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German Pages 208 [209] Year 2016
ISBN 978-3-402-12951-7
Steffen Leins
Das Prager Münzkonsortium 1622/23 Steffen Leins • Das Prager Münzkonsortium 1622/23
Böhmen, zu Beginn des Jahres 1622. Gerade hatte Kaiser Ferdinand II. den Aufstand der einheimischen Adligen blutig niedergeschlagen. Doch es stand ein kriegerischer Konflikt bevor, der drei Jahrzehnte dauern und halb Europa beschäftigen sollte. In dieser Lage belastete den Habsburger eine Finanzkrise aufs äußerste. So gestattete er zwei Privatbankiers aus Prag, das Währungswesen mehrerer Länder über ein Konsortium zu pachten. Ehrgeizige Höflinge hatten den Monarchen von diesem schwerwiegenden Schritt überzeugt. Sie versprachen ihm, rasch Geld für den erwarteten Krieg zu schaffen, indem die Silbermünze mit Kupfer gestreckt würde. Dieses scheinbar geschickte Vorgehen zeitigte indes ungeahnte inflationäre Folgen. Das Buch zeichnet Zustandekommen und katastrophale Konsequenzen einer der größten Kapitaltransaktionen des Dreißigjährigen Krieges, ja der neuzeitlichen Geschichte nach. Steffen Leins hat klärendes Licht in jenes lange als „geheimnisvoll“ geltende Geschäft gebracht und die Beteiligten wie ihre Beweggründe aufgedeckt.
Ein Kapitalgeschäft im Dreißigjährigen Krieg am Rand der Katastrophe
Steffen Leins Das Prager Münzkonsortium 1622/23
Steffen Leins
DAS PRAGER MÜNZKONSORTIUM 1622/23 Ein Kapitalgeschäft im Dreißigjährigen Krieg am Rand der Katastrophe
Diese Arbeit ist im Zusammenhang mit dem Sonderforschungsbereich 437 „Kriegserfahrungen, Krieg und Gesellschaft in der Neuzeit“ (Tübingen) entstanden und wurde auf seine Veranlassung unter Verwendung der ihm von der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellten Mittel gedruckt.
© 2012 Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Münster Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischen oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Vergütungsansprüche des § 54 Abs. 2 UrhG werden durch die Verwertungsgesellschaft Wort wahrgenommen. Gesamtherstellung: Aschendorff Druck und Dienstleistungen GmbH & Co. KG, Druckhaus Aschendorff, Münster 2012 Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier ∞ ISBN 978-3-402-12951-7
„Pecunia nervus belli“ – Geld ist die Lebensader des Krieges
wörtlich oder sinngemäß bei
CICERO (106–43 v. Chr.), De imperio Cn. Pompei 17; Philippica V 2 TACITUS (55–115 n. Chr.), Historiae IV 74 PLUTARCH (46–120 n. Chr.), Kleomenes 27 OBRECHT (1547–1612), Discursus Bellico-Politicus IV 4 LIPSIUS (1547–1606), Politicorum sive Civilis doctrinae libri sex IV 11
Hingegen MACHIAVELLI (1469–1527) – Discorsi sopra la prima deca di Tito Livio II 10, sowie Il Principe XII –, der auf Probleme hinweist, die durch profitorientierte Kriegsführung entstehen können.
INHALTSVERZEICHNIS EINFÜHRUNG: KRIEG, KOMMERZ UND KAPITAL AM BEGINN DER NEUZEIT .................................................................... A. B. C. D. I.
Thema ................................................................................. Quellen ................................................................................ Forschung ............................................................................ Methoden ............................................................................
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DAS NETZWERK DES KONSORTIUMS .................................
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II.
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Die Zeit nach der Schlacht am Weißen Berg und die Lage der habsburgischen Krone ................................. a) Die Finanznot des Kaisers und ihre Implikationen .................................................... b) Die geopolitische Situation und Schreckensvisionen Ferdinands II. .......................... c) Kaiserliche Dekrete und die Neuordnung Böhmens ................................... Zwischenbilanz .................................................................... Eine Wiener Hofpartei von Kriegsunternehmern und ihre Verbindungen ............................................................ a) Konfessionelle Indifferenz und Konversionen zum Katholizismus ............................ b) Reiche Heiraten und Familienbande im Zeichen des Opportunismus ............................... c) Erfahrungen im Kriegsgeschäft und der Wille zur Macht .............................................. Zwischenbilanz .................................................................... Zwei Interessensphären werden geeint: Die Idee zum Geheimvertrag ............................................. Zwischenbilanz ....................................................................
DIE TÄTIGKEIT DES KONSORTIUMS ................................... 4.
De iure: Die Vertragsbestimmungen der Kapitalgesellschaft ....................................................... a) Vertragspartner und deren Unterschriften ............. b) Prägemonopol und dessen Konditionen ................ c) Silber- und Edelmetallmonopol ............................... d) Konditionen der Pacht .........................................
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Inhaltsverzeichnis
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Zwischenbilanz .................................................................... In praxi: Rollen- und Aufgabenverteilung ........................ a) Bassevi und de Witte, die beiden Geschäftsführer ...................................... b) Hohe Repräsentanten und die Hofkammer .................................................... c) Umsätze und Geschäftsanteile ................................. Zwischenbilanz .................................................................... De facto: Gezielte Münzverschlechterung ohne Rücksicht und Ende? ................................................ a) Münzmanipulationen ............................................... b) Kapitaltransaktionen ................................................ c) Erste Denunziationen ............................................... Zwischenbilanz ....................................................................
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III. KONSEQUENZEN DES KONSORTIUMS ...............................
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8.
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Kriegsprofite de facto: Bereicherungen, soziale Promotionen und jähe Abstürze ........................... a) Erwerb konfiszierter Rebellengüter in großem Stil ............................................................ b) Karrieren, Rangerhöhungen und Elitentausch ............................................................... c) Mancher überlebt kaum das nächste Jahrzehnt ..................................................... Zwischenbilanz .................................................................... Kriegsverluste de iure: Bankrott, Rechthaberei und Prozesse ................................................ a) Die große Calada ....................................................... b) Die gängigen Rechtsauffassungen ........................... c) Ein juristischer Schlagabtausch ............................... d) Die langen Liechtensteinprozesse ........................... Zwischenbilanz .................................................................... Kriegsfolgen in praxi: Wirkungen und Wahrnehmungen bis hin zu Aspekten der Staatsbildung ................................................................ a) Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Inflation ...................... b) Vergebliche Versuche, der Inflationsfolgen Herr zu werden ....................... c) Die Unterwerfung mit der neuen Landesordnung ............................................. Zwischenbilanz ....................................................................
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Inhaltsverzeichnis
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SCHLUSSBETRACHTUNGEN: DAS PRAGER MÜNZKONSORTIUM, EIN HÖHEPUNKT HALBPRIVATER KRIEGSFINANZIERUNG IN DER FRÜHEN NEUZEIT .............................................................................
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ANHANG
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Edition des Vertrags zum Münzkonsortium ..................... 1. Der offizielle Contract ................................................ 2. Die Vorverhandlungen ............................................. 3. Das Hofkammergutachten ....................................... Quellen- und Literaturverzeichnis .................................... 1. Quellen ...................................................................... a) Unveröffentlichte Quellen ................................... b) Edierte Quellen .................................................... 2. Literatur ..................................................................... Abkürzungsverzeichnis ...................................................... Abbildungsverzeichnis ....................................................... Orts- und Personenregister ................................................ Nachwort und Dank des Autors .........................................
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B.
C. D. E. F.
EINFÜHRUNG: KRIEG, KOMMERZ UND KAPITAL AM BEGINN DER NEUZEIT Schwerwiegende Finanzkrisen verleiten mitunter zu tiefgreifenden Maßnahmen, deren Konsequenzen danach möglicherweise bitter bereut werden. Dies war vor rund 400 Jahren nicht anders als es heute ist. Damals ging es indes nicht um den Zusammenbruch des internationalen Bankensystems oder um Börsenabstürze. Derlei komplizierte Organisationsformen waren noch im Entstehen begriffen, und es herrschte der Typus des Merchant Bankers oder Handelsbankiers vor, welcher allenfalls punktuell europaweit vernetzt war. Vielmehr handelte es sich um eine durch kriegerische Auseinandersetzungen verursachte Finanzkrise. Doch schon in dieser Phase, da der europäische Kapitalismus als vorherrschende Wirtschaftsordnung höchstens im Keim angelegt war und lehensadlig-feudale sowie altständisch-korporative Strukturen nach wie vor ganz wesentlich soziale Systeme und das Handeln der Menschen prägten, spielten große Geldsummen, anders als gemeinhin angenommen, eine nicht zu unterschätzende Rolle, gerade auch im Bereich der Kriegsführung. Geld lässt sich indes nicht aus dem Nichts erwirtschaften – auch dies eine Binsenweisheit, die zur Zeit Wallensteins genauso gültig war, wie sie es heute ist. Entscheidend aber wirkt beim Geld nicht unbedingt sein Materialwert, sondern der abstrakte Glaube an seine Wertigkeit – davon hängt letztlich ab, ob die Bevölkerung es schätzt und verwendet. Eine solche Geldgläubigkeit bietet freilich einiges Manipulationspotential. Daher wurde, insbesondere in Perioden des Krieges, immer wieder auf verschiedendste Weise versucht, Kapital zu schaffen, und sei es auch nur als minderwertiges Geld, dessen wahrer Wert sich schon nach kurzer Dauer offenbarte, was dann zu einem unweigerlichen Zusammenbruch führte. Jener verschärfte die ohnedies bereits vorhandene Finanzkrise nochmals weiter. Auch zu Lebzeiten Kaiser Ferdinands II. – am Anfang des Dreißigjährigen Krieges – platzten Spekulationsblasen, stürzten Währungen ab, trieb die Finanzkrise einen windigen Bankier in den Tod. Woher sollte der Kaiser kurzfristig Zahlungsmittel erhalten, um seine Macht zu bewahren, wenn der Krieg weitergeführt werden musste – zu einer Zeit, da all seine Kassen leer, Steuererhöhungen um ein Vielfaches schwerer durchzusetzen waren als gegenwärtig, Kreditaufnahmen einen Schuldner noch deutlich höher belasteten, dabei zeitliche, räumliche und politische Grenzen sowie ständische und konfessionelle Schranken viel enger gezogen waren? Auch am Beginn des sich alsbald zum ersten großen europäischen Konflikt ausdehnenden Krieges gab es überaus intelligente Financiers, die das scheinbar Unmögliche möglich machten. Zumindest versprachen sie es. Findige Adlige und bürgerliche Bankiers suggerierten dem Kaiser, seine Finanzkrise im Hinblick auf die Kriegsfinanzierung schnell, sicher
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und kompetent zu lösen – und Ferdinand II. ließ sich, leichtgläubig und in Ermangelung anderer Möglichkeiten, darauf ein. Jene Vorgehensweise führte geradewegs an den Rand einer Katastrophe.1 Die entstehende Inflation verursachte eine unkontrollierbare Hungersnot in den böhmischen Ländern. Dabei wurden weite Teile der Bevölkerung erheblich geschädigt, was selbst am Geschäft beteiligte Personen erkennen sollten. Dennoch vermochten die Verantwortlichen es zunächst nicht, die Folgen ihrer Unternehmung zu mildern, wennschon sie es mitunter verzweifelt versuchten. Der Kaiser erklärte schließlich den Staatsbankrott. Dies war im Januar 1622 kaum abzusehen, als ein besonders bemerkenswerter Geheimvertrag beschlossen wurde, der hinsichtlich seiner riesenhaften Dimensionen ein absolutes Novum in der Kriegsfinanzierung war. Ausgerechnet dieser unscheinbare, ja fast gesichtslos anmutende kurze Text markierte den Höhepunkt des „Kippens und Wippens“ – der Münzverschlechterung durch Beimengen von Kupfer –, das in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts um sich gegriffen hatte und am Anfang des Dreißigjährigen Krieges latent wurde. Doch damit nicht genug, beinhaltete das Dokument ein Spekulationsgeschäft größten Ausmaßes und bedeutete eine „Kapitalisierung des Krieges“2 im Sinne des Wortes. Dabei waren nicht nur das Schaffen und Bereitstellen materieller oder personeller Ressourcen zur Kriegsführung wie Geld oder Söldner wichtig, sondern auch von Kompetenzen – insbesondere auch finanztechnischen. Mit dem französischen Soziologen Bourdieu war ebenso die Anhäufung von „sozialem“ und „symbolischem Kapital“, das heißt Prestigegewinn, politische Einflussnahme und das Erreichen konkreter Herrschaft beobachtbar. All diese vielfältigen Aspekte lassen sich mit Blick auf das Prager Münzkonsortium konstatieren. An dessen Ursprung stand allerdings ein nüchtern 1
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Es handelte sich um einen anfangs nicht erwarteten Großschadensfall, der mittelbar mit einem Wandel des sozialen Gefüges und der gesellschaftlichen Ordnung zusammenhing, nachdem er die schwach entwickelten Institutionen weitestgehend bei ihren Bewältigungsversuchen überfordert hatte. Zur kulturhistorischen Katastrophenforschung vergleiche Walter, Katastrophen, oder auch, sozialwissenschaftlich ausgerichtet, Clausen/Dombrowsky, Soziologie der Katastrophen. Das Konzept der „Kapitalisierung des Krieges“ verdankt sich wesentlich der gleichnamigen Tagung zu Kriegsunternehmern in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, die vom 18. bis 20. März 2009 im Deutschen Historischen Museum Berlin stattfand. Dort hatte der Vf. die Gelegenheit, sein Thema erstmals einem internationalen Fachpublikum vorzustellen. Dazu auch: Kilb, Dividende des Tötens, Theilig, Tagungsbericht, und Winkel, Kapitalisierung des Krieges. Der Aufsatzband zur Tagung erscheint 2012, siehe darin: Leins, Das Prager Münzkonsortium. Im Frühjahr 2011 durfte der Vf. zudem das Münzkonsortium unter dem Titel „The Prague Coin Consortium 1622/23 – Forms of Monetary and Social Dependency in the Early Thirty Years’ War Finance“ am Deutschen Historischen Institut London präsentieren. Auch hier ist ein englischer Sammelwerkbeitrag in Planung.
A. Thema
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gehaltener geschäftlicher Vertrag, dessen Wortlaut allein noch nicht die Tragweite seiner Konsequenzen erahnen ließ. Zwischen der Wiener Hofkammer – in Vertretung des Kaisers – sowie dem Prager Bankier Hans de Witte geschlossen, sah jener Vertrag vor, das Münzwesen dreier Länder an ein Konsortium zu verpachten. Es war dies ein nie dagewesener Vorgang, dass ein Kaiser sein Münzregal für einen derart großen geographischen Raum und langen Zeitraum an eine halbprivate Kapitalgesellschaft Adliger mit Aussicht auf Gewinn abtrat. Wie aber kam ein Kaiser zu einem solch sonderbaren Geschäft?
A. Thema Mit der bisher sogenannten „Militärischen Revolution“, eigentlich einer langsamen Evolution von Kriegshandwerk und Waffentechnik vom Spätmittelalter bis in die Vormoderne,3 erforderten sich verändernde Arten der Kriegsführung neue Arten der Kriegsfinanzierung.4 Schon früh erwiesen sich Fußtruppen gegenüber Ritter- oder Reiterheeren als kampfestechnisch überlegen, da Infanteristen die aufkommenden Fernwaffen,5 durch Pikeniere geschützt, viel effektiver einzusetzen vermochten. Bereits im Verlauf des Hohen Mittelalters stellte sich die Kombination von Fußtruppen, die einerseits mit Fern-, andererseits mit Stangenwaffen ausgerüstet waren, als überlegen heraus. Innerhalb dieser fortschreitenden Entwicklung markierten Armbrüste und englische
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Der Terminus „Military Revolution“ geht zurück auf die Belfaster Antrittsvorlesung von Michael Roberts 1955 und ist wegen seines Schematismus mittlerweile in die Kritik geraten, wird aber nach wie vor gewinnbringend in der militärhistorischen Forschung verwendet, wenn auch leicht modifiziert. Siehe dazu den mittlerweile schon klassischen Titel von Parker, Die militärische Revolution, vor allem S. 19–39 und 86–89. Nur um die neue Sicht soll es hier gehen: Die „Militärische Revolution“ sollte als ein Phänomen der „longue durée“ gelten, nicht als punktuelles Ereignis des 16. Jahrhunderts, weshalb dem Vf. der Terminus „Evolution“ geeigneter erschiene. Das Thema der vormodernen Kriegsfinanzierung harrt nach wie vor der genauen Erforschung. Selbst die Wallensteiniana in diesem Zusammenhang sind – entgegen häufig begegnenden, anderslautenden Behauptungen – nicht hinreichend erforscht: Es „zeigt sich, daß gerade hier [in Bezug auf die Kriegsfinanzierung] noch vieles zu leisten ist“, urteilte 1976 Press, Zwei Biographien Wallensteins, S. 637. Dieses Urteil trifft bis auf den heutigen Tag zu. Den allgemeinen Stand der Kenntnisse referiert Pöcher, Kriegsfinanzierung im Wandel der Geschichte, insbesondere S. 383f. Dabei ist das Aufkommen von Feuerwaffen nicht so wichtig wie der kombinierte Einsatz von Fern-, auch Bogenwaffen, mit Spießträgern, so aber McNeill, Krieg und Macht, S. 83. Vielmehr korrekt: Wohlfeil, Das Heerwesen im Übergang, S. 115.
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Einführung
Langbögen zum einen, Arkebusen und Musketen6 zum anderen dabei den Schritt hin zu den Feuerwaffen, der an sich nicht in dem Maß entscheidend war, wie eben die Verwendung von noch wenig weit reichenden, ungenauen Fernwaffen, deren massierter Einsatz durch eine Stachelfront von Hellebarden und Spießen vor angreifenden Reitern geschützt war. Verstärkt infanteristische Heere wurden überdies sukzessive größer, so dass auch deren Finanzierungsbedarf stetig wuchs.7 Reguläre landesfürstliche Einnahmen aus Domänen, Steuern und Regalien reichten dabei nicht aus. Nicht mehr lehensrechtlich verpflichtete Vasallen dienten ihrem Herrn als persönlich zu Ross kämpfende Ritter, sondern private, an Gewinnen interessierte Kriegsunternehmer8 finanzierten den Fürsten Heere. Dies taten die meist adligen Söldnerführer9 dadurch, dass sie Einnahmen aus ihrer Gutswirtschaft nutzbar machten und auf diese Weise dem Krieg führenden Fürsten Kredite zur Verfügung stellen konnten. Erstmals geschah solches in den finanzkräftigen italienischen Städten des Hoch- und Spätmittelalters. Fürsten schlossen Verträge, condotte, mit kommerziell orientierten Warlords, den sogenannten condottieri, die bald auf regelrechten „Gewaltmärkten“10 ihre Dienste anboten. Dabei finanzierten nicht nur Adlige, sondern auch Kaufleute die Söldnerunternehmer, womit der Krieg noch weiter kommerzialisiert und kapitalisiert wurde. Auch die Schweizer Eidgenossenschaft verkaufte geradezu Söldnerheere, welche seit dem 16. Jahrhundert überwiegend die katholischen Kantone zusammenstellten.11 Die alte päpstliche Schweizergarde etwa ist bis dato eine der bekanntesten, privat finanzierten Söldnertruppen.
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Anders als der Name vermuten ließe, waren Arkebusen im 17. Jahrhundert leichte, Musketen dagegen besonders schwere und lange Gewehre großen Kalibers, die aufgrund ihres hohen Gewichts beim Abfeuern umständlich auf einem Stab ruhen mussten. Beide Waffen hatten noch keine gezogenen, sondern glatte Läufe – daher wiesen sie nur kurze Reichweiten und eine geringe Treffgenauigkeit auf. Vergleiche etwa einen Klassiker zum Thema der allgemeinen Kriegsfinanzierung in historischer Perspektive: Tilly, Coercion, Capital, and European States, insbesondere S. 78f. Zu Aspekten der Rüstung neuerdings bahnbrechend: Zunckel, Rüstungsgeschäfte im Dreißigjährigen Krieg, und dies., Rüstungshandel im Dreißigjährigen Krieg. Zu Fragen des Transports und der Logistik ist noch immer aktuell: Creveld, Supplying War. Ebenso wichtig, aus Sicht der DDR-Historiographie: Langer, Kulturgeschichte, S. 157–185. Das Referenzwerk aus der Feder eines Chemikers und Ökonomen ist bis heute Redlich, The German Military Enterpriser. Baumann, Die Entwicklung des Söldnerunternehmertums in der frühen Neuzeit. Siehe demnächst Lang, Das Geschäft mit der Gewalt. Unter dem Reislaufen wird gemeinhin das Eintreten in fremde Solddienste verstanden und dies war vor allem in ärmeren Gegenden der Eidgenossenschaft übliche Praxis. Die betreffenden Kantone wurden daher auch, wie etwa Schotten, Iren, Lappen, Finnen, Tataren etc. als Söldner-Nationen bezeichnet. Später im 17. Jahrhundert wurde das Reislaufen teils verboten, teils durch Capitulationen geordnet.
A. Thema
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Wurden gefolgschaftliche Ritterheere noch durch Naturalabgaben im Lehensverband finanziert, erwiesen sich nunmehr Handelsbankiers als immer wichtiger.12 Vermehrt finanzierten frühkapitalistische Kaufleute13 – wie beispielsweise die bekannten Fugger – den Fürsten ihre Kriege,14 da letztere mangels ausreichender Steuereinnahmen selten dazu in der Lage waren. Mit der skizzierten technisch-militärischen Evolution ging also mit Blick auf die Gesellschaft ein regelrechter Prozess der Kapitalisierung des Krieges einher. Anfangs des 17. Jahrhunderts wurden für die Kriegsfinanzierung in ganz Europa die nördlichen Niederlande entscheidend, wo ein kaufmännischer Kapitalismus massiven Aufschwung erfuhr.15 Auf den weltweit führenden holländischen Finanzplätzen, in der Amsterdamer Wisselbank und auf der Antwerpener Börse, flossen die anfangs relativ geringen, aber zunehmend stärker werdenden Kapitalströme Europas zusammen.16 Für wenige Jahrzehnte gewann die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen sogar die Rolle des Zentrums der vergleichsweise wenig vernetzten Weltwirtschaft schlechthin.17 Noch aber hatten die italienischen Bank- und Handelshäuser – etwa diejenigen in Genua und Mailand – große Kapitalkraft. Von gewisser Bedeutung waren auch die deutschen Finanzzentren Hamburg, Frankfurt, Nürnberg und Augsburg.18 Kaufmännische Netzwerke zwischen den großen europäischen Finanzplätzen erlangten größte Relevanz für die Kriegsfinanzierung. Dabei hingen der Kapitalmarkt und die Kriegsführung eng zusammen; der frühe Kapitalismus und die kriegerischen Konflikte waren interdependent. Der Finanzbedarf bei vielen der militärischen Auseinandersetzungen trug sogar mit zur
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Vergleiche Redlich, Der Unternehmer, S. 292–296. Kellenbenz, The Rise of the European Economy, S. 172f.; Ders., Finanzen und Staatsräson, S. 19; Redlich, Military Entrepreneurship, S. 187. Die katholischen Fugger finanzierten für das habsburgische Erzhaus den Türkenkrieg Ferdinands I., den Krieg um Württemberg 1534 sowie den Schmalkaldischen Krieg; und auch während des Fürstenaufstandes 1552 unterstützten sie den Kaiser finanziell. Die Welser schufen zweitweise Kapital für die Kriegsführung in Übersee. Auf die Bedeutung der Niederlande und auch des Calvinismus für die Entstehung des Kapitalismus hat bereits im frühen 20. Jahrhundert der Mitbegründer der Soziologie hingewiesen: Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Braudel, Sozialgeschichte des 15.–18. Jahrhunderts, Bd. 2: Der Handel, S. 426; ders., ebd., Bd. 3: Aufbruch zur Weltwirtschaft, S. 257–270; Henning, Deutsche Wirtschafts- und Sozialgeschichte, vor allem S. 620; Parker, Die Entstehung des modernen Geld- und Finanzwesens, S. 350. Erst im Verlauf des 17. Jahrhunderts verloren die Generalstaaten diese Rolle an die Seemacht England, deren diesbezügliche Position im 19. Jahrhundert durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika abgelöst wurde. Aktuell stellt sich die Frage, ob nicht in naher Zukunft die Volksrepublik China, welche eine besondere Form des Kapitalismus entwickelt hat, eine ähnliche Bedeutung gewinnen wird. Zuletzt Zunckel, Rüstungsgeschäfte im Dreißigjährigen Krieg, S. 18, 41–50, 72f.
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Einführung
Kapitalisierung der Gesamtgesellschaft bei. Es darf die Hypothese aufgestellt werden, dass Krieg und Kapital einander notwendigerweise bedingten.19 Die Bedeutung der Geldwirtschaft war für ein (halb-) privates Söldnerunternehmertum groß, insofern Söldner ihre materiellen Bedürfnisse käuflich erwerben mussten, und nicht wie Bauern – und zum Teil Handwerker – selbst herstellten. Die Gesetze des Marktes bestimmten fortan jedes kriegerische Handeln wesentlich mit – und daran sollte sich bis weit ins 17. Jahrhundert hinein wenig ändern. Finanzkraft und finanzielle Kompetenz bestimmten vermehrt die militärische und damit die politische Macht eines Territoriums oder vormodernen Staates und hatten bisweilen sogar Anteil an Prozessen der Staatsbildung.20 Die stehenden Heere des absolutistischen Fürstenstaates waren allerdings noch fern. Vielmehr mussten Söldner gegen Bezahlung geworben und demobilisiert werden, damit sie nicht marodierten. Wie schon in der Antike – und von Machiavelli und Montchrétien21 am Beginn der Neuzeit wieder aufgegriffen – galt: „Pecunia nervus belli“,22 Geld ist die Lebensader des Krieges. Zahlreiche Feldherren betonten gegenüber ihren Fürsten, dass vor allem „Geld, Geld und nochmals Geld“ als Ressource zur Kriegsführung notwendig sei.23 Der im Krieg gegen die Osmanen befindliche Kaiser Karl 19
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Aus marxistischer Sicht wurde bisweilen angenommen, dass kapitalistisches Wirtschaften unweigerlich in den Krieg führe, wohingegen Konservative wie etwa Werner Sombart zu Beginn des 20. Jahrhunderts behaupteten, dass Krieg in der Neuzeit die kapitalbasierte Ökonomie bedingt habe, vergleiche Sombart, Entwicklungsgeschichte des modernen Kapitalismus, S. 3. Vielmehr sind – wie noch gezeigt wird – beide Bedingungsrichtungen, vom Krieg zum Kapital und umgekehrt, beobachtbar. Zum Zusammenhang von Staatsfinanzierung und Staatsbildungsprozessen siehe die herausragende Studie von Stolleis, Pecunia nervus rerum, außerdem Asch, Kriegsfinanzierung, Staatsbildung und ständische Ordnung. Vergleiche Machiavelli, Discorsi II 10, der allerdings die „commune opinione che dice i danari sono il nervo della guerra“ zurückwies. Antoine de Montchrétien wies entsprechend in seinem Traicté de l’œcomonie politique (EA Paris 1615) darauf hin, dass Geld essentiell für die Kriegsführung sei: „Celuy qui a premier dit que l’argent est le nerf de la guerre n’a point parlé mal à propos, car, bien que ce ne soit pas le seul […] l’expérience de plusieurs siècles nous apprend que c’est toujours le principal.“ Zitiert nach Silberner, La Guerre dans la pensée économique, S. 96. Bereits bei Cicero, Plutarch und Tacitus finden sich Belege. So heißt es in den Historien des Tacitus IV 74: „Neque quies gentium sine armis, neque arma sine stipendiis, neque stipendia sine tributis haberi possunt.“ Sinngemäß ließe sich übersetzen: Es gebe unter den Völkern keine Ruhe ohne Waffen, keine Waffen ohne Sold und auch keinen Sold ohne Steuern. Geld war also überlebensnotwendig – gerade auch im Krieg. Dies geht darauf zurück, dass der condottiere Gian Giacomo Trivulzio (1448–1518), auf die Frage des französischen Königs Ludwig XII., was er zur Eroberung Mailands brauche, geantwortet haben soll: „Tre cose, Sire, ci bisognano preparare danari, danari e poi danari“; nichts als Geld oder eben vor allem Geld war also erforderlich. Der kaiserliche Feldherr Graf Raimondo Montecuccoli griff diesen Ausspruch in
A. Thema
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V. schrieb 1524 an seinen Bruder Ferdinand, Geld sei „le nerf et la force de la guerre“,24 weshalb er nur mit entsprechenden monetären Mitteln siegen könne. Kaiser Rudolf II. fragte beispielsweise den Straßburger Gelehrten und kaiserlichen Rat Georg Obrecht (1547–1612) in dessen Todesjahr, wie „ein nervus belli könne erlangt und zu wegen gebracht werden“,25 also wie Geld zur Kriegsfinanzierung aufzubringen sei. Obrecht hatte nämlich bereits in einer früheren Abhandlung ein für alle Mal festgehalten: „Pecuniam nervum belli esse satis constat.“ 26 Mithin rückte eine Erkenntnis, die seit der Antike Gültigkeit besaß, verstärkt zurück ins Bewusstsein der vormodernen Zeitgenossen, die eben auf andere Art kriegerische Konflikte auszufechten hatten als noch vor wenigen Jahrzehnten ihre fürstlichen Standesgenossen, die allein auf adlige Ritter setzen konnten. Wie auch immer Obrecht seinem Herrn auf dessen so schwierige Frage geantwortet haben mag: Fürstliche Einnahmen oder Kredite bei Handelshäusern, Juden und Adligen reichten zur Kriegsfinanzierung bald nicht mehr aus. Die Kapitalisierung des Krieges wurde also forciert und beschleunigte sich wiederum aus sich selbst heraus. Doch wie war dieses Geld für den Krieg unter den Bedingungen frühneuzeitlichen Wirtschaftens aufzubringen – zu einer Zeit, da die Wirtschaft vermeintlich noch kein Politikum war? Mit dieser nur scheinbar trockenen Frage beschäftigt sich die vorliegende Abhandlung, und zwar in Bezug auf den unmittelbaren Anfang des Dreißigjährigen Krieges. Der berühmte kaiserliche Generalissimus Wallenstein erlangte in der Finanzierung des Dreißigjährigen Krieges einen ungekannten Grad an Professionalität, der bis heute seine omnipräsente Bekanntheit auch in der populären Erinnerungskultur begründet hat. Sein durch Güterkäufe und Rangerhöhungen geschaffenes Herzogtum Friedland baute er in der zweiten Hälfte der 1620er Jahre zu einer Versorgungsbasis für seine in kaiserlichem Auftrag geworbenen Heere aus.27 Bald konnte er über hunderttausend Mann aufstellen. Das waren Söldnerheere bislang unüblicher Größe; die adligen Ritter des Mittelalters hatten in der Regel zu wenigen hundert gekämpft. Wallensteins Offiziere erpressten nicht mehr nur brandschatzend Naturalien von der Bevölkerung,28 sondern handelten mit den jeweiligen Obrigkeiten
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seinen Aforismi dell’arte bellica I.1.5 wieder auf. Nach Stolleis, Pecunia nervus rerum, S. 65f. Zitiert nach Winkelbauer, Das Geld est sanguis corporis politici, S. 143. Nach Stolleis, Die Finanzfrage in der deutschen Staatsräsonliteratur, S. 24. Disputatio de principiis belli (EA Straßburg 1590). Weiteres bei Stolleis, Pecunia nervus rerum, S. 81f. Dazu noch immer die Spezialuntersuchung von Ernstberger, Wallenstein als Volkswirt. Gleichwohl persistierte die Brandschatzung, und überhaupt waren auch Wallensteins Heere nicht davor gefeit, ins Plündern und Marodieren zu verfallen. Der
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Einführung
die in Form von Geld erhobene Contribution aus.29 Sie war im Idealfall so begrenzt, dass das ausgebeutete Gebiet wirtschaftlich nicht völlig zugrunde gerichtet wurde und möglichst gleich mehrmals ausgenutzt werden konnte, ohne es zu ruinieren. Wallensteins Contribution entwickelte sich zu einer regulären Kriegssteuer, die dann sogar in den habsburgischen Erblanden und den Reichsstädten erhoben wurde. Sein Bankier Hans de Witte30 antizipierte daraufhin die Contributionen auf den europäischen Finanzplätzen, indem er Anteilsscheine auf noch zu erhebende Steuern feilbot und so stets volle Kassen schuf. Dies waren wohl erste ungedeckte Leerverkäufe – wie sie heute etwa von Hedgefonds-Managern im Rahmen des „Naked Short Selling“31 mitunter ähnlich betrieben werden –, bei denen de Witte gewissermaßen die bloße Erwartung auf Einnahme von Kriegssteuern und Kriegsgewinnen veräußerte, ohne dass letztere bereits in seine Kassen eingegangen waren. Dieses häufig sogenannte „Kontributionssystem“32 Wallensteins wurde bald von vielen Krieg führenden Fürsten nachgeahmt; dies war ein entscheidender Schritt hin zu den stehenden Heeren des fürstenstaatlichen Absolutismus, die durch eine regelmäßige und ordentlich erhobene Landessteuer finanziert waren.33 In der Anfangsphase des Dreißigjährigen Krieges, dem sogenannten „Böhmisch-pfälzischen Krieg“, war ein solcher Professionalitätsgrad bei der Kriegsfinanzierung noch nicht üblich oder gar verbreitet. Die protestantischen böhmischen Stände erhoben sich gegen den habsburgisch-katholischen König von Böhmen, da sie – entgegen dem beanspruchten Erbrecht des Erzhauses – das Recht auf die Wahl des Königs von Böhmen sowie die Religionsfreiheit verlangten.34 Sie konföderierten sich mit den Ständen Mäh-
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Mythos, Wallensteins Truppen hätten sich in den Einquartierungsgebieten eher friedlich verhalten, pflanzt sich bis heute fort, wie beispielsweise bei Kunisch, Wallenstein als Kriegsunternehmer, S. 160. Zum Kriegsgewinn durch Gewalt generell siehe Redlich, Looting and Booty. Vor Wallenstein war die Contribution hauptsächlich eine willkürliche, meist mit Gewalt oder unter brutalen Drohungen erpresste, einmalige Versorgungsleistung eines zu besetzenden Gebiets gewesen. Dies wandelte sich mit Wallenstein, wenngleich es unter seinem Befehl noch häufig Ausschreitungen gegen die Zivilbevölkerung gab. Ernstberger, Hans de Witte. Vergleiche dazu ein aktuelles Papier der Deutschen Bank: Kern, Short Selling. Redlich, Contributions in the Thirty Years’ War, S. 247–254; Ritter, Das Kontributionssystem Wallensteins, S. 193–249. Eine Vorstufe bildeten Versuche, den Krieg auch über die Reichskreise zu finanzieren, um eine Art Reichskriegswesen zu schaffen. Dazu die Dissertation von Salm, Armeefinanzierung im Dreißigjährigen Krieg. Zu den weiteren Grundlagen stehender Heere, welche durch Wallenstein nolens volens präfiguriert wurden: Mears, The Thirty Years’ War. Dazu Pánek, The Religious Question and the Political System of Bohemia, S. 129– 148.
A. Thema
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rens, Schlesiens, der beiden Lausitzen, Ober- und Niederösterreichs.35 1619 wählten sie Friedrich V., den reformierten Kurfürsten von der Pfalz, zum böhmischen König.36 Der neue Kaiser, Ferdinand II., war dagegen nicht gewillt, eine ständisch-konfessionell bedingte Rebellion zu dulden.37 Im November 1620 unterlagen die böhmischen Rebellen in der Entscheidungsschlacht am Weißen Berg bei Prag. Das österreichische Haus Habsburg triumphierte. Dieser Sieg des Kaisers und des Katholizismus war jedoch keineswegs selbstverständlich gewesen: Ferdinand konnte ihn nur mit Hilfe der Katholischen Liga unter Führung Herzog Maximilians von Bayern, aber auch des lutherischen Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen erringen. Das habsburgische Spanien, die südlichen Niederlande und der Papst trugen zur Finanzierung dieses Krieges bei. Obschon der Krieg die Kassen des Kaisers strapazierte, mussten in Böhmen stehende Söldner ausbezahlt werden, um sie von Plünderungen abzuhalten. Es verwundert also nicht, wenn der Kaiser nach neuen Möglichkeiten suchte, den Krieg zu finanzieren. Erst recht nach dem Friedensschluss mit dem siebenbürgischen Fürsten Gábor Bethlen Ende 1621 benötigte Kaiser Ferdinand II. dringend eine enorme Menge Geld, um in Böhmen stehende Söldner zu demobilisieren.38 Ein Münzkonsortium im Stil der „Kipper und Wipper“ schien ihm als Gebot der Stunde und Mittel der Wahl. Vieles andere über dieses groß angelegte Kapitalgeschäft bleibt indessen offen: Nach wie vor ist nicht geklärt, welche Personen eigentlich an dieser Unternehmung genau beteiligt gewesen waren, wie sie zusammen kamen und auf welche Weise sie kooperierten. Auch scheint unklar, ob es ein erfolgreiches Vorhaben und Handeln war oder nicht, wie das Geschäft überhaupt funktionierte und welche Folgen es hatte. Ob es gelang, dauerhaft Geld zu schaffen und den Krieg zu finanzieren, die Söldner zu bezahlen und welche Gewinne die Beteiligten im Einzelnen erwirtschafteten, all das ist bisher weitgehend verborgen geblieben.
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Die originelle Auffassung, dass die „Confoederatio Bohemica“ ein – dem Anspruch nach – auf Dauer angelegtes, ständisch-föderatives Staatsgebilde nach Art der Niederlande innerhalb einer „calvinistischen Internationale“ der Kurpfalz, Siebenbürgens, der böhmischen Länder und eben der nördlichen Niederlande geschaffen habe, vertritt Bahlcke, Die böhmische Krone, vor allem S. 97–100; ders., Calvinism and estate liberation movements, S. 72–88; ders., Theatrum Bohemicum, S. 7–19; ders., Wird Behemb ein Hollendisch goubernament?, S. 94–99. Etwa Pánek, Königswahl oder Königsaufnahme? Thronwechsel im Königreich Böhmen, S. 37–52. Noch immer nützlich: Sturmberger, Aufstand in Böhmen. Zu dieser These siehe Kapitel I. Abschnitt 1.
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Einführung B. Quellen
Die Quellenlage ist insofern problematisch, als bis auf den Vertragstext, der das Unterfangen begründete,39 nur wenige Fragmente der Rechnungsbücher40 überliefert wurden. Dies mag wesentlich damit zusammenhängen, dass es sich um ein Geheimgeschäft handelte und sämtliche Beteiligten an einer Offenlegung keinerlei Interesse hatten.41 Es ist zudem davon auszugehen, dass in großem Umfang Akten verführt, wenn nicht gar vernichtet wurden, um das Geschäft auch nach seiner Abwicklung in der diskreten Verborgenheit exklusiver Kreise zu halten. Schon wenige Jahre danach unternommene Versuche, das Vorgefallene auf dem Weg jahrzehntelanger Prozesse aufzuklären, litten ganz erheblich an diesem Mangel und endeten entsprechend fruchtlos.42 Eine erste vollständige Edition des vertraglichen Originaltextes findet sich im Anhang dieser Arbeit.43 Es muss also gewissermaßen auf sekundäre Quellen ausgewichen werden. So wird das umfangreiche, augenzeugenhafte Opus des Grafen Franz Christoph von Khevenhiller, welches in nächster Nähe Kaiser Ferdinands II. entstanden ist, erstmals im Hinblick auf das Münzkonsortium ausgewertet. Die Khevenhillerschen „Annales Ferdinandei“ haben einen sehr hohen Quellenwert, da der Graf und Geheime Rat wichtige Ereignisse unmittelbar festhielt und bemerkenswert neutral schilderte. Trotz ihrer teils auch hofhistoriographischen Ausrichtung und Tendenz finden sich darin Stellen zum Münzkonsortium, die dem Kaiser wohl alles andere als genehm waren. Die bisweilen rasche, oft unreflektierte Aneinanderreihung wichtiger zeitgenössischer Dokumente führte dazu, dass Khevenhiller auch dem Kaiser weniger freundlich gesonnene Texte in seine Sammlung aufnahm. Möglicherweise wurden deshalb die „Annales Ferdinandei“ erst knapp ein Jahrhundert nach ihrer Abfassung erstmals gedruckt.44 39
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Mit orthographischen Modifikationen vollständig im Druck allein bei Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 26–29. Vorwiegend ediert bei Ernstberger, Hans de Witte, S. 120–122. Siehe das gesamte Kapitel II. Dazu insbesondere Kapitel III. Abschnitt 8. Sie beruht auf: ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 18. Januar 1622. Sie sind „wegen der mitgeteilten Aktenstücke auch heute noch von Wert.“ Albrecht, Ferdinand II., S. 478. Franz Christoph Graf von Khevenhiller wurde 1588 als Protestant geboren, konvertierte 1609 zum Katholizismus und trat in den Dienst am Wiener Kaiserhof ein. Somit gehörte er der Generation der Mitglieder des Münzkonsortiums an und nahm eine weitgehend ähnliche Karriere wie diese (vergleiche Kapitel I. Abschnitt 2.). Im Gegensatz zu jenen aber nahm er bei Hof eine mittlere Position ein und schloss sich keiner Parteiung an. Allerdings pflegte er enge Verbindungen zu Maximilian von Trauttmansdorff. 1634 wurde der Geheime Rat vom Kaiser beauftragt, eine historische Arbeit zu verfassen, und konnte auf diese Weise als Hofhistoriograph bis zu seinem Tod 1650 zum wichtigsten
B. Quellen
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Angesichts der insgesamt schlechten Quellenlage werden ergänzend die noch ungenügend erforschte Reichsmünzordnung und ihre wichtigsten Modifikationen der Reichstage von 1559, 1566 und 1570,45 das bekannte Straßburger „Theatrum Europaeum“,46 für Begriffsdefinitionen weitgehend zeitnahe Lexika47 sowie die gängigen Quellensammlungen zur Frühgeschichte Wallensteins48 und zu Herzog Maximilian von Bayern49 herangezogen, zusätzlich die zeitgenössische Luntorpsche Aktensammlung.50 Diese Ressourcen werden im Hinblick auf das Münzkonsortium erstmals mit Erkenntnisgewinn gewertet und gewichtet. Die vielfach vernachlässigte Reichsmünzordnung51 wird zum ersten Mal auf das Münzkonsortium bezogen und anderen zeitgenössischen Rechtsauffassungen gegenübergestellt. Ebenso wird das exzellente Quellenund Regestenwerk zum Dreißigjährigen Krieg, welches unter der Leitung Josef Polišenskýs in den 1970er Jahren entstanden ist, intensiv genutzt.52 Es bietet nicht nur wertvolle ergänzende Informationen aus tschechischen Archiven, teilweise finden sich darin sogar Spuren des Münzkonsortiums, die freigelegt und in Zusammenhang gebracht werden. Die Quellenlage stellt sich also sehr bruchstückhaft dar. Doch sollte dies nicht als Mangel betrachtet werden, insofern eine systematische Kontextualisierung aller zumindest in edierter Form verfügbaren Quellen vorgenommen wird. Ferner wurden die Ergebnisse durch Studien im Wiener
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Zeitzeugen der Vorgänge um Ferdinand II. werden. Sein Werk erschien im Druck allerdings erst in den 1720er Jahren posthum: Khevenhiller, Annales Ferdinandei, sowie ders., Conterfet. Folgende Editionen der Reichstagsakten sind einschlägig: Leeb, Der Kurfürstentag zu Frankfurt 1558 und der Reichstag zu Augsburg 1559; Lanzinner/Heil, Der Reichstag zu Augsburg 1566; Lanzinner, Der Reichstag zu Speyer 1570. Diese Darstellung der wichtigsten Ereignisse europäischen Ranges ab 1619 verfasste der Straßburger Gelehrte Johann Philipp Abelin im Auftrag des bekannten Frankfurter Verlegers Matthäus Merian. Verwendet wird insbesondere Bd. 1, der bis 1628 reicht: Abelin, Theatrum Europaeum. Vorwiegend werden zwei unschätzbar wertvolle Wissenssammlungen, die aufgeklärte Encyclopédie und das Zedlersche Universallexikon, benutzt: Diderot/ d’Alembert, Encyclopédie ; Zedler, Universal Lexicon. Etwa Lorenz, Quellen zur Geschichte Wallensteins. Vorwiegend aus der Reihe „Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“. Luntorp, Acta publica; ders., Der Römischen Keyserlichen […] Mayestät […]. Die Forschung zum Reichsmünzwesen ist ebenfalls mangelhaft; die Spitze bildet folgende rechtshistorische Dissertation, die indes sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Implikationen vernachlässigt: Christmann, Vereinheitlichung des Münzwesens. Aus der Sammlung „Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illustrantia“: Polišenský, Der Krieg und die Gesellschaft in Europa 1618–1648; ders., Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges; ders., Der Kampf des Hauses Habsburg gegen die Niederlande; ders., Der Dänisch-Niederländische Krieg und der Aufstieg Wallensteins.
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Einführung
Hofkammerarchiv vervollständigt.53 Dadurch gelingt es, ein durchaus zusammenhängendes, synthetisches Bild zu entwerfen, welches das bisherige nicht nur ergänzt und ausbaut, sondern alte Perspektiven überwindet und geradezu einen gänzlich neuen Blick auf das Prager Münzkonsortium gewährt.
C. Forschung Allerdings nicht nur die Quellen-, auch die Forschungslage erscheint wenig vorteilhaft: War das Münzkonsortium im Zug eines jahrzehntelangen prozessualen Nachspiels Gegenstand einer heftigen zeitgenössischen Diskussion bis Ende des 17. Jahrhunderts – dabei ging es wohl darum, dem Erben eines prominenten Mitglieds des Konsortiums den Aufstieg in den erblichen Reichsfürstenstand zu verwehren54 –, geriet es danach für mehr als anderthalb Jahrhunderte in völlige Vergessenheit. Aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert sind jedenfalls keinerlei Bemerkungen über das Münzkonsortium überliefert. Selbst die frühen Biographien zu Wallenstein seit Friedrich Schiller haben sich nicht um diesen wesentlichen Bereich des Aufstiegs jenes Kriegsunternehmers gekümmert.55 Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als sich in Böhmen – dem ehemaligen Kernland des Münzkonsortiums – die Wallenstein-Biographik erheblich intensivierte, rückte auch das Prager Münzkonsortium selbst wieder in den Blickwinkel. Dem Prager Professor Anton Gindely – der halb Tscheche, halb Deutscher und Ungar war –, kommt das entscheidende Verdienst zu, das Münzkonsortium aus seiner Versenkung der Vergessenheit gehoben zu 53
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Relevant sind insbesondere die Bestände ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, sowie Hoffinanz, Faszikel 185, 186 und 187 zum Jahr 1622. Nach Aussagen des betreuenden Archivars, Dr. Herbert Hutterer, wurden wichtige Hofkammerakten gemäß dem Archivabkommen zwischen der Tschechoslowakei und Österreich vom 18. Mai 1920 nach Prag übergeben. Dies entspricht den detaillierten Informationen, die der Vf. von Dr. Alena Pazderová, der Leiterin der ersten Abteilung des Tschechischen Nationalarchivs Prag erhalten hat: Der Bestand „České odd leni dvorské komory“ [Böhmische Abteilung der Hofkammer], vor allem deren Abteilung drei – „Münz- und Bergwesen“ –, wäre für eine weitere Erforschung des Münzkonsortiums einzusehen. Am 17. August 1940 indes wurden die 52 Faszikel vom Vertreter der Deutschen Archivkommission, Generalstaatsarchivar Gustav Bodenstein, nach Wien überführt. 1945 wurden sie im Zug des österreichisch-tschechoslowakischen Restitutionsabkommens wieder nach Prag zurückgesandt, wobei 24 Faszikel, auch die für das Münzkonsortium relevanten, schlichtweg fehlten. Die Jahre 1616 bis 1625 sind aufgrund einer nicht mehr zu schließenden Lücke nur sehr schlecht dokumentiert. Siehe Kapitel III. Abschnitt 8. Vergleiche dazu die exzellente historiographiegeschichtliche Dissertation von Mannigel, Wallenstein.
C. Forschung
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haben. 1886 publizierte er erstmals eine nur sehr schwach kommentierte Reihung von archivalischen Quellen zum Münzkonsortium und legte damit den bis heute tragfähigen Grundstein für jede weitere historische Beschäftigung mit diesem Thema.56 Unmittelbar darauf, 1886/87, entbrannte eine heftige, recht unsachliche, ja bisweilen polemische Debatte Gindelys mit dem monarchiekritischen Deutschböhmen und Wallenstein-Biographen Hermann Hallwich aus Wien.57 Diese im Grunde sehr fruchtbare Diskussion war im Hinblick auf die Erforschung des Münzkonsortiums nicht unwichtig. Da Gindely ein sehr negatives Wallenstein-Bild entwarf, intensivierte er seine diesbezüglichen Bemühungen noch weiter. Hallwich hingegen sah in dem Feldherrn und Kriegsunternehmer sogar einen „Friedensstifter“, sorgte sich also weniger um die dunklen Seiten von dessen Aufstieg und kannte noch 1910 – die Forschungsergebnisse seines persönlichen Intimfeindes Gindely konsequent ignorierend – das Münzkonsortium kaum.58 Gindely hingegen war der erste, welcher Forschungen wissenschaftlichen Anspruchs auf Basis von Archivstudien zum Prager Münzkonsortium betrieb und seine Ergebnisse, wenngleich an etwas versteckter Stelle in einem größeren Werk, publizierte.59 Allerdings übertrug er dabei sein überaus ungünstiges Wallenstein-Bild auch auf das Münzkonsortium, so dass dieses Kriegsgeschäft in der Folge sich als ein Skandal größten Ausmaßes darstellte.60 Und ein solchermaßen schmachvolles Ereignis, an welchem ein habsburgischer Kaiser maßgeblich beteiligt war, konnte im königlich-kaiserlichen Österreich-Ungarn kaum Forscher an sich binden, da es der österreichischhabsburgischen Identität nicht gerade zuträglich war, wenn der Kaiser selbst die Untertanen seiner Kronländer, insbesondere Böhmens und Mährens, durch eine Münzverschlechterung gewissermaßen betrog und beraubte. Der habsburgfreundliche Ferdinand-Biograph Friedrich von Hurter kannte und nannte das Münzkonsortium zwar in seinem Opus magnum, verschwieg
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Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, vor allem S. 16–43. Zu diesem regelrecht persönlichen Streit siehe Mannigel, Wallenstein, insbesondere S. 201, 219, 528. „Über die […] erwähnte, vom Kaiser privilegierte anonyme Gesellschaft [das Münzkonsortium, Anm. Vf.] sind bisher nur einzelne, wenig zusammenhängende, zum Teil sehr unverläßliche Daten erbracht worden. Die Behauptung, daß ihr Wallenstein angehört zu haben ‚scheine’, genügt doch wohl nicht, sie für wahr halten zu müssen“ konstatierte – als indirekten Seitenhieb auf Gindely – Hallwich, Geschichte Wallensteins, S. 76 Anm. 153. Gindely, Geschichte der Gegenreformation in Böhmen, insbesondere S. 327– 422. Gewiss war Gindely ein echter und aufrichtiger Anhänger der königlich-kaiserlichen Habsburgermonarchie, kein tschechischer Nationalist; dennoch wäre es verfehlt, ihn im Hinblick auf das Münzkonsortium einfach als „neutral“ zu bezeichnen, so aber Mannigel, Wallenstein, S. 329 Anm. 367 und S. 380.
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Einführung
jedoch die Beteiligten und die Problematik der Angelegenheit.61 Bis auf die knappe Studie des österreichischen Numismatikers und Hofarchivars Johann Newald, welche hauptsächlich aus Quellenzitaten besteht,62 stieß das Münzkonsortium im 19. Jahrhundert auf kein weiteres Interesse und geriet abermals in Vergessenheit. Überhaupt schien nach Hallwich und Gindely in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Frühgeschichte Wallensteins obsolet geworden.63 Doch noch vor dem Zweiten Weltkrieg fand der Bankier Wallensteins, Hans de Witte, welcher ebenfalls maßgeblich am Konsortium beteiligt war, das Interesse Anton Ernstbergers, der als Universitätsdozent hauptsächlich in den Prager Archiven forschte. Damit geriet auch das Münzkonsortium wieder mehr in den Fokus. Systematischer noch als Gindely versuchte Ernstberger, das Münzkonsortium aufzuklären, was ihm indes nicht gelang, da er tendenziös und apologetisch vorging – das begründbar negative Wallenstein-Bild des Böhmen Gindely konnte und wollte er aus dezidiert deutsch-nationalistisch beeinflusster Perspektive nicht teilen.64 So vermochte auch auf Grundlage des besten Archivmaterials keine rechte Erforschung des Münzkonsortiums zu gelingen. Beinahe wäre das Material Ernstbergers im Zuge des politischen Umbruchs mit Ende des Dritten Reiches 1945 und seiner Vertreibung als Sudetendeutscher aus Prag verloren gegangen. Angeblich war es Ernstbergers Ehefrau, die es schaffte, „das Papierbündel zu retten“,65 wie es mythisch-verklärend im Vorwort der Biographie zu de Witte heißt. 1954 schließlich konnte Ernstberger, inzwischen zum Erlanger Ordinarius avanciert, seine groß angelegte Studie zu Hans de Witte, dem „Finanzmann Wallensteins“, endlich publizieren und trug damit weitere Mosaiksteine zu einer wissenschaftlichen Erforschung des Münzkonsortiums bei. Nach dem Zweiten Weltkrieg schien mit der Machtübernahme der Sozialisten in der neuen Tschechoslowakischen Republik die Stunde gekommen, das Münzkonsortium aus politisch linker Perspektive zu behandeln. Jedoch hat die tschechisch-marxistische Historiographie nationalistischer Prägung das Thema eher ausgespart, weil es offenbar nicht in das starre Konzept des „Historischen Materialismus“ passte, wenn ausgerechnet Adlige – nicht nur die „kapitalistisch“ denkende „bürgerliche Klasse“ – sich an einem solchen 61 62 63
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Hurter, Geschichte Kaiser Ferdinands II., insbesondere S. 302f. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 88–132. Eine bedeutende Ausnahme bildet folgende, immer noch beachtliche Arbeit, die sich freilich auf Wallensteins Ende konzentriert: Peka, Wallenstein 1630–1634. Bis heute bleibt eine genaue Untersuchung des Aufstiegs Wallensteins vor 1625 ein Desiderat. Ernstberger hat nicht einmal Teile seines sicher erheblichen Nachlasses an ein öffentlich zugängliches Archiv gegeben. Ernstberger, Hans de Witte, S. IX.
C. Forschung
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frühkapitalistischen – und ganz und gar nicht „feudalen“ – Projekt beteiligten. Wurde das Münzkonsortium überhaupt beachtet, sahen betreffende Historiker Ferdinand II. aus patriotischer Gesinnung als Gewaltherrscher, der in Böhmen eine repressive Phase einleitete.66 Von vornherein lastete ein politisch motiviertes Verdikt auf dem Geschäft. Es handelte sich dabei um eine groß angelegte Kapitaltransaktion, die bis heute von der Landesgeschichtsschreibung des Fürstentums Liechtenstein, dessen Aufstieg, Rang und Reichtum eng mit der Frage des Münzkonsortiums verbunden sind, ausgelassen wird. Diese Problematik hat möglicherweise ihren Hintergrund in einer bis dato rein konstitutionellen, gleichwohl historisch gewachsenen Monarchie,67 in welcher der regierende Fürst parlamentarische Gesetze verfassungsgemäß zu kassieren vermag. Gleichzeitig ist das heute flächenmäßig viel kleinere Fürstentum bis kürzlich als Oase für Steuerflüchtlinge aus den Nachbarländern bekannt gewesen. Dass schon seine Gründung auf ähnlich uneindeutigen Geschäften – dem Münzkonsortium – beruhte, wäre verständlicherweise nicht gerade der Vermarktung von Finanzdienstleistungen förderlich. Eine Steueraffäre hat zudem 2008 zu einem öffentlichkeitswirksamen Streit zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem aktuell regierenden Fürsten Hans-Adam II. geführt. Aus Sicht des letzteren könnte auch die Sorge um das Gedenken an den dynastischen „Begründer des Aufstiegs“, Fürst Karl I. von Liechtenstein – der am Münzkonsortium maßgeblich beteiligt war –, eine gewisse Rolle gespielt haben.68 So wird gerne verschwiegen, woher die wesentliche materielle Grundlage für das Werden und Wachsen des Hauses Liechtenstein kam.69 Selbst die ganz aktuelle Forschungslage erscheint mehr als problematisch. Das Prager Münzkonsortium ist, ob der absoluten Einmaligkeit seiner Art, oft 66
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Klíma, Inflation in Bohemia, S. 56f.; Macek, Histoire de la Bohême, S. 211; Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince; Polišenský, The Thirty Years War, S. 137–142. Wörtliche Zitate aus tschechischsprachigen Werken werden im Folgenden ausschließlich in deutscher Übersetzung geboten. Im Grund ist das Fürstentum Liechtenstein das letzte funktionierende Überbleibsel des Alten Reiches. Bei der Auseinandersetzung zwischen Bundeskanzlerin und regierendem Fürsten ging es auch um die Enteignung des fürstlichen Hauses Liechtenstein von seinen ausgedehnten Besitzungen in Böhmen und Mähren nach dem Zweiten Weltkrieg, was eine durchaus höchst problematische Angelegenheit war. Dass aber jene Güter im 17. Jahrhundert einst Eigentum indigener Adliger gewesen sind, die nach der Schlacht am Weißen Berg 1620 zugunsten Liechtensteins ebenfalls enteignet worden waren, scheint heute nicht mehr im Bewusstsein zu stehen. Darüber hinaus war es Karl von Liechtenstein persönlich, der die entsprechende kaiserliche Enteignungskommission geleitet hatte – siehe Kapitel I. Abschnitt 1. Ausführlich Kapitel III. Abschnitte 7. und 8. Es sind etwa die Schriften Herbert Haupts – eines einschlägigen Kenners der liechtensteinischen Geschichte des 17. Jahrhunderts – lediglich kunsthistorisch ausgerichtet und beachten Zusammenhänge mit der politischen Geschichte weniger.
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als „ominös“ bezeichnet worden. Eine „dunkle Affäre“70 sei es gewesen, wird bisweilen behauptet. Obschon er die Erkenntnisse Gindelys verschmähte, hat Hermann Hallwich bereits 1910 darauf hingewiesen, dass die Erforschung des Münzkonsortiums ein echtes Desiderat sei.71 Daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Forschungsspitze bildet, bei aller Vorbehalte im Hinblick auf den Verfasser, nach wie vor Anton Ernstbergers Biographie zu Hans de Witte, dem Bankier Wallensteins. Doch neigt sie zur Apologetik, wenn sie bei der Bewertung des Konsortiums lapidar den Gemeinplatz vorschützt, dass „Geschäftsleute“ eben einen Gewinn machen müssen.72 Jenen Profit der Beteiligten sucht sie sodann mit nicht nachvollziehbaren Berechnungen zu marginalisieren. Überaus treffend bewertet dagegen – 1987 in einem Sammelband zur liechtensteinischen Geschichte, welcher auf ein Forschungskolloquium im Umfeld des damals regierenden Fürsten Franz Josef II. zurückging – der verdienstvolle Frühneuzeithistoriker Volker Press das Münzkonsortium: „Es war eine dramatische und rücksichtslose Gewinnmitnahme, von der weder die Einzelheiten noch die wirtschaftlichen Konsequenzen geklärt sind.“73 Entsprechend bemerkt Klaus Malettke 1993 in einem Wallenstein-Aufsatz, die Forschung habe das Unternehmen noch nicht vollständig erhellt.74 Dies nimmt kein Wunder, denn außer genuin numismatischen Studien75 oder bloßen Zusammenfassungen des üblichen Kenntnisstandes76 ist zum Münzkonsortium seit Ernstberger eigentlich nichts wirklich Neues erschienen. Noch 2001 konstatiert Ulrich Rosseaux in seiner Dissertation zu den „Kippern
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Martin, Das Haus Liechtenstein in der deutschen Literatur, S. 99. Zurecht hat Hallwich herausgestellt, dass eine Untersuchung des Münzkonsortiums „einen willkommenen tieferen Einblick […] in die noch vielfach unklaren Verhältnisse damaliger privater und öffentlicher Finanzwirtschaft überhaupt“ bieten könne. Hallwich, Geschichte Wallensteins, S. 78. „Daß aber Geschäftsleute und solche, die mit ihnen an einem Geschäftsunternehmen beteiligt waren, auch etwas verdienen wollten, das brauchte weder vor der damaligen noch vor der späteren Zeit verleugnet werden.“ Ernstberger, Hans de Witte, S. 95. Diese Feststellung ist eine reine Binsenweisheit und kann als Erklärung nicht genügen. Press, Das Haus Liechtenstein in der europäischen Geschichte, S. 47. „Dans l’état actuel des recherches, toute la lumière n’a pas encore été faite.“ Malettke, Wallenstein, S. 26. Gaettens, Inflationen, S. 74–94, und Probszt, Österreichische Münz- und Geldgeschichte, S. 427–433. Sogar die numismatische Spezialliteratur hilft wenig weiter und kennt das Thema nicht, siehe auch Probszt, Quellenkunde. Kostlán, Dlouhá mince; Roth, Die Kipper- und Wipper-Zeit; Schulte, Calvinisten als Finanziers des Dreißigjährigen Krieges. In diesen Bereich ist auch die gesamte neuere Wallenstein-Biographik einzuordnen: Diwald, Wallenstein, vor allem S. 172–215; Janá#ek, Valdštejn, S. 241–246; Mann, Wallenstein, insbesondere S. 195–210; Polišenský/Kollmann, Valdštejn, S. 67–72; diess., Wallenstein, S. 49–95.
C. Forschung
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und Wippern“, „daß das böhmische Münzkonsortium in der historischen Forschung in den Ruf eines leicht anrüchigen und etwas geheimnisvollen Vorgangs geraten ist“.77 Die österreichische Geschichtsforschung übt bisweilen Selbstkritik, das Thema der Kriegs- und Staatsfinanzierung früher vernachlässigt zu haben,78 was sich erst in der letzten Zeit durch die Arbeiten des Frühneuzeitlers und Liechtensteinexperten Thomas Winkelbauer und seiner Schüler entscheidend geändert hat. Als Kenner der Materie behandelte er das Münzkonsortium bisher aber nur summarisch.79 Die Relevanz des Themas muss indes angesichts einer derart defizitären Forschungslage nicht erst gesondert betont werden. Eine Ausnahme in der Literaturlandschaft bildet die jüngst – im Jahr 2010 erschienene, hervorragende historische Altersdissertation des promovierten österreichischen Ökonomen Peter Trawnicek senior zu den Münzjuden unter Kaiser Ferdinand II.80 Sie ist offenbar in den Jahren 2000 bis 2003 auf der Aktengrundlage des Wiener Hofkammerarchivs entstanden und erst kürzlich veröffentlicht worden.81 Dabei bietet diese Studie vor allem Neues zum praktischen Funktionieren der Münzstätten wie auch zur kaiserlichen Münzpolitik nach dem durch das Münzkonsortium wesentlich mitverursachten Staatsbankrott 1623. Das Konsortium selbst wird ebenfalls behandelt. Jedoch wird es nicht in die größeren Kontexte des Dreißigjährigen Krieges, des böhmischen Aufstandes oder näherhin der vormodernen Kriegsfinanzierung eingeordnet. Die weitreichenden Konsequenzen des Konsortiums werden allenfalls angerissen, das Adels- und Kreditnetzwerk – welches hinter dem Konsortium stand – wird nicht näher beschrieben.82 Daher ist eine monographische Untersuchung des Prager Münzkonsortiums nach wie vor geboten. 77 78
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Rosseaux, Die Kipper und Wipper, S. 400. „Die österreichische Wirtschaftsgeschichte bekümmert das unterentwickelte Interesse an der Geschichte der habsburgischen Staatsfinanzen in der Frühen Neuzeit [...] erstaunlich wenig. Sie [...] setzte über Jahrzehnte [...] ihre Prioritäten im regionalen [...] Bereich.“ Hochedlinger, Zum Problem der Kriegsfinanzierung, S. 82. Vergleiche Winkelbauer, Das Geld est sanguis corporis politici, S. 153f. Winkelbauer habe in seiner Habilitationsschrift zu Gundaker von Liechtenstein die Behandlung des Münzkonsortiums vernachlässigt, meint Harrer, Habilitation Thomas Winkelbauer, S. 7: „Das wahre Ausmaß der Machenschaften Karls von Liechtenstein, der sich als Teilhaber am Münzkonsortium ab 1622 im großen Stil bereicherte, wird allerdings in Winkelbauers Darstellung nicht deutlich.“ Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II. Sie konnte dem Vf. zum Zeitpunkt der Konzeption und Fertigstellung seiner Magisterarbeit noch nicht bekannt sein und wurde somit erst nachträglich berücksichtigt. Dies entspricht der anders angelegten Fragestellung der Untersuchung mit dem Schwerpunkt auf jüdischer Geschichte. Der einzige am Münzkonsortium beteiligte Jude aber war Jakob Bassevi – gerade zu seinem Handeln vermag Trawniceks Arbeit den Forschungsstand voranzubringen.
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Einführung D. Methoden
Es stellt sich die durchaus berechtigte Frage, weshalb die geschichtswissenschaftliche Forschung das Prager Münzkonsortium lange Zeit kaum angerührt hat, wo es sich doch um ein vielversprechendes Thema handelt, das bei weitem nicht nur numismatisch oder personengeschichtlich angegangen werden kann. Die Antwort darauf kann nur lauten: Es ist mehr als deutlich, dass das Münzkonsortium bis auf den heutigen Tag eine spannungsvolle geschichtspolitische Dimension aufweist, die seine genaue Erhellung und Aufdeckung bisher verhindert hat. Sowohl aus liechtensteinischer, als auch habsburgisch-österreichischer, wie auch tschechoslowakischer Sichtweise erschien dieser Gegenstand gleichsam unangenehm und harrt daher seiner Aufklärung. Dass die genuin liechtensteinische, patriotische Geschichte sich nicht herangewagt hat, wundert kaum; die könglich-kaiserliche österreichischungarische Geschichtsschreibung wollte wohl verständlicherweise des Kaisers Betrug an seinen Untertanen und die Tatsache, dass die Beteiligten den Kaiser hintergangen haben, ungern herausstellen. Das Münzkonsortium war schließlich kein Ruhmesblatt des Kaisers. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass sich die Bezeichnung „Prager Münzkonsortium“ eingebürgert hat, obwohl der Vertrag zum Geschäft in Wien geschlossen worden war. Wahrscheinlich wollten die Wiener Autoritäten mit diesem anrüchigen Vorgang nicht in Verbindung gebracht werden. Der tschechisch-marxistischen Forschung passte das Thema, wie erwähnt, nicht in das inkompatible Schema des „Historischen Materialismus“, wonach feudal wirtschaftende Adlige keine, als genuin bürgerlich erachtete, kapitalistische Kompetenz haben konnten. Der Gegenstand ist also nicht nur überaus relevant, sondern bis heute geradezu politisch beschwert. Bislang hat diese politische Brisanz allerdings allzu schwer auf der wissenschaftlichen Relevanz gelastet. Es gilt also, die konventionelle Geschichtsforschung mit ihrer politischen und ideologischen Vorbelastung zu überwinden und die vorgeführten, einseitigen historiographischen Traditionen hinter sich zu lassen, das heißt die wesentlich durch Volker Press, Klaus Malettke und Ulrich Rosseaux aufgestellten Desiderate möglichst zu erfüllen suchen. Dabei geht die vorliegende Studie über ein bloßes Anrühren des Themas hinaus, insofern sie nach eingehender Analyse und Interpretation des Sachverhalts eine differenzierte Bewertung aus aktueller Sicht wagt. Sie klärt ein entscheidendes Kapitel frühneuzeitlicher Sozial- und Kriegswirtschaftsgeschichte. Das Prager Münzkonsortium soll erstmals überhaupt monographisch auf Basis aller edierten Quellen und Literatur sowie der einschlägigen Wiener Archivakten behandelt werden. Dabei bietet eine so überaus facettenreiche Materie die Chance auf multiperspektivische Erkenntnisse: vordergründig im Hinblick auf die Wirtschaftsgeschichte, hintergründig aber
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auch für die sozialgeschichtliche Klientelforschung.83 Weiterhin wird die Geschichte des Aufstiegs dreier reichsfürstlicher Adelshäuser – Wallensteins, Liechtensteins und Eggenbergs – näher erhellt. Zudem wird die Funktionsweise eines Netzwerks unter dem Schutz eines Patrons, einer im Umfeld des Kaisers agierenden Adelselite erforscht. Sodann soll die Geschichte der Kriegsfinanzierung im Sinne einer Kapitalisierung des Krieges am Beginn der Neuzeit untersucht werden.84 Schließlich kann ein Beitrag nicht nur zur schlecht ergründeten Geschichte Böhmens nach der Schlacht am Weißen Berg geleistet werden, sondern auch – aus übergeordneter Sicht – zur Historie des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation: Die Reichsmünzordnung ist bis dato noch nicht im Kontext mit dem inflationären Teiben der „Kipper und Wipper“, die erst jüngst wieder in den Blick geraten sind,85 betrachtet worden.86 Schließlich handelt es sich um ein Thema der europäischen Vergangenheit, insofern Erkenntnisse zur Frühgeschichte des Dreißigjährigen Krieges als einem Konflikt, der mit all seinen Nebenschauplätzen bald einen ganzen Kontinent in Atem hielt, generiert werden: Das Münzkonsortium kam nämlich auch deshalb zustande, weil der siebenbürgische Fürst Gábor Bethlen 1622/23 kurz davor stand, mit französischem Geld eine große antihabsburgische Koalition, die ganz Europa erfassen sollte, zu bilden.87 Summarisch lässt sich damit jener Sachverhalt der modernen, sozial-, wirtschafts- und kulturhistorisch ausgerichteten neuen Militärgeschichtsschreibung zuordnen.88 Folgende methodologisch-technische Hinweise zur Vorgehensweise und Gliederung müssen vorausgeschickt werden: Es soll – im ersten Kapitel – untersucht werden, wie eine solche Kapitalgesellschaft entstehen konnte, welche Personen mit welchen Motiven hinter ihr standen. Dazu wird ein prosopographischer Vergleich rekurrierender biographischer Strukturen bei den Beteiligten vorgenommen,89 wie auch das Spektrum der Partizipierenden 83
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Vergleiche exemplarisch Press, Patronat und Klientel, sowie Reinhard, Freunde und Kreaturen. Als Pionierstudien in diesem schlecht erforschten Bereich dürfen gelten: für die Frühe Neuzeit Redlich, The German Military Enterpriser, sowie umfassend zur europäischen Geschichte seit dem Mittelalter Tilly, Coercion, Capital, and European States. Rosseaux, Die Kipper und Wipper. Überhaupt erscheinen Forschungen zum Reichsmünzwesen bisher kaum getätigt worden zu sein. Wiederum kann nur verwiesen werden auf die Dissertation von Christmann, Vereinheitlichung des Münzwesens. Noch problematischer gewordene wirtschaftsgeschichtliche Forschungen zum Reich bietet Bog, Reichsmerkantilismus. Siehe Kapitel I. Abschnitt 1. Diese wird für die Frühneuzeit in Deutschland vorwiegend durch den von Bernhard R. Kroener gegründeten „Arbeitskreis Militär und Gesellschaft“ betrieben. Methodologische Orientierung bieten dabei vorwiegend Reinhard, Freunde und Kreaturen, insbesondere S. 130–133, sowie ders., „Verflechtung“ als Konzept zur
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Einführung
erstmals klar benannt wird. In diesem Sinne werden Analogien zwischen den Mitgliedern des Münzkonsortiums, im Hinblick auf ihre geographische Herkunft, ihre Erziehung und Konfession sowie auf Verwandtschaftsverhältnisse und Karrieremuster erschlossen. Insbesondere die Felder gemeinsamer Interaktion bei der Kriegsfinanzierung sollen aufgedeckt werden. Es wird – im zweiten Schritt – aus primär sozial- und wirtschaftsgeschichtlicher Perspektive danach gefragt werden, wie Kapital geschaffen und organisiert wurde. Historische Quellenanalyse und Interpretation des Vertragstextes wie auch von Bruchstücken der Geschäftsunterlagen stehen, methodisch gesehen, im Mittelpunkt. Schließlich wird – im dritten, hauptsächlich sozialund rechtsgeschichtlichen Kapitel90 – näher herausgearbeitet werden, welche Konsequenzen dieses Kapitalgeschäft zeitigte, welche Gewinne und Verluste also realisiert wurden. Dazu werden sämtliche, in edierter und archivalischer Form verfügbaren Quellenhinweise und Forschungsergebnisse nicht nur kompiliert, sondern erstmals zusammenhängend bewertet und auf das Münzkonsortium bezogen. Weitgehend entsprechen den drei sich anschließenden Kapiteln also bewährte Methoden: Kollektivbiographisch wird das Netzwerk des Konsortiums aufgehellt, dessen Tätigkeit sodann quelleninterpretatorisch geklärt werden soll, um schließlich deren gesellschaftliche Folgen in Bezug auf Böhmen und darüber hinaus darzustellen.
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Erforschung historischer Führungsgruppen, vor allem S. 9, 16–18, 26–31. Sozial- und rechtsgeschichtlich ausgerichtet ist das letzte Kapitel, insofern zunächst der Aufstieg beziehungsweise Fall der Münzkonsorten, die juristische Seite der Unternehmung und die gesellschaftlichen Folgen für die Vertragsländer fokussiert werden.
I. DAS NETZWERK DES KONSORTIUMS Hinter dem Münzkonsortium stand ein Netzwerk von adligen Kriegsfinanciers, das dem in ökonomisch schwieriger Lage befindlichen Kaiser seine Dienste anbot. Ferdinand II. griff auf diese Offerte mehr oder minder dankbar zurück, schon weil er aufgrund gefährlicher strategischer Verhältnisse kurzfristig keinerlei andere geldliche Ressourcen verfügbar machen konnte. Auf diese Weise gelang es einer höfischen Gruppierung von Kreditgebern, ein für sie günstiges Geschäft abzuschließen.
1. Die Zeit nach der Schlacht am Weißen Berg und die Lage der habsburgischen Krone Nach dem Sieg des Kaisers in der Schlacht am Weißen Berg 1620 über die „Confœderatio Bohemica“ und den von Katholiken sogleich spöttisch als Winterkönig betitelten Friedrich von der Pfalz, befand sich Ferdinand II. in ungelösten finanziellen Schwierigkeiten. Hinzu kam eine weiterhin bedrohliche außenpolitische Konstellation. Um die damit verbundenen Risiken einzudämmen, erließ der Kaiser nach einigem Zögern innerhalb kurzer Zeit diejenigen entscheidenden Dekrete, welche ihm Abhilfe zu verschaffen versprachen.
a) Die Finanznot des Kaisers und ihre Implikationen Am 8. November 1620 gelang es kaiserlich-ligistischen Truppen unter Führung von Bucquoy und Tilly in der Schlacht am Weißen Berg – unmittelbar vor den Toren Prags –, die aufständischen Böhmen zu besiegen.91 Die unten folgende zeitgenössische Darstellung92 (Abb. 1) zeigt eindrucksvoll, wie es die kaiserlich-bayerischen Kräfte – trotz aller vorherigen Bedenken – schafften, die auf der Berganhöhe eigentlich sehr sicher verschanzten böhmischen Söldner in Tercio-Taktik93 geordnet anzugreifen, zu verängstigen und mit
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Monographisch dazu Chaline, La bataille de la Montagne Blanche. Abelin, Theatrum Europaeum, nach S. 410. Diese Taktik war im Spanien des 16. Jahrhunderts entwickelt worden und bedeutete, dass sich die Infanteristen in rechteckigen bis quadratischen Formationen – sogenannten Tercios – aufstellten, wobei Spießträger die Gewehrschützen vor Reiterattacken schützten. Im Laufe des Dreißigjährigen Krieges setzte sich allerdings die wirkungsvollere – in den Niederlanden erfundene, von Schweden bevorzugt angewandte – Lineartaktik mehr und mehr durch, bei der die in Reihen angeordneten Söldner ihre Feuerwaffen noch effektiver einzusetzen vermochten. Erst im 18. Jahrhundert aber wurde die Lineartaktik allgemein üblich.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
zahlenmäßig überlegener Macht in die Flucht zu treiben. Im Hintergrund rechts ist die Silhouette der Stadt Prag erkennbar – unterhalb davon retten sich einige mit Böhmen verbündete ungarische Kämpfer in die Moldau. Aus Sicht des Kaisers galt es nach dem Sieg in der Entscheidungsschlacht nicht nur, die adligen Rebellen zu bestrafen und Böhmen zu unterwerfen, sondern es musste auch Geld beschafft werden zur Bezahlung abzumusternder Söldner, damit diese nicht plünderten oder sich an den bäuerlichen Untertanen vergingen. Die Bedeutung eines ordentlichen Entlassgeldes kann insofern nicht unterschätzt werden, als es Meutereien in der Regel verlässlich verhinderte.94 Daneben musste eine enorm hohe Kriegsschuld95 zumindest ansatzweise zurückbezahlt werden. Dies sollte geschehen, obschon die aus habsburgischer Perspektive zurückgewonnenen Länder kaum Steuern lieferten. Es musste also Land der besiegten Rebellen konfisziert und verkauft werden, um an Geld zu gelangen – allerdings konnte dies nicht kurzfristig vonstatten gehen. Herzog Maximilian von Bayern, das Haupt der Katholischen Liga, formulierte diese Absicht bereits im Januar 1621 in einem Geheimgutachten folgendermaßen: „Die Oeconomia und Cammerwesen betreffend, sein die […] Rathschläg dahin gangen, das alle der Rebellen […] güetter mit vleiß annotiert und uffbehalten […] alles beisamen behalten, Ihrer Kaisl. Mai zu guetten angewandt, und hernach etwan die Verdienten […] bedacht werden mögen.“ 96 Allerdings konnte der Wert der aufgrund des Krieges ebenfalls verschuldeten böhmischen Adelsgüter nicht ausreichen, die anstehenden Projekte nur halbwegs zu finanzieren, nämlich die konsequente Rekatholisierung sowie die UnAbb. 1 (folgende Seite): Die Schlacht am Weißen Berg bei Prag besiegelte 1620 die endgültige Niederlage der böhmischen Aufständischen. Kaiser Ferdinand II. konnte in der Folgezeit eine harte Politik der Unterwerfung und der Gegenreformation durchsetzen. Um die anstehenden Maßnahmen zu finanzieren, ließ er sich auf das Projekt des Münzkonsortiums ein.
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Auch für Söldner war der Krieg ein Geschäft, das ihre Lebensgrundlage bildete. Eine „latente Demobilisierungskrise“ konstatiert für die Zeit nach dem Weißen Berg neuerdings völlig zurecht Höbelt, Ferdinand III., S. 42. Zum Problem der Demobilisierung auch Kroener, Überlegungen zum Schicksal demobilisierter Söldner, vor allem S. 622–625. Diese betrug schon Ende Juni 1619 mehr als 4,3 Millionen Gulden – und eine solche Schätzung ist noch vergleichsweise niedrig angesetzt. 1623 lastete allein auf der Böhmischen Kammer eine Schuldenlast von mehr als acht Millionen Gulden. Vergleiche Oberleitner, Beiträge zur Geschichte des Dreissigjährigen Krieges mit besonderer Berücksichtigung des österreichischen Finanz- und Kriegswesens, S. 6, 15. Lorenz, Quellen zur Vorgeschichte und zu den Anfängen des Dreißigjährigen Krieges, S. 515. Der Plan wurde 1622/23 in die Tat umgesetzt; verdiente und kaisertreue Adlige, darunter die Mitglieder des Münzkonsortiums, wurden mit Land entlohnt. Siehe auch Kapitel III. Abschnitt 7.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
terwerfung der böhmischen Länder unter die österreichisch-habsburgische Macht. Dennoch sind die Maßnahmen zur Neuordnung Böhmens umgesetzt worden, wenngleich aufgrund der schlechten Kassenlage sehr zögerlich. Im Juni 1621 wurden die führenden Rebellen auf dem Altstädter Ring in Prag öffentlich hingerichtet – der grausigen Inszenierung saß Fürst Karl von Liechtenstein in Vertretung des Kaisers vor.97 Es sollte ein öffentliches Exempel zur Abschreckung sein, um das Land einerseits endgültig zu befrieden und andererseits der kaiserlichen Macht symbolträchtig zu unterwerfen. Karl von Liechtenstein als Repräsentant des Kaisers in Böhmen98 organisierte und inszenierte ein Tribunal, das sogenannte Blutgericht, welches am 21. Juni 1621 in Prag stattfand.99 Schon im März war ein von Liechtenstein geführter Gerichtshof zur Aburteilung der führenden Rebellen zusammengetreten. Das Urteil lautete: Landfriedensbruch und Majestätsbeleidigung – dies waren Vergehen, die nach damaliger Rechtsauffassung zwingend das Todesurteil mit sich brachten. Nachdem der Kaiser jenen Richterspruch bestätigt hatte, verzögerten sich Verkündigung und Vollstreckung. Am 19. Juni wurde den bereits monatelang inhaftierten Rebellen-Anführern ihr Urteil in demjenigen Raum des Hradschin-Palastes vorgetragen, aus dessen Fenster einst die kaiserlichen Statthalter Slawata und Martinitz geworfen worden waren. Die unten folgende zeitgenössische Abbildung (Abb. 2), ein Ausschnitt eines Flugblatts,100 zeigt eben jene Szene – Fürst Liechtenstein, links unter dem Baldachin sitzend zu sehen, verkündet den unter Arrest gestellten Rebellen ihr Urteil. Es ist überaus verständlich und menschlich nachvollziehbar, dass die Ehefrauen der solchermaßen Verurteilten Liechtenstein als Statthalter von Böhmen um Gnade für ihre Gatten anflehten. Die weiter unten folgende Episode101 (Abb. 3) vermittelt einen anschaulichen Eindruck davon, wie sie sich gemeinsam mit ihren Kindern dem Fürsten zu Füßen warfen – in der Hoffnung, damit das Schlimmste zu verhindern. Doch musste er bei seiner
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Zu der Vorgeschichte des Tribunals und der Rolle Karls von Liechtenstein vergleiche dessen Briefwechsel mit dem Kaiser bei Ritter d’Elvert, Correspondenz Ferdinand II. mit dem Fürsten Liechtenstein, S. 1–89. Er war offiziell noch „subdelegirter Commissarius“ des Ligachefs Herzog Maximilian von Bayern, übernahm faktisch aber nach dem Weißen Berg die Kontrolle über Böhmen. Zahlreiche zeitgenössische Flugblattdarstellungen, welche lebhaft die Grausamkeit des Tribunals veranschaulichen, sowie ein immer noch lesenswerter Einführungsteil finden sich bei Pick, Die Prager Exekution im Jahre 1621. Vergleiche zur Phase nach dem Weißen Berg auch Evans, The Habsburg Monarchy and Bohemia, S. 142; Richter, Die böhmischen Länder 1471–1740, S. 283f.; Zeeden, Hegemonialkriege und Glaubenskämpfe, S. 249f., sowie die entsprechenden Abschnitte des Handbuches von Hoensch, Geschichte Böhmens. Aus Pick, Die Prager Exekution, S. 182, Ausschnitt B. Ebd., S. 182, Ausschnitt C.
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Abb. 2: Fürst Karl von Liechtenstein als Statthalter Kaiser Ferdinands II. in Böhmen saß demjenigen Gericht vor, das die Aufständischen verurteilte. Mit dieser Aufgabe zog Liechtenstein zwar den Unmut des böhmischen Adels auf sich, doch konnte er sich aufgrund seiner Fülle an Macht und Kompetenzen – nicht zuletzt über das Münzkonsortium – nicht wenig bereichern.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
Abb. 3: Trotz der ihm zum Teil auch unangenehmen Aufgabe als Richter über die Rebellen zeigte Fürst Karl von Liechtenstein große Härte und lehnte Gnadengesuche der Kinder und Witwen von Verurteilten in der Regel ab. Schließlich ging es ihm darum, deren Land zu konfiszieren und günstig zu veräußern, um Geld für den Kaiser zu beschaffen. Das Geschäft des Münzkonsortiums stand mit diesem Vorgang in engem Zusammenhang. strengen Haltung bleiben, weil Kaiser Ferdinand II. diesen unbedingten Gehorsam von seinem Getreuen verlangte – wenngleich es scheint, als sei Liechtenstein den künftigen Witwen und Waisen in geradezu herrischer Pose mit Stock, Hut und umgehängtem Mantel entgegengetreten, um das Flehen und Weinen abzuschmettern. Diesen Eindruck erweckt zumindest das oben zu sehende Flugblatt, welches gewiss von der Tendenz geleitet war, Liechtenstein möglichst negativ wirken zu lassen. Am 21. Juni schließlich kam es zum lange geplanten und vorwiegend auf Abschreckung zielenden „Bluttag“ auf dem Altstädter Ring in Prag. Der Kaiser lehnte es ab, die Hinrichtung persönlich zu präsidieren, weshalb Karl von Liechtenstein diese undankbare Aufgabe erfüllen musste. Ihm war es sehr unangenehm, dem Tribunal vorsitzen zu müssen, und er riet dem Kaiser mehrmals, diese Rolle selbst zu übernehmen. Er schrieb an Ferdinand II.: „Ich [habe] vernomben, Waß maßen Euer Mt: entschloßen, wieder dero Rebellen […] einen Gerichtlichen Process anzustellen, und das demselben Ich Praesidirn [solle].“ Liechtenstein wies darauf hin, dass bei Majestätsbeleidigung und Hochverrat,
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Abb. 4: 1621 wurden die führenden Köpfe des Aufstandes gegen den Kaiser auf dem Altstädter Ring in Prag öffentlich hingerichtet. Dies sollte einerseits abschreckend wirken, andererseits den unbedingten Anspruch Ferdinands II. auf die böhmische Krone verdeutlichen. Fürst Karl von Liechtenstein vertrat den Kaiser als Leiter der grausamen Folterungen und Exekutionen.
„In Crimine Laesae Maiestatis“, in der Regel der König Vorsitz führe, er aber „zue erzaigung meines gegen Euer Kay: Mt: beharrenden, eußersten, willigsten gehorsambst“ diese Rolle „vnderthenigst vrbittig“ erfülle. Der Widerwille Liechtensteins kam spürbar zum Ausdruck. Kaiserliche Berater hatten Ferdinand dazu überredet, besser „die Supplicia und blutstrafen in abweesen des landesfürsten“ vornehmen zu lassen.102 Kaiser Ferdinand II. demonstrierte mit dem Blutgericht unmissverständlich seinen von ihm als legitim erachteten Anspruch auf die böhmische Wenzelskrone. Letztlich handelte es sich um ein bloßes Vorspiel zur Durchsetzung der Gegenreformation wie des habsburgisch-fürstenstaatlichen Absolutismus in Böhmen. Während der grausamen Aktion von besonderer Härte sicherten Soldaten Wallensteins den Vorgang ab, um möglichen Tumulten zuvorkommen zu
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Das Schreiben Liechtensteins an den Kaiser sowie das Gutachten für den Kaiser bei Ritter d’Elvert, Correspondenz Ferdinand II. mit dem Fürsten Liechtenstein, S. 37, 46.
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können.103 Die eigentliche Exekution am Vormittag zog sich über mehrere Stunden und war von beispielloser Grausamkeit. Der Scharfrichter Jan Mydlář verschliss vier Schwerter, Nichtkatholiken erhielten keinen geistlichen Beistand, Köpfe und andere Leichenteile wurden öffentlich an den Toren der Stadt für ein ganzes Jahrzehnt aufgepflanzt, wo sie nicht nur vor den Augen der Bevölkerung verfaulten, sondern ganz besonders einschüchternd wirken mussten. All dies zeigt auch ein zeitgenössisches Flugblatt (Abb. 4) eindrücklich.104 Um die geplante gegenreformatorisch-absolutistische Politik umzusetzen, bedurfte es aber enormer Einkünfte, über die weder der Kaiser selbst, noch seine kaiserliche Hofkammer nach der Schlacht am Weißen Berg verfügten.105 Der Kaiser verfolgte offenbar mithin zunächst kaum finanzierbare Ziele. Dabei ist unklar, wie das wirtschaftspolitische Verständnis und Interesse von Kaiser Ferdinand II. bewertet werden soll.106 Ökonomische Angelegenheiten waren zu jener Zeit eigentlich kein kaiserliches Politikum. Die Wiener Hofkammer wusste gleichfalls keinen Rat und stand vor leeren Kassen. Das Anstehende schien schlicht nicht bezahlbar und damit auch nicht realisierbar zu sein, vor allem nicht durch die sonst übliche Kreditaufnahme bei jüdischen Händlern, Hofhandelsleuten oder bei potenten Adligen. Weitere Steuerund Zollerhöhungen kamen für die ohnehin kriegsgeplagten Länder nicht infrage. Spanische Subsidien wurden mitunter vergebens erwartet, ja blieben nicht selten aus,107 und selbst die päpstlichen Unterstützungsleistungen von monatlich lediglich rund 10.000 Gulden halfen wenig. Immerhin erhöhte die Kurie – mit der Besteigung des Stuhles Petri durch Papst Gregor XV. – diese Rate auf 50.000 Gulden, doch wurde kaum je mehr als die Hälfte tatsächlich ausbezahlt.108 Der Kaiser stand auch nach seinem Sieg vor dem ungelösten
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Diwald, Wallenstein, S. 150f. Pick, Die Prager Exekution im Jahre 1621, nach S. 214. Die genaue Finanzlage der österreichisch-habsburgischen Krone nach der Schlacht am Weißen Berg ist weitgehend unerforscht. Folgender älterer, tschechoslowakischer Titel ist in Deutschland generell nicht verfügbar oder zu bestellen: Oliva, Finanční politika v Čechách po Bílé hoře do kalady. Einfach zu behaupten, dass das wirtschaftspolitische Verständnis Kaiser Ferdinands II. „äußerst gering“ gewesen sei, kann keinesfalls genügen, so aber Polišenský/Kollmann, Valdštejn, S. 67. Die neue Arbeit von Brockmann, Politik und Ordnungsvorstellungen Ferdinands II., behandelt andere Fragen. Spanien führte seit 1621 wieder Krieg gegen die nördlichen Niederlande, die ihre Unabhängigkeit zu erringen trachteten, und hatte sich daher selbst mit akuten Schwierigkeiten bei der Kriegsfinanzierung auseinanderzusetzen. Dazu im Detail der Aufsatz von Albrecht, Die Subsidien der Kurie für Kaiser und Liga 1618–1635. 1621 bis 1623 sollen sich die päpstlichen Subsidien auf lediglich 1,9 Millionen Gulden belaufen haben, wobei rund ein Drittel Inflationsgeld gewesen sei, schätzt Kunisch, Wallenstein als Kriegsunternehmer, S. 156.
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Problem der Kriegsfinanzierung. Somit ist es berechtigt, von einer profunden Geldnot des Kaisers auszugehen.
b) Die geopolitische Situation und Schreckensvisionen Ferdinands II. Selbst nach dem Erfolg gegen die ständisch-böhmischen Rebellen war eine für den Kaiser alles andere als vorteilhafte geopolitische Lage der Einkreisung zwischen alten Erzfeinden wie Frankreich und dem Osmanischen Reich – sowie neuerdings den protestantischen Reichsfürsten – unlösbar bedrohlich geworden. Ohne die finanzielle Unterstützung der letzteren konnte der Kaiser überdies der noch immer latenten, „gegenwärtige[n] Türken=Gefahr“109 keinesfalls begegnen.110 Ende 1621 operierten die Osmanen militärisch in Polen, zwar erfolglos, doch war ein grundsätzliches Risiko für die habsburgischen Erblande dauerhaft gegeben, wie Khevenhiller als Geheimer Rat und Diplomat des Kaisers festhielt.111 Es lässt sich vermuten, dass Ferdinand II. schreckliche Visionen geplagt haben müssen, was die strategische Situation und die machtpolitische Zukunft seiner Erblande betraf. Ein Bündnis zwischen Frankreich und der Hohen Pforte wäre zu einem Fanal geworden und hätte für den Kaiser bedeutet, zwischen seinen alten und neuen Angstgegnern zerrieben zu werden. In jedem Fall fürchtete der Kaiser einen Zweifrontenkrieg, der die habsburgische Stellung in Europa insgesamt unterminieren konnte.112 Ende 1621 vermochte der Kaiser wenigstens einen Teilerfolg zu erzielen: Ein damals noch weitgehend unbekannter kaiserlicher Söldnerführer, Freiherr Albrecht von Waldstein – der spätere Generalissimus Wallenstein113 – tat sich hervor, indem er den umtriebigen siebenbürgischen Fürsten Gábor Bethlen, der seit August 1619 die konföderierten böhmischen Stände aktiv
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Für 1621/22 stellte diese retrospektiv fest Abelin, Theatrum Europaeum, S. 715. Erst Mitte 1623 bestand diese Gefahr vorerst nicht mehr, da die Osmanen in einen 25jährigen Krieg mit ihrem eigenen Hauptgegner, den persischen Safawiden, verwickelt wurden. Vergleiche Matuz, Das Osmanische Reich, S. 167. Außerdem putschten die Janitscharen seit Ende 1622 mehrfach, was zu heftigen inneren Unruhen und Umstürzen im Osmanenreich führte. Siehe Abelin, Theatrum Europaeum, S. 682–686, und Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 9, Sp. 1843–1848. Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 9, Sp. 1584. Nach wie vor gibt es keine wirklich wissenschaftliche und halbwegs vollständige Biographie zu Kaiser Ferdinand II. Weitere, vor allem ältere Literatur findet sich bei Albrecht, Ferdinand II. Zu den politischen Ansichten des Kaisers: Brockmann, Politik und Ordnungsvorstellungen Ferdinands II. Wallenstein wurde nach 1625 zum wichtigsten Kriegsfinancier und Heeresorganisator des Kaisers. Das Münzkonsortium sollte seinen Aufstieg begründen. Vergleiche Kapitel III. Abschnitt 7.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
unterstützt hatte, in seine Schranken verwies und auf mährischem Boden entscheidend schlug. Der Calvinist Gábor Bethlen aber war erst zum Friedensschluss mit dem Kaiser bereit, nachdem die ungarisch-protestantischen Stände, welche ihn 1620 umständlich zum „Regnorum Hungariae et Transsilvaniae Princeps“ 114 gewählt hatten, wieder von ihm abfielen. Der Frieden wurde am letzten Tag des Jahres 1621 zu Nikolsburg paraphiert, am 6. Januar 1622 ratifiziert und sah vor, dass Gábor Bethlen gegen einige Gebietszugewinne – insbesondere die oberschlesischen Fürstentümer Oppeln und Ratibor – auf die ungarische Königskrone formal verzichtete, welche nunmehr endgültig an Ferdinand II. fiel.115 Der Kaiser ernannte Bethlen überdies zum Fürsten auf Lebenszeit, in der Hoffnung, den Abenteurer solchermaßen zu mehr Gleichmut zu bewegen.116 Jedoch wurde Gábor Bethlen nach Nikolsburg, mit französischen Subsidien ausgestattet, erst recht zu einem ständigen und vornehmlichen Quell der Unruhe. Dass er das Ergebnis von Nikolsburg nicht annähernd akzeptieren konnte, stand für ihn außer Frage, wenn er sich innerhalb seiner persönlichen Umgebung immer wieder bedrohlich gen Westen wandte: „Glaubt mir, daß ich meine Hand auf Ungarn halte und daß mein Auge auf das Tor von Wien sieht.“ 117 Bereits Mitte 1622 durchzog er abermals das königliche Ungarn mit einem Heer und brach damit seine wenig verlässlichen Versprechungen von Nikolsburg.118 Er verfolgte weiterhin hartnäckig sein persönliches Ziel einer ungarisch-siebenbürgischen Personalunion und ließ sich durch seinen in Den Haag exilierten Glaubensbruder Friedrich von der Pfalz immer wieder gegen den Kaiser aktivieren. Außerdem versuchte Bethlen – freilich letztlich ohne Erfolg – eine große, überkonfessionelle antihabsburgische Koalition auf europäischer Ebene zu schmieden, wenn er intensive diplomatische Kontakte zu den Vereinigten Provinzen der Niederlande, Dänemark, England, einigen protestantischen Reichsständen und Venedig unterhielt.119 Nach wie vor stand Bethlen außerdem als Vasall des Sultans in engem Kontakt mit der Hohen Pforte. 1621/22 nahmen die niederländischen Generalstaaten Ernst von Mansfeld unter Sold, 114
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Schmidt-Rösler, Gabriel Bethlens Außenpolitik, S. 85. Bethlen ließ sich faktisch niemals zum König von Ungarn krönen, wie bisweilen behauptet, wenngleich es sein (unerreichtes) Ziel war. Vergleiche Depner, Das Fürstentum Siebenbürgen im Kampf gegen Habsburg, S. 90–93; Fata, Ungarn, das Reich der Stephanskrone, S. 189–191; Krümer, Bethlen Gabor, S. 25–32; Péter, Die Blütezeit des Fürstentums, S. 320–324. Dazu und zum weiteren Vertragsinhalt auch Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 9, Sp. 1670. Übersetzung und Zitat nach Depner, Das Fürstentum Siebenbürgen im Kampf gegen Habsburg, S. 94. Tatra, Beiträge zur Geschichte des Feldzuges Bethlen Gabors, S. 409. Vergleiche einen Lagebericht des Grafen Khevenhiller für Kaiser Ferdinand. Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 9, Sp. 1768f.
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um sogar im Reich dem Haus Habsburg Widerstand zu leisten. Sie sandten ihren Diplomaten Cornelius Haga zu Bethlen nach Siebenbürgen und darauf nach Konstantinopel zum Herrscher der Osmanen. Im Frühjahr 1623 schien sich tatsächlich ein umfassendes Bündnis gegen die Habsburger in Europa anzudeuten, als eine spanische Intervention mit päpstlichen Truppen im Veltlin die Nachbarn Venedig, Savoyen und Frankreich herausforderte120 und es Bethlen kurzfristig gelang, den „tollen Halberstädter“ – Herzog Christian von Braunschweig-Lüneburg – für sich zu gewinnen.121 Indes kam die geplante Koalition in der Realität nie zustande, hauptsächlich weil England den Pfälzer aufgrund eines spanischen Heiratsprojektes nicht mehr unterstützte. Die Gefahr blieb aber sehr groß für den Kaiser, zumal sich Bethlen erst mit dem Pressburger Frieden 1626 – der die Nikolsburger Beschlüsse bestätigte – befriedigt zeigte und damit endgültig den Weg zur Entspannung eröffnete.122 Während der gesamten ersten Hälfte der 1620er Jahre war Bethlen einer der gewichtigsten und mächtigsten Widersacher Kaiser Ferdinands II. im östlich der habsburgischen Erblande gelegenen Raum – schließlich handelte es sich um einen überaus fähigen Reitergeneral, der auch in politischer und diplomatischer Hinsicht viele Fähigkeiten besaß, die ihm seine Gegner anfangs nicht zutrauen mochten. Die weiter unten folgende zeitgenössische Darstellung123 (Abb. 5) zeigt Gábor Bethlen als Fürst von Siebenbürgen. Er trägt die traditionelle Kleidung von Reiternomaden sowie als Signum seiner Macht ein Szepter in seiner rechten Hand. Trotz der für den Kaiser immer noch beziehungsweise wieder überaus bedrohlichen Verhältnisse zur Jahreswende 1621/22 lieferten die böhmischen Länder und Ungarn kaum Steuern. Und das, obschon Ferdinand II. einerseits dringend Geld zur Demobilisierung in Böhmen stehender Söldner benötigte und andererseits für einen möglichen, noch viel größeren militärischen Konflikt in der nahen Zukunft gewappnet sein musste. Die sehr bedrohliche Lage, in der sich Ferdinand II. befand, verschärfte seine Finanznot noch weiter. Es ist also von einer tiefgreifenden Finanz-, Demobilisierungs- und außenpolitisch-strategischen Krise des Kaisers auszugehen, als er sich auf das letztlich nicht minder gewagte und gefahrvolle Münzkonsortium einließ.
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Letztere verbündeten sich in der Liga von Lyon. Dazu Wendland, Kampf ums Veltlin, vor allem S. 133. Depner, Das Fürstentum Siebenbürgen im Kampf gegen Habsburg, S. 96f. Siehe die derzeit beste Darstellung in deutscher Sprache: Schmidt-Rösler, Gabriel Bethlens Außenpolitik, S. 80–98. Allerdings muss gegen diese betont werden, dass Bethlen eben kein reiner „Abenteurer“ war, sondern sein Ziel, zugleich König von Ungarn und siebenbürgischer Fürst zu werden, durchaus mit Ernsthaftigkeit verfolgte. Khevenhiller, Conterfet, nach S. 334.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
Abb. 5: Fürst Gábor Bethlen von Siebenbürgen stritt mit dem Kaiser um die ungarische Königskrone. Zwar unterlag er in dieser Auseinandersetzung, doch bereitete er dem Habsburger – insbesondere durch seine diplomatischen Aktivitäten auf europäischer Ebene – ganz erhebliche, nicht zuletzt auch finanzielle Sorgen. Im Zusammenhang mit der zunehmend labileren Position des Kaisers im Reich erscheint somit plausibel, dass sich Ferdinand II. auf ein Projekt wie das Prager Münzkonsortium einließ.
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c) Kaiserliche Dekrete und die Neuordnung Böhmens Am 17. beziehungsweise 18. Januar 1622, nur zwölf Tage nach Nikolsburg, über ein halbes Jahr nach dem Prager „Bluttag“ und mehr als ein ganzes Jahr nach dem kaiserlichen Sieg am Weißen Berg, trat Kaiser Ferdinand II. aus seiner Agonie und erließ einige außerordentlich entscheidende Dekrete. An diesen beiden Tagen wurde Böhmen im wahrsten Sinn des Wortes von Grund auf neu geordnet – namentlich in sozialer und verfassungsgeschichtlicher Perspektive. Innerhalb jener zwei Tage wurde fernerhin die kaiserliche Politik, deren Paradigmen bereits angedeutet waren, nochmals neu ausgerichtet. Fürst Karl von Liechtenstein wurde zum Statthalter Ferdinands ernannt und, mit unumschränkten Vollmachten ausgestattet, quasi zum böhmischen Vizekönig erhoben. Der Kaiser gab ihm Recht und Macht, dass er fortan „im ganzen Khoenigreich Behem, in kriegs: alß Justicz vnd in Summa in allen
sachen, nichts vberall ausgenommen guberniren, disponiren Regirn, Bevehlen, verbiethen vnd alles das Jenige was S.[einer] L.[iebden] zu beförderung Vnsers Nuczes […] ohne menigliche Behinderung frei und sicher thun vnd lassen möge“.124 Liechtenstein besaß mithin in sämtlichen zivilen Bereichen in Böhmen alle erdenkliche Machtvollkommenheit und war nur dem Kaiser selbst als dessen Stellvertreter unterstellt, insofern er allein Ferdinand II. Rechenschaft schuldig war. Er war also dessen Gouverneur und sozusagen Vizekönig.125 Wallenstein, der seine Fähigkeiten als Feldherr gegen Gábor Bethlen eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte, erhob der Kaiser zum militärischen Gubernator Böhmens im Rang eines „Obristen von Prag“. Er war gewissermaßen das kriegerische Pendant zum politischen Statthalter Liechtenstein. Aufgrund der prekären materiellen Lage, aber auch aus Gründen von Macht und Konfession wurde in Wien ein Gerichtshof eingesetzt, der für die Einziehung und Enteignung der Güter von Rebellen zuständig war. Ideengeber und Vorsitzender dieser sogenannten „Confiscations=Commission“ 126 war abermals Fürst Liechtenstein. Grundbesitz in Böhmen und Mähren sollte in großem Umfang beschlagnahmt, eingezogen und verkauft werden, um schnell an das so drin124
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Ernennungspatent des Kaisers für Karl von Liechtenstein bei Ritter d’Elvert, Correspondenz Ferdinand II. mit dem Fürsten Liechtenstein, S. 109. Als Vizekönig sah der Kaiser Liechtenstein expressis verbis, wenn öffentliche Anschläge zu Prag im Mai 1622 verlangten, dass „man den Fürsten von Liechtenstein vor denselben [des Kaisers] ViceRe vnd Statthalter in dem Königreich Böheymb erkennen respective ehren / vnd in allem was sie im Namen Kayserl. Mayest. anbefehlen würden.“ Luntorp, Acta publica, S. 60. Vergleiche Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 9, Sp. 1642. Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein, S. 218.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
gend benötigte Geld zur Kriegsfinanzierung zu gelangen. Und an demselben Tag, am 18. Januar 1622, wurde weiterhin derjenige Vertrag unterzeichnet, welcher das Münzkonsortium begründete. All diese Maßnahmen, die an nur zwei Tagen beschlossen wurden, konnten freilich nur zustande kommen, da mit ihnen die Neuordnung Böhmens zugleich auf eine tragbare finanzielle Basis gestellt werden konnte.
Zwischenbilanz Der Kaiser brauchte finanzielle Ressourcen zur Demobilisierung von Söldnern, die nicht einfach nur entlassen werden konnten – gerade in einer noch nach dem Sieg am Weißen Berg und nach dem Friedensschluss von Nikolsburg überaus gefährlichen Lage. Vor allem wünschte er deshalb die böhmischen Länder wirtschaftlich nutzbar zu machen, wozu er im Januar 1622 die entscheidenden Dekrete erließ. Sie stellen nicht nur gewissermaßen das institutionelle und politische Umfeld des Münzkonsortiums dar; das Konsortium war wesentlicher Teil dieses umfangreichen Maßnahmenpakets, welches darauf abzielte, den Krieg und damit die Paradigmen der kaiserlichen Politik finanzierbar und praktisch durchführbar werden zu lassen.
2. Eine Wiener Hofpartei von Kriegsunternehmern und ihre Verbindungen Doch welche Personen konnten zur Finanzierung beitragen? Ein prosopographischer Vergleich zeigt: Hinter dem Münzkonsortium stand eine regelrechte Hofpartei durch Konversion katholisch gewordener adliger Karrieristen, die sich schon vor dem großen Projekt für den Kaiser mit der Kriegsfinanzierung befasst hatten. Früh hatten sie dem Kaiser Kredite zur Kriegsführung verfügt und sich für die Versorgung kaiserlicher Heere verwendet. Sie kannten demnach den Krieg als kommerzielle Angelegenheit. Zudem hatten sie reich geheiratet, waren mehrfach miteinander verwandt und durch ihr machtpolitisches und kriegswirtschaftliches Interesse geeint. Das folgende Schaubild (Abb. 6) vereint – erstmals vollständig – sämtliche 16 Mitglieder des Münzkonsortiums für das Jahr 1622/23 im Überblick.127 Es 127
Dazu wurden die einschlägigen Quellen- und Literaturtitel sowie die Bestände des Wiener Finanz- und Hofkammerarchivs ausgewertet. Kupferstiche höherrangiger Beteiligter werden in Kapitel III. Abschnitt 7 besprochen und auf dem Buchcover gezeigt. Der beteiligte Jude, Jakob Bassevi, schrieb im September 1622, dass dem Münzkonsortium „fünfzehen principalen“ angehörten, vergleiche ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23 [unpaginiert].
2. Eine Wiener Hofpartei von Kriegsunternehmern Name
Prädikat
BASSEVI, Jakob
von Treuenberg (nob. August 1622) Graf von
EGGENBERG, Johann Ulrich
Hauptfunktion Hoffaktor, Vorsteher der Prager Juden Präsident des Geheimen Rates Rentmeister der böhm. Kammer Geheimer Rat, Obersthofmeister
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Lebensdaten
Herkunft
Konfession
1570 bis 1627
Großvater aus Italien nach Prag eingewandert
Jude
1568 bis 1634
Steiermark
zum Katholizismus konvertiert
? bis 1633
Sachsen
Lutheraner
1570 bis 1628
Niederösterreich
Katholik
zum Katholizismus konvertiert zum Katholizismus konvertiert zum Katholizismus konvertiert Katholik
GLAUCHAU, Hans Matthias
von
HARRACH, Karl
Graf von
LIECHTENSTEIN, Karl
Fürst von
Statthalter 1569 bis 1627 von Böhmen
Niederösterreich
LOSENSTEIN, Wolf Siegmund
Freiherr von
Obersthofmarschall
1567 bis 1626
Niederösterreich
MEGGAU, Leonhard Helfried
Freiherr von
Niederösterreich
MICHNA, Paul
Freiherr von Waitzenhofen von Gumpendorf
Statthalter 1577 bis 1644 von Niederösterreich Sekretär der ? bis 1632 böhmischen Hofkammer Hofkammerrat
Niederösterreich
Hofzahlmeister
Salzburg
POLHEIM, Gund- Freiherr von aker
Hofkammerpräsident
Oberösterreich
TEUFFEL, Hans Christoph
Hofkammer- vor 1570 bis rat nach 1624
Steiermark
Hofkammerrat
Niederösterreich
oberster böhmischer Münzmeister militärischer 1583 bis 1634 Gubernator Böhmens Hofhandels- 1583 bis 1630 mann und Bankier
Böhmen
Katholik
Nordostböhmen
zum Katholizismus konvertiert Calvinist
MUSCHINGER, Vinzenz NIESSER, Josef
von Steinpaß
VŘESOVEC, Wilhelm
Freiherr von Zeilberg von Kranichberg von Vřesovitz
WALLENSTEIN, Albrecht
Freiherr von
WITTE, Hans de
von Lilienthal (nob. Mai 1622)
UNTERHOLZER, Hanns
Serbien
Antwerpen
zum Katholizismus konvertiert zum Katholizismus konvertiert
Abb. 6: Die am Münzkonsortium beteiligten Personen. Bemerkenswert sind die vielen Analogien mit Blick auf Lebensdaten, Herkunft und Konfession, wenngleich es sich um eine überkonfessionelle Geschäftsgemeinschaft handelte. Daneben ist auffällig, dass nur zwei Böhmen und außerhalb des Reichs geborene Männer partizipierten.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
fällt auf den ersten Blick ins Auge, dass die Mehrzahl niederösterreichische Adlige waren, die zum Katholizismus konvertiert waren. Meist lebten sie von etwa 1570 bis zum Beginn der 1630er Jahre. Auffällig ist daneben, dass ein Protestant und ein Calvinist, ja sogar ein Jude am Geschäft beteiligt waren, dass es sich somit um eine überkonfessionelle Geschäftsgemeinschaft handelte. Gleichzeitig stammten die drei Andersgläubigen ursprünglich nicht aus den Erblanden. Zunächst aber sollen die katholisch gewordenen Adligen im Mittelpunkt stehen.128
a) Konfessionelle Indifferenz und Konversionen zum Katholizismus Die adligen Teilhaber am Münzkonsortium wurden alle meist anfangs der 1570er Jahre geboren und hatten in Italien die Rechte studiert. Als Niederadlige waren sie um 1600 zum alten Glauben der Römischen Kirche konvertiert, um unter den Bedingungen der Gegenreformation in habsburgischen Diensten ihren Aufstieg zu nehmen. Die genannten Herren von Geblüt lassen sich einer ersten Welle von Konversionen in den böhmischen und österreichischen Ländern zuordnen,129 als der Sieg der Gegenreformation lange nicht absehbar und ein Großteil ihrer Standesgenossen in diesen Gebieten noch evangelisch war. Sie gingen mit ihren Konfessionswechseln mithin ein gewisses Risiko ein, allerdings ein kalkulierbares – schließlich gedachten sie, in kaiserliche Dienste zu treten, um Karriere zu machen.130 Zeitgleich ideologisierte sich die eigentlich religiöse Kategorie der Konfession mehr und mehr, war längst nicht mehr nur persönliches frommes Bekenntnis, sondern mündete teilweise in einen „Indifferentismus“131 und damit letztlich auch in opportunistische Selbstinszenierungen sowie entsprechend zielgerichtetes Handeln. Die Konversionen132 hatten erstaunlicherweise oft eher machtpolitische als theologische Gründe, womit indes keine Aussage über die tatsächliche Seelenverfassung der genannten Personen gemacht werden soll. Ganz sicher stand für sie aber nicht die Wahrheit der angeblich
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Zum Juden Bassevi und dem Calvinisten de Witte siehe Kapitel II. Abschnitt 5. Die bildlich fassbaren Münzkonsorten sind auf dem Bucheinband dargestellt. Die entsprechenden Kupferstiche entstammen Khevenhiller, Conterfet. Winkelbauer, Adelige Konvertiten in den böhmischen und habsburgischen Ländern um 1600, S. 432. Sie passen damit ins Bild typischer Kriegsunternehmer des Reiches im 17. Jahrhundert, die meistenteils protestantisch erzogen wurden und später zum Katholizismus konvertierten. Siehe Redlich, The German Military Enterpriser, S. 166. Zum nach wie vor als problematisch erachteten und wenig erforschten Begriff des Indifferentismus vergleiche zuletzt Mulsow, Ein Plädoyer für eine Indifferentismusforschung, S. 132, 150. Zur Problematik siehe auch Deventer, Konversion als Entscheidungshandlung.
2. Eine Wiener Hofpartei von Kriegsunternehmern
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allein selig machenden Religion im Vordergrund.133 Primär war für sie der Glaubenswechsel vielmehr ein eher pragmatischer Entschluss:134 Der Katholizismus war die Konfession des Kaisers und mittlerweile auch wieder des Hofes und in sich, trotz seiner diversen Spielarten gerade in Böhmen, wesentlich gefestigter und einheitlicher als der Protestantismus mit seinen mannigfachen Schattierungen und noch vielfältigeren Identitätsfindungsversuchen. Der Konfessionswechsel war durchaus ein probates Mittel, um kaiserlichen Rückhalt zu gewinnen oder im kaiserlichen Dienst Karriere zu machen.135 Kurzum erschien es manchem jungen und aufstrebenden Adligen allemal attraktiv, katholisch zu werden. Der später am Münzkonsortium beteiligte Hofkammerrat Hans Christoph Teuffel von Zeilberg war ein weit gereister Diplomat, als er 1613 vom Protestantismus zum Katholizismus konvertierte. 1620 wurde sogar über seinen Konfessionswechsel ein Gedichtzyklus publiziert, den er ursprünglich nur zum persönlichen Gebrauch verfasst hatte und dessen Veröffentlichung durch Katholiken im Umfeld der fürstbischöflichen Residenz Eichstätt er vergebens zu verhindern versuchte: „Reiß Vhr, darinnen die Vrsachen begriffen, warumb Er das Luthertumb verlassen, vnd den alten Catholischen Glauben angenommen.“136 Jenes Dokument brachte nolens volens zum Ausdruck, wie schwach Teuffel das Luthertum vorkam, wohingegen der Katholizismus, wie er dachte, machtvoll auftrete und dadurch bedeutend mehr Anhänger habe. Besonders beeindruckt war Teuffel von der inneren Einheit des alten Glaubens, wohingegen ihm der Protestantismus in sich tausendfach zerstritten und zersplittert erschien.137 Auch für Johann Ulrich von Eggenberg,138 der – 1568 in eine lutherische Familie geboren – zu Padua und Perugia studierte, schien der Katholizismus besonders vorteilhaft und faszinierend zu sein. 1598 konvertierte er, trat in den Hofdienst ein und wurde noch in demselben Jahr in den Freiherren-
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Die genannten Fälle können auch als Beispiele für die in der geschichtswissenschaftlichen Forschung so oft diskutierten „Grenzen der Konfessionalisierung“ gesehen werden, vergleiche Schindling, Konfessionalisierung und Grenzen der Konfessionalisierbarkeit. Konversionen im konfessionellen Zeitalter „standen […] in politischer Hinsicht im Spannungsfeld zwischen religiöser Autorität und politischem Utilitätsverdacht“ betonen zurecht Lotz-Heumann/Missfelder/Pohlig, Religiöse Autorität und Politik, S. 59. So auch der verdiente Frühneuzeithistoriker Volker Press, der überdies die „verstärkte Attraktion eines erneuerten Katholizismus“ konstatiert. Press, Patronat und Klientel, S. 43. EA Ingolstadt 1620. Roethe, Freiherr von Zeilberg, S. 789–891. Entgegen den Behauptungen seines jüngsten Biographen war er definitiv Mitglied des Prager Münzkonsortiums, was aber negiert wird durch Heydendorff, Fürsten und Freiherren zu Eggenberg, S. 145.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
stand erhoben. Zuvor und danach war er, ohne Rücksicht auf eventuelle konfessionelle Differenzen, als spanischer Diplomat in den Niederlanden tätig. Wolf Siegmund von Losenstein, 1567 geboren, studierte in Padua und Siena, konvertierte und nahm Aufgaben bei Hof in Wien wahr. Leonhard Helfried von Meggau, 1577 geboren, studierte an denselben Universitäten – wo übrigens auch Liechtenstein gewesen war – und trat ebenfalls in Dienste habsburgischer Höfe.139 Wallenstein, 1583 geboren, wurde von den Böhmischen Brüdern getauft, erzogen und nahm ein Studium in Padua und Bologna auf. Er konvertierte 1602 oder 1606140 vom Utraquismus zum Katholizismus und trat in kaiserliche Dienste. Er hoffte darauf, sich an die erfolgreiche Dynastie der Habsburger anlehnen und infolgedessen aufsteigen zu können. All die biographischen Parallelen sind augenfällig: der Dreiklang von nicht-katholischer Taufe und Erziehung, eines Rechtsstudiums auf der Apenninhalbinsel und der Konversion zur Altgläubigkeit. Eine ähnliche Erziehung und Ausbildung erfuhren sie und taten allesamt den Schritt des Übertritts zum Katholizismus. Dies waren nicht einfach nur persönliche, fromme Entscheidungen, sondern vor allem auch symbolische Handlungen mit öffentlicher Signalwirkung und politischer Tragweite.141 Ein weiterer interessanter Fall lohnt, näher betrachtet zu werden: Analog zu den genannten Standesherren wurde Karl von Liechtenstein142 1569 in eine protestantische Freiherrenfamilie geboren und bildete sich an der Eibenschützer Akademie der Mährischen Brüder bei Brünn, danach in Bologna und Siena. Wiederum begegnet der bekannte Dreiklang. Besonders stilvoll und demonstrativ – ja geradezu in einer Art, welche an die mythisch überhöhten Taufen Konstantins oder Chlodwigs zu erinnern vermag – inszenierte er als einer der reichsten und bedeutendsten Magnaten der 139
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Matschinegg, Österreicher als Universitätsbesucher in Italien, Nr. 819, 1552, 1590, 1640. Diwald, Wallenstein, S. 38–40; Hallwich, Geschichte Wallensteins, S. 10; Malettke, Wallenstein, S. 23f. Zur maßgeblichen Bedeutung symbolischer Akte in der Vormoderne vergleiche exemplarisch Stollberg-Rilinger, Symbolische Kommunikation, und dies., Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches. Bis heute hat diese überaus wichtige Persönlichkeit keine wissenschaftliche Biographie erfahren, obschon sie für die Neuordnung Böhmens nach dem Weißen Berg eine herausragende Rolle spielte. Folgendes Urteil eines renommierten amerikanischen Kenners aus dem Jahr 1943 besitzt volle Gültigkeit: „Of all the statesmen who served the House Habsburg in the first quarter of the seventeenth century, the career of none is more interesting nor […] more important than that of Karl von Liechtenstein. […] It is, therefore, unfortunate that Liechtenstein has never been made the subject of an adequate biographical study.“ Schwarz, The Imperial Privy Council, S. 281. Die aktuelle liechtensteinische Landesgeschichtsschreibung tendiert indes nach wie vor zur Verklärung Karls als bloßen „Begründer des Aufstiegs“ des Hauses. Vergleiche Kapitel III. Abschnitt 7.
2. Eine Wiener Hofpartei von Kriegsunternehmern
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Markgrafschaft Mähren an Allerheiligen 1599 seine Konversion zum Katholizismus, am symbolträchtigen Ort der Brünner Jesuitenkirche, und zwar in prominenter Anwesenheit des päpstlichen Nuntius Spinelli.143 Papst Clemens VIII. beglückwünschte den Konvertiten Liechtenstein persönlich für dessen aus seiner Sicht so einsichtiges Verhalten und brachte seine Hoffnung auf eine zu erwartende Vorbildfunktion dieser prominenten Konversion zum Ausdruck.144 Der Olmützer Bischof Franz Seraph von Dietrichstein war wohl einst die geistliche Triebfeder hinter dem Glaubenswechsel Fürst Karls gewesen. Die unten folgende Darstellung (Abb. 7), ein zeitgenössischer Kupferstich,145 zeigt den späteren Kardinal von San Silvestro und Landeshauptmann von Mähren. Er wurde jedoch in politischer Hinsicht zu einem entschiedenen Gegner des Münzkonsortiums, konnte dessen Zustandekommen aber nicht verhindern – wennschon er sich Anordnungen Liechtensteins als kaiserlichem „Generalkommissar“146 weitgehend erfolglos zu widersetzen versuchte. Der Gottesmann denunzierte übrigens häufiger und wiederholt seinen Intimfeind, den er als Opportunisten betrachtete, wegen allzu großer konfessioneller Toleranz beim Kaiser. Für Liechtenstein selbst muss bei seiner Konversion tatsächlich allein die Aussicht auf eine glänzende Karriere bei Hof die entscheidene Rolle gespielt haben.147 In der Folgezeit schien ihm an der katholischen Sache nämlich kaum gelegen, wenn er Kardinal Dietrichstein wiederholt wegen zögerlicher Durchführung der Gegenreformation auf seinen Gütern negativ auffiel und dort sogar den wenig gemäßigten und nicht selten gewissermaßen fundamentalistischen Täufern Unterschlupf gewährte.148 Er hatte mit 143
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Er meldete am 28. August über den Konversionswilligen seiner Heiligkeit nach Rom: „Hieri poi venne da me Carlo di Lietistano, barone heretico di potenza e richezze il primo di Moravia, il quale oltre alla certa inentione, che ha et che diede à me di voler farsi cattolico, facendani instanzam, che io lo volessi scrivere à Vra Stà.“ Bei Winkelbauer, Gundaker von Liechtenstein, S. 91. Der formelhafte Segenswunsch des Papstes für Liechtenstein lautete: „Amamus enim te, fili, speramusque complures nobiles tuo exemplo permotos, quin etiam auctoritate tua et gratia et suasionibus adductos, Deo ipso imprimis iuvante ad unam, catholicam et Apostolicam Ecclesiam venturos, extra qua non est salus.“ Winkelbauer, ebd. Wiederum weisen die Worte des Papstes Parallelen zur frühmittelalterlichen Herrscherbekehrung auf. Khevenhiller, Conterfet, nach S. 54. Vergleiche Rumpl, Moravské vládní mince, S. 222f. Karl von Žerotín schrieb etwa im August 1599 an Theodor von Beza, gewissermaßen dem unmittelbaren Nachfolger Calvins, dass Liechtenstein sich – durch die „Sirenen des Hofes“ verführt – den höfischen Verheißungen eines Aufstiegs hingegeben habe: „nouvellement a tourné le dos à la vérité [des Protestantismus] un des principaus seigneurs de nostre pays, appellé Charles de Liechtenstein […] seduit par […] les Sirenes de la cour.“ Winkelbauer, Gundaker von Liechtenstein, S. 91. Seit dem 16. Jahrhundert wiesen die Freiherren von Liechtenstein den Täufern ein Refugium zu – von dieser Praxis wich auch der katholisch gewordene Karl von
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
Abb. 7: Kardinal Franz von Dietrichstein war ein entschiedener Befürworter gegenreformatorischer Maßnahmen und als ferventer Katholik ein ebenso dezidierter Gegner des Münzkonsortiums und seiner Mitglieder. Dennoch konnte er offenbar mit seinen Warnungen nicht bis zum Kaiser vordringen. Auch in späterer Zeit war er mit Fürst Karl von Liechtenstein persönlich verfeindet.
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seinem Glaubenswechsel schlichtweg das wesentliche Hindernis für seinen Aufstieg kurzerhand und ein für alle Mal beseitigt und war fortan bereit, dem Kaiser nicht nur Kriegskredite, sondern seine ganze Kraft zu widmen. Dass Liechtenstein an sich wenig Wert auf das persönliche Bekenntnis legte und in dieser Hinsicht gewiss ein Opportunist war, wird deutlich, wenn er sogar Heinrich IV. von Frankreich, dem ursprünglich protestantischen König und klaren Gegner Habsburgs, Gelder zur Kriegsfinanzierung hatte zukommen lassen.149 Freilich tat er dies, ohne sich je offen gegen das Erzhaus zu stellen. Als Liechtenstein 1627 starb, weinte ihm der päpstliche Nuntius Carafa keine Träne nach, da er „cattolico freddissimo, per non dir peggio“ – also ein äußerst kalter Katholik, um nichts Schlimmeres zu sagen zu müssen – gewesen sei.150 Er hatte im Kriegsfall geschickt Konfessionalität, Politik und ökonomisches Denken verknüpft; und in genau dieser Reihenfolge setzte er seine Prioritäten, wobei er auf letzteres am meisten Gewicht legte, die erstere, konfessionelle Dimension aber zugunsten seiner Karriere instrumentalisierte.151
b) Reiche Heiraten und Familienbande im Zeichen des Opportunismus Ebenfalls in Heiratsfragen legten einige der genannten Adligen offenkundig größten Wert auf wirtschaftlichen Zugewinn und den Aufbau eines geeigneten Netzwerks für ihren Aufstieg. Heiraten war nun einmal ein Politikum. Wenngleich dies ein an sich überaus standesgemäßes und übliches Verhalten bedeutete und selbst wenn vielleicht sogar Liebesheiraten darunter waren, ist es doch sehr auffällig, dass die noblen Mitglieder des Münzkonsortiums ganz besonders vorteilhafte Partien machten. Sie heirateten allesamt Frauen, die außergewöhnlich reich waren, oftmals reicher als sie selbst, und damit ein entsprechendes Erbe erbrachten.
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Liechtenstein nicht ab. Vergleiche Press, Das Haus Liechtenstein in der europäischen Geschichte, vor allem S. 28. Vergleiche Martin, Histoire et généalogie de la maison de Liechtenstein, S. 43. Zitiert nach Winkelbauer, Adelige Konvertiten in den böhmischen und österreichischen Ländern, S. 450. Das ansonsten unverdient sehr negative Bild Karls von Liechtenstein in der deutschen Literatur kommt also nicht von ungefähr. Alfred Döblins Wallenstein-Roman von 1920 beschreibt ihn als äußerst unsympathische Figur, charakterisiert ihn gar als „wächsernes Ziegengesicht“ und „Götzenbildsäule“, vergleiche Döblin, Wallenstein, S. 173. Ricarda Huchs Darstellung des Dreißigjährigen Krieges aus den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg hingegen zeichnet ein treffenderes, wenn auch zu hart formuliertes Bild, wenn Liechtenstein ein „Bluthund, dem seine schamlose Blut- und Geldgier mit dem Fürstentitel bezahlt worden war“ genannt wird. Vergleiche den anregenden Aufsatz von Martin, Das Haus Liechtenstein in der deutschen Literatur, S. 97–99.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
Eggenberg vermählte sich mit Sidonia Maria, einer wohlhabenden Freiin von Thannhausen. Wallenstein ehelichte 1609 eine reiche katholische Witwe, Lukrezia von Witschkow, die zahlreiche Güter in Mähren mitbrachte, ihren Mann als Alleinerben einsetzte und schon 1614 starb.152 Die anfallende Hinterlassenschaft bildete die materielle Grundlage für den weiteren Aufstieg Wallensteins.153 Auch Liechtenstein konnte eine reiche Frau, die Erbtochter des mährischen Magnaten Johann Šembera Černohorský von Boskowitz, für sich gewinnen. Er heiratete sie 1595 und erhielt durch sie weitere Güter in Mähren hinzu.154 Ihr Erbe brachte mit sich, dass er zum führenden Adligen im mährischen Herrenstand aufstieg.155 Durch diverse weitere Heiraten waren die genannten Adligen überdies eng miteinander verwandt. Ein Vetter Wallensteins, Maximilian von Waldstein, führte 1622 Katharina von Harrach vor den Altar.156 Die Beziehungen der einflussreichen, altadligen und tief katholischen Harrach zum noch wenig bedeutenden, aufstrebenden, gemischtkonfessionellen Haus Waldstein wurden bald noch enger: Wallensteins zweite Frau Katharina Isabella war die Tochter Karls von Harrach, der er 1623 das Jawort gab, auch um Zugang zum Geheimen Rat um Eggenberg und Harrach zu gewinnen.157 Meggaus Mutter war ebenfalls eine Harrach – die Schwester Karls von Harrach. Ein Sohn Harrachs, Leonhard VII., heiratete 1620 Maria Franziska, eine Tochter Eggenbergs.158 Damit waren Wallenstein, Eggenberg, Harrach und Meggau eng miteinander verwandt. Liechtensteins Großnichte Maria Antonia Josepha von Zinzendorf übrigens war die Ehefrau Wolf Siegmund von Losensteins,159 Liechtensteins Urgroßmutter Magdalena war eine geborene Polheim160 und Hans Christopf Teuffel von Zeilbergs Tante mütterlicherseits war Anna von Polheim.161 Folgende beiden genealogischen Schaubilder162 (Abb. 8) rekapitulieren nochmals plastisch die soeben skizzierten engen Verwandtschaftsver-
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Diwald, Wallenstein, S. 56. Es hatte einen Wert von rund 400.000 Gulden. Vergleiche Polišenský/Kollmann, Wallenstein, S. 35. Nämlich Černahora und Mährisch-Aussee. Vergleiche Winkelbauer, Gundaker von Liechtenstein, S. 57. Winkelbauer, Die Liechtenstein als „grenzüberschreitendes Adelsgeschlecht“, S. 222. Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 9, Sp. 1598. Malettke, Wallenstein, S. 26. Khevenhiller, Conterfet, S. 60. Zu den hier etablierten genealogischen Zusammenhängen des Münzkonsortiums siehe die Tafeln bei Schwarz, The Imperial Privy Council, S. 414–416, sowie Gschliesser, Der Reichshofrat, S. 199f. Khevenhiller, Conterfet, S. 22. Roehte, Freiherr von Teuffel, S. 790. Vom Vf. selbst erstellt.
Abb. 8: Die beiden genealogischen Schaubilder zeigen anschaulich, dass die adligen Mitglieder des Münzkonsortiums über enge Verwandtschaftsbeziehungen miteinander verknüpft waren. Daher kann von einer oligarchischen Gruppierung ausgegangen werden, die das Geschäft des Krieges für den Kaiser betrieb. Daneben versuchte sie, Hofämter in Wien und Prag zu besetzen.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
hältnisse der am Münzkonsortium Beteiligten, welche dieses eindrucksvolle verwandtschaftliche Gewebe ganz gezielt und bewusst geflochten hatten. Nicht zuletzt durch diese Verwandtschaftsverhältnisse wird deutlich, dass die erwähnten Standesherren ein Karrierenetzwerk, ein System von Patronage und Klientel, ja eine regelrechte Parteiung am Wiener Kaiserhof bildeten. Sie waren gewillt, gemeinsam als Günstlinge des Monarchen ihren Aufstieg zu nehmen und eine oligarchische Struktur bei Hof zu schaffen, welche die wichtigsten Ämter dort besetzte.163 Dieses Netzwerk sollte das Münzkonsortium hervorbringen.
c) Erfahrungen im Kriegsgeschäft und der Wille zur Macht Fernerhin waren jene Herren von Geblüt allesamt erfahren in der Kriegsfinanzierung, teils kooperierten sie dabei sogar: Bereits im Langen Türkenkrieg von 1593 bis 1606 war Liechtenstein zum wichtigsten Kriegsfinancier Kaiser Rudolfs II. geworden. Er konnte diverse Kredite von zuweilen mehreren hunderttausend Gulden gewähren.164 Rudolf II. schuldete Liechtenstein schon 1602 die riesige Summe von 800.000 Gulden. Seine mustergültig geleiteten Grundherrschaften erlaubten Liechtenstein zudem, die kaiserlichen Truppen mit Getreide, Wein, kriegswichtigen Waren und anderem Proviant zu beliefern.165 Ab 1607 schlug er – als einfacher Freiherrr – mit kaiserlichem Sonderprivileg ausgestattet, eigene Münzen, so dass er mit diesem doch eigentlich landesfürstlichen Vorrecht – welches zu den königlichen Regalien zählte – selbst die pekuniäre Seite seiner großen Wirtschaftsvorhaben unter Kontrolle hatte. Kaiser Rudolf II. autorisierte Liechtenstein zur Münzprägung: „Verner haben wir auch vnnsern Obristen Hoffmaister Carln Herrn von
Liechtenstain diese besonndere Gnad gethan vnnd Lanndtsfürstlicher macht, vollkhombenhait wissentlich in Crafft dess Brieffs also, das Eer vnnd seine Nachkhomben, Directores des Geschlechts der Herrn von Liechtenstain, wann Ihnen solches über kurz oder lanng gelegen vnnd gefellig, in Iren Lannden, Herrschafften vnnd Gebietten, so Sy Jezt haben oder in khünfftigen Zeit überkhomben, ain Münzstatt Pawen vnnd auffrichten lassen.“ 166 163
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Vergleiche die allgemeinen Feststellungen bei Press, Patronat und Klientel, S. 21–37. Oberhammer, Die Entwicklung des fürstlichen Herrschaftsbesitzes, S. 38. Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein, S. 138–141; Haupt, Fürst Karl I. von Liechtenstein, S. 13; Schöpfer, Geschichte des Hauses Liechtenstein, S. 37; Winkelbauer, Les Liechtenstein – gentilshommes gestionnaires, S. 121–149. Bei Missong, Die Münzen des Fürstenhauses Liechtenstein, S. 9. Ein Faksimile des entsprechenden Palatinatsbriefs auch bei Divo, Die Münzen und Medaillen
2. Eine Wiener Hofpartei von Kriegsunternehmern
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1608 wurde er in den erbländischen Fürstenstand erhoben, da er dem neuen König Matthias in Zeiten des habsburgischen „Bruderzwists“ Geld zur Truppenaushebung geboten hatte.167 Er „bekam vor seine verschossene Gelder das Herzogthum Troppau in Schlesien Pfand weise“,168 welches er 1614 käuflich erwarb. Freiherr von Wallenstein wirkte längst für Erzherzog Matthias als Kreditgeber und Kriegsfinancier, wurde zu dessen Kämmerer, später derjenige der Erzherzöge Maximilian und Ferdinand.169 Im Krieg gegen Venedig 1617 stellte er Erzherzog Ferdinand erstmals ein Kürassierregiment auf eigene Kosten170 und machte dabei die Bekanntschaft mit dessen Intimus Eggenberg in Graz. Weitere Reitersöldner warb er für den Kaiser vor allem in der bedrohlichen Phase des böhmischen Aufstandes, teilweise auch in den spanischen Niederlanden – schon 1618 um über 40.000 Gulden. 1620 gewährte er dem Kaiser ein massives Darlehen von 160.000 Gulden für Bezahlung von Truppen.171 Er war folglich bereits vor dem Münzkonsortium kaiserlicher Kriegsunternehmer – vermutlich mit hervorragenden Finanzkontakten, da er ja in Zeiten des Aufstandes nicht mehr auf seine beschlagnahmten mährischen Güter als Finanzbasis zurückgreifen konnte. Er gehörte, mit anderen Worten, ganz sicher bereits zum begrenzten exklusiven Zirkel von kaiserlichen Kriegsfinanciers.172 Als solche frühen Kapitalisten wurden Wallenstein und Liechtenstein auch wahrgenommen, wenn Kaiser Matthias im Juni 1618 darüber nachdachte, wie angesichts der böhmischen Unruhen Geld zur Heeresfinanzierung aufzubringen sei. Umgehend fielen ihm Wallenstein und Liechtenstein ein. Sie sollten ihm, „in dieser Occasion zu Erzaigung Irer zu uns tragenden Lieb und Devotion“173 Geld leihen. Dies taten sie in Kooperation miteinander und sie unternahmen noch viel mehr: Im Dezember 1620 trieb Liechtenstein nicht nur Mittel für bislang unbezahlte und plündernde Kosaken auf, er erarbeitete
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der Fürsten von Liechtenstein, S. 22. Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein, S. 156–168. So der Zeitzeuge Khevenhiller, Conterfet, S. 39. Hallwich, Geschichte Wallensteins, S. 15, 18. Einzelheiten darüber sind nicht bekannt: „Unterlagen über seine Geldgeschäfte sind uns weder aus dieser frühen Zeit erhalten, noch besitzen wir die wichtigsten Dokumente aus den späteren Jahren, anhand derer es sich vollständig erklären ließe, wieso er ständig über flüssiges Geld verfügte.“ Diwald, Wallenstein, S. 69. Diese Aussage trifft indes nur bedingt auf das Münzkonsortium selbst zu. Vergleiche das gesamte Kapitel II. Vergleiche auch Khevenhiller, Conterfet, S. 219. Malettke, Wallenstein, S. 25. Folgende Aussage ist also besser ins Gegenteil zu kehren: „Sicherlich war Wallenstein kein kapitalistischer Unternehmer.“ Polišenský, Der Krieg und die Gesellschaft in Europa 1618–1648, S. 160. Es zeigt sich, dass Wallenstein als adliger – eben nicht bürgerlicher – Kriegsunternehmer nicht in das Konzept eines „Historischen Materialismus“ des marxistisch beeinflussten Historikers Polišenský passte. Polišenský, Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, S. 54 Nr. 69.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
im Auftrag des Kaisers eine Aufstellung sämtlicher Kriegskosten der bayerischen und ligistischen Armee.174 Er stellte 1621 der kaiserlichen Armee 200 Pferde aus seinen Gestüten sowie 400.000 Gulden zur Söldnerbezahlung.175 1622/23, als das Münzkonsortium aktiv war, fungierten Albrecht von Wallenstein, Karl sowie seine Brüder Gundaker und Maximilian von Liechtenstein als des Kaisers allerwichtigste Kriegsunternehmer, insofern sie zusammen fünf Kürassier- und drei Fußregimenter finanzierten, unterhielten und versorgten. 176 Auch Graf Karl von Harrach und Hofkammerpräsident von Polheim, beide ebenfalls spätere Mitglieder des Münzkonsortiums, engagierten sich 1619 in der Finanzierung der Truppen des kaiserlichen Heerführers Graf Bucquoy,177 der 1620 in der maßgeblichen Schlacht am Weißen Berg siegte. Sie alle waren frühkapitalistische Kriegsfinanciers, die mit pekuniärem Kapital zu hantieren wussten, und dabei intensiv zusammenarbeiteten. Die steiermärkische Kaufmannsfamilie Eggenberg war schon im 16. Jahrhundert durch ihre Münz- und Geldgeschäfte für das Erzhaus bekannt; auf diesen Transaktionen beruhte schließlich ihr Reichtum. Sie hatte große Erfahrung im sonst eigentlich verpönten Wechselgeschäft. Johann Ulrich von Eggenberg, dessen Mutter Helena eine geborene Fugger war,178 wurde wesentlich aufgrund seiner wirtschaftlichen Kenntnisse und Meriten zum Kämmerer Erzherzog Ferdinands von Steiermark. Später konnte er Kaiser Ferdinand II. bedeutende Summen zur Bezahlung des Krieges vorstrecken. Schon 1619 lieh er Wallenstein 40.000 Gulden zur Aufstellung eines wallonischen Reiterregiments.179 Was aber zeigen diese ausgewählten Beispiele? Vorwiegend, dass die genannten Adligen sich genau kannten, teils miteinander verwandt waren, teils bei ihren Kriegsfinanzierungsprojekten im Dienst des Hauses Habsburg kooperierten und interagierten. Dies alles taten sie weit vor ihrem gemeinsamen Engagement im Prager Münzkonsortium. Ihr Streben nach Reichtum, Macht und Aufstieg im weiteren Umfeld des Hofes einte sie. Jedenfalls drängten sie darauf, mit Geld zur Kriegsfinanzierung des Kaisers Gunst zu gewinnen. Sie bildeten eine Hofpartei, deren Kopf eindeutig Eggenberg als Vorsitzender des Geheimen Rates und Intimus des Kaisers war. Er protegierte nicht nur 1624 Wallenstein bei dessen Erlangung der Fürstenwürde, sondern pflegte mit ihm schon weit vorher enge Beziehungen und unterstützte be174 175
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Ebd., S. 267f. Nr. 754, S. 283f. Nr. 802. Polišenský, Der Kampf des Hauses Habsburg gegen die Niederlande, S. 39 Nr. 40, S. 42 Nr. 52, S. 45 Nr. 60. Redlich, The German Military Enterpriser, S. 224. Polišenský, Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, S. 98 Nr. 228, S. 138 Nr. 382. Khevenhiller, Conterfet, S. 14. Eder, Eggenberg, S. 331f.; Zwiedineck-Südenhorst, Hans Ulrich Fürst von Eggenberg, S. 7, 27f., 50–53, 84.
2. Eine Wiener Hofpartei von Kriegsunternehmern
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kanntlich zudem dessen spätere Erhebung zum kaiserlichen Generalissimus. Er sorgte dafür, dass „Albrecht von Waldstein […] zu solcher Autorität gelanget, daß er in den Fürsten=Stand erhoben, und Generalissimus aller Kayserl. Arméen worden“, wie der höfische Zeitzeuge, Graf Khevenhiller, berichtet.180 Wallenstein selbst gehörte zwar der Hofpartei um Eggenberg an, konnte allerdings im Gegensatz zu seinem mächtigen Protektor offenbar zu keiner Zeit ein persönliches Nähe- oder gar Sympathieverhältnis zu Kaiser Ferdinand II. aufbauen,181 war somit auf Unterstützung bei Hof angewiesen. Seine Anhängerschaft bildete die Hofpartei um Eggenberg; zumindest war dies in den Jahren vor seinem ersten Generalat der Fall.182 Ob es sich dabei um eine „spanische Hofpartei“183 mit besten Verbindungen zu König Philipps III. von Spanien Obergesandten Oñate handelte, muss dahingestellt bleiben; es wäre aber angesichts der langjährigen Erfahrungen Eggenbergs als Diplomat in spanischen Diensten durchaus möglich. Dagegen spricht, dass die Spanier als streng katholisch und konfessionalistisch galten und somit möglicherweise den konvertierten Mitgliedern des Konsortiums kritisch gegenüber gestanden sein könnten. Dieser Hofpartei gehörte allerdings der Sekretär der böhmischen Hofkammer – Paul Michna – an, der es vom serbischen Metzgerssohn zum Freiherrn von Waitzenhofen gebracht hatte184 und später ebenfalls am Münzkonsortium mitwirkte. Einen gemeinsamen Gegner fand diese Hofpartei von Konvertiten und Aufsteigern um Eggenberg – sei sie nun tatsächlich „spanisch“ oder nicht – im ferventen Gegenreformator Kardinal Franz von Dietrichstein, mit dem insbesondere Liechtenstein und Wallenstein persönlich verfeindet waren.185 Gerade diese konfessionelle Indifferenz ließe eher darauf schließen, dass es sich um Gegner der Spanier handeln musste – wohingegen die teilweise Involvierung des spanischen Botschafters in die Vorverhandlungen zum Vertragsabschluss 180 181
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Khevenhiller, Conterfet, S. 16. Dies hat neuerdings herausgearbeitet: Kampmann, Zur Stellung Wallensteins in der Administration Kaiser Ferdinands II., S. 303. Die Verhältnisse sahen anfangs der 1630er Jahre freilich ganz anders für Wallenstein aus. Obgleich darauf an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann, sei kurz darauf hingewiesen, dass nicht nur – wie weithin bekannt – Eggenberg, Harrach und Meggau, sondern auch die Liechtensteiner von ihm abfielen: Seger, Gundacker von Liechtenstein und Albrecht von Wallenstein, S. 77–110. Ein Gutachten Gundakers von Liechtenstein könnte im Hinblick auf des Kaisers Befehl, Wallenstein zu beseitigen, eine entscheidende Rolle gespielt haben. So Polišenský/Kollmann, Wallenstein, S. 64, 91f. Gindely, Geschichte der Gegenreformation, S. 330. Ob Michna einfach als „intriganter Höfling“ gesehen werden kann, muss offen bleiben. Dies tut Mann, Wallenstein, S. 168. Zu der ominös wirkenden Gestalt Michnas gibt es keine adäquate Biographie, noch nicht einmal einen eigenen Aufsatz, obschon er sich im nahen Umfeld Kaiser Ferdinands II. bewegte. Siehe den vorhergehenden Abschnitt zu den Konversionen wie auch Kapitel II. Abschnitt 5.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
wiederum für eine spanische Verbindung spräche.186 Unter Umständen vertraten die Anhänger der Hofpartei im Umfeld des Münzkonsortiums eine Art pragmatische Staatsräson des Hauses Habsburg gegen ständisch-partikulare und auch gegen reichische Interessen. Sie standen selbst, wenn überhaupt, vielmehr für die Sache des Kaisers, nicht diejenige des Reiches und eigentlich nur für ihre eigene. Deshalb traten sie auch gegen eine zu große Abhängigkeit von der Katholischen Liga ein. Dies würde die später ausgesprochene Antipathie zwischen Ligaführer Herzog Maximilian von Bayern und Liechtenstein beziehungsweise Wallenstein erklären.187 In jedem Fall buhlten Eggenberg, Liechtenstein, Harrach und Meggau, Michna und Wallenstein sowie Losenstein und Polheim geradezu um die Gunst des Kaisers. Sie taten dies primär schlicht mit Geld. Außerdem waren sie durch Verwandtschaft einander verbunden, gegenseitig loyal und halfen sich bei der Besetzung insbesondere von Hofämtern.188 Aber auch ihre demonstrativ zur Schau gestellte, mitunter in Szene gesetzte Treue zum Erzhaus, und ihr expliziter Verzicht auf ständische Freiheiten, taten ein Übriges. Freilich verzichteten sie darauf nicht auf ihren eigenen Herrschaften, wohl aber solidarisierten sie sich nicht mit ihren aufständischen Standesgenossen, sondern favorisierten längerfristig die sichere Nähe zum Kaiserhof. Zwar verloren sie während der Rebellion ihre Güter in Böhmen und Mähren, doch profitierten sie später davon, zum Kaiser gehalten zu haben. Sie waren des Kaisers Günstlinge, erwarteten jedoch im Gegenzug für ihre spezielle Beratung und aktive Unterstützung in Angelegenheiten materieller Dimensionen des Krieges angemessene Entlohnungen, Privilegien und Standeserhöhungen. Die Hofpartei um Eggenberg war mithin derjenige kaiserliche Kreis von Experten, welcher für Fragen der kaiserlichen Kriegsfinanzierung zuständig war.
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Dazu die Edition im Anhang. Diesen Gedanken legt folgende hervorragende, leider aufgrund marginaler sprachlicher Mängel immer wieder verkannte Studie eines finnischen Historikers nahe: Suvanto, Wallenstein und seine Anhänger am Wiener Hof, S. 17f. In dieses Bild passt auch die Tatsache, dass Karl von Liechtenstein noch 1627, wenige Monate vor seinem Tod, eine Heirat seiner Tochter mit einem Sohn des ligistisch-bayerischen Heerführers Tilly entschieden ablehnte. Zum Missbehagen Maximilians von Bayern über das Münzkonsortium und dessen führende Häupter vergleiche Kapitel III. Abschnitt 8. Dieses Phänomen beschreibt allgemein: Reinhard, Freunde und Kreaturen, vor allem S. 133.
3. Die Idee zum Geheimvertrag
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Zwischenbilanz Eine Gruppe katholischer Adelskonvertiten, welche um Graf Eggenberg eine Hofpartei in Wien bildeten, stand hinter dem Prager Münzkonsortium. Es waren in Fragen von Krieg und Kapital langjährig erfahrene Personen, die überdies miteinander verwandt waren. Regelrechte Kriegsunternehmer waren sie, die ein gewisses Profit- und Aufstiegsstreben einte, das nunmehr auf des Kaisers Finanzkrise traf. So verwundert es nicht, dass die Idee zum Münzkonsortium und ein entsprechender Vorschlag gegenüber dem Kaiser aus dem Kreis dieser arkanen Gruppe von Aufsteigern kam, deren Hauptprofession zweifelsohne das Kriegsgeschäft war.
3. Zwei Interessensphären werden geeint: Die Idee zum Geheimvertrag Wie genau der Vertragsabschluss vollzogen wurde, lässt sich nurmehr schwerlich anhand von geeignetem Quellenmaterial nachvollziehen189 – schließlich handelte es sich um eine besonders diskrete und heikle Sache, an deren Aufdeckung oder gar Offenlegung alle Beteiligten kein wie auch immer geartetes Interesse hatten und haben konnten. Darüber hinaus liegt die Annahme nahe, dass Aktenmaterial ganz gezielt auch vernichtet wurde, wenn wenige Jahre nach dem Geschäft unternommene Versuche, die Angelegenheit prozessual aufzuklären,190 bereits erheblich an eben dem Mangel litten, dass wichtige Unterlagen in größerem Umfang schlichtweg fehlten. Gleichwohl sollen im Folgenden verschiedene Möglichkeiten und plausible Erklärungsansätze für das Zustandekommen des Vertrags aufgezeigt werden. Sämtliche Optionen werden dabei gewichtet und bewertet. Vor allem ist unklar, ob Kaiser und Hofkammer das Projekt den genannten Adligen antrugen oder aber, ob – und dies scheint viel wahrscheinlicher und einleuchtender – sich die adligen Kriegsfinanciers sozusagen mit einem Lösungsvorschlag für des Kaisers Geldproblem an die Hofkammer wandten. Vermutlich wusste die Hofpartei der Kriegskreditgeber um Eggenberg von den Schwierigkeiten des Kaisers und bot sich ihm an. Bisweilen wird hier189
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Es ist davon auszugehen, dass die schriftliche Dokumentation zu diesem Geschäft womöglich auch aufgrund dessen Brisanz teilweise nicht überliefert worden ist. Ähnlich konstatiert jüngst eine Arbeit aus dem Wiener Hofkammerarchiv: „Wir kennen die Vorgeschichte des Konsortiums nicht, die informellen Gespräche, in denen die Partner dieses gigantischen Geschäftes zusammenfanden und wie sie den Kaiser überzeugen konnten“. Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 53. Gemeint sind die mehr als vierzigjährigen Liechtensteinprozesse gegen den Sohn und Erben Karls von Liechtenstein. Siehe Kapitel III. Abschnitt 8.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
bei Karl von Liechtenstein als Kopf des Münzkonsortiums angesehen, der dem Kaiser die Münzverschlechterung vorschlug. Er soll dem Kaiser große Gewinnchancen versprochen haben, wenn er sich nur auf sein Ansinnen einlasse.191 Jedenfalls ist es auffällig, dass Liechtenstein sofort nach seinem Eintreffen in Böhmen – die Schlacht am Weißen Berg war gerade entschieden – seine Hand auf das dortige Münzwesen legte.192 Ein Brief Liechtensteins an Eggenberg, schon Anfang Mai 1621 verfasst, scheint die These zu untermauern, Liechtenstein sei der Ideengeber gewesen. Er sinnierte in dieser Epistel über das „Vermunzen“ und wie „man draust daran nichts verliert“ 193 oder ins Positive gewendet: wie daraus ein Gewinn zu ziehen sei. Er erwähnte, dass er sich um „Ihr Majestät des fisci Nothdurft“, also des Kaisers Finanzkrise zu kümmern habe und daher über neue Finanzierungsmöglichkeiten nachdenke. Dabei kam ihm wohl der Einfall, eine neue Form von Kapitalgesellschaft zu gründen, wenn er Eggenberg sehr vage und verschleiernd das offenbar Unaussprechliche, weil Ungeheuerliche ankündigte: „Ich gehe auf ein Mittel, so sich aber nicht schreiben lässt, welches kein Crudelität und doch dem fisco viel eintragen würde.“ Damit war vermutlich das Münzkonsortium gemeint oder zumindest die Münzverschlechterung, welche Liechtenstein mit einem Hofjuden in Böhmen noch vor dem Münzkonsortium betrieb.194 Schließlich brachte Liechtenstein sein Geheimprojekt auch in Verbindung mit der Kriegsfinanzierung: Es gehe darum, dass endlich wieder „die nothwendigen Kriegs- und andere Unkosten auf den Stellen mit Ordnung und Hauslichkeit können geführt werden, wie gar wohl sein kann.“ Dieses Schreiben ist sicherlich noch lange kein hinreichender Beweis, dass Liechtenstein alleiniger Ideengeber war, bietet gleichwohl einen tragfähigen Hinweis darauf, dass Liechtenstein einer der führenden Häupter gewesen sein muss. Im Juni 1621 soll sich dann Liechtenstein mit seinem Projekt einer großen, wie auch immer gearteten „Währungsreform“,195 mit dem Konzept für ein Münzkonsortium196 an die Wiener Hofkammer gewandt haben. Dort
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„Là-dessus [das Münzkonsortium], le prince de Lichtenstein fit à l’empereur les promesses les plus brillantes.“ Popper, Les Juifs de Prague, S. 137. Ohne jeden Beleg sehen u. a. folgende Titel Liechtenstein ebenfalls als Ideengeber: Diwald, Wallenstein, S. 187f.; Polišenský, The Thirty Years War, S. 137; Suvanto, Wallenstein und seine Anhänger am Wiener Hof, S. 23. „Ihr Fürstl. Gnaden in Schlesien zu Troppau u. Kay. Mait. geheimber Raht, Cammerer und vollmechtiger Commissarius [Liechtenstein] haben den 5 January Ao. 1621 der Herren behemischen Stenndte weiss und vergultes Silber […] in die Munz geantwert.“ Fiala, Die Münzungen des ständischen Directoriums, S. 154. Der Brief ist vollständig ediert bei Zwiedineck-Südenhorst, Hans Ulrich Fürst von Eggenberg, S. 159f. Dort auch alle weiteren Zitate. Vergleiche Kapitel II. Abschnitt 5. Polišenský/Kollmann, Valdštejn, S. 67. Janá#ek, Valdštejn, S. 241.
3. Die Idee zum Geheimvertrag
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musste jedoch erst eine „Opposition“197 gegen das geplante Vorhaben überwunden werden. Tatsächlich wurden die Hofkammerangehörigen, welche ursprünglich sogar reichsrechtliche Bedenken hegten, dadurch überzeugt, dass sie später kurzerhand selbst am Geschäft beteiligt waren. Jedenfalls versprach Liechtenstein dem Kaiser im Juli 1621 „einen stattlichen Gewinn und Nutzen wochentlich auf 50.000 fl.“,198 wenn ihm nur „die Münzung“ in Österreich, Mähren und Böhmen völlig überlassen werde. In diesem Vorschlag Liechtensteins zeichnete sich bereits die Grundidee des Münzkonsortiums ab. Liechtenstein war also zweifelsohne dessen entscheidender Gestalter, vielleicht sogar Ideengeber. Denkbar als geistiger Vater des Münzkonsortiums wäre daneben der im Verborgenen agierende Sekretär der böhmischen Hofkammer, Paul Michna.199 Doch gibt es für diese Annahme noch weniger Belege. Einer der allerwichtigsten Zeitzeugen aus der unmittelbaren Umgebung des Kaisers, Graf Khevenhiller, berichtet zwar recht ungenau und teils fehlerhaft, dafür aber umso aufschlussreicher über das Zustandekommen des Münzkonsortiums. Er nennt allein Karl von Liechtenstein als obersten Münzpächter, der mit einem Prager Juden namens Jakob Bassevi zusammen das Münzgeschäft betrieben habe.200 Dies ist ein überaus gewichtiger, wenn nicht gar ein entscheidender Hinweis darauf, dass Liechtenstein auch der kreative Kopf dahinter war. Bislang nie veröffentlichtes oder ausgewertetes Archivmaterial legt nahe, dass Karl von Liechtenstein den Einfall hatte, ein groß angelegtes Münzkonsortium zu organisieren. Eine wichtige Mitschrift der Vertragsverhandlungen,201 denen der Kaiser übrigens persönlich beiwohnte – und bisweilen sogar in sie eingriff –, deutet eben darauf hin, wenn sie festhielt, dass „die HofCamer […] zue Ihrer Fürsten von Liechtenstain sich verfüget, die sachen mit Ihme conferirt“.202 Er galt als wichtigste Person, als wichtigster Konferenzpartner auch des Kaisers, der sich auf ihn verließ. Schon bei Beginn der Besprechungen über einen Vertragsschluss am 6. Januar 1622 wurde über die „von Fürsten von Liechtenstain angetragene annembung des vni197 198
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So auch Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 160. Schreiben Liechtensteins an den Kaiser bei Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 25. Gindely, Geschichte der Gegenreformation in Böhmen, S. 330. „Den 26. [Januar 1622] haben Ihr Kayserl. Mai. den Fürsten von Lichtenstein ihr gantzes Müntzwerck zu Wien, Vlmütz, Prinn, Prag, Guttenberg und im Joachimsthal Bestandt=Weise übergeben lassen, und ihme auch in der Obern Pfaltz noch zwey Müntz=Stellen auffzurichten verwilliget, dargegen er solches Müntzwesen einem Pragerischen Juden, Jacob Passevi genannt, anvertraut, und jährliches Ihr. Kayserl. Majest. für Bestandt=Geld und Unzuniessung 6 Millionen Gulden zu liefern sich verobligiret.“ Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 9, Sp. 1597. Dieses befindet sich in ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 13. Januar 1623, fol. 8–13. Ebd.
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I. Das Netzwerk des Konsortiums
uersal Müntz wesens“ 203 im kaiserlichen Geheimen Rat debattiert, wobei der Kaiser wie selbstverständlich präsent war. Aus den entsprechenden, bei der kaiserlichen Hofkammer überlieferten Unterlagen ergibt sich, dass Fürst Karl von Liechtenstein dem kaiserlich privilegierten Hofhandelsjuden Jakob Bassevi die Pachtung des kaiserlichen Münzwesens gegen eine hohe Summe angeboten hatte. Dabei sollte ein Großteil der österreichisch-habsburgischen Erblande einbezogen werden, möglichst viel Silber auch im Reich aufgekauft und unter Zusetzung von Kupfer zu neuer Münze geschlagen werden. Das hinter dem späteren Münzkonsortium stehende Adelsnetzwerk wollte offenbar nicht mehr nur als Kreditgeber auftreten, sondern auch am wesentlich profitträchtigeren Münzgeschäft beteiligt sein. Über die Proposition Liechtensteins und Bassevis erstellte die Hofkammer in Wien umgehend ein ausführliches Gutachten,204 das allerdings einige erhebliche Bedenken vor allem zu rechtlichen Fragen eines solchen Projekts zum Ausdruck brachte, „weill d[er]gleichen Müntzverlassung in denen ReichsConstitutionibus vndt Capitulationibus sonderlichen verbotten“.205 Daneben wurden skeptische Einwände vorgebracht, dass ein solches Vorhaben besser nicht durch einen Juden wie Bassevi praktisch geleitet werden sollte. Die Räte monierten weiterhin, dass eine Vertragslaufzeit von lediglich einem Jahr wie auch die angebotene Pachtsumme zu gering seien.206 Die Einbeziehung sämtlicher Erbländer des Kaisers wurde entschieden zurückgewiesen – insbesondere mit Blick auf das reiche ungarische Bergsilber –, „in dem die verfemten ReichsConstitutiones dieses außtruckhlichen praeca-
uierten, Auch bej denen Chur vndt Fürsten im Reich einen vblen nachklang vndt bej denen Stetten vndt priuat Personen ain vberauß grosses lamentieren vndt bej der posteritet ain stettes klagen verursachen wurde.“ 207 Es stehe zu befürchten, dass „dardurch Allerlej beschwer bej Reich vndt Armen causiert werden.“ 208 Die Hofkammer hatte also reichsrechtliche Vorbehalte, befürchtete sie doch eine nachhaltige Rufschädigung für den Kaiser im Reich sowie weitreichende wirtschaftliche Folgen auch für dessen Untertanen. Daneben wurde vorhergesagt, dass es zu einer erheblichen Schädigung
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ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 6. Januar 1622, fol. 16r–27r. Siehe die Edition der Vorverhandlungen im Anhang. Auch dieses findet sich als Hofkammergutachten ediert im Anhang. Gutachten, Z. 1f. Ebd., Z. 146f. Ebd., Z. 46–50. Dass das Münzkonsortium reichsrechtlich höchst problematisch war, wird in Kapitel III. Abschnitt 8. demonstriert. Abschnitt 9. zeigt eindrücklich, dass die Einwände der Hofkammer keineswegs übertrieben waren. Ebd., Z. 89f.
3. Die Idee zum Geheimvertrag
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nicht nur des Münzwesens, sondern auch des Handels und der Wirtschaft kommen werde. All diese Bedenken schienen gleichsam verflogen, als eine Woche später, am 13. Januar, die Hauptverhandlungen geführt wurden. Neben dem Kaiser waren Karl von Liechtenstein und sein Bruder Gundaker, Geheimratspräsident Graf Eggenberg und der niederösterreichische Statthalter Freiherr von Meggau, von Seiten der Hofkammer deren Präsident Polheim und die Räte Teuffel, Muschinger und Unterholzer anwesend, zudem Paul Michna als Sekretär der böhmischen Hofkammer, außerdem Maximilian von Trauttmansdorff, der sich später aber von jenem Geschäft fernhielt.209 Die Adligen und Hofkammerräte hatten – wie gesehen – vorverhandelt und legten dem Kaiser ein Konzept vor, das dieser mit Anmerkungen, Änderungen, Streichungen und Ergänzungen versehen ließ.210 Dem Kaiser war somit klar, worum es ging, nämlich um eine weit reichende Münzmanipulation. Indes schien die Hofkammer den Empfehlungen Liechtensteins nicht gleich zugeneigt gewesen zu sein, wenn sie im Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen retrospektiv einige „difficulteten“ zu Protokoll gab, die vor dem Kaiser jedoch verheimlicht wurden und „thailß in der handlung anderst ausgesprochen und verwilliget, thailß in gegebener audienz Ihrer Khays. Mtt. gar nit fürgebracht worden.“ 211 So seien etwa Fragen, welches Material das Münzkonsortium umsonst für seine Tätigkeit erhalten sollte beziehungsweise der Pachtzahlungsmodus nicht genau geklärt worden. Liechtenstein habe dabei ein „der Khayl. Mtt. sehr schädlich intent“ an den Tag gelegt. Dennnoch habe Hofkammerpräsident Polheim „Ihrer Mtt. die promessa hirüben gethan“, dass die Angelegenheit in Ordnung sei. Offenbar war sich die Hofkammer intern zunächst uneinig, ob dem Münzkonsortiumsprojekt zugestimmt werden sollte und zu welchen Konditionen. Vermutlich war es aber so, dass die Hofkammerräte leichter überzeugt werden konnten, nachdem sie an Geschäft und Gewinn selbst beteiligt worden waren. So gab es damals schon Stimmen, die ein solches Vorgehen entschieden ablehnten und davor eindringlich warnten. Der kaiserliche Geheime Rat wollte in Teilen eine Verpachtung des ganzen kaiserlichen Münzwesens ebenso verhindern, verlangte von der Hofkammer,212 es dürfe „khain staigerung“
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„Praesentibus D[omino] Eggenberg, D. Comite de Meggau, D. Maxim. à Trautmansdorff, D. Gundacaro in Liechtenstain, D. in Pollemb, D. Teufel, D. Muschinger, D. Vnterholzer, D. Paul Michna.“ ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 13. Januar 1622, fol. 8–13. Vielfach ist, ebd., am Rand vermerkt: „Dicit Imperator…“ / „Dicit Sua Mtas“. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 28. Januar 1622, fol. 29–32. Ebd., Wien, 7. Dezember 1621.
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geben, „zumallen solches wider die Reichs Constitutiones immediate lauffen thuet.“ 213 Es sei zu befürchten, der Kaiser gestatte Liechtenstein, dass womöglich zu viele Kompetenzen zu zentral vereint würden beziehungsweise „ain ainzige Person zugleich Münzmaister, Verleger vnndt bestandtmann ist, vnnd ohne aufgerichten Contract vnnd Instruction alles seines beliebens dirigirt wierdt, dabei grosse Confusion, aigen nuzigkheit, vnnd vill zu sehr erspürliche ringerung Irer May: allein angebürenden Münzgewins erscheint.“ Ungehört blieb auch die Warnung des später abgesetzten mährischen Münzmeisters Balthasar Zwirner aus Olmütz, der ungeschickterweise direkt an diejenigen Personen schrieb, welche mit dem Kaiser über die Verpachtung des Münzwesens verhandelten – also die künftigen Münzkonsorten selbst.214 Zwar leuchte ihm ein, dass der Kaiser seine Soldaten bezahlen müsse, doch habe die Erfahrung schon jetzt gezeigt, „das das Silber wie auch die guette Münze Aine geraume Zeyt her [...] sehr verbraucht worden, alß das solches in die lenge nicht bestehen khan.“ Würde es zu weiteren Münzabwertungen kommen, so sei „unwiderbringlicher schaden“ programmiert, insbesondere „dem gemainen Mann“. Zwirner riet letztlich umsonst davon ab, ein größeres Konsortium zu schaffen. Abermals zeigte sich die Brisanz der Angelegenheit. Indes war das Mittel der Münzverschlechterung an sich ohnedies nicht ganz neu215 – weder im Reich, noch in Böhmen –, zumal die rebellischen Stände der böhmischen Länder und danach der Winterkönig längst die Münze zu Zwecken der Kriegsfinanzierung hatten leicht abwerten lassen.216 Dies geschah allerdings in wesentlich kleinerem und geringerem Umfang als zu der Zeit, da das Münzkonsortium aktiv wurde. Schon 1581 hatte die böhmische Hofkammer dem Kaiser erstmals vorgeschlagen, die Münze zu verschlechtern, um eine weitere illegale Ausfuhr der damals im Vergleich zum Reich besonders hochwertigen böhmischen Münze nutzlos zu machen. Das Silbergeld aus Böhmen bildete nämlich nicht selten die Grundlage für reichische Inflationsprägungen.217 Damals scheiterte jedoch der Vorschlag, den Münzwert zu reduzieren, an den Ständen, die 1619 indes zu einer Ver213
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Zur reichsrechtlichen Dimension des Prager Münzkonsortiums vergleiche Kapitel III. Abschnitt 8. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 11. Dezember 1621 (sic!). Vergleiche dazu etwa die klassisch-populäre Darstellung bei Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, S. 299–318, oder auch Redlich, Die deutsche Inflation; Rosseaux, Die Kipper und Wipper. Zur Ikonographie insbesondere Hoofacker, Barocke Bildlichkeit um Geld und Eigennutz. Außerdem Kapitel III. Abschnitt 8. Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince, S. 32. Ausführlicher dazu Fiala, Die Münzungen des ständischen Directoriums, S. 119–154. Kostlán, Dlouhá mince, S. 103f.
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schlechterung dann durchaus bereit waren, da die Finanzierung ihres Krieges auf recht tönernen Füßen stand. Der oberste böhmische Münzmeister, der Katholik Wilhelm Vřesowec von Vřesovitz – welcher später möglicherweise auch am Münzkonsortium beteiligt war218 – floh im Sommer 1621 vor dem Direktorium, so dass auch personell der Weg für Münzmanipulationen frei war. Im Mai 1620 wurde der Nominalwert der Zwölf-Kreuzer-Stücke kurzerhand auf 15, derjenige der 24er Kreuzer auf 30 erhöht, nachdem bereits im Oktober 1619 der Feingehalt beider Münzsorten minimal reduziert worden war.219 Solche Wertreduktionen waren jedoch kaum der Rede wert, werden sie mit den durch das Münzkonsortium später vorgenommenen verglichen. Intensive Verhandlungen über ein groß angelegtes Geschäft mit der kaiserlichen Münze sollen schon ausgangs des Jahres 1621 geführt worden sein.220 Ein anonymes, undatiertes Schreiben221 eines „N[on] N[ominatus] der Jhenigen, mit denen Jetzt wegen des Vniuersal Müntzwerckhs bestandt tractirt wirdt“ verlangte mit dem Hinweis „Periculum in mora“, möglichst rasch zu handeln. Des Kaisers Regalien würden durch die illegale Silberausfuhr aus Böhmen erheblich in ihrer Leistungskraft reduziert, es bestehe stündlich die Gefahr, dass große Silbermengen außer Landes geführt würden, weshalb schnelle Maßnahmen erforderlich seien, um vom kaiserlichen Eigentum Schaden abzuwenden, „damit das Land an Silber nicht also groß eneruiert vnd entblöst werden, vnd wir khünfftige Müntzbestandtsleut dieses nicht geringe Vniuersal werckh desto besser assequirn köndten.“ Die späteren Münzbestandsnehmer Liechtenstein und Eggenberg haben den Kaiser in der Tat zum Vertragsabschluss gedrängt.222 Ein Schreiben der Wiener Hofkammer belegt zumindest zweifelsfrei, dass „herr v. Eggenberg selbst zue vnterschidtlichen mahlen ohne vnterlas [...] bevohlen, obbestümten Contract [zum Münzkonsortium, Anm. Vf.] ohne verner dilation alsobalt vnd stricte auszufertigen.“ 223 Aber genauso wäre es umgekehrt möglich, dass sich der Kaiser ursprünglich an seine Hofpartei von Kriegsfinanciers gewandt hatte – den niederösterreichischen Landständen schrieb er, dass es ihm um die „still: undt abdanckung des kriegsvolckhs undt also dem gantzen nothleidenden vatterlandt zue nutzen“ gehe. Außer Zweifel steht, dass der Kaiser die Hofpartei um Eggenberg und Liechtenstein mit dem Münzkonsortium auch für ihre Treue in Zeiten des
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Im Januar 1622 wurde er wieder oberster Münzmeister in Böhmen, nunmehr des Kaisers. Vergleiche Kapitel II. Abschnitt 5. Kostlán, Dlouhá mince, S. 109, 111. Vorel, Od pražského groše, S. 194f. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23 [unpaginiert]. Die Handschrift lässt auf Jakob Bassevi schließen – zu ihm ausführlicher Kapitel II. Abschnitt 5. Roth, Die Kipper- und Wipperzeit, S. 92. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 28. Januar 1622, fol. 32.
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ständischen Aufstandes zu belohnen gedachte – zumindest wird dies ein Teilaspekt der kaiserlichen Motivation für das riesenhafte Münzprojekt gewesen sein, wenngleich wohl nicht der entscheidende. In jedem Fall aber handelte es sich um eine Sache nach dem alten Prinzip, wonach eine Hand die andere wäscht – „manus manum lavat“ –, insofern der Kaiser als Gönner dem finanziellen Interesse seiner adligen Unterstützer als Kriegsfinanciers und Günstlinge durchaus entgegenkam, wie der nunmehr noch zu untersuchende Vertragstext belegt.
Zwischenbilanz Zuvor allerdings lässt sich resümieren: Parallele Krisen des Kaisers mit Blick auf Finanzielles, die Demobilisierung von Söldnern und die Außenpolitik sind als Hauptursachen des Münzkonsortiums auszumachen. Der in Geldnot und bedrohlicher strategischer Lage befindliche Ferdinand II. griff auf diejenige Hofpartei frühkapitalistischer Kriegsfinanciers zurück, welche während der Stände-Rebellion zwar kurzzeitig geschädigt wurde, aber ihm treu ergeben geblieben war. Eggenberg wirkte als Kopf jener Hofpartei adliger Konvertiten und interessierter Karrieristen, die das Münzkonsortium bildete; Liechtenstein als deren zweitwichtigstes Mitglied war wohl der Kopf und Ideengeber des Münzkonsortiums.224 Die am Konsortium Beteiligten wünschten, nachdem sie als des Kaiser Günstlinge ihre böhmisch-mährischen Güter zeitweilig an die protestantischen Adels-Rebellen verloren hatten, von ihrer Treue zum Kaiser und dessen Erzhaus zu profitieren – und zwar ganz besonders in finanzieller Hinsicht.
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Selbst jüngste Veröffentlichungen wissen offenbar nicht um die letztlich nachweisbare Urheberschaft Liechtensteins: Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 157.
II. DIE TÄTIGKEIT DES KONSORTIUMS Nachdem nunmehr hinreichend geklärt ist, wie es zum Münzkonsortium kam und welche adligen und bürgerlichen Personen mit ihren jeweiligen Interessen zu Beginn hinter ihm standen, soll es im folgenden Kapitel darum gehen, näher herauszuarbeiten, auf welche Weise das Münzkonsortium funktionierte, wie es Kapital generierte, ob und inwiefern dabei eventuell unlautere Praktiken angewandt wurden. Zunächst werden die Bestimmungen des Vertrages genau untersucht. Sie werden sodann an der Geschäftspraxis des Unternehmens gemessen, wobei anhand dieses Vergleichs zugleich überprüft werden kann, welche Rollen und Aufgaben die einzelnen Beteiligten erfüllten. Sämtliche Forschungen, auch die zum Thema einschlägigen, haben jede tiefergehende Untersuchung des Vertragstextes bisher unterlassen und sind dadurch zu mannigfachen Missdeutungen gelangt, die es an dieser Stelle nicht zuletzt mit Hilfe des Vertragstextes zu ersetzen gilt.
4. De iure: Die Vertragsbestimmungen der Kapitalgesellschaft Zuerst soll der reine Vertragstext, der das Münzkonsortium begründete, einer kritischen Analyse und Interpretation unterzogen werden, noch ohne seine tatsächlichen Auswirkungen zu berücksichtigen. Vielmehr stehen die juristischen Bestimmungen des Vertrages im Mittelpunkt. Leicht und vollständig gedruckt zugänglich ist die Übereinkunft zum Münzkonsortium allerdings ausschließlich über eine ältere, dafür umso wichtigere und öfters zitierte Publikation Anton Gindelys aus dem Jahr 1886.225 Zwar bietet Gindely ziemlich zuverlässig den zeitgenössischen „Wortlaut“226 der Vereinbarung,227 doch ist wegen seiner Eingriffe in die Textgestalt auf eine erste, tatsächlich
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Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 26–29. Die Textgestalt lässt annehmen, dass Gindely den Text im Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts orthographisch vorsichtig überarbeitet hat. Im Übrigen unterlässt auch der große böhmische Frühneuzeithistoriker des 19. Jahrhunderts eine Textanalyse und kommentiert den Vertrag nur sehr kurz. Da es sich also nicht um eine textkritische Edition handelt, ist auf den Originaltext, der im Anhang erstmals in toto ediert wird, zurückzugreifen. Der Vertrag wird fortan abgekürzt mit der Sigle Contract zitiert, wobei sich fortlaufende, vom Vf. gezählte Zeilenangaben auf die Edition im Anhang beziehen. Gindely, ebd., S. 26. Weitere längere wortwörtliche Abschnitte des Vertrages bringen, zwar ohne Veränderung von Schreibweise und Interpunktion, jedoch bloß fragmentarisch: Gaettens, Inflationen, S. 97f. Anm. 29, sowie Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 103–105.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
wörtliche und buchstabentreue Edition von wissenschaftlichem Anspruch im Anhang zu verweisen.228 Formal besteht der klar strukturierte Contract neben einer sehr knappen Einleitung aus 15 Paragraphen, die logisch stringent und kohärent aufeinander aufbauen und die Grundlage für dieses Geschäft schufen. Auffällig erscheint außerdem, dass jener damals streng geheime Vertragstext, gemessen an ansonsten – im Zeitalter des Barock üblichen – Arabesken und Schachtelsätzen, sprachlich sehr nüchtern und sachlich anmutet und dabei auf fast alle Nebensächlichkeiten und Wiederholungen verzichtet. Es handelte sich um einen möglichst eindeutig gehaltenen, dabei nur anfangs unscheinbar neutral wirkenden Geschäftabschluss.
a) Vertragspartner und deren Unterschriften Zunächst soll nach den Vertragspartnern gefragt werden. Am 18. Januar 1622 zu Wien229 schlossen die Hofkammer, in Vertretung des Kaisers und böhmischen Königs Ferdinand II., und ein Mann namens Hans de Witte, in Vertretung seiner nirgendwo konkret genannten Gesellschafter, eine offenkundig geschäftliche Übereinkunft: „Auf der Röm: Kay: auch zue Hungarn vnnd Behaimb Khönig: Mtt: Verord-
tnung, ist heut dato Zwischen dero Khay: HofCamer Aines, dan ihrer Khay: Mtt: dienern Hannsen de Vite vnnd dessen MitConsorten Andern thailß nach volgunter Contract aufgerichtet vnd geschlossen, Auch von ihrer Khayl: Mtt: gnedigst acceptirt, approbirt vnd bekhrefftigt worden.“ 230 Die schriftliche Absprache begründete somit ein Konsortium – im zeitgenössischen Verständnis eine Gesellschaft von Personen, sogenannten Mitconsorten oder auch einfach Consorten, die sich frei und ad hoc in der Absicht zusammentaten, einen Geld- oder Kapitalgewinn zu erwirtschaften und jeweils einen bestimmten Geschäftsanteil besaßen. Capital, vom lateinischen Wort für das Haupt – caput – stammend, wurde oft synonym für Geld, insbesondere für große Geldmengen gebraucht, die in ein Kapital- oder Geldgeschäft investiert wurden, um Kapitalgewinne zu erzielen. Schon der Heilige Bernhard von Siena (1380–1444) sah im Kapital den Urkeim des Gewinns, also insbesondere das Geld eines Kaufmanns oder einer Kaufmannsgesellschaft.231 228
229 230 231
ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 18. Januar 1622 [unpaginiert]. Datum und Ort siehe Contract, Z. 135f. Ebd. Z. 1–7. Bernhard von Siena meinte: „seminalem rationem lucrosi quam communiter capitale vocamus.“ Zitiert nach Braudel, Sozialgeschichte des 15.–18. Jahrhunderts, Bd. 2:
4. Die Vertragsbestimmungen
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Entsprechend definierte die Encyclopédie Mitte des 18. Jahrhunderts, dass das Kapital das Geld einer Handelsgesellschaft sei, welches diese in ihr Geschäft einbringe: „Capital […] se dit du fonds d’une compagnie de commerce ou de la somme d’argent que ceux qui la composent fournissent en commun, pour être employée dans leur commerce.“ 232 Das einige Jahre zuvor erschienene Zedlersche Universallexikon bietet auch Definitionsversuche für den Begriff der Consorten als „alle diejenigen, welche an einer gewissen Sache oder Handlung Antheil haben, oder miteinander in Gesellschaft stehen.“ 233 Oder auch: „alle diejenigen, welche […] einen ausgestellten Wechsel=Brief in Gesellschaft unterschrieben haben […] und nach Gelegenheit davon […] einigen Vortheil zu hoffen.“ 234 Insofern ist es vollauf gerechtfertigt, das Münzkonsortium als eine Gesellschaft zu betrachten, die ein frühkapitalistisches Geschäft betrieb. In anderen Worten war das Konsortium also eine Kapitalgesellschaft zur Erwirtschaftung eines Kapitalgewinns und damit eine Gesellschaft, die einen Kapitalisierungsprozess235 vorantrieb. Eigenhändig unterzeichnet haben den Vertrag zum Münzkonsortium indes nicht alle Konsorten, sondern nur der genannte Hans de Witte sowie drei Hofkammerräte,236 nämlich Vinzenz Muschinger von Gumpendorf, Hans Unterholzer von Kranichberg und Hans Christoph Teuffel von Zeilberg.237 Auch die Unterschrift des Hofkammerpräsidenten Gundaker Freiherr von Polheim fehlte nicht.238 Er musste allerdings in den Vorgang involviert
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Der Handel, S. 249. Diderot/D’Alembert, Encyclopédie, Sp. 631. Vergleiche auch Grimm, Deutsches Wörterbuch, Sp. 605. Ähnlich auch eine weitere Definition für Kapital als „in Vorrath habende oder auch im Handel lauffende Summa Geldes.“ Zedler, Universal Lexicon, Bd. 5, Sp. 243. Ebd. Bd. 21, Sp. 537f. Bd. 53, Sp. 1475f. Der Dichter Johann Andreas Wiegleb (1695–1716) verglich gar die Vergeltung von Wohltaten gegenüber Armen durch Gott mit einem solchen Kapitalisierungsprozess. Sein Gedicht „Gott ist Capitalist“ spielt an auf das Buch Salomo 19.17, wonach Gott milde Taten gewissermaßen zinskräftig vergelte: „Es ist im Sternen-Saal / Ein Banco angeleget, / Da ist manch Capital, / Das viel an Zinsen träget, / Man legt ein Schärfgen ein, / Die Zinsen aber geben / Was ewig Noth mag seyn / Aufs herrlichste zu leben. / GOTT ist Capitalist, / Der keinen hat betrogen / Und so es wenig ist, / Es keinem vorgezogen. / Wer Armen guts gethan / Mit eifrigem Bemühen, / Denselben sieht er an, / Als wenn ers ihm geliehen.“ Wiegleb, Gott ist Capitalist. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 106. Ernstberger, Hans de Witte, S. 95. Einen angeblichen „Vorsitz Albrechts von Wallenstein und Jan de Wittes“ im Konsortium erwähnt der Vertrag nirgendwo, vermutet aber Knoz, Pobělohorske konfiskace, S. 613. Wallenstein sei neben de Witte eines der „leading members“ im Münzkonsortium gewesen, meint Asch, The Thirty Years War, S. 156. Unterzeichnet haben also insgesamt de Witte, Polheim, Teuffel, Muschinger und Unterholzer. Siehe auch ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 18. Januar 1622 [unpaginiert].
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
gewesen sein, schon allein aufgrund seiner Position und Funktion.239 Auch ein genereller Protest der Wiener Hofkammer gegen den Vertrag ist höchst unwahrscheinlich, nicht nur weil drei Hofkammerräte und der Hofkammerpräsident erwiesenermaßen unterzeichneten, sondern auch da die Kassen der Kammer sich zu füllen versprachen. Gleichwohl mussten die Hofkammerangehörigen vom Münzprojekt erst dadurch überzeugt werden, dass sie persönlich zu Gesellschaftern wurden. Dass aber die restlichen Teilhaber um de Witte nicht unterschrieben haben, wirft ein bezeichnendes Licht auf das ganze Geschäft: Es war eben nicht nur geheim, sondern besonders brisant. Die Beteiligten unterzeichneten möglicherweise deshalb nicht, weil sie befürchteten, dadurch juristisch belangbar zu werden.240 So ist etwa auch in den gesamten Hofkriegsratsprotokollen – bis auf eine Ausnahme241 – keine einzige Eintragung zum Münzkonsortium zu finden, was nahe legt, dass es sich um eine Angelegenheit handelte, in die nur sehr begrenzte Zirkel anfangs eingeweiht waren. Dem Kaiser war der Vertragsabschluss nicht nur bekannt, ihm wurde der Text mit größter Gewissheit verlesen und vorgelegt – und er hatte den Vertragsbestimmungen ausdrücklich sein Placet erteilt, wenn er ihn auch persönlich nicht paraphierte.242 Das ganze Arrangement war überdies nicht überstürzt getroffen worden, sondern nach sorgfältigem Nachdenken und längeren Verhandlungen aller Beteiligten, „auf vorhergangene genugsambe Trac239
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Die Annahme, Polheim hätte gegen den Vertrag zum Münzkonsortium protestiert und deswegen nicht unterzeichnet, mutmaßt ohne Quellenangabe Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince, S. 33. Eine ablehnende Haltung der Hofkammer gegenüber dem Vertrag nimmt ebenfalls an Kostlán, Dlouhá mince, S. 113. Auch Rumpl, Moravské vládní mince, S. 218, behauptet fälschlich, dass „der Hofkammerpräsident den Vertrag nicht gegenzeichnete“. Unzweifelhaft griff die Hofkammer später das Konsortium an, als sich herausstellte, dass die finanzielle Krise durch inflationäres Kapital nicht zu lösen war. Dies geschah jedoch erst Jahre und Jahrzehnte nach der Vertragslaufzeit. Vergleiche Kapitel III. Abschnitt 8. Vergleiche ebd. Eine rechtliche Motivation ist hierfür wesentlich wahrscheinlicher, als die lapidare Annahme, die Gesellschafter hätten einfach nicht unterschrieben, weil sie allseits bekannt waren. Diese Behauptung Ernstbergers ist keinesfalls tragbar: Ernstberger, Hans de Witte, S. 95. Mit Recht darf in diesem Zusammenhang de Witte auch als „Strohmann“ seiner Mitgesellschafter bezeichnet werden mit Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince, S. 29. Dass die Mitglieder des Münzkonsortiums nicht allgemein bekannt waren, sondern heute erst rekonstruiert werden müssen, führt Trawnicek auf den „Zufall der Quellenerhaltung“ zurück – dies ist ein ebenso simplifizierender wie unhistorischer Erklärungsversuch in der Annahme, dass Dokumente nach rein kontingenten Kriterien aufbewahrt würden. Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 63 Anm. 94. ÖStA, HKR, Protokolle, Bd. 247 (1622), Expedition, 26. April 1622. Siehe dazu die Vertragsentwürfe, welche definitiv die Anwesenheit Kaiser Ferdinands II. beweisen, in: ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23. Zahlreich sind etwa folgende Marginalien: „Dicit Imperator…“ / „Dicit Sua Mtas“.
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tation vnd handlung vnd reife Consultier: vnd berathschlagung dieses Werckhs“.243 Es handelte sich mithin expressis verbis um eine wohlüberlegte, gezielt geplante und durchgeführte Aktion. Im Wesentlichen enthielt der klar durchdachte, mehrfach reflektierte und durchaus originelle Vertrag drei Hauptbestimmungen: Zum Ersten erhielten die Beteiligten ein Münzprägemonopol, das – zweitens – durch ein Monopol auf Silber ergänzt wurde. Als Gegenleistung für die Einräumung dieser eigentlich königlichen Prärogativen mussten die Vertragsnehmer – drittens – eine hohe Pachtsumme an den Kaiser beziehungsweise dessen Wiener Hofkammer entrichten.
b) Prägemonopol und dessen Konditionen Das später sogenannte Müntz=Consortium,244 de Witte und seine Mitconsorten, erhielten auf ein Jahr das gesamte Münzwesen Böhmens, Niederösterreichs und Mährens übertragen;245 der Kaiser verpachtete ihnen damit vollständig sein Münzregal für diese Länder:246 „Hannsen De Vite vnd seinen MitConsorten ist daß ganze Universal Münz Wesen
in ihrer Mtt: Erbkhönigreich Behaimb, Erzherzogthumb Osterreich vnder der Ennß, vnd Marggraffthumb Mährern, auff ain Jahr in bestandt hinumen gelassen“.247 243 244
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Contract, Z. 4f. Seine Mitglieder hießen später auch Müntz=Consorten. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 125. Die immer wieder in der Sekundärliteratur auftauchende Annahme, zum Vertragsgebiet hätte auch Oberösterreich gehört, geht wohl zurück auf eine Flüchtigkeit des ansonsten immer noch brauchbaren Aufsatzes von Luschin von Ebengreuth, Das lange Geld, S. 37. Auch die Oberpfalz schloss das Prägemonopol nicht ein, so aber Janá#ek, Valdštejn, S. 242. Mit der Behauptung, das Konsortium hätte „die gesamte Habsburger Münzprägung“ in Händen gehalten, irrt sich das neue wirtschafts- und finanzgeschichtliche Handbuch von Sprenger, Das Geld der Deutschen, S. 106. Diwalds Wallenstein-Biographie, die auch ansonsten mit fiktiven Spekulationen und Sensationsheischerei nicht gerade sparsam umgeht, behauptet in maßloser Übertreibung: „Das Konsortium soll nicht mehr und nicht weniger als die gesamten Finanzen der Monarchie neu ordnen.“ Diwald, Wallenstein, S. 173. Dass das Münzkonsortium also „selbstredend illegal“ gewesen sei, so Polišenský/ Kollmann, Valdštejn, S. 69, ist ein Anachronismus, der nicht unbedingt der zeitgenössischen Rechtsauffassung entspricht, wonach ein König sein Münzregal weitgehend beliebig ausbeuten durfte. Vergleiche die differenzierte Diskussion der Frage, ob das Münzkonsortium legal war, unter Kapitel III. Abschnitt 8. Contract, Z. 8–11. Bemerkenswert ist hier vor allem auch die kaiserliche Sichtweise, wonach Böhmen bereits ein Erbkönigreich der österreichischen Habsburger gewesen sei. Faktisch entspricht dies der machtpolitischen Realität nach dem Weißen Berg, doch erst die „Verneuerte Landesordnung“ von 1627 setzte diesen An-
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
Das Vertragsgebiet umfasste also nicht sämtliche böhmischen Länder: Die beiden Lausitzen hatte der Kaiser dem protestantischen Kurfürsten von Sachsen als Gegenleistung für seine Unterstützung im Krieg versprochen. Schlesien wurde wohl wegen der Piasten zunächst nicht einbezogen, Oberösterreich befand sich unter bayerischer Administration – als Unterpfand für die von Kaiser Ferdinand II. für Herzog Maximilian von Bayern versprochene Kriegsentschädigung. Fortan unterstanden dem Münzkonsortium im Vertragsgebiet sämtliche Münzstätten samt Inventar und Personal. Das Konsortium hatte zudem das Recht, diese Prägeorte zu beaufsichtigen und zu kontrollieren, ja durfte sogar bei Bedarf weitere errichten.248 Das Konsortium hatte das alleinige und exklusive Recht, Münze schlagen zu lassen, mithin ein regelrechtes Prägemonopol inne: „khainen weder hohen noch niedrigen standtß Persohnen sei anicherley Münz anzuerichten, oder ainicherley sorten Wasserley die sein mügen zue vermünzen gestattet, sondern auch den Jenigen, so bißhero daß Münzen Vergunt, gänzlichen inhibirt vnd eingestelt.“ 249
Obschon das Konsortium ein exklusives Münzprivileg besaß, durfte es indes keineswegs beliebig oder willkürlich verfahren, wenn es Münze stempeln ließ. Silbermünzen mussten nach genau festgelegtem Feingehalt an Edelmetall und mit exaktem und vorher fixiertem Nominalwert ausgemünzt werden. Was die Nominalen anlangt, so verlangte der achte Paragraph des Vertrages250 Doppelgulden zu 150 Kreuzern, einfache Gulden zu 75 Kreuzern und halbe Gulden zu 37,5 Kreuzern. Auch der Feingehalt stand fest: Jede Mark Silber, je nach Ort rund ein halbes Pfund,251 war fortan auf 79 Gulden auszumünzen. Damit bestimmte das Abkommen ausdrücklich eine mindestens dreifache Reduktion des bisher üblichen Feingewichts,252 verlangte von den Beteiligten also eine eklatante Absenkung des Münzwerts – wenngleich eine grundsätzlich begrenzte und nicht hintergeh- oder manipulierbare. In Böhmen und Mähren sollte die Prager feine Mark Silber zu 253 Gramm,
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spruch vollends durch. Dazu auch Kapitel III. Abschnitt 9. Aus Sicht der geschlagenen, teilweise emigrierten böhmischen Adelsopposition wirkte ein solcher Anspruch Kaiser Ferdinands II. anmaßend. Die Consorten sind befugt, „do von nöthen in diesen besagten Landern andere vnd mehr Münzen, Wo Sy es am bequembisten vnd gelegensambisten zu sein bedunckhen […], Zue fundirn vnd aufzurichten“. Contract, Z. 12–14. Ihnen sind „Alle Münz Heuser in erstbenennten ihrer Mtt. landern volkhumbentlich eingeraumbt.“ Ebd. Z. 11f. Contract, Z. 19–24. Ebd., Z. 73–84. Nach heutigen Gewichtsmaßstäben. Vergleiche auch Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 26.
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in Niederösterreich die Wiener Mark Silber zu 280 Gramm auf 79 Gulden zu Münze geschlagen werden. Die Beteiligten sollten „in Österreich vnder der Ennß, Wie bißhero alhier zue Wienn, In Behaimb, vnd Mährern aber, Wie es in Behaimb Vnzhero gebreuchig gewesen zue Vermünzen als nemblich jede March 16 löthig fein P[er]79 fl.“.253 In den an die Prägestätten ausgegebenen Vertragsversionen war der genaue Feingehalt jedoch mitunter nicht vermerkt – so legen zumindest die der niederösterreichischen Kammer gesandten Exemplare nahe –, vielleicht um gezielt Möglichkeiten der Manipulation zu eröffnen. Laut den Unterlagen über die Konferenzen mit dem Kaiser wurde jenem suggeriert, dass lediglich 25 Prozent der Münzen mit dem neuen, deutlich geringeren Feingehalt ausgemünzt wurden.254 An dieser Stelle liegt die Vermutung nahe, dass Kaiser Ferdinand II. getäuscht wurde. Auf welche Weise der Münzwert reduziert werden sollte, wird deutlich, wenn mit Paragraph sechs dem Konsortium sozusagen als Starthilfe 400 Zentner Kupfer unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde.255 Mit diesem günstigeren und unedleren Metall, lateinisch cuprum, sollte der Silbergulden gewissermaßen gekippt werden. Nicht umsonst erhielten die Beteiligten zusätzlich Holz und Kohle zu geringen Preisen, um mit diesen Brennstoffen eine Silber-Kupfer-Legierung als Rohmaterial für die neuen Münzen günstig herstellen zu können.256 Vorwiegend durch Feingehaltsreduktion sollte das Münzkonsortium demnach das gepachtete kaiserliche Münzregal nutzbar machen.
c) Silber- und Edelmetallmonopol Um aber ein solches Geschäft regelrecht rentabel werden zu lassen, konnte allerdings eine bloße Reduktion des Silbergewichts der Münze nicht genügen. Besonders große Mengen des chemischen Elements Argentum waren erforderlich, um eine besonders stattliche Geldsumme zu generieren, die einen besonders großen Gewinn abwarf. Daher erhielt das Konsortium nicht nur das Prägemonopol, sondern daneben ein generelles exklusives Kaufrecht für Silber257 und überhaupt ein Silberhandelsmonopol. Doch selbst dies 253
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Contract, Z. 76–79. Es ist also klar geregelt, dass die Wiener Mark für Niederösterreich, die Prager für Mähren und Böhmen gelten sollte. Der Vertrag wies hier eben keine Lücke auf, wie folgende Titel behaupten: Gaettens, Inflationen, S. 86, sowie Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince, S. 33. Vergleiche ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 13. Januar 1622, fol. 11r/v. Hier wurde die bei den Vorverhandlungen von den Münzkonsorten gewünschte Menge von 800 Zentnern um die Hälfte reduziert. Contract, Z. 69–72. Zum Silber am Beginn der Neuzeit folgende Aufsatzsammlung eines führenden Forschers: Flynn, World Silver and Monetary History, vor allem III/S. 361–377, VIII/S. 47–51.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
genügte nicht: Die Konsorten wurden vertraglich beauftragt, so viel Silber wie möglich herbeizuschaffen, um es in den gepachteten Prägestätten minderwertig auszumünzen. Ob Bruchsilber oder Pagament, Silbergegenstände jeder Art, Silbermünzen aller möglichen Provenienzen, sogar Goldmünzen waren in die böhmischen, mährischen und niederösterreichischen Prägestellen zu bringen.258 Das Silber sollte „Verfihrt oder Verschleifet“ und danach „an die negste Schmeltzhütten [...] geliefert vnd gebracht“ werden. Mit Billigung, mit Zustimmung, ja auf Wunsch des Kaisers sollte alles solches Edelmetall, das im Vertragsgebiet zu finden war, neu und damit schlechter ausgemünzt werden, alles „auser waß ainer, oder der annder Zue seiner aigenen Haußnotturfft etwaß darvon machen zuelassen Vonnöthen irgents wo Verstattet“.259 Dem Kaiser war wohl bewusst – wie eine persönliche Marginalie vermerkte –, dass „der Gemaine Mann aber die gueten von den bösen [Münz-]Sorten nit erkennen khan“.260 Alles wertvolle Metall, das nicht überlebensnotwendig für die Untertanen war, sollte von jenen möglichst „an die negste Schmeltzhütten […] geliefert vnd gebracht“ 261 werden, wo die Einliefernden mit Münzgeld, das explizit einen reduzierten Feingehalt aufwies, bezahlt wurden. Der Kaiser griff also zur Kriegsfinanzierung ganz bewusst auf die Edelmetallreserven seiner untertänigen Bevölkerung zurück. Daher sollte nicht nur das eigentliche Vertragsgebiet in diesem Sinne ausgenutzt werden, auch die Oberpfalz262 und gar das Königreich Ungarn263 sollten dazu beitragen, „allerley Münzen […] Ein zue Wechseln, allerley Silber, ganz, Pruch, pagament, vnd Wie daß nahmen haben mag, nichts darvon außgeschlossen, ein zue khauffen vnd zue Verbrechen“.264 Das berühmte böhmische Bergsilber aus Kuttenberg und Joachimsthal war ohnedies ohne Ausnahme und in Gänze fortan dem Konsortium vorbehalten.265 Dabei war auch die Bezahlung derer, 258
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Vergleiche den gesamten Paragraphen drei des Contracts, Z. 25–43. Dass indes sämtliches Umlaufgeld in die Münzstätten abgeliefert werden musste, entspricht nicht ganz dem Vertragstext, so aber Redlich, Die deutsche Inflation, S. 9. Auch dass die Bevölkerung gezwungen wurde, ihr Geld abzuliefern, verlangte der Vertrag nicht, meint jedoch Diwald, Wallenstein, S. 189. Contract, Z. 49f. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 13. Januar 1622, fol. 10v. Contract, Z. 33f. Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 175, meint, die Oberpfalz wäre den Münzkonsorten „überraschenderweise“ zum Silbereinkauf gewährt worden – tatsächlich ging es wohl darum, ein bis kürzlich reformiertes Reichsterritorium für den Kaiser rasch wirtschaftlich nutzbar zu machen, bevor es alsbald an (Kur-) Bayern fiel. Contract, Z. 42. Dass darüber hinaus auch „im Ausland“ Silber eingekauft werden sollte, Janá#ek, Valdštejn, S. 242, steht nicht im Vertrag, auch wenn es der späteren Geschäftspraxis des Konsortiums entsprach. Contract, Z. 88–91. Ebd., Z. 51f.
4. Die Vertragsbestimmungen
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die Silber lieferten, genau festgelegt: 32 Gulden à 60 Kreuzer sollten sie für die Mark erhalten.266 Diese Silberlieferanten der Mitconsorten, die von der Bevölkerung hochwertiges Silber gegen wertreduzierte Münze aufkauften, wurden im Vertragstext meist als Abgeordnete 267 der Bestandt(s)leuth268 bezeichnet. Die Mitconsorten und die Bestandleuth sind identisch; es handelte sich hierbei also um die Geschäftspartner de Wittes. Bestandtleuth meint im Grund lediglich diejenigen, die am Geschäft beteiligt waren, welche die Münzstätten in Bestand genommen haben. Der Terminus Mitconsorten taucht nur am Anfang und Ende des Vertrages auf, um die Geschäftsform des Konsortiums näher zu umreißen, aber nicht vollständig und übermäßig zu explizieren. Ein Konsortium ist stets ein auf begrenzte Zeit, oft geheim zustande gekommes Geschäft mit hohem Risiko und hohem Kapitaleinsatz gewesen. All diese Kriterien für ein Konsortium treffen auf das Prager Münzkonsortium vollauf zu. Um die Problematik eines solchen – noch dazu geheimen – Geschäfts nicht allzu sehr zu betonen, wich der Vertragstext auf den neutraleren Begriff (Münz-)Bestand(s)leut aus. Sie waren später, als die gängige Geschäftspraxis allgemein bekannt wurde, unter der Bezeichnung „Kipper und Wipper“ in der Bevölkerung berüchtigt und verhasst. Folglich legte bereits der Vertrag fest, wie das Münzkonsortium neues Kapital für den Kaiser generieren sollte. Von der Bevölkerung war im Vertragsgebiet über Mittelsmänner hochwertiges Edelmetall aufzukaufen – meist Silber, um es in den Münzstätten mit Kupfer zu geringerwertigem Geld schlagen zu lassen. Um ein solches umfassendes Münz-, Silber- und Edelmetallmonopol des Konsortiums nicht zu gefährden, sollten kurzerhand „Fürs Vierte, allerley Sorten frembter außlendischer Münzen per Edictum ganz vnd gar Verbotten […] vnd allein ihr Khayl. Mtt. geprägte vnd in dero Landen geschlagene Silberne Münz anzuenemben offentlich publicirt“ 269 werden. Nur so nämlich konnte die geringwertige Münze eingeführt und konkurrenzlos in Umlauf gebracht werden. Deswegen verbot der Vertrag auch ausdrücklich allen kaiserlichen Untertanen grundsätzlich den Silberhandel: „In gleichen Niemandten, weder hoch noch Niedrigen Standtß, Wer der auch seye, den Silber khauf […] irgents wo Verstattet“.270 Die Münzpächter, denen exklusiv der Silberhandel oblag, erhielten fernerhin im Fall einer „durchgehente[n] Landtsgefahr“ 271 kaiserlichen Schutz für ihre Silbertransporte, mussten indes bei weiter reichenden militärischen Schutzmaßnahmen für die Kosten wenigstens anteilig aufkommen. Es ist festzuhalten, dass die Beteiligten neben dem Münzmonopol ein Edelmetallmonopol, vorwiegend für Zwecke des Silberein- und -verkaufs
266 267 268 269 270 271
Ebd., Z. 52f. Ebd., Z. 55, 88. Ebd., Z. 17, 25, 27, 35f., 51, 61, 80, 82, 103.. Z. 44–47. Ebd., Z. 47–50. Ebd., Z. 92.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
sowie -handels, erhielten. Unter kaiserlichem Schutz sollte die Bevölkerung dazu gebracht werden, gegen geringwertige Münze ihr hochwertiges Silber abzuliefern, um mit Beimischung von Kupfer die Geldmenge auszuweiten. Der Vertrag erscheint alles in allem unzweideutig, klar kalkuliert und überprüfbar. Dabei waren fast alle in Zahlen messbaren Parameter recht genau fixiert, so dass jedwede Art der Manipulation – außer bei offenem Vertragsbruch – kaum möglich erschien. Festgesetzt waren direkt oder indirekt der Silbereinkaufspreis, das Silbergewicht, der Silberfeingehalt der Münze, die Bezahlung der Aufkäufer wie der Verkäufer, die Pachtkonditionen – siehe den folgenden Abschnitt – und ebenfalls schon die möglichen Gewinne der Bestandtsleuth, die bei Einhaltung des Abkommens höchstens noch mit der beschafften Silbermenge schwanken konnten. Nicht festgelegt war lediglich das maximale Transaktionsvolumen. Der Kaiser setzte mithin bewusst darauf, über eine Inflation sein Münzregal wirtschaftlich profitabel zu machen, um den Krieg zu finanzieren. Freilich ist damit noch keine Aussage darüber möglich, ob sich Ferdinand II. der Tragweite seines Handelns ebenso bewusst war, wie er über die vermeintliche Gewinnträchtigkeit des Geschäfts sicher sein konnte.
d) Konditionen der Pacht Es verwundert nicht, dass die Partizipierenden bei einem auch für sie selbst solchermaßen Gewinn versprechenden Geschäft eine äußerst hohe Pachtsumme zu entrichten hatten. Doch war sie noch viel höher, als vielleicht gemeinhin angenommen werden könnte. Sie belief sich für die Vertragslaufzeit von einem Jahr auf volle sechs Millionen Gulden zu nominal 60 Kreuzern, die nach dem ersten Monat in wöchentlichen Raten über die Hofkammer an den Kaiser zu bezahlen waren: Es sollten „ihre[r] Khay: Matt. von ihnen bestandtßleuten, Hannß de Vite vnd mitConsorten, daß Jar hindurch Sechs Million, oder Sechzig Mahl hundert Tausent gulden, Jeden Zue Sechzig Kreuzer […] ordentlich abgeführt, vnd […] entrichtet vnd guetgemacht“ 272 werden. Die Pacht war demnach in wöchentlichen273 Beträgen von rund 115.000 Gulden aufzubringen,
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Contract, Z. 103–112. Die von der Hofkammer bei den Vorverhandlungen geforderten acht Millionen Gulden Pacht wurden um ein Viertel reduziert, weil ursprünglich auch Oberösterreich neben Niederösterreich mit einbezogen sein sollte. Der von den Konsorten ursprünglich gewünschte vierteljährliche Zahlungsmodus war von der Hofkammer auf einen monatlichen geändert worden und war im Hauptvertrag nunmehr auf einen wöchentlichen fixiert.
4. Die Vertragsbestimmungen
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wobei sie für Niederösterreich 1,2 Millionen, für Mähren 1,8 Millionen,274 für Böhmen drei Millionen Gulden betrug.275 Dies waren selbst für eine Laufzeit von nur einem Jahr enorme Summen. Der Tribut von sechs Millionen Gulden überstieg jedenfalls mehrfach den Etat selbst großer und größter Territorien. Böhmen erbrachte etwa zu jener Zeit lediglich rund eine Million Gulden Steuern jährlich276 – und gehörte damit noch zu den fiskalisch einträglichsten Besitzungen der österreichischen Habsburger. Das Münzkonsortium sollte in demselben Zeitraum, einem Jahr, allein für den Kaiser das Sechsfache erbringen und obendrein für die anderen Beteiligten ein zusätzliches Vielfaches.277 Die Dimensionen des Münzkonsortiums waren folglich wahrhaft riesenhaft und überschritten die fiskalische Leistungsfähigkeit frühneuzeitlicher Länder bei weitem. Dies galt auch dann, wenn die Pacht in geringwertiger Münze aufgebracht wurde. Sollte indes der vereinbarte große Obolus an den Kaiser in neuer, schlechter oder guter, alter Münze bezahlt werden? Welchen Feingehalt das Geld für die Pachtzahlung haben musste, hierüber schwieg der Vertrag; nur der Nominalwert von 60 Kreuzern war, wie erwähnt, vorgeschrieben. Dies jedoch sah der Vertrag ganz eindeutig vor: Ein Kapital von allein sechs Millionen Gulden und mehr innerhalb eines Jahres zu generieren, verlangte eine gezielte Münzverschlechterung auf Kosten der untertänigen Bevölkerung. Auch an wenigen anderen Stellen wirkt der Vertrag bei aller sonstigen Klarheit seltsam unpräzis. Einige Detailregelungen schienen die Münzpächter zentraler Pflichten, die ihnen die schriftliche Übereinkunft ansonsten abverlangte, teilweise zu entheben. Was bezweckte beispielsweise Paragraph elf, wonach der Contract aufhebbar würde, falls es zu gewissen Veränderungen im Münzwesen des Reiches oder der Erblande käme? – Was allerdings unter solchen Neuerungen zu verstehen wäre, etwa inflationäre oder deflationäre Verhältnisse, ließ der Vertrag offen. Möglicherweise sollte die Bindung an
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Der Vertragstext ist höchstwahrscheinlich fehlerhaft, insofern für Mähren gesondert „Acht mahl hundert Tausent gulden“ aufgeführt werden. Um rechnerisch auf die Gesamtpacht von sechs Millionen zu kommen, müsste es korrekterweise „achtzehnmal hunderttausend“ heißen. Auch legt die Größe Mährens eher 1,8 Millionen nahe. Vergleiche Contract, Z. 109f. Die Forschungsliteratur zum Thema erwähnt übrigens jenen Fehler im Vertragstext nicht. Dass die Pachtsumme ursprünglich vier Millionen Gulden und erst mit einer angeblichen Ausweitung des Vertragsgebietes unter anderem auf Schlesien sechs Millionen Gulden betragen hätte, behauptet unzutreffend das ansonsten aktuell führende numismatische Handbuch Tschechiens, vergleiche dazu die auch ansonsten wenig korrekte Behandlung des Münzkonsortiums bei Vorel, Od pražkého groše, S. 194 -- 200. Vergleiche Diwald, Wallenstein, S. 189; Redlich, Die deutsche Inflation, S. 10; Rosseaux, Die Kipper und Wipper, S. 399. Zur Rekonstruktion der tatsächlichen Gewinne vergleiche auch Kapitel II. Abschnitte 5. und 6., sowie Kapitel III. Abschnitt 7.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
den Vertrag gelöst werden, falls er durch auswärtige Münzabwertungen unrentabel würde. Der Vorbehalt dieses Paragraphen, der bis dato nirgendwo thematisiert wurde, gibt Rätsel auf: „Do ins khünftig im heiligen Römischen Reich, ihrer Matt. Erbkhünigreichen vnd Landen, im MünzWesen aine Mutation oder anderung fürlaufen mochte, dieser Contract allerdingß aufgehebt, vnd mit ihnen bestandts leuthen nach billichen dingen transigirt.“ 278
Dieses Problem kann indes nicht anhand des Vertragstextes gelöst werden; die sonderbare Regelung kam allenthalben bereits bei den Vorverhandlungen zum Vorschein – vielleicht ging es abermals um die Möglichkeit einer Ausflucht für die Beteiligten bei zu erwartenden Schwierigkeiten. Der Text wirft weitere Fragen auf: Wie ist ferner die Regelung zu verstehen, dass „Sy bestandtleuth wegen Schrott vnd Khorn khaine Verandtworthung haben“?279 Dies konnte doch wohl nicht bedeuten, dass die Pächter keinerlei Sorge oder Verantwortung zu tragen hatten für den Feingehalt der Münze, der ja mit der Regelung, die Mark auf 79 Gulden zu schlagen, an sich ganz genau festgelegt war.280 Oder aber sah der Contract von vornherein vor, noch schlechter auszumünzen als eigentlich bestimmt? Gewährte der Kaiser seinen Pachtnehmern eine Möglichkeit zur persönlichen Bereicherung, gewissermaßen juristische Schlupflöcher? Hier jedenfalls wirkt die schriftliche Geschäftsvereinbarung so ungenau, dass sie unverständlich bleibt. Verständlicher dagegen erscheint die Regelung, dass nach Ablauf der Pachtzeit von einem Jahr neu verhandelt werden sollte, ob und inwiefern der Vertrag eine Verlängerung erfahren könnte.281
Zwischenbilanz Zusammengefasst sah der Vertrag also vor, dass die Bestandtsleuth oder Mitconsorten um Hans de Witte auf ein Jahr das kaiserliche Münzregal in Böhmen, Mähren und Niederösterreich gegen sukzessive Zahlung von sechs Millionen
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Contract, Z. 99–102. Vergleiche auch Z. 125. Ebd., Z. 80f. Dass es sich hierbei nicht um eine geeignete Formulierung handelte, den Kaiser zu hintergehen, sondern schlicht um die vorhandene „Rechtslage“, kann als Erklärungsansatz zwar nicht genügen, so aber Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 174 Anm. 382. „Auch ainer oder der Ander Theil nach Verfliesung deß Jahrs […] Sy die bestandleuth zue Continuierung dessen / in wenigisten nit gezwungen werden, oder denselben [Contract] zuehalten, obligirt vnd Verbunten sein, sonder ihrer der billigkhait gemäß, richtige Abfündung beschehen solle.“ Contract, Z. 121–128.
5. Rollen- und Aufgabenverteilung
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Gulden an Kaiser Ferdinand II. pachteten, um Silber von der untertänigen Bevölkerung dieser Länder sowie Ungarns und der Oberpfalz günstig aufzukaufen und dieses im Vertragsgebiet unter Beimengung von Kupfer minderwertig auszuprägen. Dabei galt, dass aus einer Mark Silber grundsätzlich 79 Gulden zu schlagen waren. Die Pachtsumme floss unmittelbar der Wiener Hofkammer zu. Möglichkeiten der persönlichen Gewinnmitnahme für einzelne Pachtnehmer sprach der Vertrag nicht an, wenngleich sie ihm durchaus inhärent waren. Schon der geheime Text des schriftlichen Abkommens legte nahe, dass es sich um eine Unternehmung ungekannter Dimensionen handelte, bei der die Aufbringung großer Geldsummen die zentrale Rolle spielen sollte. Weder fixierte der Contract ein Maximum für die zu beschaffenden Silbermengen, noch eines für das zu generierende Kapital. Durch seine Offenheit barg der Vertrag die Gefahr der Maßlosigkeit – doch jene zu erreichen und auszuleben brauchte es zuallererst Experten, die überhaupt ein Großkapital zu erwirtschaften imstande waren.
5. In praxi: Rollen- und Aufgabenverteilung Wie allerdings das vom Vertrag verlangte Geld aufzubringen und zu kreieren war, so dass dabei für alle Partizipierenden außerdem ein gewisser Gewinn heraussprang, soll im Folgenden geklärt werden. Die Geschäftspraxis des Unternehmens erscheint zweifelsohne noch wichtiger und interessanter als es die bloßen Vertragsbedingungen sind. Auf welche Weise konnte es den Beteiligten unter den Bedingungen frühneuzeitlichen Wirtschaftens gelingen, ein riesiges Kapital zu akkumulieren? Darüber einigermaßen verlässliche Aussagen treffen zu können, mutet umso schwieriger an, als de Wittes Geschäftsbücher und Aufzeichnungen seit etwa 1640 offenbar ein für alle Mal unwiederbringlich verschwunden und nur wenige Fragmente daraus über Dritte überliefert sind.282 Dennoch lässt sich mit diesem Wenigen, was auf Umwegen bis heute erhalten blieb, das Unternehmen hinsichtlich seiner Funktionsweise durchschauen, allerdings nur im Hinblick auf die Rollen- und Aufgaben der Gesellschafter, weniger dagegen hinsichtlich der rohen Zahlen. Die Beteiligten lassen sich drei verschiedenen Gruppen zuordnen, von denen jeweils der ökonomische Erfolg abhing und die – allein auf sich 282
Trotz sehr intensiver Nachforschungen und jahrelanger Ausnutzung zahlreicher Kontakte ist es dem Erlanger Ordinarius Ernstberger in den Jahren kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nicht gelungen, die Handelsbücher de Wittes zu finden: Ernstberger, Hans de Witte, S. 97, 118 Anm. 28. Auch schon Hermann Hallwich konstatierte resigniert: Die „Geschäftsbücher haben sich meines Wissens leider nicht erhalten.“ Hallwich, Geschichte Wallensteins, S. 78. Bereits der jahrzehntelange Prozess gegen den Erben Karls von Liechtenstein im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts litt erheblich an eben diesem Dokumentationsmangel. Vergleiche Kapitel III. Abschnitt 8.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
gestellt – eine Kapitaloperation dieser Größenordnung und mit der noch näher zu bestimmenden Geschäftsmethode niemals hätten nur ansatzweise wagen können. Dazu waren mit Silber- und Geldtransaktionen, ja überhaupt in Kapital- und Handelssachen ausgebildete und erfahrene Spezialisten nötig. Solche Financiers sollten das Geschäft führen und mussten dazu über ein kaufmännisches und finanztechnisches Wissen und Geschick verfügen, welches in diesem Bereich nahezu epochale Spitzenleistungen hervorbrachte. Nach außen hin bedurfte es ranghoher, politisch mächtiger und prominenter Persönlichkeiten, welche das Spekulationsvorhaben – denn um ein solches handelte es sich – vor allem gegenüber dem Kaiser repräsentierten. Angehörige der Wiener Hofkammer schließlich mussten darauf achten, dass Beschwerden im Zusammenhang mit der Münzverschlechterung nicht zu Ohren höherer Stellen gelangten.
a) Bassevi und de Witte, die beiden Geschäftsführer Die beiden zentralen Figuren für das Funktionieren des Münzkonsortiums waren zugleich seine schillerndsten Gestalten, insofern sie sich aufgrund ihres Standes und ihres Glaubens besonders deutlich von allen anderen unterschieden. Diese teils soziale, teils konfessionelle Marginalität war zugleich ihr Vorzug: Beide waren erfahrene Kaufleute mit weit reichenden Kontakten, auch im Geldgeschäft beschlagen, also Merchant Bankers oder Handelsbankiers, und damit frühe Kapitalisten. Es waren dies der Älteste der Prager Judengemeinde, Jakob Bassevi, sowie der genannte Unterzeichner des Vertrags zum Münzkonsortium, der Prager Hofhandelsmann niederländischer Herkunft, Hans de Witte, ein Calvinist. Bassevi entstammte einer ursprünglich italienischen, seit zwei Generationen in Prag ansässigen, am Kaiserhof sehr angesehenen jüdischen Kaufmannsfamilie. 1599 hatte ihn Kaiser Rudolf II. zum Hofjuden ernannt – ein Privileg, das der Nachfolger, Kaiser Matthias, bestätigte. Bassevi wurde auf diese Weise zum Hoffaktor und Kreditgeber dreier habsburgischer Kaiser und römisch-deutscher Könige, Rudolfs II., Matthias’ und Ferdinands II. Bereits vor dem Konsortiumsgeschäft gehörten ihm mehrere Häuser in Prag, was angesichts seiner jüdischen Religion – die das Eigentum von Liegenschaften im vormodernen Europa im Grund ausschloss – nachgerade bemerkenswert ist. Seit 1616 war er Vorsteher der dortigen Juden. Ansonsten aber bleibt seine frühe Biographie völlig im Dunkeln.283
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Popper, Les Juifs de Prague, S. 136; Bin Gorion/Loewenberg, Handbuch jüdischen Wissens, Sp. 72; Schnee, Bassevi von Treuenberg, S. 625; Staudinger, Die Privilegien der Wiener Hofjuden, S. 24, 26; Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 161f. Es gibt bis dato keine adäquate Biographie Bassevis, ein Manko,
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Auch mit Fürst Karl von Liechtenstein war Bassevi wohlbekannt. Ebenso besaß er im Silber- und Münzhandel eine ausgewiesene Prominenz. Schon kurz nach der Schlacht am Weißen Berg hatten Liechtenstein und Bassevi einen Vertrag geschlossen, demzufolge der jüdische Kaufmann wöchentlich 2000 Mark Silber zu je 25 Gulden in die Kuttenberger Münzstätte liefern sollte.284 Dieses Silber, meist Bruchsilber, kaufte er von der böhmischen Bevölkerung auf, so dass es gewinnbringend ausgemünzt werden konnte – unter Reduzierung des eigentlich üblichen Feingehalts. Aus der Mark wurden nicht mehr – wie noch 1618 – 19 Gulden, sondern 46 Gulden geschlagen.285 Der Kaiser begrüßte dieses Geschäft, da es ihm über zwei Millionen Gulden aufs Jahr zu bescheren vermochte.286 Um jene Operationen noch zu befördern, ließ Liechtenstein im September 1621 siebenundzwanzig, im Dezember 29,5 Gulden, ab 1622 bald 36 Gulden pro gelieferter Mark Silber an Bassevi zahlen. Das offenbar profitable Geschäftsmodell weitete sich mehr und mehr aus. Schon zu diesem Zeitpunkt dachte Liechtenstein darüber nach, das Münzgeschäft in viel größerem Stil zu betreiben, wenn er im Juli 1621 ein Memorandum an den Kaiser verfasste, das anregte, Bassevi ein Patent zu erteilen, womit er auch in Österreich Silber aufkaufen könne. Liechtenstein schrieb an Kaiser Ferdinand II.: „Damit aber dieses Werk noch mehr befördert werde, so wäre von Nöthen, dem gemelten Juden Jakob Bassevi ein offenes kaiserliches Patent zu ertheilen, dass er dahie in Österreich gleichfalls allerlei Silber und Pagament, so viel als er kann, aufkaufen und in die kaiserliche Münz und nirgends anders frei und sicher zuführen dörfte.“ 287 1621/22 pachtete eine Gesellschaft von Juden, an deren Spitze Bassevi stand, die Wiener Münzstätte; sie betrieben überdies eine dort ansässige Prägestel-
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zumal es sich um einen interessanten Beitrag zur jüdischen Sozial-, Wirtschaftsund Mentalitätsgeschichte handeln würde. Um dies zu ermöglichen, musste Liechtenstein zunächst im März den Prager Münzmeister Benedikt Huebmer von Sonnleithen entmachten, der sich gegen solche Münzmanipulationen wehrte. Vergleiche Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 95f.; Ernstberger, Hans de Witte, S. 90. Es irrt in der Annahme, Huebmer hätte das Konsortium aktiv unterstützt: Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince, S. 33. Aus einem Memorial Liechtensteins, Juli 1621: „Und wegen desto mehrern Beförderung des Münzwesens ist mit einem Pragerischen Juden, Jakob Bassevi genannt, geschlossen worden, dass er alle Wochen 2000 Mark fein Silber in die Münz liefern solle, welches ihm jede Mark zu 25 fl. bezahlt wird. Wann man nun eine Mark auf 46 […] vermünzet, so kommt Ihrer Majt. zu Gewinn an einer jeden Mark 21 fl., dies thut wöchentlich 42.000 fl.“ Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 25. Dort das vollständig abgedruckte Memorial. Vergleiche auch Polišenský/Kollmann, Wallenstein, S. 76. Zitiert nach Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 25.
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le des spanischen Botschafters für ein Jahr. Im Prinzip lässt sich hier eine Vorwegnahme der späteren Geschäftspraxis des Konsortiums in kleineren Maßstäben konstatieren.288 Bemerkenswert ist wiederum die Verbindung zu Spanien; es werden wohl vorwiegend Liechtensteins höfische Beziehungen dabei eine Rolle gespielt haben. Bassevi selbst war also durchaus ein mit Münz- und Geldtransaktionen überaus beschlagener Mann, als es im Januar 1622 zur Begründung des Prager Münzkonsortiums kam. Auch der Unterzeichner des Vertrags zum Münzkonsortium, Hans de Witte,289 war alles andere als ein Unbekannter in der weiten Welt des Geldes und der Großkaufleute, ja sogar in der Kriegsfinanzierung erfahren. Er wurde zum Hauptgeschäftsführer und Leiter des Konsortiums – nicht umsonst unterzeichnete er den Contract. Ursprünglich war er ein Flame calvinistischer Konfession. Nachdem die Familie de Witte angesichts der Eroberung ihrer Heimatstadt Antwerpen durch spanisch-katholische Truppen 1585 aus Glaubensgründen ins Reich, vermutlich nach Hamburg emigriert war, hatte sich der Flame 1603 im Alter von knapp 20 Jahren in Prag niedergelassen. Dort trat de Witte in die Dienste seines Konfessionsverwandten und Landsmanns Nikolaus Snouckaert, der als kaiserlicher Hofhandelsmann auf der vornehmen Kleinseite ansässig war. Nachdem er dessen Teilhaber geworden war, konnte de Witte sehr erfolgreiche Darlehensgeschäfte mit böhmischen Adligen betreiben, nicht zuletzt weil er Kontakte zu den führenden Finanzplätzen, dem holländisch-niederländischen Amsterdam und dem flandrischen Antwerpen, sowie zu zahlreichen calvinistischen Exulanten pflegte. Während Katholiken noch durch das kanonische Zinsverbot eingeschränkt wurden, konnte de Witte als Calvinist seinen geschäftlichen Erfolg als gottgefälliges Handeln auslegen und zeigte sich entsprechend ehrgeizig.290 288
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Vergleiche dazu auch Kapitel I. Abschnitt 3. Die Kuttenberger Münzstätte pachtete offenbar Wilhelm Vřesovec von Vřesovitz, der ab 1622 oberster böhmischer Münzmeister war und später wohl dem Münzkonsortium angehörte. Ob auch italienische Fürsten in irgendeiner Weise am böhmischen Münzgeschäft sich beteiligten, kann nicht geklärt werden. Vergleiche aber Kostlán, Dlouhá mince, S. 112. In Mähren soll übrigens Kardinal Franz von Dietrichstein als kaiserlicher Statthalter die Münzstätten von Brünn und Olmütz auf ein Jahr an eine Gesellschaft von Juden verpachtet haben, laut Gaettens, Inflationen, S. 84. Auf seine hervorragende, immer noch gültige Biographie aus der Feder Ernstbergers muss an dieser Stelle nicht mehr gesondert hingewiesen werden. Ebenfalls zu Beginn der 1950er Jahre entstand eine in nur geringer Auflage erschienene, in Deutschland gar nicht, ausschließlich in Prag vor Ort zugängliche maschinenschriftliche Biographie in tschechischer Sprache, die dem Vf. nicht vorliegt und auch in der tschechischen Sekundärliteratur nicht genannt wird: Vít, Jan de Witte. De Witte ist zeit seines Lebens nie zum Katholizismus konvertiert, war damit im Gegensatz zu seinen adligen Geschäftspartnern aus dem Münzkonsortium keineswegs konfessionell indifferent, freilich auch nicht orthodox. Als ihn im August 1628 die kaiserliche Reformationskommission für Böhmen zur Konversion aufforderte, blieb er seinem Glauben treu. Er ließ auch seine Kinder weitge-
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1609 gewährte de Witte Kaiser Rudolf II. persönlich einen Kredit von 20.000 Schock meißnisch, womit der Kriegsherr bereits längere Zeit unbezahlte, in Ungarn gegen die Türken eingesetzte Söldner entlohnen konnte. Vom Krämer für Luxuswaren entwickelte sich de Witte zum Bankier für Adlige und des Hofes, überholte selbst seinen Partner Snouckaert schnell und machte sich 1616/17 selbständig. Rasch nahm er zudem einen gesellschaftlichen Aufstieg, nachdem Matthias als Kaiser des Reiches dem neuen Hofhandelsmann einen erblichen Wappenbrief gewährt und die Stadt Prag ihm das Bürgerrecht erteilt hatte. De Witte hatte sich somit bereits recht eng an den Kaiser und das Erzhaus gebunden, als es zum Ständeaufstand kam. So schien es de Witte wenig zu interessieren, dass die neue Führung eine calvinistische Spitze besaß und von seiner alten Heimat Flandern unterstützt wurde. Er gewährte der Ständebewegung keinerlei Kredite und hielt sich weitgehend von ihr fern, war aber im September 1620 gezwungen, kurzzeitig das Amt eines Ratsschöffen anzunehmen. Als erfahrener Geschäftsmann wusste er, dass die finanziellen Ressourcen der Stände, des Direktoriums und des Pfälzers auf tönernen Füßen standen und damit die Rebellion keine Chance haben konnte.291 Als talentierter Financier mit einem Hang zu risikoreichen Operationen erwies sich de Witte sehr früh, schon bei seinem Eintritt ins Münzgeschäft. Zwischen 1613 und 1615 führte er ohne jede Genehmigung und damit illegal die damals noch überdurchschnittlich hochwertige böhmische Münze außer Landes. Dabei arbeitete er mit Jobst Planck, Goldschmied und Handelsmann aus Nürnberg, zusammen. Dieser kaufte böhmisches Silbergeld auf, um es am Prägeort Hanau – in der Grafschaft mit dem Namen Hanau-Münzenberg gelegen – geringerwertig neu stempeln zu lassen. De Witte kannte demzufolge das Geschäft der frühen „Kipper und Wipper“ offenkundig sehr genau und pflegte entsprechende Verbindungen. Zwar wurde Jobst Planck des illegalen Münzexports wegen in Prag verhaftet, doch kauften ihn Snouckaert und de Witte kurzerhand gegen 60.000 Taler frei.292 Obgleich sich das gerichtliche Verfahren gegen Planck bis 1617 zog, wurde de Witte durch diesen nicht geringen Skandal im Finanz- und Münzgeschäft noch viel bekannter, als er
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hend calvinistisch erziehen. Als Kriegsfinancier war er zu wichtig, um ihn zur Emigration zu zwingen. Nach seinem tragischen Tod konvertierte indes seine Frau Anna, Tochter des am Konsortium beteiligten lutherischen Rentmeisters Glauchau, binnen drei Wochen mit den Kindern zum alten Glauben, um nicht ausgewiesen zu werden. Vergleiche Ernstberger, Hans de Witte, S. 323–324, 362, 437–440. Einen seiner Söhne ließ de Witte zu Lebzeiten katholisch taufen, wobei Wallenstein als Taufpate fungieren konnte. Möglicherweise gehörte de Witte zur calvinistischen Geheimsekte „Huis de Liefde”, die sein Geschäftspartner Snouckaert finanziell unterstützt hatte. Diese Sekte erlaubte es ihren Mitgliedern, mit Anderskonfessionellen zu kooperieren. Vergleiche Schulte, Calvinisten als Finanziers des Dreißigjährigen Krieges, S. 58f. Ernstberger, Hans de Witte, S. 11–73. Es ist auch möglich, dass de Witte und Snouckaert selbst verhaftet wurden.
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ohnedies war. Denn geschadet hat ihm die negative Publizität des Prozesses weder finanziell noch geschäftlich: Fortan eilte ihm der Ruf, ein mit allen Wassern gewaschenes, besonders beschlagenes Finanzgenie zu sein, voraus. Außerdem rührte aus dieser Zeit des Prozesses gegen Planck die Bekanntschaft de Wittes mit denjenigen führenden Personen her, welche sich maßgeblich um die kaiserlichen Kassen kümmerten und die später ebenfalls am Prager Münzkonsortium beteiligt waren: Hans Matthias von Glauchau, Rentmeister der Böhmischen Kammer, Hofzahlmeister Josef Nießer von Steinpaß, Hofkammerrat Vinzenz Muschinger und Obersthofmarschall Wolf Siegmund von Losenstein.293 Und ein weiterer wichtiger Kontakt bahnte sich in dieser Zeit an: der zwischen de Witte und Bassevi. Wie genau er zustande kam, bleibt freilich ungewiss. Fest steht lediglich, dass de Witte spätestens seit Juli 1621 Regimentsobristen unter dem Befehl des kaiserlichen Feldherrn Bucquoy Geld lieh.294 Bassevi war ein im professionellen Silbergeschäft sehr fähiger Jude und de Witte ohnehin ein ausgewiesener Experte, was Finanzierung, Münzmanipulationen und Verbindungen zu anderen Geschäftsmännern wie zu politisch mächtigen Persönlichkeiten anlangte. Sie beide brachten das notwendige finanztechnische Wissen mit, um frühkapitalistische Transaktionen von der Größenordnung des Prager Münzkonsortiums so zu betreiben, dass sie Aussicht auf Erfolg haben konnten. Es nimmt folglich nicht Wunder, dass die beiden Prager Fremdkonfessionellen nicht nur zu führenden Köpfen des Münzkonsortiums, vielmehr zu dessen geschäftlichen Leitern, Geschäftsführern oder Managern wurden. Sie sorgten dafür, dass die benötigten Silbermengen in die Münzstätten kamen, indem sie das Rohmaterial in allerlei Formen von der Bevölkerung gegen minderwertige Münze aufkauften. Das war die gängige Geschäftspraxis des Unternehmens.295 Bassevi hielt das Geschäft vorwiegend in Böhmen selbst am Laufen. Er kaufte rund 145.000 Mark Silber auf und verbrachte es in die Münzstätten. Umgerechnet mehr als 36 Tonnen reinen Silbers waren dies. Hierfür erhielt er unglaubliche 6,7 Millionen Gulden in bar aus der Kasse des Konsortiums – er machte mehr Umsatz, als der Kaiser, Ferdinand II., laut Vertrag in einem Jahr an nominalem Gewinn erhielt: gerade einmal sechs Millionen.296 Fer-
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Zur Affäre um Snouckaert, de Witte und Planck siehe vor allem Janá#ek, Valdštejn, S. 243. Weniger informiert darüber scheint hingegen Ernstberger, Hans de Witte, S. 50–59. Dies legen entsprechende Verzeichnisse nahe in ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23 [unpaginiert]. Auch ein ausgewiesener Wirtschaftswissenschaftler kommt zu einem ähnlichen Urteil: „Die Management-Leistung des Konsortiums ist nicht hoch genug einzuschätzen.“ Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 178. Da Bassevis wie de Wittes Geschäftsunterlagen verloren sind, ist auf ein Extract des Geheimsekretärs der Böhmischen Hofkanzlei deutscher Expedition, Da-
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nerhin kaufte Bassevi noch über andere jüdische Mittelsmänner in Böhmen massiv Agrarprodukte auf, damit die neue schlechte Münze reibungslos in Umlauf kam.297 Auch soll Bassevi von böhmischen Rebellen entwendetes Silber den Münzstätten zugeführt haben.298 Ob Bassevi selbst Gold lieferte, um minderwertige Dukaten zu prägen oder andere Finanzierungen vorzunehmen, lässt sich schwer prüfen – grundsätzlich wäre dies aber denkbar.299 Das folgende zeitgenössische Flugblatt,300 „Der jüdische Kipper und Aufwechsler“ benannt (Abb. 9), illustriert anschaulich, wie Bassevis Tätigkeit vonstatten gegangen sein könnte beziehungsweise wie man sich diese mitunter vorstellen dürfte. Links im Bild liefert ein Händler in grober Straßenkleidung Silber, das er – in Tuch geschlagen –, auf dem Rücken trägt. Mittig ist der bärtige jüdische Kaufmann, mit feinem Gewand versehen, bei Münzgeschäften mit christlichen Adligen zu beobachten – einer der beiden trägt an seiner Seite einen Degen. Dabei sind die Gegenstände im Hintergrund auf dem Regal – einige Leuchter, Pokale und andere Gefäße – vielleicht noch einzuschmelzende Silbergegenstände oder aber es handelt sich um Schmuckobjekte, die Reichtum und Prosperität demonstrieren. Rechts im Bild verzeichnet ein Schreiber, möglicherweise ein Angestellter des jüdischen Kaufmanns, die Gewinne – Geldsäcke sind deutlich zu erkennen –, welche jedoch – ganz rechts im Bild – sogleich moralisierend mit einer Teufelsgestalt in Verbindung gebracht werden. Auf jeden Fall muss betont werden, dass der Vertrag zum Münzkonsortium einer wie auch immer gearteten Öffentlichkeit aller betroffenen Länder geheim bleiben sollte, damit das Konsortium über die Agenten Bassevis und de Wittes gegen minderwertiges Geld von der Bevölkerung möglichst viel Silber in Form von Bruchsilber oder guter, alter Münze einkaufen konnte. Wer wollte schon sein teures Silber gegen die relativ wertlosen Metallstücke der Konsorten verkaufen?301 De Witte und seine Gesellschafter schrieben an die Hofkammer, dass im Reichsgebiet auch Golddukaten erworben werden sollten, um „solche grobe Münz [...] ins gehaimb auf[zu]wechßeln, verführen und
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niel Freißleben von Buschenhöfen, zurückzugreifen. Freißleben war mit einer Schwester der Frau de Wittes verheiratet und hat um 1660 aus de Wittes Geschäftsbüchern drei kurze Tabellen exzerpiert, die einige der einschlägigen Titel zum Thema im Druck bringen, vollständig tut dies aber nur Ernstberger, Hans de Witte, S. 119–122. Diese Information bieten Polišenský/Kollmann, Valdštejn, S. 68; Polišenský/ Kollmann, Wallenstein, S. 76. Janá#ek, Valdštejn, S. 244. Nohejlová-Prátová, Das Münzwesen Albrechts von Wallenstein, S. 14. Scheible, Die fliegenden Blätter, nach S. 44. Mit der Behauptung, das Münzkonsortium sei „nicht so etwas wie ein Geheimgesellschaft“ gewesen, täuscht sich Diwald, Wallenstein, S. 174. Ganz sicher war das Münzkonsortium in der Anfangszeit seines Wirkens eine Geheimgesellschaft – sonst hätte es gar nicht funktionieren können.
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Abb. 9: Das Flugblatt zeigt einen im Geldgeschäft tätigen jüdischen Kaufmann. Seine Arbeit wird mit dem Teufel in Zusammenhang gebracht. Dies belegt die recht negative Konnotation von Kapitaltransaktionen in einer breiten Öffentlichkeit während des Dreißigjährigen Krieges.
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dardurch allgemach alles guetes grobes gelt aus dem landt [zu] bringen.“ 302 Das Unternehmen musste nicht nur im Geheimen, sondern möglichst schnell über die Bühne gehen. 30 Millionen Gulden neuer Münze waren daher auch schon nach nur zwei Monaten Vertragslaufzeit geschlagen. In den restlichen zehn Monaten wurden nur noch rund 10 Millionen geprägt. Der Großteil des Geschäfts war abgewickelt, bevor die untertänige Bevölkerung in den böhmischen Ländern von der Arbeitsweise des Konsortiums erfahren konnte.303 Eine jüngst erschienene Studie liegt folglich mit einer ihrer Grundannahmen nicht ganz richtig: „Die Gründung des Konsortiums mit de Witte an der Spitze war kein vor der Öffentlichkeit geheim gehaltener Vorgang gewesen“.304 Zum einen ist fraglich, ob es in der Vormoderne eine heutigen Maßstäben annähernd vergleichbare „Öffentlichkeit“ gab und wie diese aussah. Vor allem aber musste dem leidtragenden gewöhnlichen Volk das Transaktionsprinzip des Konsortiums unter allen Umständen möglichst lange verborgen bleiben, da sonst das Funktionieren der ganzen Aktion an sich infrage gestanden wäre.305 Es handelte sich somit um ein bewusst und gezielt geheim gehaltenes Geschäft, über das allenfalls einige Gerüchte kursierten. Einen noch bedeutend größeren Anteil an den Operationen als Bassevi hatte übrigens nur de Witte.306 Mit ihm nämlich überschritt das Unternehmen bei weitem habsburgische oder reichische Grenzen, wurde zu einem Projekt geradezu europäischen Ausmaßes, insofern er sein über den ganzen Kontinent reichendes Netz an Geschäftsbeziehungen in Anspruch nahm.307 Mit seiner calvinistischen Konfession konnte er problemlos auf den weltweit führenden niederländischen Finanzplätzen auftreten, etwa in Amsterdam oder Antwerpen. Außerdem nahm er Verbindung auf zu anderen flämischen Exulanten. Auf diese Weise konnte er sein persönliches Netzwerk für das Kon302
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ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 24. März 1622, fol. 72. Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 29; ders., Geschichte der Gegenreformation, S. 336. Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 189. Gleichwohl ist es korrekt, dass im Laufe des Pachtjahres immer mehr Zeitungen des Reiches Wind davon bekamen, wie die Untersuchung von Ulrich Rosseaux treffend herausgearbeitet hat (vergleiche Kapitel III. der vorliegenden Schrift). Dabei vergisst die erwähnte Arbeit von Trawnicek, dass die einzelnen Zeitungsmeldungen lediglich auf die Verpachtung des kaiserlichen Münzwesens eingingen, nicht aber darauf, dass es sich um ein Inflationsgeschäft handeln sollte. Überdies sind die Zeitungsmeldungen so ungenau und verworren, dass keinesfalls von einer wie auch immer gearteten Publizität des Münzkonsortiums ausgegangen werden kann. Nicht umsonst bezeichnet ihn die sprachlich glänzendste Wallenstein-Biographie als „reichste[n] Financier Böhmens“. Mann, Wallenstein, S. 197. Trawnicek hingegen glaubt, dass das Münzkonsortium lediglich im Vertragsgebiet Silber und Pagament aufgekauft habe, siehe Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 230.
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sortium noch erweitern. Seine Handelsmänner oder Faktoren durchreisten, auf de Wittes Eingabe hin eigens mit einem kaiserlichen „Paß- und Geleitbrief“ ausgestattet,308 ganz Europa und kauften überall Silber ein, bevorzugt in Stettin, Nürnberg, Genua, Mailand.309 Und bald gab es kaum einen größeren zeitgenössischen Handelsplatz, an welchem de Witte keinen Faktor beschäftigt hatte.310 Auch diese frühe Form des Kapitalismus wies sich offenkundig durch ein großes Maß an Vernetzung aus. Noch keine echt globale Dimension,311 gleichwohl eine Europäisierung war beobachtbar. Wichtig wurden dabei insbesondere Exulanten calvinistischer Konfession: Walter de Hertoge aus Hamburg, der Nürnberger Großkaufmann Abraham Blommaert, Hans de Wittes Vetter Arnold de Witte aus Antwerpen, der Juwelenhändler Daniel de Briers aus Frankfurt am Main, die Rüstungshändler Anton Frey-Aldenhoven und Peter Carlier. Allein die Namen lassen erahnen, dass es sich um niederländische Exulanten handelte. Sie alle arbeiteten für de Witte. Außer jenen waren wichtig: de Wittes Hauptfaktoren Georg Amman und Giulio Cesare Pestalozzi mit ihren Verbindungen nach Italien, der Genueser Kaufmann Sepossi, die Wiener Faktoren Hans Ulrich Kessler sowie die Brüder Antonio, Giovanni Baptista und Stefano Pestalozzi.312 Nicht zu vergessen sind die Straßburger Großkaufleute Martin und Andreas König.313 Kaum deutsche, wenige italienische, vorwiegend niederländische
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Ernstberger, Hans de Witte, S. 103; Probszt, Österreichische Münz- und Geldgeschichte, S. 432; Roth, Die Kipper- und Wipper-Zeit, S. 92. Die Dimensionen des Unternehmens wurden also auf kaiserlichen Wunsch noch größer, als der Vertrag dies ohnehin schon vorsah; auch auf kaiserlicher Seite ist also eine grundsätzliche Maßlosigkeit hinsichtlich des zu erreichenden Geschäftsvolumens erkennbar. Ein lateinischer „Paß- und Geleitbrief” für den Silberkauf in Ungarn, dem „Johanni de Vite“ und den „Münzbestandtleuth“ durch den beteiligten Hofkammerrat Teuffel ausgestellt, findet sich in: ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 4. März 1622. Zu Italien und Ungarn vergleiche den Autographen de Wittes „vnd Consorten“ in: ÖStA, FHKA, Hoffinanz, Faszikel 184, Juli-September 1622, ohne Ort, wohl Juli 1622. Über die Probleme des Pagamenteinkaufs finden sich hier weitere Details. Auch mag de Wittes beeindruckende Sprachkompetenz zu seinem geschäftlichen Erfolg beigetragen haben: Flämisch war seine Muttersprache, Deutsch lernte er im Hamburger Exil und beherrschte zudem – wie jeder Großkaufmann seiner Zeit – Französisch, Spanisch und auf jeden Fall Italienisch. Ob er Latein und Tschechisch verstand, lässt sich nur schwer prüfen. Auch die niederländischen oder bald darauf englischen Handelskompagnien waren keine wirklich globalen Unternehmungen mit Dependancen auf mehr als zwei Kontinenten. Die Familie Pestalozzi war von besonderer Bedeutung für die kaiserliche Kriegsfinanzierung. Die päpstlichen Subsidien trafen über den Wiener Bankier Paolo Pestalozzi ein. Albrecht, Die Subsidien der Kurie für Kaiser und Liga, S. 536. Vergleiche vor allem Ernstberger, Hans de Witte, S. 216–224. De Wittes imponierende Geschäftsbeziehungen umfassten schließlich in alphabetischer Reihenfolge mindestens: Aachen, Antwerpen, Arnsdorf in Sachsen, Augsburg, Aussig,
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Namen belegen, dass letztere erstere als führende Bankiers im 17. Jahrhundert allmählich ablösten.314 Sie formierten ein riesiges Netzwerk, das für weitere, noch viel größere Kapitaltransaktionen zur Verfügung stand.315 Wie aber beschafften de Wittes Faktoren konkret die benötigten Silbermengen? Die Berliner Zeitung der Gebrüder Frischmann notierte im Februar 1622: „den 4. diß [Monats] ist Herr Michna von Wien wieder alhero gelanget vnd mit jhme die newe bestelte Müntzmeister oder Münzverleger [...] Hans de Witte, Handelman [...] vnd der Jüde Passevi, die haben in abwesenheit [...] durch jhre Leute 100.000 fl. zusammen bringen lassen welche [...] nach Wien geführet worden. [...] man sagt von grossem Geldt das sie dem Käyser zuschicken werden darunter auch für das Kriegsvolck was zu gute kommen soll.“ 316 Die Zeitungsmeldung belegt anschaulich, dass de Witte Faktoren hatte, deren untergeordnete Silberhändler von der Bevölkerung Umlaufgeld kauften und zwar aus ganz Europa, um es dann in niederösterreichischen, mährischen und böhmischen Münzstätten geringwertiger auszumünzen. Das war das Operationsprinzip des Prager Münzkonsortiums. Dabei erlangte de Witte einen europäischen Ruf, der allerdings alles andere als gut war. Schließlich waren seine Silberaufkäufer bald als „Kipper und Wipper“, die gutes Silber gegen schlechte Münze aufwogen, überall berüchtigt.317 Während das Kon-
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Bonn, Bremen, Breslau, Brüssel, Danzig, Darmstadt, Dresden, Frankfurt am Main, Gent, Genua, Goslar, Greifswald, Halberstadt, Hall in Tirol, Halle, Hamburg, Heidelberg, Hohenelbe im Riesengebirge, Jochimsthal, Köln, Konstantinopel, Leipzig, Linz, Lübeck, Lucca, Lyon, Madrid, Magdeburg, Mailand, Mainz, Meißen, Naumburg, Neapel, Nürnberg, Pilsen, Pirna, Prag, Regensburg, Rom, Rostock, Rouen, Stettin, Stralsund, Straßburg, Suhl, Trier, Tetscher an der Elbe, Ulm, ungarische Städte, Venedig und nicht zuletzt Wien. Es begann das sogenannte „Goldene Zeitalter“ der nördlichen Niederlande, das insbesondere auf deren überlegener wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit beruhte. Über de Witte finanzierte Wallenstein bekanntlich ganze kaiserlichen Armeen von bald über hunderttausend Mann (siehe Einführung). Auch war de Witte seit den Tagen des Münzkonsortiums im Waffen- und Rüstungsgeschäft tätig. Vergleiche dazu die Dissertation von Zunckel, Rüstungsgeschäfte im Dreißigjährigen Krieg. Außerdem dies., Rüstungshandel im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Zitiert nach Rosseaux, Die Kipper und Wipper, S. 401. „Kipper und Wipper” ist der Neologismus der Inflationsjahre von 1621 bis 1623 schlechthin. Er leitet sich aus den niederdeutschen Synonyma kippen beziehungsweise wippen ab. Diese Verben bedeuten: abwiegen, austarieren. Die Silberhändler wogen Silbergegenstände und gute Münze mit neuer, geringwertiger Münze auf und gaben noch ein wenig hinzu, so dass die Bevölkerung bereit war, ihr Silber gegen Geldzahlung zu verkaufen und anfangs dabei noch den Eindruck hatte, einen gewissen Gewinn zu machen. Dass letzterer aber ausblieb, vielmehr die Kipper selbst gewannen, wurde vielen erst mit der allgemeinen Inflation und den Preissteigerungen klar.
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sortium im Vertragsgebiet zunächst weitgehend geheim blieb – vermutlich aufgrund der Zerschlagung der protestantischen Nachrichteninfrastruktur – berichteten zahlreiche Zeitungen im Reich, vor allem in den Reichsstädten – wenngleich mitunter recht ungenau – über das Prager Münzkonsortium.318 Bald aber wurde der betroffenen untertänigen Bevölkerung deutlich, dass die „Kipper und Wipper” aus gekauftem Silber und Altmünzen unter Zufügung von Kupfer auf ihre Kosten enorme Gewinne machten.319 Und eben auf diese Weise verfuhren auch die Silberhändler de Wittes. Folgende Illustration zum Flugblatt „Epitaphium, oder des guten Geldes Grabschrift“ 320 zeigt anschaulich das Treiben der „Kipper und Wipper“, und damit der Helfershelfer de Wittes und Bassevis (Abb. 10): Im Hintergrund links spielt die kriegerische Darstellung des Vorhangs auf die Kriegsfinanzierung an, rechts ist das Einschmelzen des Silbers in Öfen zu erkennen. Im Vordergrund rechts ist das Schlagen der Münze, links das Abwiegen, Wechseln und Verzeichnen im Geschäftsbuch zu sehen. Dies waren genau jene Tätigkeiten, welche de Witte und Bassevi am meisterhaftesten durchführen ließen. In den Münzstätten selbst wurden durch die Betreiber für das große Geschäft neue Schmelztiegel, Prägestempel und -pressen angeschafft, ebenso größere Mengen Weinsteins, der die Inflationsprägungen – Silberlegierungen mit hohem Kupfergehalt – zum Glänzen brachte.321 Mehr als drei Viertel des eingeschmolzenen Pagaments, und damit des Rohstoffs für das Geschäft des Konsortiums, nämlich 403.000 Mark – dies waren über hundert Tonnen Feinsilber – schuf de Witte auf die genannte und ähnliche Weise in die Münzstätten. Dabei muss er daneben ein überlegener Logistiker gewesen sein: Wie sonst hätte er tonnenweise ein so brisantes und wertvolles Material, Silbergegenstände und -münzen problemlos durch halb Europa transportieren können, angesichts miserabler Straßen und Verkehrswege 318
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Siehe dazu Rosseaux, Die Kipper und Wipper, S. 401, und auch Kapitel III. Abschnitt 9. Hier zur Illustration nur ein Beispiel unter vielen, das Zorngedicht von 1622, welches plastisch darstellt, wie de Wittes Unterhändler vorgegangen sein müssen: „In unserm Dorff nennt man sie Kipper, / Mein Nachbar Hans spricht, es sei Wipper, / Die das lieb alte Geld auszspürn / Und darnach auff die Müntzen führn, / Lassen aufs guten silbern Sachn / Mehr als drey virtel Kupffer machn, / Darmit gwinnen grosses Gelt, / Nur was ihn selbsten wolgefellt. / Reichs Taler suchen sie mit Macht, / Habn sie auch schon weist weg gebracht, / Dass man bald keinen jetzt mehr sicht. / Nun sind die Spürhund abgericht / Das alte Geld ganz weg zu führn / Dass man auch bald Keins mehr that spürn“. Bei Shaw, The Monetary Movements of 1600–1621, S. 210–212. Auch in dem prachtvoll ausgestatteten Band von Langer, Kulturgeschichte, S. 48. Hier aus Scheible, Die fliegenden Blätter, nach S. 298. Zu den Details der praktischen Münzprägung ausführlich Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 183–188. Siehe dazu auch einen Passbrief des Kaisers für „Hansen de Witte vnd seine Müntz bestandts mit: Consorten“ über 300 Zentner Weinstein in ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, 1622/23, Faszikel 15, 26. August 1622.
5. Rollen- und Aufgabenverteilung
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Abb. 10: Das Flugblatt zeigt die Arbeit in den Prägestätten. Neben dem Schmelzen des Metalls und dem Schlagen der Münze wird auch das Geldgeschäft an sich dargestellt. Es wird sogar direkt in Zusammenhang mit dem Krieg gebracht.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
sowie unzähliger Grenz- und Flusszölle?322 Für sein geniales Geschick, seine herausragende betriebswirtschaftliche Kompetenz im Umgang mit Kapital erhielt er im Gegenzug 31,3 Millionen Gulden aus der Kasse des Konsortiums – was für jene Zeit eine gerdezu unvorstellbare Summe war. Gegen ein solches Großkapital sah der Gewinn des Kaisers geradezu blass aus. De Witte machte also den größten Umsatz aller Beteiligten als leitender Hauptgeschäftsführer und oberster Organisator und Koordinator des Prager Münzkonsortiums.323 Der Jude und der Calvinist, Bassevi und de Witte, waren aber auch die Kärrner des Konsortiums, insofern sie den Hauptteil aller anfallenden Arbeiten verrichteten – jener anrüchigen Tätigkeiten im Umgang mit Kapital, denen sich ein guter Katholik und hoher Herr von Stand niemals hätte öffentlich widmen dürfen, ohne seinen Rang und Status nachhaltig zu beschädigen. Aus diesem Grund waren die beteiligten Adligen im Vertragstext nirgendwo genannt, deswegen hatten sie ihn nicht unterzeichnet, oder aus diesem Grund wurden ihre Unterschriften vielleicht später getilgt. Gleichwohl mussten sie gewissermaßen im Hintergrund dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen für das Geschäft de Wittes und Bassevis konstant blieben – ansonsten wären die Transaktionen nicht möglich gewesen. Es bedurfte also hochrangiger und mächtiger Adliger, die das Münzkonsortium freilich nicht einer Öffentlichkeit, sondern gerade dem Kaiser gegenüber repräsentierten.
b) Hohe Repräsentanten und die Hofkammer Adelige Repräsentanten machten das Unternehmen nach außen hin unangreifbar und schufen günstige Konditionen für das Funktionieren des Konsortiums. Dabei handelte es sich um jene Hofpartei von Kriegsfinanciers, die das Projekt ursprünglich zuwege gebracht hatte.324 Sie sorgten nunmehr dafür, dass die Vorhaben auch in ihrem Sinne erfolgreich werden konnten. Fürst Karl von Liechtenstein, fast auf den Tag genau seit dem Vertragsabschluss unumschränkter kaiserlicher Statthalter in Böhmen, erneuerte beziehungsweise erließ Patente, welche die Ausfuhr von edlerem Geld untersagten, so dass die alte, gute Münze eingeschmolzen und durch eine neue, schlechte Münze ersetzt werden konnte. Hochwertiges Umlaufgeld musste aus dem Verkehr gezogen, umgemünzt werden und unter Abschöpfung des Profits 322
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Zur enormen Widerständigkeit der geographischen und infrastrukturellen Bedingungen, die Transporte aller Art im frühneuzeitlichen Europa erschwerten, vergleiche die besonders plastische, immer noch gültige und geradezu klassische Darstellung, welche weit überragt, was ihr bescheidener Titel verspricht, von Braudel, La Méditerranée et le monde méditerranéen, Bd. 1: La part du milieu, vor allem S. 338–360. Die Zahlen zum Münzkonsortium aus dem Extract Freißlebens bei Ernstberger, Hans de Witte, S. 120. Vergleiche Kapitel I. Abschnitt 2.
5. Rollen- und Aufgabenverteilung
93
als geringwertiges Geld wieder in den Verkehr gelangen. Als Liechtenstein dieses auch erfolgreich in die Tat umsetzte, leiteten ihn vorwiegend die Regelungen des Konsortiumsvertrags. Noch am Tag des Vertragsschlusses, am 18. Januar, verbat Liechtenstein vertragsgemäß jedwedes Zirkulieren jeglicher ausländischen Münzen in Böhmen.325 Bald aber griff er zu drastischeren Maßnahmen. Wenige Tage nach Vertragsschluss verdrängte Liechtenstein den Prager Münzmeister Benedikt Huebmer von Sonnleithen – der das Konsortium ablehnte – aus seinem Amt, indem er ihm am 26. Januar befahl, de Witte und seinen Leuten bis zum ersten Februar „das ganze Pragerische Münzwesen, mit allen und Jeden dessen Zugehörungen, sammt Vorrath Silber und Zeug“ 326 zu überlassen. Wie im Vertrag zum Münzkonsortium verlangt, forderte Liechtenstein fernerhin dazu auf, die Mark Feinsilber zu 79 Gulden auszuprägen.327 Tags darauf, am 27. Januar, setzte er ein Silberhandelsmonopol für die Prager Münzstätte in Böhmen durch und legte alle Preise für Berg-, Bruch- und Münzsilber fest.328 Weitere zwei Monate später, am 24. März, verbat er endgültig den Export guter und die Einfuhr geringwertigen Geldes nach Böhmen. Insbesondere der Export alter Münzen wie ebenfalls deren Hortung waren bei Todesstrafe verboten.329 Neuer böhmischer Münzmeister wurde der kaisertreue und katholische Wilhelm Vřesovec von Vřesovitz, der zugleich vermutlich dem Konsortium angehörte.330 Das bisher ansonsten überwiegend in jüdischen Händen befindliche Geld- und Silbergeschäft wurde durch die höchsten Stellen der noch wenig entwickelten kaiserlichen Administration – vor allem Hofkriegsrat und Hofkammer – dem Münzkonsortium übertragen.331 Gegen Ende Mai 1622 trafen sich die hohen Repräsentanten des Konsortiums – Eggenberg, Liechtenstein und Meggau – zu einer Sitzung des Geheimen Rates in Wien, bei der auch der Kaiser selbst sowie die Hofkammerangehörigen Teuffel und Unterholzer anwesend waren. Anlass des Zusammenkommens war ein Brief Liechtensteins an Ferdinand II., in welchem er darauf hinwies, dass es unüberbrückbare Schwierigkeiten mit dem monetären Geschäft gebe, welche die Einhaltung des ursprünglich mit 325 326 327
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Kostlán, Dlouhá mince, S. 118. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 107. Die Prager Mark sei wie die Wiener Mark zu 79 Gulden zu prägen: „alss sollen gleichsovil stueck auf die Prager Mark gerichtet, und die Prager Mark der fein nach, Allermassen wie Wiener Mark per 79 fl. voriger in Böheimb geschehenen Anordnung nach, ausgemünzet werden.“ Zitiert nach ebd. Kostlán, Dlouhá mince, S. 116. Gaettens, Inflationen, S. 86. Vřesovitz taucht in den Akten als „Wrzessowitz“ auf und wurde, wie der Kaiser an Liechtenstein schrieb, mit böhmischen Münzprivilegien versehen. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, 12. Oktober 1622. Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 182–185.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
dem Kaiser geschlossenen Contracts unmöglich machten. In unmittelbarem Zusammenhang damit stand auch die schriftliche Antwort des Kaisers an Liechtenstein.332 Der Fürst monierte, dass Kardinal Dietrichstein als Landeshauptmann in Mähren Widerstand gegen die Übernahme des Münzwesens durch das Konsortium leiste. Der Silbereinkauf in Italien verlaufe nur schleppend; es sei kaum mehr möglich, dort zu bezahlbaren Preisen Silber käuflich zu erwerben. Auf all diese Gravamina Liechtensteins reagierte der Kaiser ungerührt und wies eine „Cassierung des Contracts“ entschieden ab. Allerdings nahm er den Fürsten mit Blick auf die mährischen Probleme in Schutz und wies den anderen Münzkonsorten niedrigeren Standes die Verantwortung hierfür zu: „Placet also doch mit allem glimpf dieses abzulainen, vnd nit dem Fursten [von Liechtenstein] sonder den bestandtleuthen alle schuldt zuzumeßen.“ Indes glaubte der Kaiser seinem fürstlichen Berater nicht, dass aufgrund der Inflation kaum noch günstiges Silber zu bekommen sei – dankbar aber nahm er vielmehr einen Gefälligkeitskredit von 25.000 Reichstalern an. Dabei ging die Inflation offenbar schon so weit, dass in Niederösterreich die Gefahr „aines Überfalls vnd Plünderung des [...] Münzhauß“ zu befürchten stand, weshalb die Autoritäten vor Ort angewiesen wurden, „dem Armen gemainen Mann, damit Er dz liebe Brott erkauffen möge, zu guettem“ zu helfen. Knapp ein halbes Jahr nach Geschäftbeginn ging es offenkundig bereits um die Abwehr einer Hungersnot, um „abhelffung des Armen Mans auf dem Land vnd in den Stetten, so wehemüttigen Clagens vnd schreyens vnd damit sy die Armen leuth auff den fall des noch lengern anstandts nit gar in desperation gerathen.“ Einig waren sich Kaiser, Hofkammer und Liechtenstein allenfalls darin, weiterhin illegal im Münzgeschäft tätige Juden ihrer Bestrafung zuzuführen. In dieser Sache wurde sogar der ansonsten nicht involvierte Hofkriegsrat eingeschaltet, wie sich aus einem entsprechenden Protokolleintrag schließen lässt: „HofExpedition mit bevelch, dz alsbalden auf Hansen de Witte vnd Consorten
anrueffen, wie etliche Juden, so Silber geschneidt vnd allerhandt pagament auf khauffen, durch den Profosen in verhafft sollen genomben werden.“333 Auch hier zeigt sich, wie höhere Stellen die Tätigkeit des Münzkonsortiums aktiv unterstützten – dieses war entschieden gewillt, die ihm qua Vertrag zugewiesenen, eigentlich kaiserlichen Kompetenzen möglichst weitgehend auszunutzen.
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333
Beide Dokumente, Brief und Sitzungsprotokoll, sind überliefert in ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 19. Mai 1622/Wien, 3. Juni 1622 [unpaginiert]. Dort alle weiteren Zitate, auch der nachfolgenden Abschnitte. ÖStA, HKR, Protokolle, Bd. 247 (1622), Expedition, 26. April 1622.
5. Rollen- und Aufgabenverteilung
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Auch hatte Liechtenstein vom Kaiser verlangt, für sämtliche kaiserlichen Geldprägungen zuständig zu werden, zumindest das Königreich Ungarn voll ins Münzkonsortiumsgeschäft mit einzubeziehen, zumal „die hungerischen Stende Vhr alte priuilegia vnd Münz freyhaiten haben“. Der Kaiser aber beschloss: „Im vbrigen pleibt eß bej dem Contract billich“, wennschon er den Konsorten gestattete, dort Bruchsilber – nicht jedoch das wertvollere und mengenmäßig bedeutendere Bergsilber – zu erhalten. Letzteres durften die Konsorten künftig käuflich erwerben. Er wies eindringlich auf das Gebot der Einhaltung des vorgeschriebenen Münzfeingehalts hin, „alß [wie] in dem Contract geschlossen worden.“ Nichtsdestotrotz zeigte sich abermals seine große Abhängigkeit, wenn er inkonsequenterweise darum bat, ihm im Bedarfsfall ohne Gebühr Reichstaler zu prägen, „seitemall Wier darmit khain traffico treiben, sonder Vnnß derselben ainig vnd allein zu deß gemainen weesens vnvermeidtlichen notturfften zu gebrauchen gemaint.“ Das Münzkonsortium könne doch ihm, dem Kaiser, „die handt nit spörren od[er] so weith hengen lassen.“ Weiterhin glaubte er daran, dass es insgesamt mit rechten Dingen zugehe: „Sonst sein Wier genedigist woll zu frieden.“ Geradezu monoton wiederholte der Kaiser allerdings die Gültigkeitsdauer des vereinbarten Vertrags: „Dicit Sua Mtas daß es der Zeit bej dem Contract, vnd der Inen außgesezten Zeit allerdings verbleiben solle“; an eine Vertragsverlängerung schien er zunächst nicht zu denken. Zwei Wochen später änderte er indes seine Meinung, gab der von Liechtenstein gewünschten Fortsetzung des Abkommens von sechs Wochen bis Georgi 1623 statt, danach aber solle genau geprüft werden, ob „Sy den Contract in allen puncten würckhlich volzogen vnd completiert haben.“ Hier schien ein leises Misstrauen aufzukeimen, denn er forderte Liechtenstein dazu auf, „Sy die bestandtleuth [...] zu schuldiger vnd würckhlicher volziehung des offtberürten Contracts anzuhalten.“ Auch den Obristen und böhmischen Oberbefehlshaber Wallenstein wies er gesondert an, die Münzkonsorten „dem Contract nachzukomben [zu] vermahnen“. Dafür, dass Wallenstein mit seinen Söldnertruppen das Silbergeschäft überwachte und Silbertransporte vor weiteren Überfällen bewahrte, war er nämlich Mitglied im Münzkonsortium geworden. Als schließlich die durch das große Geldjonglieren hervorgerufene Inflation die Bevölkerung voll traf, und die Untertanen zur Tauschwirtschaft respektive dazu übergingen, nur noch mit alten Münzen ihre Kommerzien zu betreiben, verlangte ein Patent Liechtensteins Anfang Januar 1623 unter Androhung harter Strafen, alle alten Münzen unverzüglich abzuliefern.334 Liechtenstein sorgte also mit seiner politischen Macht wesentlich dafür, dass die Bestimmungen des Vertrags zum Münzkonsortium auch in die Praxis umgesetzt werden konnten. Dabei übererfüllte Fürst Liechtenstein bisweilen 334
Patent bei Gindely, Geschichte der Gegenreformation, S. 335. Siehe auch Kapitel III. Abschnitt 9.
96
II. Die Tätigkeit des Konsortiums
die Bestimmungen der schriftlichen Übereinkunft und nutzte seine Kompetenzenfülle und seinen Status als kaiserlicher Statthalter – wenn er etwa im April 1622 sogar Reichspfennigmeister Stephan von Schmidt angriff, weil dieser angesichts des Unwesens der „Kipper und Wipper“ ebenfalls Altmünzen horten ließ.335 Liechtenstein war mithin durchaus keine bloße verlängerte Hand des Kaisers, als die er sich selbst gerne darstellte, sondern handelte eigenständig, selten sogar eigenmächtig. Neben Liechtenstein standen die Grafen Harrach und Eggenberg, die engen Kaiservertrauten, sowie die Freiherren Michna von Waitzenhofen und Wallenstein für das Münzkonsortium. Ihre jeweilige Rolle genau zu ermitteln, scheint schwieriger, insofern der stets diplomatische Geheimratspräsident Eggenberg darauf achtete, nicht seinen Ruf zu gefährden. Im Falle Michnas und Wallensteins, zweier strebsamer Aufsteiger, kann ebenso keine klare Rollenverteilung ermittelt werden. Der später so berühmte Feldherr wird für den militärischen Geleitschutz der Silbertransporte gesorgt haben. Der immer wieder genannte Kardinal Franz von Dietrichstein336 konnte, obschon er mährischer Statthalter war, erwiesenermaßen nicht Mitglied des Prager Münzkonsortiums sein, da er über dessen Existenz vom Kaiser lediglich en passant – durch den Juden Bassevi – informiert wurde, nämlich darüber, dass auch die Münzstätten seines Landes – Mähren – in ein Münzkonsortium einbezogen seien.337 Obendrein lag er mit Liechtenstein, dem höchsten Repräsentanten des Konsortiums, immerzu im Streit.338 Der niederösterreichische Statthalter, Freiherr von Meggau, war hingegen Mitglied des Konsortiums und soll über die Geschäfte der Gesellschaft eine zweite Buchführung unterhalten haben. Die Hauptabrechnung führten selbstverständlich de Witte und sein späterer Schwiegervater, Rentmeister Hans Matthias von Glauchau.339 Auch welche Rolle Obersthofmeister Wolf Siegmund von Losenstein im Münzkonsortium spielte, könnte auf Grundlage
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Ernstberger, Hans de Witte, S. 101. Zuletzt Rosseaux, Die Kipper und Wipper, S. 63, 399. Vergleiche Polišenský, Der Kampf des Hauses Habsburg, S. 122 Nr. 321, sowie Rumpl, Moravské vládní mince, S. 219. Auch wenn Dietrichstein einst Liechtenstein zum alten Glauben gebracht haben soll, wurden beide später erbitterte Feinde. Dietrichstein ließ keine Gelegenheit aus, Liechtenstein wegen angeblich nicht hart genug durchgeführter gegenreformatorischer Maßnahmen auf dessen Gütern und wegen dessen religiöser Toleranz bei dem bigotten Kaiser Ferdinand II. zu denunzieren: Liechtenstein habe unter anderem „die höchstschädliche wiedertauferische Brüder“ bei sich aufgenommen (Polišenský, ebd., S. 204 Nr. 654). Dietrichstein versuchte auch wiederholt, liechtensteinische Güter in Mähren als Musterplatz auszuweisen (vergleiche ebd. S. 57 Nr. 118; S. 227 Nr. 744) und verwies Söldner eines liechtensteinischen Regiments ohne Rücksprache mit dem Kaiser des Landes (ebd. S. 247 Nr. 247). Ernstberger, Hans de Witte, S. 98.
5. Rollen- und Aufgabenverteilung
97
von weiter gehenden Archivstudien näher geklärt werden.340 Sie alle werden wohl dafür gesorgt haben, dass Beschwerden über das Münzkonsortium und seine Arbeit nicht den Kaiser erreichten. Falls doch, so würden sie auf eine entsprechende Zerstreuung etwaiger Bedenken hingewirkt haben.341 Eine ähnliche Aufgabe, nämlich Verwerfen, Vertuschen und Verdrängen von Problemen dem Kaiser gegenüber, fiel auch den beteiligten Hofkammerangehörigen zu: Hofkammerpräsident Freiherr von Polheim und seinen drei Räten Muschinger von Gumpendorf, Teuffel von Zeilberg und Unterholzer von Kranichberg, die ja mit ihrem Vorgesetzten, dem Leiter der Hofkammer, den Vertrag zum Münzkonsortium unterzeichnet hatten.342 Die Hofkammerräte gaben dem Geschäft volle Rückendeckung. Auf wöchentliche Pachtzahlungen zur Entlohnung der kaiserlichen Söldner angewiesen, hielten sie Beschwerden über die entstehende Inflation vom Kaiser fern. Wie genau sie am Geschäft beteiligt waren, auf welche Weise sie ihrer Aufgabe nachkamen, den Kaiser zu beeinflussen, all das muss beim derzeitigen Quellen- und Forschungsstand ungeklärt bleiben.343 Im Februar 1622 jedenfalls riet die kaiserliche Hofkammer der niederösterreischischen „wegen der so hohen [...] silberstaigerung“ in naiver Weise dazu, kurzerhand größere Mengen kleiner Münzen mit gehörigem Kupferanteil, „auß lauter rotem khupfer“ prägen
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Alle Akten, Quellensammlungen und Forschungsliteratur bieten dazu nichts, ja schneiden diese eminente Frage der Aufgaben und Rollen noch nicht einmal an. Über die verwandtschaftlichen und höfischen Verbindungen zwischen den genannten Personen siehe Kapitel I. Abschnitt 2. Dass diese Personen zum Konsortium gehört haben, ergibt eine genaue Literaturauswertung des Vf.s. Anhand edierter Quellen ist die Zugehörigkeit nur für Liechtenstein, Wallenstein, Michna, de Witte und Bassevi bewiesen, vergleiche Extract bei Ernstberger, Hans de Witte, S. 120. Rekonstruierbar respektive über Archivalien belegbar ist die Mitgliedschaft Eggenbergs, Harrachs, Meggaus, Glauchaus, Losensteins, des Münzmeisters Vřesovec von Vřesovitz sowie des Hofzahlmeisters Josef Nießer von Steinpaß und der Hofkammerangehörigen. Huebmer von Sonnleithen scheidet als Gegner des Konsortiums aus, ebenso Kardinal Dietrichstein als Intimfeind Liechtensteins und Wallensteins, siehe dazu die Tabelle in Kapitel I. Abschnitt 2. Dass ein Franzose namens Éliseus du Bois oder Bedienstete namens Georg Reich und Georg Müller Mitglieder gewesen seien, entspringt der Fantasie von Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince, S. 32f. Diese Personen waren, wenn sie nicht völlig fiktiv sind, möglicherweise in den Münzstätten oder als Silberhändler beschäftigt, aber keine Mitglieder des Konsortiums. Auch eine Polyxena von Lobkowitz oder Jaroslaw Martinitz waren keine Mitglieder des Konsortiums, entgegen Kostlán, Dlouhá mince, S. 119. Siehe Kapitel II. Abschnitt 4. Tiefer gehende Archivstudien insbesondere in den neuerdings zugänglichen tschechischen Adelsarchiven – für Eggenberg in Graz und Třeboň, für Liechtenstein und Harrach in Brünn, für Wallenstein in Prag – könnten eventuell dazu beitragen, letzte Geheimnisse des Münzkonsortiums aufzuklären. Die entsprechenden böhmischen Hofkammerakten sind indes – siehe die Explizierung der Quellenlage im Einführungsteil – unwiederbringlich verloren.
98
II. Die Tätigkeit des Konsortiums
zu lassen, um weitere Klagen des gemeinen Volkes zu verhindern.344 Folglich war die Hofkammer personell wie institutionell ins Konsortium verwickelt.
c) Umsätze und Geschäftsanteile Es erscheint besonders wichtig, das geringe Quellenmaterial besonders genau bezüglich der nackten Zahlen zu betrachten. Denn die wenigen Bruchstücke, die aus de Wittes Rechnungsbüchern überliefert wurden, sind sehr aufschlussreich, vor allem ist dies folgendes Fragment (Abb. 11). Es handelt sich um einen Teil des Extracts aus de Wittes Rechnungsbüchern von Freißleben, einem Sekretär der böhmischen Hofkanzlei – um 1660 – und trägt den Titel „was die […] hierunden benanndte Münzbestandleuth, Vom ersten February 1622, bis Ende Marty 1623, an Pagamenten vngefehr selbsten in die Münz geliefert, vnnd von andern vnbekhanden Partheien eingelöset worden.“ 345 Die Tabelle zeigt, dass Bassevi und de Witte zusammen mehrere hunderttausend Mark Silber lieferten und dafür viele Millionen Gulden erhielten; allerdings erhielten sie dabei lediglich durchschnittlich rund 62 Gulden pro gelieferter Mark. Fürst Karl von Liechtenstein hingegen brachte nur ein paar hundert Mark Silber in die Münzstätten ein, nahm aber über 450.000 Gulden in bar, das heißt pro Mark stattliche 569 Gulden. Daran zeigt sich: Er war der höchste Repräsentant, von höchstem Rang und Stand, nicht bloßer Geschäftsmann wie die beiden fremdreligiösen Kaufleute Bassevi und de Witte. Michna lieferte knapp 3000 Mark, bekam über 700.000 Gulden, also 248 Gulden pro gelieferter Mark. Höher gestellt waren indes die „Unbekannt Partheyen“,346 darunter wohl Eggenberg, Harrach, Meggau und andere hochrangige Persönlichkeiten, etwa Hofkammerrat Muschinger und
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345
346
ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 11. Februar 1622, fol. 47. U. a. bei Ernstberger, Hans de Witte, S. 120; Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 32; Kostlán, Dlouhá mince, S. 120; Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 111 (dort auch die originale Graphie). Das Extract aus den Geschäftsunterlagen de Wittes beurteilt Trawnicek als einziger als vollkommen unbrauchbar, „deshalb sind alle Schlüsse unzulässig, die aus ihrer vordergründigen Interpretation abgeleitet werden“. Gleichwohl druckt auch Trawnicek eine entsprechende Tabelle ab – siehe Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 219, 224. Der Ansicht von Trawnicek möchte sich der Vf. nicht anschließen, sondern vielmehr aufzeigen, welche weit reichenden und begründeten Folgerungen das Extract tatsächlich zulässt. Der Vf. hat der Anschaulichkeit halber die ursprüngliche Reihenfolge der Namen geändert sowie die Zahlen gerundet. Weitere Nennungen werden fortan mit der Sigle Extract versehen und beziehen sich mit Seitenzahlen auf die de Witte-Biographie Ernstbergers: Ernstberger, Hans de Witte, S. 119f. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 111.
42.022.234
561.581
[SUMME]
31.340.544
617.249
6.750.389
Herzog von Friedland
726.186
145.352
5000
Paul Michna
2.134.680
Jakob Basseny Judt
2932
Unbekannt Partheyen
402.652
4848
Fürst von Liechtenstein
Empfang Paar Geld aus der Münz [in Gulden] 453.186
Johann de Witte
Lieferung Pagament in die Münz [in Mark] 797
[74,8]
46
78
123
248
440
Entfällt auf die Mark [x Gulden] 569
5. Rollen- und Aufgabenverteilung
99
Abb. 11: Die Tabelle zeigt ein überliefertes Bruchstück aus de Wittes Büchern. Zwar ist die Zuverlässigkeit der Zahlen nicht mehr genau überprüfbar, doch kann die Quelle ebenso wenig als unauthentisch verworfen werden. Daher sind Rückschlüsse auf das Geschäftsvolumen möglich.
100
II. Die Tätigkeit des Konsortiums
Obersthofmarschall Losenstein, die ebenfalls Pagament kauften:347 Sie empfingen durchschnittlich 440 Gulden pro gelieferter Mark, hatten also einen Liechtenstein im Durchschnitt fast ebenbürtigen Rang. Wallenstein, damals noch ein einfacher Freiherr, kaufte nach de Witte und Bassevi am meisten Silber zusammen, nämlich 5000 Mark, und nahm also pro Mark 123 Gulden. Das folgende Diagramm348 (Abb. 12) veranschaulicht – auf Basis der erhaltenen Aufzeichnungen de Wittes – nochmals deutlich, dass de Witte knapp drei Viertel des Geschäftsvolumens bewältigte, Bassevi etwas weniger als ein Viertel.349 Alle anderen Personen beteiligten sich an der eigentlichen Arbeit nur absolut marginal – sie ermöglichten das Geschäft aufgrund ihres Ranges, Standes, ihrer Konfession und aufgrund ihrer höfischen Verbindungen. Das übernächste Diagramm350 (Abb. 13) zeigt – daran anschließend – dass die Beteiligten entsprechend ihres gesellschaftlichen Status und standesgemäßen Ranges am Umsatz partizipieren mussten: Liechtenstein351 und die namentlich nicht genannten Konsorten wurden am besten entlohnt; Michna und Wallenstein standen ihnen deutlich nach. Bassevi und de Witte schließlich waren gezwungen, sehr viel Leistung erbringen, um mit ihrer vergleichsweise geringen Bezahlung auf einen Millionenumsatz zu kommen.
Zwischenbilanz Auch aus dieser graphischen Darstellung, so lässt sich zusammenfassend konstatieren, werden die Rollen- und Aufgabenverteilungen des Konsortiums nochmals ersichtlich: Bassevi und de Witte betrieben die eigentlichen Transaktionen in praktischer Hinsicht, deren gesetzliche und institutionelle Rahmenbedingungen Liechtenstein, Eggenberg, Wallenstein und Michna schufen, während die Hofkammerräte die Vorgänge absicherten. Dabei brachten der Jude und der Calvinist das benötigte Silber aus ganz Europa herbei. Unterdessen sorgten die adligen Konsorten dafür, dass der Kaiser zufrieden gestellt werden konnte. Entlohnt wurden die am Geschäft Beteiligten hierarchisch, das heißt nach ihrem jeweiligen Stand.
347
348 349
350 351
ÖStA, FHKA, Hoffinanz, Faszikel 186, April–Juni 1622, zwei Schreiben, Wien, 18. und 19. Juni 1622. Abbildung 12 siehe unten. Vom Vf. erstellt anhand des Extracts Freißlebens. Es ist durchaus möglich, von einer „Societas […], in welcher die kleinsten Teilhaber die Löwen sind“ zu sprechen. Mann, Wallenstein, S. 198. Dies trifft jedoch nur auf die Arbeitsleistung, weniger schon auf die Umsätze und gar nicht in Bezug auf die Gewinnmitnahme zu. Abbildung 13 siehe unten. Ebenfalls vom Vf. mit Hilfe des Extracts erstellt. Liechtenstein, der „Präses Provinciae“ war der „Principal“, die politisch mächtigste und wichtigste Persönlichkeit des Unternehmens. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 112.
5. Rollen- und Aufgabenverteilung
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450000 402.652 400000
350000
300000
250000
200000
145.352 150000
100000
50000
797 4848 2932 5000 0
Abb. 12: In die Prägestätten geliefertes Feinsilber in Mark. Die graphische Veranschaulichung zeigt, dass sehr große Mengen Silber, weit über 100 Tonnen, durch das Prager Münzkonsortium umgesetzt wurden. Den größten Anteil am Geschäftsvolumen hatten Hans de Witte und Jakob Bassevi. Die beiden andersgläubigen Manager des Münzkonsortiums vollbrachten eine Meisterleistung, was Transport, Logistik und Organisation betraf.
102
II. Die Tätigkeit des Konsortiums
600 500
569 440
400 300 200
248 123 78
100
46
0
Abb. 13: Pro gelieferter Mark Silber erhaltene Gulden. Die Beteiligten wurden nach ihrem Rang und Stand bezahlt, wobei vom mächtigen Fürsten von Liechtenstein, über den Freiherrn von Wallenstein, den bürgerlichen Bankier de Witte, hin zum jüdischen Geschäftsmann Bassevi ein deutliches Gefälle festzustellen ist. Die Tätigkeit eines Juden schien mehr als zehnmal weniger wert zu sein als diejenige eines katholischen Hochadligen. Tatsächlich aber mussten Bassevi und de Witte die eigentliche Arbeit leisten.
6. De facto: Gezielte Münzverschlechterung ohne Rücksicht und Ende? Dabei müssen die Münzpächter aber alles andere als vertragsgemäß verfahren sein. Nicht nur hielten sie sich nicht an den vorgeschriebenen Münzfeingehalt, manipulierten also die Münze, auch trieben sie rücksichtslos ihre Gewinne in ungeahnte Höhen und hantierten mit enormen Mengen an Kapital. Nicht zuletzt deshalb kam es zu einer ersten Anklage gegen den kapitalkräftigsten der Gesellschafter, Hans de Witte.
a) Münzmanipulationen Viele Fragen werfen die überlieferten Zahlen auf, freilich ohne genaue Antworten zu geben: Wie konnten zum Beispiel die Konsorten höheren Standes mehrere hundert Gulden pro gelieferter Mark erhalten, wo doch auf nur 79 Gulden pro Mark laut Vertrag ausgemünzt werden sollte? Wie vermochte de
6. Gezielte Münzverschlechterung
103
Witte als derjenige Beteiligte mit dem größten Umsatz 78 Gulden pro Mark zu erhalten, wenn die Mark auf nur einen Gulden mehr ausgemünzt wurde?352 Werden die Summe des gelieferten Pagaments und die 42 Millionen Gulden Gesamtumsatz miteinander verrechnet, so ergibt dies rund knapp 75 Gulden pro Mark. Um dabei nun Gewinne zu erwirtschaften, konnten ganz sicher nicht die juristisch verlangten 79 Gulden pro Mark gemünzt worden sein. Hier liegt der dringende Verdacht nahe, dass gezielt noch viel schlechter ausgemünzt wurde, als es die schriftlich fixierte Übereinkunft mit dem Kaiser ohnedies vorsah. Besonders auffällig ist ferner, dass Bassevi und de Witte schließlich bis zu 85 Gulden pro Mark an Privatverkäufer von Silber zahlten,353 obwohl sie die Mark doch laut Vertrag zu 79 Gulden ausmünzen mussten. 85 Gulden geringwertiger, langer Münze mussten offenbar gegeben werden, damit überhaupt noch jemand sein Bruchsilber oder seine gute Münze den Faktoren de Wittes und Bassevis zu veräußern bereit war. Wenn die Konsorten aber 85 Gulden pro Mark im Einkauf zahlten, mussten sie schätzungsweise auf mindestens 110,354 wenn nicht gar über 120 Gulden355 pro Mark ausmünzen, um mit den laufenden Unkosten überhaupt noch einen geringen Gewinn zu erwirtschaften. Wenn das Konsortium insgesamt rund 561.000 Mark – knapp 130 Tonnen Feinsilber – ausmünzte, und die Konsorten dabei einen Umsatz von circa 42 Millionen Gulden machten, so entspräche dies einer theoretischen Ausmünzung zu fast 75 Gulden pro Mark. Dies läge sogar unter den vertraglich geforderten 79 Gulden. Allerdings müssen noch unklare Unkosten wie Silbereinkauf, Transport und weitere Material- und Personalkosten hinzugerechnet werden, die ganz sicher höher als vier Gulden pro Mark lagen. Daraus folgt, dass sich das Konsortium ganz offenkundig nicht an den Contract gehalten, sondern deutlich schlechter ausgemünzt hat, als dies auf dem Papier festgelegt worden war. Die Beteiligten waren mithin durchaus bereit, den Kaiser bewusst durch Vertragsbruch zu hintergehen.356 Ein Autograph de Wittes „vnd Consorten“ vom Juli 1622, der hauptsächlich über die immer größeren Schwierigkeiten beim Pagamenteinkauf handelt – die Bevölkerung schien selbst in Italien und Ungarn, wo massiv Silber
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Zu den Zahlen siehe die Abbildungen 11 bis 13. Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 29; ders., Geschichte der Gegenreformation in Böhmen, S. 337f. Mann, Wallenstein, S. 199; Polišenský/Kollmann, Wallenstein, S. 77. Siehe auch Görlitz, Wallenstein, S. 37, und Langer, Kulturgeschichte, S. 136. Das Konsortium münzte eindeutig mit geringerem Feingehalt, als dies der Vertrag verlangte. Gegenteilige Behauptungen entbehren jeder Grundlage, hält aber für richtig der stellenweise oberflächlich und uninformiert wirkende Text von Diwald, Wallenstein, S. 192. Korrekt ist vielmehr das Urteil eines tschechischen Wallenstein-Biographen: „Es ging hier […] um eine gefährliche Verletzung des ursprünglichen Vertrages mit der Hofkammer.“ Janá#ek, Valdštejn, S. 244.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
aufgekauft wurde, die Machenschaften der „Kipper und Wipper“ mit der Zeit zu durchschauen – vermerkt gar eine Ausmünzung von unglaublichen 180 bis 200 Gulden pro Mark Silber. Dass dies völlig vertragswidrig war, gab de Witte offen zu und schrieb mit eigener Hand über sein Tun, „welches dem Münz Contract ganz zuwider“ laufe.357 Die Transaktionen hatten also längst den zumindest für die Vertragsnehmer immerhin zunächst halbwegs legalen Rahmen verlassen. So verwundert es nicht, wenn die personell persönlich partizipierende Hofkammer den „Münzbestandtleuth“ noch 1622 vorwarf, illegalerweise auf 117 bis 163 Gulden pro Mark auszumünzen.358 Allerdings hatten die Gesellschafter immer größere Probleme, Silber zu erwerben und das Personal der Münzstätten zur Inflationsprägung anzuhalten – so auch in Mähren, wie Hofkammerrat Unterholzer Ende 1622 an seinen Präsidenten Polheim schrieb. Die Betreiber der mährischen Münzstätten in Olmütz und Brünn erwirtschafteten nur 40 statt wie gewünscht 46 Gulden Gewinn pro vermünzter Mark Silber, da sie 28 bis 34 Gulden für die Mark allein im Einkauf aufzubringen hätten. Unterholzer zeigte sich verärgert, dass die örtlichen Münzmeister offenkundig am vertragsgemäßen Feingehalt von 79 Gulden pro Mark festhielten. Aus diesem Grund riet er dringend dazu, das mährische Silber außer Landes zu schaffen und in anderen Münzstätten prägen zu lassen. Als dieses „auf herrn Vnterholzers desthalber gethane noch mehrere Information“ hin geschah, beschwerten sich die lokalen Münzautoritäten über die „tägliche Silbers vnnd Pagaments Verführung ausser Landts zu hochsten schaden vnd abbruch“.359 Die praktischen Schwierigkeiten des Münzkonsortiums wurden zunehmend unkalkulierbarer – nicht umsonst hatten die im Münzgeschäft erfahrenen Bestandsnehmer von Anfang an eine kurze Vertragslaufzeit von nur einem Jahr festgelegt. Die tschechische numismatische Forschung bietet weitere Hinweise darauf, dass die Beteiligten relativ rücksichts- und maßlos den Vertrag mit dem Kaiser gebrochen haben. Bei den Zwölf-Kreuzer-Stücken wurde der Feingehalt von 8,5 auf 5 Lot gesenkt, dabei die Feinmark Silber entsprechend auf 109,3 Gulden ausgemünzt. Zudem wurde der Nominalwert der Zwölferstücke kurzerhand auf 15 Kreuzer erhöht. Statt 24-Kreuzer-Stücken wurden 37er geprägt – bei gleichbleibendem und damit netto niedrigerem Feingehalt. Dies genügte jedoch noch nicht. Wiesen die 37er Kreuzer anfangs 7,42 Gramm Silber auf, waren es bald nur noch 6,63 Gramm. Die 48er wurden nominell auf 60, 70, ja sogar 75 Kreuzer erhöht, ebenso die 120er auf 140 und schließlich 150 Kreuzer. Bei den 75ern wurde dazu noch der
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ÖStA, FHKA, Hoffinanz, Faszikel 187, Juli – September 1622, ohne Ort, wohl Juli 1622. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, ohne Ort, ohne Datum. Vergleiche ebd., 27. Dezember 1622.
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Abb. 14: Die Abbildung zeigt einen Kippergulden mit dem Konterfei Kaiser Ferdinands II. aus der Zeit des Münzkonsortiums. Die Münze weist einen sehr hohen Anteil an Kupfer auf. Mit diesem damals eher geringwertigen Metall wurde das edlere Silber gestreckt, um eine größere Geldmenge prägen zu können. Silbergehalt von 13,5 auf 12 Gramm gesenkt. So wundert es nicht, wenn aus dieser Zeit erhaltene Kreuzermünzen einen besonders hohen Kupfer- und vergleichsweise geringen Silberanteil aufweisen.360 Die obige Abbildung der Münze (Abb. 14) zeigt ein originales silbernes 75-Kreuzer-Stück aus dem Jahr 1622,361 eine mährische Inflationsprägung des Prager Münzkonsortiums mit hohem Kupfergehalt. Die Vorderseite zeigt Kaiser Ferdinand II. im Halbprofil mit Lorbeerkranz auf dem Haupt, den Hals durch einen Knebelbart und den obligatorischen spanischen Kragen nach der zeitgenössischen Mode geschmückt. Die Umschrift lautet: „FERDINANDUS II. D[ei] G[ratia] R[omanorum] I[mperii] S[emper] A[u] G[ustus] H[ungariae] B[ohemiae] REX“, [= Ferdinand der Zweite, von Gottes Gnaden Kaiser des immerwährenden Römischen Reiches, König von Ungarn und Böhmen] – womit auch sein Machtanspruch auf die Wenzelskrone und die Stephanskrone zum Ausdruck kommt. Die stärker abgenutzte Rückseite lässt den habsburgischen Doppeladler mit Brustschild unter der Wenzelskrone erahnen. Die Münzplatte ist jedoch – wahrscheinlich aufgrund des sehr niedrigen Feingewichts – deutlich oxydiert, so dass sich die Inschrift – etwa die Jahreszahl 1622 – nurmehr numismatisch äußerst kundigen Blicken genau zu erschließen vermag. Ob die Konsorten sogar die Maßlosigkeit besaßen, Münzen zu schlagen, die nur noch zu einem Zehntel aus Silber und zu neun Zehnteln aus Kupfer 360
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Die Zahlen haben erarbeitet die Numismatikerin Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince, S. 33, sowie Kostlán, Dlouhá mince, S. 115. Aus Rumpl, Moravské vládní mince, Tab. IX, Nr. 45.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
bestanden, mag dahingestellt bleiben.362 Zu einem reinen Kupferstandard konnten die Beteiligten jedenfalls nicht übergehen.363 Auch die Tatsache, dass der Golddukat von vertraglich sechs Gulden und 45 Kreuzer auf über 16 Gulden, der alte Reichstaler von vertraglich vier Gulden und 30 Kreuzer auf über elf Gulden im Kurs stiegen,364 deutet darauf hin, dass nicht nur die Inflation enorm war, sondern dass das Konsortium den Contract mit dem Kaiser gebrochen hatte, wo es nur konnte. Dies belegen jedenfalls ebenfalls die noch erhaltenen kaiserlichen Kipper-Münzen hin, welche in numismatischen Kreisen bei Auktionen immer wieder große Beliebtheit erfahren.
b) Kapitaltransaktionen Welche pekuniären Gewinne die einzelnen Beteiligten für sich selbst erwirtschafteten, lässt sich – wiederum mangels aussagekräftiger und glaubwürdiger Quellen – nur noch schwer nachvollziehen. Ebenso bleibt die Summe des tatsächlich ausgemünzten Geldes im Dunkeln. Der bereits häufig zitierte Extract Freißlebens aus den Rechnungsbüchern de Wittes listet zumindest zweifelsfrei 29,6 Millionen Kipper-Gulden auf, doch wird die tatsächliche Summe größer gewesen sein angesichts der genannten Umsätze, die ja um zehn Millionen höher ausfielen. Von den nachgewiesenen 29,6 Millionen langer Gulden wurden 13,9 Millionen in Prag, 7,1 Millionen in Wien, 3,7 Millionen in Kuttenberg, 2,1 Millionen in Brünn und 1,2 Millionen in Joachimsthal ausgeprägt.365 Dabei sollen die Konsorten auch fast exakt 29,6 Millionen Gulden wieder ausgegeben haben, was allerdings von allen Angaben am unglaubwürdigsten ist. Ebenso muss die im Extract ausgewiesene Particular-Verlagsnutzung – also der Reingewinn der Beteiligten – angesichts der Umsätze deutlich opulenter ausgefallen sein als die – minimal belegten und bewiesenen – insgesamt 1,35
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So jedenfalls Opel, Deutsche Finanznot, S. 223. Dies behauptet fälschlich: Redlich, Die deutsche Inflation, S. 11. Selbstverständlich bestanden kleinere Münzsorten bald nur noch aus Kupfer; sie erhielten teilweise durch Sieden in heißem Wasser oder durch Behandlung mit Weinstein einen silbernen Schimmer, der aber schon nach kurzer Zeit verschwand. Dennoch blieb auch das Münzkonsortium beim Silber- und Goldstandard. Einen eigentlichen Kupferstandard kannte nur Schweden in den 1630er Jahren. Gaettens, Inflationen, S. 87; Redlich, Die deutsche Inflation, S. 10. Paragraph drei des Vertrages zum Konsortium sah das ursprüngliche Wechselverhältnis als bindend an; es sei „khaine höhere staigerung, außgab: vnd anembung durchauß nit zuegelassen.“ Contract (siehe Anhang) Z. 40f. Vergleiche Ernstberger, Hans de Witte, S. 121. Dass der Umsatz von 42 Millionen Gulden der Zahl der ausgemünzten langen Gulden entspreche, meinen Mann, Wallenstein, S. 199, und Janá#ek, Valdštejn, S. 244.
6. Gezielte Münzverschlechterung
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Millionen Gulden.366 Es ist dabei nämlich zu bedenken, welche Großprojekte die Beteiligten in der Folgezeit umzusetzen imstande waren – vor allem geht es um den Kauf konfiszierter Güter. Dessen Finanzbasis war und ist so unklar, dass nur die Annahme, dass das Münzkonsortium dahinter stand, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Erklärung zu bieten vermag.367 Ob der endgültige Reingewinn nun bei rund zwei Millionen368 oder wahrscheinlich noch viel höher lag,369 kann indes nicht mehr herausgefunden werden. Wennschon die genannten – wie alle – Zahlen mit Bezug auf das Münzkonsortium mit großer Vorsicht betrachtet werden müssen, ist es evident, dass auch indirekte Schlüsse aus den später realisierten Projekten rückblickend gezogen werden dürfen, wahrscheinlich sogar gemacht werden müssen. In diesem Licht erscheint das Münzkonsortium durchaus so, als könnten die maximalen Summen nicht einfach als Ungenauigkeiten oder Unterstellungen abgewiesen werden. Im Juni 1622 etwa wies der Kaiser die Forderung des Konsortiums zurück, ihm auch das ungarische Bergsilber völlig zu überlassen. Sogar nach dem schlesischen Münzwesen trachteten die Beteiligten.370 Sie erhielten es schließlich offiziell übertragen, obschon sie zuvor bereits teils illegal, teils mit Genehmigung Erzherzog Karls in Schlesien hatten Inflationsgeld prägen lassen. Am 11. August 1622 wurde der Münzkonsortiumsvertrag in Übereinstimmung mit dem Kaiser auf Schlesien ausgedehnt, wo ein kleineres jüdisches Münzkonsortium um den kaiserlichen Hofjuden Israel Wolff aus Wien gezwungen wurde, mit Bassevi und de Witte zu kooperieren. Dabei ging es insbesondere um die Münzstätte in der schlesischen Stadt Neiße. Letztlich sollte das kleine Konsortium um Wolff fortan für das große Münzkonsortium arbeiten, welches zwei Drittel aus dem zu erwartenden Gewinn abschöpfte.371 Einen weiteren Hinweis auf den eklatanten Vertragsbruch gibt es allerdings: Mit Hilfe ihrer extrem hohen Gewinne konnten „Herr von Walstein und
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Das Extract weist aus für Liechtenstein 467.675 Gulden, für Michna 295.337, für Wallenstein 240.024, für de Witte 179.233 und für Bassevi 169.403 Gulden. Es kann sich hierbei ebenso um Teilgewinne handeln, wie es auch möglich wäre, dass das freißlebensche Extract im Hinblick auf den Liechtensteinprozess apologetische Tendenzen an den Tag legte. Vergleiche Kapitel III. Abschnitt 8. Siehe Kapitel III. Abschnitt 7. Diwald, Wallenstein, S. 193; die gleiche Summe vermuten auch Polišenský/ Kollmann, Valdštejn, S. 69, weisen jedoch darauf hin, dass der genaue Gewinn letztlich nicht zu ermitteln sei. Dieselbe Summe, zwei Millionen, hält für realistisch Görlitz, Wallenstein, S. 37. Eine neue Geschichte des Dreißigjährigen Krieges nennt neun Millionen Gulden, um diese Ziffer sogleich wieder zu verwerfen: Wilson, Europe’s Tragedy, S. 797. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 108. Zahlreiche Einzelheiten dazu – wie auch zur Verpachtung einer Wiener Münzstätte an den spanischen Botschafter – finden sich bei Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 199f. Siehe auch Rumpl, Moravské vládní mince, S. 235f.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
dessen Mitinteressierte“,372 vermutlich das Münzkonsortium, dem Kaiser Ende 1622 sogar einen zusätzlichen und direkten Barkredit von 3,5 Millionen Gulden in „langer Münze“ anbieten. Als Gegenleistung sollte der Kaiser bezeichnenderweise eine nicht geringe Anzahl konfiszierter Güter ehemaliger Adels-Rebellen zur Verfügung stellen.373 Ob Ferdinand II. auf dieses weitere Angebot des Konsortiums eingegangen ist, muss offen bleiben – dass es überhaupt gestellt werden konnte, belegt die finanzielle Überlegenheit der am Geschäft Beteiligten. Daneben bot Wallenstein auf Vermittlung Liechtensteins zu derselben Zeit dem Kaiser ein privates Zusatzdarlehen von zwei Millionen Gulden, von denen 1,1 Millionen zur Söldnerbezahlung und 900.000 Gulden zur Entschädigung von Adligen, deren Güter konfisziert wurden, vorgesehen waren. Für den 6. Dezember 1622 notierte das böhmische Rentmeisteramt: „Vermög Ihrer fürstl. Gnad. Herrn Carln Fürsten und Regierern des Hauses Lichtenstein als vollmächtigen kaiserlichen Statthalters in Böheimb de dato 6. Decembris dieses 1622 Jahres ausgefertigten schriftlichen Decret ist mit hochsternentister kais. Majestät Hofkriegsrath Cammerern und bestellten Obristen Herrn, Herrn Albrecht Wenzel Eusebius, Regierern des Hauses Waldstein und Friedland etc. ein gewisser Accord getroffen, dass Ihr Gnad. in das böhmische Rentmeisteramt zwei Million oder Zwanzigmal hundert tausend Gulden rheinisch, als eilfmal hundert tausend Gulden bar oder Soldatencontentierung und neunmal hundert tausend Gulden diejenigen, welchen man Gütter confisciert, zu befriedigen, zu erlegen versprochen.“ 374
Hierbei handelte es sich um eine riesige Summe, die nicht einfach durch die in der Vormoderne sonst üblichen Methoden aufgebracht werden konnte. Trotz dieser enormen Zahlen war die monetäre Kraft der Konsorten noch nicht erschöpft. Im September 1622 schlug Liechtenstein selbst dem Kaiser vor, zur „Abdankung etlicher Regimenter“ 375 drei Millionen Gulden auf konfiszierte Rebellengüter zu antizipieren. Der Kaiser nahm in seiner Finanznot den Vorschlag an. Wer solche sechs- und mehrstellige Summen spielend bewegen konnte – Summen, die im 17. Jahrhundert alles andere als selbstverständlich waren376 – musste gewissermaßen eine Lizenz zur Geldproduktion, zur Münzprägung, ja zur Falschmünzerei haben. Diese hatte das Konsortium ohne jeden Zweifel. Und es nutzte sie, wo nur möglich, auch in vollem Maße aus. 372 373
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Bei Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 34f. Zum Zusammenhang zwischen der Gewinnmitnahme des Münzkonsortiums und dem massiven Gütererwerb der beteiligten Personen vergleiche Kapitel III. Abschnitt 7. Ediert bei Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 36. Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 9, Sp. 1649f. Es kann tatsächlich von „Unsummen“ ausgegangen werden, so in diesem Zusammenhang die Wortwahl von North, Geschichte des Geldes, S. 103.
6. Gezielte Münzverschlechterung
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c) Erste Denunziationen De Witte wurde noch im November 1622 der Machenschaften des Konsortiums wegen beim Kaiser denunziert. Ängstlich und aufgebracht wandte er sich brieflich an Liechtenstein und klagte gegenüber diesem darüber, „dass sich dergleichen misgünstige delatores und obtrectatores befinden, welche bei aller höchsternannter Ihr kais. Majt. durch falsche Angebereien uns zu verunglimpfen und dero höchste Ungnad unverschulder über den Hals zu ziehen, sich äusserist bearbeiten.“ 377 De Witte betonte, dass vielmehr alles korrekt und vertragsgemäß verlaufen sei. Seinen Gönner Fürst Karl von Liechtenstein bat er geradezu flehentlich, „viel weniger solchen falschen, neidhaften Bezüchtigungen gläubiges Gehör [zu] geben, sondern uns wider dergleichen unbillige Angeber in dero kaiserlichen Schutz [zu] halten und allergnädigst vertreten“.378 Außerdem berief sich de Witte auf den sehr sonderbaren, bereits erwähnten Paragraphen acht des Contracts zum Münzkonsortium, wonach die Konsorten für Schrot und Korn, also den Münzfeingehalt, nicht verantwortlich seien. Verwies er hier auf ein Schlupfloch im Vertrag? Jedenfalls schob de Witte eine mögliche Schuld kurzerhand auf scheinbar unzuverlässige Münzmeister ab.379 Trotz der Anschuldigungen gegen de Witte kam es indes zu keinerlei Untersuchungen der Vorgänge, vermutlich weil adlige Beteiligte wie Eggenberg, Liechtenstein oder Harrach zu einflussreich waren und solcherlei gezielt zu verhindern wussten. Der mächtige Protektor Liechtenstein nahm seinen finanzkräftigen Günstling de Witte in Schutz, und schrieb dem Kaiser, dass – wenn überhaupt – nur „Ambtleuth vndt Wardein“ verantwortlich seien für die schlechte Münzung, nicht aber die Konsorten.380 Bereits Ende April 1622 hatte Kardinal Franz von Dietrichstein – mährischer Statthalter, geistlicher Initiator der Konversion Liechtensteins, später aber ein entschiedener Gegner des Münzkonsortiums – sich gegenüber dem Kaiser beschwert, dass „so große verwirrungen […] bey dem Müntzwesen“ herrschten. Aufgrund der schlechten Ausmünzung der „Münzbestandtleuth“ 377
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De Wittes Beschwerdebrief bei Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 30. Auszüge auch bei Hallwich, Geschichte Wallensteins, S. 77. Originaler Autograph de Wittes erhalten in: ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münzund Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, ohne Ort, 17. November 1622. Gindely, ebd. Verantwortung für den Münzfeingehalt hätte allein das Münzpersonal: „Weiln aber das Schrot und Korn nicht uns, [de Witte und die Konsorten, Anm. Vf.] sondern die Ihr Mt. allein geschworne Münzmeister und Wardein auch derselben Pflicht, Ehr und Redlichkeit allein concernieret und angehet“, wäre die Anschuldigung gegen ihn haltlos. Gindely, ebd. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, ohne Ort, 20. Dezember 1622.
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II. Die Tätigkeit des Konsortiums
sei es zu Tumulten und Plünderungen durch die „soldatesca, alß dem gemainen mann“ gekommen. Außerdem wies er auf den wirtschaftlichen Schaden und eine drohende Hungersnot hin, falls das Münzkonsortium weiter seine Tätigkeit fortsetze.381 Schon damals geschah indessen nichts – ob nun diese Warnung bis zum Kaiser nicht vordrang oder aber auch nur kein Gehör bei ihm fand. Dass es möglicherweise mehr als nur ein oder zwei frühe Denunziationen gegeben hat, lässt sich annehmen, wenn Liechtenstein bereits im Mai 1622 dem Kaiser schriftlich empfahl, den Vertrag zum Münzkonsortium keinesfalls aufzuheben, da „gewiß sich hernach nicht leicht Jemandt finden, So Inn Münz oder andere Bestanndt sich einlaßen vnd trawen wurde wollen.“ Liechtenstein versprach Ferdinand II., das Münzregal weiterhin in dessen Sinn auszunutzen.382 Zum Kaiser wurden offenbar letztlich keine anderen Ratgeber in Sachen Kriegsfinanzierung mehr vorgelassen, als eben die Münzkonsorten.
Zwischenbilanz Hinsichtlich der tatsächlichen Tätigkeit des Konsortiums im Vergleich mit den Bestimmungen des ursprünglich geschlossenen Abkommens muss abschließend festgehalten werden: Das Münzkonsortium war von Anfang an de iure darauf ausgerichtet, über eine deutlich schlechtere Ausmünzung kurz- und mittelfristig Geld für den Krieg führenden Kaiser zu beschaffen. Doch erkannten die Konsorten in praxi, dass sie sich zusätzlich zu bereichern vermochten und taten dies auch, indem sie de facto noch sehr viel geringer ausmünzten, als vorgesehen. Da der Vertrag keine Obergrenze für die Prägungen festlegte, konnten die Konsorten so viel neues Geld produzieren, wie ihnen beliebte. Über die entstehenden Folgen des Konsortiums waren sich vermutlich die meisten Partizipierenden – selbst der Kaiser – zunächst nicht im Klaren, zumal es sich ja in dieser Form und Größenordnung um eine erstmalige und einmalige Unternehmung handelte.383 Die Folgen dieses Bewusstseinsmangels ließen jedenfalls nicht lange auf sich warten.
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Ebd., Nikolsburg, 29. April 1622. ÖStA, FHKA, Hoffinanz, Faszikel 187, Juli–September 1622, ohne Ort, 24. Mai (sic!) 1622. Über historische Analogien zum Münzkonsortium vergleiche den Schlussteil.
III. KONSEQUENZEN DES KONSORTIUMS Das dritte und letzte Kapitel zum Münzkonsortium untersucht die nicht eben geringen Folgen seiner Tätigkeit. Dabei soll zunächst herausgearbeitet werden, inwiefern de Witte und seine Mitconsorten von ihren Machenschaften und Manipulationen profitierten beziehungsweise ob auch ihnen persönlich Schaden daraus entstand. Dass Kaiser und Hofkammer aufgrund des vertragswidrig verlaufenen Konsortiumsgeschäfts in Schwierigkeiten gerieten, lässt sich bereits erahnen. Doch damit nicht genug: Das Konsortium zeitigte nicht nur weitgehend negative wirtschaftliche und soziale Konsequenzen in den betroffenen Ländern, es trug sogar zu Prozessen der Staatsbildung im Sinne einer konfessionellen und politischen Unterwerfung unter den fürstlich-habsburgischen Absolutismus in den folgenden Jahren und Jahrzehnten wesentlich bei.
7. Kriegsprofite de facto: Bereicherungen, soziale Promotionen und jähe Abstürze Die Gesellschafter wurden in der Folgezeit zu regelrechten Kriegsprofiteuren, insofern sie mit dem gewonnenen Geld konfiszierte Rebellen-Güter in erheblichem Umfang besonders preisgünstig erwarben. Dabei kam ihnen die entstandene Inflation entgegen. Ihre dahingehende Spekulation ging also anfangs auch auf. Zudem war das Münzkonsortium der Ausgangspunkt für manche glänzende Karriere im Umfeld des Kaisers; zumindest wurden die meisten Beteiligten jedenfalls in Rang und Stand erhöht. Einige der Konsorten verstiegen sich jedoch innerhalb weniger Jahre zu so risikoreichen Unternehmungen, dass diese sie gewissermaßen das Leben kosteten. a) Erwerb konfiszierter Rebellengüter in großem Stil Die Mitglieder des Konsortiums profitierten wesentlich davon, dass Fürst Karl von Liechtenstein als unumschränkter böhmischer Statthalter am Tag der Unterzeichnung des Contracts – am 18. Januar 1622 – auch zum ersten Vorsitzenden desjenigen Gremiums ernannt wurde, welches die Güter der aufständischen Adligen in Böhmen einziehen sollte. Er selbst hatte dem Kaiser die Einrichtung einer solchen „Confiscations=Commission“ 384 vorgeschlagen. Sie sollte die böhmischen Rebellen enteignen und über die Landneuvergabe Gewinne erzielen.385 Als Kommissionsleiter war Liechtenstein berechtigt, 384 385
Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein, S. 217. Zu den Besitzumwälzungen in Böhmen allgemein ein immer noch sehr lesenswerter Klassiker der DDR-Historiographie: Langer, Kulturgeschichte, S.
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III. Konsequenzen des Konsortiums
seine Hand auf zwei Drittel des böhmischen Landes zu legen. Er entschied in letzter Instanz vor dem Kaiser, welche böhmischen Adligen dadurch bestraft wurden, dass sie ihre Güter durch Enteignung verloren. Überdies legte er fest, um welchen Preis dieses Land sodann an wen weiterverkauft wurde. Diese enorme Machtfülle nutzte Liechtenstein zugunsten seiner Geschäftspartner aus, profitierte aber darüber hinaus persönlich davon. Daneben bewirkten die Geldnot der Krone sowie die durch das Münzkonsortium hervorgerufene Inflation, dass Rebellengüter günstig feilgeboten wurden. Davon hatten alle Konsorten einen persönlichen Nutzen. Eggenberg etwa kaufte einige Güter, nämlich Chynów, Klingenberg und Worlik mit langer Münze auf. Daneben erhielt er für seine Dienste vom Kaiser die bedeutende südböhmische Großherrschaft Krumau bei Budweis als Geschenk.386 Auch den Freiherrn Meggau beschenkte der Kaiser aus der Konfiskationsmasse mit einigen böhmischen Herrschaften, nämlich Krainburg, Schwertberg, Kreuzingen, Maidburg, Freistadt und Hauß.387 Wallenstein dagegen bekam keine Geschenke. Der Kaiser verpfändete ihm aber – auf Vermittlung Liechtensteins hin und gegen Barkredite von mehreren hunderttausend langer Gulden – die ehemals Smiřickýschen Güter Jitschin, Böhmisch-Aicha, Groß-Skal, Semil und Hořitz, und schließlich das ehemals Redernsche Friedland-Reichenberg.388 Dabei arbeiteten Liechtenstein und Wallenstein Hand in Hand, insofern letzterer der Vermittlung des Fürsten und Statthalters bedurfte und ersterer wiederum von der Finanzkraft des Freiherrn indirekt profitierte: Wallenstein bekundete Interesse an einem bestimmten Gut, wobei Liechtenstein dieses Kaufinteresse dem Kaiser übermittelte. Jener ersann sodann mit seinen Beratern, welcher Pfandbetrag von Wallenstein zu erheben sei. Liechtenstein erhob diese Darlehen und teilte Wallenstein die Güter zu. Auf solche Weise erhielt Wallenstein recht viele Güterpfandschaften. Im Falle Friedland-Reichenbergs ließ Liechtenstein es zunächst sogar besetzen, bevor Wallenstein selbst mit einer Garnison ein-
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132–136. Eder, Johann Ulrich von Eggenberg, S. 331f.; Zwiedineck-Südenhorst, Fürst von Eggenberg, S. 70. Khevenhiller, Conterfet, S. 25. Dies geschah teils schon vor dem Münzkonsortium. Siehe dazu alle entsprechenden, einschlägigen Wallensteiniana-Titel des Quellen- und Literaturverzeichnisses. Im Folgenden werden zu Wallensteins Gütererwerb lediglich selten erwähnte oder eher unbekannte Umstände gesondert belegt. Die langwierigen Verhandlungen Liechtensteins mit dem Kaiser über die an Wallenstein zu überlassenden Smiřickýschen Güter finden sich ediert bei Bílek, Beiträge zur Geschichte Waldstein’s, S. 231–303. Es ist ein Schreiben Liechtensteins überliefert, in welchem er Wallenstein explizit zum Kauf der Redernschen Güter rät: ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, 1622/23, Faszikel 15, 2. Mai 1622.
7. Kriegsprofite
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zog.389 Am Tag der Unterzeichnung des Konsortiumvertrags stellte der Kaiser Wallenstein das volle Eigentum über Friedland-Reichenberg in Aussicht. Doch noch Anfang Mai musste Liechtenstein den Kaiser zum wiederholten Mal bitten, seine Erklärung auch umzusetzen. Liechtenstein verlangte vom Kaiser, „ihm [Wallenstein] die an Eure kaiserl. Majestät devolvierten […] Güter Friedland und Reichenberg, welche er jetzigerweise pfandweise possediert, nach vorhergehender Taxierung und Schätzung erblich zu verkaufen.“ 390 Die Hofkammer hatte zuvor dem Kaiser davon abgeraten, Wallenstein Friedland-Reichenberg um 60.000 Gulden zu überlassen, vielmehr dazu geraten, ihm so viel Geld als möglich abzuverlangen, um damit die Bezahlung der Söldner und den Krieg zu finanzieren.391 Im Juni aber erhielt Wallenstein gegen weitere 150.000 Gulden, die zur Söldnerentlassung verwandt wurden, Friedland-Reichenberg als ewiges Erblehen. Er erklärte es außerdem zum unteilbaren Fideikommiss seiner Familie. Wallenstein gelang es, einen geschlossenen Güterkomplex in Nordostböhmen zu erwerben. Dazu kaufte er in den beiden Jahren 1622 und 1623 rund 50 Herrschaften mit teils langer Münze, für die er teils auch kaiserliche Lehnsbriefe erhielt.392 Nahezu sieben Millionen Gulden gab er dafür in zwei Jahren aus.393 In den Sitzungen des kaiserlichen Geheimen Rates, welche dies genehmigten, waren bezeichnenderweise immer auch Eggenberg, Meggau und Liechtenstein anwesend sowie zwei der drei Hofkammerräte, die den Vertrag zum Konsortium unterzeichnet hatten, nämlich Teuffel von Zeilberg und Unterholzer von Kranichberg.394 Liechtenstein räumte Wallenstein
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Der scharfe Befehl Liechtensteins lautete: „Demnach gewissen Ursachen wegen die Notdurft erfordert, daß das Schloß und Städtlein Friedland besetzt und mit einer Garnison belegt werde, auch dahero der Wohlgeborene Herr Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein, Freiherr, […] allbereit Ordinanz hat, dahin fürderlich eine Garnison zu legen.“ Zitiert nach Hallwich, Geschichte Wallensteins, S. 46. Ebd. S. 63 Anm. 128. Das Prinzip dieser Vorgehensweise beschrieb die Hofkammer folgendermaßen: „Zum andern wissen E. Gn., dass bei diesem beschwerten Wesen und Ihr Majestät obliegenden starken Kriegsarmada zu Unterhaltung und künftig Abdankung derselben ein starker Verlag vonnöthen und zu Erzeugung Gelds andere mehr Herrschaften verpfänden oder theils nach dero allergnädigsten Gefallen gar wohl verkaufen werden müssen.“ Bei Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 23. Zum massiven Güterkauf Wallensteins im Detail siehe Gorge, Zum Besitzwechsel böhmischer Güter, S. 36–60. Dabei kaufte er für rund 4,2 Millionen Gulden Güter von der öffentlichen Hand; für 2,7 Millionen Güter aus privater Hand. Vergleiche Bílek, Beiträge zur Geschichte Waldstein’s, S. 124. Aufzeichnungen des Geheimrates weisen folgende interessante, am Rande notierte Marginalie auf: „praesentibus D[omino] ab Eggenberg, D. a Meggau, Trautm, D. Lichtenstein, D. Teuffl, D. Vnderholzer.“ Zitiert nach Hallwich, Geschichte Wallensteins, S. 64 Anm. 131.
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III. Konsequenzen des Konsortiums
überdies bisweilen eigenmächtige Preisnachlässe beim Güterkauf ein.395 Dies sind weitere starke Hinweise darauf, dass Konsortium und Konfiskatverkauf nahezu gleichzeitig und in gegenseitiger Abhängigkeit verliefen, insofern jeweils dieselben Personen als wirkungsmächtige Handlungsträger auftraten. Die Konsorten verhalfen einander also in großem Stil zu preiswertem Land. Auf diese Weise konnte Wallenstein ein sehr großes, geschlossenes Territorium von 9000 Quadratkilometern arrondieren, das 1624 vom Kaiser zum sogenannten Herzogtum Friedland erhoben wurde.396 Von 1622 bis 1624 verkaufte Wallenstein fernerhin viele Güter – insgesamt im Wert von 2,75 Millionen Gulden397 – weiter, bevorzugt an seine Mitconsorten, etwa an Michna, an den Hofkammerrat Muschinger von Gumpendorf oder auch an Liechtenstein. Fürst Karl von Liechtenstein kaufte zu Sankt Martin 1622, am 11. November, Wallenstein die ehemals Smiřickýschen Herrschaften bei Prag ab, und zwar um 600.000 Schock meißnisch, Teile seines Gewinns aus dem Münzkonsortium: Schwarzkosteletz, Auřinowes und Škworetz. Sie zeichneten sich durch ihren Reichtum an Bodenschätzen aus. Im Sommer erwarb er Landskron, Landsberg und Türnau. Kaiser Ferdinand II. belohnte ihn zudem – „in Erwegung seiner und unserm löblichsten Haus Österreich vielwegs nutzlich und erspriesslich geleister treuer Dienste“ 398 – mit den nordmährischen Gütern Mährisch-Trübau, Mährisch-Schönberg und Hohenstadt sowie den Städten Neustadt und Schönberg, außerdem mit den Herrschaften Goldenstein und Eisenberg. 1623 kaufte er das Gut Rostok hinzu,399 nachdem ihn im März 1622 der Kaiser mit dem schlesischen Herzogtum Jägerndorf belehnt hatte. 1624 erwarb er Petrowitz von Wallenstein, daneben Spamberg und Lipawa. Es gelang Liechtenstein, eine Gütermasse zusammenzustellen, die auf lange Sicht den enormen Aufstieg seines Hauses vom erbländischen Für395
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Im Februar 1623 wollte Liechtenstein seinem Konsortiumspartner Wallenstein beim Kauf von 15 Gütern einen Preisnachlass von 86.000 Gulden gewähren. Der Kaiser musste eingreifen und reduzierte den Nachlass, den er für „ganz schwer und unerschwinglich“ hielt, auf 26.000 Gulden. Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 37. Friedland baute Wallenstein zu einer regelrechten Versorgungsbasis für seine in kaiserlichem Auftrag geworbenen Heere aus, unter anderem indem er professionalisierte Landfremde unabhängig von deren Konfession als Einwanderer warb. Vergleiche zuletzt Asche, Krieg, Militär und Migration, S. 28f. Umfassend und noch immer gültig: Ernstberger, Wallenstein als Volkswirt. Polišenský/Kollmann, Wallenstein, S. 80. Polišenský, Der Kampf des Hauses Habsburg, S. 111 Nr. 317. Ehemaliger Besitzer war „David Borninik, ihme bezahlt es ganz Fürst Carl von Liechtenstein, weil er sich gerechtfertiget.“ Dies impliziert, dass Liechtenstein offenbar als oberster Konfiskator weniger oder gar keine Entschädigung bezahlen ließ, wenn von Konfiskationen betroffene böhmische Adlige nichts zu ihrer Verteidigung vorzubringen hatten. Zu den Erwerbungen Liechtensteins genauer: Ritter d’Elvert, Correspondenz Ferdinand II. mit dem Fürsten Liechtenstein, S. 231–259.
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stenstand in den Reichsfürstenstand mit Sitz und Stimme auf dem Reichstag ab 1719 begründen sollte.400 Dabei handelte es sich um ein Territorium, das flächenmäßig durchaus mit dem Herzogtum Württemberg vergleichbar war.401 Mehr als ein Drittel der Güter, die das Fürstentum Liechtenstein Ende des 19. Jahrhunderts besaß, wurden anfangs der 1620er Jahre erworben.402 Dass Karl von Liechtenstein die Grundlage für das Emporkommen, die Blüte und Reichtum seines fürstlichen Hauses legte, bringt die patriotischliechtensteinische Landesgeschichtsschreibung bis heute immer wieder zum Ausdruck. Sie verschweigt allerdings, dass dabei insbesondere das Münzkonsortium und Liechtensteins Rolle als böhmischer Statthalter sowie als oberster Konfiskator nach dem Weißen Berg von eminent wichtiger, wenn nicht entscheidender Bedeutung waren.403 Denn Liechtenstein war einer der
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Dass das Haus Liechtenstein „im Gefolge der Konfiskationen […] seinen Besitz mehren, zu gewaltigen Ausmaßen ausdehnen“ konnte, hat völlig zurecht konstatiert Press, Die Entstehung des Fürstentums Liechtenstein, S. 79. Zum Reichfürstenstand Liechtensteins etwa Klein, Die Erhebungen in den weltlichen Reichsfürstenstand, S. 140–143. Siehe dazu die Vergleichskarte bei Marquardt, Liechtenstein im Verbande des Heiligen Römischen Reiches, S. 17. Bedeutung im Hinblick auf Liechtensteins Gütererwerb misst dem Münzkonsortium die frühere Leiterin des fürstlich-liechtensteinischen Haus-Archives zu: Oberhammer, Viel ansehnliche Stuck und Güeter. Die Entwicklung des fürstlichen Herrschaftsbesitzes, S. 41. Die Schätzung des Vf.s geht zurück auf Pircher, Verwüstung und Verschwendung. Adeliges Bauen nach der Zweiten Türkenbelagerung, S. 38. Siehe auch Winkelbauer, Die Liechtenstein als „grenzüberschreitendes Adelsgeschlecht“, S. 224; ders., Fürst und Fürstendiener, S. 64. Die liechtensteinische Landesgeschichtsschreibung schweigt dazu oder verweist auf die hervorragende Güterbewirtschaftung Liechtensteins, die zweifelsohne exzellent war. Vergleiche Winkelbauer, Les Liechtenstein – gentilshommes gestionnaires, S. 121–149. Doch allzu oft wird in der liechtensteinischen Landesgeschichte noch nicht einmal die Beteiligung Karls am Münzkonsortium erwähnt. Wie etwa die Summen aufgebracht wurden, um die Güter zu erwerben, wird nirgendwo thematisiert bei: Ritter, Kurze Geschichte und Stammbaum des fürstlichen Hauses Liechtenstein, S. 43–70; Raton, Liechtenstein. Staat und Geschichte; Martin, Histoire et généalogie de la maison de Liechtenstein; Haupt, Fürst Karl I. von Liechtenstein. Hofstaat und Sammeltätigkeit; ders., Karl I. von Liechtenstein, S. 515–517; Wanger, Die regierenden Fürsten von Liechtenstein; Schöpfer, Klar und Fest. Geschichte des Hauses Liechtenstein; Divo, Die Münzen und Medaillen der Fürsten von Liechtenstein. Letzten Endes führt das Verschweigen des Münzkonsortiums zu sehr merkwürdigen Urteilen über Karl von Liechtenstein: „Seine Tätigkeiten deuten auf einen Mann hin, der gute Gelegenheiten nützen konnte, aber nicht übermäßig gewissenhaft war.“ Fast widersprüchlich: „Es gab jedoch keine stichhaltigen Beweise gegen Karl.“ Beide Zitate bei Beattie, Liechtenstein, S. 15. Die ältere wie die jüngere Literatur der liechtensteinischen Landeshistorie verschweigt das Thema gänzlich. Vergleiche Bohatta, Liechtensteinische Bibliographie, S. 103–108; Brunhart, Historiographie im Fürstentum Liechtenstein.
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wesentlichen und geschicktesten Profiteure sowohl des Münzkonsortiums als auch der Konfiskationen. Insgesamt gehörten die Münzkonsorten also zweifelsohne zu den Hauptgewinnern der Güterenteignungen und der Neuvergabe dieser Güter in den böhmischen Ländern nach der Schlacht am Weißen Berg. Doch nicht nur die Herren von Stand unter ihnen, selbst Bassevi und de Witte verlegten sich auf den ganz besonders prestigeträchtigen Landerwerb und investierten, obgleich in bescheidenerem Umfang, ihre Gewinne aus dem Münzkonsortium in Liegenschaften. De Witte erwarb die kleineren Güter Podborsch, Woporschau, Rataj, Katzow und Groß-Wossow.404 Und Bassevi erhielt als Jude 1622 sogar noch das kaiserliche Sonderprivileg, Grund und Boden im Wert von maximal 20.000 Gulden zu erwerben.405 Er kaufte mit Hilfe Liechtensteins weitere Häuser in Prag, 1623 einen Weingarten und bis 1627 weitere Immobilien dort.406 Schließlich war das Anhäufen von Grund- und Bodeneigentum, welches überdies in die böhmische Landtafel eingetragen sein musste, die wichtigste Voraussetzung für eine Nobilitierung und damit für einen sozialen Aufstieg.407
b) Karrieren, Rangerhöhungen und Elitentausch Der gesellschaftliche Aufschwung ließ tatsächlich nicht lange auf sich warten. Mit dem Gütererwerb gingen teils massive Rangerhöhungen einher – die Konsorten profitierten somit nicht nur finanziell und durch Besitzerweiterungen, sondern generierten, mit der Diktion des französischen Soziologen Pierre Bourdieu, nicht allein ökonomisches Kapital, sondern auch „soziales Kapital“ und „symbolisches Kapital“408 schufen sie. Das Münzkonsortium hatte also sehr weit reichende Wirkungen und ist ein Beispiel dafür, welche sozialen Konsequenzen die zunehmende Kapitalisierung der Gesellschaft schon in der Vormoderne haben konnte.409 404 405 406 407
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Ernstberger, Hans de Witte, S. 148, 331–337. Schnee, Jakob Bassevi, S. 625. Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 162f., 170. Schon das Beispiel der Fugger, die in Schwaben und Franken massiv Land kauften, ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass Grundeigentum die unabdingbare Voraussetzung für eine soziale Promotion in der Frühen Neuzeit war. Zu seiner Theorie grundlegend und fruchtbar auch für die Geschichtswissenschaft: Bourdieu, La Distinction. Nicht nur im Militärdienst, auch als Kriegsunternehmer konnten Adelige und Bürgerliche ihren Aufstieg nehmen in der ständischen Gesellschaftsordnung – vergleiche Asche, Krieg, Militär und Migration, S. 13. Im Dreißigjährigen Krieg konnten sogar Bauernsöhne und Bürgerliche als Kriegsunternehmer in den Adel aufsteigen, wie der Fall des Jan van Werth belegt, der 1635 Reichsfreiherr wurde: Kaiser, Die Karriere des Kriegsunternehmers Jan van Werth, sowie Lahrkamp,
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Zunächst soll der Blick auf die Geschäftsführer des Konsortiums gerichtet werden. Auf Vorschlag Liechtensteins hin wurde Jakob Bassevi als erster Jude des Reiches überhaupt in den Freiherrenstand erhoben – und zwar zu einem Zeitpunkt, als der Vertrag zum Münzkonsortium abgeschlossen wurde.410 Er erhielt noch am 18. Januar 1622 vom Kaiser ein Wappen und im August das bezeichnende persönliche Prädikat „von Threuenberg“.411 Er durfte fortan überall Handel treiben, und zwar steuerlich exemt. Auch de Witte, der calvinistische Kaufmann und zu jener Zeit wohl „reichste Bankier Mitteleuropas“,412 wurde nobilitiert – wiederum auf Anregung Liechtensteins gegenüber dem Kaiser. Sein bürgerliches Wappen wurde zu einem Adelswappen des böhmischen Ritterstandes gewandelt. Im Mai erhielt er das Prädikat „von Lilienthal.“ 413 Seither war er in der Lage, standesgemäß zu heiraten, und er tat dies auch, als er 1624 die protestantische Tochter seines Mitconsorten, des Rentmeisters, Hofjuweliers und Kammerrats Hans Matthias aus dem kursächsisch-lutherischen Glauchau ehelichte. Noch 1627, da de Wittes Adelsprädikat erblich wurde, lobte die Hofkammer ihn ausdrücklich für seine finanziellen Dienste und deren Bedeutung für die Kriegsfinanzierung.414 Ein Jude und ein calvinistischer Flame stiegen also in Zeiten der harten katholischen Gegenreformation zu böhmischen Niederadligen empor – zu einer Zeit, da Andersgläubige und insbesondere Calvinisten ansonsten des Landes verwiesen wurden. Dass de Witte und Bassevi eine solche soziale Promotion erleben konnten, statt emigrieren zu müssen, hatten sie nicht zuletzt ihrer Arbeit als geschäftliche Organisatoren des Münzkonsortiums zu verdanken. Sie waren aufgrund ihrer Verdienste als Kriegsfinanciers des Kaisers schlicht unentbehrlich geworden. Selbst diejenigen, welche schon adlig waren, stiegen weiter auf. Der böhmisch-königliche Münzmeister Wilhelm Vřesovec von Vřesovitz, der als dezidierter Katholik selbst in Zeiten des Aufstandes dem Kaiser treu geblie-
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Jan von Werth. Ebenso stieg Peter Melander, als Sohn eines wohlhabenden, auch landwirtschaftlich tätigen Amtmanns Eppelmann geboren, in der Spätphase des Krieges über seine militärisch-diplomatischen Dienste zum Reichsgrafen auf: Leins, Peter Melander von Holzappel. Daran hegt leise Zweifel: Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 167. Popper, Les Juifs de Prague, S. 138; Schnee, Jakob Bassevi, S. 625; Staudinger, Die Privilegien der Wiener Hofjuden, S. 26 Anm. 61. Schulte, Niederländische Calivinisten als Finanziers des Dreißigjährigen Krieges, S. 49. Ernstberger, Hans de Witte, S. 146–148. Ab 1627 lautete sein Name vollständig „Hans de Witte von Lilienthal auf Podborsch, Woporschan, Rataj, Katzow und Groß Wossow, Seiner Kaiserl. Maj. Rat und Hofhandelmann.“ Die Hofkammer betonte, „Was Euer Kaiserlichen Majestät der Witte von der Zeit der Victoriae [1620] in vielen occasionen fur ansehnliche Dienste in parem geltlehen und interponierung seines Credits […] bei dem Kriegswesen […] geleistet hat und noch praestirt.“ Ernstberger, Hans de Witte, S. 177f.
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ben war, wurde im Dezember 1622 vom böhmischen in den Herrenstand des Reiches, 1628 gar in den Reichsgrafenstand erhoben.415 Oberhofmeister Losenstein etwa wurde 1624 zum Hofmarschall Ferdinands II. befördert.416 Freiherr von Wallenstein, der Prager Obrist, erhielt im September 1622 den Titel „Hoch- und Wohlgeboren“ sowie die Würde eines „Comes Palatinus“, eines Hofpfalzgrafen mit zahlreichen Rechten und Privilegien.417 Dabei wies der Kaiser ausdrücklich auf Wallensteins Treue zum Erzhaus in Zeiten des Aufruhrs und auf seine vielfachen, auch materiellen Dienste hin. Die kaiserliche Ernennungsurkunde begründete Wallensteins Promotion damit, dass er „aus untertänigster teuer Affektion und beständigem Eifer gegen Uns und Unser hochlöbliches Haus Österreich sich all seiner Habe und Güter begeben und die ganze Zeit mit persönlicher seiner Gegenwart mit einem ansehnlichen Kriegsvolk zu Dämpfung gedachter Unserer rebellischen Untertanen gehorsamlich assistiert und zu solchem schweren Werk viel treffliche, nützliche Dienste, ungespart Leibes, Gutes und Blutes, willfährig und unverdrossen zu Unserm gnädigsten Wohlgefallen und Vergnügen untertänigst geleistet und bewiesen.“ 418 Bereits im September 1623 wurde Wallenstein erblicher Reichsfürst von Friedland und Reichenberg,419 nahm also einen ungeheuer raschen Aufstieg und legte sich daher bekanntlich den bezeichnenden Wahlspruch „Invita invidia“ – dem Neid zum Trotz – zu. Sogar die hochadligen Mitglieder des Konsortiums wurden im Rang erhöht. Eggenberg erhielt den Titel „Hoch- und Wohlgeboren“ im August 1622 und wurde in den Orden vom Goldenen Vließ, den exquisiten habsburgischen Hausorden, aufgenommen.420 Dies machte seine Nähe zum Hof auch nach außen hin deutlich sichtbar.421 Der Kaiser erhob ihn noch 1623 als Personalist in den erblichen Reichsfürstenstand.422 Allerdings leisteten die Kurfürsten
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Fiala, Die Münzungen des ständischen Directoriums, S. 123 Anm. 1. Matschinegg, Österreicher als Universitätsbesucher in Italien, Nr. 1590. Als solcher besaß er erweiterte, eigentlich königliche Prärogativrechte und durfte unter anderem öffentliche Ämter besetzen, Bürgerliche in den Adelsstand erheben und Lehen vergeben. Zitiert nach Hallwich, Geschichte Wallensteins, S. 66. Zu seiner Erhebung in den Reichsfürstenstand vergleiche die kaiserliche Urkunde bei Lorenz, Quellen zur Geschichte Wallensteins, S. 57–61. Der Orden vom Goldenen Vließ war sozusagen der Hausorden des Hauses Habsburg und entsprang burgundischer Tradition; nur Intimi des Kaisers wurden aufgenommen. Vergleiche auch den Kupferstich Eggenbergs aus Khevenhillers Conterfet auf dem Einband des vorliegenden Buches: Die Ordenskette des Goldenen Vließes ist deutlich erkennbar. Zwiedineck-Südenhorst, Hans Ulrich Fürst von Eggenberg, S. 70; Heydendorff, Die Fürsten und Freiherren zu Eggenberg, S. 91.
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des Reiches massiven Widerstand dagegen, dem erbländisch-habsburgischen Emporkömmling Eggenberg auch Sitz und Stimme auf dem Reichstag zu gewähren.423 Trotz dieser offenkundigen Ablehnung der Aufsteiger des Konsortiums belohnte sie der Kaiser, wo er nur konnte: 1622 wurde auch Meggau das „Golden Vellus“ 424 verliehen. Ebenso wurde Liechtenstein just 1622 Mitglied dieses illustren und prestigeträchtigen Ordens und im Jahr darauf zum Herzog von Jägerndorf ernannt.425 Durch solche Titelverleihungen und den Verkauf von Konfiskaten, die mit dem Geschäft des Konsortiums einhergingen, wurde übrigens der böhmische Adel in der ersten Hälfte der 1620er Jahre grundlegend umstrukturiert.426 Die Beziehungen zum Kaiserhof waren fortan entscheidend – und solche pflegten die Angehörigen des Münzkonsortiums bekanntlich besonders intensiv. Landfremde, oft katholische und kaisertreue Hochadlige wie Liechtenstein, Eggenberg oder auch Bucquoy und Schwarzenberg bildeten die neue Elite, wohingegen der indigene, nichtkatholische Adel vielfach zur Emigration angehalten wurde.427 Dass dieses soweit kommen konnte, dazu haben das Münzkonsortium und seine Folgen also erheblich beigetragen.428 Die Mitglieder des Münzkonsortiums waren an der Bestrafung der böhmischen Rebellen beteiligt, entschieden über die Güterkonfiskationen mit, bereicherten sich und nahmen auf diese Weise ihren Aufstieg.429
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Die Kurfürsten lehnten Eggenberg mit der offiziellen Begründung ab, dass er „noch zur Zeit im Reiche nicht begütert“ sei, sahen ihn also weiterhin als erbländischen Adligen. Erst 1641 wurden die Eggenberg zum Reichstag zugelassen. Siehe Klein, Die Erhebungen in den weltlichen Reichsfürstenstand, S. 150–152. Khevenhiller, Conterfet, S. 24. Meggaus Bildnis auf dem Bucheinband zeigt dessen Ordenszugehörigkeit, die wesentlich aus seinen Verdiensten um das Münzkonsortium herrührt. Vergleiche dazu sämtliche oben genannten Titel der liechtensteinischen Landeshistoriographie, die sich in geradezu hagiographischer Manier darin ergehen, die Stationen der Karriere Karls von Liechtenstein detailliert aufzuzählen. Zu Mähren und darüber hinaus siehe zuletzt die gesamte Habilitationsschrift von Knoz, Pobělohorské konfiskace. Besonders aufschlussreich Matá, Der Adel aus den böhmischen Ländern am Kaiserhof, S. 191–196. Zu weiteren Aspekten des Elitenaustausches und den damit zusammenhängenden Staatsbildungsprozessen auch Kapitel III. Abschnitt 9. In abgemilderter Form ist also das jüngste, besonders pointierte Urteil des österreichischen Historikers Lothar Höbelt durchaus zutreffend, wonach nach der Schlacht am Weißen Berg in Böhmen eine „Umverteilung mit Mafia-Methoden“ stattgefunden habe. Höbelt, Ferdinand III., S. 40. Die Inflation durch das Münzkonsortium und die Besitzumverteilung gingen tatsächlich Hand in Hand.
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III. Konsequenzen des Konsortiums c) Mancher überlebt kaum das nächste Jahrzehnt
Allerdings konnten so manche der Beteiligten nicht besonders lange den neu erworbenen Rang und Besitz genießen. Sie waren doch auch Abenteurer, die weder einen hohen persönlichen Einsatz, noch ein hohes Risiko bei ihren Geschäften scheuten. Weiterhin waren sie – und dieses Urteil trifft auf die meisten zu – machtpolitisch interessiert, ehrgeizig und strebsam. Vielleicht verkannten sie deshalb das Maß ihrer Möglichkeiten, vielleicht aber war ihnen der Ruhm zu Kopf gestiegen. Wie dem auch sei, die drei facettenreichsten Figuren des Konsortiums – nämlich Jakob Bassevi, Hans de Witte und Albrecht von Wallenstein – traf ein besonders hartes und tragisches Schicksal. Als 1627 Karl von Liechtenstein eines natürlichen Todes starb, verlor der Jude Bassevi damit seinen wichtigsten persönlichen Patron.430 Er fiel in Ungnade und ging erstmals seines Vermögens verlustig – unter welcherlei Umständen auch immer. Es gibt Hinweise darauf, dass er in die Affäre um die Abfassung eines Talmud-Kommentars durch den Prager Oberrabbiner Heller verwickelt war. 1631 tauchte Bassevi jedenfalls in Wallensteins Friedländer Residenz Jitschin auf. Nach dem Tod seines Geschäftspartners de Witte übernahm Bassevi kurzzeitig dessen Rolle als Financier Wallensteins und baute das friedländische Münzwesen aus.431 Nach der Ermordung seines neuen Herrn aber wurde er enteignet, verlor zum zweiten Mal Hab und Gut und starb noch im Jahr 1634 – wiederum unter unklaren Umständen.432 Trotz seiner Privilegien und seines Adelsstandes nahm Bassevi also ein böses Ende.433 De Witte erging es wenig besser. Er war nach der Zeit des Konsortiums zum wichtigsten frühkapitalistischen Financier Wallensteins geworden. Der 430
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Dass die Prager Familie Bassevi später wieder, noch in den 1650er Jahren, unter dem Schutz des Hauses Liechtenstein stand, belegt das fürstlich-liechtensteinische Zahl- und Hofamtsbuch. Dieses weist Geschäfte des Fürsten mit einem Leon Bassevi und dessen gleichnamigem Sohn aus. Vergleiche Haupt, Von der Leidenschaft zum Schönen, S. 12, 62. Ernstberger, Wallenstein als Volkswirt, S. 93. Popper, Les Juifs de Prague, S. 138f. Vergleiche auch ein kleines Lexikon aus der Zeit des Nationalsozialismus, welches sich zum Ziel gesetzt hatte, kulturelle und gesellschaftliche Leistungen von Juden herauszustellen, um – angesichts des in den 1930er Jahren immer weiter zunehmenden Unrechts – mehr Achtung zu erlangen suchen: Bin Gorion/Loewenberg, Handbuch jüdischen Wissens, Sp. 72. Das entsprechende Lemma belegt, dass Bassevi den deutschen Juden als großes Vorbild galt und hohes Ansehen weit über sein Leben hinaus innerhalb der Glaubensgemeinschaft ob seiner Verdienste genoss. Hier wird nochmals deutlich, dass eine Biographie zu Bassevi geboten wäre. Auch der ausgewiesenste Kenner Bassevis vermag die Umstände seines Todes nicht näher zu erhellen. Seine Söhne schienen den Adelstitel nicht mehr zu führen, wanderten zum Teil nach Italien aus beziehungsweise reimmigrierten nach Triest und Venedig. Siehe Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 171.
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Generalissimus und Kriegsgroßunternehmer sorgte dafür, dass ab 1625 die Contribution sich von der einmaligen Abgabe eines besetzten Gebiets zur regulären Kriegssteuer wandelte, die auch in den Erblanden und Reichsstädten erhoben wurde. So konnte de Witte durch Spekulationsgeschäfte, indem er nämlich Antizipationen auf noch zu erhebende Steuern und Contributionen leer – also ohne dass die entsprechenden Einkünfte bereits verbucht waren – verkaufte, Wallenstein stets volle Kriegskassen schaffen und die im kaiserlichen Auftrag geworbenen Heere von bald über hunderttausend Mann finanzieren.434 De Witte handelte nicht mehr mit Silber, wie zu Zeiten des Münzkonsortiums, sondern mit Anleihen auf noch zu erhebende Contributionen. Mit entsprechenden Verschreibungen trat er auf die führenden europäischen Finanzplätze und baute dazu sein Kontaktnetzwerk aus der Zeit des Münzkonsortiums weiter aus.435 Bei seinen Faktoren lieh er gegen Antizipationsscheine Geld; jene gaben die Wechsel im Schneeballsystem immer weiter, schufen dadurch Kapitalströme europäischen Ausmaßes und generierten auf diese Weise ungeheures Kapital für de Witte und Wallenstein. Damit war aber immer nur eine sehr kurzfristige Kriegsfinanzierung möglich, irgendwann musste ein solches System der Kriegsanleihen ohne Deckung zusammenbrechen,436 zumal de Witte bei diesen Leerverkäufen nicht auf die erforderliche hohe Liquidität setzte, sondern, um nobilitiert zu werden, unter anderem auf den prestigeträchtigen Landerwerb. Schon 1629 steckte de Witte in massiven Zahlungsschwierigkeiten, als die schlesische Contribution, diejenige des Erzstiftes Magdeburg und des Herzogtums Mecklenburg ausblieben; dennoch verlangte Wallenstein von de Witte regelmäßige Zahlungen,437 um seine Machtbasis, die Armee, zu erhalten. Mit der Entlassung Wallensteins als General 1630 blieben plötzlich alle Kontributionszahlungen aus, die de Witte ja bereits hoch beliehen hatte. Er konnte seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen, ging sofort bankrott, da sein Antizipationssystem und Wallensteins Kontributionssystem voneinander abhängig waren. De Witte stürzte sich in den Brunnen seines Palais auf der Prager Kleinseite.438 Er beging Selbstmord,
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Dazu auch die Einführung. Siehe dazu Kapitel II. Abschnitt 5. Zum elaborierten Finanzierungssystem de Wittes: Ernstberger, Hans de Witte, S. 172f., 180–194, 213f.; Redlich, Military Entrepreneurship and the Credit System, S. 190-192; ders., Contributions in the Thirty Years’ War, S. 247–254; ders., The German Military Enterpriser and His Work Force, S. 148, 247, 268; Ritter, Das Kontributionssystem Wallensteins, S. 193–249. Polišenský, Der Dänisch-Niederländische Krieg, S. 300 Nr. 771, S. 405f. Nr. 1073. Drei Tage nach seinem Tod, am 14. September 1630 meldete die böhmische Kammer dem Kaiser: „Johann de Witte [ist] wegen seines besorgenden Falliments in eine solche melancholey gerathen, daß Er, wie man vermuthen will, auß Unsinnigkeit sich selbsten in den Brunnen in seinem Hauß verschinen Mitwochen vor tags gestürzet vnd darüber Todes verfahren.“ Ernstberger, Hans de Witte, S. 420.
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weil er zum Opfer seiner selbst geschaffenen, frühkapitalistischen Spekulationsblase geworden war. Diese platzte, und er fiel. Über den Tod Wallensteins selbst ist so viel Kontroverses an den unterschiedlichsten Stellen der populären, schönen wie der wissenschaftlichen Literatur geschrieben worden, dass darauf im Rahmen der vorliegenden Studie nicht näher eingegangen werden kann. Gleichwohl darf festgehalten werden, dass auch er seine Kompetenzen bei weitem überschätzt und überfordert hatte und 1634 auf Betreiben der ihm mittlerweile größtenteils feindlich gesonnenen weltlich-katholischen Reichsstände – und mit Zustimmung Kaiser Ferdinands II. – getötet und beseitigt wurde.439 Das Münzkonsortium war also erst der Anfang seiner risikoreichen Geschäfte als größter kaiserlicher Kriegsunternehmer gewesen. Die unten folgende zeitgenössische Darstellung (Abb. 15), ein Stich Matthäus Merians,440 zeigt die Ermordung Wallensteins in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 1634 in Eger. Der vom Kaiser abgesetzte General wurde mit einer Partisane – einem kurzen, kunstvoll geschmiedeten Spieß, welcher zugleich Kenn- und Ehrenzeichen des vormodernen Offiziers war – in seiner Schlafkammer erstochen.
Zwischenbilanz Generell lässt sich konstatieren, dass auf einen kometenhaften wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg ein nicht selten umso jäherer Absturz folgte, was einige unter den Konsorten anbelangte. Die Kriegsprofiteure waren nicht in der Lage, das Risiko ihrer völlig neuartigen und unbekannten frühkapitalistischen Geschäftspraktiken abzuschätzen. Was nicht dauerhaft – wie etwa im Fall Fürst Karls von Liechtenstein – in Land und Liegenschaften investiert war, ging bald wieder verloren. Die Konsorten schufen also schnelles Kapital, doch es zerfiel selbst auch schnell, viel schneller noch, als es je geschaffen werden konnte.
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Die wichtigsten Monographien speziell zur Ermordung Wallensteins sind immer noch: Peka, Wallenstein 1630–1634, und Srbik, Wallensteins Ende. Zuletzt Kampmann, Wallenstein, Eger, 25. Februar 1634, besonders S.146–156. Oraeus, Theatri Europaei Continuatio, nach S. 182.
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Abb. 15: Wallenstein wurde ermordet, da er im Verdacht stand, ein Verräter an Kaiser und Reich zu sein. Das Land und Eigentum des sozialen Aufsteigers wurde zerteilt, so dass seine Erfolge – im Gegensatz etwa zu denen des fürstlichen Hauses Liechtenstein – nicht von Dauer waren. Mit Wallenstein hatte die Epoche des frühkapitalistischen Kriegsunternehmertums und des privatwirtschaftlich organisierten Söldnerwesens seinen Zenit überschritten.
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III. Konsequenzen des Konsortiums 8. Kriegsverluste de iure: Bankrott, Rechthaberei und Prozesse
Das generierte Geld löste sich insofern rasch auf, als es sich bisweilen um Blechstücke ohne jeden wirtschaftlichen Gegenwert handelte, denen die Bevölkerung keinen Glauben mehr schenkte: Weder entsprach ihnen selbst irgendein bedeutenderer Edelmetallwert, noch stimmte mit dem massiv erhöhten monetären Umlauf ein gesteigertes Wirtschaftsvolumen überein. Die Folge dieses Missverhältnisses war eine so schwerwiegende Inflation, dass der Kaiser den Staatsbankrott erklären und das Geld abwerten lassen musste. Zwar kam es in der Folge vereinzelt zu Anklagen gegen das Münzkonsortium, doch erst in den 1630er Jahren, als viele der Beteiligten bereits nicht mehr belangbar waren, begannen äußerst langwierige Prozesse gegen den Sohn und Erben Karls von Liechtenstein, die letztlich ergebnislos endeten. Ohne Resultat blieben sie auch deshalb, weil der Kaiser persönlich sein Placet zum Münzkonsortium gegeben und sich damit selbst auf juristisch äußerst heikles Terrain begeben hatte. a) Die große Calada Die niederösterreichische Kammer hatte bereits im Frühjahr 1622 an den Hofkammerpräsidenten Polheim geschrieben, dass sich die Stände im Land unter der Enns „wegen der bishero so sonderlich dem armen Mann zu eusserister Ruina geraichenden hochbeschwärlichen Münzstaigerung“ 441 entschlossen hätten, eine mit juristischen Doctores besetzte Untersuchungskommission einzurichten. Ein Kreistag sollte entscheiden, wie angesichts der Inflation zu verfahren sei. Es kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Wiener Hofkammer derlei Gravamina dem Kaiser vorenthielt, um das Konsortiumsgeschäft am Laufen zu halten. Schon nach weniger als einem Jahr Vertragslaufzeit brach die kaiserliche Kasse endgültig zusammen. Die Mechanismen des Marktes ließen sich nicht umgehen; die leidtragende Bevölkerung nahm das wertlose Geld nicht mehr an und ging zur Tauschwirtschaft über.442 Liechtenstein reagierte nervös mit scharfen Patenten, welche die Untertanen „mit höchster straff Leibes und guetes“ belegten, falls sie die neue Münze nicht verwendeten. Er erkannte zwar, dass „die Kayserlichen Sorten […] bey dem gemeinen Mann verdechtig“ seien, wusste auch um den Zusammenbruch von Handel und Wirtschaft sowie „ein unerhörte vorseczliche teürung“,443 doch zog er daraus keine Lehre. Er weigerte sich vielmehr,
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ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, 24. März 1622, fol. 12a. Siehe dazu Kapitel III. Abschnitt 9. Alle Zitate aus einem liechtensteinischen Münzpatent vom 2. Januar 1623 bei Bílek, Beiträge zur Geschichte Waldstein’s, S. 303f.
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offen einzugestehen, dass das noch immer geheime Münzkonsortium die Hauptursache eben jener Entwicklungen war. Noch Mitte Dezember 1622 hatte er dem Kaiser dringend geraten, das Geschäft des Konsortiums trotz aller widrigen Umstände fortzusetzen, um die Soldaten überhaupt bezahlen zu können.444 Im Frühjahr 1623, als der Vertrag des Konsortiums auslief, verhandelte Liechtenstein mit dem Kaiser auf einem – der auch im Reich grassierenden Inflation wegen – zusammengerufenen Kurfürsten- und Fürstentag zu Regensburg. Zunächst wurde im Kreis der Münzkonsorten, noch ohne die Fürsten des Reiches zu konsultieren, darüber beraten, ob das Geschäft nicht vielleicht fortgesetzt werden solle. Paul Michna, der Sekretär der böhmischen Kammer, schaltete sich ein. Er suchte den Kaiser von einer Erneuerung des Vertrages zu überzeugen – freilich vergebens. Der Kaiser verließ sich nicht mehr allein auf das Urteil seiner engsten Berater in Kriegsfinanzierungsfragen, die Münzkonsorten, sondern bat die Reichsfürsten um Hilfe, wie „diesem vberauß schädlichen Vbel“, nämlich dem „vbel Müntzen vnd [der] darauf folgende[n] Müntzsteigerung“ ein Ende zu setzen sei. Daraufhin zeichneten die Fürsten dem Kaiser den Weg vor, den er später tatsächlich auch gegangen ist: den der Geldabwertung. Sie legten ihm nahe, den Münzwert der „grobe[n] guldene[n] vnd silberne[n] Sorten nach inhalt deroselben [zu] reducirn“, so „daß im Müntzen mit Schrot vnd Korn die Reichs Constitutiones gebührlich in acht genommen würden.“ 445 Die Reichsfürsten schlugen dem Kaiser sogar vor, darüber nachzudenken, auch in seinen Erblanden eine solche Devaluation vorzunehmen – sie empfahlen ihm somit indirekt, das Münzkonsortium einzustellen. „Ihr. Majestät gefällig seyn wollte, in dero Landen gleichmässige Vorsehung zuthun, insonderheit aber verordnen ließen, daß im Müntzen […] die Reichs=Constitutiones in acht genommen würden“ lautete die Resolution des Fürstenrats vom 22. Februar 1623.446 Bereits Mitte 1622 hatte der Kaiser vergeblich versucht, über den Kurfürsten von Mainz zu erreichen, dass die Inflationsprägungen auch im Reich allgemein gültig würden – aber eine solche Maßnahme lehnte der Reichserzkanzler verständlicherweise ab.447 Wenngleich sehr zögerlich, hielt sich Kaiser Ferdinand II. 1623 an den erteilten Rat der Reichsfürsten. Die schlechte Ausprägung wurde zwar noch bis Ende März verlängert, danach aber ging das Münzregal überall wieder in die Hände des Kaisers über. Er quittierte dem Münzkonsortium den vollständigen Erhalt der Pacht von sechs Millionen Gulden – wobei nicht expliziert 444
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ÖStA, FHKA, Hoffinanz, Faszikel 187, Juli–September 1622, ohne Ort, 14. Dezember (sic!) 1622. Alle Zitate aus einer der wichtigsten zeitgenössischen Aktensammlungen: Luntorp, Der Römischen Keyerlichen […] Mayestät […], S. 1067, 1080. Vergleiche ähnlich Abelin, Theatrum Europaeum, S. 715f. Abelin, ebd., S. 723f. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, 20. Juni 1622.
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III. Konsequenzen des Konsortiums
wurde, ob es sich um Zahlungen in voll- oder geringwertiger Münze handelte –, und bedankte sich ausdrücklich für dessen Tätigkeit.448 Offenbar wusste der Kaiser zu diesem Zeitpunkt noch immer zu wenig über das wirkliche und volle Ausmaß des Schadens, wenn er auf diese recht konziliante Weise verfuhr. Erst im Sommer 1623 aber traf der Kaiser angesichts der Inflation die Entscheidung, jede weitere Ausprägung leichter Münzen und den Verkauf konfiszierter Güter gegen solche Gelder zu verbieten. Das war viel zu spät, da die meisten bedeutenden Güterverkäufe bereits abgeschlossen waren, als der Kaiser am 3. Juli Liechtenstein befahl, jede weitere Veräußerung von Gütern ehemaliger Rebellen zu unterbinden.449 Im August folgte der Beschluss, zum alten Reichsmünzfuß zurückzukehren, wie es die Reichsfürsten dem Kaiser ein halbes Jahr zuvor empfohlen hatten. In allen Erblanden, wozu auch Böhmen gerechnet wurde, sollte „khaine andere Münz, als […] in dem Alten Reichsschrott […] auszumünzen gestattet“ sein.450 Liechtenstein versuchte vergeblich, den Kaiser zu einer Phase des gemäßigteren Übergangs zu überreden. Doch nicht mehr Liechtenstein, sondern die Wiener Hofkammer leitete fortan wieder die kaiserliche Münzpolitik in den Erblanden. Angesichts des drohenden finanziellen und wirtschaftlichen Zusammenbruchs seiner Lande musste der Kaiser dringend etwas unternehmen. Vielleicht erinnerte er sich zu Jahresende an die zu Jahresanfang erteilten Ratschläge der Reichsfürsten. Am 14. Dezember, für Böhmen am 28. Dezember, brachte Ferdinand II. jedenfalls seine kaiserlichen Erlasse aus, die den Staatsbankrott erklärten und eine Devaluation des Silberguldens auf weniger als ein Achtel seines Nennwertes befahlen. Diese Abwertung des Umlaufgeldes um durchschnittlich 87 Prozent451 ist im böhmischen Volksmund mit dem spanischen Wort für Verwässerung, Calada, belegt worden.452 Am 8. Februar 1624 schließlich erklärte ein kaiserliches Münzedikt die lange Münze für ungültig und verlangte eine Rückkehr zur Reichsmünzordnung. Das Kippergeld sollte gegen Geld mit altem Silbergehalt eingelöst werden müssen, worauf die untertänige Bevölkerung verständlicherweise nicht sehr entgegenkommend reagierte.453
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Gindely, Geschichte der Gegenreformation, S. 340. Einem Schreiben Liechtensteins an den Kaiser zufolge waren die sechs Millionen Gulden Pacht bereits Mitte 1622 vollständig entrichtet, vergleiche ÖStA, FHKA, Hoffinanz, Faszikel 187, Juli–September 1622, ohne Ort, 23. Juni 1622. Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 37. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 121. 150er Kreuzer wurden auf 20 Kreuzer, 75er auf 10, 60er auf 6, 12er auf 1,5 Kreuzer reduziert. Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince, S. 34. Eine Abwertung zwischen 86,7 und 91,7 Prozent errechnet Rumpl, Moravské vládní mince, S. 240. Janá#ek, Valdštejn, S. 246. Rosseaux, Die Kipper und Wipper, S. 68.
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So dauerte die Phase der Calada bis 1626 und bezeichnet neben der Inflation auch die Zeit des Umlaufs der langen Münze.454 Die offiziell erfolgte, weitere Abwertung ruinierte alle Besitzer von Bargeld – zusätzlich zur Inflation – noch viel mehr. Es wurde nunmehr sämtlichen Beteiligten klar, dass die lange Münze keine Lösung für das Kriegsfinanzierungsproblem war, ganz im Gegenteil. Niemand aber wollte verantwortlich sein für das Geschehene – erst recht nicht wollten dies die tatsächlichen Hauptschuldigen, nämlich der Kaiser, seine Wiener Hofkammer, de Witte und seine Mitconsorten.
b) Die gängigen Rechtsauffassungen Der Kaiser, Ferdinand II., war allerdings in gewisser Weise selbst verantwortlich für diese Finanzmisere. Schließlich kam das Münzkonsortium 1622 ja in seinem Namen und mit seiner ausdrücklichen Bestätigung zustande und sah vertraglich eine deutliche Münzverschlechterung vor. Natürlich hatten sich die Konsorten nicht ganz vertragsgemäß verhalten; das steht fest. Viel schwerer aber wog: Ferdinand II. brach gewissermaßen die immer noch gültige Augsburger Reichsmünzordnung von 1559, die den neuen Silbergulden eingeführt hatte. Sie war 1566 sowie 1570 in Speyer ergänzt, confirmiert und bekräftigt worden. Die Kölner Mark Silber455 sollte grundsätzlich auf höchstens elf Gulden zu nominal 60 Kreuzern ausgeprägt werden, wobei die Kreisobristen die Münzprägung zu überwachen hatten. Monetäre Manipulationen, auch solche durch Fürsten, waren „bey straff des Fewers“ 456 verboten, kamen also dem Ausmaß der Häresie – dem schlimmsten aller Vergehen – gleich. Fürsten, welche die Reichsmünzordnung brachen, verloren nicht nur ihr Münzprivileg, sondern mussten damit rechnen, in die Reichsacht zu fallen.457 Sie sollten also mit der schärfsten Strafe belegt werden, die das Heilige Römische Reich verhängen konnte. Dies zeigt, dass die Reichsmünzordnung ernst gemeint und der Reichstag mindestens dem Anspruch nach bereit war, sie auch durchzusetzen. Mit seinem Münzkonsortium verhielt sich
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Newald, Beiträge zur Geschichte des österreichischen Münzwesens, S. 117. Die praktischen Details, auf welche Weise die Rückkehr zu einem höheren Münzfeingehalt vonstatten ging, schildert mit numismatischer Exaktheit Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 230–242. Die rauhe Kölner Mark bestand aus umgerechnet 234 Gramm Silber. Zum Vergleich: Die Prager Mark wog 253, die Wiener 280 Gramm. Leeb, Reichstag zu Augsburg 1559, S. 1984. Lanzinner/Heil, Reichstag zu Augsburg 1566, S. 1156. 1559 hatte Kaiser Ferdinand I. bereits gedroht, dass wer „zuwider handlen würde, der solle […] in vnser vnd des Reichs schwere Vngnad gefallen sein, Darneben auch sein Müntz freyheit […] verloren vnd verwurckt haben.“ Leeb, Reichstag zu Augsburg 1559, S. 1985.
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Kaiser Ferdinand II. allerdings de iure wie ein gewöhnlicher Fürst, der die Reichsmünzordnung brach.458 Und einen weiteren wichtigen Grundsatz missachtete der Kaiser: Ausdrücklich durfte laut Reichsmünzordnung kein Landesherr sein Münzregal verpachten oder verkaufen.459 Es war seit 1559 verboten, sein Münzrecht „andern [zu] verkauffen, verleihen oder inn andere wege [zu] vergönnen vnnd zustellen“.460 Es war seit 1566 ferner ausdrücklich nicht mehr erlaubt, mit „der guten müntzen kauffmannschafft [zu] treiben“ 461 oder ausländische Münzen zu importieren. 1570 wurde überdies bestätigt, dass „die müntzgerechtigkeit kein mercantzey“, das „zuverkauffen, zuuerleihen oder verlegen zu lassen“ 462 sei. Jeder Münzhandel und die damit verbundenen Spekulationsmöglichkeiten waren folglich strikt zu unterlassen beziehungsweise zu unterbinden. Noch 1615 hatte Kaiser Matthias nachdrücklich jeden Münz- und Silberhandel verboten – ganz besonders das „Verschwerzen“, also den illegalen Schmuggel.463 Schon das Geschäftsprinzip des Prager Münzkonsortiums war demnach illegal. Der Kaiser hielt sich an keine einzige der Bestimmungen der Reichsmünzordnung auch nur annähernd, wenn er sein Münzregal an ein Konsortium verpachtete, das mit Silber und Münzen verschiedenster Herkunft im größten denkbaren Ausmaß Handel, ja sozusagen ein frühkapitalistisches Geldgeschäft europäischen Ranges betrieb – ganz zu schweigen davon, dass es die Mark auf 79 Gulden prägen sollte, also auf Weisung des Kaisers den Feingehalt um ein Mehrfaches reduzieren sollte. Ferdinand II. sah offenkundig für sich als Kaiser die Reichsmünzordnung als nicht bindend an. Ebenso taten dies bekanntlich auch die meisten der deutschen Fürsten in der Phase des „Kippens und Wippens“. Herzog Maximilian von Bayern, das Haupt der Katholischen Liga, überlegte zeitgleich zu Kaiser Ferdinand II. im November 1621, ob er nicht eventuell zur Kriegsfinanzierung seine Münze verschlechtern oder gar verpachten solle, da
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Zur Reichsmünzordnung die immer noch führende, leider wesentliche Literatur zu den „Kippern und Wippern” vernachlässigende Dissertation von Christmann, Vereinheitlichung des Münzwesens, vor allem S. 73--84. Das Prager Münzkonsortium ist dieser Darstellung gänzlich unbekannt. Als überwunden darf gelten das vielfach mangelhafte Werk von Bog, Reichsmerkantilismus, etwa S. 57. Genauere Forschungen zum Reichsmünzwesen wären dringend erforderlich. Vergleiche unter anderem Rosseaux, Die Kipper und Wipper, S. 57–60; Sprenger, Münzverschlechterung, Geldmengenwachstum und Bevölkerungsvermehrung, S. 127–129; ders., Geldgeschichte Deutschlands, S. 96–103. Leeb, Reichstag zu Augsburg 1559, S. 1985. Lanzinner/Heil, Reichstag zu Augsburg 1566, S. 1558. Lanzinner, Reichstag zu Speyer, S. 1245. Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 35.
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„es nunmehr im Röm. Reich dahin kommen, ia vast durchgeendts und gewonlich wirdet, ds die Fürsten ire Münz Regalia andern hinumb lassen und gegen ainem benannten wochentlichen, monatlichen oder jerlichen Recompens oder bestandgelt dergestalt verstiften, das dieselben Bestandleit sich an der Fürstn statt der Freiheiten und Nuzbarkeiten mit den Münzen gebrauchen.“ 464
Die Verpachtung des Münzregals an sich schien also gängige Praxis, wenngleich nicht in dem Ausmaß des Münzkonsortiums.465 Maximilian von Bayern wies auch darauf hin, dass „dergleichen accordo die R. Ksl. Mt. selbsten […] auch sogar mit Juden getroffen und noch continuirn“,466 womit wohl Bassevis und Liechtensteins Aktivitäten unter der Ägide des Kaisers gemeint waren. Dennoch hatte der Bayernherzog große Skrupel und Bedenken, selbst zu einem solchen Mittel zu greifen. Immerhin aber erwog er es, obschon er die kaiserlichen Amtsträger und Münzpächter, die Mitglieder des Münzkonsortiums – insbesondere Liechtenstein, Michna und Wallenstein – durchgängig für verschlagene und korrupte Emporkömmlinge hielt und zumindest in seinen persönlichen Notizen seine Meinung mehr als deutlich niederlegte.467 Maximilian stand schließlich für die katholische Sache und auch diejenige des Reiches, wohingegen die Münzkonsorten pragmatische Anhänger ihrer eigenen Interessen oder allerhöchstens derer des Erzhauses waren.468 Da er aufgrund seiner Überlegungen über das Münzwesen zu keinem Ergebnis gekommen war, wandte sich Herzog Maximilian an seinen erfahrenen und kompetenten Rat Bartholomäus Richel, der allerdings auf die Risiken einer solchen Unternehmung hinwies: Es handele sich um einen eklatanten Bruch der Reichsmünzordnung und bedeute einen offenen Missbrauch des hohen Münzregals, warnte der herzogliche Rat. Außerdem wies Richel zurecht auf die Gefahr hin, dass die Pächter „die Münz gar zu schlecht und gering machen“ 469 würden, um sich selbst zu bereichern. In kluger Voraussicht
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Memorial Herzog Maximilians von Bayern vom November 1621 über die Münzverschlechterung bei Duch, Die Politik Maximilians von Bayern, S. 418. Das Prager Münzkonsortiums war völlig einmalig und besaß geradezu europäische Dimensionen, so lautet die These der vorliegenden Arbeit. Dazu mehr im Schlussteil. Duch, Die Politik Maximilians von Bayern, S. 418. Liechtenstein hielt Maximilian für einen Geschäftemacher, der sich Titel und Ämter anmaße, Michna hielt er für bestechlich im Zusammenhang der Güterkonfiskationen: „Wer geschenk giebt dem Fürsten von L[iechtenstein] und Paul Michna, bekombt perdon und verbleibt bei seinen gütern, unangesehen sie bisweilen doch an Ir Mt. sehr und viel pecciert.“ Wallenstein kaufe sich bei Hofe geradezu ein: „Obr. von Wallenstein hat gute avisa bei hoff, was geschickt und wieder zuvor kommt, spendirt hierzue nit wenig.“ Duch, Die Politik Maximilians von Bayern, S. 128 Anm. 2, S. 129. Diese These untermauert auch Albrecht, Maximilian I. von Bayern, S. 669–672. Gutachten Richels vom Dezember 1621 bei Duch, Die Politik Maximilians von Bayern, S. 419 Anm. 1.
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erkannte er zudem, dass der Handel des Herzogtums durch eine Inflation geschädigt würde. Maximilian vertraute auf seinen Rat und hielt das bayerische Münzwesen in sicherer Ordnung. Er schützte es sogar, als er im Juni und September 1622 – da de Wittes und Bassevis Silberhändler zugange waren – seinen Untertanen verbot, gute bayerische Münze gegen minderwertiges Kippergeld einzutauschen. Seine eigenen enormen Kriegskosten wollte er hingegen durch Entschädigungsforderungen von 15 Millionen Gulden gegenüber Kaiser Ferdinand II. decken. Dabei war ihm durchaus bewusst, dass seine Soldaten mit Inflationsgeld aus der Produktion des Münzkonsortiums bezahlt würden, „wann sie mit Kay: Münz, wie mans yezo macht, bezalt werden solden, under dargezelten 87 fl. erst ain Markh fein Silber“ 470 erhalten. Auch sah er die Gefahr, dass solches Geld womöglich einer weiteren offiziellen Abwertung unterzogen würde. Es war ihm also klar, dass er in Münzfragen auf den rechtsbrüchigen Kaiser nicht zu zählen brauchte, da er dessen Vorstellungen keineswegs teilte. Tatsächlich intendierte der Bayernherzog angesichts des Umstands, dass das positive Recht der Reichsmünzordnung so wenig beachtet wurde, eine aktivere, gleichwohl ausgesprochen defensive innerbayerische Münzpolitik zu betreiben. Dieses Ziel setzte er um, indem er sich einerseits durch rein bayerische Prägungen vom Reichsmünzwesen abkoppelte, andererseits Amtmänner an den Grenzen des Herzogtums anwies, mit Münzhandel befasste Kaufleute nicht ins Land zu lassen. Schon im September 1622 wertete er eigenmächtig durch seinen Vizekanzler Richel und den bayerischen Hofkammerpräsidenten Oswald Schuss die in sein Territorium gelangten Reichsmünzen ab – und somit auch die Inflationsprägungen des Konsortiums.471 Parallel zur Geldabwertung ließ er Warenpreise nach offiziellen Taxordnungen festlegen sowie Maßnahmen ergreifen, die geeignet waren, den eingeschlafenen Handel zwischen Land und Städten wieder zu beleben. Er schuf daneben Rechtsgrundlagen, gegen die Münzkaufleute hart vorzugehen – in Form von Folterungen, Inhaftierungen und hohen Geldstrafen. Damit wurde er gleichsam zu einem Vorreiter unter den Reichsfürsten, was Hilfsaktionen zur Minderung der Inflationsfolgen anging.472 Andere Fürsten hielten sich dagegen nicht an die Bestimmungen der Reichsmünzordnung oder betrieben gar eine so moderate, am positiven Recht orientierte Münzpolitik wie der Bayernherzog, zumal eine damals gängige Rechtsauffassung es einem jeden Landesherrn freistellte, mit dem 470 471
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Zitiert nach Altmann, Kipper- und Wipperinflation in Bayern, S. 146. Das wittelsbachisch administrierte Oberösterreich, das ursprünglich auch zum Vertragsgebiet des Konsortiums hätte zählen sollen, erfuhr im Mai 1623 eine deutliche Münzabwertung durch Kurfürst und Herzog Maximilian von Bayern, siehe Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 245. Vergleiche für den gesamten Abschnitt Altmann, Kipper- und Wipperinflation in Bayern, S. 114–118, 130–147, 152–155, 173, 181.
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Wert der Münze beliebig zu verfahren und damit sein Regal gewinnbringend auszubeuten. Noch der kaiserliche Rat Jakob Bornitz hatte Rudolf II. in seinem Werk De aerario sacro, civili, militari, communi et sacrarioni dazu geraten, nur „in casu extremae necessitatis“,473 also in größter Notlage, zum Mittel der Münzmanipulation zu greifen. Der zeitgenössische römische Jurist Sigismund Scaccia hingegen, der immerhin 1618 das päpstliche Imprimatur erhalten hatte, behauptete in seinem Tractatus de Commerciis et Cambio 474 dass der Geldwert auf der Autorität der höchsten Gewalt, nicht auf einer Wertschöpfung aus dem Waren- oder Geldverkehr beruhe. Der Geldwert sei „ad beneplacitum Principis“ 475 festzulegen. Ein Fürst könne das Verhältnis von Nominalwert und Feingehalt, also Schrot und Korn,476 beliebig bestimmen. Damit waren das Treiben der „Kipper und Wipper“ wie auch das Vorgehen des Münzkonsortiums theoretisch fundiert und gerechtfertigt. Ob diese Abhandlung Ferdinand II. und seinen Beratern freilich bekannt war, sei dahingestellt. Allerdings handelten sie quasi danach, weil sie von der noch aus dem Mittelalter stammenden Vorstellung ausgingen, dass nicht die „bonitas intrinseca“, die mit der Münze verbundene Kaufkraft, sondern der „valor impositus“, der Nennwert der Münze, entscheidend sei.477 Sie ließen sich unwissend auf das Prager Münzkonsortium ein – ein wahrhaft frühkapitalistisches Unternehmen, dessen Tragweite sie nicht im Geringsten zu überblicken vermochten. Mit dem Münzkonsortium brach Kaiser Ferdinand II. folglich, wie schon der herzoglich-bayerische Rat Richel mittelbar monierte, die Regelungen der noch in Kraft befindlichen Reichsmünzordnung.478 Ob diese nun für den Kaiser und Böhmen tatsächlich galt oder nicht, hängt von der Perspektive des Betrachters ab und muss freilich zunächst offen bleiben.479 Keinesfalls aber darf sie in diesem Zusammenhang als „längst totes Recht“480 einfach verworfen werden. Der Bruch dieser Ordnung war zwar unter den Fürsten des Reiches 473
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EA Frankfurt am Main 1612. Zitiert nach Stolleis, Die Finanzfrage in der deutschen Staatsräsonliteratur, S. 26. EA 1616, 2. Aufl. Frankfurt am Main 1648. Vergleiche Sigismundi Scacciae I. C. Romani Tractatus de Commerciis et Cambio, Cap. II, Glossa III, Absatz 80f.: „posset moneta cudi in materia et pondere pro valore et pretio ad beneplacitum Principis [Hervorhebung Vf.] quia esset idem ac si cuderetur cum omnibus requisitis et qualitatibus […] nam licet usus monetarum sit de jure gentium, tamen valor et materia monetae est de jure mere positivo.“ Zitiert nach Luschin von Ebengreuth, Das lange Geld, S. 55. Korn meint das Feingewicht – den Edelmetallgehalt –, Schrot das Gesamtgewicht einer Münze. Vergleiche etwa Hooffacker, Barocke Bildlichkeit um Geld und Eigennutz, S. 24. Viel zu hart dagegen ist das Urteil, wonach „nichts bei diesem Geschäft erstrebenswerter erschien, als Rechtsverletzung“. Janá#ek, Valdštejn, S. 243. Die juristische Forschung geht indes davon aus, dass das Reichsrecht grundsätzlich auch in den Erblanden galt: Christmann, Vereinheitlichung des Münzwesens, S. 60. So aber Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 54.
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durchaus üblich – dennoch gab es unter ihnen solche, die dieses Vorgehen strikt ablehnten, etwa Kurfürst Maximilian von Bayern. Aus dem Mittelalter stammende Rechtsvorstellungen, die Münzmanipulationen grundsätzlich erlaubten, scheinen nach wie vor verbreitet gewesen zu sein. Jedenfalls waren sie geeignet, das „Kippen und Wippen“ und damit auch das Münzkonsortium juristisch zu verteidigen. Die innere Zerrissenheit zwischen dem positiven Recht und der Möglichkeit zu größeren Gewinnen, das Dilemma des Geldes, führt auch ein zeitgenössisches Flugblatt481 mit dem Titel „Christliche treuherzige Warnung“ moralisierend vor Augen – hingegen verurteilte es Münzmanipulationen scharf (Abb. 16). Der vergängliche Mensch sei in Geldfragen, so die Kernaussage der nachfolgenden Abbildung, gespalten zwischen der Tugend der Gerechtigkeit – der Iustitia – und der Todsünde des Geizes, der Avaritia. Letztere führe unweigerlich in den Untergang, da sie – einmal begonnen – zum unersättlichen Hunger nach mehr führe, der schlechterdings nicht zu befriedigen sei. Kaiser Ferdinand II. war exakt in dieser unentscheidbaren Situation gefangen gewesen, als er sich auf das Prager Münzkonsortium eingelassen hatte. Dabei gab er denjenigen seiner Berater Gehör, welche ihm die profitträchtigsten Verheißungen machten. Das Reichsrecht indes schien nahezu vergessen.
c) Ein juristischer Schlagabtausch Allerdings gab es im Umfeld des Kaisers gewiss Anhänger des Reichsrechts, wenngleich es Geistliche waren, die es zutage förderten. Mitte 1624, inmitten der Phase der Inflation und kurz nach der offiziell erfolgten Geldabwertung, schlugen die Gegner des Münzkonsortiums ungewöhnlich hart und bemerkbar zurück. Dahinter standen womöglich die Jesuiten – denkbar wäre etwa auch Ferdinands II. Beichtvater Lamormaini, der ein dezidierter Widersacher Eggenbergs und Wallensteins war.482 Vermutlich also Personen, die mit Herzog Maximilian von Bayern, Kardinal Franz von Dietrichstein und der Societas Jesu, und damit den gegenreformatorisch gesinnten Gegnern der konvertierten Konsorten in Verbindung standen483 – namentlich nicht genannte theologi –, griffen in einem langen lateinischen Gutachten für den Kaiser484 das Münzkonsortium, Liechtenstein und insbesondere den Kaiser selbst und persönlich aufs Schärfste an. Ausdrücklich wurde auf den Bruch 481 482 483
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Scheible, Die fliegenden Blätter, nach S. 58. Vergleiche Bireley, William Lamormaini, S. 18, 23, 41, 47, 165. Diese Annahme bestätigen Albrecht, Maximilian I. von Bayern, S. 676, und Mannigel, Wallenstein, S. 499 Anm. 263. Ein ähnliches anonymes theologisches Gutachten zur Inflation, „puncta quaedam a theologis deliberanda circa futuram devalvationem monet[arum]“, findet sich auch
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Abb. 16: Das Flugblatt argumentiert sündentheologisch gegen die Auswüchse kapitalistischen Wirtschaftens. Im Gegensatz zu gegenwärtigen Gegebenheiten galt Geiz als gnadenlos und diabolisch. Wer sich auf exzessive Geschäfte einließ, verscherzte sich – in der Wahrnehmung der Zeitgenossen – sein Seelenheil und fiel dem Teufel anheim.
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der Reichsmünzordung hingewiesen. Stehenden Fußes folgte ein ellenlanges Gegengutachten, an dessen Abfassung zwei der Konsorten bezeichnenderweise beteiligt waren. Innerhalb einer guten Woche, vom 15. Juni bis zum 23. desselben Monats folgten im Jahr 1624 einander drei Gutachten zu derselben Angelegenheit. Dieser Schlagabtausch soll im Folgenden – erstmals in einer Darstellung – vorgeführt und interpretiert werden, da er nicht nur offen zur Sprache brachte, was sonst verschwiegen wurde, auch weil er die juristische Frage des Münzkonsortiums zu klären hilft.485 Das lateinische Gutachten der theologi spielte dialektisch geschickt mit der moralischen Kategorie von Gut und Böse, identifizierte mit ersterem die kaiserlichen Untertanen, mit zweitem den Kaiser und seine Konsorten, welche die Bevölkerung betrogen haben sollen. Deshalb wird nun die formal wie inhaltlich interessante Argumentationsstruktur des Gutachtens direkt nachgezeichnet: Empört warfen die „Theologen“ dem Kaiser vor, dass er selbst in größter Notlage kein Recht besitze, sein Münzregal gewinnbringend auszubeuten: „Nec prætextu publicæ necessitatis potest Princeps ex monetaria lucrum captare.“ Mit dem Münzkonsortium aber habe er Tür und Tor für zahlreiche Betrügereien eröffnet, was zum Zusammenbruch des Handels geführt habe: „aperitur via infinitis fraudibus, & commerciorum perturbationi.“ Zwar sei der Gewinn aus dem Konsortium groß, „enorme est lucrum“, doch dieser Profit in dunklen Kanälen versickert, „occultis modis fugitur.“ Das Geschäft an sich sei in höchstem Maße verbrecherisch und daher zu verurteilen: Es handele sich um eine „injustitia […] quæ jure divino & naturali damnatur.“ Zur Ausbeutung der Armen einerseits und zum Kriegsgewinn der Konsorten andererseits habe es gereicht, „per istum modum onerantur maxime pauperes.“ Dem stehe der Gewinn der Münzkonsorten gegenüber: „lucrum, quod […] Ministri faciunt ex eo negotiatione“.486 Der Kaiser sei „despotice“ vorgegangen, habe sich also wie ein Tyrann verhalten, seine Untertanen hingegen hätten dies vollends durchschaut: „populus intelligat.“ Dahinter stand der unaussprechliche, weil ungeheuere Vorwurf, der Kaiser sei letztlich noch unwissender als seine Untertanen und habe sich daher betrügen lassen. Sodann schien sich das dialektische Spiel zu beschleunigen. Der Kaiser wurde regelrecht vorgeführt. Es wurden die Vorwürfe auf Deutsch nochmals
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in ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 29. Juli 1623. Es riet dem Kaiser dringend zur Münzabwertung. Die bisher in sämtlicher Forschungsliteratur vernachlässigten Gutachten und Gegengutachten für den Kaiser finden sich bei dem zeitgenössischen kaiserlichen Geheimen Rat Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 10, Sp. 528–576. Zur Datierung der Gutachten auf die Zeit vom 15. bis zum 23. Juni 1624, vergleiche ebd., Sp. 528, 580. Die einzelnen Gutachten sind an sich undatiert, doch begrenzen Datumsangaben Khevenhillers davor und danach den betreffenden Zeitraum auf diese eine Woche. Ebd., Sp. 529.
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deutlicher wiederholt, nämlich dass „die Bestandener oder Conductores [also die Konsorten] ansehenlichen Nutz an Güthern, Gold und Silber realiter empfangen“, wohingegen „Ihre Maj. […] bey den scheinbaren Sechs Millionen schlechten Nutzen, sondern vielmehr in rei veritate grossen Schaden“ habe.487 Die Münzkonsorten hätten sich trefflich finanziell und mit konfiszierten Gütern bereichert, wohingegen der Kaiser selbst mit der Pacht in langer Münze betrogen worden sei. Noch größer aber sei der Schaden für „die Armen und Unwissenden […] des Königreichs Böheim“, wohingegen „die Reichen und Verständigen […] ansehlichen Nutz hierdurch erlangen möchten“.488 Der Betrug des Kaisers an seinen Untertanen und der Betrug am Kaiser selbst ließen sich abermals konstatieren. Das Gutachten kulminierte gewissermaßen im indirekten Vorwurf an den Kaiser, die Reichsmünzordnung von 1559 und ihre Bekräftigungen489 entweder nicht zu kennen, jedenfalls aber gebrochen zu haben. Ferdinand II. wurde die größte Inkompetenz respektive ein Bruch des Reichsrechts vorgehalten. Lakonisch-bissig merkte das Gutachten an: Es „wäre wohl der Mühe werth“, dem Kaiser die Reichsmünzordnung, die einst auf Vereinbarung der Reichsstände hin – „solemniter omnium Statuum Imperii consensu“ – beschlossen worden sei, doch einmal zu verlesen.490 Ganz gemäß dieser Ordnung wurde der Kaiser darauf aufmerksam gemacht, dass Verpachtungen der Münze grundsätzlich verboten seien:491 „Man könte auch Ihre Maj. erinnern, daß vermöge des Reichs=Abschieds kein Stand im Reiche seine Müntz=Gerechtigkeit […] verleihen […] kann“.492 Kurzum, der Kaiser wurde geradezu lächerlich gemacht. Doch damit nicht genug, wurden auch noch unerhörte Schlussfolgerungen aus den Vorwürfen gezogen. Das rhetorisch brillante Gutachten erreichte seine Klimax. Laut den Reichsabschieden zur Münzordnung sei die Praxis des Münzkonsortiums „sub poena confiscationis omnium bonorum & exilii“ verboten. Gegenüber den Münzkonsorten aber, von denen nur die „Fürstl. Gnaden von Lichtenstein“ namentlich genannt wurde, sei die Todesstrafe – „poena capitalis“ 493 – geboten. Außerdem wurde völlig zurecht auf die Einmaligkeit und Einzigartigkeit des Prager Münzkonsortiums hingewiesen: Denn es sei „zuvor nie gehöret worden, daß man mit dem Silberkauffe vnd Müntzen, als einem Kayser= vnd Königlichen Regali Monopolia getrieben haben solle.“ Erstmals 487 488 489
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Ebd., Sp. 530. Ebd., Sp. 531. Siehe den vorhergehenden Paragraphen zu den gängigen Rechtsauffassungen, wo auch die Reichsmünzordnung ausführlicher behandelt wird. Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 10, Sp. 532. So sahen dies bekanntlich auch Herzog Maximilian von Bayern und sein Rat Bartholomäus Richel (siehe oben). Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 10, Sp. 533. Verlangte das Gutachten der Theologen gegen das Münzkonsortium etwa die Köpfe der Gesellschafter? – Dies ist eine überaus interessante Frage, die sich indes allein auf Grundlage der khevenhillerschen Aufzeichnungen schwerlich beantworten lässt.
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habe der Kaiser sein Münzregal verpachtet, und zwar für „Böheim, Mähren vnd Oesterreich unter der Enß“.494 Die Botschaft an den Kaiser war klar: Angesichts seiner groben Fahrlässigkeit und Unwissenheit „sollten auch Ihre Maj. […] bey dem Ummüntzen […] keinen Gewinn suchen, sondern sich an dem Schaden, so bißhero denen Underthanen mit der neuen Müntze zugefüget worden, begnügen lassen“.495 Dem Kaiser wurde also in Münzfragen geradezu die Regierungsfähigkeit abgesprochen – entsprechend der bekannten Vorschrift der Reichsmünzordnung, wonach ein Fürst, der sein Münzregal verpachtete, dieses notwendigerweise verlor. Es ist erstaunlich, dass Graf Khevenhiller als scheinbar neutraler Berater des Kaisers ein derartiges Gutachten überliefert hat, welches Ferdinand II. ins denkbar schlechteste Licht stellte, indem eine dialektische Argumentation auf die Regelungen der Reichsmünzordnung gebaut wurde.496 Vielleicht gehörte Khevenhiller zu den Gegnern des Münzkonsortiums; dass er Trauttmansdorff nahe stand, der die Hofpartei um Eggenberg und damit das Münzkonsortium nicht unterstützte, ist kein Geheimnis. Vermutlich aber war das Gutachten zu Lebzeiten Kaiser Ferdinands II. geheim und wurde von Khevenhiller erst nach dessen Tod verwertet. Zwar kam dieses katholischtheologisch motivierte, freilich sehr wohl reichsrechtlich fundierte Gutachten nicht ohne massives Moralisieren aus, doch erhob es letztlich keinerlei unwahren oder überzogenen Vorwürfe gegenüber dem Kaiser. Vielleicht hätten seine Verfasser ja Gehör gefunden, wären sie nicht derart barsch und schroff vorgegangen. Jedenfalls folgte sofort – sollte anderes erwartet werden – ein Gegengutachten, das dem ersten zwar im Hinblick auf seine rhetorischen Qualitäten nachstand, dafür aber umso perfidere Lügen vorbrachte. Das zweite Gutachten wurde von der niederösterreichischen Regierung als Replik auf das vorangegangene verfasst. Kein Wunder also, dass dem Gutachtergremium zwei prominente Konsorten angehörten: Leonhard Helfried von Meggau als Statthalter von Niederösterreich sowie der Hofkammerrat Vinzenz Muschinger von Gumpendorf.497 Die neue Argumentationsstruktur war weder dialektisch, noch fußte sie auf gesetzlichen Regelungen. Letztlich folgte sie dem alt bekannten Prinzip, wonach ein bestimmtes Ziel die Wahl der Mittel, um es zu erreichen, rechtfertige. Damit passte sie hervorragend zur bekannten, überwiegend pragmatischen Motivation, zu den Intentionen der Mitglieder des Münzkonsortiums überhaupt.498 Zunächst wurde darauf insistiert, dass keinesfalls ein wie auch immer gearteter Reichsabschied, sondern allein die Autorität des Kaisers entschei-
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Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 10, Sp. 535. Ebd., Sp. 536. Siehe den vorhergehenden Abschnitt zur Reichsmünzordnung. Vergleiche Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 10, Sp. 545. Vergleiche Kapitel I. Abschnitt 2.
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dend sei für den Feingehalt der Münze.499 Jene Autorität sei gewahrt worden, schließlich habe Ferdinand II. mit den Geldern des Konsortiums die „Abzahlung der Soldaten, auch anderer Dienst=Gelder und Schulden guter Gulden […] abgestattet, und also dem schlechten Floreno […] die Würdigkeit des guten Guldens attribuirt und gegeben“.500 Was anmaßend anmutet, wies ein klares Argumentationsmuster auf: Ein guter Zweck heilige jederzeit ein schlechtes Mittel, und sei es noch so schlecht. Dies war und ist der Grundsatz der Staatsräson mindestens seit Machiavelli. Hier aber appellierten die ehemaligen Münzkonsorten eindeutig an das ureigenste Interesse des Erzhauses und Kaisers, welchen sie vertraten hatten. Um die Gegner zu verwirren, folgte die sonderbare, durch nichts nachweisbare Behauptung, der Gulden sei gar keine Währung, „sondern ein blosser Name“, eine reine Recheneinheit, „nach welche[r] sich die Stücke und Species gegen einander, als wie die Waaren durch ein Maaß verglichen“.501 Und ein Rechenmaß könne man schließlich beliebig verändern. Dies war freilich eine terminologisch-definitorische Spitzfindigkeit, die ebenfalls einen klaren Zweck hatte. Diese der gezielten Verwirrung dienende Behauptung war schlicht gelogen und widersprach der gültigen Reichsmünzordnung eklatant: Der 1559 eingeführte Gulden hieß zwar „Rechengulden“, weil er den Anspruch erhob, das Reichsmünzwesen dereinst zu vereinheitlichen, ein reines Rechenmaß hingegen war er nie. Meggau und Gumpendorf gingen sogar noch weiter, indem sie auf billigste Weise unsachlich wurden, und ihre Gegner – die theologi des Erstgutachtens – ob ihrer Profession persönlich angriffen. Die „Conclusa Juristarum & Theologorum“ hätten „keinen genugsamen Grund“, schließlich „wären wohl Exempla heranzuziehen, daß bemeldete Juristen und Theologi adversae opinionis sich untereinander selbst versteigen“.502 Die Gegner wurden zu zerstrittenen Gelehrten degradiert, die keinen klaren Gedanken zu verfassen vermögen, sich vielmehr in ihrer seltsamen Wissenschaftlichkeit verirren. Es begegnete also ein Zweckpragmatismus auf ganzer Linie, der mit Behauptungen, unwahren Aussagen, Diffamierungen und letztlich mit der Lüge operierte. Im Wiener Hofkammerarchiv findet sich ein weiteres undatiertes anonymes Gutachten,503 vermutlich aus dem Umfeld des mährischen Landeshauptmanns Kardinal Franz von Dietrichstein, wonach angesichts der Inflation dem Kaiser gegenüber geradezu drohend festgestellt wurde: „wirdt solches khünfftiger Reichtag erörtern müessen.“ Das bisher Geschehene – Münz-
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Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 10, Sp. 546. Ebd., Sp. 549. Ebd., Sp. 553. Ebd., Sp. 556. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23 [unpaginiert].
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verpachtung, Silbergeschäft und Inflation – wurde mit sorgfältiger Präzision – unter Berufung auf das Reichsrecht – zusammengefasst und konstatiert, dass der Kaiser sich „mit dem verdambt vneherlichen aufwexeln der Münz“ nicht gut verhalten habe. Es wurde gefordert, die Münzkonsorten „an leib vnd guet zubestraffen [...] das Jedermann darob ein abscheu tragen solle“, jeden Münzhandel im Sinne der Reichsmünzordnung zu verbieten und zu kontrollieren, ob die Gesellschafter überhaupt die für Mähren festgelegte Pachtsumme von einer Million Gulden rechtmäßig bezahlt hätten. Zuletzt wurde dem Kaiser nachdrücklich empfohlen, künftig einen einheitlichen Münzfeingehalt in seinen Erblanden einzuhalten und sich in monetären Angelegenheiten näher mit der „Reichs versamblung“ abzustimmen. Der Kaiser war wohl – angesichts solcher Gutachten – Mitte 1624 in einem regelrechten Dilemma gefangen. Auf wen sollte er hören? Weder konnte er denen, die zwar der Wahrheit den Primat gaben, ihn jedoch zugleich angriffen, einfach Recht geben, noch wollte er wohl auf die Beteuerungen jener hören, die ihn bereits beispiellos betrogen hatten. Es folgte eine weitere, diesmal etwas neutralere Stellungnahme504 des Abtes von Kremsmünster und des Grafen von Stralendorff, welches von Maximilian von Trauttmansdorff approbiert wurde. Anton Wolfradt von Kremsmünster war übrigens 1623 – aufgrund der Inflation – neuer Hofkammerpräsident geworden, löste also den Konsorten Gundaker von Polheim ab.505 Dies zeigte abermals, dass sich Ferdinand II. anderthalb Jahre nach Vertragsschluss, angesichts des fehlgeschlagenen Geschäfts, nicht mehr blind auf die Münzkonsorten verließ. Das neue Gutachten stellte summa summarum fest, dass das Verhätnis von „bonitas intrinseca“ und „valor impositus“ nicht willkürlich sei, sondern dass sich – in heutiger Diktion – der Edelmetallgehalt einer Münze an deren realer Kaufkraft zu orientieren habe.506 Dieser sachlichen Logik musste sich Ferdinand II. beugen. Der Kaiser akzeptierte nunmehr endgültig, dass er nicht mehr beliebig mit seiner Münze verfahren dürfe. Zu weiteren juristischen Nachspielen ernsterer Art kam es – bis auf die Prozesse gegen Liechtenstein – indes nie. Die Konsorten blieben unbelangt.
d) Die langen Liechtensteinprozesse Ausgerechnet die Wiener Hofkammer, die ja ursprünglich institutionell wie personell wesentlich am Zustandekommen des Vertrages zum Münzkonsortium beteiligt gewesen war, wandte sich schon im Oktober 1623 scharf gegen
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Eine genaue Datierung ist auf Grundlage von Khevenhiller, Annales Ferdinandei, schwer möglich. Bireley, William Lamormaini, S. 19. Vergleiche Khevenhiller, Annales Ferdinandei, Bd. 10, Sp. 563f.
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Karl von Liechtenstein, der für die Ausmünzung minderwertigen Geldes verantwortlich gemacht wurde. Entgegen dem Contract sei auf Kosten der kaiserlichen Kasse zu gering ausgemünzt worden, so lautete der Vorwurf.507 Ein Hofkammerschreiben warf den Münzbestandsleuten vor, die Mark Silber zu 117 bis 163 Gulden, schließlich zu 320 Gulden zu Münze geschlagen zu haben.508 Auch Wallenstein sah sich Anklagen ausgesetzt: Nachdem de Witte ja noch in der Vertragslaufzeit beim Kaiser denunziert worden war,509 wandte sich Wallensteins Vetter und Intimfeind Wilhelm Graf Slawata510 im Dezember 1624 mit einem Brief an den Kaiser, in welchem er ganz offen die durchaus berechtigte Frage stellte, woher der Friedländer die vielen Millionen, um sein Herzogtum zu arrondieren, hatte. Slawata wies zurecht darauf hin, dass Wallenstein nur durch Bezahlungen in langer Münze dazu in der Lage gewesen war.511 Daneben wurden Michna und Liechtenstein in diesem Brief unlauterer Machenschaften bezichtigt. Offenkundig geschah auf diese Anklagen hin jedoch nichts – weder im Fall Liechtensteins, noch im Fall Wallensteins. Schließlich war der Kaiser finanziell von beiden mehr als abhängig. Er war auf sie angewiesen. Dennoch wurde der böhmische Kammerrat Graf Siegmund von Wolkenstein noch unter Ferdinand II. mit Ermittlungen beauftragt, die sich allerdings jahrelang ergebnislos hinzogen, da die mächtigen Konsorten dafür sorgten, dass ein mehr oder minder subalterner Amtmann nichts Wesentliches erfuhr. Dieser beschwerte sich 1627 beim Kaiser darüber, dass „die Principaln unter den Münz-Consorten“ 512 seine Arbeit und damit jede Aufklärung behinderten. Die führenden Konsorten waren zweifelsohne zu mächtig und zu wichtig für Kaiser Ferdinand II., als dass er auch nur daran gedacht hätte, sie anklagen zu lassen. Erst unter Kaiser Ferdinand III. wurde 1637 die barock betitelte „Königl. Böhm. General- Münz- und Confiscations- Laesion- Auss- und Verrichtungs-Commission“ 513 berufen, welche wiederum von Wolkenstein geleitet wurde. Von de Wittes Söhnen wurde sie unter Zusicherung der Straffreiheit unterstützt. Jene stellten die Unterlagen ihres Vaters zur Verfügung. Außerdem besaß die Kommission eine schriftliche Aussage des verstorbenen ehemaligen
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Das Münzkonsortium habe illegalerweise „die alhie in accordirten Halt und Fein geschlagenen Khaiserl. Münz […] verführt, verschmelzt, gebrochen, umbgemünzt, vnd etlich Millionen dardurch erhalten“. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 124. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23 [unpaginiert und undatiert]. Vergleiche Kapitel II. Abschnitt 6. Er war neben Martinitz einer der im Mai 1618 defenestrierten kaiserlichen Statthalter. Teile des Briefes bei Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 36f. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 125f. Ebd.
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Münzmeisters Huebmer von Sonnleithen, den Liechtenstein aus dem Amt gedängt hatte.514 Das Gremium erhob daraufhin schwere Vorwürfe: Liechtenstein habe den Fiskus um 1,8 Millionen Gulden geschädigt, indem er die Prager Mark genau gleich wie die Wiener Mark ausgeprägt habe.515 Dadurch, dass die sechs Millionen Gulden Jahrespacht in langer Münze bezahlt wurden, sei der Kaiser um 3,6 Millionen geprellt worden.516 Abenteuerliche 10,8 Millionen Gulden Schadenersatz517 verlangte die Kommission von Karl Eusebius von Liechtenstein, dem Sohn, Erben und Nachfolger Karls von Liechtenstein. Er war schließlich aufgrund seines Reichtums der einzige noch tatsächlich belangbare Nachfahre eines Konsorten, nachdem Versuche, auch die Erben Eggenbergs und Michnas zu belangen, fehlgeschlagen waren. Karl von Liechtenstein wurde zum Drahtzieher und Hauptverantwortlichen des Konsortiums stigmatisiert und wegen aller nur möglichen und unmöglichen Vergehen verunglimpft. 1655 verglich sich sein Sohn Karl Eusebius gegen die Zahlung von einer Million Gulden mit der Hofkammer; doch genügte auch dies nicht. Kaiser Leopold I.518 initiierte mit Hilfe Wolkensteins einen weiteren regelrechten Liechtensteinprozeß, der indes mit der Schwierigkeit zu kämpfen hatte, dass die Rechnungsbücher de Wittes schon damals unauffindbar waren und blieben.519 Hart und unangemessen waren die Vorwürfe gegen Liechtenstein. Er habe sich des Silberzeugs des Winterkönigs bemächtigt – tatsächlich aber hatte ihm Ferdinand II. dieses geschenkt. Durch Ausprägung mit vermindertem Feingehalt habe das Münzkonsortium den Kaiser um 17,8 Millionen Gulden geprellt.520 Erst im Mai 1665 gestand der dann doch noch maßvolle Kaiser
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Ernstberger, Hans de Witte, S. 116. Dies sah übrigens schon der Vertrag zum Münzkonsortium ausdrücklich vor. Insofern war der Vorwurf haltlos. Dass die Jahrespacht in geringwertiger Münze bezahlt wurde, war an sich nicht vertragswidrig. Vergleiche Kapitel II. Abschnitt 4. Bisweilen ist sogar von über 31 Millionen Gulden Forderungen die Rede. Vergleiche unter anderem Pick, Die Prager Exekution, S. 22. Zu seiner ansonsten auf Ausgleich bedachten kaiserlichen Persönlichkeit, welche übrigens die Permanenz des Reichstags nicht nur akzeptierte, sondern auch beförderte, vergleiche den Aufsatz von Schindling, Leopold I. Bis heute scheinen sie verschwunden. Wien und Prag scheiden nach den Recherchen des Vf.s als Archivorte aus, zumal auch das Hausarchiv des Regierenden Hauses Liechtenstein im gleichnamigen Palais für entsprechende Forschungen bemerkenswerterweise nicht zugänglich ist. Freilich könnten die einschlägigen tschechischen Adelsarchive der anderen beteiligten Familien untersucht werden. Ernstberger – als bester Kenner der Materie – jedenfalls urteilte nach schweren, vergeblichen Anstrengungen, die Geschäftsbücher de Wittes beziehungsweise des Konsortiums aufzutreiben: „Sie waren und bleiben und sind wahrscheinlich unauffindbar verschwunden.“ Ernstberger, Hans de Witte, S. 118 Anm. 28. Gindely, Geschichte der Gegenreformation in Böhmen, S. 352f. Dort (S. 348– 388) auch weitere Einzelheiten zu den Prozessen in aller Ausführlichkeit.
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Leopold – wiederum gegen die Zahlung mehrerer hunderttausend Gulden – Fürst Karl Eusebius ein General-Absolutorium zu, womit die jahrzehntelangen Prozesse gegen Liechtenstein und das Münzkonsortium ein Ende fanden. Leopold erteilte Karl Eusebius das Absolutorium für „die unterthänigst langwührige, getrew unndt nutzliche dienste, die sowohl seiner liebden vatter seel. [Karl von Liechtenstein] alß dero gantzes hauß unserm erlauchtesten ertzhaus […] gelaistet und […] auch noch [für] beraiths hergeschoßenen nambhafften unndt grossen summae geldts undt gemachten anticipation.“ 521 Interessant erscheint hier wiederum der Hinweis auf Liechtensteins Rolle als Kreditgeber. Möglicherweise ging es bei den Prozessen gegen Liechtenstein ja auch darum, zu verhindern, dass die durch Karl von Liechtenstein erworbene Reichsfürstenwürde durch Sitz und Stimme auf dem Reichstag mit echter Macht erfüllt worden wäre. 1699 gelang dem Haus Liechtenstein der Kauf der überschuldeten, winzigen, aber reichsunmittelbaren Herrschaft Schellenberg, 1712 der Erwerb der ebenfalls sehr kleinen Reichsgrafschaft Vaduz. Schellenberg und Vaduz wurden 1719 durch den Kaiser zum Reichsfürstentum Liechtenstein erhoben, womit Liechtenstein Sitz und Virilstimme im Reichsfürstenrat erhielt.522 Dagegen hatte es Widerstände gegeben – schließlich war Liechtenstein aus Sicht der altfürstlichen Häuser und Reichsstände ein emporgekommenes Haus, das obendrein habsburgische Interessen über diejenigen des Reiches stellte. Dies mag überhaupt den Widerstand Maximilians von Bayern und der katholischen Reichsfürsten gegen konvertierte Aufsteiger wie Wallenstein, Eggenberg und Liechtenstein erklären. Vielleicht spielte deshalb das Münzkonsortium bis ins späte 17. Jahrhundert eine so große Rolle: 1680 folgte jedenfalls nochmals ein kurzes Aufflammen der Angelegenheit, dem Karl Eusebius indes diesmal mit seinem Absolutorium nach mehr als vierzig Jahren währenden Prozessen ein endgültiges Ende setzte. Ein solches kaiserliches Absolutorium523 hatte sich Wallenstein gegen 700.000 Gulden übrigens schon Ende 1625 in weiser Voraussicht ausstellen
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Haupt, Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein, 1611–1684, S. 144. Haupt hütet sich jedoch davor, das Münzkonsortium, die Prozesse oder das Absolutorium zu kommentieren oder gar zu bewerten, vielmehr erschöpft er sich in langen Zitaten. Dies legt nahe, dass das Haus Liechtenstein auch heute noch an einem Schweigen über die Aktivitäten seines wichtigsten Stammvaters interessiert ist. Sämtliche Titel der fürstlich-liechtensteinischen Landesgeschichte schweigen ebenso oder erschöpfen sich in kryptischen Formulierungen: „Es ist schwer, seinen [Karl von Liechtensteins] Anteil an persönlicher Verantwortung […] nach den Ereignissen von 1620 festzustellen. Vorliegende Beweise lassen darauf schließen, dass Karls Charakter gemäßigt war, ausgenommen seine unerbittliche und kluge Anhäufung von Besitz.“ Beattie, Liechtenstein, S. 16. Vergleiche Klein, Die Erhebungen in den weltlichen Reichsfürstenstand, S. 140– 143, und Schlip, Die neuen Fürsten, S. 285. Es findet sich vollständig gedruckt bei Bílek, Beiträge zur Geschichte Waldstein’s, S. 305f. Ebenso bei Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats,
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lassen, wohl aufgrund der gegen ihn erhobenen Anklagen. Dieses ist ferner für das Münzkonsortium generell und für des Kaisers Verhältnis zu ihm aufschlussreich. Es regelte zunächst, dass womöglich mit langer Münze erworbene Güter zum legalen Eigentum Wallensteins gehörten und seine Erben deswegen nicht belangbar seien. Ausdrücklich anerkannte Kaiser Ferdinand II. persönlich, dass „Unser lieber Oheimb undt Fürst Albrecht […] Wallstein […] viel vnterschiedliche Rebellenguetter in Unserm Erbkönigreich Böheimb in ringhaltigen […] Müntzsortten erkaufft vnd an sich gepracht“. Trotz „Unsers hierunter erlittenen grosen schadens“ werde Wallenstein nicht belangt, „weilen mit solchen geltern dero Kriegsvolck, wie auch Unsere gantze Armada bezahlt worden, wir darbey keinen schaden gelitten.“ 524 Hier taucht abermals die bekannte Argumentation der am Geldgeschäft partizipierendem Gesellschafter auf, wonach der Zweck die Mittel heilige. Damit ist überdies klar, dass das Münzkonsortium von Anfang an und auf Wunsch des Kaisers daraufhin ausgerichtet war, massiv Inflationsgeld auszuprägen, um damit Söldner zu bezahlen und den Krieg zu finanzieren. Dass dabei die Ausführenden, die Mitconsorten de Wittes, den Vertrag brachen, illegale Gewinne erzielten und damit wohl auch den Kaiser betrogen hatten, wog für den Kaiser letztlich viel weniger schwer als die unentbehrlichen geleisteten Dienste, die „viel ansehenliche[n] und nutzliche[n] officia“.525 Ferdinand II. war, weil er sich vermutlich tatsächlich in Geldsachen kaum auskannte, auf das Konsortium schlicht angewiesen. Seine einzigen diesbezüglichen Berater waren die Münzkonsorten – sei es, dass es ansonsten keine kompetenten Financiers gab, sei es, dass zwar solche vorhanden waren, jedoch nicht zum Kaiser vordrangen. Nur durch das Konsortium war es dem Kaiser folglich möglich gewesen, den Krieg einigermaßen geordnet fortzusetzen. Nur durch die Konsorten konnte er den Krieg bezahlten und Truppen werben, aufstellen und abmustern. Nur durch sie war er in der Lage gewesen, seine Erblande erblich und untertänig zu erhalten. Der Kaiser war pekuniär vom Konsortium abhängig, viel weniger als es die Konsorten vom Kaiser waren, und eben daraus zogen die Mitglieder des Konsortiums ihre Vorteile. Jenes genoss den sicheren Schutz des Kaisers und damit in begrenztem Rahmen gewissermaßen Narrenfreiheit.
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S. 38. Dort alle folgenden Zitate. Vergleiche die ganz ähnlich lautende Rechtfertigung des Karl Eusebius von Liechtenstein vierzig Jahre später, der seinen Anwalt anwies, Kaiser Leopold darauf hinzuweisen, „daß ihr kay. mtt. einzigen schaden wegen […] der langen müntz nicht haben, dann es der militiae undt anderm beschehen, so statt ihr kay. maytt. seindt bezahlt worden undt so mehrers der cammer zu nutzen als zu schaden“ gewesen sei. Haupt, Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein, S. 142. Bei Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 38
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Zwischenbilanz Was die rechtliche Frage des Münzkonsortiums anlangt, lässt sich festhalten: Kaiser Ferdinand II. brach die gültige, auch für ihn als Reichsoberhaupt verbindliche Reichsmünzordnung, betrog also im Sinne des Reichsrechts indirekt seine Untertanen. Doch wurde er auch selbst getäuscht, da sich die Konsorten nicht an die Bestimmungen des Vertrages mit ihm hielten, welcher an sich ja schon illegal war. Das Münzkonsortium war aus rein juristischer Perspektive, im Sinne des gültigen Rechts, ein Skandal ersten Ranges. Dass Ferdinand II. auch als Kaiser nicht aus absoluter Machtvollkommenheit handeln konnte, zeigten die Bestimmungen der reichisch-imperialen Geldgesetze, welche Herzog Maximilian von Bayern und die Gegner des Konsortiums für verbindlich hielten.526 Letztlich gestand dies sogar der Kaiser selbst ein, wenn er ein prozessuales Vorgehen gegen den Erben Karls von Liechtenstein erwog und zuließ. Allerdings stellt sich dann die weitere Frage, ob der Kaiser in diesem Fall darauf abzielte, nunmehr das Haus Liechtenstein gezielt und zweckgerichtet zu belangen. Wenn auch diese Frage nicht in letzter Konsequenz geklärt werden kann, so wird doch mehr als deutlich, welche politische Tragweite eine frühkapitalistische Unternehmung wie das Münzkonsortium haben konnte.
9. Kriegsfolgen in praxi: Wirkungen und Wahrnehmungen bis hin zu Aspekten der Staatsbildung Selbst die Wirkmächtigkeit der lebensweltlichen Folgen des Münzkonsortiums war alles andere als gering. Wenngleich die ökonomischen und sozialen Folgen des Münzkonsortium noch weit weniger erforscht sind, als dies auf seine Tätigkeit zutreffen mag, lässt sich doch eine sehr schwere, allumfassende Finanz- und Wirtschaftskrise im Böhmen der ersten Hälfte der 1620er Jahre konstatieren. Die vormodernen Institutionen versuchten zwar, der Krise Herr zu werden, schafften dies jedoch nicht einmal im Ansatz. Nachdem sowohl die Konfiskationen als auch das Münzkonsortium wesentlich dazu beigetragen hatten, das Land von Grund auf neu zu strukturieren, wurde es mit einer neuen Landesordnung 1627 dem frühen fürstenstaatlichen Absolutismus des Kaisers unterworfen.
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Entgegen Trawnicek muss betont werden, dass es sich um den Bruch geltender rechtlicher Maßstäbe der Zeit handelte, und nicht um „längst totes Recht“. Trawnicek, Münzjuden unter Ferdinand II., S. 54, 62.
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III. Konsequenzen des Konsortiums a) Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Inflation
Dadurch, dass die lange Münze die alte im Umlauf weitestgehend verdrängt hatte,527 kam es zu einer massiven Inflation mit allen üblichen Auswirkungen, wie auch der mährisch-böhmische Niederadlige Nikolaus Dačický von Heslov in seiner Chronik zu berichten wusste: Der alte Silbergulden, ursprünglich rund 70 Kreuzer wert, stieg 1622 auf 350 Kreuzer und wurde 1623 gar für bald 700 Kreuzer – mehr als das Zehnfache innerhalb weniger Jahre – auf dem Markt gehandelt.528 Im Wiener Hofkammerarchiv findet sich ein „Ver Zaichnus der groben MüntzSorten, wie die von Anno 1582 bis 1623 in gemain gestiegen v:[nd] gefallen“,529 welches eindrucksvoll die Inflationsjahre dokumentiert. Demnach wurde der relativ wertstabile Goldgulden von 1620 zu zwei Silbergulden und 30 Kreuzer gehandelt. Er stieg bis März 1623 auf über 13 Silbergulden, um nach einer ersten Abwertung im Oktober 1623 nurmehr rund sechs Gulden zu entsprechen. Eine solche Inflation musste soziale Folgen mit sich bringen. Diese waren nicht nur marginal, sondern nachgerade katastrophal. Bis weit nach 1625 soll die Bevölkerung Böhmens deswegen Not gelitten haben: Ein weiterer zeitgenössischer Chronist – Pavel Skála „vom Berg“ – berichtet, dass sich die Untertanen aufgrund der Teuerungen selbst Grundnahrungsmittel wie Brot und Bier nicht mehr zu leisten vermochten und Hunger ertragen mussten.530 Insbesondere Bezieher fester Einkommen sind wohl in hohem Maße betroffen gewesen – etwa Rentiers und Stipendiaten sowie Pfarrer, Amtmänner, Schulmeister, Knechte oder auch Diener. Dagegen schienen sich gerade Gläubiger, Händler, Gewerbetreibende und Bauern, die ihre Ernte verkaufen wollten, gegen die offizielle Münzabwertung zu wehren. Das Urteil der älteren tschechischen Forschung, wonach das Konsortium umfassend negative Folgen mit sich brachte, trifft also zu: „Nach dem de Witteschen Konsortium blieben als Erbe eine zerrüttete Währung, ein ruiniertes Volk und ausgeplünderte Untertanen.“531
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Dass geringwertig geprägtes Geld das gute grundsätzlich verdrängt, so dass fast nur noch schlechtes zirkuliert, erkannte der Finanzberater Königin Elisabeths I. von England, John Gresham, schon in den 1570er Jahren. Nach ihm wurde das entsprechende Greshamsche Gesetz der Volkswirtschaftslehre benannt. Vergleiche Braudel, Sozialgeschichte des 15.–18. Jahrhunderts, Bd. 1: Der Alltag, S. 503. Der Golddukat galt vor dem Krieg 105 Kreuzer. 1622 stieg er auf über 600 Kreuzer, 1623 durchbrach er die 1100 Kreuzer. Vergleiche zur Chronik Dačickýs: Janá#ek, Valdštejn, S. 245. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23. Kostlán, Dlouhá mince, S. 118. Rumpl, Moravské vládní mince, S. 231, 242.
9. Kriegsfolgen
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Die Inflation in den böhmischen Ländern532 brachte in der Tat erhebliche Preissteigerungen und Teuerungen mit sich, ja eine schwerwiegende Waren- und Lebensmittelknappheit. Die Masse der Zivilbevölkerung war gezwungen, mit den Folgen der Unternehmung alleine fertig werden. Am eigenen Leib musste sie spüren, was zunächst nur im Geheimen vor sich ging.533 Die enormen Preisaufschläge betrafen vor allem Nahrungs- und Lebensmittel; Löhne und Preise für Fertigwaren dagegen eher weniger stark an oder sanken sogar – was wiederum den Kaufleuten zuwider laufen sollte. Dies veranschaulicht auch unten folgende Graphik534 (Abb. 17) zum Wien der Inflationsjahre, das zum niederösterreichischen Vertragsgebiet gehörte. Der Vergleich zeigt, dass sich der Preis für den absolut lebensnotwendigen Roggen gemessen am Referenzjahr 1615 (=100) mehr als verdoppelte. Das Luxusgut Fleisch hingegen verteuerte sich nur um rund ein Viertel, wohingegen verarbeitete Produkte wie Holzkohle, Eisen oder Tierhäute im Preis sogar fielen. Entsprechend scheinen auch die Löhne für Handwerker und Arbeitskräfte generell gesunken zu sein, was auf einen deutlichen Rückgang der Wirtschaftsaktivität insgesamt und damit eine hohe Arbeitslosigkeit schließen ließe. Ob es gar zur katastrophalen Hungersnot kam, kann nicht geklärt werden, jedoch geben diese Preis- und Lohnindizes konkrete Hinweise darauf, wenn ein Grundnahrungsmittel so viel teurer wurde und noch dazu die Handwerkerlöhne so stark zurückgingen. Dieses Bild umfassend negativer Konsequenzen bestätigt insgesamt auch eindrucksvoll das zeitgenössische Theatrum Europaeum des Straßburger Gelehrten Abelin.535 1622 bereits habe es „grosse Anlauff wegen der falschen Müntz“ gegeben, das heißt, dass es zu schweren Unruhen gekommen war. Unermessliche Preissteigerungen, insbesondere bei Nahrungsmitteln, führten zum Zusammenbruch des Wirtschaftslebens: „Handel und Wandel [seien] fast ganz erlegen.“ Vor allem Grundnahrungsmittel waren von einer unkalkulierbar schlimmen, durch die von „Wipperern und Kipperern vornemlich verursachte[n] Thewrung“ betroffen, so dass „die Becker und Bierbräwer […] weder Brot backen noch Bier brauen wollen und können.“ Aufgrund der dadurch enstandenen Hungerkrise sei es zu „grosse[n] Auffläuff und Tumult vom gemeinen Mann“ gekommen. Wie diesen Aufständen, deren geographische Ausdehnung unklar bleibt, seitens der Obrigkeit begegnet wurde, erfuhr keine Erwähnung. Die 532
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Nicht nur diese, weite Teile der Erblande waren betroffen, vergleiche Hirn, Die lange Münze in Tirol; Luschin von Ebengreuth, Das lange Geld; Newald, Beiträge zur Geschichte des österreichischen Münzwesens. Das Urteil, das Münzkonsortium habe der Wirtschaft erheblichen Schaden zugefügt, und damit auch der Bevölkerung, ist durchaus zutreffend: „[It] destroyed thousands of families at all levels of the population“; „[it] threw all economic relations into chaos.“ Polišenský, The Thirty Years War, S. 138, 142. Nach Abel, Massenarmut und Hungerkrisen, S. 144. Abelin, Theatrum Europaeum, S. 676. Alle weiteren Zitate ebd.
III. Konsequenzen des Konsortiums
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250 200 150 100 50 0
Abb. 17: Die Stadt Wien gehörte zum niederösterreichischen Vertragsgebiet des Prager Münzkonsortiums. Die Zahlen belegen, gemessen am Referenzjahr 1615 (=100), eine Preisexplosion bei Grundnahrungsmitteln, wohingegen sich Preise für Arbeit und handwerkliche Produkte verbilligten. Es ist daher von einer deutlichen Inflation und erheblichen Wirtschaftskrise für die Jahre 1622/23 auszugehen. Tumulte aufgrund von Teuerungen sollen jedenfalls in den habsburgischen Erblanden und in Böhmen am stärksten gewesen sein.536 Es gibt indes sogar Hinweise darauf, dass die durch das Münzkonsortium mit verursachte Katastrophe – zweifelsohne der Höhepunkt der Kipper- und Wipperjahre schlechthin – Auswirkungen auf das ganze Währungswesen hatte.537 Die unten folgende, vom Vf. erstellte Graphik538 (Abb. 18) – auf Basis der Mitte der 1960er Jahre getätigten Forschungen des eminenten französischen Historikers Fernand Braudel und seines Fachkollegen Frank C. Spooner – zeigt, welch tiefe Zäsur die Jahre 1622/23 darstellten. Der Feingehalt des Rechnungsguldens, sozusagen die Leitwährung des Alten Reiches, brach innerhalb weniger Monate massiv ein und fiel von weit über zehn auf nur noch rund drei Gramm Silber das Stück. Dies war das Ergebnis 536 537
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So Langer, Der Dreißigjährige Krieg, S. 288. Der Annahme, dass das Münzkonsortium während der Phase des „Kippens und Wippens“ lediglich eine marginale Rolle gespielt habe, muss widersprochen werden, wenngleich ihm eine neue Geschichte des Dreißigjährigen Krieges lediglich „a relatively small role in the overall crisis“ beimisst. Wilson, Europe’s Tragedy, S. 797. Nach Braudel, La Méditerranée et le monde méditerranéen, Bd. 2: Destins collectifs et mouvements d’ensemble, S. 213.
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Abb. 18: Der Rechengulden, gewissermaßen die Leitwährung des Reiches, brach 1622 ganz erheblich ein. Sein Silberfeingehalt fiel in kurzer Zeit von über 15 auf 3 Gramm. Dies ist insbesondere auf die Aktivität des Prager Münzkonsortiums zurückzuführen. Erst die Erklärung des Staatsbankrotts und die Neuordnung des Währungswesens konnten die Krise überwinden. des „Kippens und Wippens“ und damit auch des Münzkonsortiums. Einen deutlichen Einbruch zeigten zur selben Zeit übrigens ebenfalls einige andere europäische, gerade auch die italienischen Währungen oder der Danziger Grosz, wohingegen allein das Pfund Sterling auf hohem Niveau von über hundert Gramm Feinsilber stabil war – was darauf zurückzuführen ist, dass die englische Wirtschaft von kontinentalen Entwicklungen seit jeher abgetrennt war. Der reichische Rechnungsgulden hingegen fiel, nachdem er zu Beginn des Jahrunderts noch rund 19 Gramm und vor den 1620er Jahren rund 17 Gramm Feinsilber aufgewiesen hatte, in den Jahren 1622/23 auf unter drei Gramm, was eine schwerwiegende Inflation bis an den Rand der Katastrophe zur Folge haben musste. 1624 wurde der Gulden nach der Erklärung des Staatsbankrotts wieder auf weit über 15 Gramm Silber aufgewertet. Die quantitative Geschichtsschreibung, welche sich ursprünglich innerhalb der wegweisenden Schule der französischen „Annales“ wirtschaftshistorisch-statistischen Methoden geöffnet hatte, bietet weitere zahlreiche Hinweise darauf, welch umfassende Katastrophe während der Jahre 1622/23 im Reich um sich gegriffen haben muss: Die Inflation brachte enorme Preissteigerungen gerade für subsistentielle Güter mit sich, welche schlicht lebensnotwendig waren, aber auch darüber hinaus. So explodierten in Würzburg die Preise für Eisen als Metall mit hohem Rohstoff- und
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III. Konsequenzen des Konsortiums
Verarbeitungsaufwand,539 in Frankfurt am Main jene für Weizen – eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel. Ähnliches lässt sich auch für die österreichischen Erblande und München als Residenzstadt des Herzogtums Bayern feststellen, wo der Weizenpreis astronomische Höhen erreichte. Auch in der freien Reichsstadt Straßburg waren analoge Entwicklungen spürbar. Gerade Nahrungsmittel wie Getreide – in beschränkterem Maße auch Fleisch, ja sogar Wachskerzen – verteuerten sich in den genannten Städten deutlich. Sowohl im Elsass, in Augsburg als auch in Wien sanken die Löhne für Bauhandwerker, wohingegen sich die Lebenshaltungskosten in einem knappen Intervall von nur zwei bis drei Jahren nahezu verdoppelten. Es ist keineswegs übertrieben, einen deutlichen Preisausschlag der Nominalpreise für Weizen in ganz Europa zu konstatieren.540 Präzisere wirtschaftshistorische Studien wären freilich notwendig, um das volle Ausmaß der Katastrophe zu bestimmen. Dass 1622/23 – auf dem Höhepunkt des Treibens der „Kipper und Wipper“ – eine profunde Währungsund Wirtschaftskrise vorherrschte und diese geradezu zentraleuropäische Ausmaße annahm, kann jedoch keinesfalls bezweifelt werden. Daran hatte das Prager Münzkonsortium gewiss einen sehr wesentlichen, vielleicht entscheidenden Anteil, zumindest was das Heilige Römische Reich anlangt.541
b) Vergebliche Versuche, der Inflationsfolgen Herr zu werden In Böhmen wirkten nicht nur die Inflation, sondern ebenso die anschließende Geldabwertung im Zuge des Staatsbankrotts doppelt desaströs auf den Handel und auf das öffentliche Leben insgesamt. Händler wollten nur noch alte Münze annehmen,542 der Geldverkehr brach zusammen. Die Kuttenberger Bergknappen streikten, da sie sich kaum noch Brot kaufen konnten.543 Im Herbst 1623 weigerten sich Prager Fleischhauer, gegen neue Münze zu arbeiten; es kam zu Tumulten, die sich zu einem Aufstand auszuweiten drohten. Wallenstein reagierte mit Gewalt und ging dagegen erfolgreich mit harten repressiven Maßnahmen vor. Im Frühjahr 1624, so meldete die Frankfurter Zeitung Relationis Historicæ Semestralis Continvatio, ließ Wallenstein beispielsweise einen Prager Bäcker foltern, weil er sich aufgrund der schlechten Münze 539
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Vergleiche die detaillierten Datenerhebungen bei Braudel/Spooner, Prices in Europe, S. 460. Ebd., S. 475, 482–484. Die Annahme, dass das Münzkonsortium „wesentlich zur Verschärfung der inflationären Tendenzen im Reich“ mit beigetragen habe – so Kampmann, Europa und das Reich, S. 46, und ähnlich Asch, The Thirty Years War, S. 156 – kann also bestätigt werden. Newald, Die lange Münze in Oesterreich, S. 117. Klíma, Inflation in Bohemia, S. 59.
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weigerte, zu backen und Brot zu verkaufen.544 Auch Herzog Maximilian von Bayern warnte im Oktober 1623 den Kaiser vor der Gefahr einer Erhebung in Böhmen, die umso größer sei, als sich die kaiserlichen Söldner meistenteils in Unordnung befänden.545 Gerade für die städtische Bevölkerung, die im Gegensatz zu den meist subsistentiell arbeitenden Bauern auf einen stabilen Lebensmittelmarkt angewiesen war, lässt sich eine Hungerkrise vermuten. Dies nachzuweisen, fällt jedoch schwer, da etwa aus Prag selbst keine Zeitungs- oder Flugschriftenmeldungen überliefert sind – wohl weil die protestantisch-kirchliche Infrastruktur im Zuge der Gegenreformation zerschlagen war. Und selbst höhere Sphären der Gesellschaft schienen betroffen zu sein, wenn der Prager Erzbischof Johann Lohelius klagte, dass auf den städtischen Märkten kaum noch Fleisch oder Fisch angeboten würde.546 Im Reich dagegen wurde das Münzkonsortium schon im Februar 1622 durch Zeitungsmeldungen aus Stuttgart, Frankfurt am Main und Hamburg zumindest ansatzweise bekannt – wenn auch nicht in seiner Funktionsweise und kaum im Hinblick auf seine Wirkungen. Die Frankfurter Postzeitung meldete Anfang Februar 1622 weitgehend korrekt, dass „Die Müntzen in Böhmen / Mähren / vnd Oesterreich […] einem Prager: Kauffmann Hansen de Witte vnd Passeni Juden / vnd Consorten von Ihr Kays. may. Jährlich vmb 6.100.000. fl. in Bestandt gelassen worden.“ Hamburgs Wöchentliche Zeitung auß mehrerley örther meldete den Vertragsschluss zwischen Kaiser, de Witte und Bassevi sowie Konsorten, gab indes eine zu niedrige Pachtsumme von „ein vnd sechtzig mahl tausent Gülden“ an. Die Relation druckte ungenau: „Jhr Keys. Mayt. haben dem Johann de Wetta Handelman neben zweyen Jüden die Müntz in Osterreich / Böhmen vnnd Mähren vmb 6100. m. fl. verliehen.“ Die Berliner Zeitung der Gebrüder Frischmann berichtete Anfang 1623 über die mögliche Vertragsverlängerung und warnte vor den damit verbundenen Problemen einer Preissteigerung: „Auch wird mir von dar [Wien] angedeutet / als solten die Jüden wieder auff ein Jahr die Müntze erlanget haben / welches gewißlich diesen Landen nicht zuträglich / sondern nur diß verursachet / das die Thewrung von Tage zu Tage zunimbt.“ 547 Die unpräzisen Zeitungsmeldungen belegen, dass das Konsortium außerhalb arkaner Zirkel geheim bleiben sollte, mit der Zeit dennoch Einzelheiten publik wurden, ja werden mussten, wenn Silberaufkäufer des Konsortiums im gesamten Alten Reich und darüber hinaus aktiv waren, mithin das ganze Geschäft für katastrophale Auswirkungen wie Inflation und Hungersnot verantwortlich wurde.
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Rosseaux, Die Kipper und Wipper, S. 414. Goetz, Die Politik Maximilians I. von Baiern, S. 369. Klíma, Inflation in Bohemia, S. 58. Alle Zitate nach Rosseaux, Die Kipper und Wipper, S. 400f.
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III. Konsequenzen des Konsortiums
Nicht nur das Haus Liechtenstein musste jahre- und jahrzehntelange Prozesse erdulden, auch ansonsten führte die offiziell geduldete, ja beförderte Inflation – mit anschließender Münzabwertung – zu schwerwiegenden juristischen Problemen. Die Frage, in welcher Münzprägung Schuldner ihre Gläubiger zu bezahlen hatten, führte zu einer Flut von Rechtsstreitigkeiten, die von den üblichen Gerichten nicht immer gelöst werden konnten. Doch auch diese Umstimmigkeiten blieben, wie so vieles in jenen unruhigen Tagen, letztlich ungeklärt oder willkürlich geregelt.548 Die Konsequenzen des Konsortiums in Böhmen waren weitreichend. Nicht nur war ein tiefgreifender Vertrauensverlust innerhalb der untertänigen böhmischen Bevölkerung gegenüber den neuen habsburgischen Obrigkeiten zu verzeichnen. Sogar seinen ursprünglichen Zweck, die geordnete Demobilisierung von Truppen, konnte das Münzkonsortium nicht wirklich erfüllen. Söldner, die eigentlich ins Reich abziehen sollten, blieben vor Ort und marodierten, da sie erkannten, dass ihr Sold in langer Münze kaum etwas wert war. Teils zogen sie im Land der Wenzelskrone umher und verdingten sich als Wegelagerer. Sie verheerten ganze Landstriche. Die Bauern litten unter der Gewalt der Soldaten und brachten ihre Ernte nicht ein, so dass Getreideknappheit herrschte. Wallenstein schrieb seinem Schwiegervater und Mitkonsorten Harrach, dass seine Heereskontingente „nichts mehr zu leben“ 549 besäßen, weshalb die Soldaten bereits alle Rösser geschlachtet und verzehrt hätten. Wallenstein betonte weiterhin, dass die einfachen Krieger teils auch zum Feind übergelaufen seien und deshalb der Kaiser Gefahr laufe, die böhmischen Länder wieder zu verlieren. Liechtenstein klagte analog dazu gegenüber Herzog Maximilian von Bayern über die Münzverweigerung der Soldaten. Maximilian, ohnehin kein Befürworter von monetären Manipulationen und Liechtenstein gegenüber abgeneigt, erklärte dem böhmischen Statthalter süffisant, er könne die Soldaten nicht dazu zwingen, „die Kaiserische Minz“ 550 anzunehmen. Spöttisch fügte er hinzu, die Söldner würden die offenkundig geringwertige Münze selbst dann nicht annehmen, wenn die Reichsstände „Irer Ksl. Mt. gepräckte Minzsorten [die Inflationsmünzen] für voll“ erklärten. Vielmehr sei, außer bei Bezahlung in guter Münze, ein weiteres Meutern nicht zu verhindern. Die Wiener Hofkammer war daher sogar gezwungen, alte Reichstaler zu kaufen, um die Söldner zu bezahlen.551 Fürst Karl von Liechtenstein als böhmischer Statthalter stand vor den katastrophalen Folgen der von ihm wesentlich mitverursachten Krise, wenn
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Rumpl, Moravské vládní mince, S. 243. Wallenstein an Harrach, Anfang November 1623. Der Brief vollständig bei Tatra, Beiträge zur Geschichte des Feldzuges Bethlen Gabors, S. 446f. Duch, Die Politik Maximilians I. von Bayern, S. 473. Dort auch das nächste Zitat. Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince, S. 34.
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er resigniert konstatierte: „bey den wirtschaften alle mühe und arbeit vmbsonst, weil die soldaten alles vmbkeren vnd verwusten, von den mairhöfen die rosse neben andern klein vnd grossen viehe wegnehmen.“ 552 Das Münzkonsortium war also, gemessen an seinem ursprünglichem Zweck der Entlassung von Söldnern durch Geldzahlung, fehlgeschlagen: Die Demobilisierungskrise hatte sich zur Wirtschafts-, Gesellschafts- und Hungerkrise ausgeweitet. Das Elend der Bevölkerung brachte Liechtenstein in einer Eingabe an den Kaiser auf den Punkt: „die vndertanen in grosser hungersnot stehen müssen.“ Sowohl Land- als auch Stadtbevölkerung litten: „so vieles jammers der armen […] vndertanen [herrscht] in städten und dörfern.“ Liechtenstein anerkannte somit die Folgen der Krise, nicht jedoch deren Ursachen. Liechtenstein musste gegen die allgemeine Not ankämpfen, wusste aber nicht, auf welche Weise. Vom Kaiser erlassene Höchstpreisedikte für Brot, Fleisch und Bier setzte er allerdings bewusst nicht um, damit nicht noch größerer Schaden entstand. Vielmehr griff er selbst in die Preisgestaltung ein, ob erfolgreich, sei dahingestellt. Eine Zeitung aus dem Reich meldete im Februar 1623 über Böhmen: „Alhier bemühet sich der Herr Stadthalter [Karl von Liechtenstein] sambt den hinterlassenen geheimen Räthen gar hoch / der hochbeschwerlichen Thewerung noch müglichkeit zu stewren / dann fast wöchentliche General Mandata Publicirt / auch im werck der Handelßleut vnd Krämer wahren zu Taxiren.“ 553 Liechtenstein erreichte 1624 immerhin eine Senkung der von Böhmen aufzubringenden Steuern und Contributionen an die Krone mit der leicht übertriebenen Begründung, dass „das landt so albereit über die massen verdörbt, wirdt noch von tag zue tag, je lenger ye mehr verwüstet, das also mehr als zwey thail […] angebrändt ist vnd in der aschen liegt.“ 554 Der böhmische Vizekönig erschien hier nicht als gieriger Münzkonsorte, sondern als treu sorgender Gouverneur, der sich um sein Land zu kümmern versuchte, wenngleich letztlich vergebens. Die Inflation fand überdies eine äußerst negative Perzeption bei den Zeitgenossen. Unten folgendes Flugblatt555 aus dem Reich des Dreißigjährigen Krieges, mit dem Titel „Traurige Klage der Armen wegen der übermachten Geldsteigerung“ (Abb. 19), spielt auf die unbeherrschbaren Folgen der Münzverschlechterung kritisch an: Diejenigen, welche sich auf sie einlassen und von ihr profitieren, müssen im Schlund der Hölle ewige Qualen ohne Erlösungsmöglichkeit erdulden, nachdem sie von den gefiederten Sendboten des Teufels dorthin gebracht wurden. Schließlich leidet ihretwegen die Bevölkerung schlimmste Not – sie wird in Form einer Bauernfamilie,
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Alle Zitate, auch die nachfolgenden bei Oliva, Finanční následky kalady, S. 25–29. Zitiert nach Rosseaux, Die Kipper und Wipper, S. 396. Oliva, Finanční následky kalady, S. 26. Scheible, Die fliegenden Blätter, nach S. 52.
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III. Konsequenzen des Konsortiums
Abb. 19: Das Flugblatt veranschaulicht, dass Geldgier in der Wahrnehmung der Zeitgenossen als diabolische Sünde galt. Sie führt zur Verarmung der Bevölkerung. Die Verursacher, reiche Kaufleute, erfahren ihre Strafe, indem sie gewissermaßen ein Teufel holt und in seinem Höllenfeuer verbrennt.
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deren Mutter ein Kind an der Brust säugt, vor dem Hintergrund ihres einfachen Hauses, dargestellt. Ein weiteres Kind wendet sich weinend an seine Mutter; der Kleidung des Vaters ist die Bedürftigkeit anzusehen. Teilnahme an Münzmanipulationen kam also in der populären zeitgenössischen Wahrnehmung geradezu dem Verlust des Seelenheils gleich. Nicht umsonst packt der Dämon, auf einer Kiste voller Münzen sitzend, den in der Bildmitte gewaltsam nach einem Armen greifenden, ausgesprochen elegant und modisch gekleideten Reichen. Der Dichotomie von Reich und Arm – zwischen Bauern und Bankiers – scheint hier also das Gegensatzpaar von Gut und Böse – versinnbildlicht durch die gute Familie versus das verzehrende Feuer der Unterwelt – beigeordnet worden zu sein. Angesichts solcherlei pessimistischen Aussichten für das eigene Seelenheil verwundert es nicht, dass selbst Liechtenstein in Gewissensnot gekommen war und sich in einem Brief an seinen seelischen Beistand Jonas Ladnizer556 mit deutlich nervösen Worten rechtfertigte, sein Fürstentum rechtmäßig erworben und aufgebaut zu haben. Er habe schließlich „etliche hunderttausend Ihrer Majestät im Münzwesen zum besten salviret“ und das „Münzwesen Ihrer Majestät zu Dienst eingestellet“. Dafür sei eine entsprechende Entlohnung, „Ihrer Majestät große Gnaden“, mehr als selbstverständlich. Dass aber das Münzkonsortium weder Böhmen, noch dem Kaiser, sondern letztlich nur den Konsorten genutzt hatte, wollte Liechtenstein offenbar nicht einmal seinem Beichtvater gestehen. c) Die Unterwerfung mit der neuen Landesordnung Dass das Münzkonsortium ganz gezielt und absichtlich das böhmische Wirtschaftsleben ins Chaos gestürzt habe, um damit das Land gnadenlos und brutal zu unterwerfen, wie von der nationaltschechischen Forschung vor 1990 behauptet, ist unwahrscheinlich.557 Schließlich gedachte der Kaiser ja von Böhmen fiskalisch zu profitieren. Das Münzkonsortium war vielmehr ein Mittel kurz- bis mittelfristiger Kriegsfinanzierung. Auch war es höchstens bedingt ein intentionaler Akt von „Unterdrückerjustiz“ im Sinne eines vae victis,558 durchaus aber sind „bösartige Machenschaften“559 feststellbar. Es
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Liechtenstein an Pater Ladnizer, 15. Februar 1626. Ediert bei Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein, S. 224–227. Dort die Zitate. Dagegen Klíma, Inflation in Bohmia, S. 54–57, und Polišenský, The Thirty Years War, S. 137–142. So aber Nohejlová-Prátová, Dlouhá mince, S. 29f. Die wütenden Urteile der Numismatikerin, das Münzkonsortium sei „die am besten organisierte und gründlichste Lumperei“ gewesen, die sowohl den Kaiser als auch die böhmische Bevölkerung „bestohlen und ruiniert“ habe, sind aus tschechischer Perspektive durchaus zu verstehen. Rumpl, Moravské vládní mince, S. 225.
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III. Konsequenzen des Konsortiums
handelte sich indes nicht primär um eine gezielte Strafaktion gegen Böhmen oder dessen indigenen Adel.560 Ein solcher Vorwurf der tschechisch-nationalistischen, später auch der marxistischen Historiographie ist unzutreffend. Den Beteiligten war schlicht die Tragweite ihres Handelns nicht vollkommen klar, obschon sie ganz sicher darauf aus waren, sich zu bereichern und dabei noch die Gunst des Kaisers zu gewinnen. Gleichwohl trugen die miteinander einhergehende Enteignung des Adels, der Austausch der böhmischen Eliten und die Inflation durch das Konsortium im Ergebnis tatsächlich dazu bei, die böhmischen Länder mit österreichisch-habsburgischer Gewalt weithin zu unterjochen. Die „Verneuerte Landesordnung“ von 1627,561 an der Fürst Liechtenstein noch mitwirkte, unterwarf Böhmen auf lange Sicht dem habsburgisch-fürstenstaatlichen Frühabsolutismus und sorgte für eine harte Umsetzung der bereits angelaufenen Gegenreformation. Diese neue Ordnung setzte Ferdinand II. ohne jede ständische Zustimmung durch. Die alten Stände wurden nirgendwo mehr erwähnt, die Ordnung kannte – bis auf die neuen, auf Kaisertreue eingeschworenen Herren – fast nur noch Untertanen, denen der König befahl. Es handelte sich um den letzten Akt innerhalb des Maßnahmenkatalogs, welcher geeignet war, die böhmischen Adels-Rebellen zu bestrafen. Entsprechend erklärte Kaiser Ferdinand II. bei der Publikation der neuen Landesordnung, sie diene dazu, eine weitere „hochabscheuliche Rebellion“ 562 zu verhindern und „zu Verhüttung hochschädlicher Nachfolge, so nicht allein Vns, sondern allen andern Potentaten darauß entstehen könte“. Ganz ausdrücklich diene die Landesordnung dazu, dass das „durch Vnsere kostbahre Kriegsrüstungen eroberte Königreich, widerumb in eine solche Verfassung gebracht werde, daß der Respect vnd Gehorsamb der Vnderthanen gegen Vns und Vnser Erben Nachkommenden Königen, als Ihren eintzigen Rechten Natürlichen Erbherren Erhalten [werde]“. Mithin sollte die neue Konstitution Böhmens den absoluten Machtanspruch des Kaisers nicht nur deutlich, sondern vollkommen unangreifbar und unhintergehbar machen. Schon 1620 – unmittelbar nach der Schlacht am Weißen Berg und noch vor Begründung des Münzkonsortiums – hatte Eggenberg dem Kaiser geraten, unbedingt die Erblichkeit der böhmischen Krone für
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Die Zeit nach 1620 charakterisiert als „âge des ténèbres“ – dunkles Zeitalter habsburgischer Unterdrückung – Macek, Histoire de la Bohême, S. 201. Der originale Titel lautete: „Der Römisch kaiserlichen, auch zu Hungarn und Böheimb königlichen Majestät Ferdinand des Andern verneurte Landesordnung deroselben Erbkönigreichs Böheimb 1627.“ Die gültige Ausgabe ist immer noch Jire#ek, Die verneuerte Landes-Ordnung. Auf diese Edition verweisen die weiter unten folgenden Artikelangaben. Ritter d’Elvert, Correspondenz Ferdinand II. mit dem Fürsten Liechtenstein, S. 204f. Dort die folgenden Zitate.
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seine Dynastie festschreiben zu lassen. In jener Phase hatte der päpstliche Nuntius Carafa auch bereits gedrängt, gegenreformatorische Maßnahmen einzuleiten, so dass Fürst Liechtenstein immer wieder Protestanten aus Böhmen weisen ließ – bemerkenswerterweise war der Handelsbankier und spätere Konsortialpartner Hans de Witte als Calvinist hiervon nicht betroffen. Insgesamt drei Kommissionen setzte der Kaiser zur Erarbeitung einer neuen Landesverfassung ab 1623 hintereinander ein. An ihnen partizipierten – neben juristisch geschulten Doctores – aus dem Kreis des Konsortiums Liechtenstein, Eggenberg, Harrach, Wallenstein und Michna. Sie konnten auf diese Weise wie selbstverständlich etwaige Widerstände gegen die von ihnen unternommenen Bereicherungen – seien sie in Form von Land oder Geld – wirkungsvoll vereiteln. Doch noch wichtiger war, dass hier ein dem Kaiser gegenüber loyal gesinntes Klientel landfremder Adliger seine Einflussmöglichkeiten scheinbar rechtmäßig legitimierte. Von vornherein waren die Verhandlungen darauf ausgerichtet, die königliche Macht in Böhmen zu zementieren, wenngleich Liechtenstein es war, der zumindest den Erhalt eines Landtags gegenüber dem Kaiser rechtfertigte und verteidigte. Vor allem aber spielte eine große Rolle, dass die Rechtsetzung ein exklusives royales Privileg sein sollte. Somit bedeutete die neue Landesordnung, welche bis 1648 in Kraft blieb, letztlich das „Ende des böhmischen Ständestaates“563. Dem durchaus repressiven Machtanspruch des österreichischen Hauses Habsburg wurden die Einzelregelungen des Verfassungsdokuments der Landesordnung gerecht. So wurde das Königreich Böhmen kurzerhand zum Erbe der männlichen Linie der österreichischen Habsburger erklärt.564 Der König – also Kaiser Ferdinand II. – besetzte fortan die höchsten Landesämter und war oberster Richter; alle Amtsträger wurden auf ihn vereidigt. Die traditionellen böhmischen Landtage, wo sich die Stände zu mitwirkenden Beratungen trafen, wurden entmachtet, insofern der König allein von nun an die Gesetze – ohne Zustimmungs- oder Ablehnungsrecht anderer Instanzen – erließ.565 Es gab fortan nur noch einen offiziellen Landtag, und zwar einen gänzlich neuen: Dort bildeten katholische Prälaten den ersten Stand, doch berief der König selbst dieses Gremium ein566 und besaß dort die exklusive Gesetzesinitiative.567 Auch erteilte nur er die Landsässigkeit – das Inkolat –, so dass einem weiteren Elitentausch Tür und Tor geöffnet war.568 Die Landstände behielten von ihren alten Privilegien einzig und allein das Steuerbewilli563
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Rentzow, Entstehungs- und Wirkungsgeschichte, S. 137, 155. Zum gesamten vorherigen Abschnitt ebd., S. 88–100. Landesordnung, Artikel XLI. Dies widersprach der Goldenen Bulle von 1348, dem Reichsgrundgesetz schlechthin, insofern es nunmehr keine freie Königswahl gab. Landesordnung, Artikel VIII. Ebd., Artikel IV. Artikel VI, VIII. Artikel XV, XIXf.
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III. Konsequenzen des Konsortiums
gungsrecht.569 Die römisch-katholische Konfession wurde zum einzig offiziell zugelassenen Glauben im traditionell gemischtkonfessionellen Böhmen,570 so dass sich dessen ausgesprochen facettenreiche religiöse Diversität in der Folge deutlich reduzierte. Es gab offiziell keine Nichtkatholiken mehr, wenngleich ein böhmischer Kryptoprotestantismus durchaus persistierte. Die frühabsolutistische Landesordnung diente also ausdrücklich der politischen und konfessionellen Unterwerfung – wenn nicht Unterdrückung – Böhmens,571 nicht aber das frühkapitalistische Münzkonsortium. Dieses zielte ursprünglich allein darauf ab, schnell an Geld zu kommen, um den Krieg zu finanzieren. Gleichwohl trug das große Kapitalgeschäft nicht unwesentlich dazu bei, für die Neuordnung und Repression Böhmens die Grundlagen zu bereiten – wennschon es nicht explizit daraufhin ausgelegt war. Das Konsortium hatte sich in der Praxis weit von seiner ursprünglichen Absicht, den Krieg zu finanzieren, entfernt und war zum Objekt der Bereicherung einiger weniger Kriegsgewinnler geworden.
Zwischenbilanz Im Hinblick auf die Konsequenzen des Münzkonsortiums kann festgehalten werden: Zunächst einmal profitierten die allermeisten der partizipierenden Konsorten von der Unternehmung. Sie konnten aufgrund der entstandenen Inflation konfiszierte Güter ehemaliger Adels-Rebellen günstig erwerben, wurden für ihre Tätigkeit außerdem in Form von Rangerhöhungen entlohnt. Dennoch befanden sich auch einige Hazardeure unter den Hauptbeteiligten, die recht bald den Tod fanden, weil sie sich auf weitere, zu risikoreiche Unternehmungen einließen. Kaiser und Hofkammer dagegen wurden rasch gewahr, dass die Transaktionen nicht nur zu ihrem Vorteil abgelaufen waren. Zwar profitierten sie kurzzeitig davon, doch war der entstandene soziale und wirtschaftliche Schaden so groß, dass er die geringen Vorzüge bei weitem aufwog, zumal sich jene rasch verflüchtigten. Im Gegenteil hatte das Münzkonsortium letztlich die kaiserlichen Kassen weiter geschädigt. Kaiser und Hofkammer suchten daher, die Nachkommen der Konsorten juristisch zu belangen – freilich geschah auch dies ohne Erfolg. Tatsächlich aber bedeutete das Münzkonsortium einen eklatanten Bruch der Reichsmünzordnung durch den Kaiser selbst. 569 570 571
Rentzow, Entstehungs- und Wirkungsgeschichte, S. 149f. Artikel XXIII. Dass die „Verneuerte Landesordnung“ ein Verfassungsdokument war, welches die Unterwerfung Böhmens festschrieb, darin sind sich die deutsche und die tschechische Forschung einig. Vergleiche zuletzt: Bergerhausen, Die „Verneuerte Landesordnung“ in Böhmen 1627, S. 325–351, und Kadlecová, Verneuerte Landesordnungen in Böhmen und Mähren, S. 150–179.
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Immerhin gelang es Ferdinand II. – über die Erklärung des Staatsbankrotts –, Münzwesen und Ökonomie auf lange Sicht wieder in geordnetere Bahnen zu lenken. Die Wirkungen des Konsortiums auf Böhmen und die anderen Vertragsländer waren verheerend. Das Wirtschaftsleben kam aufgrund der entstandenen Inflation nicht nur zum Erliegen, sondern für Böhmen muss auch von einer handfesten Hungersnot ausgegangen werden.572 Auch wurden durch die Inflation die Besitzverhältnisse derart tiefgreifend mitumgestaltet, dass mit der „Verneuerten Landesordnung“ von 1627 Böhmen den fürstenstaatlichabsolutistischen und gegenreformatorischen Tendenzen der österreichischen Habsburger vollends ausgeliefert und unterworfen war.
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Zu den sozialen Auswirkungen der „Kipper-und-Wipper“-Inflation generell immer noch hilfreich: Langer, Kulturgeschichte, S. 27–49.
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SCHLUSSBETRACHTUNGEN: DAS PRAGER MÜNZKONSORTIUM, EIN HÖHEPUNKT HALBPRIVATER KRIEGSFINANZIERUNG IN DER FRÜHEN NEUZEIT Für die Genese des Prager Münzkonsortiums scheint vor allem entscheidend, dass Kaiser Ferdinand II. nach dem Nikolsburger Friedensschluss zu Jahresbeginn 1622 mit dem Fürsten Gábor Bethlen von Siebenbürgen einerseits Mittel zur Demobilisierung von Söldnern benötigte, andererseits aber auch für eine weitere mögliche Kriegsführung angesichts der prekären geopolitischen Situation einer Einkreisung des Erzhauses in Europa gewappnet sein musste. Diesem dringenden Bedürfnis nach großen Geldmengen kam ein Netzwerk katholischer Adelskonvertiten und Aufsteiger um Graf Johann Ulrich von Eggenberg entgegen. Jene miteinander bekannten und untereinander verwandten Personen, die das spätere Münzkonsortium formierten, waren im kaiserlichen Kriegsgeschäft ohnehin schon länger führend, so dass es – trotz der Neuartigkeit des Unternehmens und seiner Dimensionen – geradezu spielend leicht, auf Grundlage der Idee Fürst Karls von Liechtenstein, zum Vertragsabschluss kommen konnte. Am Konsortium beteiligten sich Angehörige drei sozialer Gruppen: adlige Aufsteiger als Repräsentanten, der Jude Jakob Bassevi und der Calvinist Hans de Witte als bürgerliche Geschäftsführer sowie Hofkammerräte zur Absicherung. Der Vertrag verpachtete gegen sechs Millionen Gulden auf ein Jahr das kaiserliche Münzregal für drei Länder, nämlich Böhmen, Mähren und Niederösterreich, an das Münzkonsortium. Der Silberbesitz der Untertanen des Vertragsgebiets sollte weitgehend aufgekauft und, mit Kupfer gestreckt, vermünzt werden. Große Geldsummen sollten generiert werden, wozu zwei Merchant Bankers oder Handelsbankiers, die Andersgläubigen Bassevi und de Witte, über Mittelsmänner teilweise in ganz Zentraleuropa massiv Silber käuflich erwarben. Allerdings münzte das Konsortium deutlich schlechter aus, als dies der Contract mit dem Kaiser vorsah und dehnte sein Geschäftsvolumen maximal aus. Für ihre scheinbar treuen Dienste wurden die Partizipierenden zunächst durch den Kaiser reich entlohnt. Rang- und Standeserhöhungen sowie die Möglichkeit, in großem Umfang konfiszierte Rebellen-Güter in Böhmen und Mähren günstig zu erwerben, schufen die Grundlage für den wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg der Münzkonsorten, die ihre Gewinne in den sicheren Landerwerb investierten oder dabei ihre etwa schon vorhandenen Territorien erheblich erweiterten. Sie stiegen von Bürgern zu Adligen, von Niederadligen zu Standesherren ersten Ranges innerhalb der Erblande, später teilweise sogar in den Reichsfürstenstand auf. Freilich bemerkte Kaiser Ferdinand II. bald, dass er betrogen worden war. Doch war er selbst dadurch zum Rechtsbrecher geworden, dass er das Reichsrecht, namentlich die gültige Reichsmünzordnung, missachtet hatte. Der ökonomische Schaden der Unter-
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Schlussbetrachtungen
nehmung war für Kaiser und Hofkammer enorm; noch katastrophaler aber wirkte er auf die untertänige Bevölkerung der betroffenen Gebiete. Diese traf eine profunde Wirtschafts- und Hungerkrise besonders hart, nachdem durch die enstandene Inflation der Handel und Verkehr empfindlich geschädigt worden waren. Dass das Münzkonsortium später weithin – und wohl auch zurecht – als Skandal wahrgenommen werden konnte, dafür sorgten abermals der Kaiser und seine Hofkammer, indem sie die Liechtensteinprozesse initiierten. Dabei waren diese nur ein weiteres Kapitel der unendlich langwierigen Geschichte über die Frage, wie der Kaiser an Geld kommen konnte. Der angeklagte Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein war jedenfalls am Münzkonsortium nie beteiligt gewesen und pflegte – im Gegensatz zu seinem Vater, dem Kopf des Konsortiums – ein distanzierteres Verhältnis zum Wiener Kaiserhof. Dennoch versuchten sukzessive und sehr hartnäckig drei Kaiser – Ferdinand II., Ferdinand III. und Leopold I. – den Chef des Hauses Liechtenstein rechtlich und finanziell zu belangen, und schufen damit die Basis für weitere, wenngleich weitaus geringere Verwicklungen. In geschichtspolitischer Hinsicht blieb die Erinnerung an das Münzkonsortium danach auf Jahrhunderte unerwünscht. Dies war auf liechtensteinischer Seite nach den jahrzehntelangen Gerichtsverfahren zunächst – aber nicht auf Dauer – durchaus verständlich. In Österreich-Ungarn blieb ein solches Thema, das ein ziemlich schlechtes Licht auf Kaiser Ferdinand II. warf, mehr als suspekt. Den Marxisten passte das unumgehbare Faktum, dass nun einmal auch Adlige an diesem frühkapitalistischen Kriegsunternehmen maßgeblich beteiligt waren, nicht recht ins ideologische Konzept. So verwundert es nicht, dass bald vier Jahrhunderte bis zur ansatzweisen Aufarbeitung dieses Kriegsgeschäfts vergingen. Wie aber soll das Münzkonsortium abschließend bewertet werden? Das Prager Münzkonsortium war in jedem Fall ein nie dagewesenes und einmaliges frühkapitalistisches Projekt zur Kriegsfinanzierung, das bisher nicht gekannte und auch später nicht erreichte Dimensionen hatte, ja mit de Wittes Silberhändlern wahrhaft europäische Dimensionen erlangte. Schon diese Frühform des Kapitalismus zeichnete sich durch ein hohes Maß an Vernetzung aus. Eine regelrechte Europäisierung der Kapitalströme ist beobachtbar. Dies untermauert ferner die Thesen Julia Zunckels,573 welche in ihrer Dissertation eine Europäisierung im Rüstungsgeschäft des Dreißigjährigen Krieges ausgemacht hat. Das Münzkonsortium hatte also, obschon es geheim war, mitteleuropäische Ausmaße. Es stellt sich dabei sogleich die Frage, ob es ähnlich angelegte oder ähnlich große Geschäfte der Kriegsfinanzierung monetärer Natur in der Frühen Neuzeit gab – bisher allerdings muss sie negativ beantwortet bleiben. 573
Zunckel, Rüstungsgeschäfte im Dreißigjährigen Krieg.
Schlussbetrachtungen
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Es handelte sich beim Prager Münzkonsortium um ein Projekt, das allenfalls mit König Friedrichs II. von Preußen im Siebenjährigen Krieg unternommenen Finanzierungsversuchen vergleichbar ist. Auch hier verursachte ein Konsortium eine riesenhafte Inflation auf Kosten der breiten Bevölkerung. Die Eroberung Sachsens und seiner Hauptmünzstätten Leipzig und Dresden erlaubten es König Friedrich, mit alten polnischen und sächsischen Münzstempeln Münzmanipulationen betreiben zu lassen. Ein Konsortium von Juden um Moses Gumpert schuf mit den erbeuteten Prägestempeln ab 1756 Falschmünzen und reduzierte deren Feingehalt im Vergleich zu den echten Vorbildern. Nach Gumperts Tod 1758 lief das Geschäft erst richtig an: Ein neues Judenkonsortium um Moses Isaac, Daniel Itzig und Veitel Ephraim prägte – gegen eine Pacht von 5,74 Millionen Talern – unter Zufügung von Kupfer scheinbar alte Münzen. König Friedrich wurde dabei betrogen, insofern seine Münzjuden, entgegen seinen Weisungen, auch innerhalb Preußens Silber von der Bevölkerung gegen geringwertige Münzen aufkauften, um immer noch wertloseres Geld zu schaffen.574 Die Parallelen zum Prager Münzkonsortium im Hinblick auf die Rahmenbedingungen und die Vorgehensweise sind absolut augenfällig. Der König von Preußen setzte – die diesbezüglichen Erfahrungen Kaiser Ferdinands II. waren wohl vergessen – auf das seit dem Prager Münzkonsortium längst obsolet gewordene Mittel der Münzverschlechterung zur Kriegsfinanzierung. Im Dreißigjährigen Krieg kamen weitere, mannigfache Möglichkeiten der Kriegsfinanzierung zum Einsatz: König Philipp III. von Spanien beschaffte sich vorwiegend bei dienstadligen Kriegsunternehmern Kredite. Die englische Krone vergab nicht – wie der Kaiser – Münz- und Silber-, sondern Gewerbe- und Handelsmonopole.575 Darüber hinaus wurde ein einzelner Handelsbankier – gleich wie der Exulant de Witte ein Finanzgenie – bedeutsam: Philip Burlamachi aus Lucca verließ seine Heimat wegen seines protestantischen Glaubens und ließ sich in England nieder, wo er – teils auch in den Niederlanden – Währungsspekulationen betrieb, und auf diese Weise nicht nur dem englischen König, sondern selbst Graf Ernst von Mansfeld finanzielle Mittel zur Truppenaushebung verfügbar machte.576 In Frankreich versuchte Richelieu durch einen neuartigen, mächtigen Beamtentypus, „intendant des finances“ genannt, die königlichen Untertanen steuerlich nutzbar zu machen. Er versuchte also, die fiskalische Schraube
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Hierzu im Detail Blastenbrei, Studien zur Finanzpolitik Friedrichs II., S. 55–82; Hoensch, Friedrichs II. Währungsmanipulationen, S. 110–175; Kunisch, Friedrich der Große, S. 354–358. Weiteres bei Asch, Kriegsfinanzierung, Staatsbildung und ständische Ordnung, S. 642–665. Dort auch nähere Literaturangaben zu den großen europäischen Staaten. Siehe Judges, Philip Burlamachi.
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anzuziehen und staatliche Zugriffsmöglichkeiten zu verbessern.577 Daneben setzte der findige französische Erste Minister des Königs und Kardinal auf den Handelsbankier Jan van Hoefft, der wie de Witte niederländischer Glaubensflüchtling war und ein weit verzweigtes Geschäftsnetz unterhielt, später auch durch den französischen König naturalisiert und nobilitiert wurde. Hoefft finanzierte die durch Richelieu unterstützten antihabsburgischen Mächte mit. Neben Hans de Witte war für die kaiserliche Kriegsfinanzierung, wenn auch in bescheidenerem Umfang, der Augsburger Handelsbankier und Lutheraner Marx Conrad Rehlinger578 bedeutend. Er verkaufte Anteilsscheine auf noch zu gewinnendes ungarisches Kupfer, welches zum kaiserlichen Bergregal Ferdinands II. gehörte, antizipierte es also. Als sein geheimer Briefwechsel mit den reformierten Kurfürsten von der Pfalz – entschiedenen Gegnern des katholischen Kaisers – aufflog und sogar den Jesuiten bekannt wurde, floh er in die Eidgenossenschaft, um von dort aus antikaiserliche Kräfte, vorwiegend Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar und dessen Protektor Schweden, finanziell zu unterstützen.579 Die Wiege des Kapitalismus, die nördlichen Niederlande, erwiesen sich freilich am erfindungsreichsten, was die Kriegsfinanzierung anlangte: Der Dordrechter Großkaufmann Elias Trip finanzierte von 1621 bis 1623 über die Westindische Handelskompagnie Waffen und Söldner und wurde zu deren Rüstungsexperten, indem er den Kupfer- und Salpeterhandel der Gesellschaft monopolisierte. Auch war er der wichtigste Waffenimporteur im Achtzigjährigen Krieg zwischen der habsburgischen Krone Spaniens und den aufständischen Provinzen der Generalstaaten. Er bahnte ab 1630 eine intensive Kooperation mit dem niederländischen Exulanten und schwedischen Rüstungshändler Louis de Geer an. Durch Heiratsverbindungen gefestigt, bildeten de Geer und Trip das größte, europaweit agierende Rüstungsunternehmen des Dreißigjährigen Krieges,580 ebenso wie Hans de Witte seinerzeit der weltweit größte Bankier und Kriegsfinancier war. Nach de Wittes Tod übernahm die Familiengesellschaft Trip-de Geer auch de Wittes Rolle, allerdings auf schwedischer Seite: Sie erlangte 1634 eine Monopolstellung im schwedischen Kupferhandel, just als Schweden offiziell zu einer reinen
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Näheres dazu und weitere Literatur bei Poncet, Intendants des finances, S. 674f. Vergleiche dazu die Quellensammlung von Hildebrandt, Paler und Rehlinger. Immer noch führend zu allen diesen, selten näher erforschten Kriegsfinanciers: Redlich, The German Military Enterpriser, S. 247–252, 423. Dieses umfasste auch Hamburg. Siehe Zunckel, Rüstungshandel im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, S. 98. Ein eindrucksvolles zeitgenössisches Gemälde Alderts van Everdingen der Geschützgießereien der Trip in Södermanland bieten Langer, Kulturgeschichte, S. 180f., und auch Zeeden, Hegemonialkriege und Glaubenskämpfe, Abb. XII.
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Kupferwährung überging. Doch auch dieses Geschäft missglückte, wie schon zuvor das Münzkonsortium 1622/23.581 Abschließend kann vor diesem Hintergrund eine prägnante, gleichwohl differenzierte Einschätzung und Bewertung des Prager Münzkonsortiums vorgenommen werden: Es übertraf schlicht alle ähnlichen Projekte vor und nach ihm. Das Prager Münzkonsortium ist ein Beispiel dafür, welche umfassenden Konsequenzen eine „Kapitalisierung des Krieges“582 haben kann. Das frühkapitalistische Geldgeschäft trug mit dazu bei, für die Neuordnung respektive Unterwerfung Böhmens durch die fürstenstaatlich-frühabsolutistische Landesordnung von 1627 die Grundlagen zu schaffen, insofern dessen Wirtschaftsleben tiefgreifend zerrüttet wurde. Wennschon letzteres nicht intendiert war, so handelt es sich um einen nicht zu vernachlässigenden Nebeneffekt auch des Münzkonsortiums. Insofern wirkte das Münzkonsortium sogar entscheidend auf den fürstlich-absolutistischen Staatsbildungsprozess in den böhmischen Ländern nach der Schlacht am Weißen Berg. Das Münzkonsortium markierte den generellen Gipfelpunkt des „Kippens und Wippens“ schlechthin und hatte sehr weit reichende soziale, wirtschaftliche und politische Folgen. Der Kaiser schien finanziell abhängig vom Konsortium, viel weniger als die Konsorten vom Kaiser, und eben davon profitierten die Mitglieder des Konsortiums. Für den Kaiser ein Fehlschlag, bereitete es die wesentlichen Grundlagen für den Aufstieg, teils auch den „splendor familiae“ 583 Wallensteins, Liechtensteins und Eggenbergs. Letzterer stieg vollends zum unumstrittenen und ersten Berater im Umfeld des Kaisers auf. Liechtenstein begründete den Rang und Ruhm seines Hauses für bald mehr als drei Jahrhunderte. Wallenstein beförderte zwar, gemessen an seiner niederadligen Abkunft, für sich die schnellste soziale und ständische Promotion – und zwar zum Reichsfürsten und Herzog von Friedland und Mecklenburg sowie zum kaiserlichen Generalissimus –, doch schuf er sich dabei als rasanter Emporkömmling viele Feinde unter den alten, vorwiegend den katholischen Fürsten des Reiches, verlor bald sogar den Rückhalt Eggenbergs, dessen Hofpartei und schließlich auch den Kaiser. Diese Schwindel erregenden Aufstiege waren im Kern hauptsächlich einer kleinen, womöglich unbemerkten, ja heute ganz vergessenen Tatsache geschuldet: Im Vertrag zum Münzkonsortium wurde nirgendwo auf eine Vergütung für die Beteiligten eingegangen – weder wie diese auszusehen hatte, noch welchen Umfang sie erreichen sollte, wurde schriftlich fixiert. Da die Konsorten daneben des 581
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Vergleiche Klein, The Trip Family, S. 191–206, und Olesen, Der schwedische Machtstaat als Kriegsunternehmer, S. 51–57. Zu de Geer näherhin: Douhan, Louis de Geer och Sverige, S. 25–35. Neuerdings auch zu Rüstungsapekten: Mörner, Svenska stycken, S. 61–91. Meinhardt/Meumann, Kapitalisierung des Krieges. Der Status dieser adligen Häuser basierte auf ihrem Agieren als Kreditgeber und Kriegsunternehmer des Kaisers.
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Kaisers engste und einzige Berater in Fragen von Geld und Kapital waren, vermochten sie ihn leicht zu betrügen. Auf diese Weise konnte sich das Konsortium in der Praxis von seinem ursprünglich klaren Zweck der Kriegsfinanzierung entfernen und wurde zum Mittel der massiven persönlichen Bereicherung einiger weniger Kriegsprofiteure. Die insgesamt angerissenen Beispiele der Kriegsfinanzierung für das 16., 17. und 18. Jahrhundert belegen eindrucksvoll, dass das Prager Münzkonsortium in seiner Art, mit seiner Tragweite und seinen Dimensionen tatsächlich völlig einmalig war, dass sich aber durchaus gewisse Analogien zu anderen Kriegsgeschäften des Dreißigjährigen Krieges und darüber hinaus finden lassen. Überhaupt zeigt sich, dass im Bereich der Kriegsfinanzierung, der Kapitalisierung des Krieges besonders im 17. Jahrhundert und für die gesamte Frühneuzeit, noch sehr Vieles zu untersuchen und zu leisten ist. Diese Forschungsarbeit hat gerade erst begonnen und muss – im Interesse einer umfassenden Wirtschafts-, Gesellschafts- und Kulturgeschichte der Vormoderne – dringend weitergeführt werden. Der „nervus belli“ oder „nervus rerum“, nämlich Geldbeschaffung, Geldgenese und Geldeinsatz wirkten handlungsmotivierend lange bevor der Begriff des Kapitals und des Kapitalismus ins Bewusstsein der Zeitgenossen vorgedrungen war und sich entfalten konnte, insbesondere im Hinblick auf die heftigste Form der Gewaltanwendung, die Kriegsführung. Das Geschäft des Krieges und seine wirkmächtigen gesellschaftlichen Implikationen sollten im Mittelpunkt einer neuen Erforschung der Grundlagen des Kapitalismus stehen. Dies könnte auch zu aktuell relevanten Problematiken – von der globalen Finanzkrise, über Warlords in asymmetrischen Konflikten, bis hin zum jüngsten Wiedererwachen privaten Militärunternehmertums – einen kleinen, jedoch nicht unerheblichen Beitrag leisten. Wenngleich direkte Schlüsse aus der Vergangenheit für gegenwärtige Phänomene ausgeschlossen bleiben, so ist ein tieferes, begreifendes Verständnis heutiger Entwicklungen – gerade aus historischer Perspektive – hilfreich. Denn häufig ähneln sich äußere Gegebenheiten und menschliche Handlungen strukturell auf verschiedenen Zeitstufen in beachtlicher Weise.
ANHANG A. Edition des Vertrags zum Münzkonsortium
1. Der offizielle Contract Die folgende Edition1 bietet den Text des juristisch gültigen und verbindlichen Vertags zum Münzkonsortium,2 der am 18. Januar 1622 zwischen der Kaiserlichen Hofkammer im Namen Kaiser Ferdinands II. und dem Prager Hofhandelsbankier Hans de Witte im Namen seiner „MitConsorten“ geschlossen wurde. Die schriftliche Übereinkunft sah die Verpachtung des gesamten Münzwesens von Böhmen, Mähren und Niederösterreich an das Münzkonsortium gegen sechs Millionen Gulden Pacht auf ein Jahr vor. Der hierzu erforderliche Gewinn sollte über die Beilegierung von Kupfer in Silbermünzen erreicht werden, wobei eine Mark Silber zu 79 Gulden ausgeprägt wurde. Jedoch ließ der Vertrag Schlupflöcher offen, die eine Umgehung dieser Regelung zuließen. Es handelt sich um den offiziellen Vertragstext mit teils wieder entfernten Siegeln und Unterschriften – dies war die Anweisung der Kaiserlichen Hofkammer zu Wien an die Niederösterreichische Kammer, das Münzwesen gemäß diesem Contract umzuorganisieren und neu auszurichten.3 Es finden sich im entsprechenden Faszikel noch zwei Konzepte desselben Vertrags, die sich lediglich marginal in der Graphie unterscheiden, ansonsten aber bis hin zum Wortlaut fast annähernd gleich sind. Die Unterschiede zwischen diesen drei Versionen sind insgesamt so gering, dass es unnötig ist, sie näher darzustellen. Wichtiger als jene Vertragskonzepte sind die eigentlichen Unterlagen über die Vertragsverhandlungen, an denen Kaiser Ferdinand II. persönlich teilnahm. Von ihnen unterscheiden sich die weiter unten edierten Vorver1
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Die Edition folgt dem Grundsatz, dass sämtliche Buchstaben vorlagengetreu wiedergeben werden. Bis auf die Titulatur des Kaisers – wie „Kay: Mtt.“ – und gängige Kürzel – wie fl. für Gulden oder kr. für Kreuzer – werden alle originalen Abkürzungen in eckigen Klammern aufgelöst. Der Schrägstrich markiert einen Zeilenwechsel im Ursprungsdokument. Auslassungen sind mit folgenden Zeichen verdeutlicht: [...]. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Wien, 18. Januar 1622 [unpaginiert]. Der offizielle Titel des Schriftstücks lautete: „de Witte Müntz Contract de anno 1622 / Contract zwischen der Kaj. Hoff Camer, dan Ihrer Mait. dienern Hanßen de Vite und mitConsorten, wegen des Inen auf ein Jar lang im bestandt gelassenen, vniversal Müntz wesens in Böhaim, Ost[erreich] vnd Mahrern gegen einrichtung 6 Millionen oder Sechtzig mal hundert taussent gulden.“
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handlungen, welche noch ohne das Reichsoberhaupt stattgefunden hatten. Die kaiserlichen Verhandlungen tragen den Titel „Vniversal Müntzbestandts hinlassung in Behaimb, Öst[erreich] vnt[er] d[er] Enß vndt Marrhern“.4 Wesentliche Abweichungen der Verhandlungsunterlagen vom Vertragstext – die es durchaus gab – werden im Folgenden in den Fußnoten eingefügt. Die Einleitung der Verhandlungsunterlagen gibt – ganz im Gegensatz zum Vertragstext – Aufschluss über das Zustandekommen des Vertrags, für welches vor allem Fürst Karl von Liechtenstein verantwortlich war.5 Es ist offenkundig, dass sein Name aus den offiziellen Vertragskonzepten und -texten getilgt wurde. Die protokollierten mündlichen Bemerkungen des Kaisers lassen aber keinen Zweifel daran, dass es sich um Karl und nicht um dessen Brüder Gundaker oder Maximilian handeln musste. Auf der Röm: Kay: auch zue Hungarn / vnnd Behaimb Khönig: Mtt: Vnnsers Allergne[dig]sten / herrn6 sonderbahre genedigiste Verordtnung, ist heut / dato Zwischen dero Khay: HofCamer Aines, dan ihrer / Khay: Mtt: dienern Hannsen de Vite7 vnnd dessen / MitConsorten8 Andern thailß auf vorhergangene / genugsambe
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Sie fanden „In audientia 13. January 1622“ statt. Anwesend war ein Großteil der Mitglieder des Münzkonsortiums, aber auch der kaiserliche Intimus Trauttmansdorff: „Praesentibus D. de Eggenberg [Geheimratspräsident Graf Johann Ulrich von Eggenberg] D. Comite de Meggau [Freiherr von Meggau, Niederösterreichischer Statthalter] D. Maxim. à Trautmansdorff [Freiherr Maximilian von Trauttmansdorff, Geheimer Rat und Diplomat des Kaisers] D. Gundacaro in Liechtenstain [Bruder Fürst Karls von Liechtenstein] D. in Pollemb [Hofkammerpräsident Gundaker Freiherr von Polheim] D. Teufel [Hofkammerrat Hans Christoph von Teuffel] D. Muschinger [Hofkammerrat Vinzenz Muschinger von Gumpendorf] D. Vnterholtzer [Hofkammerrat Hans Unterholzer von Kranichberg] D. Paulo Michna [Paul Michna, Sekretär der böhmischen Hofkammer].“ Diese Aufzeichnungen über die Vertragsverhandlungen mit dem Kaiser befinden sich ebenfalls in Faszikel 15, fol. 8–13, und weisen die wörtlichen Anmerkungen Ferdinands II. auf. „Demnach Hans de Vite undt seine MitConsorten sich gehorsambist angemeldet, wie daß durch Fürsten von Liechtenstain Ihnen daß universal Müntzwesen in Behaimb, Österreich vnter d[er] Enß undt in Marrhern bestandts weiß gegen gewisse nutzung ongetragen worde, undt Sy gewisse conditionen einzuelassen willens wären, hat auf Euer Kays: Mt. genedigisten bevelch, die HofCamer Zu und[er]schiedlichen mahlen Zu Ihme Fürsten [Karl] von Liechtenstain sich verfüeget, die sachen mit Ihme conferiert, undt ist endtlichen wegen Euer Kay: Mt. mit Ihnen denen khunfftigen Müntzbestandtsleuthen dieser nachvolgunder Contract auf Euer Mt. gn[edig]ste ratification aufgerichtet undt geschlossen worden.“ (fol. 8r). Gemeint war der deutsche König und römisch-deutsche Kaiser Ferdinand II. In seinem Namen wurde der Vertrag geschlossen. Es handelte sich um den niederländisch-calvinistischen Exulanten und Prager Hofhandelsmann Hans de Witte (1583–1630). Ein Konsortium wurde begründet, dessen Mitglieder aber nicht genannt wurden. Diese Unternehmung trug zunächst nicht die Bezeichnung „Münz=Consortium“, die indes auch zeitgenössisch ist, sondern „Hans de Vite vnd MitConsorten“. So unterzeichnete – im Namen seiner ungenannten Gesellschafter – de Witte alle
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Tractation vnd handlung vnd reiffe / Consultier: vnd berathschlagung dieses Werckhs, nach / volgunter Contract aufgerichtet vnd geschlossen, / Auch von ihrer Khayl: Mtt: g[nedig]st acceptirt, appro= / birt vnd bekhrefftigt worden. / Daß Nemblichen Ihme Hannsen De Vite vnd seinen / MitConsorten daß ganze Universal Münz Wesen / in ihrer Mtt: Erbkhönigreich Behaimb,9 Erzherzog= / thumb Osterreich vnder der Ennß, vnd Marggraff= / thumb Mährern,10 auff ain Jahr in bestandt hinumben / gelassen;11 Auch ihnen darauf fürs Erste Alle / Münz Heuser in erstbenennten ihrer Mtt: landern / volkhumbentlich eingeraumbt, vnd do von nöthen in / diesen besagten Landern, andere vnd mehr Münzen / Wo Sy es am bequembisten vnd gelegensambisten Zuesein / bedunckhen wirt, Zue fundirn vnd aufzuerichten frei / gelassen, nit weniger, Aller in denen Jezigen Münz= / Heusern, ihrer Khayl. Mtt. Zuestehente Vorrath / cum Inventario eingeraumbt vnd zue deme Waß / etwa Partheyen hievon zuegehörig, gewisse Com= / mißarien, damit Sy bestandtleuth mit demselben / sich nach billichen dingen ebenmessig Vergleichen / mügen, deputirt vnd Verordtnet. / [Zum] Anderten, hinfüro die Zeit dieser Contract / werhen wirt, khainen weder hohen noch niedrigen / standtß Persohnen im Khönigreich Behaimb alhier / dem Erzherzogthumb Osterreich Vnter der / Ennß, vnd Marggrafthumb Mahrern anich= / erley Münz anzuerichten, oder ainicherley sorten / Wasserley die sein mügen zue vermünzen gestattet, / sondern auch den Jenigen, so bißhero daß Münzen / Vergunt, gänzlichen inhibirt vnd eingestelt. /12 Drittenß. Hin füro von khainem Wer der auch seye, / auser ihr der bestandtleuth, ainich Pruchsilber / oder pagament13 eingekhaufft, noch anderwerths solches, / alß denen bestandtßleuthen, oder den Jenigen, so von ihnen / (:bestandtßleuten:) hierzue Verordnet Verkhaufft vill / weniger anigerley Silber, pagament, duggaten, Golt= / gulden, Reichs Taller, ganze, halbe, vnd Viertl Taller, / Alte Reichs gulden Taller. Item die Noch Anno / Sechzehenhundert Zwainzigisten, vnd vorhero in Behaimb / Osterreich vnd Mahrern geschlagene Doppl: Ainfach: / vnd halbe guldtener, weder ainicher Rest, so alhier zue / Wien, oder sonsten in mehrbesagten ländern sein, oder /
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Briefe, die das Geschäft des Münzkonsortiums betrafen. Allgemein wurden die Mitglieder des Münzkonsortiums auch Müntzbestandtsleuth genannt. Dies machte den Anspruch Kaiser Ferdinands II. auf das Königreich Böhmen deutlich – er sah es als Teil seiner Erblande. Nicht sämtliche böhmischen Länder, oder gar alle ehemals aufständischen Gebiete, waren betroffen: Die Ober- und Niederlausitz hatte der Kaiser dem Kurfürsten Johann Georg von Sachsen, seinem protestantischen Verbündeten, als Gegenleistung für dessen militärische Hilfe versprochen. Schlesien etwa wurde wohl wegen der dortigen Piasten nicht einbezogen. Der Kaiser verpachtete also auf ein Jahr sein Münzregal der drei genannten Vertragsländer vollständig an das Konsortium. In den Verhandlungsunterlagen folgen an dieser Stelle bereits die Pachtsumme von sechs Millionen Gulden sowie die Modi der Pachtzahlung an den Kaiser (Verhandlungen, fol. 8v). Dies entspricht im offiziellen Vertragstext dem zwölften Artikel. Das Konsortium besaß folglich ein exklusives, umfassendes Münzprägemonopol. Die Begriffe Bruchsilber und Pagament sind Synonyme, die letztlich jede Form von ungeprägtem, aber verarbeiteten Silber meinen.
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gefunden werden khan, auß solchen landern Verfihrt / oder Verschleifet: Sondern an die negste Schmeltz= / hütten, daselbsten man die Marckh fein, mit Paren / geldt, vnd in dem Wehrt, wie in der Münz bezahlt / wirt, geliefert vnd gebracht, vnd Sy Münzbestandt= / leuth hierüber, mit ainem ausführlichen Khayserlichen / patent Versehen, Neben dem auch, vber die Jezt / der Duggaten, Goltgulden, GoltCronen vnd Reichs= / Taller alß deß Duggaten Per Sechs gulden, fünff / vnd Vierzig Kreuzer, Deß Reichs Taller vmb / Vier gulden, dreyssig khreuzer, vnd deß Goltgulden vnd Goltcronen der proportion nach, angefunten / vnd publicirt Valvation, khaine höhere staigerung, / außgab: vnd anembung durchauß nit zuegelassen, / Sondern derselben mit ernstlicher animaduersion / vnd einsehen begegnet; doch auch in Hungarn Solche vnd andere Münzen wie alhie publicirt. /14 Fürs Vierte, allerley Sorten frembter außlendischer / Münzen per Edictum ganz vnd gar Verbotten, / vnd dergleichen Verrers in allen ihrer Mtt. Erb= / khunigreichen vnd Landen, mit sondern ainich vnnd / allein ihr Khayl. Mtt. geprägte vnd in dero / Landen geschlagene Silberne Münz anzuenemben offent= / lich publicirt, In gleichen Niemandten, weder hoch / noch Niedrigen Standtß, Wer der auch seye, der / Silber khauf, auser waß ainer, oder der annder / Zue seiner aigenen Haußnotturfft etwaß / darvon machen zuelassen Vonnöthen irgents / wo Verstattet. /15 [Zum] Fünften. Ihnen bestandtß Inhabern alle / vnd Jede Perckh Silber, so im Khönigreich / Behaimb gemacht vnd gewunnen, Jede Marckh fein / Per Zway vnd dreyssig gulden, Zue Sechzig kreuzer, / gevolget, nit weniger, alle felligkhaiten vnd Con= / trabant16 von Silber vnd Pagament, Wo die einkhumben / vnd gefallen, in diesem Werth eingeantworttet,17 / Auch ihnen oder ihren abgeordtneten (:vnd sonsten 14
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Dies bedeutete nicht nur ein Münz-, sondern auch ein Silber- und Edelmetallmonopol für das Konsortium. Als Marginalie ließ der Kaiser anmerken: „Dicit Imperator die außführung d[er] Reichs Taller, vndt einführung d[er] bösen Müntzen zuuerbieten undt den Taller auf 4 ½ fl. den duggaten 6 fl. 45 kr. undt die unedlen Müntz Sorten proportionale gehen zu lassen.“ (Verhandlungen, fol. 10 v). Auch der Kaiser selbst wollte demnach ein Verbot ausländischer Münzen, da er fürchtete, seine Untertanen könnten durch fremde Münzen die Wertlosigkeit der eigenen erfahren beziehungsweise, wie er – in fast widersprüchlicher Weise – bedeutete, „weilln vnter denen ins landt khumbenden vndt eingeführten vnd[er] schiedlichen Müntzsorten viel falsche, böse vndt schlimme, neben denen gueten einschliessen, der Gemaine Mann aber die gueten von den bösen Sorten nit erkennen khan, daß solches zue verhüttung d[er] Armen leuth vnaufhörlichen klagens, vndt der dem gantzen landt entsehenden confusion beschehe.“ (Verhandlungen, fol. 10 v). Scheinbar glaubte der Kaiser, auf diese Weise eine womöglich zu erwartende Inflation verbergen zu können. Die Notiz des kaiserlichen Gedankens belegt zugleich, dass der Kaiser nur ein sehr vages Halbwissen über die resultierenden Konsequenzen des Konsortiums hatte. Vermutlich bezog Ferdinand II. den Großteil seiner Kenntnisse über die Münzpolitik vom Münzkonsortium selbst, was seine Abhängigkeit von jenen nicht ganz uneigennützig verfahrenden Beratern belegt. Schmuggelware oder im weitesten Sinne illegal verführtes Silber. Der Verhandlungstext weicht vom Vertragstext leicht ab: „Nit weniger die freye einlösung des Silbers in Hungarn ausser des Perchsilbers, so lange biß Ewr Mtt. sich anderwerts ain Müntzweesen drinnen anzustellen gnedigust resoluieren, zugelassen, Auch so dasselbe in
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/ Niemandten anderst:) die einlösung deß Silbers / vnd der Silberkhauff im Khünigreich Hungarn, ohne / ainiche Mauth entgelt, oder ander gebreuchliche / Aufschläg (:Wie die Nahmen haben moechten:) für diß / Jahr, auf ihr gefahr Verwilligt, bey ihrer Mtt. / Münzhauß Zuer Crembniz18 in denen hungarischen Perg= / stetten, allein daß Pergsilber vermünzet, auch / khain andere Münzstatt deren orten angerichtet / vnd ihren Bestandtsleuthen hierinnen khain eintrag / gethan, noch von Jemandten Andern Zuethun, viel / weniger ainem oder dem Andern den Partheyen Zum praeiudicio sein habentes Silber Vermünzen / zuelassen, nachgesehen oder verwilligt. /19 [Zum] Sechsten. Zue ainer Zuebueß umbsunsten, Vier hundert / Centen20 Kupfer gevolgt vnd geliefert, auch khain / khupfer, biß Sy mit der zue Versehung ihrer Jezigen / vnd khunftig angerichten Münzheuser bedürfftigen / Notturfft, Vermüg deß gemachten Überschlages, die / Ihnen in leidtlichem Werth geben werden wirt, Zue / genüge Versehen, auß dem Landt zue fihren zuge= / lassen. /21 [Zum] Siebenten. {Wegen der Kholn vnd Holz, damit Sy damit / wider gebühr nit etwa vbersezt, auch nach Notturfft mögen versehen werden, / soll ihnen, so viel muglich, Assistenz geleist werden.}22 / Die Kholn vnd daß Holz gleichs falß / in gebürentem Wehrt, gegen Pahrer bezahlung er= / folget./ [Zum] Achten. Alleß dessen so gemünzet in ganze stuckh, / Wie man sich mit ihnen Vergleichen, Wirt in doppl: / zue hundert funfzig kreuzer, vnd ainfache guldt= / ner, zue fünf vnd Sibenzig kreuzer, vnd daß / Übrige in halbe guldtner, zue Siben vnd dreyssig / ain halben kreuzer; Vnd Groschen auf Schrott vnd Khorn23 alhier in Österreich vnder der Ennß, Wie / bißhero alhier zue Wienn, In Behaimb, vnd Mährern / aber, Wie es in Behaimb Vnzhero gebreuchig ge= / wesen zue Vermünzen {alß Nemblich
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bestandt hingelassen werden sollte, Ihnen obbemelten bestandts Inhabern der vorbestandt verwilliget.“ Der Kaiser merkte an – „Dicit Sua Mtas“ –, dass „wann Sy davon fiellen, wäre gueth, undt seheten es Ihre Mtt. gern, woe aber nit der Silberkhauff auf d[er] Bestandtleuth gefahr, undt Sy des vorbestandts vertröstet werden.“ (Verhandlungen, fol. 11r). Kremnitz, heute eine Stadt in der Mittelslowakei (Kremnica/Körmöcbánya), seit dem Mittelalter und noch in der Frühen Neuzeit eine wichtige Silber- und Goldbergbau- und führende Münzprägestätte in Oberungarn. Ihre größte Blüte erlebte sie unter Maria Theresia. In den Verhandlungen findet sich die Angelegenheit einer aufzulösenden spanischen Münzstätte, welche im Vertragstext nicht mehr vorkommt und laut Kaiser durch Paul Michna weiter zu behandeln sei („Solle herr Michna tractirn“), nämlich: „[Zum] Sechsten des alhiesigen Spannischen Müntzweesens einstellung halber, mit den herren Spannischen Ambassadorn tractirt, vndt Ihre BestandtsInhabern von Ihne alles Silber so ausser landts khombt, alß realen vndt anders abzulösen vergunnet.“ (Verhandlungen, fol. 11r). Zentner. Der Schreiber des Kaisers vermerkte am Rand: „Sua Mtas gemeldet uf des khupffers Contracts meliorirung bedacht zusein.“ (Verhandlungen, fol. 11v). Der Satz in geschweiften Klammern steht lediglich in den Konzepten. Schrot und Korn bestimmten den Münzfeingehalt, das heißt die Edelmetallmenge in einer Münze.
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Jede / March 16 lötig fein P.[er] 79 fl.}24 Verwilligt, vnd neben dem / Vardein25 noch 80 ain ander Persohn zuer nach Prob= / ierung der Münz damit Sy bestandtleuth dits= / orths {wegen Schrott vnd Khorn}26 / khaine Verandtwortung haben, die ihrer Matt: / geschworn, auf ihr der bestandtleuth bezahlung, ge= / ordtnet, Vnd Sy bestandtleuth vber die mit / ihnen Verglichene nuzung, mit ainicher Verneren / Anticipation oder darlehen nit beschweret. /27
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Die Ausprägung zu 79 Gulden pro Mark wurde im hier wiedergegebenen Vertragstext für die Niederösterreichische Kammer weggelassen und den Münzleuten vor Ort erst per Sonderdepesche mitgeteilt, siehe auch ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23, Kaiserliche Hofkammer an die Niederösterreichische Kammer, Wien, 11. Februar 1622, fol. 48, vergleiche fol. 22 bis 32. Gleichwohl ist das Prägeverhältnis durch Gindely, der den heute verlorenen, vom Kaiser persönlich approbierten Vertragstext in Prag einsehen konnte, zweifelsfrei belegt, Gindely, Waldstein während seines ersten Generalats, S. 26–29. Auch eines der beiden Vertragskonzepte in Faszikel 15 weist das hier in geschweiften Klammern eingefügte Prägeverhältnis aus – es ist dort ebenfalls nur am Rand beigefügt. Nichtsdestotrotz könnte beim Text für die Niederösterreichische Kammer auch eine bewusste Lücke gelassen worden sein, welche die Vertragsversionen, die von den Münzkonsorten selbst ausgegeben wurden, womöglich gezielt enthielt. Hier gab es also durchaus großes Manipulationspotenzial. Nominale und Feingehalt aber waren an sich genau festgelegt – zumindest wollte dies wohl der Kaiser, der jedoch ohnedies später getäuscht wurde. Jede Mark Feinsilber – 253 Gramm in Prag, 280 Gramm zu Wien – war prinzipiell also auf 79 Gulden zu nominell 60 Kreuzern auszuprägen, obschon diese Regelung von den Münzkonsorten später ganz absichtlich gebrochen wurde. Amtmann des Münzregalinhabers für die Kontrolle des Münzfeingehalts. Der Text in geschweiften Klammern ist beachtenswerterweise nur in den Vertragskonzepten vorhanden. Beim wichtigsten Artikel überhaupt, der die Frage des Feingehalts der Münze behandelt, weicht der Verhandlungstext am deutlichsten von dem an die Münzstätten übersandten Vertragstext ab – dies zeigt nochmals das dem Vertragswerk inhärente Manipulationspotenzial: „D[er] halbe thaill alls so gemüntzet in fein ohne Zusatz, die helffte von dem Andern halben thaill aber in doppel undt einfache guldener, vndt dz vbrige in halbe guldener grossen vndt kleinen Müntz auf Schrott vndt khorn alhier wie bißher hier, vndt in Behaimb vndt Märrhern wie es in Behaimb bishero gebräuchig gewesen zuvermüntzen verwilligt, vndt neben den vardein noch aine Andere Person zu nach probirung der Müntz, vndt verandtwortung d[er]mengl, die Euer Mtt. geschworen, auch woe vonnöthen ein Inspector, geordert vndt Sy Bestandtleuth vber obangeregte Bestandt nutzung mit ainiger verneren anticipation od[er] darlichen beschwart.“ (Verhandlungen, fol. 11v/12r). Laut den Verhandlungen sollten also lediglich 25 Prozent der Münzen mit geringerem Feingehalt ausgemünzt werden, allerdings nicht niedriger als bei den bereits durch Liechtenstein und Bassevi vorgenommenen Manipulationen in Böhmen. Davon, dass die Münzkonsorten angeblich nicht für den Münzfeingehalt verantwortlich seien – wie im an die Münzstätten ausgegebenen Vertragstext stipuliert – ist in den Verhandlungen mit dem Kaiser nirgendwo die Rede. Auch ist auffällig, dass bei den ausgegebenen Vertragstexten im Vergleich zu den Verhandlungsunterlagen die unabhängigeren Kontrollinstanzen wie Inspektoren reduziert sind.
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Neuntenß. In Ihrer Matt. Erbkhünigreich Be= / haimb, Erzherzogthumb Osterreich Vnter der / Ennß, Marggrafthumb Mährern, vnd in der / Obern Pfalz,28 auch alle dieser Lander, Statten, / Marckhten, Fleckhen vnd ohrten, ihnen Wo Sy, oder / die von ihnen abgeordtnete sich hinverfügen werden, / allerley Münzen, Wo Sy wissen vnd khünen Ein zue Wech= / seln, allerley Silber, ganz, Pruch, pagament, vnd / Wie 90 daß nahmen haben mag, nichts darvon auß= / geschlossen, ein zue khauffen vnd zue Verbrechen Ver= / gunnet, Vnd derethalben ain absonderliches patent erthailt. /29 [Zum] Zehenten, Da Eine durchgehente Landtsgefahr / entstehen, vnd Sy dardurch in Raisen mit Einlosung / der Silber vnd pagamenter gespärt, daß Sy der / billigkhait vnd müglichkhait nach geschuzt, vnd nach / gestalt der sachen, mit 95 ihnen ain Vergleich ge= / troffen, vnd ihr schaden nit begehrt, vnd ihnen / Jedeßmolß die Nothwendige Confoia30 (:Wie / man dan destwegen mit denen Herrn Obristen / über ainß khomben wirt:) auf ihren aigenen / Costen, vnd ohne ihrer Matt. entgelt gevolget. /31 [Zum] Aylften. Do ins khünftig im heiligen Röm= / ischen Reich, ihrer Matt. 100 Erbkhünigreichen vnd / Landen, im MünzWesen aine Mutation oder An= / derung 85
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Die Oberpfalz ist aus den Verhandlungsunterlagen mit dem Kaiser gestrichen. Überdies bemerkte Ferdinand II., die Münzkonsorten „Sollen sich wegen d[er] Obern Pfaltz [...] absonderlich anmelden gehöre nit Zum Contract.“ (Verhandlungen, fol. 12r). Die Mitglieder des Konsortiums weiteten demnach entgegen den Wünschen und Vorstellungen des Kaisers das Gebiet ihres Silbereinkaufsmonopols aus. Es handelte sich um ein Silbereinkaufsmonopol im Vertragsgebiet und in der Oberpfalz. Bei den Verhandlungen selbst war erwogen worden, auch Polen als potentielles Inflationsgebiet einzubeziehen – ein Gedanke der Konsorten, welcher auf Weisung des Kaisers indes nicht juristisch umgesetzt wurde: „Auch der Khünig in Polen, daß er in seinem Khünigreich vndt landen Euer Mtt. Müntzen allerlej Sorten in solchem valore vndt werth wie hieraussen in Euer Mtt. landen, gehen lassen wolle, schriftlich ersucht.“ (Verhandlungen, fol. 12r/v). Die Silberaufkäufer der Münzkonsorten genossen auf ihren Reisen besonderen, notfalls auch militärischen Geleitschutz. Eine von den Münzkonsorten gewünschte Kausel zum Schutz vor Inflation wurde nicht in den Vertrag aufgenommen: „NB die Bestandtleuth wollen für inseriert haben, do dz Silber so sehr steigen solte, daß Sy mit einlösung dessen nit geuolgen wurden khünen, Sy diß orts schadlos zu halten.“ (Verhandlungen, fol. 12v). Dieser Satz belegt eindrucksvoll, dass die Organisatoren des Konsortiums genau wussten, dass eine wahrnehmbare Inflation entstehen würde, die irgendwann den weiteren Silberaufkauf – und damit das Geschäft an sich – unmöglich machte. Der Kaiser befahl zwar persönlich, diese Hintertür für die Konsorten zu schließen, wenn er deren Wunsch ablehnte: „Dicit Imperator Auß zulassen.“ Allerdings vertraute er auf das Urteil Karls von Liechtenstein in dieser Angelegenheit und ließ Nachverhandlungen offen: „Fürst Carl [von Liechtenstein, Anm. Vf.] solle tractirn, undt Ihnen was für obstacula hierinnen, zuerkhennen geben.“ (Verhandlungen, fol. 12v). Die letztgültige Vertragsaushandlung überließ der Kaiser folglich seinen Hofkammerräten, die jedoch ebenfalls selbst ins Geschäft persönlich involviert waren.
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fürlaufen mochte, dieser Contract / allerdingß aufgehebt, vnd mit ihnen bestandts= / leuthen nach billichen dingen transigirt.32 / [12.] Hingegen Offt hegsternente ihre Khay: Matt. / von ihnen bestandtßleuthen, Hannß de Vite / vnd mitConsorten, daß Jar hindurch Sechs / Million, oder Sechzig 105 Mahl hundert Tausent / gulden, Jeden Zue Sechzig Kreuzer, vnd zwar nach Ver= / wichenen ersten Monath, alß den Sechzehenten khünf= / tigen February an, über fünf wochen anzuefangen, / Von dannen hinfüro wochentlichen die khumbente / angebührnuß (:darunter in Österreich vnder der / Ennß, der fünfte thail, alß Zwölf mahl hundert / Tausent gulden abzueführen:) in Behaimb drey Million / vnd Mährern Acht mahl 110 hundert Tausent gulden33 / in die Münzheuser dieser orten, auf ihrer Mt. / genedigiste Verordtnung, gegen ainer Hofzahlmai= / sterischen Quittung, ordentlich abgeführt, vnd mit / Vollendung der letzten Wochen vnd deß Jahrs, die anfangß hinterstellig Verbliebene Vier Wochen ge= / bühr, wie gehört, gleichsfalß entrichtet vnd guetgemacht. /34 [13.] Zue dem Ihrer Maitt: zue dero selbst aigenen / Notturfften, gegen entrichtung, 115 der auf Jede / Marckht laufenden, fünf gulden Uncostenß, Tausent / Marck Silbers vermünzet; Vnd solcher bestandt in Behaimb vnd Mährern, den ersten her= / bey nahenten Monats February dieses Sechzehen / hundert Zway vnd Zwainzigisten Jahrs, In Öster= / reich aber vnder der Ennß, den Sechzehenten deß= / selben Monaths angefangen, Vnd eben den Tag / alß den Sechzehenten February Volgunter Sech= / zehenhundert 120 drey vnd zwainzigisten Jars, in allen Münzen geendet. / [14.] Auch ainer oder der Ander Theil nach Verfliesung deß / Jahrs, oder do auf ainer oder der ander seiten, diesem / Contract in allen Puncten, Clausln, Circumstantys / vnd umbstenten, nit Volkhumbentlich nachgelebet, / oder sunsten erhebliche Vrsachen halber, wie oben / angedeutet in heil: Röm: Reich, vnd obbemelten / ihrer Matt: 125 Erbkhünigreichen vnd Landen, aine / Mutation fürgehen wurde, Sy die bestandleuth zue Continuierung dessen / in wenigisten nit gezwungen werden, oder den= / selben zuehalten, obligirt vnd Verbunten sein, / sonder ihrer der billigkhait gemäß, rich= / tige Abfündung beschehen solle. / [15.] Zue welches bekhräfftigung Zway gleichlautente / Exemplaria von anfangß 130 benente, ihrer Khay: / Matt. HofCamer, vnd obbenenten Hannß de Vite / in Nahmen seiner, vnd seiner MitConsorten vndter / deroselben Handtschrifft vnd Petschafft verfertigt / Deren aines Zue mehrer sicherhait bey der Khay= / serlichen HofCamer 32
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In den Verhandlungsunterlagen weicht der letzte Halbsatz ab: „Do in khunfftig [...] eine Mutation [...] vorlaufen möchte, dieser Contract allerdings aufgehebt: vndt allein die nutzung pro rata temporis alsdann begert.“ (Verhandlungen, fol. 12v). Nur 800.000 Gulden Pacht für Mähren zu verlangen, war wohl ein Fehler im Vertragstext. Um auf die Gesamtsumme von sechs Millionen zu kommen, müsste es korrekterweise heißen: „achtzehnmal hunderttausend Gulden“. Die Frage der Pachtsumme wurde am Verhandlungstag des 13. Januar 1622 offenbar noch nicht behandelt, vielmehr enden die Unterlagen folgendermaßen: „Würdet deswegen zue Euer Mtt. g[nedig]sten gefallen gestelt, ob Sy disen oft: vnft mehrerwehnten Contract also g[nedig]st ratificiren [...] vndt [...] außfertigen lassen, oder wessen Sy sich sonsten diß orts weitters in gnaden resoluieren wollen.“ (Verhandlungen, fol. 13r/v).
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Expedition Verwahreter auf= / behalten,35 daß Ander aber ihme Hannsen / De Vite vmb khünftigen richtigkhait Willen, / zuegestelt vnd angehendigt worden, Alß ge= / treulich 135 vnd ohne geverde. Actum Wien den Acht= / zehnten January Anno Sechzehenhundert Zway vnd / Zwainzigisten.36
2. Die Vorverhandlungen Noch bevor Kaiser Ferdinand II. ein Angebot über die Verpachtung seines Münzwesens an eine semiprivate Kapitalgesellschaft unterbreitet worden war, hatte der an einem solchen Geschäft interessierte Personenzirkel einen Plan entworfen, welcher der Kaiserlichen Hofkammer zur Begutachtung vorgelegt wurde. Im Folgenden finden sich sowohl das Konzept der Vorverhandlungen zum Münzkonsortium wie auch – direkt daran anschließend – die zugehörigen Bescheide der Hofkammerräte. Beide Dokumente weisen einige Abweichungen vom obigen offiziellen Vertragstext auf. Bereits am 6. Januar 1622 hatten die späteren Münzkonsorten – namentlich Fürst Karl von Liechtenstein, Jakob Bassevi, Paul Michna sowie die Hofkammerangehörigen Gundaker von Polheim, Hans Christoph Teuffel, Vinzenz Muschinger und Hans Unterholzer über ihr künftiges Projekt ausreichend vorverhandelt und Kaiser Ferdinand II. wie auch Hans de Witte, der kurz darauf ebenfalls Gesellschafter wurde, das folgende Konzept darüber zugesandt.37 Es folgt nun zunächst der erste Vorschlag Liechtensteins und Bassevis in 15 Artikeln, sodann – mit neuer Zählung – das daran anschließende Gutachten der Hofkammer für den Kaiser hierzu. An den Vorverhandlungen war de Witte noch nicht beteiligt gewesen, vielmehr stieg er später ins Geschäft mit ein.38 35
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Diese eigentlich wichtigste Vertragsversion befindet sich heute nicht mehr im Hofkammerarchiv, müsste laut zeitgenössischen Repertorien aus dem 17. Jahrhundert gleichwohl unter ÖStA, FHKA, Hoffinanz, Faszikel 185, Januar–März 1622 liegen. Sie ist wohl während des Zweiten Weltkriegs zwischen Wien und Prag endgültig verloren gegangen. Es folgen Siegel und Unterschrift des Hofkammerpräsidenten von Polheim – manu propria –, Siegel und Unterschrift des Hofkammerrats Christoph Teuffel, drei weitere Wachsabdrücke – ohne Siegel und Unterschriften. Vielleicht wurden ursprünglich vorhandene Siegel nachträglich wieder entfernt. Die vorangehenden konzeptionellen Entwürfe weisen zusätzlich noch die Hofkammerräte Muschinger und Unterholzer als Unterzeichner aus. ÖStA, HFKA, Nr. 15, 1622/23, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, fol. 16r–27r. Zuvor hatten „Jacob Basseuj vnd Consorten“ persönlich an den Kaiser geschrieben, und zwar eine „Allervnderthenigste erclerung, auff waßerley conditiones dz Vniversal Müntzwerckh in Ihr Khay: May. ErbKhönigReich vnd Landen in bestandt angenommen werden köndte.“ Dieses Schreiben von Bassevis eigener Hand weist weder eine Ortsangabe, noch eine exakte Datierung oder eine Seitenzählung auf. Mit hoher
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Allergenedigister Kayser vndt herr, / Auf Euer Kay: Mtt. genedigiste verord= / nung hat die HofCamer [...] Die von Jacoben Basseui Juden vndt dessen Mit=Consorten, gegen d[en] von Fürsten von Liechtenstain ange= / tragenen annembung des vniuersal Müntz / werckhs39 in Euer Mtt. Erbkhünigreich / vndt landen Behaimb, Österreich40 5 vndt Marrhern / proponirte vndt fürgeschlagene Conditiones / vndt Articul der notturfft nach exami= / nirt vndt erwogen, / vndt Erbieten sich Er Basseui Judt vndt seine mit Consorten, daß Sy solches Müntz / werckh Auf ain Jahr gegen erlegung Sechtzig / mahl hundert Tausent gulden mit denen nach / volgunden außtruckhlichen beding vndt onfang / acceptiren vndt annemben wollen; / 1. daß Ihnen fürs Erste Alle Müntz Statt in / Euer Mtt. Cron Behaimb, Ertzhertzog10 thumb / Osterreich41 vndt Marggrafthumb Marrhern / woe zuevor Müntzen gewesen, od[er] Ihnen / am bequemb: vndt dauglichsten auf= / zurichten zu sein, bedenckhen möchte, / sambt allen daselbst allberaith vorhandenen / Zeug vndt vorrath, vermittels ordent= / lichen Inuentary eingeraumbt ; / 2. [Zum] Anderten darbei in Allen / Euer Mtt. Erbkhünigreich vndt landen / 15 Auch Stätten, Marchten, Fleckhen vndt / orten [...] durch Sy od[er] Ihre Abgeordnete wie Sy khünen vndt mügen, von Menniglich vn= / gehindert, allerlej grob vndt khlein Sil= / berne Müntzen wie dieselben Nahmen / haben möchten, aufzuwechseln, vndt gleich / bei Anderen Müntzen im Reich vndt Andt[er]en / orten beschieht,42
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Wahrscheinlichkeit wird es aber Anfang Januar 1622 verfasst worden sein. Fürst Karl von Liechtenstein, so Bassevi, habe ihm die Pachtung des kaiserlichen Münzwesens angeboten: „Demnach im Nahmen E. Röm: Khay: May. von dero Gehaimden Rath [...] dem [...] Fürsten [...] Carln Fürsten und Regierern des Haußes Liechtenstain [...] mir vnd meinen Mitt Consorten das gantze Vniuersal Müntzwerckh in dero ErbKhönigreich vnd Landen [...] offerirt vnd angetragen worden.“ Bassevi erklärte, die angebotene Aufgabe gegen die Pachtsumme von sechs Millionen Gulden auf ein Jahr annehmen zu wollen und formulierte hierfür entsprechende Bedingungen. Liechtenstein und Bassevi hatten somit die Grundidee für eine groß angelegte Pachtung des kaiserlichen Münzwesens entworfen. Bassevi und Liechtenstein hatten in Böhmen schon vor dem eigentlichen Münzkonsortium Münzmanipulationen betrieben. Für das größere Projekt scheint indes in der kurzen Zeitspanne vom 6. bis zum 13. Januar 1622 der Prager Hofhandelsmann und Großfinancier Hans de Witte geworben worden zu sein. Ursprünglich war die Einbeziehung von Österreich ob und unter der Enns vorgesehen; diese Regelung wurde später auf Niederösterreich beschränkt. Oberösterreich war bayerisch administriert, da es Kaiser Ferdinand II. dem Herzog von Bayern pfandweise überlassen hatte. Die Wittelsbacher waren Münzmanipulationen, welche dem Reichsrecht widersprachen, ohnedies deutlich abgeneigt, vergleiche nur Altmann, Kipper- und Wipperinflation in Bayern. Dies hätte auch die Einbeziehung von Oberösterreich bedeutet, die jedoch später nicht geschah, weil es unter wittelsbachischer Administration stand – vergleiche auch den Vertragstext. Schon Bassevis Angebotsschreiben an den Kaiser formulierte ansonsten diesen ersten Artikel sehr ähnlich. Das „Kippen und Wippen“ im Reich wurde mithin zum Vorbild des Münzkonsortiums. Die allfällige Üblichkeit der Münzmanipulationen wie auch der dringende Finanzbedarf ließen die Beteiligten über geltendes Recht, namentlich die Reichsmünzordnung, hinwegsehen.
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20 zuebrechen, Auch der not= / turfftigen Pruch an pagament Silber / sich kheufflichen zue erholen, vndt also die / vermüntzung auf das starckhest ohne Men= / nigliches eintrag fortzusetzen43 haimbgestellet vndt frei gelassen, Auch Sy / darüber mit ainem außführlichen patent dessen aller orten sich zuegebrauchen, versehen, 3. Drittens Zue besserer propagier: vndt / fortsetzung, auch gewisse continuation 25 Euer Mtt. Interesse vndt nutzens, kheinem / in Euer Mtt. Erbkhünigreich vndt landen, / es seie, woe es wolle, Ainige Müntz / aufzurichten, od[er] sonsten ainigerlej Sorten, [...] zuemüntzen zuegelassen, / 4. Viertens Ihnen All: Vndt Jedes Perckh= / silber, so im Khünigreich Behaimb, od[er] / Andern Euer Kay: Mtt. ländern gewunnen / vndt gemacht würdet, kheiner 30 anderer orten / alß in die bestandene Müntz Stätte gegen / richtiger bezallung Jedweder feinen / marckh Per 32 fl., Wie in gleichen, / auch allerhandt gefäll von Contrabant / an Silber vndt pagament, woe die / einkhomben möchten, die marckh fein in / gleichen precio vndt werth zuem ver= / müntzen eingeandtwortet, /44 5. Auch fürs Fünffte Zum Osterreichischen / vndt Marrherischen Müntzwesen 400 35 / vndt zum Behaimbischen auch 400 / Centen45 gekörntes Zum Müntzen dienliches / Khupffer,46 vmb sonst, Zue ainer Zuebueß / vndt beysteuer geraicht, vndt woe Sy / hin begeren, geliefert, / 6. [Zum] Sechsten weillen diese Khupffer bej / weittem nit erkleckhen würden, die / ausser landts verführung des Newen / vndt Alten Khupffers, bej vermaidung / hoher 40 vnabsichtlicher straff, damit man / desselben vmb gebürende bezallung hab= / hafft werden khünne, interdiciert vndt / verbotten, 7. Zum Siebenten Zue Khuttenberg 4 7 die / nottdurfft Kholen auß Euer Mtt. Khol= / handlung nahe bei Colin, wie anietzo, [...] zur Müntz / geliefert, bej Anderen Müntzwerckhen aber / so viell Holtzes Zuem werckhen vonnötten / auß denen nechstgelegenen 45 Euer Kay: Mtt. wäldern, umb billich leidenliche bezallung / geuolget, /
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Mithin ging es um eine Ausweitung der im Auftrag Liechtensteins unternommenen Aktivitäten Bassevis auf einen Großteil der österreichisch-habsburgischen Erblande. So verwundert es nicht, dass auch Bassevis erwähntes Schreiben an den Kaiser diesen zweiten Artikel bereits aufwies. Im Vertragswerk war das Bergsilber ausdrücklich ausgenommen, wie dies auch die Kaiserliche Hofkammer (siehe den dritten Artikel des unten edierten Gutachtens) forderte. Dass fast sämtliche Artikel des Vorentwurfs nahezu identisch mit Bassevis Schreiben an den Kaiser sind, belegt auf sehr eindrucksvolle Weise, wie Liechtenstein zusammen mit seinem Münzjuden das Projekt eines allgemeinen Münzkonsortiums konzipiert hatte. Zentner. Die Menge des vom Kaiser zu stellenden Kupfers wurde im gültigen Vertrag erheblich reduziert. Kuttenberg (Kutná Hora) war eine sehr bedeutende Stadt des böhmischen Silberbergbaus. Seit dem Hochmittelalter wurde hier Silber abgebaut, doch erschöpften sich die Erzvorkommen ab dem 16. Jahrundert allmählich. Gleichwohl war die Stadt auch im 17. Jahrhundert noch reich und förderte große Silbermengen.
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8. Fürs Achte, weilln Sy selbst die not= / turfft drej Kreutzer groschen, müntzen / zuelassen entschlossen, aber das landt / mit allerlej vntüchtigen Sorten an groschen / Zimblicher massen angefüllet, dieselben / mit ernst allerdings abgeschafft, vndt / in Allen Euer Mtt. ländern gantz vndt gar verbotten, wie auch nit weniger mit denen ReichsTallern vndt / duggaten eine gewißheit gemacht vndt / d[er] ReichsTaller Per 4 ½ fl. d[er] Dugg[at] / Per 6 ½ fl. in Allen Euer Kay: Mtt. / Khünigreich vndt landen publiciert; / vndt bej dero bestelten Fiscaln aller / orten auf die, so solche höher einzue= / wechseln, einzunemben od[er] außzugeben / sich vnterfangen wollten, vleissige auf= / sicht zuhaben, vndt dieselbe zu gebürender / straff zubringen, verordnet, / 9. [Zum] Neundten neben obgemelten 3 kr. groschen / auch halbe kreutzer vndt kreutzer, doppel, / Ainfache vndt halbe gulden stuckh, wie / auch, vermüg des Fürsten von Liech= / tenstain deßhalber vnlengst ergangenen / Resolution Vier guldener zu Müntzen zugelassen, / 10. [Zum] Zehenten daß die allerhandt geringe Müntzsorten vber obbemelt 3 kr. auch in 12 – 24 einfachen doppelguldenern verhüttet vndt neben der schädlichen verschlaiffung alles Silbers vndt pagaments, wie auch / der duggaten vndt ReichsTaller bej / hoch vndt Niedern Standts nit ernst inhi= / biert vndt eingestelt;48 Auch bej Allen / Euer Kay: Mtt. vnderthanen in der Khünig= / reichen vndt landen, alß in Hungarn, / Behaimb, Ober vndt Nieder Osterreich / so woll Marrhern49 vndt in der Obern Pfaltz50 / bej nambhaffter Leibsstraff, / damit Jederman der etw[a]z von Silber, / es seie fein, gkhörnt, bruch, brandt, / pagament, Alte gelter, drej Patzner / Sechs Patzner oder waß d[er]gleichen mehr / dasselbig Niergents anderst wohin, alß / in die kayserlichen Müntzen, oder denen / es von Ihnen bestandtsleutthen vergunnet / vndt zue gelassen, vmwechseln oder ver= / handeln thue, prohibiert vndt verbotten, /51 11. [Zum] Ailfften, demnach in Euer Kay: Mtt. Erb: / khünigreich vndt landen der vorrath / am Silber vndt pagament Zimblich / geschmelert, Auß anderen landen,52 / (:darzu Sy dann woll mittl wüssten, / beuorab wan Euer Kay Mtt bej dem / Khunig 48
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Bassevi als erfahrener frühkapitalistischer Kaufmann begründete dies in seinem Schreiben an den Kaiser: „weiln die Cron Behaimb nicht ein solch Land, darinnen die Commercien also starckh im schwang gehen.“ Tatsächlich aber galt Böhmen an sich als vergleichsweise reiches Land – aufgrund seiner Landwirtschaft und nicht zuletzt seiner Bodenschätze wie Erz wegen. Mähren. Die Oberpfalz war ehemaliger Besitz des glücklosen Winterkönigs Friedrich von der Pfalz, der den böhmischen Rebellen als König von Böhmen vorstand. 1622 jedoch war dieses Territorium längst im Einvernehmen mit Kaiser Ferdinand II. bayerisch besetzt; Herzog Maximilian von Bayern beanspruchte überdies die mit der Oberpfalz verbundene Kurwürde als Kurfürst von Bayern. Der zehnte Artikel in Bassevis Brief an den Kaiser geht sehr detailliert auf die bisher übliche Praxis der Ausfuhr der (noch) relativ hochwertigen böhmischen Silbermünzen ein und schlägt genaue Regelungen vor, wie solches Gebaren zukünftig unterbunden werden könne. Dieser Artikel belegt, dass das Geschäft von Anfang an darauf ausgelegt war, mit kaiserlicher Duldung in möglichst großem Umfang möglichst viel Silber aufzukaufen, etwa in Polen oder im Reich, wenn nicht sogar in ganz Mitteleuropa.
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in Polen es durch schreiben / dahin gnedigist dirigiereten, daß Euer Mtt. / Doppelguldener vndt Andere Sorten / daselbsten in solchen precio / vndt werth / wie alhier vndt 75 in Euer Kay: Mtt. / Erbkhünigreich vndt landen gang: vndt / gebig sein möchten, :) die notturfft / verschafft, / 12. [Zum] Zwelfften Sy vber obgemelte bestandt / nutzung mit kheiner ferneren anticipation / vndt darlehen nit beschwert,53 Auch wegen d[er] Prob aller außgehunden Müntzen, vmb / des bej Jederer Müntz absonderlich bestelten / Wardein,54 auf 80 vnuerhofft erzaigenden mangl, ainige verandtwortung aufgetragen, /55 13. Ingleichen fürs dreytzehende auf Alle / durch vnuersehene kriegs empörungen vndt / vnsicherheit im landt der einquartier= / rung kriegsvolckhs in Craissen vorfal= / lende impedimenta, dardurch Sy nier= / gents hinraisen khünten, Zue disem Con= / tract nit verbunden,56 sondern bej disen / angebrachten puncten, Clausulen Circum= 85 / stantys vndt vmbstenden vollkhumbenlich / erhalten, Auch zusambenbringung der / Silber vndt gelter von vndt zu den Müntzen mit gewisser confoya 57 ohne / Ihrem entgelt versehen, / vndt zum viertzehendt vndt fünffzehenden / die bezallung der versprochenen Sechs / Millionen Jedes quartal der Vierdte / thaill erlegt, doch zum fall ent= / zwischen 53
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Dies ist der offenkundig dem Kaiser vorgetragene Wunsch eines Netzwerks von Kreditoren, nicht weiter als bloße Geldgeber auftreten, sondern vielmehr über das Münzgeschäft Gewinne erzielen zu wollen. Es handelte sich um einen Amtmann, der vom Inhaber des Münzregals mit der Prüfung der Tätigkeit der Münzmeister, näherhin des Münzfeingehalts beauftragt war. Hierbei ging es um den Versuch, die Verantwortung für den Feingehalt der Münze auf subalterne Amtmänner zu bringen. Bereits Bassevis Gesuch an den Kaiser intendierte, dass die künftigen Münzkonsorten „wegen der Prob aller außgehenden Müntzen (: weiln bey Jeder Müntz ein Absonderlicher Gwardein bestellet, vnd verordnet ist, der im gießen vnd vermüntzen alle werckh nach probirt :) auff vnuerhofft eraignenten Mängel, Ainige verantwordtung auff vns nicht haben sollen.“ Diese bemerkenswerte Festlegung, wonach die Gesellschafter ausgerechnet für den Feingehalt der Münze nicht geradezustehen hatten, setzt sich bis in den offiziellen Vertragstext (siehe oben) fort und zeigt, wie gering die Kenntnisse des Kaisers in Münzangelegenheiten sein mussten. Die Vertragsnehmer wollten demnach nicht an den Vertrag gebunden sein, falls die Kriegslage den Silberkauf unmöglich machte. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass das Geschäft auf exponentielles Wachstum des Silberaufkaufs und der Geldmengenausweitung angelegt war und nurmehr funktionieren konnte, solange entsprechende Wachstumsraten tatsächlich auch gezeitigt werden konnten. Bassevi schrieb an den Kaiser, „weil die Schuld nicht vnser, sondern ein casus fortuitus, quem nemo praestare tenetur, ist“, dürften die Konsorten nicht für alle Fälle an den Vertrag gebunden sein. In fast widersprüchlicher Weise fügte er hinzu: „So lange aber dergleichen nichtes vorlauft, das Land mit einquartierung verschohnet, wir bey diesen angebrachten Puncten, Allen deren Clausuln, Circumstantys vndt vmbstenden vollkhömbentlich erhalten, handtgehabt, vnd geschützt.“ Solche uneindeutigen Formulierungen zeigen abermals, dass es sich um ein hochriskantes Unterfangen handelte. Dies war die Forderung nach militärischem Schutz durch kaiserliche Truppen für den Silberhandel.
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90 endtweder auf offenen Reichs / oder Fürstentag im Müntzwerckh aine Mutation oder änderung vor= / gehen möchte, alsdann dieser Contract cassiert,58 vndt von Ihnen alhier die / bezallung pro rata temporis gefaehr, / Auch dieses bestandts vom 1. nechst= / khunfftiger Monats February (: an / welchem tag man Sy in allen Müntz= / Stetten installieren vndt einsetzen / solle :) ain anfang gemacht, vndt / wiederumb den 1 95 February als vol= / genten 1623ten Jahrs solcher geendet werde, /59
3. Das Hofkammergutachten An dieser Stelle gehen die Aufzeichnungen zu den Vorverhandlungen – in Form eines Briefes an den Kaiser – nahtlos über in das angehängte Gutachten der Kaiserlichen Hofkammer zum obigen Angebot Fürst Karls von Liechtenstein beziehungsweise Jakob Bassevis und seiner Gesellschafter an Ferdinand II. über eine Pachtung des kaiserlichen Münzwesens. Das Gutachten stammte wohl ebenfalls vom 6. Januar 1622 und äußerte insbesondere Bedenken hinsichtlich der Illegalität eines solchen Vorhabens, das die in Kraft befindliche Reichsmünzordnung verbat. Derlei Vorbehalte wurden jedoch spätestens zu dem Zeitpunkt obsolet, als führende Mitglieder der Kaiserlichen Hofkammer zu Gesellschaftern des Münzkonsortiums wurden.
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1. Nun befindet man dieses werckh / weill d[er]gleichen Müntzverlassung in denen ReichsConstitu= / tionibus vndt Capitulationibus sonder= / lichen verbotten,60 also / daß es nit woll ohne grosse / beschwer, fürnemblichen, do es denen Juden / gelassen werden solle, abgehen würdet, / vndt wolte man do Euer Mtt. / sich Je auf aine bestandt einlassung des / völligen Müntzwesens in der Erbkhünig= / reich Behaimb, Ertzhertzogthumb Osterreich / {vnter d[er] Enß}61 vndt Marggrafthumb Marrhern 58
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Die reichsrechtliche Illegalität war allen Beteiligten bewusst; eine jederzeitige Unterbindung des geplanten Geschäfts durch die Fürsten des Reiches erschien ihnen möglich, ab einem gewissen Zeitpunkt sogar wahrscheinlich, weshalb sie sich für diesen Fall vorsorglich absicherten. Bassevi selbst schloss seinen Brief an den Kaiser mit einer zeremoniell üblichen Ergebenheitsadresse: „Welches alles vnd Jedes E. Khay: May. wir zue dero höchstvernünfftigen disposition hiemit aller vnderthenigst anheimbs stellen, vnd negst erwartung Allergnedigster Resolution zue Khay: beharrlchen hohen gnaden, vns allergehorsamst in dieffester demut omni meliori modo recommendiren. E. Khay: vnd Khön: May. Allervnderthenigster, Gehorsambst getrewer Jacob Basseuj vnd Consorten.“ Als Hans de Witte – ein reformierter Großbankier – aus Sicht des besonders gläubigen katholischen Kaisers immerhin ein Christ und gewissermaßen lediglich fremdkonfessionell ins Konsortiumsgeschäft eintrat, verlor indes Bassevi seine führende Rolle. Den Mitgliedern des Münzkonsortiums wie auch dem Kaiser war die gültige Reichsmünzordnung aus den 1570er Jahren also durchaus bekannt. Sie verbat jegliche Art von Münzmanipulation ausdrücklich. Der Text in geschweiften Klammern wurde vom zeitgenössischen Kanzlisten nachträglich eingefügt, da ursprünglich ganz Österreich, mithin beide Teile des
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gnedigist / resoluieren möchten, daß Sy solche / lieber den Christen alß Juden mehrers glimpfs vndt besserer verandtwortung willen hinumb gelassen62 / das bestandt gelt / d[er] anerbottenen 6 Millionen, / (: Sintemahlln man dem gemachten Calculo nach / auß Behaimb o[der] auß Osterreich hieren vndter d[er] Enß / vndt Marrhern bej itziger bestallung in die fünf Million / vndt 520000 f[l]. ohne Zulassung / der freien einlösung des Silbers haben kann :) / an sich selbst gar zu gering, vndt do man denen / alhiesigen od[er] Marrherischen Jetzigen / Müntzverlegern den bestandt mit / denen begerten Conditionibus hingelassen, / Sy ohne Zweiuel ein mehrers zugeben ver= / willigt haben wüden, / daß mit denselben auf ain höhers / vndt biß auf 8 Millionen od[er] so hoch man khan tractiert / vndt gehandlet, vndt Ihne solcher be= / standt des vniuersal Müntzweesens / in Behaimb Osterreich vnter der Enß vndt Marrhen, / hinumb zulassen / verwilliget, danebens aber angedeuttet / werden khünte, daß Sy sich des all= / beraith bej Euer Mtt. Jetzigen Müntz= / hausern verhandenen Zeugs vndt vor= / raths, allenthalben mit denen Jetzigen / Müntzverlegern ohne Euer Mtt. entgelt / vergleichen, Sintemahln Ihnen dieselbe also ohne bezallung nit khan hinwegh genomben werden, / vndt es wegen der Juris= / diction vndt direction / ällermassen es bishero an Ainem vndt / dem Andern orth gebräuchig gewesen / vndt obseruiert worden ist, verbleiben solle, / Im Anderten hatt es mit d[er] begerten einlösung des Silbers in Alle Euer Mtt. / Erkhünigreich vndt landen diese difficultet, / daß solches in Euer Mtt. Khünigreich Hungarn / dene hungarischen Pergstatten63, Auch in dero Steyrischen landen vndt in Schlesien, ohne Euer Mtt. / höchsten vn= / wiederbringlichen schaden nit beschehen khan, / in dem die Pergstatt allein auf ain mehrers dan / das anerbottenen bestandt gelt d[er] 6 Million / außtraget bej dem nunmehr ge= / machten friden schlueß gebracht vndt Euer Mtt. damit mehrer nutz bedacht vndt geschafft werden khan, / hinge= / gen auf den Andern weg Alle bißhero / wolhergebrachte, drinnen obseruierte Perckh= / ordnungen gentzlichen confundiert, vndt / durch verschwertzung64 des Silbers, so denn / Waldtpurgaw do sie freie einlösung drinnen verstattet / nit zuverwehren, in ainen / solchen standt gesetzt, daß Sy in vielen Jahren nit wiederumb Zuerecht / gebracht, vndt Euer Mtt. diß orts an denen / dannenhero zuhoffen habenden gefällen, doppelt / so viell alß d[er] anerbottene Müntzbe= / standt ist [...] , ent= / rathen wurden, dahero in Hungarn / denen Pergstett alda wie auch d[en] Steyerischen / landen vndt Schlesien
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Erzherzogtums Vertragsgebiet sein sollten, siehe den entspechenden ersten Artikel des Konzeptschreibens oben. Oberösterreich war jedoch den Wittelsbachern zur Administration übergeben worden, als Pfand einer noch zu bezahlenden Entschädigungsleistung für die bayerische Hilfe bei der Niederschlagung des böhmischen Aufstands. Möglicherweise waren antijüdische Ressentiments – neben der enormen Finanzkraft eines niederländischen Exulantenbankiers – mit dafür verantwortlich, dass neben Bassevi auch Hans de Witte involviert wurde. Gemeint waren die königlichen Berg- und Freistädte in Ungarn, nämlich mindestens Kremnitz (Kremica), Neusohl (Banská Bystrica), Schemnitz (Banská Štiavnica) und Altsohl (Zvolen). Illegale Verführung oder Schmuggel.
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/ zue verhüttung Euer Mtt. schadens vndt / damit nit Jederman zue verschwertzung / 40 des Silbers anlaß geben / vndt Euer Mtt. ansehenliches Camergueth mit schmelerung dero Regalia [...] zu boden gelegt vndt ruiniert werde, / die einlösung einmahl nit zuzulassen,65 / sondern günstlichen zu erinnern, / So wissen sich auch Euer Mtt. g[nedig]st / zu erindern, waß vor disem wegen mit / brechung der ReichsTaller vndt Anderer / guten alten Müntz für difficultates / mouiert worden, vndt weillen darauf 45 / vndt darunter Euer Mtt. Aigene Kayser= / liche authorithet vndt hochheit beruhet, / in dem die verfemten ReichsConstitutiones / dieses außtruckhlichen praecauierten,66 / Auch bej / denen Chur vndt Fürsten im Reich ainen vblen nachklang vndt / bej denen Stetten vndt priuat Personen, / als ohne daß die groben Sorten vast / allerdings verschwunden, ain vberauß / grosses lamentieren vndt bej / der posteritet ain stettes 50 klagen ver= / vrsachen wurde, alß khan man / Zu brechung beneneter / groben Müntz Sorten füglich nit rathen; /67 3. Den dritten puncten betreffendt, wäre nit / vnthuelich, ob gleich Euer Mtt. dero Müntz= / weesen nit in bestandt hinliessen, daß Alle / Müntzungen sonderlich bej denen so khain aigene Perckhwerckh haben, / aufgehebt würden, / vndt ob Zwar 55 thails Fürsten vndt Steedt / freyheitten zu Müntzen haben, seindt doch Euer Mtt. nit obligirt, Ihnen solches / weitter, dennoch Sy nit mehr sich des / Schrott vndt Khorns, wie die Reichs / Constitutiones vermögen, vndt vber / welchte Sy allein priuilegyrt, gebrauchen / thun, zu verstatten / zumahlen auch denselben die einlösung des Silbers nit verwilligt ist, / des herrn Spannischen Pottschaffter Müntz wesens aber / betreffendt 60 hat Er die verwilligung, das auß / Hyspanien in Realen Zu bezallung des Spannischen kriegsvolckhs herauß re= / mittierten Silbers zuevermüntzen erst / newlich erlangt vundt ob woll für Euer Mtt. nichts bessers / dann dz diese verwilligung zu ver= / hüttung allerhandt mit vnterlauffendt[er] / vngelegenheitten gentzlichen auffge= / hebt wurde, dieweillen Er darvon nit gern absehen / würdet wollen, möchte mit Ihme, / deswegen 65 glimpf= / lich gehandlet, anderwerths zue / gratificieren, versprechen vndt mit Ihme, / weilln dz Spannische / volckh bej dem gemachten friedensschluß 68 / ohn dz etwan abziehet, wegen herumb / lassung des noch verhandenen Silbers / ain annemblicher vergleich getroffen, / In gleichen, Mit denen / khünfftigen Müntzverlegern, damit Sy / die marckh fein Perckh Sil = / bers Prager gewicht [...] weille die Marckh anietzo / auf
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Die Kaiserliche Hofkammer riet dem Kaiser, das zu bildende Münzkonsortium seine Hand keinesfalls auf ungarisches oder steirisches Bergsilber legen zu lassen. Dies wurde im Vertrag vom 18. Januar 1622 dann auch so umgesetzt. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Hofkammer die Reichsmünzordnung bekannt war, die jede Münzmanipulation verbat. Noch riet die Hofkammer von der später üblichen Praxis, gehaltvolle Reichsmünzen einzuziehen und mit Kupfer zu verschmelzen, mit Hinweis auf die Reichsmünzordnung ab. Der eigentliche Vertragstext – siehe die obige Edition – wies auf jene Problematik gar nicht mehr hin. Gemeint war der 1621 geschlossene zwölfjährige Waffenstillstand zwischen der Krone Spaniens und den sieben aufständischen Provinzen in den nördlichen Niederlanden.
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70 79. vundt 80 fl. außgemüntzet würdet,69 / vndt die ietzigen alhiesigen vndt marrhe= / rischen Müntzverleger dieselbe gar gern / also angeworben hetten, vmb 35 fl. an / dem Andern von Contrabanten vndt denen / Partheien einkhumbenden Silber aber biß in 40 fl. / taxieren vndt einlösen, tractieret vndt gehand= / let werden, Fürs Fünnffte wäre Ihnen anzudeutten, / daß weilln Euer Mtt. wed[er] die al75 hiesigen noch denen Marrherischen Müntz verlegern / kheine beystewer an khupffer geraicht / Sy auch in dieses Ihn begerten der 800 Centen / sintemaln es gleichwohl in m/50 fl.70 außtragen wurde / nit verwilligen khünten, / 6. Nichts desto weniger Ihnen so viell khupffer, / alß Sy zue des Müntzweesens notturfften vonnöthen haben werden, auf Ainen gewissen / vndt verläßlichen desthalber 80 einraichenden / Extract vndt specification eruolgen lassen wollen, / 7. Fürs Siebente die notturfft kholen zu / khuttenberg, vndt die Andernwerts gesuchete / behültzung betreffendt, khan man auf / Euer Mtt. aigenen alhiesige behültzung nit ge= / uolgen, vndt wegen d[er] kholen khein aigentl= / liche satzung machen, derenthalben / Sy nur selbst, wie es an Ainem od[er] / andern orth die Zeit giebt, in 85 ainen billichen Satz die kholn vndt das holtz wurden erkhauffen müssen, / 8. So viell fürs achte die verbietung d[er] allerlej / vntüchtigen bißhero ins landt einge= / schlichenen Sorten an groschen / vndt der im 10t. puncten71 angeregten 12. 24. einfache vndt doppel Guldener, belangen thuet, / Ist Zwar nit müglich / wann diese groschen vndt andere frembden MüntzSorten nit abgeschafft, daß nit dardurch Allerlej 90 beschwer / bej Reich vndt Armen causiert werden, dieweillen / aber dardurch thailß Chur vndt Fürsten / des heyligen Reichs interessiert, / auch Euer Mtt. in dero khünig= / reich vndt landen gepragte Müntz anzu= / nemben sich verwaigern vndt dardurch die Commer= / cien vndt handtlungen gesperrt / vndt andere vngelegenheitten verursachet werden Möchten, Alß / vermainte man, daß Euer Mtt dise / sachen durch Zwaj auß 95 dero Reichshof: / vndt etliche dero Hof: [...] Camer / Räth neben d[er] Regierung weitters be= / rathschlagen lassen, vndt do zu Ain / patent deßhalber / dardurch dise Sorten verbotten auß ge= / fertigt das dahin moderiert undt denselben ohne [...] specificierung der Sorten inseriert werden khünte, daß / Euer Mtt. [...] zu verhüttung der Armen / leutth vnaufhörlichen klagens vndt dem / gantzen landt entstehenden 100 confusion,72 Alle / außlendische d[er]gleichen MüntzSorten mit / einand[er] abschaffeten, vndt kheine ausser darvon / so in dero Erbkhünigreich vndt landen / gemüntzet
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Bereits vor dem Münzkonsortium ließen Bassevi und Liechtenstein in Prag Münzen zu 79 Gulden pro Mark Silber prägen, was von vornherein eine beträchtliche Inflation bedeutete. Dieser Feingehalt wurde in den obigen Vertrag aufgenommen, jedoch – vergleiche den Vertragstext – nur teilweise den zuständigen Stellen wie Münzhäusern und Länderkammern publiziert. Dies geschah, um ein größeres Manipulationspotenzial zu eröffnen. 50.000 Gulden. Gemeint ist Punkt 10. Was das Verbot ausländischer Münzen anging, so gab die Hofkammer den Vorschlägen Bassevis und Liechtensteins statt; es schien den Hofkammerräten evident, dass andernfalls die Inflation bei den Untertanen schneller spürbar würde.
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werden, weilln dise abschaffung ainig vndt / allein dz mitl ist, dardurch Euer / Mtt. so woll noch guetes Silber / vndt golt im landt erhalten, vndt den / gebürenden gewinn vor Anderen / vndt außlendern billich haben, nit passieren thäten, Im Andern aber weilln man mit der / vermüntzung solle anderst die brechung des Taller so hoch staiget, / khünnen verhüttet werden, muess / denen Tallern auch, / nothwendig geuolget vndt gestiegen werden, / dahero man vermainet, daz die Reichstaller / diß mahl gar woll auf 5 fl. vndt der duggaten auf 7 fl. / Inmassen Sy im landt ob der Enß vndt Anderen / orthen beraith gehen anzunemben zu pubicieren od[er] / woll gar so hoch zu staigen, auf des Sy weitter mit nutzen nit brochen werden khünten, / Fürs Neundte, daß Sy [...] auch halbe vndt gantze doppelt: vndt einfache / halbe gulden stuckh wie auch vier gul= / dener zuemüntzen vorhabens; wäre Ihnen / anzudeutten, daß Sy Ihr Müntzen wie / alhier bißhero beschehen in drej thaill auß= / taillen, nemblich dz Aine in groschen neben zusetzung kr. vndt halbe kr. / sonderlichen damit wegen des Armen vndt Gemainen Manß der khlei= / nen Müntz halber bißhero geklagten beschwer verhüttet werde, / das Andere in 12. 24. vndt 48. vndt das dritte in die groben Sorten alles dem ietzigen alhier führenden / Schrott vndt khorn gemäß vermüntzen mügen, / 10. So viel vnter dem Zehenten puncten die in= / hibierung des Silbers vndt pagaments ver=/ führung ausser landts betreffen thut, Ist / solches in Euer Mtt. khünigreich vndt landen / vor disem allberaith praecauiert worden, / welche patenta nochmahln ver= / newert vndt gescharfft vndt auf die vber= / tretter guete achtung geben werden khünte, / waß es aber mit d[er] Obern Pfaltz dahin / Sy diese inhibition vndt einlösung auch extendieren wolln / für gelegenheit habe, / hat man dessen kheine wissenschaft. / 11. [Zum] Ailfften stehet man an, / ob d[er] Khünig in Polen Euer Mtt. Müntzen / von doppelguldenern vndt Andere Sorten / in seinem Khünigreich vndt landen, in dem / precio vndt valor wie heraussen, wirdet / gehen lassen, Jedoch möchten Euer Mtt. / Ihme durch schreiben deßhalber ersuechen, / ob Er etwan hiezu zue disponieren, vndt / auf solchem weg dannenhero Silber vndt / pagament zubekhomen wäre, /73 Fürs Zwelffte khan man Ihnen versprechen / Sy vber die bestandt nutzung, wie man sich / mit Ihnen vergleichen wirdt, mit kheiner ver= / neren anticipation zubeschweren,74 vndt / last man es wegen bestellung des Müntzmaister vardeins75 vndt Inspectoris / vndt dessen Ambts verrichtung bej d[er] / Alten ordnung gleichsfalß verbleiben, / doch dabej in acht zu nemben, daß / Sy gleich wie vorige verleger wenigist biß in / 3000 Marckh Silber für Euer / Mtt. ohne allen entgelt vermüntzen thuen, /
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Die formelle Einbeziehung des Königreichs Polen in das Vertragsgebiet des Münzkonsortiums, wie in den Vorverhandlungen und auch in den Verhandlungen mit dem Kaiser vorgesehen, fand nicht statt. Dem Wunsch der Gesellschafter, nicht weiter Kredite an den Kaiser leisten zu müssen, um in dessen Gnade zu stehen und zum Münzgeschäft zugelassen zu werden, wurde – vergleiche den offiziellen Vertragstext – stattgegeben. Vom Münzherrn mit der Kontrolle des Feingehalts beauftragter Amtmann.
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13. [Zum] Dreytzehunden waß Sy vermelden, daß / do etwan durch vnuersehene kriegs ent= / pörungen, vnsicherhait im landt, oder ein= / quartierung kriegs volckhs in Craissen impe= / dimenta fürfallen thäten, Sy bej dem / Contract zu stehn nit 140 verbunden sein, / wäre allein dahin zuverstehen, wann ain / durchgehunde landts gefahr, vndt / Sy dardurch in raisen vndt mit d[er] einlö= / sung der Silber vndt pagamenter aller örten ge= / spert wurden, daß Sy d[er] billigkheit / vndt müglichkhait nach geschutzet vndt handt= / gehabt, Auch Ihnen / die nothwendige Confoya76 doch auf Ihren / aigenen costen vndt ohne Euer Mtt. ent= / gelt eruolget werden sollen, / [Zum] Viertzehunden vndt Fünfftzehenden wäre / man d[er] gehorsambisten 145 mainung / daß dieser Contract nit / nur auf ain Jahr, wie Ihr fürschlag, / sondern wenigist auf 3 od[er] Zwai Jahr / zu continuirn,77 vndt die bezallung des bestandt gelts auch nit auf Quartal / sondern auf Monath zu richten, vndt Jedes Monaths die gebürende Quota / Aines jedweden landts proportion nach, alß die helffte auß Oster150 reich vndt Mar= / rhern ordentlich abzuführen, / do aber wie Sy andeutten auf offenen Reichs oder Fürstentag im Müntzwerckh aine mutation od[er] / anderung vorgehen sollte, wurde dieser / Contract für sich selbsten fallen vndt aufgehebet werden, /78 Wann man sich dann auf diesen ange= / deutten weg mit Ihnen verglichen, vndt / Sy samentlich genugsambe caution gelaistet, / damit Euer Mtt. nit gefahret / 155 werden, khünte / Ihnen, wie Sich / Euer Mtt. g[nedig]st resoluieren, diß vniuersal / Müntzwerckh in Behaimb, Osterreich {vnter d[er] Enß}79 vndt / Marrhern auf den nechstkhombunden Monats / February eingeraumbt vndt vbergeben, / vndt in ainem vndt Andern woe vonnötten / die weittere notturfft außgefertiget vndt / geordnet werden, Darüber sich nun Euer Kay: Mtt. dero gnedigisten gefallens in gnaden 160 zueentschliessen haben.
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Militärischer Geleitschutz für umfangreiche Silber- oder Münztransporte. Die Hofkammer wünschte eine längerfristigere Verpflichtung des späteren Münzkonsortiums. Offenkundig war den beteiligten Räten nicht klar, dass eine Geldmengenausweitung nur einen kurzfristigen Erfolg haben konnte. Die reichsrechtlich höchst problematische Dimension des Münzkonsortiums war den Hofkammerräten bekannt, wurde aber nicht näher behandelt, sondern vermutlich bewusst ausgeblendet. Die Reichsconstitutiones wurden nämlich in den Vertragsverhandlungen mit dem Kaiser nirgendwo mehr erwähnt. Es ist anzunehmen, dass die ursprünglich nicht involvierten Räte der Kaiserlichen Hofkammer unterdessen als stille Gesellschafter zu gewinnbeteiligten Mitgliedern desjenigen Personenkreises geworden waren, der das Münzkonsortium formieren sollte. Der Text in geschweiften Klammern wurde von einem Schreiber nachträglich eingefügt. Ursprünglich sollten sowohl Österreich ob der Enns als auch Österreich unter der Enns Vertragsgebiet sein. Sicher sparte der Kaiser später Oberöster reich wegen dessen bayerischer Administration aus, zumal die wittelsbachische Regierung Münzmanipulationen abgeneigter gegenüber stand.
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Anhang B. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Quellen
a) Unveröffentlichte Quellen ÖStA, FHKA, Hoffinanz, Faszikel 185–187, Januar–September 1622. ÖStA, FHKA, Niederösterreichisches Münz- und Bergwesen, Faszikel 15, 1622/23. ÖStA, KA, HKR, Protokolle, Bd. 247 (1622), Expedition.
b) Edierte Quellen Abelin, Johann Philipp, Theatrum Europaeum oder außführliche und warhafftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten, so sich hin und wieder in der Welt, fürnemblich aber in Europa und Teutschlanden […] sich zugetragen, Bd. 1, EA Frankfurt am Main 1635, dritte Auflage, ebd. 1662. Bílek, Thomas, Beiträge zur Geschichte Waldstein’s, Prag 1886. Diderot, Denis/Jean le Rond d’Alembert, Encyclopédie ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, Bd. 2, EA Paris 1752, ND Stuttgart-Bad Cannstatt 1966. Duch, Arno (Bearb.), Die Politik Maximilians von Bayern und seiner Verbündeten 1618 --1651 (= Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges 1.2: Januar 1621–Dezember 1622), München/Wien 1970. Gindely, Anton, Waldstein während seines ersten Generalats im Lichte der gleichzeitigen Quellen 1625–1630, Bd. 1, Prag/Leipzig 1886. Goetz, Walter (Bearb.), Die Politik Maximilians von Baiern und seiner Verbündeten 1618–1651 (= Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges 2.1: 1623/1624), Leipzig 1907. Grimm, Jacob und Wilhelm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 2, Leipzig 1860. Jire#ek, Hermenegild (Hg.), Die verneuerte Landes-Ordnung des Erb-Königreiches Böhmen. Constitutiones regni Bohemiae anno 1627 reformatae (= Corpus Juris Bohemici 5.2), Prag 1888. Haupt, Herbert, Von der Leidenschaft zum Schönen. Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein (1611–1684), Quellenbd., Wien/Köln/Graz 1998. Hildebrandt, Reinhard (Hg.), Quellen und Regesten zu den Augsburger Handelshäusern Paler und Rehlinger 1539–1642. Wirtschaft und Politik im 16./17. Jahrhundert, Teil 1: 1539–1623/Teil 2: 1624–1642 (= Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit 29.1/2), Stuttgart 1996/2004.
B. Quellen- und Literaturverzeichnis
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Khevenhiller, Franz Christoph von, Conterfet Kupferstich […] deren jenigen vornehmen Ministren vnd Hohen Officiern, So von Kaysers Ferdinand des Andern Geburth an, biß zu Deßelben seeligsten Hintritt continue vnd successive Ihr Kayserl. Majestät gedienet, Leipzig 1722. Khevenhiller, Franz Christoph von, Annales Ferdinandei, Bde. 9 und 10, Leipzig 1724. Lanzinner, Maximilian (Bearb.), Der Reichstag zu Speyer 1570, Bd. 2 (= Deutsche Reichstagsakten 1556–1622), Göttingen 1988. Lanzinner, Maximilian/Dietmar Heil (Bearb.), Der Reichstag zu Augsburg 1566, Bd. 2 (= Deutsche Reichstagsakten 1556–1622), München 2002. Leeb, Josef (Bearb.), Der Kurfürstentag zu Frankfurt 1558 und der Reichstag zu Augsburg 1559, Bd. 3 (= Deutsche Reichstagsakten 1556–1622), Göttingen 1999. Lorenz, Gottfried (Hg.), Quellen zur Geschichte Wallensteins (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit 20), Darmstadt 1987. Lorenz, Gottfried (Hg.), Quellen zur Vorgeschichte und zu den Anfängen des Dreißigjährigen Krieges (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit 19), Darmstadt 1991. Luntorp, Michael Caspar, Acta publica. Das ist Der Römischen Kayser. auch zu Hungarn vnd Böhmen Königlicher Mayestät / weylandt Matthiae, Hochlöblichsten Andenckens / vnd der jetzigen Regierenden Römischen Kayserlichen Mayestät Ferdinandi II. vnd deß heyligen Römischen Reichs / Geistlichen vnd Weltlichen Chur- vnd Fürsten / vnd anderer Reichsständt / Reichshandlung vnnd Schriften, Frankfurt am Main 1625. Luntorp, Michael Caspar, Der Römischen Keyserlichen vnnd Königlichen Mayestät / Weylandt Keysers Matthiae / Hochlöblichsten Andenckens / vnd jetzo Regierender Keys. May. Ferdinandi II. auch deß H. Röm. Reichs Geistlicher vnd Weltlicher Ständ / Chur vnd Fürsten / Grafen / Reichs- vnd anderer Ständt Acta Publica vnd Handlung, Frankfurt am Main 1627. Oberleitner, Karl, Beiträge zur Geschichte des Dreissigjährigen Krieges mit besonderer Berücksichtigung des österreichischen Finanz- und Kriegswesens nach den Quellen des k. k. Finanz-Ministerial-Archivs vom Jahre 1618–1634, in: Archiv für Kunde österreichischer Geschichts-Quellen 19 (1858), S. 1–48. Oliva, Otto, Finanční následky kalady. Podle pramenů z archivu dvorské komory z r. 1624 [Finanzielle Folgen der Calada. Gemäß Quellen aus dem Hofkammerarchiv aus dem Jahre 1624], in: Numismatický écasopis éceskoslovensky 4 (1928), S. 25–29. Oraeus, Heinrich, Theatri Europaei Continuatio III. Das ist Historischer Chronicken Dritter Theil, EA Frankfurt am Main 1639, dritte Auflage, ebd. 1670. Polišenský, Josef u.a., Der Krieg und die Gesellschaft in Europa 1618–1648 (= Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illustrantia 1), Wien/Köln/ Graz 1971.
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Anhang
Polišenský, Josef u.a., Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Der Kampf um Böhmen. Quellen zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges 1618–1621 (= Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illustrantia 2), Wien/Köln/Graz 1972. Polišenský, Josef u.a., Der Dänisch-Niederländische Krieg und der Aufstieg Wallensteins. Quellen zur Geschichte der Kriegsereignisse der Jahre 1625–1630 (= Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illustrantia 4), Wien/Köln/Graz 1974. Polišenský, Josef u.a., Der Kampf des Hauses Habsburg gegen die Niederlande und ihre Verbündeten. Quellen zur Geschichte des PfälzischNiederländisch-Ungarischen Krieges 1621–1625 (= Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illustrantia 3), Wien/Köln/Graz 1976. Pick, Friedel, Die Prager Exekution im Jahre 1621. Flugblätter und Abbildungen, Prag 1922. Ritter d’Elvert, Christian, Weitere Beiträge zur Geschichte der böhmischen Länder im siebzehnten Jahrhunderte, Bd. 1: Die Bestrafung der böhmischen Rebellion, insbesondere die Correspondenz Ferdinand II. mit dem Fürsten Liechtenstein, Brünn 1868. Scheible, Johann (Hg.), Die fliegenden Blätter des XVI. und XVII. Jahrhunderts in sogenannten Einblatt-Drucken, mit Kupferstichen und Holzschnitten zunächst aus dem Gebiete der politischen und religiösen Caricatur. Aus den Schätzen der Ulmer Stadtbibliothek wort- und bildgetreu, Stuttgart 1850. Tatra, Ferdinand, Beiträge zur Geschichte des Feldzuges Bethlen Gabors gegen Kaiser Ferdinand II. im Jahre 1623. Nebst Original-Briefen Albrechts von Wallenstein, in: AÖG 55 (1877), S. 403–464. Wiegleb, Johann Andreas, Gott ist Capitalist, in: DIE ZEIT 46 (2008), S. 68. Zedler, Johann Heinrich, Universal Lexicon Aller Wissenschafften und Künste, Welche bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden, Bde. 5, 6, 21, 53, Halle/Leipzig 1733–1747.
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Walter, François, Katastrophen. Eine Kulturgeschichte vom 16. bis ins 21. Jahrhundert, Stuttgart 2010. Wanger, Harald, Die regierenden Fürsten von Liechtenstein, Neustadt an der Aisch 1995. Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, fünfte Auflage, Tübingen 1976. Wendland, Andreas, Der Nutzen der Pässe und die Gefährdung der Seelen. Spanien, Mailand und der Kampf ums Veltlin 1620–1641, Zürich 1995. Wilson, Peter H., Europe’s Tragedy. A History of the Thirty Years War, London 2009. Winkel, Carmen, „Die Kapitalisierung des Krieges. Kriegsunternehmer in Spätmittelalter und Früher Neuzeit.“ Internationale Konferenz im Deutschen Historischen Museum Berlin, 18. bis 20. März 2009, in: AHFInformation 67 (2009) www.dhm.de/news/symposien/docs/symposium_kapitalisierung_tagungsbericht.pdf. Winkelbauer, Thomas, Das Geld est sanguis corporis politici. Notizen zu den Finanzen der Habsburger und zur Bedeutung des Geldes im 16. und 17. Jahrhundert, in: Wolfgang Häusler (Hg.), Geld. 800 Jahre Münzstätte Wien, Wien 1994, S. 143–159. Winkelbauer, Thomas, Die Liechtenstein als „grenzüberschreitendes Adelsgeschlecht“. Eine Skizze der Entwicklung des Besitzes der Herren und Fürsten von Liechtenstein, in: Andrea Komlosy/Václav Bůžek (Hgg.), Kulturen an der Grenze. Waldviertel – Weinviertel – Südböhmen – Südmähren, Wien 1995, S. 219–226. Winkelbauer, Thomas, Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein, ein österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters, Wien/München 1999. Winkelbauer, Thomas, Karrieristen oder fromme Männer? Adelige Konvertiten in den böhmischen und österreichischen Ländern um 1600, in: Bronislav Chocholáéc (Hg.), Nový Mars Moravicus. Aneb Sborník příspěvků, jež veňovali Prof. Dr. Josefu Válkoví jeho žáci a přátelé k sedmdesátinám, Brünn 1999, S. 431–452. Winkelbauer, Thomas, Les Liechtenstein – gentilshommes gestionnaires aux XVIIe et XVIIIe siècles. De l’économie théorique à la pratique économique, in: Jean-Michel Boehler/Christine Lebeau (Hgg.), Les élites régionales (XVIIe–XXe siècles). Construction de soi-même et service de l’autre, Straßburg 2002, S. 121–149. Wohlfeil, Rainer, Das Heerwesen im Übergang vom Ritter- zum Söldnerheer, in: Johannes Kunisch (Hg.), Staatsverfassung und Heeresverfassung in der europäischen Geschichte der frühen Neuzeit, Berlin 1986, S. 107–127. Zeeden, Ernst Walter, Hegemonialkriege und Glaubenskämpfe 1556–1648, zweite Auflage, Frankfurt am Main/Berlin 1980.
B. Quellen- und Literaturverzeichnis
199
Zunckel, Julia, Rüstungsgeschäfte im Dreißigjährigen Krieg. Unternehmerkräfte, Militärgüter und Marktstrategien im Handel zwischen Genua, Amsterdam und Hamburg, Berlin 1997. Zunckel, Julia, Rüstungshandel im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. „Militärische Revolution“, internationale Strategien und Hamburger Perspektiven, in: Benigna von Krusenstjern/Hans Medick (Hgg.): Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe, Göttingen 1999, S. 83–112. Zwiedineck-Südenhorst, Hans von, Hans Ulrich Fürst von Eggenberg. Freund und Erster Minister Kaiser Ferdinand II., Wien 1880.
200
Anhang C. Abkürzungsverzeichnis
ADB AÖG EA FHKA fl. Germ. Abt. HKR HZ KA kr JHVFL NDB NZ ÖStA
Allgemeine Deutsche Biographie Archiv für Österreichische Geschichte Erstausgabe Finanz- und Hofkammerarchiv Wien Floren=Gulden Germanistische Abteilung Hofkriegsrat Historische Zeitschrift Kriegsarchiv Wien Kreuzer Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein Neue Deutsche Biographie Numismatische Zeitschrift Österreichisches Staatsarchiv Wien
201 D. Abbildungsverzeichnis80
Einband: Kaiser Ferdinand II. im Kreis der bildlich fassbaren Münzkonsorten81 Abbildung 1: Die Schlacht am Weißen Berg 1620 ............................... Abbildung 2: Fürst Liechtenstein als Richter über die Rebellen ........ Abbildung 3: Vergebliches Gnadengesuch bei Fürst Liechtenstein ................................................... Abbildung 4: Flugblatt „Das Prager Blutgericht“ 1621 ............................ Abbildung 5: Gábor Bethlen, Fürst von Siebenbürgen ....................... Abbildung 6: Liste der am Münzkonsortium Beteiligten ................... Abbildung 7: Kardinal Franz von Dietrichstein ................................... Abbildung 8: Genealogische Zusammenhänge der Münzkonsorten ........................................................ Abbildung 9: Flugblatt „Der jüdische Kipper und Aufwechsler“ .............. Abbildung 10: Die praktische Tätigkeit der „Kipper und Wipper“ ....... Abbildung 11: Extract aus de Wittes Rechnungsbüchern .................... Abbildung 12: In die Münzstätten geliefertes Feinsilber in Mark ...... Abbildung 13: Pro gelieferter Mark Silber erhaltene Gulden ............ Abbildung 14: 75-Kreuzer-Stück aus Mähren 1622 .............................. Abbildung 15: Die Ermordung Wallensteins 1634 .............................. Abbildung 16: Flugblatt „Christliche treuherzige Warnung“ .................. Abbildung 17: Preise und Löhne der Inflationsjahre 1622/23 in Wien ........................................................... Abbildung 18: Wertverlauf des Rechnungsguldens in Gramm Feinsilber ..................................................... Abbildung 19: Flugblatt „Traurige Klage der Armen“ ...........................
80
81
33 35 36 37 42 45 50 53 86 91 99 101 102 105 123 133 146 147 152
Die bildlichen Darstellungen sind – mit freundlicher Genehmigung der Universitätsbibliothek Tübingen – aus den dort vorhandenen, in den entsprechenden Fußnoten angegebenen älteren Werken – auf denen aktuell keine Urheberrechte mehr liegen – faksimiliert. Grafiken oder Tabellen sind dagegen vom Vf. selbst erstellt. Nach Khevenhiller, Conterfet, nach S. 14, 22, 34, 38, 56, 132, 218.
202
Anhang E. Orts- und Personenregister
Es wurden sämtliche relevanten zeitgenössischen Orts- und Personennamen aufgenommen, wobei böhmischen und mährischen Ortsnamen nach Möglichkeit die heutige neusprachliche Bezeichnung im Register beigefügt ist. Die Stichworte „Böhmen“, „Mähren“ und „Niederösterreich“ als dem Vertragsgebiet des Münzkonsortiums wie auch die Orte Wien und Prag an sich sind nicht verzeichnet. Lokale Prager Orte haben einen Hinweis auf die Stadt selbst. Wäre ein einfacher Personenname – etwa bei Monarchen, hohen Fürsten oder Geistlichen – zu uneindeutig, wird er mit Titel oder Funktionsumschreibung präzisiert. Abelin, Johann Philipp 21, 31, 39, 125, 145 Altsohl (Zvolen) 179 Altstädter Ring (Staroměstské náměstí) – Prag 35–37 Amman, Georg 88 Amsterdam 15, 82, 86 Antwerpen 15, 45, 82, 86, 88 Augsburg 15, 21, 88, 127f., 148, 162 Auřinowes 114 Bassevi, Jakob 27, 44–46, 61f., 65, 80–82, 84–86, 90, 92, 96–98, 100–103, 107, 116f., 120, 129f., 149, 159, 170, 173–181 Bassevi, Leon 120 Berlin 12, 89, 149 Bethlen, Gábor 19, 29, 39–43, 150, 159 Beza, Theodor von 49 Blommaert, Abraham 88 Böhmisch-Aicha (Český Dub) 112 Bologna 48 Bornitz, Jakob 131 Boskowitz, Johann Šembera Černohorský von 52 Braunschweig-Lüneburg, Christian von 41 Briers, Daniel de 88 Brünn (Brno) 48 f., 82, 97, 104, 106
Bucquoy, Karl Bonaventura von 31, 56, 84, 119 Burlamachi, Philipp 161 Carlier, Peter 88 Černahora 52 Chynów 112 Clemens VIII. – Papst 49 Dačický, Nikolaus 114 Dänemark 40 Den Haag 40 Dietrichstein, Franz von 49f., 57, 82, 94, 96f., 109, 132, 137 Eibenschütz (Ivančice) 48 Eichstätt 47 Eisenberg 116 Elisabeth I. – Königin von England 144 Eggenberg, Helena von 56 Eggenberg, Johann Ulrich von 29, 45, 47, 52, 55–60, 63, 65f., 93, 96–100, 109, 112f., 118f., 132, 136, 140f., 154f., 159, 163, 166 Eggenberg, Maria Franziska von 52 England 15, 40f., 144, 161 Ephraim, Veitel 161 Everdingen, Aldert van 162
E. Register Ferdinand II. – Kaiser 11f., 19– 21, 23–25, 27, 31f., 35–43, 52, 55–59, 61, 66, 68, 70, 72–80, 84, 86, 93, 96, 105, 108, 110, 114, 118–120, 122, 125–128, 130–132, 134–140, 142f., 154f., 157, 159–162, 165–169, 171, 173f., 176, 178 Ferdinand III. – Kaiser 139, 160 Frankfurt am Main 15, 21, 88f., 131, 148f. Frankreich 39, 41, 50, 161 Freißleben, Daniel von 85, 92, 98, 100, 106f. Freistadt 112, 179 Frey-Aldenhoven, Anton 88 Friedland (Frýdlant) – Herzogtum 17, 99, 108, 112–114, 118, 120, 139, 163 Friedrich II. – König von Preußen 161 Friedrich V. – Kurfürst von der Pfalz 19, 31, 40, 176 Frischmann – Zeitungsverleger 89, 149 Fugger – Kaufmannsfamilie 15, 56, 116 Geer, Louis de 162f. Genua 15, 88f. Glauchau, Hans Matthias von 45, 83f., 96f., 117 Goldenstein 114 Graz 55, 97 Gregor XV. – Papst 38 Gresham, John 114 Groß-Skal (Hrubá Skála) 112 Groß-Wossow 116 Gumpert, Moses 161 Haga, Cornelius 41 Hamburg 15, 82, 88f., 149, 162 Hanau 83
203
Harrach, Karl 45, 52, 56–58, 96–98, 109, 150, 155 Harrach, Katharina von 52 Hauß 112 Heinrich IV. – König von Frankreich 50 Hertoge, Walter de 88 Hoefft, Jan van 162 Hohenstadt 114 Hořitz 114 Hradschin (Hradčany) – Prag 35 Huebmer, Benedikt 81, 93, 97, 140 Isaac, Moses 161 Italien 14f., 45f., 48, 80, 82, 88, 94, 103, 118, 120, 147 Itzig, Daniel 169 Jägerndorf (Krnovské knížectví) – Herzogtum 114, 119 Jitschin (Jičín) 112, 120 Joachimsthal (Jáchymov) 61, 74, 106 Johann Georg I. – Kurfürst von Sachsen 19, 167 Karl V. – Kaiser 16 Katzow (Kácov) 116f. Kessler, Hans Ulrich 88 Khevenhiller, Franz Christoph von 20f., 39–41, 43, 46, 49, 52, 55– 57, 61, 108, 112, 118f., 134–137 Kleinseite (Malá Strana) – Prag 82, 121 Klingenberg (Zvikov) 112 Köln 89, 127 König, Andreas 88 König, Martin 88 Konstantinopel (Istanbul) 41, 89 Krainburg (Kranj) 112 Kreuzingen 112 Kremnitz (Kremnica) 169, 179 Krumau (Moravský Krumlov) 112
204
Anhang
Kuttenberg (Kutná Hora) 74, 81f., 106, 148, 175 Ladnizer, Jonas 153 Lamormaini, Wilhelm S. J. 132, 138 Landsberg 114 Landskron (Lanškroun) 114 Lausitzen 19, 72, 167 Leopold I. – Kaiser 140–142, 160 Liechtenstein, Gundaker von 27, 56f., 63, 166 Liechtenstein, Karl von 25, 27, 29, 35–37, 43, 45, 48–52, 54–66, 79, 81f., 92–100, 102, 107–117, 119f., 122–126, 129, 132, 138– 141, 143, 150f., 153–155, 159f., 163, 166, 170f., 173–175, 178, 181 Liechtenstein, Karl Eusebius von 140–142, 160 Lipawa 114 Lobkowitz, Polyxena von 97 Lohelius, Johann 149 Losenstein, Wolf Siegmund von 45, 48, 52, 58, 96f., 100, 118 Lucca 89, 161 Luntorp, Michael Caspar 21, 43, 125 Machiavelli 5, 16, 137 Mährisch-Aussee (Úsov) 52 Mährisch-Schönberg (Šumperk) 114 M ä h r i s c h - Tr ü b a u ( M o r av s k á Třebová) 114 Maidburg (Dívčí hrad) 112 Mailand 15f., 88f. Mansfeld, Ernst von 40, 161 Martinitz, Jaroslav von 35, 97, 139 Matthias I. – Kaiser 55, 80, 83f., 128 Maximilian I. – Herzog von Bayern 19–21, 32, 35, 58, 72, 128–130, 132, 135, 141, 143, 149f., 176
Mecklenburg 121, 163 Meggau, Leonhard Helfried von 45, 48, 52, 57f., 63, 93, 96–98, 112f., 119, 136f., 166 Melander, Peter 117 Merian, Matthäus 21, 122 Michna, Paul 45, 57f., 61, 63, 89, 96–100, 107, 114, 125, 129, 139f., 155, 166, 169, 173 Moldau – Fluss durch Prag 32 Montchrétien, Antoine de 16 Montecuccoli, Raimondo 16 Muschinger, Vinzenz 45, 63, 69, 84, 97f., 114, 136, 166, 173 Mydlář, Jan 38 Neiße (Nysa) 107 Neusohl (Banská Bystrica) 179 Neustadt (Nové Město nad Metují) 114 Nießer, Josef 45, 84, 97 Nikolsburg (Mikulov) 40f., 43f., 110, 159 Nürnberg 15, 83, 88f. Oberösterreich 45, 71f., 76, 130, 174, 179, 183 Oberpfalz 19, 71, 74, 79, 83, 171, 176 Obrecht, Georg 5, 17 Olmütz (Olomouc) 49, 64, 82, 104 Oñate, Íñigo Vélez de 57 Oppeln (Opolí) 40 Padua 47f. Perugia 47 Pestalozzi – Kaufmannsfamilie 88 Petrowitz (Petrovice u Třebíče) 114 Philipp III. – König von Spanien 57, 161 Planck, Jobst 83f. Podborsch 116f. Polen 39, 161, 171, 176f., 182
E. Register Polheim, Anna von 52 Polheim, Gundaker von 45, 52, 56, 58, 63, 69f., 97, 104, 124, 138, 166, 176 Rataj 116f. Ratibor (Ratiboř) 40 Rehlinger, Marx Conrad 162 Richel, Bartholomäus 129–131, 135 Richelieu – Kardinal 161f. Rostok (Roztoky u Semil) 114 Rudolf II. – Kaiser 17, 54, 80, 83, 131 Savoyen 41 Scaccia, Sigismund 131 Schellenberg 141 Schemnitz (Banská Štiavnica) 179 Schiller, Friedrich 22 Schlesien 19, 55, 60, 72, 77, 107, 167, 179 Schmidt, Stephan von 96 Schuss, Oswald 130 Schwarzenberg – Adelsfamilie 119 Schwarzkosteletz (Černý Kostelec) 114 Schwertberg 112 Šembera, Johann – siehe Boskowitz Semil (Semily) 112 Siebenbürgen 19, 40–42, 159 Siena – Stadt 48, 68 Siena, Bernhard von 68 Skála, Pavel 114 Škworetz 114 Smiřický – böhmische Adelsfamilie 112, 114 Snouckaert, Nikolaus 82–84 Spamberg 114 Spanien 19, 31, 38, 57, 82, 161f., 180 Speyer 21, 127f. Slawata, Wilhelm von 35, 139 Steiermark 45, 56
205
Stettin 88f. Straßburg 17, 21, 88f., 145, 148 Stuttgart 149 Teuffel, Hans Christoph 45, 47, 52, 63, 69, 88, 93, 97, 113, 166, 173 Thannhausen, Sidonia Maria von 52 Tilly, Johann t’Serclaes von 31, 58 Trauttmansdorff, Maximilian von 20, 63, 136, 138, 166 Trip, Elias 162f. Trivulzio, Gian Giacomo 16 Troppau (Opava) 55, 60 Türnau (Trnava) 114 Ungarn 23, 40f., 68, 74, 79, 83, 88, 95, 103, 105, 154, 160, 166, 168f., 176, 179 Unterholzer, Hans 45, 63, 69, 93, 97, 104, 114, 166, 173 Vaduz 141 Veltlin 41 Venedig 40f., 55, 89, 120 Vřesovec, Wilhelm von 45, 82, 93, 97, 117 Waldstein, Maximilian von 52 Wallenstein, Albrecht von 11, 13, 17f., 21–24, 26, 29, 37–39, 43, 45, 48, 50, 52, 55–58, 60, 69, 71, 74, 77, 79, 81, 83, 85f., 89, 95– 97, 100–103, 106–109, 112–114, 118, 120–123, 129, 132, 139, 141f., 148, 150, 155, 163 Weimar, Bernhard von 162 Weißer Berg (Bilá hora) 19, 25, 29, 31–34, 37–39, 41, 43f., 48, 56, 60, 71, 81, 115f., 119, 154, 163 Werth, Jan van 116f. Wiegleb, Johann Andreas 69 Witschkow, Lukrezia von 52 Witte, Anna de 83
206
Anhang
Witte, Hans de 13, 18, 20, 24, 26, 45f., 68–71, 75, 78–90, 92, 94, 96–104, 106f., 109, 111, 116f., 120f., 127, 130, 139f., 142, 144, 149, 155, 159–162, 165f., 173f., 178f. Wolfradt, Anton 138 Wolkenstein, Siegmund von 139f.
Woporschau 116 Worlik (Orlík nad Vltavou) 112 Würzburg 147 Žerotín, Karl von 49 Zinzendorf, Maria Antonia Josepha von 52 Zwirner, Balthasar 64
207 F. Nachwort und Dank des Autors Die Studie beruht auf meiner 2009 an der Fakultät für Philosophie und Geschichte der Eberhard-Karls-Universität Tübingen angenommenen Magisterarbeit, welche 2010 mit einem Wilhelm-Deist-Preis für Militärgeschichte, 2011 mit einem Hannelore-Otto-Preis für Geschichte von Gewalt und Krieg sowie 2012 mit einem Werner-Hahlweg-Förderpreis der Bundeswehr für Militärgeschichte und Wehrwissenschaft ausgezeichnet wurde beziehungsweise wird. Fragen von Gewinn und Verlust, Krieg und Kapital, Inflationen und Finanzkrisen sind – wie die jüngste Vergangenheit gleich mehrfach so schmerzlich wieder gezeigt hat – nicht rein historischen, sondern breiteren aktuellen Interesses. Deshalb freue ich mich umso mehr, meine Forschungen als eigenständige Veröffentlichung publizieren zu dürfen. Wenngleich ein solches mit umfangreichen Bibliotheks- und Archivstudien verbundenes Werk selbst in der Phase des geistigen Konzipierens und mitunter langwierigen Schreibens eine relativ einsame – und dennoch recht oft freudvolle – Angelegenheit ist, kann es nur im intellektuellen Kontakt mit Lehrern, Weggefährten und Freunden sinnvolle Gestalt annehmen. Die Arbeit in der stillen Stube reichte nicht aus, um zu neuen Ergebnissen zu kommen, dazu bedurfte ich eines intensiven persönlichen Austauschs. Daher bin ich zahlreichen zuverlässigen Menschen zu persönlichem Dank verpflichtet. Ich möchte einige an dieser Stelle gerne namentlich nennen, um zum Ausdruck zu bringen, wie sehr ich in ihrer Schuld stehe. Für etwaige inhaltliche oder formale Unzulänglichkeiten meiner Abhandlung aber trage ich allein die Verantwortung. Professor Dr. Peter Hilsch – und insbesondere Martin Brützke M. A. – danke ich vielmals für ihre kompetente Hilfe mit tschechischsprachigen Texten, Privatdozent Dr. Robert Rebitsch für die unbürokratische Unterstützung meiner Recherchen in Wien. Andreas Kappelmayer M. A. danke ich für wichtige Literaturangaben. Dr. Andreas Neuburger – und in besonderem Maße Professor Dr. Anton Schindling – gilt mein aufrichtiger Dank für die anregenden Gespräche und wertvollen Hinweise. Die Finanzierung der Drucklegung erfolgte aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 437 „Kriegserfahrungen, Krieg und Gesellschaft in der Neuzeit“ (Tübingen). Herrn Professor Schindling möchte ich hierfür herzlich danken. Meinem akademischen Mentor Professor Dr. Matthias Asche bin ich sehr dankbar für seinen unermüdlichen Einsatz und die jederzeit herausragende Betreuung. Herrn Asches stets kritische Fragen wie konstruktive Ermutigungen haben ganz wesentlich zum Gelingen beigetragen. Meiner lieben Freundin Cornelia und ihrer Familie danke ich für die Unterstützung in der Korrekturphase. Der größte Dank gebührt meinen Eltern, welche mich immer gestützt haben: Ihnen danke ich von Herzen.
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Anhang
Ich widme hiermit mein Buch dem ehrenden Gedenken an meinen früh verstorbenen Vater Alfred Anselm Leins (1956–2010), dem ich so vieles verdanke. Nagold, an Weihnachten 2011
Steffen Leins