Das Recht der Gleichnamigen: Branchengleiche gleichnamige Unternehmen in Deutschland und Europa unter besonderer Beachtung wettbewerbsrechtlicher Faktoren [1 ed.] 9783737009102, 9783847109105


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German Pages [215] Year 2019

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Das Recht der Gleichnamigen: Branchengleiche gleichnamige Unternehmen in Deutschland und Europa unter besonderer Beachtung wettbewerbsrechtlicher Faktoren [1 ed.]
 9783737009102, 9783847109105

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Schriften zum Verbraucherschutz- und Wettbewerbsrecht

Band 4

Herausgegeben von Professor Dr. Haimo Schack, Kiel, Direktor des Instituts für Europäisches und Internationales Privat- und Verfahrensrecht

Marie Sophie Arendt

Das Recht der Gleichnamigen Branchengleiche gleichnamige Unternehmen in Deutschland und Europa unter besonderer Beachtung wettbewerbsrechtlicher Faktoren

V& R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet þber http://dnb.d-nb.de abrufbar. Gedruckt mit freundlicher Unterstþtzung der Studienstiftung ius vivum.  2019, V& R unipress GmbH, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Gçttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich gesch þtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen FÐllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Vandenhoeck & Ruprecht Verlage j www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN 2198-5308 ISBN 978-3-7370-0910-2

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 1. Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen . . . A. Begriff und Funktion von Namen und Kennzeichen im Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Identitäts- und Unterscheidungsfunktion . . . . . . . . . . . . II. Kommunikationsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wirtschaftliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Verwendung des Namens im Geschäftsverkehr und Namensschutz von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktion des Unternehmenskennzeichens . . . . . . . . . . . II. Formen des Unternehmenskennzeichens . . . . . . . . . . . . 1. Kennzeichen mit originärer Namensfunktion . . . . . . . . 2. Kennzeichen ohne originäre Namensfunktion . . . . . . . . III. Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG . . . 1. Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Name . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wesen der Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Namensbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Firmenschlagworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Besondere Bezeichnung des Geschäftsbetriebs oder des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutz des Unternehmenskennzeichens nach §§ 5, 15 MarkenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Schutzvoraussetzungen nach § 5 MarkenG . . . . . . . b. Schutzumfang nach § 15 MarkenG . . . . . . . . . . . . c. Schutzende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

3. Schutz des Unternehmenskennzeichens nach § 12 BGB . . . a. Anwendbarkeit von § 12 BGB auf Unternehmenskennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . b. Abweichender Anwendungsbereich von § 12 BGB im Vergleich zu § 15 MarkenG . . . . . . . . . . . . . . . . c. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verhältnis zwischen bürgerlich-rechtlichem und kennzeichenrechtlichem Namensschutz . . . . . . . . . . . a. Vorrang des Markenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . b. Anspruchskonkurrenz zwischen BGB und MarkenG . . c. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zeichenkollision und deren Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehung gleichnamiger Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . II. Verwechslungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zeichenidentität/Zeichenähnlichkeit . . . . . . . . . . . . . 2. Kennzeichnungskraft des älteren Kennzeichens . . . . . . . 3. Branchennähe/ Wirtschaftlicher Abstand der Tätigkeitsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Auflösung der Kollision: Das Recht der Gleichnamigen . . . . . . I. Anwendung des Prioritätsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik am Prioritätsgrundsatz im Recht der Gleichnamigen a. Namensführungspflicht nach §§ 18, 19 HGB a. F. . . . . b. Namensführungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Durchbrechung des Prioritätsgrundsatzes . . . . . . . . . . . 1. Kodifizierte Durchbrechungen . . . . . . . . . . . . . . . . a. Gleichrangigkeit nach § 6 Abs. 4 MarkenG . . . . . . . b. Verwirkung nach § 21 Abs. 2 MarkenG . . . . . . . . . c. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Interessenabwägung im Gleichnamigenrecht . . . . . . . . a. Anknüpfungsnorm § 30 Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . b. Anknüpfungsnorm § 12 BGB . . . . . . . . . . . . . . . c. Anknüpfungsnorm § 15 Abs. 2 MarkenG . . . . . . . . d. Anknüpfungsnorm § 23 Nr. 1 MarkenG . . . . . . . . . (1) Namensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Sittengemäße Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

III. Fallgestaltungen des Gleichnamigenrechts . . 1. Echte Gleichnamigenfälle . . . . . . . . . . 2. Unechte Gleichnamigenfälle . . . . . . . . . a. Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . b. Gemeinsamkeiten der Konstellationen . c. Anwendbarkeit des § 23 Nr. 1 MarkenG 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 2. Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Interessenausgleich zwischen den Gleichnamigen . . . . . . . . . . I. Gesetzlicher Anknüpfungspunkt der Abwägung . . . . . . . . . 1. Verhältnis nationaler und europäischer Grundrechte . . . . . 2. Nationale Grundrechte im Recht der Gleichnamigen . . . . . a. Anwendbarkeit der Grundrechte im Privatrechtsverkehr . b. § 23 Nr. 1 MarkenG als unbestimmter Rechtbegriff . . . . II. Kollidierende Interessen der Gleichnamigen . . . . . . . . . . . 1. Parteiinteressen innerhalb der »echten« Gleichnamigenfälle . 2. Parteiinteressen innerhalb der »unechten« Gleichnamigenfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Interessenabwägung zwischen den Gleichnamigen . . . . . . . . 1. Interessenabwägung über die Koexistenz der Gleichnamigen . a. »Echte« Gleichnamigenfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Uneingeschränkte Koexistenz . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Eingeschränkte Koexistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . b. »Unechte« Gleichnamigenfälle . . . . . . . . . . . . . . . c. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Interessenabwägung über die Vermeidung der Verwechslungsgefahr zwischen Gleichnamigen . . . . . . . . a. Maßnahmen gegen die Verwechslungsgefahr . . . . . . . (1) Ergänzung um den Vornamen . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ergänzung um die Branche . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ergänzung um den Sitz der Verwaltung/des Geschäftes . . (4) Ergänzung um ein Geschäftslogo . . . . . . . . . . . . . . (5) Verwendung von »nicht zu verwechseln mit« . . . . . . . (6) Verwendung verschiedener Schriftarten oder Farben . . . (7) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Verantwortlicher für die Vermeidung der Verwechslungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) »Echte« Gleichnamigenfälle . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

(2) »Unechte« Gleichnamigenfälle . . . . . . . . . . . . . . . c. Rest an Verwechslungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Beeinträchtigung des Interessenausgleichs . . . . . . . . . . . . . . I. Störung der Gleichgewichtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anmeldung einer Domain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Expansion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Markenanmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtfertigung der Störung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutzwürdiges Interesse an der Störung . . . . . . . . . . . a. Domainanmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Domainanmeldung als Namensbenutzung . . . . . . . . . (2) Berechtigtes Interesse an der Namensbenutzung . . . . . b. Expansion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Markenanmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Begrenztes berechtigtes Interesse an der Übertragung der firmenrechtlichen Grundsätze auf die Markenanmeldung. (2) Allgemein berechtigtes Interesse an der Übertragung firmenrechtlicher Grundsätze auf die Markenanmeldung . (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verringerung der Verwechslungsgefahr . . . . . . . . . . . . a. Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bei der Domainanmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Nutzungsuntersagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Aufnahme eines unterscheidenden Zusatzes im Domain-Namen bei Onlineauftritten mit Kaufoption . . . (c) Aufnahme von unterscheidenden Hinweisen bei Onlineauftritten ohne Kaufoption . . . . . . . . . . . . . (i) Aufklärender Hinweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ii) Domainnamen-Sharing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bei der Expansion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Bei der Printwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Bei Onlinewerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Bei Markenanmeldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Hinzufügen des bestimmten Artikels . . . . . . . . . . . (b) Hinzufügen eines Vornamens . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Hinzufügen einer Ortsbezeichnung . . . . . . . . . . . . (d) Markenrechtliche Prägetheorie . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

(e) Begrenzung der Markenanmeldung . . . . . . . (f) Markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung . . b. Verantwortlicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ansprüche der Gleichnamigen . . . . . . . . . . . . . . 1. Unzulässige Werbung und Domainbenutzung . . . . 2. Unzulässige Markenanmeldung . . . . . . . . . . . . a. Widerspruchsverfahren . . . . . . . . . . . . . . b. Löschungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Möglichkeit der richtlinienkonformen Auslegung (2) Richtlinienkonforme Auslegung . . . . . . . . . (3) Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung . . . . . C. Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 3. Der Einfluss des deutschen Gleichnamigenrechts auf das europäische Markenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Unionsmarke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Prinzip der Einheitlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Prinzip der Koexistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Prinzip der Autonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Einfluss des nationalen Gleichnamigenrechts im europäischen Eintragungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Formelle Einflussmöglichkeit im europäischen Verfahren . II. Materielle Voraussetzungen des Widerspruchs nach Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Benutzung im geschäftlichen Verkehr . . . . . . . . . . 2. Mehr als lediglich örtliche Bedeutung . . . . . . . . . . a. Allgemeines Verständnis des Tatbestandsmerkmals . (1) Auslegungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Auslegungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Geografisches Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . (b) Wirtschaftliches Kriterium . . . . . . . . . . . . . . b. Korrektur des Begriffsverständnisses im Gleichnamigenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erwerb und Schutzumfang des älteren Rechts . . . . . . a. Prioritätsälteres nationales Kennzeichenrecht . . . . b. Befugnis der Benutzungsuntersagung der jüngeren Marke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Begriff der Benutzungsuntersagung . . . . . . . . . (2) Inhalt der Benutzungsuntersagung . . . . . . . . . .

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Inhalt

(3) Umfang der Benutzungsuntersagung . . . . . . . . . . . . c. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusätzliches Tatbestandsmerkmal: Funktionsbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Hintergrund der Rechtssache Budvar/Anheuser-Busch . . b. Übertragbarkeit der funktionalen Betrachtungsweise der Rechtssache Budvar/Anheuser-Busch . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Folgen für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausweg über Art. 138 VO 2017/1001/EU . . . . . . . . . . . . . II. Markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung . . . . . . . . . . . D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel 4. Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht . . . . . . . A. Irreführendes Verhalten der Gleichnamigen . . . . . . . . . . . . . B. Anwendbarkeit lauterkeitsrechtlicher Ansprüche neben kennzeichenrechtlichen Ansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . I. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. (Kumulative) Anspruchskonkurrenz . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vorrangthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einschränkungen der Vorrangthese . . . . . . . . . . . . . a. Beschränkter Anwendungsbereich des Markengesetzes . b. Beschränkungen durch das Urteil Hard Rock Caf8 . . . (1) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auswirkungen auf Ansprüche von Gleichnamigen . . . . . . . III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wortlaut des § 2 MarkenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweck des MarkenG und UWG . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aktivlegitimation nach MarkenG und UWG . . . . . . . . . 4. Richtlinienumsetzung des Art. 6 Abs. 2 lit. a RL 2005/29/EG 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Beeinträchtigung markenrechtlicher Wertungen . . . . . . . . . . I. Anwendungsvorrang des Unionsrechts . . . . . . . . . . . . . II. Analogie als Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Beachtung markenrechtlicher Wertungen im Lauterkeitsrecht 1. Analogieschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Widerspruch zur Rechtsdogmatik . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

b. Widerspruch zu Wortlaut und Zweck des § 23 Nr. 1 MarkenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz i. S. d. § 5 UWG . . . . . . . . a. Vergleich zwischen der Interessenabwägung in § 23 Nr. 1 MarkenG und dem lauterkeitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kennzeichenrechtliche Interessenabwägung . . . . . . . . (2) Lauterkeitsrechtlicher Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . (3) Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Auswirkungen auf die Gleichnamigensituation . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Auswirkungen der »Wertungsübertragungen« auf Einwendungen und Einreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Auswirkung auf die Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verwirkung der Ansprüche nach dem Kennzeichenrecht . . . 2. Verwirkung der Ansprüche nach dem Lauterkeitsrecht . . . . 3. Einheitliche Verwirkung nach dem Markengesetz und Lauterkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auswirkung auf die Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterschiedliche Verjährungsvorschriften nach dem MarkenG und UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auflösung des Konflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel 5. Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Abgrenzungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriffsklärung und Zielsetzung der Vereinbarung . . . . . . . II. Vertragsinhalte von Abgrenzungsvereinbarungen . . . . . . . . 1. Regelungen über die Art der Benutzung . . . . . . . . . . . . 2. Regelungen über die Absatzgebiete . . . . . . . . . . . . . . . 3. Regelungen über (regional beschränkte) Werbung . . . . . . 4. Regelungen über die Verwendung einer Domain . . . . . . . 5. Regelungen über die (regional begrenzte) Benutzung von Marken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Grenzen des Kartellrechts nach § 1 GWB/Art. 101 Abs. 1 AEUV . . I. Anwendung des nationalen und europäischen Kartellrechts nach Art. 101 Abs. 1 AEUV/§ 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

1. Anwendungsbereiche des europäischen und nationalen Kartellrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit des nationalen Kartellrechts . . . . . . . . . . II. Wettbewerbsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wettbewerbsverhältnis der Parteien . . . . . . . . . . . . . . 2. Wettbewerbshemmende Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Absprachen über die Art der Zeichenverwendung . . . . b. Absprachen über Absatzgebiete . . . . . . . . . . . . . . c. Absprachen über Werbegebiete . . . . . . . . . . . . . . . d. Absprachen über Domainverwendung . . . . . . . . . . . e. Absprachen über die Markenbenutzung . . . . . . . . . . f. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wettbewerbsfördernde Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Bestehen eines Unterlassungsanspruches . . . . . . . . . b. Zeitpunkt für das Bestehen eines Unterlassungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Mögliche Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Einst rechtswidrige Klausel nach aktueller Rechtslage rechtmäßig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Einst rechtmäßige Klausel nach aktueller Rechtslage rechtswidrig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zeitpunkt der Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Vertragsschluss als zeitlicher Anknüpfungspunkt . . . . . (b) Rechtsstreit als zeitlicher Anknüpfungspunkt . . . . . . . (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Rechtsgrundlagen für Unterlassungsansprüche zwischen Gleichnamigen in den letzten 25 Jahren . . . . . . . . . . c. Fallgruppen für das (Nicht)Bestehen eines Unterlassungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Klauseln entsprechen den Rücksichtnahmepflichten . . . (3) Klauseln widersprechen den Rücksichtnahmepflichten . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abwägung zwischen wettbewerbsfördernden und wettbewerbshemmenden Effekten . . . . . . . . . . . . . . . a. Sicherung der Namensfunktion durch Vermeidung der Verwechslungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Erforderlichkeit der Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . (1) Zeitliche Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Räumliche Einschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . .

171 172 172 172 173 173 174 174 175 175 175 176 176 177 177 177 178 178 178 178 179 181 181 183 183 183 184 185 186 186 188 188 189

13

Inhalt

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191 191 192 193 193 194 195 195 197 197 198

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

199

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

205

c. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Geltungserhaltende Reduktion und Klauselanpassung 1. Rechtlicher Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung nach nationalem Recht . . . . . . . . . II. Teilnichtigkeit der Abgrenzungsvereinbarung . . . . 1. Folge beim Verstoß gegen nationales Recht . . . . 2. Folge beim Verstoß gegen Unionsrecht . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Recht des geistigen Eigentums und Wettbewerbsrecht. Sie wurde im Sommersemester 2018 von der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis September 2018 berücksichtigt werden. Herzlichster Dank gilt zunächst meinem Doktorvater Professor Dr. Malte Stieper für seine Unterstützung und sein persönliches Engagement bei der Betreuung dieser Arbeit. Seine wertvollen Anmerkungen und kritischen Hinweise haben mich meinen Blickwinkel auf das Thema und meine Ansichten immer wieder hinterfragen lassen. Ich danke ihm und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Lehrstuhls für die schöne gemeinsame Zeit. Insbesondere möchte ich mich bei meinem Kollegen Hannes Henke für unsere anregenden Diskussionen und dafür bedanken, dass er gerade in anstrengenden Momenten immer den richtigen Ton getroffen hat. Besonderer Dank gilt außerdem Herrn Professor Dr. Armin Höland für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und der Studienstiftung ius vivum, die die Finanzierung der Druckkosten großzügig unterstützt hat. Danken möchte ich zudem Johanna Decher und Dustin Heße für ihre stete Hilfsbereitschaft und das sorgfältige Korrekturlesen der Arbeit. Schließlich bedanke ich mich von ganzem Herzen bei meinen Eltern und Julian für ihren uneingeschränkten Rückhalt, ihre unermüdliche Unterstützung und lieben Worte während der Erarbeitung meiner Dissertation. Halle (Saale), im Oktober 2018 Marie Sophie Arendt

Einleitung

Tritt ein Gewerbetreibender in den Geschäftsverkehr ein, so muss er sich bezeichnen, um von anderen Teilnehmern des Verkehrs unterschieden werden zu können. Diese sollen mit der Bezeichnung ein bestimmtes Unternehmen verbinden. Durch eine gute Marketingstrategie wird vor allem der Name des Unternehmens zum Werbeträger und damit zum Symbol der Unternehmensleistung. Um eine Verbindung zwischen dem Unternehmen und der dahinterstehenden Unternehmerpersönlichkeit zu schaffen, wird für die Bezeichnung des Unternehmens häufig der Familienname gewählt. Diese Personalisierung schafft Vertrauen beim Kunden und den beteiligten Verkehrskreisen.1 Familiennamen sind jedoch endlich, so dass ein Name verschiedene Personen bezeichnen kann. Eine Doppelung der Namen gibt es hierbei nicht nur bei Allerweltsnamen wie »Müller, Meier, Schulze«, sondern auch bei Namen, die nicht überdurchschnittlich häufig vorkommen.2 Der Gewerbetreibende möchte aber, dass sein guter Ruf ihm und nicht einem anderen Verkehrsteilnehmer zugerechnet wird, der den gleichen Namen führt. Ebenso hat der Verbraucher ein Interesse daran, die Waren desjenigen Unternehmens zu beziehen, das er kennt, und nicht die (vielleicht weniger qualitativen) eines gleichnamigen Unternehmens.3 Das Konfliktpotenzial steigt dadurch, dass der Name als Individualisierungsmittel im geschäftlichen Bereich sich nicht weiterer Hilfsmerkmale, wie der Adresse, des Geburtsdatums oder des Vornamens bedient, die im privaten Bereich ebenso beachtet werden. Stattdessen vereinfacht der Verkehr häufig und beschränkt das Kennzeichen auf seinen bloßen Namensbestandteil, um ihm werbewirksamen Schlagwortcharakter zu verleihen.4 Die endliche Anzahl der Familiennamen und die Begrenzung des Namens auf die schlagwortartige Bezeichnung führen zu Mehrfachbenennungen – der 1 2 3 4

Knaak, S. 6. Knaak, S. 4. Patt, S. 1. Knaak, S. 4; Tilmann, GRUR 1981, 621, 623.

18

Einleitung

Gleichnamigkeit von Unternehmen. Eine vollständige Übereinstimmung der Unternehmensbezeichnungen ist für die Annahme der Gleichnamigkeit nicht erforderlich, da der Verkehr die in Frage stehenden Bezeichnungen regelmäßig nicht zeitgleich wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Ansicht aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt.5 In diesem Eindruck treten die übereinstimmenden Merkmale stärker hervor als die Unterschiede, so dass es auf die Gemeinsamkeiten der Zeichen statt auf ihre Unterschiede ankommt.6 Wird der Name zu einem Zeitpunkt benutzt, zu dem ein älteres verwechslungsfähiges Zeichen bereits besteht, so kann der Prioritätsältere im Grundsatz nach dem das Kennzeichenrecht prägenden Prioritätsprinzip Unterlassungsund/oder Schadensersatzansprüche geltend machen. Vor der Handelsrechtsreform 1998 bestand jedoch für einen Kaufmann gemäß § 18 Abs. 1 HGB a. F. unabhängig von seinem persönlichen Interesse die Pflicht, seinen Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen als Firma zu führen.7 Ebenso wurden die offene Handelsgesellschaft sowie die Kommanditgesellschaft nach § 19 Abs. 1, 2 HGB a. F. verpflichtet, den Namen wenigstens eines Gesellschafters in der Firma aufzunehmen.8 Die strikte Anwendung des Prioritätsprinzips hätte den jüngeren Namensträger folglich gezwungen, die Entscheidung zu treffen, ob er wirtschaftlich agieren will, sich aber dafür den Ansprüchen des Prioritätsälteren aussetzt, wenn die Unternehmen gleichnamig waren. Damit wäre eine wirtschaftliche Tätigkeit neuer Unternehmen stark beeinträchtigt, wenn nicht sogar unterbunden worden. Daher erkannte das Reichsgericht die Verwendung des bürgerlichen Namens trotz Verwechslungsgefahr mit einem anderen Namen als zulässig an, wenn der bürgerliche Name nach förmlichem Firmenrecht bei Bildung des Firmennamens zu verwenden war.9 Seit der Handelsrechtsreform haben Handelsunternehmen nach §§ 17, 29 HGB zwar nicht mehr die Pflicht, ihren Familiennamen zu verwenden. Das Interesse, zwischen dem Unternehmen und der Unternehmerpersönlichkeit eine Verbindung zu schaffen, führt jedoch weiterhin dazu, dass der Familienname verwendet wird und es mithin auch nach der Handelsrechtsreform zwangsläufig zu Mehrfachbenennungen kommt, denen die Gefahr der Gleichnamigkeit inne wohnt. Die Auflösung dieser Kollision zwischen gleichnamigen Unternehmen ist sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur bereits intensiv diskutiert wurden. Zwischen 2010 und 2016 ergingen zu der Gleichnamigkeitsproblematik bei Unternehmen zwischen der Peek & Cloppenburg KG Hamburg und der 5 BGH GRUR 1967, 355, 357f. – Rabe. 6 BGH GRUR 1990, 450, 452 – St. Petersquelle; BGH GRUR 1992, 110, 111 – dipa/dib; BGH GRUR 1994, 844, 845 – Rotes Kreuz. 7 Vgl. unter juris, Gesetze/Verordnungen, § 18 HGB in der Fassung bis zum 30. 6. 1998. 8 Vgl. unter juris, Gesetze/Verordnungen, § 19 HGB in der Fassung bis zum 30. 6. 1998. 9 RGZ 110, 234, 236f.; RGZ 116, 209, 210.

Einleitung

19

Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf fünf Urteile des Bundesgerichtshofs, eine Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union und des europäischen Gerichtshofes, die neue Aspekte aufwerfen und es mithin gebieten, über das Recht der Gleichnamigen und den in den Urteilen aufgeworfenen Problemen erneut nachzudenken. Da die Entscheidungen zu den Peek & Cloppenburg Kommanditgesellschaften Düsseldorf und Hamburg getroffen wurden, orientiert sich die Arbeit an diesen Gesellschaften als Beispiel gleichnamiger branchengleicher Unternehmen. Die entwickelten Theorien können jedoch auf andere Gleichnamige, die in der gleichen Branche tätig sind, übertragen werden. Aufgabe dieser Untersuchung soll es daher in den Kapiteln 1 und 2 sein, die aktuelle Rechtslage aufzuzeigen und dabei insbesondere kritisch darauf einzugehen, aus welchen Normen sich der Namensschutz für gleichnamige Unternehmen ergibt und wonach er eingeschränkt werden kann. In Anlehnung an die aktuellen Entscheidungen werden als mögliche Beschränkungen zwischen Gleichnamigen die Domainanmeldung, Werbung und die Markenanmeldung eines Gleichnamigen im nationalen Recht untersucht. In Kapitel 2 wird untersucht, wie eine zwischen Gleichnamigen geschaffene Gleichgewichtslage durch eine nationale Markenanmeldung gestört werden kann und wie hierbei das nationale Recht durch europäisches Sekundärrecht beeinflusst ist. Im Gegensatz dazu soll in Kapitel 3 die Frage geklärt werden, wie die nationale Gleichgewichtslage zwischen den Gleichnamigen die Anmeldung einer Unionsmarke beeinflusst und damit, ob das nationale Gleichnamigenrecht sich auf das europäische Markenrecht auswirkt. Um den Gleichnamigen ein Nebeneinander zu ermöglichen, setzt das Kennzeichenrecht ihnen in ihrer Handlungsfreiheit Grenzen. Ein möglicher Ausweg, den eigenen Interessen eine stärkere Wirkung zu verleihen, könnte es daher sein, stattdessen Ansprüche aus dem Wettbewerbsrecht gegen den anderen Gleichnamigen zu erheben und das Markengesetz somit zu umgehen. In Kapitel 4 soll mithin untersucht werden, ob die Geltendmachung lauterkeitsrechtlicher Ansprüche neben Ansprüchen des Kennzeichenrechts möglich ist und ob die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche im Sinne einer einheitlichen Rechtsordnung den Grenzen des Kennzeichenrechts unterliegen. Um ein mögliches Konfliktpotenzial bereits vor der Erhebung möglicher kennzeichen- und lauterkeitsrechtlichen Ansprüche zu unterbinden, ist es für gleichnamige Unternehmen interessant, bereits im Vorhinein ihre Tätigkeitsfelder vertraglich abzugrenzen. Eine Abgrenzungsvereinbarung birgt allerdings die Gefahr, dass sich die Parteien durch sie in ihrem Verhalten leiten lassen. Dies beeinflusst ihr Wettbewerbsverhalten und kann wie eine klassische Kartellvereinbarung wirken. In Kapitel 5 soll daher die kartellrechtliche Zulässigkeit der kennzeichenrechtlichen Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen geprüft werden.

Kapitel 1. Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

Ein am Geschäftsverkehr teilnehmendes Unternehmen muss sich bezeichnen, um von anderen Beteiligten unterschieden werden zu können. Der Empfänger soll mit der Bezeichnung ein bestimmtes Unternehmen und dessen Qualität verbinden. Unternehmen sind daher daran interessiert, ihren Namen schützen zu lassen, um sich gegen die Verwendung ihres Namens durch Dritte wehren zu können. Fraglich ist, welche Rolle es dabei spielt, wenn Träger des gleichen Namens diesen in den Unternehmensnamen aufnehmen wollen und sich auf ihre Namensrechte berufen. Nachdem die Funktion des Namens im Rechtsverkehr aufgezeigt wurde (A.), soll (unter B.) geklärt werden, nach welchen Normen und unter welchen Voraussetzungen Unternehmen Namensschutz im geschäftlichen Verkehr erhalten können, um zu überprüfen, ob das Namensrecht durch andere gleichnamige Unternehmen verletzt werden kann und wie eine Namenskollision aufzulösen ist (C., D.).

A.

Begriff und Funktion von Namen und Kennzeichen im Rechtsverkehr

Die Gleichnamigkeitsproblematik entstand ursprünglich bei der Kollision eines aus einem bürgerlichen Namen gebildeten Kennzeichens mit einem älteren Kennzeichen. Die Anknüpfung des Kennzeichens an den (bürgerlichen) Namen muss daher für ein Unternehmen positive Funktion ausüben.

22 I.

Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

Identitäts- und Unterscheidungsfunktion

Der Name ist ein sprachliches Mittel, um ein Unternehmen dauerhaft zu bezeichnen.10 Der Klang des Namens ruft im Zusammenhang mit dessen Schriftbild eine konkrete Vorstellung über den Namensträger hervor, so dass der Name seinem Inhaber eine Identität verleiht. Auch nicht als Wörter aussprechbare Buchstabenfolgen, wie Zahlen, Buchstabenkombinationen, Embleme, Wappen, Logos und sonstige Bildzeichen, können Namensfunktion haben,11 wenn sie zumindest anderweitig ausgedrückt werden können12 und zur Identifikation des Namensträgers dienen. Mithilfe der Identifizierung können Unternehmen von anderen Unternehmen unterschieden werden.13 Die wesentliche Bedeutung des Namens ist daher die sprachliche Kennzeichnung, die der Identifizierung und Unterscheidung dient.14 Durch die Möglichkeit, das Unternehmen und das dahinter stehende Rechtssubjekt zu identifizieren, können diesem Rechte und Pflichten zugeordnet werden.15

II.

Kommunikationsfunktion

Der Name individualisiert und erleichtert somit die Kommunikation: Denn ohne zusätzliche unterscheidende Merkmale, wie der Adresse oder des Geburtsdatums16, bedarf es im geschäftlichen Verkehr eines identifizierenden Namens, um als Kommunikationsmittel im Wettbewerb zu dienen und beispielsweise als Schlagwort in der Werbung verwendet werden zu können.

10 RGZ 91, 350, 359; RGZ 137, 213, 218; BGH NJW 1957, 1473; BGH NJW 1959, 525 – Gedenktafel; BGH NJW 1962, 12. 11 BGH GRUR 2001, 344 – DB Immobilienfonds; siehe auch BGH GRUR 2005, 430 – mho.de; BGH GRUR 2009, 685, 686 Rn. 18 – ahd.de; a. A. noch BGHZ 11, 214, 221; BGH GRUR 1955, 42, 43 – Farina; BGH GRUR 1965, 377 – GDP. 12 OLG Düsseldorf GRUR-RR 2012, 304 – Buchstabenkombination. 13 Zu § 12 BGB vgl. RGZ 91, 350, 359; RGZ 137, 213; BGH NJW 1959, 525; BGH GRUR 1959, 430, 434 – Caterina Valente; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 3. 14 BGH GRUR 2008, 1108, 1111f. Rn. 44 – Haus & Grund III; BGH GRUR-RR 2010, 205, 206 Rn. 27 – Haus & Grund IV; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 1; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 17. 15 Martinek, in: juris-PK, § 12 BGB Rn. 2. 16 Knaak, S. 4; Tilmann, GRUR 1981, 621, 623.

Namen im Geschäftsverkehr und Namensschutz von Unternehmen

III.

23

Wirtschaftliche Interessen

Mit der Kommunikationsfunktion geht der Schutz der kommerziellen Interessen im geschäftlichen Verkehr einher.17 Der Verkehr verbindet mit dem Namen eines Unternehmens dessen Eigenschaften und Qualität. Mithin findet der Name als »Ruf« im Rechtsverkehr Anerkennung, ohne dass die Qualität stets erneut nachgewiesen werden muss.18 Bezieht sich der Name auf das Unternehmen und löst sich dadurch von der konkret dahinterstehenden Person, kann das wirtschaftliche Interesse die ideelle Funktion des Namens sogar übertreffen.19

B.

Die Verwendung des Namens im Geschäftsverkehr und Namensschutz von Unternehmen

Der Verkehr soll das Unternehmen als wirtschaftlich organisatorische Einheit im geschäftlichen Verkehr wahrnehmen.20 Dafür muss der Name des Unternehmens seiner Individualisierung und Kennzeichnung dienen.21 Möchte ein Wettbewerbsteilnehmer seinen bürgerlichen Namen für die Benennung seines Unternehmens verwenden, ist ihm dies vor allem über den Schutz als Unternehmenskennzeichen möglich.

I.

Funktion des Unternehmenskennzeichens

Das Unternehmenskennzeichen ist eine Form der geschäftlichen Bezeichnung, die gemäß § 1 Nr. 2 MarkenG geschützt und in § 5 Abs. 1 MarkenG konkretisiert wird. Es weist auf die Beziehung zwischen einem hinter dem Unternehmen stehenden Rechtsträger und den aus dem Unternehmen stammenden Waren oder Leistungen hin22 und individualisiert das Unternehmen so von anderen Unternehmen.23 Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 2. Martinek, in: juris-PK, § 12 BGB Rn. 2; Tilmann, GRUR 1981, 621, 623. BGH NJW 1983, 755, 756; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 2. Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 19, 45; vgl. zur Idee der Zuordnung zum Unternehmensinhaber OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 223, 224 – WM 2006; da der Geschäftsbestrieb auf einzelne Teile des Unternehmens hinweist, kann das entscheidende Kriterium nur eine wirtschaftliche und organisatorische Einheit sein, nicht hingegen die Rechtsfähigkeit, vgl. gegen die Rechtsfähigkeit BGH GRUR 1993, 404 – Columbus. 21 BGH GRUR 2008, 1108, 1111f. Rn. 44 – Haus & Grund III; BGH GRUR-RR 2010, 205, 206 Rn. 27 – Haus & Grund IV. 22 Wüstenberg, GRUR 2003, 109.

17 18 19 20

24 II.

Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

Formen des Unternehmenskennzeichens

Unternehmenskennzeichen werden gemäß § 5 Abs. 2 S. 1, 2 MarkenG danach unterschieden, ob sie Namensfunktion besitzen oder nicht.24 1.

Kennzeichen mit originärer Namensfunktion

Gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG werden im Geschäftsverkehr genutzte Namen, Firmen oder besondere Bezeichnungen eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens geschützt. Diesen Kennzeichnungsformen ist immanent, dass sie geeignet sind, ein Unternehmen zu individualisieren. Ihnen kommt originäre Namensfunktion zu.25 2.

Kennzeichen ohne originäre Namensfunktion

Die Geschäftsabzeichen und sonstigen zur Unterscheidung von Geschäftsbetrieben bestimmten Zeichen nach § 5 Abs. 2 S. 2 MarkenG dienen zwar ebenso der Kennzeichnung des Unternehmens. Jedoch ist diesen Zeichen im Vergleich zu einem aus Buchstaben entwickelten Namen nicht anzusehen, dass sie ein Unternehmen individualisieren sollen.26 Diese Funktion kann ihnen erst zuerkannt werden, wenn sie mit einem (zusätzlichen) Namen verwendet werden.27 Die Individualisierung des Unternehmens durch ein Zeichen nach § 5 Abs. 2 S. 2 MarkenG beruht mithin auf einer gemeinsamen Verwendung eines Zeichens und Namens und der daraus resultierenden Verkehrsgeltung. Als originärer Name eines Unternehmens können diese Zeichen daher nicht dienen.28 Im Zusammenhang der Gleichnamigkeitsproblematik wird daher im Folgenden nicht weiter auf Unternehmenskennzeichen gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 MarkenG eingegangen.

23 Fezer, § 1 MarkenG Rn. 6; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 3; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 8. 24 Vgl. Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 10. 25 BGH GRUR 2008, 1108, 1111f. Rn. 44 – Haus & Grund III; Hacker, in: Ströbele/Hacker/ Thiering, § 5 MarkenG Rn. 6. 26 Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 14f. 27 Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 14f.; Schricker, GRUR 1998, 310, 313. 28 So mittlerweile auch BGH GRUR 2005, 419, 422 – Räucherkate; OLG Hamburg GRUR-RR 2009, 224, 226; a. A. noch BGH GRUR 1956, 172, 175 – Magirus.

Namen im Geschäftsverkehr und Namensschutz von Unternehmen

III.

Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG

1.

Tatbestände

25

Gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG werden im Geschäftsverkehr genutzte Namen, Firmen oder besondere Bezeichnungen eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens geschützt. a. Name Der kennzeichenrechtliche Namensbegriff entspricht dem bürgerlich-rechtlichen Begriff nach § 12 BGB.29 Der Name ist demnach ein sprachliches Mittel, um eine Person zu bezeichnen,30 so dass der Name des Unternehmensträgers, nicht aber der des Unternehmens selbst erfasst würde.31 Da im Geschäftsverkehr jedoch das handelnde Unternehmen und nicht der Unternehmensträger wahrgenommen wird, muss der Name trotz der persönlichen Prägung ebenso als Identifizierungs- und Unterscheidungsmerkmal der Unternehmen und Geschäftsbetriebe fungieren.32 Angelehnt an die Schutzobjekte des bürgerlichrechtlichen Namensbegriffs erfasst der Name nach § 5 Abs. 2 S. 1 Var. 1 MarkenG daher gleichermaßen den Namen einer juristischen Person des öffentlichen33 oder des privaten Rechts.34 Ebenso geschützt sind Personengesellschaften und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts.35 b. Firma Insofern die juristische Person des öffentlichen/privaten Rechts, die Personengesellschaft oder die GbR Kaufmann ist, wird der Name als Firma geschützt.36 29 Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 18; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 17. 30 RGZ 91, 350; RGZ 137, 213; BGH NJW 1957, 1473; BGH NJW 1959, 525 – Gedenktafel; BGH GRUR 1959, 430, 431 – Caterina Valente; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 1; vgl. Bamberger, in: BeckOK BGB, § 12 BGB Rn. 1 m. w. N. 31 OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 223; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 27. 32 BGH GRUR 2008, 1008, 1111f. Rn. 44 – Haus & Grund III; BGH GRUR-RR 2010, 205, 206 Rn. 27 – Haus & Grund IV; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 19; Ingerl/ Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 17; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 5 MarkenG Rn. 6. 33 BGH GRUR 1965, 38, 39 – Dortmund grüßt; BGH GRUR 1993, 151, 153 – Universitätsemblem; BGH GRUR 2002, 917, 918f. – Düsseldorfer Stadtwappen; BGH GRUR 2014, 506, 507 Rn. 11 – sr.de. 34 Zum Schutz des rechtsfähigen Vereins vgl. BGH GRUR 1970, 481, 482 – Weserklause; BGH GRUR 1976, 644, 645 – Kyffhäuser ; BGH GRUR 1994, 844, 845 – Rotes Kreuz; BGH GRUR 2005, 517 – Literaturhaus; BGH GRUR 2008, 1102, 1103 Rn. 12 – Haus & Grund I; BGH GRUR 2008, 1104, 1105 Rn. 14 – Haus & Grund II; BGH GRUR 2008, 1108, 1110 Rn. 29 – Haus & Grund III; BGH GRUR 2010, 1020, 1021 Rn. 13 – Verbraucherzentrale; Schutz einer rechtsfähigen Stiftung OLG Jena BeckRS 2013, 06043. 35 BGH GRUR 2002, 706, 707 – vossius.de. 36 Vgl. zu weiteren Ausführungen vgl. S. 26f.; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 10.

26

Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

Obwohl sich die Firma wie der Name im Grundsatz auf das Rechtssubjekt bezieht, dient die Firma im Ergebnis ebenfalls der Identifizierung und Unterscheidung von Unternehmen und Geschäftsbetrieben.37 (1) Wesen der Firma Gemäß § 17 Abs. 1 HGB ist die Firma der Name des Kaufmanns, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Der Begriff des Kaufmanns ist i. S. d. §§ 1 - 6 HGB zu verstehen und erfasst daher neben dem Einzelkaufmann nach § 1 HGB ebenso Handelsgesellschaften nach § 6 HGB. Träger der Rechte und Pflichten ist der Firmeninhaber, der mithin eine natürliche Person (Einzelkaufmann) oder Handelsgesellschaft sein kann. In Deutschland werden vor allem die rechtsfähige Personenhandelsgesellschaft in Form der OHG, KG oder eine Kapitalgesellschaft als AG, GmbH oder KGaA als Rechtsform einer Handelsgesellschaft gewählt.38 Die Aktiengesellschaft ist nach § 4 AktG, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 4 GmbHG, die Kommanditgesellschaft auf Aktien nach § 279 Abs. 1 AktG und die offene Handelsgesellschaft sowie die Kommanditgesellschaft sind nach § 19 Abs. 1 Nr. 2, 3 HGB verpflichtet, einen Namen zu führen.39 (2) Namensbestandteile Für die Firmenbildung ist zu beachten, dass die Firma gemäß § 18 Abs. 1 HGB Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft besitzen muss, nicht irreführend sein darf (§ 18 Abs. 2 HGB) und sie den Rechtsformsatz gemäß § 19 Abs. 1 HGB, §§ 4, 5a GmbHG, § 4 AktG enthalten muss. Gemäß § 18 Abs. 1 HGB muss die Firma40 zur Kennzeichnung des Unternehmens geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen, mithin Namensfunktion im geschäftlichen Verkehr erfüllen. Damit der Firma Namensfunktion zukam, bestand bis zur Handelsrechtsreform 1998 die Pflicht gemäß § 18 Abs. 1 HGB a. F., seinen Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen als Firma zu führen und nach § 19 Abs. 1, 2 HGB a. F. bzw. § 4 37 BGH GRUR 2008, 1008, 1111f. Rn. 44 – Haus & Grund III; BGH GRUR-RR 2010, 205, 206 Rn. 27 – Haus & Grund IV; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 19, 43; Ingerl/ Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 17. 38 Vgl. Statistisches Bundesamt, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/237346/umfra ge/unternehmen-in-deutschland-nach-rechtsform-und-anzahl-der-beschaeftigten, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018; zur Rechtsfähigkeit der Handelsgesellschaften vgl. Vgl. Schmidt, in: MüKo, § 6 HGB Rn. 3, 9; Schwartze, in: BeckOK HGB, § 6 HGB Rn. 4, 7. 39 Daher wird auch nicht auf den separaten Namensschutz der Personenvereinigungen nach § 12 BGB eingegangen. Vgl. dazu Martinek, in: juris-Pk, § 12 BGB Rn. 21; Mansel, in: Jauernig, § 12 BGB Rn. 3; Säcker, in MüKo, § 12 BGB Rn. 19. 40 Die Norm bezieht sich ebenso auf Firmen, die wie die GmbH, die AktG oder die GenG außerhalb des HGB geregelt sind.

Namen im Geschäftsverkehr und Namensschutz von Unternehmen

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GmbHG a. F. den Familiennamen wenigstens eines Gesellschafters der Firma beizufügen. Dies schränkte den Spielraum der Unternehmen, einen aussagekräftigen und werbewirksamen Namen zu finden, ein. In der Folge wurde die Namensführungspflicht nach §§ 18, 19 HGB a. F. und § 4 GmbHG a. F. durch die Handelsrechtsreform aufgehoben.41 Seitdem sind die Unternehmen in ihrer Namenswahl im Grundsatz frei und können Fantasie-, Sach- und Personenfirmen oder Mischformen bilden.42 Die Aufhebung der Namensführungspflicht führt in der Konsequenz aber nicht zu der Verpflichtung, eine namensfremde Bezeichnung zu wählen. Die Entscheidungsfreiheit, den Namen nach Belieben zu wählen, ist wesentliches Kriterium,43 um der heutigen Kommunikations- und Wirtschaftsfunktion des Namens gerecht zu werden. Im Interesse, das Unternehmen mit der dahinterstehenden Persönlichkeit zu verbinden und diese Kommunikations- und Werbewirksamkeit zu nutzen, wird daher ein Namensführungsrecht statuiert,44 das es ermöglicht, den Namen des Unternehmers zu verwenden und mithin das Unternehmen mit der dahinterstehenden Unternehmerpersönlichkeit zu verbinden. Dabei zeichnet die Personenfirma aus, dass ein Einzelkaufmann seinen Vor- und Nachnamen oder eine Gesellschaft den Namen eines oder mehrerer Gesellschafter angibt, z. B. hat sich die Peek & Cloppenburg GmbH nach ihren Gründern Johann Theodor Peek und Heinrich Anton Adolph Cloppenburg benannt.45 Unabhängig von der Häufigkeit eines Namens muss der Name geeignet sein, den Namensträger zu bestimmen und ihn dadurch von anderen unterscheidbar zu machen.46 Diese Namensfunktion wird nicht dadurch geschwächt, dass es mehrere Träger desselben Namens gibt und der Name nicht eindeutig ausschließlich einer Person zugeordnet werden kann.47 c. Firmenschlagworte Anstelle langer Namen werden im Verkehr häufig schlagwortartige Bestandteile des Firmennamens verwendet, die sich im Verkehr schneller durchsetzen und einfacher im Gedächtnis haften bleiben. Der Verkehr neigt insofern dazu, 41 42 43 44

Begr. RegE, BT- Drucks. 13/8444 S. 35. Heidinger, in: MüKo, § 18 HGB Rn. 1, 10. Vgl. Tilmann, GRUR 1981, 621, 623. BGH GRUR 1966, 623 @ Kupferberg; BGH GRUR 1985, 398 @ Familienname; Plaß, WRP 2000, 40, 41. 45 Das Unternehmen spaltete sich 1912 in die wirtschaftlich und rechtliche unabhängige Peek & Cloppenburg KG Hamburg und die Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf auf, als Anton Cloppenburg eine Filiale in Hamburg eröffnete. 46 BGH GRUR 2008, 801 Rn. 12 – Hansen-Bau. 47 BGH GRUR 2008, 801 Rn. 13 – Hansen-Bau; unter Aufgabe von BGH GRUR 1979, 642, 643 – Billich und BGH GRUR 1991, 472, 473 – Germania; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 37; a. A. Goldmann, § 5 Rn. 106ff.; Teplitzky, in: Großkommentar UWG, § 16 UWG Rn. 202.

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komplexe Bezeichnungen zu verkürzen.48 Diese Bestandteile sind ebenso wie die vollständige Firma schutzwürdig, wenn sie für sich genommen kennzeichnungsund unterscheidungskräftig wirken.49 So hat sich beispielsweise »Hufelandklinik« für »G. W. HUFE-LANDKLINIK für ganzheitliche immunbiologische Therapie«50 durchgesetzt und statt der »Deutschen Telekom AG« wird zumeist nur auf die »Telekom« verwiesen.51 Aber auch die Firmen der Modeunternehmen Peek & Cloppenburg KG Hamburg und Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf werden vom Verkehr auf den namensrechtlichen Bestandteil »Peek & Cloppenburg« begrenzt. d. Besondere Bezeichnung des Geschäftsbetriebs oder des Unternehmens Eine besondere Bezeichnung des Geschäftsbetriebes oder des Unternehmens i. S. v. § 5 Abs. 2 S. 1 Var. 3 MarkenG dient der direkten Benennung dieser und weist damit anders als Name und Firma nicht auf ein Rechtsubjekt, sondern ein Rechtsobjekt hin.52 Schutzfähig sind z. B. Wort- und Bildzeichen in Form von Logos.53 Ebenso können aus der Firma gebildete und benutzte Abkürzungen, wie VW, BMWoder P & C, die selbst nicht Bestandteil der Firma sind, als besondere Geschäftsbezeichnung nach § 5 Abs. 2 S. 1 Var. 3 MarkenG geschützt sein.54 2.

Schutz des Unternehmenskennzeichens nach §§ 5, 15 MarkenG

Unternehmenskennzeichen können zunächst nach §§ 5, 15 MarkenG Schutz genießen. a. Schutzvoraussetzungen nach § 5 MarkenG Der Schutz als Unternehmenskennzeichen entsteht durch eine tatsächliche Handlung und nicht durch einen formellen Akt. Die Ingebrauchnahme des Zeichens im inländischen geschäftlichen Verkehr ist daher Voraussetzung für 48 BGH GRUR 1991, 475, 477 – Caren Pfleger ; BGH GRUR 2009, 772, 775f. Rn. 45, 58 – Augsburger Puppenkiste; anders z. B. im Arzneimittelsektor BGH GRUR 2008, 903, 905 Rn. 28 – SIERRA ANTIGUO. 49 Vgl. BGH GRUR 2001, 1161 – CompuNet; BGH GRUR 2002, 898 – defacto; BGH GRUR 2004, 515 – Telekom; BGH GRUR 2009, 685, 686 Rn. 17 – ahd.de; BGH GRUR 2013, 68, 70 Rn. 28 – Castell; BGH GRUR 2016, 705, 706f. Rn. 19 – ConText. 50 Vgl. BGH GRUR 2006, 159 – hufeland.de. 51 BGH GRUR 2004, 515 – Telekom. 52 Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 44; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 27. 53 BGH GRUR 1957, 281, 282 – karo-as; OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 223 – WM 2006; OLG Köln GRUR-RR 2008, 9, 10 – bsw/BSW Bundesverband Solarwirtschaft e.V.; KG GRUR-RR 2009, 61 – Antiquarische Bücher. 54 Vgl. zum fehlenden Schutz als Firmenschlagwort BGH GRUR 1954, 195 – KfA; BGH GRUR 1955, 299, 300 – Koma; BGH GRUR 1992, 329, 331 – AjS-Schriftenreihe; offenlassend BGH GRUR 2009, 685, 686 Rn. 17 – ahd.de.

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die Schutzentstehung nach § 5 MarkenG.55 Ingebrauchnahme meint jede nach außen gerichtete geschäftliche Tätigkeit im Inland, sofern sie auf den Beginn einer dauernden wirtschaftlichen Betätigung schließen lässt.56 Es ist nicht erforderlich, dass das Unternehmen bereits gegenüber allen Marktbeteiligten und künftigen Kundenkreisen in Erscheinung getreten ist.57 Eine weitere Voraussetzung für die Schutzentstehung ist das ungeschriebene Merkmal der Unterscheidungskraft,58 die vorliegt, wenn das Zeichen geeignet ist, Unternehmen voneinander zu unterscheiden.59 Die Rechtsprechung hingegen definiert die von ihr sogenannte »namensmäßige Unterscheidungskraft« als Fähigkeit des Zeichens, als Name des Unternehmens zu wirken60 und vermischt dadurch die verschiedenen Begriffe der Unterscheidung und der Individualisierung.61 Um zwischen den Begriffen »Unterscheidung« und »Individualisierung« differenzieren zu können, muss die Unterscheidungskraft aber positiv festgestellt werden. Sie kann einem Namen originär inne wohnen,62 oder durch Verkehrsgeltung erworben werden.63 Damit einem Zeichen originäre Unterscheidungskraft zugesprochen wird, darf das Zeichen nicht ausschließlich als Beschreibung der Unternehmenstätigkeit dienen.64 Wenn der Name lediglich ausgesprochen einer reinen Beschreibung entspricht (z. B. Billich i. S .v. »billig«) dann ist der beschreibende Charakter hingegen von Beginn an zu verneinen, da nur ein Teil des Verkehres einen Namen gesprochen wahrnimmt.65 Sofern keine beschreibende Wirkung vorliegt, sind Familiennamen originär unterschei55 BGH GRUR 1989, 626, 627; BGH GRUR 1993, 404 – Columbus; BGH GRUR 1995, 825, 826 – Torres; BGH GRUR 2009, 685, 686 Rn. 17 – ahd.de; BGH GRUR 2012, 832, 836 Rn. 44 – ZAPPA; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 104; Fezer, § 5 MarkenG Rn. 3; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 32, 57. 56 BGH GRUR 1971, 517, 519 – SWOPS; BGH GRUR 1980, 114 – Concordia; BGH GRUR 1997, 903, 905 – Garonor. 57 BGH GRUR 2008, 1099, 1102 Rn. 36 – aifilias.de. 58 Bamberger, in: BeckOK BGB, § 12 BGB Rn. 54; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 63. 59 Bamberger, in: BeckOK BGB, § 12 BGB Rn. 54; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 63; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 37 stellt eher auf die Individualität ab. 60 BGH GRUR 2008, 1104, 1105 Rn. 17 – Haus & Grund II; BGH GRUR 2008, 801 Rn. 12 – Hansen-Bau; BGH BeckRS 2013, 06018 Rn. 21 – XVIII Plus; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 35. 61 Ebenso Weiler, in: BeckOK MarkenR § 5 MarkenG Rn. 65; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 35. 62 Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 68ff.; Fezer, § 5 MarkenG Rn. 4; Ingerl/ Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 37ff. 63 Z. B. BGH GRUR 2005, 514, 515 – Telekom; BGH GRUR 2005, 517, 518 – Literaturhaus; BGH GRUR 2007, 888, 889 Rn. 19 – Euro Telekom; BGH GRUR 2010, 1020, 1021 Rn. 14 – Verbraucherzentrale; Fezer, § 5 MarkenG Rn. 4; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 52ff. 64 BGH GRUR 2008, 801 Rn. 12ff. – Hansen-Bau unter Aufgabe von BGH GRUR 1979, 642, 643 – Billich, BGH GRUR 1991, 472, 473 – Germania und BGH GRUR 1995, 825 – Torres. 65 BGH GRUR 1979, 642, 643 – Billich.

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Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

dungskräftig.66 Um einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren, ist es dabei irrelevant, ob es sich um einen ungewöhnlichen oder häufig auftretenden Namen handelt.67 Ist ein Begriff nicht originär unterscheidungskräftig, so erhält das Zeichen Kennzeichenschutz, wenn es Verkehrsgeltung erlangt hat.68 Dafür muss mehr als nur ein unerheblicher Teil des Verkehrs das Zeichen einem bestimmten Betrieb oder Unternehmen zuordnen.69 b. Schutzumfang nach § 15 MarkenG Liegen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1, 2 MarkenG vor, so schützt § 15 Abs. 1 MarkenG das ausschließliche Recht des Inhabers der geschäftlichen Bezeichnung. Dritten ist es demnach gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG untersagt, die geschäftliche Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Für das Handeln im geschäftlichen Verkehr kommt es auf die nach außen erkennbare Zielrichtung des Zeichenverwenders an. Das Verhalten muss der Förderung des eigenen oder eines fremden erwerbswirtschaftlichen Geschäftszweckes dienen, um als Verhalten im geschäftlichen Verkehr qualifiziert zu werden.70 Zudem muss der Handelnde das Kennzeichen kennzeichenmäßig, das heißt als individualisierendes Unternehmenskennzeichen, verwenden.71 Unbefugt ist das Verhalten, wenn die Handlung ohne Zustimmung des Kennzeichenrechtsinhabers erfolgt.72 § 15 Abs. 2 MarkenG gewährt bei einem entgegenstehenden Verhalten Kennzeichenschutz vor Verwechslungsgefahr (Verwechslungsschutz) innerhalb der gleichen oder einer ähnlichen produktverwandten Branche.73 Fehlt es mangels Branchennähe an der Verwechslungsgefahr, so genießen Unternehmenskennzeichen Schutz gegen Ausnutzung oder Beeinträchtigung ihrer Unterscheidungskraft oder ihrer Wertschätzung nach 66 Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 38; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 85 ff; Sosnitza, § 17Rn. 2 m. w. N. 67 St. Rspr. seit BGH GRUR 2008, 801 Rn. 12 – Hansen Bau unter Aufgabe von BGH GRUR 1979, 642, 643 – Billich, BGH GRUR 1991, 472, 473 – Germania und BGH GRUR 1995, 825 – Torres; BGH GRUR 2013, 1150, 1153 Rn. 34 – Baumann. 68 BGH GRUR 2005, 517, 518 – Literaturhaus; BGH GRUR 2005, 514, 515 – Telekom; BGH GRUR 2007, 888, 889 Rn. 19 – Euro Telekom; BGH GRUR 2010, 1020, 1021 Rn. 14 – Verbraucherzentrale. 69 BGH GRUR 1957, 29, 31 – Spiegel; BGH GRUR 1965, 377 – GDP; BGH GRUR 2014, 506 – sr.de; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 92f. 70 EuGH GRUR 2010, 445, 446 Rn. 50 – Google France und Google; BGH GRUR 2004, 241, 242 – GeDIOS. 71 Vgl. Mielke, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 20 m. w. N. 72 Mielke, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 4. 73 Vgl. unter S. 43.

Namen im Geschäftsverkehr und Namensschutz von Unternehmen

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§ 15 Abs. 3 MarkenG, sofern sie im Inland bekannt sind (Bekanntheitsschutz).74 Dafür muss das Zeichen gerade in seiner Funktion als Unternehmenskennzeichen bekannt sein.75 Es bedarf keiner konkreten prozentualen Bekanntheit,76 aber das Zeichen muss einem bedeutenden Teil des Publikums geläufig sein, das von dem Zeichen »betroffen« ist.77 Insbesondere der Marktanteil, die geografische Ausdehnung, die Intensität und die Dauer der Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat, sind in die Bewertung einzubeziehen.78 Der Schutzumfang wird im Grundsatz für das gesamte Bundesgebiet gewährt.79 Das Namensrecht des Unternehmens kann aber ausnahmsweise regional beschränkt sein, wenn das Unternehmen nach seinem Zweck und Zuschnitt nur lokal oder regional tätig ist und keine Expansion anstrebt,80 oder bei nicht originär unterscheidungskräftigen Kennzeichen nur in einer abgegrenzten Region Verkehrsgeltung besteht.81

c. Schutzende Der kennzeichenrechtliche Schutz nach §§ 5, 15 MarkenG erlischt, wenn das Zeichen nicht mehr dauerhaft namensmäßig benutzt wird,82 wenn der Geschäftsbetrieb aufgegeben wird83 oder wenn das Zeichen seine Unterscheidungskraft84 oder Verkehrsgeltung verliert.85 74 Vgl. Mielke, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 61. 75 Ingerl/Rohnke, § 15 MarkenG Rn. 121; Mielke, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 63. 76 EuGH GRUR Int 2000, 73, 74 Rn. 25 – Chevy ; EuGH GRUR 2009, 1158, 1159 Rn. 24 – PAGO; BGH GRUR 2011, 1043 – TÜV II; Mielke, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 61 mit Verweis auf Mielke/Schneider, § 14 MarkenG Rn. 510f. 77 EuGH GRUR Int 2000, 73, 75 Rn. 26 – Chevy. 78 EuGH GRUR Int 2000, 73, 75 Rn. 26f. – Chevy ; EuGH GRUR 2009, 1158, 1159 Rn. 25 – PAGO. 79 BGH GRUR 1961, 535, 537 – arko; BGH GRUR 1995, 754, 757 @ Altenburger Spielkarten; BGH GRUR 2006, 159 @ hufeland.de; BGH GRUR 2014, 506, 507 Rn. 23 – sr.de. 80 BGH GRUR 1991, 155, 156 – rialto; BGH GRUR 2005, 262, 263 – socco.de; BGH GRUR 2007, 884, 886 Rn. 29 – Cambridge Institute; BGH GRUR 2014, 506, 507 Rn. 23 – sr.de; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 127. 81 BGH GRUR 1979, 470, 471f. – RBB/RBT; BGH GRUR 1992, 865 – Volksbank; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 101. 82 Zu § 12 BGB RG GRUR 1943, 349; BGH GRUR 1961, 420 @ Cuypers; BGH GRUR 2002, 972, 974 @ FROMMIA; BGH GRUR 2002, 967 @ Hotel Adlon; BGH GRUR 2005, 871, 872 @ Seicom; OLG München OLGR 1999, 249; Vgl. Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 137. 83 BGH GRUR 1997, 749, 752 – L’Orange; BGH GRUR 2002, 967, 969 – Hotel Adlon; BGH GRUR 2005, 871, 872 – Seicom; BGH GRUR 2013, 1150, 1152 Rn. 29 – Baumann. 84 Vgl. Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 153; Bamberger, in: BeckOK BGB, § 12 BGB Rn. 52. 85 Zu § 5 MarkenG BGH GRUR 2012, 534, 537 Rn. 33 – Landgut Borsig; zu § 12 BGB BGH GRUR 1957, 428 @ Bücherdienst; BGH GRUR 1957, 25 – Hausbücherei.

32 3.

Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

Schutz des Unternehmenskennzeichens nach § 12 BGB

Seinen Ursprung findet die Gleichnamigkeitsproblematik in der Kollision gleichnamiger Unternehmen, deren Unternehmensnamen auf dem bürgerlichen Namen eines Gesellschafters beruhten. Insofern wurde der bürgerliche Name als Bestandteil der geschäftlichen Bezeichnung benutzt, so dass fraglich ist, ob dem Namen des Unternehmens neben dem Schutz nach §§ 5, 15 MarkenG ebenso Schutz nach § 12 BGB zukommt. Dies ist vor allem dann entscheidend, wenn der bürgerlich-rechtliche Schutzumfang von dem kennzeichenrechtlichen Schutzumfang abweicht. Falls einer Norm bei unterschiedlichen Schutzumfängen der Vorrang gebührt, ist dies für die Unternehmen für die Wahl des Rechtsschutzes entscheidend zu wissen. a. Anwendbarkeit von § 12 BGB auf Unternehmenskennzeichen Ob § 12 BGB auf Unternehmenskennzeichen Anwendung findet, ist durch Auslegung der Norm zu ermitteln. Die systematische Stellung des § 12 BGB im ersten Abschnitt über Personen, unter dem Titel 1. »Natürliche Personen, Verbraucher, Unternehmer« könnte den Rückschluss zulassen, dass der »Name« i. S. d. § 12 BGB ausschließlich als Name natürlicher Personen zu verstehen ist. Der Wortlaut der Norm spricht hingegen allgemein von »dem Recht zum Gebrauch eines Namens des Berechtigten« bzw. »dem Interesse des Berechtigten, das durch den unbefugten Gebrauch des gleichen Namens durch einen anderen verletzt wird« und beschränkt die Norm mithin nicht allein auf den Namen natürlicher Personen, sondern auf den »Berechtigten«. Der Zweck des Namensschutzes ist es, den Namen als sprachliches Kennzeichen für die Identifizierung und Unterscheidung einer Person im Rechtsverkehr zu schützen.86 Das Namensrecht bezweckt daher nicht, den Menschen in seiner Eigenschaft als natürliche Person, sondern ihn als Rechtssubjekt im gesellschaftlichen Zusammenleben anzuerkennen.87 Juristische Personen und Personenvereinigungen sind ebenso Träger von Rechten und Pflichten, die als Rechtssubjekte88 am Gesellschafts- und Wirtschaftsleben teilnehmen. Die Anerkennung des Namensrechts muss folglich auch ihnen zuteilwerden.89 Diese Wertung wird dadurch gestützt, dass das Namensrecht eine besondere Er86 RGZ 91, 350, 352; RGZ 137, 213, 215; BGH NJW 1959, 525 – Gedenktafel; BGH GRUR 1960, 490 – Vogeler ; BVerfG NJW 2004, 1155. 87 Hefermehl, in: FS Hueck, S. 519, 521. 88 Zur Definition des Rechtssubjektes vgl. Faust, BGB AT, § 17 Rn. 1; Rüthers/Stadler, BGB AT § 11 Rn. 1, § 14 Rn. 1. 89 Hefermehl, in: FS Hueck, S. 519, 521; Wüstenberg, GRUR 2003, 109.

Namen im Geschäftsverkehr und Namensschutz von Unternehmen

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scheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist90 und als Ausdruck der Identität, Individualität und des Ansehens einer Person dem verfassungsrechtlichen Schutz nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG unterliegt:91 Wird das Interesse einer Einzelperson geschützt, so steht der Name als Ausdruck der individuellen Persönlichkeit im Vordergrund und § 12 BGB schützt das personale Interesse.92 Im Vergleich zur natürlichen Person fehlen dem Unternehmen zwar der anzuerkennende persönliche Charakter und die Würde. Das »Persönlichkeitsrecht« des Unternehmens ist mithin eher ein Ausdruck ihrer wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG.93 Dennoch bezweckt die Bezeichnung des Unternehmens ebenso die Kennzeichnung zur Identifizierung und Individualisierung. Das Ehrgefühl der natürlichen Person entspricht daher dem Ruf des Unternehmens, sich im Wettbewerb einen »guten Namen gemacht zu haben«,94 der beeinträchtigt werden kann.95 Und auch wenn der kennzeichenrechtliche Namensschutz seinen Ursprung im Gegensatz zum bürgerlich-rechtlichen Namensschutz nicht im Persönlichkeitsrecht findet,96 so behält der Name einer Person in der geschäftlich verwendeten Kennzeichnung zumindest einen persönlichkeitsrechtlichen Einschlag,97 wenn die natürliche Person ihren Namen selbst als geschäftliche Bezeichnung wählt. Folglich darf der Namensschutz auch nach seinem Zweck nicht auf natürliche Personen beschränkt werden. Entgegen der systematischen Stellung der Norm ist daher eine extensive Auslegung des Namensschutzes nach § 12 BGB und damit eine Anwendung auf Unternehmensnamen angezeigt.98

90 BGH GRUR 1959, 430, 431 – Caterina Valente; BGH GRUR 1960, 490, 491 – Vogeler ; BGH GRUR 2000, 709, 712 – Marlene Dietrich. 91 BVerfGE 78, 38, 49; 97, 391, 399; insbesondere BVerfG NJWE-FER 2001, 193; BGH NJW 2000, 2195, 2197. 92 Vgl. Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 2. 93 BGH NJW 1975, 1882; BVerfG NJW 1994, 1784. 94 Tilmann, GRUR 1981, 621, 623. 95 OLG München NJW 1996, 2515. 96 Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 2. 97 Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 2. 98 RGZ 74, 114, 115; RGZ 100, 182, 186; RGZ 109, 213; RGZ 115, 401, 406; RGZ 117, 249; RGZ 163, 233, 236; BGH GRUR 1952, 418; BGH GRUR 1954, 195; BGH GRUR 1955, 42; BGH GRUR 1988, 560 @ Christophorus-Stiftung; BGH GRUR 2005, 430 – mho.de; BGH GRUR 2008, 1099, 1100 Rn. 10 – afilias.de; »Mahngericht« nicht geschützt, OLG Köln NJW-RR 2006, 187; Martinek, in juris-Pk, § 12 BGB Rn. 20; Bamberger, in: BeckOK BGB, § 12 BGB Rn. 51; Leyendecker-Langner, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 12 BGB Rn. 7; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 20; i. E. Böxler, ZGE 2009, 357, 388; Heinrich in: Soergel, § 12 BGB Rn. 114; Krüger-Nieland, in: FS Fischer, S. 341f.; a. A. Fabricius, JR 1972, 15, 17; kritisch Tilmann, GRUR 1981, 621, 623ff.

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Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

b.

Abweichender Anwendungsbereich von § 12 BGB im Vergleich zu § 15 MarkenG § 12 BGB bietet einen umfassenden Namensschutz, wenn ein Dritter das Recht zum Gebrauch des Namens bestreitet oder das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass er unbefugt den gleichen Namen gebraucht. Mithin schützt § 12 BGB vor der Namensleugnung und der Namensanmaßung.99 Im hier betrachteten Kollisionsfall zwischen gleichnamigen branchengleichen Unternehmen kommt allenfalls der Schutz nach § 12 S. 1 Alt. 2 BGB vor Namensanmaßung in Betracht. Um zu bewerten, ob sich der kennzeichenrechtliche und der namensrechtliche Schutz gleichen oder in welchen Punkten sie sich unterscheiden, muss § 15 MarkenG mithin mit dem Schutzumfang nach § 12 S. 1 Alt. 2 BGB verglichen werden. Eine widerrechtliche Namensanmaßung i. S. d. § 12 BGB liegt vor, wenn ein Dritter den Namen unbefugt gebraucht und dadurch die schutzwürdigen Interessen des gleichnamigen Namensträgers verletzt werden. Der unbefugte Gebrauch eines fremden Namens setzt voraus, dass der Störer den gleichen oder verwechslungsfähigen Namen verwendet und dadurch eine Zuordnungsverwirrung auslöst.100 Dabei verlangt die Verwendung eines gleichen oder verwechslungsfähigen Namens keine vollständige Übereinstimmung mit der Bezeichnung des Berechtigten.101 Der Name wird gebraucht, wenn er als Firmenname oder als sonstige Bezeichnung eines Unternehmens verwendet wird,102 z. B. für die Anmeldung im Handelsregister.103 Durch die Verwendung des verwechslungsfähigen Zeichens muss eine Zuordnungsverwirrung entstehen, die vorliegt, wenn ein falscher Eindruck über die Identität des Namensträgers erweckt wird oder der Anschein entsteht, die Verwendung des Namens wurde von dem anderen Namensträger gestattet.104 Der unbefugte Gebrauch des verwechslungsfähigen Namens muss das Interesse des berechtigten Namensträgers verletzen. Im Vergleich zu § 15 MarkenG nimmt der Begriff »Interessenschutz« zumindest grammatikalisch keine Einschränkung gegenüber dem Verwechslungsschutz (§ 15 Abs. 2 MarkenG) oder dem Bekanntheitsschutz (§ 15 Abs. 3 MarkenG) vor. Fraglich ist aber, ob inhaltlich das Wort »Interesse« dem Verwechslungs- und Bekanntheitsschutz 99 Leyendecker-Langner, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 12 BGB Rn. 23, 24ff.; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 96ff., 125ff. 100 BGH GRUR 1959, 430, 431f. – Caterina Valente; BGH GRUR 1981, 846, 847 – Carrera; BGH GRUR 1993, 151, 153 – Universitätsemblem. 101 Leyendecker-Langner, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 12 BGB Rn. 26. 102 Vgl. Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 96. 103 BGH GRUR 1957, 426 – Getränke-Industrie. 104 BGH GRUR 1994, 732, 735 – McLaren; Leyendecker-Langner, in: BeckOK, Informationsund Medienrecht, § 12 BGB Rn. 27; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 98 setzt hingegen die Zuordnungsverwirrung mit der Verwechslungsgefahr gleich.

Namen im Geschäftsverkehr und Namensschutz von Unternehmen

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des § 15 Abs. 2, 3 MarkenG entspricht oder der Begriff weiter gefasst ist. »Interesse« meint zum einen die außerhalb des Geschäftsverkehrs geschützten Interessen, wie persönliche, ideelle, aber auch wirtschaftliche Belange.105 Zum anderen sind die Interessen innerhalb des Geschäftsverkehrs erfasst, die vor allem den Schutz vor Verwechslungsgefahr, Rufbeeinträchtigung der Verwässerungsgefahr bezwecken.106 Der bürgerlich-rechtliche Begriff der Verwechslungsgefahr wird in die Verwechslungsgefahr im engeren und im weiteren Sinne unterteilt,107 so dass die Unterteilung der des Kennzeichenrechts entspricht.108 Allerdings wird die Verwechslungsgefahr i. e. S. zumindest nach einer zum Teil vertretenen Ansicht bereits bejaht, wenn die Verkehrskreise die Namensverwendung als einen Hinweis auf das Unternehmen begreifen, für das der Name geschützt ist und somit über dessen Identität irren.109 Im Gegensatz zum Kennzeichenrecht müssen die Namensträger mithin nicht in der gleichen oder produktähnlichen Branche tätig sein, da sich der Verkehr über die Identität auch ohne Branchennähe täuschen kann.110 Der bürgerlich-rechtliche Begriff bietet daher im Vergleich zum Kennzeichenrecht einen erweiterten Verwechslungsschutz. Der Schutz vor Beeinträchtigung des guten Rufes entspricht der Schutzrichtung des § 15 Abs. 3 Alt. 2 MarkenG, der das Zeichen vor Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung bewahrt. Dafür muss es sich im Vergleich zu § 15 MarkenG nicht um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung handeln. Darüber hinaus können besonders bekannte Kennzeichen nach § 12 BGB in ihrem Interesse vor Verwässerungsgefahr geschützt sein, um ihre Alleinstellung und Werbekraft zu erhalten.111 Dieser Schutz wird im Kennzeichenrecht ebenso über § 15 Abs. 3 Alt. 1 MarkenG für im Inland bekannte Zeichen gewährt. Sie haben gemeinsam, dass der erweiterte Schutzumfang nur bei Zeichen möglich ist, die bereits einen hohen Wiedererkennungswert aufweisen. Im Gegensatz zum Kennzeichenrecht, das explizit auf eine prozentuale Wiedererkennungs105 BGH NJW 1953, 577ff.; Leyendecker-Langner, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 12 BGB Rn. 36; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 143. 106 Ellenberger, in: Palandt, § 12 BGB Rn. 33ff.; Leyendecker-Langner, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 12 BGB Rn. 37; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 98. 107 Ellenberger, in: Palandt, § 12 BGB Rn. 33; Leyendecker-Langner, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 12 BGB Rn. 37.1; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 98. 108 Vgl. unter S. 40. 109 Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 98; Fezer, § 15 MarkenG Rn. 41ff.; a. A. LeyendeckerLangner, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 12 BGB Rn. 37.1 die auch für die Verwechslungsgefahr i. e. S. auf die Branchenidentität abstellt. 110 Nägele, GRUR 2007, 1007, 1008. 111 BGH NJW 2002, 2031, 2034 – shell.de; OLG München GRUR-RR 2011, 449, 451 – Volkswagen; Ellenberger, in: Palandt, § 12 BGB Rn. 34; Leyendecker-Langner, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 12 BGB Rn. 37.2, 37.3; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 98.

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Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

quote verzichtet, wird im bürgerlichen Recht zum Teil ein Bekanntheitsgrad von 80 % gefordert.112 Um den jedoch erreichen zu können, muss wie im Kennzeichenrecht, gemessen am Marktanteil, der geografischen Ausdehnung, der Intensität und Dauer der Benutzung sowie dem Umfang der Investitionen, eine Bekanntheit im gesamten Inland vorliegen. Mithin stimmen die bürgerlichrechtlichen und kennzeichenrechtlichen Voraussetzungen des Verwässerungsschutzes überein. c. Zwischenergebnis Der Namensschutz nach § 12 BGB ist auf Unternehmensbezeichnungen anzuwenden. Dabei entsprechen die Tatbestandmerkmale der einschlägigen Namensanmaßung nach § 12 S. 1 Alt. 2 BGB in weiten Teilen den Merkmalen der unbefugten kennzeichenmäßigen Verwendung i. S. d. § 15 Abs. 2, 3 MarkenG. Folgt man der zum Teil vertreten Ansicht, dass die Verwechslungsgefahr i. e. S. unabhängig von der Branchenidentität ist, so erweitert dies den Anwendungsbereich des § 12 BGB gegenüber § 15 MarkenG. Aber auch, wenn dieser Meinung nicht gefolgt wird, ist der Anwendungsbereich des § 12 BGB umfassender, da er im Gegensatz zu § 15 MarkenG kein Handeln im geschäftlichen Verkehr fordert, nicht die Bekanntheit im Inland für den Schutz vor einer Rufausbeutung voraussetzt113 und das Wort »Interesse« exzessiver als »Verwechslungs- und Bekanntheitsschutz« zu verstehen ist.

4.

Verhältnis zwischen bürgerlich-rechtlichem und kennzeichenrechtlichem Namensschutz

Die Anwendungsbereiche des bürgerlich-rechtlichen Namensschutzes nach § 12 BGB und des Kennzeichenrechts nach § 15 MarkenG sind nicht identisch. Daher ist zu klären, in welchem Verhältnis die Normen zueinander stehen. a. Vorrang des Markenrechts Zum Teil wird § 15 MarkenG als lex specialis gegenüber § 12 BGB gewertet.114 Sofern der Berechtigte und der Rechtsverletzter, wie von § 15 MarkenG gefordert, im geschäftlichen Verkehr handeln, kann im Sinne der Vorrangthese nicht 112 Ellenberger, in: Palandt, § 12 BGB Rn. 34; Leyendecker-Langner, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 12 BGB Rn. 37.2; Nägele, GRUR 2007, 1007, 1009 zieht hingegen die Rufausbeutung und die Verwässerungsgefahr in einem Punkt zusammen. 113 Vgl. auch BGH GRUR 2005, 430f. – mho.de. 114 So BGH GRUR 1993, 404, 405 – Columbus; Ingerl/Rohnke, nach § 15 MarkenG Rn. 3, § 2 MarkenG Rn. 12; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 195; Hacker, in: Ströbele/Hacker/ Thiering, § 15 MarkenG Rn. 5.

Namen im Geschäftsverkehr und Namensschutz von Unternehmen

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auf einen ergänzenden Schutz aus § 12 BGB zurückgegriffen werden.115 Denn würde § 12 BGB in seinem erweiterten Anwendungsbereich greifen, so würde man die Wertungen des Kennzeichenrechts missachten.116 b. Anspruchskonkurrenz zwischen BGB und MarkenG Nach anderem Ansatz schließt § 2 MarkenG die Anwendung anderer Vorschriften neben dem Markengesetz zum Schutz dieser Kennzeichen gerade nicht aus. § 12 BGB könne daher im Sinne einer Anspruchskonkurrenz neben § 15 MarkenG auch im geschäftlichen Verkehr angewendet werden.117 c. Stellungnahme Der jeweilige Wortlaut des § 12 BGB bzw. des § 15 MarkenG lässt nicht erkennen, in welchem Verhältnis die beiden Normen zueinander stehen. Betrachtet man die Normen allerdings in ihrer systematischen Stellung innerhalb der Gesetze, so bietet § 2 MarkenG einen allgemeinen Ansatz für die Anwendung anderer Vorschriften neben Normen des Markengesetzes. Mithin muss § 2 MarkenG ebenso auf das Verhältnis von § 15 MarkenG und § 12 BGB angewendet werden. Die Norm besagt, dass der Schutz von […] geschäftlichen Bezeichnungen […] nach diesem Gesetz die Anwendung anderer Vorschriften zum Schutz dieser Kennzeichen nicht ausschließt. Der Wortlaut spricht mithin von einer Parallelität der Ansprüche aus den verschiedenen Gesetzen, so dass § 12 BGB kumulativ neben § 15 MarkenG angewendet werden müsste.118 Von diesem Prinzip kann folglich nur abgewichen werden, wenn § 2 MarkenG selbst Ausnahmen von der Anspruchskonkurrenz vorsieht. Diese Einschränkung wird vorgenommen, wenn eine Regelung des Markengesetzes einen Sachverhalt tatbestandsmäßig tatsächlich und abschließend erfassen soll.119 Für diese Beurteilung sind §§ 5, 15 MarkenG in ihrem historischen Kontext zu betrachten: Der geschäftliche Kennzeichenschutz wurde 1994 aus dem Wettbewerbsrecht (§ 16 UWG a. F.) in das Markenrecht in §§ 5, 15 MarkenG übertragen. Die Übertragung bezweckte, alle Kennzeichenrechte in einem Gesetz zusammen zu fassen, um eine systemgemäße Abgrenzung und Einordnung der Rechte zu ermöglichen.120 Es waren hingegen keine materiellen Änderungen des Rechts beabsichtigt, sondern es 115 BGH GRUR 1999, 161, 162 – MAC Dog; BGH GRUR 2002, 622, 623 – shell.de; BGH GRUR 2005, 430, 431 – mho.de; BGH GRUR 2009, 685, 688 Rn. 32 – ahd.de; Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 195; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 15 MarkenG Rn. 6. 116 Ingerl/Rohnke, nach § 15 MarkenG Rn. 3, § 2 MarkenG Rn. 12. 117 BGH GRUR 1954, 195; BGH GRUR 1957, 550, 551 – Tabu II; Fezer, § 15 MarkenG Rn. 15, § 2 MarkenG Rn. 27; Deutsch, WRP 2000, 854, 856. 118 Vgl. Fezer, § 2 MarkenG Rn. 4; Fezer, WRP 2000, 863; Baumbach/Hefermehl, Einl. UWG Rn. 346; Gloy/Loschelder, Hdb. Wettbewerbsrecht, 3. Aufl. (2005), § 4 Rn. 10f. 119 Teplitzky, 4. Kapitel Rn. 10a. 120 BT-Drucks. 12/6581, S. 67.

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Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

sollte an den durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen festgehalten werden.121 Im Geltungsbereich der Vorläuferregelung § 16 UWG a. F. wendeten ein Teil der Rechtsprechung und Lehre § 16 UWG a. F. und § 12 BGB konkurrierend an.122 Insofern dieser Ansicht gefolgt würde,123 dürfte § 5 MarkenG i. V. m. § 15 MarkenG ebenso keine spezialgesetzliche Stellung gegenüber § 12 BGB einnehmen. Überschneiden sich allerdings die Anwendungsbereiche von § 15 MarkenG und § 12 BGB, so muss § 15 MarkenG für den geregelten Sachverhalt als abschließend gewertet werden, da sonst bei der Übertragung und Zusammenführung der Kennzeichenrechte im Markengesetz ein Hinweis auf den Schutz in § 12 BGB ausgereicht hätte, ohne dass § 15 MarkenG hätte eingeführt werden müssen.124 Fraglich ist mithin, ob sich die Anwendungsbereiche überschneiden. Der in § 15 Abs. 2 MarkenG geregelte Verwechslungsschutz und der in § 15 Abs. 3 MarkenG festgesetzte Bekanntheitsschutz werden von dem namensrechtlichen Begriff »Interesse« erfasst. Die Bereiche decken sich mithin und das Kennzeichenrecht ist für den geschäftlichen Bereich abschließend. In diesen Fällen ist ein Rückgriff auf § 12 BGB nicht möglich.125 Agieren die Parteien hingegen nicht im geschäftlichen Verkehr, greift § 15 MarkenG nicht ein und es ist ausschließlich der Anwendungsbereich des § 12 BGB eröffnet.126 d. Zwischenergebnis Um dem erweiterten bürgerlich-rechtlichen »Interessenschutz« gerecht zu werden, muss § 12 BGB im Grundsatz im geschäftlichen Verkehr ebenso Anwendung finden. Der Unternehmenskennzeichenschutz aus §§ 5, 15 MarkenG verdrängt den Namensschutz aus § 12 BGB nur in seinem umfassenden in sich geschlossenen deckungsgleichen Anwendungsbereich. Damit können sich gleichnamige Unternehmen, die in der gleichen oder sehr nahen Branche tätig sind, ausschließlich auf den Verwechslungsschutz nach § 15 Abs. 2 MarkenG berufen. Bei branchenfernen gleichnamigen Unternehmen, die der Gefahr un121 BT-Drucks. 12/6581, S. 67. 122 BGH GRUR 1954, 195, 197; BGH GRUR 1960, 550, 551 – Promota; BGH GRUR 1971, 517, 518 – Swops; Fezer, § 15 MarkenG Rn. 27; Baumbach/Hefermehl, 17. Aufl. 1993, § 16 UWG Rn. 9. 123 Kritisch dazu bereits damals Tilmann, GRUR 1981, 621, 623 ff; Lange, Rn. 3; KrügerNieland, in: FS R. Fischer, S. 339, 342f. 124 Nägele, GRUR 2007, 1007, 1011. 125 I. E. aber pauschaler Bamberger, in: BeckOK BGB, § 12 BGB Rn. 15; Mielke, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 15. 126 BGH GRUR 2014, 506 Rn. 8 – sr.de; Vgl. Mielke, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 15; Bamberger, in: BeckOK BGB, § 12 BGB Rn. 19; Säcker, in: MüKo § 12 BGB Rn. 44; Tilmann, GRUR 1981, 621, 622; Kurbel, S. 77.

Namen im Geschäftsverkehr und Namensschutz von Unternehmen

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terliegen, dass ihre Unterscheidungskraft oder ihr Wert durch den anderen Gleichnamigen ausgenutzt oder beeinträchtigt wird, hängt die Anwendung der Norm davon ab, ob die geschäftliche Bezeichnung im Inland bekannt ist oder nicht. Ist sie bekannt, ist § 15 Abs. 3 BGB einschlägig, der insoweit § 12 BGB verdrängt. Ist die geschäftliche Bezeichnung nicht im Inland bekannt und wurde dennoch ein berechtigtes Interesse des Gleichnamigen verletzt, so kann sich der Gleichnamige zwar nicht auf § 15 Abs. 3 MarkenG, aber möglicherweise auf den bürgerlich-rechtlichen Schutz nach § 12 BGB berufen.127 Allerdings soll das Recht zwischen Gleichnamigen aus verschiedenen Branchen nicht in dieser Arbeit betrachtet werden. Im Folgenden wird mithin ausschließlich auf den Schutz über §§ 5, 15 MarkenG eingegangen.

IV.

Fazit

Ein am Geschäftsverkehr teilnehmendes Unternehmen muss sich bezeichnen, um von anderen Beteiligten unterschieden werden zu können. Abhängig von der Rechtsform des Unternehmens ist dieses verpflichtet, einen Namen zu führen und unter diesem zu firmieren wie z. B. die Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 4 GmbHG oder die Aktiengesellschaft gemäß § 4 AktG. Dem Unternehmen steht es aber frei, unter welchem Wahlnamen es im wirtschaftlichen Verkehr auftreten will. Es unterliegt nur in Ausnahmereglungen dem gesetzlichen Zwang, bestimmte Merkmale im Namen aufzunehmen. Unabhängig davon ist jedermann berechtigt, seinen bürgerlichen Namen in redlicher Weise für die Kennzeichnung des Unternehmens zu verwenden.128 Entscheidend für die Namenswahl ist, dass der Name der Individualisierung und Kennzeichnung des Unternehmens dient.129 Der Name des Unternehmens wird über das Unternehmenskennzeichen geschützt, dessen Schutz sowohl nach §§ 5 Abs. 2 S. 1, 15 MarkenG als auch nach § 12 BGB gewährt wird. Der kennzeichenrechtliche Schutz aus §§ 5, 15 MarkenG verdrängt jedoch den Namensschutz aus § 12 BGB in seinem umfassenden in sich geschlossenen deckungsgleichen Anwendungsbereich. Daher können sich die in dieser Arbeit untersuchten branchengleichen bzw. branchennahen gleichnamigen Unternehmen nur auf den Verwechslungsschutz nach § 15 Abs. 2 MarkenG berufen. 127 BGH GRUR 2005, 430 – mho.de; BGH GRUR 2008, 1099, 1100 Rn. 10 – afilias.de. 128 BGH GRUR 1957, 342 – Underberg; BGH GRUR 1958, 187 – Wyeth; BGH GRUR 1966, 623 – Kupferberg; BGH GRUR 1968, 212, 213 – Hellige; BGH GRUR 1993, 579, 580 – Römer GmbH. 129 BGH GRUR 2008, 1108, 1111f. Rn. 44 – Haus & Grund III; BGH GRUR-RR 2010, 205, 206 Rn. 27 – Haus & Grund IV.

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Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

C.

Zeichenkollision und deren Folgen

I.

Entstehung gleichnamiger Zeichen

Bis zur Handelsrechtsreform 1998 bestand die Pflicht, wenigstens den Familiennamen eines Gesellschafters der Firma beizufügen, § 19 Abs. 1, 2 HGB a. F. bzw. § 4 GmbHG a. F. Firmen, die mithin vor 1998 gegründet wurden, unterlagen dem Zwang, den (einer begrenzten Anzahl unterliegenden) bürgerlichen Namen bei der Unternehmensbildung zu verwenden. Seit der Reform sind die Unternehmen in ihrer Namenswahl zwar frei. Dennoch verwenden viele Unternehmensinhaber ihren bürgerlichen Namen im geschäftlichen Verkehr,130 um z. B. von einem bereits im privaten Bereich geschaffenen guten Ruf auch im geschäftlichen Verkehr profitieren zu können.131 Die früher bestehende Namensführungspflicht der Unternehmen kollidiert folglich mit dem Namensführungsrecht des Einzelnen, seinen Namen im geschäftlichen Verkehr benutzen zu wollen und zu dürfen. Dies führt zur berechtigten Gleichnamigkeit verschiedener Unternehmenskennzeichen im gleichen Schutzbereich. Eine volle Übereinstimmung ist für die Annahme der Gleichnamigkeit dabei nicht erforderlich, da der Verkehr die in Frage stehenden Bezeichnungen regelmäßig nicht zeitgleich wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Ansicht aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt.132 Diese Koexistenz der Zeichen birgt die Gefahr, dass das Zeichen eines Unternehmenskennzeichenträgers durch den anderen Gleichnamigen verletzt wird und die Zeichenträger konkurrieren.

II.

Verwechslungsgefahr

Aber nicht nur die Konkurrenten, sondern auch die Verkehrskreise sind mit den gleichlautenden Zeichen konfrontiert und der möglichen Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG ausgesetzt. Fraglich ist zunächst, wie der Begriff der Verwechslungsgefahr zu verstehen ist und ob für das Verständnis auf den markenrechtlichen Begriff in § 14 Abs. 2 MarkenG zurückgegriffen werden kann. Denn der Wortlaut des § 15 Abs. 2 MarkenG knüpft im Gegensatz zu § 14 Abs. 2 MarkenG nicht an die »Verwechslungsgefahr«, sondern an den Begriff der »Verwechslung« an. Dieser 130 BGH GRUR 1966, 623 @ Kupferberg; BGH GRUR 1985, 398 @ Familienname; Plaß, WRP 2000, 40, 41ff. 131 Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 133. 132 BGH GRUR 1967, 355, 358 – Rabe.

Zeichenkollision und deren Folgen

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Unterschied liegt jedoch in dem lauterkeitsrechtlichen Ursprung der Norm begründet. Denn § 16 UWG a. F., der in §§ 5, 15 MarkenG übertragen wurde, knüpfte an den Begriff der »Verwechslung« an. Bereits 2008 entschied der EuGH jedoch, dass der damalige lauterkeitsrechtliche Begriff der »Verwechslung« aus Art. 3a Abs. 1 lit. d der Richtlinie 85/450/EWG i. d. F. der Richtlinie 97/55/EG »[…] im Licht der Erwägungsgründe 13 bis 15 der Richtlinie 97/55/EG mit der damals in Art. 5 Abs. 1 S. 2 lit. b RL 89/104/EG benutzten kennzeichenrechtlichen »Verwechslungsgefahr« einheitlich auszulegen ist.«133 Im Kennzeichenrecht wird daher, unter Berücksichtigung der einzelnen Besonderheiten der Kennzeichen, von einer einheitlichen Begriffsauslegung der »Verwechslungsgefahr« ausgegangen, so dass der Begriff im Unternehmenskennzeichenrecht dem des Markenrechts nach § 14 Abs. 2 MarkenG gleicht.134 Demnach bedeutet Verwechslungsgefahr die Bedrohung, dass der Verkehr die Unternehmen als solche verwechselt (unmittelbare Verwechslungsgefahr i. e. S.)135 oder die Unterschiede der Zeichen zwar ausreichen, um sie auseinanderzuhalten, aber gemeinsame Merkmale trotzdem die Vorstellung hervorrufen, die Zeichen seien demselben Unternehmen zuzuordnen (mittelbare Verwechslungsgefahr i. e. S.)136 oder stammten zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen (Verwechslungsgefahr i. w. S.).137 Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind die Umstände des Einzelfalls nach

133 EuGH GRUR 2008, 698, 700 Rn. 49 – O2 und O2 (UK)/H3G. 134 Thalmaier, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 32; Ingerl/Rohnke, § 15 MarkenG Rn. 45; Goldmann § 13 Rn. 10ff.; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 15 MarkenG Rn. 38. 135 EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Rn. 17 – Lloyd; EuGH GRUR 2005, 1042, 1043f. Rn. 26 – Thomson Life; EuGH GRUR 2007, 700, 701 Rn. 33 – HABM/Shaker; EuGH GRUR 2008, 698, 700 Rn. 59 – O2 Holdings/Hutchison; BGH GRUR 2002, 542, 544; BGH GRUR 2007, 1066, 1070 Rn. 45 – Kinderzeit; BGH GRUR 2007, 1071, 1074 Rn. 40 – Kinder II; BGH GRUR 2008, 906, 908 Rn. 33 – Pantohexal; Fezer, § 14 MarkenG Rn. 341; Hacker, in: Ströbele/Hacker/ Thiering, § 15 MarkenG Rn. 39. 136 EuGH GRUR Int 2003, 829, 832 Rn. 60 – Tufftride; EuGH GRUR Int 2009, 600, 601 Rn. 23 – Taicro; BGH GRUR 2009, 672, 676 Rn. 39 – OSTSEE-POST; BGH GRUR 2010, 729, 732 Rn. 40 – MIXI; vgl. Ingerl/Rohnke, § 14 MarkenG Rn. 1168; Hacker, in: Ströbele/Hacker/ Thiering, § 15 MarkenG Rn. 39.; Thalmaier, in: BeckOK MarkenR, § 14 MarkenG Rn. 488, § 15 MarkenG Rn. 34ff. 137 Vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Rn. 17 – Lloyd; EuGH GRUR 2005, 1042, 1043f. Rn. 26 – Thomson Life; EuGH GRUR 2007, 700, 701 Rn. 33 – HABM/Shaker ; EuGH GRUR 2008, 698, 700 Rn. 59 – O2 Holdings/Hutchison; BGH GRUR 2002, 898, 900 – defacto; BGH GRUR 2004, 779, 783 – Zwilling; BGH GRUR 2008, 903, 905 Rn. 31 – SIERRA ANTIGUO; BGH GRUR 2009, 484, 489 Rn. 52 – Metrobus; BGH GRUR 2009, 1055, 1057 – a&rdsl; BGH GRUR 2009, 772, 777 Rn. 69 – Augsburger Puppenkiste; Fezer, § 14 MarkenG Rn. 343; Thalmaier, in: BeckOK MarkenR, § 14 MarkenG Rn. 506, § 15 MarkenG Rn. 34 ff; Hacker, in: Ströbele/ Hacker/Thiering, § 15 MarkenG Rn. 40.

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Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise zu beachten.138 Der Verkehr nimmt die in Frage stehenden Bezeichnungen in der Regel nicht vergleichend wahr, sondern gewinnt seine vergleichende Einschätzung aufgrund seines Erinnerungsvermögens.139 In diesem Eindruck treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale stärker hervor als die Unterschiede. Es kommt daher auf die Gemeinsamkeiten der Zeichen statt auf ihre Unterschiede an.140 Entscheidende Faktoren im Unternehmenskennzeichenrecht sind die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen, die Kennzeichnungskraft des älteren Kennzeichens sowie die wirtschaftliche Nähe der Unternehmensbereiche.141 Die Kriterien stehen wie im Markenrecht in einem Wechselwirkungsverhältnis zueinander.142 Daher kann im Grundsatz ein Weniger in einem Bereich durch ein Mehr in einem anderen Bereich ausgeglichen werden.143

1.

Zeichenidentität/Zeichenähnlichkeit

Für die Bewertung der Zeichenidentität sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen.144 Es ist der allgemeine Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr dazu neigt, längere Gesamtbezeichnungen in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen.145 Daher ist für die Bewertung häufig nicht nur auf das Unternehmenskennzeichen in seiner Gesamtheit, sondern auch auf Firmenschlagwörter, mit denen Unternehmen verkürzend benannt werden, abzustellen. Auf die Wahrnehmung des Zeichens kann die Anordnung des Namens entscheidenden Einfluss haben. Wird der Name besonders schlagwortartig hervorgehoben, kann auch ein Zei138 BGH GRUR 2006, 859, 860 Rn. 16 – Malteserkreuz; BGH GRUR 2009, 484, 486 Rn. 23 – Metrobus; BGH GRUR 2010, 729, 731 Rn. 23 – MIXI. 139 BGH GRUR 1967, 355, 357f. – Rabe; BGH GRUR 1994, 844, 845 – Rotes Kreuz. 140 BGH GRUR 1990, 450, 452 – St. Petersquelle; BGH GRUR 1992, 110, 111 – dipa; BGH GRUR 1994, 844, 845 – Rotes Kreuz; OLG Hamm GRUR-Prax 2014, 34 – Die Grünen. 141 BGH GRUR 2005, 61 – CompuNet; BGH GRUR 2007, 888, 889 Rn. 15 – Euro Telekom; BGH GRUR 2008, 803, 804 Rn. 17 – HEITEC; BGH GRUR 2008, 1102, 1103 Rn. 15 – Haus & Grund I; BGH GRUR 2009, 685, 687 Rn. 24 – ahd.de; BGH GRUR 2010, 738, 742 Rn. 22 – Peek & Cloppenburg I; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 15 MarkenG Rn. 37; Thalmaier, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 33. 142 BGH GRUR 1990, 1042, 1044 – Datacolor; Thalmaier, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 33; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 15 MarkenG Rn. 37 143 St. Rspr. Seit BGH GRUR 1956, 172, 176 – Magirus; BGH GRUR 2016, 705, 707 Rn. 23 – Con Text.; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 15 MarkenG Rn. 37. 144 BGH GRUR 2008, 1102, 1104 Rn. 18 – Haus & Grund I; BGH GRUR 2012, 635, 636 Rn. 22 – METRO. 145 BGH GRUR 2002, 898, 899 – defacto; BGH GRUR 2007, 888, 889f. Rn. 27 – Euro Telekom; BGH GRUR 2016, 705, 707 – ConText.

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chen mit minderer Kennzeichnungskraft Verwechslungsgefahr mit einem anderen Namen hervorrufen.146 Beispielsweise prägt bei den rechtlich und wirtschaftlich voneinander unabhängigen Modeunternehmen Peek & Cloppenburg KG Hamburg und Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf der Bestandteil »Peek & Cloppenburg« die Unternehmensbezeichnung. 2.

Kennzeichnungskraft des älteren Kennzeichens

Die Kennzeichnungskraft einer Bezeichnung wird durch den Grad der Eignung des Zeichens bestimmt, sich auf Grund seiner Eigenart und seines durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades dem Verkehr als Name des Unternehmensträgers einzuprägen.147 Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft ist es bei Unternehmenskennzeichen entscheidend, ob der Verkehr das fragliche Kennzeichen nicht nur irgendeinem, sondern gerade dem Unternehmen zuordnet, das für diese Bezeichnung Schutz beansprucht.148 Es ist stets zu prüfen, ob das ältere Zeichen minder, normal oder stark kennzeichnungskräftig ist, um zu überprüfen, in welchem Verhältnis es zu dem jüngeren Zeichen steht.149 Je größer die Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens ist, umso weiter reicht der Schutz vor Verwechslungsgefahr.150 3.

Branchennähe/ Wirtschaftlicher Abstand der Tätigkeitsbereiche

Die Branchennähe setzt keine markenrechtliche Ähnlichkeit der von den Unternehmen vertriebenen Waren und Dienstleistungen voraus.151 Erforderlich ist es jedoch, dass sich die Parteien mit ihren Produkten auf dem Markt auch tatsächlich begegnen. Dafür müssen sich die Adressatenkreise der jeweiligen Leistungen überschneiden.152 Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit

146 BGH GRUR 2007, 888, 889 Rn. 22 – Euro Telecom; BGH GRUR 2008, 1102, 1104 Rn. 18 – Haus & Grund I; BGH GRUR 2008, 1104, 1106 Rn. 27 – Haus & Grund II; BGH GRUR 2012, 635, 636 Rn. 22 – METRO. 147 BGH GRUR 2002, 898, 899 – defacto; BGH GRUR 2012, 635, 636 Rn. 18 – METRO. 148 BGH GRUR 2004, 514, 516 – Telekom; BGH GRUR 2012, 635, 636 Rn. 18 – METRO. 149 Ingerl/Rohnke, § 14 MarkenG Rn. 1263, 1375. 150 Ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BGH GRUR 2005, 513, 514 – Ella May ; BGH GRUR 2006, 859, 860 – Malteserkreuz; BGH GRUR 2006, 60, 61 Rn. 12 – coccodrillo. 151 BGH GRUR 2006, 937, 941 Rn. 38 – Ichthyol II. 152 BGH, GRUR 1990, 1042, 1045 – Datacolor ; BGH GRUR 1997, 468, 470 – NetCom I; BGH, Mitt 2003, 71, 72 – NetCom II; BGH GRUR 2006, 937, 941 Rn. 38 – Ichthyol II.

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Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

der Produkte und Dienstleistungen sein.153 Führen diese Berührungspunkte bei dem Verkehr zu der Annahme wirtschaftlicher oder organisatorischer Zusammenhänge zwischen den Unternehmen, so ist die Branchennähe gegeben.154 Beispielsweise bieten die Unternehmen Peek & Cloppenburg KG Hamburg und Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf Mode verschiedener Unternehmen an, beraten über die Ware und verkaufen sie. Ihr Warenangebot ist daher ähnlich und das Dienstleistungsangebot sogar identisch. Die beteiligten Verkehrskreise gehen mithin davon aus, dass die betroffenen Waren aus demselben oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen und somit warenähnlich sind. Indem sich die Abnehmerkreise der Unternehmen zum Teil überschneiden und der Namensbestandteil beider Namen »Peek & Cloppenburg« in den Vordergrund tritt, können die Unternehmen verwechselt werden.

III.

Zwischenergebnis

Aufgrund der früher bestehenden Namensführungspflicht und dem heutigen Namensführungsrecht, seinen bürgerlichen Namen für den Unternehmensnamen zu nutzen, führen verschiedene Unternehmen im Geschäftsverkehr den gleichen Namen. Dadurch kommt es zu einem Widerspruch zwischen der berechtigten Koexistenz der Zeichen und den Ausschließlichkeitsrechten der Zeicheninhaber. Diese Kollision verdeutlicht sich zum einen in dem Verhältnis der Zeichenträger zueinander, aber auch im Verhältnis zum Konsumenten, der der Verwechslungsgefahr unterliegt.

153 BGH GRUR 2002, 898, 899f. – defacto; BGH GRUR 2009, 484, 490 Rn. 73 – Metrobus; BGH GRUR 2012, 635, 636 Rn. 14 – METRO; BGH GRUR 2011, 831, 834 Rn. 23 – BCC. 154 BGH GRUR 2008, 1102, 1103 Rn. 16 – Haus & Grund I; BGH GRUR 2008, 801, 802 Rn. 21 – Hansen-Bau; BGH GRUR-RR 2010, 205, 207 Rn. 34 – Haus & Grund IV.

Auflösung der Kollision: Das Recht der Gleichnamigen

D.

45

Auflösung der Kollision: Das Recht der Gleichnamigen

Das zwischen den Gleichnamigen und der Allgemeinheit entstandene Interessendreieck ist mithilfe der Grundsätze des Kennzeichenrechts aufzulösen.

I.

Anwendung des Prioritätsgrundsatzes

Für die Lösung des Interessenkonflikts zwischen den Unternehmenskennzeichenträgern ist zunächst gemäß § 6 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 5 Abs. 1, 2, 15 MarkenG an den das Kennzeichenrecht beherrschenden Prioritätsgrundsatz zu denken, mit dessen Hilfe kollidierende Rechte ausgeglichen werden sollen.155 1.

Inhalt

Treffen Kennzeichenrechte verschiedener Träger aufeinander, ist fraglich, ob das Recht eines Kennzeichenträgers gegenüber dem gleichlautenden Zeichenträger Vorrang genießen soll. Wie bereits Eike von Repgow im Sachsenspiegel formulierte: »Wer zuerst zur Mühle kommt, der soll auch zuerst mahlen«156, soll sich nach dem Willen des Gesetzgebers der Vorrang eines Rechtsträgers im Kennzeichenrecht nach dem Zeitrang der Rechte richten.157 Dieser Grundsatz der Priorität ist in § 6 Abs. 1 MarkenG verankert. Demnach ist unter mehreren gleichartigen Vorgängen ausschließlich der zeitlich frühere zu berücksichtigen.158 Treffen verwechslungsfähige Rechte zusammen, so hat folglich der ältere Kennzeichenträger vor dem jüngeren Vorrang. Wer älter ist, hängt gemäß § 6 Abs. 3 MarkenG von dem Zeitpunkt ab, zu dem das Recht erworben wurde. Derjenige, der sein Unternehmenskennzeichen früher erworben hat, kann sich daher gegenüber dem Gleichnamigen durchsetzen, der sein Kennzeichenrecht erst später erwirbt. Der Prioritätsgrundsatz regelt dabei nicht, wann die Rechte zusammentreffen. Dies richtet sich nach der jeweils entscheidenden Kollisionsnorm.159 Bei kollidierenden gleichnamigen Unternehmenskennzeichen ist § 15 Abs. 2 MarkenG maßgeblich.160

155 Ingerl/Rohnke, § 6 MarkenG Rn. 1; Knaak, S. 27; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 6 MarkenG Rn. 8; Ellenberger, in: Palandt, § 12 BGB Rn. 29; Emmerich, § 18 Rn. 47. 156 Eike von Repgow, Sachsenspiegel 1230, II 59, 4. 157 BT-Drucks. 12/6581, S. 68. 158 Ingerl/Rohnke, § 6 MarkenG Rn. 1; Fezer, § 6 MarkenG Rn. 6; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 6 MarkenG Rn. 1, 8. 159 Ingerl/Rohnke, § 6 MarkenG Rn. 2. 160 Mielke, in: BeckOK MarkenR, § 15 MarkenG Rn. 8

46 2.

Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

Kritik am Prioritätsgrundsatz im Recht der Gleichnamigen

Wendet man den Prioritätsgrundsatz strikt an, darf der prioritätsältere Kennzeichenträger dem Prioritätsjüngeren die Verwendung seines (bürgerlichen) Namens für das Unternehmenskennzeichen verbieten, sofern die spätere Ingebrauchnahme der gleichen Firmenbezeichnung die Rechte des Kennzeicheninhabers nach § 15 Abs. 2, 4 MarkenG verletzt. Hingegen kann der prioritätsjüngere Kennzeichenträger einem älteren Namensträger die Zeichenbenutzung des gleichen Namens nicht gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG untersagen, wenn diesem ein vorrangiges Recht zusteht. Dieser Bewertung könnten jedoch die früher bestehende Namensführungspflicht und das heutige Namensführungsrecht entgegenstehen. a. Namensführungspflicht nach §§ 18, 19 HGB a. F. Für einen Kaufmann bestand gemäß § 18 Abs. 1 HGB a. F. bis zur Handelsrechtsreform 1998 die Pflicht, seinen Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen als Firma zu führen.161 Ebenso wurden die offene Handelsgesellschaft sowie die Kommanditgesellschaft nach § 19 Abs. 1, 2 HGB a. F. verpflichtet, den Namen wenigstens eines der Gesellschafter in der Firma aufzunehmen.162 Die ausnahmslose Anwendung des Prioritätsprinzips hätte den jüngeren Namensträger mithin gezwungen, zu entscheiden, ob er wirtschaftlich agieren wolle, sich aber dafür den Ansprüchen des Prioritätsälteren aussetzt.163 Das Reichsgericht erkannte daher seit der Entscheidung Malzmann die Verwendung des bürgerlichen Namens trotz Verwechslungsgefahr mit einem anderen Namen an, wenn der bürgerliche Name nach förmlichem Firmenrecht bei der Bildung des Firmennamens verwendet werden musste.164 Bestand hingegen kein gesetzlicher Zwang, den Namen aufzunehmen, sondern wurde der bürgerliche Name freiwillig in die Firma integriert, so war die Namensbenutzung des prioritätsjüngeren Unternehmens als unbefugt anzusehen.165 Für das Reichsgericht war mithin entscheidend, ob die Aufnahme des bürgerlichen Namens in die Firma notwendig166 oder freiwillig war.167 Dabei war es dem Namensträger nicht zuzumuten, eine OHG oder GmbH zu gründen, nur um dem 161 162 163 164 165 166

Vgl. unter juris, Gesetze/Verordnungen, § 18 HGB in der Fassung bis zum 30. 6. 1998. Vgl. unter juris, Gesetze/Verordnungen, § 19 HGB in der Fassung bis zum 30. 6. 1998. Vgl. Schmitt-Gaedke/Arz, GRUR 2012, 565, 566. RGZ 110, 234, 236f.; RGZ 116, 209, 210. RGZ 110, 234, 237 am Beispiel von § 4 GmbHG. Firma des Einzelkaufmanns gemäß § 18 HGB; Firma der KG bei nur einem persönlich haftenden Gesellschafter, wenn dieser eine natürliche Person ist, § 19 Abs. 2 HGB a. F.; Firma der OHG bei gleichnamigen Gesellschaftern, § 19 Abs. 1 HGB a. F. 167 So früher bei GmbH gemäß § 4 GmbHG und bei OHG und KG, wenn mehrere persönlich haftende Gesellschafter mit verschiedenen Familiennamen beteiligt waren.

Auflösung der Kollision: Das Recht der Gleichnamigen

47

Zwang des § 18 HGB a. F. zu umgehen.168 Um die Verpflichtung nach § 18 HGB a. F. nicht auszuhöhlen, entschied das Reichsgericht, dass sogar ein Rest an Verwechslungsgefahr hingenommen werden muss.169 b. Namensführungsrecht Der BGH setzte den Ansatz der Rechtsprechung des Reichsgerichts zunächst fort und beurteilte die Zulässigkeit von Gleichnamigkeitsfällen mithilfe des Handelsund Gesellschaftsrechts.170 In der Entscheidung Kupferberg nahm er erstmals von diesem Ansatz Abstand und gab die Beschränkung auf die Fälle mit einer Namensführungspflicht auf.171 Es sei vielmehr entscheidend, dass jedermann die Möglichkeit erhalte, unter seinem bürgerlichen Namen im Geschäftsverkehr aufzutreten.172 Denn problematisch sei vor allem, dass es für die Zulässigkeit des Namensgebrauchs anderenfalls auf die Rechtsform des Unternehmens ankäme.173 Allerdings ist es Ausdruck der allgemeinen Freiheit zur gewerblichen Betätigung174 und dem natürlichen Recht jedes Menschen, sich seines natürlichen Namens zu bedienen. Die Personifizierung des Unternehmens ermöglicht es, den im privaten Bereich geschaffenen guten Ruf in das Geschäftsleben zu übertragen und so mögliche Kunden von der Qualität seiner Leistung leichter zu überzeugen.175 Ist der Namensgeber privat vertrauenswürdig und solvent, vermutet der Verkehr eine verantwortungsbewusste geradlinige Unternehmensführung.176 Das Namensführungsrecht muss daher unabhängig von der Gesellschaftsform ausgeübt werden können,177 so dass es für die Bewertung von Gleichnamigkeitsfällen nicht auf die Unterscheidung zwischen gezwungener und gewillkürter Namensverwendung ankommen darf. Es sollte stattdessen die Persönlichkeit, die das Unternehmen trägt und die ihm seinen »Stempel aufdrückt«, die Möglichkeit haben, ihren Namen in der Firma zu verwenden.178 Spätestens seit der vollständigen Aufhebung des handelsrechtlichen Zwangs durch das Handelsrechtsreformgesetz 1998 fehlt ein rechtlicher Anknüpfungspunkt für die registerrechtliche Begründung. 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178

RGZ 116, 209, 210. RGZ 111, 66, 71; RGZ 116, 209, 210. BGH GRUR 1951, 410, 412 – Luppy ; BGH GRUR 1952, 511, 512 – Farina Urkölsch. BGH GRUR 1966, 623, 625 – Kupferberg; fortsetzend BGH GRUR 1993, 579, 580 – Römer GmbH; BGH GRUR 2008, 801, 802 Rn. 25 – Hansen Bau. St. Rspr. vgl. BGH GRUR 1957, 342 – Underberg; BGH GRUR 1966, 623, 625 – Kupferberg; BGH GRUR 1990, 364, 366 – Baelz; BGH GRUR 2008, 801, 802 – Hansen-Bau. Beier, GRUR 1966, 623, 628. Ulmer, JW 1930, 1663f. Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 133; Plaß, WRP 2000, 40. 44. Plaß, WRP 2000, 40, 44. Beier, GRUR 1966, 623, 628. Ulmer, JW 1930, 1663f.

48 3.

Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

Zwischenergebnis

Die Anwendung des Prioritätsgrundsatzes löst die Konkurrenz zwischen den gleichnamigen Unternehmen. Die Auflösung erfolgt jedoch ausschließlich zulasten des Prioritätsjüngeren, der sich trotz seines Namensführungsrechtes den Vorwurf als Namensverletzender gefallen lassen muss. Die einseitige Belastung des jüngeren Namensträgers ist vor dem Hintergrund des Namensführungsrechtes nicht billig. Der Grundsatz der Priorität löst die kollidierenden Interessen im Recht der Gleichnamigen daher nicht zufriedenstellend auf. Die Interessen zwischen den Kennzeichenträgern und den Konsumenten sollten stattdessen derart ausgeglichen werden, dass eine Koexistenz zwischen den Kennzeichenträgern ermöglicht wird und die Interessen der Konsumenten vor Verwechslungsschutz gewahrt bleiben. Der Prioritätsgrundsatz sollte daher durchbrochen werden.

II.

Durchbrechung des Prioritätsgrundsatzes

Eine Durchbrechung des Prioritätsgrundsatzes beeinflusst jedoch nicht nur den Prioritätsälteren, der eine Beschränkung seines Kennzeichenrechts hinzunehmen hat, sondern auch den Rechtsverkehr allgemein, der sich nicht mehr auf die Klarheit der Priorität verlassen kann.179 Jegliche Abweichungen von dem in § 6 Abs. 1 MarkenG festgelegten Grundsatz gefährden damit die Rechtssicherheit und bedürfen folglich einer besonderen Begründung.180 1.

Kodifizierte Durchbrechungen

Allerdings wird das Prioritätsprinzip von der Verfassung nicht zwingend vorausgesetzt.181 Durchbrechungen des Grundsatzes sind mithin möglich. Der Gesetzgeber kodifizierte eigenhändig Ausnahmekonstellationen, die eine strenge Anwendung des Prioritätsprinzips lockern. Möglicherweise können diese Regelungen herangezogen werden, um das Interessendreieck der Gleichnamigenkonstellation aufzulösen. a. Gleichrangigkeit nach § 6 Abs. 4 MarkenG Der Gesetzgeber erkennt gemäß § 6 Abs. 4 MarkenG an, dass Zeichen des gleichen Zeitranges gegeneinander keine Ansprüche begründen können, sondern sich gleichrangig in einer Koexistenzlage befinden. Gleicher Zeitrang bedeutet 179 Schmitt-Gaedke/Arz, GRUR 2012, 565, 566. 180 Ingerl/Rohnke, § 6 MarkenG Rn. 3. 181 BVerfG GRUR 2007, 79 – maxem.de.

Auflösung der Kollision: Das Recht der Gleichnamigen

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bei Unternehmenskennzeichen, dass für beide Rechte gemäß § 6 Abs. 3 MarkenG der gleiche Tag für den Rechtserwerb maßgebend ist. Für Unternehmenskennzeichen, die vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes bereits benutzt wurden, aber unter § 16 UWG a. F. nicht schutzfähig waren, wird der 1. 1. 1995 als maßgeblicher Tag des Rechtserwerbs festgesetzt.182 Diese (auch) gleichnamigen Kennzeichenträger haben daher am gleichen Tag ihr Recht erworben. Eine Kollision zwischen ihnen kann mithin über die uneingeschränkte Koexistenz nach § 6 Abs. 4 MarkenG aufgelöst werden. Die Rechte gleicher Priorität begründen gegen den Inhaber des jeweils anderen Rechtes jedoch keine Ansprüche, so dass die Norm ausschließlich das Nebeneinander der Kennzeichen ermöglicht. Die Norm bietet aber keine Möglichkeit, die Benutzung des Zeichens in einer bestimmten verwechslungsfähigen Form zu verbieten.183 Vielmehr gilt, dass die Rechte des einen Zeicheninhabers durch die des anderen in keiner Weise eingeschränkt werden dürfen. Da jedoch der Verkehr aufgrund der Gleichnamigkeit der Verwechslungsgefahr unterliegt, sollte eine Ausgleichsnorm zwischen Gleichnamigen das Recht beinhalten, das Hinzufügen unterscheidender Zusätze zu fordern, um die Verwechslungsgefahr des Konsumenten zu unterbinden oder zumindest zu reduzieren.184 Damit führt die Norm für ihre Anwendungsfälle des § 6 Abs. 4 MarkenG nicht zu einem Ergebnis, das die Gleichnamigenproblematik umfassend löst. b. Verwirkung nach § 21 Abs. 2 MarkenG Eine weitere Ausnahme vom Prioritätsgrundsatz ist die Verwirkung gemäß § 21 Abs. 2 MarkenG. Demnach hat der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, die Benutzung einer geschäftlichen Bezeichnung mit jüngerem Zeitrang zu untersagen, soweit er die Benutzung dieses Rechts während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat, es sei denn, dass der Inhaber dieses Rechts im Zeitpunkt des Rechtserwerbs bösgläubig war. Der Verwirkungseinwand könnte im Gleichnamigenrecht dem Inhaber des prioritätsjüngeren Rechts als Anspruchsabwehr dienen, wenn der prioritätsältere Zeichenträger eine rechtsverletzende Benutzung gegen ihn geltend macht, sofern der Ältere für einen längeren Zeitraum die Benutzung nicht gerügt hat. Denn aufgrund dieser Zeitspanne darf der jüngere Gleichnamige darauf vertrauen, dass das ältere Recht nicht mehr erhoben wird. Es verstieße gegen Treu und Glauben, wenn der Prioritätsältere dennoch Ansprüche erhebt.185 Die Verwirkung bezieht sich jedoch auf eine konkrete Ver182 183 184 185

Vgl. Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 6 MarkenG Rn. 29. Ingerl/Rohnke, § 6 MarkenG Rn. 30. Vgl. dazu unter S. 66ff. BGH GRUR 2012, 928, 930 Rn. 22 – Honda-Grauimport.; BGH GRUR 2014, 363, 366 Rn. 38 – Peter Fechter.

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Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

letzungshandlung, von der nur geringfügig abgewichen werden darf, um noch von dem Einwand erfasst zu sein.186 Der Einwand ermöglicht mithin nur eine Koexistenz zwischen gleichnamigen Zeichen, die sich nicht fortentwickeln. Entscheidend ist aber vor allem, dass der Verwirkungseinwand kein subjektives Recht des Anspruchsgegners auf ein bestimmtes Verhalten der anderen Partei begründet,187 so dass wie bei § 6 Abs. 4 MarkenG die Unternehmen zwar nebeneinander existieren, sich aber nicht voneinander abgrenzen können. Die Abgrenzung ist jedoch gerade im Interesse des Rechtsverkehrs, die Verwechslungsgefahr zu minimieren, notwendig. Daher bietet auch die Verwirkung keinen umfassenden Lösungsansatz für das Gleichnamigenrecht. c. Zwischenergebnis § 6 Abs. 4 MarkenG und § 21 Abs. 2 MarkenG ermöglichen die Koexistenz der gleichnamigen Kennzeichen. Die Normen gewähren jedoch keinen subjektiven Anspruch, ein bestimmtes Verhalten von dem anderen Gleichnamigen zu fordern. Keine Partei kann folglich verpflichtet werden, einen von dem anderen Gleichnamigen unterscheidenden Zusatz aufzunehmen. Dies ist jedoch notwendig, um die Interessen der Konsumenten vor einer Verwechslungsgefahr zu schützen. 2.

Interessenabwägung im Gleichnamigenrecht

Die kollidierenden Interessen der gleichnamigen Unternehmen müssen stattdessen unter Beachtung der Konsumentenbelange in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Dabei muss eine starre Lösung wie nach § 6 Abs. 4 MarkenG oder § 21 Abs. 2 MarkenG bzw. allgemein der Ansatz zugunsten einer Partei vermieden und zugleich das Namensführungsrechts beider Parteien beachtet werden. Es bedarf daher einer Norm, die eine flexible Abwägung der Interessen ermöglicht und dennoch die Rechtssicherheit wahrt. Fraglich ist, ob dafür an eine bereits bestehende gesetzliche Norm angeknüpft werden kann oder ob eine Norm erlassen werden muss, um die Interessen auszugleichen. a. Anknüpfungsnorm § 30 Abs. 2 HGB § 30 Abs. 2 HGB bietet einen Anknüpfungspunkt, um das Nebeneinander von verwechslungsfähigen Firmen zu ermöglichen. Demnach wird in den Fällen der Gleichnamigkeit der Prioritätsjüngere verpflichtet, bei der Firmenbildung seinem Namen einen unterscheidungskräftigen Zusatz hinzuzufügen, durch den er sich von der bereits eingetragenen Firma deutlich unterscheidet. Als Unter186 BGH GRUR 2008, 803, 805 Rn. 29 – HEITEC. 187 Fezer, § 21 MarkenG Rn. 19.

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nehmenskennzeichen sind jedoch neben der Firma ebenso der Name oder die besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens geschützt. § 30 Abs. 2 HGB erfasst daher nur einen Ausschnitt der Gleichnamigenproblematik, die zwischen Unternehmen bestehen kann. Allerdings könnte der Rechtsgedanke der Norm im Wege der Analogie für die anderen Kollisionen übernommen werden,188 wenn die Anwendung der Norm rechtspolitisch interessengerecht ist und die Voraussetzungen einer Analogie erfüllt sind. § 30 Abs. 2 HGB ermöglicht es, dass gleichnamige Firmen nebeneinander existieren können und die Verwechslungsgefahr des Konsumenten durch die Aufnahme eines Zusatzes unterbunden bzw. zumindest reduziert wird. Dies schafft Rechtssicherheit. Allerdings wird die Pflicht, die Verwechslungsgefahr zu vermeiden, einseitig und pauschal dem Prioritätsjüngeren auferlegt. Dies beschränkt ihn in seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit und räumt dem Prioritätsälteren allgemeingültig den Vorrang ein. Eine flexible Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen wird dadurch verhindert, so dass § 30 Abs. 2 HGB dem Namensführungsrecht beider Parteien nicht gerecht wird. Rechtspolitisch ist die Anwendung der Norm für die Gleichnamigkeitsfälle daher nicht interessengerecht. Eine analoge Anwendung des § 30 Abs. 2 HGB für die nicht geregelten Kollisionsmöglichkeiten zwischen gleichnamigen Unternehmen ist daher nicht erstrebsam. b. Anknüpfungsnorm § 12 BGB § 12 BGB ist für die untersuchten Fallkonstellationen nicht der gesetzliche Anknüpfungspunkt.189 Dennoch gibt es Stimmen, die den Ausgleich der Gleichnamigenfälle allgemein über die Grundnorm des Namensrechts nach § 12 BGB fordern.190 An den Wortlaut der Norm anknüpfend könnte über »das Interesse des Berechtigten« eine Interessenabwägung stattfinden. Es würde jedoch bedeuten, dass man Schutzschranken aus dem außerkennzeichenrechtlichen Bereich auf das Kennzeichenrecht überträgt, obwohl für die untersuchten Fallgestaltungen explizit eine Anwendung des allgemeinen Namensrechts ausgeschlossen wurde. Daher ist § 12 BGB als Grundlage abzulehnen. c. Anknüpfungsnorm § 15 Abs. 2 MarkenG Um der Vermischung zwischen kennzeichenrechtlichen und außerkennzeichenrechtlichen Schranken entgegen zu wirken, sollte der Konflikt daher mithilfe des Kennzeichenrechts selbst gelöst werden. Zum Teil wird dafür an den im Unternehmenskennzeichenrecht einschlägi188 Vgl. allgemein zur Analogie Bitter/Rauhut, JuS 2009, 289, 297; Zippelius, § 11 II a. 189 Vgl. unter S. 36ff. 190 Emmerich, § 18 Rn. 74; Heyers, S. 232.

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gen Verletzungstatbestand des § 15 Abs. 2 MarkenG angeknüpft.191 Ausgehend von dem Wortlaut der Norm »das Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt […] zu benutzen« könne man bereits im Tatbestand ein rechtmäßiges Verhalten eines Gleichnamigen aufgrund seines Namensführungsrechtes ausschließen192 und eine flexible Abwägung der Namensrechte gewährleisten. Verneint man bei Gleichnamigkeitskollisionen jedoch bereits die Verletzung des Tatbestandes, können die Gleichnamigen nebeneinander existieren, ohne in ihrem Verhalten eingeschränkt werden zu können. Eine Einschränkung ist jedoch notwendig, um eine konkrete Zuordnung der Unternehmen zu ermöglichen und dadurch die Interessen der Konsumenten vor einer Verwechslungsgefahr zu wahren und Rechtssicherheit zu gewähren. Daher sollte die Problematik von der Tatbestands- auf die Schrankenebene verlagert werden.193 Dem (prioritätsälteren) Namensträger würde so zum einen ein intensiverer Schutz gewährt werden, wenn der Verletzungstatbestand zunächst bejaht wird. Denn seine Kennzeichenrechtsverletzung wird anerkannt, dessen Schutzumfang aber aufgrund wettbewerbspolitischer Erwägungen beschränkt.194 Zum anderen kann mithilfe einer offen formulierten Schranke eine differenzierte Lösung gefunden werden, wie die Gleichnamigen koexistieren können. Eine flexible Lösung wird dem Problem der Zuordnungsverwirrung gerecht und schafft folglich Rechtssicherheit. Die Verlagerung schützt daher sowohl die Interessen der Kennzeichenträger als auch die der Allgemeinheit. d. Anknüpfungsnorm § 23 Nr. 1 MarkenG Der Großteil der Literatur und Rechtsprechung lösen die Kollision der Gleichnamigen daher über die für Marken und Unternehmenskennzeichen geltende Schranke nach § 23 Nr. 1 MarkenG auf.195 Die Norm verbietet dem Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung, einem (gleichnamigen) Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr dessen Namen oder Anschrift zu benutzen, wenn die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. 191 BGH GRUR 2002, 622, 625 – shell.de; Scholz, GRUR 1996, 679, 680. 192 BGH WRP 1997, 751, 755 – B. Z./Berliner Zeitung; Scholz, GRUR 1996, 679, 682. 193 Wird § 23 Nr. 1 MarkenG doch dem Vorschlag des BMJV gemäß umgesetzt (zur Kritik vgl. S. 53ff.), könnte zukünftig § 15 Abs. 2 MarkenG oder die analoge Anwendung des § 23 Nr. 1 MarkenG die Kollision zwischen gleichnamigen Unternehmen auflösen. 194 Vgl. zu den Gründen der Schranke Kretschmar, in: BeckOK MarkenR, § 23 MarkenG Vorb., § 23 MarkenG Rn. 1. 195 BT-Drucks. 12/6581, S. 80; BGH GRUR 2002, 622, 625 – shell.de; BGH GRUR 2008, 801, 802 – Hansen-Bau; BGH GRUR 2010, 738, 741 – Peek & Cloppenburg I; BGH GRUR 2011, 623, 626 – Peek & Cloppenburg II; Goldmann, § 17 Rn. 11; Ingerl/Rohnke, § 23 MarkenG Rn. 29–33; Thiering, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 23 MarkenG Rn. 22ff.; Plaß, WRP 2000, 40, 41; Büscher, MarkenR 2007, 453, 457; Schmitt-Gaedke/Arz, GRUR 2012, 565; Schmitt-Gaedke/Arz, WRP 2013, 751; kritisch Kurbel, S. 45ff., 57, der eine eindeutige gesetzliche Zuordnung ablehnt, sich aber letztlich § 23 Nr. 1 MarkenG anschließt, vgl. S. 86f.

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(1) Namensbegriff Fraglich ist zunächst, ob sich ein gleichnamiger Unternehmenskennzeichenträger gegenüber dem anderen Unternehmenskennzeichenträger auf die Schranke berufen kann. Dafür muss der Namensbegriff i. S. d § 23 Nr. 1 Alt. 1 MarkenG das Unternehmenskennzeichenrecht umfassen. Der Namensbegriff des § 23 Nr. 1 Alt. 1 MarkenG schließt aktuell jeden im geschäftlichen Verkehr verwendeten bürgerlichen Namen ein, aber auch Handelsnamen, also Unternehmenskennzeichen i. S. v. § 5 Abs. 1, 2 MarkenG.196 Gleichnamige Unternehmenskennzeichenträger können sich nach noch geltender Rechtslage mithin als Dritter auf die Privilegierung des § 23 Nr. 1 Alt. 1 MarkenG berufen. Die Neufassung des Art. 14 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 RL 2015/2436/EU vom Dezember 2015, der in § 23 Nr. 1 MarkenG umgesetzt wird, sieht jedoch im Gegensatz zum vorherigen Art. 6 Abs. 1 lit. a RL 2008/98/EG vor, die Schranke künftig nur für die Benutzung des Namens natürlicher Personen gelten zu lassen. Die Neuregelung der Norm muss gemäß Art. 54 Abs. 1 RL 2015/2436/EU bis zum 14. 1. 2019 umgesetzt werden. Die Umsetzung der Richtlinie ist zwar nur für das harmonisierte Markenrecht zwingend. Die Anwendung der Schrankenregelung auf geschäftliche Bezeichnungen beruht hingegen auf dem autonomen Willen des deutschen Gesetzgebers,197 so dass die Beschränkung auf natürliche Personen im Recht der geschäftlichen Bezeichnungen nicht unabdingbar ist und eine abweichende Regelung für deren Namensbegriff getroffen werden könnte.198 Da die für das Markenrecht geltenden harmonisierten Regelungen vom nationalen Gesetzgeber jedoch bisher uneingeschränkt auf das Recht der geschäftlichen Bezeichnungen übertragen wurden, droht die Gefahr, dass sich Unternehmenskennzeichenträger bei Verletzung eines gleichnamigen Unternehmenskennzeichens künftig nicht mehr auf die Schrankenregelung des § 23 Nr. 1 MarkenG berufen können und dem Recht der Gleichnamigen in seiner bisherigen Form die Rechtsgrundlage entzogen würde. So zeichnet es sich bereits in dem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom Januar 2017199 ab, dass die Beschränkung auf die Benutzung der Namen natürlicher Personen nicht nur für den Fall der Markenverletzung festgeschrieben wird, sondern ebenso für die Verletzung von geschäftlichen Bezeichnungen: Nach dem Entwurf hat der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im 196 EuGH GRUR 2005, 153, 156 Rn. 81 – Anheuser-Busch/Budvar ; EuGH GRUR 2007, 971, 973 Rn. 31 – C8line. 197 BT-Drucks. 12/6581, S. 80. 198 Vgl. Kretschmar, in: BeckOK MarkenR, § 23 MarkenG Rn. 13. 199 RefE MaMoG, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/ RefE_MaMoG.pdf ?__blob=publicationFile& v=3, S. 10f., 71, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018.

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geschäftlichen Verkehr, dessen Namen oder Anschrift zu benutzen, wenn es sich bei diesem Dritten um eine natürliche Person handelt. Damit findet zwar auch im Markenrecht eine Abweichung von der bisherigen EuGH-Rechtsprechung statt, die geurteilt hatte, dass die Schutzschranke ebenso für die Benutzung von Handelsnamen geltend solle.200 Der EuGH berief sich in seiner Begründung jedoch vor allem auf den Wortlaut der Norm und hielt fest, dass die erhebliche Einschränkung des Begriffs »Name« auf natürliche Personen im Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 lit. a RL 2008/98/EG nicht zum Ausdruck kommt.201 Allerdings sah der Wortlaut der Richtlinie im Vergleich zur nun neu erlassenen Richtlinie RL 2015/2436/EU keine Einschränkung auf natürliche Personen vor. Es ist daher vorstellbar, dass auch der EuGH bei einer Entscheidung zur neu erlassenen Richtlinie eine Neubewertung vornehmen und nicht an seinem Namensverständnis im Markenrecht festhalten würde. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 27 RL 2015/2436/EU entnehmen lässt, beschränkte der europäische Gesetzgeber die Benutzung auf Personennamen, um für Handelsnamen und Marken gleiche Bedingungen zu schaffen. Jedoch entstanden gerade die klassischen Fälle der Gleichnamigen ursprünglich aus der Kollision eines aus einem bürgerlichen Namen gebildeten Kennzeichens mit einem älteren Kennzeichen. Bei einer Neufassung des § 23 Nr. 1 MarkenG wäre dann nur schwer zu beantworten, was für die Fälle gilt, in denen der Personenname für eine geschäftliche Bezeichnung verwendet wird und ob diese ebenfalls dem Privileg der Schranke unterfallen.202 Im Sinne der Rechtsklarheit und mangels eines Umsetzungszwangs für geschäftliche Bezeichnungen sollte das Namensprivileg im Recht der geschäftlichen Bezeichnungen nicht auf natürliche Personen beschränkt werden, so dass auch Unternehmenskennzeichen als Dritte weiterhin erfasst bleiben. Um die zwingende Harmonisierung für das Markenrecht dennoch umzusetzen, muss der Wortlaut des § 23 Nr. 1 MarkenG angepasst und der Unterschied zwischen der Verletzung einer geschäftlichen Bezeichnung und einer Marke deutlich heraus gestellt werden. Die Norm könnte wie folgt formuliert werden: § 23 MarkenG-E Benutzung von Namen und beschreibenden Angaben, Ersatzteilgeschäft (1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung darf einem Dritten nicht untersagen, im geschäftlichen Verkehr dessen Namen oder Anschrift zu benutzen. Für die Markenverletzung gilt dies nur, wenn der Dritte eine natürliche Person ist.

200 EuGH GRUR 2005, 153, 156 Rn. 81 – Anheuser-Busch/Budvar ; EuGH GRUR 2007, 971, 973 Rn. 31 – C8line. 201 EuGH GRUR 2005, 153, 156 Rn. 78, 80 – Anheuser-Busch/Budvar ; EuGH GRUR 2007, 971, 973 Rn. 31 – C8line. 202 Vgl. DIHK-Stellungnahme zum MaMoG, abrufbar über https://www.bmjv.de/SharedDocs/ Gesetzgebungsverfahren/DE/MaMoG.html, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018.

Auflösung der Kollision: Das Recht der Gleichnamigen

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(2) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung darf einem Dritten nicht untersagen, im geschäftlichen Verkehr Folgendes zu benutzen: 1. ein mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen, ein Zeichen ohne Unterscheidungskraft oder ein ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere deren Art, Beschaffenheit, Bestimmung, Wert, geografische Herkunft oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung, oder 2. die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung, soweit diese erforderlich ist zur Identifizierung oder als Hinweis auf die Bestimmung von Waren oder Dienstleistungen, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil. (3) Die Absätze 1 und 2 finden nur Anwendung, wenn die Benutzung durch den Dritten nicht gegen die guten Sitten203 verstößt.

(2) Sittengemäße Benutzung Der Vorbehalt der »sittengemäßen Benutzung« des Namens in § 23 Nr. 1 MarkenG ist als unbestimmter Rechtsbegriff der Auslegung zugänglich.204 Dabei können zum einen die Interessen der Beteiligten berücksichtigt und abgewogen werden. Zum anderen ermöglicht die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffes, einen dezidierten, aber flexiblen Verhaltenskodex zu bestimmen, der festlegt, welches Verhalten möglich ist und wie Rücksickt genommen werden muss.205 Dadurch können den Parteien Verhaltensvorschriften wie die Aufnahme eines unterscheidenden Zusatzes auferlegt werden, die für den Konsumenten Rechtssicherheit schaffen. e. Zwischenergebnis Das Namensführungsrecht des Prioritätsjüngeren zwingt den Prioritätsälteren, die Gefahr der Verwechslung hinzunehmen, und fungiert daher als Schranke des kennzeichenrechtlichen Verwechslungstatbestands.206Anders als bei Geltung des Prioritätsgrundsatzes besteht kein grundsätzlicher Anspruch des prioritätsälteren Namensberechtigten auf Unterlassung der Namensnutzung gegenüber dem jüngeren Kennzeicheninhaber. Um den Interessenkonflikt nicht einseitig und unter der Beachtung der Konsumentenbelange aufzulösen, muss eine dem Einzelfall angemessene Abwägung durchgeführt werden, die § 23 Nr. 1 MarkenG in seiner bestehenden Fassung ermöglicht. § 23 Nr. 1 MarkenG ist 203 Im Sinne einer wortlautgetreuen Anpassung an die Richtlinie 2015/2436/EU fordert die GRUR den Wortlaut »gegen die guten Sitten« in »anständige Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel« zu ändern. Siehe GRUR-Stellungnahme, abrufbar über https://www.bmjv.de/ SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/MaMoG.html, S. 7f., zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018. 204 Nastelski, GRUR 1968, 545; vgl. unter S. 63f. 205 Vgl. zur konkreten Abwägung unter S. 66ff. 206 Ingerl/Rohnke, § 6 MarkenG, Rn. 3; Fezer, § 6 MarkenG Rn. 24; Scholz, GRUR 1996, 679; a. A. Schmitt-Gaedke/Arz, GRUR 2012, 565, 568f.

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Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

insofern Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass niemand an der lauteren Führung seines Namens im geschäftlichen Verkehr gehindert werden soll.207 Die Norm löst damit die Kritik auf, die gegen die Anwendung des Prioritätsprinzips im Gleichnamigenrecht sprach und ordnet das Namensführungsrecht in das wettbewerbsrechtlich geprägte Kennzeichenrecht ein.208 Die Neuregelung des Art. 14 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 RL 2015/2436/EU, die über § 23 MarkenG bis Januar 2019 in nationales Recht umgesetzt werden muss, sieht jedoch bei Markenverletzungen eine Beschränkung der Schranke des Namensprivilegs auf den Namen natürlicher Personen vor. Dies könnte dazu führen, dass die Einschränkung ebenso auf geschäftliche Bezeichnungen übertragen wird, so dass sich gleichnamige Unternehmenskennzeichenträger nicht mehr auf die Schranke berufen könnten. Mangels eines Umsetzungszwangs für geschäftliche Bezeichnungen und im Sinne der Rechtsklarheit sollte das Namensprivileg im Recht der geschäftlichen Bezeichnungen jedoch nicht auf natürliche Personen beschränkt werden. § 23 MarkenG sollte stattdessen neugefasst werden und für die Schranke des Namensprivilegs zwischen der Verletzung einer Marke und einer geschäftlichen Bezeichnung unterscheiden.209 Andernfalls besteht nur die Möglichkeit die bisherige Rechtsprechung zum Gleichnamigenrecht über § 15 Abs. 2 MarkenG oder eine analoge Anwendung des § 23 Nr. 1 MarkenG weiterzuführen.

III.

Fallgestaltungen des Gleichnamigenrechts

Über § 23 Nr. 1 MarkenG werden verschiedene Fallgestaltungen der Gleichnamigen erfasst, dessen Interessen miteinander in Einklang gebracht werden müssen. 1.

Echte Gleichnamigenfälle

Das System des Gleichnamigenrechts wurde ursprünglich für die »echten« Gleichnamigenfälle210 entwickelt, in denen ein aus einem bürgerlichen Namen

207 Vgl. BT-Drucks. 12/6581, S. 80. 208 Scholz, GRUR 1996, 679, 681; kritisch zur Berücksichtigung des Namensführungsrechts Kurbel, S. 46f. 209 Anders siehe dazu RefE MaMoG, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfah ren/Dokumente/RefE_MaMoG.pdf ?__blob=publicationFile& v=3, S. 10f., 71, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018. 210 So bezeichnet von Ingerl/Rohnke, § 23 MarkenG Rn. 46.

Auflösung der Kollision: Das Recht der Gleichnamigen

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gebildetes Kennzeichen – Firma, sonstiges Unternehmenskennzeichen oder Marke – mit einem älteren Kennzeichen kollidierte.211 2.

Unechte Gleichnamigenfälle

Heutzutage wird das Gleichnamigenrecht aber nicht nur in den Fällen angewendet, in denen eine Partei gegen eine andere Partei vorgeht, die ihren bürgerlichen Namen im geschäftlichen Verkehr verwendet. a. Fallkonstellationen Es werden ebenso Fälle erfasst, in denen die Koexistenz aus einer jahrzehntelangen unbeanstandeten Parallelnutzung entstanden ist,212 aus der ein redlicher Besitzstand resultierte.213 Auf die Trägerschaft eines bürgerlichen Namens kommt es dabei nicht an, so dass ebenso Konfliktfälle zwischen Fantasiebezeichnungen erfasst werden.214 Ein weiterer Anwendungsbereich für das Gleichnamigenrecht ergibt sich in Folge der deutschen Wiedervereinigung. Mit der Wiedervereinigung dehnten sich Kennzeichen auf das gesamte Bundesgebiet aus und wurden behandelt, als hätte niemals eine Trennung Deutschlands bestanden, sofern die Kennzeichen keiner örtlichen oder regionalen Beschränkung unterlagen.215 Auf die Priorität, die einst nur für jeweils einen Teil Deutschlands rechtliche Bedeutung hatte, kann daher nicht abgestellt werden.216 Ebenso kann es zu Koexistenzlagen zwischen Kennzeichenträgern kommen, wenn mehrere Tochtergesellschaften eines Konzerns, die die Firma der Muttergesellschaft in ihrer Firma führen, an unterschiedliche Personen veräußert werden.217

211 Thiering, in Ströbele/Hacker/Thiering, § 23 Rn. 23. 212 So auch schon anerkannt von RG MuW XXXI, 395, 397; BGH GRUR 2010, 738 – Peek & Cloppenburg I; zu Namen einer Partei und einer örtlichen Wählergemeinschaft (im Anwendungsbereich des § 12 BGB) OLG Hamm GRUR-Prax 2014, 34 – Die Grünen. 213 RG JW 1929, 3075, 3076 – Leykauf; RGZ 171, 321, 326; BGH GRUR 1953, 252, 254 – Hochbau-Tief; BGH GRUR 1984, 378 – Hotel Krone; BGH GRUR 2010, 738, 742 – Peek & Cloppenburg I; BGH GRUR 2011, 623 Rn. 36 – Peek & Cloppenburg II; BGH GRUR 2013, 397, 398 – Peek & Cloppenburg III. 214 BGH GRUR 1984, 378 – Hotel Krone; BGH GRUR 1995, 754 – Altenburger Spielkartenfabrik; BGH GRUR 2006, 159 – hufeland.de; Goldmann, § 17 Rn. 60. 215 BGH GRUR 1995, 754 – Altenburger Spielkartenfabrik. 216 BGH GRUR 1995, 754, 756f. @ Altenburger Spielkartenfabrik; BGH GRUR 1997, 661, 662 @ B.Z. Berliner Zeitung; BGH GRUR 2006, 159 @ hufeland.de; vgl. zu § 6 Abs. 4 MarkenG unter S. 48. 217 OLG Düsseldorf GRUR-RR 2008, 80 – Mannesmann.

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Entstehung des Gleichnamigenrechts von Unternehmen

b. Gemeinsamkeiten der Konstellationen Den Fallgestaltungen ist gemein, dass sich gleichnamige Parteien gegenüberstehen, die koexistieren. Die Koexistenz der Gleichnamigen beruht in diesen Fällen nicht ausschließlich auf dem Namensführungsrecht der Parteien, sondern auf dem redlich geschützten Besitzstand der Kennzeichen durch das jahrelange Nebeneinander.218 c. Anwendbarkeit des § 23 Nr. 1 MarkenG Daher fordern Stimmen, die unechten Fälle über den Verwirkungstatbestand nach § 21 Abs. 2 MarkenG abzuwägen219 statt sie ebenso über § 23 Nr. 1 MarkenG zu lösen. Dem ist jedoch deutlich zu widersprechen: Die Koexistenzlage der erweiterten Fälle ergibt sich zwar nicht primär aus dem persönlichkeitsrechtlich geprägten Namensführungsrecht, das die Grundlage für die echten Gleichnamigenfälle ist. Allerdings ist das Namensführungsrecht gerade im Zusammenhang mit Unternehmen auch bei den klassischen Anwendungsfällen durch die unternehmerische Handlungsfähigkeit geprägt. Eine Beschränkung auf persönliche Fälle erfolgt in § 23 Nr. 1 MarkenG gerade nicht. Der Unterschied zu den echten Gleichnamigenfällen besteht lediglich darin, wie die Koexistenzlage entstanden ist. Bei den unechten Fällen beruht die Koexistenzlage aufgrund der jahrelang ungerügten Koexistenz zwar auf einem Verwirkungsmoment. Jedoch muss ab dem Zeitpunkt, in dem die Koexistenz zwischen den Parteien besteht, geklärt werden, wie diese Lage unter Beachtung der Interessen aller aufrechterhalten bleiben kann. Dafür bedarf es einer intensiven Abwägung und nicht einer pauschalen Zuordnung der Rechte wie nach § 21 Abs. 2 MarkenG. Ohne einen Interessenausgleich, der eine flexible Reaktion ermöglicht, würden nicht nur die Interessen der gleichnamigen Parteien beeinträchtigt, sondern die der Konsumenten gänzlich unterschlagen. § 23 Nr. 1 MarkenG ist daher ebenso bei der Auflösung der unechten Gleichnamigenfälle anzuwenden. 3.

Zwischenergebnis

Bei den erfassten Fallkonstellationen ist es unbillig, einem Unternehmen gegenüber dem anderen gleichnamigen Unternehmen einen besseren Rang einzuräumen, da beide Unternehmen ein berechtigtes Namensführungsrecht besitzen. Dieses Recht entsteht bei den echten Gleichnamigenfällen kraft der Möglichkeit, seinen bürgerlichen Namen im Geschäftsverkehr zu verwenden.

218 So auch Schmitt-Gaedke/Arz, GRUR 2012, 565, 569. 219 Büscher, in: Fezer/Büscher/Obergfell, § 8 UWG, Rn 357ff.; Fezer, § 15 MarkenG Rn. 153; Schmitt-Gaedke/Arz, GRUR 2012, 565, 569; Schmitt-Gaedke/Arz, MarkenR 2013, 265, 267.

Auflösung der Kollision: Das Recht der Gleichnamigen

59

Bei den unechten Fallkonstellationen ergibt sich das Recht aus dem redlich erworbenen Besitzstand.

IV.

Fazit

Unternehmen hatten bis zur Handelsrechtsreform die Pflicht und haben mittlerweile das Recht, den Namen des Unternehmers für ihre geschäftliche Bezeichnung zu verwenden, der das Unternehmen prägt. Des Weiteren koexistieren gleichnamige Parteien aufgrund einer jahrelangen unbeanstandeten Parallelnutzung der Bezeichnungen. Dadurch kommt es zu einem Widerspruch zwischen der berechtigten Koexistenz der Zeichen und den Ausschließlichkeitsrechten der Zeicheninhaber. Dieser verdeutlicht sich in dem Verhältnis der Zeichenträger zueinander, aber auch im Verhältnis zum Konsumenten, der der Verwechslungsgefahr unterliegt. Für die Auflösung des Interessenkonflikts zwischen den Unternehmenskennzeichenträgern ist zunächst gemäß § 6 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 5 Abs. 1, 2, 15 MarkenG an den das Kennzeichenrecht beherrschenden Prioritätsgrundsatz zu denken. Jedoch erfolgt die Auflösung darüber ausschließlich zulasten des Prioritätsjüngeren, der sich trotz seines Namensführungsrechtes den Vorwurf als Namensverletzender gefallen lassen müsste. Die einseitige Belastung des jüngeren Namensträgers ist vor dem Hintergrund seines Namensführungsrechtes nicht billig. Der Grundsatz der Priorität löst die kollidierenden Interessen daher nicht zufriedenstellend auf. Die Interessen zwischen den Kennzeichenträgern und den Konsumenten sollten stattdessen über die bestehende Schranke des § 23 Nr. 1 MarkenG ausgeglichen werden, die zum einen eine Koexistenz zwischen den Kennzeichenträgern ermöglicht, ohne die Interessen einer Partei vorzuziehen. Zum anderen können die Interessen der Konsumenten vor einer Verwechslungsgefahr geschützt werden. Die Neuregelung des § 23 MarkenG beschränkt das Namensprivileg jedoch auf den Namen natürlicher Personen. Diese Beschränkung ist aber nur für das harmonisierte Markenrecht zwingend umzusetzen. Im Recht der geschäftlichen Bezeichnungen sollte das Namensprivileg nicht auf natürliche Personen beschränkt werden. § 23 MarkenG sollte stattdessen derart neugefasst werden, dass für die Schranke des Namensprivilegs zwischen der Verletzung einer Marke und einer geschäftlichen Bezeichnung unterschieden wird.

Kapitel 2. Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

Besteht die Gefahr, zwei gleichnamige Kennzeichen zu verwechseln und kann sich der (prioritätsjüngere) Zeicheninhaber für die Verwendung des Namens auf sein Namensrecht oder einen redlichen Besitzstand berufen, so eröffnet sich der Anwendungsbereich des Gleichnamigenrechts. Anhand einer Interessenabwägung über § 23 Nr. 1 MarkenG kann ermittelt werden, welche Maßnahmen die Kennzeicheninhaber zur Unterscheidung ihrer kollidierenden Namen ergreifen müssen (unter A.) und welche Verhaltensweisen ihnen untersagt sind (unter B.), um beiden Parteien die Führung der Bezeichnung zu ermöglichen.

A.

Interessenausgleich zwischen den Gleichnamigen

Die Gleichnamigkeit der Unternehmensnamen führt zu einem Widerspruch zwischen der berechtigten Koexistenz der Zeichen und den Ausschließlichkeitsrechten der Zeicheninhaber. Dieser Widerspruch verdeutlicht sich zum einen in dem Verhältnis der Zeichenträger zueinander, aber auch im Verhältnis zum Konsumenten, der der Verwechslungsgefahr unterliegt. Um den Widerspruch aufzulösen, müssen die grundrechtlich geschützten Interessen der Gleichnamigen gegeneinander abgewogen werden. Inwiefern die Interessen einer Partei schwerer gewichtet werden müssen und welche Auswirkungen diese Wertung auf die angestrebte Koexistenz und die Vermeidung der Verwechslungsgefahr der Unternehmenskennzeichen hat, wird im Folgenden aufgezeigt.

I.

Gesetzlicher Anknüpfungspunkt der Abwägung

Anknüpfungsnorm für die Abwägung ist § 23 Nr. 1 MarkenG, der auf Art. 6 Abs. 1 lit. a RL 2008/95/EG beruht.220 220 Die Norm findet sich nahezu wortgleich, aber inhaltlich zum Teil verändert in Art. 14 Abs. 1

62 1.

Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

Verhältnis nationaler und europäischer Grundrechte

Es ist jedoch zunächst zu untersuchen, ob für den Ausgleich der widerstreitenden Interessen innerhalb des § 23 Nr. 1 MarkenG an die nationalen Grundrechte angeknüpft werden kann oder ob europäische Grundrechte nach Art. 6 Abs. 3 EUV anzuwenden sind. Für die Anwendbarkeit der europäischen oder nationalen Grundrechte ist es entscheidend, ob eine Richtlinie vollharmonisierend ist oder ob der nationale Gesetzgeber Spielraum bei der Umsetzung der Richtlinie hat.221 Muss sich der Gesetzgeber an das Ziel und den Zweck der Richtlinie halten, kann aber die Mittel für die Umsetzung eigenständig wählen, so ist er innerhalb dieses Umsetzungsspielraumes an das deutsche Grundgesetz gebunden.222 Die hier einschlägige Markenrechtsrichtlinie soll das Markenrecht europaweit einheitlich ausgestalten.223 Dabei sind die in § 23 MarkenG umgesetzten Schrankenregelungen abschließend geregelt. Dem nationalen Gesetzgeber verbleibt kein Umsetzungsspielraum. Allerdings betrifft die Markenrechtsrichtlinie ausschließlich die Harmonisierung des Markenrechts. Die Anwendung der Schrankenregelung auf geschäftliche Bezeichnungen beruht hingegen auf dem autonomen Willen des deutschen Gesetzgebers,224 der im Zuge der Umsetzung der Markenrechtsrichtlinie in nationales Recht das Unternehmenskennzeichenrecht aus § 16 UWG a. F. in das Markengesetz übertrug, um eine systemgemäße Abgrenzung und Einordnung der Kennzeichenrechte zu ermöglichen.225 Das Recht geschäftlicher Kennzeichen ist nicht harmonisiert.226 Für die Interessenabwägung zwischen den Inhabern geschäftlicher Kennzeichen ist daher auf das deutsche Grundgesetz abzustellen.

221 222 223 224 225 226

lit. a, Abs. 2 RL 2015/2436/EU wieder. Die Norm muss gemäß Art. 54 Abs. 1 RL 2015/2436/ EU bis zum 14. 1. 2019 umgesetzt werden. Obergfell/Stieper, in: FS 50 Jahre Urheberrecht, 223, 225, 234, f.; Raue, GRUR Int 2012, 402, 406. EuGH NJW 2013, 1215, 1219 Rn. 59 – Stefano Melloni/Ministerio Fiscal; BVerfG NJW 2001, 1267, 1268. Erwägungsgrund 3 RL 2015/2436/EU. BT-Drucks. 12/6581, S. 80. BT-Drucks. 12/6581, S. 67. Lediglich wenn die geschäftliche Bezeichnung als relatives Eintragungshindernis gegenüber der Markenanmeldung fungiert, fällt die geschäftliche Bezeichnung unter das harmonisierte Markenrecht. Vgl. dazu unter 106ff.

Interessenausgleich zwischen den Gleichnamigen

2.

63

Nationale Grundrechte im Recht der Gleichnamigen

a. Anwendbarkeit der Grundrechte im Privatrechtsverkehr Fraglich ist, wie nationale Grundrechte im Recht der Gleichnamigen angewendet werden können. Denn Grundrechte fungieren primär als Abwehrrechte gegen den Staat, so dass zunächst gemäß Art. 1 Abs. 3 GG ausschließlich staatliche Organe gebunden werden und die Grundrechte im vertikalen Verhältnis StaatBürger wirken.227 Für die Abwägung zwischen gleichnamigen Unternehmen als Rechtssubjekte des Privatrechts finden sie daher keine unmittelbare Anwendung. Allerdings spiegelt der Rechtsgehalt der Grundrechte eine objektive Werteordnung wider. Dieses Wertesystem muss als verfassungsrechtliche Grundentscheidung zumindest mittelbar für alle Bereiche des Rechts, mithin ebenso für eine Interessenabwägung zwischen Rechtssubjekten des Privatrechts wie den gleichnamigen Unternehmenskennzeichenträgern, gelten.228 b. § 23 Nr. 1 MarkenG als unbestimmter Rechtbegriff Als Einfallstor der objektiven Werteordnung im Privatrecht dienen vor allem Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe.229 Die Ausstrahlungswirkung ist jedoch nicht hierauf beschränkt. Grundrechte sind bei jeder Auslegung und Anwendung von Privatrechtsnormen zu beachten.230 § 23 MarkenG bezweckt den Ausgleich zwischen den Individualinteressen des Kennzeicheninhabers an der Monopolisierung seines Schutzrechts und den Nutzungsinteressen eines Dritten bzw. dem Interesse am freien Wettbewerb.231 Die Vorschrift enthält dafür neben den deskriptiven Voraussetzungen, den Namen oder die Adresse im geschäftlichen Verkehr zu verwenden, das unbestimmte Tatbestandsmerkmal, dass die Benutzung »nicht gegen die guten Sitten« verstoßen darf. Die Formulierung in § 23 Nr. 1 MarkenG weicht im Wortlaut von seiner eu227 Ipsen, Rn. 91f.; Manssen, Rn. 44; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Vorb. Art. 1 GG Rn. 3; MüllerFranken, in: Schmidt-Bleibtreu, Vorb. Art. 1 GG Rn. 17; a. A. noch BAGE 1, 185, 191ff. durch BAG NZA 2009, 974, 976 revidiert. 228 BVerfGE 7, 198, 205 – Lüth; BVerfGE 25, 256, 263 – Blinkfüer; BVerfGE 35, 202, 218 – Lebach; BVerfGE 61, 1, 6 – Wahlkampf; BVerfGE 89, 214, 229f. – Bürgschaft; BVerfGE 137, 273, 313f. – Katholischer Chefarzt. 229 BVerfGE 89, 214, 229 – Bürgschaft; BVerfGE 103, 89, 91 – Unterhaltsverzichtvertrag; Ipsen, Rn. 70; Kingreen/Poscher, Rn. 111ff., 203; Jarass, in: Pieroth/Jarass, Art. 1 GG Rn. 53, 54; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu, Art. 1 GG Rn. 78; Dürig, in: FS Nawiasky, S. 176ff. 230 BVerfGE 112, 332, 358 – Pflichtteil; BVerfGE 129, 78, 102 – Anwendungserweiterung; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 1 GG Rn. 54. 231 Vgl. Kretschmar, in: BeckOK MarkenR, § 23 MarkenG Rn. 1; Ingerl/Rohnke, § 23 MarkenG Rn. 4.

64

Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

ropäischen Grundlage in Art. 6 Abs. 1 lit. a RL 2008/95/EG232 ab, der sich auf die »anständigen Gepflogenheiten in Handel und Gewerbe« bezieht. Auch der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verzichtet bei der Anpassung des § 23 MarkenG an die neue Richtlinie auf eine wortlautgetreue Umsetzung,233 obwohl die neue Richtlinie gemäß Art. 14 Abs. 2 RL 2015/2436/EU wiederum auf »die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel abstellt«.234 Es ist daher fraglich, wie der sittengemäße Vorbehalt in § 23 Nr. 1 MarkenG zu verstehen ist und ob er richtlinienkonform auszulegen ist. Die Markenrechtsrichtlinie betrifft allerdings, wie festgestellt, gemäß Art. 1 RL 2008/95/EG bzw. Art. 1 RL 2015/2436/EU ausschließlich die Harmonisierung des Markenrechts und nicht die der geschäftlichen Bezeichnungen. Daher ist zu klären, ob dennoch für die Auslegung auf die Begriffsgruppe der Richtlinie abzustellen ist oder ob im Recht der geschäftlichen Bezeichnungen der abweichende Wortlaut der Richtlinien für die Auslegung im nationalen Recht unerheblich ist. Wird eine Richtlinienvorschrift jedoch durch den nationalen Gesetzgeber auf weitere Schutzrechte überschießend übertragen, so ist die Vorschrift auch im Zusammenhang mit den erweiterten Schutzrechten richtlinienkonform auszulegen, um sie einheitlich auszugestalten und künftige Auslegungsunterschiede zu verhindern.235 Der Europäische Gerichtshof versteht »die anständigen Gepflogenheiten in Handel und Gewerbe« als Pflicht des Dritten, den berechtigten Interessen des Kennzeicheninhabers nicht in unlauterer Weise zuwider zu handeln.236 Dafür kommt es auf die Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls an.237 Dabei müssen der Zweck und die Funktion der Norm bewertend interpretiert und mithilfe grundrechtlicher Wertungen ausgefüllt werden.238 In diese Bewertung sind das Interesse des Unternehmens232 Die Norm findet sich nahezu wortgleich, aber inhaltlich zum Teil verändert in Art. 14 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 RL 2015/2436/EU wieder. Die Norm muss gemäß Art. 54 Abs. 1 RL 2015/2436/ EU bis zum 14. 1. 2019 umgesetzt werden. 233 RefE MaMoG, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Ref E_MaMoG.pdf ?__blob=publicationFile& v=3, S. 10f., zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018. 234 Kritisch dazu GRUR-Stellungnahme, abrufbar über https://www.bmjv.de/SharedDocs/Ge setzgebungsverfahren/DE/MaMoG.html, S. 7f., zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018. 235 BGH GRUR 1999, 992, 995 – BIG PACK; BGH GRUR 2002, 1063, 1065 – Aspirin; ursprünglich so auch der EuGH zum gemeinschaftsrechtlichen Gebot richtlinienorientierter Auslegung vgl. EuGH EuZW 1991, 319, 320 Rn. 37 – Dzodzi; EuGH EuZW 1997, 658, 660 Rn. 32 – Leur-Bloem; EuGH EuZW 1997, 726, 728 Rn. 28 – Giloy ; EuGH GRUR Int 1998, 697, 699 Rn. 32 – HermHs; aber geändert durch EuGH EuZW 1999, 21, 23 Rn. 34 – ICI; EuGH EuZW 2013, 191, 194 Rn. 50 – DI. VI. Finanziaria di Diego della Valle & C.; EuGH EuZW 2014, 428, 429 Rn. 31 – Felixstowe Dock and Railway Commany u. a. 236 EuGH GRUR Int 1999, 438, 442 Rn. 61 – BMW; EuGH GRUR 2005, 509, 512 Rn. 41 – Gillette; EuGH GRUR 2005, 153, 157 Rn. 82 – Anheuser-Busch/Budvar. 237 BGH GRUR 1999, 992, 995 – Big Pack; BGH GRUR 2008, 798, 799f. Rn. 21 – POST; BGH GRUR 2009, 1162, 1164 Rn. 29 – DAX. 238 Nastelski, GRUR 1968, 545; Bydlinski, S. 114; Wassermeyer, GRUR 2002, 126, 129.

Interessenausgleich zwischen den Gleichnamigen

65

kennzeichenträgers an seinem Ausschließlichkeitsrecht und die Interessen des (gleichnamigen) Dritten an der Benutzung der Namens sowie der Allgemeinheit an einem freien und informierten Wirtschaftsverkehr einzubeziehen und in Einklang zu bringen.239

II.

Kollidierende Interessen der Gleichnamigen

1.

Parteiinteressen innerhalb der »echten« Gleichnamigenfälle

Der ursprüngliche Anwendungsbereich des Gleichnamigenrechts resultiert aus der Benutzung des bürgerlichen Namens als Unternehmensbezeichnung, so dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht berührt ist.240 Auf dieses Recht kann sich sowohl der Prioritätsältere als auch der jüngere Namensträger berufen, die beide daran interessiert sind, ihren guten Ruf aus dem privaten Bereich in den Geschäftsverkehr zu transferieren, um zum einen die Reputation auf ihre Dienste zu übertragen und zum anderen ihre Individualität darzustellen. Als Ausdruck der Persönlichkeit kann das Recht, seinen bürgerlichen Namen für die Unternehmensbezeichnung zu verwenden, nicht durch die Möglichkeit, einen anderen als den bürgerlich-rechtlichen Namen zu wählen, beschränkt werden. Der persönlichkeitsrechtliche Einschlag verringert sich jedoch, umso stärker der Verkehr das Kennzeichen mit dem Geschäft verbindet und sich das Zeichen von der Person des Namensträgers entfernt.241 Ebenso ist eine Beeinflussung der Berufsausübung nach Art. 12 GG denkbar, da die Namensbenutzung eines Unternehmens dessen freie Entfaltung im wirtschaftlichen Verkehr betrifft. Das Recht der Gleichnamigen findet seinen Ursprung jedoch im Persönlichkeitsrecht. Wie der Name im Geschäftsverkehr verwendet werden kann, betrifft daher primär die Identität des Unternehmens, nicht die Form und Mittel der wirtschaftlichen Berufsausübung,242 auch wenn die Namenswahl für die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens ein relevanter Faktor ist. Mithin ist Art. 2 Abs. 1 GG in diesem Fall gegenüber Art. 12 GG vorzugswürdig.243 Ab dem Zeitpunkt, ab dem der Prioritätsältere den Namen im geschäftlichen Verkehr als Unternehmenskennzeichen verwendet, unterliegt das Zeichen 239 240 241 242 243

Fezer, § 23 MarkenG Rn. 26. Plaß, WRP 2000, 40, 43; Schmitt-Gaedke/Arz, GRUR 2012, 565, 567. Plaß, WRP 2000, 40, 43. Scholz, GRUR 1996, 679, 684. Vgl. allgemein zum Schutz über Art. 2 GG BVerfG NJW 1994, 1784; siehe zum fehlenden Tatbestand des Art. 12 GG auch BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 35 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 205 Rn. 40 – Peek & Cloppenburg IV.

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Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

zudem als Immaterialgüterrecht dem Schutz des Eigentumsrechts nach Art. 14 GG.244 Hingegen ist der prioritätsjüngere Zeichenträger im Grundsatz dem Risiko ausgesetzt, dass der ältere Gleichnamige ihn auf Unterlassung in Anspruch nimmt. Eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Position entsteht für ihn daher nicht.245 2.

Parteiinteressen innerhalb der »unechten« Gleichnamigenfälle

Innerhalb des erweiterten Anwendungsbereiches der Gleichnamigenfälle beruht die Entstehung einer Gleichgewichtslage zwischen den Parteien nicht auf der Verwendung des bürgerlichen Namens, sondern auf einer unbeanstandeten Parallelnutzung der Zeichen. Insofern erwächst für beide gleichnamige Parteien ein Besitzstand, der eigentumsrechtlich geschützt ist. Der Besitzstand kann ebenso aus einer parallelen Benutzung eines Fantasienamens entstehen, ohne dass der bürgerliche Name verwendet wird.246 Die Namenswahl für das Unternehmen leitet sich in diesen Fällen nicht aus dem Persönlichkeitsrecht des Unternehmensträgers, sondern aus der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG ab.247

III.

Interessenabwägung zwischen den Gleichnamigen

1.

Interessenabwägung über die Koexistenz der Gleichnamigen

Es stehen sich mithin in den ursprünglichen und den erweiterten Gleichnamigenkonstellationen verschiedene Interessen des prioritätsälteren und des prioritätsjüngeren Gleichnamigen gegenüber. Unter Berücksichtigung der Stärke des Namensführungsrechts, der Kennzeichnungskraft der betreffenden Namensbestandteile und der Benutzungsdauer der Zeichen muss daher zwischen dem Namensführungsrecht und der erlangten Eigentumsposition der Gleichnamigen abgewogen werden. Für den Ausgang des Interessenvergleichs sind im Grundsatz zwei Ergebnisse vorstellbar : Entweder die Interessenabwägung zwingt eine der Parteien zugunsten der anderen Partei, die Zeichenbenutzung gänzlich zu unterlassen, um den überwiegenden Interessen der anderen 244 Zum Unternehmenskennzeichen als Immaterialgüterrecht vgl. BGH GRUR 1990, 218, 220 – Verschenktexte; BGH GRUR 1995, 825, 828 – Torres; Ingerl/Rohnke, § 15 MarkenG Rn. 6; zum Eigentumsschutz von Immaterialgüterrechten allgemein vgl. Papier, in: Maunz/Dürig, Art. 14 GG Rn. 197; Axer, in: BeckOK GG, Art. 14 GG Rn. 50; Fezer, § 15 MarkenG Rn. 14; Götting, GRUR 2006, 353, 357. 245 BVerfGE 51, 193, 218. 246 Vgl. unter S. 57. 247 BGH NJW 1975, 1882 – Der Geist von Oberzell; BVerfG NJW 1994, 1784.

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gleichnamigen Partei gerecht zu werden. Oder die Abwägung führt zu einem Gleichgewicht der Interessen, das die Zeichenträger zwingt, die Koexistenz der Zeichen zu dulden. Die grundgesetzliche Wertung sieht vor, dass weder die Rechte der Gleichnamigen aus Art. 14 GG noch Art. 2 Abs. 1 GG schrankenlos gewährt werden, sondern die Rechte Dritter bei der Ausübung der Rechte beachtet werden müssen. Dies wurde in § 23 Nr. 1 MarkenG umgesetzt. Die Norm verfolgt den Zweck, eine Monopolisierung des Rechts eines Kennzeichenträgers zu vermeiden und die Nutzungsinteressen (auch gleichnamiger) Dritter zu beachten. Mithin spiegelt das die Wertung wider, dass die »Interessenabwägung«, die ausschließlich die Interessen einer Partei auf Kosten der anderen Partei verwirklicht, nicht angemessen ist.248 Andernfalls fände kein Vergleich der Interessen statt, sondern einer Partei würde uneingeschränkt der Vorrang eingeräumt werden. Dies entspräche der Wertung des Prioritätsgrundsatzes, der das Eigentum dem Namensführungsrecht uneingeschränkt vorzieht. In der Folge müsste sich der Prioritätsjüngere trotz seines Namensführungsrechtes oder geschützten Besitzstandes den Vorwurf als Namensverletzender gefallen lassen, was im Recht der Gleichnamigen, wie aufgezeigt,249 nicht billig ist. Um die auf beiden Seiten bestehenden berechtigen Interessen zu verwirklichen,250 sollte das Ziel des Interessenvergleichs mithin sein, beiden Parteien die Führung der Bezeichnung zu ermöglichen. Mithilfe der Auslegung der Wortgruppe, wann die Benutzung der Unternehmenskennzeichen durch die Gleichnamigen »gegen die guten Sitten« verstößt, können konkrete Erwägungen wie der Bekanntheitsgrad der Gleichnamigen, der Wert der Benutzung für den Namensinhaber, die Branchennähe und das individuelle Interesse an der konkret gewählten Bezeichnung in die Interessenabwägung einbezogen werden. a. »Echte« Gleichnamigenfälle Ob im ursprünglichen Anwendungsbereich eine uneingeschränkte Koexistenz zumutbar ist oder ob für die Koexistenz Maßnahmen ergriffen werden müssen, um diese zu ermöglichen, soll im Folgenden untersucht werden. (1) Uneingeschränkte Koexistenz Der umfassendste Geltungsbereich kann den gleichnamigen Zeichen gewährt werden, wenn den Zeichen eine uneingeschränkte Wirkung zugesprochen wird, ohne den Parteien ein die andere Partei berücksichtigendes Verhalten vorzu248 Vgl. allgemein zur Unangemessenheit einer einseitigen Interessenbewertung Hesse, § 2 Rn. 72. 249 Vgl. S. 46ff. 250 Hesse, § 2 Rn. 72.

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schreiben. Die gleichnamigen Parteien sollen unabhängig voneinander und nebeneinander koexistieren, als ob ein weiteres gleichnamiges Zeichen nicht existiere. Allerdings würde der Bestandsschutz des Prioritätsälteren an seinem Recht damit gänzlich untergraben werden, für den das Nebeneinander mit einer anderen gleichnamigen Partei keinen Vorteil bringt. Mitunter könnte sogar ein Fehlverhalten des Prioritätsjüngeren, der den gleichen Namen ohne Einschränkungen verwenden darf, dem Älteren zugerechnet werden. Dies könnte sich negativ auf dessen Ruf und somit den Absatz seiner Waren und Dienstleistungen auswirken. Ebenso möchte der jüngere Gleichnamige nicht mit negativen Verhaltensweisen des Älteren in Beziehung gesetzt werden, wenn er von seinem Namensführungsrecht Gebrauch macht. Der Gleichnamige möchte selbstbestimmt agieren.251 Beide Parteien haben daher ein Interesse an einer klaren und eindeutigen Abgrenzung voneinander. Zudem hat die Allgemeinheit ein Interesse an einem täuschungsfreien Wirtschaftsverkehr,252 um die Produkte desjenigen Unternehmens kaufen zu können oder dessen Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die es mit dem Namen verbindet. Dafür muss eine Unterscheidung von den Angeboten des gleichnamigen Konkurrenten möglich sein. Eine uneingeschränkte Koexistenz der Zeichen ist folglich abzulehnen. (2) Eingeschränkte Koexistenz Es müssen mithin beiden Rechten Grenzen gesetzt werden, um zu optimaler Wirksamkeit zu gelangen.253 Die kollidierenden Grundrechtspositionen müssen in ihrer Wechselwirkung verhältnismäßig zugeordnet und derart begrenzt werden, dass die Grundrechte beider Seiten möglichst weitgehend wirksam werden.254 Dies ist nur möglich, sofern die Parteien die bestehende Verwechslungsgefahr durch geeignete und zumutbare Maßnahmen ausschließen oder wenigstens mindern. b. »Unechte« Gleichnamigenfälle Innerhalb der »unechten« Gleichnamigenfälle erwächst den Parteien aufgrund der jahrelangen Koexistenz ein Besitzstand, auf den sie sich stützen können. Aufgrund der unbeanstandeten parallelen Zeichenbenutzung entwickelt sich eine Koexistenz, in die sich die Kennzeicheninhaber freiwillig begeben haben. Indem die Kennzeichenträger diese Koexistenz ausüben, akzeptieren sie die 251 252 253 254

Vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 12. 7. 2018, 3 U 28/11, Rn. 8, 21. Schmitt-Gaedke/Arz, GRUR 2012, 565, 567. Allgemein dazu vgl. Hesse, § 2 Rn. 72. BVerfGE 137, 273, 319 – Katholischer Chefarzt; Hesse, § 2 Rn. 72.

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konkrete Zeichenbenutzung des jeweiligen anderen Gleichnamigen auch ohne aufklärende Zusätze. Wie bei dem ursprünglichen Anwendungsbereich der Gleichnamigenfälle sind jedoch sowohl die gleichnamigen Unternehmen als auch die Allgemeinheit daran interessiert, Fehlzurechnungen der Produkte und Dienstleistungen mit denen des anderen Gleichnamigen zu vermeiden. Da die Parteien das konkrete Nebeneinander akzeptiert haben, können sie abgrenzende Hinweise zwar nicht voneinander einfordern, aber aus Eigeninteresse ist es auch ihnen zu empfehlen, Maßnahmen zu ergreifen, um der Verwechslungsgefahr entgegen zu wirken. c. Zwischenergebnis Aufgrund des Namensführungsrechtes des prioritätsjüngeren Gleichnamigen innerhalb der »echten« Gleichnamigenfälle und des Besitzstandes der Gleichnamigen im erweiterten Anwendungsbereich des Gleichnamigenrechts kann der Prioritätsältere bzw. die andere gleichnamige Partei der anderen Partei die Namensführung nicht untersagen255 und wird somit in seinem Ausschließlichkeitsrecht begrenzt. Der Grundsatz, dass es niemandem verwehrt werden kann, sich in redlicher Weise im geschäftlichen Bereich unter seinem (bürgerlichen) Namen zu betätigen, unterliegt jedoch Einschränkungen, wenn durch den Gebrauch des Namens die Gefahr entsteht, mit einem anderen Namensträger verwechselt zu werden. Die Rechte des anderen Gleichnamigen beschränken mithin ebenso die Koexistenz der Zeichen.

2.

Interessenabwägung über die Vermeidung der Verwechslungsgefahr zwischen Gleichnamigen

Das Recht, seinen bürgerlichen oder einen frei gewählten Namen im Rechtsverkehr zu benutzen, wird nicht uneingeschränkt gewährt, sondern unterliegt mithin der Schranke, durch die Rechte anderer begrenzt zu sein. Der andere gleichnamige Unternehmensträger hat ein berechtigtes Interesse, dass sein guter Ruf ihm und nicht dem gleichnamigem anderen Verkehrsteilnehmer zugerechnet wird. Eine eindeutige Zuordnung der Unternehmen ermöglicht es dem Verbraucher, eine aufgeklärte Kaufentscheidung zu treffen und die Waren desjenigen Unternehmens zu beziehen, das er kennt, und nicht die möglicherweise weniger qualitativen eines gleichnamigen Unternehmens. Dies fördert den Absatz des Unternehmens. Es ist mithin sowohl im Interesse der gleichnamigen Unternehmensträger als auch der Konsumenten, die bestehende Verwechslungsgefahr auszuräumen. 255 Vgl. BGH NJW 1968, 349, 350 – Hellige.

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a. Maßnahmen gegen die Verwechslungsgefahr Die Träger der Kennzeichen müssen daher gemäß § 23 Nr. 1 MarkenG Rücksicht auf die Interessen gleichnamiger Dritter nehmen. Es ist im Wege einer umfassenden Interessenabwägung anhand des Tatbestandsmerkmals der »guten Sitten« zu bestimmen, was erforderlich und zumutbar ist, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hinnehmbares Maß zu verringern256 und damit die Sittenwidrigkeit der Zeichenbenutzung auszuschließen. Der erforderliche Abstand kann durch unterscheidungskräftige Zusätze zum Unternehmenskennzeichen erreicht werden.257 (1) Ergänzung um den Vornamen Eine Differenzierung könnte ermöglicht werden, indem dem Unternehmenskennzeichen neben dem Familiennamen als unterscheidender Zusatz der Vorname z. B. eines Gesellschafters beigefügt wird.258 In der Vergangenheit vertrat die Rechtsprechung zum Teil die Ansicht, dass das Hinzufügen eines Vornamens grundsätzlich nicht ausreichen könne, die Kennzeichnung von einer anderen unterscheidbar erscheinen zu lassen, wenn letztere den identischen, normal kennzeichnungskräftigen Familiennamen ohne andere weitere kennzeichnungskräftige Bestandteile enthält.259 Dieser Begründung muss jedoch klar widersprochen werden: Denn selbst wenn der Nachname im Allgemeinen eine größere Unterscheidungskraft als der Vorname besitzt, sind stets die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen.260 Dabei ist vor allem zu beachten, dass der fragliche Nachname etwa weniger bekannt oder aber sehr verbreitet sein kann, was Auswirkungen auf die Unterscheidungskraft hat.261 Vornamen kann daher nicht pauschal die Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Im Interesse, ein Nebeneinander der Namensgleichen zu ermöglichen, darf im Gegenteil ein nicht allzu strenger Maßstab an die Unterscheidbarkeit angelegt werden.262 Folgerichtig erkannte der Bundesgerichtshof an, dass es

256 BGH GRUR 1955, 42, 44 – Farina; BGH NJW-RR 1993, 934, 935 – Römer GmbH; BGH GRUR 2008, 801, 802 Rn. 25 – Hansen-Bau; BGH GRUR 2013, 638, 641f. – Völkl. 257 BGH GRUR 1995, 754, 758 – Altenburger Spielkartenfabrik; BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de: 258 Bereits BGH GRUR 1957, 342, 345 – Underberg; BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 384, 386 – Der Wendler; a. A. Säcker, in: MüKo, § 12 BGB Rn. 139. 259 BGH GRUR 1987, 182, 184 – Stoll; BGH GRUR 1991, 393 – Ott International. 260 EuGH GRUR Int 2010, 857, 859 Rn. 36 – Barbara Becker. 261 EuGH GRUR Int 2010, 857, 859 Rn. 36 – Barbara Becker. 262 BGH GRUR 1991, 475, 477 – Caren Pfleger.

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ausreicht, wenn ein unterscheidender Zusatz wie ein Vorname dem Unternehmenskennzeichen beigefügt wird.263 Wird ein unterscheidungskräftiger Vorname hinzugefügt, so erhält das Unternehmenskennzeichen ein weiteres Unterscheidungskriterium, um sich von einem Gleichnamigen abzugrenzen. Von der Verwendung eines Vornamens sollte daher zum einen nur abgesehen werden, wenn die Gleichnamigen den gleichen Vornamen tragen. Zum anderen macht die Rechtsprechung eine Ausnahme, wenn die Gefahr der Zuordnungsverwirrung in der Praxis nicht besteht, weil einer der Beteiligten mit seinem Namen eine überragende Bekanntheit genießt.264 (2) Ergänzung um die Branche Würde der Unternehmensname um die Branchenbezeichnung ergänzt werden, bleibt bei den Verkehrsteilnehmern nicht nur der prägende (gleichlautende) Namensbestandteil der Unternehmenskennzeichnung, sondern zusätzlich die Branchenbezeichnung in Erinnerung. Bei Gleichnamigen der gleichen Branche steigert dies die Verwechslungsgefahr,265 so dass die Angabe der Branche nicht zielführend ist. Überschneiden sich zwar die Adressatenkreise, aber die Firmen sind darüber hinaus jeder für sich in einer weiteren Branche tätig, so kann die Ergänzung des Namens um die Branchenbezeichnung aber durchaus hilfreich sein.266 (3) Ergänzung um den Sitz der Verwaltung/des Geschäftes Ergänzungen um den Sitz der Gesellschaft sind insofern hilfreich, als sie den Konsumenten darauf aufmerksam machen, dass die Gleichnamigen ihre Verwaltungssitze an unterschiedlichen Orten ausüben. So führen beispielsweise die Unternehmen Peek & Cloppenburg in ihren Unternehmenskennzeichen die verschiedenen Verwaltungssitze Düsseldorf und Hamburg an, um ihre wirtschaftliche und rechtliche Unabhängigkeit zu verdeutlichen. Speziell bei den Unternehmen Peek & Cloppenburg ist jedoch problematisch, dass die Unternehmen im Internet diese hilfreiche Ergänzung lediglich als Randbemerkung kennzeichnen267 und an ihren Standorten in Deutschland in ihrem Logo oder Schriftzug ausschließlich unter »P & C« bzw. »Peek & Cloppenburg« auftreten,

263 BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de; bestätigt durch OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 384, 387 – Der Wendler. 264 BGH GRUR 2002, 622, 625 – shell.de 265 BGH GRUR 1998, 391, 394 – Dr. St. … Nachf. 266 Vgl. BGH GRUR 1953, 252, 253 – Hochbau-Tief. 267 Vgl. unter https://www.peek-cloppenburg.de/herren/, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018.

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ohne das unterscheidende Merkmal hervorzuheben.268 Um die gewünschte Abgrenzung zu erreichen und den Konsumenten auf gleichnamige Unternehmen aufmerksam zu machen, muss der Zusatz stattdessen sichtbar erfolgen. Von der Angabe des Verwaltungssitzes der Gesellschaft ist der Standort der Filiale zu unterscheiden. So bestehen etwa in Köln zahlreiche Kölnisch-WasserGeschäfte, die sich alle Johann Maria Farina nennen und sich allein durch Zusätze wie »gegenüber dem Jülichplatz«, »gegenüber dem Neumarkt« oder »zum Dom der Stadt Mailand« unterscheiden. Auch wenn dadurch die Unabhängigkeit der Firmen ausgedrückt werden soll, deutet der Verkehr verschiedene Standortangaben eher als Hinweis auf verschiedene Zweigniederlassungen eines Unternehmens, nicht aber als deren Unabhängigkeit von einem gleichnamigen Unternehmen.269 (4) Ergänzung um ein Geschäftslogo Eine weitere Möglichkeit ist es, den Verkehr mithilfe eines zum Namen ergänzenden Bildes auf die unabhängigen gleichnamigen Unternehmen aufmerksam zu machen. Die Verwendung von Bildzeichen ist für Unternehmen im geschäftlichen Verkehr Normalität geworden und der Verkehr sieht in den Zeichen durchaus einen Hinweis auf das Unternehmen.270 Denn die visuelle geschäftliche Kommunikation ermöglicht eine vom Leseprozess unabhängige schnelle Verbindung des Logos mit dem Unternehmen271 und spricht dadurch einen erweiterten Adressatenkreis an. Das Geschäftssymbol dient dadurch der zusätzlichen Unternehmensidentifikation. Dabei könnte sich die Gestaltung des Geschäftslogos an dem Namen des Unternehmens orientieren und versuchen, diesen bildlich darzustellen.272 Es ist ebenso vorstellbar, ein vom Namen unabhängiges Design zu wählen, das, ohne den Namen abzubilden, auf das Unternehmen verweist. Allerdings kann der Name im Zusammenspiel mit dem Bild nicht erklären, dass es verschiedene gleichnamige Unternehmen gibt. Nach der Verkehrsauffassung könnte das Unternehmen das Logo auch nur verwenden, um besser in Erinnerung zu bleiben, aber nicht um sich von einem gleichnamigen Unternehmen abzugrenzen. Im Gegenteil – häufig verwenden verbundene Unternehmen, wie z. B. Großbanken, als Merkmal der Zusammengehörigkeit ein gemeinsames Bildzeichen.273 Ein Symbol kann daher durchaus als 268 So festgehalten in ihren Abgrenzungsvereinbarungen von 1990 und 1992, vgl. BGH NZKart 2016, 591, 592 Rn. 17, 27 – Peek & Cloppenburg. 269 Ortsangaben bei politischen Parteien und Verbänden deuten nach BGH GRUR 2012, 539 – Freie Wähler Nordverband auf organisatorische Verbindungen hin. 270 Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 15; Schricker, GRUR 1998, 310, 313. 271 Schricker, GRUR 1998, 310, 313. 272 Vgl. BGH GRUR 1967, 355 – Rabe. 273 Schricker, GRUR 1998, 310, 313.

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verknüpfendes Element und gerade nicht als unterscheidendes Kriterium verstanden werden. Der Unterschied zu einem gleichnamigen Unternehmen kann daher nur erkannt werden, wenn die Unternehmen nebeneinander auftauchen und es für den geschäftlichen Verkehr offensichtlich wird, dass ein Unternehmen im Vergleich zu dem anderen ein Logo verwendet. (5) Verwendung von »nicht zu verwechseln mit« Eine weitere Möglichkeit ist, dem verantwortlichen Gleichnamigen die Pflicht aufzuerlegen, den Zusatz »nicht zu verwechseln mit« im Namen zu tragen. Einerseits kann dadurch sehr effektiv auf die unabhängigen, wenn auch gleichnamigen Unternehmen hingewiesen werden. Andererseits wird aus Sicht der Verkehrsanschauung das gleichnamige Unternehmen ohne Zusatz zumeist als »Originalfirma« angesehen werden.274 Dies kann sich negativ auf den Wert des anderen Unternehmens auswirken, so dass die Partei möglicherweise die Namensführung aufgibt,275 obwohl sie zur Namensführung berechtigt ist. Im Vergleich zu den vorherigen Lösungsmöglichkeiten beeinträchtigt dieser Ansatz den Gleichnamigen stark. (6) Verwendung verschiedener Schriftarten oder Farben Um die rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit von einem anderen gleichnamigen Unternehmen zu zeigen, ist es auch denkbar, den Gleichnamigen die Nutzung ihres Namens ohne einen aufklärenden Hinweis zu gestatten. Stattdessen könnten sie verpflichtet werden, ihre Kennzeichen in einem unterschiedlichen Design zu verwenden, z. B. in einer veränderten Schriftart oder Farbgestaltung.276 Beispielsweise verwenden die Firmen ALDI Nord und ALDI Süd verschiedene Farben und Designs für ihre Logos.277 Das Zeichen Aldi Nords zeigt ein rot umrandetes Rechteck, das durch ein vollständiges dunkel- und hellblaues A ausgefüllt wird. Im unteren Viertel steht in weißen Großbuchstaben auf dunkelblauem Grund das Wort »ALDI«. Das Zeichen von Aldi Süd hingegen ist ein rot und orange umrandetes Rechteck, auf dessen dunkelblauen Hintergrund ein halbes hellblaues A steht. »ALDI« ist in weißen Großbuchstaben auf den dunkelblauen Grund gedruckt und enthält den (etwas kleiner geschriebenen) Zusatz »Süd«. Die unterschiedliche Farbgestaltung, führt zu einer besseren Unterscheidbarkeit. 274 Knaak, S. 54. 275 Knaak, S. 54f. 276 BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de; Fezer, § 14 MarkenG Rn. 1091; Fammler, in: Hdb. Markenpraxis, Band II, Rn. 4. 277 Vgl. Aldi Nord, http://www.aldi-nord.de/, zuletzt abgerufen am 6. 11. 2017; Aldi Süd, https://www.aldi-sued.de/, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018.

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Auch die Unternehmen Peek & Cloppenburg haben sich für eine unterschiedliche Farbkombination innerhalb ihres Onlineauftrittes entschieden. Da die Farbkombinationen der Webseiten und der Icons teilweise jedoch innerhalb des Unternehmens variieren, verfehlt die unterschiedliche Farbgestaltung ihren Zweck, die Unterscheidung zwischen den Unternehmen zu ermöglichen. Die Abgrenzung der Gleichnamigen über die Verwendung verschiedener Farben kann daher zumindest nicht den User auf den Internetseiten vor der Verwechslung der Unternehmen schützen. Für den Benutzer der Seiten hilfreicher sind daher vor allem die verschiedenartig verwendeten Schriftarten, die innerhalb der Unternehmen sowohl auf der Anfangs- als auch auf den Unterseiten benutzt werden. Aber selbst eine offensichtlich unterschiedliche Farbgestaltung wie bei den Unternehmen ALDI Nord und ALDI Süd kann nicht auf die Unabhängigkeit der gleichnamigen Unternehmen aufmerksam machen. Denn eine bestimmte Farbe kann auch aufgrund von Farbwirkungen gewählt wurden sein, um besser in Erinnerung zu bleiben, aber nicht um sich von einem gleichnamigen Unternehmen abzugrenzen. Der Unterschied zu einem gleichnamigen Unternehmen kann nur erkannt werden, wenn die Unternehmen nebeneinander auftauchen und es für den geschäftlichen Verkehr offensichtlich wird, dass ein Unternehmen im Vergleich zu dem anderen eine andere Farbgestaltung für sein Unternehmen verwendet. (7) Zwischenergebnis Folglich kann die zusätzliche Nennung des Vornamens eines Gesellschafters oder des Sitzes des Unternehmens innerhalb der Unternehmenskennzeichnung hilfreich sein, gleichnamige Unternehmen auseinanderzuhalten, sofern die Zusätze auch im Geschäftsverkehr verwendet werden. Verschiedene Farb- und Formgestaltungen der Kennzeichen sowie die Verwendung eines Unternehmenslogos unterstützen die Unterscheidungsmöglichkeit. Als alleinstehendes Kriterium reicht eine differenzierte Design- und Logogestaltung hingegen nicht aus. Die Verwendung des Zusatzes »nicht zu verwechseln mit« ist eine sehr effektive Möglichkeit, auf die Unabhängigkeit hinzuweisen. Allerdings kann sich diese Variante negativ auf den Unternehmenswert auswirken, so dass der Gleichnamige aufgrund der wirtschaftlichen Beschränkungen möglicherweise nicht gewillt ist, den Namen fortzuführen, obwohl ihm das Namensführungsrecht dies erlaubt. Im Vergleich zu den bereits aufgezählten, weniger eingriffsintensiven Möglichkeiten stellt diese Form daher eine stärkere Belastung der

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Namensrechte des verantwortlichen Gleichnamigen dar und ist nicht erforderlich.278 Gänzlich sollten die Unternehmen auf die Branchenbezeichnung verzichten, da diese die Verwechslungsgefahr steigert, wenn sich die Adressatenkreise exakt überschneiden. Nur wenn die Gleichnamigen neben einem gemeinsamen Adressatenkreis einen ausschließlichen Kundenkreis haben, begünstigt ein zusätzlicher Branchenhinweis eine bessere Unterscheidung der Unternehmen. b. Verantwortlicher für die Vermeidung der Verwechslungsgefahr Zu klären bleibt, wer verpflichtet ist, die Verwechslungsgefahr durch die Aufnahme eines entsprechenden Zusatzes zu vermeiden. Dies muss wiederum durch Abwägung der beiderseitigen Interessen ermittelt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, wessen Rechte durch eine Koexistenz der Zeichen stärker eingeschränkt werden. (1) »Echte« Gleichnamigenfälle Die »echten« Gleichnamigenfälle beruhen auf der Benutzung des bürgerlichen Namens als Unternehmensbezeichnung, so dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowohl des Prioritätsälteren als auch des jüngeren Zeicheninhabers berührt ist. Das Zeichen des Älteren unterliegt als Immaterialgüterrecht darüber hinaus dem Schutz des Eigentumsrechts nach Art. 14 GG. Er muss jedoch abweichend vom Prioritätsprinzip die Koexistenz des gleichnamigen prioritätsjüngeren Namensträgers dulden und kann sich aufgrund der in § 23 Nr. 1 MarkenG statuierten Schranke nicht auf das Verbotsrecht als Teil der Ausschließlichkeit seines Immaterialgüterrechts berufen. Dieses hätte ihm ermöglicht, dem Prioritätsjüngeren das Verwenden eines identischen Zeichens gemäß § 15 Abs. 2 bis 4 MarkenG zu untersagen. Die Einschränkung ist zwar mit dem Namensführungsrecht des jüngeren Gleichnamigen zu rechtfertigen. Um dennoch dem Besitzstand des älteren Namensträgers gerecht zu werden, muss der ausschließliche Charakter des älteren Unternehmenskennzeichens so weit wie möglich berücksichtigt und anerkannt werden. Die Ausschließlichkeit beinhaltet neben dem bei Gleichnamigen eingeschränkten Verbietungsrecht das positive Benutzungsrecht gemäß § 15 Abs. 1 MarkenG und den strafrechtlichen Schutz des Zeichens nach § 143 Abs. 1 Nr. 4, 5 MarkenG. Würde dem Prioritätsälteren die Hinweispflicht auferlegt werden, würde dies sein positives Benutzungsrecht beschränken und sein Immaterialgüterrecht verlöre weiter an Bedeutung. Wird die Pflicht hingegen dem Prioritätsjüngeren auferlegt, so wird das positive Benutzungsrecht des Älteren stärker verwirklicht. Mithin muss in den echten klassischen Anwendungsfällen der Gleichnamigen 278 BVerfGE 30, 292, 316; BVerfGE 53, 135, 145.

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der Prioritätsjüngere der Pflicht unterliegen, alles Erforderliche und Zumutbare zu tun, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hinnehmbares Maß zu vermindern.279 Insofern ist der Zeitrang zumindest dafür ausschlaggebend, wer den nötigen Abstand herstellen muss.280 (2) »Unechte« Gleichnamigenfälle Die »unechten« Gleichnamigkeitskonstellationen beruhen auf einem jahrelangen Nebeneinander der Unternehmen, so dass sich beide Parteien auf ihren geschützten Besitzstand berufen können. Das Ausschließlichkeitsrecht beider Parteien muss folglich möglichst umfassende Wirkung entfalten können. Die aus den beiderseitigen gewerblichen und wettbewerblichen Gegebenheiten herzuleitende Interessenlage281 ist identisch, so dass keiner Partei gegenüber dem anderen Gleichnamigen der Vorrang gebührt, den Namen ohne aufklärende Hinweise im Geschäftsverkehr verwenden zu dürfen. Um einen täuschungsfreien Rechtsverkehr zu ermöglichen, sind mithin beide gleichnamigen Parteien verantwortlich, die Verwechslungsgefahr zu vermeiden und einen aufklärenden Zusatz aufzunehmen.282 Das Verhalten zwischen »unechten« Gleichnamigen entspricht daher nur den »guten Sitten« nach § 23 Nr. 1 MarkenG, wenn beide Parteien über ihre rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit aufklären. Andernfalls setzt sich die nicht handelnde Partei einem Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 2, 4 MarkenG aus. Sollten beide Parteien ihrer Hinweispflicht nicht nachkommen, unterliegen sie zudem der Gefahr, dass ein anderer Mitbewerber oder berechtigter Verband sie wegen Irreführung nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 2 UWG auf Unterlassung verklagt.283 c. Rest an Verwechslungsgefahr Verbleibt trotz der Aufnahme unterscheidender Zusätze im Namen ein Rest an Verwechslungsgefahr, so ist zu klären, ob der Name dennoch geführt werden 279 St. Rspr BGH GRUR 1951, 410, 412; BGH GRUR 1952, 511, 513 – Farina Urkölsch; BGH GRUR 1955, 42, 45 – Farina; BGH GRUR 1957, 343, 346 – Underberg; BGH GRUR 1958, 185, 187 – Wyeth; BGH GRUR 1960, 33, 36 – Zamek; BGH GRUR 1966, 499, 501 – Merck; BGH GRUR 1966, 623, 625 – Kupferberg; BGH GRUR 1968, 212, 213f. – Hellige; BGH GRUR 1985, 389 , 390 – Familienname; BGH GRUR 1987, 182, 183 – Stoll; BGH GRUR 1990, 364, 366 – Baelz; BGH GRUR 1991, 393 – Ott International; BGH GRUR 1993, 579, 580f. – Römer GmbH; BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de; BGH GRUR 2008, 801, 802 Rn. 25 – Hansen Bau; BGH GRUR 2010, 738, 741 Rn. 18 – Peek & Cloppenburg I. 280 So auch Schmitt-Gaedke/Arz, GRUR 2012, 565, 566. 281 BGH GRUR 1957, 342, 346 – Underberg. 282 Vgl. OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 384 – Der Wendler ; a. A. Schmitt-Gaedke/Arz, GRUR 2012, 565, 566. 283 Vgl. dazu ab S. 135.

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darf. Entscheidend dafür ist die Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen. Die verbleibende Verwechslungsgefahr stellt für beide Parteien ein zunächst nicht einzuschätzendes Wirtschaftsrisiko dar, das sich positiv wie negativ auswirken kann. Beispielsweise könnte ein Konsument in einer Werbung von Peek & Cloppenburg Kleidung sehen, die ihm gefällt. Er geht in das nächstgelegene Geschäft, ohne zu wissen, dass das werbende Unternehmen und das Geschäft der Stadt zwar gleichnamig, aber unabhängig voneinander und in dem Fall nicht identisch sind. Für das Unternehmen, das in der Stadt seinen Standort hat, bedeutet der Kunde eine mögliche Umsatzsteigerung. Für das werbende Unternehmen hingegen ist es möglicherweise absatzhemmend, dass ihre Werbung den Kunden nicht in ihr Geschäft führt. Findet der Kunde die gewünschte Ware allerdings nicht im Geschäft oder zu höheren Preisen, führt das zu Irritationen des Kunden und wirkt sich negativ für das Standort-Unternehmen aus, obwohl es nicht mit dem Kleidungsstück geworben hat.284 Das Verwechslungsrisiko besteht in den erweiterten Anwendungsfällen der Gleichnamigenfälle für beide Parteien. Stehen sich hingegen Gleichnamige der »echten« Fälle gegenüber, besteht für den prioritätsjüngeren Namensträger ein erhöhtes Verwechslungsrisiko, da der Verkehr den Gleichnamigen, der einen aufklärenden Hinweis trägt, eher nicht als Originalfirma ansehen wird.285 Der prioritätsältere Gleichnamige wird weniger von einer weiteren Verwechslungsgefahr betroffen sein. Die verbleibende Verwechslungsgefahr spiegelt daher die verschiedenen Interessenlagen der Gleichnamigen in den echten und unechten Kollisionssituationen wieder : Innerhalb der »echten« Fallkonstellation ist die Verwechslungsgefahr für den Prioritätsälteren geringer, so dass sein Kennzeichenrecht wie gewünscht stärker geschützt ist. Hingegen kann keinem Gleichnamigen der »unechten« Gleichnamigenfälle ein besseres Recht zugesprochen werden. Daher unterliegen beide Parteien einer positiven wie negativen Verwechslungsgefahr. Haben die verantwortlichen Parteien jedoch alles Zumutbare getan haben, um eine Verwechslungsgefahr zu vermeiden, spiegelt die verbleibende Gefahr mithin die getroffene Wertung wider, die Gleichnamigen aufgrund ihrer Namensführungsrechte nebeneinander bestehen zu lassen. Die andere gleichnamige Partei muss daher einen Rest an Verwechslungsgefahr dulden, wenn dem anderen nicht zugemutet werden kann, jegliche Verwechslungsgefahr zu unterbinden.286 284 Vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 12. 7. 2018, 3 U 28/11, Rn. 8. 285 Knaak, S. 55. 286 St. Rspr. BGH GRUR 1951, 410, 412; BGH GRUR 1952, 511, 513 – Farina Urkölsch; BGH GRUR 1957, 343, 346 – Underberg; BGH GRUR 1958, 185, 187 – Wyeth; BGH GRUR 1960,

78 IV.

Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

Fazit

Aufgrund des Namensführungsrechtes des prioritätsjüngeren Gleichnamigen innerhalb der »echten« Gleichnamigenfälle und des Besitzstandes der Gleichnamigen im erweiterten Anwendungsbereich des Gleichnamigenrechts kann der Prioritätsältere bzw. die andere gleichnamige Partei der anderen Partei die Namensführung nicht untersagen und es kommt zur Koexistenz der Zeichenträger. Um die daraus resultierende Verwechslungsgefahr für die Gleichnamigen und den Rechtsverkehr zu vermeiden, müssen der Prioritätsjüngere im klassischen Anwendungsbereich und beide Gleichnamige im erweiterten Anwendungsbereich einen aufklärenden Zusatz im Geschäftsverkehr verwenden. Die zusätzliche Nennung des Vornamens eines Gesellschafters oder des Sitzes des Unternehmens eignet sich besonders, um die Unabhängigkeit von dem anderen Gleichnamigen aufzuzeigen. Durch die Aufnahme der unterscheidenden Zusätze entsteht zwischen den Gleichnamigen eine Gleichgewichtslage, die trotz eventuell verbleibender Verwechslungsgefahr die Parteien zwingt, die andere gleichnamige Partei zu dulden.

B.

Beeinträchtigung des Interessenausgleichs

Wurde zwischen den Gleichnamigen eine Gleichgewichtslage geschaffen, die eine Koexistenz der Zeichen unter Berücksichtigung der Konsumentenbelange ermöglicht, darf dieses Gleichgewicht nicht beeinträchtigt werden. Denn der durch die Schaffung der Gleichgewichtslage auf beiden Seiten erworbene Besitzstand soll geschützt werden. Dafür muss im jeweiligen Einzelfall bestimmt werden, welche Kennzeichen zur Gleichgewichtslage gehören, welche sachlichen und räumlichen Schutzbereiche sie haben und in welchen sachlichen und räumlichen Bereichen die Gleichnamigen agieren. In Anlehnung an die diskutierten Fälle der letzten Jahre wird untersucht, inwiefern die Eintragung eines Domainnamens, Werbung oder eine Markenanmeldung die Gleichgewichtslage beeinträchtigen.

33, 36 – Zamek; BGH GRUR 1966, 499, 501 – Merck; BGH GRUR 1966, 623, 625 – Kupferberg; BGH GRUR 1968, 212, 213f. – Hellige; BGH GRUR 1985, 389, 390 – Familienname; BGH GRUR 1987, 182, 183 – Stoll; BGH GRUR 1990, 364, 366 – Baelz; BGH GRUR 1991, 393 – Ott International; BGH GRUR 1993, 579, 580f. – Römer GmbH; BGH GRUR 2008, 801, Rn. 25 – Hansen-Bau; BGH GRUR 2010, 738, 741 Rn. 18 – Peek & Cloppenburg I; Goldmann, § 17 Rn. 27.

Beeinträchtigung des Interessenausgleichs

I.

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Störung der Gleichgewichtslage

Die Verwechslungsfähigkeit der gleichnamigen Zeichen erhöht die Gefahr, die Koexistenzlage der Zeichenträger aus dem Gleichgewicht zu bringen. Um dies zu vermeiden, müssen die Parteien gegenseitig Rücksicht nehmen. Dies umfasst die Pflicht, weder die Verwechslungsgefahr zwischen ihnen erneut hervorzurufen noch sie zu steigern.287 Die Gleichnamigen dürfen daher zunächst ihre Unterscheidungszusätze, die sie als Interessenausgleich für die Entstehung der Gleichgewichtslage aufgenommen haben, nicht aufgeben.288 Allerdings kann ein Gleichnamiger aus § 23 Nr. 1 MarkenG nur das Recht ableiten, dass die andere Partei einen aufklärenden Zusatz verwendet. Es besteht hingegen kein Recht darauf, dass der Zusatz in einer bestimmten Form ausgestaltet wird. Es muss den Parteien mithin gestattet sein, zu einem gleichwertigen unterscheidenden Zusatz zu wechseln, um das Gleichgewicht aufrecht zu erhalten.289 Inwiefern es den Gleichnamigen ferner untersagt ist, ihre Tätigkeitsbereiche auszuweiten, ihr Unternehmenskennzeichen ebenso als Marke zu benutzen, und wer die den Namen enthaltende Domain anmelden darf, hängt davon ab, ob dadurch die Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG erhöht wird. Dies kann sich aus einer Verringerung des Abstands der wirtschaftlichen Tätigkeitsbereiche der Parteien ergeben, etwa aus einer Ausdehnung des sachlichen oder räumlichen Tätigkeitsgebiets der einen Partei zu Lasten der anderen.290 Ebenso wird die Verwechslungsgefahr erhöht, wenn die Kennzeichenbenutzung in einer neuen Art und Weise erfolgt.291 1.

Anmeldung einer Domain

Bei der Anmeldung einer Domain sind die Fälle problematisch, in denen Gleichnamige zunächst koexistieren, bevor eine der Parteien (z. B. bei der DENIC eG292) eine Domain beantragt und im geschäftlichen Verkehr benutzt. Für die Registrierung des Domainnamens gilt das Gerechtigkeitsprinzip der 287 BGH GRUR 1967, 356, 357 – Rabe; BGH GRUR 2011, 835, 836 – Gartencenter Pötschke; Ingerl/Rohnke, § 23 MarkenG Rn. 42. 288 BGH GRUR 1966, 499, 500 – Merck; BGH GRUR 1987, 182, 184 – Stoll; BGH GRUR 1991, 780, 782 – TRANSATLANTISCHE. 289 BGH GRUR 1984, 378 – Hotel Krone; Teplitzky, in: Großkommentar, 2006, § 16 UWG Rn. 417f. 290 St. Rspr. vgl. BGH GRUR 2008, 801, 802 Rn. 20 – Hansen-Bau. 291 BGH GRUR 1966, 499, 500 – Merck; BGH GRUR 2011, 623 – Peek & Cloppenburg II. 292 DENIC eG steht für Deutsches Network Information Center und ist eine eingetragene Genossenschaft, die für den Betrieb und die Verwaltung der Top-Level-Domain ».de« zuständig ist.

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Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

Priorität (»first come, first served«).293 Maßgeblich ist, wer den Domainnamen zuerst für sich registrieren lässt, wobei es ausschließlich auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Domain und nicht auf die Priorität des Kennzeichenerwerbs im nicht virtuellen Rechtsverkehr ankommt.294 Um eine eindeutige Identifizierbarkeit zu gewährleisten, kann nur ein Namensträger unter dem gewählten Namen im Internet auftreten, so dass unter einer Top Level Domain jede Second Level Domain nur einmal vergeben wird.295 Dieses Gerechtigkeitsprinzip der Priorität wurde zunächst bei rein generischen Domains, also solchen, die Gattungsbegriffe darstellen, festgeschrieben.296 Hintergrund ist, dass an reinen Gattungsbegriffen kein Kennzeichenrecht entstehen kann und deswegen Dritte auch nicht anspruchsberechtigt sind, die Kennzeichenverwendung zu untersagen. Mithin musste derjenige, der den Domainnamen für sich zuerst registrierte, keine Einwände eines Dritten fürchten. Das Prinzip wurde schließlich in der shell.de-Entscheidung auf nicht generische Domains ausgeweitet.297 Mithin können sich auch gleichnamige Unternehmen wie Peek & Cloppenburg im Grundsatz auf das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität berufen. Da der Domainname unter einer Top Level Domain nur einmal vergeben wird, darf der Gleichnamige, der die Domain erhält, berechtigterweise davon ausgehen, dass er der erste ist und mithin die Domain im geschäftlichen Verkehr benutzen darf. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der andere Gleichnamige gegenüber der Domain anmeldenden Partei eine überragende Bekanntheit genießt.298 Im Gegensatz zu einzelnen Gattungsbezeichnungen, an denen kein originär unterscheidungskräftiges Kennzeichenrecht entsteht, kann jedoch an anderen für die Domain verwendeten Namen (wie Peek & Cloppenburg) ein Unternehmenskennzeichenrecht bestehen, das dem Inhaber ein ausschließliches Recht gewährt. Es ermöglicht, ihm die Verwendung einer verwechslungsfähigen Domain eines gleichnamigen Kontrahenten gemäß § 15 Abs. 2, 4 MarkenG zu untersagen. Beispielsweise stritten in dem Fall Peek & Cloppenburg I299 die P & C KG Düsseldorf und die P & C KG Hamburg um die Verwechslungsfähigkeit und die daraus möglicherweise resultierenden Unterlassungsansprüche zwischen den Domainnamen »peekundcloppenburg.de«, »peekundcloppenburg.com«, »peek-cloppenburg.de«, »pundc.de« sowie »p-und-c.com« einerseits und den Namen des an293 BGH GRUR 2001, 1061, 1064 – Mitwohnzentrale.de; fortführend BGH GRUR 2002, 622, 625 – shell.de; BGH GRUR 2010, 738, 741 Rn. 12 – Peek & Cloppenburg I. 294 Im Gegensatz dazu das Anciennitätsprinzip, vgl. dazu Körner, NJW 2002, 3442, 3444. 295 Linke, CR 2002, 271, 272; Krumpholz, S. 38. 296 BGH GRUR 2001, 1061, 1064 – Mitwohnzentrale.de; BGH GRUR 2001, 1038 – ambiente.de. 297 BGH GRUR 2002, 622, 625 – shell.de; siehe dazu Körner, BGH NJW 2002, 3442; Linke, CR 2002, 271. 298 BGH GRUR 2002, 622, 625 – shell.de. 299 BGH GRUR 2010, 738 – Peek & Cloppenburg I.

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deren Gleichnamigen »p-und-c.de«, »puc-online.de«, »peek-und-cloppenburg.de« und »peek-und-cloppenburg.com« andererseits. Für eine Verletzung des Kennzeichenrechts muss das Kennzeichen im geschäftlichen Verkehr firmenmäßig benutzt werden. Die Benutzung eines Domainnamens stellt eine kennzeichenmäßige Verwendung i. S. d. § 15 Abs. 2 MarkenG dar, wenn der Verkehr darin keine bloße Adressbezeichnung, sondern den Hinweis auf das Unternehmen erkennt.300 Domainnamen, die zu einer aktiven, im geschäftlichen Verkehr verwendeten Homepage führen, kommt neben der Adressfunktion diese kennzeichnende Funktion zu,301 sofern der Verkehr die Adresse nicht nur rein beschreibend auffasst.302 Die Gleichgewichtslage zwischen Gleichnamigen wird durch die Domainanmeldung eines Unternehmens gestört, indem das Unternehmen durch die Verwendung des gemeinsamen Namensbestandteils im geschäftlichen Verkehr das Publikum dazu verleitet, die Darstellung im Internet auf das andere gleichnamige Unternehmen zu beziehen.303 Eine über den Wirkungskreis hinausgehende Abrufbarkeit der Seite suggeriert dabei eine Verfügbarkeit der Waren in dem Wirkungskreis des anderen Gleichnamigen, so dass die Produkte verwechselt werden können304 oder zumindest von einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen den unabhängigen Unternehmen ausgegangen wird. Dabei prägt der Gesamteindruck die Domain. Für die Bejahung der Verwechslungsgefahr reicht es daher aus, wenn die Secondbzw. Third-Level Domain mit dem geschützten Unternehmenskennzeichen weitestgehend übereinstimmt. Die Top-Level-Domain305ist für den prägenden Namensbestandteil irrelevant, da sie als erkennbare Länderkennzeichnung nicht als individualisierend angesehen wird und kann mithin verschieden sein.306 Ergibt sich der beschränkte Wirkungskreis nicht ausreichend deutlich aus dem Internetauftritt, nähern sich die Gleichnamigen an und es liegt folglich eine Störung der Gleichgewichtslage vor.307

300 BGH GRUR 2005, 871, 873 – Seicom; BGH GRUR 2009, 685, 687 Rn. 20 – ahd.de; BGH GRUR 2013, 638, 641 Rn. 27 – Völkl. 301 BGH GRUR 2009, 1055, 1058 Rn. 49 – airdsl; BGH GRUR 2012, 832, 834 Rn. 19 – ZAPPA; Ingerl/Rohnke, § 15 MarkenG Rn. 80; Sosnitza, § 23 Rn. 15. 302 Vgl. dazu BGH GRUR 2012, 832, 834 Rn. 20 – ZAPPA; OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 256– 24translate; OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 178. 181 – schufafreierkredit; vgl. zur Schutzfähigkeit von Domains Leyendecker-Langner, MMR 2014, 288f. 303 BGH GRUR 2010, 738, 742 Rn. 26 – Peek & Cloppenburg I. 304 BGH GRUR 2010, 738, 742 Rn. 26 – Peek & Cloppenburg I. 305 Z. B. ».de« oder ».com«. 306 BPatG CR 2003, 482 – handy.de; BPatG GRUR 2004, 336 – beauty24.de; LeyendeckerLangner, MMR 2014, 288, 290. 307 BGH GRUR 2010, 738, 742 Rn. 22ff. – Peek & Cloppenburg I; zur Abgrenzung vgl. BGH GRUR 2006, 159 – hufeland.de.

82 2.

Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

Expansion

Dehnt einer der Gleichnamigen seinen Wirkungskreis räumlich308 oder sachlich309 auf den Wirkungskreis des anderen Gleichnamigen aus, sind die gleichnamigen Parteien im selben Markt präsent. Der Verkehr, der den Namen des einen Gleichnamigen mit den von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen in einem bestimmten Gebiet verbindet, unterliegt dadurch der Gefahr, das Angebot gleicher oder ähnlicher Produkte oder Dienstleistungen unter gleichem Namen i. S. d. § 15 Abs. 2 MarkenG zu verwechseln. Der Abstand zwischen den wirtschaftlichen Tätigkeitsbereichen verringert sich folglich310 und die Gleichgewichtslage wird gestört. 3.

Werbung

Wird das eigene Angebot im Internet werbend angeboten, so stellt dies keine Ausdehnung des Tätigkeitsfeldes dar, sofern es keine weiteren Anhaltspunkte gibt, die auf eine Expansion schließen lassen.311 Allerdings kann die Ausgestaltung der Print- und/oder Online-Werbung die Gleichgewichtslage stören, wenn ein Gleichnamiger mit seinem verwechslungsfähigen Zeichen im Tätigkeitsgebiet des anderen wirbt.312 In den aktuellen Entscheidungen zur Printwerbung Peek & Cloppenburg III, IV313 veröffentlichte die P & C KG Düsseldorf in überregionalen Zeitungen und Zeitschriften bundesweit Werbung für ihr Unternehmen. Die Anzeigen erschienen ebenso im norddeutschen Raum, dem vertraglich ausschließlich festgelegten Standort der P & C KG Hamburg. Dies begründete die Gefahr, dass der Verkehr die Anzeigen in Norddeutschland dem Hamburger Unternehmen zuordnete. Mithin steigert Printwerbung, die über den eigenen Tätigkeitsbereich hinaus betrieben wird, die Verwechslungsgefahr i. S. d. § 15 Abs. 2 MarkenG, sofern dem Verkehr nicht bekannt ist, dass zwei wirtschaftlich und rechtlich unabhängige Unternehmen unter dem Namen firmieren.314 Online-Werbung ist über den Wirkungskreis bundesweiter Printwerbung Vgl. dazu OLG Hamm GRUR-Prax 2014, 34 – Die Grünen. BGH GRUR 2013, 638 – Völkl. BGH GRUR 2013, 638 – Völkl. BGH GRUR 2006, 159, 160 @ hufeland.de; BGH GRUR 2005, 431, 432 @ Hotel Maritime; BGH GRUR 2005, 262, 263f. – soco.de. 312 Vgl. BGH GRUR 2013, 397 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201 – Peek & Cloppenburg IV; zur Werbung außerhalb des eigenen Tätigkeitsbereiches BGH GRUR 2016, 1073 – Geo-Targeting. 313 BGH GRUR 2013, 397 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201 – Peek & Cloppenburg IV. 314 BGH GRUR 2013, 397, 399 Rn. 20f. – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 203 Rn. 19 – Peek & Cloppenburg IV. 308 309 310 311

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hinaus sogar weltweit abrufbar, so dass ein gleichnamiges Unternehmen über seinen räumlichen Tätigkeitsbereich hinaus präsent ist, wenn die Gleichnamigen ihre Tätigkeitsgebiete beschränkt haben. Dies begründet die Gefahr, die Werbung einem anderen Gleichnamigen fehl zu zu rechnen und stört mithin die Gleichgewichtslage. 4.

Markenanmeldung

Marken können zum rechtlich geschützten Besitzstand der Gleichgewichtslage gehören, wenn sie über einen andauernden Zeitraum genutzt und von dem anderen Gleichnamigen geduldet wurden.315 Problematisch sind daher wiederum die Fälle, in denen die Gleichnamigen koexistieren, bevor einer von ihnen eine Marke anmeldet, um nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch seine Waren und Dienstleistungen zu kennzeichnen. Der Gleichnamige möchte vor allem von dem Wiedererkennungseffekt des Unternehmensnamens profitieren, wenn er sich für die Bezeichnung der Marke an diesem orientiert. Wird das Unternehmenskennzeichen eines Gleichnamigen oder ein Bestandteil des Kennzeichens als Marke eingetragen, ermöglicht dies, die Waren und Dienstleistungen im gesamten Bundesgebiet mit dieser Marke zu kennzeichnen. Daher werden Produkte und Dienstleistungen auch in Regionen mit der gleichlautenden Marke gekennzeichnet, in denen der kennzeichnende Gleichnamige eventuell nicht tätig ist. Die Verwechslungsgefahr steigt so zu dem in diesen Regionen agierenden Gleichnamigen an, für den das verwendete Kennzeichen des anderen Gleichnamigen ebenso prägend ist.316 Es entsteht zudem der fälschliche Eindruck, dass der Markenanmelder eine Allein- oder Vorrangstellung innehat,317 obwohl die Gleichnamigen sich in einer austarierten Gleichgewichtslage befinden. Das Kennzeichen nicht nur als Unternehmensnamen, sondern auch als Marke zu benutzen, stört mithin die Gleichgewichtslage zwischen den Gleichnamigen. Eine Störung kann ebenso darin liegen, dass Marken für weitere als bisher angemeldete Waren- und Dienstleistungsklassen registriert werden, da dies den sachlichen Tätigkeitsbereich erweitert.318

315 Vgl. BGH GRUR 2011, 623 – Peek & Cloppenburg II; BGH GRUR 2011, 835 – Gartencenter Pötschke. 316 Vgl. OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 384, 385f. – Der Wendler. 317 BGH GRUR 2003, 897, 898 – maxem.de; BGH GRUR 2011, 623, 628 Rn. 53 – Peek & Cloppenburg II. 318 BGH GRUR 2011, 623, 627f. Rn. 51, 53f. – Peek & Cloppenburg II.

84 II.

Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

Rechtfertigung der Störung

Die Störung der Gleichgewichtslage durch die Domainanmeldung, Expansion, Werbung oder Markenanmeldung kann jedoch gerechtfertigt sein. Der konkrete Besitzstand an dem Unternehmenskennzeichenrecht wird eigentumsrechtlich sowie nach Art. 2 Abs. 1 GG gewährt. Der Schutz umfasst das Kennzeichen samt der unterscheidungskräftigen Zusätze, die für die Herstellung der Gleichgewichtslage erforderlich sind. Dieses Recht steht dem gleichnamigen Kennzeichenträger allerdings nicht schrankenlos zu. Sein Schutzumfang wird erst durch die Be-stimmungen des Markengesetzes konkretisiert. Dazu zählen im Kollisionsfall auch die Vorschriften zum Schutz von Kennzeichenrechten Dritter und die damit verbundenen Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen.319 Nach § 23 Nr. 1 MarkenG hat der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr dessen Namen zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Um die auf beiden Seiten bestehenden Namens- und Besitzstandsinteressen zu wahren, darf die Verwendung des verwechslungsfähigen Zeichens im Gleichnamigenrecht nicht als sittenwidrig i. S. d. § 23 Nr. 1 MarkenG bewertet werden, sofern der andere Gleichnamige ein berechtigtes Interesse an der Benutzung des Zeichens hat und alles Erforderliche und Zumutbare getan hat, um die Steigerung der Verwechslungsgefahr zu vermeiden.320 1.

Schutzwürdiges Interesse an der Störung

Ob ein berechtigtes Interesse an der Benutzung des gleichlautenden Unternehmenskennzeichenrechts als Name321 i. S. d. § 23 Nr. 1 Alt. 1 MarkenG besteht, hängt davon ab, ob das Verhalten des handelnden Gleichnamigen selbst von der grundrechtlich geschützten unternehmerischen Handelsfreiheit gedeckt ist.

319 BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 36 – Peek & Cloppenburg III. 320 BGH GRUR 1984, 378 – Hotel Krone; BGH GRUR 1987, 182, 183 – Stoll; BGH GRUR 1995, 754, 759 – Altenburger Spielkartenfabrik; BGH GRUR 2010, 738, 741f. Rn. 19 – Peek & Cloppenburg I; BGH GRUR 2011, 623, 626 Rn. 37 – Peek & Cloppenburg II; BGH GRUR 2011, 835, 836 Rn. 16 – Gartencenter Pötschke; BGH GRUR 2013, 397, 398 Rn. 18 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR 2013, 638, 641 Rn. 39 – Völkl; BGH GRUR-RR 2014, 201, 202f. Rn. 17 – Peek & Cloppenburg IV; Knaak bezeichnet es in GRUR-Prax 2013, 171 als dreistufige Prüfung. 321 Auf dieses Tatbestandsmerkmal wird nur eingegangen, wenn die Benutzung des Unternehmenskennzeichens möglicherweise nicht als Namensbenutzung zu qualifizieren ist.

Beeinträchtigung des Interessenausgleichs

a.

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Domainanmeldung

(1) Domainanmeldung als Namensbenutzung Zu klären ist zunächst, ob die Domainanmeldung eine Namensbenutzung nach § 23 Nr. 1 Alt. 1 MarkenG darstellt. Meldet ein Gleichnamiger für sein Unternehmen eine Domain an, verwendet er den Unternehmensnamen, um eine hohe Trefferquote bei Suchanfragen zu generieren. Der angemeldeten Domain kann vergleichbar einer Adresse ein eindeutiger Webspeicherplatz im Internet zugeordnet werden. Für die Legitimierung der Domainanmeldung nach § 23 Nr. 1 MarkenG kommt daher sowohl eine Benutzung des Unternehmenskennzeichens als Name als auch der Anschrift in Betracht. Die Privilegierung der Namensnutzung nach § 23 Nr. 1 Alt. 1 MarkenG leitet sich aus dem ausgeführten Grundsatz ab, dass niemand an der lauteren Führung seines Namens im geschäftlichen Verkehr gehindert werden soll.322 Hingegen wird die Verwendung der Adresse erlaubt, um die Unsicherheit auszugleichen, zwar den Geschäftssitz frei wählen zu können, aber keinen Einfluss auf die Bezeichnung des Sitzes zu haben.323 Die Einordnung der Domainanmeldung als Name oder Adresse hängt mithin davon ab, ob die Anmeldung frei wählbar oder unbeeinflussbar ist. Domainnamen haben wie aufgezeigt zwar eine adressähnliche Funktion. Jedoch kann der gleichnamige Anmelder, vorbehaltlich der Rechte anderer, den Domainnamen frei wählen. Die Domainanmeldung ist daher als Namensbenutzung zu begreifen.324 (2) Berechtigtes Interesse an der Namensbenutzung Die Wahl und Ausgestaltung eines Marketingkonzepts für das Unternehmen obliegt dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG. Der Unternehmensinhaber muss uneingeschränkt entscheiden können, ob er für seine Waren und Dienstleistungen mithilfe seines Unternehmenskennzeichens auf einer Homepage werben möchte. Um einen großen Kundenkreis zu erreichen, eignet sich der Unternehmensname als Domainname besonders gut. Selbst Kunden, die die Seite erstmals besuchen und den Domainnamen nicht kennen, können über die Eingabe des Unternehmensnamens auf die Seite gelenkt werden, so dass der Unternehmensinhaber von dem Wiedererkennungswert des Namens profitiert und mithin ein berechtigtes Interesse an der Verwendung des Kennzeichens hat. 322 BT-Drucks. 12/6581, S. 80. 323 Kretschmar, in: BeckOK MarkenR, § 23 MarkenG Rn. 19; Völker, WRP 1997, 652, 659. 324 Vgl. Ingerl/Rohnke, § 23 Nr. 1 MarkenG Rn. 25; Fezer, § 23 MarkenG Rn. 53; Kretschmar, in: BeckOK MarkenR, § 23 MarkenG Rn. 20; Völker, WRP 1997, 652, 659; Nordemann, NJW 1997, 1891, 1895; Jonas/Schmitz, GRUR 2000, 183, 185; Krumpholz, S. 93, 168f. m. w. N.; Florstedt, S. 69ff., 74ff. m. w. N.; a. A. Kur, CR 1996, 590, 593.

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Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

Das für die Domainanmeldung geltende Gerechtigkeitsprinzip der Priorität manifestiert diese Wertung, dass demjenigen, der sein Unternehmenskennzeichen als erster in den Domainnamen einbindet im Grundsatz das Recht zusteht. Er muss einem anderen Gleichnamigen nicht weichen,325 es sei denn dieser kann ein überwiegendes Interesse nachweisen.326 b. Expansion Das Erschließen weiterer Absatzmärkte beruht auf einem gewöhnlichen Unternehmenswachstum im Wirtschaftsleben.327 Gleichnamige Unternehmenskennzeichenträger können aus ihrer Gleichnamigkeit kein Monopol auf einen bestimmten Wirtschaftsraum ableiten, sondern bleiben der Konkurrenz ausgesetzt. Es entspricht dem Prinzip des Wettbewerbs, das Unternehmen ihre Qualität und Quantität verbessern wollen, um ein Unternehmenswachstum zu erreichen,328 so dass ein schutzwürdiges Interesse an der Störung besteht. c. Werbung Zu den potenziellen Kunden eines in einem erheblichen Teil Deutschlands tätigen Unternehmens gehören nicht nur diejenigen, die in den Städten der jeweiligen Unternehmensstandorte wohnen. Es muss die Möglichkeit bestehen, neue Kunden aus anderen Regionen zu werben, die nur gelegentlich an einen Ort fahren, an dem eine Filiale des werbenden Unternehmens betrieben wird.329 Daher muss eine Imagewerbung im gesamten Bundesgebiet und mithin auch in dem nicht originären Tätigkeitsbereich des werbenden Unternehmens möglich sein.330 Es darf daher nicht darauf ankommen, ob eine Werbung mit vertretbarem Aufwand und ohne Einschränkungen der Werbewirkung auf den Tätigkeitsbereich beschränkt werden kann.331 Neben der Printwerbung gewinnt die Onlinewerbung stetig an Wichtigkeit und verzeichnet ihr gegenüber steigende Umsätze.332 Da die Wahl und Ausgestaltung eines Marketingkonzepts dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG unterliegt, muss der Werbende uneingeschränkt zwischen Print- und 325 326 327 328 329 330 331 332

BGH GRUR 2010, 738, 742f. Rn. 29 – Peek & Cloppenburg I. BGH GRUR 2002, 622, 625 – shell.de. Scholz, GRUR 1996, 679, 684f. Im Ergebnis so auch Schmitt-Gaedke/Arz, WRP 2013, 751, 753. BGH GRUR-RR 2014, 201, 203 Rn. 23 – Peek & Cloppenburg IV. BGH GRUR-RR 2014, 201, 203 Rn. 23 – Peek & Cloppenburg IV. So diskutiert in BGH GRUR 2013, 397, 399 Rn. 22 – Peek & Cloppenburg III. Vgl. zu den deutlich steigenden Umsätzen der Onlinewerbung im Verhältnis zur Printwerbung PwC, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/165473/umfrage/umsatzent wicklung-von-onlinewerbung-seit-2005/ und BDZV, https://de.statista.com/statistik/da ten/studie/239823/umfrage/anzeigen-und-beilagenumsaetze-der-zeitungen-in-deutschland/, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018.

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Onlinewerbung wählen können. Unabhängig davon, ob mithilfe von Geo-Targeting und Keyword-Advertising bei Online-Werbung eine räumliche und sachliche Eingrenzung der Zielgruppe erreicht werden könnte,333 darf es daher wie bei der Printwerbung nicht darauf ankommen, ob die Werbewirkung beschränkt werden kann. Es besteht folglich ein berechtigtes Interesse an Printwerbung in bundesweiten Medien und Onlinewerbung, wenn das Unternehmen in einem erheblichen Teil Deutschlands tätig ist.334 d. Markenanmeldung Umstritten ist, ob das Namensführungsrecht bzw. der Besitzstand soweit reichen, dass die firmenmäßige Benutzung des Zeichens auf eine kennzeichenmäßige Benutzung ausgedehnt werden kann. (1)

Begrenztes berechtigtes Interesse an der Übertragung der firmenrechtlichen Grundsätze auf die Markenanmeldung Die Rechtsprechung und ein Teil der Literatur sind der Ansicht, dass die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen es prinzipiell nicht rechtfertigen, die Unternehmensbezeichnung zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen zu verwenden.335 Die im Firmenrecht getroffene Abwägung, die Koexistenz von Gleichnamigen zu ermöglichen, beruhe vor allem auf dem Gedanken, dass der Familienname ein übliches (früher sogar vorgeschriebenes) Element zur Bildung von Firmenzeichen war und es niemandem verwehrt werden könne, seinen Namen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen.336 Anders als das stark persönlichkeitsrechtlich orientierte Firmenrecht, ist das Markenrecht als Teil des gewerblichen Rechtsschutzes primär wirtschaftlich ausgerichtet. Ein Bedürfnis, den Namen auch als Marke einzutragen, bestehe mithin in weit geringerem Maße als für die Führung des eigenen Namens als Firma. Ein vergleichbares schützenswertes Interesse für die Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen existiere nicht.337 333 BGH GRUR 2016, 1073 – Geo-Targeting; kritisch dazu Rehart, MMR 2016, 682, 683. 334 Zur Printwerbung vgl. BGH GRUR 2013, 397, 399 Rn. 22 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 203 Rn. 20, 22f. – Peek & Cloppenburg IV. 335 BGH GRUR 1966, 499, 501 – Merck; BGH GRUR 1986, 402, 403 – Fürstenberg; BGH GRUR 1991, 475, 478 – Caren Pfleger ; BGH GRUR 2011, 623, 626 Rn. 38 – Peek & Cloppenburg II; BGH GRUR 2011, 835, 837 Rn. 20 – Gartencenter Pötschke; Fezer, § 15 MarkenG Rn. 154; Thiering, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 23 MarkenG Rn. 29; Ingerl/Rohnke, § 23 MarkenG Rn. 36; Kurbel, S. 219f. 336 BGH GRUR 1952, 511, 515 – Farina Urkölsch; BGH GRUR 1960, 33, 35f. – Zamek; BGH GRUR 1966, 623 – Kupferberg. 337 BGH GRUR 1966, 499, 501 – Merck; BGH GRUR 1991, 475, 478 – Caren Pfleger ; BGH GRUR 2011, 623, 626 Rn. 40 – Peek & Cloppenburg II, BGH GRUR 2011, 835, 837 Rn. 20 – Gartencenter Pötschke; Knaak, S. 118.

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Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

Die Rechtsprechung weicht von ihrem Grundsatz, dass kein berechtigtes Interesse an einer Markenanmeldung bestehe, lediglich ab, wenn das Interesse, den Namen als Marke zu nutzen, dem Interesse, den Namen als solchen zu benutzen, entspricht.338 Deshalb kämen nur besonders wichtige Gründe in Betracht, die ausnahmsweise eine Verwendung des Namens rechtfertigten. Dieses Interesse ist nach der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur zu bejahen, wenn eine so enge Beziehung zwischen der Ware und dem Namen besteht, dass es für den Namensträger unzumutbar wäre, auf die Benutzung seines Namens als Marke zu verzichten.339 Dies trifft beispielsweise zu, wenn ein Namensträger bei der Schaffung oder Gestaltung einer bestimmten Ware besonders schöpferisch tätig war, so dass der Verkehr die Ware auf Grund dieser schöpferischen Leistung ohnehin mit dem Namensträger identifiziert, etwa in der Modebranche.340 Es reiche hingehen nicht aus, dass die markenmäßige Verwendung des Namens zweckmäßig und sinnvoll erscheine.341 Die wirtschaftliche Weiterentwicklung sei daher nur gerechtfertigt, wenn ältere Marken zur Gleichgewichtslage gehörten und eine neue Markenanmeldung einen nur geringfügig abweichenden Waren – oder Dienstleistungsbereich erfasse.342 Insofern müsse der aus der älteren Marke erwachsene Besitzstand fortentwickelt werden können.343 (2)

Allgemein berechtigtes Interesse an der Übertragung firmenrechtlicher Grundsätze auf die Markenanmeldung Allerdings wird das Gleichnamigenrecht mittlerweile auch auf Fälle angewendet, in denen sich keine Familiennamen, sondern auch Fantasiebezeichnungen und schutzwürdige Besitzstände gegenüberstehen.344 Der persönlichkeitsrechtliche Anknüpfungspunkt ist mithin selbst in der Rechtsprechung nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium für die Anwendung des Gleichnamigenrechts und darf es folglich auch nicht für ein (nicht) bestehendes berechtigtes Interesse an einer Markenanmeldung sein.345 Die darüber hinaus gehende Entscheidung der Rechtsprechung, bei schöp338 BGH GRUR 2011, 835, 837 Rn. 24 – Gartencenter Pötschke. 339 BGH GRUR 1991, 475, 478 – Caren Pfleger ; BGH GRUR 2011, 623, 627 Rn. 42 – Peek & Cloppenburg II; BGH GRUR 2011, 835, 837 Rn. 22 – Gartencenter Pötschke; Thiering, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 23 MarkenG Rn. 29; Ingerl/Rohnke, § 23 MarkenG Rn. 36; Fezer, § 15 MarkenG Rn. 154. 340 BGH GRUR 1991, 475, 478 – Caren Pfleger ; BGH GRUR 2011, 623, 627 Rn. 42 – Peek & Cloppenburg II; BGH GRUR 2011, 835, 837 Rn. 22 – Gartencenter Pötschke. 341 BGH GRUR 2011, 623, 627 Rn. 44 – Peek & Cloppenburg II; BGH GRUR 2011, 835, 837 Rn. 24 – Gartencenter Pötschke. 342 BGH GRUR 1971, 309, 312 – Zamek II; BGH GRUR 2011, 623, 627 Rn. 49 – Peek & Cloppenburg II. 343 BGH GRUR 1971, 309, 312 – Zamek II. 344 Vgl. unter S. 57. 345 Vgl. ebenso Schmitt-Gaedke/Arz, WRP 2013, 751, 754f.

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ferischer Qualität der Arbeit eine Markenanmeldung zu erlauben, bei wirtschaftlichem Interesse hingegen nicht, wirkt zudem sehr willkürlich.346 Schließlich ist z. B. eine besondere Marketingleistung, die ein Unternehmer zur Vermarktung seiner Produkte und Dienstleistungen erbringt, nicht geringwertiger einzuschätzen als eine schöpferische Leistung und sollte damit ebenso honoriert werden.347 Die Markenanmeldung ausschließlich für schöpferische Leistungen zu erlauben, ist mithin nicht interessengerecht. (3) Stellungnahme Firmen wie die Bosch GmbH oder Siemens AG zeigen, dass sich Namensmarken auch außerhalb schöpferischer Leistungen wie der Modebranche durchsetzen können und es nicht unüblich ist, die Waren mit dem Namen zu kennzeichnen. Umso fraglicher ist es, warum es bei einer zweckmäßigen und wirtschaftlich sinnvollen Verwendung des Unternehmenskennzeichens nicht möglich sein sollte, Marken anzumelden. So wäre eine Weiterentwicklung der Zeichen möglich und die Gleichnamigen wären nicht auf den gegenwärtigen Zustand beschränkt. Schmitt-Gaedke und Arz schlagen daher als Alternative zur Rechtsprechung vor, die Markenanmeldung von dem ursprünglichen Verhältnis der Gleichnamigen abhängig zu machen: Standen sich die Gleichnamigen als »echte Gleichnamige« gegenüber, so stehe dem Prioritätsälteren weiterhin das bessere Recht zu, das es ihm ermögliche, Marken anzumelden. Gegen die vom Prioritätsjüngeren angemeldeten Marken könne der ältere Gleichnamige sein älteres Kennzeichen einwenden.348 Da bei den »unechten Gleichnamigenfällen« keiner der Gleichnamigen Priorität besitze, könnten beide uneingeschränkt Marken anmelden.349 Allerdings erwerben beide Gleichnamigen durch die Schaffung der Gleichgewichtslage einen zu schützenden Besitzstand. Unabhängig von dem einst bestehenden Verhältnis der Gleichnamigen zueinander steht, nachdem die Gleichgewichtslage zwischen ihnen hergestellt wurde, keiner Partei ein besseres Recht zu. Eine Unterscheidung zwischen echter und unechter Gleichnamigensituation vorzunehmen, ist mithin zum Zeitpunkt der Störung der Gleichgewichtslage nicht interessengerecht. Dass auch in echten Gleichnamigensituationen der Besitzstand der jüngeren Gleichnamigen geschützt werden muss, erkennen Schmitt-Gaedke und Arz daher fälschlicherweise nur in Ausnahmesituation an.350 Jedoch ist ihre Feststellung, dass bei unechten Gleichnamigen346 347 348 349 350

Scholz, GRUR 1996, 679, 687. Vgl. Scholz, GRUR 1996, 679, 686f. Schmitt-Gaedke/Arz, WRP 2013, 751, 755. Schmitt-Gaedke/Arz, WRP 2013, 751, 755. Schmitt-Gaedke/Arz, WRP 2013, 751, 755.

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situationen keiner ein besseres Recht innehat, mit der Situation nach der Herstellung der Gleichgewichtslage identisch. Überträgt man mithin ihren Ansatz auf die Störung der Gleichgewichtslage, so kommt man zu dem m. E. richtigen Ergebnis, dass beide gleichnamigen Parteien ein berechtigtes Interesse an einer Markenanmeldung haben. Denn dem unternehmerischen Handeln und der unternehmerischen Persönlichkeit des Kennzeichenträgers wird nur genügt, wenn es ihm möglich ist, seine Waren und Dienstleistungen zu vermarkten, um innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise bekannt zu werden und Firma und Produkt als Einheit anzupreisen.351 Eine Markenanmeldung stärkt dadurch die eigene unternehmerische Entwicklung des Gleichnamigen auf dem Markt, aber auch seine Position gegenüber Dritten, die sich dem Kennzeichen nähern und durch das Schutzrecht der Marke abgewendet werden können.352 Es besteht mithin entgegen der Rechtsprechung ein allgemeines Interesse, eine Marke anzumelden.

2.

Verringerung der Verwechslungsgefahr

Es ist im Wege einer umfassenden Interessenabwägung zu bestimmen, was erforderlich und zumutbar ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hinnehmbares Maß zu verringern353 und so die Sittenwidrigkeit der Benutzung i. S. d. § 23 Nr. 1 MarkenG auszuschließen. a. Maßnahmen Der erforderliche Abstand kann durch unterscheidungskräftige Zusätze zum Unternehmenskennzeichen erreicht werden.354 Besteht bereits eine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage und führt die Störung nicht zu einer Ausweitung des Tätigkeitsgebietes, so reichen aufklärende Hinweise als milderes Mittel im Vergleich zu unterscheidungskräftigen Zusätzen aus.355 (1) Bei der Domainanmeldung Bei einer Domainanmeldung kommen als mögliche Maßnahmen, um die Verwechslungsgefahr zu unterbinden, ein generelles Verbot der Domainanmeldung, die Aufnahme eines aufklärenden Hinweises oder das Domainnamensharing in Betracht. 351 352 353 354 355

Scholz, GRUR 1996, 679, 687. Schmitt-Gaedke/Arz, WRP 2013, 751, 755. BGH GRUR 2008, 801, 802 Rn. 25 – Hansen-Bau. BGH GRUR 1995, 754, 758ff. – Altenburger Spielkartenfabrik. Zu milderen Mitteln BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de; zur Abhängigkeit von der Ausdehnung des Tätigkeitsgebietes BGH GRUR 2013, 397, 399 Rn. 26 – Peek & Cloppenburg III.

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(a) Nutzungsuntersagung Ein berechtigter Namensträger wird durch die Domainanmeldung eines gleichnamigen Dritter unter einer bestimmten Top-Level-Domain von der eigenen Nutzung des Namens unter dieser Top-Level-Domain ausgeschlossen.356 Um die Namensrechte des einen Gleichnamigen nicht stärker als die des anderen zu bewerten, könnte es daher angezeigt sein, Gleichnamigen eine Domainanmeldung generell zu untersagen. Dies widerspräche jedoch dem Gerechtigkeitsprinzip der Priorität für Domainanmeldungen, das ebenso zwischen Gleichnamigen gilt, und eine Ausnahme von dem Prioritätsprinzip lediglich zulässt, wenn die schutzwürdigen Interessen der Parteien von deutlich unterschiedlichem Gewicht sind.357 Und selbst dann folgt daraus keine generelle Nutzungsuntersagung des Domainnamens für die Parteien, sondern es wird der Partei mit den bedeutenderen Interessen entgegen der Priorität der Vorrang gewährt. Um dem Rücksichtnahmegebot zu genügen, könnte der Gleichnamige den angemeldeten Domain-Namen dem anderen Gleichnamigen alternativ übertragen.358 Diese Möglichkeit würde allerdings ebenso das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität zwischen Gleichnamigen missachten und das Namensrecht des einen über das des anderen stellen, was im Grundsatz nicht möglich ist. Selbst das Namensrecht des einst prioritätsälteren Gleichnamigen darf keinen Vorrang haben, da es, wie beschrieben, für die Domainregistrierung ausschließlich auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Domain und nicht auf die Priorität des Kennzeichenerwerbs im nicht virtuellen Rechtsverkehr ankommt. Eine Übertragung der Adresse könnte zudem die Verbraucher verwirren. Die Interessenabwägung der sich gegenüberstehenden Interessen gebietet es daher, mildere Mittel als ein Nutzungsverbot einer oder beider Parteien zu wählen. (b)

Aufnahme eines unterscheidenden Zusatzes im Domain-Namen bei Onlineauftritten mit Kaufoption Nach der Rechtsprechung reicht es aus, einen leicht erkennbaren Hinweis auf der ersten Seite des Internetauftritts zu vermerken, dass es sich um den eigenen und nicht um den Internetauftritt des anderen Gleichnamigen handelt.359 Die Aufnahme eines unterscheidenden Zusatzes in der Second-Level-Domain soll dem Registrierenden hingegen nur im Ausnahmefall zumutbar sein, wenn der andere 356 Vgl. BGH GRUR 2002, 622, 624 – shell.de; BGH GRUR 2003, 897 – maxem.de. 357 OLG Hamm NJW-RR 1998, 909 – krupp.de; LG Hamburg MMR 2000, 620 – joop.de; BGH GRUR 2002, 622, 625 – shell.de; BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de; BGH GRUR 2010, 738, 743 – Peek & Cloppenburg I; näher dazu Körner, NJW 2002, 3442; Linke, CR 2002, 271. 358 Vgl. BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de. 359 BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de; BGH GRUR 2010, 738, 743 – Peek & Cloppenburg I.

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Gleichnamige überragend bekannt ist.360 Dabei verkennt die Rechtsprechung jedoch, dass mit einer weltweit abrufbaren Internetadresse möglicherweise die Ausdehnung des Tätigkeitsbereiches verbunden ist. In diesem Fall wäre die bloße Aufnahme eines bloßen Hinweises nicht ausreichend, um dem Rücksichtnahmegebot zu genügen. Ob die Anmeldung einer Domain die Ausweitung des Tätigkeitsbereiches zur Folge hat, hängt von der Funktion der Domainanmeldung ab. Wenn die Anmeldung der Domainadresse ausschließlich der Internetpräsenz und Bewerbung des Unternehmens dient, ist mit der Anmeldung keine räumliche Ausweitung des Tätigkeitsbereichs verbunden.361 Ist die Anmeldung der Domain jedoch mit einer Kaufoption auf der Internetseite verbunden (z. B. bei Modeunternehmen wie Peek & Cloppenburg), so bezweckt das Unternehmen, seine Waren und Dienstleistungen durch die Anmeldung der Domain online anzubieten. Die weltweite Abrufbarkeit der Internetseite hilft dem Gleichnamigen, seine Produkte auch in einem Wirkungskreis zu verkaufen, in dem er keine Standorte besitzt, sondern z. B. der andere Gleichnamige tätig ist. Dadurch können Kunden, deren Wohnort an einem Standort des nicht werbenden Gleichnamigen ist, statt in dessen Geschäft die Internetseite des sich darstellenden Gleichnamigen besuchen und online bestellen. So dehnt sich der Tätigkeitskreis aus, wenn die Seite mit einem Verkaufsangebot verknüpft ist und sich nicht ausschließlich auf seinen regionalen Wirkungskreis bezieht.362 Ein Vorteil des Ladenkaufs ist es (gerade im Modesegment wie bei P & C), die ausgewählten Waren auf Passform, Bequemlichkeit und Qualität überprüfen zu können.363 Überzeugt eines der Kriterien nicht, kann die Ware unproblematisch zurückgelegt werden. Bei einer Onlinebestellung können diese Eigenschaften erst überprüft werden, wenn einem die Ware zugesendet wurde. Ist der Kunde, gleich aus welchem Grund, mit der Ware nicht einverstanden, so verbleibt ihm das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen. Gemäß § 312 g Abs. 1 BGB i. V. m. § 355 Abs. 1, 2 BGB kann die Ware innerhalb von zwei Wochen, formfrei und ohne Nennung eines Grundes zurück geschickt werden. Da der Onlineeinkauf unabhängig von Ladenöffnungszeiten ist und häufig eine größere Auswahl als im Laden besteht, nehmen viele Kunden gerne das Onlineangebot eines Unternehmens wahr. Die Unternehmen nutzen diese Kundenwünsche und ziehen ihrerseits den Vorteil daraus, die Ware über den Onlineversand an Kunden 360 BGH GRUR 2002, 622, 625 – shell.de; BGH GRUR 2006, 159, 160f. Rn. 19f. – hufeland.de. 361 BGH GRUR 2005, 262, 263f. – soco.de; BGH GRUR 2005, 431, 432f. – HOTEL MARITIME; BGH GRUR 2006, 159, 160 Rn. 18 – hufeland.de. 362 Nach KG ZUM 2001, 74, 76 – berlin.online.de fehlt es bei Tätigkeiten im Internet an einem abgegrenzten Gebiet, wenn sich die Seite nicht primär an lokale Adressaten richtet. 363 Umfrage des Spiegels zu den wichtigsten Kriterien beim Kauf von Kleidung, https://de.stati sta.com/statistik/daten/studie/437592/umfrage/ranking-der-wichtigsten-kaufkriterien -fuer-kleidung-in-deutschland/, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018.

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anbieten zu können, die sich nicht in Standortnähe aufhalten. Des Vorteils, Waren online anzubieten, sind sich Unternehmen bewusst und wollen ihn nutzen. Die Anmeldung einer Domain darf daher nicht von der mit der Anmeldung verfolgten Intention des Internetauftritts getrennt werden. Werden unter der Domainadresse Verkaufsangebote offeriert, genügt ein Gleichnamiger seinem Rücksichtnahmegebot mithin erst dann, wenn er einen zum anderen Gleichnamigen unterscheidenden Zusatz in die Domainadresse aufnimmt.364 Dabei ist das Hinzufügen eines weiteren Namens oder des Sitzes des Unternehmens in der Second-Level-Domain hilfreich. Hingegen wird der Konsument durch einen Branchenhinweis bei Gleichnamigen der gleichen Branche zusätzlich verunsichert.365 Beispielsweise könnten die Domainnamen folglich »www.unternehmensname-stadt.de« oder » www.gesellschaftervorname-unternehmensname.de« lauten.366 Dadurch verlängert sich zwar der Domainname, obwohl Unternehmen ein Interesse an einem kurzen und prägnanten Domain-Namen haben, unter dem sie im Internet einfach aufzufinden sind. Vor allem ist es für den Internetnutzer bei zusammengesetzten Domainnamen jedoch nicht eindeutig, auf welche Weise die Bestandteile miteinander verbunden werden sollen und ob das Unternehmen beispielsweise einen Binde- oder Unterstreichungsstrich verwendet, mit Punkten arbeitet oder ohne jedes Zeichen.367 Andererseits hat es für ein Unternehmen, das bereits in seinem Unternehmenskennzeichen einen unterscheidungskräftigen Zusatz führt, einen positiven Wiedererkennungswert, diesen Zusatz ebenso im Online-Auftritt zu verwenden. Da Unternehmensseiten im Internet außerdem mithilfe von Suchmaschinen leicht aufgefunden werden können, selbst wenn nicht der vollständig korrekte Domainname eingegeben wird, erschwert ein Zusatz im Domainnamen auch nicht das Auffinden im Internet. Da jede Second-Level-Domain unter einer Top-Level-Domain nur einmalig vergeben werden kann, könnte es zudem eine Möglichkeit sein, eine andere TopLevel-Domain wie ».com« zu verwenden, um den gewünschten Namen benutzen zu können und sich dennoch von einem Gleichnamigen abzugrenzen.368 Allerdings wird die Domain durch den Gesamteindruck geprägt. Es reicht für die Verwechslungsgefahr mithin aus, wenn die Second- bzw. Third-Level Domain weitestgehend übereinstimmen.369 Die Top-Level-Domain selbst ist für den 364 A. A. BGH GRUR 2010, 738 – Peek & Cloppenburg I. 365 Daher kann dem Vorschlag von Linke, CR 2002, 271, 279, der eine hierarchische Untergliederung mithilfe von Second-Level-Domains auf die unternehmerische Tätigkeit hinweisen möchte, nicht gefolgt werden. 366 Vgl. BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de. 367 BGH GRUR 2006, 159, 160 Rn. 19 – hufeland.de 368 Vgl. Biermann, WRP 1999, 997, 1000. 369 Leyendecker-Langner, MMR 2014, 288, 290; Krumpholz, S. 156f.

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prägenden Namensbestandteil hingegen irrelevant, so dass die Änderung der Top-Level-Domain die Verwechslungsgefahr nicht ausschließt.370 Sind die gleichnamigen Unternehmen hingegen in einer Branche tätig, in der es vorrangig nicht um den Verkauf von Produkten geht, sind sie nicht verpflichtet, einen unterscheidenden Zusatz in der Domainadresse aufzunehmen. Denn der Verkauf der Ware ist nicht ihr Haupttätigkeitsfeld und mithin nicht ihre primäre Einnahmequelle. (c)

Aufnahme von unterscheidenden Hinweisen bei Onlineauftritten ohne Kaufoption Andererseits kann die Anmeldung der Domain ausschließlich bezwecken, Kunden und potentiell zukünftige Käufer über das Unternehmen und dessen Produkte/Dienstleistungen werbend zu informieren, ohne dass ein Verkauf angeboten wird. Die weltweite Abrufbarkeit dient insofern einer Imagepflege über den eigenen Wirkungskreis hinaus, um Neukunden zu gewinnen. Der eigene Tätigkeitskreis wird hingegen nicht ausgeweitet. Um dem Rücksichtnahmegebot gegenüber dem anderen Gleichnamigen zu genügen, darf die handelnde Partei auf einen unterscheidungskräftigen Zusatz in der Domainadresse verzichten und stattdessen einen aufklärenden Hinweis verwenden. Beispielsweise stellen die Lebensmittelunternehmen ALDI Nord und ALDI Süd ihre jeweiligen Angebote, das Sortiment und das Unternehmen auf ihren Internetseiten »www.aldi-nord.de« und »www.aldi-sued.de« vor.371 Einen Onlineeinkauf bieten sie nicht an. Obwohl es daher nicht notwendig wäre, verweisen die Unternehmen bereits in ihren Domainadressen durch den unterscheidenden Zusatz »Nord« bzw. »Süd« auf ihre Koexistenz. Aus Eigennutz und im Interesse der Kunden, eine Verwechslung mit dem anderen Gleichnamigen so früh wie möglich zu vermeiden, ist dies selbstverständlich möglich, aber nicht zwingend geboten. (i) Aufklärender Hinweis Als milderes Mittel, die Koexistenz zwischen Gleichnamigen offen zu legen, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung zu Domainanmeldungen Peek & Cloppenburg I vorgeschlagen, einen deutlichen Hinweis auf die Koexistenz auf der Startseite des Internetauftritts einzurichten.372 Weitere aufklärende Verweise auf Unterseiten seien grundsätzlich nicht erforderlich.373 Der Hinweis sollte aber 370 Leyendecker-Langner, MMR 2014, 288, 290; Florstedt, S. 80 stellt hingegen darauf ab, dass ein Ausweichen auf eine andere Top-Level-Domain nicht zuzumuten ist, wenn die Verwechslungsgefahr bereits durch andere Zusätze ausgeschlossen werden kann. 371 Https://www.aldi-nord.de/ und https://www.aldi-sued.de/, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018. 372 BGH GRUR 2010, 738, 743 Rn. 31, 33 – Peek & Cloppenburg I. 373 BGH GRUR 2010, 738, 743 Rn. 33 – Peek & Cloppenburg I.

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hinreichend deutlich, leicht erkennbar und lesbar sein, mit einem Blick auf den Bildschirm erfasst werden können und in ausreichender Schriftgröße verfasst sein.374 Der Bundesgerichtshof misst dem Umstand, dass die Unternehmen Peek & Cloppenburg ihre Internetpräsenz mit der Option des Onlineeinkaufs verbunden haben und damit eine Ausweitung des Tätigkeitsbereiches einhergeht, keine Bedeutung zu. In der Folge lässt er einen aufklärenden Hinweis ausreichen statt eines unterscheidungskräftigen Zusatzes im Domainnamen zu fordern.375 Wie ausgeführt, sollten Unternehmen, die ihre Internetpräsenz jedoch primär für den Onlineverkauf nutzen, verpflichtet werden, in ihren Domainnamen einen unterscheidungskräftigen Zusatz aufzunehmen. Allerdings ist die Hinweispflicht als milderes Mittel für eine Domainanmeldung ohne Kaufoption in Betracht zu ziehen: Der Internetauftritt eines gleichnamigen Unternehmens birgt die Gefahr, dass das Publikum den Internetauftritt und die damit verbundene Werbung auch auf das andere gleichnamige Unternehmen bezieht oder es die Unternehmen miteinander verwechselt. Mithilfe eines aufklärenden Hinweises in der Art »Es gibt zwei unabhängige Unternehmen […] mit Hauptsitzen in […] und […]. Dieser Internetauftritt gehört zur Unternehmensgruppe der […], deren Häuserstandorte Sie hier finden.«376 können die Unternehmen auf ihre rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit hinweisen und die Verwechslungsgefahr unterbinden. Der BGH erachtet es als ausreichend, wenn ein solcher Hinweis auf der Startseite des Internetauftritts erfolgt.377 Die Folgeseiten müssten keinen Hinweis enthalten, da der Besucher die Seite zumeist über die Startseite aufrufe oder diese zumindest im Nachhinein aufrufe.378 Diese Ansicht scheint im Zeitalter von Suchmaschinen, Vergleichsportalen und Onlineshopping allerdings realitätsfern. Denn die wenigsten Internetseiten werden über eine direkte Eingabe der Adresse in der Adresszeile erreicht. Stattdessen werden über 80 % aller Internetseiten über Suchmaschinen oder externe Verweise gefunden.379 Der Vergleich der Suchbegriffe führt wegen der höheren Relevanz auf eine Unterseite und gerade nicht auf die allgemein gehaltene Startseite. Ein Kunde, der nach einem konkreten Produkt sucht oder einen Preisvergleich vornimmt und zum Ziel gelangt, hat kein Interesse, nach374 BGH GRUR 2010, 738, 743 Rn. 37 – Peek & Cloppenburg I. 375 Daher müssen ebenso die mit einer Kaufoption verbundenen Apps der Unternehmen in der Appbezeichnung einen unterscheidungskräftigen Zusatz tragen, statt Peek & Cloppenburg App (KG Düsseldorf) und P& C Card (KG Hamburg) zu heißen. 376 So bei der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf, siehe unter https://www.peek-cloppenburg. de/damen/, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018. 377 BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de; BGH GRUR 2010, 738, 743 Rn. 33 – Peek & Cloppenburg I. 378 BGH GRUR 2010, 738, 743 Rn. 33 – Peek & Cloppenburg I. 379 Strömer, K& R 2010, 490, 491 m. w. N.

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dem er seine Bedürfnisse bereits auf einer Unterseite befriedigen konnte, die Startseite des Unternehmens zu besuchen.380 Wird der aufklärende Hinweis daher ausschließlich auf der Startseite abgebildet, so unterliegen Kunden, die auf Unterseiten weiter geleitet werden, mithin weiterhin der Gefahr, die gleichnamigen Unternehmen zu verwechseln. Die Gleichnamigen genügen ihrer Rücksichtnahmepflicht mithin erst, wenn sie den Hinweis ebenso auf den Unterseiten vermerken. Der BGH hat 2002 selbst entschieden, dass auf der ersten Internetseite, die sich für den Besucher öffnet, deutlich gemacht werden müsse, wessen Internetauftritt der Besucher gerade abruft.381 In Anlehnung an die spätere Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass der BGH mit der »ersten sich öffnenden Seite« zwar die Startseite des Internetauftritts meinte. Allerdings sollte, in Anbetracht der Realität, dass häufig nicht zunächst die Startseite des Internetauftrittes aufgerufen wird, »die erste sich öffnende Seite« ihrem Wortlaut nach verstanden und nicht als Startseite begriffen bzw. ausschließlich darauf begrenzt werden. Da die Suchbegriffe vielfältig sind, darf der Hinweis nicht auf die Startseite begrenzt sein, sondern muss sich ebenso auf die Unterseiten erstrecken.382 (ii) Domainnamen-Sharing Als weitere Möglichkeit, die Koexistenz zwischen Gleichnamigen zu ermöglichen, wird in der Literatur immer wieder das Domainnamen-Sharing genannt.383 Dafür schaltet der Inhaber einer Domainadresse eine allgemeine Seite vor die Internetseite. Auf dieser Seite werden die Namensgleichen zumeist kurz vorgestellt und es wird mithilfe eines Links ermöglicht, auf deren individuelle Seite zu gelangen.384 Eine neutrale Portalseite hat den Vorteil, dass alle Gleichnamigen und mithin auch derjenige, der die Domain nicht als Erster angemeldet hat, unter dem favorisierten Schlagwort im Internet auftreten können.385 Allerdings kann durch die gemeinsam vorgeschaltete Seite auch der Eindruck entstehen, dass die Unternehmen miteinander verbunden sind.386 Der Inhaber des Domainnamens kann gegen Zahlung einer Gebühr anderen Gleichnamigen 380 Vgl. ebenso Strömer, K& R 2010, 490, 491. 381 BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de. 382 Trotz des anderslautenden Urteils des BGH verweisen die Unternehmen Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf und Peek & Cloppenburg KG Hamburg auch auf ihren jeweiligen Unterseiten auf ihre rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit. 383 U. a. Viefhues, in: Hdb. Multimedia-Recht, Teil 6.1 Rn. 378ff.; Biermann, WRP 1999, 997, 1000 f; Viefhues, MMR 2000, 334, 335; Körner, NJW 2002, 3442, 3444; Linke, CR 2002, 271, 279. 384 Viefhues, in: Hdb. Multimedia-Recht, Teil 6.1 Rn. 380. Siehe z. B. https://aldi.de/ und http:// www.scrabble.com/, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018. 385 Viefhues, MMR 2000, 334, 335; Linke, CR 2002, 271, 279. 386 Viefhues, MMR 2000, 334, 335.

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die Mitbenutzung ermöglichen.387 Ein Mitbenutzungsanspruch besteht hingegen nicht, da dies dem Gerechtigkeitsprinzip der Priorität widerspräche, so dass sich die Anwendung bisher auf freiwillige Vereinbarungen beschränkt.388 Das Vorschalten einer Portalseite, die über die Namensgleichheit der Unternehmen aufklärt, ist mit der Startseite beim Internetauftritt vergleichbar, so dass eine Verwechslungsgefahr auf dieser aufgrund des Hinweises ausgeschlossen ist. Folgt man dem Link auf der Indexseite, besucht die individuelle Seite eines Gleichnamigen und fehlt es an weiteren Hinweisen über die Koexistenz der Gleichnamigen, so ist die Verwechslungsgefahr dennoch ausgeschlossen. Würden die Internetnutzer die individuellen Seiten mithin ausschließlich über die geteilte Seite der Gleichnamigen aufsuchen, stellt das Domainnamen-Sharing eine gute Alternative zu einer allgemeinen Hinweispflicht dar. Da die Gefahr jedoch hoch ist, dass die individuelle Seite über Suchmaschinen statt der Indexseite abgerufen wird, sind Hinweise auf diesen Seiten im Eigeninteresse der Gleichnamigen erforderlich. (d) Zwischenergebnis Die Anmeldung einer Domain muss im Zusammenhang mit der von der Anmeldung verfolgten Intention des Internetauftritts betrachtet werden, um die erforderliche Rücksichtsnahmehandlung zu bestimmen. Werden unter der Domainadresse Verkaufsangebote offeriert, genügt ein Gleichnamiger seinem Rücksichtnahmegebot, wenn er einen zum anderen Gleichnamigen unterscheidenden Zusatz in die Domainadresse aufnimmt. Dabei ist das Hinzufügen eines weiteren Namens oder des Sitzes des Unternehmens in der Second-LevelDomain hilfreich. Bezweckt die Anmeldung der Domain, Kunden und potentiell zukünftige Käufer über das Unternehmen und dessen Produkte/Dienstleistungen ausschließlich werbend zu informieren, ohne dass ein Verkauf angeboten wird, genügt der Gleichnamige dem Rücksichtnahmegebot, wenn er einen aufklärenden Hinweis verwendet. Dieser ist sowohl auf der Startseite als auch auf Unterseiten zu benutzen. Das Domainnamen-Sharing stellt eine gute Alternative zu einer allgemeinen Hinweispflicht dar. Da die Gefahr jedoch hoch ist, dass die individuelle Seite über Suchmaschinen statt über die geteilte Seite aufgerufen wird, sind Hinweise auf den individuellen Unterseiten dennoch erforderlich.

387 Viefhues, in: Hdb. Multimedia-Recht, Teil 6.1 Rn. 381. 388 Vgl. Viefhues, MMR 2000, 334, 338; zu einer möglichen Zwangslizenz vgl. Buchner, GRUR 2006, 984, 988f.

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(2) Bei der Expansion Eine räumliche oder sachliche Expansion führt zur Ausweitung des Tätigkeitsgebietes. Sofern der Gleichnamige nicht bereits für die Herstellung der Gleichgewichtslage einen unterscheidungskräftigen Zusatz aufnehmen musste, so muss er dies nun tun.389 (3) Bei der Printwerbung Überregionale Printwerbung dient zwar einer Imagepflege über den eigenen Wirkungskreis hinaus. Der eigene Tätigkeitskreis wird durch die Werbung jedoch zunächst nicht ausgeweitet.390 Es genügt mithin ein aufklärender Hinweis, der inhaltlich verdeutlicht, welchem Unternehmen die Werbung zuzuordnen ist und damit über die Unabhängigkeit der Gleichnamigen aufklärt.391 Die Verwechslungsgefahr wird erhöht, da der Verkehr nicht erwartet, dass sich hinter dem Unternehmensnamen zwei rechtlich und wirtschaftlich voneinander unabhängige Unternehmen mit identischer Geschäftsbezeichnung verbergen. Um über diese Unwissenheit aufzuklären, hilft bereits ein Hinweis in der Werbung, dass es sich um separate Unternehmen handelt.392 Da der Verkehr sich nicht über die einzelnen Standorte irrt, ist es hingegen nicht notwendig, die einzelnen Standorte des jeweiligen Gleichnamigen in der Werbung aufzulisten. Ein Hinweis auf die Homepage, auf der die Standorte gelistet sind, reicht aus.393 Der Hinweis über die Unabhängigkeit der Unternehmen muss leicht erkennbar, deutlich lesbar, inhaltlich zutreffend, seinem Sinn nach ohne weiteres erfassbar und geeignet sein, dem unzutreffenden Verkehrsverständnis in ausreichendem Maße zu begegnen.394 Es dürfen daher keine Abkürzungen als Hinweis verwendet werden, die nicht eindeutig den Eindruck einer bundesweiten Verfügbarkeit einschränken.395 Für eine leichte Erkennbarkeit muss der Hinweis jedoch nicht besonders auffällig gestaltet sein. Entscheidend sind eine ausreichend große Schriftgröße und eine kontrastreiche Gestaltung des Hinweises im Vergleich zum Rest der Werbung.396 Eine weitergehende Hervorhe389 Zu den Möglichkeiten der unterscheidungskräftigen Zusätze vgl. unter S. 70ff. 390 In der Folge eines deutlichen Kundengewinns durch Werbung ist es jedoch möglich, dass die Unternehmen (vor allem räumlich) expandieren und so ihren Tätigkeitsbereich ausweiten. 391 BGH GRUR 2013, 397, 399f. Rn. 25, 30 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 203f. Rn. 28, 35, 37 – Peek & Cloppenburg IV. 392 OLG Hamburg, Urt. v. 12. 7. 2018, 3 U 28/11, Rn. 106. 393 OLG Hamburg, Urt. v. 12. 7. 2018, 3 U 28/11, Rn. 105. 394 BGH GRUR 2013, 397, 399 Rn. 26 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 203f. Rn. 28 – Peek & Cloppenburg IV. 395 Z. B. kann »BW« nicht eindeutig und ausschließlich als Abkürzung für »Baden-Württemberg« verstanden werden, vgl. BGH GRUR 2016, 1073, 1074 Rn. 22 – Geo-Targeting. 396 BGH GRUR 2013, 397, 399 Rn. 28 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 204 Rn. 30 – Peek & Cloppenburg IV.

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bung des Hinweises ist hingegen nicht geboten, da die Werbung andernfalls zu sehr in den Hintergrund gedrängt würde und das Ziel der Verkaufsförderung und Bekanntmachung nicht realisiert werden könnte.397 Es muss nicht angegeben werden, welche Waren und Dienstleistungen das werbende Unternehmen anbietet.398 (4) Bei Onlinewerbung Fraglich ist, ob die für die Printwerbung zwischen Gleichnamigen entwickelten Grundsätze auf das immer stärker genutzte Medium der Onlinewerbung übertragen werden können. Im Bereich der Onlinewerbung muss zwischen dem schlichten »passiven«399 Vorhalten der Produkte auf der unternehmenseigenen Homepage und dem aktiven Werben mithilfe von Werbebannern im Internet unterschieden werden. Die passive Onlinewerbung kann aufgrund der weltweiten Aufrufbarkeit von Homepages ebenso in Gebieten abgerufen werden, in denen die eigene Leistung nicht möglich ist. Sie ist daher mit einer bundesweiten Printwerbung eines regional tätigen Unternehmens vergleichbar. Um zu verdeutlichen, an wen sich die Onlinewerbung richtet, sollten die Unternehmen bei passiver Onlinewerbung auf ihren Internetseiten eindeutig auf die Unabhängigkeit der gleichnamigen Unternehmen hindeuten. Von einem bundesweit aufrufbaren Internetauftritt ist die aktive Onlinewerbung via Werbebanner zu unterscheiden. Obwohl die Gebrauchstauglichkeit von Werbebannern im Internet kritisch hinterfragt wird,400 wählen viele Unternehmen diese Möglichkeit, um mögliche Kunden beim Surfen auf anderen Internetseiten auf ihr Angebot aufmerksam zu machen. Die Werbung wird als Grafik- oder Animationsdatei in die aufgerufene Webseite eingebunden oder legt sich für wenige Sekunden über die eigentlich aufgerufene Seite. Klickt der Besucher der Seite auf das Banner, wird er mithilfe eines Hyperlinks auf die Website des Werbenden weitergeleitet. Sofern der Werbung keine räumliche Beschränkung aus der Natur der Sache oder aufgrund eines Hinweises zu entnehmen ist, wird durch eine aktive Bannerwerbung der Eindruck einer bundesweiten Verfügbarkeit der Leistungen erweckt.401 Um dies

397 BGH GRUR-RR 2014, 201, 204 Rn. 30 – Peek & Cloppenburg IV. 398 BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 31 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 204 Rn. 36 – Peek & Cloppenburg IV. 399 Vgl. zum Begriff Rehart, MMR 2016, 682, 683. 400 M. Burke, A. Hornof, E. Nilsen, N. Gorman: High-Cost Banner Blindness: Ads Increase Perceived Workload, Hinder Visual Search, and Are Forgotten, http://www.thoughtcrumbs. com/publications/TOCHI05.pdf, zuletzt abgerufen am 29. 10. 2018. 401 BGH GRUR 2016, 1073, 1074 Rn. 23f. – Geo-Targeting.

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zu verhindern, müssen auch hier deutliche Hinweise auf die Verfügbarkeit und den Tätigkeitsbereich erfolgen.402 Insofern können die für die Printwerbung entwickelten Grundsätze auf die passive und aktive Onlinewerbung übertragen werden. (5) Bei Markenanmeldungen Die Anmeldung einer Marke führt dazu, dass das Kennzeichen nicht nur firmenmäßig, sondern auch markenmäßig benutzt wird, so dass mit der Anmeldung eine Erweiterung des Tätigkeitsbereiches einhergeht. Die Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem anderen Gleichnamigen verlangt daher, der Marke einen unterscheidungskräftigen Zusatz zuzufügen. (a) Hinzufügen des bestimmten Artikels Um die Verwechslungsgefahr zu reduzieren, könnte es helfen, dem Zeichen den zugehörigen bestimmten Artikel hinzuzufügen. So überlegte das OLG Düsseldorf im Fall der Schlagersänger Frank und Michael Wendler, ob es hilfreich wäre, Michael Wendler »den Wendler« zu nennen.403 Der Verkehr müsste dann jedoch innerhalb des Bereiches, für den Schutz begehrt wird, aufgrund der Bezeichnung »Der Wendler« ausschließlich an den gewünschten Gleichnamigen denken. Dies wird nicht nur dadurch erschwert, dass der geschlechtsspezifische Artikel auf beide Gleichnamigen zutreffen kann.404 Vielmehr muss die gewünschte Person vor allem so bekannt sein, dass die angesprochenen Verkehrskreise sofort und ausschließlich an die gewünschte Person denken, was problematisch sein kann.405 (b) Hinzufügen eines Vornamens Jedoch kann der Rücksichtnahmepflicht genügt werden, wenn der Marke ein unterscheidender Zusatz in Form des Vornamens hinzugefügt wird,406 sofern die Gleichnamigen nicht ebenso den gleichen Vornamen tragen. (c) Hinzufügen einer Ortsbezeichnung Es ist außerdem möglich, der Marke eine Ortsbezeichnung hinzuzufügen, um mithilfe z. B. des Verwaltungssitzes ein gegenüber dem anderen Gleichnamigen unterscheidendes Kriterium hervorzuheben.407 402 403 404 405 406

Rehart, MMR 2016, 682, 684. OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 384, 386f. – Der Wendler. Vgl. OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 384, 386f. – Der Wendler. Vgl. OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 384, 387 – Der Wendler. BGH GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de; BGH GRUR 2011, 641, 642 Rn. 13 – Jette Joop; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 384, 387 – Der Wendler. 407 Vgl. BGH GRUR 2009, 772 – Augsburger Puppenkiste.

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(d) Markenrechtliche Prägetheorie Besteht die Marke aber aus mehreren Bestandteilen, muss nach der markenrechtlichen Prägetheorie anhand des Gesamteindrucks der sich gegenüberstehenden Zeichen beurteilt werden, ob die Verwechslungsgefahr gebannt wurde oder sich zumindest hinnehmbar verringert hat.408 Der Gleichnamige, der eine Marke anmelden möchte, ergänzt die Marke zwar um Bestandteile, die sich von dem ansonsten gleichlautenden Zeichen des anderen Gleichnamigen abgrenzen. Eine Verwechslungsgefahr kann nach dem Gesamteindruck aber bereits bestehen, wenn die einander gegenüberstehenden Kennzeichen nur in einem Bestandteil übereinstimmen, sofern dieser Bestandteil den Gesamteindruck des jeweiligen Kennzeichens prägt.409 Die Verwechslungsgefahr kann nur ausgeschlossen werden, wenn der Zusatz prägend ist. Daher muss geklärt werden, durch welche/n der Begriffe die Marke geprägt wird. Prägenden Charakter hat ein Zeichenbestandteil, wenn die weiteren Bestandteile des Zeichens in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck nicht mitbestimmen.410 Zwei Kennzeichen, die nur in einem von mehreren Bestandteilen übereinstimmen, sind mithin ähnlich, wenn die übereinstimmenden Bestandteile den von dem jeweiligen Kennzeichen ausgehenden Gesamteindruck prägen.411 Für den prägenden Charakter eines Zusatzes ist die Kennzeichnungskraft der Zeichenbestandteile entscheidend.412 Rein beschreibenden Zusätzen fehlt daher im Grundsatz die Eignung, der zusammengesetzten Marke eine neue Prägung aufzudrücken.413 Ortsbezeichnungen als mögliche Unterscheidungszusätze könnten als Sachhinweis und nicht als Herstellerangabe verstanden werden,414 so dass sie beschreibend und nicht prägend wären. Sind die verbleibenden Zeichenbestand408 BGH GRUR 2008, 903, 904 Rn. 18 – SIERRA ANTIGUO; BGH GRUR 2012, 64, 65 Rn. 15 – Maalox; BGH GRUR 2016, 283, 285 Rn. 13 –DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENT AKADEMIE. 409 EuGH GRUR 2005, 1042, 1043 – Thomson Life; EuGH GRUR 2008, 343, 344 Rn. 33 – BAINBRIDGE; EuGH GRUR 2010, 1098, 1099 Rn. 45, 54 – Calvin Klein; BGH GRUR 2006, 60, 62 Rn. 20 – coccodrillo; BGH GRUR 2009, 484, 487 Rn. 32 – METROBUS. 410 BGH GRUR 2008, 903, 904 Rn. 18 – SIERRA ANTIGUO; BGH GRUR 2011, 824, 825 Rn. 23 – Kappa; BGH GRUR 2012, 64, 65 Rn. 15 – Maalox; BGH GRUR 2016, 283, 285 Rn. 13 –DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENT AKADEMIE. 411 EuGH GRUR 2007, 700, 701 Rn. 35 – LIMONCHELO; BGH GRUR 2008, 1002, 1003f. Rn. 23 – Schuhpark; BGH GRUR 2014, 382, 383 Rn. 14 u. 384 Rn. 25 – REAL-Chips. 412 BGH GRUR 2007, 235, 237f. – Goldhase I; BGH GRUR 2008, 505, 509 Rn. 32 TUC-Salzcracker. 413 BGH GRUR 2009, 772, 775 Rn. 45 – Augsburger Puppenkiste; BGH GRUR 2011, 835, 837 Rn. 19 – Gartencenter Pötschke; zur Begriffsbestimmung »beschreibend« vgl. Fezer, § 8 MarkenG Rn. 328. 414 BGH GRUR 2009, 772, 777 Rn. 59 – Augsburger Puppenkiste; Ullmann, GRUR 1999, 666, 672.

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teile jedoch kennzeichnungsschwach, kann sogar eine an sich beschreibende Angabe herkunftshinweisend wirken.415 Fassen beachtliche Teile des Verkehrs darüber hinaus die Ortsbezeichnung als Warenkennzeichen und nicht nur beschreibend auf, enthält auch ein geografischer Zusatz Kennzeichnungskraft416 und kann die Marke prägen. Wird als unterscheidender Zusatz ein Vorname hinzugefügt, muss die Neigung des Verkehrs, mehrteilige Begriffe für eine bessere Merkbarkeit und Aussprechbarkeit abzukürzen, berücksichtigt werden.417 Beispielsweise wird die Marke Dior im Verkehr zumeist ohne den Vornamen des Unternehmensgründers Christian (Dior) benutzt, obwohl der gesamte Name markenrechtlich geschützt ist.418 Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass der Nachname im Vergleich zu dem eher gebräuchlichen Vornamen einen sehr starken Wiedererkennungswert hat, der bei alltäglicheren Nachnamen nicht gegeben ist.419 Ist der Vorname hingegen eher ungewöhnlich, neigt der Verkehr auch nicht zur Verkürzung der Bezeichnung auf den Nachnamen. Dem Vornamen kommt dann eine mitprägende Bedeutung zu, wie beispielsweise im Fall von Jette Joop.420 Die Unterschiede, die durch einen ergänzten Vornamen entstehen, setzen sich mithin beim flüchtigen Betrachter schwieriger in der Erinnerung fest, wenn es sich um einen nicht außergewöhnlichen Vornamen handelt. Sowohl bei einer zusätzlichen Ortsnennung als auch bei dem Hinzufügen eines Vornamens hängt die Prägung des Gesamtkennzeichens von unterschiedlichen Bedingungen ab, die eine prägende Bedeutung bejahen oder ausschließen können. Hinzu kommt die Erfahrung, dass der Verkehr die umstrittenen Kennzeichen zumeist nicht gleichzeitig wahrnimmt und vergleichen kann, sondern seine Ansicht infolge seines Erinnerungseindrucks gewinnt,421 bei dem sich die übereinstimmenden Merkmale stärker einprägen als die Unterschiede.422 Infolge dieser Eventualitäten ist es nicht sicher, ob mit dem gewählten Zusatz der Unterschied zwischen den Kennzeichen verdeutlicht werden kann 415 BGH GRUR 1990, 361, 363 – KRONENTHALER; BGH GRUR 2009, 772, 777 Rn. 64 – Augsburger Puppenkiste; Ullmann, GRUR 1999, 666, 673. 416 BGH GRUR 1998, 930, 932 – Fläminger ; BGH GRUR 2009, 772, 777 Rn. 59 – Augsburger Puppenkiste. 417 BGH GRUR 1991, 475, 477 – Caren Pfleger ; BGH GRUR 2009, 772, 775f. Rn. 45, 58 – Augsburger Puppenkiste; anders z. B. im Arzneimittelsektor BGH GRUR 2008, 903, 905 Rn. 28 – SIERRA ANTIGUO. 418 Vgl. dazu unter https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/uebersicht, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018. 419 EuGH GRUR Int 2010, 857, 859 Rn. 36 – Barbara Becker ; BGH GRUR 1991, 475, 477 – Caren Pfleger. 420 BGH GRUR 2011, 641, 642 Rn. 13 – Jette Joop. 421 BGH GRUR 1967, 355, 357f. – Rabe; BGH GRUR 1994, 844, 845 – Rotes Kreuz. 422 BGH GRUR 1990, 450, 452 – St. Petersquelle; BGH GRUR 1992, 110, 111 – dipa; BGH GRUR 1994, 844, 845 – Rotes Kreuz.

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oder ob der Gleichnamige nicht doch den Löschungsansprüchen des anderen Gleichnamigen ausgesetzt ist.423 Die Aufnahme eines unterscheidenden Zusatzes ist daher nicht geeignet, um dem Rücksichtnahmegebot zwischen den Gleichnamigen zu genügen. (e) Begrenzung der Markenanmeldung Ein alternativer Lösungsweg könnte daher sein, die Markenanmeldung auf bestimmte Warenklassen zu beschränken.424 Bei in gleichen Branchen tätigen Unternehmen, die ähnliche Waren und Dienstleistungen anbieten, käme dies jedoch einem Untersagen der Markenanmeldung gleich. (f ) Markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung Dennoch haben die Gleichnamigen sowohl ein wirtschaftliches Interesse an der Weiterentwicklung ihrer Zeichen als auch das Bedürfnis an einer sicheren Rechtslage. Es empfiehlt sich daher eine markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung zu treffen, mit dessen Hilfe sie ihr Verhalten vertraglich reglementieren und bei etwaigen Verstößen gegen die Regelung vertragliche Ansprüche erheben können.425 b. Verantwortlicher Die Gleichgewichtslage koexistierender Gleichnamiger wird durch die Anmeldung einer Domain, die Ausdehnung des Tätigkeitsbereiches durch Werbung oder die Markenanmeldung berechtigterweise belastet. Die Störung kann sowohl von dem einst prioritätsälteren als auch von dem jüngeren Namensträger ausgehen. Da beide Unternehmenskennzeichenträger einen redlichen Besitzstand für sich in Anspruch nehmen können, obliegt es unabhängig von einer einstigen Priorität demjenigen, der die Störung herbeigeführt hat, der Verwechslungsgefahr entgegenzuwirken.426

3.

Zwischenergebnis

Eine Expansion des Unternehmens oder eine mit einer Kaufoption verbundene Domainanmeldung weitet den Tätigkeitsbereich des handelnden Gleichnami423 424 425 426

Siehe dazu unten unter S. 105. Vgl. Scholz, GRUR 1996, 679, 687; Klawitter, GRUR-Prax 2017, 115, 116. Vgl. dazu ab S. 165ff. BGH GRUR 2010, 738, 741f. Rn. 19 – Peek & Cloppenburg I; BGH GRUR 2011, 623, 626 Rn. 37 – Peek & Cloppenburg II; BGH GRUR 2011, 835, 836 Rn. 16 – Gartencenter Pötschke; BGH GRUR 2013, 397, 398 Rn. 18 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR 2013, 638, 642 Rn. 40 – Völkl; BGH GRUR-RR 2014, 201, 202f. Rn. 17 – Peek & Cloppenburg IV; OLG Hamm GRUR-Prax 2014, 34 – Die Grünen.

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gen aus. Die dadurch erfolgte Störung der Gleichgewichtslage ist folglich nur zulässig, wenn der verantwortliche Gleichnamige einen unterscheidungskräftigen Zusatz aufnimmt. Erfolgt die Domainanmeldung hingegen ohne die Möglichkeit einer Verkaufsoption oder wirbt das Unternehmen mithilfe von Print- oder Onlinewerbung, wird der Tätigkeitsbereich nicht ausgedehnt. Der Gleichnamige genügt in diesen Fällen dem Rücksichtnahmegebot, wenn er einen deutlichen Hinweis aufnimmt, der auf die Koexistenz der beiden verwechslungsfähigen Unternehmenskennzeichen aufmerksam macht. Dadurch wird die Sittenwidrigkeit der Zeichenbenutzung nach § 23 Nr. 1 MarkenG ausgeschlossen. Wird das Unternehmenskennzeichen als Marke verwendet, führt dies zur Ausweitung des Tätigkeitsbereiches, so dass es angezeigt wäre, einen unterscheidungskräftigen Zusatz in die Marke aufzunehmen. Infolge der mit der markenrechtlichen Prägetheorie verbundenen Unsicherheiten, ob die Zusätze überhaupt wahrgenommen werden und ob sie unterscheidend wirken, ist die Aufnahme der Zusätze nicht geeignet, die Verwechslungsgefahr zu vermeiden. M. E. ist es am rechtssichersten, eine markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung zu treffen.427

III.

Ansprüche der Gleichnamigen

Fraglich ist, welche Ansprüche den Gleichnamigen zustehen, wenn die Gleichgewichtslage ungerechtfertigter Weise gestört wurde. 1.

Unzulässige Werbung und Domainbenutzung

Ist die Steigerung der Verwechslungsgefahr nicht nach § 23 Nr. 1 MarkenG gerechtfertigt, so stehen dem betroffenen Gleichnamigen im Fall der sittenwidrigen Werbung oder Verwendung der Domainadresse ein Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 2, 4 MarkenG sowie im Umfang des Unterlassungsanspruches ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 5 MarkenG zu. Um den Schadensersatzanspruch konkret beziffern zu können, besteht ein Anspruch auf Auskunftserteilung nach § 242 BGB. 2.

Unzulässige Markenanmeldung

Es besteht zwar ein berechtigtes Interesse an einer Markenanmeldung, jedoch kann die Prägetheorie dazu führen, dass die Verwechslungsgefahr nicht unter427 Vgl. dazu unter S. 165ff.

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bunden werden kann. Die Markenanmeldung verstößt insofern gegen die guten Sitten nach § 23 Nr. 1 MarkenG. a. Widerspruchsverfahren In diesem Fall kann der Eintragung innerhalb von drei Monaten nach dem Tag der Veröffentlichung der Markeneintragung gemäß §§ 12, 42 Abs. 1, 2 Nr. 4 MarkenG widersprochen werden.428 b. Löschungsverfahren Nach Ablauf der Widerspruchsfrist verbleibt dem gleichnamigen Unternehmenskennzeichenrechtsinhaber, im Klagewege wegen Nichtigkeit nach §§ 12, 51 Abs. 1, 2 Nr. 2 MarkenG gegen die Eintragung der Marke vorzugehen. Das sonst für den Anspruch vorausgesetzte Tatbestandsmerkmal, die klagende Partei müsse ein prioritätsälteres Recht innehaben, wird bei Gleichnamigenfällen, die nicht nach dem strikten Prioritätsgrundsatz zu beurteilen sind, nicht verlangt.429 Löschungsreife liegt mithin vor, wenn dem gleichnamigen Unternehmenskennzeichenträger gegen den Inhaber der eingetragenen jüngeren Marke ein (bundesweit wirkender) Unterlassungsanspruch zusteht. Problematisch ist, dass die nationale Regelung gemäß § 12 MarkenG fordert, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland untersagen zu können. Um einen Unterlassungsanspruch im gesamten Bundesgebiet geltend machen zu können, bedarf es eines entsprechenden räumlichen Schutzbereichs des Unternehmenskennzeichenrechts. Auch wenn im Grundsatz der Schutzumfang für das gesamte Bundesgebiet gewährt wird, so kann gerade bei ausschließlich regional tätigen Unternehmen der Schutzbereich ihrer Unternehmenskennzeichen eingeschränkt sein.430 Bei Verletzung ihres Kennzeichens können sie so nur für den beschränkten Schutzbereich Unterlassung verlangen. Nach dem nationalen deutschen Recht reicht ein begrenzter Unterlassungsanspruch jedoch nicht aus, um sich gegen eine Markeneintragung zu wenden. Hingegen stellt die europäische Vorlage in Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG431 darauf ab, dass dem Inhaber das Recht verliehen ist, die Benutzung der jüngeren Marke zu untersagen. Der Unterlassungsan428 Ein absolutes Schutzhindernis, das von Amts wegen bei der Eintragung nach § 37 Abs. 1 MarkenG geprüft würde, greift nicht. Es ist zwar an eine bösgläubige Markenanmeldung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG zu denken, jedoch dient die Markenanmeldung primär dem eigenen Wirtschaften und soll mithin nicht zweckfremd eingesetzt werden vgl. BGH GRUR 2000, 1032, 1034 – EQUI 2000; BPatG GRUR 2000, 809, 812 – SSZ. 429 BGH GRUR 2011, 623, 626 Rn. 35 – Peek & Cloppenburg II; BGH GRUR 2011, 835, 836 Rn. 13f. – Gartencenter Pötschke. 430 Siehe dazu S. 31. 431 Die Norm findet sich wortgleich in Art. 5 Abs. 4 lit. a RL 2015/2436/EU wieder. Die Norm muss gemäß Art. 54 Abs. 1 RL 2015/2436/EU bis zum 14. 1. 2019 umgesetzt werden.

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spruch kann nach dieser Formulierung räumlich beschränkt sein und muss sich im Gegensatz zum eindeutigen Wortlaut des § 12 MarkenG nicht auf das gesamte Gebiet eines Mitgliedstaates beziehen, so dass fraglich ist, ob die nationale Regelung richtlinienkonform ist oder ob ein begrenztes Schutzrecht die Markenanmeldung für das gesamte Bundesgebiet sperren kann. (1) Möglichkeit der richtlinienkonformen Auslegung Der Schutz des Unternehmenskennzeichenrechts ist autonom nationales Recht und nicht in der Markenrechtsrichtlinie geregelt. Allerdings kann eine ältere geschäftliche Bezeichnung als relatives Schutzhindernis zur Löschungsreife einer eingetragenen Marke führen. Als solches Schutzhindernis findet sich die geschäftliche Bezeichnung trotz ihres rein nationalen Ursprungs in der Markenrechtsrichtlinie unter Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG wieder. Folglich unterliegt das Unternehmenskennzeichenrecht zumindest als relatives Schutzhindernis den europäischen Vorgaben der Richtlinie und deren Auslegung.432 Die Formulierung des Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG »der Mitgliedstaat kann vorsehen« zeigt jedoch den fakultativen Charakter der Norm. Es bleibt mithin dem Ermessen der Mitgliedstaaten vorbehalten, ob sie die Norm umsetzen.433 Die Umsetzung des in der Markenrechtsrichtlinie vorgesehenen relativen Schutzhindernisses in nationales Recht war mithin nicht verpflichtend. Wird es jedoch umgesetzt, muss die Auslegung der unionsrechtlichen Grundlage vom EuGH überwacht werden. Er hat insofern die Aufgabe, die Auslegung der Begriffe und die Entwicklung der Beurteilungskriterien durch die nationalen Gerichte generell auf ihre Vereinbarkeit mit der Markenrechtsrichtlinie zu überprüfen.434 Folglich unterliegen auch fakultative Vorschriften, sofern sie umgesetzt sind, dem Gebot der richtlinienkonformen Auslegung.435 Mithin ist die Konformität des § 12 MarkenG anhand der europäischen Regelung Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG zu überprüfen. Fraglich ist, § 12 MarkenG in seiner geltenden Fassung von der Richtlinie gedeckt ist oder ob er zu strenge Anforderungen an die Löschungsreife stellt. Dafür ist zu klären, wie der Wortlaut der Richtlinie »[…] dieses sonstige Zeichen dem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen« verstanden werden muss. 432 Dennoch legte der BGH dem EuGH in BGH GRUR 2011, 623, 628 Rn. 58 – Peek & Cloppenburg II nicht die Frage vor, wie Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG auszulegen ist. 433 Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 12 MarkenG Rn. 17; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 12 MarkenG Rn. 2f. 434 Vgl. zur fakultativen Umsetzung der bekannten Marke BT-Drucks. 12/6581, S. 72; Fezer, § 14 MarkenG Rn. 757; Kur, GRUR 1994, 330, 333; Piper, GRUR 1996, 429, 430; Eichmann, GRUR 1998, 201. 435 Zur richtlinienkonformen Auslegung bei fakultativen Vorschriften wie Art. 5 Abs. 2 RL 2008/95/EG vgl. EuGH GRUR 2004, 58, 59 Rn. 18, 20 – Adidas/Fitnessworld; a. A. BGH GRUR 2011, 623, 628 Rn. 58 – Peek & Cloppenburg II.

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(2) Richtlinienkonforme Auslegung Der Ansatz des nationalen deutschen Rechts, einen bundesweiten Unterlassungsanspruch zu fordern, beruht auf dem Umfang der Markeneintragung. Denn die Markeneintragung wirkt für das gesamte Bundesgebiet. Die Eintragung kann daher nur einheitlich und nicht auf einzelne Regionen beschränkt erlaubt oder untersagt werden. Um die materiellrechtliche Position des Markeninhabers nicht auszuhöhlen, indem dem Inhaber eines beschränkten Unternehmenskennzeichenrechts die Machtposition gewährt wird, trotz seines eingeschränkten Schutzbereiches bundesweit die Marke untersagen zu können, müsse die rechtliche Position des Einwendenden den gleichen Umfang wie die des Markeninhabers haben. Es wäre unverhältnismäßig, wenn der Inhaber eines begrenzten Rechts die Eintragung eines unteilbaren Rechts verbieten könnte.436 Fraglich ist aber, ob die europäische Regelung der Richtlinie vorschreibt, dass die materiellrechtliche Position des Einwendenden den gleichen Umfang wie die des Markeninhabers haben muss. Der Wortlaut der Richtlinie schreibt nicht vor, dass der Umfang des relativen Eintragungshindernisses sich an dem Umfang des Markenrechts des jeweiligen Mitgliedstaates zu orientieren hat. Da die offene Formulierung der Norm diese Auslegung aber auch nicht verbietet, muss die Norm mithilfe weiterer Ansatzpunkte ausgelegt werden. Möglicherweise kann die aktuelle Rechtsprechung des EuGH zu einer Markenanmeldung, die durch ein begrenzt wirkendes Kennzeichen verhindert werden sollte,437 Aufschluss über die Auslegung der Richtlinie geben. Er entschied, dass das relative Eintragungshindernis zwar eine mehr als lediglich örtliche Schutzausdehnung haben müsse, sich der nationale Unterlassungsanspruch aber nicht auf das gesamte Gebiet des Mitgliedstaates beziehen müsse.438 Ansonsten würden marktpräsente regionale Kennzeichen zu stark entwertet werden, würde man einen landesweiten Unterlassungsanspruch fordern.439 Andererseits gäbe es nationale Kennzeichen, die zwar nicht nur örtlich, aber nur sporadisch genutzt würden440 und deren Marktpräsenz mithin geringer zu bewerten ist als diejenige von nur in bestimmten Regionen ansässigen Kennzeichenträgern. Daher führe auch ein landesweiter Schutz nicht zwangs436 Vgl. BT-Drucks. 12/6581, S. 74; BGH GRUR 2016, 378, 379 Rn. 18f. – LIQUIDROM; ebenso Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 12 MarkenG Rn. 5; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 12 MarkenG Rn. 17; Ingerl/Rohnke, § 12 MarkenG Rn. 3, 6; Schmitt-Gaedke, GRUR-Prax 2016, 126. 437 EuGH GRUR Int 2014, 952 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg. 438 EuGH GRUR Int 2014, 952, 955f. Rn. 52, 58 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; anders entschieden für einen Sitz eines Unternehmens in London, HABM BK, 1. 4. 2011, R 354/2009–2, Rn. 49 – Fortress. 439 EuGH GRUR Int 2014, 952, 955f. Rn. 52, 58 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg. 440 EuGH GRUR 2011, 737, 739 Rn. 158 – BUD/Bud; EuG GRUR Int 2014, 365, 367 Rn. 25 – Baby Bambolina.

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läufig zu einer mehr als lediglich örtlichen Bedeutung.441 Für die Auslegung des Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG könnte daraus geschlussfolgert werden, dass die Norm keinen identischen Wirkungsumfang zwischen Eintragungshindernis und jüngerer Marke fordert. Allerdings legte der EuGH bei dieser Entscheidung nicht Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG aus, sondern Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/ EU, dem Pendant der markenrechtlichen Regelung im Unionsmarkenrecht. Der EuGH geht jedoch im Sinne rechtlich eindeutiger Bedingungen für eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens in der Regel von einer identischen Bedeutung bei gleichlautenden Begriffen aus, so dass fraglich ist, ob seine Auslegung zu Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU nicht die Auslegung des Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG beeinflussen muss. Innerhalb beider Normen fungieren sonstige im geschäftlichen Verkehr genutzte Zeichen gegenüber jüngeren Marken als Eintragungshindernisse. Dennoch unterscheiden sich die Normen in einem wesentlichen Punkt ihres Wortlautes: Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG bezieht sich auf ein Recht an einem sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Zeichen. Hingegen knüpft Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU an ein sonstiges im geschäftlichen Verkehr benutztes Kennzeichenrecht von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung an. Der abweichende Wortlaut der Normen könnte die vom EuGH getroffene Entscheidung rechtfertigen, ohne dass damit inhaltliche Einschränkungen des Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG verbunden wären.442 Zudem wurde durch die Unionsmarkenverordnung ein spezielles Markenrechtsschutzsystem für die Europäische Union geschaffen.443 Dieses Schutzsystem besteht parallel und autonom zu dem harmonisierten Markenschutz auf nationaler Ebene.444 Diese Autonomie der Schutzsysteme könnte eine unterschiedliche Behandlung innerhalb der Systeme rechtfertigen, ohne dass die Bewertungen einander beeinflussen. Trotz des abweichenden Wortlautes von Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG zu Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU und der Autonomie der Systeme, die eine unterschiedliche Auslegung rechtfertigen, ist doch der Sinn und Zweck beider Normen, Konflikte zwischen Zeichen zu begrenzen, in dem ein älteres Recht, das nicht hinreichend ausgeprägt und damit nicht wichtig und bedeutungsvoll ist, der Eintragung einer (Unions)marke nicht entgegenstehen soll.445 Wie aufgezeigt kann es regional wirtschaftlich ausgeprägte Kennzeichen geben, die zu stark entwertet würden, würde man einen 441 EuG GRUR Int 2009, 728, 731 Rn. 39 – GENERAL OPTICA/Generaljptica; EuG GRUR Int 2014, 365, 367 Rn. 25 – Baby Bambolina. 442 Vgl. Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 12 MarkenG Rn. 6; Fezer, § 12 MarkenG Rn. 17. 443 Erwägungsgründe 1, 2 VO 40/94/EG; Erwägungsgrund 2 VO 2017/1001/EU. 444 Erwägungsgrund 5 VO 40/94/EG; Erwägungsgrund 2 VO 2017/1001/EU; vgl. dazu Fezer, § 12 MarkenG Rn. 17. 445 Vgl. EuG GRUR Int 2009, 728, 730 Rn. 36 – GENERAL OPTICA/Generaljptica; EuGH GRUR 2011, 737, 739 Rn. 157 – BUD/Bud.

Beeinträchtigung des Interessenausgleichs

109

landesweiten Unterlassungsanspruch fordern. Andererseits gibt es nationale Kennzeichen, die zwar nicht nur örtlich, aber nur sporadisch genutzt werden446 und mithin nicht hinreichend ausgeprägt und wichtig sind, um einer Markenanmeldung entgegen gehalten werden zu dürfen. Um eine angemessene einzelfallorientierte Abwägung für die Konfliktlösung zwischen den Kennzeichenträgern zu finden, darf daher auch die Regelung des Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG nicht ausschließlich nach geografischen Kriterien beurteilt werden. Die Entscheidung des europäischen Gerichtshofs zu Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/ EU wirkt sich mithin auf die Auslegung des Art. 4 Abs. 4 lit. b RL 2008/95/EG aus, so dass für die Auslegung der Norm neben der geografischen vor allem die wirtschaftliche Relevanz berücksichtigt werden muss.447 (3) Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung Eine Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht, die mithin ausschließlich eine geografisch orientierte Bewertung festlegt, ist nicht richtlinienkonform. Das Zeichen muss zwar in einem bedeutenden Teil des Gebietes benutzt werden, aber vor dem Hintergrund unterschiedlicher wirtschaftlicher Ausprägungen muss das nicht im gesamten Gebiet Deutschlands sein. Folglich ist § 12 MarkenG in seiner geltenden Fassung zu eng gefasst, wenn er einen bundesweiten Unterlassungsanspruch fordert, ohne die wirtschaftliche Relevanz zu berücksichtigen. Im Wege einer teleologischen Reduktion könnte § 12 MarkenG jedoch auf den Wortlaut »[…] die Benutzung der eingetragenen Marke zu untersagen« beschränkt werden. Dieser lässt es neben der geografischen Betrachtungsweise zu, wirtschaftliche Faktoren einzubeziehen. Allerdings ist für die Auslegung im deutschen Recht der Wortlaut der Norm als Schranke anerkannt,448 so dass zu prüfen ist, ob durch die angestrebte Reduktion eine Rechtsfortbildung contra legem des nationalen Rechts vorliegt.449 Im Sinne des Äquivalenzgebotes darf die richtlinienkonforme Auslegung jedoch nicht am Gesetzeswortlaut enden, sondern muss alle dem nationalen Recht zur Verfügung stehenden Methoden berücksichtigen.450 Dazu gehört im deutschen Recht neben der Rechtsfindung innerhalb des Wortlautes ebenso die Rechtsfortbildung, die eine teleologische Reduktion der Norm ermöglicht,451 um eine entgegen ihrem Wortsinn zu weit gefasste Norm auf den Regelungszweck zurückführen zu können.452 Die »contra 446 EuGH GRUR 2011, 737, 739 Rn. 158 – BUD/Bud; EuG GRUR Int 2014, 365, 367 Rn. 25 – Baby Bambolina. 447 EuG GRUR Int 2009, 728, 730 Rn. 37 – GENERAL OPTICA/Generaljptica. 448 Larenz/Canaris, S. 187. 449 Kroll-Ludwigs/Ludwigs, ZJS 2009, 123, 124. 450 Kroll-Ludwigs/Ludwigs, ZJS 2009, 123, 124. 451 Larenz/Canaris, S. 187f.; Kroll-Ludwigs/Ludwigs, ZJS 2009, 123, 124, 127. 452 Larenz/Canaris, S. 211, 214.

110

Herstellung und Störung der Gleichgewichtslage im nationalen Recht

legem«-Grenze ist mithin erst erreicht, wenn die Grenzen der Rechtsfortbildung überschritten sind.453 Mithin kann § 12 MarkenG teleologisch auf den Zweck reduziert werden, Konflikte zwischen Zeichen zu begrenzen, in dem ein älteres Recht, das nicht hinreichend ausgeprägt und damit nicht wichtig und bedeutungsvoll ist, der Eintragung einer Marke nicht entgegenstehen soll. § 12 MarkenG ist folglich entgegen seines Wortlauts dahingehend zu reduzieren, dass auch ein (gleichnamiger) Unternehmenskennzeicheninhaber, der ausschließlich für einen begrenzten Schutzbereich Unterlassung verlangen kann, als relatives Eintragungshindernis der Eintragung einer jüngeren Marke entgegen stehen kann, wenn das Zeichen wirtschaftlich relevant ist.

C.

Gesamtergebnis

Das Namensführungsrecht und der geschützte Besitzstand der Gleichnamigen zwingen die Parteien, miteinander zu koexistieren. Es kann ihnen nicht verwehrt werden, sich in redlicher Weise im geschäftlichen Bereich unter ihrem Namen zu betätigen. Dieser Grundsatz wird aber eingeschränkt, wenn durch den Gebrauch des Namens die Gefahr entsteht, mit einem gleichnamigen Namensträger verwechselt zu werden. Um der Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Anderen nachzukommen, muss daher der Prioritätsjüngere in den echten Gleichnamigenfällen einen unterscheidungskräftigen Zusatz wie den Vornamen eines Gesellschafters oder den Sitz des Unternehmens aufnehmen. Hingegen sollte auf die Branchenbezeichnung als Zusatz verzichtet werden, da die Verwechslungsgefahr steigt, wenn sich die Adressatenkreise exakt überschneiden. Nur wenn die Gleichnamigen neben einem gemeinsamen Adressatenkreis einen ausschließlichen Kundenkreis haben, begünstigt ein zusätzlicher Branchenhinweis eine bessere Unterscheidung der Unternehmen. Bei den »unechten« Gleichnamigenfällen gebührt keiner Partei im Gegensatz zu dem anderen Gleichnamigen der Vorrang, den Namen ohne aufklärende Zusätze im Geschäftsverkehr verwenden zu dürfen. Um einen täuschungsfreien Rechtsverkehr zu ermöglichen, sind daher beide gleichnamigen Parteien verantwortlich, die Verwechslungsgefahr zu vermeiden und einen aufklärenden Zusatz aufzunehmen. Die dadurch geschaffene Gleichgewichtslage wird durch die Verwechslungsgefahr, die einer Expansion, Werbung und einer Domain – oder Markenanmeldung innewohnt, gestört. Da der handelnde Gleichnamige jedoch ein Recht auf diese Verhaltensformen hat, können sie ihm nicht untersagt werden. Um die Interessen des anderen Gleichnamigen zu berücksichtigen, muss er zur Unterscheidung bei der Expansion des Unternehmens oder einer mit einer Kaufoption verbundenen Domainanmeldung einen 453 Canaris, in: FS Bydlinski, S. 47, 91.

Gesamtergebnis

111

unterscheidungskräftigen Zusatz aufnehmen. Erfolgt die Domainanmeldung hingegen ohne die Möglichkeit einer Verkaufsoption oder wirbt das Unternehmen mithilfe von Print- oder Onlinewerbung genügt ein deutlicher Hinweis auf die Koexistenz der verwechslungsfähigen Unternehmenskennzeichen. Ist die Steigerung der Verwechslungsgefahr nicht durch einen entsprechenden Zusatz oder Hinweis reduziert wurden, so stehen dem betroffenen Gleichnamigen im Fall der sittenwidrigen Werbung oder Verwendung der Domainadresse ein Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 2, 4 MarkenG sowie im Umfang des Unterlassungsanspruches ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 5 MarkenG zu. Wird das Unternehmenskennzeichen als Marke verwendet, ist die Aufnahme eines Zusatzes aufgrund der Prägetheorie nicht geeignet, die Verwechslungsgefahr zu vermeiden. Ein Gleichnamiger kann einer dennoch eingetragenen Marke innerhalb von drei Monaten widersprechen oder danach einen Löschungsantrag gem. §§ 12, 51 Abs. 1, 2 Nr. 2 MarkenG stellen. § 12 MarkenG ist jedoch entgegen seines Wortlauts dahingehend zu reduzieren, dass ein gleichnamiger Unternehmenskennzeicheninhaber, der ausschließlich für einen begrenzten Schutzbereich Unterlassung verlangen kann, sein Kennzeichen als relatives Eintragungshindernis der Eintragung einer jüngeren Marke entgegen stellen kann, wenn das Zeichen wirtschaftliche Relevanz aufweist. Um den Parteien die möglichen Unsicherheiten und die Zeit eines Rechtsstreites zu ersparen, ist es m. E. jedoch am rechtssichersten, eine markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung zu treffen, wenn die Parteien ihr Unternehmenskennzeichen zu einer Marke fortentwickeln wollen.454

454 Vgl. dazu ausführlich unter S. 165ff.

Kapitel 3. Der Einfluss des deutschen Gleichnamigenrechts auf das europäische Markenrecht

In Kapitel 2 wurde untersucht, wie eine zwischen Gleichnamigen geschaffene Gleichgewichtslage durch eine nationale Markenanmeldung gestört werden kann und wie hierbei das nationale Recht durch europäisches Sekundärrecht beeinflusst ist. Davon zu unterscheiden ist die im Folgenden zu untersuchende Frage, wie die nationale Gleichgewichtslage zwischen den Gleichnamigen die Anmeldung einer Unionsmarke beeinflusst. Die europäische Rechtsprechung hat in wenigen Entscheidungen dazu Stellung genommen, inwiefern die Rechte Gleichnamiger auf europäischer Ebene kollidieren können und wie diese Kollisionen zu behandeln sind. Unter kritischer Beachtung dieser Rechtsprechung soll daher aufgezeigt werden, ob und wie eine ältere nationale deutsche Geschäftsbezeichnung eines Unternehmens der Eintragung einer jüngeren gleichnamigen Unionsmarke entgegenstehen kann und damit das nationale Gleichnamigenrecht das europäische Recht beeinflusst.

A.

Die Unionsmarke

Eine unionsweite Markeneintragung ermöglicht, den Schutz in allen derzeit 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union455 über ein Verfahren in einer einzigen Sprache zu erreichen. Dies senkt zum einen den Verwaltungsaufwand. Zum anderen kann auf weitere Anmeldungen verzichtet werden, wenn ein Unternehmen plant, seine geschäftlichen Aktivitäten sukzessive im Gebiet der Union auszudehnen. Die Unionsmarke ist dabei von folgenden Prinzipien geprägt:

455 Europäische Union, https://europa.eu/european-union/about-eu/countries/member-coun tries_de, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018.

114 I.

Einfluss des deutschen Gleichnamigenrechts auf das europäische Markenrecht

Prinzip der Einheitlichkeit

Das Prinzip der Einheitlichkeit zeichnet die Unionsmarke aus. Gemäß Art. 1 Abs. 2 VO 2017/1001/EU entfaltet die Unionsmarke einheitliche Wirkung, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.456 Es bedeutet, dass die Unionsmarke nur für das gesamte Gebiet eingetragen oder übertragen werden kann, Gegenstand der Nichtigkeit ist und ihre Benutzung im Grundsatz457 nur für das gesamte Gebiet untersagt werden kann. Der Vorteil einer unionsweiten Markeneintragung ist wie aufgezeigt, dass der Schutz in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union über ein Verfahren erreicht werden kann. Die Unionsmarke ist damit nicht lediglich ein Bündel nationaler Schutzrechte, sondern ein europaweites Schutzrecht.458 Andererseits erschwert die einheitliche Wirkung das Eintragungsverfahren, da bereits bei Vorliegen eines relativen oder absoluten Eintragungshindernisses in einem einzigen Mitgliedstaat die Eintragung untersagt oder für nichtig erklärt werden kann.459

II.

Prinzip der Koexistenz

Das einheitliche Unionsmarkenrecht ist kein Ersatz für die nationalen Markenrechte und Kennzeichen. Durch die Verordnung wurde stattdessen ein spezielles Markenrechtsschutzsystem für die Europäische Union geschaffen, das parallel zu dem Schutz auf nationaler Ebene besteht.460 Nationale Kennzeichen wie das Unternehmenskennzeichen bleiben daher unberührt.461

III.

Prinzip der Autonomie

Die Koexistenz der Markensysteme führt zu dem Prinzip der Autonomie, das an Art. 17 Abs. 1 S. 1 VO 2017/1001/EU angeknüpft werden kann: Entscheidend für die Wirksamkeit, den Schutz und die Reichweite der Unionsmarke sind ausschließlich die Regelungen der Unionsmarkenverordnung. Die Auslegung der 456 Vgl. auch Erwägungsgrund 3 VO 2017/1001/EU. 457 Vgl. zur Ausnahme unter S. 130f. 458 v. Bomhard, in: BeckOK MarkenR, Art. 1 UMV Rn. 7; Kochendörfer, in: BeckOK UMV, Art. 1 UMV Rn. 21. 459 v. Bomhard, in: BeckOK MarkenR, Art. 1 UMV Rn. 8; Kochendörfer, in: BeckOK UMV, Art. 1 UMV Rn. 24. 460 Eisenmann/Jautz, Rn. 730; Götting, § 65 Rn. 3; v. Bomhard, in: BeckOK MarkenR, Art. 1 UMV Rn. 5; Kochendörfer, in: BeckOK UMV, Art. 1 UMV Rn. 15. 461 Vgl. Kochendörfer, in: BeckOK UMV, Art. 1 UMV Rn. 15.

Einfluss des Gleichnamigenrechts im europäischen Eintragungsverfahren

115

Artikel der Verordnung darf nicht auf die Interpretation der nationalen Normen gestützt werden, sondern ist von den nationalen Markensystemen unabhängig ausschließlich am Maßstab der Unionsmarkenverordnung zu messen.462 Die Unionsmarkenverordnung bildet damit ein geschlossenes Regelwerk mit separaten Regelungen zur Anmeldung und des Schutzes der Unionsmarke. Mitgliedstaatliche Vorschriften finden nur dann Anwendung, wenn ausdrücklich darauf verwiesen wird, wie z. B. bei den Rechtsfolgen von Kollisionsfällen nach Art. 17 Abs. 1 S. 2 VO 2017/1001/EU.463

B.

Einfluss des nationalen Gleichnamigenrechts im europäischen Eintragungsverfahren

Zu untersuchen ist, ob eine ältere nationale Geschäftsbezeichnung eines gleichnamigen Unternehmens der Eintragung einer jüngeren Unionsmarke eines Gleichnamigen entgegenstehen kann.

I.

Formelle Einflussmöglichkeit im europäischen Verfahren

Aus dem Prinzip der Einheitlichkeit folgt, dass das Eintragungsverfahren der Unionsmarke durch ein älteres kollidierendes Recht aus einem Mitgliedstaat beeinflusst werden kann. Zu den älteren Rechten zählen ebenso nicht eingetragene nationale Kennzeichen wie Unternehmenskennzeichen, vgl. Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU. Möchte ein Unternehmen eine Unionsmarke anmelden, kann mithin ein gleichnamiges Unternehmen sein prioritätsälteres Unternehmenskennzeichenrecht als relatives Eintragungshindernis unter den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU einwenden. Der Gleichnamige kann sein Recht bereits im Widerspruchsverfahren oder erst im Nichtigkeitsverfahren ausüben. Im Gegensatz zum deutschen Recht, nach dem das Widerspruchsverfahren gemäß §§ 41, 42 MarkenG innerhalb von drei Monaten nach der Eintragung angestrebt werden muss, läuft im unionsweiten Verfahren die Frist des Widerspruchs ab der Veröffentlichung der Anmeldung der Unionsmarke (vgl. Art. 44 Abs. 1 VO 2017/1001/EU) und ist mithin im Gegensatz zum nationalen deutschen Recht der Eintragung vorgeschaltet, vgl. Art. 46 Abs. 1 462 EuGH GRUR 2012, 613, 614 Rn. 36 – G8nesis/Boys Toys; EuGH GRUR 2013, 919, 921 Rn. 33 – Malaysia Dairy Industries; EuGH GRUR Int 2014, 161, 164 Rn. 48 – BASKAYA/Passaia; EuGH GRUR-RR 2016, 328, 330 Rn. 50 – English pink; v. Bomhard, in: BeckOK MarkenR, Art. 1 UMV Rn. 6; Kochendörfer, in: BeckOK UMV, Art. 1 UMV Rn. 7f., 10. 463 Vgl. zu weiteren Beispielen Kochendörfer, in: BeckOK UMV, Art. 1 UMV Rn. 7, 13f.

116

Einfluss des deutschen Gleichnamigenrechts auf das europäische Markenrecht

lit. c VO 2017/1001/EU.464 Nach der Eintragung kann ein älteres gleichnamiges Unternehmenskennzeichen als Nichtigkeitsgrund auf Antrag beim Amt oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren gemäß Art. 60 Abs. 1 lit. c VO 2017/1001/ EU i. V. m. Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU berücksichtigt werden. Damit kann sich das nationale Recht im Eintragungsverfahren einer Unionsmarke auf diese auswirken.

II.

Materielle Voraussetzungen des Widerspruchs nach Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU

Das national entwickelte und nicht harmonisierte Gleichnamigenrecht kann als relatives Eintragungshindernis die Eintragung einer Unionsmarke verhindern, wenn nach Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU das im geschäftlichen Verkehr benutzte Zeichen mehr als lediglich örtliche Bedeutung hat und das prioritätsältere Zeichen nach dem maßgeblichen Recht des Mitgliedstaats seinem Kennzeicheninhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. Besonders umstritten war in den letzten Jahren, nach welchem Recht die einzelnen Tatbestandsmerkmale auszulegen sind und welche konkreten Voraussetzungen die Kennzeichen erfüllen müssen, um einer jüngeren Unionsmarke im Eintragungsverfahren entgegen gehalten werden zu können. Diese Probleme werden im Folgenden aufgegriffen. 1.

Benutzung im geschäftlichen Verkehr

Das Kennzeichen, auf den sich der Widerspruch stützt, muss vor dem Anmeldetag der Unionsmarke im geschäftlichen Verkehr benutzt worden sein.465 Es ist ein autonomes Tatbestandsmerkmal, das anhand des Unionsrechts auszulegen ist.466 Eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr liegt danach vor, wenn sie im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten, kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich geschieht.467 Dabei muss das ältere Kennzeichen in dem Gebiet benutzt werden, für das es Schutz genießt. Die Benutzung in einem nicht vom Schutzbereich umfassten Gebiet reicht nicht aus, da der Kennzeicheninhaber für dieses Gebiet kein ausschließliches Recht in464 Siehe zum nationalen Recht unter S. 105. 465 Zur Benutzung zwischen dem Anmeldetag der Marke und deren Veröffentlichung vgl. EuGH GRUR 2011, 737, 740 Rn. 166ff. – BUD/Bud. 466 EUGH GRUR Int 2009, 728, 730 Rn. 33 – GENERAL OPTICA/Generaljptica. 467 EuGH GRUR Int 2003, 229, 232 Rn. 40 – Arsenal; EuGH GRUR 2007, 971, 972 Rn. 17 – C8line; EuGH GRUR 2011, 737, 739 Rn. 144 – BUD/Bud.

Einfluss des Gleichnamigenrechts im europäischen Eintragungsverfahren

117

nehat, das er der Markenanmeldung entgegen setzen könnte.468 Bei einer parallelen Benutzung des Kennzeichens in verschiedenen Mitgliedstaaten muss für jede im Widerspruch geltend gemachte Region separat geprüft werden, ob die Benutzung für dieses Gebiet geschützt ist. Die Prüfung darf nicht von einer Gesamtbeurteilung abhängen.469 2.

Mehr als lediglich örtliche Bedeutung

Das im Verkehr benutzte Zeichen muss mehr als lediglich örtliche Bedeutung haben. Der Nachweis dieses Tatbestandsmerkmals ist in der Praxis für den Widerspruchsführer häufig schwer zu führen,470 so dass in den letzten Jahren intensiv über die Auslegung des Merkmals gestritten wurde und die europäische Rechtsprechung das Merkmal stetig konkretisiert hat. a.

Allgemeines Verständnis des Tatbestandsmerkmals

(1) Auslegungsmaßstab Die überörtliche Bedeutung ist zwar dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/ 1001/EU nach ein Begriff des Unionsrechts und mithin unionsweit einheitlich auszulegen.471 Allerdings wurde in dem aktuellen Rechtsfall zwischen den Peek & Cloppenburg Gesellschaften die Frage aufgeworfen, ob sich die Auslegung des Tatbestandsmerkmals nicht doch am nationalen Recht zu orientieren hat. Daher soll zunächst geklärt werden, nach welchem Recht, das Merkmal auszulegen ist. In dem angesprochenen Fall wollte die Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf zwei Gemeinschaftswortmarken »Peek & Cloppenburg« für Bekleidung, Schuhe und Kopfbedeckung sowie für Dienstleistungen im Einzelhandel anmelden, wogegen die Peek & Cloppenburg KG Hamburg unter Berufung auf ihr deutsches Unternehmenskennzeichenrecht Widerspruch nach Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU i. V. m. §§ 5, 15 MarkenG erhob.472 Gegen den Widerspruch wandte die KG Düsseldorf ein, dass kein Unterlassungsanspruch für das gesamte Bundesgebiet bestehe, so dass die geschäftliche Bezeichnung der KG Hamburg nicht als relatives Eintragungshindernis geltend gemacht werden könne.473 So468 469 470 471

EuGH GRUR 2011, 737, 740 Rn. 161, 162 – BUD/Bud. EuGH GRUR 2011, 737, 740 Rn. 163 – BUD/Bud. Hackbarth, in: BeckOK UMV, Art. 8 UMV Rn. 387. So auch EuG GRUR Int 2009, 728, 730 Rn. 33, 35 – GENERAL OPTICA/Generaljptica; EuG MarkenR 2013, 317, 321f. Rn. 47f. – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; EuGH GRUR Int 2014, 952, 955 Rn. 51 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg. 472 EuG MarkenR 2013, 317 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; EuGH GRUR Int 2014, 952 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg. 473 EuG MarkenR 2013, 317, 318ff. Rn. 14, 45ff. – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; vgl. kritisch zu einem bundesweiten Unterlassungsanspruch unter S. 105f.

118

Einfluss des deutschen Gleichnamigenrechts auf das europäische Markenrecht

wohl das EuG als auch der EuGH wiesen die Rechtsmittel mit der Begründung zurück, dass der Peek & Cloppenburg KG Hamburg ein älteres Recht nach Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU zustehe, da es für die Anwendung der Norm nicht entscheidend sei, dass sich das Untersagungsrecht wie in § 12 MarkenG gefordert auf das gesamte deutsche Gebiet erstrecke, sondern die Benutzung des älteren Zeichens »mehr als lediglich örtliche Bedeutung« haben müsse.474 Dass nach § 12 MarkenG ein bundesweit wirkender Unterlassungsanspruch verlangt wird, darf die Auslegung des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU nicht berühren, um die Autonomie der Schutzsysteme zu wahren. § 12 MarkenG beruht zwar auf der Umsetzung des harmonisierten Art. 4 Abs. 4 RL 2008/95/EG475, an dem sich die Mitgliedstaaten für die Festsetzung der Voraussetzungen relativer Eintragungshindernisse zu orientieren hatten. Art. 4 Abs. 4 RL 2008/95/EG ist aber fakultativ ausgestaltet, so dass eine zum Teil unterschiedliche Umsetzung der Richtlinienvorschrift zu willkürlichen Auslegungsansätzen führen kann. Würde man sich für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals mithin an der nationalen Vorschrift orientieren, unterläge der Markenanmelder der Gefahr, dass eine Markeneintragung davon abhänge, ob und wie die Mitgliedstaaten die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt haben.476 Um diese Gefahr zu vermeiden, ist das Merkmal »mehr als lediglich örtliche Bedeutung« mithin ausschließlich unionsrechtlich auszulegen.477 (2) Auslegungskriterien Fraglich ist, wie Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU unionsrechtlich auszulegen ist. Der Wortlaut der Norm schreibt vor, dass wenigstens die geografische Relevanz des eingewandten Zeichens in die Bewertung der überörtlichen Bedeutung einfließen muss.478 Nach dem Sinn und Zweck der Norm sollen Konflikte zwischen Zeichen begrenzt werden, in dem ein älteres Recht, das nicht hinreichend ausgeprägt und damit nicht wichtig und bedeutungsvoll ist, der Eintragung einer Unionsmarke nicht entgegenstehen soll.479 Daher muss das in Rede ste474 EuG MarkenR 2013, 317, 322 Rn. 48 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; EuGH GRUR Int 2014, 952, 955 Rn. 50 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg. 475 Die Norm findet sich wortgleich und inhaltlich unverändert in Art. 5 Abs. 4 lit. a RL 2015/ 2436/EU wieder. Die Norm muss gemäß Art. 54 Abs. 1 RL 2015/2436/EU bis zum 14. 1. 2019 umgesetzt werden. 476 EuGH GRUR Int 2014, 952, 955 Rn. 55 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg. 477 EuG MarkenR 2013, 317, 321f. Rn. 47f. – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; EuGH GRUR Int 2014, 952, 955 Rn. 51 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg. 478 Hingegen erkennt das EuG MarkenR 2013, 317, 322 Rn. 49 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg bereits in dem Wortlaut einen Hinweis darauf, dass das Zeichen sowohl geografische als auch wirtschaftliche Bedeutung haben muss. 479 Vgl. EuG GRUR Int 2009, 728, 730 Rn. 36 – GENERAL OPTICA/Generaljptica; EuGH GRUR 2011, 737, 739 Rn. 157 – BUD/Bud.

Einfluss des Gleichnamigenrechts im europäischen Eintragungsverfahren

119

hende Zeichen auf dem relevanten Markt tatsächlich und wirklich präsent sein, um ihm eine »mehr als lediglich örtliche Bedeutung« zuzusprechen.480 Die Bedeutung kann folglich nicht ausschließlich nach der geografischen Schutzausrichtung festgestellt werden,481 sondern es muss neben der geografischen die wirtschaftliche Relevanz berücksichtigt werden.482 (a) Geografisches Kriterium In geografischer Hinsicht muss das Zeichen in einem bedeutenden Teil des Gebietes benutzt werden.483 Knaak vermutet, dass diese vom EuGH in der Entscheidung BUD/Bud aufgestellte Voraussetzung wohl so auszulegen sei, dass die Kennzeichen im gesamten Territorium eines Mitgliedstaates geschützt sein müssten.484 Dieser Auslegung erteilte der EuGH in seinem aktuellen Peek & Cloppenburg Urteil jedoch eine Absage, als er entschied, dass das Zeichen zwar eine mehr als lediglich örtliche Schutzausdehnung haben muss, sich der nationale Unterlassungsanspruch aber nicht auf das gesamte Gebiet des Mitgliedstaates beziehen muss.485 Denn richtigerweise würden marktpräsente regionale Kennzeichen zu stark entwertet werden, würde man einen landesweiten Unterlassungsanspruch fordern.486 Andererseits gibt es nationale Kennzeichen, die zwar nicht nur örtlich, aber nur sporadisch genutzt werden487 und deren Marktpräsenz mithin geringer zu bewerten ist als diejenige von nur in bestimmten Regionen ansässigen Kennzeichenträgern. Daher führt auch ein landesweiter Schutz nicht zwangsläufig zu einer mehr als lediglich örtlichen Bedeutung.488 Die aufgezeigten Konstellationen unterstreichen, warum die Bedeutung des Zeichens nicht ausschließlich an der geografischen Ausdehnung gemessen werden darf.489

480 EuGH GRUR 2011, 737, 739 Rn. 157 – BUD/Bud; EuGH GRUR Int 2014, 952, 955 Rn. 53 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; EuG GRUR Int 2014, 365, 367 Rn. 25 – Baby Bambolina. 481 EuGH GRUR 2011, 737, 739 Rn. 157, 158 – BUD/Bud. 482 EuG GRUR Int 2009, 728, 730 Rn. 37 – GENERAL OPTICA/Generaljptica. 483 EuGH GRUR 2011, 737, 740 Rn. 159 – BUD/Bud. 484 Knaak, GRUR-Prax 2011, 165. 485 EuGH GRUR Int 2014, 952, 955f. Rn. 52, 58 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; anders entschieden für einen Sitz eines Unternehmens in London, HABM BK, 1. 4. 2011, R 354/2009–2, Rn. 49 – Fortress. 486 Hackbarth, in: BeckOK UMV, Art. 8 UMV Rn. 391. 487 EuGH GRUR 2011, 737, 739 Rn. 158 – BUD/Bud; EuG GRUR Int 2014, 365, 367 Rn. 25 – Baby Bambolina. 488 EuG GRUR Int 2009, 728, 731 Rn. 39 – GENERAL OPTICA/Generaljptica; EuG GRUR Int 2014, 365, 367 Rn. 25 – Baby Bambolina. 489 EuGH GRUR 2011, 737, 739 Rn. 158 – BUD/Bud; EuG MarkenR 2013, 317, 322 Rn. 50 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg.

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Einfluss des deutschen Gleichnamigenrechts auf das europäische Markenrecht

(b) Wirtschaftliches Kriterium Die wirtschaftliche Bedeutung hängt von der Dauer und Intensität der Zeichenbenutzung ab.490 In dieser Hinsicht sind insbesondere die Benutzungen des Zeichens in der Werbung und in der geschäftlichen Korrespondenz erheblich,491 etwa Rechnungen an Kunden oder Bestellungen ihrerseits492, aber auch der Kreis der Adressaten wie Verbraucher, Wettbewerber und Lieferanten ist zu beachten.493 Ebenso hilfreich sind überörtliche Listen von Kunden und Vertriebspartnern494 oder Nachweise über das erbrachte Verkaufsvolumen.495 Dass sich diese Wirkung nicht nur auf einen geringen Teil des Gebietes, wie eine Stadt oder eine Provinz, beschränken darf,496 zeigt, dass die wirtschaftliche Relevanz wiederum stets im Zusammenhang mit der geografischen Ausdehnung betrachtet werden muss. b. Korrektur des Begriffsverständnisses im Gleichnamigenrecht Sofern der Nachweis der wirtschaftlichen Relevanz des Zeichens in einem überörtlichen Bereich gelingt, führt die Auslegung des Begriffs wie bei dem vorgestellten Fall der Peek & Cloppenburg Gesellschaften zu dem auf den ersten Blick etwas merkwürdig anmutenden Ergebnis, dass ein nur in einem Teil Deutschlands benutztes Unternehmenskennzeichen die Eintragung der Unionsmarke verhindern kann. Es ist daher zu überlegen, ob im Recht gleichnamiger Unternehmen das Begriffsverständnis der Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU korrigiert werden muss. Eine mögliche Korrektur könnte sein, dass der Begriff der »überörtlichen Bedeutung« doch derart ausgelegt werden muss, dass sich das ältere Recht auf das gesamte Gebiet des Mitgliedstaates erstrecken muss. Allerdings lässt der Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU nicht erkennen, dass strengere Anforderungen an die Voraussetzungen zu stellen sind, wenn zwei identische Zeichen in einem Staatsgebiet geschützt sind. Eine diesem Verständnis widersprechende Auslegung ginge über den Wortlaut der Norm hinaus und würde die Autonomie der Systeme untergraben. Es entspricht aber vor allem dem Zweck der Norm, Konflikte zwischen Zeichen begrenzen zu wollen. Gerade im Gleichnamigenrecht, das darauf ausgelegt ist, zwischen den Parteien ein Gleichgewicht zu schaffen, mithin Konflikte zu unterbinden und diese Gleichgewichtslage zu bewahren, darf kein strengerer Maßstab an die Auslegung des 490 491 492 493 494 495 496

EuG GRUR Int 2009, 728, 730f. Rn. 37 – GENERAL OPTICA/Generaljptica. EuGH GRUR 2011, 737, 740 Rn. 160 – BUD/Bud. Hackbarth, in: BeckOK UMV, Art. 8 UMV Rn. 396. EuGH GRUR 2011, 737, 740 Rn. 160 – BUD/Bud. Hackbarth, in: BeckOK UMV, Art. 8 UMV Rn. 396. EuG GRUR Int 2014, 365, 368 Rn. 39 – Baby Bambolina. EuG GRUR Int 2009, 728, 731 Rn. 41 – GENERAL OPTICA/Generaljptica.

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Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU angelegt werden. Im Gegenteil, eine unionsweite Markenanmeldung könnte die zwischen den Gleichnamigen geschaffene Gleichgewichtslage stören,497 so dass dem Widerspruch gegen die Eintragung keine erhöhten Voraussetzungen auferlegt werden dürfen.498 Das berechtigte Interesse der Parteien, sich wirtschaftlich fortzuentwickeln und dafür rechtlichen Schutz zu bekommen, ist nachvollziehbar, darf aber wie aufgezeigt nicht über verschärfte Widerspruchsvoraussetzungen erreicht werden wollen. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals »mehr als lediglich örtliche Bedeutung« bedarf mithin auch im Recht gleichnamiger Unternehmen keiner Korrektur. Ein landesweit wirkender Unterlassungsanspruch kann nicht verlangt werden. c. Zwischenergebnis »Mehr als lediglich örtliche Bedeutung« meint, dass das in Rede stehende Zeichen auf dem relevanten Markt tatsächlich und wirklich präsent sein muss. Dafür muss sowohl die geografische als auch die wirtschaftliche Relevanz des Zeichens berücksichtigt werden. Das Zeichen muss in geografischer Hinsicht in einem bedeutenden Teil des Gebietes benutzt werden, was insbesondere auch im Gleichnamigenrecht nicht bedeutet, dass das Zeichen landesweiten Schutz genießen muss. Die wirtschaftliche Bedeutung hängt von der Dauer und Intensität der Zeichenbenutzung ab. 3.

Erwerb und Schutzumfang des älteren Rechts

Um den Widerspruch i. S. d. Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU i. V. m. Regel 19 Abs. 2 S. 2 lit. d GMDV499 zu substantiieren, muss der Widerspruchsführer den Erwerb, den Fortbestand und den Schutzumfang des prioritätsälteren Kennzeichens nachweisen. Aus der Formulierung »wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Union oder des Mitgliedstaats« ergibt sich, dass das Merkmal nach den Kriterien des nationalen Rechts zu beurteilen ist, dem das geltend gemachte Zeichen unterliegt,500 wenn wie in der untersuchten Konstellation der Gleichnamigen ein nationales Kennzeichenrecht eingewendet wird. Es ist mithin nach dem Recht des Mitgliedstaates zu bestimmen, ob das der Eintragung entgegen gesetzte Recht älter als die

497 Vgl. dazu unter S. 122ff. 498 Vgl. auch EuGH GRUR Int 2014, 952, 955 Rn. 54 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg. 499 Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Unionsmarke. 500 Vgl. auch EuG GRUR Int 2009, 728, 730 Rn. 34 – GENERAL OPTICA/Generaljptica; EuG, Urt. v. 28. 10. 2015, T-96/13, juris Rn. 29 – =Qc[Q/=Qc[Q.

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Unionsmarke ist und ob es ein Verbot der Benutzung der jüngeren Marke rechtfertigen kann.501 a. Prioritätsälteres nationales Kennzeichenrecht Der Widersprechende muss zeigen, dass er ein prioritätsälteres nationales Recht erworben hat. Dafür müssen die rechtlichen Voraussetzungen der Entstehung und deren Erfüllung anhand der einschlägigen nationalen Normen nachgewiesen werden. Es reicht nicht aus, eine amtliche Liste zu älteren nationalen Rechten vorzulegen, sondern die einschlägigen Normen für den Erwerb des Rechtes müssen sowohl in Original- als auch in Verfahrenssprache eingereicht werden.502 Wendet sich mithin ein deutscher Unternehmenskennzeichenträger gegen die Unionsmarkeneintragung eines gleichnamigen Kontrahenten, so muss dieser den Gesetzesabschnitt über § 5 MarkenG vorlegen und aufzeigen, dass die Voraussetzungen des nationalen Rechts erfüllt sind. Das Zeichen muss mithin im inländischen geschäftlichen Verkehr in Gebrauch genommen worden sein503 und Unterscheidungskraft504 besitzen. Ausführungen zur Branchennähe sind ebenso erforderlich.505 Schließlich muss das Kennzeichen gemäß Art. 8 Abs. 4 lit. a VO 2017/1001/EU vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Unionsmarke in Anspruch genommenen Priorität erworben worden sein, was sich im deutschen Recht nach § 6 MarkenG beurteilt. b. Befugnis der Benutzungsuntersagung der jüngeren Marke Nach Art. 8 Abs. 4 lit. b VO 2017/1001/EU muss das ältere Recht den Kennzeicheninhaber berechtigen, die Benutzung der angegriffenen jüngeren Marke zu untersagen. (1) Begriff der Benutzungsuntersagung Schmitt-Gaedke und Arz kritisieren, dass Art. 8 Abs. 4 lit. b VO 2017/1001/EU gezielt auf die Untersagung der Benutzung der Marke und nicht auf deren Ein501 EuG GRUR Int 2009, 728, 730 Rn. 34 – GENERAL OPTICA/Generaljptica; EuGH GRUR 2011, 737, 741 Rn. 190 – BUD/Bud; EuG MarkenR 2013, 317, 319 Rn. 20 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg. 502 Vgl. dazu Hackbarth, in: BeckOK UMV, Art. 8 UMV Rn. 405. 503 BGH GRUR 1989, 626, 627; BGH GRUR 1993, 404 – Columbus; BGH GRUR 1995, 825, 826 – Torres; BGH GRUR 2009, 685, 686 Rn. 17 – ahd.de; BGH GRUR 2012, 832, 836 Rn. 44 – ZAPPA; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 104; Fezer, § 5 MarkenG Rn. 3; Ingerl/Rohnke, § 5 MarkenG Rn. 32, 57; Bamberger, in: BeckOK BGB, § 12 BGB Rn. 54. 504 Bamberger, in: BeckOK BGB, § 12 BGB Rn. 54; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 63. 505 HABM BK, Entsch. v. 6. 3. 2008, R 0977/2004–1, Rn. 34 – REAL.

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tragung abstellt.506 Denn stelle man auf die Benutzung ab, käme in bestimmten Gleichgewichtslagen nach unbeanstandeter Parallelnutzung bei wörtlichem Verständnis der Verordnung ein Verbotsrecht gerade nicht in Betracht.507 Dieser Unterschied beispielsweise zu Art. 8 Abs. 1 VO 2017/1001/EU, der auf die Registerlage abstellt, müsse sich auch in der Auslegung der Norm wieder finden.508 Abgesehen von dem sehr beschränkten Anwendungsbereich, für den eine unterschiedliche Interpretation möglich sein könnte,509 muss Absatz 1 im Vergleich zu Absatz 4 auf den Vergleich der Registerlagen abstellen, da der Widersprechende sein älteres Recht auf eine eingetragene Marke stützt. Absatz 4 erfasst hingegen im geschäftlichen Verkehr benutzte nicht eingetragene Marken oder andere Kennzeichen, die für ihre Schutzentstehung nicht eingetragen werden müssen. Der Unterschied zwischen den Absätzen beruht mithin auf der Eintragung des älteren Rechts und nicht auf der unterschiedlichen Interpretation des Widerspruchrechts. Zudem musste in Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU der Begriff der »Benutzung« gewählt werden, um nicht die unionsrechtliche Auslegung der »überörtlichen Bedeutung« zu konterkarieren. Denn hätte man stattdessen den Begriff der »Eintragung« gewählt, so hätte das in einem Mitgliedstaat wie Deutschland dazu geführt, dass das Tatbestandsmerkmal des Art. 8 Abs. 4 lit. b. VO 2017/1001/EU nur erfüllt würde, wenn ein bundesweiter Unterlassungsanspruch bestände.510 Diese allein geografische Betrachtungsweise widerspricht jedoch der unionsrechtlichen Auslegung der überörtlichen Bedeutung. Die Verwechslungsgefahr ist daher richtigerweise danach zu beurteilen, ob das ältere Kennzeichenrecht seinem Inhaber gemäß Art. 8 Abs. 4 lit. b. VO 2017/1001/EU das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. (2) Inhalt der Benutzungsuntersagung Das Tatbestandsmerkmal der Benutzungsuntersagung bestimmt sich nach nationalem Recht.511 Fraglich ist hierbei, ob nach dem nationalen Kennzeichenrecht generell ein Benutzungsverbot ausreicht oder ob im konkreten Fall der Schutzbereich des älteren Kennzeichens verletzt sein muss. Um das Recht des Widersprechenden nicht zu sehr auszudehnen und den Rechtsschutz des Anmeldenden zu erhöhen, sollte das Erfordernis nicht nur abstrakt gelten, sondern muss im konkreten Fall erfüllt sein.512 Ein gleichnamiger Unternehmenskenn506 507 508 509 510 511 512

Schmitt/Gaedke/Arz, MarkenR 2013, 265, 266f. Schmitt/Gaedke/Arz, MarkenR 2013, 265, 267. Schmitt/Gaedke/Arz, MarkenR 2013, 265, 267. Vgl. dazu selbst Schmitt/Gaedke/Arz, MarkenR 2013, 265, 267 Fn. 20. Vgl. dazu § 12 MarkenG und unter S. 105f. Vgl. aktuell EuG, Urt. v. 28. 10. 2015, T-96/13, juris Rn. 29 – =Qc[Q/=Qc[Q. I. E. ebenso, aber ohne Begründung Hanf, in: BeckOK MarkenR, Art. 8 UMV Rn. 201f.

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zeichenträger muss gegen die Eintragung einer gleichnamigen Unionsmarke mithin vortragen, dass sein Kennzeichen durch die Benutzung der Unionsmarke der Verwechslungsgefahr nach § 15 MarkenG unterliegt, die nicht gemäß § 23 MarkenG gerechtfertigt ist. Dabei sind insbesondere die in dem Mitgliedstaat ergangenen Gerichtsentscheidungen zu berücksichtigen.513 Schmitt-Gaedke und Arz bezweifen bereits, ob die Rechtsprechung als »Recht des Mitgliedstaates« zu werten ist und kritisieren, dass die Eintragung einer Unionsmarke möglicherweise durch Einzelentscheidungen oder eine noch uneinheitliche, widersprüchliche und nicht gefestigte Rechtsprechung verhindert werden kann.514 Sie schlagen daher vor, ausschließlich auf die Entscheidungen der obersten nationalen Gerichte zu verweisen.515 Zunächst verkennen Schmitt-Gaedke und Arz, dass zu den Rechtsquellen des geltenden Rechts neben dem geschriebenen Recht auch die Rechtsprechung zählt,516 so dass die Rechtsprechung als »Recht des Mitgliedstaates« herangezogen werden kann und muss. In der Rechtsdogmatik wird für das Richterrecht nicht zwischen den Entscheidungen der verschiedenen Instanzen unterschieden und zulasten der Einstiegsinstanz eine Einschränkung vorgenommen. Die Unionsmarkenverordnung kennt jedoch im Gegensatz zum nationalen Recht das Institut der Eintragungsbewilligungsklage517 nicht. Ein positives Widerspruchsverfahren zwischen den Parteien führt daher zu einem endgültigen nicht angreifbaren Ergebnis. Im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes ist Schmitt-Gaedke und Arz daher zuzustimmen, dass es sich zumindest um eine gefestigte Rechtsprechung handeln muss, auf die sich der Widerspruchsführer stützt. Tritt während des Widerspruchs- bzw. Nichtigkeitsverfahrens eine Änderung der Auslegung des nationalen Kennzeichenrechts ein, so muss im Sinne des Schutzes der Unionsmarke und der praktischen Wirksamkeit der Unionsmarkenverordnung diese Neuerung stets von der urteilenden Instanz berücksichtigt werden.518 Daher muss das Gericht zur Beurteilung die nationale Rechtsvorschrift so anwenden, wie sie zum Zeitpunkt der Entscheidung von den nationalen Gerichten ausgelegt wird. Dies gilt selbst dann, wenn die Entscheidung des 513 EuG MarkenR 2013, 317, 319 Rn. 21 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; EuGH GRUR Int 2014, 952, 955 Rn. 47 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; EuG, Urt. v. 28. 10. 2015, T-96/13, juris Rn. 29 – =Qc[Q/=Qc[Q. 514 Schmitt-Gaedke/Arz, MarkenR 2013, 265, 266. 515 Schmitt-Gaedke/Arz, MarkenR 2013, 265, 266. 516 Vgl. Reimer, Rn. 2, 157 »das Recht in unserer Rechtsordnung in beiden Erscheinungsformen«; Zippelius, § 2 a. 517 Vgl. § 44 MarkenG. 518 EuGH GRUR Int 2017, 502, 505 Rn. 38–42 – LAGUIOLE; anders bei Abschluss von Abgrenzungsvereinbarungen, da es dort um den Schutz der Privatautonomie und des Vertragsrechts geht, vgl. dazu unter S. 166.

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nationalen Gerichts erst nach der Entscheidung der Beschwerdekammer ergeht und die Rechtsmittelinstanz ihrer Entscheidung folglich eine neue Auslegung zugrunde legen muss.519 Nur so kann eine mit dem nationalen Recht nicht mehr im Einklang stehende ungerechtfertigte Verweigerung der Eintragung bzw. Ungültigerklärung der Unionsmarke verhindert und damit die Unionsmarke in ihrem Institut geschützt werden.520 Mithin ist für die Bewertung eines Widerspruchs auf die aktuelle Literatur und Rechtsprechung zum Gleichnamigenrecht abzustellen und zu prüfen, ob die Eintragung der Unionsmarke die Gleichgewichtslage zwischen den Gleichnamigen stört. Wird als Unionsmarke ein Zeichen eingetragen, ermöglicht die eingetragene Marke, die Waren und Dienstleistungen im gesamten Unionsgebiet mit dieser Marke zu kennzeichnen und die Benutzung durch andere zu verbieten. Daher werden Produkte und Dienstleistungen auch in Regionen mit der Marke gekennzeichnet, in denen der Gleichnamige eventuell nicht tätig ist, so dass die Verwechslungsgefahr zu dem in dieser Region agierenden Gleichnamigen zum einen ansteigt.521 Zum anderen hätte der in diesem Gebiet aktive Gleichnamige selbst nicht die Möglichkeit, seine Waren und Dienstleistungen mit der Marke zu kennzeichnen. Für diesen weitreichenden Markenschutz muss die Unionsmarke nicht einmal in Deutschland benutzt worden sein. Es entsteht zudem der fälschliche Eindruck, dass der Markenanmelder eine Allein- oder Vorrangstellung innehat,522 obwohl die Gleichnamigen sich in einer austarierten Gleichgewichtslage befinden. Eine Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG liegt mithin vor. Nach § 23 Nr. 1 MarkenG hat der Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung jedoch nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr dessen Namen zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Die Verwendung des verwechslungsfähigen Zeichens darf im Gleichnamigenrecht nicht als sittenwidrig i. S. d. § 23 Nr. 1 MarkenG bewertet werden, wenn der andere Gleichnamige ein berechtigtes Interesse an der Benutzung des Zeichens hat und alles Erforderliche und Zumutbare getan hat, um die Steigerung der Verwechslungsgefahr zu vermeiden.523 Eine Markenanmeldung stärkt die eigene unternehmerische Entwicklung des Gleichnamigen auf dem Markt, indem die Anmeldung ihm ermöglicht, seine Waren und Dienstleistungen zu vermarkten. Daher besteht ein berechtigtes 519 EuGH GRUR Int 2017, 502, 505 Rn. 42 – LAGUIOLE. 520 EuGH GRUR Int 2017, 502, 505 Rn. 38–40 – LAGUIOLE. 521 Im Ergebnis so auch EuG MarkenR 2013, 317, 320 Rn. 29 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; EuGH GRUR Int 2014, 952, 955 Rn. 49f. – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg; ebenso OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 384, 385f. – Der Wendler. 522 BGH GRUR 2003, 897, 898 – maxem.de; BGH GRUR 2011, 623, 628 Rn. 53 – Peek & Cloppenburg II. 523 Vgl. unter S. 76f.

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Interesse an einer Markenanmeldung. Dennoch führt die Verwendung eines früheren Unternehmenskennzeichens als Unionsmarke zur Ausweitung des Tätigkeitsbereiches. Das gegenseitige Rücksichtnahmegebot unter Gleichnamigen verlangt daher, einen unterscheidungskräftigen Zusatz aufzunehmen.524 Infolge der mit der markenrechtlichen Prägetheorie verbundenen Unsicherheiten, ob die Zusätze überhaupt wahrgenommen werden und ob sie unterscheidend wirken, eignet sich die Aufnahme der Zusätze allerdings nicht, um die Verwechslungsgefahr zu vermeiden. Die Markenanmeldung kann daher gegen die guten Sitten nach § 23 Nr. 1 MarkenG verstoßen.525 (3) Umfang der Benutzungsuntersagung Die Benutzung muss nicht im gesamten Gebiet des entsprechenden Mitgliedstaates untersagt werden können.526 Wie an dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 lit. b VO 2017/1001/EU »[…] seinem Inhaber das Recht verleiht […]« erkennbar, muss der Widerspruchsführer auch nicht nachweisen, dass er das Untersagungsrecht tatsächlich ausgeübt hat und ein Gericht eine der Unionsmarke entsprechende Bezeichnung bereits verboten hat.527 Sollte jedoch ein Gleichnamiger seit Jahren nach nationalem Recht erfolglos versuchen, die Benutzung eines Zeichens, welches der Unionsmarke entspricht, zu untersagen, ist es zweifelhaft, ob er damit seine Darlegungs – und Beweislast bzgl. der Verwechslungsgefahr erfüllen kann.528 c. Zwischenergebnis Besteht die Gefahr, dass die angemeldete Unionsmarke mit einem älteren nationalen Kennzeichenrecht ungerechtfertigter Weise verwechselt werden kann, hat der ältere Kennzeichenträger das Recht, die Benutzung der jüngeren Marke zu untersagen. 4.

Zusätzliches Tatbestandsmerkmal: Funktionsbeeinträchtigung

Die Auslegung des Begriffes der »mehr als lediglich örtlichen Bedeutung« führt dazu, dass mit einem nur in einem Teil Deutschlands benutzten Unternehmenskennzeichen die Eintragung einer Unionsmarke verhindert werden kann, wenn das Zeichen in einem bedeutenden Teil des Gebietes benutzt wurde und es zudem wirtschaftlich bedeutend ist. Um dies zu vermeiden und den Schutz des anmeldenden Gleichnamigen zu erhöhen, könnte die EuGH-Rechtsprechung zu 524 525 526 527 528

Vgl. unter S. 90ff. Vgl. unter S. 101ff. EuGH GRUR Int 2014, 952, 956 Rn. 58 – Peek & Cloppenburg/Peek & Cloppenburg. EuGH GRUR 2011, 737, 741 Rn. 190 – BUD/Bud. Hanf, in: BeckOK MarkenR, Art. 8 UMV Rn. 203.2.

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Budvar/Anheuser-Busch vom 22. September 2011 so ausgelegt werden, dass für die Geltendmachung eines älteren Rechts zwischen Gleichnamigen als zusätzliches Tatbestandsmerkmal die Funktion des älteren Rechts beeinflusst sein muss.529 a. Hintergrund der Rechtssache Budvar/Anheuser-Busch In der Rechtssache ging es um die amerikanische Brauerei Anheuser-Busch und die tschechische Brauerei Budvar, die beide seit den 1970er Jahren unterschiedliche Biere in Großbritannien vertrieben. Aufgrund der Besonderheit des britischen Markenrechts in Art. 7 des Trade Marks Act 1994 können identische oder zum Verwechseln ähnliche Marken bei redlicher gleichzeitiger Benutzung (»honest concurrent use«) für beide Verwender eingetragen werden. Daher sind sowohl Anheuser-Busch als auch Budvar seit dem 19. 5. 2000 als Inhaber der Marke »Budweiser« im Vereinigten Königreich eingetragen. 2005 beantragte Anheuser-Busch, die für Budvar eingetragene Marke für ungültig zu erklären und berief sich hierzu auf die eigene Marke. Nachdem das Markenamt und der High Court dem Antrag stattgegeben hatten, setzte der Court of Appeal das Verfahren aus und legte dem EuGH unter anderem die hier interessierende Frage zum Identitätsschutz vor. Konkret wurde zur Auslegung des Art. 4 Abs. 1 lit. a RL 89/104/EWG530 gefragt, ob Anheuser-Busch unter Berufung auf seine ältere Marke die Ungültigerklärung der nationalen Marke für Budvar verlangen kann, obwohl beide Unternehmen die Bezeichnung »Budweiser« mehr als 30 Jahre für identische Waren in redlicher Weise gleichzeitig benutzt haben.531 Für die Auslegung des Art. 4 Abs. 1 lit. a RL 89/104/EWG bezieht sich der EuGH auf die Auslegung des Art. 5 Abs. 1 lit. a RL 89/104/EWG,532 der die Fälle regelt, in denen der Inhaber einer Marke Dritten die Benutzung von mit seiner Marke identischen Zeichen für Waren oder Dienstleistungen verbieten kann, die mit denen identisch sind, für die diese Marke eingetragen ist. Der Gerichtshof schlussfolgert, dass die Auslegung zu Art. 5 Abs. 1 lit. a RL 89/104/EWG ebenso für Art. 4 Abs. 1 lit. a RL 89/104/EWG gelten muss.533 Für die Auslegung des Art. 5 Abs. 1 lit. a RL 89/104/EWG konstatiert der EuGH, dass das ausschließliche Recht gewährt wurde, um sicherzustellen, dass die Marke ihre Funktion 529 Vgl. EuGH GRUR 2012, 519 – Budvar/Anheuser-Busch. 530 Die Norm findet sich wortgleich in Art. 4 Abs. 1 lit. a RL 2008/95/EG und in Art. 5 Abs. 1 lit. a RL 2015/2436/EU wieder. 531 EuGH GRUR Int 2011, 939, 941 Rn. 26 – Budvar/Anheuser-Busch. 532 Die Norm findet sich wortgleich in Art. 5 Abs. 1 S. 2 lit. a RL 2008/95/EG und in Art. 10 Abs. 2 lit. a RL 2015/2436/EU wieder. 533 EuGH GRUR 2003, 422, 424 Rn. 43 – Arthur/Arthur und F8licie; EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 70 – Budvar/Anheuser-Busch.

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erfüllen kann.534 Dazu zählen vor allem die Herkunftsfunktion, aber auch die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktionen.535 Mithin muss verlangt werden, dass die fragliche Benutzung die Funktion der Marke beeinträchtigt.536 Auch für die Ungültigerklärung nach Art. 4 Abs. 1 lit. a RL 89/104/ EWG ist es mithin entscheidend, dass die Benutzung die Funktion der Marke verletzt.537 Damit hat der EuGH neben den in Art. 4 Abs. 1 lit. a RL 89/104/EWG geforderten Tatbestandsmerkmalen das zusätzliche Merkmal fest geschrieben, dass durch die Benutzung die Funktion des Zeichens verletzt sein muss und nahm mithin eine markenfunktionale Betrachtung vor. b.

Übertragbarkeit der funktionalen Betrachtungsweise der Rechtssache Budvar/Anheuser-Busch Fraglich ist, ob die funktionale Betrachtungsweise des EuGH auf die Fälle, in denen Gleichnamige kollidieren, übertragen werden muss, um einen Widerspruch erheben zu können. Dem EuGH die Frage zur Auslegung des Art. 4 Abs. 1 lit. a RL 89/104/EWG vorzulegen, beruhte vor allem auf der Unsicherheit des Court of Appeal, inwiefern das Verhältnis der gleichnamigen Markeninhaber in die Bewertung einbezogen werden kann. Es war insbesondere fraglich, ob die redliche gleichzeitige Benutzung des identischen Zeichens über einen langen Zeitraum die Ungültigerklärung beeinflusst. Vor diesem Hintergrund ist die entschiedene Situation mit der zwischen dem Anmelder der Unionsmarke und dem älteren gleichnamigen Unternehmenskennzeichenträger vergleichbar : In beiden Situationen stehen sich gleichnamige Zeichenträger der gleichen Branche gegenüber, die jahrelang koexistiert haben. Daher scheint es möglich, die ursprüngliche Vorlagefrage an die Situation zwischen dem Unionsmarkenanmelder und dem gleichnamigen Unternehmenskennzeichenträger anzupassen und als zusätzliches Tatbestandsmerkmal für die Prüfung des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU zu fordern, dass die Funktion des Unternehmenskennzeichens als prioritätsälteres Recht beeinträchtigt sein muss. Die Ausgangssituationen zwischen den gleichnamigen Zeichenträgern sind zwar vergleichbar. Allerdings leitet der EuGH die markenfunktionale Betrachtungsweise innerhalb des Art. 4 Abs. 1 lit. a RL 89/104/EWG aus der Auslegung des wortgleichen Art. 5 Abs. 1 lit. a RL 89/104/EWG ab und erschließt sich mithin dieses Tatbestandsmerkmal durch Auslegung der Norm und ihrer Sys534 EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 71 – Budvar/Anheuser-Busch. 535 EuGH GRUR 2009, 756, 761 Rn. 58 – L’Or8al/Bellure; EuGH GRUR 2010, 445, 448 Rn. 77 – Google und Google France; EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 71 – Budvar/Anheuser-Busch. 536 EuGH GRUR 2009, 756, 761 Rn. 58 – L’Or8al/Bellure; EuGH GRUR 2010, 445, 448 Rn. 77 – Google und Google France; EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 71 – Budvar/Anheuser-Busch. 537 EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 74 – Budvar/Anheuser-Busch.

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tematik. Im Gegensatz zu Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU ist das Merkmal folglich in der entscheidenden Norm angelegt und muss nicht im Sinne einer gewünschten Ergebniskorrektur über den Wortlaut hinaus hinzugefügt werden. Allerdings bezweckt die markenfunktionale Betrachtung, das ausschließliche Recht zu gewähren, um sicherzustellen, dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann.538 Dem Unternehmenskennzeichenträger wird wie dem Markeninhaber ebenso ein ausschließliches Recht gewährt, um die Funktion des Rechts zu schützen,539 so dass der Zweck der Norm möglicherweise entgegen des Wortlauts des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU für das Hinzufügen eines zusätzlichen Tatbestandsmerkmals spricht. Dabei ist nicht ausschließlich auf die Hauptfunktion des Zeichens abzustellen, sondern es sind auch die weiteren Funktionen des Zeichens umfasst.540 Dem Unternehmenskennzeichen ordnet man jedoch im Wesentlichen ausschließlich die Namens – bzw. Kennzeichnungsfunktion541 zu. Das Kennzeichen soll das Unternehmen bezeichnen und individualisieren.542 Als zusätzliches Merkmal des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU könnte daher gefordert werden, dass das prioritätsältere Kennzeichen durch die Anmeldung der Unionsmarke nicht mehr seiner Unterscheidungs- und Individualisierungsfunktion genügen kann. Trotz zweier verwechslungsfähiger Zeichen wäre das zu verneinen, wenn es dem Verbraucher möglich ist, das Unternehmenskennzeichen aufgrund der jahrelangen redlichen Koexistenz dem zugehörigen Rechtsträger zuzuordnen und so das eine Unternehmen von dem anderen Unternehmen zu unterscheiden.543 So entschied der EuGH zu Budvar/Anheuser-Busch, dass die Verbraucher aufgrund der langjährigen Koexistenz die Unterschiede in Preis, Geschmack und Aufmachung erkennen und zuordnen könnten.544 Er erkannte jedoch auch, dass es bei einer Doppelidentität im Allgemeinen zur Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion kommt. Er hat die Verwechslungsgefahr lediglich im konkreten Fall als absoluten Ausnahmefall ausgeschlossen.545 Mit der Generalanwältin des EuGH Trstenjak ist zudem grundsätzlich die Vereinbarkeit des Instituts des »honest concurrent use« mit dem im Unionsrecht 538 EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 71 – Budvar/Anheuser-Busch. 539 Müller, in: Spindler/Schuster, § 15 MarkenG Rn. 1. 540 EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 71 – Budvar/Anheuser-Busch; vgl. dazu auch Stieper/ Kopanka, GPR 2012, 77, 79. 541 Kaiser, in: Erbs/Kohlhaas, § 5 MarkenG Rn. 5; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 3, 10. 542 RGZ 91, 350; RGZ 137, 213; BGH NJW 1957, 1473; BGH NJW 1959, 525; BGH GRUR 1959, 430, 431 – Caterina Valente; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 3, 10. 543 EuGH GRUR Int 1994, 614 – Ideal Standard II; EuGH GRUR 2002, 804, 806 Rn. 29 – Philips; EuGH GRUR 2004, 428, 429 Rn. 30 – Henkle; Fezer, Einl. Rn. 27f.; Nordemann, Wettbewerbsrecht/Markenrecht Rn. 1060; Martinek, in: Herberger/Martinek/Rüßmann, § 12 BGB Rn. 7. 544 EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 76, 80, 81 – Budvar/Anheuser-Busch. 545 EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 76, 80, 81 – Budvar/Anheuser-Busch.

130

Einfluss des deutschen Gleichnamigenrechts auf das europäische Markenrecht

entscheidenden Prioritätsgrundsatz fraglich, da es für die »redliche gleichzeitige Benutzung« keine Entsprechung in der Richtlinie gibt.546 Allerdings könnte es im Sinne einer interessengerechten Abwägung wie im nationalen Recht durchaus angezeigt sein, Ausnahmen vom strikten Prioritätsgrundsatz zuzulassen. Wie bereits aufgezeigt entspricht es jedoch dem Zweck des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/ 1001/EU, Konflikte zwischen Zeichen begrenzen zu wollen. Gerade im Gleichnamigenrecht, das die Interessen der Parteien verwirklichen soll, zwischen ihnen ein Gleichgewicht zu schaffen und so Konflikte zu unterbinden, darf kein strengerer Maßstab an die Auslegung des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU angelegt werden. Die vom EuGH gemachte Ausnahme aufgrund des »honest concurrent use« ist aus den genannten Gründen daher nicht verallgemeinerungsfähig. Die Geltendmachung eines älteren Rechts zwischen Gleichnamigen darf folglich nicht davon abhängen, ob die Funktion des älteren Rechts beeinflusst ist.

III.

Zwischenergebnis

Ein älteres nationales gleichnamiges Unternehmenskennzeichenrecht kann als relatives Eintragungshindernis die Eintragung einer Unionsmarke verhindern, wenn die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU erfüllt sind. Dabei rechtfertigt es die Gleichnamigenkonstellation zwischen den Kennzeichenträgern nicht, das Tatbestandsmerkmal der »mehr als lediglich örtlichen Bedeutung« restriktiver auszulegen oder das zusätzliche Tatbestandsmerkmal einer Funktionsbeeinträchtigung des älteren Rechts zu fordern.

C.

Folgen für die Praxis

Die Auslegung des Tatbestandes des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU G hat gezeigt, dass es vor allem Probleme bei der Auslegung der »mehr als lediglich örtlichen Bedeutung« und der »Benutzungsuntersagung« gibt.

I.

Ausweg über Art. 138 VO 2017/1001/EU

Die Auslegung des Begriffes der »mehr als lediglich örtlichen Bedeutung« führt dazu, dass mit einem nur in einem Teil Deutschlands benutzten Unterneh546 Generalanwältin Trstenjak, Schlussanträge v. 3. 2. 2011, C.482/09, BeckRS 2011, 80101 Rn. 90ff.

Folgen für die Praxis

131

menskennzeichen die Eintragung einer Unionsmarke verhindert werden kann, wenn das Zeichen wirtschaftlich bedeutend ist und die weiteren Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU erfüllt sind. Die angemeldete Unionsmarke muss weder in anderen Gebieten Deutschlands noch in anderen Mitgliedstaaten der Union die Interessen des anderen Gleichnamigen verletzen.547 Die ausschließlich in einem Teil Deutschlands wirtschaftlich bedeutsamen Gleichnamigen können so einen starken Einfluss auf die Anmeldung einer Unionsmarke ausüben. Erreicht ein nationales gleichnamiges Unternehmen hingegen nicht die überörtliche Bedeutung, muss das Institut der Unionsmarke geschützt werden. Lediglich punktuell bedeutende Rechte eines älteren Gleichnamigen können der Anmeldung der Unionsmarke daher nicht entgegen gesetzt werden. Auf der anderen Seite sollen bestehende ältere Rechte von zumindest örtlicher Bedeutung nicht von einer jüngeren Unionsmarke vernichtet werden können.548 Art. 138 VO 2017/1001/EU versucht, diese konträren Interessen auszugleichen und den nationalen Gleichnamigen ohne Unionsmarke zu schützen. Daher erlaubt Absatz 1 dem Unternehmenskennzeichenträger, »die Benutzung einer eingetragenen Unionsmarke in dem Gebiet zu untersagen, in dem sein älteres Recht geschützt ist, sofern das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates dies vorsieht« und statuiert damit einen räumlich begrenzten Unterlassungsanspruch. Dieser ist auf das Gebiet beschränkt, in dem das ältere Recht besteht.549 Der ältere Kennzeicheninhaber kann ein territorial beschränktes Benutzungsverbot aussprechen, das den Grundsatz der Einheitlichkeit der Unionsmarke zu seinen Gunsten durchbricht.550 Eine örtliche Bedeutung nach Art. 138 Abs. 1 VO 2017/ 1001/EU ist demnach im Sinne der lediglich örtlichen Bedeutung des Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU zu verstehen551 und ergänzt somit das relative Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU.552 Nach Art. 138 Abs. 2 VO 2017/1001/EU wird dieser Anspruch jedoch verwirkt, wenn die Benutzung fünf aufeinanderfolgende Jahre geduldet wurde, es sei denn, dass die Anmeldung der Unionsmarke bösgläubig vorgenommen worden ist. Doch trotz möglicher Verwirkung nach Absatz 2 kann der Unionsmarkeninhaber der Benutzung des älteren Zeichens in dem Gebiet nicht widersprechen, vgl. Art. 138 Abs. 3VO

547 Ziegenaus, GRUR-Prax 2013, 220. 548 Eckhartt, in: BeckOK MarkenR, Art. 138 UMV Rn. 1. 549 Müller, in: BeckOK UMV, Art. 138 UMV Rn. 3, 5; Eckhartt, in: BeckOK MarkenR, Art. 138 UMV Rn. 1. 550 Müller, in: BeckOK UMV, Art. 138 UMV Rn. 6; Eckhartt, in: BeckOK MarkenR, Art. 138 UMV vor Rn. 1. 551 Hanf, in: BeckOK MarkenR, Art. 8 UMV Rn. 196. 552 Müller, in: BeckOK UMV, Art. 138 UMV Rn. 5.

132

Einfluss des deutschen Gleichnamigenrechts auf das europäische Markenrecht

2017/1001/EU. Dies schützt das ältere Recht vor Angriffen aus der jüngeren Unionsmarke. Das territoriale Benutzungsverbot nach Art. 138 Abs. 1 VO 2017/1001/EU und der Schutz des älteren Zeichens nach Art. 138 Abs. 3 VO 2017/1001/EU stärken die Rechte und den Schutz eines prioritätsälteren nationalen (gleichnamigen) Rechts, auch wenn der Widerspruchsführer sein älteres Recht der Eintragung der Unionsmarke nicht erfolgreich entgegen setzen konnte. Der Schutz greift jedoch ausschließlich in den Gebieten, in denen der ältere Gleichnamige bereits tätig ist. Mithin wird ein Bestandsschutz gewährt. Die Möglichkeit, zu expandieren, wird hingegen verschlossen. In Abwägung zu der fehlenden überörtlichen Bedeutung des Gleichnamigen ist dieses Ergebnis jedoch interessengerecht, um die wirtschaftlichen Bestrebungen des anmeldenden Gleichnamigen zu wahren.

II.

Markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung

Das Tatbestandsmerkmal des »Erwerbs und Schutzumfangs des älteren Rechts« wird maßgeblich durch das nationale Gleichnamigenrecht bestimmt. Die im Markenrecht anzuwendende Prägetheorie führt jedoch dazu, dass es trotz eines Zusatzes zu Verwechslungen kommen kann, wenn der unterscheidende Zusatz nicht prägend für den gesamten Markennamen ist, so dass sich der gleichnamige Inhaber des prioritätsälteren Unternehmenskennzeichenrechts gegen die Eintragung der Unionsmarke wenden kann. Wollen die Parteien/eine Partei dennoch ihrem berechtigten Interesse, eine Marke anzumelden, nachgehen, ist es am rechtssichersten, eine markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung über die Anmeldung einer Unionsmarke zu treffen. Denn die Erhebung älterer Rechte gemäß Art. 46 Abs. 1 lit. c VO 2017/1001/EU i. V. m. Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/ EU bzw. gemäß Art. 60 Abs. 1 lit. c VO 2017/1001/EU i. V. m. Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU wird nicht von Amts wegen überprüft, sondern obliegt als relatives Schutzhindernis ausschließlich dem Inhaber des Rechts. Dieser kann sich vertraglich verpflichten, die Ansprüche bzw. Einwände nicht zu erheben,553 sofern der andere Gleichnamige unterscheidungskräftige Zusätze aufnimmt.554 Eine Umstellung auf nationale Marken wäre ebenso möglich. Jedoch entspricht die Abgrenzungsvereinbarung, die eine Anmeldung einer Unionsmarke unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, wohl eher dem Parteiinteresse.555 553 Vgl. Wolf, NZKart 2015, 90, 97. 554 Vgl. dazu unter S. 169. 555 Schmitt-Gaedke/Arz, MarkenR 2013, 265, 267 sehen hingegen nur die Möglichkeit, auf nationale Marken umzustellen.

Ergebnis

D.

133

Ergebnis

Ein Gleichnamiger kann sein nationales Unternehmenskennzeichenrecht als relatives Eintragungshindernis der Eintragung einer Unionsmarke nach Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU entgegensetzen, wenn das im geschäftlichen Verkehr benutzte Zeichen mehr als lediglich örtliche Bedeutung hat und das prioritätsältere Zeichen nach dem maßgeblichen Recht des Mitgliedstaats seinem Kennzeicheninhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. Obwohl allein die Konstellation, dass sich zwei Gleichnamige gegenüberstehen, es nicht rechtfertigt, Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU enger auszulegen, beeinflusst das nationale Gleichnamigenrecht das europäische Markenverfahren: Zum einen stärkt die Auslegung der »überörtlichen Bedeutung« den Einfluss wirtschaftlich national bedeutsamer Gleichnamiger auf die Anmeldung einer Unionsmarke, obwohl das Tatbestandsmerkmal nach europäischen Vorgaben ausgelegt wird. Denn »mehr als lediglich örtliche Bedeutung« meint, dass das in Rede stehende Zeichen auf dem relevanten Markt tatsächlich und wirklich präsent sein muss. Dafür muss sowohl die geografische als auch die wirtschaftliche Relevanz des Zeichens berücksichtigt werden. Das Zeichen muss in geografischer Hinsicht in einem bedeutenden Teil des Gebietes benutzt werden, was insbesondere auch im Gleichnamigenrecht nicht bedeutet, dass das Zeichen landesweiten Schutz genießen muss, so dass ein nur in einem Teil Deutschlands benutzte Unternehmenskennzeichen die Eintragung einer Unionsmarke verhindern kann, wenn das Zeichen in einem bedeutenden Teil des Gebietes benutzt wurde und es zudem wirtschaftlich bedeutend ist. Trotz dieses Einflusses bedarf es für die Geltendmachung des älteren Rechts zwischen Gleichnamigen nicht das zusätzliche Tatbestandsmerkmal, dass die Funktion des älteren Rechts beeinflusst sein muss. Das Merkmal, die Benutzung der jüngeren Marke untersagen zu können, wird zum anderen nach dem Recht der Mitgliedstaaten ausgelegt, so dass das deutsche Gleichnamigenrecht direkten Einzug in das europäische Verfahren erhält. Über das Eintragungsverfahren hinaus stärkt Art. 138 VO 2017/1001/EU das Recht eines punktuell bedeutsamen Gleichnamigen. Die ältere nationale gleichnamige Geschäftsbezeichnung beeinträchtigt das europäische Markenrecht mithin im und außerhalb des Eintragungsverfahrens.

Kapitel 4. Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

Nach § 23 Nr. 1 MarkenG muss der Inhaber des Unternehmenskennzeichenrechts die kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr hinnehmen, wenn ein gleichnamiger Unternehmenskennzeichenträger ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung des Zeichens hat, redlich handelt und alles Erforderliche und Zumutbare getan hat, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hinnehmbares Maß zu reduzieren.556 Insofern stehen ihm keine Ansprüche gegen den Gleichnamigen zu. Um die dennoch zwischen gleichnamigen Unternehmen (verbleibende) Verwechslungsgefahr zu unterbinden, sind die Unternehmen daher dazu übergegangen, ihre Ansprüche auf das Lauterkeitsrecht nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1, 2 UWG zu stützen.557 Inwiefern das möglich ist, soll im Folgenden untersucht werden.

A.

Irreführendes Verhalten der Gleichnamigen

Benutzen die Inhaber eines gleichnamigen Unternehmenskennzeichens ihre geschützten Kennzeichen im Rechtsverkehr, könnte der Verkehr die Kennzeichen der Gleichnamigen verwechseln. Es kommt daher neben den Ansprüchen aus dem Markengesetz ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1, 2 UWG in Betracht. Unlauter im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG handelt nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Verwendung des gleichnamigen Unternehmenskennzeichens muss mithin gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 UWG zunächst irreführend sein. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 UWG ist eine geschäftliche 556 Vgl. unter S. 76f. 557 Vgl. BGH GRUR 2013, 397, 398 Rn. 15 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 202 Rn. 13 – Peek & Cloppenburg IV.

136

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die dann folgend aufgelisteten Umstände enthält. Der Katalog der Irreführungstatbestände nach § 5 Abs. 1 S. 2 UWG wird durch weitere Regeltatbestände in den Absätzen 2 bis 4 ergänzt. In der vorliegenden Konstellation, in der die Gleichnamigen ihre Kennzeichen im Rechtsverkehr für die Vermarktung verwenden, könnte das Irreführungsverbot nach § 5 Abs. 2 Alt. 2 UWG greifen. Demnach ist eine geschäftliche Handlung auch dann irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen, einschließlich vergleichender Werbung, eine Verwechslungsgefahr […] mit einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft. Gegenstand der Kennzeichenverwechslung können sämtliche Kennzeichen sein, die das MarkenG schützt.558 Mithin unterfällt auch das Unternehmenskennzeichenrecht, das über § 5 Abs. 1, 2 MarkenG geschützt ist, dem lauterkeitsrechtlichen Schutz. Das Verwenden des einen Unternehmenskennzeichens im Verkehr muss eine Verwechslungsgefahr zum gleichlautenden Unternehmenskennzeichen hervorrufen. Verwechslungsgefahr meint die ernstliche Gefahr, dass erhebliche Teile des Adressatenkreises den Eindruck gewinnen könnten, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen seien identisch oder zwar unterschiedlich, stammten aber aus demselben Betrieb, oder seien zwar aus verschiedenen Betrieben, zwischen ihnen bestünden aber organisatorische, rechtliche oder wirtschaftliche Beziehungen.559 Maßgeblich für diese Beurteilung ist die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet und deren Entschließung sie beeinflussen soll.560 Dabei ist gemäß § 3 Abs. 4 S. 1 UWG auf die Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen, situationsbedingt aufmerksamen Verbrauchers abzustellen.561 Die Verwendung eines gleichlautenden Unternehmenskennzeichens ohne aufklärenden Hinweis in der gleichen Branche kann bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck erwecken, die betroffenen Waren stammten aus demselben oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen, so dass ein Zusammenhang des beworbenen Unternehmens mit dem anderen gleichnamigen Unternehmen angenommen wird. Der Rechtsverkehr unterliegt daher der Gefahr, ein Unternehmenskennzeichen fälschlicher558 Vgl. Götting, in: Götting/Nordemann, § 5 UWG Rn. 8.31. 559 EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Rn. 17 – Lloyd; EuGH GRUR 2005, 1042, 1043f. Rn. 26 – Thomson Life; EuGH GRUR 2007, 700, 701 Rn. 33 – HABM/Shaker; EuGH GRUR 2008, 698, 700 Rn. 59 – O2 Holdings/Hutchison; BGH GRUR 2015, 698 – Schlafzimmer komplett. 560 St. Rspr. vgl. BGH GRUR 1955, 38, 40 – Cupresa; BGH GRUR 1973, 534, 535 – Mehrwert II; BGH GRUR 1983, 651, 653 – Feingoldgehalt; BGH GRUR 1999, 1122, 1123 – EG-Neuwagen I. 561 Vgl. auch EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 Rn. 28 – Thomson Life; BGH GRUR 2013, 631, 637 Rn. 64 – AMARULA;Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, § 5 UWG Rn. 720; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 5 UWG, Rn. 1.76–1.78.

Anwendbarkeit lauterkeitsrechtlicher neben kennzeichenrechtlichen Ansprüchen

137

weise dem anderen Gleichnamigen zuzuordnen. Das Verhalten ist nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG unlauter, wenn es geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Da jedoch Verwechslungsgefahr besteht, wird die Handlung auch geeignet sein, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu solch einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen.562 Mithin besteht ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 2 UWG. Doch selbst wenn das Unternehmenskennzeichen um einen aufklärenden Zusatz ergänzt wird, ist eine Verwechslungsgefahr zu dem gleichnamigen Kennzeichenträger nicht ausgeschlossen, da der Rechtsverkehr seinen Eindruck aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt.563 In diesem Eindruck treten die übereinstimmenden Merkmale der Kennzeichen stärker hervor als ihre Unterschiede,564 so dass dennoch eine Verwechslungsgefahr bestehen kann. Fraglich ist aber, ob es, vergleichbar dem Kennzeichenrecht, nicht ausreicht, einen hinreichend aufklärenden Hinweis aufzunehmen, um trotz möglicherweise verbleibender Verwechslungsgefahr den lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch auszuschließen. Ob dies möglich ist und damit die im Kennzeichenrecht entwickelten Grundsätze auf das Lauterkeitsrecht übertragen werden können, soll im Folgenden überprüft werden.

B.

Anwendbarkeit lauterkeitsrechtlicher Ansprüche neben kennzeichenrechtlichen Ansprüchen

Der lauterkeitsrechtliche Anspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1, 2 UWG wird in seinem Anwendungsbereich jedoch nicht durch eine der § 23 Nr. 1 MarkenG vergleichbaren Regelung beschränkt. Dies eröffnet für den Kennzeicheninhaber möglicherweise den Ausweg, sich bei gleicher Sachlage auf das Lauterkeitsrecht zu stützen, obwohl ihm der Anspruch aus dem Kennzeichenrecht versagt wurde. Ob dies mit einer einheitlichen Rechtsordnung zu vereinbaren ist, hängt allgemein von dem Verhältnis zwischen dem Marken- und Lauterkeitsrecht ab.565 Im Gleichnamigenrecht ist im Besonderen auf das Verhältnis des Kennzeichenrechts zum Tatbestand der Irreführung einzugehen. 562 Vgl. zur Bedeutung dieses Merkmals Götting, in: Götting/Nordemann, § 5 UWG Rn. 8.1. 563 BGH GRUR 1967, 355, 357f. – Rabe. 564 BGH GRUR 1990, 450, 452 – St. Petersquelle; BGH GRUR 1992, 110, 111 – dipa/dib; BGH GRUR 1994, 844, 845 – Rotes Kreuz. 565 Kritisch dazu, ob bei dem Bestehen eines Markenschutzes überhaupt der Schutz über das Lauterkeitsrecht gewährt werden sollte Ingerl, WRP 2004, 809, 810; Böxler, ZGE 2009, 357, 367ff.

138 I.

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

Meinungsstand

Ob lauterkeitsrechtliche Ansprüche neben kennzeichenrechtlichen Ansprüchen geltend gemacht werden können, ist umstritten.

1.

(Kumulative) Anspruchskonkurrenz

Das Reichsgericht urteilte in der »Sonnengold«-Entscheidung, dass das Kennzeichenrecht nur einen Ausschnitt des allgemeinen Wettbewerbsrechts abbilde und somit Lauterkeitsrecht und Kennzeichenrecht im Kern dieselbe Schutzrichtung verfolgten.566 Dieser Gleichlauf beruhte vor allem auf der Ausrichtung der Gesetze zum Schutz der Unternehmer,567 so dass ungenügende Vorschriften im damaligen WZG durch einen Rückgriff auf das UWG ergänzt werden konnten. Der Verbraucherschutz im Lauterkeitsrecht war hingegen nur mittelbar. Infolge der Harmonisierungsbestrebungen des Markenrechts und des Wettbewerbsrechts dehnten sich die Schutzrichtungen jedoch aus und veränderten sich. Das Markenrecht wurde zu einem echten Immaterialgüterrecht fortentwickelt568 und der Verbraucherschutz in Art. 1 RL 2005/29/EG als eigenständiger Schutzzweck des Lauterkeitsrechts festgeschrieben. Neben den unterschiedlichen tatbestandlichen Schutzvoraussetzungen, Sanktionsmöglichkeiten und den verschiedenen Aktivlegitimationen verfolgen die Gesetze andere Schutzrichtungen. Ein Teil der Literatur vertritt daher die Ansicht, dass zwischen den markenrechtlichen Vorschriften und dem UWG eine uneingeschränkte Anspruchskonkurrenz bestehe.569 Der Anspruchsinhaber könne mehrere inhaltsgleiche Ansprüche auf selbständige verschiedene Anspruchs grundlagen stützen, ohne sich für einen Anspruch entscheiden zu müssen. Die Normen seien autonom nebeneinander anzuwenden oder zumindest eine subsidiäre Normenkonkurrenz zu bejahen, wenn das Lauterkeitsrecht zum Schutz des Kennzeichens herangezogen wird.570 Denn es sei Ausdruck der Rechtsstaatlichkeit gemäß Art. 20 Abs. 3 GG, das Gesetz anzuwenden, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Norm erfüllt sind.571 566 567 568 569

RGZ 120, 325, 328. Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 2 MarkenG Rn. 5. Siehe Götting, in: FS Beier, S. 233, 235. Fezer, § 3 MarkenG Rn. 30ff.; Deutsch, WRP 2000, 854ff.; unter Einschränkungen Stieper, WRP 2006, 291, 299ff.; Schreiber, GRUR 2009, 113, 115, 118; Fezer, GRUR 2010, 953, 954ff.; vgl. Bärenfänger, WRP 2011, 16, 17ff. 570 So auch noch Hefermehl zur Rechtslage nach Inkrafttreten des MarkenG in: Baumbach/ Hefermehl, Einl. UWG Rn. 346; Holtorf, in: Gloy/Loschelder-Holtorf, Hdb. Wettbewerbsrecht, 3. Aufl. (2005), § 4 Rn 10; Deutsch, WRP 2000, 854; Fezer, GRUR 2010, 953, 957. 571 Huster/Rux, in: BeckOK GG, Art. 20 GG Rn. 138–142.

Anwendbarkeit lauterkeitsrechtlicher neben kennzeichenrechtlichen Ansprüchen

2.

139

Die Vorrangthese

Hingegen sah eine starke Literaturmeinung und vor allem die Rechtsprechung seit der MAC Dog-Entscheidung des BGH das Markengesetz als umfassende spezialgesetzliche Regelung an, die in ihrem Anwendungsbereich keine zusätzliche Anwendung des Lauterkeitsrechts erlaubt und damit den Tatbestand des § 5 Abs. 1, 2 UWG verdrängt.572 Denn nur ein Vorrang könne der mit der gesetzlichen Festlegung verbundenen Begrenzungsfunktion gerecht werden. Die bewusst gezogenen Grenzen des Kennzeichenschutzes im Interesse des Wettbewerbs und der Allgemeinheit sollten nicht durch die ergänzende Anwendung des Lauterkeitsrechts ausgehebelt werden.573 Würde man eine Anspruchskonkurrenz erlauben, so würde man vor allem die Fälle, in denen der Namensträger einem Dritten den fremden Namensgebrauch gestattet, erschweren.574 Denn mit der Namensnutzung des fremden gleichlautenden Zeichens können Verwechslungen einhergehen. Würde die erschwerte Zuordnung bereits genügen, um eine Irreführung nach § 5 Abs. 1, 2 UWG zu bejahen, würde die Möglichkeit, die Namensnutzung schuldrechtlich zu erlauben sowie die Lizenzierungspraktik der Kennzeichenrechte in Frage gestellt werden.575 Daher müsse dem Markengesetz gegenüber dem lauterkeitsrechtlichen Irreführungsverbot der Vorrang gewährt werden, um Widersprüche zu markenrechtlichen Wertungen zu vermeiden oder der Gefahr vorzubeugen, dass sich beide Regelungen im Kern auf den gleichen Sachverhalt beziehen.576 Der Markenschutz verdränge den Wettbewerbsschutz insoweit nur 572 BGH GRUR 1999, 161, 162 Rn. 2 – MAC Dog; BGH GRUR 2000, 70, 73 – Szene; BGH GRUR 2001, 1050, 1051 – Tagesschau; BGH GRUR 2002, 622, 624 – shell.de; BGH GRUR 2002, 703, 705 – VOSSIUS & PARTNER; BGH GRUR 2005, 163, 165 – Aluminiumräder ; BGH GRUR 2005, 419, 422 – Räucherkate; BGH GRUR 2008, 160, 163 – CORDARONE; BGH GRUR 2008, 917, 919 Rn. 27 – EROS; BGH GRUR 2008, 628, 629 Rn. 14 – Imitationswerbung; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, § 5 UWG Rn. 700; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 2 MarkenG Rn. 17, 18; Ingerl/Rohnke, 2. Aufl., § 2 MarkenG Rn. 2 ff. (zum alten Recht, anders jetzt im Hinblick auf die Umsetzung der Lauterkeitsrechtsrichtlinie 3. Aufl. 2010, § 2 MarkenG Rn. 2); Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 5 UWG Rn. 0.101ff.; Sack, WRP 2001, 1022, 1033; Sosnitza, WRP 2003, 1186, 1187; Teplitzky, WRP 2003, 415, 416; Sack, WRP 2004, 1405, 1413f.; Ingerl, WRP 2004, 809, 815 f.; Böxler, ZGE 2009, 357, 369f.; Büscher, GRUR 2009, 230, 236; Sosnitza, ZGE 2013, 176, 194f.; Sambuc, in: FS Hertin, S. 439, 444; Starck, in: FS Erdmann, S. 485, 489f.; Bornkamm, in: FS von Mühlendahl, S. 9, 21. 573 Vgl. Sosnitza, § 10 Rn. 3. 574 BGH GRUR 2002, 703, 705 – VOSSIUS & PARTNER; Dreyer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 5 Abs. 2 UWG Rn. 2. 575 BGH GRUR 2002, 703, 705 – VOSSIUS & PARTNER. 576 BGH GRUR 2005, 419, 422 – Räucherkate; BGH GRUR 2008, 628, 629 Rn. 14 – Imitationswerbung; BGH GRUR 2008, 793, 795 Rn. 26 – Rillenkoffer ; Sosnitza, WRP 2003, 1186, 1187; Ohly, GRUR 2007, 731, 737; Steinbeck, in: FS Ullmann, S. 409, 414ff.; a. A. Köhler, GRUR 2007, 548, 551; Lubberger, in: FS Ullmann, 737, 745ff.

140

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

in seinem Anwendungsbereich.577 Eine Kennzeichenverletzung kann folglich nur dann eine Verletzung des Wettbewerbsrechts darstellen, wenn der Wettbewerbsschutz an ein Verhalten anknüpft, das nicht vom Markengesetz erfasst ist.578 3.

Einschränkungen der Vorrangthese

Die Vorrangthese unterliegt jedoch Einschränkungen. a. Beschränkter Anwendungsbereich des Markengesetzes Wenn der Markenschutz den Wettbewerbsschutz in seinem Anwendungsbereich verdrängt, können die Bestimmungen des Lauterkeitsrechts zum einen ergänzend für die Fälle herangezogen werden, die vom Anwendungsbereich des Markengesetzes nicht erfasst sind, weil es z. B. an einer markenmäßigen Benutzung fehlt.579 Ebenso finde das Lauterkeitsrecht Anwendung, wenn einer über das Markenrecht hinausgehender Unlauterkeitstatbestand hinzu komme580 oder wenn die lauterkeitsrechtliche Beurteilung des Sachverhalts an einen sich vom Markengesetz unterscheidenden Punkt anknüpfe.581 Wird das Verhalten unter anderen Gesichtspunkten als bei der markenrechtlichen Beurteilung gewürdigt, bestehe ebenso kein Vorrang des Markenrechts.582 b.

Beschränkungen durch das Urteil Hard Rock Café

(1) Tatbestand In dem Fall Hard Rock Caf8 standen sich auf der einen Seite die Inhaberin verschiedener Hard-Rock-Caf8s in Berlin, München und Köln, die zur weltweit tätigen Hard-Rock-Gruppe gehört, und die Inhaberin zahlreicher Wort- und Wort-/Bildmarken »Hard Rock Caf8« mit der auf der anderen Seite stehenden Restaurantbetreiberin, die in Heidelberg unter der Bezeichnung »Hard Rock Caf8 Heidelberg« tätig ist, gegenüber. Diese verwendete das typische kreisrunde Hard-Rock-Logo der Klägerin als Eingangsschild und jedenfalls seit ihrer Gründung im Jahr 1978 in Speise- und Getränkekarten sowie auf Gläsern. Sie bot 577 BGH GRUR 2002, 622, 624 – shell.de; BGH GRUR 2008, 628, 629 Rn. 14 – Imitationswerbung; Pahlow, in: Ekey/Klippel/Bender, § 2 MarkenG Rn. 3. 578 BGH GRUR 2002, 167, 171 – Bit; BGH GRUR 2004, 235, 238 – Davidoff II; BGH GRUR 2005, 163, 165 – Aluminiumräder. 579 BGH GRUR 2005, 419, 422 – Räucherkate. 580 BGH GRUR 2001, 1050, 1051 – Tagesschau; BGH GRUR 2002, 161, 167 – Bit; BGH GRUR 2004, 235, 238 – Davidoff II; BGH GRUR 2005, 419, 422 – Räucherkate; BGH GRUR 2008, 628, 629 Rn. 14 – Imitationswerbung; BGH GRUR 2009, 1161, 1165 – DAX. 581 BGH GRUR 2008, 628, 629 Rn. 14 – Imitationswerbung. 582 BGH GRUR 2005, 163, 165 – Aluminiumräder.

Anwendbarkeit lauterkeitsrechtlicher neben kennzeichenrechtlichen Ansprüchen

141

zudem zahlreiche Merchandising-Artikel zum Verkauf an, auf denen die Wortmarke und/oder das Logo aufgedruckt waren. Zudem orientierte sie sich bei der Einrichtung und Ausstattung des Restaurants bewusst an dem 1971 in London eröffneten Hard Rock Caf8. Mit der Klage wollten die Klägerinnen es der Beklagten daher verbieten lassen, unter der Bezeichnung »Hard Rock« und unter den Logos »Hard Rock Caf8 Heidelberg« ein Restaurant zu betreiben oder zu bewerben, sowie Merchandising-Artikel mit dem Aufdruck »Hard Rock Caf8« zu vertreiben. Ihre Ansprüche stützten sie dafür sowohl auf das Marken- als auch auf das Lauterkeitsrecht. (2) Urteil Der Bundesgerichtshof revidierte in diesem Urteil die bisher vertretene Ansicht, dass die durch eine Kennzeichnung hervorgerufene Irreführung über die betriebliche Herkunft ausschließlich nach dem Markenrecht zu beurteilen sei, wenn dieses einschlägig ist. Neben dem individualrechtlichen Schutz aus dem Markenrecht sollten nunmehr auch lauterkeitsrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden können.583 Dies entspräche der Umsetzung des Art. 6 Abs. 2 lit. a RL 2005/29/EG in § 5 Abs. 2 UWG, der nach der Systematik des Unionsrechts ein gleichberechtigtes Nebeneinander des kennzeichenrechtlichen Individualschutzes und des Lauterkeitsrechts anstrebe.584 4.

Zwischenergebnis

Für das Verhältnis zwischen kennzeichen- und lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen werden die Theorie der Anspruchskonkurrenz und die Vorrangthese des Kennzeichenrechts vertreten. Die Vorrangthese unterlag jedoch zum einen stets der Einschränkung, dass der Markenschutz den Wettbewerbsschutz nur in seinem Anwendungsbereich verdrängt. Zum anderen widersprach der Bundesgerichtshof in der aktuellen Entscheidung Hard Rock Caf8 seiner bisherigen Ansicht, dass markenrechtliche Ansprüche gegenüber Ansprüchen aus dem Wettbewerbsrecht generell vorrangig seien.

583 BGH GRUR 2013, 1161, 1165 Rn. 60 – Hard Rock Caf8. 584 BGH GRUR 2013, 1161, 1165 Rn. 60 – Hard Rock Caf8; fortführend in BGH GRUR 2016, 965, 966 Rn. 20–23 – Baumann II; zur einheitlichen Auslegung der Markenrechtsrichtlinie und der RL 84/450/EWG über irreführende und vergleichende Werbung EuGH GRUR 2008, 698 – O2/Hutchison; BGH GRUR 2015, 1136 – Staubsaugerbeutel im Internet.

142 II.

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

Auswirkungen auf Ansprüche von Gleichnamigen

Nach der Theorie der Anspruchskonkurrenz ist es einem gleichnamigen Kennzeicheninhaber möglich, Ansprüche aus dem UWG neben denen des Markengesetzes geltend zu machen und mithin die im Kennzeichenrecht auferlegten Schranken zu umgehen. Nach der Vorrangthese verdrängt der Markenschutz den Wettbewerbsschutz in seinem Anwendungsbereich. Das Gleichnamigenrecht wird vom Kennzeichenrecht erfasst.585 Aber möglicherweise erfassen die Gleichnamigenfälle einen über das Markengesetz hinausgehenden Unrechtstatbestand, so dass das Lauterkeitsrecht anzuwenden wäre. Zentraler Anknüpfungspunkt der möglichen Verletzungstatbestände bei gleichnamigen Zeichen ist sowohl im Kennzeichen- als auch im Lauterkeitsrecht die Verwechslungsgefahr der Zeichen. § 5 Abs. 2 UWG, der auf der Umsetzung des Art. 6 Abs. 2 RL 2005/29/EG beruht, spricht von einer »Verwechslungsgefahr«. Hingegen stützt sich der Verletzungstatbestand bei geschäftlichen Bezeichnungen nach § 15 Abs. 2 MarkenG auf die »Herbeiführung einer Verwechslung«. Im Sinne eines einheitlichen Kennzeichenbegriffs muss der Verwechslungsbegriff nach § 15 Abs. 2 MarkenG jedoch der »Verwechslungsgefahr« nach § 14 Abs. 2 MarkenG entsprechend verstanden werden.586 Mithin ist es fraglich, ob die Begriffe der Verwechslungsgefahr in § 15 Abs. 2 MarkenG und § 5 Abs. 2 UWG identisch zu verstehen sind. Beide Regelungen knüpfen an die fehlerhafte Vorstellung des Konsumenten über die betriebliche Herkunft an.587 Sowohl im Kennzeichen- als auch im Lauterkeitsrecht muss dafür die ernstliche Gefahr bestehen, dass erhebliche Teile des Adressatenkreises den Eindruck gewinnen könnten, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen identisch seien oder zwar unterschiedlich, aber aus demselben Betrieb stammten oder aber aus verschiedenen Betrieben stammten, zwischen diesen aber organisatorische, rechtliche oder wirtschaftliche Beziehungen bestünden.588 Allerdings können im Lauterkeitsrecht Begleitumstände wie Hinweise, Aufdrucke oder die Präsentation in die Bewertung einbezogen werden, was im Kennzeichenrecht lange als nicht möglich galt.589 Die früher verwendeten verschiedenen Begriff585 Vgl. S. 52ff. 586 Vgl. für den Begriff der »Verwechslung(sgefahr)« in § 15 Abs. 2 MarkenG unter S. 41; zur richtlinienkonformen Auslegung siehe Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 5 f.; Jäger, S. 104ff. 587 Vgl. Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, § 5 UWG Rn. 719; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, § 5 UWG Rn. 9.2; zum Begriff nach § 15 Abs. 2 MarkenG vgl. S. 41. 588 Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, § 5 UWG Rn. 719; zum Begriff nach § 15 Abs. 2 MarkenG vgl. S. 41. 589 Vgl. allgemein dazu Hafenmayer, S. 52 ff; zum Kennzeichenrecht BGH GRUR 2004, 598, 599 – Kleiner Feigling; BGH GRUR 2007, 780, 784 Rn. 38 – Pralinenform; BGH GRUR 2009, 766,

Anwendbarkeit lauterkeitsrechtlicher neben kennzeichenrechtlichen Ansprüchen

143

lichkeiten, »Verwechslung« im Lauterkeitsrecht und »Verwechslungsgefahr« im Kennzeichenrecht unterstrichen diesen Unterschied. Zwar wurde der Begriff der »Verwechslung« durch Art. 6 Abs. 2 lit. a RL 2005/29/EG zumindest in der deutschen Sprachfassung durch die Bezeichnung »Verwechslungsgefahr« ersetzt. Aber gerade die englische (»which creates confusion«), französische (»cr8ant une confusion«) und italienische (»confusione con i prodotti«) Sprachfassungen deuten auf das Herbeiführen einer Verwechslung statt einer Verwechslungsgefahr hin,590 da das geltende Markenrecht im Gegensatz dazu in Art. 5 Abs. 1 S. 2 lit. b RL 2008/95/EG591 von »likelihood of confusion«, »risque de confusion« bzw. »un rischio di confusione« spricht. Es könnte daher sein, dass der in der deutschen Übersetzung gewählte Begriff der »Verwechslungsgefahr« keine bewusste Entscheidung für die einheitliche Auslegung des kennzeichen- und lauterkeitsrechtlichen Begriffes ist.592 Allerdings entschied der EuGH, dass der damals lauterkeitsrechtliche Begriff der »Verwechslung« aus Art. 3a Abs. 1 lit. d der Richtlinie 85/450/EWG i. d. F. der Richtlinie 97/55/EG »[…] im Licht der Erwägungsgründe 13 bis 15 der Richtlinie 97/55/EG mit der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 lit. b RL 89/104/EG benutzten »Verwechslungsgefahr« einheitlich auszulegen ist«,593 so dass die sprachliche Neufassung im deutschen Recht doch im Sinne einer Wortlautanpassung verstanden werden muss. In einem aktuellen Urteil bezieht der EuGH außerdem für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zweier gleichnamiger Bezeichnungen neben den Kennzeichen die Kriterien Geschmack, Aufmachung und Preis in die Bewertung mit ein.594 Er beachtet mithin wie im Lauterkeitsrecht die Begleitumstände der angegriffenen Zeichenbenutzung595 und öffnet damit im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung den markenrechtlichen Verletzungstatbestand. Da der zentrale Begriff der Verwechslungsgefahr nach dem Unternehmenskennzeichen- und Lauterkeitsrecht synonym zu verstehen ist, erfassen die Gleichnamigenfälle keinen über das Markengesetz hinausgehenden Unrechtstatbestand und knüpfen nicht an einem anderen Punkt an. Nach der Vorrang-

590 591 592 593 594 595

769f. Rn. 36 – Stofffähnchen; BGH GRUR-RR 2010, 205, 207 Rn. 37 – Haus & Grund IV; Ingerl/Rohnke, § 14 MarkenG Rn. 417ff.; Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 14 MarkenG Rn. 319; Büscher, in: Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, UrheberR, MedienR, § 14 MarkenG Rn. 195, 198; zum Lauterkeitsrecht: BGH GRUR 2002, 182, 184 – Das Beste jeden Morgen; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, § 5 UWG Rn. 719; Änderung durch EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 80 – Budvar/Anheuser-Busch. Vgl. zum Gleichrang aller sprachlichen Fassungen Riesenhuber, § 11 Rn. 15. Die Norm findet sich in Art. 10 Abs. 2 lit. b RL 2015/2436/EU wieder. Die Norm muss gemäß Art. 54 Abs. 1 RL 2015/2436/EU bis zum 14. 1. 2019 umgesetzt werden. Siehe Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 5 UWG Rn. 9.6. EuGH GRUR 2008, 698, 700 Rn. 49 – O2 und O2 (UK)/H3G. EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 80 – Budvar/Anheuser-Busch. Vgl. ebenso EuGH GRUR 2008. 698, 700 Rn. 63 – O2 und O2 (UK)/H3G; EuGH GRUR 2010, 445, 449 Rn. 83–85 – Google und Google France.

144

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

these ist für diese Fallgestaltungen mithin ausschließlich das Kennzeichenrecht anzuwenden. Nach dem neuen Ansatz des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung Hard Rock Caf8 genießen markenrechtliche Ansprüche gegenüber Ansprüchen aus dem Wettbewerbsrecht keinen generellen Vorrang, so dass dieser Ansatz wie die Theorie der Anspruchskonkurrenz zu einem Nebeneinander der marken- und lauterkeitsrechtlichen Ansprüche führt.

III.

Stellungnahme

Es ist zu untersuchen, welchem Ergebnis zugestimmt werden kann. 1.

Wortlaut des § 2 MarkenG

Für eine parallele Anwendung des Lauterkeitsrechts neben dem Kennzeichenrecht spricht zunächst der Wortlaut des § 2 MarkenG, der die Anwendung anderer Vorschriften zum Schutz geschäftlicher Bezeichnungen explizit nicht ausschließt, nur weil das MarkenG geschäftliche Bezeichnungen schützt. Eine wortlautgetreue Auslegung des § 2 MarkenG ermöglicht mithin die Anwendbarkeit anderer Vorschriften, solange sie dem Schutz von geschäftlichen Bezeichnungen dienen. Da auch das Lauterkeitsrecht über §§ 4 Nr. 3, 5, 6 UWG dem Kennzeichenschutz dient, ist neben dem kennzeichenrechtlichen Schutz Raum für den lauterkeitsrechtlichen Schutz nach diesen Vorschriften des UWG.596 Die Fortentwicklung der geschäftlichen Bezeichnung zum Immaterialgüterrecht fordert allerdings eine eindeutige Festlegung des Umfangs der Anwendungsbereiche, um der Gefahr einer ungewollten Ausweitung des Rechts über das Lauterkeitsrecht entgegen zu treten. Eine kumulative Anwendung der verschiedenen Systeme unterliegt sonst dem Risiko, die durch das Kennzeichenrecht getroffenen Regelungen durch die Erweiterung der Aktivlegitimation und des Sanktionssystems im UWG zu unterlaufen. Die Kennzeichenrechte müssen daher eine »tatbestandliche Begrenzungsfunktion« für das Lauterkeitsrecht erfüllen.597 Hingegen darf die Begrenzung nicht als eine spezialgesetzliche Regelung verstanden werden, die den Kennzeichenschutz nur auf den Anwendungsbereich des Markengesetzes beschränkt.598 Bei der parallelen Anwendung des Markengesetzes und des Lauterkeitsrechts sind deren Normzwecke daher wechselseitig zu berücksichtigen und die tatbestandlichen Schutz596 BGH GRUR 2008, 628, 629 Rn. 13ff. – Imitationswerbung. 597 Fezer, GRUR 2010, 953, 957; Fezer, § 2 MarkenG Rn. 3 f; Sosnitza, § 10 Rn. 3. 598 Fezer, § 2 MarkenG Rn. 19.

Anwendbarkeit lauterkeitsrechtlicher neben kennzeichenrechtlichen Ansprüchen

145

rechtsgrenzen der Kennzeichenrechte zu beachten. Eine darüber hinausgehende Begrenzung der Anwendungsbereiche kann nur auf den Willen des Gesetzgebers gestützt werden, was er mit Verweis auf § 2 MarkenG explizit nicht getan hat. Die Einschränkungen der Vorrangthese, den Wettbewerbsschutz nur im Ausnahmefall anzuwenden, wenn der Anwendungsbereich des Markengesetzes nicht eröffnet ist, überzeugen daher nach dem Wortlaut des § 2 MarkenG nicht. 2.

Zweck des MarkenG und UWG

Ebenso sprechen die Zielrichtungen des Kennzeichen- und Lauterkeitsrechts für eine parallele Anwendung der Normen: Das Kennzeichenrecht schützt die individuellen Rechte des Zeicheninhabers. Demgegenüber schützt das Lauterkeitsrecht gemäß § 1 S. 1 UWG zum einen die Mitbewerber, die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Nach § 1 S. 2 UWG wird zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb geschützt. Unter Anwendung der Vorrangthese würde der Irreführungstatbestand nach § 5 UWG nicht eingreifen. Damit träte zwangsweise der Schutz der Allgemeinheit vor Irreführung zurück und würde durch den individualrechtlichen Schutz des Kennzeicheninhabers verdrängt. Allerdings erfüllt das Kennzeichen ebenso eine Werbeund Qualitätsfunktion.599 Die angesprochenen Verkehrskreise verbinden mit dem Kennzeichen neben der Herkunft des Produkts die Gewährleistung einer bestimmten Produktqualität. Die Qualitätsfunktion eines Gütezeichens ist daher entscheidend, um die Allgemeinheit vor Irreführungen schützen zu können. Der Schutz vor einer Irreführung ist nach § 1 S. 2 UWG ein verfolgtes Ziel des Lauterkeitsrechts. Die Funktion des Kennzeichenrechts kann aber nur gewährleistet werden kann, wenn das Lauterkeitsrechts neben dem Markenrecht angewendet wird.600 3.

Aktivlegitimation nach MarkenG und UWG

Ein Konkurrenzverhältnis zwischen den Anspruchsgrundlagen führt im Gleichnamigenrecht jedoch zu dem Problem, dass der lauterkeitsrechtliche Anspruch nach § 5 Abs. 2 UWG in seinem Anwendungsbereich nicht durch eine der § 23 Nr. 1 MarkenG vergleichbaren Regelung beschränkt wird. Der Kennzeicheninhaber könnte sich daher bei gleicher Sachlage auf das Lauterkeitsrecht

599 Nordemann, Markenrecht, 2. Teil Rn. 1061; Steinbeck, WRP 2015, 1ff. 600 Daher spricht sich Fischer, WRP 2009, 408, 412 für eine Aufhebung der Vorrangthese aus.

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Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

stützen, obwohl ihm der Anspruch aus dem Kennzeichenrecht versagt würde und seine Rechtsschutzmöglichkeiten ausdehnen.601 Stützt sich hingegen ein Dritter, also ein sonstiger Konkurrent, ein Wettbewerbsverband, Verbraucherverband oder eine Kammer gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1– 4 UWG auf einen Anspruch aus § 5 UWG, besteht nicht die Gefahr, die durch das Kennzeichenrecht eingeräumte Schutzposition des Kennzeicheninhabers über das Lauterkeitsrecht auszudehnen. § 5 Abs. 2 UWG umfasst Verbraucher und gewerbliche Abnehmer, also die Marktgegenseite, als Adressaten der Schutznorm.602 Ihnen steht jedoch die Durchsetzung der Ansprüche nicht zu. Dies bleibt gemäß § 8 UWG den Mitbewerbern, Verbänden und Einrichtungen überlassen, so dass die Schutzadressaten auf die Geltendmachung der Ansprüche durch die Verbände angewiesen sind.603 Der BGH formulierte daher in der Entscheidung Hard Rock Caf8 »Dritte, die nicht Markeninhaber sind, können seit Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG lauterkeitsrechtliche Ansprüche wegen Herkunftstäuschung geltend machen.«604 und deutet damit an, die Anwendung der Vorrangthese davon abhängig zu machen, wer den lauterkeitsrechtlichen Anspruch erhebt. Fraglich ist daher, ob sich neben den Dritten auch der Kennzeicheninhaber auf lauterkeitsrechtliche Ansprüche berufen kann oder ob bei ihm weiterhin die Vorrangthese anzuwenden ist. Der Bundesgerichtshof stützt sich für das Nebeneinander von Marken- und Lauterkeitsrecht auf die Umsetzung des Art. 6 Abs. 2 lit. a RL 2005/29/EG. Die Richtlinie unterscheidet für den Anspruch gegen eine irreführende Handlung nicht, ob der Anspruch von einem Kennzeicheninhaber oder einem Dritten erhoben wird. Die UGP-Richtlinie strebt eine Vollharmonisierung in dem von ihr geregelten B2C-Bereich an. Dadurch werden ein Mindest- und ein Maximalstandard festgelegt, die weder über- noch unterschritten werden dürfen.605 Wird Art. 6 Abs. 2 lit. a RL 2005/29/ EG in nationales Recht umgesetzt, darf es folglich auch keine Einschränkungen geben, die von der Aktivlegitimation abhängig gemacht werden. Die Beschränkung des Bundesgerichtshofs auf »Dritte, die nicht Markeninhaber sind«, beruht daher vermutlich auf der Sachverhaltskonstellation, in der die Klägerin zu 1 zwar als Caf8betreiberin in einem Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten

601 Sosnitza, MarkenR 2015, 1, 5f. 602 Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 5 UWG Rn. 0.9, 2.258. 603 Vgl. Verbraucherzentrale Bundesverband, http://www.vzbv.de/ueber-uns, zuletzt abgerufen am 29. 10. 2018. 604 BGH GRUR 2013, 1161, 1165 Rn. 60 – Hard Rock Caf8; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, § 5 UWG Rn. 712ff.; Bornkamm, in: FS Loschelder, S. 31 ff; Sosnitza, ZGE 2013, 176, 184f.; Sosnitza, MarkenR 2015, 1, 5. 605 Schröder, in: Streinz, Art. 114 AEUV Rn. 82; Tietje, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 114 AEUV Rn. 39.

Anwendbarkeit lauterkeitsrechtlicher neben kennzeichenrechtlichen Ansprüchen

147

stand, sie aber nicht die Zeicheninhaberin der angemeldeten Wort- und Wort-/ Bildmarken »Hard Rock Caf8« war. Darüber hinaus entschied der Bundesgerichtshof ein halbes Jahr vor der Hard Rock Caf8 Entscheidung in seinem Urteil zu Peek & Cloppenburg III, dass die Wertungen zum Recht der Gleichnamigen im Kennzeichenrecht auch im Bereich des § 5 Abs. 2 UWG nachzuvollziehen seien.606 Eine Wertungsübertragung aus dem Kennzeichenrecht in das Lauterkeitsrecht kann nur erfolgen, wenn der Kennzeicheninhaber selbst den lauterkeitsrechtlichen Anspruch erhebt. Denn nur der Kennzeicheninhaber ist nach dem Markengesetz aktiv legitimiert. Daher kann sich die Aufhebung der Vorrangthese nicht nur auf Ansprüche durch Dritte beschränken.607

4.

Richtlinienumsetzung des Art. 6 Abs. 2 lit. a RL 2005/29/EG

Der Bundesgerichtshof stützt sich in seinen aktuellen Urteilen für das Nebeneinander von Marken- und Lauterkeitsrecht auf die Umsetzung des Art. 6 Abs. 2 lit. a RL 2005/29/EG. Dafür muss die Norm ein Nebeneinander von Lauterkeitsrecht und Sonderschutzrecht, im speziellen dem Markenrecht, vorschreiben. Art. 3 Abs. 4 RL 2005/29/EG legt fest, dass das Sonderschutzrecht maßgeblich ist, solange die Bestimmungen der Lauterkeitsrechtsrichtlinie mit anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, kollidieren. Art. 5 Abs. 1 RL 2008/95/EG608dient als Grundlage für die Umsetzung der Verwechslungstatbestände in das Markengesetz. Für den Bereich der Verwechslungsgefahr stellt diese Vorschrift mithin eine besondere Reglung dar, so dass nach Art. 3 Abs. 4 RL 2005/29/EG das Wettbewerbsrecht zurücktreten muss. Diese Auslegung wird durch Erwägungsgrund 9 S. 2 RL 2005/29/EG gestützt, der ergänzt, dass Vorschriften zum Schutz des Geistigen Eigentums nicht durch die UGP-Richtlinie berührt werden.609 Allerdings lässt sich aus einer Begründung der Kommission zur Richtlinie entnehmen, dass die angesprochenen »Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln« i. S. d. Art. 3 Abs. 4 RL 2005/29/EG Sektor spezifische Regeln unlauterer Geschäftspraktiken, wie das Reise-, Finanzdienstleistungs- oder Lebensmittelrecht, meinen.610 Ein Rück606 BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 44 – Peel & Cloppenburg III. 607 So aber Sosnitza, § 10 Rn. 7 ff. 608 Die Norm findet sich in Art. 10 RL 2015/2436/EU wieder. Die Norm muss gemäß Art. 54 Abs. 1 RL 2015/2436/EU bis zum 14. 1. 2019 umgesetzt werden. 609 Vgl. zu den Ausführungen Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, § 5 UWG Rn. 710; Bornkamm in: FS Loschelder, S. 31, 43f.; Böxler, ZGE 2009, 357, 365. 610 Begründungserwägung Nr. 44 des Vorschlags der EG-Kommission zur Lauterkeitsrechtsrichtlinie v. 18. 6. 2003, KOM 2003, 356.

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Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

schluss auf den Vorrang des Kennzeichenrechts allgemein darf folglich nicht gezogen werden. Demgegenüber stützt Erwägungsgrund 7 RL 2008/95/EG611 eine parallele Anwendung lauterkeitsrechtlicher und markenrechtlicher Nomen. Er besagt, dass die Richtlinie es nicht ausschließen sollte, auf Marken andere Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als die des Markenrechts, wie Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb […], anzuwenden. Darin muss eine Öffnung gegenüber dem Wettbewerbsrecht gesehen werden, die dem allgemeinen markenrechtlichen Vorrang widerspricht. Erwägungsgründe finden zwar keinen normativen Anknüpfungspunkt, so dass aus dieser Regelungsabsicht kein Recht erwachsen darf.612 Allerdings dienen sie als Auslegungshilfe. Daher kann zumindest der Wille des Gesetzgebers für eine Öffnung des Markenrechts gegenüber dem Wettbewerbsrecht und Art. 6 Abs. 2 RL 2005/29/EG gedeutet werden. 5.

Zwischenergebnis

An einem generellen Vorrang des Markengesetzes gegenüber § 5 Abs. 2 UWG kann weder in Anbetracht des europäischen Rechts, noch nach dem Vergleich zwischen den nationalen Regelungen nach dem Markengesetz und UWG festgehalten werden.613 Lauterkeitsrechtliche Ansprüche können im Wege der Normenkonkurrenz kumulativ neben markenrechtlichen Ansprüchen erhoben werden.

IV.

Fazit

Erfüllt eine Kennzeichenrechtsverletzung zugleich den Tatbestand des § 5 Abs. 2 UWG, so stehen die markenrechtlichen Ansprüche des Zeicheninhabers nach § 15 Abs. 2, 4 MarkenG und die auf § 8 Abs. 1, 3 i. V. m. § 5 Abs. 2 UWG gestützten lauterkeitsrechtlichen Ansprüche im Verhältnis der Anspruchskonkurrenz zueinander. Die Vorrangthese kann unabhängig davon, ob der Kennzeicheninhaber oder ein Dritter den Anspruch erhebt, nicht aufrechterhalten werden. Wie die daraus resultierenden Widersprüche aufzulösen sind, ist auf einer nächsten Ebene zu klären.

611 Vgl. ebenso Erwägungsgrund 40 RL 2015/2436/EU. 612 Riesenhuber, § 11 Rn. 37. 613 A. A. Böxler, ZGE 2009, 357, 364.

Beeinträchtigung markenrechtlicher Wertungen

C.

149

Beeinträchtigung markenrechtlicher Wertungen

Bestehen die Ansprüche autonom nebeneinander, verschärft sich die Ungleichheit zwischen den Anspruchsgrundlagen: Art. 6 Abs. 1 RL 2008/95/EG614 beschränkt die Wirkung der Marke, in dem es einem Dritten nicht verboten werden darf, die Marke in den für die in lit. a bis lit. c ausgewählten Tatbestände zu benutzen, solange sie im geschäftlichen Verkehr benutzt wird und die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie in das nationale Recht wurde die Regelung wortlautgenau auf geschäftliche Bezeichnungen übertragen.615 Eine vergleichbare Regelung in der UGP-Richtlinie existiert nicht, so dass die Umsetzungen der Richtlinien in nationales Recht zu der Diskrepanz zwischen § 23 Nr. 1 MarkenG und § 5 Abs. 2 UWG führten. Die Rechtsordnung erkennt im Rahmen des § 23 Nr. 1 MarkenG über das Institut des Rechts der Gleichnamigen in einem gewissen Umfang die Koexistenz von identischen oder ähnlichen Unternehmenskennzeichen und damit auch die Gefahr an, dass der Verkehr die beiden Unternehmen nicht unterscheiden kann. Hält sich diese Verwechslungsgefahr in den Grenzen dessen, was zeichenrechtlich ausdrücklich hingenommen wird, darf das Ergebnis der Koexistenz nicht in Frage gestellt werden, indem sich einer der beiden Zeicheninhaber, ein Mitbewerber oder ein Verband auf § 5 Abs. 2 UWG beruft.616 Dies entspricht dem Gebot einer einheitlichen Rechtsordnung, unterschiedliche Regelungsgebiete in ein in sich stimmiges, aufeinander abgestimmtes Verhältnis zu bringen, um Widersprüche zu vermeiden.617 Der über das Lauterkeitsrecht gebotene Schutz nach § 5 Abs. 2 UWG beeinträchtigt bei einer zu weitreichenden Anwendung daher den spezifischen Gegenstand des Kennzeichenrechts. Mithin ist zu klären, inwiefern kennzeichenrechtliche Wertungen im Lauterkeitsrecht beachtet werden müssen.

614 Die Norm findet sich nahezu wortgleich, aber inhaltlich zum Teil verändert in Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 RL 2015/2436/EU wieder. Die Norm muss gemäß Art. 54 Abs. 1 RL 2015/ 2436/EU bis zum 14. 1. 2019 umgesetzt werden. 615 Vgl. unter S. 53; S. 64. 616 Vgl. BGH GRUR 2009, 672, 678 Rn. 56ff. – OSTSEE-POST; BGH GRUR 2011, 828, 831 Rn. 36 – Bananabay II; BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 44 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRURRR 2014, 201, 205 Rn. 51 – Peek & Cloppenburg IV; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, § 5 UWG Rn. 9.13; Bornkamm, GRUR 2011, 1, 4; Bornkamm, in: FS Loschelder, S. 31ff. 617 Larenz/Canaris, S. 155f.

150 I.

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

Anwendungsvorrang des Unionsrechts

Ein möglicher Ansatzpunkt könnte der Anwendungsvorrang des Unionsrechts sein. Nach diesem Grundsatz darf das Recht des Mitgliedstaates im Kollisionsfall mit dem Unionsrecht nicht angewendet werden.618 Nationale Behörden und Gerichte sind verpflichtet, die Vorschrift des Unionsrechts selbst dann anzuwenden, wenn eine Vorschrift des nationalen Rechts dem entgegensteht. Der vorliegende Konflikt beruht jedoch nicht auf einer inhaltlichen Kollision von Unions- und nationalem Recht. Der Konflikt setzt sich infolge der Richtlinienumsetzung und Vereinheitlichung des gesamten Kennzeichenrechts im MarkenG lediglich auf nationaler Ebene fort. Daher kann der Wertungswiderspruch nicht über den Grundsatz des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts aufgelöst werden.

II.

Analogie als Rechtsfortbildung

Möglicherweise kann eine analoge Anwendung der Schrankenregelung aus § 23 MarkenG auf § 5 UWG den Wertungswiderspruch ausräumen. Der Analogieschluss ist eine klassische Form der Rechtsfortbildung. Er wird verwendet, um Gesetzeslücken zu schließen.619 Dabei werden bereits im Gesetz angelegte Rechtsgedanken mithilfe des Gleichheitsgrundsatzes verallgemeinernd zu Ende gedacht.620 Die Analogie setzt daher neben der Vergleichbarkeit der betroffenen Interessenlagen voraus, dass eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte planwidrige Regelungslücke vorliegt.621 Diese liegt jedoch gerade nicht vor, wenn sich der Gesetzgeber bewusst für eine Nichtregelung entschieden hat und es abschließend zu verstehen ist. Man spricht dann von einem »beredten Schweigen des Gesetzgebers«.622 Der unionsrechtliche Gesetzgeber hat mit der UGPRichtlinie eine Vollharmonisierung in dem von ihr geregelten B2C-Bereich vorgenommen. Dadurch werden ein Mindest- und ein Maximalstandard festgelegt, die weder über- noch unterschritten werden dürfen.623 Selbst für das Ziel, einen höheren Verbraucherschutz zu erreichen, dürfen die Mitgliedstaaten keine 618 EuGH NJW 1963, 974 – Van Gend en Loos/Administratie der Belastingen; EuGH NJW 1964, 2371, 2372 – Costa/Enel; EuGH NJW 1971, 343; EuGH NJW 1978, 1741; EuGH EuZW 1998, 719, 720. 619 Vgl. Bitter/Rauhut, JuS 2009, 289, 297. 620 Zippelius, § 11 II a; Larenz/Canaris, S. 204. 621 Röhl/Röhl, S. 633. 622 Bitter/Rauhut, JuS 2009, 289, 297; vgl. auch Larenz/Canaris, S. 196. 623 Schröder, in: Streinz, Art. 114 AEUV Rn. 82; Tietje, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 114 AEUV Rn. 39.

Beeinträchtigung markenrechtlicher Wertungen

151

strengeren als die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen festlegen.624 Der deutsche Gesetzgeber war somit bei der Umsetzung der Lauterkeitsrechtsrichtlinie gezwungen, die Regelungen des Art. 6 Abs. 2 lit. a RL 2005/29/EG zu übernehmen. Er war nicht berechtigt, für die Irreführung gegenüber Verbrauchern strengere als die in der Richtlinie vorgesehenen Regelungen festzulegen.625 Der Gesetzgeber hat sich demzufolge bewusst gegen eine Einführung einer § 23 MarkenG vergleichbaren Schranke in § 5 Abs. 2 UWG entschieden. Die Norm ist abschließend zu verstehen. Für die Analogiefähigkeit fehlt es der Norm an einer planwidrigen Regelungslücke.

III.

Beachtung markenrechtlicher Wertungen im Lauterkeitsrecht

Es ist keine Alternative, den bestehenden Widerspruch hinzunehmen, da sonst der wettbewerbsrechtliche Irreführungsschutz die rechtmäßige Ausübung des kennzeichenrechtlichen Individualschutzes einschränken und die Schranke des § 23 Nr. 1 MarkenG konterkarieren würde.626 Um dies zu vermeiden, korrigiert der BGH in seinen Entscheidungen Peek & Cloppenburg III, IV dieses Ergebnis, in dem er »insoweit die Wertungen zum Recht der Gleichnamigen im Kennzeichenrecht auch im Bereich des § 5 Abs. 2 UWG nachvollzieht«.627 Im Recht der Gleichnamigen hätte dies zur Folge, dass sich ein Gleichnamiger nicht auf § 5 Abs. 2 UWG berufen kann, wenn nach der Schranke des § 23 Nr. 1 MarkenG ein Nebeneinander der Gleichnamigen geduldet werden muss.628 Fraglich ist es, nach welchem methodischen Ansatz die markenrechtlichen Wertungen im Lauterkeitsrecht beachtet werden können.

624 EuGH GRUR 2009, 599 – VTB/Total Belgium u. Galatea/Sanoma; EuGH GRUR 2010, 244 – Plus Warenhandelsgesellschaft. 625 Schröder, in: Streinz, Art. 114 AEUV Rn. 82; Tietje, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 114 AEUV Rn. 39; Herrnfeld, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Art. 114 AEUV Rn. 57. 626 Bornkamm, in: FS von Mühlendahl, S. 9, 17; Bornkamm, in: FS Loschelder, S. 31, 37; so auch Büscher, GRUR 2009, 230, 236 zu § 23 Nr. 2 MarkenG. 627 BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 44 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 205 Rn. 51 – Peek & Cloppenburg IV; i. E. fortführend in BGH GRUR 2016, 965, 966 Rn. 23 – Baumann II. 628 BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 44 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 205 Rn. 51 – Peek & Cloppenburg IV; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 5 UWG Rn. 9.13; Bornkamm, in: FS Loschelder, S. 31 ff; Bornkamm, GRUR 2011, 1, 4.

152 1.

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

Analogieschluss

In der Rechtsdogmatik hat sich für Wertungsübertragungen der abschließende dogmatische Ansatz des Analogieschlusses etabliert. a. Widerspruch zur Rechtsdogmatik In der vorliegenden Konstellation zwischen den Gleichnamigen ist die Interessenlage zwar vergleichbar, aber der Gesetzgeber hat, wie aufgezeigt, bewusst eine unterschiedliche Bewertung der Interessen im Kennzeichen- und Lauterkeitsrecht vorgenommen, so dass eine Regelungslücke nicht vorliegt. Um dem Willen des Gesetzgebers gerecht zu werden, darf das Kriterium der planwidrigen Regelungslücke nicht außer Acht gelassen werden. Insbesondere überzeugt es vor diesem Hintergrund nicht, an die gleiche Rechtsfolge der Wertungsübertragung lediglich die Voraussetzung der vergleichbaren Interessenlage zu stellen und so den Analogieschluss auszuhebeln. Das vom Bundesgerichtshof erstrebte Ziel, den Widerspruch zwischen dem Kennzeichen- und Lauterkeitsrecht auszuräumen, ist erstrebenswert, kann aber nicht mittels einer »Wertungsübertragung« im dogmatischen Verständnis des Analogieschlusses erreicht werden. b. Widerspruch zu Wortlaut und Zweck des § 23 Nr. 1 MarkenG Neben dem methodischen Ansatz spricht ebenso der Wortlaut des § 23 MarkenG gegen eine wertende Übertragung. Denn die Schrankenregelung unterliegt der Schranken-Schranke, dass die Benutzung des Kennzeichens nach Nr. 1 - 3 nicht untersagt werden kann, wenn die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Der Nutzer hat demnach alles zu unterlassen, was den berechtigten Interessen des Kennzeicheninhabers zuwiderläuft.629 Eine Benutzung, die gegen die übrige Rechtsordnung verstößt, ist mithin ausgeschlossen.630 Denn die durch die Kennzeichenbenutzung entstehende Unlauterkeit schädigt nicht nur die Interessen des Zeicheninhabers, sondern auch das Interesse der Allgemeinheit, nicht irregeführt zu werden.631 Das Recht der geschäftlichen Bezeichnung bietet damit nicht nur einen Individualschutz, sondern wenigstens als Reflex einen Schutz der Allgemeinheit und des Verbrauchers, der auf die durch das Kennzeichen vermittelte Qualität und Herkunft der Ware/Dienstleistung vertraut.632 Folglich müssen alle absoluten Schutzhindernisse im Lichte des ihnen jeweils zugrunde liegenden Allgemeininteresses und damit dem lauterkeitsrechtlichen 629 EuGH GRUR Int 1999, 438, 442 Rn. 61 – BMW; EuGH GRUR 2004, 234, 235 Rn. 24 – Gerolsteiner ; EuGH GRUR 2005, 509, 512 Rn. 41 – Gillette; EuGH GRUR 2005, 153, 157 Rn. 82 – Anheuser-Busch/Budvar ; EuGH GRUR 2007, 971, 973 Rn. 33 – C8line. 630 Jonas/Hamacher, WRP 2009, 535, 539. 631 Jonas/Hamacher, WRP 2009, 535, 539. 632 Bornkamm, in: FS von Mühlendahl, S. 9.

Beeinträchtigung markenrechtlicher Wertungen

153

Schutzzweck nach ausgelegt werden.633 Dabei werden die Begriffe der Sittenwidrigkeit in § 23 MarkenG und der Unlauterkeit i. S. d. UWG synonym verwendet.634 Innerhalb des § 23 MarkenG ist daher eine wettbewerbsrechtlich geprägte Abgrenzung vorzunehmen, bei der den berechtigten Interessen des Kennzeicheninhabers folglich nicht in unlauterer Weise zuwider gehandelt werden darf.635 Das Verständnis der Schranken-Schranke stützt sich damit nicht nur nach dem Telos, sondern auch nach dem Wortlaut auf das Lauterkeitsrecht. Es wäre daher widersprüchlich, die kennzeichenrechtliche, aber wettbewerbsrechtlich geprägte Schranke des § 23 Nr. 1 MarkenG auf § 5 Abs. 2 UWG anwenden zu wollen, um zu verhindern, dass der lauterkeitsrechtliche Schutz den individualrechtlichen Kennzeichenschutz unterläuft.636 2.

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz i. S. d. § 5 UWG

Wenn das Lauterkeitsrecht die Grenze für die Schranken-Schranke des § 23 MarkenG definiert, dann kann der Ansatzpunkt für das Verhältnis von § 5 Abs. 2 UWG und § 23 Nr. 1 MarkenG nur über das Lauterkeitsrecht selbst und nicht über das Kennzeichenrecht definiert werden. Ein möglicher Anknüpfungspunkt für das Verhältnis von § 5 Abs. 2 UWG und § 23 Nr. 1 MarkenG könnte der lauterkeitsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sein.637 Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist es anerkannt, dass die Irreführungsgefahr zu dulden ist, wenn die Belange der Allgemeinheit nicht in erheblichem Maße und ernstlich in Mitleidenschaft gezogen werden, weil nur eine geringe Irreführungsgefahr vorliegt, die sich auf den Markt auswirken könnte.638 Der Ansatz stützt sich wie die kennzeichenrechtliche Schranke des § 23 Nr. 1 MarkenG auf eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen. Daher ist zu prüfen, ob die Wertungen des Kennzeichenrechts im Lauterkeitsrecht über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet werden können. 633 Etwa EuGH GRUR Int 2002, 842, 848 Rn. 77 – Philips. 634 Vgl. EuGH GRUR Int 1999, 438, 442 Rn. 61 – BMW; EuGH GRUR 2004, 234, 235 – Gerolsteiner ; Fezer, § 23 MarkenG Rn. 3; vgl. dazu bereits Bärenfänger, WRP 2011, 16, 22. 635 EuGH GRUR Int 1999, 438 – BMW/Deenik; Hoffrichter-Daunicht, in: Büscher/Dittmer/ Schiwy, § 38 Rn. 166, 170; vgl. unter S. 64. 636 Im Ergebnis so auch Hafenmayer, S. 166. 637 EuGH GRUR Int 2000, 756, 758 Rn. 28 – naturrein; EuGH GRUR Int 2012, 1032, 1033 Rn. 22 – HIT; EuGH GRUR 2012, 1161, 1164 Rn. 56 – Deutsches Weintor/Rheinland Pfalz; vgl. auch BGH GRUR 1999, 1122, 1124 – EG-Neuwagen I; BGH GRUR 2003, 628, 630 – Klosterbrauerei; BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 44 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 205 Rn. 51 – Peek & Cloppemnburg IV. 638 BGH GRUR 1966, 267, 271 – White Horse; BGH GRUR 1983, 32, 34 – Stangenglas I; BGH GRUR 2003, 628, 630 m. w. N. – Klosterbrauerei; Baumbach/Hefermehl, § 3 UWG Rn. 107; Piper, in: Köhler/Piper, § 3 UWG Rn. 216.

154

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

a.

Vergleich zwischen der Interessenabwägung in § 23 Nr. 1 MarkenG und dem lauterkeitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Dafür muss die lauterkeitsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen der Allgemeinheit und den Gleichnamigen der kennzeichenrechtlichen Abwägung zwischen den Gleichnamigen entsprechen. (1) Kennzeichenrechtliche Interessenabwägung § 23 Nr. 1 MarkenG verbietet dem Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung, einem (gleichnamigen) Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr dessen Namen oder Anschrift zu benutzen, wenn die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Der Vorbehalt der »sittengemäßen Benutzung« des Namens in § 23 Nr. 1 MarkenG ist als unbestimmter Rechtsbegriff der Auslegung zugänglich.639 Die sittengemäße Benutzung wird als Pflicht des Dritten definiert, den berechtigten Interessen des Kennzeicheninhabers nicht in unlauterer Weise zuwider zu handeln.640 Dafür kommt es auf die Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls an.641 Dabei müssen der Zweck und die Funktion der Norm bewertend interpretiert und mithilfe grundrechtlicher Wertungen ausgefüllt werden.642 § 23 MarkenG bezweckt den Ausgleich zwischen den Individualinteressen des Kennzeicheninhabers an der Monopolisierung seines Schutzrechts und den Nutzungsinteressen eines Dritten bzw. dem Interesse der Allgemeinheit an einem freien und informierten Wettbewerb.643 Den Parteien werden daher Verhaltensvorschriften wie die Aufnahme von unterscheidungskräftigen Zusätzen auferlegt, die für den Dritten und die Konsumenten Rechtssicherheit schaffen. Haben die verantwortlichen Parteien jedoch alles Zumutbare getan, um eine Verwechslungsgefahr zu vermeiden, spiegelt die verbleibende Gefahr lediglich die getroffene Wertung wider, die Parteien aufgrund ihrer Namensrechte und Besitzstände nebeneinander bestehen zu lassen. Die andere Partei (und die Allgemeinheit) muss daher einen Rest an Verwechslungsgefahr dulden, wenn dem anderen nicht zugemutet werden kann, jegliche Verwechslungsgefahr zu unterbinden.644

639 Nastelski, GRUR 1968, 545; vgl. unter S. 63. 640 EuGH GRUR Int 1999, 438, 442 Rn. 61 – BMW; EuGH GRUR 2005, 509, 512 Rn. 41 – Gillette; EuGH GRUR 2005, 153, 157 Rn. 82 – Anheuser-Busch/Budvar. 641 BGH GRUR 1999, 992, 995 – Big Pack; BGH GRUR 2008, 798, 799f. Rn. 21 – POST; BGH GRUR 2009, 1162, 1164 Rn. 29 – DAX. 642 Bydlinski, S. 114; Nastelski, GRUR 1968, 545; Wassermeyer, GRUR 2002, 126, 129. 643 Vgl. Kretschmar, in: BeckOK MarkenR, § 23 MarkenG Rn. 1; Ingerl/Rohnke, § 23 MarkenG Rn. 4; Fezer, § 23 MarkenG Rn. 26. 644 Vgl. unter S. 76ff.

Beeinträchtigung markenrechtlicher Wertungen

155

(2) Lauterkeitsrechtlicher Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Im Lauterkeitsrecht ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen dem Interesse der Allgemeinheit, nicht irregeführt zu werden, und dem individuellen Interesse des Mitbewerbers, eine konkrete Bezeichnung nutzen zu können, abzuwägen. Auch der EuGH zieht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Korrektiv für das Irreführungsverbot heran.645 Demnach ist es anerkannt, dass die Irreführungsgefahr zu dulden ist, wenn die Belange der Allgemeinheit nicht in erheblichem Maße und ernstlich in Mitleidenschaft gezogen werden.646 Dafür muss die Allgemeinheit über die bestehenden Verhältnisse aufgeklärt werden. Aufklärungsversuche werden dabei nur berücksichtigt, wenn sich der Hinweis eindeutig aus der Werbebehauptung ergibt, wobei es darauf ankommt, wie der angesprochene Verkehrskreis es auffasst und nicht wie der Werbende seinen Hinweis verstanden haben möchte.647 Bestehen dennoch Unklarheiten, kann von den angesprochenen Verkehrskreisen erwartet werden, sich zu informieren, um die Interessen des handelnden Unternehmens zu schützen.648 Kommt es trotz eines ausreichend aufklärenden Hinweises in Einzelfällen zu einer Verwechslung, so ist das Verwechslungsrisiko der Allgemeinheit im Vergleich zum Interesse des Namensnutzers an seinem geschützten Besitzstand hinzunehmen.649 Denn es ist nicht die Aufgabe des Lauterkeitsrechts, den Verkehr vor sämtlichen Fehlvorstellungen zu schützen.650 (3) Vergleich Sowohl für die kennzeichenrechtliche Abwägung als auch für die lauterkeitsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung ist die Einzelfallabwägung der gegenüberstehenden Interessen zentral. Um die Interessen in Einklang zu bringen, werden den Parteien im Kennzeichen- und Lauterkeitsrecht aufklärende Verhaltensvorschriften auferlegt. Kommen sie denen jedoch nach, muss ein verbleibendes Verwechslungsrisiko hingenommen werden. Mithin entsprechen die Kriterien der lauterkeitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung denen der kennzeichenrechtlichen Abwägung nach § 23 Nr. 1 MarkenG, so dass die Wer645 EuGH GRUR Int 2000, 756, 758 Rn. 28 – naturrein; allg. zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatz EuGH GRUR Int 2012, 1032, 1033 Rn. 22 – Freier Dienstleistungsverkehr. 646 EuGH GRUR Int 2000, 756, 758 Rn. 28 – naturrein; BGH GRUR 1966, 267, 271 – White Horse; BGH GRUR 1983, 32, 34 – Stangenglas I; BGH GRUR 2003, 628, 630 m. w. N. – Klosterbrauerei. 647 BGH GRUR 1966, 515, 516 – Kukident. 648 BGH GRUR 2010, 1024, 1025f. Rn. 28 – Master of Science Kieferorthopädie. 649 EuGH GRUR 2012, 519, 523 Rn. 79–84 – Budvar/Anheuser-Busch; BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 43 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 205 Rn. 50 – Peek & Cloppenburg IV; Piper, in: Köhler/Piper, § 3 UWG Rn. 211 m. w. Beispielen. 650 Götting, in: Götting/Nordemann, § 5 UWG Rn. 0.126.

156

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

tungen der für die Gleichgewichtslage zwischen Gleichnamigen vorgenommenen Abwägung auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung in § 5 Abs. 2 UWG übertragen werden können.651 b. Auswirkungen auf die Gleichnamigensituation Es muss berücksichtigt werden, inwieweit die Unternehmen versucht haben, die Verwechslungsgefahr durch aufklärende Hinweise und Zusätze zu unterbinden: Kommt das Unternehmen seiner kennzeichenrechtlichen Rücksichtnahmepflicht652 nach und werden die gleichnamigen Unternehmen dennoch in Einzelfällen verwechselt, so ist das Verhalten des Gleichnamigen verhältnismäßig und rechtfertigt wie im Kennzeichenrecht keinen Wettbewerbsverstoß nach § 5 Abs. 2 UWG.653 Denn nur gering ins Gewicht fallende Fehlvorstellungen des Verkehrs sind im Hinblick auf die langjährige redliche Koexistenz der Unternehmenskennzeichen der Parteien und deren aufklärende Zusätze hinzunehmen.654 Verwenden die Unternehmen hingegen keinen bzw. keinen ausreichend aufklärenden Hinweis, widerspricht es ihrer kennzeichenrechtlichen Rücksichtnahmepflicht. Vor Verwechslungen kann sie dann auch die lauterkeitsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr schützen, so dass der Irreführungstatbestand nach § 5 Abs. 2 UWG bejaht werden muss. 3.

Zwischenergebnis

Die innerhalb der Schranke des § 23 Nr. 1 MarkenG durchgeführte Interessenabwägung zwischen Gleichnamigen findet über die wettbewerbsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung Einzug ins Lauterkeitsrecht. Dieser Ansatz entspricht der vom BGH geforderten Wertungsübertragung des Kennzeichenrechts in § 5 Abs. 2 UWG. Der Anhaltspunkt findet sich jedoch im Lauterkeitsrecht selbst. Eine ausschließlich ergebnisorientierte Übertragung der Grundsätze zum Gleichnamigenrecht ist hingegen nicht notwendig.

651 So auch Hafenmayer, S. 168. 652 Vgl. unter S. 70ff. 653 BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 43 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 205 Rn. 50 – Peek & Cloppenburg IV. 654 BGH GRUR 2013, 397, 400 Rn. 44 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 205 Rn. 50 – Peek & Cloppemnburg IV.

Auswirkungen der »Wertungsübertragungen« auf Einwendungen und Einreden

IV.

157

Fazit

Ein Gleichnamiger kann seinen Unterlassungsanspruch auf das UWG stützen, da lauterkeitsrechtliche Ansprüche nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1, 2 UWG nicht durch markenrechtliche Ansprüche verdrängt werden. Um aber logische Widersprüche zum Markenrecht zu vermieden und die Rechtssicherheit zu wahren, müssen die Wertungen des Markenrechts über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 5 UWG in das Lauterkeitsrecht einbezogen werden. Die Benutzung des gleichnamigen Kennzeichens kann mithin nicht den Tatbestand des § 5 Abs. 2 UWG verletzen, wenn die Zeichenbenutzung nach § 23 Nr. 1 MarkenG zulässig ist.655

D.

Auswirkungen der »Wertungsübertragungen« auf Einwendungen und Einreden

Problematisch ist, ob die Übertragungen der markenrechtlichen Wertungen ausschließlich den Tatbestand der Norm beeinflussen oder ob sie ebenso bei Einwendungen und Einreden zu berücksichtigen sind.656

I.

Auswirkung auf die Verwirkung

1.

Verwirkung der Ansprüche nach dem Kennzeichenrecht

Verwenden Unternehmen keine hinreichend aufklärenden Hinweise oder überschreiten sie die Gleichgewichtslage, so ist ihr Verhalten nicht mehr von der Schranke des § 23 Nr. 1 MarkenG gedeckt. Kennzeichenrechtliche Ansprüche können folglich erhoben werden. Wird dieses Recht über einen gewissen Zeitraum nicht geltend gemacht, obwohl die Partei den Verstoß kannte, so wird der Anspruch verwirkt.657 Eine verspätete Geltendmachung widerspräche dem bisherigen Verhalten, das ein berechtigtes Vertrauen erzeugen konnte, und verstieße daher gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB.658 Neben dem allgemeinen Verwirkungsgrundsatz gibt es im Markengesetz in § 21 MarkenG einen spezi655 Ingerl/Rohnke, § 23 MarkenG Rn. 10; Fezer, § 23 MarkenG Rn. 23; Jonas/Hamacher, WRP 2009, 535, 538f.; Bärenfänger, WRP 2011, 160, 162; Sosnitza, ZGE 2013, 176, 178f. 656 Vgl. Pahlow, in: Ekey/Klippel/Bender, § 2 MarkenG Rn. 4. 657 BGH GRUR 2001, 323, 324 – Temperaturwächter ; BGH GRUR 2012, 928, 930 Rn. 22 – Honda-Grauimport. 658 BGH NJW 1984, 1684; BGH GRUR 2012, 928, 930 Rn. 22 – Honda-Grauimport; BGH GRUR 2014, 363, 366 Rn. 38 – Peter Fechter.

158

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

ellen Verwirkungstatbestand. Der zwischen Unternehmenskennzeichenträgern einschlägige § 21 Abs. 2 MarkenG besagt, dass der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht hat, »die Benutzung […] einer geschäftlichen Bezeichnung […] zu untersagen, soweit er die Benutzung dieses Rechts während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat, es sei denn, dass der Inhaber dieses Rechts im Zeitpunkt des Rechtserwerbs bösgläubig war.« Im Gegensatz zum allgemeinen Verwirkungsgrundsatz stellt § 21 Abs. 2 MarkenG durch die Fünfjahresfrist und die positive Kenntnis des Anspruchsberechtigten strengere Voraussetzungen an die Erfüllung der Norm. Im Kennzeichenrecht ist es daher strittig, ob eine Verwirkung gemäß § 242 BGB in Betracht kommt, wenn der Anwendungsbereich des § 21 Abs. 2 MarkenG nicht eröffnet ist, weil beispielsweise die Fünf-JahresFrist noch nicht abgelaufen ist oder der erforderliche Nachweis der positiven Kenntnis nicht geführt werden kann. Nach bisher herrschender Ansicht wurde mit Verweis auf § 21 Abs. 4 MarkenG der allgemeine Grundsatz nach § 242 BGB uneingeschränkt neben den speziellen Vorschriften nach § 21 Abs. 1, 2 MarkenG angewendet.659 Im Interesse einer europarechtskonformen Anwendung wurde an der konkurrierenden Anwendung der Ansprüche jedoch stets kritisiert, dass § 21 Abs. 4 MarkenG in Art. 9 RL 2008/95/EG660 nicht nur keine Entsprechung finde, sondern über den Wortlaut der Norm hinausgehe.661 In der Folge könnten die engen Voraussetzungen des § 21 Abs. 1, 2 MarkenG durch die flexibleren Voraussetzungen wie dem Fehlen der starren Frist nach § 21 Abs. 4 MarkenG i. V. m. § 242 BGB ausgehöhlt werden.662 Im Zuge der Auslegung des Wortes »Duldung« im Rahmen des Art. 9 RL 2008/95/EG entschied der EuGH nun, dass Art. 9 RL 2008/ 95/EG vollharmonisierend und damit abschließend ist.663 Um Art. 9 Abs. 1 RL 2008/95/EG nicht zu unterlaufen, darf in der Folge im Regelungsbereich sowohl des § 21 Abs. 1 Alt. 1 als auch § 21 Abs. 1 Alt. 2664 der § 21 Abs. 4 i.V. m. § 242 659 BGH GRUR 2000, 605, 607 – comtes; BGH GRUR 2006, 56, 59 Rn. 41ff. – BOSS-Club; BGH GRUR 2008, 1104, 1107 Rn. 33 – Haus & Grund II; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 21, 22 – Charit8; Fezer, § 21 MarkenG Rn. 22; Ingerl/Rohnke, § 21 MarkenG Rn. 21; Klaka, GRUR 1994, 321, 330; Kochendörfer, WRP 2001, 1040, 1041; Kochendörfer, WRP 2005, 157, 160; kritisch hingegen Hacker, WRP 2012, 266, 267; Thierng, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 21 MarkenG Rn. 91f..; Koch, GRUR 2012, 1092, 1093. 660 Die Norm findet sich nahezu wortgleich und inhaltlich unverändert in Art. 9 RL 2015/2436/ EU wieder. Die Norm muss gemäß Art. 54 Abs. 1 RL 2015/2436/EU bis zum 14. 1. 2019 umgesetzt werden. 661 Koch, GRUR 2012, 1092, 1093; Hacker, WRP 2012, 266, 267. 662 Kodek, MarkenR 2011, 502, 505; Koch, GRUR 2012, 1092, 1093; Müller, WRP 2013, 1301, 1302. 663 EuGH GRUR 2012, 519, 520f. Rn. 29–33 – Budvar/Anheuser-Busch zu Art. 9 RL 89/104/EG, der sich wortgleich in Art. 9 RL 2008/95/EG und in Art. 9 RL 2015/2436/EU wiederfindet. 664 Zur einheitlichen Auslegung von teilweise harmonisiertem und teilweise nationalem Recht

Auswirkungen der »Wertungsübertragungen« auf Einwendungen und Einreden

159

BGB nicht mehr konkurrierend angewendet werden.665 Der in der Gleichnamigenkonstellation anzuwendende § 21 Abs. 2 MarkenG ist hingegen eine Schutzerweiterung des nationalen Gesetzgebers. Eine Entsprechung gibt es in der Richtlinie nicht.666 Das Urteil des europäischen Gerichtshofs berührt daher die Auslegung des § 21 Abs. 2 MarkenG nicht. Als rein nationales Recht kann die Norm folglich weitergehende Verwirkungsmöglichkeiten enthalten.667 Die Absätze sollten jedoch im Interesse, das nationale Recht einheitlich auszulegen,668 in demselben Umfang geschützt werden. Eine Ungleichbehandlung sollte hingegen nur möglich sein, wenn die Unterschiede in den Absätzen dies zwingend erfordern. Der Unterschied zwischen § 21 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG ist, dass das jüngere (verletzende) Recht in Absatz 1 eine eingetragene Marke ist, wohingegen Absatz 2 für das jüngere Recht kein formelles Eintragungsverfahren voraussetzt. Würde die Anwendung des § 21 Abs. 4 i. V. m. § 242 BGB daher uneingeschränkt neben § 21 Abs. 2 MarkenG möglich bleiben, würden dem Inhaber einer eingetragenen Marke weniger Rechte als dem Inhaber eines nicht durch eine Eintragung geschützten Rechts gewährt werden. Dies muss jedoch vermieden werden,669 so dass § 21 Abs. 4 MarkenG ebenso bei § 21 Abs. 2 MarkenG nicht mehr konkurrierend angewendet werden darf.670 Die Verwirkung bleibt mithin lediglich nach § 21 Abs. 1, 2 MarkenG möglich. Auf den allgemeinen Verwirkungsgrundsatz nach § 242 BGB kann sich der jüngere Rechteinhaber nicht berufen. Bei den unechten Gleichnamigenfällen werden ebenfalls die Ausgleichsregelungen der echten Gleichnamigenfälle angewendet, da die Unternehmen jahrelang unbeanstandet nebeneinander existiert haben und daraus ein schützenswerter Besitzstand entstanden ist.671 Das Recht begründet sich folglich darin, dass über einen gewissen Zeitraum Ansprüche gegenseitig nicht erhoben wurden, so dass eine Geltendmachung nicht mehr zu erwarten ist. Daraus erwächst eine Gleichgewichtslage, der ein Verwirkungsmoment innewohnt. Der einmal entstandene schützenswerte Besitzstand darf dann jedoch nicht übertreten werden. Überschreitet das Verhalten eines Gleichnamigen die Gleichge-

665 666 667 668 669 670 671

vgl. BGH GRUR 1999, 992, 995 – BIG PACK; BGH GRUR 2002, 1063, 1065 – Aspirin; vgl. auch Fezer, § 4 MarkenG Rn. 24; Koch, GRUR 2012, 1092, 1095; Palzer/Preisendanz, EuZW 2012, 134, 138; Müller, WRP 2013, 1301, 1305f. Kodek, MarkenR 2011, 502, 505; Koch, GRUR 2012, 1092, 1095; Palzer/Preisendanz, EuZW 2012, 134, 138f.; Hacker, WRP 2012, 266, 267; Müller, WRP 2013, 1301, 1305. Thiering, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 21 MarkenG Rn. 6. Palzer/Preisendanz, EuZW 2012, 134, 139. So ist auch die Änderung der EuGH-Rechtsprechung ab EuGH EuZW 1999, 21, 23 Rn. 34 – ICI zu werten; vgl. dazu Jäger, S. 142ff. Vgl. die Begründung zur Einführung des § 21 Abs. 2 MarkenG BT-Drucks. 12/6581, S. 79. Vgl. zu weiteren Argumenten Müller, WRP 2013, 1301, 1306. Vgl. oben unter S. 57.

160

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

wichtslage, können Ansprüche dagegen erhoben werden. Sie unterliegen ebenso Einwendungen und Einreden und können mithin nach § 21 Abs. 2 MarkenG verwirkt werden, obwohl der Anspruch selbst einen Verwirkungsmoment aufweist.672 2.

Verwirkung der Ansprüche nach dem Lauterkeitsrecht

Die Verwirkung der Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach dem Lauterkeitsrecht schied bisher im Gegensatz zum Markengesetz grundsätzlich aus.673 Denn der irreführende Eindruck, dass die Unternehmen der beiden Parteien miteinander in Zusammenhang ständen, sollte im Allgemeininteresse verhindert werden. Nur wenn die Ansprüche aus dem UWG nicht der Verwirkung unterlägen, könne dieses Allgemeininteresse wirksam durchgesetzt und so der Vorrang vor den Individualinteressen gewährleistet werden.674 Nur in besonderen Ausnahmefällen, bei der Verfolgung ausschließlicher Individualinteressen von klagenden Mitbewerbern675 und bei geringer Irreführungsgefahr für die Allgemeinheit,676 ist im Sinne des Schutzes eines wertvollen Besitzstands an einer Individualkennzeichnung aus Billigkeitsgründen eine Irreführungsgefahr hinzunehmen und die Verwirkung lauterkeitsrechtlicher Ansprüche möglich. 3.

Einheitliche Verwirkung nach dem Markengesetz und Lauterkeitsrecht

Um Wertungswidersprüche zum Kennzeichenrecht zu vermeiden, werden Ansprüche auf Unterlassung bei irreführender Handlung nach neuerer Rechtsprechung nicht mehr nur in Ausnahmefällen verwirkt.677 Denn es sei nicht erkennbar, dass der jedem Mitbewerber gewährte lauterkeitsrechtliche Anspruch weitergehen solle als das in gleicher Weise auf Unterlassung gerichtete individuelle Ausschließlichkeitsrecht des Kennzeicheninhabers.678 Gegenüber sonstigen Dritten nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 – 4 UWG greift dieses Argument jedoch 672 Vgl. dennoch zur dogmatischen Anwendung des § 23 Nr. 1 MarkenG unter S. 58. 673 Vgl. Bornkamm, in: FS Loschelder, S. 31, 40f. 674 BGH GRUR 1977, 159, 161 – Ostfriesische Tee Gesellschaft; BGH GRUR 1985, 930, 931 – Steuerberatungsgesellschaft; BGH GRUR 1986, 903, 904 – Küchen-Center. 675 BGH GRUR 1957, 285, 287 – Erstes Kulmbacher ; BGH GRUR 1977, 159, 161 – Ostfriesische Teegesellschaft; BGH GRUR 1983, 32, 34 – Stangenglas I; Baumbach/Hefermehl, § 3 UWG Rn. 107 m. w. N. 676 BGH GRUR 1966, 267, 271 – White Horse; BGH GRUR 1983, 32, 34 – Stangenglas I; BGH GRUR 2003, 628, 630 m. w. N. – Klosterbrauerei; Baumbach/Hefermehl, § 3 UWG Rn. 107; Piper, in: Köhler/Piper, § 3 UWG Rn. 216. 677 BGH GRUR 2013, 1161, 1166 Rn. 63f. – Hard Rock Caf8. 678 BGH GRUR 2013, 1161, 1166 Rn. 64 – Hard Rock Caf8.

Auswirkungen der »Wertungsübertragungen« auf Einwendungen und Einreden

161

nicht, da sie nach dem Markengesetz nicht aktivlegitimiert sind und somit ihre Ansprüche nicht aufgrund des Markengesetzes verwirkt werden können. Dies birgt das Missbrauchspotenzial, dass sich Kennzeicheninhaber für die Geltendmachung ihrer Ansprüche eines Verbandes bedienen, um der Verwirkung zu entgehen. In diesem Falle, sollte daher die Rechtsprechung ebenso auf Dritte übertragen werden und die Verwirkungsvorschriften analog für Verbände gelten. Werden die Verbände hingegen nicht auf Geheiß des Mitbewerbers tätig, sondern kommen vor allem ihrer Aufgabe des Verbraucherschutzes nach, so besteht keine vergleichbare Interessenlage, die Geltendmachung der Ansprüche der Verwirkung zu unterwerfen. Im Interesse der Allgemeinheit muss es in diesen Konstellationen bei der bisherigen Rechtsprechung bleiben, dass die Ansprüche nur in Ausnahmefällen verwirkt werden.

II.

Auswirkung auf die Verjährung

Wenn ein Anspruch verjährt, begründet dies für den Verpflichteten das Recht, das vom Gläubiger verlangte Tun oder Unterlassen zu verweigern, §§ 194 Abs. 1, 214 Abs. 1 BGB. 1.

Unterschiedliche Verjährungsvorschriften nach dem MarkenG und UWG

Die Ansprüche nach dem Markengesetz verjähren gemäß § 20 S. 1 MarkenG i. V. m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB innerhalb von drei Jahren. Hingegen beträgt die Verjährungsfrist des (zumeist angestrebten) Unterlassungsanspruchs im Lauterkeitsrecht gemäß § 11 Abs. 1 UWG sechs Monate. Diese spezialgesetzliche Regelung schließt insoweit die allgemeinen Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches aus, so dass die §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für Ansprüche nach dem UWG nicht gelten. Stützt sich ein gleichnamiges Unternehmen sowohl auf das Marken- als auch auf das Lauterkeitsrecht, ist daher fraglich, welche Verjährungsvorschrift anzuwenden ist. Der gleichnamige Gläubiger hat ein Interesse daran, die Regelverjährung über § 20 S. 1 MarkenG i. V. m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB anzuwenden. Hingegen möchte sich der gleichnamige Schuldner aufgrund der deutlich kürzeren Verjährungsfrist auf § 11 Abs. 1 UWG berufen. 2.

Auflösung des Konflikts

Da zwischen den Ansprüchen nach § 15 MarkenG und §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1, 2 UWG Anspruchskonkurrenz besteht, ist es eine Möglich-

162

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

keit, die Ansprüche im Grundsatz selbständig innerhalb der für sie geltenden Frist verjähren zu lassen.679 Um Widersprüche zwischen dem Markengesetz und Lauterkeitsrecht zu vermeiden, ist aber darüber nachzudenken, ob Ansprüche nach § 15 MarkenG und §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1, 2 UWG de lege ferenda einer einheitlichen Verjährungsvorschrift unterliegen sollten. Hierbei wäre es denkbar, sowohl die lange Verjährungsfrist des Markengesetzes auf das UWG, als auch die kurze Frist des Lauterkeitsrechts auf das Kennzeichenrecht zu übertragen. Allerdings entschied sich der Gesetzgeber sehr bewusst für eine kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten im UWG. Denn die Tatsachenfeststellung bereitet bei Wettbewerbsstreitigkeiten große Schwierigkeiten. Eine kurze Verjährungsfrist soll daher eine schnellere Abwicklung ermöglichen.680 Die Klärung der wettbewerbsrechtlichen Streitfragen in tatsächlicher Hinsicht würde deutlich erschwert werden, würde man die dreijährige Verjährungsfrist auf Unterlassungsansprüche aus dem Lauterkeitsrecht übertragen. Dies spricht folglich gegen die Übertragung der markengesetzlichen Frist. Da sich die Gleichnamigen jedoch sowohl in der Rolle des Schuldners als auch in der des Gläubigers gegenüberstehen und damit beide Parteien den Vor- bzw. Nachteilen einer kurzen und langen Verjährungsfrist unterliegen, ist eine Angleichung der Verjährungsregeln nicht notwendig. Daher verjährt die Klage einer gleichnamigen Partei, die sich auf §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 2 UWG stützt, nach sechs Monaten gemäß § 11 Abs. 1 UWG. Für den Anspruch nach § 15 Abs. 4 MarkenG gilt nach § 20 S. 1 MarkenG die dreijährige Verjährungsfrist, so dass der Anspruch des Gleichnamigen bis zum Ablauf der Frist zumindest auf das Kennzeichenrecht gestützt werden kann.

III.

Zwischenergebnis

Kennzeichenrechtliche Ansprüche der Unternehmenskennzeichenträger werden im Sinne der EuGH-Rechtsprechung ausschließlich nach § 21 Abs. 2 MarkenG verwirkt. Die Verwirkung der Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach dem Lauterkeitsrecht schied bisher im Gegensatz zum Markengesetz grundsätzlich aus.681 Um Wertungswidersprüche zum Kennzeichenrecht zu vermeiden, werden Ansprüche auf Unterlassung bei irreführender Handlung 679 BGH GRUR 1962, 310, 314 – Gründerbildnis; BGH GRUR 1984, 820, 822 – Intermarkt II; BGH GRUR 2011, 444, 449 Rn. 56 – Flughafen Frankfurt-Hahn. 680 BGH GRUR 1968, 367, 370 – Corrida; BGH GRUR 1984, 820, 823 – Intermarkt II; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 11 UWG Rn. 1.2. 681 Vgl. Bornkamm, in: FS Loschelder, S. 31, 40f.

Gesamtergebnis

163

nach neuer Rechtsprechung nicht mehr nur in Ausnahmefällen verwirkt.682 Dies gilt sowohl gegenüber dem gleichnamigen Kennzeicheninhaber als Mitbewerber als auch analog für Dritte nach § 8 Abs. 2 Nr. 2–4 UWG, wenn sie auf Geheiß des Mitbewerbers tätig sind. Die Ansprüche nach dem Markengesetz verjähren gemäß § 20 S. 1 MarkenG i. V. m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB innerhalb von drei Jahren. Hingegen beträgt die Verjährungsfrist des Unterlassungsanspruchs im Lauterkeitsrecht nach§ 11 Abs. 1 UWG sechs Monate. Der gleichnamige Gläubiger hat stets ein Interesse an der längeren Verjährungsfrist entsprechend der des Kennzeichenrechts. Im Gegensatz dazu bevorzugt der gleichnamige Schuldner die kürzere Frist des Lauterkeitsrechts. Da sich die Gleichnamigen abwechselnd sowohl in der Rolle des Schuldners als auch in der des Gläubigers gegenüberstehen können, ist eine Annäherung der Verjährungsvorschriften im Lauterkeits- und Kennzeichenrecht nicht notwendig.

E.

Gesamtergebnis

Die Verwendung eines gleichlautenden Unternehmenskennzeichens ohne aufklärenden Hinweis in der gleichen Branche kann bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck erwecken, die betroffenen Waren stammten aus demselben oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen, so dass ein Zusammenhang des beworbenen Unternehmens mit dem anderen gleichnamigen Unternehmen angenommen wird. Der Rechtsverkehr unterliegt daher der Gefahr, ein Unternehmenskennzeichen fälschlicherweise dem anderen Gleichnamigen zuzuordnen. Doch selbst wenn das Unternehmenskennzeichen um einen aufklärenden Zusatz ergänzt wird, ist eine Verwechslungsgefahr zu dem gleichnamigen Kennzeichenträger nicht ausgeschlossen, da der Rechtsverkehr seinen Eindruck aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, in dem die übereinstimmenden Merkmale der Kennzeichen stärker hervortreten als ihre Unterschiede. Daher kommt neben dem Anspruch aus dem Markengesetz ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1, 2 UWG in Betracht. Die Verfolgung der lauterkeitsrechtlichen Ansprüche neben den kennzeichenrechtlichen Ansprüchen ist entgegen der Vorrangthese möglich, um einen effektiven Rechtsschutz und eine richtlinienkonforme Auslegung der Unlauterkeitsrecht-Richtlinie zu gewährleisten. Sowohl Kennzeicheninhaber als auch Dritte sind berechtigt, Ansprüche aus dem Lauterkeitsrecht neben markenrechtlichen Ansprüchen zu erheben. Die Rechtsordnung erkennt im Rahmen des § 23 Nr. 1 MarkenG über das 682 BGH GRUR 2013, 1161, 1166 Rn. 63f. – Hard Rock Caf8.

164

Gleichnamige Unternehmen im Lauterkeitsrecht

Institut des Rechts der Gleichnamigen in einem gewissen Umfang die Koexistenz von identischen oder ähnlichen Unternehmenskennzeichen und damit auch die Gefahr an, dass der Verkehr die beiden Unternehmen nicht unterscheiden kann. Der lauterkeitsrechtliche Anspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1, 2 UWG wird in seinem Anwendungsbereich nicht durch eine der § 23 Nr. 1 MarkenG vergleichbaren Regelung beschränkt. Hält sich die Verwechslungsgefahr jedoch in den Grenzen dessen, was zeichenrechtlich ausdrücklich hingenommen wird, darf das Ergebnis der Koexistenz nicht in Frage gestellt werden, indem sich einer der beiden Zeicheninhaber, ein Mitbewerber oder ein Verband auf § 5 Abs. 2 UWG beruft. Daher müssen die Wertungen des Markenrechts zum Gleichnamigenrecht im Tatbestand des Lauterkeitsrechts berücksichtigt werden. Die Wertungen können über die Verhältnismäßigkeitskontrolle innerhalb des lauterkeitsrechtlichen Tatbestandes in § 5 Abs. 2 UWG einbezogen werden. Die Benutzung des gleichnamigen Kennzeichens kann mithin nicht den Tatbestand des § 5 Abs. 2 UWG verletzen, wenn die Zeichenbenutzung nach § 23 Nr. 1 MarkenG zulässig ist. Damit müssen wie im Kennzeichenrecht auch im Lauterkeitsrecht nur gering ins Gewicht fallende Fehlvorstellungen des Verkehrs im Hinblick auf die langjährige redliche Koexistenz der Unternehmenskennzeichen der Parteien und deren aufklärenden Zusätze hingenommen werden. Handeln die Unternehmen hingegen entgegen ihres Rücksichtnahmegebots, durch hinreichend unterscheidende Zusätze aufzuklären, ist die Irreführung zu bejahen. Eine Übertragung der kennzeichenrechtlichen Wertungen auf Einwendungen und Einreden ist hingegen nur bei der Verwirkung, nicht jedoch bei der Verjährung der Ansprüche nötig.

Kapitel 5. Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

Unternehmenskennzeichen werden grundsätzlich im ganzen Bundesgebiet geschützt.683 Der Schutzbereich wird nicht durch die Gleichnamigkeit der Unternehmen berührt. Es ist den gleichnamigen Unternehmen daher möglich, im gesamten Wirkungsgebiet des Unternehmenskennzeichens nebeneinander zu agieren. Die Gleichnamigkeit der Unternehmen kann jedoch zu Verwechslungen führen,684 die langwierige Konflikte und Rechtsstreitigkeiten zur Folge haben können. Für Gleichnamige ist es daher von Interesse, ihre Tätigkeitsfelder vertraglich abzugrenzen, um zum einen durch eine vertragliche Abgrenzung ihrer Verhaltensweisen, eine mögliche Verwechslungsgefahr zu vermeiden oder zum anderen zumindest das mögliche Konfliktpotenzial aus § 23 Nr. 1 MarkenG zu reduzieren und nicht der ungewissen richterlichen Auslegung der Norm und dem damit verbundenen Kosten,– Prozess- und Zeitrisiko zu unterliegen. Dies ermöglicht dem Gleichnamigen, gegenüber der anderen Partei die festgelegte konkrete Verhaltensweise vertraglich einzufordern.685 Indem sich die Parteien durch die Vereinbarung in ihrem Verhalten leiten lassen, wirkt sie sich auf ihr Wettbewerbsverhalten aus und kann daher wie eine klassische Kartellvereinbarung wirken. Nach der Begriffsbestimmung der Abgrenzungsvereinbarung (A.) soll daher auf die kartellrechtlichen Grenzen der Vereinbarung (unter B.) und deren Folgen (unter C.) eingegangen werden.686

683 BGH GRUR 1957, 550, 551 – Tabu II; BGH GRUR 1961, 535, 537 – arko; BGH GRUR 1983, 182, 183 – Concordia-Uhren; BGH GRUR 1995, 754, 757 – Altenburger Spielkarten; BGH GRUR 2005, 262, 263 – soco.de; BGH GRUR 2007, 884, 886 Rn. 29 – Cambridge Institute; vgl. dazu auch unter S. 31. 684 Vgl. dazu unter S. 40f. 685 Scholz, GRUR 1994, 688, 689; Krüger/Kamlah, WRP 2004, 1464, 1465; Althaus, S. 49; Müller, S. 4. 686 Vgl. BGH GRUR 2013, 397, 400f. Rn. 46 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 206 Rn. 54 – Peek & Cloppenburg IV.

166

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

A.

Abgrenzungsvereinbarungen

I.

Begriffsklärung und Zielsetzung der Vereinbarung

Gleichnamige haben ein wirtschaftliches Interesse an einem friedlichen Nebeneinander. Ihnen ist daher daran gelegen, Regelungen für eine parallele Nutzung zu schaffen, statt die Rechte der anderen Partei anzugreifen. Sie können sich dafür einer Abgrenzungsvereinbarung bedienen. Eine Abgrenzungsvereinbarung ist eine auf Dauer angelegte rechtsgeschäftliche Regelung über die Benutzung von kollidierenden Zeichenrechten zwischen voneinander unabhängigen Kennzeicheninhabern.687 Um zukünftige Zeichenkollisionen zu vermeiden und die Gefahr eines Rechtsstreites zu unterbinden, werden mit ihrer Hilfe die kollidierenden Schutzbereiche gegeneinander abgegrenzt.688 Im Gleichnamigenrecht wird das andere gleichnamige Unternehmen zwar bereits durch die Schrankenregelung nach § 23 Nr. 1 MarkenG berücksichtigt. Es besteht jedoch Unsicherheit darüber, wie weit die gesetzliche Norm reicht und welche Verhaltensweisen erfasst sind.689 Dieses bestehende Konfliktpotential kann durch eine zusätzliche vertragliche Regelung begrenzt werden. Dabei kann die Vereinbarung für einen der Kennzeicheninhaber einseitig verpflichtend wirken, wenn er sich zu einer bestimmten Art der Benutzung der kollidierenden Zeichen verpflichtet. Andererseits kann allen gleichnamigen Kennzeicheninhabern eine mehrseitige Verpflichtung auferlegt werden. In der mittlerweile vorherrschenden gegenseitigen Abgrenzungsvereinbarung gleichen sich die Rechte und Pflichten aus.690 Einerseits verpflichten sich die Parteien, die Art und Weise der Benutzung ihrer Zeichen abzugrenzen.691 Auf der anderen Seite legen die Gleichnamigen fest, unter welchen Voraussetzungen der jeweils andere nicht gegen die Benutzung des Kennzeichens vorgehen kann.692 Die Abgrenzungsvereinbarung nimmt daher eine Vermittlerposition ein, mit deren Hilfe trotz unsicherer Rechtslagen Konkurrenzsituationen aufgelöst werden können.693 Die Abgrenzungsvereinbarung zeichnet sich daher durch einen Vergleichscharakter aus.694 687 Bökel, GRUR 1972, 28, 30; Knaak, GRUR 1981, 386, 388, 389; Scholz, GRUR 1994, 688, 692; Elmenhorst/Schopp, WRP 20012, 1356, 1357, 1358; Lorenz, ZVertriebsR 2016, 160, 161. 688 Fezer, § 14 MarkenG Rn. 1088; Ingerl/Rohnke, § 24 MarkenG Rn. 38; Nordemann, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, § 1 GWB Rn. 213; Fammler, in: Fezer, Hdb. Markenpraxis, Band II, Rn. 1, 3; Krüger/Kamlah, WRP 2004, 1464f.; Wolf, NZKart 2015, 90. 689 Vgl. unter S. 78ff. 690 Storkebaum, GRUR 1976, 121, 125; Kraft, GRUR 1977, 760, 761; Harte, GRUR 1978, 501, 502. 691 Althaus, S. 49. 692 Ingerl/Rohnke, § 24 MarkenG Rn. 38. 693 Althaus, S. 11.

Abgrenzungsvereinbarungen

II.

167

Vertragsinhalte von Abgrenzungsvereinbarungen

Die Klauseln der Abgrenzungsvereinbarungen können verschieden ausgestaltet sein, um die Schutzbereiche der Zeichen voneinander abzugrenzen und so aktuelle oder drohende Kollisionen der Zeichen zu vermeiden.695 Ausgehend von den bisher zwischen den gleichnamigen Unternehmen Peek & Cloppenburg geführten Streitigkeiten696 sind für Gleichnamige vor allem Vereinbarungen über die Art der Benutzung des Kennzeichens selbst, aber auch die Verwendung des Unternehmenskennzeichens innerhalb einer Domain oder als Marke sowie Vereinbarungen über räumliche Beschränkungen ihrer Tätigkeitsgebiete und damit einhergehend über die Werbung innerhalb dieser Gebiete relevant. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Gleichnamigen ihr Unternehmenskennzeichen nutzen und mithin ein berechtigtes Interesse an einer Abgrenzungsvereinbarung haben.697 1.

Regelungen über die Art der Benutzung

Regelungen über die Art der Benutzung beziehen sich auf das Design des Zeichens im Allgemeinen und im Besonderen z. B. auf die Schriftart oder die Farbgebung.698 Beispielsweise haben sich das Unternehmen Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf und die Peek & Cloppenburg KG Hamburg für eine verschiedenartige Farbkombination ihrer Kennzeichen sowohl im Onlineauftritt als auch für die Verwendung des Zeichen an den jeweiligen Standorten entschieden, um unterschieden werden zu können.699

694 Vgl. allgemein zur Definition des Vergleichs Fischer, in: BeckOK BGB, § 779 BGB Rn. 8; speziell zum Vergleichscharakter der Abgrenzungsvereinbarung Fezer, § 14 MarkenG Rn. 1089; Ingerl/Rohnke, § 30 MarkenG Rn. 137; Bökel, GRUR 1972, 28, 29; Kraft, GRUR 1977, 760, 761; Knaak, GRUR 1981, 386, 388; Scholz, GRUR 1994, 688, 691f.; Elmenhorst/ Schopp, WRP 2012, 1356, 1357; Lorenz, ZVertriebsR 2016, 160, 161; Müller, S. 29ff.; Rißmann, S. 26; ausführlich dazu Althaus, S. 81ff. 695 Fezer, § 14 MarkenG Rn. 1088; Peifer, WRP 1997, 685, 688f.; Müller, S. 11ff. 696 Vgl. die Urteile BGH GRUR 2010, 738 – Peek & Cloppenburg I; BGH GRUR 2011, 623 – Peek & Cloppenburg II; BGH GRUR 2013, 397 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201 – Peek & Cloppenburg IV; vgl. auch BGH NZKart 2016, 591 – Peek & Cloppenburg. 697 Vgl. Kirchhoff, GRUR 2017, 248, 255 zum umgekehrten Fall, aber bezogen auf Marken und nicht auf Unternehmenskennzeichen. 698 Fezer, § 14 MarkenG Rn. 1091; Fammler, in: Hdb Markenpraxis, Band II, Rn. 4. 699 Vgl. zur konkreten Ausgestaltung und der Effizienz unter S. 73.

168 2.

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

Regelungen über die Absatzgebiete

Nach dem Territorialitätsprinzip erstreckt sich der Schutzbereich eines Kennzeichens auf den Staat, der das Recht gewährt hat.700 Originär kennzeichnungskräftige Unternehmenskennzeichen werden daher grundsätzlich im ganzen Bundesgebiet geschützt.701 Den Gleichnamigen ist es vertraglich aber möglich, Vereinbarungen über den Vertrieb der angebotenen Produkte in festgelegten Absatzgebieten zu treffen,702 um sich damit örtlich voneinander abzugrenzen. Zum Beispiel haben sich die Unternehmen Peek & Cloppenburg die Absatzmärkte ihrer Produkte in den Norden für Peek & Cloppenburg Hamburg und den Rest Deutschlands für Peek & Cloppenburg Düsseldorf aufgeteilt.703 Diese Abgrenzungsform hat für die Kennzeicheninhaber den Vorteil, dass die Verwechslungsgefahr für Mitbewerber sowie Verbraucher von Beginn an nicht gegeben ist, wenn in einem Gebiet nur ein Gleichnamiger tätig ist. So wählen gleichnamige Unternehmen diese Form der Abgrenzung gerne, um Konflikte dem Ursprung nach zu vermeiden. 3.

Regelungen über (regional beschränkte) Werbung

Um Verwechslungen mit der anderen gleichnamigen Partei bereits vor dem Kauf zu vermieden, beschränken die Unternehmen vertraglich ihr Werbeangebot auf ihre beschränkten Gebiete und legen ein sonstiges Werbeverbot fest.704 Die Gleichnamigen sollen nicht im Wirtschaftsraum des anderen tätig werden, so dass die regional beschränkte Werbung zugleich die Gebietsaufteilung zwischen den Gleichnamigen sichert. Ob ein Werbeverbot üblicherweise von einer Abgrenzungsvereinbarung erfasst wird, die die unternehmensidentifizierende Benutzung regelt, oder ob eine explizite Klausel vereinbart werden sollte, ist unklar.705 Um diesen Konflikt zu vermeiden, ist es zu empfehlen, Werbeverbote als separate Klauseln in die Abgrenzungsvereinbarung aufzunehmen.

700 BGH GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME; BGH GRUR 2012, 621, 624 – OSCAR; BGH GRUR 2012, 1263, 1264 – clinique happy. 701 BGH GRUR 1957, 550, 551 – Tabu II; BGH GRUR 1961, 535, 537 – arko; BGH GRUR 1983, 182, 183 – Concordia-Uhren; BGH GRUR 1995, 754, 757 – Altenburger Spielkarten; BGH GRUR 2005, 262, 263 – soco.de; BGH GRUR 2007, 884, 886 Rn. 29– Cambridge Institute. 702 Fezer, § 14 MarkenG Rn. 1092. 703 Vgl. stellvertretend BGH GRUR 2010, 738 – Peek & Cloppenburg I. 704 BGH GRUR 2013, 397, 401 Rn. 46 – Peek & Cloppenburg III; BGH GRUR-RR 2014, 201, 206 Rn. 54 – Peek & Cloppenburg IV; BGH NZKart 2016, 591 – Peek & Cloppenburg. 705 Vgl. zum Streit OLG Hamburg, Urt. v. 30. 4. 2014, 3 U 139/10, juris Rn. 8, 24 f; OLG Hamburg, Urt. v. 12. 7. 2018, 3 U 28/11, Rn. 119ff.

Abgrenzungsvereinbarungen

4.

169

Regelungen über die Verwendung einer Domain

Um der Gefahr zu entgehen, dass eines der beiden Unternehmen das Unternehmenskennzeichen als Internetadresse verwendet, ohne dabei ausreichend deutlich zu machen, um wessen Internetauftritt es sich handelt,706 könnten die Parteien ebenso ein Interesse an einer Regelung über die konkrete Verwendung von Domainadressen haben. Sie könnten die Verwendung für eine Partei gänzlich untersagen oder die Verwendung der Domain von aufklärenden Zusätzen oder Hinweisen abhängig machen. 5.

Regelungen über die (regional begrenzte) Benutzung von Marken

Um dem Risiko entgegen zu wirken, dass trotz des berechtigten Interesses, eine Marke anzumelden, die Markenanmeldung an der Prägetheorie scheitert,707 sind die Gleichnamigen ebenso daran interessiert, eine Regelung über die Benutzung von Marken zu treffen. Eine Möglichkeit ist es, die Nutzung einer gleichlautenden Marke vertraglich zu bestimmen: Die gleichnamigen Parteien können gemäß § 7 Nr. 2, 3 MarkenG Inhaber einer Marke sein und als Träger für dieselbe Marke eingetragen werden.708 Sie treten als Bruchteilsgemeinschaft i. S. d. §§ 741ff. BGB auf,709 die sich durch fehlende Verselbstständigung und mehrheitliche Rechtszuständigkeit an einem Gegenstand auszeichnet.710 Dadurch können die Gleichnamigen gegenüber Dritten und dem DPMA nur als Gesamtschuldner – und Gläubiger gemäß §§ 421, 428 BGB auftreten.711 Die für die Gleichnamigen relevante rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit voneinander würde dadurch eingeschränkt werden. Die Anmeldung und Benutzung derselben Marke birgt zudem die Gefahr, dass die Herkunftsfunktion der Marke nicht erfüllt werden kann712 und der Verkehr nach § 5 UWG irregeführt wird.713 Die Gleichnamigen sind daher aufgefordert, »Markensharing« zu vermeiden. Die Gleichnamigen haben jedoch die Möglichkeit, vertraglich die Benutzung ihrer verschiedenen Marken zu regeln. Sie können in einer Vereinbarung fest706 Siehe BGH GRUR 2010, 738 – Peek & Cloppenburg I. 707 Siehe dazu S. 101. 708 Vgl. Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 7 MarkenG Rn. 24; Ingerl/Rohnke, § 7 MarkenG Rn. 14; Fezer, § 7 MarkenG Rn. 74; Miosga, in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 7 MarkenG Rn. 8. 709 BPatG GRUR 2004, 685, 688 – Lotto; BGH GRUR 2014, 1024, 1025 Rn. 9 – VIVA FRISEURE; ausführlich dazu Lorenz, WRP 2013, 31, 32ff. 710 Gehrlein, in: BeckOK BGB, § 741 BGB Rn. 2. 711 BPatG GRUR 2004, 685, 688 – Lotto; Ingerl/Rohnke, § 7 MarkenG Rn. 14; Gehrlein, in: BeckOK BGB, § 741 BGB Rn. 2. 712 Vgl. Lorenz, WRP 2013, 31, 34. 713 Vgl. dazu S. 135ff.

170

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

schreiben, dass die andere Partei unterscheidungskräftige Zusätze aufnehmen muss, um eine erhöhte Verwechslungsgefahr zu minimieren. Aufgrund der Prägetheorie kann es zwar dennoch zu Verwechslungen kommen, wenn der unterscheidende Zusatz nicht prägend für den gesamten (Unions)Markennamen ist. Der gleichnamige Inhaber des prioritätsälteren Unternehmenskennzeichenrechts oder einer bereits angemeldeten Marke könnte in der Folge Unterlassungsansprüche gegen die Benutzung und einen Markenlöschungsantrag stellen. Die Erhebung älterer Rechte gemäß §§ 9, 12 MarkenG bzw. nach Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU wird jedoch nicht von Amts wegen überprüft, sondern obliegt als relatives Schutzhindernis ausschließlich dem Inhaber des Rechts. Dieser kann sich vertraglich verpflichten, die Ansprüche bzw. Einwände nicht zu erheben,714 sofern der andere Gleichnamige unterscheidungskräftige Zusätze aufnimmt. Eine Nichtangriffsverpflichtung, die speziell den Verzicht der Erhebung relativer Schutzrechte zum Gegenstand hat, ist hierbei rechtlich unbedenklich.715

B.

Grenzen des Kartellrechts nach § 1 GWB/Art. 101 Abs. 1 AEUV

Die Gleichnamigen schließen eine Abgrenzungsvereinbarung, um Regelungen für eine parallele Nutzung zu schaffen, die einen Kennzeichenkonflikt vermeiden. Sie verständigen sich folglich mittels der vertraglichen Abgrenzungsklauseln, sich in einer bestimmten Weise auf dem Markt zu verhalten. Dies stellt eine Vereinbarung im Sinne des Kartellrechts dar, so dass die kartellrechtliche Zulässigkeit zu überprüfen ist.716 Es ist jedoch nicht ihr Ziel, den bestehenden oder potentiellen Wettbewerb auszuschalten, sondern primär Rechtsstreitigkeiten zu unterbinden. Fraglich ist daher, ob der Vergleichscharakter der Abgrenzungsvereinbarung dazu führen sollte, die Regelungen nicht der kartellrechtlichen Kontrolle zu unterwerfen.717 Allerdings kann dem Wortlaut des Art. 101 Abs. 1 AEUV keine unterschiedliche Behandlung zwischen Vereinbarungen, die einen Vergleich erreichen möchte und denen, die eine Beschränkung bezwecken, entnommen werden. Der Zweck des Kartellverbotes ist es, den Wettbewerb vor

714 Vgl. Wolf, NZKart 2015, 90, 97. 715 Wolf, NZKart 2015, 90, 98; Klawitter, GRUR-Prax 2017, 115, 116f.; Müller, S. 168ff. 716 EuGH GRUR Int 2004, 508, 514 Rn. 118; EuG, Urt. v. 16. 9. 2013, T 380/10, juris Rn. 35 – Badezimmerkartell m. w. N.; vgl. auch Grave/Nyberg, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, Art. 101 AEUV Rn. 219f. 717 Siehe Gleiss/Hirsch, Art. 85 EGV, Rn. 183, 359.

Grenzen des Kartellrechts nach § 1 GWB/Art. 101 Abs. 1 AEUV

171

»Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung« zu schützen.718 Der Schutz ist nur effizient, wenn der Zweck unabhängig von der schuldrechtlichen Form verfolgt wird. Ansonsten könnte der Wettbewerb unter dem Vorwand des Vergleichs zulasten der anderen Marktteilnehmer verfälscht werden.719 Daher sind auch Abgrenzungsvereinbarungen trotz ihres Vergleichscharakters dem Kartellrecht zu unterwerfen720 und auf ihre Zulässigkeit zu untersuchen.

I.

Anwendung des nationalen und europäischen Kartellrechts nach Art. 101 Abs. 1 AEUV/§ 1 GWB

1.

Anwendungsbereiche des europäischen und nationalen Kartellrechts

In der Folge ist es fraglich, ob das nationale Kartellrecht nach § 1 GWB oder das europäische Recht nach Art. 101 AEUV anzuwenden ist. Im Unterschied zu § 1 GWB muss die Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.721 Sonst bleibt es bei der alleinigen Anwendung des nationalen Rechts. Eine Regelung hat zwischenstaatliche Wirkung, wenn im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Warenverkehr mittelbar oder unmittelbar, tatsächlich oder potenziell in einer Weise beeinträchtigt wird, die mit den Zielen eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes unvereinbar ist.722 Enthalten Abgrenzungsvereinbarungen Klauseln über die Anmeldung einer Unionsmarke, ist der zwischenstaatliche Warenverkehr durch die Beschränkungen der Markenbenutzung unproblematisch betroffen. Aber der Großteil möglicher Regelungen betrifft ausschließlich die Benutzung des rein nationalen Unternehmenskennzeichenrechts. Solche Abgrenzungsvereinbarungen, die sich im gesamten Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates erstrecken, können ihrem Wesen nach jedoch die Wirkung haben, die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene zu verfestigen. Damit wird die vom AEU-Vertrag gewollte wirtschaftliche Verflechtung behindert, so dass auch rein nationale Regelungen geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV zu beeinträchtigen.723 718 Nordemann, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, § 1 GWB Rn. 6; als systematisches Argument sieht das Müller, S. 120. 719 Rißmann, S. 163f. 720 EuGH GRUR Int 1982, 530, 537 – Maissaatgut; EuGH GRUR Int 1989, 56, 57 – Bayer/ Süllhöfer; BGH GRUR 1976, 323, 324 – Thermalquelle. 721 Dreher/Kulka, § 7 Rn. 802; Nordemann, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/ Meyer-Lindemann, § 1 GWB Rn. 23. 722 EuGH GRUR 1966, 580, 582 – Grundig/Consten; EuGH GRUR 1966, 586, 588 – Soci8t8 Technique MiniHre; EuGH GRUR Int 1981, 315, 317 – L’Oreal. 723 Vgl. in diesem Sinne EuGH EuZW 2002, 179, 181 – Manuele Arduino; EuGH EuZW 2006,

172 2.

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

Anwendbarkeit des nationalen Kartellrechts

Mit der Eröffnung des europäischen Anwendungsbereiches ist zu prüfen, ob auch das mitgliedstaatliche deutsche Kartellrecht anwendbar ist. Die Kollisionsnormen befinden sich in Art. 3 der Verordnung Nr. 1/2003724 und § 22 GWB. Die Anwendung des nationalen Rechts auf einen zwischenstaatlichen Sachverhalt ist nach Art. 3 Abs. 1 S. 1 VO 1/2003 bzw. gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 GWB möglich. Sofern nationales Recht angewendet wird, muss nach Art. 3 Abs. 1 S. 1 VO 1/2003 bzw. § 22 Abs. 1 S. 2 GWB ebenfalls das europäische Wettbewerbsrecht angewendet werden. Nachdem der Tatbestand des § 1 GWB an Art. 101 AEUVangepasst wurde, entsprechen sich die Prüfungspunkte jedoch bis auf die im GWB fehlende Zwischenstaatlichkeitsklausel in § 1 GWB.725

II.

Wettbewerbsbeschränkung

Abgrenzungsvereinbarungen sind kartellrechtlich unzulässig, wenn eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt wird. Eine Wettbewerbsbeschränkung liegt vor, wenn der Wettbewerb verhindert, eingeschränkt oder verfälscht wird726 und damit der aktuelle oder nur potentielle Wettbewerb der Parteien betroffen ist.727 1.

Wettbewerbsverhältnis der Parteien

Ein (potentieller) Wettbewerb besteht, wenn die Kennzeicheninhaber technisch, organisatorisch und finanziell unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse die Möglichkeit haben, zueinander in Wettbewerb zu treten.728 Es wird dadurch die Möglichkeit des zukünftigen Marktzutritts geschützt.729 Dafür müssen sich die Kennzeicheninhaber auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt gegen-

724 725

726 727 728 729

753, 755 Rn. 37 – Asnef-Equifax/Asociacijn de Usuarios de Servicios Baucarios m. w. N.; EuGH WuW/E EU-R 1633, Ls. 2. Verordnung Nr. 1/2003/EG des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln. Nordemann, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, § 1 GWB Rn. 11; zur Auslegung des § 1 GWB auch sogleich Nordemann, in: Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, § 1 GWB Rn. 10 ff.; Fuchs, WRP 2005, 1384, 1387. Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, § 1 GWB Rn. 124f. BGH NJW 1977, 804 – Fertigbeton I; BGH NJW-RR 1986, 1486, 1487 – Spielkarten; BGH GRUR 2016, 849, 852 Rn. 32 – Pelikan. Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, Band 1, Art. 81 EG Rn. 158. BGH GRUR 1966, 456, 458 – Klinker.

Grenzen des Kartellrechts nach § 1 GWB/Art. 101 Abs. 1 AEUV

173

über stehen.730 Die Gleichnamigen bezwecken durch eine Abgrenzungsvereinbarung, tatsächliche oder mögliche Zeichenkollisionen zu vermeiden. Die Parteien treffen diese Vereinbarung nur und legen sich Verhaltensnormen auf, wenn sie selbst davon überzeugt sind, (potentielle) Wettbewerber zu sein. Daher ist bereits die Abgrenzungsvereinbarung als Indiz eines Wettbewerbsverhältnisses zu werten.731 Es kann für die Bejahung des Wettbewerbsverhältnisses jedoch nicht ausschließlich auf den Abschluss der Abgrenzungsvereinbarung abgestellt werden, da es auch andere Gründe als eine mögliche Zeichenkollision für eine Abgrenzungsvereinbarung gibt.732 Beispielsweise liegt ein berechtigter Grund vor, wenn eine Partei davon ausgeht, dass der anderen Partei gegen sie ein Unterlassungsanspruch zustehe. In dem Fall sagt die Abgrenzungsvereinbarung nichts darüber aus, ob die Parteien Wettbewerber im Sinne des Kartellrechts sind.733 Bei Unternehmen der gleichen Branche besteht jedoch eine Produktnähe, die häufig mit einer Dienstleistungsnähe einhergeht. Wenn überhaupt herrscht zwischen den Angeboten der Unternehmen lediglich ein geringer Abstand. Der Markteintritt des einen Unternehmens auf den Markt der anderen Partei ist mithin durchaus möglich.734 Zwischen Gleichnamigen der gleichen Branche besteht folglich ein Wettbewerbsverhältnis. 2.

Wettbewerbshemmende Effekte

Das Wettbewerbsverhältnis der Parteien muss durch die Ausgestaltung ihrer Abgrenzungsvereinbarung verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden. a. Absprachen über die Art der Zeichenverwendung Das Gleichnamigenrecht bezweckt nach § 23 Nr. 1 MarkenG einen Ausgleich der Zeichen, um ein Nebeneinander im gesamten Schutzgebiet des Unternehmenskennzeichenrechts zu ermöglichen.735 Indem die Gleichnamigen die Farben und Schriftzeichen für ihre Unternehmenskennzeichen absprechen, obliegt es nicht ihren alleinigen Vorstellungen, wie sie im Wettbewerb auftreten möchte.

730 Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, Band 1, Art. 81 EG Rn. 157; Dreher/Kulka, § 6 Rn. 759. 731 Müller, S. 148 m. w. N. 732 BGH GRUR 2016, 849, 851f. Rn. 26, 27, 31 – Pelikan. 733 BGH GRUR 2016, 849, 851 Rn. 31 – Pelikan. 734 Anders bei Unternehmen aus verschiedenen Branchen vgl. dazu BGH GRUR 2016, 849, 852 Rn. 33 – Pelikan. 735 BGH GRUR 1983, 182, 193 – Concordia-Uhren; BGH GRUR 1995, 754, 757 –Altenburger Spielkartenfabrik; BGH GRUR 2005, 262, 263 – soco.de; BGH GRUR 2007, 884, 886 Rn. 29 – Cambridge Institute; BGH GRUR 2014, 506, 507 Rn. 23 – sr.de.

174

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

b. Absprachen über Absatzgebiete Die territorialen Abgrenzungsklauseln zielen darauf ab, dass die Gleichnamigen gerade nicht parallel auf dem gesamten Markt tätig sind. Zwar ermöglichen der Onlineeinkauf und die Einkaufsmöglichkeiten via App, auch in den abgegrenzten Gebieten am Wettbewerb teilzunehmen und dem Angebot des anderen Gleichnamigen ausgesetzt zu sein. So benutzten im April 2016 49 Millionen Deutsche ein Smartphone, was ca. 60 Prozent der Bevölkerung abbildet.736 Von ihnen nutzen jedoch nicht alle Shopping-Apps wie beispielsweise die der Peek & Cloppenburg Kommanditgesellschaften. Das Onlineshopping wurde von ca. einem Viertel der Internetnutzer 2015 nicht in Anspruch genommen.737 Obwohl der Einkauf via App und Onlineshopping die strikte Grenze der aufgeteilten Absatzgebiete mithin aufweicht, bleibt die Handlungsfreiheit an den Standorten der Städte weiterhin beschränkt.738 Die Parteien werden zwar nicht gänzlich vom relevanten Markt ausgeschlossen, da es ihnen möglich bleibt, unter ihrem Zeichen sachlich oder räumlich beschränkt aufzutreten. Die Beschränkung widerspricht jedoch der Regelung des § 23 Nr. 1 MarkenG, die ein vollumfängliches Nebeneinander ermöglichen soll. Die Vereinbarung kann sich zudem auf die Produktvielfalt und das Produktangebot auswirken. Verpflichtet sich ein Gleichnamiger, seinen Namen nur für das Angebot bestimmter Produkte zu verwenden oder seine Produktpalette nur in festgelegten Gebieten anzubieten, kann es zu einem Stillstand der Weiterentwicklungen kommen. Es besteht die Gefahr, dass sich das Unternehmen auf die Abgrenzungsvereinbarung zurückzieht und das vertraglich abgesicherte Verhalten nicht überschreitet. So könnte z. B. die eigene Produktvielfalt nicht fortentwickelt werden oder ausschließlich die aufgeteilten Gebiete mit Produkten beliefert und neue Absatzgebiete nicht erschlossen werden.739 c. Absprachen über Werbegebiete Werbung ist eine wesentliche Form, um die erbrachte Leistung wirtschaftlich zu verwerten.740 Sie ist für den Unternehmenskennzeichenträger entscheidend, um das Unternehmen allgemein und seine Produkte und Dienstleistungen im Besonderen anzupreisen. Werbung wird daher als wesentlicher Teil des Unter736 Statista, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/umfrage/anzahl-der-smart phonenutzer-in-deutschland-seit-2010/, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018. 737 Statistisches Bundesamt, https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemittei lungen/zdw/2016/PD16_28_p002.html, zuletzt abgerufen am 20. 9. 2018. 738 Vgl. zu den verschiedenen Absatzmärkten von Waren und Dienstleistungen, Kirchhoff, in: FS Canenbley, S. 273, 275. 739 Wolf, NzKart 2015, 90, 92, 94 »mittelbare Wirkungen für die Produkte«. 740 BVerfGE 97, 228, 553 f.

Grenzen des Kartellrechts nach § 1 GWB/Art. 101 Abs. 1 AEUV

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nehmensmarketings verfassungsrechtlich gemäß Art. 12 GG geschützt.741 Als Teil der Unternehmensstruktur muss Werbung der Ausgleichsregel des § 23 Nr. 1 MarkenG unterfallen, so dass die Unternehmen in ihrem gesamten Wirkungsbereich des Kennzeichens werben dürfen. Ein zwischen den Gleichnamigen vereinbartes Werbeverbot für das Vertragsgebiet des anderen Unternehmens überschreitet die gesetzlichen Rücksichtnahmepflichten nach § 23 Nr. 1 MarkenG daher deutlich. d. Absprachen über Domainverwendung Wie die Printwerbung zählt im digitalen Zeitalter ebenso der Internetauftritt eines Unternehmens zum Unternehmensmarketing. Den Unternehmen muss es daher möglich sein, über eine Domain ihr Unternehmen vorzustellen und zu vermarkten.742 Ein allgemein umfassendes Verbot gegenüber einem Gleichnamigen, eine Domainadresse mit dem Namen der Parteien zu tragen, widerspricht mithin ebenso den Rücksichtnahmepflichten des Gleichnamigenrechts. Setzen die Partei für die konkrete Domain hingegen bestimmte Bedingungen, obliegt es zumindest nicht den alleinigen Vorstellungen des Gleichnamigen, wie er im Wettbewerb auftreten möchte. e. Absprachen über die Markenbenutzung Die gleichnamigen Parteien haben zwar ein Interesse daran, ihre Unternehmenskennzeichen wirtschaftlich weiter zu entwickeln und ebenso ihre Waren und Dienstleistungen gewerblich schützen zu lassen.743 In dem die Parteien sich aber gegenseitig verpflichten, bestimmte Markennamen nicht zu benutzen oder ihre Ansprüche nur eingeschränkt zu erheben, schränken sie ihre wirtschaftliche Weiterentwicklung ein. f. Zwischenergebnis Die möglichen Ausgestaltungen der Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen sind kartellrechtsrelevant, da sie die Freiheit der Gleichnamigen einschränken, ihre Unternehmenskennzeichen im Wettbewerb im Fall der Absprachen über die Art der Zeichenverwendung oder der beschränkten Domainund Markenverwendung nach den alleinigen Vorstellungen zu nutzen. Absprachen über Aufteilungen der Absatz- und Werbegebiete, sowie ein generelles Verbot der Domain- und Markenverwendung widersprechen zudem der Idee des Gleichnamigenrechts in § 23 Nr. 1 MarkenG, dass die Gleichnamigen ne741 BVerfGE 32, 311, 317; BVerfGE 65, 237, 245ff.; BVerfG GRUR 1993, 751. 742 So BVerfG GRUR 2004, 797, 798 – (Botox-)Faltenbehandlung zum Internetauftritt eines Arztes; LG Magdeburg, Urt. v. 9. 3. 2011–36 O 160/07 zur Internetwerbung eines Glücksspielbetreibers. 743 Vgl. dazu unter S. 89ff.

176

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

beneinander agieren. Mithin schränkt die Abgrenzungsvereinbarungen das freie unternehmerische Handeln auf dem Markt ein.744 Sie wirken daher wettbewerbshemmend. 3.

Wettbewerbsfördernde Effekte

Vereinbarungen müssen, um wettbewerbsrechtlich gebilligt zu werden, nicht notwendigerweise den Wettbewerb fördern. Allerdings hemmen die zwischen den Gleichnamigen getroffenen Klauseln, wie aufgezeigt, den Wettbewerb. Die Hemmung des Wettbewerbs führt nur dann nicht zu seiner Beschränkung, wenn die hemmenden Effekte in einer Gesamtbewertung durch wettbewerbsfördernde Faktoren ausgeglichen werden können.745 a. Bestehen eines Unterlassungsanspruches Voraussetzung für einen wettbewerbsfördernden Effekt ist ein tatsächlich bestehender Zeichenkonflikt zwischen den Parteien. Denn der Konflikt begründet eine Markteintrittsbarriere, die mithilfe der Abgrenzungsvereinbarung beseitigt wird, so dass der Wettbewerb der Unternehmen gefördert werden kann.746 Das führt zu folgendem Ansatz: Der Wettbewerb wird gefördert, wenn ein ernsthafter, objektiv begründeter Anlass angenommen werden kann, die begünstigte Vertragspartei habe einen Anspruch auf Unterlassung der durch die Abgrenzungsvereinbarung untersagten Handlung.747 Besteht der Zeichenkonflikt hingegen nicht, kann die Abgrenzungsvereinbarung keinen Konflikt auflösen und bewirkt eine Wettbewerbsbeschränkung.748 Dieser in der Entscheidung Thermalquelle 1975 aufgestellte Grundsatz bezog sich zwar auf einen Vergleich und nicht auf Abgrenzungsvereinbarungen. Da Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen jedoch Vergleichscharakter besitzen,749 ist

744 Europäische Kommission GRUR Int 1978, 375, 378 – Penneys; Europäische Kommission GRUR Int 1983, 294, 298 – Toltecs/Dorcet; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, § 1 GWB Rn. 11f. 745 Entgegen von Rißmann, S. 124, 141 und Müller, S. 140f. ist daher die Wettbewerbsförderung im Tatbestand und nicht in der Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zu prüfen. 746 Wolf, NZKart 2015, 90, 92. 747 EuGH GRUR Int 1985, 399, 402 Rn. 33 – Toltecs/Dorcet II; BGH GRUR 1976, 323, 325 – Thermalquelle bezog sich auf einen Vergleich und nicht auf eine Abgrenzungsvereinbarung; BGH GRUR 2011, 641, 642 Rn. 19 – Jette Joop, allerdings als allgemeine Voraussetzung für die kartellrechtliche Zulässigkeit und nicht nur für die Wettbewerbsförderung; ebenso BGH GRUR 2016, 849, 851 Rn. 23 – Pelikan. 748 BGH GRUR 2011, 641, 642 Rn. 19 – Jette Joop; BGH GRUR 2016, 849, 851 Rn. 23 – Pelikan. 749 Vgl. S. 166.

Grenzen des Kartellrechts nach § 1 GWB/Art. 101 Abs. 1 AEUV

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der Ansatz insoweit für die kartellrechtliche Bewertung der Abgrenzungsvereinbarung heranzuziehen.750 b. Zeitpunkt für das Bestehen eines Unterlassungsanspruches Im Laufe der Zeit kann es jedoch zu Veränderungen im Gleichnamigenrecht kommen, so dass ein zum Vertragsschluss bestehender Unterlassungsanspruch bei Klageerhebung möglicherweise nicht mehr besteht bzw. ein ursprünglich nicht existierender Anspruch zum Zeitpunkt der Klageerhebung erhoben werden könnte. Beispielsweise könnte sich dich gesetzliche Grundlage ändern oder die rechtliche Auslegung derselben Norm bzw. die Rechtsprechung zum Gleichnamigenrecht oder aber die tatsächlichen Gegebenheiten ändern sich, weil die Tätigkeitsbereiche erweitert/beschränkt oder Produkte bekannt werden.751 Daher ist es fraglich, auf welchen Zeitpunkt des Bestehens eines Unterlassungsanspruches abzustellen ist, wenn sich zwischen dem Abschluss der Abgrenzungsvereinbarung und der Geltendmachung des Anspruchs das Recht der Gleichnamigen verändert hat. (1) Mögliche Fallgestaltungen Es ist denkbar, dass die gleichnamigen Parteien entweder in die Wirksamkeit einer einst oder zum Zeitpunkt der Klageerhebung wirksamen Abgrenzungsklausel vertrauen. (a) Einst rechtswidrige Klausel nach aktueller Rechtslage rechtmäßig Die rechtliche Bewertung des Gleichnamigenrechts kann sich in der Form verändert haben, dass durch eine einst abgeschlossene Abgrenzungsvereinbarung eine Zeichenkollision nun aufgehoben werden könnte, die bei Vertragsschluss nicht bestand. Damit würde die Klausel nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Anspruchserhebung wettbewerbsfördernd sein. Zum Abschluss der Abgrenzungsvereinbarung bestand jedoch kein aufzulösender Zeichenkonflikt, so dass die Vereinbarung zum damaligen Zeitpunkt kartellrechtswidrig war. Damit verstieß die Regelung damals gegen § 134 BGB.752 Die Abgrenzungsvereinbarung ist mithin nichtig und die Parteien durften kein Vertrauen in die Abgrenzungsvereinbarung haben. Da sich das Vertrauen in eine Rechtswidrigkeit nicht 750 Es kommt für die kartellrechtliche Bewertung auf die kartellrechtliche Rechtslage zum Abschluss der Abgrenzungsvereinbarung an vgl. BGH GRUR 2011, 641, 642 Rn. 17, 19 – Jette Joop. Allerdings hat sich der rechtliche Maßstab für die kartellrechtliche Beurteilung seit der Entscheidung Thermalquelle 1975 nicht geändert. Demnach muss ein Unterlassungsanspruch bestehen. 751 Vgl. Fammler/Niebel, GRUR 2011, 641, 647; Kirchhoff, GRUR 2017, 248, 254f. 752 Vgl. unten unter S. 192f.

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Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

entwickeln kann, haben die Parteien nur die Möglichkeit, ab Erkennen der neuen Rechtsbewertung einen wirksamen Abgrenzungsvertrag zu schließen bzw. das nichtige Rechtsgeschäft gemäß § 141 BGB zu bestätigen.753 Diese Fallgestaltung ist mithin unproblematisch und wird im Folgenden nicht weiter betrachtet. (b) Einst rechtmäßige Klausel nach aktueller Rechtslage rechtswidrig Problematisch sind die Fälle, in denen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Abgrenzungsvereinbarung ein Unterlassungsanspruch bestand, der nach Rechtsüberzeugung zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruches nicht mehr besteht. Bei Anwendung der aktuellen Rechtsüberzeugung müsste eine Abgrenzungsvereinbarung, die keine Zeichenkollision auflöst, als zumindest nicht wettbewerbsfördernd bewertet werden, was in der Folge zur Kartellrechtswidrigkeit führt. Es können dann entgegen der Situation zum Abschluss der Vereinbarung keine vertraglichen Ansprüche aus der Abgrenzungsvereinbarung abgeleitet werden, § 134 BGB. (2)

Zeitpunkt der Anknüpfung

(a) Vertragsschluss als zeitlicher Anknüpfungspunkt Um das Risiko der Vertragsparteien, dass sich die Kollisionslage nachträglich ändert und die Abrede kartellrechtswidrig wird, zu minimieren, könnte man an den Vertragsschluss für die rechtliche Bewertung anknüpfen.754 Denn die Parteien können bei Abschluss der Vereinbarung kein gefestigtes Wissen darüber haben, ob und wie sich die Lage zwischen den Gleichnamigen ändert, so dass ihr Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Klausel bei Vertragsschluss geschützt werden müsse.755 (b) Rechtsstreit als zeitlicher Anknüpfungspunkt Zum anderen muss es aber möglich sein, auf eine Rechtsänderung, die die Zeichenkollision ausschließt, zu reagieren.756 Daher dürfe für die Wirksamkeit von Abgrenzungsvereinbarungen nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt werden.757 Es könne nicht mit dem Sinn und Zweck 753 Vgl. zur Bestätigung bei sittenwidrigen Geschäften Armbrüster, in: MüKo, § 138 BGB Rn. 137; Wendtland, in: BeckOK BGB, § 138 BGB Rn. 27. 754 BGH GRUR 1976, 323 – Thermalquelle; BGH GRUR 2011, 641 – Jette Joop; Kirchhoff, in: FS Canenbley, S. 273; Streicher, WuW 2011, 954, 958f. 755 Vgl. Kirchhoff, in: FS Canenbley, S. 273, 280. 756 Vgl. Althaus, S. 203–205, der unter bestimmten Voraussetzungen auf ein außerordentliches Kündigungsrecht abstellt. 757 Wolf, NZKart 2015, 90, 96; Althaus, S. 150.

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des Kartellrechts vereinbar sein, einen kartellrechtswidrigen Zustand zu verfestigen. Eine Vereinbarung sollte daher einer anhaftenden zeitlichen Beschränkung unterliegen.758 (c) Stellungnahme Den Rechtsstreit als zeitlichen Anknüpfungspunkt für die kartellrechtliche Bewertung zu wählen, ermöglicht es, stets auf aktuelle Veränderungen im Gleichnamigenrecht oder des Kundenverhaltens bzw. des Verhaltens auf dem Markt zu reagieren. Denn eine Abgrenzungsklausel ist nur nötig, wenn sie einen real existierenden Zeichenkonflikt auflöst. Kommt es im Laufe der Zeit zu Veränderungen im Kennzeichenrecht, die die Konfliktlage entfallen lassen, ist es nicht mehr notwendig, die Abgrenzungsvereinbarung aufrecht zu erhalten. Ein weiterhin existierender Bestandsschutz bedarf zumindest einer Begründung. So erkennt Wolf nicht, warum es einem Unternehmen nicht möglich sein solle, seine vertraglichen Dauerschuldverhältnisse regelmäßig zu überprüfen, da ansonsten eine Ewigkeitsgewähr entstehe.759 Schließlich sei ein Unternehmen nicht davor geschützt, dass sich der Anspruchsumfang verringere. Diese Vorgehensweise widerspricht jedoch der Realität. Die regelmäßige Überprüfung seiner vertraglichen Verhältnisse ist einem Unternehmen nicht nur unzumutbar, sondern würde die im Vertrauen auf den Bestand des Kennzeichens vorgenommenen Investitionen entwerten.760 Allerdings ist es kritisch zu sehen, einen kartellrechtswidrigen Zustand zu verfestigen, in dem zeitlich an den Vertragsschluss angeknüpft wird. Würde eine Vereinbarung desselben Inhalts zu einem späteren Zeitpunkt wettbewerbswidrig sein, so ist es zumindest ebenso begründungsbedürftig, warum der früher abgeschlossenen Klausel ein weitergehender Bestandsschutz gewährt werden sollte.761 Einen kartellrechtswidrigen Zustand zu verfestigen, muss vor allem im europäischen Interesse, den Binnenmarkt zu bewahren und fort zu entwickeln, kritisch hinterfragt werden.762 Denn rechtswidrige Abgrenzungsklauseln führten zu einer ungerechtfertigten Marktabschottung. Dennoch an dem Bestand der Klauseln festzuhalten, schadet dem gemeinsamen Markt.763 Aus dem Rechtsstaatsgebot und den daraus resultierenden Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes folgt jedoch, dass staatliches 758 Harte-Bavendamm/v. Bomhard, GRUR 1998, 530, 533; Wolf, NZKart 2015, 90, 96; Althaus, S. 150. 759 Wolf, NZKart 2015, 90, 96. 760 Vgl. Kirchhoff, in: FS Canenbley, S. 273, 280; Kirchhoff, GRUR 2017, 248, 255; a. A. Wolf, NZKart 2015, 90, 96. 761 Wolf, NZKart, 2015, 90, 96. 762 Lorenz, ZVertriebsR 2016, 160, 162. 763 Lorenz, ZVertriebsR 2016, 160, 162.

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Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

Handeln vorhersehbar und berechenbar sein muss.764 Dieser Vertrauensschutz ist ein Bestandteil der Privatautonomie, die als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit verfassungsrechtlich geschützt wird.765 Die Privatautonomie bezeichnet die Freiheit des Einzelnen, seine privaten Rechtsbeziehungen eigenverantwortlich und frei zu gestalten.766 Die Verantwortlichkeit für das eigene selbstbestimmte Handeln kann jedoch nur übernommen werden, wenn die Folgen voraussehbar sind.767 Der Vertrauensschutz des Einzelnen in eine verlässliche Vertrauensgrundlage wie eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung768 rechtfertigt daher den Rückgriff auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (ex ante-Perspektive),769 um eine überraschende Rückwirkung der Rechtsprechung zu vermeiden.770 Der Vertrauensschutz muss allerdings eingeschränkt werden, wenn bereits bei Vertragsschluss ausreichend zuverlässig absehbar und zu erwarten war, dass die künftige Entwicklung der Rechtsprechung die Bedenken gegen eine bestimmte Zeichennutzung entfallen lässt.771 Denn der Vertrauensschutz schützt nicht allgemein vor einer Rechtsänderung, sondern lediglich vor einer nicht vorhersehbaren überraschenden unbegründeten Änderung.772 So wird einer absehbaren Änderung des Rechts Rechnung getragen und die von den Unternehmen getätigten Investitionen können geschützt werden. Dadurch kann ebenso eine gänzlich unbegründete Marktabschottung vermieden und der Binnenmarkt erhalten werden. Die Beweislast für das Bestehen bzw. Nichtbestehen der Kollisionslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses obliegt der Partei, die sich auf die Kartellrechtswidrigkeit beruft.773

764 765 766 767 768 769

770 771 772 773

Grzeszick, in: Maunz/Dürig, Art. 20 GG VII. Rn. 50. Vgl. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 GG Rn. 101ff. Vgl. anstatt vieler Rüthers/Stadler, § 3 Rn. 2 m. w. N. Medicus, NJW 1995, 2577, 2581. Medicus, NJW 1995, 2577, 2583. So auch BGH GRUR 2011, 641, 646 Rn. 60 – Jette Joop; BGH GRUR 2016, 849, 851 Rn. 21 – Pelikan; vgl. Streicher, WuW 2011, 954, 958 f; Medicus allgemein in NJW 1995, 2577, 2580 »Vertrauensschutz durch materielles Recht«; ebenso zu § 138 BGB, BGH NJW 1983, 2692, 2693; BGH NJW 1987, 1878, 1879; BGH NJW 2014, 2177, 2177f. Rn. 10; BAG Urt. v. 20. 11. 1990, 3 AZR 573/89, Rn. 51f.; Armbrüster, in: MüKo § 138 BGB Rn. 133; Dörner, in: Schulze, BGB Handkommentar, § 138 BGB Rn. 5; Ellenberger, in: Palandt, § 138 BGB Rn. 10; kritisch Bunte, NJW 1983, 2674. Allgemein zur Rückwirkung von Rechtsprechung vgl. Medicus, NJW 1995, 2577ff.; BGH NJW 1996, 924; BGH NJW 1996, 1467. BGH GRUR 2011, 641, 643 Rn. 31 – Jette Joop. BGH NJW 1983, 228; BAGE 12, 278, 284; BAGE 45, 277, 287 f.; Schulze-Fielitz, in: Dreier, Art. 20 GG Rn. 139; a. A. Lehmann, MarkenR 2017, 241, 246. Lehmann, MarkenR 2017, 241, 247.

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(d) Zwischenergebnis Entscheidend für die kartellrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung ist folglich, ob bei Abschluss der Abgrenzungsvereinbarung ein ernsthafter, objektiv begründeter Anlass zu der Annahme bestand, der begünstigte Vertragspartner habe einen Anspruch auf Unterlassung der durch die Vereinbarung untersagten Kennzeichenbenutzung. (3)

Rechtsgrundlagen für Unterlassungsansprüche zwischen Gleichnamigen in den letzten 25 Jahren Wenn auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt wird, dann stellt sich die Frage, inwiefern sich die Rechtsgrundlage und Rechtsprechung zwischen Gleichnamigen im Laufe der Jahre verändert hat und wie sich das auf einen möglichen Unterlassungsanspruch auswirkt. Mit der deutschen Einheit wurde der Schutzbereich des Unternehmenskennzeichens auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt,774 so dass es vermehrt zu Kollisionen zwischen Gleichnamigen aus den früheren Alt- und Neubundesländern kam. Es bestand damit gerade ab Anfang der 1990er Jahre ein Interesse daran, Abgrenzungsvereinbarungen zu treffen. Daher wird im Folgenden auf mögliche Unterlassungsansprüche zwischen Gleichnamigen nach dem UWG in der Fassung zur Wiedervereinigung bzw. nach dem Markengesetz ab dessen Geltung eingegangen. Bis zum 1. 1. 1995 war der Unterlassungsanspruch der Gleichnamigen in § 16 Abs. 1 UWG verortet. Nach § 16 Abs. 1 UWG775 konnte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr einen Namen, eine Firma oder die besondere Bezeichnung eines Erwerbsgeschäfts, eines gewerblichen Unternehmens oder einer Druckschrift in einer Weise benutzte, welche geeignet war, Verwechslungen mit dem Namen, der Firma oder der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich ein anderer befugter Weise bediente. Die dortige Regelung wurde zum 1. 1. 1995 aufgehoben und in § 15 Abs. 4 MarkenG i. V. m. § 15 Abs. 2 MarkenG übertragen. § 15 Abs. 4 MarkenG besagte in der Fassung vom 1. 1. 1995, die bis zum 31. 8. 2008 galt, dass derjenige vom Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, der eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder 3 benutzt. Absatz 2 führte aus, dass es Dritten untersagt ist, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Die seit dem 1. 9. 2009 geltende 774 BGH GRUR 2006, 159, 160 Rn. 13 – hufeland.de. 775 In dieser Fassung gültig ab 1. 1. 1987 bis 31. 12. 1994, vgl. unter juris, Gesetze/Verordnungen, § 15 MarkenG.

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Fassung von § 15 MarkenG entspricht der bis zum 31. 8. 2008 geltenden Fassung. Es wurde lediglich ein S. 2 in Absatz 4 eingefügt, der besagt, dass der Anspruch auch dann besteht, wenn eine Zuwiderhandlung droht. Trotz der unterschiedlichen Verortung und Formulierung der Anspruchsnorm im Laufe der Zeit, haben die Normen gemeinsam, dass die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr zu einer Verwechslung mit dem geschützten Zeichen geführt haben muss. Diese Gemeinsamkeit der Normen spiegelt den Willen des Gesetzgebers wider, die Norm inhaltlich nicht verändern zu wollen, als er die Regelung aus dem Wettbewerbsrecht in das Kennzeichenrecht übertragen hat.776 Dies zeigt sich in der Auslegung des entscheidenden Merkmals der Verwechslungsgefahr : Nach dem UWG war die Verwechslungsgefahr abhängig von der Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der Bezeichnungen, der Kennzeichnungskraft und dem Grad der Waren- bzw. Branchennähe.777 Im Markengesetz kommt es unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls für die Verwechslungsgefahr auch heute noch auf die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen, die Kennzeichnungskraft des älteren Kennzeichens sowie die wirtschaftliche Nähe der Unternehmensbereiche an.778 Das Markengesetz normiert in § 23 Nr. 1 MarkenG eine Schranke, wonach Gleichnamigen die Benutzung des gleichlautenden Namens unter Berücksichtigung bestimmter Voraussetzungen selbst bei verbleibender Verwechslungsgefahr erlaubt ist, wenn der Verantwortliche alles Erforderliche und Zumutbare getan hat, um die Verwechslungsgefahr zu vermeiden.779 Eine dem Markengesetz vergleichbare Schranke enthielt das UWG früher nicht, was jedoch nicht dazu führte, dass ein Unterlassungsanspruch gegen jede Benutzung des gleichnamigen Zeichens bestand. Das Recht der Gleichnamigen war bereits Anfang der 1990er Jahre in der Form entwickelt, dass der ältere Zeicheninhaber dem jüngeren Zeicheninhaber die Benutzung des konkreten Zeichens nicht untersagen konnte, wenn dieser alles Erforderliche und Zumutbare getan hatte, um eine Verwechslungsgefahr möglichst zu vermeiden.780 Das Recht des Prioritätsälteren sollte seine natürliche Grenze am Recht jedes Gleichnamigen finden, seinen bürgerlichen Namen bzw. den durch redlichen Besitzstand erworbenen Namen im geschäftlichen Verkehr zu verwenden.781 Um dieses Nebeneinander zu ermöglichen, sollten die Gleichnamigen Rücksicht üben, beispielsweise durch unterscheidende Zusätze, Unterstreichungen des Vornamens, verschiedenartige 776 BT-Drucks. 12/6581, 67. 777 Baumbach/Hefermehl, 16. Aufl. 1990, § 16 UWG Rn. 58f. 778 Vgl. BGH GRUR 2008, 1102, 1103 Rn. 15 – Haus & Grund I; BGH GRUR 2009, 685, 687 Rn. 24 – ahd.de; BGH GRUR 2010, 738, 742 Rn. 22 – Peek & Cloppenburg I. 779 Vgl. unter S. 76f. 780 Baumbach/Hefermehl, 16. Aufl. 1990, § 16 UWG Rn. 72ff., 78. 781 Baumbach/Hefermehl, 16. Aufl. 1990, § 16 UWG Rn. 72ff., 78, 84f.

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Druckanordnung, dem Hinzufügen von Phantasieworten oder Zusätze wie »nicht zu verwechseln mit« verwenden.782 Dies entspricht der heutigen Auslegung des § 23 Nr. 1 MarkenG.783 Zwischen Gleichnamigen der gleichen Branche scheiterte mithin ein Unterlassungsanspruch nach § 16 UWG wie auch heute noch nach § 15 Abs. 2, 4 MarkenG i. V. m. § 23 Nr. 1 MarkenG, wenn alles Erforderliche und Zumutbare für die Vermeidung der Verwechslungsgefahr getan wurde. Nach damaligem wie nach heutigem Recht ist für das Bestehen oder Nichtbestehen des Unterlassungsanspruches folglich entscheidend, ob die Gleichnamigen ihren Rücksichtnahmepflichten, ob nun nach § 16 UWG bzw. nach § 23 Nr. 1 MarkenG, nachgekommen sind. c.

Fallgruppen für das (Nicht)Bestehen eines Unterlassungsanspruches

(1) Grundsatz Im Rahmen des § 23 Nr. 1 MarkenG hat ein Gleichnamiger das Recht zu verlangen, dass der andere Gleichnamige seinen Namen im geschäftlichen Verkehr nur führt, wenn er ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat, redlich handelt und alles Erforderliche und Zumutbare getan hat, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein Mindestmaß zu senken.784 Denn nur dann wird ein gerechter Ausgleich der beiderseitigen Interessen geschaffen.785 Verhält sich einer der Gleichnamigen entgegen der Rücksichtnahmepflichten, steht der anderen Partei ein darauf gerichteter Unterlassungsanspruch zu, um die entstehende Zeichenkollision zwischen ihnen aufzulösen. Daher hat der Gleichnamige einen Anspruch auf ein Verhalten, das den Rücksichtnahmepflichten entspricht. (2) Klauseln entsprechen den Rücksichtnahmepflichten Klauseln, die den Rücksichtnahmepflichten entsprechen, lösen daher eine mögliche Zeichenkollision zwischen Gleichnamigen auf. Um der Rücksichtnahmepflicht zwischen Gleichnamigen gerecht zu werden, ist nach § 23 Nr. 1 MarkenG entscheidend, dass die Gleichnamigen über ihre rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit in Form von unterscheidungskräftigen Zusätzen oder Hinweisen aufklären.786 Daher sind Klauseln, die einen allgemein aufklärenden Hinweis über die Unabhängigkeit enthalten, kartellrechtlich unbedenklich. Ebenso unschädlich sind diesbezüglich spezieller for782 783 784 785 786

Baumbach/Hefermehl, 16. Aufl. 1990, § 16 UWG Rn. 82f. Vgl. unter S. 70ff. Vgl. S. 76f. RG JW 1929, 3075, 3076 – Leyklauf; RGZ 171, 321, 326. Vgl. unter S. 70.

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Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

mulierte Klauseln, die z. B. ein Werbe – oder Wirkungsverbot statuieren oder die Nutzung einer Domain oder Marke untersagen, wenn ein aufklärender Hinweis oder Zusatz zu der Lage der Gleichnamigen fehlt. Regelungen über die Art der Benutzung des Unternehmenskennzeichens, wie z. B. die farbliche Gestaltung des analogen oder digitalen Unternehmenslogos, normieren Verhaltensweisen, die sich ebenfalls aus der gegenseitigen Rücksichtnahmepflicht ergeben. Daher können Farbschemata oder Schriftarten ebenso in Klauseln festgesetzt werden. Gleichermaßen ergibt sich aus der Pflicht, gegenseitig Rücksicht zu üben, das Verbot, die Gleichgewichtslage zu stören, in dem sich der gleichnamige Kontrahent an das Zeichen des Anderen durch eine Markenanmeldung annähert.787 Es besteht jedoch ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse, eine Marke anzumelden, so dass die Gleichgewichtslage nicht gestört wird, wenn der anmeldende Gleichnamige seiner Rücksichtnahmepflicht durch einen unterscheidungskräftigen Zusatz nachkommt. Die bei mehrteiligen Marken entscheidende Prägetheorie führt jedoch zu Unsicherheiten, ob die Zusätze überhaupt wahrgenommen werden und ob sie unterscheidend wirken.788 Um sowohl eine sichere Rechtslage zu schaffen als auch dem Rücksichtnahmegebot zu genügen, sollten Abgrenzungsklauseln derart gestaltet werden, dass die Parteien unterscheidungskräftige Zusätze aufnehmen müssen und im Gegenzug die andere Partei auf die Erhebung möglicher Ansprüche verzichtet. (3) Klauseln widersprechen den Rücksichtnahmepflichten Derselbe Ansatz muss den Abgrenzungsregelungen, die Werbung begrenzen und Standorte aufteilen, zugrunde gelegt werden. Aufgrund möglicher Verwechslungsgefahren haben die Parteien vor allem ein Interesse daran, die Gebiete aufzuteilen und nur in den aufgeteilten Gebieten zu werben und zu wirken.789 Dies widerspricht jedoch dem Ausgleich nach § 23 Nr. 1 MarkenG, der die Koexistenz der Gleichnamigen im gesamten Bundesgebiet bezweckt und einen einheitlichen Wirtschaftsraum sicherstellen will. Es bestehen die verschiedenen aufgezählten Möglichkeiten, die Verwechslungsgefahr zwischen den Gleichnamigen zu minimieren und dennoch ein Nebeneinander im Geltungsbereich der Unternehmenskennzeichen zu ermöglichen. Die Ähnlichkeit der Zeichen rechtfertigt insofern nicht pauschal eine Marktaufteilung zwischen den Beteiligten.790 Das gilt ebenso für eine Abgrenzung zwischen voneinander unabhängigen Gleichnamigen, die nur in einer Gebietsaufteilung besteht.791 787 788 789 790 791

Siehe unter S. 83. Vgl. unter S. 101. Vgl. stellvertretend BGH GRUR 2013, 397 – Peek & Cloppenburg III. Kommission GRUR Int 1975, 320, 321 – Sirdar/Phildar. Vgl. Kommission, GRUR Int 1991, 210, 214 f. – Syntex/Synthelabo.

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Allerdings kann eine Klausel als zulässig bewertet werden, wenn sie leidglich eine Nebenabrede darstellt, die für die Erreichung einer nicht den Wettbewerb beschränkenden Hauptvereinbarung erforderlich ist.792 Für die Gleichnamigen ist das Hauptziel, der Marktgegenseite eine aufgeklärte verwechslungsfreie Kaufentscheidung zu ermöglichen, um ihre Kennzeichen sicher benutzen zu können. Die Amortisierung der Investitionen für die Zeichenentwicklung wird gewährleistet, wenn die Benutzung rechtlich gesichert ist und der Kennzeicheninhaber nicht der andauernden Gefahr unterliegt, dass Ansprüche gegen ihn erhoben werden. Dieses Ziel wird jedoch nicht in einer gesonderten Vereinbarung festgeschrieben, sondern ist vielmehr die Folge der getroffenen Abgrenzungsvereinbarung über die Aufteilung der Absatzgebiete. Es kann daher nicht zwischen einer wettbewerbsbeschränkenden Nebenabrede und einer nicht beschränkenden Hauptabrede unterschieden werden. Diese Klauseln können daher auch nicht unter diesem Aspekt als zulässig bewertet werden.793 (4) Zwischenergebnis Klauseln, deren Inhalte den Rücksichtnahmepflichten des Gleichnamigenrechts entsprechen, können eine Zeichenkollision auflösen, so dass sie wettbewerbsfördernd sind. Folglich muss für diese Klauseln zwischen den wettbewerbsfördernden und den wettbewerbshemmenden Effekten abgewogen werden, um die wettbewerbsrechtliche Billigung zu überprüfen. Widersprechen die Klauseln hingegen dem Rücksichtnahmegebot, so besteht kein Anspruch auf das durch die Klausel geforderte Verhalten. Es liegt mithin keine Wettbewerbsförderung vor, die die Wettbewerbshemmung ausgleichen kann. Die Klauseln überschreiten das für die Verhinderung von Rechtsstreitigkeiten Notwendige,794 wenn die Verwechslungsgefahr ebenso durch Abgrenzungen über die Art der Benutzung erreicht werden kann. Die hemmende Wirkung wird daher vielmehr verstärkt. Diese Klauseln beschränken folglich den Wettbewerb und sind unter der Annahme, dass die Vereinbarungen spürbar sind und keine Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. §§ 2, 3 GWB greift, mithin unzulässig.795

792 EuGH WuW/E EWG/MUV 690 Rn. 19 – Remia; EuGH WuW/E EU-R 469, Rn. 104ff.; EuGH GRUR Int 1986, 193 – Pronuptia de Paris. 793 Vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 30. 4. 2014, 3 U 139/10, juris Rn. 42; vgl. dazu auch Klawitter, GRUR-Prax 2017, 115, 116. 794 Kommission, 5. 3. 1975, IV/27.879, Abl. 1975 Nr. L 125/27, 29 – Sirdar-Phildar. 795 BGH NJW 1956, 68, 68f. – Zementindustrie; BGH GRUR 1975, 387, 388f. – Kundenschutzzusage; BGH NJW 1980, 185 – Erbauseinandersetzung; vgl. auch BGH GRUR 1998, 1047, 1049 – Subunternehmervertrag; vgl. zur Spürbarkeit Nordemann, in: Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, § 1 GWB Rn. 22.

186 4.

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

Abwägung zwischen wettbewerbsfördernden und wettbewerbshemmenden Effekten

Eine Abgrenzungsvereinbarung zwischen Gleichnamigen wirkt sowohl wettbewerbshemmend als auch wettbewerbsfördernd, wenn sie Regelungen enthält, die den Rücksichtnahmepflichten der Gleichnamigen entsprechen. Ob der Wettbewerb dadurch beschränkt wird, kann daher nur nach einer Gesamtabwägung der Faktoren entschieden werden.796 Nach dem Grundsatzurteil des EuGH in Toltecs/Dorcet sind Abgrenzungsvereinbarungen kartellrechtlich zulässig, wenn die Parteien im beiderseitigen Interesse den jeweiligen Benutzungsumfang ihrer Zeichen festlegen, um Verwechslungen und Konflikte zu vermeiden, sofern mit ihnen nicht zugleich auch Marktaufteilungen oder andere Wettbewerbsbeschränkungen bezweckt werden.797 Dadurch sollen Kollisionslagen mithilfe der Abgrenzungsvereinbarung behoben werden können. Die künstliche Abschottung von Märkten soll aber unterbunden werden.798

a. Sicherung der Namensfunktion durch Vermeidung der Verwechslungsgefahr Gleichnamige unterliegen der Verwechslungsgefahr, wenn die Unternehmen in der gleichen Branche tätig sind.799 Nach § 23 Nr. 1 MarkenG dürfen die gleichnamigen Parteien zwar nebeneinander bestehen. Ein mögliches Nebeneinander schützt den Verkehr jedoch nicht vor Verwechslungen, sondern erhöht die Verwechslungsgefahr. Die Parteien sind deswegen angehalten, alles Erforderliche und ihnen Mögliche zu tun, um eine Verwechslung zu unterbinden. Ergreifen die Kennzeichenträger Maßnahmen, die Verwechslungsgefahr zu unterbinden, so herrscht jedoch häufig Rechtsunsicherheit darüber, ob die Maßnahmen dem § 23 Nr. 1 MarkenG genügen oder ob die handelnde Partei den kennzeichen- und wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen des anderen Gleichnamigen ausgesetzt bleibt. Daher treffen viele Unternehmen Abgrenzungsvereinbarungen über ihre Unternehmenskennzeichen. Unternehmenskennzeichen sind nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, Firma oder besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder Unternehmens benutzt werden. Unabhängig von einer genauen Abgrenzung der genannten Schutzgegenstände ist ihnen gemein, dass die Bezeichnung ihrer Natur nach geeignet sein muss, wie ein Name zu wirken. Man spricht daher von 796 Diese Gesamtabwägung wird teilweise auch erst in der Spürbarkeit vorgenommen, vgl. EuGH GRUR Int 1978, 375 – Penneys; Kirchhoff, GRUR 2017, 248, 249f. m. w. N. 797 EuGH GRUR Int 1985, 399, 402 Rn. 33 – Toltecs/Dorcet II; so auch zur Zulässigkeit wettbewerbsbeschränkenden Nebenabreden, um Hauptvereinbarungen zu erfüllen EuGH GRUR Int 1986, 193, 196 – Pronuptia de Paris; EuGH WuW/E EU-R 469, Rn. 104ff. 798 Vgl. Fammler/Niebel, GRUR 2011, 641, 646. 799 Vgl. unter S. 43.

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der Namens- bzw. Kennzeichnungsfunktion.800 Das Unternehmen wird bezeichnet und individualisiert.801 Daher sind die durch Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen in der Gesamtabwägung kartellrechtlich zulässig, wenn sie notwendig und angemessen sind, um die wesentlichen Funktionen des Kennzeichens, die Unterscheidungs- und Individualisierungsfunktion, zu sichern. Dafür muss es dem Verbraucher möglich sein, das Unternehmenskennzeichen dem zugehörigen Rechtsträger zuzuordnen und so das Unternehmen von einem anderen Unternehmen zu unterschieden.802 Allerdings müssen die berechtigten Namensführungsinteressen des Kennzeicheninhabers bei den Anforderungen an die Unterscheidungsfähigkeit beachtet werden. Es kann daher keinem der gleichnamigen Zeichenträger zugemutet werden, einen anderen Namen zu benutzen, um jegliche Verwechslung zu vermeiden, oder seinen Namen nicht mehr zu benutzen. Aber es ist einem Kennzeichenträger zumutbar, einen aufklärenden Hinweis zu verwenden, einen Vornamen hinzuzufügen, einen Teil des Namens zu unterstreichen, oder eine andere Farbe zu verwenden, um sich von dem anderen Gleichnamigen abzugrenzen. Dies sichert die Unterscheidungs- und Identitätsfunktion des Unternehmenskennzeichens und ermöglicht dem Kennzeicheninhaber eine sichere Benutzung seines Kennzeichens, ohne ihn zu stark in seinen Interessen einzuschränken. Folglich können durch eine Abgrenzungsvereinbarung die Namensfunktion des Kennzeichens bewahrt sowie Verwechslungen vermieden werden. Da Abgrenzungsvereinbarungen, die den Rücksichtnahmepflichten entsprechen, vertraglich nachzeichnen, was gesetzlich bereits geregelt ist, schafft eine vertragliche Absprache daher vor allem Rechtssicherheit, wie die kennzeichenrechtlichen Grenzen des § 23 Nr. 1 MarkenG verlaufen.803 Die Sicherheit über das rechtlich Zulässige könnte auch in einem gerichtlichen Verfahren erreicht werden, das jedoch nicht nur mit Zeitaufwand, sondern auch mit hohen Kosten verbunden ist und mithin dem Interesse der Parteien widerspricht.804

800 Kaiser, in: Erbs/Kohlhaas, § 5 MarkenG Rn. 5; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 3. 801 RGZ 91, 350; RGZ 137, 213; BGH NJW 1957, 1473; BGH NJW 1959, 525; BGH GRUR 1959, 430, 431 – Caterina Valente; Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 10. 802 EuGH GRUR Int 1994, 614 – Ideal Standard II; EuGH GRUR 2002, 804, 806 Rn. 29 – Philips; EuGH GRUR 2004, 428, 429 Rn. 30 – Henkle; Fezer, Einl. Rn. 27f.; Nordemann, Wettbewerbsrecht/Markenrecht Rn. 1060; Martinek, in: Herberger/Martinek/Rüßmann, § 12 BGB Rn. 7. 803 Siehe Fammler/Niebel, GRUR 2011, 641, 646; vgl. allgemeiner Kirchhoff, GRUR 2017, 248, 249. 804 Fammler/Niebel, GRUR 2011, 641, 646.

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Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

b. Erforderlichkeit der Abgrenzungen Die Kennzeichenträger müssen jedoch innerhalb ihrer Abgrenzungsvereinbarungen stets die Lösung finden, die den Wettbewerb am wenigsten einschränkt, also die Produktvielfalt am meisten unterstützt und dennoch die Namensfunktion bewahrt.805 Eine Abgrenzungsvereinbarung erfüllt diese Voraussetzungen, wenn sie geeignet ist, den Zeichenkonflikt aufzulösen und dabei unter mehreren gleich wirksamen Alternativen das relativ mildeste Mittel darstellt. Existieren mildere Abgrenzungsmöglichkeiten sind alle Restriktionen, die dem nicht entsprechen, wettbewerbsbeschränkend. So stellen Abgrenzungsvereinbarungen über die Art der Benutzung der Kennzeichen, wie z. B. Vorgaben in der Farbgebung oder die Verwendung von unterscheidenden Zusätzen und Hinweisen, bei gleicher Effektivität einen geringeren Eingriff in die unternehmerische Handlungsfreiheit dar als Absatzgebiete aufzuteilen.806 Diese Regelungen wirken lediglich inter partes807 und beeinträchtigen die Marktgegenseite so nur unmittelbar. Es gibt mithin sachlich kein milderes Mittel als Abgrenzungsklauseln, die den Rücksichtnahmepflichten entsprechen. Allerdings werden diese Klauseln häufig ohne zeitliche oder räumliche Beschränkungen vereinbart, um die Zeichenkonflikte möglichst umfassend aufzulösen. Eine allumfängliche Vereinbarung beinhaltet aber auch stets die Gefahr, eine Abgrenzung über den bestehenden Konflikt hinaus zu treffen und dadurch die künstliche Marktaufteilung zu verstärken. Daher muss untersucht werden, ob Abgrenzungsvereinbarungen zeitlich und räumlich beschränkt sein müssen, um erforderlich zu sein.

(1) Zeitliche Einschränkungen In Betracht kämen zeitliche Beschränkungen der einschränkenden Verhaltensweisen, um einen gänzlichen Ausschluss als absolutes Mittel zu vermeiden. Allerdings kann der Kennzeichenkonflikt theoretisch ewig währen, da der Schutz des Kennzeichens erst erlischt, wenn das Zeichen nicht mehr benutzt wird, der Geschäftsbetrieb aufgegeben ist oder das Zeichen die Unterscheidungskraft verliert.808 Wann und ob das passiert, kann nicht vorausgesagt werden, so dass eine Abgrenzungsvereinbarung ohne zeitliche Begrenzung sogar geboten ist. 805 Kommission, Entsch. v. 5. 3. 1975, IV/27.879, Abl. 1975 Nr. l 125/27, 29 – Sirdar-Phildar ; Kommission GRUR Int 1978, 375, 378 – Penneys; EuGH GRUR Int 1985, 399, 402 Rn. 33 – Toltecs/Dorcet II; BGH GRUR 1976, 323 – Thermalquelle. 806 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, GRUR Int 1978, 208f. 807 Vgl. zu diesem Erfordernis OLG Stuttgart WRP 1992, 57 – Out of Court. 808 Dazu Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 135–155; Kaiser, in: Erbs/Kohlhaas, § 5 MarkenG Rn. 20–24.

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(2) Räumliche Einschränkung Ebenso sind geografische Beschränkungen der Abgrenzungsklauseln in Betracht zu ziehen, um keine über die Zeichenauflösung hinausgehenden Abgrenzungen zu verfestigen. Problematisch sind die Fälle, bei denen der Kennzeichenkonflikt zwischen den Gleichnamigen in einem Gebiet bereits besteht, die Abgrenzungsvereinbarung über die konkrete Zeichenbenutzung hinaus aber auf Gebiete ausgeweitet ist, in denen (zumindest bisher) keine Kollision eingetreten ist, ein Zusammentreffen jedoch möglich erscheint. Das könnte der Fall sein, wenn die gleichnamigen Unternehmen darauf ausgelegt sind, weitere Filialbetriebe an Orten zu eröffnen, an denen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Abgrenzungsvereinbarung noch keine Filiale besteht. Es ist ebenso für die Fälle relevant, in denen eine Abgrenzungsvereinbarung für nationale Marken vorgenommen wurde, jedoch die Parteien ein Interesse daran haben, in Zukunft Unionsmarken anzumelden. Die Unternehmen versuchen, ihren durch Marketingstrategien aufgebauten guten Ruf wirtschaftlich zu nutzen und ihre Absatzmärkte auszubauen.809 Daher haben sie ein Interesse daran, für den zukünftigen Markt eine Regelung zu treffen.810 Wird der räumliche Geltungsbereich der Abgrenzungsvereinbarung über den konkreten Konflikt hinaus jedoch erweitert, so beschränken sich die Parteien über das notwendige Maß hinaus in ihrer Handlungsfreiheit. Dies birgt die erhöhte Gefahr einer künstlichen Marktaufteilung.811 Diese Gefahr der Markaufteilung könnte die Erforderlichkeit der Klausel ausschließen. Um dies zu vermeiden, könnten die Parteien einerseits darauf verwiesen werden, erst dann eine Vereinbarung über die Gebiete zu treffen, wenn der Konflikt tatsächlich auftritt. Andererseits zeigt das in einem Gebiet bereits bestehende Konfliktpotenzial zwischen den Gleichnamigen die Gefahr, dass sich die Zeichenkollision ausweitet, wenn die Unternehmen expandieren. Denn eine Abgrenzungsvereinbarung, die einen räumlich begrenzten Zeichenkonflikt zwischen Gleichnamigen aufgelöst hat, motiviert die Parteien, in neue Gebiete zu investieren. Daher besteht die konkrete Gefahr, dass sich eine zunächst räumlich beschränkte Zeichenkollision ausweitet.812 Diese Gefahr könnte möglicherweise eine geografische Abgrenzung über den bestehenden Konflikt hinaus rechtfertigen und somit das notwendige Maß der geografischen Abgrenz809 Vgl. BGH GRUR 2011, 641, 644 Rn. 48 – Jette Joop. 810 So im Ergebnis Wolf, NZKart 2015, 90, 95f.; Kirchhoff, in: FS Canenbley, S. 273, 282; Fammler, in: Hdb. Markenpraxis, Band II Rn. 14; im Fall musste es nicht entschieden werden, aber zumindest wurde dies in BGH GRUR 2011, 641, 644 Rn. 48 – Jette Joop angedeutet, a. A. Althaus, S. 149f.; Fezer, § 14 MarkenG Rn. 1105; Fammler, in: Hdb. Markenpraxis, Band II Rn. 14ff.; Harte-Bavendamm/v. Bomhard, GRUR 1998, 530, 536. 811 Fezer, § 14 MarkenG Rn. 1105; Althaus, S. 149. 812 Wolf, NZKart 2015, 90, 96.

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Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

barkeit nach oben korrigieren. Da die Entstehung des Kennzeichenschutzes jedoch von der Ingebrauchnahme des Unternehmenskennzeichens abhängt, hat der Kennzeicheninhaber bei noch nicht erschlossenen Gebieten keinen Unternehmenskennzeichenschutz.813 Damit müsste eine Vereinbarung über ein Gebiet geschlossen werden, für das bisher kein Kennzeichenschutz besteht. Allerdings ist der Schutzbereich des Unternehmenskennzeichens bei zunächst örtlichen oder regional begrenzten Tätigkeitsbereichen nicht auf diesen begrenzt, wenn das Unternehmen eine zukünftige Ausdehnung anstrebt.814 Das trifft wie in dem genannten Beispiel zu, wenn Unternehmen darauf ausgelegt sind, Filialbetriebe auch an anderen Orten zu eröffnen und dies zum Abschluss der Abgrenzungsvereinbarung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.815 Dabei muss sich die Ausdehnungsabsicht bereits manifestiert haben, um für die noch nicht erschlossenen Gebiete Kennzeichenschutz zu erhalten.816 Es reicht deswegen nicht aus, wenn ein Einzelhandelsgeschäft lediglich die Absicht hat, in Zukunft die angebotenen Waren auch anderswo zu vertreiben.817 Notwendig ist vielmehr eine bereits sichtbare, wenn auch noch nicht abgeschlossene Verwirklichung der Ausdehnungsabsicht. Dies kann etwa in der Eröffnung mehrerer verstreut liegender Betriebe im Bundesgebiet oder einem abgegrenzten Wirtschaftsgebiet818 oder zumindest einer auf die Ausdehnung der angelegten Unternehmensstrukturen und Geschäftsbeziehungen819 erkannt werden. Sind diese Strukturen erkennbar, so erstreckt sich auch die Schutzwirkung des Unternehmenskennzeichenrechts auf die neuen Teilgebiete, in denen die Ausdehnung geplant ist, aber noch nicht verwirklicht wurde.820 Daher sollte die Erforderlichkeit einer geografischen Abgrenzungsklausel davon abhängig gemacht werden, wie konkret die Ausdehnungsabsicht und das damit zu erwartende Konfliktpotenzial zwischen den Gleichnamigen ist. Es minimiert sich, je unwahrscheinlicher eine Expansion ist, je konkreter die Zeichen der Gleichnamigen sprachlich auf eine Region wie z. B. einen Dialekt festgelegt sind821 oder je offensichtlicher der Name ausschließlich für eine regionale Spezialität verwendet wird. Je geringer die Konfliktgefahr ist, umso eher wird die Grenze der Erforderlichkeit überschritten. Dann ist es den Parteien zumutbar, erst bei Entstehung der Zeichenkollision ihren Konflikt aufzulösen. Entsteht hingegen 813 814 815 816 817 818 819 820 821

Vgl. dazu unter S. 29. BGH GRUR 1985, 72 – Consilia; BGH GRUR 1993, 923, 924 – Pic Nic. BGH GRUR 1979, 642, 643 – Billich; BGH GRUR 1993, 923, 924 – Pic Nic. Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 130. So über den Vertrieb im Internet Weiler, in: BeckOK MarkenR, § 5 MarkenG Rn. 130f. BGH GRUR 1993, 923, 924 – Pic Nic; OLG Köln BeckRS 2012, 10666 – Fair Play. BGH GRUR 1985, 72, 73 – Consilia. BGH GRUR 1993, 923, 924 – Pic Nic. Wolf, NZKart 2015, 90, 96.

Grenzen des Kartellrechts nach § 1 GWB/Art. 101 Abs. 1 AEUV

191

aufgrund konkreter Ausdehnungsabsichten zwischen den Gleichnamigen die erhöhte Gefahr, verwechselt zu werden, so ist es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen möglich, eine über den bestehenden Konflikt reichende Abgrenzungsregelung zu treffen, obwohl die Kennzeichenkollision nicht unmittelbar besteht.822 c. Zwischenergebnis Für Klauseln, die den Rücksichtnahmepflichten entsprechen, ist eine Gesamtabwägung zwischen den wettbewerbshemmenden und wettbewerbsfördernden Effekten vorzunehmen. Da die Klauseln die wesentliche Funktion der Unternehmenskennzeichen, die Unterscheidungs- und Individualisierungsfunktion, sichern sollen, sind die Abgrenzungsvereinbarungen kartellrechtlich zulässig. Die Kennzeichenträger müssen jedoch innerhalb ihrer Abgrenzungsvereinbarungen stets die Lösung finden, die den Wettbewerb am wenigsten einschränkt, also die Produktvielfalt am meisten unterstützt und dennoch die Namensfunktion bewahrt. Dafür dürfen die Klauseln ohne zeitliche Beschränkungen ausgestaltet sein. Hingegen hängt die Erforderlichkeit einer uneingeschränkten geografischen Abgrenzungsklausel davon ab, wie konkret die Ausdehnungsabsicht und das damit zu erwartende Konfliktpotenzial zwischen den Gleichnamigen ist. Je geringer die Konfliktgefahr ist, umso eher wird die Grenze der Erforderlichkeit überschritten. Dann ist es den Parteien zumutbar, erst bei Entstehung der Zeichenkollision ihren Konflikt aufzulösen und nicht bereits im Vorhinein Gebiete in ihre Abgrenzungsvereinbarungen aufzunehmen, die noch nicht von dem Konflikt erfasst sind. 5.

Fazit

Die möglichen Ausgestaltungen der Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen wirken wettbewerbshemmend, da sie die Freiheit der Gleichnamigen einschränken, ihre Unternehmenskennzeichen im Wettbewerb nach ihren alleinigen Vorstellungen zu nutzen bzw. im Fall von Gebietsabgrenzungen sogar ein Nebeneinander der Gleichnamigen verhindern. Die Hemmung des Wettbewerbs führt nur dann nicht zu seiner Beschränkung, wenn die hemmenden Effekte in einer Gesamtbewertung durch wettbewerbsfördernde Faktoren ausgeglichen werden können. Der Wettbewerb wird gefördert, wenn bei Abschluss der Abgrenzungsver822 I. E. vgl. Klawitter, GRUR-Prax 2017, 115, 116; für einen weiten Einschätzungsspielraum Kirchhoff, GRUR 2017, 248, 253; entgegen Fammler, in: Hdb. Markenpraxis, Band II Rn. 14f. wird eine Erweiterung des räumlichen Geltungsbereiches mithilfe dieser Unterscheidung nicht unterschiedslos vorgenommen. Zu nicht unmittelbaren Kennzeichenkollisionen kritisch Fezer, § 14 MarkenG Rn. 1105.

192

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

einbarung ein ernsthafter, objektiv begründeter Anlass angenommen werden kann, die begünstigte Vertragspartei habe einen Anspruch auf Unterlassung der durch die Abgrenzungsvereinbarung untersagten Handlung. Nach früherem wie nach heutigem Recht ist für das Bestehen des Unterlassungsanspruches entscheidend, ob die Gleichnamigen ihren Rücksichtnahmepflichten nachgekommen sind. Klauseln, die einen allgemein aufklärenden Hinweis auf die Unabhängigkeit enthalten oder konkret ein Werbe – oder Wirkungsverbot statuieren oder die Nutzung einer Domain oder Marke untersagen, wenn ein aufklärender Hinweis oder Zusatz zu der Lage der Gleichnamigen fehlt, entsprechen den Rücksichtnahmepflichten. Ebenso erfasst sind Regelungen über die Art der Benutzung des Unternehmenskennzeichens, wie z. B. Farbschemata des analogen oder digitalen Unternehmenslogos. Abgrenzungsklauseln dürfen auch in der Form ausgestaltet sein, dass die Parteien unterscheidungskräftige Zusätze aufnehmen müssen und im Gegenzug die andere Partei auf die Erhebung möglicher Ansprüche gegen eine Markenanmeldung verzichtet. Diese Klauseln fördern mithin den Wettbewerb, so dass zwischen den wettbewerbsfördernden und den wettbewerbshemmenden Effekten abgewogen werden muss, um die wettbewerbsrechtliche Billigung zu überprüfen. Die Klauseln sichern jedoch die wesentliche Funktion der Unternehmenskennzeichen, die Unterscheidungsund Individualisierungsfunktion, so dass sie kartellrechtlich zulässig sind. Versuchen dagegen die Kennzeichenrechtsträger, den Inhalt der Kennzeichenrechte über die Rücksichtnahmepflichten des § 23 Nr. 1 MarkenG hinaus auszudehnen, in dem sie in den Abgrenzungsvereinbarungen ihre Werbe- und Wirkungsgebiete aufteilen, beschränken sich die Gleichnamigen zum einen selbst in ihren freien unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten und zum anderen den Markt. Dies ist nicht durch die Gleichnamigkeit gerechtfertigt. Insofern schützt das Kartellrecht nicht den Wettbewerb, der aufgrund anderer Normen zu unterlassen ist.823

C.

Rechtsfolge

Die Klauseln, die den Rücksichtnahmepflichten des Gleichnamigenrechts entsprechen, beschränken den Wettbewerb nicht. Eine kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung, die diese Klauseln enthält, ist mithin kartellrechtlich zulässig. Ein Verstoß eines Gleichnamigen gegen die vertraglichen Vereinbarungen begründet daher einen Unterlassungsanspruch des anderen Gleichnamigen, so dass er das vertraglich festgelegte Verhalten einfordern kann. 823 Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, § 1 GWB Rn. 157; Harte-Bavendamm, GRUR 1998, 530, 532; Wolf, NZKart 2015, 90, 92.

Rechtsfolge

193

Klauseln, deren Inhalte über die Rücksichtnahmepflichten hinausgehen, bezwecken dagegen eine Wettbewerbsbeschränkung. Sie sind daher unter der Annahme, dass die Vereinbarungen spürbar sind und keine Ausnahme des Kartellverbots nach Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. §§ 2, 3 GWB greift, nach Art. 101 Abs. 2 AEUV bzw. gemäß § 1 GWB i. V. m. § 134 BGB824 nichtig. Zum einen unterliegen die Gleichnamigen dadurch der Gefahr, dass (beispielsweise Verbraucherverbände) Unterlassungsansprüche nach § 33 Abs. 1, 4 GWB gegen sie erheben. Zum anderen ist aber fraglich, ob sich die Gleichnamigen untereinander dennoch auf das in der Klausel festgelegte Verhalten berufen können.

I.

Geltungserhaltende Reduktion und Klauselanpassung

Möglicherweise kann eine kartellrechtswidrige Klausel geltungserhaltend reduziert werden, so dass sie im Einklang mit der geltenden Rechtsordnung steht und die Parteien sich auf die Einhaltung der Klausel berufen können. In der Praxis betrifft das zum einen die Klauseln, die die konkrete Zeichennutzung auch für zukünftige Filialen regeln wollen, obwohl die Ausdehnungsabsicht des Unternehmens noch nicht hinreichend konkret ist. Zum anderen geht es um die Klauseln, die die Wirkungskreise der Gleichnamigen aufteilen. Dabei würde die Klausel teleologisch in ihrer Wirkung eingeengt und auf das zulässige Maß reduziert werden, um ihre Geltung dem Grunde nach zu erhalten.825 1.

Rechtlicher Maßstab

Fraglich ist, ob dafür das europäische oder nationale Recht Maßstab ist. Trotz des Vorrangs des europäischen Rechts hat der EuGH entschieden, dass die Frage, ob die Parteien zur Behebung der Nichtigkeit durch eine Vertragsanpassung verpflichtet sind, nach den einschlägigen nationalen Normen zu beurteilen ist.826 Die Frage nach einer möglichen geltungserhaltenden Reduktion steht in einem so engen Zusammenhang zur Vertragsanpassung, dass für sie dasselbe gelten muss.827 Die Zulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion richtet sich folglich nach nationalem (deutschem) Recht.828 824 Zur Anwendung von § 134 BGB vgl. Reg. Begr. 1998 S. 46; Sack/Seibel, in: Staudinger § 134 BGB Rn. 57–59; a. A. Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, § 1 GWB Rn. 183, der die Nichtigkeit aus dem Sinn und Zweck des Kartellverbots ableitet. 825 Für die telelogische Reduktion eines Wettbewerbsverbots BGH GRUR 1997, 675 – Druckgussteile; BGH GRUR 2011, 641, 645 Rn. 53 – Jette Joop; Topel, in: Wiedemann, § 50 Rn. 23. 826 EuGHE 1986, 4071, 4088 – VAG France. 827 Vgl. auch Canaris, DB 2002, 930, 935.

194 2.

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

Bewertung nach nationalem Recht

Im deutschen Zivilrecht ist eine teleologische Reduktion unwirksamer Klauseln zumindest im AGB-Recht nach § 306 Abs. 2 BGB nicht möglich. Stattdessen werden die Klauseln durch die gesetzlichen Regelungen ersetzt.829 Denn es soll nicht damit gerechnet werden können, dass schlimmstenfalls das Gericht die gerade noch vertretbare Leistung festsetzt.830 Dieser Ansatz muss jedoch nicht zwangsweise im Kartellrecht gelten.831 Der Zweck des Verbots einer geltungserhaltenden Reduktion ist es, den Anreiz zu vermeiden, unzulässige Bestimmungen zu verwenden, die im Falle ihrer Unzulässigkeit lediglich auf das höchstzulässige Maß reduziert werden.832 Denn das Gericht solle nicht rechtsgestaltend auf den Vertragsinhalt einwirken dürfen.833 Die Gefahr besteht jedoch nicht, wenn die Vereinbarung ohne Weiteres gegenständlich teilbar ist.834 Klauseln, die die Zeichennutzung für zukünftige Filialen regeln, obwohl sich die Ausdehnungsabsicht des Unternehmens noch nicht hinreichend manifestiert hat, können unproblematisch in Regelungen über bereits betriebene und noch nicht betriebene Standorte aufgeteilt werden. Sie dürfen daher geltungserhaltend auf die Zeichennutzung bereits betriebener Filialen reduziert werden. Klauseln, die die Wirkungskreise der Gleichnamigen aufteilen, können jedoch nicht sinnvoll unterteilt werden, ohne dass der Zweck der Klausel verloren ginge. Eine teleologische Reduktion scheidet bei diesen Klauseln daher aus. Allerdings steht das Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion der Umformulierung einer Vertragsklausel nicht entgegen, wenn die Umformulierung dazu dient, dass der Vertrag seinen hauptsächlichen Leistungsinhalt behält.835 Bezweckt die Abgrenzungsvereinbarung jedoch primär, die Wirkungsgebiete zwischen den Gleichnamigen aufzuteilen, um eine Verwechslungsgefahr bereits von Beginn an auszuschließen, so kann die Klausel nicht umformuliert werden, ohne die Abgrenzungsvereinbarung in ihrem hauptsächlichen Leistungsinhalt zu verändern. Eine Umformulierung ist mithin nicht möglich.

828 EuGH GRUR Ausl 1966, 586, 589 – Soci8t8 Technique Minie; EuGH GRUR Int 1987, 868, 869 – VAG France/Magne; BGH GRUR 1997, 675 – Druckgussteile. 829 Vgl. zur Begründung Canaris, DB 2002, 930, 931; ebenso ausführlich Weyer, in: FS Baur, S. 681, 691. 830 Grüneberg, in: Palandt, § 306 BGB Rn. 6. 831 Vgl. Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, § 1 GWB Rn. 194 m. w. N.; Canaris, DB 2002, 930, 931. 832 So zu § 306 Abs. 2 BGB Stadler, in: Jauernig, § 306 BGB Rn. 1; Grüneberg, in: Palandt, § 306 BGB Rn. 6. 833 BGH NJW 1997, 3089, 3090; BGH GRUR 2011, 641, 645 Rn. 53 – Jette Joop. 834 BGH GRUR 2011, 641, 645 Rn. 53 – Jette Joop. 835 BGH NJW 1995, 2553; BGH GRUR 2011, 641, 645 Rn. 54 – Jette Joop.

Rechtsfolge

II.

195

Teilnichtigkeit der Abgrenzungsvereinbarung

Ist eine geltungserhaltende Reduktion oder eine Umformulierung der Vertragsklauseln wie bei Klauseln, die die Wirkungsgebiete der Gleichnamigen territorial aufteilen, nicht möglich, so sind die Klauseln in vollem Umfang unwirksam. Fraglich ist, ob die Nichtigkeit einer Klausel zur Unwirksamkeit der gesamten Abgrenzungsvereinbarung führt oder ob der Restvertrag erhalten bleibt.

1.

Folge beim Verstoß gegen nationales Recht

Im nationalen Recht richtet sich die Entscheidung nach der Teil- bzw. Gesamtnichtigkeit der Abgrenzungsvereinbarung zwischen den Gleichnamigen nach § 139 BGB.836 Nach § 139 BGB dehnt sich die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts auf das gesamte Rechtsgeschäft aus, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre. Dafür ist auf den (hypothetischen) Parteiwillen abzustellen.837 Vor allem salvatorische Klauseln innerhalb der Abgrenzungsvereinbarungen lassen auf einen hypothetischen Parteiwillen schließen, den Vertrag aufrechterhalten zu wollen.838 Denn die salvatorische Klausel839 soll die gesetzte Rechtsfolge des § 139 BGB ersetzen840 und die Vereinbarung bestandssicher machen,841 indem eine Rechtsfolge festgeschrieben wird, wenn die ursprüngliche Regelung sich als ganz oder teilweise unwirksam erweisen sollte.842 Die Klausel kann in zwei Formen ausgestaltet sein – als Erhaltungs- oder/und Ersetzungsklausel. Eine Kombination aus Erhaltungsund Ersetzungsteil ist die wohl weit verbreitetste Form.843 Dabei regelt die Erhaltungsklausel, dass die übrigen Bestimmungen gültig erhalten bleiben, falls einzelne Bestimmungen des Vertrages ganz oder teilweise nichtig sind. Ersetzungsklauseln hingegen ändern eine nichtige Bestimmung durch eine Klausel 836 BGH GRUR 2011, 641, 644f. Rn. 51 – Jette Joop. 837 Mansel, in: Jauernig, § 139 BGB, Rn. 7; Busche, in: MüKo, § 139 BGB Rn. 12, 29ff.; daneben stellt Steindorff, in: FS für Hefermehl, S. 177, 186 auch auf die öffentliche Ordnung (insbesondere Generalprävention) und den Zweck der zur Teilnichtigkeit führenden Norm ab; andererseits wird § 139 BGB als eine vom Parteiwillen unabhängige Nichtigkeitsvermutung verstanden, vgl. Ulmer, in: FS Steindorff, S. 799, 801f. m. w. N. 838 BGH GRUR 2011, 641, 644f. Rn. 51f. – Jette Joop; so auch im Ergebnis Bunte, GRUR 2004, 301, 302ff. kritisch zu BGH GRUR 2004, 353 – Tennishallenpacht. 839 Salvare = lateinisch für retten. 840 Ellenberger, in: Palandt, § 139 BGB Rn. 17. 841 Weyer, in: FS Baur, S. 681, 683; Canaris, DB 2002, 930, 934; Bunte, GRUR 2004, 301. 842 Weyer, in: FS Baur, S. 681, 682. 843 Strohe, NJW 2003, 1780; Bunte, GRUR 2004, 301.

196

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

ab, die dem wirtschaftlich Gewollten in zulässiger Weise am Nächsten kommt.844 Im Zusammenhang mit einer kartellrechtswidrigen Abgrenzungsklausel kann daher durch das Vorliegen einer salvatorischen Klausel darauf geschlossen werden, dass die Abgrenzungsvereinbarung auch im Fall einer teilweisen Nichtigkeit im Übrigen aufrecht erhalten bleiben soll.845 Maßgeblich ist, worauf sich die Parteien redlicher Weise bei Vertragsschluss verständigt hätten, wenn ihnen schon damals die Teilnichtigkeit bekannt gewesen wäre.846 Daher wird eine Gesamtnichtigkeit immer dann anzunehmen sein, wenn die wettbewerbsbeschränkende Klausel nicht aus dem Vertrag herausgestrichen werden kann, weil der nichtige Vertragsteil von derart grundlegender Bedeutung ist, dass die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts nicht mehr als vom Willen der Vertragsparteien umfasst angesehen werden kann.847 Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrags verändert würde848 bzw. die Klausel mit den anderen Vereinbarungen in einem derart engen rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang steht,849 dass der Vertrag ohne sie nicht abgeschlossen worden wäre.850 Der räumliche Gebietsschutz ist beispielsweise eine wesentliche Vertragsbestimmung, um ein Nebeneinander zu ermöglichen und die Verwechslungsgefahr von Beginn an zu bannen. Die nichtige Klausel kann nicht abgetrennt werden, ohne den Gesamtcharakter des Vertrages zu verändern. Insofern zieht die Unwirksamkeit einer einzelnen Klausel die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages nach sich.

844 BGH NJW 2005, 2225, 2226; Wendtland, in: BeckOK BGB, § 139 BGB Rn. 7; Busche, in: MüKo, § 139 BGB Rn. 13. 845 BGH NJW 1994, 1651 – Pronuptia II; LG Mannheim NJWE-WettbR 1999, 244, 247; später sprach der BGH salvatorischen Klauseln lediglich Bedeutung für die Darlegungs- und Beweislast zu vgl. BGH NJW 2003, 347f.; BGH GRUR 2004, 353 – Tennishallenpacht; Strohe, NJW 2003, 1780, 1781 meint, dass es im Ergebnis aber wohl auf das Gleiche hinaus läuft; Bunte, GRUR 2004, 301; Leutner/Stenzel, NZG 2012, 1406, 1408. 846 BGH GRUR 1955, 468, 471 – Kokillenguß; Hefermehl, in: Soergel, § 139 BGB Rn. 135 m. w. N. 847 BGH NJW 1996, 773, 774f.; BGH NJW 2010, 1660, 1661; KG NJW-RR 1996, 431, 432; Leutner/Stenzel, NZG 2012, 1406, 1408. 848 BGH NJW 2010, 1660, 1661. 849 BGH GRUR 1960, 304; BGH NJW 1992, 234 – Freistellungsende; OLG Karlsruhe WuW/E OLG 5478, 5484 – Bedside-Testkarten; Steindorff, in: FS Hefermehl, S. 177, 182 f.; Helm, GRUR 1976, 496, 497 f.; zur rechtlichen Trennbarkeit s. OLG Stuttgart WuW/E OLG 2803, 2804 f. 850 BGH NJW 1952, 299; vgl. ferner zur möglichen Trennbarkeit Steindorff, in: FS für Hefermehl, S. 177ff., 187.

Rechtsfolge

2.

197

Folge beim Verstoß gegen Unionsrecht

Die Nichtigkeit nach Art. 101 Abs. 2 AEUV beschränkt sich auf die Klauseln, die die Beschränkung beinhalten, sowie die damit unmittelbar zusammenhängenden oder der Absicherung der Wettbewerbsbeschränkung dienenden Klauseln.851 Die restlichen Klauseln der Abgrenzungsvereinbarung werden äquivalent dem deutschen Recht von der Nichtigkeit nach Art. 101 Abs. 2 AEUV nur erfasst, wenn sie sich von den wettbewerbsbeschränkenden Klauseln nicht trennen lassen.852

III.

Ergebnis

Ein Verstoß gegen eine kartellrechtlich zulässige Klausel stellt eine vertragliche Pflichtverletzung dar, die einen Unterlassungsanspruch begründet. Kartellrechtswidrige Klauseln hingegen sind nach § 1 GWB i. V. m § 134 BGB bzw. nach Art. 101 Abs. 2 AEUV nichtig, können jedoch geltungserhaltend reduziert werden, wenn die Klausel gegenständlich von den anderen Klauseln teilbar ist. Daher dürfen die Klauseln, die die Zeichennutzung für zukünftige Filialen regeln, geltungserhaltend auf die Zeichennutzung bereits betriebener Filialen reduziert werden. Ist eine Trennung, wie bei Gebietsaufteilungsklauseln, hingegen nicht möglich, kann die Vertragsklausel umformuliert werden, wenn die Umformulierung dazu dient, dass der Vertrag seinen hauptsächlichen Leistungsinhalt behält. Bezweckt die Abgrenzungsvereinbarung jedoch primär, die Wirkungsgebiete zwischen den Gleichnamigen aufzuteilen, so kann die Klausel nicht umformuliert werden, ohne die Abgrenzungsvereinbarung in ihrem hauptsächlichen Leistungsinhalt zu verändern. Ist daher weder eine geltungserhaltende Reduktion noch eine Umformulierung der Vertragsklauseln möglich, ist die Klausel in vollem Umfang unwirksam. Weder auf nationaler Ebene nach § 139 BGB noch auf Unionsebene nach Art. 101 Abs. 2 AEUV führt dies jedoch zwangsweise zur Gesamtnichtigkeit der Abgrenzungsvereinbarung. Sie ist aber gegeben, wenn sich die kartellrechtswidrige Klausel nicht von den anderen Klauseln trennen lässt, ohne den Hauptzweck zu beeinflussen. Ist die gesamte Abgrenzungsvereinbarung nichtig, so kann ein vertraglicher Unterlassungsanspruch nicht auf sie gestützt werden.

851 EuGH GRUR 1966, 580, 583 – Grundig/Consten; Hoffmann, in: Dauses/Ludwigs, Art. 101 AEUV Rn. 134. 852 EuGH GRUR 1966, 580, 583 – Grundig/Consten; EuGH NJW 1984, 555, 556; EuGH EuZW 1991, 376, 379 – Delimitis; Hoffmann, in: Dauses/Ludwigs, Art. 101 AEUV Rn. 134.

198

D.

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen zwischen Gleichnamigen

Gesamtergebnis

Kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen unterliegen der kartellrechtlichen Überprüfung. In Anlehnung an die von den gleichnamigen Gesellschaften Peek & Cloppenburg geführten Rechtsstreitigkeiten sind Abgrenzungsklauseln über die Art der Zeichenbenutzung, über die Aufteilung von Werbe- und Wirkungsgebieten und über die Domain- und Markenverwendung untersucht worden. Es ist festzustellen, dass es für die kartellrechtliche Zulässigkeit entscheidend ist, ob die Klauseln den Rücksichtnahmepflichten zwischen Gleichnamigen nach § 23 Nr. 1 MarkenG entsprechen. Klauseln, die einen allgemein aufklärenden Hinweis über die Unabhängigkeit enthalten oder konkreter ein Werbe – oder Wirkungsverbot statuieren oder die Nutzung einer Domain oder Marke untersagen, wenn ein aufklärender Hinweis oder Zusatz zu der Lage der Gleichnamigen fehlt, entsprechen dem Rücksichtnahmegebot. Ebenso erfasst sind Regelungen über die Art der Benutzung des Unternehmenskennzeichens, wie z. B. Farbschemata des analogen oder digitalen Unternehmenslogos. Abgrenzungsklauseln dürfen auch in der Form ausgestaltet sein, dass die Parteien unterscheidungskräftige Zusätze aufnehmen müssen und im Gegenzug die andere Partei auf die Erhebung von Ansprüchen gegen eine Markenanmeldung verzichtet. Ein Verstoß gegen eine solche kartellrechtlich zulässige Klausel stellt eine vertragliche Pflichtverletzung dar, die einen Unterlassungsanspruch begründet. Vereinbaren die Kennzeichenrechtsträger hingegen Abgrenzungsklauseln, in denen sie ihre Werbe- und Wirkungsgebiete uneingeschränkt aufteilen, überschreiten sie dadurch das Rücksichtnahmegebot des § 23 Nr. 1 MarkenG. Diese Klauseln sind kartellrechtswidrig und mithin nach § 1 GWB i. V. m § 134 BGB bzw. nach Art. 101 Abs. 2 AEUV nichtig. Da diese Klauseln gegenständlich nicht von den anderen Klauseln teilbar sind, ist eine geltungserhaltende Reduktion nicht möglich. Eine Umformulierung der Klauseln scheitert ebenso, da die Klauseln nicht umformuliert werden können, ohne die Abgrenzungsvereinbarung in ihrem hauptsächlichen Leistungsinhalt zu verändern. Eine solche Klausel ist daher in vollem Umfang unwirksam. Diese Unwirksamkeit wirkt sich bei Gebietsaufteilungsklauseln auf die gesamte Abgrenzungsvereinbarung aus, so dass ein vertraglicher Unterlassungsanspruch zwischen Gleichamigen nicht auf sie gestützt werden kann.

Zusammenfassung

In Kapitel 1 wurde festgestellt, dass ein am Geschäftsverkehr teilnehmendes Unternehmen sich bezeichnen muss, um von anderen Beteiligten unterschieden werden zu können. Abhängig von der Rechtsform des Unternehmens ist dieses darüber hinaus verpflichtet, einen Namen zu führen und unter diesem zu firmieren. Dem Unternehmen steht es aber frei, unter welchem Wahlnamen es im wirtschaftlichen Verkehr auftreten will. Es unterliegt nur in Ausnahmereglungen dem gesetzlichen Zwang, bestimmte Merkmale im Namen aufzunehmen. Unabhängig davon ist jedermann berechtigt, seinen bürgerlichen Namen in redlicher Weise für die Kennzeichnung des Unternehmens zu verwenden.853 Entscheidend für die Namenswahl ist, dass der Name der Individualisierung und Kennzeichnung des Unternehmens dient.854 Der Name des Unternehmens wird als Unternehmenskennzeichen geschützt, dessen Schutz sowohl nach §§ 5 Abs. 2 S. 1, 15 MarkenG als auch nach § 12 BGB gewährt wird. Der kennzeichenrechtliche Schutz aus §§ 5, 15 MarkenG verdrängt jedoch den Namensschutz aus § 12 BGB in seinem umfassenden in sich geschlossenen deckungsgleichen Anwendungsbereich. Daher können sich die in dieser Arbeit untersuchten branchengleichen bzw. branchennahen gleichnamigen Unternehmen nur auf den Verwechslungsschutz nach § 15 Abs. 2 MarkenG berufen. Die früher bestehende Namensführungspflicht und das bestehende Namensführungsrecht kollidieren und führen zur berechtigten Gleichnamigkeit verschiedener Unternehmenskennzeichen im gleichen Schutzbereich. Dadurch kommt es zu einem Widerspruch zwischen der berechtigten Koexistenz der Zeichen und den Ausschließlichkeitsrechten der Zeicheninhaber, der sich zum einen in dem Verhältnis der Zeichenträger zueinander, aber auch im Verhältnis zum Konsumenten, der der Verwechslungsgefahr unterliegt, verdeutlicht. Für 853 BGH GRUR 1957, 342 – Underberg; BGH GRUR 1958, 187 – Wyeth; BGH GRUR 1966, 623 – Kupferberg; BGH GRUR 1968, 212, 213 – Hellige; BGH GRUR 1993, 579, 580 – Römer GmbH. 854 BGH GRUR 2008, 1108, 1111f. Rn. 44 – Haus & Grund III; BGH GRUR-RR 2010, 205, 206 Rn. 27 – Haus & Grund IV.

200

Zusammenfassung

die Lösung des Interessenkonflikts zwischen den Unternehmenskennzeichenträgern ist zunächst gemäß § 6 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 5 Abs. 1, 2, 15 MarkenG an den das Kennzeichenrecht beherrschenden Prioritätsgrundsatz zu denken. Die Anwendung des Prioritätsgrundsatzes löst zwar die Konkurrenz zwischen den gleichnamigen Unternehmen. Die Auflösung erfolgt jedoch ausschließlich zulasten des Prioritätsjüngeren, der sich trotz seines Namensführungsrechtes den Vorwurf als Namensverletzender gefallen lassen muss. Die einseitige Belastung des jüngeren Namensträgers ist vor dem Hintergrund des Namensführungsrechtes nicht billig, so dass der Grundsatz der Priorität die kollidierenden Interessen im Recht der Gleichnamigen nicht zufriedenstellend auflöst. Die Interessen zwischen den Kennzeichenträgern und den Konsumenten sollten stattdessen über die bestehende Schranke des § 23 Nr. 1 MarkenG ausgeglichen werden. Diese ermöglicht zum einen eine Koexistenz zwischen den Kennzeichenträgern, ohne die Interessen einer Partei vorzuziehen. Zum anderen können die Konsumenten vor einer Verwechslungsgefahr geschützt werden, in dem den Gleichnamigen über das unbestimmte Merkmal des »sittengemäßen Gebrauchs« ein Verhaltenskodex auferlegt werden kann, der die Verwechslungsgefahr zumindest verringert. Die Neuregelung des Art. 14 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 RL 2015/2436/EU, die über § 23 MarkenG bis Januar 2019 in nationales Recht umgesetzt werden muss, sieht jedoch zumindest bei Markenverletzungen eine Beschränkung der Schranke des Namensprivilegs auf den Namen natürlicher Personen vor. Da die für das Markenrecht geltenden harmonisierten Regelungen vom nationalen Gesetzgeber allerdings bisher uneingeschränkt auf das Recht der geschäftlichen Bezeichnungen übertragen wurden, droht die Gefahr, dass sich Unternehmenskennzeichenträger bei Verletzung eines gleichnamigen Unternehmenskennzeichens künftig nicht mehr auf die Schrankenregelung des § 23 Nr. 1 MarkenG berufen könnten. Mangels eines Umsetzungszwangs für geschäftliche Bezeichnungen und im Sinne der Rechtsklarheit sollte das Namensprivileg im Recht der geschäftlichen Bezeichnungen daher nicht auf natürliche Personen beschränkt werden. § 23 MarkenG sollte stattdessen neugefasst werden und für die Schranke des Namensprivilegs zwischen der Verletzung einer Marke und einer geschäftlichen Bezeichnung unterscheiden. Andernfalls besteht nur die Möglichkeit die bisherige Rechtsprechung zum Gleichnamigenrecht über § 15 Abs. 2 MarkenG oder eine analoge Anwendung des § 23 Nr. 1 MarkenG weiterzuführen. Das Namensführungsrecht und der geschützte Besitzstand der Gleichnamigen zwingen die Parteien, miteinander zu koexistieren. Es kann ihnen daher, wie in Kapitel 2 geprüft, zunächst nicht verwehrt werden, sich in redlicher Weise im geschäftlichen Bereich unter ihrem Namen zu betätigen. Dieser Grundsatz wird aber eingeschränkt, wenn durch den Gebrauch des Namens die Gefahr besteht, mit dem gleichnamigen Namensträger verwechselt zu werden. Um der Rück-

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sichtnahmepflicht gegenüber dem Anderen nachzukommen, müssen daher der Prioritätsjüngere in den echten Gleichnamigenfällen und beide Parteien bei den unechten Fällen einen unterscheidungskräftigen Zusatz wie den Vornamen eines Gesellschafters oder den Sitz des Unternehmens aufnehmen. Die dadurch geschaffene Gleichgewichtslage kann durch eine Expansion, Werbung und eine Domain – oder Markenanmeldung gestört werden. Da der handelnde Gleichnamige jedoch ein Recht auf diese Verhaltensformen hat, können sie ihm nicht untersagt werden. Um die Interessen des anderen Gleichnamigen, nicht verwechselt zu werden, zu berücksichtigen, muss der störende Gleichnamige unabhängig von einer einstiegen Priorität einen unterscheidungskräftigen Zusatz aufnehmen, wenn die Störung zu einer Ausweitung des Tätigkeitsgebietes führt. Andernfalls reicht als milderes Mittel ein aufklärender Hinweis aus. Eine Expansion des Unternehmens oder eine mit einer Kaufoption verbundene Domainanmeldung weitet den Tätigkeitsbereich des handelnden Gleichnamigen aus. Die dadurch erfolgte Störung der Gleichgewichtslage ist folglich nur zulässig, wenn der verantwortliche Gleichnamige einen unterscheidungskräftigen Zusatz aufnimmt. Bezweckt die Anmeldung der Domain hingegen, Kunden und potentiell zukünftige Käufer ausschließlich über das Unternehmen und dessen Produkte/Dienstleistungen werbend zu informieren, ohne dass ein Verkauf angeboten wird, wird der Tätigkeitsbereich nicht ausgedehnt. Ebenso strebt die Print- und Onlinewerbung ausschließlich die Imagepflege des Unternehmens an. Insofern genügt der handelnde Gleichnamige dem Rücksichtnahmegebot, wenn er einen deutlichen Hinweis aufnimmt, der auf die Koexistenz der beiden verwechslungsfähigen Unternehmenskennzeichen aufmerksam macht. Ist die Steigerung der Verwechslungsgefahr nicht durch einen entsprechenden Zusatz oder Hinweis reduziert wurden, so stehen dem betroffenen Gleichnamigen ein Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 2, 4 MarkenG sowie im Umfang des Unterlassungsanspruches ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 5 MarkenG zu. Die Anmeldung einer Marke führt dazu, dass das Kennzeichen nicht nur firmenmäßig, sondern auch markenmäßig benutzt wird, so dass mit der Anmeldung eine Erweiterung des Tätigkeitsbereiches einhergeht. Die Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem anderen Gleichnamigen verlangt daher, einen unterscheidungskräftigen Zusatz aufzunehmen. Die Aufnahme eines Zusatzes ist jedoch aufgrund der Prägetheorie zumeist nicht geeignet, die Verwechslungsgefahr zu vermeiden. Ein Gleichnamiger kann einer dennoch eingetragenen Marke innerhalb von drei Monaten widersprechen oder danach einen Löschungsantrag gem. §§ 12, 51 Abs. 1, 2 Nr. 2 MarkenG stellen. § 12 MarkenG ist entgegen seines Wortlauts dahingehend zu reduzieren, dass auch ein (gleichnamiger) Unternehmenskennzeicheninhaber, der ausschließlich für einen begrenzten Schutzbereich Unterlassung verlangen kann, als relatives Eintra-

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gungshindernis der Eintragung einer jüngeren Marke entgegen stehen kann, wenn sein Zeichen wirtschaftliche Relevanz aufweist. In Kapitel 3 konnte ein Zusammenhang zwischen der nationalen Gleichgewichtslage der Gleichnamigen und der Anmeldung einer Unionsmarke herausgearbeitet werden: Das national entwickelte Gleichnamigenrecht kann als relatives Eintragungshindernis die Eintragung einer Unionsmarke nach Art. 8 Abs. 4 VO 2017/1001/EU verhindern, wenn nach Art. 8 Abs. 4 VO 2017/ 1001/EU das im geschäftlichen Verkehr benutzte Zeichen mehr als lediglich örtliche Bedeutung hat und das prioritätsältere Zeichen nach dem maßgeblichen Recht des Mitgliedstaats seinem Kennzeicheninhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. Dabei rechtfertigt es die Gleichnamigenkonstellation zwischen den Kennzeichenträgern nicht, die Tatbestandsmerkmale des zulässigen Widerspruchs restriktiver auszulegen oder als zusätzliches Tatbestandsmerkmal eine Funktionsbeeinträchtigung des Unternehmenskennzeichens zu fordern. Über das Eintragungsverfahren hinaus stärkt Art. 138 VO 2017/1001/EU das Recht eines punktuell bedeutsamen Gleichnamigen. Nach § 23 Nr. 1 MarkenG muss der Inhaber des Unternehmenskennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr folglich hinnehmen, wenn ein gleichnamiger Unternehmenskennzeichenträger ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung des Zeichens hat, redlich handelt und alles Erforderliche und Zumutbare getan hat, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hinnehmbares Maß zu reduzieren. Insofern stehen ihm keine Ansprüche gegen den Gleichnamigen zu. Um die dennoch zwischen gleichnamigen Unternehmen (verbleibende) Verwechslungsgefahr zu unterbinden, versuchen die Unternehmensträger, ihre Ansprüche auf das Lauterkeitsrecht nach § 5 Abs. 2 UWG zu stützen. Kapitel 4 hat gezeigt, dass die Verfolgung der lauterkeitsrechtlichen Ansprüche neben den kennzeichenrechtlichen Ansprüchen entgegen der Vorrangthese möglich ist. Erfüllt eine Kennzeichenrechtsverletzung zugleich den Tatbestand des § 5 Abs. 2 UWG, so stehen die markenrechtlichen Ansprüche des Zeicheninhabers nach § 15 Abs. 2, 4 MarkenG und die auf § 8 Abs. 1, 3 i. V. m. § 5 Abs. 2 UWG gestützten lauterkeitsrechtlichen Ansprüche im Verhältnis der Anspruchskonkurrenz zueinander. Die Rechtsordnung erkennt jedoch im Rahmen des § 23 Nr. 1 MarkenG über das Institut der Gleichnamigen in einem gewissen Umfang die Koexistenz von identischen oder ähnlichen Unternehmenskennzeichen und damit auch die Gefahr an, dass der Verkehr die beiden Unternehmen nicht unterscheiden kann. Der lauterkeitsrechtliche Anspruch wird in seinem Anwendungsbereich hingegen nicht durch eine der § 23 Nr. 1 MarkenG vergleichbaren Regelung beschränkt. Um aber logische Widersprüche zum Markenrecht zu vermieden und die Rechtssicherheit zu wahren, zeigte die Untersuchung, dass die Wertungen des Markenrechts über den Verhältnismä-

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ßigkeitsgrundsatz des § 5 UWG in das Lauterkeitsrecht einbezogen werden können. Kommt das Unternehmen seiner kennzeichenrechtlichen Rücksichtnahmepflicht mithin nach und werden die gleichnamigen Unternehmen dennoch in Einzelfällen verwechselt, so ist das Verhalten des Gleichnamigen verhältnismäßig und rechtfertigt wie im Kennzeichenrecht keinen Wettbewerbsverstoß nach § 5 Abs. 2 UWG. Nur gering ins Gewicht fallende Fehlvorstellungen des Verkehrs sind insofern im Hinblick auf die langjährige redliche Koexistenz der Unternehmenskennzeichen der Parteien und deren aufklärende Zusätze hinzunehmen Die Benutzung des gleichnamigen Kennzeichens kann mithin nicht den Tatbestand des § 5 Abs. 2 UWG verletzen, wenn die Zeichenbenutzung nach § 23 Nr. 1 MarkenG zulässig ist. Um den Parteien die möglichen Unsicherheiten über kennzeichen- und lauterkeitsrechtliche Ansprüche und die Zeit eines Rechtsstreites zu ersparen, ist es m. E. jedoch am rechtssichersten, eine kennzeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung zu treffen. Die Abgrenzungsvereinbarung birgt allerdings die Gefahr, dass sich die Parteien durch sie in ihrem Verhalten leiten lassen. Die kennzeichenrechtlichen Abgrenzungsvereinbarungen unterliegen daher ebenso der kartellrechtlichen Überprüfung. Kapitel 5 hat gezeigt, dass Abgrenzungsklauseln kartellrechtlich unzulässig sind, wenn sie eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken. Absprachen über die Art der Zeichenverwendung, die beschränkte Domain- und Markenverwendung, über Aufteilungen der Absatz- und Werbegebiete sowie ein generelles Verbot der Domain- und Markenverwendung beschränken das freie unternehmerische Handeln auf dem Markt. Sie wirken daher wettbewerbshemmend. Die Hemmung des Wettbewerbs führt dann nicht zu seiner Beschränkung, wenn die hemmenden Effekte in einer Gesamtbewertung durch wettbewerbsfördernde Faktoren ausgeglichen werden können. Voraussetzung für einen wettbewerbsfördernden Effekt ist ein tatsächlich bestehender Zeichenkonflikt zwischen den Parteien, der mithilfe der Abgrenzungsvereinbarung beseitigt wird. Die Vereinbarungen, die den nach § 23 Nr. 1 MarkenG vorgeschriebenen Rücksichtnahmepflichten entsprechen, wirken sowohl wettbewerbsfördernd als auch wettbewerbshemmend. Es bedarf daher einer Gesamtabwägung zwischen den positiven und negativen Effekten. Die Bewertung hat gezeigt, dass Wettbewerbsbegrenzungen jedoch notwendig und angemessen sind, wenn die wesentliche Funktion des Unternehmenskennzeichens, die Unterscheidungs- und Identifikationsfunktion geschützt werden soll. Soweit die Abgrenzungsvereinbarung dem Schutzbereich der betroffenen Kennzeichenrechte nach § 23 Nr. 1 MarkenG entspricht, liegt in den Abreden mithin keine tatbestandliche Wettbewerbsbeschränkung i. S. des Kartellrechts. Die Legitimation des Parteienverhaltens nach § 23 Nr. 1 MarkenG führt im Sinne einer einheitlichen Rechtsordnung dazu, den Tatbestand der Wettbewerbsbeschränkung auszuschließen, wenn die Vereinbarungen den

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Rücksichtnahmepflichten des Gleichnamigenrechts entsprechen. Verstößt einer der Gleichnamigen gegen diese kartellrechtlich zulässigen Klauseln, kann die andere Partei aus dem Vertrag auf Unterlassung klagen. Versuchen dagegen die Schutzrechtsinhaber, den Inhalt der Kennzeichenrechte über deren gesetzlichen Inhalt hinaus auszudehnen, beschränken sich die Gleichnamigen zum einen in ihren freien unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten und zum anderen den Markt. Insofern schützt das Kartellrecht den Wettbewerb nicht, der aufgrund anderer Normen zu unterlassen ist. Diese Klauseln sind nach Art. 101 Abs. 2 AEUV bzw. gemäß § 1 GWB i. V. m. § 134 BGB nichtig. Sie können jedoch geltungserhaltend reduziert werden, wenn die Klausel gegenständlich von den anderen Klauseln teilbar ist. Ist eine Trennung, nicht möglich, kann die Vertragsklausel umformuliert werden, wenn die Umformulierung dazu dient, dass der Vertrag seinen hauptsächlichen Leistungsinhalt behält. Ist weder eine geltungserhaltende Reduktion noch eine Umformulierung der Vertragsklauseln möglich, ist die Klausel in vollem Umfang unwirksam. Weder auf nationaler Ebene nach § 139 BGB noch auf Unionsebene nach Art. 101 Abs. 2 AEUV führt dies jedoch zwangsweise zur Gesamtnichtigkeit der Abgrenzungsvereinbarung. Sie ist aber gegeben, wenn sich die kartellrechtswidrige Klausel nicht von den anderen Klauseln trennen lässt, ohne den Hauptzweck zu beeinflussen. Ist die gesamte Abgrenzungsvereinbarung nichtig, so kann ein vertraglicher Unterlassungsanspruch nicht auf sie gestützt werden.

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