektivität setzt aber voraus, daß die speichernde Stelle ausreichend um den Datenschutz bemüht ist. 3 1 4 Die Maßnahmen der Eigenkontrolle, wie die Verpflichtung der Mitarbeiter auf die Geheimhaltung (§ 5 BDSG), die Einhaltung verschiedener organisatorischer Maßnahmen (§ 9 BDSG) und die Unterstützung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten (§ 36 BDSG), liegen in der unternehmerischen Verantwortung. Ihre Durchführung hängt von Kenntnissen und Zuverlässigkeit des Betreibers der speichernden Stelle ab. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, geht die Eigenkontrolle ins Leere. Dies läßt sich am Beispiel des betrieblichen Datenschutzbeauftragten zeigen. Zwar räumt § 36 BDSG dem Datenschutzbeauftragten eine durchaus eigenständige Rechtsposition in dem datenverarbeitenden Unternehmen ein, aber es ist von den theoretischen Vorgaben nicht ohne weiteres auf die tatsächliche Praxis zu schließen. Das Bundesdatenschutzgesetz trifft keine

312

Vgl. Kap. 2 B I I 7 a.

313

Battis/Gusy,

314

Müller/Wächter,

42 PeUert

Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Teil, Einl. (S. 196). S. 55.

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7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Regelung über die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses aufgrund dessen der Beauftragte für den Datenschutz tätig werden soll. Möglich ist also sowohl, daß ein Arbeitnehmer des Unternehmens zum Beauftragten für den Datenschutz bestellt wird (interner Datenschutzbeauftragter), als auch die Bestellung eines freien Mitarbeiters (externer Datenschutzbeauftragter). 315 In beiden Fällen sind Interessenkonflikte vorprogrammiert. Der interne Datenschutzbeauftragte soll in seinem eigenen Betrieb zum Teil die Interessen betriebsfremder Personen vertreten und durchsetzen. Hier besteht ein natürlicher Interessenkonflikt, der auch nicht durch die Einräumung einer starken Rechtsposition des Datenschutzbeauftragten innerhalb des Betriebes ausgeräumt werden kann. Zudem - und dies gilt auch und besonders für den externen Datenschutzbeauftragten - liegt es nicht im Interesse des Arbeitgebers, den Datenschutzbeauftragten die von § 36 Abs. 5 BDSG vorgesehene Unterstützung auch tatsächlich in ausreichendem Maß zukommen zu lassen. Demzufolge ist die Bedeutung des Datenschutzbeauftragten für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung bei Auskunfteien nicht hoch einzuschätzen. Auch die Funktion der Selbstkontrolle durch Geltendmachung von Auskunfts-, Berichtigungs-, Sperrungs- und Löschungsansprüchen setzt weitgehend eine Mitwirkung der speichernden Stelle voraus, denn der Betroffene ist darauf angewiesen, daß die speichernde Stelle ihn über die Tatsache der Speicherung von Daten zu seiner Person bei der erstmaligen Datenübermittlung unterrichtet. Insofern handelt es sich bei der Eigen- und Selbstkontrolle gerade nicht um Maßnahmen, die eine Zuverlässigkeitsprüfung und einen Sachkundenachweis ersetzen können, vielmehr setzen diese beiden datenschutzrechtlichen Kontrollmechanismen gerade Zuverlässigkeit und Sachkunde voraus. U m sicherzustellen, daß die datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden, ist also eine effektive Fremdkontrolle erforderlich. Die Effizienz der aufsichtsbehördlichen Kontrolle ist aber dadurch eingschränkt, daß in der Prüfungspraxis der Prüfungstermin vorher im Einvernehmen mit der datenverarbeitenden Stelle festgelegt, bzw. die datenverarbeitende Stelle zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert w i r d . 3 1 6 „Überraschungs-

315 31

Auernhammer § 36 Rdn. 22; Ordemann/Schomerus/Gola

* Ordemann/Schomerus/Gola Wedler, RDV 1992, S. 221 (224).

§ 36 Anm. 3.1.

§ 38 Anm. 2.4; Grell, W+S 1980, S. 466 (467);

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

659

Prüfungen" werden dagegen nur i m Rahmen der Anlaßaufsicht durchgeführt. 3" Zudem ist die Kontrolleffektivität bei den kleinen Auskunfteien und den Großauskunfteien unterschiedlich. So werden vielfach Absprachen der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich mit dem Verband der Handelsauskunfteien getroffen, dem jedoch nur vier Großauskunfteien angehören. 318 Absprachen mit den zum Großteil nicht verbandsmäßig organisierten Kleinauskunfteien erfolgen dagegen nicht. Dies mindert die Bedeutung der datenschutzrechtlichen Kontrolle erheblich, denn gerade bei den Kleinauskunfteien wurden von den Aufsichtsbehörden durchweg schlechtere Rechtskenntnisse festgestellt, die zum Teil auch dazu führten, daß kleinere Auskunfteien erst gar nicht ihrer datenschutzrechtlichen Anmeldepflicht nachkamen 319 und so der datenschutzrechtlichen Kontrolle gänzlich entzogen waren. Dies wiederum mindert die Bedeutung des aufsichtsbehördlichen Registers der Datenschutzbehörden als Aufsichtsmittel der Fremdkontrolle. Auch für dieses Register gilt, daß es in seiner Funktion nur so gut sein kann, wie die zu Registereintragungen führenden Aufsichtsmaßnahmen. Neben den geschilderten Defiziten bei der Eigen- und Selbstkontrolle bestehen bei der datenschutzrechtlichen Aufsicht also die gleichen Schwierigkeiten wie bei der Gewerbeaufsicht. Dies gilt auch für die Intensität der Kontrollmaßnahmen. Von den Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich wird nämlich ebenfalls beklagt, daß aufgrund der schlechten personellen Ausstattung 320 ihrer Behörden nur eine 31

? Grell, W+S 1980, S. 466 (467).

318

Tätigkeitsbericht des Innenministeriums Baden-Württemberg als Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vom September 1985, S. 69; Schreiben des Innenministeriums Baden-Württemberg an den Verfasser vom 24.08.1993, Az.: 2-0553; Schreiben des Innenministers des Landes Mecklenburg-Vorpommern an den Verfasser vom 26.08.1993, Az.: I I 222-253.19); vgl. zum Verband der Handelsauskunfteien Kap. 2 B I 2. 319

Schreiben verschiedener Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich an den Verfasser: Bayerisches Staatsministeriums des Innern (vom 27.08. 1993, Az.: IG3-1081.2); Ministerium des Innern des Landes Brandenburg (vom 13.08. 1993, Az.: 1.6-41-20); Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz vom 20.08.1993, Az.: 315/190-19/0; Regierungspräsidium Darmstadt (vom 10.09.1993, Az.: IV/41-3 04/05-201/93). 320 Ygi dazu insbesondere die Tätigkeitsberichte des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten: 1. Tätigkeitsbericht vom 01.01.1983, S. 16ff.; 2. vom 01.01.1984, S. 6;

660

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

unzulängliche Prüfungspraxis möglich ist und Unternehmen nur in mehrjährigem Rhythmus überprüft werden können. 3 2 1

bb) Erweiterung der datenschutzrechtlichen Aufsichtsbefugnisse Hauptsächliches Defizit der datenschutzrechtlichen Aufsicht sind die fehlenden Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden. So steht es der Durchsetzung datenschutzrechtlicher Belange entgegen, daß Verstöße hinsichtlich der Fragen zulässiger Datenverarbeitung, rechtmäßiger Auskunftserteilung sowie der Verpflichtung zur Berichtigung, Sperrung und Löschung von Daten von der Aufsichtsbehörde lediglich beanstandet werden, nicht aber durch verbindlichen Verwaltungsakt abgestellt werden können. Das Bundesdatenschutzgesetz erlaubt in § 38 Abs. 5 BDSG die Untersagung einzelner Verfahren nur als ultima ratio bei schwerwiegenden Mängeln technischer oder organisatorischer Art, insbesondere wenn damit eine besondere Gefährdung von Persönlichkeitsrechten verbunden ist. Diese Anordnungsbefugnis ist als nicht ausreichend zu bewerten, deshalb soll hier eine weitergehende Ermächtigungsgrundlage vorgeschlagen werden. Diese könnte etwa lauten: „Zur Gewährleistung des Datenschutzes nach diesem Gesetz und anderen Vorschriften über den Datenschutz kann die Aufsichtsbehörde anordnen,

3. vom 01.01.1985, S. 5; 5. vom 01.01.1987, S. 5; 6. vom 01.01.1988, S. 12; 7. vom 01.01.1989, S. 8; 10. vom Januar 1992, S. 12. Vgl. zur personellen Ausstattung der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz auch 1. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 27.08.1988, LTDrucks 12/3069, S. 51. 321

Vgl. 4. Jahresbericht des Bremischen Landesbeauftragten für den Datenschutz vom 31.03.1982, LTDrucks 10/800, S. 57; ders., 11. Jahresbericht vom 31.03.1989, S. 7; 1. Tätigkeitsbericht des Sächsischen Datenschutzbeauftragten vom 31.03.1993, S. 30; Wedler, RDV 1992, S. 221 (224). Vgl. auch 11. Tätigkeitsbericht des Landesdatenschutzbeauftragten Niedersachsen vom Februar 1993, S. 217, 223f.: „Der größte Anteil an Firmen ist seit 1978 aber erst zweimal geprüft worden. Über ein Viertel aller Firmen war Anfang 1992 noch überhaupt nicht geprüft worden. ... Mit den im Jahr 1992 durchgeführten 21 Prüfungen ist bei der jetzigen Personalsituation die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Berücksichtigt man die Gesamtzahl von 214 gemeldeten Firmen, so ergibt sich ein durchschnittlicher Zeitabstand zwischen zwei Prüfungen von etwa 10 Jahren, der wahrscheinlich noch wachsen wird, wenn die Dunkelziffer der nicht gemeldeten Firmen verringert werden kann. Dieser Prüfungsrhythmus ist leider viel größer, als die in den Verwaltungsvorschriften zum BDSG a. F. aufgeführten drei bis fünf Jahre."

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

661

daß Zustände und Verfahren abgestellt werden, die diesen Vorschriften widersprechen." Durch eine solche Vorschrift kann verhindert werden, daß die Aufsichtsbehörden bei der Kontrolle derselben Auskunfteien immer wieder dieselben datenschutzrechtlichen Verstöße beanstanden müssen. 322 Derartige aufsichtsbehördliche Ermächtigungen sind durchaus auch kein Fremdkörper i m Rechtssystem, vielmehr finden sich Parallelen etwa bei der Kartellaufsicht (§ 37a GWB) oder der Gewerbeaufsicht (§ 35 GewO). Die vorgeschlagene Änderung würde darüber hinaus den zu erwartenden EGrechtlichen Vorgaben entsprechen, denn der Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr 323 sieht ebenfalls eine Erweiterung der aufsichtsbehördlichen Befugnisse vor. So räumt der Entwurf der EG-Kommission den Kontrollbehörden Eingriffsbefugnisse ein, wie die Anordnung der Sperrung oder Löschung von Daten, das vorläufige oder endgültige Verbot einer Verarbeitung sowie die Vernichtung eines Datenträgers. U m sowohl die datenschutzaufsichtsrechtliche als auch die gewerbeaufsichtsrechtliche Überwachung zu effektivieren, soll hier ein weiterer Änderungsvorschlag unterbreitet werden, der die Kooperation beider Aufsichtsformen betrifft. Die Tätigkeitsberichte der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich enthalten regelmäßig Feststellungen über Auskunfteien und Detekteien, die auch gewerberechtliche Maßnahmen rechtfertigen würden. Da diese festgestellten Erkenntnisse jedoch überwiegend nicht an die für die Gewerbeaufsicht zuständigen Behörden weitergemeldet werden, 3 2 4 bleiben diese Erkenntnisse der für datenschutzrechtliche Fragen besonders qualifizierten Aufsichtsbehörden für die Beurteilung gewerbeaufsichtrechtlicher Maßnahmen ungenutzt. Dies kann am Beispiel der Stadt

322 Vgl e t w a 6 Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1988, S. 145. 323 Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr vom 16.10.1992, ABl Nr. C 311/30. 324

Vgl. Kap. 7 B V 2 d aa.

662

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Hamburg belegt werden. Hier teilte die Wirtschaftsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg mit, daß keine gravierenden Mißstände bekannt geworden seien, 3 2 5 während die Tätigkeitsberichte des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten sich regelmäßig mit datenschutzrechtlichen Verstößen von Auskunfteien auseinandersetzen. 326 Soweit die Auffassung vertreten wird, daß die Datenschutzaufsichtsbehörden befugt sind, die für die Gewerbeaufsicht zuständigen Behörden über festgestellte Rechtsverletzungen zu unterrichten, 327 findet diese Auffassung in der Praxis keine Bestätigung. Vielmehr erfolgt nach den Ergebnissen einer Anfrage bei den obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich eine solche Datenweitergabe nicht 3 2 8 und wird zum Teil sogar ausdrücklich als unzulässig angesehen. 329 Somit ist zumindest zur Klarstellung der Rechtslage eine entsprechende Ergänzung des Bundesdatenschutzgesetzes zu befürworten. Zudem umfaßt die gewerberechtliche Kontrolle aufgrund der landesrechtlichen Verordnungen über die Buchführungs- und Auskunftspflicht nicht die Prüfung datenschutzrechtlicher Rechtsverstöße, so daß gewerberechtliche Maßnahmen aufgrund datenschutzrechtlicher Verstöße im Auskunftsgewerbe weitgehend ausscheiden. Da es sich bei den datenschutzrechtlichen Vorschriften aber um wesentliche, insbesondere von den Auskunfteien zu beachtende Bestimmungen handelt, kann diese Prüfungspraxis nicht hingenommen werden. Zur Abhilfe sind zwei Lösungsmöglichkeiten denkbar. Bei den Aufsichtsbehörden für den Datenschutz wird eine Ausdehnung der gewerberechtlichen Überwachung auf datenschutzrechtliche Belange vorgeschlagen. 330 Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Vielmehr

325

Schreiben an den Verfasser vom 20.10.1993, Az.: WB 43/717.825-1-.

326

Vgl. dazu Kap. 7 B I I 2 a.

327

Ordemann/Schomerus/Gola

328

Vgl. Kap. 7 V 2 d aa.

§ 38 Anm. 8.

329 Schreiben des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten an den Verfasser vom 17.08.1993, Az.: D60/50.01-02.

330 Vgl. 5. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 19.08.1992, LTDrucks 13/2650, S. 11: „Eine entsprechende Änderung der Auskunftei- und Detekteiverordnung ist darüber hinaus wünschenswert und steht zu erwarten."

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

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ist eine bereichsspezifische Ermächtigung zu schaffen, die eine Datenweitergabe der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz i m nicht-öffentlichen Bereich an die zuständigen Gewerbebehörden ermöglicht. Diese Lösung bietet den Vorteil, daß die für datenschutzrechtliche Belange qualifizierte und sachnähere Behörde für diese spezifische Aufsicht allein zuständig bleibt und keine aufgrund der knappen personellen Ressourcen abzulehnende Doppelzuständigkeit begründet wird. Gleichzeitig wird aber auch die datenschutzrechtliche Aufsicht durch die vorgeschlagene bereichspezifische Ermächtigung zum Datenaustausch effektiviert, da die (bislang) weitgehend rechtsfolgenlose datenschutzrechtliche Aufsicht faktisch durch die gewerbeaufsichtsrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten verstärkt wird. Daß solche außerhalb des Datenschutzrechtes liegende Sanktionsmöglichkeiten die Einhaltung datenschutzrechtlicher Anforderungen fördern kann, haben Erfahrungen der Aufsichtsbehörden gezeigt. 331 Als bereichsspezifische Ermächtigung zur Datenweitergabe der Datenschutzaufsichtsbehörden an die für die Gewerbeaufsicht zuständigen Behörden wird eine Ergänzung von § 38 Abs. 7 BDSG mit folgendem Wortlaut vorgeschlagen: „Die Aufsichtsbehörde übermittelt der für die Gewerbeüberwachung zuständigen Behörde i m Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen das Ergebnis der Überprüfung nach den Absätzen 1 und 2 dieser Vorschrift." Zur datenschutzrechtlichen Kontrolle nach der gegenwärtigen Rechtslage ist festzustellen, daß sie kein Ersatz für gewerberechtliche Zulassungsvoraussetzungen darstellt, sondern daß einzelne Kontrollmaßnahmen sogar Zuverlässigkeit und Sachkunde des Gewerbetreibenden voraussetzen. Auch die vorgeschlagenen Neuerungen können keine gewerberechtliche Erlaubnispflicht ersetzen, sie dienen vielmehr dazu, die insgesamt nicht ausreichende Kontrolle der laufenden Gewerbeausübung zu effektivieren.

331

Bericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung zur Datenschutzkontrolle in der Wirtschaft vom 20.12.1984, S. 36, nach dem die Pflicht zur Aussonderung veralteter Daten bei Mitteilungen aus dem Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO besser befolgt wurde, „offenbar, weil die Auskunfteien anderenfalls vom Bezug dieser Mitteilungen ausgeschlossen werden können".

664

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

c) Verbandsrechtliche

Kontrolle

Bei Auskunfteien und Detekteien kann als Kontrollmöglichkeit auch die Verbands- bzw. Vereinsaufsicht angeführt werden, wobei dem Verbandswesen bei den Detekteien größere Bedeutung zukommt, während insbesondere bei den Großauskunfteien die Unternehmens- und betriebsinterne Kontrolle größeres Gewicht hat. Bei einer vereinsrechtlichen Selbstkontrolle, die etwa über die Aufnahmebedingungen der Verbände und ein Vereinsdisziplinarrecht realisiert werden kann, stellt sich speziell bei den Detekteien das Problem, daß nur wenige Detektive Verbänden angehören, da eine Zwangsmitgliedschaft nicht besteht. Stellt ein Verband zu strenge Aufnahmebedingungen oder Disziplinartatbestände auf, so verzichten die Antragsteller eben auf eine Mitgliedschaft bzw. verlassen die Mitglieder den Verband. 332 Bei einem auf freiwilliger Basis bestehenden Verbandswesen ohne Zwangsmitgliedschaft ist die Einführung eines Disziplinarrechtes im klassischen Sinne, etwa vergleichbar der Ehrengerichtsbarkeit bei Rechtsanwälten, nicht durchsetzbar. Die bisherige Praxis hat vielmehr gezeigt, daß restriktive Satzungen einzelner Verbände gerade die Entstehung von Konkurrenzverbänden begünstigt hat, so daß die strenge verbandsrechtliche Kontrolle unterlaufen werden konnte. Deshalb ist bei solchen verbandsrechtlichen Maßnahmen die Kontinuität der Überwachung nicht gesichert. Auch die Selbstkontrolle durch berufsständische Einrichtungen bewirkt somit keine ausreichende Kontrolle der Tätigkeit von Auskunftsunternehmen, da sich selbst das äußerste Mittel, nämlich der Verbandsausschluß, als nicht effektiv erweist.

d) Unternehmens- und betriebsinterne

Kontrolle

Eine formale Einwirkungs- und Überwachungsmöglichkeit besteht bei den vereinsrechtlich organisierten Wirtschaftsauskunfteien in der Mitarbeit in dem Organ „Mitgliederversammlung", denn dieses Organ wird von der Gruppe der Anfrager (=Mitglieder) gebildet. 3 3 3 Ansonsten liegt die innerbetriebliche Überwachung als typische Führungsaufgabe bei der Geschäftsleitung. In größeren Unternehmen, wie etwa

332

Vgl. dazu Wirsching,

333

Poer ting y S. 152.

Bd. 2, S. 420.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

665

den führenden Wirtschaftsauskunfteien, wird die Überwachung von einer speziellen Revisionsabteilung wahrgenommen. In welchem Umfang und mit welcher Regelmäßigkeit eine solche innerbetriebliche Überwachung durchgeführt wird, entzieht sich einer Beurteilung durch Externe. Ihre Effizienz hängt von der Zuverlässigkeit, der Sachkunde und nicht zuletzt von den finanziellen Möglichkeiten des Unternehmers ab. Soweit Großauskunfteien eigene Revisionsabteilungen unterhalten und regelmäßige Mitarbeiterschulungen vornehmen, führt dies zu teilweise zufriedenstellenden Kenntnissen über die Rechtsgrundlagen der Auskunftstätigkeit. Diese Beurteilung bezieht aber nicht die auf Honorarbasis tätigen freien Mitarbeiter der Auskunfteien ein. Insgesamt läßt sich vielmehr feststellen, daß die Art und Weise der Datenbeschaffung, ob durch eigene Rechercheure oder freie Mitarbeiter, nur unzureichend überwacht w i r d . 3 3 4 Bei kleineren Unternehmen wurden von den Aufsichtsbehörden für den Datenschutz i m nicht-öffentlichen Bereich dagegen schlechtere Rechtskenntnisse festgestellt. 335 Bei diesen Unternehmen fehlt es nicht nur an einer betriebsinternen Weiterbildung, sondern auch an einer „Sozialkontrolle" durch andere Mitarbeiter, da bei kleineren Auskunfteien und Detekteien vielfach alle Arbeitsschritte eines Auftrages von einer einzigen Person ausgeführt werden. 3 3 6 So beschreibt etwa das Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen 337 die detektivische Tätigkeit als „überwiegend Alleinarbeit". Gegen die hier bestehenden Gefahren fehlender Kenntnisse und unzureichender Kontrolle richten sich die Erfordernisse einer Zuverlässigkeitsprüfung, eines Nachweises finanzieller Mittel und des Sachkundenachweises.

334

Bericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung zur Datenschutzkontrolle in der Wirtschaft vom 20.12.1984, S. 34. 335

11. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen vom Februar 1993, S. 224; Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern an den Verfasser vom 27.08.1993, Az.: IG3-1081.2; Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport an den Verfasser vom 20.08.1993, Az.: 315/190-19/0. 336

Vgl. Kap. 2 B I I 3.

337

Nr. 791a (Detektiv(in), Zugehörige Berufe), S. 13.

666

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

e) Individualschutzrechte

von Betroffenen

I m Hinblick auf die vielfach geforderte Verwaltungsvereinfachung und das allgemeine Subsidiaritätsprinzip wird angestrebt, daß sich die Verbraucher durch eine Stärkung ihrer eigenen Rechtsposition auch eigenverantwortlich vor unsoliden Gewerbetreibenden schützen sollen. 3 3 8 Dies sei mit dem Vorteil verbunden, daß eine gewisse Überwachung der Gewerbetreibenden ohne staatliche Eingriffe erfolgen könne. Beim Auskunftsgewerbe kann der Verbraucher jedoch aufgrund der Besonderheiten des Gewerbes nicht auf seine Individualschutzrechte verwiesen werden. Dies ist beim Detektivgewerbe einerseits damit zu begründen, daß hier das Geheimhaltungsinteresse des Auftraggebers ihn an der Wahrnehmung seiner eigenen Rechte hindern kann. Andererseits ist die Wahrnehmung von Individualschutzrechten den von Ermittlungen oder Auskünften betroffenen Personen vielfach aufgrund fehlender Kenntnis von einem Eingriffstatbestand nicht möglich. Dies schränkt die Möglichkeit, Unterlassungs- oder Wiedergutmachungsansprüche geltend zu machen, erheblich ein. Für die Geltendmachung datenschutzrechtlicher Ansprüche gilt zudem, daß die Kenntnis von Ansprüchen von einer Benachrichtigung durch die Auskunftei, also dem potentiellen Schädiger, abhängig ist. In einer solchen Konstellation, in der die Mängel einer Dienstleistung für den Verbraucher nicht oder kaum erkennbar sind und teilweise von der Mitwirkung des potentiellen Schädigers abhängen, sind die aktuellen Rechtschutzmöglichkeiten wie neu zu schaffende Verbraucherschutzrechte keine Alternative zu einer präventiven Kontrolle durch gewerberechtliche Erlaubnispflichten.

f) Kontrollmöglichkeiten

keine Alternative zur Erlaubnispflicht

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß auch die verschiedenen Kontrollmechanismen außerhalb des Gewerberechts keinen Ersatz für eine vorhergehende Überprüfung von Gewerbetreibenden im Bereich des Auskunftsgewerbes darstellen. Die einzelnen Kontrollmöglichkeiten erfassen nur jeweils bestimmte Leistungsbereiche und sind demnach nicht in der Lage, insgesamt eine Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu gewährleisten. Die für das Auskunftsgewerbe in Frage kommenden Kontrollmechanismen werden ihrem Zweck, den Schutz der Allgemeinheit und den Schutz

338

von Ebner, GewArch 1986, S. 209 (216).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

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der Auftraggeber zu sichern, nicht in ausreichendem Maß gerecht. Eine Sicherstellung der Sachkunde, die sich gemäß ihrer Gefahrenabwehrfunktion auf Inhalt und Reichweite, der den Auskunfteien und Detekteien zustehenden Rechte beschränkt, ist durch keines der angesprochenen Kontrollmittel gewährleistet. Auch die außerhalb des Gewerbeaufsichtsrechts vorhandenen Kontrollmittel ändern somit nichts an der Notwendigkeit einer Verschärfung der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen für das Auskunftsgewerbe.

VI. Unterschiedliche Regelungszwecke von Gewerbeordnung und Berufsbildungsgesetz Für Auskunfteimitarbeiter und Detektive existieren zwar zur Zeit noch keine staatlichen Ausbildungsvorschriften, doch am 04.09.1991 traf der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft die Entscheidung, durch das Bundesinstitut für Berufsbildung staatliche Ausbildungs- bzw. Fortbildungsverordnungen für Detektive nach Maßgabe des § 46 Abs. 2 B B i G vorbereiten zu lassen. 339 Allerdings läßt sich nach Auskunft des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft vom 06.08.1993 340 noch nicht absehen, „ob und ggf. wann und welche Aus- und Fortbildungsregelungen in diesem Bereich erlassen werden". Dennoch ist schon jetzt - unabhängig davon, ob die betreffende Verordnung tatsächlich erlassen wird oder nicht - zu unter-

339

Die Erklärung des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft, abgedruckt bei Kocks, Detektiv-Kurier Dezember 1992, S. 1 (3), lautet: „Die ständige Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder hat den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft um Erlaß einer Rechtsverordnung über die berufliche Fortbildung zum Detektiv auf der Grundlage des § 46 Abs. 2 BBiG gebeten. In ihrer Stellungnahme haben das Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung, der Deutsche Industrie- und Handelstag, sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund mir mitgeteilt, daß sie entsprechend den Beratungen im Koordinierungskreis 'Berufliche Weiterbildung* mit der Erarbeitung einer Fortbildungsverordnung für Detektive einverstanden sind. Ich bitte daher gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 Buchst, a) BerBiFG, zur Vorbereitung einer Regelung der Prüfung zum anerkannten Abschluß 'Geprüfter Detektiv/Geprüfte Detektivin* nach § 46 Abs. 2 BBiG im bewährten Verfahren entsprechende Klärungen zu treffen, und mir als Ergebnis einen Verordnungsentwurf vorzulegen." 340 Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft an den Verfasser vom 06.08.1993, Az.: I I I B 2 - 6215-4/19.

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7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

suchen, ob aufgrund der Einführung eines staatlich anerkannten Ausbildungsabschlusses die nach den bisherigen Feststellungen für erforderlich gehaltene Erlaubnispflicht entbehrlich wäre. Dies ist deshalb erforderlich, weil die Einführung berufsbildender Maßnahmen gegenüber der Verschärfung gewerberechtlicher Zulassungsvoraussetzungen ein milderes Mittel darstellen würde und deshalb gegenüber einer Gewerberechtsänderung Vorrang hätte. Dieser Vorrang besteht aber nur dann, wenn die geplante Fortbildungsordnung die mit der gewerberechtlichen Erlaubnispflicht beabsichtigte Wirkung ebenfalls erzielen würde. Regelungszweck des Berufsbildungsgesetzes ist es, Ziel, Inhalt und Methode der Berufsbildung festzulegen. Die Berufsbildung soll eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die für eine qualifizierte berufliche Tätigkeit notwendigen Fachkenntnisse vermitteln. 3 4 1 Der primäre Regelungszweck der Gewerbeordnung ist dagegen die Gefahrenabwehr. Berufsbildungsrechtliche Maßnahmen können deshalb gewerberechtliche Regelungen nur dann ersetzen, wenn diese in gleicher Effizienz die Gefahrenabwehraufgabe verwirklichen. Dies wäre dann der Fall, wenn die berufsbildungsrechtliche Fortbildungsmöglichkeit ihrem Inhalt nach die von Detekteien ausgehenden Gefahren berücksichtigen würde, sie bereits zu Gewerbebeginn zu absolvieren wäre und sicherstellen würde, daß die Fortbildungsmöglichkeit auch von allen Gewerbetreibenden wahrgenommen würde.

1. Generelles Anforderungsprofil statt speziellem Gefahrenprofil Zunächst ist zu prüfen, ob berufsbildungsrechtliche Ausbildungsordnungen ihrem Inhalt nach den gewerberechtlichen Zweck der Gefahrenabwehr verwirklichen können. Dies wird zunächst abstrakt anhand des Regelungszweckes erörtert, und anschließend wird kurz auf den bisher vorliegenden Entwurf einer Fortbildungsordnung für Detektive eingegangen. I m Berufsbildungsrecht wird durch eine Stellenbeschreibung, die aus der Analyse von Arbeitsvorgängen erstellt wird, ein Anforderungsprofil entwickelt. Dieses Anforderungsprofil (Berufsbild) dient der Auswahl von Lehrinhalten für die Aus- und Weiterbildung der Berufstätigen. Grundlage für die Schaffung von Ausbildungsordnungen ist also das Anforderungs-

341

Vgl. zu den Gründen für die Einführung neuer Ausbildungsordnungen Knopp/Kraegeloh § 46 Rdn. 4; Wohlgemuth/Sarge § 46 Rdn. 4; Hess/Löns, S. 14.

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

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profil an eine bestimmte Berufstätigkeit. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Sachkundenachweisen - soweit diese der Gefahrenabwehr dienen - ist demgegenüber von einem Gefahrenprofil der jeweiligen Tätigkeit auszugehen. Der Inhalt von Ausbildungsordnungen nach dem Berufsbildungsgesetz und der von Sachkundenachweisen im Wirtschaftsverwaltungsrecht können deshalb bei ein und derselben zu regelnden Tätigkeit völlig verschieden sein. 3 4 2 Beispielsweise enthält das Berufsbildungsprogramm der Zentralstelle für die Ausbildung i m Detektivgewerbe, das dem Bundesinstitut für Berufsbildung als Vorlage für das zu erstellende Ausbildungsprogramm nach § 46 Abs. 2 B B i G dient, Themenkomplexe wie Stellung des Detektivs in der Gesellschaft, Wirtschaftskunde, Technik und Ausrüstung, Betrieb einer Detektei und Selbstverteidigung. 343 Damit werden Themen behandelt, die für einen an der Gefahrenabwehraufgabe orientierten Sachkundenachweis aus verfassungsrechtlicher Sicht zu weitgehend sind. Dieser Befund ändert aber nichts daran, daß auch die berufsbildungsrechtlichen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten die für die Gefahrenabwehraufgabe des Gewerberechts entscheidenden Inhalte enthalten können und im Hinblick auf den Ausbildungsinhalt einen gewerberechtlichen Sachkundenachweis ersetzen können. Allerdings wird der erste Entwurf einer Verordnung über die berufliche Fortbildung zum „Geprüften Detektiv/zur geprüften Detektivin" (Detektiv-

342 Dies zeigt etwa das Beispiel des Gaststättengewerbes, bei dem der Sachkundenachweis gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 GaststättenG nur in einem Unterrichtungsnachweis besteht, daß der Antragsteller oder sein Stellvertreter über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann. Dagegen enthält die Verordnung über die Berufsausbildung im Gastgewerbe vom 25.04.1980 (BGBl I S. 468 mit einer Berichtigung in: BGBl I S. 587) für die Ausbildung der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe des Fachgehilfen im Gastgewerbe/Fachgehilfin im Gastgewerbe, Restaurantfachmann/Restaurantfachfrau und Hotelfachmann/Hotelfachfrau neben Anforderungen an die Kenntnis von Arbeitsschutz, Unfallverhütung und Hygiene (§ 5 Nrn. 1, 3; § 13 Abs. 3 lit. g; § 15 Abs. 3 lit. g und Anlagen 1 Nr. 1, 3; 2 Nr. 1; 3 Nr. 1, 4 Nr. 1) sowie die Kenntnis von Gesetzen und Verordnungen aus dem Lebensmittelrecht, insbesondere die für den Betrieb einer Gaststätte notwendigen lebensmittelrechtlichen Vorschriften einschließlich des Gaststättengesetzes (§13 Abs. 3 lit. i, § 15 Abs. 3 lit. i) aber überwiegend Anforderungen an eine art- und kunstgerechte Ausübung des Gewerbes. 343

Berg/Dessau/Kocks,

Berufsbildung für Detektive und Detektivinnen, S. 41.

670

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Fortbildungsverordnung) 344 der in § 8 Abs. 2 selbst gesetzten Aufgabe, den Detektiv in die Lage zu versetzen, seine Tätigkeit auf der Grundlage von Recht und Gesetz auszuüben, nicht gerecht. Der Entwurf dient nicht der Aufgabe der Gefahrenabwehr, sondern der für das Berufsbildungsrecht typischen Funktion der Qualitätsverbesserung. Dies zeigt sich etwa an den vorgeschlagenen Ausbildungsinhalten aus dem Bereich des Besonderen Teils des Strafrechts. Hier sind solche Straftatbestände aufgeführt, zur deren Bekämpfung Detektive eingesetzt werden, nicht aber solche, deren Verwirklichung in Zusammenhang mit der Tätigkeit von Detektiven in Betracht kommen. So fehlen in dem Entwurf der Detektiv-Fortbildungsverordnung etwa die Straftatbestände der §§ 123 (Hausfriedensbruch), 132 (Amtsanmaßung), 132a (Mißbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen), 138 (Nichtanzeige geplanter Straftaten), 164 (Falsche Verdächtigung), 185ff. (Beleidigungsdelikte), 201 (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes), 239 (Freiheitsberaubung), 240 (Nötigung), 253 (Erpressung), 333 (Vorteilsgewährung) und 334 StGB (Bestechung). Des weiteren werden keine Kenntnisse über Anstiftung und Beihilfe, Unterlassungsdelikte, das Rechtsberatungsgesetz, das Gesetz über Fernmeldeanlagen oder aus dem Arbeitsrecht verlangt. Der bislang vorliegende Entwurf einer Detektiv-Fortbildungsverordnung ist also nicht zur Gefahrenabwehr geeignet. Grundsätzlich kann der Inhalt einer berufsbildungsrechtlichen Regelung aber die gewerberechtliche Gefahrenabwehraufgabe erfüllen. Diese abstrakte Betrachtungsweise ist für die Frage entscheidend, ob eine berufsbildungsrechtliche Regelung als milderes Mittel eine neu einzuführende gewerberechtliche Erlaubnispflicht ersetzen kann. Wäre dies der Fall, wäre die Einführung einer gewerberechtlichen Erlaubnispflicht nicht erforderlich. Deshalb kommt es nunmehr darauf an, ob durch die Einführung solcher Berufsbildungsregelungen, die die Gefahrenabwehraufgabe beinhalten, eine Ausbildung aller Gewerbetreibender schon zu Beginn der Gewerbeausübung sichergestellt ist.

2. Fortbildungsmöglichkeit statt Berufszugangsvoraussetzung Die vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft gemäß § 46 Abs. 2 B B i G geplante Rechtsverordnung betrifft nur die berufliche Fortbildung und setzt somit erst zu einem Zeitpunkt ein, in dem die Berufstätigkeit

344

Entwurf abgedruckt bei Kocks, Detektiv-Kurier Dezember 1992, S. 1 (lOff.).

B. Begründung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung

671

bereits begonnen wurde. Diese Fortbildungsmaßnahmen setzen deshalb aus der Sicht der gewerberechtlichen Gefahrenabwehraufgabe zu spät ein. Aber auch die Ausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes ist nicht Voraussetzung um den betreffenden Beruf ausüben zu können. Hierin liegt der entscheidende Grund dafür, daß die Einführung einer Ausbildungsordnung nach dem Berufsbildungsgesetz nichts an dem Erfordernis der Einführung eines gewerberechtlichen Sachkundenachweises ändern kann, denn sowohl bei der Aus- als auch Fortbildung besteht für die Gewerbetreibenden keine Pflicht, die Berufsbildung in Anspruch zu nehmen. Die Einführung der Ausbildungsvorschriften bietet also keine rechtliche Handhabe, um zu verhindern, daß unzuverlässige, unkundige Personen das Detektivgewerbe beginnen. Es ist auch nicht davon auszugehen, daß für Detektive ein faktischer Zwang zur Wahrnehmung von Aus- oder Fortbildungsmöglichkeiten besteht, etwa weil die Auftraggeber nach Einführung einer betreffenden Regelung nur noch geprüfte Detektive beauftragen würden. Zwar kann die staatlich kontrollierte Ausbildung angesichts der im übrigen fehlenden Markttransparenz für potentielle Auftraggeber als ein wichtiges Auswahlkriterium angesehen werden, was insgesamt zu einer gewissen Anhebung des Leistungsstandards in der Detektivbranche führen kann. Problematisch ist aber, daß die „Geprüften Detektive" aufgrund ihrer zeit- und damit kostenintensiven Ausbildung zumeist gegenüber der Konkurrenz ihre Dienstleistungen nur teurer anbieten können, was in einigen Fällen den Marktvorteil durch die staatlich anerkannte Ausbildung wieder relativieren kann. Die Richtigkeit dieser Behauptung wird durch das Beispiel der Verordnung über die Prüfung zum Abschluß „Geprüfte Werkschutzfachkraft" 345 belegt, denn diese Prüfung wurde bis 1990 erst von etwa 5% der Mitarbeiter des Wachund Sicherheitsgewerbes abgelegt. 346 Ein verstärkter Einsatz von Werkschutzfachkräften i m Bewachungsgewerbe scheitert häufig daran, daß viele Kunden nicht bereit sind, deren höheren Lohn zu bezahlen. 347 Deshalb ver-

345

Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluß „Geprüfte Werkschutzfachkraft" vom 20.08.1982 (BGBl I S. 1232). 346 347

Schiffl,

W&S 1990, S. 906 (907).

Bernhardt, Die Polizei 1994, S. 55 (57); Burgwald, Detektiv-Kurier Dezember 1994, S. 1 (4); Olschok-Tautenhahn (Die Polizei 1994, S. 31 [34]) mit dem Hinweis, daß die Kosten für die Geprüfte Werkschutzfachkraft je nach Bundesland zwischen 20 und

672

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

ziehten Unternehmen auf diese Schulung ihrer Mitarbeiter. Gerade in Zeiten, in denen eine starke Nachfrage nach den betreffenden Dienstleistungen besteht, und demzufolge auch neue Anbieter auf den Markt drängen, ist davon auszugehen, daß die freiwillige Aus- oder Fortbildung nicht auf Kosten guter Verdienstmöglichkeiten in Anspruch genommen wird.

3. Berufsbildungsgang keine Alternative zur Erlaubnispflicht Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß berufsbildungsrechtliche Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten einen gewerberechtlichen Sachkundenachweis nicht ersetzen können, da eine Teilnahme freiwillig ist, und die Aufnahme der Gewerbetätigkeit nicht von einer erfolgreichen Prüfungsablegung abhängt. Schließlich hat die Einführung von staatlich anerkannten Ausbildungsmaßnahmen für die Frage der Einführung einer Zuverlässigkeitsprüfung und eines Nachweises finanzieller Mittel im Erlaubnisverfahren ebenfalls keine Bedeutung, denn diese Kriterien sind unabhängig von dem vorhandenen Leistungsvermögen zu beurteilen, so daß an der Forderung nach Einführung einer gewerberechtlichen Erlaubnispflicht festzuhalten ist. Die geplante Einführung einer Fortbildungs-Verordnung für Detektive zeigt aber, daß zunehmend auch der Gesetz- und Verordnungsgeber der wachsenden Bedeutung der Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben durch Private Rechnung trägt. I m Bereich der privaten Sicherheitsdienste wäre die geplante Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluß „Geprüfter Detektiv" die zweite staatliche Ausbildungsverordnung, nachdem 1982 eine Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluß „Geprüfte Werkschutzfachkraft" erlassen worden ist. Die Einführung dieser berufsbildungsrechtlichen Regelung für Detektive ist ausdrücklich zu begrüßen, insbesondere wenn der Inhalt der Ausbildung auch Aspekte der Gefahrenabwehr berücksichtigen würde.

30% über der Vergütung der einfachen Wachleute liegen. Vgl. auch das Fallbeispiel in FAZ vom 17.09.1994, S. 16: „Die Kunden, bei DSW sind es führende Banken und Industriekonzerne, kündigen teilweise Aufträge und verlangen Preisreduzierungen. Diese können sie auch durchsetzen. Denn am Markt herrscht mit immer mehr Anbietern -vom Wachdienst bis zum Geldtransport- ein scharfer Wettbewerb." Umgekehrt stellen Bewachungsunternehmen geprüftes Personal nur in geringer Anzahl ein, damit sie ihre Dienstleistungen billiger anbieten können; siehe Focus, Heft Nr. 22 vom 30.05.1994, S. 74 (75).

D. Änderungsvorschläge

673

Zwar kann nicht behauptet werden, daß der Gesetzgeber durch die Schaffung von Ausbildungsvorschriften die Notwendigkeit auch eines Sachkundenachweises für das Detektivgewerbe erkannt hat, aber die Verordnung macht deutlich, daß Fachkönnen für die Ausübung des Detektivgewerbes erforderlich ist und daß der Gesetzgeber Mißstände im Detektivwesen registriert hat.

C. Bejahung der Erforderlichkeit einer Gesetzesänderung Insgesamt ist festzustellen, daß eine Einführung von gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für das Auskunftsgewerbe zu befürworten ist. Das Auskunftsgewerbe paßt nicht in das Schema der allgemeinen Gewerbefreiheit. Es ist kaum ein Beruf denkbar, der so weitgehende Kenntnisse voraussetzt, deren Nichtvorhandensein zu derart tiefen Eingriffen in die Rechte anderer führen kann, aber ohne jede Ausbildung und ohne eine effektive staatliche Überwachung ausgeübt werden kann.

D. Änderungsvorschläge Aufgrund der empirischen Bestandsaufnahme und der Untersuchung der von Auskunfteien und Detekteien ausgehenden Gefahrenpotentiale sollen einige Anhaltspunkte für die mögliche Ausgestaltung von Zulassungsregelungen in diesen beiden Gewerbezweigen gegeben werden. Dabei ist bei der Ausgestaltung von Sachkundenachweisen zu berücksichtigen, daß es sich dabei um die intensivste Beschränkung i m Rahmen der vorgeschlagenen Erlaubnispflicht handelt. Dies ist nicht nur bei der Frage, ob eine Einführung eines Sachkundenachweises verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist, sondern auch bei der inhaltlichen Ausgestaltung eines Sachkundenachweises zu beachten. Befürwortet wird hier ein an der gefahrenabwehrrechtlichen Regelungsfunktion des Gewerberechts ausgerichteter Sachkundenachweis.

43 Peilert

674

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

I. Erlaubnispflicht mit Zuverlässigkeitsprüfung Aufgrund der besonderen Anziehungskraft des Auskunftsgewerbes für unlautere Personen, der Tatsache, daß die Verwirklichung von Straftaten i m Geschäftsinteresse liegen kann und der besonderen Vertrauensstellung gegenüber den Klienten, ist für das Auskunftsgewerbe eine Zuverlässigkeitsprüfung in die Gewerbeordnung aufzunehmen. Da im Auskunftsgewerbe eine große Fluktuation besteht, und die Schädigungsneigung zu Beginn der Gewerbeausübung überproportional groß ist, ist die Zuverlässigkeitsprüfung als Berufszulassungsvoraussetzung in einem Erlaubnisverfahren vorzunehmen. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Zuverlässigkeitsprüfung ist eine konkrete Ausgestaltung des Begriffes der Zuverlässigkeit nicht notwend i g . 3 4 8 Dies ist damit zu begründen, daß die eine Unzuverlässigkeit begründenden Umstände im Auskunftsgewerbe durchaus offensichtlich sind. 3 4 9 So führen Straftaten zur Versagung der Erlaubnis, wenn sie befürchten lassen, daß sich der künftige Unternehmer bei der Erfüllung seiner Aufträge unlauterer Mittel bedienen wird. Gleiches gilt, wenn Tatsachen darauf hindeuten, daß er von ihm anvertrauten persönlichen oder geschäftlichen Geheimnissen zum Nachteil seiner Auftraggeber Gebrauch machen wird. Diese spezifischen Unzuverlässigkeitstatbestände ergeben sich unmittelbar aus der Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien, so daß es eines ausdrücklichen Hinweises in einer Gesetzesnovellierung nicht bedarf. Bei der praktischen Durchführung der Zuverlässigkeitsprüfung ist ein Auszug aus dem Gewerbezentralregister und eine unbeschränkte Auskunft aus dem Zentralregister einzuholen. Insofern ist eine Erweiterung des § 41 Abs. 1 BZRG erforderlich. Nach der hier vorgeschlagenen Lösung würde die maßgebliche Passage des § 41 Abs. 1 BZRG nunmehr lauten:

348

Beispiele für eine konkrete Ausgestaltung des Zuverlässigkeitskriteriums finden sich etwa in § 34b Abs. 4 Nr. 1; § 4 Abs. 1 Nr. 1 GaststättenG sowie in Rechtsverordnungen, wie etwa in § 1 Abs. 2 der Verordnung über den Zugang zum Beruf des Straßenpersonenverkehrsunternehmers (Berufszugangs-Verordnung PBefG) vom 09.04. 1991 (BGBl I S. 896). 349

So wird auch in § 34a GewO auf die konkrete Nennung von die Unzuverlässigkeit begründenden Umständen verzichtet.

D. Änderungsvorschläge

675

§ 41. Umfang der Auskunft. (1) Von Eintragungen, die in ein Führungszeugnis nicht aufgenommen werden, sowie von Steckbriefnachrichten und Suchvermerken darf unbeschadet der §§42 und 57- nur Kenntnis gegeben werden... 9. den für waffenrechtliche oder sprengstoffrechtliche Erlaubnisse, für die Erteilung von Jagdscheinen oder für Erlaubnisse für das Auskunfts- und Bewachungsgewerbe und die Überprüfung dessen Personals zuständigen Behörden,... Per Verordnung ist dem Gewerbetreibenden des weiteren aufzuerlegen, daß er nur zuverlässige Mitarbeiter beschäftigt, die er vorher der zuständigen Behörde zu melden hat. Dabei ist sicherzustellen, daß auch die Zuverlässigkeit dieser Mitarbeiter vor deren Beschäftigung überprüft wird und nicht erst nach Tätigkeitsbeginn, wie dies bei der Verwaltungspraxis bei § 5 BewachVO der Fall ist. 3 5 0

II. Nachweis finanzieller Mittel Zwar sind Verstöße gegen Berufspflichten durchaus nicht immer die Folge wirtschaftlicher Notlagen, 3 5 1 aber gerade beim Auskunftsgewerbe wurde eine besondere Anfälligkeit für Verfehlungen aufgrund finanzieller Schwierigkeiten des Gewerbetreibenden festgestellt. Dies gilt insbesondere für die Anfangsphase der Gewerbeausübung, in der das Unternehmen noch nicht am Markt eingeführt ist. Bei Auskunfteien spricht für die Einführung eines Nachweises finanzieller Mittel, daß die Einhaltung datenschutzrechtlicher Anforderungen kostenintensiv ist. Beispiele von Verfehlungen aus finanziellen Gründen sind insbesondere eine unzureichende Recherche, 352 das Unterlassen der Mitteilung von der erstmaligen Übermittlung der Daten 3 5 3 und die mehrfach von den Aufsichtsbehörden für den Datenschutz i m nicht-öffentlichen Bereich fest350 35

Zu der Verwaltungspraxis bei § 5 Bewach VO vgl. Pfennig, PFA III, S. 7 (16).

* Vgl. BVerfGE 7, S. 377 (430) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56.

352 353

Mallmann, BB 1980, S. 1020 (1021).

3. Tätigkeitsbericht für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Hessen vom 22.08.1990, LTDrucks 12/7186, S. 9: „In mehreren Fällen mußte die Aufsichtsbehörde feststellen, daß Auskunfteien, die in § 34 Abs. 1 BDSG geforderte Benachrichtigung überhaupt nicht oder nicht in ausreichendem Maße durchgeführt haben. Sie ver-

676

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

gestellte Nichteinhaltung von Sperr- und Löschungsfristen aufgrund eines zu hohen organisatorischen Aufwandes. 3 5 4 Die Erforderlichkeit des Nachweises finanzieller Mittel ergibt sich für das Detektivgewerbe daraus, daß ein Großteil der Privat- und Wirtschaftsdetektive keine regelmäßigen Aufträge erhalten. Dieses Problem stellt sich insbesondere zu Beginn der Gewerbeausübung. Die Forderung nach einer finanziellen Mindestausstattung erscheint aus diesem Grunde für das Detektivgewerbe gegenüber dem Bewachungsgewerbe, bei dem zum Teil längerfristige Vertragsbeziehungen bestehen und damit ein regelmäßiger Verdienst gegeben ist, als noch dringlicher. Dagegen ließe sich folgendes einwenden: Insbesondere bei der Tätigkeit der Privat- und Wirtschaftsdetektive fehlt es zumeist an einem direkten Zugriff auf Vermögenswerte des Auftraggebers. Deshalb verlangt die finanzielle Schädigung des Auftraggebers ein weit höheres Maß an krimineller Energie, nämlich die Ausnutzung der Vertrauensposition des Auftraggebers zu Erpressungen. Solche Einzelfälle können aber ein weiteres einschränkendes Zulassungskriterium nicht rechtfertigen. Bei dieser Argumentation wird aber nicht berücksichtigt, daß über den Weg unkorrekter Honorarabrechnungen, die der Auftraggeber in der Regel nicht nachkontrollieren kann, Vermögensschädigungen des Auftraggebers mit einem weitaus geringeren Maß an krimineller Energie herbeigeführt werden können als etwa Diebstähle von Bewachungspersonal. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, das Erfordernis eines Mittelnachweises in eine neu zu schaffende Zulassungsregelung für Detekteien aufzunehmen. Dabei ist das Erfordernis des Nachweises finanzieller Mittel ebenso wie bei §§ 34, 34a GewO als ein selbständiger Versagungsgrund auszugestalten. 3 5 5 Dieser Versagungsgrund soll sich nicht auf den Charakter des An-

schaffen sich durch den Verzicht auf die schriftliche Benachrichtigung erhebliche Wettbewerbsvorteile (Kostenersparnisse) gegenüber ihren korrekt schriftlich benachrichtigenden Wettbewerbern." 354

1. Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 01.01.1983, S. 51; Tätigkeits- und Erfahrungsbericht der niedersächsischen Aufsichtsbehörden zu Fragen des Datenschutzes im nicht-öffentlichen Bereich vom 10.03.1986, LTDrucks 10/5750, S. 13; Bericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung zur Datenschutzkontrolle in der Wirtschaft vom 20.12.1984, S. 35f. 355

Vgl. dazu Friauf/Höfling 21; Sieg/Leifermann/Tettinger

§ 34a Rdn. 39; Landmann/Rohmer l-Marcks § 34 Rdn. § 34 Rdn. 8; Hellwig, S. 66.

D. Änderungsvorschläge

677

tragstellers beziehen, sondern auch bei unverschuldeter Leistungsunfähigkeit eingreifen. In der Praxis bedeutet dies, daß der Mittelnachweis auch bei unstreitiger finanzieller Zuverlässigkeit des Antragstellers geführt werden muß, da eben davon auszugehen ist, daß ein Unternehmen i m Auskunftsgewerbe überhaupt nur bei Vorhandensein ausreichender Mittel ohne Gefahren für die Auftraggeber und die Allgemeinheit betrieben werden kann. Die Überprüfung des Nachweises finanzieller Mittel könnte durch Auskunftsersuchen an die Konkurs- und Völlstreckungsabteilung der Amtsgerichte über ein schwebendes Vergleichs- oder Konkursverfahren sowie eine Einsicht in das Schuldnerverzeichnis vorzunehmen sein. Gegen die Wirksamkeit einer solchen Kontrolle spricht aber, daß es sich bei den letztgenannten Verzeichnissen nicht um zentrale, sondern auf Fälle im örtlichen Zuständigkeitsbereich des betreffenden Amtsgerichts beschränkte Register handelt. 3 5 6 Zudem wird die dadurch allenfalls erreichbare Feststellung der Schuldenfreiheit nicht dem Regelungszweck gerecht, der darin besteht, daß Auskunfteien und Detekteien, insbesondere zu Beginn der Gewerbeausübung, nicht aufgrund finanziellen Drucks ihnen obliegende Pflichten vernachlässigen. Deshalb ist ein Mittelnachweis zu fordern, der beinhaltet, daß der Gewerbetreibende für die ersten sechs Monate seiner Gewerbeausübung die erforderlichen Mittel oder Sicherheiten nachweist.

I I I . Sachkundenachweis Die Einführung eines Sachkundenachweises wird befürwortet, weil ein Großteil der Verfehlungen im Auskunftsgewerbe auf fehlende Rechtskenntnisse zurückzuführen sind. Das Auskunftsgewerbe ist in einem maßgeblichen Tätigkeitsbereich auf Eingriffe in die Rechte Dritter, insbesondere in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht, gerichtet. Allein das System der verschiedenen Tatbestandseinschränkungen und Rechtfertigungsgründe läßt die Rechtswidrigkeit entfallen. Dieses System der Tatbestandseinschränkungen und Rechtfertigungsgründe muß aber auch bekannt sein. Die sittliche Integrität allein reicht nicht dazu aus, daß Auskunftei- und Detekteibe-

356

So zutreffend eine Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr in einem Schreiben an das Institut für öffentliches Recht der Universität Bonn vom 03.11.1993, Az.: 4033 b - IV/6 - 48712.

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7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

treiber die ihnen zustehenden Befugnisse bestimmen können, denn durch Parallelwertungen in der Laiensphäre läßt sich die Rechtmäßigkeit ihrer Tätigkeit nicht erkennen. Zu beachtende Spezialgesetze wie das Fernmeldeanlagengesetz und das Bundeszentralregistergesetz verlangen ebenso Rechtskenntnisse, wie sämtliche Rechtsgrundlagen, die eine Güter- und Interessenabwägung beinhalten. Dabei sind außerordentlich komplexe Erwägungen anzustellen, 357 von deren Richtigkeit die Rechtmäßigkeit der Eingriffe in die Rechte Dritter abhängt. Diese Tätigkeit darf weder durch Personen ohne diesbezügliche Vorbildung ausgeübt werden, noch darf es der Initiative der Gewerbetreibenden überlassen bleiben, ob sie sich die erforderlichen Kenntnisse aneignen. Das Vorhandensein der Kenntnisse ist vielmehr durch eine Sachkundeprüfung vor Gewerbebeginn sicherzustellen. Bei der deshalb zu befürwortenden Einführung eines Sachkundenachweises für das Auskunftsgewerbe sind verschiedene Vorgaben, etwa aus dem Sinn und Zweck des Zulassungserfordernisses der Sachkunde sowie aus dem Verfassungsrecht zu beachten. I m Hinblick auf diese Vorgaben soll der Inhalt eines Sachkundenachweises für das Auskunftsgewerbe entwickelt werden. Darüber hinaus sollen aber auch solche in die Diskussion eingebrachte Kriterien ausgeschieden werden, die diesen Vorgaben nicht entsprechen.

1. Differenzierte Ausgestaltung des Sachkundenachweises Es würde das Grundrecht der Berufsfreiheit verletzen, auch von solchen Betrieben besondere Sachkunde zu verlangen, die sich ausschließlich auf solche Tätigkeiten innerhalb des Gewerbezweiges beschränken, für deren einwandfreie Erledigung eine spezifische Ausbildung oder Unterrichtung nicht erforderlich i s t . 3 5 8 Eine pauschale Einführung eines Sachkundenachweises scheidet demnach dann aus, wenn damit in den Grenzen zulässiger Typisierung unterschiedlichen betrieblichen Erscheinungsformen innerhalb eines Gewerbezweiges nicht Rechnung getragen werden kann. Geboten ist dann eine differenzierte Ausgestaltung des Sachkundenach-

357 Für das BDSG: Mallmann, S. 112; Howe, S. 179. Für § 34 StGB: S/S-Lenckner § 34 Rdn. 43. Die Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 193 StGB wird sogar als „viel zu weit und als solche unbrauchbar" bezeichnet; Maurach/Schroeder/ Maiwald, § 26 Rdn. 36; ebenso Geppert, Jura 1985, S. 25. 358

Mahlberg, S. 236f.

D. Änderungsvorschläge

679

weises, w i e sie i n der Rechtspraxis auch ü b l i c h ist. Beispiele für Differenzierungen i n Sachkundenachweisen finden sich i n der G e w e r b e o r d n u n g , 3 5 9 i m W a f f e n g e s e t z , 3 6 0 i m Betäubungsmittelgesetz, 3 6 1 i m A r z n e i m i t t e l g e s e t z 3 6 2 u n d i m Personenbeförderungsrecht. 3 6 3 Z u untersuchen ist, ob eine solche Differenzierung auch b e i e i n e m Sachkundenachweis für das Auskunftsgewerbe vorzusehen ist. D i e V i e l g e s t a l t i g k e i t der T ä t i g k e i t s f o r m e n , die bei anderen Gewerbez w e i g e n zu e i n e m differenzierten Sachkundenachweis oder der Forderung nach der E i n f ü h r u n g eines differenzierten Sachkundenachweises geführt haben, lassen sich insbesondere für Detekteien erkennen. Daß eine solche Vielgestaltigkeit der Tätigkeitsformen aber auch gleichzeitig einen differen-

359

Im Versteigerergewerbe bedarf gemäß § 34b Abs. 2 und Abs. 4 Satz 2 GewO nur derjenige Versteigerer der Sachkunde, der gewerbsmäßig fremde Grundstücke oder fremde grundstücksgleiche Rechte versteigern will. 360

Das Waffengesetz enthält mehrere Differenzierungen. Es unterscheidet zunächst zwischen Waffenherstellung, Waffenhandel und Waffenbesitz. So stellt § 8 Abs. 2 Satz 2 WaffG für den Waffenhandel ausdrücklich fest, daß der Antragsteller, der weder den Betrieb, eine Zweigniederlassung noch eine unselbständige Zweigstelle selbst leitet, von dem Erfordernis der Fachkunde befreit ist. § 9 Abs. 2 WaffG sieht für die Waffenherstellung, die die Erlaubnis zum Waffenhandel unter bestimmten Umständen einschließt (§ 7 Abs. 3 WaffG), Tatbestände vor, bei denen die Sachkunde vorausgesetzt wird, also lediglich der Nachweis der Sachkunde nicht erforderlich ist. Zahlreiche Differenzierungen enthalten auch die Vorschriften über die Waffenbesitzkarte (§§ 28ff. WaffG), die zwar keine Gewerbeausübung betreffen, aber als staatliche Eingriffe ebenfalls dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegen. 361

Das System der Zulassungsregelungen im Betäubungsmittelgesetz enthält in § 6 Abs. 2 BtMG die Möglichkeit, daß das Bundesgesundheitsamt im Einzelfall von den in § 6 Abs. 1 BtMG genannten Anforderungen an die Sachkenntnis abweichen kann, wenn die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen gewährleistet sind. 362

§§ 13ff. ArzneimittelG.

363 § 13 Abs. 1 Nr. 3 PBefG verlangt die fachliche Eignung nur für die Unternehmer oder die für die Führung der Geschäfte bestellte Person. Vgl. zu weiteren Differenzierungen §§ 4 Abs. 1 Satz 2, 6 der Verordnung über den Zugang zum Beruf des Straßenpersonenverkehrsunternehmers (Berufszugangs-Verordnung PBefG) vom 09.04.1991, BGBl I S . 896 und die Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes (Freistellungs-Verordnung) vom 30.08.1962, B G B I I S . 601.

680

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

zierten Sachkundenachweis nach sich ziehen muß, ist nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist nämlich nicht, welche Tätigkeiten im einzelnen ausgeübt werden, sondern welche Gefahrentatbestände dabei verwirklicht werden und durch welche Maßnahmen diesen Gefahrentatbeständen begegnet werden kann. So wäre etwa bei der Einführung eines Sachkundenachweises im Gaststättengewerbe, trotz einer auf den ersten Blick eher gleichförmigen Betätigungsweise der unterschiedlichen Betriebe, sehr wohl eine Differenzierung innerhalb des Sachkundenachweises möglich und auch geboten. Je nach Speisenangebot bedarf der Antragsteller für das Gaststättengewerbe nämlich unterschiedlicher lebensmittelrechtlicher Kenntnisse, damit von seinem Betrieb keine Gesundheitsgefahren für die Allgemeinheit ausgehen. Dagegen verhält es sich bei den Detekteien so, daß sich viele unterschiedliche Tätigkeiten auf bestimmte Eingriffstatbestände reduzieren lassen. Dennoch ist aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben nach Möglichkeiten für eine Differenzierung innerhalb des Sachkundenachweises zu suchen, damit die neu einzuführende Zulassungsregelung einen möglichst geringen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellt. Dabei ist der Inhalt eines Sachkundenachweises aber wiederum nicht so eng zu fassen, daß jegliche geringfügige Aufgabenverlagerung oder Betriebserweiterung bereits die Ablegung eines neuerlichen Sachkundenachweises erforderlich macht. Entsprechend diesen Grundsätzen ist nach Differenzierungsmöglichkeiten im Auskunftsgewerbe zu suchen. Eine solche Differenzierungsmöglichkeit besteht zwischen Auskunfteien und Detekteien. Innerhalb des Auskunfteigewerbes bestehen weitgehend identische Leistungsangebote und es müssen insbesondere gleiche Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen beachtet werden, so daß hier kein weiteres Differenzierungskriterium erkennbar ist. Bei Detekteien kommt eine Abgrenzung zwischen den Detektiven mit einem umfassenden Leistungsangebot (Privat- und Wirtschaftsdetektive) und den Kaufhausdetektiven in Betracht. Hier sind zwei Lösungsmöglichkeiten denkbar. Es könnte zum einen eine Unterscheidung nach den Anforderungen zwischen Privat- und Wirtschaftsdetektiven einerseits sowie Kaufhausdetektiven andererseits innerhalb eines Sachkundenachweises für das Auskunftsgewerbe getroffen werden. Zum anderen ist aber auch an eine Einbindung der Kaufhausdetektive in den Tatbestand des § 34a GewO, also das Bewachungsgewerbe, zu denken. Dafür spricht insbesondere, daß die ausschließlich unter § 34a GewO fallenden Tätigkeiten und die erlaubnisfreie Tätigkeit vielfach gar nicht unterschieden werden und in der Tat in bezug auf die aus-

D. Änderungsvorschläge

681

geübten Tätigkeiten und die damit verbundenen Gefahrenpotentiale vergleichbar sind. Ob für das gesamte Bewachungsgewerbe ein Sachkundenachweis eingeführt werden soll, ist hier aber nicht zu beurteilen, 364 so daß hier von einer Differenzierung zwischen Kaufhausdetektiven einerseits sowie Privat- und Wirtschaftsdetektiven andererseits innerhalb des Auskunftsgewerbes ausgegangen wird. Bei dem Sachkundenachweis für das Auskunftsgewerbe kann also eine Differenzierung in drei Formen der Gewerbeausübung vorgenommen werden. Aufgrund der lediglich vorzunehmenden Unterscheidung zwischen Auskunfteimitarbeitern, Privat- und Wirtschaftsdetektiven sowie Kaufhausdetektiven ist durch den Sachkundenachweis schließlich keine so erhebliche Zunahme des Verwaltungsaufwandes zu erwarten, wie sie den Gesetzgeber davon abgehalten hat, den Sachkundenachweis für den gesamten Einzelhandel einzuführen. 365

2. Inhaltliche Ausgestaltung des Sachkundenachweises a) Auskunfteien Soweit eine Erlaubnispflicht mit dem Sachkundekriterium für Auskunfteien gefordert wird, wird als Schwerpunkt einer diesbezüglichen Überprüfung die „Fähigkeit zum Erkennen wirtschaftlicher Zusammenhänge, Sorgfalt beim Beschaffen und Auswerten bzw. Interpretieren bestimmter Informationen sowie mündliche und schriftliche Ausdrucksweise" genannt. 366 Dieser Aufzählung von Anforderungen, die Auskunfteien zur Erlangung einer gewerberechtlichen Erlaubnis erfüllen sollen, kann nicht zugestimmt werden. Sie wird dem Gefahrenabwehrgedanken der Zulassungsregelungen

364

Ein solcher Sachkundenachweis wird aber von Seiten des Bewachungsgewerbes vehement gefordert, vgl. dazu Thieme, Gutachten, S. 5 und durchgehend. Ob ein Sachkundenachweis für das Bewachungsgewerbe im Sinne des § 34a GewO angesichts der Argumentation von Thieme für einen inhaltlich umfassenderen Sachkundenachweis (Gutachten, S. 20 und 31; ders. y W+S-Information 1985, Heft 162, S. 20) auf Rechtskenntnisse beschränkt bleiben soll, sei dahingestellt. 365

Vgl. von Ebner, GewArch 1985, S. 281 (286).

366

Neumann, S. 126.

682

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

nicht gerecht. Solche Kriterien könnten allenfalls dann in einem Sachkundenachweis verlangt werden, wenn als zu schützende Allgemeininteressen etwa der Schutz der Kreditwirtschaft oder die Verhinderung von Insolvenzen anzusehen wären, und die Tätigkeit der Auskunfteien in erster Linie diesen Zielen verpflichtet wären. Dies ist aber nicht der Fall, vielmehr wurzelt die Auskunftstätigkeit primär im privaten Informationsinteresse der Anfragenden. I m einzelnen kann die Fähigkeit zum Erkennen wirtschaftlicher Zusammenhänge nur insoweit Gegenstand einer Sachkundeprüfung sein, als diese Fähigkeit Bedeutung für die Einschätzung hat, welche Tatsachen von einem berechtigten Interesse des Auftraggebers nach den verschiedenen Vorschriften gedeckt sein können und welche aufgrund fehlenden berechtigten Interesses nicht erhoben bzw. weitergegeben werden dürfen. Diesbezüglicher Inhalt des Sachkundenachweises ist also nicht spezielles wirtschaftswissenschaftliches Verständnis, sondern eine gewerbebezogene Kenntnis der rechtlichen Grundlagen und Grenzen für das eigene Tätigwerden. Die gleiche Einschätzung gilt für das Kriterium „Sorgfalt beim Beschaffen und Auswerten bzw. Interpretieren bestimmter Informationen". Auch dieses inhaltliche Erfordernis kann nur im Hinblick auf die richtige Auslegung der gesetzlichen Befugnisse für Auskunfteien Gegenstand eines Sachkundenachweises sein. Mündlicher und schriftlicher Ausdruck sind als „Schwerpunkt" einer gewerberechtlichen Prüfung, von der die Berufszulassung abhängt, unzulässig. Eine solche Stilfrage dient in keiner Weise der Gefahrenabwehr und gehört somit nicht in eine gewerberechtliche Zulassungsregelung, sondern allenfalls in ein Ausbildungsprogramm nach dem Berufsbildungsgesetz. Dies gilt um so mehr als Mängel im mündlichen wie schriftlichen Ausdruck dem Auftraggeber ohne weiteres offenbar werden, so daß aufgrund dieses Mangels das Regulativ des Marktes korrigierend eingreifen kann. Beschaffung, Speicherung und Weitergabe sowie inhaltliche Gestaltung von Auskünften hängen von den rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Der Inhalt des Sachkundenachweises bei Auskunfteien hat also die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen zu umfassen, soweit damit Gefahren für den Auftraggeber und die berechtigten Interessen der Allgemeinheit abgewendet werden können. Zum Prüfungsinhalt zählen deshalb die Grundsätze der Güter- und Interessenabwägungen bei den verschiedenen für Auskunfteien einschlägigen Rechtsgrundlagen, der Umfang spezieller Auskunfts-

D. Änderungsvorschläge

683

rechte, die Beleidigungstatbestände sowie die durch das Bundesdatenschutzgesetz aufgestellten organisatorischen und technischen Anforderungen an datenverarbeitende Stellen.

b) Detekteien Für den Sachkundenachweis im Detektivgewerbe werden das Verständnis für psychologische Zusammenhänge, Verantwortungsbewußtsein, die Fähigkeit zum selbständigen Denken und Handeln, sprachliche Gewandtheit, durchschnittliche Allgemeinbildung, Kriminologie, Kriminalistik, gerichtliche Medizin und kaufmännische Kenntnisse gefordert. 367 Die genannten Anforderungen sind jedoch nicht in dem hier vertretenen Sachkundenachweis zum Zweck der Gefahrenabwehr zu stellen. Insbesondere dem Vorschlag auch kaufmännische Kenntnisse zu verlangen, wird hier nicht gefolgt, zumal das Bundesverfassungsgericht gerade anhand dieses Einzelkriteriums die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit der Einführung eines Sachkundenachweises i m Lebensmittelrecht begründet hat. 3 6 8 Nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben und der hier befürworteten Orientierung des Sachkundenachweises an der gewerberechtlichen Gefahrenabwehraufgabe sind Prüfungsgegenstände des Sachkundenachweises für Privat- und Wirtschaftsdetektive sowie Kaufhausdetektive: Grundsätze der Güter- und Interessenabwägungen bei verschiedenen Vorschriften, Jedermannrechte sowie Kenntnisse über einzelne Straftatbestände, wie §§ 164, 185ff., 223, 239, 240, 253 StGB. Für Privat- und Wirtschaftsdetektive ist die Prüfung zusätzlich auf tätigkeitsbezogene Bereiche von Fernmeldeanlagen-, Bundesdatenschutz- und Rechtsberatungsgesetz, einzelne Auskunftsrechte sowie die Straftatbestände der §§ 123, 132, 132a, 138, 201, 333f. StGB auszudehnen.

367

Neumann, S. 126, 128; dies,, ArchKrim 166 (1980), S. 129 (137); bei der allerdings nicht durchgehend deutlich wird, ob sie diese Inhalte tatsächlich für einen Sachkundenachweis oder für eine Fortbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes vorschlägt. Einen den gewerberechtlichen Zwecken zuwiderlaufenden Anforderungskatalog an einen Sachkundenachweis für das Bewachungsgewerbe stellt Finnberg (PolizeiJournal 1982 Nr. 2 S. 16 (64) auf. 368

BVerfGE 19, S. 330 (339f.) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60.

684

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

aa) Keine Angleichung an die Polizeiausbildung Nach einer Auffassung 369 sollte die Ausbildung der Privatdetektive der kriminalpolizeilichen Ausbildung angenähert werden. Für die Durchführung der Ausbildung wird ein Polizeipraktikum vorgeschlagen. 370 Dieses Polizeipraktikum sollte wegen der Gleichartigkeit der Aufgaben an der Ausbildung der Kriminalbeamten i m mittleren und gehobenen Dienst ausgerichtet sein, da diese als Sachbearbeiter mit der Aufklärung von Straftaten befaßt seien. 371 Nach der hier vertretenen Auffassung kann die Polizeiausbildung entgegen dem genannten Vorschlag nicht als Vorbereitung für einen Sachkundenachweis für das Detektivgewerbe herangezogen werden. Dies ist mit den unterschiedlichen Befugnissen von Polizei und Detektiven zu begründen. Da die Befugnisregelungen einen Schwerpunkt des Sachkundenachweises für Detektive bilden, muß sich dies auch auf den Ausbildungsinhalt auswirken. Aufgrund der unterschiedlichen Befugnisse ist auch die frühere Tätigkeit bei der Polizei nicht als Ersatz für den Sachkundenachweis anzuerkennen. Der Vorschlag eines Polizeipraktikums ist aber auch deshalb abzulehnen, da Detektive bei ihren Ermittlungen zum Teil andere Ziele verfolgen als die Polizei und sich dabei auch anderer Methoden und Mittel bedienen. Schließlich kommt eine Angleichung der Anforderungen eines für das Detektivgewerbe einzuführenden Sachkundenachweises an die Polizeiausbildung auch deshalb nicht in Betracht, da nach den gewerberechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben der Inhalt eines Sachkundenachweises - von eng umgrenzten Ausnahmen abgesehen - 3 7 2 den Zweck der Gefahrenabwehr verfolgen muß. Diesem Zweck dient aber beispielsweise nicht eine der kriminalpolizeilichen Ausbildung entsprechende Unterweisung in kriminaltaktisch richtigem Verhalten. Der Vorschlag einer Angleichung der Anforderungen eines Sachkundenachweises für das Detektivgewerbe an die Ausbildung der Kriminalpolizei

369

Neumann, S. 125, 127.

370

Neumann, S. 127; Dessau/Brinker,

371

Neumann, S. 127.

372

Vgl. Kap. 7 E III 3 f aa (4) (c).

ArchKrim 159 (1977), S. 107 (110).

D. Änderungsvorschläge

685

ist also abzulehnen. Als alternative Nachweismöglichkeit für den auf Rechtskenntnisse beschränkten Sachkundenachweis ist lediglich das rechtswissenschaftliche Studium anzusehen.

bb) Keine Übernahme von Ausbildungsordnungen in den Sachkundenachweis Der hier vorgeschlagene Sachkundenachweis für das Auskunftsgewerbe soll in erster Linie der Gefahrenabwehr dienen. Gegen einen Sachkundenachweis, der über die gefahrenreduzierenden Kenntnisse hinaus allgemeine berufskundliche Anforderungen stellt, bestehen dagegen verfassungsrechtliche Bedenken. Allgemeine berufskundliche Anforderungen im Rahmen einer gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzung könnten nur dann gerechtfertigt sein, wenn Detekteien in einem stärkeren Maße im Allgemeininteresse an der Verbrechensbekämpfung beteiligt wären. Der zusätzliche Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit durch das Erfordernis berufskundlicher Kenntnisse könnte sich dann durch das Allgemeininteresse einer effektiven Verbrechensbekämpfung rechtfertigen. Soweit aktuell betont wird, daß es sich bei der Verbrechensbekämpfung um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, 373 sind die Detekteien zwar in diese Aufgabe eingebunden, ihre Aufgabenwahrnehmung erfolgt aber nicht primär im Allgemeininteresse. Dies ergibt sich schon aus der hohen Kostenbelastung, die mit der Beauftragung von Detektiven verbunden ist und aufgrund derer es ausgeschlossen ist, Detektive als der Allgemeinheit zur Verfügung stehendes Organ der Verbrechensbekämpfung anzusehen. Auch wäre die Aufnahme berufskundlicher Anforderungen in den Sachkundenachweis nicht dadurch verfassungsrechtlich zulässig, daß dadurch im Einzelfall durch Beweisbeschaffungen eine bessere Rechtspflege erreicht würde. Denn auch hier gilt, daß die detektivische Tätigkeit primär im Privatinteresse erfolgt, denn Detektive sind - im Gegensatz etwa zu Rechtsanwälten (§ 1 BRAO) - kein unabhängiges Organ der Rechtspflege. Die Aufnahme von allgemeinen berufskundlichen Anforderungen, etwa durch Übernahme berufsbildungsrechtlicher Ausbildungsordnungen oder

373

Kanther (Bundesminister des Innern seit Juli 1993), Innere Sicherheit 6/1993, S. 12; Seiters (Bundesminister des Innern von November 1991 bis Juli 1993), Innere Sicherheit 4/1993, S. 9; dersVortrag, S. 12; Spörl (Polizeidirektor im Bayerischen Staatsministerium des Innern), Bayerns Polizei 2/1993, S. 5.

686

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

einzelnen von Verbandsinitiativen entwickelten Ausbildungsprogrammen, in eine gewerberechtliche Berufszulassungsvoraussetzung ist also nicht möglich.

IV. Persönlicher Geltungsbereich der vorgeschlagenen Zulassungsregelungen Zu fragen ist, welchen Personenkreis die vorgeschlagenen Kriterien der Erlaubnispflicht, also i m einzelnen das Zuverlässigkeitserfordernis, der Mittelnachweis und die Sachkunde, betreffen sollen. Auch die Beantwortung dieser Frage steht unter dem Vorbehalt der Gewährleistung größtmöglicher Freiheit bei dennoch effektiver Gefahrenabwehr. Grundsätzlich muß nur der Antragsteller, also der Gewerbetreibende, die Voraussetzungen mitbringen, die für den Betrieb des Gewerbes erforderlich sind. Beim Auskunftsgewerbe besteht indes die Besonderheit, daß Gefahren auch von den Angestellten des Gewerbetreibenden ausgehen können, 3 7 4 ohne daß dies der Gewerbetreibende in ausreichendem Maße kontrollieren kann. Dies ist damit zu begründen, daß wesentliche Leistungen, speziell im Detektivgewerbe, außerhalb der geschäftlichen Niederlassung in Alleinarbeit erbracht werden. Demgemäß ist zu prüfen, inwieweit die Erlaubnisvoraussetzungen für den Gewerbetreibenden auf weitere im Gewerbebetrieb tätige Personen auszudehnen sind. In Betracht kommen dabei nur solche Personen, von denen Gefahren für Dritte ausgehen. Die einzelnen Kriterien der Erlaubnispflicht dürfen von den verschiedenen im Auskunftsgewerbe tätigen Personen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur verlangt werden, wenn das betreffende Kriterium bei diesem Personenkreis zur Gefahrenabwehr erforderlich ist. Demnach sind die einzelnen Kriterien der Erlaubnispflicht im Hinblick darauf zu untersuchen, von welchem Personenkreis sie zu fordern sind. Bei Auskunfteien, Privat- und Wirtschaftsdetektiven sowie Kaufhausdetektiven ist das reine Büropersonal von sämtlichen Voraussetzungen befreit. Bei Auskunfteien gilt dies weiter für Versand- und Verkaufspersonal sowie Kundenberater.

374

Nach Tiedemann/Sasse (S. 62) kommen als Straftäter „regelmäßig nicht die Inhaber, sondern ihre Angestellten und Gewährsleute in Betracht".

D. Änderungsvorschläge

687

Das Zuverlässigkeitskriterium betrifft alle Mitarbeiter, die unmittelbar an der Erbringung der auskunftei- und detekteitypischen Leistung beteiligt sind. Dies sind bei den einer deutlichen Funktionsteilung unterliegenden Auskunfteien die Rechercheure, die Korrespondenten, das Archivpersonal und die Redakteure. Der Mittelnachweis soll sich dagegen nur auf den Unternehmer beziehen, denn er entscheidet etwa darüber wie die Ermittlungen geführt werden, ob ein Auftrag angenommen wird oder nicht und wie die organisatorischen Maßnahmen des Datenschutzes einzuhalten sind, also die Fragen, die mit der Entstehung von Kosten verbunden sind. Der Sachkundenachweis ist dagegen wiederum auf alle Angestellten auszudehnen, von denen Gefahren für Dritte ausgehen können. Zu begründen ist dies damit, daß nicht nur der selbständige Gewerbetreibende mit Situationen konfrontiert wird, die zu Eingriffen gegenüber dem Auftraggeber oder der Allgemeinheit führen können. Dies gilt um so mehr, als die Geschäftsinhaber und Erlaubnisnehmer in größeren Unternehmen häufig nur administrative Aufgabe wahrnehmen. Die Aufgaben, bei denen die verlangten Rechtskenntnisse erforderlich sind, werden dagegen vielfach von den Angestellten wahrgenommen. Der Unternehmer ist aufgrund des weitgehend selbständigen Arbeitens seiner Angestellten faktisch nicht in der Lage durch seine Zuverlässigkeit und Sachkunde die Gewähr für ein einwandfreies Verhalten seiner Angestellten zu übernehmen. 375 Beim Auskunftsgewerbe ist es also nicht der Fall, daß der Gewerbetreibende aufgrund der Übersichtlichkeit des Betriebes allein durch seine Tätigkeit die Rechtmäßigkeit der gewerblichen Betätigung sicherstellt. 376 Deshalb ist dem Gewerbetreibenden die Verpflichtung aufzuerlegen, die Einstellung von Hilfspersonen der zuständigen Behörde anzuzeigen, die dann die Zuverlässigkeitsprüfung und den Sachkundenachweis durchführt. Damit wird auch verhindert, daß ehemals selbständige Detektive, gegen die ein Gewerbeuntersagungsverfahren erfolgreich durchgeführt wurde, nunmehr als Unselbständiger ihre bisherige Tätigkeit fortführen. 375

So schon Hagemann, Handwörterbuch der Kriminologie, Erster Band, S. 227

(234). 376

Vgl. zu diesem Argument BVerfGE 13, S. 97 (116) -Beschluß vom 17.07.19611 BvL 44/55 („Großer Befähigungsnachweis") mit dem umgekehrten Ergebnis für Handwerksbetriebe.

688

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Schließlich ist bei der Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe zu beachten, daß das neue Recht nicht unterschiedslos auf Neubewerber und Altbetroffene zu erstrecken ist. Vielmehr sind für die Altbetroffenen schonende Übergangsregelungen vorzusehen, da die Beeinträchtigung schutzwürdiger Dispositionen ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG bedeuten würde. 3 7 7 Zu denken ist dabei insbesondere an Fristen für den Nachweis der Sachkunde. Ferner kann der Nachweis finanzieller Mittel entbehrlich sein, wenn das Unternehmen des Altbetroffenen am Markt eingeführt ist und regelmäßige Aufträge nachweisen kann. Für das Erfordernis der Zuverlässigkeit bedarf es dagegen keiner Übergangsregelungen, da auch ohne die Neuregelung die Zuverlässigkeit bei jedem Gewerbetreibenden stets vorliegen muß.

V. Vorschläge für eine Gesetzesnovellierung Der Änderungsvorschlag sieht für das Auskunftsgewerbe die Einführung einer Erlaubnispflicht mit den Kriterien Zuverlässigkeit, Mittelnachweis und Sachkunde vor. Insofern ist gemäß Art. 74 Nr. 11, 72 Abs. 2 Nr. 3 GG die Gewerbeordnung zu ändern. Die Zuverlässigkeit ist durch die Einholung eines Führungszeugnisses gemäß § 30 Abs. 5 BZRG und einer Auskunft aus dem Gewerbezentralregister zu überprüfen. Folgt man der hier vorgeschlagenen Gesetzesänderung des Bundeszentralregistergesetzes, 378 würde die Möglichkeit zur Einholung einer unbeschränkten Auskunft gemäß § 41 BZRG bestehen. U m das Vorliegen ausreichender finanzieller Mittel zur Gewerbeausübung zu gewährleisten, hat der Antragsteller Auskunft über Einträge (gemäß § 915 ZPO und § 107 KO) im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Antragsteller in den letzten drei Jahren einen Wohnsitz oder eine gewerbliche Niederlassung hatte, beizubringen. Darüber hinaus hat er finanzielle Mittel oder Sicherheiten für mindestens die ersten sechs Monate der Gewerbeausübung nachzuweisen.

377 BVerfGE 75, S. 246 (278ff.) -Beschluß vom 05.05.1987- 1 BvR 724, 1000, 1015/81, 1 BvL 16/82 und 5/84; Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdn. 46; ErbeU JA-Übungsblätter 1991, Teil A, Heft 1, S. 10 (16). 378

Vgl. Kap. 7 D I .

D. Änderungsvorschläge

689

Die Anforderungen des Sachkundenachweises sind nach Auskunfteien, Privat- und Wirtschaftsdetektiven sowie Kaufhausdetektiven unterschiedlich. Der Nachweis der Sachkunde soll in der Form einer besonderen Sachkundeprüfung abgelegt werden. Die Form des Unterrichtungsnachweises und die Anerkennung von einschlägigen früheren Berufstätigkeiten wird nicht befürwortet. Die Sachkundeprüfung ist als Verständnisprüfung auszugestalten. Der Bewerber muß die Grundsätze der Güter- und Interessenabwägungen bei den verschiedenen Vorschriften beherrschen, in der Lage sein, Kriterien gegeneinander abzuwägen und praxisbezogene Beispiele zu bilden und zu lösen. Ein reines Antwort-Wahl-Verfahren ist zur Überprüfung dieser Kenntnisse nicht geeignet. 379 Als Anhaltspunkt für die Einführung einer Zulassungsregelung für das Auskunftsgewerbe kann folgender Text dienen: Abs. 1 Wer gewerbsmäßig Auskünfte über Vermögensverhältnisse und persönliche Angelegenheiten erteilen w i l l (Auskunfteien, Detekteien), bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit oder der Auftraggeber erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn 1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt oder 2. er die für den Gewerbebetrieb erforderlichen Mittel oder entsprechende Sicherheiten nicht nachweist oder 3. er die für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderliche Sachkunde nicht nachweist. Abs. 2 Der Bundesminister für Wirtschaft kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bei Auskunfteien, Privat- und Wirtschaftsdetektiven sowie Kaufhausdetektiven Vorschriften zum Schutz der Allge-

379

Ein Beispiel aus der Gesetzespraxis, daß das Antwort-Wahl-Verfahren im schriftlichen Prüfungsteil einer Sachkundeprüfung nicht überwiegen darf, ist § 4 Abs. 2 Satz 5 Verordnung über den Zugang zum Beruf des Straßenpersonenverkehrsunternehmers vom 09.04.1991 ( B G B I I S . 896). 44 Peilert

690

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

meinheit und der Auftraggeber erlassen über den Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen bei der Gewerbeausübung, insbesondere über 1.

2.

3. 4. 5.

den Umfang der erforderlichen Sachkunde, die Bildung und Zusammensetzung von Prüfungsausschüssen und über die Einzelheiten des Prüfungsverfahrens; er kann ferner bestimmen, die Pflichten des Gewerbetreibenden bei der Einstellung und Entlassung der i m Auskunftsgewerbe beschäftigten Personen und über die Anforderungen, denen diese Personen genügen müssen, in welcher Weise die Gewerbetreibenden ihre Bücher zu führen haben, welche Auskünfte sie den für die Überwachung zuständigen Behörden zu erteilen haben, welcher behördlichen Nachschau sie sich zu unterwerfen haben; das Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes kann insoweit eingeschränkt werden.

Die durch den Bundesminister für Wirtschaft zu erlassende Rechtsverordnung sollte unter anderem folgende Einzelheiten beinhalten: Bei der Bestimmung des Umfanges der erforderlichen Sachkunde ist eine Differenzierung zwischen Auskunfteien, Privat- und Wirtschaftdetektiven sowie Kaufhausdetektiven vorzunehmen. Die für die verschiedenen Ausübungsformen des Auskunftsgewerbes nachzuweisenden Rechtskenntnisse sind im einzelnen zu bezeichnen. Die Sachkundeprüfung kann durch die Industrie- und Handelskammern durchgefühlt werden, bei denen zum Teil schon Prüfungserfahrungen aus den berufsbildungsrechtlichen Prüfungen für Werkschutzfachkräfte bestehen. Bei der Bildung und Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse ist die Beteiligung eines Juristen sicherzustellen. Bei dem Prüfungsverfahren darf das Antwort-Wahl-Verfahren nicht überwiegen. Die gestellten Aufgaben zur Überprüfung der zur Gewerbeausübung erforderlichen Rechtskenntnisse sollen einen engen Praxisbezug aufweisen. Dem Gewerbetreibenden ist durch die Rechtsverordnung die Pflicht aufzuerlegen, neu einzustellende Personen der zuständigen Behörde weiterzumelden. Ferner hat der Gewerbetreibende die in seinem Gewerbebetrieb beschäftigten Personen schriftlich zu verpflichten, auch nach ihrem Ausscheiden vertrauliche Tatsachen, die ihnen in Ausübung ihres Dienstes bekannt geworden sind, nicht unbefugt zu offenbaren.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

691

Die Einhaltung der Bestimmungen der durch den Bundesminister für Wirtschaft zu erlassenden Rechtsverordnung ist schließlich durch Ordnungswidrigkeitentatbestände zu sanktionieren. Zur Anpassung der Gewerbeordnung an die vorgeschlagene Neuregelung ist § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO, der die besondere Überwachungsbedürftigkeit von Auskunfteien und Detekteien bestimmt, aufzuheben. Die Abschaffung der Möglichkeit, daß die Landesregierungen bzw. die obersten Landesbehörden als Subdelegaten, landesrechtliche Überwachungsvorschriften für Auskunfteien und Detekteien erlassen, ist auch deshalb zu befürworten, da die besondere Struktur des Auskunftsgewerbes eine bundeseinheitliche Regelung erfordert. Sind die Auskunfteien schon traditionell mit dem Filialprinzip über die Landesgrenzen hinaus vertreten, so ist dieser Trend auch bei den Detekteien zu verzeichnen. Bei festgestellten Mängeln eines Filialbetriebes sollte deshalb unter den gleichen Bedingungen eine gewerberechtliche Überwachung auch in den Filialen eines anderen Bundeslandes möglich sein. Schließlich sind §§47 (Zustimmung der Behörde bei der Stellvertretung in besonderen Fällen), 144 Abs. 1 (Gewerbeausübung ohne die erforderliche Erlaubnis), 144 Abs. 2 Nr. 1 (Verstoß gegen die vorgeschlagene Rechtsverordnung) und 144 Abs. 2 Nr. 3 GewO (Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Auflage) um die vorgeschlagene Regelung des Auskunftsgewerbes zu ergänzen.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe Nachdem die Frage der Erforderlichkeit von gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für das Auskunftsgewerbe bejaht worden ist, ist zu untersuchen, ob die aus den dargestellten Gründen wünschenswerte Gesetzesänderung verfassungsrechtlich zulässig wäre. Im Zentrum der Erörterungen steht dabei die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 12 GG. Bestimmt werden die Erörterungen in wesentlichem Maße von den vier in diesem Bereich ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts: dem Apotheken-Urteil, 3 8 0 dem Handwerks-Beschluß 381 und den beiden Entschei-

de BVerfGE 7, S. 377ff. -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56.

692

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

düngen zum Einzelhandelsgesetz. 382 Diese grundlegenden Entscheidungen haben einerseits das dogmatische Fundament für die Prüfung des Art. 12 GG gelegt, andererseits aber auch dazu geführt, daß die Diskussion um die Einführung von gewerberechtlichen Erlaubnispflichten, speziell mit dem Inhalt von Sachkundenachweisen zu pauschal geführt wird und wesentliche Argumentationsmuster der Gegner gewerberechtlicher Zulassungsbeschränkungen - ohne Rücksichtnahme auf Besonderheiten der einzelnen Gewerbezweige - den genannten Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen entlehnt werden. Eine gewerbespezifische Diskussion wird dadurch eher erschwert als erleichtert. Dabei kommt es für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Erlaubnispflicht gerade auf die gewerbespezifischen Besonderheiten an, denn ohne die Darstellung von Verfehlungen, der Einschätzung der Ausbildungsinitiativen in der Branche und der denkbaren Regelungsmotive, greift die verfassungsrechtliche Diskussion notwendigerweise zu kurz. Erst durch die genaue Analyse des von einem Gewerbe ausgehenden Gefahrenpotentials wird die besondere Problematik der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Erlaubnispflichten überhaupt deutlich, die in der Ambivalenz der Erlaubnispflichten als Einschränkung für die Freiheit des Betroffenen einerseits und als Schutznorm für die Rechte Dritter andererseits liegt. 3 8 3 Konsequenterweise kann es deshalb auch kein ausdrückliches Verbot von Erlaubnispflichten im Grundgesetz geben, da dieses die zu schützenden Rechte Dritter einseitig vernachlässigen würde. So sehen die für die Beurteilung von Erlaubnispflichten relevanten Grundrechte, wie insbesondere Art. 12 GG, auch kein ausdrückliches Verbot solcher Erlaubnispflichten vor. Ihre Einführung ist demnach insoweit möglich, als sie einen Zweck verfolgen, der der grundrechtlich geschützten Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung vorgeht. 384 Dies aber bemißt sich nach den konkreten Gegebenheiten des betreffenden Gewerbes. Da weder ein ausdrückliches verfassungsrechtliches Verbot der Einführung gewerberechtlicher Erlaubnispflichten vorliegt noch Rechtsprechung zur Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe existiert, ist die verfassungsrechtliche Be-

38

> BVerfGE 13, S. 97ff. -Beschluß vom 17.07.1961- 1 BvL 44/55.

382

BVerfGE 19, S. 330ff. -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60 („Einzelhandelsgesetz I"); 34, S. 7Iff. -Beschluß vom 11.10.1972-1 BvL 2/71 („Einzelhandelsgesetz II"). 383

Battis/Gusy,

Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 14 III 1 (S. 152f.).

384

Battis/Gusy,

Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 14 I I I 1 (S. 153).

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

693

urteilung der Frage der Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe als offen zu bezeichnen. Die genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes entfalten jedenfalls nicht die ihnen vielfach 3 8 5 zugewiesene präjudizielle Wirkung für andere Gewerbezweige, sondern geben allenfalls Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung von Sachkundenachweisen. 386 Zudem erschöpft sich die Problematik der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Erlaubnispflicht nicht am Prüfungsmaßstab des Art. 12 GG, sondern zu untersuchen sind ferner die Frage, ob nicht möglicherweise sogar ein Gebot zur Einführung von Erlaubnispflichten bestehen kann, und ob die Einführung von Erlaubnispflichten wirtschaftsverfassungsrechtlich zulässig ist. Nicht zuletzt sind neben Art. 12 GG auch Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG (Wettbewerbsfreiheit) und Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitsverstoß durch Systemwidrigkeit der Neuregelung) ein denkbarer Prüfungsmaßstab.

L Gebot zur Einführung einer Erlaubnispflicht? Zu untersuchen ist, ob der Gesetzgeber zu der Einführung einer Erlaubnispflicht verpflichtet sein kann. Als Ansatzpunkte für eine solche Verpflichtung kommen ein Änderungsgebot aufgrund der grundrechtlichen Schutzpflichten und eine Nachbesserungspflicht in Betracht.

1. Grundrechtliche Schutzpflichten I m Rahmen der Prüfung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Zulässigkeit einzelner Gefahrenabwehraufgaben in privater Form ergab sich, daß aus der Schutzdimension der Grundrechte keine Pflicht des Gesetzgebers zu entnehmen ist, den Handlungsspielraum von Auskunfteien und Detekteien über die getroffenen Regelungen hinaus einzuengen. 387 Dies gilt auch für die Einführung einer gewerberechtlichen Erlaubnispflicht.

385 Vgl. etwa Kraemer, DVB1 1958, S. 850ff., dessen Aufsatz den bezeichnenden Titel „Die präjudizierende Bedeutung des Apothekenurteils" trägt, und in dem er einige Berufsgruppen betrachtet, auf die das Apothekenurteil des Bundesverfassungsgerichtes „präjudizierenden Einfluß gewinnen könnte", (DVB1 1958, S. 850). 386

So auch Stober, Befähigungsnachweis, S. 32.

387

Vgl Kap. 3 B V 5.

694

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Zwar kann in der staatlichen Duldung oder Genehmigung einer gefährdenden Tätigkeit eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten liegen und dadurch eine staatliche Mitverantwortung für die Tätigkeit begründet werden. 3 8 8 Auch kann der Staat dieser Mitverantwortung grundsätzlich durch die Bereitstellung geeigneter Verwaltungs- bzw. Genehmigungsverfahren nachkommen. 389 Dieser Befund nötigt jedoch nicht dazu, deshalb dem Staat konkret vorzuschreiben, wie er seiner Mitverantwortung im einzelnen gerecht wird. Die Ausgestaltung solcher Genehmigungsverfahren soll zwar einen möglichst effektiven Grundrechtsschutz gewährleisten, aber gerade bei Verfahren, die zur Wahrnehmung der Schutzpflichten Beschränkungen der Berufsfreiheit erfordern, muß nicht nur den grundrechtlichen Schutzpflichten, sondern auch Art. 12 GG Rechnung getragen werden. Die Aufgabe, den erforderlichen Ausgleich bei einer solchen Grundrechtskollision zu finden, obliegt der politischen Verantwortung des parlamentarischen Gesetzgebers. Sein Gestaltungsspielraum zur Wahrnehmung dieser Verantwortung ist in den Fällen besonders groß, in denen die Auswirkungen einer zu erlassenden Norm nicht mit definitiver Sicherheit bestimmt werden können. 3 9 0 Dies ist bei der vorgeschlagenen Erlaubnispflicht der Fall. Zwar wird nach den vorstehenden Überlegungen eine Verschärfung der gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für dringend erforderlich gehalten, eine aus den grundrechtlichen Schutzpflichten resultierende Pflicht zu dieser Verschärfung ist aber abzulehnen. Das bedeutet allerdings nicht, daß die grundrechtlichen Schutzpflichten für die Frage der Einführung einer

388

BVerfGE 53, S. 30 (58) -Beschluß vom 20.12.1979- 1 BvR 385/77; Klein, NJW 1989, S. 1633 (1639); vgl. dazu auch Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdn. 52 und Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 50. Vgl. auch die weitergehende Auffassung, daß in jedem privaten Eingriff gleichzeitig ein staatlicher Eingriff zu sehen ist (etatistische Konvergenztheorie). Danach liegt die staatliche Grundrechtseinschränkung nicht in der Genehmigung privater Eingriffe, sondern in der Verpflichtung des Opfers, solche Eingriffe zu dulden. So Murswiek, S. 62ff., 107ff.; dagegen Isensee in Isensee/Kirchhof §111, Rdn. 119. 389

BVerfGE 53, S. 30 (65) -Beschluß vom 20.12.1979- 1 BvR 385/77; BVerwGE 60, S. 297 (305) -Urteil vom 17.07.1980- 7 C 101.78; HessVGH, UPR 1990, S. 33 (34) -Beschluß vom 06.11.1989- 8 T H 685/89; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 2 Rdn. 52; Lorenz in: Isensee/Kirchhof VI, § 128 Rdn. 58; Fluck, UPR 1990, S. 81 (83). 390

BVerfGE 88, S. 203 (262) -Urteil vom 28.05.1993- 2 BvF 2/90 und 4, 5/92.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

695

Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe ohne Belang wären. Vielmehr sind die grundrechtlichen Schutzpflichten als ein Abwägungskriterium in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung einzubeziehen.

2. Nachbesserungspflicht bezüglich der gewerberechtlichen Regelung? In Rechtsprechung 391 und Literatur 3 9 2 ist anerkannt, daß der Gesetzgeber verfassungsrechtlich dazu verpflichtet sein kann, eine ursprünglich als verfassungsmäßig angesehene Regelung im Wege der Nachbesserung neu zu gestalten, wenn sich im Nachhinein deren Ungeeignetheit herausstellt. Der Gesetzgeber könnte also unter dem Gesichtspunkt einer Nachbesserungspflicht zu einer Verschärfung der gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für das Auskunftsgewerbe verpflichtet sein. Eine Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Staat durch die Schaffung von Genehmigungsvoraussetzungen und durch die Erteilung von Genehmigungen eine Mitverantwortung für etwaige Grundrechtsbeeinträchtigungen übernommen hat. 3 9 3 Sie ergibt sich daraus, daß es gerade bei Gesetzen mit wirtschaftspolitischen Zielsetzungen von verschiedenen Faktoren abhängt, ob die mit dem Gesetzesvorhaben verbundenen Ziele auch tatsächlich erreicht werden. Verändern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen derart, daß das ursprünglich objektiv zwecktaugliche Gesetz seine Eignung zur Zweckerreichung einbüßt, kommt eine Anpassung der Gesetzeslage über das Instrument der Nachbesserungspflicht in Betracht. 394 Dieses setzt voraus, daß eine Prognoseentscheidung des Gesetzgebers vorliegt, und die Prognose durch eine neue Entwicklung der Rahmenbedingungen überholt ist. 391

BVerfGE 25, S. 1 (12f.) -Beschluß vom 18.12.1968- 1 BvL 5, 14/64 und 5, 11, 12/65; 56, S. 54 (78) -Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72; 88, S. 203 (309) -Urteil vom 28.05.1993- 2 BvF 2/90 und 4, 5/92. 392

Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 40; Papier, Grundgesetz und Wirtschaftsordnung, in: Handbuch des Verfassungsrechts, S. 639f.; Badura, FS Eichenberger, S. 481 (484). 393 BVerfGE 56, S. 54 (79) -Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72; LeibholzJ Rinck/Hesselberger Art. 2 Rdn. 502. 394

Ausführlich zu der theoretischen Herleitung der Nachbesserungspflicht: Stober, Befähigungsnachweis, S. 127f.

696

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Erforderlich ist also zunächst, daß in der bisherigen gewerberechtlichen Regelung eine Prognoseentscheidung des Gesetzgebers zu sehen ist. Der Begriff der Prognoseentscheidung ist weit zu fassen. Eine Prognoseentscheidung ist schon immer dann anzunehmen, wenn mit einem wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Gesetz bestimmte Erwartungen an das Verhalten der Regelungsunterworfenen geknüpft sind. Dies ist bei gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen und ÜberwachungsVorschriften, hier §§ 14, 35, 38 Satz 1 Nr. 4 GewO, der Fall, da mit ihnen die Erwartung verknüpft ist, daß diese Regelungen zur Gefahrenabwehr in dem betreffenden Gewerbezweig als ausreichend anzusehen sind. Diese Prognoseentscheidung müßte durch neuere Entwicklungen überholt worden sein. Bei diesen neueren Entwicklungen muß es sich um solche Entwicklungen handeln, die im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses noch nicht abzusehen waren und die die ursprüngliche Entscheidungsgrundlage entscheidend in Frage stellen. 395 Die gewerberechtlichen Regelungen für das Auskunftei- und Detekteiwesen stammen in der aktuellen Fassung vom 29.03.1953. Seit dieser Zeit haben sich insbesondere die technischen Möglichkeiten für beide Gewerbezweige gewandelt. Während den Auskunfteien die Entwicklung im Bereich der automatischen Datenverarbeitung zugute kommt, profitieren die Detekteien in erster Linie von den gewachsenen Möglichkeiten auf dem Sektor der technischen Überwachungsgeräte. Dadurch haben sich die Möglichkeiten zu Eingriffen in die Rechte Dritter erheblich erhöht. Erschwerend kommt hinzu, daß sich die Zahl der Auskunfteien und Detekteien in den letzten Jahren stetig vermehrt hat. Dies gilt in besonderem Maße für die neuen Bundesländer, in denen viele ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit unter Ausnutzung ihrer Kenntnisse, Beziehungen und unter Benutzung ministeriumseigenen Überwachungsgeräts unkontrolliert in den Markt drangen. Die schon zuvor überlasteten Gewerbeaufsichtsämter sind angesichts dieser Entwicklung weniger denn je in der Lage, die ihnen zugewiesenen Aufgaben effektiv wahrzunehmen. Dies sind gewichtige Änderungen, die i m Zeitpunkt der Vorbereitung der aktuellen gewerberechtlichen Regelung des Auskunftsgewerbes für den Gesetzgeber nicht erkennbar waren.

395

BVerfGE 56, S. 54 (79) -Beschluß vom 14.01.1981-1 BvR 612/72; Isensee, Grundrecht auf Sicherheit, S. 40.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

697

Ein Verfassungsverstoß, der zu einer Nachbesserungspflicht führt, liegt aber erst dann vor, wenn evident ist, daß eine ursprünglich rechtmäßige Regelung wegen zwischenzeitlicher Änderung der Verhältnisse verfassungsrechtlich untragbar geworden ist, und wenn der Gesetzgeber gleichwohl weiterhin untätig geblieben ist oder offensichtlich fehlsame Nachbesserungsmaßnahmen getroffen hat. 3 9 6 Daß die gewerberechtliche Regelung des Auskunftsgewerbes verfassungsrechtlich untragbar ist, wurde bereits verneint. 397 Zudem kann nicht behauptet werden, daß sich die staatlichen Organe und insbesondere der Gesetzgeber überhaupt nicht um einen verbesserten Schutz vor den mit der Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien drohenden Grundrechtseingriffen bemüht hätten. Vielmehr ist der Gesetzgeber zwar nicht auf dem Gebiet des Gewerberecht tätig geworden, hat aber i m Bereich des Strafrechts und dem Gesetz über Fernmeldeanlagen, zu erkennen gegeben, daß ihm die Problematik von Grundrechtseingriffen, hier durch Detektive, bewußt ist. Die wichtigste gesetzliche Änderung, die das Auskunftsgewerbe betrifft, war aber die Einführung verschiedener datenschutzrechtlicher Bestimmungen. Des weiteren besteht eine aktuelle gesetzgeberische Initiative auf dem Sektor des Berufsbildungsrechts 398 und zum Bundesdatenschutzgesetz vom 20.12.1990 wurde vom Bundesrat ein Entschließungsantrag über die Verbesserung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen in bezug auf Auskunfteien und Detekteien verabschiedet. 399 Ob darüber hinaus weitere gesetzliche Regelungen zu treffen sind, steht in der Verantwortung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers. Insofern besteht eine vergleichbare Konstellation wie schon bei der Frage, ob sich unmittelbar aus den grundrechtlichen Schutzpflichten konkrete Handlungsanweisungen an den Gesetzgeber ergeben können. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts 400 gilt der Aspekt der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit sogar noch „verstärkt", wenn es nicht allein um die Frage

BVerfGE 56, S. 54 (81) -Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72. 397

Kap. 3 B V 5 .

398

Vgl. Kap. 7 B IV 5.

399

Beschluß des Bundesrates zum Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 21.09.1990, BRDrucks 621/90, S. 2. 400

BVerfGE 56, S. 54 (81) -Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72.

698

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

geht, ob der Gesetzgeber eine aus den Grundrechten herleitbare Schutzpflicht verletzt hat, sondern wenn vielmehr die weitere Frage strittig ist, ob er diese Verletzung durch unterlassene Nachbesserung begangen hat. Daraus ergibt sich, daß eine Pflicht des Gesetzgebers zur Nachbesserung der gewerberechtlichen Rechtslage in bezug auf Auskunfteien und Detekteien nicht gegeben ist. Allerdings kann aus dieser Feststellung nicht abgeleitet werden, daß die gewerberechtliche Rechtslage in bezug auf Auskunfteien und Detekteien als ausreichend anzusehen ist. Diese aus verfassungsrechtlichen Erwägungen gewonnene Verneinung einer Pflicht des Gesetzgebers zum Tätigwerden berührt in keiner Weise die Entscheidung über die Zweckmäßigkeit der Einführung einer Erlaubnispflicht für Auskunfteien und Detekteien und ist auch für die Verfassungsmäßigkeit der vorgeschlagenen Regelung ohne Bedeutung. 401

3. Anspruch auf eine Gesetzesänderung aus der Dimension des Art. 12 Abs. 1 GG als derivatives Teilhaberecht Ein Anspruch aus der Schutzdimension des Art. 12 Abs. 1 GG als Teilhaberecht, gerichtet auf die Einführung einer Erlaubnispflicht und damit eine bessere Ausbildung, besteht nicht. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht - allerdings nur in bezug auf das Hochschulstudium - ein partielles Recht auf Ausbildung anerkannt, dies bezog sich aber auf den Zugang zu schon bestehenden Ausbildungseinrichtungen. 4 0 2 Hier geht es aber nicht um das Problem der Teilhabe an schon bestehenden Ausbildungseinrichtungen, sondern um die Frage, ob der Staat aus Art. 12 Abs. 1 GG verpflichtet sein kann, Ausbildungsvorschriften zu erlassen, um eine Gleichstellung mit anderen Berufen zu erreichen. 403 Ein solches

401

Vgl. zu dem Ergebnis der Verneinung einer Pflicht des Gesetzgebers zum Tätigwerden und der Bejahung der Erforderlichkeit von Schutzmaßnahmen: BVerfGE 56, S. 54 (80) -Beschluß vom 14.01.1981- 1 BvR 612/72; BVerfG, NJW 1983, S. 2931 (2932) -Beschluß vom 14.09.1983- 1 BvB 920/83. 402

BVerfGE 33, S. 303 (331) -Urteil vom 18.07.1972- 1 BvL 32/70 und 25/71 („Numerus-Clausus-Entscheidung"). 403

Vgl. Stober, Befähigungsnachweis, S. 130.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

699

Recht auf berufliche Ausbildung läßt sich aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht ableiten, 4 0 4 denn Art. 12 Abs. 1 GG schützt i m Bereich der Berufsausbildung lediglich die Freiheit zur Teilnahme an Berufsbildungseinrichtungen. Ein Anspruch auf Schaffung von Regelungen, die eine Pflicht zur Absolvierung einer bestimmten Ausbildung begründen, ist dagegen nicht vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG umfaßt.

4. Rechtsstaatsprinzip und staatliches Gewaltmonopol Auch solche Tätigkeiten, die die Wahrnehmung von Gefahrenabwehraufgaben im Rahmen der verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben zum Gegenstand haben können, wie dies insbesondere bei den Kaufhausdetektiven der Fall ist, unterfallen grundsätzlich dem Grundrecht der Berufsfreiheit. 405 Allerdings können sich aus dem Rechtsstaatsprinzip und speziell dem staatlichen Gewaltmonopol Einschränkungen von Art. 12 GG ergeben, die insbesondere in bestimmten, dem Staat verbleibenden Kontrollmechanismen liegen. Wenn der Staat zulässigerweise tatbestandsmäßige Eingriffe in die Rechte Dritter durch Private - und dies sogar als Gegenstand einer gewerblichen Tätigkeit - erlaubt, so muß er dafür Sorge tragen, daß dies in ordnungsgemäßer Art und Weise geschieht. Daraus ergibt sich das Erfordernis, daß dem Staat Kontrollmechanismen verbleiben. Die Frage lautet also, ob die mit der Tätigkeit von Detektiven gegebenenfalls verbundenen Eingriffshandlungen unter dem Aspekt des Rechtsstaatsprinzips und des Gewaltmonopols für das Detektivgewerbe konkrete gewerberechtliche Aufsichtsmaßnahmen erfordern. Im Hinblick auf den weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum 406 ist dies zu verneinen. Speziell für Kaufhausdetektive gilt dies, weil die Fälle der Gewaltanwendung unter dem Gesichtspunkt des staatlichen Gewaltmonopols als nicht gravierend zu bezeichnen sind. Das Erfordernis einer gewerberechtlichen Gesetzesverschärfung läßt sich also weder aus dem Rechtsstaatsprinzip noch dem staatlichen Gewaltmonopol herleiten.

404

Maunz/Dürig-Scholz

405

Vgl. dazu allgemein Maunz/Dürig-Scholz

406

Kap. 7 E I 1,2.

Art. 12 Rdn. 61ff. Art. 12 Rdnrn. 214f.

700

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

I L Entgegenstehen einer verfassungsrechtlich gewährleisteten Wirtschaftsordnung? Eine gewerberechtliche Zulassungsregelung für das Auskunftsgewerbe wäre unter wirtschaftsverfassungsrechtlichem Aspekt nur dann unzulässig, wenn das Grundgesetz einzig und allein eine solche Wirtschaftsverfassung vorschreiben würde, mit der gewerberechtliche Zulassungsbeschränkungen schlechterdings unvereinbar wären. Eine ausdrückliche Regelung einer Wirtschaftsverfassung findet sich im Grundgesetz nicht. Die ständige Rechtsprechung 407 und die herrschende Lehre 4 0 8 gehen von der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes aus. Dieser Auffassung steht auch nicht der Vertrag über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion 409 entgegen, in dem mit verfassungsändernder Mehrheit erstmals die soziale Marktwirtschaft festgeschrieben wurde. Sie wurde aber nicht in den Verfassungsrang erhoben, und deshalb ist die soziale Marktwirtschaft weiterhin nur als eine der möglichen Wirtschaftsordnungen anzusehen. 410 Deshalb wurde auch i m Hinblick auf Art. 5, 3. Spiegelstrich EinigungsV 4 1 1 (Empfehlung an die gesetzgebenden Körperschaften des vereinten Deutschlands, sich mit Überlegungen zur Aufnahme von Staatszielbestimmungen in das Grundgesetz zu befassen) weiterhin diskutiert, ob die soziale Marktwirtschaft in einer künftigen Verfassung verankert werden soll. 4 1 2 407 BVerfGE 4, S. 7 (17f.) -Urteil vom 20.07.1954- 1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/53, 96, 114/54; 7, S. 377 (400); 50, S. 290 (336ff.) -Urteil vom 01.03.1979- 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und 1 BvL 21/78; BVerwG, DÖV 1965, S. 47 -Urteil vom 19.12.1963-1 C 77/60. 408

Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, S. 19; Rittner, § 2 Rdnrn. 26ff., insbesondere Rdn. 31: „Die Grundsätze des Bundesverfassungsgerichtes sind von großer rechtlicher Weisheit getragen."; Scheuner, VVDStRL 11, (1954) S. 1 (19f.); Tettingen BB 1977, S. 1617 (1619ff.). 409

BGBl 1990 I I S. 537.

410

Stoben Lehrbuch, § 5 II; dersNJW S. 2 (3). 411 412

1992, S. 2128 (2129); Tettingen BB 1992,

BGBl 1990 ü S. 889.

Vgl. Stoben NJW 1992, S. 2128 (2129). Für die Aufnahme der sozialen Marktwirtschaft in das Grundgesetz: Wissmann, in: FAZ vom 13.02.1992, S. 15; dagegen: Scholz, in: FAZ vom 26.11.1993, S. 16.

. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

701

Die wirtschaftspolitische Neutralität ist nach der oben genannten Auffassung so zu verstehen, daß sich der Verfassungsgeber nicht ausdrücklich für ein bestimmtes Wirtschaftssystem entschieden hat. Dadurch soll es dem Gesetzgeber ermöglicht werden, die ihm jeweils sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik zu verfolgen, sofern er sich dabei an die Bindungen des Grundgesetzes hält. 4 1 3 Die Frage, ob gewerberechtliche Zulassungsregelungen zulässig sind, ist also nach dieser Auffassung nicht aus wirtschaftsverfassungsrechtlicher Sicht im engeren Sinne zu beantworten, sondern an der Verfassung insgesamt zu messen. Eine andere Frage ist es demgegenüber, ob der Gesetzgeber in dem von der herrschenden Auffassung befürworteten Gestaltungsspielraum ein Konzept vorsieht, daß die Einführung gewerberechtlicher Zulassungsbeschränkungen nur sehr zurückhaltend beurteilt. Dies ist aber eine wirtschaftspolitische Frage, die die Erfolgsaussichten eines Änderungsvorschlages, nicht aber deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit berührt. Demgegenüber wird - am entschiedensten wohl von Nipperdey - 4 1 4 vertreten, daß das Grundgesetz die gegenwärtige Wirtschaftsordnung, also die soziale Marktwirtschaft, festlege. Diese Auffassung ergibt für die Frage der Vereinbarkeit von Erlaubnispflichten mit dem Grundgesetz kein anderes Ergebnis als die These von der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes. Denn selbst wenn die soziale Marktwirtschaft durch das Grundgesetz garantiert wäre, würde dies nicht die Einführung einer Erlaubnispflicht hindern. Unabhängig davon, wie man die soziale Marktwirtschaft idealtypisch auch immer definiert, der Ausschluß gewerberechtlicher Zulassungsbeschränkungen läßt sich aus ihr nicht rechtfertigen. Selbst nach der Auffassung, die aus der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes einen Dualismus von Staat und Wirtschaft folgert und die

413

BVerfGE 4, S. 17 (18) -Urteil vom 20.07.1954- 1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/53, 96, 114/54; bestätigt in: BVerfGE 50, S. 290 (337f.) Urteil vom 01.03.1979- 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und 1 BvL 21/78. 414

Nipperdey, Die soziale Marktwirtschaft in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 3ff.; ders., Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, S. 21 ff.Vgl. auch Herzog in: Maunz/Dürig Art. 20 Rdn. 60, der seine eigenen Ausführungen als den „vorsichtigen Versuch, die erstarrte Formelwelt der h. M. in Rechtsprechung und Lehre aufzulösen" bezeichnet (Maunz/Dürig Art. 20 Rdn. 60 Fn. 1). Ebenso Rupp> S. 5ff.

702

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Festlegung eines bestimmten wirtschaftspolitischen Konzeptes als Widerspruch gegen den Wirtschaftsrelativismus des Grundgesetzes ansieht, gehört die Gefahrenabwehr zu den regelmäßig erforderlichen, verfassungsrechtlich zulässigen Einzelentscheidungen, da sie wirtschaftstheoretisch wertneutral ist und keine Festlegung auf ein bestimmtes Wirtschaftssytem beinhaltet. 415 Auch nach dieser Auffassung steht das Grundgesetz unter wirtschaftsverfassungsrechtlichem Aspekt der Einführung gewerberechtlicher Zulassungsvoraussetzungen nicht entgegen. Eine Wirtschaftsverfassung, die die Möglichkeit zur Wahrnehmung von Gefahrenabwehraufgaben nicht zuließe, wäre vielmehr mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Die - von der herrschenden Meinung befürwortete wirtschaftspolitische Neutralität des Grundgesetzes meint dementsprechend eine solche Regelungs- und Gestaltungsoffenheit, die die übrigen verfassungsrechtlichen Bindungen beachtet. 416 Es kommt also - wie bei allen anderen Maßnahmen auch - darauf an, ob wirtschaftsverwaltungsrechtliche Normen und Einzelmaßnahmen mit den einzelnen Bestimmungen des Grundgesetzes vereinbar sind. 4 1 7 Der Gesichtspunkt der Vereinbarkeit mit einer wie auch immer gearteten Wirtschaftsverfassung scheidet danach als eigenständige Prüfungskategorie aus.

I I I . Vereinbarkeit der Erlaubnispflicht mit den Grundrechten Die Einführung einer Erlaubnispflicht für Auskunfteien und Detekteien kann die Grundrechte der von der vorgeschlagenen Neuregelung Betroffenen verletzen. Als verletzte Grundrechte kommen Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 12 GG in Betracht.

1. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG könnte durch die Einführung einer Erlaubnispflicht für Auskunfteien und Detekteien insofern betroffen sein, als das

415

Krüger, DVB1 1951, S. 361 (362f.).

416 Bezeichnend dafür ist der im sogenannten „Mitbestimmungsurteir (BVerfGE 50, S. 290 (338) -Urteil vom 01.03.1979- 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und 1 BvL 21/78) geprägte Begriff der „relativen Offenheit" des Grundgesetzes. 417

So auch Stober, Handbuch, § 7 III 1.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

703

Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch Teilbereiche wirtschaftlicher Betätigung, wie etwa die Wettbewerbsfreiheit, schützt. 418 Sofern die Wettbewerbsfreiheit berührt ist, ist Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG gegenüber den speziellen Freiheitsverbürgungen nicht subsidiär, da diese spezielle Form der freien Entfaltung der Persönlichkeit, zumindest einer Auffassung zufolge, nicht zum Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG gehört. 4 1 9 A u f die Entscheidung, ob dieser Auffassung zuzustimmen ist, kommt es aber i m vorliegenden Fall nicht an, da die Wettbewerbsfreiheit durch die Einführung einer Erlaubnispflicht nicht betroffen ist. Die Wettbewerbsfreiheit gewährleistet, daß der Unternehmer i m Wettbewerb mit anderen nicht behindert wird. Er hat das Recht, sich in freier Leistungskonkurrenz auf dem Markt gegenüber anderen Unternehmen durchzusetzen. 420 Die Einführung einer Erlaubnispflicht führt nicht dazu, daß dieses Recht des Unternehmers verletzt wird. Die Einführung einer Erlaubnispflicht würde nämlich sämtliche, in Konkurrenz stehende Anbieter betreffen und kann so für den einzelnen Unternehmer keine Wettbewerbsnachteile schaffen. Es wird sogar umgekehrt vertreten, daß in dem Fall, in dem Konkurrenzanbieter auf dem Markt vorhanden sind, die nicht unter eine Erlaubnispflicht fallen, die Betroffenen durch ihre qualifizierte Ausbildung und ihre guten Sachkenntnisse Wettbewerbsvorteile hätten. 421 Die Wettbewerbsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG steht somit der Einführung einer Erlaubnispflicht für Auskunfteien und Detekteien nicht entgegen.

2. Art. 3 Abs. 1 GG Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG könnte vorliegen, wenn die vorgeschlagene Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe im Gefüge der Gesamtregelung der Gewerbeordnung systemwidrig wäre, 4 2 2 und diese Systemwidrigkeit auch einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz bedeuten würde.

41

» BVerwGE 30, S. 191 (198) -Urteil vom 30.08.1968- V I I C 122.66.

419

Maunz/Dürig-Dürig Art. 2 Abs. 1 Rdnrn. 48ff.; Stober, Befähigungsnachweis, S. 99; a. A.: Maunz/Dürig-Scholz Art. 12 Rdn. 115. 420

Maunz/Dürig-Dürig

421

So in bezug auf das Gaststättengewerbe Stober, Befähigungsnachweis, S. 100.

Art. 2 Abs. 1 Rdn. 48; Stober, Befähigungsnachweis, S. 99.

704

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Würde man dagegen die Systemgerechtigkeit des Änderungsvorschlages bejahen, wäre zu prüfen, ob in der gegenwärtigen Rechtslage ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz zu sehen ist. Als Vergleichstatbestände kommen einerseits das Auskunftsgewerbe als lediglich anzeigepflichtiges Gewerbe und andererseits die erlaubnispflichtigen Gewerbezweige, insbesondere das Bewachungsgewerbe des § 34a GewO, in Betracht. Zwischen den Auskunfteien und Detekteien sowie dem Bewachungsgewerbe besteht hinsichtlich der gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen eine objektive Ungleichbehandlung. Diese Ungleichbehandlung ist für das Bewachungsgewerbe und die erlaubnisfreien Kaufhausdetektive nicht gerechtfertigt. Kaufhausdetektive und Mitarbeiter von Bewachungsunternehmen nehmen bei der Bekämpfung des Ladendiebstahls vergleichbare Aufgaben wahr. Überwiegend wird - entgegen der hier vertretenen Auffassung 423 - bei der Tätigkeit zur Bekämpfung des Ladendiebstahls nicht zwischen beiden Gewerbearten unterschieden, sondern beide möglichen Tätigkeitsformen werden dem § 34a GewO zugeordnet. Aus dieser Sicht fehlt es also schon an den Vergleichsgruppen. Des weiteren ist die Gefahrenintensität als gleichwertig anzusehen, sie ist vielmehr sogar dann noch größer, wenn es dem Dienstleistenden darauf ankommt, den potentiellen Täter erst hinter der Kasse zu stellen (wie bei den erlaubnisfreien Kaufhausdetektiven), anstelle die Eigentumsgefährdung direkt abzuwenden (wie beim Bewachungsgewerbe). Bei der erstgenannten Tätigkeit kann nämlich noch das gefahrintensive Moment einer Festnahmehandlung hinzukommen. Für diesen Teilbereich der Tätigkeit von Detekteien ist eine Ungleichbehandlung mit den Bewachungsunternehmen somit i m Hinblick auf das Differenzierungsziel der Gefahrenabwehr als nicht sachgerecht zu bezeichnen. Der Änderungsvorschlag, der diese sachwidrige Ungleichbehandlung beseitigt, ist somit systemgerecht.

422

Bejahend Erbel JA-Übungsblätter 1991, Heft 1, S. 10 (15); zu dem Problem, daß die Systemwidrigkeit Indiz für einen Gleichheitsverstoß sein kann: BVerfGE 24, S. 75 (100) -Urteil vom 24.07.1968- 1 BvR 537/65 („wenn damit das System des Gesetzes ohne zureichende sachliche Gründe verlassen wird"); ebenso BVerfGE 34, S. 103 (115) -Beschluß vom 07.11.1972- 1 BvR 338/68; 59, S. 36 (49) -Beschluß vom 10.11.1981- 1 BvL 18, 19/77. 423

Vgl. Kap. 6 D II.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

705

Des weiteren ist zwischen den Auskunfteien sowie den Privat- und Wirtschaftsdetektiven ein geeignetes Differenzierungskriterium für eine Ungleichbehandlung mit erlaubnispflichtigen Gewerbezweigen zu suchen. Die Gewerbeordnung dient primär Zwecken der Gefahrenabwehr. Differenzierungskriterium für die Abstufung der gewerberechtlichen Zulassungsvoraussetzungen ist hier also ebenfalls in erster Linie die Intensität der von den einzelnen Gewerbezweigen ausgehenden Gefahren für Dritte. Diese Differenzierung muß sich als sachgerecht erweisen. Daß dies nicht der Fall ist, wurde bereits i m Systemvergleich der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen dargelegt. 424 Auch insoweit ist der Vorschlag also systemgerecht. Fraglich ist nunmehr, ob weitergehend aus der Systemgerechtigkeit des Änderungsvorschlages eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Systemwidrigkeit der gegenwärtigen Rechtslage folgt. Insofern gilt, daß aus einem festgestellten Systemverstoß gegen das Regelungssystem der Gewerbeordnung nicht ohne weiteres auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG folgt. 4 2 5 Die Systemwidrigkeit für sich allein verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 G G . 4 2 6 Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG eine weitgehende Gestaltungsfreiheit hat. 4 2 7 Ob und in welchem Ausmaß der Gleichheitssatz bei der Ordnung bestimmter Materien dem Gesetzgeber Differenzierungen erlaubt, hängt dabei auch von der Natur des jeweils in Frage stehenden Sachbereichs ab. 4 2 8 Ein besonders weiter Spielraum wird dem Gesetzgeber gerade bei wirtschaftslenkenden und wirtschaftsordnenden Maßnahmen zugestanden. 429 Ein Verstoß gegen Art. 3 GG

424

Kap. 7 B IV 2.

425

BVerfGE 59, S. 36 (49) -Beschluß vom 10.11.1981- 1 BvL 18, 19/77; 61, S. 138

(148). 426 BVerfGE 61, S. 138 (148) -Beschluß vom 19.10.1982- 1 BvL 39/80; Battis, FS Ipsen, S. 11 (30). 427

BVerfGE 3, S. 162 (182) -Urteil vom 17.12.1953- 1 BvR 323/51, 195/51, 138/52, 283/52,319/52; 25, S. 269 (292) -Beschluß vom 26.02.1969- 2 BvL 15,23/68; 36, S. 102 (117) -Beschluß vom 17.10.1973- 1 BvR 50, 23, 93/71; 50, S. 290 (338) -Urteil vom 01.03.1979- 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und 1 BvL 21/78; von Münch/Kunig-Gubelt Art. 3 Rdn. 23; Stober, Befähigungsnachweis, S. 106; Gusy, JuS 1982, S. 30 (34). 428

BVerfGE 25, S. 269 (292) -Beschluß vom 26.02.1969- 2 BvL 15, 23/68.

429

BVerfGE 18, S. 315 (331) -Urteil vom 27.01.1965- 1 BvR 213, 715/58 u. 66/60; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 3 Rdn. 16. 45 PeUert

706

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

kann nur festgestellt werden, wenn die angestrebte Lösung die zur Verwirklichung des allgemeinen Gleichheitssatzes allein mögliche Lösung wäre, so daß jede andere, auch die vom Gesetzgeber getroffene Regelung, verworfen werden müßte. 4 3 0 Dies ist nur i m Hinblick auf die „Vergleichsgruppen" der erlaubnisfreien Kaufhausdetektive und dem Bewachungsgewerbe zu bejahen. Hier liegt eine - gegenüber der bloßen aus dem Gefahrenabwehrgedanken heraus entwickelten Systemwidrigkeit - weitergehende Ungleichbehandlung zweier Gewerbearten vor, die von der Praxis nicht unterschieden werden. Die für eine unterschiedliche gewerberechtliche Einordnung gefundenen Differenzierungskriterien legen vielmehr verfassungsrechtlich ebenfalls eine Gleichbehandlung nahe. Insofern stellt die gegenwärtige Rechtslage einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar. Soweit der Gesetzgeber die vom Bewachungsgewerbe ausgehenden Gefahren für das Eigentum der Auftraggeber höher eingeschätzt hat als die von Auskunfteien sowie Privat- und Wirtschaftsdetektiven ausgehenden Gefahren, hält sich diese Lösung im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Für den Änderungsvorschlag insgesamt gilt, daß er keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG enthält, sondern soweit er eine Zuverlässigkeitsprüfung und den Nachweis finanzieller Mittel im Erlaubnisverfahren für Kaufhausdetektive beinhaltet, sogar aus dem Gleichheitssatz ein Gebot zur Änderung der gegenwärtigen Rechtslage zu entnehmen ist.

3. Art. 12 Abs. 1 GG Kernproblem der Verfassungsmäßigkeitsprüfung von Erlaubnispflichten ist die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 12 GG. Vor der eigentlichen Grundrechtsprüfung werden dabei zunächst in kurzer Form die Grundsätze der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und die Auslegungsgrundsätze der Literatur zum Grundrecht der Berufsfreiheit dargestellt sowie das eigene Prüfungsvorgehen aufgezeigt, um anhand dieser Vorgaben die spezielle verfassungsrechtliche Prüfung der Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe vornehmen zu können.

430

BVerfGE 3, S. 162 (182) -Urteil vom 17.12.1953- 1 BvR 323/51, 195/51, 138/52, 283/52, 319/52.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

707

a) Grundsätze verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung zum Grundrecht der Berufsfreiheit Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält Art. 12 Abs. 1 GG ein einheitliches Grundrecht, dessen Regelungsvorbehalt in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG sich entgegen der Textaussage nicht nur auf die Berufsausübung, sondern auch auf die Berufswahl, also die gesamte Berufsfreiheit bezieht. 4 3 1 Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit sind am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu messen, das das Bundesverfassungsgericht durch die im sogenannten „Apothekenurteil" entwickelte und in der Entscheidung zur Handwerksordnung auch selbst so bezeichnete „Stufentheorie" 432 besonders ausgestaltet hat. Nach der Stufentheorie sind drei Arten von Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit zu unterscheiden, die in ihrer Intensität von einander abweichen. Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet Ausübungsregelungen, subjektive Zulassungsschranken und objektive Zulassungsschranken. Die geringste Beeinträchtigung liegt bei den Berufsausübungsregelungen vor, die lediglich die Modalitäten betreffen, unter denen sich die berufliche Tätigkeit vollzieht. Sie sind bereits bei vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls zulässig 4 3 3 Ein mittleres Beeinträchtigungsniveau sieht das Bundesverfassungsgericht bei den subjektiven Zulassungsschranken als gegeben an. Subjektive Zulassungsschranken liegen dann vor, wenn die Erfüllung der Berufszulassungsvoraussetzungen von dem Bewerber abhängen. Sie sind zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter zulässig. 434 431

BVerfGE 7, S. 377 (400ff.) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56.

432

BVerfGE 13, S. 97 (104) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55.

433

BVerfGE 7, S. 377 (405f.) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; 65, S. 116 (125) -Beschluß vom 04.10.1983- 1 BvR 1633, 1549/82; 70, S. 1 (28) -Beschluß vom 14.05.1985- 1 BvR 449, 523, 700, 728/82; 78, S. 155 (162) -Beschluß vom 10.05.19881 BvR 111/77. 434

BVerfGE 13, S. 97 (107) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55; 19, S. 330 (337) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60; 34, S. 71 (78) -Beschluß vom 11.10.1972-1 BvL 2/71; anders noch BVerfGE 7, S. 377 (406f.) -Urteil vom 11.06.19581 BvR 596/56, nach dem sich eine solche Beschränkung bereits aus der Sache selbst legitimiere, da sie dem einzelnen nur das zumute, was er zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Berufstätigkeit ohnehin auf sich nehmen müßte.

708

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Die schwerwiegendsten Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit nimmt das Bundesverfassungsgericht bei den objektiven Zulassungsschranken an. Sie sind gegeben, wenn die Wahl des Berufes an solche Voraussetzungen gebunden ist, die nicht im Einflußbereich des Bewerbers liegen. A n den Nachweis der Notwendigkeit objektiver Zulassungsvoraussetzungen sind deshalb besonders strenge Anforderungen zu stellen; nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sind sie im allgemeinen nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zu rechtfertigen. 435 In konsequenter Verwirklichung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gilt für das Verhältnis der drei Regelungsstufen untereinander, daß Eingriffe stets auf der Stufe vorzunehmen sind, die den geringsten Eingriff in die Berufsfreiheit mit sich bringt; die nächste Stufe darf der Gesetzgeber erst dann betreten, wenn der Gesetzeszweck auf der vorausgehenden Stufe nicht gleich wirksam erreicht werden kann. 4 3 6 Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben, daß die Rechtsprechung die ursprüngliche Starrheit der Stufentheorie seit dem Apothekenurteil dadurch aufgelockert hat, daß sie die materiellen Anforderungen an gesetzgeberische Eingriffe nicht mehr formal den drei Regelungsstufen zuordnet. Dies betrifft insbesondere die Berufsausübungsregelungen, bei denen besonders schwerwiegende Eingriffe nach den strengeren Anforderungen für die Zulässigkeit der Berufswahlbeschränkungen beurteilt werden. 437 Die dargestellten Rechtsgrundsätze des Bundesverfassungsgerichtes haben bei anderen Gerichten durchweg Zustimmung gefunden, 438 so daß all-

435

BVerfGE 7, S. 377 (378, 408) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56.

436

BVerfGE 7, S. 377 (378f., 408) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56.

437

BVerfGE 17, S. 232 (242) -Urteil vom 13.02.1964- 1 BvL 17/61, 1 BvR 494/60, 128/61; 17, S. 269 (276) -Urteil vom 04.03.1964- 1 BvR 371, 373/61; 22, S. 114 (123) Beschluß vom 28.06.1967- 2 BvR 143/61. Vgl. zu dieser Entwicklung auch Friauf JA 1984, S. 537 (543f.) und Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 (235). 438

BVerwGE 40, S. 17 (19) -Urteil vom 21.03.1972- I C 13.71; OVG Lüneburg, OVGE 15, S. 333 (336f.) -Urteil vom 25.09.1959- III OVG A 79/59; OVG Münster, DÖV 1959, S. 838 -Vorlagebeschluß vom 01.07.1959- IV A 734/58; HessVGH, DVB1 1971, S. 699 (700) -Urteil vom 23.03.1971- II OE 1/71; BSGE 15, S. 177 (182) -Urteil vom 24.10.1961- 6 RKa 25/60; BayObLG, NJW 1971, S. 1620 (1622) -Beschluß vom 08.04.1971-5 St 506/71 OWi.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

709

g e m e i n v o n den Auslegungsgrundsätzen der Rechtsprechung gesprochen w e r d e n kann.

b) Auslegungsgrundsätze

der Literatur

zum Grundrecht

der Berufsfreiheit

D i e L i t e r a t u r ist der A u s l e g u n g des A r t . 12 A b s . 1 G G durch das Bundesverfassungsgericht, w e n n auch nicht i n der B e w e r t u n g aller Einzelfälle, so d o c h i m Grundsätzlichen weitgehend g e f o l g t , 4 3 9 w o b e i festzustellen ist, daß e i n i g e i m A p o t h e k e n u r t e i l des Bundesverfassungsgerichtes

aufgestellte

Grundsätze bereits zuvor i n der Literatur erörtert worden s i n d . 4 4 0 A l l e r d i n g s w u r d e n auch kritische S t i m m e n l a u t , 4 4 1 die gegen die v o m Bundesverfassungsgericht e n t w i c k e l t e Stufentheorie geltend machten, daß m i t ihr „ a l l z u r e c h t s s c h ö p f e r i s c h " 4 4 2 vorgegangen w o r d e n sei. D i e K r i t i k an der Stufenlehre w i r d i m wesentlichen folgendermaßen begründet:

439

Die Palette der Äußerungen reicht dabei von vorbehaltloser Zustimmung, wie bei Stein (Staatsrecht, § 26 II [1. Aufl., 1968]), nach dem die Stufentheorie „ in vorbildlicher Exaktheit die Grenzen erfaßt, die dem Gesetzgeber bei der Regelung der beruflichen Betätigung gezogen sind"; (ab der 5. Aufl., 1976, § 14 II heißt es dagegen nur noch: „ Das Bundesverfassungsgericht hat für Art. 12 GG mit Hilfe dieses Grundsatzes eine Stufentheorie entwickelt, welche die Grenzen konkretisiert, die dem Gesetzgeber bei der beruflichen Betätigung gezogen sind.") oder Kienzle (WiVerw 1987, S. 95 [103]), nach dem die Prüfung der Frage, ob die Einführung des Befähigungsnachweises im Gaststättengewerbe mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit vereinbar ist, sich an der Stufentheorie orientieren „muß", bis zu einer eher differenzierenden Betrachtung, vgl. Maunz/DürigScholz Art. 12 Rdn. 319 ; Zustimmung zur Stufenlehre finden sich auch bei Thieme, Gutachten, S. 10f. 440

So die Erstreckung der Regelungsbefugnis des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG sowohl auf die Berufsausübung als auch die Berufswahl, vgl. Hamel, DVB1 1958, S. 37 und die Abgrenzung von subjektiven und objektiven Zulassungsbeschränkungen, vgl. Becker, NJW 1955, S. 975 (976). 441

Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, 1976, S. 48ff.; 68ff.; Rupp y AöR 92 (1967), S. 212 (225ff.); Schwabe, DÖV 1969, S. 734ff.; stark polemisierend Ridder (S. 120), der meint, daß die Berufsfreiheit zwar „durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet sein soll, aber nicht ist" und daß die Dogmatik bei diesem vermeintlichen Grundrecht nur „ein einziges Trampolin logischer Bocksprünge" sei. 442

Maunz/Dürig-Scholz

Art. 12 Rdn. 319.

710

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Die Abgrenzung von Berufsausübungs- und Berufwahlregelungen sei nicht möglich, da sie auf der Grundlage des Berufsbegriffes erfolge, der seinerseits inhaltsleer und damit subjektiven Wertungen zugänglich sei. Dies könne aber aufgrund der unterschiedlichen Eingriffsvoraussetzungen auf den beiden Wertungsstufen nicht hingenommen werden. 4 4 3 Auch die Unterscheidung von subjektiven und objektiven Zulassungsbestimmungen sei kein für alle Fälle brauchbares Differenzierungsschema. Der Eingriff sei vielmehr im Einzelfall zu gewichten und der üblichen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterziehen. 444 Die Kritik richtet sich aber auch gegen die Wertungskriterien der Stufentheorie. Erstens sei schon der Begriff „Gemeinwohl" durch die Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichtes nicht ausreichend konkretisiert, 4 4 5 und zweitens ließen sich die vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls, die besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter und die überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter nicht deutlich von einander abgrenzen. 446 Gegenüber den strengen Voraussetzungen der Stufenlehre sei schließlich die gesetzliche Fixierung von Berufsbildern nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes in weitem Umfang möglich, obwohl sie ebenfalls einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit darstelle. Dadurch bestimme der Gesetzgeber selbst über den Berufsbegriff und damit zugleich über den Anwendungsbereich von Berufsausübungs- und Berufswahlregelungen. Demzufolge regele der Gesetzgeber seine Bindung an Art. 12 Abs. 1 GG selbst, was einen Verstoß gegen Art. 1 Abs. 3 GG bedeute. 447 Die die Stufenlehre ablehnende Argumentation läßt sich so zusammenfassen, daß eine Rückführung der Dogmatik des Regelungsvorbehaltes bei 443

AK-GG/Rittstieg Art. 12 Rdn. 53; Battis/Gusy, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 5 I I 2 (S. 65, 67); dies., Staatsrecht, Rdn. 511; Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 (236); Schwabe, DÖV 1969, S. 734 (736, 738); speziell zum Berufsbegriff: Ridden S. 120. 444

In diesem Sinne Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 (234f.).

445

Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 (233, 237f.).

446 AK-GG/Rittstieg Art. 12 Rdn. 53; Maunz/Dürig-Scholz Art. 12 Rdn. 319; Battis/Gusy, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 5 II 2 (S. 67); dies., Staatsrecht, Rdn. 511; Rupp, AöR 92 (1967), S. 212 (237f.). Zur Kritik an Rupp vgl. Breuer in: Isensee/ Kirchhof VI, § 148 Rdnrn. 8ff. 447

Battis/Gusy,

Staatsrecht, Rdn. 511.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

711

Art. 12 Abs. 1 GG auf das allgemeine Verhältnismäßigkeitsprinzip befürwortet w i r d . 4 4 8 Diese Tendenz offenbart sich aus einer Gesamtschau der einzelnen kritisierten Merkmale der Stufenlehre.

c) Konsequenzen für die Prüfung der Erlaubnispflicht Aus der Kritik der Literatur an der vom Bundesverfassungsgericht im Apothekenurteil entwickelten Stufenlehre sollen auch für die vorliegende Untersuchung Konsequenzen gezogen werden. Teilweise hat das Bundesverfassungsgericht aber auch selbst solche Konsequenzen gezogen und seine Stufenlehre modifiziert. Zu berücksichtigen ist, daß auch das Bundesverfassungsgericht die Stufentheorie als Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsprinzips für den Bereich des Art. 12 Abs. 1 GG ansieht. 449 Für die vorliegende Untersuchung wird die Tendenz zur Rückführung der Stufenlehre auf ihren rechtlichen Ausgangspunkt, das Verhältnismäßigkeitsprinzip, bei der Frage berücksichtigt, ob der Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter eine taugliche Eingriffslegitimation für den Eingriff in die Berufsfreiheit durch die vorgeschlagene Erlaubnispflicht darstellt. 450 Ausgangspunkt für die Prüfung der Vereinbarkeit einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe bleibt aber die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Stufenlehre.

d) Schutzbereich Als Beruf gilt nach allgemeiner Ansicht jede auf Dauer gerichtete und nicht nur vorübergehende, der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende Betätigung. 451 Die dargelegten Voraussetzungen treffen auf die Betreiber von Auskunfteien und Detekteien in der Regel ohne weiteres zu. Über die angeführ448

So auch Battis/Gusy,

Staatsrecht, Rdn. 511.

449

BVerfGE 13, S. 97 (104) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55; 25, S. 1 (12) Beschluß vom 18.12.1968- 1 BvL 5, 14/64 und 5, 11, 12/65; vgl. dazu Friauf y JA 1984, S. 537 (543f.); Krüger, BayVBl 1986, S. 673 (674). 450 451

Vgl. Kap. 7 E V 3 f a a ( 4 ) .

BVerfGE 7, S. 377 (397); BVerwGE 1, S. 54 -Urteil vom 17.12.1953-1 C 154.53; 22, S. 286 (287) -Urteil vom 04.11.1965-1C 6.63; Maunz/Dürig-Scholz Art. 12 Rdn. 18.

712

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

te Definition hinaus werden teilweise noch weitere Definitionsmerkmale für den Berufsbegriff aufgestellt. So wird etwa verlangt, daß die berufliche Betätigung erlaubt, 4 5 2 sinnvoll 4 5 3 und nicht sozialschädlich oder sozialunwertig sein dürfe. 4 5 4 Ungeachtet der Bedenken gegen die Berücksichtigung unbestimmter Kriterien, wie nicht sozialschädlich oder sozialunwertig, zur Bestimmung des verfassungsrechtlichen Berufsbegriffs, ist festzustellen, daß diese Kriterien nichts an der Einordnung des Auskunftei- und Detekteigewerbes als Beruf ändern. Schon aus der gesetzlichen Erwähnung in § 38 Satz 1 Nr. 4 GewO ergibt sich die Erlaubtheit des Auskunftsgewerbes. Daß die Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien auch sinnvoll sein kann, wurde in der empirischen Untersuchung nachgewiesen 4 5 5 Schließlich kann trotz aller Kritik aufgrund verschiedener festgestellter Mißstände das Auskunftsgewerbe keinesfalls als sozialschädlich oder sozialunwertig angesehen werden. Das Auskunftsgewerbe ist somit vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG umfaßt.

e) Eingriff Eingriffe in die Berufsfreiheit liegen in erster Linie bei Regelungen vor, „die sich gerade auf die berufliche Betätigung beziehen und die sie unmittelbar zum Gegenstand haben". 4 5 6 Dazu zählen insbesondere Genehmigungsvorbehalte aller A r t . 4 5 7 Demzufolge stellt die Einführung einer Erlaubnispflicht mit den drei Kriterien der Zuverlässigkeit, des Nachweises finanzieller Mittel und des Sachkundeerfordernisses einen Eingriff in die Berufsfreiheit dar.

452 BVerfGE 7, S. 377 (397) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; 13, S. 97 (106) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55; kritisch dazu Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 12 Rdn. 6 und Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 147 Rdnrn. 43f. 453

BVerfGE 7, S. 377 (397) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; BVerwGE 21, S. 195 (196) -Urteil vom 28.05.1965- V I I C 116.64; Stein, § 42 II 1 a („wirtschaftlich sinnvolle Tätigkeit"). 454

von Mangoldt/Klein,

455

Kap. 2 B I , II.

Bd. I, 2. Aufl. 1957, Art. 12 Anm. I I I 1 a.

456

BVerfGE 13, S. 181 (185) -Beschluß vom 30.10.1961- 1 BvR 833/59; ebenso Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 12 Rdn. 10. 457

Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 12 Rdn. 10.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

713

Sofern das Bundesverfassungsgericht in bezug auf Berufszulassungsregelungen, die die zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit erforderlichen Fähigkeiten voraussetzen, ausgeführt hat, „daß die darin liegende Freiheitsbeschränkung für den Einzelnen kaum noch als solche fühlb a r " 4 5 8 ist, betrifft dies nicht die Frage, ob ein Eingriff in die Berufsfreiheit vorliegt. Dies ist vielmehr ein Aspekt, der bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung, speziell bei der Verhältnismäßigkeit i m engeren Sinne, zu berücksichtigen ist. 4 5 9

f) Schranken Der Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist nur dann verfassungsmäßig, wenn er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, und diese Rechtsgrundlage ihrerseits verfassungsmäßig ist. Gesetzliche Grundlage ist die vorgeschlagene Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe. Diese muß als Schranke der Berufsfreiheit verhältnismäßig sein.

aa) Verhältnismäßigkeit der Erlaubnispflicht Der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe kommt entscheidende Bedeutung zu. A n der Hürde der Verhältnismäßigkeit scheiterte etwa das dem Bundesverfassungsgericht zweimal zur Prüfung vorgelegte Einzelhandelsgesetz. 460 Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst ist der Maßstab für die Verhältnismäßigkeitsprüfung festzulegen, wobei eine Entscheidung zwischen der Anwendung der Stufenlehre für Berufsausübungs- und Berufswahlregelungen einerseits und einer bloßen Willkürkontrolle für die rechtliche Fixierung von Berufsbildern andererseits zu treffen ist. Dabei wird sich die Anwendung der Stufenlehre als erforderlich erweisen, so daß anschließend eine Abgrenzung zwischen Berufsausübungsund Berufswahlregelungen zu treffen ist. Die Einordnung der Erlaubnispflicht als Berufswahlregelung gebietet wiederum eine Abgrenzung von sub-

458

BVerfGE 13, S. 97 (115f.) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55.

459

Vgl. BVerfGE 13, S. 97 (115f.) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55.

460

BVerfGE 19, S. 330ff. -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60; 34, S. 71ff. Beschluß vom 11.10.1972- 1 BvL 2/71.

714

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

jektiven und objektiven Zulassungsregelungen. Die Erlaubnispflicht mit den Kriterien der Zuverlässigkeit, des Nachweises finanzieller Mittel und des Sachkundeerfordernisses ist insgesamt als subjektive Zulassungsschranke anzusehen. Als Voraussetzung für die eigentliche Verhältnismäßigkeitsprüfung ist dann das Abwägungsmaterial zusammenzustellen, das einerseits in dem Grundrecht der Berufsfreiheit und andererseits in den zur Einschränkung des Art. 12 Abs. 1 GG prinzipiell geeigneten besonders wichtigen Gemeinschaftsgütern, also den denkbaren Motiven für die Einführung der Erlaubnispflicht, besteht. Erst nach diesen Prüfungsschritten kann die eigentliche, klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen.

(1) Anwendbarkeit der Stufenlehre

oder bloße Willkürkontrolle

Das Bundesverfassungsgericht mißt Einschränkungen der Berufsfreiheit anhand zweier unterschiedlicher Prüfungsmaßstäbe. Soweit nach der bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur lediglich die Fixierung von Berufsbildern durch den Gesetzgeber vorliegt, begnügt sich das Bundesverfassungsgericht mit einer bloßen Willkürkontrolle. Bei Berufsausübungs- und Berufswahlregelungen wird dagegen die Stufenlehre als Prüfungsmaßstab herangezogen. Es ist also zu fragen, ob es sich bei der Einführung einer Erlaubnispflicht für Auskunfteien und Detekteien um die Fixierung von Berufsbildern handelt und damit nur eine Willkürkontrolle in Betracht kommt, oder ob in der Gesetzesänderung eine Berufsausübungs- oder Berufswahlregelung mit der Folge der Anwendung der Stufenlehre liegt. Dem Gesetzgeber steht eine sogenannte Typisierungs- und Fixierungskompetenz zu, um bestimmte, in der Rechtswirklichkeit schon vorhandene Berufsbilder auch normativ beschreiben zu können. Diese Befugnis leitet das Bundesverfassungsgericht aus der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht der Wirtschaft aus Art. 74 Nr. 11 GG ab. 4 6 1 Aufgabe der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Lehre vom Berufsbild ist die Verdeutlichung spezifischer Inhalte und Konturen einzelner Berufe. 4 6 2 Die Typisierungs- und Fixierungskompetenz bezieht sich also ausschließlich auf schon vorhandene Berufsbilder, die nunmehr lediglich gesetzlich definiert

461

BVerfGE 26, S. 246 (254ff.) -Beschluß vom 25.06.1969- 2 BvR 128/66.

462

BVerfGE 21, S. 173 (180f.) -Beschluß vom 15.02.1967- 1 BvR 569, 589/62; JA 1984, S. 537 (539); Fröhler/Mörtel, GewArch 1978, S. 248 (257f.).

Friauf

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

715

werden. Scholz bezeichnet diese vorhandenen Berufsbilder als autonome Berufsbilder, die dadurch gekennzeichnet seien, daß sie auf der freiheitlichen Selbstverwirklichung der beteiligten Berufstätigen beruhten, wobei ihre freiheitlich-berufsbildende wie berufsprägende Autonomie über den jeweiligen Berufsinhalt bzw. das jeweilige Berufsbild entscheiden. 463 Bleibt der Gesetzgeber mit der Neuregelung innerhalb des vorgegebenen „autonomen" Berufsbildes, handelt es sich um keinen intensiven Eingriff in die Berufsfreiheit, so daß dieser Eingriff des Gesetzgebers lediglich der niedrigeren Verfassungsmäßigkeitsanforderung des Willkürverbotes unterworfen wird. Verläßt der Gesetzgeber dagegen den vorgefundenen tatsächlichen Rahmen des autonomen Berufsbildes, ist ein intensiverer Eingriff gegeben, der deshalb an der strengeren Drei-Stufen-Lehre zu messen ist. Dies ist der Fall, wenn der Gesetzgeber ein sogenanntes „heteronomes" Berufsbild schafft, das vorliegt, wenn das Berufsbild erst durch bestimmte Gesetzgebungen verfaßt oder geordnet w i r d . 4 6 4 Die vorgeschlagene Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe geht über die Möglichkeiten des Gesetzgebers zur Berufsbildtypisierung hinaus. Durch die Erlaubnispflicht wird keine Regelung getroffen, deren Inhalt in der Praxis schon i m Auskunftsgewerbe umgesetzt wird. Die Regelung stellt folglich keine gesetzliche Beschreibung eines schon vorhandenen autonomen Berufsbildes dar. Vielmehr wird durch die Einführung der Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe ein neues heteronomes Berufsbild geschaffen bzw. ein schon vorhandenes geändert, in dem die bisher geltende Anzeigepflicht durch die Erlaubnispflicht ersetzt wird. Zudem werden durch den vorgeschlagenen differenzierten Sachkundenachweis für Auskunfteien, Wirtschafts- und Privatdetektive sowie Kaufhausdetektive erstmals unterschiedliche Anforderungen an die Gewerbeaufnahme gestellt. Somit liegt ein neues heteronomes Berufsbild vor, dessen Einführung an den Voraussetzungen der Drei-Stufen-Lehre zu messen ist.

(2) Die Erlaubnispflicht

als Regelung der Berufswahl

Nach der Stufenlehre stellt sich die Frage, ob in der Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe eine Berufsausübungs- oder eine Berufswahlrege-

463

Maunz/Dürig-Scholz

Art. 12 Rdn. 270; Stober, Befähigungsnachweis, S. 108.

464

Maunz/Dürig-Scholz

Art. 12 Rdn. 270; Stoben Befähigungsnachweis, S. 108f.

716

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

lung liegt. Berufsausübungsregelungen umfassen Form, Mittel und Bestimmung des Umfanges und des Inhaltes der Berufstätigkeit. 465 Sie kommen dann zum Tragen, wenn der Beruf bereits aufgenommen worden ist. Demgegenüber sind Berufswahlregelungen als Bestimmungen zu qualifizieren, die schon die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen. 466 Ohne die Erfüllung der Voraussetzungen der Erlaubnispflicht soll die Ausübung einer Tätigkeit i m Auskunftsgewerbe nicht aufgenommen werden können, so daß eine Regelung der Berufswahl vorliegt.

(3) Die verschiedenen Kriterien der Erlaubnispflicht als subjektive Zulassungsschranken Innerhalb der Berufswahlregelungen ist aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen an deren Verfassungsmäßigkeit zwischen den subjektiven und den objektiven Zulassungsregelungen zu differenzieren. Objektive Zulassungsvoraussetzungen sind solche, die mit den persönlichen Eigenschaften und Möglichkeiten des Berufsbewerbers nichts zu tun haben, und auf deren Erfüllung er keinen Einfluß nehmen kann. 4 6 7 Subjektive Zulassungsvoraussetzungen liegen vor, wenn Vorschriften die Aufnahme der Berufstätigkeit an von der Person des Berufsanwärters abhängige und für diesen generell erfüllbare Voraussetzungen binden. 4 6 8 Die Voraussetzungen dürfen nicht außerhalb der Einflußnahmemöglichkeit des Bewerbers liegen. 4 6 9 Letzteres trifft für das Kriterium der Zuverlässigkeit zu. Ob ein Berufsanwärter zuverlässig ist, ist ein Umstand, der in der Person des Berufsanwärters

465

von Münch/Kun ig - Gubelt Art. 12 Rdn. 38; Battis/Gusy,

Staatsrecht, Rdn. 509.

466

BVerfGE 7, S. 377 (406) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; Leibholz/Rinck/ Hesselberger All. 12 Rdn. 341. 467

BVerfGE 7, S. 377 (406) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; von Münch/Kunig-Gubelt Art. 12 Rdn. 65. 468

BVerfGE 7, S. 377 (406f.) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; von Münch/ Kunig-Gubelt Art. 12 Rdn. 53. 469

BVerfGE 9, S. 339 (345) -Beschluß vom 16.06.1959- 1 BvR 71/57; von Münch/ Kunig-Gubelt Art. 12 Rdn. 54.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

717

begründet liegt. So wird das Kriterium der Zuverlässigkeit auch allgemein als subjektive Zulassungsbestimmung angesehen. 470 Gleiches gilt auch für die Zulassungsvoraussetzung des Nachweises finanzieller M i t t e l . 4 7 1 Ob ein Berufsbewerber über die erforderlichen Geldmittel verfügt, unterfällt prinzipiell seinem Zuordnungs- bzw. Verantwortungsbereich. Daß man hier von einer „ i m Einzelfall vielleicht irrigen" Allgemeinvorstellung ausgeht, - wie Scholz 472 meint -, ist aufgrund des Erfordernisses der generellen Erfüllbark e i t 4 7 3 demgegenüber unerheblich. Ebenfalls im Bereich der prinzipiellen Einflußnahmemöglichkeiten des Berufsbewerbers liegt die Erfüllung des Sachkundenachweises. So ist auch anerkannt, daß der Sachkundenachweis eine subjektive Zulassungsschranke darstellt. 474

(4) Besonders wichtige Gemeinschaftsgüter

als Eingriffslegitimation

Ob die Einführung der Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe mit Art. 12 GG vereinbar ist, hängt mit den denkbaren Regelungszwecken für die befürwortete Novellierung zusammen. Diese Regelungszwecke müssen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei subjektiven Zulassungsbestimmungen dem Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter dienen, die die Einschränkung zwingend erfordern. 475 In Ausnahmefällen, etwa bei einer atypischen Betroffenheit einzelner Regelungsunterworfener, kann jedoch ein strengerer Maßstab anzulegen sein.

470

von Münch/Kunig-Gubelt

471

Maunz/Dürig-Scholz

Art. 12 Rdn. 344; von Münch/Kunig-Gubelt

472

Maunz/Dürig-Scholz

Art. 12 Rdn. 344.

Art. 12 Rdn. 53; Ernst, GewArch 1990, S. 88. Art. 12 Rdn. 53.

473

BVerfGE 7, S. 377 (406f.) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; von Münch/ Kunig-Gubelt An. 12 Rdn. 53. 474 BVerfGE 19, S. 330 (337ff.) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60; BVerwGE 2, S. 295 (300f.) -Urteil vom 03.11.1955- 1 C 15.53; Hamann/Lenz Art. 12 Anm. B 5 c cc; Maunz/Dürig-Scholz Art. 12 Rdnrn. 340, 374; von Münch/Kunig-Gubelt Art. 12 Rdn. 53; Ernst y GewArch 1990, S. 88. 475

BVerfGE 7, S. 377 (378) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56.

718

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

(a) Kein Fall atypischer Betroffenheit Eine Ausnahme zu den der reinen Stufenlehre entstammenden Voraussetzungen für Einschränkungen der Berufsfreiheit nimmt das Bundesverfassungsgericht in den Fällen einer atypischen Betroffenheit der regelungsunterworfenen Personen an. 4 7 6 Neben der Verhältnismäßigkeitsprüfung auf der abstrakten Ebene der gesetzlichen Regelung, also der Abwägung zwischen den Gemeinwohlinteressen einerseits und dem Grundrecht der Berufsfreiheit andererseits, erfolgt noch eine weitere Interessenabwägung, bei der auf der Seite der Berufsfreiheit noch die konkret-individuelle Betroffenheit berücksichtigt wird 4 7 7 Folge davon ist nicht die Veränderung der abstrakten Stufenzugehörigkeit einer Regelung, sondern die Korrektur der Abwägungsmaßstäbe. 478 So kann sich etwa eine subjektive Zulassungsbestimmung für den Betroffenen im Einzelfall als objektive Zulassungsbestimmung darstellen. Dies hat zur Folge, daß auch die stufenspezifischen Legitimationsanforderungen entsprechend der tatsächlichen Eingriffswirkung für den Betroffenen angepaßt werden. 4 7 9 Würde sich bei der Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe eine solche atypische Betroffenheit feststellen lassen, könnte also an die Stelle der besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter im Einzelfall das Erfordernis nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut treten. Als Beispiel, in dem solche Maßstabsverschärfungen in Betracht kommen, ist etwa anzusehen, wenn die Bedingungen für eine Erlaubnispflicht aufgrund der hohen Anforderungen gegenüber der bisherigen Regelung derart gravierend sind, daß ihre Erfüllung nur unter unzumutbaren Opfern mög-

476

BVerfGE 16, S. 147 (167) -Urteil vom 22.05.1963- 1 BvR 78/56 (Anwendung des Rechtfertigungsmaßstabes der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen auf eine Berufsausübungsregelung). 477

Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdn. 10.

478

Beispiele aus der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung für die Möglichkeit der Verschiebung der materiellen Wertungskriterien zwischen den einzelnen Stufen bilden: BVerfGE 16, S. 147 (163) -Urteil vom 22.05.1963- 1 BvR 78/56; 30, S. 292 (313f.) -Beschluß vom 16.03.1971- 1 BvR 52, 665, 667, 754/66 = Berufsausübungsregelung/subjektive Zulassungsbestimmung; vgl. dazu auch Breuer in: Isensee/ Kirchhof VI, § 148 Rdn. 10. 479

Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdnrn. 10, 45.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

719

lieh i s t . 4 8 0 Dies ist indes bei den für das Auskunftsgewerbe vorgeschlagenen Regelungen nicht der Fall. Die vorgeschlagene Erlaubnispflicht nennt mit der Zuverlässigkeit eine Anforderung, die in einigen Bundesländern bereits unmittelbar nach der Gewerbeanzeige überprüft wird bzw. aufgrund von § 35 GewO bei allen Gewerbetreibenden stets vorliegen muß. Der Nachweis finanzieller Mittel, der gewährleisten soll, daß dem Antragsteller die Mittel zur Bestreitung seines Gewerbebetriebs zur Verfügung stehen, ist ebenfalls kein derart gravierender Eingriff, der nur unter unzumutbaren Opfern erbracht werden kann. Dies ist damit zu begründen, daß ein sorgfältig disponierender Gewerbetreibender von sich aus einkalkulieren muß, daß zu Beginn der Geschäftstätigkeit finanzielle Sicherheiten zur Überbrückung von Anlaufschwierigkeiten vorhanden sind bis das Gewerbe am Markt eingeführt ist. Der Sachkundenachweis schließlich erfordert nur solche Kenntnisse, die ohnehin zur rechtmäßigen Gewerbeausübung erforderlich sind, die sich der Gewerbetreibende also auch ohne das zwingende Erfordernis des Sachkundenachweises aneignen müßte. Eine weitere Fallgruppe einer atypischen Sonderbetroffenheit einzelner Personengruppen durch subjektive Zulassungsbestimmungen liegt vor, wenn eine Gesetzesnovellierung die neu eingeführten, verschärften Qualifikationsvoraussetzungen unterschiedslos auf Berufsbewerber und sogenannte „Altbetroffene" erstreckt. 481 Auch insofern ist für die vorgeschlagene gewerberechtliche Neuregelung kein erhöhter Beurteilungmaßstab anzulegen, denn der Novellierungsvorschlag sieht schonende Übergangsregelungen für Altbetroffene vor. Wenn die vorgeschlagene Erlaubnispflicht also allgemein dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, kann sie nicht nach Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig sein, da sie in allen wesentlichen geregelten Fällen die Verhältnismäßigkeit wahrt und die Ungleichheiten berücksichtigt, die typischerweise innerhalb der betroffenen Berufsgruppen bestehen. 482 Damit steht auch fest, daß die Neuregelung der

480

Diese Fallgruppen wird auch in BGHSt 4, S. 385 (393) -Gutachten vom 28.04. 1952, VRG 3/52 und von Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdn. 45 anerkannt. 481

BVerfGE 16, S. 147 (167) -Urteil vom 22.05.1963- 1 BvR 78/56; 21, S. 173 (182f.) -Beschluß vom 15.02.1967- 1 BvR 569, 589/62. 482

Zu Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG als Grund für eine Verfassungswidrigkeit siehe BVerfGE 34, S. 71 (78f.) -Beschluß vom 11.10.1972- 1 BvL 2/71; Leibholz/ Rinck/Hesselberger Art. 12 Rdn. 344.

720

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Zulassungsvoraussetzungen für das Auskunftsgewerbe insgesamt zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter erforderlich sein muß.

(b) Der Begriff der „besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter" Bevor die einzelnen Motive im Hinblick auf ihren Schutzcharakter untersucht werden können, ist eine Begriffsbestimmung der „besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter" vorzunehmen. Unstreitig ist, daß jedenfalls solche Interessen als besonders wichtige Gemeinschaftsgüter anzusehen sind, die Verfassungsrang haben. 483 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 484 sind aber nicht nur „absolute", das heißt allgemein anerkannte und von der jeweiligen Politik des Gemeinwesens unabhängige Gemeinschaftswerte schutzwürdig. Der Gesetzgeber kann vielmehr auch solche Gemeinschaftsinteressen zum Anlaß von Berufsregelungen nehmen, die ihm nicht in diesem Sinne vorgegeben sind, die sich vielmehr erst aus seinen besonderen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen und Zielen ergeben, die er also erst selbst in den Rang wichtiger Gemeinschaftsinteressen erhebt. In solchen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht die Berufsregelungen nicht schon deshalb beanstanden, weil die ihnen zugrundeliegenden politischen Auffassungen umstritten sind. Das Bundesverfassungsgericht beschränkt sich insoweit auf die Prüfung, ob die Gemeinwohlinteressen, deren Schutz die beabsichtigte Regelung dient, überhaupt Gemeinschaftswerte von so hohem Rang darstellen, daß sie eine Einschränkung der freien Berufswahl rechtfertigen können. 4 8 5 Die Einordnung gesetzgeberische Motive als besonders wichtige Gemeinschaftsgüter w i l l das Bundesverfassungsgericht nur beanstanden, wenn sie offensichtlich fehlsam oder mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind. 4 8 6 Dieses Zugeständnis eines erhebli-

483

Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdn. 11.

484

BVerfGE 13, S. 97 (107) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55; zustimmend von Münch/Kunig-Gubelt Art. 12 Rdn. 58; Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdnrn. 11, 39f. 485 BVerfGE 13, S. 97 (107) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55; zustimmend Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdn. 40. 486

BVerfGE 13, S. 97 (107) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55; zustimmend Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdn. 40; Spanner, DÖV 1972, S. 217 (219f.);

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

721

chen Gestaltungsspielraumes an den Gesetzgeber wird mit dem Praktikabilitätsargument begründet, daß sich, wegen der Vielfalt der Gemeinwohlinteressen, nicht alle wichtigen Gemeinschaftsgüter aus verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen begründen lassen, 487 und daß sich dieser gesetzgeberische Gestaltungsspielraum innerhalb von Art. 12 GG aus der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes ergebe. 488 Demgegenüber wird ein solcher Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers auch abgelehnt, da damit eine einfach-gesetzliche Entscheidung des Gesetzgebers zum Auslegungsmittel einer Verfassungsnorm werde, was zu einem Zirkelschluß führe. 4 8 9 Zum Teil wird allein die Gefahrenabwehr als Gemeinschaftsgut angesehen, das die Berufsfreiheit zulässigerweise einschränken kann. 4 9 0 Ob diese unterschiedlichen Auffassungen zur Konstituierung von Gemeinwohlbelangen für die vorliegend zu beantwortende Frage der Verfassungsmäßigkeit der Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe Bedeutung haben wird, sei zunächst dahingestellt. Denn mit der Feststellung, daß ein gesetzgeberisches Interesse prinzipiell als eingriffslegitimierendes Gemeinschaftsgut i m Sinne der Schrankensystematik des Art. 12 Abs. 1 GG in Betracht kommt, ist noch nicht darüber entschieden, ob dieses Gemeinschaftsgut auch i m konkreten Fall den Eingriff in die Berufsfreiheit rechtfertigt, denn die Gemeinwohlbelange unterliegen zwei verschiedenen Prüfungsmaßstäben. Zum einen muß der Gesetzgeber die Konstituierung der Gemein-

Gubelt (von Münch/Kunig Art. 12 Rdn. 58) mit der Einschränkung, daß die vom einfachen Gesetzgeber herangezogenen wichtigen Gemeinwohlinteressen von der Mehrheit der Bevölkerung bzw. des entsprechenden Personenkreises (z. B. Sachverständiger bei wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidungen) zur Zeit des Gesetzgebungsverfahrens als solche anerkannt werden. Die mit der Feststellung der mit der Erstellung eines solchen Meinungsbildes vorhandenen Schwierigkeiten will Gubelt wegen der weitreichenden Auswirkungen von Zulassungsbeschränkungen in Kauf nehmen. 487

von Münch/Kunig-Gubelt

488

AK-GG/Rittstieg

489

So insbesondere Hamann/Lenz Art. 12 Anm. B 5 c.

490

Art. 12 Rdn. 58; Stober, Befähigungsnachweis, S. 114.

Art. 12 Rdn. 98.

So das gemäß § 80 Abs. 1 BVerfGG erstellte Gutachten des Bundesgerichtshofes (BGHSt 4, S. 385 (391f.) -1. Zivilsenat. Gutachten vom 28.04.1952, VRG 3/52; zustimmend Hamann, BB 1955, S. 293f.; Reuß y DVB1 1966, S. 197 (198ff.); dagegen Becker, NJW 1955, S. 975f. 46 Peilert

722

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

wohlbelange mit sachgerechten und vernünftigen, das heißt wirtschafts- und sozialpolitisch einsehbaren und nicht sachfremden Erwägungen begründen; anderenfalls liegt ein Mißbrauch der gesetzgeberischen Regelungsbefugnis vor. 4 9 1 Zum anderen unterliegt die gesetzliche Gemeinwohlkonstituierung der stufenspezifischen Verhältnismäßigkeitsprüfung, so daß die Gemeinwohlbelange eine geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Eingriffslegitimation für die Einschränkung der Berufsfreiheit sein müssen. 492 A u f diesem Wege wird der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wieder eingeengt. 4 9 3 Legt man dies zugrunde, so relativiert sich der Unterschied zu der einem weiten Gestaltungsspielraum kritisch gegenüberstehenden Meinung. I m Zweifel werden solche, nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung prinzipiell als besonders wichtige Gemeinschaftsgüter anzuerkennende Interessen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung als nicht eingriffslegitimierend angesehen werden. 4 9 4 Darüber hinaus lassen sich viele der für einzelne gesetzliche Reformvorhaben angeführten Interessen auf ein einziges Gemeinwohlinteresse, nämlich das der Gefahrenabwehr zurückführen. Bei der Herausarbeitung der einzelnen Gemeinwohlinteressen soll besonderer Wert auf deren präzise Bezeichnung gelegt werden, denn nur so kann die Einordnung als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut einerseits und die Beurteilung der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit andererseits zutreffend erfolgen. Daß es dabei zu einer Aufsplitterung bislang anerkannter Gemeinwohlbelange kommt, ist in Kauf zu nehmen, ja sogar zu begrüßen, da gerade die präzise Darstellung des Abwägungsmaterials dem Verhältnismäßigkeitsprinzip wesensmäßig ist. Daß in der Diskussion um die Konstituierung wichtiger Gemeinwohlbelange zum Teil ungeeignete Begriffe verwendet werden, wird exemplarisch 491

von Münch/Kunig-Gubelt Rdn. 13. 492

Art. 12 Rdn. 49; Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148

Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdnrn. 13, 20, 40f.

493

Breuer (Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdn. 41) spricht von einer „abwehrfähigen Mäßigungswirkung gegenüber der Gesetzgebung und dem Gesetzesvollzug". 494

Vgl. etwa Stober (Befähigungsnachweis, S. 119ff.), der eine Vielzahl von Interessen als prinzipiell besonders wichtige Gemeinschaftsgüter ansieht, seine Ansicht der Vereinbarkeit eines Befähigungsnachweises für das Gaststättengewerbe mit Art. 12 GG letztlich aber nur auf den auch verfassungsrechtlich abgesicherten Gesundheitsschutz stützt. Siehe dazu Kap. 7 E V 3 f aa (4) (c).

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

723

am Beispiel des Begriffs „Verbraucherschutz" gezeigt. Dabei wird sich auch zeigen, daß man bei dem pauschalen Verweis auf ein möglichst inhaltlich umfangreich ausgestaltetes Interesse viel eher geneigt sein wird, dieses als wichtiges Gemeinschaftsgut anzuerkennen, wogegen man bei der genauen Bezeichnung des konkret durch die Neuregelung zu schützenden Gemeinschaftsgutes in Argumentationsnot gerät. Auch dies ist i m Sinne der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein wünschenswertes Ergebnis.

(c) Denkbare Interessen einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe (aa) Leistungssteigerung Der Begriff der Leistungssteigerung soll hier allein in dem Sinne verstanden werden, daß Auskunfteien und Detekteien bei ihrer Arbeit qualitativ bessere Ergebnisse erzielen, indem sie etwa umfangreichere Recherchen vornehmen oder die rechtlichen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung besser ausnutzen. Nicht gemeint ist dagegen eine Leistungssteigerung aufgrund einer verminderten Anzahl ungerechtfertigter Eingriffe von Seiten des Auskunftsgewerbes. Leistungssteigerung und Verbesserung des sozialen Ansehens werden als wichtige Gemeinschaftsinteressen angesehen, die prinzipiell subjektive Zulassungsvoraussetzungen rechtfertigen können. 4 9 5 Die Aspekte Leistungssteigerung und Verbesserung des sozialen Ansehens werden hier aber getrennt behandelt, da ihre Beurteilung innerhalb der Verhältnismäßigkeit verschieden sein kann. Begründet werden kann die Gemeinwohlfunktion einer Leistungssteigerung damit, daß sie nicht nur i m standespolitischen Interesse der jeweiligen Branche liegt, sondern daß auch die Allgemeinheit selbst von einer Leistungssteigerung eines Gewerbes profitieren kann. Aus den zum besonders wichtigen Gemeinschaftsgut der Leistungssteigerung, insbesondere im sogenannten „Handwerksurteil," 4 9 6 entwickelten Grundsätzen läßt sich aber

495 BVerfGE 13, S. 97 (107ff.) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55; 19, S. 330 (339ff.) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60; Jarass, § 10 Rdn. 20; Stober, Befähigungsnachweis, S. 115; dagegen Sattler, WiVerw 1987, S. 240 (248), der auch die Eignung einer Zulassungsbeschränkung zur Verbesserung des Ansehens und zur Leistungssteigerung bezweifelt. 496

BVerfGE 13, S. 97 -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55.

724

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

nicht verallgemeinernd der Schluß ziehen, daß der Gesetzgeber die Leistungssteigerung bei jedem Gewerbe und bei jedem Beruf als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut einstufen kann. So wird für das Auskunftsgewerbe vertreten, daß an dessen Leistungsfähigkeit in der Regel nur ein privates Interesse bestünde, nämlich das geschäftliche Interesse des Gewerbetreibenden und das private Informationsinteresse der Auftraggeber. 497 Zwar wird eingeräumt, daß die beschafften Informationen in Einzelfällen auch einem öffentlichen Interesse nutzbar gemacht werden können, wie etwa der Aufdeckung oder Verhinderung von Straftaten, doch handele es sich dabei „allenfalls um punktuelle Nebeneffekte eines primär und typischerweise im Raum privater Interessen verbleibenden Gewerbes". 498 Dem ist insoweit zuzustimmen, als das Kriterium der Verbesserung des Leistungsstandes in seiner Pauschalität beim Auskunftsgewerbe als sachfremde Erwägung anzusehen ist. Dies gilt auch deshalb, weil die insbesondere von Detekteien angebotenen Leistungen, die auch der Verbrechensbekämpfung dienen, aufgrund der hohen Kosten nicht von jedermann in Anspruch genommen werden können. Auch aus diesem Grund ist die Gemeinwohlfunktion einer Leistungssteigerung im Detektivgewerbe zu verneinen. Es erscheint aber nicht ausgeschlossen, daß bei einer stärkeren Beteiligung von Detektiven an der Verbrechensbekämpfung, etwa hervorgerufen durch eine noch stärkere Überlastung der Polizei, die Leistungssteigerung des Auskunftsgewerbes eine Gemeinwohlfunktion erhalten kann. Wäre dies der Fall, könnte ein Sachkundenachweis beispielsweise auch auf den Bereich der Kriminalistik ausgedehnt werden. Derzeit besteht diese Möglichkeit aber nicht, da die Tätigkeit des Auskunftsgewerbes noch primär im privaten Interesse erfolgt. Die Ausdehnung des Sachkundenachweises auf kriminalistische Kenntnisse käme derzeit somit keine Gemeinwohlfunktion zu. Der Aspekt der Leistungssteigerung kann allenfalls insofern Bedeutung haben, als staatliche Stellen eher zu einer Zusammenarbeit mit dem Auskunftsgewerbe bereit sind, wenn es die Gewähr für eine verbesserte Leistungsfähigkeit bietet. Das besonders wichtige Gemeinschaftsinteresse ist dann aber in erster Linie die effektivere Verbrechensbekämpfung, nicht aber pauschal eine Leistungssteigerung des Auskunftsgewerbes. Es wird deshalb zu prüfen sein, ob dem Aspekt der Erreichung einer effektiveren Verbrechens-

497

Erbel

498

Erbely JA-Übungsblätter 1991, Teil A, Heft 1, S. 10 (14).

y

JA-Übungsblätter 1991, Teil A, Heft 1, S. 10 (14).

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

725

bekämpfung die erforderliche Gemeinwohlfunktion z u k o m m t . 4 9 9 Die Leistungssteigerung ist also zwar prinzipiell als ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut anzusehen, i m Fall der Gesetzesänderung i m Auskunftsgewerbe ist dieses Kriterium aber kein eingriffslegitimierendes Allgemeingut. Damit ist die Leistungssteigerung nicht in die stufenspezifische Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen.

(bb) Steigerung des sozialen Ansehens des Auskunftsgewerbes Obwohl das Bundesverfassungsgericht die Steigerung des sozialen Ansehens als ein prinzipiell berechtigtes Gemeinwohlinteresse bezeichnet hat, 5 0 0 das ausnahmsweise die Einführung subjektiver Zulassungsvoraussetzungen rechtfertigen kann, 5 0 1 wird die Verfolgung eines solchen Interesses von den Gegnern der Einführung von Zulassungsbeschränkungen gerade als Argument gegen die Verfassungsmäßigkeit verschiedener Novellierungsvorschläge geltend gemacht. 502 Die Anerkennung der Steigerung des sozialen Ansehens als wichtiges Gemeinschaftsgut wird damit begründet, daß dies aus volkswirtschaftlicher Sicht - eine bessere Ausbildung sorgt für ein besseres Ansehen, dieses wiederum führt zu einer stärkeren Nachfrage nach den betreffenden Dienstleistungen und verbesserter internationaler Konkurrenzfähigkeit - geboten sei. 5 0 3 Als wichtiges Gemeinschaftsgut ist deshalb nicht die Steigerung des sozialen Ansehens, sondern die Ankurbelung der Volkswirtschaft und die internationale Konkurrenzfähigkeit anzusehen. Bei dieser Auslegung des Begriffs „Steigerung des sozialen Ansehens" besteht auch in Art. 109 Abs. 2 GG ein Anknüpfungspunkt in der Verfassung. Das Ziel, durch die Ein499

Dazu Kap. 7 E I I I 3 a aa (1) (d) (cc).

500

BVerfGE 7, S. 377 (408, 444) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; 19, S. 330 (339) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60; ihm folgend Stoben Befähigungsnachweis, S. 118. 50

» BVerfGE 19, S. 330 (340f.) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60; ebenso Jarass, § 10 Rdn. 20. 502 Fü r das Bewachungsgewerbe: Antwort des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr auf eine Kleine Anfrage im Bayerischen Landtag, LTDrucks 10/4615 vom 13.09. und 18.09.1984; zum Einzelhandelsgesetz: Reuß y DVB1 1966, S. 197 (198); für das Gaststättengewerbe: Sattler, WiVerw 1987, S. 240 (248). 503

Stoben Befähigungsnachweis, S. 118.

726

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

führung einer Erlaubnispflicht die Nachfrage nach den Dienstleistungen des Auskunftsgewerbes zu steigern und die internationale Konkurrenzfähigkeit zu verbessern, kann als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut angesehen werden, das sich aus den besonderen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen des Gesetzgebers ergibt. Es könnte deshalb bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen sein. Allerdings soll dieser Aspekt hier schon i m voraus aus dem Kreis der besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter ausgeschieden werden, die die Neuregelung für das Auskunftsgewerbe legitimieren können. Die Ankurbelung der Volkswirtschaft und die Verbesserung der internationalen Konkurrenzfähigkeit können nämlich durch das mildere Mittel berufsbildungsrechtlicher Regelungen erreicht werden. Solche berufsbildungsrechtlichen Regelungen dienen unter anderem dazu, durch die verbesserte Ausbildung der Gewerbetreibenden in berufskundlicher Hinsicht eine Nachfragesteigerung zu bewirken. Sie führen durch die Erhöhung des Ausbildungsstandes auch zu einer Verbesserung der internationalen Konkurrenzfähigkeit. Gewerberechtliche Zulassungsvoraussetzungen sind deshalb zur Erreichung der genannten Zwecke i m Sinne der Verhältnismäßigkeit nicht erforderlich. Die Ankurbelung der Volkswirtschaft und die Verbesserung der internationalen Konkurrenzfähigkeit können den Eingriff in die Berufsfreiheit durch die vorgeschlagene Erlaubnispflicht also nicht rechtfertigen.

(cc) Schutz von Unternehmen vor Konkurs Ein denkbares Regelungsziel einer einzuführenden Erlaubnispflicht, speziell mit dem Inhalt des Nachweises finanzieller Mittel, könnte der Schutz von Unternehmen des Auskunftsgewerbes vor Konkurs sein. Der Schutz einzelner Unternehmen vor dem Konkurs ist jedoch kein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut. Das Interesse der Allgemeinheit oder einzelner Kunden erfordert es nämlich nicht, den Gewerbetreibenden vor den Folgen eigener wirtschaftlicher Fehldispositionen zu schützen. Insbesondere kann es der Schutz einzelner Unternehmen nicht rechtfertigen, „tüchtigen und wirtschaftskundigen" Bewerbern den Zutritt zum Beruf zu erschweren. 504 Nach zutreffender Ansicht von Stober 505 ist der Schutz einzelner weniger Unternehmer vor möglichen Konkursen auch dann kein besonders wichtiges 504

BVerfGE 19, S. 330 (340) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60.

505 Vgi # Befähigungsnachweis, S. 114.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

727

Gemeinschaftsinteresse, wenn man die volkswirtschaftlichen Folgen bedenkt. Konkurse betreffen i m Regelfall die persönliche Situation des einzelnen Unternehmers und führen nicht dazu, daß etwa das Auskunftsgewerbe insgesamt ausgelöscht wird. Wer es unterläßt, sich bestimmte erforderliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse anzueignen oder ein Gewerbe ohne die erforderlichen finanziellen Mittel beginnt, hat die wirtschaftlichen Folgen selbst zu tragen. 506 Eine Aufgabe der Gemeinschaft, dies zu verhindern, erwächst daraus nicht. Somit fehlt es an einem Allgemeininteresse.

(dd) Konkurrenzschutz Soweit Erlaubnispflichten von Berufsverbänden gefordert werden, kommt der Konkurrenzschutz als denkbares Motiv für die Einführung berufszulassungsregelnder Vorschriften in Betracht. Der Konkurrenzschutz ist aber kein Gemeinschaftsgut, das Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit rechtfertigen kann. 5 0 7 Dies ergibt sich schon daraus, daß der Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit bei seiner konkurrierenden Ausübung zum Schutz einzelner Konkurrenten stets die Belastung der anderen Konkurrenten bewirkt. 5 0 8 Weil einem Eingriff aus Konkurrenzschutzgründen also Begünstigung und Belastung gleichermaßen berechtigter Grundrechtsträger immanent ist, kann er kein Gemeinschaftsinteresse begründen.

(d) Die beabsichtigten Gesetzeszwecke als Eingriffslegitimation

(aa) Verbraucherschutz Als wichtiges Gemeinwohlinteresse hat das Bundesverfassungsgericht im Urteil zur Verfassungsmäßigkeit des Einzelhandelsgesetzes den „Schutz des

506

BVerfGE 19, S. 330 (340) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60.

507 BVerfGE 7, S. 377 (408) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; 11, S. 168 (188f.) -Beschluß vom 08.06.1960- 1 BvL 53/55,16, 31, 53/56, 7, 18, 24/57; 19, S. 330 (342) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60; AK-GG/Rittstieg Art. 12 Rdn. 97; Hamann/Lenz Art. 12 Anm. B 5 c cc; Robinski, S. 11; Stober, Befähigungsnachweis, S. 115. 508

Maunz/Dürig-Scholz

Art. 12 Rdn. 40; Stober, Befähigungsnachweis, S. 115.

7 2 8 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Verbrauchers, der dem Einzelhändler als Kunde gegenübersteht, vor der Gefahr gesundheitlicher oder auch wirtschaftlicher Schädigung" anerkannt. 5 0 9 Sofern dies zum Anlaß genommen wurde, den Begriff „Verbraucherschutz" zur Definition eines Gemeinwohlbelanges heranzuziehen, 510 ist dies abzulehnen. Der Begriff „Verbraucherschutz" ist zur Definition eines Gemeinwohlbelanges untauglich, denn er sagt nichts über die zu schützenden Interessen und damit die eigentlichen Gemeinwohlbelange aus, sondern weist nur auf den zu schützenden Personenkreis hin. Die Untauglichkeit des Verbraucherschutzbegriffes zur Bestimmung eines Gemeinwohlinteresses gilt um so mehr als sich die Tendenz zu einem eigenständigen, facettenreichen Rechtsgebiet „Verbraucherschutz" in der Literatur 5 1 1 erkennen läßt, deren einzelne Regelungsgegenstände zum Teil nicht als wichtige Gemeinwohlbelange anzusehen sind. Beispiele dafür sind etwa der Schutz vor überhöhten Preisen, vor unlauterer Werbung oder unlauteren Geschäftsbedingungen sowie allgemein die Förderung der Durchsetzung individueller Verbraucheransprüche. Für die Abwägung zwischen den besonders wichtigen Gemeinschaftsgütern und dem Grundrecht der Berufsfreiheit ist eine genaue Bezeichnung der Gemeinschaftsgüter, die die Einschränkung von Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigen sollen, erforderlich. Diese Anforderung ist durch den Begriff des Verbraucherschutzes nicht erfüllt. Daraus ergibt sich, daß der Verbraucherschutz ein wertloses Kriterium für die verfassungsrechtliche Diskussion um die Konstituierung von Gemeinwohlbelangen ist. Als Gemeinwohlbelange sind aber der Schutz vor gesundheitlicher und wirtschaftlicher Schädigung als Teilgebiete des Verbraucherschutzes anzusehen, die hier beide in Betracht kommen.

(bb) Fernhalten unlauterer Personen von der Gewerbeausübung Die Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe hat, insbesondere durch das Kriterium der Zuverlässigkeit, zum Ziel, charakterlich 509

BVerfGE 19, S. 330 (338) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60; ebenso Stober, Befähigungsnachweis, S. 117. 510

So etwa Stoben Befähigungsnachweis, S. 116f.; Strauch, WiVerw 1982, S. 239

(247). 511

Stoben Handbuch, § 50IV; OssenbühU NVwZ 1986, S. 161. K. Simitis (S. 13, 18) sieht den Verbraucherschutz in der Entwicklung zu einem Rechtsprinzip.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

729

ungeeignete Personen von der Ausübung einer Tätigkeit i m Auskunftsgewerbe fernzuhalten. Auch darin wird ein wichtiges Gemeinschaftsgut gesehen.5i2

Indem solche Personen von der Gewerbeausübung ferngehalten werden sollen, von denen eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht, wird die Gefahrenabwehraufgabe verwirklicht. Damit ist auch ein Interesse der Allgemeinheit an der Erlaubnispflicht für Unternehmen des Auskunftsgewerbes gegeben. Das Fernhalten unlauterer Personen von der Gewerbeausübung ist aber nicht als solches das besonders wichtige Gemeinschaftsinteresse, sondern die Verhinderung von Gefahren, die von der Gewerbeausübung unlauterer Personen ausgehen.

(cc) Effektivere Verbrechensbekämpfung Die Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe kann mittelbar zu einer effektiveren Verbrechensbekämpfung führen. Durch die Erfordernisse der Zuverlässigkeit, des Nachweises finanzieller Mittel und der auf Rechtskenntnisse beschränkten Sachkunde für die Erlaubnispflicht wird zwar nicht die Verbrechensbekämpfung durch Auskunfteien oder Detekteien selbst gefördert, dies kann aber durch eine verbesserte Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen erreicht werden. Eine solche Zusammenarbeit wird nämlich insbesondere von Seiten der Polizei vielfach von einer größeren Zuverlässigkeitsgewähr und besseren Ausbildung abhängig gemacht. Die verstärkte Zusammenarbeit von staatlichen Stellen mit privaten Sicherheitsunternehmen zur Effektivierung der Verbrechensbekämpfung liegt angesichts der Personalsorgen bei der Polizei und des Anwachsens der Kriminalität im allgemeinen Interesse, so daß dieses gesetzgeberische Motiv als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut anzuerkennen ist.

(dd) Verhinderung von Eingriffen in verfassungsrechtlich geschützte Rechte Als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut ist die Verhinderung von Eingriffen in die Rechte Dritter anzusehen, also die Gefahrenabwehraufgabe. Primär dient die Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe der Verhinde-

512

Vgl. für das Gaststättengewerbe Stober, Befähigungsnachweis, S. 117: „Kein Ausweichplatz und Versuchsfeld für gescheiterte Existenzen".

7 3 0 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

rung von Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte von Personen, die von Auskünften bzw. Ermittlungen betroffen werden. Dieses Anliegen hat gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit den staatlichen Schutzpflichten Verfassungsrang. Ebenfalls Verfassungsrang (Art. 14 GG) genießt das Eigentum, das durch unzuverlässige Kaufhausdetektive, die Zugriff auf das Eigentum der Auftraggeber haben, betroffen sein kann. Des weiteren kommen als Grundrechte, die insbesondere durch die Tätigkeit von Detektiven betroffen sein können, das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG), die Fortbewegungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), das Brief-, Post und Fermeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG) sowie das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) in Betracht. Dabei kommt es für die Frage, ob ein Allgemeininteresse vorliegt nicht darauf an, ob der Schutz vor Eingriffen sich gerade auf den Schutzbereich eines Grundrechts bezieht. Entscheidend ist vielmehr, daß für den Schutz vor Eingriffen überhaupt ein verfassungsrechtlicher Anküpfungspunkt zu finden ist. So hat es für die Frage, ob ein Allgemeininteresse vorliegt keine Bedeutung, ob Art. 10 GG und Art. 13 GG ausschließlich staatsgerichtete Grundrechte sind, 5 1 3 sondern zur Bejahung eines Allgemeininteresses reicht die Bedeutung der Art. 10 und 13 GG als wertentscheidende Grundsatznormen aus.

(e) Vorliegen prinzipiell besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter Damit stehen die prinzipiell als besonders wichtige Gemeinschaftsgüter in Betracht kommenden gesetzgeberischen Interessen fest. Aus den anerkannten Gemeinwohlbelangen des Verbraucherschutzes, des Fernhaltens unlauterer Personen von der Gewerbeausübung, der Verhinderung von Eingriffen in verfassungsrechtlich geschützte Rechte und einer effektiveren Verbrechensbekämpfung wurden die für die Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe sprechenden Gemeinwohlbelange herausgefiltert. Es sind dies der Schutz von Persönlichkeitsrechten, die körperliche Unversehrtheit, die Fortbewegungsfreiheit, das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis, das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, das Eigentum, das Vermögen, das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie eine effektivere

513

Bejahend für Art. 10 GG: Gusy y JuS 1986, S. 89 (92); dagegen: von Münch/KunigLöwer Art. 10 Rdn. 8. Bejahend für Art. 13 GG: von Münch/Kunig-Kunig Art. 13 Rdn. 3; Battis, JuS 1973, S. 25 (30); de Lazzer/Rohlf,, JZ 1977, S. 207 (208).

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

731

Verbrechensbekämpfung. Diese einzelnen Gemeinwohlbelange lassen sich allesamt der Gefahrenabwehraufgabe zuordnen. Zusammenfassend läßt sich der Regelungszweck des Änderungsvorschlages unter Einbeziehung dieser einzelnen Aspekte der Gefahrenabwehraufgabe als Schutz der öffentlichen Sicherheit bezeichnen. Dabei kann die öffentliche Sicherheit durch den Änderungsvorschlag auf zweierlei Weise geschützt werden, einerseits durch die Verhinderung von Straftaten der Gewerbetreibenden und andererseits - sekundär und nicht als Ziel, sondern Nebeneffekt - durch eine Effektivierung der Verbrechensbekämpfung. Bei der „öffentlichen Sicherheit" insgesamt handelt es sich um ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut, daß etwa in Art. 13 Abs. 3, 35 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich ausdrücklich genannt ist. 5 1 4 Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit, aufgespalten in die verschiedenen genannten Einzelaspekte, ist nunmehr in der Verhältnismäßigkeitsprüfung daraufhin zu untersuchen, ob es einen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit rechtfertigen kann. Die als für die Einführung einer Erlaubnispflicht denkbar eingestuften Gründe der Leistungssteigerung, der Steigerang des sozialen Ansehens, des Schutzes der Unternehmen vor Konkurs und des Konkurrenzschutzes sind durchweg solche Gemeinschaftswerte, die sich erst aus den besonderen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Zielen des Gesetzgebers ergeben. Von diesen denkbaren Regelungsmotiven sind der Schutz von Unternehmen vor Konkurs und der Konkurrenzschutz keine besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter. Das denkbare Regelungsinteresse einer Leistungssteigerung des Auskunftsgewerbes kann zwar prinzipiell ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut darstellen, ihm kommt aber für die vorgeschlagene Neuregelung des Auskunftsgewerbes keine Legitimationskraft für einen Eingriff in die Berufsfreiheit zu, da eine Leistungssteigerung im Auskunftsgewerbe keine Gemeinwohlfunktion hat. Das Interesse an der Steigerung des sozialen Ansehens kann schließlich, obwohl nicht Ziel der vorgeschlagenen Regelung, insoweit in der Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt werden, als die Steigerung des sozialen Ansehens eine größere Nachfrage nach den von Auskunfteien und Detekteien angebotenen Dienstleistungen und damit eine Ankurbelung der Volkswirtschaft bewirken und die internationale Konkurrenzfähigkeit verbessern kann. Diese Ziele

514

Vgl. Erbel, JA-Übungsblätter 1991, Teil A, Heft 1, S. 10 (13): „absolutes, überragendes Gemeinschaftsgut".

732

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

können jedoch durch das mildere Mittel berufsbildungsrechtlicher Regelungen erreicht werden, so daß gewerberechtliche Zulassungsregelungen zur Erreichung der genannten Zwecke nicht erforderlich sind. Nachdem die Aspekte der Ankurbelung der Volkswirtschaft und der Verbesserung der internationalen Konkurrenzfähigkeit bereits mangels Erforderlichkeit als eingriffslegitimierend abgelehnt wurden, kann die Verhältnismäßigkeitsprüfung auf das tatsächlich verfolgte Interesse der Gefahrenabwehr konzentriert werden.

(5) Verhältnismäßigkeitsurteil

als Prognoseentscheidung

Vor der eigentlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung ist zu fragen, welcher Wahrscheinlichkeitsmaßstab vom Gesetzgeber bei der Einschätzung der drohenden Gefahren einerseits und der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels andererseits anzulegen ist. Besondere Bedeutung hat der Umfang des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraumes bei der Beurteilung, ob das gewählte Mittel zur Bekämpfung der Gefahren geeignet sein wird. Der Umfang des gesetzgeberischen Prognosespielraumes ist im Zusammenhang mit der Gestaltungsaufgabe des Gesetzgebers zu sehen, die ihm gerade i m wirtschaftlichen Leben zukommt. Diese Aufgabe kann der Gesetzgeber nur erfüllen, wenn ihm angesichts der Ungewißheit der Auswirkungen seiner Entscheidungen ein Prognosespielraum zugestanden w i r d . 5 1 5 Eine genaue Bestimmbarkeit der Folgen ist der Normengebung fremd und würde die einer Gesetzesänderung vorausgehende Rechtstatsachenforschung überfordern. Die Einräumung eines Prognosespielraums entbindet den Gesetzgeber aber nicht von der Verpflichtung eine Regelung, die mit Grundrechtsbeschränkungen verbunden ist, auf vertretbare, nachvollziehbare Erwägungen und Tatsachen zu stützen. Die Wirkungsprognose des Gesetzgebers muß angesichts der zu erreichenden Erkenntnisse als vertretbar anzusehen sein. Erst dann führt auch ein sich später zeigender Irrtum nicht zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes, 516 sondern allenfalls zu einer

515 516

So auch Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdn. 17.

BVerfGE 50, S. 290 (333ff.) -Urteil vom 01.03.1979- 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und 1 BvL 21/78; 30, S. 250 (263) -Beschluß vom 09.03.1971- 2 BvR 326, 327, 341, 342, 343, 344, 345/69; 39, S. 210 (225f.) -Beschluß vom 19.03.1975- 1 BvL 20, 21, 22, 23, 24/73; eine eigene Prognose aufgrund eigener Beweiserhebung nahm das Bundes-

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

733

Nachbesserungspflicht. 517 Dem Gesetzgeber obliegt also sowohl für die Einschätzung drohender Gefahren als auch die Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels ein Prognosespielraum. 518 Bei den subjektiven Zulassungsvoraussetzungen bedeutet dies, daß der Gesetzgeber für die Vertretbarkeit seiner Einschätzung die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigungen der besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter und die Wahrscheinlichkeit einer Abhilfe dieser Beeinträchtigungen durch die Neuregelung darlegen m u ß . 5 1 9 Die Wahrscheinlichkeit drohender Gefahren wurde bereits im empirischen Teil dargelegt, 520 die Wahrscheinlichkeit der Abhilfe dieser Gefahren durch die einzuführende Erlaubnispflicht wurde in der Begründung der Erforderlichkeit der Gesetzesänderung dargestellt. 521 I m Rahmen der nunmehr vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung ist also nur noch zusammenfassend darzustellen, daß die drei Kriterien der Erlaubnispflicht gerade auch zum Schutz der festgestellten eingriffslegitimierenden Gemeinwohlinteressen wahrscheinlich geeignet ist.

(6) Geeignetheit der Erlaubnispflicht Die vorgeschlagene Gesetzesänderung für das Auskunftsgewerbe ist zum Schutz der von dem Auskunftsgewerbe ausgehenden Gefahren bzw. zur Verfassungsgericht dagegen in BVerfGE 7, S. 377 (413ff.) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; 11, S. 30 (43ff.) -Urteil vom 23.03.1960- 1 BvR 216/51; 12, S. 144 (147ff.) -Beschluß vom 08.02.1961- 1 BvL 10/60, 1 BvR 289, 348/ 660 vor und ging auf das Problem des gesetzgeberischen Prognosespielraumes nicht ein; vgl. zu der Entwicklung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Prognosespielraum Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdnrn. 15f. Aus der Literatur zustimmend: Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 20 Rdn. 61; Maunz/Dürig-Scholz Art. 12 Rdn. 323; PhillippU S. 28ff., 56ff., 124ff.; Kienzle y WiVerw 1987, S. 95 (103f.). Kritisch: Friauf, JA 1984, S. 537 (544); Zuck, NJW 1973, S. 1255 (1257). 517

Breuer in: Isensee/Kirchhof VI, § 148 Rdn. 19; OssenbühU FS BVerfG I, S. 458 (517f.); vgl. dazu Kap. 7 E I 2. 518

So auch ausdrücklich BVerfGE 77, S. 84 (106) -Beschluß vom 06.10.1987- 1 BvR 1086,1468, 1623/82; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 12 Rdn. 23. 519

So für den Einschätzungsspielraum bei der Darlegung der drohenden Gefahr auch Maunz/Dürig-Scholz Art. 12 Rdn. 320; Kienzle, WiVerw 1987, S. 95 (104). 520

Kap. 2 B I 8 und B II 8; vgl. auch Kap. 4 B, C II; Kap. 7 B II 3.

521

Kap. 7 B .

7 3 4 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Effektivierung der Verbrechensbekämpfung geeignet, wenn die Erlaubnispflicht wahrscheinlich zur Erreichung dieser Ziele beiträgt. Dabei ist die Geeignetheitsprüfung jeweils für die drei Kriterien der Erlaubnispflicht - Zuverlässigkeit, Nachweis finanzieller Mittel, Sachkundeerfordernis - getrennt vorzunehmen, da sie von einander zu unterscheidende, selbständige Beschränkungen enthalten, die jeweils für sich genommen geeignet sein müssen.

(a) Zuverlässigkeit Bei zuverlässigen Unternehmen besteht eine höhere Gewähr, daß Kunden nicht in ihren verschiedenen Rechten beeinträchtigt werden. Durch das Zuverlässigkeitskriterium werden solche Personen von der Gewerbeausübung ferngehalten, bei denen die Gefahr der aufgeführten Eingriffstatbestände besteht, so daß das Zulässigkeitskriterium unter diesem Aspekt als geeignetes Mittel anzusehen ist. Die Einführung des Zuverlässigkeitserfordernisses als Kriterium der Erlaubnispflicht ist auch geeignet, eine effektivere Verbrechensbekämpfung zu bewirken. Die Polizei macht eine Zusammenarbeit mit Auskunftsunternehmen - wie bereits dargelegt - 5 2 2 von einer höheren Zuverlässigkeitsgewähr, speziell in der Detektivbranche, abhängig. Die Gewähr, daß die privaten Sicherheitsunternehmen zuverlässig sind und damit das für eine Zusammenarbeit erforderliche Vertrauen rechtfertigen, ist bei einer Zuverlässigkeitsprüfung vor Aufnahme der Gewerbetätigkeit am höchsten einzustufen. Da die aufgrund der geltenden Rechtslage bestehenden Vorbehalte seitens staatlicher Stellen gegen eine Zusammenarbeit entfallen würden, ist aufgrund neuer Möglichkeiten der Verbrechensbekämpfung mit einer gesteigerten Effektivität der Verbrechensbekämpfung zu rechnen.

(b) Nachweis finanzieller Mittel Hauptgrund für die Berücksichtigung des Nachweises finanzieller Mittel i m Rahmen der Erlaubnispflicht ist der Schutz der Verbraucher vor wirtschaftlicher Schädigung, die dadurch entstehen kann, daß sich Unternehmen des Auskunftsgewerbes aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten die ihnen anvertrauten Informationen rechtswidrig zunutze machen.

522 Kap. 2 B 19 und B 119 d.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

735

Des weiteren kann der Nachweis finanzieller Mittel speziell bei Auskunfteien dazu führen, daß in größerem Umfang recherchiert wird, was zeit- und damit kostenintensiv ist und vielfach vernachlässigt wird, wenn ein existentieller finanzieller Druck bereits bei Gewerbebeginn besteht. Dies wird auch einer Inanspruchnahme von Auskunfteien von Seiten staatlicher Stellen und damit einer effektiveren Verbrechensbekämpfung, insbesondere im Bereich der Wirtschaftskriminalität, förderlich sein. Nicht zuletzt dient eine umfangreichere Recherche aufgrund der höheren Richtigkeitsgewähr der Auskünfte auch dem Schutz der Persönlichkeitsrechte sowie dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der von Auskünften Betroffenen. Ferner ist der Nachweis finanzieller Mittel dazu geeignet, die Auskunfteien zur Einhaltung der ebenfalls kostenintensiven datenschutzrechtlichen Anforderungen zu veranlassen, die unmittelbar dem Schutz des Persönlichkeitsrechts dienen. Bei den sogenannten Kaufhausdetektiven ist der Nachweis bestimmter Finanzmittel geeignet zu verhindern, daß sich Kaufhausdetektive einerseits an den anvertrauten Gegenständen bereichern und andererseits, daß sie sich auf unzulängliche Honorarvereinbarungen, etwa das Fangprämiensystem, einlassen müssen. Dadurch können die mit dem Fangprämiensystem verbundenen Mißstände 5 2 3 vermindert werden. Daß finanzieller Erfolgsdruck sich auch in Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auswirken kann, zeigt sich in Fällen, in denen Auskunfteien inhaltlich zu weitgehende, nicht mehr vom berechtigten Interesse des Auftraggebers gedeckte Auskünfte erteilt, bzw. Detekteien rechtswidrige Ermittlungsaufträge angenommen haben. Schließlich ist der Nachweis finanzieller Mittel geeignet, ein größeres Vertrauen seitens staatlicher Stellen zu den Unternehmen des Auskunftsgewerbes herzustellen, so daß eine verbesserte Zusammenarbeit in Betracht kommt, und damit die Verbrechensbekämpfung effektiviert wird. Insbesondere ist dies deshalb gegeben, da staatliche Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit gewerblichen Sicherheitsunternehmen auch auf den finanziellen Erfolgsdruck bei den Privaten zurückgeführt wird.

523

Kap. 2 B II 8; Kap. 4 B V I I und XII.

736

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

(c) Sachkundenachweis Die rechtliche Diskussion um die Einführung von Zulassungsbestimmungen konzentriert sich im wesentlichen auf die Einführung von Sachkundenachweisen, gegen deren Geeignetheit zur Gefahrenabwehr sich immer wiederkehrende Argumente herauskristallisiert haben. Zu nennen ist etwa das „Ein-Mal-ist-kein-Mal-Argument": Sachkundenachweise seien deshalb nicht geeignet, weil sie nur einmalig bei der Zulassung zum Beruf gefordert würden. 5 2 4 Darin kann jedoch kein durchgreifender Grund gegen die Einführung von Sachkundenachweisen gesehen werden, denn zum einen stellt die Art des vorgeschlagenen Prüfungsverfahrens (kein multiple-choice-Test) sicher, daß seitens der Prüfungskandidaten ein gewisses Verständnis für die Problemstellungen entwickelt wird, was einem schnellen Vergessen des Geprüften entgegenwirkt. Zum anderen sorgt der zu fordernde strenge Praxisbezug der Prüfungsfragen dafür, daß sich die Fragen in der späteren Praxis dann auch tatsächlich regelmäßig stellen, und so die Prüfung zwar einmalig bleibt, die Anwendung des Erlernten aber stets erforderlich ist. Selbst wenn man davon ausgeht, daß im Laufe des Berufslebens viele der erforderlichen Kenntnisse verloren gehen, so stellt es doch gegenüber der aktuellen Rechtslage einen Fortschritt dar, wenn zumindest zu Beginn der Berufstätigkeit die erforderliche Sachkunde vorliegt. Zwar vertritt auch das Bundesverfassungsgericht die Auffassung, 525 daß die einmalige Sachkundeprüfung noch nicht gewährleiste, daß der Absolvent auch durch fachliche Weiterentwicklung seinen Ausbildungsstand halte, aber es räumt gleichzeitig ein, daß Gewerbetreibende, die einmal eine bestimmte qualifizierte Ausbildung genossen und einen bestimmten Kenntnisstand erreicht hätten, eher Interesse an Weiterbildungsmaßnahmen zeigen und eher in der Lage sein würden, diese Weiterbildungsmaßnahmen effektiv für sich zu nutzen. 5 2 6 Der Sachkundenachweis trägt also zumindest dazu bei, daß nur solche Bewerber Zugang zum Beruf erhalten, die sich die erforderlichen Kenntnisse verschafft haben, denen durch Ausbildung und Prüfung die Notwendigkeit

524

Stellungnahme des Landes Rheinland-Pfalz in: BMI-Bericht II, S. 11.

525

BVerfGE 13, S. 90 (116) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55.

526

BVerfGE 13, S. 90 (116) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55; ebenso Stoben Befähigungsnachweis, S. 121.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

737

einer Weiterbildung zur Aufrechterhaltung der Kenntnisse vermittelt worden ist und bei denen somit die Grundlage für eine effiziente eigene Weiterbildung geschaffen worden ist. 5 2 7 Gegen die Eignung eines Sachkundenachweises zum Schutz vor Eingriffen in die verschiedenen durch die Tätigkeit von Auskunfteien und Detekteien gefährdeten Rechte und Rechtsgüter könnte als Argument ferner angeführt werden, daß ein einwandfreies Verhalten nicht so sehr von einem vorausgegangenen Sachkundenachweis abhänge, sondern in erster Linie von der grundsätzlichen Einstellung des Gewerbetreibenden zur Befolgung gesetzlicher Vorschriften. 528 Das rechtmäßige Verhalten des Gewerbetreibenden hinge danach also überwiegend von dessen Zuverlässigkeit ab. Der Einwand, daß Verfehlungen ihren Grund zumeist nicht in fehlender Sachkunde sondern mangelnder Zuverlässigkeit haben, schließt die Geeignetheit des Sachkundenachweises aber nicht aus, weil es für die Bejahung der Geeignetheit ausreicht, daß aufgrund ermittelter Tatsachen feststeht, daß die fehlende Sachkunde jedenfalls Gefahren hervorrufen bzw. gefahrenerhöhend wirken kann. 5 2 9 Dies wurde durch die Darstellung der Verfehlungen von Auskunfteien und Detekteien belegt. 5 3 0 Um die Geeignetheit der Erlaubnispflicht zu bejahen, kommt es angesichts des Prognosespielraumes des Gesetzgebers dann nur noch darauf an, ob durch sachkundige Auskunftei- oder Detekteimitarbeiter die Gefahr von Eingriffen aufgrund fehlender Sachkunde aller Wahrscheinlichkeit nach vermindert werden kann. Dies ist der Fall, denn der Sachkundenachweis versetzt die Auskunfteien und Detekteien wenigstens in die Lage, rechtmäßig handeln zu können, während dies ohne jegliche Rechtskenntnisse - durch Beispiele nachgewiesen - 5 3 1 nicht der Fall ist. Ferner ist der Sachkundenachweis auch eine zum Fernhalten unlauterer Personen von der Gewerbeausübung und dadurch zum Schutz der Rechte Dritter geeignete Maßnahme, denn durch die zum Bestehen der Sachkundeprüfung erforderliche vorhergehende Ausbildung wird der Wille zu einer ernsthaften Tätigkeit im Auskunftsgewerbe dokumentiert. 527

BVerfGE 13, S. 97 (116) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55.

528

So für das Gaststättengewerbe: Kienzle, WiVerw 1987, S. 95 (107).

529

Stober, Befähigungsnachweis, S. 120.

530

Vgl. Kap. 4 B; 7 B II 2.

531

Vgl. Kap. 2 B I 8 und B II 8; Kap. 4 B IX und B X V 2.

47 Peilert

7 3 8 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Schließlich ergibt sich die Geeignetheit zur Herbeiführung einer effektiveren Verbrechensbekämpfung daraus, daß staatliche Stellen für eine Zusammenarbeit bei den Auskunftsunternehmen die Kenntnis der ihnen zustehenden Rechte und der ihre Tätigkeit begrenzenden Vorschriften voraussetzen können. Insbesondere gilt dies für die Unterschiede polizeilicher und privater Befugnisse. Die vorgeschlagene Erlaubnispflicht ist damit insgesamt zur Erreichung der gesetzgeberischen Zwecke geeignet.

(7) Erforderlichkeit

der Erlaubnispflicht

Die Erlaubnispflicht muß erforderlich sein, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Erforderlich ist eine Maßnahme nur, wenn nicht andere geeignete Maßnahmen zur Verfügung stehen, die die Betroffenen und die Allgemeinheit in ihren Rechten weniger beeinträchtigen. Das mildere Mittel muß jedoch denselben Erfolg erzielen. 532 Bei Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG bedeutet dies nach der Stufenlehre zunächst, daß Regelungen stets auf der Stufe vorgenommen werden müssen, die den geringsten Eingriff in die Freiheit der Berufswahl mit sich bringt; die nächste Stufe darf der Gesetzgeber erst dann betreten, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit dargetan werden kann, daß die drohenden Gefahren mit Mitteln der vorausgehenden Stufe nicht wirksam bekämpft werden können. 5 3 3 I m vorliegenden Fall bedeutet dies, daß insbesondere zu untersuchen ist, ob die als besonders wichtig anerkannten besonderen Gemeinschaftsinteressen nicht auch durch Berufsausübungsregelungen als mildere Mittel geschützt werden können. Gegen Ausübungsregelungen als Mittel der Gefahrenabwehr bestehen aber insofern Bedenken, als diese durchweg erst für diejenigen Gewerbetreibenden wirksam werden, die bereits ihre Berufstätigkeit aufgenommen haben. Sie bieten keinen Schutz gegen das Eindringen unlauterer Bewerber in den Beruf 5 3 4 und vernachlässigen somit den für die Gefahrenabwehr besonders wichtigen Zeitraum der Aufnahme der Gewerbetätigkeit. Damit be532

von Mün ch/Kun ig - von Münch Vorb. Art. 1 - 1 9 Rdn. 55; Badura, Staatsrecht, S. 85.

533 BVerfGE 7, S. 377 (408f.) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; Kienzle, WiVerw 1987, S. 95 (103); Mareks, W+S-Information, 1983 Heft 158, S. 17 (19). 534

BVerfGE 13, S. 97 (114) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

739

stehen bereits allgemeine Bedenken gegen Ausübungsregelungen als gegenüber den Berufszulassungsregelungen gleich wirksames Mittel zur Gefahrenabwehr. Aber auch die einzelnen denkbaren Ausübungsregelungen für das Auskunftsgewerbe bieten keinen der Erlaubnispflicht vergleichbaren Schutz. Man könnte etwa die Ansicht vertreten, daß eine Intensivierung der rechtlich möglichen Aufsicht oder die Verschärfung der Überwachungsmöglichkeiten anstelle der Erlaubnispflicht genügen könnten. Diese Alternativen sind allgemein - und für das Auskunftsgewerbe sögar mit besonderer Entschiedenheit - abzulehnen. Wie dargelegt 535 ist die Annahme, die gewerbeaufsichtsrechtliche Praxis intensivieren zu können, angesichts der Überlastung der Aufsichtsbehörden und der aufgrund finanzieller Engpässe nicht zu realisierenden Personalaufstockung praxisfremd. Zudem haben Aufsichtsmaßnahmen nur repressive Wirkung. Sie bringen lediglich aufgetretene Mängel zu Tage, vermitteln aber nicht die zu ihrer Abstellung erforderlichen Kenntnisse und tragen so nur unzulänglich zur Verhinderung weiterer Verfehlungen b e i . 5 3 6 Für das Auskunftsgewerbe bestehen auch hinsichtlich der praktischen Durchführbarkeit von Aufsichtsmaßnahmen Bedenken an deren Geeignetheit zur Gefahrenabwehr. Durch die herkömmlichen Aufsichtsmittel der Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht, Auskunft sowie Nachschau sind jedenfalls Rechtsverstöße in dem gefahrenintensiven Tätigkeitsbereich der Recherche nicht feststellbar. Demzufolge setzen sich jedwede Durchführungsvorschriften den Bedenken mangelnder Praktikabilität aus, da bei ihnen effektive Kontrollmöglichkeiten fehlen. Des weiteren wurde bei der Begründung der Erforderlichkeit der Einführung einer Erlaubnispflicht dargestellt, daß straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Tatbestände sowie das Vertrauen auf die Selbstreinigungskräfte des Marktes keine Alternativen zu einer Erlaubnispflicht sind. 5 3 7 Gerade für die Selbstreinigungskräfte des freien Marktes gilt - wie etwa auch für die Ausübungsregelungen -, daß sie stets erst für diejenigen wirksam werden, die ihre Gewerbetätigkeit bereits aufgenommen haben. Die Mechanismen des freien Wettbewerbs verhindern nicht das Eindringen unlauterer Personen in das Gewerbe. Auch das Bundesverfassungsgericht 535

Kap. 7 B II 3.

536 V g l Stober, Befähigungsnachweis, S. 123. 537

Vgl. Kap. 7 B IV 3 c aa und Kap. 7 B II 5.

740

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

hat eingeräumt, daß bereits schwere Schäden entstanden sein können bis unlautere Personen wieder aus dem Markt ausgeschieden sind. 5 3 8 Dies zu vermeiden muß aber gerade das Ziel des Gesetzgebers sein. Dies gilt für das Auskunftsgewerbe in besonderem Maße, da aufgrund der intransparenten Leistungen von Auskunfteien und Detekteien das Aussondern unzuverlässiger Personen sehr lange dauern kann bzw. kaum möglich ist. Auch i m Bereich der Auskunftei- und Detekteibranche selbst ließe sich an Maßnahmen denken, die der Gefahrenabwehr dienen, ohne daß das Grundrecht der Berufsfreiheit durch subjektive Zulassungsschranken beeinträchtigt werden müßte. So könnte etwa eine Berufsgerichtsbarkeit zur Verhinderung von Verfehlungen i m Auskunftsgewerbe beitragen. Diese Möglichkeit erörtert das Bundesverfassungsgericht in seinem Apotheken-Urt e i l . 5 3 9 A u f das Auskunftsgewerbe läßt sich dieser Vorschlag jedoch nicht übertragen, da es sich bei der Berufsgerichtsbarkeit im Apothekenwesen um eine verfestigte Einrichtung handelt, die zudem in einigen Bundesländern durch Gesetz eingeführt ist. 5 4 0 Demgegenüber gibt es im Bereich des Auskunftsgewerbes keine Berufsgerichtsbarkeit, die auch nur den Großteil des Gewerbes abdeckt. Vielmehr ist gerade im Auskunftsgewerbe ein zersplittertes Verbandswesen festzustellen. 541 Zudem entfaltet eine verbandsrechtliche Berufsgerichtsbarkeit nur begrenzte Wirksamkeit, da man sich dieser Berufsgerichtsbarkeit durch Verbandsaustritt entziehen kann, ohne daß dies für den Gewerbetreibenden im Hinblick auf die Weiterführung seiner Gewerbetätigkeit nachteilige Folgen hat. Als gegenüber der Einführung freiheitseinschränkender Berufszulassungsregelungen milderes Mittel könnte man zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes auch an eine Verbesserung der Individualrechte der Verbraucher denken. Aber auch dieser Vorschlag ist zu verwerfen, da individuelle Ansprüche nur repressiv wirken, und solche Ansprüche bei dem auf Diskretion angelegten Auskunftsgewerbe nur geringe Wirksamkeit entfalten

538

BVerfGE 13, S. 97 (114) -Beschluß vom 17.06.1961- 1 BvL 44/55.

539

BVerfGE 7, S. 377 (438f.) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56.

540 Bayern: Gesetz vom 09.03.1978, GVB1 S. 67 (zuletzt geändert am 22.12.1989, GVB1S. 708); Brandenburg: Gesetz vom 19.12.1989, GBl S. 397; Saarland: Gesetz vom 26.05.1966, ABl S. 478; VO vom 14.03.1967, ABl S. 360 (zuletzt geändert am 11.04. 1980, ABIS. 516). 541

Vgl. Kap. 2 B I 2 und B II 2.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

741

können. Aus diesem Grunde ist auch die Einführung einer Berufshaftpflichtversicherung, wie sie für das Detektivgewerbe befürwortet w i r d , 5 4 2 abzulehnen. Eine solche Maßnahme ist für Gewerbearten geeignet, bei denen zur Realisierung von Verbraucherschutzrechten aufgrund der hohen, zu erwartenden Schäden die Eigenmittel des Gewerbetreibenden nicht ausreichen. Bei Gewerbezweigen, bei denen eine hohe Anzahl von Schädigungen erst gar nicht zur Kenntnis der Verbraucher gelangen bzw. die Auftraggeber aufgrund ihres Diskretionsbedürfnisses an der Ausübung ihrer Verbraucherschutzrechte faktisch gehindert sind, ist eine Berufshaftpflichtversicherung dagegen ein ungeeignetes Regelungsinstrument. Diese Einschätzung wird auch durch die nur geringe Zahl von Eintragungen betreffend das Auskunftsgewerbe in das Gewerbezentralregister bestätigt. Die Fälle, in denen die Berufshaftpflichtversicherung in Anspruch genommen würde, ständen deshalb in keiner Relation zu den tatsächlich auftretenden Verfehlungen. Für Auskunfteien gilt darüber hinaus noch, daß gegenüber dem Anfragenden regelmäßig weitreichende Haftungsausschlüsse vereinbart werden und der Anfragende darauf hingewiesen wird, daß die Kreditauskunft nur ein Hilfsmittel für die Kreditentscheidung ist, so daß Bedenken an der Kausalität einer Falschauskunft für die Schädigung Dritter bestehen können. Somit liegen zumeist keine Ansprüche gegen die Auskunftei vor, so daß eine Berufshaftpflichtversicherung in diesen Fällen keine Verstärkung des Verbraucherschutzes bewirken würde. Aus diesen Gründen ist eine Berufshaftpflichtversicherung auch bei den Auskunfteien kein geeignetes Mittel zum Schutz Dritter. Grundsätzlich ist deshalb die Einführung einer Erlaubnispflicht als erforderliches Regelungsinstrument anzusehen. Es muß aber darüber hinaus geprüft werden, ob die Erlaubnispflicht in ihrer konkreten Ausgestaltung erforderlich ist. Für die Erlaubnispflicht insgesamt ist zu fragen, ob eine Beschränkung der Geltungsdauer als milderes, aber ebenso effektives Regelungsinstrument in Betracht k o m m t . 5 4 3 Die 542

Schreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt an den Verfasser vom 19.11.1993, Az.: 42-32070; Schreiben des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr an den Verfasser vom 12.11.1993, Az.: 2A4/3701 -248-sch-gr. 543

Vgl. die „Blaue Prüffrage Nr. 7" aus dem Katalog der Prüffragen für Rechtsvorschriften des Bundes (Beschluß der Bundesregierung vom 11.12.1984, GMB1 1990, S. 42ff.); siehe dazu Kap. 7 B II 9.

7 4 2 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Erlaubnispflicht stellt nur dann ein sinnvolles Regelungsinstrument dar, wenn nicht nur die jetzigen Gewerbeausübenden und für einen bestimmten Zeitraum auch die neuen Bewerber überprüft werden, sondern den aufgezeigten Gefahrentatbeständen kann nur mittels einer dauerhaften Einführung einer Erlaubnispflicht begegnet werden. Nach dem Ablauf der Geltungsdauer der Erlaubnispflicht würden die aufgezeigten Mißstände im Auskunftsgewerbe erneut auftreten. Eine Beschränkung der Erlaubnispflicht in zeitlicher Hinsicht ist also kein ebenso effektives Mittel im Sinne der Erforderlichkeitsprüfung. Ferner ist aber zu untersuchen, ob eine der Einzelanforderungen der Erlaubnispflicht durch ein milderes Mittel ersetzt werden kann.

(a) Zuverlässigkeit Gegenüber der Zuverlässigkeitsprüfung im Rahmen einer Erlaubnispflicht kommt als milderes Mittel insbesondere die der aktuellen Rechtslage in einigen Bundesländern entsprechende obligatorische Zuverlässigkeitsüberprüfung unmittelbar nach Gewerbebeginn in Betracht. Für dieses Regelungsinstrument treffen aber die gleichen Bedenken zu, wie für die Berufsausübungsregelungen. Auch durch diese Regelung werden unlautere Personen nicht von der Gewerbeausübung ferngehalten. Sie werden vielmehr erst nach der Aufnahme ihrer Gewerbetätigkeit wieder aus dem Markt ausgesondert. Die bis dahin vergehende Zeit ist aber als die gefahrenintensivste Zeit der Gewerbeausübung anzusehen, und gerade in dieser Zeitspanne wird die in einigen Bundesländern als erforderlich angesehene Zuverlässigkeit, nicht gewährleistet und damit die Gefahrenabwehraufgabe nicht wahrgenommen. Zudem ist eine Zuverlässigkeitsprüfung nach Gewerbebeginn gegen solche Personen ungeeignet, die ihr Gewerbe nur zum Zweck der Schädigung Dritter aufnehmen. Um von solchen Bewerbern ausgehenden Gefahren zu begegnen, ist eine mehrere Wochen dauernde Zuverlässigkeitsprüfung ein ungeeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr. Dies gilt selbst dann, wenn die Zuverlässigkeitsprüfung unmittelbar nach Gewerbebeginn durchgeführt wird. Die in einigen Bundesländern geltende Regelung der obligatorischen Zuverlässigkeitsprüfung unmittelbar nach Gewerbebeginn stellt also gegenüber der Zuverlässigkeitsprüfung im Rahmen der Erlaubnispflicht kein gleich wirksames Mittel dar. Zudem ist darauf hinzuweisen, daß sich die Zuverlässigkeitsprüfung nach Gewerbebeginn in den Fällen, in denen eine Gewerbeuntersagung nach § 35

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

743

GewO vorgenommen werden muß und dadurch Dispositionen des Gewerbetreibenden durchkreuzt werden, gegenüber der Zuverlässigkeitsprüfung im Rahmen einer Erlaubnispflicht nicht als niederrangiges Mittel erweist. 5 4 4 Soweit die Untersagungsvorschrift des § 35 GewO als ein ebenso geeignetes Mittel wie eine Zuverlässigkeitsprüfung im Rahmen einer Erlaubnispflicht angesehen w i r d , 5 4 5 kann dem für das Auskunftsgewerbe - wie geprüft - 5 4 6 nicht gefolgt werden. Es wurde festgestellt, daß das Untersagungsverfahren nach § 35 GewO in erster Linie aufgrund der unzureichenden tatsächlichen Überwachungsmöglichkeiten sowie der überwiegend repressiven Wirkung kein ausreichendes Kontrollmittel für das Auskunftsgewerbe darstellt. Somit ist auch für das Kriterium der Zuverlässigkeit im Rahmen der vorgeschlagenen Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe kein milderes, ebenso geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr ersichtlich.

(b) Nachweis finanzieller Mittel Der Nachweis finanzieller Mittel wurde unter anderem befürwortet, um die Verbraucher vor wirtschaftlichen Schädigungen durch überhöhte Honorarabrechnungen aufgrund unkorrekter Auftragsabrechnungen zu schützen und das rechtswidrige Ausnutzen der Vertrauensstellung durch Detekteien zu verhindern. Diese Zielsetzung kann durch Ausübungsregelungen nicht erreicht werden. Selbst genaue Handlungsanweisungen zur Erstellung von Honorarabrechnungen können angesichts der fehlenden Kontrollmöglichkeiten in bezug auf die Auftragsdurchführung Manipulationen nicht verhindern. Gleiches gilt für das rechtswidrige Ausnutzen der Vertrauensstellung durch Detektive, das schon strafbewährt ist, deren Strafdrohung sich jedoch als nicht effektiv genug erweist. 5 4 7 Des weiteren soll der Nachweis finanzieller Mittel bei den Auskunfteien der Einhaltung verschiedener datenschutzrechtlichen Vorschriften, etwa 544

Vgl. Kap. 7 B I I I 2 n bb.

545

Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft an den Verfasser vom 23.12.1991, Az.: I I B 6 - 12 00 89; Schreiben des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr an den Verfasser vom 28.10.1993, Az.: 847 - 2.38.2. 54

* Kap. 7 IV 3 b dd.

547

Vgl. Kap. 7 B I I I 3 d.

7 4 4 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

über die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten (§ 35 BDSG), dienen. Da die Auskunfteien die Nichteinhaltung dieser Vorschriften gerade mit einem unzumutbaren organisatorischen Aufwand, also finanziellen Gründen, rechtfertigen, hat sich die Ineffektivität des § 35 BDSG als Berufsausübungsregelung, schon in der Praxis gezeigt. Da § 35 BDSG nur in einem Ausnahmefall 548 durch einen Ordnungswidrigkeitstatbestand sanktioniert ist, könnte man daran denken, als milderes Mittel auch für die weiteren Regelungen des § 35 BDSG Ordnungswidrigkeitentatbestände einzuführen. Dies ist zwar zu begrüßen, 5 4 9 ist aber aufgrund der geringen Kontrolldichte und der deshalb nur unzulänglichen Präventivwirkung speziell bei kleineren Auskunfteien kein ebenso effektives Mittel wie der Nachweis finanzieller Mittel. Schließlich ist gegenüber dem Nachweis finanzieller Mittel kein milderes Mittel ersichtlich, um die Auskunfteien zu einer zeit- und kostenintensiven Recherche anstelle von Schätzmethoden, die aus dem Auskunftsinhalt nicht zu entnehmen sind, zu veranlassen. Das Zulassungskriterium des Nachweises finanzieller Mittel in Verbindung mit dem allgemeinen Zuverlässigkeitserfordernis ist folglich eine zur Gefahrenabwehr erforderliche Maßnahme.

(c) Sachkundenachweis Als milderes Mittel gegenüber dem Sachkundenachweis mit Prüfungsverfahren sind verschiedene andere Möglichkeiten der Vermittlung von Kenntnissen in Betracht zu ziehen. Für das Gaststättengewerbe hat der Gesetzgeber einen Unterrichtungsnachweis (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 GaststättenG) als ausreichend angesehen. Danach bedarf es nur einer Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer, daß der Antragsteller oder sein Stellvertreter über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann. Ein Unterrichtungsnachweis ist ferner Voraussetzung für die Ausübung des Bewachungsgewerbes. Dieser Unterrichtungsnachweis setzt gemäß § 34a Abs. 1 Nr. 3 GewO den Nachweis der Unterrichtung über gewerbespezifische rechtliche Vorschriften voraus. 548 § 44 Abs. 1 Nr. 4 BDSG (Übermittlung der in § 35 Abs. 5 Satz 3 bezeichneten Daten ohne Gegendarstellung). 549

Vgl. Kap. 4 A I I I 7 c.

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

745

Ein solcher Unterrichtungsnachweis ist für das Auskunftsgewerbe als nicht ausreichend anzusehen. Er bietet keinerlei Gewähr dafür, ob der Antragsteller die Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden von Auskunftsunternehmen, die teilweise komplizierte Abwägungsvorgänge verlangen, auch tatsächlich anwenden kann. Es erfolgt keinerlei Überprüfung der in dem teilnahmepflichtigen Unterricht gelehrten Kenntnisse, so daß Aussagen über dessen Effektivität nicht gemacht werden können. Es liegt die Vermutung nahe, daß die Aufnahmebereitschaft bei einem Unterricht ohne Prüfungsnachweis geringer ist als bei Abforderung eines entsprechenden Prüfungsnachweises. Auch der Verweis darauf, daß der Unterrichtungsnachweis erst zu einem weiterführenden Selbststudium anregen soll, kann nicht durchgreifen, weil das Selbststudium eben auf Freiwilligkeit beruht und somit dem erforderlichen Schutzzweck allein nicht gerecht wird. Die Abwehr von Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter kann nicht von der freiwilligen Weiterbildung abhängig gemacht werden. 5 5 0 Zwar entspricht es dem Sinn und Zweck von Kenntnisvermittlungen als Voraussetzungen für eine Gewerbeaufnahme, daß diese bei dem Gewerbetreibenden die Grundlage für eine effiziente eigene Weiterbildung ermöglichen, aber zuvor muß sichergestellt sein, daß die verlangten Kenntnisse auch bei dem Gewerbetreibenden vorhanden sind. Dies ist beim Auskunftsgewerbe, dessen Rechtsgrundlagen nicht nur eine Frage der bloßen Kenntnis, sondern vielmehr des Verständnisses sind, nicht durch einen Unterrichtungsnachweis zu leisten. Erforderlich ist vielmehr ein verständnisorientiertes Prüfungsverfahren im Rahmen eines Sachkundenachweises. Somit erweist sich der bloße Unterrichtungsnachweis als keine gleich wirksame Alternative zum Sachkundenachweis mit entsprechender Prüfung. Zum Nachweis fachlicher Eignung besteht auch die Möglichkeit eine praktische Tätigkeit in dem betreffenden Gewerbezweig ausreichen zu lassen, ohne anschließend weitergehende Prüfungen, Unterrichtungen oder Kontrollen zu verlangen. Diese Art eines Sachkundenachweises ist etwa in § 33 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 K W G vorgesehen, nach dem die fachliche Eignung für die Leitung eines Kreditinstitutes regelmäßig anzunehmen ist, wenn eine dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Kreditinstitut von vergleichbarer Größe und Geschäftsart nachgewiesen wird. Diese Form des Sachkundenachweises ist insofern Bedenken ausgesetzt, als bei dem Nachweis der praktischen Tätigkeiten keinerlei Kontrolle über die tatsächlich geleisteten

550

Stober, Befähigungsnachweis, S. 126.

7 4 6 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

Tätigkeiten und vermittelten Ausbildungsinhalte besteht, wie dies zumindest bei dem Unterrichtungsnachweis der Fall ist. Dies ist aber eine wichtige Voraussetzung für einen der Gefahrenabwehr dienenden Sachkundenachweis. Zudem ist die fachliche Qualifikation der Ausbilder, die lediglich den gleichen Ausbildungsanforderungen unterlagen wie ihre jetzigen Lehrlinge, nicht gewährleistet. Die Anpassung der Ausbildung an sich verändernde rechtliche Voraussetzungen ist nicht sichergestellt. Dieser Nachteil wird auch nicht durch den aufgrund der Berufserfahrung angesammelten Erfahrungsschatz der Ausbilder kompensiert. Der Erfahrungsvorsprung aufgrund der ausgeübten Tätigkeit bezieht sich nämlich primär auf die praktische Tätigkeit i m Auskunftsgewerbe, nicht aber die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Rechtskenntnisse. Zu befürworten ist deshalb ein stetig aktualisiertes Prüfungsverfahren, so daß zumindest bei Beginn der Tätigkeit gesichert ist, daß der Gewerbetreibende die erforderlichen aktuellen Rechtskenntnisse besitzt. Auch der Nachweis fachlicher Tätigkeit stellt somit kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr im Auskunftsgewerbe dar. Eine vom Gesetzgeber mehrfach vorgesehene Möglichkeit, die die Intensität des Eingriffs in das Grundrecht der Berufsfreiheit abschwächt, ist die Anerkennung alternativer Nachweismöglichkeiten für die Sachkunde. Beispiele dafür finden sich etwa im Güterkraftverkehrsgesetz 551 und im Sprengstoffgesetz. 552 Als solche alternative Nachweismöglichkeit kommt für das Auskunftsgewerbe allein eine Hochschulausbildung (rechtswissenschaftliches Studium) in Betracht, die jedoch kein milderes Mittel gegenüber dem Sachkundenachweis darstellt. Eine polizeiliche Ausbildung ist dagegen nicht als alternative Nachweismöglichkeit für die Sachkunde von Detektiven anzuerkennen. Zwar enthält die polizeiliche Ausbildung die rechtlichen Voraussetzungen für ihr Tätigwerden, aber bei den privaten Sicherheitsunternehmen kommt es gerade auf Rechtsgrundlagen an, die sich von hoheitsrechtlichen Befugnissen unterscheiden. So dürfte ehemaligen Polizeibeamte zwar die Erfüllung der Prüfungsvoraussetzungen leichter fallen, zu entbinden sind sie von diesen je-

55 * § 10 Abs. 2 GüKG vom 10.03.1983, BGBl I S. 256 (zuletzt geändert am 28.06.1990, B G B I I S . 1221). 552

§ 9 SprengG vom 17.04.1986, BGBl I S. 577 (zuletzt geändert am 28.06.1990, B G B I I S . 1221).

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

747

doch nicht. Die unterschiedliche Reichweite der Rechtsgrundlagen für Hoheitsträger und Private läßt es vielmehr sinnvoll erscheinen, daß den Polizeibeamten beim Wechsel in die Privatwirtschaft diese Unterschiede noch einmal bewußt gemacht werden, und das Verständnis dieser Unterschiede überprüft wird. Weiterbildungsangebote nach dem Berufsbildungsgesetz können schließlich aufgrund deren Freiwilligkeit ebenfalls nicht als gleich wirksames Mittel i m Vergleich zu dem vorgesehenen Sachkundenachweis angesehen werden. A n der Erforderlichkeit des Sachkundenachweises im Rahmen einer Erlaubnispflicht bestünden auch dann Bedenken, wenn die Inhalte des Sachkundenachweises auch im Rahmen freiwilliger, etwa verbandsmäßiger Weiterbildung vermittelt würden. Zwar gibt es dazu Ansätze, aber die verschiedenen Ausbildungsinitiativen im Auskunftsgewerbe erfassen jeweils nicht den gesamten Berufsstand, beruhen auf Freiwilligkeit und ihre Kontinuität ist nicht sichergestellt. Auch diese außerrechtlichen Initiativen versprechen nicht den gleichen Erfolg wie der vorgeschlagene Sachkundenachweis. Auch der Sachkundenachweis ist deshalb als erforderlich zu bewerten.

(8) Verhältnismäßigkeit

im engeren Sinne der Erlaubnispflicht

Eine Maßnahme ist unbeschadet ihrer Geeignetheit und Erforderlichkeit unverhältnismäßig, wenn die Maßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht, wenn also die Maßnahme die Freiheit stärker beschränkt als der Zweck es rechtfertigt. 553 Abzuwägen sind entsprechend dem ambivalenten Charakter der Erlaubnispflichten einerseits die Beschränkung der Rechte des von der Regelung Betroffenen und andererseits die zu schützenden Rechte Dritter. 5 5 4 Dabei wirkt der Freiheitsanspruch des Einzelnen um so stärker je mehr sein Recht auf freie Berufswahl in Frage steht, der Gemeinschaftsschutz wird um so dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die aus der ungeregelten Berufsausübung der Allgemeinheit erwachsen können. 5 5 5 553

BVerfGE 46, S. 120 (148) -Beschluß vom 12.10.1977- 1 BvR 217, 216/75; Jarass in: Jarass/Pieroth Art. 12 Rdn. 27. 554

Vgl. Battis/Gusy,

555

BVerfGE 7, S. 377 (404f.) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56.

Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 14 III 1 (S. 152f.).

748

7. Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

A u f der einen Abwägungsseite findet sich das Grundrecht der Berufsfreiheit. Seine Ausübung hat eine hohe Bedeutung für eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung in einem freiheitlichen Gemeinwesen 556 und hängt eng mit der Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit insgesamt zusammen. 5 5 7 A u f der anderen Seite steht in erster Linie das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Auch diesem Grundrecht, das der größten Gefährdung durch die Tätigkeit des Auskunftsgewerbes ausgesetzt ist, kommt eine herausgehobene Bedeutung für die Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit z u . 5 5 8 Aus dem Gesichtspunkt einer unterschiedlichen abstrakten Wertigkeit der sich gegenüberstehenden Grundrechte läßt sich eine UnVerhältnismäßigkeit also nicht herleiten. Entscheidend ist die Intensität der Gefahr, die den genannten Rechtsgütern droht. Bei den Eingriffen seitens des Auskunftsgewerbes liegt in vielen Fällen wertungsmäßig eine anders einzustufende Art der Gefahr vor, als dies bei anderen Gewerbezweigen der Fall ist. Dies beruht im wesentlichen auf zwei Gründen. Während es nämlich üblicherweise Zweck der gewerberechtlichen Zulassungsregelungen ist, tatbestandliche Eingriffe von Gewerbebetrieben in Rechtsgüter Dritter zu verhindern, so ist dies beim Auskunftsgewerbe nur zum Teil der Fall, denn Eingriffe in grundrechtsgeschützte Positionen sind bei Auskunfteien und Detekteien gerade ein wichtiges Mittel ihrer Tätigkeit. Die Gefahrenabwehr setzt hier erst auf einer späteren Stufe ein, nämlich der Rechtfertigungsebene. Dies kann die verfassungsrechtliche Beurteilung nicht unberührt lassen. Bei der Tätigkeit der Auskunftsunternehmen hat die Gefahr für die grundrechtlichen Schutzgüter schon viel mehr Gestalt angenommen als dies bei Gefährdungen durch andere Gewerbeausübungen der Fall ist. Wenn der Staat aber solche gewerblichen Tätigkeiten zuläßt, die mit permanenten Grundrechtseingriffen verbunden sind, so obliegt ihm eine dementsprechend intensive Kontrolle, die sich nicht in rein repressiv wir-

556

BVerfGE 41, S. 251 (263f.) -Beschluß vom 27.01.1976- 1 BvR 2325/73; Krügen BayVBl 1986, S. 673. 557

BVerfGE 7, S. 377 (400) -Urteil vom 11.06.1958- 1 BvR 596/56; 19, S. 330 (336f.) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60. 558

484/83.

BVerfGE 65, S. 1 (41ff.) -Urteil vom 15.12.1983- 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440,

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

749

kenden Maßnahmen erschöpfen kann. Aufgrund der dargestellten Nähe der Gefahr sind also subjektive Zulassungsvoraussetzungen zur Abwendung der Gefahr ein verhältnismäßiges Mittel. Der zweite Grund betrifft den Willen des Gewerbetreibenden, Eingriffe in die Rechte Dritter zu vermeiden. Während es bei den meisten Gewerbezweigen gerade darum geht, Eingriffe in die Rechtspositionen Dritter möglichst zu verhindern, um die Gewerbetätigkeit möglichst erfolgreich durchführen zu können, die Einhaltung der Vorschriften also im Interesse von Gewerbetreibendem und Kunden liegt, ist dies beim Auskunftsgewerbe vielfach genau umgekehrt. Hier können ungerechtfertigte Eingriffe im parallelen Interesse von Gewerbetreibendem und Kunden liegen. Ungerechtfertigte Eingriffe in die Intimsphäre Dritter können beispielsweise dem Detektiv zu einem erfolgreichen Abschluß seines Auftrages verhelfen, was ohne den entsprechenden Eingriff nicht möglich gewesen wäre. Dieser „Erfolg" liegt auch i m Interesse des Kunden. Eine weitere Besonderheit der von Auskunftsunternehmen ausgehenden Gefahren liegt darin, daß sich Eingriffe für die betroffenen Dritten zumeist realisieren, ohne daß sie sich dieser Eingriffe überhaupt bewußt werden. Die weitgehende Schutzlosigkeit der von Eingriffen Betroffenen ist ein weiteres Kriterium, das Bedeutung für die Einstufung der Intensität der Gefahr hat.

(a) Zuverlässigkeit Das Kriterium der Zuverlässigkeitsprüfung im Rahmen des Erlaubnisverfahrens ist gegenüber der sofortigen Zuverlässigkeitsprüfung nach der Gewerbeanmeldung, wie es die aktuelle Rechtslage in verschiedenen Bundesländern vorsieht, allenfalls eine geringe Verschärfung der Belastung für den Gewerbetreibenden. I m Einzelfall kann sich sogar die alte Rechtslage als intensivere Belastung darstellen, etwa wenn bereits getätigte Investitionen durch die nach der Gewerbeanmeldung negativ verlaufene Zuverlässigkeitsprüfung hinfällig werden. Das Erfordernis der Zuverlässigkeit als Berufszugangsvoraussetzung stellt also einen nur geringen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, wenn man bedenkt, daß die Zuverlässigkeit gemäß § 35 GewO auch ohne die Neuregelung grundsätzlich erforderlich ist. Angesichts der wichtigen zu schützenden Gemeinschaftsgüter ist dieser Eingriff in die Berufsfreiheit verhältnismäßig.

7 5 0 7 . Kap.: Einführung einer Erlaubnispflicht für das Auskunftsgewerbe

(b) Nachweis finanzieller Mittel Gegenüber dem Zuverlässigkeitskriterium stellt der Nachweis finanzieller Mittel einen intensiveren Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit dar. Zu dem Zweck des Schutzes von zum Teil verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsgütern ist die Erforderlichkeit des Nachweises finanzieller Mittel aber nicht unverhältnismäßig. Dies gilt um so mehr, als das Kriterium des Nachweises finanzieller Mittel durch die inhaltliche Beschränkung auf die Beibringung eines Auszuges aus dem Schuldnerverzeichnis sowie dem Nachweis, daß die Mittel für die ordnungsgemäße Ausübung des Gewerbes für einen Zeitraum von sechs Monaten vorhanden sind, schon unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips als geringe Belastung ausgestaltet ist. Dieses so definierte Erfordernis wird aus der Sicht eines zuverlässigen Gewerbetreibenden deshalb eher als Selbstverständlichkeit denn als intensive Belastung zu bewerten sein. Des weiteren gilt dieses Erfordernis nur für den selbständigen Gewerbetreibenden, so daß die Ausübung einer Tätigkeit i m Auskunftei- oder Detekteigewerbe als unselbständiger Angestellter auch ohne die Erfüllung dieses Kriteriums möglich bleibt. Aufgrund der einzelnen genannten Einschränkungen ist auch der Nachweis finanzieller Mittel zur Abwehr der aufgezeigten Gefahren als verhältnismäßig anzusehen.

(c) Sachkundenachweis Von den drei Kriterien der Erlaubnispflicht ist der Sachkundenachweis als die intensivste Grundrechtseinschränkung anzusehen. 559 Durch die inhaltliche und verfahrensmäßige Ausgestaltung des vorgeschlagenen Sachkundenachweises für das Auskunftsgewerbe wurden jedoch verschiedene Besonderheiten des Auskunftsgewerbes berücksichtigt, um unverhältnismäßige Belastungen innerhalb des Sachkundenachweises zu vermeiden. Als unverhältnismäßig könnte ein einheitlicher Sachkundenachweis für das gesamte Auskunftsgewerbe angesehen werden. Der vorliegende Novellierungsvorschlag enthält aber eine Differenzierung zwischen Auskunfteien, Privat- und Wirtschaftsdetektiven sowie Kaufhausdetektiven und sieht für den jeweiligen Gewerbezweig nur die für diese Tätigkeiten erforderlichen

559

Vgl. zum Verhältnis von Zuverlässigkeit und Sachkundenachweis im Hinblick auf die Eingriffsintensität Badura in: Schmidt-Aßmann, BesVenvR, 3. Abschn. Rdn. 129 (S. 287).

E. Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Erlaubnispflicht

751

Rechtskenntnisse als Inhalt des Sachkundenachweises vor. Diese differenzierte Lösung steht auch i m Einklang mit der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Einzelhandelsgesetz, 560 der der allgemeine Grundsatz entnommen werden kann, daß Sachkundenachweise dann nicht verhältnismäßig sind, wenn sie eine inhaltlich gleiche Ausbildung und Prüfung von allen Gewerbetreibenden eines Gewerbezweiges verlangen, obwohl diese Kenntnisse nicht für alle Unternehmen zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele erforderlich sind. Da bei dem Sachkundenachweis für das Auskunftsgewerbe den Unternehmern in den Sparten Auskunfteien, Privat- und Wirtschaftsdetektive sowie Kaufhausdetektive jeweils nur die Kenntnisse zugemutet werden, die zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlich sind, ist der vorgesehene Sachkundenachweis als verhältnismäßig anzusehen. Aufgrund der differenzierenden Lösung beinhaltet der Sachkundenachweis für das Auskunftsgewerbe auch keinen Überschuß an Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen, der im übrigen von der herrschenden Meinung 5 6 1 für zulässig erachtet wird. Des weiteren enthält die vorgeschlagene Gesetzesnovellierung Übergangsregelungen für sogenannte Altbetroffene, so daß durch die eingeführte subjektive Zulassungsschranke auch keine konkrete Sonderbetroffenheit einer bestimmten Gruppe entsteht, die zur UnVerhältnismäßigkeit des Reformvorschlages führen kann. Schließlich verlangt der Sachkundenachweis nur solche Kenntnisse, die für die ordnungsgemäße Gewerbeausübung per se erforderlich sind und darüber hinaus, insbesondere bei Detektiven, dazu beitragen, Strafbarkeitsrisiken des Gewerbetreibenden im Zusammenhang mit der Berufsausübung zu vermindern. Da die Verhältnismäßigkeit von dem eingeschränkten Grundrecht der Berufsfreiheit zu den geschützten Rechten und Rechtsgütern sowie des gewählten Regelungsmittels zu den auftretenden Gefahren bejaht wurde, ist die vorgeschlagene Erlaubnispflicht verhältnismäßig.

560

BVerfGE 19, S. 330 (337) -Beschluß vom 14.12.1965- 1 BvL 14/60; 34, S. 71 (78ff.) -Beschluß vom 11.10.1972- 1 BvL 2/71. 5

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