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German Pages 685 Year 1829
Der
Krieg
im
Osten ,
ein
aufphilosophische Geschichts-Auffassung gegründetes unparteiisches Urteil .
Dan. Alex.
I m
Benda.
August 1829.
LIBRARY UNIVERSITY OF CALIFORNIA DAVIS
S I N A I B E L S N E V I A LI
BR
IS
£ 59 .
Vorwort.
Wenn schon das tragische Geschik erdichteter Personen in hohem Grade unsere Teilname erregt ,
so daß es
Momente der bloßen Darstellung gibt, die uns uns selbst entreißen, und erdichtete Leiden , als uns selbst zu= gefügte, uns empfinden laſſen , wie solte nicht das Tragische der Geschichte und besonders gewesener Tiefe
Reiche
Stille
Pöbel,
der Sturz mächtig
unsere innigste Teilname
herscht
selbst unter dem
im Moment, wo
das
erwecken ?
rachesüchtigsten
richtende Schwert das
Haupt des verabscheuetesten Verbrechers trift, und laute Freude herscht bei dem furchtbarsten Geſchik,
das in
dieser Zeit , gleichsam vor unsern Augen , eins der allermächtigst gewesenen Reiche trift ? gefühl,
auf
welches
Dichter
und
Gibt jenes MitKünstler
rechnen,
tiefen Aufschluß über Einheit menschlichen Lebens, dann läßt sich
die höchst schmerzlich auffallende Er-
scheinung dieser Zeit , nur durch die im Allgemeinen vorherschenden,
den
Geist der
Menschen umdüsternde
IV
Vorurteile erklären.
Die geringe Teilname, welche das
schrekliche
der
Geschik
schende Freude bei den rige
Beweise
wirklich
Türkei
erregt ,
die
vorhers
Siegen der Russen , sind traueingetretenen
Rükschrits
der
Menschheit, der Erschlaffung ihrer Lebenskraft , und der Entmannung
Europa's ;
das Schändliche selbst, geschieht.
ungleich schmerzhafter ,
als
das unmittelbar geschehn und
Noch lebt die Generation ,
die unmittel-
bar das Leiden traf, welches die schreklichste aller Leidenschaften , (richtig Leiden ſchaffend) Eroberungssucht, über die Völker verbreitete, — allein, die in der Kindheit eingefogenen Vorurteile wirken mächtiger , als jene Nükerinnerung gehabter namenloser Leiden.
Furchtbare Er-
farung in der Zeit sich zu wissen , wo die Menschheit ihren Wendepunkt geistiger Bildung erstiegen , nun abermals zurüfschreitet,
um vielleicht in Jahrtausenden erst
aus langem tiefen Schlafe zu erwachen , und blutig, mühevoll und langsam wieder zu erwerben, was ſie jezt, von Vorurteilen betört, von sich wirft.
Die Ueberzeugung sichtbarer Reaktion in der Menschheit, ist mir mit der Schlacht von Navarin geworden, und beruht nicht auf dem Urteil urteilsunfähiger Menge, nicht aufdemVor herschenden öffentlicher Blåtter und Flugschriften ,
welcher Geschichtskundige
würde hiernach die Zeitbildung schäzen,
ſondern auf
dem Urteil solcher Månner, die wissenschaftliche Bildung haben ;
auf
dem Urteil
sogenanter Liberalen,
die in
diesem Urteile eine moralische Unterordnung unter UltraTories beweisen. Zwei Jahre sind's, daß die Qual jener Ueberzeugung mir die Freude am Studium nicht nur vergålt , ſondern drauf störend einwirkt ;
oft
hierdurch angeregt
darüber öffentlich zu äußern ,
mich
hielt die Hofnung mich
zurük, es könne eine vorübergehende Aufregung jene die Menschheit entehrenden Urteile bestimmen und mich tåuschen,
und
es
werde ,
wenn nun die
unausbleiblich
gewesenen und von jedem Einsichtigen vorhergesehenen Folgen eintreten , reuevolle Scham die Vorurteilsvollen ergreifen , und sie um so eifriger sich Menschenwürde
gemäß,
gegen entmenschende Hofnung
ihre
Stimmen
Gewalttaten zu
bemühen , der desto
erheben.
lauter Diese
ist zerstört, die Freude über Gewalttätigkeit
dauert fort, nur wenige Edle, sehr wenige , wagen zu murren; keiner, so viel mir bekannt worden , unverholen anzugreifen, was in Verlezung des Heiligsten , wodurch der Bestand der Menschheit allein bis dieſen Tag gesichert worden und nur allein gesichert werden kann , geschehen. So will ich's denn thun , durch meine Ansicht des Lebens dazu aufgefordert und bestimt. Diese Ansicht kent nemlich keine absolute Trennung des Theoretischen und Praktiſchen , des Philosophischen
und Geschichtlichen , der
Vernunft und
des
Instinkts Im Menschen, drum findet sie Christentum, im edelsten Sinn
des
Worts
genommen , bei
von
VI
Christen hesten
verschrieenen
Barbarismus
barbarischen Völkern , und robei
mit Civilisation
hochmütig
sich brüstenden sogenant christlichen Völkern , wie Geschichte dieser Zeit es besonders offenkundig bezeugt ; denn was auch die rohesten Barbaren
schon
als das
Heiligste verehren , das Völkerrecht , das einzige Urrecht beginnender Menschenbildung welches es gibt , und ohne welches eine Menschheit nicht denkbar , ist von auf Civilisation Anspruch machenden Völkern nicht nur auf's Empörendste verlegt worden , sondern man hat sich nicht gescheuet daß denkbar fürchterlichste Majestäts -Verbrechen gegen die Menschheit
als ein ruhmvolles zu beloben.
Römische Konsuln, in der Zeit, wo Rom bereits als Weltmacht gefürchtet wurde und wo den Konsul ein Purpur schmükte, mit dem jezt kein Thron vergleichbar, — diese Kons fuln erlitten für solches Verbrechen an der Menschheit den hundertfach verdienten Tod der niedrigsten Verbrecher, wie Cicero und Livius bezeugen ; es steht also Europa jezt hierin tiefer als Rom vor 2000 Jahren.
Die folgende Abhandlung ist Ende August d. J. verfaßt ; der Leser hat sich demnach in diese Zeit zurük zu versezen.
Nur höchst allgemeine völkerPrincipien habe
ich
voranstellen
und staatsrechtliche zu müssen
geglaubt,
weil ich hiernach das Geschehene beurteile.
Diese
Principien philosophisch vest zu gründen , erlaubte weder Zeit noch Ort. Uebrigens habe ich diese Schrift mehr zur Rechtfertigung gegen mich selbst gearbeitet , als in Hofnung eingewurzelte Vorurteile dadurch ausreißen zu helfen; und darum weniger die wissenschaftliche Darstellung beachtet, die meiner Ungeübtheit im Schreiben zu viel Zelt geraubt haben würde.
Gegen mich selbst mußte ich mich
rechtfertigen , um jene Ruhe wieder zu gewinnen, die wissenschaftlichen Studien unentbehrlich. durchgeführten Rechtfertigung
Der für mich
aber bedurfte
es ,
weil
mein völlig isolirt ſtehendes Urteil dieser Begebenheiten, im abfoluten Gegensaz steht, mit dem von Männern mir mitgeteilten, denen ich ; außer diesem Urteil, meine Achtung nicht versagen kann.
Es ist da kein Mittelweg, fie
oder ich müssen Recht haben.
Der Gegenstand
aber
ist zu wichtig , indem er die heiligsten Interessen der Menschheit berührt ,
als daß
mir mein etwa falsches
Urteil hierin gleichgiltig seyn könte.
Drum ist mir die
hierauf gewandte Mühe und Zeit in keinem Fall verloren ; auch diese Arbeit hat dazu beigetragen meine oben gestelte Ansicht des Lebens zu vestigen und mich über den Urgrund
meines
entgegengesezten
Urteils belehrt.
Wer an eine selbstisch für sich allein stehende Persönlichkeit hångt, in sich mehr als einen nur sehr unbedeutenden Teil der Alheit erblikt – der wird meinem Urteile entgegentreten.
Mag es geschehn !
Sehr Viele schon
Vill
hatten alleinstehend Recht gegen das Gesamt-Urteil ihrer Zeitgenossen; wie vergleichungslos ich zu dem erhabenen Wert dieser Geschichtshelden auch stehe, was uneigennůzige Liebe zur Wahrheit, zur Erkentniß und zur Verbreitung des rein Menschlichen betrift , zu gründen nur möglich durch Verallgemeinung der Erkentniß absoluten Rechts, - in dieser Gesinnung zu leben und zu sterben wenn Pflicht es
gebeut , darin stelle ich mich Keinem
der jezt Lebenden nach. Diese Schrift ist meinerseits nicht für den Buchhandel bestimt, jedoch werde ich nie ein Eigentumsrecht drauf geltend machen.
Wie das Geistige an sich , so
sind besonders mitgeteilte Gedanken in dem Augenblik der Mitteilung schon ein Gemeingut Aller , die lebendiger Zueignung derselben fähig.
Drum wird es mich freuen,
wenn wahre Bildung befördernde Tagblåtter hieraus zu öffentlicher Mitteilung bringen , was sie zur Verallgemeinung würdig finden ; ja , ich scheue mich nicht , sie dazu bittend aufzufordern ,
aber die Bitte hinzufügend,
nichts aus dem Zusammenhang Gerissenes zu liefern, sondern ganze Stellen oder auch das Ganze. unverfolgt geschehen
Kann dies
dann ist meine Befürchtung,
wenigstens was Teutschland betrift , auf das Unzweideutigste widerlegt. August 1829.
Allgemeine Grundsäze.
1. Die Menschheit bildet Eine Einheit
vermittelst ihres
Einen geistigen Lebens ; denn es gibt nicht mehre , sondern nur Einen Geist. 2. Vernunft ist zum selbstbewußtseyenden Leben durchgedrungener Geift. 3. Der Geist lebt im Menschen instinktartig, ſich ſeiner völlig unbewußt ( als Natur), mit Bewußtseyn ( als Verſtand) und mit Selbstbewußtseyn (als Vernunft).
Zusaz. Vernunft: Tätigkeit begint
mit
dem
Augenblik wo
den Geist Liebe zur Erkentniß an sich um ihrer selöst wil len anregt , die ihn dann mit unendlicher Tatkraft beſeligt. Wenn aber den Geist , neben jener reinen Liebe , noch ein Trieb nach irgend einem Genusse , und wäre es selbst nach Ruhm , zur Bemühung um Erkentniß spornt ; dann ist er noch in Banden des
Instinkts und Verstandes gefesselt.
Das Verhältniß der Werke des freien zu denen des unfreien Geistes, in Wissenschaft Kunst und Leben trit überall als das des Schöpfers zu dem des Nachahmers hervor.
Aber nur
der Schöpfer weiß, der Nachahmer glaubt zu wissen.
10 1 4. Diese Uebergänge geistigen Lebens ſind nicht an sich so scharf geschieden , daß sie ohne allen Zuſammenhang wåren ; sondern der zur Vernunft emporgehobene Geist selbst ist's , der seine eigne durchlaufene Bahn so bes grenzen muß , um ſie auffaſſen und sich selbst verstehen zu können.
5. In dem sich äußernden Leben menschlichen Geistes gibt's also keine schrof sich selbst ausscheidende Entgegensezung , also keinen absoluten Natur- und abſoluten Vernunft-Stand an sich, sondern, der denkbar niedrigste Naturstand mit der denkbar höchsten Vernunft- Erkentniß ist durch unzålige Mittelzustände verbunden in Einem und demselben Geiste.
Zusaz. Den Uebergang von der leblosen unorganischen Materie bis zum belebten Körper des Menschen systematisch geordnet zu ermitteln , ist Aufgabe philosophischer Naturforschung, falsch bisher Naturphilosophie genant.
Philosophie
bes
schäftigt sich nur mit dem Wesen des Geistes selbst , alles Materielle liegt völlig außerhalb ihrer Forschung. Echte Philosophie wird also den Anfang der Dinge mie erforschen nur wollen , weil es darin einen Anfang nie gegeben , und ihre geistlos wechselnden Erscheinungen zu gehaltleer sind, um den Wiſſensdrang des zum Selbstbewußtseyn durchgedrungenen Geiſtes befriedigen zu können. Für dieſen Geiſt gibt's nur Einen absoluten Lebensanfang , dem absolute Leblosigkeit vorherging : Gedankens
( Wort
das erste durchbrechende Leben des Fast unbegreiflich ist Idee! ).
die Blindheit vieler außerdem tiefen Denker ,
mehrfache
11
und sich ewig erneuende Anfänge anzunehmen ; wie wåre dann Fortbildung möglich?
Nur durch absolute Einheit des
Geistes hat Fortbildung ſtat finden können , und wird ewig ſtat finden , wenn sie mit der Urgeſezgebung (9) übereins stimt.
(? !)
6. In welchem Menschen sich demnach noch der Geiſt als völlig unabhängig selbstständige Persönlichkeit ausspricht, in solchem ist er noch nicht zur reinen Selbsts anschauung hindurch gedrungen ; in Welchem er aber durchgedrungen , nur
als
Teil
in dem erkent eines
Einzig
der
Geist sich nicht
Ganzen ,
als einen , so wie er sich findet ,
sondern
auch
notwendig bestimt
herausgebildeten Teil desselben , als Frucht vorwaltender, nicht von ihm herbeigeführter Ursachen ; drum gibt er nicht
nur seine
Persönlichkeit
willig
auf,
sondern
erkent in dem Leben der Menschheit sein eignes Leben, und kann in diesem Einen allgemeinen Leben nur leben wollen. 7+ Die eben angegebene Notwendigkeit geistiger Ausbildung hat nicht nur
nichts mit Prådestination und
Fatum gemein, ſondern bildet absoluten Gegenſaz dieser den Geist herabwürdigenden Voraussezung.
Allerdings ™
ſteht Natur - Notwendigkeit mit Vernunft- Notwendigkeit im Menschen in derselben innigſten Verkettung wie Natur und Vernunft (5) im Menschen überhaupt ; aber eben durch diese Notwendigkeit sind wir von der Natur selbst bevolmächtigt, ja gezwungen , durch Vernunft- Tätigkeit die Natur in uns und außer uns , so weit nur irgend
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12
die Macht des Geistes reicht, zu beherschen, und uns zu be mühen, von ihrer Gewalt uns wo möglich völlig zu befreien. Anmerkung. Eine durchgeführte Entwiklung dieser Notwendigkeit, die vorbehalten bleibt, beweist , daß der Vorwurf des Fa talismus, der ihr von allen andern Syſtemen gemacht wird, gerade umgekehrt
alle diese Systeme trift ,
indem jede
Annahme oberer Leitung menschlicher Angelegenheiten, dem Fatalismus unbedingt huldigt, wie dies jedem sich selbst nicht täuschenden folgevesten Denker einleuchten muß ; so wie, daß wahre Freiheit, ohne Notwendigkeit , schlechthin uns denkbar ist.
Das grenzenlose Elend , worin die Menschen
noch überall verſunken ſind , ist unvermeidliche Folge ihres Beharrens im Naturstande ; Folge ihrer geringen geiſtis gen Ausbildung , ihres hierdurch geringen Vertrauens zur
• Macht geistiger Erkentniß ; Folge der Einwirkung jener fas talistischen Systeme, welche die Menschen zu unverbesserlichen Sündern stempeln , und sie eben hierdurch in ihrem sündvollen. Naturstande bevestigen.
Durch Keinen - schlechts
hin keinen Andern hat das Menschengeschlecht Befreiung von der Verderbtheit, in der es versunken liegt, und die es elend macht, zu hoffen , denn durch sich selbst, durch Selbstbefreiung, Selbsterrettung, die aufgeistige Machtausbildung als lein gegründet ist.
Nur das Reich des Geistes vermag das
Reich des Satans (Natur) zu stürzen ; nur dem Lichte weichet die Finsterniß; nur vor dem Himmel und dem Segen der Vernunftbildung , entflieht die Hölle und der Fluch des Aberglaubens und der Vorurteile.
8. Natur hat also selbst den Geist zu ihrer Beherschung beftimt.
Diese Bestimmung müſſen wir jedoch als eine
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-
zufällige bezeichnen, nicht an sich, sondern durch Beſchränkung unserer Auffassungs-Fähigkeit dazu gezwungen, um sie von der durch Vernunft hervorzubringenden Bestimmung zu unterscheiden.
Denn , an sich kann der
Geist nichts für zufällig erkennen , weil es dann für ihn überhaupt keine Erkentniß gåbe ; so wie des Geistes eigne Ausbildung von ganz deutlich erkenbaren Gesezen abhångt; so ist seine ganze Auffaſſungsfähigkeit durch ewig wirksam gewesene und fortwirkende Geseze bedingt. Ohne diese nicht von ihm herrührende und abhängige, sondern ihn selbst bestimmende Gesezgebung , gåbe es für den Geist weder Natur noch Vernunft , es herschte dann überall regel- und gestaltloses Chaos. 9. Diese von uns nicht nur nicht abhängige , sondern uns selbst beherschende Urgesezgebung , die sich in des Geistes vollendeter Selbsterkentniß unmittelbar Selbst of fenbart Glauben, -
also im sehenden Wissen , nicht im blinden hat zwar auf eine für uns an sich völlig
unbegreifliche Weise die Menschen, bisher durch schaudervolle Strafgerichte zu einer gewissen Geistesbildung emporgehoben , indem die Menschen durch das in ihrer Unvernunft sich selbst zugezogene Elend, angeregt wurden . sich um die Segnungen der Vernunft zu bemühen ; allein, mit eben dieser Vernunft- Offenbarung steht im schreiendſten Widerspruch , daß Taten der Unvernunft die Fortbildung der Vernunft ferner bedingen sollen , bedingen können, weil Vernunft auch auf durch Millionen Jahre bes ftåtigte Erfarungen keinen apodiktischen Schlußzu bauen sich erlaubt; denn in Erfarung herscht nur gleichsam zufällige
-
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Notwendigkeit , Vernunft aber fühlt sich berufen , überall Vernunft-Notwendigkeit vest zu gründen , denn nur diese hat für sie apodiktische Gewißheit.
Anmerkung.
Geschichte enthält bis diesen Tag nichts anders als das Emporarbeiten der Vernunft, gegen das Streben der Unvers nunft, absolute Herschaft zu gewinnen. Hierbei ist bemerkenswert, daß selbst die brutalste Unvernunft ( außer kürz lich einige Schreiber von Kirchenzeitungen )
bisher nicht
gewagt Verbreitung der Unvernunft als notwendig zur anzupreisen - wie etwa in Belebung der Vernunft lezter Zeit von sich ſo nennenden Staatskünstlern allerdings die Verschuldung der Staaten , und die hierdurch auf's Höchste getriebenen die Völker niederdrückenden Steuern, als sehr wohltätig wirkende Principien gepriesen worden ; und daß selbst die Grausen erregende Eroberungssucht,
sind
die alles Menschliche ablegt, doch sich bemüht, ihre Scheußs lichkeit hinter scheinbare Rechtsforderungen mindestens zum Teil zu verbergen .
Aber vom Recht weiß nur Vernunft ;
Unvernunft dagegen , wie sie überhaupt gar nichts weiß (Zusaz 3), macht sich wahrhaft lächerlich, wenn sie ihre Gewalttaten durch Rechte zu bemånteln strebt.
Denn das
ist eben das besonders Lächerliche der Unvernünftigen , daß sie meinen etwas wollen zu können , daß sie glauben. eine Selbst gewalt zu befizen , da sie doch überall von blinder Naturgewalt völlig beherſcht werden, und nicht thun was sie wollen, sondern das, wozu Natur sie drångt. Ein schaudervoll lächerlicher Anblik ! dicht am Abgrund ewis ges Verderben drohender Grüfte , werden Blinde vom Blinden geführt.
15 10.
Nur absolute Unvernunft kann demnach von Taten der Unvernunft wohltätige Früchte erwarten , Vernunft erwartet diese nur von Taten der Vernunft. 3ufat . Da Unvernunft (Zuſ. 3 und Anm. 9 ) ohne Wissen, ohne Willen und ohne Können ist ; so ist an sich eins leuchtend , daß sie überhaupt tatenleer ist ; ihr Thun ist kein Thun. Unvernunft ist der Boden in welchem der Lebens; keim sich zwar schon entfaltet , aber noch des belebenden Strals der Frühlings- Sonne bedarf, zum erfreuenden Licht durchdringen zu können. ſen
Nur Vernunft beſizt durch Wisdies ihr Einziges Lebens ፡ Element ( 11) auch
Wollen und Können und darum hat nur sie allein auch ein Thun. Anmerkung. Merkwürdig der seit Jahrtausend geführte , und noch nicht geendete Streit über Willens - Freiheit und zurech nung , und noch merkwürdiger die sich dabei kund gebende Schwäche von Halbvernünftlern , welche , an die Möglichkeit der Aufklärung dieser Begriffe verzweifelnd , an das Gewissen appelliren , hinter welchem sie Schuz gegen feige Unwissenheit hoffen , obwohl demselben offenbar schon im Wortsin Wissen zur Grundlage dient.
Welcher Unsin,
dem Gewissen , im niedern Sinne, die geringste moralische Kraft zu zugestehn , nachdem erwiesen , edlen Gemütern es nicht nur nicht wider Gewissen war , sogenante Kezer mit unsäglichen Martern zu tödten, sondern deren Gewissen gemäß dies gottgefällige Taten waren ; só1 wie ja auch jezt ganz dasz selbe in nur wenig veränderter Form geschieht, indem Millios neu es nicht nur mit ihrem Gewissen übereinstimmend, sondern
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preiswürdig finden , die Türken durch Feuer und Schwert zu vertilgen , und unserer Zeit es vorbehalten war , Vil kerrechts,Verlezung als edlen Krieg von liberal ſich Nens nenden preisen zu hören.
Da fast überall noch Unvernunft vorherscht , und nur hie und da ein wenig Vernunft durchſchimmert ; so dürfen wir apriori schließen , daß das niedere Gewissen die Mens
!
schen in der Regel verkehrt peinigt , Unrecht , sondern beim Rechtthun.
also nicht beim So das Leben des
Geistes inseiner Einheit und Mannigfaltigkeit beobachtet, gibt vollständigen Aufschluß über den Begrif der zurechnung. Nach 4 und 5 gibt's keine schroffe Geschiedenheit in des Geistes Tätigkeit ; so wie auch der Vernünftigste noch teilweise vom Verstande und Instinkte beherscht wird ; so fallen einige Lichtpunkte der Vernunft selbst in den ganz vom Ins stinkt Beherschten.
Aehnlich dem Lootsen, der bei heftigem Orkan das Schif durch ankern zu retten sich bemüht, nach
vestem Ankergrund ängstlich ſucht und keinen findet, so sucht der Geist , ehe er zum vollen Lichte vorgedrungen, um von dem ihm angebildeten voll Vorurteile belasteten Gewiſſen
} sich zu befreien , vergeblich einen vesten Ankergrund. Ihm ist klar worden, daß er betrogen sey, denn leicht hat er die meist völlige Verkehrtheit des Gebotenen und Verbos tenen
gefunden ,
da
verläßt ihn , bei nicht genugsamer
Kraft, die Hofnung in dieſer Verwirrung ſich zurecht finden zu können , und mit dieser der moralische Muth ; er vers ſinkt in Laſter (Laſt : haftend), die dennoch weniger auf ihn lasten , als die Pein ewigen Zweifels. Die Zurechnung gründet sich und zielt auf allgemeis nes Sollen und dem damit zuſammenhångenden Kön , nen des Geistes schlechthin, und gilt nicht dem besondern ´´Sollen und Können eines beſtimten Individuums.
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Der zufälligen Natur Notwendigkeit nach kann der Verbrecher das Verbrechen nicht unterlassen , denn dem Vers brecher als absolut Unvernünftigem komt (Zus. 3 und Anm. 9) überhaupt, weder Willen, noch Können, noch Thun zu. Nichts desto weniger rechnen wir ihm die That zu ? Ihm als Person ohne allen Grund ; thun wir's dennoch, so zeiz gen wir damit nur unsere eigne Unklarheit ,
indem wir
deſſen zufällige Person mit der Vernunft-Notwendigkeit des ihn belebenden Geistes verwechseln , den wir uns dabei uns wilkürlich frei denken, wie Vernunft ihn fordert, ohne Rük, Diesem Geist sicht auf die Zufälligkeit der Natur. rechnen wir die That zu ; denn dieser håtte sollen , weil er håtte wollen können , und weil er gewolt håtte , wenn er genug Bildung gewonnen, oder vielmehr wenn die von Natur gewalt ihm entgegengestelten Hindernisse, die innere Kraft seiz nes Bildungs-Vermögens nicht überwogen hätte. Es spricht sich demnach in der Zurechnung ein vorauseilendes Urteil aus. So richtig also die Anwendung der Zurechnung im Allgemeinen ist , so unrichtig ist sie im Besonderen ; drum läßt sich darauf keine Strafe, sondern nur zurechtweisung gründen , welche aber dessenungeachtet selbst den Tod des Verbrechers rechtfertigt , nicht aber die Verlezung der Mens schenwürde durch
öffentliche Hinrichtung , oder den Tod
erschwerende Mißhandlung.
Nähere Beleuchtung dieses Ges
genstandes gehört nicht hierher. Das Sollen zielt auf Gründung des Reichs absoluten Rechts , worin Alle willig gehorchen , weil nur das wirklich Rechte geboten, und das wirklich Unrechte verboten ist. (Die Vernunft Forderung des Sollens , in der Zu rechnung , begründet außerdem noch eine Pflichten-Lehre, wie sie bisher noch keine Ethik gefordert. Nur Paulus und Spinoza haben höchst bedeutende Ideen dazu geliefert.
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Die Entwiklung dieser Pflichtenlehre würde hier zu weit führen.) 11. Reine Vernunft-Tätigkeit strebt nur nach Erkenntniß an sich, also nur nach rein theoretischer, nicht nach praktischer.
Zusaz. Gewöhnliche Menschen, von dem sie umgebenden Elend ergriffen, fordern unmittelbar einwirkende Tätigkeit. Ihnen scheint nichts wichtiger und dringender, als Mittel anzus geben , die offen vorliegenden Verkehrtheiten zu beseitigen ; drum geraten sie mit sich selbst in Zwiespalt bei dem Treiben der um Wissenschaft
allein sich Bemühenden.
folge ihrer Ahnùng müſſen ſie ſie hochachten ; nen
aber
die Früchte jener schwierigen
Zu
weil ih
Untersuchungen
nicht sichtbar werden, wähnen sie, jene beschäftigen sich mit nuzlosen Träumereien. Hierdurch der Mißeredit erklärt, wo rin Metaphysik bei den Allermeisten steht, weil diese kaum ahnen, daß alle Wissenschaften und Künste ohne Ausnahme, nur von dieser Wissenschaft Nahrung ziehn, daß sie allein Hauptnerv ist, der das Leben der Menschheit erhält, und mit ihr, alles Leben absterben würde. Sie haben Unrecht und Recht zugleich .
Unrecht, ins
dem sie, den erhabenen Nuzen metahpysischer Untersuchungen einsehen zu können, sich selbst damit beschäftigen müßten, drum urteilen sie wie Blinde von der Farbe.
Recht, weil allers
dings die Allermeisten der nach philosophischer Erkentniß scheinbar Ringenden, durch völliges Ausscheiden aus dem erscheinenden wirklichen Leben, zum echt philosophischen Standpunkt sich emporschwingen zu können meinen ; welche Meinung notwendige Folge ihrer philosophischen Halbheit ist, die noch in der Persönlichkeit´befangen, die Wechsel-
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- wirkungen der Philosophie mit der Geschichte, oder was dasselbe sagt (4.5 .), die innigste Uebereinstimmung der Vers nunft mit der Natur nicht erkent, diese anfeindend gegens säzlich stelt, stat in der Vernunft die höhere Natur zu verehren. Naturordnung geht der Vernunftordnung voraus , und es ist keine Vernunft denkbar, außerhalb aller Natur.
Tats
sachen des Bewußtseyns , werden zu Tatsachen , allerdings erst vermittelst des Bewußtseyns ; allein ohne Tatsachen des Unbewußtseyns , gåbe es nimmermehr Bewußtseyn .
So
geht Geschichte überall der Philosophie voraus , keineswegs umgekehrt.
Allerdings liefert der Wechsel der Erscheinuns
gen, ohne Anschauung des reflektirenden Geistes keine Ers farung ; nichtsdestoweniger käme der Geist zu keiner Erfas rung ohne jenen Wechsel.
Kurz , die Urgesezgebung waltet
früher, ehe der Gesez erkennende Geist die Klarheit des Selbstbewußtseyns errungen. Demnachsteht zweifelsfrei vest, daß Philosophie die ſchönſte Frucht der Bemühung ' aller , schlechthin aller Menschen, des Tageldhners sowohl wie des erhabensten Philosophen ; und kein echter Philosoph, so gewiß er Philosoph, der durch Natur Notwendigkeit beglükte Inhaber dieser Frucht, (hier Erklärung der viel bestrittenen Gnade Auguſtins) kann also ohne Selbstentwürdigung , der heiligen Verpflich tung sich entziehn , wo sich ihm nur irgend Gelegenheit bietet , durch Lehre
und
Beispiel auf das unmittelbare
Leben einzuwirken, und als vermittelnder Versöhner der sich anfeindend gegenüber stehenden Natur-Gewalt und VernunftMacht einzutreten. So zweifelsfrei richtig es demnach auch ist, daß Ver: nunft an ſich, nur nach Erkentniß ringt, gleich richtig ist die Anforderung der Menge, daß ihr Früchte vorgezeigt werden,
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um von diesen auf die Gesundheit des Baumes zu schließen ; und sie hat ganz recht diese Gesundheit zu bezweifeln, wenn der mit Philoſophie ſich Beſchäftigende, durch ſein praktiſches Leben der Menge sich beigeselt, und durch Nichts zu bewähren sucht, daß echte Liebe ihn beselige , und er gleichsam von heiligem Schauer ergriffen sey , über die schwere Verants wortung , sich rein erhalten zu müssen , seine Wissenschaft nicht verdächtige. -
damit ſein Leben
Anmerkung. Die Anwendung dieses streng beweisbaren Sazes auf den Verkehr der Völker ist leicht zu finden.
Rohe barbarische
Völker, mögen unter sich und gegen civilisirte, Rechtsvers lezungen sich zu Schulden kommen laſſen, ſie finden Entſchuldigung ; nicht so, wenn ein auf Civilisation Anspruch machens des Volk, gegen ein ihm gleich stehendes Recht verlezt ; tief aber sinkt dieses unter Barbaren herab, wenn es völkerrechts widrige Handlungen gegen Barbaren verschuldet , es zieht den Fluch aller Rechtſchaffenen hierdurch sich zu. Heil dir teutsches Vaterland , daß du durch deine glükliche Lage dies sen Fluch vermieden ! 12. Vernunft findet,
(Zusaz 11)
ihrer Verpflich -
tung gemäß, keine andere ihrer Würde angemessene Tå tigkeit, innerhalb des unmittelbar erscheinenden Lebens, als Veſtgründung absoluten Rechtsstandes , sowohl in der Völker åußerm als innerm Verkehr.
13. Intelligenz sol allein herschen , der Natur - Gewalt jede Einwirkung auf menschliche Verhältnisse entzogen werden , dieses fordert Vernunft völlig unbedingt als das allein allgemein giltige Recht an sich.
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Zusaz. Diese unerlaßliche Forderung der Vernunft findet ſie noch nirgends allgemein anerkant , vielweniger in das uns mittelbare Leben als Regel für zu ordnende Verhältnisse einges führt ; daher kann sie auch die bestehenden Staaten nicht als vestgegründet erkennen , sondern nur als Embryone, aus denen etwa ein Mal Staaten werden können. Allein, wo finden wir denn auch nur Einen Menschen, selbst unter den Philosophen , der der Vernunft,Forderung (3usaz 11) entspråche ? darum müſſen wir die Forderung herunter stimmen, und Menschen und Staaten nicht nach dem Erhabenen des Ziels schäzen , wo auch der Beste zu Nichts herab sinkt, sondern nach dem Standpunkte und der sichtbaren Bemühung , zu jenem Ziel ſich emporzuarbeiten. Hiernach werden wir allerdings bedeutende Unterschiede zwis schen Menschen und Menschen, und Staaten und Staaten machen müssen ; aber nicht vergessen, daß es bei Menschen wie bei Staaten hochmütige Unwiſſenheit zeigt , wenn sie ihren bis jezt naturzufälligen höheren Wert , als selbsterworben · sich zurechnen , da sie ihn besonderen günſtigen Verhältniſſen nach urgesezlichen Bestimmungen allein verdanken. Staas ten und Menschen müssen nach ewig wirkenden Gesezen sich veredeln, wenn diese sie begünstigen ; sich verschlimmern, wenn diese entgegenwirken, und das Höchste was der Mensch zu erreichen vermag, ist das Zusehen dieser nicht von ihm abhängigen gesezgebenden Ordnung , welches Zusehen selbst durch diese Ordnung bedingt ist. Und doch beruht der denkbar höchste Selbstwert des Menschen auf dem Standpunkt dieses Sehens , so wie hier: auf eine ethische Reinheit, die dem befangen Bleibenden uns begreiflich ist. bis zur
Von diesem Standpunkt aus , wird nemlich
evidentesten Gewißheit deutlich , der fantastische
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Traum aller bisherigen Systeme. -
Mit dem Augenblik
der Gründung der Vernunft . Kritik , ist das verwirrende Gebäude uralter Autorität für immer gestürzt, und mit dieser das zallose Heer fantastischer Spekulationen .
Nicht Sons
nenstralen erhellen so klar den Tag , als Vernunft- Einſicht das Dunkel der Vorzeit durchdringt, und die darin geschafs Was Unver: fenen Mißgeburten des Irwahns erkent. nunft und Halbvernunft in unzålig Jahrtausenden aufge baut, stürzt durchgedrungene Erkentniß in Einem Augens blick nieder. Die Menschen selbst haben auf Unbegreiflichkeit, unzålige Unbegreiflichkeiten , ein Heer abergläubiſcher Wis dersinnigkeiten gehäuft , um hinterher voll lächerlichen Eis gendünkels , Sentenzen der selbstgeschaffenen Unbegreiflichs keit als vielbewunderte Seher verkünden und nebenbei mit tyrannischer Wilkür herſchen zu können. ― So wird es möglich, daß die Menschen dahin kommen, diese Welt aufs zugeben, einer Erträumten ſich zu zuſehnen, was um ſo låchers licher , als sie dessenungeachtet seige Todesfurcht nicht zu überwinden vermögen, so wenig als die Sehnsucht nach des Leibes Genüssen und den Abscheu vor Geistes - Anstrengung. Dadurch ist denn leicht erklärt, daß die Menschen bis diesen Tag, bei der Frage um das Rechtthun , alt vermoderte Bücher *)
*) Wenn man sieht, wie Menschen seit 2000 Jahren sich gequält, und fortwährend quålen, um in dem, Vernunft zu finden , was ohne Vernunft niedergeschrieben worden ; auf die zallose Schriften achtet, die seit 2000 Jahren zur Erklärung eines Einzigen verfaßt worden; die unverantwortliche Verschwendung geistiger Kraft ers kent, die auf philologische Studien, nicht um historische Ents wiklung des Geistes zu verstehen , sondern lediglich zu jenen widersinnigen Bemühungen , fortwährend vergeudet wird ; und beruksichtigt, daß die hieraus entstehenden Folgen noch schäde licher wirken, als die Verschwendung des Geistes selbst, indem man
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nachschlagen, und alle Welt befragen, und nicht ahnen, nicht glauben , vielweniger wissen , daß wenn der von ihnen mit den Regeln einer längst völlig abgestorbenen Welt, die mit frischem Leben Aufblühende zu leiten ftrebt , welche Regeln drum notwendig tödtend einwirken dann ist der Wunsch nicht zu unterdrücken, daß ein Alexandriniſcher Brand alle Bücher der Welt verzehrte , damit die Menschen endlich zur Einsicht kåmen, daß in ihnen selbst und allein der ewige Lichtfunke lebendiger Erkentniß ruht. Angenommen , es haben die Alten wirklich höhere Meisterwerke verfertigt, denn Neuere obwohl apriori einleuchtet , daß dies unmöglich , weil die Weisesten der Alten die Hilfsmittel der Bildung nicht hatten , die dem Terzianer jezt zu Gebote stehen - haben sie aber dennoch solche Meisterwerke verfertigen können , woher nahmen sie die Muster, denn aus sich selbst ? und stehn wir gegen sie wirklich zurük , wer kann zweifeln, daß die ewige Beſchäftigung mit den Todten , unsern Geist tödten müſſe ? †) Wann werden doch endlich die Menschen erkennen, daß sie selber es sind , die in die Alten Vernunft hineintragen, von der Jene kaum Ahnung hatten ! Wann vorzüglich dahin koms men, in Glaubens und Rechtssachen die tief erniedrigende Knechtschaft abzuwerfen ! Erkennen , daß alle diese Formeln fich långft überlebt ! Welche Schande , daß Römisches Sklavenrecht noch immer zur Grundlage unserer Gesezgebung dient ! Nicht Reformen helfen hier, der Krebsschaden muß mit der Wurzel auss geschnitten werden. †) Die neu sich bildende Verehrung gothischen Geschmaks, ges hört auch zu den Bestrebungen , aus versteinerten Leichen Lebensodem zu ziehn; aber der Leichendunft umdüstert die Bewunderer und zieht sie selbst willenlos in das Grab der Vergessenheit. Edel und groß war iener Geschmak zu der Zeit, als er aus lebendigem Lebensquell bildete ; was sich das von an Kunstwerken erhalten, ehrwürdiges Andenken von uns schäzbar historischem Werte. Was aber wir in diesem Geschmak neu aufbauen, müſſen wir wünschen , je eher je lie ber zerstört zu sehen , damit der Nachwelt Zeugniß unsers gez funkenen Geschmaks und wertlosen Treibens entzogen bleibe; denn besser ift vergeſſen, als rükſchreitend befunden werden.
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erdichtete äußere Gott selbst käme ihnen zu raten, auch Er ihnen weder raten noch helfen könte , da vom Rechte , nur der in ihrem Innern selbst thronende Gott etwas weiß , und daß sie von jeher nur diesem innern Gott Folge geleistet haben, und bis zum lezten Tag nur diesem Folge leisten. werden.
Drum ist ihr ganzes Treiben und Leben , auch
wenn sie ihren Leib eines nicht deutlich erkanten Zwekkes wegen verbrennen ließen, nichtsnuzig und leer , wenn sie nicht das Rechtthun , das auf deutlicher Erkentniß be ruht, darin darstellen.
Und gåbe es keine Vergeltung , und
wüßtest du gewiß , daß der nächste Augenblik des Weltalls Ende ist, und Alles Alles in das erdichtete Chaos zusam menstürzt, so solst du doch Recht thun , ganz allein dars um , weil du es für Recht erken st. Dies die erhabene Würde der im Menschen thronen den Intelligenz, keinem andern Geseze zu gehorchen , als dem Selbst erkanten ; ohne Hofnung einer Erstattung , das Rechte zu thun, selbst mit Aufopferung des Lebens .
Wel
cher Standpunkt erkämpft seyn wil, durch volgerüstete wach ſame Selbstkraft.
Auf diesen Standpunkt weist uralte
Fabel: die Göttin der Weisheit, entſpringt völlig gewafnet, volgerüstet zum steten Kampf mit der Natur, unmittelbar aus der ewigen Vernunft! 1. Anmerkung. Eine scheinbar große Schwierigkeit , bedroht die Halt, barkeit des eben Entwikkelten ; es leuchtet nemlich ein, daß das, was im Allgemeinen für Gut und Bös gilt, nur Verhältnißbes griffe sind, und nicht an und für sich ; woher dann die allge meine Verehrung der Tugend und Verabscheuung des Lasters ? Diese gründen sich auf eben solche urgesezliche Geiſtes: bestimmung, wie das Urgesezliche des Angenehmen und Uns angenehmen der Sinnes - Eindrükke.
Und so wie es urge
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sezliche Bestimmung, daß Kochsalz auf tierischen Organismus erhaltend , Arsenik auflösend wirkt , so ist es urgesezliche Bestimmung , daß Tugend erhaltend , Laſter auflöſend auf die geselschaftliche Verbindung wirkt ; wie solten die Mens schen jene nicht verehren ,
diese
verabscheuen ?
Tugend
steht aber überdem in einer noch viel innigern Verbins dung mit der urgesezlichen Bestimmung des Geistes , zu dessen Erhebung der Selbsterkentniß wirkend. Der Geist ist nemlich gezwungen, Erscheinungen
auffaſſen ,
um
die Mannigfaltigkeit der
in ſich vest halten zu können,
fie in Ordnungen teilen , in bestimte Einheiten aufldſen zu müssen, ohnedem
er in namenloser Verwirrung beharte.
Es gibt ihm aber ein einzig Tugendhafter mehr Aufschluß über das innere Wesen des Geistes , als tausend Lasterhafte ; ja die Tugend an sich, ist eben gar nichts anderes als diese innere Einheit des Geistes selbst , so wie das Laster an sich nichts anderes als Zerflossenheit desselben.
Das aber, was
die Menschen überhaupt karakterisirt, ist wieder nichts an deres als der sie belebende Geist.
Es spricht sich also auch
in die allgemeine Verehrung der Tugend und Verabscheuung des Lasters ein vorauseilendes Urteil (S. 17.) aus : freudige und schmerzliche Ahnung der volkommenen und unvolkom: menen eignen Geistes, Ausbildung. 2. Anmerkung.
Eine scheinbar größere Schwierigkeit gibt sich kund: die entwikkelte Lehre scheint alle Religionen stürzen zu wollen.
Die Pluralitåt derselben ? —ja, um deſto ſicherer die
ewig Eine zu bevestigen.
Alle bisherigen Religionen fordern.
ewig unbedingten Glauben , diesen Glauben fordert die hier ausgesprochene auch von dir , aber nicht für immer, sondern nur vorläufig , bis Zeit gewonnen ist , sie mit mas thematischer Evidenz zu entwikkeln.
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Bis dahin halte vest :
obenhin gekostete Philosophie
führt ab von Gott , durchgeführte um so überzeugender zu ihm zurük ; halte vest : daß Religion schon dem Wortſin nach auf Denken sich stüzt , daß demnach eine dem Denken sich entziehende Religion gewiß Keine ist ;
daß kein nur
irgend Verständiger , Gott anders denn als rein geistige Ins telligenz zu denken vermag, nur als Gott allmächtiger Kraft. Würde er aber auch nur als Schöpfer gedacht , so kann er auch als solcher keine Freude am Sklavenſin ſeiner Geschöpfe haben.
Ist es doch dem endlichen Menschen keine Ehre, edel
nur unter Unedlen, der Weiseste von Wahnsinnigen nur zu seyn. Gibt's einen Gott, deſſen Existenz hier weder aner kant noch geleugnet werden sol,
d. h. die des äußern
Gottes, wie ihn die Menge anbetet ·- an den innern Gott har noch kein Geist erkennender Mensch gezweifelt — dann sey versichert, wie ohne dessen Zustimmung ich weder athmen noch denken könte , so wurden mit seiner Zustims mung auch, diese Untersuchungen angefangen und niederges schrieben ;
und daß
die
absurdeste Gedankenlosigkeit nur
wähnen kann, der Mensch ein Geschöpf dieſes Gottes, könne seinen Schöpfer und Meister beleidigen , *) zumal Jeſus ausdrüklich sagt : • „ Selbst Gotteslåsterung wird euch ver ziehen,
nie aber Sünde wider den heiligen Geist im
Menschen !" Es sind demnach Diejenigen , welche , als dieses aus Bern Gottes Majeſtåts - Vertreter, in jeder freien Geistess Untersuchung , Gottesleugnung wittern, und den Arm welt: licher Gewalt zur Beſchirmung und Råchung dieſes ihnen
*) „ Nur fündlicher Hochmuth des Menschen kann glauben, daß er sündigen, und den göttlichen Weltplan realiter ftds ren könne." Fichte Staatslehre, 239.
27 scheinenden ruchlosesten Frevels anrufen, die wahren Gottes : leugner und Frevler , die von jeher es gemächlicher fanden, Freidenkende zu morden , als deren Einwürfe durch Vers nunft-Gründe zu widerlegen. *) Diese sind weder Christen noch Menschen, sondern viehische Barbaren, wie es selbst unter Heiden nur Wenige gab und gibt ; sie, die recht eigentlichen Kreuziger Christi, da sie im merfort dessen Geist auszurotten sich bemühen , viel schlims mer als Kaiphas und Pilatus , die dessen Leib nur zu tdd. ten beabsichtigten.
Diese Verfolgungssüchtigen, die wahren
Anbeter des Satans ; drum karakterisirt sie Schwäche, Mißtrauen, Halbheit, Furcht , Lüge, Kriecherei, Haß , Verstels lung, Hochmuth und Feigheit, lauter Verneinungen; so wie im Gegenſaz den wahren Gottesverkünder, Kraft, kühner Muth,
Selbstvertrauen ,
Stärke ,
Offenheit ,
Ausdauer,
Liebe und Demuth, lauter Bejahungen karakterisiren ; so of fenbart in dieſem ſich Gott, in feigen Finsterlingen Sas tan ! **) Wie ungleich der Kampf, so zweifelsfrei der Sieg.
*) Sowie es freilich auchbequemer ist, Völker durch Waffen - Gewalt zu Christentum und Civilisation zu zwingen, als die damit untren bar verknüpften Pflichten selbst auszuüben. **) ,, So alt Geſchichte, so alt der Vorwurf blinder Frömlinge ge: gen Vernünftige : Gottloser ! und eben so alt der leztern Antwort: Dumkopf!" Fichte Staatslehre. S. 144. (Kein Vernünftiger kan zweifeln , daß diese , teils selbst Ge walt, Besizer , teils deren schleichende Günftlinge und Ratgeber, durch Gewalt, Mittel freie Untersuchung unterdrükt , und eben hierdurchsowohl die Selbsterkentniß desGeistes verspätet, als alle Revolutionen der Völker hervorgerufen haben. Keine vestere Stüze des Staats und der Regierung gibts , als völlig fessellose Mits teilung der Gedanken .)
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Mögen sie sich hüten, dem Strom sich entgegenzustemmen, 1 er weicht nicht, er geht über sie hinüber!
14. Intelligenz soll herschen, Unvernunft nur dienen.
Zu saz . Die Herschaft der Intelligenz gründet sich im absolus ten Gegensaz der Herschaft der Unvernunft.
Diese , grün
det ihre auf physische Gewalt, die Intelligenz , ihre geis stiger Würde gemäß ,
auf Belehrung und dadurch hers
vorgebrachte Ueberzeugung der Beherschten , daß es ihnen, den Beherschten selbst, wohltätig , von der Intelligenz be herscht zu werden.
Daher entschiedener Gegenſaz des Ver-
nunft Staats gegen den der Unvernunft.
In diesem drån
gen Alle sich zur Herschaft , beneiden den reiche Genüsse versprechenden Posten; daher stete Eifersucht und Feindschaft zwischen den Staatsgliedern , nach zufälliger Reihenfolge, wie sie nåher oder entfernter zur Herschaft ſtehn ; *) im Vers nunft Staate dagegen fält die Herschaft dem mit höchster Intelligenz Ausgerüsteten als unbeneidete Last zu , der dies ser sich gerne entzoge, wenn nicht herbe Pflicht ihn zwänge, ſie übernehmen zu müſſen ; daher ungestörter Friede ; der Staat eine Vereinigung von Brüdern.
*) Die hochadligen Bluts sich rühmen, und durch diese glückliche Lage begünstigt , fich vorzugsweise hohe Geistesbildung erwerben können, haben eben hierdurch ausgezeichnete Gelegenheit, ihr echt edles Blut zu betätigen. Jedem echt adligen Gemüt muß ja zuwider seyn , Alles blindem Zufall danken zu müssen, Nichts fich Selbst; kann ihnen schwer seyn, was edlem Stolz geziemt ?—
29
-
1. Anmerkung. Durch diese Entwiklung einleuchtend , was der instinkts artigen Forderung Revolutionswütiger zum Grunde liegt: Freiheit, Gleichheit ! Ganz recht , dieses unerlaßliche Vers nunft-Forderung.
Gleichheit äußerer Güter ! auch richtig,
denn dies muß notwendig eintreten , wenn Intelligenz einst die Herschaft erlangt ; aber erst diese Herschaft , dann ers folgt jenes von selbst, nicht umgekehrt , sonst namenlose Vers wirrung unausbleiblich. Die Geschichte geistiger Entwiklung zeigt beim einzelnen Menschen, wie bei allen Völkern im Großen , ein und dasselbe Gesez , von Außen nach Innen wirkend , um dann von Innen heraus, sich selbst und das Aeußere nach innern Gesezen umzugestalten ; ähnlich dem Bestreben einen volkom, menen Kreis von der Peripherie aus zu bilden , welchem nach zallos vergeblichen Versuchen einleuchtet, daß vom Mits telpunkt aus , der Kreis am einfachsten und zuverläſſigsten gebildet werden könne. Der Geist muß nach Einheit ringen , es ist aber weder möglich noch wünschenswert,
daß eine völlige Gleichheit
geistiger Entwiklung unter Menschen je stat finde ,
drum
dringt der Geist auf Anerkennung blos dieser Einen Ungleichheit.
Auf Anerkennung dieser rein geistigen Ungleich
heit zielt praktische Vernunft-Tätigkeit , als die Einzige die auf das notwendige Gesez des Geistes selbst gegründet ist, neben welcher alle bisherige zufällige Ungleichheit verschwinden sol.
2. Anmerkung. Intelligenz herscht durch die den Beherſchten beigebrachte Ueberzeugung , also durch Belehrung , und so gewiß sie Intelligenz ist, wendet sie nie , ſchlechthin nie Gewalt an, fich Ueberzeugung zu verschaffen , denn Gewalt-Mittel sind
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Attribute nur der Unvernunft.
Die Intelligenz offenbart
sich in einzelnen Menschen ; so gewiß diese die Erhabenheit ihrer Menschenwürde erkennen , gleich gewiß ehren sie in jedem menschlichen Individuum , die Möglichkeit gleich ers habener Würde , die er nur durch offenkundig entehrende, Verstoktheit des Gemüts zeugende, Handlungen verliert. Nennen wir solche auf höchste Erkentniß zielende Lehre Christentum , und finden bei allen christlich ſich nennenden Völkern , daß durch sanktionirte Geseze Zwangs und Gewalts Mittel angewendet werden, der Lehre der Liebe und průs fender Ueberzeugung, Anerkentniß zu verschaffen, wodurch die Menschen zu Heuchelei und Lüge gezwungen werden, indem ſie entweder von dem was ſie als verſtanden bekennen , nichts verstanden haben , oder was noch schlimmer , nichts verstans den zu haben , wissen ,
und doch verstanden zu haben
bekennen, zeitlicher Vorteile wegen - so ist einleuchtend, daß wir bei diesen Völkern die wahre Lehre nicht suchen dürs fen, da ſie verfälscht ist. Eher möchten wir sie bei Heiden, Muhamedanern und Juden vielleicht zufällig finden ; wenn aber auch bei diesen nicht - dann müssen wir aufgeben sie jezt überhaupt finden zu können ; mit der Hofnung uns tröstend, daß die verheißene Ausgießung des heiligen Geistes noch überall nicht erfolgt sey , weil die Menschen im Allgemeinen noch nicht reif, und dies Heil ſpåtern Geschlechtern vorbehalten bleibt.
Zusammenstellung.
1. Der
die Menschheit belebende Geist ,
ist,
so gewiß
er Geist ist , ein Einiger, und es ist absolute Geistesschwäche ihn mehrfach zu denken ; denn nur die in ewiz gem Wechsel begriffene , den Sinnen sichtbare Erschei nungen , verleiten den Geist eine Mannigfaltigkeit überhaupt anzunehmen.
Der Bildungstrieb, das Wesen, das
allen Erscheinungen zum Grunde liegt, und so wie selbst unsichtbar, unsichtbar vom unsichtbaren Geist offenbart wird, ist wie das Unsichtbare an sich nur als Einheit denkbar. ― ( So wie ja jedem folgevesten Denker einleuchten
muß ,
daß Verhältniß - Begriffe , Kategorien,
wie schon Kant lehrt , nur auf Erscheinungen Anwendung finden, und nicht auf das Wesen, bei Kant Dinge an sich ;
daher streng genommen ,
selbst Einheit für
Geist nur uneigentlich gilt , und richtiger wäre , das im Zalbegrif nicht denkbare Wesen , den Allgeist zu bezeichnen, wenn es nicht zu gesucht klånge.) 2.
Nicht gewisser ist der Geist seiner Selbsterkentniß, als seiner Abhängigkeit
der Entwiklung von der Ur-
gesezgebung ; dieſe erfaßter daher ſehend, wiſſend, und nicht im bloßen Glauben, wie nicht im Gefühl oder in der Ah-
―
nung.
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Was aber der bloße Glaube , die bloße Ahnung,
die sich selbst so
nent,
von dieser Urgesezgebung
schon auszusagen sich erkühnt , daß Sie Natur,
le-
bende Person , Allwissend sey u. s. w. u. s. w. , dies erkent der selbsterkennende Geist als die größte Frechheit der Unvernunft und ihres sie karakterisirenden Hochmuts ; denn gar nichts Anderes fagt Unvernunft hierdurch von sich aus , als , daß sie nicht nur die Urgesezgebung selber sey — woher denn sonst weiß sie deren Prädikate ? sondern nebenbei auch noch Mensch, also mehr als Jene. Wer nicht verstokten Herzens ist ,
kann unmöglich
der Frechheit sich hingeben von der Urgesezgebung etwas Anderes auszusprechen , als daß sie eben Sie selber sey ; Sie allein , absolutes von sich allein abhängiges Seyn habe ; daß der Urgrund alles Beſtehenden und Wechselnden auf diesem Seyn der Urgesezgebung beruhe u. s. w.
Was
nun aber dieses Seyn an sich sey, und welche Endabſicht Es mit dem Weltall habe, und ob Ihm eine solche Endabsicht überhaupt zustehe , davon etwas Gewisses aussagen nur wollen , das kann nur der absolut Un- ' vernünftige !
Schwachsinnige,
die eben darum
ohne Selbstver-
trauen , finden Entschuldigung, wenn sie der Urgefezge= bung blind sich hingeben ; allein warum genügt ihnen dies nicht? wer heißt sie die ihnen Schwindel erregenden Höhen der Spekulation ersteigen wollen ? Der leis dige Hochmuth treibt sie , ehe sie genug ihre Selbstkraft geprüft ; fie fallen !
aber der Hochmuth ist geblieben ;
denn stat ihren Fall zu erkennen, wagen sie zu behaupten , es könne da Oben sich Niemand halten ; wer hat
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ihnen das Recht verliehen ,
von der eignen Schwäche
auf die Anderer zu schließen? Wie, wenn Blind- und Taub-Geborne sich anmaßten, Sehenden und Hörenden Geseze vorzuschreiben ? Müßten jene Unglüklichen es nicht vielmehr für Wohltat erkennen , wenn diese sich ihrer Leitung
annehmen ? Allein
eben darum weil sie nicht sehen noch hören können , sind fie auch der Erkentniß der Wohltat unfähig ; drum sind fie bedauernswürdig ; aber aus Pflicht muß ihnen wohlgetan werden ohne auf ihren Dank zu rechnen , ja selbst wenn ihr Undank gewiß wäre.
Zusaz Hauptursache der herschenden Verwirrung in Auffas sung des Urseyns ,
ist die verwirrende und durcheinander
werfende Anwendung sich ausscheidender Begriffe :
Urge
sezgebung , Gott, Natur und Geist ; diese vier Begriffe und noch viele Unterarten , werden im Allgemeinen und in der Regel mit dem Begrif des Urseyns zusammengewors fen, und daher der meiste Streit selbst zwischen
echten 1
Philosophen ; welches nachzuweisen für eine eigne Abhands lung gehört.
Hier sey noch besonders aufmerksam gemacht,
auf die Verwirrung so Vieler die einen sitlichen Gott annehmen , sofern Er als solcher zugleich
Urgesezgebung
seyn soll. Welche Verkehrtheit dieser Urgesezgebung Sitlichkeit zuzuschreiben, die doch nur auf rein menschliche Verhälts niſſe Anwendung findet ? Es liegt hierbei offenbar eine Vers wechselung des Ideals zum Grunde ; diesem Ideale strebt der edlere Mensch zu , dies der innere Gott des Recht: thuns, der Pflicht und Sitlichkeit, dessen Begrif sich im
[ 3 ]
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Geist nach ewigen Gesezen entwikkelt, also selbst abhängig von der Urgesezgebung und keineswegs sie selbst ist. Diese theoretische Unterſcheidung ist aber auch von hoher praktischer Bedeutung , indem wir hierdurch erst zur wahren. Freiheit eingehen , und nun erst berechtigt uns fühlen , von keinem under mehr Abhilfe menschlichen Elends zu ers warten , sondern nur von unserm selbsttåtigen Eingreifen, und zwar mit voller Ermächtigung der Urgesezgebung selbst : indem wir Vernunft-Notwendigkeit über Natur Notwendigs keit erheben. Nur dann , wenn die Nachwelt uns in diesem Streben begriffen findet , wird sie uns ehrend anerkennen, wo nicht, uns entweder vergessen, wenn wir stehen geblieben, oder verachten, wenn wir zurük gegangen .
Alles mit Recht
nach notwendigem Gesez der Zurechnung. (Grs. 10 Anm.) —
3. Vernunft-Tätigkeit an sich , strebt zwar nur nach Veftgründung und Erweiterung der Erkentniß , denn sie ― weiß mit den Worten Fichtes - daß dem ewigen Feind der Menschheit, welcher die Unvernunft ist , kein größerer Abbruch geschehen kann , als Verallgemeinung der Erkentniß , und sofern ist ihr das geschichtlich Geschehende an sich gleichgiltig ; allein , sie erkent zugleich die Notwendigkeit, in das Geschichtliche unmittelbar eingreifen zu müssen , zur anerkennenden Behauptung ihrer Würde (Zuf. 11 ) ; fie muß auf die Menge einzuwirken ſtreben, damit ihr Treiben nicht verdächtig und abſchrekkend erscheine.
Nur Eine, ihrer Würde völlig entsprechende
praktische Tätigkeit gibt's : und völkerrechtlichen
Vestgründung von
Rechtsprincipien
Völker äußerm als innerm Verkehr.
staats-
sowohl in der
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-
Zusaz. Von Taten der Unvernunft , die an sich ein eigentliches Thun gar nicht enthalten (Zus. 10) , kann Vernunft uns möglich wohltätige Früchte erwarten ; an ſich klar , denn ſonſt müßte Vernunft selbst zu Taten der Unvernunft ermuntern, Dem widerspricht aber ges
welches anzunehmen sinlos ist.
schichtliche Erfarung ; denn Geschichte enthält bis diesen Tag fast nichts als Erzälung ewiger Kriege, Krieg aber ist uns ter allen unvernünftigen Handlungen die absolut unvernünf tigste ; und doch läßt sich nicht leugnen, daß die Menschen zum Teil durch Kriege emporgehoben wurden.
Aber schon
iſt (9) gezeigt , daß dies Fortschreiten , in Folge tief em pfundener , durch Krieg herbeigeführter Leiden geschah, indem die Menschen eben hierdurch angeregt wurden, auf Mittel zu ſinnen , dieſen Leiden vorzubeugen .
Allein freis
Tich beweist der jezt geführte Krieg , daß entweder diese Mittel noch nicht entdekt sind , oder nicht das Mittel der Anwendung derselben ,
oder auch Beides.
Sol nun das
obige Princip gelten , so muß der Vernünftige wünſchen, daß wenn Europa Vernunft-Gesezen schlechterdings nicht ges horchen wil, dieser Krieg so namenloſes Leiden hervorbrin ge wie kein früherer , damit die Menschen auf diese Weise für Erkentniß von Vernunft: Principien empfängs lich werden mögen.
Schluß
Saz.
„ Beſtimmung des Menschen : bei all ſeinem Thun, schlechthin ohne Ausnahme, ſich des Zweks , der seiner geiftigen Würde gemäß seyn muß (Zus. 13.), deutlich bewußt ſeyn zu müſſen.”
Allgemeine Staats- Rechts - Grundsäze.
1.
Das
Rechtsprincip
findet nur
Anwendung
auf
in
Geselschaft lebende Menschen ; der allein stehende hat keine Pflichten und darum auch keine Rechte. 2. Das Recht des Menschen ist unmittelbar mit der in seiner Person unmittelbar
verbundenen Intelligenz
verknüpft; denn das Recht an sich , ist rein geistiger Bes grif, mithin von der Perſon ſchlechthin nicht zu trennen. Demnach widerspricht es der Untrenbarkeit des der Perſon ursprünglich angebornen Rechts , ihn als rechtslose Sache zu behandeln ; so wenig er aufhören kann Person zu seyn, so wenig kann er dieses Recht verlieren, außer in den ihm bekant gemachten , vom Gesez angedroheten Fållen. Es ist also kein Rechts- Fall denkbar , der geborne Sklaven und Leibeigne zuließe , ja nicht einmal , wo jemand sich selbst zum Sklaven hingeben könte ,
weil der Mensch
fich tödten, aber nicht das mit seinem Daseyn untren bar verknüpfte Recht seiner Persönlichkeit aufheben kann. Also gibts auch kein rechtsgiltiges Gesez, das Verbrecher zur Knechtschaft verurteilen könte, ſondern das Recht
-
-
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des Gesezes hat nur auf Einsperrung , Transportirung, und wo diese nicht zuläſſig, auf Tödtung zu erkennen.
3. Eine gewisse Menge Menschen , die sich wissentlich oder unwissentlich auf welchen Unterschied wir uns
hier nicht einlassen können -
zu gewissen gegenseitig zu
leistenden Pflichten verbunden , und eben dadurch gegen. seitige Rechte gewinnen , bilden einen Staat. dingung des Staats also ist ,
Erste Be-
daß deſſen sämtliche
Bewoner durch gewisse vorläufig veststehende Pflichten und Rechte eine Einheit bilden.
In dem Staate aber
worin noch absolute Wilkür herscht, da fehlt diese unerlaßliche Grund-Bedingung, und der Staat hat auch noch nicht einmal begonnen, seine Anerkennung kann nirgends rechtlich nachgewiesen werden. 4.
Die Pflichten und Rechte der Staatsbewoner, find koncentrirt ausgesprochen , im Organismus der Regierung ; ohne Regierung gibt's keinen Staat.
Zusaz. Die Regierung ist also im Begrif, Verwalterin der Geseze ; denn in dieſen ſind eben die gegenseitigen Pflich, ten und Rechte der Bewoner vestgestelt.
Die Form der
Regierung ist in diesem Begrif völlig gleichgiltig, nur kann fie (3) niemals nach völlig absoluter Wilkür verfaren dür fen, wenn sie das Recht der Anerkennung sowohl von andern Staaten, als der eignen Bewoner erhalten, oder nicht verlieren sol. -
38 5. Die Regierung ist Rechtsstelvertreterin des Staats sowohl nach Innen gegen dessen Bewoner, als nach AuBen gegen andere Staaten.
Zusaz. So wie der einzelne Mensch im Staate ſich darin faktiſch vorfindet, mit seiner Wilkür nicht anheim gestelten Pflichs ten und Rechten , so wenig als in der Wilkår der übrigen Bewoner und selbst der Regierung es steht , diese Rechte bei seinerseits volzogenen Pflichten ihm entziehn zu können, so finden alle Staaten sich faktiſch vor , und es kann kein Staat die Anerkennung des Andern nach Wilkür verweigern, ohne (3. u. Zus. 4.) sich selbst außer Anerkennung der Andern zu bringen, also nicht ohne sich selbst aufzuheben. 6. Jeder Staat worin Anarchie herscht , d. i. keine die Geseze schůzende Regierung veststeht, wobei gleichgiltig, ob diese Anarchie die Regierung , oder scheinbar das Volk verschuldet, *) hat, so lange diese Anarchie dauert, keinen Anspruch auf Rechts- Anerkennung anderer Staaten.
Zusaz. Die Richtigkeit dieses Grundsazes ergibt sich aus dem Verhältniß Begrif der Staaten unter einander.
So wie
*) Es ist leicht beweisbar, daß diese Schuld stets die Regierung trågt ; denn eine gute Regierung , die an sich auf intelligenter Macht beruht, hat auf den Beistand aller derjenigen Bewoner zu rechnen, in denen zumeist Intelligenz sich ausgebildet . Gegen diese vereinigte Macht wird nie die Menge , weder sich auflehuen, noch wenn sie es thut , die geringste Obmacht gewinnen, mithin es nie zur Anarchie kommen können .
39 das Recht des einzelnen Menschen im Staate an seine Pflichts Erfüllung gebunden ist (3) , so das Recht der Staaten an gegenseitige Pflichten.
Für diese Pflichten garantirt die
Staats-Regierung ; wo diese Garantie fehlt , fehlt auch das Recht der Anerkennung. 7. Staaten gegen einander stehen, wie die einzelnen Menschen im Staate , mit absolut unveräußerbar gleichen Rechten.
Zusaz. So wenig (2) der Einzelne das mit ſeiner Perſon vers knüpfte Recht aufgeben oder verlieren kann, noch vielweniger der Staat, der ja nichts Anderes ist, als die zu Einer Eins heit verbundene Menge Personen , und daher auch vorzugss weise als moralische Person anerkant wird.
Moralisch
drukt hier eine vorzugsweise heraustretende Intelligenz aus, von zwiefach tiefer Bedeutung :
a) als Regierung an sich
die ohne Intelligenz undenkbar , während Milliarden einzelne Menschen gelebt haben, und leider ferner leben werden, worin kaum Spuren von Geist sichtbar ; b) als eine gleich, sam sich faktisch
ankündigende Unsterblichkeit ;
der
Eins
zelne stirbt, der Staat als solcher muß sich notwendig als ewig bestehend sezen.
Leben und im Leben beharren, gehört
zur Grundidee seiner Existenz , und mit dem Augenblik woer die Ewigkeit seiner Existenz aufgåbe, würde er sich selbst aufgeben, und zu seyn aufhören.
Der Staat als moralische
Einheit, kann aber unmöglich anderen Staaten größere Rechte als sich selbst zugestehen , weil er dann notwendig Bestands teil dieser anderen Staaten seyn würde, welches seiner vors ausgesezten Einheit widerspräche , daher steht er mit diesen im Begrif notwendig auf gleichen Rechten.
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Anmerkung. Die Annahme des sich als ewig Sezens der Staaten, ist von höchster Wichtigkeit für die Garantie der Verträge zwis schen denselben.
Die Gesezeskraft der Verträge unter Staas
ten, ist nemlich im vergrößerten Maaßstabe dieselbe, wie die einzelner Bürger im Staate ; darum, so wenig bürgers liche Erben den eingegangenen Verpflichtungen ihres Erbs lassers sich entziehen können, eben so wenig kann eine veráns derte Regierung den von der vorigen abgeschlossenen Vers bindlichkeiten sich entziehen. Wie sich aber von selbst versteht, dürfen diese Vertråge Eeine unmoralische Tendenz haben, d. h. keinem dritten zum Nachteil geschlossen seyn, z . B. einen drit ten Staat mit Krieg zu überziehen u.d.m. , wie sie Ges schichte nur zu häufig kent , sonst sie an sich nichtig sind, weil sie halten, absolutes Laster wåre.
8. Teile eines faktisch anerkanten Staats können sich trennen, und nachdem sie sich als ſelbſtſtåndig konſtituirt, als selbstständige Staaten mit ganz gleichen Rechten in den Staaten-Verein aufgenommen werden.
Alle bestehenden
Staaten find nemlich faktiſch zuſammengesezt aus früher getrent gewesenen Teilen , mithin ist das Recht der Anerkennung nirgends an einer innern Notwendigkeit der Verbindung dieser Teile gebunden, demnach sie mit gleichem Nechte sich eben so trennen können, als verbunden bleiben.
Zusaz. Die Schwierigkeit der Anwendung dieses Grundsazes lag bisher lediglich in der Schwierigkeit der Zeitbestim mung der Anerkennung, diese aber ist hier , durch Anwens dung der Grs. 3. 4. 6. u. 7. gehoben.
Hat irgend ein ge
wesener Teil eines andern Staats ,
ohne Rüksicht
auf
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―
Volksmenge und Gebietsgröße, sich faktiſch konstituirt, d. h . nach den angeführten Grs. durch eine geordnete selbstständige Regierung, und ist sein Gebiet von der früheren Haupt-Re: gierung faktisch getrent , indem die Truppen der Haupts Regierung keinen vesten Plaz von solcher Bedeutung auf dem neuen Gebiete mehr beſizen, welcher die Selbstständigkeit des neuen Staats faktisch aufheben zu können bedroht, dann kann dieser Staat ohne Rechtsverlezung des Hauptstaats anerkant werden ; mit dem gebräuchlichen Ausdruk de facto , ohne auf dessen de jure Anerkennung von Seiten des Hauptstaats warten zu dürfen . Das Rechtsverhältniß der Staaten zur Haupt- Regie rung während des Kampfs bei der Trennung zu bestimmen, hat ungleich größere Schwierigkeiten , beruht jedoch auf fol gendem Grundsaz :
9. Unter gar keiner Bedingung soll ein Staat in die innern Angelegenheiten des andern Staats sich tatsächlich
einmiſchen
dürfen ;
denn diese Einmischung
widerspricht offenbar Grs. 7, weil mit der Einmischung unmittelbar, die Anerkennung gleichen Rechtsstandes und die Selbstständigkeit des andern Staats verlezt wird. 3usaz. Es trit hier der höchst bedeutende Unterschied zwischen allgemeiner und partieller Empdrung in einem Staate hers vor.
Bei allgemeiner Empörung findet Grs. 6 Anwendung,
der Staat ist während der Dauer der Anarchie ohne Rechts, Anerkennung ,
keineswegs aber bei der partiellen .
Richtigkeit des Unterschieds
Die
muß jedem einleuchten ; denn
wo sonst die Grenze stellen bei partiellen Empörungen , ohne die Selbstständigkeit aller Staaten zu verlezen ? Der kleinste
-
42
-
Auflauf würde dann bald jeder Leidenschaft zum Vorwand dienen, in die innern Angelegenheiten anderer Staaten bes wafnet einzuschreiten ( 18) ; drum muß veststehn, daß so lange Staaten geordnete Regierungen haben ,
andern Staaten
schlechthin niemals die Einmischung zusteht. Hiermit aber steht folgender hochwichtiger Grundſaz in Verbindung. 10. Staaten können keine rechtsgiltigen Verträge schließen, sich gegenseitig , bei partiels ler Empórung Hilfe zu leisten. den Grs. 5. u. 8. Einheit, sondern
Dies folgt aus
Die Regierung ist keine gesonderte nur Etelvertreterin der
Gesamtheit.
Diese Gesamtheit besteht faktiſch aus zuſammengesezten Teilen , die keine innere Notwendigkeit weder verbunden hat , noch verbunden hält.
Nach Grs. 6 Note , trågt
jede Regierung die Schuld jeder Empórung ſelbſt ; jes des Volk erträgt nemlich
die möglichste Bedrükkung,
ehe es sich, sich selbst Recht zu verschaffen , in die Gefahr der Anarchie stürzt ; nur wenn es bis zur Verzweiflung gebracht wird , reißen die Völker die Banden völlig , die durch die schlechten Regierungen eigentlich schon zerrissen waren; wie Geschichte dies bestätigt , welche nicht Ein Beispiel kent, wo nicht von den Regierungen aus die Völker gleichsam mit den Haaren zur Empörung gezogen wurden.
Jene Verträge würden demnach offenbar nur
zur Bevestigung der Despotie dienen , widersprechen also dem Grundvertrag der Staaten , der keine absolute Despotie anerkent.
Der Vertrag würde #die einseitige Erhaltung einer schlechten Regierung bezwekken , als wäre
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eine Regierung überhaupt ohne Volk denkbar, und würde ſomit die Freiheit Aller Völker bedrohen.
Indem aber
das Volk der Hauptbestandteil der Regierung selbst ist, ist es widerfinnig anzunehmen ,
es håtte seiner Regierung das
Recht mit ihm rechtslos zu verfaren , selbst zugestanden, mithin find solche Verträge in sich selbst null und nichtig.
Anmerkung. Es ist merkwürdig , daß selbst der große Kant und mit ihm so viele Staatsrechtslehrer in den offenbaren Widerspruch verfallen, als stånden die Völker gegen die Regierun gen absolut rechtslos , während der erhabene König Friedrich II. in seinem Leben und in ſeinen Schriften alle Rechte vom Volke ausgehen läßt , nach seinen eignen Worten : „ weil es eher ein Volk als eine Regierung gegeben haben muß ; ein Volk ohne Regierung wohl denkbar , aber keine Regierung ohne Volk. " *) Was Ppiloſophen und Rechtslehrer verwirt , ist die Souverainität, ein ganz anderer Begrif als ursprüngliches Volksrecht.
Kein nur irgend Verständiger wird dem Volke
Souverainitätsrecht zugestehn , weil das gar nichts Anderes als Anarchie wäre , dessenungeachtet ist es absoluter Unfin zu behaupten : der Staat gehöre der Regierung und nicht die Regierung dem Staate.
In jedes Menschen Brust stehen
unantastbare Rechte von der Urgesezgebung tief eingegraben, die alle geschriebenen der Sophisten zu Schanden machen ; und wir wiederholen , jede Regierung ist vor Empdrung völlig sicher , wenn sie die Menschenrechte der Regierten nicht verlezt ; nichtswürdige Despoten durch zugestandene Rechte in ihrer Tyrannei zu ſtårken , dazu kann kein recht: *) Richtiger, daß Beide in nothwendige Wechselwirkung gesezt sich finden , drum sich gegenseitig anerkennen müssen.
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licher Mensch beitragen wollen.
Der Einwand , daß Des-
potie besser sey als Anarchie ist grundfalsch , denn Anarchie ist mit der Despotie untrenbar verknüpft.
(Beiläufig fügen
wir jedoch schon hier hinzu : seit 1826 hat die Türkei auf gehört absolute Despotie zu haben, dagegen diese jezt in Pors tugal unleugbar stat findet.
Uebrigens kann hier dieser hoch.
wichtige Gegenstand nicht weiter verfolgt werden.) + 11. Staaten sind verpflichtet bei partieller Empörung in andern Staaten strenge Neutralität zu beobachten. 1. 3 usa z.
Gegen die Empörer dürfen sie nicht eintreten, Grs. 10., vielweniger aber noch für sie, wie dies aus Grs. 7. klar. Eben so wenig dürfen sie den partiellen Staat vor seiner faktischen Selbstständigkeit anerkennen' (Zuſ. 8.) , mithin ſind fie zur Neutralität verpflichtet , oder richtiger, sie negiren dessen Existenz. 2. Zusaz. So wie zu seinem Hauptstaat, steht der junge Staat, vor seiner faktischen Selbstständigkeit, als Staat zu als len Staaten rechtslos , nicht aber als noch anerkanter Teil des Hauptstaats.
Der Hauptstaat bleibt eben darum für
jeden Schaden verantwortlich , den die Empörer den Bewo nern anderer Staaten zufügen, bis sie Selbstständigkeit ers worben.
Dies ergibt sich aus den frühern Bestimmungen.
12. Der Staat hat kein Recht seinen Bewonern im Frieden freien Abzug zu verwehren ;
kein
Bewoner
aber das Recht jemals gegen den Staat wo er Bürgerrecht genossen, zu dienen.
-
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Zusaz. Der Mensch ist Person und nicht Sache, Grs. 2.; vers mittelst der ihn belebenden Intelligenz gehört er der Menschs heit und nicht dem Staate , daher ist er an keiner Scholle gleich der leblosen Sache gebunden, und es ist ihm , wenn er seiner Bürgerpflicht genügt, freier Abzug nicht zu vers weigern.
Dies allgemeine Recht unterliegt aber dem beson
dern, im Staate bleiben zu müssen so lange derselbe im Kriegsstand sich befindet , dem der Bürger mit Leib und Gut verpflichtet ist, wie sich das von selbst versteht , indem er in dieser Zeit
ein untrenbares
Mitglied
einer
bestimten
Menge zugehört , Grſ. 3., die den Staat bilden.
Diejenis
gen welche Bürgerrecht hatten , dürfen aber niemals gegen den Staat ohnesich des Verbrechens der Landesverråterei schuldig zn machen, dienen, weil ihnen als Bürger früher Vertrauen. geschenkt worden, welches sie hierdurch mißbrauchen würden. Ihre erste Pflicht gehört immer dem frühern Staate, mit dem eine zweite gegen denselben nicht bestehen kann.
Anmerkung. Keinem nur irgend Vernünftigen können die in die Aus gen springenden Mißbråuche und Verkehrtheiten entgehen, wos runter alle Staaten noch leiden , so wenig als die Uebers zeugung, daß wenn er in ſich die Kraft fühlt, auf die Mensch, heit wohltätig einwirken zu können, sein Vaterland nicht nur die ersten Ansprüche auf seine Tätigkeit habe , sondern ihm auch größere Sicherheit der Anwendung derselben als das Ausland versichere.
Wer demnach sein Vaterland verläßt,
um dem Auslande zu dienen, der ist in der Regel nicht viel wert, mithin hat der Staat keine Ursache, gegen seine Ents fernung Schwierigkeit zu machen. Für den sich Entfernenden aber ist wichtig folgende Be stimmung:
Er kann nicht eher in den fremden Staat, beson
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ders nicht als Krieger eintreten, ehe er von diesem nicht das Bürgerrecht erhalten , sonst wird er Raubmdrder und nicht Krieger.
13. Kein Staat ist berechtigt, dem sein Bürgerrecht aufgegeben habenden Bürger , andern beliebigen der vorige Grs.
dessen Aufnahme
Staat zu verhindern.
in jeden
Dies ergibt
(Wir haben ihn hier mit einer
an-
dern Wendung nur darum aufgenommen , weil er auf die folgende geschichtliche Abhandlung Einfluß hat.) 14. Es ist kein Recht denkbar, das Bewoner eines Staats verpflichtete, wider ihren eigenen Willen , einem andern Staate sich einverleiben lassen zu müssen.
Dies folgt
aus Grf. 2. , wonach der Mensch nie'als todte Sache erworben werden kann.
15. Es ist - außer den, in Grf. 17. bis 20. bes stimten Fällen - ein Recht des Krieges völlig undenkbar , weil : a) vom
Rechte
überhaupt nur Vernunft weiß,
(Anm. Allg. Grs. 9. ) Vernunft-Tätigkeit aber sich überall nur durch Belehrung, nie durch Zwang und Gewalt ausspricht (Zus. Allg. Grf. 14.), mithin es kein Recht des Krieges geben kann. b) es in die Augen springt , daß Gewalt , weder an sich überhaupt, noch durch ihren rein zufällig scheins bar günstigen Erfolg über das Recht jemals zu entz scheiden vermag , Rechts ist.
da Gewalt absoluter Gegensaz des
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c) Vernunft-Tätigkeit ihres Zweks sich klar bewußt ist, und es sich von selbst versteht, daß dieser Zwek nie mit sich selbst in Widerspruch stehen darf;
der Krieg
dagegen nie einen Zwek an sich hat (d . h. der Vernunft gemåß) und darin ſich ſelbſt widerspricht.
Anmerkung. Es ist nemlich einfach klar einzusehen , daß der Zwek des Kriegs , wenn wir einen solchen auch zugeben , nie die geringste Aussicht der Erfüllung gewährt :
1 ) weil er auf
schlechthin nicht zu berechnenden unabwendbaren Zufällen be ruht, darunter wir nur Einen herausheben wollen , daß der Erfolg in der Regel vom Feldherrn abhängt, der eben nur Mensch ist, durch dessen Tod aber die mit den größten Opfern errungenen Vorteile verloren gehen ; nicht zu gedenken , daß auch der beste Heerführer nicht Herr der Witterung ist, die alle Plåne zerstören kann .
2) weil jeder angegriffene Feind,
er sey gering oder mächtig , es stets in seiner Macht hat, dem Angreifenden nicht nur die Früchte des Sieges, sondern jede Möglichkeit , die aufgewandte Kriegskosten erstatter zu erhalten, zu rauben ; es ist aber an sich einleuchtend , daß auch der leidenschaftlichst Eroberungssüchtige keinen Krieg beginnen wird, wenn er überzeugt ist , daß ihm schlechts hin unmöglich die Kosten ersezt werden , vielweniger er das von Früchte zu hoffen habe. Zur Volständigkeit dieser Untersuchung müssen wir et was weit ausholen. A) Ich behaupte : es würde nie zu einem Staate ges kommen seyn , noch dazu kommen , wenn die Menschen nicht das Bedürfniß des Friedensstandes verbände ; beach; ten wir alle bürgerliche Geseze und Einrichtungen , sie zies len auf absolut friedliches
Beisammenleben der Bürger
-
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1 im Staate.
Ganz gleiches Bedürfniß führt zur Aner,
kennung fremder Staaten ; so wie allen Verträgen , selbst den heillosen zur Bekriegung
eines dritten Staats , das
Bedürfniß des Friedens zum Grunde liegt ; nur eine Art Wahnsin läßt nemlich in den leztgenanten die größere Fries dens: Sicherheit des eigenen Staats für die Zukunft hoffen, und selbst die Welteroberer waren von dem falschen Ideal begeistert, durch Univerſal-Monarchie, der ganzen Welt ewi -gen Frieden zu sichern. B)
Bei jedem Angrifskrieg ,
erobernde Absicht klar nachweiſen.
läßt
sich die
welts
Die Eroberungssucht ist
der Spielsucht ähnlich, stets auf das Ganze gerichtet ,
und
nur gezwungen und ungern mit einem Teil sich begnů: gend.
Durch
die Gesamtgeſchichte findet sich
dies
bes
ſtätigt.
C) Es kann aber die Menschheit kein größeres Unheil als Universalmonarchie bedrohen. Zur schlechthin unendlichen Entwiklung der Intelligenz , sind die verschiedenen Bil. dungsprozesse der Völker eben so unentbehrlich,
wie ihre
Glaubens formen; daher, nebenbei , Bekehrungssucht ein gleich unglükſeliger Trieb wie die Eroberungssucht ist. Wo sich demnach Eroberungssucht kund gibt, solten eigentlich alle Völker , ja alle Menschen innigst verbunden gegen den Eroberungssüchtigen ziehen, und seine Wuth auf das Minimum der Macht beschränken, weil er das Bestehen der Menschheit bedrohet.
Dem jezt viel verschrieenen
Gleichgewichtssystem, liegt, und wenn auch den Gründern unbewußt, darum nicht minder gewiß, die Absicht diese die Menschheit bedrohende Gefahr abzuwenden zum Grunde.*)
Dem Gleichgewichtssystem, obwohl an sich, bei volkommener Staatsbildung völlig unhaltbar, haben wir doch nicht nur die Erfolge
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D) Wichtig zu beachten ist, wie ſich Eroberungssucht alls måhlig entwikkelt hat. a) Im rohesten , den Tieren zunächstem Stande der Menschen, treibt reiner Hunger sie zu Krieg ; der Bos den, der kultivirt vielen Tausenden reiche Nahrung bringt, reicht Barbaren nicht für Einen Menschen genugsame Nah. rung.
Menschenfleisch ist das wohlschmekkendste aller Tiere ;
den Menschen todt oder lebend zu fangen , um ihn zu vers zehren, Zwek jener Kriege. b) Irgend ein glüklicher Zufall belehrt, der Mensch habe lebend ungleich höhern Wert , als das bloße Fleisch seines Körpers ; mit dem Augenblik wird Zwek des Krieges ihn nur lebend zu fangen, um ihn als Sklaven zu benuzen. c) Sehr langsam entwikkelt ſich die Einsicht, der freie Mensch sey von noch ungleich höherm Wert *) als der Sklave und Leibeigne, und nun trit Welteroberungssucht ein.
Da
heißt es in den Manifesten :
von 1813 u. 15, sondern das viel Wichtigere , die vorbereitende Möglichkeit dieser Erfolge zu verdanken. Hätte Napoleon 1805 nicht England, Rußland und Preußen, 1807 Deftreich, 1809 wieder Preußen neben den frühern gefürchtet, so gab es 1813 keine teutschen Mächte, diese Erfolge hervorbringen zu können. Ob jezt die Türkei fålt øder erhalten wird , hängt von der Macht dieses für Europas Freiheit vorläufig schlechthin unentbehrlichen Systems ab. Es ist nicht zu bezweifeln , daß mit der Türkei das System unterliegt , dann aber die Freiheit Euro pas in der größten Gefahr ift. *) Nochfehlt sehr viel zu allgemeiner Ueberzeugung, daß der Mensch allein an sich absoluten Wert habe, und alle übrigen Dinge, das Weltall selbst nicht ausgenommen, für den Menschen nur Wert in Bezug auf den Menschen, und nur durch sein Anschaus ungsvermögen Wert überhaupt erhalten.
[ 4 ]
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2 ,,Nur der hartnäkkige Eigensin des herschenden Geg ,,ners zwinge zum Kriege, und nur gegen ihn und nicht ,,gegen dessen Völker führe man ihn.
Man werde auch
sorgfältig diesen Unterschied beachten, und den Bewos ,,nern nicht nur kein Leids zufügen, sondern durch strenge ,,Manszucht sie viel besser beschůzen, als sie von ihrer Nur erwarte man ,,eignen Regierung geschüzt worden. ,,auch, daß sie das hüsch einsehen, den ehrenvollen ( ? ) ,,Kriegern freundlich entgegen kommen, mit den Wors ,,ten Fichtes : „, für gutes Weißbrod, Fleisch und Bier ,,sorgen werden" " —- und was der zuckersüßen Worte mehr ſind, ein Labſal für nichtswürdige feige Memmen, denen alles gleichgiltig, wenn sie nur in ihren gewohnten viehis schen Lebens , Genüſſen nicht gestört werden.
Die Eroberungssucht zielt nemlich ganz einfach , nicht auf das Gebiet des fremden Staats, sondern auf die fried nur deren Tätigkeit vers
lichen Bewoner desselben ;
spricht nicht nur reichen Ersaz der Kriegskosten, sondern solche verstärkte Kraft, daß man um so viel ſicherer den nächſt andern Nachbar zu unterjochen host ; mit diesem vereinigt den dann Nächsten, bis nichts mehr zu widerstehen wagt. Ob, wenn dies lang und oft ersehnte Ziel endlich einmal erreicht ist , man nicht Brücken oder Luftbålle erfinden wird, auch die vermuteten Mondbewoner zu unterjochen, mag Ers farung lehren.
Wir leben in der Hofnung, daß die Menschs
heit nie so tief sinken werde, dieſer Universal-Herſchaft sich zu unterwerfen,
wozu weder Volks:Menge, noch Gebietss
Größe, noch ein åußeres Hilfsmittel überhaupt, das Ges ringste beiträgt.
Jedes Volk nemlich ohne Ausname, hat
in sich selbst und allein, ein schlechthin unfehlbares Mitz tel, dem übermächtigsten Eroberer zu widerstehen.
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-
(Nebenbei erhalten wir auf den Grund dieses Mittels ein neues Zeugniß für die Richtigkeit der Zurechnung. (Anm. Allg. Grs. 10.)
Denn jenes Widerstandsmittel gründet sich
ebenfals auf ein Sollen ; alle Völker sollen dies Mittel anwenden, und verdienen eigentlich keinBedauren wenn sie unters jocht werden, weil es von ihrem Willen abhing, frei zu leben oder zu sterben; die Erweckung dieses Willens, und deſſen Ausdauer hångt aber allerdings von vorwaltenden Ursachen ab. — ) E) Da vorauszusehen ist, daß feige Schwächlinge über das Folgende ein gewaltiges Geschrei erheben werden, so wiederholen wir nochmals, um die Rechtlichkeit des anzuwens denden, unfehlbar den ewigen Frieden herbeiführenden, Mittels zu beweisen:
a) Krieg ist absolut unvernünftig ; b) Wer Krieg begint, hat damit die ganze Verants wortung der daraus entstehenden Folgen über sich genommen ; ihm hilft gar keine Entschuldigung : er habe diese schrek liche Folgen nicht vorhersehen können, weil er durch seinen Angrif schon das Menschenrecht unmittelbar verlezt hat. Das Wollen ist in deiner Macht gegeben, die That, könte selbst Gott nicht rükgängig machen. Und um es ganz klar zu geben : So ich jemand in's Gesicht ſchlage, der Gez schlagene drauf mich tödtet, bin ich selbst der Todschlås ger und nicht der durch mich zum Mörder gewordene. So haben nicht Rostopschin und die Russen Moskau angezündet, sondern Napoleon und die Franzosen , durch ihren bloßen Angfif, in welchem jene erhabene That als uns ausbleibliche Folge schon bedingt lag *). -
*) So sehe ich im Voraus, auf das Seite 16: geäußerte : ,,daß auch jest Millionen es nicht wider Gewiſſen, føndern preiswürdig finden
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Gåbe es nur Einen kräftigen Menschen in der Welt, neben lauter nichtswürdigen Memmen , so fånde auch dieser Eine
die Türken mit Feuer und Schwert zu vertilgen,” von Halb, lingen mich der Verdrehung ihres Wunſches bezüchtigen : ,,Zwar håtten wohlselbst Professoren und sogar die der Philoſophie an großen Hochschulen sich wörtlich so mitunter öffentlich ausgesprochen, fie aber, diese Halblinge , niemals solcher unser Jahrhundert freilichschändender Ausdrücke sich bedient, sondern blos das Türkens Reich in Europa von den Ruſſen gestürzt zu ſehen gewünſcht.” Welch' edle Gesinnung ! diese Christen sagen den Muselmåns nern blos einfach : ,,Freunde, wir wollen euch kein Leids zufügen ; aber ihr seyd uns zuwider , aus gar vielen Rüksichten , unter Andern, weil wir selbst gerne euer Land befizen mögen ; so geht denn gutwillig nach Asien zurük , von wo ihr eigentlich nie ein Recht gehabt, zu uns zu kommen . Wenn ihr dies nicht gutwillig thut, fo kommen wir Drei gegen Einen von euch und werden euch dann freilich todt schlagen müssen, so ihr euch zu wehren wagt ; dann aber seyd ihr selbst an eurem Unheile schuld, nicht wir." Gegen solches nichtswürdiges Reden, sind mir die Sprüche derKezergerichte des Mittelalters Homerische Gesänge ! — Ihr werdet zweifelsfrei auch dieses wieder übertrieben finden, weil, indem ihr eine Weltbegebenheit nach eurem Gefühl bes urteilt, euch dabei ganz unschuldig wähnt. Allein, warum stehen denn Kezerrichter des Mittelalters jezt geschändet in der Geschichte ? haben dieſe denn nicht auch geglaubt Recht zu thun ? Das ist ja eben das Unglük , daß ihr so kurzsichtig seyd, auch eure Namen einst in der Geſchichte geſchändet nicht zu erblicken, ob dies fem eurem Wunsche ; daß ihr den verpeftenden Odem nicht erkent, der durch euer Urteil Gift aushaucht, das euch selbst zu verzehren bestimt ist. Denn, nicht wahr, ihr seyd ganz unschuldig an dem Verbrechen von Navarin, an den Mordtaten dieses Krieges ? Wie aber, wenn strikt bewiesen wird, daß gerade euer Urteil den allergrößten Anteil an diesem Verbrechen und an diesen Mordtaten hat, feyd ihr dann nicht Verbrecher und Mörder ? Oder haltet ihr etwa nur das Schwert, durch welches der Mord geschehen, für
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-
freilich keine Veranlassung zu einem eigentlichen Kriege ; jene Blutscheue, die ihr gutes weiches Breiherz bei jeder Gele:
schuldig, nicht aber den Mörder, der es geführt ? Gehörtet ihr zum niedrigen Pöbel, da mögtet ihr urteilen nach dem Maaße und Gehalte des genossenen Fusels, wer achtete deſſen. Das aber ist das Unglük Europa's , daß ihr zum wiſſenſchaftlichen gehört, deffen Urteil wie nie früher auf die leitenden Staatsmånner einwirkt, und leider so eingewirkt hat, daß das neunzehnte Jahrhundert als das gebrandmarktefte in der Gesamtgeschichte, viel abs scheulicher als das der Inquifitionen des Mittelalters steht. um alle Reiche der Welt möchte ich mit eurem Gewiſſen nicht tauschen , und ihr wäret wirklich zu beklagen, wenn ihr das ganze Unheil zu überblicken vermöchtet , was euer leichtsinnis ges Urteilen schon herbeigeführt , und in seinen Folgen noch viel schreklicher herbeiführen wird. Gålte es einen blos theore tiſchen Irtum, man dürfte euch blos bemitleiden, aber es gilt Mens schen und VölkersLeben, es handelt sich um das Bestehen der Menschheit, dawürde ichteilhaftig eurer Verbrechen, so ich schwiege. Eilet eure Frevel durch höchste Anstrengung eurer Geisteskräfte, so weit dies irgend möglich gut zu machen, damit euch nichtfürch, terlich die Rache ob eures ruchlosen Treibens ereile. Die geschichtliche Abhandlung wird nachweisen, daß , höchst merkwürdig , dieTürken wohlthuend aufEuropa gewirkt, und in fitlicher Hinsicht noch viel wohlthuender hätten wirken köns nen, wenn der europäiſch- chriftliche Eigendünkel ihnen in dem was fie auszeichnet , nachgeeifert hätte ; daß den Türken für dieses Wohlthun nur Undank von Europa ward, und daß christliche Völker nur nachteilig auf die Bildungs - Entwiklung der Türken gewirkt , und den Stilstand ihrer Bildung bedingt haben. Daß dagegen Rußland nicht weniger als Alles Europa vers dankt , und wenn wir die Jahre 1813 bis 1815 ausnehmen, wo es auch nur seinem Vorteil nachging, auf Europa dafür, besons ders in fitlicher Hinsicht, nur nachteilig eingewirkt ; jest aber als eine Grausen erregende Gewalt dasteht , die Europa , wie keine frühere der Geschichte, zu verschlingen drohet. -
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genheit zur Schau tragen, würden diesem Einen unterwürs fig entgegen kommen, und im Voraus ihm mehr zugestehen, als er je gefordert haben würde. Beispiele davon haben wir ja selbst erlebt, wo Befehlshaber unüberwindlicher Vestungen, auf Jahre hinaus mit Allem versehen, einem feindlich vers laufenen Reitertrup entgegenkommend baten, sie der Last der Verteidigung zu überheben.
O, es waren edle Mån-
ner, aus purem Mitleid haben sie das Vaterland verraten. Unrecht hat die Geschichte ihre Namen unter den Gebrands markten zu stellen, sie handelten, ihrer Einsicht gemåß, ganz recht : nur dieses Leibes - Leben hat absoluten Wert, und nächst diesem die Genuß versprechenden Dinge, den höchsten Die Ehre und Würde des Geistes sind abgeschmakte - Pfui über die Augens Träume wahnsinniger Schwärmer.
Wert.
blicke, die nur der Erwähnung dieser Erbårmlichen geopfert G find! F) Voll begeisternder Freude dagegen, das Andenken, welches Julius Cåsar in seinen Denkwürdigkeiten uns ers halten, von der unsterblichen Selbstkraft alt teutschen Volkes. Im 4. und 5. Buch , Kap. 19. und 29. erzålt er : ,, daß er zweimal über den Rhein gesezt, die Sueven zu bezwingen, welche allein sich ihm zu unterwerfen geweigert , diese aber hätten sich mit all' den Ihrigen, mit Hab und Gut zurüks gezogen, ihn in die Mitte ihres Landes erwartend, da zu ſchlagen entſchloſſen_u. s. w.”
Und hier bewährte er die
Größe seines Feldherren- Talents, indem er die feurige Ehr sucht bezwang , erkennend, daß gegen solches Volk nur zu verlieren, nie etwas zu gewinnen sey ; - und ging zurück, ohne auch nur einen Versuch gegen solches Heldenvolk zu wagen.
Wie versinkt dagegen das Feldherrn- Talent Napo-
leons, der nicht nur dies Muster kante, sondern in Spanien auch unmittelbar erfaren , was ein zusammenhaltendes
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Volk vermag.
Nicht dem tüchtigen Cåsar eiferte er nach,
ſondern dem wilden Cyrus, und wie dieser mit seinem Heere von Tomyris mit ihren Massageten vernichtet ward, so fiel Napoleon mit seinen für unüberwindlich gehaltenen Heeren vernichtet in den Eisgefilden Rußlands. - Und doch war Napoleon der kräftigste Mensch seiner Zeit, und fast ganz Europa durch mannigfache Interessen mit ihm verbunden ; und noch lebt die im Absterben begriffen gewesene Generas tion , von ihm fürchterlich zuſammengerüttelt , von ihm, der Fürstenkinder bürstete , und Bürstenbinder fürstete, — und all' dies ist vergessen , und selbst die Schmach des Riesen vermag die verächtliche Sucht in Zwergen nicht zu dämpfen ?! -Doch wir wollen der Geſchichte nicht vorgreifen , und zu unserer Aufgabe uns wenden. G) Das unfehlbare und höchst einfache Mittel, jeden Eroberungskrieg für ewig unmöglich zu machen, haben uns Massageten und Sveven, der Schweizer Freiheitskriege, und mit verjüngtem Maaßſtabe, in den neunziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts der Freiheitskrieg der Franzosen, von 1808 aber an, der der Spanier, Portugiesen und Ruſſen, und endlich 1813 , der der Preußen und Teutſchen gelehrt. In diesen Jahren zeigten die Völker was Volksmacht vers mag, gegen die, alle Künſteleien der das feinste berechnenden Strategie, gleich Spingewebe gegen stürmenden Orkan ver schwinden.
Tüchtig war Blücher , dem vorzugsweise der
Ruhm gebührt, den Riesen gebåndigt zu haben, und wahrs lich, er verſtand wenig von der feinen sogenanten Kunst des Krieges ; aber er besaß, was keiner seiner Mitfeldherren in gleichem Maaße , die Liebe seiner ihm in Begeisterung folk genden Krieger, die noch weniger als Er von Kriegesgeschik lichkeiten wußten. --
-
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Im Gegensaz; was stürzte Napoleon ? Nicht daß er Millionen Franzosen in zallosen Schlachten gemordet ; nicht die Million Krieger die in Frankreich nicht mehr das Vaterland verfochten -sein Lehrsaz stürzte ihn : „ Alles für das Volk, nichts durch das Volk ! " den er selbst ge, Hätte er in 14jähriger unumschränkter Regierung
schåndet.
nur nicht Alles für Sich getan, nur nicht Nichts für das von ihm schändlich, um ſeine durch das edelste Blut erkaufs te Freiheit, betrogene Volk - wahrlich er hätte Alles durch das Volk erhalten können ; denn „,wer Alles für das Volk thut, kann auch Alles durch das Volk thun; " und er såße noch diesen Tag an dem Staatsruder eines der ſchönſten und mächtigsten Reiche ; denn ein Volk, das zuſammenhålt, ist schlechthin unüberwindlich. Napoleon fiel, weil er vom Menschenwert keine Ah nung hatte ; weil er nur Sich vertraute, nur Sich liebte und nur Sich Alles verdanken wolte ; er fiel als eine der fürchter lichsten Mißgeburten der Hölle, welche Geschichte kent ; er fiel mit zwiefachem Fluche beladen ; denn er mitseiner Riesenkraft des Verstandes håtte der größte Wohltäter der Menschheit seyn können , wenn ein menschliches Gemüt ihm geworden. wåre.
Allein freilich, wer Menschen zu lieben vermag, wird
sie nie zur Schlachtbank führen , der Eroberungswuth zu fröhnen. H) Zur Wiederholung : Jedes , durchaus jedes Volk besizt das unfehlbare Mittel der größten Uebermacht zu wis derstehen.
Denn, noch niemals hat ein Eroberer durch Kraft
der Bewoner seines eignen Staats, Einen Fußbreit Landes dem Nachbarstaat geraubt, und niemals kann dies geſches hen, weil nur mit den Kräften des eroberten Lans des selbst, wird, -
die Eroberung deſſelben erst möglich
57 Wenn die Völker nur vest halten : daß der Eroberer und seine Horde schlechthin nichts Anderes als Raubmdr. der, mithin absolut rechtslos sind, und gegen sie , jede , jede Abwehr ,
gleich wie gegen reißende Tiere absolut Recht ist ; wenn sie Mucius Scåvola nacheifern, — dann wird ewiger Friede die Völker beglücken, und jezige Kriegss ehre, die , beim Angrif auf schuldlose Völker
absolute
Schande ist, zur Fabel werden. -
Wir haben durch diese Erläuterung ungleich mehr ges funden als wir suchten ; denn der 15. Grs. fordert die Ans erkennung : Es sey ein Recht des Eroberungs-Krieges undenk bar, mithin ein bloßes Vernunft : Sollen ! wir aber haben jezt gefunden : 16. Es könte eigentlich ein Eroberungs- Krieg nie stat finden, weil: 1) der Trieb
gar nicht
aufkeimen würde ,
wenn
a) alle Völker in sich einig wären, fremde Herschaft unter keiner Bedingung über sich zu dulden ; b) alle Völker zur Einsicht kämen , daß jeder eroberungssüchtige Angrif Eines Volks ,
buchstäblich Allen
Völkern gilt ,
die
Menschheit bedroht, mithin Alle verpflichtet, dies fer Allen gemeinschaftlichen Gefahr sich zu widersezen ; c) die absurde Unfolgevestigkeit einsåhen, im Staate die kleinsten Diebståle als Verbrechen zu züchtigen , Raubmörder aber gleichsam nicht nur zu privilegiren, sondern deren verruchte Taten als ruhmwürdig zu preiſen und so ihre Nacheiferung zu fördern ;
daß aber jeder , der
Eroberungssucht dienende Krieger
Raub mörder
ſen, welch' nur irgend Verſtändiger kann daran zweifeln ?
-
58
-
so wenig, als, daß das durch Eroberung geraubte Gut und Land , schlechthin niemals , ein rechts giltiges Eigentum werden kann, außer nach Grf. 22. 2) nach Grs. 14. kein Recht denkbar ist,
daß Men-
schen verpflichtete, wider ihren Willen sich erwerben zu lassen , gleich todten Sachen. Dieses leitet uns unmittelbar zu folgenden Grundfåzen über : 17. So wie (15) es gewiß kein Recht des Eroberungskrieges gibt , gleichgewiß ist jedes Volk nicht nur berechtigt sondern verpflichtet, jeden Angrif, selbst mit Aufopferung alles Zeitlichen abzuwehren. Jeder Mensch ist absolut ehrlos , der den Sturz
seines Vaterlands zu überleben strebt; denn es ist der vielseitige und absolut selbständige Entwiklungs - Prozeß der Völker ,
unerlaßliche Bedingung
der
Menschheit.
(Nebenbei klar : daß der Teutschen Krieg 1813—15 mit Recht ein heiliger genant wird , weil er Abwehr war. Die Völker solten das Wort Krieg in Verruf sezen, indem sie es nur auf Eroberungs -Versuche anwendeten ; wie auch seine Urbedeutung Schreien anzeigt ; ja wohl himmelschreiende Niederträchtigkeit ! ) 18. Krieg, im Begrif der Abwehr, ist ferner Pflicht, wenn ein geordneter Staat, wilde Horden zu Nachbarn hat ; denn, indem dieses gesezlose Gesindel stets zum Kriege bereit ist, zwingt es diesen Staat im steten Kriegsstand zu beharren, welcher seine innere Entwiklung ftört, drumfaſt nachteiliger als der Krieg selbst wirkt.
Mithin muß ihm
59 廖 das Recht zustehen , diese Horden entweder aus seiner Nachbarschaft zu entfernen,
oder zu zwingen, eine rechts
liche Verfassung anzunehmen. 19. Durch Grf. 18. erhalten wir höchst wichtigen Aufschluß über den bedeutenden Unterschied partieller und allgemeiner Empórung in einem Nachbarstaat (Zus. 9.) Ein in Anarchie gestürztes Volk , steht nemlich, während der Dauer desselben , auf der Gefahr drohenden Stufe wilder Horden; mithin der Nachbarstaaten Pflicht ist, wenn ihre Ratschläge unbeachtet bleiben , gewafuct einzuschreiten, daß es sich eine geordnete Regierung gebe , welche Garantie der Verträge zu leiſten vermöge.
Schaden- und
Kosten-Ersaz ist jenes Volk zu leisten verpflichtet, welche aber nach Grf. 14. nie, schlechthin nie in Gebiets-Abtretung wie Grf. 22. beſtimt , nur in Geldkontribution ,
bestehen darf, sondern
bis zu
deren Abtragung es
Geißel stelt. Ueber die Form der Regierung aber haben die ein schreitenden Staaten (Zuf. 4. ) durchaus nie ein Einwir kungs- Recht ; nur muß sie so gestaltet seyn, wie Sicherheit der Verträge fordert.
20. Gleiche Gefahr droht jeder Eroberer ; mit ihm find daher keine rechtsgiltigen Verträge zu schließen , mithin die Nachbarstaaten verpflichtet, im Fall er Herscher ist , auf dessen Absezung zu bestehen, und um so mehr, wenn er ein untergeordnetes Amt bekleidet. (Nebenbei klar , das Recht der Verbündeten 1814 und 15 mit. Napoleon nicht unterhandeln zu wollen,
60
der diese Gewähr durch seine Person schlechthin, wie er durch feine vielfache Verlezung der Verträge bewiesen, nicht zu leisten vermogte.
Aber auf die Erhebung der Bourbonen
einzuwirken, wofern dies überhaupt geschehen, ( ?) hatten sie keineswegs ein Recht, um so weniger, als die Form , in der diese die Regierung übernahmen, keine Garantie versprach.
21. Durch die bisherigen Grundsäze werden wir zu dem höchst wichtigen gedrångt : „ Es fol unter den sich
gegenseitig
anerkennenden
Staaten, nicht wie bisher bloßer Waffenstilstand , sondern wirklich ewiger Friede geschlossen werden." Alle bisherigen Friedensschlüsse enthalten nemlich solche Bestimmungen , die in sich selbst einen nächst ausbrechenden Krieg mit der sehen lassen.
Die
größten Gewißheit voraus-
Gewalt
des
Stärkern
ist darin
vorherschend, mithin stehen sie im Widerspruch mit Grſ. 7. Der schwächer gewesene
Staat ,
hat in der
seine ganze Selbstständigkeit zu verlieren ,
Gefahr
Bedingun-
gen einräumen müſſen , die seine Selbstständigkeit untergraben, die er also schlechthin unmöglich erfüllen kann, sondern notwendig als nur vorläufige ansehn muß, die er bei der ersten günstigen Gelegenheit zu brechen vest entschlossen ist und seyn muß, und welche demnach den Friedensschluß zum Waffenstilstand machen. Bedingungen
müssen
aus
Alle diese
den Friedensschlüssen
ewig
verbant seyn ; ihre Ermittelung ist durchaus nicht schwer, so wenig als sie auf billige Weise zu ordnen. Bez trachten wir z. B.
einen der
treflichsten Staaten Eu-
ropas in ungeheurer Ausdehnung mit zerrissenen Grenzen,
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so kann kein Verständiger zweifeln , daß dessen Bestand so nicht bleiben kann.
Ueber kurz oder lang muß er
auf eine oder andere Weise, nach dem Kunstausdruk, ſich arrondiren. ― Sol nun dies nicht durch Krieg geschehen, wie es sonst unvermeidlich geschieht , so ist klar , daß es im Interesse aller Staaten ist , daß es friedlich nach billigen Grundsäzen geschehe.
Ein ziemlich ähnliches Ver-
håltniß trit bei allen Staaten mehr und minder grell hervor , und zeigt die Notwendigkeit eines solchen friedlichen Vergleichs .
22. Mit diesem Grf. 21. steht Folgender in unmittelba rer und untrenbarer Verknüpfung : „ Es erklären die vereinigten Staaten , ihren Besizstand nach vollzogenem Vergleich , unter schlechthin keiner Bedingung , in ewige Zeiten jemals veråndern oder um einen Fußbreit Landes erweitern
zu wollen ; jeder
Versuch Eines Staats dieses Grundgesez zu umgehen oder umzustürzen , sol dann durch dessen Aechtung ges züchtigt werden."
1. Anmerkung. Die hohe Wichtigkeit der Anerkennung dieses Grunds gesezes für Alle Staaten , geht aus folgender Ueberlegung hervor :
Alle jezigen Staaten ohne Ausnahme, haben ihre resp . Gebiete nicht nur nicht rechtlich erworben, sondern sie sind durch absolutes Unrecht der Eroberung in diesen Besiz gekommen. Sie befinden sich darum Alle in keinem rechtsgiltigen Zustande ; allein eben , weil Alle darin find , hat auch Keiner irgend ein Vorrecht gegen den Andern ; wohl
62 aber muß es Allen gleich wichtig seyn, aus diesem unrechtlichen Stande rechtsmäßig herauszukommen. Dafür gibt's kein anderes Mittel , als daß sie Alle ihren bisherigen unrecht lich geweſenen Beſizſtand anerkennen .
Sol nun durch dies Bekentniß , kein weit größeres Un heil für die Völker entstehen, als der rechtslose Bestand selbst hervorzubringen drohet , keine völlige Verwirrung des Beſizstandes der Staaten, und des damit in der innigsten Verbins dung stehenden Eigentums aller Privaten eintreten ― denn, es läßt sich streng logisch beweisen , das bisher aller Pris vatbesiz auf dem Eroberungs Princip der Staaten beruht, mithin Niemand , ſchlechthin Niemand in wirklich recht ; lichem Besiz seines Eigentums ist ― so bleibt den Staas ten keine Wahl , als durch eilige Anerkennung des Grundsazes (22), ihren jezigen Besiz gleichsam zu heiligen, indem hiermit eine neue heilige Zeit absoluten Rechts für die Vil fer begint, der zugleich das Eigentum aller Privaten heiligt, das sich dann von selbst so verteilen wird , ohne alle ges waltsame Mittel, wie Vernunft es unerlaßlich fordert (Aug. Grs. 14. Anm. 1.) ; die nähere Bestimmung dieser Verteilung muß vorbehalten bleiben. - Genug, es gibt kein anderes Mittel, alle . Staaten und Völker aus ihrem unrechtlichen Zustande in dem absolut rechtsmäßigen zu versezen, als mögs lichst schleunigste Anerkennung und Bevestigung des oben aufgestelten Princips .
Die Geschichte herschend gewesener Ges walt aber, bleibe ein trauriges Denkmal zur Warnung für die Nachwelt. ―
2. Anmerkung. Jeder Mißdeutung vorzubeugen erinnern wir, daß hier nur von reiner Theorie Rede ist , deren praktische Anwen dung den leitenden Staatsmånnern ganz allein überlaſſen bleiben muß.
Durch die hier entwikkelten Grundſäze iſt
63
hinlänglich erwiesen , daß jeder Privatman ,
der durch
andere Mittel als durch Belehrung auf das unmittelbare Leben einzuwirken strebt , als absolut Unvernünftiger sich karakterisirt, und
als solcher den bestehenden Gesezen
gemåß , mit vollem Recht zurechtzuweisen ist. 10 Anm .)
(Allg . Grſ.
Wie aber ; wenn noch überall kein eigentlich absoluter Rechtszustand existirt , dann ist notwendig Völkerrechts: Ver: lezung kein anderes Verbrechen, als jeder gewöhnliche Angrifss Krieg ; woher denn der größere Abscheu , den dies Vers brechen bewirkt? Sehr einfach, aus demſelben Grunde, wodurch nicht nur alle Menschen, sondern auch die Geseze aller Staaten, Diebstal für geringeres Verbrechen als Raubmord erkennen. und bestrafen.
Nach (Allg. Grſ. Zuſ. 13.) ſind Menschen
und Staaten nicht der Vernunft.Forderung gemäß zu bes urteilen, sondern nach dem in ihrem Leben sichtbar hervor. tretenden Streben dies Ziel zu erreichen. Daher, so wie nach bürgerlichen Gesezen, mit völliger Zustimmung der Vernunft , Mörder und Mordbrenner , und kurz alle solche Verbrecher , welche die Grundverbindung der Gesels schaft bedrohen, den Tod zu erleiden haben , so ist es eine unerlaßlich absolute, und zwar hier nicht blos theoretische, sondern auf das unmittelbare Leben einzuwirken strebende praktische Vernunft , Forderung ,
auf allgemeine Anerken-
nung folgenden Haupt- Grundsazes zu dringen , dem wir deshalb auch die Hauptstelle anweiſen : 23. „ Jedes Völkerrecht verlezende Volk, sol unbedingt „von allen übrigen Völkern, so lange in die Acht und „ außerm Gesez erklärt werden ,
bis es die Rå-
,,delsführer, welche dieses fürchterlichste aller denkbaren
-
64
,,Verbrechen unmittelbar oder mittelbar veranlaßt haben, „zu ausgezeichneter Bestrafung, dem, von allen dabei ,, nicht beteiligten Völkern zu ernennendem Gerichte über„liefert."
1. Anmerkung. Es springt in die Augen , daß , so wie Mörder und åhnliche Verbrecher die Grundbedingung des Bestandes der Geselschaft Eines Staats bedrohen, Völkerrechts - Verbrecher die Grundbedingung des Beſtandes der gesamten Menschheit bedrohen.
Waren alle bisherigen Friedens
schlüsse auch nur Waffenstilstånde , so waren sie doch unentbehrlich, um die Menschheit auf die Stufe erheben zu können , worauf sie jezt steht, so wie nicht zu zweifeln ist, daß ohne diese Waffenstilstånde, wir von einer Menschheit überhaupt noch gar nichts wüßten , und noch Faustrecht überall so gelten würde , wie in der Zeit es galt, wo noch Niemand vom Vernunft - Staat und Recht die geringste Ahnung hatte.
Je mehr aber dieses größte
aller denkbaren Verbrechen , nie vom gewöhnlichen Verbrecher Pöbel begangen werden kann , sondern absolut nur von Solchen , die in hohen Aemtern stehen , und bei denen also eine vorzüglichere Geistesbildung vorausgesezt werden muß, so ist notwendig diese , ausnamsweise, mit solcher Strafe zu belegen ,
wobei auf verlezende Men-
schenwürde keine Rüksicht genommen wird , eben sowohl weil es an sich das größte Majestätsverbrechen ist, als auch darum, weil es nur von solchen begangen werden kann, die durch genossene Bildung dieses Hauptverbrechens sich klar bewußt seyn mußten.
Hiedurch aber haben ſie
sich im strengsten, Sin des Worts , der Sünde wider den
65
heiligen Geist schuldig gemacht ; durch das denkbar schreklichste Geistes - Verbrechen haben sie sich selbst aus der Gesamt-Menschheit ausgeschieden , drum kann durch ihre entwürdigende Bestrafung ,
die Würde
des Menschen
nicht mehr verlezt werden. 2.
Anmerkung.
Ob auch Diejenigen, bei welchen vermöge ihrer hohen Stellung, ein selbstständiges Urteil vorauszusezen ist, und die auf Amts-Befehl das Verbrechen volzogen, unter die Nådelsführer zu rechnen sind , darüber wollen wir uns kein Urteil anmaßen, wiewohl wir offen bekennen , daß, so unbedingten Gehorsam der Staat von seinen Beamten auch zu fordern berechtigt ist, doch kein wahre Ehre liebender Mann, zu solchem Verbrechen sich mißbrauchen laſſen wird ; wie das Betragen Chateaubriands bei Gelegenheit der Schandthat Napoleons gegen Enghien zeigt ; und wahrlich,
håtte Napoleon mehre solche
würdige Berater gefunden ,
er håtte nicht auf Helena geendet, und Europa stånde jezt anders. — Daß untergeordneten Beamten
und Kriegern kein
Urteil zustehen darf , über das was ihnen befolen wird, steht vest , sonst herschte überall Anarchie und keine Regierung ; jedoch haben auch diese ihr unantastbares Menschenrecht nicht aufgegeben , und dürfen sie auch , so lange sie in unmittelbarem Dienste sind , sich der Volzies hung der Befehle ihrer Obern nicht entziehen , so werden fie doch gewiß , wenn sie Kentniß haben von dem Verbrechen, zu dem sie mitwirken mußten, ihren Abschied zu erlangen sich bemühen, sofern sie Ehrgefühl beseelt.
[ 5 ]
66 3.
-
Anmerkung.
Ob dieses gråßliche Verbrechen in der Schlacht von Navarin wirklich begangen worden , von wem und auf wessen unmittelbare oder mittelbare Veranlaſſung, erst dann Geschichte zweifelsfrei ent-
darüber wird
scheiden , wenn vorliegen.
die darüber sprechenden
Akten
völlig
Wie wir aber in der Abhandlung nachweisen
werden , kann Niemand leugnen , daß der dringendste Verdacht stat findet , dies Verbrechen sey dabei wirklich begangen worden. In diesem Verbrechen aber wåren dann Alle jezt lebende Menschen unmittelbar beleidigt, denn es ist kein Staats- sondern
Menschheits- Verbrechen ;
mithin hat Jeder, schlechthin jeder jezt lebende Mensch, das unbestreitbare Recht zu fordern, daß: „ bald möglichst ein Gericht zusammentrete, welches die „des Verbrechens Verdächtigen, entweder freispreche, „wenn sie unschuldig , oder bestrafe, wenn sie schul,,dig befunden werden." Weil nun hierzu kein Privatman anders mitwirken kann und darf (Allg. Grf. 14. 2. Anm.) , als durch öffentliches Aussprechen dieser Forderung , welches auszusprechen für mich zugleich Pflicht - Forderung ist, so habe ich dieser Pflicht - Erfüllung mich hiermit entledigen wollen, ohne irgend jemandem zuzumuten , dies auch für seine Pflicht erkennen zu müssen ;
denn es ist Sache
des Gewissens, worüber jeder nur sich selbst verantwortlich ist.
Für mich steht so viel vest :
,,Ruhete auf mich ein solcher Verdacht, der meinen „ Namen in der Geschichte zu brandmarken drohete, „ keine denkbare Verpflichtung würde mich zurükhalten
67
„können , auf Untersuchung und Entscheidung zu bes „stehen ; und wenn dieſe mir verweigert würde , mich „ſelbſt öffentlich zu rechtfertigen ; denn die Menschheit ,,muß jedem höher noch, als selbst das Vaterland "stehn !"
Ungern unterlassen wir
noch mehre Grundbestim
mungen des Staats- und Völker-Rechts, oder vielmehr die angegebenen volståndiger zu entwickeln; allein schon find die Grenzen weit überschritten, die wir im Vorwort uns stelten, daher wollen wir nur noch diesen anführen : 24. Es ist ein Recht des Staats schlechthin undenkbar, die ihm Macht verliehe, über den Glauben seiner Bes woner das Geringste zu bestimmen ; denn religiöser Glaube ist
ein absosut Inneres und Unsichtbares ;
lächerlicher
Widersin daher, über Etwas bestimmen wollen, was an sich schlechthin von Außen her unbestimbar ist.
Ueber
Handlungen bin ich dem Staate verantwortlich, über Gesinnung , nur Gott !
So wenig der Staat mir
meine angeborne Menschenwürde nehmen kann (2) , viels weniger noch vermag er sich hineinzudrången , zwischen das schlechthin untrenbare Verhältniß meines Geistes zur Gottheit!
Unantastbar stehe ich hierin , und spotte
ohnmächtiger irdischer Gewalt ! * Und erschiene die Gotts heit selbst in irdischer Majestät , und offenbarte sich mir in fündfrei göttlicher Reinheit, forderte aber unbedingten Glauben, und nicht die von meinem eignen Geiste durch dessen Geseze bedingte prüfende Ueberzeugung , so würde ich auch Ihm um so weniger glauben , als
68
Seine Forderung im abſoluten Widerspruch ſtånde , mit der von Ihm als urgesezgebender Macht herrührenden, und meinem Geiſte ſich früher offenbart habenden Gesez= gebung meines Geistes selbst. So gewiß aber kein Mensch von so göttlicher Reinheit sich findet, und so gewiß Keiner sich dieser Reinheit je bewußt seyn wird , oder von sich verkünden , gewisser noch wird Derjenige, der seiner Ueberzeugung wahrhaft volist, diese seine Ueberzeugung niemals jemandem als Glaube aufzudringen suchen ; denn gerade Er ist dann auch Derjenige, welcher, eben so wohl den Entwiklungsgang seiner eignen Geiſtes - Bildung deutlich übersieht, als den seiner Mitmenschen ,
daher weiß, daß , solten
fie anders denken und seyn wie sie denken und sind , sie durch andere als die vorgewaltet habenden Bedingungen hätten hindurchgehen müſſen. -
Aber Jhr, die Ihr Euch Protestanten nennet , und über den katholischen Glauben der Unfehlbarkeit spots ter geht in Euch ; denn seit Luther haltet Ihr dieselbe Unfehlbarkeit, in nur wenig veränderter Form vest , Ihr ſeyd´also in Wahrheit Katholiken und nicht Protestanten, in dessen Wortſin ſchon , unbedingtes Auflehnen gegen jeden Glaubens zwang begründet liegt.
Welch einen
abscheulichen Gott betet auch Ihr noch an , der wilkürlich verteilt so geistige wie irdische Güter, und nachdem Er selbst mich glaubenslos hingestelt , für meinen Nichtglauben mich züchtigt mit ewigen Höllenqualen ! 9 Könte es einen solchen Gott geben , ich verachtete ihn, und dünkte mich höher gestelt, als er dann stånde.
Aber
nein, es gibt keinen solchen Gott, Euer verkehrter Sin
69
ist's wodurch Ihr Euch unerhörter Gewalt anmaßt, über den Glauben Eurer Mitmenschen herschen zu wollen. Dieser von Eurer Unvernunft ufſurpirten Herſchaft solt Ihr entsagen, das fordert die höchste Macht des Geiſtes, er wil endlich frei seyn, denn Freiheit ist sein Leben ! — Welche Freiheit nicht nur Joh. 8., 36., und 1. Kor. 3., 17.: „ Wo der Geiſt Gottes , da ist Freiheit , " verkündet worden, sondern auch schon Spr. Salomonis 12., 17. : ,, Wer recht ist!" 11
wahrhaftig ist,
der saget frei ,
was
Allgemeine Zusammenstellung .
Diie e eben entwickelten ,
vorläufig nur hingeworfenen,
Grundsäze, deren philosophische Begründung ich noch liefern zu können hoffe , wenn mir Leben und Gesundheit bleibt, die aber an sich wertlos wären , wenn ihre Giltigkeit von meiner zufälligen Persönlichkeit abhingen, daher ich in der höheren Hofnung lebe, es werden ungleich tüchtigere Arbeiter sie zur rechten Zeit vervolständigen, geben zu vielen wichtigen Bemerkungen Anlaß.
1.
Vest steht, alle Staaten und Völker befinden sich vorläufig in einem absolut unrechtlichen Zustande, der nur durch den St. R. Grſ. 22. in einen rechtsmåßigen überzugehen vermag . Für allgemeine Anerkennung dieses Grundfazes aber, ist für jezt nicht die mindeste Hofnung ; denn kaum glaublich ist's , daß auch nur Ein jest lebender Philosoph von Ruf ihn wird öffentlich anerkennen wollen. ker :
Jene Hofnung findet demnach nur Einen An-
Wir haben eine ewige Zeit vor uns , in welcher
tausende von Jahren des Kampfs , zu Nichts werden.
-
71
Bedenken wir nun, daß troz der überall noch herschens den Barbarei , seit nur 80 Jahren Riesenschritte geschehen, denn es wird ja vom absoluten Recht schon öfs fentlich gesprochen , während vor 80 Jahren Niemand auch nur den Begrif kante so finden wir wohl Urfache, jener Hofnung einigermaßen zu vertrauen. Zumal es nicht das Verdienst der sich planmäßig ausbildenden Menschen-Vernunft ist, wodurch dieser einflußreichste Begrif in Einzelnen ſich offenbart hat, sondern des instinktartigen Wissensdranges des Geistes. Hierdurch werden wir jedoch zur Annahme einer absichts lichen Leitung , auch der menschlichen Angelegenheiten, von Seiten der Urgesezgebung gedrångt , obwohl diese Annahme andererseits der Vernunft - Einsicht geras dezu widerstrebt.
Denn, der Urgesezgebung Leitung des
Weltensystems einzusehen, ist schon für uns absolut überschwenglich ; wir zusamt unserer Erde, ja unsers ganzen Planetensystems , bilden einen
unscheinbaren Punkt im
schlechthin unendlichen Welt- Raum ; welch lächerlicher Eigendünkel daher, wenn wir über das Wesen der ewigen Urgesezgebung das Geringſte mit Beſtimtheit aussagen zu können uns anmaßten !
Ueberdem aber erkennen wir
deutlich, als Gesez unserer geistigen Bildung, nach Einheit ringen zu müſſen , ſo wie , daß das Einfache der Wahrheit am Nächsten steht ,
und für uns stets
am
schwersten zu finden ist , weil wir eben nur durch Zurüfdrången des Mannigfaltigen zum Einfachen gelangen ; unsern Sinnen aber überall Mannigfaltiges
aufstößt,
und daher es nur Wenigen verliehen ist, zum Einfachen vordringen zu können.
Wenden wir diese unumstößliche
72
-
Ueberzeugung auf die Annahme einer von der Urgeſezge= bung ausgehenden Leitung menschlicher Verhältnisse an, so muß sie notwendig der Vernunft widerstreben ; denn nirgends findet sie darin diese Einfachheit, im Gegenteil, die denkbar höchste Mannigfaltigkeit und die offenbarsten Widersprüche.
Leitet die Urgesezgebung die Menschheit wirk-
lich zu einer planmåßigen Beſtimmung, ſo muß Vernunft behaupten, daß dieser Plan, menschlicher Ansicht nach, höchst verwirt und durchaus
nicht einfach ist.
Es ist
aber, so gewiß wir Menschen sind , uns schlechthin unmöglich , eine andere Erkentniß als eine menschliche uns zuzueignen, mithin unmöglich jenen Widerstreit zwischen Annahme höherer Leitung und geistiger Selbstentwiklung aufzuheben. Mit dem Glauben jedoch mag sich behelfen wer da glaubt ;
wir gestehen ehrlich, jene, noch von keinem
System gehobene Antinomie, auch durch unsere Ansicht nicht heben zu können, ohne aber darum Dasjenige zu glauben, was wir einsehen, nicht wissen zu können.
Dagegen
ist es übereinstimmend mit dem Geseze unserer geistigen Entwiklung Vertrauen , und darauf gegründete Hofnung zu hegen ; indem sich unwiderlegbar beweisen läßt, daß unsere ganze
Geistes - Tätigkeit auf dieses Ver-
trauen sich stüzt, dessen Entwiklung vorbehalten bleiben ― muß. Dies Vertrauen gründet sich darum auf ein durchgeführtes Wissen und nicht auf Glauben. Also auf sehendes nicht blindes Vertrauen ; denn nicht dringend genug kann empfolen werden, diesen höchſt bedeutenden Unterschied mit durchdringender Schärfe zu beachten , indem wahrhaft kinderleicht ist zu beweisen, daß aus blindem Vertrauen zur leitenden Urgesez-
73
-
gebung alles Elend der Menschen hervorgegangen und hervorgeht.
Dies
eben der Träger der Faulheit und
Gedankenlosigkeit, besonders aber des Leichtsins, der ohne Verhältniß größeres Unheil bewirkt als die scheußlichste Bosheit:
„ Gott wird ſchon ſeine weisen Absichten damit
haben, Er wird schon Alles gut machen," und wie die Redensarten gehen , womit tråge Feigheit sich tröstet. Schändlich sind diese Reden, welche die Menschen in ih rer Sündhaftigkeit bevestigen.
Gott wil durchaus gar
nichts dazu beitragen , daß wir menschlich werden , sondern wir selbst sollen uns so stellen , als wenn das Wohl des Weltalls von unserm Thun allein
abhinge,
als gåbe es erwiesen keine Vorsehung ; nur dann ist Hofnung , daß es mit uns beſſer wird. -
Zu saz. Wenn unsere Ansicht aber auch, jene die Spekulation von jeher verwirrende Haupt-Antinomie nicht heben kann ; so hebt sie doch eine , die fast von gleicher Wichtigkeit, und die kein anderes System zu heben vermag. Es ist die in den Augustinischen Begrif der Gnade *) liegende scheins bare Antinomie der Willens freiheit.
Der Begrif des
Genius ist nemlich ganz derselbe Begrif, den Augustin als Gnade vesthält ; daß aber dieser Genius wirklich da
*) Daß hier von Gnadenwahl und übrigem mystischen Unsin keine Rede seyn kann , würde ich mich in andern Zeiten zu erinnern ſchåmen ; jezt aber muß man sich wohl verwahren , der Beschuls digung des Mysticismus, den ich glühend haſſe in jeder Gestalt, zu entgehen. Mich also kümmert nicht was Augustin wirklich gemeint , sondern welcher Begrifseinem Ausspruch zum Grunde liegt, d. h. welchen Begrif er vernünftigerweise aussprechen wolte.
-
74
ist, wird kein nur irgend Verſtändiger leugnen.
Dieſem
Genius verdanken wir Alles das , was uns menschlichen Wert gibt ; Kunst.
er ist die Leuchte so in Wissenschaft wie in
Indem aber bisher auf Millionen Menschen kaum
Ein Genius,Begabter komt, geraten wir in eine dem Scheine nach seltsame Antinomie. Dem Gesez unseres Geistes zufolge, müſſen wir nemlich, die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen auffassen zu können, sie in bestimte Ordnungen klaſsificiren.
Hierbei stoßen wir
auf Dinge die in keine Ordnung volkommen paſſen , und welche wir darum als abnorme Gegenſtånde , gleichsam außerm Gesez erklåren müſſen .
Diesem Gesez gemåß , müß-
ten wir nun auch die Genius Begabten als zu den Abnors men gehörend , aus der menschlichen Gattung ausscheiden, welcher Wert bliebe aber dann der Gattung ? Wahrlich, die Menschen sånken dann zur bloßen Tiergattung völlig hinab ; denn , obwohl uns Geschichte eine ziemliche Anzal Genius Begabter überliefert, so haben diese doch kaum bis jezt das Tierische unserer Natur von der Oberfläche forts zudrången vermogt , nur gleichsam die Haut ein wenig ge fårbt, im Innern dagegen herscht noch überall Tierisches vor, und es scheint wenig Hofnung zur Geiftdurchdringung der Gattung , ehe wir nicht vielleicht das Gesez entdecken, von welchen Bedingungen die Zeugung und Erziehung der Genius Begabten abhängig ist. - Wenn demnach die Genius Begabten selbst sich als höhere abnorme Naturen ansehen, so möchten sie Entschuldigung verdienen , in Betracht der ungeheuren Kluft, die sie zwiſchen ihrem innern Wert und dem der allermeisten Menschen zu finden glauben ; wir aber, die wir die uns drohende Gefahr erkennen , durch Ausschei dung dieser Heroen allen Wert zu verlieren , wir lassen sie nicht los , durch unsere Ansicht gehören sie zu uns , wie wir
75 zu ihnen; sie sind nur die schöne Frucht des Baumes , den wir übrigen Menschen bilden. Wer also zu anderen Systemen sich bekent, kündigt sich notwendig selbst als Genius : Begabter an, sonst müßte ihn schon gewöhnliche Klugheit zur Annahme unsers Systems bewegen, damit er nicht ganz und gar wertlos sey. -
Anmerkung. Noch eine Schwierigkeit dürfen wir hierbei nicht übergehn. So gewiß die Sonne, wenn sie Selbstbewußtseyn hätte, sich ihres Glanzes , im Verhältniß zu ihren Planeten , not: wendig bewußt seyn müßte, so gewiß ist der Genius Begabte seines höheren Werts sich bewußt, im Verhältniß zu gewöhn. lichen Menschen ; wie dies besonders Luther schon in seiner Kraftsprache ausdrükt : „ So mich Gott geringer, als einen der Propheten achter , wolt' ich auf mein Recht pochen." Dies steht scheinbar schwer mit der allgemein geltenden Vors aussezung zu vereinen : daß ein Allgerechter das Lebensgut Allen gleichmäßig zuteile.
Wir sind nun zwar keineswegs
gesonnen, dieser Voraussezung überall nur die geringste Gil tigkeit zu zuerkennen , da sie sich durch Aufhebung der Persönlichkeit als völlig unhaltbar beweist ; aber um der Schwachen willen, wollen wir nachweisen , daß sie gewissers maßen auf den Genius,Begabten allerdings Anwendung findet.
Denn , wiewohl er zweifelsfrei der Glüklichste aller
Sterblichen ist , weil mit den Worten Fichtes , der Genuß einer einzigen Stunde der Idee gewidmet, ein ganzes Leben voll irdischer Genüsse überwiegt, ein Genuß, von dem gewöhnliche Menschen kaum eine Ahnung haben ; so gleicht sich doch das Mißverhältniß irgendwie aus ; denn, das Genie, welches durch seine Werke die Bewunderung Aller erwirbt , thut ſich ſelbſt nie genug , weil er am besten weiß, daß so wenig sein Wif ſensdrang jemals volle Befriedigung finden, umſo viel weniger
76
-
eins seiner Werke ihm jemals volkommen genügen werde. Rechnen wir hiezu den sehr schweren Kampf, über sein gans zes Daseyn jene Würde verbreiten zu müssen, wozu ihn seine geistige Auszeichnung verpflichtet ; so erhalten wir ein so lebhaftes Bild dieser Qualen , daß wir darin allerdings eine gewisse Ausgleichung der unverdienten Gnade des Genius Begabten erkennen. 2. Es ist auch nicht die geringste Hofnung , daß die Staaten jezt den Grs. 22 anerkennen werden. -
Sollen
die Zeitgenossen darum, weil sie nicht das Höchste zu erreichen vermögen , müßig seyn ,
und Nichts sich zu zueignen
streben? Istnicht jedes wahre Ehrgefühl in ihnen erstorben, und sollen sie nicht mit den Worten Dantes , namlos in Vergessenheit versinken, so müſſen ſie mindestens den guten Willen zeigen , Etwas von dem Vielen, was der Geist unbedingt fordert, zu gründen ; wozu sie um so verpflichteter, als durch manche Fahrläßigkeit den Nachlebenden, von ihnen unverantwortlich, eine größere Schuld aufgebürdet wurde.
Ueberdies werden sie hierzu auch
durch die Ereignisse, welche diese Schrift veranlaßten, hingedrångt, indem diese auffordern, zur vestern Begründung des Völkerrechts , des Urrechts , ohne welches Menschenbildung unmöglich ist, beizutragen. Schon die Alten , die keine andere Tugend als Tapferkeit kanten, keinen höheren Ruhm als den kriegerischen, die den größern Teil ihres Lebens im Feldlager zubrachten, hatten dessenungeachtet für die Heiligkeit des Völkerrechts so
tief gefühlte Ehrfurcht,
Gesandte Krieg
daß ihnen gewöhnliche
anzukündigen nicht zureichend waren ;
gry
der Hohe-Priester mußte zuvor die Einwilligung der Götter erforschen , das Gesamt - Volk ihn als rechtmäßig erkennen, und nun erst ward ein Priester von hohem Rang zum anzugreifenden Volke gesandt, Krieg mit mancherlei religiösen Feierlichkeiten anzukündigen.
War bei diesen
Vorbereitungen etwas versehen , so galt es als Götterſpruch die Rechtmäßigkeit des Krieges zu bezweifeln, und die Vorbereitungen begannen von neuem , so daß sehr oft der Krieg hierdurch auf mehrere Jahre hinausgeschoben ward, auch oft ganz unterblieb. Håtten wir solcher Sitteneinfalt uns etwa zu ſchẳmen ?
Müssen chriftliche Völker Barbaren nacheifern in
dem was die Menschheit schåndet , und nicht in dem, wodurch sie überhaupt sich von Tiergattung unterscheidet ? Es gibt vielleicht nicht hundert Menschen , die ewis gen Frieden nicht geradezu für schwärmeriſche Träumerei erklären ; zugegeben , was wir hinlänglich widerlegt haben (15. 16.), es müſſe Krieg seyn ,
muß er das
rum so absolut Völkerrecht entehrend geführt werden ? Müssen Haupt- Schlachten der Kriegs- Erklärung , dem Abruf der Gesandten vorhergehen ? Müssen, ohne Beiz spiel in der Geschichte , Drei sich verbünden , Einen mitten im Frieden zu überfallen und zu morden ? Welch rechtlicher Mensch duldete es ,
wenn er auf der Gaffe
Drei über Einen herfallen såhe ?
Keine frühere Zeit also wie die jezige, hat so drin gende Veranlassung völkerrechtliche Bestimmungen , deren sich die Staaten unbedingt zu unterwerfen haben, vestzustellen, und deren Anerkennung unerlaßlich zu fördern, mit Androhung ,
daß die Regierung, die sie verlezt,
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außerm Gesez erklärt werde , deren Völker ihres Huldigungs - Eides entbunden , bis durch volle Genugthuung, das größte Majestäts -Verbrechen gefühnt worden. Dieses ist doch wohl das Allerwenigste, was Staatsrechtslehrer fordern müssen , sollen die Menschen nicht in die Wälder zurükkehren und Vich werden! Wir aber fordern doch noch etwas mehr, damit die auf uns lastende Schande - auf uns ? ja ! denn alle jezt les bende sind durch den dringenden Verdacht jener begangenen doch einigermaßen erleichtert Schandthat beschimpft werde ; wir fordern drum als unerlaßliche Pflicht Europa's, zu den bestehenden völkerrechtlichen Bestimmungen, die oben angegebenen der Römer hinzuzufügen, und überhaupt, dieKriegsankündigung durch so viel låſtige und zeitraubende Bedingungen zu erschweren, daß um diesen zu entgehen, die Regierungen den Frieden vorziehen lernen.
Nicht gewiſſer
bin ich von meinem Leben überzeugt, als, daß dann die Regierungen bald zur Erkentniß kommen würden , wie ohne Verhältniß sicherer sie im Frieden Menschen und Länder erobern ,
als der glüklichste Krieg ihnen je zu erobern
verspricht; welches wir zu beweisen suchen wollen, wie es gedrängt der Raum gestattet. 3+ Nach St. R. Grf. 3., ist der Staat durchaus nichts Anderes als die moralische Einheit einer bestimten Menge von Menschen.
Daß er aber , wie der einzelne Mensch
zum Greise wird, und ihm ähnlich stirbt, entsteht das durch, weil er den Krieg für sein Lebenselement hålt, ganz im Widerspruch (St. R. Grf. 7. Zuſ. und Anm.) mit seiner unerlaßlichen Grundbestimmung der Ewigkeit
79
seiner Existenz, welche allein ihn von dem Leben des Einzelnen zu unterscheiden vermöchte.
Alle jezige Staaten
werden drum eben so gewiß wie die früheren der Geschichte absterben und untergehn, wenn sie nicht den Frieden stat des Krieges, zur ersten Bedingung ihrer Existenzerheben. Diesen Frieden von Außen her zu sichern ,
durch
Anerkennung der hier entwikkelten Grundsäze von Seiten aller Staaten, scheint jezt unmöglich , da wohl Jahrtausende kaum zureichen werden, nur den Begrif_davon zur bringen.
Anerkennung aller Es
bleibt
also
philoſophiſchen Schulen zu nichts übrig
als
den ganz
entgegengesezten Weg einzuschlagen , und den Frieden von Innen heraus zu bevestigen. Hierbei komt uns der Entwiklungs - Prozeß des einzelnen Menschen wunderbar zu Hilfe.
Auch dieser hat so lange mit dem Aeußern zu
kämpfen, bis er sehr spåt erkent , in welcher Täuschung er bis dahin gelebt ; auch er glaubte dem Ammenmärchen, von Außen bestimt worden zu seyn , und siehe ! er hat vom Augenblik seiner Geburt an allein Sich selbst bestimt, nur völlig unbewußt , nun aber weiß er es ; verdunkelnder, das Athmen erschwerender Nebel , hatte das freie Sehen seines Geistes verhindert , der Sonnenstral der Erkentniß hat endlich , endlich den Nebel zerteilt, er ſiehet vol überschwenglicher Freude ewiges Licht , das mild mit unendlicher Kraft ihn beseligt, ihm freundlich leuchtet, ihn nicht blendet, wie gräulicher Aberglaube seit unzåligen Jahrtausenden fålschlich verkündet, weil er selbst in dicker Finsterniß tief begraben liegt. Ganz dasselbe Verhältniß findet im Staate stat, der nur eine höhere . Einheit . des einzelnen Menschen ist.
- 8 0 Worauf gründet sich denn dessen äußere Macht-Anerkennung ? Nur auf seine entwikkelte innere Macht.
Aber
eben diese innere Kraft verschwendet er bis jezt faſt ganz, ein äußeres völlig gehaltleeres Phantom zu erhaschen, das endlich errungen , zerstörend wirkt, indem es ihn von der mühevoll erstiegenen Höhe jåhlings hinabſtürzt und zerschmettert.
Geschichte ist in dieser Beziehung voll von
Beispielen , welche die Wahrheit dieser Ansicht darthun, wenn sie auch nicht apodiktiſch durch_aprioriſche Schlußfolgen unwiderlegbar veststände. der Vernunft kein
Auch jezt,
wenn sie
Gehör geben , gehen alle Staaten
demselben Geſchik entgegen,
und was jezt die Türkei,
wird einst eben so England, Frankreich und Rußland, ganz gewiß treffen. Aehnlich dem Epileptischen , deſſen Lebenskraft nach den Extremitåten ſtrömt , konvulfivische Krämpfe erzeu gend, wodurch mehr und mehr der innere Kern hinsiecht, und endlich qualvol stirbt ; so treibt Wahnsin bis jezt die Staaten nach Außen und immer nach Außen ihre Lebenskraft in Krämpfe auszurasen , wodurch ihr Kern ſiech wird, und endlich mit schauderhaften Konvulsionen stirbt. D, möchten sie endlich der Stimme der Vernunft Gehör geben , auf nichts Anderes als auf Pflege des Kerns sinnen, wahrlich, nur kurze Zeit, und es ist unmöglich, daß sie nicht durch die in die Augen ſpringendsten Früchte zur vestesten Ueberzeugung kommen , daß weder Lånder- Gebiete , noch Volksmenge, noch Bündnisse , noch irgend ein äußeres Hilfsmitttel die Staaten vor Untergang sichert, indem es nur eine einzige Sicherheit des Bestandes der Staaten gibt : „tief in die Gemüter seiner
-
81
Bewoner eingeprägte Vaterlandsliebe , die nur dann unerschütterlich vest wurzelt , wenn Regierung und Volk durch Geistesbildung, und darauf gegründete gegenseitige Hochachtung in eine untrenbare Einheit verschmelzen . دو Diese Sicherheit ist viel leichter zu bewerkstelligen , als die jezt nung
überall herschende
Verkehrtheit und
Unord-
in eine gewisse Ordnung zu zwången , wie das
Jedem einleuchten muß, wenn er nur irgend richtig zu denken vermag.
Denn ,
daß jezt Staaten irgendwie
bestehn , beruht gleichsam
auf tåglich sich erneuenden
Wundern, da es schlechthin unbegreiflich , wie Millionen nebeneinander leben können, unter welchen doch so Wenige nur sich finden , die sich nicht gegenseitig mit wütendem Hasse verfolgen, und deren stets loser Friede nur auf den niedrigsten Eigennuz sich gründet.
Ach !
alle hier ent-
wikkelten Grundſåze , den äußern Frieden zu erhalten, zerstieben
wie Spreu
vor
dem Winde -
es ist ja
nirgends , nirgends das Geringste bis jezt geschehn , die Bürger Eines Staats in sich friedlich zu vereinigen, und ehe dies nicht geschieht, ist alles Aeußere verlornes Werk. Die Mittel aufzusuchen und mitzuteilen , nern Frieden herbeiführen müssen ,
die diesen in-
ist Aufgabe Aller,
die Menschen- und Vaterlandswohl gründen zu helfen, für den erhabensten Beruf erkennen.
Noch fühlen wir
uns zu schwach, in diesem heiligsten Felde etwas Bes deutendes leisten zu können .
[ 6 ]
Schluß - Bemerkung.
er mir verliehenen Individualität gemäß, sind die Der entwikkelten Grundsäze bedeutender und umfaſſender worden, als ich sie für eine rein geschichtliche Abhandlung anfangs bestimt hatte ; und wenn ich diese Individualitåt kennend , *) jene nicht, so wie sie der Geist diktirte, zum Druk gegeben hätte ,
so würde
es zur Abhand-
lung wohl gar nicht gekommen seyn ; denn schwer ward die Ueberwindung dieſe Grundſåze nicht, nach dem Muster Spinoza's , den ich unter Philosophen am höchsten verehre , vest zu gründen.
Hiervon hat mich nun nicht die
Abhandlung selbst zurük gehalten, sondern die Ueberzeugung, daß ich noch viele Jahre der Studien bedarf, um hoffen zu dürfen , nach dieses Meisters Metode verfaren zu können .
Obwohl ich nun , wie erwähnt , die entwik
kelten Grundsäze binnen wenig Tage
niedergeschrieben,
find sie doch nicht das Ergebniß dieser Tage , sondern was långer denn zwanzig Jahre in mir sich gestaltete. Nicht Puffendorf, noch Grotius ,
weder Plato
noch
*) Begründet in meiner Auffassung des Lebens , als einer absolut uns trenbaren Einheit ; daher jede Geschichtsperiode wie jede philosos phische Idee, in untrenbarer Verbindung mit der Gesamtgeschichte und allen Ideen bei mir stehen, wodurch das Abbrechen mir erschwert wird, so daß mir leichter ist Folianten zu schreiben als einige Bogen.
83
Aristoteles , noch irgend einen anderen der Alten oder Neuen habe ich bei der Ausarbeitung zu Nate gezogen, drum denke ich, wird sie auch keiner verstehn , der ges wohnt ist, sein Urteil von seinen Kompendien bestimmen — Wer aber von einem selbstdenkenden, Leben
zu lassen.
athmenden Geist belebt ist, der, hoffe ich, wird das aus unmittelbarem Leben Herausgeströmte auch ohne weitern Kommentar verstehen.
Denn, weder Neues noch Schwe-
res an sich, enthält das Entwikkelte ; wer auch vermöchte, nachdem ein
glükliches Geſchik die
Schriften
Paulus und Spinoza's auf uns gebracht, und Kant und Fichte gelebt und gewirkt , noch irgend neue Ideen zu entwerfen ?
Nur
ein Teil dessen , was
diese
erha-
benen Meister zerstreut hingelegt , ist hier in einen kleinen Kranz zu verbinden versucht.
Drum die Bitte : kein
Urteil zu fållen , so man nicht sich volkommen deutlich bewußt ist, das Gelesene verstanden zu haben ;
wer
aber sich dies nicht bewußt, für den ist blos die folgende geschichtliche Abhandlung geschrieben. Zu möglicher Erleichterung der Verständigung für Selbstdenker diene noch Folgendes :
Wenn sie zu deut-
licher Anschauung sich gebracht , daß der Geist schlechthin niemals Erkentniß der Wahrheit von Außen zu ers halten vermogte, sondern sie aus sich selbst schöpfte und ewig fortspinnen wird, und sie ferner überzeugt sind, daß derselbe Geist in Mathematik, apodiktiſch in sich selbst begründete notwendig
richtige Schlüſſe von schlechthin
allgemeiner Giltigkeit vestzustellen vermag , die er auch aus sich selbst herausbildete, und durch keinè Offenbarung der Natur zu verstehen vermöchte -wie mögen sie dann
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1
glauben , daß metaphysische Erkentniß ,
von geringerer
Gewißheit als die Mathematik sey ? Nicht zweifelst du an der Frucht die du in Hånden hast, und zweifelst an dem Baum auf dem sie gewachsen ? Mir ist nicht nur der Baum gleich gewiß wie die Frucht, ſondern auch, daß des Baumes ſelbſtſtändige Entwiklung höchst einfach und leicht zu beweisen seyn müsse ; * ) und gerade darum , weil es so überaus einfach, von fast Allen übersehen worden und wird ; so sind hier recht eigentlich passend die Worte:
„ Was dem Auge der Klugen sich entzieht, entdekt in Unschuld leicht ein kindlich Gemüth." . Nur war und ist mir noch seltsam, daß gerade ich verkünden solle, was so leicht von Jedem zu erkennen ist; drum wolte ich mich noch viele Jahre vorberei-
ten, in Hofnung auch, daß indeß Tüchtigere vielleicht sich finden, die es wohl noch deutlicher und einfacher zu verkünden verstånden.
Aber vorherschendes Vorurteil , das
selbst sogenant Weise von Profeſſion betört, und sich auf verkezernde Inquisitoren- Art gegen die Türken ausspricht, verwirt mich völlig ; wohl tausendmal ſehe ich die Jahrszal nach, 1829 ? Anno 829 Urteile.
Unmöglich !
1500, 1300, vielleicht gar
müßten wir schreiben ,
so lauten ja die
*) Weil, ich wiederhole es, gar nichts Neues mehr hierin zu sagen ist ; es steht schon alles fertig in den Schriften Paulus, Spinoza's, Kants und Fichte's ; man hat nur nötig zusammenzustellen und zu verbinden, was da vereinzelt und darum nicht jedem verständlich ift; zugleich aber sich zu hüten, deren Autorität irgend gel tend zu machen, sondern den Vortrag so zuhalten, als machte ihn der Leser und nicht der Verfasser.
85
-
Denn , diesen zufolge , kann man wie Kortes und Pizarro auf die Amerikaner getan , so auf Türken gleich wilden Tieren ohne Gewissenslast ein Treibjagen halten, braucht ihnen weder Vertrags- noch Friedens -Recht zuzugestehen , wodurch dann auch Erklärung findet, was ohne dem unbegreiflich wäre : daß im Jahre 1828, einem der infamsten Schurken der Geschichte,
Wladislav von
Polen, wegen Treubruchs des auf den Evange lien beschwornen Friedens , als einem Mårtyrer ein Ehren denkmal zu errichten angeordnet, und daß des Majestäts-Verbrechen Verdächtige ob diesem Verbrechen, mit sogenannten Ehren überschüttet werden durften. - Schande allen Schriftstellern , die so nichtswürdiges Treiben nicht mit den hårteſten Ausdrücken belegen , damit sie beweisen, daß jezige Bildung solche Schandtaten nicht ungerügt läßt ; und wahrlich , gar bald würden sie erfaren, welche heilige Macht ihnen anvertraut ist, und daß es nur von ihnen abhängt, alle Barbarei mit der Wurzel auszurotten. Aber, es ist nicht viel beſſer, der einzig Sehende unter lauter Blinden ,
als der einzig Blinde unter lauter
Sehenden zu seyn. - Und wie Jakobi wütender Schmerz ergrif, als sein Freund Stolberg zum Katholicismus heruntertrat, so erfaßt mich namenloser Schmerz, ob Urteile von Männern über diese Zeit- Begebenheiten, die von Andern mir, als dieser Urteile, mitgeteilt , ich als infamirende Verleumdung abweisen würde.
Kann der Såman fåen auf ungeackertem , Heides kraut wucherndem Boden ?
Was nůzt es vom Aller-
geistigsten sprechen, wo noch überall dicke Finsterniß ſelbſt
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die Erleuchtetern umgibt ?
Darum ist auch diese Schrift
nicht Folge leidenschaftlicher Aufwallung ; die Hofnung diktirte sie, sie könne doch wohl hie und da Einige zur Besinnung bringen , fie auffordern , die Binde von den Augen zu reißen , und zu sehen was geschehen und geschieht.
Weil diese Schrift aber so recht aus dem Herz
zen quilt, habe ich fast als Sünde gescheuet, måkelnden Verstand viel mitſprechen zu laſſen , und lieber unvollendet gegeben, als gar nicht, oder vom Verstande erkältet ! 1.
Zusaz.
So höchst unvolſtändig dieſe Schrift jedoch auch iſt, muß ich doch noch folgende Erläuterung , über die Stelle S. 26, die ich aus Fichte's Staatslehre daselbst angeführt, hinzufügen , weil sie vorzüglich zum Mißverſtändniß meiner Lebens - Ansicht verleiten kann.
Volkommen stimme ich Fichte in dem bei, daß das, was im gewöhnlichen Leben Sünde heißt , als niedz rig tierischer Natur-Trieb , in geistiger Hinsicht so völlig verschwindet, daß sie kaum ernstliche Untersuchung vers dient, daher es abgeschmakt wäre , ihr eine reale Zerstörungskraft des Weltplans zuzugestehn.
Ohne
mich
nun darauf einzulassen, welche Idee Fichte mit dem Worte Weltplan verband , weil ein für alle Mal für mich gar keine Autorität gilt, weder Fichte's
noch Kants,
Epinoza's, Paulus , noch so viel Anderer, die ich fast göttlich verehre, aber ohne ihnen Allen den geringsten Einfluß auf mein Urteil zu gestatten ; und ich auch sehn= lichst solche Leser mir wünsche, die eben so auch meinem Urteil keinen Einfluß auf das ihrige gestatten , als nur sofern, sie durch die in dieser Schrift hingeworfenen Ideen ſich
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anregen lassen, diese in sich selbst durchzuarbeiten
also,
ohne mich einzulassen was Fichte damit gemeint oder nicht gemeint, behaupte ich geradezu : sol unter dieſem göttlichen Weltplan , der der Urgesezgebung verstanden werden, so kann von diesem, weder Fichte noch irgend ein Anderer , der jemals als Mensch gelebt, das geringste gewußt haben, noch wird jemals ein Mensch ihn wissen , so lange der Begrif Wissen veststeht, als sich streng von Glaube , Meinen und Ahnung unterscheidend.
Ich behaupte nun ferner ,
daß dasjenige,
was irgend Jemand, sey es wer es wil, geahnt, gemeint und geglaubt , für Philoſophie als Wissenschaft gar keinen Wert an sich hat, außer den historischen zum Verſtändniß ihrer Entwiklung beizutragen, ſonſt müßte ſie auf ihren Namen verzichten, da Wiſſenſchaft doch wohl offenbar Wissen und kein Ahnen wil.
Wer da nicht weiß,
bekenne ehrlich und offen : das weiß ich nicht, verberge seine Unwissenheit
aber nicht hinter Ahnung , Gefühl,
Herz , Glaube und dergleichen Worte mehr , die ihn um so lächerlicher machen ,
als er dadurch offenbar zeigt,
daß er nicht einmal von seinem Nicht wissen weiß. Unbenommen zwar bleibt jedem, von seiner Ueberzeugung ſich privatim überzeugt zu halten, d . h. alſo ſich wissend zu glauben; wenn er aber durch Schrift oder Lehre behauptet : das weiß ich , so hat er dieses sein Wissen in deutlich notwendigen Schlüſſen darzulegen , sonst beweist er eben , daß er zu wiſſen glaube , aber in Wahrheit nicht wisse ; denn die Wahrheit ist wie der Geist selbst einfach und Eine , und es gibt nicht zwei ſich ausscheidende Wahrheiten ; wo Petrus und Paulus in
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-
ihrem Urteile sich irgend unterscheiden, muß notwendig eis ner von ihnen von der einen Wahrheit abweichen , beide zugleich können darin nicht wahr seyn. — Das Bisherige wohl aufgefaßt, muß jedem einleuchten ,
daß es absoluter Unsin ist , wenn ein sterblicher
Mensch behauptet, er wisse Etwas vom Urweltplan der Urgesezgebung ; denn es heißt platterdings nichts anderes, als : „Ich bin nicht nur Mensch , sondern nebenbei auch noch die Urgesezgebung selbst.” D des bemitleidswerten Eigendünkels ! Wo wir demnach in irgend einem Buche der Welt, oder von irgend einem Menschen, das Wort Weltplan finden , da ist kein Gedanke an den der Urgesezgebung, sondern es wird ein solcher Weltplan gemeint, wie ein sterblicher Mensch ihn sich denkt. In diesem Denken kann nun allers dings rein zufällig die Wahrheit enthalten seyn, allein nur der Möglichkeit nach , ohne die geringste Hofnung darüber jemals Gewißheit zu erhalten. Solten die Menschen einst Anno fünf Tausend Milliarden schreiben , pah ! es möchte hingehen ,
wenn ſie
dann sich unterstånden von einem Weltplan der Urgesezgebung zu reden ; daß sie sich aber schon jezt erfrechen, dason nicht nur zu reden , sondern ihn als ganz gewiß zu wissen behaupten, wäre unbegreiflich, stånde es nicht in dem innigsten Zusammenhang mit den übrigen von " ihnen erdichteten Unbegreiflichkeiten. Die Frage muß also völlig umgestelt werden : „ Gibt's einen urgefezlichen Weltplan ?" darauf haben Alle Mens schen zu antworten : das wiffen wir nicht ; aber unserer geistigen Natur
gemäß , sind wir gezwungen einen
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-
Solchen vorauszusezen , der durch uns selbst, und für uns selbst hienieden realisirt werden sol. Nun wåre zwar für die zu deutlicher Selbsterkentniß Durchgedrungenen, eben durch diese völlig außerhalb alles
Praktischen
liegende
Erkentniß
an sich,
der
Menschen erkenbare Weltplan realiſirt, wenn Pflicht und Bedürfniß sie nicht zwången, praktisch wirken zu müssen.
a) Pflicht: weil jene erhabene Erkentniß unmittel bar die enthält, in Sich nur Teil der Allheit zu bez greifen , der Weltplan also im Einzelnen überhaupt nicht realisirbar sey , daher Pflicht unbedingt fordere , die Alheit möglichst auf gleiche Erkentniß zu erheben. b) Bedürfniß : weil - obwohl niedere Natur ewig auf praktisches Leben
einwirken und volkommene
Uebereinstimmung deſſelben mit der Idee verhindern wird – ja, die ewige Dauer dieser Einwirkung ſogar, als unentbehrlich zu gymnastischen Geistes- Kämpfen, wünschenswert ist - der niedern Natur jezige Einwirkung, wie allgemein vorherschende Verkehrtheit zeigt , doch viel zu bedeutend ist , um nicht die Gemüts- Ruhe selbst der Erleuchteten zu stören ; welche Ruhe denselben aber unentbehrlich , zu
deutlicher Entwiklung
und Darstellung
der Idee , die ihnen doch als Pflicht obliegt. zwingen fie Pflicht und Bedürfniß
Daher
in Wechselwirkung
praktiſch einzuwirken. Hierzu werden sie noch überdies bestimt : weil, nicht nur kindlich-einfache Darstellung
der Idee unerlaßlich,
wenn Alle sie deutlich sollen verstehen können
Idee
aber nicht Idee wäre, wenn sie, wie bisher allgemein
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gemeint wird, an sich so schwierig , daß unter Millionen kaum Einer ,
und zwar auch dieser Genius-
Begabte erst nach vielen Studien, fie deutlich aufzufassen vermöchte - sondern, weil auch der Verkünder Verklärung ihrer Persönlichkeit , unfehlbares HauptMittel ist, Möglichkeit absolut allgemeiner Realiſirung des Weltplans zu deutlicher und überzeugender Anschauung der Allheit zu bringen !! Auf diesem Standpunkt erhålt endlich das Gewissen eine Bedeutung, von der niedriger Stehende kaum Ahnung haben , und auf welchem Sünde ein gleich wichtiger Begrif wird. rein
Denn , nun nachdem der Weltplan eine
menschliche,
von Menschen
Idee ist, ist Sünde Wirkung , daß sie völlig zerstören , ten kann.
allerdings von
zu
realisirende
so fürchterlicher
die Realisirung dieses Weltplans
oder doch um Jahrtausende zurükhal-
Leser ! durchschauert dich nicht die gräßliche Verantwortung,
die nunmehro auf Dir lastet?
Ein einziger
Gedanke, den du laut zu äußern wagst, ohne ihn zuvor überlegt zu haben,
kann zur Lavine werden,
welche die
Menschheit und mit ihr alles Geistige vernichtet. Sols test Du nicht schüchtern ſeyn , und in ununterbrochener Achtsamkeit, nicht nur Dein Thun , sondern vielmehr nochDeine Worte zu meſſen, nachdem Du erkant, daß das Wort eben so Leben wie Tod verbreitet ? „ Nicht was in den Mund eingeht, fündigt, sondern was Leichtsin überlegungslos herausströmen läßt. ” - · Erkenst Du nun nicht die fürchterliche Bedeutung öffentlicher Meinung ? Und wie es für den bei weitem größern Teil jeziger
91
-
Schriftsteller wohltätiger wäre , sich die Hånde abhauen zu laſſen , als gedankenleer zu schreiben? so für die Menge leichtfertiger
Und es eben
Beurteiler
wohltätiger
wåre, ihre Zunge auszureißen , als über Weltbegebenheiten lautes Urteil zu fållen , welche sie so wenig als sich selbst verstehen, und auf welche sie leider doch durch ihr -gedankenleeres Mitsprechen so unheilvoll einwirken ?
2.
3 usa z.
Erschrik nicht lieber Leser ,
ob der Kühnheit und
Neuheit , und ob der Fülle und Erhabenheit , welche in der, in dieser nur hingeworfenen Entwiklung , sich Dir offenbarenden Bestimmung *) der Menschheit liegt! Diese Idee ist durchaus nicht neu, sondern schon vor 1800 Jahren ganz deutlich offenbart ; in den Evangelien und Episteln Paulus, liegt sie jedem vorurteilsfreien Forscher klar dargestelt vor , nur darum von so Wenigen gefunden , weil die Uebrigen das absolut Entgegengesezte erst selbst hineintragen , und daher natürlich darin nichts anderes finden , als was sie selbst Verkehrtes hinein gebracht.
Doch führen wir dieses keinesweges darum an,
um für die allgemeine Giltigkeit der Idee eine Autorität geltend zu machen ; denn diese Idee steht in sich selbst
*) Diese Bestimmung lautet in einfach gedrängter Kürze : „ Der Mensch sol nie , schlechthin niemals , von außern Umständen sich bestimmen lassen, sondern übers all und jederzeit von Sich aus , die Umstände be herschen und bestimmen. " -
-
92
-
vest, und würde genau so wahr seyn , wie sie ist , auch wenn Geschichte von Evangelien und Episteln gar nichts wüßte, und Jesus und Paulus nie gelebt hätten.
Denn,
daß Geschichte von diesen Herlichen weiß, trägt nur dazu bei, den historischen Zusammenhang der Idee zu vers stehen, aber durchaus gar nichts zur Giltigkeit derselben.
Nun wird Dir lieber Leser ja auch wohl klar seyn, welche Bedeutung „ Gewissen ” hat?
Es enthält die
Zusammensezung von Gewiß und Wissen.
Mit dem
Augenblik nemlich, wo Dein Geist zur Idee hindurchgedrungen , mit
demselben Augenblik begint auch erst
Dein wahres Leben und Wissen ,
und von diesem
Wissen allein , weißt Du am gewissesten daß Du Es weißt, viel gewisser als selbst den evidentesten mathematischen Lehrsaz. Nun umfaßt Dein Gewissen die gesamte Menschheit als absolut untrenbare Einheit, worin weder Vater noch Mutter, noch Geschwister noch eigene Kinder, vielweniger Ein Vaterland Bewonende, und am allerwenig sten Glaubens-Verwandte oder durch Farbe Geschiedene, Dir
irgend
nåher
oder entfernter stehen ;
denn alle
diese trent von Dir ja blos die Farbe des Roks , Gewandes ,
des
im innersten Wesen aber gehören , so wie
Du ihnen, so sie Dir an. Nun find zwar alles Blut was bisher in Kriegen geflossen , und aller Jammer und alles Elend , das Kriege herbeigeführt, heilige Opfer gewesen , der Durchbrechung dieser absolut erhabensten Erkentniß dargebracht, und es läßt sich demnach mit der höchsten Wahrſcheinlichkeit vorhersehen , daß der Verallgemeinung dieser Er-
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kentniß in noch zallosen Kriegen und Revolutionen , unzålig blutige Opfer werden fallen müssen.
Allein , für
dieses Vorhersehen haben wir nur wertlose Wahrschein lichkeit,
nichts weniger als Gewißheit , da ja offenbar
für Erreichung jenes erhabenen Ziels ,
nur Vernunft-
Tätigkeit Gewißheit verspricht, und so ist es keineswegs gleichgiltig , ob wir so mündlich wie
durch Schriften,
irgend einen Angrifs-Krieg gut heißen, wenn gleich wir defsen Natur - Notwendigkeit viel besser noch einsehen, als Diejenigen, welche willenlos hineingedrångt sich finden, und in ihrem Hochmute wähnen, ihr Wille habe ihn herbeigeführt ; denn, so wie die Tiere gleichsam von koncentrirter magnetiſch-elektriſcher Geisteskraft des Menschen fich angezogen fühlen, und willen und widerstandslos sich von diesen gebrauchen, schlachten und verzehren lassen, nach einer ihnen inwohnenden Ahnung , daß sie hierdurch die ihnen
eben
wünschenswerteste Bestimmung
erfüllen, ihr todtes Fleisch zur Ernährung lebendiger fo wie die Pflanzenwelt mit
Geisteskraft hinzugeben
gleicher Sehnsucht zur tierischen Verwandlung erfült ist eben so fühlen die Unvernünftigen sich sehnsüchtig zu
den
Vernünftigen
hingezogen ,
deren
Beifal fie
selbst mit Aufopferung ihres Lebens erkaufen , von ihnen sich gerne bestimmen lassen, willig
leisten ,
so
daß
selbst das
was diese fordern schreklichste Unge-
heuer , das Geschichte kent, Timur, der zu seiner Lust aus lebendigen Menschen eine durch Kalk verbundene Mauer ziehen ließ, dennoch einen harten Verweis eines seiner ihn begleitenden Gelehrten , ohne sich zu råchen, annahm. ~ (S. Hammer.)
-
So muß Dir
94
―
mein Leser ja einleuchten ,
daß Du
durch Dein Gutheißen eroberungsfüchtigen Krieges , zum ungleich größern Verbrecher wirst , als Diejenigen sind, die ihn führen ; da ſie , als die abſolut Unvernünftigen, nach gar nichts Anderem als Deinem Beifal streben, weil Du ihr wahrhafter König bist ! auf Dir also ungleich mehr als auf ihnen die begangenen Verbrechen lasten , die, wenn Du sie auch nicht verhindern kontest, doch nicht gut heißen darfst? *) -
Und warum nicht verhindern ? ―
Indem Du selbst
daran nur irgend zweifelst , legst Du unmittelbar das Bekentniß ab, daß auch in Dir selbst die reine Erkentniß noch nicht hindurchgedrungen , sonst müßtest Du wissen, daß der Macht des Geistes die Welt gehorcht ! und daß, wenn in Dir ganz allein der wahre Geist lebt, dieser in Deiner einzigen Person waltende Geist doch mächtig genug ist , die ganze Welt gegen sich zum Kampfe herauszufordern, und Sein Sieg zweifelsfrei gewiß !!
3. 3 usaz . Um der Schwachen im Glauben wegen, auch noch Angenommen was ausdrüklich wieders
dieses:
*) Nebenbei erhalten wir hier zugleich Einsicht der Notwendigkeit vorzugsweisen Gebots für Philosophie : Befliffene , ihr praks tisches Leben , mit der Idee so viel als möglich in Uebereinstim mung bringen zu müssen, und daß hierbei Volks : Stimme in Wahrheit Gottes : Stimme ist, wenn sie nur von der darges wiesenen Frucht auf den Wert einer Lehre schließt ( Seite 18.20). In der That ruht auf dem echten Philosophen eine furchtbar schwere Verantwortung, wodurch , was bei Anderen leichtes Vers sehen, bei ihm zum bedeutenden Verbrechen wird. -
95
--
holt, wahre Erkentniß nicht annehmen darf, ohne sich zu entwürdigen ; schon Johannes Taulerus der Dominis kaner-Mönch des XIV. Jahrhunderts erklärt , daß das Himmelreich hienieden , erwerben ist
nirgends
anders
wo zu
aber angenommen, es gåbe Paradies und
Hölle, welcher Dumkopf müßte nicht erkennen , daß nur solche Gesinnung wie die entwikkelte Ansicht fordert, zum Himmelreich hinüberzuleiten vermag , niedrige GeWie kann er glauben, daß finnung aber zur Hölle? fremdes Verdienst, seiner Nichtswürdigkeit durchhelfen solle ,
oder werde ?
Oder denkt er etwa im Paradiese
Tabak zu rauchen , Wein und Mädchen in Fülle zu haben, wie Muhamed den Seinen versprach ? Warum nicht vielmehr , wie Dante unübertreflich darstelt, sich zu All den verblichenen Weisen zu verſammeln , und der Wonne ihren Gesprächen zuzühören sich hinzugeben ?*) Wie aber könte er diese verstehen , wenn er hienieden um seine Geistes-Bildung sich niemals bemühet, welch gråßlich ewiger Langeweile ſieht er dann im Paradieſe entgegen , er selbst müßte ja notwendig dann zur Hölle fich sehnen, worin doch etwas vorgeht, dumten Geiste mehr zusagte.
was
seinem vers
(Richtig Fichte : ` „ durch das
bloße Sich-Begrabenlassen erwirbt man nicht Seligkeit, selbst dann nicht, wenn es als Mårtyrer geschehen, sofern dieser ohne Selbstbewußtseyn sich geopfert.”) Und so muß denn , denken wir, selbst der , am blind
*) Höchst merkwürdig, und als Beweis seines in stinkt artig in ihm wirkenden Geistes , versezt Dante diese Weisen in eine Vors halle der Hölle. -
-
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tatenleeren Glauben Hångende und Verstokteste erkennen, daß für ihn kein Heil ist, außer in der hier entwikkelten Ansicht , daß diese allein , die dem Menschen geziemende ſey , die er als die , der Urgesezgebung würdigste , selbst wenn er fie nur im gewöhnlichen Sin der Gottheit auffaßt , anerkennen müsse ; so wie, daß ich , der so ganz Unwürdige und Unwiſſende, ſie nicht zu entwikkeln vermöchte, (Doch dies nur als
ohne deren urgesezliche Zustimmung .
auf Vernunft- Gründen und hoher Wahrscheinlichkeit rus hende Vermutung , drum wohl ſubjektiver, aber nicht objektiver Gewißheit.) Ja,
daß sie vielleicht ( ? )
fcheinbarsten berufen,
ihre
absichtlich ,
ewige
den Un-
Gesezgebung
von
Neuem zu verkünden , um den Hochmuth, der Weisen dieser Zeit zu beschåmen, und durch That unmittelbar zu bewähren , was sie von jeher getan , sich nur durch von Liebe und Demuth erfülte Gemüter verkünden zu lassen ; denn
ewig wahr ist :
nicht be-
herscht der Mensch die Idee, sondern die Idee beherscht die Menschheit !!
Der
Krieg
im
Osten.
Einleitung.
1. „Psbel freuet fich des Siegs , ohne auf Gerechtigkeit zu achten ; aber , so wie des Gerechten Taten segenreich wirken, so folgt Fluch der Ferse des Ungerechten.” Der Beweis dieses Sazes ist in den zuvor entwikkelten Grundsäzen ungefår also geliefert : Es herscht überall noch Unvernunft, d. i. blinder Naturtrieb vor , aus welcher sich sehr langsam Vernunft , d. i. Einsicht der Gründe der Erscheinungen herausbildet , und zwar zufolge urges sezlicher
Bestimmung,
wonach
je unvernünftiger
der
Mensch, er auch desto elender ist, je mehr er aber zu vernünftiger Gesezgebung hinaufgedrångt wird , er auch desto seliger sich fühlt.
Würde demnach eine ausgezeich
net ruchlose geschichtliche Handlung nicht nur auffallend fluchleer, sondern scheinbar segenreich wirken, ſo iſt mit der höchsten Gewißheit drauf zu rechnen , daß die Menschen sich ganz der Ungerechtigkeit hingåben , mithin die wenige Vernunft , die bis jezt sich mühsam durchgear-
] '[ ד
98 beitet, wieder verlieren würden , und somit der denkbar fürchterlichste Fluch jenen Taten folgte , von Unvernünftigen freilich nicht eher beachtet , bis unleidliche Knechtschaft den Trieb zur Vernunft- Tätigkeit von Neuem allgemeiner erwekt , und die Menschheit dann langsam wieder erwirbt, was sie durch Unvernunft verschuldet verloren. 2. Wer nur die Richtigkeit des eben Entwikkelten eins zusehen vermag , muß schon erkennen, daß Geschichte an sich für den echten Philosophen nur ein sehr untergeordnetes Interesse haben kann ; denn wer möchte wohl darüber philosophiren, daß ein vom Wind herabgestürzter Stein des Daches einen eben Vorübergehenden beschädigt oder getödtet?
Die aufgezålten Begebenheiten der Ge-
ſamt- Geschichte enthalten durchaus nichts anderes , als solches Herabstürzen von Steinen, welche die in den Wurf zufällig Kommenden beschädigt oder getödtet.
Enthält
Geschichte an sich so aufgefaßt dann nicht ungleich mehr des Lächerlichen als Jammervollen ?
Die Schlacht bei
Cannå z. B. die 100,000 Menschen in der Blüte der Jahre raubte und Nom mit einem Tränen-Meer übers schwemte, was ist sie jezt ?
Die 100,000 wåren um 40
oder 50 Jahre später im krånklichen Greifenalter gestorben, also ohne neidenswerteres Loos. - Auch die jammerbelasteten Eltern und Verwandte der Früh- Gefallenen, Geschichte kent kaum funfzig mit Namen, sie sind långst vergessen, und würden eben so vergessen seyn, wenn auch kein Hannibal gelebt.
Wird es in 40 oder 50 Jahren
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bei allen jezt Lebenden anders feyn ?
Durchaus nicht ;
die Gräber , die jezt Türken und Russen vereinen , würs den
ohne diesen Krieg
geschieden sie enthalten.
dann nur um wenige Meilen Ist es
nun
nicht lächerlich,
über Ereignisse zu jammern oder sich zu freuen, da in Wahrheit darin Alles eitel und leerer Tand ist ?
Wer
Geschichte so aufzufassen vermag , dem muß ja, wenn ihm
nur geringste Vernunft - Einsicht worden, einleuch
ten, daß das ganze geschichtliche Leben des Menschengeschlechts , außerhalb der darin sich entwikkelnden Vers nunft, keinen Deut Wert hat ; und nur der der seligste der Sterblichen sey, der in allen Erscheinungen den gehaltleeren Schein erkennend, sich davon völlig zu befreien ſtrebt, und nur mit der Vernunft selbst sich beschäftigt, als mit Demjenigen, was im ganzen menschlichen Leben, alleinigen Wert an sich hat. 3. So ist es denn eine für die Menschheit als Gattung sehr wohltätige urgesezliche Bestimmung , wodurch felbst die Vernunft-Mächtigſten gezwungen - abgesez hen von der sie dazu drångenden Pflicht
Anteil an
rein geschichtlichen Gegenständen nehmen müſſen.
Dieser
urgesezliche Zwang nôtigt sie , ihre Mitmenschen durch Darweisung ihrer Unvernunft und der schlechthin unausbleiblichen Folgen derselben, wo möglich dahin mehr und mehr zu bestimmen , sich den Gesezen der Vernunft zu unterwerfen.
So sehen wir Sokrates , so Jesus , Pau-
lus , Spinoza und ihnen ähnliche Geschichtshelden,
ihr
inneres seliges Leben zum Teil aufgeben, um ihre Mit-
100
menschen damit wo
möglich zu befeligen.
Denn
an
sich hatten diese Treflichen gewiß kein Bedürfniß , tief unter sie Stehende zu belehren , im Gegenteil mußte diese Beschäftigung notwendig sie betrüben ; denn, wenn schon dem an außere Reinlichkeit Gewöhnten , Schmuz Ekel erregt, um wie viel mehr muß nicht dem edlen Gemüt Beschäftigung mit von schmuzigen Lastern Erfülten zuwider seyn ? Die bedeutenden Folgerungen , die sich zum Teil hierauf gründen , über Einheit des Geistes und dessen Unsterblichkeit , *)
gehören zum Theoretischen
der
Wissenschaft, und nicht in eine geschichtliche Abhandlung, wie wir sie hier vorhaben.
Das Angeführte solte uns
nur zur Einleitung dienen , nachweisend , daß den Philosophen niemals die Tatsachen an sich interessiren , sons dern nur sofern darin ein Vor- oder Rükschreiten der Vernunftbildung im Allgemeinen erkenbar.
4. Betrachten wir nun so den jezigen Kampf, im Vergleich mit früheren der Geschichte, so erhalten wir sogleich eine höchst auffallende Erscheinung.
Sehen wir nemlich
z. B. auf die punischen Kriege der Römer, so finden wir keine Veranlassung , das darin sich etwa kund gebende Rechtsprinzip zu beachten ; der Kampf um Oberherſchaft
*) Wie dem, der die Grundsäze auch nur halb verstanden , einleuch ten muß, nicht eine solche Unsterblichkeit , wie die bisher im allges meinen geglaubte, die trage Unwissenheit zur Seligkeit führt, Vers nunft Befliffene aber zur Hölle; sondern , die Sporn ist, jede Minute verloren zu achten , die geistiger Tätigkeit entzogen wird.
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der Welt zweier gleich mächtigen Reiche, hat an sich das höchste geschichtliche Interesse ; nächſt dieſem auch die kraftvollen Erscheinungen Hannibals, Fabius, Marcellus, Scipio u. M. , welche das große Drama als Helden beleben. Dagegen der spätere Untergang Karthago's einen widers lichen Eindruk hinterläßt ; denn viel erbärmlicher erscheint darin das große Rom als das ohnmächtige Karthago. Der Freiheitskrieg der Schweizer und Nordamerikaner erfült uns dagegen mit rein ungetrübter Freude; das Recht mit dem Minimum
äußerer Kraft, im
Kampf gegen übermächtige Gewalt, siegt , wie solten wir uns dessen nicht freuen ?
In diesen Kämpfen sind
Parteiungen kaum bemerkbar ; so z . B. haben die Siege der Amerikaner im englischen Parlamente selbst laute Lobredner gefunden , und offenbar waren diese nicht die unedelſten Mitglieder desselben , auch der große Chatam gehörte zu ihnen. Höchſt intereſſant schildert Göthe die bittere Parteiung , welche
der siebenjährige Krieg hervorgebracht,
und diese läßt sich sehr wohl verstehen. Friedrich selbst nemlich gesteht ehrlich, sein Recht auf Schlesien sey sehr problematisch gewesen , und nur politisch zu rechtfertigen.
Hieraus mußten notwendig
zwei Parteien sich bilden , die um so heftiger gegen einander standen als beide Recht hatten.
Eine verteidigte
absolutes Recht, und hatte somit gewiß Necht ; die Andere abstrahirte vom Recht, und sah nur auf die sich außernde Intelligenz Eines Mannes, der am Ruder eines bis dahin kaum dem Namen nach bekanten Staats, auf das Minimum der Macht beschränkt , ganz Europa
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zum Kampf fordert , und nicht unterliegt.
Zweifelsfrei
ein erhabener Anblik, dem man gern geneigt
ist sein
Rechtsgefühl zu opfern. Vergebens fuchen wir dagegen dem jezigen Kampf das geringste Interesse gegen die Türken abzugewinnen. Das Recht ist ganz unbedingt auf Seiten der Türken ; überdies aber sehen wir ein altes abgelebtes Volk, von Drei in rustigster Kraft stehenden Völkern überfallen und niederdrükken , wodurch notwendig selbst der ganz niedrige Ehrbegrif beleidigt ist, der uns in des Mittelalters Barbarei , im Rittertum oft freundlich beschwichtigt, vergessen läßt , die unlautern Absichten die dahinter sich verbargen.
Reicht darin auch keiner bis zur reinen
Eröße Saladins hinan , so bleiben beide Friedrichs, (Hohenstaufen) Bouillon , Richard , Bayard , Guesclin, Sickingen und Göß und v. A. doch höchst angenehme Erscheinungen. Welches Intereſſe aber kann der jezige Kampf vers nünftiger Weise erregen ?
Vom höchsten wie vom nie-
drigsten Standpunkt aus , ihn auch nur politisch bes trachtet, ist kein einziger Fall denkbar der zu Gunsten der Ruſſen ſpräche, und Alles , abſolut Alles muß den Sieg der Türken wünschenswert machen.
Mithin kein
Zweifel, daß Aberglaube und Vorurteil Diejenigen, welche für Rußland Partei nehmen, dermaßen beherſcht, daß das bei selbst die Gesundheit ihrer Sinne bezweifelt werden muß ; denn von Vernunft und Verstand ist dabei gewiß keine Nede ; weil die schlechthin unausbleiblich schreklichen Folgen sie eben so wie die völlig Unschuldigen tref-
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fen werden , es ist, also eine Art Wahnsin , womit sie befallen sind.
5. Hätte Europa einen langen Frieden genossen , oder mindestens keinen so furchtbaren Krieg nur eben erlitten, dessen lastende Folgen, auch bei ununterbrochenem Frieden in mehren Generationen fühlbar seyn werden, die jezige vorherschende Stimmung fånde irgendwie Entschuldigung in übermütiger Kraftfülle, wie sie etwa bei Griechen und Römern herausbrach. Von dieser Kraftfülle finden sich aber nirgends Spuren , im Gegenteil ist große Erschlaffung überall sichtbar ; um so gefahrdrohender ist hierdurch die Stellung Rußlands ! Daß die Griechen dies Interesse nicht hervorbringen, leuchtet auch dem Unvernünftigsten ein , von ihnen ist ja kaum noch Rede.
Sie vermogten ein gewisses Interesse nur
bis 1826 einzuflößen , bis wohin Hofnung war , daß ſie durch eigne Kraft sich befreien würden. Eine von Fremden aufgedrungene Freiheit, heißt nichts weiter als einen blauen mit einem roten oder grünen Rocke vertauschen. Daß die Griechen aus
diesem Kampf nicht wahrhaft
frei heraustreten, das sehen wohl selbst Blinde jezt ein ; - Sehende wußten es mit gleicher Gewißheit mit dem Fall Missolunghi's und der Schlacht von Navarin. 6. Oder solte etwa das Interesse christlichen Namens das Urteil außerdem verständiger Menschen bestimmen ? Was anderes wäre dies als Aberglaube und Vorurteil ? Warum
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dann
nicht
Kreuzzüge
gegen
Alle
Ungläubige ge=
predigt? Ist es denn nicht schon Schande des Jahres 1829 genug, daß Einige absolut Wahnsinnige solche Voraussezung auch nur noch öffentlich zu äußern wagen dürfen, ohne zu fürchten als Verpeſtete gemieden zu werden ? Solte es wirklich noch Viele geben, die außerdem bei leiblicher Gesundheit, solche unwürdige Gedanken hegen , die selbst dem bigotten Ludwig XIV., ja ſelbſt Påbsten in ihren politischen Bestrebungen fremd waren ? -
Ich wenig
stens würde mich selbst entwürdigt halten , mit diesen Unheilbaren mich irgend zu befassen, sie gehören unter Obhut von Aerzten des Leibes , da in ihnen offenbar auch keine Spur des Geiſtes bemerkbar, die abgesehen von ihrer niedrigen Gesinnung , nicht einmal die beschämende Verlegenheit der europäischen Mächte zu bemerken vermögen, wenn Mahmud und sein Volk das sie bedrohende Unheil durchBekennung des Christentums abzuwenden versuchten, *) dabei nur bittend, ihnen zu bestimmen : zu Welchem sie übertreten können , ohne die Mehrheit der sich nennenden christlichen Völker zu beleidigen ? Sollen fie Arianische, Katholische oder Bischöfliche werden, als diejenigen kirchlichen Verbindungen mit denen sie in meister Berührung , und die sich ihnen besonders würdig durch die Navariner Schlacht empfolen ? Kónnen sie zu einer dieser übertreten ohne die zwei andern zu beleidigen ? Nordteutsche möchten ihnen freilich Pro-
*) Lebhaft würde dieser Antrag an die Worte Friedrichs erinnern : ,, Sie werden doch nicht des Teufels seyn, und sich taufen! "
105
testantisches empfelen ;
unglüklicherweise kennen
die
armen Türken dieses kaum dem Namen nach, sonst stånde es freilich besser mit ihnen ; (?) und doch wäre auch hier die Verlegenheit gleich groß , ob Lutherisch , Calvinisch, Supernaturalistisch oder Rationaliſtiſch, zumal gerade in Teutschland und jezt zumeist, über den rechten christlichen Glauben , die Weisesten der Theolo gen in
dem
bitterst
leidenschaftlichsten Streit sich
befinden, worin sie sich gegenseitig das Recht absprechen den Namen Christ sich anmaßen
zu dürfen ,
und
darob in Einem Jahre mehr Schriften wechſeln als im ganzen Türkenland seit Anfang des Korans Jahren erschienen.
in 1200
Welche Antwort soll dem Türken
werden, wenn er einfach bittet : Seyd Freunde doch erst selbst über diese von euch seit 1800 Jahren geführten Streitigkeiten einig , dann wollen auch wir uns zu dem bekennen , dem ihr selbst den Vorzug zugestanden ! -
Aber wie erwähnt, zu erbärmlich sind diese Gegner, mit ihnen ein Lanzenbrechen nur zu versuchen , wie Diejenigen, welche gleich verstandlos , das Recht legitimer Anerkennung
Mahmuds ,
wie
des
vierhundertjährigen
Land-Besizes der europäischen Türkei in Zweifel ziehen. Denn, was Legitimität betrift ,
möchte schwer Eine
andere Dynastie Europas , sowohl was den Ruhm der Abkunft, welche von einem Prophteen hergeleitet wird, dessen Lehre seit 1200 Jahren einen bei weitem grôBern Teil der Weltbevölkerung, als die christliche , zur Gesittung
gebracht ,
als
auch was deren Rein-
heit anlangt, auf gefezlich gezwungene Eingezogenheit der Sultaninnen gegründet mit der Mah-
¿
106
muds
irgend
einen Vergleich
gar keine Geschichte kent, und
aushalten.
Nur wer
auch nicht einmal
die
der lezten Jahrhunderte gelesen , kann es wagen, durch solche Aeußerungen skandalöse Chroniken aufzurühren. Wer aber bei den bestehenden Umſtånden (St. R. Grſ. 22. ) vierhundertjährigen Beſiz in praktische Zweifel zu sezen wagt, folte füglich als Majestäts -Verbrecher behandelt werden , denn welches Reich Europas
kann
in seinem jezigen Bestand gleich alten Besizrechts sich rühmen ?
Nicht Eines !
Solche Zweifel äußern , heißt
durchaus nichts anderes, als Proſcriptionsliſten des rômischen Scheusals Sylla, und der ihm ähnlichen zweiten Triumviren, die fluchberüchtigten Ferdinands II. und Ludwigs XIV. ins Leben rufen ; mit andern Worten, das Gebiet aller Reiche durch einander werfen und Europa in Wildnisse Amerika's verwandeln wollen. —
7. Wir thun aber vielleicht den über diese Begebenheiten uns Entgegenurteilenden darin Unrecht, daß wir sie überhaupt zu ernstlich nehmen ?
Denn es ist allerdings die
Mehrzal auch der als gebildet Geltenden von so entschie den flachem Karakter, daß sie nichts so sehr als Denken verabscheuen ; gedankenloses Schlemmen , Ideal ihres Lebensgenusses.
In Solchem werden sie gar arg
von Langeweile geplagt , und so ist ihnen jeder Krieg eben Recht, damit etwas überhaupt vorgehe , was die tödtende Langeweile verkürzen helfe.
Diesen ist Krieg
römisches Fechter- Schauſpiel ; je mehr Blut fließt, desto ergözender.
Ob Türken oder Russen siegen, ist ihnen im
Grunde gleichgiltig ; sie haben aber noch aus ihrer Am-
107
menzeit das Bild eines Türken in ihrem übrigens leeren Gehirn, aufgefrischt durch polnische Juden, welches ihren zarten Nerven widerstrebt , und darum ist's ihnen lieb, daß die Russen siegen, deren Berichte nebenbei Zeitungen und Tagblåtter füllen, die sie heißhungrig überlesen, und ihr Spaß wäre volkommen , wenn nun Konstantinopel brent,
Hunderttausende
in Verzweiflung
herumirren,
denen sie sogar dann nicht abgeneigt sind, in anzustellenden Samlungen, die Kosten einiger Komedienbillette als Zeugniß ihrer Wohltätigkeit zu opfern , wovon das Verzeichniß dann nebenbei wieder die Zeitungen fült, und herliche Lektüre gewährt.
Eins ångstigt diese Hochachtungswürz
digen : die Türken wehren sich nicht mehr , der Friede scheint nahe, und nach ihrer Meinung auf viele Jahre dann gesichert,
eine schrekliche Aussicht zur Langenweile,
wenn Zeitungen Rezensionen blos liefern, die selbst diesen Erbärmlichen zu erbårmlich sind. — Diese mögen sich trösten, ihre Furcht wird höchstens von nur sehr kurzer Dauer seyn , auch ihre Kindeskinder werden von dieser Begebenheit noch viel zu lesen haben. *) --(Noch steht mit der in diesem S. abgehandelten die Meinung in Verbindung : daß man in Zeitgeschichte überhaupt nur die Entwiklungs- Periode erkennen sol , dem
*) Wie schon Fichte gezeigt Staatslehre S. 46. , ist drauf zu rechnen, Lügen gestraft zu werden, wenn man flache Menschen soschils dert, wie sie nach ihren eignen Worten sein müßten ; denn, weil sie karakterlos , sind sie es auch in der selbst ausgesprochenen Schlechtigkeit, und daher in gewisser Art beffer als sie sich selbst schildern. Diese Wohltat der Jukonsequenz komt ihnen drum auch jest zu gut.
108
Gefchik die Folgen überlassen , davon das Beste hoffen, ohne tätig einschreiten zu wollen.
Diese Meinung ha-
ben wir beim Schluß der Grundsäze als aus ähnlicher Flachheit hervorgehend , bewiesen.
Hier noch die bei-
läufige Bemerkung , daß wenn sie gelten sol, StaatsWissenschaft und Regierungskunst, die doch entschieden die höchsten der Wissenschaft und Kunst , dann als die entschieden niedrigsten , von allen Hochschulen zu verbannen wären .)
8. Auch diese Meinung gibt sich in dieser meis nenden Zeit fund : Zu was Soldaten - Stand wenn kein Krieg ?
Wie sich nemlich bei Studirenden und Bür-
gern die Ansicht gebildet ,
es seyen Universitäten nicht
darum gestiftet, um die edlere Jugend zu geistiger Selbstständigkeit zu erheben , sondern lediglich darum , damit ein Stand, eine Korporation mehr im Staate sey, die sich gegenseitig anfeindend aufreibe ; so hat sich aus uralter Vorzeit eine Antiquität des
Begrifs
Soldaten-
Stand bis diesen Tag im Allgemeinen geltend erhalten, auch von dem ideelosen Adam Smith , als vorzügliches Element der Staats- Sicherheit ausführlich dringend empfolen. Die Wohlfart der Völker beruht nach diesem hochbewunderten System nemlich , lediglich und
allein auf
den handgreiflich vorgezeigten Reichtümern ; und diese zu erwerben die Bestimmung sowohl des einzelnen Menschen wie der Staaten. Akker- und Gewerbtreibende in diesem System, geistlose Maschinen, die keinen Heller mehr Wert haben , als den sie unmittelbar durch Pro-
---
109
duktion vorzuzeigen vermögen .
-
D, es ist erbaulich zu
lesen , wie dieser tüchtige Rechner bis auf den Pfennig nachweist, wie viel der Philosoph wert ist.
Beim
Gewerbe komt nun Alles -- Alles , wie natürlich, auf Fertigkeit
an ,
demgemäß der Soldat also
notwendig
einen eignen Stand einnehmen muß , wodurch zwei Vorteile zugleich erlangt werden , indem die Gewerbtreibenden vom Soldatenrok befreiet bleiben , in welchem sie, nach Adam Smith, spielen,
und
die
doch nur eine lächerliche Figur
Soldaten eine
Geschitlichkeit erlangen.
unwiderstehliche
So meint der weise Adam
Smith, weil , wie sich von selbst versteht, wahre Ehrund Ruhmbegier als rein geistige Güter in englischem Gelde, sich schon zu seiner Zeit weder berechnen ließ, noch Wert hatte. ― Diese so gebildeten Soldaten kümmern sich nun durchaus nicht, ob sie gegen Weiß- , Blau- oder Grün - Berokte gestelt werden , sondern auf Kommando schießen und schlagen sie tod , wen sie mit Kugel und Schwert erreichen , und wer die Meisten todschlägt , Drden und Titel.
den zieren
Nur eine ganz unbedeutende Kleinigkeit ist bei dies ser wundervollen Rechnung
im Calcul vergessen :
daß
wenn nun , mit den Worten Fichte's , die Verteidigung Aller, diesem Stande allein überlassen ist , weder Gewerbtreibenden , noch auch den Kommando - Führenden selbst Freiheit zusteht, über den Lohn der Verteidigung mit ihren Verteidigern zu dingen , sie vielmehr dann gezwungen sind, diesen Lohn von ihren Verteidigern sich
110
-
Daß aber diese dann den aller-
bestimmen zu laſſen.
höchsten , der nur zu entrichten möglich, bestimmen wer den , daran iſt ja wohl schwer zu zweifeln; und so haben wir denn dem ausgezeichneten Genius Adam Smiths es zu verdanken, wenn die unblutigen Schlachten Italiens unter ihren Condottieren, *) in ganz Europa sich wiederholen. Eine Hauptabsicht dieser Abhandlung
ist es mit
nachzuweisen , was die französische Revolution zur Erhellung des echten Begrifs
des an sich ehrwürdigen
Kriegesstandes beigetragen , so wie den unzuberechnenden Nachteil den der jezige Krieg dieser viel versprechend gewesenen Erhellung bringt , allein so bedeutend , daß Europa
abgesehen
von
allem Uebrigen ,
den Türken
* Für Geschichts Unkundige die Bemerkung : daß dies Männer waren , die von den italieniſchen Pseudo , Republiken Sold im Ganzen erhielten , fie sowohl im Frieden wie im Krieg zu bez schüzen ; und denen damit kontraktmäßig überlaſſen war, für den Sold so viel und welcher Art ſie mogten Soldaten nebst allen zum Kriege notwendigen Bedürfnissen anzuschaffen, natürlich zureis chend , die zalende Republik zu schüzen. Weil nun Schlachten nicht füglich ohne Verlust von Menschen und Material zu liefern find, diesen Verlust aber nicht die kriegführenden Republiken sons dern die Condottieren erlitten, so trafen diese untereinander die sehr vernünftige Uebereinkunft , sich nicht mutwillig selbst zu bes schädigen , sondern nachdem die Schlacht verabredet war , wurde Masse gegen Masse gezålt, der mehr Leute und Material nachwies, war Sieger. Geſchichte kent keine lustigere Schlachten , als von diesen geliefert wurden. Sie dauerten , bis es den Condottieren einleuchtete : daß wer die Macht auch das Ruder haben müſſe, da wurden aus Condottieren Herscher, Stamvåter gar mancher fürstlichen Geschlechter. ZusolchemIdeal leitet Smiths Theorie. —
-
111
Sieg blos deshalb schon wünschen müßte.
Nur zu die-
sem Zwek haben wir diese Meinung mit aufgenommen, die an sich von gleicher Erbärmlichkeit als die früher Angeführten keine Widerlegung verdient.
8. Noch drei Meinungen sprechen für Rusland A. Zum Schuz der Griechen ihres berühmten
ſich aus.
Namens wegen. überhaupt.
B.
Zum Schuz derselben als Volk
C. Zum Schuz europäischer Bildung über-
haupt, die auf ihrem Boden türkische Barbarei nicht dulden dürfe.
Unhaltbarkeit auch dieser Meinungen, die scheinbar denn noch eine vierte , welche verführerisch lauten die Türken vertrieben haben wil, damit für unsere überflüßige Produkte größerer Markt sich öfne ,
ist doch
gar zu niederträchtig , und wenn auch von Professoren der Geschichte geltend gemacht , als daß wir dabei verweilen mögen , denn dagegen erscheinen selbst ist die Kreuzzugprediger Engel reinster Götlichkeit zwar volständig in den Grundsäzen nachgewiesen , wird überdies in der Abhandlung durch Tatsachen noch nachgewiesen werden.
und
geschichtliche
Dennoch wollen
wir sie auch hier widerlegen. A. Zeigt offenbar dieselbe Verwechselung des bloßen Namens mit dem Wesen, wie (Einl. 5. ) im Christentum.
So wie wenn Menschen verständen was Chri-
stentum an sich sey und
fordere,
sie heilige Scheu
ergriffe, sich des christlichen Namens anzumaßen , zurük-
112
-
schrekkend vor der schweren Pflicht, die dieser Name dem echten Jünger Jesu auflegt , so daß schwer unter Millionen Namens - Christen Ein Einziger wahrhafter zu finden seyn möchte , fast so schwer wie Ein ― so vorurteilsvol ist Liebe zu
wahrhafter Mensch
Griechen, wenn sie auf bloßen Namen sich gründet.
Auch
ich nahm bis 1826 für Griechen mit ganz derselben Begeisterung Partei , wie jezt für Türken ? Nein ! Eben der Name hinderte mich dieselbe Begeisterung für sie zu haben ; denn an diesen Namen knüpften sich untren bar Marathon, Salamis , Sokrates , Phocion, Epaminondas , und das Heer ausgezeichnet Edler , und deren erhabene Taten
schwer niederdrükkende Last unedlen
Nachkommen, wie Napoleon es aussprach : „ Ich wil lieber der erste einer Dynastie als der funfzigste seyn." Wer ist toll genug in jezigen Griechen ähnliche ihrer Altvordern nur zu suchen ?
Eben darum aber mußte ich
stets vom Namen abstrahiren, wenn ich für dieses Volk als Volk schlechtweg , als Menschen, mochten sie weiß, roth oder schwarz seyn, Kamtschadalen oder Neger oder Frländer also für Menschen - Freiheit begeisterndes Interesse behalten solte.
Und so wurde mir schon vor
sechs Jahren Gewißheit, daß ich in meiner ganzen Umgebung allein stand , denn diese sprachen immer nur von Griechen und Christen ! und kein Zweifel , wenn die Bewoner Morea's Türken, der Sultan hätte sie Alle rådern und verbrennen können , man würde in Europa davon kaum
gesprochen haben.
Die Ausrottung
der
Janitscharen beweist es , sie gab kaum Unterhaltung von wenigen Stunden. Haben aber Türken, worüber besonders
113 Hammer
nachzulesen ,
hohes
welthistorisch
praktis
sches Interesse, wie Griechen nie hatten — weil Alexander wohl griechischer Bildung, aber kein Grieche war und steht überdem in diesem Kriege Europa's Freiheit in dringender Gefahr, wie ſolten sie nicht bei jedem vorurteilsfreien
Geschichtsforscher
Interesse denn Griechen erregen ?
ungleich höheres
Tief sinkt die Schale
`zu Gunsten der Türken , worauf Griechen ein kaum bemerkbares Gewicht äußern.
Noch ist die geschichtlich veststehende Tatsache zu beachten : daß nicht nur kein besonderer Druk von türkischer Seite die Empörung der Griechen hervorrief, vielmehr
gerade
gehalten
wurden als in der Zeit,
umgekehrt, sie nie früher so
wohl
die ihrer Empó-
rung kurz vorherging , und daß die hierdurch ihnen zugeflossenen Reichtümer ein Haupthebel mit zu ihrer Empårung wurden.
Wodurch wir jedoch keineswegs diese
selbst verwerfen wollen, weil ( St. R. Grſ. 2. 3. 8, u. M.) jedem Volke sich von Sklaverei, mag diese auch noch so liberal , als ihre Natur nur irgend zuläßt, ſeyn , zu bes freien, rechtlich nie bestritten werden kann ; wohl aber muß es auf unser Urteil einfließen , wenn dieses überhaupt den geringsten Wert haben sol ; denn nicht als frei philosophirende
Teutsche nur
dürfen wir unmittelbar
geschichtliche Tatsachen wågen, sondern uns auch in türkische Ansicht zu versezen vermögen.
Und doch ist dieses kaum nötig, wenn wir bedenken, daß auch in einigen Provinzen Teutschlands noch Leib-
[ 8 ]
114
eigenschaft und Tortur gefezlich veststeht , diese Leibeigne, selbst Christen, von Christen darin erhalten werden ; daß eben so in manchen Orten noch Juden Leibzoll gleich Vieh bezalen
müſſen , und
daß wenn diese Leibeignen
und Juden Gewalt durch Gewalt abzutreiben versuchten, fie ganz genau eben so behandelt würden , wie Türken ihre griechischen Leibeigne behandelt haben , die sie überdies als Ungläubige verachten zu dürfen sich berechtigt glaubten , auf welche Entschuldigung Teutsche in Behandlung ihrer Leibeignen keinen Anspruch haben ; und doch ward selbst von Luther *) im Bauernkriege, der * gar nichts anderes als griechiſche Empörung war , dieſe Leibeignen tausendweise zu verbrennen und zu hången, ausdrüklich gut geheißen ! und noch vor 50 Jahren mußte ein Moses Mendelssohn unter einem Friedrich,
* Ich hoffe, so wie in meinen früheren Schriften, so besonders in dieser, auch der frechsten Verleumdung keine Gelegenheit zu ges ben, meiner Gesinnung den entferntesten Makel mit auch nur scheinbarem Rechte anhängen zu können. Solt' ich Luther, den ich unter den ersten Helden der Geschichte zdle und verehre, durch das Angeführte habe herabfezen wollen ? Unmöglich ! Aber, so wie dessen Gutheißen der gegen die Bauern begangenen Frevel (Allg . Grf. 14. Anm. 2. ) nie , schlechthin nie entschuldigt werden kann , eben so wenig kann ein Vernünftiger die Taten Mahmuds gegen Janitscharen uud Gries chen entschuldigen wollen , nach philosophischem Rechte an Gibt's aber Lagen, worin selbst ein Luther so himmelfich. schreiendes Unrecht gut heißen kann , warum Mahmud verdam, men? Etwa darum weil er Türke ist ? ,, Herr , führe uns nicht in Versuchung , " wird zwar von Allen gebetet , aber offen: bar ohne Denken , sonst würden sie sich länger befinnen, Andere zu verurteilen.
115
und beim gebildetſt protestantischen Volke , Schuzgeld zalen, und genoß dennoch weniger Rechte als ein Kohlentråger ! - Dies diene beiläufig , christlichen Hochmuth ein wenig herabzustimmen.
B.
Diese Meinung ist größtenteils durch die Wi-
derlegung in A. mit widerlegt; überdies beziehen wir uns auf (St. R. Grf. 9. 11. u. 15.) und bemerken , daß selbst, wenn nach mehren
tausend Jahren
Vernunft- Staat sich konstituirt ,
endlich ein
es auch dann
nicht
wünschenswert seyn wird , daß derselbe auf Befreiung anderer
Völker
dadurch der ker , der
durch
Tathandlungen
eigentümliche
einwirke ,
Entwiklungsgang
der Völs
eben durch Verschiedenheit wohltätig
Menschheit wirkt, gestört würde.
weil
auf die
Jezt aber ist's vollends
lächerlich, wenn wir dies nur wünschen solten , wo es bei uns selbst noch an fast nicht weniger denn Allem fehlt.
Wohl nirgends so anwendbar als beim vor-
liegenden Fall : „ Du siehst den Splitter in deines Nächften und nicht den Balken im
eignen Auge. "
Neun
Zehnteile und drüber der Bewoner Rußlands schmachten in Leibeigenschaft, ein Dritteil der Bewoner Englands wird von öffentlichem Almosen
als Betler erhalten, *)
und Frankreichs Bewoner sind nach 25 Jahren schreklicher Kämpfe den Jesuiten verfallen ; zosen,
und diese Frans
die nach Ibrahims treffenden Worten : „ bald
*) Außer den hundert Millionen Indiern , die in halbe, und Millios nenNeger, die von ihnen noch in ganzer Sklaverei gehalten werden.
-
116
um freie Völker zur Sklaverei, bald um Sklaven zur Freiheit zu bringen," fechten, die also, wie Ruſſen und Engländer, übergenug in ihren eignen Angelegenheiten zu thun fånden, sollen Europa in Gefahr ſezen, eines unbedeutenden und völlig entarteten Völkchens wegen ? Zu lächerlich ist diese Fors derung.
Zwar ist es allerdings richtig , gewöhnliche
Menschen sehen wirklich den Splitter eher im andern, als den Balken im eignen Auge , und sofern ist ihre Bemühung , den Splitter herausziehen zu helfen , immer etwas wert, allein wie muß diese Hilfe aussehen ? Helft ihr dem Nebenmenschen dadurch , daß ihr ihm nicht nur den Splitter, sondern das Auge selbst, ja gar den Kopf ausreißt?
Heißt das helfen ?
Eine trefliche Unterrichts-
Metode, Schulmånnern besonders zu empfelen !
Sag
ich's doch, Schande ist's dem Jahre 1829, diese Metode beim Völker - Unterricht nicht nur noch angewandt, sondern von Männern ,
die als gebildet gelten, empfelen
zu hören! C.
Auch diese Meinung ist durch A. und B. vol
ständig widerlegt , wir fügen nur hinzu , daß
1) schwer
zu erweisen seyn möchte, ob in der Türkei oder Rußland mehr Barbarei
herscht ; jenes
kenne
ich
nur
diesem war ich selbst mehre
durch
Schriftsteller ,
in
Male
und längere
Zeit ,
und
weiß
daher,
welche
tiefe Barbarei daselbst noch im Allgemeinen herscht. Ein kleines Bild davon liefert das dort allgemein gebrauchte Sprichwort: „ ſelbſt das Pferd des Kaiſers, woraufer reitet, sey der Bestechung feil."
2) Europa sol von Barbaren
befreiet seyn ; ist denn dieser Weltteil eine Welt für fich? und ist seine Abgrenzung etwa von Vernunft vorges
117
zeichnet und nicht rein zufällig ?
Befizen europäische
Mächte nicht Provinzen , ja mächtige Reiche in allen Weltteilen? Nicht Rußland allein in Asien mehr als das Låndergebiet von ganz Europa beträgt ?
Wenn in
Europa, warum nicht auch in Asien, Afrika und Amerika die Barbaren durch Gewalt vertreiben ?
Schöne Aus-
sicht für die aufblühende Jugend aller Weltteile, ihr Leben im Feldlager zuzubringen, aus welchem der Hundertſte nur als Krüppel oder Greis zur Heimat kehrte. Mich fol wundern , ob auch die Nordamerikaner diesem liebevollen System sich anschließen, oder ihm entgegentreten werden ?
Im leztern Fal bliebe dann doch noch
Ein Zufluchtsort, dem Wahnsin seiner europäischen Zeitgenossen sich zu entziehen ;
werden aber auch diese vom
Wahnsinn, der sehr ansteckender Natur ist, hingeriſſen, dann muß der Menschenfreund eine Robinsonsche Insel aufsuchen, oder die nach Freiheit sehnsüchtig ringende Seele, durch das Schwert Kato's zur ewigen Freiheit befördern. *) 9. So ist denn erwiesen das gegen Türken ausgez sprochene Urteil auf Vorurteil und Aberglaube gegrün *) Noch Einen Staat gibt's , der bewunderungswürdigste Aller jest bestehenden , ohne Verhältniß preiswürdiger, als selbst der nordamerikanische, von dem Bürgerrecht zu erhalten , rühmlicher wäre, als die höchsten Orden mancher Staaten ; dahin müßte man ziehen. Aber ach ! in diesem Staate haben Menschen weißer Farbe, aufschwarz teuflische Art gewütet, drum sie mitRecht verab scheuetfind. Weißer? - der größte Schimpf für feine Bewoner. In Jahrhunderten vielleicht wird Hayti die von Europa ihm zus gefügten Leiden vergessen. -
-
118
bet ; bewiesen daß diese Uebel selbst sogenannt Gebil dete noch beherschen ; denn , abgesehen des von jedem echt Gebildeten mit Recht zu Forderndem : daß er sich von seinem Urteile Rechenschaft ablege , und überhaupt nicht urteile, ohne sich der Gründe seines Urteils bewußt zu seyn, so ist schon das bloße Hinneigen zu Ruſſen und der bloße Abſcheu vor Türken, unter den obwaltenden Umstånden , Beweis genug des noch allgemein tief wurzelnden Aberglaubens , dessen Karakter es eben ist , blinder Neigung zu gehorchen , ohne um Vernunft-Gründe sich zu bemühen. Alle, durchaus Alle, welche Barbarei durch Waf fengewalt vertrieben zu ſehen wünschen , zeigen durch diesen bloßen Wunſch ihre eigene noch tiefe Versunkenheir in Barbarismus , und daß sie demnach selbst noch unter Gewalt-Herschaft zu stehen verdienen , indem sie nicht einzusehen.vermögen ,
daß dieser Wunsch sie auf gleiche
Stufe der Bildung mit kezerrichtenden Inquisitoren des Mittelalters stelt ; denn sie wünschen
damit durchaus
nichts Anderes, als das Urfundamental - Gesez aller denkbaren Gesittung : „ Du solst nicht tödten " umzustoßen !
Um so weniger vermögen diese ein-
zusehen, daß es nur Ein unfehlbares Mittel gibt die ganze Welt von Barbarei völlig und für ewig zu befreien, d. i daß Ein Staat nach nichts Anderem ftrebe , als in seinem eignen Gebiete jede Spur von Barbarei zu vertilgen ; diesen Staat wird hierdurch sogleich
eine
folche Glorie umgeben, daß binnen sehr kurzer Zeit alle Staaten der Erde ihm nacheifern werden.
Zusammenstellung.
1.
Nachdem nunmehr alle sich kund
gegebenen und der
Wahrheit entgegentretenden Meinungen über die Zeits Begebenheit abgewieſen, bleibt übrig, das unparteiische Urteil der Geschichte über dieselbe zu entwikkeln , welches ein besonderes und allgemeines ist. A. Das besondere beurteilt lediglich die Begebenheit als solche schlechtweg ; d. h. ihm geht das eigentlich Geschichtliche derselben gar nichts an ; es erzält trokken das und das ist in der und der Zeit geschehen , hervors. gegangen aus den und den Umständen , und so versteht der Leser einst volkommen , wie einen Roman , was geschehen, und wie es aus vorwaltenden Ursachen notwendig so geschehen mußte wie es geschehen.
Hat er dadurch
das wahrhaft Geschichtliche der Begebenheit verstanden? auch keine Ahnung davon ; denn das rein Geschichtliche derselben versteht nur der, der im Besiz der Erkentniß des allgemeinen philosophischen Urteils iſt.
B. Das allgemeine also , beurteilt lediglich das wirklich Geschehene im Geschehenen ; d. h. ihm verflüchtigt sich die Begebenheit als solche fast ganz, wodurch
120
ihm das rein Geistige derselben volkommen deutlich vorligt.
Ob Einer Mahmud oder Peter hieß, einen Turban
oder Huth trug , ob er a la Scott einen schwarzen oder roten Vakkenbart hatte, gehört das zur Geschichte ? Auch nicht wo und wann eine Schlacht geliefert worden, wer sie verloren oder gewonnen u. s. w. u. s. w.
Alles das
war *) (!) so wenig mehr Geschichte , so wenig wie sie sich noch darum bekümmerte,
ob irgendwo eine Kaze
drei Mäuse mit einemmal gefangen, da es allerdings eine Zeit gab, wo ein solcher Fall die Auguren Griechenlands und Roms in große Verlegenheit brachte und ein solcher Vorfall eben hierdurch,
ein sehr bedeutendes wahrhaft
geschichtliches Ereigniß war und ist, fast bedeutender als bie Schlacht von Navarin ! Lefer! Du meinst vielleicht ich scherze ,
oder
was
Schlimmeres, Du irst völlig, und es wird Dir einleuchten, wenn Du Folgendes überlegſt. In echt philosophischer Auffassung gibts , so wie nur Einen Geist, so nur Eine Vernunft und darum auch nur Eine Geschichte.
Nicht was Unvernunft: scheine
bar volbringt, ist darin mehr Geschichte , so wenig es ihr noch Geschichte wäre, wenn eine Kaze drei Mäuse mit einemmal fünge, sondern der sich im Treiben der Welts begebenheiten ausdrükkende Gedanke , der größere oder geringere Grad der Unvernunft, und was daffelbe, der ties fere oder höhere Stand der Geistes-Bildung allgemeiner Menschheit überhaupt, nur das ist wahrhaft Geſchichte. 2 *) Vielleicht, und wir wünschen es herzlich , widerrufen wir selbst einst noch nicht war sondern ist.
1
121
Drum ist in dieser Auffassung an sich völlig gleichgiltig, ob Russen, Türken ſiegen oder untergehen , weil ihr Stands punkt über alle Begebenheiten hinaus , der rein menſchliche, oder was dasselbe , rein vernünftige ist.
Auf dies
fem Standpunkte , liefert Geschichte von ihrem Begin bis diesen Tag Eine Fläche vol dunkler und dunklerer, vol heller und hellerer Punkte.
Hier vereinigen sich alle
Begebenheiten, * zu Einem deutlichen Bilde vol Licht und Schatten, ganze Perioden bilden darin nur einzelne mehr und minder bedeutende Züge ; es sind . Momente wo die allgemeine Eine Vernunft vor- oder zurükgeschritten, wo der Eine
allgemeine Menschen- Geist von höheren und
deutlicher erkanten , oder von niedrigern und verworrenes ren Ideen beherscht, zu ergözendem Ruhme emporsteigt, oder zu betrübender Schande hinabſinkt. Uebersehen wir nun diese Eine Fläche der Geschichte deutlich, und begehren zu wiffen : wie ſtand die Menschheit, oder was daffelbe, auf welcher Bildungsstufe stand der Eine Menschen- Geist in der und der Periode ; wo so erkenst Du vor nicht langer Zeit, und wo jezt ? sogleich die Wichtigkeit der Periode, wo der Mäusefang einer Kaze dem königlichen Welt - Senat von Rom , so bedeutend schien, daß deshalb Fasten und Opfer zu vers ordnen ihm unerlaßlich war, den nicht nur vermeintlichen Untergang des Staats dadurch, sondern den wirklichen abzuwenden, weil dieſer Aberglaube damals Leben mitteilende Idee des Volkes war, die ohne Gefahr nicht plözlich aufges hoben werden durfte.
Betrachte dagegen unsere ungeheuer
fortgeschrittene Bildung : geschlossene
heilige Vertråge
brechen, das ist uns Spaß , Völkerrecht verlezen , zehn-
122
tausend Menschen
mitten
schlachten, hundert Schiffe
im Frieden überfallen
und
von unschäzbarem Werte,
weil darauf der Bestand eines der mächtigsten Reiche beruhet, im Frieden verbrennen, das ist unsere Lust und Du zweifelst an dem Aufgeklärtseyn Deiner Zeits genoffen ? Deutlich erkenſt Du nun folgende Gegenfäze : Aberglaube beherschte in jener Periode Rom , Unglaube jezt uns! glaubt -
Aber nicht der Unglaube der keine Göhen - fondern o wir haben deren übergenug
der an keine Treue glaubt. Nicht der , der gar nichts glaubt - wir glauben selbst an Gespenster -fondern der, der an keine Wahrheit der Geschichte glaubt , der nicht glaubt an diese unbestechliche Richterin , die keine Echandthat verschweigt. Indem wir nun noch kei nesweges den Aberglauben Roms abgelegt , wohl aber dessen gemütliche Sitteneinfalt, deſſen wahrhaft erhabenen Glauben an Treue , dessen Ehr- und Ruhmliebe ; und indem wir zugleich deutlich einsehen müssen , daß wie ſchon Plato zeigt, selbst eine Räuberbande, in ihrem innern Verkehr an Treue glauben zu müssen gezwungen ist, sonst auch sie, Räuber , keine Stunde bestehen kann ; so erhalten wir ein Bild unsers um so tiefern Fals, indem keine Geschichts - Periode zu ſo ſchönen Hofnungen berechtigte , wie diejenige , zu welcher
die
Revolution die Menschheit emporgehoben.
franzöſiſche Im
Reflex
dieser Periode dürfen wir nur noch so schreiben wie hierin eben geschieht ; nur zu wahrscheinlich aber ist's, daß die Periode völliger Barbarei, nicht sehr fern sey, →
- 123 Anmerkung. So bie Geschichte dieser Zeit Dir mein Leser, in eis nem gedrängt und doch deutlichen Bilde vorzulegen , war ursprüngliche Absicht dieser Schrift. Verzeihe , daß besons dere nicht vorauszusehen gewesene Umstände mir unmöglich machen, mein Wort so zu lösen , wie es ohne dies viel leicht geschehen wäre.
,, Welche Umstände ?"
åu; Nicht aus
Bere, ich stehe noch an den 28sten August , wo ich die erste Worte dieser Schrift zu schreiben began ; keine Zeitung habe ich seitdem angesehn , mich so weit dies irgend möglich völ lig isolirt, und nehme am äußeren Leben nur den Anteil, der schlechthin nicht zu vermeiden ist, und werde dahin nicht eher zurükkehren - wenn Gesundheit es zuläßt bis ich den lezten Strich an dieser Arbeit getan.
Aber die Arbeit
selbst hat eingewirkt , insbesondere dadurch, daß ich wäh rend des
Druks ,
durch zu
auffallende Unvolſtändigkeit
des rasch Hingeworfenen , zu bedeutender Nachhilfe mich gezwungen fühlte , so daß fast der 5te und 6te Bogen ganz nachgearbeitet sind , als der vorige §. schon geschrieben war.
Diese Bogen aber zwangen mich von Neuem Resul tat und Schluß die hinten folgen auszuarbeiten , ehe ich ein Wort des geschichtlichen Tertes geschrieben.
Bei jener
Arbeit nun verschwand meinem Gemüt alles Zufällige der Geschichte so völlig , daß ich die nun folgende Abhandlung als dem durch jene Arbeit gewonnenen Standpunkte zu untergeordnet, nicht mehr mit der Freude zu schreiben vermag, › mit der ich sie früher geschrieben haben würde. Weil ich jedoch überhaupt nur in der Ueberzeugung mit Dir mich zu unterhalten vermag, daß unter der Milliarde jezt lebender Menschen nur der Geist der meinen Körper beseelt, das hierin Vorgetrageneschreiben kann und sol , und ohne diese Ueberzeugung, ich eher Holz hakte als schriebe, so habe
124 ich nun aus Liebe zur Pflicht , zu erfüllen gesucht, zu dem mich früher Liebe zum Gegenstande selbst drångte.
Dich
aber mein Leser bitte ich nur Skizze, kein ausgeführtes Ges målde zu erwarten.
2.
Was doch ist's, das jezigen Krieg fo recht eigents lich auszeichnet ? Ist er der erste ungerechte , und wird er lester seyn ? Sind denn nicht von fast allen Staaten Völkerrechts-Verlezungen auch früher begangen, und wenn auch nicht in gleichem Maaße, doch ähnliche, was zeichnet denn diese so besonders aus ? Die Antwort hierauf beruht auf folgenden echten Geschichts -Fragen und deren Beantwortung:. A.
Auf welcher Bildungsstufe stand die Menschheit von der Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts bis kurz vor der französischen Revolution?
B.
Auf welcher nach dem Pariser-Frieden ?
C.
Welche Ursachen haben das Zurükbleiben in Bildung der Osmanen bedingt ?
D.
Auf welcher Stufe der Bildung steht Europa in dem jezigen Kriege ?
Allgemeiner
Bildungsstand
der
Menschheit,
von der Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts bis kurz vor der französischen Revolution.
1.
Menschen stehen schrof geschieden durch Gewaltherschaft und Knechtschaft. Person der Herscher bis zum årmsten Landadligen , ist absolute Stelvertreterin fatanartiger Gottheit.
Allein , da das Reich Satans
keine Stunde bestehen kann , ist der gleich absolut herschende Priesterstand in jener Periode der wahrhaft heilige Vermitler und Erhalter der Menschheit.
Der die höchsten Höhen** in Ahnung ersteigende und erwärmte freie Geist der Alten , wird vom überschwemmenden Norden erkåltet, er entflieht nicht völlig, sondern wird nur zurüfgedrängt und flüchtet unter die Aera der Hierarchie.
(Auf welchen Geist, nur
wenig fortbildend mitwirken , und Juden.)
eben erhaltend,
Araber , Türken , Indier
Und ein tauſendjähriger Kampf begint um
Oberherschaft der Welt, und es siegt, wie immer , und wie es gar nicht anders seyn kann, die Macht des Geis stes !
Und
genau so lange, als diese Macht auf dem
Stuhle Petri herscht, beherscht Er die Welt.
126
99 Wie aber kam diese Macht hinauf?” allein echte Stelvertretung der Gottheit !
Durch die Nicht nach
naturzufälliger Geburt, nicht nach Gunst, sondern in dem sich in Wahrheit Macht offenbart , den ziert dreifache Krone.
Als aber die Wahl stat den Würdigsten, Un-
würdigste trift, als Leibes - Geburt bestimt, verschwindet die Glorie der Macht, und sinkt herab zur Gewalt Satans!
Und der Allerheiligste wird befunden als der
Allerunheiligste, und seiner Gewalt gespottet , und der Stuhl Petrus , noch ohnlångst das
kaum zu hoffende
Ziel der göttlich Beseeltesten, fteht erledigt und so verachtet, daß er selbst Niedrigst-Gesinten keinen Preis der Bes werbung bietet. -
2+ „Was noch stürzt die Hierarchie , und was erhält die Menschheit während des Verfals der Hierarchie ?” Orden der Mönche und besonders der der Bettelmönche! Als von Oben herab , wie immer, nichts denn Verderben ausgefået , und nicht nur der Oberhirt, son. dern auch die Unterhirten Alle nur nach Leibes Geburt und Gunst eingesezt wurden , geriet die Menschheit abermals an den Rand ewigen Untergangs, da ward sie gerettet, wie immer, durch Macht des Volks ! Eine herliche Reihe erhabener
Geister entstiegen dem Orden
der Betler , und erhielten die Menschheit , und stürzten das morsche Gebäude der tief gesunkenen Hierarchie vôllig, und befreieten den Geist von nichtswürdiger Tyrannei, wie ähnlich ſpåter die Macht der Geusen (Betler !),
127
verabscheuungswürdige Despotie Philips II. gestürzt ! Dem Orden der Mönche erstiegen Säulen ewiger Währung : Arnold , Baco der Aeltere, Huß, Wiclef, Luther, im Diamanten - Kranz , die auserlesensten Juwelen reinsten Gehalts !
3. Aber weil, wie immer , diese Heroen Jahrhunderte voraus eilten — nicht wie der jest hochgepriesene Philosoph meint : Niemand springe über seine Zeit hinaus — erregten sie nur Ahnung deſſen, zu welchem erhabenen Ziele Urgesezgebung sie berufen.
Und alte
Finsterniß entzog dikwolkigt immer von Neuem das Licht der Erkentniß ,
bis Ein Bliz urplözlich das schwarze
Gewölk durchfuhr, der Geist Spinoza's ewiges Urlicht verkündete ! Aus dem 1600 Jahre niedergetretenen Sklavens Volke erstieg das Heil der Welt , wie es aus Ihm vor 1800 Jahren hervorging , damit die Menschheit erkenne, daß die Urgesezgebung ohne Ansehen der Person walte.
Neben dieser Sonne erster Macht,
erstanden.
viele Kometen und Planeten , keiner ihm vergleichbar. Kein geringer Beweis iſt's vom noch tiefen Stand der Meisten um WissenschaftBemüheten, daß diese noch fast allgemein Leibni ßhöher ſtellen als Spinoza, obwohl er nicht wert war diesem Erhabenen die Schuhriemen zu lösen. Denn während Spinoza nicht nur Seinem Volke, sondern allen Völkern um Jahrhunderte vorauseilte, drångte Leibniß in Seinem Volke , Alle Völker um fast ein Jahrhundert zurük.
Und, obwohl ihm Luther bewiesen, daß teutsche
128
Sprache die reichſte , gediegenſte und bildsamste aller , schrieb er in der årmsten aller , und bewies damit untrüglich,
daß in ihm Erkentniß
emporgereift;
und
echter
Idee
nicht
entwürdigte nicht nur hierdurch
Sich selbst, und das trefliche Volk dem er zugehörte, und dessen der Begeisterung zusagendsten Sprache , sondern entwürdigte vielmehr noch die absolute Königin aller Wiſſenſchaft und Kunst, Philoſophie ! indem er ihren ſchlechthin unschäzbaren Wert ganz und gar nicht kennend, um schnöde Gunft irdischer Hoheit bühlte, mit Titeln sich behången ließ, ja, gar Adelsbrief annahm, ohne Ahnung, daß Er , wenn er der Rechte sich wußte , er allein nur vom echten uralten und ewigen Adel sey, und daher Er nur durch Lehre echten Adel zu erteilen vermöge. Darum war auch seinem von Eitelkeit beherschtem Wesen, Zweifel an seiner Entdekkung tödlich , welches Den schlechthin niemals interessiren darf, der in Sich nur einen sehr kleinen Teil der Alheit erkent ! — Mag er drum auch schårfern Verstand gehabt haben, in Vernunft- Bildung steht Newton höher als er ! Wenn wir nun etwa nach Art Plutarchs Vergleiche ſuchten, so möchte vielleicht folgender der Wahrheit nahe Sokrates und Plato als Eine Person gekommen. dacht, dieser gegenüber Aristoteles,
ift Spinoza jenen,
Leibniß diesem vergleichbar, nur daß Spinoza noch tiefer in das Urwesen des Geistes eindrang, Leibniß aber mehr noch auf der
Oberfläche
verweilte ;
denn
Aristoteles
besaß offenbar eigene Ideen , Leibnitz fast gar keine. Alle Ideen die er angibt , gehören Plato und Spinoza
129
-
und Anderen , von ihm in einen aus Flittergold und Spingewebe gefertigten modischen Mantel gehült.
Aber
schon ist das Gold verflogen, einige Lumpen bedecken noch die Scham, nicht lange, und die Ideen werden den Meistern zurük gegeben seyn , denen sie entnommen.
Leibnitz ver-
stand viel, aber eben darum vielleicht nicht das Rechte ; sein Geist umfassend, jedoch ohne echte Schöpfermacht ; in ges wisser Art verwandt dem Geiste Napoleons ,
Riese in
Verstand , ohne Gemüt ; daher groß´als Mathematiker, klein als Philosoph. -
4. So ungefär stand die Menschheit um die Mitte des fiebenzehnten Jahrhunderts : Gepflanzt war das Reisig , hatte eben Wurzel ges faßt ,
aber
nur
bewafnetem Auge
erschienen sichtbar
geübter
Seher
einzelne winzige Keimchen , die bei
ſorgſamster Pflege in sehr entfernte Zeit Entfaltung und Blåtter und Blüten versprachen. -Und nahe schien in unserer Zeit endlich die erste labende Frucht zu reifen, und ich solte nicht trauren ob des Winter-Froſts, der dem erwachsenen Baume Absterben droht!
,,Wer
aber waren die Pfleger
der
jugendlichen
Pflanze?" Ach, im teutschen Lande waren es sehr Wenige und auch diese sehr
beschränkten Blickes . *)
Thomasius,
* Wir beschäftigen uns hier allein mit den unmittelbaren Pfle gern, drum können wir nur beiläufig Kopernikus, Kolumbus, Eu ch Mårtyrer der Wissenschaft, Kepler , Galilei nennen, alle Uebrigen
[ 9]
130
Spener, Franke ; aber ein hohes Lied stimt dir meine Denn, obwohl auch du ohne
Seele an, treflicher Wolf!
Bewußtseyn des wahrhaften Geistes , durchbrachest du doch kühn viel tausendjährige Ketten, Luther zuerst unter den Teutschen nacheifernd , teutsch philosophirend , und hierdurch unberechenbar wohltätig wirkend ; auch glänzest du als Mårtyrer, lieber den Wanderskab ergreifend, als dich fügend tyrannischem Willen.
5+ Das Bedeutende was dieser Mann, jest wenig geachtet, geleistet, volkommen zu verstehen, müssen wir notwendig bis zur Urgeſchichte hinaufsteigen.
Alle Bildung komt uns von Indiern und Egyptiern ; woher diese sie erhielten, verliert sich in Fabel-Zeit.
Woher
übergehend, weil sie nur von mittelbarer Wirkung. Weil aber diese , dürfen wir auch dich nicht , erhabener Fürst der Osmanen , vers geffen: Amurat II . , ohne Verhältniß ehrwürdiger als Diocles tian, da in blühender Manskraft du dem Scepter des in schönem Jünglingsalter aufsproffenden Staats zweimal entſagtest, freundlich einladender Natur und dichteriſchen Gesängen zu leben , und zweimal durch Friedensbruch der Chriſten zum Regieren gezwungen , deinen Staat retteteft ; während Diocletian als Greis erft, das Ruder eines im Sterben begriffenen Staats verließ. Was rum Amurats Musterbild auf Europa nicht wirkte, spåter. Noch Einen würde ich hier nennen , durchaus gleichen Ranges mit Luther und Spinoza und in seiner Kunst vielleicht ewig eins zig : den wahrhaft religiösen , ideevollen Joh. Seb. Bach; - allein seine Schöpfungen gehören mehr unserm und kommens den Jahrhunderten als seiner Zeit an.
131 aber diesen Völkern Kastengeist , darüber stellen wir folgende Vermutung auf, nicht wiſſend , ob von Anderen schon geäußert. Ein , und vielleicht auch mehre unumschränkte Fürften, vom Geist des Zweifels ergriffen , gelangen troz eifrigster Bemühung nicht zur Erkentniß des Lichts der Wahrheit, und fühlen sich, wie Alle im Zweifel Beharrenden, höchst unglüklich.
Diese , zugleich vol der innig-
ften Liebe zu Mitmenschen, gelangen hierdurch zur vesten Ueberzeugung : es sey schlechthin unmöglich , zum Besiz beseligender Vernunft zu kommen , blindes Fatum regiere das All, und der Mensch sey um so elender , je mehr er dem Lichte zustrebe, und um so glüklicher , je mehr er dem unabwendbaren Gefchik sich unterwerfe, Mit dem edlen Rousseau achten sie Tiere viel glükfeliger denn Menschen, und darum erheben sie Tiere zu göttlicher Anbetung, als unzweideutiges Symbol, dahin sen
rechtes
Streben, Vieh
ähnlich zu werden ;
Nichtsseyn erhabenste Stufe der Menschheit,
wohin
sogenant neueste Philoſophie ją nun auch ſtrebt, es offen bekennend , sich also anschließend dem Tierdienst uralter Periode, und wozu auch Andere öffentlich hinzuneigen sich nicht scheuen , da von einem in allgemeiner Achtung stehenden , in der Wissenschaft sogar nicht mit Unrecht gefeierten Mann ich selbst gehört : „Er beneide das im Roth sich wälzende
Schwein , bei dem sorglose
Lust
dabei sichtbar hervortrete, während der Mensch geplagtes Tier sen, zum Schmerz verdamt vom Tag seiner Geburt bis zum Augenblik des Hinſcheidens, und weinend in das Leben trete, um in Jammer zu enden."
-
132
Anmerkung. Kein Vorwurf darob diesem außerdem braven Manne, ich selbst trete ihm buchstäblich und völlig bei , wenn der Seite 89.
entwikkelte
Weltplan ,
gehaltleerer
Traum
schwärmerischer Toren, und die Menschen ewig so fortzuleben bestimt sind wie bisher , von Millionen ferner kaum Ein Seliger emporreift.
Aber eben in diesem Unglaus
ben, in diesem Aufgehen in dem sinlich uns umgebenden Leben , worin recht eigentlich Tod herscht und Nicht- Le ben, in der Erwartung des Paradieses jenseits alles Lebens, ist eben die Hölle begründet , worin Menschen bisher
in Verweſung begriffen lagen,
und ewig darin
bleiben werden , wenn sie fortfaren in das Aeußere das allein Wahre, in ihr Inneres aber nur gehaltleere Zugabe zu diesem Nichtigsten alles Nichtigen zu erblikken, und nicht gerade umgekehrt, in allem Aeußern nur leeren Schein, in Sich allein Gehalt wahren Seyns zu erkennen . Es ist kinderleicht,
Alle , platterdings alle Menschen, bis ― zum Holzhauer mit seltner Ausname abnormer Zu stände , wohl beachtet, gerade entgegengesezt wie bisher, wo Erleuchtete Abnorme ſind ( S. 74. ) — mit Erkentniß der Idee zu beseligen.
Dieses jedem des Nachdenkens
Fähigen, so deutlich zu zeigen, daß er es gleichsam mit Hånden greift , war långst Absicht eines zweiten Teils meiner Felicier, den ich auch nach mehrjährigen Studien zu ents werfen gedenke.
Denn auch dieses zu zeigen ist so einfach
wie Entwiklung der Idee, und eben darum auch von Allen für so überschwer gehalten ; so wie Grund auch dieser Blinds heit derselbe ist : von Jugend auf wird den Menschen eingeredet, sie seyen Sünder, wie ſolten sie's nicht glauben ? Ferner : es sey ihnen ſchlechterdings unmöglich aus der Sünd, haftigkeit zu kommen, auch das glauben sie um so lieber,
-
133
-
als es außerst bequem ihnen-dunkt.
Wie aber, wenn ich
Euch beweise , daß selbst der årgste Verbrecher doch noch besser ist , als niedere Natur ihn hingestelt, und daß Ihr Alle , durchaus Alle, die Ihr dieses leset und vers stehet, ohne Verhältniß treflicher seyd, als Ihr Euch irgend schäzt, werdet Ihr dann endlich Vertrauen gewinnen zum unschäzbaren Wert Eures Geistes ?
So ist's , Ihr könt
Euch drauf verlassen ; Ihr seyd Alle ungleich edler als Ihr irgend ahnet, und verachtet Euch selbst nur darum, weil Ihr weder Euch noch die Menschheit kent , daher nicht ahnet, welche göttliche Macht in Euch schlummert, die nur richtig angeregt zu werden braucht, um Euch im Augenblik völlig zu verwandeln, wodurch Ihr dann selbst kaum begreis fen würdet , wie es möglich war, das so oben Aufliegende so ganz verkant zu haben, und der Vernunft- Staat schon vollendet da steht, den Ihr bis dahin als Traum belächelt.
Denkt
Euch nur Einen Fürsten im vollen Besiz der Idee, mit derselben Energie ausgerüstet, die der Egyptische hatte, wodurch derselbe seine Mitmenschen zum Tierdienst brachte; verleihet dieſem 40jähriges Walten, mehr bedarf's nicht - welche Forderungen Ihr doch nicht für unmöglich an sich erklären könt , da Geſchichte , die doch nach Eus rem Sin allein beweisend ist, deren Mehre kent- und das wunderbar Scheinende geſtaltet sich ganz natürlich. 6. In unmittelbar unausbleiblich notwendiger Folge und Wechselwirkung des Tierdienstes , wurden jene Volker in ewig unzuverändernde Kasten geteilt, so dem Zweifel jede Möglichkeit des Durchbrechens zu versperren hoffend.
Weil nun aber alle Bildung von diesen
Völkern ursprünglich herkomt , leidet die Menschheit bis
134
diesen Tag an der Erbschaft dieser zwiefachen Krankheit, und für sie ist keine Befreiung möglich, als bis die Wurs zeln dieser krebsartigen Geschwüre ausgebrant ſind ! Es ist nemlich nicht Kritik , wie seit Kant ge = meint wird, das wahrhafte Lebenselement des Geistes, - so wie früher Dogmatik dafür gehalten ward — sondern eben der Zweifel ; daß dieses nicht früher entdekt worden, wåre unbegreiflich, wenn es nicht auch mit allen übrigen Unbegreiflichkeiten zuſammenhinge, da es so ganz obenauf liegt, wie selbst der Dümste einsehen muß.
,,Denn, siehe Dich um, im unmittelbaren Leben , wie „in Geschichte, von der Erfindung des Spaten, bis zu „ den Entdeckungen Kopernikus
und
Spinoza's , hat
„Zweifel alles , durchaus so Alles geschaffen , daß ,,ich Dir nicht die Erfindung der Steknadel irgend eis ,,nem andern Lebenselement überlasse. ―― Alle Refors ,,mationen gewiß.
Wo aber gåbe es eine Menschheit
,,ohne Reformation und Protestation?
So waren Mo-
„ses , Lykurg , Solon , Sokrates , Jesus, Paulus, Lu,,ther, Seb. Bach, bis zu Fichte herunter, und von dieſen ,,erhabensten Genien , bis zum Erfinder der Haspel, „ durchweg nichts als Zweifler , nur in Graden ver„ſchieden , im Wesen gleich ; und daher der Haß , der ,,ebenfals nach Graden verschieden diese verfolgt, die „ Alle ohne Ausname mit scharfen Sporen versehene „Bereiter sind , welche träge Unwissenheit die Schen„ kel so fühlen lassen , daß sie schier im eignen Geifer „ erstikt, uralten , und drum doch nicht weniger usur„pirten Gewalt- Besiz verteidigend , der Macht des
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-
„ Geistes zu entgehen hoffend, bis jezt vergeblich, ob in „Zukunft, wird Geschichte zeigen."
Bis zu verzweiflungsvollem Wahnsin vermag Zweifel zu treiben , und ist deſſenungeachtet der absolut Einzige Wohltäter der Menschheit ; treflich Ossian : „ Es iſt Freude im Schmerz, wenn Friede das Gemüt des Traurenden beseelt. " Dem tief verwundenden Zweifel, liegt Verwunderungs - Gabe zum Grunde, die nicht für wahr hålt, was Unvernunft ihr als wahr aufzubinden strebt , und nichts mehr als alternden Schlendrian haßt, und keis nen Seelenfrieden kent , bis sie Neues und Edleres geschaffen.
Dieser auch zukünftig schlechthin unentbehrliche
Schmerz, wird edleren Karakter annehmen, die Welt mit echten Werken der Wiſſenſchaft und Kunst erfüllen, die vol absolut unendlichen Reichtums an ſich ſind.
Jene zwiefache Krankheit, egyptisch-indischer Erbschaft, ift Erzeugerin moſaiſch und griechisch ſinlicher Gottheiten, welche tierischen Wesens nur wenig veredelt, noch diesen Tag in allen Glaubensformen ohne Ausname spuken; ift Erzeugerin des Kastenwesens , das noch überall eben so spukt , wie jene tierische Gottheit, am unheilbringendsten
in
der
Gelehrten - Kaste!
Sie, diese sogenant Gelehrten , in der Regel bis diesen Tag von jenem Hochmute vol , wodurch schon Sokrates und besonders Jesus Schrift- Gelehrte karakterisirt: „ Mükken seigend und Kameele verschlukkend." wie aber kan Ohne Latein kein Zunft - Genoſſe ; eine völlig
abgestorbene Sprache neuen Ideen Raum
136
geben ?
Unmöglich !
Håtte der von der Armut lateini-
scher Sprache grausam gequålte, überreiche Spinoza in teutscher Sprache zu denken vermogt , wenig bedürfte es noch rein philosophisch theoretischer Schriften. Drum stehe hochgefeiert Wolf, im dankbaren Andenken spätesten Geschlechtern , Du zuerst brachest Bahn ; ohne Dich weder Kant noch Fichte, ohne Dich wår auch Spinoza noch weniger als jezt gekant.
7. Durch diese Gelehrten-Kaste, ward Luthers eigentliche Einwirkung größtenteils zerstört.
Für das Volk
hatte er gearbeitet, er aus dessen Mitte erstanden , berufen deſſen Sklavenketten zu brechen , mußte, in Furcht ſein ganzes Gebäude zerstört zu ſehen, gewiß mit heulendem Schmerz, die gråßliche Ermordung des Volks gut heiBen; der einzige schwarze Flek seines unsterblichen Lebens, wo das Vertrauen , das ihn zu Worms Kaiser- Kardinal- und Fürsten - Gewalt , mit kühnem Freimut bes kåmpfen
lehrte ,
zum Hort
geistiger Freiheit
verließ; wo er ganz vergaß , daß den
erhob,
keine Fol-
gen kümmern , der mit deutlichem Bewußtseyn Rechtthuns seiner Pflicht unbedingt genügt.
des
Denn,
wer Folgen beim Rechtthun irgend bedenkt, zeigt eben hierdurch, daß er nicht deutlich weiß was er wil, daß sein Schaffen noch mit niedrig menschlicher Natur gemischt sey,
und er mithin mehr sich důnkt als die
Urgesezgebung, oder was dasselbe, mehr als das unbedingten Gehorsam fordernde Gesez der Idee ! daß soges
137
-
nante Welt- Klugheit , welche aber echte Narheit ist, auf ihn noch einwirkt. -
Da hast Du den Beweis, lieber Leser, der Seltsamkeit Deines Dich Unterhaltenden ; fahre ich so fort , so erhältst Du Religionslehre , *) wie von ſehr Wenigen
*) Nur dies kann ich von dieser allein echten Religions: lehre anzufüren nicht unterlassen, daß sie beweist , wie jede, schlechthin jede sogenante Weltklugheit absolute Narheit ist, so beim Handelu jedes einzelnen Menschen, wie bei dem der Staaten, auch ohne tiefstes Eindringen in das Wesen des Geiſtes , von jedem leicht und deutlich zu verstehen. Denn, was lehrt denn diese Klugheit ? ,,Bei den Vorfällen des Lebens nicht blos die unbedingte Fors derung des Gesezes unbedingt zu erfüllen, sondern, wenn der unbedingte Gehorsam für das Gesez, offenbare Gefar drohet, seyn lassen."
der Klugheit folgen und fünf gerade
Nicht wahr , das gebietet die viel bewuns
derte Weltklugheit.
Wie magst Du doch so dum seyn,
die absolute Narheit darin nicht zu erkennen ? Gefar drohet denn ?
Welche
Für den Einzelnen doch keine fürch;
terlichere als Tod und für den Staat Untergang ? So nenne mir doch Bester , Einen einzigen Menschen , der bisher dem Tode, — Einen einzigen Staat, der dem Unters gang entronnen ?
Mußt Du nun nicht selbst Deine
lächerliche Furcht belachen?
Dem Tod entrinſt Du wes
der durch Unrecht: noch durch Recht- Thun, aber mit dem bedeutenden Unterſchied :
Und wenn alle Welt Dich bes
wundert, und Du im Palast auf seidenem Polster ruhst, doch Dein innerer Richter Dich beim Unrechtthun peinigt, und Du Dich selbst verachten mußt, und Du ob steter
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bis jezt verstanden , und keine Geschichte , aber wie ungern auch, muß ich mein Wort lösen. Angst des Todes tausendmal stirbst ; - während den Gefesselten , im Kerker Schmachtenden , das Bewußtſeyn der Rechtschaffenheit weit über alle Kaiser und Könige erhebt, seiner Seele Flügel verleihet ,
die ihn hinaus
tragen über Raum und Zeit ; und er wandelt im reinen Aeter göttlicher Klarheit , und der Tod naht , ein hold anlächelnder Knabe, ihn einfürend in den Kreis der Unsterbs lichen, die ihn långst mit liebender Sehnsucht erwartet, und mit :
Wilkommen Freund der Wahrheit ! Wilkom
men ! jubelnd begrüßen. Kann Dir nun Wahl des Todes schwer seyn ?
Und
welche Dumheit liegt nicht überhaupt in jener vielgepriesenen Klugheit von vornherein ?
Wie mag sie denn
jemals schlechte Folgen vom absoluten Rechtthun erwarten ? Wahrheit ist, daß diese After-Klugheit das Rechtthun gar nicht kent , und demnach davon wie der Blinde von Farbe spricht. Was nun besonders Untergangs Gefar des Staats betrift, so habe ich schon in den Grundſåzen bewiesen, daß gerade diese Weltklugheit seinen Untergang bisher notwendig herbeifüren mußte , und daß gerade abs solutes Rechtthun, dessen Ewigkeit außer allen Zweifel stelt. - Um jedoch jede Zweideutigkeit unmöglich zu machen, füge ich noch hinzu :
„ Wenn nun Deiner Ue
,,berzeugung doch entgegen, sowohl der einzelne Mensch ,,wie der Staat, bei Ausübung des Rechtthuns untergeht, ,,bei Befolgung der Weltklugheitsregeln aber fortbesteht ?" Hierauf erwidert echte Religiosität :
„ Was Du da ges
,,schwazt , ist der denkbar barste Unsin !
Denn , sofern
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Luthers eigentlicher Beruf also war, Völker von Sklaverei zu befreien, und zwar vermittelst der an sie zu brin-
,,Du überhaupt von Folgen spricht , ja , an Folgen nur ,, denkst , bist Du noch außerhalb des echt religiösen ,,Standpunkts, weil es nur außerhalb des Religiösen ,,Ursache und Wirkung gibt, weil nur darin Veränderung ,,überhaupt.
Religion dagegen ist ewig abgeschlossen und
,,unveränderlich ; sie kent weder Anfang noch Ende, wes ,,der Ursache noch Wirkung , noch von all dem Etwas, - Wie magst Du dem ,.was der Sinnenwelt angehört. ,,nach von Folgen sprechen , da Religion selbst Folge ,,alles bis dahin Gewesenen ist ? d . h. da Religion „ Endzwek schlechthin , Ziel der Schöpfung ist?! „ Daher, wenn Du durch ein zweideutigen Sin zulaſſen,,des Augenwinken Dich, Dein Vaterland, das Weltall, ,,ja die Gottheit selbst von ewigem Untergang zu errets ,,ten hofft, abweichend um das Tausendteil einer Mil,,liarde vom absoluten Recht und gehorchend der Welt,,flugheit , so zeigst Du eben dadurch Dein Abweichen ,,vom echt Religiösen, und Du bist dann nicht der Rechte! ,,Geht die Welt, die Gottheit selbst durch dein Rechts ,,thun unter, so ist Tes eben recht, daß sie untergehen, und ,,du solst dich freuen daß sie untergehen ; besteht aber die ,,Welt, die Gottheit ſelbſt (ſcheinbar !) durch Dein Un,,rechtthun, so bestehen sie mit Unrecht, und Du solst Dich „ gråmen , daß sie fortbestehen.
Zu dieser absolut vollen-
,,deten und das ganze Leben durchdringend verklärenden ,,Erkentniß, zu diesem absolut unbedingten Gehorsam ,,unter das deutlich erkantë Gesez, vermag nur echte ,,Frömmigkeit zu erheben , die , so wie Streben nach ,,Erkentniß an sich, Früchte liebevollen Gemüts sind ;
140
genden Geistesbildung, welcher sich nichts ſo ſtark widerſezte, als das Kasten - Unwesen der Gelehrten, so wie bis dies ſen Tag : „ das Volk wird zu klug ; seyn wie Unſereins, Gutes und Böses erkennen ( 1. B. Moses 3. 22.) , welcher Vorzug bliebe uns ?
Das geht nimmer gut ; mehr noch
müſſen Zunft- Geseze gevestigt werden, wer zum Volke hinabsteigt (heraufſteigt !) wird als Abtrůnniger eximirt.” „ „ Darum, meine Herren, habe ich in so dunkler Sprache Philosophie verfaßt , die Niemand versteht , der von mir nicht den Schlüssel erwirbt u.s.w." " Natürlich war und ist hierdurch dem Volke * ) der Zugang verspert;
unter
Tausenden kaum Einer
kann
,.so lange dagegen der Geist noch äußere formelle Anre,,gungen zum Rechtthun irgend bedarf, kent er auch ,,echte Frömmigkeit nicht. " Wenn Dir, mein Leser, dieses nicht deutlich ist, so bist Du zu beklagen ; ich kan es Dir nicht deutlicher sagen. ,,Und so ist denn bewiesen , håtte Luther jene Ver „ brechen nicht gutgeheißen , sondern die Macht ſeines ,,Worts , so wie gegen Papismus , so gegen jene adlis gen Verbrecher geschleudert, der Protestantismus ,,håtte schon vor 200 Jahren herlichere Früchte getragen, ,,denn bis diesen Tag !" ― Nur bei Erziehung der Jus gend ist jene Klugheit nötig , worüber Näheres vorbes halten bleibt. *) Unter Volk verstehe ich nicht Pöbel , der sich bei sogenant Ger bildeten bis zu hoch niedrigem Leibes- Adel eben so und vielleicht häufiger als bei Tagelöhnern findet , sondern Mehrzal bei allen Völkern, die liebevol Geist- Adelige Gemüter, und die zu allen Zeiten bei niedrigsten Ständen fast häufiger als unter höheren gefunden worden !!
141
unentbehrlichen Zeit- und Kosten-Aufwand erwerben, und von diesen Wenigen unter Tausenden wieder kaum Einer, der nicht um das liebe tägliche Brod Studien übereilt und in der Regel vom All - Erlernten , kaum die Hülle kent, vom Kern ohne Ahnung bleibt.
So war's ,
so ist's ! sol es ferner so seyn ? Sollen ? gewiß nicht ! ob's aber ferner so seyn wird ,
das
wird von dem
Geist abhängen , den Menschen ferner sich aneignen werden.
8+ Welch ein anderer Geist zösischer Revolution
aber nur im Reflex fran-
die Menschheit jezt beherscht,
gegen vorige Jahrhunderte, zeigt die allgemein öffentlich ausgesprochene Verabscheuung Don Miguels ! Nicht wahr , meine Leser , das ist ein Hund , kein Mensch?
Seht Ihr, wie Ihr Geſchichte weder rük- noch
vorwärts kent, und Euch von unmittelbarer Gegenwart so ganz beherſchen läßt?
Don Miguel iſt jezt ein Hund,
ganz richtig ; allein vor noch keinem Jahrhundert wåre er, wenn er so sich benommen hätte wie jezt - welches freilich nicht geschehen wäre
nicht nur kein gewöhn-
licher, sondern ein ausgezeichnet liebevoller Regent gewes fen.
Werft alle Namen damaliger Herscher in einen
Topf, zieht welchen Ihr wolt, er war ungleich wütenderer Tyran als Miguel.
Wählt z. B. Friedrichs Vater,
als Tyran verschrieen, und doch unbedingt einer der tref lichsten Fürsten die je gelebt , wenn nicht scheinbares Thun, sondern Gesinnung Adel verleihet , wozu wir uns bekennen, und darum þas nur scheinbare herlichste
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Thun verachten , und nur der Gesinnung Wert an fich zuteilen. Dieser König, eine von den Hauptſäulen Preußischen Staats, war so vol der treflichsten Gesinnung , so innig von seiner ihm
obligenden Pflicht erfült , daß er mehre
Male ob Furcht so schwerer Verantwortung die Regierung niederlegen wolte ;
was
er demnach
tyrannisch
übte, that er nicht als Tyran, sondern mit Ueberzeugung des Rechtthuns , und daher in ihm ein treues Bild wie allgemein zu seiner Zeit das Volk als nur dazu daseyend gedacht war , um es
einer Schafheerde
gleich zu ſcheren, auch allenfals zu verzehren, Ich befize einen gedrukten Kabinets - Befehl dieses Königs -unter Papieren verlegt , drum nicht genau A wiffend , ob 1729 oder 1737, an den Pråsidenten der Akademie der Wissenschaften dessen Name mir entfallen , ― demselben darin werden , und zwar in Folge der dem Präsidenten der Wissenschaft obliegenden Pflicht, heftige Vorwürfe gemacht : „ daß die Ernte wieder schlecht geraten sey,
von schlechter
Witterung und Måuſefraß veranlaßt, dieſes aber nur daher komme , weil er , der Präsident , nicht Sorge genug getragen , Hexen und Kobolde aus dem Lande zu treiben u. ſ. w.” - Daß unter den Adjutanten Friedrichs des großen Freigeists ,
ähnlicher Aber-
glaube geherscht . hat ohnlångst Bitaubé nachgewiesen ; wie sehr aber selbst der große Bürger liebende König der Gewalt- Herschaft zugetan war, ist bekant.
Denkt
an Ludwig XIV., Regent Orlean, Ludwig XV., Karl II. von England, an deſſen Hofe, nach engliſchen Geſchicht-
—
143
-
schreibern : „ das Laster ohne Reiz herschte, Zügellosigkeit ohne Wollust , Schamlosigkeit ohne Leidenschaft" - und doch war dessen Vater seit der Römer - Zeit
der
erste
König eines mächtigen Reichs , der das Schaffot bes stieg, und er selbst war durch der Leiden Schule gegangen ! - Denkt an Philip III. von Spanien , der bei einem Auto da fé einige Trånen vergießend, im Augenblik vom Großinquifitor gezwungen wird, sich eine Ader schlagen zu lassen, das Blut in's Feuer zu gießen, zum Zeichen, daß seine Würde nur ob solchen Frevels ihn vor Feuertod bewahre! - Ein Markgraf von Anspach, läßt einen Lieblings - Husaren , der ihm schweres Geld gekostet, und der seine Geliebte nur einige 100 Schrit aus der Stadt zu ihrem Schuz Sonabend Abend begleitet , zusamt der Geliebten Sontag , keine 12 Stunden drauf, früh 7 Uhr dicht bei der Kirche aufhängen , so daß die Leute zur Kirche zu gehen sich scheuen ; auf den völlig ungegründeten Verdacht, daß ein´treuer 70jähriger Diener seinen Jagdhunden nicht genug zu eſſen gegeben , schießt er ihn mit eigner Hand nieder ; - und weil der Knecht eines Pfarrers einen verrekt gefundenen Hasen zu seinem Herrn gebracht, kann dieser sein Leben nur durch Zalung von 500 Dukaten erkaufen !! Hast Du genug , mein Leser ,
um in Miguel einen
Licht-Engel zu verehren ?
Weder Nerone noch Messalina's standen jemals allein, stets waren sie, und werden ewig treuer Abdruk ihrer Zeit seyn .
Und wie jenes Weib sancta simpli-
citas, die den brennenden Span auf Huß warf,
doch
144
kreuzbrav seyn konte , so ist Miguel gewiß nicht der Niedrigste in seiner Umgebung , ist ja schon seine Mutter ohne Verhältniß abscheulicher denn er.
Der Weg
der Wahrheit ist nur Einer, der Abwege gibt's Legionen ! Während Alle auf Miguel losziehen, wird von allen Regierungen
Europa's
das
denkbar
lasterhafteste
Börsenspiel mit Staatspapieren nicht nur geduldet, sondern vorzugsweise , als den Staaten wohlthuend bes schůzt!
Diese mitunter gewaltig sich dünkenden Spie-
ler , zeigen mit Finger auf entlarvte Betrüger, und ahnen kaum , daß sie selbst die gråulichsten Verbrechen tåglich erneuend auf sich häufen.
So sehen gewöhnliche
Menschen überall den Splitter in des Nächsten und nicht den Balken im eignen Auge ; bei ihnen ist alles Gewöhnung , weil sie nichts mehr als anstrengendes Denken scheuen, aber auch dieses nur aus Gewohnheit ; gewöhne sie an Denken , so werden sie ganz zweifelsfrei Denken viel lieber gewinnen, als ihr jeziges Nichtdenken, weil sie jezt troz dem wüstesten Treiben vor Langeweile schier verzweifeln, während Denkenden immerfort Zeit fehlt, und ſie Eſſen, Trinken und Schlafen haſſen, ob der schönen edlen Zeit , die ihre Befriedigung dem Denken raubt.
Sie,
die
unser
Treiben hier als
törigt bes
lächeln , sie würden schier bersten vor Neid, wenn sie Ahnung hätten des seligen Genusses , von den Fesseln des Irdischen befreiet, sich hineinversezen zu können in das Reich reinen Gedankens ! 9. Zur Geschichte :
Betrachten wir die wahrhaft
niederträchtig ſklavische Unterwürfigkeit der freiheitſtolzen
145
englischen
Parlamente
gegen Heinrich VIII. , Maria,
Elisabeth, Jakob I. , ja selbst noch gegen Karl und Jakob II., daß z. B. den Mitgliedern, obwohlsie einen König auf das Schaffot gebracht, doch nicht im Traume beifålt, an der von Gott Herschern unmittelbar übertragenen absoluten Gewalt zu zweifeln ; so erhalten wir nicht nur deutliches
Bild
des
damals
herschenden
Zeitgeistes,
sondern auch, daß, ohnerachtet Luther und Spinoza leben und wirken , ohne der übrigen Ausgezeichneten zu gedenken , die Menschheit in eine so allgemeine versunken seyn kann ,
daß in ihr schlechterdings keine
Ahnung wahrer Freiheit aufkeimt. feln,
Stabilität
daß solche Finsterniß
Und Ihr könt zwei-
wieder
eintreten
könne ?
Ich sage Euch, dieser jezige Krieg kann die Menschheit um Jahrtausende zurükbringen , wenn die echt Wiſſens ſchaftlichen nicht sich auf's Höchste
anstrengen ,
dieſem
Unglük vorzubeugen. Welche Fortschritte hat denn z. B. England seit seiner Revolution gemacht ?
Seit Newton , und allenfals
Hume die in theoretischer, und seit Wiliam Penn und eis nigen Anderen die in praktischer Hinsicht sich auszeichnen, zålt England wohl viele tüchtige Engländer aber wenig Mens ſchen! Und bei all ihrer stolzen Freiheit, möchte ich um keinen Preis mein teutsches Vaterland verlassen, um dorthin zu ziehen ; denn wir sind , obwohl ohne Parlamente , doch ohne Verhältniß freier als diese Inselaner ; wir stehen in Teutschland unseren Fürsten ohne Verhältniß nåher als die Engländer zu ihrem konstitutionellen, und sie haben eine viel bedeutendere Umwälzung noch durchzukẩmpfen als wir, weil sie in Feſſeln der Oligarchie schmachten ! [ 10 ]
-
146
Vergleichen wir nur Ein Verhältniß, und zwar eins höchster Wichtigkeit, daß des Kriegerstandes : vergebens bisher alle Anträge so Vieler, körperliche Züchtigung gegen freie (?) Britten, das Verkaufs - Recht (?) der OfficierStellen abzuschaffen.
Wie ist dieser Wellington doch so
ganz fremd in jeziger Bildung, folche Skandale zu schüzen ; er
komme mit seinen
Söldlingen
einst gegen echt
ehrliebende Krieger, und er wird wahrlich kennen ler nen , was es heißt , Ehrliebe dem Krieger einflößen , indem man seine Menschenwürde ehrt. — Dagegen sind Fortschritte in Teutschland nicht zu bezweifeln ; denn ich selbst, nur eben in's Mansalter tretend, habe als Jüngling doch noch selbst die denkbar ſchreklichste Barbarei gesehen : Kameraden gezwungen Kameraden mit Ruten bis auf den Tod zu zerfleischen. ,, Was hat er verbrochen ? "
Auf dem Flusse rudernd,
begegnet ihm ein Schwan mit seiner Brut , greift wütend ihn an, er wehrt sich, trift unglüflich , der Schwan stirbt, und der Vaterlands-Verteidiger muß auf Tod und Leben Gaſſen laufen. Und doch ist franzöſiſche Welt-Macht schon
ganz
nahe!
Was bedarfs noch
der Anführung , daß vierzehnjährige Junker, mit ehrenvollen Wunden bedekten graubårtigen Kriegern Gesicht blutig schlagen , weil die Zopfschleife rechts stat links liegt.
Ein nur sehr schwaches Bild von Officier-Ueber-
mut gegen Bürger, liefert Rüchels Biografie ; und haben denn Alle vergessen ,
daß
mehr denn zwanzigtausend
Teutsche öffentlich gegen baare Bezalung verkauft wurden, um in Amerika freie Völker, für englische Despotie, unterjochen zu helfen ?! -
Zusammenstellung .
So im Bilde die Menschheit von der Mitte des ſiebzehnten Jahrhunderts bis kurz vor der französischen Revolution aufgefaßt , erscheint unbegreiflich , was dieses satanische andere der
Reich zusammenhielt.
Antwort :
Teufel!
chischer Macht ,
Gewalt
Der
Reflex,
noch
Drauf
Beelzebubs , der
wirksaa ,
fast
des
keine
Obersten
Schatten hierar so durch katholische
wie durch protestantische Geiftliche, beide mehr noch Pries fter als Geistliche , beide blind glaubend den selbst ers fundenen Lügen , und in Furcht vor der selbst geschaf= fenen Furcht , erhält das im Einstürzen begriffene Ges bäude. Die Priester flikken da und flikken dort, bringen hie und da Strebepfeiler an, und leben in jämmerlichster Angst und Noth, und wissen sich weder zu raten noch zu helfen. Sie sehen ein, das Alte halte nicht mehr , und haben doch keinen Muth, um einen neuen Grund des Gebäudes ſich zu bemühen. Die Herscher entweder selbst in gleicher Blindheit ihrer sie beherschenden Priester, oder darin ſichersten Schuz für ufurpirte Gewalt findend , find von göttlicher Verehrung ihrer eignen Person so unbedingt überzeugt, und die Warnung Karls I. ist so völlig vergessen , daß es ihnen auch nicht im Traume beifålt , es könne irgend jemand sich erfrechen, nach dem Rechtstitel ihrer Gewalt zu fragen , oder nur meinen , vielweniger öffentlich sagen : „die Völker seyen auch Menschen! ”
148 Von Staatskunst keine Spur; der Staat, Geld einbringende Domåne , weiter bedarf man nichts .
In-
stinktartig begreift man, je ausgebreiteter und bevölkerter der Staat, desto mehr Geld bringe er, und darum Krieg, wo möglich die ganze Welt zu befizen , welche natürlich unermeßlich viel Geld eintragen müſſe. Aus diesem wahnsinnigen Streben bildet sich jene berüchtigte Macchiavellische Diplomatie , die den ehrwürdigen Namen Politik schåndend , in Wahrheit aber durch so auffallend viehische
Dumheiten ungleich viel
lächerlicher als verabscheuungswürdig durch die Mittel ist,
die
auf Menschheit schlechterdings
keine Rüksicht
nehmen; Schule des Lasters , worin nur der auf Beförderung
Anspruch,
der
lezte
Spur
lichen in sich völlig zu tödten vermag.
des
Mensch-
Seit der Rd-
mer entartetsten Zeit , kent die Welt nichts Scheußlicheres ; wie gesagt, die darin gewaltet habende habende schreiben wir , um nicht den lezten Anker der Rettung aufzugeben, um nicht das denkbar Schreklichste auszunoch waltend! - alſo , die darin gewaltet
sprechen
habende Dumheit , macht das ganze zu einem komischen Trauerspiel, worin Falstaf die Hauptrolle. Verträge über Verträge , in jedem Hunderte von Paragraphen, wovon alle Kontrahirende im Augenblik des Unterzeichnens schon vest entschlossen sind, auch nicht Einem Folge zu leisten , wenn ihr Vorteil dabei gefårdet scheint.
Und obwohl dieser Bruch der Vertråge
sich jährlich erneuet, werden dessenungeachtet ununters brochen Millionen zu Bestechungen neue Verträge zu schließen .
verwandt, um
Und obwohl nur eben , der
149
voriges Jahr bestandene und gegenseitig garantirte Befiz,
vermittelst Waffen - Gewalt
schmålert und
völlig verändert ,
und
Bestechung ges
und
man gegenseitig
vest entschlossen ist, das Räuberhandwerk fortzusezen und nur auf günstig scheinende Gelegenheit wartet, von Neuem zu rauben , bleibt dennoch Grundbedingung aller Verträge , diese völlig gehaltleere Garantie. res Treiben denkbar ?
Ist lächerliche-
So z. B. fühlt Georg von Eng-
land auf der Insel sich nicht sicher
gegen Machina-
tionen der Stuarts, und steht sein ganzes Leben hindurch dem Rhodischen Riesen ähnlich , mit einem Fuße dort, mit dem andern in Hannover ; und eben so ist der teutsche Kaiser Karl, ob Erhaltung seiner reichen Erblande für feine Tochter, die liebenswürdige Maria Theresia , in steter Todesangst, daher schließen beide Fürsten Bündniſſe mit durchaus allen Fürsten Europa's , und sind demnach, diesen Bündniſſen zufolge , eigentlich gezwungen, bei jedem ausbrechenden Kriege mit sich selbst Krieg führen zu müſſen, und doch hätten Beide wissen műfsen, daß ihnen eben so wenig irgend Jemand den Vertrag halten werde , so wenig sie selbst ihn zu halten vest entschlossen waren , wenn Vorteil winkte ! - Wird die Nachwelt glauben , daß Menschen mit gefunden Sinnen, denn von Verstand ist doch dabei gewiß keine Rede, solch absolut dummes Zeug mit einem Ernst behandeln können, als hinge ihr und ihres Reiches Wohl davon wirklich ab ?! Und drum wiederholen wir : konte solches Unwesen, solche wahre Verrüktheit , bei Griechen und Römern bereits Jahrhunderte hindurch für Klugheit gelten , hat es im neueren Europa viele Jahrhunderte dafür gegol-
150
-
ten, und ist die Welt erst 1815 zur Einsicht dieses wahnsinnigen Treibens gekommen , und herſcht ſeit 1826 of-` fenbar dieser Wahnsin wieder vor , zweifeln ,
und
ist nicht zu
daß der jezige Krieg diesen Wahnsin von
Neuem zu bevestigen droht ; so muß jeder ,
der von
Menschheit weiß , sich lieber hundertfachen Tod wüns schen , als solcher Schåndung der Menschheit entgegen zu leben ! Und so gewährt denn die vor der französischen Rez volution endende Geschichtsperiode ungefår folgendes Bild : „ So wie Natur in ewiger Bildungs-Begier, vegetiren„ des Leben selbst in dunklen dumpfigen Kellern erzeugt, so war der herschende blinde Glaube jener Zeit der ,,matte dumpfe Erhalter des
sehr bedenklich kranken
„Geistes der Menschheit ; des trauernden Arztes Hof,,nung, beruhete allein auf den eben eintretenden Krisen, ,,ob aber der Organismus noch Kraft genug , diese ,,durchzuarbeiten , das konte Niemand vorauswiſſen." Den dreißigjährigen Krieg haben wir darum unbeachtet gelaffen, weil er nur sehr wenige Momente echter Idee enthält ; übers all haben darin nur wilde zugellose Leidenschaften gewütet ; außer Gustav Adolf wußte fast Niemand was er eigentlich wolle ; und ob nicht selbst dieſer Held zu ſeinem Ruhme den Schauplaz früh verlassen , möchte kaum zu bezweifeln ſeyn . Ueberdies aber ents hält diese Geschichtsperiode solche schmähliche Entwürdigung Teutschlands , daß jeder Vaterlandsliebende fie nur sehr ungern berühren kann, oder doch nur als Warnung, wie tiefauch Teutsche zu finken vermögen. Noch geben wir Hofnung nicht völlig auf, daß die Menschen endlich zur Einsicht kommen werden , daß Krieg an sich, und wie besonders der gefürte dreißigjährige, gar kein anderes Bild gewähre , als der vom Orkan aufge: peitschte Ocean ; rein wilde Naturscene , die uns wohl er: ſchüttern aber nur wenig belehren kann. Nur im Frieden of fenbart sich echte Geistesmacht ; drum sprechen wir allen Erobes rungssüchtigen ohne Ausname echte Erkentniß unbedingt und völlig ab.
Allgemeiner
Bildungsstand
der
Menschheit,
von der französischen Revolution , bis nach dem Pariser Frieden.
Erfter Teil
1. Lefter Lebensfunke uralten Glaubens egyptisch-indischer Erbschaft erlischt; Alle um Geistes-Bildung wahrhaft Bemüheten erkennen mehr und minder deutlich das rein Tierische seiner Ur - Natur , d.i. , seine völlige Unnatur, seinen absoluten Gegensaz des Geistigen überhaupt.
Wie
ſie aber zugleich deutlich erkennen, daß ohne göttlichen Anker, eine Menschheit schlechthin undenkbar, daher diese ewigem Verderben preisgegeben wähnen, sind sie um fo eifriger bemüht, das Daseyn Gottes dogmatisch zu vestigen, und sehen in ihren von Liebe und Angst erregten Gemütern nicht, daß sie nach nichts Anderem streben, als für den bereits in Todeskrampf liegenden Gözen , einen Penelopeiſchen Sterbe - Mantel zu weben , den sie selbst von Neuem immer zerreißen , nicht wie jene tref liche Gattin vorsåzlich , ſondern von blinder Macht dazu getrieben. Und schon steht die Sonne hoch am Horizont, freu diges Lebenslicht der Welt bringend , und noch tappen Jene in dicker Finsterniß, von tauſendjähriger Nacht um-
152
düstert,
und selbst
der scharfsinnige Mendelssohn
fürchtet in der Sonne einen Untergang drohenden Kometen! Und wieder ging die Sonne aus der Hefe des Volks hervor , Welt!
ihr Name Imanuel , das Heil der
Der Sohn eines nordischen
Schusters
wird
zur
Sonne, wie einst der Zimmermans - Sohn , wie der tapetenwirkende Paulus , der Bergmanssohn Luther, der glasschleifende Spinoza , und schon wandelt auch die neue Sonne im Aufgang, der Hirtensohn Fichte; unverwüstliche Säulen der Menschheit !
2. Aber so wie, du hast es vielleicht aufhohem Bergrükken stehend, selbst angeschaut — klar leuchtet die Sonne, kein Wölkchen am ganzen Horizont; urplözlich ſteigen aus niedrigem Waldmoorgrunde
dikke Rauchsäulen
empor , und
binnen wenig Minuten krachen Donner um dich her, und Schlossen und strömend Wasser drohen Allem Verderben fo og jene Sonne aufblähendes Gewölk aus niedrigem Dornengestråuch, daß, weil vol Stacheln, Rosenduft auszuhauchen wähnt ,
aber bis diesen Tag gar
übel riechendes Wasser ausströmt , welches alles Edle und Schöne zu verschwemmen droht; sein fortdauerndwütendes Toben , stört zwar echt Vernünftige wenig, wohl aber betäubt es die Menge Halbvernünftiger , und vestigt besonders das zallose Heer Unvernünftiger , dem aus dem Gewölk trügerisch tönenden Orakel in Blindheit und Finsterniß ferner zu glauben : „ jene Sonne
-
153
drohe ihnen gänzlichen Untergang, das Beharren in ſtinkendem Sumpf- Wasser dagegen sey zu ihrer Erhaltung unentbehrlich." Wird der Segen, den jene Sonne gebracht und ewig bringen wird, noch diesen Tag selbst von den für Weise Geachteten gar wenig erkant , wie hätte sie in jener Zeit der Finsterniß erkant werden und unmittelbar die wutentflamten Leidenschaften beruhigen können ? Die seit vielen Jahrhunderten vorbereitete und von Sehenden långst verkündete Revolution bricht fürchterlich aus , dem lang ringst
unterwühlten Vulkan ,
wirkende
Veränderung
ähnlich
der nun durch ge-
fürchterlich
ausbricht.
Aber obwohl , höchst merkwürdig , eine lange Reihe der denkbar schlechtesten Regierungen, das Volk längst gleichsam mit den Haaren zur Revolution gezogen , ging fie doch nicht von dieſem , ſondern von einem Prinzen königlichen Geblüts und von den bevorrechteten Stånden aus ; und erst nachdem diese Fein- Gebildeten sich im Blute gebadet ,
und das Volk zum Morden ge-
zwungen und gewöhnt , nun erst wird es zum Scheuſal, und übt Rache ob entmenschender Behandlung, Jahrhundert erduldet !
3. Herbeigeführt ist diese in jedem Betracht absolut bedeutendste Welt- Begebenheit der
Gesamt- Geschichte,
durch so viel zuſammenwirkende Ursachen, daß deren Entwiklung blos eine starke Schrift erforderte ;
wir ziehen
vorzüglichsten heraus : National - Karakter ,
schon bei
alten Römern mit
154
unverkenbar jeziger Aehnlichkeit gezeichnet : „ leichter Sin, aufbrausend und eitel , dabei kriegerischer Ehrtrieb und Gehorsam , leicht zu Gutem wie zu Bösem zu verleiten, maaßlos in Allem !"
Diese Gallier, entarteter durch rô-
mische Vermischung, als Rom schon völlig verderbt ist, werden zwar einerseits verjüngt und veredelt durch Franken urgermanischen Stammes, anderseits aber eben hierdurch auch verderbter, sowohl weil Diese Roheit in Sitte und Sprache hinzubringen , als weil sie als Herscher eintreten. Es ist nemlich einleuchtend , daß nur solche Vers mischung der Völker auf Bildung wohltätig wirken kann, wo Gebildetere als Herschende der Ungebildeten eintreten, nicht umgekehrt , wenn Ungebildete Herschende der Gebildetern werden , und zumal wie hier , wenn diese durch zügellofe Sitten völlig verderbt sind.
Das rohere Volk,
in Ahnung höhere Geistes- Bildung verehrend , ſtrebt, obwohl herschend , Sitte der Beherschten um so mehr nachzuahmen, wenn diese verderbt, Sinnen- Genüſſen desto mehr schmeichelt.
In notwendiger und unvermeidlicher
Wechselwirkung , ahmen die Beherschten wieder in den Herschenden ihre eigne noch mehr verderbte Sitte nach, und so bildet sich endlich erbliches Uebel ewiger Nachåffung , und der Geist verliert Span- und Schöpferkraft, wozu vorzüglich Verarmung der Sprache mitwirkt.
Auch
die hier eintretende Wechselwirkung ist deutlich und leicht einzusehen. und
Die Sprach-Armen treten als Herscher ein,
verstehen natürlich höhere Begriffe der Behersch-
ten nicht , weil der Mensch überhaupt auch nicht Einen Begrif, ohne das dafür entsprechende Wort zu befizen,
1
155
zu deutlicher Anschauung zu bringen vermag . Gebildetere die Herschenden , so wird
es
Sind nun
diesen leicht
durch sinbildliche Darstellung höhere Begriffe zum Verständniß der Beherſchten zu bringen ; Ungebildete aber als Herscher ,
nehmen
von
verweichlichten
Sklaven
wohl
verderbende Sinnen- Genüſſe , aber keine Belehrung an. (Daß dieses , bei Roms Unterjochung Griechenlands nicht eintrit, daran ist die bereits bedeutende Selbstbildung der Römer Schuld , sonst sie sich gewiß nicht selbst Barbaren schelteten , im Verhältniß zu von ihnen beherschten Griechen ;
und doch vermag griechische Bil
dụng nur sie zu glåtten, keineswegs ihren Kern zu veredeln, weil dieser aus keinem Urvolke , sondern aus zuſammens geraftem Gesindel hervorgeht , das durch rohe Kraft, ursprünglich die Es umgebenden urlateiniſchen und höher gebildeten Völker unterjocht. Dieses geistiger Fortbildung widerstrebende Verhåltniß wird jedoch bei Römern dadurch gemildert, 1) Roms Herscher - Macht ursprünglich Staats- Macht bleibt ,
daher
alle
daß
Stadt-
Vorteile
Bildung der Stadt- gegen Land- Bewoner hat;
nicht
höherer 2) die
Politik Romulus bei weitem den Scharfblik vieler neuerer Politiker
übersieht ;
nicht unterjocht
er
überwundene
Völker, sondern verleibt sie mit seinem rohen Hèrſchervolke ; sie treten als Bürger mit ganz gleichen Rechten ein , und bringen so ihre urvolkstümliche Bildung ihren neuen Mitbürgern mit. ungeachtet
Wie vorherschend aber deſſen-
ursprüngliche Wildheit bleibt , beweist
daß
Numa's 40jährige friedliche Regirung sie nicht auszurotten
vermag ; und so bleibt diese nach Außen strebende
156 Tätigkeit Grundkarakter der Römer bis zu ihrem Untergange ; alle früh sie auszeichnenden Tugenden , find schöne Früchte ihrer edleren Vermischung mit urlateinischen Völkern , ihre Welteroberungssucht Folge ihrer ursprünglich-gemischten Zusammensezung .
Daher sie auch weder
echte Dichter noch Philosophen haben , bei allen Völkern (mit höchst seltner Ausname) unmöglich , die in keiner lebenden Ursprache sich fortbilden. demnach
Dürfen
nicht wundern daß römische ,
wir uns
als herschende,
griechische Sprache in jener Zeit unterdrukt , so ist's doch untrüglicher Beweis , wie so wenig noch das Konstruktive geistiger Fortbildung erkannt ist, weil auch jeßt noch Latein vorzugsweise vor Griechiſch gefordert wird, während schlechthin zweifelsfrei , wenn Latein noch diesen Tag lebende Volks - Sprache wäre , sie dennoch nicht Reichtum , Schönheit und das Edle griechischer Sprache erreicht haben würde. —)
4. Aus dieser Nationalität gehen als unmittelbare und unvermeidliche Folgen alle Karakterzüge hervor , welche französisches Volk noch auszeichnen. Höchste VerstandesBildung mitleres Geistes- Vermögen , Scharfsin bei fast ganz vernachläßigter Vernunft-Bildung — höchſtes Geistes- Vermögen , Gemüth, Tieffin. - (Daß hier nur Regel nicht die Ausname gilt, versteht sich ; denn so wie kein Vernünftiger dem Thrasea , praktische , Tacitus, theoretische Vernunft - Bildung absprechen wird , so nicht dem Vincent de Paula *) praktische, Montesquieu theo*) Bei der geringen Zeit , die ich bis jezt auf Studien verwenden konnte, war ich desto mehr gezwungen , nur das Wesentliche
--
157
-
retische Vernunft ; so wie dagegen Ludwig XIV. als König , Voltaire als Schriftsteller echt national , findet sich auch in Beiden keine Spur von Vernunft-Bildung ; eben darum aber , ihre Einwirkung auf das Gesamt-Volk bei weitem die jener Vernünftigen überwog.) Kalvin, Luthers Größe nicht erreichend , findet auch tiefer stehendes Volk , tional.
daher
Reformation nicht
na-
Nach Glanz strebend lebt das Volk im Reflex
des Hofes , daher faſt Aſiatiſches Ceremoniel und Aufgeben selbstständiger Persönlichkeit; Fürsten- Gunst höchstes Ziel ,
und
entmenschende
Despotie natürliche
Folge.
Darum auch Streben der reich ausgestatteten Priesterschaft, verruchte Sittenlosigkeit des Hofes möglichst zu übertreffen,
woraus um so unvermeidlicher
allgemeine
Verderbtheit , als vom Volke ſyſtematiſch jede Bildung zurüfgehalten wird , und vor der Revolution vielleicht von Hunderten kaum Einer schreiben und lesen kan ; woraus unleugbar hervorgeht , daß der Encyclopådiſten, vielweniger Rouſſeau's Schriften auf das Volk zu wirken vermögen ,
da
dieses
sie
nicht
einmal
lesen
kan ;
und um so erhabener daher dasjenige , was dieſes völlig
zu beachten, von allem Formellen abftrahirend. So habe ich bis hierher ununterbrochen geschrieben , fast ohne einmal ein Buch nachschlagen zu dürfen ; bei diesem Namen aber habe ichfast alle meine Bücher nachgeschlagen , ohne ihn finden zu können : Hat er so geheißen ? war er geborner Franzose ? alle meine Bekante kennen ihn , aber auch ohne bestimte Auskunft geben zu können. Hätte er Schlachten geliefert , leicht fånde man ihn , so aber ist er nur freiwillig als Galeeren - Sklave eingetreten , einen FamilienVater davon zu befreien, und hat das Hotel Dieu in Paris gegründet, freilich viel zu unbedeutend um seinen Namen zu verewigen !! -
158
-
barbarische Volk spåter leistet , eine ursprüngliche Schöpfer-Macht menschlichen Geistes offenbarend, wie Geschichte bis dahin nicht nachweist.
5. Dagegen wirken Rousseau , Voltaire und En- cyclopädisten gewaltig auf die sogenant höheren Stände. Sprudelnder Wiz von Scharffin erzeugt, vertreibt jede Spur alles Glaubens und mit ihm alles denkbar Heiz lige.
Irgend etwas heilig achten unmodern , es ist
aber
national,
Mode
als
denkbar
Höchstes
vereh-
ren ; nun läßt sich jedoch der Geist schlechterdings nie völlig tödten, desto mehr taucht er in Lafter unter , der innern Mahnung zu entfliehen ; daher, reichte Körperkraft zu, französischer Adel ließ Griechische und Römische und Päbstliche Schandtaten unter Alexander VI. weit hinter fich. Auf diese völlig Entmenschten wirken nun besonders Voltaire
und Rousseau und
beide höchst verschieden.
Voltaire echt national — der für die Kanaille (Bürgerliche) , wie er selbst sich
ausdrükt ,
nicht schreiben
mag, - denkt an keine Revolution , ohne darum minder kek, Hof und Adel und Priesterschaft, die er besonders wütend haßt,
mit seiner ſpizen Feder so durchzurütteln,
daß notwendig die angebildete Verehrung Fürsten wanken muß ,
vor den
zumal der Hof selbst, ohne Ah-
nung seines wankenden Ansehens , und obwohl darüber mitunter årgerlich , aber von tödtender Langenweile geplagt, in dieser Wizjagd doch zu viel Unterhaltung findet, um dem Verfaſſer ernstlich böse zu seyn, und unabsichtlich Umlauf seiner Schriften befördert.
Dieses aber eben
-
ist Voltaire's
höchster
tener Bahn forttreibt.
---
159
Genuß ,
der
ihn
auf betre-
Er , weit entfernt , Gutes um
des Guten selbst willen zu üben, wie entfernt, Laster des Lasters wegen zu verfolgen, thut Beides rein zufällig nur darum, weil dadurch seine Eitelkeit unermeßlichen Spielraum , und die für ihn schmeichelhafteste Befriedigung findet.
Ihn nicht
kümmert
Menschen-
und Völker-
Wohl, aber alle Monarchen fürchten ihn , und bestreben sich um die Wette , seiner schreklichen Feder durch zuvorkommendste
Schmeicheleien
auszuweichen.
Für
Voltaire der denkbar höchste Triumpf; für den jungen Adel aber ungeheurer Sporn , ihrem wie allen Höfen sich fürchterlich zu machen , die sie verachten lers nen ; und weil den Wenigsten geistiges Talent, der Keim zu Furcht
erregenden
Mirabeau zu
Taten.
verstehen ,
so
(So
ist besonders
Sieyes ,
und
viel-
leicht der wahrhaft edle und verehrungswürdige Lafayette nicht ganz frei dieses Strebens . (?)
Es kann
dieser Verdacht, unter den obwaltenden und hier nur im Umriß entwikkelten Umständen , diesen treflichen Mann durchaus nicht krånken ; für Geschichtskunde aber wåre es sehr wichtig ,
wenn er dazu sich freimütig
bekent,
wenn auch erst in nachzulassenden Memoiren, oder davon sich gründlich befreiet.) Auf die durch Voltaire ſo Erregten , wirkt gleich mächtig Rouſſeau ein ; aber , so wie dieses Persönlichkeit im abſoluten Gegensaz zu Voltaire , eben so entgegengesezt dessen Wirkung .
Voltaire erregt Taten durst
überhaupt , Rouſſeau veredelt diesen und zeigt bestimte Richtung.
Dieser , aus der Hefe des Volks , völlig
160
verwarloseter Jugend ,
vol glühendem Verlangen nach
Auszeichnung , edelstem Gemüte , mit Schweizern angebornem Freiheitsdurst, leider kein Teutscher , hineingeworfen in das seinem Geiste entfremdetste Volk ; dem höchsten praktischen Ideale zustrebend ,
ohne genugsame
Selbstmacht, daher sich in Lastern findend und drob selbst verachtend ,
ist der recht eigentliche Märtyrer , wie
Geschichte nur sehr Wenige kent ; als Mårtyrer unbedingt höher , denn selbst Sokrates ! Leser ! überlege es Dir und Du wirst beistimmen. Dies Gleichniß bringt es Dir vielleicht näher.
Zwei
Wanderer ersteigen auf ungeebnetem Pfade einen steilen Berg naßlehmigen Bodens, daher schlüpferig und furchtbar anstrengend.
Nachdem sie mehre Tage unermüdet
gegen diese widerstrebende Natur angekämpft, tauſendmal zurüfgesunken, gelingt es dem Einen endlich durch grö-
• ßere Tüchtigkeit Höhe zu gewinnen , der Andere kåmpft fort und fort, komt nicht von der Stelle, ohne den ſchon fast hofnungslosen Weg zu verlassen. Wer ist wahrer Sieger? ―― Gebührt nicht Kämpfendem der Lorbeer, ― und nicht dem, der Höhe gewonnen ? Ja , Mehr! so wenig der Ueberwinder nunmehro noch des Kranzes bedarf, da er überschwenglich belohnt ist, und wenn ihm der Kampf das Höchste gekostet ,
krönt er selbst den
Unglüklichen , den nur geringer verliehene Kraft das Ziel nicht erreichen läßt, zur billigen Schadloshaltung ob verzweiflungsvollem Schmerz des Verfehlens ! -
Rousseau's Gesinnung , echt große Menschen karakteriſirend, istschon von Plato als allgemein giltig gezeichnet,
161
von Kant bestätigt.
Wenn man mir recht berichtet, hatte
Kant Rousseau's Büſte auf seinem Arbeitstische ; er verdient diesen Ruhm ; denn ganz zweifelsfrei ist ein großer Teil des Edlen und Schönen , was französische Revolution hervorgebracht , Folge der Einwirkung seines liebevollen Geistes .
Er Ideal Robespierre's !
und wie
dieser Mårtyrer bis diesen Tag allgemein als Bluthund gehaßt wird , obwohl er ganz unbedingt einer der Treflichsten ist,
unter der Legion ausgezeichneter
Menschen, welche die Revolution hervorgebracht, ſo iſt auch der Wert Rousseau's noch wenig anerkant.
Rousseau ist's , welcher , wiewohl keineswegs echtes Wissen erreichend , doch durch sein reiches liebevolles Gemüt ,
eisige Rinde vom französischen Gesamt- Volke
auftauet, nicht schnöder Mode huldigt ,
und unerhört !
von Volks- und Menschen - Wohl ſpricht ; und, wenn auch * anfangs verlacht, und sein ganzes Leben hindurch verfolgt, doch endlich, erst in Einigen , dann in Mehren, Gedanken erwekt : „ es möge doch wohl Menschheit und Heiligkeit etwas Wahres enthalten !"
(Wie
auch diese Schrift gar keinen anderen Zwek hat , als diese Ueberzeugung wieder zu beleben, die von der Mehrheit gebildet sich Dünkender
als lächerlichste
Torheit wieder verlacht wird !)
6+ Mit Voltaire kennen die Encyclopådisten keine andere Philosophie als die erstarrend Lockischè, Des = cartes geistigere , nicht national;
Spinoza's Lehre,
[ 11 ]
162
-
wie Bayle zeigt, schlechterdings völlig unverständlich durch Hum's Zweifelsdrang
mehr noch gevestigt ;
von echter Religion ohne Ahnung , halten sie katholisches Unwesen für Religion , Klugheitslehre das Volk zu kirren ; nüzlich Erkennenden ; drum eifersüchtig nur höheren Stånden die Mysterien mitzuteilen.
(Wie åhn-
lich Alexander dachte , bekant durch seinen Klagebrief an Aristoteles : ,,Philosophie werde Gemeingut werden ;" dem gebornen Königssohn und für jene Zeit zu vers zeihen.) Solchen muß natürlich Adam Smith's System des National- Reichtums das denkbar erhabenste Muster erscheinen , nach echt Sophisten - Art : Gelderwerb Ideal der Menschen-Bestimmung ! Um so auffallender Rousseau ,
der gerade diesen
Reichtum als höchstes Verderben beweist, und um so merkwürdiger , weil er dieses Verderben nur instinktartig erkent, indem auch er echte Philosophie und Religion nur ahnet,
und von deren Einzigen Wert an sich
keineswegs weiß.
In diese Verwirrung der Geiſter bricht plözlich nordamerikanische Revolution ein, worin französischer Nationalshaß gegen England, verbunden mit der (Seite 148.) angegebenen nichtswürdigen Diplomatie, die Gewin schon achtet , wenn der Nachbar auch ohne eignen Vorteil ges schwächt wird, wilkommene Veranlassung findet, jene Freiheit erfirebenden Völker zu unterstüzen, ohne Ahnung der Folgen auf das Streben. eignen Volks.
Diese Folgen
aber begründen um so praktischer , was Rouſſeau u. A.
163
theoretisch ausgefået , als in jener Revolution unter Anderen drei Männer vorzugsweise sich
ausbilden , die
unbedingt den treflichsten Helden Plutarchs gleichſtehen : Franklin, Washington , und Lafayette !
Lezterer um so
merkwürdiger, weil er zu den sehr wenigen Geschichtshelden gehört, die altaðliger Leibes - Abstammung für Völker- Wohl Gemüt behalten , nicht unähnlich Pelopidas, leider fehlt ihm ein Epaminondas !
(Robespierre ist zwar
groß, erreicht jedoch freilich des Griechen Erhabenheit nicht.) 7.
Nicht großartiger und
würdiger
kan
die
bedeus
tendste Weltbegebenheit eingeleitet werden, als durch dies Seit der Schweizer-
ſen amerikanischen Freiheitskampf.
und Hussiten-Kriege , also seit 400 Jahren , haben Herz scher und Adel völlig vergessen, daß es Volk s macht gåbe ;
denn ,
auch Huſſiten
sind
endlich bezwungen,
Schweizer aber völlig entartet ; in diesen kaum Traum edler Abstammung, die bei Morgarten, Sempach, Nåfels, Laupen, Murten u. a. D. , Tyrannen- und TyrannenKnechte vernichtet ; Nachkommen Tells , Winkelrieds, Res dings , Erlachs und zalloser Freiheits- Helden , verkaufen sich selbst zu Despoten-Knechten und sind daher unwürs dig noch als Volk anerkant zu werden ; pfui solchen Schåndern erhabener Vorfaren !
Es gibt nichts Empd-
renderes als todte leblose Natur in uralter Majestät beharrend, die diese Natur bewonenden geiſtbelebten Menschen aber in tiefer Versunkenheit zu erblikken, besonders wenn sie Nachkommen so ruhmvoller Altvordern wie Schweizer !
164 Englands freigende Handelsgewalt, schon damals Eifersucht aller europäischen Staaten erregend , scheint durch jenen Krieg eine unheilbare Wunde zu erhalten ; denn, seine Schulden häufen sich in's Unermeßliche, und noch ist das den,
entdekt: in SchulDaher zwiefache erkennen !! -
Geheimniß nicht
Reichtümer zu
Freude bei Allen, so bei Herschern wie bei Völkern ob Siege der Freiheit ! — Ein ganz neu klingendes Wort, bis dahin nur aus llebersezung der Schriften der Alten bekant ; die Menschen sehen drauf sich an, star vol Verz wunderung , daß dieses Wort lebendig werdenden Begrif enthalte, und ihr Herz schlägt stärker und stärker in Ahnung nie früher gekanter Seligkeit : Freiheit ſtols zer Menschheit! *) Völlig
ungetrübt ist
diese Freude , weil Verlust
England trift, wegen seiner inſelariſchen Lage stets als nur halb zum Kontingent Europa's gehörend betrachtet, und der Schauplaz weit über See auf antipodischem Weltteil. Desto mächtiger wirkt Persönlichkeit drukkers Franklin.
des Buch-
Ein schlichter Bürgersman , in
altfränkischer Doktorkleidung , trit
als außerordentlicher
Gesandte des neuen mächtigen Reichs , an dem hochmütigsten ceremonielsten Hofe Europa's auf, sowohl Bewunderung als Verlegenheit erregend.
Richelieu mochte
*) Folgerichtig verbieten Reactions ? Menschen Studien der Alten ; folgerichtig müssen sie auch das Wort Freiheit in der Sprache zu vertilgen sich bemühen. O tåten sie's doch ! damit sie umsoschnel ler des Geistes Obmacht kennen lernten ; ihre halbe satanische Bosheit ist langweilig.
1
165
feinem Kardinals - Rang nichts zu vergeben , Krankheit vorgebend, Botschafter im Bette empfangen, was anfangen mit einem Buchdrukker als Gesandten ?
Und noch
dazu mit diesem , der durch hohe Einfalt feinste Chikanen der Etikette und der Diplomatie zu Schanden macht, dabei båurisch stolz auf sein von ihm großenteils
neu gegründetes Reich ,
Schlinge ausweicht,
mit Argusblikken jeder
und weder sich selbst noch seinem
Staate das Geringste vergibt, tek fordernd , ihm gleiche Ehrfurcht als den ältesten Reichen zu zollen ! Da zuerst erzittern jene Halblinge , ahnend, daß sie die Hånde in ein Wespennest geſtekt ; aber zu tief schon haben sie sich eingelaſſen , und obwohl absolut ehrlos, fürchten sie doch den Ruf des von Europa hochbewunderten Mannes, der selbst die Gewalt des Donnerers gebrochen! 8. Welcher Reichtum der Ereignisse schon damals hineingedrängt in den Zeitraum weniger Jahre. Ein neuer glorreicher Staat, des allgemein gefürchteten Englands Nebenbuhler , dessen erstes Hauptgrundgesez abso= lute Freiheit jedem Bürger ; ohne Herscher , ohne Adel, ohne Priester, weder bevorrechtete Stånde noch bevorrechtete Glaubensform duldend ; in jener Zeit eher als ein Reich des Mondes denn dieser Welt angestaunt ; es ist handgreiflich da ,
was deſſenungeachtet dem Be-
grif völlig unglaublich bleibt.
Ein Buchdrukker besiegt
im Geschäft ergrauete Diplomaten ; ein Landman mit zuſammen gelaufenen Milizen , die Kohlenträgern åhn-
166
licher denn Soldaten, erprobte Feldherren und nach Fries drichs Muster exercirte Soldaten !
Es war und bleibt
wahr, und bleibt doch unbegreiflich ; und zu großem Glücke ; denn dieses Unbegreifliche gehört zur Ausname aller übrigen höchst schädlich wirkenden Unbegreiflichkeiten (S. 22.) welches wohlthuend wirkt; -- eben, weil uns begreiflich, schlummert Europa fort, und trift vor dem schwer heraufziehenden Gewitter keine ableitende Vorkehrung; die in völligem Absterben liegende Menschheit bedarf aber einer Radikalkur , sie muß
gleichsam um
und umgekehrt werden, wenn sie für neues ebleres Leben empfänglich werden Friedrich,
sol.
obwohl noch
Denn ,
selbst
der
greifende
immer groß , erkent nicht,
daß die in seiner Jugend giltig gewesenen Formen sich völlig überlebt haben ; sein Soldatenwesen zeigt schon im Baierschen Erbfolg - Kriege kaum Spuren alten Ruhms ; der bloße Name nur macht die alternde Kaiserin noch zittern; war Joseph
nicht gebunden , es håtte unheilvol enden können! - Und ach ! dem von übermåFigen Arbeiten zu früh Geschwächten entgeht Muth und Kraft beider Brutus, Timoleons, Titus Manlius und Peters! - Drum haben die Geschichtschreiber Unrecht, die ihm den
Vorwurf,
den Tacitus dem Augustus
mit Recht, machen! -
9.
Bevor wir zur Revolutions - Darstellung schreiten, müſſen wir notwendig Bürgertum und Kriegswesen wie sich Beides seit der Römer - Zeit gestaltet , gedrängt betrach-
167
ten ; auch das Verhältniß
aller übrigen
europäischen
Staaten jener Zeit zu Frankreich.
Indien
und
Egypten befizen
Kriegerkasten ,
aber
keine eigentlichen Bürger im jezigen edleren Begrif. Nur bei Juden finden wir Bürger im edelsten Sin des Worts!
Bei Griechen und Römer gibt es Bürger, aber
sehr verunstaltet von mit Theokratie vermischtem Kastenwesen ; denn sie haben Sklaven stat Paria's, eigentumslose Einfassen
ohne Bürger- und Kriegs-Ehren,
und
find ohne Ahnung absoluten Rechts - Begrifs , wonach es eben Staats - Pflicht: „ Allen seinen Bewonern Eis gentum geben zu müssen ! ”
So findet sich auch keine
Spur, daß sie Ahnung Einer Menschheit gehabt ; denn Plato und Aristoteles, die ganz zweifelsfrei bedeutendsten Theoretiker der Alten ,
erklären eine Stadt mit etwa
5000 freien Bürgern für (Nebenbei :
Ideal
eines
Staats.
Schon aus diesen wenigen Zügen mußt
Du mein Leser deutlich einsehen, daß Jesus und Paulus nur aus jüdischem Volke hervorgehen
konten ,
bei
dem absolute Bürgergleichheit von Moses vesi gegründet war ;
denn Priester und Leviten waren nur
Tempeldiener, aber eben darum eigentumslos, eine scharf zugeschnittene Ausgleichung, wodurch jener Vorzug eher als Nachtheil gelten mogte, da er sie abhängig von den übriger Stämmen stelte.
Drum wiederhole ich , was ich schon
in den Feliciern ausgesprochen : bis jezt finde ich nirgends so volkommene Staatsbildung wie sie schor von Moses konstruirt worden ;
diese aber noch jez
wenig verstanden, wie solten seine unmittelbaren Nach.
-
---
168
folger fie verstehen ? Unmöglich ! und daher Verfal jüdischen Volks , welches außerdem noch diesen Tag unerschüttert veststånde ! — )
Wir finden also weder bei Griechen noch Römern, weder volkommenes Bürgertum noch Kriegswesen ;
ins
dessen sind doch beiden Völkern , so lange sie wahrhaft blühen , beide Begriffe so
untrenbar verbunden,
daß jeder Bürger abſolut ehrlos , wenn er nur Feig heit zeigt, vielmehr wenn er dem Kriegsdienst auszuweichen strebt.
Hoch erhaben steht Sokrates , schon
von Apollo zum ersten Weisen der Menschheit gekrönt, indem er als gemeiner Krieger, den zwiefach wohlverdienten Lorbeer dem jüngern Freunde zuwendet ! wie Redner , den Philosophen
Den Sånger
wie Staatsman ,
nichts so sehr als Zierde des Mannes ,
Bewahrer selbstschirmender stolz froher Freiheit ! sind auch,
nach Thukydides ,
der
ehrt
das Schwert!
Griechen
Und
Kämpfe
höchst kleinlich im Verhältniß zu denen der Römer , und ist daher sehr wahrscheinlich , daß die gern aufschneidenden Griechen den Zug Xerxes höchst übertrieben, so werden nichtsdestoweniger Miltiades , Aristides
und The-
mistokles , und besonders Leßterer , durch so früh schon kund gegebene Erkentniß
unfehlbaren Mittels
jede Eroberungssucht zu Schanden zu machen, ewig als Helden erster Größe glänzen ; so wie Moskau's Flammenmeer Napoleon verbrant , so Athens Flammen das zallose Heer der Barbaren !
Diese Weltthat iſt ab-
solut erhabenste der Gesamt- Geschichte Griechenlands !
169
Griechische wie römische Bürger, verpflichtet ſich ſelbſt auszurüſten , im Kriege selbst zu erhalten , laffen lang= wierige und entfernte Kriege nicht zu ; daher bei Rômern erste Grundlage des Verderbs einfältig erhabener Sitte , Belagerung Veji's , wo erste europäische Soldsoldaten vorkommen.
Zwar ist der Sold so unbedeutend,
daß der abwesende Konsul Regulus um Abrufung anhålt ſein kleines Gut bestellen zu können, in der Zeit wo Rom schon Weltmacht, doch wäre es ohne diesen Sold nie Weltmacht worden. Welche der unsterblichen Taten ,
welchen
aus der
Legion unsterblicher Helden ſol ich auszeichnend nennen ? Nur Eine That , absolut erhabenste Aller , die wahrhaft göttliche Größe Roms nach der Schlacht von Cannå. — Gefallen ist Blüte des Senats , Adels und Volks , der Staat ohne Heer , ohne Geld , ohne Kriegsmaterial, offen die Weltstadt, und der absolut größte Feldherr der Gesamt- Geschichte, Hannibal, in ſiegender Nähe , und täglich , stündlich vermindern sich Bundesgenossen , vermehren sich die Feinde
da weist der wahrhafte
Königs - Senat nicht nur Friedens -Vorschlag des Siegers zurük, sondern schreibt solche Bedingung , nicht als ob Hannibal vor den Toren Roms , sondern Er , der Senat, vor den Toren Karthago's stånde!
Wåre Rom
damals untergegangen , nie kont es würdiger fallen ! — (Beiläufig : Ihr Mahmuds Unbiegſamkeit tollkühn Nennende , habt Ihr bedacht , daß der Mann keine erhabnere Urne sich stellen kann , als die Ruinen weiß ich ob er Selbstmacht genug ;
zanz ? Nicht aber ,
thắt er's !
wahrlich er lebr' ewig im heiligen Liede Gott befeligter
170
Sånger, die allein echte Mans - Macht zu würdigen wissen!) Unter der Legion erhabener Månner Roms, ist Titus Manlius Torquatus absolutes Haupt Aller : der mit Lebensgefar erst den grausam züchtigenden Vater rettet, dann , den nicht verbrecherischen , sondern edlen sieggekrönten Sohn , dem Wohl des Vaterlands opfert ; absolut größte That der Gesamt- Geschichte überhaupt ! —
Wåre Rom gleich groß im Glükke wie im Unglüffe geblieben , noch heute hielt' es in erstaunender Ehrfurcht gefesselt die Welt ! Aber Jahrhunderte zuvor , ehe nordische Völker die alte Welt begraben , stürzt Rom schon in sich selbst zuſammen ; und nichts furchtbar tiefen Fal ,
beeilt mehr den
als Verfal strenger Zucht des
Kriegs , womit in unausbleiblicher Wechselwirkung lezte Epur edlen Bürgertums verfält. vormals für Könige
Roms Bürgerrecht,
kaum zu hoffendes Ziel, noch
Paulus rühmt sich dessen mit edlem Stolz , nun von elendesten der Sklaven verachtet. Beide Kato's vermogen nicht hereinströmendes Sitten-Verderben aufzuhalten, und die edlen Gracchischen Jünglinge werden nicht unmittelbar gerächt , um spåter desto fürchterlicher durch Umsturz uralter Freiheit gerächt zu werden.
Marius
zwar noch rettet durch Erneuung alter Zucht vor Cimberischer Barbarei ,
aber nicht vor
Cåsar wahrhaft groß , Haar salbt;
aber
obwohl
der seiner selbst.
er mit Goldstaub das
schon ist Pompejus
als Jüngling
Heerfürer , bevor er um kurulische Aemter angehalten, und hat den Beinamen Magnus in Bürgerkriegen erworben , nicht wie der erhabene Scipio , der als Jung-
171
ling das Vaterland von Hannibal befreiet ; so fålt endlich Herschaft der Welt dem schleichenden , schwachmütigen Octavius anheim. Nun Gunst des Fürsten, Ziel des Bestrebens Aller ; Nachkommen Cincinatus , Kamillus , Decius , Papirius und
alles unsterblicher Helden, buhlen um Sonnenblikke
vielgeltender Buhldirnen ; denn rühmliche Taten sind gefårlich eifersüchtigen Launen des Herschers ; und so schildert Tacitus, der ſpåte edelste Sprößling des schon sterbenden Roms , unübertreflich Höflings - Art , wie diese sich schon beim Tode des ersten Fürsten ausgebildet : „ Aber „ żu Rom eilen in die Knechtschaft , Konsule , Våter , der Ritterstand : je erlauchter einer , desto mehr falsch und „hastig , und mit zurechtgelegtem Gesicht, damit sie „ nicht erfreuet über des Fürsten Hinscheiden , nicht zu „ traurig beim Regierungsantrit
schienen , mischen sie
„ aus Schmeicheleien , Trånen , Freude , Klagen."
(An=
nalen 1. B. VII .) Und schon ist Gebrauch ,
daß der Fürst nicht in
Liebe des Volks Schuz sucht , sondern ihn erkauft von pråtorischen Kohorten , - und nicht lange, so bietet die Kaiſerin, das Scheusal Agrippina , Tochter des hers lichen Germanikus Leib Sklaven
und der
keuschesten Mutter , ihren
feil , dem Sohne Herschaft durch diese
gråßliche Entweibung erkaufend, wie sie dem Sohne selbst ſich preis gibt, Anteil an der Herschaft zu erlangen. Schaudererregend !
daß Herschsucht ,
unters Vieh erniedrigen kann ; eben so dem Weibe
niemals
Menschen
zu ewiger
so tief
Warnung,
Regierungs- Einfluß zu
172
gestatten , als nichts so sehr denn Weltmonarchie zu fürchten ! Nicht lange, und Pråtorianer bieten Meistzalenden Herschaft der Welt aus ,
und
die Herscher der Welt
find Sklaven ihrer Sklaven, und von diesen nach Laune ein- und abgesezt, häufig gemordet. So bietet Roms Soldaten-Herschaft noch schöneres Bild, und es gehen unvermeidlich noch schönere Früchte daraus hervor, als Seite 110 von der der Kondottieren nachweist ; hers liche Empfelung für Theorie Adam Smiths !! Aber schon långst gibt es auch im Senat wie im Heer, und selbst unter den schnel wechselnden Kaiſern keine geborne Römer mehr , viele der Leztern bekommen Rom nicht einmal zu sehen ; und von den Nachkommen alter Geschlechter lebt keiner mehr , Alle gemordet der Eifersucht der Pseudo- Herscher und wilkürlicher Laune wilder Soldateska ! Das Heer von barbarischen Stämmen ergänzt ; was Wunder , daß diese das långst zerfressene Gebäude mit leichter Mühe zuſammenstürzen ! Die Menschheit bedarf völliger Verjüngung , der uralte Zwiespalt Asiens und Europa's verschmelzende Ausſöhnung ; beides geschieht,
indem nordasiatische Völker,
seit unbekanten Jahrhunderten Europa bewonend , vom Welt erfüllenden Ruhm Roms gelokt , stets gegen Westen fich drängen, ewiges Eisgebirge der Alpen übersteigen, wo ihnen der damals wahrhaft heilige Vater mit Verkündigung der Lehre der Liebe , südasiatischer Schöpfung, entgegenkommend , Friedenskuß bietet , und die unverdorbene Gemüter durch Erzälung wunderbarer Weltschöpfung, des Mensch gewordenen und für Menschheit versöhnende
C
173
Einigung dem Tod des Verbrechers sich selbst opfernden Gottes, der liebender Vater aller Menschen sey, fesselt und ihre Wildheit jämt.
So wird die Mensch-
heit nicht nur verjüngt , nein , vielmehr ganz neu erst geschaffen, da sie bis dahin selbst dem Namen nach nicht gekant ist.
Europa trit als vermittelnde Versöhnerin, -
des sich völlig fremden Nord- und Süd -Aſiens ein. Und diesem heiligsten Beruf wilst Du Ur- Geliebte Zeus (Wortsin: Leben Austeilenden) entsagen ? Tod und Verderben nach Asien hinübertragen, stat Liebe, Haß ausfåen ? Bei der ewigen Liebe beschwöre ich Dich , entweihe so fürchterlich nicht Deine göttliche Bestimmung!
So geht Bürgertum und Kriegswesen alter Welt, nachdem es ſich långst überlebt, endlich völlig unter. Zwar bleibt fast tausend Jahr långer Byzanz und griechisches Kaiſertum,
aber
nur Schmarózer - Pflanzen
gräuliches
Leben durchfürend ; nicht durch eigne Kraft sich erhaltend, gesichert allein durch absolute Verachtung der es umgebenden Völker, deren Ruhmdurst stets Rom zuzieht, wäh rend Unterjochnng
völlig
entmenschter
Griechen
eher
Schande als Ruhm verspricht , nachdem mit Justinian, Belifar
und
Narses *),
lezte
Werts bei ihnen untergegangen. dern Anblik gibt's ,
Spuren
menschlichen
Keinen herzzerreißen-
als wenn Nachkommen ruhmvoller
*) Narses merkwürdig , der Eunuch, so fürchterlich als Feldherr fich zu machen weiß , daß , seinem Zornblik zu entgehen , ein unterer Befehlshaber sich selbst entleibt. So kann selbst in Eus nuchen Ehrfurcht gebietend månliches Selbst - Leben sich of fenbaren : uns aber bleiben Justinians Pandekten , Gesezes: Grundlage, somit zålen wir selbst Todten uns zu ! —
-
174
Altvordern , so ganz und gar versinken , wie griechisches Volk versank, zu schmerzlich dabei notlos zu verweilen ; da nun überdies
bis zur Osmanen Zeit Griechen auf
Europa fast gar nicht einwirken ,
so berühren wir sie
nicht weiter.
10. Des Nordens Völker kennen nur Krieg , vom Bürs gertum nicht Namen vielweniger Begrif.
Furchtbar große
artig ihre Kampfgier bei Tacitus : „ Schande scheint, durch Arbeit erwerben , was ehrenvol durch Blut zu erkaufen ist." Lehre der Liebe zuerst durch Ueberraschung einnehmend, dann mehr und mehr selbst entartend, Unduldſamkeit und blutige Verfolgung predigend , sået Haß und Rache aus, und verwildert völlig die etwas gezåmten Halbwilde. Rom selbst oft zerstört enthält Schuthaufen und kaum Spuren früherer Größe ; das überreiche und übervölkerte Italien verödet,
mit
ihm Gallien , Spanien ,
Afrika.
Ueberall steigt Feudalherschaft empor ; überwundene freie Bürger werden zusamt ihren Sklaven Leibeigne , sowohl weil Christentum damals ( !) Sklaverei mildert, als weilder Norden nur Leibeigenschaft kent.
Dem selbst gewählten
Feudalfürsten , den nicht adlige Leibes - Geburt , ſondern auszeichnende Tapferkeit erhebt, folgen im Heerban Freie zu Pferde, begleitet vom Fußtroß ihrer Knechte. Der Norden kent theokratisches Unwesen nicht , egyp
tisch pestartige
Erbschaft
( S.
135 ) ,
daher
ist
er
vorzüglich empfänglich für rein geistige Lehre echten Christentums denn bildlos , dem Gemüt nur erkenbar verehrt er die Gottheit -- aber es gibt keine anstekkendere Krankheit als Herſchſucht; denn nicht lange , und die
175
Feudalfürsten streben nach erblich despotischer Herschaft, deren Spuren sie im Auslande finden, und ihnen wird unbequem mit ihren Mannen eroberte Lånder zu teilen, und es begint ein neuer Kampf,, noch diesen Tag nicht durchgekämpft : Kampf der Fürsten mit ihrem allein freien sogenanten Adel !
Indeß hat glüklicheres Italien, von dem reichen mittelländischen Meer überall umflossen, durch zallose Küsten dem Handel günstig , viele Städte neu erbaut , woher völlig neues Bürgertum ausgeht die Welt neu gestaltend.
Bald erkennen die Fürsten in diesem Mittelstand
reiche Unterstüzung ihres politischen Strebens von Abhängigkeit des Adels sich zu befreien ; so wie im Gegenfaz die Bürger zu den Fürsten sich hingezogen fühlen, vor Räuberei des Adels Schuz zu finden; denn dieser von Beiden gehaßt und gemieden , drum so eifriger seine Vorrechte (das dem Recht vorausgehende also
Un-
recht !) verteidigend , erwidert Haß mit gleichem Haſſe, und neigt so sich früh zu råuberischem Faustrecht.
worin übrigens
In diesen vielseitigen Kämpfen
reiner Instinkt allein herscht , der in Ahnung nur , völlig unerkantem Ziele zustrebt , und nur beim römischen Bischof mehr und mehr mit Besonnenheit heraustrit erscheint einer der herlichsten Männer
der Geschichte,
Karl der Große ! echt urgermanischen Stammes, sowohl nach frånkiſcher Abstammung, und in Teutschland geboren , als nach treflichem Gemüte.
Welche Blindheit so
Vieler , diesem echt großen Manne, Napoleon nicht nur gleich zu stellen , sondern höher, der jenem verwandt
176
wie die Kaje dem Löwen !
Der Korse behält bis zum
Tode seine wilde korsische Natur, während Karl durch teutsches Gemüt hohen Adel betätigt , so daß , war er auch nicht
geborner Fürst,
er durch seinen Selbst-
Adel des erneueten Ersten Kaiserreichs würdiger Beherscher war! Wir werden spåter noch diesen herlichen Mann berühren , so wie Gelegenheit finden , das Urteil Fichtes über Napoleon , als
eines
nur formellen
großen Menschen zu betätigen ; hier nur so viel: Karl war nicht nur Wieder gründer abendländischen Kaiserreichs, sondern vielmehr noch europäischer Menschheits - Bildung ; und obwohl seine grausamen Verfolgungskriege gegen die braven freiheitsstrebenden S a chſen unter ihren unsterblichen Fürern Wittekind und Albion schärfsten Tadel verdienen , bleibt er doch einer der hers lichsten Menschen der Gesamt - Geschichte , auf den recht eigentlich Worte Müllers anwendbar : „ Erhebend ist's „ die Fehler echt großer Menschen aufdekken zu dürfen, „ ohne daß sie groß zu seyn aufhören , auf, damit wir ,,nicht Muth verlieren , ihnen nachzueifern." Sein großer Ahn stürzt mit vollem Recht die ganz entarteten und verächtlich schwachen Merovinger ; denn , wer Gott beherschen wil, muß seiner Macht sich bewußt seyn, - und wohl ahnet
erkennungsfähige Gottes
der Herliche,
Wesen
daß auch seine Enkel gleiches
Geschik
treffen werde , weil naturzufälliger Leibes - Geburt nicht notwendig die zum Herschen unentbehrliche Geistes-Obmacht beiwohnt. - Von Karl an begint recht eigentlich neue Zeit, so wie der heraustretende Kampf des romischen Bischofs gegen weltliche Oberherſchaft ,
der
177
zwar durch Luther schon größtenteils endete, aber in unserer Zeit erst völlig beendet worden wåre , wenn Napoleons völlige Unwissenheit des rein Menschlichen, ihn nicht neu erzeugt hätte.
Zu Karls Zeit gibt's nur Ein euro-
päisches Reich ,
das
Seine,
alle übrigen sind
nur
gleichsam Anhängsel zu dieſem Einen ; denn der Mauren Besiz Spaniens ist weder vest gegründet noch europäiſch, der Griechen Erbårmlichkeit ohne Einfluß, und die Macht des Pabstes erst im Werden. 11. Bald gestaltet sich Alles anders. Widerstand der Krons vafallen gegen Obmacht eines einzigen erblichen Fürften findet reiche Unterstüzung in Teilung des Erbes unter mehre Kinder, da Erstgeburtsrecht verachtet ist, und in aufstrebender Politik der Påbste. Neue,
Diese gründen aufs
mehr und mehr Universalherſchaft alten Roms,
aber durch absolut entgegengesezte Mittel : das alte Rom, durch immer zunehmende åußere Gewalt, das neue, durch absolute Geistes- Obmacht; jenes also, von Außen nach Innen ,
dieses , von Innen nach Außen.
Wie dieses der Konstruktion des Geistes überhaupt gemåß, ist Mißlingen unmöglich , und es gelingt, so lange Pæosie selbst Geistes - Macht ziert , und es wåre vielleicht
1
das denkbar Fürchterlichste erfolgt , Europa zum Reich Dalai Lama's erniedrigt gesunken, ― denn zu übermächtig ist die Forderung für sterbliche Menschen, daß Einer, und wenn er der Geist- Mächtigste , die GesamtMenschheit beherschend leite, daher Vielheit der Völker unentbehrlich und allein heilbringend — wenn nicht
[ 12 ]
178 Lehre Muhameds , des von sich nennenden Christen verachteten Propheten, einerseits Europa von Westen und Often bedrångt und zu verschlingen gedroht, und ſo zus erst von Allen die zu ſatanischer Gewalt auszuartendrohende Macht der Påbste gebrochen, ― andrerseits die Päbste, sowohl auf Veranlassung dieser Gefar, als weil sie ganz ohne Bewußtseyn echter Idee , sich selbst gestürzt.
Denn sie , welche Macht des Geistes zu vertreten und zu verteidigen vorgeben , wenn ihnen Bewußtseyn dieser Macht, mußten sie erkennen , daß es nur Ein unfehlbares Mittel gibt , diese zu
vestigen :
Lehre und hierauf gegründetes verklärtes Leben ; weil sie aber vom Geiste selbst nichts wissen , artet ihre Geistes- Macht gar bald in ganz gemeine Gewalt -Hersch= sucht aus , worin ihnen
drohende Gefar des Islams
mehr angenehm als unangenehm , ihnen scheinbar trefliche Gelegenheit bietend, die sich ihnen widersezende Weltmacht der Fürsten durch Muhamedaner abzuleiten und ― So find Kreuzzüge zu verstehen!
zu brechen.
Es wirktalso Muhameds Lehre unberechenbar wohltåtig auf europäische Geistes-Bildung und in vielen Beziehungen.
Mittelbar bricht sie zuerst Gewalt der
Hierarchie, unmittelbar ruft sie durch ihre schnel furchtbar steigende Ausbreitung und die ihre Bekenner ents flammende Begeisterung, gleiche Begeisterung bei Christen hervor, ſchöne Zeit der Minnesänger und edlen Rittertums erzeugend, Beide von Arabern ausgehend, bei denen das mals allein unter allen Völkern der Erde griechische Wiſſenſchaft blühet ,
worauf auch keine geringe Zal der
179
von Christen so sehr verachteten und mißhandelten Juden einwirken.
Ueberdies lernen Kreuzfarer durch un-
mittelbare Anschauung ein von ihnen früher nicht geahnetes aſiatiſches Leben kennen. Indem ſie Kleinaſien, Egypten, Syrien, Wiegen menschlicher Urbildung ,
durchziehen,
kann dies nicht verfehlen , besonders empfängliche teutſche Gemüter, mit Maſſen Leben einhauchender Ideen *) zu erfüllen; nicht verfehlen , Vergleichungen , die für Eus ropåer und besonders für Teutsche nichts
weniger als
schmeichelhaft, hervorzurufen ; nicht verfehlen , Einsicht der Plåne der Påbste und der Klerisei überhaupt , diesen nichts stürzt
weniger denn vorteilhaft ,
zu verbreiten.
So
nach ewig notwendigen Gesezen lasterhaftes Be-
streben sich selbst : Europa von Påbsten aufgeregt, Millionen zur Schlachtbank liefernd , hierarchische Gewalt zu vestigen, lernt eben hierdurch diese verabscheuen, unentbehrliche Vorbereitung zur Reformation !
12. Nachdem also Heinrich der
Vogler,
nach ita-
lischen Mustern Teutsche zwingt , barbarische Ur-Freiheit , richtiger Ur - Tierheit , aufzugeben und zu städtis schem Zwang sich zu bequemen , treflich vom nachfolgenden treflichen
Sohn unterstüzt, und
städtisches Bürgertum
mit der Zeit
bei Teutschen mehr und
mehr
*) So ist 1. B. Mos. 2. 7. zu verstehen : 99 durch Einhaus ,, chung göttlich lebendigen Odems , d. i. der, götts ,, liches Leben allein enthaltenden , Idee , gelangt ,, der Mensch erst zum Besiz lebendiger Seele, d. i. ,, Geift!"
180
einheimisch wird ―
zeigt sich bald die , Teutschen eis
gentümliche, Gemüts - Richtung : stets in die Tiefe einzudringen , sich anzueignen gediegene Fülle und Klarheit, nicht wie andere Völker mit oberflächlichem Schein sich zu begnügen ; hierzu eben so durch teutsche Urvolkstümlichkeit, wie durch belebende Ursprache gedrängt, als auch durch eigentümliche Lage des Landes in der Mitte Europa's , nur wenig vom Weltmeer umspielt,
drum so
bequem als notwendig zum Landverkehr mit den es umgebenden Völkern , weniger jedoch als übrige Reiche Europa's zum See- Welt- Verkehr geeignet ;
aber eben
darum gesichertem Wohlstand entgegenreifend , keinem übereilten , zu welchem andere Völker eben vermit telst Seefart gelangen , wodurch sie aber auch eben so schnel sinken, als sie schnel, nicht genug vorbereitet , ſtei- Denn , so geht in Italien durch überraschende gen! Reichtumer, welche sowohl Besiz damaligen Welthandels, als Erpressung der Päbste dahin zieht, das kaum erwachte Bürgertum wieder erhizte
unter ; die von Klima und Wein
Sinlichkeit schon
an sich vorherschend , findet
durch jene Reichtümer überreiche Nahrung, in glühenden Leidenschaften zu rasen, daher Italien das Land wütend sich hassender und verfolgender Parteiungen , Bürgertum unzuläßig , welches nur auf friedlichem Boden gedeiht. Jene Reichtümer sind zwar vorzüglich heilbringend neu erwachender Kunst , in Folge deren unausbleiblich auch Wissenschaft aufblüht , daher Italien reich bekränzt von Dichtern, Künstlern und Wiſſenſchaft fördernden Männern, aber weil Sinlichkeit vorherſcht, bleibt auch vorherſchend Trieb äußern Glanzes ; nicht durchdringt echte Liebe
- 181
―
die Gemüter; Wissenschaft und Kunst werden wenig um ihrer selbst willen getrieben, sondern versprechenden Nuzens wegen, und höchstens ob zu erwartenden Ruhmes, und darum Bruno der einzige ech te Philosoph ; so wie dort bis diesen Tag echte Religion kaum geahnt ist. Anders bei Teutschen.
Kaum hat städtisches Leben
vest gewurzelt, als schon trefliche Früchte echten Bürgertums
emporreifen, worin ungekant wütende Parteiung,
so daß selbst Macchiavel vor allen Völkern sie preiset : „ welche sparsam bei eignen Genüſſen, zu allgemeinem Besten freudig spenden mit Verschwendung !” Solt' ich melden, was teutsches Bürgertum in je ner frühen Zeit schon Herliches volbracht, wahrlich Folianten müßte ich füllen , keinen Oktavband , auch bedürfte es vieljähriger Studien.
. Aber Ein Fehler, aus Schein - Zugend entspringend, verdunkelt die wirklich erhabenen Tugenden edel teutschen Volks, so vormals so jezt : „Falsche Bescheidenheit !" wodurch Es seinen hohen Wert so ganz und gar verkent, daß es treuherzig nicht nur dem Auslande allein Wert zuteilt , sondern ihm selbst nachspricht : Barbaren ! "
„ Teutsche seyen
Hat ja selbst der außerdem wahrlich in
jedem Betracht
verehrungswürdige
Humboldt seine
Hauptwerke französisch verfaßt, obwohl er in seinen „ Ansichten der Natur” köstliches Teutsch schreiben zu können bewiesen.
Da nun dieses Mannes , im ſtrengsten
Sin des Worts, Genius - Begabung so wenig zweifelhaft als sein echt teutsches Gemüt, obwohl er, gleich Lafayette , ´altadliger Abstammung , also zu seltner Ausname feines Standes gehört so ist nur um so unbegreiflicher
182
-
diese Beschimpfung seines edlen Volks ! die Ehre!
Der Wahrheit
Je inniger wir diesen Mann verehren , desto
weniger mögen wir den Vorwurf vorenthalten , den unparteiische Geschichte ihm zuerkent , und um so weniger, als es vielleicht noch ihm möglich den Fehler gut zu machen.
Durch nichts Anderes ,
denn diese falsche Bescheiden=
heit, steht teutsches Volk bis dieſen Tag zersplittert , ohnmächtig hingegeben verrucht ausländischer Einwirkung, daher Teutschland, Tummelplaz wild verheerender Kriege des Auslands , so im dreißigjährigen , so zu unserer Zeit. „Stat , wie es dem , von Urgesezgebung vorzugsweise vor „absolut allen jezt lebenden Völkern, mit Geist reich ausgestattetem Volke geziemt und gebürt : allen Völ,,kern
Geseze vorzuschreiben
nicht auf Aus =
„ lands - Art durch Waffen - Gewalt , sondern
durch
„ Lehre und Beispiel — dafür von Ehrfurcht beglei= „teten Dank von Jenen empfahend, åft es , durch von „erbärmlichen Halblingen ihm gepriesene Beſcheidenheit, ,,welche, wie Erfolg zeigt, absolut scheußliches Laster ist, „ Narheiten des Auslands nach, und entwürdigt so nicht „nur Sich selbst, sondern in Sich das Ausland !
Denn,
„ dieses, seines Verspottens ungeachtet , erkent instinktə „artig im Teutschen, den ihm von Urgesezgebung bestimten Herscher, um dessen Beifal Es bühlt , nach ,,ewigem Gesez geistiger Obmacht.
Diesem Instinkt auch
„ allein hat Teutſchland `ſeinen bisjezigen Bestand zu ,,verdanken , sonst es längst Teil des Auslands worden „wår ; aber eben , weil benachbarte Völker in Leutſchen,
183
„edelstes Volk Aller , dunkel erkennen , hat deren gegen= feitige Eifersucht bisher Es erhalten , zu nicht geringer Wolt „ Schande dieses allein hochgebildeten Urvolks ! "Ihr ferner unwürdig zufälligem Glücke nur verdanken, was ,,dem Selbstwert echter Maunes - Macht allein geziemt ?! Sehr wünschenswert wenn Mehre, und zwar der Tüchtigsten , was
teutsche Art und Kunst in jener
frühen Zeit schon geleistet ,
mehr an das Licht bråchten , und zwar in würdiger Geschichts- Sprache nach Taciz tus Muster, des Ideals treflicher Geschichts -Darstellung ! Dies wäre zweifelsfrei von erhabener Einwirkung auf teutſch edel volkstümliche Bildung, anstat jezt die Meisten nuzz los ihre ihnen verliehene Geistes-Macht vergeuden, um in zallosen Schriften mit höchſtem Aufwand stüpider Gelehrsamkeit und Verstandes Kraft zu beweisen : Abſchreiber håtten bei Aeschylos und Eurypides, bei Cicero und Sallust, Clemens
und Albert und so bei tausend
mehr und minder Bedeutenden der Alten hier ein c stat e dort o stat v u. s. w. u. s. w. gestelt - freilich wichtiger als sich darum zu bemühen in unmittelbarer Gegenwart das zu vestigen ,
was allein Noth thut :
„Vernunft! "
(Verzeihe Leser, der zu reiche Stof verlokt immer von Neuem auf Seitenwege .
Aber dieses Werk sol ja nur
Versuch seyn , ähnlich dem des Senne prüfenden Odyſseus und eben so zwiefacher Art ; sowohl , ob in zwan = zigjährigem Verſchluß Wurmfraß nicht Bogen und Schnur verdorben , als auch , ob Kummer und Noth nicht MansMacht gelähmt
und siehe !
Beides ist wohl er=
184
halten ! Denn Odysseus , nachdem er : „ mit vorschauen„ dem Blick das eherne Geschoß durch die Aerte geſchnelt, „rasch wirft er die Lumpen fort, schwingt freudig sich „empor zur hohen Schwelle und raft :
„Nicht , Tele-
,,machus, bringt Schande Dir im Palaste der Fremd = „ ling !
Nicht fehlt' ich das Ziel, und den Bo =
„ gen zu spannen , ward nicht lange gestrebt! „ Noch
ungeschwächt
ist die Kraft mir, nicht
„ also wie die Freier mich ausgehöhnt und ent" ehrt! Doch Zeit ist's , den Achaiern den „ Abendschmaus zu bereiten , noch bei Lag !
und
„ nachher ist andere Belustigung übrig , Lautenspiel „ und Gesang ! " Anwendung bleibt Dir überlassen, nur auf Spur sey geleitet: Seit Fichte zu früh gestorben, ruht teutſche Philoſophie aber außer der Leutschen gibt's Keine - also seit Fichte nicht geschrieben, hat teutsche Philosophie, zum Glük gut verwart geschlummert , es ist Zeit , daß sie Macht ihres Worts darweise ! Beiläufig : Wohl interessant müßte es seyn, wenn von geschikter Hand auf Plutarchs Weise, die Freier , welche, ſeit Kant und Fichte , die keuscheste und holdseligste Götz tin ,,Philosphie!" mit kreischendem Schreien umschwirren, fremdes Gut verzehrend , mit jenen der Penelopeia vergleichend dargestelt würden , deren Aehnlichkeiten nicht schwer zu finden ; denn so wäre z . B. der jezt vorzugsz weis Angestaunte, wie er - Wissen (?) schaftliche Kris tik Seite 318 vor wenig Wochen - sich selbst zeichnet, offenbar dem „ Kuhfuß werfenden Ktesippos " ~ ſehr ähnlich, wenn er überhaupt Freiern und nicht treffender
185
dem, mekkernde Ziegen zu vergleichen ?
-
weidenden Melantheus
Es gibt schlechterdings keinen sicherern
Beweis, daß Kant und Fichte , und Philosophie bis
diesen Lag gar
allein echte
wenig
gekant find,
´als den , daß dieser Mann , der , wenn es ihm überhaupt möglich war , Sprache sich zu erwerben , (?) allenfals im gewöhnlich Hiſtoriſchen , weil er nicht arm an äußern Kentniſſen , etwas leißten konte, als Philosoph nur den mindeſten Ruf zu erlangen vermag.
Keine,
feiner Gesamt- Natur widerstrebendere Wiſſenſchaft konte er wählen - und so finden auf ihn , und bei weitem auf die Mehrzal jeziger sogenant Philosophie- Befliſſener, Worte Theoklymenos Anwendung : „ Máuner , was
duldet ihr !
Rings
„ Ach unglükſelige ja
in Nacht sind
„ euch gehült die Häupter, die Angesicht' und Glieder! ,,Schreklich ertönt Wehklag ', und trånenbenezt sind die „ Wangen !
Blut trieft auch an den Wänden , und jeg-
´ „licher schönen Vertiefung !
Vol der Schattengebild' iſt
„ die Flur , und vol auch der Vorhof, die zum Ere„ bos eilen in Finsterniß !
Aber die Son' ist ausgelöscht
„ am Himmel, und rings herscht gräßliches Dunkel !” Jener spricht's doch Alle mit nårriſchem Lachen vernehmen's und erwidern : „ Hört, wie raset der Fremdling, „ der jüngst von Ferne daher kam! „ linge , schnel ihn hinausgefürt
Auf,
aus
der
ihr
Jung-
Wohnung,
„daß er zum Markt hingehe ; denn hier scheint al,,les wie Nacht ihm !"
Ihnen : antwortet Theoklymenos
" göttlicher Bildung : „ Keineswegs verlang' ich Eure „ Geleiter ; denn mir sind noch Augen und Ohren geſund ,,und die Füße , auch der Verstand ist mir nicht irre
186
„geworden.
Hiermit gehe ich hinaus : denn schon er-
,,kenn' ich das Uebel , das euch naht ; dem keiner durch „Flucht ausweichet noch Abwehr, All' ihr Freier, die ihr
دو, Männer verhöhnt und Böses verübet!" „Aber Hermeias erregt den Freiern von Neuem ,,maaßloses Gelächter , und macht mehr noch verwirt die
"" Gedanken ; und schon lachen sie Alle mit wild verzertem ,,Antliz ; effen blutbesudeltes Fleisch, und die Augen find „Trånen erfült, und ihr Herz umschwebet Jammer ! ")
13. Das Eine Reich Karls , obwohl viele Jahrhunderte Haupt Aller europäischen bleibend , teilt früh ſich in zwei fast gleich mächtige :
teutsch - römisches und
französisches. Erstes Lånder-Gebiet umfassender, aber an innerer Macht mehr und mehr zurücktretend gegen Frankreich aus zwei Ursachen ; meist wirkende : weil påbstliche Politik mehre Jahrhunderte fast einzig gegen Teutſchland kämpft, richtig erkennend, daß in jeder Beziehung von hier aus
Untergang droht , durch Luther
spåt bewårt ; daher verhindern Påbste nichts so sehr als erbliche Kaiser Macht , wodurch sie bald die Wahl nach Wilfür leiten; nebenwirkende , aus Wechselwirkung der vorigen in
hervorgehend :
Frankreich
nicht
nur
verhindern
monarchiſche´ Erblichkeit
dern befördern sie ,
dieses Reich zum
nicht,
Påbste fon=
Gegengewicht
Teutschlands benuzend ; daher hier mehr und mehr sich bildende Monarchie,
in deren unausbleiblicher Folge so
verstärkte innere Kraft , daß es endlich unter Franz L, gegen Karls V.
unerhörte Weltmacht, wogegen selbst
187 Römische unvergleichbar ,
da er sagen
durfte ; „ in
meinem Reiche geht die Sonne nicht unter , " alleinstehend kämpft und obwohl der König gefangen , selbst nicht unterliegt !
Faffen wir 600jährige Periode bis um die Zeit von Huß und Sigismund gedrångt zuſammen, so ergibt sich: Teutsch-Römisches Reich zuerst Ein Europäisches ; bald zweifelhaft ob Kaiser oder Pabst Obmacht ; Reiche; dann Frankreich hinzu ,
Drei.
Drama treten zwischenspielend als mehr
also zwei
Im
großen
und minder,
långer und kürzer glänzende Meteore ein : Saracenen, unmittelbar aber unbedeutend in der pyrendischen Halbinsel, mittelbar und höchst bedeutend, vermittelst Kreuzzüge ; Normånner in Frankreich , England , Italien , (übriger Norden nur dürftig durch Hansa gekant) ; Ungarn's barbarische Streifereien in Teutschland ; orkanstürmische Gefar, tartarischen Oschingis- Chan's ; italiſche Republiken, Mailand , Florenz , bald Fürstentümer ; Venedig, Genua, bis unsere Zeit erhalten , aber längst durch Handelsgier abgelenkt von echt menschlicher Bestrebung ; Englands Emporblühen, wohl bedeutend auf Frankreich einwirkend, aber noch keine europäische Macht ; - Schweiz allein unter Allen erhabene Tugend der Alten erreichend ; Hansa richt nur auf Teutschlands volks- und bürgertümliche Bildung am allerbedeutendsten wirkend, sondern hierdurch auf Gesamt-Menschheit, weil ohne Hansa es kein vorbereitetes Akkerfeld gåbe, in welchem zarter Same der Reformation sicher ausgestreut und veste Wurzel faffen mag ; weil, obwohl sie zur Zeit
188
Luthers schon im Verfallen , doch noch furchtbar genug ist, so Kaiser wie Pabst und Klerisei zu achtſam vorſichtiger Handlungsweise zu zwingen , besonders Leztere, ob reicher Spenden ihres Reichtums !
Gregor VII , um so größerer hierarchischer Regent, je lasterhafter als Mensch, erringt leichten Sieg über Heinrich vom
IV. ,
besonders
wahrhaft
auch
heiligen
dadurch
Bonifacius
indem
das
gegründete
Erzbistum Mainz , Primat Teutschlands erwirbt, defsen Besizer mehr und mehr Påbsten nacheifernd , allen teutschen Bistümern Vorrang vor weltlichen Fürsten erstreiten, und so endlich Kaiserwahl von Geistlichen fast allein abhängig machen.
Nun nicht mehr zweifelhaft,
daß die Verhältnisse sich völlig umgekehrt : das Kaiserreich von erstem zu zweitem, hierarchisches aber von zweitem zu erstem Rang übergegangen.
Jezt nun bedürfen
Påbste in Frankreich keines Gegengewichts mehr , und bald ist ihnen auch dieses Reich wie Teutschland untertånig , welches sie vermittelst England unterdrükken helfen, und Rom ist Hauptstadt der Welt wie vormals. Aber vom Stuhle Petrus weicht jede Mäßigung,
mit
ihr, selbst gewöhnliche Klugheit ; auch die unermeßlichften Schazungen reichen zu frivolsten Verschwendungen der sogenant heiligen Våter nicht zu ; Oberlehnsherren des Kaiserreichs , mehrer Königreiche und zalloser weltund geistlicher Fürstentümer leiden oft an Geldmangel, und erniedrigen sich zu kleinlichsten Mitteln Steuern zu erz preffen , und werden so immer mehr von Fürsten und Völkern mehr gehaßt als gefürchtet.
189
Lafter stürzt sich selbst und muß wider Willen Tugend vestigen :
Johann von England gezwungen , dem
Pabste sein Reich zu übergeben, wird vom aufrührerischen Volke gezwungen Magna - Charta zu erteilen : „ Erstes „ Fundament europäiſch ſtelvertretender Ver„fassung !"
Bis diesen Tag noch nirgends Ver-
„ nunft gemäß vestgegründet, und am Wenigsten in „England, nichtsdestoweniger für ganz Europa, und ver„ mittelſt dieſes Weltteils für Gesamt - Menschheit un,,mittelbar lebendiges Musterbild ständischer
Verfas
„sung, unschäzbaren Wertes !”
Aber Teutschland erheben von schmähligem Fal ehrwürdige
Kaiser
hohenstaufischen
Stammes ,
Zierden
gebildeter Manns -Macht , und obwohl Alle unübers wunden
unterliegen,
heilige
Mårtyrer
im
heiligen
Freiheits-Kampf gegen nichtswürdige sataniſche Tyrannei der Priester , sind sie doch die recht eigentlichen Sieger, nicht nur durch glüklich nachgahmte politische Kunst der Påbste, indem sie mehre Påbste aufstellen , so wie Gregor VII. mehre Kaiser aufstellend , das Kaiserreich gebrochen, sondern vorzüglich dadurch , indem Friedrich II. , Innocenz IV., furchtbarste der gegen Hohenstaufen fechtenden Päbste , doch zwingt nach Frankreich zu entfliehen, welches von höchst bedeutenden Folgen.
Denn , Nähe des
Scheusals mit seiner scheußlichen Umgebung , lößt nicht nur in Befangenheit erhaltenden Nimbus, wodurch die fernen Påbste Ludwig IX. *) verblenden, so , daß Innocenz was *) So hohe Vorzüge diesen König zieren , ihm Heiligung von På b ften zuziehend, Eine verruchte That beflekt zu sehr sein Leben,
190
er gegen Friedrich durch diese Flucht gewint , gegen Ludwig zwiefach verliert, sondern diese Flucht gibt für hierarchiesche Hoheit gar ſchlimwirkendes Beiſpiel, wodurch Philip IV. , Enkel Ludwigs , nicht nur påbstliche Gewalt unter Bonifaz VIII . zuerst völlig bricht, sondern auch leicht macht den von ihm erwählten französischen Pabst Clemens V. zu vermögen , Rom zu verlassen und in Avignon zn reſidiren , wodurch ganz vorzüglich Frankreichs Monarchie vest gegründet wird !
Was Lessing schon treflich beweist , daß , Warnungs - Geseze Aberglauben zu vestigen notwendig ents gegengesezt wirken , indem eben sie erst recht aufmerksam -machen , was Klugheit zu ingnoriren gebôte jezt auch angewandt von französich liberalen Tagblåttern, indem sie Censur - Vergehungs - Prozesse treflich nuzen, angefochtene Gedanken rechtmäßig
um so
mehr und
gewisser wirkend zu verallgemeinen — dieſes erkennen gar wenig jene Påbste von Katholischen als Größte verehrt.
Banbullen Gregors IX. , Innocenz IV. und
um ihn edlen Fürsten zugesellen zu dürfen : schändliche Enthauptung Konradins , lezten Spröslings glorreicher Ahnen, und Friedrichs von Baden; zweier herlichen Jünglinge , würdiger von würdigen Sångern gefeiert zu werden , denn Oreft und Pylades! Zwar hat eigentlich Karl, Bruder Ludwigs , diese That volbringend sich gebrandmarkt, doch schändet sie Ludwig mit, der , sowohl als Familienhaupt , wie durch allgemein ges nießende Verehrung seiner Zeitgenossen , ganz zweifelsfrei sie hätte verhindern können, wenn ihn nicht Eroberungs sucht bestach. Wer aber solcher Schandthat schuldig , kann sie nimmer fühnen, um Edlen zugezält werden zu dürfen!
191
Bonifacius VIII. gegen Friedrich und Philip, beschränkten Sie sich Privat- Lafter dieser zu züchtigen , vielleicht mochten sie einige Wirkung hervorbringen , aber diese bilden darin nur das Unbedeutendere , Hauptverbrechen kezerischer unglaube :
dagegen,
„Mutter - Gottes ,
„ Verachtung
der
der Apostel , die sie heuchles
„rische Betrüger gescholten, der Hoftie Göttlich„keit:
es
wüchsen auf jedem Getreide - Feld
„unzålige Götter hervor u.s.w. !" Vorwürfe, die, je mehr sie etwa auf wirkliche Aeußerungen der Fürsten ſich gründeten, desto weniger von Påbsten berürt werden durften ; denn , wenn Jene auch dergleichen geåußert, war gewiß es zu vertrauteſten Freunden und nur scherzweise geschehen, da Beide zu verständig ,
nicht ihre
dringende Lebens gefar zu erkennen , wenn sie den damals absolut herschenden Glauben so offen verachtet; - durch die Bullen aber ist nun Millionen mitgeteilt, welches, wenn auch Anfangs Abscheu erregend , ſpåter zweifelsfrei desto tiefer wurzelte.
So straft Dumheit
sich selbst!
Uebrigens haben wir nur sehr ungern Philip IV., der obwohl der Schöne genant , eine der scheußlichsten Höllen-Mißgeburten der Geschichte , mit dem edlen Enkel Barbarossa's
zuſammengestelt ;
allein ,
bei
gefårlichen
Krankheiten hilft , gar üblen Geruch verbreitende AssaFötida häufig mehr denn edelster Rebensaft, so hat auch der Teufel Philip
mehr gewirkt durch energische
Kraft, als viele bessere Gemüter , aber Energie Ermangelnde ; zu vorzüglichem Beweise , daß, wenn schon im Privatleben der absolut Böse, bei weitem nicht so zu
--
192
fürchten ist, wie der Halbling , dessen sogenant gutes Herz ungleich mehr Unheil anrichtet als Jener , deſſen Verstand vor Torheiten bewart , worin dieser in purer Dumheit verfält , so ist besonders bei Regenten mächtiger Reiche Energie selbst bei bösestem Karakter wünschenswürdiger , als Gutmütigkeit bei Schwå che ! Philips glühendem Rachedurst, genügt nicht Beschimpfung mit Beschimpfung erwidern , leere Drohungen mit gleich leeren Drohungen , nein ! er überfålt den wutentbranten Feind und mißhandelt dessen Körper !
Ein nicht
früher , und erst von Napoleon wiederholter Frevel ; nię, durchaus nie zu entschuldigen , stets eine den Tåter infamirende Gemeinheit bleibend — fast so niederträchtig wie Philips Verbrennung Molay's
und der Templer
nichts destoweniger verdankt Frankreich zumeist der Energie dieses Königs seinen Bestand , vermittelst diesem Europa Bewahrung vor Universal-Monarchie Karls V.; so wie dessen Mißhandlung der Person eines der energischesten Päbste , recht eigentlich zuerst Gewalt dieser völlig stürzt , da den Begrif Stathaltung Gottes kein empfindlicherer Schlag mehr treffen kann ! ist grel lächerlich , die ferner
Nun
Gott gleich anzubeten,
die , körperlichen Schlägen der ſie Anbetenden preisgegeben sind!
14. Je mehr Macht Frankreichs vor der Teutschlands überwiegend heraustrit, unzweifelhaft lassend daß sie Frucht monarchischer Koncentrirung, desto mehr streben Kaiser demselben Princip Teutschlands Vasallen zu unterwerfen,
193
mit ungleichem Erfolg , weil mit Sturz der Hohenstaufen die nur Gefaren und gar keinen Genuß versprechende Erste Würde der Welt so verachtet ist, daß kein nur irgend bedeutender Vasal als Kandidat sich meldet ; wodurch alle Gråuel der Anarchie unausbleiblich , und das Scepter des großen Karls , um Gold verfeilscht wird auswärtigen Fürsten , zu fürchterlicher Schmach Teutſchlands ! Drauf Rudolf Kaiser , Gründer Oestreichs - Macht! Klug und verständig des Uebels Wurzel erkennend : „ italische Schein herschaft! " folgt er syrenischer Verlockung nicht, vaterländische Friedens sichrung vorziehend , volauf zu thun findend , denn gråulich hat Unordnung überhand genommen.
Die großen Lehens-Tråger fast gang unab-
hängig, haben eben so unbedachtsam Lehen vergeben, diese wieder an Niedere , so findet Rudolf eine Staatswirts schaft, die außer den freien Städten, ganz ähnlich der Polnischen vor deren Reichs- Auflösung .
Der Adel durch-
weg auf unzugänglichen Raubſchlössern, völlig verwildert, in ununterbrochenen Fehden, nirgends Gesez noch Gehor= fam, eine Raubmordgrube , kein Staat !
Viel verdankt
Teutschland diesem tüchtigen Manne, wenn er gleich Landfrieden nur dahin zu vestigen vermag, daß der Adel dreitägige Fehde - Ankündigung verspricht.
Erledigte
Lehen nuzt er wohl , hohe Macht seines Hauses vest zu gründen ; und war sein Sohn Albert ihm nur entfernt ähnlichen Gemüts , Teutschland mogte Monarchie wers den.
Wer mag bestimmen , von welchen Folgen für
Menschheits-Bildung ? Aber dieses Sohnes früh erkantes hartes Gemüt [ 13 ]
194
-
hålt Wahlfürsten erst zurük , und wie er spåter durch Bestechung die Krone doch erwirbt, wird er vom Neffen ob Beraubung erschlagen ; kein König der Teutschen hat vor noch nach ihm solches Ende genommen ! Grauſenerregend drauf Familien- Rache , besonders der viehischen Tochter Agnes ,
und treflich was
Müller, vom , mit gebrochenen Gliedern auf'm Rade geflochtenen Freiherrn von Wart , der die That nur gesehen , nicht mitgewirkt, verkündet : „Ich muß ,,unschuldig sterben ; aber in Wahrheit haben auch die An„ dern keinen König erschlagen , sondern den ,
welcher
„wider Ehre und Eid blutige Hand an seinen Herrn, „ König Adolf,
gelegt ; wider Gott und Recht seinem
„Vetter, Herzog Hans, das Land vorenthalten, und wohl „ verdient håtte zu leiden , was nun ich. ,,gebe Gott meine Sünden!"
,,Gemahlin
Mir ver-
Und gråßlich ! seine
nachdem sie, bei Gottes Gnade am jung-
"sten Tag , die Königin Agnes vergeblich kniend um sein Leben gebeten - bleibt standhaft drei Tage und „ drei Nächte , bis der Unglükselige stirbt, ohne Nah,,rung, betend , unter dem Rade!" Solche Nache ist fast beispiellos in Geschichte ! Und Ihr klagt französisches Volk ob blutiger Rachgier an ? Nent mir Eine That revolutionairer Wuth , die dieser Gråuelthat ähnlich ?! Vom Raub zallos
unschuldig
Ermordeter
Stiftet dieses Schandweib , im Felde wo der Mord gefchehen , zwei Klöster , fastet streng , beweist Demut (?) im Fußwaschen, Liebe (?) in Almosen , und solche Andacht (?) daß die berühmteste Schwester im Aargau,
-
195
-
Hildegard von Wollhausen , durch die Königin übertrof fen wird.
Doch wünscht sie vergebens ,
daß Bruder
Berchtold Strobel von Offtringen , ein alter Kriegsman weiland König Rudolfs , welcher als Einsiedler lebt , in die Kirche ihres Klosters kåme.
Er spricht zu ihr :
„Frau, es ist ein schlechter Gottesdienst, wer unſchuldi„ges Blut vergießt, und aus dem Raub Klöster stiftet ; „Gott hat Gefallen an Gütigkeit und an Erbarmen ! ” (Der Geschichten Schweiz. Eidg. 2r T. S. 20-25.) *) *) Wohl beachtet : Zu dieser Gråulthat wirkte nicht Glaubens; ſon: dern Rache Wuth, Tochter fürchterlichsten Ho ch muts , beleidigt gewähnter Selbstheit , und Zeugniß wilder Gemüts - Roheit ! So ist auch zu verstehen , daß im Jahr 1260 Guelfen (Páb ftlice) : Alberich, Bruder Ezzelins , auf seinem Schlosse zur ,,uebergabe zwingend , mit geknebeltem Munde nach Trevigi wovon ,,bringen, wo man vor seinen Augen , ſeine 6 Söhne ,,der Jüngste noch in Windeln -- zerstückelt, seine zwei Töchter ,,juſamt der Mutter verbrent , ihn selbst aber an einen Pferde,,schweif bindet, und so lange durch Dornen und Hecken schleift ,,bis er den Geist aufgibt ! So wirkt påbstlich christliches Kirs „ chentum , welches durch solche Mittel ſich zu vestigen trachtet ! „ Hör' es Teutſchland ! Hör' es Europa ! und beuge Dich willig ,,so liebevoller Herschaft ! Welche Sanftmuth wohnt hiergegen ,,nicht, dem, durch innigsten Freundes - Mord zu rafender Wild,,heit aufgestürmten Achilleus bei ? Nurden in ehrlichem ,,Zweikampfe bereits getödeten Hektor , schleift er, nicht ihm, „,ſondern Sich zur Schande, um die Stadt- Mauer ! " Und tro Allem was untrügliche Geschichte herliches von Heiden, Abscheuliches von sich nennenden Chriften aufbes wart, findest Du diesen Tag in allen , absolut allen theolo gischen Schriften, das Milliarden Mal Gelogene aufgewärmt wiederholt: ,, Nur Chriften wissen von Menschheit!" Und sie hätten in gewissem Sinn Recht, so sie nur selbst wüßten : ,,was Christentum an sich sey und wil! " Aber
196 Treflich kcmt der , dessenungeachtet nicht entschuldigbarer Fürstenmord , nur eben gegründeter Freiheit Schweizerischer Drei Ur- Orte zu ſtatten, welche gegen Albert schwer bestehen mogten.
So ist gar wundersam in Ges
schichte mancherlei Wechselwirkung
des Niedrigen und
Hohen , Häßlichen und Schönen und des Bös-Beabsichtigten zu edler Wirkung. Aber reiche Früchte, die Rudolf von der Königswürde seinem Hause übertragen ,
erwekt mehr noch
gleiches Streben bei allen Nachfolgern , und im Gegenfaz desto heftigere Verwahrung , Selbstständigkeit anstrebender Vafallen ; und Karl IV. ist gezwungen, durch goldene Bulle , diese für ewige Zeiten als selbstständige Fürsten anzuerkennen.
So wird endlich aus dem Einen
Reiche Karls des Großen ein Tausend - Reich , ohne innere
noch
åußere
Haltung,
Spielbal
auswärtiger
Mächte! Seitdem gibt's nur dem Namen nach Teutsches Reich, und obwohl Reformations - Såkulairiſirung, und dreißigjähriger Krieg , und Ludwigs XIV. Räubereien das Tausend - Reich auf Hundert und
einige Dreißig
schmålert, und Rheinbund und Pariser Frieden, auch das fie zeigen Alle , mit sehr , sehr wenigen Ausnamen , daß fie schlechterdings allein wahres Christentum kaum ahnen, vielweniger davon wissen, drum sind sie mehr zu beklagen als zu verachten. ,,Uebrigens , da wir die scheußliche Agnes erwähnt , erfüllen ,,wir mit Freude heilige Pflicht , den Versöhner dieses Hauses zu ,,nennen : ,, Friedrich von Oestreich ! " der beispiellos in ,,Geschichte, als Gefangener, Länder seines Feindes bes „ ſchirmt, und hierdurch ideales Bild teutscher Treue bleibt!"
197
-
Hundert fortbringt, sehen doch Vaterlandsliebende in kummervoller Ahnung Zukunft entgegen, da ach ! nirgends, nirgends folche Einigkeit sichtbar , die unentbehrliche Einheit verspräche, wenn neue Gefaren aufsteigen, die doch ganz zweifelsfrei unausbleiblich !! Eine Hofnung
erhellet finster drohende Zukunft :
„Preußens hohe und stets steigende Geistes - Bildung ! "Zwiefaches Vaterland !
Welch erhabener Beruf ist
„ Dir bestimt, wenn es Dir einst wieder gelingt, grün„dender Schirmer Teutscher Einheit zu seyn !
Ewig
„ lebst Du dann im Liede begeisterter Sånger , und mit „ dankbarer Ehrfurcht preiſen Dich, durch Dich beseligt, „ſpåtst lebende Geschlechter !”
15. So ungefår endet mit Huß und Sigismund, die, vom Verfal weftrömischen Reichs fast tausend Jahre umfassende Geschichtsperiode
und
es begint die Neue.
Aber diese, eben so durch zallose Menge sich drängend wichtiger Begebenheiten , als durch Formlosigkeit aller europäischen Staaten, außer des Osmanischen, weist bis zum siebenzehnten Jahrhundert solche Verwirrung , daß es ſchlechthin unmöglich , davon deutliches Bild zu lies fern, und am wenigsten in Gedrängtheit weniger Bogen ; drum werden wir um so kürzer seyn können , weil wir Wesentlichstes derselben bereits im vorigen Abschnit mitgeteilt. Der fast 600 Jahre
ununterbrochene Kampf der
Hierarchie gegen teutsch-römisches Reich hat nun endlich mit Untergang Beider geendet ; Beide existiren noch
-
-
198
400 Jahre nur dem Namen , nicht dem Wesen nach. So wie früher teutsche Wahlfürsten Recht sich zuteilen, Kaiser abzusezen , so daß sogar der Mainzer Bischof ge=" gen Adolf der Drohung sich erfrechen darf: „ ich habe noch mehre Kaiser in der Tasche, " und er wirklich Albert erhebt, so ist endlich zu Kostniß entschieden : ,,Concilium stehe über Päbste ! "
Hierauf bezieht sich
karakteristische Antwort Johan XXIII.; denn dieser angeklagt: „ daß er , unter andern gräulichen Verbrechen, mehre Hundert Nonnen geschåndet." — Hör' es Europa ! Dein Heiliger Vater hat so Heiliges volbracht, und doch ist Johan XXIII. die Tugend selbst gegen Alexander VI. — erwidert dieser nicht unwizig : ,,
viel Uebleres hab' ich verbrochen,
daß ich nemlich
hierher kommen bin." - Er, zusamt zwei Nebenpåbsten drauf abgesezt, vollendet die von Philip IV. zuerst ausgegangene Beschimpfung der Påbste , sühnet
aber gar
nicht ihr über Teutschland und Europa so viele Jahrhundert verbreitetes Elend, und um so weniger , als die an die Stelle der Påbste tretende Hyder hundertköpfiges Verderben droht ; denn das Concilium verurteilt Huß , und Sigismund steht ewig geschåndet , ob Bruchs seines diesem Heiligen versicherten kaiserlichen Schuzes ! Europa zeigt in jener Zeit ein um so traurigeres Bild, als auch Frankreich gar schwer Schandtaten Philips IV. büßen muß, dessen Haus nicht Erfolge seiz nes durch zallose Verbrechen
geschåndet monarchiſchen
Strebens genießen darf; mit Karl IV. erlischt sein Stam , mit diesem gerade Linie der Capetinger , und unter fast ununterbrochenen Kriegen und gråßlichen Ver-
-
199
-
heerungen des schönen Landes wird endlich ſpåter Heinrich VI. von England , neun Monat alt , zum König Frankreichs und Englands in Paris ausgerufen ; ach ! ein unglükseliger Prinz, so ganz unähnlich dem treflichen Vater, daß, eben so hoch dieser England , wie es nie früher stand , erhoben , so durch Jenen es tief herabgeſtürzt wird ; mit ihm das Haus Lancaſter erlischt, weiße Rose Yorks emporſteigt, bis das Haus Tudor Beide vereinigt. Aber Frankreich rettet Helden - Jungfrau Jeanne d'Arc's wunderbare Erscheinung !
Diese, aller Bildung
fremde , und doch für heilige Idee reiner Vaterlandsliebe begeisterte Bäuerin , wie ihre so höchft bedeutende Einwirkung
auf Frankreichs Rettung , und vermittelst
dieser auf europäische Menschheits- Bildung, gehört zu den noch von keiner Philosophie erklärten Geheimnißsen menschlicher Urbildung , wovon Geschichte vol ist, und nirgends in so gedrängter Fülle wie in lezt franzőfischer Revolution , wodurch Wiſſende eben ganz vorzüglich zur Demuth vor unerforschlicher und unbegreiflicher Urgefezgebung geleitet werden , indem sie bekennen müſſen , die eben hierin sich am deutlichsten kund gebende Antinomie ( S. 72. ) nicht aufheben zu können.
Mit dieser Geschichts-Periode endet leider sehr früh das im schönsten Aufwuchs begriffene , neu europäische Bürgertum , weil , mit Pulver- Erfindung, feigschleichende Kriegskunst über , darob erschrokkene und edles Kriegs- Handwerk aufgebende , Völker , die sich immer mehr der Selbst - Verteidigung begeben , Obmacht ge=
-
200
wint, Bürgertum ohne Selbst- Verteidigung aber undenkbar ist. - Wie hoch und nahe erhabensten Mustern der Römer , auch
teutsche Bürger
in Tugend edler
Tapferkeit glänzten, nur Ein Beispiel : In der Sempacher Schlacht fechten unfreie Bürger für ihren Fürſten gegen Freiheit verteidigende Schweizer ,
also ohne eignes , ja
eigentlich gegen eignes Intereffe, und blos der Ehre wegen. ( S. Müller 2. Teil S. 478.)
„ Da ging das
„ Stadt-Banner von Schafhausen verloren , von Diets helm , der Stadt Schultheiß und 28 Edlen und Bür„gern bis in ihrer aller Tod vergeblich behauptet. 1 „ Unter 14 Mitbürgern fålt der Schultheiß der Stadt „Aarau, unter 7 , Werner Bannermeister von Lenzburg ; „ die Bürger von Bremgarten glänzen schreklich von Fein„ desblut ,
und nach 12 Zofingern fålt ihr Schultheiß
„Niclaus Thut , unbekümmert seines Todes , aber wohl „ deß ihm anvertrauten Banners ; damit sich keine feind,,liche Gemeine dessen zu rühmen habe , reißt
er's in
„ Stükken , und wird unter den Todten gefunden , den ,,Stok des Banners zwischen seinen Zähnen haltend !" Wenn Dir Leser, diese unsterbliche Manns - That ge denkend , das Blut nicht freudiger durch die Adern jagt, ſo wirf von Dir diese Schrift , die nicht für Dich dann verfaßt ist ! - Denn, sie begehrt nur von Männern gelesen zu seyn, edelstolzen Gemüts, gleicher Mannheit fich bewußt, die keine andere Furcht kennen , als feige Entweihung ihrer månlichen Würde ! Mogten
aber Bürger so in niederer
Ehrliebe
fechten , wie nicht erst in Freiheits -Verteidigung ihrer Stadt? Und doch fehlt Teutschen , der Müllern vers
201
-
gleichbare Geschichtschreiber ? Sag ich's doch, Schande iſt's , nicht Bescheidenheit die auf Teutschen lastet ; troz Shakspeare's erhabenes Muster, den Heeren treflichste Quelle englischer, vom Dichter verfaßter, Geschichte nent, schreibt Göthe wohl teutsche , aber unfitliche Romane ; beweist in Herrmann , welche Größe er zu erringen vermag , und ist unübertreflich edel in Iphigenia ; teutsche Geschichte kümmert ihn jedoch gar nicht , lieber entwürdigt er sich selbst in Uebertragung erbårmlichen Voltair'schenMachwerks : „ Mahomed;” und doch iſt Göthe's Ruhm-Begin : Giz , wie dieses herliche Werk Zeugniß seiner
tief
durchgedrungenen
Erkentniß
teutscher
Volkstümlichkeit ! Lebte Schiller långer , vielleicht hätte er gut gemacht , das , Teutschem unwürdig vergeudete Talent, auf Johanna d'Arc, Maria Stuart und Messeniens Fabel.
Tell und Wallenstein , niederländisch und
dreißigjähriger Krieg versprachen vaterländisches Gemüt ! Aber diese unbedingt größten Dichter, nicht nur Teutschlands , sondern neuester Zeit überhaupt ,
geben um so
böseres Beispiel geringerem Talent , und Clio trauert ob so gänzlicher Vernachläßigung bei überreichem Stoffe !
16. Je größere Verwirrung im ganzen übrigen Europa, durch Auftauchen zalloser Dynastien ,
worunter selbst
Kaufherren, Medicåer , Fugger , -wovon Erstere nicht nur påbstlichen Stuhl ersteigen , und o Schande ! Leo , dreizehnjähriger Knabe , Kardinals - Huth trägt , sondern auch Französischem Thron Erben geben, ihr Blut verwandt mit fast allen Ersten Herschern Europa's ! — und
202
immer mehr aus Feudalfürsten Selbstherscher werden, die , Art nicht von Art laffend , zum Adel mehr und mehr sich hinneigen ,
durch
diesen Freiheit strebende
Bürger zu unterjochen , und dieses ihnen leicht gelingt, nicht darum , weil Kanonen dünne Erdwälle der Städte leicht durchwühlen , sondern , weil der ewig unüberwindliche lebendige Geist , entwürdigender Krämerei und Geldgier weicht - und das chriftliche Europa , mit Ausname der Schweiz, schmachvollen Anblik gewährt , da so ganz und gar überall nur blindes Treiben sichtbar , nirgends Plan verfolgende Besonnenheit , unwürdiger als früher, wo Hierarchie im Kampf gegen Kaiser und Frankreichs König , obwohl einer falschen und an sich unhaltbaren Idee zustrebend , doch Idee verteidigt , und so doch gewissermaßen intereſſirende Macht offenbarte ,
je mehr
also diese bei christlichen Mächten zurüktrit , destomehr intereffiren die von christlichen Mächten selbst aus Asien herübergeholten Osmanen !
Vom Raum beengt , verweisen wir auf Hammer, auch müſſen wir in folgenden Abschnitten
dieses Volk
noch oft berühren , drum hier nur so viel : Obwohl zweis felsfrei Barbaren, stehen sie nicht nur höher denn ganz verachtungswerte Griechen jener Zeit , sondern auch offenbar höher wie Alle damals gegen fie fechtende christliche Völker , wozu Beleg dieses , (S. Hammer 1. Teil S. 237 und 244 , Schlacht bei Nikopolis 1396) : „ Mit „ Sigismund, Ungarn's König (ſpåter Kaiſer) fechten Graf „ d'Eu, Connetable von Frankreich , 1600
französische
,,Ritter, eben so viel Knappen und 6000 Söldner, „angefürt
vom Grafen Nevers ,
Sohn Burgundischen
203 „Herzogs , Dheim Königs Karls VI. von Frankreich ; ,,3 Vettern des Königs , auch Admiral de Vienne , Mar,,schall Boucicault , von Couch , einer der besten und „åltesten Feldherrn der Christenheit , und mehre ausge„zeichnetster
Blüte
französischer
,,Friedrich v. Hohenzollern ,
Ritterschaft.
Graf,
Ferner :
Großprior , an der
„Spize teutscher Herren ; v. Naillac,
Großmeister der
,,den Zug begleitenden Johannisrittern ; Baiersche Ritter „ unter dem Kurfürsten von der Pfalz , und dem Grafen „v. Mümpelgard, Burgvoigt v. Nürnberg ; Steuermår„kische unter Herrmann II. , Graf v. Cilli ; Wallachische „von Myrtſche ihrem Fürſten befehligt.
Diese Herren
„ allerhöchsten Adels chriftlichen Europa's , mezeln vor „ der Schlacht, die früher auf zugesicherte Treue und „ Wort als Gefangene sich ihnen übergeben habende „ Türken , zu ihrem Vergnügen nieder !” *)
*) Ueber diese Schandtat gegen Ungläubige in jener Zeit können wir uns nicht verwundern ; denn , nachdem von jener Zeit an, egyptisch theokratisches Unwesen wieder vefter wurzelt, haben Herscher und Adel gleiche Schandtaten gegen Chriftliche Bürs ger und Landleute ohne Gewissensbiß verbrochen ; so Karl der Kühne, gleichzeitig mit der Schande von Varna, läßt 40 Gascogs ner die Charmes verteidigt , aufhängen ; 300 Eidgenossen die Brieg mit zugesichertem freien Abzug übergeben erst Waffen ab fordern dann hängen ; noch schändlicher , Besazung Gransons die höchft brav sich verteidigt, durch sogenanten Edelmann, der Schurke heißt Ronchant, verführen : „ Der Herzog bewuns dere so ausgezeichnete Tapferkeit und biete darum freien Abzug ; " 450 Mann glaubend adeligem Wort , werden gehangen, die Tapfersten an Stricken so lange durch den See geſchwemt bis sie den Geist aufgeben . Schmerzliche Pflicht aber erheiſcht zu melden, daß auch Itel Reding , Greifensee's tapfere Besazung , die sich
204
So lernen Türken Befehl
des Propheten hoch
verehrend : „ Wer einem , der selbst ungläubig wäre, ,,das Leben versichert , und tödtet ihn , dem werde ich ,,zürnen am Tage des Gerichts ; des Paradieses Duft sol der nicht riechen," Lehre der Liebe bekennende Völker kennen , Verbrechen.
und
råchen
furchtbar
das
gråuliche
Sigismund mit wenig Hundert entrinnen
dem Untergang, und Bajesid sühnet treulos Erschlagene, durch Hinrichtung 10,000 gefangener Christen , und kaum ist er zu vermögen Nevers und 24 Ritter , gegen Löſung von 200,000 Dukaten Leben und Freiheit zu ſchenken. Homeriſchen Helden ähnlich entläßt er diesen also : „Ich ,,enthebe Dich Deines Schwurs, nicht mehr Waffen wi„ der mich zu führen ; hast Du Ehrgefühl , so beschwöre „ich Dich vielmehr, dieſelben wider mich je eher je lieber „ zu ergreifen, und die Streitmacht der ganzen Christens „heit wider mich zu versammeln ; nicht kanst Du gefål„liger gegen mich seyn , als indem Du mir neue Gele"genheit Ruhm zu erwerben gewärst." ihm auf zugesicherte Gn a d e ergeben von Parteihaß verführt hinrichten läßt ; und Schweizer , im Bürgerkriege gegen Zürich, häufen blutige Leichen erschlagener Schweizer zum Siz und Tisch, sechend Sieg feiernd . Aber jede Schuld rächet sich auf Erden ;" so wie bei Nikopolis und Varna, versinkt Karl von Burgund bei Murten und Nanci , und Schweizer , bald nach begangenem Frevel, erleiden herben Verlust bei St. Jakob ; aber so wie Jene nichtswürdigere Verbrecher, fallen sie mit Schande übers häuft ungerochen , diese mit altrömiſchem Ruhme : auf 1500 Schweizer, die fechtend fallen gegen 30,000 Armagnaken , bedecken 10,000 dieser das Schlachtfeld ; Napoleon aber, unter andern, auch dieses Verbrechens mehrmals schuldig , ftirbt in Verzweiflung auf Helena!
-
205
Nichtsdestoweniger muß der ritterliche Sultan , in gräulicher Gefangenschaft Timurs sein Leben beschließen, durch gänzliche Vernichtung seines Heers in der Schlacht bei Angora ( 1402) herbeigefürt, die Osmanisches Reich frühem Untergang nahe bringt.
Dennoch
benuzen Griechen diese verzweifelte Lage ihrer Feinde nicht, das so nahe ihnen selbst drohende Verderben abzuwenden ; denn viel wichtiger ist ihnen Entscheidung der Fragen : „ hat Jesus Eine oder drei Naturen ? ist Er leibhaftig selbst in der Hostie , sein Blut im Kelch ?” und so noch zallos fast undenkbare unsinnige Fragen, worüber noch diesen Tag die Weisesten der Theologen - Und bei weitem glühender
sich wütend verfolgen.
hassen Konstantinopels Bewoner sich , nach verschiedener Beantwortung jener hochwichtigen Fragen, als ganz ungläubige Moslims ; und so fålt endlich Hauptstadt oftrömischen Reichs , nicht der Tapferkeit Muhameds II. seiner 100,000 Türken ; nicht der zwölf und Centner
Kugeln
erbauet,
und über
Richtung sondern ,
werfenden deren
chriftliche griechisches
Kanone,
von
Christen
zerstörendere Wirkung und
Gesandten Türken belehren, Kaiserreich fålt , wie Alle
Reiche nur fallen können :
„ durch
innere Zwie
tracht! " Und so wenig Titus mit allen Römiſchen Legionen Jerusalem jemals erobern mogte, wenn es mit Masfada geweteifert, und jüdisches Reich noch heute bestånde, wenn es durch innern Zwiespalt nicht sich selbst gestürzt, so wenig håtte Muhamed Konstantinopel erobert, war es nicht zuvor in sich selbst gestürzt. „Auch die Russen håtten in diesen Tagen den
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-
„Balkan nicht überstiegen , Varna ,
Silißtiria , Erzerum
,,und Adrianopel nicht erobert, wenn Mahmud Zeit „ blieb, den durch Janitscharen-Mord erregten Zwiespalt „seines Volks zu versöhnen;
denn , ein für alle Mal
,,ist jedes Volk, wenn es nur über mehr denn eine Mil„lion Bewoner zålt, schlechthin nicht nur unüberwindlich, „ſondern muß notwendig Angrif der ganzen übrigen „ Welt-Bewoner zu deren infamirenden Schande zurüks „ſchlagen (vorausgesezt , daß es genugsames Kriegsma„terial und Nahrung) , wenn es in sich einig ist, wie „ Historie bis diesen Tag beweist,
nicht Ein Zeugniß
„gebend , wo ein zusammenhaltendes Volk unterlegen ,,wåre, - zweifelsfreier jedoch apriori erwiesen, „ weil angreifende Krieger erniedrigende Raubsucht nur „ſpornt, die nie, schlechthin nie vor begeisterten Vertei „digern der Idee ſtehen können !
Eroberung Byzanz bringt demnach damaligen Türken so wenig Ehre , so wenig wie jezige Siege den Russen bringt, hinsterbendem
weil im Kampf månlicher Kraft mit
Greise
nur
Schande bei Verlust, bei
Siegen keine Ehre zu gewinnen ist ! Johann Paläologus
auf Befehl
Nachdem Kaiser Murads
(1385)
ſeinem aufrührerischen Sohne Andronikus die Augen mit siedendem Essig blenden läßt , und (1390) mit einem andern Sohne unter Bajeſids Befehl die griechische Vestung Philadelphia (also Vestung ihres eignen Kaiserreichs) gleich gemeinen Kriegern stürmend ersteigen , mit dem Ruhm persönlicher Tapferkeit die Ersten auf der Mauer, die eignen Städte also für Osmanen erobern,
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seitdem kann von griechischem Kaiserreich nicht Rede seyn, und Byzanz fålt nur als Zugabe zum bereits übermächtigen Reiche der Sultane , worin griechisches Kaiserreich långst inbegriffen. Während christliches Europa, außer Heinrich V. von England, leider nur wenig Jahre regierend, und Mathias Corvinus von Ungarn, in 200 Jahren kaum Einen bes deutenden Herscher
zålt ,
erhebt
osmanisches Volk,
eine lange , fast ununterbrochene Reihe
ausgezeichneter
Sultane, von einem , nicht dem Namen nach bekanten Volke, zum nicht nur
mächtigsten , sondern damals
absolut Einzigem Reiche Europa's , denn alle übrigen Reiche ohne Ausname liegen in jener Zeit noch im Bildungs-Prozeſſe , und erhalten erst zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts karakterisirende Formen. Bedeutende Vorzüge osmaniſcher Staats-Verfaſſung gegen christlich Monarchische, sey nächsten Abschnitt nachzuweisen vorbehalten, so wie die Ursachen, wodurch dies ses Volk ohnerachtet dieser Vorzüge in Bildung zurükblieb. Grundlage des Untergangs aber ist früh gelegt ,
durch
befoldete Janitscharen , ähnlich römischen Prätorianern, weil diese notwendig zu Eroberungs-Kriegen zwingen, nach Außen ihre sonst verderbliche innere Einwirkung abzuleiten ; daher ist mit Ende siebenzehnten Jahrhunderts schon dieses Reiches Untergang unvermeidlich , wenn keinem der Sultane gelingt, nachdem sie Eroberungs -Wuth aufgeben , jene , nach blutiger Beschäftigung Gierige , zu friedlichen Bürgern umzugestalten , oder mit der Wurzel auszurotten, weil diese unerlaßlich zu Tyrannei ihrer
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Beherscher streben müssen ,
nachdem ihnen ehrenvollere
Tätigkeit kriegerischer Auszeichnung
fehlt.
Hierauf
auch gründet sich vorzüglich Verderb stehender SöldnerHeere !
In gleichem Maaße Bürger - Soldaten Ver-
„teidigung allein mit Heldenmut beſeelt, in demſelben „Verhältniß beseelt Sold - Soldaten Angrif allein ; ,,und eben so wie Bürger zum Angrif weniger Geſchik, „ eben so Söldner bei Verteidigung.
Bürger fechten
„ zu erringenden Friedens wegen, Söldner , möglichst „ewigen Krieg zu entzünden ; Bürger , Eigentum nicht „zu verlieren, Söldner , Eigentum zu rauben.” Es lassen sich, wie leicht zu erkennen, dieſe Verhåltnisse umfassender und schärfer durchfüren , wir aber haben nur Skizze versprochen.
Doch sind , dünkt uns,
diese wenigen Züge zureichend zur Ueberzeugung , daß: „so lange Europa's Regierungen stehende Söldner-Heere „für Staats-Bestand- Sicherung unerlaßlich meinen , der
ووStaaten Sicherheit eben hierdurch nirgends vest ge„ gründet ist.
Eben darum nehmen wir auch französische
„ Revolutions - Darstellung
in
dieser
Schrift auf,
in
„ lebendige Erinnerung zu bringen , was ſchon ganz ver„gessen scheint , daß zwei und zwanzig Jahre fast unun,,terbrochen,
Soldheere von Bürgerheere vernichtet
,,worden !!"
" Nichts Anderes auch hat Mahmuds
„Unglük jezt herbeigefürt , „Bürgerheer zu bilden !” -
als Zeitmangel sich
ein
Unter der großen Zal großer Herscher , Osmanen zierend, zeichnen wir nochmals Amurat II . reinſten Gehalt aus ,
auf Hammer verweisend.
Steht jedoch dessen
-
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zweimalige Entfagung der Herschaft, des in seiner Zeit absolut Einzig blühenden und Einzig mächtigen Reichs Europa's, so wie seine Entsagung im kräftigsten Mansalter, absolut Einzig in Gesamt - Geschichte überhaupt, wie solte sie in jener Zeit auf Christen einwirken , die durch denkbar abſoluteſte Niederträchtigkeit, ihn aus seiner philosophischen Ruhe aufscheuchend , zu Wieder - Annahme der Herschaft zwingen!
Selbst, wenn er Christ
gewesen , wäre das Außerordentliche seiner That unvers standen geblieben , wie vielmehr nun als Moslim ! wird sie denn jezt verstanden ?
Und
Durchaus nicht , sonst
wår unmöglich , daß dem elenden Wladislav von Polen als Mårtyrer gehuldigt würde, ob Treubruchs, „ auf Evangelium beschwornen Friedens !" und zwar für, von ihm eben gegen diesen Gottbeseligten Amurat begangenen Frevels ! *)
Aber mit Schmach bedekt , un-
terliegt der Verråter zuſamt ſeinem Heere dem Racheschwert Amurats ; auch der verführende Entbinder heiligen Eid-
*) „ Der auf zehn Jahre abgeſchloſſene Waffenstilstand, dauerte nicht zehn Wochen, und es waren noch nicht zehn Tage seit dem auf das Evangelium geleisteten Schwure verflossen , als Kardinal Ju, lian Cesarini , påbstlicher Legat , den König und seine Råte von Neuem im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit und der glorreichften Jungfrau Maria, der Heiligen Stephan und Ladislaus schwdren ließ, den mit den Türken beschworenen Frieden zu brechen." ,,Hunyad leitete vorzüglich die Schlacht ( 1444), neben ihm, der König, Kardinal, und zwei Bischöfe." „ Vor Murad , war auf einer Lanze , Urkunde des beschwornen Vertrags aufgeftekt. Als nun ein Janitschar dem König den Kopf abgeschlagen , stekte er auch ihn auf eine Lanze , fürchterliches Seitenstük zu jener Urs kunde." (Hammer 1. E. 459 bis 464.) [ 14 ]
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schwurs, Kardinal Julian, der keinen entehrtern Henker gefunden hätte, stirbt viel zu ehrenvollen Tod kriegerischen Schwerts ; nichtsdestoweniger bleibt sein Name gebrandmarkt !
17. Das übrige Europa aber, je mehr sich neuere Kriegskunst erhebt, d. h. die Kunst worin Feigſte durch Hinterlist schreklich mordender Maschinen Tapferste niederwerfen , wodurch des Mannes Zierde ,
das Schwert,
allen Wert zu verlieren droht , womit dann edel stolze Persönlichkeit verloren ginge, und die Menschheit in tiefe Knechtschaft fiele ; je mehr der Adel nun fast allein Kriegshandwerk treibt, und Bürger der Selbst- Verteidigung sich begeben ,
und eben darum in Verach-
tung sinken , desto mehr drohen egyptisch Kasten-Wesen und tierische Gottheiten wieder vest zu wurzeln , und die Menschheit steht dicht am Rande unabsehbaren Verderda rettet sie vom Volk ausgehende Erfindung
bens,
der Buchdruk-Kunst! Seit der Zeit Karls des Großen , hålt hierarchische Priesterherschaft, aus dem Volke sich ergänzend , volkommenes
Gegengewicht
übermütiger
Adels - Gewalt ;
jene Herschaft ist jedoch durch Friedrich II. von Hohenftaufen, Philip IV. von Frankreich und durch Koſtnißer Concilium gestürzt, besteht nur scheinbar noch , welche Schein- Herschaft noch mehr verringert wird, indem nun alle priesterlich höhern Würden der Adel besezt , der hierdurch zwiefach
an Macht gewint , was das Volk
zwiefach verliert , und so ist dem Volke jede Sicher-
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heit geraubt und es ist rettungslos verloren , wenn es nicht absolut reinste Macht sich zu erwerben vermag, und diese Macht erwirbt Es vermittelst Buchdruk-Kunſt : „ Geistes Macht der Wissenschaft!” „Höre teutsches Volk !
Höret Völker der Erde!
„Keinen Despoten habt İhr zu fürchten, abſolut un,,möglich ist Eure Knechtschaft , so lang Ihr heiligstes „ Palladium „„ Wissenschaft !” Euch erhaltet ; und mehr ! „ Selbst ,
wenn der Adel eifersüchtig ob dieſem abſolut
„erhabensten aller Besize, Euch nacheifert, und einst in „gleichem Besiz prangt , dann habt Ihr um so weniger „ ihn zu fürchten, weil es absolut unmöglich, daß wahr"haft Wissende, neben absolutem Werte des Wis„ sens an sich , Schein - Wert alles Irdischen noch ,,irgend beachten, und am Wenigsten den zufälliger Lei,,bes-Geburt! *)
*) Wenn also Göthe, Schiller, Adelsbriefe annehmen, pah ! Dichter mögen Fantasie erregenden äußern Glanz erstreben. Göthe ift leicht entschuldigt, durch Bekennung angebornen Widerwillens gegen Metaphysik ; woraus nebenbei, (vielleicht ?) Herabwürdigung, dieses Strebens im Fauft zu verstehen , welches Werk dann um so bewunderungswürdiger, als es unzweideutig des Verfaſſers tiefes Eingedrungenſeyn in diese erhabenfte Wissenschaft bekundet. Schiller ist entſchuldigt, weil aus seinen Briefen an Göthe her: vorgeht , daß er , obwohl Spekulation liebend , fie doch Dichters Gabe unterordnet ; mithin zweifelsfrei , daß er ihren , ohne Verhältniß höheren Wert , nicht erkant. Wenn ferner bes rühmteste Mathematiker der Franzosen neuester Zeit, mit Grafens Titeln prangen, - es sind Franzosen, ohne Ahnung echter Phis losophie, daher entschuldigt. - Wenn aber Fr. Heinr. Jakobi und Schelling, Beide ausgezeichnete Denker - Jakobi, selbsts schöpferischer Idee ermangelnd , desto bewunderungswürdiger die
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Wissenschaft, erhabenstes Geschenk der Urgesezgebung, ist heilig vermittelnde Erhalterin deffen , was tierischblinde Kriegs- Gewalt zu vernichten droht ; iſt Verdrångerin blinden Glaubens , und begeistert edler , weil sehend , als dieser
zu
heiligem Märtyrertum ,
Alten nur in Archimedes
und Plinius
welches
die
d. å. kennen,
dagegen Teutsche , Engländer , Franzosen und Italiener bis jezt schon mehre Hundert Mårtyrer heiliger Wissenſchaft zålen, welche gewiß sich zallos vermehren, je mehr Wissenschaft verallgemeint wird. Folgendes gibt vergleichendes Bild , was Glaube, was Wiſſenſchaft hervorbringt : Ferdinand von Oestreich teilt während des Krieges Sachsen (1630)
gegen Johan George von
dem Feinde sein Tagebuch mit :
wieviel Hasen, Rehe, Eber, Hühner u. s. w. er geschoffen, und erhält vom Feinde dessen Tagebuch vol gleicher Heldentaten ; und während er mit philoſophiſchem Gleichmut Berichte von Gefechten liest , nach welchen mehre Tausend für sein Interesse fechtender Menschen getödtet worden , und nur beim Anblik blutigen Kollets des gemeuchelmordeten großen Feindes , Gustav Adolf, widerstrebende Augen zu Trånen zwingt , ist er vol neiz discher Eifersucht, wenn Johan George mehr Wildpret
der tiefften Denker mit neidenswerter Klarheit auffassend und dar ftellend ; Schelling , schöpferischen Geistes , aber ohne Jakobi's Darstellungs-Gabe - wenn diese, in Wissenschaft sich gegenseitig hart Bekämpfenden, im Trieb nach leerem äußern Tand übereinftimmen, Jakobi um Geheime- Rats Titel , Schelling um diesen und Adels-Diplom sich bemühen, und doch Philosophen zu feyn begehren, - - das ist schwer zu verstehen!
-
213
als er erlegt ;
eben so kümmert den Sachsen
wenig,
ob Protestanten oder Katholiken siegen , bekümmert ist er nur wenn Ferdinand glüklicher gejagt.
Dagegen bleiben
englische und französische Wiſſenſchaft-Befliſſene, während lezten zwanzigjährigen , mit nie früher so gehäffiger Bitterkeit geführten Krieges , in ununterbrochener , innigster, und von beiden Regierungen geschüzter Verbindung, teilen sich gegenseitig jede wichtige Entdekkung mit , und leben mit einander wie im tiefsten Frieden.
Entdekkung
nordzeigender Magnetnadel ,
hierauf gegründete Erfindung
und
des Kompasses ,
die
eröfnen
im vierzehnten Jahrhundert , bis dahin verschlossen gewesenen Ocean, und leiten Kolumbus endlich zum antipodiz schen Weltteil, von unberechenbaren Folgen auf europäische Bildung; diese Entdekkung
wie die des Kopernikus
find gar nicht geringern Werts
als
die Helden-That
Luthers!
Friedrich August Wolf, durch Kant ermuntert, durchdringt, der Erste , homerische Gesänge , und entkleidet den alten Barden seines drei tauſendjährigen Ruhmes, diesen Mehren zuteilend.
Nicht lange , fo folgen die-
sem Voranschreitenden Andere, und der ehrwürdige Moses muß sich gefallen lassen, handgreiflicher Widersprüche überfürt zu werden ; liefernde
Schacht ,
aber , der so reiche Ausbeute
drångt
immer
mehr
vorwärts,
und siehe da ! was Philosophen begonnen , treiben jezt schon offen Theologen : auch Apostel deutlich erkenbarer Jrtümer überfürt !
werden
Werden die
214
Menschen nun endlich zur Ueberzeugung kommen, daß der Spruch noch viel richtiger umgekehrt gilt : „ Sol Neues „erstehen, muß Altes vergehen " (richtiger) „ Weil Altes ,,vergeht, drum Neues besteht ?!" Aber nicht Wolf, nicht Kant sind erste Gründer Biblischer Kritik , Kopernikus ist's !
Und wohl rich-
tig erkennen Påbste , die ihnen völligen Untergang drohende Lehre, drum der greife Galilei ſie abzuſchwören gezwungen wird. Theologisches Bibel- Gebäude ist Kartenhaus, so Du Eine Einzige Karte herausziehst, stürzt es rettungslos zuſammen ; dieses haben schon vor 1800 Jahren Rabbinen erkant, und darum mußte Jesus am Kreuze büßen ,
der der Allererste die Hand an
diese Eine Karte gelegt !
Daher
wird Jesus Veran-
lassung, daß eben so Rabbinen wie Apostel das so leicht zerbrechliche Gebäude dicht umpfålen , worin nur für " Hohe-Priester enger Durchgang zum Allerheiligsten bleibt ; Alle, alle Uebrigen bekommen nur Umpfå lung , vom Gebäude nichts zu sehen !! - Aber ungeachtet zalloser Verteidiger wohl verwart scheinender Vestung, haben sie Alle , durchaus Alle ! Vestungsbau gar wenig verstanden ; denn , so Du nur ein wenig dreift drauf zugehest, so bedarfst Du weder Laufgråben noch Verschanzungen, auch keines Sturmes ; denn, auch die Umpfå lung besteht nur aus gar erbårmlichem, mottenzerfreſſenen Druk-Lösch-Papier ; kaum berührt, zerfält es zu luftiger Papier-Asche !
Und sogleich erkenst Du den ewig
„heiligen Tempel, obwohl winzig klein ; denn mit der Um„Þfålung stürzt alles Uebrige , Dir bleiben mehr nicht „denn kaum wenige Verse des Ev. Joh., aber 1. Kor.
--
215
„12. und 13. Kapitel Ganz.
Mehr aber bedarfst Du
„ auch durchaus nicht ; denn , wenn ein Alexandrinischer „Brand heute alle , durchaus alle Bücher der gesamten ,,Welt, zusamt allen Drukkerpressen verzehrte, und jene ,,Paar Verse und diese zwei Kapitel nur erhalten bleiben, „so möchte das Unglük eher Glük seyn !
In jedem
,,Fal bliebe, wenn jene Verse und Kapitel nur richtig „ verstanden werden , die Menschheit gerettet, wäh= „ rend bis diesen Tag diese Verse und Kapitel von Mil,,lionen kaum Einer versteht , weil sie in der Menge „ völlig gehaltleerer Anekdoten , welche , im Allgemei„ nen gleich heilig -
Jenen
verehrt
werden ,
unter-
" gehen!" Was Kopernikus geleistet, iſt um so bewunderungswürdiger, als er nicht nur allgemeine Ueberzeugung des Scheins gegen sich zu überwinden hatte, sondern viel mehr noch, Ueberzeugung schlechthin unfehlbarer Autoritåt der Bibel , und zwar zwiefach, sowohl nach Außen gegen Andere, als nach Innen gegen Sich selbst, und es ihm zweifelsfrei ungeheuren Kampf kostete, als streng gläubig katholischer Priester , jener uralten Autorität zu widerſprechen ; ja , wenn er auch , wie wahrscheinlich , Luthers Lehre heimlich zugetan war , da diese Lehre , fast hartnåffiger noch als Katholicismus , Bibel - Autorität vest hält, so konte auch sie das angebildete Gewissen des treflichen Denkers nicht beruhigen.
,, Drum steht
„Kopernikus in ganz gleichem Werte Luthers , ja , ge"wissermaßen höher ; weil er durch seine tiefklare Erkent„niß , nicht nur als Erster glångt ,
der , dumm ange-
„ſtaunte Autorität, von Menschen verfaßter Geschichten,
216
-
„ftürzt, sondern auch Erster , der, unschäzbar erhabenen ,,Wert geistigen Sehens gegen trügerischen Sinnen دوSchein ,
ewig
unerschütterlich
vest
gründet.
„ist Kopernikus der recht eigentliche Reformator ,
So der
,,recht eigentliche Vest- Gründer urechten Christentums, „ dessen innerstes Wesen gar nichts anders ist und wil , „ als was auch echte Philosophie und Alle echte Geis „stes -Tätigkeit überhaupt : „ Selbst- Ueberzeugung , „ des allein ideellen Ur- Selbst- Werts geisti„ ger Selbst- Erkentniß , verallgemeinen !" Daß das, was echtes Christentum ist und wil, von allen edlen tiefen Denkern , absolut aller Völker, so von Heiden, von Juden, von Muhamedanern wie von Christen so deutlich ausgesprochen worden , daß es schlechterdings nur von bornirten abergläubiſchen Menschen gemißdeutet werden kann, ist leicht nachzuweisen ; und würde eine, in gedrängter Darstellung, Ehre bringende Arbeit über Entwiklung echter Philosophie seyn, die nicht mehr als eis nen måßigen Oktavband füllen dürfte.
Denn nicht bedarf's
noch Wiederholung, was Früherlebende vernunftlos, sondern was sie vernunftgemäß gedacht ; man hat ja leider übergenug
mit
den unmittelbar umgebenden und ans
gebildeten Verkehrtheiten und Jrtümern zu kämpfen, als daß edle Zeit mit langweiliger Nachweisung zallos früherer Jrtümer vergeudet werden dürfte. — Daß aber die Menschheit, ohne zuvor viele Jrtümer beseitigen zu müssen , zur Vernunft nicht durchzudringen vermag, erfährt
jeder
Denkende
am
unzweifelhaftesten
an
sich selbst. Daß jedoch das , was echtes Christentum ist und
217
wil, gar nichts Anderes ist, was auch echte Philosophie, muß jedem nur irgend richtig Denkenden schon dadurch einleuchten , daß Beide nach Erkentniß der Wahrheit streben; es gibt aber nicht zwei Wahrheiten an sich, ſondern nur Eine , welche eben die abſolute und schlechthin untrügliche ist ; mithin bist Du notwendig im Jrtum, wenn Du zwischen Philosophie und Christentum die allergeringste Differenz ſtelſt; wie in gleich absolutem Irs tum, wenn Du Christentum in die Menschheit urplözlich hineinwirfst, ohne allen geschichtlichen Zusammenhang ; und endlich im Jrtum, wenn Dir nur vermittelst finlicher Wunder verständlich ist, was an sich schlechthin
rein
geistige
Schöpfung !
aber umgeben Dich immerfört , Dominikaner Tauler ,
Geistige
Wunder
indem , wie schon der
Vorläufer Luthers , verkündet :
,,Der heilige Geist in Dir zu jeder Zeit geboren wird, ,,wenn Du Dich ihm hingibst !"
„ Ohne dieses Hingeben,
,,ohne völliges Aufgeben Deiner Persönlichkeit , wodurch „ jene geistige Wiedergeburt allein möglich , komst Du „aber eben so wenig in das echte Christentum wie in die „echte Philosophie – und was dasselbe, mit den Wor,,ten Spinoza's, Kant's und Fichte's — komst Du nicht ,,in die Erkentniß der Idee hinein.
Mit
Erkent-
,,niß der Idee aber, ist Dir Sonnenlicht nicht klarer als „ Ueberzeugung : daß Philosophie nicht Folge des Chri„stentums , sondern ,, Gesez
gegründete
echtes Christentum notwendige Folge
echter
Philosophie
in ist!
„Auch hat sich Christentum von Urbegin an, als Lehre „ angekündigt, so wie ja selbst das im allgemeinen Vers ,,brauch Seyende, rein finliche, auch als Lehre aufgez
218
-
Lehre aber, hat ja wohl noch
,,faßt zu werden begehrt !
aufzufassen vermogt , sondern
,,niemals der Körper
,,der Verstand, d.i. der Geist nur vermag sie zu vers „stehen! " „Siehest Du nun nur dieses volkommen deutlich ,,ein, so kanst Du ,,wenn
auch
nimmermehr zweifeln ,
Du Deinen Körper
täglich
daß :
in Wasser bas
„dest, täglich Brod und Wein genießest, dadurch Dir „ niemals Verständniß der Lehre kommen kann, "-so Du aber die Lehre wirklich verstehest, dann „ bedarf's weder des Wasserbades , „ Was
kümmern
verständigen
noch des Uebrigen ! Geist ,
gehaltleere,
„rein finliche Formen veralteten Aberglaubens ?!
Mit
,,deutlicher Erkentniß des Wesens , der Wahrheit ,,bist Du Philosoph , als echter Philosoph aber zweifelsfrei echterer Christ , „ Christen,
als die Milliarden Namens-
die seit Jesus gelebt und leider noch leben
,,werden, und von denen Jude, Muhamedaner oder „Heide genant zu werden , Dich wenig kümmert.” „Mit deutlicher Erkentniß der Wahrheit , wird Dir ,,auch unerschütterliche Ueberzeugung , daß die Mensch„heit absolut ewig in's Unendliche fortschreitet , und daß ,,sie kein größeres
Unheil
als Stabilität treffen kann,
„mithin kein größeres Unheil als Autoritäts - Glaube; „demnach kann kein Buch der Welt , und am Wenigsten ,,das vor Jahrtausend verfaßte, unbedingten Glau ,,ben fordern , und daher ist für Menschheit kein Heil zu „ hoffen , bis die von Luther und Kopernikus begonnene „ Kritik im absolut allgemeinen Gebrauch ist!"
219
-
,,Daß auch Luther , nicht wie selbst die allermei´ „ ſten protestantischen Geistlichen noch jezt meinen , ,,kein blind glaubender, sondern echt teutsch forschender ,,Denker war, ist nachzuweisen zwar unnötig , weil „ nichts ,,vest
drauf ankomt ; denn Wahrheit
gegründet ,
bedarf
in sich selbst
Keines Menschen Zeugniß,
,,wessen es sey; folgende Stelle führen wir daher nicht „fum Zeugniß der Wahrheit, sondern zu steigendem Ruhm ,,des unsterblichen Mannes an ; zum Zeugniß, daß Die"fer, der fast ganz allgemein noch als Glaubender ,,verehrt wird, bis zu den tiefsten Tiefen der Spekulation ,,vorgedrungen ist : ,,Wiewohl ich ein alter Doktor der „H. S. bin, ſo bin ich doch noch nicht aus der Kinder„ lehre kommen, und verſiehe die zehn Gebote, den Glau,,ben und das Vater Unser noch nicht recht, ich kan's „ nicht ausſtudieren noch auslernen , aber ich lerne noch Wann „ täglich dran , und bete mit meinen Kindern. ,, versteht man doch durchaus das Wort im Vater „ Unser : „ Der Du bist im Himmel ? ” --- Denn , wann „ ich diese wenigen Worte verstånde und glaubete (bes "griffe ! ) , daß Gott, der Himmel und Erde und alle „ Kreatur geschaffen , und in seiner Hand und Gewalt „hat, sey mein Vater, ſo ſchlösse ich bei mir gewiß : „ daß ich auch ( selbst! ) ein Herr Himmels und ,, der Erde wåre." (Hört! Hört ! ) Darum ist „ daß einzige Wörtlein „ Dein ” und „ Unſer ” das al„ lerschwerste in der H. S., wie auch im ersten Ge„ bot zuſehen : „ Ich bin der Herr Dein Gott ! ” (Hört !) ,,Drum gedenke Niemand , daß er die H. S. habe ges „schmekt, er habe denn hundert Jahre die Kirche mit den
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„ Profeten, Joh. dem Täufer und den Aposteln regiert. ووDemnach ist's großes Wunderwerk H. S. verstehen!" Wir gestehen , keine andere Stelle in den Schriften des großen Mannes zu kennen , die den tief eingedrungenen und darum zweifelnden Denker mehr karak terisirte, als diese.
Und gar nicht geringen Fortschrits
dürfte die Menschheit sich erfreuen , wenn unter Hundert Geistlichen , christlicher Kirche überhaupt , ja , wenn unter Hundert Geistlichen, selbst der Protestanten , nur Einer erst sich fånde, der diese Stelle des großen Reformators durch und durch verstände !!
Unzweifelhaft hat Kolumbus Entdekkung antipodischen Weltteils , die bis dahin allgemein geltende Vorstellung, sowohl unsers Erdkörpers, als der Schöpfung des Weltalls überhaupt , (denken wir dabei nur des Himmels in der Höhe, und der Hölle in der Tiefe!) in revolus tionåre Gährung bringend, (man lese Biografie Kolumbus, welche Einwürfe ihm von Unwissenden gemacht worden) auf Luther und Kopernikus höchst bedeutend eingewirkt, und so gebührt auch Kolumbus der Ruhm , als bedeutender Reformator auf Menschheitsbildung eingewirkt zu haben.
Ueberdies aber liefert diese Entdekkung prakti-
schen Beweis :
daß jeziges
wissenschaftliches
Christentum , Folge ideeller Philosophie ist , und nicht umgekehrt, ideelle Philosophie Folge des Chriſtentums. Denn , während Chriſtianer rühmen , Chriftianis mus habe in Europa Sklaverei aufgehoben, liefert der Christia nismus , selbst noch nach der Reformatoren Zeit , in Amerika ſtrikten Beweis , daß Er nicht nur die schon
221
-
1000 Jahre abgeschafte Sklaverei wieder einzufüren erlaube, sondern eine Solche , wie weder heidnische Griechen und Römer, noch Muhamedaner *) in der Regel, hatten ;
womit zugleich bewiesen
ist,
daß
nicht Christianismus in Europa Sklaverei abgeschaft, sondern edle Sitte des ganz Europa beherschenden teutschen Ur-Volks , welches nur Leibeigenschaft kante ! Daß bei Griechen und Römern Sklaverei mehr theoretisch als praktisch bestand , indem sie ihre Sklaven im Allgemeinen zweifelsfrei beſſer behandelten , als jezt bei weitem die meisten Fabrikherren ihre freien Arbeiter behandeln, ja, daß der Abstand zwischen weltbeherschenden römischen Kaisern und ihren Sklaven ganz gewiß nicht so bedeutend war , wie jezt zwischen in Karossen farenden Brauherren und ihren Kutschern stat findet, dieses steht nicht nur durch die vor uns liegenden Schriften der Alten vest , und ist untrüglich in ihren KomedienDichtungen erwiesen , worin stets Sklaven die Vertrauten ihrer Herschaften ſpielen , ſondern ist auch durch eine *) Da Hammer Vielen , für Türken parteiisch gilt , mag folgende, Stelle aus des verehrten Carl Ritters Erdkunde, 1. T. S 466 Zeugniß geben : ,,Der Sklaven Schiksal ist dort (Tombuçtu) nicht so hart, wie in Oft , und Westindien , weil sie nach ſiebenjähriger Dienstzeit von jedem guten Muselmann ihre Freiz heit erhalten , oder auch schon früher , wenn sie nur nominal Moslems werden und den Koran lesen lernen." Dagegen heißt es S. 274 ; „ Das Leben portugiesischer Matrosen and SklavenHändler hat hier (Kongo ) Brantwein (durch Pfeffer von Christen vergiftet ! ) und liederliches Leben eingefürt." (Drauf wird grauliche Sitten-Verderbtheit geschildert, und Ritter schließt:) ,,Furchtbare Frucht europäischer Civilisation (?) an den „ Küsten - Ländern ferner Erdteile !" Nicht bedarfs noch Anfürung zallos übereinstimmender Reisebeschreibungen , wonach Muhamedaner ihre Sklaven mehr als Diener denn Sklaven behandeln.
222 Weltthat bewährt.
Denn, während in unsern Tagen
gar nicht viel fehlte , daß Napoleon ganz Europa unterjocht hätte, und zwar nur dadurch : „ weil Europa's ,,Beherscher sich lieber dem Usurpator unterwarfen , als ihren freien Bürgern Waffen zur Selbstverteidi,,gung anvertrauten, ihre freien Bürger mehr
als
„ den Feind fürchtend - vertraut der Königs - Senat „ Noms , nach der Schlacht von Cannå, wo er und ,,der Weltstaat rettungslos verloren scheint, Sich und ,,den
Staat
neu
geworbenem Heere seiner
Skla-
„ ven an, mit zwiefach höchst merkwürdigen Umſtånden. ,,1 ) Gibt er diesen Sklaven nicht Freiheit, sie müssen fie unter Gracchus durch rühmliche Schlachten erst „ erwerben. - Welcher europäische Staat wagte jezt „seinem Pöbel diese Aufgabe
bei gleicher Gefar nur
„ anzumuten? auch nicht Einer ; man hat sich ja genug „ beeilt , Landsturm außer Tätigkeit zu bringen. Wåren ,,demnach
römische Sklaven so
abscheulich
behandelt
,,worden , wie Christen Amerikaner und Neger noch bes „handeln, wahrlich, weder håtte der Senat solche, dann, ,,wahre Tolheit begangen , noch die gewafneten Sklaven „ gesäumt , zu Hannibal überzugehen , von dem sie Frei„heit ohne blutige Kämpfe unzweifelhaft erwarten durften. ,,2) Wenn der Senat diesen Sklaven nicht unbedingt „ vertrauen zu dürfen glaubte , ſo håtte er sie gewiß nicht ,,bei Rom behalten , sondern sie, und nicht die übrig,,gebliebenen Römer der Cannåer Schlacht , nach Sici ,,lien 16 Jahre lang in Verbannung gesandt."
„Demnach ist erwiesen, daß Christen in Amerika eine ganz neue Sklaverei eingefürt , und bis diesen
223
„ Tag vesthalten ,
-
welche selbst Heiden nicht hatten.
„ Und nicht Katholiken blos trift dieser Vorwurf scheuß,,lich-entmenschender Behandlung ihrer Sklaven , sie sind „jezt bei weitem die geringere Zal , ſondern Niederlånder „und Engländer ! Beide Völker berüchtigt ob Eifersucht „ des Ruhmes christlicher Frömmigkeit (Frömmelei !) ; „ beide Völker reformirten Glaubens , und beide Völ„ker durch politische Freiheits- Kämpfe zu Beherschern ,,des Handels und Geld -Reichtums emporgestiegen. Pfui „ diesen Menschenschindern , die der Freiheit ihr Daseyn „ verdanken, und nicht aufhören nicht nur heimlich den „gräßlichen Sklaven - Handel fortzusezen , sondern ihre „ Mitmenschen in Afrika und Amerika , auf Batavia und ,,dem Cap niederträchtiger denn Vieh zu behandeln ! „ Ganz hat derselbe Clarence , der wahrscheinlich zu„ meist jezt bedrohendes Unglük Europa's verschuldet, „ durch sein : „ Drauf los Edward, zu, zu !" vergessen, daß „ er mehrmals in den neunzigern Jahren lezten Jahr„ hunderts , gegen den edlen Wilberforce angekämpft, und „ damals zumeist beigetragen, daß das Oberhaus die Bill „ zur Abschaffung des Sklavenhandels verworfen ! Und „mit welchen Gründen unterſtüzte er seine Abscheulich„teit ?
„ Dieser Handel bringe dem Staate 50000 Liv .
„St. jährlicher Einkünfte !" Freilich konte das zarte Ge,,wissen eines Solchen nicht dulden , daß griechische ,, Namens - Christen von Türken mißhandelt würden, „da
dieses
Privilegium nur
ihm und seinen
„Engländern zusteht !” -
"So beweist Geschichte, daß Christianismus weder „theoretisch noch praktiſch rein Menschliches gefördert,
224
„sondern , daß erhabenste Frucht griechischer Urbildung ,,(weilGriechen Ur volk), „ Philosophie!” in Alexandrien „ in Verbindung kommend mit israelitischer Urbil,,dung (weil auch Israeliten Urvolk) ,
und endlich in
„Verbindung mit edler Urfitlichkeit teutschen Urvolks, „Wissenschaft und Kunst,
absolut höchste
Güter des
„ Menschen, zu der erfreuenden Stufe erhoben , worauf „ diese sich jezt befinden ;
oder was dasselbe : daß
„griechische Ur- Philosophie, geläutert und veredelt durch „ Ur - Israelitische Ideen und Ur - Teutsche Sitte, ,,die Menschheit so weit gegründet , wie wir sie jezt „finden !"
(Nebenbei magſt Du mein Leſer durch das von
Clarence Angefürte erkennen, wie notwendig es sey, daß, wer über jezige Welt- Begebenheit öffentliches Urteil wagt, Geschichte kennen
müſſe ;
denn
das Angefürte
wissen Wenige , und der Angefürte ist in lezter Zeit gar viel belobt worden, obwohl er in dem was ParlamentsVerhandlungen aufbewaren ,
Grund
genug håtte , sich
leidend zu verhalten , damit ihm nicht alte, gar fürchterliche Sünden vorgehalten würden !
Indeß ist bis
diese Stunde Geschichte der Menschen leider mehr die wilder Barbaren ,
denn
vernunftfähiger Wesen ;
noch
immer entzüffen nur meteorisch einzelne , sehr wenige Sonnenstralen die schwarze Nacht der Frevel, und können drum
nur wenig
das Vertrauen stårken , Philosophie,
oder was dasselbe , echtes Christentum werde endlich Menschheit veſtgründen.)
Sind jedoch Engländer in dieser Schrift von uns vielfach angefochten , und zålen sie überhaupt , wie das
-
225
sei jedem auf Handel sich gründenden Volke unausbleiblich , gar wenig Menschen , so ist es uns desto Nation einen
größere
Freude,
anzuerkennen: der
größten
absolut
Größten
William
Geister
der
englischer
Shakspeare!" Gesamt- Geschichte.
Außer Joh. Seb. Bach, zält weder Teutschland , noch alte noch neue Zeit überhaupt , einen dem seinen vers gleichbaren Riesen - Schöpfer- Geist !
Auch dieser
aus der Hefe des Volks erstiegen , ohne die unentbehrlichste äußere Bildung, wie seine Werke selbst bezeugen, ſteht als schlechthin : unbegreifbarer Koloß!
Abgesehen
von seinen unsterblichen historischen Stücken, so wie von seinem Kaufman, Cåsar, Lear und Romeo, und den darin enthaltenen plaſtiſchen Karakterschilderungen und entzückenden Gesprächen, befäßen wir von ihm nicht mehr denn Hamlet, so wäre schon völlig unbegreiflich, wie einer des ſechszehnten Jahrhunderts, und zumal ohne gelehrte Bildung , zu der Fülle , Tiefe und Klarheit der Gedanken kommen mogte, welches dieses einzige Werk enthält! So wie aber jede theoretische Idee- Darstellung ohne Verhältniß schwieriger als praktische Ausübung
freiz
lich gegen Ansicht blinder Menge, welche Praxis schwieriger als Theorie hält - so steht Shakspeare auch viel bewunderungswürdiger als Jeanne d'Arc und dieser Bäuerin ähnliche Geschichtshelden, ursprüngliche, oder was daffelbe, apriorische Schöpferkraft menschlichen Geiz ftes betätigend, von keiner Theorie zu erklären. In dieser Hinsicht ist Shakspeare
unbedingt bewunderungs-
würdiger als selbst Bach, in deſſen Familie Tonkunſt gleichfam erblich, war, während der Engländer abſolut allein [ 15 ]
226
steht;
Ein helleuchtender Stern, während
der ganze
übrige Horizont mit Wolken bedekt ist. Auch Shakspeare gehört zu den Geistern , * die von ihrer Zeit schlechthin nicht verstanden werden. …. Auch jezt ist Seine Zeit noch nicht kommen ; zukünftigen Jahrtausenden gehört er an, welche verstehen werden: ,,daß ganz gleich wie Kanzel, so Theater , der Luft zu fröhnen nicht verliehen , indem der Mensch überhaupt ,,nicht dazu geschaffen ist, wie völlig unvernünftige Menge „ meint, ſich zu amüsiren , edle Zeit in niedrigen Ge„ nüſſen zu verschwelgen, sondern, daß Theater wie Kanzel belehren, weil der Mensch überhaupt sich unun„terbrochen geistig beschäftigen sol! ” Und wahrlich, Shakspeare und Bach belehren Dich eben so, wie die Evang. und Episteln Paulus , wie die Schriften Plato's , Aristoteles , Spinoza's , Kant's und Fichte's, also mehr , wie die Schriften der meisten jezt lebenden, sogenant Philoſophen zuſammengenommen. Denn so wie es nur ,, Eine Wahrheit, Ein Leben, Einen Geist, -,,Eine Vernunft, Eine Erkentniß , Eine Philosophie, Ein ,,Christentum , Eine Religion , Eine Geschichte gibt "ganz genau so gibt es auch nur Eine Kunst!
Und
,,eben so wie das , was nicht mit der Einen absoluter „ Wahrheit völlig übereinstimt , eben Nicht- Wahrso ist Alles das unwahr, Schein, Trug, „heit ist ,, Nicht- Kunst , was von der absolut Einen Kunst im „ Mindeſten abweicht !
Und genau so, wie Du Wahrheit
„nicht zu erkennen vermagst , wenn Du Dich ihr nicht ,,unbedingt hingibft, aufgebend Deine Persönlichkeit, ganz „so gelangst Du auch nimmermehr zum Ver ſtån dniß
227
22
„ echter Kunst, wenn Du Dich nicht aufgeben kanst und 4 hineinversezen in die Gedanken der Werke fchöpfe"rischer Meister !
Mit anderen Worten : ,, Nur der
„ Geist lebt , und außerhalb des Geistigen herscht überall „ absolutes Nichtleben ; Leben
aber
ist Tåtig- Seyn,
„ demnach bist Du überall todt wenn Du nicht tätig bist ; bei jeder blos leidenden Auffassung, sey es im „ Religiösen , in Kunst oder was es sey , so Du es ,,nicht tätig in Dir verarbeitest , nimst Du es als „Todter und nicht als Lebender auf.
Wenn wir also
„hier oftmals Hingeben gefordert , so denke ja nicht „an ein leidendes , vielmehr an ein folches , absolut
دوhöchster Tätigkeit ;
99 Du solst
denn dieses Hingeben fordert:
völlig ^ abstrahiren ,
,,Kunst Deinen Geist so hingeben ,
der
Lehre,
der
daß ihm die ganze
,,übrige Welt völlig verschwindet , und er schlechter„ dings auf gar nichts Anderes ,
auch nicht auf Sich
,,selbst achtet, sondern nur auf das , was der Lehrer „oder Meister in ihm zu erzeugen beabsichtigt.
So wil
„ Shakspeare, so Bach , so Kant und kurz , so wols ,,len
Alle , Alle echte Werke der Kunst und Wiſſen-
„ſchaft aufgefaßt seyn ; Andere als echte Werke aber, „sol es gar nicht geben !!” (Nur oberflächlich erwähnen wir noch die von Loyola geftiftete Sekte der Våter Jesu ( ? !) , obwohl sie höchst merkwürdig .
Durch teilweise Aneignung
der durch
Reformation erneueten Wissenschaft, ist bisjeziger BeStand des Katholicismus, faſt nur durch Thatkraft diefer Sekte erhalten , die sehr
bedeutende Månner zålt.
Weil jedoch ihre Tendenz von vornherein der Mensch-
-
heit
entgegen,
so
228 gehört ihre
jezige Erneuang ,
mit zu dem Fluche, den Napoleons fluchwürdiges Treiben herbeigefürt ! )
18. Je långer wir , höherer Liebe gehorchend , im vorigen S.
mit
rein Wissenschaftlichem ,
echt Menschlichem uns
beschäftigt ,
als
desto
allein widerstre-
bender ist's, zallos Unvernünftiges zu berühren ,
was
von der Zeit Sigismund's bis kurz vor der franz . Revolution geschehen, fast nichts als planloses Morden enthaltend, nicht nur wie ſich nennende Christen, Ungläubige und unschuldig wilde Völker geschlachtet , sondern fast mehr noch untereinander sich selbst. Je mehr europäiſch chriftliche Herscher ihre usurpirte Gewalt,
hinter
„ göttliche
Gnaden ÷Ma-
jestät! " zu verbergen trachten, ,,ein, eben so dem Chris „stentum wie germanischer Sitte geradezu widerstreben„ des, heidnisch - theokratisches System!" gründend, desto unvermeidlicher muß im Laufe der Zeit ,,offenbarer Zwiespalt der Herscher zu den Beherschten !” deutlich hervortreten , und so spricht Ludwig XIV. nur aus : ,, l'Etat c'est moi ! " was långst praktisch veststeht ! d. h.: je mehr europäische. Herscher, ſich nicht wie türkische Sultane, als äußerste Spize der Staatssåulen, aber denn doch immer als untrenbare Glieder , diefer Säulen ansehen, -- sondern als „ völlig außerhalb stehende Inhaber der Staaten!" - unübertreflich schon von Fichte karakteriſirt :
„Fürst und' Vaterland , der
„Herscher vor dem Vaterland , als håtte und bedürfte
229 „ Er, der Herscher , keines Vaterlands ! "
(f. Staats-
lehre S. 53.) — deſto unvermeidlicher fallen sie zur Aufrechthaltung unnatürlicher Gewalt , auf Geist widerstrebende Mittel : „ Söldner - Heere ! Menschenwert füh,,lende Völker in knechtischem Gehorsam zu erhalten !" Darum unausbleibliche Folge dieses gråßlichen Syſtems, daß in 400 Jahren von Vaterland nicht gesprochen wird, und es wäre wahrscheinlich, ohne Untergang Byzang's , und Erfindung der Buchdruk - Kunst , und die hierdurch bewirkte Verbreitung alt - klassischer Schrifs ten, so wie der Begrif der Freiheit , so der des Vaterlands , und endlich selbst diese Worte untergegangen ! Denn, ohne geringste Rüksicht auf Völker , ohne sie je mals zu befragen, werden hinfort fast jährlich Völker „ vererbt, verschenkt und verkauft !" wie Vieh!
ganz gleich
,,Mit Eiden gespielt ! und als wenn Liebe
„wilkürlich sich übertragen ließe , und der bloße Name „des Herschers zureichte, Liebe ihm zu versichern , auch „wenn er Scheusal ist , wird Dir unbedingt als Pflicht „auferlegt : „ Heute Georg, morgen Wilhelm, und übers „morgen Ludwig zu huldigen und zu lieben !! "
Nicht ohne Noth laßt uns verweilen bei dieser schaudervol 400jährige Entmenschung , die wir mit 1815 für ewig gefühnt hoffen durften , und die wir nicht berührt håtten, wenn jeziger Krieg nicht diese schöne Hofnung zu zertrümmern drohete !
Im
christlichen
Europa
treten stat Triumvirats
hierarchisch-, teutsch-römiſch- und franzöſiſch-monarchiſcher Macht, mehr und mehr Oestreich , Frankreich, Spanien
230
und England ein ;
meteorisch : Burgund , bald Niederz
lande , Portugal und Schweden.
Auch der Norden öf-
net sich und Sobiesky rettet Wien, Destreich und Teutschland vor schon völlig entartetem Muhamedismus, ohne dankbare Rükerinnerung dieser unschäzbaren Wohlthat zu hinterlassen ; denn hundert Jahre drauf ,, helfen " wei teutsche Mächte auf empörendste Weise , das ,,Volk ihres Befreiers vernichten !" Vergebens auch ist unschäzbare Erfarung : daß Spanien , unerhörte Macht und Reichtum von Amerika ziez hend, nicht nur meteorisch verschwindet, und das Land unversiegbar scheinender Gold- und Silber- und
Dias
manten- Gruben (nach Einverleibung Portugals) zu ſchåndlichem Bankerut sinkt , Kupfer zu Silberwert zu erheben gezwungen wird , sondern auch an Menschenzal so verarmt,
daß dasselbe Land ,
welches zu der Römerzeit
40 Millionen reichlich ernährt , nun kaum 8 Millionen ärmlich zu ernähren vermag ! - Vergebens ist dieser so handgreifliche Beweis , der Erbårmlichk.it des Syſtems Adam Smith's ; denn noch diesen Tag huldigen alle europäische Regierungen diesem System, und wellen nicht erkennen, daß es nur Einen absoluten und schlechthin untilgbaren Reichtum der Staaten wie des einzelnen Menschen gibt : „ der, innerer geistigen Bildung, „ der dann ganz zweifelsfrei auch den äußern herbeifürt, ,,weil jedes Land ohne Ausname, wenn von gebilde ,,ten
Menschen
bewont ,
Reichtum
der
Erzeugnisse
„hervorbringt , der jezt kaum geahnt wird ; denn , dies „ist ja eben mit ein Hauptsegen geistiger Bildung , daß, ,, derselbe Mensch der ungebildet , sich selbst nicht ers
231
„nähren kann , die Gemeinde belastet , gebildet, viel „ fach mehr erzeugt als er ohne Verschwendung "zu verzehren vermag !!"
Der Schatten teutscher Kaisermacht ist mit Maximilian I. gleichsam erblich im Destreich - Habsburgischen Stamme, welcher Kaiser , obwohl für seine Zeit höchst gebildeten Geistes, in ſeinen politischen Bestrebungen dennoch der entwürdigenden Diplomatie huldigt, später als macchiavellistisch berüchtigt;
allein
wiewohl
überall geschlagen , gelingt es ihm doch , Verbindungen
auf seinen
im Felde
durch eheliche
Enkel Karl V. ein seit des
großen Karl unerhörtes Ländergebiet zu häufen , so wie in Teutschland Unwesen des Faustrechts mit der Wurs zel auszureißen , durch Einfürung des Reichs - KammerGerichts , welches höchſt wohltätig wirken mogte, wenn leicht wäre : „ Fürsten zu Gesezes - Gehorsam zu bewegen!" Karls V.
nicht unrühmliche Eigenschaften gehen
gråßlich verloren in viehischer Begier geiler Luft, die selbst Blutschande nicht scheuet. züchtigt Natur Entweihung
Hart , aber nicht ungerecht, erhabenst sinlichen Man-
ne s- Vermögens : „ erzeugende Kraft vernunftfähiger Wesen !"
Und Karl und Franz von Frankreich, bluttrie-
fende Gegner fast während ihres ganzen Lebens, altern Beide früh
ob
schändlicher Vergeudung jener Kraft,
und der hieraus entstandenen pestartig fürchterlichſten Krankheit.
Erste gråuliche Frucht, amerikaniſch-euro-
påisch , viehisch getriebener Vermischung ;
so wie dem
Namen nach bis dahin ungekant, so damaligen Aerzten
232
unheilbar und unmöglich schrekliche Qualen auch nur zu lindern .
Daher ,
als Moriß von Sachsen ,
Schüler
Karl's, den Meister überlistet, und deſſen vieljährige Bemühung zur Unterjochung Teutschlands , durch Einen Handstreich vernichtet ,
vestigt diese Schmach den dem
Grabe sich zusehnenden abgelebten Kaiſer , im långſt ge= hegten Vorfaz
der Regierungs - Niederlegung , die ihm
mehr Schimpf als Ehre bringt ; denn sie geht nicht aus Freiheit kräftigem Geistes - Entschluß hervor, und er übergibt die Regierung schlechtern Hånden, wider heilige Regenten Pflicht , nach welcher, wenn er, despotisches Gemüt des Sohnes kennend, ihn überhaupt nicht zu enterben vermag , er mindestens von seinen Völkern dessen Tyrannei während seines Lebens zurükhalten muß. Darum ist diese Entsagung nicht einmal der Diocletian's vergleichbar, vielweniger der Amurat's ; und ganz recht läßt Karl sich, lebend noch, begraben, denn er ist, noch lebend, schon gestorben, nicht nur von seinen Zeitgenossen bereits vergessen, sondern auch vom Sohne, der ihm sein vorbehaltenes unbedeutendes Jahrgehalt auszalen zu lassen so ganz vergißt , daß der vorjährige Beherſcher fast zweier Weltteile , an unentbehrlichen Bedürfnissen Mangel leidet!
Moriß aber, obwohl durch jene kühne That
Teutschland rettend, bleibt geſchåndet, wegen heimtückischen Eidbruchs und Verrats seines Vetters !
Wenig Regenten kent Geschichte, die so zallosè Verbrechen und
verdiente Flüche
der Völker belasten
als
Philip II. , und doch schimmert in seinem Leben Karaktergröße hindurch, zum Urteil nötigend , in einer hellern
233
-
Zeit und bei besserer Erziehung volbringen.
mogte er Ruhmvolles
aber ist er Zertrümmerer spanischer
So
Macht, und was edles spanisches Volk noch diesen Tag Gråßliches duldet , seine Schuld !
Er
auch ist vor-
züglicher Anstifter einer der fürchterlichsten GeschichtsBegebenheiten : „ Pariser Blut-Hochzeit!"
Allein, übergenug haben wir ja bereits des Gråulichen verzeichnet , zu dem christianistischer Fanatism
verleitet ,
so mag denn der Anteil ,
welchen der
Pabst Pius V. an dieser schaudervollen Scene hat, ſchlieBen.
Dieser heilige Vater schreibt (im Auszug)
an
Katharina von Medicis , 17. Oktob. 1569 : „ Hüten Sie „ sich zu glauben ,
man könne Gott (!) irgend etwas
,,Angenehmeres leisten , als Seine (!) Feinde, mit eis „nem für katholische Religion (?) andächtigen „ Eifer (Wuth !), verfolgen !"
Aber , „ jede Schuld rächet sich auf Erden " keiner der Teilnemer grausen Mordens , der nicht von fürchterlichsten Gewissens-Qualen fast bis zu Wahnsin gefoltert
wird ;
Viele
sterben
gemeuchelmordet.
Philip
wird lebend von Ungeziefer verzehrt ; Karl von Frankreich stirbt im Wahnsin ; Heinrich sein Brüder, zuvor Herzog Guise mordend , wird ſelbſt gemordet , mit ihm erlischt Haus Valois , und Heinrich IV. von Navarra gründet
noch
bestehenden bourbonischen
Stam.
Ein
herlicher Mann, überragend Ludwig IX., teutschen, nicht französischen Gemüts !
Durch Reformation wie durch
treflichste Mutter gebildet, umfaßt er liebevol sein Volk, dessen Wohlfart fördern zu müssen ,
„ er als_hei=
234
-
ligste Pflicht seines Amts , erkent !”
Nicht Ein
Bourbon nach ihm , der diesem Ahn entfernt ähnlichen Gemüts , sonst wir keine Revolution erlebt hätten .
Al-
lein seine unglütliche zwiefache Ehe , entzieht leider dem Volke größtenteils den Segen seines edlen Strebens , so wie die Früchte noch erhabenerer Tätigkeit , ſeines noch größern und edleren Freundes und Ministers Sully , der , einzig in der Gesamt- Geschichte, sowohl als Ideal eines Ministers überhaupt , wie besonders in ſeinem idealen Verhältniß zu ſeinem Könige ; in erster Hinfichr steht in neuerer Zeit Pombal von Portugal ihm nahe, in zweiter Måcenas Freund des Auguſtus, doch erreichen Beide auch in diesem Einseitigen Größe Sully's nicht. *) „Heil dem Volke , das solchen Fürſten befizt, Heil dem „ Fürsten , der solchen Freundes wert ist! ” Dieser echt große König
obwohl schwach gegen
Sinnengenůffe, faßt zuerst vor Philosophen , (vielleicht durch des edlen Mårtyrers Th. Morus Utopien vers anlaßt ?) göttliche Idee, ewigen Frieden unter christliche Völker zu gründen !
Aber zu niedrig noch steht
*) Des herlichen Trajans freundschaftliches
Verhältniß
zu Plinius d. J. und Tacitus, ist wie das Friedrichs II. zu Mehren, worunter leider kein Plinius, kein Tacitus, mehr wiſſenſchaftlich; auch blikt mehr Herablaſſung des Herschers und Selbsts Unterordnung der Beherſchten durch. Am Nå chſten zu Sully ſteht Oxenstierna zu Guſtav Adolf; aber Lüzener Schlacht endet das schöne Verhältniß zu früh , auch ist's nach Außen wirkend, durch Erobes rungssucht getrübt, „ während Heinrich und Sully Frank, ,,reich durch innere Friedens - Bevestigung beglücken !"
235
die Menschheit ; fluchwürdige Jesuiten , in Verbindung verabscheuungswerter
spanischer
Diplomatie
nichtswürdigen Mediceischen Gemahlin ,
und
der
entzünden den
Fanatiker Ravaillac, und einer der edelsten Könige der Gesamt- Geschichte stirbt unter der Hand des grausen Mörters, und Ludwig XIII. wird und bleibt unmůndiger, und einer der erbärmlichsten Könige der GesamtGeschichte. Diesen zeichnet
ein
neuerer
Geschichtschreiber höchft originel :
rühmlich
bekanter
„ Kardinal Richelieu
,,habe schwierigste Aufgabe , die jemals vor und nach „ ihm einem regierenden Minister angemutet ist, rühm„lich gelöſt: „feinen gegen ihn und den Staat res „ voltirenden König , züchtigend
in Zaum ge-
„halten !” Drum kann nicht verwundern ,
daß dieser
sich gefallen läßt , nach 22jährig unfruchtbarer Ehe, mit einem Kronerben beschenkt zu werden, dem Volke nicht unvermuteter als ihm selbst kommend ; „Meisterftük Macchiavellischer Kunst seines gewandten Ministers !" Zähne, welche dieser Prinz mit zur Welt bringt, karakterisiren
bissigen
weiſſagt , und er
Räuber ,
von
Grotius
ge-
entspricht leider gar nicht dem ihm
beigelegten schönen Namen, Dieu donné !
Ludwig XIV.
recht eigentlicher Urheber französischer Revolution , von Fichte treffend: „ Karrikatur verderbt französischer Nationalitåt" genant, hat unheilvoller auf Teutschland , als selbst auf sein eignes Reich gewirkt.
Ludwig ist's , der
zumeist längst vorbereitete Scheidewand zwischen Herscher und Beherschten in ganz Europa ,
und
besonders
in
Teutschland so scharf und bizar veststelt, daß von seiner
236
Zeit, ein ununterbrochener innerer Krieg , Fürsten und Völker fitlich so herabwürdigt, wie kaum eine frühere Geschichts-Periode. Keinen sicherern Beweis wohl gibt's , daß die gleichunerhörtes
Schauspiel,
Schaffot besteigenden Königs gewährend ,
auf übriges
zeitige
englische
Revolution ,
Europa schlechthin gar nicht gewirkt, als solche Einwirkung Ludwigs , gend befizend ,
der , nicht Eine månliche Tu-
ganz Europa durch
rende Intriguen beherscht.
nichts denn enteh
Auf Plutarchs Weise englische
und französische Revolution verglichen , gåbe tiefen Aufschluß geistiger Konstruktion ;
vorzüglich beweisend ,
daß bis diesen Tag, theologisches Unwesen hochmutsvol, von sich bedeutend wohltätige Einwirkung auf Menschheit auspofaunt , die es geschichtlich überall nirgends belegen kann ; ja , als absolut böses Princip hat es leider überall bös genug gewirkt, als gutes aber , finden sich gar wenig Spuren.
So ist englische Revolution bei weitem
mehr theologisch als politiſch , darum geht sie auch für Menschheits - Bildung fast spurlos vorüber ; franzöſiſche Revolution aber rein politisch , worin Theologisches abſolute Nebensache, auf Menschheit unſchåzbar wohltätig einwirkt , und darum die ganze Welt entzündet !
Du erkenst Leser , nur diese Vergleichung volståndig durchzufüren , erfordert ein bedeutendes Werk , wir aber ) haben uns hier auf Seitenzal zu beschränken ! Je nichtswürdiger und erbårmlicher Ludwig , desto nichtswürdiger und erbårmlicher übrige Herscher Europa's feiner Zeit, von einem Solchen sich nicht nur sklavisch
237
tyrannisiren zu lassen, sondern ihm als Ideal zu huldigen und nachzustreben !: Völker Europas müſſen nicht nur ihre Muttersprache in politischen Verhandlungen nein! fortan erste Bedingung
aufgeben,
guten Tons ,
feine
Mutter Sprache nicht verstehen, aber französisch! Auch dieses bald nicht zureichend , „ Maitreſſen halten!” so bei Fürsten , wie bei sogenant hohem Adel unerlaßliche Bedingung: hoher Bildung.
Pfui , diese Schande
nur berühren zu müſſen , — und doch gilt der französ firte (!) Leibniß noch als teutscher Philoſoph?! Biel ſchmerzlicher ist's , den echt teutsch gemütlichen Friedrich, in seinem übrigen Leben ewig groß, französische Werke hinterlassen zu sehen, teutsche Geschichte schreibend, ohne die Sprache seines eignen edlen Volks zu verstehen ! Und kaum bringt den „deten Jüngling ,
„für Vaterland in Liebe entzunVerlust Jenaer
Schlacht
und
„ihre gråßliche Folgen in solche Schmerzens - Wuth, als ,,vaterländische Generale auf öffentlicher Straße über „ diese Schlacht sich franzöſiſch unterhalten zu hören ; ,,indem er schon damals erkennt, daß man sich eigentlich freuen müsse, wenn ein Volk, das seine Muttersprache „verachtet, untergeht, weil es keiner fernern Ernie„ drigung fähig , nachdem es ſich durch. Aufgebung seiner „Sprache absolut ehrlos , felbst geschåndet !!"
Gegen das von Ludwig ausgehende Sittenverder= ben sind seine Räubereien , seine systematisch - barbarische Verheerungen
schönster Provinzen Teutschlands , feine
Dragonaden , ſeine Bigotterie, die von ihm herbeigefürte Gefar Europa's , von Türken verschlungen zu
238
werden, welche er durch Bestechung und Geld-Unterstůzung bis Wien bringt , mit allen feinen übrigen zuſammengenommen ; ' währe` Kleinigkeit,
Schandtaten
Aber Teutschland ist so tief gesunken, f daß, wenn nicht Ausländer sich seiner erbarmen , es kaum Rede werk.
rettungslos zuſammenfiel , auch nicht Einen Helden, vor Schmach zu schüzen , besigend ! Der Pole ནིས་ Sobiesky muß Türken verscheuchen, und der Savoje
gråßlicher
Eugen, zu unerhörtem Glükke Teutſchlands von Ludwig beschimpft, Rache brüten, hierdurch Hort Teutschlands gegen Frankreich werden !
19. Nachdem , fchleichende
ungefår
Bemühungen
auf gemeldete Richelieus ,
Art ,
Mazaring
durch und
Ludwigs , Frankreich zur ersten Gewalt Europa's, Paris stat Nom zur Welt-Hauptstadt empor steigt - Léztere nicht wie altes Rom durch Tugenden, wie neues durch unschäzbare Kunstwerke die Welt anlokkend
und
beherschend, sondern , „ durch Sitten und Familien-Glük zerstörende Moden." - unterbrochen " durch des XV. Ludwigs elende, und durch des XVI. schwache Regierung, bis es bermittelst revolutionärer und Napoleons Kraft absolut
einzige Haupt- Macht
Europa's
und
der Welt wird , erregen alle übrige europäische Staaten nur Neben - Interesse,
außer dem noch einmal hochaufleuchtenden Schweden, unter seinem Einzigen Karl XII , und den jugendlich aufblühenden, jest in hoher Blüte stehenden , Preußen und Nußland , von zwei Månner emporgehoben, Peter und Friedrich !
Aber auch diese
239
erhalten gleichsam bewegende Kraft von Frankreich aus, so daß französische Geschichte zugleich die Europa's ist. England bis zur Elisabeth nur meteorisch auf Eus ropa wirkend, bereitet sich mehr und mehr durch diese Königin die groß zu nennen wåre , wenn sie ihr Leben durch Hinrichtung Maria Stuarts , der sich ihr auf Glaubens - Treue übergebenden Fürstin ,
nicht ge=
schåndet, und wenn es überhaupt nicht schändend wåre, daß Månner ,
Frauen
als
Beherscherinnen dulden
wie durch Cromwell , zur See- Weltherschaft , d. i. zur widersinnigsten
und unhaltbarsten aller denkbaren Her-
schaften, vor. Auch Cromwel, nahe der Kraft Napoleons ſtehend, mogte als Großer verehrt werden , wenn in ihm Ahnung des rein Menschlichen aufkeimt ; so aber strebt er, obwohl
wie
Napoleon im
beherschten
Stande geboren, gleich diesem, Schein - Ruhm abſoluter Thron- Gewalt zu,
und
erniedrigt
wie dieser
eben hierdurch sich selbst,
wie dieser die Völker`im
Irwahn vestigend : „ zu ihrem eignen Heile sey unentbehrlich, Leibes - Geburt über Herschaft bestimmen zu laffen!" Darum beeilt sich englisches Volk, kaum daß der Usurpator in's
Grab finkt,
Karl II. frohloffend
herüberzuholen, ohne alle Gewähr gegen erneuenden Des potis'm , und es bewährt sich schon damals , das den V Nagel auf den Kopf treffende. Urteil Napoleons über französische Emigrirte : „ Sie haben nichts gelernt und „ nichts vergessen !" Fürchterliche Rache ergeht über Königsmörder, und o Erbärmlichkeit ! die Leiche Cromwels wird beschimpft,
zur Schande Karls.
Aber
dieser,
wie sein noch einfältigerer Bruder Jakob II. , haben das
240
Geſchik des Vaters so ` rein vergeſſen , „wie jezt die Bourbonen!" Und nichts fruchtet nachgeahmte Kunst Richelieu's ,
Thronerben
entfliehen , und
einzuschwärzen ,
Jakob
muß
das Haus Stuart erlischt , in unsern
Tagen! : Wilhelm Dranien nacheifernd der weißesten aller Künste , wodurch
sein großer Ahn ,
„ Wilhelm der Schweigfame ! " die freien Niederlande 8 gründet, ** fie vom Joch Philips II. , und von der Mörderhand Alba's errettet,
erringt englisches Scepter,
vermeidlichem , Reichs ,
wenn gleich
zwiefach
zu uns
spåtem Untergang dieses
beitragend :
„Indem
durch
ihn
„vorzüglich engliſche . Oligarchie vester gegründet wird, „ und von ihm Urbegin englischer · National- Schuld !” Durch diese zwei krebsartigen Geschwüre aber, wiewohl „ vorzügliche Ursache des Sturzes Napoleons , wodurch „ Europa und die Menschheit England ewig verpflichtet bleibt, ist
dieses schönen Landes völliger
„ unvermeidlich ,
daß,
wenn wir
Sturz so
nicht noch selbst,
„ſpåteſtens unſere Enkel ihn ganz gewiß erleben !" Wozu ,,nicht wenig beiträgt : „Kolonisations- wie das hierauf sich gründende Handels - System , fedes
allein für
„sich zureichend ,
den übrigens
,,zu verderben !"
(Beweis dieser Behauptungen muß
vorbehalten bleiben. )
bestgeordnetsten Staat
Zu diesen , England verzehrenden
Krankheiten , geselt sich Besiz Hannovers , für Teutschland bis jezt wohltätig , weil eben hierdurch für England vorzügliche Veranlassung Teutſchlands Beſtand zu 2 schirmen , für England aber unheilvol und zwiefache weil es
hierdurch
in
alle
mitteleuropäische
Kriege
d
241
verwikkelt wird , und weil seine Beherfcher hierdurch kein rechtes Herz zu ihm haben , mit Englands Völker nicht recht verschmelzen , es nur als saftreiche Frucht anſehen , die, bei einst drohender Gefar als leere Schale fortzuwerfen ist, zum teutschen Rükkenhalt sich begebend ! Bei so bewandten Umständen wäre unbegreiflich, woher dieses Reich im Jahr 1815 als absolut Erstes gesamter Welt hochverehrt steht?
Durch zwei Vorzüge
vor allen übrigen Reichen Europa's : Inselarische Lage, schwer zugänglich fremdem Eroberer,
und
ständische
"Verfassung ! die, so höchst unvolkommen sie ist , doch „jureicht ,
jedes
ausgezeichnete
Talent zur
Premiers
„ Minister- Stelle fo absolut zu drången , daß der König, „felbst wenn er den Mann haßt, ihn doch über Sich „ſtellen muß , so Pitt, Fox, Canning ! Genau so lange „ auch , als England so ausgezeichnete Staatsmåner hers „vorbringt, wird es bestehen ,
muß es jedoch öfter
„sich in die Arme Castlereagh's und Arthur's werfen, ,,schnel untergehen !"
Das schon im sechszehnten Jahrhundert längst aus der Reihe
mächtiger Reiche
hinausgetretene
Italien,
mogte durch Einen , zwanzig Jahre ſich verstellenden , an Krükken schleichenden , und dem Tode scheinbar sich zusehnendem Greife , Sixtus V. , gar leicht
wieder
zum Ersten der Welt emporsteigen , wenn diesem 65jåhrigen Mann , Mann in ganzer Fülle des Worts , das Alter Hiero's von Syrakus, oder Kato's d. A. ward. Zum Heil der Welt jedoch wirkte dieser in seiner Individualitåt Einzige, nur fünf Jahre ; aber in diesen fünfen hat er [ 16 ]
242
genug geleistet , zur Ueberzeugung zu drången , das in fünf mal fünfen , er höchst wahrscheinlich Luthers Lehre verdrängte , wenn es seinem Riesengeiste nicht vielleicht gelang , den Katholicismus selbst zu reformiren , da er Reformator
und
nichtsweniger
denn
Katholik
war!
Sixtus gehört , obwohl Pabst, zu den herlichsten Erscheinungen der Geschichte ; drum , so glühend wir Pabsttum haffen, diesen Pabst verehren wir hoch, wenn gleich er, feiner erhabnen Würde nichts zu vergeben, Eliſabeth und Heinrich IV mit Banfluch belegte , er , der dieſen Bann felbst belächelte , beide Gebante hoch verehrte , von vers wandtem Geiste angezogen , und weit entfernt war den Rånken Spaniens zu dienen, deſſen Beherscher verachtend und gegen ihn wirkend !
Wie ſolt er auch nicht , feit
Jahrhundert wieder der Erste, der, aus der Hefe des Volks dreifache Krone trågt ! Aber zu gering ist die Zeit seiner Waltung , drum wirkt er nur meteorisch, als Lezter, denkwürdiger Påbste ! Und Italien versinkt völlig , wie Teutschland und Polen, so daß selbst 1813 wirkungslos vorüberzieht , und das Aufflammen 1820 das unglükliche Land nur noch ties fer stürzt.
Weder Neapel noch Florenz , weder Venedig noch Genua, erkennen in Kolumbus ihren absolut größten Geschichts-Helden ; besonders sind die Handels-Republiken seinen erhabenen Ideen um so mehr entgegen ,
als sie
durch deren Realiſirung , Zerstörung ihres über Alexanz drien und Byzanz monopolisch gefürten handels
fürchten , so
daß
selbst
indischen Welts
Diaz's
Erreichung
des Caps , ihre Stabilität nicht zu erschüttern vermag ;
243 und des Italieners Entdekkungen
gereichen
Spanien,
wie wir gemeldet , mehr zu scheinbarem als wirklichem Ruhme und Nuzen !
Portugals unbedeutende Macht steigt zu hohem Glanze, durch wissenschaftliches Streben Eines treflichen Prinzen, Heinrich des Seefahrenden , unterstüzt von den Fürsten Johann I. und II. , welche , wie von Treflichen immer geschieht, ausgezeichnete Männer an sich ziehen und bilden, z. B. Diaz, Vasco und den treflichsten Aller, Alfonso de Albuquerque, und die, wie Trefliche immer auch Duldsamkeit ziert, die von Iſabella und Ferdinand, durch Spaniens unvernünftige Unduldsamkeit ,
vertriebenen Juden , in
großer Anzal aufnehmend , ihr menschenarmes Land mit reichen und gebildeten Familien bereichern ! ,,Aber Inquisitions- und Jesuiten- Einfürung , wie „ überall zerstörend wirkend, stürzen schneller noch, das ,,schnel emporgestiegene
Reich !"
Als nun der kühne
und unglüfliche Sebaſtian am Alkazar gegen Marocco Schlacht und nicht das Leben verliert , und nach viel jährigem das
Herumirren
schöne
Hånde sinkt ,
Reich wird
in
Spanien kettenbelastet stirbt,
in Philips
und
Alba's grausame
es durch Braganza's Haus zwar
von spanischem Joche befreiet , aber nur um unter das Englands zu fallen , woraus es der trefliche Pombal nicht zu erretten vermag ; und worin Es diesen Tag noch um so erniedrigter schmachtet , nachdem durch Ausscheiden Liverpools und Cannings, im Ministerium Englands. macchiavellische Diplomatie wieder herscht, wodurch
244
Portugal an den gråulichen Miguel und der gråulichern Mutter desselben verraten und verkauft ist!
Nachdem Ferdinand II.
das Mark seiner Lånder mit grauſender
durch Jesuiten tödtet, Reformation
Entmenschung vertilgt , und Böhmen , Wiege teutscher Reformations - Bildung, Nepomuk abgöttisch anbetet , iſt Rudolfs Haus nicht nur Obscurantismus hingegeben, sondern Vorfechter jeder
Veraltung , kaum
bedeutenden Menschen erzeugent ,
Einen
außer Josef, der
aber leider früh Pfaffentrug erliegt.
Seitdem auch hat
es nicht Einmal durch Selbst- Macht in Gefaren sich erhalten, sondern , meist durch glükliche Zufälle , nächst diesen, durch Benuzung Anderer.
der Schwächen und Fehler
So im dreißigjährigen Kriege durch Marimi-
lian den Baier, Tilly und Wallenstein ; gegen Türken durch Sobiesky; gegen Frankreich durch Eugen ; gegen Friedrich durch Verbindung fast ganz Europa's und durch Laudon, den von Friedrich abgewiesenen und beleidigten Feldherrn. In neuerer Zeit, mogte Karl sein Hort seyn , wenn långst veralteter Hofkriegsrath ihm nicht die Hände band!
So
aber hat Es zumeist
europäischen Reichen,
vor
allen übrigen
dem Gleichgewichts- System ,
„welches Raubsſucht Ludwigs XIV. wieder hervorruft!" ſein Heil zu verdanken, wie Vesthaltung dieſes Syſtems Es, in den, ihm übrigens widerstrebenden Freis heits- Kampf, hineinzieht ; wodurch wir jedoch ihm den Dank nicht entziehen wollen , für die Wohlthat , welche die Menschheit für diesen Beitrit zur heiligen Sache ihm schuldig ; Blüchers Ruhm aber , wie déſſen , dem
245 er diente, und dessen Volks , und der übrigen treflichen Führer desselben , steigt desto höher, je größer die Schwierigkeit ist , in Verbindung mit gegenstrebenden Freunden solchen riesigen Feind zu überwinden. -
Wilhelm I. von Oranien , einer der größten Månner aller Zeiten , gründet , obwohl früh als Märtyrer , den von Philip II.
vielfach
ausgesandten Meuchelmördern
endlich erliegend , freie niederländische Staaten.
Diese
werden zum europäischen Staat vom treflichen Sohn Morit erhoben, der auch großen Månnern beizugefellen wåre , wenn er nicht durch Mord des edlen Oldenbarneveld sich beflekte. Diese teutsche - da Niederländer zweifelsfrei urteutschen Stammes - leider sehr unvolständige Republik , trågt eben hierdurch schon im Begin, Keim
ihres
Daher dieser
Verfals.
ein , von verschiedenen ,
Staaten - Vers
oft sich durchkreuzenden und einem zur Herschaft unterworfen ―― Ein-
Eifersucht nåhrenden Interessen; strebenden
Erbftathalter
halb
heit zumeist verhindernd - ;
von Amsterdam,
nicht
nur des Landes , sondern des Welthandels Hauptstadt, gewissermaßen abhängig , wie diese von Kaufherren, ,,deren Vaterland überall, und darum nirgends !" eher bewundern läßt ,
daß ein solcher Staat gegen
damalige Welt- Macht Spaniens überhaupt sich vestsezen mogte, und 200 Jahre gegen des benachbarten Frankreichs Uebermacht bestehen, unterlegen. nur
als
daß er dieser endlich
Abermals Beweis , wie schwer es ist , ein
irgend zusammenhaltendes : Volk zu
bezwingen ;
246
denn auch Pichegrå wäre , ohngeachtet deß ihn begünstigenden Frostes , mit Schande abgewiesen worden , wenn das Volk nicht durch widerrechtliche Einmischung frems der Truppen, zum Schuz des zur Souverainitât emporstrebenden Stathalters , empört , eindringende Franzosen begünstigt hätte. Nur als Mitglied
europäischen Staaten - Vereins,
im Gleichgewichts- System bedeutenden Ausschlag gebend, durch Geldreichtum seiner Kapitalisten , die gegen gute Zinsen gerne leihen liederlichen Staats-Haushaltern , hat es als Staat auf Europa gewirkt ;
naßkaltes Klima
låßt tråger das Blut rinnen , nicht günstig kühnem Geistesschwung.
Desto bewunderungswürdiger , daß Spi-
noza hier erstand , ja, im siebenzehnten Jahrhundert nur in Holland erstehen kann, weil es das einzige Land damaligen Europa's , welches freie Glaubens- Aeußerungen duldet.
Spinoza's orientalische Abstammung , feu-
riger erregt durch Portugals glühenden Boden , woher seine Familie vor Inquisition geflüchtet, löst dieses Wunder ; denn wie Bruno in Italien , ist Spinoza bei Niederländern Einziger Philosoph geblieben ; und kein Land Europa's wo die Lehre dessen bis diesen Tag weniger Eingang gefunden , als das , worin der absolut größte Philosoph der Gesamt - Geschichte gelebt.
Wohl be-
tätigt sich überall : „ der Profet gilt nichts in seinem Vas terlande ;" bei Spinoza aber mußte dieses um so mehr heraustreten, je mehr sein System selbst das Koperni kanische überstralt, nur der abfolut höchsten Abstraktion zugänglich ist , und darum bis jezt von sehr Wenigen nur
überhaupt
verstanden
wird ;
daher
dieses
247
feurige System träger, Bequemlichkeit liebender, niederländis schen Natur zumeist widerstrebt. Desto mehr sagen dieser Natur philologische Studien zu, worin sie auch ausgezeichnete Männer hervorgebracht ; Häupter, Erasmus , Grotius ; Naturwissenschaftlichen Tüchtige, Boerhave,
auch im
Huygens ; arm an Dichtern, zog sie durch Reichtum doch tüchtige Maler, die , wenn auch nicht italisches und teutsches Ideal erreichend , durch kühne Pinfelfürung , selbst vor diesen sich auszeichnen.
20.
Wafa's Stam erreicht schöne Frucht mit Gustav Adolf, des leider früh Ermordeten.
Der an Menschen
und Erzeugnissen arme Staat verfolgt rühmlich
unter
Oxenstierna's Leitung , das vom großen Fürsten vorges zeichnete Ziel,
eine schöne Reihe treflicher Helden auf-
stellend, Banner, Wrangel, Torstensohn u. A.
Aber un-
glükliches Weiberregiment abenteuerlicher Christine , die sich endlich so schåndet, zum Katholicismus überzutreten, stürzt schnel was Gustav mühevol erbauet, dessen Anstrengung für das arme Land zu überspant ist.
So
strebt auch dem großen Vorgånger der Riesen -Jungling Karl XII. vergebens nach , der, in seiner Individualität absolut Einzig in Gesamt- Geschichte, und Welche wohl verdient hätte rühmlicher zu enden. fast unglaubliche Riesen - Kraft Keuschheit hat
dieser
Held
bewiesen;
und wie er
erteilt, würdi-
ger , wenn gleich unglüklicher , als Achilleus , sind auf diesen kühnkräftig bewunderungswürdig fitlich und früh
248
fterbenden König , Verse Göthe's anwendbarer,
als auf
den Peliden : ,,köftliches hast Du erwählt. Wer jung die Erde verlassen, .་ ,,Wandelt auch ewig jung im Reiche Persevhoneid's, ,,Ewig erscheint er jung den Künftigen , ewig ersehnet ! " Niedrig Gefinte schließen
allein vom Erfolge
auf Größe des Unternehmenden , weil sie nicht wissen , daß nur der Gedanke, nicht die That wahre Größe karakterisirt ; „der Gedanke (Willens -Mach t) ist Dein, nie die Ausführung , weil Du nimmermehr GottesMacht erreichest , Mensch bleibend ; daher die That, äußern , nicht von Dir abhängigen Zufällen überlaſſen bleibt. "
Wer dies erkennend , Karls Laufbahn über-
blikt, muß ihn als absolut Höchsten , über alle zum Ecepter Gebornen der Gesamt - Geschichte stellen , „, den „ nicht Einer, weder in fitlicher Größe, noch Riesenدو „ Kraft, noch Bedürfnißlosigkeit erreicht. Auch seine Gerechtigkeitsliebe ist ehrwürdig , und nur Eine Graufamkeit , nicht Verbrechen , bei gebornen Königen viel fagend -gegen Patkul, beflekt sein rein stralendes Leben.
Haben die ,
ihn Eroberern zuzålenden bedacht,
daß er nicht Krieg begint, ſondern von tief, tief unter ihm stehenden drei Herschern schändlicherweise angegriffen wird, die mit dem Knaben leichtes Spiel zu haben hoffen ?
Und daß er Dänemark und Sachsen zu Länder
abtretendem Frieden zwingt , ohne für sich zu erobern ; Krone Polens
ausschlägt , mit
den schönen Worten :
„Ich mag lieber Königreiche geben als nehmen ?! "
Un-
erfåtlich dürſtend nach reinem Helden-Ruhme , drúm nicht lüstern nach Eroberungen , verwirklicht er Offian's
249
-
BildFingal's : „ Sein Schwert, gräßlich mordender Wet„terkeil, aber nur fechtendem Feinde furchtbar, den selbst „als Feind er ehrt und liebt, wenn Tapferkeit ihn ziert ; ,,Freunden und waffenstreckenden Feinden aber mild bes „ lebender Sonnenſtral, liebendes Gemüth bewährend, und ,,mit der Liebe Zauberkraft an sich fesselnd !
So erha
,,ben steht der echt teutsche Jüngling , selbst Herrman „weit überragend, und den Neuere, nicht nur tief unter, ,,mit grausen Lastern behafteten Peter, den sarmatiſchen „Barbaren , sondern auch dem mit zallosen Verbrechen ,,belasteten Korfen unterzuordnen wagen , die Karl , wie ,,Nachteulen dem Adler gleichen!" Aber der Knabe züchtigt mit eiserner Rute , zwei Könige zu schmählichem Frieden zwingend, die von Peter verlassen stehen, nachdem sie , der schon damals „ veststehend russischen Politik zufolge, nur als Brücken „ aufsteigender Macht benuzt worden waren, und Peter ,,flüchtet feigmemmisch vor dem von ihm gereizten Knas ,,ben ,
80,000 Russen dem Rache - Schwert von 8000
,,Schweden überlassend." Der mit vollem Recht sich selbstvertrauende, edel offene , heimtückische List hassende Karl aber , dringt bis Dresden , zwingt nebenbei den Kaiser Lutheranern freien Gottesdienst zu gewähren , nicht erwartend, daß „ Peter „ den für ihn sich opfernden Bundesgenossen im Stiche ,,laſſen werde ; " sich Beiden gewachsen fühlend , kann, darf er nicht früher Frieden schließen , bis Beide ge= demütigt liegen ; denn man beachte wohl , daß die den Krieg begonnen , Frieden nicht zu halten , wie Karl wohl weiß , vest entschlossen bleiben , daher nur von ih rer Ohnmacht Frieden zu erwarten ist.
250
Peter indeß, Zeit der Niedertretung seines Vers bündeten treflich nuzend , ſteht nun volgerüstet den Helden erwartend , und die „ für Europa ! " unglüffelige Schlacht von Pultawa erfolgt , nicht durch mehr denn zwiefache Uebermacht der Ruſſen verloren , ſondern weil der Held gefärlich verwundet, sie nicht wie seine frühere Schlachten leiten kann. rische Russe,
Und nicht gedenkt der barbas
der von Karl den Ruſſen bei Narva
erzeigten Wohltat, wo der angegriffene und von Peter persönlich beleidigte König gegen 40,000 gefangene Russen freundlich behandelt, und ohne Lösung zur Heiz mat entläßt ;
16,000 kapitulirend
zu Kriegsges
fangenen sich ergebende Schweden , werden von Peter nach Sibirien geschlept, wo sie Alle elendiglich umkom men.
So dankbar handelt der noch allgemein höher
denn Karl gestelte Russe!
Wieder verhöhnen Niedrig- Gesinte Karls eisenveftes Beharren in der Türkei , weil sie ohne Ahnung edelstolzen Gemüts .
Der
als Jüngling drei Könige
nieder-
getreten, sol nun als Mann , flüchtend sein Vaterland wiedersehen, das von ihm früher zum Gipfel des Nuhms erhobene ? Unterliegen konte der Trefliche, aber nicht ſich erniedrigen.
Und, war denn erfolglos fein Beharren,
wenn Achmet ein Funke Ehrgefühl seiner großen Ahnen beseelte, und der schurkiſche Vezier Mehmet sich nicht bestechen, Um
solchen
und von Frauen - Reiz betören ließ ? Preis ,
håtte
Karl
nimmermehr Be-
freiung erkauft, den , zur Ehre Peters , wie Geschichte hoft , aber nicht weiß , der Czar nie erfahren ; obwohl des
Weibes Hingeben ,
an Menzikof
bekant genug.
251
Damals
verdienten
Türken
--
ihr
jeziges
Geſchik ;
der Pruth, der sie für ewig vom National-Feinde befreiet hätte, ist ewiger Zeuge ihrer Schande ! Aber nur absoluter Gewalt ergiebt sich der Held ; von brennenden Balken einstürzenden Hauses umgeben, verteidigt er sich noch ähnlich angeschossenem Löwen, und erst, als er mit seinen Sporen im Mantel sich verwikkelnd fält, wird er von auf ihn sich stürzenden Türken gefangen. Auch vieljährig inneres verzehrendes Leiden hat die durch Keuschheit errungene ungeheure Kraft nicht gebrochen ; in 14 Tagen legt der Held gegen 300 Meilen Tag und Nacht reitend zurük.
Indeß umstehen, ähnlich
raubsüchtigen Geiern , alle nordische Herscher das unglütliche Reich, keiner des Edelmuts gedenkend, wie Karl als Sieger uneigennüzig Frieden bewilligt , vielweniger einsehend, daß Schwedens Macht für Europa nur wohltätig, nie gefärlich, dagegen Rußlands Macht furchtbarste der
Geschichte
sey!
Nachdem
also
der ehrwürdigste
Königsheld der Gesamt- Geschichte, von in seinem Dienst stehenden
Franzosen gemeuchelmordet , dem Geſchik, nicht Menschen , unüberwunden erliegt, verschwindet
Schweden aus der Reihe auf Europa einwirkender Mächte, bis zur Erhebung Fernadotte's , von Rußland, wie Polen, gråßlich tyranniſirt ; und zulezt noch wird vom hochbewunderten Alexander, seiner Gemahlin Schwester-Mann, zuſamt deren Kinder vom Throne gestürzt ; - ,, und der Sprösling edel Wasa’schen Stammes zieht , Höfen zurükgewiesen ,
umher ,
von allen
mit erfrornen Gliedern,
der Pflege und des Trostes seiner Kinder beraubt !"
Bedarf's noch der Erinnernrg , daß wir keineswegs
-
252
-
Karl's Züge nach Norwegen verteidigen wollen ? wer
ähnlicher Riesen - Kraft,
gleich
Aber,
erhaben sitlicher
Größe sich bewußt , so nah wie Karl höchſtem Ziel, und so fürchterlich niedergeschmettert Leiden zehnjährig erduldet, „ auf den Helden ! " uns klein
Wir
fühlend gegen
worden , so gråßlich
„der werfe ersten Stein gestehen unsere diesen
Schwäche,
absolut Einzigen !
drum können wir nur bewundern , keines Tadels uns erfrechen.
„ Bestochen sind wir freilich ; denn, im Bilde
,,erblikken wir den Helden bei Pultava als Sieger ; und „fehen paradiesische Erfolge für die Menschheit erblühen, ,,wie kaum Ein anderer Schlachten- Sieg der Gesamt-Ge„schichte gebracht ; denn der Jüngling war echt frommen „ Gemüts , und obwohl Zeitgenoß Ludwigs XIV. ,
der
„ Einzige Fürst Europa's , der , französisch versteh,, end, diese Sitlichkeit kaum kennende Sprache, und ,,die das Wort Gemüt nicht einmal beſizt, nie ſprach !” — ,,Dagegen erblikken wir im russischen Siege Pultava's, „untrüglich deutlich Höllen - Erfolge ,
die Menschheit
„ vielleicht um Jahrtausend zurükdrängend , und um so „ unvermeidlicher, als wir leider allein sehend zu stehen „ſcheinen, unſere Stimme unbeachtet, wie die Kaſſandras !” Auch dies noch fügen wir schon hier hinzu : „ War Europa, und somit die Menschheit, einem weltmonarchischen Joch zu erliegen bestimmt , dann , wehe dem heiligen Kampf, der uns Napoleons Tyrannei entzog. Etat der Sarmaten barbarisches Joch, lieber hundertfach das des Korſen und seiner für Wiſſenſchaft leidenschaftlich kämpfenden Franken!" Schweden hat übrigens theoretisch bessere Stånde-
253
Verfassung als England , indem Bauern darin wirklich Siz und Stimme ; durch Zerrüttung aber , in Folge unglüklicher Raub kriege gegen Karl gleichsam an den Bets telstab gebracht , so
wie durch rauhen Norden in Bil-
dung zurükgehalten, entsprechen praktisch deſſen Stände der Theorie noch nicht ; daher war deren Parteiung in Hüten und Müzen ähnlich der Abderitischen in Efel und Schatten !
Sehen wir in England und Frankreich , Niederlande und Schweden regsames Leben in jener Periode , so ist dagegen in Teutschland (außer Preußen) gespenstartige Kirchhofs - Nacht.
Zu unzålig verjährten Uebeln gefelt
sich Eifersucht des im starren Papismus
beharrenden
Südens gegen mächtig ſich aufschwingend protestantischen Norden, vereint mit Furcht vor Habsburgs um ſich greifender Gewalt,
und
die drei
Erztümer ,
Mainz,
Köln , Trier , långst verkauft dem Pabste , stat die Grenz zen des Vaterlandes zu bewachen, sind Verråter in Frankreichs Solde und freuen sich mit dessem Raube .
Gleichen
Verrats macht vielfach Baiern ſich ſchuldig ; „bis endlich Süd-Teutsche, seit länger
denn 100 Jahre berüchtigt
ob unerhörter Feigheit , die vom Kanonen- Fieber beim ersten
Schlacht - Ruf ergriffen , Fahnen
und Waffen
nichtswürdig verlassen , im Jahre 1809 elenden Lappen vom
fremden Unterjocher
des
roten
Vaterlands
erbetteln zu dürfen , gegen durch Glauben und VaterLand verbundene Brüder
wie Löwen fechten , zu zwie-
facher Schande nicht zum Ruhme ! " " Ihnen wird * Lohn der Miſſethat durch Vernichtung in Spaniens
-
254
füdlicher Zone und den Eisgefilden Moskau's !" „ Viel , sehr viel hat Baiern , zu den ersten Mächten Teutschlands
unverdient
erhoben , gut
zu machen , was es
gråßlich verschuldet !"
Aber Sachsens
Herscher , vom Glanz der Krone
betört, opfert dieser Schein - Macht , nicht nur Heiz ligsies , persönlichen Selbstwert , gar nicht gedenkend des großen Vorfahr's
und Ahn's , Friedrichs
des Weisen,
Hauptstüze Luthers , und Moriz , Teutschlands Erretter, -ſich herunterwürdigend zum Papismus — fondern, opfert in Strömen, Blut ſeines edlen Volks und deſſen Schẳze jenem unsinnigen Streben , und wird hierdurch eben so Ursache eigner Macht- Erniedrigung ,,,als endlicher Ver„nichtung des mächtigen Reichs Sobieski's und hierdurch „ einst Europa's , weil dieses Reiches Bestand uner,,laßliche
Bedingung
und
sicherste
Vormauer
vor
„ Sarmatischer Unterjochung !" Eben so werden Schein - Glanz erstrebend , Reichtümer grünem Gewölbe geopfert , unentbehrlichste Unterstüzung
aber
Schulwesem entzogen ,
drum bleibt das
kleine Land mit vier Universitäten gesegnet,
doch weit
in Bildung
Erfreulich
zurük ,
nordischem
Nachbar.
jedoch fördert es Kunst, und wird drob belohnt durch Mengs, Müller und A. , und den, Kunst mit göttlicher Durchdringungs - Kraft gesegneten
Winkelman , der Italien über den Befiz seiner Schäze belehrt, • und
dessen Erklärung , Laokoon's allein , ihn unsterblich machte , wenn er auch weiter nichts geschrieben !
Aber
dürfte diese Proving auch Niemands sich rühmen, hätte sie nicht Einen ausgezeichneten Menschen hervorgebracht,
255
da
Bach in
Leipzig
gelebt
―
und geschrieben ,
bleibt
Sachsen unsterblich so lange Menschheit blühet !
(Wir
werden diesen absolut größten Tondichter noch spåter bes rühren, daher sey hier nur im Allgemeinen bemerkt: daß dieser Genius -Begabte nur echt protestantische Werke verfaßt, d. f. „ Geist - Mächtige !" drum wil, wie Alle feine fast zallofen Meister-Werke , auch seine Paſſion protestantisch aufgefaßt seyn, und keineswegs, wie Unvernünftige vielfach verkünden „frömmelnd !"
Bach war
echt from, und verachtete daher wie alle echt Fromme, d. f. Geist - Mächtige ! leidende Frommelei ! )
Nachdem also mit Berlichingen und Sikkingen, als Ritter über eigne fürſtmächtige Heere gebietend , dem Kaiser furchtbar ; Hutten , gleich mächtig Schwert wie Feder fürend ; Moritz , Mansfeld, noch im Todeskrampf groß,
und Bernhard ,
von Pfaffen vergiftet ;
Tilly,
Pappenheim und Wallenstein , durch von ihm erretteten Kaiser meuchlings ermordet, — edel teutsche Krieges-Heldenschaft in's Grab ſinkt, und schon der große SchwedenKönig , teutsche Krieger, wohl tapfer , aber jede Zucht verschmähend , Räuber und Mörder schilt ; und teutsche Fürsten vom schwediſchen Edelman Oxenstierna , teutsche Fürstentümer erbetteln, und von diesem Schweden damit sich beschenken lassen ,
sinkt teutsches Volk politisch.
tiefer als selbst Polen , schaudererregendes Bild gewåhrend, von Tacitus gezeichnet : „ Sicher wider Menschen, ficher
wider Götter ,
erreichen
keinen Wunsch zu haben , sondern
selbst
von
sie
schwersten Stand,
so nicht nur von Freiheit,
Knechtschaft
entartend !"
Gewiß
256 hätte es hündisch mehr erduldet , als schnödester Despotism ihm aufzubůrden wagte !
Von der Zeit an wird
kühner Muth , Ausdauer und Tapferkeit nach Långe des Zollmaaßes geschäzt , und teuer
bezalt ;
erheben sich
überall Werbe-Häuser , und Seelen - Verkäufer wan deln wie römiſche Liktoren im Feldlager gefürchtet öffentlich umher , und rauben und verfüren edelste Jünglinge durch dieselben Mittel , wodurch Sklaven- Händler un schuldige Neger noch jezt verfüren , das Glük der Famis lien zerstörend; „ und es wird Kriegerstand , der selbst „ bei Egyptern nächſt dem Prieſterlichen hochgeehrt, und „ in welchen aufgenommen zu werden, bei Juden, Griechen „ und Römern Hauptvorzug
""
edel freien Bürgers ist,
beschimpfend , und der Soldat , nachdem er Begrif
99 Vaterland sverteidiger verloren, gleich Verbrecher gez „ mieden , gehaßt und verachtet ; Kanton- Freiheit zur „Wohlthat , und jeder ehrliebende Bürger opfert lieber „fein Vermögen , als seinen Sohn im Soldatenrokke „erblikken zu müſſen , und
ſieht die Tochter lieber im
„Sarge, denn als Soldatenfrau , da Soldat fast gleich,,bedeutend wie Dieb und Mörder ; auch werden bürgers „liche Verbrechen wirklich durch : „ unter Soldaten stekken !” ,,welche Strafe in Rußland noch diesen
,,bestraft
„Tag giltig !" -- So wird in Teutschland edelstes Vor„recht des Mannes , „ Selbstverteidigung” zur Ehrvers ,,lezung ,
nur
råden Studenten noch zustehend.
Auch
läßt sich ja Entmenschenderes nicht denken , als Kamez „raden gezwungen , Kameraden , welche so gråßlicher ,,Sklaverei sich zu entziehen versuchen (oft edelste Mån„ ner , Seume!) mit Ruten bis zum Tode zerfleischen zu
257
""‚ müssen.
Und mit solchem systematisch herabgewürz
„ digten Gesindel, hofte man französische Freiheits-Helden "ju besiegen ?!"
Keinen untrüglichern Beweis gibt's, vom ursprünglichen (apriorischen) Selbstwert menschlichen Geistes, von deſſen ursprünglicher Schöpferkraft als den , daß aus diesem so herabgewürdigten teutschen Volke, dennoch eine zallose Reihe welterleuchtend wissenschaftlicher Helden hervortreten : ,,Rühmend darf's der Teutsche sagen, ,,Höher darf das Herz ihm schlagen : ,,Selbst erschuf er sich den Wert. " Daß aber Teutſche dieses unsterblichen Ruhmes fich erfreuen, daß ihr Name noch hochgeehrt unter Völkern genant wird , verdanken sie untadliger Ermordung des Ungeheuers, Konrads von Marburg , der die von Innocenz III. gestiftete Inquisition in Teutschland als erſter und letzter Groß - Inquisitor , solchem Amte angemessen verwaltet. „ Wohlthat dieses Mordes, wird auch so allgemein anerkant , daß die Mörder , obwchl bekant, vom Gericht nicht verfolgt werden. "
( Dies als beiläu-
fige Bemerkung für diejenigen , die jeden Mord absolut verbrecherisch stellen ,
daher auch Corday , Staps und
Aehnliche unter Mörder zålen und ganz vergessen, daß dann auch Mucius und der göttliche Held Timoleon, auch Tell zu Mördern
gezålt werden müssen ;
ohne solche Helden ran ,
eine Menschheit ?
gåbe es aber „ Jeder Ty-
der seine absolute Wilkür zum Gesez erhebt,
weder menschlichem noch göttlichem Geseze Folge leistet, ist Mörder und außerm Gesez! ”) [ 17 ]
258
Welchem Unglücke durch Ermordung Konrad's, Teutschland entgeht, beweisen Worte des Pabstes Johann XXII.: „ Uneinigkeit der Könige und Fürsten mache den Pabst erst recht zum
Pabste ; insonderheit seye
Zwietracht
teutscher Fürsten das Heil und der Friede (?) des Pabstes und der katholischen Kirche !!"
Der Ermordung Konrads also verdankt Teutschland nicht nur seine åltern Heroen, Hemmling, den erhaben gemütliche Kindlichkeit erreichenden Meister , hierin übertreffend Dürer und Hollbein ; Tauler und Luther ; Kopernikus und Kepler , denen als Mathematiker Leibniß beizugesellen , sondern auch die Neueren , Euler und Herschel; Bach und Håndel ; Klopstok, unter Dichtern, teutsch Gesintester ; Göthe, Schiller, Voß und A. W. Schlegel, durch seine Uebertragung Shakspear's unsterblich ; Wolf, Leſſing, Mendelssohn, Winkelmann, Jakobi, und Fichte ! " - allein wer mag „ Kantund und die Säulen Aller ,,Kant fie Alle nennen, welche teutſchen Ruhm verewigen, die Menge längst hingeschiedener und noch lebender Zierden, welche teutschen Karakter, in die Tiefe zu dringen, bewähren ! Diese Heroen, teutschen Namen über alle Völker der Erde erhebend ,,, haben vorzüglich Benachbarte mit heiliger „ Scheu erfült, dieses ihr Mutter - Volk, von dem ſie „ nicht nur ursprünglich selbst abstammen, sondern von ,,dem sie bis diesen Tag vorzugsweise geistige Nah„ rung ziehen, völlig zu stürzen, ja sie angespornt es vor „ Untergang zu schüzen , nachdem Es der Selbst vertei,,digung, durch sklavische Unterwürfigkeit der Menge, „ſich begeben ; zu welchem ausländischen Schuz, jedoch aus ,,Wechselwirkung wissenschaftlichen Ruhmes hervor-
259
-
„gehend, mächtig beitrug , daß Alle nordischen Völker, ,,von Teutschland ihre Beherscher sich erbaten, und selbst „Frankreichs und Spaniens Thron von teutschen Königinnen besezt ward .
ووAber auch das instinktartig sich bil-
,,dende Gleichgewichts- Syſtem , jezt von Unwissen,,den viel angefochten , hat Teutſchlands Unterjochung abgewehrt ; die diesem System zum Grunde liegende "echte Idee, werden wir spåter nachweisen.”
Polen kann ein Teutscher nur ungern berühren , als das einzige Land ,
auf welches Teutschland vernich-
tend eingewirkt, und welches ungeheure Verbrechen fürchterliche Rache drohet ! — Desto schmerzlicher ist das Geschehene, weil es ruhmvolles Leben Friedrichs beflekt, und um soschmerzlicher, daß seinem Scharfblik, abgesehen von der That an sich ,
der offenbar politische Fehler zu
entgehen vermogte.
Ferne Türkei ſucht er zu schůzen ;
gegen Destreichs Umſichgreifen scheuet er selbst im hohen Alter,
wo schon hohe Regenten - Tugend
„ Sparsam-
feit!" in Geiz auszuarten droht, bedeutende Kosten eines Feldzuges nicht, und verkent so ganz und gar, daß Oest= reich nie Weltmonarchie fürchten läßt , wie die Russische, und hilft selbst Hauptbolwerk , gegen diese ungeheure Gefahr zerstören ?! licher Fehler
dieses
Mithin zwiefach unverzeih-
deffenungeachtet großen Mannes.
Zwar hatten die benachbarten Staaten, zweifelfreies Recht (nach A. St. R. Grf. 19. ) Polens anarchischen Zustand, selbst mit Waffen- Gewalt zu heben, und es zu Annahme rechtlicher Verfaſſung zu zwingen, und für die darauf verwandte Kosten Entschädigung zu fordern ; der Fehler
260
Friedrichs wird hierdurch jedoch nur größer, da es ihm, dem von ganz Europa Hochverehrten, ohne Frage gelingen mußte, Vertrauen der Polen zu erwerben , wodurch er auf friedlichem Wege nicht
nur dieses bedeutenden
Staats Selbstständigkeit, sondern auch Seinem Staate einen ewig treuen Bundesgenossen erwarb , durch innigstes Interesse verknüpft, welches, Rußlands Macht, beiden gleich gefärlich , vestigte. knüpfte sich , Türkei.
das
Destreichs ,
An diesem Interesse Schwedeng
und
der
So ward Friedrichs Politik dann viel sicherer
Mittelpunkt des Nordens.
Wie ganz anders ſtånden
jezt europäische Mächte ?! Aber unglükliches Geſchik betört auchWeiseste, augenbliklichen und abſolut ungerechten, drum nur scheinbaren Vorteil, dem allein sicheren durchTu―― gend erworben, vorzuziehen „ und zwanzig Jahre nach„her, ruft der edelste Mann seiner Zeit, Epaminondas ,,fast gleichstehend , aber leider nicht wie dieser in seis „ nem aus vielen Wunden hinströmenden Blute als Sie"ger noch begrüßt :
Finis Poloniae ! "
Håtte Polen mehr nicht als Taddâus Kościuszco hervorgebracht, um dieses Einen Mannes wegen, war es Menschheits - Intereſſe , wie jezt Mahmuds wegen, Reiche zu erhalten , das solche Helden zu erzeugen vermag ; denn ganz Sarmatien wiegt den erhabenen Wert des einzigen Kosciuszco bei weitem nicht auf, und hätte daher viel lieber untergehen mögen, als dieser Eine Mann! Auch Dich edlen Vaterlands - Verteidiger , Joseph Poniatowsky, wird unparteiiſche Geschichte nimmer vers geſſen, obwohl Du in Napoleons Dienst, nicht wie Dein
261
kriegerischer Ruhm verdient, starbst; „ denn , nicht ver„teidigtest Du Frankreichs Obmacht, nicht den Eroberer, „ſondern der Einzige aller französischen Krieger, verteis „ digtest Du in Napoleon den ersehnten Befreier Deines ,,Vaterlands !”
21. Långs dem Strande baltischen Meers, des mächtigen Arms, Erde umschließenden Oceans , erhebt sich almålig aufsteigend , von wenigen Hügeln geſchüzt , ein ſandiges Eiland, fichtener Waldung kaum zureichende Nahrung gewährend , bis tief in umgebende Länder verheerende Spuren zeigend, daß einst,
vor geschichtlichem Be-
gin der Menschen , entweder diese Eilande im Grunde des Meers versenkt lagen, oder ein Erdstoß Meeres-Gewässer weit hinauf über fruchtbares Erdreich trieb, welche langsam zurüktretend Sand-Verſchüttung zurükließen. Für beide Annahmen sprechen Volkssagen aus grauer Vorzeit.
So zeigen Bürger Kulms, jezt hart an der Weich-
sel auf mindestens 100 Schuhe hohem Hügel liegend, mächtig eiserne Ringe in morschem Gemåuer :
„ Hieran
haben einst Seeschiffe haltende Taue gezogen " - wies wohl offenbar Fabel, gründet ſie ſich doch wahrscheinlich auf uralte Ueberlieferung hoher Meeresfluth ; aber Phdnicier schon beschiffen die Ostsee des Bernsteins wegen, welcher aus unter'm Meer versenkter Waldung hervorquilt. Auf keine Provinz Teutschlands so anwendbar , wie auf dieses Eiland Worte Tacitus : „, Wer würde Asien, oder Afrika oder Italien verlassend Germanien aufsuchen ?
262
das ungeſtalte an Boden , rauhe von Himmel , traurige von Anbau und Anblik,,, wenn es nicht Vaterland ist !"
Aber ist denn Vaterland an sich nicht leeres
Wort?
Mag irgend ein Land , und wenn es Neapels
paradiesischer Garten , Geistige fesseln ?
Daß Erdscholle
nicht Vaterland ist , beweisen ja eben Neapels Bewoner, ob feiger Schlemmerei schon bei Griechen und Römern gar übel berüchtigt, und noch izt unwürdig als Menschen anerkant zu werden.
Jeder wahrhaft Edle stimt demnach
Anaxagoras bei : „ Nicht auf Erden ist mein Vaterland, ſondern im Himmel !" Wo
aber ist dieser Himmel ?
,,In Deinem und Deiner Mitmenschen Geist !" „ Dein ,,Vaterland ist also da , wo Geistes-Leben blüht , Gei„ftes-Freiheit glüht ! Da , wo der Fürst dem Wort„ fin entsprechend : Erster glänzt in jeglicher Bürgers ,,Tugend ; erhabenes Muster-Bild , auf Liebe gegründe „ten Familienglüks ;
auf innern Frieden unerschütters
„lich gevestigter Macht seines Hauses ; Vater seines „ihn liebend verehrenden Volks , nicht dessen Herscher !” „D, möchte doch endlich, endlich dieses Volk mehr, „ die , durch heilige Opfer keineswegs genugsam erkaufte ,,Wohlthat erkennen , 39 Freiheit Beglüktestes der Erde zu seyn ! " daher sich eifrigst bemühen , durch Nacheis „ferung des vom Fürsten ihm vorgezeichneten Bildes, der „unschäzbaren Wohlthat würdiger zu werden ;
denn
„ Preußens Macht gründet sich allein : auf Bürger,, und Helden - Sinn , auf Einfachheit und Spar,,famkeit!"
Mögen übrige Völker
der Erde Alle , äußerm
Schimmer, åußerm , schlechthin unhaltbarem Reichtum
263
nachjagen,
so lieb Dir Bestand Deines Vaterlands
ist, „ Preuße ! ” blicke nicht neidisch drauf hin , ſonſt iſt Dein Vaterland rettungslos verloren !
Ewige Urgesez-
gebung hat Dich vorzugsweise vor Allen Völkern mit allein absolutem Werte_reich Geist !
ausgestattet , mit
und zu Deinem ewigen Heil , eben darum,
Dich in Geist entwürdigendem wertlos irdischem Gute, im Verhältniß anderer Völker, zurükgesezt. Dich freuen!
Dessen solst Du
Denn , wenn Du diese Wohltat recht
erkenst, bleibt Preußen ewig stehen, während übrige Völker untergehen !
Daß dieser von den meisten Völkern verachtete Boden, vorzugsweise Helden erzeugt, haben früh Sueven bewiesen, wie wir gemeldet, das einzige Gers manische Volk, welches der vergötterte Julius Cåsar nicht einmal anzugreifen gewagt , und welches in Vers bindung mit Cherusker
unter dem gefeierten Herman,
Varus Legionen vernichtet ; römische Welt- Imperatoren erzittern
gemacht , Ahnung bringend :
komme Untergang .
von hieraus
Und selbst der edle sieggekrönte Ger-
manikus, bis zur Elbe vordringend, wagt nicht der Sueven Urland diesseits zu berühren.
Drauf in allgemeiner
Völkerbewegung gegen Westen ziehend , geht Heldenname Sueve durch Vermischung verloren , wenn er nicht fortlebt in Schweden und Schwiz , (?) Beide , Freiheit erstrebende Völker , würdig Suevischer Verwandtschaft. Aber Slavische Völker , Wenden , Poruſſen , besezen die Marken, Pommern und das eigentliche Preußen. Nach Erbauung Brandenburgs entstehen, durch Vermischung dies
264
fer Völker mit Teutschen, die geehrten Namen Brandenburger und Preußen. Jene in wilder Freiheit tapfern Volker, verschmähen das ihnen mit dem Schwerte aufgedrun gene und schon völlig entartete Christentum ; streiten mit im rühmlichen Kampfe der Sachsen wider den großen Karl, u. erst nachdem sie gegen Kreuzesritter fast bis zu völliger Vernichtung gefochten , wird das Menschenblut triefende Kreuz in diesen Landen gevestigt.
Otto der Große , treflicher
Sohn Städte gründenden Vaters , stiftet Bistümer ; in jener Zeit wohltätig , weil damit Urbegin der Bildung. Das Markgraftum
aber
erheben Fürsten Askaniſchen
Stammes, Zerwürfniß teutſchen Reichs , im Kampf der Hohenstaufen gegen Påbste benuzend , zur Selbstständigkeit, bis es durch Erlöschung des Hauses , Kaiser Ludwig dem Baier zufält.
Von da an gråuliche Anarchie,
und das unglükliche und kaum aus seiner Armut erhobene Land wird
verwüftet ;
doch erkauft dessen Besiz
Friedrich von Hohenzollern , Stamvater rühmlich bestes henden Geschlechts um 500,000 Goldgulden vom stets geldbedürftigen Kaiſer Sigismund, und freuet sich dieses Besizes mehr denn ihm angetragener Königskronen von Böhmen und Polen, die er ausschlägt. Diese Erwerbung Friedrichs drångt zu bedeutenden Betrachtungen.
Gerade in jener Zeit , wo teutsche Kai-
fer- und Päbstliche - Macht zusammenstürzt ,
bis dahin
Europa's Erhalter , begint Urgründung Preußens Macht, gleichsam hinweisend erhabene Bestimmung :
„ Erhalter
„Europa's zu seyn !" Friedrich's, für jene Zeit ungeheu„ rer Reichtum , über 500,000 Goldgulden verfügen zu „ können , zeigt tüchtigen Haushalter , hiemit aber, feis
265
„ nen Nachfolgern für ewige Zeit,
die schlechterdings
„ unerlaßliche Bedingung des Bestandes dieser Macht. „hat dieser Staat einst das Unglük, nur Einen vers „schwenderischen Fürſten zu erhalten , ist es rettungslos „ verloren, wie traurige Erfarung bezeugt !!" „So dient Friedrich der Reichs - Gründer , eben so „ſeinem Hauſe, wie dem Gesamt- Volke zu ewigem Muster „der Sparsamkeit, nicht des Geizes ! Dieser Grund-Tugend ,,des Menschen folgen in der Regel alle Uebrigen ; vors „züglich unentbehrlich aber ist sie Regenten , und zumeist „Preußischen ; denn , wenn schon jeder Reichs- Bestand „ nur durch diese Tugend zu erhalten ist, um wie viel „mehr Preußen , wo Armut des Bodens dazu drångt !"
Indeß hat Friedrich nur Umriß des Gebäudes gezeichnet und Grundstein gelegt, noch fehlen fast alle Baumaterialien , zumal seine ersten Nachfolger ihm wenig gleichkommen.
Erst mit Johan Siegmund 1618 wird
Herzogtum Preußen , von teutschen Rittern gestiftet, mit der Mark vereinigt , auch die Grafschaft Mark, durch innige Anhänglichkeit ihrer Bewoner an Preußen, wie ihr unsterblicher Abschied 1807 bezeugt , berühmt.
Der Sohn
aber , Georg Wilhelm , ganz vergessend , „ daß nur krie„gerischer Muth Achtung erwirbt , und Krieg überhaupt „ nie so unheilvol als loser, Schwäche offenbarender Friede!" auch übel beraten, durch, an Oestreich verkauften Minister Schwarzenberg , stürzt sich und ſein Volk in grenzenloses Elend ; Feind wie Freund verachten den feigen Schwächling und verheeren
das Land.
Desto bewun-
derungswürdiger der Sohn, Friedrich Wilhelm der Große,
266
-
aus diesem Chaos ein von Europa geehrtes Reich zu erheben.
Neu- Preußische Helden, bis dahin in Geschichte
nicht bemerkt, vernichten in geringerer Zal bei Fehrbellin Schwedisches Heer, damals das Gefürchtetste der Welt.
Mehr ! Preußens Volk auf Landbau angewiesen,
unbekümmert um Gefaren der See , und noch diesen Tag „zu seinem Heil !” ohne ein einziges Kriegsschif, hindert den tapfern Fürsten nicht , der da weiß , daß kühnem Muthe Alles gelingt , einige Kriegsschiffe auszurüſten, und mit einem Teile der Silber - Flotte sich selbst bezalt zu machen, für traktatenmäßige Forderung, welche Spanien zu zalen verweigert ; Spanien zur See demütigend, damals noch erste Seemacht der Welt !
So zeigt der
erste preußische Held , wie man ohne Krieg sich Recht verschaffen und in Respekt zu sezen vermag ! So nach Außen wirkend , verdankt das Vaterland mehr noch seiner treflichen innern Verwaltung.
20,000
vom unvernünftigen Ludwig XIV. ob Glaubens - Treue vertriebne Hugnotten , welche eben durch dieses Flüchten vom Vaterland , wie in früheren Jahrhunderten
aus
Spanien und Portugal flüchtende Juden , ihren höheren Wert gegen Zurükbleibende , so Verfolgende
als -
Uebertretende, am unzweideutigsten bewähren , „ ohne jedoch bis diesen Tag , auch in protestantischen „Låndern elende Bekehrungs sucht zu hemmen , obwohl ,,in die Augen springt, daß in der Regel , niemals „Geist - Mächtige, sondern nur Schwachsinnige über,,treten !" - werden vom großen Kurfürsten freudig aufgenommen , und tragen , durch mitbringende höhere Kultur vorzüglich zum Aufschwung
des Staats bei.
267 Mehr von diesem Vater des Vaterlands hier zu melden, erlaubt Raum nicht ; doch sen noch bemerkt,
daß seiner
,,Karakter Größe allerdings zuzutrauen , Todesurteil ge"gen den siegenden Prinzen Homburg , sen nicht leere „ Drohung gewesen. ― Wer aber mag bestimmen, „ wenn „volzogen !" ob der Schimpf von 1806 nicht vermieden ,,ward ?!"
„ So Só wie der Tod des edlen , siegenden Titus
„Manlius , Rom 100 Jahre spåter vor Unterjochung "Hannibals errettet , so mogte der Tod Honburgs auch ,,Preußen retten !"
Der eitle, prachtliebende Sohn, sezt sich drauf selbst Königskrone auf, mehr als Hinweiſung :
„ dahin sey
„ zu streben , das kleine Reich mit zum ersten Europa's zu erheben,"
des.
als zu wirklicher Wohlfart des Lan-
Stånde Friedrich II.
nicht ruhmwürdiger noch,
wenn er als Herzog vollendet , was nun „Eitel
als König ?
und leer iſt åußerer Glanzes-Schimmer ; Preus
,,ßens Macht beruht allein auf untilgbarer innerer ,,Dbmacht des Geistes seiner Fürsten und Bewohner !" Jemehr der Vater Aeußerm zugestrebt , desto mehr erstrebt der Sohn Bevestigung des Kerns ; und nimmer håtte Friedrich II. die Welt erschüttert , Europa überwunden , wenn Friedrich Wilhelm I. nicht bürgerlich gez lebt, für seine Person sparsam ; und wenn er nicht sich selbst nur als ersten Beamten des Staats angesehen ; drum fålt ein großer Teil des Sohnes rühmlicher Taten auf den treflichen Vater zurük , der ehrlicher und rühmlicher wie der Macedonische Philip , Vater Alexanders , dem großen Sohne vorarbeitete.
---
268
Was Friedrich geleistet , ist teils hier schon vielfach berührt, und wer wüßte es nicht ? Durch ihn dringt der Name Preuße zu allen Weltteilen ! Und obwohl nichts weniger denn fehlerfrei , ja häufig despotisch , bleibt er Muster nicht nur gewöhnlicher , sondern selbst großer Fürsten ! Hart haben wir zu unserm nicht geringen Schmerz, aber wegen unparteiischen Urteils , ihn ob Völkerrechtss Verlegung gegen Polen anklagen müſſen , Unparteilichkeit aber auch fordert ihn zu entschuldigen , indem er durch bittere Lage
bestehender Verhältnisse gedrängt
ward :
Preußens Selbstständigkeit fordert unerlaßlich Beſiz Schles fiens ; diese Eroberung zerreißt aber leider völlig , die schon 400 Jahr bestandene halbe Zerrissenheit Teutschlands , deſſen 100 Fürsten zwei innere , gleich mächtige Haltpunkte bietend.
Und noch mogte Vereinigung
stat haben , wenn nicht unheilbringender Spalt klaffend
auseinanderriß.
Glaube den
Nun stehen 60 Jahre
Destreich und Preußen neidisch sich bewachend gegenüber ; Frankreich steht auf niedrigster Stufe der Maitressen-Regierung ; England wortbrüchig, hat den Fürſten in der höchsten Noth verlassen ; der ganze Süden ist ohne Stüzpunkt ; Schweden in sich selbst zerrissen ; Polen
in Anarchie ;
Kraft zeigt allein Rußland , dem man durch Peter III. Rettung schuldig ; Preußen ſelbſt, mit überall offenen und zerriffenen Grenzen, ist durch 7jährigen Krieg erschöpft, und ſteht ganz allein ; Friedrich im vorgerükten Alter der Ruhe sich zusehnend und bedürftig ; „ und noch sind Kants Kritiken ,,nicht erschienen !" auch Gleichgewichts- System instinktartig nur aufgefaßt , nicht verstanden , und es gilt ge-
269
gen Katharina anzukämpfen , welcher jedes , durchaus jedes Mittel Recht, was zum Ziele zu führen verspricht. Leser, hast du Muth den ersten Stein zu werfen ?
Ich
flehe : „ Herr führ mich nicht in Versuchung !" Unrecht wird
nie Recht werden , somit Friedrich
nach philosophischem Recht nie Entschuldigung finden ; aber auch Luther nicht, wie gezeigt worden ; denn jeder Mensch sol lieber hundertfachen Tod leiden als Unrecht thun - um so dringender ist Vernunft -Forderung, wissenschaftliche Bildung zu verallgemeinen , damit der Versucher in seiner Hölle bleibe , der durch solches Unheil Menschheit zurük drångt. Desto erfreuender ist Friedrichs Erkentniß , daß der Staaten åußere Macht auf innerer allein beruht.
Spar-
ſamkeit, ſein Grundkarakter, hindert nicht Fabrik-Anlagen, selbst mit Verschwendung zu unterstüzen , und überhaupt, was innern Verkehr beleben mag ; gar nicht beachtend erbärmliche Theorie Adam Smiths, des damals fast vergötterten Staats- Lehrers , der leider noch jezt zallose Anbeter hat, welche, obwohl vom Staate noch viel wenis ger als Smith wissend , doch mächtig einwirken , und wenn sie keinen gediegneren Widerstand wie bis jezt finden, alle Staaten in Charybdischen Strudel stürzen, worin bisherige hineingerissen
wurden.
weisen, erfordert Begründung
Dies zu bes
des Begrifs
(Idee !)
Staat, wozu hier nicht der Ort ; nur als Behauptung, die aber sehr leicht streng
logisch zu beweisen ist,
steht vest: „ Adam Smith hat auch nicht Ahnung echter Staats -Idee gehabt!" Modurch die Menschheit aber zumeist Friedrich ver-
270
pflichtet bleibt, ist die von ihm geschüzte Preß - Freiheit, welche öffentliche Meinung in Teutschland vestgründet , von unberechenbar wohltätigen Folgen.
„ Klar
„ erkent der große Fürst , daß so wie Preß-Beschränkung, (mit Ausname sittenloser Schriften) , an sich schlecht„hin tyrannisch, und darum nur tyrannischen Regierungen „ unentbehrlich , eben so Preß- Freiheit wohlgeordneten ,,Regierungen unentbehrlich , nur wohlthuend , nie schẳd„ lich wirkend.”
(„ Nur ein einziger Herr (Friedrich !) in der Welt sagt : „ raiſonnirt, so viel ihr wolt, und
worüber ihr wolt , aber gehorcht !" tracht ist dieses Zeitalter ,
" In diesem Bez
das der Aufklärung ,
oder
das Jahrhundert Friedrichs ! " Kants Verm. Schrft. 2. 3. S. 692 und 698)
Wie dem jezigen Philosophen , auch wenn er an sich viel bedeutender , wie er's leider nicht ist, überaus schwer wäre Stelle Fichte's irgendwie zu ersezen , des durch Persönlichkeit eben so als durch himlische Sprache mächtig anziehenden Philosophen , ---- so war dem Nachfolger Friedrichs die furchtbare Aufgabe einen Solchen zu ersezen zu schwer.
Hinzukomt ,
die mit dem Tode
des Vorfars eintretende abſoluk größte Welt-BegebenheitsEntwiklung , die selbst unmöglich fallen mogte milder stimmen.
einem Friedrich zu beschwören, dies beachtend, wird Nachwelt
Glaube an alleinige Macht des Geistes ,
war nicht blos im Vaterlande völlig geschwunden , sondern überall, und wie wir schon gezeigt, auch in Frankreich , und keiner , selbst der Häupter der Revolution, ahnete, viel weniger beabsichtigte planmäßig die furcht-
271
-
bar eintretenden Begebenheiten ; daher Ht diese Revolution streng genommen, kein von Menschen herbeigefürtes, sons dern mehr ein ungeheures Natur - Ereigniß ! Allgemein galt vorherschend , Menschen nicht höher denn lebendige Maschienen zu achten.
Preußen empor-
gestiegen durch Kriegs - Gewalt , nur hierdurch unter die ersten Mächte aufgenommen , nur hierdurch in diesem Rang sich erhalten könnend ; stolz auf upzålige Heldentaten, in stets erfrischenden Andenken französischer Schmach bei Rosbach , stolzer auf Friedrich , des gleich gefürchteten als
verehrten Fürsten,
verlokte leicht zur
Ueberschäzung ausdauernd innerer Kraft, welches Selbstvertrauen leichter Sieg in Holland zu rechtfertigen schien. Und wer mag alle wechselwirkenden Veränderungen bes rechnen , wenn Katharina acht Jahre früher stirbt ?!
22. Indem wir uns
offen gegen Rußland erklären,
und alle Völker Europa's „ in heiliger Begeisterung gegen Rußlands bedrohende Welt- Gewalt ankämpfend , entz zündet ," und Jeden für Rußland Partei-Nehmenden, „ fur Erkentniß seiner fluchwürdigen Blindheit gebracht wünschen” — wiſſen wir uns dennoch so völlig frei von jeder Parteilichkeit, von irgend einem Haſſe gegen dieses Reiches Bewoner , „ daß wir vielmehr gerade durch die"fen unsern Wunsch : der Entgegentretung Europa's ge„gen Rußlands , ſeit 150 Jahren hartnäkkig verfolgte „Entwürfe, unſere innigste Liebe zu dieses Reichs echter ,,Wohlfart beweisen! "
Denn, seiner Herscher biejezige
Sucht nach Außen, zeigt unzweideutig , völlige Un-
272
-
kentniß echt menschlicher Bestrebung , von Innen heraus Geist würdige Macht zu gründen ; zeigt Streben auf Unterjochung der Völker römische Schein- Größe zu erringen , welche Unterjochung , wenn sie wie leider wahrscheinlich , einst gelungen , Rußland selbst unausbleiblich desto
fürchterlicher stürzen wird ,
als deſſen
Sturz dann Europa mit zertrümmerte , und
für die
Menschheit nur Hofnung , in Amerika's Wildnissen sich zu erhalten , ließe !
Die von Russen für Menschheit
mithin für Ruf-
sen selbst, da sie doch wohl zur Menschheit auch gehören ? — ohne Verhältniß gegen Macedoniſche, Römiſche und Französische Welt - Tyrannei , drohende fürchterlichere Gefar ist begründet, in ihrem ohne Verhältniß tiefern Bildungsstand, und der bei ihnen noch herschenden Leibeigenschaft; denn, wenn schon jene Ob- Gewalt von freien Bürs gern erkämpft, ſo gråßlich gewirkt , wie Geschichte zeigt, welche gråßliche Wirkung
haben wir erst von abfolut
barbarischer zu gewårtigen ?! Betrachten wir dagegen Rußland , so ,
wie es zu
feinem eignen Heil , Begrenzung seines Gebiets wün„schen müßte ;” umgeben von Deßtreich, Preußen, Schweden und Polen ; China , Tibet , Persien und Türkei , Alle als absolut selbstständige, freie Staaten, ſo umfaßt es auch dann noch, ein in Geschichte unerhörtes Land -Gebiet, nicht Land , nicht Staat zu nennen, fondern : „ eine für sich abgeschlossene Welt ! "
Die von
mehren Philosophen erbaueten, abgeschlossen ideale Staas ten, von allen gewöhnlichen Menschen belächelt , erschei nen zwergartig, gegen das in Wirklichkeit, was Aeußeres
273
betrift , völlig ausgebildete Riesen - Reich Russischen Kolosses.
Mit dem einen Arm reicht es hinüber nach Ame-
rika , mit dem Andern beherscht es die Küsten schwarzen Meer's, so wie ein ununterbrochenes asiatisches Gebiet von eben so ungeheurer Ausdehnung, als überfült mit unzăligen Erzeugnissen , so daß es schlechterdings auch nicht eines einzigen
Von Kamt-
des Auslandes bedürfte.
schatka aus beschift es reichen Ocean des Südens , von Archangel den des Nordens , und umschließt somit gewissermaßen die Erde. ist Sein. Baltischen
Mehr als ein Dritteil Europa's
Alleiniger Besizer Kaspischen Meers , und
Schwarzen
im
welcher
vestgegründet
Wahnsin treibt es nun noch, die Ruhe der Welt zu zerstören , die Menschheit, und in ihr , Sich selbst zu stürzen ?
Wenn es Polen, das durch zallose Verbrechen ge-
wonnene, frei herausgibt, Freiheit Persiens und der Türkei anerkent, bleiben ihm doch noch über 50 Millionen kräftige
Einwoner ,
die
im
Frieden binnen zwei ſein Bo-
Menschen- Alter auf 100 Millionen stiegen ,
den aber reicht hinlängliche Nahrung bei innerer Kultur, für Tauferd Millionen glükliche Bewoner ! überschwenglichern
Ruhm
können
Regenten
Welchen erstreben,
als dieſes in sich selbst schon ungeheure Weltreich, in sich selbst zu veftigen, völlig unbekümmert um nichtswürdiges Treiben der es umgebenden Herscher ? Segen aller Guten zu erwerben, Schrecken der Bösen zu seyn ! Asyl für verfolgte Gerechte ; in ewigem Frieden , durch ungeheuren Lånder- Raum vor jedem Angrif sicher , eben so geliebt als
gefürchtet ?!
Stat
dessen bezeichnen seine
bisherigen Schritte Ströme Menschenbluts
und
[ 18 ]
vers
www
274
pestender Leichengeruch, und wenn auch von erbårmlichen Halblingen geschmeichelt , wird es von jedem Edlen und Geist-Mächtigen mehr verabscheuet, als gefürchtet ! So ist es unglükliches Fatum, welches, wie bei weitem Mehrzal der Menschen, auch diesen Koloß blind fortreißt, Europa zu verderben, und in Europa Sich Selbst ! Aehnlich dem von Spielwuth, fürchterlichster aller Leidenschaften, Ergriffenen, der , ſtat ſich mit anfänglichem Glücke zu begnügen, eben hierdurch nur zu größerm Wahnsin fortgerissen wird,
va Banque fezt, und nicht nur blind
gewonnenes, sondern auch sämtlich eignes und erborgtes Vermögen, durch Einen Zug verliert, und so nicht nur sich selbst , sondern Alle ,
ihm
Vertraueten , hineinreißt
in den Strudel ehrlosen Verderbs — so spielt Rußland seit 150 Jahren ein gar fürchterlich gewagtes Spiel ! — Noch aber steht Europa , und noch geben seine edlern Bewoner die Hofnung nicht völlig auf, es werde sich endlich ermannen , vereint durch offenbar dringendere Gefahr als ihm jemals früher drohete , und den Koloß Friede zu halten zwingen , der Europa zu verschlingen beabsich= tigt, wie Tausend Thatsachen bezeugen. "" Aber, keine Zeit ist mehr zu verlieren , nur wenige Jahre noch ge= duldet was bisher, und Europa ist untertreten, und wird wie Polen unter Repnin und dessen Henker- Gehülfen, von sarmatischen Satrapen vernichter !!"
Früh schon zeigt sich bei diesem nordischen Volke knechtische Entartung , Weiber-Regiment , dem entehrenden, ergeben.
So Tomyris bei Skyten , so verabscheuet
sie schon Tacitus : „ Sitonen-Ståmme, ſelbſt Knechtschaft
----
275
entartend, dulden Herschaft eines Weibes !" und Irene, selbst unter entmenschten Griechen als Scheusal sich auszeichnend, ist sarmatischen Stammes.
Normånner, Grün-
der des Reichs, in derselben Zeit Frankreich, England und Italien besezend, entarten nirgends so wie hier , nur dadurch erklärbar ,
daß sie früh mit Byzanz in Verbin-
dung tretend, durch griechische Vermischung , des da mals verderbtesten Volks der Erde , in angestekte Verpestung ſinken, welche auch alle dahin ſpåter einwandernde Teutsche vergiftet , so daß , wie Geschichte zeigt, auch in diesen kaum Spuren teutscher Abstammung bleibt. Frühere Grausamkeiten , Barbaren gemäße , übergehen wir , so wie die Peters , schon teilweise berührt, und in allen Geschichtbüchern zu finden , und erwähnen von diesem ausgezeichneten Mann nur noch : daß, so wie er zweifelsfreier Gründer ruſſiſch - europäischen Reichs, er den größten Beherschern zuzuzålen wåre, wenn er durch scheußliche Laster und Verbrechen sich nicht geschåndet, worunter am verabscheuungswürdigsten seine gråßliche Behandlung Schwedens .
Groß und einzig iſt ſein Wif- .
sensdrang ; groß seine richtige Erkentniß , an Europa sich anschließend , Bildungsschule für sein Volk nur von hieraus zu erwarten ; erhaben groß sein Schreiben an den Senat, in seiner verzweiflungsvollen Lage am Pruth : ,,Werd' ich gefangen ,
dann
wählet den Besten zum
„ Czar ; löset mich nicht , und schließt keinen beschimpfen,,den Frieden.
Noch befehl' ich euch ausdrüklich , mei-
,, nen , aus meiner Gefangenschaft euch zukommenden, „ und wenn auch von mir selbst unterzeichneten Befehlen, „ nicht zu gehorchen. "
Dennoch unterzeichnet er, was
276
Karl XII. nie gethan hätte, einen Vertrag ,,,worin er ,,sich ewigen Schuldner der Türkei nent, indem er nur „großmütiger Gnade des Sultans ,
Erhaltung seines
,,Lebens und seines Heers verdanke ! "
(Welche Aehnlich-
keit in der Türken- Dumheit mit der der Samniten bei den Caudinischen Påſſen : diese die Römer unter glei cher Beschimpfung entwischen lassend, werden drauf von diesen , wie jezt Türken von Russen, völlig vernichtet !) Erhaben groß auch stånde Peter , den einzigen Sohn, der des Vaters Schöpfung zu vernichten droht , dem Vaterland opfernd, wenn ſein blutsüchtiges Geműt , das ihn so beherscht ,
daß er zu seinem Vergnügen selbst
Menschen köpft , jene , der Brutus würdige, That nicht verdächtigte.
Nichtsdestoweniger bleibt Rußland dieſem
Czar ewig verpflichtet.
Das auf Peter folgende 40jährige von Halbmånnern geleitete Drei- Frauen-Regiment, bietet fast nichts als Beschimpfungen und Gråuel- Scenen in der Türkei, welche Münnich für ihre Schwäche züchtigt ; Preußen verheert, weil Elisabeth über Friedrichs II. Wiz Rache brütet. Zum Heil der Menschheit stirbt sie , und Preußen wird vom edlen Peter III.
gerettet.
Dieser einzige teutsche
Fürst, der in Rußland nicht zum Sarmaten wird, muß feine edlere Natur mit qualvollem Tod, von der scheußlichen Gattin bereitet,
büßen.
Diese
aber ,
obwohl
Teutsche, ja in Preußen geboren , und in from protestantischer Erziehung erwachsen , und Zeitgenossin Friedrichs , wird nicht nur durch und durch Sarmatin , ſondern vereinigt in sich, Irene übertreffend, entartetſte ſar-
277
matische und griechische Entweibung , und wird so zur Karrikatur verderbt - sarmatiſcher Nationalität, wie Ludwig XIV. verderbt französischer , mit deſſen moralischem Wert sie überhaupt gleich steht. Den Blik vom Schmuz ihres Lebens abzulenken, läßt fie Millionen Menschen in ununterbrochenen Kriegen schlachten, und aus dieser Circe Stålle steigen , nicht wie bei der des Odysseus sanftmütige Tiere, sondern wilde Schweine in Hyånen und Tieger verwandelt hervor.
Wie
gräßlich Türken behandelt worden , sol , als aus Glaubenshaß erzeugt , unberührt bleiben ; - wer aber kann ohne Empörung lesen,
daß noch vor 50 Jahren, in der
„Zeit Kants , Friedrichs , Washingtons und Franklins, „ ihr Vaterland vor „ infamſte Völkerrechts -Verlezung zu „schůzen ,
abwehrende Polen , "
keine Ungläubige,
„keine Sklaven, sondern Månner hohen Adels , mit ab„ gehauenen Armen umhergeführt worden, zur War,,nung, gegen unbedingte Unterwerfung unter Wilfür ei„ nes fremden Untiers in weiblicher Gestalt, sich auf„ zulehnen !" Durch Gråultaten, welche Spanier vor 300 Jahren gegen unglükliche heidnische Amerikaner verüben, zur Verzweiflung gebracht , ruft der edle Las Casas , Last der Amerikaner zu erleichtern , noch gräulichern Neger-Han= del hervor. Hier , fast zu Ende achtzehnten Jahrhunderts, in Mitte sich civiliſirt nennender chriftlicher Völker, werden gegen ein edles christliches Volk, dies selben Gråul verübt ,
und
es
erhebt sich
nicht nur
Keiner , dem unglüklichen Volke zu helfen, nein ! Friedrich und Joseph, und die ausgezeichnetsten französischen
278
Schriftsteller huldigen dieser Athalia gleich tin !
einer Götz
Und so wird dieses gräßlich rasende Weib Schieds-
richterin Europa's, wie Ludwig XIV. Schiedsrichter seis ner Zeit war !
,, Keiner erbarmt sich der jammerbes
,,lasteten Polen , nicht Einer ? — So tief ist Menschheit ,,noch nicht in Europa gesunken. -. Ein Volk noch „gibt's , welchem , dem Einzigen Europa's , macchia„ vellisch-entmenschende Diplomatie und Raubsucht fremd „geblieben, welches seine Verträge, auch wenn sie zu ſeiz ,,nem Nachteil, mit strenger Gewissenhaftigkeit erfült, „ein damals absolut allein stehendes, bieder-worttreues ,,Volk, und eben darum mehr wert, als alle übrige VölDieses edlere ,,ker Europa's zusammengenommen . „Volk sind Türken !
Diese erbarmen sich ihrer gråß-
„ lich unterdrükten chriftlichen Brüder , obwohl sie in „ihren Kämpfen mit Russen von Polen früher nicht „unterſtüzt worden !” „ Aber es hat die Sarmatin durch Bestechungen und ,,Versprechungen, die unter Türkischer Hoheit ohne Ver„håltniß freiern Griechen, als ihre sklavischen Ruſſen, „seit Jahren aufgewiegelt, nun sendet sie Manifest, deren ,,völlige Befreiung verbürgend , zugleich Flotte und Heer zur Unter ůzung .
Druk in Polen hört nicht nur auf,
sondern dies Volk wird durch milde Freundlichkeit bes ,,fchwichtigt; und das
Entmante glaubt der
Sirenen
,,Verheißung, und sieht, ohne sich zu regen, der Schlach,,tung seiner für ihn sich opfernden Befreier zu.
Dest-
„ reich sieht auf der Lauer , und Friedrich ist im eignen „ Neze gefangen , muß Rußland Subsidien zalen , und so „ ¡u
deſſen Welt - Bemächtigung beitragen.
Als daher
279
„eben so durch Verrath griechischer Matrosen auf tür„ kiſchen, wie durch höhere See- Kriegskunst englischer Be„fehlshaber auf russischen Schiffen, See = Schlacht bei „ Scio Türken verlieren, und durch englische Brander „ drauf bei Tsches me ihre Flotte völlig vernichtet wird ; „ Aufstånde der Servier , Wallachen und Bulgaren eben „so Landsiege der Russen erleichtern , obwohl erst durch „graufende Blutſtröme erkauft, - da wird der leicht„ gläubigen Polen gespottet , und fast ihr halbes Gebiet, ,,ohne Kriegs - Erklärung , ohne auch nur einen Schein „von Rechtsgrund angeben zu können, von drei benachbarten „ Gewalthabern zu deren ewiger Beschimpfung! „geteilt ; ein in Geschichte nicht oft vorkommendes Ver„brechen !
Dies war der Lohn eheverbrecherischer Buhl-
"schaft des eitlen und ehrlosen Stanislaus Poniatowski !" „ Aber auch die leichtsinnigen Griechen, nachdem ihre „ Empörung recht eigentlich russische Siege gegen Türken, ,,mithin Polens Untergang bewirkt , werden wütender „Züchtigung ihrer Staatsrechtmäßigen Beherſcher „ überlaſſen, zu häufender Schande der Verführerin ! " Und noch steht zweifelhaft , wer aus dem furchtbaren Kampf als Sieger trit, und ob nicht wider Geſchik, Polen von Türken gerettet wird, da entscheidet des Sultans Mustafa III. Tod über den Untergang zweier mächtigen Reiche !
Denn,
die ſchon völlig zurükgetriebenen Ruſſen erhalten die ſicherst wirkende Unterſtüzung im Aufruhr türkischen Heers, ob zweifelhafte Thronfolge Selims und Abdul-Hamids ausbrechend , wodurch Ruſſen leicht wird , den , der Türkei und Polen Todesstoß gebenden Frieden zu Kutschuk-Kainardschi zu erzwingen.
Drauf mögen sich beide unglük-
280
liche Völker einiger Schonung , durch Pugatschefs , des gemeinen Kosaken Aufruhr , und durch vom Krieg erzeugte verheerende Pest veranlaßt, erfreuen ; find lezte Opfer dieser innern Zerrüttung
aber kaum gefallen , fo
wird Krieg gegen die ihrem Untergange immer mehr zueilende hohe Pforte, vom , jedes Menschliche ablegenden Potemkin erneuet, und Polens Schatten-König und Regierung und Volk mit solch verachtungsvollem Hohn mißhandelt, wie Geschichte seit der entartetsten Römerund Ludwigs XIV. Zeit nicht kent. Bens
Da flamt in Preu-
König göttlicher Schimmer seiner erhabenen Bes
stimmung auf: „ Erhalter Europäischer Freiheit zu ſeyn!” Edel und der großen Ahnen würdig garantirt Er InteAber die verabscheu-
grität der Pforte und Polens.
ungswürdige Sarmatin, hat weltklug, die ihrer Tyrannei drohende Gefahr erkennend ,
den , gesunder Politik wi-
derstrebenden Krieg gegen Frankreichs Freiheit erstrebendes Volk entzündet , den sie heimtückisch mit ihrer gans zen Macht zu unterſtüzen verspricht , auch in rasch auf einander folgenden Manifesten französisches Volk mit Sich entehrenden Schimpfworten belegt, ihre Håfen und Lande allen Franzosen und ihren Waaren verspert, ein von vielen Tyrannen (Tiberius , Philip II. u. A.) schon gebrauchter elender Kunstgrif, Europa desto sicherer zu betrügen und zu verderben ! aufgeregten
Fürſten zu
Denn , stat die von ihr
unterſtüzen ,
erregt sie einer
seits nur mehr noch die schon wütenden Republikaner, und es fält das Haupt unschuldigen Königs zur Sühne rachsüchtigen Volks, ob auf dieses geladener Beschimpfung, andererseits benuzt sie Verlegenheit Destreichs und Preu-
281
Bens, sie gleichsam zwingend , Polen völlig vernichten zu helfen, wollen sie nicht mit Frankreich und Rußland zugleich Krieg führen. Da nun, wie hierin oft nachgewiesen, Glaube an GeistesMacht nirgends gevestigt war, vielweniger jener Heldens ſin, der keinen Augenblik Anstand nimt , ob Wort- Treue, lieber ehrenvol unterzugehen ,
als mit Schande zu bes
stehen, so erhielt die Welt den gråßlichen Anblik : „ während man einerseits ein großes Volk ob gråulicher Schand. taten anklagte, und Es drob zu züchtigen von der Gottheit sich berufen erklärte , man andererseits die denkbar gräulichste Schandtat Selbst im Angesicht der Mit- und Nad welt beging ! "
und wohl dem Menschengeschlechte,
wenn dies lezte Schandtat geblieben wäre, die seine Geschicht-Schreiber mit blutendem Herzen aufschreiben müfsen; aber ach ! sie häufen sich seitdem lavinenartig , und die Schlacht von Navarin übertrift alle früheren ! Damit jedoch auch diese fluchbelastete That das Haupt der größten Verbrecherin des Jahrhunderts bes Laste,
nimmt sie , die vom Pabst selbst aufgeho-
benen und mit Fluch belegten Jesuiten , aus Frankreich, Spanien, Portugal und Italien vertrieben , mit heuch les rischer Großmuth auf, damit diese nach 40 Jahren von Rußland Ausgespieenen , Europa von Neuem zerreißen, herliche Früchte der Revolutionen zerstören, wozu sie das von ihnen längst in System gebrachte ,
unfehlbar
wirkende Mittel anwenden : „ Zwietracht zwischen Völker und Fürsten erregend ! "
Deren Frucht ist Navariner
Schande, wie dieser , Europa's Vernichtung !
Scheint es jedoch nichts Empörenderes
zu geben,
282
als das Leben dieses Weibes zu überblicken , so ist doch empörender
noch ,
ihre verhöhnende
Entweihung des
Heiligsten, was der Mensch befizt : „ Göttliches Wort! ” Denn Sie, welche am richtigsten Timur ähnlich konterfeit würde : ,,Stehend auf einer Insel, welche Leichen, in einem von Menschenblut erzeugten See gebildet, und umgeben von Obelisken ,
aus
rumpflosen Menschenköpfen
erbauet ; Versdung ringsum , steigt Pestdunst, die Erde verfinsternd und vergiftend , empor ! " - Diese schreibt an Zimmermann :
„ Ich habe immer gedacht , daß man
mich verleumdet, weil man mich nicht begrif.
Mein
Ehrgeiz war in der That nicht böse ; (!) aber vielleicht habe ich zu viel unternommen, indem ich die Menschen für fähig hielt ,
vernünftig , gerecht und
glüklich zu werden. " ( !! )
Ist größere Verhöhnung
des Heiligsten denkbar , als bei so gefürtem Leben so zu schreiben ?
Noch rühmt sie sich der „ Liebe zur Philo-
sophie , "
der „ Liebe zum Republikanismus , ”
und versichert : „ Grundzug ihres Karakters sey heitre Luftigkeit!"
Pfui den Entmanten, die von Solcher sich bes
herschen lassen! Daher, hätte der grundehrliche
und
unglükliche
Paul, der freilich seinen sogenant Großen solche Verlockungen nicht zu bieten hatte , wie diese Kleopatra, feinem Reiche und der Menschheit, mehr nicht geleistet, als ewige Beschränkung der Frauen-Herschaft, so wåre ſchon hierdurch seine kurze
Regierung
mehr wert,
als die
34jährige Schein- Glanz-Regierung jenes Weibes .
Zusammenstellung .
Aufgabe aller philofophischen Forschung ist : waltendes Gesez in den Erscheinungen zu entdecken , welches sich Keinem offenbart, dem Spekulations-Gabe, abſolut Höchſte aller Gaben, fehlt, d . i. Vermögen , in die Erscheinungen vermutliche Beziehungen , Verwandtschaften hypothetisch hineinzutragen , wodurch dem tief eindringenden Genius das Gesez klar wird , welches nicht auf der Oberfläche ruhet ; diese Gabe ist jedoch vorzüglich Geschichtsforschern. unentbehrlich . Entwiklungs - Geschichte der Menschheit zeigt im Allgemeinen : Streben des Geistes nach Freiz heit ; d. h. nachdem der Geiſt ſeit Urbegin , durch Gefchichte instinktartig entwikkelt worden , erkent er deutlich seine urgesezliche heilige Bestimmung : „ von nun an Geschichte zu entwickeln, sie zu leiten , nicht aber mehr von ihr sich leiten zu laffen, " oder was daffelbe,,,Sich Selbst zu bestimmen !" Diese Stufe erstiegen , blikt er zurük , zu wissen begehrend : Welche Stufen hat der Geist nach einander ersteigen müssen , um die zu erringen , auf welcher er sich eben findet? Hierüber gibt Aufklärung nur überlies ferte Geschichte , so wie Uebersicht dieser nur möglich, durch deren Einteilung in abgeschlossene Perioden, so wie diese sich gleichsam selbst aufdrängen, durch Haupt-Welts begebenheiten . Diese zu verstehen , bedarf's Epekulations ? Gabe , Antwort der Frage gebend : „ Was hat doch diese und diese Begebenheit zu Menschheis - Entwik lung beitragen wollen, und wiefern hat sie dazu wirklich beigetragen ?!" Diese Untersuchung zerfält in zwei Hauptteile : a) „ Geſchichte reiner Theorie, d. i . Entwiklung der Wissenschaft; b) Geschichte praktischer Anwendung theoretis schen Wissens , d.i. Entwiklung politischer Verhältnisse der Völker !" Auf diese recht eigentliche reine Geschichts- Fragen eingehend , haben wir im vor. Abschnit nachzuweisen
284
versucht, daß : „ Ein von Egypten ausgehendes tierisch- theokratisches System welches zwar von Jesus und Paulus vor 1800 Jahren bereits völlig verworfen, weil diese Heroen aber von ihren Zeitgenossen schlechters dings nicht verstanden worden fortgeführt wird bis zu Spinoza ; der, obwohl auch er nicht verstanden wird , deffenungeachtet , auf die von Luther und Kopernikus ausströmenden Ideen sehr bedeutend einwirkt ; daher jenes System seitdem, ähnlich dem stark lek ge= wordenem Schiffe , im Schleptau von der Philosophie gezogen , kaum über Bord erhalten wird , und jeden Aus genblik zu versinken droht , bis Kant das Tau kapt, von dem an es ohne Segel und Steuer von Wind und Wellen umbergetrieben , sein Schiksal erwartet !" - Der feit 3000 Jahren geschichtlich geführte Streit, über Vorrang des Philosophischen und Theokratischen , ist durch Kant für jeden nur irgend Vernünftigen ewig entschies den. Philosophie kann jenem System zugeben : „ Es ,,habe die Menschheit bis zur Philosophie gebracht ; diese "9Wohlthat ihm dankbar gedenkend , löset durch Kant, „ Philosophie endlich , den abgelebten und dem Tode sich zusehnenden Greis , der der großen Bürde nicht mehr ,, mächtig , völlig ab , und führt von nun an in ewig „blühender Jugend-Kraft, das, Geistes-Macht fordernde, ,,Steuer! " Absicht vor. Abschnits ist : den rein theoretischen Stand der Menschheit vor der Revolution zu deutlicher Anschauung bringend , die Notwendigkeit und Wichtigkeit des Eintrits der Schöpfungen Kant's (seine Kritiken), zu beweisen ; welche Nachweisung dem erhabenen Ges genstand angemessen würdig darzustellen freilich , eben so Kraft des Verfassers übersteigt, als sich gar nicht eignet, in unaufhaltbar stürmischer Eil, ohne alle Vorbereitung, und ohne unentbehrliche Hilfsmittel, in rasch em Entwurf, gedrukt zu werden ; daher mußte in lezterm Abschnit gar Vieles nachgetragen werden , was zum früheren kunft gerecht gehörte , und auch damit ist nun nichts Bolständiges, wie der Verfasser sehr gut weiß , geleistet, darum er auch nur als Versuch es beurteilt begehrt.
Nicht geringere Schwierigkeit bot lezterer Abschnit, der mit dem rein Praktischen der Geschichte sich bes
285
schäftigend , Auswahl der vorzüglichsten Welt- Begebenheiten im gedrängtesten Ueberblik darstellen solte, und unter den eben bemerkten Umſtånden gleich unvollendet ausfallen mußte. Dieser Ueberblik aber war notwendig zur Haupt- Aufgabe dieser Schrift : „ Französische Revolution zu verstehen !" Denn hierzu reicht keineswegs blos äußere Kentniß der Thatsachen zu , als : Ludwigs XIV. Tyrannei, des XV. Nichtswürdigkeit, des XVI. Schwäche ; gråßlicher Entfittung der Nation, und deren Nationalität überhaupt ; der das Volk belastens den Steuern und Grausamkeit der Eintreibung derselben durch Generalpächter ; der niederdrükkenden Schulden und daraus hervorgehenden Finanz-Noth ; infamen Hoc muts des Hofes, Adels und der höheren Geistlichkeit ; des syste matisch zurükgedrängten Bildungs - Standes des Volks ; feiger Entartung des Kriegerstandes ; der Aufregung gebil deterer Stånde durch Göttlichkeit und Heiligkeit leugnende Schriften der Encyclopädisten, wie der Aufregung durch Schriften Rousseau's und Voltair's ; auch nicht der Aufe regung welche Nordamerikanischer siegender Freiheits- so wie endlich nicht die Kentniß der Kampf erzeugt ; Verhältnisse aller übrigen europäischen Mächte zu Frankreich u. s. w. u. s. w. sondern um französische Revolution zu verstehen, muß man wissen: ,,was ihre, ,, ihr von Urgesezgebung gestelte Aufgabe war ? Зи ,,welcher Idee Entwiklung sie vorzugsweise beitragen ,,folte? und endlich : wiefern sie dieser Aufgabe wirklich ,,entsprochen, und was sie wirklich für Vestgründung „jener Ideen geleistet hat ?!" Aufgabe französischer Revolution war : ,وو, Völlig untergegangenes Bürgertum und echtes 99 ,,Kriegswesen zu erneuen ,' und noch richtiger : ,,Ein solches Bürgertum und Kriegswesen zu grün,,den, wie es die zur Herschaft gekommene Geistes - Mat ,,der Philosophie unerlaßlich fordert!! " Wie wenig diese Revolution dieser Aufgabe entsprochen , wird folgender Abschnit zeigen , so wie , daß Schuld dieses Verfehlens vorzüglich Napoleon trift , der leider ohne Ahnung seiner erhabenen Bestimmung war ; so wie dieser Schrift lezter Abschnit nachweisen wird, daß Schlacht von Navarin und Rußlands Erfolge im
286
jezigen Kriege , Realisirung jener Ideen um Jahrtausende zurüfzudrängen drohen ! Lezterer Abschnit sucht nachzuweisen : daß Egypten , von theokratisdem Kasten - Unwesen beherscht, Bürgertum gar nicht kante; daß Moses Schöpfung das her um so bewundernswürdiger , der in Egypten gebildet, dennoch im absoluten Gegensaz des Egyptischen, volkommenstes Bürgertum bisjeziger Geschichte bei Israeliten theoretisch gründete , indem er Gott = Geist , Idee, zum alleinigen Herscher seines Gesamt-Volks, dem Jeder sich selbst ohne Vermitlung nahet, veststelte ; Sklaverei verponte; Familien-Eigentum unablöslich sezte, wodurch, wie durch Anweisung des Volks zum Landbau , er fluchwürdigem Geld - Reichtum jeden Eingang versperte u. f. w ; allein freilich konte goldenes Kalb anbetens des Volk, solche erhabene Ideen nicht verstehen, daher diese keine praktische Anwendung fanden. Der Abschnit sucht ferner nachzuweisen , daß, obwohl bei Griechen und Römern egyptisch theokratisches Unwesen vorherſchte, es doch bei diesen Völkern ein erfreuliches Bürgertum nicht völlig zu hindern vermogte ; daß , teutsches Urvolk gleich fremd den Bürgertum wie theokratischem Tierdienste , alte Welt vernia tend , mit Gemüth reich gesegnet , vorzüglich empfänglich für reine Lehre Jesu, die ihm aber leider sehr verunstaltet zugebracht wird im Urlande felbn , treflice Blüte schönen kräftigen Bürgertums hervortrieb ; daß aber endlich , Erfindung des Schießpulvers Kriegskunst völlig umkehrend , diese Blüs ten zerknikt, weil es dem Kriegshandwerk nun allein treibenden Adel," — der , in ſich „ egyptisch-theokratische Kasten-Verderbtheit aufgenommen, die , wie jede Nachaffung , je mehr sie im denkbar absolutesten Widerspruch eben so mit edtem Christentume , wie mit echt teuts scher Volkstümlichkeit, um so verderblicher wirkte leicht gelang , sich mit den früher zum Volke sich neigenden Fürsten zu verbinden , den Völkern das Schwert völlig zu entwinden , und sie in solch entehrende Knechtschaft zu stürzen, wie selbst asiatische Horden nicht kennen, denen doch Selbstverteidigung bleibt. Da nun ein edel freies Bürgertum ohne månliche Selbstverteidigung schlechthin undenkbar ist ; so finden wir , durch angege bene Entartung des Adels veranlaßt , vor der Revolus tion bei weitem die meisten christlichen Völker Europa's
287
-
in so schimpflicher Erniedrigung wie Tacitus , Suionen Gemeinden selbst unter Barbaren verachtetste schildert : ,,Freigelassene steigen über Freigeborne, auch über Adlige ; Waffen sind nicht im vermischten Gebrauch , sondern unter Verschluß eines Sklaven als Wächters ; und wahrlich , nicht einmal Freigelassene den Waffen vorsezen, ist Tyrannen nüzlich !" Darum dürfen vor der Revolution freigeborne Bürger keine Waffen tragen, wohl aber Verbrecher die sich zu Unterjochern der Bürger vers kauft! Scheueten jedoch Unterdrükker bis dahin noch Schatten hierarchischer Obmacht, indem Freiheitmutige Kanzel- Redner auffallende Tyrannei mit Geistes - Macht drohend bekämpften , so wäre nun mit Verachtung des Glaubens , gegen Knechtschafts - Vollendung keine Retz tung gewesen - wenn nicht Geistes- Obmacht der Wissenschaft rettete, welche die Völker vermittelst BuchdrukKunst und der hierdurch sich verallgemeinenden Bildung, fast ganz allein , ohne Beitrag der Fürsten und des Adels ausbildeten, wodurchsie sich Achtung erzwangen, weil , nach urgesezlicher Bestimmung , Unvernünftige auch wider Willen Vernünftige ehren und deren Befehlen Gehorsam leisten müssen ! Noch trug zur Rettung bei: Bild der Freiheit in Englischer, Niederländischer, Schweiz zer und Schwedischer Reichs - Verfassung , wie in den teutschen freien Reichs- Städten erhalten. (Frucht dieses Bildes ist Freiheit Amerika's , welche dankbar auf die Revolution einwirkte. ) Zu welcher Rettung endlich beis trug , das jezt so verachtete ,, Gleichgewichts- System!" welches keineswegs wie Unvernünftige es verlåstern, auf Berechnung maschinenartig wirkender Menschenkräfte, sondern auf absolut allerhöchster und erhabenster Idee beruhet. Zufolge dieser dem Gleichgewichts - System ,,zuni Grunde liegenden Idee , bildet die Menschheit eine ,,Einzige schlechthin untrenbare Einheit , einen Einzigen ,,Körper ; Alle Völker sind Einheits- Glieder dieses Einigen Körpers , welchen Gliedern unvorbereitet von ,,Außen, weder zu viel Lebens kraft zufließen, noch entzo ,,gen werden darf, wenn sie nicht erkranken, und den Lebens,,Umlauf, zur Erhaltung der Gesundheit des ganzen „ Körpers unentbehrlich , stören sollen ; daher jede ges ,, waltsame Aufregung , und vielmehr noch Vernichtung ,,Eines Gliedes , Krankheit und Vernichtung des gan „ zen Körpers fürchten läßt, welche gänzliche Vernichtung
-
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--
,,zwar bisher durch glükliches Geschik verhindert worden, ,,diesem blinden Geſchik jedoch ferner zu vertrauen, der ,,Vernunft überhaupt nicht geziemt , so wie es auch nicht ,,die geringste Sicherheit gewährt, wie wir dieses in den „ Grundsäzen zur Genüge bewiesen! ,,Aus diesem für Menschheits- Bestand - Sicherung „ unentbehrlichen Gleichgewichts - System , entspringt dem,,nach für Alle auf Civilisation und Christentum (1. Kor. 12. Kapitel) Anspruch machende Völker und „ Staaten , die unerlaßliche heilige Pflicht : ,,Unter gar keinem denkbaren Vorwande zu dulden, ,,daß Ein in den Staaten Bund aufgenommener Staat, „ sich Ein Fuß Land - Gebiet seines benachbarten Staats ,,gewaltsam ferner aneigne , und überhaupt ein benach„ bartes Reich für sich ferner bekriege ; sondern, so wie „ der einzelne Bürger im Staate , sich nicht selbst Recht ,, ووnehmen darf, vielmehr sich dem Ausspruch des Rich,,ters unbedingt unterwerfen muß, so hat der Staaten,,Bundes - Verein darauf zu bestehen , daß in streitigen ,,Fällen eines Staats mit dem Anderen , nicht in "" inneren Angelegenheiten der Staaten, welche ab,,folut frei im Innern , sich selbstständig entwikkeln ‚دوmüssen , gemäß der Selbst - Macht, ihres bei ihnen ,,sich ausbildenden Geistes die streitenden Staaten sich ,, Seinem, Alle verpflichtenden Richterspruch unbedingt „ unterwerfen müssen. Der nicht Folge leistende Staat „ aber , ist durch ein allgemeines Bundesheer (zu ,,welchem der in Streit begriffene Staat nur Kontin,,gent , die vermittelnde Staaten aber den Ober-Feld,,berrn stellen, zu möglicher Vermeidung ausartenden "Hasses und Bewahrung der Unparteilichkeit) zu Ges „horsam zu zwingen , und hat nach A. St. R. Grf. 19. ,,Kosten- und Schaden- Ersaz zu erstatten ! ,,Dieses ist das innere heilige Wesen des Gleich„ gewichts- System , welches ewigen Frieden unter den ,,Völkern Europa's, welche die Menschheit bisher vorzugs,,weise vertreten , unerschütterlich vestzugründen beabsich,,tigt!!" (Daß der volkommen ausgebildete Vernunft-Staat des Gleichgewichts- Systems nicht bedarf, indem Er in Sichselbst unerschütterlich veſt ſteht, ist in den Grundſåzen bewiesen. )
Allgemeiner
Bildungsstand
der
Menschheit,
von der französischen Revolution bis zur heiligen Alliance. Zweiter Teil.
„ Bezwekt Regierung eines Einzigen ,
oder Wenis
„ ger, oder Mehrer das Beste Aller ; ist jede dieser „ Verfaſſungen gut ; bezwekt sie aber blos das Beſte eines „ Einzigen, oder Weniger, oder Mehrer ; ist sie entartet.” Aristoteles Politik 3. B. 5. Kap.
1.
Bisher Vorgetragenes läßt vielleicht vermuten, ich du irst! ich verehre repub-
huldigte Volksherschaft,
likanische Verfassung , und hasse Tyrannei in jeglicher Ges stalt, um so mehr Volks- Tyrannei , unleidlichste aller ; Republik aber besteht
mit Königstum nicht nur sehr
wohl, sondern findet darin Stüze.
Dies lehrt schon
Plato und A. der Alten , auch Aristoteles , dessen Worte: ,,bezwekt Regierung nur Bestes eines Einzigen u. f. w” so zu verstehen, daß Bestes , für scheinbar augenblik lichen
Nuzen
denn ,
wahrhaft Bestes
genommen ,
mithin
nicht Beſtes
glänzendsten
Kaisers ,
ist; ist
mit Bestem scheinbar geringsten seines Volks , schlechts hin untrenbar verknüpft ,
weil Annahme ,
gesonderten
[ 19 ]
290
Interesses der Regierer und Regierten , auf trügeriſchem Schein beruht. Keine frühere Geschichtsperiode weiſet diese Wahrheit so evident,
wie die , französischer Revolution ,
Deffenungeachtet schreitet
nach.
europäisch- praktische Politik
ſeit 1815 auffallend zurük , weil jene Periode im Allgemeinen , und besonders von Fürsten und ihrer nächsten Umgebung durchaus nicht verstanden worden , sonst jener Rükschrit unmöglich wäre. Ursache, weshalb von Zeitgenossen
erlebte absolut
bedeutendste Geschichtsperiode noch so Wenige verstehen, ist, weil bis jezt sehr Wenige überhaupt Geschichte erleben und darum sie verstehen; denn bei weitem Mehrzal der als Menschengebilde Umherwandelnden, sind Schatten und Schemen , sind keine Menschen , leben nicht und wandeln nicht, sondern werden gleich Vieh zur Schlachtbank getrieben vom fie beherschenden Instinkt. Menschen wahrhaftes Daseyn
Der
begint erst mit dem
Augenblik ihres Wissens , wo sie sich selbst Rechenschaft ihres Thuns ablegen; sobald sie von sich selbst wahrhaft wissen , erleben sie Geschichte und wiſſen ſie. Hierdurch erklärt, daß, ſo Viele über diese Geſchichts, periode selbst mit Aufwand ſcheinbarer Gelehrsamkeit schreiben , fast eben so viele verschiedene Urteile fållen, weil (S. 119. A. B.) Geschichts - Auffassung oft ganz entgegengesezt ; Anderes ist Begebenheiten erzålen , Anderes sie beurteilen können , je nachdem Erzålenden ehrlicher Ackergaul , oder geflügeltes Roß zu Gebote, ob sie drin oder drüber stehen; nicht erste.
Urteil befizen nur zweite,
291
C
„ Einige Wenige zålen , die übrigen sind blinde Nieten, „ ihr leeres Gewühl hüllet die Treffer nur ein,” spricht Schiller ; nun sind zwar diese Treffer ( S. 75.) allerdings nicht absolut allein stehende, durch sich selbst allein ausgebildete Wesen , sondern nur schönste Früchte der Alheit , indeſſen auch dafür sie erkennen zu können, bedarf's gewisser geistigen Erregſamkeit , bis jezt keis nesweges bei Allen hervortretend , obwohl sie hoffentlich einst bei Allen herausgebildet sich findet. ſtändlich ,
Daher ist ver-
daß so verschieden im übrigen , Viele darin
übereinstimmen, Robespierre Bluthund, fantastischen Träumer u. f. w. zu nennen , Danton aber Wissenden, der Menschen kante ; daß sie Napoleon , wie tadelnswürdig übrigens , in seiner Menschenverachtung
Recht geben.
Wer zur Menschheit Alle zålt , Menschen - karven Haz bende , -wer Menschen überhaupt nur für höhere und niedere Tierarten hålt , und nicht ihr rein GeistigesElement beachtet , - wie solte solcher in eigner Selbstverachtung nicht gesamte Gattung wenig Napoleon Mensch war
einschließen ?
und von
Wie
Menschheit
wußte , zeigt unter vielen Anderen seine Rede zu Fox, über Aufhebung
Sklavenhandels :
Kein Staat werde
jemals blos Menschlichen wegens Gewinne aufgeben.” Daß er in dieser Beschränktheit nicht allein ſtand , weist auffallend, Rede Lord Abingdons, Parlam. Sizung 2. Mai 1794:
Abschaffung Sklavenhandels , sey neue Jakobi-
„nische Lehre , alle Ordnung in menschlicher Geselschaft jerrüttend ; auf Payne's verderbliche Grundsäze von „Freiheit und Gleichheit erbauet ; Anarchie , Mord und „Elend hervorbringend ; Neuerungssucht jeziger Philo-
292
,,sophie !
Seit 230 Jahren schůze Parlament dieſen Han-
„ del , der 70 Millionen Liv. Sterl. jährlichen Umſaz ge= „ währe.
Menschlichkeit sey bloßer metaphyſi-
,, scher Name ( !! ) u. s. w. ”
Dem stimmen Herzog
Clarence, Bischof Rochester und Pairs Mehrzal bei, und Wilberforc's vieljähriger Bemühung , im Unterhause, endlich errungener Sieg , zerstiebt abermals !
Zweis
felsfrei zålten Napoleon , Abingdon und gegenstimmende Pairs sich zu Menschen , obwohl in diesem Urteil offenbar , daß sie vom wahrhaft Menschlichen nichts wußten. Aber auch Wilberforce ,
edel gesint gegen Neger , zeigt
bei Beurteilung franz. Revol. ähnliche Befangenheit, und so mochten jene bei anderen Gelegenheiten Menschlicheres, als selbst Wilberforce volbringen ; verteilt sind Gaben,
sagt Paulus ,
denn ,,, verschieden nicht sind Einem,
und wenn er Vorzüglichster, Alle verliehen !" So
auch bei jezt sogenanten Geschichtschreibern.
Meiste dieser, in ſich deutlich fühlend : nur Verlegers Honorar verlocke zu schreiben ; umhergetrieben von Bes dürfnissen des Magens und anderen tierischen , glaus ben sich überzeugt , Alle Menschen seyen wo möglich tierischer noch , als selbst sie
zu groß ist Forderung,
daß solche, Andere, rein Menschlichem Zustrebende, da von Menschlichem sie nichts wissen , höher achten ſoldrum verlachen sie Gedanken edel freier Menschten heit , als Traum ſchwärmeriſcher Toren , und daher ihr verkehrtes Urteil , sowohl über französische Revolution, als über darin hervortretende Menschen , die und gar nicht verstehen.
sie ganz
( Diesen dient zu einiger
wiewol unzureichender Entschuldigung :
So lange Re-
-
293
gierungen wissenschaftliche Werke Zensur unterwerfen gräuliche Verkehrtheit ! schon Fichte : „ echtes GeistesWerk richtig beurteilen , fordere nicht viel weniger als selbst es hervorbringen
können.”
Kein Verständiger
zweifelt, waren Griechen, Römer, Propheten und Apostel solchem Geist herabwürdigendem und
darum Geist
unterdrückendem Despotis'm unterworfen , nichts wüßten wir von Klassikern , nichts von Heiliger Schrift! mithin nichts von Gott, nichts von Menschheit ! Wälder enthielten noch überall, einander ſich auffressende MenschenGestalten!
Wie aber , wenn etwa sich irgend jemand erfrecht hätte, Luther
und war es selbst der Kaiser
zu befehlen : „ Das schreibe , das streiche ; ” oder Michel Angelo : ,, da seze Meißel an , den Zug ändere ; " oder Rafael :
„ da åndere Farbe,
dort Faltenwurf; " oder
endlich Seb. Bach : „ da stelle diese Note , jene streiche ;" wenn irgend jemand gegen diese Meister solcher Frechheit sich erkühnt, vielleicht mochte Rafael ihn blos auslachen und zur Türe weisen - von Luther , Angelo und Bach aber, kam er schwerlich mit heiler Haut ab ! Also , so lange Zensur Geistes - Werke zu verpfuschen ges fezlich angewiesen bleibt , und Regierungen ihre Bes amten nicht nach Verdienst allein , sondern nachdem sie schmeicheln und heucheln oder Wahrheit reden , wilkürlich ― an- und absezen so lange freilich wird Geschichte, in der Regel, auf dem Grabe
der Könige nur , ihre
ewige Macht beurkunden !! )
2. Plato schon zeigt : Tugend ſey Berechnung der Lust;
294
Spinoza : Tugend sey
Glüffeligkeit.
bis diesen Tag so wenig Glükliche Ursache :
Menschen
im Allgemeinen
Dennoch gibt's als Tugendhafte ? haben
rechtes
Rechnen noch immer nicht erlernt , so ist's !
Allgemein
wird noch immer für göttlich , 'schwer zu verstehendes Gebot geglaubt : „ Liebe Nächsten als dich selbst." dings versteht höchste Spekulation nur ,
Allers
die in diesem
Saz ausgedrukte tiefere All - Einheits - Idee ; er ents Fålt aber auch Profanen verständlich , allgemeingeltende, rein praktisch - politische Lehre.
Nicht moralischer Zwang
nur gebietet dir's, ſondern schon blos berechnender Vers stand ; dein wahrer Vorteil fordert : Nächsten als dich selbst zu lieben!
„ Nur Gott
oder Tier können allein
stehend leben" sagt Ariftoteles mit Unrecht, weil auch Tiere geselschaftliche Sehnsucht beseelt ; diesem Ausspruch
Gott aber , in
als persönliches Wesen , und darum
als Schöpfer gedacht, durch diese Schöpfung eben unverkenbar :
Spruch Moses 1. 2. 19.
es ist nicht gut --allein seyn" auf sich selbst geltend , bekant hat! Nach ewigen, von Menschen durchaus völlig unab-
hängigen Gesezen , müssen sie Wohlbefinden zustreben, auch streben hiernach allein , erkennende Menschen ,
wie
sowohl Gott wahrhaft
nichtswürdigste Verbrecher ;
Unterschied liegt nur im Wissen,
d. i. in Fähigkeit
Rechnen Könnens ; denn , während Verbrecher augenblicklichem Scheingenuß erliegen und eben darum Verbrecher werden, erfassen Erkennende sich in ewigem Seyn , erheben sich über allen Schein und werden eben hierdurch angebetete Früchte , welchen Spåtstlebende sich zusehnen mit innigster Liebe und Verehrung !
295
---
Auch darin find Beide ewiger Urgesezgebung un bedingt unterworfen , Tugend wie Laster nur im gefelschaftlichen Staats- Verein ausüben zu
können , und
eben hierin trit, wie schon Aristoteles zeigt , rein Menschs liches deutlich hervor : Politik 1. B. 2. Kap .: „ Dies, Unterscheidendes des Menschen , was fein Tier mit ihm gemein : Fähigkeit , von Gut und Bös , Recht und Unrecht, Begriffe sich zu bilden.” — Er fåhrt fort : „ Wechfelseitige Mitteilung dieser Begriffe , Einstimmung Mehrer in denselben , macht eben Band häuslicher und bürgerlicher Geſelſchaft.”
„ Obgleich nun Familie aus einzelnen
Menschen, Gemeinwesen aus mehren Familien besteht, ist doch Gemeinwesen Erstes und Ursprüngliches , Familie und
einzelner Mensch aber ,
davon
abgeleitete Wesen;
denn Ganzes ist notwendig Fundament der Teile , und muß demnach als selbstständiger und ursprünglicher ers kant werden. Sobald der ganze Körper stirbt, ist auch Hand und Fuß todt. * Kann nun der Mensch allein ohne Geselschaft nicht beſtehn , so verhält er sich zu dieser notwendig nicht anders , wie jeder Teil zu ſeiz nem Ganzen" ; „ daher : so wie der Mensch , wenn seine (geistige) Natur volkommen ausgebildet , ist was er seyn fol,
vortreflichstes
aller Geschöpfe , so ist er, wenn
verwildert, gesezlos und ohne Begriffe von Recht und Unrecht, schlimstes unter allen; denn Ungerechtigkeit ist fürchterlich wenn sie Waffen hat.
Der Mensch aber
wird mit mächtigen Waffen geboren , da ihm Geisteskraft zu Teil geworden.
Gerechtigkeit ist Folge der Bil
dung , die der Mensch nur in bürgerlichem Verein sich zuzueignen vermag." 2. B. 3. Kap.:,,Aufgabe der Gesez-
296
-
geber und Regenten ist recht eigentlich :
in Bürgern
Eines Staats so wohlwollenden Karakter herauszubilden, daß , obwohl jeder gesondertes Eigentum für sich , jeder doch willig gemeinsamem Gebrauch es hingibt."
„ Wie
gefagt : es muß Vielheit und Verschiedenheit von Menschen in einem Gemeinwesen seyn ; aber diese Viele müſſen durch Erziehung und Geseze in Uebereinstimmung ges -bracht und zur Einheit gebildet werden." 3. B. 3. Kap.: „ Diejenige Tugend weshalb wir jemand bieder, vortreflich nennen , ist etwas Absolutes und Volståndiges ; denn sie ist Inbegriff solcher Eigenschaften , die an sich, ohne Beziehung auf Besonderes , Volkommenheiten sind ; daher ist wohl möglich ,
daß jemand guter Bürger
sen, und doch der Tugend
ermangelt , welche vortref-
lichen Menschen auszeichnet.” 3. B. 4. Kap.: „ Obrigkeit des Staats sol Steuerman gleich seyn , dessen Wissens schaft zwar das Schif erhält , der jedoch, so wie Vorteil bei glüklicher Fahrt selbst genießt, so Lebensgefahr bei unglüklicher , selbst erduldet. ” „ Vormals (?) waren Aemter blos Dienste , Publikum ges leistet, die billigerweise
einer nach
dem andern über
ſich nehmen mußte. Izt anders ! Der Vorteile wegen, die mit obrigkeitlichen Aemtern verbunden ,
und wegen
Gelegenheiten, die sie zur Bereicherung darbieten, wollen alle gerne Regierungsstellen für immer bes halten. (!!) "
"Ich schließe mit folgendem Saze : Alle
Verfassungen, bei welchen Allgemein - Bestes, GanzenStaats , Regierungszwek , find Grundfåzen der GerechAlle aber, tigkeit gemäß, daher gut und volkommen. bei welchen blos besonderes Beste regierenden Teils bes
297
zwekt wird ,
find fehlerhaft,
richtigen Verfaſſungen.
-
Entartungen jener allein
Denn in ihnen hat Regierung
zu Regierten, Verhältniß von Herren zu Sklaven ; Staat aber ist Verein (Einheit Vieler !) freier Menschen !!”
Noch viel ähnliche Stellen findest Du in glüklicherweise
erhaltenen Schriften
dieses
würdigen Schülers
Plato's , der durch einfache Verstandesschlüsse , aus Angefürtem sichtbar , zu bürgerlicher Freiheit aufsteigt, welche der Schüler entwickelt.
Sokrates
durch Macht der Ideen
Vorzugsweise habe ich darum großen Lehrer
Alexanders gewählt, weil jezt Ideen gleichsam in Vers ruf.
Bei weitem Mehrzal gebildet sich Dünkender , ver-
achtet sie als Träume ; von Uebrigen Mehrzal , und zwar leider, frech, philosophischen Studien ergeben, sich Rühmende, entweiht sie zu myſtiſchem Unsinn ; daher Erinnerung am Orte , daß , wenn gleich Aristoteles ohne Belehrung Plato's
nimmermehr auf jenen erhabenen Standpunkt
sich erhob, doch folgerichtiges Denken schon zur Gründung des Vernunft - Staats zureicht.
Es iſt nemlich im
folgerichtigen Denken begründet : so wie Du zufolge ewis ger Geseze Deiner Geistes -Natur Wohlbefinden zustreben, und in menschlicher Geſelſchaft leben mußt, - so hast Du nur nötig , Ausbildung dieser Deiner geistigen Natur zu beobachten , dann drångt sich Dir von selbst auf, daß Erfüllung des gewöhnlich abstrakt scheinenden Gebots : ,,Liebe deinen Nächsten als Dich selbst," gar nichts anderes fordert, als : ,, Beglücke Dich selbst!" weil schlechterdings unmöglich Du Dich zufrieden und wohl fühlen kanst , wenn Dein Nächster mit Recht sich unglüklich
300
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müßten Untertan seyn seinem persönlichen Willen , so würde er dadurch sich selbst zu
einem Gotte machen,
und den einigen Gott låstern ; wenn er wüßte , was er redet.
Aber das wissen sie zum Glük nicht , und
ihre Schreiber legen ihnen solche Ausdrükke nur unter --- sie selbst nicht, sondern ihre unverståndigen Schmeichler ! " Neben diesem unbeugſam edlen Stolz Deines Selbstbewußtseyns als Mensch ! — ist Dir unerlaßlich auferlegt, Dich , teils als sehr unbedeutendes Glied in ewiger Kette der Geister , teils in unbedingter Abhängigkeit ewiger Urgesezgebung zu erkennen ; Dich zu jener Demuth zu erheben , die bis zur tiefsten Wurzel Selbstfucht und Eigendünkel ausrottet ,
da
Deiner Erkentniß bis zur
höchsten Evidenz deutlich, Du seyest, mit den Worten des Gott begeisterten Psalmiſten : „ nichts mehr denn eine lieblichere Blume des Feldes ! " oder ein treflicherer , segens vollerer Baum , unter dessen weite Umschattung, müde, lechzende Schnitter , vor brennender Mittagssonne sich bergen, und an dessen Früchte sich laben. — So der scheinbare Widerspruch : absolut abgeschlossene ,
Dich einmal als
selbstständige Person , d . i. als
ein Ganzes und zugleich als unmittelbar sehr kleinen Teil der Alheit zu erkennen , welcher Widerspruch völlige Auflösung nur in durchgefürter Spekulation findet .
Zu
solchem durchgefürten tiefen Denken gelangt jedoch bis jezt unter Millionen kaum Einer ; beruhete
demnach
Wohl der Menschheit auf dieser Gabe allein, dann wåre kaum Hofnung , Menschheit werde jemals sich vestgründen.
Glüklicherweise ist jener erhabene Standpunkt
301
von Menschen,
vermittelst
-
apriorischen
Geistess
Vermögen erstiegen , d. h. zufolge innerer Konstruktion des Geistes , erhebt er sich hierauf nach ewig notwendis ger ihn beherschender Urgesezgebung , d. i. nach innerer Offenbarung Gottes , bildet sich jener spekulative Standpunkt aus in Menschen von Fleisch und Blut , wie ganze Gattung erschaffen ; mithin erwiesen , daß Menschen urſprüngliche Fähigkeit hierzu angeboren seyn muß. Warum solten diese anerschaffene , ursprüngliche Fähigkeit Alle haben?
nicht
Sie haben sie , mit feltner Ausname ab-
normer Zustände. (S. 132.) ,,Hier wunderbare Uebereinstimmung französischer „ Revolution mit chrißilicher Lehre , und der Standpunkt, „von wo aus diese merkwürdige Begebenheit allein rich,,tig zu beurteilen ist !"
Seltsam klingt dies und geradezu entgegengesezt dem, was Alle, welche über diese Begebenheit bisher geschries ben.
Denn , bekant ja iſt , es habe der Convent in raz
sendem Wahnsin alle Religion und besonders christliche mit Füßen getreten ; Robespierre aber sey nicht durch Blutdurst, nicht durch Streben nach Diktatur gestürzt, sondern allein dadurch , weil er Göttlichkeit höchsten Wes sens verkündet , wodurch er , eben so, sogenant fromme Christianer, und herschende Atheiſten beleidigte , als dieſe scheinbar heterogenen Parteien gegen sich vereinigt empöre te, durch welche Vereinigung er nur zu stürzen war !! Irtum beruht auf allgemein vorherschender völlig unverstandener Lehre des Christentums , so wie auf der daraus hervorgehenden Annahme : Christianismus sey Athe=
302
ismus heterogen.
Schon jene Vereinigung der Vers
schwörer gegen Robespierre zeigt, daß sie in Wahrheit auf Ein Element sich stüzen.
So ift's ! Christianismus
und Atheismus sind wirklich ein und dasselbe , ja Ersterer in gewiffer Art schlimmer noch als Lezterer , leugnen offenbar würdiger ,
als
da Gott
Gözen - Anbetung
des
Katholicismus und Chriſtianismus überhaupt , weil auch dieser keinen geistigen , sondern nur ſinlichen Gott kent.
4. Uebereinstimmung franz. Rev.
mit ursprünglichem
und allein echtem Christentum gründet sich auf ihre völlig übereinstimmende apriorische Forderung. Während Theologen seit 1800 Jahren zu verkünden nicht aufhören : Nur sie (Theologen) verständen christliche Lehre,
nur durch ihre Belehrung könten Völker
erhabene Lehre
Jesu verstehen lernen ,
wodurch sie
offenbar bekennen , diese Lehre recht verstehen , bedürfe vieljähriger Studien , vieler ausgezeichnet geistiger Gaben , — bekennen sie eben hierdurch auffallend , völlige Unkentniß der Lehre göttlichen Meisters.
Denn dieser
sagt ja ausdrüklich : „ Nicht zu Phariſåern — d. s. Ge- bei denen also sez- Studirenden nicht zu Reichen vorzugsweise gebildete Erziehung zu vermuten -- nicht bin ich gesandt, zu Klugen - d. f. Ueberbildeten -
sondern zum Volke ! " — Und siehe , er geselt sich Zölnern und überhaupt denen bei, welche der Reichen Hochmuth bis diesen Tag als Pöbel tief unter sich verachtet. Mehr ! er sagt ausdrüklich : „ So ihr nicht werdet wie Kinder , erlangt ihr Himmelreich nicht ; " d. i. versteht
303
ihr meine Lehre nicht ,
offenbart sich euch nicht Reich
Gottes, d. i. Reich des Geistes, der Idee, des Denkens !! Jesus sagt also mit evidenter Bestimtheit, und schlechthin keiner Mißdeutung fähig : ,,Ihr meint etwa , meine Lehre zu verstehen bedürfe „ es jahrelanger Studien , ausgezeichneter Geistesgaben ,,u. s. w. , ihr irt ganz und gar ; meine Lehre ist so „einfach , daß jedes Kind sie volständig
verstehen
,, muß , wenn Ihr ihm seinen angebornen gesunden „Geist nicht verrükt !! ” *) Diesem ähnlich , fordert franz. Rev. bis zum 9. Thermidor (27. Juli 1794) von , wie voriger Abschnit nachweist ,
auf tiefster Stufe menschlicher Bildung
stehenden französischem Volke : Erkentniß ursprünglich angeborner
Geistes - Freiheit ,
abstrahirend
von den
Mittelstufen , auf welchen bis dahin einzelne ausgezeichnet Begabte nur , zu jenem erhabenen Standpunkt müh ſam emporzuklimmen vermochten, weil gewöhnliche Menschen in völliger
Verblendung und Verkehrtheit , ihre
Narrenkappe anbeten , einfach leicht ersteigbaren Weg sich selbst versperren.
*) Beiläufig : Joh. 20. 29. ,, Selig sind , welche nicht sehen und dochglauben" zeigt, nur Bornirten verkenbar, feine abſolut aprios rische Forderung : Nicht was Leibes Auge ſieht, als wahr ans zuerkennen , im Gegenteil, dieſem zu mißtrauen , und nur das für untrüglich zu glauben , (erkennen !) was Sinnen ewig unſichts bar, nur geistigem Auge sich offenbart. Chriftianer dagegen, bleiben bis diesen Tag ungläubige Thomaſſe, welche nur was ihrer Tierheit zusagt anerkennen, Geistiges leugnen ; so wie jezt Naturs philosophen Begrif von Greifen ableiten , drum nichts für wahr halten, als was sie mit ſchmuziger Hand ergreifen, als fremdes Gut sich anzueignen vermögen!
304
-
Was unter großer Zal bewunderungswürdiger Geschichts- Helden, welche jene Periode hervorrief, Nobespierre und seinen edlen Jünger St. Just auszeichnet und über Alle erhebt - ist diese ihre evidente Ueberzeugung apriorischer Fähigkeit menschlichen Geistes , ſich urplózlich von niedrigster Sklaverei zu höchster Freiheit emporschwingen zu können , genau so wie Jesus hiervon überzeugt, diese Fähigkeit beim niedrigsten Volke voraussezte. - und eben so wie Jesus fast unmöglich hielt , daß bei sogenant Gelehrten und Reichen seine
Lehre Eingang
finde, und so wie Jesus von Gelehrten und Reichen ers mordet ward, - ganz genau so hielten Robespierre und St. Just für fast unmöglich, daß encyclopädische Gelehrte und Reiche jemals der Republik mit echter Liebe anhången würden ; drum hielten sie sich zum Volke , als demjenigen Teil in allen Staats- Verbindungen , der bis diesen Tag am unverdorbensten , und daher am fåhigſten ist, sich zur reinen Freiheits - Idee empórzuschwingen ; und auch sie wurden ermordet ,
nicht vom Volke,
ſondern von Råubern und Mördern jener sogenant höheren Klassen. Ewig nachhallen in Geschichte werden lezte Worte herlichen Robespierre's : „ Räuber triumphiren , Repub,,lik ist verloren ! " Ja ! sie war für Frankreich verloren, mit deinem Tode , du edler Mårtyrer der Freiheit , aber nicht für Menschheit ; was du erstrebt und was du gewirkt, heilige Früchte davon werden Nachlebende genießen bis zum lezten Tag! Verzeihe hingeschieden erhabener Geiſt, daß ich in dieser Schrift noch ( S. 163.) dich gelåstert, dich Epaminondas
305
und Lafayette unterordnend ; durch nochmalige, schårfere Erforschung deines Lebens, ist dieser Jrtum völlig gehoben : du stehest unter Staatsmånnern genau so einzig, wie Spinoza unter Philosophen !! Evidente Beweisfürung dieser, hier nur hingeworfenen Behauptung , erforderte nichts geringeres als verwandten Geist Plutarch's , zusamt reich zugemessenem Lebensalter ,
weil
vieljährige
Studien
kaum
zureich-
ten , zallose Aktenstükke , welche unmittel- und mittelbar auf dieses Mannes Leben Bezug , so zu ordnen , wie zu würdiger Geschichts - Darstellung nötig.
Da Geschichte
bis diesen Tag keinen würdigern Gegenstand nachweist, so wird er zweifelsfrei seinen Plutarch einst finden.
Mei-
ner schwachen Kraft diese hohe Aufgabe noch stellen , verhindert eben so vorgerüktes Alter als des Körpers Gebrechlichkeit, und weil Geschichte (S. 82.) mir nur Mittel zum Haupt- Studium.
Diese Schrift wil ja überhaupt
nur Grundriß eines Bildes liefern , edle Ausfürung von Würdigern erwartend ,
drum habe ich um so schårfer
Züge jenes erhabenen Mårtyrers hingestelt , desto mehr zur Vervolständigung zu ermuntern .
5. Da jedoch Robespierre recht eigentlicher Repräsentant französischer Revolution -- Rev. im edlen Sin ; denn wie Folgendes zeigt, ist Unzufriedenheit mit Beſtehendem, welche Revolutionen in des Geistes Welt hervorbringt, höchster Vorzug
des
Menschen ;
elende ,
Direktorial-
und Napoleons Regierung sind eben deshalb so fluchwürdig, weil sie Völker auf lange Zeit vor Revolutionen
[ 20 ]
306
-
zurüfschrekken , ſie verleiten , selbst Despotismus bis zur Erschöpfung lieber zu ertragen, als von Neuem hineinzugeraten in anarchiſchen Strudel, der ihnen gering ſcheinende Früchte nur gebracht - also , weil allein in Robespierre französische Republik gegründet war , und ſeine Mörder recht eigentlich in ihm diese Republik mordeten, (was selbst von Solchen instinktartig anerkant wird, welche diese Revol . übrigens gar nicht verstehen) wir daher diese nicht verstehen können , wenn wir jenen bewunderungswürdigen Mann
nicht verstehen ,
dieser
aber
nur durch Einsicht in den Wert des individuellen Geistes überhaupt zu verstehen ist ; so müssen wir notwendig Deduktion dieses Werts skizziren.
A.
Mit tierischen Naturphilosophen im mystischen
Somnambulismus , oder mit jezigem Großen Philosophen im absoluten Nichts sich ergehen , ist äußerst bequem, innere Leerheit und eignen Unverstand, wo nicht Wahnsin, unter hochtrabende Worte zu verstekken , um Unwiſſende zu betrügen und jeden Verſtändigen mit Grobheit abzuweisen :
„er sey solcher Abstraktion durch Un-
glauben oder an sich unfähig ; ” da nun , wie schon Kant unübertreflich zeigt , sobald Du Weg jeder möglichen Erfahrung verlasseft, gegen jeden denkbaren Widerspruch gesichert bist, so stehen jene Hochweiſen in offenbarem Vorteil, von ihrer rein überfinlichen Welt zu schwazen was ihnen beliebt. Ich erkenne keine andere Welt als die mich umgebende, und keinen andern Geist als den in Menschen ſich offenbarenden.
Diese Psyche trit mir in lebenden
307
Bildern entgegen , daher kenne ich sie nur lebend , und weiß von ihr auch geringstes nicht auszusagen , weder was sie individuell vor diesem ihrem Leben war, noch was sie nach diesem ihrem Leben seyn wird ; bes gehrst Du hierüber Belehrung , Du findest sie in allen theokratischen und diesen anhångenden Systemen im Ueberfluß; und selbst der außerdem wahrlich göttliche Plato, weiß gar Vieles von jenem Vor- und Nach -Welt- Leben ; doch auch darin seinen hohen Vorzug bewährend , indem er diesen Unsin durch seinen dichteriſchen` SchöpfungsGeist belebt, während jezige Theokraten und Naturphis losophen durch ihr Gewäsch Ekel erregen, weil sie Bilders leer nicht einmal durch schöne Formen ihre Geistesar, muth zu verbergen vermögen.
B.
Stellen wir , wie viele mit Unrecht , Leben und
Geist identisch, so umgibt uns mit All- Leben identisch, All-Geist! Finden wir aber, wie richtig , Geist = Selbstbewußtseyendes- und Selbstbestimmendes - Leben, kürzer = Wissendes - Leben nur im Menschen , so ist es vom All-Leben wesentlich verſchieden ; dieſes ist dann vorausgehendes ewiges Selbstleben, aus welchem ſich nach ewigen Gesezen Geist entwikkelt. (Beiläufig : Dies All-Leben läßt sich als aus Materie durch Reibung ausströmendes und durch ewige Wechselwirkung hinwieder Materie bewegendes elektrisch- magnetisches Fluidium denken. körper in Bewegung
Dies Fluidium Himmels-
erhaltend , wird hinwieder durch
diese Bewegung sich ewig verjüngend ,
neu erzeugt; so
erhalten wir Bild sich selbst erzeugenden und verjüngenden
308
ewigen Lebens, und finden alsbald : daß, während Frühere und der Naturphilosophie noch Anhängende , ihr armes Gehirn abmartern , selbst erfundene und unbegriffene UnSterblichkeit zu beweisen, diese gar keines Beweises bes da gerade umgekehrt jene Beweis des Todes zu
darf,
Liefern hätten , weil dieser Tod in Wirklichkeit nirgends anders , als nur in feiger Furcht jener Halbdenker, und im
undenkbaren Nichts neuer nichtigen
Schule spukt.
Chaotische Verwirrung , gleich wie Kinder ihren eignen Schatten fürchten.)
C.
Aus jenem All - Leben der Weltkörper sondert
sich nach urgesezlicher Bestimmung erzeugende Kraft = Bildungs - Trieb, in bestimte Formen heraustretend. Vorzüglichster und uns natürlich zumeist intereſſirender Bildungstrieb, ist der als Menschen-Geist sich Entwikkelnder. Diese formbewegende Lebens - Kraft steht als Teil des All - Lebens mit diesem in unmittelbarer Verbindung und ist von ihm abhängig , du kanst dein Leben verkürzen, aber nicht einen Augenblik verlängern ; dein Körper lebt, ein chemisches von deinem Bewußtseyn absolut getrentes selbstständiges Leben , und sofern gehörst du zu Erſcheis nungs-Formen die deine Sinne bald angenehm bald uns angenehm erregen.
Aus dieser Form entwikkelt sich aber
nach bis jezt völlig unbekanten Urgesezen, ein denkend beobachtender Geist.
Eine dieser Beobachtungen ist
Gegenstand unserer hier gestelten Betrachtung : „ den für Menschheit am wohltätigst wirkenden Geiſt zu bestimmen!” D. uns
Gar bald wird uns Ueberzeugung :
in allen
aufstoßend individuellen Form-Leben wirke Leben-
309
Erhaltungs- Trieb zur verliehenen beſtimten Form , und unsere Lebens - Schäzung derselben werde von der , aus jenem Trieb sich entwikkelnden Fähigkeit beſtimt : Sich ſelbſt Mittel zur Lebens - Erhaltung verschaffen zu können.
Je
abhängiger jenes Leben von äußern Zufällen , desto vers ächtlicher ist es uns , je mehr es sich aber selbst Erhaltungs-Mittel verschaffen kann , desto höher achten wir's ; daher wir die Tiere , in welchen zumeist jene Fähigkeit bis zur Künstlichkeit herausgetrieben wird , rechnen.
zu edelsten
Eben so zålen wir den Menschen , abgesehen
von seinem Geiste , zur edelsten Tierform, weil in ihm vorzugsweise instinktartig jene Fähigkeit bis zu wirklichem Kunstsin sich herausbildet ; er , der von Mutter Natur am årmſten ausgestattet erscheinet , eignet sich vor allen Tieren voraus, unzålige Mittel der Selbſterhaltung zu, Pflanzen und Tiere zur Nahrung , Kleidung und Wohnung verbrauchend.
E.
Wunderbar
steht
individuellen
Geistes
Wert-Schäzung und ihn karakterisirend im absoluten Gegensaz zur Wert- Schäzung körperlicher Lebens-Form ; denn gerade umgekehrt, verehren wir den Geist um so höher, je mehr er Leben seiner Form verachtet und willig, freudig opfert höheren Zwecken , und verachten ihn um so mehr , je mehr er an seiner Lebens - Form hångt; mit andern Worten, verehren wir den Geist um so höher, je mehr derselbe sich zum gebietenden Herrn seiner Lebensform heraufbildet , diese so weit dies ihm irgend möglich bestimt , - und verachten ihn um so mehr , je abhängi
310
-
ger derselbe vom Schein - Leben bleibt , und von diesem sich bestimmen läßt. Forschen wir dieſem Grund-Karakter geistigen Lebens tiefer nach, so finden wir als Ursache, Fähigkeit desselben, sich als absolutes Selbst - Leben vom All - Leben ausscheiden , d. i. Fähigkeit sich zum Leben reinen Gedankens erheben zu können, in welchem Form- Leben schlechthin nichts mehr als blos Form, dienstbar dem Geiſt zu deſſen eigentümlichen selbstschöpferiſchen Geſtaltungen ; Fichte : „Welt vol Geistes - Bilder und Bildung !"
Und noch
schärfer: Im Geiste entwikkelt sich Fähigkeit über Leben der Form hinaus , sich als ewig Seyend zu ſezen , in welchem ewigen Leben natürlich momentanes Form-Leben zum Nichts herabſinkt ,
drum als gehaltleerer Schein
und Schemen ausgestoßen wird. F.
Hier Klippe woran Schwärmer und alle Halb-
denker scheitern.
Jenes höhere und in gewiſſer Beziehung
allerdings rein übersinliche Leben , fält in sie instinkts artig dunkel als Ahnung ; zugleich von finlicher Begier angezogen und überwältigt , fühlen sie sich elend von Gewissens - Schuld gemartert; so weit reicht ihre Kraft, weiter nicht.
Drum ,
stat sich zu
ermannen und den
Teufel der Luft zu bannen , geben sie sich auf; der hieraus aber notwendig erfolgenden Verzweiflung zu entgehen, erfinden sie sich einen Gott , der gerade diese ihre Erz bårmlichkeit ihnen zur Tugend rechnet ; es gehört aber allerdings zu den unendlich mannigfaltigen Eigentümlichkeiten menschlichen Geistes , in abſoluter Selbsttäuschung erfaßtes fixes Bild , bis zu starrem Wahnsin vestzuhalten ; g ſo merken auch jene nicht , daß ſie ſich in einem ſelbſt-
311
geschaffenen , engen und ſie erniedrigenden Kreis bewegen, daß sie, um jeden Preis , nur sich selbst los zu werden, mit den Lippen einen Gott anrufen , den sie, wenn sie zur Erkentniß ihres Wahnsins kämen, selbst verabscheueten.
In notwendiger Wechselwirkung dieses ihres Wahns fins, erfinden sie sich auch paradiesische Geisterwelt , die aller und jeder Form absolut erledigt , eine Seligkeit verspricht ſolchem Wahnsin gemäß; und seltsam genug, beseitigen sie durch selbsterfundene Wunder die Widersprüche, die sich selbst ihrer Schwachheit aufdringen ; denn, urplözlich enthält jenes Paradies geſtaltloſer Geiſter, doch wieder gesonderte sich gegenseitig erkennende Seelen von so zarten Leibern , ähnlich Offians Nebel- Gestalten. Woher diese Leiber ? Sehr einfach : Seelen welche Körper verlassen , *) schwirren über Gråber derselben so lange, bis Verweſungs - Prozeß jenen Nebel hervortreibt ; diesen sammeln fie, so viel zu einem volſtändigen Kleide nötig, mit welchem sie dann huſch ! in's Himmelreich ſteigen.
So
belehren selbst protestantische Seelenhirten ihre Konfirmanden, in dieser unserer hochgebildeten Zeit ; ähnliches Naturphilosophen. (Vergl. Seherin aus Prevorst u. M. — ) G.
Und doch iſt dieſes Wahnsins Ursprung edler
Natur , durch mangelhaftes Denken
nur
verkrüppelt ;
denn diese Entartung hat ideales Streben zum Grunde, welches Streben daher , obwohl , wie eben nachgewiesen, mitunter unsinnig wird ,
doch achtungswürdiger ,
als
*) Offenbar falsch ; denn unverkenbar halten Körper dieser vers rükten Seelen sie noch selbst im Grabe mit unzerreißbaren Fesseln veft ; drum bitt' ich richtig zu lesen : Seelen , welche von ihren Körperu verlassen worden u. s. w. ·-
312
Lehre des Großen Philosophen : „ Alles Vernünftige ist wirklich," oder : „ Alles was geschieht ist Recht. " Blutarm an Geist und Sprache , durch blinden Zufal auf einer, seiner Natur durchaus widerstrebender Stelle, sucht er durch Paradoxen zu imponiren , welche aber bei ihm in Wahrheit zu bloßen Redensarten verschwemmen.
Man könte ihn als zu unbedeutend gegen
jeden ernsten Angrif bemitleidend dulden , wenn er nicht unglüklicherweise höchst schädlich auf Jugend einwirkte. Jene Paradoxen ,
im Zusammenhange
sie enthal-
tender Schriften , zielen offenbar dahin : „ Philosophie freilich nur absolut Nichtige , Nichts`huldigendem Verfassers rigen ! "
zur Magd herschender Gewalt zu ernied-
Denn , Sinn dieser Paradoxen ist, Zufrieden-
heit mit Bestehendem hervorzubringen dadurch : Es als notwendig aus früheren Zuständen hervorgegangen bes greifend. *)
So gebährt kreisender Berg eine Maus ;
denn , was an diesem Hochtrabenden wahr , findest du nicht nur bei Kant und Fichte , aber ihrer Art gemäß geistreich entwikkelt, ſondern auch in vielen åltern Schriften, so wie es jedem Denkenden von selbst sich aufdrångt. Würde jedoch dieser an sich beruhigende Gedanke allgemeine Zufriedenheit jemals hervorbringen , so würde dars
*) Ob der Verfaffer diefen , ob überhaupt Sinn mit angefürten Såzen verband, läßt sich, wie bei allen feinen Säzen, nicht gewiß behaupten , weil alle vorsäzlich zweideutig geftelt, vielfache Auss legung zulassen , ihm leichte Verteidigung bietend. Denn so kann z. B. Saz : ,, Alles Wirkliche ist vernünftig” auch so gedeutet wers den : Nur Vernunft ist wirklich , alles Andere Schein , mithin ist alles Wirkliche notwendig vernünftig. Aber auch dies Resultat ist dann Fichte's Eigentum und nichts Neues!
-
313
aus unvermeidlich geistiges Rükschreiten erfolgen. *) Weil nemlich in Gesamt- Natur weder Tod noch Stilstand, kann
auch
menschlicher Geist nicht
muß notwendig entweder vor
stilstehn ,
sondern
oder rüfschreiten ; Ideal,
= Vernunft-Gemåßem, aber, liegt vor nicht hinter uns, und am Wenigsten enthält's Gegenwart , die im absoluten Gegenſaz, und besonders durch diesen Großen Philosophen , Unvernunft huldigt , und gar wenig Vernünftigem ! Daher jene imponiren sollende Sentenzen , echt pöbelhafte Gesinung
bezeugen,
zu der Alle sich bes
kennen, welche Bestehendem huldigen , mögen sie im zerrissenen Philosophen- Mantel Tronen ſizen ,
einhergehen ,
oder auf
oder diese zunächst umstehen ; so wie ed=
lere Natur bei Allen , so beim Betler wie mächtigſtem Kaiser, eben durch Unzufriedenheit mit Bestehendem, und durch Streben nach bessern Zuständen geselschaftlicher Verhältnisse unverkenbar sich offenbart. **) Allein , obwohl an sich edlerer Natur , wirken jene Paradies-Erfinder dennoch gleich schädlich , weil sie durch ihre Stellung vorzugsweise auf's Volk wirken , welches sie zum Leiden, gegenwärtiges Leben ganz aufzugeben,
*) Stellung jenes absolut Unfähigen, ist unzweideutiger Beweis, betrübenden Rükschreitens . **) Nebenbei schon hier deutlich, welche Erkentniß echt philosophischen Staatsmann karakterisirt : „ Einsicht in Entstehung bestehender ,,Verhältnisse aus Vorhergegangenen , verbunden mit dem ,,Ideal des Menschheits- Bildes !! " Nur durch Verbindung dieser zwei Grund : Elemente fortschreitender Veredlung bürgerlicher Verhältnisse , vermag er fegenvol , feinem erhabensten Beruf gemäß, zu wirken.
314
ermahnen , und die mit Recht Unmutigen auf ein phantastisch Jenseits , welches ohne ihr Zuthun , die hier in die Augen springenden Mißverhältnisse und Verkehrtheiten ausgleichen werde, verweisen - was doch nur hienieden durch des Geistes Selbst-Macht auszugleichen ist!! In Amt und Brod , von behaglicher Studier - Stube oder Kanzel , läßt sich treflich ermahnen , geduldig zu erz tragen Unleidliches und Unerträgliches, und was schlechthin Niemand ertragen sol noch kann, ohne erhabenste Würde der Schöpfung Menschen-Würde — zu vers lezen, weil es nur bei Unerkentniß dieser Würde, und daraus hervorgehenden Verleugnung derselben zu ertragen ist! nie sein Brod mit Tränen aß, د و,,Wer 99 Wer nie die kummervollen Nächte ‚ورAuf seinem Bette weinend saß, ,,Der kent euch nicht , ihr himlischen Mächte.
,, Ihr führt in's Leben uns hinein, „ Ihr laßt den Armen schuldig werden, ,,Dann überlaßt ihr ihn der Pein ; ,,Denn alle Schuld rächt sich auf Erden ! "
H.
Wir wenden Betrachtung auf erhabensten uns
mittelbar praktischen Beruf individueller Menschen. ,,Verschieden verteilt sind Gaben ! "
In geselschaft-
licher Verbindung finden wir so verschieden wie Körperund Gesichts-Bildung , eben so verschieden karakteriſirende Geistes-Richtung.
Geistige treibt nemlich ein genau vor-
gezeichneter Trieb ; (Fichte : „ Liebe ! " ) den von dieser Liebe Ergriffenen ,
dienen ihrer erhabenen Bestimmung
entgegenwirkende und erschwerende Umſtånde nur zu glor-
315
reichern Triumpfen ;
denn , jede Erschwerung wirkt auf
Solche in entgegengesezter Progression , die ihnen vers liehene Macht ståhlend. *)
Wodurch nebenbei verständlich,
daß Ideen um so mächtiger wirken , je größerer WiderSo z. B. läßt sich gewissermaßen
stand ihnen wird.
beklagen, daß Verfolgung Spinoza's
ihn
nicht auf's
Schafot gebracht, ſchon långſt würden dann seine Ideen anerkanter seyn ! Wie der Körper viele Glieder , aber nur Einen Leib, so find Geistes Gaben Viele und ist doch nur Ein Geist; wie verschieden daher auch diese Gaben erscheinen , Alle wirken zu Einem Ziele : „ Veſtgründung der Menschheit ! ” Beobachte echte Künstler, so Bildhauer, Maler wie Tondichter; echte Dichter, Wissenschaft-Beflissene, Staats-
*) Von dieser scheinbar Unmögliches volbringend geistigen Wils lens : Macht , spricht Jesus oft , seinen Vortrag durch jest kraß Flingende Gleichnisse belebend (z . B. Math. 17. 20. ) ; Vernünftis gen verständlich, welche wiffen , Volk (= Kinder) , bedürfe gleichs fam scharfekkige äußere Bilder, innere Anschauung zu beleben ; allein Schurken , Dumköpfe und Wahnsinnige mißbrauchen freilich, was Jesus nur gleichnißweise sprach. (Vergl. Just. Körner : ,, Seherin aus Prevorst” welche in somnamb . Schlaf, ohne ihr Lager zu verlaſſen, blos vermittelft ihres Willens , von ihr entfernt liegende filberne Löffel, Zuschauenden sichtbar, entfernt. Sehr naive Warnung für Wunder , Angelokte , edle Metalle nicht mitzubringen ! Wenn Schiller, ( Göthe's Briefwechsel) Blind : Supernaturaliss mus heftig Verfechtende schon, Schurken oder Blödsinnige nent, zweifelsfrei mit Recht , weil echt gemütlich diesem Glau ben Anhängende , weder streiten noch Proselitenmacherei treiben, sondern allein dahin ftreben, in Einfalt zu wandeln nach des Meisters Gebot , wie ich mehre hohe Achtung Verdienende kennen gelernt - dann ist Sprache zu arm , jene nichtswürdige Schrift genug. sam zu brandmarken , welche , wie so viel ihr Aehnliche , in pros testantischen Landen mehr als in katholischen gläubige Leser findet. Wahrlich, täglich wahrscheinlicher wird's : Katholiken werden ends lich Protestanten erleuchten !)
316
månner wie Philosophen , im Tiefften ihres Geistes verachten sie gleichsam jede andere Beschäftigung ; Allen ist oft unbegreiflich , wie irgend jemand andere Beschäftigung mehr lieben könne als ihre , welche ihr ganzes Seyn in Anspruch nimt und ausfült.
Ihnen dünkt überflüßig
und unrichtig Alles , was nicht unmittel- oder mittelbar dem zustrebt, zu welchem ihr ganzes Wesen hingezogen wird ; je schroffer
diese ihre Individualiåt heraustrit,
desto gewisser dürfen wir von ihren Schöpfungen genia lische Originalität erwarten. I.
Unter
Allen ,
nimt
zweifelsfrei
genialischer
Philosoph ersten Rang ein, weil, so wie er zumeist unter ihnen sich selbst, so auch sie , als sie sich selbst versteht. G Solcher,
an
der Spize
und in der Regel besser, Deffenungeachtet möchte
eines Staats , wahrscheins
lich , viel dummes Zeug machen ; Anderes ist's ,
denn
etwas
gang
in seinem Studierzimmer ideale Welten
einrichten, ein Anderes wirkliche leiten ; ja, es ist gewiss fermaßen Prüfftein der Haltbarkeit echt philosophischer Theorie ,
wenn sie in unmittelbarer Gegenwart keine
volle Anwendung findet , weil , ihr Wert auf Jdealität beruhend, sie Folgezeit zumeist angehört. — Darum komt, so wie im Theoretischen echtem Philofophen, so im Praks tischen echtem Staatsman erster Rang zu.
Gar
nicht
wenig hat Dieser zu leiſten ; ſeinen Plaz volständig ausfüllen, könte nur ein Gott ! weil fast Unmögliches gefors dert wird. Apollo stelt als Menschen erringbares Schwerste : "Lerne dich selbst kennen !" Bekant ist, unter Millionen erringen dies
bis jezt sehr Wenige.
durch und durch kennen ,
Nebenmenschen
scheint unmöglich ; wie aber
-
317
magst du hoffen sie richtig zu leiten , so du fie richt genugsam kenst ? (Beiläufig : Aus
dieser Betrachtung
müssen vers
ständige Fürsten sehr leicht Wohlthat erkennen, die sie sich selbst erzeigen, wenn ſie Volk 8 vertretende Verfaſſungen einführen, und um ſo mehr, wenn sie etwa zu Systemen unmittelbarer Bestrafung
und Belohnung nach
dem Tode sich bekennen, was bei philoſophiſcher Auffaffung unnötig, weil Volks vertretende Verfassung im Begrif des Staats , als eines Vereins freier Menschen, unmittelbar enthalten ist. hend, frage ich :
Auf jene Systeme aber einge-
Wie mag irgend ein Fürst , und sey
er Treflichster, mit gråßlich schwerer Verantwortung auf ſich, vor dem höchsten Richter zu bestehen hoffen, der selbst Gedanken wågt ? Wie hoffen
ohne Fehl
befunden zu
werden, wo nicht zu fehlen schlechterdings Kraft Eines Menschen bei weitem übersteigt , da Aufgabe ist : „ Gott erkennende
Wesen
volkommen
richtig
zu
regieren ! "
Ja, je mehr seiner Treflichkeit er sich etwa deutlich und mit Recht bewußt , desto mehr muß sein Gewissen belasten, seine Seligkeit
verbreitende Spöpfung , stat auf
Granit, wie seine Pflicht fordert , und er gekont , auf Vulkan erbaut zu hinterlassen , welche mit seinem Hinscheiden in Gefahr tiefen Sturzes schwebt ,
da leider
nur zu oft, auf Marc-Aurele , Commodusse folgen !! So übermenschlich schwere Verantwortung von ſich irgendwie abzuleiten, nicht fürchten zu müssen darunter völlig zu erliegen, ist Fürsten schlechterdings nur Ein Mittel verliehen : „ Durch Volks vertretende Verfaſſung mindeſtens einen „Teil so schwerer Verantwortung von sich auf dieſe
318
„ Vertreter abzuwälzen ;
nur
-
dann
dürfen sie hoffen
,,Gnade zu finden , vor Dem, der ihnen sonst unleid„liche Last aufgebürdet !” —)
K. Deffenungeachtet beweist Geschichte, und zumeist lezte Periode derselben, daß Unzal dazu absolut Unfähigster zur Staats - Leitung ſich drången, - untrüglicher Beweis , wie allgemein Begrif des Staats noch so gar nicht erkant ist.
Desto größere Bewunderung erregt das
her Erkennenden Robespierre , der aus Hefe des Volks zum Ersten Staatsman der Gesamt- Geschichte emporgestiegen, wie dieses nicht nur seine gehaltenen vor uns liegenden Reden , worunter besonders die über Regierungs-Kunst , unverkenbar bezeugen , sondern auch sein ganzes Leben bewährt. Fassen wir nochmals , gedrängt , was echt großen Geist karakterisirt zuſammen :
Vor Allem entscheidet über Wert individuellen Geiz ſtes, Fähigkeit ſein Form-Leben als an sich leeren Schein zu erkennen , und es freudig zu opfern höheren Zwecken ; dann, wiefern sich in ihm echte Liebe ( Schöpfer- Macht) herausbildet, welche ihn so innig ergreift, sein Leben so ganz ausfült, daß Leben überhaupt für ihn nur Wert, wiefern es seiner Liebe gemåß , ohne diese ihm zur Qual ; endlich wiefern er weiß, d. i. wiefern er seines Treibens fich deutlich bewußt ist, sich selbst Rechenschaft davon geben kan ; und nebenbei erhöhen diesen Wert, Größe und Menge überwundener , feiner tåtigen Liebe entgegen wirkender Schwierigkeiten. --- Das aber was Geschichte am Seltensten nachweiſt, iſt eiserne Folgevestigkeit, sowohl
-
319
bei Entwiklung theoretischer Grundſåze
- wodurch eben
Spinoza absolut Einzig ſieht, dar in überragend ſelbſt . als , was außer bei Robespierre Kant und Fichte -
" noch nie vorgekommen ,
zu erschütternde
durch Nichts
Ausdauer in praktischer Anwendung solcher theoretisch erfaßter Grundsäze , bei Regierung mächtigen Staats. Mit andern Worten : was am seltensten vorkomt, ist erhabene Karakter - Macht, die das für Recht Erkante, völlig unbekümmert um Urteil Mitlebender unerschütterlich vesthält, und so weit ihre Macht reicht, Mitmenschen zwingt, diesem Recht sich unbedingt müssen ! -
unterwerfen zu
• L. In Robespierre trit lebend heraus, was Seite 137 Anm. , über allein echt praktische Religiosität entwickelt: „ Du handelst Recht, allein des Rechts Selbst wegen, unbekümmert aller Folgen ; und wenn die Welt dieses Rechts wegen untergeht , so geht sie mit Recht unter, und du sollst dich dieses Untergangs dann freuen, u. s. w. !" Es ist jedoch hinlänglich erwiesen, daß alles Elend, worunter Menschheit bisher leidet und sie zurük drångt, aus Halbheit hervorgeht, und mit dem Tage wo Mehrzal der Bewoner Eines Staats diese schwäs chende Halbheit ablegte, Menschheit ewig unerschütterlich vestgegründet stånde.
Daß Widerspruch schwerer Verantwortung ,
nur
eben wider allein regierende Fürsten geltend gemacht, wider
Robespierre
gibt Zusammenhang
nur
scheinbare
Anwendung ,
ers
der Geschichte, die ihn zur Dik-
tatur hinauf gedrångt zeigt; (ſpåter nachgewiesen). Hier nur so viel : Allerdings findet jeder Wissende überschweng-
320
liche Arbeit genug, ſich ſelbſt rein zu erhalten in dieſem vielbewegten Leben ; tolkühn scheint es demnach zu einem Posten sich drången,
der
über Daseyn
vieler Millio-
nen, mithin vorzugsweise über das der Menschheit entscheidet.
Allein, ist denn zu leugnen, daß Menschen an-
noch vorzüglich treflicher Staatsmänner bedürfen ?
Der
blos theoretische Philosoph ist's nicht ; mithin haben wir der Urgesezgebung Dank darzubringen, daß sie dies vorläufig noch wichtigste Bedürfniß der Menschheit befriedigt, in mitunter Ausgezeichnete Trieb einpflanzend, diese gefährlichste und schwierigste Stellung in der Geselschaft zu erklimmen. Zufolge dieses Trieb's dieser wenigst beneidenswerten Gabe, wurden Robespierre und Pitt gleichsam Dioskuren der
französischen Revolution , unberechenbar
wohltätig auf Menschheit wirkend ;
Beide so schrof
auch durch Nationalität und Geistesbildung überhaupt geschieden, doch in Vaterlandsliebe übereinstimmend und im Triebe um jeden Preis ihr Volk zum Ersten Europa's zu erheben.
Aber nur Robespierre hat hierzu mo-
ralische Mittel angewandt, nicht Pitt, worüber spåter.
M. Indem wir diese Männer nebeneinander stellen - doch so, daß Pitt seinem Rival bei weitem untergeordnet - als Diejenigen welche französischer Revolution ihren Typus aufdrükten, werden wir gedrångt, Begrif der Liebe in einem noch allgemeinern Bilde als oben geschehen, aufzufassen , zumal das Seite 262 über Vaterland Ausgesprochene leicht zu mißdeuten iſt.
321 Liebe im Allgemeinen drükt richtig sehnsüchtiger Ers zeugungs-Trieb aus, auch auf allgemeine Natur anwend bar, in welcher Trieb ewig Sich Selbst verjüngender Weiter Erzeugung : All - Leben liebt sich selbst! ― reicht auch Pflanzenleben nicht.
Im Tier-Leben verbreis
tet sie sich schon bis zu liebender Sorgfalt eigner Forts niedrigste Stufe wie sie im Menschen herauss erzeugung trit, daher in patriarchaliſcher Periode, Kinderlos Fluch, viel Kinder , Gottes sichtbarster Segen ; und noch in Sparta, wo Alter ehren, Haupt- Gesez, wird (S. Plutarch) Kindern Ermunterung, Hagestolze zu verspotten.
In
fortschreitend geselschaftlicher Verbindung entwikkelt sich mehr und mehr jene höhere Liebe, über tierische Fortpflanzung erhaben, in erzeugenden Geisteswerken der Kunst und Wissenschaft sich beurkundend, oben berührt. Eine dieser ähnlichen Liebe gibt sich in Bemühung kund, durch Lehre und Beispiel unmittelbar praktisch auf Mitmenschen einzuwirken. Diese Liebe empfielt Jesu und besonders Paulus, welcher, sich ihr desto freier widmen zu können, ehelicher Verbindung entfagt , Gleiches ſeinen Jüngern
anpreist,
wodurch er Veranlassung zum Mönchswesen gibt , urz sprünglich edele Aufopferung. sich
Dieser Liebe widmen
noch diesen Tag echt edle Seelenhirten , und be-
sonders echte Erzieher.
Dieser Liebe ist auch Les
ben echten Staatsmannes gewidmet ,
welche wir hier
vorzugsweise betrachten. N.
Schon oben erkanten wir als Geistes - Grund-
Karakter hinsichtlich seines individuellen Werts, die in ihm hervortretende Macht , sein Form-Leben freudig zu opfern zur Behauptung seiner geistigen Würde.
Dieses Werts
[ 21 ]
322 niedrigste Stufe, trit als persönliche Selbst-Verteidigung Langsam emporsteigend, verteidigt der Mensch kühn seine Familie - selbst Tieren
hervor : Grundlage der Duelle.
eigen -
opfert sich freudig für geringe Zal einer Dorf ,
für größere Zal einer Sadt , einer Provinz-, einer Vaters lands- Gemeinde - wofür alte Völker unzålige Mårtyrer geschichtlich zålen, - und vollendet sich endlich im Mårtyrertum für Gesamt-Menschheit, worin geschichtlich als erster und vorzüglichster Jesus glänzt , und als Solcher bis zum lezten Tag verehrt werden wird. Für leztes und erhabenstes Ziel freudig fich opfern der Liebe, bleibt unbedingt Musterbild Jesus. Frage ich aber , Entwiklung menschlicher Verhältnisse, in der Geschichte beobachtend , wie ist dieses Ziel für gesamte Menschheit , nach menschlichem Urteil erreichbar ? dann finde ich
nur Eine Antwort : durch volkommene
Staatsbildung !
Der Mensch muß notwendig erst die
Bewoner Eines Vaterlands mit Sich aufgebender Liebe umfassen, ehe er gesamte Menschheit zu umfassen vers mag ; drum wirken vorläufig philantropisch kosmopolitische Ideen als vorzeitige Mißgeburten höchst schädlich, und Niemand ist unfähiger zum Staatsmann als jene Ideen zu verwirklichen Strebende.
Möchten doch recht bald
Regenten dies einsehen , und unbekümmert um Uebrige, ihre ganze Tätigkeit allein auf Beglükkung der Bewoner ihres Staats verwenden ; wahrlich , jene echte harmonische Verbindung aller Staaten, würde bald sich offenbaren, die beim Vesthalten bisjeziger Systeme nimmers mehr zu Stande komt. Ist demnach für rein philosophischen Standpunkt,
323
allerdings übereinstimmend mit Anaxagoras , „ das Vaterland allein im Himmel ! " darf dieser es doch schlechters dings nie für Staatsmånner seyn , deren Vaterland im absoluten Gegensaz von enger , finlichem Auge ſichtbarer Land-Grenze eingeschloffen bleiben muß , bewont von bes ftimten Menschen , die von jener Bemühung gesicherte Vervolkomnung ihrer geselschaftlichen Verbindung erwar ten , und sie für grobe Verwaltungs -Fehler zur Verant wortung zu ziehen , unzweifelhaftes Recht haben.
O.
,,Wem also gehört der Preis ? "
Erster, unbedingt Jeſu und ihn zunächſt Erreichens den, welche nicht nur Gesamt - Menschheit mit liebender Seele theoretisch umfaſſen, ſondern auch praktisch ausdauernd, ihr ganzes Leben mit dieser erhabenen Theorie in völlige Uebereinstimmung wirklich bringen und es der Idee freudig zu opfern , jederzeit bereit sind ! - *) *) Beildufig : Gott allein Ehre ! - als Urgesezgebung gedacht ! — Vorzug echt philosophischen Triebes, d. i. echt philosophischer Liebe, berubt eben nur auf vollendeter Selbsterkentniß , deuts lichem Sehen seines Innern , hervorgehend aus fteter Beobach tung seiner Gemüts - Erregungen , und All dies ist verliehene Gabe-- Gnade Augustins ! - nichts davon selbst erwor benes Gut ! Drum ist vollendeter Selbst- Erkentniß schlechthin unausbleiblich, innigste Demuth , sowohl, weil du darin dich nur als Verwalter , nicht als Eigentümer erkennen kanſt!! , als, weil du dich als unnüzen Knecht bekennen mußt; nicht im Verhältniß zu beklagenswert Niedriger-Begabte, ſonde: zum sich dir offenbarenden Bilde wirklichen Gottes , welches , je nåber du zu Ihm hinauf gedrängt wirft , um so mehr als schlechthin uns erreichbar sich entfernt. So ungefär ist streng erweisbar , daß : obwohl erhabenster Wert der • Menschheit im Wissen, auch dies Wissen nicht persönlichen Wert erhebt , weil Wiffen G. Selbst es ist, welches sich zufälliger Personen bedient, Sich zu offenbaren. So hat sich geſchichtlich bis diesen Tag Wissen bei
324
Zunächst diesen aber gehört der Preis ohne Frage Staatsmånnern, folgendem Bilde entsprechenden : Zuvörderst müſſen ſie ihr Vaterland mit Sich und Alles aufopfernder Liebe umfaſſen ; in ihrem Walten muß deutlich heraustreten , daß sie Idee in sich selbst vollens deten Staats
durchdrungen ,
mithin deutlich wiffen
wonach sie zu streben haben ; fie müssen Sich selbst, die Menschheit, so wie besonders ihr Volk im Allgemeinen volkommen erkennen ; hieraus sich veste Grundsäze gebildet haben , wonach sie im Allgemeinen
und beſondern
Umſtånden am Angemeſſenſten regieren ; eine durch Nichts zu erschütternde Energie zeigen , und endlich ihr PrivatLeben sitlich rein , mindeſtens frei von Selbstfucht und Eigennuz erhalten !
allen echt genialen Menschen offenbart , wie ihre hinterlassenen Bekentnisse unverkenbar deutlich bezeugen , obwohl Bekennens den felbft es nicht immer zu deutlichem Selbst: Bewußtseyn komt, weileben dies, genialen Philoſophen eigentümlich, mit Erkents niß dieses Selbstbewußtseyns sich vorzugsweise zu beschäftigen. Demnach hat Niemals irgend ein Mensch Gott offenbart , sons dern Gott hat sich Selbft offenbart durch Menschen, und darum gehört Ihm allein Ehre, Ruhm und Preis und niemals dem Menschen als Person !! Oder , was daffelbe: Ruhm, Ehre und Preis gehört allein dem Einen Geißt, der in Allheit der Menschheit Sich Selbft offenbart, aber niemals einzelnem Menschen, selbst wenn dieser höheren Standpunkt als selbst Jesus erstiege, weil dieser Standpunkt eben zu evidenter Ueberzeugung bringt, der Allheit und nicht ſich ſelbſt — als Person anzugehören ! Dies, Standpunkt echt christlicher Lehre, wie sie unverkenbar Jesus und Paulus gelehrt, dann verfälscht, und zuerst wieder, ,,teutsche Theologie ! " vortrågt ; wie sie Luther geahnt aber nicht jum Wissen gebracht ; wie sie Spinoja deutlich entwikkelt, und nächst diesem Kant und Fichte. Neueste Schule aber fröhnt dem Nichts, und erhebt Hochmuth der Person , diefe als Absolute verehrend, d. i. fie betet sich selbst als Gottheit an , während fie durchLehre und Beiſpiel teufeliſcher Selbstſucht huldigt.
325
Dies ungefäre Hauptzüge, zureichend zu folgendem Urteil: In Vaterlands-Liebe , Ausdauer , Energie und Reins heit privater Selbstfucht steht Pitt , Robespierre ziemlich gleich; in Erfassung richtiger Staats - Idee, und den hierauf sich
gründenden Regierungs - Grundsäzen
aber
tief unter ihm ; daher auch ihr beiderseitiges Wirken höchst verschieden.
P.
Robespierr's eigentlich diktatorisches Wirken bes
gint im August 1793 und endet im Juni 1794, ohne daß er jedoch volkommene Diktatur erreicht; von mißgünſtiger Eifersucht seiner Kollegen im Wohlfarts-Ausschuß beengt, konte er nur einen sehr geringen Teil ſeiner Grundſåze in Anwendung bringen, und doch enthalten diese zehn Monate seiner Regierung ein Jahrtauſend an Thaten ! Frankreich findet er durch eben so verråterische als Regierung völlig
unfähige Gironde in jeder Hinsicht
am Rande des Verderbens :
Geschlagene drum mutloſe
Armeen ; weder sichere Generale noch Officire ; von Kriegern 22 feindlicher Regierungen Grenzen überall überſchritten, und 5 Haupt- Vestungen von ihnen beſezt ; in gleicher Gefahr diejenigen welche Paris dekken ; mehr
1 denn ein Vierteil des Landes in offenem Aufruhr gegen Convent; dieſer ſelbſt in Zwiespalt ; allgemeine Hungersnoth ; weder Geld , noch Credit , noch genugsame KriegsGerätschaften.
Er selbst aber ist , wie 700 mit ihm,
nichts mehr als Volks - Vertreter, von bürgerlicher Abkunft, fein Geld-Vermögen keine Hundert Taler, kurz ihn zeichnet nichts aus, als daß er eben Er Selbst ist ! - Da
326
-
belebt plözlich sein Geißt Wohlfarts-Ausschuß , Convent und Volk- gleichsam im Nu erſtehen 1,200,000 Vaterlands - Verteidiger , ganz Frankreich wird zur WaffenWerkstat ; bis dahin höchstens zu Feldwebel- Rang aufsteigen könnende Krieger , werfen
gerühmte Feldherren
und im höchſten kriegerischen Ruf ſtehende Heere zu Boben, gründen ganz neue Kriegeskunst und werden so zu berühmtesten Feldherren der Geſchichte.
Und binnen fünf
Monat, mehr nicht, ſind der Aufrührer Heere von mehren Hunderttausenden fast vernichtet, und von der Ausländer zallosen Heeren nicht Ein Mann mehr auf des Vaterlands heiligem Boden !
Wahrlich , es scheint Fabel ähnlicher
als Geschichte, und ist doch buchstäblich wahr.
Und all
dies Wunderbare und Unerhörte , ist Geistes-Werk dieses Einen Mannes , und man ſchåmt sich nicht , Solchen zu låstern? „ Aber woher Werk dieses Einen ?”
Weil St. Just und Couthon,*) welche am meisten zu seinen Grundsäzen sich bekanten ,
und mit ihm am
übereinstimmendsten handelten, eifersuchtslos ihn als ihren Meister offen anerkanten ; so wie auch Carnot vor Ers mordung des Edlen ihm ausgezeichnetste Verehrung bewies ; und wenn dieser auch unübertreflich als Kriegsleitender wirkte, so zeigt er doch schon als Mitglied des W. A. , nach dem 9. Thermidor und besonders als Direktor seine völ lige Regierungs - Unfähigkeit ; weil Cambon und Lindet
*) Zu beachten : daß St. Just allein Robespierr's Ideen vers fand und darin wissend einging ; Couthon , Lebas und der jüngere Robespierre aber ihn, gleich einem Gott, anbetend, feinen Befehlen blindlings unbedingt gehorchten.
327
zu spåt bereueten für Rettung Robespierr's ſich nicht selbst geopfert zu haben ; Barrere , Collot und Varrenes endlich, ihn erst vergåtternd, dann von marterndem Gewiffen gepeinigt, ihrer Schändlichkeiten und Räubereien sich bewußt, so wie, daß sie hiefür vom Unbestechlichen keine Verzeihung zu hoffen , nach dessen ausgesprochenem Regierungs- Haupt - Grundſaz : gegen Regierende ,
„Unerbitlich streng
milde nur
―
"gegen Regierte " fich Nichtswürdigen zugefelten, Tallien , Barras, Fouche und Consorten *) - und sich vereinigten mit des Convents
*) Entgegen was Schloffer : Gesch. 18. Jahrh. 2. Abt. S. 213, über Zank zwischen St. Juft und Carnot spricht, und daraus fols gert, daß auch Carnot gegen Robespierre gewirkt , ergeben unmittelbare Verhandlungen , daß Carnot und Lindet, die zwei fähigsten und würdigsten Mitglieder des W. A. bei dieser Verschwörung völlig neutral blieben. Unter Uebrigen war Cambon Einziger, der Finanz -Kentniß besaß, und Republik wahrhaft liebte, drum auch später seine Verblendung bereuete. Uebrige Verschwös rer bilden Gallerie Nichtswürdiger , wie Geschichte wenige jält : Bil. Varennes , Vatermörder, unerfätlicher Bluthund und Räuber ; Col. d'Herbois , Frauen : Schänder , durch Lyon's Zerstörung nur darum berüchtigt, weilman sie persönlicher Rache zuschrieb, als Schauspieler daselbst ausgepocht zu seyn ; Tallien, berüchtigter Septembre Mörder und Räuber zu Bordeaux, gegen Robespierre nur darum tretend , weil seine berüchtigte Cabarru arretirt worden, und nicht so für sie als für ihr geraubtes großes Ver mögen in Furcht ; Barras, Freron und Fouché braucht man nur zu nennen um Infamstes zu bezeichnen ; Barrer's Karakterlosigkeit berüchtigt bis zum Sprichwort, veft nur in Sucht sich zu bereichern; Legendre, Fleischer , karakterisirt hinlänglich seine Forderung : Leiche Ludwigs XVI. in fo viel Teile zu zerftükkeln , als es Des partemente gibt, und jedem ein Stük zuzusenden. - Dies waren die Häupter, welche einen Robespierre und St. Just mordeten, ein paar Månner wie Geschichte gleichen Werts wenig zålt ; denn, wiegeteilt undunbeftimt bis jezt auchUrteil noch über Robespierre, über St. Juft finde ich, außer Schlosser und diesem ähnlichen Blind Aristokraten, nur Eine Stimme: daß er zu den ftlich
328 " Moraft!" nicht Vaterlands wegen ,
sondern sich
selbst vor verwirkter Strafe und ihre geraubten Reichtümer zu retten , den erhabensten Staatsman aller Jahrhunderte nicht anklagten, sondern seine Verteidigung fürchtend , ihn mordeten! Gestanden die elenden Vers råter ja selbst : „ Wåre Rede St. Just's vom 27. Juli gedrukt worden , fie rettungslos verloren waren ! ” Und doch entgingen sie auch so dem Verderben nicht,
ſie
hatten in Robespierre nicht nur Republik , sondern auch sich selbst gestürzt.
Untrüglicher Beweis , daß Robes-
pierre Allein Haltpunkt war, der Sich und in Sich Republik, Wohlfarts - Ausschuß und selbst Convent erhielt ; denn mit Ihm ging Alles verloren, und unaufhaltsam stürzte nun Frankreich und Europa außer England militärischem Despotis'm zu , gegen welchen zumeist Robespierre angekämpft ! Ja ! ohne alle Frage war's Robespierre
leicht volständige
Diktatur
sich
zuzueignen,
håtte er sie durch's Militär , welches ihn vergåtterte, erhalten mögen ! So wie er sie völlig zweifelsfrei den 8. Thermidor noch erwerben konte , wenn auf ungefezlicher Art er sie haben mochte . Er , ſchon 1791 vomVolke emporgehoben , 1792 der Volks - Herschaft im Convente angeklagt; 1794 in unzweifelhaftem Besiz unbeschränkter Volks - Liebe - er verschmäht vermittelst des Volks Verräter zur verdienten Strafe zu ziehen ; nicht bei Dies ſem , sondern beim Convent als gefezlicher Behörde lagt er sie an; er, der Chaumett, Hebert und allge
reinsten, kräftigsten , talentvolften und erhabensten Jünglingen ges hört, welche Geschichte kent! -
329
-
fürchteten Danton , vor Anklage arretiren ließ; leicht mußt es ihm ja seyn, auch diese , ohne Verhältniß unbedeutenderen Menschen vor Anklage arretiren zu lassen. Allein er durfte nicht, ohne sein eignes, mühsam erbauetes Gebäude selbst zu stürzen ; die Verräter waren Mitglieder der Ausschüsse , sie ohne Convent stürzen , war Ansehen der Regierung stürzen , war Frankreich Anarchie preis geben , aus welcher er es vor 11 Monat errettet !; Für's Vaterland sein Leben in Gefahr sezen , und hätt er tausend Leben besessen , er opferte sie freudig , so wie er um keinen Preis seinen Grundsäzen zuwider handeln mochte.
Leicht mußte ihm noch 26. Juli seyn , Convent
einzuſchüchtern , vermittelst des Volks , wenn ihm nicht noch heiliger wie Ansehen des Wohlfarts - Ausschusses, das des Convents war ; von diesem, nicht vom Volke war ihm seine Macht erteilt, vom Convente , nicht vom Volke wolte er sie bevestigter erhalten , zum Wohl seines Vaterlands und der Menschheit! *)
*) Schon hier sey bemerkt : daß selbst Schlosser , der in anges führter Schrift als einer der Verleumderischeßten gegen Robes pierre auftrit , nicht im Stande ift , Eine That desselben nachzuweisen, wo Robespierre fich des Volk- Aufruhrs gegen Regierung bedient. Seine Karakter- Größe allein, durchaus diese allein erhob ihn auf rein gefezlichem Wege zur höchsten Macht. Alle, durchaus Alle sogenante Revolutions:Tage, vom 17 Juni 1789 bis 31. Mai 1793 eingeſchloſſen , als dem leiten vor dem 27. Juli 1794 zålen andere Anführer ; wie dies besonders schon Mignet heraushebt ; einziger Geschichtsschreiber dieser Periode, der Robespierre ziemlich Gerechtigkeit widerfaren läßt. Üranelt de Leuze, in seiner Réfutation de l'histoire de France de l'Abbé de Montgaillard scheint zwar Robespierre noch richtiger als Mignet erkant zu haben ; von diesen beiden Werken weiß ich jedoch bis jezt nur das höchft Merkwürdige, was daraus : ,,Liter. Bl. der Börsen - Halle, Hamburg 1829 No. 424, 25 und 26 " entlehnt , welches nachzulesen , ich empfele.
330
Aber leider , derselbe Convent , der bis dahin ſeinen Reden, Orakel- Sprüchen gleich, zugejauchzt, seine Forderungen ohne Widerspruch bewilligt ; der ohnlängst bei Robespierre's Krankheit , Gelübde dem Genius des Vaterlands für dessen Genesung verordnet , der im Staube vor ihm kroch kurz, deffen feige Nichtswürdigkeit nichts treffender bezeichnet , als , daß er noch zwei Monate nachher, am 21. September 1794, verpestende Leiche Marat's, des elendeſten Demagogen den Geschichte kent, im feierlichsten Aufzuge zum Pantheon begleitete ; Marat des höchsten Ruhmes würdig erklårend , der von blindem Glücke übermäßig begünstigt , durch eines der edelsten Mädchen - Corday fiel, dessen Name Ekel erregt – dieser Convent, der seiner Schwäche und Unfähigkeit ſich bewußt , so lange Vaterland in Gefahr war , schwere Last der Ausschüsse nicht teilen mochte, und eilf Monate hintereinander dieſen ſeine Volmachten nicht nur mit Jubel erneuete , sondern sie ihnen gleichsam aufdrang, froh der Bürde entledigt zu seyn, - war nun, da nicht mehr um Verteidigung des Vaterlands Noth , sondern um Eroberungen zu gewinnen , welche reiche Beute Gewalt-Inhabern versprachen , plözlich verwandelt.
Wahl zwischen
armen strengen echten Republikanern , Staats- Räuber nicht duldenden und jenen verråterischen Raub- Genossen, ― konte diesem Convent nicht schwer fallen zum Schiedsrichter des Streits aufgerufen , entschied er nas türlich seiner råuberischen Hofnung gemäß, wo der seine Gesinung offenbarende gewisse Vorteil winkte. So fiel Robespierre und Republik! Noch war weder Frankreich vielweniger andere Reiche Europa's reif so erhabe-
-
ner Bestimmung : Land
331
-
edler Freiheit und Menschheits
würdiger Gleichheit zu seyn ! — *)
Q. So ungefär fiel Robespierre, nachdem er sein Vaterland vom Rande des Verderbens gerettet, an welchen nicht er , sondern Verråter es gebracht. Anders Pitt! Dieser hatte weder von Menschheit noch Staat deutliche Idee, war großer Engländer, nicht
*) Zur Erinnerung : Weit entfernt jede That Robespierre's gut heis ßen oder nur entschuldigen zu wollen, können wir sogar manch bes deutenden Fehler von ihm zugestehen, ohne daß er aufhört, abſolut bedeutendster Staatsman der Geſchichte zu seyn. Denn , Fehlers frei ist Gott allein ; unser Urteil ist auf absolut allgemein Geltendes beschränkt. Göthe's und Schiller's , Kant's und Fich te's Schriften, und so bei Allen Meistern sind sie fehlerfrei ? Nichts weniger ; aber, Trefliches überwiegt darin bei weitem Fehler: haftes und darum werden sie als Meister verehrt. Des Großen Philosophen Schriften, und diesem Aehnliche dagegen, enthalten fie überall nichtsLesenswertes ? Keinesweges ; über solcher Schrifts fteller Wert jedoch , hat schon Baſſanio : Kaufmann von Venedig 1. Act 1. Scene entschieden : Sie sprechen unendlich viel Nichts. Ihre vernünftige Gedanken sind wie zwei Weizenkörner in zwei Scheffel Spreu verftekt : ihr sucht den ganzen Tag bis ihr fie endlich findet, und wenn ihr sie habt, so verlohnen sie das Sus chen nicht" und darum bleiben sie namlos in Geschichte , nach Dante's Urteil. So bilden sich im Menschen nach notwendigen Gesezen allges meine Urteile, aus Normål- Zuſtånden hervorgehend bis zu rein Idealem = Gott ! Wer unterm Normal zurükbleibt , wird vers geffen, wenn tief unter ihm, verachtet. Normale geduldet ; das rüber hinausschreitende, nach Verhältniß wie sie Idealen nåher rücken mehr und mehr verehrt ! Leser, forge mindestens Normalen zugezålt zu werden ! Robespierre hat als Staatsman , Normale am Weitesten überschritten , darum steht er, obwohl nicht fehlers frei, darin als erstes Mußter ! Nicht umhin kann ich auch hier Joh. Seb. Bach zu nennen, deſſen Ruhm nur rein göttlich , richtig bezeichnet ; denn Wollens dung dieses Meisters , in tausend Werken enthalten , hat ge: schichtlich absolut nicht Einer außer ihm weder in Kunst noch Wissenschaft erreicht.
332
aber großer Mensch, und verstand drum weder Robespierre noch französische Revolution.
Stat sich dieser
zu freuen , England Frankreich anzuschließen, die Revolution also sicher zu stellen, beide Völker und mit diesen, Alle Europa's um Jahrhunderte empor zu heben , gibt er sich , als Anhänger damals
allgemein
vorherschend
Machiavellischer Diplomatie, erniedrigender National-Eifersucht, Rache hin.
und diplomatiſchem Staats - Eigennuz
Frankreich ſeit Jahrhunderte Rival Englands, Be-
freier Amerika's , scheint endlich leicht überwunden und vernichtet werden zu können ; zu anlockend ist diese Beute dem Engländer ,
er verbindet sich übrigen raubgierigen
Mächten, und schönem Frankreich wird Polens Geschik bestimt ! So steht Pitt bis zum Sturz Robespierre's nach Außen klein und verächtlich.
Aber von diesem Tag
an ,
erhält Krieg zwischen
beiden Staaten völlig anderes Interesse.
Rom und Kar-
thago fechten nun um Welt-Herschaft, bei völlig verwechselten Rollen.
Kaum Hofnung noch Frankreich zu er-
niedrigen, vielmehr gilt's deſſen Ob-Gewalt abzuwehren, und bald steht England in genau derselben Gefahr , worin wenige Jahre zuvor Frankreich.
Neutrale Mächte
früher schwankend , buhlen nun um Frankreichs Gunst, sich vor Convent und Direktoren erniedrigend wie vor mals ähnliche Staaten vor Roms Senat und Konſuln. Preußen ist ab , Spanien übergetreten ; Holland , Itas lien, der Rhein erobert ; Rußland fern ; Destreich in huns dert Schlachten Frieden.
geschlagen ,
bittet
um schmählichen
333
England steht verlaſſen, allein ! Das Volk von Oppoſition gehezt, durch Verluste entmutigt, durch unerhörte Steuern erbittert ,
durch Schulden erdrüft, die Fonds
bis 468 gesunken wie nie früher, Bankerut unvermeidlich fcheinend ; ſtat Guineen Papier- Geld in Umlauf, welchem es um so weniger traut, als im nahen Frankreich Aſſignate und Mandate zu Nichts geworden ; endlich wird ihm, es zur Verzweiflung treibend, ſeine Habeas- CorpusAkte, Palladium ſeiner eingebildeten Freiheit geraubt ! Da reißt Geduld, überall bricht offener Aufruhr aus, besonders in Irland , mehrhundertjährigem nach Freiheit ringendem Heerde..
London , Westmünster,
mit
diesen
alle Hauptstädte der Provinzen , dringen in Petitionen auf Absezung Pitt's , der ohne Frage dieſes Unglüt herbeigefürt.
Noch nicht genug ! Lage dieses Ministers bis
auf's Aeußerste zu treiben, empört ſich leztes und Hauptbolwerk des Landes : seine eigne Flotte belagert London, droht Irland beizustehen, Frankreich sich zu verkaufen. Wahrlich, weder Roms Senat nach Cannå's, noch Friez drich nach Kunersdorf's Schlacht war in bitterer Lage als Pitt im Jahre 1797 !
Darum gefelt dieses Jahr
Pitt größten Männern aller Zeiten bei; denn er besiegte damals rühmlich alle diese sich ihm entgegentürmenden feindseligen Verhältnisse, rettete sich durch ausdauernde Energie, und in Sich England und Europa !! Denn schon enthält Frankreich, von Napoleon erhos bene fogenant Große Nation , in Welcher keine Spur mehr von Robespierre's Grundſåzen und Direktoren haben unverholen
und
Mäßigung,
verkündet :
Europa
334
-
dürfe feinen anderen Frieden erwarten, als in unbeding ter Unterwerfung unter Frankreich's Univerſalherſchaft!
6.
So retteten diese beiden ausgezeichneten Staatsmänner ihr Vaterland und darin Europa ; gleichsam als Korfürer in dem ungeheuer blutigen Trauerspiel dieser Periode. Kein nur irgend Verständiger kan zweifeln , daß, so wie ohne Robespierre Frankreich - selbst der, auf 372 Seis ten sich vierhundert Mal widersprechende Schlosser, muß es widerwillen hundert Mal anerkennen - fo Enga land ohne Pitt verloren war , nachdem seine Unheilbringende Beschränktheit Krieg
einmal entzündet.
Mochte
nun eins oder anderes eintreten, ſo fielen Europa's Völker in entehrende Knechtschaft, und was von Rußlands Obs Gewalt jezt nur künftig zu fürchten , wäre dann bes reits unmittelbar
gegenwärtig ; denn vergebens suchst
du in jener Zeit bei allen übrigen europäischen Vólkern nur Einen Verderben abwehrenden Mann ! Weder Feldherr noch Staatslenker ist Diesen ! In Kirchen treibt man Völker finliche Gottheit um Schuz gegen jene Gott låsternde Brut, anzuflehen , stat sie zu Waffen zu rufen, welches gefährlich scheint, weil ,
eigene Völker mehr
denn verhaßte Franken gefürchtet sind. (Vergl. Schr. d. Kön. v. Pr. an 1 Kurf. v. Maynz 31. Januar 1794, dem leicht hundert ganz ähnliche Aktenstüke zur Seite zu Gestand Napoleon doch selbst, daß 1797 Tis
stellen.
rol ihm Maufefalle war, wenn Destreich seine bewafnete Gleiches zeigen
Bauern nicht mehr als ihn gefürchtet !
Kriegs-Berichte 1796, wonach nicht Karl's Armee, fon-
335
dern vorzüglich bewafnete teutsche Bauern , Niederlage Bernadott's
und Jourdan's , und Moreau's berühmten
Rüfzug verursacht. *) — ) Aber Franken, Gottes -Lästerung bezüchtigend, hindert nicht, nicht nur Name Gottes, vor infamirende Traktaten
von Polens Teilung zu stellen,
(fie beginnnn Alle : Im Namen heilig " (?) dreieinigen Gottes u. s.w.) hindert nicht, nicht nur im Namen dieſes Gottes
über Hundert - Tausend
unschuldige Polen
in
Schlachten zu morden , und nicht viel weniger nach Siz birien zu schleppen
Paul gibt 1798 noch über 14000
Freiheit und Eigentum zuråk — nein ! im Namen dieſes Gottes auch schließen Rußland , England und Destreich 18.
Februar
und
20
Mai
1795
Tripel Alliance,
worin sie gegenseitig nicht nur Besiz der Länder , die fie am Tage der Abschließung, sondern auch die sich Mar garantiren welche sie noch erobern werden !
*) Höchst merkwürdig , und diese Geschichts:Periode eben karakteris firend , war , so wie in Frankreich , so überall, Causgenommen Piemont, Neapel, und leider einige teutsche Provinzen; untrüglichster Beweis der Nichtswürdigkeit damaliger Regierungen dieser Länder !) Masse des Volks , für Vaterlands : Freiheit elektrisch begeistert, und eben so schlechthin überall , Masse der Privilegirten feig und verräteriſch ! Überall zogen diese Elenden vor , Vaterland und Alles zu verlieren , als Rettung vom Volke - anzunehmen, welches dafür , ganz unvermeidlich, Menschliche Anerkennung fordern würde , wogegen Hochmuth Jener stiäubte, welche Volk mehr als Vieh verachteten. Darum wurde Friede zu Leoben übereilt; denn schon redeten Tirols fiegstolze Bauern von Äbschaffung unleidlicher Knechtſchaft ; welches der , Freiheit heuchles risch verkündende, aber Asiatischen Despotis'm schon damals heims lich bezwekkende Napoleon, hündiſch nuzte, Oestreich vor Revolutios nen in Furcht jagend , und ihm Venedig verkaufend , faßt Polens Gråulthat übersteigend ! Und es fiel Venedig wie alle übrigen Staaten dieser Periode, vom Volke verteidigt, durch Verrath und Feigheit seiner Regierenden! -
336 dieser Traktat etwas Anderes als römische TriumviratsTeilung der Welt ? Hatte St. Juſt nicht Recht in seiner Ihr meint etwa berühmten Rede am 26. Februar 94. ,,die Allirten haffen uns vorzugsweise und darum befries „gen sie uns ? Ihr irt ! Sie bekriegen uns nur, um sich ,,dann gegenseitig zu vernichten; Pitt strebt Destreich, ,,dieses Preußen und so streben Alle einander zu vers „tilgen !"
In diesen Traktaten zeigt Pitt sich verächtlich , und ganz der Voraussicht ermangelnd, welche echtem StaatsVon
man unentbehrlich.
blinder
Leidenschaft gegen
Frankreich getrieben, erkent er größere Gefahr nicht, mit welcher Rußland , England
und Europa
bedroht ; ja,
läßt fünf Jahre lang sich von jenem entsezlichen Weibe foppen.
Denn , diese hört nicht auf Frankreichs Con-
vent zu beschimpfen, als fluchwerte Mörder, welche ihre verruchten Hånde
an Gesalbten des Herrn gelegt
ganz vergeſſend , daß sie ungleich fluchwürdiger , nicht nur ihren gefalbten Herrn, sondern zugleich ihren EheGemahl, dem sie vor Gott, Liebe und Treue geschworen, ermordet ja ! zur Ermordung Ludwig's mittelbar, durch ihren berüchtigten Brief an Mar. Antoinette beigetragen : „ der König muß Voks- Geſchrei nicht beachten, „so wenig der Mond Hunde - Gebell beachtet ! "
Von
solchem Weibe läßt weiser Minister sich narren , indem er Türkei, Polen beizustehen verhindert , damit sie fein gemächlich es erobere.
Sie aber ſendet drauf ihre Söld-
linge nicht gegen Frankreich , Traktaten gemäß , sondern nach Persien, engliſchen Beſizungen immer nåher rükkend,
337
und lacht der Betrogenen , europäische Krieges -Flamme ſtets mehr anschürend ,
der ihren Raub erleichtert und
sichert. Schande für Pitt von einem Godoy ,
verächtlichem
Günſtling verächtlichsten Königpaars, übertroffen zu seyn ; denn dieser , einzig unter allen europäischen Ministern in ihrer 34 jährig ufurpirten Regierung , stelt ihr auf ihre Vorwürfe vom 25. Dezember 95, wegen Spaniens Frieden mit Frankreich , ihre elende Gleisnerei am 17. März 96, ihrer Nichtswürdigkeit gemäß dar!
Aber fast ganz verschwindet Pitts Ruhm von 1797 als Haupt-Beförderer des Wuchersystems , welches izt Europa zum Rande des Verderbens treibt, ſtat Adels-, Papier-Geld-Oligarchie vestigend ! Fluchwürdiger Tausch, weil zweifelsfrei offene Räuber mehr Menschliches
als
wucherische Betrüger ! Hat ohne Frage nur der Anspruch auf Anerkennung als Mensch und Bürger, der seinen Kräften gemäß zu all . gemeinem Wohl erzeugend beiträgt, nicht aber bloßer Verzehrer
ist,
welch
gräßliches Bild jeziger Staaten,
worin nicht nur solch reine Verzehrer , sondern ohne Verhältniß Nichtswürdigere überall Höchst - Begünstigte find ! „ Leben
an sich schlechthin ist Tätigkeit ;
die also
„nicht tätig erzeugend zu allgemeinem Wohle wirken, ,,leben nicht, sondern sind in Wahrheit todt.
Nun le-
,,ben jene gaunerische Spieler gewisserweise dennoch ,,wie mögen Todte Leben zeigen ? Also ! Sie leben das „Leben ihrer Nächsten , an welche sie sich hången als
[ 22 ]
338
„ absolut tödtendes Princip ; sie leben als Geschwüre, „Eiterbeulen jener Leben, deren beste Kräfte sie verzehren ; so nicht nur selbst nichts erzeugend, sondern ,,auch Erzeugungs -Kräfte Jener , durch sie Hinsies „chende , raubend !!” — *)
Dies, pestartiger Krebs , der alle Früchte französi= scher Revolution zu vernichten, Europa Abzehrung droht, von Pitt wenn nicht erzeugt , doch bis zu so dringender Gefahr erweitert , daß es höchste Zeit , Denker
ausgezeichnetste
anzuspornen , sich um Heilmittel gegen immer
mehr um sich fressende Krankheit zu bemühen.
Allein, aller dieser auffallend groben Fehler ungeach= tet ist Pitt dennoch bis zum Jahre 1808 , wo von Spanien aus neue Aera Europa's begint, nächst Robespierre, treflichster Staatslenker Europa's.
Gegen Ro-
bespierre freilich verschwindet er um so mehr, als sein Standpunkt selbst 1797, welches Jahr wie erwähnt, ihn zumeist erhebt , ohne Verhältniß geringere Anstrengung von ihm fordert ,
als von Robespierre das Jahr 93
bis 94, Zierde seines
Ruhms !
Pitt ist 97 bereits
15 Jahre Miniſter , darunter 14 Erster ; Sohn berühmten Vaters ; Regent eines geordneten Staats , wird ihm
*) Vergl. unter A. gemütlich treflichen Auffa; : ,,über Quellen der Lafter und Verbrechen" Lit. Bl. d . Börsen Halle 432. Septem ber 29 und besonders Seite 611 : „ Agiorage ist Hazardspiel, bei welcher Betrug , Lüge , Hinterlift und Kekheit um Vorrang kåmpfen, Völker lehrend, oh ne Arbeit, ohne Redlichkeit , von Bes hörde und Gesez begünstigt, Reichtümer durch Lug und Trug zu erspielen !" Und dennoch gibt's Univerſitäts- Profefforen, welche absolut ehrlos , dieſes ehrloſe Spiel verteidigen ? Warum nicht ? Gibt's ja auch Bordelle Verteidigende ! -
339
leichter England diktatoriſch unumschränkt zu beherschen, weil Parlamenten unter ihm, ohne Verhältniß treffender als Convent unter Robespierre Vorwurf: Dekret-Maschinen zu seyn trift , und zwar um so beschimpfender, da bekant ihre Stimmen durch Bestechung erkauft sind. (Worüber
kein besonderer Vorwurf,
Pitt
weil
Be-
ftechungs - System , englische Konstitution , also geſez = lich! schůzt.) ist ihm ,
Haupt-Vorteil
vor Robespierre
aber
als Diktator zu handeln ohne dieses Namens
beschuldigt werden zu können, weil konstitutioneller König und Parlamente Rükkenhalter
ihm
bleiben.
Gleichen
Schirm gewährt ihm französische Revolution selbst, deren offen verkündigter Krieg gegen Reichtum und Adel, diese in England Alles geltenden Klassen notwen dig zum Schuz des Ministers entflammen , der ihre Vorrechte verteidigt ,
und in dessen Sturz sie deuts lich ihren Untergang sehen. — Durch solche Unterſtüzung gesichert,
darf er Alles
wagen ; lezte Guinee der Bank, Ostindischer Geselschaft, der Bankiers und reichen Kaufherren fordern, und besonders dieser, welche durch immer steigende Anleihen unermeßliche Summen erwucheren, und nie zu verlieren fürchten dürfen;
denn zu nicht geringer Schande Pitt's , läßt
er den Anleihern
1797 , welche durch sinkende Course verloren, Verlust vom Parlamente erfezen ! - *) so steht
*) Diese Schande ist um so größer , als viele Parl. Mitgl. frech ges nug in Sizung eingestehen , Teilhaber der Anleihe zu seyn , und nur ein Jahr vorher , 96 , Pitt wegen Veruntreuung in Courſen durch Opposition zur Parl.-Untersuchung gezogen worden. Denn, er hatte nur zwei Tage zuvor , ehe erste Friedens-Unterhandlung Malmesbury's began , über 20 Millionen Anleihe kontrahirt,
340
ganzer Reichtum reichen Landes ihm zu Gebot, und so wird seine schwierige Lage 1797 ſehr viel erleichtert.
welche den Darleihern nach drei Tagen bis 15% Gewin brachte, weil Course durch Friedens-Aussicht so stiegen , welches Pitt zweifelsfrei voraus wissen mußte. Natürlich ward er von solch abhängigen Richtern, von vorsä¡licher Veruntreung frei gespro chen, und wie seine völlige Armut bei seinem Tode bewies , mit Recht ; denn persönlicher Eigennuz war ihm durchaus fremd ; Daher jenes, in jedem Fall scheinbar grobe Versehn , uns viels mehr tiefen Blik in Pitt's Regierungs,Princip dfnet : teils bez weisend, daß Malmesbury's Sendung, von vornherein diplomatis sches Gaukelspiel war , wie auch deſſen ganz unverschämte Bedins gungenzeigen, -- teils, daß Pitt vorfäzlich gewinnen ließ, um eben die Reichen an sich zu fesseln ! Ueberhaupt war ihm Geld lediglich Mittel, und jedes Mits tel Recht was zum Ziel zu füren verspricht ; drum dürfen wir nicht zu hoch anschlagen , daß er 1795, bei ſchon in's Ungeheure fteigenden Staats - Bedürfniſſen und Schulden, nicht weniger als 700,000 L. St. Schulden des Pr. Wales von Parlamenten übers nehmen läßt, entgegen heiligem Versprechen des Königs von 1787, wo gleiche Schuldsummen diefes Heinrich V. nachäffenden Prins zen , dem er leider ſo ganz und gar Geißtunähnlich, von Parlament mit Zusicherung : ,,daß es nie wieder geschehen werde" übernom men worden. Denn, nicht zu teuer waren damit die Reden ers kauft, welche dieſe Uebername, nicht nur von Oppoſition, ſondern von Pitt selbst, veranlaßten , unverkenbar bezeugend : daß Er fich Regent wußte , Zorn Geborner, wenn ſie unwürdig, verachtend ! Darum auch hält er irgendwie Vergleichung mit Robespierre aus, und ewig beklagenswert ist, daß er Ideenlos war !! Unangenehmer ist Antrag Castlereagh's 1798 im Irischen Parlament, einem Mekl. Pr., der Königin Neffe , 2000 Liv . St. jährliche Pension zu schenken ! Unangemessen, wenn in langem Frieden es geschieht, wenn des Pr. Land von Feinden ufurpirt ist, um wie viel unangemeſſener nun , wo England unter drükkenden Steuern fast erliegt , Franzosen in Irland gelandet, und täglich mit neuen Landungen drohen ; dieser Krieg an sich aber gegen unerworbene Einkünfte gerichtet, und gar kein giltiges Motiv zu solcher Pension angegeben, daher auch als unzeitiges Almofen bekrittelt wird. Allein weder französische und engliſche überaus starke Reden, welche ist keine Zensur durchließe , noch böchft merkwürdige Official Note Schwediſchen Großkanzlers Sparre September 94 gegen Neapel , wegen Beschüzung Armfelds, wor rin unter A.:,,Könige müſſen jezt mehr als je früher, dahin
341
--
Faffen wir nochmals Bild dieses außerordentlichen Staatsman's zusammen, dann offenbart sich karakteristisch, entscheidender Unterschied zwischen ihm und Robespierre. Dieser, erhaben über sein Jahrhundert , Pitt, groß in seiner Zeit ! Groß, nicht nur weil energisch , ausdauernd , vaterlandsliebend , persönlich ohne Selbſtſucht, von
ausgezeichnetster
Geſchiklichkeit
in
Verwaltung
überhaupt und besonders als Financier absolut Einzig in Geschichte *), ―― sondern, weil er Reformen geneigt,
ftreben, sich nicht Selbst zu erniedrigen u. f. w." noch felbft nabe drohende Weltmacht französischer Republik, konte gewisse Men schen belehren, daß Rang ohne innere Würde , Fastnachts-Prins zen nur zusteht ! *) Höchft intereſſant ift Pitt's Geſchiklichkeit , womit er Kriegslasten erleichtert und gleichsam der Gegenwart entrüft, selbst von For und Sheridan, feine bitterften Gegner, rühmlich anerkant. Schuld Englands 1689 mit Liv . St. 665000 beginnend , steigt progresiv bis 1783 auf 246,000,000 ; während dieser Zeit freis gen Einkünfte von 3 auf 12 Million , wovon etwa 8 Million Tilgungsfond zieht, der von 1783 bis 1793 ungefär 12 Millio nen Schulden tilgt , so daß bei Begin des Kriegs 93, etwa Im März 93 berechnet Pitt alle 234 Million Schulden. Staats- Bedürfnisse auf 11 Million (ohne 8 Million Zinsen), worauf er nur 3 Milli . neue Anleihe brauche ; schon 94 braucht er 11 Million Anleihe, und schon 95 gewöhnt er Parlamente an dreimalige fat einmalige Jahr-Budgets ; und so sehen wir Eng, land im Jahre 1813 , zusamt 38 Million Zinsen , über 120 Mils lion Liv. St. brauchen, bei bis nahe 62 Million gestiegenen Eins künften. Beim Frieden 1814 ist Schuld Englands nicht wenis ger als 1054 Milion Liv . St. , unerhört in Geſchichte ! Bedenken wir nun, daß diese in's Ungeheure steigende Schuld keine audere Hypothek als Vertrauen zur Veftigkeit der Regies rung, dann flößt Pitt's Verwaltung Respekt um so mehr ein, als Frankreich, nach Ermordung Robespierre's, bei mehr als zwies fach hypothekarische Sicherheit, bis zur Konſular- Regierung 1799 zwei Mal, so schändlich bankerottirt, daß seine Gläubiger gar nichts erhalten ; und übrige europäische Mächte , mitten bes veftigten Friedens, nach 1815, Anleihen gegen völlig ſicheres Unterpfand zu entehrendern Bedingungen schließen , als Pitt 1797
-
342
und nicht nur thatsächlich zur Aufhebung Sklaven- Handels , Union Irlands und Emanicipation der Katholiken wirkt, sondern auch Parlaments -Reform bewirkt håtte, und hierdurch zum Hort Englands worden wär , wenn unseliger Krieg mit Frankreich ihn nicht zum Hort Europa's erhob ; da unleugbar Frankreichs und Napoleon's Gewalt an seiner Energie , und dem Geiste bricht , den er englischem Ministerium
bis 1815 , nachdem Gram
über Unterliegung Deftreichs 1805 ihn getödtet , einges pflanzt. Seine
eben so
großen Fehler
enspringen Einem
Quell : nur kaufmännischen Berechnungen Wert beizulegen, Ideal des Staats in Ob-Gewalt des Seinigen und in der damit notwendig
verbundener Schwächung der
Nachbar - Staaten nur zu finden ; kurz weder Menschheit noch absolut alleinigen Wert philosophischer Ideen anzuerkennen.
Mit Napoleon übereinstimmend, hat das
Leben für ihn nur Interesse als Leitungs- Aufgabe leidender, nicht selbsttåtiger Geistes -Kräfte , drum ihm persönliches Jool, Schein- Ruhm und Schein - Ehre, wodurch ihm
bewilligt, wo England rettunglos verloren scheint !! - Dennoch findet unter A. auch Pölik : Weltgeſchichte fünfte Aufl. 4. B. diesen außerordentlichen Mann so unbedeutend, daß er ihm kaum Eine Seite widmet ? Treues Bild , wie diese wunderreiche Ges schichtsperiode aufgefaßt und verstanden wird ! Sie befist drei gewaltige Männer , Robespierre , Pitt und Napoleon. Dieser ift Dritter, und bei weitem jenen zweien untergeordnet. Stat dess ſen kennen fast Alle nur Napoleon ? Ursach ist einfach, weil fast Alle wie Kinder, äußern Glanz , und darum Feldherren, Staatss männern vorziehen ! — (Noch sey bemerkt : Obige Summen find Alle nur ungefär richtig ; Geschichte englischer Finanz- Verwals tung ist eine der schwierigsten Aufgaben, meines Wiſſens noch von Keinem nur einigermaßen befriedigend gelößt. —)
343
wahre so ganz duellirt 1797.
entgeht ,
daß er mit Tierney sich
Daher ist seine Wirkung besonders dadurch höchst merkwürdig :
daß , während seine Energie Muster für
Europa und er so mittelbar deſſen Befreier wird , England 1815 zwar durch ihn nach Außen siegend, nach Innen aber als Mårtyrer aus
gewaltigem Kampfe trit ;
denn deutlich erkenbar steht England fast ein Jahrhuns dert gegen Frankreich und besonders gegen nördliches Teutschland zurük ; ja , vielleicht selbst gegen Spanien, weil schwer entscheidbar, ob nicht Spanier eher als Englånder zu echter Civiliſation ſich einſt erheben ?!
7. Aber woher Robespierre erhaben über sein Jahrhundert und Pitt? Geschichte beweist's, welche sogar Pitt's Fehler aus: gleicht als solche, die nach damals allgemein vorherschenden
Staats - Begriffen ,
als Tugenden
galten.
Denn, Geschichte unparteiisch aufgefaßt zeigt schlechthin untrüglich, Robespierre, und Gråultaten französischer Revolution werden „nicht an sich !!" verabscheuet, sons dern nur darum, weil Volk sie verübte , und Robespierre kein gekrönter geborner Fürst ! und endlich, weil nicht Glieder des Volks , ſondern im Verhältniß Mehrzahl privilegirter Stände Schafotte bestieg ! Da nun fast alle Schriftsteller Privilegirten zugehören , fann Dich's wundern, daß diese französische Revolution verleumden? ftelt
dies
Schon Rede St. Just's am 26. Februar 94 lichthel
dar.
Millionen
nicht erwähnend,
344
welche Ludwig
XIV. , Hunderttausende
nicht , welche
nichtswürdiger Regent Orlean und Ludwig XV. qualvol schlachten und hinrichten ließen
selbst Schlosser
gedenkt zalloser Hinrichtungen 1750, weshalb Ludwig XV. Paris auf immer verließ ; so wie , daß dieser sogenante König , der zweifelsfrei mehr Vieh
als Mensch war,
noch 1766 erklärte : „ Er habe die Krone nur von Gott!?” berührt St. Just blos nåheres Treiben : "In Europa schmachten
vier
Millionen in Ges
„fångniſſen ; Ludwig XVI. ließ 1787 in Paris in den „ Straßen Hypolyte und Melen mehr als 8000 Bürger „ niedermezeln ; die Monarchie hat 14 Jahre in Blut ges „ſchwommen ; unter vorigen Regenten waren stets 400,000 „ im Gefängniß ; jährlich henkte man 1500 Schleichhånd„ ler und råderte 3000 Menschen - und man verleum„ det unser Revolutions - Gericht als grausam , welches ,,seit einem Jahre noch keine 300 Aristokraten verurs ,,teilt! Wer Verbrecher schont, opfert Tugend auf!
"2„Wahre Gnade ist, Freiheit tödtende Factionisten aufs ,,Schafot bringen !
Diese weinen über einige bestrafte
„Verråter, und freuen sich über Hunderttausende vor ,,den Feinden fallende Patrioten ! Charette und Lar. Jaz ,,quelin jagen allen nicht royalistisch Denkenden Kugeln „ durch den Kopf, und uns wird Strenge zum Verbre„ chen gemacht , die wir erhabene Volks -Freiheit veſtzu,,gründen beauftragt sind ? Auszehrende Gifte sucht man „ uns einzuimpfen, und wil uns durch Gnade umbringen ! ,,Welche Revolution nur halb wollen, graben sich selbst „ Gråber !! Nur für Freiheit Kämpfende haben auf Freis „heit Ansprüche ! bedenkt , daß wir Wohl der Menschheit
345
―
„ verfechten , und nicht zugeben dürfen , daß Ein unvers „ ſchuldet Armer ferner in der Republik fey ! Bedenkt, „ daß unsere vorjährige
Schonung einiger Vaterlands-
,,Verräter der Republik seitdem über 100,000 Patrioten „ blos in der Vendeé gekostet ! Drum ist unsere Schwäche „ fluchwürdig ! Philosophische Gesezgeber ! ,,unserer Schwäche !
wir sind nicht
erbarmt euch
tugendhaft genug
„um so schreklich zu seyn , wie wir seyn müßten ! Laßt „uns gerecht, seyn , dann vermeiden wir grauſam ſeyn " ¡u müſſen !!" -
„Da ist ja klar , welch phantastische Träumer Robespierre und seine Anhänger waren : ,,Nicht Einen unverschuldet Armen sol Frankreich künftig
enthalten ! ”
können irgend Vernünftige solche idealische Staats -Verbindung ausführbar wähnen ? und dürfen Regenten Vers wirklichung ſolchen Ideals Bürgerblut opfern ? ” obwohl Geschichte Ruhig Frager! Zugegeben Gegenteil beweist Robespierre und seine Anhänger håtten wirklich schwärmeriſchen , unausfürbaren Ideen Bürger geopfert , auch dann thaten sie nichts Fürchter liches ! Denn, Gesamt- Geschichte bis diesen Tag enthält nichts Anderes, als ewiges Menschen- Schlachten ! Wofür find diese geschlachtet worden ? Mehr als zu oft, weil Kammerdiener
irgend
einer Favorits Maitresse,
vom
Bedienten irgend eines Gesandten beleidigt sich wähnte ! Mehr als zu oft, wie Hauptman des Fortinbras
dem
Hamlet Krieges Ursache angibt : „ Wir kriegen ein Flekchen „zu gewinnen , das keinen Vorteil als den Namen ver„ſpricht. Für fünf Dukaten möcht' ich's nicht pachten !” -
346
Und schon Hamlet erwidert : „,2000 Menschen entscheiden ,,diesen Lumpenzwist nicht.
Dies der Herschsucht Ge-
„ſchwür , das innen aufbricht, während von außen kein „Grund des Todes ! " - Und bald fårt er fort : „Muth „von hoher Ruhmbegier geſchwelt, beut Stirn unſicht„ barem Ausgang , und gibt sein verlezbar ſterblich Teil, „dem Glük, Gefahren, Tode preis G für eine Nußschal' ! ,, Wahrhaft
groß
seyn,
heißt,
nicht
ohne
„großen Gegenstand sich regen ; doch selbst einen „Strohalm groß verfechten , wenn Ehre auf'm Spiel !! "
Was klagt Ihr Unvernünftige also franz. Revol. und ihre Verfechter der Blutschuld an , da bis diesen Tag die Menschheit keinen Fortschrit anders , als durch mit Menschenblut gedünkte Felder erstrit? Daß Menschheit noch so unerkant , noch so entsezlich viehisch verdekt ist, - nicht Menge Blut ist Schuld daran , sondern daß diesem heiligen Zwek zu wenig geopfert worden, zu wenig geopfert werden konte,
weil zu viel zallose
Millionen, nichtswürdiger Selbstſucht von Herscher - Familien geschlachtet worden !! „ Diese fielen in Männerehrenden Schlachten, nicht ,,duf'm Schafot ! " *) Du lügst! Irland allein zålt viele Hunderttausend
*) Beiläufig sey erinnert : daß wahrhaft ehrenvol, Schafot unschul dig besteigen, wahrhaft schimpflich aber , in Feldschlacht sogar tapfer fallen , wenn nicht in Vaterlands,Verteidigung , da einfach klar : ,,besser Unrecht leiden als Unrecht thun ! ” S. 57. A. St. R. Grs. 16 weißt nach , daß jeder blos um Sold fechtende , und überhaupt jeder Eroberung dienende Krieger , nichts Anderes als piviligirter Raub.Mörder ift!! -
347
Erhenkter seitdem England es überwältigt , welche ihr Vaterland zu befreien, Henkertod nicht fürchtend, fochten. Unter Cornwallis Regierung 1798 allein, wurden täglich über Hundert gehenkt , ohne Tausende welche Schwert fortrafte ; Tippo-Saibs Besieger verstand Asiatische Art zu Anderen Katharina gewütet, ist hierin genugsam nachgewiesen , und doch heißen
handhaben.
Wie
unter
Katharina, Pitt , Cornwallis und Consorten nicht bluthündisch , aber Robespierre, von dem Geschichte bezeugt : „daß er Hunderte seiner erbittersten Feinde, mit Gefahr feines Lebens verteidigt und errettet, und mit gutem „ Gewissen zu Danton „ durfte :
(S. Mignet 8. Kap.)
„ Nicht Einen Unschuldigen
habe
ſagen
„ Ich ! ”
„wissentlich hinrichten laſſen !! ":
Mehr! Haben etwa Franzosen überhaupt , haben besonders etwa Robespierre und seine Anhänger , haben etwa beſonders niedere Volksklaſſen französischen Volks, die Revolution so tief in Menschenblut getaucht ? Nein! rufe ich mit Fox und Sheridan , Ihr Regenten und Minister, welche Frankreich zur Verzweiflung trieben, send durchaus allein all des Blutes schuldig , welches Sechs und Zwanzig Jahre lang Europa zur MörderGrube gemacht !! Nicht hat Frankreichs Volk gegen seine Regierung , sondern seine Regierung gegen Frankreichs Volk sich empört !! - Nicht hat Frankreich gegen Europa's Regenten , sondern Europa's Regenten gegen Frankreich Kriege begonnen ! Empörung
Genau so wie Livius,
harter Tarquinier gegen Roms Senat
und Volk darstelt : „benachbarte Könige durch Gefahrs
348
-
„ Darweisung üblen Beispiels erregend ,
wenn Völkern
Recht zustände, ihre Könige zu verjagen ! " genau treues. Konterfei liefern Mantua’s- und Pillnig's-Verhandlungen ! Und genau wie Tarquinier durch Auslands - Söldner und innern Verrath , Vaterlands heiligen Boden entweiheten, Sich brandmarkend , genau so entweiheten Frankreichs Tarquinier Frankreichs heiligen Boden und stehen drum ewig geschåndet in Geschichte ! Denn , wer sein Vaterland dem Ausland verkauft , wer Auslands - Söldner in das - fen es Vaterland ruft - wer innern Verrath spint wer es sey, ist ein Hund , kein Mensch , und tollem Hunde gleich vogelfrei ,
seine Ermordung Pflicht und
Tugend zugleich!! *)
„ Genau so wie Tarquinier ? ” zu viel Ehre ! denn diese fürten doch mindestens noch selbst feindliche Heere
*) Beiläufig : Schon hier klar, daß Moreau glüklich zu preifen wäre, wenn Ein Jahr früher er farb ; denn sein Leben ist beflekt, sein Ruhm dahin : Er hat gegen Vaterland gefochten! So tief ich Napoleon verabscheue , höher als Moreau hierin steht er ; zu ftolz war sein Geißt , nimmermehr , unter keinem Verhältniß hått' er als Auslands.Knecht gegen Frankreich gefochten ! Drum hatte auch Vestungs- Befehlshaber Stettins , General Düfreſſe gegen Beschwerde Bernadotte's unbedingt recht : ,, Ce n'est rien , c'est une affaire de police : un Déserteur françois a été signalé , et la grande garde a tiré !! " - Schon Sokrates, troz dem, wie der Große Philosoph ihn feinen Schüs lern schildert : ,,als unwiſſend und berühmt nur als Såufer !!” DieserSokrates schon belehrt Kriton : „ Unaufhörlich darfVaters land uns Unrecht thun , wir ihm nie !! " Und er entflieht nicht aus dem vom Freunde geöfnetem Gefängniß , trinkt den Becher, und ſtirbt ! und bleibt ewig verehrtes Muſter Spåtflebenden, welche den kaum nennen werden , und wenn , nur mit mitleidiger Verachtung , der in seinem Hochmuth den Göttlichen herabſezen zu können wähnt !
349
gegen Roms Konsule, und fielen , obwohl unrühmlich, doch tapfer in Männer måhender Feldschlacht , und nicht ungerochen , der edle Brutus fiel von Söhnen unbeweint, Frankreichs welche er heiligem Vaterlande geopfert! Tarquinier aber, durch und durch adellos , wurden eben so von Auslands - Herschern wie von eignem Volke verachtet , drum werden sie nicht als Führer ,
nicht einmal
als Gehilfen geduldet ; denn so wie sich selbst sind sie ihren Rächern zur Plage ,
und werden so endlich nach
Sarmatiens Wüsten , Wölfe zu jagen , gewiesen.
So
schildert Forster ihre Lebensweise zu Coblenz : „ Haupt„Intrigue ihnen , des Grafen Artois Maitressen durch ,,Andere zu verdrången ,
wobei Haupt - Rolle
eheliche
„ Gemahlin des Prinzen ! " Bekant auch sind Beschwerden des Kurfürsten ,
der sie
und der,
gastlich beherbergt ,
einer der ersten Reichsfürsten der Teutschen , Cousin genant zu werden kaum würdig genug gefunden, und ' auf's Schändlichste
von
diesen
Nichtswürdigen
mißhandelt
worden! Ludwig aber , dessen Ceremonienmeister in Verzweiflung , weil Minister Roland in erster Audienz in unbeschnalten Schuhen erscheint, *) låßt am 10 Auguſt 1792 von einer Maria Antoinette sich beschämen ; denn diese ihm Pistolen reichend :
Jezt mein Herr ist's Zeit, Ihre
„Ehre und Ihre Familie zu verteidigen ! " er aber , obwohl tüchtiger Schloffer , liebt Nichts mehr elendes Leben und gibt sich gefangen ! ---
als sein
*) Wizig ift Antwort des Roland begleitenden Dumourier : ,,Ja mein Herr, Alles ist verloren ; man denke , mit Schuhe ohne Schnallen vor den König treten! ”
350 8. So weist unparteiische Geschichte , daß von 1786 bis diesen Tag G wie Villele, Peyronnet, Labourdonnaye, Polignak und vor Allen Chabrol, Bourmont bezeugen also seit vier und vierzig Jahren, Frankreichs König und dessen Familie nicht aufgehört , sich gegen Frankreichs Volk zu empören !
Durch ihre Nichtswürdigkeiten ,
Verschwendungen
und völlige Regierungs - Urfähig- und Rathlosigkeit sich Selbst zwingend, 1786 Notablen versammeln zu müſſen, nicht des Reiches Wohlfart wegen , sondern allein darum, der völligen Creditlosigkeit des Hofes abzuhelfen, und wieder nicht Staats-Bedürfniſſen zu dienen, sondern - růgen jene des Hofes Verschwendungen zu erleichtern Privilegirten scharf des Hofes Laſter ; aber auch nicht aus Besorgniß für des Reiches Wohlfart, dem sie keinen Deut ihrer überreichen Einkünfte zu opfern vest_ent= schlossen sind , vielweniger einen Teil ihres Vorrangs, vor von ihnen gleich Vieh verachteten niedern Stånden, sondern sich selbst über den Hof zu erheben , diesen zu beherschen.
Weil dieser sie drauf mit Verachtung ents
låßt, hezen sie aus Rachsucht das Volk auf!
König
und Hof, aber ihrer Leibes angebornen Göttlichkeit vol, jeden Zweifel daran
als Lästerung Gottes züchtigend,
vest überzeugt , Völker feyen nur geschaffen , um von Königen und ihren Nächsten verzehrt zu werden - dieses nicht blos in Frankreich
damals , sondern schlechthin
überall, selbst in England ,*) Glaube der Könige, und
*) Vergl. Burke's Schriften und Reden wider Jayne und fr. Revol.,
351
--
allergrößtem Teile nach selbst der Völker.
Denn , allers
dings merkwürdig ist, daß Menschen dahin gebracht werden können , sich selbst, im Verhältniß zu Ihresgleichen, für Vieh anzuerkennen, so Paria's, so Sklaven, wie ich in Rußland selbst erfahren.
Ein , von einem
ſehr gütigen Manne mir in einer dringenden Verlegenheit geliehener Leibeigner, wird von einem ihm völlig fremden Edelman, ohne alle Veranlassung , blutig geschlagen, worauf der Sklave ſich dafür handküſſend, pflichtgemäß bedankt, jener Barbar aber sidßt ihm beim Kuß zwei vors dere Zähne ein !!
So tief können Menschen sinken , und
folcher Civilisation erfreuet sich_Rußland ! *)
Also,
der König seiner Formel: ,,Car tel est notre plaisir ! ” unbedingt vertrauend , regiert fort , d. h . läßt sich wie zuvor von leichtsinniger , verschwenderischer Königin , wie dieſe von nichtswürdigsten Hofleuten zu allem mißbrauchen, gleichsam planmäßig Alle Volksklassen auf's Außerste treibend ; und Calonne stürzt , und Brienne muß Reichs-
unglaublich erbärmliches Zeug , wofür er vom Hofe nicht weniger als 4000 Liv. St. jährliche Pension erhålt ; dagegen der zwar auch keineswegs geistreiche, aber ehrliche, gut meinende, Menschen- und Volks , Rechte verteidigende Payne fast Hungers stirbt. *) Diese Gräulthat geschah im Posthause, auf erfter Station hinter Narva auf Petersburg , anfangs October 1811 , von einem nas turalificten, um Narva anfäßigen Handverischen Baron , deffen Name mir entfallen. Der Sklave, ein schöner Jüngling , war mir vom Kaufmann - zu Petersburg geliehen , aus dringender Verlegenheit mich rettend, weil mein Wagen auf dem Knüppeldam völlig zerbrach und ich kein Russisch verstand . Bei diesem, we gen seinem Diener widerfarner schändlichen Behandlung, von Scham und Zorn bewegt, mich entschuldigend, erklärte er den Vorfal für unbedeutend und ganz in der Ordnung. Daß dergleichen daselbst zur Ordnung gerechnet wird , davon ward Europa Zeuge 1813 und 1814.
352
-
stånde berufen, und Nekker wird Minister. abergläubiſchester Hof,
hoft von
Unerhört,
einem Bürgerlichen
und Protestanten Rettung ?! Dieser, wohl geschikt zur Leitung kaufmånniſcher Geschäfte , aber völlig unfähig so schwieriger Aufgabe, von Ehrgeiz bestochen , mochte doch irgendwie Sturm beschwören , wenn der Hof im Ernst nur geringsten Teil seiner ufurpirten Gewalt freiwillig zu entsagen willens. Daran kein Gedanke ,
Geld wil , er,
dafür sollen Stånde sorgen ,
nichts als Geld,
mit gar nichts Anderem
sich beschäftigen. So lautet aber keinesweges Ordre ihrer Zusammenberufung, vielweniger Eröfnungs - Rede des Königs ; im Gegenteil, wird darin ausdrüklich gefordert : „ Sie , die ,,Reichs-Råthe , solten durch That und Nath des Staats „ Wohlfart besorgen ! "
Zugleich wird weder vom Könige
noch Ministerium vorgezeichnet, wie dies geschehen, noch bestimt, wie weit ſie in die Regierung einschreiten sollen. Die Råthe
aber ,
d. h.
die
vom
Bürgerstande
ge=
wählte Ueberzal , mit vollem Rechte , von vorn herein vest entschlossen , auch wenn der Hof Nichts bewilligt, ihre ewig unantastbaren Menschenrechte zurüfzufordern und zu verkünden ; gereizt ferner von unanständiger Behandlung des Hofes wie der privilegirten Mit- Råthe ergreifen natürlich sogleich Zügel der Regierung, die ihnen der König ja ausdrüklich
übergeben hat.
Denn ,
dieses nur Lokspeise seyn solte , hinter welcher Despotis'm
desto unbeschränkter wüten dürfe ,
daß
uralter dieses
mögen Ultra- Royalisten in Anspruch nehmen , wir das gegen rechnen auf der Nachwelt Urteil , welches zweifelsfrei und unbedingt entſcheidet :
353
,,Ludwig habe, 5. Mai 1789, den Ständen die Regierung „faktiſch dadurch übergeben , daß Er erklärte : „ der „Stånde Thätigkeit solle des Reichs Wohlfart neu bes „gründen ," ohne daß Er dieser Thätigkeit Leitung bes „ſtimte ; mithin war volle Regierungs-Macht von diesem ,,Tage anbei den Stånden , und was Diesè entschie,,den , unbestreitbares Reichs - Gesez !! "
Ift nun in Empdrung ſchon jede Regierung, welche ihren Mitbürgern
schlechthin
unantastbare Menschen-
Rechte nicht zugesteht ; (A. St. R. Grſ. § 2. S. 36.) ſø handelte Ludwig und ſein Hof um so viel gewiſſer als Empörer, mit jedem Schritte welchen sie gegen Ståndes Beschlüſſe
thaten ,
nachdem
Ludwig
der
Selbſt - Re-
gierung fich freiwillig begeben , und der Stånde Obmacht ausdrüklich anerkant hatte. Aber, nicht nur beharte er in offener Empörung bis zum Tage wo er Schafot bestieg; nicht nur ward er Verbrecher an seinem königlichen Wort, durch jenes berüchtigte Manifest , welches er vor Varenner-Flucht erließ, worin er Alles bis dahin bewilligte als ihm abgezwungen widerrief
zweis
felhaft laſſend , ob mehr Dumheit oder Bosheit zu bes klagen ; denn Zeit zu solchem Manifest , war ja wohl auch nachdem Flucht gelungen war ;
welcher nur irgend
Ehrliebende aber, wird jemals bekennen, daß er wider Willen zum Ehrlosen sich habe zwingen laſſen, da ja Jedem Freiheit, eher Leben als Ehre aufzugeben *)
sondern
*) Anders Schloffer. In angefürter Schr. S. 152. nimt er die Cons. Mitgl. in Schuz, welche für Tod Ludwig's wider ihre Ueberzeugung geftimt, und beruft sich auf Verleugnung Petri, [ 23 ]
354
er ward Landes - Verräter,
-
des
Auslands
Gewaltige
nach Frankreich mit Krieges- Heeren rufend , mit ihnen Traktaten gegen Frankreich schließend , und so ist kein Zweifel, daß er hundertfach Tod verdient. -
Die Königin aber, obwohl viel schuldiger noch, betrit doch viel bejammerungswerter und ehrenvoller das Schafot; sowohl, weil sie überhaupt männlicher als auch edler sich betrug ; denn ihre und ihrer Kinder Flucht 1789 war volſtändig gesichert , Ludwigs Indolenz allein stürzte ſie ins Verderben ; sie aber wolte nicht ohne Gemahl sich retten , eine um so rühmlichere That , als sie, diesen, weder achten noch lieben konte. So zeigte sie im Leiden teutscher Abstammung und treflicher Mutter wie großen Bruders ſich würdiger , als in Tagen des Glanzes ; allein selbst ihre großen Fehler aufdenJesu gleichwohl seineKirche gebaut. Doch gut, daß Schlosser Kirche und nicht Lehre schreibt ; denn allerdings ift dieſe Kirche von Petrus an bis diesen Tag auf Lüge erbauet ; Jesus Lehre aber nicht durch Petrus , sondern durch Paulus bis dieſen Tag glüklicherweise erhalten ! Dieser verleugnete Jesus nie, abfolut nie , von dem Tage an , wo Licht der Erkentniß ihn be: feligte, und eben darum, weil Petrus Jesus nie erkant hatte, verleugnete er ihn nicht nur drei Mal in einem Odemzuge, sons dern verleugnete ihn auch nachher hundertmal , wie Apostels Geschichte bezeugt. Beweist aber jene Schrift durchweg, daß ihr Verfasser weder von Geschichte noch von Religion weiß, so ift doch seltsam dessen Gutheißung offenen Verrats , da ihn unter Anderen, Kersaint und Manuel überzeugen mußten , daß es Männer auch in unserer Zeit gibt, welche für Wort-Treue ihr Leben freudig wagen ; denn diese zwei braven Männer ſchieden aus dem Conv. der gegen ihre Ueberzeugung entschieden hatte, und ftarben als Mårtyrer für Wahrheit und Recht, weil der Conv. nicht nur an fich richtig entschieden , sondern auch Niemand dulden durfte, der bei veränderten Verhältnissen Verzeihung zu hoffen; worüber spåter.
355
-
verdienen Mitleid und Entschuldigung in Betracht solchen Gemahls und solchen Hofes , wohin ihre ausgezeichnete Körper- Schönheit in noch kindischem Alter , Zeit- Diplomatie verschachert ward.
von jener
Der hohen Mutter
Vorbild , welche , obwohl in glüklicher Ehe, des Gemahls Mit-Regierung doch so wenig duldete,
daß sie , sein
Tätigkeits-Streben zu beschäftigen (wie Friedrich berichtet) ihm
Lieferungen
an
ihren
großen Feind
der also mit Kaiserlichem Titel prangend ,
erlaubte,
doch nichts
mehr als ganz gewöhnlich glüklich handelnder Kaufman wie hinterlassene 22 Millionen beweisen - dies Vorbild möglichst zu übertreffen , mußte sie bei solch kraftlosem Gemahl um so mehr gereizt sich fühlen , als gleiches Streben ihrer Neapolitanischen Schwester , wie Spaniens Königin volständig gelungen , und Katharina hochbewundert stand. Wie sehr gewöhnliche Menschen Zeit - Begriffen unterworfen , und wie leicht sie Lafter als Tugend zu verehren und Tugend als Laster zu verabscheuen vermögen, lehrt farakteristischer Zug dieser Frau , durch welchen sie vorzüglich in gräßliches Elend gerieth.
Durch
verwandte Leidenschaft fühlt Unglükselige sich eben so zum verråterischen Mirabeau hingezogen , als durch Ges genſaz abgestoßen vom edlen Lafayette ; Jenem vertraut ſie allein und unbedingt , Dieſen haßt sie glühend und erblikt in jedem seiner weisen Rathschläge Verrath. Nun erst ist sie rettungslos verloren. Ueber des Hofes Verschwendungen und gräuliche Sitz tenlosigkeit aber, gibt öffentlich gefürter Prozeß der Unglük lichen, furchtbare Aufschlüſſe ; denn, nach dem was sie unter
356
GR
Anderem eingestanden, war der, jeder Selbst-That außerdem so absolut unfähige Ludwig , *) dennoch einſt dahin gebracht, sie zu vierzehn tägigen Stuben-Arrest zu verurteiler. Noch ist Beiden übel zu nehmen , daß sie gleiches Gefchik Karls I. ungleich dieſem ertrugen. wie Karl wußte ,
Denn , so
daß gerichtliches Verfaren mit ihm
nur Form, und sein Todes-Urteil auch bei entschiedenster Unschuld, unvermeidlich, daher , mit unzuerschütternder Kålte, Kompetenz seiner Richter leugnete , und durchaus nicht verteidigt seyn wolte, wodurch er seinen Tod zum Justiz- Mord machte ; - so mußten Ludwig und Antoinette überzeugt seyn , Todes - Urteil ſey
unvermeidlich,
und ihren Richtern daher , ihrer Königs-Würde geziemen= den edlen Troz entgegensezen , jede Verteidigung vers schmähen. Wie war's möglich, ein so grenzenlos herabgewürdigtes Leben , noch irgend Lebenswert zu achten?
* Nichts karakterifirt deffen Indolenz mehr, als seine Worte, bei Entlassung des treflichen Minister Turgot, den er ehrte und liebte : ,,Turgot und Ich , wünschen allein des Volkes Wohlfart !" drum schwankt das Urteil bei diesem , wie kaum bei noch Einem Geschichts-Menschen , zwischen Mitleid und Vers achtung : Er solte 25 Millionen aufgeregte Menschen leiten , der kaum Einen Tag ungeleitet leben konte ? bei dem Abderitenartig Left-Redender unbedingt Recht ? Wie ist's möglich , daß Herſchsuchts Gift solchen Reit, so unwürdige Stellung nicht aufzus geben ? Allein freilich, was für bürgerlich Gefinte unbegreiflich, daß Herschafts - Laft irgend Reiz haben könne , reizt eben Jene, welche nicht Laft, sondern lediglich Genuß darin suchen und zu finden boffen! Sonst wär ja unmöglich, daß kinderloser Ludwig XVIII. bei weitem, nächst Charteres, Treflichster ganzer Familie , wissenschaftlich gebildeten Geiftes , in hohem Alter und todtkrank - doch dem Reis nicht widersteht, einem Jünglinge gleich, um eine von Familienblut triefende Krone fich zu bemühn, in Paris zu tronen , wo jedes Haus ihn mit Entsezen erfüllen mußte!!
-
357
Um so beklagenswerter die Unglüffeligen , über deren Tod wir uns freuen müſſen , als ein für sie neidenswertes Loos, nachdem ihrem Leben Alles Menschen - Achtungswürdige geraubt, und kein größerer Jammer ſie treffen konte, denn solch e 8 Leben als Geschenk fortleben zu müſſen !
Gräßliches
Gefchik
geborner
Könige !
Und Ihr
werdet beneidet? Welcher Wahnsin ! Ihr ja müßt Ges ringsten Eurer Bürger als Glüklichern preifen , welchem leicht gemacht ist, nicht nur heilige Pflichten seines engen Kreises sondern auch folche, weit darüber hinausreichende zu erfüllen, während Ihr Eure, im glüklichsten Fall, weil Eines Menschen-Macht bei weitem übersteigend, nie, durchaus nie volkommen erfüllen könt !
Zu diesem, Eurer Würde unmittelbar und unvers meidlich anhängendem , gesellen , in unseliger
Verblens
dung , Eure Umgebung unzålige Uebel ; umweben Eure Wiege schon mit Lug und Trug , daß Ihr
wahrhaft
Göttlicher Natur feyn müßtet , fo Euch jemals volle Erkentniß der Wahrheit beglükte ! Dentfernet die schmeichlerische Brut, welche Euch umſtrikt und in ehernen Banden zu feffeln sich abmüht, nicht Euch zu dienen, sondern damit Ihr, ihrer Selbstfucht dienen möget ! Diese Elenden spornen Euch mit geheucheltem Eifer , schwindelige Höhe gen
als
Eurem
Ruhme gemäß,
unumschränkter Gewalt zu erstei
traut diesen Verrätern nicht ! denn , nicht um
Eure Freiheit bemühen ſie Euch auf diesen gefahrvollen Gipfel, sondern Sich Euch da oben unentbehrlich zu machen , also , Euch zu ihren Sklaven zu erniedrigen !
358
Nicht habt Ihr diesen Worten irgend zu`vertrauen leset Geschichte jenes jammervollen Königpaars, und wenn Euch Eure Schmeichler nicht schon völlig gefeſſelt, so muß es Euch klarer als Sonnenlicht seyn : ,,Niemand, durchaus Niemand Anderes als des un„glüklichen Königpaars
allernächſte Umgebung ,
hat
„Allen Gråul jener Zeit verſchuldet ; *) ſie wünschten ,,anarchische Morde , arbeiteten vorsäzlich dahin , um „ihren unumſchränkten König , ſo unumſchränkt zu bes „herſchen , wie diesen Tag Miguel , Ferdinand , und ,,noch Andere, von dieser ihrer nichtswürdigen Um„gebung beherſcht
werden ,
Absolute
heißen ,
und
„Sklaven find , den Fluch der Mit- und Nachwelt „auf sich laden, während ihre Umgebung , die diesen „Fluch eigentlich verdient , în Genüſſen ſchwelgt, und „ihres Fürsten Ohnmacht spottet !!”
9.4 Aber, schon wieder reißt überaus reicher Stof mich fort von eng gestelter Grenze dieser Schrift ; überlasse ich mich ihm ferner so , auch in 20 Jahren nicht und nicht in vielen Folianten würde sie geender ; denn wohl Recht hat geistreich edler Rotteck:
Nicht Ein Krieg
„enthält diese Periode , ſondern Masse von Kriegen ; so „viel Tage , so viel Geschichts- Bücher ſind von ihr zu „verfaſſen!" Wo
anfangen ,
wo enden in beschränktem
*) Selbst der , Revolution wahrlich nicht liebende Schlosser, gefteht diese Schuld des Hofes unter A. S. 87,: „ Unter Hofvolk (Pdbel!) war nicht Einer großen Gedankens fähig ; Alle trachteten des Königs Verlegenheit zu nujen" !!
359
Raum, wo Auswahl fast unmöglich , weil Alles Ges schehene gleich intereſſant und im innigsten Zuſammens hang ?
Selbst reichst zugemessenes Leben ,
ausgestattet
mit überreichen Gaben Eines Menschen , vermöchte Aufgabe kunstgerecht nicht völlig zu genügen , wie könt ich, eine nur irgend entsprechende Skizze fertigen ? Unmöglich! Gehe drum selbst zu den Quellen , hier erwarte einige Tropfen ,
nur
Dir vielleicht Ahnung des gewaltigen
Lebens - Stroms bringend ,
welcher von dieser Periode
aus, Menschheit mit verjüngendem Leben erfült.
Ein 30jähriger Orkan, selten von mäßigerm Sturm unterbrochen , Wellen aufgetürmten Dceans , beut Ges schichte von 1786 bis 1815 ; das Schif der Menschheit wird wild umhergetrieben ,
nicht gesteuert, denn nicht
Einer hat genugsame Macht dem Drkan zu gebieten. Etliche zwar vol göttlicher Kühnheit ergreifen das Nuber , aber bald entladen Wellen sich, und reißen sie über Bord; nur Einem - Robespierre gelingt's das noch gesunde Schif, bis nahe dem Sicherheit versprechenden Hafen mit gewaltiger Macht zu leiten -da stürzt auch ihn Brandungs-Fluth hinunter ! Noch 21 Jahre treibt drauf das immer lecker werdende Fahrzeug , einen neuen Odysseus tragend ; Abenteurer gewaltiger Fauft , aber aller Erkentniß des Weges unkundig , steuert dieser tolkühn schnurgerade entgegen dem vom Schiksal bestimten Lauf, und wird so zuſamt dem Schiffe bis dicht an den Rand Acherontischer Schlünde getrieben
da endlich erbarmt ein Himliſcher ſich, nicht des
Führes wie beim Odyſſeus, fondern bedrångter Manschaft;
360
Jener wird hinuntergeschleudert zum Tartarus , Drkan beschwichtigt, Gewölk gehoben , und enthült liegt, schon Verzweifelnden, kaum geahntes
paradiesisches Eiland !
Sicherheit versprechender Port nimt Ermattete, schönsten Hofnungen sich hingebende auf; - aber neidische Dåmonen rauben Anker und Thaue und entgegen wehender Sturm
reißt Fahrzeug
von Neuem
auf hohle See.
Gewiß wird es jenes ergözende Eiland wieder erreichen, aber wann, und ob von Europa oder Amerika aus? -Zukunft wird's enthüllen !!
Wenn der
Gegenwart
Verderbniß Dich betrübt,
denk des schönen Eilandes zu welchem diese Periode hins geleitet, das für alle Ewigkeit offenbarte. Mag Hölle nun von Neuem außspeien zalloſe Teufel,
nimmermehr ges
lingt's, Geschehenes ungeschehen zu machen. pierre erstrebt und volbracht
Was Robesz
was Heilige- Alliance
versprochen , mit diamantenem Griffel iſt's eingezeichnet in Geschichte, unauslöschlich ! So gerecht also Schmerz über zertrümmerte der Erfüllung nah geschienene Hofnungen gerechter noch ist anzuerkennen erworbene Ausbeute, nicht zu teuer durch so viel geopferte Edle erkauft ! Denn , edle Feiheit , Gesezes Gleichheit sind nicht völlig untergangen ; Ideen, vor 50 Jahren von Edelsten kaum geahnt, liegen wohlgepflanzt nun in Massen von Völkern, wuchernden Segen versprechend.
Seit Roms Welt-Her-
schaft werden kaum hie und da Völker genant ; Geschichte redet nur von Herscher - Familien !
Die Jahre 1789
bis 1799 und 1808 bis 1815 ſprechen nur von Völkern !! Und dieſes neu erſtandene Volksleben ist her-
361 liche , nie versiegende Frucht französischer Revolution ; drum sen * sie gepriesen
als heiligste Begebenheit der
Geschichte !
10.Nicht dieses erhabene Ziel jedoch lag Einem jener merkwürdigen National-Versammelten zu Versailles 1789 deutlich gedacht vor, auch Robespierre nicht, bei weitem Klarster Denker
unter Diefen;
im Gegenteil strebten
Alle auf Revolution ? Einwirkende ganz
anderen
und
besonders anfangs zu ; - daher drångt keine frühere Geschichts-Periode, wie
Diese , zu
befeligendem
trauen : „ Ein Wissen wollender „ almählich
Geißt,
Verz führe
die Menschheit , zu erhabener Bestimmung ;
„ſcheinbar in häufigen Widersprüchen ,
bei Auffassung
,,einzelner Momente , mit helleuchtender Gewißheit aber, „ bei Auffassung großer Perioden !” Unzålige Mißbräuche
sind zu heben.
Frankreich,
absolute Monarchie bei föderirten Provinzen, bevorrechteten und zurükgesezten, *) wie in Spanien noch, ist, durch diese in sich selbst vielfach Geschiedene , noch besonders , durch vorherschenden Kasten-Geist, getrent.
Mit gleichem Hoch-
muth sieht König und Hof verächtlich herab auf Pårs, wie diese auf geringere Barone, diese auf niedern Adel, diese auf reiche Bürger und endlich in zallosen Abstufungen bis
auf niedrige Land - Tagelöhner.
Alle
bewachen
*) Vergl. Rotteck's allgemeine Geschichte 9. Teil, Seite 98 bis 100, wonach, verschiedene Prov. Centner Salz von 8 aufsteigend bis 62 ihrer Aerndten an Steus Franken betalen, Bauern von bis ern und Zehnten entrichten mußten.
362
eifersüchtig entfernt ,
herkömliches Vorrecht ;
erster Hauptschrit der
unb
ahneten fie
Stånde
werde diese
altverwitterte Sünden der Vorzeit aufheben , gewiß , der Hof erhielte zwiefache Steuern willig feine Revolution . Was
und
es gibt
und wie geschehen solle , weder wissen es
Wähler noch Deputirte ; so wie Lavine ,
geringen Ans
'fangs immer umfaſſender jählings hinabstürzt und Alles mit fortreißt was ihrer Gewalt zu widerstreben wagt, so wird jene Versamlung zu Resultaten fortgeſtürmt, die sie keineswegs beabsichtigt. Häupter dieser : Mirabeau ,
Sieyes , Lafayette;
Robespierre noch bloßer Zuschauer.
1)
Mirabeau zum Partei-Haupt geboren, wilder
Kraft, erfreuet sich des Umsturzes allein ; denn nur im Umſturz gilt er ! *)
Gefürchtet seyn , ſein Ziel, weil seine
Leidenschaften hierdurch Befriedigung finden. Franzose - - im niedern Sin - durch und durch, -geübrige
fahrlos ob Ehre, ob Eigentum, ihm långst fremde Güter, kann bei durch ihn veranlaßter und immer weiter getriebener Unordnung nicht ausbleiben, daß er Haupt aller Parteien wird, so lange eben Unordnung währt.
Daher
nicht gering sein Glük, daß , als es Ordnen gilt, sein viehisches Leben endet.
*) Schon am 23. Juni 89 fagt er zum Abgeordneten des Königs: ,,dites à votre maitre u. f. w. ! " Allein schon 1788 hatten die Parlamente die Königin förmlich beim Volke Verschwendung der Staatsgelder und a. D. angeklagt.
363 2)
Sieyes, vol Eigendünkel, nur Theoretiker, in
Praxis völlig fremd, wirkt, bis er Republik an Napoleon nichtswürdig ,, verkauft ! " als Beobachter und Berater mehr durch Hinterliſt als durch unmittelbare Thaten ; der Menge Leichtgläubtgkeit benuzend , die feiner SelbstVerkündung : „ Ich bin Weisefter der Sterblichen!" blind glaubt.
So wird er Mittelpunkt von dem Alle Par-
teien wie sie aufſteigen und durch Guillistine verſchwinden fich Rath holen. Vater aller schnel wechselnden Verfaſſungs - Entwürfe , ist sein lezt Napoleon vorgelegter nicht ohne Geist, aber freilich auf Napoleon schlecht berechnet , der Alexander nachäffend gordischen Knoten zerhauet, Sich Selbst und Allein als 2 Verfassung hinstellend ! *) Als
*) Dieses allerdings, was Ma ch t Aller Genius-Begabten karaktes Göthe treffend : ,,Nur Schufte sind bescheiden!" rifirt, Widerspruch ungern zu ertragen, auch bei Robespierre hervortretend; leicht als richtig einzusehen, weil eben Bestimmung des Genius, vom Gefes geschüttes Herkömliche zu verdrängen, Menschheit durch ur neue Schöpfungen zu verjüngen, welche aus seiner geistigen Lebensfülle herausströmen , gleich aus einem Lebens - Born , Leben mitteilendes Waffer (vergl. Joh. 4. 14. und 7. 38), deren allges mein giltige und Alle verpflichtende notwendige Gefezgebung, nur Ihm , dem genialen Gefezgeber volkommen deutlich, daher diefer in der Regel von Nachwelt erst anerkant wird. Unterschied aber ist höchft bedeutend , ob den Genius unwissende Naturs Kraft oder wissende Vernunft,Macht begeiſtert, ob er bloße Theo: rie lehrt, oder auf unmittelbar praktische Anwendung dringt. Lá nun Staatslenker als solche , Praxis mit ihrer deutlich erkanten Theorie zu verbinden eben berufen sind, so ist Entſcheidung nicht schwer, ob sie unwissende Gewalt, also als Leidende, Blinde, oder wissende Macht, also als Tåtige, Sehende , begeiſtert ; d . i. ob fie erhabenen oder niedrigen Karakters : Selbfſuchtslos , nur allgemeines Wohl erzielend , zeichnet Erhabenen ; Allgemeinheit nur als Mittel felbftsüchtiger Zwekke misbrauchend , Niedrigen. Dies, entscheidender Unterschied Robespierre's und Napoleon's,
"
364
1
Groß- Wähler folte er mit
6 Millionen Gehalt rein
passiv eintreten , d . h. Alle Beamte wählen, Republik gegen Ausland vertreten , ohne Geringſtes aktiv Selbst volbringen zu dürfen ; vom Senate seyn.
unverantwortlich , aber abſezbar
Er antwortet :
Wie können Sie
„ glauben , daß ein einigermaßen Talent und Ehrgefühl „Beſizender ſich zur Rolle eines Mastschweins bequemen "werde?" ---Hinlänglich karakterisirt Sieyes Folgendes :
a)
Bei der Raserei Chaumett's und Heberts 93
schwört der Abbé : „ Nie an eine andere Religion als „Vaterlandsliebe geglaubt zu haben !" b) Nach diesen faſt einzigen Worten, welche er während A ganzen Zeitraums vom 31. Mai 93 bis * 27. Juli 94 im Convente gesprochen, erklärter August 94 : „ Der Convent sey „ſeit vor dem 31. Mai 93 ſchon, von Robespierre unters jocht gewesen, und Alle seine Beſchlüſſe bis dahin ohne Freiheit verfaßt!"
Eine Rede, wobei zweifelhaft ob dům-
mer oder niederträchtiger ; denn zufolge derselben, war nots wendig nicht weniger als Alles bis dahin vom Convente Ausgegangene, null und nichtig , mithin Frankreich in
wie besonders ihr absolut entgegengesettes Streben völlig zweis felsfrei beurkundet : Robespierre ftets nach Frieden , Napoleon ftets nach Krieg. Noch deutlicher wird dies durch Erkentniß , daß jede Praxis , welche ihrer Theorie geradezu widerspricht und sie aufhebt, notwendig auf falscher Theorie gegründet ſeyn muß. Nun ist Staats-Zwek : Veftgründung der Freiheit Aller, welchem ablolut jede diktatorische Gewalt widerspricht ; mithin ist diese nur in dringender Gefahr duldbar ; Robespierre erhielt sie gez semäßig in solcher Gefahr ; ohne Zweifel würde er sie freiwillig in Frieden niedergelegt haben , nach Römischen Mustern ; daß Napoleon,,, der fieraubtes" fie nicht niederlegte, if gewiß!
365
gräulicher Anarchie , und folgerichtig Convent und Res gierung auf der Stelle aufgehoben !!
Pfui des feigen
Gesezgebers und Senators ! c) Bevolmächtigt Frieden mit Batavischer Republik zu schließen 95 , fordert er entwürdigende Bedingungen, Rom nachäffend , ganz gegen ihre von Pichegrů und W. A. zugestandene Kapitulation.
Zwar hatte der Conv.
schon , gegen dieſe Kapitulation geeifert , allein Carnot ihn zur Ruhe verwiesen, durch offenes Geständniß : „ Nie „håtten wir Holland erobert , ohne Beistand seiner Pas „trioten, die uns als Freunde und Befreier aufnamen ; „ nicht das Schwert fondern dieſe Kapitulation hat uns ,,Holland erworben! " - Hierauf sowohl, als auf Sieyes Schriften , vol halber Grundſåze , berufen sich Batavische Gesandten, und Sieyes erwidert : „ Politik kent nur Vor„teil , keinen Grundsaz ! " Staatsmann ! d)
Nicht wahr , ein treflicher
Conv. Siz. 18. Mai 1796 tadelt er Sardini-
schen Frieden, der, von Napoleon diktirt, gewiß
kaum
beſchämender möglich ; denn Sardinien ward dadurch unbedingt französische Provinz , Vorbild aller künftig von Napoleon diktirten.
Für Sieyes aber nicht hinreichend ;
er fordert nicht weniger — erinnere Dich dessen Europa ! — „Sardiniſcher König solle vor Schranken des Con„vents kommen , um Frieden bitten !!” „ Auch müſſe er „ alle frühern Friedensſchlüſſe (mithin auch den mit „Preußen !) für der Republik unwürdig erklären !"
e)
Seine famose Antrits - Rede an Preußens Hof
98 zeigt den eingebildetſten Narren,
der jemals
aus
der Hefe echten Påbels zu solchem Range verdienfilos
366
emporſtieg : „ Unzweideutigſte Garantie der Aufrichtigkeit „franzöſiſcher Republik sey , seinerseits übernommene ,,Sendung ! "
Nicht
nur stelt er hierdurch Sich als
Ersten der Republik dar , sondern offenbar über die Republik.
„ Nicht in dieser , in ihm sey Garantie
enthalten !" Nicht liefert Livius von Roms übermütigſten Gesandten solche Frechheit. *)
So sprach ein Sieyes,
an Friedrichs Hof acht Jahre vor Jena.
Nur ein
Hau gwiß **), war fähig folchen Geſandten einzufüren, der aus a bis d Angefürtem schon des Abscheues der Nachwelt gewiß ist.
Wie erst , wenn wir seine nichts-
würdige Politik von Robespierre's Sturz bis Napoleons *) Hochmütigstes was Livius 45. B. 12. Kap. meldet, ift Forderung Popillius von Antiochus , deffen Handreichung als Gastfreund nicht annehmend : „ Ehe du aus dieſemKreis tritſt, muß ich deine Antwort an den Senat wiffen ! " Unerträglicher Hochmuth des Römers, aber nicht seine Person , sondern Roms Senat überhez bend. Neu Französische Nachaffung Roms begint, mit Brissots berüchtigtem Angrif aller monarchischen Verfassungen 92 ; wird fortgefürt vom verrükten Anach. Cloots — leider ein Teutſcher — ; vertilgt von Robespierre ; von Neuem erhoben von Sieyes 96, als System aufgenommen von Napoleon 97 , der zuerst seine Italienische Armee, als ,, die, der großen Nation !" anredet, und vom Direktorium und ihmfortgefürt bis zur LeipzigerSchlacht 1813. **) Nicht Anname und Einführung solchen unwürdigen Gesandtens, nicht bekanter Vertrag zu Schönbrun 1805 , - sondern ins famer Vertrag : Haag 19. April 94. zeichnet diesen Min . als Haupt schimpflicher Niederlagen. Denn in diesem gräßlichen Vertrag verfeilscht er 62400 ehrliebende Krieger an England und Holland um elendes Geld so , daß es §. 1. heißt : „ Die Truppen ,,werden da gebraucht , wo Interesse der zwei Seemächte ,,es erheischt ; " gråßlicher aber §. VI.:,,Alle Eroberungen ,, dieser Armee werden im Namen der zwei Seemächte gemacht, ,,und bleiben sowohl im Krieg und Frieden zu deren Disposition !" Pfui solcher Entartung ! Aber noch wurzelte alter Ruhm ; Aufs ruhr der Armee ob diesen Vertrag zu unterdrükken , ist der Feldherr gezwungen : ,,Ihn, im Parolbefehl 22. Juni 94, als ers logen anzugeben !! "
1
367
-
Konsulat betrachten ? ein fürchterlicheres Bild gewåhrend , als Macchiavel je ahnete.
Denn von ihm, dem
Hunde ging jenes Schaukel- und Wucher - Syſtem aus, welches Frankreich zerfleischte, und ihm zehn mal mehr Blut kostete, als ein Carrier, Collot, Freron und übrige bes rüchtigſte Henker unter Robespierre, aber weder durch Robespierre veranlaßt, noch von ihm gut geheißen, zuſammen vergoffen.
Diese Politik allein trägt ungeheures Ver-
brechen, Napoleons barbariſcheſten Despotis❜m dagegen für hohe Wohlthat anerkennen zu müssen ; denn, eine Partei nach der anderen, wurde angelokt, lediglich die Andere zu ermorden , und sobald sie einige Vestigkeit gewan , von einer indeß vorbereiteten andern gemordet zu werden ; so vom 27. Juli 94. , bis Napoleon 99 die Cerberuſſe ankettete, und daher natürlich damals als Wohlthäter eintrit. Darum zeichnet Geſchichte , nicht Napoleon , sondern Sieyes als Hauptstürzer der Republik ein , und als dessen gräulichste
Gehilfen Lanjuinais
und
Consorten ;
Barras , Rembel, Merlin u. f. w. waren nur Vorges schobene; der eben so feige als nichtswürdige Abbé ſtand hinter den Couliſſen und dirigirte jene Dratmånner ! *)
*) So wird deutlich, daß jene merkwürdige Schrift : „ Kant an Abbé Sieyes, Königsb. 97" +) den Verbrecher, obwohl mit furchtbarer Bitterkeit, doch viel zu milde behandelt ; denn wenig Geschichtss Menschen gibt's , die wie dieser Alles Heilige so ganz und gar mit Füßen traten, Gott, Menschheit und Vaterland verleugneten und verrieten, abſolut nichts als ihrem elenden Selbft huldigend. Uebrigens bemerke ich aus gutem Grunde, daß jene Schrift die Lauefche Buchhandlung zu Berlin mir im Dezember 29. geſandt, die ich bis dahin auch dem Namen nach nicht kante. †) Wenn Jemand mit Gewißheit nachwiese, daß diese Schrift nicht von Kant, wie allerdings zu vermuten, verdient er des Publikums Dank !!
368
3)
Lafayette, durch und durch edel, würdiger Jüns
ger Waſhingtons , gehört zu den leider sehr Wenigen, welche
diese
Periode
auszeichnet ,
absolut frei jeder
Selbstsucht, Sich freudig aufzugeben bereit, und Nichts als Wohl Frankreichs erstrebend.
Leider fehlten ihm
gånzlich jene unentbehrlichen Talente, Revolution leiten zu können ; mittelmäßiger Feldherr wie Staatsman , war er am Wenigsten in richtiger Stellung.
Washington und
Amerika zu Vorbildern, begrif er Unterschiede der Länder und Menschen nicht ; weil Amerika
gelungen föderirte
Republik zu stiften , schienen ihm Frankreichs Provinzen · gleicher Föderation fähig und Dauer versprechend. Welches Mißverhältniß , Amerika's ungeheures Land - Gebiet von drei Millionen , mit Frankreichs geschlossenem im Verhältniß unbedeutendem Land - Gebiet von fünf und zwans zig Millionen bewont? Was jedoch Lafajette besonders auszeichnet, ist, daß ges rade die Gemütsrichtung, welche ihn in gewöhnlichen Verhältnissen zu Edlen erhebt, seinen Ruhm untergråbt. Die Revol. folte seinem Willen gemäß berechnet vorschreiten, nichts übereilen, auf streng gesezlichem *) Wege
*) Lafayette ohne philosophische Erkentniß , wußte nicht nur nicht, daß ganz in der Regel Gefezliches überall abſolut Unrecht und darum ungefeiliches absolut Recht, unübertreflich von Mephistos pheles dem Schüler, im Mantel Faust's , vorgetragen : „ Geseze erben sich wie ewige Krankheiten fort , worin Vernunft Unsin, Wohlthat Plage ; vom Rechte aber , das mit uns geboren , nie Frage !! " nein ! Lafayette wußte nicht einmal daß er in offens barem Widerspruch mit sich selbst, indem er überall selbst gegen Buchstaben des Gesezes handelte , treflich von Robespierre beim Königs-Prozeß geltend gemacht : „ Revolution an ſich ist ihrem innersten Wesen nach ungefezlich, und eben dies ist ihr erhas bener Karakter !! "
369
ihre erhabene Bestimmung erreichen. Tdrichter, wähnst du mit sterblicher Macht , Unsterbliche zu hemmen ? Welch Vernünftiger hoft, den von langem schneereichen Winter. geschwängerten mächtigen Bergstrom , wenn er nun endlich durch Frühlings - Sonne in Bewegung herabſtürzt, aufhalten zu können ? Zeiten Damme
Verständige durchstechen bei an solchen 8 Stellen, wo Verheerung
Allgemeinem am mindeſten ſchädlich, nicht wartend , bis der Strom ihrer spottend sie selbst durchbricht und nun` alle Lande überschwemt und verheert !! Lafayette unterlag demselben Fehler, unverkenbar durch Gesamt- Geschichte hindurch
als Zurükdränger der
Menschheit erkant : „ Halbheit!” die sich selbst betrügt, völlig gehaltleeren Hofnungen sich hingibt : „ Es wird so schlim „ nicht werden , beſſer enden als zu erwarten u. s. w. ,” Trost für Feige , nicht für Männer , die, absolut ents gegengesezt, stets auf's Allerschlimste gefaßt , Gefahr volgerüstet trift, nichts überrascht , drum auch keine Uebereilung begehen. -Wie war's möglich, einerseits solchem König und Hofe, *) anderseits Orleans und Mirabeau gegenüber, friedliche Ausgleichung irgend zu hoffen ? Eher mochte er im Siebe Wasser schöpfen . Und noch mag er entschuldigt seyn, ehe Bürger-Blut floß ; wie aber, nach 14. Juli, nach 5. Oct. 89, nachdem Camille Desmoulins, ein unbestreitbar edler , klassisch gebildeter Jüngling , wie fein
alter Cordeliers 94" bezeugt , nachdem solcher und
Viele ihm ähnlichen Werts mit ihm, in rasender Wuth,
*) Schon 1789 fucht Royalist Mounier Dauphine zu offenem Aufs stand gegen N. V. zu bringen. (Vergl. Mignet 3. Kap.) [ 24 ]
370 Laternen-Mörder, als Ehrenname in Anspruch nehmen wie war's da noch möglich, Gang der Revolution so ganz und gar zu verkennen ? So fragen wir freilich jezt, nachdem das gräßliche Trauerspiel entrolt uns vorliegt, und dünken uns weiſe, Mitspielenden , Lob und Tadel nach Verdienst austeilend. Wer jedoch hat Muth von Sich zu behaupten : „ Ich håtte besser gespielt?" Ich nicht ! Fehler entehren nicht; denn wir sind schwache Sterbliche, durchaus nicht wissend, ob wir schwere Prüfung nåchſter Minute månlich überſtehen, daher der Weisheit höchster Ruhm : „Herr ! führ mich nicht in Versuchung !" Nichtsdestoweniger schånden Lafter. Kann Geschichte drum Lafayette von groben Fra tümern nicht lossprechen, von Lastern ist er frei geblieben, er sterbe beruhigt.
Nachwelt wird seine Tugenden an-
erkennen , Edlen bleibt er beigezålt. Allein Geschichte ist Spiegel kommender Zeit, woraus ſie lernen sol, obwohl ſie bis jezt daraus wenig gelernt, weil, nur der Erfarung wahrhaft benuzt, der sie versteht ; es vermag fie aber Niemand
anders , als durch
apriorische Konstruktionen zu verstehen , wozu nimmermehr blos geſchichtliche Erfarung gelangt, weil der Geist Erfarung in die Erfarung erst hinein tragen mußworaus deutlich Untergeordnetheit der Geschichte überhaupt.
Genug, Lafayette ward wie Uebrige vom Strom fortgerissen , zu ſpåt enttäuscht, und büßte wohlverdient, obwohl für Destreich nie zu entschuldigen , völkerrechtswidrige Handlung ,
als erste
die leider diese Periode
371 was er als Feldherr vers
nur zu häufig schåndet,
schuldet; denn allerdings mußte er, wenn gleich unschul dig, gewissem Tode månlich entgegengehen , und durfte nicht eine ihm anvertrauete und gegen Feind stehende Armee verlassen !!
Auch waren seine Briefe an König
und Legislatur keineswegs der Stellung eines ArmeeFürers geziemend ; denn , was in einem Freistaat dem Bürger wohl als Petitionår zusteht,
darf sich kein
Beamter , als solcher, erlauben , der Befehlen seiner Obern unbedingten Gehorsam schuldig ; sonst keine Regierung möglich.
Jene Briefe_find anarchiſch,
mit-
hin war selbst sein_Tod_verdient. *)
11.
Von diesen drei Männern als Häupter der Nat. Verf., von Hof und indessen sich bildenden Volks-Parteien hinund hergezert ; von Pabst und Priestern schon verflucht; von , an den Grenzen sich fammelnden , bewafneten Ausgewanderten , und feindlichen Armeen des Auslandes,
*) Hier volkommen deutlich , was ( A. Grf. 10. Anm. S. 17.) an: deutet : Jeder Mensch ist und wird von Jedem nach einem Selbst konftruirten Normal : Bilde beurteilt ; d. h. jeder fors dert, diesem Bilde sol Jener entsprechen , und Niemand bringt dabei entschuldigende Verhältnisse und Umstände in Anschlag, weil dann, nicht nur Napoleon und Sieyes , sondern absolut Alle Verbrecher volkommen entschuldigbar , da kein Vernünfti ger vom Dornenstrauch Ananasse, sondern nur Disteln zu pflükken erwartet. Daher klar , daß jeder Tadel, selbst bitterster, Vers urteilte gewissermaßen ehrt , weil Diese darin als Vernunfts fähige vorausgesezt sind ; denn Niemand tadelt am Wolfe Raub, und Mord. Sucht. So trift Tadel Lafayette mit Recht , daß er nicht erkant: ,,Nicht Er sey Mann's genug, Frankreich in jener Seit leiten zu können !” und nicht freiwillig schon Ende 1789 zurüftrat.
372
bedroht, reißt das viele Gute, welches die N. V. alle diese Hindernisse überwindend , dennoch stiftete , eher zu Bewunderung hin , als zu Tadel dessen , was erwachter Volksgeist zu hoffen wagte.
4. Auguſt 1789 wird ewig
in Geschichte glänzen , wo edle Männer höchsten Adels nun erst echt Adlige - von Lafayett's , Noailles, Tonner's , Tolondal's und A. Begeisterung *) entzündet, 1400jährigen Vorrechten (Feudal) freiwillig
entſagten.
Wohl edel, aber übereilt dagegen war 19. Juni 90, Aufhebung Erbadels und eitler Titel überhaupt : „ beleidigte Ei„ telkeit ſchmerzte tiefer, als der Vor rechte Genuß !” Dieſe Eitelkeit war um so mehr zu schonen , als bei noch nicht genug gevestigter Freiheits-Idee sie eher nüzlich als schådlich.
Name verehrter Vorfaren , ist eben so Sporn zu
Tugenden , als Schuz vor Laſtern. Nicht übel ja wårs, wenn einst Völker , worin Jeder ruhmwürdiger Thaten seiner Altvordern sich erfreuete. Ahnen mag Jeder, aber nur dann sich rühmen dürfen, wenn er nicht durch vorrechtlichen Genuß, ſondern durch freiwillig
über-
nommene vorzugsweise Belastung , ihrer würdig ſich beweist, unwürdige Handlung aber , ihn von Penaten des Hauſes unbedingt ausschließt.
Allein freilich werden jene
glüffelige Völker auch dieses Eitelkeit - Sporns nicht mehr bedürfen. **)
*) Ein schöner Rausch, nicht bleibend , da Alle diese, obwohl Republik nicht verratend , ihr doch nicht ausdauernd auf Leben und Tod treu blieben. Ausdauernd Edle opfern freudig auch ihr Leben dem Vaterlande bis zum lezten Athemzuge ihm dienend , dem Vorbilde Sokrates (Vergl. S. 348) und so vieler Geschichts,Helden, nacheifernd. **) Wie jezige maßloſe Ueberfüllung von Orden undTiteln, abſolut
-
373
-
Bedeutender Fehler aber war , Ludwig nach Varrenner Flucht und Manifest, zum konftitutionellen , unverantwortlichen König zu stellen , da diese Unverantwortlichkeit an sich krasser Unsin überhaupt. Denn, ist der Fürst wahrhafter Fürst , d. i. liebt er sein Volk und dessen Verfassung , ſieht er sich, wie Preußens Fürsten, als unmittel- und untrenbaren Teil des Volks an, dann mag er auch Verantwortung als Erster Beamter seines Staats übernehmen , und ist vor jeder VerantwortungsZiehung so unbedingt sicher, daß er keiner Wache bes darf, jeder seines Volks ist ihm Wache und Schuz !! Wieder Preußen lebendiges Muster.
Da ist leider noch
keine Volks vertretende Verfaſſung , und Niemand wird behaupten fehlerfreie Verwaltung, kann der König nichtsdestoweniger der Maſſe preußischen Volks , auf Leben und Tod unbedingt vertrauen ?
Völlig
zweifelsfrei !
Was bindet dieses Volk so an seinen Fürsten ?
„Innigste Ueberzeugung, daß, so wie Er vom Volke „geliebt, so Er sein Volk als Vater liebt, und es „zu beglükken aufrichtig wünſcht !!” Darum iſt in Preußen, von geheimen Polizei-Spionen, von Brief- Defnungen ,
kurz , von All den Entehrenden
was Frankreichs konstitutionelle Monarchie beschimpft, schlechterdings keine Rede. Gegensaz : Haben Parlamente und Konftitutionen Karl I. und Ludwig XVI. vor Schafot ,
den Riesen
Napoleon vor zwei Mal beschimpfender Abfezung ges
jeden Wert ihnen raubt, daher edle Triebfeder der Regierungen lábmt-- darüber spåter, øder auch ein andermal.
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ſchüzt? Durchaus nicht ! Warum ? Weil alle Drei, Liebe des Volks nicht verdienten.
Gråuliche Blindheit der
Staatsrechtslehrer unserer Zeit : ihnen, conditio sine qua non, Unverantwortlichkeit des Fürsten, diese ihrer Weisheit Gipfel ;
obwohl sie ,
gegenwärtig
blühende
Staaten unmittelbar über Unhaltbarkeit dieses Theorem So sind z . B. Preußen , ohne Verbelehren solte. tretung, vergleichungslos freier , moralischer regiert, und von wenigern Steuern gedrüft , als Engländer und Franzosen !! Woher diese
auffallende Erscheinung ? Gez
radezu durch Verfassungen , schränkte Regierungen sind.
die weniger
als
unbe-
Wird denn etwa Englands
oder Frankreichs Volk vertreten ? Auch nicht der tausendste Teil desselben. Deputirte ihre Wahl
Daher in England Skandal , daß mit Hunderttausenden erkaufen,
welche ihnen Regierung durch Sinekuren vielfach ersezen muß, ihrer Stimmen sich zu versichern ; Aehnliches in Frankreich , und so kostet diesen Völkern ihre Verfaſſung jährlich so viel Millionen an Bestechungen , womit Preußen fast seine ganze Staats-Haushaltung bes Streitet!! Und was das Allerschlimste, werden jene Völker durch diese Bestechungen entsitlicht und von Despotie fast erdrukt , die sich hinter Verfassungs - Mantel verstekt. Einziger Vorteil , allerdings nicht unbedeutend, aber bei weitem Schaden nicht auswiegend, der jenen Völkern Verfassung bringt, sind der Opposition Volksbildende Reden, welche jedoch darum
nur sehr wenig wirken,
weil die Redner , der Völker Vertrauen leider nur allzu oft hintergehen, zu oft zeigen , daß eigenes
nicht
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Volks-Interesse sie fanatasirt ; denn kaum daß sie ih ren Zwek erreicht, selbst im Amte ſind, ſchånden sie durch Thaten ihre eben gehaltenen Reden , offenbarend , wie wenig diese, ihre wahre Gesinnung enthült. Ohne Andere zu gedenken , bewährt dies jezt am Auffallendsten , Anname Bourmont's zum KriegsMinister.
Arg schon wär's wenn er Finanzen verwal-
tete, die, wie oben von Pitt gezeigt, eine Art SpizbubenTalent kaum entbehren zu können scheinen ; aber Kries gern vorgesezt -- was bleibt diesen , wenn Fundament ihres Bestandes „ Ehre ! " geraubt ist ? Wo aber Ehre denkbar, wenn ihr Führer absolut ehrloſer LandesVerråter ?
Folgern wir weiter. Gesezt nun, was nicht zu verbürgen , aber nur zu leicht möglich, Regierung leiht
noch
100 Millionen,
gewint damit Mehrzal Deputirter , Charte bleibt buchstabmäßig , dem Geifte nach aber wird ,,,car tel est notre plaisir" wieder Grund - Gesez , so frage ich die jezt weisen Staatsrechts - Lehrer :
was sol denn nun
Frankreich's Volk thun ?" Sol es ſtat zu einer, zu hundert Bastillen Steine tragen , stat 1800 , 20000 Klöster bauen helfen, kurz so tief sich werfen lassen , wie Spanier, Portugiesen , Neapolitaner u. s. w. u. s. w . ? ! Nicht wahr, nun ist's mit Eurer Weisheit alle ? Denn Ihr schweigt, - denkt aber mancherlei. Warum redet Ihr denn nicht, was Ihr zu denken Euch nicht versagen könt ? Aus sehr einfachen Gründen : „Was würde der und der und der und tausendmal der dazu sagen ?!" Mit solchen Reden läßt sich freilich weder auf Amt noch
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Titel , weder auf Orden noch Würden noch FamilienVersorgung rechnen.
Geschichte kent Keinen der durch
Wahrheit- Sprechen Geld reich ward , Solche
dadurch reich
an
ewigem
war Tacitus , unter Domitian, lendung"
desto mehr aber Ruhme.
Doch
feiler Knechtschaft Vol-
erlebend , hochverehrt vom
gleich großen
Trajan; dagegen freilich Phocion Gift noch mit eignem Gelde erkaufen mußte, von Tyrannen verurteilt. *) Luther aber, ungeschrekt von Huſſens Tod , gerettet kaum aus Wormser-Noth , schreibt seinem Erretter : „Ich kehre nach Wittenberg zurük in gar viel einen „höheren Schuz , als ein Kurf. v. Sachsen mir geben „ kann.
Ich hab's
auch
nicht im Sin, Ew. Kurf.
,,Gnaden Schuz zu begehren.
Ja , wenn ich wüßt,
„ daß Ew. Kurf. Gn. mich wolt schůzen , so wolt „ ich erst recht nicht kommen. Wer Gott, traut, ift ,,Sich selbst und Anderen Schuz. Ew. Kurf. Gn . kann „ ich für den Mann nicht ansehen, der mich schüzen ,,und retten kann.
In Leipzig wolt ich hineinreiten,
,,wenn gleich neun Tage eitel Herzog George regnete, „ und jeglicher neunfach wütender wår , denn „ist.
dieser
Es ist ein anderer Mann , denn Herzog George
„ mit dem ich handele , der kennet mich fast wohl und
*) Vergl. Plutarch. So traf spåt Demosthenes Weissagung ein : ,,Die Athener werden Dich noch in Raserei umbringen !", an wendbar auf durchaus Alle Märtyrer der Geschichte ; Phocions Antwort: „ Dich, wenn ſie bei gutem Verstande ! ” hat zwar in französischer Revolu.¡on oft , allein wie Erfolg zeigt leider nicht genug, Anwendung gefunden. ·Gesteht doch selbst Schloffer S. 199 : ,,bon An . Cloots Belästigung konte Guillotine nur befreien !” Zallose Varianten Cloots aber , wirken zumeist in Palästen noch ungehindert, ja ermuntert ført!!
377 „ich kenne ihn nicht übel.
Wenn Ew. Kurf. Gn .
glaubete !! so würde sie Gottes Herlichkeit sehen, „weil sie aber nicht glaubt , sieht sie auch nicht !!” *) Tausende übergehend, Luther ähnlich Gläubige nicht blind, wie Hahn - Hengstenberg und Consorten sondern sehend wie Luther !! - zeigen ja Fichtes 1808 in Berlin gehaltene und gedrukte Napoleon trozende Reden, deſſen Heer damals Berlin inne, und vor dem Europa im Staube kroch , daß, echter Glaube unangetastet bleibt.
Ihr Blinden, die Ihr nicht seht, daß Eure
Feigheit nur Eure Zunge lähmt , daß Ihr durch Eure selbstgeschaffene Schrekbilder nicht blos Euch selbst be= schimpft , sondern vielmehr noch Diejenigen, welche Ihr zu beleidigen fürchtet durch Wahrheit ! Vielleicht jedoch seyd Ihr ungewiß, ob auch Wahrheit wirklich was Ihr verkündet ? „ Dann schweigt ! Wer „ da öffentlich und über Oeffentliches redet, fol allerdings „wissen, und nicht blos meinen , und ehe er nicht „weiß , Hörer seyn und nicht Redner !!"
Was Ihr
mit freiem Gewiſſen , aus überströmendem Gemüte res
*) ,,Daß Luther hier nicht den , noch ist allgemein hers ,,schenden Glauben fordert, sondern den allein echt Chrift „ lichen, von Paulus, als aus thätiger Liebe hervorgehend ,,unbedingtes Vertrauen, ewig keiner Mißdeutung fähig, ,,veftgeftelt, rein geistiger Natur , im absoluten Gegensaz als ,,les denkbar Sinlichen ; welcher Glaube drum, erhabenste ,,Frucht allerhöchsten Wissens ist, vom gemeinen Verstande ,,nimmermehr zu erfaſſen, ja, als Einfalt, wo nicht gar als Dum ,,heit , von ihm verachtet , während vom Standpunkt jenes ,,Wissens, diefe fich brüstende Verftandes ፡ Klugheit, ,,als allein echte Dumheit erkant und bemitleidet wird, dies ,,ſes ſol später noch schärfer bewiesen werden , als es S. 137. ,,Aum. schon geschehen !” .-
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det, dürft Ihr frei überall fagen, es wuchert segenreich, und wenn nicht sogleich sichtbar, doch künftig gewiß !! *)
Also : Was sol Frankreichs Volk thun , wenn von Gott ihm erteilte Menschen-Würde nicht mehr anerkant wird?
Was absolut Alle Völker , sie bis zum lezten
Blutstropfen verteidigen , Gott vertrauen , der ewig Allwaltender ist ! „ Kein Volk ist des Fürsten wegen da, „sondern der Fürst des Volks wegen" spricht Friedrich, der als absolut geborne Fürst ! Wil ein Fürst schlechterdings Vernunft kein Gehör geben - nun, dann ist er eben wahnsinnig und muß als solcher behandelt werden, mag er verantwortlich oder unverantwortlich gestelt seyn, oder sich wähnen !! Denn ein für alle Mal , kein Volk schreitet zum Aeußersten, wenn man es nicht mit absoter Gewalt dazu treibt. Bekant ja ist Ausspruch eines hochverehrten Königs jeziger Zeit: „ Schlimste Demagogen haben der Königs„ Würde wahrlich so viel Schmach nicht zugefügt, als die ,,Ferdinande, Miguel's und Conſ. !”
*) Diese Stelle bringt in freudige Rükerinnerung : „ Kabinets-Reſo: lution d . Kön. v. Pr. v. 20. März 1798 über Zensurzwang, das rin es unter A. heißt : ,,Der König finde Erneuung des Preß;wangs bedenklich ; dem König sey nicht bekant, daß rechtschaffene Staatsdiener durch Flugschriften wären angefochten worden, und denen , die es nicht wären , könne solche öffentliche Rüge nicht schaden, so wie sie Anderen , die unter diese gehören , ein heilsames Beispiel seyn könne;" (!!) und erinnert lebhaft au jene noch merkwürdigere Kab. Ordre vom 11. Jaz nuar 1798 an bekanten Min . Wöllner, der wilkürlich Religions, Edikt erneuert hatte ; ſie ist zu bedeutend als daß Auszüge genügs ten; drum findet sie sich hierin zulezt, volståndig abgedrukt.
-
379
Allein was bedarfs Theorien,
spricht ja Praxis
genugsam . Unter uns wandelt enttronter Schwedischer König, dessen Sohn sogar, ungeachtet allgemein geltender Legiti mitåt, kaum als Flüchtling geduldet wird ; und wahrlich, unparteiiſch richtende Geschichte findet keinesweges für Beides zureichende Gründe.
Denn , daß Gustav Abolf
in Krieg verwikkelt , den er durchaus nicht veranlaßt, schimpflichen Frieden nicht unterzeichnen wil - ist doch wohl kein Grund des Trones ihn unwürdig zu finden ?! vielmehr ihn hochehrendęs Benehmen : „ Alles eher vers lieren, nur Ehre nicht !” Wahlspruch jedes Ehrliebenden, um wie viel mehr muß er's Fürsten seyn ?! Indeß findet Rußland in Finland ſchlechthin gar keinen Widerstand. Weiß 1813 etwas von Schwedens kriegerischen Ruhm ? In hundert Schlachten dieses Jahres finden sich davon - Der Unglükliche tröste sich, er nicht geringste Spuren. -hat nichts verloren. — Nicht zu vorzüglichen Fürsten gehört' er, zu Schlechten aber durchaus nicht. Drum wie unverschuldet er fiel, Geschichte erkent ihn unentehrt. Nicht so gewisses Urteil ist von Paul zu fällen. Zwar , sein herliches Gemüth völlig unzweifelhaft ; Zeus gen : a) musterhafte Ehe , bei Fürsten überhaupt ſelten, wie bewunderungswürdig
erst
bei solcher
Mutter !
b) Befreiung 14000 gefangener Polen, mit Erstattung ihres Eigentums ; und kaum zweifelhaft ,
daß er polnisches
Reich völlig herstelte , bei günstigern Umſtånden !! c) Friedensliebe ; er zieht freiwillig Truppen von Persien und Türkei zurük.
Krieg mit Frankreich 1799 hat nicht
er, ſondern tolles Direktorium begonnen, nicht nur durch
380
vielfache Verlegung Völkerrechts überhaupt, sondern auch unmittelbar ,
durch berüchtigte Erklärung v. 23. Ni-
vose VI : „ daß Durchlaſſung Eines Schiffes mit englis schen Waaren durch den Sund , von welcher Nation „ es ſey ,
Direktorium
als
Kriegeserklärung
anſehen
,,werde !" Ueberdies war er noch von seiner Mutter her mit Frankreich im Kriege , und von teutschen Fürsten (o Schande) um Hilfe gegen Frankreichs gräuliche Behandlung zu Rastadt angefleht.
So
riefen
Griechen vor
500 Jahre Osmanen um Hilfe an, so ward Sarmaten Weg nach Italien eröfnet ; welcher Geſchichtskundige kann unausbleibliche Folgen bezweifeln ?! -d) Ehrende Anerkennung
Peter III. , dessen Leichenbestattung nach
34 Jahren , vorzugsweise vor der gewissen Mutter feiernd , wie ehrende Behandlung Stanislaus , des von der Mutter gråßlich mißhandelten ehemaligen Geliebten, deffen Gegenwart zu Petersburg , ihm nicht angenehm seyn konte.
e) Seinem Gemüthe aber fezt Krone auf:
„ daß er ſelbſt zum Gefängniß Kosziusco's hinabſteigt, „Freiheit verkündet, und
ihn reich beschenkt entläßt !”
Ich gestehe, keiner ähnlichen That eines Monarchen ges schichtlich mich erinnern zu können. Aber, auch solche erhabene Tugend, ſchüzt Unglüflis chen nicht vor Ueberfal und Ermordung , und seine weltbekanten Mörder , werden weder zur Untersuchung gezogen, ja, verlieren nicht einmal Rang und Amt ; gezeich net nur bleiben sie ,
ob Verwundung des sich tapfer
Wehrenden. Allerdings , war der Unglükliche von manchen Unheil verursachenden firen Einbildungen geplagt,
nicht
381
unwahrscheinlich traurige Folgen Irenischer Mißhandlung ; denn Jene uſurpirte den Thron zwiefach , weil zufolge Reichs-Gesez sie nur Vormünderin, nicht Besizerin, bei Voljährigkeit ihn dem Sohne zu überlaſſen verpflichtet war.
Welche Behandlung er erduldet, läßt sich ja
schließen , da Potemkin selbst die Herrin körperlich mißs handelt.
Dies unvermeidliche Folge
weiblicher Herz
schaft, zumal wenn so angemaßt , und in steter Furcht erhalten.
Dem fey wie ihm wolle, Geschichte erkent eh-
rend Paul's ausgezeichnet edles Gemüth , und beklagt seine tyrannische Wilkür. *) ' Schlechthin unzweideutiges
* Seltsam genug ift darunter Eine, im absoluten Gegensa; Eis ner neueßter Zeit , die nur als Wilkür tadelnswürdig, der ihr zum Grunde liegende Gedanke aber , nicht nur lobenswert, son: dern von allgemeiner Giltigkeit ift. Es ist Pauls Forderung 98 : ,,Französischen Frak abzulegen , ftat dessen teutschen Rok zu tragen !" Absolut allgemeine Giltigkeit dieser Forderung ist kinderleicht einzusehen. Auch abgesehen von offenbarer Schamlos figkeit französischer Kleidung überhaupt , und ihren Widerspruch mit Grund Bestimmung der Kleidung an sich: ,,Des Mens schen tierischen Körper zu verbergen, damit um so edler, Ins halt des Geistigen , das Haupt , heraustrete !" (Wodurch nebenbei deutlich, daß absolut jede nakte Figur , echtem Kunfts fin widerftreben muß, so wie, daß Nachahmung Griechischer Antike hierin, jezt , in Wahrheit „ Nach å ffung ! ” ist, und krasse Unwissenheit des Künstlers , wie der günstig Beurteis lenden derselben , ganz unzweideutig bezeugt ; Unwissenheit des vorgeschrittenen Geistes , der Form verachtend , nur Gedankens Darstellung kunftwürdig erkent !!) abgesehen von allen diesem, gründlicher Darlegung vorbehalten, ist kinderleicht Vorzug teutscher vor französischer Kleidung zu beweisen. Siehe diesen Hemmlingschen Jesus ; ohne Frage eines der köftlichsten Bilder, dem sehr Wenige nur gleichstehen . Denk ihn dir mit Klaprok, Halsbinde und steife KragensZipfel, bunter Wefte und helfarbige Beinkleider, und du haft denkbar årgerlichste Karrikatur. Dages gen würde ihn nur wenig , schöne teutsche Kleidung entſtellen, und zwar aur als Verstoß des Zeitgemäßen ! Kurz , jedes auch neuereBild in französischer Kleidung beleidigt Auge des Sehens
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Zeugniß aber geben diese Fälle , in unsern Tagen geschehen, * ) daß, weder konftitutionelle Verantwortlichkeit noch Unverantwortlichkeit, weder vor Enttronung noch Ermor dung schüzt, sondern herbeigefürtes Verhängniß entscheidet überall abfolut; daher ber in Theorie
bestimmen
absolute Thorheit, darus
wollen.
Geschichte spottet
ihrer. „ Allein, jene Enttronungen und Ermordungen gingen ,, nicht vom Volk , sondern einzig und allein vom „ höchsten Adel aus, welcher sich solcher Gewaltthaten wohl erfrechen darf, nimmermehr aber das Volk ! " Ganz Recht , allervortreflichster Royalist - Ultra ; die Völker überlassen Eurer bekanten Kannibalitåt ferner diesen Euren seit Jahrtausenden Euch auszeichnenden Ruhm : „Eure Fürsten meuchlings zu morden , wie „diese Eure Tapferkeit , von Euch gemeuchelmordete „Tausend Fürsten , Zeugniß geben ! " Gegen diese Tausend Gemeuchelmordete zält Geschichte zwei vom Volke durch Richterspruch vers urteilte Fürsten , die Beide , Tod durch unzweideutige Verbrechen, hundertfach verschuldet hatten ; ſomit ist ferner giltiger Vertrag leicht bestimt : „ Ihr Ultra - Royalisten ,,und Priester fahrt fort, trefliche , und darum Eure
Könnenden , während teutsche Kleidung wohlthuend drauf wirkt. Französische Kleidung entstelt Schöngebaute und macht Häßliche bäßlicher; teutsche Kleidung kleidet selbst Häßliche und macht Schöne schöner. *) Denen beiläufig , Ermordungen Gustav's und Karl August's in Schwesen , Vergiftungen Chriftian's von Dänemark und Johan's von Portugal, und Enttronungen in Spanien, Neapel , Piemont und Portugal, beizugesellen.
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„Habfücht nicht duldende Fürsten, zu meuchelmorden; ,,Völker aber , ziehen verbrecherische Fürsten , vor, „ giltige Richter.
Denn , daß Einer , 25 Millionen ihm
"gleich geschaffene Wesen, seiner wilkürlichen Laune opfern ,,dürfe , 25 Millionen aber, diesen Einen nicht dem - das mögen Ultra- Royalisten und Priester, zu„ Recht — „følge ihrer privilegirten Dumheit, behaupten ; daß in dies das „fer Behauptung aber, auch kein Gran Verstand „erkent notwendig Jeder, wenn „Gran Verstand befizt.
er
auch nur Einen
Ueberhaupt war es ja eben Be-
„stimmung französischer Revolution, für alle Ewigkeit vest„zustellen :
„ daß Rechte
ohne Pflichten, bei Bars
„baren , nicht aber bei , auf Civilisation' und Christentum „irgend Anspruch machenden, Völkern Anwendung finde!!". „ Rechte *) lassen sich auf schlechthin
keine andere
Weise, als durch Pflichten - Erfüllung erwer „ben; wer demnach , sey es wer es sey , seine Pflichten „verlezt, hat, in genau demselben Maaße dies geschieht, seine Rechte selbst aufgegeben , und eben darum werden „Verbrecher zu bloßen Sachen, und als solche behandelt.”
Uebrigens trägt National - Versamlung
allerdings
Schuld des Todes Ludwigs , eben durch dessen Ernennung zum konſtitutionellen, zwar unverantwortlichen, aber dafür auch völligen Schatten-König, der entehrender als Sieyes's „Mastschwein !"
(Vergl. S. 364) nicht Einen tätigen
*) Daß noch diesen Tag faft Alle Rechtslehrer, anftat ,,Gesez mäßiges" Rechte schreiben - ift untrüglicher Beweis , daß fie felbft, diese sich Namen Rechtslehrer Anmaßende , nur Gesez Lehrer find !!
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Beamten nach seiner freien Wahl ernennen durfte, sondern Minister und Räthe ſich aufdringen laſſen mußte, aus Zal seiner persönlichen Feinde. kraftlose Ludwig tragen.
Selbſt der völlig
konte solche Schmach unmöglich´ers
Drum hat sein Kampf gegen Konstitution
v. 13. Sept. 91 an , weit legitimeres Ansehen als früher ; ihn trift nur Vorwurf heillofer Schwäche , ſolche , unter vorwaltenden Umständen, sich völlig widerſprechende, drum selbstaufhebende Konſtitution beschwo--ren zu haben. War er vielleicht wie Miguel, SchwursUngiltigkeit zuvor von unvereideten Priestern versichert? — Rolands Aufforderung : „ Sich zum Könige der Revos . „ lution zu erheben !” war nicht mehr als wiziger Einfal; denn , hatte Ludwig hierzu Kraft , gab es unter ihm wahrlich keine Revolution.
12. In Nat. Vers. trit Robespierre zuerst als welthistorische Person auf; welthistorisch, weil sein Ruf als Franzose, Stellung in N. V. unzweideutig beweist, worin nur ausgezeichnetste Männer des Reichs erwählt waren ; er offenbar einer der Meiſt-Ausgezeichnetsten von vorn herein , weil bei 1788 allgemein noch vorherschendem Kasten-Geist , er nur durch bewiesene Intelligenz zu dieser hohen Würde gelangen konte ;
er,
erzogen in
Mangel, unvornehmer_Geburt, *) ohne Fürsprecher ; ja,
*) Durch , besonders bei Teutschen eingeschlichene Narheit der Tis tulaturen : Hoch- , Wohls , Edel : Geboren u. f. w. , wird ſelbſt reichste Sprache der Welt , Teutsche, so geplündert , daß man verlegen ist für richtige Ausdrükke. So hier bei Robespierre als
385
(ähnlich Demosthenes) bei früheren Versuchen in Paris Anstellung zu finden , durchfallend.
„ Sein menschen-
freundlicher Ernst , bestimt Arras Bürger ihn zu wählen !!" sagt Buchholz : Fortsezung Girtanner's hist. Nachr. XV. B. S. 234 , und belegt es aus Censure républicaine ou lettre de Guffroy pag. 66 , wo dieser von R. erzålt : „ daß , als ſie Beide, Richter noch zu Ar„ras, einst ein Todes-Urteil unterschreiben solten, Robes„ pierre die Unterzeichnung mehr widerstrebte, als ihm.” Für
sogenante
Geschichtschreiber ,
die
Robespierre
Bluthund, Mörder , Teufel , Tyran, Schwärmer, Trâumer, Civilisations- Stürmer , Fanatiker u. s. w. u. s. w. nennen und nebenbei noch dum , unwiſſend , talents los, und solchen , der weder von Regierungs- noch RedeFür echte Men-
Kunst wisse, ein schlimmes Faktum. ſchen
und
durchaus
echte nicht
Geschichte
auffallend ,
Erkennende
weil
ben Robespierr's gegen Todes - Urteil
dieses bei
aber,
Widerstregewönlich
bürgerlichen Verbrechern, volkommen übereinſtimt mit ſeiz nen deutlich ausgesprochenen Grundsäzen : ,,Milde den „ Regierten und „ Gleichheit *) Aller Bürger, Grundlage
einem Höchstgebornen der Geschichte seinem Geifte nach, körpers lich aber, was Leib-Adelige niedere Herkunft zu benennen bes lieben. Aber nicht immer !! Denn , der hochgeborne Graf He rault de Sechelles fagt Conv . Sizung 20. August 1793 : ,,Feh ,,lerhafte Abstammung bisherigen Adels sey durch Volks , ,,Adoption zu veredeln !!" Aehnlich diesem ließen hochgeborne römische Patricier sich durch Volks- Adoption veredeln , Tris bune werden zu können. Auch Graf Sechelles antwortet als Conv. Präsident so nur, weil Volks : Deputirte in angegebener Sizung antragen : ,,Alle Adeligen für unfähig zu Aemtern zu erklären !!" * Wie tief diefe Grundsäze , ungeachtet Robespierr's nur kurze [ 25 ]
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,,der Herschaft der Tugend"
u. s. w. welche Grund-
fåze Triumpf echter Philosophie.
Denn, allerdings ist's
schlechthin unmöglich , daß wahrhaft Sich- Selbst-Erkennende jemals ohne Zittern gegen gewönliche Verbrecher Todes-Urteil aussprechen können, weil sie nicht nur deutlich wissen: „ Sie sprechen es gegen sich selbst das ,,mit aus, indem der Verbrecher Teil ihrer selbst ist, " sondern auch ihnen dadurch schmerzlich, indem sie wisſen : „ Reines Glük, *) durchaus nichts Anderes , mache Regierung schon Wurzel gefaßt, beweist Conv . Siz. 18. Nov. 94 worin Dühem, einer der untergeordnetßten Verehrer Robespierr's, gegen genehmigte Privatschulen des Unterrichts: Ausschusses eifert : ,,als Aristokratie der Wissenschaften befördernd, weil sie nur „ Reiche bezalen können !!” Daß nur ſehr Wenige noch dieſen Tag, diesen Einwurf Dühem's verstehen , ist gewiß ; obwohl es, wie schlechthin Alle Wahrheiten kinderleicht, da in die Augen springt, wenn nur der Reichen Kinder Unterricht erhalten , eben hierdurch Kentniß- Aristokratismus dem Geldlichen hinzukomt, wo, durch zugleich Erklärung findet, weshalb Kentnisse = milchender Nuh im Werte - bei Aristokraten !! Glüklicherweise läßt Wissen sich nicht an lernen , daher Dühem's Beſorgniß nur zum Teil ges gründet ist. Wiſſen, dieſes allein echt Menschliche, ift von frühes fterZeit bis diesen Tag, Vorzug Volks - Edel- Geborner, und wird diesen ewig verbleiben ; denn , „ Wissen , als das Absolute ,,und Albeit umschließende, ist an sich absoluter Gegensaz ,,jedes denkbar Vorrecht verlangenden Ariftokratismus !!” ,,Daher wissen noch sehr Wenige, daß jemand gleichsam Scheffel,,volle Gelehrsamkeit befizen, und dabei doch ein entsezlicher Dum ,,kopf, während, ein Anderer fast gar keine Gelehrsamkeit zu befizen ,,braucht, und doch Wiffender seyn kann, der Dinge hell ſieht, ,,die, allermeiste Gelehrte mit höchster Anstrengung nicht sehen !!” Grund davon , leicht zu erkennen ; wer Vieles , mit gleicher Aufmerksamkeit beobachtet, kann in Keins so tief eindringen, wie der, welcher nur Eins ununterbrochen aufmerkſam anſchaut. Komt nun hinzu, daß diefen echte Liebe beſeelt , jene aber nur Geld Sucht treibt, wie solte blinde Leidenschaft ses hen, was nur der Liebe ſich offenbart ?! -*) Höchft merkwürdig hat dieses selbst das Scheusal Sylla erkant, dem Glükke, vor allen Göttern vorzugsweise, Tempel weihend. (Vergl. Plutarch.)
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„ſie zu Richtern , und Unglük jene zu Verbrechern !!” Nicht nur von Jesus für Ewigkeit giltig ausgesprochen : ,,Wer von Sünden frei sich weiß, werfe ersten Stein !!" sondern auch von Hamlet zu Polonius 2. A. 2. Sc. Dieser: „Ich wil sie nach Verdienst behandeln.” (von Hamlet ihm empfohlne Schauspieler) Jener „ Poz Wetter, Mann ,
viel
besser.
erwidert :
Behandelt jeden
„ Menschen nach seinem Verdienst,
wer ist
vor
„Schlägen sicher ??" *)
Durch diese
absolut erhabenste Selbst- Erkentniß,
wirkte Robespierre genau so, wie er wirkte, nach seinem Augustinischen Wahlspruch : „ So wie zuweilen Mitleid „ Strafe ist, so ist Grausamkeit Schonung !!" Dieser energische Grundsaz geziemt jedem , absolut jedem Regenten,
aber
nur
als Regent , niemals
dem Privatmann , außer in genau bestimten Fällen, ſpåter nachgewiesen.
*) Lefer! ,,Weißt Du Dich vielleicht von Sünden frei , oder , daß ,,Deinem Selb fterworbenen Verdienste Du Alles das , ,,was Du vorzugsweise vor Millionen Deiner Mitmenschen „ bist und befizest , zu verdanken habeft — säume nicht, trit ,,vor, ich bin der erste Dich als Gottheit Anbetender !" Was mich betrift, ich flebe mit Iphigenia : ,,Goldene Sonne , leihe mir ,,Deine schönsten Stralen, lege sie zum Dank vor Jovis , Thron - denn ich bin arm und stum !" Blutarm an Verdienst , and ftum, weil mir schlechthin unmöglich ausgezeichnetes Glük genug zu preiſen mit dem, mich Unwürdigen, allgütige Urgesezge: bung begnadigt! Von dieser peinlichen Beschämung mich eis nigermaßen möglichst zu befreien , subjektiver Zwek vorliegend anftrengender Arbeit . Solte fie , wie ich allerdings hoffe , objeks tiven Nuzen schaffen , dann habe ich gegen mich selbst gearbeitet, weil ich dann notwendig um so unwürdiger so hoher Gnade mich fühlen werde !!
388
Durch jenen Grundfaz volkommen verständlich, daß Robespierre zitterte Einen Menschen
als Richter zu
verurteilen , und mit voller Seelenruhe Millionen Menschen håtte hinrichten laſſen müssen ,
als
Regent!!
Leider besaß Robespierre diese Geistes - Macht keinesNicht Millionen , nicht Hunderttauſend, weges. ― nicht Tauſend, ja vielleicht nicht Hundert ſind auf ſeinen unmittelbaren Befehl hingerichtet worden , und es trift ihn Vorwurf des Moderantismus, ihm hundert Mal von seinen Collegen, sowohl im W. A., im Convent, wie im Jakobiner-Club gemacht mit vollem Recht, aber in ganz entgegengeseztem Sinne, wie diese Collegen es verstanden ; denn, allerdings war er gerettet und in ihm Republik undEuropa, wenner von verzeihlicher Schwäche ſich nicht hätte verfüren lassen ,
Schurken so viel als
möglich zu schonen , und nicht Einen dem RevolutionsGericht zu übergeben , deffen Tod nicht von fast evidenter Notwendigkeit gefordert war !! Diese Schwäche also , nicht seine Energie beklagt Geschichte, absolut entgegengesezt dem, deſſen jene unwiſſende Geschichtschreiber ihn anklagen . 1.
Anmerkung.
,,Wie aber diese ungeheure Behauptung beweisen ?" Beweise forderst Du ?
Weißt Du nicht , daß es
Eine einzige Beweisart überhaupt nur gibt ? „ Nur Die, ,,welche jeder individuelle Geist Selbst konstruirt !!" Ist der Spiegel Deines innern Auges gleichsam polirt , so hat des Beweises Bild nur nötig vor ihm gleichsam vorüberzus rauschen,
auch seine kleinste Zurüfstralung
ist dann zu
reichend Dich mit unerschütterlich vester Ueberzeugung zu
389 beleben; ist Dein Spiegel aber noch roh, oder von angebildeten Schatten verdunkelt , ſo mag des Beweises Bild Dir noch so nahe gebracht werden , Du erkenſt dann doch nicht einmal Deinen eignen Schatten.
,,Das ist nun wieder eine Deiner diktatorischen Be ,,hauptungen , die Du vielfach beweislos hinstelst , drum sie ,,spurlos verhallen werden."
So hdre! A
Als Kaufman kauft' ich vor wenig Jahren von
einem Patent: Kaufman für mehre tausend Taler Waas ren; als ich ihm das Geld dafür zalte , erklärt' er weder schreiben
noch rechnen zu
ihm vor und zalte.
können ;
drauf rechnete
ich's
Siehe da , nach vollen zwei Stunden
war ich mit ihm um nicht Einen Schrit vor , es war mir schlechterdings unmöglich,
ihm Verſtändniß beizubringen :
„ daß zwei Mal fünf zehne ſey , vielweniger daß zehn und „ zehn zwanzig u. s. w.” Solche Verstandlosigkeit brachte mich fast zur Verzweiflung .
Endlich sagt er : „ Pakke das Geld
nur zuſammen , auf den Abend komt Peter , mein Pferdes knecht vom Exerciren der Landwehr zurük , der wird's ſchon berechnen und nachsehen." - Es kam mir Bild Bürgers ,,Abt von St. Gallen und ſein Schäfer Bendix”, das Gez schäft ging in Ordnung. Dieser Kaufman hatte wenig Jahre zuvor sein Fleis scher Handwerk aufgegeben , mit etwa fünf Taler Vormögen zu handeln begonnen , und nun Haus , Hof, Pferde und Gesinde erhandelt. Kurz darauf besucht mich ein Millionär ; zu einem ber deutenden Geschäft mich auffordernd sagt er : „ Du wirst Dich wundern warum ich bei meinem Vermögen
390
Dich zur Teilname vorteilhaften Geschäfts einlade , Grund ist einfach dieser : ,,vorhabendes Geschäft bedarf mehr eis nes Rechnens Kundigen und Feder , Mächtigen als Kapital und Verständniß der Leitung ; nun weiß ich weder zu rechnen noch rit Feder umzugehen - daß ich aber dessenunges achtet Geschäfte zu leiten verstehe, ( ?) beweist (?) uns trüglich meine Million , der ich vor wenig Jahren nicht funfzig Taler in Vermögen hatte." Im Gegensaz lernte ich Kaufleute kennen , gebildeten Geistes, Wissenschaften liebende und damit sich gern beschäfs tigende, dabei geſchäftskundig, fleißig, solide und mit ererb ― diese konten teils ihr Vermögen
tem guten Vermögen
nicht erweitern, kamen teils zurük so , daß sie mitunter bei Aehnlichen wie Vorerwähnte in Dienste treten mußten. Mir war diese Erfarung nicht wenig beschämend ; denn zuweilen hatte Eigenliebe gespukt , einreden wollen , Fleiß, Sparsamkeit und einige Geschiklichkeit, habe den armen und in Erziehung völlig verwahrlosten Jüngling zum tüch tigen Kaufman erhoben; da komt der Millionär , kündigt naiv genug als absolutes Nichts sich an , und hat doch eine Million?
Jene dagegen , mit welchen ich in Kentnissen
schlechthin nicht vergleichbar , können nicht nur nichts erwers ben , sondern sezen ihr Ererbtes zu und sind faſt Betler ? Des Räthsels Schlüssel gibt Jes. Sirach 26. 28.: ,,Ein Kaufman mag fich schwerlich hüten vor Unrecht, und ein Krämer vor Sünde ;" auch 27. 2. 3.:,,Wie ein Nagel in der Mauer zwischen Steinen stekket, also stekket auch Sünde zwischen Käufer und Verkäufer !" Auch was Friedrich ſagt und A. gibt volkommenen Aufschluß.
Manches
trug diese Erfahrung bei , den seit
20 Jahren gehegten Wunsch zu vestem Entschluß zu bringen, aufzugeben , was von früher Kindheit meiner Natur widers strebt, zu übernehmen aber , Pflicht schien.
391
B.
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Dem Parnassus sehnte nun mein Gemüth sich zu,
dort schienen lauter Olympier zu tronen , vor denen ich mit Demuth mich neigte, in Gedanken und That ; ihn ers klimmen - nicht im Traume fiel mir's bei , zu deutlich meine Unwissenheit wissend.
Ohne Eine einzige Stunde
wissenschaftlichen Unterrichts aufgewachsen, in meinem neuns zehnten Jahre kaum meinen Namen ſchreiben könnend , und von dieser Zeit an fünf und zwanzig Jahre ununterbrochen mit Ernährung mehrer Familien anfangs ohne Vermögen belastet, war offenbare Narheit an so etwas nur zu denken. Zwar begeisterte den Jüngling ſchon Thatendurst, er sah sich als Feldherr , als Regent , und schon damals Alles be obachtend anschauend , mußte, ja , mußt er sich's ſagen : ,,Ob du , da oben stehend , es besser gemacht , ist freilich schlechter zu machen sey Frage -- gewiß aber ist
absolut unmöglich. " Jener Thatendurst verlor sich mit Jünglings-Alter ; und als nun Anſtalten im Gange , den Kaufman abzuwerfen, beschränkten Wünsche sich , lesen zu beginnen ; nemlich. echtes Leſen, ſtat des bis dahin getriebenen Forma l leſens. Kaum begonnen, und noch vest in langweiligem Abwik lungs-Geschäfte 25jähriger Verbindung , ward schon hell und heller : „ ſchwerlich findest du was du suchst!"
Denn , gez
rühmt ward der und der , Verleger überböten sich um dessen Geistes Produkte,
kein Minister solches
Gehalt, wie
dieser von Preſſe ; natürlich verſchlang ich so reiche Geistes, Nahrung versprechende Schriften.
Ich lese ein , zwei , drei
Werke (?) , lese sie nach Fichte's Vorschrift ein , zwei , drei Mal- und finde Geist ? wo denkst du hin , das fadeste, ab geschmakteſte und erbårmlichſte Zeug , was nur jemals barste Verstandlosigkeit hervorgebracht.
Solches absolut dumme
Zeug finder Verleger , Leser und günstige Beurteiler ? Uns
392 glaublich! In mir spricht's : ,, Du weißt zwar nichts , allein weniger zu wissen ,
als diese Schreiber ,
Beurteiler, ist schlechthin unmöglich. ohne Bret ,
im Kopfe spieltest ,
Leser und
So du etwa Schach, oder aus zwölf Zalen
Quadrats , aus funfzehn Kubik ; Wurzel , oder Auflösung algebraischer Gleichung zweiten Grades - ohne Tafel, im Kopfe berechnetest , oder irgend eine andere schwierige Kopfarbeit machteſt und dabei ſchriebſt , ſo müßte es dennoch seltsam zugehen , wenn Ein Bogen dieses von dir dann nur eben Hingeworfenen nicht mehr Geiſt enthielte, als jene Hundert Bånde zusammengenommen , izt mehrere Auflagen erlebend. " Kein solch Wunder fand ich bei abergläubiſcheſten Vil fern als jene gepriesene Schriften , nachdem Göthe's und Schillers Werke Allen zugånglich ; denn , daß Leute auf holprigen Wegen faren , ehe gebahnte vorhanden , ist ganz in der Ordnung , wer aber neben allgemein bekanten und gesicherten Straßen , schmuzige und gefärliche Hohlwege einſchlägt, und dieſe jenen vorzieht und anpreiſt , iſt offen: bar verstandlos . --
C.
Daß im Belletristischen jezt nichts zu erlernen,
war bald entſchieden : „ beeile dich neue , Millionen koſtende ,,Gebäude zu schauen, sie werden dich entzükken." Ha ! dacht' ich, was hat nicht ein Phidias , ein Schlüter u. ſ. M. mit viel wenigerm Gelde geleistet , gewiß sind sie bewunderungss Doch wende ich mich zuvor zum Berliner Zeughaus, Anschauung zu beleben , giltigen Urteils mich zu versichern. Wie Orpheus Steine bewegt, wird hier volkommen deutlich ;
würdig.
denn, aus dieser ungeheuren Steinmasse trit lebend des Meis sters Geist heraus, ähnlich, wie etwa im Gdz Gdthe's „ Ges orge der goldene Junge” und in Homeriſchen Gebilden ewiger
393 Geist plastisch heraustrit.
-
So dieses Zeughaus in mich auf
nehmend , weiß ich unerschütterlich vest : „ In Millionen ,,Jahren wird dieses Gebäude, wenn seine Materie so ,,lange dauert, Muster echter Schönheit seyn. "
Nichts
geringeres erwarte ich natürlich in derselben Stadt neu erbauet bei so ungeheurer Verschwendung , wo noch gar viel ich schweige, der
Ndtigeres vernachläßigt , zu finden
neue Meister hat um den Vorrang jener Belletristen *) gebuhlt.
Lebhaft ist mir von Knaben Zeit ein Schauspiel gegens wärtig, dessen Scene sich nicht Einmal veränderte, aschgrauer Vorhang gesamte Dekoration ; Spielende aber waren Fleck, Island, die Unzelman (spåter Bethman) , Döblin und noch Einige. Das Publikum ward zu Trånen , zu Jubel hingerissen ; - ewiger Geist waltete in Spielenden. Jezt kostet Eine Dekoration , was damals GesamtTheater Personal kaum in einem Jahre , - wo aber von echter Kunst Spuren ? Elephanten, Hunde, Affen, Taschen: spieler und Pferde , wie Kunst.
entweihen ,
schånden , so Menschen
Gibts keine Rafaelische , Hemmlingsche Bilder? lehren diese nicht ewigen Geist der Malerei ? Durchaus nicht !
*) Nebenbei : Wann werden endlich Teutsche , Ewigkeit ihrer Existenz und vorzugsweisen Reichtum ihrer Ursprache zu glaus ben beginnen ? Nicht mehr Armuth lateinischer Sprache aus dem Todten-Reiche heraufbeschwörend plündern , zu verpfusch , ten Inschriften ?! - Was Anderes heißt denn dies unvernünfs tige Verfahren , als daß Ihr Selbft Euch zur Vergessen , heit verurteilt ?! So ift's ! Und eben darum ſinken Eure nichtigen Werke früher noch denn Eure Leiber , in das Grab ewiger Vergessenheit!! ,,Nur der, Seinem Geißt Selbsts Glaus ,,bende, lebt und wirket durch ewige Schöpfungen , ewiglich!!”
394 siehe neue Bilder , kein anderes Streben in dieſen verstand. losen Künstlern, als Samt und Seide bis zu höchſter Aehn. lichkeit abkonterfeien, kaum hie und da Spuren echten Geiſtes.
D. ger
Fast aufgebend durch Bilder-Anschauung jezi = wie sol ich sie nennen , Künstler ? bewahre, nicht
einmal Jünger, nicht Schüler, da sie im absoluten Nichts sich umhertreiben - also jeziger Gegenfüßler der Kunst, Belehrung zu finden, wird mir unendliches Glük zu Teil, durch einige, leider sehr wenige , echte Jünger der Tonkunst, Joh. Seb. Bach kennen zu lernen. Welche neue Welt erschließt sich plözlich ?
Was in
Paulus , Luther, Raphael, Spinoza , Homer , kurz, was in allen übrigen Meistern vereinzelt, ergießt dieser Eine Koloß in Tausend Schöpfungen.
Wüßten wir gar nichts
vom Geiste , und hätte es außer Bach nicht Einen geistis gen Menschen gegeben , ewige Geistes-Macht ſtånde durch diesen Einen , ewig vest gegründet ! *) Seit Kurzem reden ſie von seiner wunderbaren Pasfion , und glauben , damit ſey's Alle.
Und doch ent-
halten seine kleinsten , und scheinbar nur eben hinges worfenen Inventionen , Exercitien ,
Pråludien , Fugen,
mehr Kunst und Geist , als Alle sogenante Schöpfun-
*) unbedingt wird zugegeben , ohne Bibel, keinen Bach ; zugleich aber behauptet : ,, So wie Bach, haben seit Paulus , dem ,,Apostel, dußerft , äußerst wenige Theologen und Philosophen ,,Bibel verstanden !! " Wåre Bach Theolog worden, ohne Zweifel hätt er durchdringender noch als Luther , reformirt sich Nennende reformirt , und besonders Blind - Supernatura: liften, ihre Hahn,Hengstenbergische Namen entsprechende Alberns heiten , mit Kontrabassistischen Streichen so bewiesen, daß sie maulsperrisch nicht fürder zu muxen wagten. ---
395 gen, fast Aller neuern sogenanten Tondichter zusammengenommen .
Von diesem Einen Manne ist eben so
viel zu lernen , als von allen übrigen , mit Recht höchſt verehrten Meistern in Geschichte und Philoſophie zusammengenommen .
Wahrlich, unter zallosen Dingen, welche
beobachtenden Geistern als unverständlich ſich entziehen, ist am unverständlichsten , Kühnheit irgend eines noch so reich Begabten, nachdem Schöpfungen Bach's, durch allwaltende Vorsehung bis jezt erhalten, vorliegen, mit dieſem rein Göttlichen in Schranken zu treten ?! Wagt wohl irgend Jemand , neben Roms majeståtischer Peters-Kirche oder Strasburgs Münster, verfallende Lehmhütten mit kleinen schiefwinklichten Fenstern , worin stat Glasscheiben gethrantes Löschpapier, welches helster Mittagssonne Erleuchtung widerstrebt , zu erbauen ? Ringen verkrüppelte Zwerge mit Riesen ? Geht in Euch, mit Gott kämpfen Menschen vergebens !
Bachs
Schöpfungen haben durchaus
nichts
niederer Natur entnommen , ewiger Geist selbst hat fie unmittelbar diktirt; hier ist Vollendung , nichts , *) durchaus nichts Höheres mehr zu leisten.
*) Nicht sey hervorgehoben unerschöpflicher Reichtum seiner Phantasie, wie zallos selbst ståndige Gedanken seiner Werke bezeugen ; -- nicht anstaunungswürdige Kühnheit seiner harmonischen Verbindungen , scheinbar heterogenster Akkorde, beim bloßen Hören, häufig gleichsam mit Schrekken erfüllend , eben so durch Ueberraschung , als weil Furcht erregend , daß es dem Meister unmöglich gelingen könne; - nicht endlich hieraus sich offenbarende Tiefe und Umfang seines Verstandes , der mit Bewunderung erregender Leichtigkeit jede , absolut jede Schwierigkeit
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396
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Doch ja! Eine Möglichkeit gibts , ihn zu übertreffen ? Ninmermehr ! Aber seinen Schöpfungen Aehnliche hervorzubringen , und
diese Eine Möglichkeit ist,
wenn Ihr in demselben Geist echter Liebe des uns trüglichen Meisters arbeitet ; d . i. wenn Ihr Eure niedere Natur völlig , völlig aufgebt , und mit dieser die äußere Welt unbedingt! Richtet Euer Gemüth
absolut . allein
auf Gott,
denkt an keinen anderen als allein Gottes Beifall zu überwindet, so daß schlechthin nicht zu zweifeln : für Bach gab es in Tonkunst keine Schwierigkeit weiter, er ist darin unbeschränkter Herr über alle Formen und Hilfsmitteln ; Eines erhebt ihn zu absolut unvers gleichbarem Meister : ,, Sein durchaus allein dem Heis „ ligsten sich weihendes Gemüth !!" Daher , ſeine heilige Frömmigkeit ausströmende und Ehrfurcht einfld. Bende Schöpfungen, welche durch Erhabenheit und Frische bezaubern , durch Maaßhalten reizen , durch Korrektheit beruhigen. (Welcher für Tonkunft nur irgend Empfångs liche, erkent dieses Alles nicht deutlich in Bachs Pass sion ?!) So bewährt sich Bach nicht blos , als der Töne vollendetster Meister , sondern als durchdrungen von höchs ster Erkentniß. Bach lehrt in seinen Schöpfungen : ,, was ,,Gott, Religion , Liebe, Glaube, Wissen , ihrem inners ,,sten Wesen nach sind , d . i. was Geist an sich ist!!" Seine Werke zum Teil nur gerettet, sind unerschöpflich an Studien ; wie Viele sind verloren , wie Viele aus Butter Keller - Makulatur noch zu erretten ?! Und aus den Hundert erretteten Werken , kent teutsches Publikum kaum zehn Kantaten und Eine Passion , und thut gar nichts , von diesem seinem und der Welt größtem Meister fernere Belehrung zu erhalten , sons dern trachtet allein Welscher Erbärmlichkeit zu huldis gen? ,, Unglaublich schamloſe Undankbarkeit !!"
397
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erringen , bis zur lezten Hefe ausscheidend , jeden , absolut jeden irdischen Gedanken ; übergebt Euch ganz und gar alleiniger Führung ewigen Geistes , indem Ihr schlechterdings nichts Anderes , denn Ewiges zu schaf= fen erstrebet , absolut unbekümmert jedes menschlichen Urteils, indem ja nur Euer in Euch thronender Geist, allein richtig beurteilen kann , was neu Er erschaft, - ist Euch überhaupt nur Schöpfungs - Geist verliehen, dann möget Ihr irgendwie hoffen , Bachs Schöpfungen zu erreichen!!
Leser so ist's ! Gibt's jemals ein Gesamt-Volk, Bachs Schöpfungen durch und durch verstehendes , *) dieſes Volk wandelt dann im ewigen Lichte, und die allerkühnſte Prophezeihung ist erfült auf Erden ; denn , dieses Volk ist dann vollendet in sich selber, und es strömt von ihm aus ewiges Leben , und alle Völker der Erde werden dann bald wandeln in gleich ewigem Lichte !! *) Daß, Verstehen an sich, schlechthin in Allen Dins gen , ohne Eine Ausname , absolut unmöglich , wenn verstehen Wollende , das zu Verstehende nicht ges gewisserweise in Sich neu schaffend erzeugen - wird später nachgewiesen ; hier diene es zur Phänomens -Erklås rung, daß mit Tonkunſt ſich Beschäftigende, Alle soges nante Meister, selbst Beethoven nicht ausgenommen, zwar sogenant meisterhaft vortragen können , dennoch aber und zwar unbedingt von Hundert solchen Meis stern neun und neunzig gewiß ____ nicht Eine Bach'sche Fuge richtig vorzutragen vermögen !! in Grund aus Früherem einfach deutlich : Bei Bach hilft Fingers Fertigkeit durchaus gar nichts , du mußt ihn absolut verstehen, d. i. ihn mit Geiſt , ſtudirend durch,
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Was aber beut Gegenwart? Eine vormals bes rühmte Anstalt von fklavischer Schmeichelsucht bethört, ernent einen Menschen zum Lehrer heiligster Kunst, der schlechterdings nichts von Kunst überhaupt weiß — pfui !
Was beut Gegenwart ? Entweihung heiligster Kunst, auch dann nicht entschuldigbar , wenn Bach nie gelebt, mehr nicht - offen-
da ja auch Håndel Ahnung
bart, was innerstes Wesen der Tonkunst an sich iſt : ,,Allgemein giltiges Wort ; allgemein verstånd„liche Sprache , Einheit des Menschen - Geistes , "fo zweifellos
offenbarend
und
unerschütterlich
vest
„ gründend , wie es schlechterdings kein Philoſoph so „ zweifelsfrei zu beweisen vermag, eben durch Sprache „ beengt , sowohl überhaupt, weil sie stets nur Sprache „Eines Volks zu seyn vermag, als, weil sie an sich, zu der Freiheit und Kühnheit welche Ton - Dichtung "gewährt sich nie erheben kann !!
Was beut Gegenwart ? Ein jammervolles Bild gråus licher Entartung, ebenso erhabener Kunst überhaupt, indem Affen, Hunde, Taschenspieler und Pferde Bretter besteigen, die ewiger Geist Shakspears geheiligt, als besonders durch schändlichen Mißbrauch edler Tonkunst :
dringen , und das ist freilich jezt nicht Mode !! Dars um ist der Alte noch immer als Brumbår gefürchtet, nicht geliebt ; denn auch der bloße Hörer, muß bei Aufführung Bach'scher Schöpfungen , denselben Schöpfungs- Geist mitbringen , sonst hört er nichts als Schall !!
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,,,,Wo finde ich den altenKothurn, der nicht mehrzu ſehen? ” Kaum einmal im Jahre" 99.99 „, „ Geht Dein geharnischter Geiſt über die Bretter hinweg ?" ,,Ja, ein derber und trokner Spaß, nichts geht uns darüber, ,,Aber der Jammer auch, wenn er nur naß ist, gefält. " .... Uns kann nur das christlich
(?) moralische rühren,
,,Und was recht populär, häuslich und bürgerlich ist. ,,,,Was? Es dürfte kein Cåſar auf euren Bühnen sich zeigen,” ,,,,Kein Achil, kein Orest, keine Andromache mehr ?" „ Nichts ! Man sieht bei uns nur Pfarrer, Kommerzienråte, .,Fähndriche, Sekretairs oder Huſaren-Majors. ,,,,Aber ich bitte Dich Freund, was kann denn dieser Misere " ,,,,Großes begegnen, was kann großes durch sie geschehen ?"— ,,Was ? sie machen Kabale, sie leihen auf Pfänder, sie stekken „ Silberne Löffel ein, wagen den Pranger und mehr !! ,,Wenn sich das Laster erbricht, sezt sich die Tugend zu Tisch!!" -
Und dieses Erbårmlichste des denkbar Erbårmlichsten, nehmen sogenante Meister zum Vorwurf ihrer Ton-Schöpfungen, und hoffen auf des heiligen Geistes Beis stand, ohne welchen Nichts, durchaus Nichts, oder vielmehr nur Nichts, zu schaffen ist ? Und diese Erbärmlichen denen auch nicht Ahnung edler Liebe geworden, werden als Genie's verehrt ? Pfui den Erbärmlichen die Urteile zu fållen wagen , über Dinge die ihrer Sinlichkeit huldigenden Natur so lange fremd bleiben müſſen, bis sie Obmacht heiligen Geistes erkant !!
E.
Diese Untersuchungen fielen um die Zeit wo
Orientalische Frage Alle Nachdenkende anzuziehen began.
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400 -
Was seit 1815 Rükschreitendes auch geschehen mehr Partiellem zugehörend ,
pah!
kont' man es abwarten.
Noch lebte ein Canning , würdiger Jünger Pitt's ; und mochte sein Wahlspruch auch : „Religiöse und
bürger-
liche Freiheit der ganzen Welt !!" Macchiavellische Vers - schon genug gewonnen lokkung bei ihm bezwekken , wenn darin liegende Verlokkung, von bis dahin Entehrendes nur aussprechender Diplomatie, erkant ift. so wie heiliger Alliance Verkündung ,
Eben
kan auch jener
Wahlspruch nimmermehr verhallen : heiligste Ergebnisse heilig philosophischer Forschungen , Grundsäze abso= lut allgemeiner Giltigkeit durch apriorische Erkentniß des Geistes ewig vestgegründet.
Mögen Jahrtausende
entmenschender Sklaverei noch folgen , ewige Zeit liegt vor uns, und kein nur irgend von Vernunft Wissender kann zweifeln : „Jener , obwohl vielleicht nur instinktartig verkündete „Grundſaz
Canning's , iſt deutlich vorgeſtektes Ziel
,,der Menschheit , zu welchem sich einst , völlig zwei,,felsfrei , Alle , absolut Alle Regierungen werden bes „kennen , ihn werden befolgen müſſen , auch wider Willen !!"
Der unsterbliche Verkünder stirbt plözlich - ob wie mit ihm erGen. Hoche 1797 durch Eifersucht ?? lischt leztes Licht aus jener erhabenen Zeit französischer Revolution, so überreich
an ausgezeichneten Menschen.
Schaurige Winter-Nacht nun über Europa ; nicht Einer mehr , nur gewöhnlicher Verhältniſſe mächtig viel weniger so verwikkelter. Was Belletristik was Künste, gang
401
dasselbe beut nun Diplomatie. Aufgabe unmöglich : „ Wer macht's besser!" Wer nicht ? Wenn Vestungs- Arbeiter Minister, schlechter machen sie's gewiß nicht, weil total unmöglich !
F.
,,Kant. und Fichte haben ja in unsern Tagen „gelebt und gewirkt , auch Spinoza ist erkanter wende "" ,,dich Rechts-, Theologies, Philosophie- Forschenden zu. Wehe ! ich gerate
vom Regen in die Traufe ! Weder
haben jene irgend Begrif von Recht, noch diese von Gott und Christentum , noch lezte von Wissen. Jene lehren absolutes Unrecht für Recht, diese , Teufel und Heidentum verehren.
für göttlich , lezte Meinen für Wissen, Und nicht blos von Katheder und Kanzel , -
selbst in Schriften scheuen sie nicht ihre offenbarste Albernheiten für Weisheit anzupreiſen ; und wie Hogarth der Geselschaft Verzükkung beim Kastraten - Gesang malt, so hat jeder jener Entmanten, fein vers züktes Publikum ! Zwar ist längst bekant : „ Eine Krähe haft der An-
deren Augen nicht aus !" doch bliebe wunderbar scheinbare Uebereinstimmung absoluter Unvernunft der Rezenfier-Anstalten ; denn nach diesen, schwirren über Sümpfen in schwülem Sommer nicht so viel Mükken , als über Europa , und besonders Teutschland , Weise.
Råtsel
löst volständig Göthe's Briefwechsel, worin ohne Umstånde , aller
Scham
leer gelehrt wird :
günstige Rezensionen erkauft!!"
„ wie man
Aehnlich wie Pestalozi
Verwunderung Schweizerischer Waisen- Gelder-Verwalter darstelt, über Veruntreuung derselben zur Ver[ 26 ]
402
antwortung gezogen zu werden - die sich aber nur vers wundern, nicht erschrekken; denn sie wissen- und dies erschöpfend , weil sie von früher Jugend an nur diesem Wissen zuſtreben — fie wissen ihre Richter durch Teilname des Raubes zu beschwichtigen. Nun kann nicht mehr verwundern , wenn StaatsRechts-Lehrer als erste Genie's gepriesen werden , über solche Stellen: „ Von ewigem Frieden unter leidenschaftlichen Menschen (?) und
abenteuerlichen Völkern (?)
„mögen die träumen (?) , welche auf der einen Seite (!) ,,die Menschen, und namentlich die des Abendlandes nicht „ kennen (?) , und auf der andern Seite ( !) nicht wiſſen (?), ,,daß Kriege in dem großen (!) Weltgetriebe (?) zu „ihrer Zeit (?) notwendig sind , wenn die Menschen nicht „physisch (?) verfaulen sollen.
Der Krieg
gleicht den
„Orkanen (?) , welche Pflanzen - Welten und viele Inseln „ zerstören, aber auch viel Peststof entführen.” Brachten Schulknaben solche Auffåze , wahrlich sie verdienten tüchtige Zurechtweisung , sowohl über Inhalt als Styl.
„Wer hat dich gelehrt,
daß Leidenschaften
„ Unterworfene, Menschen sind ? Weißt du nicht, daß „ Menschen freie Wesen , Leidenschaft Unterworfene aber Sünden -Knechte? " Was sind abenteuerliche „ abendländische Völker, see wie magst du solch albernes ,,Zeug schreiben ?" „, „ Herr ! Abenteuerlich
meint ' ich die Völker, 99 99 „, „,welche ewigem Frieden zustreben.
„ So ! und du hast nicht offenbaren Widerspruch in „ diesen fünf Worten gemerkt ? Leidenschaft ist Krieg „in ſich selbst, welcher Mensch strebt Frieden zu , sofern
403
„er der Leidenschaft Knecht ist ? Und worin besteht das „ Abenteuerliche Frieden-Zustrebender ? Wilst du denn Krie„ ges- und nicht Friedens-Lehrer seyn ? ,,,,Friedens - Lehrer ,
Herr ! mich schauderts wenn
"" ,ich Blut sehe. " " Und lehrst Krieg , indem du ja selbst ſagſt, „Krieg müsse seyn ? - Gehe , werde Stük - Knecht, zu ,,Kanonen - Futter magst du brauchbar seyn.
Wenn du
,,deinen Geist zu folgerichtigerm Denken einst ausgebil „ det, dann wirst du auch hoffentlich deinen Styl beſſern.”
Es mag an diesem Einen Beispiel genug seyn , zur Bestätigung des Urteils Baſſanios S. 331.
Unter izt
Welt-überschwemmenden Tausend sogenant Gelehrten-Buchern, sind 999 vol solcher nichtsſagenden und ſich ſelbſt widersprechenden Stellen.
Kurz
es ist schlechthin un-
glaublich, daß, nachdem Kant's und Fichte's Schriften - ja wohl leer Jedem zugänglich , sogenant Gelehrte solches albernes Zeug für Wissenschaft zu verkaufen Frechheit haben. It's mit Theologischen anders ? Durchaus nicht ; hie und da gibt's Einzelne , wie in allen Fächern Beachtungswürdige , allein , wie kleine Dafen Afrikanischer Sandwüsten schwer zu entdekken.
Allermeiste beten Josefs
Hosen und Maria's Hemde an, und wenn Du des Teus fels Persönlichkeit richt anerkenst, magst Du Pauliniſcher Liebe noch so vol seyn - „ Du bist nicht Christ!” -
Philosophische Schriften buhlen um Vorrang Aller an rasendem Unfin.
Eine Hallische plündert Schimpf-
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worte edelster Sprache, Muhamed dadurch zu entehren meis nend ; Eine Würzburgische hat des Wissens äußerste Spize erreicht, und beweist's handgreiflich : denn,,,des Vers ,,fassers Philosophie hat sich bewährt in Brantwein„Brennereien und in Holzschlågen.
Er beweist
ferner : Portrait-Malerei mit General Baß multiplicirt „gibt notwendig eine Bildſåule ; addirt, ſubtrahirt, divi„ dirt - was Du wünscht, eine Flöte , Uhre u. s. w . ” Lies selbst, es ist ohne Frage eine der merkwürdigsten Erscheinungen in der Literatur.
Und
dieser Philo-
soph hat Tausend ihn , gleich einem Gotte, verehrende Jünger !? Geheſt Du zum Großen Philosophen , so hörst Du: „Sokrates war ein Somnambul, Säufer und Unwiſſen,,der, ""folglich hatten Athener volkommen Recht "" „ihn hinzurichten. „ Spinoza wird zwar belobt, „ aber unter geheimnißvollem Schleier, in ſichtbarer Angst „ vor Verantwortung. Kant, ein total Unwissender ; Fichte „ -— pah, als Jünger gelten zu laſſen u. s. w. u. f. w.” Und all dies mit einem Vortrag, einem Vortrag *)
*) Niemand kann Vorwurf treffen über das , was Natur versagte oder verkrüppelte. ― Aber von jedem öffent lich vortragenden Lehrer , ist allerdings unbedingt zu fordern, daß er von seinem Mangel Natur-Angebornens Talents, wisse!! Wisse , daß höherem Alter nimmers mehr gelingt widerstrekende Natur zu bezwingen , was Jünglinge mit Demosthenes Geist Ausgestattete, kaum zu überwinden vermögen. Ueberhaupt, lebt denn von mindes stens 500 Keiner mehr , welcher vor 20 Jahren Fichte's erste zwei Stunden über Phänomene des Wiſſens
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und wenn er nichts als reinste göttliche Lehre vortrüge, so wär's doch nicht zu ertragen ; und nun solches Zeug ! -
hörte , wo er über Pflichten der Lehrer und Jün: ger der Wissenschaft sprach? C Ich Unglüklicher habe nur diese zwei Stunden den Herlichen gehört ; angeschmiedet - wie es mir damals schien - an Geist unterdrükkenden Handels- Geſchäften, unterließ ich Wieders holung sohohen Genusses. Nimmermehr vergesse ich jedoch begeisterten, drum begeisternden Vortrag dieses Heros echter Wissenschaft. Als unbedingte Pflicht des Leh, rers hob er vorzüglich hervor : „,Nicht nur der Sprache, ,,sondern eben so des Vortrags volkommen mächtig „ ſeyn zu müſſen ! Damit Leben ausströmendes Wort • ,,lebend eindringe in Leben fordernde Jünger !!" Und wahrhaftig, des Meisters Wort lebte und entzüns dete Leben in jeglichem Hörer , auch wider Willen ; denn der Meister ergrif mit elektriſch-magnetiſcher Geis stes Macht auch Widerstrebende , ihr Gemüth zu Sich erhebend , an Sich fesselnd mit jenem Zauber, wos durch Alle Gott-Begeisterte unwiderstehlich Geringer: Begabten Eigen-Willen, gleichsam mit diktatorischer Macht, lähmen ! Diese müſſen gehorchen , und gehorchen mit Freuden, teils ahnend , teils wiſſend : „ Sehern gehors ,,chen, sey unmittelbar Gott gehorchen !!" Auch gab sich dieses alsbald auffallend genug kund ; ,,denn , was man schwarz auf weiß besizt, kann man ,,getrost nach Hauſe tragen !" war auch hier in erster Stunde fast allgemein ; da begint der Meister in zweiter : ,, So weit Pflichten des Lehrers, nun die der Jünger. " ,,Lebendiges Wort sol er lebend in Sich aufs ,,nehmen und Ihr schreibt ?! Glaubt Ihr etwa ,,ich wüßte kein Buchzu verfassen ? Begehrt Ihr Bücher, ,,ich wil sie Euch schreiben, und wahrlich besser , als " Ihr sie hier zu schreiben vermögt. Kann aber ,,todter Buchstab lebendiges Wort ersezen ? - Nimmers
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Reichtum seiner Bilder lernst Du ungefår in seiner Philosophie des
Rechts
kennen ,
wo
„ter Kohl " an der Tagesordnung .
„ aufgewärmUebrigens huldigt
dieser Friedens - Fürst (!!) dem Kriege fast mit denfelben Worten, nur eben vom Staatsrechtslehrer
abs
geschrieben : „ die fitliche Gesundheit der Völker in ihrer „Indifferenz gegen das Festwerden der endlichen Beſtimt,,heiten erhalten wird, (??) wie die Bewegung der Winde „die See vor der Fäulniß bewahrt, (!) in welche sie eine ,,dauernde Ruhe, wie die Völker ein dauernder oder gar „ein ewiger Friede versezen würde." (Hört !! Wer dieser Beiden hat vom andern abgeſchrieben ?) Ihr echt ungläubige Thomaſſe, wie möget Ihr doch so wenig folgerichtig denken , nicht einsehen , daß , wenn ewiger Blut -Krieg nicht nur unvermeidlich , sondern absolut notwendig, Wiſſenſchaften und Künste bearbeiten, gar nichts anderes wäre , als
ewig verdamt seyn zur
Strafe des Sisyphus : ,,Der von schreklichen Mühen gefoltert, angestrengt mit ,,Hånden und Füßen den Marmor zur Berghöhe aufzuwåls ,,jen arbeitet ; glaubt er ihn aber , eben auf den Gipfel zu ,,heben , da mit einmal stürzt Laſt um , hurtig hinab mit ,,Gepolter entrolt der tükkische Marmor ! " Jst Blut- Krieg des Menschen ewige Bestimmung, ,,mehr ! Nur was aus
überströmendem Geist lebend „ herausquilt, vermag, gleiches Leben zu erwekken ; Todtes, ,,nimmermehr Leben zu erzeugen !!" So ungefår sprach der Unsterbliche - und im Nu waren alle Schreibe- Geråtſchaften unter den Bånken fast lächerlich anzuschauen. Sein lebendiges Wort aber, hdr' ich noch diese Stunde unaufgeschrieben, kühnen Muth entflammend, wo möglich ihm ähnlich zu werden !
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warum schließt er Frieden ? Woher Bemühung nach irs gend etwas Anderem , als nur tüchtig und stets gerüstet in Mord- Waffen zu stehen ? Habt Ihr denn gar kein Anschauungs-Vermögen, daß Ihr Euch weder zurük
noch vorwärts versezen könt ?
Seht Ihr denn nicht, daß Ihr vor 400 Jahren genau eben so Ideen des Huß, Luther , Kopernikus und Kolumbus
als Narheiten verlacht haben würdet ?
Daß
Eures Gleichen vor 50 Jahren französische Revolution absolut unmöglich gemeint, und Ihr selbst von diefen unleugbar Geschehenen schlechthin_nicht wißt weil Ihr nicht glaubt! - was da, eigentlich geschehen sey!! - Ihr seyd teils Gott und Geist absolut Leugnende , indem Euch der Mensch nur phyſikaliſche Erscheinung ist G mit denen ich ein für alle Mal, teils persönlichen mich gar nicht beschäftige Gott Glaubende , die ihn daher als Schöpfer denken. Dieser, als volkommenstes Wesen gedacht, behauptet Ihr mit Leibniß , hat notwendig möglichst volkommenste Welt erschaffen — da stekt Euer Grund-Jrtum ! Im absoluten Gegensaz behaupte ich: „ Gott hat wohlbedacht nicht die Ihm mög,,lich gewesene volkommene Welt erschaffen ; sonst håtte „ Er keine Menschen hineingesezt ; was solten denn ,,Diese in einer volkommenen Welt thun ? sondern „ Gott schuf eine unvolkommene Welt , sezte Menschen „hinein, damit Diesesie volkommen machen sollen !! „Dies, der Menschen Aufgabe, darum sind Welt und „Menschen erschaffen, Beide unvolkommen, um vermit,,telst Geistes -Bildung und Schöpfungen volkommen
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„ zu werden !! ,,,Ihr folt volkommen werden , *) ,,wie mein himlischer Bater !!" " Euer leicht vorauszusehender Einwand : „ Wenn nun „einst Welt und Menschen volkommen, was finden dann 1 „ Nachlebende zu thun ?" werden dann , jene selig Lebenden zu widerlegen wissen ; es iſt albern, über ungelegte Eier verfügen ; vorläufig gibt's einige Tausend Jahre nochvolauf zu thun, jene Volkommenheiten zu verwirklichen. „Schon hier sey Euch Menschen zugeschrieen : „ Wahrheit entgegen werde Einmal zugegeben , Ihr seyd „ überaus sehr vernünftig , müssen darum, nur Drei „hervorgehoben , Thomas
Moor ,
Heinrich
„Große
genant,
und Kant
in
Geschichte
"gewesen seyn, „ den
nicht
die
alle Drei
an
ewigen
IV.
der dum
Fries
glaubten , sondern dafür thẳ,,tig wirkten?! - Geziemte es Euch nicht einiges „Mißtrauen
nur
in Eure Einsichten zu
sezen ,
als sol-
,,chen Männern Albernheit zuzutrauen ? So beherzigt *) Seyn_fleht Math. 5. 48, von Abschreibern versehen , sonst unzweifelhaften Widerspruch enthaltend. Schon Simonides : ,,Mensch werden , möglich ; Seyn — unmöglich !" Daß ich vorstehendes noch allgemein geltendes Bild, auch nur als Bild angewandt, versteht sich. Jene Männer aber, so wie Alle , Krieg als notwendig Meinende , nehmen angegebene Seestürme keinesweges als bloßes Bild, ſondern behaupten damit wirklich, die Menschheit werde ewig der Natur unterworfen bleiben, was gar nichts Anderes heißt , als fie leugnen Ob.Macht des Geißes über Natur , das um so alberner ist, da ſchon jest, der Mensch mit zerbrechlichem Gebälk wütendsten Orkanen troit, allein vermittelft seines Geistes Ob-Macht !! So sol , drum wird er gewiß einst alle widerstrebenden Natur- Gewal ten beherschen, und drum auch entmenschenden Krieg. ,, Es ist eben Geistes Aufgabe, den jezt imFrieden sich fummelnden Pests ftof, die sich sammelnde Fäulniß , durch Geißtes - Schwert (Vergl. Matth. 10. 34.) auszurotten, nicht aber mit Geift ents ehrendem Eisen- Schwerd, (Vergl. Mattb . 26. 52. ) welches nur bei Vaterlands - Veteidigung noch gebraucht werden darf!!"
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,,doch endlich, endlich Worte so vieler Tausend Wissend„Edler, glaubet Niemand anders, denn Eurem eige ,,nen Geiste, nicht mehr nur Eurem Fleische , und ,,im Augenblik werdet Ihr selbst sehen , die Engel „ Gottes auch auf Euch herniedersteigen (Mos. 1. B. „ 28. 12.17.) und begeistert rufen : „, „ Wahrlich, der Herr ,,,,ist auch in Mir wie in Allen Menschen , und ich „ „ wußte es nicht !! Heilig, heilig ist diese Ståtte ewi""gen Geistes ! Hier ist Gottes Haus, und hier (in „ „ Mir !!) die Pforte des Himmels !!”
G.
Uebergangen werde, was Naturphilosophen ver-
künden, schon mehrmals berührt , wie Somnambule von Jena bis nach Haag sehen : „ Vom Thore erste Straße „rechts , zweite Gaffe links , drittes Haus von der Effe, „ drei Fenſter breit, vier Stufen hinan im zweiten Stok,,werk fizt - eine Kaze, und neben der Kaze die Tante in „einem Buche lesend."
„Was liest sie ?" „Ja , das kann ich nicht lesen ; denn sie hålt mir ,,das Buch verkehrt entgegen !!" So sehen Magen - Augen von Jena bis Haag, können aber doch
nicht verkehrt stehende Schrift lesen ?!
Kurz, solch krasser Unsin, wie Verſtändige nicht träumen, wird von Doktoren und Professoren aller Fakultäten als untrügliche Wahrheiten gelehrt. Nur einige Scenen aus dem unmittelbaren Leben mögen das Bild vervolſtändigen. „Was drångt dort Menge Bunt- Gemischter zum größten Saal großen Hauſes , selbst Besternte vom Civil und Militär, buhlen neidisch um erste Plaze ?"
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,,,,Du mußt sehr fremd hier seyn , von Geschichte unserer Zeit Vortragenden nichts gehört zu haben, über ihn nur Eine bewundernde Stimme."" Bald bin ich vorgedrångt vol geſpanter Erwartung. Er verkündet Fichte als Muster zu nehmen, der AehnliFreude erfült mein Ge-
ches 1808 und 13 vorgetragen.
muth ; denn nur Edle streben Edlen nach, so wie Wahlverwandtschaft Gemeine
zu Gemeinen
zieht;
Fichte
gleichen wollen ist kühn , und Kühnheit Zierde des seis nes Werts sich bewußten Mannes. ist furchtbare Enttäuschung ; und Nichtige und so
ganz
Desto empfindlicher
übergehend und gar
das
Schale
Un - Fichtesche,
entströmt plözlich der Geistes- Armuth als denkbar allerschmuzigste Zote.
Metapher,
Ich, erschrokken ob Furcht in ein Bordell geraten zu seyn, und nichts Anderes erwartend, als Nächststehende werden ihn sogleich fassen und zum Fenster hinauswerfen, der eigenes wie Ehrgefühl Acht Hundert auf Bildung Anspruch habender Hörer
so infam schamlos
zu verlezen wagt, *)_mit_dem aus ein und derselben Was geschieht? Höchſtens, Thür nun zu gehen entehrt. Dreißig scharren
und
murren
ein weniges , Uebrige
halten sich die Seiten und wollen schier erstikken , vor Lachen. ,,So ! ` Nun ist ja klar, warum Robespierre Civilisations-Stürmer ist!!"
*) Veststeht: ,, Jeder als Mensch sich Ankündigende, und beson: ders jeder Lehrer, und ganz besonders je der öffentliche Leb rer, welcher Entehrendes Andern anmutet , Heiliges läßtert u. s. w. ist absolut als Vieh zu behandeln , wenn man sich zuvor überzeugt , daß er nicht im Weinrausch, oder imWahnsin ſolch Entmenschendes vorgetragen ; in beiden leztern Fällen hat Jeder
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-
,,Wer fährt bort im Vier-Gespan , Vorreiter , Lakei, Jäger, strozend von Gold , gewiß ein hoher Reichsfürſt ?” „ , „ Ganz recht, du unsere Welt ganz und gar nicht Kennender, allerdings reichster Fürst des Geldes Eus ropa's ; für izt erst Markis , Graf, Baron , Freiherr, mehrmaliger Geheim - Rad und zehnfacher Ordens-Nitter. Als sein Großvater alte Kleider anbietend umzog , mochte er freilich auch im Traume solche Enkel nicht erwarten. Diese erkanten früh : „ Seliger geben denn nehmen ! ” sey denkbar dümster Grundsaz , drum hielten sie entgegengesezten vest , und du ſiehest, nicht übel fuhren ſie dabei. Nicht mit Unrecht zieren sie Titel und Orden , sonst wåre ganz Europa schon långst ihr Eigentum !!” ” Und wenn diese 1000 , 10,000 , ja 100,000 fl. ihres also`erwucherten ungeheuren Reichtums spenden , kaum tausendsten Teil desselben , erheben alle Zeitungen Europa's ihre „Großmuth ! ” zum Himmel? Welt, o Sklavensin dieser Zeit !
O gräuliche
Wenn jenes Mütter-
chen Eine Brodkrume von ihrem im Schweiß des Angeſichts Erworbenem reichet , Eines Pfennigs wert, hoch fen sie gepriesen , als weit erhaben über jene Elende ! „ Wen zerren sie dort zum Gefängniß , Verbrechern nicht ſieht er ähnlich?” unbedingtes Recht ihn nach Haus oder zum Arzte zu bringen, im erften Fall zu züchtigen , wie Hunde gezüchtigt werden, welche Simmer verunreinigen !!" (,, Dieses Einer der S. 387 vestgesetzten Fälle, wo jeder sich selbst Recht verschaffen,sol !!" Man beachte wohl Unterschied zwischen Freiheit des Vortrags, und Sitlichkeit beleidigende Frechheit , und zwischen schriftlichem und mündlichem Vortrag : ,, Schriftlicher, für Alle , ausgebilder tes Urtheil Besißende bestimmt , find darin aufgeworfene Un: tersuchungen, Prüfung dieser von selbst unterworfen ; mündlicher, für Wenige und Jünger bestimmt, fol Urteilskraft die ser eben erft bilden.)
-
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,,,,Ein Matrose ist's vol Ehren-Wunden , aber ohne Fürsprecher fleht er vergebens um Obdach gegen Winterskälte ; er hat ja nichts verbrochen , der Thor , wie mag er solches verlangen ; drauf reißt er des Pflasters Steine aus , wirft Fenster ein nun ist ihm Obdach gewiß, auch verhungern nicht wird er nun !!" " „Herr Gott ! was wählt dieser aus Rinsteinen und Kehrigt, es heißhungrig verschlingend ? ” , „ Schon långst merk ich , du kenst London gar „ nicht; der Reichen Kehrigt beut zallos Armen reiche Ausbeute, was Jener Hunde verſchmåhen !!” ” ,,So ! nun verstehe ich was Pitt schon 1796, Unglaubliches aussprach : „ Hunderten von Lords koste Pflege ihrer Jagdhunde jährlich 800 Liv. St.” ( 5 bis 6000 Taler !! ) ; wie Vielen und mehr noch nun erst? Und nicht Einer dieser hündischenLords und Reichen fürchtet des Volks Rache-Wuth ? ” „Majestät des Menschen- Geistes, dich ſol ich bei sogenant Großen der Erde ſuchen ? Du hast ewig nur beim Bolke gethront. Bewunderung zolle ich ferner nur dir allein ; denn nur Erkentniß deiner erhabenen Menschen-Würde kann zurük dich halten , bis auf's Aeußerste zu ertragen Tyrannische Entmenschung , ehe du deine Tyrannen ers würgst, deine Geduld hårtester Prüfung Unterwerfende !!" „ Siehe dort zallose Hinrichtungen und Transportirungen nach Botany - Eay.
Was haben sie verbrochen ?
„ Kaum Taler werts zurük genommen , was von ihnen zu Tausenden geraubt worden ; Räuber zieren dafür Orden, Jene aber sind Henkern übergeben ?!
Sterbt ruhigen
Gewissens , Ihr leidet unschuldig , was Andere tausendfach verschuldet !!"
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,,,,Aber solch grenzenloses T Elend und entmenschende Thrannei , wuchert nur auf Englands freiem Boden, nicht in Teutschland ?!"" ,,Noch nicht ganz so , allein schon sind von allen Seiten und an allen Orten , ganz unfehlbare Anstalten getroffen jene reizende Muster-Bilder zu übertreffen, naz turgemåg, worin jede Nachåffung notwendig zu scheußs licherer Karrikatur scheußlichen Originals wird. Allgemeine Handels- und Gewerbe - Freiheit , vereint mit entmenschendem Fond- Spiel- Wucher werden - Du kanst dich drauf verlassen ! - englische Originale, aus Gemächern des Jammers entlehnt, binnen sehr wenig Jahren weit hinter_sich_laffen." ,,Uebrigens hast du nur nötig dicht um dich zu blikken , du findest der Mütter genug , Gerippen ähnlicher denn menschlichen Wesen , welche sieren Bliks Säuglin gen welke Brüste reichen : „,,,Nim Kind lezten BlutsMark ihrer Gebeine Tropfen der Mutter, وleztes در د - ,,Tod ist's !!" ,,lechzender warum nimst du nicht?' Durst hat glüklich hårteren Leiden entzogen"! - „ Der Vater ehemals wohlhabender , angesehener , rechtschaffe ner und sein Gewerbe verstehender , auch fleißiger Bürger, aber unfähig zum Schleuder - System betrogener Bes truger *) sich zu erniedrigen , muß allmählich in befferen *) Nicht bedarfs theoretische Konstruirung hd herer Staatss Kunst ; ohnlängst hat ein bekant hoher Beamte der Handel und Gewerbe, Freiheit in die Augen springende 99 Vors teile !!" praktiſch nachzuweiſen ſich bemüht ; Er erkläre folgende überall unzálig oft vorkommende Thatsachen !! Kaufmann kauft von Fabrikanten fehlerfreien farbigen Gingham 60 Ellen für drei Taler ; auf Schale gelegt, wiegt dies Zeug mehr in Geldwert , als dem Fa brikant das darin verarbeitete Garn kostet ; mithin ist nicht Rede von Arbeitslohn , da nicht Auslage erstattet wird . Wie kann dergleichen zehn tausendfältig vorkoms men? Sehr einfach ! jeder Fabrik-Arbeiter arbeitet , bis lezter Heller ver arbeitet ist , dann wird Garn geborgt, nicht bezalt. Dieses untrügliche Auflösung des sonst unauflösbaren Räthsels. Unter hundert Bürgern wird auf diese Art Einer immer reicher , genau wie in England, 99 für diesen Arbeitende aber werden betrů. gerische Betler . In Staats. Registern findet sich das erst nach mehren Jahren , wodann das Uebel so tief
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Tagen erworbenes Geschmeide , Gold und Silber, endlich auch Handwerks- Gerätschaften , kurz alles irgend
schon eingewurzelt ist, daß Heilung ohne gewaltige und ,,lebensgefährliche !!" Einschnitte kaum zu hoffen. Seit kurzem ist vielfach erörtert , zu des Staats Wohlfart sey unerlaßlich , unverschuldet Beamte nicht wilkürlich absezen zu dürfen. Kein Vernünftiger wird diesen allgemein giltigen Grundsaz bestreiten. Denn, sollen tüchtige Beamte sich bilden, und sind den Staaten tüchtige Beamte völlig zweifelsfreiunentbehrlich, so müssen Aemter gesicherte Nahrung bringen , sonst nur sehr Wenige izt unentbehrliche und kostspielige Studien drauf verwenden würden . (Woraus nebenbei deutlich, daß des Amerikanischen Präsidenten Jakson Vorschlag, häufigen Beamten Wechsels , wenn nicht Lokal-Verhält nisse dort völlig antipodisch gegen Europa , große Zweis fel gegen seine Staats- Erkentniß erregen.) Indem aber in Europa dieselben Männer Unabſezbarkeit der Bes amten und zugleich Handels und Gewerbe- Freiheit for dern , bezeugen dies Fordernde völlig unzweideutig , daß fie an einer und derselben allgemeinen Krankheit leis den: Keines folgevesten Denkens mächtig zu seyn !!" Denn, dieselben Männer schimpfen auch auf Unheil des Aristokratismus, und sind blind, da sie ihren eigenen nicht sehen ,, Sie sehen Splitter und nicht Bal ken !" Merkt Ihr denn ganz und gar nicht , daß alle , absolut alle echte Staaten , vom Könige bis zu dem ge ringsten Tageldhner , gar keine andere Burger als Beamte zålen ?! Ihr bereitet Euch durch Studien zu Euren , jene durch Handwerks- Erlernung zu ihren Aemtern ; Ihr fordert Schuz gegen wilkürliche Absezung und mit vollem Rechte , - ,,mit ganz genau dem . selben Rechte fordern auch jene Schuz gegen Aus, lands Absezung !!" Nur Unwürdigkeiten sollen Euch von Euren Aemtern treiben - auch Jene nur Verz brechen von ihren Brod - Erwerben !! Kurz mit wenig Worten Alles gesagt : ,,Mir ganz demselben Rechte, wodurch Fürsten, wenn sie ihres göttlichen Amtes rechtschaffen vorstehen , nicht Ein Heller ihres Einkoms mens vorenthalten werden darf, und eben so nicht ersten Ministern bis zu geringsten KanzeleisBoten herab, absolut mit ganz genau demselben Rechte , hat jeder Tagelöhner vom Staate zu fördern, ihm Arbeit zu ges ben, wenn er arbeiten wil , und kein Verbrechen ver schuldete !!"
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Entbehrliche für Spotpreise wucherischen Aufkäufern, erst verpfänden, dann verkaufen. Krankheiten und des Unglüks übrige Gefolge brechen ein; nod) liegen ersparte hundert Taler , leztes Nothgeld , unberührt bei einem ,,,,Frau ! Apotheker wil nichts weltbekanten Bankier". mehr borgen , laß auch Leztes noch draufgehen , gibt Gott Gesundheit nur wieder , helfen auch wir uns wohl wieder وو دو mit seinem Beistande auf! ,,Sie geht findet verschlossen Gewölbe , GeschäftsStube. Eifestålte erfaßtsie: ,,,, Gott ! was ist geschehen ?"" ,,Ein Livree -Bedienter fährt sie an : دوStille Frau, der Herr hat blos ein wenig sich verspekulirt , seine Zalungen einstweilen quittirt u. f.w." „ Aber diese , vom Ges wicht des Unglüks außer sich, zu Haus sterbenden Mann, fterbende Kinder , weder Medicin noch Brod durch Glasscheibe erblikkend den, der ihre lezte Hofnung vers nichtet, im seidenen Schlafrocke, Chokolade schlürfend und hohnlächelnd ihres Elendes spottend faßt mit übers mächtiger Gewalt feilen Sklaven , wirft zu Boden ihn, und stürzt hinein ,,,,Herr , mein Geld , oder es ges 99 schieht ein Unglük !" ' ,,Aber dieser entflieht , mehre kommen , sie wird hinaus geworfen !" „ Besinnungslos nach Haus getragen ; - ist todtkranker Mann plözlich gesund!" „ Aber Rache- Gluth ist's, Blutdurst erwekkende, der geringere Krankheit weicht. Blut lechzt sein Wahns „ Schüttelt die Köpfe so viel Ihr möget, von dies ,,sem absolut allgemein giltigem und Alle absolut vers ,,pflichtendem ewigen ,,Menschen Rechte!!" ist Euch nicht ,,das Tausendteil einer Milliarde abzulassen ; nach Gottes ,,ewigem Rathschluß , sol es so seyn , und so wird's ,,gewiß einst seyn wenn Menschen ihre unantastbare ,,ewige Geistes. Würde allgemein erkant haben werden !!" ,,,,Wie aber ist dieses Arkadien zu verwirklichen ?” » ,,So lange Fürsten und Minister es für Arkadisch = Sobald ,, niemals ! " ,,Utopisch ,, meinen !! " ,,diese es für ihre von „ Gott !!" ihnen auferlegte „ Pflicht ! ” erkennen - viel, viel leichter als jezige ,,Staats-Nicht : Leitung . Es bedarf gar nichts mehr als ,,vestes, folgerichtiges Denken . Zweifler ! gewöhne ,,dich an dieses Denken, und allsogleich sind dir selbst ,,Schuppen so entfallen , daß dir jeder Zweifel daran ,,viel unbegreiflicher dann , als ist der Zweifel. Spås ,,ter Näheres. -
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finn, Blut nur verspricht kochender Wuth , Linderung namlosen Schmerzes!" ,,Und er schleicht gespensterartig umher , verkauft Bett und Strohsak , sucht vergebens durch Brantwein unlöschlichen Blutdurst zu stillen." „ Nicht lange, und ,,Gerichte entscheiden : "Für des Bankiers Frau ugebrachtes Vermögen seyen Activa # nicht jureichend, Gläubiger erhalten - Nichts !! " ,,und eben fährt der Verderber , nun in seiner Frauen Karosse - ,,fur Jagd ! " vorüber dem Hause durch ihn Verzweifelnder - und mit lauter Lache ergreift dieser das Messer , långst zu diesem Zwek aufgespart und zwiefach abgeschliffen." ,,Mann! um Gott, was sinst du? !" — ,,,, Rufe Gott nicht , er hat uns vers laffen, gestürzt in diese Hölle -fluch ihm und ihnen, die uns gezeuget ; Rache sol dir , mir werden , dieser Teufel nicht leben , zur Hölle mit ihm zuerst, verzehrenderes Feuer nimmer dort, als hier !!" " ,,Siehe ! dort fizt er in Eisen geschmiedet , nicht achtend eiternde Wunden , fletscht er grinsend Zähne, freuet noch sich blutiger That !" „ Dort füllen Markt und Straßen laurende Gaffer ;" ,,dort umgehen bleiche Henker , mit Hohn der Lust , daß nicht sie Elenwindflatternde Lappen und Knochen , Vögel deste, zerfreffener Skelette , und frisch blutende Rindshaut, und spielen mit Glieder zerschmetterndem Rade . " ,,Auch sie sind endlich erlegen dem Hunger und Kummer, Mutter und Kinder ; nur einige noch heben von faulendem Stroh , unter Scham kaum dekkenden Lumpen, matte Häupter, und winseln : „Hungert ! ,,Friert!" und Wände rings heulen : Hungert! Friert!" und heraustreten zallos gigantische Schatten, erfüllen mit Entsezen , du entfliehest aber immer noch winſelt 8 , „ Hungert ! Friert! ”. So jezt noch , feltnere Bilder, bald , nur zu bald werden englische Schriftsteller Elend ihres Volks bes schwichtigen suchen , darweisend gräßlicheres Elend bei teutschem Volfe - wird einreißendem Verderben nicht schleunigst gesteuert !!
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417
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2. Anmerkung. ,,Was ist der langen Rede kurzer Sin?" Dein Beweis fordern ob Behauptung : „ Robespierre welche jedoch tas
habe von sogenanter Menschlichkeit,
delnswerte Schwäche bei Regenten großer Staaten, wenn diese, wie Frankreich , in Revolution begriffen zu Menschen- Blut schonendem Verfahren sich vers führen lassen" hat zu diesem weit scheinenden Umweg genötigt.
Und noch nicht sind wir zum Fahrweg
gelangt, Du mußt eben so notwendig Folgendes erst beantworten : 1)
Erkläre das Phänomen , daß Juden , Christen
und Muhamedaner, ihre sogenanten, aber sich vielfach absolut widersprechenden Religionen, aus Moses und Propheten ableiten ,
obwohl diese Begeisterten völlig zwei-
felsfrei nicht drei , sondern nur Eine Religion offenbart ? Etwaige Verweisung auf Nathan , erklärt gar nichts , teils von Nathan selbst eingestanden , „ echten „ Ring nicht zu erkennen " teils durch sein Leben bekundet , wohl ein liebenswürdiger, reicher Kaufman, mitunter denkend ― aber Weiser? Nichts weniger ! Nimmermehr blieb er dann Kaufman , und am wenigsten ein mit Luxus-Artikeln Handelnder. 2) Was übrige Seher anderer Völker der Alten, und namentlich Plato und Aristoteles erstrebt, ist eben so zweifelhaft wieder nur Erkentniß abſolut Einer Wahrheit , da es ein für alle Mal nur Eine geben kann , und was von dieser Einen um Ein Tausendteil abweicht, genau um dieses Eine Tausendteil Täuschung enthalten muß.
Dieser wirklich Weisen Schriften find
[ 27 ]
418
-
- nichtsbestos seitdem von Millionen gelesen und erklärt — weniger tappen fast alle Menschen in dikker Finsterniß. Habe die Güte mir auch dies Phänomen zu erklären . 3) Auch Jesus , auch Paulus berufen sich ausdrük-
lich auf Moses und Propheten , wollen gar nichts Neues, sondern nur ewige Eins - nicht Dreivestgründen .
Was diese hiefür gesagt und gethan,
ist seit 1800 Jahren von Milliarden Menschen gelesen, und offenbar nicht verstanden , wie Geschichte und unmittelbare
Gegenwart
ganz
unverkenbar
bezeugen,
und doch ist's eben so leicht und volkommen deutlich zu verstehen , so wie, „ daß ein Mal Eins, Eins iſt !!” --
1
D Bester, erkläre mir dieses große Wunder. 4) Wenn Du die se Phänomene richtig aufhellen kanst, dann find Dir gewiß spotleicht auch diese aufzuhellen : a)
Daß Philosophen von Profession ,
in Lit.
Zeitungen ihnen ähnliche Philosophen hart angreifen , ob dem: ,, Spinoza unter Philosophen zu zålen, der ja gar „ nicht gewußt was Philosophie sen !!" - (Vergl. unter A., Leipziger Lit. Zeit. 106. 4. Mai 29.
und
Göttingsche
gel. Anz. 29. 84. Stük , zusamt den darin rez. sogenant philosophischen Schriften , über Spinoza allzumal , unglaublich freche Albernheiten enthaltend !! ) b) Daß Bachsche Werke da sind , nicht aufge führt werden , wohl aber Rossinische und ähnlich Pfuscherische. " c) Daß Göthe's und Schillers Schriften in allen Hånden , jedoch nicht gelesen, wohl aber die, Verstandloser.
abfolut
Mehr ! Daß Göthe selbst eine Jphi-
genia und besonders einen Faust schreibt , Werk ewigen
419
Geistes vol, von solcher Bedeutung , daß wie Bachsche Werke J es anderer Werke noch, recht eigentlich gar nicht mehr bedürfte ; denn, wer Faust *) durch und durch versteht, versteht ewigen Geist selbst; und derselbe Göthe hinterläßt dennoch manche Schrift , welche ohne Frage viel
besser ungeschrieben blieben wäre ?!
Ja!
läßt solche vielmal neu auflegen ? d)
Daß Kants
und Fichte's Schriften von viel
Tausenden studirt , von eben diesen Tausenden durchweg anders gemeint werden **) — genau so, wieJuden, aus Schriften Moses
und Propheten etwas
Anderes
herauslesen , was Christen ; so wie Theisten und Atheisten , Rationalisten und Supernaturalisten , absolut Entgegengeseztes und sich gegenseitig völlig Aufhebendes, aus Evangelien und den Episteln Paulus heraus lesen. Siehest Du, wenn Du dieſe Råthſel genügend auflösest, dann wirst Du überall keine Beweise mehr fordern, und auch den nicht : „ woher Robespierre allgemein als Bluthund gilt , während er zu den edelsten , sanftmütigſten *) Ganz volkommen erreicht selbst Fauft Bachsche Werke nicht ; denn manche , obwohl nur wenige Stellen, müßten gefeilter seyn; diese, wo die Grazien , der himlischen Aphrodite Gürtel, nicht, wie es solchem Meisterwerke geziemt , bevestigt. So wie Sokrates Lais schmükt, mehr durch Ver- als Enthüllung reizend, so sol überall der Einbildungskraft Raum bleiben ; Dichter drum schlechthin niemals Scham Gefühl , erfte und Hauptgrundlage aller Geſittung (Mos. 1. B. 3. 10. ) beleidigen !! **) Nichts Merkwürdigeres hierüber , als daß der Würzburger Brantweinbrennen lehrende Philosoph , sich ausdrüklich auf Schriften Kants, Fichte's und Schellings stüzt , und in der infamen Seherin aus Prevorst, Gespenster Lebre durch Stellen Kants belegt find. - Und doch nicht zu verwundern, da Lehre Jesus gemiß: braucht ward und wird — Ungläubige Millionenweise zu vers brennen oder martervol hinzurichten — durch Kriege !!
420
Geschichts-Helden gehört, und gerade umgekehrt ihn Vorwurf trift, Menschen-Blut geschont zu haben !!”
,,,,Bist du doch ein seltsamer Mensch.
Eben so
magst du fordern , daß irgend eine und dieselbe ganze Zal, im Verhältniß zu anderen ganzen Zalen , zugleich gerad und ungerad , oder ein volkommenes rechtwinkliges Dreiek zugleich ein schiefwinkliges sey.
Getrauest du dir
denn diese Räthsel zu lösen ? ""
„Ich? Du viel Seltsamerer ! weißt Du doch, daß ich nicht A. B. C. von
Gelehrsamkeit weiß ,
ein völlig,
völlig Kentnißloser mit Dir spricht, wie könt ich entråthseln, Dir unmöglich Scheinendes.
Wår's nicht
schon seit 1800 Jahren gelöst, nimmermehr håtť ich's entdekt.”
„ „Es ist geldst ?
Du treibst argen Scherz.
Wo
denn, wer hat dies Wunder volbracht??” ”
„Wår's ein Wunder, was Du vielleicht Wunder nenst - auch er hätt's dann nimmermehr volbracht ; glüklicherweise ist's nur eins von den alltäglichen Wundern, die Dich ununterbrochen umgeben, und welches Du, so gewiß Du nur Mensch bist, selbst volbringen kanſt, volbringen mußt,
wenn Du's verstehen wilft!!"
" Ich bin in gespantester Erwartung , quåle mich weiter durch Vorrede nicht." "
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So hdre! Hier liegt das Evangelium , schlage auf, welche Seite auch komme, unzweifelhaft ist darauf ewig Eine Wahrheit deutlich ausgesprochen.
Siehe : Math. 22. 1. 14. „Jesus redete abermals durch Gleichnisse zu „ihnen : „ Das Himmelreich ist gleich einem Könige , ,,der feinem Sohne Hoch- Zeit machte. „feine Knechte
aus,
die
eingeladenen
Er sandte [ „Vor-
„ nehme !! ” * ) ] Gåste zum Hochzeitmahle zu rufen ; sie „ wolten aber nicht kommen.
Abermal fandte er an-
„ dere Knechte aus , und sprach : „ Saget den Eingela,, denen: Mein Mahl Ist bereitet, mein Mastvich Ist „geschlachtet; „ kurz Alles Ist bereit!! " kommet zur „ Hoch-Zeit ! " - Aber die Eingeladenen verach„ teten das, und gingen hin, „ einige auf Ihren Akker, " andere zu Ihrer Handtierung !! "
" Etliche aber
"griffen des Königs Knechte, höhneten und „ tödteten ſie !! "
Da das der König hörete , ward
„er zornig , und schikte seine Heere aus , ließ die Mörder "umbringen und ihre Städte anzünden. - Dann sprach „er zu seinen Knechten : „ „ Das Hochzeitmahl ist ,,,,bereitet,
die
Eingeladenen
aber
waren's
"" nicht wert!! ""
"" Denn Viele sind berufen ,
„„ , aber
nur sind
Wenige
auserwählt !! " " **)
*) Daß nur Vornehme Erft - Eingeladene , ist schlechthin nicht zu bezweifeln ; denn der König hat, bis jest , zur Hochzeit des Sohnes keine Anderen als Vornehme zuerst eingeladen. **) ,,Hieher gehört ganz zweifelsfrei Vers 14 , von unvernünftigen ,,Abschreibern versezt. Es muß V. 9 seyn , wie Zusammenhang ,,völlig unverkenbar bezeugt !! " „ Denn, von allen eingelas ,,denen Vornehmen, obwohl diese vorbereitet waren
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„„ Gehet drum hin auf die Straßen, und ladet "" zur Hochzeit, -- Wen ihr findet!! " " -- ,,Und ,,die Knechte gingen auf die Straßen,
und brachten
„ [„vom Volke !! " *) ] zusammen, „ Wen sie funden, „Bise und Gute, und gar bald waren alle „Tische vol besezt!!" - „ Da ging der König hin„ein, die Gåſte zu besehen („ zu prüfen !!") , und fah ,,alda Einen Menschen , der das hoch- zeitliche Kleid „ nicht angezogen hatte ; und der König spricht zu dies „ fem ; „ Freund ! wie bist du herein kommen , und haft ,,doch kein hochzeitlich Kleid an ?" Dieser verstumt.
Drauf
„gebietet der Herr ſeinen Dienern : „ Bindet ihm Hånde „und Füße, und werfet ihn in dikster Finsterniß hin„aus, da ist heulen und Zähnklappen !"
A. Freund ! Und wäre von Jefus Reden weiter keine Sylbe erhalten , - und gäbe es überhaupt , außer diesem Gleichniß nichts Geschriebenes mehr - Geheim-
niß des Menschen ewigen Geistes liegt bis in ſeinen tiefſten Tiefen durch dieses Eine Gleichniß so völlig ents hült auch Dir vor , daß auch nicht entfernteſter Zweifel übrig bleibt.
,,ist nicht Einer kommen ; wogegen , unter zallos v öllig uns ,,vorbereiteten Gåßten des Volks , nur Einer vom ,,Herrn !!" als unwürdig ausgestoßen wird ; mithin steht V. 14 ,, hier , im offenbarßten Widerspruch mit V. 11 , 12, 13, worin „ der Herr ja anerkent , daß bis auf dieſen Einen, Viele bes ,,rufen und Alle als Auserwählte sich bewährten , ob: ,,wohl darunter Mehre , welche , ehe sie des Herrn Speise ,, genossen, Böse waren!!" *) So wie V.3 nur Vornehme, so kann V. 9 nur Volk bezeich nen ; Zusammenhang läßt schlechthin keine andere Deutung zu.
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Du staunst, siehest groß mich an ? Das eben Gesagte enthält nichts Wunderbares , und ist so ewig wahr , als ewige Wahrheit selbst ! Denn siehe , des Pfalmiſten Wort : „Sie haben Ohren und hören nicht , Augen und sehen nicht!!" ist noch diesen Tag genau so absolut allges mein giltig wahr , wie vor 2500 Jahren. Ihr Alle, Alle treibt Euch im ewigen Nichts herum , wie wolt Ihr hören und sehen können? ,,Wie Mühlråder dreht Euer Verstand sich um und um, ,,Ihr lest und lest, und lest Euch dum!!” „ Das Mahl Ist seit Jahrtausenden völlig bereitet, „es liegt Euch dicht vor den Augen , Ihr habt nur ,,nötig zuzugreifen ; köstlichstes Gold und Sonnenstralen „ſpiegelnde Diamanten , liegen Euch dicht vor den Füßen was thut Ihr ? Ihr tretet sie in den Koth, - lauft,
„
„als brenten Euch die Sohlen , gefährlichste Hohlwege weshalb ? um zu
„ nicht beachtend — nach dem Ural
„ dem Kothe worin Ihr bis an den Hals schon ſtekt, „noch Uralisches hinzuzufügen , damit es Euch ganz „ und gar begrabe , und der Drek Euch erstikke !!"
„Er=
„ſpåhet des Nordpols Durchfahrt, scheuet drob nicht „40 Grad Kålte , nicht , faſt unglaubliche Entbehrungen, „und
versäumt,
„welches
Ihr
mit
euer
Selbst
geringstem
erkennen Aufwande
zu
lernen,
richtigen
„Denkens , ohne alle Entbehrungen , kinderleicht Euch „zueignen könt , und wodurch Ihr sogleich unmittelbar „mit dem Vater ewiger Liebe vereinigt würdet, der mit ,,namenloser Seligkeit beglükt!!" „ O thörigte, wahnsinnige Menschen , wann werdet „Ihr doch endlich, endlich Eure Blindheit ablegen, mit
1
424
„Euren eigenen Ohren hören , mit Euren eigenen „Augen sehen !!"
Merkest Du noch nicht, daß schlechthin überall und bei weitem Mehrzal aller mit Kunst und Wissenschaft sich Beschäftigender, nichts Anderes als Varianten jenes Fleischer-Patent- Kaufmann (S. 389) sind , welchen nicht beizubringen ist : „ Daß zwei Mal fünf zehne” und die dennoch Haus
und Hof, Pferde und Gesinde
durch vorgehängte Geistes - Schilder erhandeln ?! Daß ſie jenem Millionår gleich find , der weder Rechnen noch Schreiben recht versteht und die dennoch Millionen durch Aufopferung ihres allein echten Selbst-Werts erwuchern? Nein ! die Vergleiche paſſen nicht ; denn Ihr, also Geift-Entehrende seyd viel, fehr viel schlimmer , weil Jene in Einfalt ihre Nichtigkeit bekennen , und auf geis stige Güter gar keinen Anspruch machen - Ihr aber mit Geist Euch fortwährend zu beschäftigen vorgeb’t, und Göttliches mißbraucht , als milchende Kuh zu entmenschenden Ausschweifungen! Wie sol Euch Erkentniß werden, wenn Ihr nach nichte denn Geld - Gewin -ringt, - wozu ? — um es liederlich zu vergeuden, dann Eure hierdurch überreizte gen
auszuraſen,
Euch
und
Sinlichkeit in VergiftunEure
Umgebung
vers
pestend !! *)
*) Beiläufig hierdurch klar , daß auch jene Fonds- Spieler S. 337 bei weitem so harte Vorwürfe nicht treffen, als Diejenigen welche hiezu Veranlassung geben. Denn , jene Spieler sind ohne Ans spruch auf geistige Würde , und erlauben sich nur, was bestehende
425
Nächst diesen Unflåthigen , ſinnet Ihr näch nichts Anderem, als Pferde , Karossen und Sklaven in Uebers fluß zu erhandeln und endlich Geheime-Rats, Minis fter-Stellen und Orden zu erhaschen !! So ist Euch vom ersten Begin Eures Euch selbst entwürdigenden Treibens, bis das Grab fernern Sünden, Eingang verſchließt, Wissen , nichts , durchaus nichts als Mittel , und köntet Ihr nur auf irgend
eine andere Weise: Geld ― ohne Zweifel
für Eure viehischen Lüste anschaffen
rührtet Ihr nie Bücher an, noch würdet Ihr jemals durch Euer Schreiben Papier verderben. —
So..faget selbst,
wie könnte irgend möglich Euch Wissen kommen, um welches Ihr nicht nur auch im Entferntesten Euch nicht bemüht, sondern , welches Ihr fortstoßt, so Es Euch irgend nahe komt? Und, wie ſolten Eure aus Höllenpfuhl entlehnten Werke , nicht Gestank der Hölle verbreiten ? Ihr erbarmungswerte
unglükselige
Menschen-
Larven, wendet doch endlich Euer Gemüth zu Ihm, dem ununterbrochen Einladenden : „ Kommet her zu Mir , ihr Mühseligen. Ich wil euch „laben; denn Meine Liebe währet ewiglich !!”
„Aber , des Herrn Mahl Ist bereitet für und für, „auch vieltausend jährige Störrigkeit Israelitischen„Volks - nicht Leibes-, sondern nach Paulus Vor„ſchrift ohne Hånde-Beſchnittene, zu denen Alle , abso-
Geseze schüten , daher dürfen mit vollem Rechte fie entgegnen : „ Wir sind weder Gesez - Geber noch Beurteiler ; nicht kümmert ,,uns, ob was diese erlauben unwürdig. Taugen Geseze nichts, „ ift's Schuld der Gesezgeber nicht Unſere !!" ---
426 „lut Alle Völker der Erde gehören, „Erbarmen
diesen Tag ,
bis
hat des Herrn
nicht zu erschüttern
Er sendet ununterbrochen Seine heis aus - und noch immer höret Ihr Knechte ligen
,,vermogt.
„ nicht, verachtet des Herrn freundliche. Einladung, und ,,,,Jeder geht
„komt nicht zum bereiteten Mahle.
,,,,Seinen eigenen Weg , baut allein Seinen Akker, ,,,,treibt allein Seine Handtierung ; und obwohl selbst ,,,,hiebei Niemand des Herrn ewig
Einen
Geist,
lehnet Ihr Euch dennoch
" "jemals entbehren kann,
„ „ auf, und mordet fortwährend des Herrn Knechte !!" :
B.
Lehrt
eben Vorgetragenes bestehende gräuliche
Verkehrtheiten volkommen verstehen, so leitet es noch besonders zur Betrachtung scheinung,
meines
absolut merkwürdigster Ers
Wissens
noch
von
Niemand
erörtert.
Hdre! Homer, Ossian , Shakespeare, Göthe ſingen, Hörer entzükkend ; und wenn hie und da einzelne sehr wenige
von
Neid
Sånger belfern
erregte Stimmen
gegen solche
Viels Tausende erstehen ihnen im
Nu verteidigende Schüzer. Rafael, Angelo, Hemmling, Bach erheben Millionen durch göttliche Gebilde , fie gehen unangefochten, allgemein verehrt zur Unsterblichkeit über. Erasmus , Herschel , Laplace, Humbold entdekken neue wissenswürdige Felder - auch gegen diese traut bösartigster Neid kaum ſich öffentlich zu äußern ; Könige
-
427
fühlen sich geehrt und buhlen um ihren erfreuend belehrenden Umgang. Eben so sind Homer und Shakespeare, Rafael und Göthe von Fürsten gesucht.
Sokrates , Phocion, Jeſus, Paulus , Huß, Spinoza und wie viel Taufende sol noch ich Dir nennen , vol göttlicher Liebe Erfülte, welche jene Dichter, Bildner und Wissenschaften-Befördernde an innerem Gehalt weit über› ragen ― haben dagegen mit des Menschen Sohn Ein
Geschik: „ Nicht nur von Wenigen, nein ! von fast Allen, „Allen mit Flüchen und Steinwürfen verfolgt , und erst ,,durch Kreuzes-Tod vom Haß ihrer Zeit- Genossen erz „löset zu werden !!" Erklår mir dies allergrößte Wunder !
Es ist wieder einfach, tiefen Aufschluß über innigs stes Wesen des Geistes gewährend. Rafaelsche Bilder , Bachsche Töne u. f. w. erfreuen Euch rein, ohne Beschåmung, Ihr findet Euch mit ihnen gedankenleer, durch Ein Wort ab : „ Talent !" denkt höchstens dabei an ausgezeichnete Natur - Anlage , und so wenig jene Meister Euch anmuten , den ihren gleiche Schöpfungen hervorzubringen , viel weniger mutet Ihr solche Euch selber an, zumal Schädel - Gall und Cons ſorten unverkenbar beweisen : „ Sehet diesen Knochen, „dieſe Höhlung , jene Erhöhung u. s. w. da ist Zeis „ chen- da Ton- da Reises da Dichtungs- Sin - zeiget „Eure Schädel : da ist Diebes- da Raub- da Mord„ Sin, - wie solten jene nicht Maler , Dichter u. s. w. „Ihr aber Räuber und Mörder ſeyn !!"
O arme Na-
428
-
tur, zu welchem Unfin und Verbrechen wirst Du mißbraucht.
Anders echte Philoſophen ! Dieſe fragen keinem Deiner Sinne nach, und überhaupt verweisen sie von vorn herein Deinen Leib an physiokratische Aerzte, mit diesem ein für alle Mal ganz und gar nichts zu thun haben wollend.
Sie begehren schlechthin nicht mehr denn
Eine Antwort : „Bist Du Mensch, oder nicht ?” Nicht Dein Leib aber ist Menſch; denn dieser läßt ſich chemisch zerfezen, genau so wie Mastschweins-Leib ; Du selbst aber wunderst Dich nicht, wenn der Schweine , wohl aber wenn der Menschen Leiber im Kothe wühlen ; mithin klar, daß Menschliches nicht im Leibe ſizt, sondern in Deis nem , vor allen Erschaffenen, Dich auszeichnendem Geiſte. Du bist also absolut nur sofern Mensch, sofern Du Geist, ohne Geist aber schlechthin nichts mehr , denn anderes Vieh. Jeder echte Philosoph läßt kein Mitleres zu : ,,Du bekenst Dich notwendig entweder zum Menschenoder Vieh- Geschlecht ; weichſt Du um ein Tauſendteil vom Menschen ab, so bist Du genau um dieses Tausendteil Vieh, und eben so viel Du Vieh bist, bist Du nicht Mensch!!"
Der zu Dir tretende Philosoph ehrt Dich demnach gleich einem göttlichen Wesen , in Dir einen ganzen Menschen vorausſezend , und zu dieſem ganzen Men= schen spricht er: ,,Was Du bei Rafael , Bach u. s. w. anerkenst, daß „diese
vorzugsweise
begabtes
Talent : begeiſtere
429
- bas Selbige erkenne auch bei mir an , nemlich „daß angebornes Talent mich begeisternd fähigt, „ſo reden zu können , wie eben geschieht.
Dieſes
„Reden- Halten - Können ist jedoch abſolut Einzi"ges , was mich von Dir unterscheidet ; so weit „mein mir verliehenes Talent , übrigens aber bin ich Dir durchaus gleich !! „ So gewiß Du also Mensch, d . i. so gewiß Du „Geist bist, mußt Du notwendig geistige Würde bes ,,haupten , daher Alles vermeiden , was dieser erha „ bensten Würde der Schöpfung zuwider ist.
Lieber !
„Nicht ich fordere dieses zufolge meines Talents ,,etwa, bewahre, dieses fordert unerlaßlich Dein eigener „Geist, so gewiß Du Geist bist! Nicht Ein Tausendteil ,,hat mein Geist vor Deinem mehr voraus, als Talent, diese Forderung in einer geordneten Rede, „ oder durch Gleichnisse , Dir vortragen zu können. „Einsicht und Thun aber ist so Dir wie mir nicht nur "ganz gleich möglich, sondern zu erstreben uns Beiden "gleiche Pflicht !!
Drum hast Du genau dasselbe
„Recht zu mir, wie ich zu Dir , mein Thun zu bewa„chen, und alsogleich Du mich abweichend von jener „ unbedingten Forderung erblikkest, mich zurecht zu „ weiſen, auch in ungeordneter Rede und ohne Gleichniſſe, ,,wie Du es eben am Besten vermagst!!"
Ist Dir nun deutlich woher Alle echte Philosophen verfolgt werden, während Sånger u. f. w. liebende Vers ehrung genießen ? Offenbar ist's die ihnen von Gott verschieden gestelte Aufgabe.
Rafael malt, Bach dichtet,
430
-
unbekümmert ob einer sehen oder hören mag, vielweniger Andere zum Hören und Sehen zwingen wollend , und am Wenigsten ihnen Aehnliches zu Echte Philosophen
treiben anmutend.
dagegen drången sich , nicht aus
freiem Willen etwa , oder aus Uebermuth , sondern einzig und allein
zufolge des an sie ergangenen Befehls
„ Gottes , dem sie unbedingten Gehorsam ſchuldig !!" zu ihren Mitmenschen , ihren Auftrag zu volziehen : „ liebe ,,Brüder ! Jhr seyd Menschen und solt daher mensch,,licher Würde gemäß leben.
So gewiß Ihr Menschen
„send, so gewiß müß't Ihr einsehen, daß dies durchaus ,,keine unbillige Forderung ; denn, Ihr selbst fordert ja „ von Euren Ochsen , daß sie Pflug ziehen , von Euren „Pferden , ihren Kräften Angemessenes ; Ihr , die Ihr „so weit erhabener als Euer Vieh seyn müßt , könt doch „von Euch nicht weniger denn vom Vieh fordern, d. i. „ das
Euch
als Menschen Angemessene leisten zu
„ müſſen ; dieſer Forderung zu genügen kann Euch „ja unmöglich ſchwerer seyn , als es Eurem Vieh_ist, „ daß ihm Angemessene zu leiſten u. s. w. !!”
C.
Den Hörern sind offenbar nur zwei Wege
einzuschlagen möglich : a) fie bilden sich entweder zur Forderung hinauf, oder b) sie reißen die Forderer zu sich herunter! a) Zur Hinauf- Bildung führt ungefår folgendes Nåsonnement :
Der Hörer
spricht
zu
sich
selbst:
„Ohne Zweifel gehöre ich zu beſſern Menschen ; denn ich ,,liebe Tugend und hasse Lafter, vermeide dieſes und strebe „jener zu.
Wie aber stehe ich zu Sokrates, Jeſus, Pay-
431
„lus , Spinoza u. f. M. ? -
Könt' ich der Idee zu
„genügen Giftbecher trinken, mich an das Kreuz nageln „ laſſen, mein Leben im Gefängniß zubringen, reicher Erb,,schaft entsagen, in freiwilliger Armuth leben, von GlasIch mag „schleifen mich kümmerlich ernähren ? Nein! das traue ich „mich nicht selbst betrügen , „mir nicht zu.” (Fahre fort, Du bist auf bestem Wege zur Erkentniß der Wahrheit.) „Was gab jenen Heroen zu solchem Mårtyrertum ,,Kraft? 1 Körperstårke ? Unmöglich ! Denn, jene moch,,ten auch mit siechem Körper doch so bedeutende Kraft "offenbaren.
Kenne ich doch selbst jezt Lebende, die „ich , ungeachtet ihrer schwachen Körper hochachte !!" ,,Jene waren also Geist mächtiger als ich !" wirst zum Ziele kommen.)
(Du
„ Ich wil doch noch einmal
„jener Schriften und was sonst von ihnen aufbewahrt ,,ist lesen, und zwar, ohne alles Vorurteil , gleichsam „ als wenn ich , nicht Ich wäre , mich aufgebend , und ,,in die Meister mich so versezend, als wäre ich , sie ,,selbst, dabei vergebe ich mir durchaus nichts ; denn ich „habe sie ja als über mir Stehende anerkant.” (Du bist dicht am Ziel.) ,,Aber, wie ist mir denn nun, nachdem ich noch,,mals
achtsam
gelesen ?
Enthalten
diese Bücher
et-
,,was Anderes als Vorte? Sagt nicht Hamlet schon: "Er
lefe
Worte ,
nichts
als Worte."
Was sind
,,Worte denn anders als gemalte Zeichen , und ausge„sprochen , an sich leerer Schall ? Wer hat denn dieses „ ganze Råfonnement nur eben angeftelt
und geführt?
432 ,, Nicht Ich Selbst? " "Ja, nur Ich selbst ,,thats!!" - Ist in diesen Büchern Geist ? - Nimmer`,,mehr ! Sie sprechen ja nicht, ſind leblos, todt — So bin "Ich's ja selbst, der Leben und Geist in sie erst „hinein trägt , und wenn Ich's nicht thue, bleiben sie ,,todt,
für Mich!! "
„ Wahrlich, das macht mich ganz verwirt , ich muß „ mir's reiflich überlegen.” „ Diese Bücher sagen , so und so haben Geistmåch,,tige gelebt und gewirkt - was hilft mir das , wenn — -- Wenn „ Ich's nicht verstehe? Nichts, gar nichts. "Ich's aber verstehe , auch dann nicht?" ووWer versteht's denn, wenn Jch's verstehe, - nicht ,, „ Ich selbst? Wer Allerdings, nur Ich selbst! ,,ist dies Ich ? - - Mein Geist ――
Und was versteht
„Mein Geiſt von jener Heroen Leben und Wirken ? ووWas auch sie mit Ihrem Ich - Geist gelebt und ge,,wirkt! - - Und was gefält Mir denn an dèren
„ Geist-Leben und Wirken , was erfült Mich
darin mit
Die durch diese Heroen beMacht des Geistes überhaupt! - Und wer ,,kundete ,,ehrfurchtsvoller Liebe ?
„ist erfült von Ehrfurcht und Liebe für diese offenbarte Warum „ Geistes-Macht ? Wieder Mein Geift ! ·,,doch ? — Offenbar doch nur, weil sie Muster - Bilder ,,für Meinen eignen Geiſt! d. h. weil Mein Geist deut„lich erkent , folche Macht kann Geist überhaupt „dußern. Kann Er ? So sol er sie äußern !!" — — „laß mich zuſammennehmen , was ich gefunden. „ Vorausgesezt habe Ich, jene Heroen waren GeistSie näher kennen zu lernen, habe
,,mächtiger als Jch.
-
433
„ Ich Schriften achtsam gelesen.
Schrift an sich aber
„ ist todt; sol sie Leben åußern, muß Ich ſie durch Mein ,,Leben zum Leben erst erwekken !!" -„ Hier alſo iſt ſchon volkommen deutlich, da Schrift ,,an sich mich unmöglich interessirt, sondern nur das ,,darin aufbewahrt Geschehene , und wieder dieses Ge„schehene nicht an sich , sondern nur , sofern es von ,,Menschen- Geschehenes enthält - so ist deutlich sage ,,ich , daß, wenn Ich nicht lebe, auch Jene für Mich „ nicht gelebt haben, und nur sofern Ich lebe auch Jene zum Leben erwachen, und zwar durch „ Mich!!" ,,Weiter.
und
für
Leben jene nun nur , sofern Ich lebe,
,,und bin Ich's ,
der sie aus dem Tode zum Leben
„ erwekt, und ist dies mein Ich , der in Mir thronende „ Geist , und liebt und verehrt dieser Mein Geiſt, Geiz ',,stes - Werke Jener - -Gott! welches Licht dåmmert ,,herauf - mir wird fast unheimlich - wie ist denn
,,das ? -- Jene leben, weil Ich lebe , und Lebte -- was liebe und ver "Ich „Ich nicht, lebten Jene nicht · ´, ehre Ich denn
nun an Jene ? Sie blieben ja tödt,
,,wenn Ich nicht lebte, und sie in das Leben erst riefe - Gott und Herr , unverkenbar lieb und verehr Ich „ja den von Dir verliehenen Eignen Geiſt!! - Das Jenen Zugemutete um Meiner Verehrung sich zu versichernist's nicht dasselbe Bild , „was Mein Geist unmittelbar von Sich Selbst "fordert? --- ____”
[ 28 ]
434
„ „ Herr , Herr !! Nim Deinen Knecht gnådig an ; „ „- Dein Wille geschehe für und für !!” ”
Sagt ich's nicht , Du würdest Wahrheit finden !! So Mensch, führt einfach folgerichtiges Denken , auf kindliche
Weise zu höchsten
Höhen
sogenanter
Spekulation , und Du erkenst schon hier deutlich, daß dieſe keinesweges Vorzug sogenant philoſophiſcher Schulen, daß es dazu keinesweges abgestorben auss ländischer Formen und Formeln bedarf, sondern durchaus nichts weiter als „ echt kindlich frommes Ges müth !! "
Allerdings
erscheint's unbegreiflich ,
daß
Menschen seit Jahrtausend wåhnen konten : „ der ewige Vater der Liebe habe für ewig unter Millionen , nur Einen zur Gnade bestimt Ihn verstehen zu können, wozu Er doch von Anfang an , Alle absolut Alle bez rufen!!" „ Aber die Thörigten verrammeln und versperren teils selbst Alle Eingänge die zum heiligen Tempel führen, teils besezen sie Alle Vorhöfe mit Wechsel-Bånken und Krambuden, so daß ohne viel Geld und auch das mit nur Wenige zu den Eingången gelangen , welche auch sie endlich, auch verschlossen finden.
Die Schlüssel
zu den Pforten aber beſizen nicht einmal die Pförtner, ja, diese wissen nicht einmal , daß sie selbst die Schlüffel in ihre Geldkasten verstekt haben !!”
D.
Noch beachte wohl , weil es hauptsächlich
entscheidet, Hinauf- sich - Bildende, beginnen mit Glauben an Sich, A. und D.;
und
enden damit ;
dies das
denn wer an Sich , glaubt auch an
435
Andere , d. i. glaubt an den Geist überhaupt, d. i. an Gott!!
b) Anders Herunterziehende ! Diese blikken in Sich hinein - so weit sie dies überhaupt vermögen und meinen (denn sie kommen über's Meinen nie hinaus , nicht einmal zum blinden Glauben , vielweniger also sie meinen sich leer jedes höhe
zum Wissen)
ren Aufschwungs , so wie leer an Tugend , weil sie deuts lich fühlen, ohne eigennűzige Absichten bewegen sie keine Hand. Hofnung
Gemüth , Vernunft , Geist; Glaube , Liebe,
sind
ihnen Ammenmährchen ,
Kinder ` und
Völker durch Betrug zu kirren : „ Verstand, ihr Gott und Alles !! "
„ Gez
„schichte ihnen, Erzälung, wie Kluge , dumme Ein„falts - Pinsel zu selbstsüchtigen Zwekken benuzt !!” „ Diese Klugheit gewinnen , Ziel ihres Stre,,bens !!" - ,,Daher bekennen sie sich außerlich „ ju Moses und den Propheten ; zu Sokrates ; zu Jes „sus , den Aposteln und Kirchen-Våtern ; zu Muha,,med
und Brama ;
zu kuther und
Calvin !!"
„ Denn , diese Bekentniſſe, ſchüzen sie und ih re ge,,raubten Güter.
Ihnen unter Anderen, Napoleon
„ höchstes Idol, der mit Petrus weteifernd, mit Einem „ Athem , Jesus drei Mal verleugnet : heute Chriſt, „morgen Muhamedaner , übermorgen Jude , Fe= ,,tisch - Anbeter -- kurz , zu Allem Sich bekent, was „Vorteil verspricht !!"
In ihrem Innern aber
,,lachen sie gläubiger Thoren, und verachten so Moses „wie Sokrates , so Jesus wie Muhamed , so Paulus „wie Luther, so Huß wie Spinoza !!"
436
„Mithin volkommen deutlich : „Hundert Religionen ,
sondern
„Nicht gibt's
absolut nur zwei:
"" Aeußere und Innere !! " und genau so wie Lüge ,,der Wahrheit absolut entgegengesezt , ganz genau „so , ist äußere der innern Religion absolut ents „gegengesezt, und zwar ist das sie Unterscheidende : „Aeußere wird durch Mäuler gedankenleer „ Gott" „genant, in Wahrheit aber als Mammons - Satan „und überhaupt als „Natur !!" angebetet !! - In,,nere aber als namlos erkant, wird durch Worte „ nie angebetet, indem sie's Selbst ist, welche im Ver,,kündenden
gleichsam körperliche Form
annehmend,
,,dessen Leben durch und durch heiligt und verklärt !!" „ „ So ist Jesus zu verstehen !! " "
E.
Indeß kommen jene Kazen in menschlichen Leis
bern zufällig in Berührung mit echt Begeisterten ; bei ihnen alsogleich gar kein Zweifel ,
entweder diese sind
dum, verrüft, oder fuperfeine Schurken, die Begeisterung affektiren zu herſchsüchtigen Zwekken.
In beiden Fällen
müſſen Kluge auf ihrer Huth seyn, und nachdem man hoch, niedrig oder mittelmäßig steht, bei einer Umwålzung viel oder wenig zu verlieren, oder viel oder wenig schaft man die scheinbar Begeisterte
zu gewinnen,
auf die Seite , oder schließt sich an sie an.
Da nun in
der Regel, die Klugen im ganzen Befiz alles vorhandenen Eigentums, ſo iſt's gang in der Ordnung, daß Begeisterten sehr Wenige anhängen , bei weitem Ueberzal aber sie zu verderben sich bemühen.
Zeigt sich nun
im Verlauf der Kabalen, Jene seyen wirklich begeiſtert,
437 d. i. verrüft!!
Dann
-
treten ganz natürlich auch jene
Wenigen zur Ueberzal , weil von Begeisterten nur Bes geisterung sich Hingebende echten Nuzen ziehen, d. i. folchen Nuzen wie Jeſus verspricht : „ „ Wahrlich , heute „ „noch wirst Du mit mir im Himmelreich seyn !! ""
Somit hast Du mein Leser , beiläufig , erschöpfenden Beweis , warum Robespierre Bluthund heißt, und des Kreuzes- Tod´erdulden mußte, verhöhnt und vers spottet genau wie Jesus Math. 11. 18. 19. ſpricht :
„Johannes kam, aß nicht und trank nicht : ſo ſagen „ſie , Er ist des Teufels (d. i . verrükt) !! Des Mens „ ſchen Sohn ist kommen , iſſet und trinket, ſo ſagen „fie: Siehe, wie ist der Mensch ein Freffer, und ein ,,Weinsäufer, der Zöllner und der Sünder- Geselle ? „ Und die Weisheit
muß
sich rechtfertigen
„lassen von ihren Kindern !! " -
Mehr ! In den jezigen, absolut verstandlosen Verhältnissen , wo nicht nur nichts zu echt geistiger Bildung geschieht , sondern umgekehrt , Alle , Alle Regierungen und Menschen , gleichsam weteifern Geist zu unterdrükken, ist's schlechthin unmöglich , daß echt Geist-Begabte zum Selbstbewußtseyn desselben gelangen , ohne hårteste Prüfungen zuvor überstehen zu müssen .
Nun sind sie
von ihrer Umgebung in dieser Prüfungs - Zeit mit Argus-Blikken bewacht worden ; denn etwas sie Auszeich nendes schimmert sehr früh hervor , daher bleiben ihre Fehltritte viel deutlicher in der Umgebung Gedächtniß, als nicht nur deren eigne , sondern auch jedes An-
438
deren.
Mit Einemmal (so dünkr's Unverständigen , ohne
Ahnung des Kampfes , welchen Begeisterte durchfechten müssen, ſie oft nahe zur Verzweiflung treibend , Bleis benden) — alſo, scheinbar mit Einemmale treten diese als Begeisterte auf -- und Alle , Alle, Math. 13. 54. u. 58. ,,entsezen sich und sprechen : ,,Woher komt diesem „solche Weisheit und Thaten ? Ift Er nicht des ,,Zimmermans Sohn ? Heißet nicht seine Mutter Ma„ria ? Und seine Brüder Jakob , Joses , Simon und „Judas ? Und seine Schwestern , sind sie nicht Alle bei ,,uns ? Woher komt ihm denn das Alles ?! " — „ Und und Jesus spricht: „ Wahrs
„ årgern sich an ihn
„lich , ein Prophet gilt nirgend weniger , denn in ſei,, nem Vaterlande,
und in seinem Hauſe!!"
,,Und er that daselbst nicht viel Zeichen- um ihres „Unglaubens willen !!"
Genau so Robespierre , von Zeitgenossen nicht nur `ermordet, sondern vermeintlich, Nachwelt übergeben
dem Abscheu der
aber von Welchen ?
Die da
selbst geiſtarm , sich selbst Schandpfåhle stellen , Verz achtung der Nachwelt ſich zu vergewiſſern !
Denn , weil
fie ohne Glauben an sich selbst , und zu fühlen meis nen, wenn sie, diese Erbårmlichen, an der Spize Frankreichs gestanden , sie , über so viel Tausend Millionen zu verfügen hatten wie Robespierre - ſie würden gewiß Napoleon , ihrem Ab- Gott nachgeeifert seyn , Kaiſer geworden , und über dreißig Millionen wie Er zufammen gestohlen
haben -
weil sie das
deutlich
fühlen, und sie doch wohl am Besten wissen müßten,
439
wie es in ihrem Innern aussieht, ,,notwendig
Robespierre ,
,,teuflischer Bluthund !!”
- ,,darum ist ihnen
Dumkopf, Schwärmer und ,,Denn , ist Robespierre
„wirklich einer der verehrungswürdigsten Geschichts -Hel„ den, („ wie er's ganz zweifelsfrei Ist !!” —) „ dann haben „ sie sich nicht nur fürchterlich getäuscht, - sondern sie, ,,diese Verleumder, sind berüchtigste Scheusale der Ges ,,schichte, genau so wie es Kaiphas und Conforten „ ſind.
Håtte aber Kaiphas ſich als Scheuſal erkant, -
„nimmermehr wär' er dann Kaiphas gewesen !!"
F. Wie allgemein diese verpestende Vieh seuche des „ Unglaubens !! " noch diesen Tag wütet , davon gibt unter Millionen Beispielen , Zeugniß Benjamin Constant,
höchst schmerzliches
ein übrigens respektabler
Mann, in seiner Darstellung der 100 Tage , und namentlich in seiner Anmerkung über sein Gespräch mit Napoleon.
Folgende Stelle:
„Napoleon mit Freiheit vereinigen , war allerdings „ ſchwer ; allein, gilt dies nicht von allen (?) Gewalt„ Beſizenden ? Verlangen, daß diese uns mit Frei„heit, freiwilliges Geschenk („ pfui Sklave !! ") machen, „ist ungereimte Forderung.
(„ Warum ?! ”)
B. Constant übergeht hierbei ganz , daß Napoleon geborner Bürger , mithin deſſen Zusammenstellung mit gebornen Gewalt-Herschern , überall an ſich ungereimt ist; Napoleon , der sich zu erinnern wußte, daß wenige Jahre vor seinem Gewalt- Raub , er oft nicht ſat Eſſen, und für den Generals-Posten ein kaum zu hoffendes
440
Glüt ?! -
Abgesehen aber davon
wie kann man so
einfältig seyn , sich selbst so herabzuwürdigen ? Was Anderes sagt Constant als : „ Auch wenn ich Diktator, ,,würde Napoleonisch , keine Freiheit geben !!" Geben? Nein! Constant sagt sogar ,, Schenken !!" D, ihr entsezlichen Menschen , wie möget ihr euch ers frechen, schenken zu wollen , was niemals euer Eigentum !! Wenn ihr nichtswürdig Geraubtes zurük gebt das nent ihr schenken ? So laßt Euch Ihr hündischen Seelen von Teufeln verschenken, die Ihr wähnet, daß frei geborne, Gott erkennende Wesen, gleich Vieh verschenkt und verkauft werden dürfen, hundertfachen Todes aber fend ihr schuldig, wenn ihr ſo nichtswürdig von Menschen nur sprechet, um wie viel mehr , wenn ihr's thut!! Eben darum ist Napoleon fluchwürdiges, vogelfreies Ungeheuer, den jeder , abſolut jeder zu ermorden Recht hatte, auch wenn Er nicht vom Gesezgebenden- Corps den 18. Brumaire für vogelfrei erklärt worden wåre !! -
Geborne Gewalt- Herscher haben sie geerbt , und folgerichtig (das aber ist eben das Unglük , daß ihr nicht folgerichtig denkt !) beſizen diese hierdurch ihre Herschaft mit durchaus demselben Rechte , womit ihr Einen Groschen ererben zu dürfen euch berech tigt wähnt, *) -— und daher ist, wer diese Herscher
*) Wieder kinderleicht beweisbar ; denn , „ Vernunft , ,,gemäß befizt ein für alle Mal Niemand, schlechthin ,, Niemand Einen Groschen Eigentum , den er nicht ,,durch erzeugende Selbsttätigkeit Selbst erwors ,,ben!! Daher auch Vernunft gemäß , Verjährung ,, nie, nie stat findet , mithin dir nie zugehört , was
441
-
durch Gewalt zu verdrängen sich bemüht , „ nur dann „ nicht durchaus desselben Verbrechens schuldig , die
„ du nicht als durch 99 erzeugende Selbsttåtigkeit ers 99 worben" nachzuweisen vermagſt!" In den bestehenden göttlich liberalen Verhältniſſen, ist es freilich viel vernünftiger ; denn da brauchst du nicht einmal das, was Du als dein Eigentum behauptest, als dir gesezmäßig gehörend , nachzuweisen ; sondern du hast nur nötig zu sagen : „, das und das und das ist Mein!!" - somit trit sogleich der Staat vor, und schůzt dich in deinem Das - natürlich gegen billigen Schuzlohn; Leben und Lebenlassen !! Indessen ist troz dieser höchst preiswürdigen Humanität - ein prächs tig Auslands-Wort ; denn das kernige und Begrif ers schöpfende Teutsche 99Menschlichkeit !!" läßt sich nichts abdingen , paßt drum in jenen Kram durchaus nicht hins ein - also , troz dieser Humanitåt , ist doch schon von Vielen, Erbschafts- Recht in Zweifel gezogen , weil , es natürlich nur auf des Teftators Verfügungs , Recht sich gründet. Nun ist aber selbst Halb: Denkern aufs fallend geworden : „ daß Todte über Lebende rechts ,,lich sollen verfügen können ; der in die Augen sprins ,,gende Unsin dabei ist gar zu kraß , als daß er nicht ,,Alle nur irgend Denkende gleichsam betäuben solte ; ,, denn , Gedanken durch denken , dazu gehört Karak ; ,,ters Vestigkeit , wie kämen Halblinge dazu - daher ,,sehen sie davon nichts als blutige Revolutionen und ſind ,,drum noch nicht weiter als bis zum Oberflächlichsten ges ,,langt , und haben es demgemäß eben nur berührt !! Folgerichtiges Denken jedoch läßt sich überall nicht ein Tausendteil abhandeln, daher steht vest : ,, Entweder ,,gibt's gar kein erbfähiges Eigentum, oder abſolut Alles ,,ist erbfähig , mithin auch Fürsten - Herschaft !!" Zu mal schon Fichte Staatslehre S. 43 ewig giltig ents schieden : „ Bei Herschaft – in jet giltiger Ansicht
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„ der
ausübt , welcher Erbschaften unterschlägt , wenn
„auch Er Sein ganzes Vermögen dem Allgemeinen ,,freudig hingibt, und Sich Selbst , dazu !!" „ genau „so , wie es Robespierre gethan ; so rein wie die„ ſer muß derselbige stehen , daß auch anschwärzendſte „Bosheit ihn keiner ſelbſtſüchtigen Zwekke bezüchtigen kann رو- so wie infame Mörder Robespierr's , obwohl sie ihn „ erst mordeten und dann anklagten, doch nicht im ,,Stande waren , auf ihn ― der sich nicht mehr ver„ teidigen Könnende ---- den geringsten Verdacht zu bes ,,gründen !!" ,,,,Du wollest Leser dieses in Geschichte so höchst „ „ ſelten Vorkommende wohl beherzigen ! !"' " Wie ganz anders stand Frankreich 1799 ! Ludwig hatte teils freiwillig entſagt (S. 353) , teils thatsächlich eingestanden , er verstehe nicht seine ererbte Herschaft sie war 1799 långst mit dem Tode
handzuhaben
Ludwigs völlig erlöschen.
Denn , daß auch ererbte
Herschaft, nimmermehr berechtigt , Vaterland zu vers raten und zu verkaufen , durch Auslands- Söldner Herscher- Stelle wieder zu erobern das bedarf keines Beweises !! (Vergl.S. 383, wonach nur PflichtErfülung , Rechte geben und sicher stellen. — ) Und so hatte höchstens nur Charteres einigermaßen An,, komts weder auf Leitung noch Verteidigung des ,,Staats , sondern lediglich auf den Gewin , welcher ,,deſſen Verteidigung einbringt, an !! " woher ſolte aber dieser nicht so Erbschaftsfähig seyn, wie jeder andere Spiel Gewinn, da ja Spielen , beſonders ſeitdem Fichte geschrieben , Europäischer Haupt- Regierungs- Grundſaz worden?!
443
sprüche
mit dem Frankreich zweifelsfrei
bald eis
nig war !! Ganz Europa , selbst England ― nicht, welches jedoch auch zweifelsfrei
nur Rußland bald Uebrigen
nachfolgte , da Paul sogar Napoleon anerkante - hatte die Republik durch Verträge anerkant ;
da komt der
Korse, hundertfachen Todes, schon als seinen Posten ohne Erlaubniß verlassender Feldherr , schuldig , tausendfachen aber , weil von gråßlich wütender Pest angestekten Landen kommend , ohne Quarantäne zu halten unbegreiflich wie ihn Blind - Bewundernde , fürchterlicher Gefahr Bedrohende , gessen
dieses
Europa
mit
ganz und gar vers
dieser dringt in's Heiligtum der Geseze mit
Bajonetten ein , und jagt heilige Volks - Vertreter und Gesezgeber aus den Fenstern !!
Nicht haben Marius,
Sylla, Catilina und Clodius zusammen, solche und so viel Verbrechen verschuldet. -Und doch schämen Tausende *) ſich nicht, jener geist= *) Aus den unzåligen Lobschriften ſey nur Ein e Stelle hervorgehoben, welche genugsam Alle Bewunderer Napoleon's als Solche uns zweideutig beweist , die ihre eigenen Worte schlechterdings nicht verstehen , folgende : „ Nichts zeigt mehr die Dürftig,,keit des schläfrigen Herkommens , die Trägheit des angeerb ,,ten gesicherten Beſizes und die aufgeblasene Leerheit des vors ,,nehmen Dünkels der Geburt , als das schnelle und entschei ,,dende Uebergewicht, welches Staaten gewinnen, die es verstehen ,,die Kräfte in allen Ständen aufzuregen, und zwekmäßig zu bes ,,schäftigen, u . s. w. !!” Offenbar hat der Verfasser keine Ahnung , daß er in einer Lobschrift Napoleon's absolut nichts diesen mehr Herabses zendes sagen konte ; denn solchen erhabenen Staat fand Napo: leon ja 1799 in Frankreich gegründet vor , er hatte nur nötig das schon Vorhandene ført zubilden , mehr durchaus nicht !! Anftat dessen macht er sich zum absoluten Monarchen ? — viel zu milde-nein ! zum orientalischesten Despoten, den Geschichte kent !!
444
reich seyn wollenden Frau nach zu papageien : Napoleon sey „ Robespierre au cheval ; " und ein Benjamin Constant spricht gar von „ Freiheit- Schenken ?!" Nicht einmal das Pferd Robespierr's war Napoleon, vielweniger jener Edle zu Pferde ; denn , wie der Edlen Diener durch diese veredelt werden , so gibt sich selbst im Bucephalus des großen Alexanders Geist kund, in Napoleon aber wütete Tigers Kraft, einmal die edlen Rosses. Von lächerlicher Eitelkeit verblendet ,
und; nicht
nimt er von
Talma Unterricht im Mantel-Tragen ; Er , der geborne Bürger, spricht nur vom Glanz der Krone - umgibt sich mit Asiatischem Pomp ; erkent sich als Kaiser des Volks , und buhlt um Schmeicheleien von Aristokraten : „Die er selbst verachtet !!"
Er vergleicht Sich mit dem herlichen Karl ? Pfui dem Hunde, wahrlich, Karls
Pferd, war gewiß mehr wert als er ganz und gar, der nichtswürdig durch und durch, Franzosen drei Mahl und selbst noch als Kaiser schwören läßt : „ Freiheit und „Gleichheit, bis zum lezten Blutstropfen zu verteidigen, ,,während er nicht nur längst abgeschaften Erb - Adel „ und Erb -Titel, sondern das schon in ganz Europa ver-
Wenn nun z. B. auch folgende Phrase in derselben Schrift steht: ,, Napoleons Geißt (?) steigt notwendig 50 % überall im ,,Werte, wo Reactionen ftat finden u. s. w. !!" so beweist auch diese nur mehr noch des Verfassers völlige Verwirrung, da ganz zweifelfrei, felbft in Spanien und Portugal jezt bei weitem solche Reactionen nicht statt finden, wie verhältnißmäßig Napoleon in Frankreich einführte ; Napoleon daher ohne allen Zweifel in dieser Hinsicht, außer Verhältniß tiefer als Ferdinand und Miguel fteht. Ueberdies aber frage ich : ,, Seit wann, wird Größter unter verkrüp,,pelten Mißgeburten, verehrt großen Männern beigezält ?!" —
445
,,achtete, und allergrößtenteils auch abgeschafte Lehens,,System wieder einfürt;
der, echte Patrioten , wie
„Tiberius , durch Spione , zu Aufruhr verfüren läßt, „um sie dann durch beſtochene, feile Richter mit Schein„ Grund zum Tode verurteilen zu lassen ; der Frankreich „von Neuem in gräulich papiſtiſche Ketten schmiedet, „ wo er nur gar nichts zu thun brauchte , um Reforz „mation zu verallgemeinen . Allein , so wie er patrio,,tische Brumbåren - von ihm so genant, nun „Ehren titel - eben so fürchtet er Protestanten ,,- und wie diese , so fürchtet er jede , absolut jede ,,selbstständige Geistes-Regung — und ſo ſieht er gebrand„markt , als elendeſter Sklave feiner ihn beherschenden „Leidenschaften ; nicht nur verflucht ob dem, was er zu ,,leisten vermogte und nicht geleistet,
nie, schlechter-
„ dings nie in ganzer Geschichte ist irgend Einem so „ viel Göttliches veftzugründen geboten worden , wie dies „ſem verkrüppelten Riesen , -nein! er ist verfluchungs,,würdig genug ob dem, was er unmittelbar gethan, „er, der
alles Göttliche und Menschliche mit Füßen
"getreten !!"
„Ihr Elende , die ihr euch erfrechet , diesem Hunde „Lorbeeren zuzuwerfen - völlig abgesehen vom Vorbilde „Robespierr's , - war er nicht Zeitgenosse Washing„tons , *) seyd ihr's nicht auch selbst ? Er solte Hel-
* ,,Ihr entse;lich Blind : Ungläubige, die Ihr nicht aufhört in der Menschheit, Tier- Geschlecht nur zu erblikken, wenn Millionen, sich im freudigen Glauben Opfernder , in dieser von Euch selbst erlebten Periode, Euren Staar nicht geftochen, wendet Euch doch`
446 ,,den Offian's und Plutarch's geliebt haben ? „Auch ich kenne sie Alle Nent mir Einen , dem er
„an Geistes- Größe „tigkeit gleicht??
Einen der ihm an Niedertråch-
Er dem göttlichen Fingal, Ossian,
„ Oskar , Gaul gleich ? Oder Romulus , Lykurg , Cåſar, „Phocion , Timoleon , Agis , Paullus , Cato , Pelopidas, ,,Philopámon , -- sol ich sie euch Alle nennen , welche „ noch in Millionen Jahren Edlen den Weg echt en Ruhmes ,,vorzeichnen werden ? Schämt euch von Geschichte zu „reden, die ihr niedrigen Sklavenſin in allen euren quaſi ,,Schriften kund gebet !! -Weil Napoleon selbst niedz „riger Sklave blinder Natur - Gewalt war, ohne Ahnung „echten Geistes , *) darum ist er euer hochgepriesener „Kaiser, wahrhaft Edle, verabscheuen ihn wie Euch !!
zu diesem Washington. Wüßten wir von keinem einzigen Geschichts Helden, dieser Eine Mann offenbart ja unerschütters lich genug ewige Geiſtes : Macht !! Wahrlich, Europa ist schon jest so tief gesunken , daß es kaum tiefer zu ſinken vermag. Roz bespierre , der abſolut allein Washington Vergleichbare , hat Es nicht nur gemeuchelmordet , ſondern hört's nicht auf als Blut: hund zu verabscheuen , und huldigt dem Teufel Napoleon, während Amerika einen Washington befizt und verehrt ?! Hätten wir von diesem Göttlichen kein anderes Denkmal denn seinen Abschied, nach 45jährigen treu seinem Vaterlande ges leisteten Diensten , s . 17. Sept. 1796 , und ſein Schreiben v. 13. Juli 1798 an den Pråſ. Adams , worin der bejahrte Veteran Generalismus Stelle annimt , „ aber ausdrüklich Gehalt ,,verbittet !!" — ,, wir wüßten genug durch ihn , was Geist ,,ift !" Auszüge aus diesen höchst merkwürdigen Geschichts.Akten, ein andermal. *) Daher Fichte Staatslehre S. 67 unübertréflich : „ Nas ,,poleon sezt sich als Verteidiger eines absoluten - aber ,,nur individuellen Willens , einer Grille, ausges ,,rüstet mit formaler Kraft fitlichen Willens. (,,Dies ,,sein wahres unterscheidendes Wesen. Jene sind nicht
1 447
Nur noch dies von ihm.
Nachdem ein Barras,
Sieyes , Reubel und Consorten das schöne Frankreich bis an den Rand des Verderbens gebracht, das unglükliche Volk zur Verzweiflung getrieben , keine Spur von Robespierr's " göttlichen Regierungs - Grundsäzen mehr anerkant ist Frankreich so tief gesunken ist , daß selbst daß Scheusal Massena * ) als Retter gilt war nicht einmal Napoleon's
gewaltige
da
Kraft nötig,
die Trümmer eines ſo völlig zerrütteten und von Eilf,,im Stande, ihren gegen sie freilich erhabenen Gegner „ auch nur zu begreifen !!" ) ,,Es ist allerdings wahr,• — ,,daß Alles aufgeopfert werden sol dem Sitlichen, ,, der Freiheit ; daß Alles aufgeopfert werden solle, ,,hat er richtig gesehen, und für se ine Person beschlossen ; ,,(seine Denkart ist mit Erhabenheit umgeben , weil sie ,,kühn ist ; darum verführt sie leicht, Rechtes nicht 99,Erkennende) nur ſol es eben nicht geopfert werden ,,seinem Eigensin ; der Freiheit des Menschengeschlechts ,,solte er Sich aufopferu , und uns Alle mit Sich, ,,dann müßten z. B. ich , und Jeder , der die Welt „ſieht , wie Ich sie sehe , freudig ſich ihm nach,,stürzen in die heilige Opferflamme !! " (Beiläufig ist auch dies Eine von den Millionen vorhandenen Schrift , Stellen welche allein zureichte, alle schriftlich verfaßte Philosophie ferner übers flüßig zu machen wenn die Menschen endlich einmal lesen lernten !!) * Nichtswürdigkeit dieses Räubers , ift durch seine erlittene uns erhörte Beschimpfung in Rom 1798 hinlänglich dokumentirt. Er als bestalter Ober: General , wird zwei Mal von seinen eiges nen Offizieren fortgejagt, die 15. März ein Memoire an das Dis rektorium einreichen : „ Unter solchem Räuber nicht dies 99 nen zu wollen!! " - Doch rettet er 1799 Frankreich in der Schweiz gegen Suwarow ; so wie seine großartige Verteidis gung Genua's, Schlacht bei Marengo gewinnen machte!! -
-
448
jähriger unerhörter Anstrengung völlig erschöpften Staats an sich zu reißen ;
Jeder, der nur nicht ganz und
gar nichtswürdiger Feigheit jener Wucher verkauften Gewalthaber gleich, hatte nun dazu Kraft genug. ein Pompejus
noch Cato , vielweniger
Weder
ein 700jähriger
römischer Königs-Senat ſtand dieſem Cåſar Nachåffenden gegenüber Neuem
und wahrlich verfiel Pitt nicht von
in seine elende kaufmännisch gierige Diplo
matie, behandelte er und Desireich Paul und Suwarow nur nach gemeiner Verstandes - Klugheit — nimmermehr gab es ein Marengo, und Geſchichte wüßte nur vom vogelfreien General Bonaparte, nichts vom Kaiser Napoleon!! Womit jedoch keinesweges behauptet seyn sol daß es dann mit der Menschheit beffer jezt stånde , im Gegenteil, paßt nirgends mehr wie auf Napoleon, jenes quaſi Lehrers Bild (S. 406) wütenden Orkans, der viel Inseln verwüstet, aber auch viel Peſtſtof entführt - - Eu ropa war so durch und durch erschlaft, daß Eilf Jahre hindurch gemordete Millionen bei weitem nicht zureichten einigermaßen Leben darin zu erwekken ; noch funfzehnjähriger Schlachtungen bedurft es um zu ſo geringem Leben zu erwachen, wie es 1813 bis 1815 offenbarte Seitdem liegt's schon wieder in fast noch tieferem Todten ähnlichem Schlaf!!
Du aber hingeschieden erhabener Geiſt Robespierr❜s verzeihe, daß ich diesen Entfezlichen mit Dir irgend in Berührung gebracht, der absolut gar keine, nicht einmal gemein verständige Selbst- Liebe Dein Gemüth durch und
gezeigt,
durch vol echt
während göttlicher
449
Liebe.
Jener arbeitete nur für Sich , Sich , Sich ,
kaum das dann noch übrig bleibende, Anderen gönnend, wie Teutsche Theologie Teufel
unübertreflich zeichnet ;
untergegangen
Mein und Mir
in ihr mich ,
Du dagegen im absoluten Gegensaz , lebtest und wirktest nur für Andere und in Anderen , und immer für Andere, *) nichts, durchaus
nichts für Dich bes
gehrend , deutlich wissend - ,, daß Du eben in vers vielfachtem All- Leben am Gewissesten Selbst lebst !!" Ja Du hast ewiges Leben erworben ,
leider
Deine erhabene Tugend bedeutend schlim , Verderblichen eingewirkt.
aber hat
auf jenen
Du von ihm hochverehrt 1794,
* ) Aehnlich was Plutarch von Fabius Maximus, Aem . Paullus u. M. über erhabenes Aufgeben alles Selbsſtiſchen, über Idens tificirung des Selbst: Lebens mit dem All-Leben des Vaterlands . bei römischen und griechischen Helden aufbewahrt, findet sich Girt. 15. B. S. 324 von Robespierre verzeichnet : ,, Alle seine ,,Gedanken und Gefühle gehörten dem Staat in so hohem Grade, ,, daß einer sich seiner Freundschaft rühmen konte , und selbst ,,fein Bruder von ihm sagte : „ Er treibe Politik mit seinem ,,Herzen!!" - Nichtsdestoweniger war er angebetet von seis nen Hausgenossen . Er hatte seines Wirts — Tischler Duplair - Tochter geehlicht. Freilich eine glänzende Partie , welche ganz volkommen Manifeste Pitt's und des Feld-Marschal Herz zog Vorks rechtfertigen , worin er Diktator und König Franks reichs titulirt wird, nicht wenig Feinde dem Edlen erwekkend. Napoleon verstand's beſſer ; der buhlt, scheinbar närrisch verliebt , um die Gråfin , Generals,Witwe Beauharnois , die ihm nicht nur 500,000 Liv. Renten zubringt, sondern durch ,, Gunst ,, Barras !! " †) Feldherrn- Stelle Italienischer Armee !! ,,Als sie genug genuzt, wird sie verabschiedet, und flugs vers ,,liebt er sich eben so närrisch in des Kaisers Tochter !!" ,,O Menschen-Larven !!" + Vergl. Josephinens Memoiren, worin höchst naiv : „,Barras versichert ,,mich, daß, wenn ich den General (Bonaparte) heirate, er für ihn ,, den Oberbefehl über die italienische Armee auswirken werde !!" Eine feltsame Bedingung wodurch dieser Welt-Eroberer empor getragen wird. Nichtsdestoweniger wird er bewundert , Robespierre verachtet ? Ganz in der Ordnung , weil nur von Solchen , welche durch gleich entehs rende Buhlschaften gern solche Gewalt erkauften. [ 29 ] 1
450 - – wie seine Briefe aus Toulon, und ſeine Arretirung zu Nizza bezeugen - mußteſt råuberiſchen Meuchelmördern erliegen; da wurzelte tief in ihm Menschen-Verachtung : „Ist das der Tugend Lohn - dachte er
so wil ich
„euch hündische Menschen mit Skorpionen züchtigen !!” und diesmal hielt er sein Versprechen,
der außerdem
Wort- Treue nie Anerkennende.
G.
So Leser, wenn Du nur irgend zu Hinaufs
Sich-Bildenden , und nicht zu Herunterziehenden gehörst , und recht gelesen ; so ungefår find Alle oben zu lösen unmöglich geschienene Phänomene, mit folcher Evidenz gelöst ,
daß darin in ewiger Zukunft
nichts Höheres mehr zu leisten ist, wofern der Menschen Leiber nicht etwa åthereriſcherer Natur werden , Offianischen Nebel - Gestalten ähnlicher !!
Fast Alle - nicht des Volks , in welchem ja gleichsam systematisch Geist völlig unterdrüft wird sondern fast Alle sogenant höheren Standes , scheuen nichts so
sehr
als
Selbst - Denken ,
daher jeder
Selbst-Denker ihnen gråulicher Kezer, den zu verfolgen , nicht einmal finlichem Gott ihrem Heiden - Gözen wohlgefällige That.
Kunst und Wissenschaft nur da,
gråßliche Langeweile zu tödten, daher Zoten- Bücher, Zoten-Bilder , Zoten-Komödien und Zoten-Musik ihnen höchste Lust.
Das treues Bild ihres ganzen nichtigen
Schein Lebens !! Würde das Wort Karakter nicht durch sie ents weiht, so erschiene ihr Leben karakteristisch - als stete
451
Angst vor „ Besser - Werden !!" nicht nur vor ihrem eigenen , nein, sondern „ Angst vor Beſsfer-Werden übers haupt !!"
Unverkenbar in allen , absolut allen ihren
Anstalten von A bis Z deutlich heraustretend !! Vorgestern brennen Städte, Dörfer , gestern dess - Schindelgleichen, heute wieder völlig ab - Woher? Dächer und Holz - Häuser , trefliche Feuer - Leiter.
Was
einfacher, daß nun nur steinerne erbauet werden ? - Wo denkst du hin , dann ging ja Tugend ( ?) der Wohlthätigkeit, und mehr noch die der Lobpreisungen in den Jener Strom verheert jährlich Zeitungen verloren !! Was einfacher, als solche Dämme, blühende Marschen. welche wütendes Element ein für alle Mal zámen ? Bewahre , „ dann gibt's ja keine Verunglükten zu betrauern und aufzuhelfen !!" *) Vereine werden gestiftet in Un— zal - glaubst du etwa Grund der Uebel zu heben? Thörigter, diese Menschen-Race so ganz und gar nicht Kennender,
dann gingen ja viel Tausend Titel ver-
loren , Präsident, Vice - Präsident , Direktor , Vorsteher ; 1., 2. , 3. Sekretaire , Assessore , Schazmeister, Rendant u. s. w. u. s. w. , und nun hiezu zallos Tausende Vereins-
*) hiezu gehört , unter zallos anderen gleicher Verkehrtheit, ganz besonders, eifrige Bemühung aller Staats . Leitenden, Arbeitss - so , daß Arbeiter Lohn auf das Minimum herabzubringen — nur eben nicht verbungern , aber mit ungleich eleuderer Nahrung fich begnügen müssen als Neger: Sklaven , für deren Gesundheitsz Erhaltung ihre Herren durch Eigennuz zu sorgen , gezwuns stat vernünftige Staats- Lenker danach strebten, gen find Arbeitslohn im Maximum zu erhalten ; da Erfahrung ja genugs fam 1813 bewiesen , daß Sicherheit der Staaten , auf Ges finnung seiner arbeitenden Klassen allein beruhe ; wogegen die Reichen, durch ihr Geld sogenante Weltbürger, bei ,, davonlaufen !!" herannahender Gefahr des Vaterlandes
452
Mitglieder, nur darum Beitretende , jene glüffelige Titel einmal zu ergattern, so leichten Kauf's betitelt, gedrukt Sich in nun unsterblichen Namen zu erblikfen !! Ja , nicht unglaublich , daß diese Bluts Kriege lieben und empfehlen , (von ihren Stuben aus, nicht als Teilnehmer , die Welt würde zu viel verlieren, sezten sie
erhabenen Wert ihrer Personen dabei aus )
aus purem Edelmut , damit ihre Vereine sich teils vermehren , teils mehr Beschäftigung erhalten , ihnen ist, im Frieden, des Elends nicht genug !! ,,Welche Tätigkeit aber äußern sie denn , es finden „sich ja davon kaum Spuren ?" Welche? wie Du doch so sonderbar fragst ; gewiß, Du bist nicht Eines Vereins Mitglied ; denn , wenn nur von Einem , Du wüßtest Tätigkeit Lieber, sie sammeln Gelb , Geld , Geld !!"
Aller !! Da sie in
Sich am Besten zu fühlen meinen , daß der Mensch ohne Geld , ein ganz erbårmliches Wesen , so meinen sie ihrem Natur - Sin gemäß auch den Vereinen nicht nüzlicher seyn zu können , als wenn sie deren Geldkasten bewachen, und damit in hundert Jahren Bedürftige Unterstüzung finden, laſſen ſie fein klug jezige — verhungern !! Vergebens jede Vorstellung : „daß das „solut
allein wirkliche Kapital, jedes , ab-
jedes
wahrhaft
wohltätigen Vereins ,
in
„ſeinem Thun , Geld aber blos Mittel , durchaus „mehr nicht sey — daß demnach deren allein ech,,tes Kapital geradezu in dem Geld - Ausgeben , *) “ und nicht in dem Geld-Einnehmen begründet sen !!”
*) Wozu werden Geld-Kapitalien gesammelt — nicht umZinſen zu
453
Vergebens : „daß z. B. Frank in Halle mit Einem Groschen an-
„fangend, nur dadurch Hunderttausende erhielt — weil „er kein Geld- Kapital haben wolte , sondern nur „Tätigkeits-Kapital erstrebte, wodann jenes Mittel „von selbst komt
während , wenn Frank um Geld
„nur sich bemüht, er gewiß keine tausend Taler erhielt!!" Vergebens : „ daß die Menschen „Früchte , Früchte!!" sehen ,,wollen , dann willig jedes Opfer bringen !! Eher erkent Bileams Esel Gottes Engel-Boten, ehe diese Ungläubige zu bekehren sind ; der MammonsGöze hat ihr Blut so durch und durch vergiftet, daß sie ihnen nahe kommendes Edelstes sogleich durch ihren giftigen Speichel tödten.
Sie sind mit schwarzem Staar
geplagt, den noch kein Arzt zu heilen vermocht.1 .
erhalten , und von den Zinsen dann Unterſtüzungen zu reichen ? Warum aber zalt denn irgend ein Leihender , sofern er verz ständig ist , Zinsen ? Nicht etwa darum , weil er diese Zinsen durch Kapital Umfaz vielfach zu erwerben hoft ? So fey es Gott geklagt , daß Ihr so ganz und gar verftandlos, nicht einzusehen, daß, wenn Ihr ftat Zinsen mit den Kapitalien Selbst unterstüt,,,Ihr notwendig diese hierdurch zu den höchs ,,ften Wucher Zinsen ausbringt , die irgend zu erlangen sind !!" Mitden Zinsen errettet Ihr heute eine Familie vomHungertode, nichtsdestoweniger bleibt sie am Bettelstabe , und Jbr müßt sie fortdauernd alle Jahr vom Hungertode erretten. Gebt derselben Kapital, so bedarf sie nicht nur Eurer fernern Unterfügung nicht, sondern sie hilft sich dadurch auf, und zalt Euch Kapital und Zinsen bald zurük. - Saget , bei allen Heiligen beschwöre ich Euch , muß diese Ueberlegung nicht Jeder nur irgend Ver ständige als unfehlbar richtig anerkennen ? Euch ist sie nicht beis zubringen; mithin klar, daß Ihr mit jenem Fleischer:Patents Kaufmann (S. 389) auf ein und derselben Stufe der Verstandlosigkeit steht.
454
Und so erkenst du ganz deutlich , was Fichte von Theologen im Allgemeinen sagt , ganz das Selbige gilt absolut von fast Allen bürgerlichen Verhältnissen überhaupt und überall ; denn , genau so , wie bei weitem Mehrzal der Theologen sich eifrigst bemühen : „aus den Kindern erst Heiden zu machen , um hin„terher ihr Kunststükchen zu zeigen, aus diesen selbst= „gemachten Heiden Christen dann zu bilden , welche ,,aber eben darum Nicht - Christen , nemlich Christia,,ner, d. i. Heiden , bleiben !! „ lehre S. 243 )
(Vergl. Fichte's Staats-
genau eben so bemühen sich Alle
„sogenante Wohltätigkeits - Vereine ,
Menschen arm,
,,elend und daher zu „ Verbrechern !!" erst zu ,,machen -- um hinterher ihr Kunststükchen zu zeiz " ",gen:
Aus
selbst
gemachten
Verbrechern
,,edle Menschen zu bilden !!" welches ihnen aber ,,eben darum ,
eben so wenig gelingt,
wie
jenen
„Theologen aus selbstgemachten Heiden , Christen „ zu bilden !!
H.
„, „ Grund Aller Uebel hast
du hinreichend,
dünkt mich , aufgedekt , auch erkennen ihn Viele (?) , was nůzt's aber , wenn Heilmittel nicht erkant werden ?” ”
O wie glüklich , wenn Du Wahrheit sprachst; nicht gering ist des Arztes Freude ,
wenn er der Krankheit
Urgrund erkant , weil niemals er um Heilmittel so in Verlegenheit, als ihm Erkennung der Krankheit verurs ſacht, wenn dieſe nur nicht an sich tötlicher Natur !! Daß der Menschheit allgemeine Krankheit nicht tötlicher
455
Natur , daran zu zweifeln , haben wir durchaus keinen Grund .
Da die Krankheit selbst höchst einfach, von
jedem Kinde leicht erkenbar , so daß es schlechterdings, weder Studien noch tiefes Nachsinnen erfordert ; so ist absolut kein Zweifel , daß unmittelbar mit der Krankheits- Erkennung auch das schlechthin unfehlbare Heilmittel gefunden ist, darin bestehend : „Daß die Menschen als Menschen Sicherkennen !!” d. i. nicht mehr blos zu Natur - Erscheinungen Sich zålen , sondern die , eben weil sie Menschen sind, über der Natur stehen ; d. i. so wie sie schon bisher durch — ſiehe dich Geist instinkt måßig Natur beherschten doch um , troz aller Verkehrtheiten , beherschen die Menschen die Natur ununterbrochen , und schlechthin überall , von einem Pol zum anderen , sie wissen es nur nicht so sollen nun , Menschen die Natur wissend beherschen ; Mehr bedarf's durchaus nicht !! Schon hier sogleich klar, welcher Unsin in dem Einwand gegen allgemeine Gleichheit der Menschen : „ Natur bilde überall Verschiedenheit !!" Ganz recht Einfältiger , Natur bildet nichts denn Verschiedenheiten , der Mensch aber ist eben nur dadurch Mensch , weil er als Geist über der Natur steht, und eben darum ſind Menschen, so gewiß sie Menschen nur sind, sich durchaus gleich . - Drum wenn Du von Dieser absoluten Gleichheit Ein Tausendteil abzuziehen Dich bemühest ; so kanst Du heilig versichert Dich halten : „ Du , bist noch keinesweges Mensch !!" — ,,aber, es ist Dir , wie Allen , abfolut Allen kinder„leicht gemacht , zu Menschen Dich zålen zu können,
---
456
„ indem Du ja nur nötig haft , jenen lächerlichen Eis „gendünkel abzuwerfen, der Dich beherscht,
und
„ Dir einreden wil : „ Du seyeft Mehr als Mensch !!” ,,während doch eben dies einzig und allein zum Men„fchen Dich erhebt, wenn Du Alle , absolut Alle Deine ,,Natur- Leidenschaften beherschest, und
nicht
von
,,ihnen, Dich beherschen lasseft; daher , bist Du genau „in demselben Verhältniß Weniger als Mensch, in „ demselben Verhältniß Du Dich ,
für Mehr * ) oder
,,Weniger als Mensch -- Selbst erkenst!!" Wenn Du mein Leser in diesem absolut unbedingt allgemein giftigen ,, Geseze !!" absoluter Menschen- Gleich heit, Widerspruch mit S. 29 : „ Es sey völlige ,,Gleichheit geistiger Entwiklung weder möglich noch witterst , so halte diesen Saz nur „ wünschenswert ,,mit dem S. 30. stehenden zusammen : ,, Wer Erhas ,,benheit seiner eignen Menschenwürde erkent , ehrt sie ,,in Jedem menſchlichen Individuum, es sey denn, jener ,,habe sich ihrer durch Thatsachen entåußert !!" Hier fügen wir zu diesen Såzen hinzu : ,,In Vernunft-Ans ,,schauung, ist absolut jedes sinliche Verbrechen, von ,,augenbliklicher Leidenschaft erregt, durchaus keine solche ,,entmenschende That , wie die begehen , welche im ,,Leben oder in Schriften , oder als Lehrer in mündlis ,,chen Vorträgen ,, heiligen Geist !! " låstern, und dies ,,thut jeder, welcher die Menschheit in ihrer Allge ,,meinheit herabwürdigt, so unmittelbar als despotischer ,,Herscher, so mittelbar durch sklavische Schmeichelei ,,verratende Schriften gegen Herschende, so durch ,,Herabwürdigung ausgezeichneter Verehrung würdiger Ges ,,schichts-Helden, so durch Anmutung entmenſchender Ges „ ſinnung u. s. w . Gegen Alle diese hat Jesus für ewig ,,giltig entschieden : „ Sünde wider heiligen Geiſt findet „ keine Vergebung !!” Die Hinzufügung Jesus : „ Weder
457
I.
,,,,Wie
aber ist diese allerhöchste
Glükseligkeit
verbreitende ewige Wahrheit zu verallgemeinen ?” ” „ in dieſer noch jener Welt" aber ist offenbar dahin zu deus ,,ten : ,,Sofern sie keine Buße thun" d . i. sofern sie ihr ,,gethanes Unrecht nicht bekennen, oder doch mindestens ,,aufhören heiligen Geiſt ferner zu låstern.” „ So find Jesus , so Sokrates , so Paulus , so Lus ,,ther's, kurz, so schlechthin Alle , absolut Alle hart ,,klingende Reden echt Begeisterter zu verstehen !! ,,Nicht daß die Redner sich dadurch über ihre Mit,,menschen erheben wolten. - Steigt solch sie enteh ,.render Verdacht in Dir irgend auf, so magst Du nur ,,heilig versichert Dich halten , Du hast ihre Reden. ,,durchaus nicht verstanden , höre dann nicht auf ,,sie zu lesen, bis in Dir keine Spur mehr jenes Vers ,,dachts aufkeimt , erst dann beginst Du sie zu vers „ stehen. Zwek jener harten Reden ist zwar allerdings ,,Dir wehe zu thun ; erfüllen sie bei Dir diesen Zwek, ,,so freue Dich dessen innigst , als unfehlbarstes Zeichen, „ daß Du Dir noch helfen kanst ; erregen sie Dich aber zu Haß und Verfolgungssucht oder lassen Dich völlig ,,kalt, erregen sie Dir höhnisches Lächeln - dann bist ,, Du sehr, sehr unglüklich, und zu Deinem Heil wüns ,,schenswert daß Du je eher je lieber entweder hart ge ,, üchtigt , ob bedeutendes Unglük Dich vielleicht noch ,,rettet oder Du diesem Schauplaz recht bald ent ,,zogen würdest, auf damit Du nicht Mehre in Deinem ,,Verderben hinein reißest !!" Zur Widerholung : Voraussezung steht vest: ,,So gewiß Menschen, Menschen sind, sind sie sich absolut ,,gleich;" ferner : ,, So gewiß Menschen nur sofern Mens „ ſchen sind , als sie Geiſt offenbaren , Geist aber nur ,,durch Wissen sich kund gibt, ſind Geist , Wiſſende ,,ſich absolut gleich ; Fähigkeit dieſes Geist-Wiſſens ,,ist in absolut allen Menschen vorauszusezen, so gewiß ,,fie Ebenbild Gottes offenbaren, d. i. Fähigkeit zum
-
458
So leicht und einfach wie Wahrheit überhaupt . Schon habt Ihr unzålige Vereine , womit Ihr Euch gleichsam
eine neue , früher nicht gekante Krankheit
eingeimpft: „ Vereins- Sucht !!" Denn , täglich bilden sich neue Vereine , oder werden vorgeschlagen ; darunter ſind Mehre: „Ertrunkene , oder sonst körperlich Verunglükte, ,,und überhaupt
Schein Todte
in's Leben möglichst
„zurük zu bringen !!" Welch gräßlicher Unsin !
Sagt nicht schon Jesus,
Luc. 24. 5. und Matth . 8. 22. „Was suchet ihr Lebendige "Was
bei den
Todten" ; und
„Laß die Todten ihre Todten begraben !!" Saget, um Gotteswillen , wie möget Ihr Euch bes mühen,
in
nie
gelebt
habendes
faulendes
Fleisch,
Leben zu bringen , während Ihr selbst, in steter Verwesung behart ? Wer da Leben erwekken wil, muß doch wohl notwendig zuvor Selbst leben ?
Ihr aber
send bis diesen Tag ununterbrochen Sterbende , kaum / entfernte Lebensspuren hie und da in Euch bemerkbar ;
,,Wissen von seiner erhabenen Menschen, Würde zu gelangen, ,,ist in absolut jedem Menschen vorauszusezen , mit ,,seltener Ausname abnormer Zustände, (Vergl. S. 132) ,,und sofern sind sie sich Alle gleich. Nichtsdestos ,,weniger fann Einige mehr denn Andere Geistess ,,Macht durch dringen ; für diese vorzugsweise Machts ,,Offenbarung gibt's ganz unverkenbare Zeugniſſe : ,,Die Offenbarenden dürfen nemlich nicht entferntesten Ans 1 ,,spruch auf å ußere Anerkennung ihres höheren Werts ,,machen und müſſen freiwillig hd here Pflichten überneh; ,,men. Handeln sie einem oder anderem zuwider, dann ― „ ſind ſie falsche Propheten !!"
459
facht doch erst diesen in Euch schlummernden LebensFunken an, begint doch erst Selbst zu leben , ehe Ihr Todte zu erwekken hoffen möget !! Daher folgender Vorschlag : „Es mögen Alle , die einiges Leben in Sich „wis,,fen!!" zusammentreten zu einem „ allein mensch„lichen Verein !!" dessen Zwek :
" Geist-Leben - Erwekkung !! " " Des geschriebenen und gedrukten „ Worts !!" gibt's wahrlich überall , ſchlechthin überall, mehr denn zu viel schon; darin ist nichts mehr zu leisten !! Wols tet Ihr hören , woltet Ihr sehen , woltet Ihr lesen , großer Gott , Millionen Stellen gibt's , Alle gediegener und erschöpfender Leben verkündend, als meine Armuth selbst schöpferisch Euch mitzuteilen vermag. Außer den hierin sö häufig durch Plünderung Anderer Mitgeteilten , wäre ja volkommen zureichend Folgende Stelle Spinoza's , des entsezlichen Kezers !! „Gerechtigkeit und Liebe nur , sind
einziges und
„gewissestes Zeichen wahren katholischen (d.i. all„ gemeinen) Glaubens *) — und Frucht allein ech*) Bedarfs noch Erwähnung daß das herliche „ an sich von ,, vorn herein rein geistige Wort " ,, Glaube !!" durchUnvernunft gleichsam in Verrufgekommen ? So sey denn ein für alle Mal vestgestelt: ,, Wer irgend einer „ Persönlichkeit , Wer irgend einem sogenanten ,,Wunder glaubt G der ist absolut Heide , und hat ,,auch nicht entfernteste Ahnung vom ,, Geist Jesus!!” Es ist schlechterdings unmöglich hierüber Erschöpfendes res zu sagen , als was Fichte , Staatslehre von S. 200 bis 270 ewig giltig ausgesprochen , welches recht zu lesen ich Dir dringend empfehle. Nur folgende Stel
460
„ten heiligen Geiſtes ; wo diefe , da ist Christus
""- wo diese fehlen, fehlt auch Christus !!" len mögen Dich reizen , dies wunderreiche Werk teuts schen Meisters , noch wenig bekant , ju ,, studiren !!" ,,210 : ,, Wer ein anderes Evangelium predigt , sey es ,,ein Engel vom Himmel, sey verflucht !!" (Vergl. ,,Galater 1. 8.) S. 213 : „ Es schadet allerdings, ,,wenn Nebensachen in gleichen Rang mit der ,,Hauptsache geftelt, oder wohl gar für die Haupts ,,sache ausgegeben , und Unglaubliches zu glauben ges ,,fordert wird !!" —— S.215.:,,Gott ist der Herr des Geistigen , nicht des ,,Sinlichen, das ihn gar nichts angeht. Zeichen und ,,Wunder mag der Fürst der Welt thun, Beelzebub , ,,der Oberste der Teufel !!" S. 225 : ,,Wird von einer „ Dreiheit in Gott gesprochen , so läßt's der Schüch,,terne bei dem Worte (Buchstaben) bewenden , und ,,spricht: es sey das ein Geheimniß, der Mutige gesteht „ ſich : „ es sey das Unſin !!" S. 227 : „ Wer Wunder ,,begehrt, wil seiner Pflicht ſich entziehen . Auf diese ,,Einsicht komt aber Alles an, weil die Sphäre Gottes „ allein auf des Menschen Wille einzuwirken ſtrebt,” „,8. B. „ Wenn Jeſus wirklich ſeinen Vater um Wun : ,,der ersucht hätte : wie hätte Gott ihm antworten ,,müssen? Bedenke doch, daß du nicht, wie meine ,,Gesandten der alten Welt , die Menschen nur dahin ,,bringen solst, daß sie etwas äußerlich thun, wozu die ,,Betäubung durch ein Wunder recht gut war, sons ,,dern, daß sie es zufolge klarer Einsicht mit freiem ,,Entschlusse thun , wobei jene Betäubung nur hinders ,,lich und im Wege seyn wird. „,Bedarfst du Wunder, ,,dann bist du gar nicht Christus , und dieser muß ,,erst nach dir kommen !!" S. 228 : ,,Wundertåter ,,mochten seyn ein Elias , ein Romulus , aber nie . ,,mals ein Christus , ein Stifter des Himmel---,,reichs !!" S. 232. 33 : „ Mit jenen Entsündigungs,,Mitteln : Weihung, Beſchneidung , Taufe -- oder
461
„ Meinst Du es sey Vermessenheit und Hochmuth „ von mir , Meine Vernunft zu gebrauchen , und ,,mich mit diesem Worte Gottes , welches in ,,der Seele selbst liegt , und das
niemals
vers
„ dorben und verfälscht werden kann , zu begnügen ? ,,Entferne von Dir diesen Verderben verbreitenden „Aberglauben , erkenne Vernunft an und folge „ihr - wenn Du nicht zu Tieren gezålt ſeyn
,,wilst!!" Weit kürzer hat ganz dasselbe Rabbi Hillel schon ausgesprochen.
Aufgefordert im kürzesten Saze
das , Menschen Karakterisirende zu verkünden, antwortet er : „Liebe deinen Nächsten als dich selbst, und Gott „über Alles !!" Noch gedrångter und allerhöchste „ Idee !!” völlig erschöpfend !! , hat es schon teutsche Theologie vor 400 Jahren verkündet : „ Gott vermenschte Sich
damit der
,,Mensch Sich vergotte !! "
1 ,,was es sey , bleibt Gott der wilkürliche , eigensinnige ,,Despot, der ohne Grund befiehlt, und dem man ,,gehorchen muß ohne Einsicht, nach dem Recht des ,,Stårfern !!" der Fürst der Welt, und ,,Zaubers ,,Gott !!" und wird nie der himlische Vater des Chris ,,stentums, dem der Mensch , so wie er ist, kindlich ,,und ohne Furcht sich nahen darf!! S. 242 : ,,Nichtig ,,und darum sündlich ist Alles , was nicht aus Gott ,,fomt !!" (d. i . was der Mensch nicht mit Zustimmung ,,des
heiligen Geistes !!" volbringt." - )
Zusammenstellung der
zwei Anmerkungen .
1.
Beweis - Forderung für über Robespierre geſtelte Behauptungen hat zu diesen Anmerkungen veranlaßt; was ergeben sie? „ Daß es bis diesen Tag, absolut auch nicht Einen „allgemein giltigen Beweis überhaupt gibt !! Mehr ! „ Daß es bis zum lezten Tag , keinen absolut allge= ,,mein giltigen Beweis geben wird, ,,wenn die ,,Menschen fortfahren Sich für absolut getrente Ein„heiten zu meinen !!" „wenn sie überhaupt fortfahren „blos zu meinen, und nicht sich bemühen des Wissens „Einen Kern zu durchdringen , wodurch allein mög„ lich, daß sie zum Wissen überhaupt gelangen, welches ,,Wissen dann ,
ihr
ganzes
Leben durch Wechsel-
„ wirkung verklåren wird !! Genau so, wie es Jeſus ,,fortwährend fordert, — wie es Alle , Alle echte Den„ker, so weit Geschichte reicht, gefordert haben : „ Abzulegen den
fleischlichen ,
,,geistigen Menschen ; wie
und
anzunehmen
den
dasselbe S. 29. fordert :
,,Nicht mehr zu meinen, den Kreis von der Pe-
463 „ripherie aus volkommen bilden zu können - fon= „ dern zu wissen ,
daß vom Mittelpunkt aus,
„einzig und allein ein volkommen richtiger Kreis nur -„ju ziehen möglich iſt !!”
,,Denn , so wenig
Du im Stande
bist,
irgend
„Einem Menschen zu beweisen : „ daß Zwei = Eins und Eins wenn er's nicht Selbst erfent!!" „viel weniger bist Du im Stande , einem Anderen ir„gend Eine Wahrheit zu beweisen ,
d. i. überhaupt
,,irgend Einen Beweis für Andere giltig zu kon,,struiren, wenn er's nicht Sich Selbst konstruirt!!"— „ Wie dies , für Alle Ewigkeit giltig , Sokrates („ der „ Unwissende !!" ) ſchon ausgesprochen : „ Nur Hebes ,,ammendienste leisten zu können - mehr nicht!!" Das „her, so wenig die Hebeamme ein Kind bringt, wo ,,Kein's ist - eben so wenig bringst Du aus irgend ,,einem Menschen Verständniß heraus, wenn kein „Verstand in ihm iſt!!” „Dieser Verstand
ist aber
in Allen ,
absolut
„ Allen Menschen , (mit feltner Ausname abnormer Zu„ſtånde) ſo gewiß ſie „ Mensch - Geborene ſind !!” durch „ſchlechthin
überall
bestehende
Verkehrtheiten
aber,
,,rauben die Menschen sich selbst ihren angebornen „gesunden Verstand ; nachdem sie auf solche Art aber ,,einmal verkrüppelt gemacht worden , „ist's gleichsam
ein Wunder,
da freilich
wenn unter Millionen
„Einem gelingt , ſeinen ursprünglichen Verstand wieder „zu erobern ; denn uraltes Sprichwort wird bis zum lez,,ten Tag sich bewähren : „Was Hänschen nicht gelernt,
464 ,,lernt Hans nimmermehr !!" - Durch reife Erkentniß „ aber noch viel richtiger bezeichnet : „Was in Hånschen „Verderbendes eingepflanzt worden ,
dessen Frucht
„ist in Hans nimmermehr völlig zu tilgen !!" ,,Nachdem den Menschen , von frühester Kindheit an, ,,absolut nichts Anderes denn lauter Verkehrtheiten um„ geben - er in nichts denn Aberglauben und Vorurteile ,,erzogen, ihm nichts denn Narheiten und Geld - Sucht wie solte er nicht Alles verkehrt ,,angebildet wird ,,sehen , Aberglauben für Glauben , Vorurteil für Urund Geld - Besiz für ,,teil, Narheit für Weisheit „höchstes Ziel menschlichen Strebens halten??” ,,Wie gesagt , bis diesen Tag sind aus dem absolut ,,allgemeinen Schifbruch, ,,und
nur Einzelne , sehr Wenige,
auch diese nur durch Wunder gerettet worden.
,,Daß dies Wunder fortwährend Einige erretten werde, „ dafür gibt's bis jezt schlechterdings nicht mehr als „ hoffendes Vertrauen , und auch nicht die allergeringste ― Daher habt Ihr Menschen Euch
„ Sicherheit!!
,,gar nicht drauf zu verlassen , daß etwa Buchdruk-Kunst ,,das Zurükfallen in völlige Barbarei volkommen ver„ hindern werde ; denn , Ihr seyd troz vierhundertjähri„ger Erfindung dieser, wie man hoffen durfte, Gött„lichkeit verbreitenden Kunst,
Ihr könt Euch heilig
„ drauf verlassen , „Ihr seyd, im Allgemeinen , noch so völlig viehische „ Barbaren , wie es Eure Altvordern , vor 400 Jahren ,,waren !!" „ Wie das auch gar nicht anders seyn kann , da Ihr „die Euch zu Menschen zu
bilden beabsichtigenden
465
„Schriften , obwohl diese Millionenweiſe unter Euch „ verbreitet sind .— „ nicht leset !!" d . h . nicht so leset, ,,wie sie gelesen werden müssen, wenn Ihr sie vers „stehen solt ; fie Euch aber total unmöglich bilden ,,können , wenn Ihr sie nicht so leset , „wie es allein „ möglich sie verstehen zu können !!"
Mehr!
Wie
,,köntet Ihr verstehen lernen , was Ihr von vorn her„ein gar nicht mit Absicht es verstehen zu wollen „ leset; denn , ganz genau so , wie Ihr , möget Ihr „Namen führen , welcher es ſey , Jude , Chriſt , Muha„ medaner , Katholik , Arrianer , Lutheraner , Herrnhuter „ und Quaker — nicht gleichen Eier einander mehr , als „Ihr Ihr Euch Alle , Alle hierin -- also , ganz genau so, ,,wie Ihr Eure täglichen Gebete völlig gedankenleer „abplårt , drüber hinwegeilt, um nur recht geschwind in
"" Euren Sünden - Nicht- Leben Euch Selbst begraben ju können ganz genau so leset Ihr Alles Geschriebene und Gedrukte !!"
1
„Wie ist Euch , mithin der Menschheit ganz
gewiß zu helfen ?"
Schlechterdings nur auf + Eine Weise : „Absolut allgemeine und absolut gleiche Erziehung ,,der Kinder, auch nicht Eins ausgenommen, so von Betler
bis zu Fürsten - Kindern !!".
„ Auch dieses ist uralte Forderung, fo , Moses, „kykurg's, Plato's , Jeſus — und zulezt Fichte's!!" [ 30 ]
-
466
„Ganz daffelbe „Bild !!" hat auch schon Romu„lus gegeben : „ Der Liktoren Ruten-Bündel!!” „Dasselbe sagt auch schon Ariftoteles , S. 295 : „Gemeinwesen ist Erstes und Ursprüngliches , Familie „und einzelner Mensch aber, davon abgeleitete Wesen ; ,,denn Ganzes ist notwendig Fundament der Teile ; stirbt aber der ganze Körper, ist Hand und Fuß "gewiß todt!!"
„Sol jedoch dieses allein helfende Heilmittel wirk„lich durch und durch helfen , so müßt Ihr folgevest, „ die Kinder aus Eurer verpestenden Nähe völlig , völlig „entfernen , gleichsam mit Todesstrafe zu belegende Qua„rantaine ziehen , sie nicht wiedersehen , bis Erziehung „fie vollendet hat , und Ihr nun erst versichert seyn „dürft, Jene find vor Eurer Anstekkung volkommen „verroahrt !! Nur dann wird alsogleich eine von Gott ,,durchdrungene Menschheit sich offenbaren !!"
Hierüber sey nun vorläufig genug gesagt, solte Mehr und Näheres gefordert werden ,
es steht zu Dienſten.
2+ Nur noch Einiges über Hårte und Schärfe, womit Eure im Allgemeinen vorherschende , gråuliche Erbärmlichkeit hierin zu
Tage
gelegt ist.
Zwar
unnötig,
wenn Ihr Fichte lesen woltet, der , wie an sich tůchtiger , auch schårfer und hårter es entwikkelt , unter A. n ſeinen „ Grundzügen des Zeitalters ; " allein , da Ihr
467 ftets Neues begehrt und immer Neuem nachlauft, blos des
Neuen wegen ,
und Ihr überdies Euch vielleicht
vom Geschichts- Mantel täuschen lasset, Euer ganzes Daseyn aber durch und durch gar nichts anderes denn Täuschung ist; so ist's wohl möglich ,
Ihr leset diese
Schrift, zumal ihr geringerer Wert Euch verwandter, eher als Fichte's.
Also :
,,Welche Frechheit ! hör' ich deutlich Euch rufen, ,,komt ein Mensch , ohne Amt, ohne Titel , ja, nicht eins ,,mal Doktor und keines Ordens Ritter , - und doch gehört jezt, wie jeder weiß , so ganz und gar nichts „ dazu, Doktor und Ritter zu seyn ; für die Hälfte des „ Geldes , was der Einfältige auf den Druk ſeiner Schrif„ ten verschwendet , die keiner begehrt , keiner liest, und ,,die daher derselben Vergessenheit bestimt sind , wie ,,die des Moses , Plato, Paulus , Luthers , Spinoza's ,,und Fichte's , verschaften wir uns mehr denn einen „ Orden , ja , wohl gar Geheim-Raths-Titel ; - dieser „von Niemand Gekante dekt unsere Blöße auf, und „ zwar mit einer Bestimtheit , die gar keinen Zweifel „zuläßt.
Wenn er noch sagen möchte : ,,meiner unmaße
geblichen Meinung , Ansicht, meinem Dafürhal„ten nach u.s.w. u. f.w. , ,,für einfältig , ,,sagt,
in
aber nein ! er erklärt Jeden
der nicht Alle ,
seiner
Schrift
absolut Alle , wie er
deutlich
ausgesprochene
„Grundſåze, als absolut Alle Menschen Verpflichtende "unbedingt anerkent verlangt diktatorisch , daß ,,wir fie anerkennen müssen!! ohne zu erlauben, „Ein Tauſendteil davon abhandeln zu dürfen.
Und wenn
468
,,wir dieser, wie er sagt, auch in uns sich offenbarender „Ermahnung Gottes nicht unbedingte Folge leiſten, ,,dann bekenten wir uns selbst zu halb gezåmtem „Kazen- und Affen-Geschlecht, und entſagten unſerem An„spruche menschlicher Würde !!" Es sey aber, behauptet dieserFreche, Mensch heißen zu dürfen, nicht nur weit „höherer Titel, als Kaiser der ganzen Erde , sondern der abfozunächst Gott !!" „lut allerhöchste überhaupt ,,Was aber solte dann aus unsern Lehr- und Rezensier„ Anstalten werden, wenn jeder so språche ? dann möch,,ten bald von Hundert , neun und neunzig ohne Schüler „und Leser seyn; - welche Störung der Industrie, Pa„ pier-Müller, Bücher-Händler, Buchdrukker u. s. w. u. s. w. „ wåren ja mit Einmal ohne Brod, und was dann wir selbst beginnen ? wil er uns etwa die Millionen ersezen, „ die wir seither von der Preſſe erpreßt ?
Laßt Euch rathen
,,Werdet Kaufleute !!" d. h.
werdet das auch dem Namen nach , was Ihr vom Begin Eures Treibens an , der That nach immer waret, - und zwar, meinet nur ja nicht, daß Ihr durch diesen Uebertrit Euch etwas vergebet ,
oder der
Kaufmans - Stand durch Euch zu höherer Ehre denn früher , aufsteigen werde -- bewahre, im Gegenteil, ist große Frage , ob echte Kaufmånner Euch als Jhresgleichen gerne sehen ,
oder
dafür
anerkennen
werden.
,,Denn , das Echte ist schlechthin überall und in abso„lut allen Stånden und allen Klassen ganz gleich „höchst selten zu finden , und eben darum wird , wo ,,auch gefunden , das Echte überall fast gleich geliebt
469 ,,und verehrt!!" echte Kaufherr ;
"So der echte Philosoph, wie der so echter Feldherr ,
wie
echter
„Dichter ; so echter Staatsmann , wie echter Schuh,,macher — kurz , durch Alle Stände und Klaſſen ziem „ lich gleich, im Verhältniß der Anzal mit Einem Fache „fich Beschäftigender !!"
Weil ein für alle Mal , es nur
,,in Eurem nichtswürdigen Treiben Mode, daß das „Kleid den Menschen erhebt, in der Welt der Er„kentniß aber, gilt nur der Mensch Selbst , und genau „ das , was er Wert an sich , d. i. , was er in Eich „Wert herausgebildet in dieser allein richtigen „Wertschäzung sind sehr häufig Tagelöhner mehr als "Kaiser wert !!" *) Daher ist völlig zweifelsfrei, daß , wenn Ihr in den Kaufmans - Stand auch äußerlich eintretet,
zu
dem Ihr ununterbrochen innerlich gehört habt, Ihr Euch recht ordentlich zuſammennehmen müßt , um für wirkliche Kaufherren und nicht für bloße Patents Kauf-Trödler anerkant zu werden.
Denn S. 390 ents
haltener Spruch Sirach's , ist für Euch viel zu schmeichelhaft; Euch recht eigentlich , hat Jesus ewig giltig *) ,,Darum, beiläufig , im Reiche der Erkentniß, d.i., „ im von „ Jeſus gestifteten Himmelreiche !!" ,,echte Tagelöhner, auch die allein wahren Kaiser und „ Könige sind , denen diese Sich willig und mit Freu ,,den Selbst unter ordenen , weil sie es zu „ ihrem ,,Heile ersprießlich anerkennen !!" -- und eben ,,darum steht apriori vest : „ Jeder echte Tageldhner ,,oder echte Schuhmacher , würde, wenn ihm echte ,,Erziehung worden wåre - echter Philosoph ,,worden seyn !!"
470
gezeichnet Luc. 19. 46. „Mein Haus
ist
ein Bet-
„haus ; *) Ihr aber habt's zur Mördergrube ge= „macht!!" ― ähnlich Paulus 1. Kor. 3. 17 : ,,So jemand den Tempel Gottes
verderbet, den
„wird Gott verderben ; denn der Tempel Gottes ist wenn der Geist Got„heilig ―― der send Ihr „ tes in Euch wohnt!!" Darum ist selbst jeziges kaufmännische Treiben, wie arg auch, dennoch ohne Verhältniß minder entehrend als das jezt schriftstellerische
und überhaupt Alles
sogenant geistige, wie unter Tausend volle neun hundert neun und neunzig , Geist entehrend es treiben. alle nur
irgend
Denn,
nachdenkende Kaufleute gestehen Dir
stilschweigend und auch geradezu : „ Wir sind privelegirte „Betrüger , daher nim Dich in Geschäften mit uns in „ Acht , so wie auch wir gegen Dich auf unserer Huth sind !!" ** ) Ihr aber treibt mit dem Göttlichen Selbst *) Daß Jesus hier wie absolut überall , nur vom geis stigen Tempel im Innern des Menschen spricht, versteht sich von selbst!! Daher auch jeder Mensch, das von Jesus Joh. 2. 19. verkündete Wunder, in Sich Selbst bewährt findet , laut Joh. 14. 12 : „ Denkt „nur Drei Tage hintereinander rein Geistiges folges „ vest richtig, ſchlechterdings jedes Sinliche davon aus, ,,scheidend, - und das Wunder ist volbracht : der Euer ,,Inneres umschließende steinerne Tempel ist dann „ völlig zerbrochen , und der ewige Geistes- Tempel ,,auch in Euch unerschütterlich vest gegründet !!", Vergl. hiemit Ap. Geſch . 7. 48. wo selbst diese : !! ,, Der Allerhöchste wohnet nicht in Tempeln , die mit ,,Hånden gemacht sind !!” **) Ueber dieses tief eingefressene und ihrem Geiste keiness
471 „gråßliches Spiel :
„ nicht
-
ist ein Waſſertropfen dem
„andern Waſſertropfen gleicher , wie Ihr den von So-
weges angeborne Mißtrauen der Menschen in ihren Handels- Verkehren folgende Thatsachen . Die mir als Jüngling schon inwohnende Ueberzeugung , daß ich weder weniger noch mehr als meine Mitmenschen, drångte mich, von keinem Tagelöhner zu verlangen, was ich , obwohl Kaufherr , zu thun etwa scheuete ; daher ar beitete ich nicht nur gleich , sondern ihnen allen zuvor. In Sommern sehr häufig von Morgens vier bis Abends neun Uhr , bearbeitete ich oft mit zehn bis zwanzig Tas Dies brachte geldhnern sehr schmuzige Handarbeit. den Vorteil, daß ich Waarenkentniß erwarb , wie sie Waaren blos besichtigende Kaufherrn nie erwerben köns nen. Zugleich blieb der mir schon als Knabe verlies hene Ruf des Ehrlichen , und meine Kunden bezeugten mir jederzeit volles Vertrauen ; dennoch überwog ihr ih nen angebildetes Mißtrauen alle meine Bemühungen . Als Grundsaz hatte ich nemlich einzufüren mich bes müht, für Waaren keinen Pfennig mehr zu fordern als ich ſie zu erlaſſen willens , da ja an sich klar, daß jeder dar, gestohlen ist !!" über genommene Pfennig rein Kamen nun Kunden über Waaren und Preise befragend, so zeigte ich jene und stelte diese vest. Die Käufer jes doch wolten abhandeln , weil ich aber nichts nachließ, ginbeschwört gen sie verfeindet fort. Ein viel Klügerer, mich darauf fortzugehen , holt jene zurük , ich komme nach Haus , und dieselben Käufer haben 5 bis 108 geringere Waare um 5 bis 10% teurer gekauft , als ich für Beste gefordert. Einige Male , sie von ihrem Unfin möglichst zu heis len, gebe ich ihnen das zu viel Gezalte zurük, und über: zeuge sie, daß sie Sich Selbst auffallend betrogen . Nicht wahr, sie erkennen dankbar meine Ehrlichkeit? Wo denkst Du hin ! Auf Jahre hinaus habe ich sie vers
472
,,krates und Jesus entlarvten betrügerischen Sophisten ,,und Pharisåern !!" „ Kaufleute treiben mit Geld, Papier
feindet und ohne schelmische Schmeicheleien Jenes , kamen sie nie wieder als Käufer zu mir !! ,,Also hatte Napoleon recht : die Menschen wollen ,,durch Kinder , Klappern und Schellen-Kappen genart ,,und betrogen seyn ?! " ( Vergl. Mignet 14. Kap.) Nein! er hat nichts weniger denn recht ; wer gibt ihm denn zu , daß jezige Menschen Menschen? Ich wahrlich nicht ! Aber nichtsdestoweniger bin ich nicht ve fter von meinem Daseyn überzeugt , als daß dieses tief eingewurzelte Uebel binnen wenig Jahren in einem Ges samt: Volke völlig , völlig auszurotten ist , wenn der echte Mann nur an der Spize. Ein Solcher fonte Napoleon seyn , Zeugs genug
hatte er dazu ; allein eben darum ist er um so verächtlic cher, weil er auf die niedrige Leibes- Natur der Mens schen seinen Gewalt Raub zu stüzen sich bemühete , und nicht auf ihre höhere Natur des Geistes. Dies sein niedriges Verfahren ist aber volkommen verständlich dadurch, weil er selbst geistlos , zu seiner eigenen Geis stes-Macht ohne „ Glauben !! " war ; und darum auch fiel er, Dem als „, Geistigem !! " die Welt sich ohne Blut Krieg willig gebeugt hatte !! Du kanst hieran schlechterdings unmöglich zweifeln, wenn Du nur vesthältst: „ daß das , den Menschen als ,,Mensch Karakterisirende ,, Geist ist !! " die Menschen ,,also notwendig , dieser ihrer allein wahren Natur ,,gemäß , viel leichter zum Guten als zum Bösen zu ,,leiten seyn müssen !! " ,, wenn Leitende echte Gei ,,stes: Macht beseelt!!" Denn, siehe Dich nur recht um , troz Aller vorhers schenden Verkehrtheiten , ist bis diesen Tag der Geist in den Menschen, im Allgemeinen nicht nur nicht ausges rottet, sondern Er iſt's allein , welcher fortdauernd die
-
473
,,und Waaren Geist herabwürdigenden Wucher - Ihr ,,aber treibet Geld - Wucher mit
dem Geiste selbst,
Geselschaft zusammenhält, sonst Menschen längst völlig zum Vieh worden wåren. Allem an gebildeten Mißtrauen zum Troz, vertrauen sie einander ununterbrochen , nur wiss sen sie's nicht ; sie sind durchweg viel ehrlicher als sie von sich selbst irgend ahnen , weil sonst gar kein Verkehr zwischen ihnen möglich wåre ; denn, Du kanst Dich heilig versichert halten : „ nicht bestehende Geseze „ ſchüzen der Menschen Verkehr , sondern einzig und als ,,lein Treflichkeit ihres Geistes , obwohl sie ihn ver ,,leugnen und mit Verachtung von sich stoßen ; aber dieſer ,,ist mächtiger, und beherscht sie, wider ihren eig ,,nen Willen !!" Näheres muß vorbehalten bleiben.
Nur so viel noch :
Die höchst merkwürdige Erscheinung steigenden Reichs tums des Kaufmans : Standes überall , ist gegründet auf: ,,durch schlechte Gesezgebung erregtes Mißtrauen, ,,und auf ursprünglich gevestigtes geistiges Vers ,,trauen !!" ,,Weil nemlich ohne Credit kein Verkehr ,,möglich , bisjezige Geseze Aller Staaten aber , weit ,,mehr die Schuldner als Gläubiger schůzen , so muß ,,der Kaufman , um gegen die so leicht möglichen Vers ,,luste , welche von den Gesezen gleichsam empfohlne ,,Nicht- Zalung der Schuldner ihm verursachen können, „ ſich zu ſchüzen , nach großen Gewinnen ringen ; nun ,,sind aber die Menschen weit besser als die Geseze, daher ,,gewint er natürlich mehr , als er selbst verlangte, ,,wenn prompte Justiz ihn gehörig schůzte !!" ,, Es ist ,,daher völlig zweifelsfrei, daß die Geseze, welche mehr ,,die Schuldner als Gläubiger schüzen - offenbar zum ,,Nachteil der Schuldner und nicht der Gläubiger ,,find !!" ,,Du erkenst leicht hohe Wichtigkeit dieses nur Eis ,,nen Gegenstandes, so wie entsezliche Blindheit der
474
„Euch entehrend im Geiſte , indem Ihr unverdorbene ,,Kinder und Jünglinge durch und durch verderbet, durch „Eure Lügen-Lehren , indem Ihr ihnen Heuchelei und ,,kriechenden Sklavensin „auch gar nicht
anders
anbildet !!"
" Wie
es Euch
möglich ist , so lange Ihr
„nicht Selbst Euren Sklavenſin tilgt, der Natur abs „schwört und zu Gott d. i. zum Geist Euch bekehrt !!"
„Aus dieser Eurer Grund- Verkehrtheit, gehen „alle Eure übrigen Verkehrtheiten als schlechthin unver,,meidliche Folgen hervor !!" „Ihr ſprecht ohne Aufhören vom „ Uebernatürlichen !!” ,,und gebt Euch keine Mühe , den in diesem Worte er,,schöpfend ausgedrükten Begrif verstehen zu lernen. „Dies Wort, wie Tausend Andere , find aber durch „geistigen Instinkt „ Nagel auf den Kopf treffend !!' „richtig gebildet.” *) ,,Gesezgeber , welche , indem sie mit Schuldner Mitleid ,,haben zu müssen meinen eben durch dieses Mits ,,leid, sie in Verderben stürzen !!" ,,Solcher Verderben verbreitenden Blindheiten aber gibt's ,,Unzålige, die mit Einem Federzuge aufzuheben wåren !!” *) „ Einen auffallenden Beweis , daß Verſtand häufig unvers „ ſtåndiger als geistiger Instinkt, liefert das entgeistete ,,und daher schreklich verstümmelte Wort ,, Gevatter !!" „ Ursprünglich , Begrif erschöpfend ,, Gott : Vater !!" ,,Gevatterin = „ Gott: Mutter !!" wieEnglisch noch, ,,auch Latein Pater spiritualis !! Was bedeutet also Ges ,,vatter ? ,,Gar nicht wenig !!" Werden die Menschen ― dann wird es eben so schwer seyn Einen ,,einst denken ,,Gevatter zu bekommen, wie es jezt leicht ist, deren Tausend ,,zu erhalten ; denn, der Gevatter ladet zu seinem Pathen
475 ,,Uebernatürlich ! Was kann denn dies Wort anders „ausdrükken wollen als :
" „Ueber- Natur !!
d . h.
,,daß der Geist bestimt sey über die Natur zu her"fchen!!" " So ist s !!" Wo liegen in diesem Worte ,,Eure unsinnigen
Auslegungen , Eure nichtsnuzigen
„Schwärmereien , wodurch Ihr diese schöne Erde in „ Grund und Boden verderbet , sie zur Hölle machet , die ,,Menschen elend umkommen laſſet, um ein eben so er„bärmliches Paradies zu bevölkern , und doch mit ver„ achtungswürdiger Feigheit an diesem Höllen-Leben hangt, „sklavisch kriecht , um es durch viehische Wollüſte zu „ſchånden ? !" - Wo in diesem Worte, daß die Seele ,,bald Nichts bald Alles , bald Gespenst und bald „Gott, als Urgesezgebung gedacht , Selbst sey ?!" ,,Warum erklärt denn der Große Philosoph , der ,,Aristoteles weit über Plato stelt, das Eine Wort nicht, „wodurch Aristoteles unsterblich ist, und wenn von ihm ,,weiter nichts , denn dies Eine Wort erhalten wäre ?! „Kenst Du dieses Wort? ----
, „ Es heißt Metaphysik!!” ” „
-
„Jeder weiß, wenn er seinen von Gott ihm ver―― Physik heißt ,,liehenen Verstand recht gebraucht „Natur- Forschung, Meta heißt „ Nach” —„ U eber !!”
,,keine geringere Pflicht Sich auf, als dessen Gott „ ¿u ſeyn (Vergl. 2. B. Moſes 7. 1 .: „ Siehe , Ich habe ,,dich zum Gott gesezt über Pharao !!") so lange, ,,bis der Pathe selbst - Gottes-Stelle bei einem Anz ,,deren zu vertreten vermag !! - Mithin steht der „ Gevatter zu ſeinem Pathen , in einem viel innigern „ Verhältniſſe, als deſſen leibliche Eltern !!"
476
,,Was heißt also Metaphysik anders als das auf„ Natur„Forschung " "Folgende ?!" - Was folgt nach „Natur - Forschung ?
Weiß
nicht jedes
Kind ,
daß
„ Natur-Forschung erstes ist , und drauf, der Natur des „Menschen gemäß : „ Geist - Forschung folgt?!" „Gibt's etwas „ Gewiß nicht !
Einfacheres
als
so zu schließen ?
Allein , mit so einfachen jedem Kinde
„sogleich deutlich verständlichen Schlüſſen , lassen sich „keine selbstische Systeme erbauen , mithin auch keine ,,gesonderte Schulen ,
mithin lassen damit sich weder
„ Aemter , noch Titel , noch viele Tauſend Taler jährlicher denn jeder , absolut jeder
„ Einkünfte ergattern ;
„Geist- Unverdorbene Schüler , wird so , durch Er„klärung Eines einzigen Worts sogleich unmittelbar „ mitten hinein versezt in den Geist Selbst, und weiß ,,drum in drei Tagen vom Geiste genau so viel — wie „ der Meister !!" „ Das aber darf nicht seyn , wo dann hin mit den ,,Meistern ? Wohin mit den Millionen Büchern, in welchen „Milliarden
nichtsnuzige ,
die
Jünger
vorfäzlich
irre
,,führende Worte - wohin endlich mit den Millionen „ Büchern , die man noch zu fabriciren gedenkt, um „ bis zum lezten Tag die Menschen in der Irrniß zu erz „halten ? Alle Einen Zwek verfolgend , Geld, Geld, „Geld auf die leichteste Art zu gewinnen ?! „Diese sogenanten Meister nehmen nicht Moses „ jum Muster, wie ſolten sie , „ er war ja ein Jude !!” - pfui, wer wird einem Juden nacheifern , - ,,nun ,,waren zwar Jesus, Paulus und Spinoza auch Juden !!" eben darum "2-aber, sind sie auch alle
477
--
Nein! Sie „Drei noch Nirgends anerkant !!” „ nehmen Joſau zum Muſter. „Josua? ist ja auch ein „Jude?" Nur ein halber , zu dem sie natürlich von „ Wahlverwandtschaft angezogen, sich eher bekennen !!" „Siehe ! Dieser Moſes ſpricht zu den halsſtarrigen sklavischen Israeliten: „Vom gråßlichen Sklaven - Joch Egyptens hab' Ich „Euch befreiet;
vierzig lange Jahre hab' Ich Euch
„erhalten; Meine von Gott verliehene gesamte Geistes„Macht, in dieser langen Zeit ununterbrochen nur ju „Eurem Wohle verwendet - Ihr aber habt, für ,,alle meine
unsägliche
Mühseligkeiten
in Euren
„ Diensten , mich ſtets mit Låsterungen und Verfolgun„gen zu frånken nicht aufgehört !! -„Hab' ich von Einem von Euch jemals irgend eine ,,Entschädigung verlangt oder angenommen ? Er trete ** „vor, ich wil ihm gerecht werden ?!" ― (Vergl.
4. B. Moses 15. 16. und Sir. 46. 22. auch Apologie des Sokrates !!) „Siehest du, - so spricht jeder
echte Meister,
,,und daher auch heißt's 4. B. Moses 11. 25. bis 29.: „ Da kam der Herr hernieder und redete mit Mose, ,,und nahm des Geistes , der in Mose war, und ,,legte ihn auf die Siebenzig Aeltesten (vom Volke „ Erwählten !!") . Und da der Geiſt in diesen ruhete : . „ „ weiſſageten · sie, („ waren sie Seher !! ") und " höreten nicht auf!!" *)
*) Eines der auffallendsten Beispiele , wie Blinde , nicht nur fürchten, in die H. S. Geist hineinzutragen,
-
478
-
"" Es waren aber noch zween Männer im Lager blie,,ben, und der Geist ruhete auch in diesen ; denn sie „waren auch vom Volk Erwählte , aber nicht hinaus ju der Hütte gegangen, und siehe ! auch diese ,,weiffageten im Lager!!" -
-nein! sondern , sogar dem Buchstaben Gewalt anthun, wenn er Selbst Geist ganz unzweideutig auss spricht, zeigt Luther's Uebersezung dieser Stelle gegen die von Mendelssohn, welcher wahrscheinlich Rabs binistische Talmudisten zu beleidigen fürchtete , wenn er ihrer Auslegung entgegentråte. Im Urtexte Bebt nemlich jeder Mißdeutung schlechthin ' unfähig " ' "" ganz buchstäblich wie Luther: „ Sie ,,weissageten und hdreten nicht auf!!" Mendelssohn aber : ,,Weiſsageten sie jedoch (?) nicht mehr (?) als dieses (?) ,,Mal!!" wovon blos ,, Nicht " im Text steht, die fünf übrigen Worte sind völlig , völlig wilkürlich von Rabs binen hinein geschwärzt , welche mit Josua meines ten !! Ansehen Moses leide durch wörtliche Ueberse zung!! - → Sie aber um so erbårmlicher, als Josua, nachdem sie durch Moses Zurechtweisung Josua's, v. 29, nicht in dieselbe Dumheit verfallen durften , wenn es ihnen nicht Bedürfniß wåre , jede geistige Aufregung in der Geburt zu erstikken !! So übersezt Mendelssohn auch v. 25 eben so Text wilkürlich verderbend , ,, Der Ewige nahm ,, Etwas !!" vom Geiste Moses u . s. w." obwohl von dies sem Etwas auch keine Sylbe im Texte steht. Ganz genau diesen Pharisåern nach åffend, bemühen Supernaturalisten noch diesen Tag sich, ihr leeres Gehirn marternd, jede Spur von Geist in dem Evangelium auszurotten, nimmermehr aber gelingt's ; zu bestimt haben Jesus und Paulus ewige Gottheit des Geistes ausgesprochen !! —
479
„ Da lief ein Knabe hin , und sagte es Mose und — „ſprach : „ Eldad und Medad weiſsagen im Lager !!" ,,Da antwortete „Josua!!" „Mein Herr Mose , verwehre es ihnen !!” -
„Aber Mose spricht zu ihm !!”
„Bist Du der Eiferer für mich? Wolte „ Gott, daß Alle Völker des Herrn Pro„pheten ( „ Seher !! " ) würden , und der „Herr feinen Geißt ihnen gåbe !!" -
3. ,,,,Heißt aber das Geschichte erklären , wenn man „ „ in ihrer Helden Reden und Handlungen mehr Geiſt „„ hineinlegt als bei ihnen
geschichtlich vorauszuſes
" "sen ist? " "
Fragst Du wirklich so mein Leser , dann fange nur immer die Anmerkungen wieder von vorne zu lesen an, und immer wieder, bis Du diese Frage zurük nimſt, nicht eher hast Du sie verstanden !! Denn, wie solte z . B. ich im Stande seyn, in verehrte Geschichts -Helden mehr Geist hineinzutragen ,
als sie wirklich gehabt , und ihnen in
Handlungen dennoch so ganz und gar ungleich ſeyn ? Ich muß Dir also wohl noch mitteilen , wie angeborner Instinkt mich schon vor 20 Jahren lesen lehrte ? Höre ! Ich lese z . B. noch diesen Tag : „ Einst trug Dios genes in Korint öffentlich vor : „ Der echte Weise „ dürfe durch nichts sich überraschen lassen, es treffe ihn ,,was da wolle , er darf schlechterdings nie den ihn „karakteriſirenden Gleichmuth verlieren !!" Kaum geſproz
480
„ chen, speiet ein Zuhörer ihm in's Gesicht.
Diogenes
„reinigt sich und ſpricht : „ Ob dieser Fall nicht eine „ Ausname von der Regel , wollen wir überlegen !!" Siehest Du ! Solche Stelle wirft mich meinem Geiste rein zu Boden.
mit all
Diogenes nichts wissend
von Jesus, Paulus, Spinoza, Fichte, ist ein Gott gegen mich - denn, diese That mich zur höchsten Bewunde rung hinreißend, lehrt deutlich meine Schwäche erkennen , weil ich mir nicht zutraue Eine Aehnliche zu volbringen.
Mögen
nun andere Schriften Diogenes als
Narren schildern, ich lese sie nicht, d. h. fie bleiben mir nicht in Erinnerung ; diese Eine That
aber verfolgt
mich gleichsam gespensterartig Tag und Nacht rufend : „ Pfui ,,du Erbärmlicher ,
wilst mit deinem Geiste
größthun,
„ und vermagst nicht einmal mit jenem unwiſſenden Heis „ den dich zu meſſen ?! Schreklich quált's mich , und ich schrumpfe immer mehr zuſammen, je mehr ich lefe; denn Diogenes war noch ein Zeitgenosse Sokrates , Plato , Aristoteles , wie aber Lykurg , so viel Hundert Jahre früher ?
Von
diesem mich viel entfezlicher Quålenden, aber berichtet 1 Plutarch : „Die Reichen waren über seine Aekkers Verteilung „sehr böse , warfen ihn
mit Steinen , er
mußte im
„ Tempel Schuz. ſuchen.
Einer jener Reichen (Alkan-
,,der) aber verfolgte ihn , und schlug ihm „ ein Auge „ aus !! ” Als das Volk dieſe Gråulthat ſah, ergrif,,fen sie ihn und übergaben ,,fer behielt ihn bei sich. „ Sanftmuth
und
ihn dem Lykurg .
Dies
Indem der Mörder nun die
Großmuth
des
Lykurg's ,
feine
481 ,,strengé · Lebensart , seinen unermüdlichen Fleiß sahe, - so erfülte ihn fast göttliche Verehrung
für den
,,Mann, den er kurz zuvor tödlich haßte, und er ward ,,durch diesen Umgang , aus einem jåhezornigen „ eigensinnigen ,
(wichtig zu
beachten ,
und
daß Plutarch
„hinzufügt : ,, nicht Gemüth- Bösartigen !!") einer der „treflichsten Jünglinge Spartas !!”
Wohl tausendmal habe ich schon diese Stelle gelesen, ich muß Feder fortlegen , sie erschüttert und siehe mich wie vor 20 Jahren, als ich sie zum erstenmal las. - Trånen des Unmuts entſtürzen, über den erbårm-
-
lichen Schreiber, der mit aller Mühe es noch nicht weiter, denn bis zum Feder-Helden gebracht. Und dieser Lykurg folt' ein Heide seyn ? Großer Gott, was bin dann ich ? Kaum ein Paria. In solcher Stimmung
können
freilich viel, sehr viel Böses thun auch schon häufig gethan haben
Menschen
mir
wie ſie's denn
ich bin ihnen dann
dafür sogar dankbar , weil es mir wohl thut mit Jes nem Göttlichen dann irgendwie ähnlich zu leiden. Aber ach ! Leider, leider hält diese Stimmung noch immer nicht lange an ; so sehe ich volkommen deutlich, wie unendlich viel geringer meines Geistes-Macht gegen jene Heroen. Und Ich ſolte Diese zu vergeistigern vermögen ? Welcher Unsin! Solt' es einst gelingen durch Thatsa chen gevestigte Ueberzeugung zu erwerben , daß ich es ihnen gleich zu machen vermagdann , durchaus nicht früher, werde ich zu hoffen beginnen, Jener
[ 31 ]
-
482
Thaten vergeistigter, veredelter darstellen zu können, als sie wirklich waren - bis dahin aber , werde ich stets fürchten, daß ihr erhabener Wert durch meine Darstellung eher verliert als gewint.
So gelesen, werden Moses und Propheten, Jefus und Paulus, Luther und Spinoza, Kant und Fichte u. s.w. nichts mehr , denn rein köstliche Zugaben zu dem Långst vestgegründeten „ ewigen Seyn ,
dès ewig
„Einen Menschen - Geistes !! ” Um Mensch zu
werden !!"
braucht also
Niemand, schlechthin Niemand mehr zu lesen, als den Einen Homer , oder die Eine Republik Plato's, oder die Eine Politik Aristoteles , oder die Eine Ers zalung , Plutarch's
vom Lykurg ,
oder die
Eine Ge-
schichts- Darstellung Tacitus , und , „ wird er's hier„ durch nicht !! ” so magst Du vest überzeugt Dich halten „ ihm ist nicht zu helfen !! ” Denn, wenn er , bei jenen Männern Geist Gottes nicht entz dekter entdekt ihn nimmermehr , weder bei Moses noch den Propheten, weder bei Jesus noch Paulus, weder bei Luther noch Spinoza , weder bei Kant noch bei Fichte ― und mit Einem Wort :
ووووNirgends , Nirgends !!" " Grund davon , ist früher deutlich entwikkelt: „Er „wil nicht Sich hinaufbilden , drum zieht Er Alle „ Geschichts- Helden zu seiner Nichtswürdigkeit her"unter !!" *)
*) Streng genommen gibt's freilich nicht Ein geistiges Lafter;
483
Ein Beispiel genügt volkommen für Alle. Solchen Blinden nemlich , zeigst Du vergebens Psalm 82., 1. u. 6.: „ Gott steht in der Gemeine Gottes , und ist Richter ,,unter Göttern !!" - „Ihr seyd Götter , und ,,allzumal Kinder des Höchsten !!"'
Joh. 10.,
34. 36.:
„ hat nun der Pfalmist Euch schon Götter
„ genant ,
wie sprechet Ihr denn :
„ Ich låstere Gott
,,darum, daß Ich sage : „Ich bin Gottes Sohn ? !" — Ferner, 2. Cor. 3. 17 .: „ Denn der Herr ist Geift ; „wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiz „heit!!" *) denn , so wie selbsterkennender Geift ,, völlig zweifelsfrei „ Sich Selbst ehrt und darum Selbft liebt!! " so ist's schlechthin unmöglich , daß er bei klarer Besinnung jemals irgend Etwas Sich Selbst Herabwürdigendes !! vols bringen ,,fonte." Daher ist absolut jedes Laster, absolut ,,viehisch" d. i. ,, Natur !! " Nur Eine Ausname möchte vielleicht (?) giltig seyn : „ Unz dankbarkeit!! " - weil dieses nur allernichtswürdigsten Menschen-Larven eigen, welche Sich hierdurch tief unter's Vieh herabsezen , deren Instinkt unverdorben , Dankbarbeit ,,vers Unter zalloser edelt !!" wie Millionen Thatsachen bezeugen. Menge solcher Sich Entehrenden aber , sind Entehrendste dies jenigen , welche verehrte Geschichts-Helden , Lehrer der Menschheit, berabzuwürdigen sich bemühen. Dieses allergrößte Verbrechen solte daher vorzugsweise harter Züchtigung unterwors fen , und überhaupt Keinem über folche Männer ein öffents liches herabfezendes Urteil mitzuteilen erlaubt seyn, der nicht durch irgend eine ausgezeichnete That bewiesen , daß er überhaupt urteilsfähig ; ,,es wird aber nie ein durch Thas ten sich Auszeichnender, seine Geifts Verwandte låstern !!" (Daß nur Liebe, wahrhaften Thuns überhaupt fähig , Vergl. S. 15. Zus. 10.) *) Auch Rabbi Josua Ben Levy sagt mit Paulus übereinstim mend: ,,Die Tafeln sind Werke Gottes ; die Schrift, Schrift ,,Gottes,,,eingegraben" in die Tafeln . Lies nicht schlechtweg eingegraben, sondern ,,freistehend durchgegraben !!" - Denn das Gese; ift ,,Freiheit!!" und Gesez Erkennende, find ,,Freiherren!!" -
t
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Eher magst du im Siebe Waſſer ſchöpfen, als diese in Gutem oder Bösem dahin überreden , bei diesen Stellen zu verweilen , anzubeten : „Hier laßt uns Hütten bauen, denn hier ist Gottes „Nähe دو
Hier ist Gott Selbst !!"
Nein! Sie bleiben unerschütterlich vest bei Joh.11 ., 1. , 17., 39. , 43. u. 44. stehen : *) „Lazarus war krank, „starb, stank bereits vier Tage im Grabe ; Jesus aber „heißt ihn heraustreten , und derselbe todt gewesene La„zarus geht gesund von dannen.”
„و,دو„و وDas erkläre,
,,,,fordern Blinde brüllend , nur diesem glauben „ „wir, Alles Uebrige von Jesus und seinen Aposteln, „ „iſt durchaus Nebensache , dies Hauptsache , und nur „ d arum ist Jesus der verheißene Messias und Christus,
وووو
weil Er den bereits stinkenden Leichnam Lazarus
„ „ in's Leben zurükzurufen vermocht , und håtte er dies „ „nicht volbracht, so war Jesus nicht Christus , und ,,,,Wir würden diesen noch erst erwarten müſſen !!" "
Seh't! ich könte mir die Sache ganz leicht machen, und dieses
als Faktum Angegebene für eine Lüge
abergläubischer Schreiber erklären, da auch Ihr andere,
*) Auch hierüber haben schon Rabbinen Nagel auf den Kopf treffens des Urteil gefält : ,,Vier Arten Hörer der Weisheits-Lehren gibt's : ,, Einer gleicht ,,dem Schwamme , er saugt Alles in fich , allein ohne es zu ,,verarbeiten (bloßes Gedächtniß !) . Einer gleicht dem Trichter. ,,(absolutes Nichts !) Einer dem Bottig : er sondert den ,,Wein ab. (Dies der Glükliche , überall nur dem Wesen ,,Nachforschende !) Ein vierter endlich dem Siebe, das feine ,,Mehl durchfallen laffend , die Kleie behaltend !!" (Mit Diesem nur Kleie Beachtenden - haben wir es hier zu thun.)
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viel wichtigere Stellen leugnet;
denn
so
stelle zu berühren ,
nach Eurem Belieben ver-
. B. ,
um
nur
Eine
Haupt-
erlauben alle Eure Geseze , Ehe-
scheidung , obwohl Jesus Math. 5. 32. u. 19. 9. dies als „Hauptverbrechen !!" verpånt , in Bezug Math. „19. 5. und Mos. 1. , 2. 24. ,
wonach Gott, Alle
„ Menschen ewig verpflichtend , entschieden hat : „ Mann „ und Weib , bilden durch Ehe - Verbündniß fortan nur
"" Einen Leib !!" Nur solche Ehe , ist eine „ mensch- jede andere Vermischung , absolut
,,liche!!"
„Viehisch !!” — Wie möget Ihr Euch demnach erfrechen : „Was Gott zuſammengefügt, durch Eure viehische ,,Sazung zu trennen ?!" —
Seh't! auf solche , von Jesus schlechthin völlig unzweideutig gestelten Såze, die Ihr täglich , ja stündlich, gesezlich und ungeſezlich ,
öffentlich übertretet,
und Euch dennoch des heiligenden Namens Jude und Christ anmaßet - während Ihr durch Thaten, Hierauf
selbst den Namen Heiden „schändet!!"
dürfte ich Euch nur verweisen , jener Euch unmöglich scheinenden Erklärung auszuweichen. ― Allein, bes wahre Gott solchen Feiglingen wie Ihr seyd , den geringsten Schlupfwinkel auch nur scheinbar zu gestatten. Euch ! wahrlich , Euch weicht Niemand , wenn ihm auch viel geringerer Muth verliehen worden.
So hört! Kein nur irgend Einen Gran Verstand Beſizender, nimt einzelne Stellen zerrissen aus ihrem Zu-
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fammenhang heraus , wenn er sie nemlich verstehen wil!!
Nun steht aber in demselben Kapitel Joh. 11.
V. 25. u. 26.: ""Ich bin die Auferstehung und das Leben !! ,,,,Wer an Mich gläubet , der wird leben , ob er „ „ gleich ſtürbe !! Und wer da lebet und gläubet ,,,,an Mich - der wird nimmermehr sterben!!"" „ „Gläubest du das ?!” ”
Ihr entsezlichen Dumköpfe, wie hätte Jesus denn deutlicher sprechen können , um für ewig giltig vestzustellen , Was „Leben" und Was „ Todt” „Jſt ?!” Lazarus war krank, todkrank ; er starb , er stank, er muß fürchterlich gestunken haben , denn V. 35 .: „Jesus weinte !!" ,,Tråte Jesus aber heute auf" - „Er heulte
„vor Schmerz über Euren
ohne Verhältniß pesti-
„lenzialiſcheren Gestank!!”
„Oder meinet Ihr wirklich , daß Ihr „ lebet ?” „Bewahre ! kaum Ahnung des Lebens ist in Euch zu Nicht krank, send Ihr , -- sondern längst "ſpüren ― „ Gestorben-Begrabene !! und jeder Ödem Eures Mundes ,,verbreitet mehr und mehr " Drum seyd
Ihr
bei
anstekkenden Pest- Gestank!! weitem
Lazarus
nicht
„gleich , in welchem doch noch ein Lebens -Funke geblieben „ſeyn mußte, sonst ihn selbst Jesus , nimmermehr ,,zum „ Leben !!" håtte erheben können - sondern Ihr „ſeyd jenem Geld - Reichen gleich, Luc. 16. 19. bis 31 .: „Es war ein Reicher , der kleidete sich in Purpur
-
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-
„ und köftlicher Leinewand , und lebte Alle Tage herlich ,,und in Freuden.
Es war aber ein Armer , mit Namen
„ Lazarus, der lag vor des Reichen Thür voller Geschwüre, ,,und begehrte sich zu ſåttigen von den Brosamen, ,,die von des Reichen Tische fielen !!" .
Da kamen
„ Hunde !!” und lekten ihm seine Geschwüre!! *) ,,Der Arme starb , und ward von Engeln in „Abrahams Schoos getragen !!" Der Reiche starb - Als dieser nun „ auch, und ward „begraben !!" ,,in der Hölle und in der Qual war , **) da erst *) Hört! Hört ! Wo lebt ein Rafael, der Euch so sprechend ähn lich zu zeichnen vermag , wie Jesus Euch hier konterfeiet ? Hunde haben mehr Barmherzigkeit mit, durch Euch verarmten Menschen , denn Ihr Schlemmer !! **) ,,,, Da sieht man ja den ganz Verstandlosen ; fonte er wohl eine, seine völlige Dumheit gewisser aufdekkendere Stelle wählen, als diese ? - Denn, nicht sind ja Sonnenstralen wolkenfreiesten Tages heller, als daß Jesus hier Paradies und Hölle, - ja, sogar Fegefeuer gelehrt ?!" " bewahre, Leser! so Du wirklich dies denkst ? Nicht denkst , sondern ,,meinst!!" - dann kann ich nur das oftmal Gesagte wiederholen : „,,Woltest Du ,,Jesus Reden verstehen , brauchtest meine Schrift ,,nicht !!" Ohnlångst ging ich einem Bilder-Laden vorüber , vor dem Viele , den Hemmlingſchen Jesus , ganze Figur, Bewundernde. Herzlich freuete mich , so viel Geist ers kennende Schauer beisammen zu sehen. Näher beobach tend , war seltsam , daß Alle, Alle den Fuß, nicht aber den Kopf betrachteten !! - Ich frage, und mit Einer Stimme Antwort : 9999 Was kümmert uns ,,das ,,,,Haupt !!" - hier sich her, hier im Fuße ist
" ",Jesus !!" " -
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„ hub er seine Augen auf, sieht Abraham von Ferne „ und Lazarum in seinem Schoos , ruft und spricht :
Ich verblüft, nicht anders denkend , Hemmling habe im Fuße künstlich den Kopf konterfeiet, und nicht wenig årgerlich, daß ich bei tausendmaligem Anschauen es übers ſehen, nehme hundertfach vergrößernde Glåser zu Hilfe, und erblikke — einen Fuß, wie auch von anderen Meiſtern gezeichnet. Aengstlich frage ich nochmals : „ Liebe Leute, belehrt mich Blinden , was ist's doch mit dem Fuße , dem Ihr Euch andächtig neiget ?" - Jene, vol verachtenden Blikkes: ,,,,Du bist wohl stokblind , erkenst Liebes,,,,mal nicht ?!"" Ich aber viel eifriger flehe : ,,Beste Leute, nichts anderes ja begehr' ich , denn Bes ,,lehrung !! - Also : Ihr meinet auch nicht einmal
,,den Fuß, der denn doch noch immer eines Menschen ,,Fuß !! ― sondern das Loch im Fuß , dahin zieht ,,Eure Andacht !!" Merket auf! Viel große Gelehrte ,,haben ganze Lebenszeit blos darauf verwendet , zu ,,beweisen : ,,daß, da Gekreuzigte an den Füßen nicht ,,angenagelt wurden , dies Loch im Fuß eine Erfindung „solcher Maler , die auf gleicher Stufe geistiger Ers ,,kentniß worauf etwa Jhr !!" Ueberdies aber, ,,find ganz zweifelsfrei , Millionen menschliche Leiber ,,auf ganz gleiche Art wie Christus gekreuzigt wors ,, den ; wenn also Christus - dann erhielten auch jene ,,Millionen Löcher in den Füßen . Nun ist aber schlechts „ hin unmöglich , durch Anschauung der Füße Menschen ,,zu unterscheiden , viel weniger zu erkennen !!" — ,,Warum hat denn also Hemmling nur diesen Einen ,,Fuß gemalt , und nicht viele jener Millionen ?!" ,,War es nicht das Haupt Jesus , was ihn von ,,Millionen unterschied ?!" G So ist's ja wohl richtiger
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-
,,Vater Abraham erbarme dich mein, und sende La„jarum ,
daß er das Aeusserste seines Fingers in's
„ Waſſer tauche , und kühle meine Zunge ; denn schrek- Abraham
,,liche Pein leide ich in dieser Flamme!!"
„ aber spricht : „ Gedenke Sohn , daß du dein Gutes „empfangen hast , in deinem Leben , Lazarus dagegen „hat Böses empfangen ; nun aber wird Er getröstet, „ und Du wirst gepeinigt !! *)
Und über das Alles,
,,das Haupt zu betrachten , durch dessen Gesichtszüge ,,der Meister im recht Anschauenden Ueberzeugung ,,einpflanzt : ,,Ein Solcher läßt sich freudig zum Heil der ,,Menschheit kreuzigen !!" ,,folglich, wenn alle Gekreuzigte durchlöchert wurden, ,,erhielt auch er ein Loch im Fuß ; nicht aber hat, ,,(noch wird) jemals irgend ein Mensch darum , ,,weil er ein Loch im Fuß , sich liebevol zum Heil der ,,Menschheit kreuzigen lassen !!" Wie ich denn sehr eifriger Natur bin , und Behand lung solchen Gegenstandes , mich in der Regel der seh' ich zu Mir kommend Gegenwart völlig entrükt ,,mich allein stehen !!" Zallos umwallen in dåmmerns dem Zwielicht , kreisende Gestalten , nicht unähnlich menschlichen Leibern , sich neigend , den Füßen Glanz umstralter Häupter. Diese im Licht, Gewölk Sieg feiernder Engel , lösen Kühn , Schauenden Binden und Fesseln des Aug's , welche nun sehend Sich Selbst erheben zu Beifizern im Rathe der Götter !! *) Allen Blinden zum Troz , steht in Selbst , Macht - Volkom: menheit vest : ,, daß , wenn Lazarus nur der recht Echte , er , ohne auf das Dort geringsten Wert zu legen , und ohne satt 2żu effen zu haben und mit Geschwüren behaftet - schon hienie: während solche Reiche in ihren Palds ,,den volkommen selig Palåin der Hölle liegen!!" ,,ften hienieden schon
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„ iſt zwiſchen uns und Euch eine große Kluft bevestigt, „ daß die da wolten von Hinnen hinabfahren zu Euch ―― und auch nicht von Euch رو- „können nicht!!"
„ju uns herüberfahren ( nemlich so lange sie Vieh „bleiben) !!" „ Da spricht Jener : „ So bitte ich dich, Vater, daß „ du ihn sendest in meines Vaters Haus ; denn ich habe ,,noch fünf Brüder , daß er ihnen bezeuge , auf daß sie ,,nicht auch kommen an diesen Ort der Qual." ,,Abraham antwortet : „ Sie haben Mosen und die Propheten ; laß sie die= ,,selbigen hören !!" „Jener entgegnet : „ Nein , Vater Abraham; sondern, „ wenn einer von den Todten zu ihnen ginge — dann „würden sie Buße thun !!” „ Abraham spricht : " Hören sie Mosen „ „ nicht ,
und
so werden sie
die Propheten
auch nicht gläu-
„ ,,,ben, ob Jemand von den Todten aufer", " stünde !!" " *)
*) ,,Jesus hat Wunderbares in Fülle gethan , weil er ein erhabener ,,,, Mensch war !!" fein ganzes Daseyn ist das größte ,,Wunder im ganzen Verlaufe der Schöpfung , aber eigentliche ,,(finliche) Wunder hat er nicht gethan , nicht thun können , ,,noch sollen , indem diese in geradem Widerspruche stehen ,,mit seinem Begriffe von Gott und dem göttlichen Reiche. ,,Eben so hat Jesus ja keine Erscheinungen , Gesichte, Träume, ,,oder des Etwas gehabt , und darauf sich berufen. Wie ist ,,ihnen (Supernaturaliften) denn dies entfallen ? (Weil sie ,,blind , haben sie's nie gesehen , also nie gehabt ; Fichte hat ,,sich daher eines falschen Ausdruks bedient !!) Alles dies ,,find Herenmittel, die einen wilkürlichen Gott voraussejen !!" — (Staatslehre S. 217.)
-
491 4.
Verbindest Du
diese „ höchst bedeutende Rede
Jesus !!" mit angeführten Versen Joh. 11. 25. 26. verz durch gedrungener Erkentniß!!" dann ermittelst hältst Du Aufſchlüſſe über „ allein echte Religion ,,Christus !!" welche Du bis dahin, vielleicht kaum ,,geahnt !!" So z . B. steht in demselben Kapitel Luc. 16. V. 17.: „ Es ist leichter , daß Himmel und Erde ver„gehen , denn daß Ein Titel vom Gesez falle !!" (Vergl. was diese Schrift
Math. 5. 18.)
als Bestätigung ,
S. 137. über
echte Religion „ absoluten Rechts
„Thuns !!” entwikkelt. Ihr
aber,
blos Meinen ,
Ansichten, Da-
fürhalten anerkennend , dünkt Euch bescheidene Weise, auch Anderer Meinen , Ansichten und Dafüranzuhören , gelten zu lassen , um dann über Jener Meinen wieder zu Meinen ―
halten
und so bis zum lezten Tag !!
Der ganze Wert besteht allein
dieses Eures Meinens
aber,
in der Aufrichtigkeit des Geståndniſſes
Eures „ Nicht - Wiſſens !! ” Eure Bescheidenheit hingegen dabei, worauf Ihr so gewaltig pocht, ist jedoch in Wahrheit ganz entfezlicher Eigendünkel ; denn, so Ihr so دوschweigt !! " selbst bekent , nicht zu wissen Ist denn größerer Unsin denkbar , als wenn Meister, Schüler im Nicht - Wiſſen unterrichten zu wollen sich erklären ? Ihr seyd Unwissende, nach eigenem Bekentniß? Gut, so send Ihr selbst noch Schüler und nicht Meiso lernt ! und hört nicht auf zu lernen fter bis Ihr
Euch „ Wissende wißt!!"
Gibt's eine
492 größere Frechheit, als wenn Schüler als Lehrer an erkant zu werden begehren ? Pfui Solchen ! *)
99„ „ Aber, Sokrates hat sich ja auch als Unwiſſenden ""selbst bekant ?!" "" Da offenbart sich Eure Dumheit ! Es ist aber freis lich Euer Unglük, daß der Dumme ſeine Dumheit nicht einſieht, weil mit dem Augenblik , wo er sie zu erkennen begönne , er aufhören würde dum zu seyn !! Left doch Apologie des Sokrates , nur mit einiger Achtsamkeit. Aber Ihr und lesen ; daran liegt's ja eben , daß Ihr hundert Folianten leset, ohne zehn Worte so zu lesen, wie sie gelesen seyn wöllen, wenn sie Leben sollen erwekken können !!
So z. B., sagt man , trügen Manche diese Apolo, gie gloffirend also vor , als habe Sokrates „ sterben ,,wollen!! " " Denn , - sol ungefår gesagt werden ,,welcher nur irgend „ Verständige !! " wenn auf To*) Bekant ja ift Stelle eines Solchen : ,, Anders sehe und beurs ,,teile ich die Dinge liegend , anders ſizend, anders stehend ; ,,anders wenn ich Kohl gegessen, anders wenn ich gutenWein ,,getrunken u. ſ. w. !! ” - Lobenswerte Offenheit !! Freilich hat der Schreiber Selbst, - auch nicht einmal dies nieders geschrieben, sondern vielleicht Weißfisch , Rindfleisch , Kalbss kopf, oder dergl. aber er hat für Philologen und Physiokraten ein unerschöpfliches Feld neuer Spekulationen damit eröfnet. Diese mögen denn auch mit Gründen belegen : ,, Was hatte ,,dieser Schreiber gegessen, getrunken, als er , das oben Abges ,,schriebene verfaßte , und hat er es liegend , fizend oder stehend Denn er bekent ja offen : " Er ,,niedergeschrieben ?? ,, Selbst, hat eigentlich keins der Hundert Schriften verfaßt, ,,die unter seinem Namen umlaufen, sondern Kohl , andere Gez ,,müse , Weine und dergl. sind die wahren Verfasser dersel ,,ben !! Er gibt daber volkommenen Aufschluß über scheußliz ,,chen Geftank, welchen dergleichen Schriften verbreiten." -
493
„ desstrafe angeklagt , wird seinen Richtern ſolche „ Verhöhnungen fagen ? Sokrates machte ja, indem er anstat „ Sich zu verteidigen , sie für Einfalts - Pinsel. erklärte, „fte sich Alle zu Feinden, wenn ſie's auch früher nicht waren u. f. w. !!" „Ihr habt allerdings , hochgeschäzt Berühmte ganz „recht: „ Kein Verständiger handelt so !! " „ Denn, „Verständigen ist dies , ihr Leben !!" ihr Al„les !! Ihnen keine höhere Pflicht, „ihr
Leben,
um jeden Preis
zu
als dies
erhalten !! "
,,- Und zwar, so Genußreich als irgend möglich zu erhals „ten, natürlich reich an den Genüffen, welche Berstån,,dige,
nächst dem
Leben am höchsten schäzen!!",
Meint Ihr dies wirklich so ,
ja , dann send
Ihr was diese Apologie betrift -eben auch meinende!! und keinesweges Wissende !! Denn sehet , darin eben besteht der ganze Grund- Unterschied zwischen Verständigen und Vernünftigen, daß Verſtändige meinen , Vernünftige aber wissen !! „ Darum auch machen Vers ,,ständige Versuche , ähnlich den Chemikern , welche 20, ,,40 , 100 , 500 Grad Hize versuchen, zu sehen was „dabei herauskomme ; Wissende aber , sind eben das „ rum Wiſſende, weil sie wissen, daher nicht mehr „versuchen !! (Vergl. Fichte's Staatslehre S. 118 : „ Got„ tes Erscheinen ist kein Probiren und Versuchen !!") So Sokrates! Ehe er vor seinen Richtern trat, überlegte er: 1 wie er's ja auch in Apologie sagt ,,was doch sage ich diesen?"
" So gewiß Ich Wis-
,,sender und gewiß weiß, daß meine Richter Unwissende „sind
so gewiß habe ich nur sehr geringe Mühe
494
,,nötig sie so zu stimmen , daß ich nicht nur körperfrei „ davon gehe , sondern sogar beschenkt ,
meine Anklåger
„ aber verurteilt werden !!” *) „ Allein , ist damit dann ,,etwas wirklich gewonnen? Ich wil mir's ein,,mal überlegen.
Auf welche Art wohl stimme ich meine
„Richter zu meinen Gunsten ? „ Sehr einfach dadurch, wenn ich sie als meine Richter überhaupt anerFenne !!" - Stimt das mit der Wahrheit überein ? „Ich der Wissende solte anerkennen , daß Un,,wissende meine ,
d. i. daß Unwissende jemals mit - - Gott
,,Recht Richter der Wissenden seyn dürfen ??
„ bewahre mich dafür , daß Ich heiliger Wahrheit , die „ ich so viele Jahre verfochten, nun , um „Einen Titz ,,tel!! "
(Luc. 16. 17.) verleugnen solte ;
was
würde
„Apollo dazu sagen , der mich für den Wiſſendſten unź
*) , Ihr Stokblinden ! Wodurch sind denn Meister ,,eben Meister ? Nicht etwa dadurch, weil nur ,,sie Meisterhaftes liefern ? Gehen nicht Millionen ,,Dichterlinge auf Einen Shakespeare ? und erreichen ,,dieses Heros Werke Kern aller jener Werke zus ,,sammengenommen wohl ? 'It's mit Rafael und Bach ,,anders ? Nun dann seyd Ihr doch wahrlich nicht des ,,Anspeiens wert , wenn Ihr Euch ſelbſt ſchåndend ,,meint, einen Sokrates , Spinoza und diesen Aehns ,,liche herabsezen zu können zige That volbracht,
ehe Ihr Eine eins
wie dieser Schläfen Taus
sende Lorbeer-geschmükt zieren ! Halb träumend von ,,anstrengendster Arbeit Uebermüdung arbeiten solche ,,Heroen noch Treflicheres aus , denn Ihr jemals was ,,chend zu volbringen vermöget !!" --
-
495
,,ter den Griechen erklärt !!" „Mein Genius
-
,,und was sagt denn
,,,,Und wenn du tausend Mal tausend Leben beså „ „ Best , und
wenn durch deine Verteidigung der
,,,,Wahrheit,
das ganze Weltall
in Ein
Chaos
„, „ zuſammenſtürzte, worin dein vermillionfað tes Lez „,„ben so völlig unterginge, daß schlechterdings für ,,,,alle ewige Zukunft , weder von Sokrates, noch von „, „ Einem Menschen überhaupt ` weiter Rede so darfst du
doch
wäre,
nicht Einen Milliardsten Teil
,,,,der strengsten Wahrheit Unwissenden preisgeben.
14 9999—— Frage mich weiter nicht , sondern rede ,,,,was ich dir zu reden gebiete !! " " *)
*) ,,Wie viel Stellen sol ich Euch in den Evangelien und ,,Episteln anzeichnen , wo Jesus und Paulus ganz und ,,gar dasselbe was Apologie des Sokrates sagén? Ihr ,,Was nuzte es ? Ihr leset sie ja doch nicht !! ,,seyd Gestank Eures faulenden Fleisches so gewohnt, ,,daß der kleinste Luftzug Euch berührenden höheren ,,Aethers Euch Schwindel verursacht !! -- Ihr meinet ,,Euch überzeugt, daß nur Wahnsinnige Tod , diesem ,,Eurem Leben vorziehen können, und darum meinet "Ihr auch, Jene tödten zu müssen !! - Sehet, ,,wie Ihr doch so ganz und gar nicht Rechnen vers ,,steht ; denn, obschon Ihr's nicht glauben werdet, ,,sey's Euch doch gesagt : ,, Da Jhr Steinen gleich ,,nie lebt, so sterbt Ihr auch nie , so wenig Steine vielweniger aber noch vermöget Ihr irgend ,,sterben ,,Wen zu tödten , der da wahrhaft lebet !! " ,.Denn , wer da wahrhaft lebet, lebet das Leben ,,Seines Selbst !! - welches Ihr durch härteste
496
So ist's !! Ihr über Apologie des Sokrates Me i nende meint auch, Gott - Begeistert - Wissende reden, was sie öffentlich reden , zufolge ihrer indivi* duellen Persönlichkeit !! Ihr irt ganz und gar : - was ,, Gott- Begeistert Wissende" reden nur das —
Gott ihnen zu reden befiehlt!! ,, Diesen keine andere Sorge , als das
Rechte
nur zu reden und zu thun, drum reden und thun fie dieses überall , gleich recht; - das Unrechte saber steht überall unrecht darum, - weil es über„all weder geredet noch gethan seyn sol!!” ,,Wenn Ihr Unvernünftigen aber, durch derglei „chen Reden und Thaten in Wuth_geråth , mit Steinen „ die Redenden verfolgt , vergiftet , an das Kreuz nagelt, „verbrent, hinrichtet, oder in Kerker werft, - ,, Da „ſeht Ihr zu ” wie Ihr dies zu verantworten ges „ denkt, nicht kümmert das die Redenden !! " „ So sey denn ein für alle Mal vestgestelt : „War Sokrates ein Unwiſſender - dann waren es "auch
Jesus
und
Alle ,
absolut
Alle
diesen
99„ Göttlichen Aehnliche , bis zu Fichte herunter , ,, nichts denn Unwissende !! War Sokrates Selbst,,Mörder
dann
waren
auch Jesus , Paulus,
,,Mißhandlung , auch nicht einmal zu verwunden vers ,,mdget !! - Nur Er selbst, der also Lebende , vers ,,mag ich zu verwunden , ja Selbst zu tödten ,,Wie ?
Wenn Er Sich herabwürdigt und lebet
,,wie Ihr !! "
497
-
,,Luther und Spinoza u. s. M. nichts denn Selbst,,Mörder !!" *) "Ihr
aber ,
die Mörder
dieser Begeisterten,
„seyd dann Alle , Alle nicht nur die allein Wissen„ den , sondern
auch die
allein anbetungswürdigsten
"Menschen!!" „ Seh't! dies , die Luc. 16. V. 26 angegebene Kluft „zwischen Jenen und Euch ; demgemåß Jene fortfahren, „Euer verfluchungswürdiges , viehisches Treiben , ohne „allen Rükhalt aufzudekken Ihr aber fortfahrt „ die gesandten Knechte des Herrn (Math. 22. 1. ,,bis 10. ) zu ermorden !!"
5. ,,,,Gibt's also keine allgemein giltigen Beweise für „ „ Wahrheit ? " " (Vergl. S. 463.)
„Lieber ! Dann nichts Besseres als daß GesamtMenschheit mit Steinen belastet in's Meer gestürzt würde, da, wo es am Tiefsten."
,,Aber , so wie es nur Einen Gott und darum ,,nur Einen Geist **) :― so gibt's schlechthin überall
*) ,,Text nicht zu unterbrechen , wird hiemit beiläufig , und ,,zwar mit derselben , jeden Zweifel absolut als ,,Låsterung erklärenden Bestimtheit : Robess ,,pierre den eben genanten Unwissenden und Selbst. ,,mördern
beigezält !!"
**) Jeden Doppelsin möglichst vorzubeugen , sey beftimt : „ daß ,,dieser Saz ohne Wahrheit zu beeinträchtigen , auch umgekehrt ,,richtig ; also: ,,So wie nur Ein Geißt, darum nur „ Ein Gott !!" [ 32 ]
498
-
„nur Einheit überhaupt ,
nirgends Vielheit , und „darum auch nur Einen Beweis !!" "",Werde Dir so mündlich oder schriftlich vorgetra-
gen , was es sey , erschüttert der Vortrag Deinen innern Menschen ,
erwärmt er Dich ,
entreißt er Dich
Deinem Selbst, spornt Dich zu höherer Thatkraft, zur Nacheiferung auf; belebt er Dich mit kühnem Muthe Dich aufregend Alles auch Dich Selbst der Idee freudig zu opfern ; verspricht er reichen Selbstlchn Deines Innern, wenn Dir volkommenes Verständniß desselben würde ; und in Einem Worte Alles sagend : „ ent„zündet er den Funken Deiner „ Liebe !!" -- Siehe ! dann sey getrost versichert , Zwiefaches : „Im Vortrag, „ist Wahrheit enthalten , — und Dein Gemüth ist für „ Anschauung der Wahrheit empfänglich !!” *) –
Findet
*) Beiläufig. Leicht erkenbar hier , überaus nahe Verwandtschaft der ,,Begeisterten mit Fanatikern ." Den Begrif derselben erschöpfend deutlich zu entwikkeln , erforderte eine bedeutende Abhandlung , drum müssen uns vorläufig beschränken sie karakte riſtiſch also zu unterscheiden : ,,Beide werden von rein geistiger Macht geleitet und ſofern' ,,sind sie absolut gleichen Werts ; denn Beide begeistert. „, „ reine Liebe zum Gegenstand derselben !!" Mithin_liegt ,,der Unterschied im Gegenstand und nicht in der Liebe — ,,oder was dasselbe : Gemüths ; Fähigkeit Edelstes zu erz „ ringen mit freudiger Aufopferung ihres Selbfi's , frei aller ,,selbstsüchtigen Persönlichkeit, ist Beiden durchaus gleich , ""-der Unterschied beruht also lediglich in der Verschiedenheit ,,ihrer ihnen gewordenen Geistes- Bildung ; Begeisterte zeichnet ,,durchweg höhere, Fanatiker beschränktere aus !!" Eine bedeutende Zusammenstellung liefere Anschauung. Tis moleon, Charlotte Corday, ein (leider Ungenanter) Båkker zu Lans dau , Ravaillac und Sand !! Timoleon kaum den leiblichen Bruder mit eigner Lebens.Ges fahr in der Schlacht errettend , läßt ihn tödten , nachdem er sich überzeugt, jener wolle sich zum Tyrannen Corinths machen.
499 aber von dem Allen das Gegenteil stat, erkältet Dich ,,der Vortrag , macht Dich verdrossen , erregt er Deine
Corday tödtet das Ungeheuer Maret. Als Landau 1793 von Preußen bombardirt wird , geråth zus gleich eines Bäkkers Haus und das Vestungs,Magazin in Brand ; vergebens fleht des Bákkers Familie für Löschung seines Hauses zu sorgen : ,,An diesem ist nichts gelegen ; Mein Leben gehört ,,der Republik! !” .- und er hilft das Magazin retten. Ravaillac tödtet den großen Heinrich, Sand den erbárme lichen Kozebue !! Timoleons That , bei seiner spåter , durch Beglükkung der Syrakufaner bewährten erhabenen Bildung , ist gewiß vol erha benster Begeisterung , doch fühlen wir uns unangenehm ergriffen, es bleibt immer ein Bruder-Meuchelmord ; über solche That hat nur der Thåter selbst giltiges Urteil !! - Erhabene Geistess bildung Corday's , ist durch ihre begeisternde Antworten , außer allem Zweifel ; eben so zweifelsfrei, daß Marat hundertfachen Todes schuldig war , daher die That vol echter Begeisterung; weil aber der Gegenstand zu verächtlich , war er solchen Opfers unwert ; wir wünschten Corday minder edel , oder Marat würs diger, die That würde mehr genügen. Vom Bäkker erfahren wir nicht , welche Geistes-Bildung ihn beglükt, aber das wissen wir gewiß, er war absolut höchster fähig ; seine That gehört zu den erfreuendften gesamter Geschichte , weil sie so ganz reines Zeugniß echter Begeisterung. Ravaillac , ohne Frage Fanatiker, bezeugt durch erhabenen Gegenstand seines Fanatismus völlig un: zweideutig , daß nur nichtswürdige Jesuiten ihn verleitet , der, von edler Erziehung erhoben , wahrscheinlich einer der herlichsten Menschen ward !! Weder Begeisterter noch Fanati Was aber ist Sand ? ker , sondern einfach Verrükter !! Nimmermehr wählt ohne Wahnsin ein Mensch von Sands Geistes-Bildung , einen Kozebue zum Gegenstand seiner Aufopferung. War er geringster Ueberlegung fähig , dann mußte er Ueberzeugung haben, a) daß er, Sand, ohne Verhältniß mehr wert denn ein Kozebue, daß er daher diesem , durch seine That erst , einen Wert bei: bringt , den er an sich nie gehabt ; b) daß wenn Schriften ein folches eines Kozebue ein Vaterland verderben können Vaterland verderben sol ; so wie entwürdigend sey für ein so leicht zu verderbendes Vaterland eine Feder einzutauchen , um wie viel mehr deshalb einen Mord Sich aufzubürden !! Wie iş endlich an Wahnsin zu zweifeln , wenn ein gemütlich wissenschafts lich Gebildeter, Macht der Wiſſenſchaft überhaupt , und die der
500
„ Selbstfucht , Deinen Hochmuth und Eigendünkel , flößt dann „er Dir Haß und Verfolgungs - Sucht ein , „ meide ihn vorläufig in jedem Fall, hole Rath bei rechtschaffenen Männern , möglichst von Vorurteil und Aberglauben Freien - diese mögen Dich belehren, ob diese Wirkung Folge des Vortrags ,
oder Deiner,
durch schlechte Erziehung verdorbenen , bösartigen Gesinnung ; Beides kann stat finden , worüber apriori kein vestes Urteil möglich.
In jedem Fall befolge Rath
Jener unbedingt ; und liegt Wirkung im Vortrag, so höre oder lese ihn weiter nicht , weil er Gift enthält, und mindestens drauf verwandte edle Zeit tödtet ; jede verlorne Minute aber im kurzen zeitlichen Leben herber Verlust ist." ,,Gilt aber eben Vorgetragenes von Allen Lehrgegenständen ohne Eine Ausname , wird daher im Vernunft-Staat absolut Niemand in irgend einem Lehrfache geduldet ,
der
nicht Erkentniß
durchdrungen , und ,,bezeugt!!" -
dessen
der Wahrheit
ganzes Leben dies
daher Lehrer im Vernunft - Staate
eine weit hårtere Prüfung
ihres sitlichen Wandels,
denn der Kentniß ihres Lehr- Gegenstandes unterworfen sind -
absolut entgegengesezt jezigem, wo nur
auf Kentnisse , „ nach Sitlichkeit aber gar nicht gefragt wird !!" -
darum auch im Vernunft- Staat der Lehrer
eigenen Feder,Macht so wenig vertraut , Sudeleien eines Kozebue zu fürchten ? - Wer um einen Kozebue lächerlich zu machen, große Geistes- Anstrengung nötig meint , ist wahrlich schwachsinnig fing und wer ihn wegen solcher Sudeleien tödtet der ist rasend ! Wodurch nebenbei erwiesen , daß öffentliche Mitteilung jenes bekanten Briefes , eine rasende Dumheit deſſen bleibt , der ihn der Oeffentlichkeit übergeben , durchaus nie zu entschuldigen .
-
501
―
absolut höchste Würde bekleidet , *) während in jezigen bei weitem Mehrzal feile Despoten- Knechte ;
hast Du
also jezt allerdings schon in übrigen Unterrichts- Gegenstånden leider keine große Auswahl „so sey „mindestens am behutsamsten , über Religion und Phi,,losophie , den
Königinnen Aller Wissenschaften und
„ Künste , irgend Wen zu hören oder zu lesen , an deſſen ,,Sitlichkeit
geringster
Makel
haftet.
Denn
diefe,
,,find zufolge ihres Lehr - Gegenstandes , Vertreter ,,der Wahrheit selbst , d . i. der Gottheit!!"
,,nun ihre eigene Lehre sie Selbst nicht belebt ,,könte sie Andere beleben?
,,hat wie
Unmöglich ! Drum
„kanst Du apriori heilig versichert Dich halten : „Jeder Lehrer der Wahrheit, mag er sie Re„ ligion, Gottes - Erkentniß, Philoſophie oder Geistes,,Lehre nennen , dessen bürgerliches Leben, nicht uns „ verkenbares Zeugniß innigsten Streben 8 **) göttlicher „Verklärung
offenbart!! " - ,,der nicht völlig
*) Daßschon Rabbinen dies ausgesprochen, ist höchst beachtungswert, besonders weil sie dadurch gleichsam die zehn Gebote erweiterten : ,,Lehrer solft du höher als ſelbft Vater und Mutter ehren ; denn ,,diesen bist du nur ob deiner Leibes , Jenen aber ob deiner ,,Geistes-Bildung verpflichtet !!" (Genau derselbe Begrif wie Gott-Vater und Gott-Mutter. Vergl. S. 474.) Eben so be: achtungswert würde der Rabbinen Ausspruch seyn : ,,Weisheit ,,habe weit höheren Wert als Priestertum und Königswürde !!" — Wenn sie nicht hinzugefügt : „ Weil zum Priestertum nur ,,vier und zwanzig , zur Königswürde dreißig , zur Weisheit aber ,,acht und vierzig Eigenschaften gehören" ― wodurch sie ihre Thorheit bekundeten. Allein jene Aussprüche bezeugen dessens ungeachtet , wie nahe auch sie erhabenster Erkentniß waren. **) Weil praktischer wie theoretischer Idee-Verwirklichung unendlich, kann überall nur von sich offenbarendem Streben zur Vervol komnung Rede seyn, nie aber von völliger Realifirung derselben.
502
,,unbeschränkte ,, Menschen - Liebe !! " lehrt ; der „allergeringsten Unterschied Jude,
Muselman ,
zwischen Christ und
Fetisch - Anbeter
zwischen
„ Europåer, Asiaten, Neger u. s. w. u. s. w. was lies -- ein Sols
„bende Teilname an sich betrift, lehrt ,,cher, sey es wer es sey
"Ift nicht Lehrer der
„Wahrheit, sondern der Lüge und desTruges !! " „Ist nicht ein Gesandter des Herrn, des Vaters ,,ewiger Liebe - sondern ein verführerischer Knecht "Beelzebubs , des Obersten der Teufel!!"
So bei
unmittelbaren
mündlichen Vorträgen,
genau eben so bei schriftlichen. „Prangen Verfasser mit Titeln und Orden, wirf's ,,fort! Diese mögen über äußere Kentnisse Dich bes ,,lehren können - über Wahrheit? - Nimmermehr ! ,,Doch ja ! Sie lehren Dich Lüge erkennen , so magst „ Du durch absoluten Gegensaz ihrer Lehre , Wahrheit ,,entdekken.
Doch thun's , so bei Lebenden wie bei Ver-
,,storbenen nicht bloß Orden
und Titel- Sucht, auch
,,von Unbetitelten gibt's Lügen lehrende Schriften genug ; „ daher mußt Du Dir gleichsam einen Instinkt an„ bilden , zufolge dessen Du nicht mehr als Wenige Seiz „ ten irgend einer Schrift zu lesen brauchst, und sogleich „ift Dir völlig deutlich, ob sie der Wahrheit oder der Lüge ,,huldigt !! Dieser Instinkt ist wie Erkentniß der Wahr„heit selbst, sehr leicht zu erwerben , indem Du nur „ nötig hast, irgend Eine Schrift eines tüchtigen Verz fechters der Wahrheit so zu lesen wie sie gelesen „ſeyn wil , verstanden werden zu können.
Mehr
503
,,bedarfst Du nicht !! Denn , mit dem Augenblik wo Du ,,Erkentniß der Wahrheit errungen — bist Du im Besiz „ der Erkentniß ihrer kindlichen Einfachheit !! und „ daß daher Alle Mysterien , ohne Eine Ausname, - nichts , absolut nichts denn ,, Satans - Werk = „ Natur- Anbetung !!"
Stößt Du demnach in irgend
einer Schrift besonders ,,Augen
springende
nach Fichte!! " auf in die
Unverständlichkeit ,
,,Floskeln und Formen, - leg's fort!
auf
verwirte
der Verfasser ist
„mindestens ein Unwiſſender !! Weil , was Erkentniß ,,der Wahrheit Selbft betrift, für Alle Ewigkeit giltig , ,,gefunden ist !! Darin auch nicht entferntester Zwei„fel mehr !! Philoſophie des Wissens ist unerschütter- Ein Schrit das ,,lich vest gegründet , rein fertig ! „rüber hinaus bringt Dich aus dem Himmel vol Götte „ lichkeit unmittelbar in die Hölle innerer Leerheit und des „Absoluten- Nichts !! ,,Ueber Erkentniß absoluter Wahrheit kann fürder „kein Streit statt finden - ,, unter Wissenden!!" son„ dern nur über Mittel ihrer Verallgemeinung !! „ Eigentlich freilich auch über diese nicht, weil wie in ་ „Allen nur Einheit, es auch nur Ein Mittel geben „kann !!
Dies ist :
Eine
allgemeine
Erziehung
Al-
,,ler Kinder Eines Staats ." *)
*) Dies ist jezt , völlig zweifelsfrei Einziges Mittel, welches zum Siele zu führen verspricht- obwohl sehr wahrscheinlich, wenn dies Mittel einft im allgemeinen Gebrauch, das dann Fehlende Sich offenbaren wird. Dies dann anzuwendende Mittel, wird wohl kein Anderes ſeyn , als worüber schon 1. B. Mose 30. v. 37. bis 39. ,, Geſetgebung Lykurg's und Plato's Schriften Anleitung geben; -- für Halblinge scheinbar Herab
504
„ „ Wo aber für diese Menge genugsame Lehrer ,,,,finden ?" " „Es muß demnach Erziehung zu Lehrern vorausge= „hen !!
So erkenst Du leicht ewigen Kreis
worauf
,,Menschen-Bildung beruht ; „,auf volkommener StaatsDiese aber ist äußerst leicht, wenn ,,Bildung!! " - „ der Rechte an der Spize , wenn nicht — dann geht „sie langsam , schwerfällig und unsicher „ vom Volke „aus !! " Mithin nur zwei Fälle : „ Von Oben , Völker erhebend, oder von Unten , Obere ,,bildend!! " „Dies mit wenig Worten wesentlicher Gesamt-In„halt echter Geschichte !!"
würdigendes enthaltend — nicht aber für folgeveste Denker !! Näheres bleibe vorbehalten. Doch magst Du hiemit Entwiklung der Keuschheit vergleichen, Fichtes Staatslehre S. 125 bis 132 !!
Zusammenstellung
des
wesentlichen
Inhalts
dieser Schrift.
Metaphysik Ist Lehre des Geistes ,
Lehre
der Her-
ſchaft des Geiſles über die Natur, Lehre des Göttlichen, Lehre echten Glaubens , Lehre des Wissens , Lehre der Freiheit , Lehre der Liebe !! Alle diese verschiedenen Ausdrükke sind in ihrem Grund - Begrif Eins und daffelbe. Als Lehre des Wissens Selbst ,
ist sie notwendig
Quelle aller übrigen Wiſſenſchaften, deren Bildung durch fie bedingt ist; eben darum aber , ist sie Keine für Sich bestehende Wissenschaft, sondern Allein Wissen Selbst!! Jede Wissenschaft *) _hat_nemlich irgend
äußere
*) Beachte hier wieder, das vom geistigen Instinkt Begrifer: schöpfend gebildete Wort : ,,Wiſſen - Schaft" =Wiſſen ,,schaffend !! " Alle Wiſſenſchaften nemlich , so wie sie vom Wissen = Geist , als ihrem Urquell erschaffen werden - so in unausbleiblicher Wechselwirkung erschaf fen sie wieder : „ Wissen!! " Sie sind gleichsam die, Menschen Geist mit dem Himmel (,,Idee !!" ) verbindende
506
Form zu ihrem Gegenstande ; dessen Gegenstand eben Wissen , Form haben, weil Selbst ist!! -
Wissen des
Wissens,
kann darum Keine
Es innere Anschauung Seines
Sogleich deutlich , daß Philosophie von Begin an uneigentlich, ja unrichtig Lehre heißt; - deutlich, daß schon die Alten dicht am Ziele waren, indem ihrer fehr Viele Tugend unlehrbar erklärten ; so wie endlich deutlich, daß Wissen für ewige Zukunft unlehrbar bleiben wird !! weil nur Form-Kentniß lehrbar,
Leitern, ihn fähigend , das Aeußere völlig aufzugeben und so zur Anschauung Seiner Selbst zu gelangen !! Zur Wiederholung. Erschöpfender Begrif der Metaphysik, Ist: ,, Von der Natur- Betrachtung aufzuſteigen zur ,,Betrachtung des Betrachtenden Selbst ; von der außes ,,ren Anschauung , das Vermögen der Anschauung ,,selbst zu beobachten ; d. i . so wie Du gar nicht zweifeln ,,kanst, daß Deines Leibes Augen nur sehen , aber nicht ,,zu beobachten vermögen , sondern dies Funktion ,,Deines inneren Auges ist ; so fordert Metaphysik : ,,Dieses Dein inneres Auge Selbst nun zu beobach ,,ten, als Dasjenige was über der Natur sieht und auch „ Natur Selbst, beobachtet!!" Von diesem Standpunkt aus begint erst wahres Geistes Leben , ablösend Natur : Schein Leben!! Echte Philosophen sind daher erschöpfend richtig bezeichnet : „ Seher !! " Träume der im Natur- Stand- Verhar - (Vergl. 1. B. renden - als Wissende deutend!! Mose 40. 8. u . 41. 16.: „ Nur Gott vermag Tråume ,,zu deuten !!" Auch Briefe Göthe's an Schiller : „ Sie ,,legen meine Träume aus !!")
507
das aber was unter Form zu bringen schlechthin 'uns möglich, nie gelehrt werden kann. Mithin klar :
""Metaphysik muß Jeder Sich Selbst lehren !! " Mehr! - Jeder Mensch (mit seltner Ausname abnormer Zustände) weiß Metaphysik , ohne es zu wissen; d. i . ohne es in Sich zu deutlichem Selbstbewußtseyn zu erheben!! Daher ist Lehre des Wissens darauf bes schränkt Allen Menschen, sehr
leicht beizubringende
Anleitung zu geben, von ihrem Wiſſen des Wiſſens „ Sich „ Selbst vest zu überzeugen " !!
Diese Anleitung ist wie Wissen des Wiſſens selbst höchst einfach, selbst Kindern leicht verständlich.
A.
Denke
Dich absolut allein stehend irgendwo ;
zugleich denke Dich wiſſend irgend Etwas , sey es was es sen. - Wer weiß dann von Deinem Wissen ? Du doch allein , Niemand anders als Du !! — Eins und Eins Ist Zwei, Zwei und Zwei Jst Vier, zwei Mal Vier Jst Acht , acht Mal Acht Ist vier und sechzig ; Du weißt Das ! Können Deine Leibes - Augen mit Einemmal vier und sechzig übersehen ? Nimmermehr ! Wie aber Million , welche Deine Leibes-Augen nie mit Einemmale überfahen, und doch weißt Du ganz gewiß, daß eine Million = 1000 Mal 1000 ?
Du weißt
also Etwas, was Deine Sinne nie aufzufassen vermögen , mithin weißt Du es nur durch Dein inneres Leben!!
In Dir wirkt also
ganz zweifelsfrei
zwiefaches
508
Leben: Das, Deines ficht- und fühlbaren Körpers , und Das völlig unsichtbare Leben Deines Innern !! Damit Du diese beide Leben nicht ferner verwechseln
mögest,
nenne eins finliches , anderes geistiges Leben - türzer, Geist!
Geist bezeichnet also hier, Dein inneres un-
sichtbares Leben !!
Nun trit nur wieder unter Menschen.
Du weißt
sogleich sie von Tieren zu unterscheiden , als Dir gleich geschaffene Wesen ; daher vermutest Du in ihnen ein Dir ganz gleiches zwiefaches Leben , d. h. daß auch sie aus åußerm und innerm Menschen bestehen.
Aeußern siehst
Du , nicht aber innern , der auch bei ihnen Geist heißt; damit aber keine Verwechselung Eurer unsichtbaren Geister stat finde , nenne Deinen Geist , Deinen Jch- Geist ; demgemäß hat also jeder Mensch seinen eigenen IchGeist!!
Jezt nimm Dich ein wenig zusammen ! Du hörst Schall, Du siehest dieses Buch , Du empfindest diesen Schlag;
Wer hört, sieht und empfindet ? Etwa Dein
Dhr , Dein Auge, Deine Bakke ? Weißt Du nicht, daß wenn Du Ohr , Auge und Bakke ausschnittest, diese mindestens für Dich , weder hören , sehen noch fühlen ? Ja , Du weißt das als gewiß ! Wer hat also gehört, gesehen und empfunden ? Du selbst , Niemand an deres ; Du selbst ? d. i. Dein innerer Mensch, d. i . Dein Ich- Geist!! *)
Warum zukst Du ,
indem ich dies
*) Beachte! So wie Alles tierische Leben nur Einen
509
glühende Eisen Dir nahe bringe,
fiehe, hier liegt eben
abgehauenes frisches Fleisch , das glühende Eisen ist ihm
Schmerz bei Verlezung seines Organismus empfindet, der jedoch in Graden sehr verschieden seyn kann , so , daß Einer bei Verlezung der Haut winselt, während ein Ans derer bei Amputirung eines Füßes nicht zukt, nichts destos weniger aber Beide Einen und denselben Schmerz an sich empfinden - so ist auch höchſtes Gefühl für Schönheit und Kunst Eins an ſich, in Graden der Erregſam keit aber sehr verschieden. Hiebei ist jedoch sehr wichtig zu beachten : daß Empfindung und Gefühl an sich, gar keines objektiven Urteils fähig sind, sondern ihnen nur das subjektive zusteht, von Sich auszusagen : „ Das schmerzt Mich, das erregt Mich angenehm oder unans genehm ," keineswegs aber : „ das iſt ſchön, das ist ein Kunstwerk !!" Denn Dies Urteil ist kein ſubjektives, sondern objektiv!! weil Dein Urteil von ,, Sch dn❞ und ,, Kunst" die Forderung unmittelbar enthält : „ Alle ,,Menschen sollen Deinem Urteile beistimmmen" !! — Sollen sie das wirklich, so ist's mit Deinem leeren Urteil nicht abgemacht, sondern Du bist nun gezwungen : ,,Gründe für Dein Urteil anzugeben" !!
Versuche
das , dann wirst Du gar bald finden : ,, daß Dein Ges ,,fühl nichts von Gründen weiß, sondern nur Dein ,,Verstand" !! und Du wirst Dich sogleich schämen, daß Du nur eben behauptet hast: ,, über Schönheit und Kunst „ habe Gefühl irgend richtiges Urteil !!” — Gefühl ist rein leidende Empfänglichkeit Deines innern Menschen , mehr durchaus nicht ; Gefühl mit Verstand verbunden heißt ,, Gemüth !!" Nur der Ges muthliche also hat objecktives Urteil überhaupt, darum auch über Schönheit und Kunst. Gefühl ist demnach als lerdings unentbehrlich, die Objekte für den Verstand her-
510
ganz nahe
- es zuft nicht , warum Du ? -
Du hast's
gehört, oder schon selbst empfunden , glühend Eiſen brenne
beizuschaffen ; jeder Mensch muß zuvor leidend empfangen, ehe er tätigen Urteils machtig wird. Durch diese schlechthin untrenbare Wechselwirkung , wird Dein Urs teil also notwendig beschränkter oder umfassender seyn, nach geringerer oder stärkerer Empfänglichkeit Deines Ges Da nun ganz zweifelsfrei vest steht : ,, daß eben ,,so gewiß es nur Eine echte Wahrheit geben kann, ,,eben so auch nur Eine echte Schönheit, Eine echte „Kunst u. s. w." ,,so ist eben so gewiß Wert Deines ,,Urteils bestimt : ,,Wirst Du von einem Rafaelschen ,,und Breugelschen Bilde ; von einer Bachschen und Mos
fühls.
,,zartschen Tondichtung u. s. w. ganz gleich angenehm ers ,,regt, - so wisse, Du besizest noch kein richtiges „ Urteil ; denn, in absolut Entgegengeseztem kann schlech,,terdings Unmöglich die Eine echte Schönheit ,,enthalten . feyn !!" ,,Jn Breugel und Mozart kanst Du ,,wohl hie und da schöne Momente finden , allein eben ,,darum, weil sie nur hie und da zu finden, ist's uns ,,trüglicher Beweis , daß ihnen selbst Wissen des ,,Schönen nicht geworden ; denn sonst hätten sie ja Nur ,,Schönes darzustellen sich bemüht ; so wie aber bei Dies ,,sen Schönes als Ausname , Häßliches als Regel ,,sich findet, so ist bei Rafaelschen und Bachschen Werken ,,Häßliches Ausname und Schönes Regel !!" Daß Du dieses Urteil als allgemein giltig unbe dingt anerkennen werdest , sofern Du dem Gefühle huldigst , ist durchaus nicht zu erwarten komt aber auch nicht viel drauf an ; denn der dadurch verursachte
# Schaden, ist zumeist Dein eigener !! Drum wirst Du auch gewiß nicht zugeben : „ Daß die leider noch all; ,,gemein herschende Gefühls , Schwärmerei , Eule
511 und schmerze, darum zukst Du davor.
Was heißt das ?
Dein Ich- Geist hat Erinnerungs - Vermögen früher gehabter Zustände ; Wieder- Erscheinung desselben Zuſtandes bringt ihm Frühere in Rükerinnerung und darum scheuet er davor , oder freuet sich dessen , nachdem diese Erins nerung ihn unangenehm oder angenehm erregt !! - Gieb wohl Acht ! -- Dies Erinnerungs-Vermögen ist das Vermögen Deines Ich-Geistes , eine frühere Erscheinung sich so zu vergegenwärtigen , als wäre sie ihm unmittel bar gegenwärtig ; jezt hervorgerufen, durch dies glühende Eisen. Wie aber , vermag er es nicht auch ohne dies ? Allerdings ! denn jezt ist das Eisen fort, Du aber hast das Bild davon so gegenwärtig , als hielt ich's Dir noch vor. So wunderbar dies , ist doch noch viel wunderbarer - wenn Du nur aufmerksam folgst - daß Dein Ich-Geist im wachenden Zustande , ununterbrochen in Bildern lebt !! *) ohne daß Du es vielleicht
„ gleich , nächtigem Dunkel zuſehnend , nichts mehr denn ,,Licht scheuend , — daß solche Gefühls, Menschen : ,,Schlacht von Navarin , Sturz Osmanischen Reichs ,,herbeigeführt - und Europa an den Rand des ,,Verderbens gebracht !!" *) ,,Dies, Haupt- Unsterbliches . Verdienst Fichtes, wo ,,durch Idealitår = Apriorität aller Erkentniß = Ers ,,kentniß Absoluter : Wahrheit!!" ewig unerschütz ,,terlich vest gegründet ist ; so evident !! - daß jedes ,,fernere Gegentreten irgend Jemand's, entsezliche Dum,,heit desselben bezeugt, da es Leugnendem Selbst ,,schlechterdings unmöglich, einen Augenblik sich dieser
512
― früher beobachtetest.
Z. B. was denkst Du jezt? -
Das Leibgericht, von Deiner Mutter zu Mittag vers sprochen; Morgen auszufahren, einen Freund zu besuchen u.f. m .;
nimmermehr vermöchtest Du das zu denken,
wenn Dein Ich - Geist sich nicht jene Gegenstände im Bilde vorstellend vergegenwärtigen könte!!
Es ist
Dir leicht zu bemerken, daß Dein Ich- Geiſt dieſe Bilder auch früher schon gehabt , nur hast Du es nicht beachtet; von nun an bitte ich Dich, zu beachten , Wichtigkeit!!
es höchst aufmerkſam
weil es für Dich von der allerhöchsten Denn siehe nur
Wer beachtet denn
Dein Beachten ? Ist es nicht wieder Dein Jch- Geiſt ? So bewundere doch die wunderbare Eigenschaft dieses Deines Ich- Geistes : „ Nicht nur lebet Er unun„terbrochen in Selbst geschaffenen Bildern , sondern „ ihm wohnt auch das
übergroße Wunder bei ,
„ fein inneres unsichtbares Bilder - Leben , „zu beobachten!!" -
dies ,
unsichtbar
„ Weißt Du was das heißt ?” „ „ Nicht nur weiß Dein Ich- Geist
- sondern er
, „,weiß auch von Seinem Wiſſen!!” ” „
,,idealen Beh erschung zu entziehen.
Daher es übers
,,all und bei Allen gebornen Menschen, seit Fichte, „ auf gar nichts weiter ankomt , als sich dieser Herſchaft ,,des Geistes , mit Freiheit d . i . wiſſend unbedingt ,,zu unterwerfen, oder als Einfalts-Pinsel Sich Selbst ,,zu bekennen , dessen ganzes Daseyn keinen Heller ,,wissenschaftlichen Wert !!" ,,nemlich, sofern er als „Philosphies
oder
was
dasselbe,
,,gions Lehrer sich ausgibt. " -
als
Relis
513
Falle
B.
nieder
und
bete
unsichtbaren
ewigen
Geist der Liebe an , der Dich durch Seine Allbarms herzigkeit
erhoben
zur
schauung ,
seiner
selbst.
Gott- Mensch * )
Seligkeit Denn
verbreitenden wisse
mit dem Augenblik
An-
Du bist
dieser Deiner
gewonnenen deutlichen Anschauung , wenn Du vers ständig der Rede folgtest ; Geheiligter, ligkeit
und
Du bist nun ein Gotts
wehe Dir ,
entgegenstrebst,
oder
wenn Dich
Du ihr
dieser Heiz zu
entziehen
trachtest.
„ Du ſprichst als Begeisterter, und magst es recht gut meinen ich muß dir aber aufrichtig sagen , obwohl ich achtsam der Untersuchung folgte , begreife ich durchaus nicht , daß aus dem Früheren das folgt , was du eben als zweifelsfrei ſtelteſt.”
Du hast recht, ich bin in den alten Fehler verfallen, bei Dir vorauszusezen , was ja auch mir nach zwanzigjährigem Forschen erst zu evidenter Gewißheit worden. Laß uns demnach unverdrossen fortfahren , damit auch Du mit einigem Entsezen erfahrest
,,Was ?" Durch-
*) Leser, erschrik nicht ob Kühnheit dieses Worts ; schon der Dominikaner - Mönch Tauler hat es genau eben so vor 400 Jahren in seiner Predigt am Ofter : Sontage ausgesprochen : „ Nicht vor 1400 Jahren , nicht heute ist Chriftus geboren, „ sondern , Er wird in Dir mit jedem Augenblik geboren, ,,wo Du Ihn in Dir erken ft.” Dies ungefär wesent licher Inhalt dieser böchft merkwürdigen Predigt - ,, eines ,,Papisten !" Uebrigens hat auch schon Moses ganz dass felbe ausgesprochen 2. B. 19. 6. Ihr solt ein heiliges ,,Volk seyn."
[ 33 ]
514
--
aus mehr nicht , als was Du långſt gewußt ohne von Deinem eigenen Wissen zu wiſſen.
Begonnen haben wir damit, daß Du gemeint, in Dir wirke Ein einfaches Leben , allein , schon steht völlig zweifelsfrei vest : ,,In Dir wirkt Ein dreifaches Leben." 1) Deines Leibes Leben = chemischer Prozeß, durch aus Pflanzen-Leben gleich , von Deinem Jch- Geist völlig unabhängig vegetirend, welches sich Dir nur begehrend und quålend mitteilt , nach seinen Bedürfniſſen , zufolge ur gesezlicher
Bestimmung ,
und Dich
wider
Deiz
nen Willen zwingt ihm irgendwie zu gehorchen ; denn , nur durch feigen Selbstmord vermagst Du Dich ihm völlig zu entziehen, sonst nimmermehr. Wodurch nebenbei schon hier deutlich , daß es mit vielbehaupteter Willens - Freiheit (wie sie im Allgemeinen, ist.
falsch
verstanden ,
Denn wenn Du
ter Geistes- Macht
gilt)
gar übel
beſtelt
auch allein im Besiz gesam
aller Weisen zuſammengenommen ;
so gehörst Du mit all diesem göttlichen Geist , doch nur zur gesamten Erscheinungs-Welt, mehr durchaus nicht ; und wenn Du durch Selbst- Mord dieser Sklaverei Dich zu entziehen gedenkst, so zeigst Du damit blos grâuliche Blindheit , weil Du schlechterdings nicht weißt , ob Du nicht eben hierdurch (als wahrscheinlich sogar vorauszuſezen) in viel årgere Sklaverei geråthſt.
Ueber die schlechthin
unmöglich völlig
zu vers
tilgende Sklaverei unsers, chemischen Gesezen unterworfenen , Körpers beachte nur dieses : daß, troz Deiner
-
515
welterfüllenden Geistes-Macht ,
Du auch nicht entfern="
teste Sicherheit, daß in diesem Augenblik unferer Unterhaltung , ein selbst Mykroskop sich entziehendes Aederchen Deines Gehirns oder sonst edlen Organs zerreißt — und im Moment ,, Du ein Anderer bist."
Ich z. B. ers
kenne auch hierin anbetend ewige Güte des Vaters, weil es ein gar trefliches Mittel ,
den , alles Elend
herbeiführenden Hochmuts-Teufel , zu bannen ; freilich nur bei Erkennenden. Ueberdies aber trågt's als Sporn bei , unſers Geistes uns rasch zu erfreuen , als eines keinen Augenblik gesicherten Besizes.
2)
Deines niedern ( unwissenden ! ) Ich-Geist's
Leben , völlig abhängig vom chemischen Prozeß Deines Leibes ,
drum nur dieses Leibes Bedürfnissen nachfor-
schend.
3. B. hat dieser niedere Geist bald fort , was
dem Körper scheinbar angenehm und unangenehm ; mit anstrengendster Sorgfalt strebt er also dahin , dem Leibe Angenehmes zu bereiten , Unangenehmes zu entfernen. Nicht lange, und er ist zwiefacher Sklave : dem Leibe nach
an sich
ad
1.
und
überdies der
angewöhnten
gar üblen Launen dieses Leibes , der an sich scheinbar so Hize wie Frost scheuet , über Maaßen Bequemlichkeit, feine Weine, Lekkereien liebt , und so zu unselig machenden Lastern und Verbrechen verführt. Das Denken dieses Ich- Geist's verhart in unmittelbaren
Vorstellungen ;
Natur - Anbetung
deſſen
höchste Höhe , und was er nicht mit Hånden greifen fann -- „ist für ihn nicht da. ”
516
Du erkenst deutlich , daß durchaus derfelbe Ich= Geist in fast allen Tieren wirkt. Daher ist in der That, so lange Menschen in dies fem Tier- Stande verbleiben, recht eigentlich gar nichts daran gelegen , ob sie sich todtschlagen , ja selbst einan ! der auffreffen oder nicht ; denn ſie ſind ja in dieſem Zustande nichts , absolut nichts mehr als kriechendes Ges würm.
Wer aber möchte sich deshalb gråmen, wenn
Millionen Würmer sich selbst zertreten ?! Nebenbei ist auf diesem niedrigsten Grad des IchGeist's, auch kein eigentlicher Kampf; ewiges Einerlei tödtet Geist fast ganz , und er ſinkt zum Tierdienst hinab, worin des Paria's geringstes Aufstreben unerhört gråuliches Verbrechen.
3)
Bete an! Wir gelangen nåher und näher zum
,,göttlichen Menschen - Geist. "
Es
ist jener , sowohl
seinen Körper als seinen niedrigen Jch- Geist „ beobach„tende Geist. ”
Um
nun
diesen Einen ,
in
Dir
Sich Selbst zerspaltenden Ich-Geiſt nicht zu verwechseln,
nenne
niedrigen ,
nur Leibes - Bedürfnisse
ver-
forgenden : „ Instinkt,” andern beobachtenden, vorläufig blos Geist. Nicht lange, nachdem Du ihn als beobachtenden kenst ,
offenbart Er
sich Dir
prüfend ,
bald
drauf
,,beurteilend ; " und dies geht bei Einigen so zu , bei Anderen vielleicht anders. (?)
Dein Leib hat Deinen Instinkt etwa verleitet, von angenehm wohlschmekkendem Essen oder Trinken mehr als
517
nötig zu
nehmen , und muß drob leiden.
Einigemal
wiederholt erwacht jener Beobachter , und stelt in Dir folgende Ueberlegung
an :
„ Seltsam , daß es
Einiges
„zugleich Angenehme und Unangenehme gibt ; „ nem, „lich angenehm während des Genuſſes , unangenehm aber den Folgen. " Woher mag das kommen?
,,in
"" Solte man des Angenehmen zu viel genießen könNächstens vers ,,nen ? - Dem wäre ja abzuhelfen. „such's, dieselben Speiſen und Weine zu nehmen, aber „weniger von beiden." ― „ Sonderbar , es hat ges e „Das bemerk ." „holfen."
Nachdem Dein innerer Mensch so mehrmals des Angenehmen im Angenehmen gekostet, erhebt sich in Dir, ,,0 Wunder ! " eine zweite fragende Stimme : „Geist! belehr' mich über etwas mir ganz Unver„ständliches.
Deinen Rath hab' ich befolgt, und fühl' mich
„ dabei sehr behaglich.
Nun dünkt mich's aber, daß das
„was ich jezt treibe, von den Menschen als „ Tugend " Diese behaup „der Måßigkeit gepriesen werde. „ ten jedoch zugleich , Tugend sey ein schwer zu erwer,,bendes und lästiges Gut ; — da haben sie aber, was Må„Bigkeit betrift, offenbar Unrecht ; denn ich genieße ja jezt wiefach, was früher nur einfach. — Mehr ! der früher „einfache Genuß ward vergålt durch drauf folgende Be„schwerden, jezt genieße ich nicht nur jenes Angenehme „ohne Beschwerde , fondern , der Genuß des Angeneh,,men, jenen lokkenden Genuß mir versagen zu können , „ist
an sich bei weitem überwiegend jenem wirklichen
„Genuß ?!"
518 Des Geistes Antwort : „Folge nur ferner meinem Rath , noch viel Wun„derbareres wirst du erfahren.”
Und siehe, nicht lange , dritte Stimme in Dir :
und es erhebt sich eine
„ Du Thörigter! Du folgest blind jenem Verführer ; „fiehest du denn nicht , wie du seitdem von deinen Ges „ſpielen teils gemieden , teils verhöhnt wirst ? Sonder„ling heißest du schon , der etwas voraus vor Anderen „ zu seyn begehrt ,
fährst du so fort , nicht lange und
„Alle stehen feindlich dir gegenüber , welche Hofnung ,,dir,
der Menge
widerstehen
zu
können?
Drum
,,meide Jenen , er macht dich elend , folge mir , un„jålige Genüſſe ſichere ich dir zu.”
Der Kampf ist da , es gilt nun fechten ; Du bist zu schwankendem Schilfrohr worden, hin und hergezert von den zwei Stimmen ,,In Dir. " * Eine dritte erhebt sich, wieder Beobachtende, ſie flüstert: „ Dies ist der Kampf deines Willens." „Beachte Seltsamkeit , daß , welcher der Stimmen „bisher du folgteſt, diese sogleich mächtigere Gewalt über ,,dich übte , die andere verdrängend.
Daß dein Wohl-
„befinden bei diesem Kampfe gewonnen, ist nicht bemerk„bar, im Gegenteil , zeigt dein ganzes Wesen innere Zer„riffenheit ; demnach wirst du wohl thun für eine der „Beiden dich vest zu entscheiden.”
Du antwortest : „Das kann ich eben nicht, weil mir noch immer
-
519
„ nicht klar, welche mich mehr liebt , daher für mein „Bestes mehr als die andere Sorge trågt?” Jene: „Ei so laß uns achtsamer aufmerken , welche ,,größeren „ Eine
erst
verspricht ."
Vorteil geprüft ,
,,bachten; z. B.
laß
uns
" Wir
haben
nur
mehre Tugenden beo-
Wohltätigkeit ,
versuch'
es
einmal
,,da mit."
Du versuchst's, der lächelnde Teufel rührt sich nicht, auch bleibt's lange ohne alle Wirkung ; Dank der Empfånger rauscht vorüber, gleichgiltig Dich laffend.
Dein
Glük ” jedoch führt Begebenheiten herbei , bedeutende
دو Opfer fordernde .
Es
gilt Entſcheidung manchen · un-
entbehrlich scheinenden Bedürfniſſen zu entsagen .
Hu !
welch Getümmel in Deinem Innern ; der Teufel und - Der der Gott streiten furchtbar und lang ob Sieg. Beobachter trit vor : „Thu' es , nicht der Wohlthat wegen, sondern zu „Eine so trefliche Wer Recht hat." nheit „ Gelege komt dir leicht nicht wieder , hierüber
„erfahren
„Licht zu erhalten ."
Wiffe mein Lieber -- diese oder ähnliche Erfahrungen entscheiden
absolut
über
Dein
ganzes Leben.
Bringst Du solche Opfer willig mit Freuden, d. i. fühlst Du Dich dabei glüklich , und bereuest Du es schlechterdings nie, selbst dann nicht, wenn Du nicht nur nicht Dank, sondern Undank davon einårntst ;
und wenn Dir
aus diesem Opfer viel Leiden erwachsen , dennoch Dein seliges Bewußtseyn Al dies überwiegt , und fühlst Du
520 Dich bereit es troz All dieſem von Neuem zu bringenso wisse, der Gott hat gefiegt in Dir für immer; selbst dann auch , wenn dem Teufel es noch zuweilen gelingt Dich zu verführen - feine Haupt- Macht ist gebrochen, Du wirst Edle erreichen. Bereuest Du jene That ― fühlst Du keine Neigung sie noch einmal zu volbringen,
dann hat der Teufel gesiegt, der Gott
entweicht, wenig Hofnung bleibt für Deine Errettung. - Dies
mein
Lieber
ist
erschöpfender
Begrif der
" Gnade" *) Augustins ; bis diesen Tag noch von Niemand - schlechthin Niemand entdekt: „Ist's ursprügliche Gemüths - Anlage, - ift's ets „was von Außen Einwirkendes ?? Was mich bes *) Schon hatt' ich zehn Jahre Plato vielmal gelesen, und ehrlich geftanden nicht verstanden : ,, Tugend sey Berechnung da erhielt ich Belehrung , was kaum glaubs ,,der Luft" lich, von einem sech s jährigen Kinde. Im August 1816 gingent wir Eltern mit unserer 1818 verstorbenen Tochter Klara ſpazies ren. Ich hatte ihr einen Groſchen ſich Obft zu kaufen gegeben. Sie geht zur nächsten Obsthändlerin, wir bleiben von fern sie beobachtend. Schon reicht jene ihr Früchte, und schon wil das Kind diese nehmen , da gewahrt es eine Betlerin mit mehren in Lumpen gehülten Kindern. Einige Augenblikke befint es sichrasch eilt sie dann zur Betlerin , gibt ihr das Geld und komt zu uns. Natürlich thaten wir nicht, als hätten wir's bemerkt. Das schon als weijähriges durch Nachsinnen sich auszeichnende Kind aber geht lange stil neben uns ; drauf begint ſie : ,, Vater ! ,,Nicht wahr , das Obst war nun verzehrt , der Genuß nun alle daß ich aber den Groschen der Armen gab - das wird mir ,,noch lange gut schmekken. " Lefer! ich schẳme mich gar nicht der Thrånen, welche herber Schmerz des Verlust's folchen Kindes mir noch diese Stunde herauspreßt. Ich folt' ihr Lehrer ſeyn ? - Sie hat mich viels fach auch über andere sehr wichtige Dinge belehrt , worüber ich vielleicht ein andermal berichte. Sie ist Achtjährig viel, viel álter als Milliarden zu Sechszig Jahren dahin gewalt, woher noch Niemand Botschaft gebracht. O belehr mich: „ Wer hat diesem Kinde solche erhabene ,,Weisheit gelehrt ?!"
521
,,trift - ich gestehe Dir offen, mir hat sich's bis jezt „nicht erhelt, und dankbar empfånge ich hierüber 99 „Belehrung von ,, Wissenden. (Vergl. S. 73. 11. 75.)
C. schritten ;
Die Anleitung ist zu Ende, ja, schon weit übers denn siehe :
So
wenig
Du mich nun jes
mals überzeugen kanst, daß Du meiner Rede
auf-
merksam folgtest, und wenn - daß Du sie volkommen verstanden , selbst wenn Du Dich überzeugt glaubst, Du habest sie verstanden - eben so wenig rechne ich dars auf Dich völlig überzeugt zu haben. „Gibt's hierüber durchaus keinen poſitiven Beweis?” Ja! der negative ist hierbei der denkbar positiviſte nemlich, der negative, wenn auch Du Dich übers zeugt weißt, daß es Dir wie mir schlechterdings unmöglich, dessen jemals völlig gewiß zu werden , „ ob ,,wir uns Beide verstehen. "
„„ Dann gibt's
also keinen allgemein giltigen objek-
"" ,tiven Beweis ?" "
„Ja es gibt! Dieser Subjektive ist der denkbar „giltigste Objektive. ” ,,Der Metaphysik , d . i. der Wahrheit , d. i. des ,,Wiffens innersten Kern hast Du entweder durchdrun"gen, oder nicht ; Dieser ist: „Hilf Dir Selbst = uraltes : Erkenne Dich Selbst. " ,,So Du Dir nicht selbst zu helfen vermagst, erlernen wirst
Du's nimmermehr
von
irgend
einem
-
„Andern.
522
Denn Diefer vermag höchstens, wenn er so
„ offen sein Inneres Dir aufschließt , wie eben geschehen, „Dir zeigen , wie er zur Selbst- Erkentniß selbst gelangt „ist; - so gewiß er aber ein Anderer , eben so gewiß „hat oder wird sich Dir die Wahrheit auf eine verDarum wer,,schiedenere Weise ,, offenbaren.” „ den sicherlich Unwissende spotten über unscheinbare Aus,,beute
dreitausendjähriger
philosophischer
Forschung,
„in durchaus mehr nicht bestehend , als Anleitung und „Forderung an jedes menschliche Individuum : „ ,„ , Selbst zu denken ; d. i. Seine inneren Stimmen در وو ,,,,Selbst zu beobachten.' „Mögen diese Unwiſſenden
denn mehr noch über
,,das Bekentniß spotten : „ „ Daß diese , ihnen so unscheinbare, Ausbeute erha,,,,benstes Ziel der Menschheit ist ; „ „her leider sehr wahrscheinlich , „ „erforderlich seyn werden , „„Philosophie
sich
und
daß
ehe nur Mehrzal mit
Beschäftigender ,
dies „ „ als Ziel der Menschheit erkennen werden.” ”
D.
das
noch Jahrtausende
Ziel
Mögen jedoch Unwissende spotten , uns beseelt
innigstes Streben, nicht Unwiſſende zu bleiben , sondern Wissende zu werden.
Darum laß uns nochmals zu-
sammennehmen was unsere Untersuchung ergibt : Voraussezend der Mensch habe Ein einfaches Leben, offenbart sich bald, er habe Ein zwiefaches : Aeußeres und Inneres.
Bei näherer Forschung spaltet sich dies innere Leben wieder in Ein zwiefaches : Instinktartiges, Unwissendes ,
auch Tieren eigen ,
und rein Geistiges,
523
Wiſſendes- Leben.
Tiefer
eindringend ,
teilt Sich
wissende Leben abermals in Ein Dreifaches.
dies
Innerstes
Wesen dieses unsichtbaren rein geistigen Lebens, ist SelbstAnschauung ,
d. i.
Sein
eigenes Leben
beobachtend.
Nur in diesem Leben offenbart beobachtenden Geistern der eigentliche Menschen- Kampf Sich : ―― (Dieses von Philo zuerst deutlich erkante und ausgesprochene, drauf in's Christentum übergegangene ,, Drei - Ein - Le,,ben " bleibe
näherer
Entwiklung
vorbehalten. )
Uns
offenbart es sich als ursprünglich beobachtend, woraus aber sehr bald prüfender und beurteilender Geist Sich abſondert.
Faſſen
wir
jedoch
nen des Geistes in Eine sehr leicht,
diese Drei Funktio-
zuſammen , dann finden wir
daß „ Ueberlegung " alle Drei Funktios
nen erschöpfend bezeichnet ; „ denn , keine Ueberlegung ist „ ohne Anschauung, Prüfung und Urteil.”
Wunderbar aber teilt sich der Geist, wenn er diese Funktionen fleißig übt ,
von Neuem in Drei Teile.
Nemlich: „Jene Funktionen beziehen sich schlechterdings nur auf Natur-Erscheinungen, und damit in Verbindung stehende Handlungen das Ich,
oder was daſſelbe,
des persönlichen Individuums, worin der überlegende Geist von der Urgesezgebung gefesselt ist ; d. i. nachdem der Geist irgend ein Bild anschauet, prüft und beurteilt, ist
dies Bild noch
immer nicht Handlung geworden,
sondern jezt begint erst der Kampf, ob das Beurteilte thatsächlich in die Welt der Erscheinungen eintreten ſol, und auf welche Weise. neue „Gott
Dreiheit,
Dabei erst offenbart sich jene
allgemein
und Willen.”
angenommen ,
als
„ Teufel,
Daß der Teufel bei
gewöhns
524
lichen Geistern und befonders anfangs Obgewalt , ist leicht als unvermeidlich erkenbar , Verhältnissen , ihm jeder wird. Geist feit
da besonders in jezigen
mögliche Vorschub
geleistet
Dieser Teufel ist der Mir- , Mein- und Michd. i. Alles
auf Deine abgesonderte Persönlich
beziehende, Gegenwart
finlich zu
genießen hul-
digende, keine Zukunft glaubende , drum jede Berechnung verſchmåhende Geiſt = Natur. Diesem gegenüber steht der Gott, nicht aufhörend zu ermahnen ,
der Fessel jenes Lügen - Geist's Dich zu
entledigen , der Wahrheit nachzuforschen die Dich frei machen werde, nur dieser, und nicht einmal Ihm, dem Gotte, unbedingt zu glauben. Ist
nun Dein Gemüth für Wahrheits - Forſchung
empfänglich , dann neigt Dein Wille sich zur Stimme Gottes hin, aus mehren Gründen : a)
Vorzüglichster :
„deutlich , jede
„ weil
Satan ,
Dir
besonnene Ueberlegung zu
völlig
verhindern
„strebt, der Verwirrung sich freuet, feine Autorität gel„tend zu machen sucht, während der Gott im absoluten „Gegensaz auch entfernt „sondern nur
„ nicht Gehorsam fordert; "
darauf dringt,
daß Du jeden Deiner
„Entschlüsse zuvor reiflich Selbst überlegen , niemals „übereilt handeln, und nur Dir selbst gehorchen ſolst.” b)
weil
Dir
vielfache Erfahrung ,
,,Dein Wille für Gott entscheidet,
daß, so oft
Du Dich
innen
„fehr wohl fühlst, so oft aber Dein Wille für Satan „entscheidet, inneres Unbehagen Dich quålt.”
c) ,,weil, was der Gott auch zu Dir sprechen mag, „Du kein Bedenken findest, aller Welt offen mitzuteilen ;
525
,,was Satan , großes Bedenken , selbst Dir
deutlich
„ zu sagen."
Siehe mein Lieber , je mehr Du nur diesen wenis gen Säzen nachdenkst, sie erschöpfend durchdringst, desto mehr und mehr wird Dir Ueberzeugung bis zur höchſten Evidenz:
Folgtest Du und
Alle Menschen der
Satans-
,,Stimme , so ist nicht nur
durchaus keine Rede von
""Menschheit ,
nicht
bewahre !
Eines
Hauses
,,Bewohner können dann friedlich nebeneinander leben, „Alle , Alle müßten wieder in die Wälder hinein und „ju Menschen-Fressern werden.
Denn , während dieser
,,Satan Dir einzureden sucht : Du seyest ein von Dir „ganz allein abhängiger , und völlig selbstständiger Gott, „erkenst Du sein Lügen - Maul
auf einfach kindliche
" Weise :" „ Kein geringeres Bedürfniß gibt's , denn ein Glas ,,vol Brunnen - Wasser ; nicht wahr? Lieber ! forsche nur ,,mit Ernst und folgerichtig nach , so kann Dir abſolut „ nicht entgehen ,
daß 100000 , sage hundert tauſend
Menschen sich bemühen müssen , um Dir dies Glas zu verschaffen. Hundert tausend ? bez
,,Wasser
„ wahre, auch hundert Millionen kaum reichen dazu hin, „únd hundert Millionen Menschen-Leben kostete es , Dir ,,dies Eine reine , gesunde Glas Wasser zu verschaffen." „So ist's Bruder ! Du bist ohne Verhältniß unglüt,,seliger , denn elendeste Tiere - „wenn Du allein „ stehest. "
Als
richtig
Denkender kanst Du
daher
„ſchlechthin unmöglich solches elendeſte Leben fortzuleben
526
,,wünschen. ,,nicht
Darum kann Dir Ueberzeugung gar
ausbleiben :
Streng
genommen ,
bedürften
,,Menschen des Gottes gar nicht , auch der blos ges „sunde Verstand , d. i. nur
folgerichtiges
Denken ,
„ wåre volkommen zureichend , Menschheit unerschütz „terlich vest
zu gründen ,
durch
gewonnene Ueber :
„jeugung : „ daß die Menschen einander schlechterdings „nicht entbehren können ; "
und daß
daher
ein
„Staat aus lauter Mephistophelesse bestehend , ein „außer allem Verhältniß menschlicherer seyn würde, ,,als wie er jezt irgendwo zu finden ; ·- und daß also alles ,,bestehende Elend nicht Folge unterdrüfter Vernunft,,Bildung,
nein !
sondern
schon Folge unterdrüfter „Verstandes- Bildung iſt." Die leider noch so
"ganz allgemein vorherschende
völlige Verstandlosigkeit,
„ſich dokumentirend durch Abscheu vor „ Denken”, trågt „allein Schuld alles Elends ” ,,Drum ist nicht gering schon Deine Freude , wenn „es Dir gelingt , auch nur Verstandes-Bildung möglichst „zu verbreiten ; gewiß !
ist diese nur
erst gegründet,
„wird „ Vernunft" nicht ausbleiben. ”
So zu vollem Verständniß absoluter Dumheit Deines Satans gelangend phistopheles ;
denn
der kein Göthischer Me-
dieser , wahrlich
durchdringenden
Verstandes , håtte Faust nimmermehr, in einer Welt ihm ähnlich Verständiger , auf so verderbliche Wege zu bringen vermocht wird gang natürlich Dein Wille mehr und immer mehr zum Gotte hingezogen, unausbleiblich Dir evident klar wird :
indem
1
527 So Alle Menschen dem Rathe dieses Gottes ,,folgten, alsogleich wäre das Himmelreich gegründet ; ,,nicht menschliche Gebilde wallten dann hienieden mehr, ,,sondern Engel Gottes
durch Liebe untrenbar ewig
,,vereinigt." ,,Nicht lange diesen Gebanken verfolgend , und es 1 schwindet ehernes Band ,
mit welchem Natur Dich
freudig entsagst Du für immer Deinem
,,gefesselt
völlig
,,Willen , übergibst Dich völlig , „Gottes , - wiffend:
der Leitung
,,,, Er leitet nimmer, nimmer auf unrechte Wege. "" , „ Glüffeliger ! „
Du
,,,,lischen Vater ,
bist von
Ihm, Deinem
him-
obwohl unwürdig , durch Seine
دو„و دوAlbarmherzigkeit zum Standpunkt allein echter ,,,,Religion erhoben. "
E.
Dies stizzirt
des Wissens ,
-- mehr nicht! - Lehre
der Religion ,
der
mit welchem Ausdrukke Du es
Metaphysik ,
oder
benennen magst, am
Richtigsten :
"" Lehre heiligenden Geistes. " "
99.99 auch : „, „ Lehre geistigen Selbst- Lebens. Sie ist uralt; geschichtlich finden sich erste Spuren 1. B. Moses 14. 18. im Melchisedek : „ dem Priester „höchsten Gottes ", so wie Anklånge in absolut allen echt „philosophischen Systemen ," Formen
wie in allen Glaubens-
absolut Aller Völker.”
Fichte aber ist derjenige , der sie zuerst mit „evidentester Deutlichkeit systematisch entwikkelte."
Und
zwar,
aber
in
fast
allen
seinen
Schriften,
die
528
eben darum, wenig gelesen und vielweniger noch vers standen sind.
Aber die Nachwelt wird ganz zweifels-
frei Fichte anerkennen , „ als Schluß- und Ek- Stein des rein göttlichen Tempels der Menschheit. ” Seine Wissenschafts- Lehre ,
wie das gar nicht
anders seyn konte , als erste Entwiklung dieser erha= bensten Offenbarung , dunkel und schwierig scheinend, ist nichts Anderes , als Konſtruirung des : “ Sich- Selbst - Sezens des „ Ich.” D.i. gang daffelbe, was hier als „ Sich Selbst beobachtender prüfend ,
Geist"
ausgesprochen ist:
anschauend,
beurteilend = überlegend ." Die hieraus
ſich bildenden Stimmen , welche Du leicht bis in's Un • endliche vermehren kanft , immer höher steigend; Dein entscheidender Wille und über das Alles : ,,,,Dein darüber immer freischwebendes „ Selbstz ' ,,,,Bewußtseyn "
d. i.
daß
Du
dabei
weißt,
„ „ Du seyeft alles das Selbst, der also konstruirt, ,,,,und endlich wieder Selbst , der auch von diesem 12 „ „ Selbstwiſſen weiß. ” Siehe ! dies schlägt jeden denkbaren Zweifel völz lig nieder , durch evidenteste Ueberzeugung : ووووEs
fey Dir
„ „ Dèinem
schlechthin
unmöglich ,
aus diesem
„Ich - Selbst” jemals herauszukommen.
,,,,Daher sind absolut Alle Deine Urteile, magst Du „, „,ſie von Dir oder von Anderen aussagen, ,,,,nicht des Anderen Urteile - sondern Deine. ". ,,,Und darum endlich gibt's auf diesem Standpunkt „ „,ſchlechterdings gar keine äußere Welt, sondern nur
Eine
innere
Bilder Welt,"
indem
529
,,,,Dir
unbedingt
gewiß
ist :
Alles,
absolut
,,,,Alles Aeußere, ist nichts Anderes , denn Abbild „ „ deſſen , was auf Deinen innern Spiegel fålt , der allein es Dir zum Bewußtseyn zu bringen 1999 „ „ vermag.'
Gehest Du nun mit dieser erworbenen vollen-
F.
detsten Selbst-Erkentniß Deines Ich , an Urkunden-Beurteilung absolut Aller Völker, kurz , an Beurteilung absolut Aller Schriften , vom Begin der Geschichte bis diesen Tag , dann årgert Dich nicht wenig Deine frühere Dir von Anderen angebildete Verblendung ; denn Alles ist mit Einemmal hell und deutlich , was früher dunkel
und
verworren
schien.
Wo
irgend
vom
allein echten Gott Rede , nicht bist Du von Deis nem Leben überzeugter , als daß Alle Diese, von Ein und demselben Gott sprechen, Der in dieser Der in dieser Minute absolut Allen Menschen spricht -- aber sie hds
Minute auch zu Dir spricht zu
ren ihn nicht, vielweniger bemühen ſie ſich „ ihn vers „ſtehen zu lernen.”
Nun wird Dir auch deutlich seyn, daß S. 219 von Luther angefürte Stelle unverkenbar bezeugt : wie ganz nahe dieser herliche Mann bis zu absolut allerhöchster Erkentniß stånde:
vordrang ; denn
er sagt:
Ich bin der Herr Dein
bist im Himmel ! u. f. w .
„ So ich vers Gott !
und glaubte,
Der Du (heißt
bei
Luther, wie bei Allen, absolut Allen echten Denkern, [ 34 ]
530
vollendete
innere Anschauung
daß Gott, der Himmel erschaffen u. s. w. sey
des
und Erbe
Ich - Selb ft")
und
mein Vater ,
alle Kreatur
so schlösse
ich
bei mir gewiß : daß ich auch Herr Himmels und der Erde wäre."
Nun
auch
Dir volkommen
Schrift an sich,
sey
nicht
sondern „Du ”
sie urteilt,
deutlich ;
weil, da
es welche es sey , todt ist, der mit „ Selbſt-
bewußtseyn " sie verstehend „ Lesende. " *) Darum auch sagt schon Jesus Luc. 16. 31 .: „ So Ihr Euch nicht bemüht , Moſes und die Propheten zu verstehen ,
werdet Ihr
Niemand
verstehen, selbst
wenn er von den Todten auferſtünde.”
*) 2. Kor. 3. 6. „ Der Buchstab tödtet (ift tod) , der Geißt macht lebendig hat allein Leben ) ." Lefer! Dieser Eine Vers Gott Begeisterten-Apostels folgerichtig durchgedacht, ist allein volkommen zureichend Alle Schriften , selbst H. S. nicht aus; genommen, völlig überflüßig zu machen , was erschöpfende Erkents niß absoluter Wahrheit betrift. Heilig versichert kanst Du Dich halten , daß mit dem Tage , wo einst dieser Vers von Mehrzal der Bewohner Eines Staats volkommen verftanden wird - Eine, mit jeziger, schlechterdings unvergleichbare Mensch heit unmittelbar vest gegründet ist. Versteheft Du diesen Vers volkommen, dann bißt Du unter anderen veft überzeugt : ,,daß bis diesen Tag außer Fichte noch Niemand echte Ins ,,terpretation lehrte. " so wie : ,,daß es bis diesen Tag, ,,absolut Nirgends echte Gesezgebung gibt ; " weil Beides schlechthin unmöglich ohne vorausgegangene vols lendete ,,Selbst: Erkentniß. " Zugleich kann Dir unmöglich unberechenbar wichtige Folgen dieser Ueberzeugung entgeben ; denn , nichts Geringeres geht daraus mit absoluter Not: wendigkeit hervor, als eine völlig neue, d. h. eine der jezigen absolut entgegengesette Welt. Näheres vorbes halten.
531 Auch dazu gehört nur eine selbst Kindern leichte Ueberlegung :
دودوVerständniß war nie ,
noch wird
es jes
„ „ mals etwas Aeußeres seyn ; nur Dein inneres ,,,,Auge versteht, nicht Dein Aeußeres .
Verstes
,,,,hest Du also, dann hast Du nur durch Deinen in„ „ neren Verſtand verstanden, jede äußere Erscheinung ,,,,ist demnach nur Mittel, niemals Verstand Selbst. ,,,,Was
der Verstand
also ,
unmittelbar
aus Sich
„ , „ Selbst versteht, muß er notwendig viel leich= „„ter und zweifelsfreier verstehen ,
als absolut
„ „ Alles Aeußere , in welcher allein unendliche Man„,,,nigfaltigkeit herscht , welche Mannigfaltigkeit ,,,,den Geist verwirt. ""
„eben
Nun endlich Dir auch volkommen deutlich : daß ,,Geschichte
der Menschheit"
gar nichts Anderes ent
hålt, als : ,,,,Geschichte des Menschen- Geiſts" " ;
Oder was absolut daffelbe: „,,,Geschichte der Entwiklung des „Ich” ” ; Oder was wieder dasselbe : „„ Geschichte der Zurükziehung des Geiſtes , aus der „ „ unendlichen und darum verwirrenden Mannigfaltigkeit ,,,, der Erscheinungen , d. i. der Natur ,,,,Einheit
und
darum
„ ,,,Seines - Selbst. " "
vollendeter
zu
absoluter
Deutlichkeit
Schluß.
1. Nur gegebenes Versprechen mindestens zum Teil zu erfüllen , sen noch Einiges ,
an sich überflüssig , hingus
gefügt; denn , des Vorworts Aufgabe:
„ Vom Selbst-Wissen des Selbst- Wiſſens Sich zu „überzeugen ," ift ewig giltig völlig gelöst.
Theoretisch gibt's nur Eine Aufgabe noch : ,,Möglichst
vollendete
Darstellung
absoluter
„Selbst- Erkentniß." Diese Darstellung , Polemik möglichst vermeidend, höchst einfach verständlicher Sprache, nach Muster-Bildern J. S. Bach's , genau
auf der
ohne Ein überflüßiges Wort , jedes von
Vernunft
angewiesenen Stelle;
so, daß Darstellung an sich, vollendetes Kunstwerk, „nur dies ist noch Aufgabe für Alle „Wissende. ”
echt begeistert
533
Aehnlich J. S. Bach's Werken gearbeitet ift Forberung.
Diesen ähnlich , aber nicht erreichend, kenne
ich nur Drei :
„Spinoza's Ethik ;”
„Kants rein
theoretische Kritik ( nicht praktiſche) ;” „Fichte's Wifsenschaftslehre." Verständniß diefer ewigen Werke brachte mir „Bach."
Weil ich nemlich bis diesen Tag
nicht nur
ohne Unterricht, sondern auch ohne Eines Mannes Beistand,
schwieriges Verſtändniß
jener Werke er
leichternd, half mehrmaliges Lesen nicht nur sondern es blieb
auch
nichts,
eigentliche Frage theoretiſcher
Philosophie unbegriffen. In diesen Zweifeln lernte ich Bachsche Werke ten-
nen, bald fland Bild dieses Heros lebend und sprechend : „ Siehe! dieser originelle Gedanke beſchäftigt mich; 1 „ ich ftelle ihn hin , prüfe ihn von allen Seiten , ihn mir „ żu deutlichster Anschauung möglichst zu bringen.
Bei
„ dieser Arbeit kommen mir mancherlei Fragen , die ich „mir zu beantworten ſuche ; endlich auch : „läßt sich wohl ,,diefer Gedanke , mit Jenem und noch Mehren so ver„ binden ,
daß Grund - Gedanke überall deutlich ,
ohne
,,Jene , so wie Jene deutlich , ohne diesen nicht nur nicht „ ju bedekken , fondern auch, ohne Einheit und Anmuth ,,des Ganzen zu gefärden ?!” So ungefär spricht Bach, und völlig zweifelsfrei löst Er volkommen Alle Fragen ,
echt Studirenden
seiner Haupt-Werke, wodurch nebenbei unbedingte Uebers zeugung : „Daß Professuren an Allen Univerſitåten , Bachsche „Werke zu erklären, ohne Verhältniß bedeutender zu edler
534
Geistes - Bildung
wirkten ,
dls
zallose'' Auslegungen,
„alter , unwissender Schriftsteller , womit jezt noch über,,all edle Zeit getödtet wird.” ~
t
So ward mir durch Bach volständig deutlich : ,,was „ Spinoza, Kant und Fichte in jenën Werken ekſtrebt; ,,deutlich , daß auch sie " „möglichen Beziehungen
Einen Gedanken in allen wie Bach verfolgt , ; aber
„teils durch Mangel an Phantasie, teils von der größe„ren Schwierigkeit , sowohl des Gegenstandes an sich, „als
der
Works
gegen
Ton- Sprache
überwältigt,
„jenes Meisters Einfachheit , Leichtigkeit und Anmuth „nicht erreichten. ”
Einziger Gedanke , vom Begin der Geschichte bis diesen Tag , der Metaphysik, oder was daffelbe , theoretischer Philosophie, und was auch daffelbe, praktischer Philos sophie - weil Ein und derselbe Geist blos Sich zu orientiren, zwischen beiden Unterscheidung Sich Selbst bildet, die an sich in Wirklichkeit absolut nirgends , indem jede Theorie eben fo unmittelbar praktisch , wie absolut jede praktische Philosophie unmittelbar theoretisch ist — also „ Einziger Gesamt- Menschheit zum Grunde liegender Gedanke ist, -- mit absolut allerhöchster Allgemeinheit:" „ „ Selbst-Erkentniß des Geiſtes , zu völlig deutlichem „ „ Selbſt-Bewußtseyn desselben Geiſtes
in . Allen
„ „Menschen zu bringen.”
Dies gleichsam ein Bachsches Thema — oder Thes
535
fis, am Richtigsten burch Kant vestgegründete apriorische Synthesis ; auf leere Form des unterzulegenden 1 Worts komt dabei nichts an , echt Forschende, forschen immer nur dem Wesen nach also , wie dieses Thema darstellend bearbeitet werden sol,
darüber gibt Bach
treflichstes Muster-Bild: „ Grund-Gedanke
sol stets völlig deutlich mit ers
,,schöpfend , durchbringendem Verstand, doch einfach und „in jeder Beziehung mit überraschender Leichtigkeit „ausgearbeitet seyn.
Der Verfaſſer ſol mit nicht zu
„erschütternder Besonnenheit drüber schweben , ſeines „Gegenstandes überall volkommen mächtig , Schwierigkeit der Arbeit durch Kühnheit, heitern Wiz und durch „anmutige Bilder würzen; so , daß Schwierigkeit nur „Er kent, verständige Leser aber so willig folgen, „ als sey dabei
keine
Schwierigkeit zu
überwinden
,,gewesen. Ja! Ob nicht wünschenswert, solche Arbeit , in gebundener Rede
zu liefern , weil
dieser eigentümlich,
viel tiefer als Prosa in Gemüter einzudringen und in ihnen vestzuwurzeln , darüber mögen Andere entscheiden.
2. 鼎 Bild solcher Arbeit ,
ist mir långst gegenwärs
tig ; *) zu ihr durch mehrjährige Studien vorzubereiten,
*) Ungefäres Bild solchen Bildes liefert Bachs „ Passions: Weihe ;" nemlich erster Chor derfelben, sogleich eintretend mit zwei volstimmigen Chören und volftimmiger Begleitung ; plözlich schreitet dritter Chor dominirend ein , in einfach heiligem Choral innerftes Wesen des Geißtes ,,Religion" darbringend dem ,,ewiz gen Vater der Liebe" (reinftem Ideal). Hätte Bach mehr nicht
536
dann Verfuch zu wagen — ermahnte der Gott. · ✅(Jft's vielleicht auch somnambuliſcher Genius, des Sokrates, den der Große Philosoph so genau kent ? —). Da : flörte noch nicht begonnene Studien , orientaliſcher Gråul, wie Vorwort bezeugt.
Vorliegende Arbeit folte, wie dort
ausgesprochen , nur von Richtigkeit, meines, so ganz abweichenden Urteils dieser Angelegenheiten mich übers zeugen.
Bei erster Seite, auf etwa drei Druk-Bogen
berechnet , war bei lezter des Vorworts ſchon klar, kaum zwölfe würden deutliches Bild geben ; nach Entwiklung der Grundsäze aber , daß ich mir gleichsam eine unends liche Arbeit aufgebürdet. ohne
alle
Solche irgendwie zu beenden,
ganz unentbehrlich scheinende Vorbereitung,
nicht nur ohne allen Beistand , sondern bei Gegenstreben mir durch Liebe Verbundener — verursachte solchen Kampf, daß der Körper fast
unterlag ,
Nach
drei
Wochen , sechs Bogen geschrieben und gedrukt vor mir, lag ich dem Sterben scheinbar nahe.
Der Arzt keinen
Puls findend that bedenklich, ohne Ahnung, daß während er mich ohne Besinnung wähnte , ich ununterbrochen an diesem Werk arbeitete. Ich also erkennend, daß er vom Grund meines Unwohlseyns nichts wisse,
half mir
selbst durch Gewalt - Mittel , wider seinen Willen , nemz lich durch Fluß- Båder , bei spåter Jahrszeit , und nach zwei Wochen konte ich fortarbeiten . Jezt aber galt's Geschichte schreiben , die ich viel weniger noch als Philofophie , nach Vorschrift Fichte's,
als diesen Einen Chor geschaffen , Er stånde als unvergleichs barer Meister ; denn Geringer:Begabte erschrekken schon vor bloßer Kühnheit solcher „ Aufgabe."
537
gelesen.
Seltsam genug wiederholte sich das, in Feliciern
S. 441. Angegebene : „ So wie ich schreibe , öffenen sich gleichsam geheim gewesene innere Kammern , und wie gewisserweise Schrift-Sezer Typen aus Fächern nehmen, hab' ich dann nur nötig hineinzugreifen ; Stof ſtrömt in für viele Folianten
fo zureichendem Ueberfluß hervor,
daß Auswahl die Arbeit erschwert. " Indeß traf (S. 163. ) doch das Unangenehme , Laz fayette und Kosziusko über ihren , Robespierre dagegen nicht seinem unsterblichen Wert gemäß , zu würdigen. Zu einiger , wiewohl nicht genügender Entschuldigung dient: „ daß ich unmöglich solche offenbare Albernheiten der Geschicht- Schreiber dieser Periode vorausſezen konte, wie ich spåter fand .
Daß Robespierre Großen beizus sålen, schloß ich aus mehren Gründen , - daß er aber - wagte zu Sternen erster Größe der Menschheit gehöre ich freilich nicht apriori zu bestimmen.”
3. Daß durch berüchtigten Frieden zu Adrianopel orientalische Frage vorläufig entschieden sey, erfuhr ich aus mündlichen Gesprächen. Bemerkung ,
( Vergl. S. 123. mit
daß ich daselbst angegebene Resultate und
Schluß seitdem nicht angesehen , und hierin nicht mitteilen werde.)
Desto freudiger und unbefangener über-
ließ ich mich dieser Anschauung entehrender Begebenheiten zurükdrängenden Arbeit.
Zugleich interesserte sie
mich als gymnaſtiſche Uebung , Geschichte , ohne anderen Beistand als Gedächtniß , schreibend. Nach Sechs Wochen lagen wieder zwölf Bogen ge-
538 schrieben und gedrukt mir vor.
Allein
der Geist ist wil-
lig , Fleisch ist schwach, ” ich fühlte Erholung nötig und pausirte. Nichtsthun strengt mich jedoch mehr als Arz beit an , da kam glüklicher Gedanke , Geschichte franzőfischer Revolution nochmals bedächtig zu lesen.
Ich
las Pölik, Rotteck und Girtanner , die ich schon früher, aber nur oberflächlich gelesen ; drauf Mignet und Schloßfer zum Erstenmal ; » drauf zwei Zeitungen von den Jahren 1793 bis 1798.
Je mehr ich las , desto unbes
greiflicher wurden jene Geschichtscheiber.
So ward ich
gedrängt Auszüge zu sammeln , eine Arbeit, zu welcher ich bis diesen Tag noch bei nicht Einer der Schriften Spinoza's , Kants und Fichtes , viel weniger
irgend
eines andern Schriftstellers , außer den Evangelien und Episteln Paulus , gekommen bin; Studium folte ja erst beginnen. Binnen vier Wochen sammelte ich drauf zwischen zwölf- bis funfzehn-Hundert auffallendste Wiederſprüche jezt angesehener Schriftsteller, wie merkwürdigste Parlaments und Convents-Reden, und europäische Manifeste aus welchen sich eine reche . artige
dieser Periode ,
Geschichte derselben darstellen ließe , auch nach gewöhnlichen Begriffen ( S. 119 A. ).
Vom rein Philosophischen
wurde ich dadurch so abgezogen , daß ohne Drången des Buchdrukkers , der mit Recht auf Erfüllung des Vertrags bis zur Vollendung des Werks , ihm wöchentlich zwei Bogen Manuscript zu liefern , bestand , ich übrige Zeitungen bis zum Jahre 1815 durchgegangen, und meine Samlung um mehre Tausend erhöhet haben würde.
Da
ich jedoch zur Darstellung franzöſiſcher Revolution und
539
des
erhabenen Karakter Robespierre's
ber Aftenstüke
übergenug, fo gab ich 15. Januar dem Drukker nach, und began diesen " Abschnit zu liefern. Allein wider Goft # tåmpft der Mensch vergebens. Obwohl vest vorgenontmen streng geschichtlich zu bleibený, trat mir der Gott S1388 mit Beweis -Forderung ob , Behauptungen wegen Robespierre's entgegen -da fielen Schuppen von den Augen : ´ „ Gläuben sie Mosen und Propheten nicht, werden sie '„ auch "nicht glauben , wenn gleich einer von den : Tod,,ten erstünde; haben Jenë denn nicht eben so wie „ du,
alle
deine
gesammelte
Akten
gelesen ?
→→→
„Mehr ! sie führen ſie ja großen Teils selbst, besonders ,,Girtanner,
wörtlich
an;
lies doch
was dieser
- „ XV. B. S. 256. bis 267. sagt : A.
Man würde in Versuchung geraten zu glau
ben, daß das von Robespierre durchgesezte Dekret: Französische Nation glaube an die Existenz Eines höchften Wesens und an Unsterblichkeit der Seele" ein newer (?) Akt des Despotismus (?) gewesen , nicht erwiesen wåre :
wenn *
,,Daß Glaube an Ein höchstes Wesen und an unfterblichkeit der Seele" dem Gemüth Robespierre's tief eingeprägt , ja ſogar notwendig war.
Sein finflerer Haß gegen An. Cloots,
feine Unzufriedenheit mit dem Verfahren Chaumette`s, feine Mißbilligung des Epikuråismus (?) Danton's, alle diese und ähnliche Erscheinungen beweisen: ,,Daß Robespierre Atheismus verabscheuete. " „Bedrängte Lage worin ihn sein Rigorismus vers fezt hatte, trug gewiß nicht wenig bei , jenen´ Lehren
540
ber , Religion " in seinem Gemüth
eine Evidenz zu
geben , welche er auf seine Mitbürger überzutragen um so mehr wünschen mußte, weil er fie, fein Schiffal mochte sich löfen wie es wolte, dadurch allein von Redlichkeit seiner Absichten überzeugen konte." (!!) „Folgendes, Hauptſåze seiner hierüber
gehaltenen
Rede: B. „ Die moralische Welt , fagt Robespierre , erscheint noch weit mehr voll Widersprüchen und Räthfeln, als die physische.
Der Geiſt ſagt uns, der Mensch
fen zur „ Freiheit" geboren ,
Erfahrung aller Jahr-
hunderte aber beweißt , der Mensch ist Sklave ;
„feine
Nechte sind in feinem Gemüth, seine Herabwürdi,,gung aber ist in seiner Geschichte."
Kato's . Tugend
wird allgemein von denselben Menschen verehrt, welche fich unterm Joch Täſar's beugen. „ Nachwelt betet Tugend Brutus an - aber sie räumt ihr nur Stelle in alter Geschichte ein."
Geschichte ist vol von Lastern
und Tyrannei; Freiheit und Tugend haben sich kaum auf Augenblikke auf einigen Punkten des Erdkreises gez lagert.
Sparta ftralt wie ein Bliz in einer ewigen Nacht."
„Vernunft gleicht der Erdkugel, eine Hälfte ist verdunkelt, wenn andere erhelt ist.
Erstaunliche Fortschritte
haben Europa's Völker in sogenanten Künſten und Wissenschaften
gemacht
aber über erste
Begriffe
politischer Moral , sind sie noch in gröbster Unwissens heit; (Hört !) drum erkennen ſie ihre Rechte und Pflichten nicht." „ Woher dieſes Gemisch von Genie und Unwiſſen,,heit ?"
541
„„Daher, daß man, um Fortschritte in Künften " ju machen, nur seinen Leidenschaften zu folgen ,,,,braucht; aber seine Rechte zu verteidigen · und ,,,,Rechte Anderer zu ehren - man eben diefe ( Hørt !)
„,,,Leidenschaften unterdrükken muß." ." "
„Es gibt zwei Arten des Egoismus ; Einer vers ,,worfen und grausam , trent den Menschen von seines „gleichen
und
sucht
ausschließendes
Wohlseyn
„(Michheit, Mirheit) durch Elend Anderer erkauft; „Zweiter großmütig und
wohltätig ,
vermischt
unser Glük mit dem Glük Anderer, und knüpft unfern Ruhm an den des Vaterlands .
(Hört !) Ers
„sterer macht Unterdrükker und Despoten , Zweiter Vers „ teidiger der Menschheit. „sem heilsamen Antrieb." ,,Laster und Menschheit.
Tugend
Quelle
der Menschen.
Je
(Hört !) Folgen wir dies
(Hört !) bestimmen
Beider (?) liegt
das
Geschik der
in Leidenschaften
nach der Richtung welche seinen
Leidenschaften (?) gegeben wird :" „ Erhebt er sich
in den Himmel oder
kriecht
im
,,Rothe. „Zwek aller geselschaftlichen Einrichtungen ist , Leiz denschaft *) (?) zur Gerechtigkeit hinzuleiten , welche zugleich Deffentliches- und Privat-Glük bevestigt."
*) Uebersejer hätte wohl gethan Armuth französischer Sprache durch teutschen Reichtum zu heben ; denn schlechthin unmöglich hat ein Robespierre Durch ,,Passion" jur Gerechtigkeit ,,Leidenschaft" ausdrükken wollen, da zweifelsfrei Gerechtigkeit und Tugend übers haupt, in abſolutem Gegenſaz mit Leidenschaft. Gemüths-Richtung
542
„Einzige Grundlage a bürgerlicher „Moral.
Geselschaft
ist
(Hört !) Alle uns umgebenden Aſſociationen
„aber sind auf Laster gegründet ; daher gibt's jezt in den Augen der Wahrheit nur Horden ས་ von vers „feinerten Wilden und Räubern.” ,,,,Worauf läuft
(Hört, Hört!)
geheimnißvolle Wissenschaft
der
,,,,Politik und Gesezgebung hinaus ? Darauf: „ Eben - „ Gerechtigkeit" fo viel Gefchiklichkeit anzuwenden ,,,herschen zu lassen - als Regierungen bisher ange,,,,wendet, ungestraft ungerecht zu seyn. ""
(Hört !)
„Beherzigt stets das Wohl des Vaterlands und der ,,Menschheit.
Jede Einrichtung , jede Lehre, welche
„Seele erhebt und beruhigt, werde von Euch umfaßt ; ,,verwerfet jede, welche sie herabwürdigt und verschlech„tert.
Belebt
und
erhöhet
alle großmütigen Gefühle
,,und alle erhabenen Ideen - ,,die man hat vernichten ,,wollen" (durch Cloot's , Chaumette , Hebert, Danton, Sieyes, Tallien und Conſorten). „Führt durch der Tu„gend Band und durch Zauber freundschaftlicher Liebe „ Menschen zusammen, die man zu trennen ſich bemühete. „Was konte Dich bewegen , dem Volke anzukündi" Du , der Du leiden„ gen : „ Es sen keine Gottheit ? „schaftlich dieser troftlosen Lehre anhangst, aber nie Lei,,benschaft für das Vaterland zeigt." - Warum ist es ,,in Deinen Augen nüzlich , den Menschen zu bereden, „daß blinde Kraft walte , und nach Gutbefinden bald „Tugend bald Laster bestrafe? Haucht ihm etwa Gedanke ift's was Robespierre ausdrükken wolte ; denn Gemüth bezeichnet volkommen echtes Geistes-Vermögen : ,,Empfänglichkeit und dars aus hervorgehende rein geistige Thätigkeit."
543
,,feiner Vernichtung reinere und erhabenere Gefühle ein, ,,als der seiner Unsterblichkeit ? Gibt er ihm mehr Ach,,tung für seines Gleichen und für sich selbst? Mehr „ Hingebung für's Vaterland ? Mehr Kühnheit , der Ty= „ rannei zu trozen ? Mehr Verachtung des Todes und ,,der Wollust ?
Selbst wenn Existenz Gottes
und der
,,Seele Unsterblichkeit Träume, würden sie von allen „Konzeptionen des Geiſtes ſchönſte ſeyn.” „In Gesezgebers Augen ist Alles Wahrheit, „was gut ist."
„ Gedanke an Ein höchstes Wesen und
der Seele Unsterblichkeit
ist ewige Aufforderung zur
„Gerechtigkeit; er ist daher nicht nur social, sondern „ e ch t republikanisch. „Vereinigung
(Hört ! ) Meiſterſtük geſelſchaftlicher
wår's , Menſchen für
moralische Dinge
so schnellen Instinkt zu verschaffen , daß sie ohne Das „ zwiſchenkunft des Raiſonnements zur Volbringung des „Guten und zur Vermeidung „ würden."
Und
Einziges ,
des Bösen hingeriſſen was diesen
köstlichen
„Instinkt hervorbringt, ist — „ Religion.” (Hört, hört !) „Menschen zur Verehrung des höchsten Wesens zu„rükrufen, heißt :
„Fanatismus ” tödten.
Alle Erdich-
„tungen verschwinden vor Wahrheit ; alle Narheiten fallen „vor Vernunft." "Freiheit
der Gottes - Verehrung
werde geachtet,
„Triumpf der Vernunft zu verherlichen ; aber ſie ſtåre „öffentliche Ordnung nicht, werde nicht Mittel zu Ver„schwörungen." „ Ehrgeizige Priester ! hoffet nicht , daß wir Eure „Herschaft dulden werden „mit echter Religion gemein.
Priester haben nichts
544
„ „Priester sind für Möral, was™ Marktschreier für Heilkunde.
(Hört !)
Nichts gleicht Atheis-
„ „,mus mehr, als Priester - Religion. (Hört !) ,,Schönste Verehrung Gottes find tugendhafte Hand,,lungen ; Seine Feste , die Freude eines großen Volks, 2 ,,welches sich unter Seinen Augen versammelt, sanfte
دوBande der Bruderschaft enger zu knüpfen , und Ihm "" „ Huldigung reinster Gemüther darzubringen.' ,,,,Gebietet dem Sieg , aber stürzt vor allen Dingen „,„,kafter in's Nichts zurük.” „ Verderbt find die Feinde der Republik ; und der „Patriot ist nichts mehr , als ein rechtschaffener, „hochherziger Mensch , „Worts.
in
der
volsten Bedeutung
des
(Hört ! ) Vernichtung der Könige führt uns
„nicht zum Ziel , wenn wir dem Karakter franzöſiſchen ,,Volks nicht hochachtung der Völker zu verschaffen „verstehen.
Vergeblich würden wir Ruhm unserer
,,Waffen bis
an den Rand des Erdballs
ausdehnen,
,,wenn alle Leidenschaften ungestraft, Schooß des ,,Vaterlands zerreißen."
„Frieden und Wohlseyn durch „ Weisheit und Tugend in unsere Mitte zaubern , - ift
„ Endziel aller unserer Bemühungen , von uns übernom,,menes Heroisches Werk."
(Hört , hört !) „ Zu diesem
„Zwek schlagen wir vor u.s.w.: „Französisches Volk erkent als würdigste Verehrung ,,höchsten Wesens : a)
„,,,Ausübung der Menschen- Pflichten !!" " ·
b)
,,,,Zu diesen Pflichten rechnet es : Abscheu vor
„ „ Unredlichkeit und Tyrannei ; Bestrafung der Verråter „ „ und Tyrannen ( Hört ! War Robespierre Tyrann, fo
545
ermächtigte Er felbst, das Volk durch dies Sein Ges ſez, Ihm zu ermorden) ; //„ Unterſtåzung der Unglüklichen ; ,,,,Achtung gegen Schwache ;
Verreidigung der Unters
,,,,drükten ; Pflicht Anderen Gutes zu erzeugen, und 1339 " Begen Niemand ungerecht zu seyn. c)
Feste sollen veranstaltet werden :
#1,5',,Menschen an die Gottheit und an die Würde ihres „ „ Weſens zu erinnern !!" " (Hört , hårt !)'
1.
C. t Zu dieser Conv. - Siz . 7. Mai 94. gehaltenen
Rede
von der eben Abgeſchriebenes kein zureichen-
des Bild gewährt , und welche vorzüglich mit Robespierre's Meister - Rede v. 6. Februar 94. (Vergl. Girt. G. 118. bis 153. ) über Regierungs-Grundſäze zuſam» mengestelt werden muß, wenn man diesen Heros verstehen wil, dessen Reden , wie fast Alle Pariser Blåtter jener Zeit berichten , oft von Jubel und lautschluchzender Rührung unterbrochen wurden
macht
Girt. S. 257. folgende Bemerkung : # „In dieser falschen (?) Ansicht vom Leben (?) liegt Geheimniß (?) des Terrorismus
verborgen.
Der
Mensch ist nicht für solche Freiheit (Warum nicht?), sondern für Entwiklung seiner Kräfte
(?) vorhanden,
(verstehst Du das Lefer ? belehr mich , denn ich verstehe es nicht) ;
und jeder Gesezgeber , der dies nicht
durchschauet (so wie durch einen Trichter), verdrehet notwendig seine Beſtimmung : (?), und muß, wenn er Ausüber seiner eignen Geseze ist, eben notwendig ein Tyran werden. (Lieber Gott ! beschenke die Menschen mit recht [ 35 ]
546
viel solchen Tyrannen wie Robespierre.) Je tugendhafter er ist - Tugend im Sin der Stoiker - desto mehr geråth er in Gefahr (?) in Robespierre's Fußtapfen zu treten. (D wåre solche Gefahr nur recht nah' !) Es war keine Heuchelei
oder Pralerei ,
wenn diese
Wüteriche (?) sagten : „ Tugend ist an der Tagesordnung” (Das ist einzig Wahres in diefem ganzen Råsonnement; denn wo ein Robespierre wirkt, ist wirklich Tugend an der Tagesordnung) , „ihr großes Ver„brechen (?) bestand eben darin :" ,,,,Daß sie als Staaten - Gründer und Gesezgeber „ „ Tugend an Tagesordnung bringen wolten.” ” (Diesem Geschichtschreiber zufolge, haben Staaz ten - Gründer nur für Handel- und Gewerbe - Freiheit, für gutes
Rindfleisch und
feine Tücher
möglichst wohlfeiles Bier ,
und Leinewand u.s.w. u. s.w. ,
Sorge
zu tragen , um geistige Entwiklung aber sich nicht zu fümmern.)
Was aber sagt Schlosser zu jener merkwürdigen Rede Robespierre's ? S. 199.
Si la philosophie peut attacher
moralité à d'autres
bases (,,als
die
sa
der Religion" ),
gardons nous néanmoins de blesser cet instinct sacré et ce sentiment universel des peuples.
Quel est le * génie qui puisse en un instant remplacer par ses inventions
cette
grande
idée
protectrice de social et de toutes les vertus privées ?" 11
l'ordre
Drauf folgende Bemerkung : „ In diesem Ton ist „ die ganze Rede.
Ein schöner Gedanke , daß auch der
,,Teufel (?) Gott erkent, dem er flucht!"
(Selig wär'
547
der
gewaltige Geschichtschreiber zu preisen ,
wenn er
Erkentniß Gottes gleich Robespierre beſåße , nimmermehr håtte er dann solch albernes Zeug geschrieben , einen der erhabensten Geschichts-Helden Teufel zu nennen. )
Noch führt Girtanner
aus Rede des Ungeheuers
beim Feste des höchsten Wesens S. 277, an: ,,,,Zeigen wollen wir uns edel gegen
alle Guten ,
„, „ mitleidig gegen alle Unglüklichen , unerbittlich gegen ,,,,alle Bösen , gerecht gegen ganze Welt." " Ferner: „Verklärung glänzte in dem Antlig des Redners , er war trunken von Entzükkung. ” — , „ „ Hier ,,,,ist der Menschheit
anziehendster Teil"" „war seine
„ ganze Unterhaltung.” Zu diesem Feste und
dieser Rede Robespierre's,
macht Schlosser , S. 208. , folgende Bemerkung : „ Ros bespierre suchte Glauben an Gott in ſein Spiel (?) zu ziehen , that es aber auf ſo lächerliche und abgeſchmakte Weise, daß er sich
gerade hierdurch selbst stürzte.”
(Hört!) Schon das Dekret über Daseyn Gottes ( Existenz „ höchsten Wesens " ist absoluter Gegenſaz vom „ Daz seyn" Gottes , welches freilich bis jezt nur Wenige zu unterscheiden
verstehen)
war
lächerlich ,
(wer
also
Wesenheit Gottes glaubt ist lächerlich) , noch låcherlicher die Reihe von Festen , die man anordnen wolte, (Frohnleichnamsfeste ,
erscheinen Manchem
freis
lich als der Gottheit würdiger) ; die Art , wie Robespierre beim Feste höchsten Wesens erschien , stolz und kläglich, und seine Rede erbårmlich.”
548
Robespierre håtte freilich von Schlosser Unterricht nehmen sollen ; der würde ihn gelehrt haben, um wie viel vernünftiger , drum begeisternder katholischer PfaffenGottes-Dienst sey, denn aller finlichen Form möglichst erledigte Anbetung höchsten Wesens.
Nur schade , daß
übereinstimmende Berichte vieler Augenzeugen, außer allen Zweifel stellen : daß, seit Flaminius bei den Iſthmischen Spielen verkündete Freiheit Griechenlands (Vergl. Plutarch), Geschichte kein begeisternderes Volks - Fest überliefert, als dieses am 8. Juni 94. zu Paris gefeierte. ,,Man kann ohne Uebertreibung sagen , heißt es in diesen „ Berichten, daß gang Paris bei diesem Feſte versammelt ,,war.
Wo Robespierre vorbeiging , ward er mit Jubel-
„ ruf „ es lebe die Republik,” (nicht wie bei Pethion und „ Lafayette, wird bemerkt, deren Namen vormals gez „rufen wurden ; wichtig zu beachten), begrüßt.
Robes-
„ pierre zündete mit der Fakkel der Wahrheit ein Mo„nument, welches Fanatismus vorstelte ,
an ,
aus
„ deſſen Flamme die Bildſäule der Weisheit , mit der ,,Rechten gen Himmel weisend , hervortrat.
Diese Scene
,,war überaus feierlich , und brachte allgemein freudige „ Nührung hervor ; Robespierre hielt drauf eine zweite „ Rede, das Volk zur Religion und Tugend ermahnend. „ Drauf wurden höchst gemüthliche Hymnen an die Gott„ heit (S. Girt. S. 279. und Hamburger Correspon„ denten 1794. Nr. 100. ) von großen Chören , von Jung„frauen, Jünglingen, Müttern mit Säuglingen, Männern, „Greifen und Greifinnen gebildet, und von allen Pariſer ,,Musik - Chören
begleitet ,
gesungen ,
so
allgemeines
Entzükken verbreitend , daß beim Schluß , die versam-
549
„melten Hunderttausende , Privatgrol vergessend , sich mit ,,brüderlicher Eintracht und Liebe umarmten." ein abscheuliches Fest.
Nicht wahr
Girtanner beschließt das Tragiſche dieses Helden S. 322. „Argwöhnender Parteigeist hat seinen Karakter verunstaltet.
Ihm fehlten nicht Talente und Tugend , aber
Genie und Einsicht.
( Verstehe ich wieder nicht, wie
ein „ Solcher " neben ausgezeichneten Genie's der Gironde (Vergl. Schloffer.) an die Spize eines großen Staats zu kommen vermag ??) Irre geführt (?) durch falsche (?) Begriffe , wähnte (?) er Tugend zur Stifterin einer besfern Ordnung der Dinge erheben zu können.
Dieser
Jrtum (?) Quelle feiner Grausamkeiten , (ich finde nicht Eine von Ihm volbracht
bemerkt) ;
denn unwiders
sprechlich beweisen alle seine Handlungen und Reden : ,,,,daß er das Gute wolte. "" (Hört hört !) Unerbitliche Strenge und argwöhnische Eifersucht, womit er sein Ideal: „ Freiheit" bewachte erregten gegen ihn Verdacht , nach Diktatur zu streben ; allein fein ganzes Leben trägt Stempel der „ Uneigennůzigkeit,” (Hört!) und
diese unterscheidet ihn wesentlich von
allen Tyrannen , welche das menschliche Geschlecht verheert haben , und
3993 „ „ macht ihn zum Einzigen in seiner Gattung .' (Ja wohl , absolut so Einzig wie Moses.) ,,Seinen Grundsåzen blieb er auch dann noch ge„treu , wo sie ihn nur in's Verderben stürzen konten. „ (Hört hört!)
Verdient war sein Tod , (ja ! so wie
„der von Sokrates , Jeſus und Huß) ,
doch nicht Art
-
„ deſſelben.
550
Um seinem furchtbaren (?) Patriotismus zu
„entrinnen , beſchuldigte man ihn des Ehrgeizes ; und so „fiel er unter den Dolchen der Furcht , ” (ja , Furcht der Räuber und Mörder vor Strafe) , „ da er eigentlich ,,unter dem Schwert verlezter (?) Menschlichkeit (?) håtte ,,fallen sollen." (Siehest Du Leser , folgevestes Denken , läßt wieder keine Wahl : „ Entweder diese Schreiber oder ich, ſind ,,stokblind." Entscheidung Wer ? für Dich giltig - bleibt Dir überlaſſen .)
D.
Nun laß
uns
auch
beachten was Mignet
9. Kapitel sagt : „ Die Dekaden - Feste ordnete Robespierre : „ dem höchsten Wesen, der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Schamhaftigkeit, der Freundschaft, der Mås Bigkeit, der Treue, dem Ruhme, der Unsterblichkeit, dem Unglükke u. s. w . endlich allen moralischen und repus blikanischen Tugenden.” „Robespierre und St. Juſt hatten Plan zu sols cher Demokratie , zu deren Grundſåzen ſie ſich in allen ihren Reden bekanten, gegeben ; sie wolten Sitten, Geist und Gewohnheiten der Franzosen verändern.
Herschaft (?)
des Volks, Beamte ohne Hochmuth, Bürger ohne Laster, Brüderliche Eintracht , Cultur der Tugend , Sitten - Einfalt, Karakter-Strenge ; ― All dies suchten sie zu gründen.
Freiheit und Gleichheit in Rüksicht der Regierung ;
Unteilbarkeit der Republik ; öffentliches Wohl in Rüksicht ihrer Verteidigung und Erhaltung ; Hauptgrundſaz Tugend ; Gegenstand der Verehrung Ein höchstes Wesen ; Rechtschaffenheit im Betragen ; gesunde Vernunft bei
551
-
Verstandesberechnungen ; Bescheidenheit in ihren Handlungen, die sie zum Wohl des Staats und nicht zu ihDieses waren Symrem Privat-Besten volbringen.
bole ihrer Republik." Zu dieser Darstellung fügt Mignet unmittelbar hinzu : ,,,, Kann Fanatismus weiter gehen ?! " "
Mignet's Karakter - Schilderung
St. Just's lautet
also : „ Er hatte ein regelmäßiges , mit derben Zügen bezeichnetes Gesicht, darin viel Ausdruk und eine gewisse Melancholie; scharfes Haare.
vestes Auge , schwarze , schlichte
Sein Auftreten kalt, wenn gleich sein Geist von
Feuer verzehrt wurde.
Einfach in Manieren , strenger
Lebensart, reich an Sentenzen ; eilte er ohne Zaudern der Vollendung seines Systems zu.
Kaum 25 Jahre
alt, zeigt er sich als kühnster der Decemviren , (?) weil er unter ihnen (?) entschiedenste Ueberzeugung . fer für Republik, war er
Vol Ei-
unermüdlich in den Aus-
schüssen, unerschrokken bei seinen Gesandschaften zu den Armeen, wo er Beiſpiel des Muths gab , indem er zugleich Mårsche
und
Gefahren
der Soldaten
teilte."
(Hört!) „ Seine Vorliebe für die Menge konte ihn nicht vermögen, ihren Leidenschaften zu schmeicheln."
(Beilâu-
fig ist nicht Ein Beispiel bekant , wo dies Robespierre gethan; im Gegenteil erhielt auch er sich stets in Respekt, trat ihm aufgedrungene rote Jakobiner-Müze in öffentlicher Sizung bei den Jakobinern mit Füßen, während weder Ludwig XVI., noch Dumourier, noch selbst Pichegru es wagten , sie von ihren Köpfen zu nehmen.
552
--
Seine Reden stets vol Philosophie, durchaus keine VolksReden, konte die Menge völlig zweifelsfrei nicht versteben, nichtsdestoweniger lenkte er das Volk wie ein guter Hirt eine Heerde Schaafe ? Möchten die gewaltigen Geschichtschreiber dieser Periode, dies in Geschichte schlechterdings beispiellose Wunder doch erklåren ! Sie können nicht, weil es ohne Glauben an die Macht des Geiſtes unmöglich. Karakter- Größe vollendeten „ Mannes" übte diese das Volk wußte , daß er es liebe , Zauber-Macht Doch
und darum verehrten sie ihn einem Gott gleich. zu Mignet zurük.)
"" Weit
entfernt , wie Hebert
Consorten ihre Gebräuche und Sprache wolte St. Just bei ihr
und
anzunehmen,
( der Menge) eine gewiſſe Ge-
wandheit, Ernst und Würde hervorrufen.
Seine Poli-
tik machte ihn jedoch noch furchtbarer , als seine populåren Glaubenslehren.
Er besaß viel Kühnheit, Kalt-
blütigkeit, Geistesgegenwart und Entschlossenheit.
Schien
ihm Sieg, Aechtung , Diktatur notwendig , so trug er augenbliklich drauf an.
Verschieden von Robespierre,
war er ganz zum Handeln gemacht.
St. Just fühlte
sich von Robespierre angezogen, vermöge deſſen Ruf der Unbestechlichkeit, strenger Lebensart ,
und Uebereinſtim-
mung ihrer Ideen."
Nun auch was dieser St. Just , früher „ Marquis son Fontevielle ” schon im August 1790 an Robespierre schreibt: „Gegen den Strom des Despotismus und der Kas bale halten Sie das wankende Vaterland aufrecht ; wie die Gottheit lerne ich Sie durch Wunder kennen.
Ich
553-
wende mich also an Sie mit der Bitte, meinen unglüklichen Geburtsort mit mir zu retten.
Unterstüzen Sie
mit Ihrem Talent die Addresse ,,,,, worin ich die ,,,,Vereinigung
meines Erbteils mit den Na-
,,,,tional-Domånen verlange” ” (Hört !) ; denn nur da= durch kann mein Geburtsort in dem Besiz eines Privilegiums bleiben, ohne welches es vom Hunger aufgeries ben werden müß.
Ich kenne Sie nicht, aber Sie sind
ein großer Mann !" "," Sie sind
nicht
der
Abgeordnete Einer Pro-
„ „ ving , ſondern der Deputirte der Menschheit und der ,,,,Republik. " "
E.
(S. Girt. 15. B. S. 327.)
Nicht wahr Leser , abscheuliche Menschen dieser
St. Just und Robespierre. Indeß laß uns auch hören was Schlosser, der Robespierre zumeist Herabwürdigende
S. 196 sagt :
„ Das von St. Just aufgestelte Princip wird jeder „billigen, ” (Hört !) der über Ursache der Entartung der Völker und einzelner Menschen nachgedacht hat ; je mehr er aber das Princip selbst als
wahr (Hört!)
erkent , desto unvernünftiger wird er es finden , durch Las fter und Verbrechen (wer hat davon gesprochen , doch nicht Robespierre und Just?
oder
begangen ?
warum
zeigt denn Schloſſer nicht Ein Laſter dieser nach ?) eis nen Urzustand (?) zurükfüren zu wollen , der am Ende blos Ideal ist ! (Hört ! blos Ideal - freilich Gez genwart ist prosaisch genug , besonders durch solche Geschicht-Schreiber.)
Man würde Vorteile des Urzustandes
nicht erreichen (durch Laſter freilich nicht ,
aber durch
554
Tugenden
eines Robespierre's
und St. Just's !) ,
und
Gewin der milden Civilisation (?) mit Tugend (?) der Konvenienz verlieren." (Keinen sicherern Beweis gibts, daß in Europa echte Civilisation und echte Tugend, im Allgemeinen , noch völlig unerkant find , als den, daß angegebene Schriftsteller , als Geschichtschreiber gelten.) Eben Abgeschriebenes ist übrigens Anmerkung Schlof= ſer's zu folgender Text- Stelle : „ Wenn bei Cloot's Unsin, Hebert's Frevel, Chaumette's ſchåndlichem Unfug , (dieſe Drei
innigste Verehrer Dantons ) , Robespierre ,
der
seine Grundsäze in diesen Tagen klar aussprach (gar nicht üble , wie Nachwelt entscheiden wird , eben von Mignet und Girtanner zum Teil angegeben), ſeine Tugend verhüllen mußte, (alſo besaß Robespierre doch Tus gend ?) ; wenn St. Juſt ſeinem Montesquieu und Rouſſeau (nicht wahr , erbårmliche Muſter) dabei ungetreu ward u. s. w., so mußte dagegen Danton,
der den Unsin
der „Seinigen” völlig durchſchauete (?), den Jakobinern zu Gefallen Robespierre's tion" (??) mitmachen."
Sturm "
auf
„ Civiliſa-
(Wann dieser Sturm gesche-
hen, wird mit großer Weisheit verſchwiegen.) Nun folgt Schlosser's
Anmerkung
über Danton.
,,Wie bestimt der wußte, (?) was er wolte, wie rich„tig er die republikaniſchen und atheiſtiſchen Gaukelspiele „ aller Art würdigte , wie
sehr er Menschen (?) kante
,,und also verachtete , (hört !) zeigt er in der Rede , in ,,welcher er Cloot's und andere Narren seiner Partei ,,aufgibt."
555 Weißt Du wer dieser von Schlosser hochverehrte Danton ist? ,,,,Einer der infamsten Mörder
und Räuber
der
„ „ gräulichsten Schrekkenszeit dieser Periode.” ” Ein Mensch der von Allen Parteien Bestechungen annahm, zu dessen Liederlichkeiten aber alle diese Millionen
nicht
ausreichten.
Ein Mensch der
Alle Tage
Edelstes (Zeit !) was der Mensch an äußerem Gute besizt in
Geselschaft
öffentlicher
H ....
tödtete ,
der
aus
purer geiler Lust Tausende morden ließ, der absolute Häupter und erste Anfänger des Blutbades , welches diese Periode schåndet.
Sich'st Du, solches absolute Vieh, als Genie preisen - das nennen jezige Menschen Geschichte schreiben.
F.
Zu diesen angefürten Stellen beachte , daß alle
diese sogenanten Geschichtschreiber, Wahrheit doch nicht so völlig zu verleugnen vermögen, nicht anzugeben , daß Robespierre
mehrmals
die 73 im Gefängniß fizenden
Girondisten , darunter Louvet , der ihn (Robespierre) mehrmals förmlich im Convente nach Diktatur zu stres ben *) angeklagt , mithin eines Verbrechens , worauf da
*) Schon 1792 , wo Robespierre noch sehr wenig Gelegenheit ges habt sich bemerkbar zu machen , zittert Gironde , welche nach Schloffers Urteil , eine Gallerie ausgezeichnet talentvoller Månner , Roland , Pethion , Brissot , Condorcet , Buzot , Barbaroux, Lanjuinais , Louvet, Isnard , Vergniaud , Gensonnet , Guader u. M. als Häupter , und die zugleich im Convente zweifelsfreie Majorität der Stimmen , vor einem unbekanten talentlosen Advokaten, einen solchen der Diktatur zuzuftreben, anklagend ? Und von solcher Majorität wird ein unwissender und zugleich
556
mals
unmittelbar
Guillotiniren
erfolgte
alſo
seine persönlichen Feinde- mit Gefahr seines Lebens, gegen Andringen Hebert's
und Conforten verteidigt,
welche mehremale auf Hinrichtung derfelben drängen. „ Conv.-Sizung 3. Oktober 1793. , bald nachdem (29. „ Auguſt) Toulon mit 33 Linien- Schiffen und unſchäzbåren „ Marine-Vorråten , durch royalistische Verräterei in
gefürchteter Robespierre aus 750 Convents Mitgliedern , unter Regierungs-Ausschuß, nur aus 25 Mitgliedern bestehend, gewählt ? Und Schlosser - einen sehr unbedeutenden Auszug meister hafter Verteidigungs- Rede Robespierre's im Originial mitteilend, deren wesentlicher Inhalt : „ Jede vorschreitende Bildung menschlicher Verhältnisse , sey an sich schlechthin notwendig ungefezlich" fagt S. 142. felbft : „ Wenn man dies (von Robespierre Angeführte) näher überlegt, so wird man, wenn auch mit Schauder , gestehen müſſen , daß es Kriſen gibt, wo die Moral (?) vertagt und verhült werden muß ?!” Lefer! Oft hat bei dieser Arbeit sich Gedanke mir aufges drångt: ,,Da kaum glaublich , daß gelehrte Männer auf jeder Seite ihrer Schriften , Kindern in die Augen ſpringende Widers sprüche stellen , ohne sie selbst zu finden – fie dieſe wohl vors såzlich hingestelt, um Leser desto mehr anzuspornen, in den Geißt jener merkwürdigften Geschichts-Periode selbst einzudringen ! ?” Ift dies wirklich der Sin jener offenbaren Widersprüche, dann find sie zwar auch nicht lobenswert, als schlechte Mittel zu gutem Swek, indeß würde ich in diesem Fall doch willig, ja mit Freude alle hierin gebrauchten Hårten gegen jene Schriften zurükz nehmen , weil dieſer verkehrte Urteile dann nur formell und nicht wesentlich. Nebenbei sey dieses noch hinzugefügt. Selbst wenn in Schriften ausgesprochene verkehrte Urteile nicht blos formell , ſondern wesentlich Geist entehrend sind , trift harter Tadel , mit welchem diese angegriffen werden müſſen, ein für alle Mal dochimmer nu r diese Schriften ſelbſt, und schlechthin niemals Persönlichz keit der Verfasser. Diese Unterscheidung bei polemischen Schrife ten , wird noch von ſehr Wenigen anerkant , welche hierdurch in persönliche Beleidigungen ausarten ; und doch ist leicht erkenbar, daß jemand ein sehr erbärmlicher Schriftsteller, und deffenunges achtet ein recht braver Bürger seyn kann.
-
557
„Englands Hånde gefallen , Bürgerkrieg durch fast ganz „Frankreich wütet , Rettung des Reichs noch kaum zu hoffen ist; an diesem Tage , wo der Bemühung Ros
„ bespierre's für ihre Rettung entgegen, die Königin auf „Billaud- Varenne's (vormaligen Barons ) Vorschlag, ,,dem Revolutions- Gericht übergeben wird , mit ihr, der Girondisten , 54 ders selben aber zum Gefängniß verurteilt werden, - dringt
"Brissot und 48 Häupter
„Spize der Berg - Partei ( Cordelliers , Dantons An„hånger !) auch diese 54 dem Gerichte , d h. der Guillo,,tine zu überliefern.
Nicht Einer wagt dagegen zu
"sprechen -nur Robespierre ist nicht zu erschüttern :” ,,,,Der Convent muß gegen diese Mitglieder nicht ,,,,seine ganze Strenge gebrauchen.
Mehre derselben sind 9999 „,,,blos irre geleitet und verführt.' 1 ( Allgemeines heftiges Murren. )
„ Robes-
pierre, der gråuliche Bluthund , fährt fort :" ,,,,Seit drei Jahren verfolge ich unter den Dolchen „ „ von Meuchelmördern die Verschwörer gegen das Va„,,,terland.
O Volk ! ich bin einer
,,,,Freunde.
Mein jeziges Betragen selbst muß es Dir
Deiner
eifrigsten
„ „ beweiſen , indem ich etwas vorschlage was Dir miß9329 „„fält, was ich aber für gut erkenne." „Bei diesen Worten entsteht allgemeines Beifal„ Klatschen — „ die 54 sind gerettet."
Erkenne in diesem Auftrit Zauber-Macht des Edlen, der, auf rechtschaffenen Wandel gestüzt , kühn , grenzenloser Rache-Wuth aufgereizten Pariser Pöbels entgegentrit und sie zåmt.
558 G.
So beschwör ich
Dich denn bei Allem was
Menschen jemals als heilig verehrt, sag' :
,,,,Woher „, „ Mordgier ? !” ”
Edlen
diesem ----
der
Ruf gräulicher
Nur Ein Lebas und fein jungerer Bruder fordern 27. Juli 94. freiwillig mit dem Edlen zu sterben, aber selbst der Maler David , noch 26. Juli versichernd : Ich trinke den Gift - Becher mit Dir !!" verräth ihn bei einbrechender Gefahr ? einen Carrier jedoch, eines der gråulichsten Ungeheuer welches Geschichte kent, vor Anklage zu schůzen , stürzt sich wenige Monate nachher Meiftzal Mörder
des
Convents
Robespierre's
und in
darunter Mehrzal
der
dringende Lebens - Gefahr ?
und felbst Carnot bemüht sich , die Ungeheuer Varenne's , Barrêre und Herbois , mit Lebens- Gefahr zu retten ?!
Lefer! Ohne vollendete
Selbst- Erkentniß Deines
„Ich" ist's Dir ſchlechthin unmöglich dies wunderbarſte Phänomen zu erklären. niß
nicht nur
Und doch ist diese Selbst- Erkent-
kinderleicht zu erwerben ,
sondern auch
schon in uralter Zeit geschichtlich anerkant gewesen ; denn siehe , Plutarch schon érzålt vom Aristides : Als er zum Rentmeister ernant , gar bald Betrůgereien der früheren ,
darunter Themistokles , aufdekte,
brachte dieser es dahin , daß er (Aristides) bei Abgabe feines Amts : „ ob Unterschlagung von Staats - Geldern zu einer Geld- Strafe verurteilt wurde."
Allein - als
noch größeres höchst selten vorkommendes Wunder zu beachten
es nahmen sich des Aristides, Redlichste un-
-
559
ter den Vornehmen an , so wurde ihm nicht nur Strafe erlaſſen, ſondern er von Neuem zum Schäzmeister ernant. ” Hierauf stelte sich Aristides als bereue er frühere. Strenge, und ließ Dieben gewähren.
Diese erhoben:
ihn daher über Maßen , und drangen beim Volke auf dessen abermalige Ernennung.
Aristides aber hält fol
gende Rede: ,,Voriges Jahr verwaltete ich Euer Eigentum mit „ Treue , und wurde als Betrüger verurteilt; dies Jahr ,,aber werde ich für allerbesten Bürger erklärt, während ,,ich Dieben Eure Güter preis gab ?!" - Ich schẳme ,,mich daher vielmehr dieser Ehre, als ich mich meiner „ Verurteilung geschämt.
Euch aber bedaure ich, daß
,,man sich Eure Liebe weit eher erwerben kann , wenn ,,man solchen Räubern Alles
preis gibt,
als wenn
„man für Euer allgemeines Beste Sorge trägt.” „ Nun 意 wies er alle Betrügereien nach , welche er den ihn Lobpreisenden hatte durchgehen lassen, erwarb sich zwar dafür Ruf des „ Gerechten," aber auch alle Bösen zu Feinden , welchen nun leicht gelang , Eifersucht aller Halblinge (zu Allen Zeiten von 10000, 9999 mindes stens) zu erregen : „ Von so viel Tausenden werde nur dieser Eine „ Gerechte" genant," und es schrieb bald nachher Aristides jenem Bauern seinen eigenen Namen auf den Scherben zu eigener Verbannung auf.” Ohne Verhältniß
weiser jedoch sind jene barz
barischen Athener als Schlosser's civilisirte Franzosen ; denn jene verbannen nur den ,
der bald darauf bei
dringender Gefahr Athens gegen Xerxes zurükgerufen, seinem persönlichen Feind Themistokles , Sich nicht
560
nur unterordnet, ſondern ihn durch Rath und That zum Hort Griechenlands erhebt, ihm Ruhm erfechtend , wáhrend er ,
Aristides ,
ganz zweifelsfrei ,
der eigentliche
wahre Erretter Griechenlands ist , mithin der eigents . liche Gründer Griechischer, d . i. Europäischer GeistesBildung.
Ihm Ariſtides , verdanken wir also recht eigentlich Geistes- Macht des Sokrates , Plato, - mithin
Geistes - Macht
allein
echten
Ehristentums ; „ drum
bleibt Aristides Name verherlicht für und für. " Sogenant civilisirte Franzosen aber , ermorden ihre Licht- Engel Robespierre und St. Juſt , ſo ſich ſelbſt Erretter raubend ,
die allein sie vor Napoleon's Bar-
barei schůzen mochten ; Verderben.
drum fallen
sie in verdientes
Weißt Du nun was Robespierre Mörder erwekt? ,,,,Der Ihm
allein zugeteilte Name des Unbe-
Stechlichen." Lies Manifest
der Mörder
Verteidigung dieses Mordes ; beim Convent
v . 28. Juli 94 ,
lies Mehrzal der
eingegangenen Adressen ,
ob
darob
und beſonders
merkwürdig die der Armeen , obwohl Robespierre nie als Deputirter bei Einer derselben war, wie fast Alle übrigen Convents - Mitglieder, in fast Allen dieselbe Verehrung des Mannes :
„ „ Daß es aber der Freiheit (?) gefährlich sey, wenn ,,,,Einer durch Tugend vorleuchte.""
Seine Collegen im Convent wie besonders im Wohlfarts-Ausschuß , eifersüchtig auf Ruhm und Macht des
561
Edlen , nachdem Er das Vaterland gerettet und gegen Eroberungen geftimt bleibt, (beachte dies ,
als tiefsten
Aufschluß gebend , sowohl über seinen erhabenen Kas rakter überhaupt , wie besonders über völlig unzweideutis ges Zeugniß
seiner durch
Erkentniß allein
echter
und
durch
gedrungenen
Staats- Bildung) ,
finden
" leichter Ihn zu morden , als Sich zu Seiner Tugend hinauf zu bilden daher verbreiten sie nicht nur unter's Volk den Namen „ Piſiſtratus ,”
sondern,
nachdem sie ihn durch ununterbrochene Kränkungen schon sechs Wochen vor seiner Ermordung aus ihren Sigungen verdrångt , håufen sie unter seinem Namen Hinrichtungen auf's Gräulichste.
Nicht früher wagen diese feig=
schleichende mörderische Kazen Hand anzulegen an den von keiner Wache geschüzten Bürger , der ohne jemals kriegerischen Posten zu bekleiden , zum Haupt-Pfeiler der Republik
Sich erhoben ,
bis sie durch Ermordung --
von vieltausend Bürgern sich zu ihm Bahn gebrochen. So fiel Robespierre , und mit ihm Freiheit Frankreich's und Europa's , vielleicht auf Jahrtausende.
H.
Noch bestimtere Aufklärung über Phänomen all-
gemeiner Verabscheuung Robespierre's, gibt Rede Carnots, Conv. Siz. 22. September 94. (Beiläufig ist nur einen Tag zuvor Leiche infamen Marats vom Conv. feierlichst zum Pantheon begleitet.) : „ Håtten wir Grundfåze ( !!) des „infamen Robespierre befolgt , so håtten wir freilich " ,,mit den Garnisonen dieser Vestungen anders verfahren ,,müſſen." durch
(Er berichtet nemlich über Einname
Kapitulation
übergegangener
mehrer
Vestungen,
[ 36 ]
562
-
welchen nach bestehenden Gesezen keine bewilligt wers den durfte. ) „ Denn, als Einname von Nieuport gemeldet „wurde , fragte Robespierre : „ Ob die Garniſon zuſam„mengehauen worden.” Es ward ihm geantwortet : Man „habe Emigranten getödtet , aber nicht übrige Garniſon, „ weil man sonst håtte Sturm laufen müſſen , der 6000 „Menschen
kosten_konte.”
Robespierre
erwiderte :
,,,,Nun ! Was ist an 6000 Menschen gelegen , wenn es „ „darauf ankomt, „ Grundsäze” zu behaupten." "
Nicht wahr, Du ſchauderst vor demUngeheuer, de m 6000 Menschen Nichts , wenn es Grundſåze gilt ? Ich bitte , an Diogenes Dich zu erinnern , d.i. ruhig zu überlegen , und nicht leidenschaftlich zu stürmen ; durch unsere Unterhaltung
werden
nicht alsogleich
Menschen geschlachtet werden ; laß uns daher mit möglichster Ruhe , als eine uns zu lösen geftelte Aufgabe, betrachten: Wer doch hat „Recht, " oder Carnot?"
Robespierre
Davon wollen wir völlig absehen , daß Carnot, eben so wie alle seine übrigen Collegen , wenige Monat zuvor , hündischer Speichellekker Robespierre's ; ferner, daß gegen den ganzen ehemaligen Wohlfarts - Ausschuß, Erbitterung fast ganz Frankreichs ,
angefacht
durch
Sieyes, Tallien, Freron und Conforten in lauten Gährungen sich äußert ; Carnot, eben so wie Carrier , Collot, Barrere , Varennes und Conforten , auf Liste, der von - daß dem Lecointre als Bluthunde Bezeichneten, steht nach Carnot eben so , wie seine Mit - Angeklagten um
-
563
-
Sich zu retten , alle begangene Verbrechen Robespierre aufbürdet , deſſen durch Guillotine apodiktisch vorgebeugte Verteidigung weder Carnot noch Uebrige zu fürchten haben.
Auch davon wollen wir absehen , derselbe Lecointre ,
daß ,
nachdem
der nur eben ob dieser Anklage
des Wohlfarts - Ausschusses durch meiste Stimmen des Convents für „ Verrükt” erklärt , wenige Monate drauf von demselben Convent,
ob Erneuung derselben
Anklage als Verteidiger der Menschheit gepriesen wird, und daß dieselben Angeklagten , an ihrer Spize Carnot, nun in ihrer Verteidigung als „Hauptsache,” demselben Convente wohl zu bedenken vorstellen :
دوو ,,Daß die
außerordentliche Gefahr des Vaterlands, strenge Maßregeln unerlaßlich gefordert - daß
„ diese Strenge allein das Vaterland zweifels„frei gerettet habe ; „nicht Ein Gesez
daß der Wohlfarts - Ausschuß wilkürlich erlassen, sondern Alle,
„Alle ohne Eine Ausname vom „ Convente aus,,gegangen wåren ; " mithin der W. A. nichts mehr ,,denn Volstrekker der Convents - Befehle gewesen ,,fen - seine Volmacht vom Convent ihm - dem ,,W. A , monatlich ohne Widerrede erneuert worden, ,,demnach, wenn Verbrechen begangen worden, Schuld ,,derselben den ganzen Convent genau eben so bes — ,,laste, wie den W. A. und endlich der Convent ,,wohl bedenken solle : „ „ Daß Regierung schlechthin unmöglich ohne Achtung ,,,,der Bürger, - Kein Bürger aber eine Regierung „,,,achten könne :
564
,,,,,,Welche heute als gräulichstes Verbrechen bestrafe „ „ „ was dieselbe Regierung kaum ſechs Monat früher „ „ „ als göttliche Tugend
angepriesen ;
denn woher
" ", " Sicherheit , daß nicht Morgen schon wieder als „, „, „ Laster bestraft wird , was sie heute als Tugend (Vergl. Friedrich : „ Ein (wohl' ", ",,,empfielt ? !" " " verstanden, „ echter !!") König darf nie Unrecht haben;" von Vernunft als richtig unbedingt anerkant.)
Siehe Leser, auf solche in die Augen springende Inkonsequenzen dieses hochbewunderten Carnots wollen wir uns gar nicht einlaſſen , da er wohl ein geschikter Kriegs-Kundiger , aber von Apologie des Sokrates vielleicht nie gehört; denn , wenn derselbe Carnot in ders selben Rede, Alles
für
das
Vaterland
wohltätig
Geschehene als vom W. A. ausgegangen preist, - Alle Schandthaten aber auf Robespierre wålzt , so durfte ja nur ein Sieyes und Mehre des Convents , welche jene Apologie gewiß kanten , mit denselben Worten des Sokrates an Melitus ihm erwidern : ,,
du allgewaltiger Carnot ! wie war doch Frank-
,,reich unter Robespierre, zufolge deiner Rede über„ſelig zu preiſen ; denn , zufolge dem was du nur eben „ behauptest , gab es
damals
unter fünf und zwanzig
„Millionen seiner Bewohner , nichts denn franzöſiſches „Volk mit göttlicher Macht leitende Regenten , bis auf ,,den Einzigen Robespierre, der allein nichtswürdig „schlecht regierte und schlecht leitete, und Bemühung ,,fünf und zwanzig Millionen Guter
verdarb .
O du
„hochweiser Carnot ! wie ist's denn mit Pferden , Hunden
-
565
,,und Schaafen ? verstehen Alle Menschen diese zu „ verbeſſern , und nur Stalmeiſter , Jåger und Schäfer „verderben sie ?!"
Ganz zweifelsfrei würden gewiß Viele jene Apologie Kennende ihm also geantwortet haben - wenn hart klopfendes Gewissen ihre Zunge nicht gelähmt ; zu bizarr traten ihre, nicht des göttlichen Robespierre, Verbrechen heraus - Alle, Alle verabscheuet vom Volke, wie sie wohl „ wußten , " *) zitterten ob über ihren Häuptern schwebendes Rache- Schwert - und so verurteilten nicht sie die Mörder des Edlen , sondern vom tobenden Volke gedrängt, bestiegen jene Nicht - Schuldigern als fie selbst, Schafotte , oder wurden nach Cayenne abgeführt.
*) Wir übergehen skandalöse Auftritte, die nun faft täglich in den Conv.. Sizungen vorfallen , genugsam offenbarend , daß sein Haupt, Robespierre, fehle , der mit Einem Worte , ja mit einem Blikke die wild Tobenden zåmte , während selbst Pichegrü , 1797, als Präsident der 500 , entehrende ganz gemeine Kneipenz Balgereien nur durch Aufhebung der Sizung zu beendiz gen vermag ; wir übergehen ferner schon im August 94 laut werdende Klagen von Conv . ; Mitgliedern, daß Republik offenbar zurükschreite, daß in Robespierre die Republik gemordet sey ; wir übergehen , daß im südlichen Frankreich nun Patrioten zu hun derttausenden von Royalisten ungeråcht ermordet werden ; daß Royalisten von Schau-Gerüßten mit Frauen beſezt,Beifall klatschen während Patrioten von Thürmen hinabgestürzt werden ; wir übergehen endlich daß Dubois , Crance, Merlin , Freron u . M. in Conv. Sizungen selbst erkldren : ,,Der Conv. habe Vers ,,trauen französischen Volks verloren, und meißte Stimmen ihnen ,,beifallen , worauf auch wirklich der Conv. durch Decret seine ,,Macht niederlegt, den Tag drauf aber es bereuend, jenes Decret ,,widerruft" wir übergehen dies Alles mit Akten zu belegen, was anfänglich Absicht , als doch zu nichts führend , da Ihr nicht glauben würdet, selbst wenn Todte auferſtünden.
566
Aber wir wollen ja von All diesem absehen , der höchst interessante Gegenstand reißt nur wieder fort wider Willen ? - Nein! Nirgends ist dies geschehen, sondern überall hierin wohl bedåchtig genau so ges ― schrieben wie es seyn solte also , wir übergehen jeden Zweifel, ob Robespierre wirklich zu Carnot so gesprochen, wie dieser 22. Sept.
behauptet , jeden
Zweifel, ob Carnot den Edlen nicht vorfäzlich verleumdet, um
von Sich
und seinen
verbrecherischen Genoſſen,
Schuld ab, und auf den, sich nicht verteidigen Köns nenden zu wälzen ―― sondern nehmen für zweifelsfrei wahr an: „Robespierre habe behauptet , Grundsäze aufrecht „zu erhalten,
dürften Regenten großer Reiche,
,,6000 Menschen zu opfern , nicht scheuen.”
Haben wir aber jeden noch so dringenden Verdacht gegen Carnot großmütig unterdrükt , so ist doch schlechts hin keinem Zweifel unterworfen , Carnot habe sicherlich gemeint - so wie mit ihm alle Halblinge vom Begin bis zum lezten Tage gemeint , meinen und meinen werden - er könne von Robespierre gar nichts Fluchwürdigeres
aussagen ;
daher er auch kein
Bedenken trägt , ihn , vor dem er wenige Monate zus vor wie ein Wurm im Staube gekrochen , „ infam” zu nennen.
99
O des lächerlich einfältigen Menschen , der ohne
„Ahnung
echten Wissens den Edlen herabzuwürdigen
„wähnt , während er ihn gerade hierdurch zu einem „der
verehrungswürdigsten Geschichts -Helden
erhebt.”
567
„Denn :
Wer hohen Wert Robespierr's
erkent ,
„¿weifelt gar nicht , daß er buchstäblich so gesprochen, ,,wie erbärmlicher Carnot ihn herabzuwürdigen angibt. ,,Weil , zufolge durch gedrungener „ Erkentniß :" ,,,,Jeder , absolut Jeder , eben so verabscheuungs„, „,würdiges Ungeheuer ist, wenn er irgend Einem „ , „,seiner Mit- Menschen , mit Absicht ihm wehe zu „ „thun , Ein Haar krůmt , oder mit einer Nadel die - fo er dies ohne vesteste Ueberzeu„, „,Haut rizt „, „gung des „ Rechtthuns” thut, oder zu thun be", " fielt - so wie er ein göttlich zu verehrender Held „„ist, wenn er mit veſter Ueberzeugung des „ Recht„ „ t huns” fallose Millionen seiner Mit-Menschen schlach„ „ten läßt, so wie endlich er ein verächtlicher Schwächling „„ ,ist, wenn er an der Spize eines großen Staats stehend, " -seiner vesten Ueberzeugung des „ Rechtthuns" " ,"entgegen, Millionen Menschen-Leben schont." "
I.
Lefer ! Schon diese Schrift eines völlig unbe-
kanten Privat-Mannes, kümmert sich um Kein Meinen, Dafürhalten und daraus hervorgehendem Gerede un wissender Menschen , sondern begehrt streng folgerichtig zu deutlichem Selbstbewußtseyn zu bringen : ,, Was Ist wahr , was Ist Recht ?" Und echte Regenten mächtiger Reiche d. i. von Gott bestelte Führer, Gott erkennender Wesen, solten bei Ausübung
göttlich
erhabener Pflichten,
aufhorchen
dem Meinen , Dafürhalten und dem Gerede Unwiſſender ?
Pfui Solchen ! Zumal wenn sie nicht ges
borne Fürsten, nicht ererbte Regierungen verwalten,
568
(Vergl. S. 440), ſondern „ Bürger" geboren , durch unbedingtes Vertrauen ihrer Mitbürger zu vernünftiger, d. i. „ Wissender " Leitung des Staats „ berufen" worden. Heißt denn Wissen überhaupt , und besonders Wissen praktischer Staats - Leitung etwas Anderes als Wiſsen absoluten ,, Rechtthuns ? " Aber Du bist Unwissender ! und
erfrechst Dich
dennoch des
Wissens
fähige Menschen regieren zu wollen ? - Pfui Dir ! göttliche Pflichten, ehe er fie crkant , Uebernehmender.
Fort
mit Dir von einem Plaz , den Du nur schånden kanst! Da nichts Entehrenderes als Andere leiten zu „ wollen,” ehe man Sich Selbst zu leiten versteht !
So sen denn bemerkt : Ihr , Alexander , Cåsar, Napoleon Groß Nennende , Ihr feiert Feste ob Navas riner Schlacht, und preiset Sarmaten großmütig , ob in Geschichte unerhört gråulichen Frieden zu Adrianopel; Ihr teilt Regenten unbedingtes Recht zu, Deserteure am Leben strafen zu dürfen , selbst dann , wenn ſie ſie in Eroberungs - Krieg geführt ; also gesteht Ihr Regens ten unbedingtes Recht (?) zu , ihre Mitmenschen als Naub- Mörder verbrauchen zu dürfen ; denn tausendmal wiederholt: „ Jeder Eroberungs- Krieg ist absolut nichts Anderes , als Gott- Erkennungsfähige - Wesen zu Räubern
und Mördern
d . i. zu verfluchungswürdigen
Tigern erniedrigen ;” — also , das dürfen Regenten, nach Euren sogenanten Grundsäzen, ―― und in Euren Kas zen-Augen ist Robespierre ein Ungeheuer, der 6000 Menschen-Leben nichts achtet , wenn es gilt echte, von Vernunft geforderte Grundsäze
aufrecht zu erhalten ?! Und
569
welcher Grundfaz war es denn , welchen Robespierre, Menschen nicht schonend, zu verteidigen gebot ? „ Ein vom „ Convent verfaßtes , vom Pråſidenten Prieux , nicht ,,vcn Robespierre unterzeichnetes Gesez zu respektiren, ,,wonach
Engländern
kein Pardon ferner
gegeben
„ werden solle.” a. Taugte das Gesez nicht, warum ward's gegeben? b. Taugte
das Gesez nicht, warum ward's
nicht
aufgehoben ? Kann eine Regierung bestehen , deren Geſeze nicht befolgt werden ? Nimmermehr ! Wie nichtswürdig aber zeigt sie sich erst dann , wenn sie selbst ihre ſelbſt verordneten Geseze mit Füßen trit ? c.
Daß England und Pitt fünf lange Jahre un-
unterbrochen in Frankreich Verschwörungen gegen deſſen Regierung
anzettelt , Frankreich
und Verråtern anfült ,
mit
Frankreich
Meuchelmördern
mit vielen
tausend
Millionen falscher Assignate überschwemt , hie durch Wurzel öffentlicher Wohlfahrt , Credit , tödtet — dies ses ist nach Euren infamen Grundſåzen erlaubt , aber diesen Meuchelmördern Pardon verweigern , Euch unerhörte Barbarei ? Pfui Euch mit unerhörter Frechheit Menschen- Geschichte Schreibenden , ehe Ihr Euch um Erkentniß menschlicher Würde bemüht! d. Habt Ihr denn nicht gelesen , in wessen Volmacht Robespierre seine Grundsäze geltend zu machen. berechtigt war? Nicht gelesen, daß, seit den von Tacitus beschriebenen Volks- Versamlungen teutscher
freier"
Männer, Geschichte auch nicht Eine so völlig unzweideutige Volks- Vertretende - Versamlung
als die des
Convents nachweist ? Mehr ! Nicht gelesen , daß, nicht
-
570
weniger als 44000 ,
sage Vier
und Vierzig Taufend
Municipal- Deputirte darauf bestanden : „ Alle Ver,,dächtigen arretiren und richten zu lassen , und nichts zu „schonen wenn es Rettung des Vaterlands verspräche ? „Und ein infamer Carnot wagt es dennoch einen solchen , „ in Geschichte schlechterdings beispiellos bevolmächtigten „Diktator , und der da wirklich das Vaterland ge„gen zwei und zwanzig feindliche Regierungen und gegen allose innere Feinde gerettet, zu låstern - und Ihr ,,Erbärmlichen stimt diesem Nichtswürdigen bei ?" Warum hat denn dieser hündische Carnot in seiner infamen Rede nicht erwähnt, daß Eigenschaft
er ,
als Mitglied
Carnot, in seiner zwiefachen des W. A.
und des Con-
vents, jenes Gesez des zu verweigernden Pardons, ſelbſt, und wenn auch
nur durch Nicht- Bestreitung , empfoh-
len hatte ? welches Barrère , als beſtåndig bevolmächtigter Redner des W. A., vorgeschlagen und von Robespierre nur gut geheißen war? Warum hat denn Carnot aus den hundert Reden Robespierres
gegen Eroberungs - Wuth
der
übrigen
Mitglieder des W. A. und des Convents nicht's
ange-
geführt? Nicht angeführt daß Robespierre zumeist deshalb Brissot und die Gironde stürzte, weil diese gegen ganz Europa Krieg erklärt hatte ? Weil diese , Alle Völker zu Aufruhr gegen ihre Regierungen aufforderte, während
Robespierre
selbst
gegen
Vereinigung
nur
Belgiens mit Frankreich ſtimte : „ Als der Einheit „ der Franzosen Gefahr drohend ?!" Nur Franzosen sind „für Freiheits Ideen reif, nicht übrige Völker Europa's ; „nur für Franzosen Freiheit vest zu gründen sind wir
-
571
,,berufen , nicht haben wir uns um andere Völker zu ,,kümmern ; wollen diese in Sklaverei beharren, was geht „ das uns an ? Diejenigen , welche Paris zur Hauptstadt „ der Welt zu machen versprechen , wollen in der That „ nur die Zerstörung von Paris ; Diejenigen , welche vers ,,langen, daß wir ganz Europa erobern sollen, verlangen der Feind Frankreich überz
„ mit andern Worten , daß
„wältige!!" (Hört , hört ! und überzeugt Euch von der Erkennet daß auch
Fernsichtigkeit echter Philosophen.
in unseren Tagen Gott Propheten sendet; denn dieſe Prophezeihung Robespierres
am 6. Februar 1794 vers
kündet, traf 20 Jahre drauf völlig ein. ) „Kein würdigeres Schauſpiel, als die Repräsentan= ,,ten französischen Volks
auf einen Vulkan von Vers
„ſchwörungen gestelt , mit einer Hand Huldigung eines "großen Volks zu ,,der
Dinge
den Füßen
niederlegend ,
des
mit
ewigen
der
Urhebers
anderen
Blize
„ auf alle gegen sie verschwornen Tyrannen schleudernd, „so die erste Republik der Welt gründend , und Freis „heit, Gerechtigkeit und Tugend zu den Sterblichen zu„rükrufend ! Freuen
wir
uns ,
dem Himmel dankend,
„ daß wir uns um Vaterland und Menschheit verdient ,,genug gemacht, um der Dolche von Tyrannen ausgesand„ter Meuchelmörder würdig gehalten zu seyn.
Wel-
„ cher Ruhm für uns ! Mitten in der Hauptstadt bestehen „wir Gefahren des Schlachtfeldes.
Nicht brauchen wir
unsere gegen Feinde stehende Waffen-Brüder zu „ bez „ neiden, " auf mehr als eine Art entrichten wir dem ,,Vaterlande unsere Schuld.
Längst schon sagte ich zu
„meinen Collegen : Wenn die Republik ſiegt, wenn wir
1
572
-
„Verråter entlarven , die Faktionen erstikken „so werden „jene uns ermorden !" Daß meine Prophezeihung eins ,,trift wundert mich
nicht.
Thörigt wår's in unserer
„gefährlichen Stellung auf ein langes Leben zu rechnen. „Wer aber gegen „ Unterdrükkung” und „ Laster” Krieg ,,führt , wie kann man von einem Solchen erwarten, „daß er den Tod fürchte ?
(Hört !) Darum verschaffen
,,die Feinde der Republik, indem sie mich zum Zielpunkt ,,ihrer Angriffe machen, mir Vorteile, an die sie schwer„lich gedacht ; denn je ungewisser das Leben der Vater„ lands-Verteidiger , desto unabhängiger sind sie von der „Bosheit der Menschen , und daher desto kühner ! Umge„ ben von Meuchelmördern, hab ' ich mich selbst in Dies „jenige Ordnung der Dinge geſtelt ; „fördern wollen. (Hört !)
in die mich jene
„, „ Nur durch Vaterlandsliebe
„, „,und Gerechtigkeits- Durst, hång' ich noch an diesem „ „ flüchtigen Leben.
Freier als jemals von allen per-
„„ sönlichen Rüksichten , ist mein Gemüth in erhabe„ „ nerer Stimmung und ermutigt mich um so mehr Alle „,,,Laſter und Mißbräuche wie Alle Bösewichter zu bes ,,,,kämpfen , welche sich gegen mein Vaterland und das „ „ menschliche Geschlecht verschwören ! „ „ Indem ich dieses „'„ ſage, weg' ich vielleicht die Dolche gegen mich, aber " gerade darum fag' ich's !! " " (Es gibt keinen sicherern Beweis von der Feigheit dieſes Teufels als diese Rede. Vergl. Schloſſer.)
„Je emfiger meine Feinde aber find, mich früh aus „ der Welt zu schaffen , desto emſiger muß und werde „ich seyn, die vielleicht nur noch wenigen Tage meines
573
„ Lebens zum Wohle meiner Mitmenschen und der Nach,,kommen zu verwenden.
Merket also auf, was noch zu ,,thun ist, wenn die Republik bestehen sol; ―- denn noch ,,ist sie keineswegs vestgestelt , noch müßt Ihr Euch ,,bemühen sie erst vest zu gründen !" „ Und worauf?" — ,,,,Nicht auf Siege ― nicht auf Reichtum, nicht ,,,,auf
" eitle Titel
und Namen ! " - (Hört!) auch
„ „ nicht auf vorübergehenden „ Freiheits- Rausch !" Son,,,,dern auf weise Geseze , allgemeinen Tugendsin, Rein„,„ heit und „ Veſtigkeit" der Grundsäze, nach welchen das Das ist's , worauf
,,,,Gemeinwesen verwaltet wird . -
,,,,Alles ankomt !" " (Hört, Hört !) „ Noch aber fehlt's an Gesezen ; Grundſåze müſſen „noch erst bevestigt, Sitten des Volks umgeschaffen wer,,den.
Und wenn auch nur Eins dieser Erforderniſſe
„ fehlt, so bleibt dem Laster Zutrit offen ;" „ „jedes Laster
aber führt unfehlbar zur Sklaverei
,,,,jurük ! Denn , wer nicht über sich selbst Herr ist, ,,,,der muß Andern als Sklaven dienen, das gilt eben „ „ ſo von einzelnen Menschen wie von ganzen Nationen. ,,,,(Hört, Hört ! ) „Laster bekämpfen bringt uns zwar in die Dolche „von Meuchelmördern , wir erringen aber dadurch un,,sterblichen Ruhm ; Laster begünstigen ist der Weg zur "Despotie."
(Hört, Hört !)
„ Die Politik muß mit der Moral in Uebereinſtim,,mung gebracht werden, und Frankreichs Volk ist Geist„ mächtig genug, diefe erhabene Aufgabe zu lösen ! (Hört !) ,,Denn die Masse französischen Volks ist gut , edel, ,,Gerechtigkeit und Freiheit liebend , diese wagt Alles,
-
574
selbst ihr Leben an Erhaltung der Freiheit ; ein gerin„ger Teil aber ist noch wie zu den Zeiten der Despotie, „ leichtsinnig, geschwäzig, großsprecheriſch, rånkevoll, vor„laut und selbstsüchtig.
Dieses Gemisch von Heuch-
„ lern und Betrügern stelt sich
zwischen Convent und
,,Volk, verleumdet den Convent um das Volk irre zu „ führen , und um Ausübung der Geseze , so wie Aus,,breitung
der
Wahrheit
zu
verhindern.
Ehe
diese
„Rotte nicht vertilgt ist , hat die Republik keine Dauer „ zu hoffen.
Gegen diese kann Euch aber nur Einig-
„keit und Standhaftigkeit retten.
Wer Euch untereinan-
„ der´uneinig zu machen , Mißtrauen zu erregen, Aus„führung der Geseze zu verhindern , (Hört !) Pri,,vatintereſſe „ heben sucht,
über das Wohl des Vaterlandes zu ers der ist Euer und des Vaterlands Feind,
„ein Nachfolger Brissot's , Hebert's , Dantons und Cons "forten. ""Wenn Solche Einen Tag Euch beherschen , ist
„Republik verloren !" " (Hört, Hört!) „, 99 „ Ich wiederhole : Was ich hier sage bringt dem „ „ Dolchstoß
mich wahrscheinlich
nåher !
aber
darum
„ ,„ nicht minder muß ich es sagen ; denn auch nach ,,,,mir werdet Ihr hoffentlich auf demselben Wege „ „ wandeln, ( ach leider, nein !), überall Laſter bekämpfen, "" ,,,,das Vaterland retten !” د د „و,„ و, So hab' ich denn genug gelebt !” ” - ,,Ja ! ich
,,,,habe genug gelebt ; denn ich habe Frankreichs Volk ,,,,aus tiefster Herabwürdigung der Sklaverei , zum „ „ Gipfel „, „ ſich
des Ruhms
emporſchwingen
und republikaniſcher Tugend ſehen !” ” „ Ich " habe
-
575
„,,,feine Ketten zerbrochen, und unter ſe in en Triumpfen, „ , „ nahen (?)
Einsturz tyranniſcher Throne
gesehen,
„,„,welche die Menschheit belasten !” „Endet , endet meine , „ Gehilfen - endet wie Ihr angefangen habt !" An „ ,,,,die Spize habt Ihr uns geftelt , um den ersten „, „ Anfall der Feinde der Menschheit auszuhalten , ,,,,wohlan ! wir werden uns dieser Ehre würdig zeis „„gen , und Euch mit unserm Blute den Pfad der „ „ Unsterblichkeit vorzeichnen !” Bezeugt nur jezt noch „, „,ausdauernde Kraft, um die lezten Schwierigkeiten ,,,,zu überwinden , die sich Euch in den Weg werfen „,„ dann folgt eine lange Zeit ausdauerndſten, ſeligſten, „ „ heiligsten Genuſſes , - nemlich der Segen des
,,,,durch Euch glütlich gewordenen Volks !!" " (Auszug der, Driginal unmöglich erreichenben Convents -Rede dieses Heros , v. 26. Mai 1794. , womit Manifest des Herz. v . Vork v. 10. Juni , worin Robes pierre Nachfolger Ludwigs XVI. heißt , so wie Robespierre's Rede hierauf v. 21. Juni , in Verbindung zu bringen sind.
In dieser Rede ist höchst merkwürdig
Uebereinstimmung seiner
Karakteriſik , von Despoten-
Sildlingen und Despoten - Kriegen im Gegensaz von Vaterlands - Verteidigern und Freiheits-Kriegen , mit Fichte's
Entwiklung
derselben
Gegenfäze , Staatslehre
S. 38. u. f. besonders abgedrukt : „ Ueber den Begrif wahrhaften Krieges. "
Aus
dieser Rede nur folgende
Stelle : „ Der Herz. v. Vork macht mich zum König von Frankreich und Navarra , legt mir militärische Leibwache bei u.s.m.
Ich aber bin stolz auf den Titel französischer
Bürger , und verachte den eines Königs als mich be-
576
schimpfend.
Daß ich militärischer Leibwache bedarf, iſt
ausgemachte Sache, Ihr ſehet diese Leibwache !" Noch ist in dieser Rede folgende Stelle zu beachten : „Die Republik existirt, obgleich sie nicht ursprünglicher Zwek der Revolution war ; denn ich wiederhole es , (Bezug seiner Rede v. 6. Februar), sie hat sich gleichsam verstohlner Weise durch ein Revolutionsloch mitten unter nebenbuhlerische Facz tionen eingeschlichen, die Alle nur ein anderes System der Tyrannei einzuführen beabsichtigten." sogenant Konstitutionelle und Gironde.)
(Orleanisten, Hierdurch klar
Albernheit der Stelle Schloffers S. 89.: „ Diese Männer (National-Verfamlung) glaubten dem Staat ein Opfer zu bringen,
wenn
sie
einem Robespierre
beiftimten,
„ dessen Absichten nicht zwei deutig seyn konten.” Es ist nemlich von Robespierre's Antrag v. 16. Mai 1791 Rede, wonach die N. V. ſich für unfähig erklärte , in den sie ablösenden Gesezgebenden-Corps gewählt werden zu dürfen ;
welcher Antrag mit gleicher Begeisterung
angenommen wurde, mit welcher ihn Robespierre unter Beifall -Bezeigung vorgetragen.
Obwohl dieses Gesez
allerdings getadelt werden muß , als dem Staat tüchtige, geschäftskundige Männer in einer Zeit entziehend , wo er sie zumeist bedurfte , kann doch kein Unparteiischer verkennen , daß Bewegungs - Grund dazu , sowohl bei Nobespierre wie bei übrigen Mitgliedern der N.V. , höchſt edel :
Uralte Königs- Gewalt von ihnen fast vernichtet,
blieb kein anderes Mittel Verdacht vorzubeugen ,
als
hätten sie Monarchie nur darum beschränkt um selbst zu herschen , wie freiwillig dem Recht der Wieder- Erwählung zu entfagen." "Wie gesagt, Unparteiischen ist diese
577 Absicht schlechthin unzweideutig. vermutet denn also Schloffer?
Welche Zweideutigkeit
Etwa daß der talentlose
geiſtarme, dumme Teufel *) Robespierre, schon Mai 1791 nach Diktatur gestrebt ? Ein unwissender Advokat , ohne allen Anhang , hoft eine konftitutionelle Monarchie von 25 Millionen Menschen bewohnt , zu stürzen , und Diks tator zu werden , und „ beraubt sich selbst des Rechts der Wieder- Erwählung zu einer Stelle, worin er allein „sich geltend zu machen hoffen kann ?!" gar zu albern.
Das ist doch
4. Allein schon wieder habe ich jenen göttlichen Vers vergessen: „ So Ihr Mosen und Propheten nicht versteht, werdet Ihr nicht gläuben ob jemand von den ,,Todten
auferstünde."
Geschichts- Darstellung
Darum plözlich
ja eben
ab,
breche ich
weil sie,
Eure
Blindheit, nicht zu heben vermag. Denn Grund Eures Uebels liegt tiefer : „ Nicht seyd Ihr darum blind , weil Ihr Ges schichte nicht versteht , sondern Ihr versteht darum „ Geschichte nicht, weil Ihr blind seyd.” Nicht ist ,,demnach durch Geschichts - Verständniß Eure Blind,,heit zu heben , sondern Eure Blindheit muß gehoben „ werden, dann werdet Ihr durch Euch Selbst Geschichte ,,verstehen." *) Ein dummer Teufel als Volkserwählter Regent eines so mach tigen Reichs, ist überhaupt als eine höchst merkwürdige ganz neue Schöpfung Schloſſers ehrenvol anzuerkennen ; denn bis zu ihm, ift Welt: Klugheit für dergleichen Teufel immer, für schlechthin unentbehrlich gehalten worden.
[ 37 ]
578 Drum
A.
fey
nur
-
noch dies von höchft bes
deutender Periode französischer Revolution bemerkt. Sie geht von völlig verderbtem, abſoluter Despotie zuftrebendem Hofe aus.- Geistes-Mangel ſeiner Håupter bringt sie auf des Reichs Pairs , welche Hof und Volk zu beherſchen fireben.
Aber derfelbe Geistes -Mangel auch
dieser verdrångt sie, und niederer Adel ergreift das Ruder.
Auch
dieser jedoch geistlos ,
muß
Regierung
höherem Bürgerſtande (Gironde !) überlaſſen , bis endlich auch dieser durch ähnliche Geiſtesarmuth erliegt ,
und
Kulminations -Punkt echter Revolution , durch GeistesMacht Robespierre's erreicht wird :
„Frankreich vol-
„kommen republikanische Verfassung „erhålt ,
Robespierre
und Regierung St.
Juſt
Aber leider verstehen nur diese zwei
erha-
d. h. in
von
und
„deutlich ausgesprochenem Bilde.”.
B.
benen Männer dies Bild volkommen ; und obwohl Es Millionen des „ Volks ” zu erhabenster Begeisterung ent" flamt , erfaßt dieses das Bild doch nur in Ahnung, nicht im Wiffen , Satan aber in früher absolut nie fo dringender Gefahr völligen Sturzes feines Reichs auf Erden, ficht Verzweiflungs -Kampf, und es gelingt ihm
wieder die Bildner zu ermorden,
ehe ihre
Saat in den Gemütern französischen Volks vestzuwurzeln vermag ; denn , schlechterdings unzweifelhaft teilte Gött lichkeit verbreitende Frucht jener Saat, vom franzöſiſchen Volke, binnen sehr kurzer Zeit Allen Völkern des Erdkreises sich mit.
Und höchst merkwürdig geht die Revo-
lution in denselben Tempo's zurük , wie sie vorgeschrits [ VG]
579
ten. - Die durch Robespierre gegründete echte Volk8Regierung, nun ohne begeisterten Annehmer und Führer, fålt zu sogenant höherem Bürgerſtande, zu Häuptern goldner Jugend , Wuchern und Aufkäufern herunter, und alsbald steigen monatliche Ausgaben, unter Robespierre bei 1,200,000 Soldaten 160 Millionen Liv. bea tragend, troz Frieden mit Preußen u. M. , und bei nur noch 700,000 Soldaten, bis auf 1,200 Millionen Livre. Staats- Schuld aber von 1789
bis Juli 94 ,
also in
fünf Jahren, 6000 Millionen , beträgt December 1795 45000 Millionen,
also
in 14 Jahre der Verwaltung
jener Räuber 39000 Millionen.
Dies allein gibt ja
genugsam treues Bild göttlicher Verwaltung pierre's und schurkischer seiner Nachfolger.
Robes Daher
heißt es schon wenige Monate nach Ermordung Robes pierre's in Conv .-Manifesten an die Armeen nicht mehr: ,,der Verteidigung des Vaterlands ," sondern : „ der „Ehre" wegen zu fechten."
Und darum verschwindet
binnen wenig Jahren das von Robespierre Errungene, und bis dahin in Geschichte absolut „ Unerhörte" Weißt Du dies ? Etwas , was auch nicht Einer der fogenanten Geschichtschreiber dieser Periode, welche ich gelesen, hervorgehoben , obwohl es das Allermerkwürs digste gesamter Geschichte ist.
Erinnere dich: „ Alle Bildung komt aus Egypten ; dort war nächst Priester- die Krieger - Kaste , höchst verehrteste.
Daher selbst in Plato's Republik, Krieger,
Staats-Wächter , und der edle Lykurg erlaubt ? nein ! fordert, daß Sparta's üben ,
Jünglinge kühnen Muth zu
mit nicht mehr denn Einem Dolche bewafnet,
580
stärkste Heloten aufsuchen und ermorden.
Daher ró-
mische Welt-Gewalt ; daher des Mittelalters Rittertum, wie endlich daher bis
diesen Tag Ob-Gewalt krie-
gerischen Abels in ganz Europa. Aber der göttliche Bürger - Hort Robespierre ersteht
und Convents -Deputirte in bürgerlicher Kleidung
begleiten Armeen ; und
deren berühmteste Feldherren
müssen unbedingt diesen Bürgern gehorchen, und bei geringster Widersezlichkeit : „,,,laffen Bürger siegreiche Feldherren Schafotte „,,,besteigen , und Feldherren ,
Officiere und Soldaten,
„,,,murren nicht nur ob diesem in Geschichte völlig Un„, „ erhörtem” ” (in Athen ist wohl Aehnliches, aber nicht Gleiches geschehen !) „ „ nicht , sondern ihre liebende Ver,,,,ehrung für den Convent, steigt bis zum 27. Juli 94, 99.99 „ „ im Verhältniß dessen steigender Macht- Aeußerung .
Aber derselbe Convent durch Robespierre von der Liebe des Volks emporgetragen , solche völlig unerhörte Macht übend , hat bald diese Liebe durch Raub such t und Mordgier verloren , sieht gehaßt und verachtet von demselben Volke , und muß Schuf der Krieger anflehen.
Und nicht lange , und derselbe Bonaparte,
der zum Schuz des Convents mehre Tausende von demselben Convent verführte Pariser Bürger mit -- diese Kartätschen niederschmettert (5. October 1795) Helden-That Grundlage seines Emporklimmens — ver,,Ueber bietet den ihn begleitenden Deputirten : Kriegs
und
Eroberungs - Verwaltung
and " dieselben Direktoren ,
mitzusprechen ;"
und unter diesen der
581
elende , Robespierre verleugnende , Carnot , zittern vor dem , der nur eben ihre Maſchine zu seyn „ ſchien ! ”
C.
Wie dieser Korsische Wüterich in Italien , in
der Schweiz (Veltlin , Waadtland) , besonders aber im Venezianischen , kurz in Reiche , welche mit Frankreich nicht nur in redlich gehaltenem Frieden , sondern Frankreich aus verzweiflungsvoller Hungersnoth erretten halfen , (nebenbei auch Türkei , vergl. Türkisches KriegesManifest 10. September 1798 , nach barbarischer Ueberfallung Egyptens ), daher deren Gesandte vorzüglich geehrt, deren National-Fahnen den Französischen in feierlich öffentlichen Sizungen , als Symbole innigster Vereinigung beigefügt ; also, wie dieserKorse kein Völkerrecht achtend, in mit Frankreich befreundeten Låndern vandaliſch hauſt, Städte , Dörfer, und viele tausend Menschen die feiner Wilkür sich irgend zu widersezen wagen, verbrennen und mit Kartätschen niederschießen låßt *) — ſo lest doch
*) Mehre hundert bedeutendste unter vielen Tausend Aktenstükken müßte ich anführen, wolt' ich alle begangene Verbrechen dieses jest vielfach so hochgefeierten Helden dokumentiren. Drum sey nur folgendes bemerkt. Vergl. feinen Aufruf zu Nizza, April 1796, bei Uebernahme italieniſcher Armee : „ kein Wort von Vaterland darin, sondern ,,Ehre," und daß Italien ihren Hunger stillen, ihnen Schuhe und Kleidung geben werde ;” welche den Soldaten gänzlich fehlen , troz 39000 Millionen ſeit Robespierre's Sturz verschwendeter Assignate. Offenbar war er also damals durchaus nichts anderes denn Hauptmann einer wilden , nichts zu verlieren , drum nur zu gewinnen habenden Räuberbande. Was aber würde aus ihm und solchem völlig entblößten Heere wordenseyn, wenn Beaulieu und d’Argenteau mit nur Einem Gran Verstand , wenige Meilen um Montenotte verheert, Bewoh ner zurükgetrieben und nicht tolldum verweichlichte Söldner solchen Verzweiflungs- Kämpfenden entgegengestelt hätten ? Wahrs lich , Geschichte würde den Namen Bonaparte dann kaum kennen ; allein freilich gehört zu solchem` Mandvre, wenn auch
582
-
Geschichte was bedarf's hier Erwähnung.
Nichsdesto-
weniger verehrt Ihr
als
diesen Raubmörder
unver-
sehr wenig Verstand und Energie, doch immer Etwas von Beidem ; Beides aber war 1796 außer in England und Franks reich im übrigen Europa absolut nirgends zu finden , viel weniz ger noch als 1827 bis 1829 von Beidem in der Türkei sich offenbarte. - Dieser gänzliche Mangel an Verstand und Ener. gie , der das Ganze zu retten einen freiwilligen Schaden von höchstens Einer Million Liv . zu opfern sich scheuet, kostete Sars dinien und Italien damals nicht nur mittelbar nicht weniger denn Alles , sondern auch unmittelbar viele tausend Millionen an Requisitionen und Kontributionen ; deffenungeachtet haben Völker bis diesen Tag noch nicht gelernt, wie man Verteidigungss Kriege führt, wodurch absolut jede Eroberung schlechthin uns möglich gemacht würde ?! (Vergl. St. R. Grf. 15. u. 16. . 46. bis 58.) Die Gewalt habenden und eifersüchtigen Direktoren bei guter Laune zu erhalten, fendet Bonaparte ihnen Millionen , †) gerings ften Teil seiner gräulichen Plünderungen , in Venedig besonders bis zur Unglaublichkeit getrieben ; denn da , nachdem er durch FreiheitsVerkündigung friedlich eingezogen , werden , nach schänds lichem Verrath an Deftreich, selbst die äußern Thüren der Markus Kirche abgebrochen und mitgenommen , und die durch völlige Unbrauchbarkeit unmöglich fortzuführenden Schiffe verbrant. 92 Eben so unerhört es in Geschichte , außer Römiſchen Triumvis ,,ren, daß ein General ohne Volmacht seiner Regierung , mit ,,dieser befreundete Staaten überfält und vernichtet , eben so ,,unerhört die dabei begangenen Frevel ." Er aber fendet geraubte Kunstwerke, Eitelkeit französischen Volks kizzelnd ; ††) dafür duldet dieses schweigend , daß Bonaparte's gesandter Adjutant Augereau, ihn, Bonaparte , zur Rechenschaft fordernde Direks †) Zur Vergleichung : „ Als Robespierre August 1793 an das Staatsruder komt, stehen keine Zinsen tragende Assignate 20 Procent, nach wenigen Monaten aber pari , obwohl Frankreich nicht nur 1,200,000 Soldaten selbst ernährt, sondern auch viele 100,000 Feinde ; 1797 , wo Frank: reichs Heere durchweg auf Auslands Boden stehen , nicht nur keinen Hel ler kosten , sondern viele Millionen geraubte Gelder dahin senden , stehen 5 Procent Zinsen tragende Inscriptionen 20 Procent, ja fallen mitun: ter bis 7 Procent, so daß der Staat zwischen 25 bis 70 Procent Zinsen salt, d. h. absolut creditlos ist , während ganz Europa sich ihm beugt?" Treues Bild des Vertrauens zur Rechtschaffenheit Robespierre's , und dem gerechten Mißtrauen zur Verwaltung spizbübiſcher Direktoren. + ) Lebhaft erinnert dies an Schillers Worte : "" Der allein besist die Musen," ,,Der fie trägt im warmen Busen," ,,Dem Vandalen sind sie Stein !"
583
-
gleichlichen Helden,
Robespierre aber Grundsäze ech = ter Menschlichkeit verteidigend nent Ihr Bluthund ? Pfui Euch, Ihr selbst schamlose Hunde ! toren Carnot und Barthelemy , nebst hundert Gesezgeber und Journalisten 4. September 1797 nach Cayenne ſendet. Carnot rettet sich zwar durch Flucht , nichtsdestoweniger wird ihm zus reichende Strafe für seine Beschimpfung Robespierre's, durch uns zweideutigen Beweis seiner völligen Regierungs- Unfähigkeit ; denn er, zur Zeit nicht nur Direktorial - Präsident, sondern auch Chef alles Militär:Wesens, weiß nichts von Truppen- Sendungen Bonaparte's und Ho che's nach Lyon und Paris, oder versteht's nicht zu hindern. In diese Epoche fält auch verbrecheriſcher Briefwechsel Bonaparte's mit Hoche , an welchem der damals edle Moreau Teil zu nehmen verweigert. Wie gesagt , Folianten müßte ich füllen , alle wichtigen Aktenftükke dieser Periode mits zuteilen. Denn der Wahrheit , Ehre , ftand Bonaparte in dieſen Schandthaten damals keineswegs allein . Nachdem über hundert Convents,Mitglieder , darunter Häupter die Edlen Baboeuf und Romme, zwar nicht echte Jünger Robespierre's, aber doch Beste der Patrioten , welche für Vaterland Gemüth behalten , und mit ihnen viele hunderttausend Patrioten ermordet oder trans portirt find , steht Frankreich mit dem übrigen Europa auf völlig gleicher Stufe der Barbarei , d . h . Sinn für echte Civilisation ist völlig verschwunden, und Macchiavellische Diplomatie (Vergl. S. 148 ) ist wieder Triebfeder aller Gewalthaber wie früher, welche auszurotten Robespierre sich vergebens geopfert. Daher Napoleons gewaltige Kraft interessant , wie ähnlich bei Thiers Gefechten das Obsiegende , obwohl es nur Vich iſt, intereſſirt. Denn so z. B. ift Bernadotte's 27. August 1797 in öffentlicher Direktorial Audienz erteilte heilige Zusicherung : ,,Bis zum lezten Blutstropfen republikanische Grundsäze gegen Roya lismus zu verteidigen ," ,,jezt" gewiß nicht angenehm ; Ekel erregend aber des Scheuſals Rapinats beispielloſe Mißhandlung der Schweiz, deren , von unverdorbenen Landleuten bes wohnten Urorte , uralte Tapferkeit offenbaren , die , von einem Tell, Waldmann und diesen ähnlichen Helden Altvorderer geleitet, das vor Franzosen zitternde Europa schon 1798 gelehrt haben würden , daß hundert eroberungsfüchtige Raub-Mörder , und wenn auch von besten Feldherren geführt , vor Einem Freiheitss Kämpfenden erliegen. Schon damals zitterten sieggewohnte Franzosen vor Freiheit verteidigenden Jungfrauen und Kindern der Schwizer, Unterwaldner u. s. w. , während Berner beim ersten Kanonenschuß auseinanderstieben, und ihre überreiche Stadt
584
D.
So geht von Robespierre gegründete Republik
nichtswürdiger Wucherer Hånden,
aus
in militärische
Gewalt Bonapartes über ; der vermittelst elender Ehren-Legion, (Vergl. Mignet : damit zuerst Bekleidete schamen sich Orden zu zeigen), neuen Adel einführt und bald zum konstitutionellen Monarchen Sich erhebt ?
Nein,
erniedrigt ! um als vollendeter Tyran auf St. He lena, verflucht von Wissenden der Mit- und NachWelt zu enden , viel zu milde behandelt von Hudson Love;
denn ,
waltete Recht , Bonaparte , der
Welt-
Verderber , håtte in eisernem Käfig sein tigerartiges Les ben beschließen müssen. Nichts karakterisirt echte Dumheit und lächerliche Eitelkeit dieses sogenanten Helden mehr , als sein Ansuchen an Ludwig XVIII. , ihm Krone Frankreichs zu verkaufen , und sein Bestehen aufKaiserlichen MajeſtätsTitel, nachdem er selbst zwei Mal freiwillig (?) der Regierung des durch ihn verratenen Landes entsagt. Es ist unmöglich , daß Nachwelt nicht für fabelhaftes Märchen halte, in Ein und demselben Menschen so gewaltige Kraft mit so entsezlicher Dumheit vereinigt zu finden.
Drum
wird sie sich weniger verwundern,
daß Ludwig XVIII. 25 lange Jahre von der Gnade
Plünderung preis geben. Alle diese gräßlichen Frevel entschuldis gen jedoch keineswegs , die von öftreichischen SteklersHusaren ungestraft gebliebene gräuliche Ermordung französischer Friedenss Gesandten vor den Thøren Naftadts. ,,So liefern alle Welt-Begebenheiten ,,Europa's ," seit Er ,,mordung des erhabenen Robespierre ,,,bis diesen Tag ," ein › ,,durch_ſtets gehäufte Schandthaten sich auszeichnendes berliches ,,Gemälde der von Schloffer in seiner Schrift S. 196. gepriesenen „ Civilisation und konventionellen Tugenden !!" -
585
des Auslands erhalten , von derselben Regierung berufen, die
tionirte Verfaſſung Frankreichs verwirft, " schenkt:" rung datirt."
Gnade zur
von diesem Auslande sanceine Charte
" Vom Neunzehnten Jahre seiner RegieDenn diese Schenkungs- Akte ist bei
weitem so beschimpfend nicht für das von einer Million europäischer Krieger besezte Frankreich ,
als für Alle
bestehende Regierungen Europa's , weil Ludwig dadurch ganz unzweideutig Alle ,
absolut Alle
von diesen
Regierungen seit Neunzehn Jahren geschlossene Vertråge für null und nichtig erklärt , desto mehr in Erstaunen sezend, als Jene , troz dieser ihnen zugefügten, schmähliche Undankbarkeit bezeugenden, öffentlichen Beleidigung, ihn dennoch anerkennen.
5+ Aber , obwohl mit Robespierre französische Republik völlig untergeht , und Europa hiedurch an dem Rand des Verderbens steht von Sarmatischer Raubgier vers schlungen zu werden , sind doch nicht Alle seine Göttlichkeit
verbreitende
Bemühungen
verloren ,
worüber
mittelbar unter Anderen Zeugniß diese Schrift, welche reine Frucht des zumeist von Robespierre erwekten höheren Geistes echt „ Praktiſch - Theoretischer - Forschung." Ungleich edleres unmittelbar Robespierre's
praktisches Zeugniß
göttlicher Wirksamkeit jedoch ist ,
von die,
durch seine unbedingte Freiheit-Verkündigung der Neger, 4. Februar 1794 : ,,,,Vestgegründete Republik Hayti. " " Auch diese Freiheit strebte Bonaparte, durch Sendung
586
von 40000 Sildlingen zu rauben, darunter polnische Legion, welche seine Siege erfechten half, im Vertrauen, des von dem Ungeheuer ihr gegebenen Versprechens, sie in ihr durch ihn zu befreiendes Vaterland zurükzuführen.
Er
aber fendet sie nach St. Domingo , Freiheit, Befreieten zu rauben.
Aber selbst der Schandthat Spize , Ermor-
dung des edlen Toussaint Louverture, rettet diese 40000 nicht , Wenige sehen Frankreich's Boden wieder.
So
lehren auch nur eben gleich Vieh auf Mårkten feilgebotene Sklaven : „,,,Daß Zusammenhaltendes „ Volk, ” در " dings nie zu überwinden ist.” ”
ſchlechter-
6. Nun noch unzweideutige Probe , ob Du mein Leser diese Schrift verstanden ; diese ist : wenn Du Dich nicht über folgende Behauptung ,,daß Alle Wissende
fich
wunderst.
Nemlich :
innigst freuen
müſſen,
,,daß Robespierre 27. Juli 94 ermordet ward !!"
A.
Nicht
wahr,
nachdem
gesamter Literatur *) ist ,
welche
diese
Schrift
Robespierre
erste
absolut
zu einem der ersten Heroen gesamter Geschichte erhebt —
*) So weit diese dem Verfasser bekant , welches freilich eine sehr eng geftekte Grenze ; denn nicht nur kent er ausländische Literatur gar nicht, sondern außer Philosophie sehr wenig der Teutſchen. So höre ich sol z. B., außer S. 329 Angeführtem, auch der würz dige Luden in seiner Geschichte neuester Zeit, Robespierre ehrenvol erwähnen, aber auch diese Schrift habe ich noch nicht, wie ich denn überhaupt erft sehr wenig, gelesen ; daß aber dieses Wenige ,, recht" gelesen worden, gibt ja wohl vorliegendes Werk Zeugniß.-
587 ja, fast zu absolut Allerhöchstem, mit dem selbst ein bis zu Robespierre Einzig gewesener Moses kaum Vergleichung aushält, vielweniger Religionsstifter und echte Philosophen, weil diese, und wenn sie auch allerhöchste Idee theoretisch und praktisch
volkommen
darstellen,
doch solche ausdauernde Geistes - Kraft als bloße Lehrer nicht offenbaren können, wie Moses und Robespierre - jener 40 Jahre hindurch ein völlig entartetes Sklavenvolk im Zaum erhaltend Unentbehrlichsten ,
bei häufigem Mangel des
dieser 25 Millionen
im
höchsten
Grade aufgeregter Menschen, und zwar so leicht ausartende Franzosen, über denkbar schwierigste Verhältniſſe glüklich hinüberleitet -- also , obwohl Robespierre zum Gipfel des Ruhmes
erhebend , behauptet diese Schrift
dennoch, über deſſen Ermordung ſich freuen zu müſſen, ift größerer Widerspruch denkbar ? Ueberlege nur ruhig und Du wirst beiſtimmen. Diese Schrift stüzt sich auf Haupt - Grundfaz : Alle Staats-Macht ist ursprüngliche und schlechthin nie
zu
veräußernde Volks - Macht;
ohne Eine Ausname
Alle Regierung
ist daher Volks - Ermächtigung,
und absolut jede Regierung welche dieses nicht völ lig unbedingt anerkent, hat Recht ihrer Anerkennung (Vergl. St. R. Grf. 1. bis 5. S.
selbst aufgegeben. 36 bis 38.)
In Frankreich ging 1789 diese Volks-
Ermächtigung von Ludwig XVI. auf Volks - Erwählte National-Versamlung über ; von dieser eben so 1791 auf Gesezgebendes-Corps, wie von diefem 1792 auf Convent. Dieser endlich übertrug seine ihm absolut rechtlich zustehende Macht 1793 dem Wohlfarts- Ausschuß , wie
588
-
dieser einen großen Teil der feinigen an Robespierre. Allein weder Robespierre's , noch
des Wohlfarts -Aus-
schuß Macht war unbeschränkt erteilt, der Convent hatte Oberschieds-Richter-Amt ſich vorbehalten ; der W. A. hatte keineswegs Gesezgebungs-Recht, sondern nur Recht welche vorzuschlagen, und die vom Convent genehmigten in Ausführung zu bringen.
Daher der edle Robespierre
nichts mehr denn Anarchie hassend , seine nichtswürdigen Collegen , nicht wie er ganz zweifelsfrei gekont, (vergl. S. ---328. 29.), arretiren låßt — ſondern sie bei ihrer gemeins schaftlichen rechtlichen
Oberbehörde,
dem Convente
verklagt , wodurch er völlig unzweideutig unmittelbar dessen Entscheidung sich unbedingt unterwirft. Wünschenswert ist's demnach allerdings, Robespierre håtte sich nicht nur der vom Conv. geordneten Arretirung willig unterworfen, wie er's wirklich that, sondern auch
der Befreiung
durch seine Anhänger widerstrebt.
Hast Du aber etwa Lust ihn deshalb zu verurteilen ? Trit vor, es sey Dir erlaubt, jedoch nur unter Eis ner Bedingung : „ daß Du Eine Einzige Groß- That ,,von Dir volbracht nachweisest, deren dieser Held Taus „send volbracht. „ rühmen
Kanst Du einer solchen Dich nicht
so schweige ! Denn absolut nur diejenigen,
„ welche selbst ruhmwürdiger Thaten sich erfreuen , haben „ über Geschichts -Helden volgiltiges Urteil, kein Schwäch,,ling der kaum Kraft genug sich selbst zu erhalten, viels ,,weniger Kraft Anderen mitzuteilen. " Zur Entschuldigung Robespierre's dient übrigens, daß September-Mörder und berüchtigter Räuber Tallien, *)
*) Dieser und seine berüchtigte frühere Maitreffe , dann , so lange
589 im Convente 27. Juli- einen verborgen gehabten Dolch auf Robespierre züft , ihn im Heiligtum der Geseze zu ermorden drohet, wenn er nicht arretirt würde; der Convent aber anstat diese Schandthat auf der Stelle durch Hinrichtung Tallien's zü züchtigen , weder Robespierre noch St. Just Verteidigung gestattet, sondern diese durch übertäubenden Lermen, selbst Journalisten entzieht, und sie ungehört verurteilt, wodurch er offenbar seine 匾 Würde einer Volks - Vertretenden - Verſamlung · so ›sehr selbst verlegt , daß er von diesem Tage an als folche nicht mehr zu respektiren ist.
Die von Robespierre
seit vier Jahren durch seine Geistes-Macht hintertriebene Anarchie, war durch diese Schandthat vom Convent fattisch eingeführt,
und sie dauerte
faktisch
auch
wirklich fort, bis Napoleon die sich selbst geschändeten Gesezgeber vermittelst Bajonette durch die Fenster auss einander jagt; welche, unter obwaltenden Umständen * an sich nun nur nicht lobenswerte That, er erst dann zur Schand that herabwürdigt , als er durch andere wirks liche Schandthaten bewiesen, daß er auch jene nicht des Vaterlands wegen , sondern seiner Selbstfucht zu .Cauve fröhnen volbracht.
Nichtsdestoweniger follen wir uns über Sieg des
er auf Direktor : Posten Hofnung , Gemahlin Cabarru → dié finkt, verz tung undnmehr er mehr , nachdem ibn sofind lange fie diese, fåltinBera Carama den Grafen und an läßt jedoch gelten , hochverehrt von Bonaparte und Josephine , (bergl. deren und Bourienne's Memoiren), werden , nachdem man sie nicht mehr braucht, als unangenehme Erinnerungsstufen beseitigt ; zur . h 649 Karakteristik dieses Eroberers dienend.
590
entehrten Convents- und Ermordung des edlen Robespierre's freuen ?.
Ja! Eben darum weil Robespierre
edel erhabener
Mensch, sollen wir uns dei den am 27. Juli 94 in Paris vorgewaltet habenden Umständen über seine Erz mordung freuen.
Denn z . B. ich sehe keine Möglich-
keit, wie Robespierre , wenn feine Partei siegte , nach 27. Juli in seiner reinen Erhabenheit sich hätte erhal ten können.
Mit seiner Ermordung trat Anarchie ein,
feine Erhaltung aber war ebenfals ohne Anarchie unmöglich.
Volks - Macht ruhete , rechtlich im Covente,
nur das Volk hatte also rechtlich Macht diesen aufzulösen , nicht Robespierre ; da nun zufolge absoluten Rechts-Begrifs, edlere Folgen durchaus nicht in Anschlag kommen dürfen , dieser Rechts-Begrif aber nur
in
Robespierre und St. Just Persönlichkeit angenommen hatte , während übrige Conv . -Mitglieder ihn kaum kanten , so war jener Ermordung viel wünschenswerter als des Conv. Auflösung , weil hierdurch nur Unwiffende den
abſolut göttlichsten Begrif schåndeten,
während wenn Conv. unterlag, er von Wissenden ges schåndet ward.
B.
Auch flårt Gråulscene des 27. Juli, ein noch
überall verbreitetes Vorurteil auf.
Priester und Aristo-
kraten nemlich, hören nicht auf, sogenante Aufklärung als Revolutionen (im niedrigen Sinne) erzeugend zu låstern , der Sturz Robespierre's aber bezeugt unverkenber, daß alle stürmische Revolutionen nie von Aufgeren Elårten , sondern abſolutzimmer gerade, entgegengesezt
591
von Blinden ausgehen , wie ja auch Wortsin bezeugt: Aufklärung = Erhellung , Licht im Gegensaz von Blinds heit
nächtige Finsterniß.
Welcher Unsin , Menschen
werden bei Nacht sicherer rechten Weg als bei Tage. finden? Was karakterisirt denn Menschen? alle Mal Geist , nicht Körper.
Ein für:
Wodurch gibt Geist
Sich fund? - • Ein für alle Mal durch Gedanken-Mits teilung. -- Ist hienach irgend zu zweifeln , auf weſſen Seite Recht ist ? Aufgeklärte fordern nicht Unterdrükkung nichtiger Gedanken-Mitteilung ihrer Gegner , der Finsterlinge, diese aber allerdings Unterdrükkung und Verfolgung erhellender Gedanken - Mitteilung Jener. *) Wåren sie nicht blind , unmöglich könten sie verkennen, daß durch diese ihre Forderung fie unmittelbar ihre schmähliche Geistes- Armuth bekennen , ihre verächtliche Feigheit, die sich vor Geiſtes - Kampf fürchtet , zweifelsfreier Niederlage gewiß ! — Licht ist auch phyſiſch der Menschen unentbehrlichstes und
wohltätigstes Element,
*) ,Aber auch Robespierre unterdrükte die Presse ?" Mit großer Weisheit. In damaliger Aufregung , wo Alle Leidenschaften gräßlich wüteten , war Presse Feuerbrand in den Händen Blin, der ; und überhaupt , wird kein Vernünftiger für andere denn rein wissenschaftliche Schriften unbedingte Preß , Freiheit fordern ; Romane, vol nichtswürdiger Unsitlichkeiten , durch Leih-Bibliotheken in Hände von Kutschern und Dienstmädchen gebracht , und dergleichen unwürdige Schriften überhaupt,, bedürften allerdings auch im Frieden weit ftrengerer Censur als bisher. Nebenbei ſey erinnert, daß Convent und Direktoren nach Sturz Robespierre's Journaliſten ausdrüklich_zu freiem Tadel auffordern , dann aber die Tadker durch wilkürliche Befehle , bestehenden Gesezen entgegegen und ohne Richterspruch, nach Cayenne transportiren laſſen. Diese Maxime befolgte Bonaparte auch mitten im Frieden , fogar Tribunat auflösend, wegtas, das feiner Tyrannei zu widerſprechen wast.
592
in wessen Hand wird's zu verzehrender Flamme ? → In der des Sehenden, und damit umzugehen Verstehens den, oder in der des Blinden , und ſeine Wirkung nicht Erkennenden ? - So weist doch nur Ein Beispiel in Gesamt- Geschichte nach, wo Sehende und Erkennende ju aufforderten ? Ihr könt nicht!
Aufruhr und Mord
denn ein für alle Mal, haben von Begin der Geschichte bis
diesen Tag nur Blinde Aufruhr
predigt ,
und
zwar
Sehende
zu
und Mord® gez
tödten
empfehlend,
eben darum weil sie durch Geistes-Macht jene unmöglich besiegen können.
Sehende fordern Frieden und Eins
tracht , als Wissende , daß nur im Frieden GeistesSaat wuchert, Blinde predigen Krieg ,
weil sie nur
im Kampf der Leidenschaften , wo Körper -Kraft gilt, bestehen zu können hoffen. In diesem Thier - Kampf freilich, erliegen Sehende der Menge und zwar zwiefach, sowohl dem Leibe nach, wie natürlich, wenn hundert Bewehrte Einen Unbewaff neten meuchlings überfallen - als auch selbst dem Geiste nach,
worauf hier
in
Bezug
vom 27. Juli 94 gezielt ist.
Robespierre's
Sturz
Nemlich , sogenant Klugen,
ist absolut jedes Mittel recht, was zu ihrem Ziele zu führen verspricht, sie scheuen drob keine noch so niedrige Selbst-Herabwürdigung .
Daher ist's z. B. dem Welt-
Eroberer Napoleon noch als Kaiser nicht erniedrigend, durch Adjutanten von Regiments - Obersten nähere LebensUmstände ihrer ausgezeichneten Soldaten aushorchen zu laſſen, womit Er dann jene überrascht , wiffender , bewundert,
um als All-
angebetet zu werden ; für selbst-
süchtige Zwekke Verfolgende allerdings nüzliches Mittel,
593
durch erniedrigendes Intereffe an sich zu feffeln. Stolze hingegen, jeder Selbstfucht fremd , gemeines Wohl geistige
erstrebend ,
Erkentniß
vest
zu
welches gründen
nur
Edel1 all-
allein auf rein möglich,
vers
schmähen ? - Nein! dürfen keinen Schleichweg eins schlagen Edelstes zu gründen, als dem Begrif des Edlen an sich geradezu
widersprechend.
(Drum nebenbei
apodiktisch gewiß , daß Jeder, absolut Jeder Schleichwege-Wandelnde ,
und sey es
edelsten Zwekkes wegen,
auf's Mildeste beurteilt , Halbling ist, durch den nimvest gegründet wird. *) ,,Selbst
mermehr Edles
*) Schleichweg ist nicht, wenn jemand z . B. echte Philosophie als Theologie vorträgt, wolte Gott , jest sogenante Philosophen lehrten solch echte Philosophie wie Tauler vor 400 Jahren. Ferner ist nicht Schleichweg , wer ſiegend dialektischer Kunft sich bewußt, Gegnern gleich Sokrates scheinbar nachgibt , deren Unfin defto gewisser aufzudekken u. s. m.; sondern Schleichweg ist, wenn gerechte Zweifel ob echter Liebe zur Wahrheit bleiben, d. i. ob Gesinnung ! weil dieses Sophisten - Art , verderblis cher als offene Lügen- Lehren . Dies sey durch nahes Beis denn es unbedingt zuzuges spiel erhärtet : „ Vorausgeset ben gibt's durchaus keinen zureichenden Grund — allein vorauss gefest , Evangelische ( ?) K. Z. Redaktion meine es mit ihrer Obskurität ehrlich, dann ist sie ohne Verhältniß ehrenwerter als Diejenigen , welche Wahrheit lau verfechten , so daß gerechte Zweifel, welcher Partei sie zugehören. Ja ! jene obskure Redaks tion bliebe gegen diefe Halblinge selbst dann noch ehrenwerter, wenn sie zur Ermordung ihrer Gegner offen aufforderte , oder Staats Gewalt um Hilfe dazu anſpräche -freilich müßte sie dann auch Math. 26. 52. u. 53. mit diesem ihren Verfahren übers einstimmend zu beweiſen verpflichtet seyn - weil absolut nie offener Feind so verächtlich , denn zweifelhafter, Mantel nach Wind ändernder, Freund. Ewig giltig Solons Gesez : ,,Wer im innern Parteien-Kampf neutral , ist als Nichtswürdigster, PrivatsIntereffe über Allgemeines selbstsüchtig Erhebender, durch Tod oder Verbannung fortzuschaffen." Eben so ewig giltig ist übrigens : ,, Ehrlichkeit beste Politik !" und zwar nicht nur in Diplomatie, sondern überhaupt in absolut Allen , Allen Lebenss
1 [ 38 ]
594
Kant empfielt ja aber in mehren Stellen feiner vers - Lefer! mischten Schriften (scheinbar ) jenen Weg ?” Schon vielmal ist Dir gesagt : „Recht ist eben Recht an sich, daher absolut an keiner Persönlichkeit gefesselt, drum haben auch Kant und selbst „ Höhere " - nur da Recht , wo sie eben Rechtes , und Unrecht da wo sie Echte Wahrheit Verkündende Unrechtes verkünden . vermeiden schlechterdings überall Schleichwege, die ja of= fenbar mit Wahrheit unmöglich übereinstimmen nen.
Drum sind nur diese
echt Religiose ,
könHalb-
linge nimmermehr Religiosen beizuzålen .” Vergl. S. 139.) Solch Edel-Stolze , solch echt Religiose waren RoSt. Just , und darum verſchmäheten ? Nein! durften sie nicht - und noch bestimter , kons bespierre und
ten * ) sie nicht durch Schleichwege weder Republik noch
Verhältnissen ; jene neutrale Schwächlinge nemlich , von beiden Parteien gehaßt und verachtet , müſſen in der Regel am Ende Zeche betalen. Auch dieses beweist keine frühere Geschichts- Periode so evident wie die französischer Revolution,,,außer Venedig, am Daher sey nebenbei bemerkt ; daß auffallendsten Dänemark.”. feit 1815 keine Welt:Begebenheit mich so freudig überraſchte, als jüngste Adreſſe französischer Deputirten - Kammer . Brav, überaus brav ist sie , weil „ entschieden ” nach Art Hippos krates , wie Plato schön berichtet : nicht wie meiste Aerztlinge , eben so innere wie offene Wunden Behandelnde , in fteter Furcht Kranken wehe zu thun, ſie ſie chend erhalten , „ nein ! thätig ,,zu seyn ist des Menschen Bestimmung , drum leb' oder sterb' er; ,,und darum ist schlechthin überall, so bei Leibes, wie bei Geistes„ Krankheit, kräftig einschneidender Arzt, des Uebels Wurzel zu ,,heben Entschlossener - der allein Tüchtige ! " *) Nur Halblinge , d . f. Unwiffende , nehmen , ihnen bequem, bald Gesez, bald Zufall zum Welten Herscher ; Wissenden ift apodiktisch gewiß , absolut überall nur „ Gefe;" (= Natur daun Vernunft) des Weltalls herſchendes Princip, drum auch Wissende nur von echter Religion wissen , Halbs
595 Sich Selbst erretten nur wollen - und darum erlas gen sie Mörderstreichen sogenanter Klüglinge, so wie
linge aber, so wie überhaupt , auch von Religion nichts wissen, daher vom Hochmuts : Satan beherscht : „ Sich als Gottheit anbeten." Da jedoch in Wahrheit Urgesezgebung übers all und absolut unbedingt herscht ( daher nebenbei sogenante Willens:Freiheit , unsin höchster Potenz ift) , so können Edle absolut nie, durch schleichende Umtriebe, weder Sich Selbst, noch Edles an sich aus noch so dringenden Gefahren erretten, auch wenn sie wolten - ,,weil es ihrer edlen Natur widerstrebt." Wodurch apodiktisch gewiß ," daß wahrhaft Edle nie, absolut nie Demagogen seyn können , weil diese ohne Verstellung und Heimtükke ihren Zwek nicht zu erringen vermögen, Edlen absolut unmöglich, welche stets offen verkünden was sie bezwekken. (Ueber Nicht - Können der Edlen, anders als edel zu seyn , vergl. unter A. Bekentnisse Huß und Spinoza's, Apologie des Sokrates S. 495. u. 496. , und besonders merks würdig: ,.Liter. Blát. Börsen Halle Nr. 426. S. 567.:,,Danton sagte von Robespierre : ,,,, Er fürchtet sich vor dem Gelde !!" " Ganz recht! Edle ,,fürchten" nichts mehr , denn unedel zu handeln ; vergl. Anm. S. 496. So hatte Danton wirklich keine Ahnung , daß er von seinem so tief unter ihm stehenden Feinde (vergl. Schlosser und Girtanner) „ nichts Robes, ,,pierre's erhabenen Karakter Bewährenderes auszusagen vemochte, ,,als daß er ""Geld gefürchtet ," weil Geld leibbaftiger ,,Satan Selbst ist!") Daher Robespierre Unterschied zwischen echt republikanischen und despotischen Marimen in seinen Reden treflich also farakterisirt : ,,unverkenbares Zeugniß innerer Güte unserer Grundsäze gegen die unserer Feinde ift , unsere offene Darlegung derselben , während jene nichts mehr denn Deffentlichkeit fürchten. " Um so höchst merkwürdiger Bekentniß großen Pitt's, Parl.Giz. 29. Januar 94.:,,Obgleich jezige Regierung in Paris ,,alle Offenheit einer Demokratie affektirt, (hört !) so übt ,,fie doch alle Macht , die jemals unbeschränkteste Monarchen ,,gehabt , und handelt mit solcher Lift und Verschwiegenheit, ,,(hört, hört !) daß es fast unmöglich , ihre Absichten zu ent ,,dekken !!" Keine rühmlichere Anerkennung treflicher Res " gierung gibt's , als die eines großen Feindes ; Pitt tausend Millionen zu Bestechungen verschwendend , dadurch , was in " allen Kabinetten Europa's vorgeht , früher erfahrend , ehe die Regenten selbst, kann Absichten einer von 700 Bürgern gez leiteten Regierung nicht erraten ? -Weißt Du warum nicht ? -
596
Sokrates , so wie Jesus und diesen Göttlichen Aehnliche , von jenen Klugen scheinbar besiegt , und bis zum lezten Tage erliegen werden.
erlagen,
Scheinbar ,
nicht in Wahrheit erliegen jene Göttliche, indem Ihr solchen Siegs
Euch
Erfreuende
stokblind seyd ,
Eure
schmähliche Niederlage in Eurem scheinbaren Sieg nicht zu erkennen.
Denn, welche Namen werden gefeiert noch
nach Jahrtausend ?
Etwa Melitus , Anytus ,
Pilatus,
Kaiphas und diesen Nichtswürdigen Aehnliche, nicht aber Sokrates und Jesus ? - Beklagenswerte Menschen-Larven! ""Gleiche Verehrung erwartet Robespierre noch 8 ,,nach Millionen Jahren , während seine Mörder ewiger „Fluch erwartet , wie Ihr ewiger Vergessenheit bestimt, ,,namlos verschwinden werdet.
Jene haben in Wahrheit
,,ewiges Leben Ihrer - Selbst gelebt , und leben darum „ewig ; Ihr nie gelebt Habende seyd todt in Euch selbst - wie köntet Ihr fortleben ? ”
Du kanst Dich heilig drauf verlassen , nur darum nicht: „ Weil fie offen handelt !!" Der, Macchiavellische Diplomatie vers ehrende, an Offenheit schlechterdings nicht glaubende Pitt, wird durch Selbst Betrug verblüft , superfeine Klugbeit vors aussezend , wo nichts als einfache Ehrlichkeit herscht. Daher ist Ehrlichkeit beste Politik besonders gegen Schurken , welche durch Bewunderung nicht entdekter Feinheit ihrer Gegner in Todesangst zu dümſten Hilfsmitteln greifen , sich immer tiefer verwikkeln und selbst verderben , während Ehrliche weder rechts noch links vom geraden Wege abweichend ihr Ziel sicher treffen. (Merkwürdig , schon Agefilaus Urteil: - vergl. Plutarch ,,Gegen einfach tapfere Völker helfe Lift nichts : weil fie fie nicht verstehen. ") Diese einfach offene Politik Robespierre's gibt nebenbei volständigsten Aufschluß über glühenden Haß , wos mit ihn Pitt und alle Diplomaten bis diesen Tag verfolgen ; ,,denn wäre Robespierre leben geblieben , es gåbe schon heute ,,in Europa keine Macchiavellische Diplomatie mehr !"
-
597 7.
Indem wir daher als Wissende der Urgesezgebung anbetungsvollen Dank zollen, für uns rein erhaltenes erhabenes Bild Robespierre's , feine Ermordung , unter vorwaltenden Umständen als nothwendig erkennend, haben wir zu vollem Verständniß seines Werts ,
noch
Schwierigkeit seiner Stellung zu betrachten. A. Mit der seinen Geist karakterisirenden Tiefe,
unterscheidet sich sein Urteil beim Königs - Prozeß von dem
aller Uebrigen wesentlich
dadurch , daß Jene
Geseztitel aufsuchen , hienach zu richten, dagegen Robespierre stets dies geradezu erklärend :
als
abſoluten Widersin verwirft,
Convent sey gesezlich des Kd-
nigs Richter nicht , könne mithin als Solcher ihn nicht verurteilen an sich einfach klar , da der König zufolge Konstitution unverantwortlich und unvers lezlich - darum bestehet Robespierre darauf, diesen so selten
vorkommenden Fall
echter Politik zu beurteilen.
vom
höchsten
Standpunkt
Von hieraus kümmert ihn
nemlich nicht, ob der König Todes schuldig ; mag er als Mårtyrer geopfert werden, welcher nur irgend als Mensch sich Fühlende,
nimt Anstand
für das Wohl
von 25 Millionen Schafot freudig zu besteigen ? Es gilt → diese mit heiliger Vaterlands - Liebe zu begeistern , nur hierdurch ist Hofnung möglich , dem Angrif Europa's , „ dem Geſchik Polens” zu widerstehen.
Im
Bewußtseyn , daß er selbst sein Leben freudig zu opfern bereit ; im Bewußtseyn
daß Eines Staats Bewohner
Eine Einheit bilden , in welcher Einzelne nur unter< geordnete Glieder, und daher im Bewußtſeyn , daß es
598 besser, Ein Glied verderbe, denn ganzer Leib sem Bewußtseyn
allein
in dies
echter Staats- Regierungs-
Kunst , gibt er seine Stimme zu des Königs Verurteilung , wie zu allen ſpåtern , darunter , wie er in seinen Reden offen erklärt , seine Pethion u. M. *)
besten Freunde, Roland,
Fern ist ihm dabei Haß und Ver-
folgungssucht , er opfert diese , wie sich selbst , dem allgemeinen Wohl.
Darum auch ist er wider Verurs
teilung der Königin und der Prinzeß Elisabeth, Beide weder höher noch tiefer als Ludwig stellend , aber dieser Leben gefårdet Frankreich nicht , mithin ist deren Verurteilung wirkliches Verbrechen.
Für diese jedoch so
zu streiten , wie für die 73 Girondiſten, (Vergl. S. 557.) sein Leben für diese in Gefahr ſtellen ,
dazu fühlt er
keinen Beruf, er hat genug gethan sich von jeder letz denschaftlichen Verurteilung in jener Zeit frei zu erhals ten , wo alle feine Collegen , außer St. Just, nur von Leidenschaft sich leiten lassen.
Doch rettet er unter An-
deren auch einen völlig Unbekanten , vom Convent schon Verurteilten, der ein falsches Aſſignat von 5 Liv . ausgegeben , der es aber als falsch nicht erkant hatte. B.
Durch diese ihn auszeichnende klare Besonnen-
heit, welche in seinem Staatsleben durchweg deutlich heraustrit , war er es auch allein , welcher volkommen Schwierigkeit der Leitung solcher Revolution erkante,
*) Just's Rede merkwürdig bei Verurteilung Dantons : „ Wie Tiz tus Manlius müſſen wir von seinen früheren Verdiensten um's Vaterland abſehen , und nur seine jezige das Vaterland bedrohende Umtriebe beachten ; ob feiner früheren Verdienste liebend , ihn allgemeinem Besten ,, opfern?"
599
wovon, in von Schlosser gerühmten Häuptern der Gironde auch nicht Spuren zu entdekken sind.
Diese Er-
bårmlichen verurteilen den König und hoffen ihn zugleich dadurch zu retten, indem sie an das Volk apelliren. Richtig
erkent Robespierre
dringende
Gefahr
dieser
Apellation, da es offenbares Bekentniß unmittelbar enthålt : „ der Convent sey zu außerordentlichen Maßregeln Durfte er dann Krieg führen, ,,nicht ermächtigt !!" oder Frieden schließen? Nein, ganz gewiß nicht ! Bis wie weit aber reichte denn dann seine Ermächtigung überhaupt ? - Das wußte dann Niemand ! Welche unvermeidliche Folgen dann ? Schlechthin unvermeidlich Anarchie , und Frankreich verloren. Sichest Du Leser, was folgerichtiges Denken erzeugt? Während sogenante , aber völlig unwiſſende Geschichtschreiber Robespierre des denkbar größten Unsins anklagen :
„ Volks - Herschaft,
Volks - Souverainitåt
„erstrebt zu haben , findet sich bei richtiger Beurteilung „absoluter Gegensaz :
Kein Staatsmann gesamter Ge-
„schichte , der Volks - Herschaft mehr verabscheuete als "gerade Robespierre.
Des Volks unverlezbare Men-
„schen-Rechte streng zu achten , dessen Regierung aber ,,nur durch Convent mit unerschütterlicher Vestigkeit „zu leiten , selbst den Jakobinern darin keine Ein„ mischung zu gestatten
so spricht Robespierre fich in
„allen seinen Reden und Handlungen aus. „ſein Dringen
auf des Convents
und
Daher
der Ausschüsse
„Einigkeit, daher „ darf” Revolutions - Gericht nicht „falsch verurteilt haben, selbst dann nicht , wenn es „wirklich falsch verurteilt hatte , welches aus Jedem
600
jugänglichen Akten mit unverkenbarer Deutlichkeit hers „ vorleuchtet ; und daher sein unaufhörliches Dringen „ auf Regierungs- Concentrirung ! !”
C.
So it's wahrlich schlechthin unmöglich, daß
Du nicht zu höchster Bewunderung hingeriſſen wirst vor unvergleichbarem Manne, der, außer St. Just, absolut allein stehend , zugleich zu allerhöchster Idee Gottes, als rein ideale Urgesezgebung gedacht , also zu reinster, aller Form möglichst entledigter, darum echtester „ Res ligion" - und zu einem damit in untrenbarer Verbin dung stehenden Frei - Staate die Menschheit zu erheben in kühner Selbst-Macht seines übermächtigen Geistes beschließt, und diese allerhöchste Idee , welche jemals einen Menschen begeistert, mehre Jahre mit unzuerschütternder Standhaftigkeit , so theoretisch wie unmittel bar praktisch zu verwirklichen strebt, bis Mörder seine Wirksamkeit gewaltsam zerreißen. Bedenkst Du , daß selbst Moses Prinzliche Erzies hung genoffen , hiedurch unter seinem Volke als geehrter Fürst eintrit, zwar auch allein ſtehend, aber dafür auch ohne Einen Nebenbuhler, dagegen Robespierre nicht einmal Pariser Bürger, ſondern ein unbekanter Provinzial, in National -Verſamlung unter 1200 durch Adel , Rang und Talent Ausgezeichnetste, von 25 Millionen Erwählte eintrit, dann im Convent unter 750 Erwählte , welche teils unter den 1200 der N. V. gesessen, teils was ih nen an Adel , Rang und Talent abgeht, durch wildeste Leidenschaften zu ersezen_ſich bemühen ; Alle diese ohne Erkentniß der Pflichten ihres heiligen Berufs, ohne An-
601
-
schauung des Bildes, des zu gründenden Staats ; Alle ohne Erkentniß geistiger Freiheit, darum viehische Wilfür für Freiheits - Idol haltend und eifersüchtig bewas chend; Meistzal aber überdies Verwirrung erstrebend um zu herschen, und Herschen erstrebend um in Sinnengenüssen zu schwelgen ; diese ohne Ahnung, es könne ir gend jemand außer Sich , Sich, Sich noch Etwas lieben, und
am Wenigsten „ bloßes Ideal , "
Schloffer S. 553) , und
dieses
lediglich
( vergl.
um Seines
selbst wegen ; diesen zur Seite ein Volk, in tauſendjåhriger Knechtschaft verhärtet ,
darum um so leichter bei
Freiheit-Verkündung in Gegensaz ausartend, wie daher überaus schwierig irgend einer Ordnung , einem Geseze sich zu fügen, weil dieses als Abbruch natürlicher Freiheit gemeint wird : -„ Ich beschwöre Dich Leser , blicke in Dich hinein, ,,und
meſſe Deine Willens - Macht mit der Robes-
„ pierre's, wie viel Du Dir vertrauen magst, in solchem „Chaos nicht nur Ordnung zu schaffen — nein ! aus sol„chem Chaos
absolut allererhabenstes Staats- Bild zu ― ,,gestalten ?!" Siehe ! Da völlig zweifelsfrei vest steht, daß überall Bild , der Verwirklichung vorausgehen muß , Fülle der Geistes-Macht
also schon durch Fülle der Kühnheit
womit Geist
Mächtige erhabene Bilder konstruiren Sich offenbart -- eben so wie geringere Geistes -Macht
in feiger Auffassung beschränkterer Bilder Sich verliert so stehen ja zweifelsfrei selbst Moses und Bach hinter Robespierre weit zurük , weil auch von dies sen kühnsten Geistern der Geschichte keine Bilder geschicht-
602
lich erhalten sind , gleicher Kühnheit des Bildes Robespierre's ! Er ftürzt mehrtausendjährige priesterliche und monarchische Autoritåt , und gründet dafür , ohne anderen Beistand
als seines Geistes Selbst - Macht,
und
bei
Widerstreben von 750 mit ihm in gleich åußere Macht Gestelten, die jeden seiner Schritte, mit nebenbuhleriſcher verleumden , - conventionelle
Eifersucht bewachen und Bürger - Autorität ,
wie sie
absolut beispiellos
in Ge-
schichte.
D.
Noch eine Schwierigkeit überwindet der un-
vergleichliche Held ,
gar nicht geringer denn die schon
bemerkten, die , der so leicht zu verkennenden Uebereinstimmung und Folgevestigkeit in seinen selbst verkündeten Grundsäzen. „Denn diesen zufolge , und zweifelsfrei volkommen „richtig , dokumentirt erhabener Karakter echter Revo„lution ſich eben nur durch „ Ungeſezlichkeit,” - daraus „ aber folgt scheinbar
folgevest,
daß Robespierre,
„Befolgung der vom Convent ausgehenden Geseze nicht ,,fordern kann, weil sie ja als gesezlich erhabenern Be„grif echter Revolution widersprechen !"
Siehe hiebei wieder Dokumentirung des erhabenen Geistes Robespierre's ; denn er allein von seinen Collegen erkent Richtigkeit dieses folgevesten Schluſſes , und dringt daher um so mehr
auf Vestgründung einfacher
Grundsäze , weil diese in absolut notwendiger Wechsel-
603
wirkung
höchst
einfache
drum
wenige
Geseze
erz
fordern. Beachte
hierüber
Haupt- Grundsaz :
Folgendes :
Von Robespierre's
„ Revolution ist notwendig ungesez
lich," ist auch kein Tausendteil nachzulassen , Allen irgend richtig Denkenden einleuchtend , feln :
da
stehender
bestehende Geseze
weil diese nicht zwei-
Verkehrtheiten
nur
bestehen ,
durch
diese
Schuz
bez
Verkehrtheiten
fortzuschaffen unmöglich sey , ohne Beeinträchtigung der Geseze. Daher auch ganz richtig Sokrates, Jesus ,
Huß ,
u. s. w.
gen Bestehendes , dig
aber
echte Revolutionåre ge=
nicht „ rechtlich ! ”
nach folgerichtig , vents - Geseze
als
„ gesezlich " *)
sich
des Todes
schul-
Schließt Du dem-
daß jenem Grundſaz zufolge Conselbst
widersprachen ,
so
folgere
nur weiter richtig — fiehest Du nicht was mit absolu― ter Notwendigkeit folgt ? Nichts Anderes als absolute „ Gesezlosigkeit" -Was heißt das ? - Nichts Anderes als gesezliche Anarchie ?
Nein!
nicht
einmal
dies , sondern anarchiſche Anarchie ; kurz , Du geråthſt bei dieser Art Folgevestigkeit rein in's Blaue , worin nicht
*) Sokrates nach ausdrüklichem Verbot der 30 Tyrannen , Jüngs linge nicht zu unterrichten ; Jesus zufolge vieler Stellen des Pentateuch ; Huß nach Hierarchischen Dekretalien , nach welchen auch Luther todeswürdiger Verbrecher. So waren ftreng genom men alle Kezer Verfolgungen gesezlich , und es kann noch dies ſen Tag in England ein von der Jury ausgesprochenes Urteil ge : sezlich nicht umgestoßen werden, wenn auch ſtriktefter Beweis des falsch gefälten Urteils svåter erwiesen wird , sofern in der Form nichts versehen worden. Wann werden Menschen endlich den so höchst bedeutenden Unterschied des Gesezlichen und Recht: lichen erkennen ? Wann einst Erkentniß überhaupt sie beglükt, nicht früher.
604
-
nur kein Bestand menschlicher, nein ! nicht einmal tierischer Geselschaft denkbar. Aber schon Zeno belehrt uns
ja
über echt und
falsch richtiges Denken, d. i. über philosophisches und sophistisches in folgendem Bilde :
„ Gewiß
hält Jeder,
Millionen Taler für viel, zehn Taler für wenig ; nim von der Million stets Eins fort , lege es Zehnen zu, so wird endlich aus der Million wenig und aus der Zehne viel, und zwar durch Verminderung und Vermehrung des Wenigsten; Du aber kanst unmöglich angeben , welches bestimt Wenige diese absolute Gegensäze hervorbringt.” Auf was zielt Zeno hiebei ? — „ Auf Maaßhalten, als schlechthin unentbehrliche Grundlage allen echten Denkens." Leser ! Auch dieses Maaß ist relativ , weil nach Verschiedenheit verliehener Geistes-Macht Einem viel zu viel dünkt,
was Anderem viel zu wenig.
Daher
dieses, echten Genius karakterisirt : „ Nicht in bloß leerem Bilde leer zu phantasiren , gleichsam in fieberkran kem, drum eben so leicht spurlos vorübergehendem Begeisterungs - Rausch , der ,
wie von Außen kommend,
ohne Selbst-Thätigkeit leicht aufgenommen eben so leicht verschwindet sondern , wissend " das Bild in sich selbst vol
erzeugend - nur
solch erfaßtes Bild
unmittelbarer Wirklichkeit,
und
darum vol
göttlichen Gehalts ist ewiger Dauer. Im echten Genius waltet demnach kein leicht vors übergehender Rausch, ihn beseelt des Lebens innerster Kern,
nicht auf Einen Tag , (vergl. Anm. 478) auch
nicht auf Ein Jahr, sondern , wenn nicht etwa Körper
605
unterliegt,
auf ganze Lebenzeit verliehen ,
und eben
daher bleibt Solcher von Minder-Begabten unbegrif fen , die ihn
darum entweder als Person gewordene Gottheit anbetend bewundern, - und zwar gar nicht mit Unrecht an sich, da
völlig zweifelsfrei
die Gottheit
außerhalb menschlicher Persönlichkeit als Bild (Ebenbild-Gottes), Sich uns nicht zu offenbaren vermag, außer Ihrer
unwürdig
in Schatten ,
Schemen und
Träumen u. s. w. Aberglauben erzeugend, der reiner Idee Gottes widerspricht und sie aufhebt ; also an sich nicht Unrecht, wenn Anbetende nur hinterher die Persönlichkeit fallen lassen und der Offenbarung reines Wes sen erfassen - oder bei noch minderer Begabung als Teufel hassen und verfolgen , und zu tödten lobenswert meinen. Darum auch ist Jesus , für Blinde absolut allerschlimster
Revolutionair
nichts Geringeres gleichsam
fordert
gesamter
Geschichte, weil er
als die Menschen
sollen
wie ein Handschuhe Sich völlig umkehren :
„Bis dahin verehrtes Aeußere nach Innen ziehen , und „ völlig verachtetes Innere nach Außen leuchten las„fen !" - Deffenungeachtet sagt er : „ Nicht bin ich ,,kommen Gesez aufzuheben sondern zu erfüllen ?!” — Offenbar liegt in diesen Worten derselbe scheinbare Widerspruch, wie im verkündeten Grundsaz Robespierre's und dessen Forderung Convents.
der Autoritåts - Anerkennung des
Allein unverkenbar offenbart sich hiedurch auch
als absolut dieselbe Blindheit , wodurch Alle Orthodoxen Lehre Jesu verkennen , so wie Robespierre's erhas bener Wert bis jezt verkant wird .
--
606
Es ist nehmlich der Blinden Streben Geschichtshelden unter sich herabzuziehen ,
(Vergl. S. 435 bis
439.), nicht Urgrund ihrer Blindheit, sondern selbst schon Folge eines ihnen
anhängenden
Diese ihre Grund- Krankheit Blinde,
„ Gott
selbst"
tiefern Uebels.
aber ist: „ daß sie,
unter sich herabziehen !"
Nicht ist ihnen ihr Gott , ein für Menschen annå herndes ideales Bild - sondern gleichsam ein bes quemer Reiſemantel, unter welchem» „jeder Anzug gerecht ſizt!!" -- Dieser Gott, läßt ihnen Tugend anwachsen, nicht dürfen sie deshalb sich irgend bemühen, zumal er auch ihr Sünden-Hehler ist , der ein gar güz tiger Herr , nur Sünden - Bekennung , nicht, fordert ; und so sündigen sie im
mehr durchaus Namen Gottes”.
fort, der an ihren Sünden ſich ſogar érbauet, da ja offenbar je mehr sie sündigen , ſie ihm desto mehr zu bekennen haben, Verzeihung erflehend.
Zugleich dünken ſie ſich in diesem ihren Sünden- Nicht- Leben absonderlich from — und mit den Worten Fichtes
Staatslehre S.
56 :
„Klagen sie, daß Du des heiligen Gottes spottest, so Du sie verspottest!"
(Dies nebenbei.)
Meinest auch Du mein Leser, daß Jesus unter „Gesez erfüllen" Beschneidung , Sabbathalten u. f. w. verstand , welche selbst Moses nur als VereinigungsSymbole , seines durch verschiedene Stämme auseinander zu fallen drohendes Völkchen einführte, nur als Mittel der Erhaltung, Mittel höherer geistiger Vereinigung vestzuhalten forderte ? Siehest Du nicht, daß Du hiedurch Paulus zu einem viel schlimmern Demagogen dann machſt,
607
denn selbst Jesus , weil Paulus ohne alle Umstände , all jenen Plunder
als
långst
in Fäulniß
übergegangenen
Sauerteig geradezu fortzuwerfen fordert ? Erkenne diese Heroen besser ; denn siehe, Moses schon sagt: „ Das Gesez habt ihr nicht nötig zu suchen , es ,,ift unvertigbar in eurem Innern !" *) Dieses seit Moses , obwohl von den Propheten erfrischte , aber doch fast völlig verloren gegangene ewig allgemein giltige innere Gesez , erneueten Jesus und Paulus - erneueten Luther und Spinoza , nachdem es abermals seit Paulus fast erloschen war , erneueten abermals in unsern - Robespierre und Tagen Kant und Fichte theoretisch
St. Just unmittelbar praktisch.
Im Geist Robespierre's werden wir demnach nur also folgevest richtig schließen : ,,Allerdings ist erhabener Karakter echter Revolution, „unterm
Schuz verkehrter Geseze bestehendes Verkehrte
*) Vergl. 5. B. M. 4. 29. Pf. 40. 9. und Jerem. 31. 33. Befons ders beachtungswert aber Römer 2. 13 bis 15, ganz volkommen deutlich Fichtſchen Haupt lehrsa; verkündend , schon auch von Luther verstanden , durch dessen Verweisung auf, als Paras lel-Stelle , Joh 3. 7. „ Laß dich's nicht wundern , daß ich sage : „ ihrmüſſet von Neuem geboren werden!” Röm. 2. 13 bis 15 aber lautet: ,,Nicht die das Gefe; blos hören sind vor „ Gott" gerecht, ,,sondern die es thun.” „ Denn so Heiden, die das Gesez (das Ges ,,schriebene) nicht haben , doch von Natur ( apriori) des Gesez ,,jes Forderung erfüllen, ſo find Sie Sich offenbar „ Selbst ; Ge "fe !!" Dadurch , indem sie beweisen, des Gesezes Fordes ,,rung fey in ihr Inneres eingeschrieben , und ihr ,,Gewiss „fen" (vergl. S. 92 ) ihnen Zeugniß gibt , dazu auch ihre ,,Gez ,,danken" ,,die sich untereinander anklagen oder entschuldigen !!" (Hört, hört ! Vergl. S. 517 bis 528.)
608
-
„fortzuschaffen, und sofern ist sie notwendig ungefezlich. ,,Wie aber vermeiden , durch Aufhebung bestehender Ges ,,feze nicht in viel schlimmeres Uebel völliger Gesezlosig ,,keit zu verfallen, d. i. in Anarchie? - Gibt's denn gar „ keinen diese furchtbare Extreme vermittelnden Haltpunkt ? Ja es gibt ! „ Das ewig giltige von allgütiger Ur"gefezgebung ,,welches
in unser Inneres eingegrabene Ur- Gefefe
jene Verkehrtheiten
nur
verdekken
aber nie
„ völlig tilgen , dieses Gesez läßt sich , wenn wir nur ,,selbst einig vereint uns
deshalb bemühen ,
„Tage fördern , wozu wir
leicht zu
sogar um so verpflichteter
„find, als wir jene auf verkehrte Gesezgebung gegründete „falsche Autorität nur dann rechtlich gestürzt ha„ben, wenn wir rechtliche Autoritåt an ihrer Stelle „erheben, unrechtlich aber , wenn wir der früheren ähn ,,liche falsche Autorität gelten lassen ; denn dies wår „nur Umtaufung
an sich
,,Veredlung des Wesens. ,,Bedingung , wodurch
leerer Namen,
und nicht
Was ist demnach unerlaßliche das
Volk
überzeugt wird ,
es
,,habe nicht für Einen , 700 Tyrannen erhalten ? Sehr „ einfach die,
daß
ewiges Gesez
in uns ,
des
Con-
,,vents gesezgebender Persönlichkeit , lebend heraustrit ; „ da an sich nichts Widersinnigeres denkbar , als wenn „ Gesezgeber ihre eigenen Geseze nicht befolgen, und deren ,,Respektirung doch von Anderen fordern.
Indem wir
„also frühere verkehrte Geseze völlig fortwerfen , können ,,wir der Charybdis entgangen , der Skylla Rachen der ,,Anarchie unmöglich anderes entrinnen, (eigene Worte „Robespierre's ) , als durch eifrigſte Bemühung , der „von uns ausgehenden Gesezgebung desto höhere Ehrfurcht
609
„ verſchaffen zu müssen , welches nur möglich , indem „wir, so wie wir uns selbst ihr unbedingt unter,,werfen, eben so mit unzuerschütternder Vestigkeit und „Strenge für sie unbedingten Gehorsam von allen „Bürgern fordern.”
„Ist aber weniger anarchisch was bisher geschah? ,,Von 1789 bis heute (1794) sind von National-Ver„ſamlung , Gesezgebendem- Corps und Convent, nicht wes ,,niger denn über 20000 , sage mehr als zwanzigtausend „Verordnungen erlaſſen ; ist's denkbar , daß diese Maſſe „von Gesezen ſich nicht vielfach widersprechen und ein„ ander geradezu aufheben müssen?!" „Sind bestehende ,
geradezu sich aufhebende Geseze
„ etwas Anderes als gefezliche Anarchie? *) Nach welchen ,,follen Richter entscheiden , nach welchen Bürger gesezs „ lich zu handeln wissen ? Und ist's
denn überhaupt
„ möglich , daß selbst nur mit Gesezen sich Beschäfti ,,gende von 20000 auch nur oberflächlichste Kentniß ers „werben können ? Mithin ist deutlich uns gestelte erha„ bene Aufgabe zu lösen vorgezeichnet : ,,,,Wenige ,
aber gute
Geseze , jeder Fortbildung
„ „ fähige , ja ! möglichst Fortbildung durch Sich Selbst. „ , „fordernde , und die zugleich unbedingte Autorität ,,,,gefezgebender Regierung erhalten !!" "
*) Findet sich diese ,,Gesezes-Anarchie" nicht in fast allen Staas. ten ? Täglich steigt Zahl der Geseze bis ins Unermeßliche , so muß ja der Geißt der Richter völlig ermüden und erschlaffen, tödtende Buchstaben Krämerei überhand nehmen , und Europa zu Chinesischer Geistesarmuth_herabfinken. Oeffentlichkeit geschwornen Gerichts ist allein fähig Geißt zu erwekken !!
[ 39 ]
610
So ungefår spricht der Geiſt Robespierre's mit unverkenbarer Deutlichkeit zu Jedem, der Sich der Allmacht Gottes eben so unbedingt mit Demuth unterwirft, wie er geistige Würde der Menschheit mit unbeugſam edlem Stolz verteidigt , so wie überzeugt ist , daß Beide Sich nur offenbaren können :
,,,,In Gott-Begeisterten Geschichts- Helden !!""
8. So ist denn , denk' ich , Forderung
nach
S.
119.
hierin gestelter GeschichtsB.
und
S.
285.
auch
Genüge geschehen , sofern mehr nicht als Skizze versprochen ist. Schlachten sind kaum erwähnt , als rein thierisch, über echt Menschliches nie entscheidend. Menschen karakteriſirt ,
ist Geist ,
nie
Was
Aeußerliches ;
Geist begehrt schlechterdings nur durch geistige Tätigkeit zu wirken ,
d. i. durch Lehre ;
wer hiezu Eisen-
Schwerts - Gewalt anwendet , sey es wer es sey, bekent unmittelbar seines
Geistes
Ohnmacht,
viehische Selbst- Herabwürdigung.
mithin seine
Mit Solchem
ist jeder, durchaus jeder geſchloſſene Vertrag, von deſſen ,,Db- Gewalt" diktirt , an sich , von vorn herein ungil tig, null und nichtig , mit
Tigern
und
eben so , wie wenn Menschen
wilden Bestien
etwa
geschlossene
Verträge , worin sie augenscheinlicher Gefahr, von diesen verzehrt zu werden , nachgebend , zu scheinbar ſchimpflichem Tribut sich anheischig machen , nie zu erfüllen verpflichtet sind ; denn jeder Vertrag fest an sich selbst schon echt menschliches Verhältniß voraus , d. i. „ gegen seitige" Anerkennung
„absolut
gleichen Rechts-
611
Standes ," auf absolute Unteilbarkeit des Geistes gegründet ,
demnach notwendig jeder Vertrag , worin
Einer nur zu leisten , Anderer nur zu empfangen hat, durchaus kein menschlicher ist , wenn aber kein menschlicher, dann eben gar keiner , weil zwischen Vich kein Rechts- Verhältniß existirt. A.
Dieses
abfolute und
allein allgemein giltige
„ Recht” unerschütterlich vest zu gründen , alles menschlichen Strebens.
ist Endziel
Geschichtliche Entwiklung
dieses absoluten Rechts an sich , offenbart mit evidenter Deutlichkeit Sich Allen echten Geschichts-Forschern ; drum waltet nur da echte Geschichte wo dies Stres ben deutlich in der Erscheinung heraustrit , wo nicht gibt's auch keine Geschichte ; weil Begebenheiten abſoluter Rechts-Verlegung nur Kampf wilder Thiere zeigt , nicht den von Menschen , Thiere aber haben keine Geschichte. Dieses
rein göttliche Streben trit ,
wie
in
nicht
Einer früheren Periode, in Frankreich von 1789 bis 1794 mit sonnenheller und belebender Klarheit heraus , und zwar zumeist als Persönlichkeit erscheinend in Robespierre und St. Just , also: ,,Idee überhaupt , als rein abstrakter Gedanke, ist schlechthin nichts mehr denn leere Phantasie, schwärmerisch gehaltleerer Traum schwärmender, nicht denkender Menschen.
Sol Idee irgend wirklichen Wert haben, muß sie
sich in wirklich lebenden Menschen personificiren, wodurch nebenbei gewiß , daß es schlechthin niemals andere Offens barung Gottes gegeben , als die in menschlichen Personen sich aussprechende ; besonders deutlich in der „ Idee" absoluten „Rechts ," da diese unverkenbar auf bestehende
612
menschliche Verhältnisse nur , mögliche Anwendung finden kann , nicht aber auf Verhältnisse gestalt- und bedürfnißloſer Geiſter. *)
Ohne demnach um phantaſtiſche
Paradiese und Höllen uns irgend zu kümmern , ist an ſich
evident deutlich
und
gewiß :
„ mögen
gesonderte
Seelen Menschen beleben oder nicht, mögen diese einst im Paradiese Tabak rauchen oder in der Hölle ſchmoren - alle diese nichtsnuzigen Schwärmereien stehen mit
*) Ohne Frage ist Haupt-Ursache des noch so geringen geistigen Forts fchrits im Allgemeinen , daß nicht nur absolut Unwissende in abs folut unfinnigen Paradiesen schwärmen , sondern leider auch bei weitem Mehrial mit Wissenschaften sich Beschäftigender , und zwar nicht nur mit falscher Theologie und falscher Philoſophie, sondern überhaupt mit Allen Wissenschaften. Gleichwie etwa gewöhnliche Regenten sich als außerhalb des Staats stehend ansehen, eben so Meiftzal Wissenschaft : Scheinbar Beslissener sehen ihre Wissenschaft als außerhalb wirklichen Lebens seyend an, ganz vergeffend , daß außerhalb des Lebens grauen; volle Nacht Herschaft führt ,,,worin , weil kein Lebenslicht, auch kein Licht der Wissenschaft denkbar !!" Am auffallendsten ist dies in astronomischen , wahrlich unglaublich lächerlichen Spes kulationen. Diese sehen (?) ganz deutlich in zallos Billionen Meilen Entfernung neue Welten sich bilden , und wiſſen nicht, was in einer halben Meile Tiefe auf dieser ihrer Erde vorgeht ?! Daß der Mond fast ohne Atmosphäre , deffenungeachtet Vegetas tionen und belebte Wesen ernährt , ist ihnen ausgemachte Sache, ja sie verkünden ohne Hehl den Mond besser als die Erde zu kens nen, und doch wissen sie noch keine Sylbe davon, wie nur ein und eine halbe Meile von der Erde die Atmosphäre wirklich iſt ?! So unermeßlich ist, so unendlich erhaben der Himmet ! 99Aber der Kleinigkeitsgeist zieht auch den Himmel herab. ,,Euer Gegenstand ist der erhabenste freilich im Raume, ,,Aber Freunde, im Raum wohnt das Erhabene nicht!” Es ist hohe Zeit von solch albernen Bestrebungen abzulaſſen, da eswahrlich nichts denn offenes Bekentniß beklagenswerter Geißtess Ohnmacht, weil es allerdings ohne Verhältniß leichter in Billionen Meilen umherzuschwärmen , als Thränen leidender Mitmenschen zu stillen. Mögen sie sich der Worte des Kutscher Tycho's erins nern : ,,In den Sternen , Herr , möget Ihr wohlBescheid wisz ,,fen ― aber hier auf der Erde seyd Ihr ein unwiffender Narr!"
613
-
abſolutem Rechts - Begrif auch nicht in entferntester Verbindung ; denn Recht sol schlechterdings hienie den , absolut unbekümmert allem Jenseitigen , veftgegründet werden, und zwar
unter wirklich lebenden
Menschen; wo nebenbei „Wirklich" hier nicht als Abs ſtraktum gilt, d. h. nicht als wirklich = Vernunft ausgebildet habende , ſondern als ein ſchlechthin auf Alle, als Körper in der Erscheinung heraustretende, Menschen sich Beziehendes. Mensch es
überhaupt
An ſich deutlich , da nur äußerer erscheint ,
eben Grund-Wesen dieses
innerer
aber nie , weil
inneren Menschen ,
ſich ſchlechthin „ unsichtbar” zu seyn.
an
Nun ist aber
dieses Unsichtbare zugleich das allein wirklich Menschliche, fo wie auch alle Ideen nur unsichtbar erfaßt und verstanden werden können, mithin geht unsichtbarer RechtsWas heißt Begrif nur auf unsichtbaren Menschen. das ? Nichts Anderes als : „ Da Du nur åußern Menschen wirklich kennen lernen kanſt, innern aber schlechthin nie, so hast Du auch nicht mindestes Ob-Recht an dieſem innern, sondern dieſen Dir durchweg gleich zu achten , bis er durch wirkliche in der Erscheinung heraustretende Thathandlungen bewiesen, er selbst achte Deinen gleichen Rechtsstand nicht.
Wodurch nebenbei
evident deutlich, daßschlechterdings jede Strafe , mit dem Karakter als Strafe
notwendig unrechtlich „ ist!"
Jeder Akt gegen Verbrecher ist immer nur dann rechtlich , wenn er sich als „Verteidigung" dokumentirt. Darum schon Jesus unübertreflich : „ Urteilt nicht, das mit ihr nicht verurteilt werdet !" - Urteilt nicht, sagt Jesus ,
weil ihr streng genommen ,
absolutes Recht,
-
614
-
eure Mitmenschen volgiltig zu beurteilen ,
niemals bez
fizen könt, d. i. weil eigentliches Menschliche eures Mitmenschen , als absolut unsichtbar , eurer Beurteilung Nur Gott (= Urgesezgebung) ewig entzogen bleibt. allein steht Urteil zu , Menschen nie.
Aber Menschen
ſollen , mit derselben Beſtimtheit Reich Gottes (= Jdeal) hienieden vestgründen, d. i. Reich abſolut alle Menschen umfassenden gleichen Rechts - dem widerstrebt , fo weit menschliche Erkentniß
reicht , der Verbrecher ; der
Staat als Inbegrif höherer Menschen- Einheit, verteis digt also diese , indem er den , diese Einheit bedrohenden Verbrecher daraus entfernt , ihn niederer Natur überz laffend , wohin er zu gehören scheint, und in Ermans gelung solcher, ihn einſpert , ja selbst tödtet ; aber wie gefagt nie als Strafe , weil er hiezu nie berechtigt ist. (Vergl. S. 37.)
B.
So zum erhabenen Begrif des Staats gedrängt,
ist vorzeitigen Kosmopoliten
unbedingt
zuzugestehen :
„ Allerdings Ihr Hochweiſen ist Endziel aller menschlichen Bestrebung , Umfaſſung gesamter Menschheit als ábsolut untrenbarer Einheit ; welcher Weg aber gibt irgend Hofnung dieses Ziel jemals erreichen zu können ? Etwa der, daß schon jezt Alle Völker in diesen Gottes-Bund völlig unvorbereitet
eintreten ?
habt Ihr denn bereits
Welche
Geistes- Macht
dokumentirt in Eurer, gegen
dieſes unendliche Ziel , so ganz unbedeutenden SelbstErkentniß, und wie weit reicht,
wenn dies errungen,
Eure Wirksamkeit auf Eure nåchste Umgebung ?
Habt
Ihr Eure eignen Kinder , Geschwister und Freunde zu
615 ,,Ach gleicher Selbst- Erkentniß zu erheben vermocht? nein!" Nun so seyd Jhr wahrlich nichts Anderes als
jene schwärmende Paradies-Erstrebende , den Chimboraſſo von Europa aus besteigen zu können Hoffende , nicht dazwischen
liegendes Weltmeer
erkennend ,
meint Ihr
troknen Fußes es zu überschreiten — plumps liegt Ihr mitten drin,
von Wellen zur Unterwelts -Vergessenheit
fortgerissen. Nein!
So
wie Jeder nur
dann
auf Andere
wohltätig wirken kann , wenn er zuvor auf sich gewirkt, d. i. wenn er vollendete Selbst- Erkentniß erworben, wodurch erst ihm Erkentniß abſoluten Rechts wird , vielmehr noch vermag eine Menschen- Menge , Staat genant, auf andere Staaten nur dann wohltätig zu wirken , wenn Er
absolutes Recht
in Sich deutlich herausgebildet ;
d. i. so wie der einzelne Mensch erst dann auf andere wohltätig wirken kann , wenn er , vermittelst Selbst-Erkentniß , zur abſolut ſelbstständigen Einheit Sich vestgebildet, vielmehr noch kann nur der Staat wohltåtig auf andere Staaten
wirken ,
der
als
abſolut
selbständige Einheit Sich vestgebildet.
C.
Zu dieser Einheit strebte Robespierre , mit fast
übermenschlich kühner Umfaffung des Bildes , lebendiger Durchdringung und energischer Ausdauer sein Vaterland zu erheben, so , daß schlechterdings nicht Ein GeschichtsHeld, außer Moses aber auch der nur im verjüngten Maaßstabe — darin ihm gleich steht. Ueberdies ist er noch durch ganz besonders begünstigtes Glük auch darin ausgezeichnet , daß nicht er die Revolution
616
erschaft, nicht er sie hervorruft
wie selbst Mofes,
Lykurg , Solon, Lafayette , Kosziusko u. M. — fondern sie von Anderen herbeigeführt vor findet , wodurch er "so ganz rein” dasteht, wie kaum noch Ein GeschichtsAlles mit und ohne seine Zustimmung vergoffene Blut, belastet ihn drum nicht einmal mittelbar , weil
Held.
es durch, nicht von ihm ursprünglich , herbeigeführte unbedingt gebietende Verhältniſſe vergossen wird.
Und wie
überall ist er und St. Juſt auch darin von allen ihren Collegen ausgezeichnet, daß während in dieser Reden und Handlungen nur zu häufig Hyẳniſche Freude an Blut-Vergießen , teuflische Verhöhnung und Verspottung der Geso besonders in Danton, schlachteten herausbricht Barrere, Herbois , Carrier, Fouche, Freron , Varennes, Lebon, Tallien , Legendre ,
und leider auch in Camille-
Desmoulin und Maler David , kurz bei faſt Allen, --deren Namen Geschichte dieser Periode aufbewahrt trit im Gegensaz in Robespierre's und St. Just's Reden und Handlungen fast
durchweg tiefer
Schmerz
über
blutigen Weg , den die Revolution nehmen muß, deuts lich hervor , ihr rein menſchliches Gemüth bezeugend. Dieser gleichsam melancholische Schmerz ob ideas lem Bilde so ganz und gar nicht entsprechender Gegens wart aber ist's , welcher Alle echt erhabene Gemüter auszeichnet und anspornt , möglicher Verwirklichung des Ideals Sich freudig zu opfern ; daher solche , obwohl von Gegenwart gefesselt , doch nicht in , sondern außerhalb derselben, im reinen und darum allein wirklichen Leben ewigen Gedankens der Zukunft leben ; sie , find's ," welche „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ in „Einem
617
untrenbaren heiligen Bilde umfassen," d. i. „,im Bilde des Ewigen Ihrer Selbst!" - Sie sind's ," welche von göttlicher „ Liebe"
emporgetragen zum Himmel streben,
erfüllend uralte Verkündung : „ Urania kaum berührend „irdischen Boden streuet himlische Saat ; also erwekkend fehnsüchtige Liebe zu rein ewigen , Sterbliche mit dem ,,Himmel verknüpfenden Gestaltungen , sproffen alsbald „ unter ihrem schwebenden Trit, hochaufschießende Båume ,,vol Leben mitteilender Früchte ragend Pforten
des Himmels
empor."
bis
(Nebenbei
zu
den
ist auch
dieses Urgriechische Bild in's Christentum übergetragen, und
durch
Raphaels
Verklärung
wolkenschwebender
Madonna lebend erhalten. ) Von dieser hehren Liebe der Uranionen begeiſtert, muß durchaus jeder Robespierre und St. Just empor1 getragen erkennen , sobald er mit eigenen Augen ſieht, mit eigenen Ohren hört , d. i. , wenn er nicht früher geschichtlichen Urteils überhaupt sich erfrecht, ehe er Sich Selbst erkant , wodurch er notwendig dahin komt, sich zu schämen, von in die Augen springender gewaltiger Geistes-Macht solcher Heroen herabwürdigend zu sprechen, bevor er durch Thaten bewiesen , auch in ihm offens bare sich diesen ähnliche Geistes-Macht. aber Aehnliche in ihm
Offenbart sich
wahrlich, nimmermehr wird er
dann Sich Selbst so herabwürdigen , jene zu låstern. Durch diese göttliche Macht - Offenbarung in Robespierre und St. Just ist allein das Wunder erklärbar, wodurch diese über Frankreich 1793 ähnliche Begeistes rungs- Flammen entzünden , durch unerhörte Thaten sich verewigend. -- So left doch, lest Kriegs-
618 Berichte Englands , Preußens , Destreichs, -
und wenn
diese Euch nicht entzükken, fortreißen zum Ausruf Mer-lins : „ Es ist jezt füß Franzose sich zu wissen ! !” ja! dann freilich ist auch diese Schrift
nicht
für
Euch verfaßt! Denn auch sie begehrt nur von „ Månnern" gelesen zu
werden,
denen dies Schein - Leben
nichts , abſolut wertlos , wenn es nicht bloßes Mittel, mehr durchaus nicht , ewige Geistes - Macht des Menschen zu dokumentiren.
Solche
aber
Macht- Offenbarung schlechthin überall, heraustrit, so
ehren wo
sie
diese auch
bei Freunden , wie erbittersten Feinden
ganz gleich ; denn dieser Geist, als das allein rein Menschliche, steht ohne Verhältniß höher , als selbst in--nigft verehrtestes Vaterland - auch komt solche Machts Offenbarung von Franzosen vom Auguſt 93. bis Juni 94 bewiesen, wie Wissende wissen , durchaus Allen Menschen zu gut, mithin auch dem Vaterlande !! 毋 Drum sen wiederholt, was schon S. 122. ausgez sprochen : ,,Kant
„ Wohltätig ,
und
Fichte
überaus aber
wohltätig
wahrlich,
·„ retischen ´ Heroen verschwinden fast ganz
wirken
diese
theo
im Verhålt-
,,niß zur Geistes -Macht-Offenbarung französischer Revo„lution ,
deren Personificirung einzig und allein ,
in
„schlechterdings Niemand anders, denn Robespierre und ,,St. Just mit rein göttlicher Klarheit plaſtiſch heraus,,trit!!" - ,,und darum ist Frankreich und Europa „ v. 27. Juli 94 an , bis diesen Tag , als von dem ,,Tage der Ermordung dieser Koryphäen erhabenster und „allein
echter , Civiliſation , "
in ununterbrochener
„ Rükschreitung , welche Rükschreitung gleichsam ihren
619
„ Triumpf
durch ` Navariner Schlacht,
und
unfeligen
„ Türken-Krieg feiert, von Niemand „ verstanden," der ,,nicht innerstes Wesen des Geistes
versteht,
und
,,darum weder Geschichte noch französische Revolution ,,versteht , vielweniger erhabene Karaktere Robespierre's ,,und St. Just's !!”
D. zösischer
Denn ,
zufolge S. 285. war Aufgabe fran .. ",,,Solches - Bürgertum und
Revolution :
„,„,Kriegswesen
zu
gründen ,
wie
es
zur
Hers
,,,,fchaft gekommene Geistes- Macht echter Philosophie ,,,,unbedingt fordert !!" " tuten دوRechts!!" -
d. 1. „Veſtgründung absoV Wobei zu beachten , daß unbe
dingt übereinstimmend mit Aristoteles , ( S. 289.) auf's leere Wort überall nichts ankomt, • daher absolutes Recht echten Bürgertums sich
ganz gleich"
in Form von
Monarchie, Aristokratie oder Demokratie dokumentiren kann , sofern nur in Allen diesen , Wesen derselben respektirt wird ,
d. i. ,,wenn Monarch und Aristokraten
sich bestehenden Gesezen
unbedingt
unterwerfen ,
nicht
aber außerhalb derselben gestelt bleiben ;" oder was ganz dasselbe : „wenn Monarch und Aristokraten sich nicht als außerhalb des Staats stehende „ Beſizer" desselben ,,meinen," sondern als deffen schlechterdings untrenbare
99 Glieder " mit welchem sie selbst steigen und fallen „müssen;” daher in Staats -Leitung keine Geld ein bringende Domåne meinen , sondern darin gar ſchwere göttliche "" Pfichten " auferlegend erkennen ; und was wieder dasselbe : „ wenn Monarch und Aristokraten sich ,,als Staats- Diener" erkennen - wodurch neben-
620
bei
das
im
allgemeinen
Gebrauch
giltige
Wort:
,,Staats- Diener ," schon Nagel auf den Kopf treffenden Begrif erschöpfend ausdrüft , 隴 wie es auch schon Posa zu Philip II. ausspricht : „ Staats- Diener wohl „mag ich ſeyn, nicht aber zu „ Fürsten- Diener" mich „erniedrigen!!" denn zufolge allein richtigen StaatsBegrifs nimt,,Staats- Geistes -Macht” im Fürſten gleichſam Persönlichkeit an , worin der Staat „ Sich Seiner" bedient, und zwar zu Vestgründung des von Jesus vers heißenen „ Reichs Alliance !!)
Gottes."
Nicht aber Er
(Vergl.
Urkunde
heiliger
des Staats sich bedient,
zu Verfolgung selbstsüchtiger Zwekke , d. i. zu Fortdauer des
Reichs Satans ," sich zumeist dokumentirend in -
„Eroberungs-Kriegen !!" Also! Jene unerlaßliche Forderung echt theores tisch-praktischer Philosophie, echtes und allein giltis ges Bürgertum veftzugründen , ist für jeden echt Forschenden, Wesen des Geiſtes zu durchdringen Vermögenden , in Geschichte zum ersten Mal volkommen dars gestelt von Franzosen , und zwar nur vermittelst Robess pierre
und St. Juſt bis 27. Juli 1794 ;
aber leider
eben darum , weil diese rein göttliche Idee verwirklicht nur war in dieſen zwei erhabenen Geſchichts - Helden, mußte sie notwendig mit ihrer Ermordung ſich verlieren, und daher volkommen erklårt, daß Frankreich sogleich von dieſem Tag
an,
aus Verteidigung zu Eroberung
herunterschreitet, d. i. von Recht zu Unrecht hinabsinkt !!
Daß Es hiebei dennoch Europa unterjochende
Kraft entwikkelt, ist kein Wunder , weil dies teils nas türliche Folge mehre Jahre daurender Schnelkraft ge-
621
waltiger Geistes - Aufregung
des Jahres 93,
wodurch
Frankreich von 1794 bis 1804, alſo in 10 Jahren, einen Römiſchen Zeitlauf von 400 Jahren durcheilt, (ſtreng, ist Roms Geschichte freilich mit Franzöſiſcher nicht zu vergleichen , weil es entwikkelte),
nie rein demokratische Elemente
teils Folge Ekel
erregender Kraftlosigkeit
übrigen Europa's jener Zeit, Beides ohne echt geſchichtliches Interesse , weil es eher schåndend als rühmlich für Regierungs-Nachfolger Robespierre's, zwiefach : a) Weil, nachdem dieser echtes Staats -Bild deutlich konstruirt, so wie vesten Grund dazu gelegt hinterläßt , es ihnen, wenn sie nur einigermaßen Gemüth hatten , leichter fallen mußte, fortzubauen, als einzureißen ; ihre deutlich heraustretende völlige Regierungs- Unfähigkeit , belebte von Neuem die schon fast ganz unterdrükten Faktionen, und erschwerte ruhige Leitung , in gleichem Verhältniß ihrer sich kund gebenden Schwäche ; so wurden sie zu Erobes, rungs-Kriegen auch wider Willen gedrängt, zu möglicher, Ableitung innerer Unruhen.
Derselbe Vorwurf trift
Napoleon um so mehr , als er wirklich bedeutende Kraft beweist ,
und doch so wenig Sich Selbst vertraut :
„Frankreich nur in ununterbrochenen Kriegen behers schen zu können meinend , nachdem ein Advokat Robespierre es in Frieden beherſchen zu wollen, kühnen Geiſt offenbarte." — b) Weil nach S. 101. , tierischer Mens schen Schlachten- Kampf einiges Interesse gewährt,
wenn gleiche Kräfte
mit
nur
dann
einander ringen ;
Kampf zwischen tollkühnen Räubern und feigen Memmen aber , welcher diese Periode beschimpft,
z. B. wie des
Pabstes ganze Armee vor einem Vorposten franzöſiſcher
622
-
Husaren davon läuft, oder wie bei Lonado 4000 ohne einen Schuß zu wagen an 1200, oder wie volgerüstete Vestungen an verlaufene Marodeur's ſich ergeben, u.s. w. u. ſ. w. Das ist Hasenjagd ,
kein Menschen - Kampf;
daher
scheuet der damals allein kräftige Pitt auch nicht in Parl.-Sizungen von Englands Allirten, mithin von ſeiz nen eigenen , das furchtbar Gråßliche auszusprechen : ,,Sie erlågen unter der Last ihrer Schande!!" Und darum hat der Kampf Frankreichs von 1794 bis 1808 , nur mit England, das Interesse Roms und Kathago's um Welt- Herschaft; von 1808 aber an bis 1815 ähnliches Interesse Völker - VerteidigungsKrieges wie Frankreichs unter Robespierre ; jedoch nur ähnliches, nicht gleiches Intereſſe , weil Alle diese Völker, selbst Preußen nicht ausgenommen, auch in diesem heiligsten Kampfe bei weitem solche Geistes-Macht nicht offenbaren , wie Frankreich von 1789 bis 1795 , weder an innerm Gehalte überhaupt noch gleicher Ausdauer, „ von jedem deutlich erkant, der diese Periode vol„kommen versteht, und sie unparteiiſch_beurteilt !!”
9.
Hat jedoch Geist gråßlich entehrende Zeit erster Rdmischer Kaiser dennoch einen Tacitus erwekt , so wird zweifelsfrei größter Held der Geschichte seinen Plutarch auch einst erhalten.
Neidenswerter erwache! Nimmers
mehr kann reichst verliehene Darstellungs-Gabe , verbun den mit durchdringendem echt philosophischem ForschungsGeist,
und mit
vollendeter Kentniß alter und
Sprachen, Selbst belohnendere Arbeit liefern.
neuer
623
Die aber hier S. 124.
geforderte Aufgaben , ſind — teils haben Pd-
teils in diesem Abschnit mit gelöst
lig und besonders Rotteck sie zureichend entwikkelt, welche. nachzulesen empfohlen sey... Eo z. B.
machen Beide
aufmerksam , daß, obwohl jeder Rechtliche , Krieg Napoleons gegen Spanien verabscheuen muß , der Bourbonische doch zweifelsfrei
ohne Verhältniß
abscheulicher
,, ist !! " Ferner weisen Beide auf argliige Diplomatie Sarmatiens hin ,
nur nicht scharf genug , und darum,
weil Beide , besonders Pölik , vor Englands Ob- Gewalt. gleich sehr
wie
schlechterdings
vor
Sarmatiens warnen , Die doch
vergleichungslos.
Nimmermehr
wird
England , selbst unter günstigsten Verhältnissen
Welt-
Erobernde-Macht werden ; Europa hångt von ihm ab, so lange Es eben Selbst wil , auch keinen Tag lån ger; Es brauche heute Wieder-Vergeltungs -Recht , und es wird alsogleich hochmütige Britannia kriechen sehen, um Waaren-Abnahme bettelnd !! Wie ganz anders Rußland : Millionen ausgehungerter Räuber kann es jeder Zeit über Europa ergießen. Europa Ihm -- wenig oder nichts anhaben.
Während England demnach auch
nicht entfernteste Gefahr droht , ein dem Todeskrampfe zuwankender Greis - ist bei Rußland von drohender Gefahr auch entfernt nicht mehr Rede , sondern die Ges fahr ist absolut, und zwar mit abſolut beiſpielloſer Furchtbarkeit Da! - Schwert völligen Verderbens Ift" über Europa bereits gezükt , mit jedem Tage hat Es deſſen Blut strömende Verheerung zu erwarten.
,,,,Wer hålts zurük ?” ” Wahrlich nicht Europa's nichtswürdiges Anflehen,
624
-
nicht hündisches Schmeichel-Blaffen lobpreifender Großmuth
sondern Furcht vor jenem hinſterbenden Greife
ber, wie kraftlos und elend er auch wirklich ist, leider doch noch höhere Macht offenbart, Europa zusammen !
Drum !
als übriges .
Wollen Europa's übrige
Völker zur Selbst, Macht durchaus Sich nicht erhes; ben, so mögen sie um Gotteswillen mindestens den noch ― allein erhaltenden Greis pflegen denn, stürzt EngLand wahrlich , auch allerlezte Hofnung zur Rets tung ist dann verloren !!
A.
Betrachten wir doch des Sarmaten Verfahren
in der Zeit, wo der Riese Napoleon im Herzen des Landes verwüstend steht , ihm gleichsam das Schwert dicht überm Kopfe schwingt.
Betrachten wir sogenante
Friedensschlüsse zu Tilſit , Friedrichshamm , Znaim und Bucharest: Hier Preußen , durch „ ſcheinbar ” innigſte Freundschaft der Herscher verbunden, zu gråßlicher Mißhandlung des Feindes ,
als Freund „ beraubend ! ”
Bourienne echt wizig : „ Alexander , untröstlich ob des Freundes Verlust, verſchaft ſich Linderung herben Schmerzes, durch Teilung des Raubes ; " - dort, nahesten Verwandten nicht nur beste Provinzen raubend , sondern des Raubes sich zu vergewiſſern , ihn vom Throne ſtürzend , nicht nur ihn selbst , nein ! nichts achtend , felbft leiblichen Neffen und hundertjährige nahe Verwandschaft ; - dort, nichts achtend uralte ununterbrochene Vers bindung , Destreich bedrångend , das damals noch allein selbstständige Reich des Vestlands Europa's , - und es wird erster Grund zu erfolgreichem Kriege von 1812 :
625
„ geringer Teil des ihm von Napoleon zugestandenen „ Raubes !" Dort endlich , mit Verlezung völkerrechtlicher Verträge ,
Moldau
und Wallachei
usurpirend,
räumt es diese auch dann nicht , nachdem Napoleoniz scher Krieg schon völlig unvermeidlich , bis Englands unverantwortlich kurzsichtige und nichtswürdige Drohung, Mahmud's Stellung zwifchen Angel und Thür benuzend, weil Wahl nur ist , entweder von Rußland oder von Frankreich nach Unterjochung Rußlands verſchlungen zu werden, *) ihm geraubte Provinzen verschaft. Solche hartnäkkige Verfolgung eroberungsfüchtiger Entwürfe, ist selbst in Roms Geſchichte beispiellos .
Seit
mehr denn hundert Jahren , hat Rußland auch nicht Einen Frieden (außer 1762 mit Preußen durch Güte trefs lichen Peters
III.) ohne befriedigte Raub - Sucht ge-
schlossen. Nun endlich scheint Zeit wohlverdienter Züchtigung ob zalloser Ungerechtigkeiten gekommen ; treffend sagt Rotteck :
Octavius und
Antonius Zusammenkunft in ,,Erfurt 1808 , Teilung der Erde verabredend - führt „ fur Entſcheidung, wer sie ferner allein behersche.” -Der schleichende Octavius ſiegt ; denn der Tiger Napo-
*) So lebrt Geschichte „ Erkennenden" überall Selbst Bestrafung des Lasters. Napoleons Schandthaten gegen Türken und Schwes den , jedes Vertrauen absolut tödtend , stürzen ihn vom Gipfel der Gewalt zum Abgrund. Wer kann irgend zweifeln , daß , wenn er 1812 mit diesen zwei Mächten verbunden , nur von einem einft gewesenen Rußland noch Rede wäre ? -Es hat dems nach völlig zweifelsfrei Rußland ſeine Existenz der Türkei Zweiz mal zu verdanken. ( 1711 und 1812.) Sarmatiſche Dankbarkeit hat fich 1829 glänzend bewährt , auch Schweden wird sie bald kennen lernen. [ 40 ]
626
leon
verkündet :
führe
„Er
nur „Politische- ,”
„keine Völker - Kriege , und er ist ordentlich böse , daß „ihn Jener so ernst zu nehmen „ſcheint” — d, h. „Napoleon offen und ehrlich zu „ Bubna” , erklårend : ,,Menschen seyen in seinen Augen nur Krsten, wie könne man also davon viel Redens machen,
ob
,,einige Millionen Krsten mehr oder weniger exiſtiren. ” Der sieht in seinem Zuge nach Moskau denn einen wohl überlegten Zug
nichts ,
interessanten Schach-
spiels ; daß dabei einige Millionen Menschen-Leiber elendiglich umkommen , ist unbedeutende Nebensache - und gewissermaßen hat er unbedingt recht ; denn , wenn diese Millionen von diesem Einen sich als Krsten behandeln lassen, sind sie mehr nicht wert als so behan delt zu werden.
Aehnlich
und doch ungleich Jener.
Aehnlich : auch ihm sind Menschen durchaus nicht als Schachsteine ,
mehr
drum auch er sie gern ver-
braucht zu Welt erobernder Gewalt ; dieses Spiel aber leitet er gern von bequemer Schlafftube aus , deshalb 4 Frost und Hize, Leben gefährlichen Schlachten , harten Feldlagern u. dergl. ſich auszusezen , bewahre , solches Interesse flößt es ihm nicht ein.
Napoleon aber droht
endlich auch dieses Schlafzimmer zu stürmen ; „ wie ist dem zu widerstehn ?"
Zumal man dunkel sich bewußt
ist, geringeres Interesse werde notwendig größerm unterliegen?! ,,Man unterdrükt „scheinbar" eignes Intereſſe „ganz ,
und stelt den Kampf als einen
,,Volks - Kampf dar !!"
religiöſen
627 Zu hart, zu hart hör' ich Euch brummen -
B.
zu milde, viel zu milde, entgegnet unparteiiſche Geschichte. Denn Eure jezt flutenden Gedichte vol Großmuts-Preis fungen , bezeugen unverkenbar , das Ihr nicht nur stok-nein ! Eure
blind , hinsichtlich echten Geschicht- Geist's
Schande übersteigt alles Glaubliche, da Ihr über Geschichte urteilt,
ohne einmal ihre Fakta zu kennen.
Denn nun , da diese Schrift beweist, daß GeschichtsErkentniß , obwohl unstudirt, sie verfaßt - jezt seyd Ihr Alle ,
Alle über Geschichte öffentlich Urteilende
hiemit herausgefordert :
„ in gesamter Geschichte"
Eine Einzige Schandthat, der von Navarin, Einen Einzigen so schandbaren Friedensschluß Adrianopel gleich, nachzuweisen !
wie
den zu
Allein , so wenig
Jhr, wie Eure Nachlebenden bis zum lezten Tag, hierin verkündete absolut ewige Wahrheit , jemals widerlegen könt , eben so wenig vermöget Ihr weder Eine jener gleiche Schandthat , noch Einen jenem gleich schandbaren Frieden in Geschichte aller Völker bis dies sen Tag nachzuweisen. Nichtswürdige Verse zuſammenleimen das möget Ihr, da es schlechthin unmöglich, Euch mehr noch entehren zu können , wie Ihr's schon gethan ;
über Menschen - Geschichte jedoch sind nur
„ Wiſſende" zu reden berechtigt ; ehe Ihr hierüber mitsprechet, gehet zuvor nach Sexta zurük, und laßt Euch verdienterweise mindestens das Faktische blåuen.
derselben ein-
Napoleon hat mächtige Reiche vernichtet,
aber auch nicht Einen entfernt so beschimpfenden Frieden auferlegt,
wie §. 7. des zu
Adrianopel geschlossenen.
Lächerlich in höchfter Potenz ist's , nach diesem S. noch
628
von einem türkischen Reiche sprechen ,
nachdem nun
jeder sarmatische Kråmer darin mehr als der Padifchah zu befehlen ; aber fizilianische Vesper wird nicht ausbleiben,
in lebendige
Erinnerung bringend :
Menschen zu Vich herabwürdigt,
daß, wer
auf viehische Be-
handlung nur Anspruch habe.
C.
Daß Volks - Erregung des Sarmaten in jener
Zeit nur Maske , weiter durchaus nichts war , davon gibt abſolut untrügliches Zeugniß , dessen Verschacherung Norwegens . Eine der · gräulichsten Schandthaten der Geschichte , welche einen gar üblen Gestank über den schönen heiligen Kampf dieser Jahre ewig verbreitet.
Denn , in Welchem nur Ahnung menschlichen Ge-
müths , nur Ahnung echter Religiosität aufkeimt , der kann wahrhaftig
nicht ,
auch bei dringendster Gefahr
Rettung suchen durch solch entehrende Mittel. - Mehr! Unleugbare Erfahrung , welche jeder denkende Mensch in sich selbst erfährt , lehrt : „, „ Wenn allgütiger Vater schwere Prüfung sendet, „ „fieht Er Dich um so inniger an Sich, wenn Dein „ „ Gemüth überhaupt für Religion empfänglich.
Seitz
,,,, dem Sarmatien genant , war ihm keine läuterndere „,, Prüfung beschieden , denn durch Napoleon. — Also , „ ,,,wår'
damals in ihm
auch
nur
entfernte Spuren
,,,,echten Geistes , echter Religion aufgekeimt, wahr„ „ lich dieser Keim wår' zu fruchtreichem Akker worden, „ „ und er håtte mit dem königlichen Sånger angebetet : „ „Herr, Herr ! Zu Deinen Hånden übergebe ich mich,
629
„ „ verfahr
mit mir nach Deiner Gerechtigkeit -
nur
„ „laß, o Vater ! in Menschen-Hånde nicht mich ' fallen !""
So wurde der seitdem vielgepriesene Sarmate in seiner Bedrängniß gefleht haben, wär' in ihm Ahnung des echt Menschlichen aufgekeimt , - aber nein ! Lügenmåulisch ruft er das Volk für Vaterlands - Rettung in heiligem Gottes-Kampf, er aber suchet für Sich - nichtigen Beistand bei Vaterlands -Verråtern, Sold der Schande durch Raubmord fremden Guts garantirend.
D.
So bewährt sich auch später dieselbe Tüffe
in Allen öffentlichen , Völker erregenden , Deklarationen : Polen bleibt vernichtet ; Sands Wahnsin muß zu teuflischer
Ausrede dienen , Teutschlands Einheit in
der
Wurzel zu tödten , und nicht Frankreich stürzt Spanien in grauliche Despotie, sondern von Sarmatien
aus
gehende Bedrohung , und hierdurch bewirkte innere Zer riffenheit ; daß Konstitution der Kortez garantirt worden ist vergessen ! (Ueber Nichtswürdigkeit des Mißbrauchs Völkern zugesichert „ heiliger” Verträge zu selbstsüchtigen Zwekken,
vergleiche höchst
zeihung Fichte's ,
merkwürdige Prophe-
Staatslehre S. 53 und 54. )
Wie
aber wird schön sich entfaltender Geist der Griechen. so nah verwandter Glaubens - Genossen
aufgenommen ?
,,,,Sie hätten sich ihrem rechtmäßigen Oberherrn , dem -„ „Padiſchah , „unbedingt” zu unterwerfen — „ Gnade" „ „für „ Recht zu erwarten!!" " (Verona 1822.) So werden die Unglüklichen nicht nur nicht unterſtüzt, nein ! noch durch Bedrohung , völkerrechtswidrig ( St. R. Grſ. 8.
630
bis 14. S. 40 bis 46.)
eingeschüchtert ,
indem man
teils ihre sich rettende Häuptlinge einkerkert, sie zu unterſtüzen
bei Todesstrafe verbietet ,
den Türken aber
Schiffe, Munition, Soldaten und Officiere, selbst Generale zu Unterjochung der Griechen sendet.
Nur durch
diesen völkerrechtswidrigen Unterjochungs -Beistand Europa's verloren Griechen in den Jahren 1822 bis 1826 ihre Freiheit, vielleicht auf immer, während sie auch ohne fremden Beistand damals Sich Selbst zweifelsfrei bes freiet haben würden , da es Mahmud bis 1826 absolut unmöglich war, gegen sie eine irgend zureichende Kriegs༄།། macht zu rüßten. So liefert dies völlig unverantwortliche Verfahren Europa's
gegen
Griechen ,
abermals
trefliches Musterbild zu Schlossers echt christlicher Civilisation und deren konventionellen Tugenden.
Allein
freilich durfte man böses Beiſpiel nicht dulden, daß ein edles Volk Sklaven-Ketten bricht, durch Sich selbst Sich befreiet, weil es dann in „ Wahrheit frei worden دو „wär'," und auch Andere zu Erkentniß allein echter Wahrheit und echter Freiheit erhoben haben würde.
Pfui,
pfui!
E.
Nur dies noch vom heiligen Kampf 1813,
als Bild , daß gerade in echter
Menschen-Liebe ," wie
fie Robespierre beseelte , gegründet ist, selbst Tausende edelster Menschen lieber zu schlachten , als echten RechtsBegrifzu verlezen. lich ,
beſſer war's ,
Betrachte Leipziger Schlacht. Wahrnoch hunderttausend Teutsche , ja,
wenn es seyn mußte, selbst edle, bewunderungswürdige Preußen fielen
in
jenem Kampfe ,
als
daß
dieser
631
große Tag
beschimpft
in
Geschichte
steht,
indent
Teutsche nicht nur während der Schlacht ihren aner- o des gråßlichen kanten Feldherrn verlaſſen , ſondern --Verbrechens ! auf diejenigen feuern , mit denen ſie nur wenige Minuten zuvor vereinigt fochten. --- Zu großem Glükte
trift
dieser
Teutschen, sondern
Gipfel
abscheulicher That
einen schon
an sich genug
keinen Ges
zeichneten. Seh't! so lautet echte Erkentniß.
Um solchen
Preis ist selbst Teutschlands Freiheit viel zu teuer ers kauft, denn jedes Volk ſol lieber untergehen als durch Schandthat sich retten ! Nimmermehr zwar bist Du Unterjochern zu irgend einer Pflicht oder Treue verbunden, im Gegenteil „folft” Du sie mit Gift und Dolch vers folgen aber dies fag' ihnen , daß sie's wiſſen ! nicht aber wird jemals ein Edler , ſeine , Würde Erkennender, heimtükkisch zu Beistand ſich verpflichten , und im Augenblik der Gefahr nicht nur seinen Eid brechen, sondern meuchlings tödten.
So hätten Jene edel-brav gehandelt,
wenn sie noch am Tage der Schlacht zu fechten verweigert, unbekümmert der daraus für sie entstehenden Folgen ; jeder Krieger aber , in Mitte der Schlacht seinen Feldherrn verlassend , ist ein feiger Hund , und der gegen ihn ficht, weniger als Vieh ! Wie ganz anders handelt edel unsterblicher York von Wartenburg ; nicht nur geleitet er schüzend den keines Widerstands
fähigen Feind
über die Grenze, sondern
sichert ihm mehrtägigen ungestörten Rükzug , und beut überdies ſein Leben richterlichem Ausspruch.
Wahrlich,
wüßte Geschichte von ihm mehr nicht, denn diese Eine
632
Großthat, er bliebe als
treflicher Held
eingezeichnet.
Eben so Schwarzenberg. Bedeutender Unterschied des Verfahrens beider Feldherren in so überaus schwierigen Verhältnissen , ist begründet
in
der Verschiedenheit
Stellungen, böchſt wichtig zu beachten. nicht
als
Vork war mehr
preußischen
General feiner
ihrer
Truppen ;
Schwarzenberg aber Chorführer , Marschall ihm anvertrauter teils französischer teils Frankreich allirter Truppen, und daher seine Pflicht, diese nur gegen bewiesener
Obmacht
zurüfzuziehen.
Daß der
Moniteur
diesen karakteristischen Unterschied nicht hervorhebt, ist ihm zu verzeihen ; daß es aber selbst teutsche Schrifts steller nicht thun, -nur Zugabe zu vielfach gelieferten Beweisen : „daß es überhaupt nur noch sehr wenige echte Geschichte Erkennende gibt.”—
Stehest Du : „ Wie York und Schwarzenberg handeln ihr Vaterland liebende Ehren-Månner ; feig-schurkiſch in Schlachten überlaufende Verråter aber, haben auf Menfchen-Würde keinen Anspruch ; Gottbewahre, solchen , heis ligenden Namen „ Vaterlands-Verteidiger" zuzugestehen !!"
F.
Noch eine höchst
bedeutende Begebenheit aus
dieser hehren Zeit, völlig unbekant, wie ich gewiß weiß, mitzuteilen werd' ich gedrängt. Betäubendes Gerücht gern trügender Fama verbreis tet: „Haupt - Armee sey bei Dresden total geschlagen, der König gefangen."
Bis zum Lazareth dringt's, sichts
bar schlim auf Schwer-Verwundete wirkend ; desto freus digere Ueberraschung , Morgens sehr früh ausgerufenes Extra-Blatt von „ Culm ! "
Ein den Kranken
täglich
633
Erquikkung und Beistand Bringender, eilt damit hinaus, und auf Tiſchen in den Sålen ſich ſtellend , teilt er ers quifliche Botschaft mit. Nimmermehr
vermag
eines sterblichen Feder Uns
sterbliches darzustellen ; Selbſt mußtest Du ſehen Glanzleuchtende Verklärung
schwer
aufathmend
Sterbender,
hören Ein- Tönenden-Ruf: „ „, Nun ſterben wir gern ; Gott erhalte König und ,,,,Vaterland!!" "
Welchen gehören sie an, göttliche Begeisterung Ausftrömende? Pommerscher und Voigtländischer Landwehr , verſchrieen als dum und bösartig , und wohl nicht Einer des Schreibens und Lesens mächtig.
Behauptest Du noch gemeines Volk - als Pöbel verachtet , von wem ? von echtem Pöbel in Hochmuth gebildet sich Dünkender - sey geistiger Erhebung un fähig ? Wahrlich nimmermehr ſah'ſt Du dann'ſchamſittig zartblühende Mägdlein Alles vergeffend , sogenant zur Hefe des Pöbels gezålte Månner pflegen und warten mit Engelsmilde - nimmermehr ſah'st Du dann diese von „ Liebe " Belehrte, übel riechenden Eiter aus klafs fenden Wunden reinigen und diese mit so wohlthuender fanfter Berührung verbinden ,
daß heulender Schmerz
verstumt , und Verstümmelte ſpåter , Verbånde Pflicht übender Aerzte kaum dulden mögen. Beklagenswerter ! Du
kenst dann Alles vermö-
gende Macht echter „Liebe" nicht !!
634 G.
Auch dies
noch : Nichts
Glüklicheres ” konte
Teutschland und besonders Preußen treffen , als Nieders lage zu Dresden unter Moreau's Leitung
und
dessen
eiligen Tod ; so wie, daß auch jener Fremdling nicht's absolut nichts zu Teutschlands Rettung beitrug , reine Frucht vaterländischer . Helden
ist.
Wår'
sie doch
Blücher auch Friedens-Vermitler zu Wien gewesen → wahrlich, er hätte gegen Wellington , Talleyrand u. A. „bewiesen : " „ Daß Ehrlichkeit bei
nicht mehr denn
„ geſundem Verſtande, allerbeste Politik ist, gegen welche, „fein flügelnde Liſt „ und er håtte
als
absolute Dumheit unterliegt;
1815 nicht
mit Recht sagen dürfen :
,,,,Was der Treuen Schwert erfochten, verderbet Ihr دوو „ ,,mit Euren betrügerischen Federn !!? '
10. „Aber eigentliche Aufgabe diefer
Schrift: „ Krieg
im Osten !" unparteiisch zu beurteilen, ist ja nirgends gelöst?"
Nicht ? Dann hat sie freilich bei Dir also Fragendem ihren innersten Zwek nicht erreicht, d. i. Du hast sie dann nicht verstanden , wozu freilich Ungeschiklichkeit des Verfassers zumeist beitragen mag. ist Unterschied
Denn, allerdings
höchst bedeutend zwischen rein subjektiv
theoretischer Gedanken- Erfaſſung und dessen bildlich obs jektiver Vergegenwärtigung für Andere. Beruhete das her Wert dieser Schrift blos auf Darstellungs-Form, wahrlich ,
da
vollendetes Bild
folcher
Darstellung,
durch Bach's Passion , ewig giltig deutlich vorgezeich-
635
-
net ist, (vergl. S. 532 bis 535) , koftet's
mich, mit
dieser vergleichend, Ueberwindung, sie nicht selbst zu vernichten. Und ich würde sie ganz gewiß # selbst vernichten, wår' mir Eine Schrift , welche hierin behandelte Gegenstånde, mit Bach's Vollendung vergleichbar darstelte, bekant.
Allein eigentlich objektiver Wert dieser Schrift,
(wenn ihr dieser zugestanden wird , worüber dem Verfaſſer kein Urteil zusteht , nicht aus falscher Bescheidenheit, sondern zufolge entwikkelten Grundsäzen der Schrift selbst, nach welchen zugleich - in scheinbarem Gegen Газ -Niemand anders als nur die Verfertiger selbst volgiltiges Urteil über innern Wert ihrer Werke überhaupt haben), also objektiver Wert dieser Schrift beruht eben zum Teil, auf vorsäzlich vernachläßigter Daſtellung drum sie mit dieser häufig in offenem als Form Kampf steht, sowohl in Konſtruirung der Såze , wie in scheinbar heterogener Perioden-Verbindung , wie selbst der Wort-Recht-Schreibung, weil sie deutlich zu erkennen be hauptet, daß jezt im Allgemeinen vorherschender Tod, so in Kunst, in Wissenschaft wie im unmittelbaren Stag ten-Verkehr , wechselwirkende Folge ertödtender FormAnbetung ist, Geistes - Fessel von Gefesselten angebildet, da doch des Geistes innerstes Leben , „ Freiheit !" nur in Freiheit völlig auszubilden möglich , und drum nur der, irdische Bande zersprengende , frei sich aufschwingende Geist,
feine ihm ursprünglich inwohnende ewige
Gottes- Macht
offenbart -
also
nochmals , objektiver
Wert dieser Schrift beruht, teils auf eben Angegebenem (gleichsam Kriegs - Erklärung gegen Alle Hemmungen Geistes -Freier - Tätigkeit), teils auf einigen neuen ges
636
-
mindestens vom Verfasser - und auf Darweisung gefunden
schichtlichen Auffassungen bei
keinem Andern
innigfter Verbindung
der Geschichte
mit
Philosophie,
von Spinoza erfaßt, aber seitdem von Niemand 'fortges führt, weil selbst und sogar zumeist , Kant und auch Fichte, Philosophie ,
als außerhalb alles geschichtlichen
Lebens Bestehendes, als für sich selbstständige Wissenschaft behandeln , wodurch eben dieſer Heroen Schriften noch nicht so bedeutend gewirkt , wie sie ohne dies gewirkt haben würden.
A.
Allein auch uns und mittelbar denkt der Ver-
fasser seine Aufgabe gelöst zu haben.
Denn, da Du un-
bedingt zugeben mußt, daß: a) Menschen Karakterisirendes nicht Körper , sondern Geist ist. b) Geistes-Tätigkeit Karakteriſirende nicht KriegsGewalt, sondern Macht der Belehrung ist. c) Echt religiöser Rechts -Begrif, als rein geistige Schöpfung , nicht beschränkt ist auf Einen Menschen, `auch nicht auf Ein Volk , sondern schlechterdings absolut Alle, Alle Menschen umfaßt, mögen sie schwarz, braun oder weißfarbig seyn, mögen sie ewig Einen Geiſt Gottes unter noch so verschiedenen Namen anbeten, oder ihn auch gar nicht anerkennen . d) Anerkennung Gottes
nicht
daraus
hervorgeht,
wenn Du gedankenleer mit an sich todten Lippen sagst: ,,Ich glaube," sondern absolut nur daraus, wenn unmit telbares Leben
unverkenbares Zeugniß
feyest von göttlichem Leben erfült !!"
gibt :
Daher Du
„ Du viel
-
637
nichtswürdiger bist, wenn Du sagst „ Ich glaube," Dein Leben aber bezeugt : „ Du glaubeft nicht” — indem Du *. B. für gewonnene Schlachten Te deum laudamus fingen läßt, stat, wie schon Kant fordert, Fasten und Büßungen anzuordnen , ob Dein viehisches Morden als wenn Du offen
bekenst,
an
nichts
Anderem als
Deinem Selbst zu glauben. Kurz, da Du unbedingt zugeben mußt, daß allein echte Eivilisation und Religiosität, nichts weniger denn darauf beruht,
daß Du Dich beschneiden oder taufen
låßt , ungeſåuert oder gesäuertes Brod effest , und Alle. dergleichen nichtsnuzige Dinge mitmachst oder nicht ; und auch nicht darauf, daß Du zwanzig Sprachen sprichst und schreibst,
oder
schwierigste Såze der Mathematik
mit Leichtigkeit auflösest , oder Literator , oder Künstler hochgepriesenen Genie's bist
sondern absolut eingig
und allein darauf: ,,,,In wie fern Dein Leben, von göttlicher Liebe ,,,,erfültes Streben zeigt, sonst Du , ,,,,Christentum
und
Wissen,
„,,,Wesen bist , nicht Mensch,
ein
troz All Deinem ganz
erbårmliches
nach ewig giltig
aus-
„,,,gesprochenem Gesez Paulus 1. Korinther 13. Kapitel !!” ” Und ferner eben so unbedingt zugeben mußt, daß von dieser allein echter Civilisation, echter Religioſitắt, diesem allein echten Christenthum, in ganz Europa bei Allen chriftlich sich nennenden Völkern, kaum Spuren zu entdekken sind , so wenig, daß es fast unmöglich ist , unparteiische Beurteiler würden wenigere Spus ren dieſes allein e ch t christlichen Lebens bei Muhamedanern finden;
befonders aber der, welcher Sarmatien un-
638
mittelbar kent, gewiß apriori überzeugt ist : „ Schlechthin unmöglich kann
in der Türkei barbarischer denn dort
gehaust werden ;"
Du ferner hiezu nimft, was diese
Schrift an vielen Orten nachgewiesen , sowohl , wie Dsmanen un- und mittelbar wohltåtig auf Europa gewirkt, nirgends
aber Sitten verderblich ,
(es
ist
aber echte
Civilisation, echtes Christentum , echte ,,liebe" absolut gar nichts Anderes , denn echte Sitlichkeit !) ; und daß Domanen jezt auch nicht entfernteste Gefahr ob Unters jochung Europa's keit aber
drohen ,
Entwiklung
abfolut nichts so sehr
verhindert ,
der
Osmanen
edler
Sitlich-
als Welt- Monarchie
Bestand
überdies
zu un-
entbehrlicher Aufrechthaltung europäischen Gleichgewichts von der höchsten Wichtigkeit ist; -- und wenn Du endlich ferner hiezu nimft , wie höchst verderblich Rußland seit hundert Jahren auf Europa gewirkt, und zwar in stets steigender Progression verderblich bis diesen Tag, und
nun
seine,
in
Geschichte
beiſpiellos ,
völliges
Verderben drohende ووWelt- Gewalt," so, daß recht ei gentlich jede bloße Warnung leider schon zu ſpåt komt; denn Europa und besonders Teutſchland „ ist ” gewisser: maßen schon von jenen Barbaren abhängig ; - dann wirst Du unfehlbar eben so unbedingt zugeben müſſen: ,,Wer Teutscher geboren , in diesem unſeligen Kriege für ,,Rußland
gegen
„ ftokblind
oder
Türkei Partei Verräter
des
nimt ,
ist
Vaterlands
entweder und der
„Menschheit !”
B.
Auch
der Türken Zurükbleiben in äußerer
nicht innerer Bildung , (vergl. S. 53 und 124), iſt vol-
639
kommen erklärt.
Stel Dich in Gedanken, gleichsam als
des Mondes-Bewohner, damit Dein Urteil völlig unparteiisch sey, auf den Sophien - Thurm zu Stambul , und überblikke von da aus lezte 400jährige Welt-Begebenhei ten. (Vergl. S. 202 bis 210. S. 221 und 277 bis 279.) Nimmermehr kanst Du dann zweifeln: a) Vor vierhundert Jahren waren Osmanen nicht nur geiſtmächtiger als Griechen
nein ! sondern völlig
zweifelsfrei geiſtmächtiger denn Alle europäisch christliche Völker. b)
Indem aber Osmanen seit vierhundert Jahren
durchaus keine anderen Christen , denn völlig verderbte Griechen, und nur die sich so Nennenden, nach Stam bul entweder als Diplomaten , oder als dort sich niederzulassende Kramer Kommende kennen lernen , Beide, zweifelsfreier Auswurf
aller Rationen ,
elende Geld-
Sklaven , nicht nur gräßlichste Beschimpfungen Erduldende, Geld-Gewins halber , sondern, Diplomaten besonders , um dem allmächtigen Padischah als Ober-LehnsHerrn christlichen Europa's Tribute zu bringen , und ihn um kriegerischen Beistand
gegen
christliche Völker
anzuflehen , und zwar mit an's Unglaubliche grenzend schamloser Frechheit , Ein und derselbe Diplomat heute Frankreich zu unterstüzen , morgen gegen Frankreich zu ziehen , und übermorgen wieder Entgegengeseztes flehend. Ich
beschwöre Dich, beobachte
Thurm der Sophien- Moschee aus , davon ,
dies
Alles vom
und weiß nichts
daß indeß in Mitte Europa's Huß , Luther,
Kopernikus , Bach u. s. w. leben und wirken , d. h. also, daß troz jener grenzenlosen Entwürdigung mit der ganz
640-
Europa, vermittelst besternter
Gesandten zu Stambul,
Sich vertreten läßt, dennoch binnen diefen vierhundert Jahren, also binnen funfzehn Generationen , unter dreis tausend Millionen Christen etwa dreißig - ་ „,0 viel zu ― wenig !"
gut, also dreihundert — „ noch zu wenig !”
Höre ! Du verlangſt viel, indeß mag diesmal auss namsweise strenger Wahrheit Einiges vergeben werden → also, Du weißt nichts davon , daß troz dieser Ents würdigung zu Stambul , in Europa unter dreitaufend Millionen scheinbar
gelebt habender Christen ,
dennochi
dreitaufend wirkliche Chriſten gelebt haben ; denn Du kanst das auch gar nicht wissen , weil unglüklichers. weise von „diesen dreitausend allein echten Christen,” auch nicht Einer" nach Stambul kommen ist - wohl aber blikst Du hinein in das Leben und Treiben Christen fich nennender Fürsten und
sogenanter Staatsmånner,
-wohl aber überblikßt Du zallose Schlachtfelder, worauf von den indeß gestorbenen dreitausend Millionen scheinbas rer Menschen, mindestens
volle tausend Millionen gez
fchlachtet werden , und zwar wie Chriſten ihre Mitchristen ſchlachten und häufig das noch lebenswarme Herz herausreißen, drin beißen, und sich weiden an Todes . Krämpfen ihrer Glaubens - Genoſſen !!
(Vergl. S. 194.
bis 196. und 203. u. 204.) Alle damit zuſammenhängenden Bilder von Raubs, Mord- und Verfolgungs - Sucht,
Neid
und Bosheit
erkenſtDu ebenfals ganz deutlich —und nun frageich Dich: „ „ Welches Volk wirst Du Geist-Mächtiger,
edler,
„ „fitlicher, civiliſirter halten, Europa's chriftliche Völker, "" ,ober Osmanen?!"" "
641
-
Ich erinnere Dich nochmals , Du siehest von Beident nur Außen erscheinendes allgemeines Leben , nicht den sich unter dieser gråßlichen Hülle langſam entfaltenden Kern innnern göttlichen Lebens. Wahrlich, schlechthin unmöglich kanst du alſo ſchauend , anders als Osmanen Vorzug zugestehen , weil völlig zweifelsfrei
Chriſten viel verabscheuungswürdigere - Weil
Sünder denn Osmanen sind. „Warum ?”
Sünde überhaupt nur da ist , wo Bewußtseyn derselben; denn jeder gesezlose Mensch ist , weil gesezlos, auch fünblos.
(Von Paulus an v. D. besonders aber Ros
mer 3. 20. unübertreflich ausgesprochen : „ Nur vermits telst des Gesezes wird uns erst Erkentniß der Sünde." Daher Paulus volkommen recht, „ Juden als Sünde zurechnet, wenn sie Moses Ceremonial- Geseze übertreten, ehe sie sich von ihnen befreiet wiffen!") 8 Dies sey durch leider nur zu nahe Berührendes erläutert : Osmanen ist Vielweiberet gesezlich
gestattet,
mithin ihnen viehische Vermischung kein Unrecht.
,,Wie
„aber kanst Du irgend entschuldigen , daß noch diesen „Tag in Allen chriftlichen (?) Staaten Bordelle gejezz ,,lichen Schuz finden ?"
(Nebenbei höchst merkwürdig,
daß übereinstimmende Pariſer Berichte vom Juni 1794 bezeugen : „ Abschaffung nichtsnuziger Bedienten, wie ſtrenge Zucht der Regierung ,
gebe bereits
auffallend sichtbarer Verminderung
freudiges Resultat öffentlicher Dirnen ;
das Palais-Royal komme fast zu Ehren , eben so habe fich Sitlichlichkeit des Volks beffert."
überhaupt sichtbar
vers
Kaum Einen Monat nach Robespierre's Er-
mordung jedoch , bezeugen schon ähnliche Berichte , daß [ 41 ]
-
642
ber, wie zurüfgedrängter : Strom , mit desto größerer Gewalt hereinbrechende Luxüs , Alle Laster in gehäufter Menge zurükbringt.” ) 4.8 ;
C.
Nichtsdestoweniger
ist für
Europa
gråuliche
Beschimpfung : „ Duldung Afrikaniſch-Barbarischer Raub„ Nester, nicht Staaten!!”
Diese je eher je lieber
völlig zu vernichten , daraus chriftliche Kolonien zu bilben, heilige Pflicht für Alle Europäische Völker , zus meist aber für Alle Handel-Treibende, und unter diesen zumeist für Alle mittelländische Seeküßten Bewohnende . Hiebei Englands, verächtliche Diplomatie , mit Verachtung # derb abzuweisen, dessen etwaige Drohung mit gleicher Bedrohung zu erwidern , kurz Pflicht zu erz füllen unbekümmert Aller Folgen.
(Drum beiläufig, ſelbſt
einem Polignac'schen Ministerium, in feiner Unternehmung gegen Algier, glänzendſter: Erfolg zu wünſchen iſt.)
In ähnlichem, aber bei weitem nicht gleichem Verhältniß ſtand · Europa zur Türkei bis zum Jahre 1826, bis-wohin diese seit längerer Zeit keine auf „ rechtliche” Anerkennung Anspruch habende Regierung hatte, indem nur absolute Wilkür keiner Zucht unterworfener Janitz scharen herschte ; d. i. weil bis dahin in der Türkei abſolute Anarchie herschte. und 38. )
(Vergl. St. R. Erf. 3. bis 6. S. 37.
Um ſo ſchmählicher daher barbarische Be-
drohung, Einſchüchterung und Unterjochung der Griechen 1822, welche, bei damals herschender Anarchie der Osmanen , ſogar „ rechtlich” unterm
Scuz von Europa
als selbstständiges Volk anerkant werden
mußten !!"
643
Griechen waren damals überdies in fast vollem Besiz ihres Landes und dessen Vestungen , deren Anerkennung also auch hiedurch de facto unb de jure
rechtlich."
Mit der Ermordung der Janitscharen 1826 , änderten sich jedoch diese Verhåltniſſe gånglich.
Ibrahim , mächtig
Unterstüzung Europa's ," hat Alle Vestungen genommen, ist im Besiz fast ganzen Landes ; edelste Gries
durch
chen, auf welchen Hofnung
der Erhebung des Volks
allein beruht, find ruhmwürdig
in Missolunghi ge-
fallen, das sich noch irgendwie verteidigende Volk, zur Horde gesezloser Räuber hinabgefunken , drum als Freiheit- und Staats-Unfähige ohne Europäiſches Intereſſe. Im absoluten Gegensaz hat Mahmud zu den ſchönFlen Hofnungen berechtigende Energie bewiesen , mit Vernichtung
anarchischer Janitscharen ,
existirt seit vielen
Jahren entbehrte Rechtsfähige Regierung wieder zu Kons ftantinopel.
Alle für echt Menschliches Sin habende
athmen freier auf, reichen Ersaz hoffend, ob der durch Unterdrukkung der Griechen erlittenen Kränkung.
Seit
1815 belastet Europa schwer , von Sarmatien ausgehende Geistes-Fesselung , um so düsterer edle Gemüter umwőlkend, je mehr „ heilig" zugesichert war !!
Schon auch
zeigt sich deutlich der von England über Europa verhångte Wucher-Geist (S. 337.) , diese Europa Auszehrung
drohende Pestseuche.
Nirgends
Spuren des
Geistes , wodurch Europa von 1789 bis 1815 so über"aus bedeutend in Geschichte heraustrit.
Um so übers
raschenber völlig unerwartete Geistes-Macht des Osmanen, zu desto bedeutenderen Erwartungen berechtigend, eben durch „ ſcheinbar”
absoluten Gegenſaz chriftlichen
644
Princips , welches nur
in Theoremen von Theologen
und Philosophen noch mattes hinsterbendes Leben zeigt, während im wirklich praktischen Leben alle Spuren mehr und mehr sich verlieren. Und siehe, nicht lange, und Satans wieder errungene Obgewalt trit leider nur zu sichtbar deutlich hervor. Stat sich der Groß- That Mahmuds zu freuen, wird sie, kaum ruchbar , Veranlassung zu Cannings Laufbahn bes schimpfend berüchtigtem Vertrag. Nun, nachdem kein Griechisches Volk mehr existirt, - nun sol es plözlich erz halten bleiben. Drei mächtigste Reiche rüſten ſich ein abſterbendes, aber in Geburtswehen neuer Gestaltung ringendes Reich völlig zu vernichten.
An Spize vorhabender Gråul-
that steht hochmütig , ob zweideutigen Ruhms der Besiegung Napoleons, ſich blåhendes England.
Muß Es nicht
lebhaft Erinnerung bringen , manch verschuldeten Gråuls jener Zeit, wo höhere Liebe Völker Europa's entflamt, und England Sklaven-Ketten schmiedete ? Vor allem an Schandthaten Nelſons
und berüchtigter Hamilton zu
Neapel? An Nicht- Entgegentretung von Polens Tetlung, weil Es durch Frankreichs Zersplitterung ausgleichende Beute erwartet? Kurz, nicht in Erinnerung bringen, daß Es seit 1688 nirgends Menschen- Würde verficht, sondern nur entehrend Macchiavellischer Diplomatie fröhnt? Ist Verdacht zu unterdrükken , daß des Oceans unbestrittener Beherfcher, in Allen Weltteilen gebietend , vor abgelebtem Greise erzittert, vor lezt aufflakkernder Flamme einer armseligen Lampe ? *)
Iſt Verdacht zu unterdrüffen,
*) Jest ist dieser Verdacht um so gegründeter , nachdem ein Wels lington im Parlament unverhohlen erklärt : ,,England könne
645 daß Es neidisch auf Egyptens sich entfaltende Blüten blikt, weil dieses Waaren bis Hamburg schon sendet, des überreichen Englands monopolische Marktpreise zu verderben drohet? ― Pfui, pfui ob diesen gewaltsam sich aufdrångenden Erinnerungen und Verdachten
--- allein,
woher sie unterdrükken , da sonst Schlacht von Navarin noch viel unerklärlicher ? - Denn , der Verdacht kann Dir doch unmöglich auffteigen : „ d as ſeit hundert Jahren zur See unbesiegte England mit ſeinen tausend Kriegsschiffen ,
habe türkische Marine gefürchtet ?
Mehr !
Vor türkischer See-Macht in Todes- Aengsten , hab' Es allein sich nicht stark genug gemeint
nein ! Es
muß Hilfe erflehen von seinen zwei mächtigſten Nivalen, und so übergroß ist Furcht vor türkischer Obmacht , daß
nicht zugeben , daß Brafilien ,' vermittelst Terceira , vesten Fuß in Europa faſſe!!" Gehörte vor wenig Jahren nicht ganz Portugal Brasilien an ? Welche Aufschlüsse hat also der hochweise Minister durch diese wenigen Worte verraten , über durch englische Diplomatie herbeigeführtes Elend jenes unglüklichen Landes!! Auf so schwachen Füßen demnach beruht Englands Größe? Um so dringender die Forderung , daß Europa in sich selbst sich kräftige. Nach obiger Erklärung über Terceira ist wahrlich kaum der noch ungleich empörendere Verdacht zu unterdrükken , England babe des kleinen Griechenlands Marine bis 1826 gefürchtet, darum zu deffen Unterjochung mitgewirkt ; nachdem endlich dies fes gelungen , auch keine Türkisch Egyptische dulden mögen !! Sen auch wohl nun für Griechen aufgetreten , um sich für griez chische Anleihen bezalt zu machen, ,,wofür es keine Valuta ges leiftet!" - Denn die dafür erbaueten Schiffe vermodern noch diesen Tag in englischen Häfen. Seinem ganzen Benehmen aber fezt Ernennung Koburgs Krone auf, erfüllend die S. 103. im September v. J. verfaßte Verkündigung , in welcher Zeit noch fast Alle meinten : „,den Griechen Freiheit zu errins gen, sey alleiniger Zwek Navariner, Schlacht und des Türkens ,,Krieges!!"
646
ein Schüler seines größten Seehelden , bis dahin forge fam verwahrtes Geheimniß , kühn erfundenen See-Mandvers , preis gibt diesen seinen Nivalen?!
Siehe! Da von S. 66. geäußerte bloße Vermutung, keine Rede mehr , indem in engliſchen Blåttern *) feits dem officieller Tages-Befehl Codringtons , einige Tage vor
dem
Schlachttage
erlassen ,
über
„ Schlachtz
Ordnung" mitgeteilt ist , daher Siegs- Bericht um so lügenmåulerischerer Schand-Bericht, weil er Türken der Schuld des Blutbades bezüchtigt, in schamlosem Widers spruch dieser Tages-Befehle; da ferner zufolge diefer Tages-Befehle , Englands Admiral alleinigen , von Anderen anerkanten Oberbefehl führte , so haben Frankreich und Rußland an dieser Gråulthat durchaus
keinen Teil,
sondern sie belastet einzig und allein England ! Wenn nun , von Schiller richtig bemerkt : „Nur solche Verbrecher dichteriſcher Darstellung fähig , deren Geistes-Kraft nicht völlig untergegangen, sonst fie Ekel ohne Interesse erregen ,” — so kanst du wahrlich auf jene in Geschichte beispiellose Schandthat nicht blikken, ohne mit Ekel erregendem Abscheu erfült zu werden,
*) Vergl. Allg. Zeit. Nr. 254. 11. September 1829 Tages Befehl 19 Codringtons v. 19. October 1827 über ,,Schlacht- Ordnung ,' und Bemerkung der Times: ,, diese Thatsachen ,,beweisen," daß diese Schlacht ,,nicht" durch Zufall herbeigeführt, sondern ein voraus beschlossenes Ereigniß iſt.” Ein um so boshafteres Ereigniß füg' ich hinzu , als nur we nige Tage vor der Schlacht auf der See angetroffene Egyptische Hilfs Flotille nicht nach Alexandrien zurükgewiesen , sondern in Navarin einzulaufen gezwungen wird ; „ Anzal der Opfer zu vermehren !!"
647
weil es , von Seiten Englands , ein abſolut völlig verz ſtandloses Verbrechen , indem es ohne Verhältniß noch : dummer denn niederträchtig ist. Ein Werth bleibt diesem Verbrechen :
„daß für
ewige Zukunft aufsteigende Progression von Menschens Larven " zu begehender Niederträchtigkeit rein abgez schnitten : ist; äußerste Spize, Menschen entehrender „Schandsäule ,” ist mit Navarin völlig erreicht ; tiefer sinken kann die Menschheit weiter nicht , mithin iſt Hofnung des Beſſerwerden !!” (Daß See-Schlacht des Englischen Admiral Byng 11. August 1718 wider Spanischen Admiral Castagnotta bei Capo Passaro , obwohl auch ehe Kriegs-Erklärung, so wie zweimalige Ueberfallung Dånemarks , und gewalts samer Fortführung der Flotte in unserer Zeit, mit Navariner Schlachtung durchaus völlig unvergleichbar , ist ſtrikt und leicht zu beweisen , würde indeß hier zu weit abführen .) D.
Entscheidet jedoch über schlechthin jede Hand-
lung nur „ Sie Selbst," d . h. abgesehen Aller daraus zu erwartenden Folgen -
so zeichnet jene auf Europa's
Geschit so höchst bedeutend einwirkende Schandthat , sich auch noch dadurch aus, daß nach Verstandes - Berech= nung fie alsogleich unmittelbar , lichste Folgen haben mußte !!
denkbar
fürchter-
Denn , daß diese Folgen
nicht eintraten, lag schlechterdings außer Aller möglichen Berechnung , und wår' drum auch völlig unbegreiflich, wenn Mahmud der wirklich war , wie man ihn nach 1826 Volbrachtem notwendig voraussezen mußte !!
648
*****Ueberlege also: „ lezte Stüze einſt mächtigſten Reichs, 憨 deffen • Flotte von 100 Kriegs-Fahrzeugen, überfält und zerstört man nicht meuchlings mitten im Frieden, bei Anwesenheit der Gesandten, einer auf Christentum und Civiliſation vermeintlich Anspruch machenden Regierung, fons dern nur vorausgesezt barbariſcher. Wagſt Du also nur gegen Solche, folch selbst bei Barbaren unerhörten Frevel, wie magst Du nicht denkbar barbarischeste Folgen derselben erwarten ? — Nim hiezu , daß nur ein Jahr vorher Mahmuð über 25000 seiner Glaubensgenoſſen mit kaltem Blute schlachten , ersåufen , verbrennen läßt, und zwar keines unmittelbaren Verbrechens Schuldige, sondern die solche zu begehen blos drohen - woher Deine Zuversicht , Mahmud werde von Chriften gegen ihn wirklich ausgeübtes furchtbarstes Verbrechen , ohne furchtbarste Rache dulden ?! - Sag' um Gottes Willen, wenn der Mann ein echter Mann , nicht nur die Ges fandten, sondern Alle frånkiſchen Bewohner seiner Staaten gerechter Rache-Wuth seines Volks Preis gibt deren Eigentum diesem überläßt; wenn er so seine Osmanen zwischen Angel und Thür bringt : „ Siegen oder „untergehen zu müssen!!” --Meinest Du etwa daß Ruſſen auch dann Balkan überschritten oder Erzerum eroberten ?! -
O Du D
Menschen-Geschichts- Geist"
ganz
und
gar Nicht- Kennender ! Ich sag' Dir : „ War Mahmud der recht Echte, nicht nur ganz England, ganz Rußs land, ganz Frankreich bewahre! 1 Nein ! - Ganz Europa zusamt Alle Bewohner
der ganzen
übrigen
Erde mochten als Ein Mann gegen Türkei anfechten,
649
und tausend Millionen Diefer wären? eben før zweifelds frei völlig unterlegen so wie 1793 ganz Europa ges gen Robespierre und Frankreich unterlegen ist!! / Und zwar aus
dem hierin so oft bewiesenem Grunde:
„ Weil Ein zuſammenhaltendes auf Sieg oder Tod ges „fteltes Volk, Nie , durchaus Nie zu überwinden iſt!!” " * Allein, felbst wider evidenter Gewißheit einmal zugegeben, Osmanen håtten
nicht obgefiegt , so war
doch in keinem Fall solcher Welt-Krieg in ein oder zwei Jahren beendigt, indeß erkaltete erregter Fanas tismus übrigen Europa's , Emordung vieler Millionen war vergessen , und wie Geſchichte ſchlechthin unleugbar beweist: „ Auch furchtbarster Krieg ewig
herschender Notwendigkeit
führt endlich mit
ersehnten
Frieden
herbei. " „Ei so sag' boch , welch' beschimpfendere Friedens„Bedingungen fonte denn auch dann vom ſiegenden „Europa Osmanen
auferlegt werden ,
denn ihm nun
„von Rußland allein auferlegt worden ?!"
E.
Lefer ! Also lautet echt folgerichtiger Erkent-
niß - Spruch :
Håtte
Mahmud
sich angegebenermaßen
als Mann , als echter Regent seines Staats bewährt - dann war nicht Er , sondern England der wahre Barbar , und auf diesem, nicht auf Mahmud und feinen Osmanen lastete gräuliche Blutſchuld zallofer Millionen vielleicht Entvölkerung Europa's ; denn Wer wagt jezt zu bestimmen , welche Folgen jene GroßThat Mahmud's hervorbringen mochte ?! - Zum Glük (?) oder Unglük (?) (wahrlich ! ich wag' es nicht
650 zu bestimmen;
denn gefchichtlicher Erfahrung zufolge,
wirken ungestraft bleibende Schandthaten später viel Unheil bringender als unmittelbare noch so fürchterliche Züchtigung !!) also zum Glük,
oder Unglük Europa's,
war Mahmud eben nicht der recht Echte, mithin bleibt Schande
von Navarin zwar unbenommen in ganzer Nichtswürdigkeit auf England laſtend, ― Mahmud aber ist zugleich infamer Mörder -
,,Ob welcher That ?" -
,,,,Ob Ermordung der 25000 Janitscharen !!"
Denn so lautet echter Erkentniß- Spruch : „„ Nicht ſteht Dir zu Ein Haar zu frümmen Deiz „ „ nem Mitmenschen,
ohne veſteſte Ueberzeugung des
„, „,Recht - Thuns !!" Mit dieser Ueberzeugung aber, ,„ „ ,bist Du als von Gott bestelter Leiter Gott erkennen„ „ der Wesen verpflichtet kein Blut zu ſchonen !!" " *) *) Drum folten Alle , ehe fie Revolutionen im unmittelbar prak, tischen Leben zu erregen , oder auf schon Daseyende einzuwir ken streben, zuvor ihre Geistes : Selbst Macht harter Prüfung unterwerfen, von seiner ausdauernden Elafticität Sich, so weit dies irgend möglich, vest überzeugen, erst zu deutlicher Anschauung fich bringen, welch gråßlich schwere Verantwortung sie sich aufbürden ; und darum sey wiederholt, daß Robespierre beispiellos zwiefach Gefegneter ift , der mit bis zum Todestage unerschütters lich ausdaurender Geistes-Macht französische Revolution leitet — ,,die nicht er herbeigeführt !" Ungleich tiefer gegen diesen göttlichen Held stehen daher Las fayette und besonders Kosziusco ; denn auch Lafayette hat zum Ausbruch franzöſiſcher Revolution unmittelbar beigetragen ohne genugsame Prüfung seiner Selbst Macht wie S. 363 bis 371 nachweist , daher sein Ruhm untergraben ist, weil Er Sie, mins destens untapfer, verließ , als fie mächtiger ward , wie er sie ges schäst; es ist aber nichts weniger denn rühmlich die Karre in den Drek hinein bringen , sie dann stekken zu laſſen und davon zu ges hen. - Viel schlimmer und auch besser Kosziusco . Schlimmer -weil Er allein polnische Revolution 1794 erregt, mithin
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Gilt dies nun schon schlechthin unbedingt in allergewöhnlichsten Verhältniſſen, um wie viel mehr erst in von Dir selbst herbeigeführten außerordentlichen ?
ganze Verantwortung solch gewaltigen Unternehmens Sich aufs bürdet, und doch vielweniger noch als Lafayette seine dazu uns entbehrliche Geißtes:Macht berechnet. Rasend war er, drum ohne Ahnung echter Vernunft. Oder ist etwa nicht raſend, vier Millionen Polen gegen Rußland , Oestreich und Preußen zu stellen, Einen gegen mehr denn zwanzig , ohne ihnen ,,Freiheit" zuzuges stehen, durch deren Begeisterung allein möglich, solches Wun: - Aber nein ! Nicht einmal Städtische Bürs der durchzuführen ? ger: Freiheit verheißt er , vielweniger Freiheit des Landvolks , im Gegenteil fertigt er Deputation Warschauer Bürger , ob Bes schwerde gegen von Kosziusco aus lauter Adeligen ernanten Rez gentschaft mit derbem Verweis ab : ,,Nimmermehr werde er Jas ,,fobinische Grundsäze in Polen dulden!!" Ei Du ganz und gar Toller , wie erfrechst Du Dich dann Res volution anzufachen , wenn Du Dir selbst die Mittel raubst wodurch allein möglich sie durchführen zu können ?! Nur Dein hochmütiger Adel ſol von Rußlands Ketten befreiet wers den , nicht Bürger , nicht Leibeigne , und doch diese Blut und Gut solchem Aristokraten-Kampf opfern ?! Hier Leser abermals deutlich unvermeidliche Folge der Halb heit ; denn heilig kanst Du Dich drauf verlassen : „,befeelte Kos ,, iusco gleiche Geistes Macht Robespierre's, Polen kände heute ,,hochgeehrt unter den Mächten Europa's !!" Weder Katharina's noch Suwarow's Gewalt håtte dies Reich vernichten können, dessen Bestand schon damals von Allen Mächten als unerlaßliche Bedingung zur Freiheit Europa's deutlich erkant ist, drum weder .1.4Preußen noch Oestreich gegen Kosziusco ernstlich ziehen, im Ges genteil, ihn geheim, vielleicht gar öffentlich, unterstüzt haben würden, wenn Er als recht Echter sich bewährte. Auch Schweden, auch Osmanen warten nur auf erft günftige Erfolge, übermächtig gråßlich despotischen Nachbar demütigen zu helfen ; so wie selbst Engs land und Frankreich obwohl sich gegenseitig mit fast beispiellos glühendem Hafſe verderbend ,,, in Einem einig sind !!" ,,Kostiusco kräftig zu unterstüzen , wenn er solchen Vertrauens würdig sich zeigt." Daher überaus merkwürdig Antwort Merlins von Duay als Convents - Präsident in Sizung 14. Auguſt 1794, an polnische Gesandschaft. Diese Glük wünschend zu Frankreichs Siegen, sagt unter Anderen : ,,Die Polen , haben weder Macht ihrer Feinde, noch eigene
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Mit welchem Rechte mordetest Du benn jene 25000, wenn Du ohne Ueberzeugung warst , daß deren Tod
,,berechnet. Aber der Genius der Freiheit vereinige und begeis ,,ftere fie." Merlin erwidert : ,,Eifer der Franzosen hat neuen Schwung bekommen, seitdem ,,fie wissen , daß , indem sie für ihre eigene Freiheit ftreiten , fie ,,auch für Freiheit polnischer Nation kämpfen." ,,,,Aber sagt Euren Landsleuten : ,,,,daß bei großen Revolus ,,,,tionen schwache Maßregeln Quelle unerfezbaren Unglüts " ",find !!" "" Sieheft Du Leser, so spricht ein zum 99 „, Sumpf" gehörendes 噔 Convents Mitglied 18 Tage nach Ermordung Robespierre's, unverkenbar bezeugend , daß damals noch dessen Grundsäze hoch? verehrt werden, obwohl man sich seiner Strenge entzogen. Das rum der Geschichte Verurteilung Kosziusco's , als Mörder der durch seine Schwäche ermordeten hunderttausend Polen : denn, wer Revolution anfacht , muß abſolut allerhöchstes Ziel erstreben, nicht beschränktes , und diesem gemäß nicht die Mittel scheuen, die allein zum Ziele nur führen können , und besïzt er hiezu nicht Geistes- Macht genug , so fol er als Sklave leben , und nicht durch seine Schwäche Andere in's Verderben reißen !! Dieses unparteiische Urteil lindert im Verhältniß zu Lafayette, Kosziusco's ,,nun” glüklich schwere Verwundung in der Schlacht, wodurch ihm der Ruhm vor Jenem bleibt : „ die von ihm ,,erregte Revolution nicht ,,freiwillig” verlaffen zu haben ! !” Anwendung des eben Dargewiesenen auf Mahmud ergibt sich von selbst : Ermordung der Janitscharen war erhaben groß, wenn fie aus vefter Ueberzeugung des ,,RechtsThuns " hervorging, d. i. aus deutlichem Selbstbewußtseyn : ,,Nur hiedurch sen möglich feiner ,, Staat " aus verzweiflungsvoller Lage zu retten ; hatte fie hingegen nur zum Zwek seine Sultanſchaft zu erhalten, D. i. war sie ein Akt selbstsüchtiger Tyrannei , dann ist er hündiſcher Mörder, vogelfrei , ihn zu morden Pflicht. Die Jahre 1827 t bis 30 zeigen ihn ,,scheinbar" als Mörder, allein, noch ist von ihm kein giltiges Urteil zu fållen , sein ferneres Leben erft wird's zur Reife bringen . ―Noch fen auf Livius 4. B. 13. bis 15. Kapitel verwiesen, OSTER GroßeThat des Magifter Equitum Ahala erzälend , der , Aufs ruhr bezwekkenden Mälius , weil dieser vor den Diktator zu kom men weigert, ohne Richterspruch unverhört niederstößt. Der götts liche Diktator ,,Cincinnatus" aber, ob solch in Rom's Geschichte fchlechterdings wiefach beispiellose That einen römischen Bürger vor richterlichem Ausspruch zu morden, und in unbez
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unerlaßliche Bedingung zur Erhaltung Deines Vaters lands ? -Oder warst Du etwa ohne Sinn allein würe digen Strebens , und mordetest jene nur , als Deine Wilkür , Deine Despotie Verhindernde ? -- Pfui Dir dann , nicht unter Menschen zu Zålender ,
Du gehörst
dann unter Wölfe ; für Geschichte bist Du dann * ein nie gelebt Habender. Nach Solons Ausſpruch zu Krófus - aber, iſt über Lebende kein giltiges Urteil zu fällen.
Noch lebst Du
zweifelhaft laffend in welchem Sinn Du Deine Brandmarkung zu Adrianopel unterzeichnet!!
Mas , Ein
tüchtiger Mann vermag, belehrt Dich Geſchichte, und so ist in Dir Dein Volk noch erhalten , wenn Du Ehre als einziges Gut aufnimst welche das Leben ertragbar erhält, entehrtes Leben aber als schlechthin unerträglich verabscheueſt ; drum steht noch Weg Dir offen als Ehren-Mann zu leben oder zu fallen !!
F.
Aber : ,,Du solst Niemand in Versuchung brins
schränkte diktatorische Macht ,,scheinbar" wilkürlich einzugreifen, zumal diese ausdrüklich nur um Mälius zu richten, erhoben ist Ahala in öffentlicher Volks Versamlung höchlichst lobend , gibt so früh schon der Menschheit ewig giltiges Beugniß : ,, daß aus ,,ßerordentliche Umstände außerordentliche Maßregeln erfordern, ,,wozu gewöhnlicher Gesezes ; Weg nicht ausreiche;" so wie daß schlechthin überall jede That nur Verbrechen ift, sofern Selbstfucht" fie erzeugt. Wann werden doch endlich die Mens schen 1. Kor. 13. 4. verstehen lernen ? ,,Und wenn ich all' ´,,mein Habe den Armen gåß' , und ließ meinen Leib brennen , und ,,bdtt' der ,,Liebe" (Erkentniß des RechtsThuns !!) nicht, so war " ,,mir's nichts nize , so war ich ein tönend Ert, eine klingende ,,Schelle u. f. w." Auch die legitimeste Handlung ist nichtig ohne veftefte Ueberzeugung des RechtsThuns, Denn nur Wissen ist Menschen Karakterisirendes , drum auch nur vom Wissen gebotene That eine echt menschliche !!
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gen !!* Was Mahmud nach 1826 verbrochen , fält drum denen allein zur Last, welche in so überaus schwere Průz fung ihn gebracht; denn wer ist so kühn von Sich zú • behaupten ; Er hatte sie besser bestanden ? — Wahrlich, ich nicht! Bedenke wohl , seine in Geschichte bings beispiellose Lage.
chlechters
1822 erkennen ihn Alle Mächte
nicht nur als unbeschränkten Padiſchah an, — nein! ſie helfen ihm aufrührerische Griechen, ihre Glaubens-Ge= nossen, unterjochen.
Aber er ist Sklav seiner Sklaven, da
gelingt ihm endlich, fast hundertjährige Bemühung feiner Vorfahren und feiner selbst, diese entehrenden Fesseln zu brechen; allein nur durch eine ungeheure That, vor der Fein Volk erzittert, und die Es mit Abscheu erfült zwies Fach: An sich selbst, und durch Umtriebe der Priester : „ Dies sey der Neuerung Begin erſt → wehe ! Mahmud * trachtet Religion zu stürzen !!" Viele Friedens-Jahre sind erforderlich diesen Schrek: ken , dieses Mißtrauen in liebendes Vertrauen zu wandeln
natürlich vor Allem unentbehrlich Vertrauens-
Bezeigung europäiſcher Mächte !! ” Was geschieht ? -Kaum ist diesen gräßliche That bekant, widerrufen sie heilige Zusicherung von 1822, und berlangen Freiheits-Anerkennung derselben Griechen die von ihnen früher als Empörer verschrieen , nachdem von dies sen als Staats-Fähigen gar nicht mehr Rede seyn kann. 162) Ich bitte Dich in Mahmuds und der Osmanen Lage Dich zu versezen : „ Liegt in dieser urplözlichen völligen Verwandlung früherer Verhältnisse nicht ſolch vers achtungsvoller Hohn ,
der notwendig
Regierung
und
Volk völlig auseinanderreißen muß ?" Offenbar erken
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nen die Türken, Europa's Verachtung Mahmud's barin, drum geselt sich ihnen zu Schrekken und Mißtrauen, grimme Verachtung ihres Beherschers. Wie aber Mahmud sich benehmen ?
Nachgeben?
„ „ Also darum hast Du unsere Brüder ermordet , um „ „ hunderjährigen Beſiz, dafür nicht einmal Kampf wagend, ´„, „ feig aufzugeben ?” ” Wahrlich, eher sich eine Kugel durch den Kopf jagen, als im Frieden nun , was er wirklich bestzt, räumen, was ihm vor nur vier Jahren „garantirt" ist ,
damals wo er's nicht besaß !!" -
Nun folgt grause Navariner , Schlacht !
Ist etwa
diese geeignet sein gegen ihn von Ingrim erfültes Volk mit ihm zu versöhnen ? Oder muß sie nicht vielmehr dies ses bis zu höchster Wuth aufregen ? Fast unbegreiflich Beides : „ Daß Mahmud nicht freudig diese ihm gez waltsam aufgedrängte Gelegenheit ergreift , ſich mit ſeinem Volk auf's Innigste zu vereinigen, - und daß ihm so viel Macht ist, furchtbar „ gerechte" Rache-Wuth def= felben zu zämen ; lezteres jedoch minder denn erstes ‹ unverständlich , weil höchst wahrscheinlich das Volk diese unerhörte Beſchimpfung als von Gott verhängte gerechte Strafe ob Ermordung der Janitscharen aufnimt. Mahmud's Lage aber ist damit bis zu grauser Verzweiflung gebracht. Nun gefelt Rußland zur Förderung Griechenlands, Långst zum Kampf entschlossen, vol glänzendſter Erwar„ „ denn , ihm ist ja der Feind durch Flotte-Zertung - 99 „ „ ſtörung
an Hånden
und ་ Füßen gefesselt 4 „ fert !!” ” *) — entehrendste Forderungen.
überlie-
*) Hier endlich mit evidentester Gewißheit : ,,Nimmermehr haben,
-
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Bag' Lefer! Sol Mahmud nun Alles bewilligen? Die Janitscharen hat Er ermordet, feiner Krieger, ſo
seit Fluch verbreitendem Tage von Navarin , echt edle Gemüter gegen Türken Partei genommen , sondern nur feigmemmiſche Hafenherzen, Erzitternde schon vor bloßem Anblik kühnerMannss Kraft. - Dieſe fordert fiets , ſelbſt übermächtigſten Feind zu - männlichem Kampf, Aug' gen Aug' ſchwingend blutſchnendes Schwert, welches sie drum senkt vor schwachem, verwundetem oder gefeffeltem Feinde , wie Offian Fingal zeichnet, weil sie nichts mehr denn Sich Selbst zu entehren scheuet, Männern aber : nichts Entehrenderes ift, als Gefesselte oder Schwache morden, was felbft edlen Thieren unmöglich. — Vor solch edler Mannss Kraft winden sich schlangenartig , anbetend Sklaven- Seelen , bis …fie durch heuchleriſche Thränen Mitleid erregen, und die Kraft, durch fie karakterifirendes offenes Vertrauen bewegt, das Schwert ſenkt, nun jene ſie jählings umſchleichen , in den Rükken meuchs lings, Gift genezte Dolche froßen. Denn, völlig abgesehen vor Allem höher Menschlichem, nur forschenden Geißtern ſich Offens barendem, so ist ja der bloße Anblik, gefeſſelten Greis von Mdu´nern zerfezen zu ſehén , zureichend , mit Abſcheu zu erfüllen. Und darum - gleicht Europa seit drei Jahren bis zu sprechendßter Aehnlichkeit, furchtbar gezeichnetem Bilde Shakspears : „ Der rauhe Pyrrhus , er , des düſtere Waffen, ,,Schwarz wie sein Vorſaz , glichen jener Nacht, ,,Wo er sich barg im unglütschwangern Roß, ,,hat jest die furchtbare Gestalt beschmiert ,,Mit grausamer Heraldik: rote Farbe ,,Ist er vom Haupt zu Fuß; scheußlich geschmükt ,,Mit Blut der Våter , Mütter , Töchter, Söhne, „Gedört und klebend durch der Straßen Glut, ,,Die grausames , verfluchtes Licht verleih'n ,,Bu_ihres Herrn Mord. Heiß von Zorn und Feuer, ,,Bestrichen mit verdiktem Blut , mit Augen „Karfunkeln gleichend , ſucht der höllische Pyrrhus ,,Altvater Priamus." - „Er find't alsbald ihn, „ Wie er den Feind verfehlt : ſein altes Schwert „Gehorcht nicht seinem Arm ; liegt , wo es fålt, ,,Unachtsam des Befehls. „ Ungleich gepaart" Stürzt Pyrrhus auf den Priam , holt weit aus :
657 fich selbstberaubt, und als Lohn der Missethat ist ihm diefelbe Flotte von
denselben Mächten zerstört,
„ Doch blos vom Saufen feines grimmen Schwertes ,,Fällt der entnervte Vater. Ilium ,,Schien, leblos , dennoch diesen Streich zu fühlen ; ,,Es buft sein Flammengipfel sich hinab, Bis auf den Grund , und nimt mit furchtbarem Krachen ,,Gefangen Pyrrhus Ohr : ,,denn scht, sein Schwert,” ,,,,Das schon sich senkt auf des ehrwürdigen Priam" ,,,,Milchweißes Haupt , schien in der Luft gehemt." ,,,,So stand er, ein gemalter Wüthrich , da, " ,,,,Und, wie parteilos zwischen Kraft und Willen," ,,,,That nichts !!" " ..Doch wie wir oftmals seh'n vor einem Sturm, ,,Ein Schweigen in den Himmeln , ftill die Wolken, ,,Die Winde sprachlos , und der Erdball drunten ,,Dumpf wie der Tod - mit eins zerreißt die Luft ,,,,Der grause Donner ; so , nach Pyrrhus Säumniß” ,,,Treibt ihn erwekte Rach' aufs Neue zum Werk ;" 9999 ,,,Und niemals trafen der Cyklopen Hammer" ,,,,Die Rüftung Mars , geståhlt für ew'ge Dauer," ,,,,Fühloser, als des Pyrrhus blut'ges Schwert" „„ Jezt (!! ) fållt auf Priamus !!" " ,,,,Pfui , Meze Du , Fortuna ! All ihr Götter” ,,,,Im großen Rath , nehmt ihre Macht hinweg ;" ,,,,Brecht alle Speichen , Felgen ihres Rades," ,,,,Die runde Nabe rollt vom Himmelsberg" ,,,,Hinunter bis zur Hölle !!" '
Polonius : ,,Das ist zu lang." Hamlet: „ Es soll mit eurem Barte zum Balbier. - Ich bitte Dich, weiter! Er mag gern eine Posse oder eine Botenge= schichte, sonst schläft er. Sprich weiter, kom auf Hekuba."
,,Doch wer , o Jammer! Die schlotterichte Königin gesehen ,,Wie barfuß sie umherlief, und den Flammen Mit Thränengussen drohte ; einen Lappen Auf diesem Haupte , wo das Diadem ,,Vor kurzem stand ; und an Gewandes stat ,,Um die von Weh'n erschöpften magern Weichen ,,Ein Laken , in des Schrekkens Hast ergriffen. ,,Wer das gesehn , mit gift’gem Schelten hätte ,,Der an Fortunen Hochverrath verübt. ,,Doch wenn die Götter selbst sie da gesehn, ,,,, Als sie den Pyrrhus argen Hohn fah treiben," ,,,,Berfezend mit dem Schwert des Gatten Leib ?" ,,,Der erste Ausbruch ihres Schreie's hätte »,,,(Ift ihnen Sterbliches nicht gänzlich fremið)” [ 42 ]
658 welche sie ihm für schweres Geld verkauft ; hiezu fol er Griechenland frei lassen, und als Tributár Rußlands, ― fein frei erhaltenes Reich fortgeben?! ,,,,Des Himmels glüb'nde Augen thau'n gemacht,” ,,,,Und Götter Mitleid fühlen !!" " Wie komt der nichtswürdig schleichende Leopard zu solchem ,,Mann ?!" Nimmermehr begreifbar, daß dieser innigfte Brus der Sebastian Bachs und Luthers auf jener Kazen erzeugenden Insel geboren und gelebt. 1x Allein , nent denn nicht faft gans Europa fich ,,christlich ?" - Wahrlich, so wenig Es Luther Shakspeare und Bach versteht viel weniger noch Chriftus! Denn sie meinen , wenn sie weinen , nah sich gefürchtete Kraft, welche die Welten erſchaft. Aber der Macht : Gott des Meister , Freiheit erstrebender Geißter , verachtet Umklammernde, des Kreuzes Tod Jammernde, ohnmächtig Glaubende, Geißt sich Beraubende, Gözen anbetend Umknieende, nur um Gewalt sich Bemühende. Sklaven thier’ſcher Triebe, bleibt fremd hehre Liebe, fremd ftol -froher Freiheit Muth , todt von Gott verliehene Glut; diesen erscheinet vol kezrischer Richtung , Geißkühne, echt protestantische Dichtung! Da ich ein Kind war, Bedekke deinen Himmel, Zeus, Mit Wolkendunst, Nicht wußte wo aus noch ein, Und übe, Knaben gleich, Kehrt' ich mein verirtės Auge Der Disteln köpft, Zur Sonne, als wenn drüber wär' Ein Ohr, zu hören meine Klage, An Eichen dich und Bergeshöhn ; Must mir meine Erde Ein Herz wie mein's, Doch lassen stehn, Sich des Bedrängten zu erbarmen. Und meine Hütte, die du nicht gebaut, Wer half mir Und meinen Heerd, Wider der Titanen Uebermuth ? Um dessen Glut Wer rettete vom Tode mich, Du mich beneidest. Von Sklaverei? Hast du nicht Alles selbst vollendet, Ich kenne nichts Aermeres Heilig glühend Herz? Unter der Sonn', als euch, Götter ! Und glühtest jung und gut, Ihr nähret kümmerlich Betrogen, Rettungsdank Von Opfersteuern Dem Schlafenden da droben? Und Gebetshauch Eure Majestät, Ich dich ehren ? Wofür ? Und darbtet , wären Hast du die Schmerzen gelindert Nicht Kinder und Betler Je des Beladenen ? Hofnungsvolle Thoren, Hast du die Thränen geftillet. Je des Geängsteten ? -
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Wo aber auf Beistand rechnen , nachdem mehrhun dertjährige fast ununterbrochene Allirte ,
Hat nicht mich zum Manne ge schmiedet Die allmächtige Zeit Und das ewige Schikfal, Meine Herrn und deine?!
Wähntest du etwa, Ich solte das Leben hassen, In Wüsten fliehen, Weil nicht alle Blütenträume reiften?
England und
Hier fi ' ich, forme Menschen Nach meinem Bilde, Ein Geschlecht, das mir gleich sey, Zu leiden, zu weinen, Zu genießen und zu freuen sich, und dein nicht zu achten, Wie ich !
Verbindest Du dieses gewaltige Gedicht , allein zureichend Göthe zu verewigen , wenn mehr nicht von ihm erhalten bliebe, mit denen desselben Meisters : ,, das Göttliche ," ,,Grenzen der Menschheit," und besonders mit Fauft's Worten : ,,Wer darf ,,ihn nennen ? Und wer bekennen : ich glaub' ihn ? Wer empfins ,,den ? Und sich unterwinden zu sagen : ich glaub' ihn nicht. ,,Der Allumfaffer , der Allerhalter, faßt und erhält er nicht ,,Dich, mich , Sich Selbst ? !" — Siehe ! Erhebft Du durch Verbindung dieser oder ähnlicher Jdeen Dich zur Anschauung göttlichen Geistes, dann erkenst Du deutlich behren Geist echten Protestantismus, des jeder irdischen Fessel Sich zu entledigen ftrebenden , in welchem Geist S. Bach feine unvergleichbare Passion gedichtet , und erkenst damit deuts lich , daß nur diesen Geißt Erkennende dieses gigantischefte Werk gesamter Kunft richtig vortragen können, welches durchaus frömmelnde Hingebung verschmäht , und in echter Frömmigkeit , d . i. in freudig stolzem Selbst : Vertrauen des in Menschheit sich offenbarenden Geist Gottes , durch Jesus von thierischen Sünden , Banden befreit , vorgetragen und aufgefaßt feyn wil. Dieser stolze und zugleich echt demütige Geistes- Muth sol jedoch nicht beschränkt bleiben auf wenige Stunden unmittelbarer Erfassung geiftmächtiger Werke , sondern das Gesamt-Leben ges famter Menschheit durchglühen , sol zu freudiger Kühnheit ents flammen : „ Menschheit schåndende Verbrechen schlechterdings
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Frankreich , Frieden heucheln , und mitten heiligen Fries dens ihn nicht
nur verraten, sondern ihn geschunden
und gebunden dem Erb-Feinde überliefern ! ,,Wahrlich ! Kein Herz schlägt in Deiner Brust, wenn ,,dieses grenzenlos jammervolle Bild eines von höchster „ Höhe so plözlich heruntergestürzten Herschers Dich nicht „krampfhaft durchzuft ; denn vergebens ſuchst Du in ge-
Nirgends und von Niemand zu dulden , daher ehrenvollen Krieg, der unter folchen Verhältnissen verteidigende Abwehr ist , mit Begeisterungs-Freude anzunehmen , und nicht in Menschheit entehrendem , drum nimmermehr haltbarem Frieden , in ,,Feigs heit ፡ Verdacht" zu beharren ! Gerade solch stolzfrohe Zuversicht, die ftets zum Krieg gerüstet fich zeigt, gründet und erhält ewigen Frieden! So war Navariner Schande und Europa Verderben bringender Krieg vorgebeugt , wenn Ein Haupt : Staat mit der Macht, welche selbstfuchtlose Verfechtung der Tugend - zwiefachmächtig wirkend , eben so Verteidiger durch Begeisterung belebend , wie Angreifer durch Hochachtung vor Jenen , lähmend - hervorruft, dem berüchtigten Vertrag entgegentrat. Denn auf absolutes uns recht zielende Verträge schließen nur Barbaren ; Barbaren aber find Poltrone , nur vorausschrekkenden Muth Befizende , die von Feigheit ihrer Gegner Nahrung ziehen , und sogleich in ihr Nichts versinken , wenn ihnen edle Manns - Macht entgegentrit, vor der sie kriechen und deren Befehlen willig Folge leisten. ,,Allein freilich ist zu solcher Staats- Selbst-Macht-Offenbarung innigste Vereinigung der Regierten mit Regierenden unerlaßlich.” So sen noch bemerkt : ,,Wenn diese Schrift allein echten Geschichts Geist nicht ganz und gar verkent , und Europa , wie mehr als wahrscheinlich, Pflicht : Erfüllungs- Forderung fols genden §. 11. nicht genügt — dann ist jest von Frieden durchaus keine Rede , weil der Schand : Brand von Navarin ohne Europäischen Krieg nimmermehr gelöscht, vielmehr je láns ger er gewaltsam unterdrükt bleibt , mit desto verheerenderer Gewalt später wüthen wird !! "—
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“ famter Geschichte Einen Einzigen Selbst-Herscher , der „so gråßliche Mißhandlung wie Mahmud erlitten !!" und Ihr feiert Feste ob diesem unerträglichen Schauspiel? Und Ihr ergießt drob in Gesängen Lob-Dank dem Vater ewiger Liebe, dem wir uns nur in Demuth und Liebe nahen dürfen ? französische Revolution
Und Ihr nent Robespierre und bluthündiſch ?” Selbst"evidenter
Wahrheit entgegen einmal zugegeben, Frankreich sey damals in ähnliche Schande und Blutschuld verfallen -- auch dann ist Es , im Verhältniß zu Euch , erhaben zu nennen ; denn Frankreich lud gleichsam nur mensch liche Verbrechen sich auf, nur Vaterlands-BefreiungsFeste feiernd , bis Alles verderbender Napoleon , als frecher Gottes- Gnaden- Majeſtåts - Vertreter , Priestern, solcher Satans-Gottheit würdig, ob Menschen- Schlachtun gen
Dank zu spenden befielt.
So Jhr, bringet
ووBaal , " nicht Gott, auf von Menschenblut überströ-
Auch dies noch : „ Es ist absolut verstandlos zu meinen , Rußlands Eroberungssucht werde nach Asien hin sich ablenken laffen hat es etwa wüfter Steppen und barbarischer Völker nichtschonmehr denn zu viel ? Sein Natur- Trieb zieht ihn drum notwendig nach Europäischer Vergrößerung und nicht nach Asiatischer. Nur von Eurova aus hoft Es Stärkung seines geistigen LebenssKerns , welchen jede Asiatische Eroberung nur fiechender machen kann ; so sehnten Römer zu Griechen sich hin. so von ,,Asien kommende" Barbaren zu Römern, diesen Karakter zeigt Geschichte durchweg : ,,Uebervölkerte, in Bildung vorges 4 ,,schrittene Völker , stiften Kolonien , Barbaren unterjochen ,,durch halbe Bildung verweichlichte Völker !!" „ Und darum ist nicht die Türkei zu Navarin vernichtet ,,,,worden - fondern leider nur zu wahrscheinlich Europa !!""
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menden Altären Preis und Dank ob geschlachteter Brüder bar; in solch vollendeter Raserei heiligen Namen Gottes mißbrauchend zu Schåndung des Heiligsten , wåret Ihr ewigem Fluche verfallen , milderte, beklagenswerte Mietlinge des Satans , Schuld Eures Rasens , Gebet : des Dulders nicht : " Vater , Vater vergieb ihnen , benn sie wissen „ „nicht, was ſie thun !!" "
11. Europa's Bewohner , die Ihr Euch „ Chriſten” nens net , höret das Wort ewiger Liebe , das 1 Wort ewig allein giltigen Christentums , das Wort der Wahrheit und unbedingter Rechts - Pflicht !! ,,Nimmermehr könnet Ihr volkommen fühnen , was so fühnet Ihr verbrochen
„unerhört Frevelhaftes
„ mindestens , `so weit Jhr's irgend vermöget und Pflicht ,,unbedingt gebietet.
Also :
„Den Demanen habt Ihr , nach schon vom heidnis ,,schen Rom befolgten Brauch, gefesselt zu überliefern, „die Völker - Recht geschåndet habenden gråulichen Vers „brecher von Navarin.
Ferner ersezt Ihr den Osmanen
,,bis zum Heller, jeden , durchaus jeden Schaden ,,von Euch ihnen seit 1827 so unmittelbar wie mittel „ bar zugefügt ; liefert ihnen volgerüstete Flotte , erbauet ,,ihre von Euch zerstörten Städte , Dörfer und Flekken, ,,kurz bringet Alles ,
Alles
in Status quo von 1827.
„Allein unmöglich ist's Euch, in's Leben zurük zu rufen
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„ von Euch tigerartig Ermordete ? Dafür zalt Ihr eine ,,namhafte , die allerhöchſte Summe die Ihr irgend zu erfchwingen vermöget ,
und sendet Gesandschaft aner-
„kanteſt edelster Männer , Abbitte zu leisten , ob gråß„licher Verschuldung !!”
,,Sehet! Und wenn
Ihr dies Alles volbracht,
,,nach ewig giltigem Befehl ewig Einen Gottes ,
so
,,denkt ja nicht irgend etwas Ruhm- oder Preiswürdi,,ges gethan zu haben - sondern durchaus mehr nicht, „ als was Ihr zu thun verpflichtet send , und was, „so
Ihr's
unterläßt ,
als
Euch
Solche
zeichnet :
,„Die Christus im Munde führen , aber unwürdig sind, „ „,,,nach seinem heiligenden Namen sich nennen zu dürs ,,,,fen ; denn Ihr seyd dann durchaus nichts Anderes ,,,,als Gott verleugnende Heiden
nicht Christen !!"""
„ So Ihr aber volbringt unbedingten Befehl Got„ tes ,
dann
werdet
Ihr
„Prophezeihung anschauen ; „Juden
und Osmanen
alsbald
Erfüllung
uralter
anschauen , herbeiſtrömen
und Heiden von allen Enden
,,der Welt sich versammeln um den Tisch des Herrn, ,,demütiglich flehen , auch sie aufzunehmen in den heili„gen Gottes -Bund , auch ſie zu ſåttigen mit Himmels„Speise , und Alle , Alle Völker der Erde werden Gott ,,preisend anbeten : ,,,Herr, Herr! Långst hattest Du uns bereitet das
‚Mahl , aber ach ! der Verderber erhielt in nächtigem „ „ Dunkel Deinen verliehenen göttlichen Geist, drum
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wir Deine
„, „,verkanten „ „Endlich ,
ewig
Gnade. -
waltende
endlich sind wir erlöset von dieser finstern Einen Sohn
,,,,Kraft Satans , durch Deinen ewig
,,,,Christus , und mit diesem vereinigt durch Deinen , „ewig heiligen Geiſt !!" " „ ,,,,Vater
vergieb
unsere Schuld ,
wie wir
uns
",sern Schuldigern vergeben , stärke uns fürder durch „„Deinen Beistand gegen Satans Sünden- Gewalt. „„ Aber Dein Wille
geschieht
für, und
für ;
denn
„ „ Dein ist das Reich , Dein die Macht, Dein die " Herlichkeit in Ewigkeit.
Amen !""
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Uebersicht des ganzen Werks.
„ Prüfer Altes , das Beste behaltet.”
Tiefaufregender Schmerz, ob von Gegenwart schnöde verleztem idealen Menschheits-Bilde, trieb vor acht Monat zu vorliegender Arbeit.
Weil diese im Begin auf wenige Bogen berech-
net, kaum so viel Wochen als nun Monate von zu begin nenden Studien abhalten solte, ist ihre zu Ende cilende Sehnsucht, weil sie jedoch zugleich strebte, Alles zu ihr Gehö rende zu deutlicher Anschauung zu erheben , auch, eben we 7679 gen elliger Behandlung , unförmliche Breite unverkenbar. Kunstgerecht und darum belehrend erfreuender, dürfte ihr wesentlicher Inhalt kaum Hälfte
der Bogenzal füllen ; fie
also zu ordnen bleibt Anderen überlassen.
Zur Entschuldigung dieser Breite dient: a)
Daß die Arbeit selbst stets deutlicher offenbarte, es
thue Noth, Mitgeteiltes vorläufig überhaupt zu sagen , zu wissenschaftlicher Form- Gestaltung bleibe spåter Zeit. b)
Daß unmittelbare Begebenheiten behandelnd, zwek-
måßig schien Formal - Lesende durch Ermüdung abzuwehren ; nur Belehrung ernst Suchende follen diese Schrift le
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fen, und wie nicht für Menge beſtimt, diese nicht leſen, was fie gar nicht oder kaum halb verstände. Diese Schrift richtig aufgefaßt, sol solch erschütternde Gemüths Aufregung bewirken , wie zu Belehrung unent behrlich, nicht aber aufreizen zu wild geſezloſer Leidenschaft. Echte Lehre ist zarter Same, ins innerste Gemüth gestreut, ſorgſam liebender Wartung und Pflege bedürftig, nur dann verspricht er schöne und reiche Aerndte ; draußen aber heult noch überall Winter-Orkan, kaum sich hebender Pflanze vôl lige Vernichtung drohend'; drum wår wohl gut diese Schrift würde vorläufig
öffentlich gar nicht berührt ,
damit ihre
Saat Zeit gewint in edlen Gemütern, von Außen kaum be achtet, vest zu wurzeln.
Nachträglich zum Vorwort : Allgemeine Geschichte im innigsten Zusammenhang er faßt, bietet an sich nichts Auffallendes ; denn , (so wenig Dir nun auffält , daß die Sonne im Osten auf im Westen Solte so wenig geschichtliche Begebenheiten.
untergeht,
von 1826 an nicht geschehen , was leider geschah , mußten schon vor 1826 andere Menschen und Verhältnisse vorausz gegangen seyn ; daher, so wie 1794 Robespierre darum er mordet wird, weil seine Mörder ihn nicht verstehen, ist seit 1815 darum nicht erfolgt ,
was Edle hoften - 1 weil Erhoftes nur von Edlen , nicht aber von denen verstanden war und ist, welchen friedliche Erfüllung obliegt.. - Nach von ewig Einem Menschen- Geist deutlich erkantem, aber noch nicht von ihm abhängigem Gesez , bilden sich einzelner Menschen wie Aller Staaten - Verhältnisse notwendig so , wie vorwaltende Ursachen unbedingt beſtimmen (nicht im Voraus = Fatum, ſondern zufolge ewig giltigen Gesezes !), demges
667
måß auch von eigentlicher Menschen - Geſchichte überall noch nirgends Rede seyn kann ; diese im Werden, wird ber ginnen mit der Zeit wo in irgend Einem Staate streng wissentliche Leitung eintrit , Menschen das Gesez bestim men, und nicht mehr von ihm sich bestimmen lassen; d. h. wo das Gesez als Gesez in die Erscheinung eintrit , & und zwar nicht außerhalb desselben , sondern zufolge unbeding ter Forderung des Gesezes selbst.: (Dies. beiläufig zur Wiz derlegung des Einwandes Unwissender, welche teils nur der Natur oder nur der Vernunft huldigen , wodurch Beiden vermittelndes Gesez
entzogen bleibt.
Natur herscht allers
dings genau so lange, bis Vernunft Herschaft . errungen, dann aber herscht
Vernunft
zufolge absolut
Gesezes, wodurch bis dahin Natur herschte.
desselben
Vernunft selbst
ist's, welche zu ihrer eigenen Orientirung das Gesez schrof *gegensäzlich stelt ,
in Wahrheit aber ist diese
schlechterdings Nirgends.
Als
Beispiel zur
Trennung
Erläuterung:
Nimmermehr kann Vernunft gut heißen , jezt. herschenden Wucher, entehrende Fonds-SpielsWuth - nichtsdestoweniger ist deutlich erkenbar, daß dieser Schwindet mächtig beiträgt Aristokratismus zu erweitern , Staats- Gewalt den Händen Weniger zu entwinden und Mehren zu übertragen ; mithin die Menschheit ihrem Ziele,,,Freiheit Aller,” nåher zu drången. *)
So befruchtet ekler Mist mageres Erdreich.)
,,Kann aber
echt philosophische Geschichts Auffassung
„ nicht einmal Verwunderung ihrer unangenehmen Erscheis
*) Daffelbe gilt von Ueberschwemmung schlechter Schriften, Tons ftükke und Kupferstiche ; an sich wertlos , ja nichtswürdig , tras gen fie wider Willen bei, die Menge zum echten Lesen, Hören und echter Kunst-Anschauung vorzubereiten.
--
„nungen erregen ,
668
woher dir tief aufregenden Schmerz ?”
(Vergl. Fichte's Staatslehre S. 291.)
Vorwort hat es genugsam angedeutet , hier noch dies. Wehe der Philosophie, mithin der Menschheit , welche gegen Schmerzen völlig abstumpfte; sie lindern , und Gemüter mit desto höherer Macht beleben föl Philoſophie, nicht kann fie keiner Erregung unterworfene Götter bilden nur wollen. Dieser allgemeines Wohl Befördernde, drum unentbehr: liche Schmerz, kann so tief jedoch nicht verwunden , wenn Wahrheit öffentlich lästernde Urteile, blos völlig Unwiss sende und mit Recht zu Halb - Gebildeten zu Zålende nur äußeren ; denn Solche können nimmermehr gegen Ueberzeu gung Zweifel erregen. Aber zu jenen. Urteilen bekennen sich mitunter Männer, von denen aus Gründen angenommen werden muß, sie müßten Eingeweihete echter Philosophie und Religion seyn ; diese brachten mich fast zu Wahnsin !! - ,,Wie so?" -- Sehr einfach : Denk Dich umgeben von einer Geselschaft, von denen Du als unbedingt gewiß an nimst , sie sey physisch und moralisch gesund.
Die Sonne
scheint hell und klar, Du freuest Dich ihrer , die Geselschaft aber mit Einem Munde spricht : 99 Du senest vom Sonnen,,Staar gestochen, denn es sey Nacht, nicht Tag !!" - Du forderst Brod , jene reicht Wasser , fordert Du Salz, reicht jene Pfeffer u. s. w.
ſiehest Du nicht deutlich daß solche
Geselschaft Dich zur Raserei bringen kann? - Vergleichung ergibt sich von selbst.
Siehe ! Ob diese Schrift absolute
Wahrheit verkündet : ,,Daß Urgesezgebung völlig unbedingt ,,herscht, Zufall " nirgends ; daß Allem Geistigen das Ich „ zur abfolut Einzigen Grundlage dient ; daß es keine Viel,,heit des Lebens, sondern absolut nur Einen Geist und Ein
669 „Leben gibt ; daß Moses , Sokrates, Jesus so und so gelebt ,,und gelehrt ;
daß französischer Revolution Bürger - Macht
„ zu gründen aufgegeben war ; daß Robespierre erhabener Geschichts:Held • ist ; daß absolutes Recht absolut Alle „ Menschen umfaßt ; daß Staats-Macht absolut ursprüngliche daß Rußland in diesem Kriege über Dies und Anderes was j,im abſoluten Unrecht stehe ,,diese Schrift außerdem noch als unbedingt anzuerkennen
„Volks - Macht ; ja ! selbst,
„fordert -
ist Bestreitung selbst von Wiſſenden einigermas
ßen denkbar.
Unmöglich aber, wenn Leute mit mir zugleich
,,das von Einem Greise bewohnte Haus von drei rustigen ,,Männern überfallen , niederreißen und den Greis mißhan ,,deln sehen; nimmermehr werd' ich solches mit ansehend ,,fragen : ,,Was hat der Greis verbrochen , wodurch hat er jene zu so empörender That gereizt, sondern ohne mich eiz „ nen Augenblik zu bedenken eil ich zu ihm helfend, rettend, ,,weil, mag der Greis das denkbar Fürchterlichste gethan „ haben, diese Art -ſich Recht (?) felbst zu verschaffen abscheus — kurz ſchlechthin unerträglich anzusehen ist, und wer „ lich, --,,mir dabei widerstrebt , den Dreien Recht gibt -ĭ Sol: ,,cher kann mich, wenn er mich bei ihm Vernunft-Erkentniß ,,vorauszusezen früher berechtigt hat , zur Verzweiflung brine „ gen , da bei solchem in die Augen springenden Fall durch,,aus keine Wahl bleibt , als ihn oder mich für toll oder ,,stofblind erklären zu müssen , weil unter irgend Vernünfti,,gen doch unmöglich Verschiedenheit des Urteils seyn kann ,,,Ob ein mal Eins wirklich Eins iſt?!???? „noch darf: "
So Schlacht von Navarin ! Türkisch- Egyptische Flotte läuft aus , wird von Codrington auf der See nicht anges griffen , sondern blos zurükgewiesen.
Ward
auf offener
-670
See geschlagen, konte irgend Streit ſtat finden : „ Wem Blutbad zuzumessen sey?" hig nach Navarin zurük. 1
Allein, nein! jene kehrt rus Wo liegt Navarin ? Etwa
in Rußland, England oder Frankreich ? kanten türkischen Reich. herr mitten im Frieden ,
Nein! im
aner
Darf ein Admiral oder Feld bei Anwesenheit der Gesandten,
mit einer Flotte oder Armee volgerüstet zur Schlacht in Freundes Gebiet einrükken ? Des Freundes Admiral 1 oder Feldherrn Befehle fenden und deren unbedingte Volziehung fordern ? - Zieten kommandirt in Schlesien, Meerfeld in Böhmen, Gesandten sind zu Wien und Berlin; da sens det Meerfeld an Zieten Befehl, sogleich Glaz , Kosel, Bress lau zu raumen , sonst werd' er mit Ob- Gewalt in Schlesien einrükken- und ihn schlagen. * Zieten aber hat von seinem Könige, wie natürlich, Befehl , Schlesien zu dekken.
So
frage ich Dich um Gotteswillen, wenn Zieten dem Befehle Meerfeld's und nicht dem ſeines Königs Folge leistet , ist er dann nicht hundertfachen Todes schuldig ? Und wenn er seiz nem Könige treu, von Meerfeld überfallen und sein kleines Heer vernichtet wird , kann da irgend Streit denkbar seyn, wer Krieg begonnen und Unrecht?! -
auf wessen Seite Recht
und
Und so kann ich nur zum hundertsten Mal wiederho len : Abgesehen von Aller philosophischen und geschichtlichen Erkentniß, Wer nur geringsten Zweifel hegt, als sey zu Naz varin nicht eine der größten Schandthaten begangen wor den, den muß ich geradezu als seiner Sinne nicht mächtig achten , weil es dabei gar keines Verstandes - Urteils bedarf; denn würde ich dabei irgend einen Zweifel hegen, so gewiß ich mich lebend weiß, ich ließ mich im Augenblik als Tollen behandeln und achtete mich rettungslos verloren,
weil ich
671)
dann zweifeln müßte , ob das wirklich Tinte, dies wirklich eine Feder, dies wirklich Papier sey, womit und worauf ich dies schreibe, kurz , ich getrauete mir dann kein Wort zu reden, von meinem absoluten Wahnsin überzeugt, da ich schlechterdings unmöglich von irgend Etwas Daseyendem überzeugter seyn kann,
als
von jener fürchterlichen
Schandthat!!
So hast Du Leser volkommenen Aufschluß über hierin mehrmals in Galle getauchte Darstellungen ; hätte ich mich völlig isoliren können , wår' ich in diesen acht Monaten mit Niemand in irgend eine Berührung gekommen , hått ich von den indeß vorgefallenen Begebenheiten weder etwas erfahren, noch Urteile darüber anhören müſſen von Solchen, welchen Verstand ganz und gar abzusprechen unmög lich, die Schrift würde ohne Verhältniß ruhiger und milder worden seyn. Versez Dich in meine Lage. Seit zwanzig Jahren
gehegter Wunsch ist
endlich
ausgeführt,
Du hast Dich, was Aeußeres betrift , aus sehr vorteilhaften Verhältnissen herausgezogen, um der Wiſſenſchaft fürder allein zu leben ; obwohl Du nicht Eine Stunde wissenschaftlichen Unterricht genoſſen , bist Du auf's Jnnigste überzeugt, Du verstehst volkommen deutlich , was Homer, Moses , Plato, Paulus , Spinoza, Kant und Fichte u. s. w. u. f. w. gesagt, oder eigentlich sagen wolten ;
doch sol nun erst Dein eis
gentliches Studium beginnen.
Da treten fast Alle Diejes
nigen, von denen Du weißt, oder annehmen mußt, sie has ben Erziehung und Unterricht genossen, und seit dreißig bis funfzig Jahren mit gar nichts Anderem als mit Wiſſens schaften sich beschäftigt, diese treten vor Dich, und sagen : drei ist eins und sechs mal sieben ist drei und funfzig."
672
---
Vergebens Deine Bitte : „ liebe Månner , hegt so böse ,,Absicht doch nicht, mich zu Wahnsin gewaltsam treiben „ żu wollen ,
drei iſt ja drei mal eins und sechs mal sieben
,,zwei und Vierzig !!" Nichts hilft, Jene bleiben bei ihrem Ausspruch.
So muß ich's wahrlich für überschwengliche
Gnade erkennen, daß ſeit dem 12. November 1827 bis heute mir Gesundheit der Seele und des Leibes ziemlich erhalten blieb, da Jener Urteile mich wohl hundertmal
nah zur
Verzweiflung gebracht , weil diefen zufolge gar nicht Rede seyn konte, ob ich Paulus, Plato, Kant und Fichte verstehe, sondern nur davon , ob ich weiß, daß drei mehr als eins ist.
Irre ich mich aber wirklich drei für
zu
halten ,
ja ,
dann
indem ist's
drei
wirklich
nicht Wahnsin ,
nur
sondern
drei mal eins eins ist absolute
Rases
rei , mich mit Wiſſenſchaften zu beschäftigen ; ein Mensch der nicht weiß was drei ist , dürfte hoffen Spinoza's Ethik, Kant's Kritiken und Fichtes Wiſſenſchafts - Lehre zu verste; hen? Unmöglich!
Diese Schrift hatte also zwei rein subjektiv - obs jektive Aufgaben zu lösen : ,,a) Ueberzeugung bis zu schlechthin unzuerſchütz ,,ternder Evidenz zu vestigen : drei sey wirklich drei mal eins,
,,so, daß wenn nun Alle tausend Millionen jezt lebender ,,Menschen behaupten : Du irrst ! drei ist eins - dies meinen „ Geist durchaus nicht stört, sondern er ruhig entgegnet : "Ihr irrt! drei ist drei mal eins." ,,b) Diese Ueberzeugung unerschütterlich zu ves ,,ftigen aber war durchaus unmöglich, wenn mein Geist nicht „ in ſich zu absolut derselben Gewißheit , Anschauung der Ursachen erhob, warum Jene drei für eins meinen!!"
673
Beides ist für
mich giltig
volgenügend
geschehen ;
drum, wenn nun dieſe Schrift auch nicht Beifall eines einzigen Menschen erhält
den sie auch nicht erwartet, nicht begehrt
und nicht bedarf; Selbstdenken erwekken sol sie, nichts Anderes leisten so wird dies meine Ueberzeugung auch nicht im Mindeſten erschüttern.
Daß mein Geist sowohl
Haupt-Fakta der Geschichte kent , wie von derem innersten Wesen,
und ebenso
überhaupt
weiß
vom und
innersten Wesen des Geist's zwar
bei
Vernachläßigung
formeller Kentniſſe , zu deren Erwerbung keine Zeit blieb, weil geschäftvolle bürgerliche Tätigkeit , selbst der Erforschung also, des Wesentlichen äußerst wenige Muße gestattete ― daß mein Geist, obwohl in formellen Kentnissen sehr zurük, doch innerstes Wesen der Menschheit zu deutlichster Anschauung in Sich erhoben , dieses ist für mich giltig in dieser Schrift
unverkenbar
bewiesen.
Zugleich
sind darin
die Ursachen entwikkelt, wodurch mein Geist zum Wissen Seines Selbst empor gehoben wird , so wie die Ursachen, wodurch Jene, troz Erziehung (?) , Unterricht und scheinbar ununterbrochener Beschäftigung mit Wiſſenſchaften , im Wesentlichen des Geistes Unwissende bleiben. Eben ihre ununterbrochene Beschäftigung mit dem rein Formellen , d. i. mit dem absolut Todten , tödtet ihren Geist; eben darum, weil sie ununterbrochen das „ Leben Andes rer, " und zwar zumeist långst Verstorbener ,
„ ſcheinbar le
ben," verlieren sie mehr und mehr Spankraft ihres eige nen Lebens , und sind drum todt bei lebendigem Leibe.
Und
so muß ich's für unaussprechliches Glük erkennen , ohne vor 40 Jahr giltig geweſene Erziehung und Unterricht ers wachsen zu seyn ,
weil es mehr als wahrscheinlich, daß
tödtende Formen auch meinen Geiſt getödtet haben würden ; [ 43 ]
674 erkennen ,
-
daß nur darum ich recht gelesen , weil ich
völlig , völlig absichtslos las , d. h. sofern , indem ich nicht um Geld-Gewinn , und überhaupt nicht darum las , davon einst irgend äußern Gebrauch zu machen, ſondern nur des Unterrichts selbst wegen , nur um Erkentniß des Geistes selbst zu erringen. Und Nirgends trit dies deutlicher hervor, als bei dem absolut
allerhöchsten Wissen, Religion und Philosophie."
Mit Ausname freudvoller Anerkennung einiger, leider sehr weniger Theologen- und Philoſophen - hier nicht gez nant, ihr trefliches Wirken nicht zu stören - erscheinen jezige Meistzal derselben in ihren Schriften , nicht um hun dert, nein ! wahrlich um 1800 Jahre zurük ; denn , weder wissen sie von Christus und Paulus , noch von Tauler , *)
*) Weder kennen sie deffen Predigt : ,,Von den drei Geburten Christi," vom ersten Weihnachtstage , noch dessen erste Predigt, in seiner Historia , Basel 1521 : ,,Wie der Mensch zu höchfter ,,Erkentniß Gottes gelangen möge !!" - Dieſe, vor 400 Jah; ren wahrlich schwer zu lösende Aufgabe -- die sich noch diesen Tag wenigste Theologen nur ftellen, ·― löst der papiſtiſche Mönch also : „ Da gar viel Doktore der H. S. tro; ihrer Kentniß ders ,,selben, doch irren und von Wahrheit völlig abfallen , so ,,könne entgegengesezt der Mensch ohne Kentniß der H. S. ,,durch Vernunft zu wahrer Erkentniß Gottes gelangen. Doch ,,sey dazu unerlaßlich , was echte Jünger Jeſu auszeichne : 1) ,,Menschenliebe, auf Jesu verweisend : ,,Liebet euch, ,,wie ich euch geliebt." Er fügt hinzu : ,,,Recht ob er sprechen ,,,,wolt : Ob ihr wohl Kunft und Weisheit habt und hohe Vers ,,,,nunft, ist aber nitTreu und Lieb dabei, so istAlles umsunft !!”” 2) ,,Daß er sein Selbft (Mirheit , ſeinen Leib) aufgeb. ” 3) ,,Daß nicht Er , sondern Gott durch ihn heraustret, ,,indem er seinen Willen völlig aufgibt , und nichts Anderes ,,wil, denn was Gott wil , alſo : „,daß Gott in ihm nicht wirken ,,mög ohn ihn , und er nicht ohne Gott .” 4) ,,Daß er Allzeit bereit und gewapnet sey , mit aller ,,Tugend zu fechten wider Untugend .' 5) ,,Daß er Wahrheit öffentlich und ohn Rüthalt bekenn, so wie sie selbst ist," als es Gott wil und dem Menschen ,,möglich ist.”
675
Luther, Spinoza, Kant und Fichte Etwas ; sie kleben an ihrem Leichnam vest , und können sich schlechterdings nicht von ihm und dessen viehischen Gelüsten losreißen ; und so wie meisten Theologen stinkender Leichnam Lazarus (S. 484.) eigentlicher Christus ist, so beten Philosophen determinatio est negatio vom schwachsinnigen Jakobi zu unumstößlichem Postulat Aller Philosophie erhoben , des
Großen Philosophen
Schule.
absolutes
nach, bestärkt durch ,,Nichts"
anbetende
Verliebt in ihres Leibes Jch, möchten sie ihn -
ihren Leibgern bis zur ewigsten Ewigkeit mit Sich hers umschleppen , und lieber mag gesamte Menschheit untergehen, als daß ihr liebwerter Leib nicht auferstehe !! So wie des Uebels Wurzel Eins , so Heilung . Ihr Euch nicht entschließt,
Ehe
Euren Leib dem völlig zu
überlaſſen , dem er von Begin bis zu Ende zugehört, d. i. dem Teufel Natur , ehe komt Ihr auch nimmermehr aus dieses Teufels Gewalt ; aus diesen fürchterlichen Ketten aber rettet kein Frommeln und kein Singen , sondern einzig und allein Eures göttlichen Geistes Selbst- Macht ! Fachet Euren Muth an, und begint nur das Leben Eures Selbst,. welches ist das Leben allgemeinen
Einen unsichtbaren
Geistes, und mit dem Augenblik sind Euch Schuppen ents fallen , und Ihr begreift viel weniger , wie Ihr dies für
6) ,,,,Daß er wenig Wort hab, und viel inwendig ,,,, Leben!!" " ,,,, Durch dies volkommen, gerecht und wahres ,,,,Leben, lehr und predig er den Leuten mehr, denn durchWorte."" (Unlogisch, aber deffenungeachtet herlich, schließt er.) 7) ,,,,Daß er das Leben und die Lehr Jesu Chrifti für ,,,,fich nehm zu einem „ Bild ” feines Lebens , an Worten und „,,,an ,, Werken , ” daß er sich ohn Unterlaß darin beſeh als in ,,,,einem Spiegel , auf daß er Alles ableg nach Möglichkeit , das ,,,,dem ,,würdigen Bilde" unsers Herrn nicht zugehört !!": --(Nachträglich ist dies nur ein kleiner Auszug dieser treflichen Predigt; Tauler teilt fie in 24 SÅ¡e.)
676
unmöglich halten kontet , als Ihr izt jenes rein geistige Leben für unmöglich meint !!
Durch dies Vesthalten des dem Teufel gehörenden und ihm ergeben bleibenden Leibes , erleichtert Ihr ihm natürlich seine Herschaft über Euch, sich unverkenbar dokumentirend, in jenem verfluchten und alles Unheil bewirkenden „,,, Geists lich- Pharisäiſchen Hochmuth !!" " d. i. in der S. 131. bis 141. nachgewiesenen „ Kaſten - Krankheit, Egyptisch- Indischer Erbschaft!!"
Welche Krankheit nicht blos sogenante Theo
logen
Philosophen ,
und
sondern
durchweg
fast Alle,
Alle mit Wissenschaft und Kunst sich Beschäftigende gar fürchterlich plagt , und sie in Grund und Boden verdirbt. Denn fast Alle verlieren hiedurch ob purer Gelehrsamkeit, ihren angebornen gesunden Verstand , und werden ob purer Klugheit, zu nichtsnuzigen , ſelbſtſüchtigen Narren !! Daallen Zeiten unterm Volke mehr gesundes
her Du zu
Urteil trifft als
in Schriften jener vom Teufel Beherschten,
welches Urteil auch jezige, diese Schrift veranlassende Begebenheiten, nicht zu verwirren vermochten.
Denn, wäh-
rend , mit Ausname åußerst weniger Wahrheit verfechtender Tagesblätter, die Uebrigen Alle in Lobpreisungen Sarmas tiens weteifern , war und ist, selbst unter Kaufleuten fast nur Eine Stimme: ,,daß Schlacht von Navarin Europa ,,beschimpft, und nie ein ungerechterer Krieg geführt worden ,,ift !!" Wie auch Alle,
deren Geist nicht
völlig
vers
krüppelt ist, schlechterdings unmöglich anders urteilen können ; mithin evident gewiß : Wissenschaften
„ daß ,
da bei weitem Mehrzal mit
scheinbar" sich Beschäftigender , in Beurteis
lung jeziger Orientalischer Angelegenheiten, gesundem Urteile öffentlich, so in Schriften wie im mündlichen Gespräch zu widersprechen , ſich nicht „ schåmen , " ſie vom Hochmuts:
677 Teufel ßerhalb
beherſcht ſind. aller
-
Sie sehen sich nemlich
geschichtlichen
Fortbildung stehend
als au an ,
als
håtten sie ihr nichtiges Wiſſen weder Gott noch der Menschheit, sondern allein Sich - Sich Selbst zu verdanken ; daher ihnen nicht nur Neger und Türken , sondern Alle, Alle Laien, als nicht zu ihrer Kaste Gehörende , mehr nicht als Lastvich sind , welche sie, wie dies , zu ihrem ,,Verbrauch" nur geschaffen wähnen !! So höret denn noch, was Kant sagt , den Ihr zu verstehen vorgebt. „ Vermischte Schriften , Halle 1799, S. 255. u. 256.” 3. Band : „ Das Ende aller Dinge.” ,, war, so weit wir es einsehen, so weit wir uns selbst
- aber nur „ erforschen können , hat das dualistische System — in praktischer Ab ,,unter einem höchst gutem Urwesen ,,sicht , für jeden Menschen , wie er sich selbst zu richten hat ,,(obgleich nicht , wie er Andere zu richten befugt ist) einen „ überwiegenden Grund in ſich : denn , so viel er sich kent, ,,läßt ihm die Vernunft keine andere Aussicht in die Ewig„ keit übrig , als die ihm aus seinem geführten Lebenswandel ,,sein eignes Gewissen am Ende des Lebens eröfnet. *) Aber ,,jum Dogma , mithin um einen an sich selbst objektiv-giltigen, ,,theoretischen Saz daraus zu machen, dazu ist ,,bloßes Vernunft-Urteil , bei weitem nicht hinreichend.
es , als Denn
,,welcher Mensch kent sich selbst, wer kent Andere so durch ,,und durch, um zu entscheiden : ob, wenn er von den Urs
*) Zweideutige Auslegung vorzubeugen steht vest : So wie im Geiſte Kant's Dein Thun Kein Thun ist , was Du als Geboth eines Andern, sey es wer es sey, volbringſt, weil Du dann nicht Dein, ſondern des An : dernLeben lebst denn Dein allein echt menschliches Leben begint erft, wenn Du Dein eigenes Leben lebst - so ist Dein ganzes Leben nichtig und leer , und wenn Du Deinen Leib verbrennen ließet, wenn Du ob Deinem Thun jenseitigen Lohn erwartest, weil Du dies dann offenbar nicht um feines selbst, d. i. zufolge Erkentniß des Recht-Thuns, fondern des Lohnes wegen volbringſt, wodurch eben Dein Lohn dahin ist!!
678
„sachen seines vermeintlich wohlgeführten Lebenwandels Alles, ,,was man Verdienst des Glüks nent - als sein anges ,, bornes gutartiges Temperament ,
die natürliche größere
,,Stärke seiner obern Kräfte ( des Verstandes und der Vers ,,nunft, um seine Triebe zu zähmen) , überdies auch noch „ die Gelegenheit , wo ihm der Zufall (?) glü klicher„ weise viele Versuchungen ersparte, die Andere trafen ; ,,wenn er dies Alles von seinem wirklichen Karakter ab „ ſondert , (wie er das denn , um dieſen gehörig zu würdigen, „ notwendig abrechnen muß, weil er es, als Glüksgeschenk, ,,feinem eignen Verdienst nicht zuschreiben darf) ; ,,wer wil dann entscheiden, sage ich , ob vor dem allsehenden „ Auge eines Weltrichters ein Mensch, seinem innern ,,moralischen Werte nach, „,,,überall
noch irgend
,,,,einen Vorzug vor dem Anderen habe , und es so vielleicht ,,,,nicht ein ungereimter Eigendünkel ſeyn dürfte , bei „, „ dieser oberflächlichen Selbſterkentniß , zu seinem Vorteil ,,,,über den moralischen Wert (und das verdiente Schiksal) „,,,seiner selbst sowohl, als Anderer, irgend ein Urteil zu " "sprechen !!" "
(Hört o hört !!)
Sichest Du mein Bruder, wer Du auch seyest um solcher Stellen wegen ist Kant verchrungswürdig , um ganz ähnlicher wegen Spinoza und Fichte.
Solche Stellen
helfen ungemein Hauptwerke dieser heroischen Meister vers stehen, weil sie untrüglich beweisen : ,,,,Spinoza wie Kant und Fichte , hatten allerhöchſten „,,,Standpunkt,
den Sterbliche erringen können , erſtiegen,
" nemlich den echter Religiosität !!" " Indeß beweisen dieser sich selbst allerhöchsten ,
Heroen Hauptwerke
auch
in
d. i. religiosen Standpunkt ihrer
Verfasser, weil schlechterdings Niemand anders als „ Re-
679
-
ligioſe” solche Meisterwerke hervorzubringen vermögen ; drum nebenbei evident gewiß , daß so wie jezt zallos überschwemmende Pfuschereien, so in Kunst wie in Wiſſenſchaft, unreligiosen Zeitgeist unverkenbar bezeugen , eben so Menschen im Allgemeinen kaum Ahnung der Meisterwerke haben , welche einst echt religiose Zeit hervorbringen wird .. Jhr sprech't unaufhörlich von Klassikern der Alten und deren Antiken. --- Lächerlich! Zum abſoluten Nichts müssen diese einst notwendig herabſinken, im Verhältniß jener zukünftigen Werke, wie schon Bach's Paſſion beweist mit dem Jhr wahrlich kein Werk der Alten zu vergleichen wagen dürft ?! Erkennet doch aprioriſche Notwendigkeit der Erfüllung dieser Prophezeihung, weil sonst Jesus , Paulus , Spinoza , Kant und Fichte u. s. w. umſonſt gelebt.
Håtten Sophokles und
Phidias u. s. M. diese Göttlichen gekant , dann mochten ſie vielleicht Werke gleicher Erhabenheit erschaffen , ohne innerste Erkentniß echten Christentums , mithin echter Reliz giosität jedoch war es ihnen absolut unmöglich.
Denn, uralt
echt Klaſſiſch, uralt echt Antik iſt ja wohl völlig zweifelsfrei : " Der Geist selbst!!" "
Was grabt Ihr Blinden dem
nach vermoderten Urnen nach ?! Kann todter Stein Euren in und durch Euch selbst nur zu erwekken möglichen LebensFunken beleben? - Nimmermehr! Nur in, nicht außer Euch, lebt idealstes Schönheits : Bild ;
dieses unverz
gånglichste, reinste , von ätherischestem Sonnen-Lichte erfülte erfaßt mit liebendem Gemüthe — und alsbald werdet Ihr erkennen : „, „ daß die Alten trefliche Muster wohl für ihre , „ „ Religion nur ahnende, Zeit zu bilden vermochten , keineswe" ges aber Muster für des Geistes vollendetster Selbst: Er,,,,kentniß !!" "
Denn Jene lebten ? Nein ! schlummers
ten in irriger Meinung und nichtigem Glauben : „ als gåb'
680
„ es außerhalb des allein vom Geißt erkenbaren „ Gefes " es " ein wirkliches „ Natur- Leben" - während durch „ vollendete Selbst - Erkentniß des Geiſtes nun mit höchſter ,,Evidenz, schlechterdings auch nicht entferntesten Zweifel zulaffend ,,als
bewiesen
allein ewiges ,
ist ,
daß
durchaus
Gott erfültes ,
nichts anderes
Gesez lebt ,
und
„ zwar das All so durchaus erfüllend , daß im reinsten Ges ,,gensaz frühern Meinens, Tod an sich nicht einmal denkbar, „ vielweniger irgendwo wirklich ist , jemals war , noch je: ,,mals seyn wird !!" So muß Euch ja, wenn Euch nur irgend geistiger Aufschwung verliehen ist , hell deutlich seyn : ,,,,daß mit dem , ,,,,was ganz und gar in Leben getauchte, Tod gar nicht ,,,,kennende, Menschen einst erschaffen werden , jezige Mus „, „,ſterwerke von Menschen verfertigt, welche nicht nur vom ,,,,eigentlichen Leben gar
nichts
wußten,
,,,,von Hinsterbenden überall umgeben "" ,mehr vergleichbar seyn können !!""" Mithin ist ja wohl hinlänglich
sondern auch
waren , nimmers
der tief aufregende
Schmerz entschuldigt, welcher diese Schrift hervorricf. inniger und klarer
Je
verlichener Geist erkent : „,Wie Mens
schen sich zerquålen und zermartern , ja , sich rasend bemüs hen ihr göttliches Leben zu verhunzen , in Grund und Boden zu verderben ,
indem sie
von Satan verführt ihren
Leichnam für eigentliches Leben meinen , während sie selbst Kindern leicht einsehen müßten , daß nur ihr Geist lebt, und zwar
durch
wissende Offenbarung ewig unbedingt
herschenden Gefezes , wodurch sie alsogleich des „ Geſezes: Selbst-Leben" leben würden, so wie in notwendig untrenbarer Wechselwirkung in ihnen
hiemit zugleich des Gesezés : Selbst- Leben und durch fie lebte, GRAND natürlich in folch
681
unvermeidlicher
Beschränktheit ,
als
das All-Leben in sol
cher von Ihm durch's Gesez bestimten Selbst- BeschränktenOffenbarung überhaupt zu leben vermag - dieses mit höch ster Evidenz deutlich erkennend,
wie solte Anschauung gez
waltsamer Zerfezung heilig schönen Bildes nicht mit unsågs lichen Schmerzen erfüllen ?
Drum schließt der Liebe Zuruf: ,,Liebet Euch untereinander
wie Jesus
geliebt ,
d . i.
„nicht mit verweichlichender drum entehrender Liebe , hinter ,,welcher des Satans Hochmuth sich verbirgt, sondern mit „ auf Wissen der sich in Euch
offenbarenden Göttlichkeit
,,gegründeter Liebe, d. i. solche die „ Mitmenschen die eigene Ehre verehrt. ,,tes - Ehre als des reinſten
in der Ehre Eurer Denn, nächſt Got;
und vollendetsten Bildes Sich
,,Selbst durchsichtigen und erhaltenden Gesezes , könnet Ihr ,,Niemand höher denn Euch selbst ehren , weil Ihr ja nir ,,gend anders als nur In Euch selbst auch jenes erhabenste ,,Bild erkennet, mithin Ihr notwendig den in Euch thronen„ den Gott entehrt , wenn Ihr Euch geringer als Andere ehr. ,,tet.
Eben so aber ehret Ihr Andere Euch gleich, weil
Ihr wisset, daß in Anderen ganz genau Ein und dass selbe erhabenste Bild Gottes sich zu mithin
offenbaren
vermag,
diese entehren, unvermeidlich Euch selbst entehren
,,wåre !!" ,,Sehet! Diese ehrfurchtsvolle Liebe erfüllet Euch so ,,gleich mit unbeugsam edlem Stolz,
der schlechthin
keine
,,andere Furcht kent, als Sich entehrt zu wissen im Eis „genen Selbstbewußtseyn !! Mit diesem Stolz ist Euch untren„ bar verknüpft innigste Demuth auf absolutes Wiſſen gegrün ,,det, jenem mit Eurer eignen Fortschreitung, ſich stets vers
682
„edlerndem erhabener werdendem Bilde stets weniger ,,gleichbar zu werden.
vers
Diesem absolut unerreichbarem Bilde
"unterwerfet Ihr Euch willig ,
wissend und unbedingt,
„ nicht nur weil Ihr Euer Nichts im Verhältniß zu Ihm ,,deutlich erkent, sondern auch weil Ihr wißt, daß diese Euch „durch vollendete Freiheit beſeligende Erkentniß , freies Geschenk Seiner „ Gnade" ist, indem nicht Ihr lebt, son,,dern das Sich Selbst in Euch zur Durchsichtigkeit hindurch-„drångende „ Gesez !! ” „ So lebt endlich, Eure Persönlichkeit völlig vernichtend, so weit dies bei Menschen möglich, nicht Ihr mehr, son„dern in Euch das Gesez Selbst : „,,,Welches Allein Ist Und Allein Erhält „ , „Das All !!”””
hat aber schon Jeſus vor 1800 Jahren Math. 22. 1. bis 14. mit vestester Ueberzeugung der Wahrheit seiner Verkündung Euch eingeladen: ,,Zum , vom ewigen Vater der Liebe völlig bereitetem ,,Mahle zu kommen was ſåumet Ihr noch ist , nachdem seit jener ersten Verkündigung Millionen
der
Edelsten
,,Eurer Brüder Sich freudig für Euch geopfert , und jenes „ Hoch - Zeit : Mahl mit den ſchönſten Geistes- Früchten mehr „ noch überfült , so daß durchaus Nichts , Nichts mehr man„ gelt, Alle völlig zufrieden zu stellen ? So werfet doch end„ lich von Euch den nichtsnuzigen Leib , und kommet, von „Bruderliebe erfült, zum bereiteten Hoch -Zeit-Mahle des ,,ewig in Liebe waltenden Vaters !!"
683
Cabinets - Ordre des Königs von Preußen an den Staatsminister von Willner.
„ Die Deutung, welche Ihr meiner Ordre v. 23. Novems bre v. J. in Eurem unterm 5. Dec. v. J. an die Consistoria erlassenen Rescripte gegeben habt , ist sehr willkührlich, indem in jener Ordre auch nicht ein Wort vorhanden ist, welches nach gesunder Logik zur Einschårfung des Religions Edicts håtte Anlaß geben können.
Ihr sehet hieraus, wie
gut es seyn wird, wenn Ihr bei Euern Verordnungen künfs tig nicht ohne vorherige Berathschlagung mit den geſchäftskundigen und wohlmeynenden Männern, an denen in Eurem Departement kein Mangel ist, zu Werke gehet , und hierin dem Beyspiel des verewigten von Münchhausen folget, der denn noch mehr , wie viele Andere , Ursache gehabt hätte, ſich auf sein eignes Urtheil zu verlassen.
Zu seiner Zeit
war kein Religions-Edict im Lande, aber gewiß mehr Religion und weniger Heucheley wie jezt, und das geistliche Des partement stand bey Einländern und Ausländern in der größten Achtung.
Ich selbst ehre die Religion , folge gerne
ihren beglükkenden Vorschriften , und möchte um vieles nicht über ein Volk herrschen , welches keine Religion håtte.
Aber
ich weiß auch, daß sie Sache des Herzens, des Gefühls und der eignen Ueberzeugung seyn und bleiben muß, und nicht durch methodischen Zwang zu einem gedankenlosen Plapperwerke herabgewürdigt werden darf, wenn sie Tugend und Rechtschaffenheit befördern soll.
Vernunft und Philosophie
müſſen ihre unzertrennlichen Gefährten seyn ; dann wird sie
684
durch sich selbst bestehen , ohne die Autorität derer zu bedürfen, die es sich anmaßen wollen ,
ihre Lehrsäße künftigen
Jahrhunderten aufzudringen , und den Nachkommen vorzuschreiben, wie sie zu jeder Zeit und in jeden Verhältnissen über Gegenstände, die den wichtigsten Einfluß auf ihre Wohlfahrt haben, denken sollen. Wenn Ihr bey Leitung Eures Des partements nach åcht Lutherischen Grundsäzen verfahret, welche so ganz dem Geiste und der Lehre des Stifters unserer Religion angemessen sind ; wenn Ihr dafür sorget, daß Predigt und Schul-Aemter mit rechtschaffenen und geschicks ten Månnern besezt werden , die mit den Kenntniſſen der Zeit und besonders in der Eregese fortgeschritten sind, ohne sich an dogmatische Subtilitäten zu hången ; so werdet Ihr es selbst bald einsehen lernen,
daß weder Zwanggeseze noch
deren Erneuerung nöthig sind, um wahre Religion im Lande aufrecht zu erhalten , und ihren wohlthätigen Einfluß
auf
das Glück und die Moralitåt aller Volksclaſſen zu verbreiten. Ich habe Euch diese Meine Meynung auf Euren Bericht vom 10. d. nicht vorenthalten wollen. Berlin, den 11ten Januar 1798. Friedrich Wilhelm. (Vergl. S. 378 und Hamburger unparteiischen Cors respondenten No. 22., 7. Februar 1798.)
Inhalts - Verzeichniß.
Seite 8.
Vorwort
3 bis
Allgemeine Grundsäze
9
30.
31
35.
Zusammenstellung
•
•
Allgemeine Staats- Rechts : Grundſå¡e Allgemeine Zusammenstellung • · Schluß Bemerkung
69.
36
• ·
70
B
81.
82
96.
Der Krieg im Often. •
97
Zusammenstellung Allgemeiner Bildungsstand der Menschheit, von der
119
Einleitung
Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts bis kurz • • 125 vor der französischen Revolution
Zusammenstellung
·
•
·
-
118. -- 124.
B
• 147
146. 150.
Allgemeiner Bildungsstand der Menschheit , von der französischen Revolution bis nach dem Pariser
Frieden. Erfter Teil
• . 151
Zusammenstellung
·
. 283
282.
-
288.
686
Seite Allgemeiner Bildungsstand der Menschheit , von der französischen Revolution bis zur heiligen Alliance. · • 289
Zweiter Teil
·
1ste Geschichte unterbrechende Anmerkung
2te Anmerkung Zusammenstellung der zwei Anmerkungen
388 • 417
·
462
Zusammenstellung des wesentlichen Inhalts dieser • 505 Schrift
Schluß
- 461 . - 504.
532
- 531. - 664.
665
-682.
. 683
#. 684.
·
Ueberblik des ganzen Werks
- 388. - 416 .
•
Kabinets Ordre des Königs von Preußen , vom 11.
Januar 1798 , an den Minister v. Wöllner
Nachschrift.
1)
Diese Schrift sol Niemand lesen, der chinesischen
Breizu verschlukken gewohnt , seine Verdauungs-Werkzeuge verwåſſert und zu Fåulung geneigt gemacht ; sondern nur ges ſunder Zähne und geſunden Magens , harte Hausmanskost zerkäuen und vertragen zu können , Sich Bewußte !! 2)
Diese Schrift sol Niemand beurteilen, er habe
denn von erster bis lezter Zeile sie wirklich und so gelesen, wie man wissenschaftliche Schriften leſen muß, sie ver : stehen zu können; er sey sich denn bewußt , Körner aus Spreu sammeln , Bild vom Rahmen unterscheiden zu . können; er sey sich denn endlich bewußt, diese Schrift durch und durch wirklich verstanden zu haben. ― 3) Was Solche denn Anderer Urteile können so wenig , wie dünne Wolken- Schäfchen Glanz der Sonne ver dunkeln - gegen Geist und Grundsäze dieser Schrift Verz nünftiges einzuwenden haben , ist der Verfasser überaus begierig zu vernehmen. Den 22. April 1830.