Das Kollisions-, Zuständigkeits- und Anerkennungsrecht der internationalen Ehescheidung in Spanien [1 ed.] 9783428462551, 9783428062553


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German Pages 387 Year 1987

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Das Kollisions-, Zuständigkeits- und Anerkennungsrecht der internationalen Ehescheidung in Spanien [1 ed.]
 9783428462551, 9783428062553

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FRANC I SCA HER N ANZ SANC H EZ

Das Kollisions-, Zuständigkeits- und Anerkennungsrecht der internationalen Ehescheidung in Spanien

Schriften zum Internationalen Recht Band 40

Das Kollisions-, Zuständigkeits- und Anerkennungsrecht der internationalen Ehescheidung in Spanien

Von

Dr. Francisca Hernanz Sanchez

DUNCKER & HUMBLOT

I

BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Hernanz Sanchez, Francisca: Das Kollisions-, Zuständigkeits- und Anerkennungsrecht der internationalen Ehescheidung in Spanien / von Francisca Hernanz Sanchez. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1987. (Schriften zum Internationalen Recht; Bd. 40) ISBN 3-428-06255-8 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten & Humblot GmbH, Berlin 41 Gedruckt 1987 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany

© 1987 Duncker

ISBN 3-428-06255-8

A La memoria de mi padre

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im November 1984 unter der Leitung meines Doktorvaters, Herr Prof. Dr. Jochen Schröder, abgeschlossen und im Jahre 1985 als Dissertation bei der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn vorgelegt. Möglich wurde sie durch ein Promotionsstipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung, der ich sowohl für ihre großzügige Förderung als auch für den gewährten Druckkostenzuschuß herzlich danke. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Julio Qiego Gonzalez Campos, Direktor des Institutes für internationales Privatrecht qer Universidad Autonoma zu Madrid, ohne dessen Vermittlung beim heutigen Justizminister D. Fernando Ledesma Bartret mir der Zugang zum Archiv des Tribunal Supremo nicht erlaubt gewesen wäre. Nur durch diese Vermittlung ist mir die Beschaffung der im Anhang III angegebenen Beschlüsse des Tribunal Supremo zur Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile gelungen, die bekanntlich keine öffentliche Verkündung in Spanien erfahren und deshalb diese Arbeit erheblich bereichert haben. Dem Madrider Professor verdanke ich außerdem die Besorgung der Ausgaben der "Boletin Oficial de las Cortes Generales", die mir dazu verholfen haben, das gesamte Gesetzgebungsverfahren bis zur Verabschiedung des Gesetzes Nr. 30/1981 vom 7. Juli zu verfolgen. Herrn Prof. Dr. Antonio Remiro Brotons, Direktor des Institutes für Völkerrecht der U niversidad Autonoma zu Madrid, bin ich zu großem Dank dafür verpflichtet, daß er mir für zwei Jahre die gesamten Materialien, die seiner Monographie "Ejecucion de Sentencias Extranjeras en Espaiia" zugrunde liegen, zur Verfügung gestellt hat. Hilfreiche Kontrolle der angegebenen Übersetzung der gesetzlichen Bestimmungen in Anhang I und der Übertragung der angegebenen Beschlüsse in Anhang III leistete Dr. Karl-Peter Sommermann. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur sind im wesentlichen auf dem Stand von November 1984. Jedoch wurde die neue "Ley Organica dei Poder Judicial" vom 1. Juli 1985 nachträglich mitberücksichtigt und bei der Darstellung der Gesamtergebnisse miteinbezogen. Madrid, 1986

Die Verfasserin

Inhaltsverzeichnis Einleitung

17

1. Teil Geschichtlicher Rückbtick

18

Erstes Kapitel Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

18

I. Vom königlichen Dekret vom 12. Juli 1564 zum Ehegesetz vom 18. Juni 1870

18

11. Art. 42 des C6digo Civil von 1889 und seine Auslegung bis zur republikanischen Gesetzgebung von 1932 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

20

III. Das republikanische Ehescheidungsgesetz vom 2. März 1932 ..............

24

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

2. Die Rechtsprechung zur Feststellung der internationalen Zuständigkeit ...

25

2.1 Domizil ......................................................

29

2.2 Die kumulative Aufzählung weiterer Anknüpfungsmomente .........

29

3. Die Rechtsprechung zur Feststellung des anwendbaren Rechts ..........

31

3.1 Heimatstatut (Art. 9Cq ........................................ 3.1.1 Spanisches Recht ......................................... 3.1.2 Ausländisches Recht ......................................

31 32 32

3.2 "Lex fori" als tatsächliches Anknüpfungsprinzip ....................

33

IV. Das Eherecht des National-Katholizismus während der Franco-Ära .........

34

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

2. Die Eheschließung ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

2.1 Kanonische und bürgerliche Ehe: Art. 42 CC als zentrale Vorschrift des gesamten Eherechtssystems .....................................

37

2.2 Die bürgerliche Eheschließung ................................. 2.2.1 Die Anwendung des Art. 9 CC in Fragen der Ehefähigkeit . . . . . 2.2.2 Die Anwendung des Art. 11 Abs. 1 CC in Fragen der Eheform .

42 42 47

3. Die Ehescheidung ...............................................

50

3.1 IRP-Anknüpfung. . .. . . . . . .. . . . .. ... . .. . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . ..

50

10

inhailsVt;fZeichnis 3.1.1 Allgemeines 3.1.2 Personalstatut, ordre public und Anwendung der eigenen Sachnormen ................................................

50

3.2 Internationale Zuständigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Die fehlende funktionelle Zuständigkeit spanischer Gerichte ... 3.2.2 Ausschließliche Zuständigkeit der kirchlichen Instanzen bei kanonischen Ehen ...........................................

54 54

3.3 Anerkennung von Auflösungsurteilen ........................... 3.3.1 Die automatische Wirkung der kirchlichen Entscheidungen im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Die Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile. . . . . . . . . . . . 3.3.2.1 Ordre-public-Klausel und Scheidungshauptfolgen . . . . . . . 3.3.2.2 Die Rechtsprechung über die Nebenfolgen . . . . . . . . . . . .

58

51

55

58 59 59 61

Zweites Kapitel Die Reformtendenzen seit November 1975

73

I. Die neue Auslegung des Art. 42 ce und dessen Aufhebung . . . . . . . . . . . . . .

73

1. Die spanische Verfassung von 1978 .................................

74

2. Die ,Acuerdos' mit dem Heiligen Stuhl von 1978 ....... . .............

82

11. Die Entwicklung der Rechtsprechung zu Fragen des Ehebandes . . . . . . . . . . .

89

2. Teil Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr. 30/1981

98

Drittes Kapitel Materiellrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem

98

I. Das neue Eherechtssystem ..........................................

98

11. Trennungsurteil, -klage und -gründe als Grundlage für eine Scheidungsklage. .

103

1. Scheidungsklage aufgrund eines Trennungsurteils ............ . . . . . . . . .

103

2. Scheidungsklage aufgrund einer Trennungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104

2.1 Trennungsklage ohne Angabe von Gründen ......................

104

2.2 Trennungsklage wegen eines der gesetzlich vorgesehenen Gründe ... 2.2.1 Verschulden ............................................ 2.2.2 Schwerwiegende Umstände bei der Person des beklagten Ehegatten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Objektive Gründe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

105 106 106 107

Inhaltsverzeichnis

11

3. Trennungs- als Scheidungsgründe ..................................

109

III. Selbständige Scheidungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109

1. Objektive Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109

2. Verschulden.......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113

IV. Ergebnis ....................... . ......... . ........................

113

Viertes Kapitel Das Kollisionsrecht der Ehescheidung

116

I. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

116

II. Die Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . .

117

III. Die Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt. . . . . . . . . .

118

IV. Lex fori . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

123

1. Die Anknüpfung an den schlichten Aufenthalt beider Ehegatten. . . . . . . .

124

2. Klägerstatut .....................................................

127

3. Beklagtenstatut ..................................................

127

V. Bewertung ........................................................

127

1. Allseitige! einseitige Kollisionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

128

2. Traditionelle Hierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

128

3. Lex fori ........................................................

131

VI. Ergebnis

137 Fünftes Kapitel Die internationale Scheidungszuständigkeit

140

I. Die erste Zusatzbestimmung des Gesetzes Nr. 3011981 ..................

140

II. Bewertung ........................................................

142

III. Die Rechtsprechung ................................................

144

1. Ausschließliche Zuständigkeit. . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144

1.1 Vorrang der gemeinsamen spanischen Staatsangehörigkeit vor dem gemeinsamen ausländischen Aufenthalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144

1.2 Gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt und (unechte) fraus legis ....

146

12

Inhaltsverzeichnis 1.3 Der Auto vom 21. Oktober 1982: Ein ,,Ausreißer"?

148

1.4 Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

151

2. Konkurrierende Zuständigkeit ..................... . ...............

154

3. Kritik

156

IV. Ergebnis

162

V. Ein Blick auf die neue "Ley Organica dei Poder Judicial" vom 1. Juli 1985 ..

163

Sechstes Kapitel Die Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile

167

I. Allgemeines .................... . ..................................

167

II. Das staatsvertragliehe Anerkennungssystem des Art. 951 LEe (auch: "erstes" Anerkennungssystem) ..............................................

169

1. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

169

2. Zweiseitige Staatsverträge .........................................

169

2.1 Schweiz (1896) ............................................... 2.1.1 Anerkennungsfähige Entscheidungen ....................... 2.1.2 Die vertragliche Bestimmung über die internationale Zuständigkeit ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Ordre-public-Klausel .....................................

169 170

2.2 Kolumbien (1908) ............................................ 2.2.1 Anerkennungsfähige Entscheidungen ....................... 2.2.2 Verweisung auf die Gesetze des Anerkennungsstaates . . . . . . . . .

173 173 173

2.3 Tschechoslowakei (1927) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Anerkennungsfähige Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Die Regelung der internationalen Zuständigkeit. . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Ordre-public-Klausel .....................................

174 174 176 177

2.4 Frankreich (1969) ............................................. 2.4.1 Anerkennungsfähige Entscheidungen ............... . . ", 2.4.2 Die Regelung der internationalen Zuständigkeit .............. 2.4.3 Die Prüfung des angewandten Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.4 Ordre-public-Klausel .....................................

177 178 178 182 185

2.5 Italien (1973) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Anerkennungsfähige Entscheidungen ....................... 2.5.2 Die Regelung der internationalen Zuständigkeit .............. 2.5.3 Die Prüfung des angewandten Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.4 Ordre-public-Klausel .....................................

186 187 187 188 190

2.6 Bundesrepublik Deutschland (1983) (noch nicht ratifiziert) . . . . . . . . . . 2.6.1 Anerkennungsfähige Entscheidungen .......................

191 191

170 172

Inhaltsverzeichnis

13

2.6.2 Die Regelung der internationalen Zuständigkeit .............. 2.6.3 Die Prüfung des angewandten Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2.6.4 Ordre-public-Klausel .....................................

192 200 202

3. Stellungnahme/Zwischenergebnis ..................................

203

III. Die Verbürgung der Gegenseitigkeit als selbständiges (auch: "zweites") Anerkennungssystem (Artt. 952 (LEC) ...................................

205

1. Allgemeines: Faktische Gegenseitigkeit .............................

205

2. Die Anwendung von Artt. 952 ( auf deutsche Scheidungsurteile ........

209

IV. Das sogenannte "dritte" Anerkennungssystem des Art. 954 LEC ..........

213

1. Allgemeines: Theoretische und praktische Rolle des dritten Anerkennungssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

213

2. Die Voraussetzungen des Art. 954 LEC im allgemeinen ...............

215

2.1 Die internationale Zuständigkeit bei der Scheidungsanerkennung ....

216

2.2 Die kollisionsrechtliche Konformität des Scheidungsurteils . . . . . . . . . . 2.2.1 Die Durchführung der kollisionsrechtlichen Kontrolle ......... 2.2.2 Die Verschmelzung der kollisionsrechtlichen Kontrolle mit der Ordre-public-Klausel ..................................... 2.2.3 Ergebnis ...............................................

224 226

Nachwort

235

Bibliographie

238

Anhang

259

229 233

Anhang I: Einsch1ägige gesetzliche Bestimmungen, die in der Arbeit zitiert wurden. . Nr. 1: C6digo Civil .................................................... Nr. 2: Ley de Enjuiciamiento Civil ....................................... Nr. 3: Ley dei Registro Civil ............................................ Nr. 4: Reglamento dei Registro Civil ..................................... Nr. 5: Ehescheidungsgesetz (2. März 1932) ................................ Nr. 6: Spanische Grundgesetze .......................................... Nr. 7: Konkordat/Abkommen mit dem Heiligen Stuhl ...................... Anhang 11: Spaniens gültige Staatsverträge zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile ............................................... Nr. 1: Schweiz........................................................ Nr. 2: Columbien . . ... . . . . . . . . . . .. . .. . . .. ... . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . N r. 3: Tschechoslowakei .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 4: Frankreich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . Nr. 5: Italien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 6: Bundesrepublik Deutschland .................................•....

261 261 291 296 298 302 303 310 313 313 315 316 318 322 328

Anhang III: Beschlüsse des Tribunal Supremo zur Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile in Spanien (Zeitraum: Mai 1982 bis Januar 1984) . . . . . . . .

337

Abkürzungsverzeichnis AAS

= Acta Apostolica Sedis (seit 1909 bis in die Gegenwart - Fortsetzung der Acta Sanctae Sedis: 1865 -1908) ADC = Anuario de Derecho Civil ADGRN = Anuario de la Direcci6n General de los Registros y dei Notariado ADI = Anuario de Derecho Internacional a.F. =alte Fassung = Boletin Juridico-Adminstrativo fundado por. .. AlcubiJla = Repertorio de Jurisprudencia (Entscheidungssammlung) Aranzadi Aranzadi = Repertorio de Legislaci6n (Gesetzessammlung) = Bayerisches Oberstes Landesgericht BayObLG BayObLGZ = Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen = Bürgerliches Gesetzgebuch BGB BGBI = Bundesgesetzblatt BGH = Bundesgerichtshof BIMJ = Boletin de Informaci6n dei Ministerio de Justicia BOCG = Boletin Oficial de las Cortes Generales BOE = Boletin Oficial dei Estado BVerfG = Bundesverfassungsgericht BVerfGE = Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen Can. = Kanon CC = C6digo Civil CJC = Codex Juris Canonici = Colecci6n Legislativa de Espafia (Sammlung der Gesetze, Dekrete und CL Verordnungen seit 1810. Amtliche Sammlung der Gesetze, Dekrete, Verordnungen und Urteile des Obersten Gerichtshofs seit 1846 bis in die Gegenwart) = Journal du droit international prive Clunet = Civilprozeßordnung CPO = Derecho Ci vii Internacional DCI DGRN = Resolution der Direcci6n General de los Registros y dei Notariado DIP = Derecho Internacional Privado Dir. int. = Diritto internazionale DJ = Documentaci6n Juridica DPC = Derecho Procesal Civil DSS = Diario de Sesiones dei Senado = Europäische Grundrechte Zeitschrift EuGRZ FamRÄndG = Familienrechtsänderungsgesetz FamRZ = Zeitschrift für das gesamte Familienrecht. Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht Gaceta = Amtliches Veröffentlichungsblatt des Staates bis 1939 = Halbsatz HS

Abkürzungsverzeichnis

15

= Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts = Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des internationalen Privatrechts Ius Canoni- = Revista de la Facultad de Derecho Canonico dei Estudio General de Navarra cum = in Verbindung mit i.V.m. = Coleccion de Jurisprudencia Civil (amtliche Sammlung der Urteile des JC Obersten Gerichtshofs in Zivilsachen seit 1860 bis in die Gegenwart) J.-Cl. dr. int. = Jurisclasseur de droit international = Jahrbuch für öffentliches Recht JöR =Juristische Schulung; Zeitschrift für Studium und Ausbildung JuS = Juristen Zeitung JZ LALEY = Revista Juridica Espafiola de Doctrina, Jurisprudencia y Bibliografia LEC = Ley de Enjuiciamiento Civil LOPJ = Ley Organica dei Poder Judicial = Ley Reguladora dei Registro Civil LRC MDR = Monatsschrift für Deutsches Recht m.w.H. =mit weiteren Hinweisen =mit weiteren Nachweisen m.w.N. NEJE = Nueva Enciclopedia Juridica Espafiola = Niemeyers Zeitschrift für internationales Recht NiemZ NJW = Neue Juristische Wochenschrift RabelsZ = Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht = Revista Critica de Derecho Immobiliario RCDI = Recueil des Cours de I' Academie de droit international RdC = Revista de Derecho Financiero RDF = Revista de Derecho Notarial RDN = Revista de Derecho Privado RDP RDPro = Revista de Derecho Procesal REDC = Revista Espafiola de Derecho Canonico = Revista Espafiola de Derecho Internacional REDI = Revue critique de droit international prive Rev. Crit. Rev. Crit. de Jur. Beige = Revue critique de jurisprudence beige Rev. Dr. int. Dr. comp. = Revue de droit international et de droit comparee Rev. Dr. int. leg. comp. = Revue de droit international et de legislation comparee Rev. int. Dr. comp = Revue de !'Institut de droit comparee = Revista de la Facultad de Derecho de la Universidad Complutense de RFDM Madrid RGD = Revista General de Derecho RGLJ = Revista General de Legislacion y Jurisprudencia RIDC = Revista dei Instituto de Derecho Comparado Riv. Dir. Int. = Rivista di diritto internationale RIW / AWD = Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters, Recht der internationalen Wirtschaft IPRax IPRspr

16 RJC RRC Sistema SJZ StAZ T. TS Vol. ZB ZPO ZfRVgI ZZP

Abkürzungsverzeichnis = = =

= = = = = =

= = =

Revista Juridica de Cataluiia Reglamento dei Registro Civil Revista de Ciencias Sociales Schweizerische Juristen-Zeitung Das Standesamt. Zeitschrift für Standesamtswesen. Ehe und Kindschaftsrecht, Staatsangehörigkeitsrecht Tomo (Band) (Urteil des) Tribunal Supremo Volumen (Teil) Zusatzbestimmung Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Deutschen Zivilprozeß

Einleitung Am 7. Juli 1981 wurde vom spanischen Parlament das Gesetz Nr. 30 verabschiedet, durch welches die Ehescheidung in Spanien nach der langen Phase der franquistischen Herrschaft wiedereingeführt wurde. 1 Damit hat die spanische Gesetzgebung Anschluß an die übrige europäische Rechtsentwicklung gefunden. Diese Gesetzgebung stellt nicht nur einen wichtigen Einschnitt für das eigene materielle Recht dar, sondern auch für das Verhältnis zu anderen Ländern auf dem Gebiet des internationalen Scheidungsrechts. Denn das Gesetz Nr. 30/1981 hat zum ersten Mal in der spanischen Rechtsgeschichte ein Kollisions- und Verfahrensrecht der internationalen Ehescheidung eingeführt. Diese beiden Rechtsmaterien bilden den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit, wobei im Zusammenhang mit der verfahrensrechtlichen Problematik sowohl das Zuständigkeits- als auch das Anerkennungsrecht mitberücksichtigt werden. Die Arbeit hat zum Ziel, die wesentlichen Merkmale des heutigen spanischen Rechts auf dem genannten Gebiet darzustellen, sowohl hinsichtlich der Gesetzgebung als auch hinsichtlich der Rechtsprechung und Lehre. Diese können nur unter Berücksichtigung der juristischen Tradition des Landes verstanden werden. Der Rechtsvergleichung kommt demgegenüber eine geringe Bedeutung zu. Denn hier - mehr als auf jedem anderen Gebiet - "l'histoire est tout".

1 Siehe Gesetz 30/1981 vom 7. Juli (=BOE, Nr.172 vom 20. Juli 1981 = Aranzadi 1981, Nr. 1700). Aufgenommen in die ihm folgende neue Veröffentlichung des C6digo Civil, BOE, Colecci6n Textos Legales (August 1981).

2 Hemanz Sanchez

1. TEIL

Geschichtlicher Rückblick Erstes Kapitel

Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975) I. Vom königlichen Dekret vom 12. Juli 1564 zum Ehegesetz vom 18. Juni 1870

Mit dem neuen Familien- und insbesondere Eherecht hat Spanien eine 400jährige Tradition aufgegeben. Mit seinem Dekret vom 12. Juli 1564 1 hatte Philipp 11. die "strikte Einhaltung, Beachtung und Erfüllung" des TarnetsiDekrets von Trient angeordnet. In den Canones V und VII des Sesio XXIV war das absolute Ehescheidungsverbot niedergelegt. 2 Die Zuständigkeit für das gesamte Ehewesen einschließlich der Jurisdiktion war der Kirche vorbehalten. 3 Die verschiedenen Rechtssätze des Konzils von Trient galten nicht unmittelbar in den Ländern des christlichen Abendlandes, sondern mußten erst durch einen Rechtsetzungsakt der weltlichen Macht im jeweiligen Territorium für verbindlich erklärt werden. Dies geschah im damaligen Spanien durch das oben 1 Aufgenommen in die "Novisima Recopilacion" von 1805 als Ley XIII, Titulo I, Libro I (1. Buch, I. Titel, 13. Gesetz). 2 Sich mit den Sitzungen des Konzils in Bologna und Trient zu befassen würde den Zweck dieses geschichtlichen Überblicks übersteigen. Es sei hier jedoch auf die Canones V und VII des Konzils hingewiesen, die unmittelbar die Unauflöslichkeit der Ehe bestimmten. Beide wurden am 1. November 1563 in Trient bei der Sesio XXIV beschlossen. Der Canon V verneinte die Auflöslichkeit der Ehe wegen Häresie, unerträglichem Zusammenleben und böswilligem Verlassen ("Si quis dixerit, propter affectatam absentiam a coniuge dissolvi posse matrimonii vinculum: anathema sit. ") Der Canon VII verneinte die Auflöslichkeit der Ehe wegen Ehebruchs ("Si quis dixerit, ecc1esiam errare, quum docuit und docet iuxta evangelicam et apostolicam doctrinam, propter adulterium alterius coniugum matrimonii vinculum non posse dissolvi; et utrumque, ve1 etiam innocentem, qui causam adulterio non dedit, non posse altero coniuge vivente aliud matrimonium contrahere; moecharique eum, qui dimissa adultera aliam duxerit, et eam, quae dimisso adultero alii nupserit: anathema sit."). 3 Dies war ein wesentliches Anliegen der katholischen Kirche beim Konzil. Siehe auch Can. XII: "Si quis dixerit, causas matrimoniales non spectare ad iudices ecc1esiasticos: anathema sit."

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

19

erwähnte königliche Dekret. Damit wurden alle Ehefragen in Spanien dem Kompetenzbereich der Kirche unterstellt. Gleichzeitig bedeutete dies die Abschaffung des gotischen und des arabischen Rechts, die die Scheidung auch dem Bande nach kannten. 4 Die durch das königliche Dekret durchgeführte einheitliche Regelung der Ehesachen sollte im Laufe der Zeit zu einer starren Tradition werden. An dieser Tradition konnte auch die relativ kurze Besatzungszeit unter Napoleon nicht rütteln, in deren Gefolge die Idee der Rechtskodifikation nach Spanien kam. Soweit es den Code civil selbst betraf, spielte hier auf familienrechtlichem Gebiet die durch die Aufklärung vorbereitete Anerkennung der Zivilehe und der Ehescheidung eine bedeutsame Rolle. In Spanien wurde allerdings nur die Idee der Kodifikation als Rechtsetzungsprinzip übernommen, nicht dagegen der materielle Inhalt des Code civil. Einen gewissen Einschnitt bedeutete die Revolution von 1868, die zu der "revolutionären Verfassung"S führte, in deren Art. 21 die Religionsfreiheit proklamiert wurde. Durch das "Vorläufige Gesetz über die Zivilehe" vom 18. Juni 18706 wurde der Kirche zwar die Zuständigkeit für Ehesachen entzogen, hinsichtlich des sachlichen Eherechts blieb es jedoch bei den kanonischen Vorschriften. 7 Schon in Art. 1 des oben erwähnten Gesetzes heißt es nämlich, daß die Ehe auf Lebensdauer eingegangen wird und unauflöslich ist. Art. 83 bestimmt, daß die Scheidung keineswegs das eheliche Band zerstört, sondern nur das gemeinsame Leben und seine Auswirkungen aufhebt. Schließlich stellt Art. 90 fest, daß die legitime Ehe nur durch den Tod eines der beiden Ehegatten aufgelöst wird. Diese Vorschriften machen deutlich, daß die europäischen Tendenzen einer "Säkularisierung" der Ehe in Spanien keinen Widerhall fanden. Dies heißt aber keineswegs, daß sich der Staat überhaupt nicht gegen die Kirche hätte durchsetzen und behaupten können. So wurden etwa trotz der entgegenstehenden Vereinbarungen in dem Konkordat von 1851 durch die "revolutionäre Verfassung" im Jahre 1869 und die darauffolgende Gesetzgebung die wirtschaft4 Siehe Fuero Juzgo, IH. Buch, 7. Titel, 1. Gesetz: "si el marido es tal que yace con los varones, 0 si quier que faga la mugier adulterio con otri non queriendo ella 0 si 10 permitio; porque los cristianos non deuen sufrir tal pecado, mandamos que la mugier pueda casar con otri si quier." Was das arabische Recht betrifft, besteht kein Zweifel daran, daß es die Verstoßung kannte. Nur die "Leyes de las Partidas", gültig im Bezirk Kastilien, waren schon vom kanonischen Recht beeinflußt und erklärten das Wiederverheiratungsverbot, solange der erste Ehepartner noch lebte (siehe Partida IV, 10. Titel, 2. und 5. Gesetz). 5 Die I. Spanische Republik wurde am 11. Februar 1873 durch diese Verfassung ausgerufen. 6 Siehe Coleccion Legislativa 1870, 1., 849. 7 In der spanischen Literatur spricht man sogar von einer "Säkularisierung der kanonischen Ehe"; vgl. Valladares Rascon (1982), 38.

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

lichen Privilegien der katholischen Kirche weitgehend abgeschafft. 8 Gleichzeitig wurde der Einfluß der Orden auf das Erziehungswesen zurückgedrängt. Dagegen wurde die Fortgeltung der "altkatholischen Prinzipien" auf dem Gebiet des Eherechts zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, obwohl es hierzu in dem Konkordat von 1851 keine Festlegungen gab. Zur Zeit des Konkordatsschlusses wurde das gesamte Eherecht nämlich noch "selbstverständlich als zur ausschließlichen Domäne der katholischen Kirche gehörend" betrachtet. 9 Als Neuerung wurde jedoch durch das Gesetz vom 18. Juni 1870 zum ersten Mal ein international-privatrechtliches System eingeführt, das u. a. auch die Eheschließungsfalle mit Auslandsberührung regelte. Die Gültigkeit von im Ausland geschlossenen Ehen von Ausländern wurde beispielsweise nach dem Heimatstatut der Eheschließenden beurteilt (Art. 40). Bei Auslandsehen zwischen Spaniern oder zwischen einem Spanier und einem Ausländer galt die lex loci celebrationis für die Form der Eheschließung; die Ehefahigkeit der Parteien wurde dagegen nach den jeweiligen Heimatrechten beurteilt (Art. 41).10 Für die Eheschließung von Ausländern in Spanien verlangte das Gesetz die Bescheinigung über das Eheaufgebot am letzten Wohnsitz und das Ehefähigkeitszeugnis von beiden Eheschließenden (Art. 15). 11. Art. 42 des Cödigo Civil von 1889 und seine Auslegung bis zur republikanischen Gesetzgebung von 1932

Obwohl das Gesetz über die Zivilehe vom 18. Juni 1870 seinem materiellen Gehalt nach voll auf dem Boden der kanonischen Eheauffassung stand, galt es doch als typische republikanische Errungenschaft, so daß nach dem Sturz der I. Republik (1874)11 durch ein Dekret des Regentschaftsministeriums vom 9. Februar 1875 die kirchliche Ehe wieder eingeführt wurde. 12 8 Zu dieser dem Konkordat von 1851 entgegengesetzten Gesetzgebung siehe J. Lopez Ortiz, "Los Cien Aiios de la Vidadel Concordato de 1851 ", Conferencias de la Facultad de Derecho de la Complutense (1953/1954), 41 ff. 9 Vgl. Perez Mier, (1940), 552; Fuenmayor Champin, lus Canonicum III (1963), 297; Escudero Escorza, 100. 10 Da auch das spanische Recht als Heimatstatut herangezogen wurde, hat die spanische Rechtslehre hierin ein indirektes Eheverbot zwischen Spaniern und geschiedenen Ausländern gesehen; vgl. Gonzalez Campos (unveröffentl.), Teil 11, 247f.; Aguilar Navarro(-Gonzalez Campos), DCI (1975), 274f. 11 General Arsenio Martinez Camp os proklamierte am 29. Dezember 1874 die Restauration. Die Cortes wurden aufgelöst, am 31. Dezember 1874 wurde ein Regentschaftsministerium errichtet. Nach historischen Berichten (siehe Ubieto / Regla, 726) traf der 18-jährige König Alfons XII. am 14. Januar 1875 in Madrid ein. Eine der ersten politischen Maßnahmen der konservativen Kräfte war es, die kanonische Ehe wieder einzuführen; man ließ sich dafür nach dem Eintreffen des Königs nur knapp drei Wochen Zeit. 12 Colleccion Legislativa 1875, I., 175.

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Durch den Erlaß dieses Dekrets blieb das Gesetz vom 18. Juni 1870 nur für die Eheschließung der Nicht-Katholiken in Kraft. Somit wurde zum ersten Mal ein zweifaches System für die Eheschließung eingeführt: kirchliche Eheschließung für Katholiken, Zivilehe für Nicht-Katholiken. Dieses System wurde später vom C6digo Civil übernommen. 13 Nach dem C6digo Civil war die kanonische die einzige Eheform für diejenigen, die sich zum katholischen Glauben bekannten ("profesar") (Art. 42 CCI4); sie zeitigte dieselben Wirkungen wie die Zivilehe in bezug auf die Personen und das Vermögen der Ehegatten und ihrer Nachkommen (Art. 76 CCI5). Den kirchlichen Gericht stand die Entscheidungsmacht über alle Ehenichtigkeits- und Ehescheidungsklagen (Art. 80 CCI6) zu. Der C6digo Civil von 1889 erkannte ebensowenig wie das Ehegesetz vom 18. Juni 1870 eine Scheidung der Ehe dem Bande nach an. Die rechtsgültige Ehe

wurde "einzig und allein durch den Tod eines Ehegatten zerstört" (Art. 52 CC).17 Das Wort "profesar" in Art. 42 CC warf in der Folge einige Probleme hinsichtlich seiner Auslegung auf. Es stellten sich insbesondere zwei Fragen:

1. Wie sollte durch die Ehekandidaten der Beweis des Nichtbekenntnisses erbracht werden? 2. War die Trauung bereits dann nach dem kanonischen Recht vorzunehmen, wenn sich nur einer der Partner zur katholischen Kirche bekannte?

Nach der königlichen Verordnung vom 28. Dezember 1900 18 genügte für den Beweis der Nichtzugehörigkeit zur katholischen Kirche die bloße Behauptung eines der beiden Heiratskandidaten vor der zuständigen Behörde ("jueces municipales"). Somit war die Zivilehe bereits dann zulässig, wenn sich nur einer der Eheschließenden nicht zur katholischen Religion bekannte. 'Seine Behauptung hierüber galt als unwiderlegbar, da eine Überprüfung nicht vorgesehen war. Später wurde durch eine weitere königliche Verordnung vom 27. August 1906 ein echtes fakultatives System eingeführt,I9 in dem die nach früherem

Recht erforderliche Aussage fallengelassen und das Eingehen der Zivilehe bereits als stillschweigende Behauptung des Nichtbekenntnisses angesehen wurde. Aber diese Verordnung wurde sofort durch eine neue vom 28. Februar

13 Letzte und endgültige Verkündung am 24. Juli 1889 (siehe Dekret vom 24. Juli 1889=Gaceta 1889, Nr. 206). 14 Siehe Art. 42 ce (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 15 Siehe Art. 76 ce (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 16 Siehe Art. 80 ce (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 17 Siehe Art. 52 ce (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 18 Siehe Gaceta 1901, Nr. 67 = Alcubilla 1901,226. 19 Gaceta 1906, Nr. 240 = Alcubilla 1906, 442.

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1. Teil: Geschichtlicher RückblIck

1907 außer Kraft gesetzt,20 die wiederum das subsidiäre System vom 28. Dezember 1900 einführte. Schließlich wurde am 28. Juni 1913 durch eine weitere königliche Verordnung dieses subsidiäre System noch einmal bestätigt und somit die kanonische Ehe als vorrangig gegenüber der Zivilehe erklärt, die weiterhin nur subsidiäre Bedeutung hatte. 21 Diese Rangordnung der beiden Eheformen wirkte sich auch auf die Fälle mit Auslandsberührung aus. Art. 9 CC, der eine beinahe wörtliche Übernahme des Art. 3 Abs. 3 des Code Napoleon war, erklärte hinsichtlich des Familienrechts für Spanier im Ausland das spanische Heimatstatut für verbindlich. 22 Durch die Rechtsprechung wurde - ebenso wie in Frankreich - die Vorschrift bilateralisiert, was zur Folge zu haben schien, daß auch für Ausländer in Spanien allein das Heimatstatut ausschlaggebend sein sollte. Wegen des allgemein gefaßten Wortlauts des Art. 42 CC23 lief es jedoch faktisch darauf hinaus, daß Ausländer, die in Spanien heirateten, den spanischen Vorschriften unterlagen, da für das spanische Territorium ausschließlich die konfessionelle Anknüpfung vorgesehen war. Auch Ausländer mußten daher in Spanien ihr Nichtbekenntnis zur katholischen Kirche darlegen und beweisen, wenn sie die Ehe vor der konsularischen Vertretung ihres Landes nicht schließen konnten. Für Spanier im Ausland knüpfte Art. 11 Abs. 1 CC an die lex loci celebrationis an. 24 Für die Ehe brachte jedoch Art. 11 Abs. 3 CC25 i. V. m. Art. 9 CC und Art. 100 Abs. 3 CC26 eine wichtige Einschränkung: Zivilehen zwischen Spaniern und zwischen Spaniern und Ausländern mußten vor dem Konsul oder Vizekonsul in seiner Eigenschaft als "juez municipal" geschlossen werden. Begründet wurde dies mit der Überlegung, daß nach Art. 11 Abs. 3 CC ein Vorrang zwingender spanischer Rechtsvorschriften gegenüber entgegenstehenden ausländischen Rechtsvorschriften vorgesehen war. Gemäß Art. 42 CC i. V. m. Art. 100 CC war für die Zivilehe ihr Abschluß vor dem "juez municipal" zwingend vorgeschrieben, dessen Amtsbefugnisse gemäß Art. 100 Abs. 3 CC im Ausland durch den Konsul oder Vizekonsul ausgeübt wurden. 27 Dies bedeutete weiter, daß für jede Eheschließung im Ausland vor der konsularischen Gaceta 1907, Nr. 60= Alcubilla 1907, 82. Gaceta 1913, Nr.185=Alcubilla 1913, 545. 22 Siehe Art. 9 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 23 Siehe Anm. 14. 24 Siehe Art. 11 Abs. 1 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 2S Siehe Art. 11 Abs. 3 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 26 Siehe Art. 100 Abs. 3 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 27 Siehe für die Rechtsprechung dieser Zeit: TS, 10. Juli 1916 (=CL 1916, T. 137, Nr. 105); TS, 1. Mai 1919 (=JC 1919, T. 146, Nr. 31); TS, 26. April 1929 (=JC 1929, T. 188, Nr. 254). 20 21

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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Vertretung - ebenso wie für die Eheschließung in Spanien - der Beweis des Nichtbekenntnisses zur katholischen Religion erbracht werden mußte, um die Erlaubnis zur Ziviltrauung zu erhalten. Durch die Verquickung der Form mit dem Inhalt der Eheschließung wurde also noch einmal eine konfessionelle Anknüpfung auch für die Eheschließung im Ausland vorgenommen, die selbst den ausländischen Partner dem spanischen Recht unterwarf. Unabhängig von der Art der Eheschließung waren die Folgen der Ehe jedoch identisch: Sie war auf Lebenszeit geschlossen und wurde, wie bereits gesagt, 28 nur durch den Tod eines der beiden Partner aufgelöst. Art. 83 Nr.5 CC29 ergänzte, daß niemand eine Ehe eingehen konnte, der bereits durch das eheliche Band gebunden war. 30 Mit Blick auf die identischen Folgen der Ehe stellt sich die Frage, warum der Oberste Gerichtshof in seiner Rechtsprechung soviel Mühe darauf verwandt hat, Art. 100 Abs.3 CC extensiv auszulegen und so zu einer faktischen Subsidiarität der Zivilehe im Ausland zu kommen. Die Ursache hierfür lag weniger auf praktischem Gebiet, sondern wird durch das Selbstverständnis der spanischen Staats- und Rechtsauffassung verständlich. Spanien verstand sich als Sachwalter der verlorengegangenen "Respublica Christiana", deren religiösmetaphysisches Fundament die katholische Kirche war. Das Selbstverständnis der spanischen weltlichen Macht kommt in folgender Wendung klar zum Ausdruck: "brazo civil dei poder eclesiastico" (weltlicher Arm der kirchlichen Macht).31 Ganz im Sinne dieser Staatsauffassung stand der Oberste Gerichts· Siehe oben auf S. 21. Siehe Art. 83 Nr. 5 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 30 Vgl. TS, 31. März 1911: "Spanische Gerichte können nichtkatholische Ausländer weder scheiden noch ausländische Scheidungsurteile, die sie betreffen, anerkennen, selbst dann, wenn ihr Heimatstatut die Scheidung anerkennt." - Außerdem konnten ausländische Scheidungsurteile im konsularischen Register neben der Eheschließung nicht eingetragen werden; vgl. königliche Verordnung vom 16. Februar 1917. (Zit. nach Castan Tobeiias, Derecho Civil, T. V, Vol. I (1976), 947). 31 Der Ausdruck "brachio saeculari" wurde zum ersten Mal von seiten der katholischen Kirche beim Konzil von Trient verwendet. Das Konzil war - wie bekannt - einberufen, weil die Kirche sich von der Reformation Luthers bedroht fühlte. Dabei glaubte sie, die Durchsetzung der beim Konzil erlassenen Anordnungen könne der Lehre Luthers gegenüber nur sichergestellt werden, wenn der von ihr genannte "brachio saeculari" mitwirkte; vgl. etwa Sessio XXIV, Decretum de Reformatione Matrimonii, C. VIII, 152: "ex officio graviter pro modo culpae puniantur, et extra oppidum vel dioecesim, si id eisdem ordinariis videbitur, invocato, si opus fuerit, brachio saeculari, eiiciantur". Im spanischen Schrifttum gehört der Ausdruck "brazo civil dei poder ec1esiastico" oder "brazo secular" heute noch zur Beschreibung der staatlichen Funktion beim Verhältnis Kirche und Staat; vgl. hierzu unter vielen anderen: De Diego-Lora, Ius Canonicum III (1963),670,674; Lopez Alarcon, REDC 1970,282,316,317,318,319,324; ders., Ius Canonicum XVIII (1978), 68; ders., RDP 1980, 896; Castillo, RDP, 1978, 1092; Suarez Pertierra, RDP 1981, 991, 999; kürzlich auch - mit einer sarkastischen AnmerkungLuces Gil, BIMJ 1980, 2, Nr. 1216, 12. 28

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

hof, wie in seiner extensiven Interpretation des Art. 100 Abs. 3 ce deutlich wird, einer Interpretation, der in "liberaleren" Zeiten das lustizministerium durch "Resolutionen", die eine restriktivere Auslegung empfahlen, entgegenzusteuern suchte. 32 Anhand der wechselnden Auslegung des Art. 100 Abs. 3 ce läßt sich also das Spannungsverhältnis von traditionell-konservativer und liberal-laizistischer Rechtsauffassung beispielhaft verfolgen. IH. Das republikanische Ehescheidungsgesetz vom 2. März 1932 1. Allgemeines

Der jahrhundertealte Primat der kirchlichen vor der weltlichen Macht wurde erstmals durch die erneute Abschaffung der Monarchie am 14. April 1931 erschüttert. Die II. Republik nahm sofort die Ausarbeitung eines liberalen Eheund Ehescheidungsrechts in Angriff. Grundlage hierfür war die Verfassung vom 9. Dezember 1931,33 in deren Art. 3 es hieß, daß "der Spanische Staat keine Staatsreligion besitzt". In Art. 27 wurde die Gewissens- und Religionsfreiheit garantiert. 34 Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die Beziehungen zwischen dem Staat und den Kirchen 35 und für das Kultuswesen wurde dem Staat durch Art. 14 Nr. 2 zugewiesen. Art. 15 Nr. 1 enthielt die ausschließliche Kompetenz für die Ehegesetzgebung. 36 Durch Art. 43 wurden die einverständliche und die streitige Scheidung verfassungsrechtlich abgesichert. 37 Zur Verwirklichung des Verfassungsgebotes von Art. 43 trat am 2. März 1932 das erste Scheidungsgesetz in der Geschichte Spaniens in Kraft,38 dessen 32 Vgl. hierzu drei seltsam anmutende Resolutionen der "Direcci6n General de los Registros y dei Notariado" (Generaldirektion des Register- und Notariatswesens - eine Abteilung des Justizministeriums), die die lex loci celebrationis für Spanier im Ausland akzeptierten: DGRN, 18. Januar 1923; 1. Oktober 1923; 9. März 1927,m. w. H. (=JC 1927, T. 174, Nr.31). 33 Siehe "Constituci6n de la Republica Espaiiola", 9. Dezember 1931 (= Gaceta 1931, Nr. 344= Aranzadi 1931, Nr. 1645). 34 Das Dekret vom 10. Februar 1932 setzte ausdrücklich die königliche Verordnung vom 28. Dezember 1900 über die Notwendigkeit einer Erklärung zum Nichtbekenntnis zum katholischen Glauben außer Kraft; siehe Dekret vom 10. Februar 1932 (=Gaceta 1932, Nr. 48 = Aranzadi 1932, Nr. 200). 3S Auffallend ist hierbei die Pluralform "Ias Iglesias" statt "Ia Iglesia", wie es bis zu diesem Zeitpunkt verwendet wurde. 36 Zur Erfüllung dieses Verfassungsgebotes wurde das Zivilehegesetz vom 28. Juni 1932 (= Gaceta 1932, Nr. 185 = Aranzadi 1932, Nr. 849) verabschiedet. Nach dem Intermezzo von 1870-1875 wurde erstmals wieder die Zivilehe als obligatorische Form der Eheschließung eingeführt; vgl. dazu den Bericht von v. Caemmerer, RabelsZ 1933, 725ff. 37 Siehe diese Bestimmung in Anhang I, Nr. 6. 38 Siehe "Ley de Divorcio" vom 2. März 1932 (= Gaceta 1932, Nr. 72 = Aranzadi 1932, Nr. 290). Dazu siehe v. Caemmerer, RabelsZ 1932, 474ff.; Polo, RabelsZ 1932, 647 f., 652 ff.

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rechtspolitische Bedeutung kaum überschätzt werden kann - bed,eutete es doch den völligen Bruch mit der Tradition. 39 Auf die materiellrechtlichen Details soll hier nicht eingegangen werden; für den Gegenstand dieser Arbeit ist nur wichtig, daß in ihm keinerlei kollisions- und verfahrensrechtliche Normen enthalten waren. Während seiner etwa sechsjährigen Geltungsdauer standen einige Fälle mit Auslandsberührung zur Entscheidung: eine Aufgabe, die wegen des Fehlens ausdrücklicher Normen durch die Rechtsprechung anhand der fortgehenden kollisions- und verfahrensrechtlichen Vorschriften des C6digo Civil und der Ley de Enjuiciamiento Civil gelöst werden mußte.4Q 2. Die Rechtsprechung zur Feststellung der internationalen Zuständigkeit

Mangels spezieller Zuständigkeits vorschriften im Scheidungsgesetz vom 2. März 1932 mußten die spanischen Gerichte auf die allgemeinen Regeln der Ley de Enjuiciamiento Civil aus dem Jahre 1881 und die hierzu ergangene Rechtsprechung zurückgreifen. Der einschlägige Art. 51 der LEC lautet wie folgt: "La jurisdicci6n ordinaria sera la unica competente para conocer de los negocios civiles que se susciten en territorio espanol entre espanoles, entre extranjeros y entre espanoles y extranjeros." (Die ordentliche Gerichtsbarkeit hat ausschließliche Zuständigkeit für jeden Zivilrechtsstreit, der im Staatsgebiet Spaniens zwischen Spaniern, zwischen Ausländern und zwischen Spaniern und Ausländern entsteht.)

Diese Bestimmung stellte ihrem Wortlaut nach nur eine interne Abgrenzung zwischen den verschiedenen Rechtswegen dar; sie wurde von der Rechtsprechung jedoch von Anfang an als Regelung der internationalen Zuständigkeit angesehen und wird von der heutigen Lehre41 mit Recht als extremer Ausdruck des "Jurisdiktionsimperialismus" aufgefaßt. Die Fassung dieser Vorschrift ist nur verständlich, wenn man eine Besonderheit des spanischen Gerichtswesens vor Augen hat: Von Philipp IV.42 war in Vgl. die obigen Ausführungen zu dem Gesetz vom 18. Juni 1870, unter 1. Es liegen bedauerlicherweise nicht sehr viele Urteile vor, da die der Audiencias Territoriales (Oberlandesgerichte) in Spanien nicht immer veröffentlicht werden, so daß nur diejenigen zur Verfügung stehen, die bis zum Tribunal Supremo gelangt sind. Hier wurden zehn Urteile erlassen, die sich mit beiden der hier behandelten oder mindestens einer der beiden Fragen auseinandergesetzt haben und die zwischen Januar 1933 und März 1936 in der Sammlung "Jurisprudencia Civil" erschienen sind. Hierzu wurden die Jahresregister 1933 bis März 1936 ausgewertet. Nach März 1936 wurden infolge des Bürgerkriegs keine Urteilssammlungen mehr veröffentlicht. 41 Siehe Miaja de la Muela, Miscellany Fragistas, III, 90ff.; Pecourt Carcia, RED! 1964, 529ff.; Remiro Brotons, 195. 42 1621-1665. 39

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1. Teil: Geschichtlicher Rückbiick

Spanien ein sog. "Fuero de Extranjeria"43 (Gerichtsbarkeit für Ausländer) eingeführt worden, der erst durch die "Ley de Unificaci6n de Fueros" (Gesetz zur Vereinheitlichung der Gerichtsbarkeit) vom 6. Dezember 1868 wieder abgeschafft wurde. Durch diesen "Fuero de Extranjeria" wurde zunächst nur die Möglichkeit geschaffen, einige Briten, die sich in Andalusien aufhielten, als Beklagte oder Angeklagte vor einen "Juez Conservador"44 zu ziehen. Diese besondere Gerichtsbarkeit wurde später unterschiedslos auf alle Ausländer ausgedehnt.45 Seit einer königlichen Verordnung vom 26. August 1758 wurde diese Funktion bis auf einige Ausnahmen 46 von denselben Behörden wahrgenommen, die auch die militärische Gerichtsbarkeit ausübten.47 Der "Fuero de Extranjeria" war verzichtbar 48 und passiv 49 , wobei der Verzicht als prorogatio jurisdictionis auch stillschweigend zugunsten der allgemeinen Gerichtsbarkeit erfolgen konnte. 50 Die Verzichtbarkeit der besonderen Gerichtsbarkeit folgt schon aus der Tatsache, daß sie als Privileg begründet worden war. Passiv war dieses Privileg in dem Sinne, daß der Ausländer sich darauf nur berufen konnte, wenn er Beklagter oder Angeklagter des Verfahrens war. 51 Durch königliches Dekret vom 17. November 1852 wurden die vorherigen Bestimmungen über den "Fuero de Extranjeria" noch einmal ausdrücklich 43 Eingeführt durch das königliche Dekret vom 16. März 1645; ergänzt durch ein weiteres vom 19. Mai 1645 (zitiert nach Pecourt Garcia, Homenaje Sela Sampil, II, 885 f.). 44 J uez Conservador war ursprünglich ein Geistlicher oder Laie, der ernannt wurde, um eine Kirche oder privilegierte Gemeinde zu schützen. Zu dieser schon im 13. Jahrhundert im kanonischen Recht vorhandenen juristischen Einrichtung vgl. weiter Pecourt Garcia, ebenda, 884. 4S Dies geschah durch königliches Dekret vom 7. Juli 1727 (aufgenommen als Ley V, Titulo XI, Libro VI (6. Buch, XI. Titel, 5.Gesetz) der "Novisima Recopilaci6n") und Dekret vom 1. Februar 1765 (aufgenommen als Ley VI, Titulo XI, Libro VI (6. Buch, XI. Titel, 6.Gesetz) der "Novisima Recopilaci6n"). Beide zit. nach Pecourt Garcia, ebenda, 889. 46 Zu solchen Ausnahmen: Pecourt Garcia, ebenda, 890. 47 Miaja de la Muela, Miscellany Fragistas 111, 98, gibt als Datum für die königliche Verordnung den 21. Dezember 1759 an. Demgegenüber wird von Pecourt Garcia, ebenda 890 als Datum der 26. August 1758 angegeben. Er zitiert weiter auf S. 891 ein königliches Dekret vom 21. Dezember 1759 mit FundsteIle in FN. 35, welches eher außerhalb des Geltungsbereiches des "Fuero de Extranjeria" zu fallen scheint. 48 Siehe TS, 25. Oktober 1853 (=CL 1853, T. 60, Nr. 8): "Anders als bei der Gerichtsbarkeit für Militärpersonen kann auf die Gerichtsbarkeit für Ausländer verzichtet werden." TS, 20. Juni 1859 (=JC 1859, T. V, Nr. 41): "Die Gerichtsbarkeit für Ausländer versteht sich als Privileg und ist somit auch verzichtbar" . 49 Siehe TS, 17. März 1857 (=CL 1857, T. 71, Nr.10); TS, 16. November 1860 (=JC 1860, T. V, Nr. 317): "Die Gerichtsbarkeit für Ausländer ist nur passiv", daß heißt, sie erfaßt ihn nur in der Rolle des Beklagten. so Siehe TS, 20. Juni 1859 (=JC 1859, T. V, Nr.41). SI Dies wurde ausdrücklich in dem königlichen Dekret vom 9. November 1645 vorgesehen (vgl. hierzu Pecourt Garcia, ebenda, 886).

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bestätigt und durch einige weitere Vorschriften ergänzt, die aber im Rahmen dieser Arbeit keine Rolle spielen. 52 Da der "Fuero de Extranjeria" wie auch die anderen Sondergerichtsbarkeiten sich nicht mit der Idee einer allgemein zuständigen, unabhängigen Rechtsprechung vertrugen, wurde er nach dem Sturz der Monarchie im Jahr 1868 durch das Regierungsdekret vom 6. Dezember 1868 "Decreto-Ley de Unificaci6n de Fueros"53 aufgehoben (Art. 1). Weiterhin wurde als Ergänzung der Verfassung von 1869, die die Gewaltenteilung proklamiert hatte, von den Cortes Constituyentes am 15. September 1870 eine sogenannte "Ley Provisional sobre Organizaci6n deI Poder Judicial"54 verabschiedet. Art. 267 LOPJ legte die ausschließliche Zuständigkeit der allgemeinen Gerichtsbarkeit für jeden Zivilstreit fest, der im Staatsgebiet Spaniens zwischen Spaniern, zwischen Ausländern und zwischen Spaniern und Ausländern eingeleitet wurde. 55 Wie bereits erwähnt, wurde diese Vorschrift wörtlich in den Art. 51 LEC von 1881 übernommen. Beweggrund für die Bestimmung des Art. 267 LOPJ war also ursprünglich die Beseitigung der als unzeitgemäßes Privileg empfundenen Differenzierung der Gerichtsbarkeit nach der Staatsangehörigkeit gewesen. Obwohl dies zunächst nur eine interne Zuständigkeitsregelung war, wurde sie doch von Beginn an analog für die Regelung der internationalen Zuständigkeit herangezogen. 56 Um zu einer gewissen Einschränkung des Art. 51 LEC zu gelangen, wurde Art. 70 LEC herangezogen: "Las precedentes disposiciones de competencia, comprenderan a los extranjeros que acudieren a los Juzgados espaiioles promoviendo actos de jurisdicci6n voluntaria, interviniendo en eil os 0 compareciendo en juicio corno dem andantes 0 corno demandados, contra espaiioles 0 contra otros extranjeros, cuando proceda que conozca la jurisdicci6n espaiiola con arreglo a las leyes dei Reino 0 a los Tratados con otras potencias. "

52 Diese Vorschriften enthielten Verfahrensregelungen zu straf-, schuld- und handelsrechtlichen Fragen. Eine Übersetzung von ihnen (Art. 29, 32 und 33 des "Real Decreto de Extranjeria" vom 17. November 1852) findet man bei Werth, RIW / AWD 1975, 556. 53 Siehe Dekret vom 6. Dezember 1868 (=CL 1868, T. 100, Nr.945=Textos y Materiales de DIP, Bd. I, 75ft). 54 Auf Deutsch: "Vorläufiges Gesetz zur Regelung der richterlichen Gewalt"; einschlägige Bestimmungen in: Textos y Materiales de DIP, Bd. I, 76f. ss "La jurisdicci6n ordinaria sera la unica competente para conocer de los negocios civiles que se susciten en territorio espaiiol entre espaiioles, entre extranjeros y entre espaiioles y extranjeros"; vgl. dies mit dem bereits oben angegebenen Wortlaut von Art. 51 LEC. S6 Vgl. TS, 13. Oktober 1890 (=JC 1890, T. 68, Nr. 277); TS, 17. Januar 1912 (=JC 1912, T. 123, Nr.176); TS, 10. Februar 1915 (=JC 1915, T.134, Nr. 302); TS, 12. Dezember 1921 (= JC 1921, T. 154, Nr. 649), und TS, 17. Juni 1925 (= JC 1925, T. 167, Nr.217).

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick (Die vorstehenden Zuständigkeitsvorschriften betreffen auch Ausländer, die vor spanischen Gerichten Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragen, vor ihnen einem Rechtsstreit beitreten oder vor Gericht gegen Spanier oder gegen andere Ausländer als Kläger oder Beklagte auftreten, wenn feststeht, daß die spanische Gerichtsbarkeit ihre Tätigkeit in Übereinstimmung mit den Gesetzen des Königreichs oder den Verträgen mit anderen Mächten ausübt.)

Wie Art. 51 LEe die Wiederholung von Art. 267 LOPJ darstellt, ist Art. 70 LEe die wörtliche Wiedergabe von Art. 319 LOPJ. Es ließe sich also fragen, ob Art. 70 LEe tatsächlich eine Einschränkung von Art. 51 LEe enthält. 57 Dies wurde zum Teil angenommen, da nach Art. 70 LEe die Zuständigkeit aufgrund völkerrechtlicher Verträge entfallen konnte. Wie jedoch Miaja de la Muela gezeigt hat, ging die Erwähnung der internationalen Verträge ins Leere, "weil Spanien nie einen solchen Vertrag unterzeichnet hat, der eine Sonderregelung der internationalen Zuständigkeit enthalten hätte". 58 In der Erwähnung von "anderen Gesetzen des Königreichs" haben einige Autoren 59 einen Bezug auf die Art. 29, 32 und 33 60 des königlichen Dekrets vom 17. November 1852 gesehen. Diese Behauptung, die inzwischen von einer ganz herrschenden Lehre abgelehnt wird,61 mag hier dahingestellt bleiben, da diese Vorschriften keine Verfahrensregelungen zu Personen- und Statusfragen enthalten und daher über den Gegenstand dieser Arbeit hinausgehen. Vorliegend ist nur als wichtig zu betrachten, daß die frühere Rechtsprechung die internationale Zuständigkeit der spanischen Gerichte überwiegend allein aus Art. 51 LEe abgeleitet hatte. 62 Im folgenden soll die Rechtsprechung zur Zeit der Republik dargestellt werden, die, im wesentlichen auf Art. 51 LEe gestützt, einige Argumentationsfäden aus der früheren Rechtsprechung aufgenommen hat.

So z. B. Guasp, DPC, Bd. I, 108. Siehe Miaja de la Muela, Miscellany Fragistas III, 102. Diese Behauptung würde man nach der Verkündung des Abkommens mit Frankreich vom 28. Mai 1969 zur Anerkennung und Vollstreckung zivil- und handelsrechtlicher Urteile angesichts des dortigen Art. 7 nicht mehr aufrechterhalten können. Hierzu auch im 6. Kapitel unter II 2.4.2. 59 So z. B. Luna GarciajHernandez Canutt, ADC 1951, 1527ff.; Manresa y Navarro, Comentarios (1881), 202; Trias de Bes, DIP (1932),117; ders., RJC 1960, 7ff. 60 Siehe obige Anm. 52. 61 W. Goldschmidt, DPC Bd. II, 352; und Guasp, DPC, Bd. I, 108ff.; ders., Comentarios, 281 ff., meinen, daß Art. 27 CC das Dekret von 1852 außer Kraft gesetzt hat; (vgl. dagegen, gestützt auf die Rechtsprechung, Verplaetse, DIP (1954), 644ff.). Weiterhin siehe Miaja de la Muela, DIP (1970), 440; ders., Miscellany Fragistas, III, 103, und Percourt Garcia, Homenaje Sela Sampil, II, 884, die meinen, daß das Dekret von 1852 durch das "Gesetz zur Vereinheitlichung der Gerichtsbarkeit" vom 6. Dezember 1868 abgeschafft wurde. 62 Siehe hierzu alle in Anm. 56 zitierten Urteile. 57

5B

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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2.1 Domizil

Häufig wurde das Domizil als Anknüpfungsmoment für die internationale Zuständigkeit herangezogen, wobei man sich auf Art. 51 LEe allein,63 zum Teil auch in Verbindung mit Art. 267 LOPJ64 berief. Der Begriff "Domizil" wird allerdings in einem unklaren und mehrdeutigen Sinn verwendet. So wurden vom Tribunal Supremo Begriffe wie Domizil, Aufenthalt und gewöhnlicher Aufenthalt, deren bestimmte Bedeutung im internationalen Privatrecht wichtig ist, verwechselt und als gleichwertig benutzt. Freilich beruht dies unter anderem auch auf einer uneinheitlichen Terminologie des Gesetzgebers. 65 2.2 Die kumulative Aufzählung weiterer Anknüpfungsmomente

Die Überzeugung des Gerichts bei der Anwendung von Art. 51 LEe und Art. 267 LOPJ scheint nicht immer fest genug gewesen zu sein, weil neben diesen beiden Vorschriften häufig noch weitere Bestimmungen und Kriterien zur Verstärkung der Begründung herangezogen wurden. So findet man einige Urteile, die neben dem Domizil 66 kumulativ die spanische Staatsangehörigkeit einer Partei bei der Eheschließung und den Eheschließungsort 67 heranzogen; andere Entscheidungen stellten auf den Eheschließungsort neben dem Domizil 68 zur Begründung der internationalen Zuständigkeit ab. Aus demselben Motiv wurden gelegentlich Art. 70 LEe und Art. 319 LOPJ neben Art. 51 LEe und Art. 267 LOPJ erwähnt. 69 Hierbei räumte das Gericht zunächst ein, daß Art. 70 LEe und Art. 319 LOPJ eine Einschränkung für Art. 51 LEe und Art. 267 LOPJ darstellten, weil internationale Verträge die von diesen beiden letzten Vorschriften geregelte Zuständigkeit einschränken können. Angesichts des Fehlens eines solchen internationalen Vertrages 70 hatte diese Überlegung allerdings nur theoretische Bedeutung, so daß es bei Art. 51 LEe bleiben mußte.

63 Siehe TS, 10. Juli 1934 (= JC 1934, T. 214, Nr. 115), und TS, 21. Februar 1936 (= JC 1936, T. 222, Nr. 131). 64 Siehe TS, 27. Januar 1933 (=JC 1933, T. 207, Nr. 56); TS, 9. Februar 1934 (=JC 1934, T. 212, Nr. 97), und TS, 4. Dezember 1935 (=JC 1935, T. 221, Nr. 73). 6S Siehe Art. 40 CC, Anhang I, Nr. 1, und Art. 69 LEC, Anhang I, Nr. 2. 66 Undifferenziert ist, ob eheliches Domizil oder Domizil nur des Klägers. 67 Siehe TS, 27. Januar 1933 ( = JC 1933, T. 207, N r. 56); TS, 4. Dezember 1935 ( = J C 1935, T. 221, Nr. 73), und TS, 9. Januar 1936 (= JC 1936, T. 222, Nr. 25). 68 SieheTS, 19. Dezember 1935(=JC 1935, T.221, Nr. 115), und TS,21. Februar 1936 (=JC 1936, T. 222, Nr.131). 69 Siehe TS, 10. Juli 1934 (= JC 1934, T. 214, Nr. 115), und TS, 21. Februar 1935 (= JC 1935, T. 217, Nr.111). 70 Vgl. dies mit den obigen Ausführungen und dortiger Anm. 58.

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

In dem Bestreben, einen Anschluß an die internationale Entwicklung demonstrativ vorzuweisen, zitierte das Gericht auch das Haager Übereinkommen vom 12. Juni 1902, um seine Entscheidungen im Sinne dieses von Spanien nicht ratifizierten Übereinkommens zu präsentieren. 71 Um so mehr verwirrt bei dieser kumulativen Aufzählung gesetzlicher Bestimmungen neben internationalen Kriterien die Erwähnung von Art. 1 und 41 des Scheidungsgesetzes vom 2. März 1932. 72 Die Anwendung dieser beiden Vorschriften,73 die mit der internationalen Zuständigkeit nicht das geringste zu tun haben,74 kann nur durch die Unsicherheit des Gerichts erklärt werden, die auf dem Mangel an festen Begriffen beruhte, deren es sich bei der Begründung bediente. Ergebnis:

Die Begründung für die Inanspruchnahme spanischer internationaler Zuständigkeit in Scheidungsfragen bietet ein verwirrendes Bild. Das liegt zum Teil an einer Unschärfe der verwendeten Begriffe, zum Teil aber auch an der kumulativen Argumentation, die nicht erkennen läßt, welche Anknüpfungsmomente der Gerichtshof letztlich als ausreichend ansah. Die Unklarheit dieser Rechtsprechung kann als "Preis der Tradition" begriffen werden. Die Tradition machte sich in einem doppelten Sinne bemerkbar: Einmal wirkte die Auffassung nach, die bei der Verabschiedung der Ley Organica dei Poder Judicial und der späteren Ley de Enjuiciamiento Civil historisch ausschlaggebend war,75 nämlich jede Sondergerichtsbarkeit für Ausländer zu vermeiden. Zum anderen wurde die fehlende Erfahrung des Gesetzgebers auf dem Gebiet des Scheidungsrechts, die sich unter anderem im Fehlen von Spezialvorschriften für die internationale Zuständigkeit zeigte, durch eine Rechtsprechung verstärkt, die sich nicht in ausreichendem Maße um 71 Vgl. TS, 27. Januar 1933 (=JC 1933, T. 207, Nr.56), und TS, 4. Dezember 1935 (=JC 1935, T. 221, Nr. 73). (Hierbei überging der Tribunal Supremo, daß das Haager Ubereinkommen von 1902 von Spanien nicht ratifiziert worden war.) Weiterhin: TS, 21. Februar 1935 (=JC 1935, T. 217, Nr. 117); TS, 19. Dezember 1935 (= JC 1935, T. 221, Nr. 115), und TS, 21. Februar 1936 (=JC 1936, T. 222, Nr. 131). (Hierbei bemerkte das Gericht ausdrücklich, daß das Haager Übereinkommen von Spanien "nicht gezeichnet" worden sei.) 72 So z. B. in: TS, 21. Februar 1935 (=JC 1935, T. 217, Nr. 111); TS, 4. Dezember 1935 (=JC 1935, T. 221, Nr. 73), und TS, 21. Februar 1936 (=JC 1936, T. 222, Nr.131). 73 Siehe Artt. 1 und 41 des Scheidungsgesetzes vom 2. März 1932 in Anhang I, Nr. 5. 74 Mit Recht hatte der Tribunal Supremo dies auch ausdrücklich anderswo gesagt [siehe TS, 9. Februar 1934 (=JC 1934, T. 212, Nr. 97)]. 7S Hierzu ist zu berücksichtigen, daß die "Ley Provisional sobre Organizaci6n dei Poder Judicial" zur Zeit der "revolutionären Verfassung", die zur I. Republik führte, verabschiedet worden war.

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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eine Differenzierung und scharfe begriffliche Präzisierung der verwendeten Begriffe bemühte. 3. Die Rechtsprechung zur Feststellung des anwendbaren Rechts

Wie bereits gesagt, hatte das Scheidungsgesetz vom 2. März 1932 keine kollisionsrechtlichen Bestimmungen vorgesehen, so daß die spanische Rechtsprechung die allgemeinen Kollisionsvorschriften des C6digo Civil zur Anwendung bringen mußte. 3.t Heimatstatut (Art. 9 CC)

Art. 9 CC76 wurde in seiner einseitigen Formulierung als allseitige Kollisionsnorm angesehen; darüber hinaus betrachtete man das Heimatstatut im Prinzip als bestimmend für Familienfragen. Da Art. 22 CC77 seinerseits bis zum Jahre 1931 bezüglich der Staatsangehörigkeit dem Prinzip der Familieneinheit gefolgt war, demzufolge die Ehefrau die Staatsangehörigkeit des Mannes teilte, war das Heimatstatut von Eheleuten immer ein gemeinsames. Dieses Prinzip ermöglichte eine eindeutige Anknüpfung, da es nur zu drei verschiedenen Konstellationen führte:

Fallt: Eine Ausländerin heiratet einen Spanier und erwirbt aufgrund von Art. 22 CC automatisch die spanische Staatsangehörigkeit. 78 Fall 2: Eine Spanierin heiratet einen Ausländer. Nach Art. 22 CC verliert sie dadurch ihre ursprüngliche spanische Staatsangehörigkeit. Gleichzeitig ging man davon aus, daß sie die Staatsangehörigkeit des Mannes erwarb. Die Möglichkeit des Nicht-Erwerbs nach dem Staatsangehörigkeitsrecht des Mannes wurde völlig übersehen. 79 Fall 3: Keiner der beiden Ehegatten besaß vor der Heirat die spanische Staatsangehörigkeit, jetzt haben sie jedoch eine gemeinsame ausländische Staatsangehörigkeit. 80 (Mit einem Fall, in dem die Ehegatten unterschiedliche Staatsangehörigkeit hatten, mußten sich die Gerichte nicht auseinandersetzen. Nur Fälle von ausländischen Ehegatten, die dieselbe Staatsangehörigkeit besaßen, lagen ihnen vor. 81) 76 Siehe Anm. 22. 77

Siehe Art. 22 Absatz 1 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1.

78 So z.B. bei TS, 9. Februar 1934 (=JC 1934, T. 212, Nr. 97) (ehemalige Französin,

mit einem Spanier verheiratet). 79 SO Z. B. bei TS, 27. Januar 1933 (= JC 1933, T. 207, Nr. 56); TS, 10. Juli 1934 (= JC 1934, T. 214, Nr.115); TS, 4. Dezember 1935 (=JC 1935, T. 221, Nr. 73); TS, 19. Dezember 1935 (=JC 1935, T. 221, Nr. 115); TS, 9. Januar 1936 (=JC 1936, T. 222, Nr. 25); und TS, 21. Februar 1936 (=JC 1936, T. 222, Nr. 131). 80 So z.B. bei TS, 26. Juni 1935 (=JC 1935, T. 219, Nr. 121); TS, 21. Februar 1935 (=JC 1935, T. 217, Nr. 111); und TS, 1. Februar 1934 (=JC 1934, T. 212, Nr. 121).

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

3.1.1 Spanisches Recht

Im Fall 1 kam nach Art. 9 ce spanisches Recht zur Anwendung. Bei solchen Fällen, die die Scheidung zwischen einer ehemaligen Ausländerin - einer nach spanischem Staatsangehörigkeitsrecht gegenwärtigen Spanierin - und einem Spanier betrafen, wandte der Tribunal Supremo konsequent spanisches Recht an. 82 3.1.2 Ausländisches Recht

Bei konsequenter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen hätte der Tribunal Supremo in den Fällen 2 und 3 gemäß Art. 9 ce an sich ausländisches Recht heranziehen müssen. Wie schon bei der Feststellung der eigenen Zuständigkeit folgte der Tribunal Supremo auch hier der traditionellen spanischen Rechtsprechung,83 die darauf beruht, daß das von den spanischen Kollisionsnormen für anwendbar erklärte ausländische Recht nicht bereits ex officio berücksichtigt werden mußte, sondern nur dann, wenn es von den Parteien vorgetragen und bewiesen worden war. Für ausländische Rechtssätze gilt nämlich auch in Spanien nicht die Regel ius novit curia, vielmehr sind sie wie Tatsachenbehauptungen darlegungs- und beweisbedürftig. Dementsprechend wurden bestimmte ausländische Rechtsvorschriften im Rahmen des Scheidungsverfahrens nur dann angewandt, wenn eine Partei sich hierauf berief, den Inhalt der Rechtsvorschriften darlegte und die andere Partei ihren Inhalt nicht bestritt. 84 Vorliegend soll auf die Zweckmäßigkeit eines solchen Prinzips nicht eingegangen werden. Rein theoretisch würde die unstreitige Parteibehauptung ausländischer Rechtssätze zum Einfallstor für geflissentliche Gesetzesumgehungen werden können. 85 In den praktisch entschiedenen Fällen bestand diese Gefahr 81 Siehe TS, 1. Februar 1934 (= JC 1934, T. 212, Nr. 76) (beide Ehegatten Franzosen); TS, 10. Juli 1934 (= JC 1934, T. 214, Nr. 115 (beide Ehegatten Italiener); TS, 21. Februar 1934 (=JC 1934, T. 217, Nr. 111) (beide Ehegatten Briten); und TS, 26. Juni 1935 (=JC 1935, T. 219, Nr.121 (beide Ehegatten Deutsche). 82 Siehe Anm. 78. 83 Vgl. TS, 3. Januar 1885 (=JC 1885, T. 57, Nr. 14); TS, 26. Mai 1887 (=JC 1887, T. 61, Nr.197); TS, 7. November 1896 (=JC 1896, T. 80, Nr.135); TS, 12. Juli 1904 (=JC 1904, T. 98, Nr. 148); und TS, 19. November 1904 (=JC 1904, T. 99, Nr. 61). 84 So z.B. in TS, 1. Februar 1934 (=JC 1934, T. 212, Nr. 76); und TS, 26. Juni 1935 (= JC 1935, T. 219, Nr. 76). 85 Für die Auseinandersetzung mit dieser nach den Worten von de Angulo Rodriguez, Homenaje Sela Sampil, 11, 980, "gefährlichen Konstruktion" in der spanischen Lehre siehe: Aguilar Benitez de Lugo, REDI 1967, 234ff.; Alguilar Navarro, DIP (1955), T. I, 438ff.; Carrillo Salcedo, REDI 1961, 585ff.; Castro y Bravo, RDP 1933, 133; Goldschmidt, DPC, I, 229; ders., (1935) 23 ff.; Miaja de la Muela, DIP (1956), 368ff.; Yanguas Mesia, DIP(1958), 329ff. -Gegen die Anwendung ex officio: Guasp, DPC, Bd. 1,331; de Lasala Llanas, DCI, 40f.; Verplaetse, DIP (1954), 354ff.

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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jedoch nicht, da der bloße Vortrag der ausländischen Vorschriften und die Übereinstimmung bei der Parteien darüber keineswegs der einzige Anlaß für den Tribunal Supremo gewesen ist, das fremde Recht anzuwenden. Vielmehr wurde betont, daß die ausländischen Vorschriften zur Anwendung kämen, weil sie "außerdem in völliger Übereinstimmung" mit den sachlichen Bestimmungen des spanischen Scheidungsgesetzes stünden. Gelegentlich wurde dies so ausgedrückt, als wolle man eine kumulative Anwendung des ausländischen Rechts mit der Lex fori befürworten. 86

3.2 "Lex fori" als tatsächliches Anknüpfungsprinzip Diese Judikatur zur Beachtung des ausländischen Rechts führte tatsächlichgewollt oder ungewollt - zu einer Anwendung der Lex fori im Übermaß. Für diese reichte es, daß die Parteien sich nicht auf die ausländischen Rechtssätze beriefen 87 oder sie nicht bewiesen. 88 Falls sich eine Partei ausdrücklich auf die Lex fori berief,89 wurde dies vom Tribunal Supremo als konkludenter Verzicht auf das nach dem Heimatrecht anwendbare ausländische Recht angesehen.

Ergebnis: Man hätte ohne Kenntnis der wirklichen Rechtsprechung nach der Verabschiedung des republikanischen spanischen Scheidungsrechts erwarten können, daßdem Personalstatut von der Rechtsprechung sein eigenes Gewicht beigelegt wird, weil ja die Unauflöslichkeit der Ehe als spanisches Spezifikum nicht mehr zum ordre public gehörte. Tatsächlich wandte der Tribunal Supremo mit unterschiedlicher Begründung jedoch stets spanisches Recht an. Die Begründungen sind oben dargestellt worden. Doch zwischen den Zeilen, zum Teil auch ausdrücklich, wird immer wieder der ordre public oder sogar die Verbürgerung der Gegenseitigkeit 90 als Maßstab herangezogen, was zu einer Verstärkung der Lex fori als Anknüpfungsprinzip führte. Man böte kein vollständiges Bild von der Rechtsprechung dieser Zeit, wenn man verschwiege, daß sie den ordre public 86 Siehe die Begründung bei TS, 1. Februar 1934 (= JC 1934, T. 212, Nr. 76): "Art. 231 Code Civil steht in Übereinstimmung mit Art. 3 Nr. 7 des Scheidungsgesetzes vom 2. März 1932." - Weiterhin: TS, 26. Juni 1935 (=JC 1935, T. 219, Nr. 121): "außerdem, weil § 1568 BGB denselben Rechtssatz wie Art. 3 Nr. 8 Scheidungsgesetz enthält". 87 Siehe TS, 9. Januar 1936 (= JC 1936, T. 222, Nr. 25); und TS, 21. Februar1936 (=JC 1936, T. 222, Nr. 131). 88 Siehe TS, 27. Januar 1933 (= JC 1933, T. 207, N r. 56); TS, 4. Dezember 1935 ( = JC 1935, T.221, Nr. 73); und TS, 19. Dezember 1935 (=JC 1935, T.221, Nr.115). 89 Siehe TS, 10. Juli 1934 (=JC 1934, T. 214, Nr. 115); TS, 21. Februar 1935 (= JC 1935, T. 217, Nr. 111); und TS, 9. Januar 1936 (= JC 1936, T. 222, Nr. 25). 90 Siehe TS, 27. Januar 1933 (= JC 1933, T. 207, Nr. 56); und den Kommentar dazu von Castro y Bravo, RDP 1933, 9ff. -Außerdem: TS, 19. Dezember 1935 (=JC 1935, T. 221, Nr. 115).

3 Hemanz Sanchez

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

bei der Scheidung auch weiterhin in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen stellte. Denn wie Aguilar Benifez de Lugo 91 neben vielen anderen Autoren 92 geschrieben hat: "der ordre public war beim Institut der Scheidung stets deutlich bemerkbar. Einem der Scheidung traditionell entgegengesetzten ordre public folgte der republikanische, der fanatischer Verteidiger der Scheidung war."

IV. Das Eherecht des National-Katholizismus während der Franco-Ära 1. Allgemeines

Die Geschichte Spaniens hat der Überwindung der traditionellen Belastung, welcher die republikanische Rechtsprechung bei der Behandlung von Scheidungsfällen mit Auslandsberührung unterworfen war, keine Chance gegeben. Am 17. Juli 1936 brach in Melilla - einem der militärischen Stützpunkte Spaniens in Nordafrika - ein Putsch aus, der sich binnen einiger Stunden auf die Kanarischen Inseln und einen Tag später aufTeile des spanischen Festlandes ausbreitete. Erster gesetzgeberischer Akt der Putschisten war ein Dekret vom 1. November 1936, dessen Art. 1 die nach dem 18. Juli 1936 ergehende republikanische Gesetzgebung für unwirksam erklärte. Art. 2 beauftragte einen provisorischen Ausschuß mit der Vorlage einer Aufstellung aller Rechtsnormen der republikanischen Gesetzgebung ("Gesetz, Dekret, Verordnung, Vorschrift und Ordonanz"), die vor dem 18. Juli erlassen worden waren. Auf der Grundlage dieses Dokuments sollten alle Vorschriften der republikanischen Regierung, die den politischen Auffassungen der Junta widersprachen, aufgehoben werden. Die Junta verstand sich und ihre Aktionen als "Cruzada" (Kreuzzug). Dementsprechend widersprachen ihren Auffassungen vor allem solche Bestimmungen, die zur Abgrenzung der kirchlichen von der weltlichen Macht beigetragen hatten, und damit die gesamte republikanische Gesetzgebung zum Ehe- und Ehescheidungsrecht. Schon am 2. März 1938, als die militärischen Auseinandersetzungen keineswegs dem Ende nahe waren, wurden durch Dekret 93 alle Scheidungsverfahren suspendiert. Zehn Tage später (am 12. März 1938) wurde das Ehegesetz vom 28. Juni 1932 außer Kraft gesetzt. 94 Aguilar Benitez de Lugo, RED! 1967,217 (234f.), 246. Vgl. ferner: Aguilar Navarro (-Abarca Junco), DeI (1975), 359ff.; Medina Ortega, RED! 1962, 452ff.; Miaja de la Muela, Festschr. Wengier, 585ff.; Puente Egido, RED! 1972, 340ff.; Aguilar Navarro (-Tomas Ortiz de la Torre), Lecciones (1982), 175ff. 93 Siehe Dekret vom 2. März 1938 (=Aranzadi 1938, Nr. 210). 94 Siehe Gesetz vom 12. März 1938 (=Aranzadi 1938, Nr. 269). 91

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1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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Art. 2 des Gesetzes vom 12. März 1938 verlieh allen in der republikanischen Zeit nur nach kanonischem Recht geschlossenen Ehen rückwirkend zivile Wirksamkeit. 95 Eine Übergangsbestimmung des Gesetzes setzte den Vierten Teil des Ersten Buches des C6digo Civil und alle ergänzenden Bestimmungen wieder in Kraft. 96 Das Gesetz sollte am Tag seiner Veröffentlichung in Kraft treten. 97 Die Verordnung vom 9. November 1938 98 ordnete die Rechtskraft aller Oberlandesgerichtsurteile an, die eine Scheidung abgelehnt hatten und zur Revision beim Tribunal Supremo vorlagen. Schließlich wurde nach Ende des Bürgerkrieges durch das Gesetz vom 23. September 1939 99 das Scheidungsgesetz vom 2. März 1932 aufgehoben. Für Ehegatten, deren kanonische Ehe aufgrund des aufgehobenen Gesetzes geschieden worden war, wurde ein absolutes Eheverbot angeordnet (6. Übergangsbestimmung). Rechtskräftige Urteile auf Scheidung kanonischer loo Ehen, die von den Zivilgerichten aufgrund des aufgehobenen Gesetzes erlassen worden waren, konnten jetzt auf Antrag eines jeden Beteiligten für nichtig erklärt werden (I. Übergangsbestimmung). Zivilehen, die während der Geltung des aufgehobenen Gesetzes geschlossen worden waren, konnten auf Antrag eines der Beteiligten 101 95 Auch das Dekret von 1875 (Art. 1) bei der Aufhebung vom ersten Zivilehegesetz aus dem Jahre 1870 hatte solche zivilen Wirkungen für die kanonisch geschlossenen Ehen ex tunc vorgesehen. (Zu diesem Dekret siehe die obigen Ausführungen unter Ir). 96 In der Eile, mit der das Gesetz erlassen wurde, hatte man übersehen, daß die letzte "ergänzende Bestimmung" zum Art. 42 CC die republikanische Verordnung vom 10. Februar 1932 war. Diese hatte ein fakultatives System für die kanonische oder die Zivilehe bis zum Erlaß des Gesetzes vom 28. Juni 1932 eingeführt (siehe Anm. 34). Jedoch wurde dieser Fehler durch die Verordnung vom 22. März 1938 (= Aranzadi 1938, Nr. 283) beseitigt: Ab dann sollte mindestens einer der Eheschließenden eine ausdrückliche Erklärung des Nichtbekenntnisses zum katholischen Glauben abgeben. 97 Die Zivilehen, die zwischen dem 21. März 1938 (Tag der Veröffentlichung in BOE, Nr. 516) bis zum 1. April 1939 (Ende des Bürgerkrieges) in den Gebieten Spaniens, in welchen die Regierung der Junta noch nicht effektiv herrschte, geschlossen wurden, mußten nach dem Krieg eine erneute Gültigkeitserklärung erhalten. Diese erforderte den Beweis des Nichtbekenntnisses zum katholischen Glauben im Sinne der Verordnung vom 22. März 1938. Vgl. für diese Problematik: Bonet Ramon, RGLJ 1941, 214f.; und BorelI, RDP 1945, 374ff.; der letzte sprach sich für eine unwiderrufliche Nichtigkeitserklärung der Zivilehen dieser und auch früherer Zeit unter der Republik aus. So auch TS, 16. Februar 1961 (=JC 1961, Nr.106). 98 Siehe Verordnung vom 9. November 1938 (=Aranzadi 1938, Nr. 1275). 99 Siehe Gesetz vom 23. September 1939 (=Aranzadi 1939, Nr.1359). 100 Der ausdrückliche Bezug dieser und der zweiten Übergangsbestimmung auf die "matrimonios canonicos" ließ annehmen, daß die Scheidung einer Zivilehe außerhalb des Anwendungsbereiches dieses Gesetzes stand; vgl. hierzu Bonet Ramon, RGLJ 1941,213; auch TS, 12. Mai 1945 (=JC 1945, T. X, Nr. 82). Weiter noch siehe Romero Vieitez, RDP 1941, 196f., der meint, daß dies allerdings nur für die Urteile zutreffe, die vor dem 2. März 1938 ausgesprochen wurden; denn nach diesem Datum waren alle Scheidungsurteile (einer zivilen oder einer kanonischen Ehe) "von Amts wegen" als nichtig anzusehen. So auch DGRN, 25. Februar 1942 (=Aranzadi 1942, Nr.241).

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

für aufgelöst erklärt werden, wenn einer oder beide Ehegatten aus einer kanonischen Ehe geschieden worden waren (2. Übergangsbestimmung). Kinder aus einer solchen Zivilehe blieben nach der Auflösung "kraft gesetzlicher Vergünstigung" im Genuß der Rechtsstellung, welche sie bei Ausspruch der Auflösung innehatten (4. Übergangsbestimmung, 2. Absatz). Zur Begründung eines solchen Antrags genügte der Wunsch des Antragstellers, seinen früheren legitimen Hausstand wiederherzustellen oder auch nur sein gläubiges Gewis~en zu beruhigen (3. Übergangsbestimmung). Für die Entscheidung über die Anträge auf Nichtigerklärung des Scheidungsurteils wurde das Gericht für zuständig erklärt, das das Scheidungsurteil gefällt hatte. 102 Für die Auflösung der Zivilehen war das Gericht des Bezirkes zuständig, in dem die Ehe geschlossen worden war. 103 Das Gesetz sah weder für den Antrag auf Nichtigerklärung der Scheidung einer kanonisch geschlossenen Ehe noch für den Antrag auf Auflösung einer Zivilehe, die einer kanonischen Ehe gefolgt war, eine Frist vor, so daß solche Anträge noch bis in die sechziger Jahre - mit Erfolg gestellt wurden. 104 Es verwundert weiter nicht, daß viele solcher Anträge nur zum Schein gestellt wurden, "um das gläubige Gewissen zu beruhigen". Zweifelhaften Motiven gab die Rechtsprechung durch eine weite Auslegung des Gesetzes Raum, wonach auch der ehemalige Ehegatte aus der kanonisch geschlossenen Ehe die Auflösung der Zivilehe seines früheren Ehegatten beantragen konnte, ohne gleichzeitig auch die Nichtigerklärung der Scheidung seiner Ehe zu verlangen. lOS Auch wenn der ehemalige geschiedene Ehegatte inzwischen schon gestorben war, genügte nach dieser Rechtsprechung für den Antrag auf Nichtigerklärung des Scheidungsurteils die Begründung, das eigene Gewissen beruhigen zu wollen. 106 In einem solchen Fall war es sogar möglich, die Auflösung einer 101 Damit waren gemeint: sowohl die Ehegatten aus der ersten kanonischen Ehe als auch die aus der späteren Zivilehe [siehe hierzu TS, 26. April 1943 (=JC 1943, T. II, Nr. 52)]. 102 Siehe Gesetz vom 26. Oktober 1939 (Art. 1 Abs. 1) (=Aranzadi 1939, Nr. 1528). Die Vorschrift sprach von "Audiencias". Gemeint war damit dasselbe Gericht, das die Scheidung gefällt hatte. Siehe deshalb TS, 12. Juli 1940 (~Aranzadi 1940, Nr. 700). Siehe weiterhin Verordnung vom 7. Januar 1941 (=Aranzadi 1941, Nr.40) (nur für die Nichtigkeitserklärung eines Scheidungsurteils, das auf gemeinsames Begehren hin gefällt worden war). 103 Siehe Gesetz vom 26. Oktober 1939 (Art. 1 Abs.2). Zit. in Anm. 102. 104 Siehe z. B. TS, 5. April 1966 (= JC 1966, Nr. 261). Vgl. hierzu die Ausführungen von Romero Vieitez, RDP 1941, 190ff., der sich dafür aussprach, die Möglichkeit der Antragstellung im Sinne des Gesetzes vom 23. September 1939 "unter Berücksichtigung der Unsicherheit für die Betroffenen und den Rechtsverkehr nicht länger als sechs Monate zu eröffnen". 105 So z.B. TS, 26. April 1943 (=JC 1943, T. II, Nr. 52). 106 Siehe z.B. TS, 17. März 1951 (=JC 1951, T. 34, Nr. 30); in dieser Entscheidung wurde dem Antrag der "Marquesa de la Conquista" stattgegeben, ein Scheidungsurteil aus

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bestehenden Zivilehe zu verlangen, um dann einen Dritten - selbstverständlich nach kanonischem Recht - zu heiraten. l07 Durch diese extensive Anwendung des Gesetzes wurde der rückwirkende Charakter des Gesetzes durch einen in die Zukunft wirkenden strafähnlichen Charakter ergänzt. 2. Die Eheschließung

2.1 Kanonische und bürgerliche Ehe: Art. 42 ce als zentrale Vorschrift des gesamten Eherechtssystems Die Problematik von Kollisionsnormen kann man oft besser verdeutlichen, wenn man die Sachnormen desselben Rechtssystems in die Betrachtung miteinbezieht. Insbesondere für das Verständnis des spanischen IPR auf dem Gebiet des Eherechts während des Franquismus stellt sich eine Erörterung des Art. 42 CC, als unentbehrlich dar. Wie diese Vorschrift bis zum republikanischen Ehegesetz ausgelegt wurde, ist bereits oben dargelegt worden. lOS Nach Ende des Bürgerkriegs wurde sie weiterhin in der Auslegung verstanden, die ihr die Verordnung vom 22. März 1938 gegeben hatte. 109 Für die Eingehung einer Zivilehe war danach erforderlich, daß mindestens einer der Eheschließenden eine ausdrückliche Erklärung über sein Nichtbekenntnis zum katholischen Glauben abgab. Die Verordnung vom 10. März 1941 verschärfte die Bedingungen zur zivilen Eheschließung noch weiter. HO Danach durfte eine Zivilehe nur dann geschlossen werden, wenn beide Eheschließenden ihre Nicht-Katholizität urkundlich nachwiesen 111 oder notfalls eidlich versicherten, daß sie ungetauft seien. Die Gültigkeit der Ehe hing von der Richtigkeit dieser Erklärung ab.

dem Jahre 1932 aufzuheben. Sie hatte den Antrag im Jahre 1941 gestellt- vier Jahre nach dem Tod ihres ehemaligen Gatten. Damit wurden die spätere Zivilehe des Mannes aufgelöst und die erbrechtlichen Ansprüche der zweiten Frau und der gemeinsamen Tochter ausgeschlossen. Letzteres mit der Begründung, "die Tochter sei Kind eines Ehebruchs", so daß die 4. Übergangsbestimmung, 2. Absatz des Gesetzes vom 23. September 1939 nicht eingreifen könne. [Vgl. dagegen TS, 17. Januar 1962 (= CL 1962, T. t05, Nr. 25»). 107 In dieser Hinsicht fragt sich Aguilar Benitez de Lugo, ob man nicht das gläubige Gewissen besser beruhigt hätte, wenn man dieselbe Person, mit der man schon zivil verheiratet war, kanonisch geheiratet hätte (siehe REDI 1967, 238). 108 Siehe in diesem Kapitel unter II. 109 Siehe Anm. 96. 110 Siehe Verordnung vom tO. März 1941 zur Auslegung von Art. 42 CC (= BOE, Nr. 71 vom 12. März 1941 = Aranzadi 1941, Nr. 498). 111 Zu dieser Problematik siehe: Aragoneses, RDPro. 1951, 339ff.; Lamas, RFDM 1941, 143ff.; Luna, Pretor 1952, 30ff.

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

Die Taufe wurde also vom spanischen Gesetzgeber dem Bekenntnis zur katholischen Religion gleichgestellt, 112 was im Widerspruch zu den kanonischen Rechtssätzen stand. In Can. 1099 § 2 CJC113 hieß es nämlich, daß NichtKatholiken an die kirchliche Formvorschrift nicht gebunden sind - gleich, ob sie getauft sind oder nicht. 114 Somit mußten nach spanischem Recht mehr Eheschließungen kanonisch stattfinden, als die Rechtssätze der katholischen Kirche es erfordert hätten. 115 Diese Rechtslage blieb auch in den ersten Jahren nach dem Konkordat mit dem Heiligen Stuhl vom 27. August 1953 116 bestehen, obwohl das Konkordat dazu beitragen sollte, eine breite Reform im C6digo Ci vii und in ergänzenden Bestimmungen einzuführen. Erste gesetzgeberische Folge der Vereinbarung mit dem Heiligen Stuhl war das Dekret vom 26. Oktober 1956 117 zur Änderung der Verfahrensordnung für das Zivilregister. 118 Dieses Dekret brachte eine neue Auslegung des Art. 42 Ce. Die Verordnung vom 10. März 1941 wurde aufgehoben. Für eine bürgerliche

112 Siehe DGRN, 17. September 1946: "Akatholisch und Ungetaufter sind Synonyme." (Zit. nach Vellve, RDP 1957, 536). Auch DGRN, 17. April 1950 (zit. nach Castan Tobeiias, Derecho Civil, T. V, Vol. 1(1976), FN 1, 129); DGRN, 8. März 1950, 5. Mai 1950 und 7. Juli 1952 (zit. nach Maldonado y Fernandez dei Torco, ADC 1954, 160-161; und Castan Tobeiias, ebenda). - Ferner DGRN, 28. Juni 1951: "Die Taufe in der evangelischen Kirche ist kein ausreichender Beweis dafür, daß man vorher nicht in der katholischen Kirche getauft worden war." (Zit. nach Luna, Pretor 1952, 31; und Garcia Cantero, (1959), 22; und ders., ADC 1954, 123f., 145 f.). Aus der Literatur zustimmend zu dieser Auslegung: Agundez, RGD 1956, 672; Garcia Barberena, ADC 1954, 14ff.; Maldonado y Fernandez dei Torco, ADC 1954, 155f.; ders. REDC 1944, 646; Lluis y Navas Brusi, RGLJ 1955, 140; Pere Raluy, BIMJ, Nr. 233 (1953), 4f.; ders., RGD 1955, 600. - Entgegengesetzter Auffassung nur noch de la Hera, 658. - Mit Bedenken - denn "man müsse die Zivilehe auf ein Minimum reduzieren" - Escudero Escorza, 126f. 113 Siehe Can. 1099 § 2 CJC: "Firmo autem praescripto § 1 n. I, acatholici sive baptizati sive non baptizati, si inter se contrahant, nullibi tenentur ad catholicam matrimonii formam servandam; item ab acatholicis nati, etsi in Ecclesia catholica baptizati, qui ab infantil i aetate in haeresi vel schismate aut infidelitate vel sine ulla religione adoleverunt, quoties cum parte acatholica contraxerint." 114 Vgl. hierzu Jone, CJC, Bd. 11,368; Garcia Barberena, ADC 1954, 193; Maldonado y Fernandez dei Torco, ADC 1954, 158; Reyes Monterreal, RGLJ 1957,47. I1S Vgl. hierzu Motu Propio Pius XII, 1. Januar 1949, AAS, Vol. XL, Nr. 305, der diese Ausnahme von § 1099 § 2 CJC aufgab. 116 Siehe Konkordat mit dem Heiligen Stuhl vom 27. August 1953 (= BOE, Nr. 292 vom 19. Oktober 1953 = Aranzadi 1953, Nr. 1371). Einführung in Perez Mier, REDC 1954, 21ff.; und MigueIez Dominguez, RDN 1954, 7fT. 117 Siehe Dekret vom 26. Oktober1956( = BOE, Nr. 318 vom 13. November 1956=CL 1956, Nr. 302= Aranzadi 1956, Nr. 1594). 118 Auf Spanisch: "Reglamento dei Registro Civil", i. f. RRC. Zu der Reform vgl.: Alonso Lobo, REDC 1957, 405ff., insbesondere (kritisch) aufS. 418ff.; Izquierdo, ADC 1957, 191fT.; Sancho Rebullida, Pretor 1957, 85ff.; Peiia y Bernaldez de Quir6s, ADC 1957, 253 ff.

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Eheschließung genügte es jetzt, wenn beide Eheschließenden ihr Nichtbekenntnis zum katholischen Glauben nachweisen konnten (Art. 37 RRC und Art. 38 RRC). Auch ein Abfall vom Glauben ermöglichte eine bürgerliche Eheschließung. Jedoch mußte in diesem Fall der Munizipalrichter die bischöfliche Behörde seines Gebiets über das Vorhaben der Zivilehe unterrichten und eine einmonatige Frist einhalten (Art. 41 Abs. 2 RRC), um der Kirche eine Reaktion zu ermöglichen. Damit wurde Art. 42 CC im alten Sinne ausgelegt: Nicht die Taufe, sondern das gegenwärtige Bekenntnis zum katholischen Glauben bestimmt über die notwendige Form der Eheschließung. Spuren der Verordnung vom 10. März 1941 waren jedoch noch darin zu finden, daß nicht nur einer, sondern beide Verlobte das Nichtbekenntnis zum katholischen Glauben nachweisen mußten (Art. 37 RRC). Diese Regelung wurde in das Gesetz vom 24. April 1958 119 zur Reform des C6digo Civil übernommen. Der neue Art. 42 CC lautete: "La Ley reconoce dos clases de matrimonio: el canonico y el civil. EI matrimonio habra de contraerse canonicamente cuando uno al menos de los contrayentes profese la religion catolica. Se autoriza el matrimonio civil cuando se pruebe que ninguno de los contrayentes profesa la religion catolica." (Das Gesetz kennt zwei Arten von Ehen: die kanonische und die bürgerliche. Die Ehe muß kanonisch geschlossen werden, wenn wenigstens einer der Eheschließenden sich zur katholischen Religion bekennt. Die bürgerliche Eheschließung ist zugelassen, wenn bewiesen ist, daß keiner der Eheschließenden sich zur katholischen Religion bekennt.)

Durch diese Änderung des Wortlauts des Art. 42 CC wurde in die gesetzliche Vorschrift unmittelbar aufgenommen, was vorher durch interpretatorische Verordnungen festgelegt worden war. Im Gesetz selbst wurde nunmehr verankert, daß nicht nur einer, sondern beide Eheschließenden sich nicht zum katholischen Glauben bekennen durften. Dies war nicht nur zu erklären (Art. 243 Nr. 2 RRC)120, sondern auch nachzuweisen (Art. 86 letzter Absatz CC und Art. 80 Nr. 2 LRC; Art. 244 Abs. 1 RRC).121 Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt waren, wurde man zur bürgerlichen Eheschließung zugelassen. Dies bedeutet, daß für Art. 42 CC die Zivilehe minderen Ranges war. Sie wurde nur in den folgenden Ausnahmefalien zugelassen: 119 Siehe Gesetz vom 24. April 1958 zur Novellierung des Codigo Civil (= BOE, Nr. 99 vom 25. April 1958 = Aranzadi 1958, Nr. 760). 120 Zum Verfahren vgl. Art. 243 Nr. 2 RRC vom 14. November 1958 (= Aranzadi 1958, Nr. 1957), Anhang I, Nr. 4. 121 Siehe Art. 86, letzter Absatz CC (Fassung von 1958), Anhang I, Nr. 1, und Art. 80 Nr. 2 LRC, Anhang I, Nr. 3 (Ley de Registro Civil = Gesetz über das Personenstandsregister=Aranzadi 1955, Nr. 777). Weiterhin noch Art. 244 Abs.1 RRC (Fassung von 1958), Anhang I, Nr.4.

4U

1.

2.

3.

i. Teii: Geschichliicher RÜl:kblil:k

Beide Eheschließenden sind U ngetaufte. Beide Eheschließenden sind Christen (Getaufte), aber Nicht-Katholiken. Keiner der Eheschließenden bekennt sich gegenwärtig zum katholischen Glauben.

Der erste und zweite Fall entsprechen Can. 1015 § 3 CJC122 und Can. 1099 § 2 CJC123. Der dritte Fall hat zu Schwierigkeiten geführt: Can. 1099 § 1 Nr. 1 CJCI24 ordnet an, daß auch diejenigen, die von der Kirche nachträglich wieder abgefallen sind, unter sich eine gültige Ehe nur dann eingehen können, wenn sie die vom Codex Juris Canonici vorgeschriebene Form beachten. Um im Interesse der Autorität der Kirche den Gegensatz zu Can. 1099 § 1 Nr. 1 CJC zu mildern, wurde in Art. 245 und Art. 250 der neuen Verfahrensordnung für das Standesamt 125 zur Feststellung des Glaubensabfalls die Mitwirkung der kirchlichen Behörden angeordnet und damit ein strengerer Maßstab eingeführt. Die kirchliche Behörde konnte von der Zivilehe abraten 126 und die Ehekandidaten wie auch die Trauzeugen über die kirchliche Strafe unterrichten. 127 Angesichts dieser Zusammenarbeit der bürgerlichen mit den kirchlichen Instanzen - auf das Verfahren dieser Zusammenarbeit soll hier nicht weiter eingegangen werden 128 - verringerte sich die Diskrepanz zwischen Art. 42 Abs.3 CC und Can. 1099 § 1 Nr.l CJC beinahe auf eine bloße theoretische Abstraktion. Bürgerliche Eheschließung blieb ein so gut wie unbekanntes Rechtsinstitut,129 da der Beweis des Glaubensabfalls fast nicht zu führen war und kaum jemand sich in Widerspruch zu den kirchlichen Behörden setzen wollte. 130 Erst durch Dekret vom 22. Mai 1969 131 wurde das Verfahren zum Nachweis des Glaubensabfalls im Sinne von Art. 245 RRC erheblich erleichtert. 132 Diese 122 Vgl. Can. 1015 § 3 CJC: "Matrimonium inter non baptizatos valide celebratum, dicitur legitimum." 123 Can. 1099 § 2 CJC befindet sich in Anm. 113. 124 Siehe Can. 1099 § 1 CJC: "Ad statutam superius formam servandam tenentur. 1. Omnes in catholica Ecclesia baptizati et ad eam ex haeresi aut schismate conversi, licet sive hi sive ilIi ab eadem postea defecerint, quoties inter se matrimonium ineunt". 125 Siehe Artt. 245 Abs. 1 und 250 RRC, Anhang I, Nr. 4. 126 Vgl. hierzu Escudero Escorza, 188, der von "negativa rotunda" (unwiderruflicher Ablehnung) spricht. Dazu noch sein Zitat des Madrider Bischofs in FN 27, 188. 127 Siehe Marin Lopez, RED! 1959,58. 128 Ausführlich in Fuenmayor Champin, Ius Canonicum III (1963), 329-334. 129 Siehe Fernandez-Flores, REDI 1968, 786: "institucion seudodesconocida". 130 Vgl. Marin Lopez, RED! 1959, 58. 131 Siehe Dekret 1138/1969, vom 22. Mai (=BOE 1969, Nr.144 vom 17.Juni 1969 = Aranzadi 1969, Nr. 1118); darüber auch den Bericht in RabelsZ 1971, 317 f.; auch Si stach, RGLJ 1970, 279ff.

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Erleichterung war eine Auswirkung der Richtlinien des Zweiten Vatikanischen Konzils, denen in Spanien das "Ley de Libertad Religiosa" (Religionsfreiheitsgesetz) vom 28. Juni 1967 folgte. 133 Art. 6 Nr. 1 dieses Gesetzes lautete: "Die Zivilehe wird zugelassen, wenn keiner der Eheschließenden sich zur katholischen Religion bekennt." Art. 245 RRC und Art. 246 RRC wurden geändert. Nunmehr genügte bei Glaubensabfall die Mitteilung des Kirchenaustritts gegenüber dem Ortspfarrer des Wohnsitzes. Die Mitteilung konnte über den Standesbeamten durch Einschreiben erfolgen (Art. 245 RRC). Beruhte das Nichtbekenntnis auf einem anderen Grund als dem Glaubensabfall, dann wurde als Nachweis des Bekenntnisses einer anderen Konfession oder auch nur die vor dem Standesbeamten abgegebene ausdrückliche Erklärung der Ehekandidaten, sich nicht zum katholischen Glauben zu bekennen, als ausreichender Beweis angenommen (Art. 246 Abs. 2 RRC). Nach diesem langen Weg war hinsichtlich der Form, in welcher der Beweis des Nichtbekenntnisses erbracht werden mußte, fast wieder die Rechtslage erreicht, die bis 1932 gegolten hatte. Allerdings wich sie von der damaligen noch darin ab, daß bei einem Glaubensabfall die Erklärung des Nicht-Bekenntnisses an den Ortspfarrer nach wie vor abgegeben werden mußte. Weiterhin wich sie darin ab, daß beide Ehekandidaten ihr Nichtbekenntnis zum katholischen Glauben erklären mußten, während damals die Erklärung eines der Ehekandidaten genügte. 134 Der in Art. 42 CC festgelegte Primat der kanonischen Ehe vor der Zivilehe war auch für die Eheschließung mit Auslandsberührung maßgeblich. Die professio religionis bildete das primäre Anknüpfungsmoment. Das für die Eheschließung anwendbare Recht richtete sich daher in erster Linie danach, ob einer der Eheschließenden Katholik war. In diesem Fall mußte die Ehe kanonisch geschlossen werden. Da dem kanonischen Recht universelle Geltung zuerkannt wurde, konnten weitere Gesichtspunkte wie z. B. die in anderen Ländern übliche Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit nicht berücksichtigt werden. Für die Form und die Voraussetzungen der Eheschließung verwies Art. 75 CC135 dann auf die Bestimmungen der Can. 1012-1043 CJC136. Nur wenn beide Eheschließende sich nicht zur katholischen Religion bekannten und dies nachweisen konnten (Art. 42 Abs. 3 CC), war die Eheschließung 132 Die Bedeutu~ dieses Dekrets wird in den Ausführungen von Neumayer, RabelsZ 1972, 73 ff. nicht erwähnt. Seine Ausführungen stützen sich auf überholte spanische Literatur, Resolutionen und Rechtsprechung und treffen daher nur für die Rechtslage vor 1969 zu. 133 Siehe Gesetz 44/1967, vom 28. Juni (= BOE 1967, Nr. 156 vom 1. Juli 1967 = Aranzadi 1967, Nr. 1278). 134 Siehe in diesem Kapitel unter II. 135 Vgl. Art. 75 CC (Originalfassung) und Art. 75 CC (Fassung von 1958); beide in Anhang I, Nr. 1. 136 Dafür Jone CJC, Bd. II, 231-263.

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nach Zivilrecht zu beurteilen. An den Beweis der Nichtkatholizität wurden dieselben Anforderungen gestellt, unabhängig davon, ob ein Fall mit Auslandsberührung vorlag oder nicht. 137 2.2 Die bürgerliche Eheschließung

Wie bereits erörtert, wurden die Ehekandidaten erst zur bürgerlichen Eheschließung zugelassen, wenn Art. 42 Abs. 3 ce erfüllt war. Aber selbst dann kamen die Kollisionsvorschriften von Art. 9 ce und Art. 11 Abs. 1 ce nicht ohne weiteres zur Anwendung. 138 Da diese beiden Bestimmungen die materiellen und formellen Voraussetzungen der Eheschließung mit Auslandsberührung betrafen, ist auch hier auf diese beiden Fragen einzugehen. 2.2.1 Die Anwendung des Art. 9 ce in Fragen der Ehefahigkeit Auch wenn beide Eheschließende Nichtkatholiken waren und dies nachweisen konnten, wurde Art. 9 ce nicht ohne weiteres herangezogen. Diese Anknüpfungsvorschrift führte für die Prüfung der jeweiligen Ehefähigkeit der Ehekandidaten zur Anwendung beider Heimatrechte. Aber unter den verschiedenen Ehehindernissen hatte das Hindernis des bestehenden Ehebandes für das spanische internationale Eherecht eine ähnliche Sonderstellung wie für das materielle Recht. Wie in den übrigen europäischen Nachbarstaaten beruht in Spanien die Ehe nach jüdisch-christlicher Tradition auf Monogamie. Eine wichtige Voraussetzung für die Ehefahigkeit ist daher, daß keiner der Ehekandidaten bereits durch ein eheliches Band gebunden ist. Im Falle eines geschiedenen Ehekandidaten vertrat Spanien jedoch von seinen Nachbarländern abweichende Auffassungen 137 Zustimmend Maldonado y Fernandez deI Torco, REDC 1949, 647. Dagegen sprach sich Verplaetse, DIP (1954), 405, für den Beweis des Nichtbekenntnisses zum katholischen Glauben nur für Spanier aus. 138 In dieser Einführung wird immer von Art. 9 CC und Art. 11 CC in der ursprünglichen Fassung die Rede sein. Diese Vorschriften wurden jedoch zusammen mit den anderen Bestimmungen des Titulo Preliminar des C6digo Civil durch das Dekret 1836 j 1974, vom 31. Mai geändert. Der alte Art. 9 CC wurde im neuen Art. 9 Abs. 1 CC übernommen. Die Bestimmung des Art. 11 Abs. 1 CC wurde in Art. 11 Abs. 1 Satz 1 CC übernommen. Die Ordre-public-Klausel des ursprünglichen Art. 11 Abs. 3 CC findet sich nun in Art. 12 Abs. 3 CC wieder. Vgl. hierzu die Gesetzestexte in Anhang I, Nr. 1. - Durch die Novellierung wurde bei Art. 9 CC und Art. 11 CC inhaltlich nichts geändert (siehe jedoch den Bericht darüber von CremadesjMaceda in RIW j AWD 1975, 375ff., und Iglesias Buigues, Rev. Crit. 1976, 397ff.). Das Dekret 1836 wurde am 9. Juli 1974 in BOE (Nr. 163) verkündet. Gemäß Art. 2 CC trat es 20 Tage später in Kraft, so daß es von dem in dieser Ziffer IV behandelten Zeitraum (März 1938 - November 1975) nur noch die letzten 16 Monate betraf. Deshalb wurde hier darauf verzichtet, jeweils die neue Artikelbezeichnung zu zitieren.

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über die rechtliche Sicherung der Monogamie. Die Beantwortung der Frage, ob eine frühere Ehe noch bestand, konnte im Rahmen von Art. 9 ce nicht den betroffenen ausländischen Heimatrechten überlassen werden. Sie berührte die wesentlichen Grundlagen des katholischen Dogmas, dessen Verteidigung unentbehrlich erschien. Aus diesem Dogma hatte der spanische Gesetzgeber abgeleitet, daß auch die Zivilehe unauflöslich sei. 139 In den drei möglichen Konstellationen, bei denen diese Frage auftauchen konnte, wurde die Anwendung der eigenen Sachnormen 14Q auf unterschiedliche Weise begründet: (1) Wollte ein im Ausland geschiedener Spanier eine zweite Ehe eingehen, 141 so war die Anerkennung seiner früheren Scheidung hinsichtlich der Auflösung des Ehebandes völlig ausgeschlossen.

In diesem Fall konnte noch über eine einfache Anwendung des Art. 9 ce die Ehefähigkeit des Spaniers verneint werden. Jedoch wurde die Begründung durch Art. 11 Abs. 3 ce bekräftigt. (2) Auch in den - häufigeren - Fällen, in denen eine ledige spanische Partei mit einer geschiedenen ausländischen Partei die Ehe schließen wollte,142 wurde 139 Dieser Gedanke wurde in der ausländischen Literatur häufig aus den Augen verloren. Man fragte, ob für das spanische Recht nur kanonische Ehen unauflöslich seien. So z. B. Renate Lüderitz, FamRZ 1966, 288: "Der ledige nicht katholische Spanier kann vielleicht eine geschiedene nicht katholische Deutsche heiraten, wenn ihre erste Ehe nicht auch vor einem katholischen Pfarrer geschlossen wurde." Dies trifft nicht zu; vgl. LalagunaDominguez, RDP 1972, 516ff.,sowieOLG Hamm vom3. Mai 1968 (=FamRZ 1968, 389). 140 Nur einzelne Autoren in der spanischen Literatur haben sich für die sog. "theorie des regles d'application immediate du droit interne" mit vollem Anschluß an die Konstruktion von Francescakis ausgesprochen. Wie der französische Autor diese Normen "a cöte de celle des regles de conflit" (Francescakis (1958), 15) ansieht sowie "regles d'application immediate" und "regles de conflit" als getrennte Begriffe behandelt (ders. (1958), 11 ff.; 17 ff.), genauso negierten einzelne Autoren in Spanien das Vorliegen eines Kollisionsrechts für das internationale Eherecht und redeten von "normas de aplicacion inmediata dei Derecho interno" . Vgl. hierzu: Carrillo Salcedo, Homenaje Sela Sampil, II, 314ff.; GonzaJez Campos, RED! 1967,308, 316ff.; Marin Lopez, RED! 1970, 19fT.; Simo Santoja (1973), 148. - Zur "Iois d'application immediate" vgl. ferner: Francescakis, Rev. Crit. 1966, 1 ff.; De Nova, Melanges Maury, I, 377fT.; Graulich, Melanges Dabin, II, 629 fT.; Schwander (1975), passim. - Kritisch zu dieser Konstruktion: Neuhaus, RabelsZ 1969, 194 fT.; Kropholler, RabelsZ 1969, 99. Die herrschende Lehre in Spanien ging jedoch vom Kollisionssystem aus und schränkte es durch den spanischen ordre public ein. Vgl. hierzu unter vielen anderen: Aguilar Benitez de Lugo, RED! 1967, 238fT.; W. Goldschmidt, Si sterna, Bd. 1,471 fT., der von "aplicacion aprioristica dei orden publico" spricht; Medina Ortega, RED! 1962, 455 ff.; Miaja de la Muela, Festschr. Wengier, II, 593 ff. 141 Die Zahl der Spanier, die im Ausland geschieden wurden und wieder heiraten wollten, stieg nach der massiven Gastarbeiter-Auswanderung. Die Bundesrepublik Deutschland ist das beste Beispiel hierfür. Dem Tribunal Supremo lagen jedoch solche Fälle zur Entscheidung nur selten vor. Zur Frage der Gültigkeit einer solchen zweiten Ehe vgl. das einzig vorliegende Urteil: TS, 12. März 1942 (= Aranzadi 1942, Nr. 325).

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1. Teil: Geschichtlicher Ruckbiick

die Ehefähigkeit der ausländischen Partei nach spanischem Recht beurteilt. Die Frage des Fortbestehens oder Nichtbestehens eines früheren Bandes des ausländischen Verlobten wurde nicht selbständig angeknüpft, sondern als nicht zu verselbständigender Teil der Hauptfrage der Ehefähigkeit der spanischen Partei angesehen. Da das spanische Recht keine Auflösung des Ehebandes anerkannte, wurde das Ehehindernis des bestehenden Ehebandes auch in diesen Fällen immer bejaht. Da das Hindernis des bestehenden Ehebandes wie im deutschen auch im spanischen Familienrecht doppelseitigen Charakter hat, wurde die zweite Ehe ausnahmslos als gegen die spanische Familienvorschriften verstoßend betrachtet. Diese unselbständige Anknüpfung der Ehefähigkeitsfrage wurde bei der formellen Konstruktion mit Hilfe der Ordre-public-Klausel des Art. 11 Abs.3 CC begründet. Der spanische ordre public könne keine Rechtslage dulden, die aus einem weltlichen Entscheidungsakt entstanden sei und die naturrechtlichen Fundamente des eigenen Rechtssystems angreife. (3) Ferner ergaben sich - wenn auch in geringerer Zahl- Fälle, bei welchen beide Ehekandidaten Ausländer waren und die Verbindung mit der spanischen Rechtsordnung nur deshalb zustande kam, weil die Ehekandidaten in Spanien heiraten wollten. 143 Selbst in diesen Fällen wurde die Eheschließung wegen Fehlens der Ehefähigkeit auf der Grundlage von Art. 11 Abs. 3 CC abgelehnt, obwohl der schwache Inlandsbezug kaum einen Anlaß gab, den Ordre-public-Gedanken anzuwenden. Alle diese drei Konstellationen führten zum Verbot, die Ehe einzugehen, aber nur im letzteren Fall konnte eine Verletzung spanischen Familienrechts und 142 Lehre und Rechtsprechung in der Bundesrepublik mußten sich mit diesem Fall am häufigsten auseinandersetzen. Siehe z. B.: OLG Celle, 25. Juni 1962 (= FamRZ 1963, 91ff.); OLG Stuttgart, 12. November 1962 (=IPRspr. 1962/63, Nr. 71); OLG Hamm, 10. September 1963 (=IPRspr. 1962/63, Nr. 76); OLG Braunschweig, 10. Oktober 1963 (=IPRspr. 1962/63, Nr. 78); OLG Karlsruhe, 17. März 1964 (=IPRspr. 1964/65, Nr. 75= StAZ 1964, 327f.); OLG Bremen, 7. April 1966 (= IPRspr. 1966/67, Nr. 59a).Auch der BGH: BGH, 12. Februar 1964 (=IPRspr. 1964/65, Nr. 74=NJW 1964, 976 ff. = StAZ 1964, 129 ff.). (Zustimmend zu dieser Entscheidung, die einem ledigen katbo1iscnen Spanier die Eheschließung mit einer geschiedenen deutschen Protestantin versagte: Henrich, NJW 1964, 2015 f. Kritisch - mit Recht - zu derselben Entscheidung: Fischer, NJW 1964, 1323ff.; Wengier, JZ 1964, 621ff.). Ferner: BGH, 14. Juli 1966 (=IPRspr. 1966/67, Nr. 59b, mit Anmerkung dazu in NJW 1967,352). Für die Auseinandersetzung zum impedimentum ligaminis im spanischen Recht vgl. noch die Ausführungen von Jochern, RabelsZ 1968,727 ff.; und Neumayer, RabelsZ 1972, 73ff. 143 Vgl. hierzu DGRN, 3. Oktober 1952 (=ADGRN 1952, 423f.): Ein lediger Amerikaner wollte eine aus einer bürgerlichen Ehe geschiedene Staatenlose - ehemalige Deutsche - in Spanien bürgerlich heiraten. Das Begehren wurde zurückgewiesen. Ferner: DGRN, 10. August 1961 (= ADGRN 1961, 152): Zwei protestantische, aus einer bürgerlichen Ehe geschiedene Dänen versuchten in Spanien eine zweite bürgerliche Ehe zu schließen. Auch hier wurde das Begehren zurückgewiesen. (Siehe den Kommentar zu dieser Resolution von Medina Ortega, REDI 1962, 456f.).

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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seiner Grundsätze verhindert werden. 144 In den ersten beiden Fallkonstellationen konnten die spanischen Behörden nicht verhindern, daß trotz dieses Verbotes die spanische Partei ihren Ehewillen im Ausland verwirklichte. 145 Hier wurde in der rechtswissenschaftlichen Literatur von Bigamie gesprochen. 146 Die Gerichte sahen die zweite Ehe als Nichtehe, 147 in einigen Fällen auch als nichtige Ehe an. l48 Der Grund für diese ungleiche Behandlung der Bigamie lag in den eigenen gesetzlichen Vorschriften: Einerseits legte Art. 51 CC fest, daß die kirchliche oder bürgerliche Eheschließung keine bürgerlichen Wirkungen entfalten kann, wenn einer der Ehegatten bereits rechtmäßig verheiratet ist. 149 Andererseits bestimmten die Art. 101 Nr. 1 CC und Art. 83 Nr. 5 CC, daß eine Zivilehe nichtig ist, wenn eine Partei bei der Eheschließung schon verheiratet ist. 150 Der Verstoß wurde hier nach den Grundsätzen der Putativehe (Art. 69 CC) behandelt. 151 Bei gutem Glauben der Ehegatten blieben die bis dahin eingetretenen Rechtsfolgen der nichtigen und für nichtig erklärten Ehe bestehen (Art. 69 Abs. 1 CC). Bei gutem Glauben nur eines Ehegatten traten zu dessen Gunsten Rechtsfolgen ein (Art. 69 Abs. 2 CC). Kinder aus solchen Ehen waren immer ehelich, und zwar auch dann, wenn die Bösgläubigkeit beider Elternteile festgestellt worden war. In der Literatur findet man sowohl Verfechter der Meinung, daß Art. 51 CC als Ausnahme von Art. 69 CC zu behandeln sei,152 als auch der entgegengesetzten Ansicht. 1s3 144 Den Interessenten blieb natürlich offen, die Ehe vor den eigenen konsularischen Behörden in Spanien nach ihrem Heimatrecht zu schließen (darüber auch unter 2.2.2). 145 Zum Beispiel, wenn der spanischen Partei wie in der Bundesrepublik Deutschland nach § 10 Abs.2 Satz 1 und 2 EheG - Befreiung von der Beibringung eines Ehefahigkeitszeugnisses erteilt wurde; so schon in: OLG Stuttgart, 12. November 1962 (= IPRspr. 1962/63, Nr. 71 = StAZ 1963, 154); OLG Braunschweig, 10. Oktober 1963 (=IPRspr. 1962/63, Nr. 78= FamRZ 1963, 569); OLG Karlsruhe, 17. März 1964 (=IPRspr. 1964/65, Nr. 75=StAZ 1964, 327). Insbesondere aber nach dem sog. "Spanier-Beschluß" des BVerfG vom 4. Mai 1971 (=BVerfGE 31, 58= FamRZ 1971, 414). 146 Siehe die in Anm. 152, 153 und 156 zitierten Autoren. 147 Siehe TS, 12. März 1942 (= Aranzadi 1942, Nr. 325); TS, 12. Mai 1944 (= Aranzadi 1944, Nr. 669); TS 29. Mai 1962 (=CL 1962, T.109, Nr. 494); TS, 29. Mai 1970 (=CL 1970, Nr. 303). 1411 Siehe TS, 7. März 1972 (= CL 1972, Nr. 129). 149 Siehe Art. 51 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 150 Siehe Art. 101 Nr. 1 CC und 83 Nr. 5 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 151 Siehe Art. 69 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 152 Für die Anwendung des Art. 51 CC und folglich das Zurücktreten von Art. 69 CC haben sich ausgesprochen: Bonet Ram6n, Compendio, T. IV (1960), 454; Garcia Cantero (1959),231, 247f.; Fernandez Martin-Granizo, ADC 1964, 114; Fuenmayor Champin, RGLJ 1941,469; Castan Tobeiias, Derecho Civil, T. V, Vol. I, (1976), 894. 153 Für den Vorrang von Art. 69 CC, die Behandlung der zweiten Ehe als Nichtigehe (nach Art. 101 Nr. 1 CC und Art. 83 Nr. 5 CC) und die Rechtsfolgen des Art. 69 CC haben

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

Nach der ersten Theorie war Art. 51 ce nur auf das Ehehindernis des bestehenden Ehebandes anzuwenden, während Art. 69 ce für alle anderen Ehehindernisse galt. Diese Theorie führte in den Fällen des bestehenden Ehebandes zur Nichtehe, was durchaus eine harte Lösung für Ehegatten und Kinder war. Jedoch muß dieser Theorie der Vorteil einer bruchlosen Konstruktion zugestanden werden.

Die entgegengesetzte Theorie gab dem in Art. 69 ce niedergelegten Gedanken des guten Glaubens Vorrang und wendete ihn auch auf die Fälle an, in denen eine Ehe trotz bestehenden Ehebandes geschlossen worden war. Diese Theorie führte jedoch zu unüberwindbaren Widersprüchen in Fällen, bei denen die erste eine Zivilehe und die zweite eine kanonische Ehe war: In solchen Fällen stellte diese Konstruktion einen Verstoß gegen Art. 75 ce dar, weil diese Vorschrift zur Gültigkeit der nach den kanonischen Rechtssätzen gültig geschlossenen Ehe auch nach bürgerlichem Recht führte. 154 Schwierigkeiten ergaben sich auch bei Art. 80 ce, wonach den Zivilgerichten die Nichtigerklärung kanonischer Ehen nicht möglich war. ISS Deshalb entstand eine dritte Theorie, IS6 die mit dem Gedanken zur "ineficacia relativa" (schwebenden Unwirksamkeit) eines Rechtsgeschäfts den Ausweg aus dem gesetzlichen Widerspruch versuchte. Diese Theorie, der eine historische Auslegung zu Art. 51 ce zugrunde lag,IS7 ging von der Überzeugung aus, daß der Wortlaut dieser Vorschrift "no producini efectos civiles" keinen Anlaß gebe, eine Nichtehe ("matrimonio inexistente") oder eine Nichtigehe ("matrimonio nulo") anzunehmen. Nach dieser Auffassung war die zweite Ehe gültig, aber wirkungslos. Damit die Konstruktion überhaupt einen Sinn hatte, sollte eine schwebende Unwirksamkeit bestehen. Die volle Wirksamkeit sollte eintreten, sich ausgesprochen: Espin Canovas, Manual, T. IV, 100; Manresa y Navarro, Comentarios (1956), T. I, 458ff.; Santamaria, Comentarios T. I (1958), 137. Differenzierter: Lalaguna Dominguez, (1962) 27, 78 und 86; ders. ADC 1961, 409; der dieser Theorie allerdings nur für die Fälle folgt, bei denen beide Ehen zivil oder beide kanonisch sind oder auch nur, wenn die erste eine kanonische und die zweite eine Zivilehe ist. [Mit dieser selben Einschränkung machte er seinen kritischen Kommentar zum Beschluß von TS, 29. Mai 1962, ADC 1963, 527ff. (534).]- Wie Lalaguna Dominguez auch Jordano Barea, ADC 1961, 349f. 154 Siehe Anm. 135. 155 Zu Art. 80 CC siehe auch unter 3.2.2. Gesetzestext in Anhang I, Nr. 1. 156 Zunächst von Lalaguna Dominguez formuliert: vgI. ADC 1961, 422ff.; ders., (1962), 78ff.;ders., RGLJ 1979, 227ff.; später auch gefolgt von: Camara Alvarez, 225; Fuenmayor Champin, Ius Canonicum III (1963), 344f., der seine ursprüngliche Auffassung aufgrund der Reform von 1958 revidierte. 157 Nach der historischen Auslegung zu Art. 51 CC war diese Vorschrift vom Gesetzgeber für die Fälle vorgesehen, bei denen die erste eine Zivilehe und die zweite eine kanonische Ehe ist, mit anderen Worten also für die Fälle, die Art. 101 Nr. 1 CC und Art. 83 Nr. 5 CC nicht decken konnten. (Dazu ausführlich: Fuenmayor Champin, RGLJ 1941, 458ff. Zu dem nach 1958 vertretenen Ergebnis konnte der Autor im Jahre 1941 allerdings wegen der damaligen gesetzlichen Lage noch nicht gelangen.)

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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sobald das Ehehindernis entfiel. Die erste Ehe wurde also als aufschiebende Bedingung dafür angesehen, daß die zweite ihre Wirkung entfalten konnte. Diese Konstruktion war nur für den Fall notwendig, daß die erste Ehe eine zivile und die zweite eine kanonische war. Ihre große Schwäche lag aber darin, daß es in vielen Fällen keine Möglichkeit gab, die erste Ehe aufzulösen, und man dann hinnehmen mußte, daß die zweite Ehe inhaltlich und zeitlich unbeschränkt wirkungslos war. Sie konnte sich daher nicht durchsetzen. 158 Auch die Rechtsprechung ist jener dritten Theorie nicht ausdrücklich gefolgt. Zwar wies der Tribunal Supremo in einigen Fällen die Klage auf Nichtigerklärung einer kanonischen Ehe ab, die einer Zivilehe nachgefolgt war,159 jedoch stützte sich das Gericht dabei auf seine fehlende funktionelle Zuständigkeit, über irgendwelche Fragen hinsichtlich einer kanonischen Ehe zu erkennen. In den Urteilen, die sich mit der Bigamie aufgrund einer auf eine kanonische Ehe folgenden, im Ausland geschlossenen Zivilehe auseinandersetzen mußten, wurde überwiegend Art. 51 CC angewendet,l60 obwohl die Bestimmungen von Art. 101 Nr. 1 CC und Art. 83 Nr. 5 CC - welche zur Anwendung des Art. 69 CC führten - Sondervorschriften für die Zivilehe waren. Nur in einem Fall einer auf eine kanonische Ehe folgenden, im Ausland geschlossenen Zivilehe zog der Tribunal Supremo im Rahmen von Art. 101 Nr. 1 CC und Art. 83 Nr. 5 CC die Vorschrift des Art. 69 CC heran. 161 Angesichts dieser letzten Entscheidung können eindeutige Kriterien für die Wahl zwischen Art. 51 CC und Art. 69 CC nicht angegeben werden. Die Lösung wurde ohne festen Maßstab von Fall zu Fall fast aleatorisch gefunden. 2.2.2 Die Anwendung des Art. 11 Abs. 1 CC

in Fragen der Eheform

Gemäß Art. 11 Abs. 1 CC richtete sich die Form der Eheschließung von Ausländern in Spanien nach den Vorschriften des C6digo Civil (Art. 86ff.), insbesondere nach Art. 86 CC und Art. 91 CC162. 158 Die Vorstellung, die weitgehend hinter dieser Theorie stand, wurde von Lalaguna Dominguez ADC 1961, 426, und (1962), 84 ausdrücklich ausgesprochen: "Disuelto el matrimonio civil por la muerte de uno de los conyuges, el vinculo canonico ulterior comenzara adesplegar su eficacia plena. " (Sobald die Zivilehe durch den Tod einer der Ehegatten aufgelöst ist, beginnt das spätere kanonische Eheband seine volle Wirksamkeit zu entfalten.") Fast mit denselben Worten: Navarro Valls, (1972), 426. 159 Soz.B.inTS, 17. November 1961 (=CL 1961, Nr. 753);TS,25. Januar 1963(=CL 1963, Nr. 63); TS, 21. Dezember 1963 (=CL 1963, Nr.1027). 160 So z.B. in TS, 12. März 1942 (=Aranzadi 1942, Nr. 325); TS, 12. Mai 1944 (=Aranzadi 1944, Nr. 669); TS, 29. Mai 1962 (=CL 1962, T. 109, Nr. 494)(darüber noch der kritische Kommentar von Lalaguna Dominguez, ADC 1963, 527ff., insbesondere 543ff.); TS, 29. Mai 1970 (=CL 1970, Nr. 303). 161 Siehe TS, 7. März 1972 (=CL 1972, Nr. 129).

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

Selbstverständlich konnten die Ehekandidaten auch dem gesamten spanischen Eherecht ausweichen, indem sie vor der eigenen Vertretung in Spanien heirateten, falls ihr Heimatstaat dies zuließ. Dafür mußten beide Eheschließende Ausländer sein, da Spanien seinen Staatsangehörigen nicht gestattete, vor einer ausländischen Vertretung zu heiraten. Solche Konsularischen Ehen wurden jedoch im spanischen Rechtsleben ignoriert, solange sie nicht gemäß Art. 15 LRC163 im spanischen Zivilregister eingetragen worden waren. Eine solche Eintragung setzte das besondere Verfahren zur Feststellung der Akatholizität (im Sinne von Art. 73 Satz 1 LRC und Art. 249 Abs. 1 RRC) voraus. 1M Die Form der bürgerlichen Eheschließung von Spaniern im Ausland wurde nach der Reform des C6digo Civil im Jahre 1958 und dem Neuerlaß ergänzender Bestimmungen anders behandelt als vorher. Bis zu dieser Reform hieß es im Art. 42 CC, daß die bürgerliche Eheschließung "nach den Vorschriften dieses Gesetzbuches" stattfinden solle. Dabei war man sich dessen bewußt, daß ausländische Behörden nicht nach den Vorschriften des spanischen C6digo Civil vorgehen würden, so daß durch bloßes Überqueren der Pyrenäen 165 das ganze System umgangen werden konnte. Die Vorschriften über die materiellen und die formellen Voraussetzungen blieben also wie bei der Entstehung des C6digo Civil eng miteinander verquickt, so daß die Umgehung der einen auch die der anderen bedeuten konnte. Um dies zu verhindern, griff man auf dasselbe Mittel zurück, 166 das man vor der Zeit der 11. Republik benutzt hatte: 167 Die Zivilehe im Ausland mußte vor der spanischen konsularischen Vertretung zustandekommen, um Wirksamkeit in Spanien zu erlangen. 168 Dafür sollte der beidseitige Beweis des Nichtbekenntnisses zum katholischen Glauben ~ ebenso wie für die bürgerliche Eheschließung im Inland ~ erbracht werden. Siehe Art. 86 CC (Fassung von 1958) und Art. 91 CC, Anhang I, Nr. 1. Siehe Art. 15 Abs. 1 LRC (Fassung von 1957), Anhang I, Nr. 3. 164 Siehe Art. 73 Satz 1 LRC (Fassung von 1957), Anhang I, Nr. 3 und Art. 249 Abs. 1 RRC (Fassung von 1958), Anhang I, Nr. 4. 165 Vgl. Maldonado y Fernandez dei Torco, REDC 1949,646; Rodriguez de Valcarce, RDPro. 1953, 197; die von einem "Überschreiten der Grenzen" sprechen. 166 Vgl. Miaja de la Muela, Festschr. Wengier, 11, 592, der von einer "linea de continuidad" mit der früheren Rechtsprechung spricht. 167 Siehe in diesem Kapitel unter 11. 168 Siehe z. B. TS, 12. Mai 1944 (= Aranzadi 1944, Nr. 669); DGRN, 19. Februar 1941 (=Aranzadi 1941, Nr.12648); DGRN, 12. März 1941 (=Alcubilla 1941, 874). Zustimmend: Cuadra y Echaide, REDC 1952, 958f.; Erice, Derecho Diplomatico 11 (1954),231; Reyes Monterreal, RGLJ 1957, 73. Dagegen haben sich für die Geltung der lex loci celebrationis ausgesprochen - allerdings nur, wenn ein Eheschließender Staatsangehöriger des Eheschließungsortes war: Rodriguez de Valcarce, RDPro. 1953, 193; Verplaetse, DIP (1954), 409; Trias de Bes, DIP (1940), 83. So auch: DGRN, 27. November 1948; DGRN, 25. März 1950; DGRN, 5. Mai 1950 (alle drei Resolutionen zitiert nach Garcia Cantero, (1959), 220). 162 163

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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Bei der Refonn des Jahres 1958 wurden die Worte "nach den Vorschriften des Gesetzes" gestrichen. Der neue Art. 42 CC erklärte nur, wann die bürgerliche Eheschließung zugelassen war, und sagte nichts darüber, wie diese vorzunehmen sei. Das Schwergewicht für den Schutz des katholischen Dogmas lag jetzt bei dem Beweis des Nichtbekenntnisses zum katholischen Glauben. Weil für die Wirksamkeit der Ehe in Spanien die Erforderlichkeit dieses Beweises sichergestellt war, konnte man die lex loci celebrationis für die bürgerliche Eheschließung von Spaniern im Ausland anerkennen. Unbeschadet der weiterhin bestehenden Möglichkeit der konsularischen Ehe nach Art. 11 Abs. 2 CC i. V. m. Art. 100 Abs. 3 CC, wurde durch die Refonn des Registerwesens ausdrücklich anerkannt, daß Spanier im Ausland nach der lex loci celebrationis die Zivilehe eingehen konnten. 169 Aber eine im Ausland nach der lex loci geschlossene Ehe entfaltete in Spanien erst Wirksamkeit, nachdem sie im konsularischen Register eingetragen worden war. Um einer Umgehung des Art. 42 CC vorzubeugen, verlieh man dem spanischen Konsul, der im Ausland als Registerführer handelte (vgl. Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 LRC und Art. 51 Abs.l RRC),170 eine präventive und repressive Funktion. l7l Die präventive Funktion äußerte sich in der Pflicht des Konsuls, gern. Art. 249 Abs. 2 RRC172 den ausländischen Behörden mitzuteilen, daß nach spanischem Recht die Zivilehe von Spaniern nur wirksam war, wenn beide Eheschließenden sich nicht zur katholischen Kirche bekannten. Die repressive Funktion bestand darin, daß der Konsul gern. Art. 73 Satz 2 LRCl73 nachträglich zu prüfen hatte, ob die Voraussetzungen von Art. 42 CC erfüllt waren; er durfte die nach der lex loci geschlossene Zivilehe im konsularischen Register nur eintragen, nachdem das besondere Verfahren zur Feststellung der Akatholizität durchgeführt war. Die Umgehung des Art. 42 CC war somit ausgeschlossen, soweit es um die Wirksamkeit einer Ehe in Spanien ging. Eine Zivilehe, die wegen Fehlens der Voraussetzungen des Art. 42 CC nicht eingetragen werden konnte, blieb nach Art. 70 Abs. 1 Satz 2 LRC174 ohne jede Rechtswirkung. Jedoch wurde in diesen Fällen von der Rechtsprechung eine nichtige Ehe angenommen,175 was durch Urteil festgestellt werden konnte. Die Kinder und 169 Für die spanischen Gastarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland also in Übereinstimmung mit Art. 13 Abs. 3 EGBGB. Unzutreffend: Neumayer, RabelsZ 1972, 77 und 89. 170 Siehe Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 LRC (Fassung von 1957), Anhang I, Nr. 3, und Art. 51 Abs.1 RRC (Fassung von 1958), Anhang I, Nr. 4. 171 Vgl. hierzu Martinez Morcillo, REDI 1963, 91, der die Formulierungen "medio preventivo" und "medio represivo" verwendet. 172 Siehe Art. 249 Abs. 2 RRC (Fassung von 1958), Anhang I, Nr. 4. 173 Siehe Art. 73 Satz 2 LRC (Fassung von 1957), Anhang I, Nr. 3. 174 Siehe Art. 70 Abs. 1 LRC (Fassung von 1957), Anhang I, Nr. 3. 175 Zur Nichtigkeit der Zivilehe, wenn die Eheschließung gern. Art. 42 CC kanonisch erfolgen mußte, vgl.: TS, 21. Oktober 1959 (= Aranzadi 1959, Nr. 3958) (dazu Kommen-

4 Hernanz Sanchez

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

der gutgläubige Ehegatte waren dann im Rahmen der Putativehe (Art. 69 CC)176 geschützt. 3. Die Ehescheidung

3.1 IRP-Anknüpfung

3.1.1 Allgemeines Das Gesetz vom 23. September 1939 177 hatte mit dem von ihm aufgehobenen Scheidungsgesetz vom 2. März 1932 nur eines gemeinsam: Es enthielt keine Kollisionsvorschriften. Sein einziger Artikel setzte die Vorschriften des C6digo Civil aus dem Jahre 1889 wieder in Kraft. 178 Art. 9 CC war also nach wie vor die Anknüpfungsvorschrift für Fragen des Familienrechts, des Zivilstandes und der Rechtsf:ihigkeit der Person. Das Gesetz vom 23. September 1939 wurde jedoch nicht nur auf spanische Staatsangehörige angewandt. Auch Ausländer, deren kanonisch geschlossene Ehe aufgrund des Gesetzes vom 2. März 1932 geschieden worden war, wurden als zur AntragsteIlung berechtigt angesehen. 179 Dies könnte zu dem Schluß führen, daß das Gesetz vom 23. September unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Parteien immer zur Anwendung kommen konnte, wenn es um die Aufhebung eines Scheidungsurteils oder der ihr nachfolgenden Zivilehe ging, soweit es aufgrund des Gesetzes vom 2. März 1932 möglich gewesen war. Dies könnte noch als Ausdruck des Willens des spanischen Staates verstanden werden, das "wiederherzustellen", was der spanische Staat selbst "zerstört" hatte - wenn auch unter einer anderen Regierungsform. Aber es wurde im Einzelfall auch die spätere Zivilehe in Anwendung des Gesetzes vom 23. September 1939 für nichtig erklärt, obwohl die Scheidung der vorherigen, kanonisch geschlossenen Ehe der ausländischen Partei im Ausland - nach ausländischem Recht - erlangt worden war. 180 tar von Lalaguna Dominguez, lus Canonicum I (1961), 271 ff.); TS, 12. November 1959 (=Aranzadi 1959, Nr. 3987); TS, 16. Februar 1961 (=Aranzadi 1961, Nr. 343); TS, 14. November 1963 (=JC 1963, Nr. 859); TS, 5. Juli 1965 (=JC 1965, Nr. 574): TS, 2. November 1965 (=JC 1965, Nr. 714); TS, 16. März 1967 (=JC 1967, Nr. 200); TS, 15. April 1967 (=JC 1967, Nr. 263); TS, 4. Oktober 1974 (=JC 1974, Nr. 370). 176 Siehe obige Anm. 151 mit Text. 177 Siehe in diesem Kapitel unter IV 1. 178 Für Art. 9 CC und Art. 11 CC gilt obige Anm. 138. 179 Siehe TS, 23. Februar 1944 (=JC 1944, T V, Nr. 55): Ein aus kanonischer Ehe in Spanien geschiedener Deutscher beantragte die Nichtigkeitserklärung seiner zweiten Zivilehe. Beide hatte er in Spanien geschlossen. Die letzte (am 6. Dezember 1935) nach dem Zivilehegesetz vom 28. Juni 1932. Dem Antrag wurde stattgegeben, die zweite Ehe aufgelöst. 180 Siehe TS, 5. April 1966 (= JC 1966, Nr. 261): Der spanische Kläger hatte im Jahre 1935 in Madrid mit der Beklagten, einer Costaricanerin, die Zivilehe nach dem Ehegesetz

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564 -1975)

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Die Ausdehnung auf Konstellationen, für welche das Gesetz vom 23. September 1939 überhaupt nicht gedacht war, 181 ist ein erstes Beispiel für die undifferenzierte Behandlung von Fällen mit Auslandsberührung während der Fortdauer des Franco-Regimes. 3.1.2 Personalstatut, ordre public und Anwendung der eigenen Sachnormen Nach dem Wortlaut von Art. 9 CC waren alle Spanier, die sich im Ausland aufhielten, dem spanischen Familienrecht unterworfen. Einschlägig waren dabei hauptsächlich die Vorschriften des C6digo Civil aus dem Jahre 1889,182 dessen Art. 42 zwei Formen der Ehe anerkannte, beide aber für unauflöslich erklärte (Art. 52 CC). Das Prinzip der Unauflöslichkeit der Ehe wurde später durch Art. 22 des "Fuero de los Espaiioles"183 - eines der sieben Grundgesetze,jener Zeit - als Rechtssatz höheren Ranges verankert. Durch das Gesetz vom 24. April 1958 184 wurde der C6digo Civil an das Konkordat von 1953 185 angepaßt und das Wort "divorcio" (Scheidung) durch "separaci6n" (Trennung) ersetzt. 186 Jeder Versuch von Spaniern, sich im Ausland scheiden zu lassen, wurde durch das nach Art. 9 CC maßgebliche Personalstatut ausgeschlossen. Umgekehrt wandte man aber diese Vorschrift nie in ihrer traditionell bilateralisierten Auslegung an,187 um zur Anerkennung eines fremden Personalstatuts zu vom 28. Juni 1932 geschlossen. Die erste Ehe der Beklagten, 1924 in Costa Rica in ziviler und kanonischer Form geschlossen, war 1933 von einem costaricanischen Gericht geschieden worden. Der Klage wurde nach Zurückweisung in zweiter Instanz vom Tribunal Supremo stattgegeben. 181 Siehe z. B. TS, 13. März 1969 (= JC 1969, Nr. 167). Eine Kubanerin hatte im Jahre 1938 in La Habana die Scheidung auf eigenen Antrag erlangt. Nach dem Tod ihres spanischen Mannes (1963) erhob sie güter- und erbrechtliehe Ansprüche gegen den eingesetzten Erben. Die Klage wurde abgewiesen. Bei der Begründung hieß es aber, sie habe die Nichtigkeit des kubanischen Scheidungsurteils in Anwendung des Gesetzes vom 23. September 1939 nicht beantragt. (Dazu noch der Kommentar von Cerdä Gimeno, RCDI 1970, 541 tT., der diese extensive Auslegung anscheinend übersehen hat.) 182 Vgl. hierzu die obigen Ausführungen über den C6digo Civil bis zur Gesetzgebung der 11. Republik in diesem Kapitel unter 11. 183 Siehe "Fuero de los Espaiioles", 17. Juli 1945, BOE, Colecci6n Textos Legales (1947).Zum Wortlaut des Art. 22 siehe Anhang I, Nr. 6. 184 FundsteIle in obiger Anm. 119. 185 FundsteIle in obiger Anm. 116. 186 Nach der Begründung des Gesetzes sollte das Wort "divorcio" "verbannt" (desterrar) werden. Siehe Aranzadi 1958, Nr. 760, S. 534. 187 Siehe TS, 9. Juli 1895 (= JC 1895, T. 78, Nr. 114); TS, 1. Februar1934 (= JC 1934, T. 212, Nr. 76); TS, 21. Februar 1934 (= JC 1934, T. 217, Nr. 211); TS, 10. Juli 1934 (= JC 1934, T. 214, Nr. 115); TS, 26. Juni 1935 (= JC 1935, T. 219, Nr. 121). 4"

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

gelangen. Einer solchen Lösung stand entgegen, daß Art. 9 CC nie allein herangezogen wurde, sondern immer nur in engem Zusammenhang mit Art. 11 Abs.3 CC, der als Vorschrift des ordre public den Ausschluß des fremden Heimatrechts erzwang. Kern dieses ordre public war die Verteidigung derUnauflöslichkeit der Ehe im Sinne des tridentinischen Dogmas. Um diese Verteidigung uneingeschränkt durchsetzen zu können, sah man sich in der Praxis letztlich gezwungen, von einem echten Anknüpfungssystem abzusehen und die eigenen Sachnormen 188 unmittelbar anzuwenden. Die wichtigste Sachnorm, die das Anknüpfungssystem in seiner Funktion lähmte, war Art. 52 CC. Dieser Artikel, der im 2. Abschnitt unter anderen "gemeinsamen Vorschriften für beide Formen der Ehe" stand, erklärte, daß die Ehe "durch den Tod eines der beiden Ehegatten aufgelöst wird". Diese Vorschrift darf nicht so verstanden werden, daß eine rechtsgültige Ehe

nur durch den Tod aufgelöst werden konnte. Das letzte Wort über die

Auflöslichkeit der Ehe wurde nicht durch Art. 52 CC, sondern durch den Codex Juris Canonici1 89 gesprochen, der durch das königliche Dekret vom 19. Mai 1919 in Spanien eingeführt worden war. Can. 1118 CJC erklärt, daß eine Ehe unter Christen, sobald sie einmal vollzogen ist, durch keine irdische Gewalt, sondern nur durch den Tod gelöst werden kann. 190 Aber das matrimonium legitimum im Sinne von Can. 1015 § 3 CJ C, 191 d. h. die zwischen zwei "Heiden" rechtsgültig geschlossene Ehe kann gern. Can. 1120 § 1 CJC192 zugunsten des Glaubens kraft des sogenannten Paulinischen Privilegs gelöst werden, und zwar auch dann noch, wenn sie schon vollzogen worden ist. 193 Diese Möglichkeit besteht, wenn einer der Ehegatten sich zum Christentum bekehrt und der andere sich jedoch weder taufen lassen noch friedlich - si ne contumelia Creatoris - mit ihm zusammenleben will. Die unter Heiden geschlossene Ehe wird in dem Augenblick ipso iure gelöst, in dem der getaufte Ehegatte mit einem anderen Katholiken eine kirchliche Ehe schließt (Can. 1126 CJC).I94 -

Siehe obige Anm. 140. Gemeint ist hier der (alte) Codex Iuris Canonici vom 27. Mai 1917, der am 19. Mai 1918 in Kraft gesetzt wurde und erst am 27. November 1983 durch das Inkrafttreten des heutigen Codex Iuris Canonici aufgehoben worden ist (zum Codex Iuris Canonici vom 15. Februar 1983 siehe den Bericht von Neuhaus, RabelsZ 1983, 502ff.). 190 Siehe Can. 1118 CIC: "Matrimonium validum ratum et consummatum nulla humana potestate nullaque causa, praeterquam morte, dissolvi potest." 191 Siehe Can. 1015 § 3 CIC: "Matrimonium inter non baptizatos valide celebratum, dicitur legitimum." 192 Siehe Can. 1120 § 1 CIC: "Legitimum inter non baptizatos matrimonium, licet consummatum, solvitur in favorem fidei ex privilegio Paulino." 193 Zum Paulinischen Privileg vgl. Gillmann, Archiv für kath. Kirchenrecht 1923, 27 ff., und 1924, 242ff. 189

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Unabhängig vom Wortlaut des Art. 52 CC war also der katholischen Kirche das Recht eingeräumt, eine nach staatlichem Recht vollgültige Ehe aufzulösen. Dies wurde durch das Konkordat zwischen Spanien und dem Heiligen Stuhl vom Jahre 1953 bestätigt, welches in Art. XXIV das Paulinische Privileg der katholischen Kirche wieder allsdrücklieh anerkannte. 195 In den C6digo Civil wurde dieses Privileg bei seiner Novellierung im Jahre 1958 übernommen. 196 Auch die kanonisch geschlossene Ehe (zwischen zwei Getauften oder zwischen einem Getauften und einem Ungetauften), die noch nicht vollzogen ist, kann gern. Can. 1119 CJC197 gelöst werden, wenn 1. ein Ehegatte die feierliche Ordensprofeß ablegt oder 2. ein päpstlicher Auflösungsbescheid (sogenannter Dispens "super rato") erfolgt. Die zweite dieser beiden Bedingungen hat im Rahmen des Art. 52 CC eine beträchtliche Bedeutung erlangt. 198 Da der Nichtvollzug der Ehe auch mit dem "argurnenturn morale" bewiesen werden kann, genügt eine bloße Erklärung der bittstellenden Partei. Die Möglichkeit des Dispenses hängt lediglich von der Feststellung der Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit der erklärenden Partei ab, so daß auf den tatsächlichen Vollzug auch dann nicht eingegangen wird, wenn Kinder vorhanden sind. Zur Begründung des Dispensantrags genügt es, daß er im spirituellen Interesse der bittstellenden Partei liegt. 199 So wird beispielsweise ein gerechter Grund angenommen, wenn die bittstellende Partei eine andere Ehe schließen und eine Familie gründen möchte, wenn eine Versöhnung unmöglich ist oder unheilbarer Haß zwischen den Eheleuten besteht, aber auch wenn ein Scheidungsurteil vorliegt, vor allem wenn eine - für die Kirche an sich inexistenteZivilehe erfolgt war. 200 Dieser letzte Dispensgrund bedeutete einen echten Ausweg aus dem hermetischen Scheidungsrecht in der Franco-Zeit. Einigen Spaniern gelang es, im 194 Siehe Can. 1126 CJC: "Vinculum prioris coniugii, in infidelitate contracti, tune tantum solvitur, cum pars fide\is reapse novas nuptias valide iniverit." 195 Siehe Art. XXIV Abs. 1 des Konkordats mit dem Heiligen Stuhl aus dem Jahre 1953, Anhang I, Nr. 7. 196 Vgl. hierzu Artt. 80 und 82 CC in der Originalfassung und in der Fassung von 1958. Alle vier in Anhang I, Nr. 1. 197 Siehe Can. 1119 CJC: "Matrimonium non consummatum inter baptizatos ve\ inter partem baptizatam et partem non baptizatam, dissolvitur turn ipso iure per sollemnem professionem religiosam, turn per dispensationem a Sede Apostolica ex iusta causa concessam, utraque parte rogante vel alterutra, etsi altera sit invita." 198 Der erste Auflösungsgrund wird vom neuen Recht als solcher nicht mehr genannt. Vgl. hierzu Wegan, 154. 199 Wegan, 156. 200 Vgl. Montero, ADC 1954, 170; Lalaguna Dominguez RDP 1972, 526; Rava, Il Diritto Eclesiastico LXVIII (1957), 11, 130ff.; Wegan, 156.

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Ausland ein Scheidungsurteil zu erlangen und daraufhin päpstlichen Dispens zu erhalten. 201 Auch wenn dies viel Zeit und Geld kostete, mußte der spanische Staat dies hinnehmen, da der Wortlaut des Art. 52 CC von den Verpflichtungen gegenüber der katholischen Kirche überlagert wurde: 1. weil das königliche Dekret vom 19. Mai 1919 den Codex Juris Canonici in Spanien zur Geltung eingeführt hatte, 2. weil man im Art. XXIV des Konkordats ausdrücklich den Dispens wieder anerkannt hatte 202 und 3. weil die reformierten Art. 80 CC und Art. 82 CC ausdrücklich Bezug auf diesen Dispens genommen hatten. 203 Jedoch dürfen die vorangehenden Ausführungen zu den beiden kirchlichen Auflösungsmöglichkeiten nicht den Blick dafür verstellen, daß die allgemeine Regel nach wie vor die Unauflöslichkeit der Ehe bestätigt. Der allgemeine Rechtssatz des Art. 52 CC stellte ein absolutes Scheidungsverbot für Spanier im Ausland dar. Zwar konnte man in der Verweisung des Art. 9 CC auf die Vorschriften des spanischen Familienrechts eine Kollisionsnorm für die Anwendung des Art. 52 CC erblicken. Aber in der Behandlung von Ausländern mit einem scheidungsfreundlicheren Heimatrecht wird deutlich, daß das spanische Kollisionssystem in der Praxis kein solches war. Die Anwendung der eigenen Rechtsordnung des Ausländers wurde nie zugelassen. 204 Vielmehr wurden - ebenso wie bei der Beurteilung von familienrechtlichen Akten von Spaniern im Ausland - die eigenen Sachnormen herangezogen, selbst wenn man dafür formell den umständlichen Weg beschritt, zunächst Art. 9 CC zu erwähnen, dann das Heimatrecht, auf welches diese Vorschrift verwiesen hatte, durch Art. 11 Abs. 3 CC auszuschließen und zum Schluß die Sachnormen des C6digo Civil anzuwenden.

3.2 Internationale Zuständigkeit 3.2.1 Die fehlende funktionelle Zuständigkeit spanischer Gerichte In den fast 40 Jahren des Franco-Regimes hatte sich der Tribunal Supremo nur ein einziges Mal mit der Scheidungsklage von zwei Ausländern in Spanien auseinanderzusetzen. 205 Es handelte sich um eine in Bombay geschlossene 201 Dies wurde vor allem in Lateinamerika (Mexiko und Dominikanische Republik) betrieben. 202 Siehe obige Anm. 195. 203 Siehe obige Anm. 196. 204 Der Ruf Spaniens auf Scheidungsgebiet mag im allgemeinen selbst die Klageerhebung verhindert haben. Siehe jedoch TS, 12. März 1970 (= JC 1970, N r. 130) (Chandu Chugani v. Choohamarmal Chugani).

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Zivilehe zwischen einer Staatangehörigen Sri Lankas und einem Inder. Beide hatten zur Zeit der Klageerhebung ihren Aufenthaltsort in Las Palmas. Das abweisende Urteil stimmt in seiner Begründung mit den in der Literatur geäußerten Meinungen überein. 206 Da die Scheidung im spanischen Recht ein unbekanntes Rechtsinstitut im Savignyschen Sinne war,207 fehlte es für ein Urteil in der Sache an der funktionellen Zuständigkeit. 208 Die spanischen Gerichte konnten eine Scheidung auch dann nicht aussprechen, wenn beide Ehegatten Ausländer waren, keiner von ihnen katholischen Glaubens war, die Zivilehe im Ausland geschlossen hatten und ihr Heimatrecht die Scheidung zuließ. Nach Art. 27 CC,209 der im Rahmen von Art. 11 Abs. 3 CC herangezogen wurde, genossen Ausländer die gleichen Rechte wie Spanier mit der Folge, daß die spanischen Gerichte bürgerliche Rechte, die Spaniern nicht zustanden, auch Ausländern nicht zusprechen konnten. Um so weniger konnten solche Rechte verwirklicht werden, die für den spanischen ordre public untragbar waren. 3.2.2 Ausschließliche Zuständigkeit der kirchlichen Instanzen bei kanonischen Ehen

Den kirchlichen Instanzen hingegen war eine breite Zuständigkeit für die Eheauflösung eingeräumt. Zwar wurde in Art. 80 CC210 die Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte nur "für die Entscheidung über Klagen auf Nichtigkeit und Scheidung 211 der kanonischen Ehe" anerkannt, so daß andere Auflösungsgründe nicht unmittelbar angesprochen waren. 212 Ebensowenig waren andere kirchliche Instanzen als die Gerichte erwähnt. Die Kompetenz der katholischen Kirche wurde jedoch für den Dispens super rato und das Paulinische Privilegdie durch bloßen Verwaltungs akt erfolgen - uneingeschränkt anerkannt. 213 Siehe obige Anmerkung. Vgl. Lalaguna Dominguez, RDP 1972,486, 504ff.; Medina Ortega, RED! 1962, 444ff.; Navarro Valls, (1972), 110ff.; Remiro Brotons, 170; Simo Santoja (1973), 148fT.; Aguilar Navarro (- Tomas Ortiz de la Torre), Lecciones (1982), 175. 207 Vgl. Savigny, 33: "Rechtsinstitute eines fremden Staates, dessen Dasein in dem unsrigen überhaupt nicht anerkannt ist, die also deswegen auf Rechtsschutz in unserem Staate keinen Anspruch haben." Hierzu ferner 37f. 208 Neumayer, RabelsZ 1972, 83. Zur Lehre der sog. "Weigerung konstitutiver Thätigkeit" vgl. ferner Zitelmann, IPR, Bd. I, 366fT. 209 Siehe Art. 27 CC (Fassung von 1954), Anhang I, Nr. 1. 210 Siehe obige Anm. 196. 211 Gemeint war "Trennung". 212 Vgl. hierzu Guasp, RFDM 1956, 258, der Zweifel äußerte, ob von Art. 80 CC (Originalfassung) auch der Dispens super rato erfaßt war. 213 So z. B. TS, 24. Juni 1949 (= CL 1949, T. 10, N r. 157); zustimmend: Maldonado y Fernandez dei Torco, REDC 1949,950. Ferner: Auto vom 27. November 1942 (=Aiio 1942, Rollo 511) über matrimonium ratum et non consummatum (Auszüge in Remiro Brotons,373-375). 20S

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1. 'tell: Geschichtiicher Rückbiil:k

Dabei stützte man sich auf den letzten Satz von Art. 75 CC,214 obwohl diese Vorschrift vor dem Codex Juris Canonici erlassen worden war und sich somit nicht auf dessen Rechtssätze beziehen konnte. 215 Dieser breite Zuständigkeitsbereich der katholischen Kirche wurde durch das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl aus dem Jahre 1953 bekräftigt. 216 Dieses lautet in Art. XXIV Abs. 1 wie folgt: "EI Estado espafiol reconoce la competencia exc1usiva de los Tribunales y Dicasterios ec1esiasticos en las causas referentes a la nulidad dei matrimonio canonico y a la separacion de los conyuges, en la dispensa dei matrimonio rato y no consumado y en el procedimiento relativo al Privilegio Paulino." (Der spanische Staat anerkennt die ausschließliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte und Dikasterien 217 in Rechtsstreitigkeiten über die Nichtigkeit der kanonischen Ehe und die Trennung 218 der Ehegatten, für deren Dispens des matrimonium ratum et non consummatum 219 und in Verfahren zum Paulinischen Privileg 220 .)

Alle diese vier Tatbestände wurden durch die vom Konkordat bedingte Reform in den C6digo Civil übernommen. Der novellierte Art. 80 CC221 sprach nun nicht mehr von "sentencias" (Urteilen), sondern auch von "resoluciones"222, die gemäß der kanonischen Verfahrensordnung in der ausschließlichen Kompetenz der katholischen Kirche lagen. Der spanische Gesetzgeber räumte also der katholischen Kirche das bedingungslose Recht ein, jetzt und in Zukunft 223 eine eigene Zuständigkeit in Ehesachen 224 zu begründen und damit die Zuständigkeit des Staates Siehe obige Anm. 135. Der Codigo Civil war seit 1889 in Kraft, der Codex Juris Canonici seit 1918, in Spanien seit 1919. 216 FundsteIle in obiger Anm. 116. 217 Der Ausdruck "Dikasterien" bezeichnet seiner Herkunft nach alle Arten von Behörden, aber im Gebrauch der Römischen Kurie wurde seine Bedeutung auf die Heiligen Kongregationen beschränkt. 218 Unter den verschiedenen Ländern, die ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl abgeschlossen hatten, wurden nur in Spanien Trennungsverfahren vor kirchliche Gerichte ~bracht. In der Literatur jener Zeit wurde dies als besondere Ehre betont (vgl. statt vieler: Perez Mier, REDC 1954, 37). 219 Siehe in diesem Kapitel unter IV 3.1.2. 220 Siehe in diesem Kapitel unter IV 3.1.2. 221 Siehe Art. 80 CC (Fassung von 1958), Anhang I, Nr. 1. 222 Die Bezeichnung "resolucion" schloß alle möglichen rechtskräftigen kirchlichen Entscheidungen ein. Vgl. hierzu: Auto vom 9. Januar 1960 (=Afio 1959, Rollo 1365) (Auszüge in Remiro Brotons, 392-394). 223 Siehe Fuenmayor Champin, Ius Canonicum III (1963), 307. Zur theoretischen Auseinandersetzung über das Verhältnis zwischen staatlichem und kirchlichem Recht jener Zeit siehe Weyers, 105ff. und seine dortigen Literaturhinweise. 224 Streng genommen nicht nur in Ehesachen, denn Art. XXIV Abs. 4 bestimmte, daß "ganz allgemein" alle von kirchlichen Behörden erlassenen Urteile, Verwaltungsentschei214

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auszuschließen. 225 Dabei mußte der katholischen Kirche konsequenterweise auch das Recht zugestanden werden zu entscheiden, ob eine kanonische Ehe vorlag oder nicht. Hierbei war zu berücksichtigen, daß eine "in facie Ecclesiae" geschlossene Ehe immer nur eine kanonische Ehe sein kann, bürgerlich geschlossene Ehen aber für die katholische Kirche unter bestimmten Voraussetzungen den Charakter kanonischer Ehen haben. Dies ist z. B. bei einer bürgerlichen Ehe zwischen zwei Akatholiken - Getauften oder U ngetauftender Fall, die von der kanonischen Form befreit sind (Can. 1099 § 2 CJC);226 ebenso wie bei der Eheschließung von Katholiken in Notfällen (Can. 1098 Nr. 2 CJC).227 Der Tatbestand von Can. 1098 Nr. 2 CJe wurde von der katholischen Kirche bei vielen Zivilehen für erfüllt gehalten, die während der 11. Republik zustandegekomrnen waren. Die von Can. 1098 Nr. 2 CJC verlangten Zeugen wurden in solchen Fällen in dem Munizipalrichter und den zivilen Zeugen (vgl. Art. 100 Abs. 1 CC) gesehen. 228 Um diese kanonische Differenzierung zu berücksichtigen, wurde bei der Reform von 1958 in Art. 42 CC das Wort "formas" durch "clases" ersetzt. Die sog. "matrimonios canonicos en forma civil" (kanonische Ehen nach bürgerlicher Form) wurden auch im Art. 263 RRC229 berücksichtigt. Diese Rechtslage führte angesichts des schwierigen Wegs zur bürgerlichen Eheschließung jener Zeit 230 zu einer umfassenden Zuständigkeit der katholischen Kirche, die durch die Verweisung 231 von Art. 80 CC gern. Can. 1960 CJC232 praktisch alle Ehefragen "unter Getauften" regelte. de und Dekrete "jeden Inhalts" auch Wirkungen in der bürgerlichen Rechtsordnung hatten, wenn sie den zuständigen staatlichen Behörden mitgeteilt worden waren. Diese hatten auch die erforderliche Unterstützung zur Vollstreckung zu leisten. 225 Siehe TS, 14. Januar 1956 ( = CL 1956, T. 45, Nr. 19); TS, 17. November 1961 ( = CL 1961, Nr. 753); TS, 25. Januar 1963 (=CL 1963, T. 115, Nr. 63); TS, 21. Dezember 1963 (=CL 1963, Nr. 1027); TS, 27. Mai 1967 (=CL 1967, Nr. 369). 226 Siehe obige Anmerkungen 113 bis 115 mit Text. 227 Siehe Can. 1098 CJC: "Si haberi vel adiri nequeat sine gravi incommodo parochus vel Ordinarius vel sacerdos delegatus qui matrimonio assistant ad normam canonum 1095, 1096: ... 2. In utroque casu, si praesto sit alius sacerdos qui adesse possit, vocari et, una cum testibus, matrimonio assistere debet, salva coniugii validitate corum solis testibus." - Dazu noch J one, Bd. 11, 363 ff. 228 Vgl. Fuenmayor Champin, (1959), 96. 229 Siehe Art. 263 Abs. 1 RRC (Fassung von 1958), Anhang I, Nr. 4. 230 Siehe in diesem Unterabschnitt unter 2.2. 231 Rigaux, Rev. Crit. de Jur. Beige 1970, 20. 232 Siehe Can. 1960 CJC: "Causae matrimoniales inter baptizatos iure proprio et exclusivo ad iudicem ecclesiasticum spectant." Ferner TS, 27. Mai 1967 (CL= 1967, Nr. 369): Die Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte, eine in Rußland zivil geschlossene Ehe zwischen einem getauften Spanier und einer Russin für nichtig zu erklären, wurde ausdrücklich vom Tribunal Supremo anerkannt.

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1. Teil: Geschichtlicher Kllckbiick

3.3 Anerkennung von Aufläsungsurteilen

3.3.1 Die automatische Wirkung der kirchlichen Entscheidungen im Zivilrecht Von ,Anerkennung' im verfahrensrechtlichen Sinn konnte man bei der Anerkennung kirchlicher Entscheidungen durch das spanische Zivilrecht eigentlich nicht sprechen. Im Rahmen der allgemeinen Zuständigkeit der Kirche in Ehesachen entfalteten deren Entscheidungen entsprechende Wirkungen auch für die zivile Sphäre. Die Durchsetzung dieser Wirkungen war dem Staat zugewiesen worden. 233 So wie der kanonischen Ehe automatische zivile Wirkungen zugesprochen worden waren (vgl. Art. 76 Ce), deren Geltendmachung gegenüber Dritten nur die deklaratorische Eintragung ins Zivilregister erforderte, entfaltete auch ein kirchliches Urteil automatische bürgerliche Wirkungen (vgl. Art. 80 Ce). Auch in diesem Fall war die für die Geltendmachung gegenüber Dritten erforderliche Eintragung ins Zivilregister rein deklaratorischer Art. Das Gesetz vom 23. September 1939 234 zur Aufhebung des republikanischen Scheidungsgesetzes vom 2. März 1932 erklärte rückwirkend die volle zivile Rechtskraft der kanonischen Nichtigkeitsurteile und der Entscheidungen über den Dispens super rato (5. Übergangsbestimmung Abs. 1), die während der Geltung des aufgehobenen Gesetzes gefällt worden waren und injener Zeit keine automatischen zivilen Wirkungen entfaltet hatten. 235 Auch hier bedurfte es der (deklaratorischen) Eintragung ins Zivilregister (5. Übergangsbestimmung Abs.2). Diese Übergangsvorschrift enthielt die erste ausdrückliche Bezugnahme des spanischen Gesetzgebers auf kirchliche Entscheidungen, die kein Urteil waren. Aber Art. 82 CC236 sprach weiterhin nur von den Wirkungen der kirchlichen "Urteile". Wie bei der Frage der Zuständigkeit 237 wurde jedoch diese Vorschrift so weit ausgelegt, daß auch alle anderen· kirchlichen Entscheidungen in Ehesachen (etwa über das Paulinische Privileg oder den Dispens super rato) erfaßt wurden. 238 233 Vgl. L6pez Alarc6n, REDC 1970, 316, der betont, daß es sich dabei weder um staatliche Unterstützung noch um Übertragung auf den weltlichen Arm handelt, sondern um unmittelbaren Vollzug der Wirkungen, die die kanonische Entscheidung in der staatlichen Rechtssphäre entfaltet: "No hay aqui auxilio estatal ni entrega al brazo secular, sino ejecuci6n directa por el Estado de efectos producidos en su propio orden por una resoluci6n can6nica." 234 FundsteIle in obiger Anm. 99. 235 Laut 4. Übergangsbestimmung des republikanischen Scheidungsgesetzes vom 2. März 1932 mußte jedes kirchliche Urteil vor dem zuständigen Zivilgericht zur Revision vorgelegt werden, um die entsprechenden zivilen Wirkungen zu erlangen. 236 Siehe Art. 82 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 237 Vgl. in diesem Unterabschnitt unter 3.2.2.

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Diese weite Auslegung des alten Art. 82 CC fand in Art. XXIV Abs. 3 des Konkordats mit dem Heiligen Stuhl ihren Niederschlag 239 und wurde später durch die Reform des C6digo Civil im Jahre 1958 in Art. 82 CC24Q aufgenommen. Nunmehr hieß es in Art. 82 CC, daß die ordentlichen Gerichte auf die Eintragung rechtskräftiger Beschlüsse und Urteile der katholischen Kirche über die Nichtigkeit oder die Trennung kanonischer Ehen, über den Dispens des matrimonium ratum et non consummatum und über die Anwendung des Paulinischen Privilegs hinwirken sowie deren bürgerliche Wirkungen vollstrecken. Die kirchlichen Entscheidungen entfalteten nach bloßer Mitteilung an das ordentliche Gericht ipso iure volle Wirksamkeit in der Zivilsphäre. Die Mitteilung konnte durch die Kirche oder durch jeden erfolgen, der ein berechtigtes Interesse an der Eintragung hatte. Die Behörde, die die kirchliche Entscheidung fällte, mußte ihren Sitz nicht in Spanien haben, "da der spirituellen Autorität der katholischen Kirche keinerlei irdische Grenzen gesetzt werden und deshalb die kirchlichen Entscheidungen in keinem Land ausländisch sein (konnten)". 241

3.3.2 Die Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile 3.3.2.1 Ordre-public-Klausel und Scheidungshauptjolgen

Die Hauptfolge eines jeden Scheidungsurteils ist die Auflösung des Ehebandes. Mit ihr wird die Ehefähigkeit wiedererlangt. Das Exequatur-Verfahren über ein ausländisches Scheidungsurteil richtet sich deshalb zunächst darauf, diese Folgen den Geschiedenen auch im Anerkennungsland einzuräumen. Die obigen Ausführungen über die außerhalb des Exequatur-Verfahrens ergangene Rechtsprechung zur Ehefähigkeit 242 lassen erkennen, wie gering die Chance war, in formellen Verfahren die Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils in Spanien zu erreichen. Die Vorschriften der spanischen 238 Zur automatischen Wirkung eines päpstlichen Bescheides über Dispens super rato vgl. Auto vom 27. November 1942 (= Aiio 1942, Rollo 511) (Auszüge in Remiro Brotons, 373-375); auch TS, 24. Juni 1949 (=CL 1949, T. 10, Nr. 157). - Dazu noch den zustimmenden Kommentar von Maldonado y Fernandez dei Torco, REDC 1949, 950. 239 Siehe Art. XXIV Abs. 3 des Konkordats mit dem Heiligen Stuhl aus dem Jahre 1953, Anhang I, Nr. 7. 240 Siehe Art. 82 CC (Fassung von 1958), Anhang I, Nr. 1. 241 Siehe die Begründung des Auto vom 27. November 1942 (= Afio 1942, Rollo 511) (Auszüge in Remiro Brotons, 373 - 375). - Dazu auch den Kommentar von de Miguel y Alonso, Festschr. Fragistas 1967, 174f. - Ferner Auto vom 9. Januar 1960 (= Aiio 1959, Rollo 1365) (Auszüge in Remiro Brotons, 392- 314) zu einem bischöflichen Dekret aus Harlem (Holland). 242 Siehe in diesem Unterabschnitt unter 2.2.1.

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Zivilprozeßordnung zum Exequatur-Verfahren (Art. 951 ff. LEC243) enthielten in Art. 954 Nr. 3 LEC244 die für das Anerkennungsverfahren maßgebliche Ordre-public-Klausel. Damit ein ausländisches Urteil in Spanien anerkannt werden konnte, mußte der Streitgegenstand des Prozesses, über den das anzuerkennende Urteil ergangen war, den spanischen Gesetzen nach zulässig sein. Dies konnte nach der spanischen Gesetzgebung jener Zeit bei einem Scheidungsurteil niemals der Fall sein, da nach Art. 52 CC245 jede rechtsgültige Ehe nur durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst wurde. Da eine solche rechtsgültige Ehe sowohl kanonisch als auch bürgerlich (vgl. Art. 42 CC246) geschlossen werden konnte, mußte die Anerkennung eines jeden ausländischen Scheidungsurteils an der Ordre-public-Klausel scheitern. Der Tribunal Supremo - der laut Art. 955 Abs. 1 Satz 1 LEC247 für das Exequatur-Verfahren zuständig war - wies Anträge auf Anerkennung von Scheidungsurteilen ausnahmslos zurück, und zwar sowohl, wenn das anzuerkennende Urteil eine Zivilehe geschieden hatte, 248 als auch, wenn es sich um die Auflösung der bürgerlichen Wirkungen einer kanonischen Ehe handelte. 249 Im ersten Fall stützte sich das Gericht auf Art. 52 CC, der im Rahmen von Art. 954 Nr. 3 LEC und Art. 11 Abs.3 CC250 herangezogen wurde: Jede weltliche Auflösung eines rechtsgültig zustandegekommenen Ehebandes stellte einen Verstoß gegen den spanischen ordre public und die guten Sitten dar und konnte deshalb im spanischen Rechtsleben keinerlei Bedeutung erlangen. 243 Da die Regelung der Artt. 951 ff. LEC zum Exequatur-Verfahren in Art. 107 Abs. 2 CC in der Fassung des Gesetzes Nr. 30/1981 vom 7. Juli beibehalten worden ist, wird hier auf eine ausführliche Darstellung verzichtet, damit Wiederholungen vermieden werden. Auf diese Vorschriften der Ley de Enjuiciamiento Civil wird im einzelnen unten im 6. Kapitel eingegangen. 244 Siehe Art. 954 LEC in Anhang I, Nr. 2. 245 Zur Bedeutung von Art. 52 CC siehe in diesem Unterabschnitt unter 3.1.2. 246 Zu Art. 42 CC siehe unter 11 und in diesem Unterabschnitt unter 2.1. 247 Siehe Art. 955 Abs. 1 Satz 1 LEC in Anhang I, Nr. 2. 248 So z. B. Auto vom 25. September 1941 ( = Afio 1938, Rollo 290) (Auszüge in Remiro Brotons, 371-373); Auto vom 16. Mai 1947 (= Afio 1947, Rollo 108)(Auszüge in Remiro Brotons, 377 - 378). 249 SO Z. B. Auto vom 28. September 1959 (= Afio 1958, Rollo 1532) (Auszüge in Remiro Brotons, 390-391); Auto vom 20. Februar 1962 (=Afio 1958, Rollo 188) (Auszüge in Remiro Brotons, 400-402). 250 Eine Abgrenzung dieser beiden Vorschriften, wie sie im deutschen Rechtssystem von § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO und Art. 30 EGBGB vorgegeben ist, war im spanischen Recht wegen des Wortlauts von Art. 11 Abs. 3 CC nicht angelegt. Anderes läßt sich vom heutigen Art. 12 Abs.3 CC in der Fassung des Dekrets 1836 vom 31. Mai 1974 sagen, da die Bestimmung nicht mehr ausdrücklichen Bezug auf "sentencias" (Urteile) nimmt. Vgl. hierzu die beiden gesetzlichen Bestimmungen in Anhang I, Nr. 1. Zu dieser Frage siehe auch im 6. Kapitel.

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Zum gleichen Ergebnis, wenn auch aufgrund anderer familienrechtlicher Vorschriften, gelangte der Tribunal Supremo bei ausländischen Scheidungsurteilen, die die bürgerlichen Wirkungen einer kanonischen Ehe aufgelöst hatten: Die Anerkennung des Scheidungsurteils würde gegen Artt. 75ff. CC, insbesondere gegen Art. 80 CC verstoßen. Diese Vorschrift wies der kirchlichen Behörde die ausschließliche Kompetenz für die eine kanonische Ehe betreffenden Fragen ZU. 251 Die Ordre-Public-Klausel- Art. 954 Nr. 3 LEC und Art. 11 Abs. 3 CC - richtete sich dann gegen die Verletzung dieser Zuständigkeitsregelung. 3.3.2.2 Die Rechtsprechung über die Neben/olgen

Die Scheidung bewirkt nicht nur eine Auflösung des ehelichen Bandes. Dies ist zwar die Hauptfolge, aber nicht die einzige Folge eines Scheidungsurteils. Die Geschiedenen werden auch durch weitere rechtliche Änderungen betroffen, die allgemein als "Nebenfolgen" der Scheidung bezeichnet werden. 252 Hinsichtlich der Nebenfolgen war man sich im spanischen Rechtsleben durchaus dessen bewußt, daß die undifferenzierte Ablehnung eines jeden ausländischen Scheidungsurteils zu Härten - und meistens nur zur SchlechtersteIlung der spanischen Scheidungspartei - führen konnte. Jedoch erlaubte die Regelung des Exequatur-Verfahrens kein "Teilexequatur" der Scheidungsnebenfolgen, da die Bestimmungen der Artt. 951 ff. LEC nur von dem ausländischen Urteil als ganzem sprachen und die Möglichkeit, davon nur Teile anzuerkennen, de lege lata nicht gegeben war. 253 Die Rechtspraxis jener Zeit fand einen Weg, diese Schwierigkeit zu lösen, indem sie bestimmte Nebenfolgen eines ausländischen Scheidungsurteils außerhalb des Exequatur-Verfahrens anerkannte. Die erste Resolution der Generaldirektion des Register- und Notariatswesens, welche die ordre-public-Klausel bei der Frage der Scheidungsnebenfolgen flexibel anwendet, ist auf dem Gebiet der persönlichen Wirkungen ergangen. Es ging um die Möglichkeit, die durch Heirat verlorengegangene spanische Staatsangehörigkeit wiederzuerlangen. Die zur Zeit der Abfassung der Resolution 254 noch geltende Bestimmung des Art. 22 Abs. 2 CC255 machte für den Wiedererwerb der durch Heirat verlorengeZu Art. 80 CC siehe in diesem Unterabschnitt unter 3.2.2. Zu den Begriffen "Haupt-" und "Nebenfolgen" vgl. Kegel, IPR4, 390f. 253 Vgl. hierzu Remiro Brotons, 235 f., der sich für das ,Exequatur parcial' (Teilexequatur) de lege ferenda aussprach, wie auch Gonzälez Campos (1983), 364. Abgelehnt haben diese Möglichkeit dagegen sowohl de lege lata wie auch de lege ferenda: Per€: Raluy, RIDC 1958, 149, und Sima Santoja (1973), 155. 254 Es handelt sich um die Resolution vom 26. März 1951 (= ADGRN 1951, 338-340). Eine ehemalige Spanierin hatte im Jahre 1924 in Spanien einen Deutschen geheiratet und die spanische Staatsangehörigkeit gern. Art. 22 Abs. 1 CC dadurch verloren. Die Ehe 251

252

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

gangenen spanischen Staatsangehörigkeit zur Voraussetzung, daß die Ehe, aufgrund deren der Staatsangehörigkeitswechsel stattgefunden hatte, aufgelöst war. Diese Voraussetzung konnte durch ein ausländisches Scheidungsurteil nicht erfüllt werden. 256 Dennoch wurde auf der Grundlage der Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenfolgen dem Antrag auf Wiedererwerb der spanischen Staatsangehörigkeit stattgegeben: Die Auflösung des Ehebandes stellte zwar einen krassen Verstoß gegen den spanischen ordre public dar; die Scheidungsfolge, die in keinem Zusammenhang mit der Wiedererlangung der Ehefähigkeit stand, bedurfte hingegen jedoch keiner Korrektur durch die Ordrepublic-Klausel. 257 Demnach konnte Art. 9 CC angewendet werden, so daß sich die Ehe zweier Ausländer unter Berücksichtigung des danach maßgeblichen Heimatrechts als im Sinne des Art. 22 Abs. 2 CC aufgelöst betrachten ließ.258 Die Resolution vom 26. März 1951 zitiert als Präzedenzfall eine andere Resolution vom 10. Januar 1949, die nie veröffentlicht wurde. Eine knapp drei Wochen früher ergangene Resolution 259 - 8. März 1951 - , die veröffentlicht worden war, wurde hingegen nicht erwähnt. In diesem Fall, in dem die mit einem Polen kanonisch geschlossene Ehe einer ehemaligen Spanierin durch kirchliches Urteil getrennt worden war, wurde die Voraussetzung von Art. 22 Abs. 2 CC aufgrund dieses Trennungsurteils für erfüllt angesehen, so daß die Ehefrau die spanische Staatsangehörigkeit wiedererlangte. Die vier Kinder, die nach dem kirchlichen Urteil der mütterlichen Gewalt unterstanden, wurden nach Art. 18 Abs. 1 CC260 ebenfalls Spanier, denn "Kinder teilen, solange sie der elterlichen Gewalt unterstehen, die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern". Diese Konstruktion wurde Gesetz durch die Reform des ersten Titels des ersten Buches des C6digo Civil vom 15. Juli 1954. 261 Nach dieser Reform hieß es im Art. 25 Abs. 1 CC,262 daß eine Frau, die durch Heirat ihre spanische wurde in Deutschland (1947) rechtskräftig geschieden. Die Frau lebte seit Ende des Weltkrieges in Spanien. 255 Siehe Art. 22 Abs. 2 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 256 Siehe in diesem Unterabschnitt unter 3.1.2 und 3.3.2. 257 Die Konstruktion beruhte auf Ausführungen von W. Goldschmidt aus dem Jahre 1949 über ,ei efecto atenuado dei orden publiw' (vgl. W. Goldschmidt (1954), Bd, T, 477f.), wie dies von der französischen Lehre verstanden wird. Zur ,theorie de l'effet aW:nue' vgl. Alexander, 281 ff. (283ff.); Batiffol, DIP (1959), 854; Francescakis, IFamR, 562; Lagarde, 14ff.; Batiffol-Lagarde, DIP (1981), 424ff. m. w. H. auf die französische Rechtsprechung in FN 1-7,425. 258 Warnend zu dieser Konstruktion: Greiio Velasco, REDI 1951, 577f.; zustimmend: Aragoneses Alonso, RDPro. 1951, 517; Lalaguna Dominguez, RDP 1972, 527; Lozano Serralta, REDI 1951, 591; Medina Ortega, REDI 1962,461; Miaja de la Muela, Festschr. Wengier, 11, 608; Navarra Valls (1972), 133; Sim6 Santoja (1973), 185. 259 Siehe DGRN, 8. März 1951 (=JC 1951, T. 34, Nr. 13). 260 Siehe Art. 18 CC (Originalfassung), Anhang I, Nr. 1. 261 Siehe Gesetz zur Reform des 1. Titels, 1. Buch des C6digo Civil (= BOE, Nr. 197 vom 16. 7.1954 = Aranzadi 1954, Nr.1084).

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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Staatsangehörigkeit verloren hat, diese nicht nur nach der Eheauflösung, sondern auch nach rechtskräftigem Trennungsurteil wiedererlangen kann. Die nach der Resolution vom 26. März 1951 notwendige Heranziehung des Heimatrechts der Ehegatten konnte dann durch eine andere, nach dem Wortlaut des neuen Art. 25 CC mögliche Konstruktion vermieden werden: Im Falle eines ausländischen Scheidungsurteils wurde der Wiedererwerb der spanischen Staatsangehörigkeit dadurch ermöglicht, daß das ausländische Scheidungsurteil hinsichtlich aller Nebenfolgen dem Trennungsurteil nach spanischem Recht gleichgestellt wurde. 263 Mit Hilfe einer entsprechenden Konstruktion sprach der Tribunal Supremo einem ausländischen Scheidungsurteil die gleichen vermögensrechtlichen Wirkungen wie einer inländischen Trennung von Tisch und Bett ZU. 264 Die Auflösung der Gewinngemeinschaft war gern. Art. 73 Nr. 4 CC i. V.m. Art. 1417 Abs. 3 CC und Art. 1433 CC265 die wichtigste vermögensrechtliche Wirkung eines Trennungsurteils. Die Gleichstellung des ausländischen Scheidungsurteils mit der inländischen Trennung von Tisch und Bett ermöglichte auch, erbrechtliche Ansprüche des überlebenden Ehegatten auszuschließen,266 wenn dieser die Scheidung erwirkt hatte. 267 Die Konstruktion wurde in der Literatur 268 auch bei der Frage in Betracht gezogen, ob die Scheidung im Ausland die Beschränkung der Geschäfts- und Prozeßfahigkeit der Frau aufhebt. Die wesentlichen vermögens rechtlichen Auswirkungen der vom C6digo Civil geregelten ehemännlichen Autorität Siehe Art. 25 Abs. 1 CC (Fassung von 1954), Anhang I Nr. 1. Gegen diese Konstruktion haben sich geäußert: Lalaguna Dominguez, ADC 1963, 137; ders., RDP 1972, 525ff.; Navarro Valls (1972),133,152; Pere Raluy, RIDC 1958, 149. -Dafür: Aguilar Benitezde Lugo, REDI 1967,243; Castan Tobefias, Derecho Civil, T. V, Vol. I (1976), 947; Cerda Gimeno, RCDI 1970, 555f.; Lluis y Navas Brusi, RGLl 1955, 151. 264 So z.B. TS, 13. März 1969 (=JC 1969, Nr.167). 265 Siehe Art. 73 Nr. 4 CC (Fassung von 1958), Art. 1417 Abs. 3 (Originalfassung) und Art. 1433 CC (Fassung von 1958) in Anhang I, Nr. 1. 266 So z.B. TS, 4. Juni 1964 (=JC 1964, Nr. 511); TS, 13. März 1969 (=JC 1969, Nr. 167). 267 Dies wurde durch die Bestimmung von Art. 834 CC e contrario begründet, wonach dem überlebenden Ehegatten erbrechtliche Ansprüche zustanden, wenn der verstorbene einen Grund für die Trennung gegeben hatte. Diese Vorschrift sprach von "culpa" (Trennungsschuld). Der Tribunal Supremo behandelte bei der Anwendung dieser Regel den Kläger immer als schuldige Partei (vgl. hierzu die Begründung bei den Urteilen der obigen Anmerkung). 268 Batlle, Divorcio (Voz) NEJE 1955, 669f.; so auch die in Anm. 258 aufgeführten Autoren, die diese Lösung für die gesamten Nebenfolgen eines ausländischen Scheidungsurteils vorschlagen. 262 263

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

ergaben sich aus Artt. 59 ff. CC. Art. 60 Abs. 1 Satz 1 CC269 bestimmte, daß der Ehemann der Vormund seiner Frau ist. 270 Diese konnte ohne Zustimmung ihres Mannes weder aufgrund eines belastenden noch eines vorteilhaften Geschäfts Güter erwerben oder veräußern, noch konnte sie sich wirksam verpflichten (vgl. Art. 61 CC271). Die entsprechende Bestimmung bezüglich der Prozeßfähigkeit der verheirateten Frau war in Art. 60 Abs. 1 Satz 2 CC272 enthalten, wonach die Ehefrau ohne die Zustimmung des Mannes weder allein noch vertreten durch einen Rechtsanwalt vor Gericht auftreten konnte. Ausnahmen von dieser prinzipiellen Regel galten nur für den Fall, daß die verheiratete Frau sich vor dem Strafrichter zu verantworten hat oder daß sie in Rechtsstreitigkeiten mit dem Mann als Klägerin oder Beklagte auftritt (vgl. Art. 60 Abs. 2 CC273). Lag keine ausdrückliche Zustimmung des Ehemannes vor, konnte die Prozeßunfahigkeit der Ehefrau jederzeit mit der Wirkung geltend gemacht werden, daß der Prozeß eingestellt werden mußte. Gerichtliche oder außergerichtliche Handlungen der Frau ohne die in Art. 60 CC und Art. 61 CC bezeichnete Mitwirkung des Mannes waren nach Art. 62 Satz 1 HS 1 CC274 nichtig. Die Nichtigkeit konnte nicht nur vom Ehemann, sondern auch von dessen Erben geltend gemacht werden (vgl. Art. 65 CC275). Durch die Gleichstellung des ausländischen Scheidungsurteils mit der inländischen Trennung von Tisch und Bett sollte es der im Ausland geschiedenen Frau ermöglicht werden, sich von der ehemännlichen Autorität zu befreien. Ihre Geschäftstätigkeit blieb jedoch durch die Bestimmung von Art. 1444 CC276 erheblich eingeschränkt, denn sie konnte die ihr bei der Auseinandersetzung der Gemeinschaft zugeteilten Güter nur mit richterlicher Erlaubnis veräußern oder belasten. Die Frage der Prozeßfähigkeit der getrennten Ehefrau war im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Zwar hatte der Gesetzgeber eine richterliche Ermächtigung zum Ersatz der ehemännlichen Zustimmung bei gerichtlichem Auftreten der Frau ausdrücklich in Artt. 1994ff. LEC vorgesehen. Aber Art. 1995 LEC277 zählte die Fälle, in denen die Zustimmung des Ehemannes durch gerichtliche Siehe Art. 60 Abs. 1 Satz 6 CC (Originalfassung - bis 1975), Anhang I, Nr. 1. Zur Auseinandersetzung in der spanischen Literatur über den Charakter dieses Vertretungsrechts vgl. Fell (1965), 54ff. und die dortigen Literaturhinweise. 271 Siehe Art. 61 CC (Originalfassung bis 1975), Anhang I, Nr. 1. 272 Siehe Art. 60 Abs. 1 Satz 2 CC (Originalfassung bis 1975), Anhang I, Nr. 1. 273 Siehe Art. 60 Abs. 2 CC (Originalfassung bis 1975), Anhang I, Nr. 1. 274 Siehe Art. 62 Satz 1 CC (Originalfassung bis 1975), Anhang I, Nr. 1. 275 Siehe Art. 65 CC (Originalfassung bis 1975), Anhang I, Nr. 1. 276 Siehe Art. 1444 Abs. 1 und 2 (Originalfassung bis 1975), Anhang I, Nr. 1. 277 Siehe Art. 1995 LEC, Anhang I, Nr. 2. 269 270

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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Ermächtigung ersetzt werden konnte, enumerativ auf, und der Fall der rechtskräftig getrennten Frau war hierbei nicht berücksichtigt. Einige Autoren 278 beantworteten die Frage, indem sie auf Art. 1444 CC279 und ähnliche Bestimmungen des C6digo Civip80 und der Ley de Enjuiciamiento Civip81 hingewiesen und eine richterliche Ermächtigung für jedes Auftreten der rechtskräftig getrennten Frau im Prozeß für erforderlich erklärten. Begründet wurde dies mit dem Gedanken, daß alle diese gesetzlichen Bestimmungen eine richterliche Billigung für wichtige Handlungen der Frau erforderten und daß durch Prozeßhandlungen das Familienvermögen häufig stärker gefährdet werde als durch andere Handlungen der Frau. Die Notwendigkeit der richterlichen Ermächtigung für jedes Auftreten der getrennten Frau im Prozeß sollte also den Willen des Gesetzgebers verwirklichen, die Frau immer dann zu schützen, wenn ein Schutz durch das Erfordernis der Zustimmung des Mannes nicht bestand. Diese Theorie fand bei der Rechtsprechung Widerhall. 282 Aber zu der Frage der Geschäfts- und Prozeßfähigkeit der im Ausland geschiedenen Frau nahm der Tribunal Supremo nicht ausdrücklich Stellung. 283 Die einzige Entscheidung, die hierzu in der Literatur erwähnt wird, 284 wies die Klage aus formellen Gründen ab. Das Gericht der zweiten Instanz hatte die 278

712.

So z. B. de Cossio y Corral, ADC 1948,38; eher zögernd: Soto Nieto, RDP 1956,

Siehe obige Anm. 276. Nach dem C6digo Civil bedurfte die Ehefrau einer richterlichen Erlaubnis unter anderem: - nach Art. 255 Abs. 2, um Güter zu veräußern, wenn ihr Mann wegen Verschwendung entmündigt worden war, - nach Art. 995 als Ersatz für die ehemännliche Zustimmung, um die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen, - nach Art. 1053 als Ersatz für die ehemännliche Zustimmung, um die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft zu beantragen, - nach Art. 1387 als Ersatz für die ehemännliche Zustimmung, um Paraphernalgüter (eigenes Vermögen der Ehefrau) zu veräußern oder zu belasten oder bei Streitigkeiten darüber vor Gericht aufzutreten. 281 Nach der Ley de Enjuiciamiento Civil bedurfte die Ehefrau einer richterlichen Ermächtigung unter anderem: - nach Art. 2036 für alle Handlungen, die nach dem C6digo Civil die Zustimmung ihres Mannes erfordern, wenn festgestellt ist, daß er abwesend und sein Aufenthalt unbekannt ist, - nach Art. 2041 Abs. 2 und Abs. 3, wenn der Ehemann für verschollen erklärt worden ist. 282 Vgl. hierzu Soto Nieto, RDP 1956, 710ff. und seine dortigen Hinweise auf die Rechtsprechung. 283 Auch den spanischen Rechtsgelehrten, die sich mit der Frage auseinandergesetzt haben, ist kein solches Urteil bekannt; vgl. etwa: Sim6 Santoja (1973), 187ff.; Navarro Valls (1972), 131, sagt ausdrücklich: "no conocemos jurisprudencia sobre el tema". 284 Remiro Brotons, FN 128, S. 174, zitiert das Urteil vom 21. Mai 1964 und bedauert, daß die Klage vom Tribunal Supremo ohne Behandlung der materiellrechtlichen Frage 279 280

5 Hernanz Sanchez

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

Prozeßfähigkeit einer im Ausland geschiedenen Spanierin mit der Begründung bejaht, jedes Scheidungsurteil löse teilweise Folgen aus, die nur durch ein Exequatur-Verfahren in Spanien wirksam werden könnten, teilweise aber auch Folgen, die aufgrund der Existenz des Urteils als Tatsache anzuerkennen seien. Die Begründung entsprach also dem Gedanken Bartins, 285 der sogenannten "jugement etranger considere comme un fait", 286 deren Verfechter in Spanien 287 auf die rechtstechnischen Schwierigkeiten einer Gleichstellung des ausländischen Scheidungsurteils mit der inländischen Trennung von Tisch und Bett hingewiesen hatten. Ob das Gericht durch die Konstruktion der "Scheidung als bloße Tatsache" die oben beschriebene Sackgasse für die im Inland getrennte Frau vermeiden wollte? Erstaunlicherweise führte das Gericht aber weiter aus, daß das in Budapest ausgesprochene Scheidungsurteil "außerdem" zu einem Zeitpunkt gefällt worden sei, als auch die spanische Rechtslage eine Scheidung dem Bande nach erlaubt habe (1933) und somit den Status der Betroffenen endgültig geändert hätte. Diese Konstruktion, die ausländischen Scheidungsurteilen Wirkungen in Spanien anerkennen wollte, wenn nur das ausländische Urteil auf einer zur Zeit der 11. Republik der spanischen ähnlichen Rechtslage beruhte, war und blieb einmalig für die spanische Rechtsprechung. Nur weil dies das einzige Urteil ist, das die Frage der Prozeßfähigkeit der Frau ansprechen mußte, ist es hier trotz seiner verfehlten zusätzlichen Begründung erwähnt worden. Auf kindschaftsrechtlicher Ebene konnte die Konstruktion der Gleichstellung des ausländischen Scheidungsurteils mit der inländischen Trennung von Tisch und Bett nicht mehr weiterhelfen. 288 Weder für Kinder eines im Ausland geschiedenen Elternteils noch für Kinder eines im Inland rechtskräftig getrennten Elternteils traf die gesetzliche Ehelichkeitsvermutung des Art. 108 CC289 zu. Darüber hinaus unterschied der C6digo Civil zwischen zwei Arten nichteheliaus formellen Gründen abgewiesen wurde. Er zitiert "Aranzadi 1964, Nr.3877". Demgegenüber gibt Pecourt Garcia, REDI 1965, 587, für dieses Urteil als FundsteIle "Aranzadi 1964, Nr. 2153" an. Das für diese Arbeit vorliegende Exemplar der Urteilssammiungen von Aranzadi aus dem Jahre 1964 enthält das Urteil nicht. Die obigen Ausführungen stützen sich auf den in JC 1964, Nr. 452, abgedruckten vollständigen Text. 285 Vgl. hierzu Bartin, Clunet (1924), 857ff. 286 Zu der Theorie Bartins vgl. Niboyet, Traite, T. VIbis, Nr. 1926, 54ff.; Batiffol, Traite, Nr. 747,853; Alexander, 74ff. 287 Die Theorie "el'divorcio corno mera cuesti6n de hecho" wurde in Spanien zunächst von Lalaguna Dominguez, ADC 1963, 137, erwähnt und in RDP 1972, 525ff. eingehender dargestellt. Vgl. hierzu Navarro Valls (1972),130, der diesem ersten Autor ausdrücklich gefolgt ist. 288 Zur Rechtsstellung des nach der Trennung geborenen Kindes eines im Inland rechtskräftig getrennten Spaniers siehe DGRN, 8. Mai 1964, (=ADGRN 1964, 308312): Das Kind wurde als ,ilegitimo no natural' eingetragen. 289 Siehe Art. 108 CC (Originalfassung bis 1981), Anhang I, Nr. 1.

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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cher Kinder: solchen, deren Eltern zur Zeit der Empfängnis hätten heiraten können (vgl. Art. 119 Abs. 2 CC290), und solchen, deren Eltern zur Zeit der Empfängnis heiratsunfähig waren. Jene wurden ,ilegitimos naturales', diese ,ilegitimos no naturales' genannt. Dieser Unterschied hatte selbstverständlich nicht nur terminologische Bedeutung. Nur die ,ilegitimos naturales' konnten bei beiderseitiger Kinderanerkennung 291 die Familiennamen der Eltern 292 erhalten. Ihnen stand ein Unterhaltsanspruch im selben Umfang wie ehelichen Kindern 293 und ein Erbersatzanspruch 294 zu (vgl. Art. 134 CC295). Demgegenüber besaßen die ,ilegitimos no naturales' keinen status filii 296 und hatten gegenüber den Eltern nur einen "schäbigen"297 Unterhaltsanspruch, der nur die Überlebenshilfe, eine Grund- und eine einfache Berufsausbildung umfaßte (vgl. Art. 139 CC i. V. m. Art. 143 Abs. 2 CC298). Nach Art. 845 CC299 waren sie von jeder Erbfolge ausgeschlossen.

290 Siehe Art. 119 ee (Originalfassung - bis 1981), Anhang I, Nr. 1.

291 Nach Artt. 129 und 130 ee (beide Originalfassung bis 1981), Anhang I, Nr. 1, konnte ein ,ilegitimo natural' auch von nur einem Elternteil anerkannt werden, wenn dieser heiratsfähig war. Die Heiratsfähigkeit beider Eltern stand dann als gesetzliche Vermutung. Sie konnte gem. Art. 138 ee nur von demjenigen angefochten werden, der ein berechtigtes Interesse geltend machen konnte. 292 Das spanische Namensrecht kennt keinen gemeinsamen Familiennamen für Ehegatten und Kinder. Diese erhalten als ersten den ersten Familiennamen des Vaters und als zweiten den ersten Familiennamen der Mutter. Diese bei den Familiennamen bleiben durch Heirat unverändert. Ein beiderseitig anerkanntes ,hijo natural' erhielte also dieselben Familiennamen - in derselben Ordnung - wie ein eheliches Kind. Im Falle einer einseitigen Kindesanerkennung erhielte das Kind die beiden Familiennamen des anerkennenden Elternteils. 293 Siehe Artt. 142 und 143 ee (Originalfassung bis 1981), Anhang I, Nr. 1. 294 Die Erben konnten den Anspruch des nichtehelichen Kindes nach Art. 840 Abs. 2 ee entweder in Geld oder durch Güter aus der Erbschaft befriedigen. 295 Siehe Art. 134 ee (Originalfassung bis 1981), Anhang I, Nr. 1. 296 Von der Rechtsprechung wurde die Bestimmung des Art. 139 ee, wonach die sog. ,ilegitimos no naturales' gegenüber ihren Eltern nur den Unterhaltsanspruch des Art. 143 Abs. 2 ee geltend machen konnten, so verstanden, daß selbst eine freiwillige Kindesanerkennung seitens der Eltern oder eines Elternteils nicht möglich war. Vgl. hierzu TS, 14. November 1963 (= Je 1963, Nr. 862). Ferner die Resolution vom 13. März 1950 (zit. nach Pere Raluy, ADe 1956, 869), wonach eine solche Eintragung im Personenstandsregister allgemein für alle Fälle der sog. ,filiaci6n ilegitima no natural' verboten war. Ferner DGRN, 20. Mai 1964 (=BIMJ, 15. Juni 1964, Nr.629); DGRN, 23. Februar 1965 (= BIMJ, 15. März 1965, Nr. 656). Natürlich konnte wegen des Fehlens des status filii das Recht auf Unterhalt im Sinne von Art. 139 ee i. V. m. Art. 143 Abs. 2 ee sehr oft nicht verwirklicht werden. 297 Pere Raluy, ADe 1956, 869, verwendet das Wort ,mezquino'. 298 Siehe Artt. 139 und 143 Abs. 2 ee (Originalfassung bis 1981), Anhang I, Nr. 1. 299 Siehe Art. 845 Abs. 1 ee (Originalfassung - bis 1981), Anhang I, Nr. 1.

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

Diese kindschaftsrechtlichen Bestimmungen führten dazu, daß die Kinder eines geschiedenen Elternteils wegen dessen Eheunfähigkeit 3°O als ,ilegitimos no naturales' betrachtet wurden. 30l Sie konnten nur dann als ,ilegitimos naturales' gelten, wenn der geschiedene Elternteil unbekannt war oder zumindest bei der Registereintragung des Kindes als unbekannt behandelt wurde. 302 Diese Möglichkeit bestand deshalb, weil nach Art. 129 CC und Art. 130 CC303 die Anerkennung eines Elternteils und dessen Ehefähigkeit genügte, damit das Kind als ,ilegitimo natural' gelten konnte. Dies war eine ausgesprochen ungerechte Lösung, um so mehr, wenn man bedenkt, daß Kinder, deren Eltern unter Verstoß gegen Art. 83 Nr. 5 CC eine zweite Ehe im Ausland geschlossen hatten, als eheliche Kinder betrachtet werden konnten, wenn die Ehe ihrer Eltern wegen Bigamie für nichtig erklärt worden war. 304 Der Gesetzesverstoß der Eltern wurde also in diesen Fällen mit der Ehelichkeit der Kinder belohnt. Dieser Wertungswiderspruch blieb bis zur Resolution vom 23. April 1970 305 in vollem Umfang bestehen. Der zu diesem Zeitpunkt erlassenen Resolution lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Mutter des Kindes war ursprünglich Spanierin; sie hatte durch Heirat mit einem Deutschen die Staatsangehörigkeit ihres Mannes erworben. Ihre in Spanien kanonisch geschlossene Ehe war in Deutschland rechtskräftig geschieden worden. Die Frau hatte die deutsche Staatsangehörigkeit behalten, obwohl sie in Spanien lebte. Dort wurde das nichteheliche Kind geboren; sein Vater war ein lediger Spanier. Die Registerbehörde nahm nur das Anerkenntnis des Vaters entgegen, so daß das Kind nach Art. 129 CC, Art. 130 CC und Art. 187 Nr. 2 RRC306 als 300 Über das Anknüpfungssystem bei Fragen der Ehefähigkeit siehe in diesem Unterabschnitt unter 2.2.1. 301 So z.B. TS, 8. Februar 1950, 6. März 1962,14. Februar 1963 und 14. März 1964 (zit. nach Navarro Valls (1972), 123). 302 So war von der Registerbehörde z. B. im Fall der Resolution vom 23. April 1970 (ADGRN 1970,242-250) entschieden worden, von welcher noch die Rede sein wird. 303 Siehe obige Anm. 291. 304 Vgl. hierzu DGRN, 12. Januar 1963 (= ADGRN 1963, 322f.): Die im Ausland zivil geschlossene Ehe eines nach dem republikanischen Ehescheidungsgesetz aus kanonischer Ehe geschiedenen Spaniers wurde bei der Eintragung des Kindes im konsularischen Register für nichtig angesehen. Das Kind erhielt jedoch den Status eines ehelichen Kindes. - Auch DGRN, 7. August 1970 (= ADGRN 1970,281-287). Ferner siehe die obigen Ausführungen über Bigamie unter 2.2.1, insbesondere über das Urteil vom 7. März 1972 (FundsteIle in Anm. 148). 305 Siehe DGRN, 23. April 1970 (=ADGRN 1970,242-250). Zu dieser Resolution vgl. noch: Amoros Guardiola, RCDI 1970, 1557ff.; Lalaguna Dominguez, RDP 1972, 527ff.; Medina Ortega, RED! 1970, 779ff.; Miaja de la Muela, Festschr. Wengier, H, 610ff.; Navarro Valls (1972), 121 ff.; Simo Santoja (1973), 195ff. 306 Vgl. obige Anm. 291. Das Eintragungsverfahren für die abgeschafften Artt. 129 und 130 CC regelte Art. 187 Nr. 2 RRC (Fassung von 1958), Anhang I, Nr. 4.

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,ilegitimo natural' des Vaters mit unbekannter Mutter gelten konnte, weil diese den Vater zur Zeit der Empfängnis nicht habe heiraten können (vgl. Art. 119 Abs. 2 CC). Die Generaldirektion erklärte die Eintragung des Kindes als ,ilegitimo natural' beider Eltern für zulässig. Hierfür griff sie auf die Konstruktion "de l'effet attenue" zurück, wie sie schon die Resolution vom 26. März 1951 307 verwendet hatte, die hier eine Art selbständige Anknüpfung ermöglichte: Bei der Frage des Zivilstandes konnte, anders als bei der Frage der Ehefähigkeit, Art. 9 CC ohne Einschränkung durch den ordre public herangezogen werden. Das nach Art. 9 CC anwendbare Heimatrecht der Mutter ermöglichte es, diese als ,nicht verheiratet' anzusehen. Damit war die Voraussetzung des Art. 119 Abs. 2 CC erfüllt. Man wird an dieser Stelle fragen müssen, wieso die Generaldirektion beim Wiedererwerb der durch Heirat verlorenen spanischen Staatsangehörigkeit schon im Jahre 1951 den Weg für eine zurückhaltende Anwendung der Ordrepublic-Klausel gefunden hatte, während sie für die weit tiefergreifende Frage unvergleichbarer Tragweite der familienrechtlichen Stellung des nichtehelichen Kindes weitere 20 Jahre brauchte, um denselben Weg zu finden.

Ergebnis: Die Behandlung eherechtlicher Fragen mit Auslandsberührung während des Franquismus weist zwei Hauptmerkmale auf: Konfessionalität und Dominanz des ordre public. Diese beiden Störenfriede des internationalen Privatrechts waren in der juristischen Tradition Spaniens tief verwurzelt. Der große Einfluß der katholischen Kirche in Spanien, der auf die Begründung der spanischen Einheit durch die "katholischen Majestäten" im 15. Jahrhundert zurückzuführen ist und sich in der Kodifikation des bürgerlichen Rechts im 19. Jahrhundert widerspiegelte, erlangte am Ende des Bürgerkrieges seine nur kurzfristig verlorene Position wieder. Mit der Wiedereinführung der familienrechtlichen Vorschriften des C6digo Civil wurde das Bekenntnis zum katholischen Glauben durch die Bestimmung des Art. 42 CC der erste Anknüpfungsmoment für alle Ehefragen. Zwar betraf diese Vorschrift unmittelbar nur die Eheschließung. Sie bestimmte, daß die Ehe nach den Rechtssätzen der katholischen Kirche geschlossen werden mußte, wenn einer der Eheschließenden sich zum katholischen Glauben bekannte. Jedoch hatte diese Anknüpfung an das konfessionelle Bekenntnis bei der Eheschließung ein so starkes Gewicht, daß sie sich auch im Ergebnis bei allen anderen Fragen des Eherechts durchsetzte. Die kanonischen Rechtssätze waren nach Art. 75 CC für alle eine kanonische Ehe betreffenden Fragen maßgeblich. Die Entscheidung dieser Fragen unter307

Siehe obige Anm. 254, so wie obige Anm. 257 mit Text.

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

stand gern. Art. 80 CC der ausschließlichen Kompetenz der kirchlichen Instanzen. Der Einfluß der katholischen Kirche erstreckte sich sogar noch weiter: Auch die bürgerliche Ehe war vom kanonischen Eherecht stark geprägt und beruhte auf dem tridentinischen Dogma der Unauflöslichkeit. Art. 52 CC erklärte beide nach Art. 42 CC anerkannten Arten der Ehe für unauflöslich. Jede rechtsgültig geschlossene Ehe konnte durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst werden. 308 Das gesamte vom Prinzip der Unauflöslichkeit 309 geprägte Eherecht des C6digo Civil wurde in Art. 12 CC durch ein territoriales Element verstärkt. Danach hatte der Titel IV des I. Buches (Artt. 42-107) des C6digo Civil für das gesamte spanische Königreich zwingenden Charakter. Die Durchführung seiner dogmatischen Eherechtsvorstellung sicherte der spanische Gesetzgeber jenseits der Grenzen Spaniens durch die in Art. 9 CC vorgesehene Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit bei allen Familienfragen. Art. 9 CC war - wie in vielen anderen Ländern auch - als einseitige Kollisionsnorm ausgestaltet. Durch die "mancinische"310 Kombination des "Territorialitäts-" mit dem "Personalitätsprinzip" hatte der spanische Gesetzgeber die Säule des spanischen Familienrechts - nämlich das tridentinische Dogma der Unauflöslichkeit - bis an die Grenzen seiner Souveränität erstreckt. Dieser klassischen Konstruktion folgend,311 erkannte die Rechtsprechung zwar das Prinzip der Gegenseitigkeit ausdrücklich an und legte daher Art. 9 CC als bilaterale Vorschrift aus, so daß die Bestimmung des Art. 12 CC jeden möglichen international-privatrechtlichen Inhalts entleert wurde. Jedoch verschaffte sie dem Dogma der Unauflöslichkeit der Ehe durch Anwendung des Art. 11 Abs.3 CC als Vorschrift der Ordre-public-Klausel uneingeschränkte Geltung. Als "unbekanntes Rechtsinstitut"312 stellte die Ehescheidung für die spanischen Gerichte einen Fall der sogenannten "Weigerung konstitutiver Über die Ausnahmen zu Art. 52 CC siehe in diesem Unterabschnitt unter 3.1.2. Von diesem Prinzip machte der spanische Gesetzgeber - anders als die katholische Kirche - auch im Fall einer Todeserklärung keine Ausnahme. Vgl. hierzu Art. 195 Abs. 3 CC, wonach die Todeserk;lärung für sich allein dem überlebenden Ehegatten keine Möglichkeit einer zweiten Eheschließung eröffnete. Demgegenüber sah Can. 1053 GC: "Data a Sancta Sede dispensatio super matrimonio rato et non consummato vel facta permissio transitus ad alias nuptias ob praesumptam coniugis mortem, secumfert sem per dispensationem ab impedimento proveniente ex adulterio cum promissione vel attentatione matrimonii, si qua opus sit, minime vero dispensationem ab impedimento de quo in can. 1075, nn. 2,3." Der neue Art. 85 CC, nach dem "die Ehe ohne Rücksicht darauf, in welcher Form und zu welcher Zeit sie geschlossen worden ist, durch den Tod eines der Ehegatten oder dadurch, daß dieser für tot erklärt wird, sowie durch die Scheidung aufgelöst wird", hat den alten Art. 195 CC außer Kraft gesetzt. 310 Vgl. Mancini, Clunet (1874), 227ff. Dazu die Monographie von Jayme, 3f., und passim. 311 Vgl. hierzu Schurig, 122 f. 312 Vgl. oben Anm. 207. 30B 309

1. Kap.: Von Trient bis Ende der Franco-Ära (1564-1975)

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Thätigkeit"313 dar: Eine Ehescheidung konnte von ihnen auch dann nicht ausgesprochen werden, wenn der gesamte Sachverhalt kaum eine Inlandsbeziehung zu der spanischen Rechtsordnung aufwies. 314 Im Rahmen des Exequatur-Verfahrens bestimmte Art. 954 Nr. 3 LEC, daß der Streitgegenstand des Prozesses, worüber das anzuerkennende Urteil ergangen war, nach den spanischen Gesetzen zulässig sein muß. Dies konnte bei einem Scheidungsurteil wegen der Bestimmung des Art. 52 CC niemals der Fall sein, da diese Vorschrift den Tod eines Ehegatten zum einzigen Auflösungsgrund jeder Eheart erklärte und den Charakter einer "loi d'application immediate"31S hatte. Auch außerhalb des Exequatur-Verfahrens zog die spanische Rechtsprechung die Ordre-public-Klausel - in extensivem Maße - heran. Die Wiedererlangung der Ehefähigkeit als Hauptfolge eines Scheidungsurteils konnte so gut wie nie anerkannt werden. 316 Für einen im Ausland geschiedenen Spanier war die Ehefähigkeit nach Art. 9 CC zu verneinen, da das ausländische Scheidungsurteil die Ehe eines spanischen Staatsangehörigen unter Anwendung fremden Rechts und somit durch Unterlassung des von Art. 9 CC berufenen spanischen Sachrechts geschieden hatte. Einer solchen Anwendung falschen Rechts wurde durch Art. 11 Abs. 3 CC als Vorschrift der Ordre-public-Klausel entgegengetreten. 317 Eine Abgrenzung zwischen kollisions- und materiell rechtlicher Konformität des ausländischen Scheidungsurteils fand, da überflüssig, hierbei nicht statt. Durch eine unselbständige Anknüpfung gelang es der Rechtsprechung darüber hinaus, die Eheunfähigkeit eines nach seinem Heimatrecht gültig geschiedenen Ausländers zu behaupten, wenn dieser nur irgendwie in Berührung mit der spanischen Rechtsordnung kam. Vgl. oben Anm. 208. Vgl. Medina Ortega, REDI 1962,455: "Frontalmente es hoy imposible plantear un juicio de divorcio ante los Tribunales espafioles, aunque todos los elementos en cl presentes sean extranjeros." (Es ist absolut unmöglich, ein Scheidungsverfahren bei spanischen Gerichten einzuleiten, auch wenn alle Anknüpfungsmomente fremde sind.) - Fast mit denselben Worten: Navarro Valls (1972),110; ferner: Sim6 Santoja (1973),148. 315 Vgl. obige Anm. 140. 316 An dieser Stelle verdient die Resolution vom 18. September 1971 (BOE, Nr. 284 vom 27. November 1971) eine kurze Erörterung: Ein aus zwei koranischen Ehen geschiedener muslimischer Spanier aus Villa Cisneros (Sahara) wollte eine ledige Spanierin aus Saragossa heiraten, was ihm auch erlaubt wurde. Diese Resolution stellt eine einmalige Ausnahme dar, die mit dem heutigen Abstand nur aus politischen Erwägungen zu verstehen ist. Sie öffnete keinen neuen Weg für die zukünftige Behandlung der Ehefahigkeitsfrage während des Franquismus, so daß die in der Literatur von ihr veranlaßten Erwartungen unerfüllt geblieben sind. - Zu dieser Resolution vgl. noch: Lalaguna Dominguez, RDP 1972,487; Miaja de la Muela, Festschr. WengIer, 11, 615; Tomas Ortiz de la Torre, RGLJ 1971, 882 ff.; weiterhin siehe den Bericht in RabelsZ 1972, 356f. 317 Vgl. hierzu die Begründung bei TS, 12. März 1942 (=Aranzadi 1942, Nr. 32). 313

314

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1. '1(:11: ueschichtiicher Rückbiick

Das ganze Maß der extensiven Ausdehnung der Ordre-public-Klausel wird aber erst bei der Beurteilung der Ehefähigkeit von zwei Ausländern deutlich, die nach ihrem Heimatrecht rechtskräftig geschieden worden waren und miteinander eine zweite Ehe in Spanien schließen wollten. Die Anwendung der Ordre-public-Klausel in diesem Maß konnte systematisch kaum begründet werden. Sie wurde also durch Rekurs auf dogmatische Grundsätze verteidigt: Die Unauflöslichkeit der Ehe war als die naturrechtliche Grundlage der Ehe zu verstehen, die über jedem irdischen Akt stand und als Bestandteil der Lehre der katholischen Kirche universelle Geltung hat. In der Tat hört das internationale Privatrecht da auf, wo von universeller Geltung gesprochen wird. So war es auch während der gesamten Franco-Ära in Spanien: Die Rechtsprechung ignorierte letzten Endes das Anknüpfungssystem und wandte die Sachnormen des eigenen Rechts als sog. "lois d'application immediate"318 uneingeschränkt an. Nur hinsichtlich der Nebenfolgen des Scheidungsurteils, die das Unauflöslichkeitsprinzip unangetastet ließen, wurde die Ordre-public-Klausel, wenn auch recht uneinheitlich, verhältnismäßig zurückhaltend angewendet. 319

318 Vgl. obige Anm. 140. 319 Im Grunde genommen wurden auch bei den Nebenfolgen des ausländischen

Scheidungsurteils überwiegend nur die eigenen Sachnormen angewandt, indem man das ausländische Scheidungsurteil der inländischen Trennung von Tisch und Bett gleichstellte. Von echter Zurückhaltung konnte man, wie gezeigt, nur bei den Resolutionen vom 26. März 1951 (Anm. 254) und vom 23. April 1970 (Anm. 302) sprechen.

Zweites Kapitel

Die Reformtendenzen seit November 1975 Der Tod Francos war ein weiterer Markstein in der Geschichte Spaniens. Er brachte eine Wende für das spanische Eherecht im Gleichklang mit den neuen politischen Entwicklungen. Obwohl Juan Carlos I. schon am 22. November 1975-d.h. bereits zwei Tage nach Francos Tod - zum Staatsoberhaupt proklamiert wurde,l dauerte es ein Jahr, bis die politische Reform in Gang gesetzt werden konnte. Der eigentliche Wendepunkt im Prozeß der politischen Reform wird von der sog. "Ley para la Reforma Politica"2 markiert, die von der Regierung Suarez vorgelegt wurde 3 und am 18. November 1976 durch die Cortes 4 und am 15. Dezember 1976 in einem Referendum angenommen wurde. Ab diesem Zeitpunkt sind auch die Reformtendenzen des spanischen Eherechts - parallel mit den politischen Schritten - zu verfolgen. I. Die neue Auslegung des Art. 42 CC und dessen Aufhebung Durch das Königliche Dekret Nr. 3455 5 wurden am 1. Dezember 1977 die Artt. 243 ff. RRC abgeändert; damit wurde die Zulassung zur Zivilehe erheblich erleichtert. Die nach Art. 245 RRC i.d.F. des Dekrets vom 22. Mai 1969 6 erforderliche Mitteilung des Kirchenaustritts gegenüber dem Pfarrer des Wohnsitzes wurde nunmehr abgeschafft. Glaubensabfall und allgemeine Nicht1 Dies geschah in Übereinstimmung mit dem "Gesetz über die Nachfolge in der Staatsführung" von 1946 und der Designierung des Prinzen Juan Carlos im Jahre 1969 als Francos Nachfolger. Siehe ,Ley de Sucesion en la Jefatura deI Estado' vom 26. Juli 1946 (i.d.F. des Dekrets 779/1967 vom 20. April 1967, BOE, Nr. 95 vom 21. Apri!1967). 2 Im BOE, Nr. 4 vom 5. Januar 1977 als Ley 1/1977 verkündet. 3 Ein erster Entwurf zur Reform des politischen Systems war vom früheren Ministerpräsidenten Arias N avarro bereits vorgelegt worden, jedoch wegen seiner engen Anknüpfung an die bestehenden Institutionen Francos gescheitert (darüber: Beck, JöR 1977, 281; Weber, JöR 1980, 210f.). 4 Zur Begründung dieser Tat der franquistischen Cortes, welche mit Worten von Beck, 286 "den größten Dienst ihrer Geschichte" darstellt, vgl. Weber, 211. 5 Siehe Dekret 3455/1977 vom 1. Dezember (= BOE, Nr. 21 vom 25. Januar 1978)(in Kraft seit dem 26. Januar 1978). Zum Dekret vgl. Luces Gi!, BIMJ 1978, Nr. 1128-1130, 1134,1135,1144, 1145, 1150; zum hier abgehandelten Thema siehe nur noch BIMJ 1978, Nr.1145. 6 Darüber schon im 1. Kapitel unter IV 2.1.

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1. Teil: Gesch1chtiicher Rückblid..

zugehörigkeit zur katholischen Kirche wurden von nun an gleichbehandelt. 7 Voraussetzung für die bürgerliche Eheschließung im Sinne von Art. 42 Abs. 3 CC war jetzt eine allgemeine Erklärung über das Nichtbekenntnis zum katholischen Glauben gegenüber dem Standesbeamten (vgl. Art. 245 RRC8). Diese neue Rechtslage für die Eheschließung in Spanien oder vor der spanischen Vertretung im Ausland wurde durch die Reform des Art. 249 RRC9 auch auf die Eheschließung im Ausland nach der lex loci celebrationis ausgedehnt. 10 In diesem letzten Fall führte die Reform des Art. 249 RRC zum echten fakultativen System, indem die bürgerliche Eheschließung oder auch noch die Eheschließung nach einer von der lex loci anerkannten Form ll zur stillschweigenden Vermutung für die Nichtzugehörigkeit zur katholischen Kirche im Sinne von Art. 42 Abs. 3 CC ausgestaltet wurde. 12 Die "präventive" und "repressive" Funktion des spanischen Konsuls 13 bei der Eheschließung im Ausland nach der lex loci ce1ebrationis wurde durch Abschaffung des Abs. 2 im neuen Art. 249 RRC beseitigt. Mit dem Dekret wurde also eine faktische Gleichstellung der bürgerlichen mit der kanonischen Eheschließung erreicht. 1. Die spanische Verfassung von 1978

Das Verhältnis zwischen beiden Arten der Ehe sollte jedoch kurz danach durch die Verkündung der neuen Verfassung des Landes am 29. Dezember 1978 14 in Frage gestellt werden. Von zwei Verfassungsvorschriften war das 7 Die alte Nr. 2 des Art. 243 RRC, wonach die in der katholischen Kirche getauften oder zu ihr konvertierten Ehekandidaten dies angeben sollten, wurde abgeschafft. 8 Siehe Art. 245 RRC (Fassung von 1977), Anhang I, Nr. 4. 9 Siehe Art. 249 RRC (Fassung von 1977), Anhang I, Nr. 4. 10 Der erste Schritt zur Angleichung des spanischen Rechts an die Rechtsordnungen der Nachbarländer zur Erleichterung der Eheschließung im Ausland war jedoch bereits schon am 15. Januar 1977 durch den Beitritt zum Pariser Eheschließungsübereinkommen vom 10. September 1964 (Text im BGBI. 1969 II, 452fT.; Beitritt Spaniens BGBI. 1977 II, 105) vollzogen. Die Bundesrepublik Deutschland war seit dem 4. Februar 1969 bereits Vertragspartei. 11 Vgl. hierzu DGRN, 25. November 1978 (=BIMJ 1978,2, Nr.1152), wonach jede von der lex loci celebrationis anerkannte Form der Eheschließung zu einer gültigen "Zivilehe" im Sinne von Art. 249 RRC führt. 12 Dies wurde dann sogar rückwirkend verstanden. Vgl. hierzu DGRN, 7. März 1978 (=BIMJ 1978, 1, Nr. 1125), wonach der neue Art. 249 RRC zur Eintragung einer im Jahre 1964 nach der lex loci celebrationis geschlossenen Ehe verhalf. 13 Siehe im 1. Kapitel unter IV 2.2.2. 14 Siehe Constitucion (= BOE, Nr. 311 vom 29. 12. 1978 = Aranzadi 1978, Nr. 2836) (in Kraft seit demselben Tag, gern. ihrer "disposicion ultima" - letzten Bestimmung). Deutsche Fassung bei: Archiv der Gegenwart v. 11. Februar 1979, 22375; auch Spanisches Auswärtiges Amt, "Die Spanische Verfassung 1978"; weiter noch Weber, 209ff. (Anhang 252fT.).

2. Kap.: Die Reformtendenzen seit November 1975

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Eherechtssystem angesprochen und somit die Bestimmung des Art. 42 CC berührt. Die eine dieser beiden Bestimmungen, Art. 32 der Verfassung, lautet wie folgt: ,,1. EI hombre y la mujer tienen derecho a contraer matrimonio con plena igualdad juridica. 2. La ley regulara las formas de matrimonio, la edad y capacidad para contraerlo, los derechos y deberes de los c6nyuges, las causas de separaci6n y disoluci6n y sus efectos. " (1. Mann und Frau haben das Recht, in voller Gleichberechtigung die Ehe zu schließen. 2. Das Gesetz regelt die Formen der Ehe, Ehealter und -fähigkeit, die Rechte und Pflichten der Ehegatten sowie die Trennungs- und Auflösungsgründe und deren Wirkungen.)

Die andere Bestimmung, Art. 16 der Verfassung, trifft folgende Anordnung: ,,1. Se garantiza la libertad ideol6gica, religiosa y de culto de los individuos y las comunidades sin mas limitaci6n en sus manifestaciones, que la necesaria para el mantenimiento dei orden publico protegido por la ley. 2. Nadie podra ser obligado a declarar sobre su ideologia, religi6n 0 creencias. 3. Ninguna religi6n tendra caracter estatal. Los poderes publicos tendran en cuenta las creencias religiosas de la sociedad espanola y mantendran las consiguientes relaciones de cooperaci6n con la Iglesia Cat6lica y las demas confesiones." (1. Die Freiheit der Weltanschauung, der Religion und der Religionsausübung wird dem einzelnen und den Gemeinschaften gewährleistet; sie darf in ihren äußeren Erscheinungsformen nur beschränkt werden, soweit es für die Aufrechterhaltung der durch Gesetz geschützten öffentlichen Ordnung notwendig ist. 2. Niemand darf zu einer Erklärung über seine Weltanschauung, seine Religion oder seinen Glauben gezwungen werden. 3. Es gibt keine staatliche Konfession. Die öffentlichen Gewalten berücksichtigen die religiösen Anschauungen der spanischen Gesellschaft und unterhalten die entsprechenden kooperativen Beziehungen zur katholischen Kirche und den sonstigen Konfessionen. )

Nach den Grundrechtsverbürgungen des Art. 16 darf somit niemandem die bürgerliche Ehe erschwert werden, so wie es bisher Art. 42 Abs. 3 CC vorsah. Die Verfassungsvorschrift stand also in einem krassen Widerspruch zum Wortlaut des Art. 42 CC und allen ihn ergänzenden Bestimmungen (Art. 86 Abs.3 CC; Art. 73 LRC i. V.m. Art. 243ff. RRClS). Der Widerspruch war jedoch von der Verfassung selbst bewältigt, da nach Art. 53 "die im Zweiten Abschnitt des Ersten Titels (Artt. 14-38) anerkannten Grund- und Freiheitsrechte in ihrer Gesamtheit binden" und vor allem, weil nach Abs. 3 der Aufhebungsbestimmung alle der Verfassung entgegengesetzten Vorschriften aufgehoben wurden. 15 Zur Funktion aller dieser Vorschriften als Ergänzung zum Art. 42 CC nach der Fassung von 1958 siehe im 1. Kapitel unter IV 2.1.

76

1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

Richter und Konsuln wurden durch eine ,Instrucci6n' der Generaldirektion des Register- und Notariatswesens dahin unterrichtet,16 daß es ihnen gemäß dem in Art. 16 Abs. 2 enthaltenen Verfassungsverbot nicht mehr erlaubt sei, nach dem konfessionellen Bekenntnis zu fragen. Die Generaldirektion erklärte also ausdrücklich, was implizit aus Art. 16 Abs.2 der Verfassung leicht abzuleiten war. Diese Rechtsaussicht wurde auch - wie es nicht anders sein konnte - einstimmig von der Lehre anerkannt. Ebensowenig aber wie die Verfassung äußerte die Generaldirektion sich über die rechtliche Stellung der kanonischen Ehe, obwohl dies von entscheidendel Bedeutung für die genaue Feststellung des Eherechtssystems war. Daß die Verfassung sich aufgrund der Festlegung von Prinzipien wie "keine staatliche Konfession" (Art. 16 Abs. 3) oder "Freiheit der Religion" (Art. 16 Abs. 1) über Angelegenheiten der katholischen Kirche nicht ausdrücklich äußern konnte, ist gewiß verständlich. Aber die "mehrdeutige"17 Formel des Art. 32 Abs.2 ermöglichte bezüglich des Eherechtssystems eine Fülle von Auslegungen, zu denen die Generaldirektion keine Stellung genommen hat, so daß ihre ,Instrucci6n' trotz der schnellen Verkündung beinahe überflüssig war. Von diesem Zeitpunkt an stand nur eines eindeutig fest: Die Zivilehe hatte nicht nur ,de facto' wie nach der Verkündung des Königlichen Dekrets vom 1. Dezember 1977, sondern auch ,de iure' aufgehört, subsidiär zu sein. Dies ließ sich nicht aus Art. 32 Abs. 2, wohl aber aus Art. 16 Abs. 2 ableiten. Alles andere blieb offen. Die spanische Lehre bemühte sich allerdings, durch Auslegung von Art. 32 Abs. 2 das Eherechtssystem zu beleuchten. Hierbei hatten alle ihre Versuche den Satz "la ley regulara las formas de matrimonio" 18 im Mittelpunkt. In diesem Satz wurde von einigen Autoren 19 die Einführung der obligatorischen Zivilehe erblickt. Der Plural ,formas" würde dieser Deutung gemäß nur Bezug nehmen auf die normale bürgerliche Eheschließung, 16 Siehe Instruccion DGRN, 26. Dezember 1978 (= BOE, Nr. 312 vom 30. Dezember 1978= Aranzadi 1978, Nr. 2841). 17 Nahezu einstimmig wird in der spanischen Lehre das Wort "ambiguo" verwendet. Vgl. hierzu statt aller: Suarez Pertierra, RDP 1981, 999 und seine dortigen Literaturhinweise in FN 54. IB Für den Zweck dieser Darstellung muß an dieser Stelle auf eine deutsche Übersetzung verzichtet werden, weil man das Wort "formas" zum Zweck der eigenen Argumentation manchmal als "Formen", manchmal als "Arten" der Ehe verstanden haben will. 19 Siehe Capon Rey, BIMJ 1980,2, Nr. 1218,7; wie auch Jordano Barea, ADC 1981, 905, der allerdings erkennt, daß die Bestimmung des Art. 32 Abs. 2 die beiden fakultativen Systeme auch ermöglichen könnte (letzteres siehe 906). - Pefia Bemaldo de Quiros, ADC 1980, 571, der einfach das System der obligatorischen Zivilehe als verfassungskonform ansieht, sich dann aber für das fakultative protestantische System ausspricht. - So auch Valladares Rascon (1982), 48f.; Diez-Picazo, 27, der die obligatorische Zivilehe nach der

2. Kap.: Die Refonntendenzen seit November 1975

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die Eheschließung von Spaniern im Ausland nach der lex loci celebrationis, die Eheschließung vor der spanischen Vertretung im Ausland, die Eheschließung bei Todesgefahr, die Schließung einer Handschuhehe oder einer heimlichen Ehe. Dieser Auslegung von Art. 32 Abs. 2 machten die Anhänger des fakultativen protestantischen 20 Systems 21 zunächst den Vorwurf, die Verfassung sei nicht der richtige Platz für solche gesetzgeberischen Überlegungen. 22 Mit dem Plural ,jormas" habe vielmehr der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß eine einzige Eheart (die Zivilehe) durch zivile und außerzivile Formen (nämlich durch die vorgesehene Form jeder der von der Verfassung anerkannten verschiedenen Konfessionen) zustandekommen könnte. Diesen beiden Autorengruppen traten die Anhänger des fakultativen katholischen 23 Systems 24 entgegen. Sie wiesen zunächst darauf hin, daß in Art. 32 Abs. 2 von "formas de matrimonio" und nicht von "formas del matrimonio" die Rede ist. Der Gesetzgeber habe bei der sechsten Redaktion 25 der Vorschrift den bestimmten Artikel "eI" gezielt weggelassen, weil die Vorschrift sich in dieser Formulierung auf eine einzige Art der Ehe bezogen hätte. Somit habe er eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß er nicht an verschiedene Formen einer einzigen Eheart, sondern an mehrere "Möglichkeiten" gedacht habe. 26 Verkündung des Übereinkommens mit dem Heiligen Stuhl (darüber noch in diesem Unterabschnitt unter 2.) dann ausschließt. 20 In der spanischen Lehre wird eigentlich von "sistema anglosajon" und "sistema latino" gesprochen. Die hier an gewandte Tenninologie beruht auf der von Dölle, Familienrecht I, 186. Dies, weil die spanische Tenninologie eine kulturell-geographische Einteilung impliziert, die selbst in Europa von den heutigen Eherechtssystemen einzelner Länder (z. B. Italien, Portugal, Spanien selbst) überholt worden ist. Demgegenüber erscheinen die Ausdrücke von Dölle den prinzipiellen Anforderungen der jeweiligen Kirchen zu entsprechen und von daher seine Bezeichnungen genauer den Inhalt des jeweiligen Systems wiederzugeben. 21 Abarca J unco, ADC 1981, 737; Carrion, ADC 1979, 419, der dieses System nach dem Übereinkommen mit dem Heiligen Stuhl dann ausschließt; Iban Perez, RDP 1980, 144, der das System als verfassungskonfonn ansieht, sich selbst aber für die Anerkennung aller möglichen Ehearten - nicht nur der kanonischen - ausspricht, aber gegenwärtig seine Auffassung - aus verfassungsrechtlichen Gründen wegen des Wortlauts von Art. 32 Abs. 2 - für bedenklich hält; Luces Gil, BIMJ 1980,2, Nr. 1216, 11 ff.; Pefia Bernaldo de Quiros, ADC 1980, 579; Predieri/Garcia de Enterria (- Prieto Sanchis, 354); Suarez Pertierra, RDP 1981, 1000f.; Valladares Rascon, RDP 1981, 322ff.; dies. (1982), 56 22 Iban Perez, RFDM 1978,81; RDP 1980, 144. 23 Siehe Anm. 20 dieses Kapitels. 24 De los Mozos, 44; Fuenmayor Champin, RGLJ 1979,278; Lacruz Berdejo-Sancho Rebullida, Elementos, 136; Lopez Alarcon, lus Canonicum XVllI (1978), 57ff.; ders., RDP 1980, 889; Navarro Valls, lus Canonicum XIX (1979), 111 (= RDP 1980, 220f.). 25 Siehe die sechs verschiedenen Fassungen bis zur endgültigen Fonnulierung dieser Verfassungsvorschrift bei Navarro Valls, RGLJ 1979, 121 f. 26 Navarro Valls, Ius Canonicum XIX (1979), 115 (=RDP 1980, 222).

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

Mit dem Ausdruck ,formas de matrimonio" habe er zwar nicht ausdrücklich von verschiedenen Arten ("clases") der Ehe gesprochen, dies lasse sich jedoch aus der historischen Auslegung des Art. 42 CC ableiten, denn erst durch die Reform des Jahres 1958 27 sei das Wort "clases" eingeführt worden, obwohl schon bei der Entstehung des C6digo Civi}28 zwei Arten ("clases") der Ehe vorhanden gewesen seien, die mit dem Wort ,formas" bezeichnet wurden. 29 Gegen diese Auslegung des Art. 32 Abs. 2 der Verfassung ist zunächst einmal der Einwand vorgebracht worden, daß man nur aus dem Wortlaut "formas de matrimonio" statt "formas dei matrimonio" nicht ableiten könne, daß es sich um mehrere Ehearten handeln solle. Zu solchem Schluß gelange man nur, unter zusätzlicher Berücksichtigung der historischen Auslegung des Art. 42 CC, indem man das Wort ,formas" (Eheformen) des Art. 32 Abs. 2 der Verfassung als "clases" (Ehearten) lese. Dies würde aber dem heutigen Verfassungsgesetzgeber unterstellen, er habe die Gesetzgebung des Jahres 1958 und die ihr folgende Lehre der letzten 20 Jahre übersehen. 30 Die Lehre des fakultativen katholischen Systems ist außerdem mit dem Argument beanstandet worden, in Art. 32 Abs. 2 heiße es weiter, daß das Gesetz Ehealter und Ehefähigkeit regelt. Die Annahme verschiedener Arten ("clases") der Ehe würde dann bedeuten, daß der Staat gehalten sei, der katholischen Kirche oder anderen Konfessionen (etwa der muslimischen oder der jüdischen), die eine eigene Regelung für das Institut der Ehe haben, seine gesetzgeberische Funktion zu überlassen. Diese sei ihm aber von Art. 149 Abs. 1 Nr. 8 der Verfassung 31 ausschließlich zugewiesen, und er könne nur durch internationale Verträge zugunsten einer internationalen Organisation oder einer internationalen Einrichtung auf sie verzichten (vgl. Art. 93 32 ). Weder die katholische noch andere Kirchen seien internationale Organisationen oder Einrichtungen im Sinne des Art. 93 der Verfassung,33 so daß die Übertragung der staatlichen Funktion zur Regelung des Eheinstituts, wie sie die Anerkennung verschiedener Arten der Ehe zwangsläufig darstelle, verfassungswidrig sei. 34 Der Staat müsse ebenfalls auf die in Art. 117 Abs. 3 und Abs. 5 der Verfassung angeordnete

Siehe im 1. Kapitel unter IV 2.1. Siehe im 1. Kapitel unter 11 und insbes. die dortige Anm. 14. 29 Fuenmayor Champin, RGLJ 1979, 278; Lacruz Berdejo-Sancho Rebullida, 136; Lopez Alarcon, lus Canonicum XVIII (1978), 56f.; ders., EI hecho religioso, 229; Navarro Valls, RDP 1980, 221. 30 Siehe Carrion, ADC 1979,422; Peiia Bemaldo de Quiros, ADC 1980, 576; Suarez Pertierra, RDP 1981, 1001. 31 Siehe Art. 149 Abs. 1 Nr.8 der Verfassung aus dem Jahre 1978, Anhang I, Nr. 6. 32 Siehe Art. 93 der Verfassung aus dem Jahre 1978, Anhang I, Nr. 6. 33 Vgl. dagegen Jordano Barea, ADC 1981, 910. 34 Peiia Bemaldo de Quiros, ADC 1980, 576f.; Valladares Rascon RDP 1981, 322; dies., (1982), 48. 27 28

2. Kap.: Die Reformtendenzen seit November 1975

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einheitliche Gerichtsbarkeit für "alle Verfahrensarten" zugunsten kirchlicher Gerichtsbarkeit verzichten. 35 Unter diesen beiden Gesichtspunkten verstieße die Anerkennung von verschiedenen Ehearten gegen das Gleichheitsprinzip des Art. 14 der Verfassung, 36 denn eine bestimmte Gruppe von Spaniern würde sich aufgrund ihrer Religion dem Herrschaftsanspruch der wichtigsten staatlichen Gewalten (Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit) entziehen,37 was von der Verfassung eindeutig ausgeschlossen ist. 38 Gegen diese Ablehnung des fakultativen katholischen Systems wegen Beeinträchtigung der staatlichen Gesetzgebungs- und Rechtssprechungskompetenz wurde wiederum hervorgebracht, daß die in Art. 149 Abs. 1 Nr.8 geregelte ausschließende Gesetzgebungskompetenz des Staates hinsichtlich der Ehe eine bloße Abgrenzung zur Gesetzgebungskompetenz der ,Comunidades Aut6nomas'39 darstellte. Was die Kompetenz der kirchlichen Gerichte anbelangt, so wäre sie dann mit der anderer Staaten oder internationaler Organisationen zu vergleichen, welche die staatliche Gerichtsbarkeit Spaniens unangetastet ließen. 40 Diese Auseinandersetzung ließe sich noch fortführen; sie hat zum Teil selbst nach der Verkündung des Gesetzes Nr. 30/1981 nicht ganz aufgehört. Der Wortlaut des Art. 32 Abs. 2 der Verfassung ist Ausdruck eines mühsam gelungenen Kompromisses 41 zwischen allen im Parlament vertretenen politischen Kräften. Nur durch gegenseitiges Nachgeben konnte ein Konsens erreicht werden. Entsprechend der Vielfalt dieser ideologischen Tendenzen ist die Vorschrift auch von der spanischen Lehre ausgelegt worden. Versucht man sich ein objektives Bild zu verschaffen, so muß man hinsichtlich des Redaktionsverfahrens von folgenden tatsächlichen Feststellungen ausgehen:

35 Siehe Art. 117 Abs.3 und Abs. 5 der Verfassung aus dem Jahre 1978, Anhang I, Nr. 6. 36 Siehe Art. 14 der Verfassung aus dem Jahre 1978, Anhang I, Nr. 6. 37 Peiia Bernaldo de Quiros, ADC 1980, 577. 38 Ebenda, 576. 39 Zu "autonomen Gemeinschaften" im Rahmen der spanischen Verfassung siehe Sommermann, 102ff. Ferner Weber, JöR 1980240, der zutreffend das Wort "Gemeinschaften" dem Ausdruck "Körperschaften" vorzieht, weil zum letzten auch Gemeinden und Provinzen begriffiich gehören könnten, und die Autonomie an dieser Stelle sich nur auf die Regionen bezieht. 40 Fuenmayor Champin, RGLl 1979, 277f.; auch wenn nur beschränkt zu dieser Frage - Iban Perez, RDP 1980, 144 f. Zur Gesetzgebungskompetenz des Staates und der "autonomen Gemeinschaften" vgl. noch Lasarte Alvarez, 6ff. 41 Vgl. hierzu Valladares Rascon (1982), 43, die von "rund 50 verschiedenen inoffiziellen Redaktionen zwischen Congreso, Senado und verschiedenen Ausschüssen" spricht. - Mit Recht behaupten Iban Perez (RDP 1980, 139f.) und PredierifGarcia de

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick (1)

Beim ersten Vorentwurf der Verfassung hatte sich der Gesetzgeber zwischen dem Singular "l(a) form(a)" und dem Plural "l(as) form(as)" nicht entschiedenY Wäre er beim Singular geblieben, hätte man dies objektiv als Ausdruck seines Willens deuten können, sich für die Einführung der obligatorischen Zivilehe zu entscheiden. Jedoch blieb der Plural "las formas" schon von dem zweiten Vorentwurf an 43 unverändert. Der hierzu gemachte Einwand, die Regelung von Normal- und Sonderformen der zivilen Eheschließung sei keine Aufgabe des Verfassungsgesetzgebers, verdient eine gewisse Anerkennung. (2) Schon im ersten Vorentwurf stand "la(s) forma ( s) del matrimonio" und nicht "la(s) clase(s) deI matrimonio", obwohl in dem zu dieser Zeit gültigen Art. 42 CC von "clases" und nicht von ,jormas" gesprochen wurde. Dies kann als Ausdruck des Willens des Gesetzgebers gelten, an der bis dahin geltenden Lage ,etwas' zu ändern. Diese Vermutung gewinnt um so stärker an Gewicht, wenn man die gesetzgeberische Erfahrung bei der Reform des C6digo Civil im Jahre 1958 und die ihr darauffolgende Auseinandersetzung im eigenen Land in Betracht zieht. 44 Unter diesen beiden Gesichtspunkten verdient die historische Auslegung des Art. 42 CC als Stütze für die Begründung des fakultativen katholischen Systems keine Zustimmung. (3) Dies bedeutet implizit, daß die Begründung des fakultativen protestantischen Systems, die sich von der reinen wörtlichen Auslegung der aufeinander folgenden Fassungen der Entwürfe im Gesetzgebungsverfahren wie auch von der Berücksichtigung der Erfahrung des Gesetzgebers bei der Auswahl zwischen ,jormas" und "clases" herleitet, gut vertretbar ist. Enterria (- Prieto Sanchis), 307, daß die Vorschrift des Art. 32 Abs.2 eine der umstrittensten im Verfassungsverfahren gewesen ist. 42 Siehe den Text bei Iban Perez, RFDM 1978, 82, der darauf hinweist, daß er als "Primer Borrador Constitucional" bezeichnet wird und nie offiziell im Staatsanzeiger verkündet wurde. Sein Aufsatz beruht hierzu auf der Veröffentlichung der Tageszeitung EI Pais, 25. November 1977, III. 43 Siehe Anm. 25 dieses Kapitels. Dieser sog. "zweite" Vorentwurf ist der erste, der verkündet worden ist: siehe "Anteproyecto de Constituci6n", BOC, Nr. 44 vom 5. Januar 1978. 44 Einen schlagenden Beweis dafür, daß der Verfassungsgesetzgeber den Unterschied zwischen ,formas" und "clases" nicht übersehen hat, bietet die Wortmeldung des Senators Calatayud y Maldonado bei der Verfassungsdebatte vom 29. August 1978, als er sich über die Bedeutung der Reform von 1958 und den Unterschied zwischen "clases" und ,formas" der Ehe aussprach (vgl. hierzu DSS 29. August 1978, S. 2012).

2. Kap.: Die Reformtendenzen seit November 1975

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(4)

Anderes gilt für die Argumente, die jenes Eherechtssystem unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsprinzips begründen wollen. Das Gleichheitsprinzip ist in vielen Ländern verfassungsmäßig verankert, die die obligatorische Zivilehe mit zwingender bürgerlicher Form der Eheschließung als Eherechtssystem haben. Die Behauptung, der Gleichheitssatz vertrage sich in Spanien nicht mit der obligatorischen bürgerlichen Form der Eheschließung, wäre außergewöhnlich originell. Das Gleichheitsprinzip ließe sich aber genauso auch mit einem Eherechtssystem vereinbaren, das verschiedene Arten der Ehe mit der jeweils entsprechenden materiellen und prozessualen Regelung anerkennt. 45 Dies würde bedeuten, daß jeder sich nach seinem eigenen Bekenntnis - oder Nichtbekenntnis - die Eheart aussucht, die seiner persönlichen Ehevorstellung am besten entspricht. Daß Katholiken kanonisch heiraten und sich den kanonischen Rechtssätzen sowohl im materiellrechtlichen wie auch im prozessualen Sinne freiwillig unterwerfen können, kann nicht für sich allein einen Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip darstellen. Ein Verstoß ergibt sich erst dann, wenn etwa Muslime oder Juden an der von ihnen gewünschten Unterwerfung gehindert werden. Ein System der persönlichen Wahl des Ehestatuts nach Konfessionszugehörigkeit muß auch nicht bedeuten, daß der Staat eine solche freiwillige Unterwerfung als endgültiges, unwiderrufliches Verhältnis zwischen dem Individuum und der von ihm bei der Eheschließung gewählten Konfession ansieht. Das Gleichheitsprinzip wirkt auf dieser Ebene spiegelbildlich zum Religionsfreiheitsprinzip, und ein wichtiger Aspekt dieses letzten Prinzips ist die freie Abkehr vom eigenen Glauben. 46 Ist solche freie Abkehr gewährleistet, kann das Gleichheitsprinzip in einer Gesellschaft, die verschiedene Arten der Ehe anerkennt, einwandfrei verwirklicht werden. Eine völlig andere Frage ist, ob ein religions-philosophisches System der Eheschließung den Staat durch die damit verbundene Unterschiedlichkeit der gültigen Eheregelungen allzu sehr belastet und die Eherechtsverhältnisse damit schwer durchschaubar werden. Der Staat kann vielleicht aus Rechtssicherheits45 Siehe Gonzalez dei Valle, ADe 1978, 81 f. Ferner: Iban Perez, RFDM 1978, 89f.; ders. RDP 1980, 142f., der dieses System allerdings nur aus der Perspektive des Religionsfreiheitsprinzips prüft. 46 Vgl. hierzu Art. 9 Abs. 1 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (= BGBI. 1982, 11, 685ff.; Beitritt Spaniens 4. Oktober 1979 = BG BI. 1980, 11, 78); und Art. 18 Internationaler Pakt vom 19. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte (= BGBI. 1973,11,1533; Beitritt Spaniens 27. Juli 1977 = BGBI. 1977,11,637). Dieses Prinzip ist inzwischen auch in Art. 2 Nr. 1 a "Ley Organica de Libertad Religiosa" (Religionsfreiheitsgesetz) vom 5. Juli 1980 (=BOE, Nr.177 vom 24. Juli 1980=Aranzadi 1980, Nr.1680) übernommen worden.

6 Hernanz Sanchez

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

gründen, ja sogar zum Zwecke einer gewissen Ökonomie, nicht aber wegen des Gleichheitsprinzips ein anderes Rechtssystem als zweckmäßiger anordnen. Aus diesen Erwägungen lassen sich die vorstehend genannten Argumente der spanischen Rechtslehre zur Begründung des fakultativen protestantischen Systems nicht aufrechterhalten. Jedoch muß den Vertretern dieser Auffassung eingeräumt werden, daß sie sich am ehesten bemüht haben, sowohl den Wortlaut als auch die Entstehungsgeschichte des Art. 32 Abs. 2 für eine sachliche Annäherung an das neue spanische Eherechtssystem fruchtbar zu machen. 2. Die ,Acuerdos' mit dem Heiligen Stuhl von 1978

Das Vakuum nach der Aufhebung von Art. 42 ce, die das Inkrafttreten der Verfassung mit sich gebracht hatte, blieb aber nach wie vor bestehen. Einen gewissen Beitrag zur Beseitigung dieser Rechtsunsicherheit bezüglich des neuen Eherechtssystems leistete die Ratifizierung einer Reihe von Teilabkommen (,Acuerdos') mit dem Heiligen Stuhl am 4. Dezember 1979.47 Einer dieser ,Acuerdos', die das Konkordat von 1953 ersetzt haben,48 bezieht sich auf verschiedene rechtliche Angelegenheiten 49 der katholischen Kirche in Spanien, darunter auch aufEhefragen. Diese werden in Art. VI des Abkommens wie folgt geregelt: ,,1. EI Estado reconoce los efectos civiles al matrimonio celebrado segun las normas deI Derecho Canonico. Los efectos civiles del matrimonio canonico se producen desde su celebracion. Para el pleno reconocimiento de los mismos, sera necesaria la incripcion en el Registro Civil, que se practicara con la simple presentacion de certificacion eclesiastica de la existencia deI matrimonio. 47 Siehe "Acuerdo entre el Estado Espafiol y la Santa Sede sobre asuntos juridicos" (= BOE, Nr. 300 vom 15. Dezember 1979 =Aranzadi 1979, Nr. 2963). 48 Sämtliche Fragen des Konkordats von 1953 sind nunmehr wie folgt geregelt: 1. "Acuerdo" vom 28. Juli 1976 [=AAS Vol. LXVIII, Nr. 8=BOE, 24. September 1976 (ratifiziert am 20. August 1976)]: Der spanische Staat verzichtet auf das Recht zur Präsentation der Bischöfe. Die Kirche ihrerseits verzichtet auf die Ausnahmegerichtsbarkeit, welche die Priester weitgehend der weltlichen Gerichtsbarkeit entzog und für den Fall ihrer Verurteilung zu Haftstrafen deren Vollziehung in kirchlichen Häusern vorsah. 2. "Acuerdos vom 3. Januar 1979 [= BOE, Nr. 300 vom 15. Dezember 1979 (ratifiziert am 4. Dezember 1979)]: 2.1 Rechtliche Angelegenheiten, unter anderem auch Ehefragen. 2.2 Bildungs- und Kulturangelegenheiten. 2.3 Wirtschaftliche Angelegenheiten. 2.4 Kirchliche Betreuung der Armee und Militärdienst der Ordensgeistlichen und Priester. 49 Zum Ausdruck ,asuntos juridicos' (rechtliche Angelegenheiten) vgl. De Diego-Lora, lus Canonicum XIX (1979),164, der zutreffend darauf hinweist, daß man eher ,asuntos jurisdiccionales' (Zuständigkeitsfragen) geregelt habe.

2. Kap.: Die Reformtendenzen seit November 1975

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2. Los contrayentes, a tenor de las disposiciones del Derecho Canonico, podran acudir a los Tribunales ecIesiasticos solicitando decIaracion de nulidad 0 pedir decision pontificia sobre matrimonio rato y no consumado. A solicitud de cualquiera de las partes, dichas resoluciones ecIesiasticas tendran eficacia en el orden civil si se decIaran ajustadas al Derecho dei Estado en resolucion dictada por el Tribunal civil competente. 3. La Santa Sede reafirma el valor permanente de su doctrina sobre el matrimonio y recuerda a quienes celebren matrimonio canonico la obligacion grave que asumen de atenerse a las normas canonicas que 10 regulan y, en especial, a respetar sus propiedades esenciales." (1. Der Staat anerkennt die zivilrechtlichen Wirkungen der nach den kanonischen Rechtssätzen geschlossenen Ehe. Die zivilrechtlichen Wirkungen der kanonischen Ehe entstehen vom Zeitpunkt der Eheschließung an. Für die vollständige Anerkennung dieser Wirkungen bedarf es der Eintragung in das Standesregister, welche durch bloße Vorlage der kirchlichen Bescheinigung über das Zustandekommen der Ehe erfolgt. 2. Die Eheschließenden können bei den kirchlichen Gerichten, gemäß den Bestimmungen des kanonischen Rechts 50 , die Nichtigkeitserklärung oder den päpstlichen Dispens der nichtvollzogenen Ehe beantragen. Auf Antrag einer der beiden Parteien entfalten diese kirchlichen Entscheidungen zivilrechtIiche Wirkungen, soweit sie durch Entscheidung des zuständigen Zivilgerichts als mit dem Recht des Staates vereinbart erklärt werden. 3. Der Heilige Stuhl betont den dauernden Wert seiner Lehre über die Ehe und erinnert diejenigen, die nach kanonischem Recht die Ehe schließen, an die große Verpflichtung, die sie übernehmen, sich an die die Ehe regelnden Rechtssätze zu halten und insbesondere die wesentlichen Eigenschaften der kanonischen Ehe zu achten.)

Unmittelbar nach der Unterzeichnung des Abkommens 51 begann die spanische Lehre die Auslegung von Art. 32 Abs. 2 der Verfassung 52 durch die Bestimmung des Art. VI der neuen vertraglichen Regelung zu ergänzen. Zunächst einmal ließ Art. VI Abs. 1 keinen Platz mehr für die Lehre, die sich für die obligatorische Zivilehe mit zwingender bürgerlicher Form der Eheschlie50 Nur dei Amo in lus Canonicum XXII (1982),118 f., hat bis jetzt daraufhingewiesen, daß hierzu zwei voneinander völlig verschiedene Texte veröffentlicht worden seien. Der eine lautet: "los contrayentes a tenor de las disposiciones dei Derecho Canonico, podran ... " (die nach den kanonischen Rechtssätzen Eheschließenden können ... ). Der andere Text lautet. "los contrayentes, a tenor de las disposiciones del Derecho Canonico, podran . . . " (Die Eheschließenden können, gemäß den kanonischen Rechtssätzen ... ). Das Komma hinter dem Wort ,contrayentes' wirkt also außergewöhnlich wichtig für die Regelung, denn "die Ehe nach den kanonischen Rechtssätzen zu schließen", ist natürlich sinngemäß nicht dasselbe wie "sich an die kirchlichen Gerichtsbarkeit gemäß den kanonischen Rechtssätzen zu wenden". Vorliegend wird jedoch nur der zweite Text in Betracht gezogen, weil einmal dieser im Staatsanzeiger erschienen ist und zum anderen die Auseinandersetzung innerhalb der spanischen Lehre nur auf diesem zweiten Text beruht. 51 Dies geschah am 3. Januar 1979. 52 Siehe in diesem Unterabschnitt unter 1.

6"

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

ßung als der Verfassung entsprechend ausgesprochen hatte: Der Staat wurde durch die Vereinbarung des Art. VI Abs. 1 des Abkommens verpflichtet, das Zustandekommen der Ehe anzuerkennen, selbst dann, wenn die Willenserklärung zur Eheschließung vor keiner weltlichen Behörde abgegeben worden ist. Dennoch blieben die Auseinandersetzungen zur Auslegung von Art. 32 Abs. 2 der Verfassung zwischen bei den fakultativen Systemen weiterhin bestehen. Für die Autoren, die in Art. VI des Abkommens mit dem Heiligen Stuhl die Anerkennung des fakultativen katholischen Systems erblicken,53 dient der Wortlaut von Art. VI Abs.1 Unterabs. 1 "celebrado segim las normas deI Derecho Canonico" als Beweis dafür, daß der Staat dem Institut der kanonischen Ehe nach wie vor zivile Wirkungen verleihen wolle. Begründet wurde diese Schlußfolgerung hauptsächlich durch den wörtlichen Vergleich des neuen Art. VI Abs. 1 mit dem alten Art. XXIII des Konkordats von 1953. 54 In Art. VI Abs. 1 Unterabs. 1 ist von "matrimonio celebrado segim las normas deI Derecho Canonico" die Rede; Unterabsatz 2 spricht von "matrimonio canonico". Auch das Konkordat von 1953 enthielt den Satz "celebrado segim las normas deI Derecho Canonico" und habe sich dadurch unumstritten auf das kanonische Rechtsinstitut der Ehe - nicht auf die bloße Form der Eheschließung bezogen. Im neuen Art. VI Abs. 1 U nterabs. 1 sei nichts abgeändert worden, weil es bei der Vereinbarung zwischen dem Staat und dem Heiligen Stuhl nach wie vor um das kanonische Eheinstitut gehe. 55 Dies sei auch bei anderen Vereinbarungen des Heiligen Stuhls mit weiteren Ländern 56 der Fall gewesen, welche eine ähnliche Formel wie die von Art. VI Abs. 1 Unterabs. 1 des Abkommens mit Spanien verwendeten und das kanonische Eherechtsinstitut als solches - d. h. das an den Rechtssätzen der katholischen Kirche unterworfene - anerkennen. 57 53 Capon Rey, BIMJ 1980, 2, Nr. 1218, 7; Carrion, ADC 1979,432; DeI Amo, lus Canonicum XXII (1982), 122f.; Fuenmayor Champin, RGU 1979, 284ff.; Gimenezy Fernandez de Carvajal, RDP 1981, 661 ff.; Jordano Barea, ADC 1981,908 - obwohl dieser sich nicht so entschlossen äußert: "Das Abkommen beinhaltet Bestimmungen, aus denen man ableiten könnte ... "); Lacruz Berdejo (- Carrion Olmo), Comentarios, 165 f.; Lacruz Berdejo (- Sancho Rebullida), Comentarios, 284ff.; dies.; Elementos, 136; Lopez Alcarcon, lus Canonicum XVIII (1978), 72; Sancho Rebullida, lus Canonicum XVIII (1980), 13; Navarro Valls, RDP 1980, 223ff. 54 Siehe Anm. 116 im 1. Kapitel. 55 So etwa Fuenmayor Champin, RGU 1979,290; Jordano Barea, ADC 1981, 908; Lacruz Berdejo (- Carrion Olmo), 165f.; Gimenez y Fernandez de Carvajal, RDP 1981, 664; Navarro Valls, lus Canonicum XIX (1979),118 (=RDP 1980, 223); Lopez Alarcon, lus Canonicum XVIII (1978), 61. 56 Aufgezählt werden hierbei Italien (Art. 34); Kolumbien (Art. 7); Portugal (Art. 22); Dominikanische Republik (Art. 15) (Alle vier Texte bei Navarro Valls, RDP 1980, 218f.). 57 So etwa Navarro Valls, lus Canonicum XIX (1979), 118f. (=RDP 1980, 223f.); Gimenez y Fernandez de Carvajal, RDP 1981,664.

2. Kap.: Die Refonntendenzen seit November 1975

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Hinzu komme noch, daß es in Art. VI Abs. 1 Unterabs.2 des Abkommens heiße, daß "die zivilen Wirkungen der kanonischen Ehe sich vom Zeitpunkt der Eheschließung ab entfalten" (Satz 1) und nur "die Eintragung der Eheschließung in das Zivilregister für ihre Anerkennung erforderlich ist" (Satz 2 HS 1). Die Eintragung erfolge durch "bloße Vorlage der kirchlichen Eheschließungsbescheinigung" (Satz 2 HS 2). All dies bestätige, daß erstens nur die nach den kanonischen Rechtssätzen gültige Eheschließungen, nicht aber deren Eintragung in das Zivilregister konstitutiven Charakter für die Ehe habe, und daß zweitens nur die kirchliche Behörde über das gültige Zustandekommen der Ehe entscheide. 58 Deshalb habe man auch im Art. VI Abs. 2 des Abkommens die ausschließliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichtsbarkeit vereinbart. Da der Staat gern. Art. VI Abs. 1 des Abkommens der nach kanonischem Recht zustandegekommenen Ehe zivile Wirkungen verliehen hat, mußte er auch konsequenterweise der katholischen Kirche uneingeschränkt einräumen, die Entscheidung über die Gültigkeit oder Nichtigkeit einer solchen Ehe zu treffen. 59 Dieser Auslegung ist von Anhängern des fakultativen protestantischen Systems 60 entgegengehalten worden, daß das Wort "celebrado" sich eindeutig nur auf die Zeremonie, d. h. auf die Form der Eheschließung beziehen könne. Der Staat habe sich gegenüber dem Heiligen Stuhl somit nur noch verpflichtet, die Eheschließung nach der Form der kanonischen Rechtssätze anzuerkennen. 61 Die Wendung "celebrado segun las normas dei Derecho Canonico" finde sich auch im Konkordat von 1953, ohne daß jedoch durch sie in Spanien ein fakultatives katholisches System eingeführt worden wäre. Somit könne man zu jenen Worten allenfalls sagen, daß sie mit verschiedenen Eherechtssystemen vereinbar seien, sie aber auf keinen Fall die Grundlage für das fakultative katholische System darstellten. 62 Andererseits besitze auch die für die Entfaltung der zivilen Wirkungen erforderliche Eintragung der kanonischen Eheschließung einen neuen und anderen Charakter als im Konkordat von 1953. Dieser neue Charakter lasse sich aus zwei verschiedenen Gesichtspunkten ableiten. Erstens sei jetzt an der Stelle des im Konkordat von 1953 enthaltenen Wortes "bastar{l" (es genügt) der 58 So etwa Navarro Valls, Ius Canonicum XIX (1979), 126 (=RDP 1980, 233f.); Fuenmayor Champin, RGLJ 1979, 290; Lacruz Berdejo (- Carrion Olmo), 166; J ordano Barea, ADC 1981,908. 59 Navarro Valls, Ius Canonicum XIX (1979), 119 (=RDP 1980, 224); Lopez Alcarcon, Ius Canonicum XVIII (1978), 67. 60 Diez-Picazo/Gullon, Sistema, 77ff.: Iban Perez, RDP 1980, 144; Luces Gi!, BIMJ 1980,2, Nr.1216, 5ff.; Pefia Bernaldo de Quiros, ADC 1980, 579ff.; Valladares Rascon, RDP 1981, 307ff.; dies. (1982), SOff. 61 Diez-Picazo/Gullon, ebenda, 78; Iban Perez, ebenda, 144; Luces Gi!, ebenda, 11 f.; Valladares Rascon, ebenda, 307; dies. (1982), 50; Pefia Bema!do de Quiros, ebenda, 579. 62 Suarez Pertierra, RDP 1981, 1004, der sich jedoch nicht für eines der beiden Systeme entschieden hatte.

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1. Teil: Geschichtlicher Rückbiick

Ausdruck "sera necesaria" (es ist erforderlich) zu lesen. Zweitens sei jetzt die Eintragung in das Zivilregister in der Vereinbarung selbst normiert und nicht mehr wie 1953 in einem zusätzlichen Protokoll, weil sie jetzt an Bedeutung gewonnen habe. 63 Der Standesbeamte könne zwar nichts anderes als die kirchliche Bescheinigung über die Eheschließung zur Eintragung ins Zivilregister verlangen, dies bedeute jedoch nicht, daß er eine solche Eintragung ausnahmslos durchzuführen habe. Vielmehr sei diese immer dann abzulehnen, wenn es feststehe, daß die zur Eintragung beantragte Ehe die zivilen Erfordernisse nicht erfülle. 64 Zur Widerlegung des fakultativen katholischen Systems wurde weiter geltend gemacht, daß außerdem nach Art. VI Abs. 2 Satz 1 des Abkommens die frühere ausschließliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichtsbarkeit 65 für Fragen betreffend die kanonische Ehe nunmehr durch den Ausdruck "podran" (können) ausgeschlossen worden sei. Die Ehegatten "können" zwar gewisse Fragen betreffend eine kanonisch geschlossene Ehe gern. der Bestimmung des Art. VI Abs. 2 Satz 1 der kirchlichen Gerichtsbarkeit unterstellen, "müssen" dies aber nicht tun. 66 Darüber hinaus habe man - im Gegensatz zu Art. XXIV des Konkordats von 1953 - durch das Schweigen über die Ehetrennung diese unter die ausschließliche Zuständigkeit der weltlichen Gerichtsbarkeit gestellt. 67 Diese beiden Gesichtspunkte zeigten schon für sich allein, daß man bei der Vereinbarung nicht an das den kanonischen Rechtssätzen unterworfene Eherechtsinstitut gedacht habe, denn die katholische Kirche beanspruche gern. Can. 1960ff. CJC die ausschließliche Zuständigkeit für sämtliche Fragen in Zusammenhang mit einer kanonischen Ehe. 68 Weiterhin sei auch zu berücksichtigen, daß die Bestimmung des Art. VI Abs. 2 Satz 2 des Abkommens, wonach die in Satz 1 angesprochenen kirchlichen Entscheidungen zivile Wirkungen erst dann äußern können, "wenn sie durch 63 Selbst Navarro Valls, einer der unverdächtigsten Anhänger der kanonischen Ehe als Eheart (,c1ase~ anerkennt in Ius Canonicum XIX (1979), 134f. (= RDP 1980,233) diese beiden neuen Merkmale der Eintragung, lehnt jedoch ab, daß sie irgendeine Bedeutung haben. 64 So etwa Diez-Picazo / Gullon, 79; und Pefia Bernaldo de Quiros, ADC 1980, 581. 65 Siehe im 1. Kapitel unter IV 3.2.2. 66 Diez-Picazo/Gullon, 80; Luces Gil, BIMJ 1980, Nr. 1216, 9, und Nr. 1217, 4; Valladares Rascon, RDP 1981, 322; dies. (1982), 51. Selbst von einigen Anhängern des fakultativen katholischen Systems wird dies auch eingeräumt. Hierzu etwa Capon Rey, BIMJ 1980, Nr. 1218, 9; und Lacruz-Berdejo (- Sancho Rebullida), Comentarios, 285 und 496. 67 Darüber waren sich selbst die Anhänger des fakultativen katholischen Systems einig; vgl. hierzu, unter vielen anderen: Carrion, ADC 1979,435; Fuenmayor Champin, RGLJ 1979, 287; Lopez Alarcon, RDP 1980, 896. - Für die Anhänger des fakultativen protestantischen Systems vgl. alle in Anm. 60 zitierten Autoren. 68 Valladares Rascon (1982),51; Iban Perez, RDP 1980, 144; Suarez Pertierra, RDP 1981, 1004. Bezüglich des Can. 1960 CJC siehe im 1. Kapitel (Anm. 232).

2. Kap.: Die Reformtendenzen seit November 1975 ,

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das zuständige Zivilgericht als dem Recht des Staates entsprechend erklärt werden", eine weitere Einschränkung für die Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte darstelle. Dies zeige wiederum, daß die Ehe letzten Endes nur dem bürgerlichen Recht und nur der weltlichen Gerichtsbarkeit unterstehe. 69 Selbst die freiwillige Unterwerfung der Ehegatten 70 hebe die Zuständigkeit der weltlichen Gerichtsbarkeit nicht auf, weil das Eheinstitut zum bürgerlichen ius cogens gehöre und somit dem Staat nicht entzogen werden könne. Dies sei auch bei Abschluß der Vereinbarung vom Heiligen Stuhl anerkannt worden, der sogar an die Möglichkeit eines Scheidungsurteils betreffend eine kanonisch geschlossene Ehe gedacht habe, wie es sich aus Art. VI Abs. 3 des Abkommens entnehmen lasse. 71 Die Lehre des fakultativen katholischen Systems machte ihrerseits geltend, daß in Art. VI Abs. 2 Satz 1 des Abkommens der päpstliche Dispens der nichtvollzogenen Ehe ausdrücklich angesprochen sei. Der Dispens könne sich aber nur auf das kanonische - nicht auf das zivile - Rechtsinstitut beziehen, denn er bilde eine Eigentümlichkeit des kanonischen Rechts. Gegenstand der ganzen Vereinbarung könne somit nur die kanonische Ehe als Eheart ("dase" ) gewesen sein. 72 Außerdem habe man mit dem Ausdruck "podr(m" keine alternative Zuständigkeit für die weltliche Gerichtsbarkeit einführen wollen. Vielmehr bedeute er nur, daß die Ehegatten sich gegebenenfalls an die kirchliche Gerichtsbarkeit wenden "dürfen", nämlich immer dann, wenn sie es wollen. Werde diese Möglichkeit von ihnen nicht wahrgenommen, so heiße das nicht, daß ihnen noch der Weg zur weltlichen Gerichtsbarkeit offenstehe. 73 Die nachträgliche KonValladares Rascon (1982), 55f.; Peiia Bernaldo de Quiros, ADC 1980, 582f. Hierbei haben sich einige Autoren für die Notwendigkeit ausgesprochen, daß sich gemäß dem Wortlaut von Art. VI Abs. 2 Satz 1 des Abkommens heide Ehegatten freiwillig unterwerfen müssen (so etwa Valladares Rascon (1982), 51; 71). Demgegenüber sind andere Autoren der Ansicht, daß die freiwillige Unterwerfung nur eines der Ehegatten ausreicht (so etwa De Diego Lora, lus Canonicum XIX (1979), 205, 226; Lacruz-Berdejo (- Sancho Rebullida), Comentarios, 496; Lopez Alarcon, RDP 1980, 898). Die Auseinandersetzung mag für den Zweck dieser Darstellung dahingestellt bleiben; im Wortlaut des Abkommens wird jedoch in Abs. 2 Satz 1 der Plural ,los contrayentes', in Abs. 2, Satz 2 der Singular ,cualquiera de las partes' gebraucht. Dies erlaubt die Bestimmung in dem Sinne zu verstehen, daß heide Ehegatten sich freiwillig der kirchlichen Gerichtsbarkeit unterwerfen müssen und nur einer von beiden die Anerkennung der zivilen Wirkungen beantragen kann. 71 Daß der heilige Stuhl bei Art. VI Abs. 3 des Abkommens die Möglichkeit des Scheidungsanspruchs bei kanonisch geschlossenen Ehen in Kauf genommen hat, wird nicht nur von Anhängern des fakultativen, protestantischen Systems (wie etwa DiezPicazo (GulIon, 81; Valladares Rascon (1982),51; Iban Perez, RDP 1980, 144) behauptet. Selbst Anhänger des fakultativen katholischen Systems erkennen diese "stillschweigende Toleranz" an (vgl. hierzu Capon Rey, BIMJ 1980,2, Nr. 1218, 10; Carrion, ADC 1979, 436; Lacruz Berdejo y otros, EI nuevo regimen, 31 f.). 12 Fuenmayor Champin, RGLJ 1979, 291. 73 Lopez Alarcon, RDP 1980, 898. 69

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1. Teil: Geschichtlicher Rückbiick

trolle seitens des spanischen Staates über die kirchlichen Entscheidungen, wie sie Art. VI Abs. 2 Satz 2 zulasse, sei wiederum ein weiterer Beweis dafür, daß man bei der Vereinbarung an zwei Rechtsordnungen gedacht habe, wobei sich die Anwendbarkeit der kanonischen Rechtsordnung nicht nur auf die Eheschließungsform erstrecken solle. 74 Dieser Auslegung des Art. VI. Abs. 2 des Abkommens wurde vorgeworfen, daß die ausschließliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichtsbarkeit im Rahmen der Verfassung nicht aufrechtzuerhalten sei. Der Staat könne selbst bei kanonisch geschlossenen Ehen die kirchliche Gerichtsbarkeit nicht erzwingen, da es "keine staatliche Konfession" (Art. 16 Abs. 3 der Verfassung) gebe und das Religionsfreiheitsprinzip (Art. 16 Abs. 1 der Verfassung) die freie Abkehr vom eigenen Glauben "auch bei Katholiken"75 anschließe. 76 Die einzige Auslegung von Art. VI Abs. 2 des Abkommens, die den Anspruch auf Verfassungskonformität erheben könne, müsse dahin gehen, daß den Ehegatten beide Gerichtswege offenstünden. Die kirchlichen Entscheidungen können darüber hinaus nur dann zivile Wirkungen entfalten, wenn sie dem Recht des Staates entsprächen und dies vom zuständigen Zivilgericht geklärt werde. Gegenstand der Vereinbarung mit dem Heiligen Stuhl könne somit nur die Eheschließungsform gewesen sein, da die verfassungsmäßige Zuständigkeitsregel des Art. VI Abs. 2 sich mit der den kanonischen Rechtssätzen unterworfenen Eheart nicht einbauen ließe. 77 Wie bei der Auslegung von Art. 32 Abs. 2 der Verfassung wurde auch hier innerhalb der spanischen Lehre immer weiter und unbegrenzt nuanciert. Die Schilderung der Auseinandersetzung soll aber an dieser Stelle abgebrochen werden, denn hinter dem dargestellten Streit um das Eherechtssystem steckt nur der Kampf, der sich nach der Verkündung der Verfassung für und gegen die Einführung der Ehescheidung abgespielt hat. Dieser Kampf wurde durch das Gesetz Nr. 30/1981 beendet. Die oben gegebene Darstellung soll nur einige Hintergründe der bis zu diesem Zeitpunkt geführten Auseinandersetzungen andeuten, weshalb das neue Gesetz - in Spanien "Ley deI divorcio" und "Ley Ord6iiez" genannt - bis zu seiner parlamentarischen Verabschiedung zweieinhalb Jahre - und zwei Justizminister - in Anspruch genommen hat. 78 Fuenmayor Champin, RGLJ 1979, 294. Mit den Worten von Luces Gil, BIMJ 1980, 2, Nr. 1217, 12. 76 Ebenda, 12f.; Pefia Bernaldo de Quir6s, ADC 1980, in FN 22, 579. 77 Pefia Bernaldo de Quir6s, ebenda, 583; Valladares Rasc6n, RDP 1981, 326; dies. (1982), 57. 78 Das Gesetz erforderte verschiedene Regierungsentwürfe, und im Parlament wurde darüber 17 Monate debattiert. Erst nach dem Rücktritt des Justizministers Cavero wurde von seinem Nachfolger Fernandez Ord6fiez, auf dessen zweiten Familiennamen die Bezeichnung des Gesetzes als "Ley Ord6iiez" zurückzuführen ist, der Weg zum Konsens über die am meisten umstrittenen Fragen gefunden. Diese betrafen vor allem die sog. einverständliche Scheidung und die kanonische Ehe. Vgl. hierzu den Bericht über die parlamentarische Sitzung seit dem 25. Januar 1980 bei Caballero Gea, 119. 74 75

2. Kap.: Die Reformtendenzen seit November 1975

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11. Die Entwicklung der Rechtsprechung zu Fragen des Ehebandes Der Tod Francos hatte nicht nur Änderungen auflegislativem Feld zur Folge, sondern beeinflußte auch unmittelbar die Frage, ob eine im Ausland vollzogene Scheidung nunmehr in Spanien die Möglichkeit eröffnen sollte, rechtsgültig eine zweite Ehe einzugehen. Mit dieser Frage hatte sich die Generaldirektion des Register- und Notariatswesens in ihrer Resolution vom 23. März 1976 auseinanderzusetzen. 79 Der Resolution lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Eheleute hatten die Eintragung ihrer am 27. Mai 1966 in Gibraltar geschlossenen Zivilehe in das Standesamtsregister beantragt. Der spanische Ehemann war zur Zeit der Eheschließung ledig und Mormone. Die Ehefrau, eine US-Bürgerin, war bereits im Jahre 1965 in den USA aus einer mormonisch geschlossenen Ehe geschieden worden. Die Generaldirektion gab dem Antrag statt, wobei sie zur Begründung ausführte, daß gem. Art. 9 Abs. 1 CC die Frage der Ehefähigkeit nach dem Heimatrecht der jeweiligen Ehekandidaten zu beurteilen sei. 80 Diesem Grundsatz stünde auch nicht die Ordre-public-Klausel des Art. 12 Abs.3 CC8l entgegen, da es sich bei der ersten Ehe der Frau um eine Verbindung gehandelt habe, die vom spanischen Standpunkt aus gesehen als Zivilehe gewertet werden mußte. 82 Der ordre public sei aber nur dann verletzt, wenn es sich bei der vorhergehenden Ehe um eine kanonische Ehe handele. Die Begründung der Resolution ist zunächst einmal wegen der vorgenommenen Distinktion zwischen kanonischer Ehe einerseits und Zivilehe andererseits bemerkenswert, da eine solche Unterscheidung der angezogene Art. 52 CC83 selbst nicht traf, sondern die Auflösung beider Ehearten behandelte. Zum anderen verdient der Gedankengang eine genauere Beachtung, wie die Generaldirektion zur restriktiven Interpretation der Ordre-public-Klausel gelangt. Hier berief man sich nämlich auf das Gesetz vom 23. September 1939;84 da dieses Gesetz, mit dem das republikanische Scheidungs gesetz vom 2. März 1932 79

739).

Siehe DGRN, 23. März 1976 (=ADGRN 1976, 234-241)(Bericht in RabelsZ 1977,

Siehe Art. 9 Abs. 1 CC (Fassung von 1974), Anhang I, Nr. 1. Siehe Art. 12 Abs. 3 CC (Fassung von 1974), Anhang I, Nr. 1. 82 Die Bestimmungen der heutigen Artt. 9 Abs. 1 und 12 Abs. 3 CC entsprechen dem Inhalt der alten Artt. 9 und 11, Abs.3 CC (vgl. hierzu die obigen Ausführungen in Anm. 138 des 1. Kapitels). Die Generaldirektion hat dennoch die Frage der Ehefahigkeit am 27. Mai 1966 im Rahmen der Bestimmungen des C6digo Ci vii nach der Reform des Dekrets 1836/1974 vom 31. Mai entschieden, ohne diese inhaltliche Übereinstimmung zu erwähnen. 83 Vgl. hierzu die obigen Ausführungen über Art. 52 CC während der Franco-Ära im 1. Kapitel unter IV 3.1.2. 84 FundsteIle in Anm. 99 des 1. Kapitels. 80 81

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1. Teil: Geschlchtiicher Rückblidl.

abgeschafft wurde, ein absolutes Verbot, eine neue Ehe einzugehen, nur für diejenigen Ehegatten vorsah, deren geschiedene Ehe nach kanonischem Recht zustandegekommen war. Das nach Beendigung des Bürgerkrieges mit der an ihrer Stelle bereits skizzierten, gänzlich anderen - nämlich restaurativen - Zielsetzung verabschiedete Gesetz 85 sollte nunmehr - knapp vier Monate nach dem Tod Francos - als Vehikel für eine gänzlich neue Auslegungspraxis dienen. Denn die Unterscheidung von kanonischer und Zivilehe wurde auch in den Resolutionen vom 5. April 1976 86 und vom 24. August 1976 87 aufgegriffen, obwohl diese Entscheidungen in der Sache selbst zu anderen Ergebnissen gelangen. In beiden Fällen wurde die Generaldirektion wegen des Wunsches angerufen, erneut eine Ehe einzugehen, wobei der spanische Ehekandidat jeweils ledig war und mit einer aus einer kanonischen Ehe geschiedenen Ausländerin eine Zivilehe einzugehen wünschte. In beiden Fällen wurde die Genehmigung der erneuten Eheschließung versagt, weil Art. 12 Abs. 3 ce trotz des Art. 9 Abs. 1 ce eingreife, da die nach dem Heimatrecht mögliche erneute Eheschließung nach einer geschiedenen kanonischen Ehe dem spanischen ordre public widerspreche. Dieselbe Entscheidung traf am 22. November 1977 der Tribunal Supremo 88 , wobei er sich ausdrücklich auf die Resolution vom 23. März 1976 bezog. 89 In diesem Falle handelte es sich um eine Klage auf Nichtigkeitserklärung einer am 21. April 1943 in Madrid vom Kläger mit einer ledigen Spanierin geschlossenen Ehe. Der Ehemann war zur Zeit der Eheschließung Ungar; er wurde im Jahre 1953 eingebürgert. Am 25. Oktober 1928 hatte er in Ungarn eine Zivilehe geschlossen, die im Jahre 1938 in Budapest geschieden wurde. Auf die von seiner Ehefrau eingereichte Klage auf Ehetrennung erhob der Mann Widerklage mit dem Antrag, die Nichtigkeit der Ehe festzustellen. Hierzu verwies er auf seine frühere, in Ungarn geschlossene Ehe, die den Artt. 83 Nr. 5; 101 Nr. 1 und 51 ce zufolge die zweite Ehe zu einer bigamischen gemacht hätten, die dem spanischen ordre public zuwiderlaufe. 90 Das Gericht erster Instanz wies die Klage ab und gab dem Widerklageantrag des Ehemannes statt. Auf die Berufung der Ehefrau hin wurde das Urteil in der zweiten Instanz aufgehoben. Dabei stützte sich das Berufungsgericht u. a. auch auf die Resolution der Generaldirektion vom 23. März 1976. Die hiergegen Siehe im 1. Kapitel unter IV 1. und 3.1.1. Siehe DGRN, 5. Apri11976 (=ADGRN 1976,242-246). 87 Siehe DGRN, 24.August 1976 (=ADGRN 1976, 281-284=BIMJ 1976, 2, Nr. 1071, 49ff.). 88 Siehe TS, 22. November 1977 (= Je 1977, Nr. 386). 89 Siehe Anm. 92 dieses Kapitels. 90 Zu diesen Bestimmungen siehe im 1. Kapitel unter IV 2.2.1. 85

86

2. Kap.: Die Reformtendenzen seit November 1975

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gerichtete Revision machte geltend, daß die angezogene Resolution nur den Fall der Eintragung einer im Ausland gültig geschlossenen Ehe in das Standesamtsregister betroffen habe, während vorliegend die Nichtigkeit einer in Spanien gegen zwingende Vorschriften des C6digo Civil geschlossenen Ehe beurteilt werden müsse. Letzteres könne nur als eine den ordre public verletzende Bigamie gewertet werden. 91 Bei seiner zurückweisenden Revisionsbegründung ist dem Gericht insoweit zuzustimmen, als es die Ehefähigkeit entgegen der Revisionsansicht nicht von dem Ort der Eheschließung abhängig machte. Allerdings überzeugt die hierfür gegebene Begründung nicht. Denn wie bereits in der Resolution vom 23. März 1976 wird die Gültigkeit der zweiten Ehe wieder aus dem zivilen Charakter der ersten Eheschließung abgeleitet. Mit einer beinahe wortgetreuen Wiedergabe der Absätze 4 und 5 aus der Begründung der Resolution der Generaldirektion wurde wieder an die Überlegung angeknüpft, daß nur eine kanonisch geschlossene Erstehe einen Verstoß gegen den spanischen ordre public darstelle. Als gesetzliche Grundlage für diese Auffassung wurde wiederum auf das Gesetz vom 23. September 1939 92 verwiesen. Art. 12 Abs.3 CC könne vorliegend nicht eingreifen, da der nationalisierte Ungar in seiner Heimat von einer dort geschlossenen Zivilehe geschieden worden sei. Seine Ehefähigkeit zur Zeit der zweiten zivilen Eheschließung in Spanien sei somit nach seinem Heimatrecht entsprechend Art. 9 Abs. 1 CC zu beurteilen. Nach dieser Vorschrift müsse sie als gegeben angenommen werden. Diese Rechtsprechung, die nur durch den Rückgriff auf das Gesetz vom 23. September 1939 und entgegen der Bestimmung des Art. 52 CC93 ermöglicht wurde, war nach Verkündung der Verfassung vom 29. Dezember 1978 nicht mehr aufrechtzuerhalten. Denn obwohl Art. 32 den Ausdruck "divorcio" (Scheidung) vermeidet und statt dessen den weniger bestimmten Begriff "disoluci6n" (Auflösung) verwendet, so daß eine Differenzierung zwischen kanonischer und ziviler Ehe hiernach noch möglich gewesen wäre,94 konnte diese Differenzierung nicht mehr wegen der Art. 14 und 16 vorgenommen werden, da eine sowohl am Wortlaut als auch am Sinn und Zweck dieser Vorschriften orientierte Auslegung jede Bevorzugung der kanonischen Ehe verbietet.95 Die Ordre-public-Klausel konnte daher nicht mehr zur Wahrung der Unauflöslichkeit nur der kanonischen Ehe herangezogen werden. 91 Zur Frage der sog. bigamischen Ehe während der Franco-Ära, siehe im 1. Kapitel unter IV 2.2.1. 92 Vgl. ADGRN 1976, 240 einerseits und Je 1977, 290 (in fine)-291 andererseits. 93 Siehe Anm. 83 dieses Kapitels. 94 Zu verschiedenen Auslegungen des Art. 32 der heutigen Verfassung Spaniens siehe in diesem Kapitel unter I 1. 9S ZU den Artt. 14 und 16 der heutigen Verfassung Spaniens siehe in diesem Kapitel unter I 1.

92

1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

Trotz dieser neuen, durch die Verfassung geschaffenen Rechtslage scheint die spätere Rechtspflegepraxis zögernd bis widersprüchlich und den neuen Interpretationsmaximen nur zum Teil gefolgt zu sein. Der ersten Resolution der Generaldirektion nach Verabschiedung der Verfassung, der Resolution vom 6. April 1979 96 , lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine spanische Witwe wollte mit einem geschiedenen Franzosen die Ehe eingehen, der am 12. April 1973 von seiner am 24. Oktober 1959 in Frankreich kanonisch und zivil geschlossenen Ehe geschieden worden war. Die Generaldirektion erteilte zwar die Genehmigung für die beantragte Eheschließung, geriet aber bei der Begründung ihrer Entscheidung in Widersprüche. Einerseits räumte sie ein, daß die Unauflöslichkeit der Ehe nicht mehr länger ein verfassungsrechtliches Gebot sei, wie ein Vergleich des Art. 22 a. F. (Fuero de los Espafioles) mit Art. 32 der Verfassung vom 29. Dezember 1978 zeige. Denn wegen der in Art. 16 verankerten Religionsfreiheit und der Akonfessionalität des spanischen Staates könne die Ordre-public-Klausel nicht mehr die Unauflöslichkeit der kanonischen Ehe verteidigen (vgl. Abs.4 der Begründung 97 ). Andererseits bezog sich die Generaldirektion in ihrer weiteren Begründung auf die Art. XXIII und XXIV des Konkordats aus dem Jahre 1953 98 , die ihren Niederschlag in den Artt. 75, 80 und 82 CC99 gefunden hätten und noch immer fortbestehendes Recht darstellten. Die Konkordatsnormen enthielten die völkerrechtlich bindende Verpflichtung des spanischen Staates, der kanonischen Ehe zivile Wirkungen zu verleihen und der katholischen Kirche die ausschließliche Zuständigkeit für die kanonischen Ehen einzuräumenY~) Diese Verpflichtung bestehe allerdings nur dann, wenn der spanische Staat nach seinem Kollisionsrecht seine Zuständigkeit bejaht. Daher könne sich die Verpflichtung aus dem Konkordat nicht auf solche ausländischen Ehen beziehen, die außerhalb der spanischen Rechts- und Verfahrenszuständigkeit stehen. Diese seien vielmehr nach dem Heimatrecht der Ehegatten zu beurteilen (Art. 9 Abs. 1 CC) (vgl. Abs. 5 der Begründung IOI ). Dementsprechend wurde die Ehefähigkeit des französischen Ehekandidaten gern. Art. 9 Abs.1 CC nach französischem Recht beurteilt, wonach sie zu bejahen war. Damit wurde also die Tatsache, daß die in Frankreich geschiedene Ehe auch kanonisch geschlossen worden war, entgegen der früheren RechtspraSiehe DGRN, 6. April 1979 (=ADGRN 1979,460-464). Vgl. ADGRN 1979, 464. 9B Siehe im 1. Kapitel unter IV 2.1.; 3.1.2.; 3.2.2. und 3.3.1. 99 Siehe im 1. Kapitel unter IV 3.3.1. und die dortigen Hinweise. 100 In der Resolution wird nur von "la Iglesia", d.h. "der Kirche", gesprochen. 101 Vgl. ADGRN 1979,464. 96

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2. Kap.: Die Reformtendenzen seit November 1975

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xis 102 als für den spanischen ordre public unerheblich bewertet. Damit war der Weg frei, die Genehmigung für eine erneute Eheschließung in Spanien zu erteilen. Diesem Ergebnis ist zuzustimmen. Es darf jedoch nicht den Blick dafür verstellen, daß der 5. Absatz der Begründung 103 eine verfehlte Konstruktion enthälU04 Denn die Generaldirektion erklärt die früheren Verpflichtungen des spanischen Staates gegenüber der katholischen Kirche und deren positivrechtlichen Ausformungen im C6digo Civil als nach wie vor für bestehend. Die heutige Verfassung enthält hingegen eine "disposici6n derogatoria" (Aufhebungs bestimmung), deren Abs. 3 alle Vorschriften außer Kraft setzt, die den verfassungsrechtlichen Bestimmungen entgegenstehen 105 ("Supremat des Verfassungsrechts"). Die Behauptung der Generaldirektion, die eherechtlichen Bestimmungen des C6digo Civil seien von der Aufhebungsbestimmung nicht betroffen, hat logischerweise zur Prämisse, daß das frühere spanische Eherecht mit den neuen Verfassungsprinzipien kompatibel ist. Art. 32 Abs. 2 der Verfassung konnte im Jahre 1979 in zweierlei Hinsicht ausgelegt werden: 106 Entweder war die Scheidung dem Bande nach durch das Wort "disoluci6n" verfassungsrechtlich verankert und demzufolge die entsprechenden Bestimmungen im C6digo Civil verfassungswidrig, oder der Begriff "disoluci6n" umfaßte nicht die Scheidung dem Bande nach ("divorcio"), so daß die entsprechenden Vorschriften des C6digo noch verfassungskonform gewesen wären. In Kürze also: Entweder war die Scheidung dem Bande nach verankert oder sie war es nicht. Nur für den Fall, daß die Scheidung dem Bande nach nicht in der Verfassung verankert ist, könnte man das alte spanische Eherecht als mit der Verfassung übereinstimmend ansehen. Dies hätte zur weiteren Konsequenz, daß ausländische Scheidungsurteile nach wie vor der spanischen Rechtsordnung entgegenstünden, so daß man ihnen auch die Wirkung, den Wiedererwerb der 102 Vgl. hierzu die Resolution vom 5. April und 24. August 1976 (zit. in Anm. 86 und 87 dieses Kapitels). 103 Siehe Anm. 101 dieses Kapitels. 104 Dies scheint in der Literatur der Fall gewesen zu sein, da diese Resolution anscheinend wegen ihres Ergebnisses kritiklos hingenommen worden ist. Vgl. etwa Tomas Ortiz de la Torre, RDP 1979, 1023, der diese Resolution als "modelo de perfeccion" bezeichnet. Demgegenüber richten sich die Vorwürfe gegen eine spätere Resolution vom 19. Oktober 1979, bei welcher, wie noch darzulegen ist, nach der hier kritisierten Konstruktion entschieden wurde. Vgl. hierzu Abarca Junco, ADC 1981, 738ff.; 742ff.; Capon Rey, BIMJ 1980,2, Nr. 1218,12: "cierto retorno al primitivo criterio se advierte en la Resolucion de la Direccion General de 19 de octubre de 1979". Ferner Sanz de Alba, Rev. int. dr. comp. 1981, 80ff., obwohl er in seinem Aufsatz nur die Resolution vom 6. April 1979 erwähnt; und Kneip, StAZ 1980, 176, der diesen 5. Absatz ebenso übersehen zu haben scheint. 105 Zu dieser Bestimmung siehe in diesem Kapitel unter I 1. 106 Siehe Anm. 94 dieses Kapitels.

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

Ehef:ihigkeit zu begründen, absprechen mußte. Im vorliegenden Fall hätte dann die Genehmigung zur zweiten Eheschließung wegen fehlender Ehefähigkeit des Mannes versagt werden müssen. Die Gründe der Resolution vom 6. April 1979 deuten jedoch in eine andere Richtung. Die Resolution stellt zwar nicht explizit fest, daß die Scheidung dem Bande nach als Verfassungsprinzip in Art. 32 Abs. 2 verankert sei, da die Begründung hierzu nur ausführt, daß die Unauflöslichkeit der Ehe kein verfassungsrechtliches Prinzip mehr für die spanische Rechtsprechung darstelle. Wenn auch eine klare Aussage zur verfassungsrechtlichen Absicherung der Scheidung dem Bande nach fehlt, so brachte die Bejahung der Ehef:ihigkeit doch deutlich zum Ausdruck, daß aufgrund von Art. 32 Abs. 2 der Verfassung die Ehescheidung dem spanischen ordre public nicht mehr entgegenstand. Die Bestimmungen des C6digo Civil, die einen solchen Schluß nicht zuließen, waren somit nicht mit Art. 32 Abs. 2 der Verfassung vereinbar; damit waren sie nach Abs. 3 der Aufhebungsbestimmung ipso iure außer Kraft gesetzt. Die Generaldirektion hat jedoch in der Resolution nicht alle eherechtlichen Bestimmungen des C6digo Civil hinsichtlich ihrer Fortgeltung angesprochen. Die Begründung nimmt nur auf die Verpflichtungen des spanischen Staates gegenüber der katholischen Kirche Bezug, wie sie im C6digo Civil Ausdruck gefunden haben. Nach der Begründung könnte man annehmen, daß die Bestimmungen des C6digo Civil nur für die Regelung der kanonischen Ehe fortspielten. Es wurden in der Entscheidung nämlich die Artt. 75, 80 und 82 CC107 angesprochen, nach denen der katholischen Kirche die ausschließliche Gesetzgebungs- und Entscheidungskompetenz in Ehesachen eingeräumt wurde. Die Unvereinbarkeit dieser Bestimmungen des C6digo Civil mit den verfassungsrechtlichen Prinzipien der Religionsgleichheit (Art. 14), Religionsfreiheit (Art. 16 Abs. 1) und Akonfessionalität des Staates (Art. 16 Abs. 3) ist bereits oben dargestellt worden. lOB Auch der Heilige Stuhl hat die Schwierigkeiten bedacht, welche die Fortgeltung des Konkordats aus dem Jahre 1953 109 im Rahmen der neuen Verfassung bringen konnte, und deswegen am 3. Januar 1979 mit Spanien eine Reihe "Acuerdos" 110 unterzeichnet, die mit Inkrafttreten am 4. Dezember 1979 das alte Konkordat ersetzte. lU Abgesehen von der fragwürdigen und kaum nachzuvollziehenden Begründung der Konformität der Artt. 75, 80 und 82 CC mit der Verfassung muß man der Generaldirektion wieder den Vorwurf der Unentschlossenheit machen, dem sie sich schon bei der Auslegung des Art. 32 Abs. 2 der Verfassung ausgesetzt 107 108 109 110 111

Siehe Anm. 99 dieses Kapitels. Hierzu bereits in diesem Kapitel unter I 1. Siehe Anm. 98 dieses Kapitels. Vgl. Anm. 47 und 48 dieses Kapitels. Siehe in diesem Kapitel unter I 2.

2. Kap.: Die Refonntendenzen seit November 1975

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sah. Denn wenn nach ihrer Auffassung die Artt. 75, 80 und 82 CC der Verfassung nicht widersprechen, dann wäre Spanien der katholischen Kirche gegenüber nach wie vor verpflichtet gewesen, sich an die kanonischen Rechtssätze zu halten. Die Frage der Auflöslichkeit der in Frankreich kanonisch geschlossenen Ehe wäre dann von den kirchlichen Behörden zu beantworten gewesen, da die Rechtssätze der katholischen Kirche universelle Geltung beanspruchen und keine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit der Betroffenen kennen. Gewiß ein Umstand, den die Generaldirektion nach fast 40 Jahren Praxis nicht hätte übersehen dürfen. Die Konsequenzen einer solchen verfehlten, wenn nicht sogar verfassungswidrigen Konstruktion, die sich nur wegen des besonderen Sachverhalts noch nicht bei der Resolution vom 6. April 1979 ausgewirkt hatten, sollten in einer weiteren Resolution vom 19. Oktober 1979 112 gezogen werden. Diesem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der spanische Ehekandidat hatte am 27. Dezember 1975 in Großbritannien die Ehe mit einer Engländerin kanonisch geschlossen. Diese Ehe war am 14. Februar 1979 in England rechtskräftig geschieden worden. Nunmehr wurde die Genehmigung begehrt, eine Zivilehe mit einer ledigen Spanierin zu schließen. Die Generaldirektion entschied letztlich wieder nach der Konstruktion, die sie bereits in der Resolution vom 6. April 1979 gewählt hatte. Die Ehefahigkeit des geschiedenen Spaniers sei entsprechend der Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 CC nach den immer noch gültigen Vorschriften des C6digo Civil zu beurteilen. Die Ehescheidung dem Bande nach sei hiernach für die spanische Rechtsordnung noch ein unbekanntes Rechtsinstitut. Die beantragte Genehmigung zur zweiten Eheschließung in Spanien wurde somit versagt. Die Generaldirektion vermied zwar, die Ablehnung der zweiten Eheschließung offen mit dem (kanonischen) Charakter der ersten Ehe zu begründen, aus dem Zusammenhang wird aber deutlich, daß dies die eigentliche "idee regulative" der Resolution war: Bei der Resolution vom 6. April 1979 hatte man aus Art. 32 Abs. 2 der Verfassung stillschweigend abgeleitet, daß die Ehescheidung dem Bande nach in der Verfassung verankert sei. Der Schwerpunkt der Entscheidung lag jedoch in der Konstruktion, der zufolge die Frage der Ehefahigkeit eines jeden Ehekandidaten gern. Art. 9 Abs. 1 CC nach seinem Heimatrecht zu beantworten sei. Ein Heranziehen der Ordre-public-Klausel wegen der kanonischen Art der geschiedenen Ehe konnte im Gegensatz zu den Resolutionen vor Verabschiedung der Verfassung nicht mehr begründet werden. Im Gegenteil hätte man die Begründung aus den Artt. 14 und 16 der in Kraft gesetzten Verfassung herleiten müssen, wonach dem Heimatrecht im Sinne von Art. 9 Abs. 1 CC volle Geltung 112 Siehe DORN, 19. Oktober 1979 (=ADGRN 1979, 468-470=BIMJ 1979, 2, Nr. 1185, 23f.

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1. Teil: Geschichtlicher Rückblick

zukommt. Anstatt die Frage der Religionsgleichheit, -freiheit und Akonfessionalität des Staates anzusprechen und eine klare Stellungnahme hinsichtlich der neuen rechtlichen Stellung der katholischen Kirche in Spanien abzugeben, hat die Generaldirektion den - falschen - Ausweg gesucht, daß sie die Fortgeltung der kanonischen Rechtssätze nunmehr von der Staatsangehörigkeit abhängig machte. Die kanonischen Rechtssätze standen der Entscheidung der Generaldirektion nicht entgegen, da sie nunmehr nur noch für spanische Staatsangehörige gelten sollten. Da bei der Resolution vom 19. Oktober 1979 der geschiedene Ehekandidat Spanier war, mußte nach dieser Logik die Ehefähigkeit verneint werden. Dabei scheute man sich jedoch, diese Logik klar darzulegen, weil man sich damit auf ein unsicheres verfassungsrechtliches Feld begeben hätte, da das Privileg der kanonischen Ehe der Verfassung nicht eindeutig zu entnehmen ist. Man wählte daher eine Hilfskonstruktion, die verfassungsrechtliche Zweifel ausblendete: In der Resolution vom 19. Oktober 1979 wurde nämlich auf das Fehlen von gesetzlichen Bestimmungen für die Scheidung abgehoben, ganz so, als ob es sich um eine Scheidung in Spanien handelte, die nach dem von eigenem Kollisionsrecht berufenen spanischen Sachrecht zu beurteilen sei. Nur fünf Tage nach der Resolution vom 19. Oktober 1979 wurde vom Tribunal Supremo ll3 auf Antrag eines ehemaligen französischen Ehemannes dessen Scheidungsurteil vom 16. Juni 1977 anerkannt, das seine Zivilehe mit einer Spanierin in Frankreich geschieden hatte. Der Tribunal Supremo bezog sich zunächst nur auf diejenigen, oben erwähnten Präzedenzfälle zur Scheidung einer Zivilehe, die vor der Verkündung der Verfassung entschieden worden waren. 114 Jedoch ging der Tribunal Supremo auch auf die verfassungsrechtlichen Bestimmungen der Artt. 16 und 32 ein. Der folgende Absatz 7 der Begründung stellt alle Gründe zusammen, denen zufolge die Resolution vom 19. Oktober 1979 auch zu einer positiven Beurteilung der Ehefähigkeit des spanischen Ehekandidaten hätte kommen können: "Considerando que no es necesario insistir en el profundo cambio social, politico y juridico que, por influjo y mandato de la voluntad colectiva del pueblo espafiol, aparece reflejado en la norma basica y primera dei Ordenamiento juridico patrio, es decir, en los articulos 16 - atinente a la libertad religiosa y a la aconfesionalidad dei Estado - y 32, que permite la disoluci6n dei vinculo matrimonial y que priva de rango constitucional al principio de indisolubilidad del matrimonio, y por ello, por integrar la Constituci6n la cuspide dei orden juridico, en el cual se subsurne eI orden publico, es evidente la necesidad de afirmar que no choca con el la resoluci6n judicial extranjera que decreta la disoluci6n dei vinculo conyugal y, consecuentemente, que su ejecuci6n es licita en Espafia, corno exige que asi sea el articulo 954 de la Ley de Enjuiciamiento Civil."

Die einzige Resolution zur hier behandelten Frage, die nach dem Auto des Tribunal Supremo vom 24. Oktober 1979 und bis Verkündung des Gesetzes 113 Siehe Auto vom 24. Oktober 1979, Auszüge bei BIMJ 1979, 2, Nr. 1185, 20ff. (Bericht in RED! 1980, 209). 114 Siehe oben, auf S. 89.

2. Kap.: Die Reformtendenzen seit November 1975

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N r. 30/1981 veröffentlicht worden ist, behandelt einen anderen Sachverhalt. Sie kann daher nicht für die Frage herangezogen werden, ob und inwieweit der Tribunal Supremo Einfluß auf die Generaldirektion genommen hat. Die Resolution vom 28. Januar 1981 115 betraf folgenden Sachverhalt: Eine Spanierin war am 7. September 1957 116 in Spanien eine kanonische Ehe mit einem Holländer eingegangen und wurde hierdurch holländische Staatsbürgerin. Die Ehe wurde bereits am 29. Oktober 1957 117 in Holland geschieden. Am 22. Dezember 1977 hatte sie die ursprüngliche spanische Staatsangehörigkeit wiedererworben. Sie beabsichtigte, eine zweite Ehe mit einem ledigen Spanier einzugehen; hierzu begehrte sie die Genehmigung der Generaldirektion. Die Generaldirektion entschied den Antrag positiv, da die heutige Spanierin zur Zeit der Ehescheidung Holländerin gewesen sei. Sie sei also im Rahmen des nach Art. 9 Abs. 1 ce berufenen Heimatrechts gültig geschieden. Im zweiten Absatz der Begründung wird ausdrücklich Bezug auf die Resolution vom 6. April 1979 genommen und allgemein auf die in jener Resolution angegebenen Gründe zur Nicht-Anwendung der Ordre-public-Klausel hingewiesen. 118 Die abermalige Anknüpfung an die Resolution vom 6. April 1979 läßt es zweifelhaft erscheinen, ob der zwischenzeitlich ergangene, strikt an der Verfassung orientierte Auto des Tribunal Supremo maßgeblichen Einfluß auf die Entscheidungspraxis der Direcci6n General hätte entfalten können.

l1S Siehe DGRN, 28. Januar 1981 (= BIMJ 1981, 1, Nr. 1233, 50ff. = Aranzadi 1981, Nr. 1186). 116 Die Zusammenfassung von Aranzadi gibt nur 1957 als Jahr sowohl der Eheschließung wie auch der Ehescheidung an. Beim Bericht des BIMJ stehen die hier angegebenen Daten an verschiedenen Stellen, trotz der erstaunlich kurzen Dauer der Ehe. 117 Siehe Anm. 116. 118 Vgl. Abs.2 der Begründung, BIMJ 1981, 1, Nr. 1233, 52 (in fine)-53.

7 Hemanz Sanchez

2. TEIL

Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr. 30/1981 Drittes Kapitel

MaterieUrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem I. Das neue Eherechtssystem

Die Auseinandersetzungen innerhalb der spanischen Rechtslehre über die Auslegung des Art. 32 Abs. 2 der Verfassung,l welche sich im Spannungsfeld von Tradition und Reformation ergeben hatten, wurden erst durch das Gesetz Nr. 30/1981 zugunsten der Reformation überwunden. Nach den neuen Bestimmungen des C6digo CiviF kann die Ehe nunmehr geschlossen werden: 1. vor dem im C6digo Civil bezeichneten Richter oder Beamten (vgl. Art. 49 Abs. 1 Nr. 1 CC); 2. in der gesetzlich vorgesehenen religiösen Form (vgl. Art. 49 Abs. 1 Nr. 2 CC). Diese kann sowohl die einer eingetragenen religiösen Glaubensgemeinschaft 3 (vgl. Art. 59 CC) wie auch die kanonische Form (vgl. Art. 60 Satz 1 CC) sein. Die Anerkennung der zivilen Wirkungen in diesen beiden Fällen setzt die Eintragung der Eheschließung im Zivilregister voraus (Art. 60 Satz 2 i. V. m. Art. 61 Abs. 2 CC), deren Vornahme abgelehnt werden kann, wenn sich aus den vorgelegten Urkunden oder aus den Registereintragungen ergibt, daß die Eheschließung die Voraussetzungen der Ehe im Sinne von Artt. 44-48 CC nicht erfüllt (vgl. Art. 63 Abs. 2 CC). Die zivilen Wirkungen einer in religiöser Fom geschlossenen Ehe werden somit von den Voraussetzungen der Ehe abhängig gemacht, wie diese vom Siehe im 2. Kapitel unter I 1. Die folgende Darstellung bezieht sich nur auf diese Bestimmungen in der Fassung des Gesetzes Nr. 30/1981. Sie befinden sich zusammen mit der entsprechenden Übersetzung in Anhang I, Nr. 1 (in fine). 3 Bis März 1981 waren 278 religiöse Glaubensgemeinschaften eingetragen. Davon sind inzwischen acht wieder aufgelöst. Vgl. hierzu Caballero Gea, 465 - 528. Nach Art. 59 HS 2 und 3 CC müssen die religiösen Eheschließungsformen mit den mit dem Staat getroffenen Vereinbarungen oder bei Fehlen solcher Vereinbarungen mit der spanischen Gesetzgebung in Einklang stehen. Nur die katholische Kirche hat bis jetzt eine Vereinbarung mit dem spanischen Staat getroffen. Zu dieser Frage vgl. Albaladejo(-Garcia Cantero), Comentarios, 142; Caballero Gea, 264; Lacruz Berdejo(-Carrion Olmos), Comentarios, 266f.; Valladares Rascon (1982), 95f. 1

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3. Kap.: Materiellrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem

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C6digo Civil aufgestellt worden sind. Damit wird auch klargestellt, daß im neuen spanischen Eherecht ein sogenanntes fakultatives protestantisches Eherechtssystem eingeführt worden ist, 4 das heißt, daß eine einzige Eheart (die Zivilehe) in bürgerlicher oder religiöser Form zustandekommen kann. 5 Auf der Basis dieser einzigen eingeführten Eheart ist es der spanischen Gesetzgebung gelungen, die spanische Tradition bezüglich der Ehescheidung und hier insbesondere die Scheidung auch der kanonisch geschlossenen Ehe zu durchbrechen. Der neue Art. 85 CC bestimmt demnach, daß die Ehe ohne Rücksicht darauf, in welcher Form und zu welcher Zeit sie geschlossen worden ist, durch den Tod eines Ehegatten oder dadurch, daß dieser für tot erklärt wird, sowie durch die Scheidung aufgelöst wird. Die Scheidungsgründe sind im neuen Art. 86 CC geregelt. Diese Vorschrift lautet wie folgt: "Son causas de divorcio: 1 '. EI cese efectivo de la convivencia conyugal durante, al menos, un afio ininterrumpido desde la interposicion de la demanda de separacion formulada por ambos conyuges, 0 por uno de ellos con el consentimiento deI otro, cuando aquella se hubiera interpuesto una vez transcurrido un afio desde la celebracion del matrimonio. 2". EI cese efectivo de la convivencia conyugal durante, al menos, un afio ininterrumpido desde la interposicion de la demanda de separacion personal, a peticion deI demandante 0 de quien hubiere formulado reconvencion conforme a 10 establecido en el articulo 82, una vez firme la resolucion estimatoria de la demanda de separacion 0, si transcurrido el expresado plazo, no hubiere recaido resolucion en la primera instancia. 3". EI cese efectivo de la convivencia conyugal durante, al menos, dos afios ininterrumpidos: a) Desde que se consienta libremente por ambos conyuges la separacion de hecho 0 desde la firmeza de la resolucionjudicial, 0 desde la declaracion de ausencia legal de alguno de los conyuges, a peticion de cualquiera de ellos. b) Cuando quien pide el divorcio acredite que, al iniciarse la separacion de hecho, eI otro estaba incurso en causa de separacion. 4·. EI cese efectivo de la convivencia conyugal durante el transcuro de, al menos, cinco afios, a peticion de cualquiera de los conyuges. 5·. La condena en sentencia firme por atentar contra la vida deI conyuge, sus ascendientes 0 descendientes. Cuando eI divorcio sea solicitado por ambos 0 por uno con eI consentimiento del otro, debera necesariamente acompafiarse a la demanda 0 al escrito inicialla propuesta convenio regulador de sus efectos, conforme a los articulos 90 y 103 de este Codigo." 4 Vgl. hierzu Albaladejo( -Garcia Cantero), 103; Lacruz Berdejo / Sancho Rebullida, Elementos, 137; Lacruz Berdejo(-Sancho Rebullida), Comentarios, 341 ff.; Jordano Barea, ADC 1981,912. 5 Wie hier auch de Mena y San Millan, La Ley 1982, 3, 717f.; Diez-Picazo / Gullon, 81 f.; Jordano Barea, ebenda, 925; Suarez Pertierra, RDP 1981, 1008; Vega Sala, (1982), 251. Dagegen nur noch Ocafia Rodriguez, RDP 1981, 1076ff., der von "forma sustancial" redet und somit das Fortbestehen der kanonischen Ehe als Eheart verteidigt, wobei er sich zur Begründung nur auf das kanonische Recht stützt und das geltende spanische Recht weitestgehend außer acht läßt.

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr. 30/1981

(Scheidungsgründe sind: 1. Die tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens zumindest während eines ununterbrochenen Zeitraums von einem Jahr seit Einreichung der Trennungsklage durch beide Ehegatten oder durch einen von ihnen mit Zustimmung des anderen, wenn diese eingereicht worden ist, nachdem ein Jahr seit Eingehung der Ehe verstrichen ist. 2. Die tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens zumindest während eines ununterbrochenen Zeitraums von einem Jahr seit Einreichung der Klage auf persönliche Trennung, und zwar auf Antrag des Klägers oder desjenigen, der gemäß den Bestimmungen des Art. 82 Widerklage erhoben hat, vorausgesetzt, daß die der Trennungsklage stattgebende Entscheidung rechtskräftig ist oder daß nach Verstreichen der angegebenen Frist keine Entscheidung in der ersten Instanz ergangen ist. 3. Die tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens zumindest während eines ununterbrochenen Zeitraums von zwei Jahren: a) Gerechnet seit dem Zeitpunkt, an dem durch beide Ehegatten die tatsächliche Trennung frei gebilligt wird oder an dem die gerichtliche Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder an dem die gesetzliche Abwesenheit eines der Ehegatten festgestellt worden ist, und zwar auf Antrag jedes Ehegatten. b) Wenn derjenige, welcher die Scheidung beantragt, nachweist, daß zu Beginn der tatsächlichen Trennung bei dem anderen ein Trennungsgrund vorlag. 4. Die tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens während eines Zeitraums von fünf Jahren, und zwar auf Antrag jedes Ehegatten. 5. Die rechtskräftige Verurteilung wegen Anschlags auf das Leben des Ehegatten, dessen Vorfahren oder dessen Nachkommen. Wenn die Scheidung von beiden oder von einem mit Zustimmung des anderen beantragt wird, so muß unabdingbar mit der Klage oder mit dem Erstschriftsatz der Vorschlag einer ihre Wirkungen regelnden Vereinbarung gemäß den Art. 90 und 103 dieses Gesetzbuches eingereicht werden.)

Eine eingehende Untersuchung dieser Bestimmungen würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschreiten. Die schematische Darstellung der heutigen Scheidungsgründe in Spanien soll dennoch den neuen materiellrechtlichen Gehalt der Ordre-public-Klausel bei Fällen mit Auslandsberührung andeuten, deren Abhandlung den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet. Einer solchen Darstellung sollen zunächst einige Worte über die Hauptmerkmale des heutigen spanischen Scheidungsrechts vorangestellt werden: (1)

Die Scheidungsgründe des spanischen Rechts knüpfen an die faktische Beendigung des ehelichen Zusammenlebens an ("cese efectivo de La convivencia conyugal"), welche von der spanischen Lehre zutreffend als mit der faktischen Trennung ("separaci6n de hecho") gleichbedeutend betrachtet wird. 6 Sie kennen also eine faktische Trennung von unterschiedlicher Dauer, wobei ferner die 6 Vgl. hierzu Lacruz Berdejo y otros, EI nuevo regimen, 253; Valladares Rascon (1982), 275; 352. Zu dem Begriff vgl. ferner Langner, 103 ff.

3. Kap.: Materiellrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem

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begleitenden Umstände bei der Bestimmung der Trennungsfristen mitberücksichtigt werden. (2) Bei der endgültigen Regelung der verschiedenen Scheidungsgründe hat man das im Entwurf vorgesehene Verschuldensprinzip erheblich verkürzt. 7 Anders als im Entwurf steht die Möglichkeit der Klageerhebung auch dem sogenannten "schuldigen" Ehegatten zu, wobei dessen Verschulden nur bezüglich der längeren vorgesehenen Trennungsfristen bis zur Klageerhebung, nicht aber hinsichtlich der Scheidungswirkungen mitberücksichtigt wird. 8 (3)

Der Katalog des Art. 86 CC weist keinen Scheidungsgrund auf, aus dem man ableiten könnte, daß der Fall einer einverständlichen Scheidung vom Gesetzgeber vorgesehen ist. 9 Absatz 2 dieser Bestimmung sieht dennoch ausdrücklich vor, daß die Ehegatten gemeinschaftlich oder einer mit Zustimmung des anderen die Klage erheben können. Die Möglichkeit steht den Ehegatten prinzipiell, d. h. ohne Rücksicht auf den bei der Klage angegebenen Grund, zu. 10 Das gemeinsame Begehren öffnet den Ehegatten den Weg eines viel kürzeren Verfahrens, welches in der 6. Zusatzbestimmung des Gesetzes Nr. 30/1981 ausdrücklich für einen solchen Fall vorgesehen ist. l l Bei einem solchen gemeinsamen Begehren wird vom Gesetz vorausgesetzt, daß der Klage oder dem Erstschriftsatz der Vorschlag einer die Wirkungen der Scheidung regelnden Vereinbarung gemäß den Artt. 90 oder 103 CC beigefügt wird. Der Wortlaut des Art. 86 Abs. 2 CC erwähnt zwar die Artt. 90 und 103 CC; diese letzte Vorschrift betrifft jedoch nur einstweilige Maßnahmen, die vom Richter zu treffen sind, falls die Ehegatten gern. Art. 90 CC keine Vereinbarung oder eine solche getroffen haben, die vom Richter nicht gebilligt worden ist, weil sie seiner Ansicht nach schädlich für die Kinder ist oder in schwerwiegender Vgl. hierzu Valladares Rascon (1982), 324. Valladares Rascon, ebenda. Ferner Kneip, FamRZ 1982,449 unter e) bezüglich der sog. "Pension" des Art. 97 CC; und Dubler, Rev. int. dr. comp. 1982, 1197; 1203. 9 Wie hier auch Valladares Rascon (1982), 335: "el divorcio por mutuo acuerdo en nuestra legislacion se refiere al procedimiento, no a las causas. No existe una causa especifica de divorcio por mutuo acuerdo." 10 Valladares Rascon, (1982), 325. 11 Ein Einverständnis der Ehegatten kann sogar bereits nach der Klageeinreichung erfolgen, da der Gesetzgeber in der 5. Zusatzbestimmung k) des Gesetzes Nr. 30/1981 ausdrücklich den Fall vorgesehen hat, daß sich die Ehegatten in jedem Stand des Verfahrens ("en cualquier momento deI proceso") einigen können und auf ihren Antrag hin die noch fehlenden gerichtlichen Handlungen nach dem in der 6. Zusatzbestimmung vorgesehenen Verfahren aufzunehmen sind. 7

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das Gesetz NI. 30;19ßl

Weise einen der Ehegatten benachteiligt. In diesem letzten Fall kann der Richter die Ehegatten zu einem neuen Vorschlag auffordern (vgl. Art. 90 Abs. 2 Satz 2 CC) oder selbst "mangels einer gerichtlich gebilligten Vereinbarung beider Ehegatten nach Anhörung derselben" einstweilige Maßnahmen treffen (vgl. Art. 103 Abs. 1 Satz 1 CC). Dem Wortlaut dieser letzten Bestimmung nach sind die richterlichen Maßnahmen also nicht kumulativ mit der Vereinbarung beider Ehegatten des Art. 90 CC zu treffen, trotz des Wortlauts "und" des Art. 86 Abs. 2 Ce. Die Bestimmung des Art. 86 Abs. 2 CC kann somit nur dahin verstanden werden, daß der Scheidungsklage oder dem Erstschriftsatz der Vorschlag einer von beiden Ehegatten getroffenen, die Wirkungen der Scheidung regelnden Vereinbarung im Sinne von Art. 90 CC beizufügen ist. Fehlt eine solche gerichtlich gebilligte Vereinbarung und ist die Klage trotzdem zugelassen, werden nach Art. 103 CC vom Richter die gebotenen Maßnahmen bestimmt. Hauptsächlich geht es dabei um dieselben Fragen wie nach Art. 90 CC, nämlich die Kinder, die Familienwohnung, die Lasten der Ehe, die Liquidierung des Güterstandes 12 und die entsprechenden Sicherheiten und Garantien. (4)

Das eigentliche Wesensmerkmal des heutigen spanischen Scheidungsrechts liegt, verglichen mit dem Recht der Nachbarländer, darin, daß vor einer Scheidungsklage 13 meist ein rechtskräftiges Trennungsurteil oder eine Trennungsklage vorangegangen sein oder ein vom Gesetz vorgesehener Trennungsgrund bestanden haben muß. In einer viel geringeren Zahl sind selbständige Scheidungstatbestände vorgesehen, auf welche die Klage auf Ehescheidung gestützt werden kann. Unter Berücksichtigung dieses wichtigen Aspekts wird hier von der Systematik des Art. 86 CC abgesehen, und die Scheidungsgründe werden - anders als dies in der spanischen Literatur trotz der einstimmigen Kritik an dieser 12 Im Rahmen der einstweiligen Maßnahmen im Sinne von Art. 103 Cc bestimmt der Richter nach der Inventaraufnahme, welche gemeinsamen oder zugewonnenen Vermögensstücke dem einen oder anderen Ehegatten zuzusprechen sind. Ferner kann er die Regeln bestimmen, die die Ehegatten bei der Verwaltung zu beachten haben. Schließlich legt der Richter die Regeln für die obligatorische Rechnungslegung der erhaltenen oder noch dazuerworbenen Vermögensstücke fest. Die Auflösung des ehelichen Güterstandes kommt erst mit dem rechtskräftigen Urteil gemäß Art. 95 Abs. 1 CC zustande. 13 Anders als im deutschen Recht, wo nach der Scheidungsreform vom 1. Juli 1977 nicht mehr von Kläger und Beklagten, sondern von Antragsteller und Antragsgegner die Rede ist (§ 1564 BGB), wird im spanischen Recht an verschiedenen Stellen des Gesetzes Nr. 30/ 1981 von "demanda" (Klage) gesprochen. Aus diesem Grund wird auch hier der Begriff "Klage" im Zusammenhang mit dem heutigen spanischen Scheidungsrecht verwendet.

3. Kap.: Materiellrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem

Systematik 14 geschieht vorgestellt. 15

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in ihrem Verhältnis zu den Trennungsgründen

11. Trennungsurteil, -klage und -gründe als Grundlage für eine Scheidungsklage 1. Scheidungsklage aufgrund eines TrennungsurteiIs

Eine Scheidungsklage kann gern. Art. 86 Nr. 3a 2. Alternative ce aufgrund eines rechtskräftigen Trennungsurteils, und zwar von einem jeden Ehegatten, erhoben werden. Diese Bestimmung macht zur weiteren Voraussetzung für die Erhebung der Scheidungsklage die tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens zwei Jahren, nachdem die gerichtliche Trennungsentscheidung rechtskräftig geworden ist.

Der Wortlaut des Art. 86 Nr. 3 a 2. Alternative ce schließt nicht aus, daß die Scheidungsklage von beiden Ehegatten oder von einem mit Zustimmung des anderen eingereicht wird. 16 Jedoch wird ein solches gemeinsames Begehren im Rahmen dieser Vorschrift vermutlich nicht allzu häufig vorkommen, da das Gesetz bei der Scheidung aufgrund der tatsächlichen Beendigung des Zusammenlebens für den Fall einer einverständlichen vorherigen Trennungsklage

14 Siehe Albaladejo( -Garcia Cantero), 317: "La descripcion que de tales causas se hace es ... confusa y compleja"; Lacruz Berdejo y otros, 236: "no puede considerarse un modelo de sistematizacion"; Lacruz Berdejo(-Alonso Perez), 559: "Este precepto amalgama con escasa delimitacion las hipotesis mas frecuentes"; Valladares Rascon (1982), 325: "Su clasificacion es probemätica". IS Nur Vega Sala (1982), 274ff. teilt die spanischen Scheidungsgründe insofern ähnlich wie hier ein, als er solche Scheidungsgründe in vier Gruppen darstellt (S. 275 ff.): 1. Scheidungsgründe, die neben einer tatsächlichen Beendigung des ehelichen Zusammenlebens ein laufendes oder abgeschlossenes Trennungsverfahren fordern (Art. 86 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3a CC). 2. Scheidungsgründe, die eine tatsächliche .Beendigung des ehelichen Zusammenlebens neben einer faktischen Trennung (?) verlangen (Art. 86 Nr. 3a und Nr. 4 CC). 3. Scheidungsgründe, die das Vorliegen eines gesetzlichen Trennungsgrundes, aber kein Trennungsverfahren voraussetzen (Art. 86 Nr. 3a und Nr. 5 CC). 4. Objektive Scheidungsgründe (Art. 86 Nr. 3a und Nr. 5 CC). Allerdings scheint seine Einteilung zum Teil schwer durchschaubar zu sein. Diese Überlegung trifft auf die Einteilung von Langner, 110ff., 125ff., auch zu. 16 Wie hier auch Lacruz Berdejo y otros, 245; Valladares Rascon (1982), 355. Dagegen meint Albaladejo(-Garcia Cantero), 341, daß sich das von Art. 86 Nr. 3a 2. Alternative CC angesprochene "rechtskräftige Trennungsurteil" nur auf den Fall eines rechtskräftigen Trennungsurteils wegen ungerechtfertigten Verlassens im Sinne des Art. 82 Nr. 1 CC beziehe. Nach seiner Auffassung könne somit nur "das Opfer" (la victima) Klage auf Ehescheidung nach Art. 86 Ne. 3a 2. Alternative CC erheben. Wie dieser Autor zu seiner Auslegung gelangt, ist unerfindlich. Dies gilt um so mehr, als er auf jeden Versuch einer nachvollziehbaren Begründung verzichtet.

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr. 30/1981

kürzere Fristen vorsieht,17 so daß die vom Gesetzgeber hier verlangte längere Wartezeit bis zur Erhebung der Scheidungsklage nur auf den streitigen Charakter des vorherigen Trennungsverfahrens zurückzuführen sein kann. Ein gemeinsames Begehren im Rahmen des Art. 86 Nr. 3a 2. Alternative CC würde deshalb bedeuten, daß es den Ehegatten erst nach dem Trennungsverfahren gelungen ist, über die Fragen ihrer Ehe Einverständnis zu erzielen. Diese Möglichkeit hat das Gesetz nicht ausgeschlossen, kann jedoch in der Praxis allgemein nicht erwartet werden. 2. Scheidungsklage aufgrund einer Trennungsklage

Die Scheidungsgründe, die auf einer vorherigen Trennungsklage beruhen, werden in Art. 86 Nr. 1 und Nr. 2 CC geregelt. Beide setzen die tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens einem Jahr seit Einreichung der Trennungsklage voraus. Sie regeln dennoch zwei verschiedene Tatbestände, welche auf die Trennungsklage zurückzuführen sind. 2.1 Trennungsklage ohne Angabe von Gründen Nach Art. 86 Nr. 1 CC kann die Klage auf Ehescheidung erhoben werden, wenn eine vorherige Trennungsklage ohne Angabe von Gründen a) durch beide Ehegatten gemeinschaftlich (vgl. Art. 86 Nr. 1, 1. Alternative) oder b) durch einen Ehegatten mit Zustimmung des anderen (vgl. Art. 86 Nr. 1, 2. Alternative Ce) eingereicht wurde. Diese Scheidungsklage setzt also eine frühere Trennungsklage im Sinne von Art. 81 Nr. 1 Satz 1 CC voraus, welche gemeinschaftlich von beiden Ehegatten (1. Alternative) oder von einem mit Zustimmung des anderen (2. Alternative) frühestens ein Jahr nach der Eheschließung eingereicht worden sein muß. Die Bestimmung des Art. 86 Nr. 1 CC setzt, wie bereits gesagt, die tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens zumindest während eines ununterbrochenen Zeitraums von einem Jahr seit Einreichung der Trennungsklage voraus. Eine Scheidungsklage kann allerdings auch schon vor einer richterlichen Entscheidung über die frühere Trennungsklage erhoben werden. Da die Frist nach dem Wortlaut des Gesetzes vom Zeitpunkt der Klageeinreichung ab gerechnet wird, kommt es auf die Zulässigkeit und Statthaftigkeit der vorherigen Trennungsklage nicht an, falls die Entscheidung darüber noch nicht ergangen ist. 18 Siehe in diesem Unterabschnitt unter 2.t. Vgl. hierzu Lacruz Berdejo(-Alonso Perez), 560; Lacruz Berdejo y otros, 247; Valladares Rascon (1982), 333. 17

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3. Kap.: Materiellrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem

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Die Scheidungsklage im Sinne des Art. 86 Nr. 1 ce kann von beiden Ehegatten gemeinschaftlich oder von einem mit Zustimmung des anderen erhoben werden. 19 Ein solches einverständliches Begehren wird jedoch laut der gesetzlichen Bestimmung nur hinsichtlich der vorherigen Trennungsklage vorausgesetzt, so daß die Scheidungsklage von nur einem der Ehegatten eingereicht werden kann. 20 2.2 Trennungsklage wegen eines der gesetzlich vorgesehenen Gründe

Art. 86 Nr. 2 ce sieht eine vorherige Trennungsklage als gegenwärtigen Scheidungsgrund nur für denjenigen Ehegatten vor, der aus einem der in Art. 82 ce aufgestellten Trennungsgründe Klage oder Widerklage mindestens ein Jahr zuvor eingereicht hatte. Diese Bestimmung schließt somit nicht aus, daß beide Ehegatten antragsberechtigt bezüglich der Scheidung sind, wenn bei der Trennung einer von ihnen Klage, der andere Widerklage wegen eines der in Art. 82 ce aufgestellten Gründe erhoben hatte. 21

Der Katalog von Art. 82 ce weist eine Häufung von Trennungsgründen auf, wobei neben solchen Gründen, die ein Verschulden des beklagten Ehegatten darstellen, andere auf in der Person des Beklagten beruhende schwerwiegende Umstände objektiver Art abstellen. Selbst eine faktische Trennung von einer gewissen Dauer ist als Anspruchsgrundlage für die einseitige Trennungsklage vorgesehen.

Dieser Katalog schließt als Trennungsgründe gemäß der Bestimmung des Art. 82 Nr. 7 ce alle von Art. 76 Nr.3 Nr. 4 und Nr. 5 ce vorgesehenen Scheidungsgründe ein. Sie werden an dieser Stelle jedoch nicht berücksichtigt, da vorliegend nur solche Trennungsgründe in Betracht gezogen werden, die eine mittelbare Grundlage für eine zukünftige Scheidungsklage im Sinne des Art. 86 Nr.2 ce darstellen. Somit bleiben außerhalb des Zwecks dieser Darstellung solche Tatbestände, die selbständige Scheidungsgründe sind und unter IH. stehen. 22

Siehe Lacruz Berdejo y otros, 248. Wie hier auch Lacruz Berdejo y otros, 248; Lacruz Berdejo j Sancho Rebullida, 237; Valladares Rasc6n (1982),332; Vega Sala, (1982), 380. Dagegen meint Albaladejo( -Garcia Cantero), 339f., daß auch die Scheidungsklage ein gemeinsames Begehren erfordert. Die nachstehende Auslegung von Art. 86 Nr. 1 CC wird jedoch von dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht gedeckt: "Hay que entender implicito el requisito de que exista mutuo acuerdo para pedir el divorcio." 21 Wie hier auch Lacruz Berdejo y otros, 251; Lacruz BerdejojSancho Rebullida, 238; Valladares Rasc6n (1982), 348. 22 Siehe unten auf S. 109ff. 19

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr.

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2.2.1 Verschulden Trennungsgründe, die eine Trennungsklage als Voraussetzung für die Scheidungsklage im Sinne des Art. 86 Nr. 2 CC begründen können, und auf Verschulden des beklagten Ehegatten zurückgeführt werden können, sind:

a) nach Art. 82 Nr. 1 CC - ungerechtfertigtes Verlassen des Heims, - eheliche Untreue, - beleidigendes oder quälendes Verhalten - und jede schwerwiegende und wiederholte Verletzung der ehelichen Pflichten; 23 b) nach Art. 82 Nr. 2 CC - jede schwerwiegende und wiederholte Verletzung der Pflichten gegenüber gemeinsamen Kindern 24 oder - gegenüber den Kindern eines Ehegatten, die mit in der Familienwohnung leben. 25 Da beide Nummern in Art. 82 CC als einzige Voraussetzung für die Trennungsklage das Vorliegen eines dieser Gründe genügen lassen, kann theoretisch die Trennungsklage schon wenige Wochen nach der Eheschließung eingereicht werden. Wird das eheliche Zusammenleben mit der Klageerhebung aufgegeben oder war es bereits vor der Klageerhebung aufgegeben, dann kann die Scheidungsklage des Art. 86 Nr. 2 CC ein Jahr nach Erhebung der Trennungsklage erhoben werden. Das Scheidungsverfahren nach Art. 86 Nr. 2 CC i. V.m. Art. 82 Nr. 1 und Nr. 2 CC kann daher theoretisch bereits gut ein Jahr nach der Eheschließung durchgeführt werden. 2.2.2 Schwerwiegende Umstände bei der Person des beklagten Ehegatten Trennungsgründe, die eine Trennungsklage als Voraussetzung für die Scheidungsklage im Sinne des Art. 86 Nr. 2 CC rechtfertigen können und sich auf schwerwiegende Umstände in der Person des beklagten Ehegatten zurückführen lassen, sind in Art. 82 Nr. 3 und Nr. 4 CC geregelt. Sie betreffen:

a) die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Jahren (vgl. Art. 82 Nr. 3 CC); 23 Zu den ehelichen Pflichten nach den heutigen Bestimmungen der Artt. 67 und 68 CC vgl. Albaladejo(-Garcia Cantero), 184ff.; Lacruz Berdejo(-Lete dei Rio), 379ff.; Lacruz Berdejo(-Lacruz Berdejo), 383ff.; Valladares Rascon (1982), 115ff. 24 Zu dieser Frage vgl. Albaladejo(-Garcia Cantero), 278; Valladares Rascon (1982), 294ff. 2S ZU dieser Frage vgl. Valladares Rascon (1982), 299ff. Ferner Albaladejo(-Garcia Cantero), 279, der das Vorhandensein solcher "Pflichten" im juristischen Sinne ("juridicamente") ablehnt.

3. Kap.: Materiellrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem

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b) die Trunksucht, die Rauschgiftsucht oder die geistige Verwirrung, wenn das Interesse des anderen Ehegatten oder der Familie die Suspendierung des Zusammenlebens erfordert (vgl. Art. 82 Nr. 4 CC). Auch hier gilt das für die ersten beiden Nummern des Art. 82 CC Gesagte. Eine Scheidungsklage im Rahmen von Art. 86 Nr. 2 CC i. V.m. Art. 82 Nr. 3 und Nr. 4 CC kann daher ebenfalls theoretisch gut ein Jahr nach der Eheschließung eingereicht werden. 2.2.3 Objektive Gründe Der Katalog des Art. 82 CC weist schließlich zwei weitere Trennungsgründe auf, die eine Trennungsklage als Voraussetzung für die Scheidungsklage im Sinne des Art. 86 Nr. 2 CC stützen können und auf der objektiven TatsachenJeststellung einer Beendigung des ehelichen Zusammenlebens beruhen. Eine tatsächliche Beendigung des Zusammenlebens kann zwar auch die selbständigen Scheidungstatbestände der Art. 86 Nr. 3 und Nr. 4 CC erfüllen, die hier unter IB. dargelegt werden. 26 Jedoch handelt es sich bei den hier behandelten Tatbeständen der Art. 82 Nr. 5 und Nr. 6 CC um eine tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens, die kürzere Fristen kennt und die auf die Trennungsklage folgende Scheidungsklage mit einer zeitlich kürzeren tatsächlichen Beendigung des ehelichen Zusammenlebens ermöglicht. Sie stellen deshalb andere Scheidungs tatbestände als jene von Art. 86 Nr. 3 und Nr. 4 CC dar. a) Nach Art. 82 Nr. 5 CC kann eine Trennungsklage nach sechs Monaten einer auf Zustimmung beruhenden ("libremente consentido") tatsächlichen Beendigung des ehelichen Zusammenlebens erhoben werden. Bei der Trennungsklage wird also die Zustimmung zur Beendigung des ehelichen Zusammenlebens vorausgesetzt. Zu einer solchen Zustimmung oder Billigung muß laut Art. 82 Nr. 5 Satz 2 CC ein Ehegatte den anderen beweiskräftig aufgefordert haben, indem er ihn ausdrücklich auf die sich aus einem solchen Akt ergebenden Folgen hinweist. 27 Die Beendigung des ehelichen Zusammenlebens gilt dann als frei gebilligt, wenn der andere Ehegatte innerhalb von sechs Monaten nach der Aufforderung seinen entgegenstehenden Willen durch irgendein rechtlich zugelassenes Mittel nicht zu erkennen gibt 28 oder selbst die Trennung oder die einstweiligen Maßnahmen des Art. 103 CC29 beantragt. Siehe obige Anm. 22. Vgl. dagegen Valladares Rascon (1982), 306, die meint, daß es sich nicht um die Folgen der Billigung, sondern um die Folgen der Aufforderung handele. Welche Folgen dann nach ihrer Auffassung die Folgen der Aufforderung sein sollen, die von der Billigung absehen lassen, vermag sie jedoch nicht zu erklären. 28 Diese Formulierung in Art. 82 Nr. 5 Satz 2 ce mag Ursache für die inzwischen allgemeine Auffassung innerhalb der spanischen Rechtslehre sein, daß auch dem 26 27

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr.

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Da die Bestimmung des Art. 82 Nr. 5 ce für die Aufforderung zur Billigung der faktischen Beendigung des Zusammenlebens keine Frist gesetzt hat, kann man davon ausgehen, daß theoretisch eine solche Aufforderung einen Tag nach dem Verlassen des ehelichen Heims ausgesprochen werden kann. Dies bedeutet wiederum, daß die Trennungsklage als Voraussetzung für die Scheidungsklage im Sinne des Art. 86 Nr. 2 ce erst sechs Monate und einen Tag nach der tatsächlichen Beendigung des Zusammenlebens erhoben werden kann, vorausgesetzt nur, daß die Aufhebung der Lebensgemeinschaft entsprechend der Bestimmung des Art. 82 Nr. 5 Satz 2 ce als frei gebilligt gilt. Der Trennungsklage kann ein Jahr später eine Scheidungsklage gemäß Art. 86 Nr. 2 ce folgen. Entwirft man hypothetisch den Fall, daß das eheliche Zusammenleben einen Tag nach der Eheschließung aufgegeben wurde,30 so erweist sich, daß durch die Zwischenstation der Trennungsklage ein neuer Tatbestand für die Scheidung geschaffen wird: Wegen tatsächlicher Beendigung des Zusammenlebens darf auf Scheidung einer Ehe geklagt werden, die noch nicht zwei Jahre lang besteht.

b) Nach Art. 82 Nr. 6 ce kann eine Trennungsklage von einem jeden Ehegatten eingereicht werden, und zwar ohne weitere Voraussetzung als der tatsächlichen Beendigung des ehelichen Zusammenlebens während eines ununterbrochenen Zeitraums von drei Jahren. Eine solche Trennungsklage kann dann als Voraussetzung für die Scheidungsklage gemäß der Bestimmung des Art. 86 Nr. 2 ce gelten, wenn die tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens mindestens ein Jahr nach Einreichung der Trennungsklage fortbestanden hat.

Eine Scheidungsklage im Sinne von Art. 86 Nr. 2 ce kann somit über Art. 82 Nr. 6 ce nach zumindest vier Jahren tatsächlicher Beendigung des ehelichen Zusammenlebens erfolgen, wenn der Scheidungsklage ein Jahr zuvor eine Trennungsklage vorangegangen ist. auffordernden Ehegatten, der sich auf eine solche Billigung beruft, jedes rechtlich zugelassene Beweismittel für die Billigung des tatsächlichen Getrenntlebens zusteht. Vgl. hierzu Lacruz Berdejo(-Doral), 533; Lacruz Bedejo y otros, 192ff.; Valladares Rascon (1982), 306; Vega Sala (1982), 270. Diese Auffassung wird hier nicht geteilt, denn sie gefährdet die vom Gesetzgeber durch den Ausdruck "beweiskräftig" intendierte eindeutige FeststeIlbarkeit der Aufforderung. Unter dem Ausdruck "beweiskräftige Aufforderung" sollte man nur ein Schreiben verstehen, das, wenn schon keine notarielle Beglaubigung verlangt wird, mindestens als Einschreiben zugestellt sein muß. Nur ein solches Schreiben scheint zudem ein geeignetes Mittel zu sein, die Berechnung der sechsmonatigen Frist praktikabel zu machen. Dies ist jedoch - soweit ersichtlich - kein einziges Mal von seiten der spanischen Lehre vorgeschlagen worden. 29 Zu Art. 103 siehe in diesem Kapitel unter I. 30 Vgl. hierzu Valladares Rascon (1982), 306ff., die diese Frage bezüglich der Trennungsklage anspricht. Sie redet zwar nicht von "einem Tag" - wie hier -, sondern von "einer Woche" (auf S. 307).

3. Kap.: Materiellrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem

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3. Trennungs- als Scheidungsgründe

Die gesamten Trennungsgründe des Art. 82 CC gelten darüber hinaus als Scheidungsgründe gemäß der Bestimmung des Art. 86 Nr. 3 b CC. Anders als beim Tatbestand des Art. 86 Nr. 2 CC31 setzt die Bestimmung des Art. 86 Nr. 3 b CC keine vorherige Trennungsklage, dafür aber eine längere Frist von zwei Jahren tatsächlicher Beendigung des ehelichen Zusammenlebens voraus. Die Klage auf Ehescheidung nach Art. 86 Nr. 3 b CC kann nur bei Einhaltung dieser Frist von demjenigen Ehegatten erhoben werden, der nachweisen kann, daß zu Beginn des tatsächlichen Getrenntlebens bei dem anderen Ehegatten ein Trennungsgrund aus dem Katalog des Art. 82 CC vorlag. 32 Dies bedeutet jedoch nicht, daß es dem beklagten Ehegatten verwehrt wird, der Scheidungsklage zuzustimmen und damit das Verfahren zu erleichtern. 33 111. Selbständige Scheidungstatbestände Völlig abgesehen von den oben aufgezählten Trennungstatbeständen, welche die Grundlage für eine Scheidungsklage darstellen können, hat das Gesetz Nr. 30/1981 weitere selbständige Scheidungsgründe geschaffen. Zu unterscheiden sind dabei die Fälle, wo beide Ehegatten zur Klageerhebung berechtigt sind, von jenem anderen, wo nur ein Ehegatte die Scheidungsklage einreichen kann. Bei den ersteren beruht die Scheidungsklage auf einer objektiven Tatsachenfeststellung, in der letzten Fallkonstellation geht man vom Verschulden des beklagten Ehegatten aus. 1. Objektive Gründe

Selbständige Scheidungstatbestände, die beide Ehegatten zur Klageerhebung berechtigen, da sie auf einer objektiven TatsachenJeststellung beruhen, sind in Art. 86 Nr. 3a 1. und 3. Alternative CC und Art. 86 Nr. 4 CC geregelt.

Siehe in diesem Unterabschnitt unter 2.2. Dies soll jedoch nicht in dem Sinne verstanden werden, daß ein Verschulden vorliegen muß. Der Katalog des Art. 82 CC stellt in Nr.3 (Freiheitsstrafe) und Nr. 4 (Trunksucht, Rauschgiftsucht, geistige Verwirrung) einige Trennungsgründe auf, die zwar in der Person des beklagten Ehegatten liegen, jedoch nicht auf Verschulden zurückgeführt werden können (hierzu bereits in diesem Unterabschnitt unter 2.2.2.). Insoweit unzutreffend Kneip, FamRZ 1982, 447: "Das Verschulden findet hier direkten Eingang in das Scheidungsverfahren"; von Camelbeke, Rev. int. dr. comp. 1982, 151: "a la demande de l'un des conjoints po ur un fait imputable a l'autre ... " und Langner, 130: "Praktisch relevant sind daher nur die Verschuldensgründe Art. 82 Nr. 1-4 CC." 33 Wie hier auch Lacruz Berdejo y otros, 254. 31

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr. 30/198i (a)

Art. 86 Nr. 3 a 1. Alternative ce statuiert als Voraussetzung für die Erhebung der Klage auf Ehescheidung die tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens zwei Jahren, berechnet von dem Zeitpunkt, von dem an beide Ehegatten die faktische Trennung (,la separaci6n de hecho') frei gebilligt haben.

Bei der Bestimmung des Art. 86 Nr. 3 a 1. Alternative ce kommt es also nicht darauf an, wann die faktische Trennung sich ergeben hat, sondern darauf, wann diese als durch beide Ehegatten frei gebilligt gilt. Da diese Vorschrift keine nähere Bestimmung bezüglich einer solchen Feststellung enthält, könnte man zunächst annehmen, daß der Gesetzgeber diese Frage als bereits von Art. 82 Nr. 5 Satz 2 ce beantwortet betrachtet hat. 34

Die analoge Anwendung des Art. 82 Nr.5 Satz 2 ce würde dann eine beweiskräftige Aufforderung zur Billigung der faktischen Trennung seitens eines der beiden Ehegatten gegenüber dem anderen verlangen, wie sie von dieser Bestimmung vorgesehen wird. 35 Dieser Auslegung nach wäre die faktische Trennung des Art. 86 Nr. 3 a 1. Alternative ce erst sechs Monate nach der Aufforderung, die Billigung zu erklären, als gebilligt angesehen worden. Von diesem Zeitpunkt an müßten mindestens zwei Jahre tatsächlicher Beendigung des ehelichen Zusammenlebens ablaufen, damit die Klage auf Ehescheidung nach Art. 86 Nr. 3a 1. Alternative ce erhoben werden könnte. Berechnet von dem Zeitpunkt, ab dem die Aufforderung zur Billigung der faktischen Trennung erfolgen sollte, wäre also eine Frist von mindestens 30 Monaten bis zur Klageerhebung einzuhalten. Mit dieser analogen Anwendung wären jedoch Sinn und Zweck des Art. 86 Nr. 3a 1. Alternative ce verfehlt, da die Vorschrift dann den Ehegatten nur eine längere Wartefrist als im Falle der Klageerhebung nach Art. 86 Nr.2 ce aufzwingen würde. Denn - wie bereits oben gezeigt wurde 36 - die auf der vorherigen Trennungsklage des Art. 82 Nr. 5 ce beruhende Scheidungsklage des Art. 86 Nr. 2 ce kann erst nach Ablauf von 18 Monaten, nachdem ein Ehegatte den anderen zur Billigung der Beendigung des Zusammenlebens aufgefordert hat, eingereicht werden. Dies ergibt sich daraus, daß nach einer solchen Aufforderung, falls die Billigung vorliegt, die Trennungsklage erhoben werden kann, auf welcher die ein Jahr später zu erhebende Scheidungsklage beruht. Würde man bei Art. 86 Nr. 3 a1. Alternative ce dieselbe beweiskräftige Aufforderung zur Billigung der faktischen Trennung verlangen, wäre der

Siehe in diesem Unterabschnitt unter 2.2.3. Dies scheint die Auffassung von Valladares Rascon (1982), 351 f. zu sein: "Sera aplicable aqui 10 establecido en el inciso segundo de la causa quinta de separacion." 36 Siehe oben auf S. 107f. 34

3S

3. Kap.: Materiellrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem

111

Bestimmung die Funktionalität entzogen, da über Art. 86 Nr. 2 ce der Weg bis zur Scheidung ein Jahr kürzer ist und die Betroffenen verständlicherweise dieses schnelle Verfahren bevorzugen würden. Deswegen kann hier auch der Gedanke nicht überzeugen, die längere Wartefrist des Art. 86 Nr. 3a 1. Alternative ce gegenüber jener des Art. 86 Nr.2 ce beruhe auf der Tatsache, daß es in diesem letzten Fall eine frühere Trennungsklage gegeben habe. Der Gesetzgeber habe versucht, Transparenz zu schaffen, die faktische Trennung auf ein Minimum zu reduzieren und sie durch die richterliche Trennung zu ersetzen. Die kurze Wartefrist des Art. 86 Nr. 2 ce solle die faktisch getrennten Ehegatten zum Trennungsverfahren bewegen. 37 Die heutige Gesetzgebung zielt zwar an verschiedenen Stellen darauf ab, die Folgen der früheren Gesetzgebung zu beseitigen und jenen Ehegatten eine klare rechtliche Lage zu verschaffen, deren rechtliche Ehe schon seit langer Zeit der faktischen Lage nicht mehr entspricht. Dies kann jedoch nicht bedeuten, daß der spanische Gesetzgeber nunmehr die früheren Sachverhalte nur noch durch eine richterliche Trennung regeln will. Gerade bei solchen Fällen könnte man annehmen, daß der Gesetzgeber von einer tiefen Zerrüttung der ehelichen Gemeinschaft ausgegangen ist, da die Ehegatten trotz der alten repressiven gesetzlichen Lage seit langem nicht mehr zusammenleben, und ihnen deshalb den Weg zur Ehescheidung eröffnen wollte. Ausgehend von dem Gedanken, daß die Ehescheidung zumindest genauso klar durchschaubare Verkehrsumstände wie die richterliche Ehetrennung erhofft, muß man in Art. 86 Nr. 3 aLAlternative ce den Willen des Gesetzgebers erblicken, durch diese Vorschrift andere Fälle als die des Art. 86 Nr. 2 ce zu erfassen. Nämlich zunächst einmal jene Fälle, in denen die Ehegatten sich in der Vergangenheit getrennt hatten und die beiderseitige Billigung ihrer faktischen Trennung nunmehr nur durch konkludente Handlungen beweisen können, da eine beweiskräftige Aufforderung zur Billigung, wie sie vom heutigen Art. 82 Nr.5 Satz 2 ce vorgesehen ist, nicht angesprochen wurde. Die Überlegung, die kürzere Wartefrist, wie sie den Ehegatten von Art. 86 Nr.2 ce zugestanden wird, solle diese veranlassen, zuvor die Trennungsklage des Art. 82 Nr. 5 ce zu erheben, mag für zukünftige Fälle eine gewisse Bedeutung besitzen. Man darf jedoch nicht übersehen, daß es in der Praxis oftmals vorkommt, daß die Ehegatten sich zunächst faktisch trennen, beide diesen Zustand freiwillig akzeptieren und dennoch erst nach einer gewissen Zeit an rechtliche Vorkehrungen zur Regelung ihres Getrenntlebens denken. Diesen Fall muß der spanische Gesetzgeber auch und insbesondere vor Augen gehabt haben, als er die Bestimmung des Art. 86 N r. 3 a 1. Alternative ce schuf. Denn schwerer als die Regelung der zurückliegenden Fälle wiegt die zukünftige Ausstrahlung der gesetzgeberischen Entscheidungen. 37

So etwa Valladares Rascon (1982),354.

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr. JU/198i

Diesem Willen entsprechend sollte es bei Art. 86 Nr. 3 a 1. Alternative CC möglich sein, die beiderseitige Billigung der faktischen Trennung durch jedes rechtlich zugelassene Mittel zu beweisen. Die hier versuchte Abgrenzung zwischen Zustimmung zur tatsächlichen Beendigung des ehelichen Zusammenlebens im Sinne von Art. 82 Nr. 5 Satz 2 CC einerseits und beiderseitiger Billigung der faktischen Trennung im Sinne von Art. 86 Nr. 3 a 1. Alternative CC andererseits ist von der spanischen Lehre nicht aufgenommen worden. 38 Wie bereits gezeigt,39 geht sie davon aus, daß trotz des gesetzlichen Wortlauts des Art. 82 Nr. 5 Satz 2 CC die "Billigung" durch jedes rechtlich zugelassene Mittel anstatt durch die "beweiskräftige Aufforderung" und die entsprechende Reaktion des aufgeforderten Ehegatten bewiesen werden kann. Sie kommt deshalb über die analoge Anwendung des Art. 82 Nr. 5 Satz 2 CC für die Bestimmung des Art. 86 Nr. 3a 1. Alternative CC40 und selbst ohne die Frage der Analogie anzusprechen 41 insoweit zu ähnlichen wie den hier vertretenen Ergebnissen, als die von dieser letzten Vorschrift verlangte beiderseitige Billigung der faktischen Trennung nach ihrer Auffassung "auch" durch jedes rechtlich zugelassene Mittel bewiesen werden kann. (b) Der zweite selbständige Scheidungstatbestand, der auf einer tatsächlichen Beendigung des ehelichen Zusammenlebens beruht, ist in Art. 86 Nr. 4 CC geregelt. Diese Vorschrift sieht eine fünfjährige Frist vor, in deren Verlauf die tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens ununterbrochen bestanden haben muß. Dies ist die einzige Voraussetzung für die Klageerhebung. Die lange Frist deutet hier schon an, daß der Gesetzgeber den Fall einer einseitigen Aufgabe des ehelichen Zusammenlebens bedacht hat. Für diesen Fall hat er den Weg zur Ehescheidung zwar nicht ausgeschlossen, jedoch wesentlich erschwert. 38 Unzutreffend hier Kneip, FamRZ 1982,447, der sich mit Vega Sala (1981),85, auf den einzigen spanischen Autor beruft, der ausdrücklich die Analogie ablehnt. Indessen wird eine solche Analogie von Vega Sala (1982), 289, zwar erneut abgelehnt, jedoch die Möglichkeit eingeräumt, daß die Billigung im Sinne des Art. 82 Nr. 5 CC durch jedes andere Mittel als die vom Gesetz verlangte "beweiskräftige Aufforderung" bewiesen werden kann. Vgl. hierzu Vega Sala (1982), 270: "siendo el requerimiento que el articulo menciona un ejemplo, quiza el mas c1aro y extremo, de cuando puede existir este consentimiento." (Der Akzent auf "cuando" - "wann" - wurde hier gesetzt, da "cuando" - "wenn" - zusammen mit der Präposition "de" keinen Sinn ergibt.) Die Frage der analogen Anwendung erübrigt sich im Ergebnis aber, wenn man vom Gesetzwortlaut absieht und bei der Bestimmung des Art. 82 Nr. 5 CC einräumt, daß der Beweis der Billigung des tatsächlichen Getrenntlebens keine "beweiskräftige Aufforderung" erfordert. 39 Siehe Anm. 28 dieses Kapitels. 40 So etwa Valladares Rascon (1982), 352. 41 So etwa Albaladejo(-Garcia Cantero), 341; Lacruz Berdejo(-Alonso Perez), 563.

3. Kap.: Materiellrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem

113

Die Bestimmung, die innerhalb der spanischen Lehre als "Verstoßung"42 angegriffen worden ist, stellt die längste Wartefrist dar, die das Gesetz Nr. 30/1981 zur Berechnung der tatsächlichen Beendigung des ehelichen Zusammenlebens vorgesehen hat. (c)

Art. 86 Nr. 3a 3. Alternative CC sieht schließlich den Sonderfall der Verschollenheitserklärung vor. Wegen seiner geringfügigen rechtspolitischen Bedeutung wird er an dritter Stelle der vorliegenden Darstellung und somit wieder abweichend von der gesetzlichen Systematik vorgestellt. Die Bestimmung des Art. 86 Nr. 3a 3. Alternative CC setzt eine tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens zumindest während eines ununterbrochenen Zeitraums von zwei Jahren voraus, berechnet vom Zeitpunkt ab, an dem die Abwesenheit eines der Ehegatten richterlich festgestellt wurde. 2. Verschulden

Art. 86 Nr. 5 CC enthält den einzigen selbständigen Tatbestand zur Erhebung der Klage auf Ehescheidung, der auf Verschulden des beklagten Ehegatten beruht. Hiernach ist die rechtskräftige Verurteilung wegen Anschlags auf das Leben des Ehegatten, dessen Vorfahren oder dessen Nachkommen als Scheidungsgrund vorgesehen. Nur das rechtskräftige Urteil ist die Voraussetzung für die Klageerhebung. IV. Ergebnis

Die obige Ausführung über das heutige Scheidungsrecht zeigte seine folgenden Grundzüge auf: 1. Jede Scheidungsklage kann gemeinschaftlich von beiden oder von einem Ehegatten mit Zustimmung des anderen Ehegatten eingereicht werden. Der einverständlichen Scheidung muß eine Regelung vorausgehen, die die wichtigsten Scheidungsfolgen hinsichtlich der Kinder und des Vermögens enthält. 43 2. Obwohl einige Scheidungstatbestände auf das Verschuldensprinzip rekurrieren (so etwa in einigen Fällen im Rahmen von Art. 86 Nr.2 und Nr. 3 b CC und bei dem Tatbestand des Art. 86 Nr. 5 Ce), beruht das System als solches auf dem sogenannten Zerrüttungsprinzip, bei dem eine tatsächliche Beendigung des ehelichen Zusammenlebens die Zerrüttung 42 Siehe Albaladejo(-Garcia Cantero), 332f.; 343; Lacruz Berdejo jSancho Rebullida, 240; Lacruz Berdejo y otros, 257f., wo von "abandono - repudio" (Verlassen Verstoßung) und "repudio aplazado" (verschobene Verstoßung) gesprochen wird. 43 Siehe in diesem Kapitel unter I.

8 Hemanz Sanchez

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr. 30ji98i

indiziert. Hierbei sind vom Gesetzgeber verschiedene Trennungsfristen vorgesehen. Durch Auslegung von Art. 86 CC ergeben sich folgende Trennungsfristen: a) ein Jahr gemäß Art. 86 Nr. 1 CC i. V.. m. Art. 81 Nr. 1 CC und Art. 86 Nr. 2 CC i. V. m. Art. 82 Nr. 1 bis Nr. 4 CC; b) etwa nach anderthalb Jahren (18 Monaten und einem Tag) gern. Art. 86 Nr. 2 CC i. V. m. Art. 82 Nr. 5 CC); c) zwei Jahre gemäß Art. 86 Nr. 3a und b CC; d) vier Jahre gemäß Art. 86 Nr. 2 CC i. V.m. Art. 82 Nr. 6 CC; e) fünf Jahre gemäß Art. 86 N r. 4 Ce. Diese beiden Grundzüge - nämlich die einverständliche Scheidung und die Verankerung des Zerrüttungsprinzips - erlauben es, eine gewisse Rechtsangleichung der spanischen Gesetzgebung an andere europäische Scheidungsrechtsordnungen festzustellen. Insbesondere im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland ist es gegenwärtig nicht eindeutig vorhersehbar, welche Diskrepanzen zwischen beiden Rechtsordnungen eine mögliche Anwendung der Ordre-public-Klausel in der international privatrechtlichen Praxis beider Länder begründen könnten. Beide Rechtsordnungen sehen die Möglichkeit eines einverständlichen Begehrens vor, welches hauptsächlich die Regelung der wichtigsten Scheidungswirkungen bezüglich vormundschafts- und vermögens rechtlicher Fragen und deren richterliche Kontrolle voraussetzt. 44 Beide Rechtsordnungen knüpfen für die Begründung der Scheidungsklage an ein befristetes Getrenntleben der Ehegatten an, wobei beide die Möglichkeit ausdrücklich vorsehen, daß ein solches Getrenntleben selbst innerhalb der ehelichen Wohnung bestehen kann. 45 Obwohl der spanische Gesetzgeber sich entschlossen hat, eine Härteklausel, wie sie das deutsche Recht in § 1568 BGB kennt, auszuschließen,46 sehen beide Rechtsordnungen eine fünfjährige Frist als längste Trennungsdauer für einen Scheidungsanspruch vor. 47 Nur bezüglich der Mindestdauer eines solchen Getrenntlebens zur Begründung der Scheidungsklage besteht eine Divergenz zwischen beiden Rechtsord44 Vgl. § 630 ZPO mit Artt. 90, 103 CC und 6. Zusatzbestimmung des Gesetzes Nr. 30/1981. 45 Vgl. § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB mit Art. 87 Abs. 1 Ce. 46 Zu den rechtspolitischen Beweggründen, die in Spanien die Einführung der sogenannten Härteklausel bedenklich machten, vgl. die Berichte über die parlamentarische Debatte zu Art. 87 des Regierungsentwurfs. Art. 87 sah eine bedingungslose Härteklausel vor, welche die effektive Anwendung des gesamten Scheidungsrechts in Spanien den Richtern übertragen hätte. Vgl. hierzu Valladares Rasc6n (1982), 225 ff., insb. 233 ff. 47 Siehe oben auf S. 113; ferner § 1568 Abs. 2 BG B.

3. Kap.: Materiellrechtlicher Exkurs zum neuen Eherechtssystem

115

nungen. Während § 1565 Abs.2 BGB die Möglichkeit, die Scheidung auszusprechen, selbst dann vorsieht, wenn die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben, kann in diesem Fall nach spanischem Recht keine Scheidungsklage erhoben werden. Diese geringe Divergenz dürfte jedoch wohl kaum eine taugliche Grundlage für das Heranziehen der Ordre-public-Klausel bieten, da man hierin kaum einen Verstoß gegen die Grundlagen der eigenen Rechtsordnung ableiten kann. Dies gilt selbst vor dem Hintergrund, daß inzwischen von seiten der spanischen Lehre vereinzelt behauptet worden ist, daß "die Scheidungsgründe des Art. 86 CC ohne Rücksicht auf die Bestimmung des ausländischen Rechts der Parteien deshalb anzuwenden sind, weil sie dem spanischen ordre public angehören".48

48 Marin Lopez, DIPE, 11, 87, der allerdings seine Aussage unbegründet läßt und somit einer Auseinandersetzung mit den Gründen für seine Auffassung ausweicht. So auch Tomas Ortiz de la Torre, RDP 1979, 1020: "cualquiercausa no prevista en nuestra ley debe ser reputada de orden publico", der seine Auffassung nach Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 30/1981 aufgegeben zu haben scheint (vgl. Aguilar Navarro (-Tomas Ortiz de la Torre), Lecciones, 184). Gegen eine solche Auffassung allerdings: Carrillo Salcedo, Rev. crit. 1983, 29; Gonzalez Campos, REDI 1981, 437; Lacruz Berdejo(-Gonzälez Campos/ Abarca Junco), 926f. S"

Viertes Kapitel

Das Kollisionsrecht der Ehescheidung I. Allgemeines

Die wesentliche Neuerung des Gesetzes N r. 30/1981 stellt die Bestimmung des neuen Art. 107 Abs. 1 ce dar, welche zum ersten Mal in der Geschichte der spanischen Rechtsordnung eine Kollisionsvorschrift für die Scheidung einer Ehe mit Auslandsberührung vorsieht. Durch die Bestimmung des Art. 107 Abs. 1 ce ist die in Art. 9 Abs. 1 ce ein Jahrhundert! verankerte allgemeine Gültigkeit des Heimatrechts für Fragen betreffend das sogenannte Personalstatut nunmehr bezüglich der Ehescheidung außer Kraft gesetzt. 2 Diese Vorschrift lautet wie folgt: "La separacion y el divorcio se regiran por la ley nacional comun de los conyuges en el momento de la presentacion de la demanda; a falta de nacionalidad comun, por la ley de la residencia habitual dei matrimonio y, si los esposos tuvieran su residencia habitual en diferentes Estados, por la ley espafiola, siempre que los Tribunales espafioles resulten competentes. " (Die Trennung und die Scheidung richten sich nach dem gemeinsamen Heimatrecht der Ehegatten zur Zeit der Klageerhebung; mangels gemeinsamer Staatsangehörigkeit nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Ehepaares und, wenn die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in verschiedenen Staaten haben, nach spanischem Recht, vorausgesetzt, daß die spanischen Gerichte zuständig sind.)

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Verwirklichung aller drei Anknüpfungsmomente ist also "die Zeit der Klageerhebung" . Dies bedeutet, daß ein möglicher Staats- oder Aufenthaltswechsel während des Verfahrens unberücksichtigt bleibt. Scheidungsverfahren können allerdings (gerade in Spanien) lange dauern, und ein Wechsel bei den Anknüpfungstatsachen während des Verfahrens läßt sich nicht ausschließen. 3 Mit dieser Überlegung wird schon angedeutet, daß die berechtigten Bedenken der deutschen Rechtslehre 4 gegenüber der "fatale(n) 1 Die heutige Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 ce in der Fassung des Dekrets Nr. 1836/1974 vom 31. Mai hat den Inhalt des Art. 9 ce in der ursprünglichen Fassung aus dem Jahre 1889 übernommen. Hierzu bereits im 1. Kapitel (Anm.138) (beide Gesetzestexte befinden sich in Anhang I, Nr. 1). 2 Unzutreffend Kneip, FamRZ 1982,449, der meint, Art. 107 Abs. 1 ce habe Art. 9 Abs. 2 ce aufgehoben. Die Bestimmung des Art. 9 Abs. 2 ce betrifft nur die persönlichen Wirkungen der Ehe unter den Ehegatten, welche von Art. 107 Abs. 1 ce unangetastet geblieben sind.

4. Kap.: Das Kollisionsrecht der Ehescheidung

117

Zeitangabe"S des Art. 17 EGBGB auch auf die spanische Bestimmung des Art. 107 Abs. 1 ce zutreffen: Eine Klage, die nach dem neuen, nicht aber nach dem alten Recht begründet ist, muß abgewiesen werden, obwohl eine unmittelbar darauf folgende zweite Klage mit Erfolg rechnen kann. Ist umgekehrt eine Ehe nach dem alten, nicht aber nach dem neuen Recht scheidbar, so kommt man zu dem unbefriedigenden Ergebnis, daß der Status einer Person im Widerspruch zu ihrem Personalstatut geändert wird. 6

Während diese Kritik wie auf den Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 ce zugeschnitten erscheint, läßt sich eine Übertragung der für Art. 17 Abs. 1 EGBGB vorgeschlagenen Korrektur in Hinblick auf die spanische Bestimmung nur schwer begründen. Hier würde sowohl das historische Moment bei der Auslegung des Art. 17 Abs. 1 EGBGB7 als auch der Vergleichsmaßstab des Art. 17 Abs. 3 EGBGB8 fehlen. Man muß deswegen wohl den Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 ce in vollem Umfang hinnehmen: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Verwirklichung aller drei aufgezählten Anknüpfungen ist demnach die Zeit der Klageerhebung. Auf diese drei Anknüpfungen wird anschließend im einzelnen eingegangen. 11. Die Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit Bei der ersten Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten gilt nach dem spanischen internationalen Staatsangehörigkeitsrecht der (Völkerrechts-)Satz, daß jeder Staat über die Voraussetzungen seiner Staatsangehörigkeit selbst bestimmt. 9 Die Entscheidung darüber, ob die 3 Zu diesen Gedanken vgl.: Staudinger (-Gamillscheg) 10/11, RZ.242 zu Art. 17 EGBGB. 4 Vgl. hierzu unter vielen anderen: Frankenstein, IPR, Bd. 11, 436ff.; Raape, (1943), 134ff.; Soergel(-Kegel)lO, Rz. 30ff. zu Art. 17 EGBGB; ders. IPR\ 383f.; Staudinger (-Gamillscheg) 10 111 , Rz. 242ff. zu Art. 17 EGBGB; Staudinger(-von Bar)12, Rz. 53 ff. zu Art. 17 EGBGB; Habscheid, FamRZ 1975, 76. 5 Raape, (1943), 134. 6 Wie hier, Staudinger(-Gamillscheg)lO/11, RZ.243 zu Art. 17 EGBGB, sowie auch Habscheid, FamRZ 1975, 76. 7 Zur Korrektur der gesetzlichen Stichtagsregelung in Art. 17 Abs. 1 EGBGB anhand dessen Entstehungsgeschichte, vgl.: Frankenstein, IPR, Bd. 11, 436f.; sowie auch Raape, (1943), 134ff. 8 In diesem Sinne spricht sich Kegel, IPR\ 383, für die Zeit der letzten mündlichen Verhandlung als "einheitlicher Zeitpunkt" aus. Für diese Vereinheitlichung der Stichtagsregelung in Art. 17 Abs. 1 und Abs. 3 EGBGB vgl. ferner: Staudinger (-Gamillscheg) 10 111 , Rz.244 zu Art. 17 EGBGB, m.w.N., sowie auch Staudinger(-von Bar)12, Rz. 56f., zu Art. 17 EGBGB m.w.N. 9 Vgl. Kegel, IPR4, 7, der sich dabei auf das deutsche internationale Staatsangehörigkeitsrecht bezieht. Zur Gültigkeit dieses Prinzips im spanischen internationalen Staatsangehörigkeitsrecht vgl. Gonzalez Campos(-Fernandez Rozas), DIP, Bd. I, 17f. Für die Völkerrechtsmäßigkeit der Regel vgl. Verdross-Simma, 788 § 1192; Menzel-Ipsen, 165; sowie auch Manin, 201.

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr. 3U/1981

Ehegatten gemeinsam einem fremden Staat angehören, überläßt das spanische internationale Privatrecht also dem Staat, um dessen Angehörigkeit es geht. 10 Nach demselben Rechtssatz ist dem spanischen Staatsangehörigkeitsrecht zu entnehmen, ob die Ehegatten die gemeinsame spanische Staatsangehörigkeit besitzen. 1J Art. 107 Abs. 1 HS 1 CC enthält somit eine Anknüpfung, die inhaltlich mit dem deutschen internationalen Privatrecht übereinstimmt.

III. Die Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt Schwieriger zu bestimmen scheint der Begriff des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts ("residencia habitual deI matrimonio"), von welchem bei der zweiten Anknüpfung des Art. 107 Abs. 1 HS 2 CC die Rede ist. Anders als im deutschen Rechtskreis, in dem von seiten der Literatur schon früh die Einführung des Begriffes "gewöhnlicher Aufenthalt" für das internationale Privatrecht gefordert wurde l2 und in dem dieser in der heutigen Praxis losgelöst vom Wohnsitzbegriff im materiellrechtlichen Sinne verstanden wird 13, läßt sich für das spanische Rechtsleben noch keine klare Abgrenzung dieser bei den Begriffe feststellen. Eine gesetzliche Grundlage für die Verschmelzung der Begriffe Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt scheint Art. 40 Absatz 1 CCI4 zu bieten, wonach der Wohnsitz natürlicher Personen der Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts ist. Ausgehend von dieser Bestimmung wird innerhalb der spanischen Rechtslehre nicht nur von Zivilrechtlern 15, sondern auch von einzelnen Vertretern des internationalen Privatrechts l6 behauptet, daß der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts identisch mit dem Begriff des Wohnsitzes sei. I? Kegel, IPR4, 201. Dementsprechend gelten hier die Bestimmungen des 1. Titels 1. Buch (Artt. 1728 cq, von welchen Artt. 17 bis 26 CC durch das Gesetz Nr. 51/1982 vom 13. Juli (=BOE, Nr.181 vom 30. Juli 1982 = Aranzadi 1982, Nr. 2030) neu gefaßt wurden. Zu dieser Reform vgl. den Bericht von Rau, StAZ 1982, 289 ff. Übersetzung der schlagenden Bestimmungen in Bergmann, VII, 5 fT. Zum neuen spanischen Staatsangehörigkeitsrecht siehe ferner Gonzälez Campos (-Fernandez Rozas), DIP, Bd. I, 24ff. 12 Vgl. Braga, 56fT.; 65fT. 13 Vgl. hierzu etwa BayObLG 21. Dezember 1973 (= FamRZ 1974, 150ff.); BayObLG 21. August 1975 (=BayObLGZ 1975, 339 = FamRZ 1975, 700=StAZ 1976, 77fT.(80»; BGH 5. Februar 1975 (=NJW 1975, 1068f.), wo eine klare Abgrenzung zwischen gewöhnlichem Aufenthalt und Wohnsitz unternommen wurde. 14 Siehe Art. 40 Absatz 1 CC in Anhang I, Nr. 1. 15 So etwa Albaladejo(-Garcia Cantero), Comentarios, 484; de Castro y Bravo, Compendio (1970), 282. 16 So etwa Tomas Ortiz de la Torre, RDP 1979, 1020: "la ley dei domicilio conyugal. .. , entendiendo por tal ellugar de la residencia habitual comun y efectiva". 10 11

4. Kap.: Das Kollisionsrecht der Ehescheidung

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Würde man sich dieser Auffassung anschließen, müßte man den Ausdruck "residencia habitual dei matrimonio" des Art. 107 Abs. 1 HS 2 CC so wie den des ehelichen Wohnsitzes im materiellrechtlichen Sinne auslegen. Dadurch wäre dieser zweiten Anknüpfung des Art. 107 Abs. 1 HS 2 CC ein großer Teil ihrer praktischen Bedeutung entzogen, da die Anknüpfung an den gemeinsamen Wohnsitz - neben vielen anderen Schwächen, die die Anknüpfung an den Wohnsitz generell aufweist 18 - auch noch durch die Tatsache erschwert wird, daß die wohnsitzrechtliche Familieneinheit nach dem materiellen Recht zahlreicher Staaten nicht mehr gewährleistet ist. 19 Auch der C6digo Civil hat im Jahre 1975 einen Schritt zur Aufgabe des Prinzips der Familieneinheit bezüglich des Wohnsitzes unternommen, als das Gesetz Nr. 14/1975 dem bis dahin geltenden Art. 58 CC eine Neufassung gab. 20 Der Wohnsitz der Ehegatten ist im heutigen Art. 70 CC in der Fassung des Gesetzes Nr. 30/1981 dem Gleichheitsprinzip unter den Ehegatten entsprechend geregelt. 21 Ob Spanien dadurch das Prinzip der Familieneinheit bezüglich des Wohnsitzes aufgegeben hat, scheint wegen der Bestimmung des Art. 64 Abs. 1 LEC i. V. m. Art. 40 Abs. 1 CC dennoch zweifelhaft. Denn nach Art. 64 Abs. 1 LEC ist Wohnsitz der verheirateten und nicht rechtskräftig getrennten Frau derjenige ihres Ehemannes. Die Anwendbarkeit des Art. 64 LEC wird ihrerseits durch die allgemeine Verweisung des Art. 40 Abs. 1 CC auf die Vorschriften der Zivilprozeßordnung zur Bestimmung des Wohnsitzes begründet. 22 Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist jedoch die Fortgeltung des Art. 64 Abs. 1 LEC zu verneinen, da diese zivilprozeßrechtliche Vorschrift eindeutig einer SchlechtersteIlung der Ehefrau gegenüber der Bestimmungsmacht des Ehemannes darstellt und somit gegen das Gleichheitsgebot des Art. 14 der Verfassung verstößt. Die wohnsitzrechtliche Familieneinheit in Spanien ist somit gemäß Abs. 3 der Aufhebungsbestimmung der Verfassung nach deren Inkrafttreten am 29. Dezember 1978 aufgehoben. 17 Diese Auslegung mag Ursache für die falsche Wiedergabe der neuen spanischen Bestimmungen des C6digo Civil bei Langner, 217 f. gewesen sein, wo die spanischen Ausdrücke "residencia habitual" und "residencia" dem deutschen Ausdruck "Wohnsitz" unzutreffend gleichgestellt wurden. 18 Zu allgemeinen Versagensgründen der Anknüpfung an den materiellrechtlichen Wohnsitz für das internationale Privatrecht vgl. De Winter, RdC 1969, III, 419ff.; Braga 56ff. 19 Vgl. hierzu Siegrist, RabelsZ 1959,97, m.w.H. in FN 201. 20 Vgl. Art. 58 CC in der ursprünglichen Fassung und in der Fassung von 1975; beide Gesetzestexte in Anhang I, Nr. 1. 21 Vgl. Art. 70 CC (Fassung von 1981), Anhang I, Nr. 1 (in fine). 22 Zur Frage der materiellrechtlichen Wirkungen einer solchen Verweisung des C6digo Civil auf die Zivilprozeßordnung vgl. Castan Tobefias, Derecho Civil, T. I, Vol. 11 (1971), 132, mit weiteren Literatur- und Rechtsprechungshinweisen in den dortigen FN 1 und 2.

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das Gesetz Nr. 3U/1981

Nimmt man an, daß der Ausdruck "residencia habitual del matrimonio" des Art. 107 Abs.1 HS 2 CC die Anknüpfung an den gemeinsamen Wohnsitz darstellt, so würde das bedeuten, daß der Gesetzgeber eine wenig brauchbare Anknüpfung für die Ehescheidung vorgesehen hat, wobei er im Jahre 1981 die Wirkungen der spanischen Verfassung für die gesamte Rechtsordnung nicht übersehen konnte. 23 Indessen kann auch noch ein zweites Argument gegen eine solche Auslegung in Betracht gezogen werden. Die Annahme, der Ausdruck "residencia habitual deI matrimonio" des Art. 107 Abs. 1 HS 2 CC stehe dem gemeinsamen Wohnsitz im materiellrechtlichen Sinne gern. Art. 40 Abs. 1 CC gleich, würde dem spanischen Gesetzgeber unterstellen, er habe einerseits die materiellrechtliche Ehescheidung hauptsächlich aufgrund eines befristeten Getrenntlebens geregelt,24 andererseits für die international-privatrechtliche Regelung einen gemeinsamen Wohnsitz als Ersatzanknüpfung für die gemeinsame Staatsangehörigkeit vorgesehen. Eine solche Unterstellung würde wiederum bedeuten, daß er Ehegatten mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten die Scheidung in Spanien erheblich erschwert hätte. Denn einerseits müßten sie einen gemeinsamen Wohnsitz in Spanien aufweisen, damit der Anknüpfungsmoment des Art. 107 Abs. 1 HS 2 CC vorliegt, andererseits könnten sie nach dem von dieser Anknüpfung berufenen Recht, d. h. nach dem spanischen materiellen Scheidungsrecht, nur geschieden werden, wenn sie das Getrenntleben innerhalb der ehelichen Wohnung im Sinne von Art. 87 Abs. 1 CC beweisen könnten 25 ; es sei denn, daß der extreme Tatbestand des Art. 86 Nr. 5 CC26 vorliegen würde. Die Annahme, der spanische Gesetzgeber habe eine solche Erschwerung der Ehescheidung ausländischen Ehegatten aufzwingen wollen, kann schwerlich eine Begründung finden. Sie kann somit ausgeschlossen werden. Im übrigen fehlen auch nicht Stimmen innerhalb der spanischen Lehre, die den gewöhnlichen Aufenthalt als selbständigen, vom Wohnsitz gesonderten Begriff ansehen. 27 Allerdings hat von ihnen nur Espinar Vicente eine eingehende Abgrenzung beider Begriffe unternommen. 28

23 Von den allgemeinen Versagensgründen des Wohnsitzprinzips für das internationale Privatrecht wird bewußt an dieser Stelle abgesehen. Vgl. hierzu Anm. 18 dieses Kapitels. 24 Siehe im 3. Kapitel. 25 Siehe im 3. Kapitel unter IV. 26 Nur der Tatbestand des Art. 86 Nr. 5 CC (Anschlag auf das Leben des Ehegatten, dessen Vorfahren oder Nachkommen) sieht zur Begründung der Klageerhebung von einer Frist des Getrenntlebens ab. Hierzu bereits im 3. Kapitel unter III 2. 27 So etwa Castan Tobefias, Derecho Civil, T. I, Vol. 11 (1971), 126; Espinar Vicente, RDP 1980, 3ff.; Lacruz Berdejo(-Gonzalez Camposj Abarca Junco), Comentarios, 924; Lacruz Berdejo(-Bonet Navarro), Comentarios, 956f. 28 Siehe ebenda, 4 ff.

4. Kap.: Das Kollisionsrecht der Ehescheidung

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Die gesetzliche Grundlage hierfür bietet insbesondere Art. 69 LEC29, wonach mangels eines Wohnsitzes der Richter des Aufenthaltsorts in den Fällen als zuständig anzusehen ist, bei denen der Wohnsitz den Gerichtsstand begründet (vgl. Art. 69 Abs. 1 CC); hier sind das Fehlen sowohl eines Wohnsitzes als auch eines gewöhnlichen Aufenthalts vom Gesetzgeber ausdrücklich als zwei verschiedene Möglichkeiten vorgesehen (vgl. Art. 69 Abs. 2 CC LEC). Die Bedeutung dieser gesetzgeberischen Trennung beider Begriffe wird anhand der 3. Zusatzbestimmung des Gesetzes Nr. 30/198130 belegt, deren Abs. 2 beinahe wörtlich den Abs. 2 des Art. 69 LEC übernommen hat. 31 Ausgehend von der Bezugnahme des Gesetzes aufbeide Begriffe, hat Espinar Vicente versucht, die unterschiedlichen Merkmale des Wohnsitzes gegenüber dem gewöhnlichen Aufenthalt aus der gesamten spanischen Rechtsordnung heraus zu gewinnen 32 und eine Definition des gewöhnlichen Aufenthalts für das spanische internationale Privatrecht zu geben. Dieser Autor versteht unter "gewöhnlichem Aufenthalt" als Anknüpfungsmoment bei Fragen des sogenannten "estatuto personal" "das Verhältnis der allgemeinen Verwurzelung der Lebensgestaltung einer Person zu einem bestimmten Staat während eines bedeutenden Zeitraums". 33 Diese Definition enthält zwei Fremdkörper für das Verständnis des gewöhnlichen Aufenthalts im deutschen Recht. 34 Zum einen wird ein "Verhältnis der 29 Siehe Art. 69 LEC in Anhang I, N r. 2. Auch Bestimmungen des C6digo Civil werden als gesetzliche Grundlage für die Trennung beider Begriffe in Betracht gezogen. So etwa Artt. 181 und 183 CC, die die Verschollenheit betreffen und von "Wohnsitz oder letzter Aufenthalt" sprechen: "desaparecida una persona de su domicilio 0 dellugar de su Ultima residencia". Vgl. hierzu Castan Tobefias, ebenda. Siehe ferner Espinar Vicente, 6, der darüber hinaus eingehend alle Vorschriften der spanischen Rechtsordnung berücksichtigt, aus denen man eine Basis für solche Abgrenzung gewinnen kann. 30 So etwa Lacruz Berdejo(-Gonzalez Camposj Abarca Junco), 924f., und Carrillo Salcedo, Rev. Crit 1983, 22. 31 Vgl. 3. Zusatzbestimmung des Gesetzes Nr. 30 j 1981 in Anhang I, Nr. 1 (in fine) mit Art. 69 LEC in Anhang I, Nr. 2. 32 Siehe ebenda, 8. 33 So der Autor auf S. 25: "En relaci6n con el estatuto personal, la residencia habitual significa una relaci6n de enraizamiento global de la vi da de una persona en un determinado Estado, durante un periodo de tiempo significativo". Ferner aufS. 27: "en el contexto dei estatuto personal, corno conexi6n sustitutiva de la nacionalidad, la residencia habitual podria definirse corno una dinamica de enraizamiento que se produce legal y progresivamente durante un periodo de tiempo significativo, en cuyo transcurso se ha ido poniendo de manifiesto, a traves de indices de apreciaci6n objetiva, la voluntad de arraigo del sujeto." 34 Vgl. etwa MPI, RabelsZ 1980, 354: "Wir gehen davon aus, daß dieser Begriff im Sinne der Haager Konventionen zu verstehen ist ... Dabei ist keine Absicht dauernden Verbleibens (animus manendi) erforderlich; auch darf der Sinn der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt ... nicht dadurch verfehlt werden, daß man an das Maß der Eingliederung in den Aufenthaltsstaat übertriebene Anforderungen stellt." Zum "ge-

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2. Teil: Die heutige Rechtslage: Das vesetz Nr. 30/1981

Verwurzelung" verlangt, bei dem ein entsprechender Wille bestehen muß. 35 Zum anderen wird von einem "bedeutenden Zeitraum" gesprochen. Der Wille zur Verwurzelung im Aufenthaltsland soll durch gewisse objektive Tatsachen indiziert werden, wie etwa durch die Heirat eines Angehörigen des Aufenthaltstaates oder durch ein über fünfjähriges Verweilen im Aufenthaltsland. Dieser Zeitraum könne in bestimmten Fällen auf zwei bis drei Jahre reduziert werden, wenn der Betroffene aus einem Land mit ähnlichen sozio-kulturellen Verhältnissen wie das Aufenthaltsland stammt. Ist dies nicht der Fall und läßt sich der Wille des Betroffenen zur Verwurzelung im Aufenthaltsland nicht an einem bestimmten Verhalten eindeutig feststellen, so müsse ein acht- bis zehnjähriges Verweilen im Aufenthaltsland bestehen, damit von "gewöhnlichem Aufenthalt" die Rede sein dürfe. 36

Ohne eine Auseinandersetzung mit dieser Auffassung behauptet Bonet Navarro 37 in seiner Kommentierung zur 1. Zusatzbestimmung des Gesetzes Nr. 30/198138 , daß zwischen dem Begriff "gewöhnlich" und einem "provisorischen" oder "ungewollten" Aufenthalt kein Gegensatz bestehe. Deshalb könne man vom "gewöhnlichen" Aufenthalt auch beim Gastarbeiter ("trabajador inmigrante") sprechen, beim Studenten, dem Kranken, der sich aus gesundheitlichen Gründen im Inland aufhält, dem politischen Flüchtling, dem Gefangenen und dem zwangsweise in eine psychiatrische Klinik Eingewiesenen. 39 Weitere Erläuterungen, insbesondere bezüglich der notwendigen Dauer des Aufenthalts, gibt der Autor nicht. Eine Auseinandersetzung mit den Äußerungen dieser beiden Autoren hat soweit ersichtlich bis jetzt nicht stattgefunden. Weitere Umschreibungen des Begriffs "gewöhnlicher Aufenthalt" finden sich nicht. Dies gilt auch für die vorliegende Rechtsprechung. Es fehlt somit ein allgemein anerkannter Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts in der spanischen Rechtsliteratur, welcher zur Bildung einer "Faustregel" wöhnlichen Aufenthalt" im Sinne der Haager Konventionen vgl. ferner Bellet/ Goldmann, Clunet 1969, 851f.; 859 = Rapport (Actes et Documents 1968), 214; 217. 35 Siehe Espinar Vicente, 25f., der von "animo de enraizamiento" und "intenci6n de arraigo" spricht. Demgegenüber siehe BGH, 5. Februar 1975 (= NJW 1975, 1068): "Der gewöhnliche Aufenthalt unterscheidet sich (vom Wohnsitzprinzip) wesentlich dadurch, daß der Wille, den Aufenthaltsort zum Mittelpunkt oder Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen, nicht erforderlich ist." 36 Siehe Espinar Vicente, 25. 37 Siehe Lacruz Berdejo(-Bonet Navarro), 956f. 38 Zur 1. Zusatzbestimmung des Gesetzes Nr. 30/1981 vgl. auch im 5. Kapitel. 39 Siehe Lacruz Berdejo(-Bonet Navarro), 957. Vgl. dagegen De Winter, RDC 1969, III, 431 ff., der das Vorliegen sogenannter "social ties" zwischen der Person und dem Aufenthaltsort insbesondere im Bereich "personal status" (vgl. S. 436) für erforderlich hält. Ferner Kegel, IPR 4, 213, nach dessen Auffassung kein gewöhnlicher Aufenthalt ohne sogenannte "Bewegungsfreiheit" begründet werden kann.

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in der künftigen Praxis beitragen könnte. Von daher hat jede Annäherung an das heutige spanische internationale Scheidungsrecht von der Lage der deutschen Praxis abzusehen