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German Pages 252 [253] Year 2016
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 359 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:
Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann
Markus Thier
Das japanische Insiderrecht
Mohr Siebeck
Markus Thier, geboren 1977; Studium der Rechtswissenschaft und der Japanologie in Frankfurt am Main; Referendariat in Frankfurt am Main und Tokyo; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Japanisches Recht und seine kulturellen Grundlagen an der Goethe-Universität Frankfurt am Main; Forschungsaufenthalt am Deutschen Institut für Japanstudien in Tokyo; seit 2013 Rechtsanwalt.
D 30 e-ISBN PDF 978-3-16-154327-2 ISBN 978-3-16-154303-6 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio graphie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abr ufbar. © 2016 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwert ung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elekt ronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Rechtswissenschaft der GoetheUniversität Frankfurt am Main im Sommersemester 2015 als Dissertation angenommen. Sie wäre nicht möglich gewesen ohne die tatkräftige Hilfe vieler Personen in Japan und Deutschland, die mich mit fachlichem Rat und wertvollen Ideen gefördert haben. Bei ihnen möchte ich mich aufrichtig bedanken. Mein herzlicher Dank gebührt in erster Linie meinem Doktorvater Prof. Dr. Moritz Bälz, LL.M. (Harvard), der mich zu jeder Zeit fachlich und persönlich in vielfältiger Weise unterstützt hat. Er hat mich an das japanische Recht herangeführt und mir die Möglichkeit eröffnet, an spannenden Projekten zum japanischen Recht mitzuwirken. Herrn Prof. Dr. Dr. Peter Sester gilt mein Dank für die Erstellung des Zweitgutachtens. Besonders danke ich auch Herrn Prof. Dr. Harald Baum am Max- Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht für seine vielfältigen Anregungen zu dieser Arbeit sowie zum Rechtsvergleich mit dem japanischen Recht im Allgemeinen. Dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht danke ich für die Aufnahme dieser Arbeit in die Schriftenreihe und die redaktionelle Hilfe. Vielfältige Unterstützung habe ich vor allem von zahlreichen japanischen Wissenschaftlern und Praktikern erfahren, die nicht nur geduldig Fragen beantwortet und Kontakte zu Gesprächspartnern vermittelt, sondern mich auch mit schwer zugänglichem Material versorgt haben. Stellvertretend danke ich hierfür besonders Frau Prof. Hiroko Aoki, Herrn Kenji Gotô, Herrn Prof. Masaru Hayakawa, Herrn Goya Kobayashi, Herrn Prof. Hideyuki Matsui sowie Frau Prof. Maki Saitô. Schließlich bedanke ich mich ganz herzlich bei meiner Frau Chikako für ihre liebevolle Unterstützung und ihren steten Zuspruch, bei meinen Kindern für ihre Geduld und ihr Verständnis, sowie bei meinen Eltern, meinem Bruder und meiner Familie in Japan, die mich ebenfalls in vielerlei Hinsicht gefördert haben. Die Arbeit wurde großzügig gefördert durch die Max-Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland, die mir einen dreimonatigen Forschungsaufenthalt am Deutschen Institut für Japanstudien in Tokyo ermöglicht hat. Die Arbeit gibt den Rechtsstand bis Ende 2014 wieder. So konnte insbesondere die umfangreichere Reform des japanischen Insiderrechts vom April 2014 einbezogen werden, mit der das Insiderhandelsverbot auf die Weitergabe von Insiderinformationen und das Verleiten zum Insiderhandel ausgeweitet wurde. Für die Druck-
VI
Vorwort
fassung wurde neuere Literatur bis Dezember 2015 berücksichtigt. Angegebene Internetseiten wurden am 14.12.2015 zuletzt besucht. Bad Homburg v. d. Höhe, im Januar 2016
Markus Thier
Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Themenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Das Insiderrecht auf der Agenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 D. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Erstes Kapitel: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 A. Begriff und Zielsetzung des Insiderrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 10 B. Historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts . . . . . . . . . 35 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 A. Regelungstechnik und Deliktsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 B. Grundstruktur der japanischen Insiderregeln . . . . . . . . . . . . . . 69 C. Das generelle Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens . . . . . . . . . 73 D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten . . . . . . 82 E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten . . . . . . . . . . . . 130 F. Subjektive Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 G. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 A. Staatliche Finanzmarktaufsicht und private Überwachung . . . . . . . 154 B. Rechtliche Folgen von Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot . . . 157 C. Publizitätspflichten und flankierende Präventivmaßnahmen . . . . . . 174 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
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Inhaltsübersicht
Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 A. Das Insiderrecht als Beispiel für einen Rechtsimport im sich wandelnden Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 B. Praxistauglichkeit und weiterer Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . 186
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 A. Auszug relevanter Gesetzesmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 B. Überblick: Erhebliche Tatsachen nach Artt. 166, 167 FBG . . . . . . . 206 C. Verzeichnis relevanter japanischer Gesetze und Verordnungen . . . . . 212 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Themenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Das Insiderrecht auf der Agenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 D. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Erstes Kapitel: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 A. Begriff und Zielsetzung des Insiderrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 10 I. Der Begriff des Insiderhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 II. Erforderlichkeit eines Insiderrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1. Ökonomische Sinnhaftigkeit von Insiderregeln . . . . . . . . . 13 a) Allokationseffizienz und Kapitalmarkttheorie . . . . . . . . 14 b) Steigerung der Informationseffizienz und -versorgung durch Insiderhandel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 c) Insiderhandel als Teil eines effizienten ManagementKompensationssystems? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 d) Schädigung der Anleger? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 e) Schädigung des Emittenten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Rechtliches Bedürfnis für Insiderregeln . . . . . . . . . . . . . 22 a) Chancengleichheit der Marktteilnehmer . . . . . . . . . . . 22 b) Erhalt der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts . . . . . . . 24 3. Begründung für das Insiderhandelsverbot im US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 a) Betrug im Common Law und nach der Rule 10b-5 . . . . . . 25 b) Theorienentwicklung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . 28 (1) Disclose-or-abstain-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . 29
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Inhaltsverzeichnis
(2) Treuepflichttheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 (3) Veruntreuungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4. Begründung für das Insiderhandelsverbot im deutschen und japanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 a) Deutschland und Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 b) Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 B. Historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts . . . . . . . . . 35 I. Rezeption des US-amerikanischen Rechts und Entwicklung nach 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Effektivität der Insiderregeln im japanischen Kontext . . . . . . . 39 1. Gesetzgeberische Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Informationsaustausch in keiretsu-Unternehmensgruppen . . . 44 3. System der indirekten Unternehmensfinanzierung . . . . . . . 45 4. Wahrnehmung des Kapitalmarkts in der Öffentlichkeit . . . . . 46 5. Aufweichen der übernommenen Regelungen . . . . . . . . . . 46 a) Abschaffung der japanischen SEC . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Abschaffung der Berichtspflichten des Art. 188 BWpHG . . 48 6. Abstraktheit des generellen Verbots unrechtmäßigen Marktverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 7. Rolle der Staatsanwaltschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 8. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 III. Reform der Insiderregeln und der Kapitalmarktaufsicht . . . . . . 53 1. Hintergrund und zeitliche Einordnung der Reform . . . . . . . 53 2. Wirtschaftskrise und regulatorischer Wandel . . . . . . . . . . 57 a) Änderung der Beteiligungsstruktur und Bedeutungszunahme des Kapitalmarkts infolge der Wirtschaftskrise . . . . . . . 57 b) Weitergehende Reformen der Insiderregeln . . . . . . . . . . 60 c) Neuordnung der Kapitalmarktaufsicht . . . . . . . . . . . . 62 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 A. Regelungstechnik und Deliktsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 I. Komplexität der Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 II. Insiderverbot als Formaldelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 B. Grundstruktur der japanischen Insiderregeln . . . . . . . . . . . . . . 69 C. Das generelle Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens . . . . . . . . . 73 I. Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Inhaltsverzeichnis
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2. Anwendungsbereich und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Auffangvorschrift bei Gesetzeslücken . . . . . . . . . . . . 75 b) Anwendung bei besonders eklatanten Verstößen . . . . . . . 76 c) Bedenken gegen eine Umsetzung in der Praxis . . . . . . . . 77 3. Das Merkmal „unrechtmäßige Mittel, Pläne oder Techniken“ . . 78 a) Enge Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 b) Weite Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten . . . . . . 82 I. Gegenstand des Insiderhandelsverbots nach Art. 166 FBG . . . . . 82 1. Das Merkmal der börsennotierten Gesellschaft . . . . . . . . . 82 2. Personenkreis: Insider im eigentlichen Sinne, Quasiinsider und Informationsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Insider im eigentlichen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (1) Mitglieder der Verwaltung und Angestellte des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (2) Großaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Quasiinsider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (1) Personen mit gesetzlicher Befugnis gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (2) Personen mit vertraglicher Beziehung oder in Vertragsverhandlungen mit der Gesellschaft . . . . . . 89 c) Insider und Quasiinsider einer Tochteroder Muttergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 d) Insiderhandelsverbot ehemaliger Insider und Quasiinsider . . 91 e) Direkte Informationsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . 92 f) Informationsweitergabe und Verleiten zum Insiderhandel . . 94 3. Insidertatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Entscheidungstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (1) Entscheidung eines entscheidungsbefugten Organs . . . 101 (2) Zeitpunkt der Entscheidung insbesondere bei gestreckten Geschehensabläufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Ereignistatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 c) Bilanztatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 d) Erheblichkeitsschwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 e) Der Auffangtatbestand für Insidertatsachen . . . . . . . . . 113 f) Insidertatsachen bezüglich einer Tochtergesellschaft . . . . . 117 (1) Entscheidungstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (2) Ereignistatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (3) Bilanztatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (4) Der Auffangtatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
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Inhaltsverzeichnis
4. Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Der Handel mit Insiderpapieren . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (1) Das Merkmal der „spezifizierten Wertpapiere“ . . . . . . 120 (2) Erfasste Wertpapiergeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . 122 (3) Fehlen eines Kausalitätserfordernisses . . . . . . . . . . 124 b) Zeitpunkt vor Veröffentlichung der Insidertatsache . . . . . 125 (1) Form der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (2) Inhaltliche Anforderung an die Veröffentlichung . . . . . 127 5. Anwendungsausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten . . . . . . . . . . . . 130 I. Das Merkmal „öffentliche Erwerbsangebote etc.“ . . . . . . . . . . 131 1. Öffentliche Erwerbsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 2. Die Erhöhung der Beteiligungsquote an der Zielgesellschaft auf mehr als fünf Prozent der stimmberechtigten Aktien . . . . 134 II. Personenkreis der Insider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 1. Insider und Quasiinsider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Direkte Informationsempfänger, Informationsweitergabe und Verleiten zum Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 III. Insidertatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Das Merkmal der „Tatsache zu einem öffentlichen Erwerbsangebot etc.“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 2. Bagatellregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 IV. Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Der Handel mit Wertpapieren der Zielgesellschaft . . . . . . . . 143 2. Zeitpunkt vor Veröffentlichung der Insidertatsache . . . . . . . 144 V. Anwendungsausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 F. Subjektive Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 G. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 A. Staatliche Finanzmarktaufsicht und private Überwachung . . . . . . . 154 B. Rechtliche Folgen von Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot . . . 157 I. Strafrechtliche Sanktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 II. Verwaltungsrechtliche Geldsanktion . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Funktion und Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Effektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 3. Problematik des Verbots der Doppelbestrafung . . . . . . . . . 169 III. Zivilrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
Inhaltsverzeichnis
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IV. Öffentliche Bekanntmachung von Verstößen . . . . . . . . . . . . 173 C. Publizitätspflichten und flankierende Präventivmaßnahmen . . . . . . 174 1. Publizitätspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Transparenzgebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 3. Herausgabe von Gewinnen bei kurzfristigen Transaktionen . . 178 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 A. Das Insiderrecht als Beispiel für einen Rechtsimport im sich wandelnden Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 B. Praxistauglichkeit und weiterer Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . 186
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 A. Auszug relevanter Gesetzesmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Japanische Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Finanzprodukte- und Börsengesetz (FBG) . . . . . . . . . . . . 188 Chapter I General Provisions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Chapter VI Regulations on Transactions, etc. of Securities . . . 188 Chapter VI-2 Administrative Monetary Penalty . . . . . . . . . 201 Chapter VIII Penal Provisions . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 2. Strafgesetz (StG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. Gesellschaftsgesetz (GesG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 II. US-amerikanische Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Sec. 10 (b) Securities and Exchange Act . . . . . . . . . . . . . 205 2. Rule 10b-5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 B. Überblick: Erhebliche Tatsachen nach Artt. 166, 167 FBG . . . . . . . 206 I. Entscheidungstatsachen (kettei jijitsu) . . . . . . . . . . . . . . . . 206 II. Ereignistatsachen (hassei jijitsu) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 III. Bilanztatsachen (kessan jijitsu) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 IV. Insidertatsachen im Falle einer Tochtergesellschaft . . . . . . . . . 209 V. Der Auffangtatbestand in Art. 166 Abs. 2 Nr. 4, 8 FBG (basuketto jôkô) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 VI. Insidertatsachen bei einem öffentlichen Erwerbsangebot . . . . . . 211 C. Verzeichnis relevanter japanischer Gesetze und Verordnungen . . . . . 212 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
Abkürzungsverzeichnis Abl. Amtsblatt Abs. Absatz Art. Artikel Artt. Artikel (Plural) a. E. am Ende a. F. alte Fassung AG Amtsgericht/Aktiengesellschaft/Die Aktiengesellschaft Am. Econ. Rev. American Economic Review The American Journal of Comparative Law Am. J. Comp. L. AMG Gesetz betreffend das Verbot von Kartellen und die Sicherung des fairen Wettbewerbs (Antimonopolgesetz) (Shiteki dokusen no kinshi oyobi kôsei torihiki no kakuho ni kansuru hôritsu) AnSVG Anlegerschutzverbesserungsgesetz Aufl. Auflage BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGH Bundesgerichtshof bspw. beispielsweise BWpHG Wertpapierbörsen- und Wertpapierhandelsgesetz (Yûka shôken torihiki-hô) bzw. beziehungsweise CEO Chief Executive Officer CFO Chief Financial Officer COMLEC Compliance Learning Center Compliance WAN Compliance Wide Area Network Colum. Bus. L. Rev. Columbia Business Law Review Colum. J. Asian L. Columbia Journal of Asian Law Denv. J. Int’l L. & Pol’y Denver Journal of International Law and Policy DG Distriktgericht (Chihô Saiban-sho) das heißt d. h. EDINET Electronic Disclosure for Investors’ Network EG Europäische Gemeinschaft Emory Int’l L. Rev. Emory International Law Review engl. englisch etc. et cetera EuGH Europäischer Gerichtshof f./ff. folgende Far E. Econ. Rev. Far Eastern Economic Review
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Abkürzungsverzeichnis
Finanzprodukte- und Börsengesetz (Kin’yû shôhin torihiki-hô) FBG-DVO Durchführungsverordnung zum Finanzprodukte- und Börsengesetz (Kin’yû shôhin torihiki-hô shikô-rei) Fn. Fußnote FSA Financial Services Agency (Kin’yû-chô) gem. gemäß GesG Gesellschaftsgesetz (Kaisha-hô) ggf. gegebenenfalls Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht GWR Hastings Comm. & Ent. L. J. Hastings Communications and Entertainment Law Journal Hastings Int’l & Comp. L. Rev. Hastings International & Comparative Law Review HBR Harvard Business Review HG Handelsgesetz (Shôhô) h. M. herrschende Meinung h. L. herrschende Lehre Hg. Herausgeber in der Fassung i. d. F. In’tl Fin. L. Rev. International Financial Law Review im Sinne des/der i. S. d. i. S. v. im Sinne von i. V. m. in Verbindung mit jap. japanisch JASDAQ Name einer japanischen Wertpapierbörse (Jasudakku shôken torihiki-jo K.K.) J. Comp. Corp. L. & Sec. Reg. Journal of Comparative Corporate Law and Securities Regulation J. Fin. The Journal of Finance J-IRISS Japan-Insider Registration and Identification Support System J. Jap. Stud. Journal of Japanese Studies J. Legal Studies Journal of Legal Studies Japan Securities Dealers Association (Nihon Shôken-gyô JSDA Kyôkai) jur. Person juristische Person JV Japanische Verfassung (Nihon-koku kenpô) Keishû Saikô Saiban-sho keiji hanrei-shû [Sammlung strafrecht licher Entscheidungen des japanischen Obersten Gerichts hofes] K. K. Kabushiki Kaisha [Aktiengesellschaft] Maastricht J. Eur. Comp. Law The Maastricht Journal of European and Comparative Law M&A Mergers & Acquisitions Modern Law Review Mod. L. Rev. m. w. N. mit weiteren Nachweisen natürl. Person natürliche Person NBS Nippon Broadcasting System neubearb. Aufl. neubearbeitete Auflage NHK Nippon Hôsô Kyôkai [Japanische Rundfunkgesellschaft]
FBG
Abkürzungsverzeichnis
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Nr. Nummer(n) NRI Papers Nomura Research Institute Papers NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht ohne Angabe o. A. OG Obergericht (Kôtô Saiban-sho) OGH Oberster Gerichtshof (Saikô Saiban-sho) over-the-counter-Markt OTC-Markt OWiG Ordnungswidrigkeitsgesetz Pac. Rim L. & Pol’y J. Pacific Rim Law & Policy Journal The Quarterly Journal of Economics Q. J. Econ. RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RIW Recht der Internationalen Wirtschaft Rn. Randnummer Rspr. Rechtsprechung S. Satz/Seite SEC Securities and Exchange Commission Sec. Section SESC Securities and Exchange Surveillance Commission (Shôken torihiki-tô kanshi i’in-kai) sog. sogenannte SSJJ Social Science Japan Journal Stan. J. Int’l L. Stanford Journal of International Law Stan. L. Rev. Stanford Law Review StG Strafgesetz (Keihô) StGB Strafgesetzbuch StPG Strafprozessgesetz (Keiji soshô-hô) str. strittig TDnet Timely Disclosure network (ein elektronisches Marktinformationssystem) TOKYO AIM Tokyo Alternative Investment Market (früherer Name der japanischen Wertpapierbörse TOKYO PRO Market) Name einer japanischen Wertpapierbörse TOKYO PRO Market TSE Tokyo Stock Exchange u. a. unter anderem u. Ä. und Ähnlich(e) U. Mem. L. Rev. University of Memphis Law Review U.S. United States USA United States of America usw. und so weiter vs. versus Va. L. Rev. Vanderbilt Law Review vgl. vergleiche VO Verordnung Wash. U. L. Q. Washington University Law Quarterly Wash. U. Global Stud. L. Rev. Washington University Global Studies Law Review WM Wertpapier-Mitteilungen. Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpHR-VO Kabinettsverordnung zur Regulierung des Wertpapier handels etc. (Yûka shôken no torihiki-tô no kisei ni kansuru naikaku furei) WpÜG Wertpapierübernahmegesetz z. B. zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft ZBB ZG Zivilgesetz (Minpô) ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZIP zivilrechtl. zivilrechtlich ZJapanR/J.Japan.L. Zeitschrift für Japanisches Recht/Journal of Japanese Law
Einleitung A. Themenstellung Die vorliegende Arbeit untersucht den bemerkenswerten regulatorischen Wandel im japanischen Insiderrecht von dessen Anfängen im Jahre 1947 bis heute. Das Insiderrecht ist ein besonders eklatantes Beispiel dafür, dass Teilbereiche des japanischen Rechts äußerlich stark an das US-amerikanische Recht angelehnt sind, die entsprechenden Regelungen in der japanischen Rechtswirklichkeit jedoch lange gänzlich anders angewandt wurden bzw. „totes Recht“ geblieben sind. Erst in neuerer Zeit scheint das japanische Insiderrecht in der Praxis die Rolle zu spielen, die ihm anfangs zugedacht war. Diese Kehrtwende ist erstaunlich vor dem Hintergrund, dass der japanische Kapitalmarkt noch in den ausgehenden 1980er Jahren als ein „Paradies für Insider“ (insaidâ tengoku)1 galt und aufgrund unfairer Marktbedingungen bei ausländischen Investoren stark in der Kritik stand. Dabei verfügt das japanische Recht bereits seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs infolge eines Rechtsimports aus dem US-amerikanischen Recht über finanzmarktrechtliche Vorschriften und Marktregulierungsmechanismen. Auffällig ist als Befund die verschwindend geringe Anzahl an Verfahren wegen Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot über einen langen Zeitraum hinweg.2 Erst in den vergangenen Jahren wurden in Japan Fälle von Insiderhandel nicht nur vermehrt aufgedeckt, sondern auch tatsächlich bestraft bzw. geahndet.3 Mitunter gab es spektakuläre Insiderskandale, die in der japanischen Öffentlichkeit ein breites Echo nach sich zogen, wie bspw. die Geschehnisse um den sog. Murakami-Fund-Fall4 aus dem Jahre 2006 verdeutlichen. Für die gänzlich andere Wirkung der übernommenen Regelungen im japanischen Kontext werden gleich mehrere Faktoren angeführt. Außer auf institutionelle 1 A.
Takeuchi, Shôji Hômu 1142 (1988) 3. Siehe hierzu S. 53 f. Tatsuta, Pac. Rim. L. & Pol’y J. 4 (1995), 635; G. F. Parker, Wash. U. L. Q. 73 (1995) 1403. Siehe S. 39 ff. 3 Dies verdeutlichen die Jahresberichte des Aufsichtsamts für Finanzdienstleistungen (FSA) sowie der Wertpapieraufsichtsbehörde (SESC), die neben Aktivitätsberichten auch statistische Materialien enthalten, darunter auch zur Entwicklung der Verfahrenszahlen bei Gesetzesverstößen. Siehe S. 173 ff. unten. 4 Entscheidung des OGH vom 6. Juni 2011, Nr. 2009a 375, siehe S. 99 ff.; siehe hierzu auch S. Osaki, ZJapanR 25 (2008) 89. 2 M.
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Einleitung
Schwächen bei der Finanzmarktaufsicht5 und aufgeweichte Publizitätsregeln wird auch auf die Rolle der japanischen Staatsanwaltschaft verwiesen.6 Denn in vielen Fällen sieht die Staatsanwaltschaft – es herrscht anders als im deutschen Recht das Opportunitätsprinzip – von einer Anklage ab. Es liegt nahe anzunehmen, dass dies auch bei Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot dazu führt, dass die japanische Staatsanwaltschaft häufig nicht anklagt.7 Mit dem Erstarken der japanischen Wirtschaft sowie der Bedeutungszunahme des Finanzplatzes Tokyo ab den 1980er Jahren richtete sich auch der Blick der internationalen Finanzwelt stärker auf dessen Defizite. Dabei war es ein offenes Geheimnis, dass Insiderinformationen in der japanischen Geschäftswelt traditionell als ein legitimes und probates Mittel galten, die Geschäftsbeziehungen vor allem innerhalb der klassischen Unternehmensgruppe (keiretsu) zu „schmieren“.8 Entsprechend wenig ausgeprägt war das Bewusstsein für die Notwendigkeit, durch eine funktionierende Regulierung und ‑aufsicht das Vertrauen in- und ausländischer Investoren in den japanischen Finanzmarkt zu erhalten. Wachsende internationale Kritik sowie einige spektakuläre Fälle von Insiderhandel, die jedoch nicht sanktioniert wurden, erhöhten Ende der 1980er Jahre den Druck auf den Gesetzgeber, verstärkt Lösungen für das Problem zu suchen. Eingeleitet wurde dieser Prozess durch weitreichende Reformen seit dem Jahre 1988. Dabei wurde eine Reihe spezieller Vorschriften in das Gesetz aufgenommen, die – neben dem weiterhin existenten generellen Verbot marktbetrügerischen Verhaltens in Art. 157 Finanzprodukte und Börsengesetz9 (fortan: FBG) – den Insiderhandel spezifisch untersagten. Einen weiteren bedeutenden Schritt auf institutioneller Ebene stellte die Reform der Kapitalmarktaufsicht dar, die nunmehr wieder als eine vom einflussreichen Finanzministerium (Zaimu-shô, vormals Ôkura-shô) unabhängige Behörde ausgestaltet wurde. Die angesprochenen Maßnahmen sind allerdings keineswegs isoliert vom wirtschaftlichen Gesamtkontext zu betrachten. Vielmehr reihen sie sich in eine ganze Folge ehrgeiziger Reformen ein, mit denen der japanische Gesetzgeber seit den 1990er Jahren mittels De- und Reregulierung das Finanz-
5 Siehe hierzu S. 46 unten: Der japanische Gesetzgeber hatte nach 1952 die nach amerikanischem Vorbild zunächst als unabhängige Institution ausgestaltete Finanzmarktaufsicht schritt weise dem Finanzministerium unterstellt; ferner auch R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 316 f. 6 Siehe hierzu auf S. 51. Siehe auch bei G. F. Parker , Wash. U. L. Q. 73 (1995) 326 f. 7 Statistische Angaben existieren, soweit ersichtlich, nicht. 8 N. Holloway, Far E. Econ. Rev. 141 (1988) 92 f.; R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 324. 9 Kin’yû shôhin torihiki-hô, Gesetz Nr. 25/1948 i. d. F. des Gesetzes Nr. 63/2015. Das Gesetz lautete in seiner ursprünglichen Fassung „Wertpapierbörsen- und Wertpapierhandelsgesetz“ (Yûka shôken torihiki-hô), wurde jedoch im Jahr 2007 neu gefasst und umbenannt (siehe hierzu S. 60 ff.). Das Gesetz regelt die wesentlichen Bereiche des Finanzmarkts und enthält u. a. grundlegende Bestimmungen zur Kapitalmarktregulierung einschließlich des Übernahme- und Prospektrechts, H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 13–15.
A. Themenstellung
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marktrecht umfassend neu ausrichtete.10 Dieser Reformprozess war angesichts der Finanzkrise Anfang der 1990er Jahre und der folgenden deflationären Wirtschaftsentwicklung unumgänglich geworden, zeigte sich doch vor diesem Hintergrund, dass das bisherige Regulierungsmodell den Herausforderungen der Globalisierungsdynamik nicht gewachsen war.11 Mit dem Ziel, Japans Finanzwirtschaft internationaler und wettbewerbsfähiger zu machen, setzten die Reformen vor allem an den Strukturen einer übermächtigen Ministerialbürokratie an, um eine Deregulierung und die Beseitigung bestehender Markthindernisse voranzutreiben. Ziel dieser Arbeit ist es, zum einen die historische Entwicklung der japanischen Insiderregeln im Kontext der aufgezeigten finanzmarktrechtlichen Entwicklungen bis hin zur gegenwärtigen Ausgestaltung in ihren wesentlichen Grundzügen nachzuzeichnen. Das japanische Insiderrecht soll dabei als ein Beispiel dienen, wie westliches Recht maßgeblich durch äußeren Druck (gaiatsu) ins japanische Recht übernommen und erst im weiteren Verlauf schrittweise an das neue kulturelle Umfeld, das sich grundsätzlich von den Gegebenheiten der Herkunftsrechtsordnung unterscheidet, adaptiert wurde. Das moderne japanische Recht ist nämlich in seinen Anfängen durch legal transplants maßgeblich aus dem kontinentaleuropäischen Recht, darunter in Teilen wie dem Zivil- und dem materiellen Strafrecht stark aus dem deutschen Recht, geschaffen worden. In einer zweiten Phase Mitte des 20. Jahrhunderts fand in erheblichem Umfang eine Rezeption aus den USA statt. Infolge der doppelten Rezeption ausländischen Rechts hat das gegenwärtige japanische Recht den Charakter einer Hybridrechtsordnung.12 Zum anderen sollen in der vorliegenden Untersuchung die derzeitigen japanischen Vorschriften zum Insiderhandel im FBG sowie in weiteren einschlägigen Gesetzen im Rahmen einer rechtsvergleichenden Betrachtung dargestellt werden. Besonderes Gewicht soll auf die Reichweite der Tatbestandsmerkmale und der hierzu ergangenen Rechtsprechung gelegt werden. Eine im japanischen Schrifttum seit jeher rege diskutierte Problematik stellt bspw. das Verhältnis der spezifischen Insidervorschriften der Artt. 166, 167 FBG zur allgemeinen Vorschrift des Art. 157 FBG dar.13 Ferner sind die verschiedenen Sanktionsmöglichkeiten auf der Rechtsfolgenseite von besonderem Interesse für eine rechtsvergleichende Betrachtung, nicht zuletzt weil ihnen eine mehr oder weniger effektive Abschreckungsfunktion zugesprochen wird. Sie bilden daher einen weiteren Schwerpunkt der Untersuchung. Von besonderem Belang ist hier die im Jahre 2005 eingeführte administrative Geldsanktion (kachô-kin) als eine Form der Verwaltungsstrafe. Sie steht nunmehr neben den Mitteln des Strafrechts als eine Sanktion zur Verfügung, die einfacher zu verhängen ist 10 H.
Baum, RabelsZ 64 (2000) 633 ff. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 6 ‒9. 12 Zur Rezeption und Akkulturation westlichen Rechts in Japan siehe H. Baum /M. Bälz, Rechtsentwicklung, Rechtsmentalität, Rechtsumsetzung, Rn. 1 ff. 13 M. M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 25‒34. 11 H.
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Einleitung
und daher in der Praxis rasch an Bedeutung gewonnen hat. Ein Grund mag verfahrenstechnischer Natur sein, da anstatt eines Strengbeweises wie bei einer strafrechtlichen Verfolgung von Insiderhandel die grundsätzlich niedrigeren Anforderungen des Zivilprozessrechts genügen und damit die Beweisführung einfacher gelingt.14 Trotzdem ist die Geldsanktion hinsichtlich ihrer Effektivität umstritten und daher zurzeit vermehrt Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion im japanischen Schrifttum.15 Schließlich sollen auch die das Insiderrecht flankierenden (Präventiv‑) Maßnahmen, wie bspw. Publizitätspflichten, sowie die gegenwärtigen institutionellen Rahmenbedingungen der Finanzmarktaufsicht näher betrachtet werden. Nicht nur die Komplexität der Rechtsmaterie, die Fragestellungen aus anderen Rechtsbereichen und Nachbardisziplinen berührt, sondern auch die gesetzestechnische Ausformung im japanischen Recht bedingt es, dass sich die Arbeit nur auf die Grundlinien beschränken kann. Bestimmte mit der Insiderproblematik eng verwandte Aspekte, wie die Regelungen zur Markt- und Kurspreismanipulation (Art. 159 FBG), müssen weitestgehend ausgeblendet werden.
B. Das Insiderrecht auf der Agenda Das japanische Insiderrecht wird bereits seit längerem von der japanischen Lehre kritisiert.16 Dabei richtet sich der Blick vergleichend auch auf das Ausland, insbesondere auf Europa und die USA. Im Ergebnis wird von japanischer Seite konstatiert, dass sich die eigenen Regelungen im internationalen Vergleich zu den Insiderhandelsregimen anderer Rechtsordnungen durch eine hohe Komplexität auszeichneten und insgesamt eine recht eigentümliche Systematik aufwiesen.17 Einzelnen Reformschritten, wie bspw. der Einführung einer verwaltungsrechtlichen Geldsanktion (kachô-kin), werden einerseits spürbar positive Auswirkungen bei der Vorbeugung von Insiderhandel bescheinigt, während Kritiker weiteren Reformbedarf anmahnen.18
14 T. Ozaki, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), I nsaidâ torihiki kisei no jitsumu, 611 f.; S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 273 f.; H. K imeda /T. Ozaki, Shôji Hômu 1846 (2008) 29. 15 Stellvertretend für viele H. K imeda /T. Ozaki, Shôji Hômu 1846 (2008) 27 ff. 16 Für einen knappen Überblick zu Stoßrichtung und Ansatz der Ansichten siehe N. M atsuo, Jurisuto 1444 (2012) 44 ff. 17 Y. K awaguchi, et al., Minshô-hô Zasshi (2002) 426 ff.; H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 113. 18 Für einen Überblick zum Diskussionsstand, insbesondere auch zur Frage der Höhe der Geldsanktion und ob diese nicht in die Staatskasse, sondern als Kompensation an geschädigte Anleger fließen sollte, siehe M. Ishida, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4) 207 ff. Kritik an der Geldsanktion vor dem Hintergrund aktueller Insiderfälle auch bei S. Osaki, NRI Papers 190 (2013) 3 f.
B. Das Insiderrecht auf der Agenda
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In den letzten Jahren haben sich mit der japanischen Anwaltschaft und insbesondere dem japanischen Unternehmensverband Nippon Keidanren19 auch zunehmend Stimmen aus der Praxis mit Kritik hervorgetan. Deren Stoßrichtung richtet sich ebenfalls gegen das komplizierte und damit für den einzelnen Praktiker nur schwer durchschaubares Regelwerk. Die gestiegene Verunsicherung in der Praxis mag teilweise den umfangreichen Gesetzesreformen, allen voran der Reform des Gesellschaftsrechts, geschuldet sein: Infolge zunehmender Flexibilisierung, bspw. im Bereich von Unternehmensumstrukturierungen oder ‑erwerbsvorgängen, stieg gleichsam die Gesamtzahl der an unternehmensinternen Prozessen Beteiligten wie auch die der möglichen Fallkonstellationen, in denen nichtöffentliche kursrelevante Informationen zum Insiderhandel ausgenutzt werden können. Obgleich diese Entwicklung seit der bislang weitreichendsten Reform des Insiderrechts von 1989 dazu führte, dass das FBG in regelmäßigen Abständen schrittweise den neuen Gegebenheiten angepasst wurde, zeigt sich der japanische Gesetzgeber den jüngsten Rufen nach Reformen gegenüber weiterhin aufgeschlossen. Der Finanzberatungsausschuss (Kin’yû Shingi-kai)20 hat im Auftrag der japanischen Regierung zu verschiedenen Bereichen des Kapitalmarktrechts Reformvorschläge erarbeitet. Der dem Ausschuss untergeordneten und im Juli 2012 eingesetzten Insider Working Group (insaidâ torihiki kisei ni kansuru wâkingu gurûpu) oblag es hierbei, konkrete Reformvorschläge im Bereich des Insiderrechts zu erarbeiten. In ihrem Abschlussbericht legte die Insider Working Group wesentliche Änderungsvorschläge vor, darunter die Forderung, zukünftig auch die Weitergabe einer Insiderinformation an sich unter Strafe zu stellen.21 In der Zwischenzeit wurde auf Grundlage dieser Vorschläge in Umsetzung eines Reformgesetzes zum 1.4.2014 der Anwendungsbereich des Insiderhandelsverbots auf die Weitergabe von Insiderinformationen sowie das Verleiten zum Insiderhandel ausgeweitet und damit eine bedeutsame Lücke geschlossen.22 Neben der inländischen Kritik ist jüngst ein Wiederaufleben ausländischer Kritik zu verzeichnen. In jüngeren Zeitungsartikeln werden für den Finanzplatz Japan 19 Nippon K eidanren, Shôji Hômu 1687 (2004) 37‒39; siehe hierzu auch die Stellungnahme von N. Shimazaki, Shôji Hômu 1687 (2004) 30 ff. 20 Ausführlich zur Entstehung der Shingi-kai sowie zu deren wichtigen Rolle im jap. Gesetzgebungsprozess F. J. Schwartz, Advice and Consent: The Politics of Consultation in Japan, 48 ff., speziell zum Shôken Torihiki Shingi-kai (heute Kin’yû Shingi-kai) siehe dort S. 173 f. 21 Der Abschlussbericht der Insider Working Group vom 25.12.2012 ist einsehbar unter (jap. Ausgabe) bzw. unter (engl. Ausgabe); zu einzelnen Zwischenberichten und Reformvorschlägen der Insider Working Group siehe auch den Kurzbericht in Shôji Hômu 1973 (2012) 128; ebenso den Kommentar in der Rubrik „Scramble“ in: Shôji Hômu 1974 (2012) 70. 22 Gesetz zur Teilreform des Kinyû shôhin torihiki-hô, Gesetz Nr. 45/2013 vom 19.6.2013. Näheres S. 94 ff.
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Einleitung
größere Transparenz sowie Fairness angemahnt.23 Dies ist insofern eine bedeutsame Entwicklung, als Druck von außen (gaiatsu) schon 1988 als nicht unerheblicher Faktor dazu beigetragen hatte, tiefgreifende Reformen des Kapitalmarktrechts anzustoßen. Zu einzelnen Aspekten des japanischen Insiderrechts, die aktuell Gegenstand der Rechtsprechung bzw. der Reformdiskussionen sind, lassen sich zudem parallele Entwicklungen im deutschen Insiderrecht ausmachen. Ein Beispiel hierfür stellt die Problematik dar, zu welchem Zeitpunkt im Falle eines zukünftig eintretenden Umstands, der sich in einem gestreckten Vorgang über mehrere Zwischenschritte verwirklicht, der Anknüpfungspunkt einer Insiderinformation zu sehen ist (häufig bei sog. gestuften Entscheidungsprozessen)24. Diese Frage war u. a. Gegenstand der Verfahren vor dem BGH und dem EuGH im Fall Geltl/Daimler sowie in Japan im Fall Murakami Fund vor dem Obersten Gerichtshof (fortan: OGH). Nicht zuletzt verdeutlichen diese beiden höchstrichterlichen Entscheidungen die Aktualität und Praxisrelevanz der hier zu untersuchenden Thematik in beiden Ländern.25 Ungeachtet der zunehmend praktischen Bedeutung und der regen und kontroversen Diskussion zum Insiderrecht in Japan fehlt bislang eine umfassende Darstellung in westlicher Sprache. Die vorhandenen Abhandlungen sind entweder sehr knapp oder älteren Datums.26 Diese Lücke will die vorliegende Arbeit füllen.
C. Gang der Untersuchung Die vorliegende Arbeit betrachtet das japanische Insiderrecht aus rechtsvergleichender Perspektive. Dabei werden die aufgezeigten Aspekte aus der Sicht des deutschen Rechts untersucht, auf ein nachgeordnetes Gegenüberstellen der deutschen und japanischen Regeln jeweils „en bloc“ wird jedoch bewusst verzichtet. Hierzu müsste sich ein entsprechender Abriss zum deutschen Insiderrecht ohnehin auf das Allernötigste beschränken, so dass es sinnvoller erscheint, auf die reine Wiedergabe 23 Beispielsweise: „Muddy Waters. The deep roots of insider trading“, The Economist, 16. Juni 2012 (abrufbar auf ); B. McLannahan, Japan Insider Trading Fears Reawaken, Financial Times, 22. April 2012 (abrufbar auf ); „Exklusiv-Untersuchungen zu Insider-Handel bei JPMorgan in Japan“, Reuters, 29. Mai 2012 (abrufbar auf ). 24 K. Langenbucher , Aktien- und Kapitalmarktrecht, 310 ff. 25 Siehe S. 103 ff. unten. 26 Beispielsweise K. Asada, Strafwürdigkeit von Insiderhandeln in Japan, 249‒257; H. Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1352‒1355; K. Yamauchi, RIW (1989) 522‒528. Zum historischen Hintergrund u. a. G. F. Parker, Wash. U. L. Q. 73 (1995) 1399‒1427; S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 179‒238; R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 313‒351; M. Tatsuta, Pac. Rim. L. & Pol’y J. 4 (1995) 633‒647. Beispiele neuerer Darstellungen sind bspw. H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 34 ff.; H.-P. M arutschke, Einführung in das japanische Recht, 270 ff.
C. Gang der Untersuchung
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von bereits umfangreich Aufbereitetem zu verzichten und den Leser für einen tieferen Einblick zum deutschen Insiderrecht auf einschlägige Werke zu verweisen. Vielmehr sollen den japanischen Regeln die jeweils einschlägigen deutschen bzw. europarechtlichen Regeln inzident gegenübergestellt werden, um bestehende Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu verdeutlichen. Da dem US-amerikanischen Insiderrecht weltweit und auch speziell für das japanische und das deutsche Regelwerk eine Vorreiterrolle zukommt, wird zusätzlich das US-amerikanische Recht punktuell für den Vergleich herangezogen. Ein besonderes Augenmerk soll im Rahmen des Vergleichs auf das gelebte Recht, die Rechtswirklichkeit (law in action), gelegt werden, die sich insbesondere im Falle Japans oftmals vom geschriebenen Recht (law in the books) erheblich unterscheiden kann.27 Ferner soll über den Ansatz der klassischen Rechtsvergleichung hinausgehend auch der kulturelle bzw. institutionelle Kontext in die Betrachtung mit einfließen.28 Die eingangs angesprochenen Aspekte werden in dieser Arbeit in vier Kapiteln behandelt: Im ersten Kapitel erfolgt zwecks Vorbereitung der funktional-rechtsvergleichenden Untersuchung zunächst eine allgemeine Einführung zum Begriff des Insiderhandels und zur grundsätzlichen Frage nach der Regelungsnotwendigkeit. Dabei werden losgelöst von einer konkreten Rechtsordnung Grundlinien zum Insiderrecht dargestellt und rechtspolitische, ökonomische und historische Aspekte erläutert. Hieran anschließend folgen Ausführungen zur Entwicklung des japanischen Insiderrechts im Speziellen. Ausgangspunkt bildet die umfangreiche Rezeption von Regeln aus dem US-amerikanischen Kapitalmarktrecht nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Schwerpunktmäßig wird die weitere historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts im Kontext des japanischen Regulierungsregimes dargestellt. Insbesondere werden die kapitalmarktrechtlichen Umbrüche in den Gesamtkontext des ambitionierten Reformprozesses in Japan seit den 1990er Jahren eingeordnet. Im zweiten Kapitel werden die gegenwärtigen Regeln zum Insiderhandel im japanischen Recht im Einzelnen analysiert. Schwerpunktmäßig werden die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zum Insiderrecht de lege lata erläutert und entsprechenden Regelungen im deutschen Recht gegenübergestellt. Besonderes Gewicht liegt dabei auf der Reichweite einzelner Vorschriften und der hierzu ergangenen Rechtsprechung sowie dem Verhältnis der spezifischen Insidervorschriften der Artt. 166, 167 FBG zur allgemeinen Vorschrift des Art. 157 FBG. Zudem werden Einzelaspekte, die gegenwärtig verstärkt Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion in Japan sind, punktuell vertieft. Das dritte Kapitel ist der Verfolgung von Insiderhandel und dem Sanktionensystem gewidmet. Dazu werden die Grundzüge der japanischen Kapitalmarktaufsicht 27 M.
Bälz, ZJapanR 25 (2008) 161. Bedeutung der Kultur im Rahmen eines Rechtsvergleichs mit Japan siehe bei H. Baum /M. Bälz, Rechtsentwicklung, Rechtsmentalität, Rechtsumsetzung, Rn. 1‒6; ferner M. Bälz, ZJapanR 25 (2008) 153 ff. 28 Zur
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Einleitung
vorgestellt. Weiterhin stehen die Rechtsfolgenseite bei Verstößen gegen das Verbot von Insiderhandel mit straf- und zivilrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten sowie insbesondere die 2005 eingeführte verwaltungsrechtliche Geldsanktion im Mittelpunkt der Darstellung. Schließlich wird ein knapper Überblick über relevante Publizitätspflichten und weitere, das Verbot des Insiderhandels flankierende Präventivmaßnahmen gegeben. Hierunter fallen Insiderverzeichnisse, die Herausgabe von Gewinnen bei kurzfristigen Transaktionen (sog. short-swing profits) gem. Art. 164 FBG wie auch privatrechtlich ausgestaltete Kontrollmechanismen der Börsen und Mittel der unternehmensinternen Kontrolle (Compliance). Den Schluss der Arbeit bildet eine zusammenfassende Würdigung des japanischen Insiderrechts als ein Rechtsimport im sich wandelnden Kontext.
D. Terminologie Hinsichtlich japanischer Namen und Begriffe richtet sich die Transkription grundsätzlich nach der revidierten Hepburn-Systematik, die mittlerweile als vorherrschender Standard in der Japanologie angesehen werden kann und entsprechend den meisten aktuellen Lexika zugrunde gelegt wird. Bei Personennamen steht – anders als in Japan üblich – der Vorname vor dem Nachnamen. Im Deutschen geläufige Ortsnamen werden ohne Längestriche (Makron) transkribiert (z. B. Tokyo und Osaka). Im Übrigen, insbesondere was die Wiedergabe von Gesetzesbezeichnungen, ‑abkürzungen und juristischen Fachtermini betrifft, richtet sich diese Arbeit nach dem Standard der Zeitschrift für Japanisches Recht (ZJapanR/J.Japan.L.) sowie nach der von Götze vorgeschlagenen Transkription japanischer rechtsterminologischer Begriffe,29 die für die deutschsprachige Literatur zum japanischen Recht weithin üblich sind. Das Thema der Arbeit bedingt eine spezifische Begriffsschwierigkeit, die an dieser Stelle einer kurzen Erläuterung bedarf: In japanischen Abhandlungen zum Insiderrecht ist verbreitet der Begriff kisei zu finden, der je nach Kontext mit „Regelung“, „Bestimmung“, allgemeiner auch mit „Regulierung“30 übersetzt wird. Häufig erscheint kisei als Bestandteil der Bezeichnung insaidâ torihiki kisei31 – etwa in Titeln und Überschriften zu Fachbeiträgen, Monographien und Sammelwerken32 – 29 B.
Götze, Japanisch-Deutsches Rechtswörterbuch ‒ Wadoku hôritsu yôgo jiten, 207 ff. So etwa in kisei kanwa als Schlagwort für „Deregulierung“. Siehe B. Götze, Japanisch-Deutsches Rechtswörterbuch ‒ Wadoku hôritsu yôgo jiten, 301 f. 31 Insaidâ torihiki (in Anlehnung an „Insider“ im Englischen) oder naibu(‑sha) torihiki bedeutet im Japanischen „Insiderhandel“. 32 Als Beispiele: Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku [Einzelkommentierung zur Regelung des Insiderhandels und Strafvorschriften] (Tokyo 1989); M. Tatsuta, Insaidâ torihiki kisei [Regelung des Insiderhandels], in: Jurisuto 948 (1990) 154‒159; H. K imeda /Nishimura Asahi Hôritsu Jimu-sho K iki K anri Gurûpu, Insaidâ torihiki kisei no jitsumu [Praxis der Regelung des Insiderhandels] 2. Aufl. (Tokyo 2014); siehe auch den englischen Titel 30
D. Terminologie
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und lässt sich je nach Kontext und Titelvariation mit „Regulierung des Insiderhandels“ oder mit „Vorschriften zum Insiderhandel“ übersetzen. Teilweise werden jedoch mit kisei Regeln unterschiedlichen Rechtscharakters terminologisch unspezifisch bezeichnet, wie bspw. „gesetzliche Vorschrift“ (hô kisei) bei Rechtsnormen zum Insiderhandelsverbot, und andererseits „Selbstregulierung“ (jishu kisei)33 im Falle privatrechtlicher Regeln, wie Börsenregeln34 (z. B. Tokyo Stock Exchange Regulation), Mitteilungspflichten und Empfehlungen bis hin zu unternehmensinternen Compliance-Vorschriften. Daher soll im Rahmen dieser Arbeit kisei mit „Regulierung“ übersetzt werden, wenn es sich um Rechtsetzung durch eine unabhängige Aufsichtsbehörde handelt. Im Übrigen werden Begrifflichkeiten verwendet, die dem jeweils angesprochenen Kontext angemessen erscheinen. Als weitere sprachliche Besonderheit findet sich im Titel japanischer Gesetze und im Gesetzestext selbst oftmals der Zusatz tô (‑tô), der sich am ehesten mit „usw.“ oder „etc.“ übersetzen lässt und mit dem ausgedrückt wird, dass noch weitere Anwendungsfälle umfasst sind. Soweit nicht im Einzelfall zwingend erforderlich, wird der Zusatz zwecks besserer Lesbarkeit bei Gesetzesangaben und Überschriften weggelassen.
Insider Trading Regulations auf der Titelseite zu S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô [Die neueste Regelung des Insiderhandels. Auslegung, Rechtsprechung, Anwendung in der Praxis] (Tokyo, 2008). 33 Siehe hierzu das Schaubild 1-1 bei S. Fukuoka /M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 18. 34 Siehe hierzu im dritten Kapitel S. 174 ff.
Erstes Kapitel
Grundlagen A. Begriff und Zielsetzung des Insiderrechts I. Der Begriff des Insiderhandels Unter Insiderhandel (auch Insidertransaktion oder Insidergeschäft) wird die Verwertung nicht allgemein zugänglicher kursrelevanter Informationen im Wertpapierhandel verstanden.1 Kennzeichnend ist dabei, dass wenige Marktteilnehmer spezielle Kenntnisse über ein Unternehmen ausnutzen, indem sie am Markt mit dem Handel von Wertpapieren des Unternehmens Gewinne erwirtschaften bzw. Verluste vermeiden. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass am Kapitalmarkt nicht sämtliche Marktteilnehmer jederzeit über vollständige und gleichartige Informationen verfügen. Vielmehr kann ein einzelner Marktteilnehmer kursrelevantes Sonderwissen bspw. aufgrund einer besonderen Stellung zum Unternehmen erlangen, noch bevor diese Information das breite Anlegerpublikum im Markt erreicht. In Hinblick auf diese konkrete Information ist diese Person ein Insider. Zugleich entsteht zwischen dem Insider, der über diese nicht veröffentlichte kursrelevante Insiderinformation verfügt, und den übrigen uninformierten Marktteilnehmern ein Informationsungleichgewicht, das auch als Informationsasymmetrie bezeichnet wird. Ziel des Insiderhandelsverbots ist es, das Ausnutzen des auf diese Weise erlangten Sonderwissens einiger weniger Marktteilnehmer zu unterbinden.2 Zur Verdeutlichung sollen die beiden nachfolgenden Beispielsfälle von Insiderhandel dienen: Beispiel 1: Ajinomoto3 Ein Angestellter des japanischen Lebensmittel- und Zusatzstoffeproduzenten Ajinomoto K. K. war an Vertragsverhandlungen beteiligt, die eine geplante Übernahme des Getränkeherstellers Calpis K. K. durch die Ajinomoto K. K. mittels eines Aktientausches zum Gegen1 F.
Kübler /H.-D. Assmann, Gesellschaftsrecht, 478. E. Schwark /D. Zimmer, K apitalmarktrechts-Kommentar, vor § 12 WpHG Rn. 1 ff. (Schwark/Zimmer); J. Stoppel, in: B. Grunewald/M. Schlitt, Einführung in das Kapitalmarkt recht, 263 ff. 3 Vereinfacht nach: Entscheidung Financial Service Agency vom 16. März 2010, Fall Nr. 8 han 2009, veröffentlicht in: SESC, Annual Report 2009/2010, 65 f. (engl., abrufbar auf ); Shôken Torihiki-tô K anshi I’in-kai, Shôken Torihiki- tô Kanshi I’in-kai no katsudô jôkyô, 90 (jap., abrufbar auf sowie auf ). 2
A. Begriff und Zielsetzung des Insiderrechts
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stand hatten. Später erfuhr der Angestellte über einen Kollegen, dass das zuständige Entscheidungsorgan der Calpis K. K. dem angestrebten Aktientausch zugestimmt hatte. Daraufhin investierte er am 11. Juni 2007, noch wenige Stunden vor der öffentlichen Bekanntmachung dieser „Entscheidungstatsache“ auf eigene Rechnung im Namen seiner Ehefrau 2.213.000 Yen (ca. 16.5515 Euro)4 in den Kauf von 2000 Aktien der Calpis K. K. Die Financial Service Agency5 verhängte gegen den Angestellten der Ajinomoto K. K. eine verwaltungsrechtliche Geldsanktion in Höhe von 390.000 Yen (ca. 2910 Euro). Beispiel 2: Schmack Biogas AG6 Aufgrund der Ankündigung, für das Geschäftsjahr 2007 seien Gewinneinbußen von voraussichtlich 6 Millionen Euro zu erwarten, fiel der Aktienkurs der Schmack Biogas AG um insgesamt 38,67 Prozent. Kurze Zeit vor Veröffentlichung dieser Information hatten zwei Organmitglieder der Gesellschaft noch eine große Anzahl an Aktien veräußert. Sie kamen dem späteren Kursverlust dadurch zuvor und konnten im Vergleich zu einer Veräußerung im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Insiderinformation einen Erlös in Höhe von mindestens 1,5 Millionen Euro realisieren. Das AG Regensburg erließ einen Strafbefehl über eine Gesamtgeldstrafe von 9000 Euro und ordnete den Verfall eines Wertersatzes in Höhe von 1,5 Millionen Euro an.
Die in obigen Beispielen skizzierten Fallkonstellationen stellen gewissermaßen die beiden Grundformen von Insiderhandel dar. In der ersten Variante verwendet der Insider sein Sonderwissen, um Wertpapiere von anderen zu erwerben, die anschließend einen Wertzuwachs erfahren. Im zweiten Fall veräußert der Insider Wertpapiere in Kenntnis der Tatsache, dass diese nach Veröffentlichung der Insiderinformation rasch an Wert verlieren werden. In der Praxis sind vor dem Hintergrund teilweise komplexer Finanzprodukte und gesellschaftsrechtlicher Vorgänge (z. B. Umstrukturierungen, Übernahmen) vielfältige Situationen denkbar, in denen es zu Verstößen gegen das Verbot von Insiderhandel in unterschiedlichsten Erscheinungsformen kommen kann. Ferner lässt sich bereits anhand der in beiden Beispielsfällen teilweise unterschiedlichen Begrifflichkeiten („Entscheidungstatsache“, „Insiderinformation“) erkennen, dass das Insiderhandelsverbot erwartungsgemäß in der deutschen und japanischen Rechtsordnung im Detail unterschiedlich ausgestaltet ist. Welche konkreten Verhaltensweisen als Insiderhandel aufgefasst werden, richtet sich grundsätzlich nach dem Verständnis der jeweiligen Rechtsordnung.7 Letztlich sind es diejenigen Handlungen, welche gemäß der betreffenden Rechtsordnung einem Verbot bzw. einer Regelung unterliegen.8 Dagegen lässt sich eine trennscharfe, über die Grenzen 4 Den in dieser Arbeit genannten Yen-Beträgen liegt der Umrechnungskurs 1 Euro = 134 Yen vom 9.12.2015 zugrunde. 5 Engl. Bezeichnung der japanischen Kapitalmarktaufsichtsinstitution Kin’yû-chô, siehe hierzu ab S. 62. 6 Vereinfacht nach: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Jahresbericht 2011, 201. 7 H. Baum, Insider Dealing, 897. 8 D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 6.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
von Rechtsordnungen hinweg allgemeingültige Definition von Insiderhandel kaum aufstellen. Trotz gewisser Unterschiede hinsichtlich der allgemeinen Stoßrichtung und bei der Regelung im Detail, auf die im Verlaufe dieser Arbeit noch näher einzugehen ist, sind den Insiderregeln im japanischen und deutschen Recht gleichwohl die für den Insiderhandel wesentlichen Merkmale gemeinsam: der betreffende Personenkreis (also wer in welcher Situation als Insider gilt), die von der Regelung umfassten Wertpapiere sowie die Art der Informationen, die den Insidertransaktionen zugrunde liegen.9 Die im Rahmen dieser Untersuchung verwendeten einschlägigen Begrifflichkeiten wie Insider, Insiderhandel etc. sind indes im Lichte der jeweils in Rede stehenden Rechtsordnung zu sehen. II. Erforderlichkeit eines Insiderrechts Eine erste gesetzliche Regelung erfuhr das Insiderrecht bereits im Jahr 1934 in den USA.10 Von dort aus traten Insiderregelungen einen „Siegeszug über die ganze Welt“11 an. Inzwischen scheint in nahezu allen modernen Rechtsordnungen die grundsätzliche Überzeugung vorzuherrschen, dass die Nutzung von Informationsvorsprüngen durch Insider ungerechtfertigt ist und dementsprechend Insiderregelungen für hoch entwickelte Kapitalmärkte unverzichtbar sind.12 Rechtspolitisch wird dies häufig mit dem Ziel gerechtfertigt, das Vertrauen des Anlegerpublikums in die Integrität des Kapitalmarkts sowie die Chancengleichheit für alle Marktteilnehmer zu wahren.13 Trotz des Befundes, dass international nunmehr Insiderregeln zum festen Bestandteil moderner Kapitalmärkte zählen, hält die – vor allem unter Ökonomen geführte – Diskussion über den Nutzen eines Verbots von Insiderhandel weiter an und hat jüngst im Nachgang zu einigen spektakulären Insiderskandalen in den USA neuen Auftrieb erfahren.14 Es stellt sich daher weiterhin die Frage nach dem Unrechtsgehalt von Insiderhandel, mithin danach, ob und inwieweit dieser überhaupt einer Regelung bedarf und, wenn ja, aus welchen Gründen dies notwendig erscheint. Die Grundsatzfrage nach der inneren Rechtfertigung der Insiderregeln scheint durchaus berechtigt: zum einen aus dem einfachen Grund, weil Insiderregelungen noch eine relativ junge Erscheinung darstellen und der Wille zu einer mehr oder 9 Näher zu den gemeinsamen Merkmalen und Strukturen bei Insiderhandel siehe K. J. Hopt/M. R. Will, Europäisches Insiderrecht, 29 ff. 10 Siehe zur Sec. 10(b) Securities Exchange Act und dazu ergangenen Rule 10b-5 S. 25 ff. 11 K. J. Hopt, AG (1995) 354. 12 H. Schimansky, et al. (Hg.), Bankrechts-Handbuch, Band 2, 1128 (Hopt); H. Baum, Insider Dealing, 896 f. 13 Siehe nur E. Schwark /D. Zimmer , Kapitalmarktrechts-Kommentar, vor § 12 WpHG Rn. 13 ff. (Schwark/Zimmer); J. Stoppel, in: B. Grunewald/M. Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 263 ff. Überblick bei L. K löhn, Grenzen des insiderrechtlichen Verbots selektiver Informationsweitergabe an professionelle Marktteilnehmer ‒ Vermeidungsstrategien und ihre Behandlung im Lichte rechtsvergleichender Erfahrung, 639 ff. Näheres hierzu auf S. 22 ff. 14 K. Langenbucher , Aktien- und Kapitalmarktrecht, 304.
A. Begriff und Zielsetzung des Insiderrechts
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weniger strikten Durchsetzung der Regelungen wie auch die Grundhaltung der Gesellschaft je nach Rechtsordnung variieren. Daher scheint es geboten, den Blick losgelöst von einer bestimmten Rechtsordnung auf den Regelungsgrund und Schutzzweck von Insiderregeln zu richten. Zum anderen ist es nicht zwingend aus sich heraus verständlich, weshalb das Ausnutzen eines Informationsvorsprungs zur persönlichen Gewinnmaximierung in diesem Fall von der Rechtsordnung untersagt sein soll. Hiermit verknüpft ist die Frage, welche Auswirkungen Insiderhandel auf andere Anleger, auf einzelne Unternehmen sowie den Kapitalmarkt als solchen haben kann. Dieser Diskurs bildet zugleich die Grundlage für die vergleichende Darstellung der japanischen Insiderregeln in Kapitel 2 der Untersuchung. Im Folgenden werden daher die ökonomischen Grundüberlegungen sowie die verschiedenen Theorien zu Insiderregeln in gebotener Kürze nachgezeichnet. 1. Ökonomische Sinnhaftigkeit von Insiderregeln Hatte seit Erlass der ersten nationalen Insiderrechte in Wissenschaft und Praxis noch ein weitgehender Konsens über die Nützlichkeit solcher Regelungen bestanden,15 änderte sich dies abrupt mit einer vielbeachteten Veröffentlichung des US-amerikanischen Ökonomen Henry Manne16 aus dem Jahre 1966. Darin vertrat er die provokante These, Insiderhandel habe keine schädlichen Auswirkungen, sondern könne sogar positive Effekte haben. Zur Begründung seiner These machte er Argumente der Kapitalmarkteffizienz17 und der Prinzipal-Agent-Theorie18 fruchtbar. Im Ergebnis sprach er sich vehement gegen eine staatliche Regelung von Insiderhandel aus. Mit seiner Abhandlung stieß Manne eine besonders in den USA unter den Vertretern der Law-and-Economics-Strömung geführte Diskussion an, in der seitdem um das Für und Wider von Insiderregelungen heftig gerungen wird.19 Entsprechend vielfältig und schwer überschaubar haben sich die verschiedenen Argumentationsstränge seitdem ausdifferenziert. Während einige Vertreter der Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung gegenüber negativ eingestellt sind,20 befürwortet der überwiegende Teil der Lehre inzwischen das Verbot von Insiderhandel. Nach einem kur-
15 K. J.
Hopt, AG (1995) 354. M anne, Insider Trading and the Stock Market (New York, 1966). 17 Für einen Überblick zur Kapitalmarkteffizienz siehe G. Franke /H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 434 ff.; P. Sester, ZGR 2 (2009) 310 ff.; K. Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 8 ff. Grundlegend ferner: E. F. Fama, J. Fin. 25 (1970) 383 ff.; R. J. Gilson/R. H. K raakman, Va. L. Rev. 70 (1984) 549 ff. 18 Für eine Einordnung in die Theorie des Neo-Institutionalismus siehe R. H. Schmidt/E. Terberger , Grundzüge der Investitions- und Finanzierungstheorie, 396 ff. 19 Eine übersichtliche Darstellung der Diskussion zur ökonomischen Theorie und Insiderrecht bietet K. J. Hopt, ZGR 20 (1991) 22 ff.; K. J. Hopt, AG (1995) 353 ff. 20 Überblick bei R. W. McGee, Journal of Business Ethics 91 (2009) 78; D. W. Carlton/D. R. Fischel, Stan. L. Rev. 35 (1983) 857 ff. 16 H. G.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
zen Abriss zur Allokationseffizienz des Kapitalmarkts und der Kapitalmarkttheorie sollen im Folgenden einige Grundlinien der Kontroverse nachgezeichnet werden. a) Allokationseffizienz und Kapitalmarkttheorie Zum leichteren Verständnis der ökonomischen Argumentation scheint es angebracht, einige grundlegende Überlegungen zur Funktion und Bedeutung von Informationen am Kapitalmarkt vorauszuschicken. Eine Hauptaufgabe des Kapitalmarkts besteht in der Bereitstellung finanzieller Mittel für Unternehmen. Hierzu werden am Kapitalmarkt Unternehmen auf der einen Seite und Kapitalanleger auf der anderen Seite zusammengeführt und Finanzierungsbeziehungen angebahnt.21 Durch die Investition in Wertpapiere eines Unternehmens wird das Kapital der Anleger in Kapital des Unternehmens umgewandelt und auf diese Weise diesem zur Verfügung gestellt. Für die Anlageentscheidung der Kapitalanleger ist dabei wesentlich, welches Unternehmen die attraktivste Rendite für die Anlage in Aussicht stellt. In der Regel sind dies diejenigen Unternehmen, die erfolgreich auf dem Gütermarkt agieren, während verlustreiche Unternehmen allenfalls eine geringe Rendite bieten können und es daher schwer haben, Investoren anzulocken. Auf diesem Wege wird das am Markt vorhandene Kapital von unrentablen Investitionen weg und hin zur produktivsten Verwendung „gelenkt“.22 Dieser sog. Allokationsmechanismus entfaltet seine Wirkung grundsätzlich auf dem Primärmarkt der Wertpapierbörse, an dem neue Beteiligungsrechte begeben werden. Zugleich wirkt die Preisbildung auf dem Sekundärmarkt, an dem bereits emittierte Anteilsrechte von Unternehmen gehandelt werden, auf die Allokation von Kapitaleinlagen am Primärmarkt zurück. Die Kursentwicklung eines Unternehmens lässt nämlich kontinuierliche Rückschlüsse zu, wie das Anlegerpublikum das betreffende Unternehmen bewertet.23 Damit werden zugleich maßgeblich die Bedingungen bestimmt, zu denen das Unternehmen neues Kapital am Primärmarkt aufnehmen kann.24 Hayek spricht von einer Signal- und Lenkungsfunktion der Preise,25 wonach die Marktpreise Knappheitsindikatoren darstellen, die zum einen Informationen rasch zu verbreiten helfen sollen und zum anderen die knappen Güter an den Ort ihrer rentabelsten Verwendung lenken.26 Durch den Handel mit Finanztiteln erfüllt der Kapitalmarkt somit nicht nur eine Vermittlungsaufgabe zwischen den Marktteilnehmern, sondern fungiert über die Preisbildung als eine permanente Bewertungsinstanz. Dabei spiegelt der aktuelle Wertpapierkurs zumindest in der Theorie 21 F.
Kübler /H.-D. Assmann, Gesellschaftsrecht, 462. zur Allokationsfunktion des Kapitalmarkts G. Franke/H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 369 f. 23 G. Franke /H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 370. 24 F. Kübler /H.-D. Assmann, Gesellschaftsrecht, 469 f. 25 F. A. H ayek , Am. Econ. Rev. 35 (1945) 519 ff. Siehe hierzu ferner bei H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 95 ff. 26 H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 189. 22 Anschaulich
A. Begriff und Zielsetzung des Insiderrechts
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im Ergebnis wider, wie die Anleger die Lage am Markt und die weitere Entwicklung eines Unternehmens einschätzen. Zwingende Voraussetzung für eine funktionierende Preisbildung und damit für eine effiziente Allokation von Kapital ist dabei ein Mindestmaß an Information. Informationen sind für den Einzelnen von Wert, da sie helfen, aus der Bandbreite zur Verfügung stehender Entscheidungsmöglichkeiten eine bessere Auswahl zu treffen und somit den zu erwartenden Nutzen der Anlage zu steigern. Übertragen auf den Kapitalmarkt ermöglichen kapitalmarktrelevante Informationen über die mutmaßliche Renditeerwartung einer bestimmten Investitionsentscheidung es dem Anleger, seine Anlagepolitik entsprechend auszurichten.27 Die Allokationseffizienz des Kapitalmarkts ist demnach eng verknüpft mit der Frage, wie effizient Informationen am Kapitalmarkt in die Preisbildung von Wertpapieren mit einfließen können. Diese Funktion wird als Kapitalmarkteffizienz oder auch als Informationseffizienz bezeichnet und fußt auf der sog. Kapitalmarkttheorie (Efficient-Capital-Market-Theorie).28 Voraussetzung eines effizienten Kapitalmarkts ist, dass im jeweiligen Wertpapierkurs alle im Markt vorhandenen Informationen enthalten (also „eingepreist“) sind. Dies sind zum einen alle erhältlichen Informationen über das entsprechende Unternehmen im Speziellen sowie über sonstige Rahmenbedingungen wie die aktuelle Konjunkturlage im Allgemeinen. Sind diese Bedingungen erfüllt, spricht man von einem informationseffizienten Kapitalmarkt. Ein Kapitalmarkt ist somit umso effizienter, je mehr der aktuelle Kurs den vollständig vorhandenen Informationen und dem hierauf fußenden tatsächlichen Wert des Wertpapiers entspricht.29 Umgekehrt bedeutet dies, dass ein Wertpapierkurs umso präziser die tatsächlichen Gegebenheiten widerspiegelt und der Kapitalmarkt insgesamt transparenter wird, je mehr Informationen durch größere Publikation im Markt zur Verfügung stehen.30 An dieser Stelle schließt sich der Kreis zur Allokationseffizienz: In dem Maße, wie dem Markt relevante Informationen zur Preisbildung fehlen, steigt die Gefahr von Fehlallokationen des Kapitals der Kapitalgeber an die Kapitalnehmer.31 Eine niedrige Kapitalmarkteffizienz schwächt daher auch die Allokationseffizienz des Markts oder, positiv ausgedrückt, eine gesteigerte Kapitalmarkteffizienz führt auch zu einer Steigerung der Allokationseffizienz. Der Grad der Kapitalmarkt- bzw. Informationseffizienz ist daher von besonderer Bedeutung für die verschiedenen Interessen der Marktteilnehmer, die bspw. Beratungsleistungen erbringen oder Prognose- und Finanzierungsentscheidungen tref-
27 P.
Fenn, et al., Information Imbalances and the Securities Markets, 4. Im Allgemeinen zur Kapitalmarkttheorie siehe R. J. Gilson/R. H. K raakman, Va. L. Rev. 70 (1984) 549 ff. 29 D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 9. 30 M. Binninger , Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion, 53. 31 G. Franke /H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 370. 28
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Erstes Kapitel: Grundlagen
fen.32 Die Ökonomie unterteilt die Effizienz der Kapitalmärkte abhängig vom Umfang der im Kurs enthaltenen Informationen in drei Stufen.33 Die erste Stufe bildet die schwache Kapitalmarkteffizienz (weak market efficiency). In einem Markt mit schwacher Informationseffizienz spiegeln die gegenwärtigen Wertpapierkurse (nur) sämtliche Informationen aus den vorangegangenen Kursen wider. In diesem Fall wäre es für einen Analysten nicht möglich, durch eine rechnerische Auswertung der früheren Kursdaten einen Informationsvorsprung herauszuarbeiten, um diesen in Gewinne umzusetzen.34 Allerdings könnten an einem solchen Markt die Auswertung von Fundamentaldaten bezüglich des Emittenten der Wertpapiere sowie eventuelles Insiderwissen gewinnbringend eingesetzt werden.35 Auf der mittleren Stufe, der halbstrengen Kapitalmarkteffizienz (semistrong market efficiency), umfassen die Wertpapierkurse über die Informationen zur historischen Kursentwicklung hinaus noch sämtliche für jeden Marktteilnehmer öffentlich (z. B. in der Presse oder im Internet) zugänglichen Informationen. Unter dieser Annahme reagieren die Wertpapierkurse augenblicklich auf die Veröffentlichung einer neuen Information.36 Da die öffentlich zugänglichen Daten sich sofort im Wertpapierkurs niederschlagen, rechne sich eine auf diesen Informationen basierende Fundamentalanalyse37 für die Anleger nicht. Insidern sei es aber weiterhin möglich, durch die Verwertung ihrer Kenntnisse Gewinne am Markt zu realisieren.38 Auf der dritten Stufe steht die strengste Form der Kapitalmarkteffizienz (strong market efficiency), nach der in den Wertpapierkursen sämtliche überhaupt verfügbaren Informationen berücksichtigt seien. Damit wären auch solche Informationen im Preis erfasst, die im Extremfall nicht allgemein zugänglich, sondern nur einem einzigen Marktteilnehmer verfügbar sind.39 Der Preis eines Wertpapiers sei in diesem Fall zu jedem Zeitpunkt angemessen, weil er sämtliche vergangenen öffentlichen und vertraulichen Informationen zu dem Unternehmen bereits umgesetzt hat.40 In der Konsequenz würden sich in einem solchen vollständig informationseffizienten 32 K.
Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 10. Brealey, et al., Principles of Corporate Finance, 345 f.; K. Langenbucher, Aktienund Kapitalmarktrecht, 10. 34 R. A. Brealey, et al., Principles of Corporate Finance, 345; K. Langenbucher , Aktien- und Kapitalmarktrecht, 10. 35 K. Langenbucher , Aktien- und Kapitalmarktrecht, 10. 36 R. A. Brealey, et al., Principles of Corporate Finance, 345 f.; K. Langenbucher , Aktienund Kapitalmarktrecht, 10. 37 Die Fundamentaldatenanalyse stellt eine Form der Wertpapieranalyse dar. Dabei werden unternehmensbezogene Informationen (Jahresabschlüsse, Kapitalstruktur etc.) sowie Informationen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Konjunktur- und Wachstumsprognosen) im Rahmen der Analyse gesammelt und ausgewertet. Ziel ist es, als Entscheidungsbasis für den Erwerb von Finanzierungstiteln eine möglichst umfassende Bewertung eines Unternehmens zu erlangen; siehe bei G. Franke/H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 439. 38 K. Langenbucher , Aktien- und Kapitalmarktrecht, 10. 39 G. Franke /H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 435 f. 40 K. Langenbucher , Aktien- und Kapitalmarktrecht, 10. 33 R. A.
A. Begriff und Zielsetzung des Insiderrechts
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Markt die Wertpapierkurse nicht erst bei Veröffentlichung einer kursrelevanten Information anpassen, sondern bereits dann, wenn diese überhaupt vorhanden ist.41 Damit wäre es nicht mehr möglich, Vorteile aus dem Insiderhandel zu ziehen.42 In der Ökonomie ist es umstritten, welcher Grad der Kapitalmarkteffizienz mit den realen Gegebenheiten des Kapitalmarkts am ehesten übereinstimmt. Die Annahme einer Kapitalmarkteffizienz in ihrer strengsten Form käme dabei noch am wenigsten in Betracht. Ansonsten wäre schon nicht zu erklären, dass Insider in der Realität nachweislich am Markt agieren und ihren Nutzen aus Informationsvorsprüngen ziehen.43 Zudem wird eingewandt, dass bei einem vollkommen informierten Markt jeglicher Anreiz fehlen würde, überhaupt Informationen über ein Unternehmen zu sammeln. Jedoch setzt gerade das Sammeln und Analysieren der Daten einen Informationsfluss zum Markt in Gang, der paradoxerweise wiederum Voraussetzung für die Preisbildung ist.44 Überwiegend wird in der ökonomischen Diskussion angenommen, dass die Kapitalmarkteffizienz in ihrer mittelstrengen Ausprägung der Realität entspricht. Aufgrund neuerer empirischer Untersuchungen und der Erfahrungen mit Marktanomalien wie Börsencrashs ist die Theorie der Kapitalmarkteffizienz jedoch zunehmend auf Kritik gestoßen.45 b) Steigerung der Informationseffizienz und -versorgung durch Insiderhandel? Nach Ansicht zahlreicher Befürworter von Insiderhandel ist es nicht nur fraglich, ob durch Insiderhandel überhaupt jemand geschädigt wird.46 Vielmehr werden dem Insiderhandel aus ökonomischer Perspektive sogar positive Effekte bescheinigt: Zum einen fördere Insiderhandel die Effizienz des Kapitalmarkts, zum anderen werde die Informationsversorgung am Markt insgesamt beschleunigt. Wenn ein Insider seinen Wissensvorsprung vor den anderen Marktteilnehmern für Käufe bzw. Verkäufe eines Wertpapiers nutze, das er aufgrund seiner Kenntnis für unter- bzw. überbewertet hält, führe die Insidertransaktion letztlich dazu, dass die unveröffentlichte Information frühzeitig in den Preis des betreffenden Papiers einfließe. In der Folge bewege sich der Kurs des Wertpapiers allmählich in Richtung des Marktwerts, der beim Veröffentlichen der Information durch die Gesellschaft vorliege.47 Dieser Effekt erfolge zunächst durch das Einpreisen der Insidertransaktionen selbst, werde aber anschließend durch die Reaktion des Markts, nämlich das 41 G. Franke /H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 435; D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 10. 42 G. Franke /H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 435 f. 43 G. Franke /H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 445. 44 K. Langenbucher , Aktien- und Kapitalmarktrecht, 10; G. Franke /H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 437. 45 G. Franke /H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 446. 46 Siehe hierzu bspw. bei H. G. M anne, Insider Trading and the Stock Market, 61; H. G. M anne, HBR (1966) 114 f. 47 H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 189.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
regelmäßige „Nachziehen“ der anderen Marktteilnehmer, zusätzlich verstärkt.48 Dadurch komme es zu einer Glättung infolge einer gleichmäßigeren Anpassung an den tatsächlichen Kurs, da plötzliche Kurssprünge nach oben wie nach unten als Reaktion auf eine neue Information am Markt vermieden würden.49 Demzufolge sorge Insiderhandel einerseits für eine schnelle und kostengünstige Verbreitung bewertungsrelevanter Informationen am Kapitalmarkt. Zusätzlich komme diesem Effekt eine wichtige signalgebende Funktion (signaling effect) bei der Preisbildung zu: Die Insidertransaktionen könnten insbesondere von professionellen Marktteilnehmern als ein Signal interpretiert werden, wohin sich der Kurs eines Wertpapiers zukünftig entwickeln werde, wonach diese wiederum ihre eigenen Investitionen „im Windschatten des Insiders“ entsprechend ausrichten könnten. Nach Ansicht mancher sei dies zumindest für den Fall anzunehmen, dass es sich um eine negative Information zu einem Unternehmen handelt.50 Der Ansatz, Insiderhandel fördere die Informationseffizienz und Informationsversorgung des Kapitalmarkts, stößt bei den Befürwortern einer Insiderregelung auf Kritik. Zum einen sei es bereits fraglich, ob sich Auswirkungen von Insiderhandel auf den Wertpapierkurs überhaupt mittels empirischer Untersuchungen erfassen ließen.51 Das Ausmaß von Insidertransaktionen falle vor dem Hintergrund des komplexen Marktgeschehens nur unwesentlich ins Gewicht. Daher sei es strittig, ob der oftmals geringe Umfang der Transaktionen überhaupt einen signifikanten Einfluss auf den Wertpapierkurs entfalten könne. Zudem sei es schwierig, die Insidertransaktion als solche zu identifizieren und die Ursache-Wirkung-Zusammenhänge nachzuweisen.52 Ferner fließe in die Kursentwicklung eines Wertpapiers eine ganze Reihe weiterer Faktoren ein, die einen möglichen Einfluss der Insidertransaktion auf den Wertpapierkurs überlagern könnten. Hierunter fallen neben unternehmensbezogenen Determinanten vor allem das allgemeine kapitalmarktrechtliche Umfeld und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Auch wird das ins Feld geführte „Nachziehen“ der anderen Marktteilnehmer im Nachgang von Insidertransaktionen angezweifelt, da dieser Effekt – wenn überhaupt – allenfalls schwach und langsam verlaufe.53 Zudem sei es fraglich, wie der einzelne Marktteilnehmer das Verhalten des Insiders erkennen und anschließend die zugrunde liegende Insiderinformation für sich präzise interpretieren könne, um seine Investitionsentscheidung entspre48 K. J. Hopt, AG (1995) 357; H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 189; R. W. McGee, Journal of Business Ethics 91 (2009) 69. 49 H. G. M anne, Va. L. Rev. 23 (1970) 574 („market-smoothing effect of insider trading“); H. Demsetz, Perfect Competition, Regulation, and the Stock Market, 14. 50 K. Grechenig, U. Mem. L. Rev. 37 (2006) 84 ff.; K. Grechenig, ZBB (2010) 232 ff.; J. M acey, Mich. L. Rev. 105 (2007) 1899 ff. 51 G. Franke /H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 438; D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 12. 52 I. B. Lee, Colum. Bus. L. Rev. (2002) 140. 53 K. J. Hopt, AG (1995) 357 f.
A. Begriff und Zielsetzung des Insiderrechts
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chend auszurichten. Die Befürworter eines Verbots von Insiderhandel argumentieren darüber hinaus, ein Insider könne am Markt strategisch vorgehen und seine Geschäfte versteckt und gestaffelt tätigen, so dass eine rasche Anpassung der Kurse verhindert werde.54 Schließlich habe der Insider ganz allgemein ein starkes Interesse daran, die Veröffentlichung der Insiderinformation möglichst zurückzuhalten, um diese zuerst im vollen Umfang zu seinem Vorteil nutzen zu können.55 c) Insiderhandel als Teil eines effizienten Management-Kompensationssystems? In seinem Ansatz greift Manne schließlich Argumente der Prinzipal-Agent-Theorie auf und sieht im Insiderhandel eine Möglichkeit, ein kosteneffizientes Anreiz- und Belohnungssystem für das Management zu schaffen. Hierzu soll die ungleiche Informationslage zwischen dem Management, das der Informationsquelle im Unternehmen am nächsten ist, und dem Anlegerpublikum am Markt genutzt werden. Im Ausgangspunkt wird dem Management (als den sog. Agenten) eine im Verhältnis etwas niedrigere Basisvergütung von den Eigentümern einer Gesellschaft (den sog. Prinzipalen) zugesprochen, zugleich jedoch die Möglichkeit eingeräumt, die Einkünfte durch Gewinne aus Insidergeschäften als Form einer variablen Entlohnungskomponente aufzustocken. Diese Vorgehensweise bringe für beide Seiten aus mehreren Gründen erhebliche Vorteile: Dem Management fließe auf direktem Wege zumindest ein Teil des Mehrwerts zu, den es durch seine unternehmerische Aktivität und Innovationsleistung der Gesellschaft verschaffen konnte, denn in der Kurssteigerung der Wertpapiere spiegele sich letztlich der vom Management erzielte Wertzuwachs der Gesellschaft wider. Anders als dies durch eine starre Vergütung möglich wäre, lasse sich so auch der Entgeltwert der erzielten Innovation beurteilen.56 Durch die teilweise leistungsabhängige Vergütung könne das Management die konkrete Höhe der Entlohnung zudem selbst beeinflussen, wodurch ein zusätzlicher Anreiz zu besserer Leistung erzeugt werde, um die geschaffenen Informationen durch Insidergeschäfte ausnutzen zu können. Zudem würden bei einer teilweisen Vergütung durch Insidergewinne auch die Transaktionskosten reduziert, da die Gesellschaft ein geringeres Grundgehalt zu tragen habe und wiederkehrende Verhandlungen zur leistungsabhängigen Gehaltsanpassung vermieden würden. Die Vertreter der Gegenauffassung bezweifeln jedoch, dass sich die Leistungen des Agenten jederzeit kapitalbringend umsetzen lassen. Neben unverhältnismäßigen Über- und Unterreaktionen des Markts könne die allgemeine Marktsituation trotz positiver Nachrichten dazu führen, dass die erhofften Gewinne nicht erzielt würden.57 Außerdem bestehe die Gefahr, dass nicht nur ausschließlich derjenige, 54 G.
Franke/H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 438. Hopt, AG (1995) 357; G. Franke/H. H ax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 435 f. 56 H. G. M anne, HBR (1966) 117 f. 57 Aufgrund der Unsicherheiten bei den Erlöserwartungen wird dieser Ansatz teilweise auch als eine Art „Lotterie“ bezeichnet, K. J. Hopt, AG (1995) 356. 55 K. J.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
der für die positive Nachricht verantwortlich ist, durch die Chance auf Gewinne aus Insidergeschäften zu profitieren vermag, sondern dass weitere mitziehen ( free rider-Problematik). Auch könne die Anreizfunktion die Gefahr von moral hazards bedingen: Das Management könne letztlich auch durch das Ausnutzen schlechter Unternehmensnachrichten Gewinne erzielen, so dass das Argument, Insiderhandel fördere positive Innovationen, nicht durchweg überzeuge. Obendrein könne sogar ein Anreiz für das Management bestehen, besonders riskante Investitionen einzugehen, die es normalerweise nicht tätigen würde, wenn die potentiellen Unternehmensverluste noch die Chance auf einen Gewinn böten und damit letztlich im Eigen interesse des Insiders lägen.58 Im Extremfall könne der Anreiz das Management dazu verleiten, bewusst negative Nachrichten zu schaffen59 oder sich fast ausschließlich um Insidertransaktionen zu kümmern mit dem Ziel, für sich einen möglichst hohen Gewinn abzuschöpfen (perverse incentive).60 Auch wird die Tragweite der behaupteten Kostenersparnis bezweifelt, da durch die nunmehr notwendige Überwachung des Managements zusätzliche Kosten an anderer Stelle entstünden (monitoring costs).61 d) Schädigung der Anleger? Einen besonders strittigen Aspekt stellt die Frage nach einer potentiellen Beeinträchtigung anderer Marktteilnehmer durch Insiderhandel dar. Die wohl provokanteste These der Gegner eines Verbots lautet hierzu, dass durch Insiderhandel letztlich niemand einen Schaden erleide. Zwar erziele der Insider durch die Transaktion einen Gewinn, dieser gehe aber nicht zulasten anderer Marktteilnehmer.62 Aus diesem Grund bezeichnen die Vertreter dieser Auffassung Insiderhandel plakativ auch als ein „Verbrechen ohne Opfer“ (victimless crime).63 Bei der Diskussion, ob und wie Anleger durch Insiderhandel beeinträchtigt werden können, ist hinsichtlich des Anlegerkreises weiter zu differenzieren. Teilweise wird eine Schädigung derjenigen Anleger angenommen, die zeitlich parallel „neben“ dem Insider am Markt eine Transaktion durchführen. Gestützt auf die Annahme, dass sich Insidertransaktionen in leichten Kursschwankungen niederschlagen, wird die konkrete Beeinträchtigung der Anleger darin gesehen, dass sie die Wertpapiere zu einem im Umfang des jeweiligen Insiderhandelsvolumens erhöhten Preis erwerben oder niedrigeren Preis verkaufen müssten. Umstritten ist allerdings bereits, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang sich Insiderhandel auf das Kursgeschehen auswirkt. Denkbar ist nach An58 C.
Ott/H.-B. Schäfer, ZBB (1991) 231 ff.; K. J. Hopt, AG (1995) 356. Easterbrook /D. R. Fischel, Va. L. Rev. 70 (1984) 260. 60 K. J. Hopt, AG (1995) 356. 61 K. J. Hopt, AG (1995) 356. 62 H. G. M anne, Insider Trading and the Stock Market, 61. 63 K. Langenbucher , Aktien- und Kapitalmarktrecht, 305. 59 F. H.
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sicht mancher allenfalls eine geringfügige Beeinträchtigung vereinzelter Anleger.64 Dies betreffe in erster Linie spekulative Investoren, die eine kurzfristige Anlagestrategie verfolgten und entsprechend sensibel auf einzelne Kursschwankungen reagierten. Indes stützten sich Marktteilnehmer mit einem längeren Anlagehorizont eher „auf fundamentale Faktoren“ und ließen sich durch kurzzeitig auftretende Kursschwankungen wohl kaum zu Transaktionen verleiten.65 Als potentiell Geschädigte könnten ferner diejenigen Anleger gelten, die als Vertragspartner mit dem Insider direkt in Kontakt träten. Kaufe ein Anleger ein Wertpapier von einem Insider, liege die Beeinträchtigung in der Differenz zwischen dem aus dem Geschäft erzielten Erlös und dem „wirklichen“ Wert, den das Wertpapier gehabt hätte, wenn die Insiderinformation bereits öffentlich bekannt gewesen wäre. Der Handelspartner des Insiders habe insofern ein vergleichsweise ungünstiges Geschäft abgeschlossen. Insiderhandel komme demnach einem „Nullsummenspiel“ gleich, bei dem der Gewinn des Insiders dem entsprechenden Verlust des uninformierten Marktteilnehmers gegenüberstehe.66 Die Gegner eines Insiderhandelsverbots argumentieren jedoch, dass der einzelne Marktteilnehmer im anonymisierten Handel schließlich nicht wissen könne, ob sein Vertragspartner ein Insider ist oder nicht.67 Mangels Kenntnis über die anderen Anleger würden Marktteilnehmer vielmehr unabhängig davon handeln, ob zufällig gleichzeitig ein Insider ebenfalls eine Transaktion tätige. Daher hätten die Anleger die Transaktion höchstwahrscheinlich auch durchgeführt, wenn der Insider nicht im Markt agiert hätte. Anstatt mit dem Insider wäre der Vertrag dann mit einem anderen Anleger zustande gekommen.68 Zudem wird vertreten, dass die Marktteilnehmer bei erlaubtem Insiderhandel das Risiko, mit einem Insider und damit zu einem eventuell schlechteren Preis zu kontrahieren, vorsorglich einpreisen und schon aus diesem Grund keinen Schaden erleiden würden.69 e) Schädigung des Emittenten? Weiterhin sehen die Befürworter eines Insiderhandelsverbots die Gefahr eines Schadens in Form eines nachhaltigen Reputationsverlustes des Unternehmens, dessen Aktien am Markt gehandelt werden. Handle es sich bei dem Insider bspw. um ein Verwaltungsmitglied des Unternehmens, richte sich im Falle eines Aufdeckens der öffentliche Vorwurf des illegalen Insiderhandels zwar primär gegen diese Per64 D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 29. 65 H. G. M anne, HBR (1966) 114. 66 H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 190 f. 67 H. G. M anne, HBR (1966) 114. 68 H. G. M anne, HBR (1966) 114; allerdings sorgten Insider nach Manne zumindest für eine gesteigerte Kaufkraft im Markt, so dass es vereinzelte Investoren geben könne, die ihre Anteile nur aufgrund des Kaufwunsches der Insider veräußerten. 69 E. Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 85.
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son, oftmals lasse der Vorgang dann jedoch auch das betroffene Unternehmen selbst in einem schlechten Lichte erscheinen. Würden die Wertpapiere des Unternehmens infolge des Reputationsverlustes von Investoren zukünftig gemieden bzw. verstärkt verkauft, wirke sich dies negativ auf den Wertpapierkurs aus.70 Insgesamt verschlechterten sich hierdurch für das Unternehmen die Finanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt, falls Anleger weniger für die Aktien zu zahlen bereit seien und damit die Eigenkapitalkosten des Emittenten stiegen.71 Gegen diese Sicht wird teilweise wiederum eingewendet, das Unternehmen sei insofern nicht durch den Insiderhandel selbst, sondern nur mittelbar durch die Reaktion der Anleger auf den schlechteren Ruf betroffen. Im Übrigen könne das Argument sogar gegen ein Insiderhandelsverbot verwendet werden: Wendeten sich die Anleger vom Unternehmen ab, weil es über einen Mitarbeiter in verbotene und daher zu missbilligende Geschäfte verwickelt sei, verringere sich die Gefahr einer Rufschädigung sogar, wenn Insiderhandel erlaubt würde.72 2. Rechtliches Bedürfnis für Insiderregeln Unabhängig von den ökonomischen Erwägungen für und wider ein Insiderhandelsverbot lässt sich die Notwendigkeit von Insiderregelungen damit rechtfertigen, dass damit am Kapitalmarkt grundlegende Gerechtigkeitsanforderungen umgesetzt würden und den Erwartungen der Anleger an ein faires Marktgeschehen nachgekommen würde.73 a) Chancengleichheit der Marktteilnehmer Dieser Ansatz bezieht sich ebenfalls auf den einzelnen Marktteilnehmer (Individualschutz). Ziel soll es allerdings nicht sein, den einzelnen Anleger vor konkreten Vermögensschäden zu schützen. Dies wäre ohnehin – wie sich dem zuvor Gesagten entnehmen lässt – vor dem Hintergrund des anonymen Marktgeschehens und der daraus folgenden Kausalitätsfragen illusorisch. Der Gedanke des individuellen Anlegerschutzes bekommt allerdings eine neue Stoßrichtung, wenn die Fairness am Markt in den Mittelpunkt gerückt wird.74 Danach sollen Insiderregelungen sicherstellen, dass Chancengleichheit unter allen Marktteilnehmern hergestellt wird und gewahrt bleibt. 70 D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 39. 71 S. M. Bainbridge, Insider Trading Law and Policy, 201; D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 39. 72 D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 39. 73 E. Schwark /D. Zimmer , Kapitalmarktrechts-Kommentar, vor § 12 WpHG Rn. 12 (Schwark/ Zimmer). 74 H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 191.
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Der Gedanke fußt auf der Vorstellung, dass die zwischen dem Insider und den übrigen Marktteilnehmern bestehende Informationsasymmetrie zu einer unfairen Umverteilung von Chancen und Risiken am Markt führe.75 Zwar besteht am Kapitalmarkt zwischen den diversen Anlegern aufgrund unterschiedlicher Qualifizierung immer ein gewisses Ungleichgewicht. Insofern wird es immer eine kleinere Anzahl Anleger geben, die etwa aufgrund von besseren Analysedaten oder einfach, weil sie eine Ad-hoc-Nachricht als Erste erfahren, noch vor allen übrigen Anlegern mit bestimmten Wertpapieren handeln. Der ausschlaggebende Unterschied zu den am Kapitalmarkt vorhandenen Informationsvorsprüngen vereinzelter regelmäßig professioneller Anleger (sog. market makers) besteht allerdings darin, dass der Insider das Sonderwissen allein aufgrund seines monopolistischen Zugangs zur Informationsquelle erlangt hat. Gewöhnlichen Anleger bleibt der exklusive Zugang zur Information jedoch von vornherein verwehrt. Ihnen ist es somit nicht möglich, den Informationsvorsprung zum Insider mit zur Verfügung stehenden Mitteln und durch eigene Anstrengungen, z. B. auf Basis einer Datenanalyse und Markteinschätzung, aufzuholen. Damit hat der Insider im Vergleich zu den außenstehenden Anlegern eine ungleich höhere Chance, durch seine Transaktion einen Gewinn zu erzielen bzw. Verluste zu vermeiden. Diese ungleiche Verteilung von Gewinnchancen und Verlustrisiken zwischen dem Insider und den nichtinformierten anderen Marktteilnehmern führt im Ergebnis auch zu einer Umverteilung der Gewinne. Vor diesem Hintergrund wird Insiderhandel auch mit einem Spiel mit gezinkten Karten verglichen.76 Wird diese unfaire Verteilung von Chancen und Risiken am Markt in den Fokus der Betrachtung gerückt, stellen sich Insiderregeln auch nicht als Eingriff des Gesetzgebers dar, der den freien Markt einschränkt. Vielmehr handelt es sich um eine Maßnahme, um einen freien Markt und einen echten Wettbewerb zwischen den Marktteilnehmern erst herzustellen.77 Ebenso wenig ist es das Ziel einer Insiderregelung, sämtliche Informationsasymmetrien am Markt einzuebnen und einen Informationsgleichstand unter den Anlegern zu schaffen. Vielmehr soll ein Mindestmaß an Chancengleichheit (level playing field) und damit ein unverfälschter Wettbewerb gewährleistet werden, indem die Marktteilnehmer in ihren Möglichkeiten des Informationszugriffs gleichgestellt werden (equal access-Theorie).78 Die aufgezeigte Informationsasymmetrie am Kapitalmarkt ist auch der entscheidende Grund dafür, dass moderne Insiderregelungen neben dem eigentlichen Verbot von Insiderhandel flankierend Publizitätspflichten als ein bedeutendes Instru75 P. R. M ennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Untersuchung unter Berücksichtigung des US-amerikanischen und britischen Rechts, 85 ff. 76 K. J. Hopt/M. R. Will, Europäisches Insiderrecht, 63 f.; H. Fleischer , Informationsasymme trie im Vertragsrecht, 191. 77 P. R. M ennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Untersuchung unter Berücksichtigung des US-amerikanischen und britischen Rechts, 85 ff. 78 H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 193 f.; H. Schimansky, et al. (Hg.), Bankrechts-Handbuch, Band 2, 1120 (Hopt).
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ment vorsehen, um Insiderhandel vorzubeugen (Ad-hoc-Publizität).79 Die Veröffentlichungspflichten zielen nämlich auf einen raschen Abbau entstandener Informationsasymmetrien am Kapitalmarkt ab, indem sie den Emittenten dazu anhalten, ihn unmittelbar betreffende Insiderinformationen unverzüglich zu veröffentlichen und somit ein Informationsgleichgewicht unter den Anlegern wiederherzustellen. Die Insiderinformation behält ihre Eigenschaft als solche also nur in der (möglichst kurzen) Zeitspanne bis zur vorgeschriebenen Ad-hoc-Meldung.80 In diesem Zeitraum setzt das Verbot von Insiderhandel an. b) Erhalt der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts Heute herrscht mittlerweile die Ansicht vor, dass Insiderregeln vorwiegend dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts dienen. Geschützt werden soll also der Kapitalmarkt als eine Institution von hohem Stellenwert für die Volkswirtschaft (Institutionenschutz).81 Das Ziel des Institutionenschutzes knüpft an die Überlegungen zur Fairness und Gleichbehandlung im Markt an:82 Die Funktionsund die Wettbewerbsfähigkeit eines Kapitalmarkts korrelieren mit dem Vertrauen der Anleger darauf, dass im Marktgeschehen elementare Spielregeln eingehalten werden.83 Vermittle der Kapitalmarkt den Anlegern dagegen das Gefühl, dass wenige Anleger einen Informationsvorsprung aufgrund Insiderwissens zu ihrem Vorteil ausnutzen, schwinde ihr Vertrauen in einen fairen und integren Markt.84 Zum einen würden in der Folge insbesondere professionelle Investoren das Risiko von Insiderhandel dadurch auszugleichen versuchen, dass sie beim Wertpapierhandel eine höhere Spanne zwischen Kauf- und Verkaufspreis verlangten (sog. bid-ask spread).85 Allein die abstrakte Erwartung, dass Insider im Markt agieren und damit das Risiko besteht, mit besser informierten Marktteilnehmern zu kontrahieren, schlage sich bereits direkt in den Wertpapierpreisen nieder.86 Damit würden sich jedoch die Transaktionskosten und zugleich für die Unternehmen die Kosten von Eigenkapital erhöhen („suboptimale Kapitalbildung und überhöhte Kapitalkosten“).87 Als weitere Folge von unfairen Marktbedingungen sei zu erwarten, dass sich private wie institutionelle Anleger letztlich von einem solchen Kapitalmarkt abwenden. Nichtinformierte Anleger würden vom Markt verdrängt (adverse selec79 K.
Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 363. Bröcker, § 6. Börsen- und Wertpapierrecht, Rn. 52. 81 H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, vor § 12 WpHG Rn. 42, 49 (Assmann); E. Schwark /D. Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, vor § 12 Rn. 12 f. (Schwark/ Zimmer). 82 K. J. Hopt, ZGR 20 (1991) 26 f. 83 H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 192. 84 L. M. Ausubel, The American Economic Review 80 (1990) 1022 f. 85 Z. G oshen/G. Parchomowsky, Va. L. Rev. 87 (2001) 1251 f.; R. K raakman, The Legal Theo ry of Insider Trading Regulation in the United States, 48 f. 86 D. Easley/M. O’H ara, J. Fin. 49 (2004) 1553 ff. 87 C. Ott/H.-B. Schäfer , ZBB (1991) 229 f.; K. J. Hopt, AG (1995) 358. 80 N.
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tion), andere würden erst gar nicht investieren.88 Mit dem Abwandern bzw. dem Fernbleiben der Anleger stünden jedoch weniger Anlagemittel auf dem Kapitalmarkt zur Verfügung, so dass dessen Allokationsfunktion beeinträchtigt werde. Der Abzug der Eigenkapitalmittel könne somit zu einer nachhaltigen Störung oder im Extremfall sogar zum Zusammenbruch des Kapitalmarkts führen. Da eine der wichtigsten Funktionen, die dem Kapitalmarkt zukommt, die Umwandlung von unrentablem, da nicht genutztem Anlagevermögen in Investitionsmittel für Unternehmen ist,89 hätte eine Schwächung dieses Kapitalflusses schwerwiegende volkswirtschaftliche Folgen. Regelungen zum Insiderhandel helfen daher, das reibungslose Funktionieren des Kapitalmarkts überhaupt zu gewährleisten und langfristig sicherzustellen.90 Zugleich sind Insiderregelungen ein entscheidender Faktor im internationalen Wettbewerb der Kapitalmärkte. Ist ein Finanzplatz wegen übermäßiger Insideraktivitäten und mangelnder Kontrolle in Verruf geraten, wird der Reputationsverlust in der Regel dazu führen, dass sich ausländische Kapitalgeber von diesem Markt zurückziehen. Dieser insbesondere im Falle des japanischen Kapitalmarkts bedeutende Gesichtspunkt wird im Rahmen der Darstellung zur Entwicklung des japanischen Insiderrechts nochmals aufgegriffen werden.91 3. Begründung für das Insiderhandelsverbot im US-amerikanischen Recht a) Betrug im Common Law und nach der Rule 10b-5 Parallel zu der vornehmlich unter (Rechts‑)Ökonomen geführten Grundsatzdebatte zur Regelungsnotwendigkeit von Insiderhandel sind in den USA auf Basis bundesgesetzlicher Vorgaben und einer hierzu ergangenen Rechtsprechung verschiedene Theorien zum Begriff und Inhalt des Insiderhandelsverbots entwickelt worden.92 Ausgangspunkt sind die beiden wichtigsten US-amerikanischen Kapitalmarktgesetze, nämlich der Securities Act von 1930, der den Primärmarkt regelt, sowie der Securities Exchange Act von 1934, der sich auf den Sekundärmarkt bezieht.93 Sie sind die ältesten kapitalmarktrechtlichen Regelungen der USA und entstanden als Elemente der New-Deal-Politik maßgeblich unter dem Eindruck der exzessiven und oftmals marktbetrügerischen Spekulationen, die letztlich für den Börsencrash von
88 Grundlegend zur Abwanderung von verunsicherten Teilnehmern eines Markts bei Informationsasymmetrien Akerlof, der die Problematik am Modell des Gebrauchtwagenmarkts („lemon market“) verdeutlicht: G. A. A kerlof, Q. J. Econ. 84 (1970) 488 ff. Siehe auch K. J. Hopt, AG (1995) 357. 89 Zu den verschiedenen Funktionen des Kapitalmarkts und deren Bedeutung siehe auch F. Kübler /H.-D. Assmann, Gesellschaftsrecht, 469 f. 90 J. Stoppel, in: B. Grunewald/M. Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 263 f. 91 Siehe hierzu ab S. 53 unten. 92 Überblick bei S. M. Bainbridge, Insider Trading Law and Policy, 3 ff. 93 S. M. Bainbridge, Insider Trading Law and Policy, 25; T. L. H azen, Securities Regulation, 17 ff.
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1929 und die nachfolgende Wirtschaftskrise verantwortlich waren.94 Die Bestimmungen der Kapitalmarktgesetze sind allerdings an entscheidenden Stellen oftmals unscharf formuliert und bedürfen daher weiterer Präzisierung durch ergänzende Verordnungen und Gerichtsentscheidungen.95 Die Aufgabe, über den Vollzug und die Einhaltung der bundesrechtlichen Kapitalmarktgesetze zu wachen, obliegt der Securities and Exchange Commission (fortan: SEC).96 Als oberste Aufsichtsbehörde über den Kapitalmarkt ist sie als eine unabhängige Bundesbehörde mit weitreichenden Befugnissen ausgestaltet. In dieser Funktion ist sie auch ermächtigt, eigene Verordnungen (sog. Rules) zu erlassen, um die kapitalmarktrechtlichen Regelungen zu ergänzen bzw. weiter auszufüllen.97 Unter den kapitalmarktrechtlichen Regelungen stellt Sec. 10 (b) Securities Ex change Act98 für das Insiderhandelsverbot die zentrale Ausgangsbestimmung dar. Durch sie wird die SEC allgemein ermächtigt, mittels Verordnung bestimmte manipulative und betrügerische Verhaltensweisen am Markt zu verbieten.99 Die SEC kam dieser Ermächtigung im Jahre 1942 nach und schuf mit der Rule 10b-5 eine ihrer weitreichendsten Verbotsvorschriften gegen Betrug.100 Bei näherer Betrachtung dieser beiden Normen fällt jedoch auf, dass Insiderhandel an sich augenscheinlich weder im Wortlaut von Sec. 10 (b) Securities Exchange Act noch von Rule 10b-5 explizit erwähnt wird.101 Wie der Wortlaut der Rule 10b-5102 verdeutlicht, stellt sie vielmehr ein allgemein gefasstes Verbot jeglicher betrügerischer Verhaltensweisen (fraud, deceit) am Kapitalmarkt auf. Ihrem ursprünglichen Zweck nach sollte die Bestimmung als eine deliktische Generalklausel fungieren, die flexibel eine Vielzahl betrügerischen Marktverhaltens beim Kauf und Verkauf von Wert papieren erfassen sollte.103 Dieser Betrugstatbestand im Rahmen der Rule 10b-5 hat sich als ein eigenständiges, an die kapitalmarktrechtlichen Gegebenheiten angepasstes Konzept herausgebildet, dessen Ursprung jedoch im Common Law der Bundesstaaten zu verorten ist. Anders als dies der deutsche Rechtsanwender mit dem Begriff des Betrugs zunächst verbinden mag, stellt der Betrug im bundesstaatlichen Common Law in erster Linie einen zivilrechtlichen Haftungstatbestand dar (common law tort action of 94 Ausführlich zu den Hintergründen siehe M. E. Parrish, Securities Regulation and the New Deal (1970); überblicksartige Zusammenfassung bei T. L. H azen, Securities Regulation, 16 ff. 95 S. M. Bainbridge, Insider Trading Law and Policy, 26 f. 96 T. L. H azen, Securities Regulation, 27 ff. 97 T. L. H azen, Securities Regulation, 25 ff. 98 Siehe auf S. 205. 99 S. M. Bainbridge, Insider Trading Law and Policy, 26; T. L. H azen, Securities Regulation, 31. Siehe auf S. 206. 100 Näheres bei W. A. K lein/J. C. J. Coffee, Business Organizations and Finance, 171. 101 S. M. Bainbridge, Insider Trading Law and Policy, 26 ff.; T. L. H azen, Securities Regula tion, 327 f. 102 Siehe im Anhang auf S. 206. 103 H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 931.
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deceit). Davon zu unterscheiden ist der strafrechtliche Betrugstatbestand, der in bundesstaatlichen Vorschriften als false pretense ausgeformt ist.104 In tatbestandlicher Hinsicht setzt der Betrug im Common Law zunächst eine falsche Darstellung (false representation) von wesentlichen Tatsachen (material facts) voraus, wobei in subjektiver Hinsicht der Haftende in Kenntnis der falschen Darstellung (scienter) gehandelt und der Anspruchsteller sich auf die falsche Darstellung verlassen haben muss (reliance). Schließlich muss der Anspruchsteller durch sein Vertrauen auf die falsche Darstellung einen kausalen Schaden erlitten haben (causation).105 Eine falsche Tatsachendarstellung liegt dabei nicht nur im Falle der Angabe falscher oder halbwahrer Tatsachen vor. Ausnahmsweise kann auch das Verschweigen von Tatsachen den Tatbestand erfüllen, wenn nämlich ein Geschäftspartner eine wesentliche Tatsache bewusst verschleiert bzw. aufgrund einer treuhänderischen oder vergleichbaren Vertrauensstellung zur Offenlegung der wesentlichen Tatsachen verpflichtet ist.106 Diese allgemeinen Grundsätze zum Betrug im Common Law fanden in den einzelnen Tatbestandselementen der Rule 10b-5 ihren Niederschlag und wurden schließlich durch die SEC und die Rechtsprechung herangezogen, um das Konzept des Betrugs im Lichte des Wertpapierhandels weiterzuentwickeln und fruchtbar zu machen. Im Rahmen der Rule 10b-5 kann in Hinblick auf die betrügerische Handlung demnach eine Täuschung nicht nur durch eine falsche oder irreführende Darstellung wesentlicher Tatsachen begangen werden, sondern auch durch deren Nichtoffenlegung erfüllt sein, wenn nämlich zur Offenlegung eine entsprechende Pflicht bestand.107 Die Frage, wann im konkreten Fall von einer solchen Offenlegungspflicht unter den Marktakteuren auszugehen ist, stellt einen zentralen Aspekt der von der Rechtsprechung in der Folge entwickelten Grundsätze des amerikanischen Insiderhandelsverbots dar. Als weiterhin relevantes Tatbestandselement wurde der Begriff der wesentlichen Tatsache – ebenfalls unter Rückgriff auf bestehende Grundsätze im Common Law – von den Gerichten in Hinblick auf den Wertpapierhandel ausgelegt. Demnach gelten im Grundsatz solche Informationen als wesentlich, die ein vernünftiger Investor mit erheblicher Wahrscheinlichkeit für eine Anlageentscheidung als wichtig erachten würde.108 Auch können Ereignisse, die noch in der Zukunft liegen und 104 L.
Loss/J. Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, 846. Loss/J. Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, 846 f. 106 L. L oss/J. Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, 849; D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 49. 107 D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 49. 108 T. L. H azen, Securities Regulation, 303, 310: „[…] a substantial likelihood that a reasonable shareholder would consider it important“; H. M erkt/S. R. Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 487. 105 L.
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deren Eintreten daher noch ungewiss ist, wie bspw. beabsichtigte Unternehmensübernahmen oder Umstrukturierungen, eine wesentliche Tatsache im Sinne der Rule 10b-5 darstellen. Hierfür hat der Supreme Court speziell den sog. probability-magnitude-Test entwickelt, wonach die Wesentlichkeit der Tatsache im Lichte der Bedeutsamkeit des Ereignisses und dessen Eintrittswahrscheinlichkeit zu beurteilen ist.109 Demnach können relativ ungewisse Ereignisse bereits dann eine wesentliche Tatsache darstellen, je weitreichendere Auswirkungen ihr Eintritt auf das Unternehmen hätte. Hingegen kann bei einem Ereignis von geringerer Bedeutung für ein Unternehmen eine wesentliche Tatsache schon gegeben sein, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit dieses Ereignisses zugleich umso höher ist.110 Im Ergebnis kann daher im Falle eines bedeutsamen zukünftigen Ereignisses eine wesentliche Tatsache bereits früher vorliegen als bei einem weniger gewichtigen Ereignis.111 b) Theorienentwicklung der Rechtsprechung Da dem allgemeinen Wortlaut der Rule 10b-5 also nicht direkt zu entnehmen ist, welche Verhaltensweisen von wem bezogen auf den konkreten Fall als betrügerisches Marktverhalten einzustufen sind, oblag es wie dargestellt der SEC und den Gerichten, den Anwendungsbereich der Norm näher zu bestimmen. Dabei entwickelte sich das Verbot von Insiderhandel in der Rechtspraxis zum Hauptanwendungsfall von Sec. 10 (b) Securities Exchange Act i. V. m. Rule 10b-5, da die Gerichte private Schadensersatzklagen auf dieser Grundlage bereits früh anerkannten.112 Vor diesem Hintergrund wurde die Rule 10b-5 durch eine Reihe Entscheidungen der SEC sowie der Gerichte schrittweise zu einem generellen Transaktionsverbot auf Basis von Insiderinformationen sowohl für den anonymen als auch den direkten Wertpapierhandel ( face-to-face-Geschäfte) ausgeweitet.113 Im Wesentlichen wurden dabei drei Theorien zum Insiderhandelsverbot entwickelt.114
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Supreme Court in: Basic vs. Levinson ‒ 485 U.S. 224, 233 (1988). H azen, Securities Regulation, 311; D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 148. 111 T. L. H azen, Securities Regulation, 311. 112 T. L. H azen, Securities Regulation, 300; H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 931; siehe hierzu auch W. A. K lein/J. C. J. Coffee, Business Organizations and Finance, 171. 113 T. L. H azen, Securities Regulation, 327 f. 114 Übersichtlich zu den Theorien R. K raakman, The Legal Theory of Insider Trading Regulation in the United States, 40 ff.; S. M. Bainbridge, Insider Trading Law and Policy, 31 ff. 110 T. L.
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(1) Disclose-or-abstain-Theorie Die sog. disclose-or-abstain-Theorie wurde im Jahr 1961 durch die SEC im Rahmen ihrer Aufsichtsentscheidung Cady, Roberts & Co115 formuliert. In der Sache ging es um ein Verwaltungsmitglied eines Emittenten, das Kenntnis über eine bevorstehende Dividendenkürzung erlangt und diese am Markt ausgenutzt hatte, indem es sich vor dem zu erwartenden Kursverlust von Papieren des Emittenten getrennt hatte. Die SEC sah einen Fall von Insiderhandel gegeben und wendete die Rule 10b-5 hierauf an. Dabei stellte sie eine an alle Marktakteure gerichtete allgemeine Verhaltenspflicht beim Handel mit Wertpapieren am Markt auf: Danach habe ein Insider wesentliche Informationen über den betreffenden Emittenten vor einer Transaktion zu veröffentlichen (disclose) oder auf die Transaktion zu verzichten (abstain).116 Nach der Begründung der SEC basiert die Anwendung der Rule 10b-5 nach der disclose-or-abstain-Theorie auf zwei Elementen: erstens auf einem bestehenden Näheverhältnis des Insiders zum Emittenten, das Zugang zu Informationen ermöglicht, die einzig zum unternehmensinternen Gebrauch, jedoch nicht zum persön lichen Vorteil eines Einzelnen bestimmt sind, sowie zweitens der unfairen Vor gehensweise eines Insiders, der im Rahmen seiner Transaktion Nutzen aus der In siderinformation in dem Wissen ziehen kann, dass diese seinen Handelspartnern verschlossen bleibt.117 Damit waren seitens der SEC Leitlinien vorgegeben, die erstmals durch ein höheres Bundesgericht in der Grundsatzentscheidung Texas Gulf Sulphur118 von 1968 Anwendung fanden.119 Das Unternehmen Texas Gulf Sulphur Co. war auf umfangreiche Rohstoffvorkommen gestoßen, hatte die Entdeckung aber zunächst vor der Öffentlichkeit geheim gehalten. In der Zwischenzeit hatten Verwaltungsmitglieder der Gesellschaft auf Basis der Insiderinformation zahlreiche Aktien gekauft bzw. Freunden und Verwandten zum Aktienerwerb geraten. Der U.S. Court of Appeals for the Second Circuit sah in diesem Fall einen Verstoß gegen Rule 10b-5. Zugleich entwickelte er den Ansatz, dass alle Marktteilnehmer bezüglich ihrer Möglichkeit des Informationszugriffs gleichgestellt sein sollten (equal-access-Theorie, auch als parity-of-information-Theorie bezeichnet). Zu diesem Zweck dehnte er die Offenlegungspflicht über den Kreis der Unternehmensinsider aus: Demnach treffe jeden Marktteilnehmer, der über Insiderinformationen verfügt, unabhängig von seiner Stellung zum Emittenten eine Offenlegungspflicht 115
40 S.E.C. 907 (1961). S.E.C. 907, 911 (1961); siehe auch bei H. Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 932. 117 40 S.E.C. 912 (1961): „First the existence of a relationship giving access, directly or indirectly, to information intended to be available only for a corporate purpose, and not for the personal benefit of anyone, and second, the inherent unfairness involved where a party takes advantage of such information knowing it is unavailable to those with whom he is dealing.“ 118 SEC vs. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F2d 833 (2d Cir. 1968). 119 R. K raakman, The Legal Theory of Insider Trading Regulation in the United States, 41. 116 40
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gegenüber den anderen Marktteilnehmern. Bei mangelnder Offenlegung seien Geschädigte die uninformierten Anleger, denen der Insider seine Information hätte offenbaren müssen.120 Unter dem Ansatz der equal-access-Theorie erfuhr die Rule 10b-5 damit einen äußerst weiten Anwendungsbereich. (2) Treuepflichttheorie Der U.S. Supreme Court lehnte in seiner ersten Entscheidung zum Insiderhandelsverbot überhaupt, in Chiarella vs. United States121 aus dem Jahre 1980, die Theorie des equal access ab und leitete eine Wende in der Rechtsprechung hin zu einer restriktiveren Anwendung der Rule 10b-5 ein. In der Sache ging es um den Druckereiangestellten Chiarella, der vorinstanzlich gestützt auf Rule 10b-5 wegen Insiderhandels strafrechtlich verurteilt worden war. Chiarella hatte an seiner Arbeitsstätte aus Druckunterlagen Insiderinformationen zu einer geplanten Unternehmensübernahme ermitteln und mit diesem Wissen durch entsprechende Transaktionen einen erheblichen Gewinn am Markt realisieren können. Der Supreme Court hob die vorinstanzlichen Entscheidungen auf mit der Begründung, Chiarella treffe keine Treuepflicht gegenüber den Aktionären der Zielgesellschaft, da nur sein Arbeitgeber vom Bieter beauftragt worden sei und ansonsten keine vertraglichen Beziehungen zur Zielgesellschaft bestanden hätten.122 Damit verwarf der Supreme Court den Ansatz der equal-access-Theorie, nach der jedermann einer Offenlegungspflicht nach Rule 10b-5 unterliege, sobald ein Zugang zu Insiderinformationen bestehe. Zugleich schuf der Supreme Court mit der sog. fiduciary-Theorie (auch „traditionelle Theorie“ genannt) einen neuen Begründungsansatz für das Insiderhandelsverbot und rückte dabei ein Treuepflichtverhältnis (fiduciary duty) in den Mittelpunkt: Der Gesetzgeber habe mit der Rule 10b-5 eine deliktsrechtliche Norm geschaffen, deren Reichweite im Lichte eines zivilrechtlichen Betrugs im Common Law (fraud) zu ermitteln sei. Anknüpfungspunkt einer Offenlegungspflicht könne daher nicht allein der Zugang zur Insiderinformation an sich darstellen. Abzustellen sei vielmehr auf eine konkrete Treuepflicht oder ein ähnlich geartetes Vertrauensverhältnis, aufgrund dessen dem Handelspartner ein Anspruch auf die Offenlegung zustehe.123 Legt der Unternehmensinsider die Information in einem solchen Fall nicht offen, sondern nutzt die ihm kraft besonderer Stellung zugängliche Information zu seinem 120 SEC vs. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F2d 833 (2d Cir. 1968); R. K raakman, The Legal Theory of Insider Trading Regulation in the United States, 41. 121 Chiarella vs. United States ‒ 445 U.S. 222 (1980). Abrufbar im Internet auf . 122 Chiarella vs. United States ‒ 445 U.S. 231‒235 (1980). Hierzu auch R. K raakman, The Legal Theory of Insider Trading Regulation in the United States, 42; D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 53 (Fn. 241). 123 Chiarella vs. United States ‒ 445 U.S. 225‒230 (1980). H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 933; D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 53.
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eigenen Vorteil, liegt ein Verstoß gegen die Treuepflicht und damit eine betrügerische Verwendung der Information vor. Insofern kann nach diesem Ansatz ein Insiderdelikt nur derjenige begehen, der in einem Treueverhältnis zum Emittenten bzw. zu dessen Aktionären steht.124 Hierunter fallen die Unternehmensinsider, also Verwaltungsmitglieder einer Gesellschaft, Angestellte, Mehrheitsaktionäre, schließlich auch die Gesellschaft selbst sowie Personen, die aufgrund eines Vertragsverhältnisses temporär in einem Treueverhältnis zum Emittenten stehen (bspw. Finanzinstitute, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer).125 Damit wurde den Gerichten zugleich ein flexibles Mittel an die Hand gegeben, die verschiedenen Gruppen temporär wechselnder Insider über das Treuepflichtverhältnis im Einzelfall zu erfassen.126 Der dogmatische Vorteil der Treuepflichttheorie bestand letztlich darin, auf diese Weise das Insiderhandelsverbot wieder den Grundsätzen eines zivilrechtlichen Betrugs (fraud) im Common Law anzunähern, wonach eine Offenlegungspflicht nur bei Bestehen eines Treueverhältnisses anzunehmen ist.127 (3) Veruntreuungstheorie Die dritte Theorie zur Begründung des Insiderhandelsverbots unter der Rule 10b-5 stellt die sog. Veruntreuungstheorie dar (misappropriation theory). Sie war bereits Gegenstand früherer Entscheidungen gewesen, erlangte aber erst einen höheren Stellenwert, als Chief Justice Burger sich im Rahmen seines Minderheitsvotums zur Entscheidung Chiarella vs. United States hierauf stützte. Burger stellte heraus, dass Chiarella einen Vertrauensbruch gegenüber seinem Arbeitgeber begangen habe, indem er sich Unternehmensinterna für seine eigenen Zwecke rechtswidrig angeeignet hatte. Dahinter steht der Gedanke, dass solche Informationen allein dem Unternehmen „gehörten“ und nicht dem Insider, dem diese nur „anvertraut“ seien. Voraussetzung sei ein Vertrauensverhältnis, wie es bspw. im Falle eines Arbeitsverhältnisses zwischen Angestellten und Dienstherren besteht. Ein betrügerisches Verhalten i. S. v. Rule 10b-5 stellt sich nach dieser Theorie demnach als die missbräuchliche Verwendung einer nur anvertrauten Information zur Erlangung eines eigenen Vorteils dar.128 Im Nachgang zur Chiarella-Entscheidung schlossen sich zahlreiche unterinstanzliche Gerichte der misappropriation-Theorie an.129 In der Entscheidung United States vs. O’Hagan wurde sie 1997 schließlich auch vom Supreme Court aner124 H.
Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 933. S. M. Bainbridge, Insider Trading Law and Policy, 55 f.; D. Koenig, Das Verbot von Insider handel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 55, 106 f. 126 R. K raakman, The Legal Theory of Insider Trading Regulation in the United States, 42. 127 R. K raakman, The Legal Theory of Insider Trading Regulation in the United States, 43. 128 Chiarella vs. United States ‒ 445 U.S. 222, 240 (1980). 129 Zur weiteren Entwicklung in der Rechtsprechung siehe H. Fleischer , Informationsasymme trie im Vertragsrecht, 934 f. 125
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Erstes Kapitel: Grundlagen
kannt.130 Nach dessen Entscheidungsbegründung liegt ein Verstoß gegen Rule 10b-5 ebenfalls vor, wenn eine Person eine Insiderinformation unrechtmäßig verwendet, indem sie eine Treuepflicht oder ein Vertrauensverhältnis gegenüber ihrer Informationsquelle verletzt.131 Ob die Treuepflichtverletzung gegenüber dem Emittenten selbst oder einem anderen Dienstherrn begangen wurde, spielt hierfür keine Rolle. Damit werden neben den Unternehmensinsidern auch die Marktinsider über die individuellen Vertragsbeziehungen erfasst.132 Die Treuepflicht- und die Veruntreuungstheorie schließen sich nicht etwa gegenseitig aus, sondern werden in der amerikanischen Rechtspraxis ergänzend zueinander auf die jeweils passenden Sachverhalte angewendet.133 Diese mangelnde Konsistenz des amerikanischen Insiderrechts wird von manchen Stimmen als problematisch erachtet.134 Kauft bspw. ein Insider eines Unternehmens Aktien in der Kenntnis, dass das Unternehmen in Kürze von einem anderen Unternehmen übernommen werden soll, so verstößt er gegen die Rule 10b-5 auf Grundlage der fiduciary-Theorie. Kauft umgekehrt ein Angestellter der übernehmenden Gesellschaft Aktien der Zielgesellschaft, handelt es sich nicht um einen Insider der Zielgesellschaft. Als Insider erfasst wird er dennoch infolge eines Verstoßes gegen Rule 10b-5 im Sinne der misappropriation-Theorie.135 Diese Theorienentwicklung zu Sec. 10 (b) Securities Exchange Act und der Rule 10b-5 ist vor dem Hintergrund des angloamerikanischen Case Law zu begreifen. Die Theorien tragen zugleich wesentlich zum Verständnis des US-Vorbilds für das japanische Insiderrecht bei. Gleichwohl ist die Bedeutung der Theorien in einem Civil-Law-System geringer, da hier Inhalt und Reichweite der Tatbestandsmerkmale grundsätzlich nicht von Fall zu Fall gerichtlich festgestellt, sondern von Beginn an in Gesetzesform gegossen werden.136 4. Begründung für das Insiderhandelsverbot im deutschen und japanischen Recht a) Deutschland und Europa Erste Vorläufer eines deutschen Insiderrechts finden sich ab etwa Mitte der 1970er Jahre. Damals existierten mit den allgemeinen Empfehlungen zur Lösung der sog. Insider-Probleme der Börsensachverständigenkommission zunächst nur freiwillige Selbstverpflichtungen der betroffenen Wirtschaftskreise.137 Die Einhaltung dieser 130
United States vs. O’Hagan ‒ 521 U.S. 642 (1997). United States vs. O’Hagan ‒ 521 U.S. 653‒659 (1997). 132 H. Fleischer , Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 935. 133 W. A. K lein/J. C. J. Coffee, Business Organizations and Finance, 174; R. K raakman, The Legal Theory of Insider Trading Regulation in the United States, 44, 47; L. Loss/J. Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, 929, 944 ff. 134 K. J. Hopt, ZGR 20 (1991) 27. 135 W. A. K lein/J. C. J. Coffee, Business Organizations and Finance, 174. 136 K. J. Hopt, ZGR 20 (1991) 28. Siehe hierzu ab S. 49. 137 M. H abersack /R. v. A erssen, Handbuch der Kapitalmarktinformation, 28 (Lösler). 131
A. Begriff und Zielsetzung des Insiderrechts
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Insiderhandelsrichtlinien wurde zwar später durch die an den Börsen gegründete Prüfungskommissionen überwacht, als bloße Empfehlung mangelte es ihnen jedoch an Verbindlichkeit, so dass sie oftmals am Widerstand der betroffenen Interessengruppen scheiterten und sich in der Folge bei der Bekämpfung von Insiderhandel als ineffizient erwiesen.138 In dieser Phase nahmen Vertreter wie Hopt im deutschen und europäischen Schrifttum eine Führungsrolle in der Debatte um gesetzliche Maßnahmen gegen Insiderhandel ein, indem sie ökonomische Theorien und den in den USA zum Insiderrecht geführten theoretischen Diskurs aufgriffen und damit die Diskussion um die Notwendigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten einer europäischen und deutschen Insiderregelung belebten.139 Der Ruf nach einer gesetzlichen Regelung wurde allerdings erst Mitte der 1980er Jahre lauter, nachdem der einsetzende internationale Wettbewerb zwischen den Finanzplätzen zu einem durchgreifenden Wandel des kapitalmarktpolitischen Klimas in Europa führte.140 Infolge der fehlenden staatlichen Marktaufsicht und der unzureichenden gesetzlichen Regelung drohte der Finanzplatz Deutschland insbesondere gegenüber der Konkurrenz aus den USA ins Hintertreffen zu geraten. Auslöser für das Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung des Insiderhandelsverbots waren demnach keine spektakulären Insiderskandale, die eventuell einen inneren Reformdruck bedingt hätten, sondern war der Konkurrenzdruck von außerhalb.141 Die tatsächliche Kodifizierung des Insiderrechts erfolgte jedoch im Zuge der europäischen Vereinheitlichungsbemühungen auf europäischer Ebene durch die EG-Insiderrichtlinie142 von 1989. In Umsetzung dieser europarechtlichen Vorgaben wurde in Deutschland schließlich im Jahre 1994 durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz erstmals ein Insiderhandelsverbot im Wertpapierhandelsgesetz (fortan WpHG) verankert, das im späteren Verlauf unter anderem mit Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (fortan AnSVG) von 2004 zur Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie143 erneut grundlegend reformiert wurde.144 In Hinblick auf die Zielsetzung und das Schutzgut steht im europäischen und deutschen 138 E. Schwark /D. Zimmer , Kapitalmarktrechts-Kommentar, vor § 12 Rn. 3 (Schwark/Zimmer); M. H abersack /R. v. A erssen, Handbuch der Kapitalmarktinformation, 28 (Lösler). 139 H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, vor § 12 WpHG Rn. 5 ff. (Assmann). Beispielsweise K. J. Hopt/M. R. Will, Europäisches Insiderrecht (1973) sowie K. J. Hopt/E. Wymeersch (Hg.), European insider dealing: law and practice (1991). 140 H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, vor § 12 WpHG Rn. 9 ff. (Assmann); K. J. Hopt, ZGR 20 (1991) 21. 141 H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, vor § 12 WpHG Rn. 9 ff. (Assmann). 142 Insiderrichtlinie vom 13.11.1989, Abl. EG Nr. L 334 vom 18.11.1989, 30. Hierzu K. J. Hopt, ZGR 20 (1991) 17. 143 Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über In sider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktsmissbrauch), Abl. EU Nr. L 96 vom 12.4.2003, 16 ff. 144 Zur Entstehung und Weiterentwicklung des WpHG eingehend H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, vor § 12 WpHG Rn. 12 ff. (Assmann).
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Erstes Kapitel: Grundlagen
Recht in erster Linie der Gedanke im Vordergrund, durch das Insiderrecht das Vertrauen des Anlegerpublikums auf Chancengleichheit und die Integrität des Markts als schützenswerte Positionen zu erhalten.145 Wenngleich die Rezeption des US-amerikanischen Insiderrechts damit im Vergleich zu Japan zu einem späteren Zeitpunkt und unter anderen Rahmenbedingungen erfolgte, wurde jedoch anders als im Falle Japans – wozu im Folgenden noch Stellung genommen wird – das US-amerikanische Insiderrecht bereits bei Übernahme in das europäische bzw. deutsche Recht dem unterschiedlichen Regelungsumfeld des aufnehmenden Rechts angepasst. Die Vorgehensweise ist der Tatsache geschuldet, dass die Anwendung der Insiderregeln, allen voran der Rule 10b-5, im Ursprungsrecht der USA wie dargestellt maßgeblich auf die richterrechtliche Konkretisierung angewiesen ist, wobei die Grundidee der Treuepflicht (fiduciary duty) die Rechtsprechung der Gerichte weiterhin prägt.146 Stoßrichtung des europäischen Gesetzgebers beim Verfassen der Insiderrichtlinie war demgegenüber, das Insiderhandelsverbot möglichst präzise zu bestimmen,147 so dass der Inhalt und die Reichweite der Tatbestandsmerkmale grundsätzlich nicht von Fall zu Fall gerichtlich festgestellt werden müssen. Vor diesem Hintergrund verzichtete der europäische Gesetzgeber auch auf die Prüfung von Treuepflichten bei der Differenzierung von Insidern.148 b) Japan In der japanischen Literatur findet die grundsätzliche (rechts‑)ökonomische Debatte, ob Insiderhandel schädlich oder gar von Nutzen ist, soweit ersichtlich bislang eher spärliche Beachtung.149 In jüngerer Zeit werden jedoch verstärkt verschiedene Ansätze (Liquidität des Markts, Preisbildungsfunktion, gleicher Informationszugang etc.) zur Begründung für Insiderregeln diskutiert.150 Einige Vertreter im japanischen Schrifttum sehen im Unterschied zu Europa noch keinen hinreichenden Konsens über die Begründung eines Insiderhandelsverbots.151 Nach überwiegender Ansicht in Literatur und Praxis152 stehen jedoch im Wesentlichen folgende Erwägungen im Vordergrund: Das Ausnutzen eines Informationsvorsprungs durch den Insider zu seinem eigenen Nutzen wird als ungerecht gewertet.153 Zudem wird als 145 K.
Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 306. H ein, Die Rezeption US-amerikanischen Gesellschaftsrechts in Deutschland, 885. H ein, Die Rezeption US-amerikanischen Gesellschaftsrechts in Deutschland, 885. 148 K. J. Hopt, ZGR 20 (1991) 28. 149 Siehe etwa bei W. Ôta, Insaidâ torihiki kisei, 345 ff.; M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 314 ff.; M. K ishida, Kin’yû shôhin torihiki-hô, 257 ff.; K. Namiki, Hôgaku Kenkyû 73‒12 (2000) 38‒43. 150 H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 113. 151 H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 113. 152 T. Numata, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 2 ff. 153 M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 313. 146 J. v. 147 J. v.
B. Historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts
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Schutzzweck die Chancengleichheit der Anleger und damit vor allem der Gedanke der Fairness und der Transparenz in den Vordergrund gestellt.154 Seitens des Gesetzgebers sowie in der neueren Literatur wird insbesondere das Erfordernis der Transparenz (tômei) betont, die das allgemeine Vertrauen der Anleger in die Integrität und Funktionsfähigkeit des Wertpapiermarkts sicherstellen soll.155 Schließlich werden die in den USA von den dortigen Gerichten entwickelten Theorien zum Insiderhandel auch im japanischen Schrifttum aufgegriffen.156 Einerseits wird hierzu vertreten, dass diese Theorien letztlich den besonderen Umständen in den USA geschuldet seien und sich die zugrunde liegenden Prinzipien nicht ohne weiteres auf die japanischen Verhältnisse anwenden ließen.157 Teilweise wird dagegen argumentiert, die Theorien könnten zwar nicht als Regelungsgrund für die abstrakten Insidervorschriften der Artt. 166, 167 FBG herhalten, gleichwohl könnten sie für die Diskussion um die Anwendung des allgemeinen Verbots unrechtmäßigen Marktverhaltens in Art. 157 FBG auf bestimmte Konstellationen von Insiderhandel bzw. im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung bei Insiderhandel fruchtbar gemacht werden.158 Die Rezeption des US-amerikanischen Insiderrechts im japanischen Recht erfolgte im Vergleich zu Europa bzw. Deutschland zwar wesentlich früher, jedoch unter anderen Rahmenbedingungen und zunächst ohne Anpassung an das unterschiedliche Regelungsumfeld des aufnehmenden Rechts. Mögliche Ursachen dieser Vorgehensweise und die Frage, was dies in Hinblick auf die Effektivität des legal transplant im japanischen Recht bedeutet, sollen im Folgenden erörtert werden.
B. Historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts Das gegenwärtige japanische Insiderrecht ist das Ergebnis einer im Ausgangspunkt breiten Übernahme kapitalmarktrechtlicher Vorschriften aus dem US-amerikanischen Recht und einer nachfolgenden Adaption an japanische Gegebenheiten und Bedürfnisse. Zur Illustration dieser Entwicklung soll der nachfolgende historische Abriss zu den Regeln sowie zur Aufsichtsarchitektur dienen. Es folgt eine Diskussion zur Frage der Effektivität der aus dem ausländischen Recht übernommenen Regeln im japanischen Kontext. Schließlich werden die Reformen nachgezeichnet 154 Y.
Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 1 f., 9 ff. Asada, Strafwürdigkeit von Insiderhandeln in Japan, 254. 156 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 10 f.; S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 8 f.; T. Numata, in: H. K imeda /Nishi mura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 2 f.; M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 143. 157 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 9. 158 M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 143; M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 316. 155 K.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
und im Zusammenhang mit dem regulatorischen Wandel im Zuge der japanischen Wirtschaftskrise der 1990er Jahre dargestellt. I. Rezeption des US-amerikanischen Rechts und Entwicklung nach 1945 Die Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg und der nachfolgende demokratische Aufbau unter den alliierten Besatzungsmächten markieren einen Wendepunkt in der Geschichte des modernen japanischen Rechts. Waren bislang weite Bereiche des japanischen Rechts infolge einer breit angelegten Übernahme vorwiegend kontinentaleuropäischen Rechts geprägt gewesen, wurde nunmehr eine Phase eingeleitet, in der das angloamerikanische Recht zunehmenden Einfluss auf Teile des japanischen Rechts ausübte.159 Auch die Anfänge des modernen japanischen Finanzmarktrechts, das weitestgehend nach US-amerikanischem Vorbild neu gestaltet wurde, liegen in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Es bildet einen wesentlichen Baustein der umfassenden gesetzgeberischen Aktivitäten, durch die weite Teile des japanischen Wirtschaftsrechts grundlegend novelliert wurden. Dieser Reformprozess wurde durch die alliierten Besatzungsmächte unter Federführung der USA und damit de facto durch sie eingeleitet und verfolgte das Ziel, die japanische Wirtschaft umfassend zu demokratisieren. Dazu mussten zunächst die tradierten Machtstrukturen im japanischen Wirtschaftsgefüge aufgebrochen werden. Eine der ersten Maßnahmen der alliierten Besatzungsmächte bestand folglich darin, die großen Unternehmenskonglomerate (zaibatsu) zu zerschlagen.160 Zum Ende des Zweiten Weltkriegs dominierten die zaibatsu-Konzerne große Teile der japanischen Schlüsselindustrien und bildeten ein Oligopol. Reichten ihre Anfänge noch bis in die Zeit der Landesöffnung und der nachfolgenden wirtschaftlichen Aufholjagd der Meiji-Restaurationsjahre zurück, konnten sie zuletzt von der enormen Nachfrage nach Gütern der Schwerindustrie in der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs profitieren. Im Ergebnis führte dies zu einer enormen wirtschaftlichen Konzentration, bei der wenige zaibatsu-Konzerne nahezu die gesamte japanische Wirtschaftskraft auf sich vereinigten. Organisiert waren die zaibatsu nach dem Muster einer streng hierarchischen Pyramidenstruktur, deren herausragendes Kennzeichen eine enge interne Verflechtung von Kapital und Anteilsbesitz der beteiligten Konzerngesellschaften war. Die Spitze bildete dabei eine Dachholdinggesellschaft, deren Anteile mehrheitlich in den Händen namhafter Händlerfamilien lagen (darunter bspw. die bekanntesten vier: Mitsubishi, Mitsui, Sumitomo, Yasuda).161 Regelmäßiger Bestandteil eines zaibatsuKonzerns waren darüber hinaus eigene Finanzinstitute, mittels derer eine Dachhol-
159 H.
Baum /M. Bälz, Rechtsentwicklung, Rechtsmentalität, Rechtsumsetzung, § 1 Rn. 23 f. Ausführlich zur Auflösung der zaibatsu siehe D. Flath, The Japanese Economy, 79 ff.; U.S. Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 37 ff. 161 D. Flath, The Japanese Economy, 49 f. 160
B. Historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts
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dinggesellschaft die einzelnen Tochtergesellschaften mal über finanzielle Restrik tionen, mal über die Gewährung von Hilfen im Bedarfsfall kontrollierten.162 Anlass für die Forderung der alliierten Besatzungsmächte nach einer Auflösung der zaibatsu und Veräußerung der einzelnen Unternehmen an die Privatwirtschaft waren jedoch nicht allein deren beherrschende Stellung innerhalb der japanischen Wirtschaft sowie die weitreichenden Verbindungen zu Militär und Politik. Als prinzipiell undemokratisch wurden insbesondere die internen Hierarchien eingestuft, die durch ein – für die japanische Gesellschaft insgesamt als typisch angesehenes – Wechselspiel von Treue- und Loyalitätspflichten einerseits und persönlicher Fürsorge andererseits sowie durch Ämterhäufung charakterisiert waren.163 Die Auflösung der zaibatsu führte zu einer nachgeordneten Zuordnungsproblematik, denn hierdurch wurde eine große Menge freigewordener Aktien in Umlauf gebracht, die neuen Besitzern zugeführt werden mussten.164 Zudem drohte die Gefahr eines starken Preisverfalls infolge des Überangebots an Aktien, was sich insbesondere negativ auf die Reorganisations- und Sanierungsmöglichkeit der Unternehmen ausgewirkt hätte, die zu diesem Zweck neue Aktien ausgaben.165 Ein Ausweg aus dieser Situation bestand darin, die Aktien der Bevölkerung zum Kauf anzubieten.166 Damit konnte zugleich eine Demokratisierung des Eigentums durch eine möglichst breite Streuung des Aktienbesitzes erreicht werden.167 Die Übernahme und der sukzessive Verkauf der Anteile selbst wurden von einer eigens für diese Aufgabe eingerichteten Kommission abgewickelt (Holding Company Liquidation Commission).168 Diese Entwicklung wird auch als die Geburtsstunde der shareholder-democracyBewegung in Japan angesehen.169 Die Anfänge des Aktienhandels in der Nachkriegszeit spielten sich jedoch in einem bescheidenen Rahmen ab: Da die Börsen170 seit Kriegsende im August 1945 geschlossen waren, trafen sich Gruppen von Wertpapierhändlern in Gebäuden und öffentlichen Parkanlagen, um dort ihre Geschäfte abzuwickeln.171 Mit der Zeit wuchs indes der Wunsch nach festen Handelsregeln 162 U. S.
Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 33. Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 35 f. 164 I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin torihiki-hô tokuhon, 6. 165 I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin torihiki-hô tokuhon, 6; U. S. Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 49. 166 W. Horiguchi, Hastings Int’l & Comp. L. Rev 14 (1991) 303 f. 167 T. A. Bisson, Zaibatsu dissolution in Japan, 115; I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin tori hiki-hô tokuhon, 6; H. Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1274. 168 U. S. Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 41 f. 169 I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin torihiki-hô tokuhon, 6. 170 Im Zuge der Kriegssituation wurden im Jahr 1943 durch das Gesetz über die Japanische Wertpapierbörse (Nihon shôken torihiki-jo hô, Gesetz Nr. 44/1943) die seinerzeit landesweit elf bestehenden Börsen zur Japanischen Wertpapierbörse (Nihon Shôken Torihiki-jo) in Tokyo, einer gewinnorientierten Stiftung (tokushu hôjin), zusammengeschlossen und existierten seitdem als deren Zweigstellen fort. Siehe hierzu K. K anzaki, Shôken torihiki-hô (Shinpan), 60 ff.; H. Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1272 f. 171 I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin torihiki-hô tokuhon, 6. 163 U. S.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
sowie einer Wiedereröffnung der Börsen.172 Die alliierten Besatzungsmächte unter US-amerikanischer Vormacht, vertreten durch den Supreme Commander of the Allied Powers im General Headquarter,173 lehnten jedoch entsprechende Anfragen ab und machten eine Wiedereröffnung der Börsen vielmehr von der (Neu‑)Fassung eines modernen Finanzmarktrechts abhängig.174 Ein daraufhin seitens der japanischen Regierung vorgelegter Gesetzesentwurf, der sich noch stark an dem Gesetz der Japanischen Wertpapierbörse175 orientierte, wurde jedoch vom General Headquarter abgelehnt.176 Die japanische Regierung änderte daraufhin ihre Vorgehensweise: Anstatt eine weitreichende Reform bestehender Gesetze177 anzustreben, schuf sie nunmehr ein völlig neues Gesetz, mit dem wesentliche Bereiche des Finanzmarkts übergreifend geregelt werden sollten. Das auf diese Weise entstandene Börsen- und Wertpapierhandelsgesetz (Shôken torihiki-hô, fortan: BWpHG) wurde weitgehend nach dem US-amerikanischen Modell des Securities Act sowie des Securities Exchange Act gestaltet.178 Obgleich dieser erste Entwurf zum BWpHG vom General Headquarter genehmigt wurde und im Jahre 1947 in Kraft trat,179 bestanden die alliierten Besatzungsmächte kurze Zeit später auf eine erneute Überarbeitung.180 Die schließlich 172 K. K anzaki, Shôken torihiki-hô (Shinpan), 63; I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin torihiki-hô tokuhon, 6. 173 Zu den historischen Hintergründen siehe bspw. R. Z öllner , Geschichte Japans von 1800 bis zur Gegenwart, 384 f. Anders als etwa im Deutschland der unmittelbaren Nachkriegszeit blieb die japanische Regierung auch nach der Kapitulation formell im Amt, allerdings wurde über sie das Generalhauptquartier des Oberkommandierenden der alliierten Mächte gestellt. Damit war die japanische Regierung zwar weitgehend abhängig und musste unmittelbar die Befehle des Generalhauptquartiers ausführen, trotzdem kann nicht von einer „Besatzungsregierung“ gesprochen werden. Die japanische Seite arbeitete bereitwillig mit dem Generalhauptquartier zusammen und da sich spätestens ab 1948 der politische Schwerpunkt auf eine Rehabilitierung und den Wiederaufbau verlagerte, wurde auch die Entscheidungsgewalt schrittweise zurückübertragen. 174 Näheres hierzu bei K. K anzaki, Shôken torihiki-hô (Shinpan), 64; siehe ferner bei H. Baum, WM Sonderbeilage Nr. 4 (1989) 3; R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 315; S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 181. 175 Nihon shôken torihiki-jo hô, Gesetz Nr. 4 4/1943. Mit diesem Gesetz wurde das frühere Börsengesetz Torihiki-jo hô, Gesetz Nr. 5/1893, aufgehoben. Ausführlich zur historischen Entwicklung des japanischen Kapitalmarkts bis 1945 siehe K. K anzaki, Shôken torihiki-hô (Shinpan), 56 ff.; siehe auch H. Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1270 ff. 176 I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin torihiki-hô tokuhon, 6. 177 Darunter bspw. das Gesetz über die Japanische Wertpapierbörse (Nihon shôken torihiki-hô), das Gesetz über die Aufsicht des Wertpapiergewerbes (Yûka shôken-gyô torishimari-hô), das Gesetz über das Wertpapier-Emissionsgewerbe (Yûka shôken hikiuke-gyô hô), das Gesetz über das Teilzahlungsverkaufsgewerbe bei Wertpapieren (Yûka shôken kappu hanbai-gyô hô). Zum Hintergrund informativ K. K anzaki, Shôken torihiki-hô (Shinpan), 64. 178 H. Baum /M. Bälz, Rechtsentwicklung, Rechtsmentalität, Rechtsumsetzung, Rn. 3; W. Horiguchi, Hastings Int’l & Comp. L. Rev 14 (1991) 304. 179 Gesetz Nr. 22/1947. Dieser Entwurf wird auch als „ursprüngliches BWpHG“ (Kyû-Shôken torihiki-hô) bezeichnet, I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin torihiki-hô tokuhon, 6. 180 Zu den genauen Hintergründen siehe K. K anzaki, Shôken torihiki-hô (Shinpan), 64 f.; I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin torihiki-hô tokuhon, 6.
B. Historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts
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1948 in Kraft getretene Neufassung des BWpHG181 wird daher regelmäßig als der eigentliche Ursprung des modernen japanischen Kapitalmarktrechts angesehen.182 Beim Verfassen des BWpHG entnahm der japanische Gesetzgeber einzelne Vorschriften fast wortgleich dem US-amerikanischen Vorbild und übertrug sie. Dies trifft insbesondere auf Art. 58 Nr. 1 BWpHG (nunmehr Art. 157 FBG) zu, der Sec. 10 (b) Securities Exchange Act sowie der hierzu ergangenen Rule 10 b-5 nachge staltet wurde und ein allgemeines Verbot marktmissbräuchlicher Verhaltensweisen enthält.183 Daneben haben mit den Artt. 188, 189 BWpHG, die Sec. 16 (a) sowie Sec. 16 (b) Securities Exchange Act nachgestaltet wurden, noch zwei weitere wichtige Vorschriften hinsichtlich eines Insiderhandelsverbots Eingang gefunden. Artikel 188 BWpHG verpflichtete Mitglieder der Verwaltung einer Gesellschaft sowie Großaktionäre dazu, gegenüber der Marktaufsicht ihren Aktienbesitz sowie Änderungen in diesen offenzulegen. Nach Art. 189 BWpHG konnten Unternehmen von ihren Angestellten sowie Großaktionären Gewinne herausverlangen, die diese bei Transaktionen innerhalb einer sechsmonatigen Spekulationsfrist (zwischen Kauf und Verkauf) unter Ausnutzung von geheimen Unternehmensinformationen erlangt hatten (short-swing profits, jap.: tanki baibai saeki).184 II. Effektivität der Insiderregeln im japanischen Kontext Mit den umfangreichen kapitalmarktrechtlichen Reformen waren bereits unmittelbar nach Kriegsende und damit zu einem vergleichsweise frühen Zeitpunkt marktverhaltensrechtliche Vorschriften ins japanische Recht übernommen worden. Erstaunlich ist daher der empirische Befund, dass im Gegensatz zu ihren US-amerikanischen Vorbildern die japanischen Regelungen zur Abwehr von Insiderhandel nie eine wirkliche Rolle gespielt haben.185 Im Zeitraum seit der Verabschiedung des BWpHG bis Mitte der 1990er Jahre kam es zu keiner einzigen Verurteilung wegen Insiderhandels durch ein Gericht. Zwar wird von vereinzelten Untersuchungen an den Börsen wegen des Verdachts von Insiderhandel berichtet, diese blieben jedoch ohne Konsequenzen.186 In insgesamt nur zwei berichteten Fällen, im sog. Shokusan- Jûtaku-Sôgo-Fall von 1973187 sowie im sog. Fujiya-Fall im Jahre 1984,188 wurden 181
Shôken torihiki-hô, Gesetz Nr. 25/1948, nunmehr Kin’yû shôhin torihiki-hô (s. Fn. 9). K awamoto, Chikujô kaisetsu Shôken torihiki-hô, 6. 183 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 12; M. Tatsuta, Pac. Rim. L. & Pol’y J. 4 (1995) 635; H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 31: „marktbetrügerische Verhaltensweisen“). 184 M. Tatsuta, Pac. Rim. L. & Pol’y J. 4 (1995) 635; R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 316. 185 R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 320. 186 M. Tatsuta, Pac. Rim. L. & Pol’y J. 4 (1995) 635. 187 Näheres zu den interessanten Hintergründen in diesem Fall einer Klageerhebung durch erpresserische Aktionäre (sog. sôkai-ya) aus dem Umfeld der jap. Mafia (yakuza) siehe S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 191 f. 188 Die entsprechenden Sachverhalte sind, soweit ersichtlich, unveröffentlicht. 182 I.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
zivilrechtliche Klagen im Zusammenhang mit Insiderhandel erhoben: Beiden F ällen ist gemeinsam, dass in der Sache jeweils Gewinne aus kurzfristigen Transaktionen nach Art. 189 BWpHG herausverlangt wurden sowie dass der Streit durch einen Vergleich der Parteien schließlich außergerichtlich beigelegt wurde. Dagegen ist kein einziger Fall bekannt, bei dem auf Basis der generellen Verbotsnorm des Art. 58 Nr. 1 BWpHG Insiderhandel strafrechtlich sanktioniert wurde. Es existieren auch nur wenige Beispiele, bei denen die Rechtsprechung Art. 58 Nr. 1 BWpHG auf Fälle von Marktmanipulation anwendete.189 Obgleich es sich um ähnliches geschriebenes Recht handelt, unterscheidet sich die Rechtswirklichkeit in Japan von der in den USA. Das gelebte Recht verdeutlicht, dass die rezipierten Regelungen zur Bekämpfung von Insiderhandel im japanischen Kontext offensichtlich nicht effektiv funktionierten. In der Konsequenz war der japanische Kapitalmarkt auf lange Sicht nicht ausreichend vor Insiderhandel und Marktmissbrauch geschützt. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass der japanische Kapitalmarkt noch Ende der 1980er Jahre als ein „Paradies für Insider“ (insaidâ tengoku) galt.190 Die japanischen Regelungen werden daher auch als ein zunächst gescheitertes legal transplant angesehen.191 Dieser Befund führt auf die grundsätzliche Frage zurück, wann ein legal transplant als effektiv gilt. Der Transfer einer Regel als solcher in eine andere Rechtsordnung ist eine unbestrittene Tatsache, stellen doch legal transplants keine Einzelfälle, sondern historisch und faktisch ein häufig anzutreffendes Phänomen dar.192 So beruht das moderne japanische Recht wie dargestellt sogar größtenteils auf legal transplants. Allerdings ist die Frage, ob mit dem transferierten Recht auch eine ähnliche Wirkungsweise in der aufnehmenden Rechtsordnung erzielt werden kann, bereits seit dem 17. Jahrhundert Gegenstand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung193 und beschäftigt die theoretische Diskussion vor allem seit den Darstellungen von Kahn-Freund194 und Watson195. Dabei halten Befürworter wie Watson eine wirkungsvolle Übertragung von Recht für möglich, da ihrer Ansicht nach das Recht losgelöst sei vom sozialen, ökonomischen und politischen Kontext der Gesellschaft, in der es angewendet wird.196 Dagegen verweisen die Gegner einer Transferierbarkeit von Recht auf verschiedene externe Faktoren, die auf das jeweilige Recht wirken und es kulturspezi189 Siehe etwa die Entscheidung des OGH vom 25.5.1965, Nr. 1963a 2225, Keishû 155, 831. Näheres hierzu ab S. 78. 190 A. Takeuchi, Shôji Hômu 1142 (1988) 3; Nihon K eizai Shinbunsha, Insaidâ tengoku: Kenshô „Nihon no kabushiki shijô“ (Tokyo, 1989). 191 R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 320. 192 G. M. R ehm, RabelsZ 72 (2008) 5, 10 f., 39; A. Watson, Legal Transplants: An Approach to Comparative Law, 21, 95. 193 Theoretiker unterschiedlichster Herkunft setzten sich schon früh mit der Einzigartigkeit nationaler Rechtsordnungen auseinander, darunter Montesquieu, Marx, v. Savigny oder Ihering, siehe hierzu G. M. R ehm, RabelsZ 72 (2008) 12. 194 O. K ahn-Freund, Mod. L. Rev. 37 (1974) 1‒27. 195 A. Watson, Legal Transplants: An Approach to Comparative Law (1974). 196 A. Watson, Legal Transplants: An Approach to Comparative Law, 95 f.
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fisch prägen. Diese Eigenheiten stünden einer Übertragung von geprägten Rechtsnormen in andere Rechtssysteme grundsätzlich entgegen.197 Mit Blick auf die aufnehmende Rechtsordnung werden legal transplants auch mit dem Argument abgelehnt, dass diese im neuen Kontext „eine Irritation“ hervorriefen.198 Nach dieser Ansicht Teubners handelt es sich bei legal transplants eher um „legal irritants“, die sich in der aufnehmenden Rechtsordnung von ihrer ursprünglichen Bedeutung entfernten und sich zu etwas Eigenständigem entwickelten, wodurch die aufnehmende Rechtsordnung letztlich auch Schaden nehmen könne. Denn nicht nur die Regelung selbst unterliege einer Veränderung infolge der Verpflanzung, sondern auch der aufnehmende Kontext.199 Unter der Annahme, der Transfer von Recht in eine andere Rechtsordnung sei möglich, stellt sich die anschließende Frage, unter welchen Bedingungen das legal transplant erfolgreich, d. h. effektiv übertragen werden kann. Unklar ist jedoch bereits, was unter „erfolgreich“ zu verstehen ist und wie die Effektivität eines legal transplant zu bemessen ist.200 Eine denkbar ungünstige Ausgangslage für einen erfolgreichen Rechtstransfer entsteht jedenfalls dann, wenn das legal transplant als bloße schematische Kopie der ursprünglichen Regelung übertragen wird, ohne dabei die Verhältnisse des aufnehmenden Rechtssystems zu würdigen.201 Eine entscheidende Bedingung dafür, ob ein Rechtstransfer in die aufnehmende Rechtsordnung gelingt oder nicht, wird insbesondere in dem Motiv der Rezeption gesehen.202 Die Motive, die hinter dem Rechtstransfer stehen, bedingen letztlich den Zweck, den die zu entlehnende Vorschrift in der aufnehmenden Rechtsordnung erfüllen soll. Unter diesem Gesichtspunkt ist es ein bedeutender Unterschied, ob der Gesetzgeber der aufnehmenden Rechtsordnung die Vorschrift aus eigenem Antrieb heraus übernimmt – etwa weil eine entsprechende Regelung dort fehlt oder weil man feststellt, dass die ausländische Lösungsvariante der eigenen Regelung überlegen ist – oder ob der Rechtstransfer von außen, z. B. durch eine Besatzungsmacht, aufgezwungen wird.203 Entscheidend ist daher auch, aus wessen Sicht die Bewertung vorgenommen wird, ob ein legal transplant als „erfolgreich“ gilt oder nicht.204 Zu der Frage, warum die übernommenen Regelungen im japanischen Kontext bei der Abwehr von Insiderhandel nicht eine vergleichbare Rolle gespielt haben wie ihre 197 Als ein Vertreter dieser Ansicht der jüngeren Vergangenheit ist vor allem Legrand zu nennen, der aus rechtskultureller Sicht die Transferierbarkeit von Normen vehement ablehnt, P. Legrand, Maastricht J. Eur. Comp. Law 4 (1997) 111 ff.; Ewald hat für die Ansichten, die sich gegen die Transplantationsthese aussprechen, den Begriff der „Spiegeltheorien des Rechts“ (mirror theories) geprägt, da ihnen der Ansatz gemein sei, das Recht reflektiere letztlich externe Kräfte, die auf es wirkten, W. Ewald, Am. J. Comp. L. 43 (1995) 491. 198 G. Teubner , Mod. L. Rev. 61 (1998) 11 ff. 199 G. Teubner , Mod. L. Rev. 61 (1998) 12. 200 D. Nelken, Comparatists and Transferability, 453. 201 G. M. R ehm, RabelsZ 72 (2008) 39; R. G. Small, Emory Int’l L. Rev. 19 (2005) 3. 202 G. M. R ehm, RabelsZ 72 (2008) 36. 203 R. G. Small, Emory Int’l L. Rev. 19 (2005) 3. 204 D. Nelken, Comparatists and Transferability, 454.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
US-amerikanischen Vorbilder, werden unter Rückgriff auf die legal-transplant-Debatte unterschiedliche Gründe diskutiert, die im Folgenden dargelegt werden. 1. Gesetzgeberische Motivation Japan kann für die Unterscheidung, ob die Rezeption fremden Rechts aus freiwilligen Motiven heraus erfolgt oder aufoktroyiert wird, als ein interessantes Beispiel dienen. Einige Stimmen sehen nämlich einen maßgeblichen Faktor für die Ineffektivität der Regelungen in der japanischen Rechtswirklichkeit darin, dass sie in beiden Ländern ganz unterschiedlichen rechtspolitischen Bedürfnissen geschuldet waren. Die Regelungen des Securities Act sowie des Securities Exchange Act wurden in den USA, wie dargelegt, im Rahmen der New-Deal-Politik als unmittelbare Reaktion auf den Börsencrash sowie die nachfolgende wirtschaftliche Depression geschaffen. Die Erfahrungen aus dieser wirtschaftlichen Misere, die in den USA tiefgreifende gesellschaftliche Verwerfungen verursacht hatte, brachte die allgemeine Erkenntnis mit sich, dass vergleichbare Marktexzesse zukünftig zu verhindern seien. Zugleich sollte das erschütterte Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt wiederhergestellt werden,205 dem in den USA bereits zu einem vergleichsweise frühen Zeitpunkt eine wesentliche Funktion bei der Unternehmensfinanzierung zukam. Section 10 (b) Securities Exchange Act und die Rule 10 b-5 sind die gesetzgeberische Antwort auf diese Erfahrung und spiegeln die speziellen historischen und kulturellen Umstände wider. Im Gegensatz dazu entstanden die japanischen Regelungspendants im BWpHG nicht vor dem Hintergrund einer vergleichbaren Krisenerfahrung. Der Beweggrund zur Einführung der Insiderregelung war ein ganz anderer. Mangels vergleichbarer Krisenerfahrungen am japanischen Kapitalmarkt galt Insiderhandel im Anlegerpublikum wie auch in der Gesellschaft nicht als unmoralisch oder schädlich.206 Im Allgemeinen galt es nicht als anstößig, sondern vielmehr als Teil einer geschickten Anlagestrategie, wenn Gewinne durch das Ausnutzen interner Informationen erwirtschaftet wurden.207 Ganz im Gegenteil: Der stete Austausch interner Informationen vor dem Hintergrund einer langfristig angelegten Geschäftsbeziehung hatte in der japanischen Geschäftswelt einen herausgehobenen Stellenwert.208 Angesichts dessen bestand auch kein innerer Reformdruck (naiatsu),209 der von einer gesell205 K. J.
Hopt, ZGR 20 (1991) 27. Whitener, In’tl Fin. L. Rev. 7 (1988) 15 f.: „This lack of enforcement reflects a general marketplace perception that there is nothing wrong with insider trading. Trading on insider information is viewed by many Japanese investors as a legitimate, even necessary, basis for stock market investments“; M. Tatsuta, Proxy Regulation, Tender Offers and Insider Trading, 192: „[…] most Japanese do not believe that insider trading is immoral.“ 207 M. H ayakawa, RabelsZ 54 (1990) 281; H. Baum, ZJapanR 5 (1998) 24. 208 R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003), 236; D. Flath, The Japanese Economy, 272 ff. 209 Für eine Erläuterung zum Begriff naiatsu und dessen Schlüsselfunktion zur Initiierung von Reformprojekten siehe A. Kusano, SSJJ 2 (1999) 65 ff. 206 M.
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schaftlichen Strömung getragen war, vergleichbar der Reformbewegung in den USA der 1930er Jahre.210 Triebfeder stellte vielmehr der von den alliierten Besatzungsmächten unter US-amerikanischer Federführung angestrebte Demokratisierungsprozess der japanischen Wirtschaft dar. Die Regelungen wurden folglich nicht aufgrund einer selbstbestimmten Wahl des japanischen Gesetzgebers, sondern aufgrund eines Reformdrucks von außen (gaiatsu), auf Veranlassung durch die Besatzungsmächte (de facto die USA), eingeführt.211 Als die japanische Regierung erkannte, dass die alliierten Besatzungsmächte die vorgelegten Reformgesetzentwürfe nicht akzeptierten, zugleich aber das Bedürfnis wuchs, die Börsen wiederzueröffnen, wurden kurzentschlossen Teile des US-amerikanischen Kapitalmarkt rechts fast unverändert übernommen, ohne dabei auf bestehende japanische Verhältnisse berücksichtigen zu können.212 Einerseits handelt es sich somit um eine freiwillige Rezeption, da sich der japanische Gesetzgeber zwar bewusst für die Übernahme aus dem US-amerikanischen Recht entschloss. Andererseits erfolgte die Rezeption aber letztlich doch auf äußeren Druck hin. Denn das Motiv der japanischen Regierung bestand schlichtweg darin, die Regelungen allein deswegen einzuführen, um der äußeren Form nach den Vorgaben der Besatzungsmächte zu entsprechen. Manche Stimmen erklären diese Vorgehensweise unter dem Gesichtspunkt des für die japanische Gesellschaft charakteristischen Wirklichkeitsdualismus, nach dem zwischen dem formalen Äußeren (tatemae) und dem tatsächlichen inneren Willen (honne) zu unterscheiden sei.213 Nach Rahn sind dabei Rechtsnormen in Japan eher der formalen, äußeren Wirklichkeit zuzuordnen, die mit den wahren Absichten und Wertvorstellungen nicht unbedingt zusammenhänge.214 Festzuhalten ist daher, dass die Insiderregelungen ohne besondere eigene Motivation des japanischen Gesetzgebers und letztlich auf Druck der USA übernommen wurden.215 Auf Basis der Interessenlage der japanischen Regierung zum Zeitpunkt des Rechtstransfers ist die Frage nach der Ineffiktivität der übernommenen Regelungen differenziert zu beantworten: Wenn sich das Ziel der Übernahme in bloßer symbolischer Gesetzgebung erschöpfte, um den von außen herangetragenen Erfordernissen zu genügen, müsste das legal transplant allerdings als höchst erfolgreich angesehen werden. Sollte bezogen auf das Insiderrecht der Zweck darin bestanden 210 G. F.
Parker, Wash. U. L. Q. 73 (1995) 1406. Whitener, In’tl Fin. L. Rev. 7 (1988) 15 f.: „In the light of the fact that Japan’s securities laws were imposed upon the country by U.S. Occupation forces following World War II rather than adopted in response to domestic pressure, it is not surprising that insider trading is taken less seriously than in the United States, whose securities laws have their roots in the 1929 stock market crash and the subsequent Depression.“ 212 R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 328. 213 Zum Ganzen etwa R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 328. Näheres zum Wirklichkeitsdualismus in der japanischen Gesellschaft und dessen Auswirkung auf das Rechtsverständnis bei G. R ahn, Rechtsdenken und Rechtsauffassung in Japan, 52 ff. 214 G. R ahn, Rechtsdenken und Rechtsauffassung in Japan, 10 f. 215 K. J. Hopt, Comparative Company Law, 1180. 211 M.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
haben, die Vorschrift zu übernehmen, um Insiderhandel an den japanischen Börsen zu unterbinden, ist das legal transplant höchst ineffektiv gewesen, da die Vorschrift in ihrer neuen Umgebung die gewünschte Wirkung nicht entfaltete, wie empirisch der Mangel an praktischen Anwendungsfällen belegt. Aus diesem Blickwinkel heraus war der Rechtstransfer sicher nicht erfolgreich. 2. Informationsaustausch in keiretsu-Unternehmensgruppen Der besondere Stellenwert des Informationsaustauschs ist insbesondere in Hinblick auf die sog. keiretsu-Unternehmensgruppen 216 von Relevanz, die nach überwiegender Auffassung charakteristisch für die japanische Wirtschaftsstruktur sind.217 Bei den keiretsu handelt es sich um Zusammenschlüsse von Unternehmen, die sich durch eine mehr oder weniger lockere Verbindung einzelner Gesellschaften durch Überkreuzbeteiligungen auszeichnen. Dabei spielen Insiderinformationen eine entscheidende Rolle, die Geschäftsbeziehungen untereinander zu „schmieren“.218 Ihre Entstehung wurde noch in der Besatzungszeit ermöglicht: Unter dem Eindruck des sich entwickelnden Ost-West-Konflikts kam es schon bald nach Kriegsende zu einem Richtungswechsel in der Okkupationspolitik der alliierten Besatzungsmächte (reverse course), der mit einer Lockerung der Dekonzentrationsmaßnahmen ab 1948 einherging. Im Zuge dessen wurden zahlreiche der ehemals in den zaibatsuKonzernen zusammengeschlossenen Gesellschaften nicht wie ursprünglich vor gesehen aufgelöst. Durch Reform des Antimonopolgesetzes,219 das noch unter den alliierten Besatzungsmächten erlassen worden war, um ein Wiederaufkommen der zaibatsu-Konzerne zu verhindern, wurden die Beschränkungen wechselseitiger Kapitalbeteiligungen gelockert.220 Dadurch konnten sich Unternehmen über wechselseitigen Aktienbesitz in Form der keiretsu-Gruppen erneut zusammenschließen.221 216 Näheres zu den keiretsu u. a. bei U. S. Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 65 ff. Aus ökonomischer Sicht D. Flath, The Japanese Economy, 271 ff. 217 Eine eingehende Auseinandersetzung kann im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden. Kritisch Miwa und Ramseyer, wonach es sich bei der Dominanz der keiretsu in der japanischen Wirtschaft um keine Ausprägung einer kulturspezifischen Gruppenorientierung handele, sondern um einen bloßen Mythos, der politisch motiviert von Journalisten und Ökonomen verbreitet worden sei, Y. M iwa /J. M. R amseyer, The Fable of the keiretsu: Urban Legends of the Japanese Economy (2006). Miwa und Ramseyer warnen damit zu Recht vor einer unreflektierten Überhöhung des keiretsu-Konzeptes, können aber die Existenz der keiretsu im Übrigen nicht überzeugend bestreiten. 218 N. Holloway, Far E. Econ. Rev. 141 (1988) 92 f.: „The privileged distribution of inside information has traditionally been respectable in Japan because it is seen as a way of lubricating corporate relationships“; R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 324. 219 Gesetz betreffend das Verbot privater Monopolisierung und die Sicherung des lauteren Wettbewerbs (Shiteki dokusen no kinshi oyobi kôsei torihiki no kakuho ni kansuru hôristu), Gesetz Nr. 54/1947 i. d. F. des Gesetzes Nr. 69/2014, fortan mit AMG bezeichnet. 220 A. Negishi /U. Eisele, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rn. 12 f. 221 U. S. Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 63.
B. Historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts
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Nach herrschender Meinung stellten die keiretsu jedoch nicht bloße Nachfolgekonzerne der früheren zaibatsu dar.222 Ein wesentlicher Unterschied zu den zaibatsu besteht darin, dass an ihrer Spitze keine steuernde Holdinggesellschaft steht, da diese nach Art. 9 des Antimonopolgesetzes noch bis 1997 verboten waren.223 Ohne die leitende und steuernde Dachholdinggesellschaft gibt es unterhalb der keiretsu-Unternehmen allerdings ein relativ loser Gruppenzusammenhalt. Wichtige Voraussetzungen für ein reibungsloses Funktionieren sind daher neben dem wechselseitigen Aktienbesitz weitere integrative Faktoren, wie vor allem ein stetiger Informationsaustausch zwischen den einzelnen Gliedgesellschaften sowie enge persönliche Beziehungen. Dies trifft vor allem auch auf die regelmäßig zu einer solchen Gruppe gehörende Hauptbank und deren Vertreter zu.224 Verwirklicht wird der Informationsaustausch durch informelle Gremien, bspw. die sog. Präsidentenclubs (shachô-kai),225 aber auch durch Entsendung leitender Angestellter in das jeweils andere Unternehmen.226 3. System der indirekten Unternehmensfinanzierung Eine weitere Ursache für die Ineffektivität der Insiderregung dürfte in der vergleichsweise geringen Bedeutung des Kapitalmarkts liegen, den Unternehmen finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Denn die beherrschende Stellung der keiretsu-Gruppen in der japanischen Wirtschaft führte im Nebeneffekt zu einer verhältnismäßig geringen Zahl frei zirkulierender Aktien, da ein Großteil der Anteile in den Überkreuzbeteiligungen einzelner Unternehmen in den keiretsu-Unternehmensgruppen langfristig gebunden war.227 Diese stabilen Beteiligungsverhältnisse, die von den späten 1940er Jahren bis Mitte der 1990er Jahre ein herausragendes Spezifikum der japanischen Unternehmenslandschaft darstellten,228 wirkten sich insgesamt negativ auf die Liquidität des japanischen Kapitalmarkts aus.229 Zugleich gründeten die keiretsu wie ein Großteil der japanischen Unternehmen auf dem für die japanische Wirtschaft bis Anfang der 1980er Jahre vorherrschenden System der indirekten Unternehmensfinanzierung.230 Demnach finanzierten sich japanische Unternehmen überwiegend indirekt über die Banken und nur zu 222 U. S.
Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 107 ff. Siegfanz, ZJapanR 4 (1997) 58. 224 D. Flath, The Japanese Economy, 296. Zum System der indirekten Unternehmensfinanzierung und den Hauptbanken sogleich mehr unter 3. 225 D. Flath, The Japanese Economy, 272; U. S. Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 74 ff. 226 U. S. Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 109; D. Flath, The Japanese Economy, 276. 227 H. Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1301. 228 H. Baum /M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 2 ff. 229 R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 324. 230 Zum Wandel des Modells der indirekten Finanzierung über die Banken hin zu einer stärkeren Kapitalmarktfinanzierung im Zuge der Wirtschaftskrise („ginkô no banare“, M. Bälz, Die Spaltung im japanischen Gesellschaftsrecht, 27) siehe S. 55 ff.; C. J. M ilhaupt, Stan. J. Int’l L. 30 (1994) 440 ff. 223 F.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
einem kleinen Teil direkt über den Kapitalmarkt.231 Im Falle der keiretsu gruppierten sich die einzelnen Gliedgesellschaften innerhalb des Verbundes um eine Hauptbank (main bank), die wiederum die Unternehmen mit Fremdkapital ausstattete.232 Im Gegensatz zu den USA kam dem japanischen Kapitalmarkt daher über Jahrzehnte keine wesentliche Funktion bei der Beschaffung von Investitionsmitteln zu. Aus diesem Grund spielte auch das Anlegervertrauen als Schutzziel eine geringe Rolle.233 4. Wahrnehmung des Kapitalmarkts in der Öffentlichkeit Die Bedeutung des Kapitalmarkts als Institution und dessen volkswirtschaftlicher Nutzen waren im allgemeinen gesellschaftlichen Verständnis nicht stark verankert. Da die Problematik des Insiderhandels nicht weitläufig bekannt war, fiel die Kritik hiergegen entsprechend schwach aus.234 Der Wertpapierhandel insgesamt wurde vielmehr als die Tätigkeit einer kleinen Gruppe von Spezialisten auf dem Kapitalmarkt eingestuft – wobei die Formulierung „Spezialisten“ häufig nur ein Synonym für Spieler oder Betrüger, die dem organisierten Verbrechen zuzuordnen waren, darstellte.235 Da es beim Insiderhandel keinen direkten Geschädigten gibt, wurden Gewinne aus Insidertransaktionen tendenziell als eine Art zusätzliche Einnahmequelle toleriert.236 5. Aufweichen der übernommenen Regelungen Weiterhin sind institutionelle Gründe für das Sanktionsdefizit von Insiderhandel entscheidend. Gemeint sind damit vor allem die schrittweise Inaktivierung der übernommenen Regeln und die Einbindung der ursprünglich als unabhängige Institution konzipierten Finanzmarktaufsicht in das Finanzministerium (Ôkura-shô).237 a) Abschaffung der japanischen SEC In der Summe standen in der unmittelbaren Nachkriegszeit neben den materiellrechtlichen Voraussetzungen zur Verhinderung von Insiderhandel an und für sich auch die entsprechenden institutionellen Rahmenbedingungen für eine unabhängige Kapitalmarktaufsicht grundsätzlich zur Verfügung.238
231 H.
K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 2.; R. K atz, Japanese Phoenix, 204 ff. Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 83 ff. 233 R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 323. 234 T. Numata, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 4. 235 R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 327. 236 M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 313. 237 S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 182. 238 T. A kashi, Colum. L. Rev. 89 (1989) 1300. 232 U. S.
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Mit der Übernahme von Regelungen aus dem Securities Act und dem Securities Exchange Act schuf die japanische Regierung zunächst auch eine unabhängige Kapitalmarktaufsicht (fortan: jap. SEC) nach dem Vorbild der amerikanischen SEC. Diese war zwar nicht mit der gleichen weitreichenden Machtfülle ausgestattet wie die SEC in den USA. Gleichwohl stand sie als eine weitgehend unabhängige Behörde allein unter der Aufsicht des Finanzministeriums und durfte eigene Verordnungen vergleichbar den Kabinetts- und Ministerialverordnungen erlassen.239 Wie die Regelungen des BWpHG trug aus japanischer Sicht auch die jap. SEC den Makel, letztlich allein auf Veranlassung der alliierten Besatzungsmächte gegründet worden zu sein. Die Regelungen wurden als zu weitgehen angesehen und seien übernommen worden, obwohl sie nicht zu den damaligen japanischen Verhältnissen gepasst hätten.240 In Hinblick auf die jap. SEC zeigte sich, dass sich diese als eine unabhängige Behörde nicht in das System der japanischen Ministerialbürokratie einfügen konnte.241 Der japanische Gesetzgeber strebte daher eine möglichst rasche Reform der übernommenen Regelungen und Strukturen an.242 Als die Besatzungszeit im Jahre 1952 endete, bot sich für den japanischen Gesetzgeber die Möglichkeit für umfangreiche Reformen, um die übernommenen Regelungen und Institutionen an „japanische Verhältnisse anzupassen“.243 Im Rahmen der Reformen von 1953 wurden auch die behördlichen Strukturen der Kapitalmarktaufsicht umgestaltet. Die jap. SEC wurde abgeschafft und deren Zuständigkeit auf eine Wertpapierabteilung des Finanzministeriums übertragen.244 Damit fiel die Kontrolle über den Kapitalmarkt jedoch in die Hände der Ministerialbürokratie, die zugleich mit dem Aufbau der Finanzindustrie betraut war.245 Vor dem Hintergrund der traditionell engen Verbindung zwischen Verwaltung und Finanzindustrie246 führte diese Bündelung von Aufgaben und Kompetenzen zu einem grundsätzlichen Interessenkonflikt, der zu einer entscheidenden Schwächung der Kapitalmarktaufsicht beitrug. Zwar verfügte das mit Elitebürokraten 247 besetzte Finanzministerium über weitreichende Kompetenzen,248 anders als die jap. SEC konnte das Finanzministerium jedoch bspw. keine Zwangsdurchsuchungen durchführen.249 Statt durchgreifender Maßnahmen stand regulatorische Milde im Vordergrund: Insiderhandel 239 W.
Horiguchi, Hastings Int’l & Comp. L. Rev 14 (1991) 306. K anzaki, Shôken torihiki-hô (Shinpan), 73 f. 241 I. M atsui, Hastings Int’l & Comp. L. Rev. 14 (1991) 314. 242 K. K anzaki, Shôken torihiki-hô (Shinpan), 73. 243 K. K anzaki, Shôken torihiki-hô (Shinpan), 74 f. 244 Rizai-kyoku, später Shôken-kyoku, siehe hierzu H. Aoki, ZJapanR 12 (2001) 102. 245 C. J. M ilhaupt, Stan. J. Int’l L. 30 (1994) 444. 246 Siehe hierzu H. Baum, RabelsZ 64 (2000) 641 f. 247 H. Baum, RabelsZ 64 (2000), 638 f. Mit diesem Begriff wird die Praxis beschrieben, dass ein Großteil der zukünftigen Staatsbediensteten vor allem des Finanzministeriums aus Absolventen der besten Universitäten Japans rekrutiert wird. 248 Zur herausragenden Machtfülle des Finanzministeriums siehe H. Baum, RabelsZ 64 (2000) 638 f. 249 W. Horiguchi, Hastings Int’l & Comp. L. Rev 14 (1991) 306. Ausführlich zur damaligen 240 K.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
suchte das Finanzministerium präventiv und intern mittels administrativer Lenkung (gyôsei shidô)250 und über Selbstregulierungsmechanismen zu unterbinden. Dies geschah bspw. über Mitteilungen (tsûtatsu), mit denen das Finanzministerium Empfehlungen an einzelne Unternehmen und an den Verband der japanischen Wertpapierhäuser (Nihon Shôken-gyô Kyôkai) aussprach.251 b) Abschaffung der Berichtspflichten des Art. 188 BWpHG Mit der Abschaffung des Art. 188 BWpHG und damit der Pflicht für Mitglieder der Verwaltung einer Gesellschaft sowie für Großaktionäre, gegenüber der Marktaufsicht ihren Aktienbesitz sowie Änderungen in diesen offenzulegen, entfiel im Jahre 1953 ein primäres Instrument zur Überwachung von Unternehmensinsidern. In der Folge lief auch der Art. 189 BWpHG, nach dem Gewinne aus kurzfristigen Transaktionen (short-swing-Geschäften) herausverlangt werden können, weitgehend ins Leere: Ohne entsprechende Berichtspflichten war nicht mehr nachvollziehbar, wer als Großaktionär galt bzw. wer innerhalb der sechsmonatigen Spekulationsfrist Transaktionen getätigt hatte.252 Der Reformgesetzgeber begründete die Abschaffung des Art. 188 BWpHG damit, die Regelung sei „ineffizient“. Auch im Schrifttum bemängelten Stimmen, die Regelung sei in der Praxis leicht zu umgehen gewesen. Zudem sollten die Aktienbestände und ‑transaktionen nur intern an die Behörden berichtet und nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ohne die notwendigen Informationen konnten andere Aktionäre jedoch nur schwer Klage erheben. Ferner habe die Vorschrift zu einer auf ministerialer Seite nicht mehr handhabbaren Flut von Berichten geführt und zugleich die Insider mit der Erstellung der Berichte übermäßig belastet.253 Einige Stimmen betonen dagegen, dass ein wesentlicher Grund für die Abschaffung der Berichtspflichten nach Art. 188 BWpHG in der verstärkten Einflussnahme von Teilen der Wirtschaft auf politische Entscheidungsträger zu sehen sei. Die Berichtspflichten nach Art. 188 BWpHG hatten vor allem die Interessen von Unternehmensinsidern unterlaufen, die traditionell in einer engen Verknüpfung zur Politik standen. Teile der Politik pflegten jahrelang gute Kontakte ins kriminelle Milieu, nämlich zur japanischen Mafia Yakuza, die sie in einem System des Gebens und Nehmens mit Insiderinformationen versorgten, um im Gegenzug an Spekulationsgewinnen in Form von Geldgeschenken beteiligt zu werden 254 (über ein System Funktion und Machtstellung des Finanzministeriums H. Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1300 ff. 250 Zum System der administrativen Lenkung siehe G. Foljanty-Jost, Informelles Verwaltungshandeln: Schlüssel effizienter Implementation oder Politik ohne Politiker? 171 ff. 251 M. Tatsuta, J. Comp. Corp. L. & Sec. Reg. 1 (1978) 112; T. A kashi, Colum. L. Rev. 89 (1989) 1301. 252 S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 190; R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 316. 253 S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 190 f. (siehe dort auch in Fn. 43). 254 S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 191; H. Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1301; R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 328.
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von Mittelsmännern, den sog. fikkusâ).255 Nicht zuletzt verdeutliche dies die Verwicklung zahlreicher hochgestellter Politiker in Wirtschaftsskandale während der Nachkriegszeit, bei denen es um dubiose Aktientransaktionen ging wie bspw. dem berühmten Recruit-Cosmos-Fall.256 Vor diesem Hintergrund hätten insbesondere Vertreter namhafter Unternehmen und großer Wertpapierhäuser erfolgreiche Lobbyarbeit betrieben, um die aus ihrer Sicht hinderliche Regelung loszuwerden. 6. Abstraktheit des generellen Verbots unrechtmäßigen Marktverhaltens Als ein entscheidender Faktor für die Wirkungslosigkeit des Insiderhandelsverbots im japanischen Kontext wird im Schrifttum ferner der abstrakte und unpräzise Wortlaut des Art. 58 Abs. 1 BWpHG verantwortlich gemacht.257 Die Problematik liegt in dem Zusammentreffen einer unbestimmten, durch Case Law ausfüllungsbedürftigen Generalklausel aus dem angloamerikanischen Rechtskreis auf ein grundsätzlich durch das Civil Law geprägtes System in Japan. Während in den USA auf Grundlage der Rule 10b-5 die Rechtsprechung das allgemeine Verbot betrügerischer Verhaltensweisen am Kapitalmarkt präzisiert, haben die hierzu entwickelten Theorien in einer Civil-Law-Rechtsordnung einen geringeren Stellenwert. Während in den USA die Reichweite des Insiderbegriffs oder des Insiderhandelsverbots von Fall zu Fall gerichtlich festgestellt werden kann, bedarf es nach der Systematik im Civil-Law-Kontext kompletter Insidergesetze.258 Hinsichtlich der Bestimmtheit der Gesetze und deren Auslegung spielen die charakteristischen Unterschiede zwischen dem Common Law und dem Civil Law in der Tat eine gewisse Rolle. Allerdings dürfen bestehende grundsätzliche Unterschiede nicht im Sinne eines unüberbrückbaren Gegensatzes verstanden werden: Zum einen kennt auch das Common Law – gerade im Bereich des Kapitalmarktrechts – sehr detaillierte Gesetze (statutes). In jüngerer Vergangenheit ist im Common Law zudem eine grundsätzliche Tendenz hin zum Gesetzesrecht zu erkennen.259 Auch ist der Richter in einer Common-Law-Rechtsordnung bei der Auslegung des Wortlauts von Gesetzen nicht völlig frei, sondern an bestehende Grundsätze der Rechtsprechung bzw. den Zweck des Gesetzes gebunden. Dabei hat sich das Common Law dem Civil Law bei den Auslegungstechniken im Laufe der Zeit angenäSiehe hierzu das interessante Interview mit K. Sado (Präsident der SESC), in: O. MurayaHô to keizai no jânaru Asahi Judiciary (2010), abrufbar im Internet auf . 256 H. Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1301. Zu den Hintergründen des Recruit- Falls siehe Y. Tarô, J. Jap. Stud. (1990) 93 ff.; B. R eddies, Der Recruit-Skandal in Japan: Modernisierungskrise einer Wirtschaftsmacht (1989). 257 Ausführlich hierzu in Kapitel 2 ab S. 73 unten. Siehe in der dt. Literatur auch C. K irchner , Zur zentralen Rolle der zivilrechtlichen Sanktionen im Recht des Insiderhandels, 669. 258 K. J. Hopt, ZGR 20 (1991) 28. 259 K. Zweigert/H. Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, 265. 255
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hert.260 Zum anderen erfolgt auch in den kontinentalen Civil-Law-Rechtsordnungen, wie bspw. im deutschen Recht, die Konkretisierung wichtiger Gesetze im erheblichen Maße durch die Rspr., zumal wenn es an entsprechender Regelungen mangelt oder Generalklauseln existieren.261 Dies lässt sich jedenfalls uneingeschränkt für das Zivilrecht (z. B. im Deliktsrecht, Arbeitsrecht) behaupten, während im Bereich des Strafrechts der Auslegung vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes stärker Grenzen gesetzt sind.262 Bezogen auf den Art. 58 Abs. 1 BWpHG kommt der angesprochene Unterschied allerdings vor dem Hintergrund der besonderen Anforderungen im Strafrecht stärker zum Tragen: Das japanische Strafgesetz263 von 1907 (fortan: StG) wurde nach dem Vorbild des deutschen StGB geschaffen. Auch die Dogmatik des materiellen japanischen Strafrechts wurde bereits vor 1907 durch das französische Recht und in der Folge wesentlich vom deutschen Strafrecht geprägt. Aus diesem Grund herrscht im japanischen Strafrecht ebenfalls das Bestimmtheitsgebot als Ausfluss des Gesetzlichkeitsprinzips, wonach in den Straftatbeständen die Handlung und Strafe hinreichend konkret bestimmt sein müssen.264 Zwar wird nach allgemeiner Ansicht im rechtsvergleichenden Schrifttum dem japanischen Strafrecht grundsätzlich bescheinigt, die Vorschriften zeichneten sich durch eine gewisse Abstraktheit und einen tendenziell weiten Auslegungsspielraum aus, den die Rspr. im Einzelfall durchaus flexibel und großzügig ausfülle.265 In Hinblick auf Art. 58 Abs. 1 BWpHG wird jedoch überwiegend eingewandt, dass der Begriff des Insiderhandels nicht klar umrissen werde, da sich aus dem weit gefassten Wortlaut nicht klar ableiten lasse, welche konkreten Handlungen als verbotener Insiderhandel zu verstehen seien.266 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass zu der Zeit, als die Regelungen Sec. 10 (b) Securities Act sowie Rule 10b-5 fast wortgleich in Art. 58 BWpHG übernommen wurden, die Regelungen selbst nicht explizit Insiderhandel untersagten, sondern ein allgemeines Verbot enthielten. Wie vorstehend dargestellt hat sich erst ab den 1960er Jahren in den USA allmählich eine Kasuistik durch die Rechtsprechung herausgebildet, die aber in Japan weder durch die Kapitalmarktaufsicht noch durch die Gerichte aufgegriffen und fruchtbar gemacht wurde. Erforderlich wäre daher nach Ansicht vieler die Entwicklung einer klarstellenden Rechtsprechung zu 260 K. Zweigert/H. Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, 261. 261 Siehe hierzu auch bei K. Zweigert/H. Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, 262 f. 262 Dass auch im Strafrecht die Grenzen der Wortlautauslegung besonders weit gezogen werden können, zeigt sich bspw. anhand der Rspr. zum Gewaltbegriff im Rahmen der Nötigung in § 240 StGB. 263 Keihô, Gesetz Nr. 45/1907 i. d. F. des Gesetzes Nr. 86/2013. 264 K. Yamanaka, Keihô Gaisetsu 1 ‒ Sôron, 39; K. Yamanaka, Strafrechtsdogmatik in der japanischen Risikogesellschaft, 33 ff. 265 K. Yamanaka, Strafrechtsdogmatik in der japanischen Risikogesellschaft, 33, 37 f.; R. H irano, Die Japanisierung im Strafrecht und Strafprozesrecht, 389 f. 266 M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 360 f.
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Art. 58 Abs. 1 BWpHG gewesen. Mangels Verfahren bestand für die Gerichte hierzu allerdings keine Gelegenheit.267 Ohne eine vergleichbare Rechtsfortbildung blieb Art. 58 BWpHG jedoch in seiner ursprünglichen Abstraktheit verhaftet,268 obgleich überwiegende Teile des japanischen Schrifttums schon früh die Auffassung vertraten, dass Art. 58 Abs. 1 BWpHG trotz der Abstraktheit der Vorschrift auf Insiderhandel anwendbar sei.269 Schließlich lasse sich ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch wegen Insiderhandels nach allgemeiner Auffassung ebenfalls nicht auf Art. 58 Abs. 1 BWpHG stützen, da die Vorschrift keinen konkreten Anspruch begründe.270 Mangels spezial gesetzlicher Regelung im BWpHG sei daher ein Schadensersatzanspruch nur unter Rückgriff auf die allgemeine deliktsrechtliche Norm des Art. 709 Zivilgesetz271 (fortan: ZG) denkbar.272 7. Rolle der Staatsanwaltschaft Der Befund, dass die japanische Staatsanwaltschaft bis heute keine Anklage gestützt auf den Art. 58 Abs. 1 BWpHG erhoben hat, steht im direkten Zusammenhang zum weiten und abstrakten Wortlaut der Vorschrift. Die Zurückhaltung der Staatsanwaltschaft ist damit zu begründen, dass dem Wortlaut der Norm nicht hinreichend bestimmt zu entnehmen ist, welche Handlungen strafbar sein sollen.273 Auch fehlte es an richtungsweisenden Präzedenzfällen. Hinzu treten Schwierigkeiten, Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot nachzuweisen, so dass Anklagen zum einen einer intensiven Vorbereitung bedürfen, andererseits mit einer entsprechend größeren Ungewissheit behaftet sind. Da es jedoch – wie an verschiedener Stelle berichtet wird – für das Ansehen und die Karriere eines Staatsanwalts schädlich sein kann, wenn Gerichte dessen Anträgen wiederholt nicht folgen, werden in der Regel nur solche Fälle zur Anklage gebracht, bei denen sich der Staatsanwalt einer Verurteilung sicher ist.274 Aus Sicht der Staatsanwaltschaft mag es daher schlicht zu unsicher gewesen sein, Anklage auf Basis von Art. 58 Abs. 1 BWpHG zu erheben. 267 K.
Yamauchi, RIW (1989) 524. R amseyer, Harvard Law School Discussion Paper No. 705 (2011) 8; S. Osaki, The Evolution of Insider Trading Regulations in Japan, 144. 269 Ausführlich hierzu sowie zum aktuellen Stand der Diskussion zu Art. 157 FBG siehe unten ab S. 73. 270 M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 361 f.; M. Tatsuta, Proxy Regulation, Tender Offers and Insider Trading, 192. 271 Minpô, Gesetz Nr. 89/1896 (Erstes, Zweites und Drittes Buch) sowie Gesetz Nr. 9/1998 (Viertes und Fünftes Buch) i. d. F. des Gesetzes Nr. 94/2013. 272 Zur Möglichkeit, aufgrund von Art. 709 ZG bei Insiderhandel Schadensersatz zu fordern, siehe unten S. 170. 273 S. Osaki, The Evolution of Insider Trading Regulations in Japan, 145. 274 D. T. Johnson, The Japanese Way of Justice: Prosecuting Crime in Japan, 226 f. Ähnlich sehen R amseyer /Nakazato einen Grund für die hohe Anzahl der Verfahrenseinstellungen u. a. in der Arbeitsüberlastung der jap. Staatsanwälte, die sich daher nur auf eindeutige Fälle beschränken, J. M. R amseyer /M. Nakazato, Japanese Law: An Economic Approach, 178 ff. 268 J. M.
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8. Stellungnahme Vermutlich dürfte im Ergebnis das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren dazu geführt haben, dass die Insiderregelung im japanischen Kontext unwirksam blieb. Jedenfalls dürfte allein die Abstraktheit des Wortlauts der Norm dessen Ineffektivität nicht hinreichend erklären. Denn unbestimmte Rechtsbegriffe und auslegungsbedürftige Normen, die erst im Laufe der Zeit eine weitergehende Präzisierung durch die Rechtsprechung erfahren haben, sind in anderen Bereichen des japanischen Rechts nicht unbekannt. Was die Rolle der japanischen Staatsanwaltschaft betrifft, mögen sich zwischen Deutschland und Japan zwar einige grundsätzliche Unterschiede ausmachen lassen. Das Problem der mangelnden Spezialisierung und der begrenzten Ressourcen angesichts teilweise komplexer Sachverhalte im Wirtschaftsstrafrecht ist aber auch hierzulande bekannt und bereits Gegenstand von Reformüberlegungen gewesen. Aber auch die weiteren Faktoren, die wie die damals vorherrschende Wirtschaftsstruktur oder das mangelnde Problembewusstsein der Öffentlichkeit als Ursache für die Unwirksamkeit der rezipierten Regelung angeführt werden, spiegeln letztlich den gänzlich unterschiedlichen soziokulturellen Kontext Japans wider, in den sich die im US-amerikanischen Kontext entstandenen Regeln einfügen sollten. Hinzu tritt die Motivlage der japanischen Regierung, die Regelung nicht aus eigener Überzeugung heraus, sondern als Reaktion auf den äußeren Druck und zur Beschwichtigung des General Headquarters hin zu übernehmen. Die Vorgehensweise, die Regelung schlichtweg eins zu eins aus einer fremden Kultur zu kopieren, mag eine pragmatische Vorgehensweise darstellen, um diesen Zweck zu verwirklichen. Sie bereitete dem legal transplant allerdings eine denkbar schlechte Ausgangslage, so dass die Gefahr der Nichtakzeptanz und Unwirksamkeit der Regelung im neuen Kontext hoch war.275 Der japanische Gesetzgeber ging bei dieser Rechtsrezeption offensichtlich weniger sorgsam vor als bei früheren Übernahmen ausländischen Rechts. Denn das moderne japanische Recht kennt zahllose legal transplants, die jedoch trotz äußeren Drucks aus dem fremden Recht in der Regel nicht bloß kopiert, sondern im Rahmen eines rechtsvergleichenden Prozesses aus unterschiedlichen Rechtsordnungen ausgewählt und an die japanischen Bedürfnisse angepasst wurden.276 Allerdings verfügte das US-amerikanische Kapitalmarktrecht damals als einzige Rechtsordnung über entsprechende Regelungen, so dass Japan bei der Übernahme schon keine weiteren Alternativen offen gestanden hätten. Für das weitere Schicksal der Regelung war der fremde politische Kontext mit entscheidend. Da teilweise Politiker über Verbindungen ins kriminelle Milieu in direkt selbst von Insidertransaktionen profitierten, war auch kein nachhaltiger politischer Wille vorhanden, den Insiderregelungen zu stärkerer Effektivität zu verhelfen. Im Gegenteil, der Abbau flankierender Kontrollmechanismen bald nach der 275 R. G. 276 H.
Small, Emory Int’l L. Rev. 19 (2005) 1436. Baum /M. Bälz, Rechtsentwicklung, Rechtsmentalität, Rechtsumsetzung, Rn. 2.
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Wiedererlangung der Souveränität Japans verdeutlicht, dass der Politik offensichtlich eher daran gelegen war, die übernommenen Instrumente zur Insiderregulierung weiter zu schwächen. Insgesamt stellt die Rule 10b-5 damit ein geeignetes Anschauungsbeispiel für eine Regelung dar, die ohne Rücksicht auf den verschiedenen kulturellen Kontext ins japanische Recht übertragen wurde und schließlich in Bezug auf ihre zugedachte Rolle in der aufnehmenden Rechtsordnung scheiterte. Wie noch im Folgenden dargestellt wird, leisteten die jüngeren Reformen des japanischen Insiderrechts die notwendige Adaption an den Rechtskontext und konnten somit ein effektives transplant zumindest teilweise ermöglichen. III. Reform der Insiderregeln und der Kapitalmarktaufsicht Mit dem Reformgesetz277 vom Mai 1988 wurden neben der weiterhin bestehenden Generalklausel des Art. 58 mit Art. 190-2 und Art. 190-3 (nunmehr Artt. 166, 167 FBG) zwei neue Vorschriften ins BWpHG eingefügt, die ein Insiderhandelsverbot explizit und detailliert regeln. Diese Reform bildete den Grundstein der bis heute vorherrschenden Struktur im japanischen Insiderrecht und wird im Schrifttum teilweise als so fundamental angesehen, dass einige Vertreter278 das Jahr 1988 als den eigentlichen Zeitpunkt der Einführung eines Insiderregimes in Japan erachten. Allerdings diente die Reform des japanischen Insiderrechts im Jahr 1988 in erster Linie dem Ziel, den internationalen Ruf des Finanzplatzes Tokyo zu stärken. Dieser hatte aufgrund diverser Insiderskandale und Fälle von Marktmanipulationen erheblich gelitten. Tatsächlich dauerte es dann noch weitere Jahre, bis die Reformen wirklich griffen und Fälle von Insiderhandel tatsächlich geahndet wurden. 1. Hintergrund und zeitliche Einordnung der Reform Während der 1980er Jahre hatte der Finanzplatz Tokyo enorm an Bedeutung zugenommen und zählte mit New York und London nicht nur zu den drei wichtigsten Börsenplätzen der Welt, sondern stieg sogar zur größten Börse der Welt nach Marktkapitalisierung auf.279 Vom wirtschaftlichen Boom angezogen traten mit fortschreitender Internationalisierung auf dem Finanzplatz Tokyo vermehrt auch ausländische Investoren auf, und der Anteil gehandelter ausländischer Aktien stieg. Mit den ausländischen Investoren drang jedoch ein neuer Typus Anleger auf den japanischen Markt, der sich nicht in die Strukturen des etablierten Machtgefüges zwischen Politik, Finanzbürokratie und professionellen Marktteilnehmern einfügte, sondern rein profitorientiert agierte. Mit dem zunehmend internationalen Anlegerpublikum wandelte sich die Erwartungshaltung an die Marktbedingungen. Zudem 277 Shôken torihiki-hô no ichibu o kaisei suru hôritsu (Gesetz zur Teilreform des BWpHG), Gesetz Nr. 75 vom 31.5.1988. In Kraft getreten sind die neuen Regelungen in Teilen zum 1.10.1988 sowie zum 1.4.1989, K. Asada, Strafwürdigkeit von Insiderhandeln in Japan, 249. 278 Stellvertretend für viele M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 313 f. 279 C. P. Wells, Financial Service and Regulation, 553.
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offenbarte der Kontakt mit internationalen Märkten bestehende Regelungsdefizite, da in diesen Ländern, allen voran in den USA und in Großbritannien, Insiderhandelsverbote zu diesem Zeitpunkt bereits existierten und Fälle von Insiderhandel auch verfolgt wurden. Vor diesem Hintergrund ergab sich für Japan zum einen die Notwendigkeit, mit dem internationalen Trend hin zu einem gesetzlichen Verbot des Insiderhandels schrittzuhalten.280 Maßgeblichen Reformdruck übte zum anderen die massive Kritik der ausländischen Presse aus, die unfaire Marktbedingungen anprangerte und damit den Ruf des Finanzplatzes Tokyo ernsthaft gefährdete. Während in den USA jährlich immerhin an die dreißig bis vierzig Insiderfälle geahndet wurden, waren es in Japan keine einzigen.281 Bezeichnenderweise stammt aus dieser Zeit der Ausspruch, Japans Kapitalmarkt sei ein „Paradies für Insider“ (insaidâ tengoku).282 Die teilweise harsche Reaktion im Ausland war insbesondere offensichtlichen Insiderskandalen geschuldet, von denen der japanische Kapitalmarkt in den 1980er Jahren überschattet wurde. Neben dem bereits angesprochenen Recruit-Cosmos-Skandal, der zu einer Reihe von Rücktritten zahlreicher bedeutender Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft führte, stellte vor allem der Tateho-Skandal aus dem Jahre 1987 ein Schlüsselereignis und zugleich Anstoß für eine entschlossene Umsetzung der Reformen dar:283 Das an der Börse Osaka notierte Chemieunternehmen Tateho Kagaku Kôgyô K. K. hatte durch ein Termingeschäft mit Staatsanleihen einen ruinösen Verlust von etwa 24 Milliarden Yen erlitten.284 Aus diesem Grund berief das Tateho-Management am 31. August 1987 eine interne Konferenz ein und informierte die Gläubigerbanken über das verheerende Defizit. Am darauffolgenden Tag – und damit noch einen Tag vor der öffentlichen Bekanntmachung zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens – stieß die größte Gläubigerbank Hanshin Sôgô sämtliche von ihr gehaltenen Tateho-Aktien ab und konnte so Verluste durch den anschließenden Kurssturz minimieren.285 Die Börse Osaka untersuchte den Fall und kam zu dem Schluss, dass sich für das Ausnutzen von Insiderinformationen bei der Transaktion kein sicherer Beweis führen lasse, obgleich das Vorgehen „zumindest Missverständnisse“ hervorrufen kön280 H.
Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1285; T. Numata, in: H. K imeda /NishiAsahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 4 f. 281 A. Takeuchi, Shôji Hômu 1142 (1988) 3 282 A. Takeuchi, Shôji Hômu 1142 (1988) 3. 283 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 2 ff.; S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 2 f.; H. Baum, ZJapanR 5 (1998) 19 ff.; H. Baum, WM Sonderbeilage Nr. 4 (1989) 18; I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin torihiki-hô tokuhon, 15; Ausführlich ferner R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 330; K. Yamauchi, RIW (1989) 523: Weitere aufsehenerregende Insiderskandale dieser Zeit waren die Fälle Shin-Nippon Steel sowie der Kaneju Shôken. 284 Die Angaben zur Höhe der Verluste variieren teilweise nach den Quellen. 285 Daneben hatten noch in der Zeit vor der Konferenz mehrere hochrangige Verwaltungsmitglieder von Tateho Aktien aus ihren Beständen veräußert, S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 195. mura
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ne.286 Trotz erheblicher Verdachtsmomente wurde somit kein straf- oder zivilrechtliches Verfahren gegen Beteiligte auf Seiten der Bank angestrebt, um sie wegen Insiderhandels zur Verantwortung zu ziehen. Der Tateho-Skandal und die Resonanz in der nationalen wie auch internationalen Presse führten letztlich dazu, dass die Problematik des Insiderhandels in der japanischen Öffentlichkeit erstmals breitere Aufmerksamkeit erlangte und zugleich Kritik an der bestehenden Regelung hervorrief.287 Da infolge des aufkommenden Trends zur Auflösung wechselseitiger Beteiligungen und Finanzierung über den Kapitalmarkt die Anzahl inländischer Anleger – neben institutionellen Anlegern vor allem auch Individualanleger – zunahm, wuchs zugleich die Forderung nach einem fairen und gesunden Kapitalmarkt.288 Unter dem Eindruck der ausländischen Kritik und der sich gewandelten inländischen öffentlichen Meinung reagierte das Finanzministerium und betraute im Oktober 1987 den Finanzberatungsausschuss (Kin’yû Shingi-kai) sowie eine von diesem eingesetzte Sonderexpertengruppe (Fu-kôsei Torihiki Tokubetsu Bukai) mit der Aufgabe, eine Stellungnahme zu den geltenden Regelungen zum Insiderhandel auszuarbeiten. Nach Abschluss der Beratungssitzungen, zu denen auch Experten aus der Finanzwelt hinzugezogen wurden, legte der Ausschuss im Februar 1988 seinen Bericht dem Finanzmister vor.289 Darin bekräftigte der Ausschuss die Bedeutung von Fairness und Vertrauen für einen funktionierenden Markt und sprach sich für eine sofortige Regulierung von Insiderhandel aus.290 Weiterhin wurden beispielhaft Insiderregelungen verschiedener Staaten, darunter der USA, Großbritanniens, Frankreichs sowie in Bezug auf die (damaligen) deutschen Selbstregulierung der Börsen zum Insiderhandel ausgewertet.291 Der Bericht sah eine ganze Reihe konkreter Vorschläge zur Reform des bestehenden Insiderrechts vor und diente schließlich als Grundlage für den Gesetzesentwurf des Finanzministeriums vom Frühjahr 1988.292 Die Reform beschränkte sich nicht bloß auf die Änderungen zum Insiderrecht; diese waren vielmehr Teil eines Reformpakets zum BWpHG, das darüber 286 „[…] sukunakutomo gokai o maneku yô na torihiki“, zitiert nach A. Takeuchi, Shôji Hômu 1142 (1988) 2 f.; Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 3 (dort in Fn. 2); S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 3. „Daishô, Tateho kabu hanbai no chôsa de danwa happyô“ [Börse Ôsaka veröffentlicht Kommentar zur Untersuchung des Aktienverkaufs von Tateho], Asahi Shinbun, 10.6.1987, 1 (Morgenausgabe). 287 S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 196. 288 Hierzu sogleich Näheres. T. Numata, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 4 f. 289 Der Bericht ist abgedruckt in der Zeitschrift Ekonomisuto vom 8. März 1988, 52‒56. 290 R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 331. 291 Shôken Torihiki Shingi-kai, Ekonomisuto (1988) 53; siehe auch S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 194; R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 331; T. A kashi, Colum. L. Rev. 89 (1989) 1303. 292 Ausführlich hierzu Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 4 ff. Siehe ebenso A. Takeuchi, Shôji Hômu 1142 (1988) 2 ff.; T. Numata, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 5.
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hinaus auch Änderungen zur Unternehmenspublizität sowie die Zulassung bestimmter Termingeschäfte (financial futures) enthielt. Die Vorgehensweise, die Änderungen zum Insiderrecht gemeinsam mit weiteren Reformen zu verabschieden, wird mit politischen Motiven erklärt.293 Obgleich der eingesetzte Finanzberatungsausschuss in seinem Bericht nunmehr einen fairen und vertrauensvollen Kapitalmarkt verfocht, bleibt festzuhalten, dass die Reform des BWpHG von 1988 maßgeblich aufgrund äußeren Drucks eingeleitet wurde, ähnlich wie bei Übernahme der kapitalmarktrechtlichen Regelungen aus dem US-amerikanischen Recht während der Besatzungszeit; allerdings mit dem Unterschied, dass – wie oftmals in den 1980er Jahren – in diesem Fall ein größerer Skandal konkreter Anlass für die Reaktionen in der Öffentlichkeit und damit den Druck auf den Gesetzgeber war.294 Kritisiert wurde daher, der japanische Gesetzgeber habe mit der Umsetzung der Reform vorwiegend gehandelt, um seine Kritiker ruhigzustellen.295 Dass mit der Reform des materiellen Rechts nicht zugleich eine unabhängige Finanzmarktaufsicht geschaffen wurde, spricht jedenfalls für diese Vermutung.296 Zugleich dürften die Geschehnisse wie insbesondere der Tateho- Skandal dem Gesetzgeber vor Augen geführt haben, dass die Problematik des In siderhandels entschiedener angegangen werden musste.297 Unter diesem Gesichtspunkt war die Reform auch einem inneren Druck (naiatsu) geschuldet.298 2. Wirtschaftskrise und regulatorischer Wandel Die Reform des japanischen Insiderrechts im Jahr 1988 stellt eine Maßnahme dar, mit der der Gesetzgeber auf den sich abzeichnenden Wandel an den internationalen Kapitalmärkten, der mit stärkerer globaler Vernetzung einherging, zu reagieren versuchte. Dabei sollte jedoch in erster Linie der internationale Ruf des Finanzplatzes Tokyo gestärkt werden. Erst als sich auch der Kontext der Regelungen durch einen tiefgreifenden regulatorischen Wandel zu ändern begann, mit dem der japanische Gesetzgeber auf die Ursachen und Folgen einer andauernden Wirtschaftskrise Ende der 1990er Jahre reagierte, gewann auch das japanische Insiderrecht an Effektivität.
293 T.
A kashi, Colum. L. Rev. 89 (1989) 1303. Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1284. 295 Small verwendet hierfür den passenden Ausdruck „tatemae revisited“, R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 336. 296 Zur Neuordnung der Finanzmarktaufsicht siehe S. 62 ff. unten. 297 R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 336. 298 Aufschlussreich zu den Beweggründen des Reformgesetzes ist ferner das 15. Sitzungsprotokoll des Finanausschusses des japanischen Unterhauses vom 11. Mai 1988 (Shûgi’in ôkura i’in kaigi-roku), S. 6 ff., abzurufen unter . 294 H.
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a) Änderung der Beteiligungsstruktur und Bedeutungszunahme des Kapitalmarkts infolge der Wirtschaftskrise Das über Jahrzehnte erfolgreiche Wirtschafts- und Regulierungsmodell (auch Kapitalismus japanischen Typs genannt)299 hatte Japans spektakulären Aufstieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde ermöglicht – eine Leistung, der zahlreiche Stimmen im Ausland lobende Anerkennung zollten.300 Die Kehrtwende kam zu Beginn der 1990er Jahre, als mit dem Zusammenbruch der spekulativ überhitzten Wirtschaft eine strukturell bedingte Wirtschaftskrise einsetzte, die Japan langfristig lähmte und deren Folgen trotz ehrgeiziger Reformanstrengungen bis heute nicht gänzlich überwunden sind. In dieser auch als verlorene Dekade (ushinawareta jûnen) bezeichneten Phase führte der Wettbewerb der Regulierungssysteme zu einem Paradigmenwechsel und zu tiefgreifenden strukturellen Reformen. Ihren Anfang nahm die Krise mit dem Platzen einer Spekulationsblase (baburu). Nachdem Japan lange Zeit seinen Markt erfolgreich gegenüber ausländischen Investoren abgeschottet hatte, forderten vor dem Hintergrund wachsender Leistungsbilanzüberschüsse Japans Handelspartner zunehmend eine Marktöffnung und eine Stärkung des heimischen Konsums.301 Als die japanische Regierung dem wachsenden Druck von außen (gaiatsu) nachkam, wurde durch Konjunkturpakete in beispielloser Höhe zur Ankurbelung der Binnennachfrage und einer Niedrigzinspolitik unter der Regierung Nakasone der Inlandsmarkt Ende der 1980er Jahre mit billigem Geld geflutet.302 Die übermäßigen finanziellen Mittel flossen größtenteils in Aktien und heizten exzessive, größtenteils kreditfinanzierte Immobiliengeschäfte an, wodurch die Aktien- und Immobilienpreise spekulativ in die Höhe schnellten.303 Als schließlich zu Beginn des Jahres 1990 nach einer Zinserhöhung der Bank of Japan die Aktienkurse und in der Folge auch die Immobilienpreise dramatisch einbrachen, waren die Bilanzen der Unternehmen mit Wertverlusten im erheblichen Umfang belastet.304 Der finanzielle Schock zog eine Welle an Unternehmensinsolvenzen nach sich, deren Auswirkung unmittelbar auf den Bankensektor übergriff, 299 I.
K awamoto, et al., Nihon no kaisha-hô, 35 ff.: „Nihon-gata shihon shugi“. Der wirtschaftliche Aufstieg Japans übte zur damaligen Zeit eine Vorbildfunktion aus, die in diversen Werken thematisiert wurde, bspw. von E. Vogel, Japan as Number One: Lessons for America (1999). 301 Vor dem Hintergrund des wachsenden amerikanischen Außenhandelsdefizites sollte nach dem sog. Plaza-Abkommen von 1985 der Dollar gegenüber dem Yen abgewertet werden, I. K awamoto, et al., Nihon no kaisha-hô, 39; siehe auch bei H. Baum, RabelsZ 64 (2000) 645; C. P. Wells, Financial Service and Regulation, 552. 302 Zu den Hintergründen siehe I. K awamoto, et al., Nihon no kaisha-hô, 39: Die Bildung der Spekulationsblase wurde durch eine 1985 eingeleitete Niedrigzinspolitik ausgelöst, mit der die Bank of Japan die starke Aufwertung des Yen und den Rückgang der Exporte zu bremsen versuchte. 303 D. Flath, The Japanese Economy, 315; R. K atz, Japanese Phoenix, 92; I. K awamoto, et al., Nihon no kaisha-hô, 39 f. 304 I. K awamoto, et al., Nihon no kaisha-hô, 41; M. Bälz, Die Spaltung im japanischen Gesellschaftsrecht, 24. 300
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Erstes Kapitel: Grundlagen
die während der Hochkonjunkturphase im festen Vertrauen auf weiter steigende Immobilienpreise („Grundstücksmythos“ tochi shinwa)305 großzügig immobiliengesicherte Kredite an die Unternehmen vergeben hatten. Das Ausmaß notleidender Kredite führte zum Zusammenbruch einer Reihe großer und mittlerer Banken und Wertpapierhäuser.306 Die Entwicklung spitzte sich so weit zu, dass zeitweise sogar ein Kollaps des gesamten japanischen Finanzsystems drohte.307 Die angeschlagenen Banken hielten sich in der Folge mit der Vergabe neuer bzw. der Verlängerung alter Kredite stark zurück. Die hieraus resultierende Kreditverknappung traf kleine und mittlere Unternehmen im Kern.308 Im weiteren Verlauf der Krise führte diese Entwicklung zu einem substantiellen Umbruch der Unternehmenslandschaft und deren Beteiligungsstrukturen: Angesichts der eingetretenen Kreditknappheit mussten sich die Unternehmen alternative Finanzierungsmöglichkeiten erschließen, wodurch das tradierte System der indirekten Finanzierung über Banken zu erodieren begann zugunsten einer verstärkten Finanzierung über den Kapitalmarkt. Zugleich begann sich die herkömmliche Funktion der Banken als Hausbank im Zentrum einer keiretsu-Gruppe zu wandeln: Angesichts hoher Abschreibungen in den Bilanzen und schwindender Eigenkapitalmittel waren sie gezwungen, langfristige Kapitalverflechtungen zu lösen und vermehrt Kapitalbeteiligungen abzustoßen.309 In der Summe führte dies zu einem Wandel der Aktionärsstruktur, mit dem ein starker Rückgang der Beteiligung von Banken und Versicherungen an Unternehmen und gleichzeitig ein Anstieg des ausländischen Aktienbesitzes einhergingen.310 Stellte das Platzen der Spekulationsblase nur den Auftakt zur wirtschaftlichen Misere dar, ist deren zugrunde liegende Hauptursache strukturell bedingt. Außerhalb des abgeschotteten japanischen Markts setzte seit Mitte der 1970er Jahre mit dem Aufkommen der Globalisierung ein tiefgreifender Wandel an den internationalen Kapitalmärkten ein,311 der zunächst in den USA und später auch in Großbritannien eine Deregulierungswelle nach sich zog.312 Es zeigte sich, dass Japans einst so erfolgreiches Modell einer bürokratiegesteuerten Wirtschaftsverfassung den Herausforderungen eines sich rasant wandelnden Marktumfelds nicht gewachsen war. Zugleich drängten Japans Handelspartner, darunter allen voran die USA, auf den Abbau von Handelsbarrieren. Mit den ersten begrenzten Marktöffnungen bekam 305 I.
K awamoto, et al., Nihon no kaisha-hô, 40. Flath, The Japanese Economy, 315. 307 H. Baum, RabelsZ 64 (2000) 648. 308 H. Baum, RabelsZ 64 (2000) 648; M. Bälz, Die Spaltung im japanischen Gesellschaftsrecht, 25. 309 I. K awamoto, et al., Nihon no kaisha-hô, 44; M. Bälz, Die Spaltung im japanischen Gesellschaftsrecht, 25 f.; U. S. Eisele, Holdinggesellschaften in Japan, 79 ff. 310 H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 2; Nihon Shôken K eizai K enkyû-jo [Japan Securities R esearch Institute], Securities Market in Japan: 2014, 4 f. 311 Siehe hierzu H. Baum, ZJapanR 4 (1997) 3 f. 312 H. Baum, RabelsZ 64 (2000) 635. 306 D.
B. Historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts
59
Japan nicht nur zunehmend die Konkurrenz seiner wirtschaftlich aufstrebenden Nachbarn, sondern vor allem die Dynamik eines globalen Regulierungswettbewerbs der Kapitalmärkte voll zu spüren. In einem neueren discussion paper vertritt Ramseyer hingegen die These, dass gerade der Erlass der detaillierten Insiderhandelsverbote 1988 möglicherweise den anschließenden Zusammenbruch des japanischen Aktienmarkts ausgelöst habe. Japan könne somit nicht als ein Beispiel dafür herhalten, dass mit der Einführung eines Insiderregimes die Integrität und Funk tionsfähigkeit des Markts gestärkt würden.313 Neben den äußeren Druck in Richtung Marktöffnung (gaiatsu) trat zunehmend der innere Druck zur Reform (naiatsu): Es wuchs die Einsicht, dass mit einzelnen Teilreformen die verkrusteten Strukturen einer schwerfälligen und institutionell überholten Regulierungsarchitektur nicht zu beseitigen und die Kräfte der japanischen Wirtschaft damit dauerhaft gefesselt sein würden. Unter dem Eindruck, dass die Krise nur mit einem durchgreifenden Systemwechsel zu bewältigen sei, leitete die japanische Regierung Reformschritte ein mit dem Ziel einer stärker marktorientierten Wirtschaftsverfassung mittels gesamtwirtschaftlicher Deregulierung (kisei kanwa).314 Der Wandel des Regulierungsregimes vollzog sich grob über drei Phasen. Den eigentlichen, an den Systemstrukturen ansetzenden Reformen waren ab Mitte der 1980er Jahre punktuelle Reformen in Teilbereichen vorausgegangen.315 Es schloss sich eine erste große Reform Mitte der 1990er Jahre an. Schließlich wurde in den Jahren 1997/98 ein weiteres umfangreiches Reformprogramm zur De- und Reregulierung aufgelegt (in Anlehnung an die Entwicklung in Großbritannien von 1986 wird dies auch als „Japans financial Big Bang“ bezeichnet). In der Gesamtschau lassen sich drei zentrale Bereiche unterscheiden, auf die die Strukturreformen in den 1990er Jahren abzielten: erstens eine Reform der Finanzmarktregulierung, zweitens eine Reform des Unternehmensrechts mit dem Ziel einer stärkeren Flexibilisierung, drittens eine Reform des Justizwesens und der Juristenausbildung, die der Wandel von einer durch paternalistische Vorabkoordinierung gekennzeichneten Gesellschaft hin zu einer nachgeordneten gerichtlichen Kontrolle erforderlich machte.316
313 J. M. R amseyer , Harvard Law School Discussion Paper No.705 (2011) 14: „Yet asset prices fall. I do not know why they fell, but I know that the insider trading ban took effect in 1989. The market collapsed the next year and – 20 years later – has yet to recover. If insider trading bans help assure investors of the integrity of the market, Japan offers no evidence of the phenomenon. If Insider trading bans help insure the growth of the market, Japan provides no evidence either.“ 314 H. Baum, Japans zögerlicher Weg zu einem Markt für Unternehmenskontrolle, 326 f. 315 Hierzu ausführlich H. Baum, WM Sonderbeilage Nr. 4 (1989) 1‒24. 316 H. Baum, Japans zögerlicher Weg zu einem Markt für Unternehmenskontrolle, 327.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
b) Weitergehende Reformen der Insiderregeln Der angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung angestoßene dynamische Reformprozess in den 1990er Jahren brachte auch tiefgreifende Veränderungen für das japanische Insiderrecht. Lässt sich bis dahin mit guten Gründen argumentieren, mit ihrer Reform der Insiderregelung von 1988 habe die japanische Regierung erneut vor allem eine symbolische Politik betreiben wollen, mag dies nicht für die anschließende schrittweisen Anpassungen gelten, durch die der Anwendungsbereich der Vorschriften erweitert und die angedrohten Strafen verschärft wurden. Die stetigen Verbesserungen der Regelungen verdeutlichen, dass der Gesetzgeber angesichts einer ökonomischen Krisensituation, die der Lage in den USA der 1930er Jahre nicht gänzlich unähnlich war, ganz offensichtlich ein echtes Interesse an einem effektiven System der Insiderregelung entwickelt hatte. Erst dieser veränderte Kontext machte es auch aus Sicht der japanischen Regierung erforderlich, die Regulierung des Insiderhandels energischer anzugehen und den übernommenen Regelungen zu größerer Schlagkraft zu verhelfen.317 Im Folgenden sollen exemplarisch einige dieser wichtigen Änderungen der Insiderregelungen dargestellt werden.318 Da die zentralen Vorschriften trotz zwischenzeitlicher Reformen bis heute in ihren Grundstrukturen unverändert geblieben sind 319 und in den nachfolgenden Kapiteln näher vorgestellt werden, soll hier nur ein grober Überblick über den historischen Hintergrund gegeben werden. Ein wesentlicher Bestandteil der Reform von 1988 war die zuvor bereits angesprochene Einführung detaillierter Verbotsvorschriften zum Insiderhandel (Art. 190-2 und Art. 190-3, nunmehr Artt. 166, 167 FBG). Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem abstrakten und unscharfen Tatbestand der Generalklausel des Art. 58 BWpHG wurde bei Abfassung der Vorschriften der Artt. 190-2, 190-3 BWpHG besonders Wert darauf gelegt, die verbotenen Handlungen sowie die Rechtsfolgen präzise und klar festzulegen.320 Daher wurden die von den Verbotsnormen erfassten Personen, Wertpapiere und Informationen nunmehr in einer kasuistischen Auflistung erfasst.321 Mit einer klaren Festlegung, wer in Kenntnis welcher Tatsache wann eine verbotene Handlung begeht, sollte insbesondere den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes Rechnung getragen werden.322 Eine wichtige Maßnahme zur Stärkung des Insiderrechts stellte die Wiedereinführung der Berichtspflichten nach Art. 188 BWpHG dar (nunmehr Art. 163 Abs. 1 FBG), wonach Großaktionäre sowie leitende Mitarbeiter Eigengeschäfte in Wertpa317 R.
Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 337, 350. eine detaillierte Übersicht siehe bspw. M. H ayakawa, RabelsZ 54 (1990) 276 ff.; M. H ayakawa, RabelsZ 54 (1990) 524 ff.; S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 198 ff. 319 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 3. 320 Zum allgemeinen Reformziel, präzise und transparente Regeln zu schaffen (rûru no meikaku-ka – tômei-ka), M. K awamura, Kin’yû shôhin torihiki-hô, 5. 321 H. Baum, ZJapanR 5 (1998) 25. 322 I. K awamoto/Y. Ôtake, Kin’yû shôhin torihiki-hô tokuhon, 16. 318 Für
B. Historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts
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piere des betreffenden Unternehmens gegenüber dem Finanzministerium mitteilen mussten. Wie bereits oben dargestellt, stellte die Abschaffung der Berichtspflichten im Jahre 1953 eine grundsätzliche Schwächung der präventiven Maßnahmen gegen Insiderhandel dar, weil infolgedessen Art. 189 BWpHG (nunmehr Art. 164 Abs. 1 FBG), wonach Gewinne aus Eigengeschäften innerhalb einer sechsmonatigen Spekulationsfrist (short-swing profits) an die Gesellschaft abzuführen waren, ins Leere lief. Der damaligen Begründung für die Abschaffung, Art. 188 BWpHG sei ineffizient, da die Berichte ohnehin nur intern im Finanzministerium verblieben und nicht an die Gesellschaft oder deren Aktionäre weitergeleitet würden, wurde im Rahmen der Neufassung des Art. 188 BWpHG Rechnung getragen: Demnach konnte das Finanzministerium nun überprüfen, ob ein Insidergeschäft vorlag, und den Betroffenen auffordern, die Gewinne aus der Transaktion an das Unternehmen abzuführen. Kam der Betroffene dieser Aufforderung nicht nach, übermittelte das Finanzministerium den Bericht an das Unternehmen sowie dessen Aktionäre, die wiederum ihrerseits Herausgabe verlangen konnten. Sollte das Unternehmen nicht innerhalb einer Frist von dreißig Tagen einem Herausgabeverlangen seitens der Aktionäre nachgekommen sein und seinen Anspruch gegenüber dem Profiteur geltend gemacht haben, konnten die Aktionäre ihrerseits den Anspruch des Unternehmens klageweise durchsetzen (nunmehr beträgt die Frist sechzig Tage, Art. 164 Abs. 2 FBG).323 Die Vorgehensweise folgte dabei weitgehend dem Konzept der gesellschaftsrechtlichen Aktionärsklage (nunmehr nach Artt. 429, 847 GesG), bei der Aktionäre einen Anspruch stellvertretend für das Unternehmen stellen können.324 Der Gegenstand der Transaktionen in Art. 189 BWpHG wurde zudem im Rahmen der Reform auf Wandelanleihen und andere Wertpapiere erweitert.325 Als eine weitere Maßnahme im Rahmen der Reform von 1988 wurden die Untersuchungsbefugnisse des Finanzministeriums erweitert. Bislang war es dem Ministerium verwehrt gewesen, sich direkt an die Unternehmen zu wenden. Nach Art. 154 BWpHG hatte das Ministerium nun das Recht, bei börsennotierten Unternehmen die Herausgabe von Unterlagen zu verlangen, um zu überprüfen, ob die Börse ihren Aufsichtspflichten nachgekommen war.326 Trotz eines positiven Grundtenors zur Reform des japanischen Insiderrechts von 1988 wurde im Einzelnen kritisiert, dass die Insiderregeln noch einige Schwachpunkte und Lücken aufwiesen.327 Einige dieser Kritikpunkte wurden im Rahmen
323 H.
Baum, WM Sonderbeilage Nr. 4 (1989) 19. auf S. 178 f. Allerdings bestehen hinsichtlich einzelner Klagevoraussetzungen Unterschiede zur Aktionärsklage, siehe hierzu M. Nakahigashi, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 78 f. 325 K. Yamauchi, RIW (1989) 526. 326 H. Baum, WM Sonderbeilage Nr. 4 (1989) 19. 327 H. Baum, WM Sonderbeilage Nr. 4 (1989) 19; H. Baum, ZJapanR 5 (1998) 26; S. S. Lu, Colum. Bus. L. Rev. (1991) 238. 324 Näheres
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Erstes Kapitel: Grundlagen
späterer Reformen aufgegriffen.328 Auf diese Weise erfolgten eine schrittweise Präzisierung und eine gleichzeitige Verschärfung der Regelungen. Reformen der jüngeren Zeit betrafen schließlich die Systematik des Gesetzes (bspw. wurden durch Reform von 1992 u. a. die Vorschriften des Gesetzes neu durchnummeriert), ferner wurde schrittweise der Anwendungsbereich der Insiderregeln erweitert (bspw. die Einbeziehung des Handels von Wertpapieren im Freiverkehr (over the counter trading), die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf weitere Personen) und überdies brachten sie auf der Rechtsfolgenseite eine Erhöhung der Strafen und die Einführung bzw. die spätere Erhöhung einer administrativen Geldsanktion. Im Jahre 2007 wurde das BWpHG schließlich in FBG umbenannt und als Gesetz neu erlassen.329 c) Neuordnung der Kapitalmarktaufsicht Ein wesentlicher Aspekt bei der Entwicklung hin zu einem effizienten Insiderrecht stellt die Reform der japanischen Kapitalmarktaufsicht dar. Deren Neuausrichtung wurde nicht durch eine durchgreifende Änderung, sondern ebenfalls durch einen Wandel über mehrere Jahre vollzogen. Gekennzeichnet ist dieser Prozess durch eine schrittweise Loslösung vom übermächtigen Finanzministerium, dem bis dahin zentral die Aufsichtsbefugnisse über den gesamten Finanzmarkt zustanden, hin zu einer unabhängigen, ex post regulierenden Behörde. Auch dies sei hier knapp zitiert.330 Den Beginn dieser Neuordnung der Architektur der Kapitalmarktaufsicht markiert die Teilreform des BWpHG von 1988, durch die, wie soeben dargelegt, die Aufsichts- und Kontrollkompetenzen des Finanzministeriums erweitert wurden. Den ersten Schritt in Richtung einer strukturellen Veränderung stellte die Gründung der Securities and Exchange Surveillance Commission (Shôken Torihiki-tô Kanshi I’in-kai, fortan: SESC) im Jahre 1992 dar. Trotzdem ist diese Maßnahme einschränkend wiederum nur als eine vordergründige Veränderung zu bewerten, weil die SESC damals nur als eine teilweise vom Finanzministerium unabhängige Behörde ausgestaltet wurde und zudem nicht ermächtigt war, selbständig Sanktionen zu verhängen.331 Die Erosion der Machtfülle des Finanzministeriums beschleunigte sich jedoch in der Folge unter dem Eindruck der sog. jûsen-Krise 1995.332 Bei diesem Vorfall 328 Für einen Überblick der Reformen im Einzelnen siehe K. Asada, Strafwürdigkeit von Insiderhandeln in Japan, 250; S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 3 ff. 329 Näheres bei H. Oda, ZJapanR 24 (2007) 5 ff. 330 Zur gegenwärtigen Regulierungsarchitektur siehe auf S. 154 ff. 331 So kritisch H. Baum, RabelsZ 64 (2000) 636 (dort in Fn. 12); andere Akzentuierung bei H. Aoki, ZJapanR 12 (2001) 102: „Though the SESC is functionally located as a branch of the MOF (1992‒98) or the old FSA (1998‒2000, 2000 to now), the SESC has conducted its mission independently.“ 332 Zu den Hintergründen der jûsen-Krise ausführlich H. Baum, Börsen- und Kapitalmarktrecht in Japan, 1286 f.; O. K liesow, ZJapanR 2 (1996) 59 ff.
B. Historische Entwicklung des japanischen Insiderrechts
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mussten mit einer immensen Summe an Steuergeldern nicht ausreichend besicherte und nun notleidende Kredite der sog. jûsen-Finanzunternehmen333 liquidiert werden, die diese zu Zeiten der Hochwachstumsphase angehäuft hatten. Die jûsen-Krise löste damals erneut eine öffentliche Diskussion aus, die sich mit ihrer Kritik vor allem gegen die unkontrollierte Machtfülle des Finanzministeriums richtete.334 Gefordert wurde unter anderem eine Beschränkung der Machtfülle des Ministeriums durch einen Bruch mit den bisherigen regulatorischen Strukturen. Hierzu sollte das Aufsichtswesen neu organisiert und aus dem Finanzministerium ausgegliedert werden.335 Die Umsetzung dieses Ansatzes erfolgte im Jahre 1998 mit der Gründung der Financial Supervisory Agency (Kin’yû Kantoku-chô, „frühere“ FSA). Sie war als eine externe Abteilung direkt dem Kabinettsbüro des Premierministers unterstellt und sollte insbesondere den angestrebten regulatorischen Wandel weg von einer ermessensgesteuerten Ex-ante-Kontrolle zu einer effizienten Ex-post-Kontrolle überwachen.336 Die bereits bestehende SESC wurde in der Folge ebenfalls aus dem Finanzministerium ausgegliedert und als eine Abteilung mit Aufsichtsbefugnissen über den Kapitalmarkt in die neue FSA eingegliedert.337 Nach weiteren Zwischenschritten338 wurde der Wandel hin zu einer unabhängigen Aufsichtsbehörde schließlich zum Jahresanfang 2001 vollendet. Vorangegangen war eine Aufspaltung des Finanzministeriums in einen Teil, dem der Bereich aller Haushaltsangelegenheiten oblag („neues“ Finanzministerium, Zaimu-shô), und einem neuen Aufsichtsamt für Finanzdienstleistungen („neue“ FSA, Kin’yûchô, fortan mit FSA bezeichnet). Im Zuge dessen wurde die frühere FSA von 1998 durch die neue FSA abgelöst.339 Der damit einhergehende regulatorische Umbruch spiegelt sich auch in der Änderung der Behördenbezeichnung von Financial Supervisory Agency zu Financial Service Agency.340 Insgesamt zeigt sich im Bereich der Kapitalmarktaufsicht eine Parallele zur Entwicklung der materiellen Insiderregeln insofern, als ein zunächst nur schleppend eingeleiteter Reformprozess ebenfalls durch Skandale, die bestehende Schwächen
333 Bei den jûsen-Finanzunternehmen ( jûsen ist die Kurzform von jûtaku kin’yû senmon kaisha) handelte es sich um acht in den 1970er Jahren von Banken gegründete Tochtergesellschaften, deren Geschäftsfeld ursprünglich in der Immobilienfinanzierung von Privatpersonen bestand, sich später aber hauptsächlich auf den gewerblichen Bereich verlagerte. Ausführlich hierzu O. K liesow, ZJapanR 2 (1996) 59 ff. 334 H. Baum, ZJapanR 4 (1997) 5 f. 335 H. Aoki, ZJapanR 12 (2001) 101 f. 336 H. Baum, RabelsZ 64 (2000) 656. 337 C. P. Wells, Financial Service and Regulation, 567; H. Aoki, ZJapanR 12 (2001) 102. Zur Geschichte siehe ferner die Informationen auf der Internetseite der SESC auf . 338 Im Detail siehe hierzu H. Aoki, ZJapanR 12 (2001) 102 f. 339 H. Aoki, ZJapanR 16 (2003) 15 f. 340 H. Aoki, ZJapanR 12 (2001) 103.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
des bisherigen Regulierungsregimes verdeutlichten, und unter dem Eindruck der öffentlichen Kritik erheblich an Fahrt gewann.341
C. Zusammenfassung Regelungen gegen marktbetrügerische Verhaltensweisen wurden zuerst im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht in den 1930er Jahren im Rahmen der New-Deal-Politik eingeführt. Die zentralen Vorschriften stellten Sec. 10 (b) Securities Exchange Act sowie die hierzu von der SEC erlassene Rule 10b-5 dar, auf deren Grundlage eine ausgefeilte Rechtsprechung im Laufe der Jahre Theorien zum In siderhandelsverbot entwickelte. Obgleich die Notwendigkeit Insiderhandel zu verbieten aus ökonomischer Sicht bisweilen weiter angezweifelt wird, bilden Insiderregelungen inzwischen einen festen Bestandteil der Regulierungsrahmen moderner Kapitalmärkte. Als Schutzgut der Insiderregulierung wird in Japan wie in Deutschland vor allem das Vertrauen der Anleger in die Integrität und Fairness des Markts gesehen. Während dieses rechtspolitische Ziel im deutschen Insiderrecht insbesondere durch die europarechtlichen Vorgaben der Marktmissbrauchsrichtlinie abgesteckt ist, wird die Diskussion über die Begründung eines Insiderhandelsverbots in Japan noch breiter geführt. Zum einen wird das Ausnutzen eines Informationsvorsprungs durch den Insider zu seinem eigenen Nutzen als ungerecht gewertet. Zum anderen wird als Schutzzweck die Chancengleichheit der Anleger und damit vor allem der Gedanke der Fairness und der Transparenz in den Vordergrund gestellt. In jüngster Vergangenheit wird besonderes Gewicht auf den Aspekt der Markttransparenz gelegt, die das allgemeine Vertrauen der Anleger in die Integrität und Funktionsfähigkeit des Wertpapiermarkts sicherstellen soll. Die Entstehung des japanischen Insiderrechts weist eine interessante Entwicklung auf, durch die es von Beginn an mit dem amerikanischen Kapitalmarktrecht verbunden ist: Nach Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg wurden unter den Besatzungsmächten kapitalmarktrechtliche Vorschriften als legal transplants aus dem US-amerikanischen Recht übernommen. Die Übernahme der Regelungen erfolgte jedoch nicht aus autonomen, rechtspolitischen Bedürfnissen geschuldeten Motiven des japanischen Gesetzgebers heraus. Vielmehr war sie einer symbolischen Politik geschuldet, mit der die japanische Regierung eine auferlegte Bedingung zur Wiedereröffnung der Börsen zu erfüllen suchte. Während die Insiderregelungen in den USA im speziellen Kontext einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise aus einem inneren Reformbedürfnis heraus entstanden waren, geschah die Übernahme dieser Regelungen in Japan allein in Reaktion auf den äußeren Druck hin, ein Erfordernis 341 Überblick zur Entwicklung auch bei E. B. K eehn, Virtual Reality in Japan’s Regulatory Agencies, 321 ff.
C. Zusammenfassung
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formal zu erfüllen. Mit den Begrifflichkeiten des japanischen Wirklichkeitsdualismus gesprochen handelt es sich bei den ursprünglichen Regelungen im BWpHG um die formale Ebene (tatemae), der die Ebene des tatsächlich gelebten Rechts in der Wirklichkeit (honne) gegenübersteht.342 Im Ergebnis fand so auch die im amerikanischen Kapitalmarktrecht zur Regulierung des Insiderhandels zentrale Rule 10b-5 fast wortgleich in Form des Art. 58 BWpHG Eingang ins japanische Recht. Einerseits standen damit in Japan deutlich früher als in Deutschland materiellrechtliche und aufsichtsrechtliche Instrumentarien gegen marktmissbräuchliche Verhaltensweisen an und für sich zur Verfügung. Andererseits hatten die Motive ebenso wie die Vorgehensweise bei der Rezeption, die Regelung eins zu eins zu übertragen, eine denkbar ungünstige Ausgangslage zur Folge, so dass die Insiderregelung im fremden Rechtskontext ihre in der Ursprungsrechtsordnung zugedachte Funktion nicht effektiv auszufüllen vermochte. Der japanische Kontext zeichnete sich nämlich durch ein ausgesprochen insiderhandelfreundliches Umfeld aus, das durch institutionelle wie kulturelle Faktoren begünstigt wurde. Zum einen herrschte ein mangelndes Bewusstsein für die Problematik des Insiderhandels, das maßgeblich darauf zurückzuführen war, dass Japan über keine den USA vergleichbaren Erfahrungen mit den Folgen von Marktexzessen und eines Börsencrashs verfügte. Vielmehr wurde die Weitergabe von Insiderinformationen regelmäßig zur Pflege von Geschäftsbeziehungen eingesetzt und stellte eine alltägliche Erscheinung vor allem innerhalb von keiretsu-Unternehmensgruppen dar. Diese Grundeinstellung spiegelte sich in dem mangelnden rechtspolitischen Interesse wider, Insiderhandel ernsthaft anzugehen. In der Folge fehlte nicht nur der politische Wille, die übernommenen Regeln an japanische Begebenheiten in der Weise zu adaptieren, dass sie eine effektive Wirkung hätten entfalten können. Ganz im Gegenteil wurden sogar marktaufsichtsrechtliche Vorgaben, wie bspw. die Berichtspflichten, außer Kraft gesetzt sowie die dem Vorbild der amerikanischen SEC nachgebildete ursprünglich unabhängige Marktaufsicht entmachtet. Einen nicht leicht von der Hand zu weisenden Erklärungsansatz für die Vorgehensweise des japanischen Gesetzgebers liefert der Aspekt, dass Teile der damaligen Politik zumindest indirekt über mafiöse Strukturen von Insiderhandel profitierten. Zum anderen galt Art. 58 BWpHG aufgrund seines abstrakten Wortlauts als eine nur schwer, wenn nicht gar unmöglich anzuwendende Vorschrift. Sicherlich mögen an eine Anklage durch die japanische Staatsanwaltschaft auf Grundlage dieser Vorschrift hohe Hürden gestellt sein. Allerdings lassen sich in anderen Bereichen des japanischen Rechts Gegenbeispiele benennen, in denen sich eine Rechtsprechung trotz eines abstrakten Wortlauts der angewandten Norm entwickelt hat. Die Summe der Faktoren bedingte jedenfalls, dass die Insiderregeln in der Rechtswirklichkeit keine Rolle spielten und über Jahrzehnte „totes Recht“ blieben.
342
R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 314.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
Erst die zunehmende Internationalisierung und der aufkommende Regulierungswettbewerb unter den internationalen Finanzplätzen leiteten zum Ende der 1980er Jahre schließlich einen Wandel des Kontextes in Japan ein. Dabei orientierte sich der japanische Gesetzgeber zwar auch an einem globalen Trend hin zu gesetzlich verankerten Insiderregeln. Tatsächlich wurde die Reform zum Insiderrecht sowie zur Kapitalmarktaufsicht allerdings maßgeblich durch diverse Finanzskandale angestoßen, die starke Kritik im Ausland hervorriefen und den Ruf des Finanzplatzes Japan gefährdeten. Mit den weitgehenden Reformen der Insiderregelungen im Jahre 1988 reagierte der japanische Gesetzgeber im Ausgangspunkt daher erneut auf einen äußeren Reformdruck, um kritische Stimmen vor allem aus dem Ausland zu besänftigen. Zugleich steht die Reform an der Spitze einer in den 1990er Jahren nachfolgenden schrittweisen, aber steten Effektivierung des Insiderrechts, die maßgeblich durch die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und einen zunehmenden inneren Reformdruck begünstigt und notwendig wurde. Dabei spielte insbesondere der eingeleitete Wandel der Aufsichtsarchitektur, aus dem schließlich eine unabhängige SESC hervorging, eine bedeutende Rolle. In der Gesamtschau lässt sich anhand der japanischen Insiderregeln damit beispielhaft zeigen, wie ein zunächst erfolgloses legal transplant letztlich in der aufnehmenden Rechtsordnung noch den Anstoß für eine effektive Regelung geben konnte. Diese Entwicklung setzte jedoch erst zu dem Zeitpunkt ein, als der japanische Kontext sich selbst zu verändern begann.
Zweites Kapitel
Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht A. Regelungstechnik und Deliktsnatur I. Komplexität der Regelungen Bevor die wesentlichen Merkmale der gegenwärtigen japanischen Insiderregelungen im FBG vorgestellt werden, soll das Augenmerk zunächst auf grundsätzlichen Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu der Struktur der deutschen Insiderregelung liegen. In der Ausgangslage sieht sich in Japan wie in Deutschland der Gesetzgeber mit der grundsätzlichen Schwierigkeit konfrontiert, im Bereich des Kapitalmarktrechts allgemein und des Insiderrechts im Speziellen Regelungen für oftmals schwierige Vorgänge und komplexe Finanzprodukte schaffen zu müssen. Gleichzeitig muss der Gesetzgeber die Anforderungen des Markts berücksichtigen und die Regelungen ggf. flexibel anpassen können. Diese Problematik liegt in der Natur der zu regelnden Materie begründet und stellt insbesondere den Gesetzgeber in einem CivilLaw-System, der die Vorgaben in abstrakte Tatbestandsmerkmale umzusetzen hat, vor große Herausforderungen.1 Wie bereits dargelegt hat das gegenwärtige japanische Recht infolge der Rezeptionswellen aus verschiedenen Rechtsordnungen zwar eher den Charakter einer Hybridrechtsordnung. Wird jedoch eher schematisch auf das Kriterium abgestellt, ob eine Rechtsordnung vom Grundsatz her dem CaseLaw-Gedanken oder der Kodifizierungsidee folgt und das Recht primär in abstrakte Gesetze niederlegt, folgt die japanische Rechtsordnung in diesem Punkt grundsätzlich der kontinentaleuropäischen Rechtstradition.2 Die Folge sind oftmals komplizierte Vorschriften, die überdies mit Verweisungen und über das Gesetz verstreuten Definitionen untereinander verbunden sind, so dass sich der konkrete Inhalt eines Verbots erst durch das Zusammenlesen verschiedener Normen erschließt. Beispielsweise ergibt sich der Inhalt einzelner Merkmale des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG, wie „Insiderinformation“ und „Insiderpapiere“, aus den Definitionen in anderen Vorschriften, hier den §§ 12, 13 WpHG. Im Gegensatz zum WpHG, das nur einen Ausschnitt des Kapitalmarktrechts zum Gegenstand hat, umfasst das FBG alle grundlegenden Bereiche des Kapitalmarktrechts einschließlich des Über1 K. J.
Hopt, ZGR 20 (1991) 28. sich freilich auch hier zahlreiche Ausnahmen aufzeigen lassen, bspw. beim Kündigungsschutz im japanischen Recht. 2 Wenngleich
68
Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
nahme- und des Prospektrechts.3 Das FBG stellt daher ein auf 19 Kapitel aufgeteiltes und über 900 Artikel umfassendes Regelwerk dar, in dem Verweisungen quer durch das Gesetz recht häufig aufzufinden sind. Viele der Vorschriften zeichnen sich wiederum durch einen außergewöhnlich komplizierten Aufbau und zahlreiche ausfüllungsbedürftige Begriffe aus. Im Falle des japanischen Insiderrechts kommt erschwerend hinzu, dass die zentralen Vorschriften im FBG in weiten Teilen durch die hierzu ergangene Ausführungs- und Kabinettsverordnung inhaltlich ergänzt werden.4 Den konkreten Regelungsinhalt vermag sich insbesondere der juristische Laie wohl nur schwer zu erschließen. Zweifelhaft ist daher, ob ein durchschnittlicher Anleger den Anwendungsbereich der Normen einschätzen und sich ein Urteil bilden kann, ob eine konkrete intendierte Transaktion unter das Insiderhandelsverbot fällt oder nicht.5 Angesichts des Wandels weg von der indirekten Fremdfinanzierung über Finanzinstitute hin zu einer direkten Unternehmensfinanzierung über den Kapitalmarkt, wodurch die japanische Unternehmenslandschaft zunehmend auf die Bereitstellung von Eigenkapital breiterer Anlegerschichten angewiesen ist, erscheint diese Rechtsunsicherheit auch gesamtwirtschaftlich gesehen nicht unproblematisch. Es ist daher nicht verwunderlich, dass in Japan ein wesentlicher Kritikpunkt an den bestehenden Insiderregelungen die Komplexität der teilweise sehr technischen Vorschriften darstellt. Wie noch näher zu erläutern ist, stellt die komplizierte Regelungstechnik jedoch eine kaum vermeidbare Folge der Entscheidung des japanischen Gesetzgebers dar, sich zugunsten von Transparenz und Voraussehbarkeit der Rechtsfolgen für die Vorgehensweise zu entscheiden, die Tatbestandsvoraussetzungen möglichst konkret festzulegen.6 In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass in Japan wie in Deutschland Verstöße gegen Insiderhandelsverbote mit Freiheits- bzw. Geldstrafen, also den Mitteln des Strafrechts als schwerste Form der Sanktion, geahndet werden können. Vergleichbar der Systematik des WpHG werden im FBG regelungstechnisch ebenfalls die einzelnen Insiderhandelsverbote durch Blanketttatbestände ergänzt, aus denen sich die Rechtsfolge der jeweiligen Verstöße ergibt (Art. 197 FBG ggf. i. V. m. Art. 207 FBG). Angesichts des Ultima-Ratio-Grundsatzes im Strafrecht und dem verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgrundsatzes, der uneingeschränkt auch im japanischen Strafrecht Geltung beansprucht, werden ähnlich wie in der deutschen Diskussion in Japan sowohl die komplizierte Regelungstechnik neben den Blankett3 H.
K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 13. trifft insbesondere auf die sog. De-minimis-Vorschriften zu, die eine Erheblichkeitsschwelle festlegen, siehe hierzu S. 110 ff. Allgemein zur Struktur des FBG sowie zu den begleitenden Sondergesetzen und Verordnungen H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 13 ff. 5 M. K amijima / M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 14 f. 6 M. K amijima / M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 14 f.; siehe hierzu sogleich S. 69 ff. 4 Dies
B. Grundstruktur der japanischen Insiderregeln
69
tatbeständen als auch die Unbestimmtheit des Schutzgutes der Kapitalmarktintegrität teilweise kritisch gesehen.7 II. Insiderverbot als Formaldelikt Hinsichtlich der Deliktsnatur stellen die Artt. 166, 167 FBG nach der h. M. im japanischen Recht sog. Formaldelikte dar (keishiki-han).8 Kennzeichen der Formaldelikte ist, dass sich der Tatbestand in der Beschreibung der verbotenen Handlung erschöpft. Eine bestimmte Handlungsweise wird bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale demnach formal als Gesetzesverstoß gewertet, unabhängig vom Motiv und Ziel des Täters oder dem Vorliegen eines tatsächlichen Schadens.9 Ob im konkreten Fall durch die Wertpapiertransaktion ein Gewinn erlangt wurde, also ein Taterfolg eintrat, ist für die Strafbarkeit dagegen bedeutungslos. Dies erscheint konsequent, denn schließlich hängt die Preisbildung des Wertpapiers von weiteren, zufälligen Faktoren am Markt ab, wodurch der Insider im Einzelfall auch einen Verlust erleiden mag.10 Die japanische Regelung stellt rein formell auf ein bloßes Wissen der Insiderinformation zum Zeitpunkt der Transaktion ab, verlangt aber zwischen beiden keinen Kausalzusammenhang. Daher ist es nicht erforderlich, dass die Insiderinformation etwa „verwendet wurde“ oder dass die Transaktion „auf Basis der Insiderinformation“ durchgeführt wurde.11 Im Unterschied dazu setzt das deutsche Recht ein „Verwenden“ der Insiderinformation dergestalt voraus, dass die Information für die Transaktion ursächlich war, mithin der Täter die Information zumindest in seine Handlung mit einfließen ließ.12
B. Grundstruktur der japanischen Insiderregeln Die gegenwärtigen japanischen Insiderregeln lassen sich grob in zwei Kategorien aufteilen: Zu den Insidervorschriften im engeren Sinne zählen Art. 166 FBG, der sich auf Personen mit einer Verbindung zu einer Gesellschaft (kaisha kankei-sha) bezieht,13 sowie Art. 167 FBG, der den Insiderhandel von Personen im Zusammenhang mit einem Bieter bei einem öffentlichen Erwerbsangebot bzw. einem Erwerber von Anteilen (kôkai kaitsuke-sha tô kankei-sha) zum Gegenstand hat.14 Der GesetzH. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4) 112 ff.; M. M aeShôji Hômu 1907 (2010) 25 ff. 8 K. Yamanaka, Keihô Gaisetsu 1 ‒ Sôron, 62 f. 9 M. K amijima / M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 10 ff. 10 S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 299. 11 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 17. 12 H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, § 38 Rn. 5 (Vogel). 13 Siehe hierzu ab S. 82 unten. 14 Siehe hierzu ab S. 130 unten. 7
da,
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
geber hat die Strukturen der Artt. 166, 167 FBG bis zu einem bestimmten Grad parallel ausgestaltet.15 Die Vorschriften unterscheiden sich zwar in ihrem Anwendungsbereich, bilden zusammengenommen jedoch den Kern des Insiderrechts.16 Zu den Insidervorschriften im weiteren Sinne sind die Berichtspflichten über Eigengeschäfte nach Art. 163 FBG, weiterhin Art. 164 FBG, nach dem Gewinne aus kurzfristigen Transaktionen herausverlangt werden können, sowie nach h. M. auch das Verbot von Leerverkäufen in Art. 165 FBG17 zu zählen. Diese drei Vorschriften sind als ergänzende Regelungen einzustufen, die präventiv Insiderhandel verhindern helfen sollen.18 Von ihrem äußeren strukturellen Erscheinungsbild her betrachtet sind die Insiderregelungen im japanischen und deutschen Recht höchst unterschiedlich ausgestaltet. Trotzdem lassen sich grundlegende Merkmale wiederfinden, die – in unterschiedlicher Ausprägung – grundsätzlich allen Insiderregelungen gemeinsam sind: Diese sind (1) der zu erfassende Täterkreis, also die Frage, wer als potentieller Insider gilt, (2) die Insiderinformationen sowie (3) die Tathandlung, nämlich eine Transaktion mit den von der Regelung umfassten Wertpapieren. Die Herangehensweise des japanischen Rechts, die Insiderregelung auf zwei Vorschriften zu verteilen, hebt sich deutlich von der Grundstruktur der deutschen Insiderregelung mit ihrer zentralen Vorschrift des § 14 WpHG ab. Andererseits sind einzelne grundlegende Elemente des Insiderverbots, die im WpHG auf verschiedene Vorschriften verteilt sind, in den Artt. 166, 167 FBG direkt niedergelegt. Dies betrifft bspw. die Definition der Insiderinformation (Artt. 166 Abs. 2, 167 Abs. 2 FBG im Gegensatz zu § 13 WpHG) oder die Frage, wann eine Information als veröffentlicht gilt (Artt. 166 Abs. 4, 167 Abs. 4 FBG). Auffällig ist auch die umfangreiche Unterscheidung des Täterkreises in Insider im engeren Sinne, Quasiinsider und Tippempfänger auf Tatbestandsebene im japanischen Recht (Artt. 166 Abs. 1, 167 Abs. 1 FBG). Im Gegensatz zur früheren Regelung kommt im gegenwärtigen deutschen Recht einer solchen Unterscheidung der Personengruppen auf der Tatbestands ebene keine Bedeutung mehr zu.19 Die Frage nach den unterschiedlichen Gruppen von Insidern wird hier erst auf der Rechtsfolgenseite im Rahmen der Straf- und Bußgeldvorschriften der §§ 38, 39 WpHG relevant.
F. Kobayashi, Shôji Hômu 1958 (2012) 31. E. Kuronuma, Kin’yû Hômu Jijô 1866 (2009) 43. 17 Eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Verbot von Leerverkäufen im jap. Recht kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgen. Einen Überblick hierzu bieten R. Nozaki, in: M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 108; G. Toda, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4) 85. 18 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 10; S. Fukuo ka /M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 19. 19 E. Schwark /D. Zimmer , Kapitalmarktrechts-Kommentar, vor § 12 WpHG Rn. 20 (Schwark/ Zimmer). 15 16
B. Grundstruktur der japanischen Insiderregeln
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Eine im Gesamtsystem der Insiderregelungen weiterhin äußerst schwierig einzuordnende Norm stellt Art. 157 FGB dar, der wie gezeigt ein allgemeines Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens enthält. Wie im vorausgehenden Kapitel dargestellt, stieß die Anwendung des Art. 157 FBG zur Regelung von Insiderhandel auf große Anwendungshindernisse, weshalb ihr in der Rechtspraxis kaum Bedeutung zukam. Die Umsetzung dieses Ziels wäre unter den gegebenen Bedingungen durch „eine Aktivierung“ des Art. 157 FBG allerdings nur schwer realisierbar gewesen, so dass der japanische Gesetzgeber die Notwendigkeit sah, gänzlich neue Regelungen zu erlassen.20 Aus diesem Grund wurden im Rahmen der weitreichenden Reform des damaligen BWpHG im Jahre 1988 die Insidervorschriften der Artt. 166, 167 FBG neben Art. 157 FBG neu in das Gesetz eingefügt. Angesichts des Effektivitätsdefizits des abstrakten Art. 157 FBG in der Praxis verfolgte der Gesetzgeber primär das Ziel, in den neu geschaffenen Vorschriften die formalen Tatbestandsvoraussetzungen möglichst eindeutig festzulegen, so dass zum einen deren Anwendbarkeit gewährleistet ist, zum anderen jedoch der jeweilige Anwendungsbereich für den Normadressaten klar voraussehbar ist, so dass dieser die Folgen der eigenen Handlung im Voraus zu berechnen und sein Verhalten entsprechend einzustellen vermag.21 Zum Zeitpunkt des Wertpapierhandels soll ein Anleger klar erkennen können, ob ein in Rede stehender Wertpapierhandel möglicherweise dem Verbot unterfällt oder nicht. Um dem Normadressaten diese Bewertung möglichst zu vereinfachen, wollte der Gesetzgeber weitestgehend auf abstrakte Begrifflichkeiten zugunsten von objektiv konkreten verzichten.22 Diese Vorgehensweise hatte allerdings zur Folge, dass mit den Artt. 166, 167 FBG nunmehr das Pendel in das andere Extrem ausschlug: Im Gegensatz zur bisherigen abstrakten Regelung des Art. 157 Abs. 1 FBG enthalten diese nämlich eine komplexe und umfangreiche Aneinanderreihung von Absätzen, in denen die Tat bestandsvoraussetzungen in einer äußerst technischen und kasuistischen Weise normiert sind.23 Anders als § 13 WpHG im deutschen Recht enthält Art. 166 Abs. 2 FBG bspw. einen Katalog, in dem relevante Insidertatsachen detailliert aufgelistet werden. Weiter ausgefüllt werden diese Vorschriften durch eine Reihe von Verordnungen, von denen die Durchführungsverordnung zum FBG (fortan: FBG-DVO)24 sowie die Kabinettsverordnung zur Regulierung des Wertpapierhandels etc. (fortan: WpHR-VO)25 die größte Relevanz besitzen. Trotz mancher Kritik im deutschen 20 M.
M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 27. M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 27. 22 M. K amijima / M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 13 (dort in Fn. 19). 23 M. K amijima / M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimusho kiki kanri gurûpu, Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 13 (dort in Fn. 19). 24 Kin’yû shôhin torihiki-hô shikô-rei, Verordnung Nr. 321/1965 i. d. F. der Verordnung Nr. 392/2015. 25 Yûka shôken no torihiki-tô no kisei ni kansuru naikaku furei, Kabinettsverordnung Nr. 59/2007 i. d. F. der Verordnung Nr. 50/2015. 21 M.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
Schrifttum an hiesigen „kaskadenhaften“ Verweisungen26 sind die Regeln des WpHG insgesamt gegenüber den japanischen noch deutlich übersichtlicher ausgestaltet. So sind bspw. einzelne Tatbestandselemente wie die Insiderinformation (§ 13 WpHG) oder Insiderpapiere (§ 12 WpHG) in Vorschriften „in unmittelbarer Nachbarschaft“ zu § 14 WpHG legaldefiniert. Als Folgeproblem ergeben sich weiterhin erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Art. 157 FBG und den in der Praxis bedeutsamen Vorschriften der Artt. 158 ff. FBG, die einzelne unrechtmäßige Verhaltensweisen beim Wertpapierhandel separat behandeln (sog. kobetsu kitei).27 Schwerpunktmäßig sollen hier allerdings nur diejenigen Abgrenzungsschwierigkeiten betrachtet werden, die sich bei den Insiderhandelsverboten der Artt. 166, 167 FBG ergeben. Überblick der gesetzlichen Insiderhandelsverbote im FBG und Verortung im Regelungssystem zu unrechtmäßigen Verhaltensweisen beim Wertpapierhandel Regelungsbereich
Unrechtmäßiges Marktverhalten (Generalklausel)
Marktmanipulation
Insiderhandel
Art. FBG
Anwendungsbereich
Art. 157 Abs. 1
Generalklausel zur Unterbindung betrügerischer Verhaltensweisen (h. L.)/unrechtmäßiger Verhaltensweisen (OGH) am Kapitalmarkt (Anwendungsbereich und Abgrenzung zu Einzelvorschriften str.)28
Art. 157 Abs. 2, 3
Verbotene betrügerische Handlungsweisen am Kapitalmarkt, die eine Täuschung durch ein aktives Tun darstellen (falsche oder unvollständige Darstellung von Tatsachen) (Überschneidung des Anwendungsbereichs mit der Vorschrift zur Marktmanipulation in Art. 159 FBG)
Art. 158
Allgemeines Verbot der Verbreitung von Gerüchten, der Anwendung betrügerischer Mittel, der Anwendung von Gewalt oder Drohung (Abgrenzung im Verhältnis zu Art. 159 Abs. 2 sowie zu Art. 157 Abs. 2, 3 FBG str.)29
Art. 159
Verbot der Marktmanipulation etc. (Abgrenzung zu Artt. 158, 157 FBG str.)
Art. 163
Berichtspflichten über Eigengeschäfte
Art. 164
Anspruch auf Herausgabe von short swing profits
Art. 165
Verbot von Leerverkäufen
Art. 166
Insiderhandel von Personen mit einer Verbindung zum Emittenten
Art. 167
Insiderhandel im Zusammenhang mit einem öffentlichen Erwerbsangebot
2829
Insiderhandelsverbot bei Informationsweitergabe und Art. 167-2 Verleiten zum Handel mit Insiderpapieren aufgrund einer Empfehlung 26 H.-D.
Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, vor § 38 Rn. 9 (Vogel). Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 283. 28 Siehe hierzu sogleich ab S. 73 (sowie dort in Fn. 410). 29 Siehe hierzu bei M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 348 f.; M. Kondô, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 17 ff.; M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 10 f. 27 T.
C. Das generelle Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens
73
C. Das generelle Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens Ausgangspunkt der Betrachtung ist die zuvor bereits vorgestellte Vorschrift des früheren Art. 58 BWpHG und heutigen Art. 157 FBG,30 bei der es sich wie aufgezeigt um ein fast wortgleiches Pendant zur US-amerikanischen Rule 10b-5 handelt. Die Einordnung des Art. 157 FBG in die Systematik des Gesetzes bereitet weiterhin große Schwierigkeiten und stellt ein im japanischen Insiderrecht vieldiskutiertes Thema dar, zu dem sich im Laufe der Zeit verschiedene Ansichten herausgebildet haben. Trotz der bis dato geringen Bedeutung für die Regelung des Insider handels in der Rechtspraxis sollen nachfolgend doch einige Grundlinien des interessanten Diskurses skizziert werden. Dies scheint auch insofern angebracht, als große Teile der Lehre für eine „Aktivierung“ der Vorschrift bzw. deren Fruchtbarmachung für bestimmte Bereiche des Insiderrechts eintreten. I. Regelungsinhalt 1. Allgemeines Nach Art. 157 Abs. 1 FBG darf niemand bei An- und Verkauf, sonstigem Handel oder Derivativhandel von Wertpapieren unrechtmäßige Mittel (fusei no shudan), Pläne (keikaku) oder Techniken (gikô) einsetzen. Absatz 2 der Vorschrift untersagt, bei An- und Verkauf, sonstigem Handel oder Derivativhandel von Wertpapieren falsche Angaben über wichtige Tatsachen zu machen oder unvollständige und damit Missverständnisse auslösende Dokumente oder sonstige Angaben zur Beschaffung von Geld- und Vermögenswerten zu benutzen. Schließlich ist es nach Abs. 3 verboten, Dritte mittels falscher Preisangaben zum An- und Verkauf, sonstigem Handel oder Derivativhandel von Wertpapieren zu verleiten. In allen Tatvarianten der drei Absätze ist das Tatsubjekt nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt. Auch bezieht sich die Norm sehr allgemein auf den An- und Verkauf, sonstigen Handel oder Derivativhandel von Wertpapieren. Insgesamt ist die Vorschrift unabhängig von der Eigenschaft der konkreten Person des Insiders, der konkreten unrechtmäßigen Handlung und davon, ob das betreffende Wertpapier an einer Börse gehandelt wird oder nicht, anwendbar.31 Damit ist ihr Anwendungsbereich denkbar weit gefasst. Vor dem Hintergrund des abstrakten Wortlauts stellt sich die Einordnung von Art. 157 Abs. 1 FBG als besonders strittig dar und soll daher im Mittelpunkt der nachfolgenden Betrachtung stehen. Absatz 1 enthält nach allgemeiner Auffassung eine Generalklausel zur Unterbindung unrechtmäßiger Verhaltensweisen am Kapitalmarkt (hierzu sogleich unter 30 Da sich die folgenden Ausführungen größtenteils auf die gegenwärtige Regelung beziehen, wird im Folgenden nur Art. 157 FBG und nicht mehr zusätzlich Art. 58 BWpHG genannt. Eine engl. Übersetzung des Art. 157 FBG findet sich im Anhang zu dieser Arbeit auf S. 188. 31 M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 3.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
2.).32 Daneben gibt es einzelne Auslegungsfragen zu den Tatbestandsmerkmalen (siehe hierzu unter 3.). Die Charakterisierung als Generalklausel wirft schwierige Abgrenzungsprobleme auf, die sich im Bereich des Insiderhandels speziell im Verhältnis zu den Vorschriften der Artt. 166, 167 FBG ergeben.33 Die angesprochene Problematik gewinnt besondere Brisanz vor dem Hintergrund, dass mit der Generalklausel die weitere Norm eine höhere Strafandrohung enthält: Bei einem Verstoß gegen Art. 157 Abs. 1 FBG droht eine Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren bzw. eine Geldstrafe von bis zu 10 Millionen Yen (ca. 74.626 Euro, alternativ oder kumulativ, Art. 197 Abs. 1 Nr. 5 FBG). Die Strafandrohung stellt damit die höchste im gesamten FBG dar.34 Außer bei Verstößen gegen die Generalklausel ist dieser Strafrahmen noch für den Fall des Verbreitens von Gerüchten, des Einsetzens von betrügerischen Mitteln sowie von Gewalt oder Drohung auf dem Markt zwecks Kursbeeinflussung (Art. 158 FBG) sowie bei einer Marktmani pulation (Art. 159 FBG) vorgesehen (Art. 197 Abs. 1 Nr. 5 FBG). Im Vergleich dazu werden Verstöße gegen die Insiderhandelsverbote in den Artt. 166, 167 FBG nach Art. 197-2 Nr. 13 FBG (bzw. Art. 207 Abs. 1 Nr. 2 FBG im Falle einer juristischen Person) mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bzw. einer Geldstrafe bis zu 5 Millionen Yen (ca. 37.313 Euro, alternativ oder kumulativ) wesentlich geringer sanktioniert. Der Aspekt der unterschiedlichen Strafrahmen spielt unter anderem eine wesentliche Rolle bei der Diskussion um den konkreten Anwendungsbereich der Generalklausel. 2. Anwendungsbereich und Funktion An erster Stelle steht der Befund aus der Rechtswirklichkeit, nach dem sich Art. 157 Abs. 1 FBG als weithin wenig wirksame Vorschrift erwiesen hat. Vor diesem Hintergrund kann ganz grundsätzlich der Sinn der Vorschrift angezweifelt werden.35
M. Kondô, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 5. Insgesamt ist die Abgrenzung des Art. 157 FBG zu den nachfolgenden Vorschriften, die unrechtmäßige Verhaltensweisen beim Wertpapierhandel speziell regeln (kobetsu kitei), höchst umstritten. Bspw. wird eine Überschneidung der Anwendungsbereiche für das Verhältnis zu den Vorschriften der Artt. 158, 159 FBG angenommen. Die Überschneidung des Anwendungsbereichs von Art. 157 FBG mit den Artt. 158, 159 FBG liegt u. a. in der Entstehungsgeschichte des BWpHG begründet: Während Art. 158 FBG bereits im Jahre 1914 Eingang in das frühere Börsengesetz (Torihiki-jo hô, Gesetz Nr. 5/1893) fand, wurden die Artt. 157 und 158 FBG wie dargestellt aus dem US-amerikanischen Recht erst in der Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in das teilweise auf Basis des früheren Börsengesetzes neu geschaffene BWpHG übernommen. Zur Vertiefung siehe hierzu u. a. M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 4; M. Kondô, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 6. Im Folgenden soll sich die Darstellung schwerpunktmäßig auf die Diskussion der Norm im Verhältnis zu den Insider regelungen der Artt. 166, 167 FBG beschränken. 34 M. Kondô, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 11 f. 35 M. Kondô, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 12; M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 360 f. 32 33
C. Das generelle Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens
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Der überwiegende Teil der Lehre geht jedoch davon aus, dass Art. 157 Abs. 1 FBG eine eigenständige Funktion zukommen soll. Allerdings gehen die Ansichten zur Frage, wie weit der Anwendungsbereich von Art. 157 Abs. 1 FBG reichen soll, auseinander. Grundsätzlich lassen sich zwei Positionen ausmachen: Ein Teil der Vertreter aus der Lehre plädiert dafür, den Anwendungsbereich der Norm möglichst zu begrenzen, und begründet dies mit dem vagen und weitgefassten Wortlaut der Norm bei gleichzeitig höchster Strafandrohung. Interessanterweise unterstützen auch Vertreter aus der Praxis (vor allem den Untersuchungs- bzw. Aufsichtsbehörden) mehrheitlich diese Stoßrichtung.36 Das verwundert insofern, als eher zu erwarten ist, dass ein weitgefasster Anwendungsbereich der Norm bspw. für die Staatsanwaltschaft nützlich wäre und ihr ein „scharfes Schwert“ an die Hand gäbe. Die Zurückhaltung der Untersuchungsbehörden mag damit zu erklären sein, dass wie dargestellt mangels einer klarstellenden Rechtsprechung zu den Tatbestandselementen der Ausgang einer Anklage vor Gericht mit einer vergleichsweise hohen Unsicherheit verbunden ist und es fraglich ist, ob diese Ungewissheit durch einen weiten Anwendungsbereich der Generalklausel beseitigt werden könnte oder durch Abgrenzungsschwierigkeiten zu den Artt. 166, 167 FBG gar weiter zunähme. Nach der Mehrheit der Vertreter37 in der Lehre soll Art. 157 Abs. 1 FBG dagegen eine möglichst aktive Rolle einnehmen. Zur Begründung stützen sie sich auf das Argument, dass ein wesentliches Ziel des FBG darin bestehe, die Fairness auf dem Wertpapiermarkt sowie dessen Funktionsfähigkeit insgesamt zu erhalten. Nach dieser Ansicht soll Art. 157 Abs. 1 FBG als Generalklausel dabei im Wesentlichen folgende Funktionen ausfüllen:38 a) Auffangvorschrift bei Gesetzeslücken In erster Linie soll Art. 157 Abs. 1 FBG als eine Auffangvorschrift (zappin ire) fungieren, um Gesetzeslücken schließen zu können. Diese Gesetzeslücken können vor dem Hintergrund der kasuistischen und detaillierten Vorschriften der Artt. 166, 167 FBG sowie fortschreitender Innovationen der am Kapitalmarkt gehandelten Finanzprodukte entstehen. Sie sind die Folge der vom Gesetzgeber getroffenen grundsätzlichen Entscheidung, in den Artt. 166, 167 FBG möglichst konkret und detailliert diejenigen Verhaltensweisen und Insiderinformationen zu normieren, die dem Insiderverbot unterliegen sollen. Die Vorgehensweise, jegliches unrechtmäßiges Marktverhalten im Einzelnen genau erfassen zu wollen, stößt jedoch vor dem Hintergrund einer Vielzahl denkbarer Formen von Transaktionen am Markt schnell an Grenzen. 36 Kin’yû Shôhin Torihiki-hô K enkyû-kai [Japan Securities R esearch I nstitute], Fu-kôsei torihiki ni tsuite: Murakami Fando jiken o chûshin ni, 22 f. 37 Überblick zum Meinungsstand bei M. Kondô, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4) 12. 38 Zum Nachstehenden siehe auch Kin’yû Shôhin Torihiki-hô K enkyû-kai [Japan Securities R esearch Institute], Fu-kôsei torihiki ni tsuite: Murakami Fando jiken o chûshin ni, 66.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
Es wird daher vertreten, dass auch diejenigen unrechtmäßigen Verhaltensweisen beim Wertpapierhandel erfasst werden sollen, die nicht dem Anwendungsbereich der Artt. 166, 167 FBG unterliegen, weil der Gesetzgeber sie im Einzelnen nicht aufnehmen konnte oder weil er sie schlichtweg übersehen hat. Zum anderen wird argumentiert, dass sich zukünftig durch die Weiterentwicklung der Märkte und die Einführung neuer Finanzprodukte Strafbarkeitslücken ergeben können. Da der Handel mit Finanzprodukten komplexe Formen annehmen kann und fortlaufenden Änderungen unterliegt, können im weiteren zeitlichen Verlauf neue unrechtmäßige Verhaltensweisen am Markt aufkommen, die zum Zeitpunkt der Gesetzesschaffung für den Gesetzgeber nicht vorhersehbar waren. Auch in einem solchen Fall wird es als nicht angemessen gesehen, nur diejenigen Verhaltensweisen unter Strafe zu stellen, die im Voraus rein technisch im Gesetzestext explizit aufgelistet sind. Als Generalklausel soll Art. 157 Abs. 1 FBG daher sowohl bestehende als auch neu aufkommende Arten unrechtmäßiger Handlungen erfassen.39 Zur Begründung stützen sich die Vertreter dieser Ansicht auf den Zweck des FBG, der in Art. 1 niedergelegt ist: Seine Aufgabe ist es danach, für einen fairen Handel zu sorgen sowie die Funktionsfähigkeit des Markts zu schützen.40 Was die Höhe des konkreten Strafrahmens unter Anwendung des Art. 157 FBG betrifft, wird vorgeschlagen, weiter hinsichtlich der Art der unrechtmäßigen Handlung zu unterscheiden und sich an den bestehenden Vorschriften zur Marktmanipulation und zum Insiderhandel zu orientieren: Bei Verstößen, die nicht einer individuellen Vorschrift unterliegen, jedoch von ihrer Art und Schwere der einer Marktmanipulation entsprechen, soll der Strafrahmen des Art. 197 Abs. 1 Nr. 5 FBG voll ausgeschöpft werden können. Demgegenüber soll bei Verstößen, die einer individuellen Vorschrift nicht unterliegen, jedoch von ihrer Art und Schwere der eines Insiderdelikts entsprechen, der Strafrahmen des Art. 197 Abs. 1 Nr. 5 FBG nur insoweit ausgeschöpft werden, wie es dem Strafrahmen auch Artt. 166, 167 FBG entspräche, d. h. mit einer Zuchthausstrafe41 unter fünf Jahren.42 b) Anwendung bei besonders eklatanten Verstößen Zweitens soll Art. 157 FBG teilweise auch neben den Artt. 166, 167 FBG Anwendung finden können. Es geht hierbei um die Frage, ob Verhaltensweisen, die bereits 39 M. Kondô, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 12. Einzelne Vertreter möchten diese Auffangfunktion allerdings nur auf diejenigen unrechtmäßigen Verhaltensweisen begrenzen, die nicht dem Anwendungsbereich der Artt. 166, 167 FBG unterfallen und darüber hinaus einen besonders eklatanten Verstoß (akusei no tsuyoi torihiki) darstellen, siehe bspw. M. M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 27 f. 40 Abdruck im Anhang S.188. 41 Das japanische Strafrecht unterscheidet neben der (einfachen) Gefängnisstrafe (kinko) noch die Zuchthausstrafe (chôeki), die mit Arbeitspflicht verbunden ist (Art. 12 StG). K. Yamanaka, Keihô Gaisetsu 1 ‒ Sôron, 253. 42 Kin’yû Shôhin Torihiki-hô K enkyû-kai [Japan Securities R esearch I nstitute], Fu-kôsei torihiki ni tsuite: Murakami Fando jiken o chûshin ni, 67.
C. Das generelle Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens
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von den Artt. 166, 167 FBG umfasst werden, zusätzlich Art. 157 Abs. 1 FBG unterliegen können: Der überwiegenden Meinung nach stehen Art. 157 Abs. 1 FBG und die Artt. 166, 167 FBG – sowie sonstige Einzelvorschriften wie bspw. Art. 159 Abs. 1 FBG – in einem solchen Fall in Idealkonkurrenz zueinander.43 Demnach schlössen die Artt. 166, 167 FBG eine Anwendung des Art. 157 Abs. 1 FBG nicht aus. Diese stellen nach dieser Ansicht keine Spezialregelung dar und treten vielmehr neben das allgemeine Verbot aus Art. 157 Abs. 1 FBG, so dass auch für deren Regelungsbereich zum Insiderhandelsverbot eine Anwendung des Art. 157 Abs. 1 FBG grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist.44 Daher seien Fallkonstellationen denkbar, in denen Art. 157 Abs. 1 FBG alleine oder – in Idealkonkurrenz – neben den Artt. 166, 167 FBG anwendbar bleibe.45 Vor dem Hintergrund der gesteigerten Strafandrohung solle die Generalklausel aber zusätzlich nur für Fälle gelten, in denen ein gesteigerter Unrechtsgehalt vorliegt.46 In der Literatur werden verschiedene Beispiele genannt, in denen ein solcher eklatanter Verstoß anzunehmen sei.47 c) Bedenken gegen eine Umsetzung in der Praxis Trotz der zahlreichen theoretischen Überlegungen, in welcher Form Art. 157 Abs. 1 FBG zukünftig zur Verhinderung marktmissbräuchlicher Verhaltensweisen eine aktivere Rolle spielen könnte, werden jedoch zugleich starke Zweifel geäußert, ob sich diese Ansätze in der Praxis auch tatsächlich umsetzen lassen. Aufgrund der bisherigen Erfahrung der Rechtspraxis wird überwiegend davon ausgegangen, dass die Abstraktheit des Art. 157 Abs. 1 FBG einer effizienten Anwendung im konkreten Einzelfall weiterhin entgegensteht und somit der Norm zumindest in ihrer gegenwärtigen Form nicht die gewünschte Auffangfunktion zukommen kann.48 Insbesondere sei vor dem Grundsatz des Gesetzlichkeitsprinzips eine Bestrafung auf Grundlage des Art. 157 Abs. 1 FBG nur schwer denkbar, zumal dieser bei einem 43 M. Kondô, Fu-kôsei na shôken torihiki kisei ni kansuru ikkô-satsu, 182; M. M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 27. 44 M. Kondô, Fu-kôsei na shôken torihiki kisei ni kansuru ikkô-satsu, 182; Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 15; S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 13. 45 Beispiele hierzu finden sich bei Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 15, sowie S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 13; E. Kuronuma, Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 152 f. 46 Kin’yû Shôhin Torihiki-hô K enkyû-kai [Japan Securities R esearch I nstitute], Fu-kôsei torihiki ni tsuite: Murakami Fando jiken o chûshin ni, 2. 47 Beispielsweise bei K. Namiki, Hôgaku Kenkyû 73‒12 (2000) 55: Ein Verwaltungsratsmitglied einer Aktiengesellschaft, das eine große Menge an Aktien dieser Gesellschaft hält, erfährt von Befürchtungen, dass dem Unternehmen ein großer Verlust infolge einer fehlgeschlagenen Transaktion am Wertpapiermarkt droht. Während es mit aller Macht versucht, diese Tatsache zu vertuschen, veröffentlicht es absichtlich falsche Unternehmenszahlen und veräußert die von ihm gehaltenen Papiere des Unternehmens. 48 Stellvertretend für viele M. M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 27 f.
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Verstoß die nach dem FBG höchstmögliche Strafandrohung vorsieht. In der Tat zeigt sich an diesem Punkt die grundsätzliche Schwierigkeit des Vorhabens: Einerseits sollen auch neue unangemessene Handlungsweisen am Markt durch einen weiten Anwendungsbereich erfasst werden, wobei hierdurch die Gefahr umso unschärferer Tatbestandselemente in Kauf genommen werden muss. Zugleich aber fordern die Grundsätze des Strafrechts, hinreichend präzisierte Strafbarkeitskriterien aufzustellen. Die eigentliche Funktion der Norm wird daher von vielen Stimmen eher in ihrem generalpräventiven Abschreckungspotential gesehen, dass unrechtmäßige Verhaltensweisen am Kapitalmarkt zumindest theoretisch auch mit der hohen Strafandrohung des Art. 157 FBG bestraft werden können.49 Den kritischen Stimmen jedoch, die eine aktivere Rolle des Art. 157 Abs. 1 FBG in der Rechtspraxis weiterhin an dessen Unbestimmtheit scheitern sehen, könnte immerhin entgegnet werden, dass sich in anderen japanischen Gesetzen durchaus ähnlich abstrakt gehaltene Vorschriften aufzeigen lassen, wie bspw. Art. 89 Abs. 1 Antimonopolgesetz, und es auf deren Grundlage gleichwohl eine Vielzahl an Entscheidungen der Rechtsprechung gibt.50 Letztlich wird es an der Rechtsprechung der japanischen Gerichte sein, die Voraussetzungen des Art. 157 Abs. 1 FBG weiter zu präzisieren und somit der Vorschrift zu einer effektiveren Funktion zu verhelfen. Im Folgenden soll die bisherige Rechtsprechung zu einzelnen Auslegungsfragen exemplarisch dargestellt werden. 3. Das Merkmal „unrechtmäßige Mittel, Pläne oder Techniken“ Der abstrakte Wortlaut in Art. 157 Abs. 1 FBG bedingt Auslegungsschwierigkeiten, die im Folgenden kurz skizziert werden sollen. Strittig ist insbesondere, welche konkreten Handlungsweisen von dem Merkmal „unrechtmäßige Mittel, Pläne oder Techniken“ erfasst werden. Hierzu gehen die Meinungen im Schrifttum und in der Rechtsprechung teilweise auseinander. Die verschiedenen Ansätze lassen sich grob in die Kategorien „enge Auslegung“ sowie „weite Auslegung“ zusammenfassen. a) Enge Auslegung Vergleicht man den Wortlaut der Generalklausel mit dem Wortlaut seines Vorbilds, der amerikanischen Rule 10b-5, fällt auf den ersten Blick ein Unterschied auf: Während in der Rule 10b-5 mit to defraud eine betrügerische Handlung verlangt wird, spricht der Wortlaut von Art. 157 Abs. 1 FBG genaugenommen nur von „unrechtmäßig“ (fusei). Nach einer Ansicht ist diesem Unterschied keine besondere Bedeutung beizumessen, weil der Begriff fusei bei der Übersetzung ins Japanische ver49 M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 6; M. Kondô, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 12. 50 Kin’yû Shôhin Torihiki-hô K enkyû-kai [Japan Securities R esearch I nstitute], Fu-kôsei torihiki ni tsuite: Murakami Fando jiken o chûshin ni, 67.
C. Das generelle Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens
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wendet worden sei, ohne damit eine besondere Absicht zu verfolgen.51 Die Ansicht beruft sich auf die historische Absicht des Gesetzgebers, lediglich formal ein getreues Abbild des US-amerikanischen Vorbilds zu schaffen, während – wie ausgeführt – erhebliche Zweifel bestehen, ob eine auch als law in action ähnlich wirkende Norm gewollt war. Der für die Ausfertigung des Gesetzesentwurfes zum BWpHG zuständige damalige Mitarbeiter des Finanzministeriums Yamashita habe jedenfalls die Rule 10b-5 als Muster verwandt und mit dem Ziel ins Japanische übersetzt, eine Vorschrift gleichen Inhalts zu schaffen.52 Überwiegender Standpunkt der Lehre ist daher, dass das Merkmal „unrechtmäßig“ im Sinne der Rule 10b-5 zu verstehen sei.53 Zwar spreche der Wortlaut des Abs. 1 nicht explizit von einem Betrug, das Merkmal „unrechtmäßige Mittel“ setze gleichwohl eine betrügerische Vorgehensweise voraus, durch die bei einem Dritten ein Irrtum hinsichtlich eines Wertpapiergeschäfts erregt wird. Die Vertreter dieser engen Auslegung führen zusätzlich das systematische Argument ins Feld, dass in den Abs. 2 und 3 des Art. 157 FBG jeweils konkrete Formen betrügerischer Handlungsweisen normiert seien, so dass die Handlungsweise in Abs. 1 ebenfalls als eine solche zu verstehen sei.54 In einer der wenigen zur Generalklausel vorliegenden Entscheidungen, in denen es um Fälle von Marktmanipulationen ging, setzte sich ferner die Rechtsprechung mit der Auslegung des Merkmals „unrechtmäßige Mittel, Pläne oder Techniken“ auseinander.55 Das OG Tokyo stellte in einer Entscheidung aus dem Jahre 1963 fest, dass „unrechtmäßige Mittel“ eine betrügerische Vorgehensweise voraussetzten, durch die bei einem Dritten ein Irrtum hervorgerufen werde, durch den der Täter schließlich einen Gewinn für sich oder einen Dritten anstrebe.56 Damit teilte das OG Tokyo, zumindest was die Art der Tathandlung betrifft, den Standpunkt der herrschenden Lehre und verlangte ein betrugsmäßiges Vorgehen. Teile der herrschenden Lehre lehnen allerdings das zusätzlich durch das Gericht aufgestellte Erfordernis des Gewinnstrebens ab. Zwar würden unfaire Mittel regelmäßig dafür eingesetzt, sich oder einem Dritten auf diesem Wege einen Vorteil zu verschaffen. Zwingend sei eine solche Auslegung vor dem Hintergrund des objektiven Wortlauts „unrechtmäßige Mittel“ jedoch nicht.57 Der Ansatz der herrschenden Lehre stieß im Rahmen einer neueren Abhandlung auf Kritik.58 Interessant an diesem Ansatz ist, dass damit die eigenständige Entwicklung des legal transplant und die Rückwirkung des japanischen Kontexts im 51 K.
Namiki, Hôgaku Kenkyû 73-12 (2000) 43. Namiki, Hôgaku Kenkyû 73-12 (2000) 35. 53 M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 4. 54 M. Tatsuta, Shôken torihiki-hô 58-jô 1-gô ni iu „fusei no shudan“ no igi, 145. 55 Die angeführten Entscheidungen bezogen sich noch auf den damaligen Art. 58 Abs. 1 BWpHG. 56 Entscheidung des OG Tokyo, Nr. 1962u 1798, Ka-keishû 5, 651. 57 M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 5. 58 K in’yû Shôhin Torihiki-hô K enkyû-kai [Japan Securities R esearch I nstitute], Fu-kôsei torihiki ni tsuite: Murakami Fando jiken o chûshin ni, 21 f. 52 K.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
Mittelpunkt stehen. So richtet sich die Kritik dagegen, dass die Vertreter der engen Auslegung auf der einen Seite die beiden Vorschriften inhaltlich gleichsetzten und sich dabei unter anderem auf die Entstehungsgeschichte von Art. 157 FBG beriefen, obgleich diese Unterschiede zur Rule 10b-5 und dem Konzept des fraud im US-amerikanischen Rechtskontext aufweise und somit die beiden Normen teilweise nicht übereinstimmten. Bei Anwendung der Rule 10b-5 werde in den USA unter anderem dem Aspekt des Treuebruchs eine erhebliche Bedeutung beigemessen, bspw. wenn eine Offenlegungspflicht aufgrund eines Treueverhältnisses zur Gesellschaft bzw. den Aktionären der Gesellschaft besteht, wohingegen das Kriterium des Treuebruchs für die Vertreter der herrschenden Meinung im Rahmen von Art. 157 FBG offensichtlich keine Rolle spiele.59 Tatsächlich scheint sich die übernommene Regel durch den fremden Kontext insoweit von ihrer ursprünglichen Fassung entfernt zu haben. Die Kritik richtet den Fokus aber auch auf die aufnehmende Rechtsordnung und die dortige Schwierigkeit, die übernommene Regel in die vorhandene Systematik einzuordnen. Denn auf der anderen Seite verkenne die herrschende Ansicht einen inhaltlichen Unterschied zwischen der von ihr in Art. 157 FBG geforderten betrügerischen Handlung und dem Betrugstatbestand im japanischen Strafrecht (Art. 246 StG). Dieser setze neben dem Hervorrufen eines Irrtums infolge einer Täuschungshandlung in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter durch die Täuschungshandlung für sich oder einen Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen anstrebe.60 Ein solches Streben nach einem Vorteil für sich oder einen Dritten lehnen jedoch Teile der herrschenden Lehre wie vorstehend dargestellt bei Art. 157 FBG explizit ab. b) Weite Auslegung Im Gegensatz zur herrschenden Lehre und dem im Urteil des OG Tokyo aufgestellten Ansatz legte der OGH in letztinstanzlicher Entscheidung in derselben Sache das Merkmal „unrechtmäßige Mittel“ weit aus: Darunter seien diejenigen bestimmten Mittel zu verstehen, die sich auf den Bereich des Wertpapierhandels beschränken und die in Bezug auf diesen Handel nach allgemeiner gesellschaftlicher Auffassung als unrechtmäßig anzusehen seien.61 Damit hielt sich der OGH vergleichsweise 59 Dies zeige sich beispielhaft an der Diskussion im Rahmen von Art. 167 FBG, der ein Insiderverbot für die besondere Situation eines öffentlichen Erwerbsangebots enthält. Eine solche Konstellation bedingt es regelmäßig, dass den Insider, der über Kenntnisse über den bevorstehenden Erwerb besitzt, keine Treuepflicht gegenüber dem Bieter trifft. Gleichwohl werde in der Lehre ganz selbstverständlich vertreten, Art. 157 Abs. 1 FBG könne in Idealkonkurrenz zu Art. 167 FBG Anwendung finden, K in’yû Shôhin Torihiki-hô K enkyû-kai [Japan Securities R esearch Institute], Fu-kôsei torihiki ni tsuite: Murakami Fando jiken o chûshin ni, 21. 60 K. Yamanaka, Keihô Gaisetsu 2 ‒ Kakuron, 90; A. Yamaguchi, Keihô, 311. 61 Entscheidung des OGH vom 25.5.1965, Nr. 1963a 2225, Keishû 155, 831: „[…] dô-jôgô ni iu ‚fusei no shudan‘ to wa, yûka shôken no torihiki ni gentei shite, sore ni kan shi, shakai tsûnen-jô fusei to mitomerareru ittei no shudan o iu no de atte, bunri-jô sono imi wa meikaku de ari, sore jitai ni oite, hanzai no kôsei yôken o akiraka ni shite iru to mitomerareru […].“
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strikt an den konkreten Wortlaut der Norm und lehnte eine Beschränkung der Tathandlung allein auf den Bereich betrügerischer Vorgehensweisen ab. Die Mindermeinung im Schrifttum unterstützt diese weite Auslegung des OGH, wonach durch Art. 157 FBG im Allgemeinen alle Formen unrechtmäßigen Wertpapierhandels untersagt sein sollen.62 Ergänzender Erwähnung bedarf noch die Tatsache, dass im Rahmen der beiden Entscheidungen zugleich zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm Stellung bezogen wurde. Anlass war die Beschwerde des Verurteilten, der gegen die vorinstanzlichen Urteile geltend machte, das Merkmal „unrechtmäßige Mittel“ des Art. 157 Abs. 1 FBG (damals noch zu Art. 58 Abs. 1 BWpHG) sei zu vage und daher mit Art. 31 der Japanischen Verfassung (im Folgenden JV),63 aus dem das Bestimmtheitsgebot abgeleitet wird,64 unvereinbar. Das OG Tokyo65 wie auch der OGH66 stellten übereinstimmend fest, dass die Vorschrift nicht zu vage gefasst und daher als verfassungsgemäß anzusehen sei. Über die Auslegung zum konkreten Inhalt des Merkmals gehen die Entscheidungen wie dargelegt freilich auseinander. II. Stellungnahme Wie eingangs dargestellt spielt Art. 157 Abs. 1 FBG in der japanischen Rechtswirklichkeit seit seiner Rezeption bis zur Gegenwart keine Rolle. Die Vorschrift wird daher im Schrifttum auch weiterhin als „totes Recht“ (shibun) bezeichnet. Es gab bislang keinen Fall, bei dem Art. 157 Abs. 1 FBG bei Insiderhandel zur Anwendung kam.67 Der tatsächliche Stellenwert der Norm in der Rechtswirklichkeit wird auch unter dem Gesichtspunkt deutlich, dass die Norm allenfalls Gegenstand theoretischer Abhandlungen ist, im vornehmlich an die Praxis gerichteten Schrifttum oftmals aber nur beiläufig oder gar nicht Erwähnung findet. Ob sich der in der Theorie diskutierte Ansatz, Art. 157 Abs. 1 FBG zukünftig insbesondere als Auffangtatbestand zu nutzen, um flexibel auf neue Formen marktmissbräuchlicher Verhaltensweisen reagieren zu können, tatsächlich realisieren lässt, bleibt vor dem Hintergrund des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots ungewiss. Die Diskussion, welche 62 I.
K awamoto, Chikujô kaisetsu Shôken torihiki-hô, 1264. Nihon-koku kenpô, Japanische Verfassung vom 3.11.1946 (am 3.5.1947 in Kraft getreten), Art. 31: „Niemand darf anders als durch ein gesetzlich bestimmtes Verfahren seines Lebens oder seiner Freiheit beraubt oder einer sonstigen Strafe unterworfen werden.“ Übersetzung aus R. Neumann, Änderung und Wandlung der Japanischen Verfassung, 191. 64 Meikaku-sei no gensoku, siehe hierzu A. Yamaguchi, Keihô, 14 f.; K. Yamanaka, Keihô Gaisetsu 1 ‒ Sôron, 39. 65 OG Tokyo (Fn. 433) 652. 66 Der OGH führt hierzu aus, dass nach der wörtlichen Auslegung das Merkmal „unrechtmäßige Mittel“ hinreichend bestimmt sei, OGH (Fn. 438) 831; siehe hierzu auch K in’yû Shôhin Torihiki-hô K enkyû-kai [Japan Securities R esearch I nstitute], Fu-kôsei torihiki ni tsuite: Murakami Fando jiken o chûshin ni, 20. 67 M. M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 27; S. Fukuoka /M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 19. 63
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Formen marktmissbräuchlichen Verhaltens – ob nur betrügerische oder auch weitergehende – von Art. 157 Abs. 1 FBG erfasst werden, zeigt zum einen, wie schwer sich die Regel in den japanischen Kontext einfügen lässt. Zum anderen verdeut lichen die aufgezeigten Unterschiede zur Rule 10b-5, dass sich infolge der Rück wirkung des japanischen Kontexts auf das legal transplant mit Art. 157 FBG eine durchaus eigenständige Regelung entwickelt hat. Dabei legt der vergleichende Blick auf das deutsche Kapitalmarktrecht, dem ein Art. 157 Abs. 1 FBG vergleichbares umfassendes Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens fremd ist, nahe, dass eine „Aktivierung“ des Art. 157 FBG nicht unbedingt erforderlich ist. Im WpHG finden sich vielmehr einzelne Vorschriften, die jeweils konkrete Formen verbotener Handlungsweisen erfassen, wie bspw. das Verbot der Marktmanipulation in § 20a WpHG. Im deutschen Recht stellt § 14 Abs. 1 WpHG, der drei verschiedene Verbotstatbestände umfasst, die zentrale Vorschrift für den Insiderhandel dar.68
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten I. Gegenstand des Insiderhandelsverbots nach Art. 166 FBG Artikel 166 FBG bezieht sich auf den paradigmatischen Fall des Insiderhandels, wie er eingangs bereits mit dem Beispiel Ajinomoto69 vorgestellt wurde: Nach dem Gesetzeswortlaut ist es einer „Person mit einer Verbindung zu einem Unternehmen“ (kaisha kankei-sha) untersagt, bei Kenntnis einer „wesentlichen Tatsache bezüglich der Geschäftstätigkeit eines an der Börse gelisteten Unternehmens“ (jôjô kaisha-tô ni kakaru gyômu-tô ni kansuru jûyô jijitsu) mit einem zu diesem Unternehmen gehörigen Wertpapier Handel zu treiben, soweit die wesentliche Tatsache noch nicht veröffentlicht wurde (kôhyô ga sareta ato de nakereba). 1. Das Merkmal der börsennotierten Gesellschaft Ausgangspunkt und zugleich charakteristisches Merkmal der Insiderregelung des Art. 166 FBG ist, dass sie nur auf diejenigen Personen angewendet wird, die in einer Verbindung zu einer „börsennotierten Gesellschaft etc.“ (jôjô kaisha-tô) stehen. Eine Definition des Begriffs der „börsennotierten Gesellschaft etc.“ findet sich in Art. 163 Abs. 1 FBG. Demnach handelt es sich um einen Emittenten von Wertpapieren, die entweder an einer „Börse für Finanzinstrumente“ (kin’yû shôhin torihiki-jo) gelistet sind, im Freiverkehr gehandelt werden (over-the-counter-Markt,70 tentô baibai yûka shôken) oder sog. „handelbare Wertpapiere“ (toriatsukai yûka shôken, engl. tradable shares) darstellen. Artikel 163 Abs. 1 FBG verweist auf weitere Be68 F.
Kübler /H.-D. Assmann, Gesellschaftsrecht, 479. Siehe oben auf S. 10. 70 Fortan auch als OTC-Markt bezeichnet. 69
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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stimmungen, in denen die betreffenden Wertpapiere näher konkretisiert werden. Umfasst werden zunächst Wertpapiere, die in Art. 2 Abs. 1 Nr. 5, 7 und 9 FBG aufgelistet sind, wovon jedoch einzelne Wertpapierarten durch Verordnung ausgenommen werden (Art. 27 FBG-DVO sowie Art. 25 WpHR-VO). Zu dieser Gruppe von Wertpapieren treten ergänzend jedoch weitere Wertpapiere hinzu, die wiederum durch Verordnung (Art. 27-2 FBG-DVO) bestimmt sind. Zusammenfassend handelt es sich bei den in Rede stehenden Wertpapieren um Anleihen (shasai-ken), Vorzugsaktien (yûsen shusshi shôken) nach dem Gesetz betreffend Vorzugsaktien genossenschaftlicher Finanzinstitute,71 Aktien (kabuken) sowie Optionen auf Neuaktienbezugsrechte (shin-kabu yôyaku-ken shôken). Das betreffende Wertpapier des Emittenten muss wie erwähnt an einem Markt zum Handel mit Finanzinstrumenten zugelassen sein. Dies kann eine „Börse für Finanz instrumente“ (kin’yû shôhin torihiki-jo)72 sein, die mit Genehmigung nach Art. 80 Abs. 1 FBG entweder von einer juristischen Person (derzeit die Börsen in Fukuoka und Sapporo) oder von einer Aktiengesellschaft (derzeit die in der Japan Exchange Group zusammengeschlossenen Börsen von Tokyo (Tokyo Stock Exchange, fortan: TSE) und Osaka, der Börse von Nagoya, sowie JASDAQ und TOKYO PRO Market73 (bis 2012 noch TOKYO AIM)) betrieben wird. Weiterhin kann ein OTC-Markt für nicht börsennotierte Wertpapiere von einer lizensierten Vereinigung von Finanzproduktedienstleistern eingerichtet werden, Art. 67 Abs. 2 FBG. Einen solchen Markt stellte früher der von der Japan Securities Dealers Association (fortan JSDA) errichtete JASDAQ K. K. dar. Mit Erteilung entsprechender Genehmigung wurde dieser jedoch in eine Börse umgewandelt (die heutige JASDAQ shôken torihiki-jo K. K.), so dass gegenwärtig in Japan kein OTC-Marktplatz existiert. Schließlich werden die sog. handelbaren Wertpapiere, d. h. nicht börsennotierte und nicht in einem OTC-Markt registrierte Wertpapiere, auf einem von einer lizensierten Vereinigung von Finanzproduktedienstleistern eingerichteten Markt im Einklang mit privatrechtlichen Freiverkehrsrichtlinien gehandelt (Art. 67-18 Abs. 4 FBG). Dieser Markt für ungelistete Wertpapiere wurde initiiert, um das finanzielle Umfeld vor allem für riskantere Unternehmungen (Start-ups, venture businesses) zu verbessern. Unternehmen, deren Wertpapiere an einem solchen Markt gehandelt werden, müssen im Einklang mit den Freiverkehrsrichtlinien laufende Publizitätspflichten einhalten. Die entsprechenden Wertpapiere werden dann von dem Finanzproduktedienstleiser bei Aufnahme in den Markt als „handelbare Wertpapiere“ de71 Nach dem Gesetz betreffend Vorzugsaktien genossenschaftlicher Finanzinstitute, Kyôdô soshiki kin’yû kikan no yûsen shusshi ni kansuru hôritsu, Gesetz Nr. 44/1993 i. d. F. des Gesetzes Nr. 63/2015. 72 Terminologisch spricht das Gesetz von „Finanzinstrumenten“ anstatt von „Wertpapieren“, wörtlich also Finanzinstrumentebörse, siehe hierzu auch die Erläuterungen bei H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 43 sowie H. Baum /M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 54. 73 Zum TOKYO PRO Market siehe Nihon Shôken K eizai K enkyû-jo [Japan Securities R e search I nstitute], Securities Market in Japan: 2014, 195 ff.
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signiert.74 Beispiele solcher „handelbaren Wertpapiere“ stellen die Greensheet(gurînshîto) sowie Phoenix-Titel (fenikkusu) im hierfür durch die JSDA initiierten Markt dar.75 Anders als im deutschen Recht, wo der Begriff des Insiderpapiers in § 13 WpHG einen zentralen Anknüpfungspunkt bildet, ergibt sich bei Art. 166 FBG zunächst die Frage nach dem Emittenten. Erst in einem zweiten Schritt erschließen sich die Insiderpapiere dann über die entsprechenden Verweisungen bis auf Verordnungs ebene. Diese für japanische Gesetze und insbesondere im Falle des FBG als typisch beschriebene Vorgehensweise, zunächst einen allgemeinen Rahmen vorzugeben und später die Details mittels ergänzender Verordnungen zu regeln, zeigt sich deutlich anhand dieses Tatbestandselements. 2. Personenkreis: Insider im eigentlichen Sinne, Quasiinsider und Informationsempfänger Zentraler Begriff des Art. 166 FBG ist „die Person, die in Beziehung zu einem Unternehmen“ steht (kaisha kankei-sha).76 Für diese Person ist kennzeichnend, dass sie infolge einer hervorgehobenen Stellung zum Emittenten mit sensiblen Informationen in Berührung kommt. Welche konkreten Personen zum Kreis der „dem Unternehmen zugehörigen Personen“ zu rechnen sind, ist in Art. 166 Abs. 1 Nr. 1–5 FBG recht offen formuliert. Es werden drei Gruppen unterschieden: (1) Insider im eigentlichen Sinne, (2) Quasiinsider sowie (3) Informationsempfänger. Mit ersteren sind Insider im engeren Sinne (naibu-sha) gemeint, bspw. die Mitglieder der Verwaltung und sonstige Angestellte, aber auch die Großaktionäre der Gesellschaft. Personen in einer sonstigen Beziehung zur Gesellschaft sind sog. Quasiinsider (jun naibu-sha). Hiervon umfasst sind diejenigen außenstehenden Dritten, die aufgrund gesetzlicher Befugnisse oder aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung vorübergehend mit der Gesellschaft in Verbindung stehen, wie Rechtsanwälte, externe Rechnungsprüfer etc. Nach der Gesetzessystematik werden Insider und Quasiinsider77 als Personen, die in Verbindung zur Gesellschaft stehen, unter Art. 166 Abs. 1 Nr. 1–5 gemeinsam aufgeführt. Das Verbot, Insidergeschäfte zu tätigen, erstreckt sich für diese Personen auch auf den Zeitraum von einem Jahr nach Beendigung der entsprechenden Verbindung zur betreffenden Gesellschaft, Art. 166 Abs. 1 S. 2 FBG (sog. moto kaisha kankei-sha). In Anlehnung an hiesige Kategorien können diese Personen insgesamt auch als Primärinsider (ichiji naibu-sha) charakterisiert werden. 74 Siehe hierzu Nihon Shôken K eizai K enkyû-jo [Japan Securities R esearch I nstitute], Securities Market in Japan: 2014, 52; M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 78 f. 75 Siehe hierzu die Übersichten auf den Seiten 186 und 195 in Nihon Shôken K eizai K enkyû-jo [Japan Securities R esearch Institute], Securities Market in Japan: 2014. 76 Siehe hierzu auch die Übersicht auf S. 98. 77 Im Folgenden zusammen auch mit „(Quasi‑)Insider“ bezeichnet.
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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Als dritte Gruppe unterscheidet das Gesetz in Art. 166 Abs. 3 FBG schließlich noch die Gruppe der Informationsempfänger (jôhô juryô-sha), die auch als Sekundärinsider (niji naibu-sha) bezeichnet werden können. Hierunter fallen alle natürlichen oder juristischen Personen, die eine Insidertatsache direkt von einem Insider oder Quasiinsider erhalten haben. Der Begriff der „Person, die in Beziehung zu einem Unternehmen“ steht (kaisha kankei-sha), in Art. 166 FBG verdeutlicht eine wesentliche Leitlinie der japanischen Regelung: Die Entscheidung, ob eine Person dem Täterkreis angehört oder nicht, hängt von deren Status bzw. deren Stellung zum Emittenten sowie von den näheren Umständen der Informationserlangung ab. Hingegen fehlt es im WpHG an einer Legaldefinition der Person des Insiders, der Täterkreis ergibt sich hier über die Straf- und Bußgeldvorschriften des § 38 Abs. 1 Nr. 1, 2 sowie § 39 Abs. 2 Nr. 3, 4 WpHG. Im Unterschied zur japanischen Regelung kann Täter des Erwerbs- und Veräußerungsverbots in § 14 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG zudem jeder sein, unabhängig von seiner Stellung zum Emittenten sowie den Umständen der Informationserlangung. Die frühere Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärinsider ist hinsichtlich dieser Tatbegehungsvariante im gegenwärtigen deutschen Recht hinfällig.78 Insofern ist der potentielle Täterkreis nach der japanischen Regelung enger. Persönliche Faktoren wie die Stellung zum Emittenten sowie die näheren Umstände der Informationserlangung sind bei der deutschen Regelung nur auf der Rechtsfolgenseite des strafbewehrten Verbots des Mitteilens, Zugänglichmachens, Empfehlens oder Verleitens nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG zur Bestimmung der Primärinsider weiterhin bedeutsam, da für alle sonstigen Personen die betreffenden Handlungen nur eine Ordnungswidrigkeit darstellen (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 3, 4 WpHG). a) Insider im eigentlichen Sinne (1) Mitglieder der Verwaltung und Angestellte des Emittenten Der erfasste Personenkreis ist nach der Aufzählung in Art. 166 Abs. 1 Nr. 1 FBG (yaku-in tô) umfänglich.79 In erster Linie sind damit (ordentliche wie auch interimsweise berufene) Mitglieder der Gesellschaftsverwaltung umfasst, also Einzelverwaltungsräte (torishimari-yaku), gesellschaftsinterne Prüfer (kansa-yaku), Geschäftsführer (shikkô-yaku).80 Ferner fallen auch Stellvertreter (dairi-nin), bspw.
78 H.-D.
Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, § 38 Rn. 5 (Vogel). Der Begriff des yaku-in geht im Rahmen des Art. 166 Abs. 1 Nr. 1 FBG sogar über den von der Legaldefinition in Art. 329 Abs. 1 GesG umfassten Personenkreis hinaus, T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 291. 80 M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 317; T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 291. 79
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
nach Art. 10 Gesellschaftsgesetz81 oder Art. 21 Handelsgesetz,82 hierunter.83 Schließlich sind auch sämtliche Angestellten der Gesellschaft erfasst, unabhängig von der Art der Beschäftigungsform. Daher gelten grundsätzlich auch Teilzeitbeschäftigte und Leiharbeiter (haken shain) als Insider im Sinne des Art. 166 Abs. 1 Nr. 1 FBG.84 Als weiteres Erfordernis muss ein Insider im Sinne von Art. 166 Abs. 1 FBG die Information im Rahmen der Tätigkeit erlangt haben (shokumu ni kan shi shitta toki). Die Abgrenzung, ob eine Insiderinformation im konkreten Einzelfall im Rahmen der Tätigkeit gewonnen wurde, kann sich mitunter schwierig gestalten.85 Die Information kann nämlich zum einen nur dadurch erlangt worden sein, weil dies dem Insider aufgrund seines konkreten Tätigkeitsfelds möglich war. Zum anderen kann die Information auch ohne inhaltlichen Zusammenhang infolge eines rein physischen Zugangs, d. h. durch ein zufälliges Aufschnappen, erfasst werden.86 Dazwischen sind zahlreiche Abstufungen denkbar, so dass sich im Einzelfall die Frage stellt, wo jeweils die Grenze zu ziehen ist. Aus der Sicht derjenigen, die Wertpapierhandelsgeschäfte tätigen wollen, ist vorsichtshalber der Anwendungsbereich weit auszulegen.87 (2) Großaktionäre Weiterhin werden Großaktionäre zu den Insidern gezählt (Art. 166 Abs. 1 Nr. 2 FBG), da sie bei Ausübung ihrer gesetzlich eingeräumten Aktionärsrechte die Möglichkeit haben, mit wesentlichen Interna der Gesellschaft in Berührung zu kommen. Gemeint sind damit in erster Linie Aktionäre der Gesellschaft mit Einsichtsrecht in die Bücher (chôbo etsuran-tô seikyû-ken, Art. 433 Abs. 1 GesG). Erforderlich aber auch ausreichend ist daher im Grundsatz, dass diese mindestens über 3 Prozent der Stimmrechte verfügen bzw. über 3 Prozent aller ausgegebenen Aktien (ausgenom81
Kaisha-hô, Gesetz Nr. 86/2005 i. d. F. des Gesetzes Nr. 63/2015. Shôhô, Gesetz Nr. 48/1899 i. d. F. des Gesetzes Nr. 91/2014. dt. Übers.: O.K liesow/U.Eisele/M.Bälz, Das Japanische Handelsgesetz (2002). 83 M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 56 f. 84 Ausführlich S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 27 f. sowie bei M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 56 ff. 85 Ausführlich hierzu mit konkreten Beispielen siehe M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda / Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 59 ff. 86 Ein Beispiel hierfür wäre die Reinigungskraft, die zufällig Dokumente mit Insiderinformationen auf einem Schreibtisch findet. Sie habe die Insiderinformation zwar rein physisch „im Rahmen der Tätigkeit“ erlangt, strittig ist jedoch, ob dies bereits zur Bejahung des Tatbestands genügen soll oder vor dem Zweck des Insiderhandelsverbots eine engere Auslegung als angemessener erscheint. 87 M. Yamada /H.Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 61 f. 82
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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men also derjenigen Aktien, die von der Gesellschaft gehalten werden, sog. treasury stock).88 Bei dem Großaktionär muss es sich jedoch nicht notwendigerweise um eine Einzelperson handeln: Erfüllt eine zusammengeschlossene Gruppe aus einer Vielzahl an Aktionären gemeinsam die Schwellenwerte, so wird die gesamte Gruppe an sich als Insider qualifiziert.89 Weiterhin werden von der Regelung auch Aktionäre einer Tochtergesellschaft erfasst, die aufgrund einer gerichtlichen Erlaubnis ein Einsichtsrecht in die Bücher haben (Art. 433 Abs. 3 i. V. m. Art. 31 Abs. 3 GesG). Erforderlich ist, dass die Insiderinformation bei Ausübung der entsprechenden Rechte erlangt wird (tôgai kenri no kôshi ni kan shi shitta toki). Im Einzelfall können sich hier ebenfalls Abgrenzungsfragen ergeben. Grundsätzliche Einigkeit besteht dahingehend, dass es zur Erfüllung des Merkmals genügen soll, wenn die Insiderinformation bloß in engem Zusammenhang mit der Ausübung des Rechts – bspw. mit der Einsichtnahme in die Bücher – erlangt wurde. Der Einsichtnahme gehen im Vorfeld gewöhnlich vorbereitende Verhandlungen und Nachforschungen voraus, im Rahmen derer die Insiderinformation erlangt werden kann, etwa weil ein Mitarbeiter des Emittenten diese mündlich offenbart oder weil sie sich aus Dokumenten ergibt, die zur Überprüfung vorgelegt werden.90 Für den Fall, dass es sich bei dem von Art. 166 Abs. 1 Nr. 2 erfassten Insider um eine juristische Person handelt, ordnet Art. 166 Abs. 1 Nr. 5 FBG an, dass sich das Insiderhandelsverbot auf deren sämtliche Mitarbeiter erstreckt, sofern diese im Rahmen ihrer Tätigkeit Kenntnis von der Insiderinformation erlangen. Die betreffenden Angestellten und Mitarbeiter sind dann sämtlich als Insider zu qualifizieren und nicht etwa als Informationsempfänger (tippee).91 Dies kann bspw. der Fall sein, wenn innerhalb eines Bankinstituts ein Insider aus der Finanzabteilung an die Investmentbanking-Abteilung eine Mitteilung versendet.92 Hinter dieser Regelung steckt der Gedanke, dass eine juristische Person als eine einheitliche Organisationsstruktur zu sehen ist und es der natürlichen Erfahrung entspricht, dass Informationen, die eine einzelne Abteilung erlangt hat, auch an andere Bereiche fließen, so dass die juristische Person auch in dieser Hinsicht wie eine Einheit aufgefasst wird.93
88 M.
Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 318. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 318. 90 M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 72 ff. 91 Zu der Gruppe der Informationsempfänger siehe S. 92 ff. unten. 92 Tokyo Stock Exchange R egulation (Hg.), Mr. Compla’s Insider Trading Regulations Q&A, 5. 93 H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 117; M. Yama da /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 83. 89 M.
88
Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
b) Quasiinsider (1) Personen mit gesetzlicher Befugnis gegenüber der Gesellschaft Die erste Kategorie der Quasiinsider umfasst eine relativ heterogene Gruppe an Personen, denen nach Art. 166 Abs. 1 Nr. 3 FBG gemeinsam ist, dass ihnen aufgrund Gesetz oder Verordnung bestimmte Befugnisse gegenüber einem börsennotierten Unternehmen zustehen, bei deren Ausübung sie potentiell an Insiderinformationen gelangen können. Hiervon werden zunächst diejenigen Personen erfasst, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Normen ermächtigt sind, hoheitliche Maßnahmen gegenüber einer börsennotierten Gesellschaft durchzuführen und dabei möglicherweise Kenntnis von Insiderinformationen gewinnen. Dies kann bspw. auf die Weise geschehen, dass eine Amtsperson (oder deren Unterstellte bzw. Hilfspersonen) im Rahmen von Nachforschungen oder anlässlich einer Durchsuchung beim Emittenten mit entsprechenden Informationen in Berührung kommt. Weiterhin können auch Private in Ausübung eines ihnen zustehenden Rechts gegenüber dem Unternehmen an Insiderinformationen gelangen, so z. B. der Kläger bzw. Beklagte in einem Zivilprozess (sowie ggf. ein anwaltlicher Prozessvertreter), der Einsicht in Dokumente nimmt, die aufgrund gerichtlicher Anordnung vom Emittenten vorgelegt werden. Ferner hat bspw. auch ein interner Prüfer (kansa-yaku) bzw. ein Abschlussprüfer (kaikei kansa-nin) einer Muttergesellschaft Einsichtsrecht in die Bücher einer Tochtergesellschaft (Art. 381 Abs. 3, 4 GesG). Erforderlich ist weiterhin, dass die Insiderinformation bei Ausübung dieser Befugnisse erlangt wurde (tôgai kengen no kôshi ni kan shi shitta toki), wobei das Merkmal flexibel ausgelegt wird. Der Informationsgewinn muss zum einen nicht notwendigerweise die Folge der Befugnisausübung darstellen, sondern kann auch in enger Verbindung mit ihr erfolgen.94 Auch wenn eine für Genehmigungen zuständige Behörde eine Insiderinformation im Wege einer informellen Verwaltungsabsprache (gyôsei shidô)95 erlangt, wird das Merkmal als erfüllt angesehen.96 Zum anderen ist die konkrete Art und Weise der Informationserlangung durch den Insider unerheblich. Demnach soll es genügen, wenn z. B. ein Vorgesetzter einer Behörde erst Kenntnis von der Insiderinformation durch den Beamten erfährt, der für die Untersuchung verantwortlich ist.97
94 Y.
Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 39. zum informellen Verwaltungshandeln in Japan u. a. Y. Ohashi, Verwaltungsarchiv (1993) 220 ff.; G. Foljanty-Jost, Informelles Verwaltungshandeln: Schlüssel effizienter Implementation oder Politik ohne Politiker? 171 ff. 96 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 49; Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 39. 97 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 40. 95 Vertiefend
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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(2) Personen mit vertraglicher Beziehung oder in Vertragsverhandlungen mit der Gesellschaft Von Art. 166 Abs. 1 Nr. 4 werden schließlich Personen erfasst, die aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung für die betreffende börsennotierte Gesellschaft tätig sind oder die mit ihr in Vertragsverhandlungen stehen. Gemeint sind damit bspw. beratende Rechtsanwälte, Steuerberater, staatlich anerkannte Buchprüfer (kônin kaikei-shi), Finanzinstitute und Wertpapiergesellschaften, aber auch vergleichbare Personen wie Drucker, die mit dem Druck wichtiger Dokumente beauftragt sind, oder Übersetzer, die anlässlich wichtiger Sitzungen eingesetzt werden.98 Diese Personen werden zu den Quasiinsidern gezählt, da sie regelmäßig aufgrund ihrer besonderen Stellung zur Gesellschaft Kenntnis von Insiderinformationen erlangen können.99 An dieser Kategorie lässt sich der Einfluss des vertragsrechtlichen Ansatzes im amerikanischen Recht ausmachen. Aus diesem Grund sind bspw. außenstehende Analysten und Reporter, die nicht in einer vertraglichen Beziehung zur betreffenden Gesellschaft stehen, auch nicht als Insider erfasst. Sie können höchstens als direkte Informationsempfänger oder unter engen Voraussetzungen als Mittäter eines Dritten, der selbst ein Informationsempfänger ist, vom Verbot erfasst werden.100 Nach dem Wortlaut in Nr. 4 sind ferner die Verwaltungsmitglieder und Angestellten der Gesellschaft (bzw. Mutter- oder Tochtergesellschaft) selbst nicht vom Regelungsbereich umfasst, obgleich diese aufgrund eines Auftrags oder eines Anstellungsvertrags für die Gesellschaft tätig sind. Grund hierfür ist, dass sie bereits von der spezielleren Regelung in Nr. 1 erfasst werden.101 Die Insider müssen ferner die Insiderinformation bei Vertragsschluss, während Vertragsverhandlungen oder bei der Durchführung eines Vertrags erlangt haben (tôgai keiyaku no teiketsu, moshiku wa sono kôshô, mata wa rikô ni kan shi shitta toki). Allerdings legt die Rechtsprechung102 dieses Kriterium flexibel aus und lässt es genügen, wenn die Insiderinformation im engen Zusammenhang zum Vertragsverhältnis bzw. zur Vertragsverhandlung erlangt worden ist. Daher kommt es auf die konkrete Art oder Form des Vertrags oder dessen Inhalt nicht an. Vor allem ist es nicht erforderlich, dass der Vertrag selbst die Insiderinformation enthält, da die betreffende Insiderinformation auch mündlich bei Gelegenheit des Vertragsschlusses oder im Rahmen von Verhandlungen mitgeteilt werden kann. Zudem ist der 98 M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 79; S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 45. 99 S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 44. 100 H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 117. 101 M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 319. 102 OGH, Entscheidung vom 3.12.2003, Nr. 2001a 12, Hanrei Jihô 1845, 149; siehe auch bei Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 41; M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 79; S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 46; Y. Wakabayashi, Shôji Hômu 1962 (2012) 29.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
betreffende Personenkreis nicht ausschließlich auf die unmittelbar verantwortlich handelnden Vertragspartner oder Verhandlungsführer beschränkt. Vielmehr werden auch weitere Teilnehmer, wie unterstützende Hilfspersonen, von der Regelung erfasst. Es soll sogar genügen, wenn ein Vorgesetzter oder Mitarbeiter, der selbst an den Verhandlungen nicht direkt beteiligt ist, anlässlich einer Berichterstattung über den Fortgang der Vertragsverhandlungen seitens der Hilfsperson die Insiderinformation erfährt.103 Wie bei Art. 166 Abs. 1 Nr. 2 findet auch für die hier in Rede stehende Gruppe der Insider nach Nr. 4 die Regelung über die entsprechende Anwendung bei juristischen Personen aus Nr. 5 Anwendung: Handelt es sich bei einer von Nr. 4 erfassten Person um eine juristische Person, so erstreckt sich das Insiderhandelsverbot auf sämtliche Mitarbeiter, wenn sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Kenntnis von der Insiderinformation erlangen. Auch hier gilt entsprechend, dass alle entsprechenden Mitarbeiter in der Folge als (Quasi‑)Insider gelten und nicht etwa als Informationsempfänger. c) Insider und Quasiinsider einer Tochter- oder Muttergesellschaft Das Tatbestandsmerkmal „Personen, die in Verbindung mit einer Gesellschaft stehen“ (kaisha kankei-sha), in Art. 166 Abs. 1 FBG ist nicht allein auf diejenigen Personen beschränkt, die in einer Beziehung zur börsennotierten Gesellschaft selbst stehen. Wie den Zusätzen im Gesetzestext zu entnehmen ist, erstreckt es sich ebenfalls auf diejenigen Personen, die in einer nach Nr. 1‒5 entsprechend gearteten Verbindung mit einer Mutter- oder Tochtergesellschaft der börsennotierten Gesellschaft stehen. Demzufolge ist der Handel mit Wertpapieren der börsennotierten Gesellschaft einer Person, die in einer Verbindung mit einer Muttergesellschaft dieser Gesellschaft steht, dann verboten, wenn sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Kenntnis von einer unveröffentlichten wesentlichen Tatsache erlangt. Unerheblich ist in diesem Fall, ob die wesentliche Tatsache dem Bereich der börsennotierten Gesellschaft selbst zuzuordnen ist oder aus der Sphäre der Muttergesellschaft stammt. Ebenso wird eine Person mit einer Verbindung zu einer Tochtergesellschaft der börsennotierten Gesellschaft grundsätzlich vom Insiderhandelsverbot erfasst. Ein Unterschied besteht allerdings hinsichtlich der Arten potentieller Insiderinforma tionen: Gemäß Art. 166 Abs. 1 FBG sind für diese Personen ausschließlich diejenigen wesentlichen Tatsachen relevant, die nach dem Gesetz speziell für den Fall einer Tochtergesellschaft vorgesehen sind (also die in Art. 166 Abs. 2 Nr. 5 ‒8 FBG aufgelisteten potentiellen Insiderinformationen).104 Dahinter steckt der Gedanke, dass Angehörige dieser Personengruppe eine besondere Stellung nur in der Tochterge-
103 DG Tokyo, Entscheidung vom 2.5.2003, Nr. 2002 toku wa 6281, Hanrei Taimuzu 1139 (2004) 311 ff.; Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 42. 104 Eine nähere Erläuterung hierzu erfolgt auf S. 117 unten.
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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sellschaft innehaben und sich damit der erleichterte Zugang auf insiderrechtliche Informationen auf diesen Bereich beschränkt.105 Was schließlich den Begriff der Muttergesellschaft (oya-gaisha) sowie der Tochtergesellschaft (ko-gaisha) betrifft, enthält das FBG in Art. 166 Abs. 5 hierfür eigene Definitionen, die sich durch eine stärkere Orientierung an formalen Kriterien von den Definitionen zur Tochter- bzw. Muttergesellschaft nach Art. 2 Nr. 3 und 4 im GesG unterscheiden.106 Demnach gelten als Muttergesellschaften nur solche Gesellschaften, die eine andere Gesellschaft beherrschen. Welche Gesellschaften solche beherrschenden Gesellschaften konkret sind, wird wiederum durch ergänzende Verordnung festgelegt (Art. 166 Abs. 5 i. V. m. Art. 29-3 FBG-DVO). Es handelt sich um diejenige Gesellschaft, die im jüngsten Antrag auf Zulassung einer Wertpapier emission (yûka shôken todokede-sho) oder im Jahres- bzw. Halbjahres-Wertpapierbericht (yûka shôken hôkoku-sho bzw. hanki hôkoku-sho) eines anderen Unternehmens als Muttergesellschaft eingetragen ist. Tochtergesellschaften sind entsprechend diejenigen Gesellschaften, die im jüngsten Antrag auf Zulassung einer Wertpapieremission oder Jahres- bzw. Halbjahres-Wertpapierbericht eines anderen Unternehmens als eine zu einer Unternehmensgruppe zugehörige Gesellschaft eingetragen sind.107 d) Insiderhandelsverbot ehemaliger Insider und Quasiinsider Den in Art. 166 Abs. 1 Nr. 1‒5 FBG aufgelisteten Personengruppen mit einer Verbindung zu einem Unternehmen (kaisha kankei-sha) ist es nach Art. 166 Abs. 1 S. 2 FBG auch nach Verlust ihrer Stellung untersagt, in Kenntnis der ihnen weiterhin bekannten und in der Zwischenzeit nicht veröffentlichten Insidertatsache Handel mit Papieren des betreffenden Unternehmens zu treiben. Die Frist, in der dieser als ehemalige Unternehmenszugehörige (moto kaisha kankei-sha) benannten Personengruppe ein solches Handeln untersagt ist, beträgt ein Jahr seit dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre besondere Stellung zum Unternehmen verloren hat. Die jeweiligen Beendigungstatbestände unterscheiden sich freilich nach dem zugrunde liegenden konkreten Verhältnis: Im Falle eines ehemaligen Angestellten ist dies bspw. der Zeitpunkt, zu dem er das Unternehmen verlässt, bei bestehendem Einsichtsrecht in die Bücher dessen Verlust aufgrund reduzierter Aktienbestände, bei einem aufgrund Gesetz ermächtigten Beamten die Versetzung auf einen anderen Posten so-
M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurû(Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 53 ff. 106 M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 410 (sowie Anmerkung dort in Fn. 873). 107 Zu weiteren Einzelheiten ausführlich M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 410 ff. sowie S. M at su moto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 42 ff. 105
pu
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
wie im Falle des Abs. 1 Nr. 4 die Beendigung des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses.108 Die Regelung, Insider und Quasiinsider auch nach Beendigung ihrer Verbindung zur Gesellschaft eine Zeitlang weiterhin dem Insiderhandelsverbot zu unterwerfen, dient letztlich dazu, das nach bestimmten Personengruppen unterscheidende Insiderhandelsverbot nicht ins Leere laufen zu lassen. Denn andernfalls hätten es die betreffenden Personen unter Umständen selbst in der Hand – z. B. durch Beendigung des Beschäftigungs- oder Vertragsverhältnisses –, unmittelbar vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen zu werden und ihr Insiderwissen durch Handel am Markt umzumünzen. Andererseits kann den Insider ein Handelsverbot mit den betreffenden Papieren auch nicht auf unbestimmte Zeit auferlegt werden.109 Es wird jedoch angenommen, dass innerhalb des Zeitraums von einem Jahr regelmäßig mit einer Veröffentlichung der Insidertatsache zu rechnen ist, so dass aus Sicht des Gesetzgebers ein darüber hinausgehendes Handelsverbot nicht notwendig erscheint.110 Wird erst nach Beendigung des Verhältnisses zur Gesellschaft Kenntnis von der Insiderinformation erlangt, unterliegen die betreffenden Personen nicht dem Handelsverbot für ehemalige Insider. Entscheidend ist also, dass die Insider die Insiderinformation zum Zeitpunkt gewannen, als das Verhältnis zur Gesellschaft noch Bestand hatte. Bei einer Kenntniserlangung nach Beendigung des Verhältnisses zur Gesellschaft unterliegen die betreffenden Personen jedoch möglicherweise dem Insiderhandelsverbot für Informationsempfänger.111 e) Direkte Informationsempfänger Neben den Insidern bilden die sog. Empfänger von Informationen (jôhô juryô-sha) eine eigene Kategorie an Personen, die dem Insiderhandelsverbot unterliegen (Art. 166 Abs. 3 FBG). Davon umfasst sind diejenigen Personen, die eine Insiderinformation direkt von den in Art. 166 Abs. 1‒5 FBG genannten Insider erhielten. Als bloße Informationsempfänger sind sie nicht zum Kreis der Insider im wörtlichen Sinne zu zählen. Ihnen ist es gleichwohl untersagt, aufgrund der unmittelbar empfangenen Insiderinformationen mit Wertpapieren des betroffenen Unternehmens zu handeln.112 Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass die Insiderinformation direkt durch den Insider bzw. Quasiinsider sowie mit dessen Absicht der Weitergabe an den Informationsempfänger übermittelt wird. Daher ist es nicht ausreichend, wenn eine Person 108 Y.
Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 46 f. M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 84. 110 Begründet wird die Frist mit den zu veröffentlichen Jahresabschlüssen (Art. 436 GesG), Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 47 (Fn. 1). 111 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 47. 112 Ausführlich zu den Informationsempfängern und aktuellen Reformen T. M atsuba, Shôji Hômu 2010 (2013) 15 ff. 109
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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die Insiderinformation nur beiläufig erfährt (bspw.: Aufschnappen der Insiderinformation, wenn ein Fahrgast in einem Zug ein Gespräch zufällig mithört;113 verloren gegangene oder gestohlene Dokumente des Unternehmens, aus denen sich die Insiderinformation ergibt etc.114). Welche konkreten Personen der Kategorie der Informationsempfänger unterfallen, mag daher mitunter schwierig abzugrenzen sein. Als eine weitere Besonderheit zur Regelung des Informationsempfängers in Art. 166 Abs. 3 FBG wird die Tatsache gesehen, dass generell keine nachrangigen Dritten (sekundäre Informationsempfänger beim sog. Kettentipp) vom Verbot erfasst werden, also diejenigen Personen, die ihrerseits von einem Informationsempfänger die Insiderinformation erhalten haben.115 Ist der erste Informationsempfänger allerdings Angestellter einer juristischen Person, so erstreckt sich das Insiderhandelsverbot ebenfalls auf andere Angehörige dieser juristischen Person, sofern sie die Insiderinformation im Rahmen ihrer Tätigkeit erfahren (Art. 166 Abs. 3 FBG).116 In einem solchen Falle werden bspw. sämtliche Mitarbeiter einer Gesellschaft von dem Verbot erfasst und gelten ebenfalls als direkte Informationsempfänger (und nicht etwa als sekundäre Informationsempfänger). Hinter dieser Regelung steckt wiederum die Vorstellung von der juristischen Person als einer einheitlichen Organisationsstruktur, die wie eine Einheit aufzufassen sei. Insofern läuft die Regelung für Informationsempfänger gleich zur Regelung für juristische Personen bei Insider nach Art. 166 Abs. 1 Nr. 5 FBG.117 Dass nach der japanischen Insiderregelung nur der erste Informationsempfänger erfasst wird, nicht aber die nachfolgenden Personen, stellt im internationalen Vergleich zum europäischen und US-amerikanischen Insiderrecht ebenfalls eine Besonderheit dar.118 Der Anwendungsbereich der japanischen Insiderregeln ist in diesem Punkt deutlich enger als die europäische bzw. deutsche Regelung, die eine solche Begrenzung nicht kennt.119 Nach dem Willen des japanischen Gesetzgebers solle das Insiderhandelsverbot des direkten Informationsempfängers dazu dienen, das Verbot für den Insider zu vervollständigen. Denn in der Regel besteht zwischen dem Insider und dem Informationsempfänger eine Sonderbeziehung, wodurch der Informationsempfänger eine dem Insider vergleichbar vorteilhafte Stellung gegenüber den übrigen Anlegern am Markt erlange, deren Vertrauen in die Fairness des 113 M.
Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 320. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 124; H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 88 f. 115 M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 320; T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 296 f.; M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 85 f.; S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 55 f.; S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no su bete, 52. 116 M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 86. 117 T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 296. 118 M. M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 29. 119 H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 117 f. 114 Y.
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Markts in der Folge Schaden nehmen könnte. Dies mache wiederum eine Verbotsregelung erforderlich. Zudem würde eine Erweiterung des Insiderhandelsverbots über den ersten Informationsempfänger hinaus dazu führen, dass die Grenzen des Anwendungsbereichs der Norm unklar werden und „unnötige soziale Verwirrung“ entstehe.120 Diese Ansicht kann allerdings nicht überzeugend begründen, warum ein zweiter oder dritter Informationsempfänger nicht ebenso das Vertrauen der Anleger zu erschüttern vermag, wenn er noch nicht veröffentlichte Insiderinformationen für den Handel mit Wertpapieren nutzt.121 Abgesehen von vereinzelten Stimmen, die die bestehende Regelung weiterhin für ausreichend erachten,122 stößt der enge Anwendungsbereich der Norm daher auf überwiegende Kritik.123 f) Informationsweitergabe und Verleiten zum Insiderhandel Nach den speziellen Insiderregeln der Artt. 166, 167 FBG zählen zum Kreis der potentiellen Insider lediglich der jeweilige Empfänger einer Insiderinformation (tippee), die eine Insiderinformation von einem Insider bzw. Quasiinsider erhalten haben und auf Grundlage der erhaltenen Information selbst eine Wertpapiertransak tion durchführen. Nicht erfasst wird aber der Tippgeber selbst, sofern dieser die Transaktion nicht selbst durchführt (und damit ggf. als Insider bzw. Quasiinsider gilt). Im Gegensatz zur deutschen Regelung in § 14 Abs. 1 Nr. 2, 3 WpHG, der ein Verbot der Weitergabe, des Zugänglichmachens, Empfehlens oder Verleitens enthält, ist von Artt. 166 Abs. 3, 167 Abs. 3 FBG weder die Weitergabe der Insiderinformation an sich noch das Empfehlen oder Verleiten zum Handel mit Papieren erfasst.124 Es war nach der bisherigen über Jahre geltenden Insiderregelung im FBG somit nicht verboten, Nutzen aus der Weitergabe von Insiderinformationen zu ziehen. Zwar ist es grundsätzlich denkbar, dass sich Angehörige eines bestimmen Personenkreises durch eine Weitergabe sensibler Informationen wegen Geheimnisverrats (Art. 134 StG) strafbar machen (nämlich diejenigen Personen, denen von Gesetzes wegen eine besondere Verschwiegenheitspflicht obliegt, wie z. B. Beamten, Rechtsanwälten etc.). Personen ohne besondere Eigenschaft wie reguläre Angestellte eines Unternehmens können demgegenüber nicht erfasst werden. Auch über die Anwendung des allgemeinen Strafrechts, wie gelegentlich im Schrifttum vorgeschlagen, lässt sich diese Lücke womöglich im Einzelfall schließen, da die weiteren Voraussetzungen für eine Anstiftungs- oder Beihilfehandlung zu einem Insiderde-
120 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 122; S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 52. 121 H. M atsui, Insaidâ torihiki kisei no hikaku-hôteki kenkyû ‒ Kinshi kôi kisei no Nichi-Ô hikaku –, 404. 122 Siehe bspw. bei M. Shitani, Jurisuto 1438 (2012) 41. 123 H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 116. 124 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 127; E. Kuronuma, Naibu-sha torihiki kisei no rippô-ron-teki kadai, 319.
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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likt durch den Informationsweitergebenden oftmals nicht vorliegen, zumindest jedoch weitere Beweisschwierigkeiten mit sich bringen.125 Im japanischen Schrifttum wurde daher schon seit längerem bemängelt, dass das japanische Insiderrecht als einziges im Vergleich zu anderen Insiderregimen bedeutender Finanzplätze ein Verbot der Weitergabe von Insiderinformationen nicht kennt.126 Nicht wenige Stimmen forderten ein eigenständiges Insiderverbot auch für die Weitergabe von Insiderinformationen sowie das Verleiten zum Handel mit Papieren aufgrund von Insiderwissens.127 Dass diese Forderung nach einer eigenständigen Regelung letztlich berechtigt ist, verdeutlichen einige Insiderfälle der jüngeren Vergangenheit, bei denen Tipps zum Handel mit bestimmten Papieren seitens Mitarbeiter von Finanzdienstleistern an Dritte zugespielt wurden.128 Diese skandalträchtigen Vorfälle größeren Ausmaßes129 wurden auch im Ausland wahrgenommen. So häuften sich in den letzten Jahren Zeitungsartikel, in denen am Finanzplatz Japan abermals Kritik geübt und stärkere Transparenz sowie Fairness angemahnt wurden.130 Sicherlich ist es auch diesem äußeren Druck der internationalen Öffentlichkeit geschuldet, dass der japanische Gesetzgeber erneut akuten Handlungsbedarf erkannt und die Problematik auf seine Reformagenda geschrieben hat. Im Auftrag der japanischen Regierung erarbeitete daraufhin der Finanzberatungsausschuss (Kin’yû Shingi-kai)131 zu verschiedenen Teilbereichen des Kapitalmarktrechts Reformvorschläge. Die dem Ausschuss untergeordnete und im Juli 2012 eingesetzte Insider Working Group (insaidâ torihiki kisei ni kansuru wâkingu gurûpu) oblag es hierbei, konkrete Reformvorschläge im Bereich des Insiderrechts zu erarbeiten. In ihrem Abschlussbericht findet sich insbesondere die Forderung, zukünftig auch die Weitergabe einer Insiderinformation an sich unter Strafe zu stellen.132 125 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 211 f.; Y. Wakabayashi, Shôji Hômu 1962 (2012) 30; H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 118. Siehe hierzu auch weiter unten ab S. 157. 126 N. M atsuo, Jurisuto 1444 (2012) 46. 127 Kuronuma (Fn.829) 318 f., 344; Y. Wakabayashi, Shôji Hômu 1962 (2012) 30. 128 Bspw. die Geschehnisse um die Wertpapierfirma Nomura, siehe hierzu die Artikel aus der Tagespresse: „Crawling out of insider quagmire“, The Nikkei Weekly, 8. Oktober 2012, 7; „Scandal four years in the making“, The Nikkei Weekly, 1. Oktober 2012, 12; „Muddy Waters. The deep roots of insider trading“, The Economist, 16. Juni 2012 auf . 129 Siehe hierzu auch die Übersicht bei S. Osaki, Regulatory Reform in the Wake of Insider Trading Incidents Related to Public Offerings of New Shares, in: NRI Papers 190 (2013) 3. 130 Beispielsweise: „Muddy Waters. The deep roots of insider trading“, The Economist, 16. Juni 2012 auf ; B. McLannahan, Japan insider trading fears reawaken, Financial Times, 22. April 2012 (abgerufen auf ); „Exklusiv-Untersuchungen zu Insider-Handel bei JPMorgan in Japan“, Reuters, 29. Mai 2012 (abgerufen auf ). 131 Siehe hierzu Fn. 20 (Einleitung). 132 Abschlussberichts der Insider Working Group (Fn. 21 Einleitung). Zu einzelnen Zwischenberichten und Reformvorschlägen der Insider Working Group siehe auch den Kurzbericht in Shôji
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
Basieren auf diesen Vorschlägen wurde mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Teilreform des FBG133 am 1.4.2014 ein neuer Art. 167-2 im FBG eingefügt, der die Tathandlungsalternativen die Weitergabe von Insidertatsachen ( jôhô dentatsu) sowie das Verleiten zum Handel mit Insiderpapieren aufgrund einer Empfehlung (torihiki suishô) nunmehr unter Strafe stellt. Die vorgesehenen Strafen entsprechen der bisherigen Strafandrohung für Insiderhandel.134 Absatz 1 der neuen Vorschrift verweist auf die Konstellation des Insiderhandelsverbotes für (Quasi-) Insider nach Art. 166 FBG, während Abs. 2 auf das Insiderhandelsverbot im Rahmen eines öffentlichen Erwerbsangebotes nach Art. 167 FBG Anwendung findet.135 Da nach dem Wortlaut des Art. 167-2 FBG die Informationsempfänger vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen sind, beschränkt sich die Strafbarkeit bei Weitergabe von Insiderinformationen oder beim Verleiten zum Insiderhandel nur auf die potentiellen Insider nach Art. 166 Abs. 1 bzw. Art. 167 Abs. 1 FBG (also die Insider und Quasiinsider).136 Der Gesetzgeber verfolgt damit die Intention, den Kreis der Insider allein auf diejenigen Personen einzugrenzen, die in einer exklusiven Nähebeziehung zur börsennotierten Gesellschaft bzw. dem Bieter stehen.137 In beiden Tathandlungsvarianten ist ferner erforderlich, dass sich die Weitergabe der Insiderinformation bzw. das Verleiten zum Handel mit Insiderpapieren auch tatsächlich in eine entsprechende Transaktion durch den Dritten niedergeschlagen hat.138 Zwar muss die Informationsweitergabe bzw. der Tipp nicht entscheidend für die Transaktion gewesen sein, zumindest erforderlich ist aber ein Zusammenhang dahingehend, dass die infolge der Tathandlung weitergegebene Information einen Erwägungsgrund für die anschließende Transaktion dargestellt hat.139 Eine Strafbarkeit scheidet somit aus, wenn es zu keinem Wertpapierhandel auf Grundlage der Insiderinformation kommt. In diesem Punkt unterscheidet sich die japanische von der deutschen Insiderregelung, bei der es für das Weitergabe- sowie Empfehlungsbzw. Verleitungsverbot in § 14 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WpHG unerheblich ist, ob letztlich eine Transaktion stattfindet oder nicht. Hômu 1973 (2012) 128; ebenso den Kommentar in der Rubrik „Scramble“ in: Shôji Hômu 1974 (2012) 70. 133 Kin‘yû shôhin torihiki-hô tô no ichibu o kaisei suru hôritsu, Gesetz Nr. 45/2013 vom 19.6.2013. Der neue Art. 167-2 FBG ist teilweise abgedruckt und besprochen bei S. Nakamura, Shôji Hômu 1998 (2013) 28 ff. 134 Näheres S. 157 ff. 135 M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 555, 558 ff. 136 M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 558. 137 S. Nakamura, Shôji Hômu 1998 (2013) 29 f. 138 Engl. Ausgabe des Abschlussberichts der Insider Working Group (Fn. 21) 4 f.; M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 567 f. 139 M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 568.
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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Eine wesentliche weitere Neuerung brachte der Art. 167-2 FBG durch die Aufnahme zusätzlicher subjektiver Tatbestandselemente: Da zwischen Unternehmen zu verschiedenen Anlässen notwendigerweise Informationen ausgetauscht werden, befürchtete der Gesetzgeber, dass infolge eines zu weit gefassten Verbotstatbestands reguläre Geschäftsaktivitäten gestört werden könnten.140 Aus diesem Grund hatte sich die Insider Working Group dafür ausgesprochen, den Anwendungsbereich der Verbotsnorm auf die relevanten Fälle der Informationsweitergabe im Vorfeld eines Insiderhandels zu begrenzen.141 In Umsetzung dieses Vorschlags verlangt Art. 167-2 FBG nunmehr, dass die Weitergabe bzw. das Verleiten „mit dem Ziel erfolgt, den Dritten einem Vorteil zu verschaffen oder ihn vor einem Verlust zu bewahren“.142 Von der Systematik her sind demnach aufgrund dieser subjektiven Tatbestandselemente die Informationsweitergabe sowie das Verleiten zum Handel mit Insiderpapieren als Absichtsdelikte (mokuteki-han) einzuordnen.143 Wie zum einen die subjektiven Merkmale des Verschaffens eines Vorteils bzw. des Bewahrens vor einem Verlust beim Dritten sowie zum anderen die hierzu erforderliche Kausalitätsbeziehung zur Handlung der Informationsweitergabe bzw. des Verleitens im Einzelnen auszulegen sind und sich in das bestehende System der Insiderregelung einfügen ist derzeit Gegenstand weiterer Diskussion.144 Bislang zeichnete sich die japanische Insiderregelung nämlich durch einen streng formalistischer Ansatz aus, nach dem es eben nicht erforderlich ist, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Kenntnis der wesentlichen Tatsache und der Wertpapiertransaktion besteht und es daher weder erforderlich ist, dass die Information wie im deutschen Recht „verwendet“ wurde, noch dass der Handel auf der Information beruhte.
140 Engl. Ausgabe des Abschlussberichts der Insider Working Group (Fn. 21 Einleitung) 4.; M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 561 f.; H. K imeda /T. Suzuki, Shôji Hômu 2036 (2014) 4 ff. 141 So forderte der Bericht, dass die Weitergabe bzw. das Verleiten mit dem Ziel zu erfolgen habe, den Wertpapierhandel herbeizuführen (torihiki o okonawaseru mokuteki), siehe hierzu auch die Besprechung bei S. Osaki, Shihon Shijô 331 (2013) 24; S. Osaki, NRI Papers 190 (2013) 4 f. 142 „Tôgai ta’nin ni rieki o esase, mata wa tôgai ta’nin no songai no hassei o kaihi saseru mokuteki o motte“. 143 M. Yamada /M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 16. 144 Bspw. S. Nakamura, Shôji Hômu 1998 (2013) 28 ff.; E. Kuronuma /T. Takeda / H. K imeda / S. Nakamura, Shôji Hômu 2012 (2013) 4,9; H. K imeda /T. Suzuki, Shôji Hômu 2036 (2014) 6 f.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
Übersicht der nach Art. 166 Abs. 1, 3 FBG einbezogenen Personen Art. 166
Kategorie
Konkreter Personenkreis
Art der Informationserlangung
Insider
• Mitglieder der Verwaltung und Angestellte der börsennotierten Gesellschaft etc.
Wichtige Tatsachen, die sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit erlangt haben
Abs. 1 Nr. 2
Insider
• Großaktionäre der börsennotierten Gesellschaft mit Einsichtsrecht in die Bücher (Art. 433 Abs. 1 GesG) etc.
Wichtige Tatsachen, die sie in Ausübung ihres Rechts auf Einsicht in die Bücher erlangt haben
Abs. 1 Nr. 3
Quasiinsider
• Personen, die aufgrund eines Gesetzes eine Befugnis gegenüber der börsennotierten Gesellschaft etc. ausüben
Wichtige Tatsachen, die sie in Ausübung dieser Befugnisse erlangt haben
Abs. 1 Nr. 4
Quasiinsider
• Personen, die mit der börsennotierten Gesellschaft einen Vertrag geschlossen haben oder mit ihr in Vertragsverhandlungen stehen
Wichtige Tatsachen im Zusammenhang mit dem Vertrag selbst oder der Vertragsverhandlung oder der Durchführung eines Vertrags
Abs. 1 Nr. 5
(Insider)/ (Quasiinsider)
• Wenn es sich in den Fällen Nr. 2 und 4 um eine juristische Person handelt, dann deren Mitarbeiter etc.
Wichtige Tatsachen, die sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit erlangt haben (wie nach Nr. 1)
Abs. 1 S. 1 a. E.
Ehemalige (Quasi-)Insider
• Die Frist, in der dieser als ehemalige Unternehmenszugehörige (moto kaisha kankei-sha) benannten Personengruppe ein solches Handeln untersagt ist, beträgt ein Jahr seit dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre nähere Stellung zum Unternehmen verloren hat.
Abs. 3
Informationsempfänger
• Dritte, die eine Insiderinformation von den in Art. 166 Abs. 1 Nr. 1‒5 FBG genannten (ehemaligen) (Quasi‑)Insidern erhalten haben
Abs. 1 Nr. 1
Art. 167-2 FBG: Art. 167-2
Abs. 1
Kategorie Weitergabe von Insiderinforma tion/Verleiten zum Handel mit Insiderpapieren
Konkreter Personenkreis
• (Quasi-)Insider nach Art. 166 Abs. 1 FBG
Art der Informationserlangung Jeweilige wichtige Tatsachen, die sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit nach der jeweiligen Bestimmung in Art. 166 FBG erlangt haben
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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3. Insidertatsachen Eine weitere grundlegende Voraussetzung ist die Bestimmung der jeweiligen Insiderinformation. Diese wird im japanischen Insiderrecht als „wesentliche Tatsache“ (jûyô jijitsu) bezeichnet und bildet ein zentrales Tatbestandselement des Art. 166 Abs. 1 FBG, der das Vorliegen einer „wesentlichen Tatsache bezüglich des Geschäfts eines an der Börse gelisteten Unternehmens“ (jôjô kaisha-tô ni kakaru gyômu-tô ni kansuru jûyô jijitsu) voraussetzt. Wird in dieser Arbeit für den japanischen Kontext der Einfachheit halber von „Insiderinformation“ gesprochen, ist davon auszugehen, dass damit eine „wesentliche Tatsache“ i. S. d. FBG gemeint ist. Der japanische Gesetzgeber entschloss sich aus Gründen der Klarheit und Vorhersehbarkeit auch in Hinblick auf dieses Tatbestandselement zu der aus deutscher Sicht bemerkenswerten Regelungsweise, einschlägige Insiderinformationen im Gesetz grundsätzlich konkret aufzulisten (mit Ausnahme eines Auffangtatbestands (basuketto jôko), hierzu später mehr). Mit dieser Vorgehensweise soll bezweckt werden, zu abstrakte oder unwahrscheinliche Tatsachen aus dem Anwendungsbereich der Norm herauszuhalten.145 In Art. 166 Abs. 2 FBG ist daher ein umfangreicher Katalog enthalten, der die wesentlichen Tatsachen konkret auflistet und zugleich begrenzt. Als Grundannahme wird dabei unterstellt, die jeweilige wesentliche Tatsache wirke sich bei ihrem Eintreten insoweit auf den Geschäftsbetrieb bzw. die finanzielle Situation des Emittenten aus, dass dieser Effekt die Investitionsentscheidung der Anleger gewöhnlich zu beeinflussen vermag.146 Entscheidend ist daher allein das objektive Vorliegen der normierten wesentlichen Tatsache, da in diesem Fall mit einer Reaktion des Anlegerpublikums zu rechnen ist. Dagegen wird nach der herrschenden, wenn auch umstrittenen Auffassung, die sich insoweit auf den Gesetzeswortlaut beruft, eine individuell konkrete Auswirkung auf die Investitionsentscheidung der Anleger nicht gefordert.147 Auf diese Weise sollen eine klare Abgrenzbarkeit des strafbaren vom nicht strafbaren Verhalten gewährleistet und allein insiderrechtlich relevante Sachverhalte erfasst werden.148 Hierauf fußt schließlich das Verbot für den betreffenden Personenkreis, vor Veröffentlichung der wesentlichen Tatsache mit Wertpapieren des Emittenten zu handeln.149 Das deutsche Insiderrecht verfolgt hingegen einen gegensätzlichen Weg, um die insiderrechtlich relevante Information zu bestimmen. Nach der Definition in § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG ist Kriterium die Geeignetheit der Information, im Falle ihres 145 M.
Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 321. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 298. 147 Näheres hierzu sogleich ab S. 100. 148 Ausführlicher sogleich auf S. 106 ff. unten. Siehe hierzu auch die letztinstanzliche Entscheidung im Fall Murakami Fund: OGH, Entscheidung vom 6.6.2011, Nr. 2009a 375, Hanrei Taimuzu 1353 (2011) 92, 95. Auszugsweise ins Englische übersetzt bei M. Thier, Case No. 33. Insider Trading ‒ Decision Regarding Carrying Out a Tender Offer ‒ Decision-Making Organ, 350 f. 149 T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 298. 146 T.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis des Insiderpapiers erheblich zu beeinflussen. Wann die in Rede stehende Information dazu geeignet ist, ein erhebliches kursbeeinflussendes Potential umzusetzen, wird sodann jedoch nicht konkret, sondern abstrakt festgelegt und als Maßstab die in S. 2 näher umschriebene Ex-ante-Sicht eines verständigen Anlegers gewählt. Zur Bestimmung des Kursbeeinflussungspotentials wurde mit Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie durch das AnSVG somit in § 13 Abs. 1WpHG ein subjektiver Ansatz verankert. Das gegenwärtige deutsche Insiderrecht kennt daher im Gesetz keine dem japanischen Recht vergleichbare kasuistische Auflistung von Insiderinformationen, deren Grenzen möglichst detailliert im Gesetz niedergelegt sind. Trotzdem wird interessanterweise auch in der hiesigen Literatur150 als Richtschnur des Öfteren auf den Emittentenleitfaden der BaFin verwiesen, der einen Katalog potentiell kursrelevanter Sachverhalte enthält.151 Der Emittentenleitfaden stellt zwar nur eine die Verwaltung bindende, norminterpretierende Vorschrift dar, dennoch wird sie in der Praxis auch von den Gerichten zur Orientierung herangezogen.152 Nach der Gesetzessystematik des Art. 166 Abs. 2 Nr. 1‒3 FBG lassen sich die „wichtigen Tatsachen“ (jûyô jijitsu) in drei Gruppen unterteilen: Informationen über eine Entscheidung in einem für das Unternehmen wichtigen Vorgang (kettei jijitsu, fortan: „Entscheidungstatsache“), Informationen über ein für das Unternehmen wichtiges Ereignis (hassei jijitsu, fortan: „Ereignistatsache“) sowie Informationen über eine Korrektur der Ertragssituation eines Unternehmens (gyôseki no shûsei/ kessan jijitsu, fortan: Bilanztatsachen).153 Neben diese Gruppen tritt ergänzend eine Auffangvorschrift, die in Abs. 2 Nr. 4 enthalten ist. Schließlich sind in Abs. 2 Nr. 5 ‒8 FBG diejenigen wesentlichen Tatsachen normiert, die sich auf eine Tochtergesellschaft (ko-gaisha) des Emittenten beziehen, wobei es sich im Falle der Nr. 8 um eine der Nr. 4 vergleichbare Auffangvorschrift (basuketto jôkô) handelt.154 a) Entscheidungstatsachen Die wesentlichen Tatsachen aus der ersten Gruppe, den Entscheidungstatsachen (kettei jijitsu), sind im Wesentlichen in Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 FBG angeführt und werden durch weitere relevante Tatsachen ergänzt, die wiederum in Art. 28 FBGDVO niedergelegt sind. Im Einzelnen handelt es sich um wichtige Beschlüsse des Emittenten über folgende Sachverhalte: – Ausgabe junger Aktien und sonstiger Wertpapiere durch öffentliches Zeichnungsangebot (kabushiki no boshû) oder Bezugsrecht (shinkabu yôyaku-ken) 150 T.
Lösler, § 2. Insiderverbote/(Insider-)Compliance, Rn. 39. Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 55. 152 H. Schimansky, et al. (Hg.), Bankrechts-Handbuch, Band 2, 1131 (Hopt). 153 H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 36; K. G otô, Shôji Hômu 1895 (2010) 22. 154 Siehe Übersicht zu den wesentlichen Tatsachen im Anhang ab S. 206. 151 Ba Fin,
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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– Reduzierung des Grundkapitals (shihon-kin no gaku no genshô) – Herabsetzung der Kapital- oder Gewinnrücklage (shihon junbi-kin mata wa rieki junbi-kin no gaku no genshô) – Erwerb eigener Aktien (jiko no kabushiki no shutoku) – Ausgabe von Gratisaktien (kabushiki mushô wariate) – Aktienteilung (kabushiki no bunkatsu) – Ausschüttung aus dem Überschuss (jôyo-kin no haitô) – Aktientausch (kabushiki no kôkan) – Aktienübertragung (kabushiki iten) – Verschmelzung (gappei) – Gesellschaftsspaltung (kaisha bunkatsu) – Ü bertragung oder Übernahme des kompletten Betriebs oder Teile davon (jigyô no jôto, yuzuri-uke) – Auflösung der Gesellschaft (mit Ausnahme der Auflösung infolge einer Verschmelzung) (kaisan) – Kommerzialisierung neuer Produkte oder neuer Technologien (Shin-seihin mata wa shingijutsu no kigyô-ka) – Geschäftskooperationen (gyômu-jô no teikei) – sowie weitere Entscheidungstatsachen nach Art. 28 FBG-DVO.
(1) Entscheidung eines entscheidungsbefugten Organs Ob eine Entscheidungstatsache i. S. v. Abs. 2 Nr. 1 vorliegt, ist weiterhin davon abhängig, ob eine Entscheidung über den entsprechenden insiderrechtlich relevanten Vorgang von demjenigen Organ der betreffenden börsennotierten Gesellschaft getroffen wurde, das für die Geschäftsführung zuständig ist (gaitô jôjô kaisha-tô no gyômu shikô o kettei suru kikan). Allerdings gestaltet sich der Entscheidungsfindungsprozess innerhalb eines Unternehmens häufig kompliziert und vielgestaltig über mehrere Stufen. Da die Unternehmen gewöhnlich strukturell voneinander verschieden sind, werden sich zudem je nach Art des Unternehmens und der konkret zu entscheidenden Angelegenheit die beschließenden Organe individuell unterscheiden. Der OGH stellte in seiner Entscheidung im Fall Nippon Orimono Kakô155 von 1999, der einen bedeutenden Präzedenzfall zum Insiderrecht darstellt, vor diesem Hintergrund fest, dass die Definition des „beschlussfassenden Organs“ nicht allein auf formal nach dem GesG legitimierte Gesellschaftsorgane, wie bspw. den Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft, beschränkt sei. Vielmehr seien nach einem breiteren Verständnis verschiedene weitere Unternehmenseinheiten eingeschlossen, die 155 OGH, Entscheidung vom 10. Juni 1999, Nr. 1999a 1229, Keishû 53‒5, 415. Nach dem stark vereinfachten Sachverhalt sollte anlässlich einer M&A-Transaktion eine börsennotierte Aktiengesellschaft junge Aktien ausgeben. Obgleich die Befugnis für den hierzu notwendigen Beschluss nach dem Gesetz dem Verwaltungsrat oblag, wurde im Wesentlichen durch ein vertretungsberechtigtes Verwaltungsratsmitglied entschieden und die Umsetzung der Entscheidung dem geschäftsführenden Verwaltungsratsmitglied der an der M&A-Transaktion beteiligten Gesellschaft gegenüber eröffnet. Detailliert hierzu die Erläuterung bei S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 70 ff.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
in der Unternehmensrealität Entscheidungen träfen, wodurch sie als Äquivalent zu einem formell berufenen Entscheidungsträger der Gesellschaft angesehen werden könnten. Sie fungierten somit als ein faktisch beschlussfassendes Organ der Gesellschaft.156 Da es letztlich von der Art der Gesellschaft und der konkreten Entscheidung abhängt, welche Einheit innerhalb einer Gesellschaft als faktisches Entscheidungsor gan zur Durchführung einer Geschäftsangelegenheit angesehen werden kann, muss deren Bestimmung individuell im Lichte der tatsächlichen Umstände des Entscheidungsprozesses innerhalb der betreffenden Gesellschaft erfolgen.157 Entsprechend umfassend können neben den gesetzlich vorgesehen Organen wie dem Verwaltungsrat (torishimari yakkai) und dem Managementausschuss (kei’ei i’in-kai) auch nach dem Gesellschaftsgesetz nicht vorgesehene, aber in der Praxis japanischer Unternehmen oftmals anzutreffende Beratungsgremien wie die Sitzung der management directors (kei’ei kaigi) oder die Versammlung zum Tagesgeschäft (jômu-kai)158 sowie weitergehend nur ein vertretungsberechtigtes Verwaltungsratsmitglied (daihyô torishimari-yaku) oder ein Einzelverwaltungsrat (torishimari-yaku) alleine159 ein „Entscheidungsorgan“ im konkreten Fall darstellen.160 Begründet wird diese flexible Auslegung damit, dass die getroffenen Entscheidungen, auch wenn intern nicht autorisierte Gremien handeln, dennoch aus externer Sicht der Gesellschaft zugerechnet werden und sich damit auf die Anlageentscheidung von Investoren auswirken können.161 Während das GesG also die Frage nach dem befugten Entscheidungsträger vom Standpunkt einer möglichst angemessenen Geschäftsführung betrachtet, ist dies im Lichte des FBG vielmehr vor dem Hintergrund einer möglichen Einflussnahme auf die Investitionsentscheidung der Anleger zu beurteilen.162 Würde zudem allein auf die Entscheidung des formell zuständigen Organs abgestellt, liefe die Insiderregelung womöglich ins Leere: zumal bei komplexeren Sachverhalten (von denen regelmäßig anzunehmen ist, dass es sich um insiderrechtlich relevante Vorgänge des Unternehmens handelt) sich die Entscheidungsfindung oftmals über mehrere Stufen erstreckt bzw. mehrere Betriebseinhei-
156 M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 91 ff. 157 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 52. 158 Zu Formen gesetzlich nicht geregelter Strukturen in japanischen Aktiengesellschaften siehe bei J. Westhoff, Formen und Bedingungen unternehmerischer Tätigkeit in Japan, Rn. 62 f. 159 M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 93. 160 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 52; T. Seki, Jurisuto 1179 (2000) 114. 161 M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 92 ff.; S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 68 f.; E. Kuronuma, Hôgaku Kyôshitsu 234 (2000) 108 ff. 162 T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 299.
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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ten involviert sind, so dass Insider vor einer Beschlussfassung des formell zuständigen Organs die Information noch straffrei am Markt umsetzen könnten.163 Der OGH bekräftigte zuletzt in seiner Entscheidung im Murakami-Fund-Fall164 diese Rechtsprechung und nahm wie bereits zuvor die Vorinstanzen des DG Tokyo165 sowie des OG Tokyo166 an, dass Horie Takafumi als CEO (saikô kei’ei seki’nin-sha) und zugleich vertretungsberechtigtes Verwaltungsratsmitglied mit Miyauchi Ryôji als CFO (saikô zaimu seki’nin-sha) und zugleich Einzelverwaltungsratsmitglied der damaligen Livedoor K. K. zusammen als tatsächliches Entscheidungsgremium des Unternehmens angesehen werden konnten und in der Folge eine insiderrechtlich relevante Entscheidung noch vor einem formellen Beschlusses des Verwaltungsrats vorlag.167 (2) Zeitpunkt der Entscheidung insbesondere bei gestreckten Geschehensabläufen Weiterhin ist es nach Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 FBG erforderlich, dass das jeweils zuständige Organ eine Entscheidung zur Ausführung eines aufgelisteten Vorgangs getroffen hat (kikan ga tsugi ni kakageru jikô o okonau koto ni tsuite no kettei o shita koto) bzw. entschieden hat, einen solchen (zuvor bereits publizierten)168 Vorgang nicht durchzuführen (jikô o okonawanai koto o kettei shita koto). 163 T.
Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 298. OGH, Entscheidung vom 6.6.2011 (Fn. 148). Die Geschehnisse um den Murakami Fund sowie den gescheiterten Übernahmeversuch der Nippon Broadcasting Sytems K. K. durch die Livedoor K. K. erregten mitunter großes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Die Urteile im Prozess gegen Murakami Yoshiaki, den Gründer und Manager des Murakami Fund, gelten als die richtungsweisenden insiderrechtlichen Entscheidungen der letzten Jahre. Zu den Einzelheiten und Hintergründen des Falls siehe H. Baum /M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 25 ff.; S. Osaki, ZJapanR 25 (2008) 89; R. Nakayama /M. Ozaki, Asia Pacific Regional Forum News 16 (2009) 34. Ausführlich zu individuellen Fragestellungen zum Fall Y. Ôta, Murakami Fando jiken no kentô ‒ Tairyô kaiatsume ni kansuru insaidâ torihiki kisei to kinshô-hô 157‒jô 1‒kô no tekiyô kanô-sei, 267 ff. 165 DG Tokyo, Entscheidung vom 19. Juli 2007, Nr. 2006 toku wa 2832, Keishû 65-4, 452 ff. 166 OG Tokyo, Entscheidung vom 3. Februar 2009, Nr. 2007u 2251, Keishû 65-4, 564 ff.; Hanrei Taimuzu 1299 (2009) 99 ff. Auch online verfügbar über die Internetseite des OGH auf . 167 Damit wiesen die Gerichte die von dem damaligen Angeklagten Murakami vorgebrachte Verteidigung zurück, Horie und Miyauchi seien nicht mit der notwendigen Autorität durch den Verwaltungsrat ausgestattet gewesen, so dass es an einer Entscheidung i. S. d. Insiderregelungen gemangelt habe. Dagegen sahen die Gerichte es als erfüllt an, dass die beiden Personen als tatsächliches Entscheidungsorgan der damaligen Livedoor K. K. fungiert und eine Entscheidung über einen insiderrechtlich relevanten Vorgang, nämlich den Erwerb eines großen Aktienpaketes der Nippon Broadcasting Sytems K. K., getroffen hatten. Begründet wurde die Qualifizierung als faktisches Entscheidungsgremium mit der herausragenden Machtstellung der beiden Personen innerhalb des Unternehmens (sowie mit dem Umstand, dass sie ‒ im Gegensatz zu den übrigen beiden Verwaltungsratsmitgliedern ‒ Vollzeit im Unternehmen tätig gewesen waren). 168 Siehe Art. 166 Abs. 2 Nr. 1. Im Falle einer Entscheidung, einen zuvor bereits entschiedenen Vorgang nun doch nicht durchzuführen, ist es notwendig, dass diese Entscheidung bereits zuvor veröffentlicht wurde. Ansonsten hätte die Nachricht, dass nun eine gegenteilige Entscheidung vorliege, auf die Investitionsentscheidung des Anlegerpublikums allenfalls marginalen Einfluss, M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 321 f. 164
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
Im Falle solcher Entscheidungstatsachen stellt sich regelmäßig die Schwierigkeit, zu welchem Zeitpunkt eine entsprechende Entscheidung im Sinne der Vorschrift und damit die relevante Insiderinformation zustande gekommen ist. Diese Problematik findet sich ebenfalls im europäischen bzw. deutschen Insiderrecht wieder in Gestalt der Frage, wann ein zukünftiges Ereignis eine „präzise Information“ nach Art. 1 Abs. 1 der Marktmissbrauchsrichtlinie bzw. eine „konkrete Information“ nach § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellt. Besonders kompliziert gestalten sich regelmäßig die sog. gestreckten Sachverhalte, die sich durch (unternehmensinterne) Entscheidungsprozesse über mehrere Zwischenstufen auszeichnen, wie bspw. bei einer M&A-Transaktion, die gewöhnlich verschiedene Stadien durchläuft. Diese Fallkonstellationen der gestreckten Geschehensabläufe werfen regelmäßig zwei Fragen auf, nämlich (1) ob die Zwischenschritte selbst bereits eine Insiderinformation darstellen können und, wenn ja, welche Anforderungen hieran zu stellen sind, sowie (2) unter welchen Voraussetzungen das Endergebnis eines gestreckten Geschehensablaufs eine Insiderinformation darstellt. In Japan setzte sich die Rspr. bis zum OGH zuletzt im Rahmen des Murakami-Fund-Falls169 mit der Frage auseinander, zu welchem konkreten Zeitpunkt eine Entscheidung durch das befugte Gremium gefällt wurde. Die Gerichte der drei In stanzen waren sich insofern einig, dass mit dem Tatbestandsmerkmal der „Entscheidung“ auch solche Entscheidungen umfasst werden, die nur vorbereitende Maßnahmen zur Realisierung des eigentlichen wichtigen Vorgangs einleiten, also Zwischenschritte für die Realisierung des Endergebnisses darstellen. Explizit stellte der OGH in seinem Urteil fest, dass das Tatbestandsmerkmal der „Entscheidung“ in Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 FBG nicht nur die eigentliche Entscheidung zur Durchführung des insiderrechtlichen Vorgangs selbst umfasse, sondern auch eine Entscheidung zur Einleitung vorgelagerter Schritte zur Realisierung des intendierten wichtigen Vorgangs. Am konkreten Beispiel des Murakami-Fund-Falls stellte daher die „Entscheidung“ nicht nur die Entscheidung über das zukünftige Endergebnis dar, nämlich die Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots, sondern bereits die Entscheidung, einleitende Schritte zur möglichen Realisierung eines öffentlichen Erwerbsangebots zur Angelegenheit des laufenden Geschäftsbetriebs zu machen. Der Ansatz, eine solche Entscheidung über vorbereitende Maßnahmen bereits für die Annahme einer „Entscheidung“ i. S. d. Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 FBG genügen zu 169 Genaugenommen hatten die Gerichte im Rahmen der Entscheidungen im Fall Murakami Fund das Merkmal „Entscheidung“ in Art. 167 Abs. 2 FBG auszulegen, wonach eine Entscheidung hinsichtlich der Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots (kôkai kaitsuke-tô o okonau koto ni tsuite no kettei) sowie eine Entscheidung, von einem öffentlichen Erwerbsangebots abzusehen (kôkai kaitsuke-tô o okonawanai koto o kettei shita koto), erforderlich ist. Da die Vorschriften größtenteils einen parallel strukturierten Aufbau besitzen und die dargestellten Grundsätze ohne weiteres auch für das Merkmal „Entscheidung“ in Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 FBG anzuwenden sind, erfolgt die Darstellung im Zusammenhang bereits an dieser Stelle. Ergänzende Ausführungen, insbesondere zu möglichen Auswirkungen auf das M&A-Transaktionsgeschäft, erfolgen ab S. 141.
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lassen, wurde von der h. L.170 bereits länger vertreten und vom OGH erstmals im Fall Nippon Orimono Kakô171 anerkannt. Zur Begründung wird angeführt, dass vor der Realisierung des Endergebnisses gewöhnlich zunächst eine Anfangsphase mit diversen weiteren Schritten durchlaufen wird (bspw. due dilligences, Erkundungen zur Finanzierung, Verhandlungen und ähnliche Vorbereitungen), wie dies typischerweise bei gestreckten Geschehensabläufen der Fall ist, und die Entscheidung, diese vorbereitenden Maßnahmen zu ergreifen, für sich genommen bereits geeignet sei, die Investitionsentscheidung der Anleger zu beeinflussen.172 Diese Auslegung wird zudem durch den Wortlaut der Norm gestützt, denn Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 FBG spricht explizit von einer „Entscheidung hinsichtlich der Ausführung einer der nachstehend angeführten Vorgänge“ ( jikô o okonau koto ni tsuite no kettei o shita koto), anstatt lediglich eine „Entscheidung zur Ausführung der nachstehenden Vorgänge“ zu fordern.173 Die offensichtliche Intention des Gesetzgebers wird zudem deutlich im Vergleich mit dem unmittelbar nachfolgenden Wortlaut, der sich von der genannten Stelle durch das Fehlen der Formulierung „hinsichtlich“ unterscheidet (jikô o okonawanai koto o kettei shita koto), so dass für den Abbruch eines wichtigen Vorgangs explizit nur auf diese Entscheidung abzustellen ist.174 Für das europäische bzw. deutsche Insiderrecht positionierte sich der EuGH in seinem vielbeachteten Urteil in der Sache Geltl/Daimler175 zur Frage und stellte fest, dass Zwischenschritte bei einem gestreckten Sachverhalt für sich gesehen bereits eine Insiderinformation darstellen können.176 Damit nahm der EuGH nunmehr für das europäische Insiderrecht eine grundsätzlich ähnliche Position wie der OGH seit der Entscheidung Nippon Orimono Kakô für das japanische Insiderrecht ein. Neben der Qualifizierung von Zwischenschritten als Insiderinformation wird im Rahmen gestreckter Sachverhalte regelmäßig problematisiert, unter welchen Vor170 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 54; Y. Ôta, Shôji Hômu 1830 (2008) 22; T. Seki, Jurisuto 1179 (2000), 114; M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 94 f. 171 OGH, Entscheidung vom 10. Juni 1999 (Fn. 155). 172 Y. Ôta, Shôji Hômu 1830 (2008) 22. 173 Y. Ôta, Shôji Hômu 1830 (2008) 22; M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 94 f. Im Rahmen der Entscheidungen im Fall Murakami Fund hatten die Gerichte die parallele Formulierung in Art. 167 Abs. 2 FBG auszulegen, nach der eine Entscheidung hinsichtlich der Abgabe eines öffentlich Erwerbsangebots (kôkai kaitsuke-tô o okonau koto ni tsuite no kettei) sowie eine Entscheidung, von einem öffentlichen Erwerbsangebots abzusehen (kôkai kaitsuke-tô o okonawanai koto o kettei shita koto), erforderlich ist. 174 Y. Ôta, Shôji Hômu 1830 (2008) 22 zur Auslegung der „Entscheidung“ in Art. 167 Abs. 2 FBG. 175 Entscheidung des EuGH vom 28.6.2012, Rs C-19/11; ZIP 2012, 1282 ff. 176 Dies war bereits von der BaFin sowie weiten Teilen des Schrifttums für bereits eingetretene Zwischenschritte vertreten worden, siehe Ba Fin, Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 31; K. Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 310; M. H itzer , NZG (2012) 861.
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aussetzungen das Endergebnis des gestuften Geschehensablaufs eine Insiderinformation darstellen kann. In Japan bildete die Frage, inwiefern das zukünftig eintretende Entscheidungsereignis überhaupt realisierbar sein muss, damit eine Entscheidung hierzu als eine „Entscheidung“ i. S. v. Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 FBG gelten kann, einen zentralen Streitpunkt zum Merkmal der „Entscheidung“ in der Rspr. zum Fall Murakami Fund dar. Der sich am Erfordernis einer Eintrittswahrscheinlichkeit der Entscheidungstatsache entzündete Streit wurde mit dem Urteil des OGH nunmehr höchstrichterlich entschieden.177 Das DG Tokyo178 als Eingangsinstanz befand, für eine „Entscheidung“ sei es gleichsam notwendig, aber auch ausreichend, dass das Entscheidungsorgan in der Intention handelt, den in Rede stehenden Vorgang tatsächlich umzusetzen. Hiervon müssten nur diejenigen Fallkonstellationen ausgenommen werden, in denen eine Realisierung des Vorgangs sich von vornherein als völlig undurchführbar zeige, so dass eine Entscheidung hierzu keine „Entscheidung“ im Sinne der Insiderregelung darstelle und damit insiderrechtlich nicht relevant sei. Abgesehen von diesen Fällen sei der konkrete Grad der Eintrittswahrscheinlichkeit für die Annahme einer „Entscheidung“ unerheblich. Zwar stützte sich das DG Tokyo im Rahmen seiner Entscheidung wesentlich auf die Kriterien, die der OGH bereits in der Entscheidung im Fall Nippon Orimono Kakô aufgestellt hatte, modifizierte diese jedoch in einem Punkt: Der OGH hatte in der Entscheidung Nippon Orimono Kakô lediglich gefordert, das Entscheidungsgremium brauche nicht zu erwarten, dass der intendierte Vorgang auch tatsächlich realisiert werde. Demgegenüber sah das DG Tokyo das Kriterium der „Entscheidung“ bereits als erfüllt an, wenn überhaupt die Wahrscheinlich besteht, dass der Vorgang realisiert werden könne. Dieser Ansatz des DG Tokyo stieß dahingehend auf Kritik, dass hierdurch die Hürden zur Annahme einer Insiderinformation gesenkt und folglich der Anwendungsbereich der Insiderregelungen erweitert würden. Dadurch steige für börsennotierte Gesellschaften und internationale Investoren zugleich die Gefahr eines Verstoßes gegen die Insiderregelung beim notwendigen Austausch von Informationen untereinander (bspw. im Rahmen eine due-dilligence-Prüfung bei M&A-Transaktionen).179
177 Siehe hierzu M. Thier , Case No. 33. Insider Trading ‒ Decision Regarding Carrying Out a Tender Offer ‒ Decision-Making Organ, 347 ff. 178 DG Tokyo, Entscheidung vom 19. Juli 2007 (Fn. 165). 179 Für einen Überblick zur geäußerten Kritik gegen die Entscheidung siehe auch bei Y. Ôta, Shôji Hômu 1830 (2008) 23, 26 (der sich für einen differenzierten Ansatz einsetzt); ebenso bei E. Kuronuma, Kin’yû Hômu Jijô 1866 (2009) 44; „Tôshi kôdô ni genkakusa semaru“ [Investitionsaktivitäten vor strengerer Regulierung], Nihon Keizai Shinbun, 20. Juli 2007, 3; Y. Ômori, Kin’yû Hômu Jijô 1889 (2010) 5; R. Nakayama /M. Ozaki, Asia Pacific Regional Forum News 16 (2009) 37; K. M atsuo, Jurisuto 1398 (2010) 131 f.
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In zweiter Instanz schloss sich das OG Tokyo180 in seiner Entscheidung zwar dem Ansatz an, dass eine Entscheidung zu Vorgängen, deren Umsetzung höchst unwahrscheinlich sei, keine insiderrechtlich relevante „Entscheidung“ darstellen könne. Im Übrigen plädierte es jedoch im Gegensatz zum DG für eine flexiblere Handhabung. Demnach sollten die Gerichte eingehend die vorhandenen Fakten prüfen und im Einzelfall beurteilen, ob die getroffene Entscheidung geeignet sei, einen signifikanten Einfluss auf die Anlageentscheidung Dritter zu entfalten. Hinsichtlich der Realisierbarkeit des Vorhabens urteilte das Gericht, die Entscheidung müsse zum einen angemessen detailliert und inhaltlich spezifiziert sein, zum anderen bedürfe es der ernsthaften Intention des Entscheidungsgremiums, das angestrebte Vorhaben umzusetzen. Mithin müsse die „Entscheidung“ angemessen realisierbar erscheinen auf der Basis von objektiven wie auch subjektiven Gründen.181 Damit forderte der OG Tokyo einen gewissen Grad der Realisierbarkeit, um letztlich solche unveröffentlichten Informationen vom Anwendungsbereich des Insiderhandelsverbots auszunehmen, die keine signifikante Einflussnahme auf die Investitionsentscheidung haben. Diese flexible Auslegung wurde im Schrifttum als angemessenere Lösung weitgehend begrüßt.182 Einige Stimmen im Schrifttum fordern hierzu, es müsse in das Merkmal der Entscheidung der Artt. 166, 167 FBG jeweils das Erfordernis der Eintrittswahrscheinlichkeit mit hineingelesen werden. Letztlich sei die Qualifizierung einer Tatsache als Insidertatsache damit vom Grad der Einflussnahme auf die Investitionsentscheidung der Anleger anhängig zu machen, wobei sich der Grad der Einflussnahme aus den Auswirkungen der Tatsache bei deren Umsetzung sowie der konkreten Eintrittswahrscheinlichkeit zusammensetze. Da das Hineinlesen eines solchen Erfordernisses bloß zu einer Verengung des Strafbarkeitsbereichs führe, sehen die Vertreter dieses Ansatzes auch keinen Verstoß gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot.183 Mit der Forderung, die konkrete Eintrittswahrscheinlichkeit mit der Auswirkung der Tatsache bei deren Umsetzung in Wechselbeziehung zu setzen, plädieren die Vertreter dieser Ansicht augenscheinlich für die Einführung eines Bewertungsmaßstabs ähnlich dem Vorbild des probability-magnitude-Tests des Supreme Court.184 Der OGH bestätigte schließlich mit seiner Entscheidung im Fall Murakami Fund die Entscheidungen der Vorinstanzen bis zu dem Punkt, dass eine Entscheidung zu einem Vorhaben dann keine „Entscheidung“ im Sinne der Insiderregelung darzustellen vermöge, wenn deren Umsetzung absolut oder praktisch gesehen unwahrscheinlich sei. Im Übrigen lehnte der OGH jedoch mit Blick auf den Wortlaut der 180
OG Tokyo, Entscheidung vom 3. Februar 2009 (Fn. 166). Siehe hierzu bei M. Yamada, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 115‒118. 182 H. K imeda /M. Yamada, Shôji Hômu 1864 (2009) 9 ff.; E. Kuronuma, Kin’yû Hômu Jijô 1866 (2009) 44 ff.; K. M atsuo, Jurisuto 1398 (2010) 131 f. 183 E. Kuronuma, Kin’yû Hômu Jijô 1866 (2009) 45. 184 Siehe hierzu auf S. 28 oben. T. L. H azen, Securities regulation, 311. 181
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Norm die flexible Auslegung des OG Tokyo ab: Der Gesetzgeber habe beabsichtigt, die Reichweite der verbotenen Handlungen objektiv und spezifisch zu normieren, eine individuell konkrete Einflussnahme auf die Investitionsentscheidung der Anleger werde nach dem Wortlaut hingegen ganz bewusst nicht vorausgesetzt. Eine Einflussnahme auf die Anlageentscheidung Dritter werde vielmehr allein durch das objektive Erfüllen der Tatbestandsvoraussetzung angenommen. Der konkrete Grad einer Eintrittswahrscheinlichkeit sei dagegen nicht relevant. Der OGH vertrat mit dieser Argumentation eine ähnlich streng formalistische Auslegung wie das DG Tokyo in erster Instanz. Zur Begründung führte der OGH die Zweckbestimmung an, dass diese Form der Auslegung den Anwendungsbereich der Norm klarstellen solle und damit einer besseren Vorhersehbarkeit für den Normadressaten diene. Die Rechtsprechung des OGH zur zeitlichen Entstehung einer Entscheidungstatsache hat nach verbreiteter Ansicht im Schrifttum erhebliche Auswirkungen auf die Praxis gerade im Rahmen gestreckter Geschehensabläufe, wie sie sich bspw. bei M&A-Transaktionen typischerweise ergeben.185 Auf Basis der Rechtsprechung muss der Normadressat in der Praxis damit rechnen, dass zum Zeitpunkt, wenn erste einleitende Schritte zur Umsetzung eines Vorhabens im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebs ergriffen werden, bereits eine Insiderinformation entsteht, solange das Vorhaben selbst nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Durch die Rspr. des OGH wird folglich der Zeitpunkt, zu dem eine „Entscheidung“ und damit eine Insiderinformation vorliegt, zeitlich nach vorne verlegt. Zugleich ergibt sich für den Rechtsanwender eine weitere Unsicherheit aus der Tatsache, dass sich dieser Zeitpunkt nur schwer exakt bestimmen lässt, da gewöhnlich keine definitive Zäsur – kein abrupter Wechsel von „weiß auf schwarz“ – erkennbar ist, sondern sich eine zeitliche „Grauzone“ ergibt.186 Die Weite dieser vom OGH vertretenen Auffassung wird im Vergleich mit der Rspr. des EuGH deutlich: Die Frage, wann ein zukünftiges Ereignis als Endergebnis eines gestreckten Prozesses eine Insiderinformation darstellt, hängt nach Ansicht der vom EuGH in der Entscheidung Geltl/Daimler vertretenen Ansicht davon ab, ob das zukünftige Ereignis mit „hinreichender Wahrscheinlichkeit“ eintreten wird bzw. ob „vernünftigerweise angenommen werden kann“, dass es eintreten wird.187 Welcher konkrete Grad damit gemeint ist, soll jedoch nicht mittels des probability-magnitude-Ansatzes und somit nicht angesichts der Auswirkungen des Endergebnisses auf den Börsenkurs des Emittenten im Verhältnis ermittelt werden. Das 185 Mit deutlicher Kritik von E. Kuronuma, dass infolge der Ausdehnung der Insiderstrafbarkeit durch das Urteil des OGH eine Überregulierung des Markts sowie ein Schrumpfen der M&Aund Investitionsaktivitäten zu befürchten sei, siehe „Murakami moto daihyô, yûzai kakutei e“ [Schuldspruch gegen früheren CEO Murakami rechtskräftig bestätigt], Nihon Keizai Shinbun, 8. Juni 2011 (Morgenausgabe), 35. 186 J. Yokoyama, Daiwa Institute of Research, Legal and Tax Report (2011) 8 f. Siehe dort auch das Schaubild 3 auf S. 8. 187 H. K rause /M. Brellochs, AG (2013) 312 f.; M. H itzer , NZG (2012) 862.; M. Parmentier , WM (2013) 973 f.
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Ausmaß der Auswirkungen der Umstände oder des Ereignisses auf den Börsenkurs der Papiere des Emittenten soll keine Berücksichtigung finden.188 Damit sprach sich der EuGH vor dem Hintergrund des Tatbestandsmerkmals der „präzisen Informa tion“ in der Richtlinie (bzw. der „konkreten Information“ des § 13 Abs. 1 WpHG) ebenfalls gegen eine probability-magnitude-Betrachtung und damit gegen eine bewegliche Grenze der Eintrittswahrscheinlichkeit aus.189 Auch wenn sich der EuGH zum konkreten Maß der Eintrittswahrscheinlichkeit nicht eindeutig festlegte, wird aus den Äußerungen des EuGH im Urteil gefolgert, dass nur solche zukünftigen Ereignisse als „wahrscheinlich“ angesehen werden sollen, die überwiegend wahrscheinlich sind, also eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 50 Prozent für den Eintritt des zukünftigen Ereignisses spricht.190 Demgegenüber bedarf es, wie obenstehend ausgeführt, nach der Rspr. des OGH über den Mindestgrad der Realisierbarkeit hinaus keines konkreten Grads einer Eintrittswahrscheinlichkeit, um die Entscheidung zu einem Endergebnis als Insidertatsache zu qualifizieren. In der Konsequenz lehnt der OGH damit nicht nur die Ermittlung der Wesentlichkeit der Insidertatsache mittels eines probability-magnitude-Tests ab. Im Vergleich zum EuGH legt er sich zudem auf einen sehr frühen Zeitpunkt fest, indem er keine überwiegende Wahrscheinlichkeit fordert, sondern jeden Grad über der Minimalschwelle ausreichen lässt. Zwar sehen der OGH wie auch der EuGH mithin eine starre Grenze der Mindesteintrittswahrscheinlichkeit vor, jedoch liegt die Grenze nach der Rspr. des EuGH offensichtlich höher als im japanischen Insiderrecht nach der Rspr. des OGH. Für das japanische Recht bedeutet dies jedoch vor allem eine Vorverlagerung des Insiderhandelsverbots, wie von den Kritikern der Rspr. des OGH auch ins Feld geführt wurde. Vor diesem Hintergrund wird die Tragweite der Entscheidung des OGH in der Sache Murakami Fund vor allem für die Praxis nochmals deutlich. b) Ereignistatsachen Für die wesentlichen Tatsachen der zweiten Gruppe, die Ereignistatsachen (hassei jijitsu), führt das Gesetz in Art. 166 Abs. 2 Nr. 2 FBG ebenfalls einen Katalog an, der wiederum durch weitere wesentliche Ereignistatsachen nach Art. 28-2 FBGDVO ergänzt wird. Im Einzelnen handelt es sich um bestimmte Ereignisse unterschiedlicher Art, durch deren Eintritt der Preis eines Wertpapiers beeinflusst wird:191 K. H eider /M. H irte, GWR (2012) 429. Entscheidung des EuGH vom 28.6.2012, Rs C-19/11; H. K rause/M. Brellochs, AG (2013) 313. Nach Ansicht L. K löhn, ZIP (2012) 1888, 1892 besteht jedoch auch nach der Geltl/DaimlerEntscheidung weiter Raum für die nationalen Gerichte, den probability-magnitude-Test zu vertreten. 190 H. K rause /M. Brellochs, AG (2013) 313. 191 Siehe Übersicht zu den Entscheidungstatsachen im Anhang ab S. 208. 188 189
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– Unfälle oder Schäden, die den Geschäftsbetrieb beeinträchtigen – Wechsel wichtiger Aktionäre (die zehn Prozent oder mehr aller ausgegebenen Aktien halten) – Tatsachen, die zu einem Rückzug von der Börse oder zur Löschung der Eintragung von „spezifizierten Wertpapieren“ (tokutei yûka shôken) bzw. Optionen auf „spezifizierten Wertpapieren“ (tokutei yûka shôken ni kakaru opushon) führen – sowie um weitere Ereignistatsachen nach Art. 28-2 FBG-DVO, wie bspw. Klageerhebung aufgrund eines vermögensrechtlichen Anspruchs, einen verwaltungsrechtlichen Entzug einer Genehmigung oder ein Gewerbeverbot usw.
c) Bilanztatsachen Als letzte Gruppe der im Gesetz aufgelisteten Insidertatsachen werden schließlich in Art. 166 Abs. 2 Nr. 3 FBG sowie ergänzend in Art. 51 WpHR-VO die sog. Bilanztatsachen (kessan jijitsu) erfasst.192 Es handelt sich um Informationen, die eine Korrektur zur Ertragslage des Unternehmens zum Gegenstand haben. Diese haben ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential, da sich gewöhnlich größere Änderungen bspw. hinsichtlich des Umsatzes oder des Gewinns einer Gesellschaft auf die Renditeerwartung und damit die Anlageentscheidung der Investoren auswirken, was sich letztlich im Aktienkurs niederschlägt. Zur Bejahung einer wesentlichen Bilanztatsache muss sich nach dem Gesetz eine bestimme Differenz ergeben, und zwar zwischen einer bereits veröffentlichten Prognose zur Entwicklung von Geschäftsergebnissen oder – falls eine solche Prognose nicht vorhanden ist – zwischen dem letzten regulären Rechnungsabschluss auf der einen Seite und einer revidierten Prognose bzw. dem Rechungsabschluss zum laufenden Geschäftsjahr auf der anderen Seite. Eine wesentliche Tatsache liegt allerdings nur vor, wenn der Unterschied sich in dem Bereich bestimmter Zahlenwerte bewegt (hierzu sogleich unter d)). Erforderlich ist nach Art. 166 Abs. 2 Nr. 3 FBG i. V. m. Art. 51 WpHR-VO daher: – ein Unterschied zwischen der veröffentlichten prognostizierten Entwicklung bzw. dem letzten regulären Rechnungsabschluss und einer revidierten Prognose bzw. dem Rechnungsabschluss zum laufenden Geschäftsjahr betreffend: Umsatz‑, Betriebs- oder Reingewinn; Dividendenzahlungen; Umsätze einer Unternehmensgruppe, der die börsennotierte Gesellschaft angehört – dass sich dieser innerhalb der in Art. 51 WpHR-VO festgelegten Bandbreite bewegt.
d) Erheblichkeitsschwellen Ein weiteres Charakteristikum der Insiderregelung in Art. 166 FBG sind Erheblichkeitsschwellen, die in ergänzenden Verordnungen detailliert niedergelegt sind. Sie haben die Funktion, insiderrechtlich unbedeutende Sachverhalte aus dem Anwendungsbereich der Norm herauszunehmen. Dabei werden die Grenzen der Erheblichkeit durch fixe Schwellenwerte abgesteckt, innerhalb derer von einem Kursbe192
Siehe Übersicht zu den Bilanztatsachen im Anhang ab S. 209.
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einflussungspotential auszugehen ist. Informationen über Umstände, die außerhalb der jeweiligen Bagatellgrenzen liegen, werden als unwesentlich eingestuft, weil sie keinen oder allenfalls nur einen marginalen Einfluss auf die Investitionsentscheidung der Anleger haben. Sie werden daher aus dem Bereich der Insidertatsachen ausgenommen. Denn selbst wenn solche unbedeutenderen Informationen beim Wertpapierhandel genutzt werden, scheint es vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks nicht geboten, gegen ein solches Verhalten mit den Mitteln des Strafrechts vorzugehen.193 Nach der Systematik im Gesetz lassen sich zwei Erscheinungsformen der Erheblichkeitsschwellen unterscheiden: Bei der ersten Form sind im Gesetz Kriterien festgelegt, bei deren Zutreffen keine Insidertatsache vorliegt. Häufig handelt es sich um einen Mindestgrenzwert (de minimis rule, keibi kijun, fortan auch: Bagatellregelung). Umgekehrt ausgedrückt muss in diesem Fall die Tatsache eine gewisse Tragweite erreichen, also eine Unterschwelle überschreiten, damit davon ausgegangen werden kann, dass mit einer Beeinflussung des Anlegerpublikums bei öffentlicher Bekanntmachung der Information zu rechnen ist. Entspricht der zu beurteilende Sachverhalt jedoch dem gesetzlich festgelegten Ausschlusskriterium (bspw. ein Wert liegt unterhalb der Grenze der Mindestanforderung), handelt es sich trotz des formalen Vorliegens eines vor dem Gesetzestext einschlägigen Vorgangs (bspw. „Ausgabe von Gratisaktien“) um keine wesentliche Tatsache und damit um keine Insiderinformation. Umgekehrt sind all diejenigen Sachverhalte als wesentlich einzustufen, die nicht dem Ausschlusskriterium entsprechen. Beispielsweise stellt die Ausgabe von Gratisaktien dann keine Entscheidungstatsache nach Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 e) dar, wenn die Zuteilungsquote einem Wert von unter 0,1 pro Aktie entspricht (also unter zehn Prozent liegt).194 Daher würde in einem solchen Fall ein Insider nicht gegen das Insiderhandelsverbot verstoßen, selbst wenn er mit entsprechender Kenntnis mit Wertpapieren des betreffenden börsennotierten Unternehmens handeln würde. Eine solche Bagatellgrenze existiert für den Großteil der Entscheidungs- und Ereignistatsachen (d. h. die in Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FBG aufgelisteten Tatsachen sowie für Tatsachen nach Nr. 5 und 6 im Falle einer Tochtergesellschaft). Für einen Teil der dort aufgelisteten Tatsachen sind keine Erheblichkeitsschwellen vorgesehen, was mitunter in der Natur der Sache begründet liegt (z. B. für die Entscheidungstatsache „Liquidation der Gesellschaft“). Eine zweite Erscheinungsform der Erheblichkeitsschwelle findet sich für die Bilanztatsachen (d. h. Tatsachen nach Art. 166 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Nr. 7 FBG im Falle einer Tochtergesellschaft): Hier ist im Gesetz eine bestimmte Bandbreite festgelegt, innerhalb derer sich der zu beurteilende Vorgang bewegen muss, damit eine wesentliche Tatsache bejaht werden kann ( jûyô kijun, fortan auch: Wesentlichkeitskriterium). In diesem Fall existieren also keine Kriterien, deren Vorliegen der Sachverhalt 193
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S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 65. Art. 49 Nr. 2 WpHR-VO.
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nicht dem Anwendungsbereich unterfällt, sondern umgekehrt sind die relevanten wesentlichen Tatsachen nur auf diejenigen begrenzt, die in der Verordnung bestimmt sind.195 Nur solche Umstände sind als Bilanztatsachen einzustufen, die den festgelegten Kriterien entsprechen.196 Beispielsweise stellt ein Unterschied beim Umsatz nur dann eine wesentliche Tatsache dar, wenn er sich im Vergleich zur früheren Prognose (bzw. zum letzten Jahresabschluss) nach der nunmehr korrigierten Prognose um mehr als zehn Prozent erhöht oder erniedrigt hat.197 Mittels dieses Wesentlichkeitskriteriums können die Bilanztatsachen im Verhältnis zu den Entscheidungs- und den Ereignistatsachen im Einzelfall auch eine Ergänzungsfunktion einnehmen: Wird bspw. die Entwicklung einer neuen Produktionsmethode nur deswegen nicht als Entscheidungstatsache eingestuft, weil die Umsatzsteigerung zu geringfügig im relevanten Betrachtungszeitraum ausfällt (und daher die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten wird), kann der Sachverhalt trotzdem noch als eine Insidertatsache eingestuft werden, nämlich dann, wenn infolge der neuen Produktionsmethode der Betriebs- und Reingewinn im erforderlichen Umfang steigen.198 Insgesamt machen die Erheblichkeitsschwellen somit für die Entscheidung, ob eine Insiderinformation im Einzelfall vorliegt oder nicht, eine doppelte Prüfung erforderlich. Zunächst wird anhand des Katalogs die grundsätzliche Eignung der konkreten Information als Insidertatsache beurteilt, um sodann noch deren Erheblichkeit anhand der einschlägigen Erheblichkeitsschwelle festzustellen. Wegen dieser zweistufigen Vorgehensweise wie auch der Tatsache, dass die Erheblichkeitsschwellen in ergänzenden Verordnungen niedergelegt sind, ist es für den Rechtsanwender erschwert, im Voraus abzuschätzen, ob eine bestimmte Wertpapiertransaktion strafbar ist oder nicht.199 Ganz grundsätzlich lassen sich zwei gegenläufige Modelle finden, wie das Kursbeeinflussungspotential einer Information beurteilt werden kann. Eine Möglichkeit besteht darin, nach einem subjektiven Ansatz vorzugehen. Zweitens kann die Kurserheblichkeit bestimmter Informationen mittels fixer Grenzwerte durch den Gesetzgeber im Vorhinein festgelegt werden. Das japanische Insiderrecht folgt 195
S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 66. H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 238. 197 Siehe hierzu auch das Zahlenbeispiel bei Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 117. 198 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 114 f.; H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 229 f. 199 Die einzelnen Erheblichkeitsschwellen detailliert darzustellen und zu diskutieren würde den Rahmen dieser Arbeit indes überschreiten und zudem den vergleichenden Blick auf die grundlegenden Strukturen unnötig versperren. Für einen Überblick siehe daher die zusammenfassende Auflistung im Anhang zu dieser Arbeit. Zur Vertiefung siehe bspw. die Abbildungen 2‒7 (S. 127 ff.) sowie 2‒9 (S. 181 ff.) bei H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu; eingehend in engl. Sprache siehe Tokyo Stock Exchange R egulation (Hg.), Mr. Compla’s Insider Trading Regulations Q&A, 49 ff. 196
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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grundsätzlich dem letzteren Ansatz (zur Ausnahme sogleich), indem durch das Zusammenspiel von potentiellen Insidertatsachen und Schwellenwerten zur Ausgrenzung von Bagatellfällen der Bereich der Insiderinformationen abgesteckt werden soll. Sinn und Zweck der Vorgehensweise ist auch hier im Lichte des gesetzgeberischen Willens zu sehen, das strafbare Verhalten für den Normadressaten möglichst vorhersehbar zu normieren. Wie vorstehend dargelegt, kennt das deutsche Insiderrecht keine im Gesetz fixierten Erheblichkeitsgrenzen, sondern verfolgt mit dem Merkmal der erheblichen Kursbeeinflussung in § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG einen subjektiven Ansatz, wonach sich das Kursbeeinflussungspotential einer Information abstrakt aus der Ex-ante-Sicht eines verständigen Anlegers bemisst. Tatsächlich existierte jedoch im deutschen Schrifttum eine Diskussion, ob die Kursrelevanz einer Insiderinformation mittels subjektiver Kriterien oder – vergleichbar dem Ansatz im japanischen Recht – mittels fixer Grenzwerte bestimmt werden sollte. Diese frühere Auseinandersetzung hatte sich jedoch grundsätzlich mit der Reform des deutschen Insiderrechts durch das AnSVG und der damit verbundenen Umsetzung europäischer Vorgaben zugunsten des subjektiven Ansatzes erledigt. e) Der Auffangtatbestand für Insidertatsachen Neben den zuvor vorgestellten Entscheidungs‑, Ereignis- und Bilanztatsachen findet sich in Art. 166 Abs. 2 Nr. 4 FBG ergänzend ein Auffangtatbestand (basket clause – basuketto jôkô), der weitere wesentliche Insidertatsachen erfasst. Einschlägig sind nach diesem Auffangtatbestand diejenigen wesentlichen Tatsachen hinsichtlich der Verwaltung, des Betriebs oder des Vermögens einer börsennotierten Gesellschaft, die einen erheblichen Einfluss (ichijirushii eikyô) auf die Investitionsentscheidung der Anleger haben können, jedoch nicht bereits in den Katalogen der Art. 166 Abs. 2 Nr. 1–3 FBG und den hierzu jeweils erlassenen Verordnungen erfasst sind. Das Erfordernis der erheblichen Einflussnahme soll dazu dienen, den Anwendungsbereich des Auffangtatbestands nur auf die als wesentlich zu qualifizierenden Informationen zu begrenzen. Wann ein erheblicher Einfluss auf die Investitionsentscheidung der Anleger anzunehmen ist, ist noch nicht hinreichend geklärt. Nach einer einflussreichen Ansicht im Schrifttum soll ein erhebliches Beeinflussungspotential vorliegen, wenn der gewöhnliche Anleger bei Kenntnis der Insiderinformation diese selbstverständlich berücksichtige und eine Entscheidung über einen Erwerb oder die Veräußerung von Wertpapieren des Emittenten fälle.200 Mit diesem Kriterium ist jedoch noch immer nicht hinreichend klar, wann im konkreten Fall von einer solchen Kaufs- oder Verkaufsentscheidung unter Berücksichtigung der Information gesprochen werden kann. In der Praxis seien wesentlichen Tatsachen hinsichtlich der Verwaltung, des Betriebs oder des Vermögens einer börsennotierten Gesellschaft bspw. anzunehmen bei einer Einstellung der Zahlun200 Y.
Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 119.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
gen.201 Die Rspr. bzw. die FSA befanden den Auffangtatbestand für anwendbar in Fällen, in denen sich bspw. Fehler in den Bilanzen eines Unternehmens herausstellten oder fiktive Angaben über die Einnahmen gemacht wurden, sowie etwa bei der Tatsache, dass es nach Einführung eines neuen Medikaments infolge von Wechselwirkungen zu vereinzelten Todesfällen gekommen war (so im Fall Nihon Shôji, hierzu sogleich).202 Welche Informationen außerhalb des Anwendungsbereichs des Auffangtatbestands verbleiben sollen und wo im Einzelfall die Grenze zu ziehen ist, wird noch Gegenstand zukünftiger Diskussionen sein.203 Interessant ist, dass der japanische Gesetzgeber im Rahmen des Auffangtatbestands im Gegensatz zu den Tatsachen in den vorhergehenden Absätzen auf eine starre Festlegung der Informationserheblichkeit mittels Schwellenwerte verzichtet und stattdessen einen subjektiven Ansatz verfolgt, der dem Ansatz der deutschen Regelung in § 13 Abs. 1 S. 1, 2 WpHG ähnlich ist. Der japanische Gesetzgeber bricht somit an dieser Stelle mit seinem eigenen Leitgedanken, nach dem der Vorhersehbarkeit der möglichen Strafbarkeit einer Handlung für den Normadressaten hohe Priorität eingeräumt wird. Welche Informationen nach dem Auffangtatbestand als wesentliche Tatsachen einzustufen sind und wo die Grenzen des Anwendungsbereichs der Vorschrift zu ziehen sind, ergibt sich nicht eindeutig aus dem Wortlaut.204 Daher ist die Vorgehensweise des japanischen Gesetzgebers bemerkenswert, einerseits mittels detaillierter Kataloge den Anwendungsbereich möglichst konkret und eindeutig festzulegen, um dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot Genüge zu tun und dem Normadressaten die Prognose zu ermöglichen, welches Verhalten am Kapitalmarkt mit Strafe bedroht ist. Andererseits zeigt sich, dass das japanische Recht mit der Kombination von kasuistischer Auflistung auf der einen sowie ergänzender Auffangbestimmung auf der anderen Seite in gewisser Weise die beiden Ansätze kombiniert und somit einer eigenständigen Lösung folgt. Der Gesetzgeber möchte offensichtlich der Gefahr vorbeugen, dass es, je eindeutiger und begrenzter der Anwendungsbereich für den Einzelfall normiert ist, umso wahrscheinlicher Sachverhalte gibt, die durch das Raster der Insiderregelungen fallen werden.205 Es zeigt sich, dass es im Spannungsverhältnis zwischen Vorhersehbarkeit und Eindeutigkeit einerseits sowie dem Anspruch andererseits, möglichst viele Fälle des Insiderhandels in einem sich schnell verändernden Marktumfeld zu erfassen, nach den japanischen Insiderregelungen ergänzend an verschiedener Stel201 S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 147 f.; H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 138. 202 H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 138. 203 M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 155. 204 S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 142. 205 Nach anderer Auffassung stellen die wesentlichen Tatsachen nach den Abs. 1‒3 den Kern der Regelung dar, dem die Bestimmung in Abs. 4 nur eine ergänzende Funktion zukommt, um flexibel auf Sachverhalte reagieren zu können, die sich durch die zukünftige Entwicklung des Markts ergeben können, M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 52 f.
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le flexibler Auffangvorschriften bedarf; sei es im Rahmen der Diskussion zu Art. 157 Abs. 1 FBG, die nach der h. L. als allgemeine Auffangbestimmung fungieren soll oder sei es mit dem Auffangtatbestand in Art. 166 Abs. 2 Nr. 4 FBG, um der Gefahr zu begegnen, im Einzelfall relevante Insiderinformationen nicht erfassen zu können. Die Lösung des japanischen Rechts, in einem Zusammenspiel zwischen katalogartig und formell aufgelisteten Insidertatsachen sowie dem Auffangtatbestand 206 möglichst viele denkbare Fallkonstellationen von Insiderhandel erfassen zu wollen, erscheint jedoch umständlich und birgt für den Normadressaten erhebliche Rechtsunsicherheit. Zudem kann sich im konkreten Einzelfall die Abgrenzung des Auffangtatbestands zu den jeweiligen Erheblichkeitsschwellen der Nr. 1–3 als problematisch darstellen, da nach dem Gesetz explizit gefordert ist, dass vom Auffangtatbestand nur solche Sachverhalte umfasst werden sollen, die nicht bereits von einem Tatbestand der Kataloge des Art. 166 Abs. 2 FBG erfasst sind. Nach dem Sinn des Gesetzes soll damit ausgeschlossen werden, dass ein Sachverhalt, der aufgrund einer Bagatellklausel nicht die erforderlichen Kriterien zur Annahme einer wesentlichen Tatsache nach den Nr. 1–3 erfüllt und damit vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen wird, quasi „durch die Hintertür“ über eine Anwendung des Auffangtatbestands doch noch als eine wesentliche Tatsache eingestuft wird.207 Schwierig gestalten sich insbesondere Sachverhalte, bei denen aufgrund einer Prognose nicht hinreichend klar ist, ob sie einer Bagatellklausel unterliegen: Im Fall Nihon Shôji208 hatte das DG Osaka209 in erster Instanz im Rahmen eines insiderrechtlichen Falls über einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem eine für den Wertpapierhandel genutzte unveröffentlichte Information über Todesfälle durch unerwartete Nebenwirkungen bei einem neuen Medikament zu qualifizieren war. Strittig war in dem Verfahren insbesondere die Frage, ob die infolge der Nachricht von den Todesfällen zu erwartenden zukünftigen Absatzschwierigkeiten sowie Schadensersatzforderung gegenüber Nihon Shôji zu einem Gesamtschaden in hinreichender Höhe führen würden, so dass der Tatbestand einer Ereignistatsache i. S. v. Art. 166 Abs. 2 Nr. 2 a) („Unfälle oder Schäden, die den Geschäftsbetrieb beeinträchtigen“)210 in Bezug auf den Hersteller der Arzneimittel erfüllt wäre. Das Ge206 M.
M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 28. K. Kobayashi /T. Suzuki, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 252 ff.; T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 302. 208 Angeklagt wegen Insiderhandels wurde im Fall Nihon Shôji ein niedergelassener Arzt. Dieser hatte von einem Vertriebsmitarbeiter eines Arzneimittelgroßhändlers (Quasiinsider) erfahren, dass der Arzneimittelhersteller Nihon Shôji die Auslieferung eines neu entwickelten Medikaments gegen Gürtelrose vorläufig stoppen werde, da es seit dessen Markteinführung infolge gravierender Nebenwirkungen zu mehreren Todesfällen gekommen war. Dadurch war es für den Arzt absehbar, dass der Aktienkurs nach Bekanntwerden des Verkaufsstopps sinken werde, und so veräußerte er 10.000 Aktien von Nihon Shôji an der Börse in Osaka noch vor Veröffentlichung der Information. 209 DG Osaka, Entscheidung vom 24.5.1996, Nr. 1994 wa 3958, Hanrei Jihô 1609 (1997) 153 f. 210 Nach der damaligen Fassung des Gesetzes „Schäden verursacht durch Unfälle oder den Geschäftsbetrieb“ (saigai mata wa gyômu ni kan suru songai). 207
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richt befand jedoch, dass eine konkrete Schadenssumme nicht abschätzbar sei und damit letztlich vom drohenden Ausmaß her nicht beurteilt werden könne, ob die Erheblichkeitsschwelle überschritten war. Allerdings ging das Gericht davon aus, dass ein Fall des Auffangtatbestands gegeben sei, und verurteilte den Angeklagten auf dieser Basis wegen Insiderhandels. Demgegenüber befand das OG Osaka211 in zweiter Instanz, dass der Auffangtatbestand in Art. 166 Abs. 2 Nr. 4 FBG weder zugleich noch alternativ anwendbar sei, wenn ein Sachverhalt bereits einem der Tatbestände der Insidertatsachen in Nr. 1–3 entspreche. Zudem sei eine Überprüfung, ob ein Sachverhalt der Auffangtatbestand in Nr. 4 unterfalle, auch dann obsolet, wenn der Sachverhalt nur aufgrund einer Bagatellklausel nicht als Insidertatsache zu qualifizieren sei. Der OGH212 stellte schließlich in letzter Instanz im Fall Nihon Shôji überraschenderweise zu dieser Frage fest, dass der Auffangtatbestand des Art. 166 Abs. 2 Nr. 4 FBG in bestimmten Situationen ausnahmsweise anwendbar sei, obgleich ein Sachverhalt einen Tatbestand der Insidertatsachen nach den Nr. 1‒3 wegen einer Bagatellklausel nicht erfülle oder wenn nicht abschätzbar sei, ob ein Sachverhalt einer Bagatellklausel unterfalle. Wesentliche Voraussetzung für eine solche Anwendung ist aber, dass der zu beurteilende Sachverhalt noch einen weiteren relevanten Aspekt aufweist, der selbst nicht unter die Tatbestände der Nr. 1‒3 subsumierbar bzw. eine Einschätzung hierzu nicht möglich ist, so dass auf ihn der Auffangtatbestand anwendbar ist.213 Strenggenommen wird der Auffangtatbestand insofern nicht auf den bereits durch die Nr. 1‒3 erfassten Aspekt der Information angewendet, sondern auf einen weiteren Aspekt, der dann für sich genommen wiederum einen signifikanten Einfluss auf die Investitionsentscheidung der Anleger auszuüben vermag. Im Fall Nihon Shôji weist der Argumentation des OGH folgend die Information über die Todesfälle durch das Medikament einen solchen weiteren Aspekt auf: Abgesehen von den negativen Auswirkungen auf die zukünftige Absatzmöglichkeit des Medikaments leide darüber hinaus vor allem der Ruf des Unternehmens als Arzneimittelhersteller infolge der Vorfälle. Dieser Reputationsverlust wirke sich voraussichtlich erheblich auf die wirtschaftliche Entwicklung und finanzielle Situation des Unternehmens aus, was wiederum einen signifikanten Einfluss auf die Investitionsentscheidung der Anleger haben könne. Mit dieser Vorgehensweise konnte es der OGH vermeiden, seine selbst aufgestellte Grundregel umzustoßen, dass ein einmal ausgeschlossener Teil einer Tatsache mittels der Generalklausel nicht doch noch als Insidertatsache zu qualifizieren sei. 211
OG Osaka, Entscheidung vom 24.10.1997, Nr. 1996u 666, Hanrei Jihô 1625 (1998) 3 ff. OGH, Entscheidung vom 16.2.1999, Nr. 1997a 1232/1245, Keishû 53‒2, 1. Siehe hierzu auch H. Oda, ZJapanR 7 (1999) 164; S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 140 ff. 213 OGH, Entscheidung vom 16.2.1999, Nr. 1997a 1232/1245, Keishû 53‒2, 1. Siehe hierzu auch die Besprechung bei K. Kobayashi /T. Suzuki, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 253 f.; M. M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 28 f. 212
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Trotzdem kann sich der Rechtsanwender nicht in Sicherheit wiegen, dass ein Wertpapierhandel auf Basis einer Information den Verbotstatbestand nicht erfüllt, wenn die Information das Schwellenkriterium nicht erreicht. Vielmehr muss in einem weiteren Schritt darauf geachtet werden, ob aufgrund eines weiteren Teilaspekts der Tatsache der Auffangtatbestand nicht doch noch sozusagen durch die „Hintertür“ Anwendung findet. Der OGH versucht offensichtlich, mittels dieser Konstruktion drohende Gesetzeslücken zu schließen. Allerdings wirkt der Gedanke, dass ein Sachverhalt noch eine andere Seite aufweist, sehr beliebig und öffnet das Tor jenes durch subjektive Elemente geprägten Systems, dass der Gesetzgeber eigentlich zugunsten einer besseren Vorhersehbarkeit der Strafbarkeit vermeiden wollte. In der Konsequenz bedeutet dies, dass der OGH das System der konkreten und detaillierten Auflistung wesentlicher Tatsachen aushebelt und doch wieder im Einzelfall entschieden werden muss, ob eine wesentliche Information vorliegt oder nicht.214 Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Rspr. entwickelte sich im japanischen Schrifttum zum Für und Wider des Auffangtatbestands eine rege Diskussion. Einige Stimmen im Schrifttum und aus der Wirtschaft fordern zugunsten der besseren Vorhersehbarkeit des Anwendungsbereichs der Insiderregeln die Abschaffung des Auffangtatbestands.215 Andere Vertreter fordern interessanterweise im Gegenteil, die kasuistische Auflistung einzelner wesentlicher Tatsachen ganz aufzugeben und stattdessen ähnlich wie im europäischen Insiderrecht nur eine Generalklausel für alle Insiderinformationen zu nutzen.216 Erwünscht wäre demzufolge eine allgemeine Regelung, nach der eine Insiderinformation eine nichtveröffentlichte Information eines Emittenten darstellt, die bei Veröffentlichung erheblichen Einfluss auf die Preisentwicklung eines Wertpapiers hätte.217 f) Insidertatsachen bezüglich einer Tochtergesellschaft Die detaillierten Kataloge potentieller Insiderinformationen in Hinblick auf ein börsennotiertes Unternehmen werden in den sich unmittelbar anschließenden Nr. 5 ‒8 des Art. 166 Abs. 1 FBG durch weitere Auflistungen wesentlicher Tatsachen ergänzt, die den Betrieb einer Tochtergesellschaft (ko-gaisha jôhô) betreffen. Gesetzestechnisch ist dabei die Einteilung weitgehend parallel zu den Katalogen in den Nr. 1‒4 ausgestaltet: Die wesentlichen Tatsachen hinsichtlich der Tochtergesellschaft werden gleichfalls in Entscheidungs‑, Ereignis- und Bilanztatsachen (Nr. 5 ‒7) sowie weitere, von einem Auffangtatbestand (Nr. 8) zu erfassende Tatsachen unterschieden. Die Kataloge zu den Entscheidungs- und den Ereignistatsachen enthalten 214 M.
Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 325. Insbesondere der japanische Industrieverband Nippon Keidanren sprach sich aus Gründen der Vorhersehbarkeit der Regelung dafür aus, auf den Auffangtatbestand zugunsten einer ausschließlich individuell-konkreten Auflistung der wesentlichen Insidertatsachen zu verzichten: Nippon K eidanren, Shôji Hômu 1687 (2004) 37 ff. 216 E. Kuronuma, Shôji Hômu 1687 (2004), 40 f.; M. M aeda, Shôji Hômu 1907 (2010) 28. 217 E. Kuronuma, Naibu-sha torihiki kisei no rippô-ron-teki kadai, 343 f. 215
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wiederum eine konkrete Auflistung potentieller Insiderinformationen. Für diese wesentlichen Tatsachen wird ebenfalls angenommen, dass sie gewöhnlich einen Einfluss auf die Investitionsentscheidung der Anleger ausüben können. Damit ist aber nicht eine Investitionsentscheidung zu Wertpapieren der Tochtergesellschaft selbst, sondern zu den spezifizierten Wertpapieren des gelisteten Unternehmens (also der Muttergesellschaft) gemeint. Während es sich bei den aufgelisteten wesentlichen Tatsachen also um potentielle Insiderinformationen handelt, die einen Bezug zur Tochtergesellschaft haben, bezieht sich die Kursrelevanz der Informationen auf Papiere des börsennotierten Unternehmens (also der Muttergesellschaft). Die Relevanz der wichtigen Vorgänge oder Ereignisse bezüglich der Tochtergesellschaft liegt daher in ihrer indirekten Auswirkung auf den Wertpapierkurs der Muttergesellschaft. Schließlich existieren für die wesentlichen Tatsachen hinsichtlich der Tochtergesellschaft jeweils eigene Erheblichkeitsschwellen.218 (1) Entscheidungstatsachen Die Entscheidungstatsachen nach Art. 166 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. Art. 29 FBG-DVO umfassen Entscheidungen eines zur Geschäftsführung legitimierten Gremiums der Tochtergesellschaft219 über einen für die Tochtergesellschaft wichtigen Vorgang (und zwar gleichfalls entweder eine Entscheidung hinsichtlich der Ausführung eines Vorgangs oder die Entscheidung über den Abbruch eines wichtigen Vorgangs, dessen Durchführung bereits publik gemacht wurde). Der Katalog wesentlicher Entscheidungstatsachen hinsichtlich der Tochtergesellschaft in Nr. 5 ist allerdings nicht ganz deckungsgleich mit dem entsprechenden Katalog für das gelistete Unternehmen in Nr. 1.220 Einzelne potentielle Insiderinformationen, nämlich die wesentlichen Tatsachen nach den Nr. 1 a)‒g) (sowie weitere nach der Verordnung), sind für die Tochtergesellschaft ausgenommen. Ein Grund wird darin gesehen, dass die betreffenden Vorgänge aus dem Blickwinkel des Konsolidierungskreises keine oder allenfalls eine verhältnismäßig geringe Auswirkung auf die Gesamtsumme des Vermögens der Muttergesellschaft ausüben und in der Folge auch nicht die Investitionsentscheidung der Anleger beeinflussen würden.221 218 Siehe die Auflistung der wesentlichen Tatsachen zur Tochtergesellschaft im Anhang ab S. 209. Für eine ausführlichere Darstellung siehe auch H. M atsunaga /R. Funakoshi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 259 ff. 219 Werden die Entscheidungen zur Geschäftsführung ausschließlich von einem entsprechenden Gremium der Muttergesellschaft getroffen, so wird dieses als das nach dem Gesetz notwendige Entscheidungsorgan angesehen, S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 150 f. 220 Anschaulich hierzu die Abbildung 3‒1 bei T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 298. Eine etwas ältere Gesamtübersicht findet sich bei H. M atsui, Shôji Hômu 1679 (2003) 7. 221 Bei bestimmten Fallgestaltungen (wie bspw. im Falle einer Kapitalerhöhung der Tochtergesellschaft durch Ausgabe neuer Aktien an Dritte) sind jedoch durchaus kursrelevante Änderungen
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(2) Ereignistatsachen Der Katalog wesentlicher Ereignistatsachen hinsichtlich der Tochtergesellschaft nach Art. 166 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. Art. 29-2 FBG-DVO umfasst ebenfalls nicht sämtliche wesentliche Tatsachen, die im entsprechenden Katalog für das gelistete Unternehmen nach Nr. 2 enthalten sind. Einzelne potentielle Insiderinformationen, nämlich die wesentlichen Tatsachen nach den Nr. 2 b) und c) (sowie weitere nach der VO), sind für die Tochtergesellschaft ausgenommen.222 (3) Bilanztatsachen Die dritte Gruppe wesentlicher Tatsachen hinsichtlich eines Tochterunternehmens bilden die Bilanztatsachen in Art. 166 Abs. 2 Nr. 7 FBG (i. V. m. Art. 55 Abs. 1 WpHR-VO), einer größtenteils parallel zur Nr. 3 ausgestalteten Vorschrift. Im Detail ergeben sich jedoch Unterschiede, die der speziellen Situation geschuldet sind, dass sich die potentiellen Insiderinformationen auf die Ertragslage der Tochtergesellschaft beziehen und zugleich von Kursrelevanz für Wertpapiere der Muttergesellschaft sein müssen. Zu beachten ist daher, dass dieser Kategorie nur wesentliche Tatsachen zur Ertragslage ganz bestimmter Tochtergesellschaften unterliegen: Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss die Tochtergesellschaft entweder selbst eine „börsennotierte Gesellschaft etc.“ (jôjô kaisha-tô)223 darstellen oder aber die wesentliche Bilanztatsache bezieht sich auf den Handel von Spartenaktien (ko-gaisha rendô kabushiki, engl. tracking stocks)224 einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft (kanzen ko-gaisha, in diesem Fall als rendô ko-gaisha bezeichnet). Des Weiteren umfasst die Auflistung der Bilanztatsachen hinsichtlich eines Tochterunternehmens auch nicht sämtliche wesentlichen Bilanztatsachen hinsichtlich der Muttergesellschaft des Katalogs in Nr. 3. Dies betrifft bspw. die Ausschüttungen aus einem Überschuss (jôyo-kin), da diese sich nur marginal auf die wirtschaftliche Situation der Muttergesellschaft auswirken.225
denkbar, die die gesammte Unternehmensgruppe betreffen, so dass eine Auswirkung auf die Investitionsentscheidung der Anleger nicht in jedem Fall ausgeschlossen werden kann. Siehe zum Ganzen H. M atsunaga /R. Funakoshi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 262 f. Kuronuma schlägt für einen solchen Fall vor, den Auffangtatbestand der Nr. 8 anzuwenden (hierzu sogleich mehr). 222 Begründung ist hier gleichsam das vergleichsweise geringe Einflussnahmepotential der Anleger, T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 300 (dort in Fn. 30). 223 Zur Reichweite des Begriffs der „börsennotierten Gesellschaft etc.“ siehe ab S. 82. 224 Zum Begriff der tracking stocks siehe K. E gashira, Kabushiki-gaisha-hô, 143 f. Dabei handelt es sich um bestimmte Aktien der Muttergesellschaft, bei denen die Höhe der Dividendenzahlungen an den wirtschaftlichen Erfolg der Tochtergesellschaft des Emittenten „gekoppelt“ (rendô) ist. 225 T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 301.
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(4) Der Auffangtatbestand Schließlich enthält Art. 166 Abs. 2 Nr. 8 FBG einen Auffangtatbestand (basuketto jôkô). Im Unterschied zum Auffangtatbestand nach Abs. 2 Nr. 4 fallen unter den Auffangtatbestand in Nr. 4 nur wesentliche Tatsachen hinsichtlich der Verwaltung, des Betriebs oder des Vermögens der Tochtergesellschaft. Weiterhin müssen diese Tatsachen ebenfalls geeignet sein, einen erheblichen Einfluss (ichijirushii eikyô) auf die Investitionsentscheidung der Anleger ausüben zu können. Damit ist aber wiederum nicht eine Investitionsentscheidung zu Wertpapieren der Tochtergesellschaft selbst, sondern zu den spezifizierten Wertpapieren des börsennotierten Unternehmens (also der Muttergesellschaft) gemeint. Weiterhin werden vom Auffangtatbestand diejenigen wesentlichen Tatsachen grundsätzlich nicht erfasst, die in den Katalogen der Entscheidungs- und Ereignistatsachen hinsichtlich der Tochtergesellschaft bereits aufgelistet sind (Abs. 2 Nr. 5 ‒7 FBG i. V. m. den entsprechenden Verordnungen). Da jedoch im Katalog der Entscheidungstatsachen hinsichtlich der Tochtergesellschaft einige potentielle Insiderinformationen im Vergleich zum Katalog nach Abs. 2 Nr. 1 ausgenommen sind, wird teilweise vertreten, dass auf diese wesentlichen Tatsachen der Auffangtatbestand anwendbar sei.226 Weiterhin sind wohl auch die von der Rspr. im Fall Nihon Shôji aufgestellten Grundsätze zur Anwendung des Auffangtatbestands auf die wesentlichen Tatsachen und den Auffangtatbestand bei einer Tochtergesellschaft übertragbar.227 4. Tathandlung a) Der Handel mit Insiderpapieren Nach dem Wortlaut in Art. 166 Abs. 1 FBG ist es für die Personen mit einer Verbindung zu einer börsennotierten Gesellschaft verboten, mit „spezifizierten Wertpapieren etc.“ (tokutei yûka shôken-tô) der gelisteten Gesellschaft Handel zu treiben. Was im Sinne des FBG unter „spezifizierten Wertpapieren etc.“ zu verstehen ist, lässt sich jedoch nicht auf einen Blick aus dem Gesetz erschließen, sondern wiederum nur in einer Zusammenschau mit ergänzenden Verordnungen ermitteln. (1) Das Merkmal der „spezifizierten Wertpapiere“ Nach einer begrifflichen Bestimmung in Art. 163 Abs. 1 FBG umfasst der Begriff der „spezifizierten Wertpapiere“ zwei Kategorien, nämlich zum einen die spezifizierten Wertpapiere im eigentlichen Sinne sowie zum anderen sonstige Wertpapie-
226 E.
Kuronuma, Gekkan Kansa-yaku 436 (2000) 21. H. M atsunaga /R. Funakoshi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 260. 227
hôritsu jimu-sho kiki
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re, die sich auf spezifizierte Wertpapiere beziehen (kanren yûka shôken).228 Ähnlich wie beim Begriff der börsennotierten Gesellschaft wird in Art. 163 Abs. 1 FBG auch in Hinblick auf die „spezifizierten Wertpapieren etc.“ auf weitere Bestimmungen verwiesen, in denen die betreffenden Wertpapiere näher konkretisiert werden.229 Zu den spezifizierten Wertpapieren im eigentlichen Sinne gehören zunächst Wertpapiere, die in Art. 2 Abs. 1 Nr. 5, 7 und 9 FBG aufgelistet sind. Dabei handelt es sich um Anleihepapiere (shasai-ken), Vorzugsaktien nach dem Gesetz betreffend Vorzugsaktien genossenschaftlicher Finanzinstitute (yûsen shusshi shôken),230 Aktien (kabuken) sowie Optionen auf Bezugsrechte (shin-kabu yôyaku-ken shôken). Von diesen Wertpapieren werden jedoch einzelne Wertpapiere durch Verordnung (Art. 27 FBG-DVO sowie Art. 25 WpHR-VO) wieder ausgenommen. Der auf diese Weise bestimmten Gruppe an relevanten Wertpapieren treten ergänzend weitere Wertpapiere hinzu, die wiederum durch Verordnung (Art. 27-3 FBG-DVO) bestimmt sind. Dabei handelt es sich zusammengefasst um bestimmte Wertpapiere, Urkunden und Hinterlegungsscheine (yotaku shôken) ausländischer Emittenten.231 Ferner sind „Wertpapieren, die sich auf spezifizierte Wertpapiere beziehen“, gedeckte Optionsscheine (kabâdo waranto, engl. covered warrants) i. S. d. Art. 2 Abs. 1 Nr. 19 FBG sowie weitere, in Art. 27-4 FBG-DVO näher bestimmte Wertpapiere. Dabei handelt es sich zusammengefasst um bestimmte inländische Investmentzertifikate (tôshi shintaku jueki shôken) sowie Wertpapiere vergleichbarer Art, die von einem ausländischen Emittenten begeben werden.232 228 Anschaulich hierzu die Übersicht bei T. Kotani, Insaidâ torihiki ‒ sôba sôju ‒ kyogi kisai kisei no subete, 91. 229 Im japanischen Schrifttum wurde ferner noch über die Einordnung von Wertpapieren, die von Immobilieninvestmentfonds, den sog. REIT (Real Estate Inverstment Trust) herausgegeben werden, diskutiert. Die Wertpapiere dieser Immobilieninvestmentfonds waren bis 2014 vom Gesetz nicht im Rahmen der Definition der „spezifizierten Wertpapiere etc.“ umfasst gewesen, daher unterfielen sie auch nicht dem Insiderhandelsverbot. Gleichwohl war man sich im Schrifttum darüber einig, dass Insiderhandel mit entsprechenden Anteilen ebenfalls das Vertrauen der Anleger in den Markt beschädigen kann und plädierte dafür, hierin einen Fall unrechtmäßigen Verhaltens am Kapitalmarkt und damit einen Verstoß gegen Art. 157 FBG anzunehmen (zur bisherigen Diskus sion siehe M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu (1. Auflage 2010), 244 (dort Fn. 486). Mit Umsetzung eines Reformgesetzes zum 1. April 2014 hat der japanische Gesetzgeber nunmehr die Wertpapiere der REITs ebenfalls dem Insiderhandelsverbot unterworfen. Ausführlich hierzu T. Misaki /S. Imai, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 502 ff. 230 Kyôdô soshiki kin’yû kikan no yûsen shusshi ni kansuru hôritsu (s. Fn. 71). 231 Eine Übersicht zu den „spezifizierten Wertpapieren“ findet sich bei S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 175. 232 Eine Übersicht zu den „mit spezifizierten Wertpapieren im Zusammenhang stehende Wertpapiere“ findet sich bei S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 178.
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Im Vergleich zum deutschen Insiderrecht findet die japanische Regelung auf weniger Finanzinstrumente Anwendung. Die Reichweite des Begriffs des Insiderpapiers des § 12 WpHG ist vergleichsweise weit, da hiernach jegliche Arten von Derivativen umfasst sind, deren Basiswerte nicht nur vom Emittenten ausgegebene Aktien, sondern auch sonstige Anleihen, Devisen oder Waren etc. darstellen können. Ob sich dieser vom deutschen bzw. europäischen Gesetzgeber vorgegebene weite Anwendungsbereich im Vergleich zu Japan auch in der Rechtspraxis der erfassten Insiderfälle auswirkt, mag jedoch angezweifelt werden.233 Anders als nach dem Begriff des Insiderpapiers § 12 WpHG wird im japanischen Recht mit dem Begriff der „spezifizierten Wertpapiere“ zudem auch keinerlei Bezug zur Person des Insiders hergestellt. (2) Erfasste Wertpapiergeschäfte Nach dem Wortlaut des Art. 166 Abs. 1 FBG ist es verboten, vor Veröffentlichung der wesentlichen Tatsache spezifische Wertpapiere etc. der gelisteten Gesellschaft zu kaufen oder zu verkaufen (baibai) oder in sonstiger Weise entgeltlich zu übertragen (hoka no yûshô no jôto) sowie Derivatehandel (deribatibu-torihiki) zu betreiben. Fraglich ist, welche Arten des Wertpapierhandels hiervon umfasst sind.234 Das Merkmal „Kauf oder Verkauf oder entgeltliche Übertragung in sonstiger Weise“ meint primär, dass Inhaberschaft an spezifizierten Wertpapieren gegen Entgelt übertragen wird. Da das japanische Recht nach h. M. nicht zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft trennt, sondern dem Konsensualprinzip folgt,235 kann die Übertragung allein durch den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrags erfolgen. Üblicherweise geschieht die Übertragung an Wertpapieren durch Kauf und Verkauf, sie kann aber auch entsprechend dem Wortlaut der Norm „in sonstiger Weise“, d. h. im Zuge eines Tausches, durch Annahme an Erfüllung statt oder durch Leistung einer Sacheinlage erfolgen. Wie im deutschen Recht236 ist es zudem unerheblich, ob der Erwerb oder die Veräußerung des Wertpapiers unter fremdem Namen, auf Rechnung eines anderen oder mit Rechtswirkung für einen anderen (z. B. bei einer Stellvertretung) geschieht.237 Die Wertpapiergeschäfte müssen zudem nicht über eine (inländische) Börse, sondern können auch über eine ausländische Börse oder durch face-to-face-Geschäft abgewickelt werden.
233 Skeptisch insofern H. M atsui, Insaidâ torihiki kisei no hikaku-hôteki kenkyû ‒ Kinshi kôi kisei no Nichi-Ô hikaku –, 409 (Fn. 89). 234 Einen ausführlichen Überblick hierzu bietet H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 122 ff. 235 Siehe hierzu H. P. M arutschke, Übertragung dinglicher Rechte und gutgläubiger Erwerb im japanischen Immobiliarsachenrecht, 94 ff.; M. Ishida, Bukken-hô, 112. 236 Ba Fin, Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 35 f. 237 M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 294 f.
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Ein relevanter Wertpapierhandel liegt ferner vor, wenn der Insider die Transaktion über einen Wertpapierdienstleister abwickeln möchte und entsprechende Order abgibt, die der Wertpapierdienstleister sodann ausführt. Entscheidend ist jedoch, dass die gewünschte Transaktion tatsächlich ausgeführt wird, da allein durch die Abgabe der Order an den Wertpapierdienstleister noch kein Wertpapiergeschäft vorliegt.238 Wie im deutschen Recht239 werden der unentgeltliche Erwerb (z. B. durch Schenkung) sowie der Übergang infolge einer Erbschaft allerdings nicht zu einem vom Insiderhandelsverbot erfassten Wertpapiergeschäft gezählt, da in einem solchen Fall nicht zu befürchten ist, dass der Insider eine vorteilhafte Position zu seinen Gunsten ausnutzt und damit das Vertrauen der Anleger in die Integrität des Markts erschüttern könnte.240 Ebenso stellt die Vereinbarung von Sicherungsrechten (tanpo-ken) an spezifizierten Wertpapieren, wie die Bestellung eines Pfandrechts (shichiken) oder eine Sicherungsübereignung bzw. Sicherungszession (jôto tanpo-ken) der Wertpapiere,241 an sich kein insiderrechtlich relevantes Wertpapiergeschäft i. S. v. Art. 166 FBG dar, weil damit grundsätzlich keine Eigentumsübertragung verbunden ist.242 Auch die Wertpapieremission (yûka shôken no hakkô) sowie der damit korrespondierende originäre Erwerb von Wertpapieren (genshi shutoku) stellen nach einer einflussreichen Meinung keinen vom Insiderhandelsverbot umfassten Wertpapierhandel dar. Nach dieser Ansicht sei ein Einbeziehen in den Anwendungsbereich des Insiderhandelsverbots nicht notwendig, da der Aktionärs- und Anlegerschutz bei einer Wertpapieremission durch Vorschriften des GesG sowie die Erfordernisse der Emissionspublizität nach dem FBG hinreichend sichergestellt sei.243 Die Einordnung von sog. Wertpapierleihgeschäften, d. h. das „Ausleihen“ sowie „Verleihen“ von Wertpapieren (karikabu, kashikabu), als insiderrelevante Wertpapiergeschäfte ist im japanischen Recht hingegen umstritten. Rechtlich gesehen handelt es sich um entgeltliche Sachdarlehen, bei dem das Inhaberrecht an den Wertpa238 M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 294 f. 239 H. Schimansky, et al. (Hg.), Bankrechts-Handbuch, Band 2, 1140 (Hopt); Ba Fin, Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 36. 240 S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 191. 241 Zum Pfandrecht im japanischen Recht siehe H. M atsuoka, Dingliche Sicherheiten, Rn. 58 ff. Zur Sicherungsübereignung bzw. Sicherungszession im japanischen Recht siehe H. M atsuoka, Dingliche Sicherheiten, Rn. 166 ff. 242 Anders jedoch, wenn es bspw. zur Verwertung des Pfandrechts kommt und der Pfandrechtsnehmer in Kenntnis einer Insidertatsache die Wertpapiere an der Börse veräußert, S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 192. 243 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 45. Hingegen sieht eine Mindermeinung in der Wertpapieremission ein von Art. 166 FBG erfasstes Wertpapiergschäft und stützt sich dabei auf den Wortlaut des Ausnahmetatbestands in Art. 166 Abs. 6 Nr. 1, 2 FBG, der denklogisch eine Anwendung des Insiderhandelsverbots auf die Wertpapiereremission voraussetze. Siehe hierzu m. w. N. bei S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 192 (dort in Fn. 2).
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pieren an den Darlehensnehmer übergeht. Diesem obliegt die Pflicht, später Aktien gleicher Art und Güte an den Darlehensgeber zurückzugeben. Da ein Übergang des Inhaberrechts stattfindet sowie gewöhnlich an den Darlehensgeber die entgangenen Erträge in Form einer Gebühr zu entrichten sind, wird von Teilen der Lehre – vergleichbar dem deutschen Recht unter § 14 WpHG244 – die Wertpapierleihe als ein entgeltliches Wertpapiergeschäft i. S. v. Art. 166 FBG angesehen.245 Nach dem Wortlaut des Art. 166 FBG zählt ferner der Handel mit Derivaten, deren Wert vom Wert eines spezifizierten Wertpapiers abhängt, zu den insiderrechtlich relevanten Wertpapiergeschäften.246 Das Merkmal „Derivatehandel“ umfasst nach der Definition in Art. 2 Abs. 20 FBG den Handel mit Derivaten an einem Markt (shijô deribatibu torihiki), den OTC-Handel von Derivaten (tentô deribatibu torihiki) sowie den Derivatehandel an einem ausländischen Markt zum Handel mit Finanzinstrumenten (gaikoku shijô deribatibu torihiki). Der Derivatehandel an einem Markt umfasst wiederum alle in Art. 2 Abs. 21 FBG angeführten Transaktionen an einer Wertpapierbörse, wie etwa die Termingeschäfte (sakimono torihiki), Finanzindex-futures (kin’yû shihyô sakimono torihiki), Optionsgeschäfte (opushon torihiki), die Kreditderivative (kurejitto deribatibu torihiki), Zinsswap-Geschäfte (kinri-tô suwappu torihiki) usw.247 Der OTC-Handel von Derivaten meint nach Art. 2 Abs. 22 FBG den Handel mit bestimmten Derivaten (bspw. Termingeschäfte, Finanzindex-futures, Optionsgeschäfte, Zinsswap-Geschäfte etc.), die nicht an einer Wertpapierbörse und nicht an einem ausländischen Markt gehandelt werden.248 Schließlich stellt auch der Derivatehandel an einem ausländischen Markt nach Art. 2 Abs. 23 FBG den Handel mit vergleichbaren Finanzprodukten an einer ausländischen Wertpapierbörse dar. (3) Fehlen eines Kausalitätserfordernisses Aufgrund des streng formalistischen Ansatzes der japanischen Insiderregelungen ist es jedoch nicht erforderlich, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Kenntnis der wesentlichen Tatsache und der Wertpapiertransaktion besteht. Daher ist es weder entscheidend, dass die Information wie im deutschen Recht „verwendet“ wurde, noch dass der Handel auf der Information basierte.249 Insofern erübrigt sich 244 H. Schimansky, et al. (Hg.), Bankrechts-Handbuch, Band 2, 1139 (Hopt); H.-D. Assmann/ U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, § 14 Rn. 15 (Assmann). 245 Die Gegenauffassung sieht ein Wertpapiergeschäft i. S. v. Art. 166 FBG nicht gegeben, da die Wertpapierleihe typischerweise nicht auf eine Gewinnerlangung abziele und zudem die Übertragung der Position des Rechtsinhabers und die Gebühr in keinem Gegenwertsverhältnis zueinander stünden. Siehe bei S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 193 (dort in Fn. 4). 246 T. Kotani, Insaidâ torihiki ‒ sôba sôju ‒ kyogi kisai kisei no subete, 92. 247 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 180. 248 M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 308 f. 249 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 174; E. Kuronuma, Kin’yû Hômu Jijô 1866 (2009) 53.
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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auch das Erfordernis, eine innere psychische Kausalität beim Täter nachweisen zu müssen. Hierin besteht ein bedeutender Unterschied zum europäischen bzw. deutschen Insiderregime, wo gerade die Interpretation des Verwendungserfordernisses spätestens seit der Spector-Entscheidung des EuGH250 und dessen Bedeutung für das deutsche Insiderrecht für erhebliche Diskussionen sorgt.251 Entscheidend ist demgegenüber nach der japanischen Regelung allein, dass ein (Quasi‑)Insider in Kenntnis der Insidertatsache die fragliche Transaktion ausführt. Nach allgemeinem Verständnis liegt damit ein Fall von Insiderhandel auch dann vor, wenn zwischen der Insiderinformation und dem Wertpapierhandel kein Zusammenhang besteht oder wenn kein Gewinn erlangt wird.252 b) Zeitpunkt vor Veröffentlichung der Insidertatsache Das Verbot nach Art. 166 Abs. 1 FBG, mit Wertpapieren des gelisteten Unternehmens in Kenntnis der wesentlichen Tatsache Handel zu treiben, besteht nur für den Zeitraum, in dem die in Rede stehende wesentliche Tatsache noch nicht veröffentlicht wurde. Für eine Strafbarkeit ist daher von Belang, ob und ggf. seit wann eine Veröffentlichung (kôhyô) der wesentlichen Tatsache vorliegt. (1) Form der Veröffentlichung In welcher Weise eine Information bekannt gegeben werden kann, damit sie als veröffentlicht gilt, wird in Art. 166 Abs. 4 FBG näher bestimmt. Das Gesetz sieht für die Veröffentlichung zwei mögliche Verfahrensweisen vor: Zum einen kann sich die börsennotierte Gesellschaft (oder deren Tochtergesellschaft) zur Veröffentlichung einer durch Regierungsverordnung näher bestimmten „Maßnahme“ (sochi) bedienen, um die Informationen einer Vielzahl an Personen zugänglich zu machen. Voraussetzung ist zunächst, dass ein vertretungsberechtigtes Verwaltungsratsmitglied oder Geschäftsführer der Gesellschaft oder ein von diesen Personen ermächtigte Person die wesentliche Tatsache über mehr als zwei Massenmedienorgane (bspw. Tageszeitungen, Nachrichtenagenturen oder Rundfunksender) veröffentlichen lässt. Weiterhin ist eine Wartefrist von mindestens zwölf Stunden einzuhalten, nach deren Ablauf davon auszugehen ist, dass die Information allgemein bekannt geworden ist (Art. 30 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FBG-DVO). Wird die wesentliche Tatsache von der Presse nacheinander mitgeteilt, beginnt die zwölfstündige Wartefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem das zweite Medienorgan die Information veröffentlicht hat.253
250
Urteil vom 23.12.2009 ‒ C-45/08; EuGH NZG 2010, 107 ff.
251 C. Cascante/A. Bingel, NZG (2010) 161 ff.; W. Bussian, WM (2011) 8 ff.; K. Langenbucher ,
Capital Markets Law Journal 5 (2010) 452 ff.; S. Bank, NZG (2012) 1337 ff. 252 H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4) 114. 253 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 142.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
Alternativ kann das Unternehmen auch über die Wertpapierbörse, an der es notiert ist, nach den dort geltenden Regeln eine Mitteilung über die unveröffentlichte Information an alle Börsen machen (bzw. im Falle eines OTC-Markts für nicht börsennotierte Wertpapiere eine entsprechende Mitteilung nach dem Regelwerk einer lizenzierten Vereinigung von Finanzproduktedienstleistern).254 Dabei muss gewährleistet sein, dass die Information in bestimmter Form öffentlich zugänglich gemacht wird, wobei dies auch in elektronischer Form geschehen kann (Art. 30 Abs. 1 Nr. 2 FBG-DVO). Wie in der heutigen Praxis internationaler Kapitalmärkte üblich, werden hierfür an den japanischen Börsen gewöhnlich elektronische Marktinformationssysteme verwendet (wie bspw. das „TDnet“ der TSE)255. Allerdings muss bei einer Veröffentlichung auf elektronischem Weg sichergestellt sein, dass notwendige Maßnahmen zur Abwendung unrechtmäßiger Zugriffe getroffen sind und die Information sieben Tage lang ohne Unterbrechung der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen (Art. 56 Abs. 3, 4 WpHR-VO). Bei dieser Form der Veröffentlichung existiert zudem keine zwölfstündige Wartefrist, wie sie bei einer Veröffentlichung der Insiderinformation über die Medien zu beachten ist, so dass die Zeitspanne bis zum erlaubten Handel mit den betreffenden Papieren entsprechend verkürzt ist.256 Ist die Insiderinformation in einem publizitätspflichtigen Bericht i. S. d. Art. 25 Abs. 1 FBG257 enthalten, kann eine Veröffentlichung zum anderen in der Weise erfolgen, dass das entsprechende Dokument der Öffentlichkeit zur Ansicht zugänglich gemacht wird. Da diese Berichte zwecks allgemeiner Information über die Lage eines Unternehmens publiziert werden und den Anlegern regelmäßig als wichtige Materialquelle für ihre Investitionsentscheidung dienen, können mit der Veröffentlichung einer wesentlichen Tatsache in einem solchen Bericht die Fairness und Gleichbehandlung der Anleger als hergestellt gelten.258 Das Einreichen der Berichte bei der Finanzmarktaufsicht sowie das nachfolgende Öffentlichmachen kann auf elektronischem Wege über das hierfür eingerichtete System EDINET (Electronic Disclosure for Investors’ Network)259 erfolgen. Ein wichtiger Aspekt hinsichtlich der vom Gesetz eingeräumten Möglichkeiten zur Veröffentlichung ist, dass es für das Kriterium der „Veröffentlichung“ letztlich 254
S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 189. Ein Schaubild zur Verdeutlichung der Veröffentlichung über das TDnet findet sich bei Nihon Shôken K eizai K enkyû-jo [Japan Securities R esearch Institute], Securities Market in Japan: 2014, 289. 256 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 190. Allerdings verlangen die Börsen 257 Beispiele hierfür sind Anträge auf Registrierung einer Wertpapieremission (yûka shôken todokede-sho), Jahres- bzw. Halbjahres-Wertpapierberichte (yûka shôken hôkoku-sho bzw. hanki hôkoku-sho), Bestätigungsschreiben (kakunin-sho) etc.; zu den Publizitätspflichten insgesamt siehe auch bei H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 18 ff. 258 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 134 f. 259 Weitere Informationen hierzu auf der Internetseite . Eine Übersicht findet sich bei Nihon Shôken K eizai K enkyû-jo [Japan Securities R esearch In stitute], Securities Market in Japan: 2014, 289. 255
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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bloß auf die formale Einhaltung der jeweiligen Verfahrensweise ankommt. Es genügt daher, wenn das Unternehmen die nach dem Gesetz vorausgesetzte Maßnahme ergriffen und die wesentliche Tatsache zur Veröffentlichung an die Medien, Börsen etc. weitergeleitet hat. Nicht unbedingt erforderlich ist es, dass die wesentliche Tatsache nachfolgend tatsächlich durch diese auch verbreitet (bspw. wenn die Presse die Nachricht nicht meldet) bzw. dem Anlegerpublikum allgemein bekannt wird.260 Im Gegensatz zum japanischen Recht stellt die h. M. im deutschen Insiderrecht auf die sog. Bereichsöffentlichkeit ab. Demnach muss grundsätzlich die Möglichkeit der Kenntnisnahme gegeben sein. Zwar wird demnach grundsätzlich auch nicht auf die tatsächliche, sondern allein auf die mögliche Kenntnisnahme abgestellt. Soll die Insiderinformation jedoch mittels Massenmedien veröffentlicht werden, ist im Gegensatz zum japanischen Recht allerdings nicht die bloße Weitergabe an die entsprechenden Stellen ausreichend, sondern vielmehr das tatsächliche Erscheinen ausschlaggebend.261 Auch ist dem deutschen Recht die Verfahrensweise mit einer bestimmten Wartefrist fremd. Der japanische Gesetzgeber orientierte sich augenscheinlich hier an der in den USA üblichen Praxis, wo eine Wartefrist von 25 Stunden nach Veröffentlichung der Insiderinformation einzuhalten ist. Als Grund dafür, warum man im japanischen Recht demgegenüber eine kürzere Frist genügen lässt, wird angegeben, dass in Japan überregionale Zeitungen in der Regel zweimal täglich (d. h. auch in einer aktualisierten Abendausgabe) erscheinen. (2) Inhaltliche Anforderung an die Veröffentlichung Da der Handel mit Insiderpapieren gem. dem Wortlaut des Art. 166 Abs. 1 erst zulässig ist, nachdem die wesentliche Tatsache veröffentlicht wurde, entfällt das Insiderhandelsverbot zu dem Zeitpunkt, in dem die Information als ordnungsgemäß veröffentlicht gilt. Allerdings schweigt sich das Gesetz aus, welche inhaltlichen Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der „Veröffentlichung“ (kôhyô) zu stellen sind. Im Kern geht es um die Frage, in welchem Umfang und in welcher Detailliertheit der Emittent die wesentliche Tatsache zwecks Publikation an die Medien bzw. die Börse etc. weiterzuleiten hat. Einheitliche Kriterien hierzu sind indes schwierig aufzustellen, da der jeweils erforderliche Grad letztlich von der Komplexität und Tragweite des entsprechenden Vorgangs abhängt, über den das Anlegerpublikum zu informieren ist.262 Vom Zweck des Insiderhandelsverbots her gedacht wird daher 260 M.
K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 159; S. M atsu Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 189; K. Kobayashi /K. Ôno, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 324. 261 H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, § 13 Rn. 34 ff., 38 (Assmann). 262 Anschaulich hierzu die Beispiele bei K. Kobayashi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 333 f.: Bspw. wäre es moto,
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
zu fordern sein, dass der Inhalt der wesentlichen Tatsache konkret und im vollen Umfange zu veröffentlichen ist, um den Vorteil des Insiders auszuräumen und Fairness unter dem Anlegerpublikum wiederherzustellen.263 Falls der Inhalt einer wesentlichen Tatsache nicht hinreichend eindeutig veröffentlicht wird, birgt dies für das Unternehmen die Gefahr von Zwangsmaßnahmen durch die Börse, an der das Wertpapier des Emittenten börsennotiert ist (z. B. das Aussetzen des Handels eines Wertpapiers nach Art. 29 Abs. 2 Geschäftsregeln-TSE)264.265 Aus Sicht des Insiders besteht dann eine Unwägbarkeit, ob sein Handeln mit Wertpapieren des Emittenten ggf. strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Umgekehrt kann eine wesentliche Tatsache auch ohne das erforderliche Zutun des Emittenten durch die Medien selbst aufgegriffen und umfänglich verbreitet werden. Ein Insider, der in einem solchen Fall in Kenntnis der wesentlichen Tatsache mit Wertpapieren des Emittenten handelt, könnte sich aufgrund der rein formalen Verfahrensvoraussetzungen nach Art. 166 FBG strafbar gemacht haben, da die Information nicht ordnungsgemäß veröffentlicht wurde. Allerdings würde in einem solchen Fall der Vorsatz wegen eines Tatbestandsirrtums regelmäßig entfallen.266 5. Anwendungsausschlüsse Auch wenn die Verantwortlichkeit wegen Insiderhandels formal an die Kenntnis der wesentlichen Tatsache geknüpft ist und ein Kausalzusammenhang zwischen dieser Kenntnis und der Wertpapiertransaktion im Sinne eines „Verwendens“ oder „Ausnutzens“ nicht erforderlich ist, sollen vom Insiderhandelsverbot solche Fallkonstellationen nicht erfasst werden, bei denen faktisch überhaupt kein Zusammenhang vorliegt, bspw. wenn die Entscheidung zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers bereits zeitlich vor der Kenntniserlangung der Insiderinformation erfolgt war. In diesem Sinne listet das Gesetz in Art. 166 Abs. 6 FBG sowie in Art. 6 WpHR-VO bestimmte Formen des Wertpapierhandels auf, die als Ausnahmetatbestände zum Insiderhandelsverbot vorgesehen sind (safe-harbor-Bestimmungen). Es sind dies nicht ausreichend, bloß die Tatsache, dass ein Beschluss über die Fusion mit einer anderen Gesellschaft getroffen wurde, zu verlautbaren, da allein auf dieser Grundlage das Anlegerpublikum nicht ausreichend über Informationen für seine Investitionsentscheidungen verfügt. Um den Einfluss der Fusion auf die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens hinreichend einschätzen zu können, sind nämlich weitere Faktoren, wie etwa Umfang und Art des Geschäftsmodells etc. des Fusionspartners, bedeutsam. 263 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 130. Ob darüber hinaus zu fordern ist, dass der gewöhnliche Anleger in dieselbe Informationslage zu versetzen ist, die der Insider zu seiner Investitionsentscheidung innehat, ist umstritten. Siehe hierzu K. Kobayashi /K. Ôno, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 334 (dort in Fn. 679). 264 Tôkyô shôken torihiki-jo gyômu kitei, abrufbar auf . 265 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 142 f. 266 M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 160.
D. Das Insiderhandelsverbot bei Informationen des Emittenten
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Konstellationen, die es vor dem Zweck der Insiderregelung, nämlich das Vertrauen der Anleger in die Fairness und Integrität des Kapitalmarkts zu wahren, als nicht erforderlich erscheinen lassen, ein Verbot gegen diese Form des Handels zu belegen. Es handelt sich im Einzelnen um die folgenden Ausnahmetatbestände: – Erwerb von Aktien infolge der Ausübung des Rechts, junge Aktien entsprechend ihrem Anteil zugeteilt zu bekommen (kabushiki no wariate o ukeru kenri), Art. 166 Abs. 6 Nr. 1 FBG – Erwerb von Aktien infolge der Ausübung eines Bezugsrechts (shinkabu yôyaku-ken), Art. 166 Abs. 6 Nr. 2 FBG – Handel von Aktien infolge der Ausübung eines Optionsgeschäfts bezüglich eines spezifizierten Wertpapiers (tokutei yûka shôken-tô ni kakaru opushon), Art. 166 Abs. 6 Nr. 2-2 FBG Geltendmachung eines Aktienrückkaufanspruchs (kabushiki kaitori seikyû-ken) oder – Handel von Aktien auf Basis einer gesetzlichen Verpflichtung (hôrei-jô no gimu ni motozuki baibai-tô), Art. 166 Abs. 6 Nr. 3 FBG – Stützungskäufe zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs (bôsen-kai), Art. 166 Abs. 6 Nr. 4 FBG – Erwerb eigener Aktien (jiko kabushiki no shutoku), Art. 166 Abs. 6 Nr. 4 -2 FBG – Stützungskäufe zur Kurspflege (antei sôsa torihiki), Art. 166 Abs. 6 Nr. 5 FBG – Handel von Anleihen ohne Wandelrecht (futsû shasai-ken), Art. 166 Abs. 6 Nr. 6 FBG – direkter Wertpapierhandel zwischen (Quasi‑)Insidern bzw. Informationsempfängern (sôtai torihiki) außerhalb eines (geregelten) Markts zum Handel mit Finanzinstrumenten (tôrihiki-sho kin’yû shôhin shijô) bzw. eines OTC-Markts (tentô baibai yûka shôken shijô), Art. 166 Abs. 6 Nr. 7 FBG – nach den in Art. 166 Abs. 6 Nr. 8 FBG bezeichneten Fällen: – wenn der betreffende Wertpapierhandel der Ausführung eines Vertrags über den Handel mit spezifizierten Wertpapieren dient und der Vertragsschluss bereits vor dem Zeitpunkt lag, zu dem Kenntnis von der wesentlichen Tatsache über die Geschäftstätigkeit einer börsennotierten Gesellschaft i. S. v. Art. 166 Abs. 1 FBG erlangt wurde, – wenn der betreffende Wertpapierhandel der Umsetzung eines Planes einer börsennotierten Gesellschaft zum Handel von spezifizierten Wertpapieren dient und die Entscheidung über diesen Plan zeitlich vor der Kenntniserlangung von der wesentlichen Tatsache über die Geschäftstätigkeit einer börsennotierten Gesellschaft i. S. v. Art. 166 Abs. 1 FBG stattfand – bei sonstigem Wertpapierhandel, wenn ersichtlich ist, dass der Wertpapierhandel auf einer „speziellen Information“ basiert (tokubetsu no jijô ni motozuku baibai-tô).
Der konkrete Umfang der jeweiligen Ausnahmetatbestände wird ergänzend durch Verordnungen weiter abgesteckt.267 Im Vergleich hierzu umfasst das europäische bzw. deutsche Insiderrecht zwar insgesamt weniger Ausnahmetatbestände. Inhaltlich sind diese jedoch den entsprechenen japanischen Ausnahmetatbeständen vom Insiderhandelsverbot ähnlich, 267 Eine ausführliche Darstellung zur Vertiefung findet sich bei M. K amijima, in: H. K imeda / Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 338 ff. sowie bei S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 201 ff.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
wenngleich sie nicht in einer Vorschrift zusammengefasst sind, sondern sich teilweise aus der Marktmissbrauchsrichtlinie direkt oder aber der hierzu ergangenen DurchführungsVO (EG) 2273/2003 bzw. ‒ für das deutsche Recht – dem später eingefügten § 14 Abs. 2 WpHG ergeben. Nach Art. 2 Abs. 3 der Marktmissbrauchsrichtlinie bspw. unterliegen solche Geschäfte von vornherein nicht dem Insiderhandelsverbot, durch die eine fällige Verpflichtung zum Erwerb oder zur Veräußerung eines Finanzinstruments erfüllt wird, die noch vor dem Zeitpunkt eingegangen wurde, zu dem der Insider die Insiderinformation erhalten hat.268 Bei Art. 8 der Marktmissbrauchsrichtlinie i. V. m. der DurchführungsVO (EG) 2273/2003 sowie dem hierzu in § 14 WpHG eingefügten Abs. 2 handelt es sich wiederum um eine safe-harbor-Bestimmung, nach der Transaktionen im Rahmen von Aktienrückkaufprogrammen und zwecks Kursstabilisierung unter bestimmten Voraussetzungen vom Insiderhandelsverbot ausgenommen werden.269
E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten Entscheidungen eines Bieters im Zusammenhang mit einem Erwerbsangebot und vergleichbaren Beteiligungserwerben stellen Informationen dar, die gewöhnlich einen großen Einfluss auf die Kursentwicklung der Aktien der Zielgesellschaft auszuüben vermögen. Sie sind daher ebenfalls Gegenstand des Insiderhandelsregimes.270 Der japanische Gesetzgeber schuf mit Art. 167 eine zusätzliche Verbotsvorschrift zum Insiderhandel neben Art. 166 FBG, um die besondere Situation bei einem öffentlichen Erwerbsangebot und vergleichbaren Fällen erfassen zu können.271 Die Spezialregelung des Art. 167 FBG ist erforderlich, da im Gegensatz zu Art. 166 FBG, wo die Insiderinformation der börsennotierten Gesellschaft selbst entspringt, im Falle des Art. 167 FBG die Entstehungsquelle der Information bezüglich eines öffentlichen Erwerbsangebots (kôkai kaitsuke) bei der Bietergesellschaft angesiedelt ist. Potentielle Insider sind daher bei einem öffentlichen Erwerbsangebot häufig auch auf der Seite des Bieters anzutreffen und stehen dann grundsätzlich nicht in einer Verbindung zum Emittenten (in diesem Fall die Zielgesellschaft). Aus diesem Grund kann Art. 166 FBG nicht zur Anwendung kommen, da dessen Tatbestand eine Person mit einer Verbindung zur börsennotierten Gesellschaft (kaisha kan268 W. Bussian, WM (2011) 11. Diese Ausnahme hat der dt. Gesetzgeber allerdings nicht im Gesetzestext übernommen, da objektiv die Entscheidung zur Transaktion durch die Insiderinformation nicht beeinflusst werden konnte und damit die „Verwendung“ der Information ausgeschlossen ist. 269 Ausführlich hierzu M. H abersack /R. v. A erssen, Handbuch der Kapitalmarktinformation, 40 f. (Lösler). 270 S. Fukuoka /M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 31, 434 f. (Bearbeiter dort E. Sugihara /H. M atsu naga /R. Funakoshi /K. H irose). 271 M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 320.
E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten
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kei-sha) voraussetzt.272 Die beiden Vorschriften lassen sich mithin dahingehend typisieren, dass Insiderhandel bei Art. 166 FBG auf einer internen Information des Emittenten (naibu jôhô ni motozuku torihiki), im Falle des Art. 167 FBG jedoch auf einer externen Information (gaibu jôhô ni motozuku torihiki) basiert.273 Im Einzelnen bestimmt der Gesetzeswortlaut in Art. 167 FBG, dass es einer „Person, die in einer bestimmten Beziehung zu einem Bieter etc. steht“ (kôkai kaitsuke-sha tô kankei-sha), und von einer „wesentlichen Tatsache über die Durchführung eines Erwerbsangebots etc.“ oder von einer „wesentlichen Tatsache über den Abbruch eines Erwerbsangebots etc.“ des Bieters erfährt, untersagt ist, Geschäfte mit „Wertpapieren etc., die im Zusammenhang zum Übernahmeangebot etc. stehen“, zu betreiben, bevor die wesentliche Tatsache über die Durchführung oder den Abbruch eines Erwerbsangebots „veröffentlicht“ wurde. Kurz gefasst ist also im Vorfeld eines Erwerbsangebots oder bei einem laufenden Angebot für Personen mit einer Verbindung zur Bietergesellschaft der Handel mit Wertpapieren der Zielgesellschaft verboten, sofern dieser auf einer nicht veröffentlichten Information über das bevorstehende Erwerbsangebot oder den Abbruch des laufenden Angebots basiert.274 Der Anwendungsbereich des Art. 167 FBG ist jedoch nicht allein auf Informationen im Zusammenhang mit bestimmten Erwerbsangeboten beschränkt, sondern erfasst ebenfalls durch Verordnung näher bestimmte Vorgänge, die den Erwerbsvorgängen gleichzusetzen sind. Konkret handelt es sich dabei nach Art. 31 FBGDVO um den Erwerb von Aktien, durch den der Bieter seine Beteiligungsquote an der Zielgesellschaft auf mehr als fünf Prozent der stimmberechtigten Aktien erhöht. Gesetzestechnisch wurden die Strukturen der Artt. 166, 167 FBG zu einem bestimmten Grad spiegelbildlich ausgestaltet, so dass sich hinsichtlich der Voraussetzungen einzelner Tatbestandselemente und zu etwaigen Streitständen zahlreiche Parallelen ergeben.275 Im Folgenden beschränkt sich die Darstellung daher auf die wesentlichen Unterschiede im Falle des Art. 167 FBG, im Übrigen wird jedoch auf die Ausführungen zu Art. 166 FBG verwiesen. I. Das Merkmal „öffentliche Erwerbsangebote etc.“ Zentrales Element in Art. 167 Abs. 1 FBG ist der Begriff des „öffentlichen Erwerbs angebots“ (kôkai kaitsuke). In zweierlei Hinsicht wäre es unscharf, den Begriff kôkai kaitsuke im Deutschen mit „öffentliches Übernahmeangebot“ wiederzugeben:276 Zum einen entspricht „Übernahme“ nicht dem originalsprachlichen Terminus, da das Wort kaitsuke lediglich „Erwerb“ meint. Bedeutsamer ist der Einwand, dass zum anderen die Gefahr einer Verwechslung mit der rechtlichen Konzeption M. K ishida, Chûshaku Kin’yû shôhin torihiki-hô (dai-3-kan) ‒ kôi kisei, 170. E. Kuronuma, Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 134. 274 H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 37. 275 F. Kobayashi, Shôji Hômu 1958 (2012) 31. 276 Zu dieser Unterscheidung sowie allgemein zum Begriff des kôkai kaitsuke siehe H. Baum / M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 50. 272 273
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
besteht, die das deutsche Recht mit dem Begriff des „Übernahmeangebots“ verknüpft. Nach § 29 Abs. 1 WpÜG handelt es sich bei einem Übernahmeangebot nämlich um ein Angebot, mit dem der Bieter auf den Erwerb der Kontrolle über die Zielgesellschaft abhebt. Mit dem Erfordernis, einen Erwerber in bestimmten Fällen zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots anzuhalten, bezweckt der japanische Gesetzgeber dagegen in erster Linie den Abbau von Informationsasymmetrien zum Schutz der Aktionäre, während dem Kontrollwechsel allenfalls untergeordnete Bedeutung zukommt.277 Ein Erwerbsangebot kann sich im japanischen Übernahmerecht nämlich auf eine begrenzte Anzahl von Wertpapieren unterhalb der Kon trollschwelle beziehen.278 Eine Definition zu „öffentliches Erwerbsangebot“ findet sich in Art. 27-2 Abs. 6 FBG.279 Demnach handelt es sich um ein öffentlich abgegebenes Angebot gegenüber einer unbestimmten größeren Zahl von Personen zum Erwerb von Wertpapieren außerhalb eines Markts zum Handel mit Finanzinstrumenten (torihiki-jo kin’yû shôhin shijô), das entweder ein Angebot zum Kauf von Wertpapieren seitens des Bieters darstellt oder auf die Abgabe eines Verkaufsangebots seitens der Wertpapierinhaber abzielt. Das Tatbestandsmerkmal des „öffentlichen Erwerbsangebots etc.“ (kôkai kaitsuke-tô) in Art. 167 Abs. 1 FBG ist demgegenüber etwas weiter gefasst und bezieht sich im Einzelnen auf die folgenden Erwerbsvorgänge: – öffentliche Erwerbsangebote nach Art. 27-2 Abs. 1 FBG (dabei handelt es sich um ein Angebot von einer anderen Person als dem Emittenten)280 – öffentliche Erwerbsangebote nach Art. 27-22-2 Abs. 1 FBG (dabei handelt es sich um ein Angebot seitens des Emittenten)281 – sonstige, einem öffentlichen Erwerbsangebot i. S. d. Art. 27-2 Abs. 1 FBG entsprechende und durch Verordnung näher bestimmte Handlungen (dabei geht es gem. Art. 31 FBGDVO um den Erwerb von Aktien etc., durch den der Bieter seine Beteiligungsquote an der Zielgesellschaft auf mehr als fünf Prozent der stimmberechtigten Aktien etc. erhöht)
277 H.
Baum /M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 41 f. Baum /M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 50. 279 Gemäß Art. 27-22-2 Abs. 2 FBG finden die Regelungen der Artt. 27-2 ff. FBG weitgehend entsprechende Anwendung auf solche öffentliche Erwerbsangebote, die der Emittent selbst abgibt, darunter auch die Definition des öffentlichen Erwerbsangebots in Art. 27-2 Abs. 6 FBG. 280 Ergänzt um Vorschriften der hierzu erlassenen Kabinettsverordnung, Hakkô-sha igai no mono ni yoru kabuken-tô no kôkai kaitsuke no kaiji ni kansuru naikaku furei, Kabinettsverordnung Nr. 38/1990 i. d. F. der Kabinettsverordnung Nr. 38/2015. 281 Mit den Artt. 27-22-2 bis 27-22-4 FBG und der hierzu ergangenen Kabinettsverordnung (Hakkô-sha ni yoru jôjô kabuken-tô no kôkai kaitsuke no kaiji ni kansuru naikaku furei, Kabinettsverordnung Nr. 95/1994 i. d. F. der Kabinettsverordnung Nr. 38/2015) wurden im Jahre 1994 spezielle Vorschriften zum Rückerwerb eigener Wertpapiere durch den Emittenten im Wege eines öffentlichen Erwerbsangebots geschaffen. Für einen allgemeinen Überblick zur Deregulierung der Vorschriften zum Aktienrückkauf nach dem früheren HG und dem GesG, siehe G. Kobayashi /T. I rome, ZJapanR 34 (2012) 181 ff. 278 H.
E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten
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1. Öffentliche Erwerbsangebote Die in Art. 27-2 Abs. 1 FBG sowie Art. 27-22-2 Abs. 1 FBG jeweils angeführten Erwerbstatbestände haben gemeinsam, dass sie sich ihrem Ausmaß nach auf die Kontrolle einer Gesellschaft auswirken und hierdurch auch die Investitionsentscheidung der allgemeinen Anleger erheblich beeinflussen. Liegt ein solcher Tatbestand vor, löst dies für den Bieter daher die Pflicht aus, ein öffentliches Erwerbsangebot abzugeben: Beträgt bspw. der Anteil der vom Bieter gehaltenen Aktien nach dem außerbörslichen Erwerb mindestens fünf Prozent der Gesamtzahl aller im Umlauf befindlichen Aktien,282 so hat der Erwerb der Aktien nach Art. 27-2 Abs. 1 Nr. 1 FBG im Wege eines öffentlichen Angebots zu erfolgen.283 Bei einem Aktienrückkauf durch den Emittenten selbst ( jiko kabushiki shutoku, Art. 156 Abs. 1 GesG) hat dieser Erwerb außerhalb eines Markts zum Handel mit Finanzinstrumenten gem. Art. 27-22-2 Abs. 1 Nr. 1 FBG ebenfalls mittels öffentlichen Erwerbsangebots zu erfolgen. Mit dem Beginn des formellen Angebotsverfahrens obliegt es dem Bieter, bestimmte Informations- und Anzeigenpflichten zu erfüllen (Art. 27-3 FBG bzw. Art. 27-22-2 Abs. 2 i. V. m. Art. 27-3 FBG). Auf diese Weise sollen Informationsasymmetrien abgebaut und Transparenz am Markt geschaffen werden.284 Für das Insiderrecht sind vor allem diese Erwerbsvorgänge interessant, da sie ein erhebliches Beeinflussungspotential auf die Anleger entfalten. Ziel des Art. 167 Abs. 1 FBG ist es daher, über die Verweisung auf die Artt. 27-2 und 27-22-2 FBG grundsätzlich nur diejenigen Erwerbsvorgänge zu erfassen, die eine Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots (kyôsei kôkai kaitsuke) für den Bieter begründen.285 Was den Anwendungsbereich der Vorschrift betrifft, ist weiter zu beachten, dass Art. 27-2 FBG auf den Erwerb von „Aktien etc., die entweder an einer Börse notiert oder im OTC-Handel registriert sind oder sog. „handelbare Wertpapiere“ darstellen (jôjô-tô kabuken-tô), Anwendung findet, im Falle eines öffentlichen Erwerbsangebots durch den Emittenten selbst gem. Art. 27-22-2 der Anwendungsbereich bezüglich der erfassten Wertpapiere hingegen enger ist. Gegenstand der Regelung ist hier
282 Die konkrete Beteiligungsquote des Erwerbers ergibt sich jeweils aus dem Verhältnis der Gesamtzahl seiner Stimmrechte vermittelt durch den Aktienbestand (einschließlich potentieller Stimmrechte, die durch Ausübung von Optionen etc. hinzukommen können) zu den sämtlichen Sitmmrechten der Zielgesellschaft, siehe bei H. Baum /M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 63. 283 Ausführlich zu den Tatbeständen in Art. 27-2 FBG, die eine Verpflichtung zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots begründen, siehe bei H. Baum /M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 55 ff. 284 H. Baum /M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 71 ff. 285 Erwerbsvorgänge, für die nur ein freiwilliges Erwerbsangebot abgegeben werden kann, sind dagegen grundsätzlich nicht erfasst, können aber einen Fall des schrittweisen Anteilserwerbs von mehr als fünf Prozent darstellen, siehe bei E. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. Hirose, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 440.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
nur die Abgabe von Angeboten hinsichtlich „Aktien etc., die an einem Markt zum Handel mit Finanzinstrumenten“ zugelassen sind (jôjô kabuken-tô). 2. Die Erhöhung der Beteiligungsquote an der Zielgesellschaft auf mehr als fünf Prozent der stimmberechtigten Aktien Neben den öffentlichen Erwerbsangeboten werden nach Art. 167 Abs. 1 FBG noch weitere, durch Verordnung näher bestimmte Erwerbsvorgänge erfasst, die einem öffentlichen Erwerbsangebot im Sinne des Art. 27-2 Abs. 1 FBG gleichzustellen sind. Nach dem hierzu erlassenen Art. 31 FBG-DVO ist dies der Fall bei einem Erwerb von Aktien etc., durch den der Bieter seine Beteiligungsquote an der Zielgesellschaft auf mehr als fünf Prozent der stimmberechtigten Aktien etc. erhöht (auch als kaiatsume kôi bezeichnet).286 Der Erwerber gilt dann als Großaktionär (tairyô hoyû-sha). Die Überschreitung der Fünf-Prozent-Grenze, die eine Meldepflicht über den Anteilsbesitz gegenüber der Finanzmarktaufsicht auslöst,287 ist in ihrer Bedeutung daher der Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots vergleichbar und birgt als wichtige Information zur Herrschaftsstruktur ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential.288 Welche Wertpapiere von diesem Beteiligungserwerb konkret erfasst werden, ist in Art. 31 FBG-DVO i. V. m. Art. 57 Abs. 2 WpHR-VO festgelegt. Nach dem Wortlaut des Art. 31 FBG-DVO kann der Beteiligungserwerb auch in der Form erfolgen, dass der Erwerber zusammen mit einem Dritten die entsprechenden Wertpapiere erwirbt (kyôdô kaiatsume, engl. concerted purchase) und die auf dieser Weise gemeinschaftlich erworbenen Stimmrechtsanteile in der Summe die Fünf-Prozent-Grenze überschreiten. Welche Anforderungen allerdings erfüllt sein müssen, um von einem gemeinschaftlichen Handeln der Erwerber ausgehen zu können, stellt eine noch nicht abschließend geklärte Frage dar. Dem Gesetz lassen sich keine allgemeinen Kriterien für den gemeinsamen Erwerb bzw. das gemeinsame Halten von Anteilen entnehmen. Vielmehr sind die Voraussetzungen zu den verschiedenen Konstellationen, bei denen der gemeinsame Erwerb bzw. das gemeinsame Halten von Anteilen ein Tatbestandselement darstellt, jeweils unterschiedlich ausgestaltet:289 So sind bspw. bei der Entscheidung, ob ein Angebotsverfahren nach Art. 27-2 Abs. 7 FBG anzustellen ist, den Anteilen des Erwerbers weitere Stimmrechte von denjenigen Personen hinzuzurechnen, mit denen der Erwerber in einer „besonderen 286 Nach Art. 31 FBG-DVO muss die Quote mehr als fünf Prozent betragen (hyakubun no go ijô), während im Falle einer Quote von exakt fünf Prozent der Tatbestand noch nicht erfüllt ist und Art. 167 FBG folglich nicht zur Anwendung gelangt, siehe hierzu E. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. Hirose, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 440 ff. 287 Art. 27-23 Abs. 1 FBG, hierzu H. Baum /M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 67 ff. 288 S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 245. 289 E. Kuronuma, Kin’yû Hômu Jijô 1866 (2009) 51; E. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. H irose, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 454.
E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten
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Beziehung“ steht (tokubetsu kankei-sha). Eine solche Sonderbeziehung entsteht gem. Nr. 2 der Vorschrift durch „ein konkretes Verhalten im Zusammenhang mit dem Aktienerwerb“, worunter eine Vereinbarung über den gemeinschaftlichen Erwerb oder die gemeinschaftliche Übertragung von Aktien der Zielgesellschaft verstanden wird.290 Demgegenüber setzt bspw. im Bereich der Meldepflicht über das gemeinsame Halten von Anteilen bei Großaktionären Art. 27-23 Abs. 5 FBG für die Person des „gemeinsam Haltenden“ (kyôdô hoyû-sha) voraus, dass dieser mit dem anderen Anteilsinhaber hinsichtlich des Erwerbs und der Übertragung von Aktien sowie der Stimmrechtsausübung im gegenseitigen Einverständnis (gôi) handelt.291 Vor diesem Hintergrund ist umstritten, welche Anforderungen an das Zusammenwirken gemeinsam handelnder Anteilserwerber i. S. v. Art. 31 FBG-DVO zu stellen sind. Für die Person, die gemeinschaftlich mit dem Erwerbenden vorgeht (kyôdô kaiatsume-sha), ist die Einordnung seiner Handlung als ein gemeinschaftlicher Wertpapiererwerb jedoch von entscheidender Bedeutung: Dieser wird nämlich von der kasuistischen Auflistung potentieller Insider in Art. 167 Abs. 1 FBG292 nicht erfasst, so dass das Insiderhandelsverbot auf ihn keine Anwendung findet. Ob ein bestimmter Anteilserwerb des Dritten einen gemeinschaftlichen Anteilserwerb mit dem eigentlichen Erwerber (kyôdô kaiatsume) darstellt, spielt somit für die Strafbarkeit oder Straflosigkeit des Miterwerbenden eine entscheidende Rolle.293 Erfüllt der Miterwerber nicht die Kriterien des gemeinschaftlichen Erwerbs, fiele er als Informationsempfänger grundsätzlich unter das Insiderhandelsverbot, da sein Wertpapiererwerb nicht einen gemeinschaftlichen Erwerb, sondern eine unabhängige Handlung eines Dritten darstellt. Als Kriterium für ein Zusammenwirken zwischen Erwerber und Miterwerber bei einem gemeinschaftlichen Anteilserwerb soll es nach einer Ansicht bereits genügen, wenn die Erwerber rein äußerlich objektiv und ohne ein gegenseitiges Einverständnis hinsichtlich des gemeinsamen Erwerbs der Aktien zusammenwirken.294 Dagegen ist nach anderer Ansicht ein gegenseitiges Einverständnis (gôi) zwischen den Erwerbern über den Anteilserwerb erforderlich.295 Ein solches Einverständnis wird auch mit Blick auf das Ergebnis des gemeinschaftlichen Anteilserwerbs gefordert, nämlich der Überschreitung der Fünf-Prozent-Grenze, was nach dem Meldesystem für Großaktionäre eine Veröffentlichungspflicht auslöst. Aus Anlegerschutzgesichtspunkten sei es daher wünschenswert, ähnliche Anforderungen im E. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. Hirose, in: H. K imeda /Nishimura Asahi (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 454. 291 E. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. H irose, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 454. 292 Siehe hierzu sogleich ab S. 137. 293 E. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. H irose, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 454. 294 E. Kuronuma, Kin’yû Hômu Jijô 1866 (2009) 52. 295 K. M iura /J. K ikkawa, Shôji Hômu 1720 (2005) 55. 290
hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
Rahmen des Insiderhandelsverbots sowie des Meldesystems für Großaktionäre aufzustellen, damit sich beide Instrumente möglichst ergänzten.296 Das gegenseitige Einverständnis beim gemeinschaftlichen Anteilserwerb solle aber über das Einverständnis, wie es im Rahmen der Meldepflicht über das gemeinsame Halten von Anteilen bei Großaktionären nach Art. 27-23 Abs. 5 FBG für die Person des „gemeinsam Haltenden“ (kyôdô hoyû-sha) gefordert wird, noch hinausgehen. Vorauszusetzten sei demnach, dass zwischen den Erwerbern über die bloße gegenseitige Kenntnis vom Erwerbsvorgang des jeweils anderen hinaus auch der gemeinsame Wille hinsichtlich des Erwerbs oder der Übertragung von Aktien mit mehr als fünf Prozent der Stimmrechte bzw. der Ausübung von mehr als fünf Prozent der Stimmrechte bestehen muss. Die in der Lehre zu beobachtende Tendenz, an das gegenseitige Einverständnis beim gemeinschaftlichen Anteilserwerb höhere Anforderungen zu stellen, ist auch unter einem weiteren, gesetzessystematischen Gesichtspunkt sinnvoll. Der Gesetzgeber normierte nämlich im Rahmen der für das Insiderhandelsverbot nach Art. 167 FBG vorgesehenen safe-harbor-Bestimmungen (Anwendungsausschlüsse)297 den speziellen Fall von Unterstützungskäufen durch Dritte, die auf ein offizielles Gesuch eines Bieters hin initiiert werden (sog. ôen-kai, Art. 167 Abs. 5 Nr. 4). Bei dieser Form der Unterstützungskäufe tätigt der Dritte den Wertpapiererwerb in Reaktion auf ein offizielles Ersuchen des primären Erwerbers. Dem Ersuchen an den Unterstützungskäufer muss wiederum ein entsprechender Beschluss des Verwaltungsrats des Erwerbers zugrunde liegen. Die Unterstützungskäufe werden von dem Dritten mit dem Ziel getätigt, die erworbenen Aktien später an den Erwerber zu verkaufen. Nur unter diesen Voraussetzungen sind die Wertpapierkäufe als Kursstützungskäufe zu qualifizieren und unterfallen der safe-harbor-Bestimmung. Während also bei Kursstützungskäufen das Gesuch des Bieters sogar auf einem entsprechenden Verwaltungsratsbeschluss basieren muss, würde der Dritte, der gemeinschaftlich mit dem eigentlichen Erwerber Anteile (kyôdo kaiatsume) erwirbt, unter vergleichsweise einfacheren Voraussetzungen straflos bleiben, wenn die Erwerber rein äußerlich objektiv und ohne ein gegenseitiges Einverständnis hinsichtlich des gemeinsamen Erwerbs der Aktien zusammenwirkten. Um also einen Gleichlauf mit der safe-harbor-Bestimmung zu den Unterstützungskäufen zu gewährleisten, müssten an das Kriterium des gemeinschaftlichen Anteilserwerbs des Dritten vergleichbar hohe Anforderungen gestellt werden. Für die Rspr. hätte der Fall Murakami Fund, bei dem die rechtliche Einordnung des Erwerbs beträchtlicher Anteile der Nippon Broadcasting System K. K. (fortan: NBS) durch Murakami in Absprache mit der Livedoor K. K. einen wichtigen Streitpunkt darstellte, passenden Anlass geboten, Stellung zu beziehen und die AnfordeE. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. Hirose, in: H. K imeda /Nishimura Asahi (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 454. 297 Siehe hierzu ab S. 146.
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E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten
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rungen an einen gemeinschaftlichen Anteilserwerb klarzustellen. Murakami hatte sich nämlich u. a. mit dem Vorbringen zu verteidigen versucht, dass sein Aktienkauf einen gemeinschaftlichen Anteilserwerb mit Livedoor dargestellt habe. Allerdings sah die Rspr. davon ab, die Voraussetzungen klar zu umreißen.298 So ließ es das DG Tokyo ohne nähere Erläuterung bei der Aussage bewenden, die Anforderungen für einen gemeinschaftlichen Anteilserwerb seien an denselben Kriterien zu messen wie bei Kursunterstützungskäufen (ôen-kai).299 Auch das OG Tokyo in der zweiten Instanz stellte keine abstrakten Kriterien auf, sondern argumentierte auf den Fall bezogen, Murakami habe letztlich keinen gemeinschaftlichen Anteilserwerb oder Kursunterstützungskäufe durchführen wollen.300 Der OGH ging schließlich auf diese Frage in seinen Urteilsgründen gar nicht ein. II. Personenkreis der Insider Dass die Strukturen der Artt. 166, 167 FBG weitgehend parallel ausgestaltet wurden, zeigt sich besonders beim Personenkreis der potentiellen Insider und Quasiinsider. Der bedeutendste Unterschied besteht jedoch darin, dass im Gegensatz zu Art. 166 Abs. 1 FBG, bei dem sich die Person des Insiders letztlich von einer bestimmten Verbindung zu einem börsennotierten Unternehmen ableitet, die Person des Insiders im Rahmen von Art. 167 Abs. 1 FBG mit einer Verbindung zu einem Bieter etc. verknüpft ist (kôkai kaitsuke-tô kankei-sha).301 Welche Personen als „in einer Verbindung zum Bieter“ gelten, ist wiederum in Art. 167 Abs. 1 Nr. 1‒4 FBG kasuistisch festgelegt. In Abs. 1 Nr. 5 der Vorschrift findet sich zudem wie bei Art. 166 FBG eine Regelung zur entsprechenden Anwendung der Regeln bei juristischen Personen. Zudem erstreckt sich nach Art. 167 Abs. 3 FBG das Insiderhandelsverbot auch (nur) auf die primären Informationsempfänger (jôhô juryô-sha) der Insider und Quasiinsider. 1. Insider und Quasiinsider Zu den potentiellen Insidern im engeren Sinne zählen nach Art. 167 Abs. 1 Nr. 1 die Mitglieder der Verwaltung und Angestellte des Bieters etc. Der Wortlaut enthält wie Art. 166 Abs. 1 Nr. 1 FBG den Begriff (yaku-in tô) und ist daher grundsätzlich ebenso weit gefasst. Da es sich bei dem Bieter nicht nur um eine juristische, sondern auch um eine natürliche Person handeln kann, ist der Personenkreis in diesem Fall 298 R.
Nakayama /M. Ozaki, Asia Pacific Regional Forum News 16 (2009) 37 f. DG Tokyo (Fn. 533) Keishû 65-4, 536 f.; Hanrei Taimuzu 1299 (2009) 103 f.; Y. Ôta, Shôji Hômu 1830 (2008) 24 f.; E. Kuronuma, Kin’yû Hômu Jijô 1866 (2009) 51. 300 OG Tokyo (Fn. 534) Keishû 65-4, 568 f.; siehe auch bei Y. Ôta, Murakami Fando jiken no kentô ‒ Tairyô kaiatsume ni kansuru insaidâ torihiki kisei to kinshô-hô 157-jô 1-kô no tekiyô kanôsei, 293. 301 E. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. H irose, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 447. 299
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
auf Stellvertreter und Arbeitnehmer beschränkt. Schließlich muss ein entsprechender Insider die Information auch im Rahmen seiner Tätigkeit erlangt haben. Die Nr. 2 der Vorschrift umfasst vergleichbar der Regelung in Art. 166 Großaktionäre, denen nach Art. 433 Abs. 1 GesG ein Einsichtsrecht in die Bücher des Bieters zusteht. Weiterhin werden von der Regelung auch Mitglieder einer Muttergesellschaft (oya-gaisha shain) erfasst, die aufgrund einer gerichtlichen Erlaubnis ein Einsichtsrecht in die Bücher haben (Art. 433 Abs. 3 GesG). Schließlich ist es erforderlich, dass die Insider die Information bei der Ausübung der entsprechenden Rechte erlangt haben. Artikel 167 Abs. 1 Nr. 3 FBG umfasst Personen, die aufgrund einer gesetzlichen Befugnis gegenüber dem Bieter handeln. Dies kann bspw. ein Ministerialangestellter sein, der im Rahmen seiner Tätigkeit von der bevorstehenden Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots Kenntnis erlangt. Da sich zu dieser Kategorie keine wesentlichen Unterschiede zu Art. 166 Abs. 1 Nr. 3 FBG ergeben, kann auf die Ausführungen hierzu verwiesen werden.302 In Art. 167 Abs. 1 Nr. 4 werden diejenigen Personen erfasst, die aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung für die betreffende börsennotierte Gesellschaft tätig sind oder die mit ihr in Vertragsverhandlungen stehen. Die Quasiinsider müssen ferner die Insiderinformation bei Vertragsschluss, während Vertragsverhandlungen oder bei der Durchführung eines Vertrags erlangt haben. Handelt es sich bei den in Art. 167 Abs. 1 Nr. 2 und 4 FBG angeführten Personen um juristische Personen, ordnet Art. 167 Abs. 1 Nr. 5 an, dass sich das Insiderhandelsverbot auf deren sämtliche Mitarbeiter erstreckt. Auch hier gilt entsprechend, dass alle Mitarbeiter in der Folge als Insider und Quasiinsider gelten und nicht etwa als Informationsempfänger.303 Schließlich erstreckt sich nach Art. 167 Abs. 1 S. 2 FBG das Insiderhandelsverbot auf ehemalige Insider und Quasiinsider für den Zeitraum eines Jahres nach Beendigung der Verbindung des jeweiligen Insiders und Quasiinsiders zum Bieter (moto kôkaitsuke-tô kankei-sha). Auch hier ist das Verbot jedoch nur auf den direkten Informationsempfänger beschränkt, der Kettentipp ist nach derzeitiger Gesetzeslage demnach auch im Falle einer Information über die Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots nicht vom Insiderhandelsverbot erfasst. 2. Direkte Informationsempfänger, Informationsweitergabe und Verleiten zum Insiderhandel In Art. 167 Abs. 3 findet sich eine Bestimmung zu direkten Informationsempfängern (jôhô juryô-sha) von Insidern und Quasiinsidern. Da die Vorschrift parallel zu Art. 166 FBG konzipiert ist und sich im Einzelnen keine wesentlichen Unterschiede ergeben, kann hierzu auf die Ausführungen im Rahmen von Art. 166 Abs. 1 Nr. 5 302 303
Siehe oben S. 88 ff. Siehe oben S. 89 ff.
E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten
139
FBG verwiesen werden.304 Ist der direkte Informationsempfänger jedoch ein Angestellter einer juristischen Person, erstreckt sich das Insiderhandelsverbot ebenfalls auf andere Angehörige dieser juristischen Person, sofern diese die Insiderinformation im Rahmen ihrer Tätigkeit erfahren (Art. 167 Abs. 3 FBG). In einem solchen Falle werden bspw. sämtliche Mitarbeiter und Angestellte eines Großaktionärs oder einer Gesellschaft von dem Verbot erfasst und gelten ebenfalls als direkte Informationsempfänger (und nicht etwa als sekundäre Informationsempfänger), wenn sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Kenntnis von der Insiderinformation erlangen. Hinter dieser Regelung steckt wiederum die Vorstellung von der juristischen Person als einer einheitlichen Organisationsstruktur, die wie eine Einheit aufzufassen sei. Insofern entspricht die Regelung für Informationsempfänger der Regelung für juristische Personen bei Insidern und Quasiinsidern nach Art. 167 Abs. 1 Nr. 5 (sowie Art. 166 Abs. 1 Nr. 5) FBG. Mit Einführung des neuen Art. 167-2 Abs. 2 FBG im Jahr 2014 ist nunmehr auch die Weitergabe von Insiderinformationen an Dritte und das Verleiten Dritter zum Insiderhandel im Rahmen eines öffentlichen Erwerbsangebots unter Strafe gestellt. Hierzu kann auf die Ausführungen weiter oben verwiesen werden.305 Übersicht zum Personenkreis nach Art. 167 Abs. 1, 3 FBG Art. 167
Abs. 1 Nr. 1
Abs. 1 Nr. 2
Abs. 1 Nr. 3
304 305
Kategorie
Konkreter Personenkreis
Art der Informationserlangung
Insider
• Mitglieder der Verwaltung und Angestellte des Bieters etc. • Ist der Bieter etc. keine jur. Person, dann deren Stellvertreter oder Angestellter
Tatsache zu einem öffentlichen Erwerbsangebot etc., die sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit erlangt haben
Insider
• Großaktionäre des Bieters etc. mit Einsichtsrecht in die Bücher (Art. 433 Abs. 1 GesG) etc. • Ist der Bieter etc. keine jur. Person, dann deren Stellvertreter oder Angestellter
Tatsache zu einem öffentlichen Erwerbsangebot etc., die sie in Ausübung ihres Rechts auf Einsicht in die Bücher erlangt haben
• Personen, die aufgrund eines Gesetzes eine Befugnis gegenüber dem Bieter etc. ausüben
Tatsache zu einem öffentlichen Erwerbsangebot etc., die sie in Ausübung dieser Befugnisse erlangt haben
Quasiinsider
Siehe oben S. 92 f. Siehe oben S. 92 ff.
140 Art. 167
Abs. 1 Nr. 4
Abs. 1 Nr. 5
Abs. 1 S. 1 a. E.
Abs. 3
Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht Kategorie
Konkreter Personenkreis
Art der Informationserlangung
Quasiinsider
• Personen, die mit dem Bieter etc. einen Vertrag geschlossen haben oder mit dem Bieter etc. in Vertragsverhandlungen stehen • Ist der Quasiinsider etc. keine jur. Person, dann deren Stellvertreter oder Angestellter
Tatsache zu einem öffentlichen Erwerbsangebot etc., die sie im Zusammenhang mit dem Vertrag selbst oder der Vertragsverhandlung oder der Durchführung eines Vertrags erlangt haben
(Insider)/ (Quasiinsider)
• Handelt es sich bei dem Bieter etc. in den Fällen der Nr. 2 u. 4 um eine jur. Person, dann deren Angestellte etc.
Tatsache zu einem öffentlichen Erwerbsangebot etc., die sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit erlangt haben (wie nach Nr. 1)
Ehemalige (Quasi-)Insider
• Die Frist, in der diese Personen, die ehemals in einem Verhältnis zum Bieter etc. standen (moto kôkai kaitsuke sha-tô kankei-sha) ein solches Handeln untersagt ist, beträgt ein Jahr seit dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre nähere Verbindung zum Bieter etc. verloren haben
Informationsempfänger
• Dritte, die eine Insiderinformation von den in Art. 167 Abs. 1 Nr. 1–5 FBG genannten (ehemaligen) (Quasi‑)Insider erhalten haben • Ist der Dritte Angestellter etc. einer jur. Person, so sind alle weiteren Angestellten als Insider zu qualifizieren, wenn sie die Insiderinformation im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit erfahren
Art. 167-2 FBG: Art. 167-2
Abs. 2
Kategorie Weitergabe von Insiderinforma tion/Verleiten zum Handel mit Insiderpapieren
Konkreter Personenkreis
• (Quasi-)Insider nach Art. 167 Abs. 1 FBG
Art der Informationserlangung Jeweilige wichtige Tatsachen, die sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit nach der jeweiligen Bestimmung in Art. 167 FBG erlangt haben
E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten
141
III. Insidertatsachen 1. Das Merkmal der „Tatsache zu einem öffentlichen Erwerbsangebot etc.“ Im Gegensatz zur ansonsten weitgehend parallel konstruierten Vorschrift des Art. 166 Abs. 2 FBG existiert im Rahmen von Art. 167 Abs. 2 FBG keine kasuistische Auflistung einzelner relevanter Tatsachen. Ebenfalls fehlt eine der Regelung in Art. 166 Abs. 2 Nr. 4 (Nr. 8) entsprechende Generalklausel (basuketto jôkô). Insiderrechtlich relevant sind vielmehr „Tatsachen zur Durchführung oder zur Beendigung eines öffentlichen Erwerbsangebots etc.“ (kôkai kaitsuke-tô no jisshi ni kansuru jijitsu mata wa kôkai kaitsuke-tô no chûshi ni kansuru jijitsu). Was unter dem Merkmal „Tatsachen zur Durchführung oder zur Beendigung eines öffentlichen Erwerbsangebots etc.“ zu verstehen ist, wird in Art. 167 Abs. 2 FBG definiert. Demnach handelt es sich um eine Entscheidung des Bieters (bzw. im Falle, dass der Bieter eine juristische Person ist, um eine Entscheidung des für die Geschäftsführung zuständigen Gremiums) „hinsichtlich der Ausführung eines öffentlichen Erwerbsangebots etc.“ (kôkai kaitsuke tô o okonau koto ni tsuite no kettei) bzw. um eine „Entscheidung, ein öffentliches Angebot nicht durchzuführen“ (kôkai kaitsuke tô o okonawanai koto o kettei shita koto). Damit entsprechen die insiderrechtlich relevanten Tatsachen in Art. 167 Abs. 2 FBG ihrer Art nach der Kategorie der Entscheidungstatsachen in Art. 166 Abs. 1 Nr. 1 FBG. Es stellen sich daher hier auch die gleichen Fragen zum entscheidenden Organ im Falle einer juristischen Person sowie zum konkreten Zeitpunkt einer Entscheidung. Handelt es sich bei dem Bieter um eine juristische Person, muss die betreffende Entscheidung hinsichtlich des Erwerbs nach Art. 167 Abs. 2 FBG von dem Gremium des Bieters getroffen werden, dass für „Entscheidungen betreffend der Geschäftsführung“ zuständig ist (gyômu shikkô o kettei suru kikan). Diese muss eine Entscheidung hinsichtlich der Durchführung eines Erwerbsangebots etc. treffen (kôkai kaitsuke-tô o okonau koto ni tsuite no kettei). Hier können die bereits im Rahmen von Art. 166 FBG dargestellten Grundsätze zur flexiblen Bestimmung des jeweils zur Entscheidung befugten Gremiums einer juristischen Person, die durch die Entscheidung des OGH im Nippon-Orimono-Kakô-Fall aufgestellt wurden, herangezogen werden. Denn obgleich es sich beim Nippon-Orimono-Kakô-Fall um einen Insiderfall im Rahmen von Art. 166 FBG handelte,306 war es von der h. M. im japanischen Schrifttum schon länger anerkannt, dass die Figur des faktischen Organs ebenfalls auf Fälle des Art. 167 FBG, sprich auf Insiderinformationen im Zusammenhang mit einem Erwerbsangebot oder einem Anteilserwerb von mehr als 306 Die wesentliche Tatsache stellte in diesem Fall eine Entscheidung über die Ausgabe junger Aktien und sonstigen Wertpapieren durch öffentliches Zeichnungsangebot dar, Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 a) FBG. Der Insiderhandel wurde ausgeführt durch einen Quasiinsider (beratender Anwalt, Art. 166 Abs. 1 Nr. 4 FBG).
142
Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
fünf Prozent, anwendbar sei.307 Durch die Entscheidung des DG Tokyo (sowie der folgenden Instanzen) im Murakami-Fund-Fall wurde die Anwendbarkeit auf Art. 167 FBG erstmals durch die Rechtsprechung bestätigt.308 Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der „Entscheidung“ (kettei) kann ebenfalls auf die Ausführungen zur Frage der Vorbereitungshandlungen sowie zur Eintrittswahrscheinlichkeit der Tatsache im Rahmen von Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 FBG zur Rspr. des OGH im Fall Murakami Fund verwiesen werden, zumal diese Entscheidung ohnehin auf Basis des Art. 167 FBG erfolgte.309 Hinsichtlich der zweiten Tatbestandsalternative – nämlich der Tatsache über die Beendigung eines öffentlichen Erwerbsangebots oder eines Anteilserwerbs von mehr als fünf Prozent (kôkai kaitsuke-tô no chûshi ni kansuru jijitsu) – ist zu beachten, dass diese nur in denjenigen Fällen einschlägig ist, bei denen die Entscheidung zur Durchführung eines öffentlichen Erwerbsangebots zuvor bereits veröffentlicht wurde. Auch in diesem Punkt läuft die Regelung parallel zur „Entscheidung, einen insiderrechtlichen Vorgang nicht auszuführen“, bei Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 FBG.310 Wurde das formelle Angebotsverfahren durch öffentliche Bekanntmachung des Angebots (kôkai kaitsuke kaishi kôkoku) bereits eingeleitet worden, ist der Widerruf des Angebots an die Aktionäre bzw. der Rücktritt von Verträgen, die im Zusammenhang mit dem Erwerbsangebot geschlossen wurden, gem. Art. 27-11 Abs. 1 S. 1 FBG grundsätzlich unzulässig. Ausnahmen von diesem Grundsatz sieht das Gesetz für nur zwei abschließend geregelte Fallgruppen vor (nämlich bei wesentlichen Veränderungen auf Seiten des Bieters oder des Zielunternehmens).311 Dies wirkt sich indirekt auf das Tatbestandsmerkmal „Entscheidung über den Abbruch eines öffentlichen Erwerbangebots“ (kôkai kaitsuke-tô no chûshi ni kansuru jijitsu) in Art. 167 Abs. 2 FBG dahingehend aus, dass dessen Anwendungsbereich sehr eng auf nur zwei Konstellationen beschränkt ist: Wurde die Entscheidung zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots (noch) nicht durch eine förmliche öffentliche Bekanntmachung (kôkai kaitsuke kaishi kôkoku) oder durch entsprechende Anzeige bei der Finanzmarktaufsicht (kôkai kaitsuke todokede-sho), sondern auf andere Weise veröffentlicht, so stellt eine Entscheidung zum Abbruch des öffentlichen Erwerbsangebots dann eine insiderrechtliche „Entscheidung zum Abbruch“ dar, wenn diese noch in dem Zeitraum bis zur Vornahme einer förmlichen öffentlichen Bekanntmachung erfolgt.312
307 Y.
Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 183. Ôta, Shôji Hômu 1830 (2008) 22. 309 Siehe hierzu ab S. 103 sowie in Fn. 169. Siehe hierzu auch bei Y. Ôta, Shôji Hômu 1830 308 Y.
(2008) 22. 310 Siehe hierzu ab S. 103 sowie in Fn. 168 oben. 311 Art. 27‒11 Abs. 1 S. 2 FBG, siehe hierzu H. Baum /M. Saito, Übernahmerecht, Rn. 98 ff. 312 K. M iura /J. K ikkawa, Shôji Hômu 1718 (2004) 30.
E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten
143
Weiterhin wird das Merkmal in den Fällen als erfüllt angesehen, in denen eine Entscheidung i. S. d. in Artt. 27-11 bzw. 27-22-2 Abs. 2 FBG (letzteres, falls der Bieter zugleich der Emittent ist) vorgesehenen Ausnahmefälle vorliegt, d. h. der Bieter sich zur Rücknahme eines öffentlichen Erwerbsangebots bzw. zum Rücktritt bereits geschlossener Verträge, die im Zusammenhang mit dem Erwerbsangebot stehen, entschlossen hat. Im Falle eines Anteilserwerbs von über fünf Prozent (kaiatsume kôi) kann es sich in der Praxis ebenfalls als schwierig erweisen zu beurteilen, ob tatsächlich eine Entscheidung zum Abbruch des Anteilserwerbs vorliegt.313 Dies hängt vor allem mit dem oftmals schrittweisen Vorgehen des Erwerbers am Markt zusammen, wenn bspw. der anvisierte Aktienankauf zwischenzeitlich wegen einer Kurssteigerung abgebrochen und nach zwischenzeitlichem Verkauf zwecks Kursminderung später wieder aufgenommen wird. Ob bei einem solchen Sachverhalten letztlich eine Entscheidung zum Abbruch des Anteilserwerbs im Einzelfall vorliegt, wird auf der Grundlage der individuellen Umstände, wie des ursprünglichen Zielwerts, des Aktienbestands nach dem Verkauf, der Anzahl der verkauften Aktien, der Zeitspanne zwischen letztem Ankauf und dem Verkauf der Aktien usw., zu beurteilen sein.314 2. Bagatellregelung Für die wesentlichen Tatsachen bei Art. 167 FBG existieren ebenfalls Schwellenwerte (keibi kijun) mit Blick auf das Kursbeeinflussungspotential. Demnach liegt keine Tatsache zu einem öffentlichen Erwerbsangebot etc. vor, wenn der jährliche Anteilserwerb sich auf maximal 2,5 Prozent aller Stimmrechtsaktien beschränkt (Art. 167 Abs. 2 i. V. m. Art. 62 WpHR-VO).315 IV. Tathandlung 1. Der Handel mit Wertpapieren der Zielgesellschaft Die vom Insiderhandelsverbot des Art. 167 FBG umfassten Wertpapiere sind nach dem Wortlaut der Norm sog. „spezifizierte Aktien etc.“ (tokutei kabu-ken tô) im Zusammenhang mit einem öffentlichen Erwerbsangebot sowie sonstige Wertpapiere, die sich auf spezifizierte Aktien beziehen (kanren kabu-ken). Die verschiedenen „spezifizierten Aktien etc.“ sind in Art. 33 FBG-DVO aufgelistet und umfassen neben Aktien (kabuken), Optionen auf Bezugsrechte (shin-kabu yôyaku-ken shôken) und Anleihen mit Bezugsrechten (shin-kabu yôyaku-ken tsuki shasai) des Weiteren noch Wertpapiere vergleichbarer Art, die von einer ausländiE. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. Hirose, in: H. K imeda /Nishimura Asahi (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 457 f. 314 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 237; K. M iura /J. K ikkawa, Shôji Hômu 1718 (2004) 31. 315 H. K imeda /T. Ozaki, Shôji Hômu 1846 (2008) 365. 313
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
schen Gesellschaft begeben und an einer Börse oder im Freihandel gehandelt werden.316 Die sonstigen Wertpapiere, die mit den spezifizierten Aktien im Zusammenhang stehen (kanren kabu-ken), sind in Art. 33-2 FBG-DVO aufgelistet. Dabei handelt es sich um Optionen auf „spezifizierte Aktien etc.“. Damit ergibt sich im Vergleich zu den vom Insiderhandelsverbot nach Art. 166 FBG umfassten Wertpapieren der Unterschied, dass im Rahmen von Art. 167 FBG nur Eigenkapitaltitel (ekuiti-sei yûka shôken) umfasst und Fremdkapitaltitel (detto-sei yûka shôken) wie gewöhnliche Anleihen etc. nicht einbezogen sind.317 Weiterhin unterscheidet sich der Art. 167 FBG von Art. 166 FBG auch in Hinblick auf die erfassten Wertpapiergeschäfte: Im Vorfeld eines Erwerbsangebots ist es nur verboten, Wertpapiere der Zielgesellschaft zu erwerben (kaitsuke tô).318 Werden Anteile einer Zielgesellschaft im Rahmen eines öffentlichen Erwerbs übernommen, führt dies gewöhnlich zu einer Kurssteigerung der betreffenden Papiere. Erwirbt ein Insider im Vorfeld der Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots Aktien der Zielgesellschaft, ist es ihm auf diese Weise möglich, von einer Kurssteigerung nach Veröffentlichung der Information zu profitieren und diesen Vorteil durch den Verkauf der Aktien in einen Gewinn umzumünzen.319 Im Falle der zweiten Alternative, der Beendigung eines Erwerbsangebots, ist wiederum nur die Veräußerung (uritsuke)320 der Wertpapiere der Zielgesellschaft untersagt. Umgekehrt wirkt sich nämlich die Zurücknahme eines öffentlichen Erwerbsangebots regelmäßig negativ auf die Kursentwicklung der Aktien der Zielgesellschaft aus. Ein Insider wird demnach vor Veröffentlichung der Information seine Aktien zu einem besseren Preis verkaufen und auf diesem Weg das Risiko eines Verlustes vermeiden können.321 2. Zeitpunkt vor Veröffentlichung der Insidertatsache Unter welchen Voraussetzungen bei einem öffentlichen Erwerbsangebot etc. eine Insiderinformation als veröffentlicht gilt, ergibt sich aus der Regelung in Art. 167 Abs. 4 FBG, die insofern parallel zum Merkmal der „Veröffentlichung“ in Art. 166 E. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. Hirose, in: H. K imeda /Nishimura Asahi (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 442 f. 317 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 240; T. Kotani, Insaidâ torihiki ‒ sôba sôju ‒ kyogi kisai kisei no subete, 123. 318 Damit sind entgeltliche Übertragungsvorgänge gemeint, die im Einzelnen in Art. 33‒3 FBG-DVO aufgelistet sind. Hierzu findet sich eine ausführliche Übersicht bei S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 241 ff. 319 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 239; T. Kotani, Insaidâ torihiki ‒ sôba sôju ‒ kyogi kisai kisei no subete, 122. 320 Damit sind entgeltliche Übertragungsvorgänge gemeint, die im Einzelnen in Art. 33‒4 FBG-DVO aufgelistet sind. Hierzu findet sich eine ausführliche Übersicht bei S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 244 ff. 321 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 239; T. Kotani, Insaidâ torihiki ‒ sôba sôju ‒ kyogi kisai kisei no subete, 122. 316
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E. Das Insiderhandelsverbot bei Erwerbsangeboten
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Abs. 4 ausgestaltet ist. Auch im Rahmen von Art. 167 FBG kommt dem Merkmal der Veröffentlichung besondere Bedeutung zu, da die Tatsache infolge der Veröffentlichung unmittelbar ihre insiderrechtliche Relevanz verliert. In Übereinstimmung mit der Veröffentlichung einer wesentlichen einer wesentlichen Tatsache nach Art. 166 Abs. 4 FBG sieht Art. 167 Abs. 4 FBG ebenfalls drei Verfahrensweisen der Veröffentlichung vor. Eine Veröffentlichung i. S. d. Vorschrift kann zum einen dadurch erreicht werden, dass sich der Bieter bzw. der Anteilserwerber einer durch Regierungsverordnung näher bestimmten „Maßnahme“ (sochi) bedient, um die Informationen einer Vielzahl an Personen zugänglich zu machen. Hierzu sind gem. Art. 30 FBG-DVO zwei verschiedene Maßnahmen zu unterscheiden. Eine mögliche Veröffentlichungsweise besteht erstens darin, wie im Falle des Art. 166 Abs. 4 FBG die Insiderinformation an mindestens zwei Medienorgane zu übermitteln und anschließend eine Wartefrist von zwölf Stunden einzuhalten. Entscheidend für die Veröffentlichung sind auch hier allein die erfolgreiche Übermittlung an die Medien sowie der Ablauf der Wartefrist. Zweitens ist eine Veröffentlichung auf dem Wege möglich, dass das gelistete Unternehmen, dessen Wertpapiere Gegenstand des Erwerbsangebots bzw. des Anteilserwerbs sind, die Insiderinformation über die Wertpapierbörse, an der es gelistet ist, nach den dort geltenden Regeln übermittelt und eine Mitteilung über die unveröffentlichte Information an alle Börsen veranlasst. Im Falle einer Zulassung auf dem OTC-Markt für nicht börsennotierte Wertpapiere ist eine entsprechende Mitteilung nach dem Regelwerk einer lizenzierten Vereinigung von Finanzproduktedienstleistern möglich. In allen Fällen muss gewährleistet sein, dass die Information in bestimmter Form öffentlich zugänglich gemacht wurde, wobei dies auch auf elektronische Weise erfolgen kann (Art. 30 Abs. 1 Nr. 2 FBG-DVO). Dies kann wiederum über elektronische Marktinformationssysteme (bspw. TDnet) geschehen. Zu beachten ist allerdings, dass im Unterschied zur Regelung nach Art. 166 Abs. 4 FBG diese Form der Veröffentlichung gem. dem Wortlaut des Art. 30 FBG-DVO auf diejenigen öffentlichen Erwerbsangebote beschränkt ist, bei denen der Bieter zugleich der Emittent der Wertpapiere ist (Art. 27-22-2 Abs. 1 FBG). Bei öffentlichen Erwerbsangeboten durch eine andere Person als den Emittenten i. S. v. Art. 27-2 Abs. 1 FBG sowie diesen gleichgestellten Anteilserwerben ist diese Form der Veröffentlichung im Rahmen von Art. 167 Abs. 4 FBG hingegen nicht möglich.322 Drittens gilt eine Insiderinformation auch dann als veröffentlicht i. S. d. Art. 167 Abs. 4 FBG, wenn sie im Rahmen von Bekanntmachungen und Anzeigen mitgeteilt wird, zu denen der Bieter in einem förmlichen Angebotsverfahren verpflichtet ist. So ist die Abgabe bzw. die Rücknahme eines Erwerbsangebots öffentlich bekanntzumachen (kôkai kaitsuke kaishi kôkoku bzw. kôkai kaitsuke tekkai kôkoku) sowie gegenüber der Finanzmarktaufsicht anzuzeigen (kôkai kaitsuke todokede-sho bzw. 322 K.
M iura /J. K ikkawa, Shôji Hômu 1720 (2005) 65.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
kôkai kaitsuke tekkai todokede-sho). Da der Zweck dieser Pflichtmitteilungen im Angebotsverfahren ohnehin darin besteht, die Investoren mit den notwendigen Informationen für ihre Investitionsentscheidung zu versorgen und somit Transparenz am Markt zu schaffen, wird durch die gleichzeitige Bekanntmachung der Insiderinformation die Fairness und Chancengleichheit unter den Anlegern hinreichend hergestellt. Der japanische Gesetzgeber berücksichtigte diese Vorgehensweise daher als weitere Form der Veröffentlichung in Art. 167 Abs. 4 FBG.323 Im Falle des schrittweisen Anteilserwerbs von mehr als fünf Prozent der Stimmrechtsaktien (kaiatsume kôi) hat der Erwerber seinen Anteilsbesitz durch Bericht an die Finanzmarktaufsicht offenzulegen (Berichtspflicht für Großaktionäre nach Art. 27-23 Abs. 1 FBG). Obgleich diese Mitteilung ebenfalls an die Öffentlichkeit weitergegeben wird,324 ist diese Verfahrensweise nicht als eine mögliche Veröffentlichungsform nach Art. 167 Abs. 4 FBG anerkannt. Für eine Veröffentlichung bei einem Anteilserwerb verbleibt daher nur die Möglichkeit, dass der Erwerber die Insiderinformationen mittels einer der in Art. 30 FBG-DVO bestimmten „Maßnahmen“ (sochi) publiziert, um die Informationen einer Vielzahl von Personen zugänglich zu machen. V. Anwendungsausschlüsse Im Fall des Insiderhandelsverbots im Zusammenhang mit einem öffentlichen Erwerbsangebot etc. sah der japanische Gesetzgeber ebenfalls bestimmte Anwendungsausschlüsse vor, die kasuistisch in Art. 167 Abs. 5 aufgelistet sind. Inhaltlich sind sie größtenteils deckungsgleich mit den entsprechenden Anwendungsausschlüssen des Art. 166 Abs. 6 FBG nachgestaltet. Einen Sonderfall stellt allerdings der bereits vorstehend im Zusammenhang mit dem gemeinschaftlichen Anteilserwerb erwähnte Art. 167 Abs. 5 Nr. 4 dar, der Wertpapiererwerb auf Gesuch des Bieters etc. zur Unterstützung (sog. ôen-kai) unter bestimmten Voraussetzungen vom Insiderhandelsverbot ausnimmt. Hervorzuheben ist ferner der Fall der Stützungskäufe als Abwehrmaßnahme (bôsen-kai). Nachfolgend veranschaulicht eine Übersicht die Ausnahmetatbestände nach Art. 167 Abs. 5 FBG: – Erwerb von Aktien infolge der Ausübung des Rechts, junge Aktien entsprechend ihrem Anteil zugeteilt zu bekommen (kabushiki no wariate o ukeru kenri), Art. 167 Abs. 5 Nr. 1 FBG – Erwerb von Aktien infolge der Ausübung eines Bezugsrechts (shinkabu yôyaku-ken), Art. 167 Abs. 5 Nr. 2 FBG – Handel von Aktien infolge der Ausübung eines Optionsgeschäfts bezüglich eines spezifizierten Wertpapiers (tokutei yûka shôken-tô ni kakaru opushon), Art. 167 Abs. 5 Nr. 2-2 FBG 323 Y. 324
Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 190. Art. 27-27 f. FBG.
F. Subjektive Voraussetzungen
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– Geltendmachung eines Aktienrückkaufanspruchs (kabushiki kaitori seikyû-ken) oder Handel von Aktien auf Basis einer gesetzlichen Verpflichtung (hôrei-jô no gimu ni motozuki baibai-tô), Art. 167 Abs. 5 Nr. 3 FBG – Kursstützungskäufe auf Gesuch eines Bieters etc. (ôen-kai), Art. 167 Abs. 5 Nr. 4 FBG – Stützungskäufe zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs (bôsen-kai), Art. 167 Abs. 5 Nr. 5 FBG – Stützungskäufe zur Kurspflege (antei sôsa torihiki), Art. 167 Abs. 5 Nr. 6 FBG – direkter Wertpapierhandel zwischen (Quasi‑)Insidern bzw. Informationsempfängern (sôtai torihiki) außerhalb eines (geregelten) Markts zum Handel mit Finanzinstrumenten (tôrihiki-sho kin’yû shôhin shijô) bzw. eines OTC-Markts (tentô baibai yûka shôken shijô), Art. 167 Abs. 5 Nr. 7 FBG – nach den in Art. 167 Abs. 5 Nr. 8 FBG bezeichneten Fällen: – wenn der betreffende Wertpapiererwerb oder ‑verkauf (kaitsuke-tô mata wa uritsuke-tô) der Ausführung eines Vertrags über den Erwerb oder Verkauf betreffender Wertpapiere des Emittenten dient und der Vertragsschluss noch vor dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung über eine Tatsache zu einem öffentlichen Erwerbsangebot etc. erfolgte – wenn der betreffende Wertpapiererwerb oder ‑verkauf (kaitsuke-tô mata wa uritsuke-tô) der Umsetzung eines Planes über den Erwerb oder Verkauf betreffender Wertpapiere des Emittenten dient und die Entscheidung über diesen Plan zeitlich vor der Kenntniserlangung über eine Tatsache zu einem öffentlichen Erwerbsangebot etc. erfolgte – in sonstigen, durch Art. 63 Abs. 1 WpHR-VO näher bestimmten Fällen, wenn ersichtlich ist, dass der Wertpapiererwerb oder ‑verkauf auf einer „speziellen Information“ basiert (tokubetsu no jijô ni motozuku kaitsuke-tô mata wa uritsuke-tô).
F. Subjektive Voraussetzungen Wie nach dem deutschen WpHG drohen auch im japanischen Insiderrecht bei einem Verstoß gegen Insiderregelungen strafrechtliche Sanktionen.325 Voraussetzung dafür ist eine Strafbarkeit, und zwar dass der Insider neben den objektiven Tatbestandsmerkmalen auch jeweils den subjektiven Tatbestand der Artt. 166, 167 FBG erfüllt haben muss. Ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot in den Artt. 166, 167 FBG wird mangels eines entsprechenden Fahrlässigkeitsstraftatbestands nur bei vorsätzlichem Handeln bestraft (Vorsatzdelikt, koi-han).326 Vergleichbar der Regelung im deutschen Strafrecht wird im japanischen Strafrecht fahrlässiges Handeln allgemein nur dann bestraft, wenn dies spezialgesetzlich festgelegt ist (Art. 38 Abs. 1 StG).
325 Näheres zu möglichen Sanktionen bei einem Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot ab S. 157 unten. 326 Eine allgemeine Bestimmung zum Vorsatz findet sich ‒ vergleichbar der Systematik im deutschen StGB ‒ im Allgemeinen Teil des japanischen StG (Art. 38).
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
Vergleichbar dem deutschen Recht327 setzt sich nach dem japanischen Strafrecht der Vorsatz ebenfalls aus einem kognitiven und einem voluntativen Element zusammen.328 Wie im deutschen Insiderrecht ist zur Strafbarkeitsbegründung zumindest bedingter Vorsatz hinsichtlich aller Tatbestandselemente erforderlich.329 Das deutsche Recht lässt allerdings bezüglich des Erwerbs und der Veräußerung von Insiderpapieren nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG auch leichtfertiges Handel genügen. Der deutsche Gesetzgeber bezweckt mit der geringeren Anforderung der Leichtfertigkeitsstrafbarkeit in § 38 Abs. 4 WpHG, der Praxis die Möglichkeit einzuräumen, auch solche Fälle an der Grenze zum bedingten Vorsatz aufzufangen, die infolge der oftmals problematischen Nachweisbarkeit sonst nur schwer zu erfassen wären.330 Hinsichtlich dieser Fallgruppe erscheint das japanische Insiderrecht geringfügig enger als das deutsche. Konkret ist es demnach bspw. zur Strafbarkeit eines Insiders nach Art. 166 Abs. 2 FBG erforderlich, aber auch ausreichend, wenn der Täter erkennt und zugleich billigt, dass (1) er ein Insider ist, (2) er im Rahmen seiner Tätigkeit Kenntnis von einer wesentlichen Tatsache erlangt hat sowie (3) die wesentliche Tatsache noch nicht anforderungsgemäß veröffentlicht wurde. Ferner muss der Insider eine Transaktion mit Wertpapieren des Emittenten durchgeführt haben. Zur Strafbarkeit eines direkten Informationsempfängers nach Art. 166 Abs. 3 FBG ist wiederum erforderlich und ausreichend, wenn der Täter erkennt und zugleich billigt, dass (1) er von einem Insider eine wesentliche Tatsache übermittelt bekommen hat, dass (2) der betreffende Insider oder Kenntnis von der wesentlichen Tatsache im Rahmen seiner Tätigkeit erfahren hat, sowie (3) die wesentliche Tatsache noch nicht anforderungsgemäß veröffentlich worden ist. Ferner muss der Informationsempfänger eine Transaktion mit Wertpapieren des Emittenten durchgeführt haben. Im Unterschied zum europäischen bzw. deutschen Insiderrecht, wo vor dem Hintergrund der Spector-Entscheidung des EuGH331 die Interpretation des Verwendungserfordernisses im deutschen Insiderrecht kontrovers diskutiert wird,332 ist es im japanischen Insiderrecht, wie bereits dargestellt, aufgrund des streng formalistischen Ansatzes der Insiderregelungen nicht erforderlich, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Kenntnis der wesentlichen Tatsache und der Wertpapiertransaktion besteht. Noch ist es folglich erforderlich, dass die Information wie im 327 H.
Schimansky, et al. (Hg.), Bankrechts-Handbuch, Band 2,1163 (Hopt). Vorsatz und Fahrlässigkeit im japanischen Strafrecht siehe K. Yamanaka, Keihô Gaisetsu 1 ‒ Sôron, 97 ff. 329 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 206. 330 Zu den hierzu diskutierten Beispielsfällen siehe H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, § 38 Rn. 45 f. (Vogel); Ba Fin, Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 44. 331 Urteil vom 23.12.2009 ‒ C-45/08 (Fn. 250 oben). 332 Siehe hierzu bereits auf S. 124 ff. 328 Zu
F. Subjektive Voraussetzungen
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deutschen Recht „verwendet“ wurde und der Handel auf der Information basierte.333 Entscheidendes Kriterium ist allein, dass ein Insider in Kenntnis der Insidertatsache die fragliche Transaktion ausführt. Damit ist ein Fall von Insiderhandel auch dann gegeben, wenn zwischen der Insiderinformation und dem Wertpapierhandel kein Zusammenhang besteht (und zugleich kein Anwendungsausschluss erfüllt ist) oder aber wenn kein Gewinn erlangt wird, sondern die Transaktion durchgeführt wird, während der Insider im Besitz der Information ist.334 Insofern ist das deutsche Insiderrecht in diesem Punkt enger. Weiterhin braucht der Vorsatz des Täters erst zu dem Zeitpunkt zu bestehen, in dem er das Wertpapiergeschäft ausführt. Daher ist es für die Bejahung des Insiderhandels unschädlich, wenn der Täter zu einem früheren Zeitpunkt noch nicht Kenntnis über sämtliche Tatsachen verfügte.335 Selbst im maßgeblichen Zeitpunkt des Wertpapiergeschäfts ist es jedoch nicht notwendig, dass der Vorsatz des Täters sämtliche inhaltlichen Details der wesentlichen Tatsache umfasst. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass der Täter die wesentliche Tatsache zumindest insoweit positiv kannte, als er von ihrem möglichen Einfluss auf die Investitionsentscheidung der Anleger wusste.336 Unter den in Art. 166 Abs. 2 FBG aufgelisteten wesentlichen Tatsachen enthalten einzelne Tatsachen normative Tatbestandsmerkmale (bspw. das Merkmal der „Neuheit“ von Produkten oder Technologien in Art. 166 Abs. 2 Nr. 1 m). Diese setzen neben der bloßen physischen Wahrnehmung eine rechtliche Bewertung durch den Insider voraus (imi no ninshiki). Vergleichbar mit der Vorgehensweise im deutschen Recht ist nach der h. L. im japanischen Strafrecht hierfür als Maßstab eine Wertung nach dem Laienverständnis ausreichend.337 Fraglich ist ferner, welche Anforderungen im Falle der Bagatellschwellen bzw. der Wesentlichkeitsschwelle bei den wesentlichen Tatsachen des Art. 166 Abs. 2 FBG an den Vorsatz zu stellen sind. Auch hier soll es jedoch ausreichen, wenn der Vorsatz des Täters die grundlegenden Umstände an sich umfasst.338
S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 174; E. KuronuKin’yû Hômu Jijô 1866 (2009) 53. 334 H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4) 114. 335 T. Ozaki /A. A rimatsu, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 581 f. 336 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 206 f. 337 Ausführlich hierzu K. H irao/ K. Kobayashi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 276 ff.; S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 68 ff. Allgemein zum Vorsatz bezüglich normativer Tatbestandselemente im japanischen Strafrecht N. Nishida, Keihô sôron, 214 ff. 338 Näheres bei T. Ozaki /A. A rimatsu, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 581 f. 333
ma,
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
G. Zusammenfassung Ausgehend von den umfangreichen Reformen aus dem Jahre 1988 bildete sich neben dem ursprünglichen legal transplant eine komplexe Struktur einer eigenständigen japanischen Insiderregelung heraus. Das ursprünglich als fast wortgleiche Kopie der Rule 10b-5 ins japanische Recht übernommene generelle Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens besteht in Art. 157 FBG fort. Der konkrete Anwendungsbereich und die eigentliche Funktion von Art. 157 Abs. 1 FBG sind weiterhin unklar und bilden Gegenstand anhaltender Diskussionen. Erstens ergeben sich erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Art. 157 FBG und weiteren Vorschriften, die unrechtmäßige Verhaltensweisen beim Wertpapierhandel speziell erfassen, allen voran den in der Praxis bedeutsamen Vorschriften zum Insiderhandelsverbot in Artt. 166, 167 FBG. Die Problematik gewinnt an Brisanz vor dem Hintergrund, dass bei einem Verstoß im Vergleich zu den spezielleren Vorschriften die Generalklausel ein weitaus höheres Strafmaß androht. Zweitens treten große Teile der Lehre für eine Effektivierung der Vorschrift für bestimmte Bereiche des Insiderrechts ein. Demnach soll Art. 157 FBG als Generalklausel eine möglichst aktive Rolle einnehmen, um die Fairness auf dem Wertpapiermarkt sowie dessen Funktionsfähigkeit insgesamt zu erhalten. Im Wesentlichen soll Art. 157 FBG Anwendung finden als Auffangvorschrift bei Gesetzeslücken oder bei besonders eklatanten Verstößen. Allerdings ergeben sich aufgrund des abstrakten Wortlauts weiterhin Auslegungsfragen zu einzelnen Tatbestandsmerkmalen. Strittig ist insbesondere das Merkmal „unrechtmäßige Mittel, Pläne oder Techniken“, das nach einer engen Auffassung eine betrügerische Vorgehensweise voraussetzt (so die h. M. der Lehre und Teile der Rspr.), nach der weiten Auffassung jedoch jegliche unrechtmäßigen Verhaltensweisen umfasst (Teile der Lehre, OGH). Den Kern der gegenwärtigen japanischen Insiderregeln bilden die mit Reform im Jahre 1988 neben den Art. 157 FBG neu in das Gesetz eingefügten Artt. 166, 167 FBG, deren Grundstruktur der Gesetzgeber weitgehend parallel ausgestaltete. Sie verdeutlichen die Entwicklung weg vom legal transplant hin zu einer eigenständigen Regelung. Während sich die Insidervorschrift des Art. 166 FBG auf Personen mit einer Verbindung zu einer Gesellschaft (kaisha kankei-sha) bezieht, hat Art. 167 FBG die spezifische Situation des Insiderhandels von Personen im Zusammenhang mit einem Bieter bei einem öffentlichen Erwerbsangebot bzw. einem Anteilserwerber (kôkai kaitsuke-sha tô kankei-sha) zum Gegenstand. Diese grundsätzliche Zweiteilung der Insiderregelung unterscheidet sich von der deutschen Insiderregelung mit ihrer zentralen Vorschrift des § 14 WpHG. Angesichts des Effektivitätsdefizits der Generalklausel des Art. 157 FBG in der Praxis verfolgte der Gesetzgeber primär das Ziel, in den neu geschaffenen Vorschriften die formalen Tatbestandsvoraussetzungen möglichst eindeutig festzulegen, so dass zum einen deren Anwendbarkeit gewährleistet ist, zum anderen jedoch
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der jeweilige Anwendungsbereich für den Normadressaten klar voraussehbar ist, so dass dieser die Folgen der eigenen Handlung im Voraus zu berechnen und sein Verhalten entsprechend einzustellen vermag. Im Gegensatz zum abstrakten Wortlaut des Art. 157 Abs. 1 FBG sind in Artt. 166, 167 FBG die Tatbestandsvoraussetzungen daher in einer äußerst technischen und kasuistischen Weise normiert. Auf Tatbestandsebene enthält der jeweilige Abs. 1 der Artt. 166, 167 FBG eine genaue Unterscheidung des Täterkreises in Insider im engeren Sinne, Quasiinsider und Tippempfänger. Im deutschen Recht kommt einer solchen Unterscheidung der Personengruppen auf der Tatbestandsebene – anders als früher – keine Bedeutung mehr zu. Die japanische Regelung unterscheidet sich zur deutschen Insiderregelung auch hinsichtlich der Voraussetzung, dass die Qualifikation einer Person als Insider von deren Stellung zu einer Gesellschaft (Art. 166 FBG) oder einem Bieter bei einem öffentlichen Erwerbsangebot bzw. einem Anteilserwerber (Art. 167 FBG) abhängt. Der Täterkreis wird auf diese Weise von vornherein nur auf die in den Artt. 166, 167 FBG bestimmten Personen beschränkt. Im Gegensatz dazu ergibt sich nach der deutschen Regelung die Person des Insiders indirekt über den Besitz einer Insiderinformation und den Begriff des Insiderpapiers, so dass der potentielle Täterkreis offener ausgestaltet ist. Dabei erstreckt sich das Insiderhandelsverbot auch auf ehemalige Insider und Quasiinsider für den Zeitraum von einem Jahr nach Beendigung der jeweiligen Verbindung. Unter das Insiderhandelsverbot fallen schließlich auch direkte Informationsempfänger, also Dritte, die eine Insidertatsache von einem Insider bzw. Quasiinsider direkt erhalten haben. Die sonstige Weitergabe ist jedoch nicht erfasst, so dass der sog. Kettentipp bislang straflos ist. Eine bedeutende Änderung erfolgte im April 2014 mit der Einführung eines Verbots der Weitergabe von Insiderinformationen sowie des Verleitens zum Handel mit Insiderpapieren. Hierzu wurde ein neuer Art. 167-2 FBG ins Gesetz eingefügt. Die jeweiligen Abs. 2 von Artt. 166, 167 FBG umfassen die relevanten Insidertatsachen, die im Falle des Art. 166 FBG in einem Katalog detailliert aufgelistet und in die drei Gruppen der Entscheidungs‑, Ereignis- und Bilanztatsachen kategorisiert sind. Teilweise werden die einzelnen Insidertatsachen noch durch eine Reihe von Verordnungen ergänzt. Dabei spielt die Frage der Kurserheblichkeit der jeweiligen Insidertatsache zunächst keine Rolle. Entscheidend ist allein das objektive Vorliegen der normierten wesentlichen Tatsache, da in diesem Fall mit einer Reaktion des Anlegerpublikums zu rechnen ist. Das japanische Insiderrecht ist diesbezüglich enger als das deutsche: Nur die gesetzlich erfassten Insidertatsachen sind erheblich, und diese müssen zudem entweder aus der Quelle des Emittenten selbst stammen (Art. 166 FBG) oder eine Information über ein öffentliches Erwerbsangebot darstellen (Art. 167 FBG). Sonstige Informationen wie bspw. wirtschaftspolitische Entscheidungen, die sich regelmäßig auf den Kurs eines Finanzinstrumentes auswirken, sind hingegen nach dem Willen des japanischen Gesetzgebers vom Insiderhandelsverbot ausgenommen.
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Zweites Kapitel: Vorschriften zum Insiderhandel im japanischen Recht
Insbesondere zur Gruppe der Entscheidungstatsachen hat die japanische Rspr. bereits einige Grundlinien vorgezeichnet. Im Aufsehen erregenden Murakami-Fund-Fall entschied der OGH insbesondere bei gestreckten Geschehensabläufen, dass der konkrete Grad einer Eintrittswahrscheinlichkeit irrelevant sei, solange nicht der Eintritt des insiderrechtlich relevanten Umstands von vornherein ausgeschlossen sei. Mit dieser Rspr. wird der Zeitpunkt, zu dem eine „Entscheidung“ und damit eine Insidertatsache vorliegt, zeitlich nach vorne verlegt. In der Konsequenz lehnt der OGH damit die Vorgehensweise des US Supreme Court ab, die Wesentlichkeit der Insidertatsache mittels eines probability-magnitude-Tests zu ermitteln. Im Vergleich zum EuGH legt er sich zudem auf einen sehr frühen Zeitpunkt fest, indem er keine überwiegende Wahrscheinlichkeit fordert, sondern jeden Grad über der Minimalschwelle ausreichen lässt. Im Rahmen des Art. 167 FBG ist insbesondere die Abgrenzung eines straflosen gemeinschaftlichen Anteilserwerbs von strafbarem Insiderhandel durch einen Informationsempfänger umstritten. Entscheidendes Abgrenzungskriterium stellt dabei das Zusammenwirken der gemeinschaftlich Erwerbenden dar, an das nach der untergerichtlichen Rspr. im Fall Murakami Fund vergleichbare Anforderungen zu stellen sind wie für Unterstützungskäufe. Die Insidertatsachen werden von Regelungen mit konkreten Erheblichkeitsschwellen flankiert, um Bagatellfälle mittels fixer Schwellenwerte vom Anwendungsbereich auszunehmen. Im Gegensatz dazu verfolgt das deutsche Insiderrecht mit dem Merkmal der erheblichen Kursbeeinflussung in § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG einen subjektiven Ansatz. Im Rahmen des Auffangtatbestands für Insidertatsachen (basket clause) verzichtet die japanische Regelung allerdings auf konkrete Schwellenwerte zugunsten eines subjektiven Ansatzes, der dem Ansatz der deutschen Regelung in § 13 Abs. 1 S. 1, 2 WpHG ähnlich ist. Diese Vorgehensweise des japanischen Rechts, in der Kombination von kasuistisch und formell aufgelisteten Insidertatsachen auf der einen sowie einem Auffangtatbestand auf der anderen Seite möglichst viele denkbare Fallkonstellationen von Insiderhandel erfassen zu wollen, erscheint einerseits bemerkenswert, bereitet aber weitere Abgrenzungsprobleme. Hinsichtlich der Frage, welche Wertpapiere vom Insiderhandelsverbot erfasst werden, erscheint die japanische Regelung ebenfalls enger als die deutsche. Im Unterschied zur relativ offenen Reichweite des Insiderpapierbegriffs in § 12 WpHG stellen Insiderpapiere in Japan nur die „spezifizierten Wertpapieren etc.“ dar, also solche, die sich auf den jeweils betreffenden börsennotierten Emittenten beziehen. Es werden demnach nur diejenigen Wertpapiere eines Emittenten erfasst, der zugleich die Quelle der Insiderinformation darstellt (so im Falle des Art. 166 FBG) oder auf den sich eine Information über öffentliches Erwerbsangebot bezieht (Art. 167 FBG). Aufgrund des streng formalistischen Ansatzes der japanischen Insiderregelungen ist es für den Handel mit Insiderpapieren nicht erforderlich, dass ein Kausalzusam-
G. Zusammenfassung
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menhang zwischen der Kenntnis der wesentlichen Tatsache und der Wertpapiertransaktion besteht. Daher ist es weder erforderlich, dass die Information wie im deutschen Recht „verwendet“ wurde, noch dass der Handel auf der Information basierte. Insofern erübrigt sich auch das Erfordernis, eine innere psychische Kausalität beim Täter nachweisen zu müssen. Hierin besteht ein bedeutender Unterschied zum europäischen bzw. deutschen Insiderregime, wo gerade die Interpretation des Verwendungserfordernisses spätestens seit der Spector-Entscheidung des EuGH und dessen Bedeutung für das deutsche Insiderrecht für erhebliche Diskussionen sorgt. Entscheidend ist demgegenüber nach der japanischen Regelung allein, dass ein Insider in Kenntnis der Insidertatsache die fragliche Transaktion ausführt. Wie im deutschen Recht umfasst das Insiderhandelsverbot nach japanischem Recht nur unveröffentlichte Insidertatsachen, so dass in dem Moment, in dem die Insidertatsache veröffentlicht wurde, das Verbot entfällt. Die Artt. 166, 167 FBG enthalten daher auch Regelungen, wie eine ordnungsgemäße Veröffentlichung zu geschehen hat und welche inhaltlichen Anforderungen an sie zu stellen sind. Dabei kommt es für eine „Veröffentlichung“ bloß auf das formale Einhalten der jeweiligen Verfahrensweise an. Nicht unbedingt erforderlich ist es, dass die wesentliche Tatsache nachfolgend tatsächlich auch verbreitet bzw. dem Anlegerpublikum allgemein bekannt wird. Dagegen setzt der im deutschen Insiderrecht vorherrschende Begriff der Bereichsöffentlichkeit im Falle einer Veröffentlichung durch die Massenmedien nicht nur die bloße Weitergabe an die entsprechenden Stellen voraus, sondern vielmehr auch das tatsächliche Erscheinen. Vergleichbar dem deutschen Insiderrecht finden sich schließlich in den japanischen Insiderregelungen ebenfalls sogenannte safe-harbor-Bestimmungen, nach denen bestimmte Sachverhalte vom Insiderhandelsverbot ausgenommen sind. Ergänzend treten zu Artt. 166, 167 FBG als den Insiderregelungen im engeren Sinne noch weitere Vorschriften. Zu den Insidervorschriften im weiteren Sinne sind die Berichtspflichten über Eigengeschäfte nach Art. 163 FBG, weiterhin der Art. 164 FBG, nach dem Gewinne aus kurzfristigen Transaktionen herausverlangt werden können, sowie nach h. M. auch das Verbot von Leerverkäufen in Art. 165 FBG zu zählen. Letztere drei Vorschriften sind als ergänzende Regelungen einzustufen, die präventiv Insiderhandel zu verhindern helfen sollen.
Drittes Kapitel
Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel A. Staatliche Finanzmarktaufsicht und private Überwachung Die Hintergründe zur Neuorganisation der gesamten japanischen Finanzmarktaufsicht ist eingangs bereits im Kontext der Finanzmarktreform in den 1990er Jahren dargestellt worden.1 Einen zentralen Schritt in diesem Prozess stellten die Errichtung der neuen FSA als ein unabhängiges Aufsichtsamt für Finanzdienstleistungen sowie die Eingliederung der Wertpapieraufsichtsbehörde SESC als Abteilung mit Aufsichtsbefugnissen über den Kapitalmarkt dar. Die damals errichtete Grundstruktur besteht bis heute. Vor allem die SESC wuchs seit ihrer Gründung stetig personell und nahm eine zunehmend aktive und selbstbewusste Rolle bei der Wahrnehmung ihrer Aufsichtstätigkeit ein.2 Dabei ist es auch dem persönlichem Einsatz des 2007 berufenen Präsidenten Sado Ken’ichi zu verdanken, dass sich die SESC „von den Fesseln“ des Strafverfahrens hat lösen können und durch Anwendung der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion eine marktgerechtere Aufsicht erfüllt.3 Hinsichtlich der Zuständigkeit ist in zahlreichen Vorschriften des FBG bestimmt, dass die jeweilige Kompetenz beim Ministerpräsidenten (naikaku sôri daijin) liegt. Diese Kompetenz wurde jedoch nach Art. 197-7 Abs. 1 FBG vom Premierminister an den Generaldirektor der FSA delegiert, soweit nicht durch Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Kraft der übertragenen Kompetenz ist daher in der Regel der Generaldirektor der FSA zuständig, auch wenn nach dem Wortlaut des jeweiligen Gesetzes der Ministerpräsident die Zuständigkeit besitzt. Der Generaldirektor der FSA kann in den Fällen des Art. 197-7 Abs. 2–5 FBG wiederum seinerseits Kompetenzen an bestimmte andere Behördenstellen weiterdelegieren. Eine solche Übertragung sieht Art. 197-7 Abs. 2 Nr. 1–9 FBG zugunsten der SESC vor, die somit über die Kompetenz u. a. zur routinemäßigen Handelsaufsicht am Kapitalmarkt (torihiki kensa) sowie zur Inspektion von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleis1
Siehe hierzu die Darstellung oben ab S. 62. die Zahl der direkt bei der SESC angesiedelten Mitarbeiter hat sich von 84 im Jahre 1992 auf 384 im Jahre 2010 gesteigert und damit mehr als vervierfacht, SESC, Annual Report 2013/2014, 148; C. P. Wells, Financial Service and Regulation, 568. 3 Der Präsident Sado Ken’ichi habe die SESC in eine schlagkräftige Institution verwandelt, die durch beherzte Eingriffe einige Missstände am Markt habe beseitigen können, siehe hierzu die Einleitung zum Interview mit K. Sado (Präsident der SESC), in: O. Murayama, Hô to keizai no jânaru Asahi Judiciary (2010) 2 ff. 2 Allein
A. Staatliche Finanzmarktaufsicht und private Überwachung
155
tern (shôken kensa) verfügt.4 Ferner kann die SESC mittels Inspektionen (kensa) und Untersuchungen (chôsa) die Einhaltung der im FBG festgelegten Verpflichtungen durch die Marktteilnehmer überwachen und ggf. durch verschiedene Maßnahmen durchsetzen. Bei Verdacht auf einen Verstoß gegen Verhaltenspflichten am Kapitalmarkt leitet sie daher wie vorstehend dargestellt eigenständige Untersuchungen vor Ort ein und gibt das Verfahren mangels eigener Anklagebefugnis ggf. an die Staatsanwaltschaft ab oder spricht eine Empfehlung zur Verhängung einer Geldsanktion gegenüber der FSA aus.5 Dabei ermittelte die Staatsanwaltschaft bspw. im Zeitraum 2011 bis 2013 in 25 Verdachtsfällen von Insiderhandel, Marktmanipulation und Verstößen gegen Berichtspflichten, die allesamt auch zur Anklage gelangten.6 Im direkten statistischen Vergleich wurden in Deutschland im selben Zeitraum allerdings 66 Fälle nur in Bezug auf Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.7 Zugleich wurde jedoch in 73 Untersuchungsverfahren allein zu Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot eine Empfehlung zur Verhängung einer Geldsanktion durch die SESC ausgesprochen.8 Im Vergleich dazu pendelte die Zahl der von der US-amerikanischen SEC ergriffenen Durchsetzungsmaßnahmen (enforcement actions) wegen Insiderhandels in den Jahren 2011 bis 2013 jährlich um die 50, insgesamt 159 für den gesamten Zeitraum.9 Im Rahmen ihrer täglichen Überwachung des Kapitalmarkts sucht die SESC gezielt nach starken Kursausschlägen oder sonstigen auffälligen Kursbewegungen von Wertpapieren. Daneben stehen Wertpapiere von Emittenten im Fokus der Beobachtung, zu denen Insiderinformationen veröffentlicht wurden oder die Gegenstand von Berichten in Tageszeitungen und Magazinen oder Internetbekanntmachungen sind. Zur Erfüllung ihrer Marktüberwachungsfunktion kooperiert die SESC auch mit anderen selbstregulierten Marktakteuren, z. B. den Börsen- und Wertpapierdienstleistungsvereinigungen wie der JSDA (Nihon Shôken-gyô Kyôkai, engl. Japan Securities Dealers Association), die ihrerseits mittels eigener Systeme die Handelsaktivitäten beobachten.10 So kontrollieren die Börsen in Echtzeit die Preisentwicklung und die Orders am Sekundärmarkt. Finden sich verdächtige
4 M. K awamura, Kin’yû shôhin torihiki-hô, 665, 670; H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 11. 5 Für eine Übersicht zum Verfahrensablauf mit anschließender Abgabe an die Staatsanwaltschaft bei einer Untersuchung der SESC in einem strafrechtlich relevanten Fall siehe SESC, Shôken Torihiki-tô Kanshi I’inkai no katsudô jôkyô ‒ Heisei 24-nen 6-gatsu, 284 (nicht in der engl. Ausgabe enthalten). 6 SESC, Annual Report 2013/2014, 195, 313. 7 Ba Fin, Jahresbericht 2013, 171. Allerdings wird anhand der Statistik deutlich, dass der überwiegende Teil der Verfahren (ggf. gegen Zahlung einer Geldauflage) eingestellt wurde. 8 SESC, Kin’yû shôhin torihiki-hô ni okeru kachô-kin jirei-shû ‒ fu-kôsei torihiki hen –, 1. 9 Statistik „Year-by-Year SEC Enforcements Statistics“, auf der Internetseite der SEC abrufbar auf . 10 Siehe auch das Schaubild zur Kooperation des SESC mit selbstregulierten Organisationen bei der Marktaufsicht in: SESC, Annual Report 2013/2014, 194.
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Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel
Transaktionen, werden diese im Nachhinein nochmals überprüft, und im Fall eines Verstoßes wird die SESC unterrichtet. Nach den Regularien der JSDA sind die Mitglieder dazu angehalten, der JSDA und der SESC einen Verdacht auf Insiderhandel mitzuteilen. Auf Grundlage dieser Mitgliederberichte stellt die JSDA dann eigene Nachforschungen an. Die JSDA kontrolliert auch den Handel mit Wertpapieren, die im Freiverkehr gelistet sind, und erstattet hierzu Meldung an die SESC. Darüber hinaus betreibt die JSDA zur Vorbeugung von Insiderhandel auf Kosten der Wertpapierdienstleister ein elektronisches Datenbanksystem, das sog. J-IRISS (Japan-Insider Registration and Identification Support System), in dem die Namen potentieller Insider wie Verwaltungsratsmitglieder börsennotierter Unternehmen registriert und verwaltet werden.11 Die JSDA bemüht sich gemeinsam mit der SESC und der FSA verstärkt darum, die Anzahl der hieran teilnehmenden Unternehmen zu erhöhen. Zur Marktaufsicht bedient sich die SESC auch des sog. Compliance WAN (konpuraiansu WAN), eines abgesicherten nationalen Netzwerks zum elektronischen Datenaustausch zwischen der SESC, lokalen Finanzbehörden, den Börsen, Wertpapierfirmen und der JSDA. Der Vorteil dieses Netzwerks liegt nicht nur in der dauerhaften Verfügbarkeit und Sicherung relevanter Transaktionsdaten, sondern vor allem im zeit- und kostengünstigen Informationsaustausch zwischen den Teilnehmern.12 Über den ständigen Zugriff auf diese Daten steht der SESC eine effiziente Ex-post-Kontrolle verdächtiger Wertpapiertransaktionen zur Verfügung. Hinweise auf marktmissbräuchliche Verhaltensweisen erhält die SESC regelmäßig auch durch einzelne Personen. Diese nehmen mit der SESC schriftlich bzw. über das Internet oder per Telefon Kontakt auf und melden Verstöße, von denen sie im eigenen Arbeitsumfeld oder auf sonstige Weise erfahren haben. Im Fiskaljahr 2013 bspw. erhielt die SESC 6401 solcher Hinweise, 4316 (ca. siebzig Prozent) davon über das Internet. Der überwiegende Teil, nämlich 4040 Hinweise, bezog sich dabei auf Fälle von Marktmanipulation und Insiderhandel.13 Vor dem Hintergrund des im Jahre 2006 in Kraft getretenen Gesetzes zum Schutz von Whistleblowern14 ergriff die SESC entsprechende Schutzmaßnahmen und behandelt die Hinweise nunmehr streng vertraulich.15
11 Zu J-IRISS siehe auch der Internetseite der JSDA auf . 12 SESC, Annual Report 2010/2011, 15; SESC, Annual Report 2013/2014, 11 f. 13 SESC, Annual Report 2013/2014, 12. 14 Kôeki tsûhô-sha hogo-hô, Gesetz Nr. 122/2004, i. d. F. des Gesetzes Nr. 70/2013. 15 SESC, Annual Report 2013/2014, 13.
B. Rechtliche Folgen von Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot
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B. Rechtliche Folgen von Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot Bei einem Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot stehen in Japan in erster Linie die Mittel des Strafrechts als schwerste Form der Sanktion zur Verfügung. Daneben sind zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geschädigter Anleger grundsätzlich denkbar, deren Durchsetzung jedoch – wie noch darzustellen ist – in der Praxis auf zahlreiche Schwierigkeiten stößt. Schließlich findet sich mit der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion im japanischen Recht ein eigenständiges Instrument, auf das sich seit seiner Einführung im Jahre 2005 das Schwergewicht bei der Sanktionierung von Insiderhandel verlagert zu haben scheint. Im Folgenden sollen diese Formen rechtlicher Reaktionsmöglichkeiten bei einem Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot kurz dargestellt werden. I. Strafrechtliche Sanktionierung Wie nach dem deutschen Recht drohen bei Verstößen gegen Insiderhandelsverbote auch im japanischen Recht strafrechtliche Sanktionen. Das FBG enthält hierzu in den Artt. 197 ff. vergleichbar der Regelungstechnik des WpHG Blanketttatbestände, in denen strafrechtliche Folgen für eine ganze Reihe von Verstößen gegen Bestimmungen des FBG aufgelistet sind. Für Verstöße speziell gegen die Insiderhandelsverbote der Artt. 166, 167 FBG sind in Art. 197-2 Abs. 13 gesondert Strafen vorgesehen. Mit Ausnahme des Art. 157 FBG, dessen Anwendung in bestimmten Konstellationen diskutiert wird und eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren vorsieht, liegt die Strafandrohung bei Insiderhandel mit bis zu fünf Jahren Zuchthausstrafe auf einem grundsätzlich vergleichbaren Niveau wie die maximale Strafandrohung von fünf Jahren Freiheitsstrafe in § 38 WpHG. Im Unterschied zum deutschen Recht kennt das japanische Strafrecht die Möglichkeit, bei Vorliegen einer sog. Parallelbestrafungsvorschrift (ryôbatsu kitei) neben einer Strafe gegen eine natürliche Person auch gegen eine juristische Person eine (Geld‑)Strafe zu verhängen.16 Bei einem Verstoß gegen die Insiderhandelsverbote in den Artt. 166, 167 FBG ist die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von bis zu 500 Millionen Yen (ca. 3,73 Millionen Euro) möglich (Art. 207 Abs. 1 Nr. 2 FBG). Voraussetzung ist, dass der Täter als Repräsentant bzw. Vertreter, Angestellter oder sonstiger Beschäftigter der juristischen Person in Bezug auf deren Betriebstätigkeit oder deren Vermögen gegen das Insiderhandelsverbot verstoßen hat. Der Anknüpfungspunkt für die parallele Strafbarkeit der juristischen Person ist nach h. M. die vermutete Fahrlässigkeit bei der Auswahl und Überwachung des Mitarbeiters, d. h. es wird vermutet, dass man zur Verhinderung seiner Insidertat nicht die notwendige Vorsicht hat walten lassen.17 16 Ausführlich zur Bestrafung juristischer Personen im japanischen Strafrecht siehe M. I da, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 12 ff. 17 M. I da, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 15.
158
Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel
Als eine weitere Konsequenz sind schließlich die infolge Insiderhandels erlangten Gewinne oder Vermögenswerte grundsätzlich durch Urteil des Gerichts einzuziehen (hitsuyô-teki bosshû, Art. 198-2 Abs. 1 FBG). Die Einziehung stellt dabei eine Nebenstrafe neben der eigentlichen Gefängnis- bzw. Geldstrafe dar. Der Versuch eines Insiderdelikts ist im japanischen Recht mangels spezialgesetzlicher Grundlage generell nicht strafbar,18 da – vergleichbar der Regelung im deutschen Strafrecht – nach den allgemeinen Grundsätzen des japanischen Strafrechts der Versuch einer Straftat gem. Art. 44 StG nur dann bestraft wird, wenn dies spezialgesetzlich angeordnet ist. Im Gegensatz dazu ist seit einer Änderung durch das AnSVG nach § 38 Abs. 3 i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG der Versuch des Erwerbs oder der Veräußerung von Insiderpapieren unter Verwendung einer Insiderinformation unter Strafe gestellt.19 Täterschaft und Beihilfe in Bezug auf Insiderdelikte unterliegen in Japan ebenfalls dem deutschen Recht vergleichbaren strafrechtlichen Grundsätzen. Da im deutschen Recht die Insiderhandelsverbote für Primär- und Sekundärinsider in § 14 Abs. 1 WpHG nunmehr einer einheitlichen Regelung unterliegen, hat sich die frühere Frage nach einer möglichen Anstiftungs- oder Beihilfehandlung durch den Sekundärinsider bei der Weitergabe von Insiderinformationen an einen Dritten nach h. M. durch das bußgeldbewährte Weitergabeverbot in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG erledigt.20 Im japanischen Schrifttum wurde hingegen von einigen Stimmen angesichts der noch bis 2014 fehlenden Strafbarkeit der Weitergabe von Insiderinformationen bzw. des Verleitens eines anderen zu einer Insidertransaktion auf eine mögliche Bestrafung wegen Anstiftung bzw. Beihilfe zu einem Insiderdelikt durch den Weitergebenden verwiesen.21 Ob auf diesem Weg die bestehende Strafbarkeitslücke geschlossen werden konnte, ist damals schon weithin bezweifelt worden, da eine Strafbarkeit wegen einer Anstiftungs- bzw. Beihilfehandlung an weitere Voraussetzungen geknüpft ist. Empfiehlt bspw. eine Person, die in einer besonderen Beziehung zu einem Unternehmen (kaisha kankei-sha) steht, einem Dritten den Kauf eines Insiderpapiers, ohne die Insiderinformation als solche dem Dritten offenzulegen, so liegt mangels entsprechender Kenntnis kein verbotener Insiderhandel eines Informationsempfängers vor, wenn der Dritte daraufhin die betreffenden Papiere erwirbt. Damit fehlt es jedoch an einer für die Anstiftung erforderlichen Haupttat, mit der Folge, dass auch die Empfehlung zum Kauf des Papiers straflos bleibt.22 Angesichts dieses Ergebnisses wurde seit längerem gefordert, die Weiter18
S. H attori, Insaidâ torihiki kisei no subete, 299. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, § 14 Rn. 182 (Assmann); K. Asada, Strafwürdigkeit von Insiderhandeln in Japan, 255. 20 H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, § 14 Rn. 185 (Assmann); H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, § 38 Rn. 75 (Vogel). 21 Y. Yokobatake, Chikujô kaisetsu insaidâ torihiki kisei to bassoku, 211 f. (mit Beispielen); Y. Wakabayashi, Shôji Hômu 1962 (2012) 30; M. Yamada /H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 87. 22 E. Kuronuma, Naibu-sha torihiki kisei no rippô-ron-teki kadai, 320 (siehe auch dort in Fn. 4). 19 H.-D.
B. Rechtliche Folgen von Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot
159
gabe der Insiderinformation selbst sowie das Verleiten zum Handel mit Insider papieren durch eine eigenständige Regelung zu erfassen.23 Wie dargestellt hat der japanische Gesetzgeber die Notwendigkeit zu handeln erkannt und mit der Einführung des Art. 167-2 FBG die Problematik nunmehr entschärft.24 Übersicht möglicher Sanktionen bei Verstößen gegen Marktvorschriften25 Regelungsbereich
Art. FBG
Art. 157 Abs. 1
Generalklausel zur Unterbindung betrügerischer Verhaltensweisen (h. L.)/unrechtmäßiger Verhaltensweisen (OGH) am Kapitalmarkt
Art. 157 Abs. 2, 3
Verbotene betrügerische Verhaltensweisen am Kapitalmarkt, die eine Täuschung durch aktives Tun darstellen (falsche oder unvollständige Darstellung von Tatsachen)
Art. 158
Allgemeines Verbot der Verbreitung von Gerüchten, der Anwendung betrügerischer Mittel, der Anwendung von Gewalt oder Drohung
Art. 159
Verbot der Marktmanipulation etc.
Unrechtmäßiges Marktverhalten (Generalklausel)
Marktmanipulation
Anwendungsbereich
Mögliche Sanktion bei Verstoß • Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren Zuchthaus, Art. 197 Abs. 1 Nr. 5 • Geldstrafe – bis 10 Millionen Yen (natürl. Personen), Art. 197 Abs. 1 Nr. 5 – bis 700 Millionen Yen (jur. Personen), Art. 207 Abs. 1 Nr. 1 • Sonstige: – Einzug der Gewinne, Art. 198-2 – Zivilrechtl. Schadensersatzpflicht im Falle der Marktmanipulation aufgrund von Spezialgesetz – Bei Verstößen gegen Artt. 158, 159 auch verwaltungsrechtliche Geldsanktion möglich
23 E. Kuronuma, Naibu-sha torihiki kisei no rippô-ron-teki kadai, 344; Y. Wakabayashi, Shôji Hômu 1962 (2012) 30. 24 Siehe hierzu oben S. 94 ff. 25 Sämtliche in dieser Tabelle angegebenen Artikel sind solche des FBG.
160
Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel
Regelungsbereich
Art. FBG Art. 163
Art. 165
Insiderhandel (im weiten Sinne)
Anwendungsbereich
Mögliche Sanktion bei Verstoß
• Freiheitsstrafe bis zu 6 Monate, Art. 205 Nr. 20 • Geldstrafe – unter 500.000 Yen (natürl. Personen), Art. 205 Nr. 19 Verbot von Leerverkäufen – unter 500.000 Yen (jur. Personen), Art. 207 Abs. 1 Nr. 6 Berichtspflichten über Eigengeschäfte
• Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre Zuchthaus, Art. 197-2 Nr. 13 [im Falle von Art. 166 Art. 167-2 wurde ein neuer Art. 197-2 Nr. 14 eingefügt] • Geldstrafe – bis 5 Millionen Yen (natürl. Personen), Insiderhandel im Art. 197-2 Nr. 13 Zusammenhang mit einem Art. 167 öffentlichen Erwerbsange- – bis 500 Millionen Yen (jur. Personen), Art. 207 bot Abs. 1 Nr. 2 • Sonstige: – Einzug der Gewinne, Weitergabe von InsiderinArt. 198-2 Art. 167-2 formationen, Verleiten – Verwaltungsrechtliche zum Insiderhandel Geldsanktion, Art. 175-2 Insiderhandel von Personen mit einer Verbindung zum Emittenten
II. Verwaltungsrechtliche Geldsanktion 1. Funktion und Verfahren Seit der Einführung der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion im Jahre 2005 steht der FSA ein Sanktionsmittel zur Verfügung, das in der Praxis unter den möglichen Sanktionsmöglichkeiten rasch an Bedeutung gewonnen hat. Ein Grund für diesen Erfolg ist sicherlich in den weniger strengen Verfahrensgrundsätzen zu sehen, wodurch die Verhängung einer Geldsanktion im Vergleich zu einer strafrechtlichen Ahndung leichter gelingt. Im Folgenden sollen daher die Grundzüge der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion sowie deren Effektivität in der Praxis erläutert werden. Infolge einer weitreichenden Rezeption des kontinentalen, insbesondere des deutschen materiellen Strafrechts weisen beide Rechtsordnungen für diesen Bereich strukturell wie auch inhaltlich starke Parallelen auf.26 Für beide Rechtsordnungen ergibt sich daher gleichermaßen grundsätzliche Problematik, dass angesichts des 26 Zur Rechtsrezeption aus dem deutschen Strafrecht und der Geltung des Gesetzlichkeitsprinzips siehe bereits weiter oben unter S. 49 ff.
B. Rechtliche Folgen von Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot
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Ultima-Ratio-Grundsatzes des Strafrechts,27 des aufwendigen Verfahrens und der hohen Beweisanforderungen den typischerweise schwer nachzuweisenden Verstößen gegen Verhaltenspflichten am Kapitalmarkt mit Mitteln des Strafrechts nur schwer beizukommen ist. Dies gilt umso mehr, je geringfügiger die Schwere und Tragweite des Verstoßes sind. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach alternativen, d. h. vor allem effizienteren Sanktionierungsformen. Der deutsche Gesetzgeber entschärfte diese Problematik, indem er Teile der Insiderdelikte als Ordnungswidrigkeiten wertet, so dass Verstöße nach dem Durchlaufen eines vergleichsweise einfacheren Verfahrens mit einer Geldbuße nach dem Ordnungswidrigkeitsgesetz (OWiG) geahndet werden können. Im Unterschied zum deutschen Recht kennt das japanische Recht allerdings kein allgemeines Recht der Verwaltungssanktionen. Daher fehlt es auch an einem Gesetz, das dem deutschen Ordnungswidrigkeitsgesetz vergleichbar wäre. Vornehmlich werden Verstöße gegen verwaltungsrechtliche Verbote mit Strafen belegt, die freilich in der Rechtswirklichkeit nur äußerst selten tatsächlich zur Anwendung kommen. Nur gelegentlich finden sich Verwaltungsgesetze, wie bspw. auf kommunaler Ebene, die einzelne Vorschriften über Geldbußen (karyô) enthalten.28 Als verhältnismäßig schwache Sanktion können sie daher auch nur unzureichend als generalpräventives Mittel der Abschreckung fungieren. Gerade vor dem Hintergrund der oftmals schwierigen Nachweisbarkeit messen der Gesetzgeber und die mit der Durchsetzung der Verbote betrauten Behörden jedoch dem Aspekt der abschreckenden Wirkung von Sanktionen einen besonderen Stellenwert bei. In vereinzelten Gesetzen wurde daher zur Ahndung bestimmter Verstöße eine spezielle Abgabe in Form einer verwaltungsrechtlichen Geldsanktion (kachô-kin) aufgenommen. Musterbeispiel hierzu ist die verwaltungsrechtliche Geldsanktion bei Kartellverstößen nach den Vorschriften im AMG.29 Als spezielle verwaltungsrechtliche Maßnahme dient die Geldsanktion hier der Ahndung illegaler Taten sowie in erster Linie der Abschöpfung zu Unrecht erlangter Gewinne. Die verwaltungsrechtliche Geldsanktion stellt ein eigenständiges Sanktionsmittel dar und ist insofern von den Geldbußen zu unterscheiden.30 In funktionaler Hinsicht sind die Geldsanktionen den Verwaltungsstrafen im deutschen Ordnungswidrigkeitsverfahren durchaus vergleichbar. In Anlehnung an das Verfahren im Kartellrecht wurde das Institut der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion in Kapitel VI-2 (Artt. 172 ff.) des FBG nebst begleitenden Kabinettsverordnungen31 aufgenommen. Dort erfüllt sie nicht nur den Zweck 27
36.
Für Japan bspw. K. Yamanaka, Strafrechtsdogmatik in der japanischen Risikogesellschaft,
28 S. Nakahara, Verwaltungsrechtliche Sanktionen und Rechtsdogmatik, 114.; K. Sakurai /H. H ashimoto, Gyôsei-hô, 201 f. 29 Siehe hierzu bei A. Negishi /U. Eisele, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rn. 129 ff. 30 K. Sakurai /H. H ashimoto, Gyôsei-hô, 188, 192 f. 31 Kin’yû shôhin torihiki-hô dai-6-shô no 2 no kitei ni yoru kachô-kin ni kansuru naikaku furei, Verordnung Nr. 17/2005 i. d. F. der Verordnung Nr. 66/2012.
162
Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel
der Ahndung illegaler Taten wie Insiderhandel oder Marktmanipulation, sondern ist zudem für eine ganze Reihe von Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des FBG vorgesehen, so auch bei Verstößen gegen Informationspflichten (bspw. bei einem Verstoß gegen die Emissionspublizität, bei der Nichtanzeige eines öffentlichen Erwerbsangebots, bei einem Verstoß gegen die Meldepflicht bei einem Anteilserwerb über fünf Prozent der Stimmrechtsaktien).32 Da einige dieser Vorgänge, die einer Mitteilungspflicht unterliegen, zugleich eine Insiderinformation darstellen (wie die genannten Beispiele), kann man sagen, dass das System der Geldsanktion indirekt Druck auf den Emittenten bzw. den Erwerber ausübt, diesbezügliche Informationen möglichst rasch zu veröffentlichen. Dieser Gedanke ist insbesondere vor dem Hintergrund relevant, dass das japanische Kapitalmarktrecht keine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe von Ad-hoc-Mitteilungen bei kursrelevanten Informationen kennt.33 Seit ihrer Einführung war die Geldsanktion bereits Gegenstand zahlreicher Reformen.34 Die bislang umfangreichste Änderung fand im Jahre 2008 statt.35 Zuletzt wurde mit dem Gesetz zur Teilreform des FBG vom September 2012 der personelle Anwendungsbereich der Geldsanktion erneut erweitert.36 Nach den Voraussetzungen in Art. 175 FBG kann eine Geldsanktion gegen Personen verhängt werden, die unter Verstoß gegen eines der Insiderhandelsverbote in den Art. 166 Abs. 1, 3 bzw. Art. 167 Abs. 1, 3 FBG auf eigene oder fremde Rechnung37 mit Wertpapieren gehandelt haben. Berücksichtigt werden Wertpapiertransaktionen, die innerhalb eines halben Jahres vor der Veröffentlichung der Insiderinformation getätigt wurden. Der Verfahrensablauf zur Verhängung einer Geldsanktion38 wurde ähnlich der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion nach den Vorschriften im Antimonopolgesetz
32 M.
Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 56. Siehe hierzu auch ab S. 174. 34 Eine Übersicht hierzu findet sich bei SESC, Shôken Torihiki-tô Kanshi I’inkai no katsudô jôkyô ‒ Heisei 24-nen 6-gatsu, 77; T. Ozaki /A. A rimatsu, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 590 ff. 35 Siehe hierzu die Beiträge von S. Ôkita, Shôji Hômu 1837 (2008) 15, 21 f.; S. Ôkita /K. Suzuki, Shôji Hômu 1840 (2008) 30 ff.; K. Suzuki, Shôji Hômu 1855 (2008) 13 ff. 36 Siehe hierzu bei M. K asahara, Shôji Hômu 1980 (2012) 20 f. 37 Durch das Gesetz zur Teilreform des FBG vom September 2012 können fortan Geldsanktionen direkt gegen ausländische, bei der japanischen Finanzmarktaufsicht nicht registrierte Wertpapierdienstleister verhängt werden, wenn diese auf Rechnung des Kunden (kokyaku no keisan ni) eine unrechtmäßige Wertpapiertransaktion durchführen. Zudem kann zukünftig eine Geldstrafe auch gegen Personen verhängt werden, die auf Rechnung eines anderen (tanin no keisan ni) eine unrechtmäßige Wertpapiertransaktion ausführen, deren Gewinn letztlich ihnen selbst zufließt. Die Änderungen treten binnen Jahresfrist nach Verkündung des Reformgesetzes an einem durch Verordnung bestimmten Tag in Kraft. Siehe hierzu bei M. K asahara, Shôji Hômu 1980 (2012) 20 f.; Y. Takagi, et al., Shôji Hômu 1982 (2012) 12 f. 38 Eine anschauliche Übersicht zum Verfahrensablauf findet sich bei M. K awamura, Kin’yû shôhin torihiki-hô, 682. 33
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ausgestaltet.39 Die Geldsanktion wird nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens durch entsprechende Zahlungsanordnung verhängt (kachô-kin nôfu meirei). Vor Erlass einer Anordnung ist jedoch ein Anhörungsverfahren durchzuführen (shinpan tetsuzuki). In der Praxis stellt die SESC zunächst im Rahmen eines Vorverfahrens Untersuchungen an, ob ein entsprechender Verstoß gegen Vorschriften des FBG vorliegt, wobei ihr verwaltungsrechtliche Untersuchungsbefugnisse zustehen (z. B. ist es ihr erlaubt, Personen zu befragen, Dokumente einzusehen und Betriebsstätten zu betreten).40 Am Ende der Untersuchung übergibt die SESC eine schriftliche Empfehlung an die FSA über die Eröffnung oder Nichteröffnung eines förmlichen Verfahrens sowie ggf. über die Höhe der festzusetzenden Geldsanktion. Der Generaldirektor der FSA41 entscheidet dann gem. Art. 178 FBG über die Eröffnung eines Anhörungsverfahrens und stellt dem Betroffenen eine beglaubigte Kopie des Eröffnungsbeschlusses (shinpan tetsuzuki kaiji kettei) zu. Das Anhörungsverfahren gilt mit Zustellung der Anordnung an den Betroffenen als eröffnet (Art. 179 FBG). In dem Schriftstück sind neben den Angaben zum Geldbetrag und der Berechnungsgrundlage sowie Angaben zu den zugrunde gelegten Tatsachen auch der Termin und der Ort der Verhandlung genannt. Das Anhörungsverfahren findet vor Verwaltungsrichtern (shinpan-kan) statt, die als Kammer mit drei Richtern oder in einfacheren Fällen als Einzelrichter entscheiden (Art. 180 Abs. 1 FBG). Nach Zustellung des Eröffnungsbeschlusses hat der Adressat unverzüglich eine Erwiderungsschrift (tôben-sho) an die Verwaltungsrichter zu senden (Art. 181 Abs. 1 FBG). Das Anhörungsverfahren wird in einem quasigerichtlichen Verfahren (jun shihô-teki tetsuzuki) durchgeführt, d. h. der Betroffene hat die Möglichkeit, sich im Rahmen der grundsätzlich öffentlichen Verhandlung zu verteidigen, eigene Beweise vorzulegen und die gegen ihn vorgebrachten Beweise zu widerlegen. Der Generaldirektor der FSA wiederum bestimmt Beamte für die Verhandlung, die in der Praxis aus den Reihen der Beamten der SESC ernannt werden, die im Vorverfahren bereits an den Untersuchungen bzw. bei der Aufstellung der Empfehlung mitgewirkt haben. Die Verwaltungsrichter fertigen nach Beendigung des Verfahrens einen Entscheidungsentwurf an und leiten ihn an den Generaldirektor der FSA weiter. Erkennt der Generaldirektor aufgrund des Entwurfs einen Verstoß an, bescheidet er eine Zahlungsanordnung, wobei er gewöhnlich den Entscheidungsentwurf der Richter übernimmt. Ergibt sich aufgrund der Verhandlung, dass die Erwiderung des Betroffenen (teilweise) Erfolg hat, hebt die FSA die Zahlungsanordnung auf oder Ausführlich zum Anhörungsverfahren bei Wettbewerbsverstößen siehe A. Negishi /U. EiseRecht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rn. 131 ff. 40 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 278. 41 Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist für das Verfahren der Premierminister zuständig. Jedoch wurden die Kompetenzen zur Kapitalmarktaufsicht gem. Art. 194-7 Abs. 1 FBG an den Generaldirektor der FSA delegiert, so dass i. d. R. die FSA zuständig ist, es sei denn, die FSA hat ihrerseit die Kompetenz weiterdelegiert (bspw. an die SESC). Siehe hierzu H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 11.
le,
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Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel
ändert sie entsprechend ab. Der erste Fall, in dem die FSA einen Bescheid aufheben musste und letztendlich zu einer anderen Entscheidung gelangte, als nach Abschluss der Untersuchung und der schriftlichen Empfehlung der SESC zu erwarten war, ist der Fall Bikku Kamera aus dem Jahr 2010.42 Erkennt jedoch noch vor dem festgesetzten ersten Verhandlungstermin der Betroffene mit Erwiderungsschrift die Höhe der Geldsanktion sowie die ihr zugrunde liegenden Tatsachen an, ist ein öffentliches Verfahren entbehrlich (Art. 183 Abs. 2 FBG). In diesem Fall ergeht innerhalb kurzer Zeit eine endgültige Entscheidung durch die FSA auf Basis des seitens der SESC vorgelegten Entscheidungsentwurfs. Seit Einführung der Geldsanktion 2005 wurde in allen Fällen bis zum Jahre 2009 auf diese Weise verfahren, da die Betroffenen jeweils in ihrer Erwiderung die Geldsanktion akzeptiert hatten. In dem Verfahren zum Fall Ajinomoto, das einführend bereits vorgestellt wurde,43 wurde 2010 jedoch erstmals eine öffentliche Verhandlung durchgeführt, was in den Medien ein breites Echo nach sich zog.44 Gegen die endgültige Entscheidung der FSA kann der Betroffene innerhalb einer Frist von dreißig Tagen Anfechtungsklage (torikeshi soshô) erheben (Art. 185-18 FBG).45 Die Entscheidung direkt durch einen Widerspruch (fufuku môshitate) anzugreifen ist nicht möglich, da die Vorschriften des Gesetzes über Widerspruchsverfahren in Verwaltungssachen46 unangewendet bleiben (Art. 185-21 FBG). Die Höhe der jeweiligen Geldsanktion wird grundsätzlich auf Basis des erlangten Gewinns berechnet (Art. 175 Abs. 1, 2 FBG). Den Gewinn des Insiders bildet dabei 42 Dabei lautete der Vorwurf nicht auf illegalen Insiderhandel, vielmehr bestand der Verdacht, dass der frühere Präsident der Bikku Kamera K. K. Wertpapierberichte mit falschen Angaben eingereicht habe (yûka shôken hôkoku-sho), die auch später im Wertpapierprospekt des Unternehmens übernommen wurden. Die Entscheidung der FSA vom 25.6.2010, Fall Nr. 2009 han 14, ist im Internet veröffentlicht auf ; ausführlich hierzu M. Yanaga, Shôji Hômu 1908 (2010) 4 ff.; T. Ishii, Shôji Hômu 1972 (2012) 27 f. Die Entscheidung fand ein breites mediales Echo, bspw. „Bikku Kamera fusei kaikei, moto-kaichô ‚muzai‘ no kettei“ [Freispruch für früheren Präsidenten im Fall um falsche Bilanzen bei Bikku Kamera], Asahi Shinbun, 26.6.2010, 37 (Morgenausgabe); „Bikku Kamera moto-kaichô ‚ihan nashi‘, Kan shi-in no kachô-kin kankoku, Kinyû-chô hajimete kutsugaesu“ [Früherer Präsident von Bikku Kamera: „kein Gesetzesverstoß“, erstmals weist die FSA eine Empfehlung zur Geldsanktion der SESC zurück], Nihon Keizai Shinbun, 26.6.2010, 4 (Morgenausgabe). 43 Siehe oben S. 10 f. 44 Das Verfahren wurde in zahlreichen Tageszeitungen thematisiert, bspw. „Kin’yû-chô, hajime no kôkai shinpan“ [FSA, erstmals öffentliches Anhörungsverfahren], Nihon Keizai Shinbun, 11. September 2009, 4 (Morgenausgabe); „Kachô-kin kankoku de hatsu-shinpan. Ajinomoto shain insaidâ“ [Erstmals öffentliches Anhörungsverfahren nach Empfehlung einer Geldsanktion. Ajinomoto Insiderfall], Asahi Shinbun, 11. September 2009, 11; „Ajinomoto shain no insaidâ torihiki: kachô-kin seido de hatsu Kinyû-chô kôkai shinpan“ [Insiderhandel eines Angestellten von Ajinomoto: Erstmals öffentliches Anhörungverfahren nach dem System der Geldsanktion], Mainichi Shinbun, 11. September 2009, 26 (Morgenausgabe). 45 T. Ozaki /A. A rimatsu, in:H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 605; S. Nakahara, Verwaltungsrechtliche Sanktionen und Rechtsdogmatik, 118. 46 Gyôsei fufuku shinsa-hô, Gesetz Nr. 160/1962 i. d. F. des Gesetzes Nr. 58/2006.
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die Differenz zwischen dem jeweils niedrigsten (bzw. höchsten) Börsenwert des Wertpapiers innerhalb von zwei Wochen nach Veröffentlichung der Insiderinformation und dem durch das Insidergeschäft tatsächlich erzielten Verkaufspreis (bzw. Kaufpreis).47 Zeigt sich ein Insider selbst bei der FSA an, wird ihm unter bestimmten Voraussetzungen die Hälfte der Geldsanktion erlassen (leniency rule). Kommt es zu einem wiederholten Verstoß innerhalb von fünf Jahren seit der letzten Insidertransaktion, wird die Geldsanktion hingegen erhöht.48 Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und das verwaltungsrechtliche Durchsuchungsverfahren im Vorfeld einer Geldsanktion unterscheiden sich ferner hinsichtlich des Ermessens der jeweils zuständigen Behörde. So kann die Staatsanwaltschaft nach dem im japanischen Strafprozessrecht herrschenden Opportunitätsprinzip (Art. 248 Strafprozessgesetz,49 fortan: StPG) vollkommen eigenständig entscheiden, ob ausreichende Beweise für eine schwere Tat vorliegen und daher eine Anklage aus ihrer Sicht erfolgversprechend ist oder sie von der Anklageerhebung absieht. Für die Entscheidung werden verschiedene Aspekte wie die Schwere der Tat und die Beweislage abgewogen. Dagegen steht der SESC nach dem System der Geldsanktion kein Ermessensspielraum bei der Entscheidung zu, ob sie bei einem Verdacht Untersuchungen einleiten soll bzw. ob sie auf Basis des Untersuchungsergebnisses bei nur geringfügigen Verstößen das Verfahren einstellt. Finden sich im Einzelfall Beweise für einen Verstoß, muss die SESC unabhängig von der Schwere des Tatvorwurfs eine Empfehlung zur Anordnung einer Geldsanktion an die FSA abgeben. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen auf diese Weise selbst geringfügige Verstöße vom System der Geldsanktion umfassend berücksichtigt werden.50 In der Praxis jedoch schaltet die SESC im Rahmen ihrer Untersuchungen die für Wirtschaftsstrafsachen zuständige Staatsanwaltschaft frühzeitig ein und arbeitet mit dieser eng zusammen.51 Die Vertreter beider Behörden verständigen sich dann im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung darüber, ob in einem konkreten Insiderfall eine Anklage erhoben werden soll oder ob es bei der Verhängung einer Geldsankti47 Die Berechnunsgmethode wurde durch die Reform im Jahre 2008 umfangreich geändert, u. a. wurde als Bezugspunkt für die Berechnung des Insidergewinns die Zweiwochenfrist eingeführt. Bis dahin war noch der Schlusskurs des Wertpapiers von dem Handelstag herangezogen worden, der auf die Veröffentlichung der Insiderinformation gefolgt war. Damit können nunmehr auch zeitlich verzögerte Kursreaktionen berücksichtigt werden. Als Nebeneffekt hat sich die Höhe der Geldsanktionen seitdem etwa verdoppelt. Hierzu sowie mit weiteren Details zur Berechnungsmethode siehe bei S. Ôkita, Shôji Hômu 1837 (2008) 21; H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 324 ff.; T. Ozaki /A. A rimatsu, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 593 ff. 48 T. Ozaki /A. A rimatsu, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 601. 49 Keiji soshô-hô, Gesetz Nr. 131/1948 i. d. F. des Gesetzes Nr. 79/2014. 50 T. Ozaki /A. A rimatsu, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 612. 51 C. P. Wells, Financial Service and Regulation, 568.
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on bleibt.52 Interessanterweise wird die Entscheidung im Einzelfall nicht nur von Aspekten wie der Schwere des Tatvorwurfs, dem erlangten Gewinn, der Beweislage und der Wirkung der Tat auf die Gesellschaft, sondern auch von persönlichen Faktoren des Täters abhängig gemacht, wie bspw. dessen sozialer Einbindung, dessen Vorgehensweise bei der betreffenden Wertpapiertransaktion, sowie ob eine wiederholte Tatbegehung vorliegt oder nicht und ob sich der Täter hinreichend einsichtig und selbstkritisch zeigt (hansei). 2. Effektivität Als eine neue Sanktionsform beim Verstoß gegen die Insiderhandelsverbote gewann die verwaltungsrechtliche Geldsanktion in der Praxis schnell an Bedeutung.53 Im Zeitraum 2011 bis 2013 wurde bspw. allein in 73 Untersuchungsverfahren durch die SESC wegen Verstoßes gegen das Insiderhandelsverbot eine Empfehlung zur Verhängung einer Geldsanktion ausgesprochen. Seit 2005 summieren sich die Verdachtsfälle, auf die eine solche Empfehlung der SESC erfolgte, inzwischen auf 179 (von 218, einschließlich der Fälle von Marktmanipulation und Verstößen gegen Berichtspflichten).54 Als vorteilhaft werden die höhere Flexibilität sowie das einfachere und schnellere Verfahren zur Verhängung der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion hervorgehoben, das mit einer geringeren Beweisanforderung im Gegensatz zum Strafverfahren einhergeht.55 Wie im deutschen Recht herrscht im japanischen Strafverfahren der Strengbeweisgrundsatz (Art. 317 StG). Für die Überzeugung des Richters, dass strafbare Tatsachen vorliegen muss daher ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit vorliegen, dass vernünftige Zweifel schweigen. Vor dem Hintergrund des In-dubio-pro-reo-Grundsatzes ist es für die Staatsanwaltschaft erforderlich, äußerst hohe Beweisanforderungen zu stellen. Bezogen auf den Einzelfall muss sie daher im Ermittlungsverfahren erhebliche Mühen und Zeit aufwenden, um die Beweise ausreichend detailliert und exakt zu erfassen sowie äußerst sorgsam zusammenzustellen.56 Vor Einführung der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion bedingten diese 52 Siehe hierzu den Abschnitt „Kensatsu shihai no keii to jissai“ [Umstände und Wirklichkeit der staatsanwaltschaftlichen Herrschaft] in dem aufschlussreichen Interview mit K. Sado (Präsident der SESC), in: O. Murayama, Hô to keizai no jânaru Asahi Judiciary (2010), abrufbar im I nternet auf ; T. Ozaki /A. A rimatsu, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 619 (dort in Fn. 80, 81): Obgleich die gleichzeitige Verhängung einer Strafe und die Anordnung einer Geldstrafe rechtlich möglich sind, wird in der Praxis grundsätzlich nur auf eine Sanktionsform erkannt. 53 H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 40. 54 Siehe Statistik in SESC, Kin’yû shôhin torihiki-hô ni okeru kachô-kin jirei-shû ‒ fu-kôsei torihiki hen –, 1. 55 K. G otô, Kin’yû Hômu Jijô 1900 (2010) 56. 56 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 274; T. Ozaki / A. A rimatsu, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 611, 613.
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Verfahrenshürden zumindest in weniger schwerwiegenden Insiderfällen oftmals, dass die Staatsanwaltschaft von einer Anklageerhebung absah. Das führte nicht nur zu dem Ergebnis, dass der unrechtmäßige Gewinn in den Händen des Insiders verblieb, sondern setzte zugleich einen unerwünschten Anreiz für weiteres unrechtmäßiges Marktverhalten.57 Beim Anhörungsverfahren zur Anordnung einer Geldsanktion ist hingegen das Beweismaß im Vergleich zum Strafprozess reduziert, da es sich hierbei um ein quasigerichtliches Verfahren zur Verhängung einer Verwaltungsstrafe handelt, für das weder das Strafprozess- noch das Zivilprozessrecht anwendbar ist. Es wird daher keine Beweisführung über das Maß vernünftiger Zweifel hinaus wie im Strafprozessrecht verlangt. Als ausreichend gilt vielmehr das Beweismaß, das auch im Zivilprozess erforderlich ist.58 Daher ist bei der Feststellung der Tatsachen wie im Zivilprozess nach der h. M. ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad, nach einer im Vordringen begriffenen Meinung zumindest eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erforderlich.59 Folglich ist die Hürde bei der Beweisführung eine Stufe niedriger, so dass auch eine vergleichsweise einfache Zusammenstellung der Beweise genügt. Die erleichterte Beweisführung hat ein wesentlich schnelleres und effizienteres Verfahren zur Folge, da nicht alle Tatsachen detailliert und exakt ergründet werden müssen. Bezogen auf den Einzelfall sind daher im Rahmen der Untersuchung deutlich weniger Ressourcen einzusetzen, als dies im Fall einer strafrechtlichen Ermittlung erforderlich wäre. Die Geldsanktion findet daher nicht nur im Schrifttum großen Zuspruch, sondern wird verständlicherweise von den mit der Durchsetzung der Insiderhandelsverbote betrauten Behörden, namentlich der SESC bzw. der FSA, als äußerst wirksame Maßnahme zur Unterbindung von Insiderhandel begrüßt.60 Seit ihrer Einführung trug die Geldsanktion entscheidend dazu bei, dass auch im Falle kleinerer verdächtiger Transaktionen schnelle Untersuchungen angestellt und zahlreiche geringfügige Verstöße geahndet werden konnten, was ein starkes Signal an den Markt aussendet. Diese Entwicklung spiegelt auch die gestiegene Anzahl an aufgedeckten Insidertransaktionen wider. Neben der Quantität der Insiderfälle spielt in Hinblick auf die erwünschte öffentliche Abschreckungswirkung auch der Aspekt eine Rolle, dass zunehmend die gewöhnlich schwer zu erfassenden Verstöße von Angehörigen der Geschäftsfelder im Dunstkreis des Kapitalmarkts, wie bspw. von Bankangestellten, Managern von Wertpapierdienstleistern, Medienvertretern etc., aufgedeckt und geahndet werden können. Aufsehen erregende Insiderfälle, wie der dreier An57 K.
Tôsaki, Bijinesu Hômu 10 (2008) 35. K anai, et al., Dokusen kinshi-hô, 510 ff. 59 T. K anai, et al., Dokusen kinshi-hô, 510 ff.; S. K akiuchi, Erkenntnisverfahren, Vollstreckung, einstweiliger Rechtsschutz, Rn. 91. 60 Siehe zu den folgenden Ausführungen den Abschnitt „Kachô-kin no hikari to kage“ [Licht und Schatten der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion] in dem aufschlussreichen Interview mit K. Sado (Präsident der SESC), in: O. Murayama, Hô to keizai no jânaru Asahi Judiciary (2010), abrufbar im Internet auf . 58 T.
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gestellter der japanischen Rundfunkanstalt NHK,61 entfalteten eine entsprechende Breitenwirkung in der Öffentlichkeit und lösten in der betroffenen Branche einen regelrechten Schock aus. Die verstärkte Verfolgung von Verstößen hat zudem den Nebeneffekt, auf diese Weise Einblicke zu gewinnen, wie Insiderinformationen am Markt zirkulieren. Dieser positiven Einschätzung der Geldsanktion als Mittel zur Sanktionierung und Abschreckung von Insidern werden auf der anderen Seite einzelne Schwachpunkte gegenübergestellt.62 Zwar sei es richtig, dass bezogen auf den Einzelfall vergleichsweise weniger Ressourcen im Rahmen der Ermittlungen gebunden würden. Andererseits könne das vereinfachte Verfahren und das schnellere Tätigwerden im Verdachtsfall die Gesamtmenge so weit anschwellen lassen, dass auch die Ermittlungsfähigkeit der SESC durch eine stärkere Ressourcenauslastung leide. Für die Ermittlung und Aufklärung von bedeutenderen Insiderfällen könne dies ein Hindernis darstellen. Dieses Argument überzeugt jedoch nur bedingt. Zum einen verdeutlicht die Zunahme der ermittelten und sanktionierten Insiderfälle, dass die Geldsanktion ein geeignetes Mittel darstellt, selbst kleinere Verstöße gegen Verhaltenspflichten am Markt vermehrt aufzudecken und zu ahnden. Ob die personelle und sachliche Ausstattung der SESC ausreicht, die Menge der Verfahren weiterhin mit der gebotenen Sorgfalt zu bewerkstelligen, ist letztlich eine Frage der personellen Ausstattung und damit des politischen Willens. Überzeugender scheint dagegen die teilweise geäußerte Kritik63 am Verfahren zur Verhängung der Geldsanktion. Ein Schwachpunkt im System liege darin, dass die SESC auf Grundlage ihrer Ermittlungsergebnisse nicht selbst eine Geldsanktion gegenüber dem Betroffenen verhängen könne, sondern nur eine Empfehlung an die FSA ausspreche und diese ggf. den Sachverhalt in das Anhörungsverfahren überleite. Da die Verwaltungsrichter im Anhörungsverfahren jedoch selbst nicht über das detaillierte Wissen der mit der Ermittlung betrauten Personen verfügen und einzelnen Tatsachen nicht mit der gleichen Akribie wie im Strafprozess nachgegangen wird, kann dies aufgrund eines Mangels an Beweisen – wie im Fall Bikku Kamera – dazu führen, dass entgegen der Empfehlung der SESC nach dem Beschluss der Richter keine Geldsanktion verhängt wird. Tatsächlich kann ein solches Ergebnis einen möglichen Weg aufzeigen, wie das Verfahren sanktionslos überstanden werden kann, und somit den Anreiz für Insider setzen, sich ggf. mit anderen Personen abzusprechen und insbesondere innere Tatsachen zu leugnen. Im Vergleich dazu wird im Verfahren bei Kartellverstößen die Geldsanktion durch die Fair Trade 61 „NHK kisha-ra ni kachô-kin“ [Geldsanktion für NHK-Journalisten], Asahi Shinbun, 18.1.2008, 1 (Abendausgabe). 62 „Licht und Schatten der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion“, Interview mit K. Sado (s. Fn. 60). 63 „Licht und Schatten der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion“, Interview mit K. Sado (s. Fn. 60).
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Commission (Kôsei Torihiki I’inkai) selbst aufgrund der von ihr angestellten Untersuchung verhängt. Zum Anhörungsverfahren wird dann erst nach einem Widerspruch des Betroffenen übergegangen.64 3. Problematik des Verbots der Doppelbestrafung Nach den japanischen Insiderregelungen ist es möglich, dass neben einer Geldstrafe kumulativ eine verwaltungsrechtliche Geldsanktion verhängt wird. Auch in anderen Rechtsgebieten, wie bspw. im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, können Strafe und Geldsanktion gleichzeitig gegen eine Person verhängt werden.65 In Japan wurde daher die grundsätzliche Frage nach der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorgehensweise aufgeworfen, da hierin ein Verstoß gegen das in Art. 39 JV verankerte Verbot der Doppelbestrafung (nijû shobatsu kinshi gensoku) gesehen werden könnte.66 Nach (bisheriger) Ansicht der Rspr. verstößt eine solche kumulative Anordnung nicht gegen die Verfassung.67 Zwar sind beide Sanktionsformen auf die Zahlung eines Geldbetrages gerichtet, jedoch unterscheiden sich die Geldstrafe und die verwaltungsrechtliche Geldsanktion in ihrem Zweck und Charakter. Während mit der Verhängung einer Geldstrafe ein sozialethisches Unwerturteil verbunden ist, stellt die Geldsanktion eine verwaltungsrechtliche Maßnahme dar und dient neben der Abschreckung auch der Abschöpfung zu Unrecht erlangter Gewinne.68 Allerdings ist weiterhin zu bedenken, dass bei einer strafrechtlichen Verurteilung grundsätzlich auch die erzielten Gewinne einzuziehen sind. Den Betroffenen dann zusätzlich zu belasten erscheint angesichts der Zielrichtung der Geldsanktion, eine abschreckende Wirkung zu entfalten sowie Gewinne abzuschöpfen, nicht erforderlich. Aus rechtspolitischen Gesichtspunkten ist daher ein Ausgleich geboten. Um zwischen Tat und kumulierten Sanktionen insgesamt ein angemessenes Verhältnis zu wahren, wird daher bei einer gleichzeitigen Anordnung einer Geldsanktion und einer Einziehung im Strafverfahren der Betrag der Einziehung auf die Geldsanktion angerechnet.69
T. Suzuki, in: A. Negishi (Hg.), Chûshaku dokusen kinshi-hô, 663 ff. Siehe hierzu bei A. Negishi /U. Eisele, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rn. 128. 66 S. Nakamura, Kin’yû Hômu Jijô 1900 (2010) 55. 67 Entscheidung des OGH vom 13.10.1998, Nr. 1997 gyô tsu 214, Minshû 190‒1. 68 T. Ozaki /A. A rimatsu, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 590 f.; A. Negishi /U. Eisele, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rn. 128; im Ergebnis so auch S. Nakahara, Verwaltungsrechtliche Sanktionen und Rechtsdogmatik, 116 f. sowie M. I da, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 23. 69 Artt. 185‒7, 185‒8 FBG. Siehe hierzu auch S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 277; S. Nakahara, Verwaltungsrechtliche Sanktionen und Rechtsdogmatik, 117. 64 65
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III. Zivilrechtliche Haftung Im Falle von Insiderhandel stellt sich die Frage, ob ein Insider gegenüber anderen Anlegern zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet ist. Mit einer zivilrechtlichen Haftung als Reaktion auf Verstöße gegen die Verhaltenspflichten am Kapitalmarkt wird die Erwartung verknüpft, über das Entschädigungsverlangen der Anleger eine Wiedergutmachung für die Zuwiderhandlung zu erreichen und zugleich einen gewissen Abschreckungseffekt zu erzielen. In der Rechtswirklichkeit hat sich das Instrument der zivilrechtlichen Haftung zur Unterbindung von Insiderhandel allerdings als stumpfes Schwert erwiesen, so dass ein effektiver Anlegerschutz auf diese Weise bislang nicht zu erreichen ist. Im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht können neben den Fällen, in denen einzelnen Geschädigten aufgrund einer Treuepflichtverletzung ein Schadensersatz anspruch bereits nach Sec. 10b sowie der Rule 10-b5 zusteht, auf Grundlage des mit dem Reformgesetz im Jahre 1988 (Insider Trading and Securities Fraud Enforcement Act) eingeführten § 20A Securities Exchange Act auch sämtliche weiteren Anleger, die zeitgleich zur Insidertransaktion am Markt gehandelt haben, einen Schadensersatzanspruch gegen den Insider geltend machen.70 Entsprechende Ansprüche der Anleger werden dabei üblicherweise in Form einer Sammelklage (class action) geltend gemacht.71 Im Gegensatz dazu fehlt gegenwärtig im japanischen wie auch im deutschen Insiderrecht eine spezialgesetzliche Regelung, auf die sich das Schadensersatzbegehren eines Anlegers bei Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot stützen könnte.72 Zwar hatte sich der Finanzberatungsausschuss (Kin’yû Shingi-kai) bereits im Jahre 1988 in seinem Abschlussbericht zur Situation und Reform des Insiderrechts grundsätzlich dafür ausgesprochen, notwendige Schritte einzuleiten, um einem geschädigten Anleger gegen den Insider einen effektiv durchsetzbaren Schadensersatzanspruch an die Hand zu geben.73 Da zur Umsetzung zunächst eine eingehende Untersuchung weiterer Fragestellungen zur Klagebefugnis und zum Verfahren erforderlich wären, wurde dieses Vorhaben auch vor dem Hintergrund vordringlicher Reformschritte zurückgestellt.74 Vergleichbar der Problematik im deutschen Recht75 muss sich das Schadensersatzbegehren eines Anlegers in Japan daher nach dem gegenwärtigen Recht ebenfalls auf Anspruchsgrundlagen nach den allgemei70 T. L. H azen, Securities regulation, 335; siehe auch bei S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 281. 71 D. Koenig, Das Verbot von Insiderhandel: Eine rechtsvergleichende Analyse des schweizerischen Rechts und der Regelungen der USA und der EU, 232. 72 H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 111 f.; S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 281. 73 Shôken Torihiki Shingi-kai, Ekonomisuto (1988) 56. 74 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 281. 75 K. Langenbucher , Aktien- und Kapitalmarktrecht, 334; P. Buck-H eeb, Kapitalmarktrecht, 402 ff. Ausführlich auch zum Sanktionsdefizit im Zivilrecht bei M. Binninger, Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion, 109 ff.
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nen Grundsätzen des Zivilrechts stützen. Da das japanische Zivilrecht, und hier insbesondere das Deliktsrecht, durch umfangreiche Rezeptionen aus dem französischem, vor allem aber dem deutschen Recht grundlegend geprägt ist,76 zeigen sich allerdings vergleichbare Schwächen bei der Haftung für Verstöße gegen Marktverhaltensregeln. Im japanischen Zivilrecht werden folglich zwei denkbare Anspruchsgrundlagen diskutiert: Im Falle einer Transaktion direkt zwischen den Beteiligten, einem faceto-face-Geschäft außerhalb des Markts, könnte zum einen dem Insider nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Pflicht obliegen, gegenüber dem Vertragspartner eine Insiderinformation vor Abwicklung des Geschäfts zu offenbaren. Zeigt er seinem Transaktionspartner diese Information nicht an, könnte die Nichterfüllung dieser Pflicht einen vertraglichen Schadensersatzanspruch auslösen (Art. 415 ZG). Bei dem zahlenmäßig wohl häufigeren Fall einer (anonymen) Transaktion am Markt hingegen wäre ein grundsätzlich denkbarer Weg, Schadensersatz aufgrund deliktischer Haftung auf Grundlage der Generalklausel des Art. 709 ZG zu verlangen. Vergleichbar dem deutschen Recht besteht allerdings eine große Hürde in dem Erfordernis, dass es auch nach japanischem Recht im Prozess dem Grundsatz nach dem Geschädigten obliegt, sämtliche Anspruchsvoraussetzungen zu beweisen.77 Für eine deliktische Haftung nach Art. 709 ZG ist der Anspruchsteller daher von der Handlung über die Höhe des Schadens bis zum Kausalzusammenhang und zu den subjektiven Voraussetzungen für alle Tatbestandsmerkmale beweispflichtig.78 So forderte das DG Tokyo bspw. in einer Entscheidung79 aus dem Jahre 1991 vom Kläger, mittels der Aufzeichnungen über die Transaktionen, die zum betreffenden Zeitpunkt der Preisbildung stattgefunden hatten, seine Wertpapierveräußerung und den Wertpapierankauf des Insiders herauszufiltern und nachzuweisen, dass beide Geschäfte kausal miteinander verbunden waren.80 Dieser Nachweis dürfte in der Regel nur schwer oder mit erheblichem Kostenaufwand zu erbringen sein. Die erforderlichen Kosten und der zeitliche Aufwand für einen solchen Prozess dürften vor allem geschädigte Kleinanleger von einer Klageerhebung abschrecken, zumal die individuellen Schadenssummen gewöhnlich gering ausfallen und daher wenig Anreiz besteht, die eigenen Rechte zu verfolgen. Dieser als rationale Apathie bezeichneten Problematik lässt sich mit Mitteln kollektiven Rechtsschutzes wie der bereits erwähnten Sammelklage im US-amerikanischen Recht begegnen. In Süd korea bspw. schuf der Gesetzgeber im Jahre 2005 die Möglichkeit einer Sammelklage und führte zugleich Beweiserleichterungen ein mit dem erklärten Ziel, hierdurch 76 Zur Entstehung des japanischen Zivilgesetzes siehe bei H. Baum /M. Bälz, Rechtsentwicklung, Rechtsmentalität, Rechtsumsetzung, Rn. 16 ff. 77 S. K akiuchi, Erkenntnisverfahren, Vollstreckung, einstweiliger Rechtsschutz, Rn. 90. 78 L. Nottage, Deliktsrecht und Produkthaftung, Rn. 7. 79 Entscheidung des DG Tokyo vom 29.10.1991, Fall Nr. 1989 wa 5678, Kinyû Hômu Jijô 1321 (1992) 23 ff. 80 M. Kondô, Jurisuto 1444 (2012) 38; T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 309 f.; S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 282.
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geschädigten Aktionären einen effektiven Rechtsbehelf an die Hand zu geben, um Verluste ersetzt zu bekommen, die ihnen infolge von Verstößen gegen Verhaltenspflichten am Markt wie Bilanzbetrug, Marktmanipulation und Insiderhandel etc. entstanden.81 Eine vergleichbare Rechtsschutzmöglichkeit wurde teilweise auch für das japanische Insiderrecht befürwortet.82 Allerdings sah der japanische Gesetzgeber bislang – auch aus Sorge vor Missbrauch – davon ab, eine allgemeine Sammelklage im Zivilprozessrecht einzuführen.83 Dass ein solcher kollektiver Rechtsschutzmechanismus von den Aktionären angenommen werden würde, zeigt allein die Beobachtung in der Praxis, dass Anwälte zur Durchsetzung deliktischer Schadensersatzansprüche eine Interessengruppe für geschädigte Aktionäre gründen und dann auf einzelne Anleger einwirken, sich einer Klage anzuschließen (so erhoben etwa 289 Aktionäre im Fall der Eisenbahngesellschaft Seibu Klage auf Schadensersatz im Zusammenhang mit falschen Wertpapierberichten).84 Insgesamt sind somit zivilrechtliche Schadensersatzansprüche bei Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot nur schwer durchzusetzen.85 Immerhin können geschädigte Anleger gem. Art. 185-13 FBG in die Unterlagen des Anhörungsverfahrens Einsicht nehmen und die auf diese Weise erlangten Tatsachen dazu nutzen, ihre Erfolgsaussichten einer Schadensersatzklage zu verbessern.86 Die Einführung einer spezialgesetzlichen Haftungsvorschrift in den Insiderregelungen wäre ein erster Schritt, um die Durchsetzbarkeit von zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen zu stärken. Wie effektiv eine solche Vorschrift allerdings wirkt, hängt letztlich von ihrer konkreten Ausgestaltung ab, wie das Beispiel des Art. 160 FBG verdeutlicht. Zwar haftet nach dieser im Jahre 1992 eingeführten Spezialvorschrift ein Verursacher für Schäden, die Anleger infolge einer Marktmanipulation i. S. v. Art. 159 FBG erleiden. Für den Nachweis der Tatbestandsmerkmale ist allerdings keine Beweis erleichterung zugunsten des Anspruchstellers vorgesehen, so dass sich mangels Beweislastumkehr typischerweise vergleichbare Hürden für den Anspruchsteller ergeben wie im Rahmen von Art. 709 ZG.
81 I.
Lee/J. K. Park, Int’l Fin. L. Rev. 28 (2009) 62 ff. So bspw. im Ergebnis auch C. K irchner, Zur zentralen Rolle der zivilrechtlichen Sanktionen im Recht des Insiderhandels, 681. 83 Als Form kollektiven Rechtsschutzes existiert bspw. die im Jahre 2007 neu eingeführte Verbraucherverbandsklage, mit der Verbraucherverbände zwar keine Schadensersatzforderungen geltend machen, aber Unternehmer auf Unterlassung verbraucherrechtswidriger Handlungen verklagen können. Siehe hierzu M. Lentz, ZJapanR 27 (2009) 241 ff. Daneben wird zukünftig mit Einführung einer Verbrauchersammelklage (consumer class action system) die Möglichkeit für Verbrauchergruppen eröffnet, Schadensersatzansprüche gegenüber Unternehmern in Form des kollektiven Rechtsschutzes geltend zu machen. 84 T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 457 f. 85 S. Fukuoka /M. K amijima, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 41. 86 T. Yamashita /H. K anda, Kin’yû shôhin torihiki-hô gaisetsu, 453, 457 f. 82
B. Rechtliche Folgen von Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot
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IV. Öffentliche Bekanntmachung von Verstößen In japanischen Verwaltungsgesetzen ist als weitere Sanktionsform vorgesehen, Verstöße unter Nennung des Täters öffentlich bekanntzumachen. Der so erzeugte soziale Druck der öffentlichen Meinung soll eine abschreckende Wirkung entfalten und die Erfüllung der gesetzlichen Verhaltenspflichten gewährleisten.87 Vermutlich wird in der japanischen Gesellschaft der Reputationsverlust durch Offenlegung der Zuwiderhandlung als besonders schamvoll empfunden und dürfte daher als wirkungsvoller Anreiz geeignet sein, Gesetzesverstöße zu vermeiden. Angesichts der oftmals schwer zu verfolgenden Verstöße gegen Verhaltenspflichten am Kapitalmarkt bilden abschreckende Maßnahmen eine wesentliche Komponente, um unrechtmäßigem Wertpapierhandel vorzubeugen. Eine Zuwiderhandlung etwa durch einen Angestellten kann für potentielle Anleger ein Hinweis auf eine unzureichende Compliance-Struktur und damit eine nicht sorgfältige Unternehmensleitung sein. Die FSA verfolgt das Ziel, bereits kleinere Verstöße gegen Verhaltenspflichten am Kapitalmarkt mit Geldsanktionen konsequent zu ahnden und bekanntzumachen, um die gewünschte öffentliche Wirkung herbeizuführen. Gibt die SESC bspw. eine Empfehlung zur Verhängung einer Geldsanktion ab, so wird der Beginn des Verfahrens auf der Internetseite der SESC mit dem Namen des betroffenen Unternehmens veröffentlicht. Wird eine Geldsanktion verhängt, so wird dies ebenfalls unter Angabe der betroffenen Personen und Unternehmen veröffentlicht. Ferner werden von der SESC zwei Berichte herausgegeben, die ein weiteres wichtiges Instrument darstellen, um einerseits Transparenz über aktuelle Vorgänge am Kapitalmarkt herzustellen und andererseits das konsequente Vorgehen der Aufsichtsbehörde bei Gesetzesverstößen zu verdeutlichen: Der Jahresbericht über die Aktivitäten der SESC (Shôken Torihiki-tô Kanshi I’inkai no katsudô jôkyô)88 enthält neben Berichten auch statistische Materialien, darunter auch zur Entwicklung der Verfahrenszahlen bei Gesetzesverstößen. Die ebenfalls jährlich erscheinende Fallsammlung zur Geldsanktion (kachô-kin jirei-shû)89 umfasst neben Statistiken vor allem weitergehende Erläuterungen zu ausgewählten Beispielsfällen. Diese Fallbesprechungen heben Besonderheiten problematischer Fälle hervor und liefern bspw. eine detaillierte Analyse zu der Frage, ob eine bestimmte Wertpapiertransaktion unter den bestehenden Gesetzen verboten ist oder nicht. Die Fallsammlung stößt nicht nur aufgrund dieser eingehenden Analysen insbesondere bei den großen japanischen law firms auf positive Resonanz, sondern auch deswegen, weil hier87
S. Nakahara, Verwaltungsrechtliche Sanktionen und Rechtsdogmatik, 115 f. Die Ausgabe von 2014/2015 ist auf der Internetseite der SESC abrufbar auf (jap.) bzw. (engl.). 89 Die aktuelle Ausgabe 2015 ist auf der Internetseite der SESC abrufbar auf . 88
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Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel
durch eine Selbstbindung der Verwaltungsbehörde eintritt und somit eine Richt schnur zur Handhabung fraglicher Fälle vorgegeben wird.90
C. Publizitätspflichten und flankierende Präventivmaßnahmen 1. Publizitätspflichten Insiderregelungen werden typischerweise von präventiven Maßnahmen flankiert, die darauf abzielen, Informationsasymmetrien zu verhindern bzw. abbauen zu helfen und die Transparenz eines Markts zu steigern. Nach dem FBG unterliegen Unternehmen, die an einer Börse notiert oder im Freihandel gelistet sind, bestimmten einmaligen oder wiederkehrenden Publizitätspflichten. Zu den einmaligen Publizitätspflichten zählen Informationspflichten gegenüber der Finanzmarktaufsicht und dem Markt bei der Neuemission von Wertpapieren am Markt. Wiederkehrende Publizitätspflichten umfassen die kapitalmarktrechtliche Verpflichtung zur Abgabe von Finanzberichten etc.91 Im deutschen Recht spielt bezüglich des Abbaus von Informationsasymmetrien am Markt zur Vorbeugung von Insiderhandel die in § 15 WpHG verankerte Ad-hoc-Publizität eine herausragende Rolle. Sie ergänzt zusammen mit der Meldepflicht über Eigengeschäfte in § 15a WpHG sowie dem Führen von Insiderverzeichnissen § 15b WpHG als flankierende Maßnahme das Insiderhandelsverbot.92 Umso erstaunlicher erscheint für den deutschen Betrachter die Tatsache, dass im japanischen Kapitalmarktrecht keine vergleichbare gesetzliche Pflicht zur Abgabe von Ad-hoc-Mitteilungen existiert.93 Zwar besteht für Unternehmen, die im Rahmen wiederkehrender Publizitätspflichten nach Art. 24 Abs. 1 FBG einen jährlichen Wertpapierbericht (yûka shôken hôkoku-sho) abgeben müssen,94 die Pflicht, bei außergewöhnlichen, in Art. 24-5 Abs. 4 FBG i. V. m. Art. 19 Kabinettsverordnung über die Offenlegung von Unternehmensdaten95 näher bestimmten Vorkommnissen, diese ohne Verzögerung an die FSA zu melden (rinji hôkoku-sho).96 Da diese
90 Aussage eines hochrangigen Vertreters der FSA, persönliches Interview mit dem Autor im Februar 2011. 91 Siehe hierzu bei H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 18 ff. 92 P. Buck-H eeb, Kapitalmarktrecht, 415 f. 93 H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 24 f.; J. Yokoyama, Daiwa Institute of Research, Legal and Tax Report (2012) 14. 94 Zu den laufenden Publizitätspflichten siehe H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 21 f. Ausführlich auch bei T. Kotani, Kin’yû shôhin torihiki-hô no kaiji seido, 273 ff. 95 Kigyô naiyô-tô no kaiji ni kansuru naikaku fûrei, Verordnung Nr. 5/1973 i. d. F. der Verordnung Nr. 54/2015. 96 M. Kondô, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô nyûmon, 268; T. Kotani, Kin’yû shôhin torihiki-hô no kaiji seido, 292 ff.
C. Publizitätspflichten und flankierende Präventivmaßnahmen
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Berichte aber nicht notwendigerweise zu veröffentlichen sind, kann das allgemeine Anlegerpublikum die Informationen nicht zeitnah verwenden.97 Ist ein Unternehmen allerdings an einer japanischen Börse notiert, unterliegt es den dortigen Zulassungs- und Handelsregeln. Nach diesen privatrechtlichen Regelwerken sind die Unternehmen verpflichtet, zeitnah und umfassend kursrelevante Informationen zu veröffentlichen (tekiji kaiji-tô oder auch taimurî disukurôjâ vom engl. timely disclosure).98 Viele der nach diesen Regelwerken zu veröffentlichenden kursrelevanten Informationen entsprechen ihrer Art nach den in den Artt. 166, 167 FBG niedergelegten insiderrelevanten Tatsachen bzw. gehen teilweise über diese noch hinaus. Dazu gehören Entscheidungen des Emittenten oder eines Mutter- bzw. Tochterunternehmens über wichtige Vorgänge, wie bspw. über einen Aktientausch, Spaltungsvorgänge, den Rückerwerb eigener Aktien, aber auch Ereignistatsachen, die ohne ein Zutun des Emittenten eintreten und geeignet sind, den Wertpapierkurs zu beeinflussen.99 Beispiele für letztere sind etwa Schäden aufgrund von Natur katastrophen, die Entdeckung von Rohstoffen, ein Lizenzverlust, das Gesuch von Aktionären zur Einberufung einer Aktionärsversammlung u. Ä.100 Werden die Publizitätsvorgaben seitens eines Emittenten nicht eingehalten, greifen spezielle Sanktionsmechanismen der Börsen. Gewöhnlich macht die betreffende Börse ein Fehlverhalten des börsennotierten Unternehmens öffentlich bekannt (naming) und kennzeichnet dessen Aktien als diejenigen eines Regelverletzers (tokubetsu chûi shijô meigara e no shitei). Ferner können die Abgabe eines zu veröffentlichenden Berichts über den Sachverhalt (kaizen hôkoku-sho) sowie die Zahlung einer Vertragsstrafe verlangt werden. Widersetzt sich das börsennotierte Unternehmen, gegen die Auflage einen entsprechenden Bericht einzureichen, kann die Börse auch als drastischere Maßnahme die Börsenzulassung widerrufen und ein Delisting in Gang setzen.101 Vor dem Hintergrund einer fehlenden gesetzlichen Verpflichtung zur Abgabe von Ad-hoc-Mitteilungen kommt der Überwachung von Insiderhandel durch die Kontrollmechanismen der privaten Marktakteure, vor allem durch die Selbstregulierung
97 K.
K anzaki, et al., Shôken torihiki-hô, 268. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 24. Ausführlich zu den öffentlichrechtlichen Berichtspflichten und den privatrechtlichen Publizitätspflichten siehe Y. Kubo, Kôteki kisei to jishu kisei ni yoru disukurôjâ no kôsei to kadai 137 ff. 99 Siehe bspw. die Vorgaben der Börse Tokyo mit Auflistungen kursrelevanter Informationen, die notierte Unternehmen unverzüglich veröffentlichen müssen. Online abrufbar auf (dort in Art. 402-420). 100 Eine Gesamtübersicht der relevanten Informationen, die nach dem Regelwerk der Börse Tokyo unverzüglich zu veröffentlichen sind, findet sich ebenfalls bei S. Inami, in: H. K imeda / Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 664 ff. In englischer Sprache bei Nihon Shôken K eizai K enkyû-jo [Japan Securities R esearch Institute], Securities Market in Japan: 2014, 287. 101 H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 24; S. I nami, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 663 f. 98 H.
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Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel
der Börsen, in der Praxis eine besondere Rolle zu (soft law).102 Auch die bei der Abwicklung von Wertpapiergeschäften zwischengeschalteten Wertpapierdienstleister sind nach Art. 40 Abs. 2 FBG verpflichtet, Strukturen zu schaffen, um unrechtmäßigen Transaktionen im Zusammenhang mit Insiderinformationen vorzubeugen. Daneben sind die Unternehmen selbst dazu angehalten, unternehmensinterne Sicherungsmaßnahmen und Kontrollstrukturen (Compliance) zu schaffen und ihre Corporate Governance entsprechend auszurichten. Dazu gehört bspw. auch die Errichtung von Chinese Walls, um eine unkontrollierte Verbreitung insiderrelevanter Information innerhalb eines Unternehmens zu unterbinden. Erlangt eine Abteilung eines Unternehmens Kenntnis über eine Insiderinformation, so kann sich das Gesamtunternehmen vor dem Vorwurf des Insiderhandels mit dem Argument verteidigen, dass dank der Chinese Wall der übrige Teil des Unternehmens die Informationen nicht erfahren konnte.103 Bei der Errichtung und Unterhaltung einer Compliance-Struktur können börsengelistete Unternehmen und sonstige Marktteilnehmer durch das „Compliance Learning Center“ (COMLEC), einer von der TSE geschaffenen, rechtlich selbständigen Einrichtung, Hilfestellung und Anleitung erhalten. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Vermittlung von relevantem Wissen über kapitalmarktrechtliche Vorschriften und Börsenregularien sowie von praxisbezogenen Hinweisen zum Thema Compliance.104 Auch im Rahmen der generellen Debatte zur Rechtsdurchsetzung (enforcement) zeigt sich, dass die Einbindung von Privaten bei der Überwachung und Verfolgung von Insiderhandel als wichtiger Bestandteil gesehen wird.105 Aus deutscher Sicht mag trotzdem die grundsätzliche Frage aufgeworfen werden, wie effektiv ein Insiderhandelsverbot ohne eine gesetzlich verankerte Ad-hoc-Publizität funktionieren kann. Anscheinend sieht der japanische Gesetzgeber keinen dringenden Bedarf, die bestehenden Publizitätsregeln zu ändern bzw. zu erweitern. Dies mag sicher an den bereits existierenden privatrechtlichen Regelwerken der Börsen liegen. Tatsächlich ist zu beobachten, dass der japanische Gesetzgeber zur Verhinderung von Insiderhandel besonderes Gewicht auf generalpräventive Maßnahmen bzw. das Prinzip Abschreckung setzt. Dies zeigt sich bspw. im Bereich der theoretischen Diskussion über eine mögliche Anwendung des Art. 157 FBG bei bestimmten Erscheinungsformen marktmissbräuchlichen Verhaltens. Hier soll allein die Aussicht auf eine mögliche Anwendung nach Ansicht einiger Vertreter zur Abschreckung dienen. Auch der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion wird neben der Abschöpfung von Gewinnen als hauptsächlicher Zweck eine Abschreckungswirkung zugeschrieben. Wie dargestellt soll dieser Effekt insbesondere durch deren 102 J.
Yokoyama, Daiwa Institute of Research, Legal and Tax Report (2012) 14. H. K ansaku, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 114. 104 Näheres auf der Seite von COMLEC auf . 105 Kritisch zur entsprechenden Situation in Deutschland H.-D. Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, vor § 38 Rn. 15 (Vogel). 103
C. Publizitätspflichten und flankierende Präventivmaßnahmen
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flexiblen Einsatz auch und gerade im Bereich vergleichsweise kleinerer Marktvergehen in Kombination mit der öffentlichen Bekanntgabe des Verstoßes erreicht werden. 2. Transparenzgebote Nach dem FBG müssen Unternehmen, die an einer Börse notiert oder im Freihandel gelistet sind, sowie deren Großaktionäre bei bestimmten Vorgängen Berichts- und Informationspflichten erfüllen. Hierzu zählen vor allem die Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots bei einem außerbörslichen Erwerb von mehr als fünf Prozent bzw. von mehr als einem Drittel der im Umlauf befindlichen Aktien sowie die Berichtspflicht für Großaktionäre, deren Beteiligung an ausgegebenen Stimmrechtsaktien die Fünf-Prozent-Grenze übersteigt.106 Ein weiteres Transparenzgebot am Markt betrifft die Berichtspflicht über Eigengeschäfte bestimmter Angehöriger eines Unternehmens. Diese ist bereits im ersten Kapitel als ein wichtiges Überwachungsinstrument vorgestellt worden, das ursprünglich dem § 16 (a) des US-amerikanischen Securities Exchange Act nachgestaltet und als Art. 188 a. F. in das BWpHG übernommen wurde.107 Nach dem entsprechenden Art. 163 Abs. 1 im heutigen FBG sind Angestellte einer börsennotierten oder im Freiverkehr notierten Gesellschaft und deren Großaktionäre verpflichtet, bis zum 15. Tag des Monats, der auf den Tag der Transaktion folgt, der FSA Eigengeschäfte zu melden, die sie mit spezifizierten Wertpapieren (tokutei yûka shôken) dieser Gesellschaft durchgeführt haben (baibai hôkoku-sho). Welche Personen konkret vom Begriff der Angestellten im Sinne dieser Vorschrift erfasst sind, ist mangels einer Legaldefinition nicht eindeutig. Im Allgemeinen werden zu den meldepflichtigen Personen jedenfalls Verwaltungsräte, Geschäftsführer (shikkô-yaku), Buch- und Rechnungsverantwortliche (kaikei san’yo) sowie gesellschaftsinterne Prüfer (kansa-yaku) gezählt, nicht aber externe Personen, die nur eine beratende Tätigkeit u. Ä. ausüben. Als Großaktionäre der Gesellschaft gelten nach dem Wortlaut des Art. 163 Abs. 1 FBG solche Aktionäre, die selbst oder mit anderen zusammen mindestens zehn Prozent der Stimmrechtsaktien halten. Der Bericht ist grundsätzlich von dem Verpflichteten selbst einzureichen, es sei denn, ein Wertpapierdienstleister wurde mit der Ausführung der Transaktionen beauftragt. Dann ist der Bericht über diesen einzureichen (Art. 163 Abs. 2 FBG). Wird der Berichtspflicht nicht nachgekommen oder ein falscher Bericht eingereicht, kann gegen die betreffenden Personen eine Zuchthausstrafe von bis sechs Monaten bzw. eine Geldstrafe von bis zu 500.000 Yen (ca. 3731 Euro) verhängt werden (Artt. 205 Nr. 19, 207 Nr. 6 FBG). 106 Ausführlich hierzu H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 26 ff. Siehe auch im Rahmen der vorstehenden Ausführungen zum Insiderhandelsverbot nach Art. 167 FBG. 107 Siehe oben S. 39.
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Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel
3. Herausgabe von Gewinnen bei kurzfristigen Transaktionen Eine weitere präventive Maßnahme, um Anreize zu setzen gegen das kurzfristige Ausnutzen von vertraulichen Informationen, die Personen aufgrund ihrer Tätigkeit oder Stellung innerhalb eines Unternehmens erlangt haben, stellt die Regelung des Art. 164 Abs. 1 FBG zu sog. short-swing profits dar.108 Die Vorschrift wurde ursprünglich ebenfalls aus dem US-amerikanischen Kapitalmarktrecht übernommen und dem dortigen § 16 (b) Securities Exchange Act nachgestaltet (Art. 189 BWpHG a. F.). Nach Art. 164 Abs. 1 FBG kann ein Emittent von seinen Angestellten oder Großaktionären109 Spekulationsgewinne herausverlangen, die diese innerhalb einer Sechsmonatsfrist durch den Handel mit Wertpapieren der Gesellschaft erzielen (tanki baibai saeki no henkan, engl. short-swing profits).110 Da es sich um eine spezielle Herausgabepflicht nach dem FBG zur indirekten Unterbindung von Insidergeschäften und nicht um eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht handelt, ist ein Schadenseintritt beim Emittenten bzw. Aktionären keine Voraussetzung.111 Dieser Anspruch besteht also unabhängig davon, ob die in Rede stehenden Gewinne aufgrund eines Insidergeschäfts erlangt wurden oder nicht. Primärer Anspruchsteller ist der Emittent. Verlangt dieser jedoch nicht innerhalb einer Frist von sechzig Tagen, nachdem er entsprechend von einem Aktionär hierzu aufgefordert wurde, die Spekulationsgewinne heraus, kann der Aktionär seinerseits nach Art. 164 Abs. 2 FBG anstelle der Gesellschaft den Gewinn an die Gesellschaft herausverlangen (dai’i seikyû). Obgleich diesem Herausgabeverlangen durch den Aktionär grundsätzlich das gleiche gedankliche Konzept zugrunde liegt, ist es im Unterschied zur gesellschaftsrechtlichen Aktionärsklage nach Artt. 429, 847 GesG zur Geltendmachung des Herausgabeanspruchs nicht erforderlich, dass der Aktionär bereits seit mindestens sechs Monaten durchweg die Aktien des gelisteten Unternehmens hält. Es ist ausreichend, dass der Aktionär zum Zeitpunkt der Geltendmachung Aktien der Gesellschaft besitzt. Zwingend notwendig ist allerdings die Einhaltung der Wartefrist von sechzig Tagen, worin manche Stimmen eine Schwächung der Effektivität sehen.112 Inwiefern die Berichtspflichten über Eigengeschäfte nach Art. 163 FBG und der Gewinnherausgabeanspruch ineinandergreifen, zeigt sich anhand der Regelung des Art. 164 Abs. 4, 5 FBG: Ergibt sich aus einem eingereichten Bericht über Eigenge108 S. I nami, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 632. 109 Der Begriff des Angestellten der Gesellschaft bzw. deren Großaktionär wird im Rahmen des Art. 164 Abs. 1 FBG ebenso ausgelegt wie in Art. 163 Abs. 1 FBG, siehe S. Inami, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 633. 110 H. K anda /H. Baum, Finanzmarktrecht, Rn. 38. 111 S. M atsumoto, Saishin insaidâ torihiki kisei. Kaishaku, jirei, jitsumu taiô, 302. 112 M. Nakahigashi, in: H. K anda, et al., Kin’yû shôhin torihiki-hô konmentâru (4), 78 f.
D. Zusammenfassung
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schäfte, dass Gewinne aus kurzfristigen Transaktionen erzielt wurden, sendet die FSA einen Report an den Betreffenden und fordert ihn auf, zu den Gewinnen innerhalb von zwanzig Tagen eine Stellungnahme abzugeben. Unterbleibt eine Stellungnahme, sendet die FSA eine Kopie an die Gesellschaft, die ihrerseits die Herausgabe der Gewinne geltend machen kann. Im deutschen Recht findet sich mit § 15a Abs. 1 S. 1 WpHG, der die Meldepflicht von Wertpapiergeschäften für bestimmte Führungskräfte eines Unternehmens (directors’ dealings) normiert, eine dem Art. 164 FBG ähnliche Regelung. Neben der Schaffung von Transparenz kommt der Vorschrift nach allgemeinem Verständnis ebenfalls eine präventive Wirkung gegen Insiderhandel zu.113 Im Gegensatz zum japanischen Recht existiert im deutschen Kapitalmarktrecht jedoch keine spezialgesetzliche Regelung zur Gewinnabschöpfung.114 Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht selbst kann lediglich als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 b) WpHG).
D. Zusammenfassung Seit ihrer Gründung wurde die SESC personell stetig ausgebaut und nahm eine immer aktivere und selbstbewusstere Rolle bei der Wahrnehmung ihrer Aufsichts tätigkeit ein. Die SESC verfügt über die Kompetenz u. a. zur routinemäßigen Handelsaufsicht am Kapitalmarkt sowie zur Inspektion von Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistern. Ferner überwacht sie die Einhaltung der im FBG festgelegten Verpflichtungen der Marktteilnehmer. Bei Verdacht auf einen Verstoß gegen Verhaltenspflichten am Kapitalmarkt leitet sie eigenständige Untersuchungen ein und gibt das Verfahren ggf. an die Staatsanwaltschaft ab oder empfliehlt der FSA die Verhängung einer Geldsanktion. Zur Erfüllung ihrer Marktüberwachungsfunktion kooperiert die SESC mit anderen selbstregulierten Marktakteuren wie den Börsen und Wertpapierdienstleistungsvereinigungen wie der JSDA. Die JSDA betreibt wiederum zur Vorbeugung von Insiderhandel das elektronische Datenbanksystem J-IRISS (Japan-Insider Registration and Identification Support System), in dem die Namen potentieller Insider wie Verwaltungsratsmitglieder börsennotierter Unternehmen registriert und verwaltet werden können. Zur Marktaufsicht bedient sich die SESC auch des sog. Compliance WAN (konpuraiansu WAN), eines abgesicherten nationalen Netzwerks zum elektronischen Datenaustausch zwischen der SESC, lokalen Finanzbehörden, den Börsen, Wertpapierfirmen und der JSDA. Der Vorteil dieses Netzwerks liegt nicht nur in der dauerhaften Verfügbarkeit und Sicherung relevanter Transaktionsdaten, 113 H.-D.
Assmann/U. H. Schneider (Hg.), Wertpapierhandelsgesetz, § 15a Rn. 14 (Sethe). Zur rechtspolitischen Frage, ob eine solche Pflicht ins deutsche Recht eingeführt werden soll, siehe ausführlich M. Binninger, Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion (2009); R. Veil, ZGR (2005) 155 ff. 114
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Drittes Kapitel: Verfolgung und Sanktionierung von Insiderhandel
sondern vor allem im zeit- und kostengünstigen Informationsaustausch zwischen den Teilnehmern. Über den ständigen Zugriff auf diese Daten steht der SESC eine effiziente Ex-post-Kontrolle verdächtiger Wertpapiertransaktionen zur Verfügung. Die Rechtsfolge bei einem Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot ergibt sich nicht direkt aus der jeweiligen Verbotsvorschrift. Vielmehr werden im FBG in einer dem WpHG vergleichbaren Systematik gesetzestechnisch die einzelnen Insiderhandelsverbote durch Blanketttatbestände ergänzt, aus denen sich die Rechtsfolge ergibt. In Japan wie in Deutschland werden Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot mit Freiheits- bzw. Geldstrafen, also den Mitteln des Strafrechts als schwerster Sanktionsform, gegen juristische Personen (Geld-)Strafen geahndet. Mangels gesetzlicher Grundlage fallen jedoch der Versuch und das fahrlässige Handeln nicht in den Anwendungsbereich der Strafvorschriften, so dass der Anwendungsbereich der Strafnormen im japanischen Recht enger ist als im deutschen Insiderrecht. Bei Geldstrafen kennt das japanische FBG hingegen im Unterschied zum deutschen Recht die Möglichkeit, neben einer Strafe gegen eine natürliche Person auch gegen eine juristische Person eine (Geld‑)Strafe zu verhängen. Infolge einer weitreichenden Rezeption des kontinentalen, insbesondere des deutschen materiellen Strafrechts weisen beide Rechtsordnungen in diesem Bereich strukturell wie auch inhaltlich Parallelen auf. Beiden Rechtsordnungen ist daher die grundsätzliche Problematik gemein, dass angesichts des Ultima-Ratio-Grundsatzes des Strafrechts, des aufwendigen Verfahrens und der hohen Beweisanforderungen den typischerweise schwer nachzuweisenden Verstößen gegen Verhaltenspflichten am Kapitalmarkt mit Mitteln des Strafrechts nur schwer begegnet werden kann. Dies gilt umso mehr, je geringfügiger die Schwere und Tragweite des Verstoßes sind. In Japan existiert neben den Mitteln des Strafrechts allgemein kein Recht der Ordnungswidrigkeiten. Allerdings steht mit der Einführung einer verwaltungsrechtlichen Geldsanktion (kachô-kin) im Jahre 2005 nunmehr ein Mittel zur Verfügung, auch geringfügigere Verstöße gegen Insiderhandel in einem einfachen und schnellen Verfahren zu ahnden. Als Vorbild diente hierzu die verwaltungsrechtliche Geldsanktion bei Kartellverstößen nach den Vorschriften im AMG. Da bei einem Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot eine strafrechtliche Sanktion mit einer verwaltungsrechtlichen Geldsanktion auch kombiniert verhängt werden kann, stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Verfassungsmäßigkeit unter dem Gesichtspunkt des in Art. 39 JV verankerten Verbots der Doppelbestrafung. Nach Ansicht des OGH verstößt eine solche kumulative Anordnung jedoch nicht gegen die Verfassung. Ähnlich wie das deutsche Recht sieht sich das japanische Insiderrecht mangels spezialgesetzlicher Anspruchsgrundlagen im FBG für eine zivilrechtliche Haftung von Insiderhandel schlecht gerüstet. Notwendig ist daher ein Rückgriff auf das allgemeine Zivilrecht. Vergleichbar dem deutschen Recht besteht eine große Hürde in
D. Zusammenfassung
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dem Erfordernis, dass es dem Grundsatz nach dem Geschädigten obliegt, im Prozess Beweise für sämtliche Anspruchsvoraussetzungen zu erbringen. Für eine deliktische Haftung nach Art. 709 ZG ist der Anspruchsteller daher von der Handlung über die Höhe des Schadens bis zum Kausalzusammenhang und den subjektiven Voraussetzungen für alle Tatbestandsmerkmale beweispflichtig, was in den wenig sten Fällen gelingen wird. Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung in der japanischen Gesellschaft kommt dem generalpräventiven Mittel einer namentlichen Bekanntmachung von Verstößen durch die FSA in der Öffentlichkeit zu (Compliance). Die Vorgehensweise, auch bereits kleinere Verstöße gegen Verhaltenspflichten am Kapitalmarkt mit der Geldsanktion konsequent zu ahnden und bekanntzumachen, stellt eine wichtige Maßnahme dar, mit der die SESC unrechtmäßigem Wertpapierhandel vorzubeugen versucht. Nach dem FBG unterliegen Unternehmen, die an einer Börse oder im Freihandel notiert sind, bestimmten einmaligen oder wiederkehrenden Publizitätspflichten. Im Gegensatz zum deutschen Insiderrecht, wo die in § 15 WpHG verankerte Ad-hoc-Publizität zur Vorbeugung von Insiderhandel eine herausragende Rolle spielt, kennt das japanische Insiderrecht jedoch keine vergleichbare gesetzliche Pflicht zur Abgabe von Ad-hoc-Mitteilungen. Zwar existiert eine besondere Pflicht bei im Gesetz näher bestimmten außergewöhnlichen Vorkommnissen, diese ohne Verzögerung an die FSA zu melden. Da diese Berichte aber nicht notwendigerweise zu veröffentlichen sind, kann das allgemeine Anlegerpublikum die Informationen nicht zeitnah verwenden. Allerdings existieren an den japanischen Börsen mit den Zulassungsund Handelsregeln der Börse privatrechtliche Regelwerke, wonach die notierten Unternehmen verpflichtet sind, zeitnah und umfassend kursrelevante Informationen zu veröffentlichen. Viele der nach diesen Regelwerken zu veröffentlichenden kursrelevanten Informationen entsprechen den in den Artt. 166, 167 FBG niedergelegten insiderrelevanten Tatsachen. Auf diese Weise wird die aus deutscher Sicht bestehende Lücke bei der Ad-hoc-Publizität zumindest teilweise geschlossen. Zu den Insidervorschriften im weiteren Sinne werden schließlich noch das Transparenzgebot der Berichtspflicht über Eigengeschäfte nach Art. 163 FBG und weiterhin der Art. 164 FBG gezählt, nach dem Gewinne aus kurzfristigen Transaktionen herausverlangt werden können.
Schlussbetrachtung A. Das Insiderrecht als Beispiel für einen Rechtsimport im sich wandelnden Kontext Das japanische Insiderrecht ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass trotz der Ähnlichkeit des geschriebenen Rechts (law on the books) die Wirkungen von trans ferierten Regeln in der Rechtswirklichkeit (law in action) der ursprünglichen und der aufnehmenden Rechtsordnung gänzlich verschieden sein können. Über Jahrzehnte war in Japan eine Regel zwar formell in Kraft, blieb jedoch weitgehend „totes Recht“, während sich in den USA auf Grundlage der ursprünglichen Rule 10b-5 eine differenzierte Rechtsprechung und ein effizientes Insiderregime entwickelten. Das gelebte Recht verdeutlicht, dass die rezipierte Regel im japanischen Kontext zur Bekämpfung von Insiderhandel offensichtlich nicht effektiv funktionierte. Für die gänzlich andere Wirkung der aus den USA übernommenen Insiderregelung im japanischen Kontext werden verschiedene Gründe diskutiert. Es zeigt sich vor dem Hintergrund des legal-transplant-Diskurses, dass für eine effektive Wirksamkeit des legal transplant in der aufnehmenden Rechtsordnung den Motiven des Gesetzgebers eine tragende Bedeutung zukommt. Dabei stellt die Übernahme einer schlichten Kopie der ursprünglichen Regelung eine denkbar schlechte Ausgangslage dar und führt in der Regel dazu, dass das legal transplant in der aufnehmenden Rechtsordnung wie ein Fremdkörper wirkt, solange sich der Kontext wesentlich von der ursprünglichen Umgebung der Regelung unterscheidet. Vergleicht man die Vorgehensweise in Japan und Europa, so stellt man fest, dass im Rahmen der gesetzlichen Regelung eines europäischen Insiderrechts das US-amerikanische Insiderrecht bereits bei Übernahme in das europäische bzw. deutsche Recht in Hinblick auf das unterschiedliche Regelungsumfeld des aufnehmenden Rechts angepasst wurde. Dagegen erfolgte die Rezeption des US-amerikanischen Insiderrechts im japanischen Recht im Vergleich zu Europa bzw. Deutschland zwar wesentlich früher, jedoch stellt das japanische Pendant eine fast wortgleiche Kopie der US-amerikanischen Rule 10b-5 dar, die zunächst ohne Anpassung an das unterschiedliche Regelungsumfeld des japanischen Rechts aufgenommen wurde. Diese Vorgehensweise ist den damaligen spezifischen Rahmenbedingungen bei der Übernahme geschuldet. Mit der Einführung eines Insiderrechts nach US-amerikanischem Vorbild verfolgte der japanische Gesetzgeber in erster Linie eine „symbolische Politik“, um letztlich die seitens der US-amerikanischen Besatzungsmacht auferlegten Bedingungen zur
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Wiedereröffnung der Börsen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu erfüllen. Damit unterschieden sich die Motive des japanischen Gesetzgebers gänzlich von den Rahmenbedingungen, unter denen die Insiderregeln in ihrer Heimatrechtsordnung geschaffen wurden. Während die Insiderregelungen in den USA im speziellen Kontext einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise aus einem inneren Reformbedürfnis heraus entstanden, erfolgte die Übernahme dieser Regelungen in einen gänzlich verschiedenen japanischen Kontext allein in Reaktion auf einen äußeren Druck, formal ein Erfordernis zu erfüllen. Überzeugend ist in diesem Zusammenhang der Ansatz mancher Vertreter, wie etwa Small, die die pragmatische Vorgehensweise des japanischen Gesetzgebers bei der Rezeption des Insiderrechts unter dem Gesichtspunkt des für die japanische Gesellschaft charakteristischen Wirklichkeitsdualismus sehen, nach dem zwischen dem formalen Äußeren (tatemae) und dem tatsächlichen inneren Willen (honne) zu unterscheiden sei.1 Bei der Übernahme der ursprünglichen Regelungen erfüllte der japanische Gesetzgeber nach außen hin die formale Ebene (tatemae) der Bedingung, der die Ebene des tatsächlich gelebten Rechts in der Wirklichkeit (honne) gegenübersteht.2 Mangels vergleichbarer Krisen erfahrungen am japanischen Kapitalmarkt unterschied sich dieser rechtliche Kontext in Japan jedoch u. a. darin, dass im Allgemeinen nicht die Überzeugung vorherrschte, Insiderhandel sei etwas Schädliches oder Unmoralisches. Vielmehr galt es als Teil einer geschickten Anlagestrategie, wenn Gewinne durch das Ausnutzen interner Informationen erwirtschaftet wurden. Vor diesem Hintergrund lässt sich das Insiderrecht auch beispielhaft für eine dem japanischen Recht häufig zugeschriebene Eigenschaft anführen, wonach zwischen dem geschriebenen Recht und dem in der Rechtswirklichkeit gelebten Recht oftmals große Unterschiede bestehen. Darüber hinaus kann das japanische Insiderrecht im Rahmen der legal-transplant- Debatte einen Beleg für den Ansatz der Kulturalisten liefern, nach deren Ansicht ohne die Beachtung des jeweiligen Kontexts ein legal transplant wenig effektiv, wenn nicht gar unmöglich ist. Die spätere Entwicklung des japanischen Insiderrechts nach der Reform von 1988 veranschaulicht jedoch, wie ein zunächst erfolgloses legal transplant in der aufnehmenden Rechtsordnung letztlich einen Anstoß dafür geben kann, ein effektives transplant zumindest teilweise zu ermöglichen. Diese Entwicklung setzte jedoch erst zu dem Zeitpunkt ein, als sich auch der japanische Kontext entsprechend zu verändern begann und eine Aktivierung des Insiderrechts sowie ein Wandel der Marktaufsicht aus Sicht des japanischen Gesetzgebers notwendig wurden. Interessanterweise setzte der japanische Gesetzgeber mit seinen Reformen nicht bei dem legal transplant an sich an, sondern schuf neben Art. 157 FBG eigenständige, neue Regelungen wie die Artt. 166, 167 FBG. Obgleich Art. 157 FBG nach Ansicht vieler 1 Zum Ganzen etwa R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 328. Näheres zum Wirklichkeitsdualismus in der japanischen Gesellschaft und dessen Auswirkung auf das Rechtsverständnis bei G. R ahn, Rechtsdenken und Rechtsauffassung in Japan, 52 ff. 2 Siehe hierzu S. 42 ff. oben. R. Small, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2 (2003) 328.
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Schlussbetrachtung
nicht aus dem Gesetz gestrichen werden, sondern zukünftig eine aktivere Rolle übernehmen sollte, bleibt es weiterhin bei dem ursprünglichen Anwendungsdefizit dieser Norm. Unter diesem Gesichtspunkt ließe sich der Standpunkt vertreten, dass das eigentliche legal transplant selbst weiterhin ineffektiv ist, sich aber die Vorstellung vom Nutzen und der Sinnhaftigkeit einer Insiderregelung letztlich im japanischen Recht durchgesetzt und in den zusätzlich geschaffenen Vorschriften ihren Niederschlag gefunden hat. Es ist daher überzeugender, dass die jüngeren Reformen des japanischen Insiderrechts die notwendige Adaption an den Rechtskontext leisteten und damit nicht nur ein effektives transplant zumindest teilweise ermöglicht, sondern mit den neu hinzugefügten Regelungen auch etwas Eigenständiges hervorgebracht wurde. Die gesteigerte Effektivität des legal transplant lässt sich in jüngerer Zeit auch an der Durchsetzung der Insiderregeln in der Rechtswirklichkeit ablesen. Zum einen lässt sich festhalten, dass Insiderhandel in Japan seit den Reformen von 1988 überhaupt verfolgt und sanktioniert wird. Die Fallzahlen in den Statistiken verdeutlichen, dass bei Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot nunmehr strafrechtliche Verfahren eingeleitet werden, wenn auch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Vor dem Hintergrund, dass seit der Rezeption des Insiderrechts aus dem US-amerikanischen Recht nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs über einen weiten Zeitraum hinweg kein einziger Fall von Insiderhandel zur Anklage gebracht wurde, stellt dies jedoch einen entscheidenden Wendepunkt dar. Hinsichtlich der Möglichkeiten einer strafrechtlichen Verfolgung von Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot steht das japanische Recht, das infolge einer weitreichenden Rezep tion des kontinentalen, insbesondere des deutschen materiellen Strafrechts über ähnliche Strukturen verfügt, allerdings vor der grundsätzlichen Schwierigkeit, dass angesichts des Ultima-Ratio-Grundsatzes, des aufwendigen Verfahrens und der hohen Beweisanforderungen den typischerweise schwer nachzuweisenden Verstößen gegen Verhaltenspflichten am Kapitalmarkt mit Mitteln des Strafrechts nur schwer beizukommen ist. Dies gilt umso mehr, je geringfügiger die Schwere und Tragweite des Verstoßes sind, so dass aufgrund dieser Verfahrenshürden zumindest in weniger schwerwiegenden Insiderfällen die Staatsanwaltschaft oftmals von einer Anklageerhebung absah. Mangels eines dem deutschen Recht vergleichbaren Ordnungswidrigkeitsrechts musste im japanischen Recht eine Sanktionsmöglichkeit gefunden werden, die es ermöglicht, auch weniger schwerwiegende Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot zu ahnden. Eine solche Sanktionsmöglichkeit steht seit der Einführung der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion, die dem Muster der verwaltungsrechtlichen Geldsanktion bei Kartellverstößen nachgebildet und 2005 in das FBG übernommen wurde, der FSA zur Verfügung. Ein Grund dafür, dass diese neue Sanktionsmöglichkeit in der Praxis rasch an Bedeutung gewann, wird in den weniger strengen Verfahrensgrundsätzen gesehen, wodurch die Verhängung einer Geldsanktion im Vergleich zu einer strafrechtlichen Verfolgung schneller und einfacher gelingt. Tatsächlich zeigen die Statistiken, dass der überwiegende Teil der
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Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot mit einer solchen verwaltungsrechtlichen Geldsanktion geahndet wird. Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung in der japanischen Gesellschaft kommt dem generalpräventiven Mittel einer namentlichen Bekanntmachung von Verstößen durch die FSA in der Öffentlichkeit zu (naming and shaming). Die SESC sieht in der Vorgehensweise, bereits kleinere Verstöße mit einer Geldsanktion zu ahnden und anschließend bekanntzumachen, eine wichtige Maßnahme, um unrechtmäßigem Wertpapierhandel vorzubeugen. Im Bereich der zivilrechtlichen Haftung wegen Insiderhandels ist das japanische Insiderrecht vergleichbar zu Deutschland jedoch schwächer aufgestellt. Mangels spezialgesetzlicher Anspruchsgrundlagen im FBG ist ein Rückgriff auf das allgemeine Zivilrecht notwendig. Vergleichbar dem deutschen Recht besteht eine große Hürde in dem Erfordernis, dass es dem Grundsatz nach dem Geschädigten obliegt, im Prozess Beweise für sämtliche Anspruchsvoraussetzungen zu erbringen. Für eine deliktische Haftung nach Art. 709 ZG ist der Anspruchsteller daher von der Handlung über die Höhe des Schadens bis zum Kausalzusammenhang und den subjektiven Voraussetzungen für alle Tatbestandsmerkmale beweispflichtig, was jedoch in den wenigsten Fällen gelingen wird. Schließlich spiegelt sich die gesteigerte Effektivität des legal transplant auch in der Tatsache wider, dass das Bewusstsein für die Problematik des Insiderhandels in der japanischen Gesellschaft offensichtlich gestiegen ist und aktuelle Insiderfälle nicht nur Gegenstand der Diskussion im juristischen Schrifttum, sondern auch der Tagespresse sind. Hierzu beigetragen haben sicherlich auch besonders eklatante Fälle, wie der Fall Murakami Fund. Dieser verdeutlicht nicht nur, dass japanische Gerichte im Einzelfall durchaus bereit sind, auch längere Haftstrafen bei Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot zu verhängen, sondern zeigt zugleich, dass nach der Reform der Insiderregeln auch die Anzahl der Insiderfälle vor höherinstanzlichen Gerichten zunimmt und sich hierdurch für die japanischen Gerichte die Möglichkeit einer konkretisierenden Rechtsprechung eröffnet. Im Fall Murakami Fund betraf dies bspw. die Frage, zu welchem Zeitpunkt bei einem zukünftig eintretenden Umstand, der sich in einem sich über mehrere Zwischenschritte hinstreckenden Vorgang verwirklicht, der Anknüpfungspunkt einer Insiderinformation zu sehen sei (bei sog. gestuften Entscheidungsprozessen). Der OGH entschied hierzu, dass es über den Mindestgrad der Realisierbarkeit hinaus keines konkreten Grades einer Eintrittswahrscheinlichkeit bedürfe, um die Entscheidung als Insidertatsache zu qualifizieren. In der Konsequenz lehnte der OGH damit die Ermittlung der Wesentlichkeit der Insidertatsache mittels eines probability-magnitude-Tests nach Vorbild des US Supreme Court ab. Im Vergleich zum EuGH, der zu dieser Problematik im Rahmen des Verfahrens Geltl/Daimler Stellung beziehen musste, legte der OGH einen sehr frühen Zeitpunkt fest: Während nach der Rspr. des EuGH mit dem Kriterium der „hinreichenden Wahrscheinlichkeit“ wohl nur solche zukünftigen Ereignisse als „wahrscheinlich“ angesehen werden sollten, die überwiegend wahrscheinlich seien (mindestens fünfzig Prozent), forderte der OGH keine überwiegende
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Schlussbetrachtung
Wahrscheinlichkeit, sondern ließ jeden Grad über einer Minimalschwelle ausreichen. Demnach liegt die Untergrenze nach der Rspr. des EuGH offensichtlich höher als im japanischen Insiderrecht, was wiederum für das japanische Recht bedeutet, dass Zwischenschritte eines gestuften Entscheidungsvorgangs nach der Rspr. des OGH vergleichsweise früh als eine Insiderinformation zu qualifizieren sind. Vor dieser Auslegung wird die Tragweite der Entscheidung des OGH im Fall Murakami Fund auch für die Praxis deutlich. Nicht zuletzt verdeutlichen diese beiden höchstrichterlichen Entscheidungen in den Fällen Geltl/Daimler bzw. Murakami Fund die Aktualität und Praxisrelevanz der Thematik Insiderhandel in beiden Ländern. Es zeigt sich aber auch, dass die japanische Rechtsprechung erst durch die Aktivierung der japanischen Insiderregeln vor vergleichbaren Fragestellungen steht. Es wäre wünschenswert, dass dieser Trend anhält und die japanische Rechtsprechung weitere Gelegenheit findet, ähnlich wie im Fall Murakami Fund, Stellung zu beziehen.
B. Praxistauglichkeit und weiterer Reformbedarf Aktuell richtet sich die Kritik in der Lehre und vor allem auf Seiten der Wirtschaft3 überwiegend gegen die Komplexität und die von vielen empfundene Unausgewogenheit der japanischen Regelung im Vergleich zu den Insiderregelungen anderer Rechtsordnungen. In der Tat erscheint die Vorgehensweise unsystematisch, kasuistische Auflistungen auf der einen Seite mit Auffangvorschriften auf der anderen Seite zu kombinieren. Für das japanische Insiderrecht sind daher klare Regelungen wünschenswert. Allerdings zeigt sich, dass die Vorstellungen von Teilen der Lehre und der Wirtschaft, wie dieses Ziel zu erreichen ist, nur schwer miteinander vereinbar sind: Während auf der einen Seite Teile der Lehre für die Aufgabe der kasuistischen Regelungstechnik zugunsten einer Anwendung von Generalklauseln eintreten, möchte die Praxis zwecks Vorhersehbarkeit einer möglichen Strafbarkeit an der formalistischen Regelungstechnik weiterhin festhalten und im Gegenzug abstrakte Elemente wie die Auffangvorschriften abschaffen.4 Unabhängig von der bisherigen Entwicklung hin zu einem teilweise effektiven legal transplant scheint das japanische Insiderrecht im internationalen Vergleich weiterhin schwächer gerüstet zu sein. Im Vergleich zum deutschen Insiderrecht zeigt sich bspw., dass das japanische Insiderrecht, insbesondere was den Kreis der (Primär- und Sekundär‑)Insider und die möglichen Insiderinformationen betrifft, deutlich enger ist. Dies ist eine direkte Folge der gesetzgeberischen Intention, den Anwendungsbereich der Artt. 166, 167 FGB nicht nur möglichst konkret vorzugeben, sondern ihm zugleich hinsichtlich der potentiellen Insider und der relevanten K eidanren, Shôji Hômu 1687 (2004) 37‒39; M. Shitani, Jurisuto 1438 (2012) 37. S. Osaki, NRI Papers 190 (2013) 7.
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Insiderinformationen einer engeren Verbindung zum Emittenten bzw. Bieter scharf zu begrenzen. Demgegenüber verfolgt das deutsche Insiderrecht einen offeneren Zugriff, der über die Begriffe des Insiderpapiers und der Insiderinformation in den §§ 12, 13 WpHG als den zwei tragenden Pfeilern der Systematik erfolgt. Die von japanischer Seite vorgebrachte Begründung, wegen des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots sei ein eindeutig festgelegter und vorhersehbarer Anwendungsbereich der Vorschriften vonnöten, überzeugt daher unter dem Gesichtspunkt vergleichbarer Grundsätze im deutschen Strafrecht nur bedingt. Das japanische Insiderrecht scheint allerdings derzeit erneut an einem Wendepunkt angelangt zu sein. Symptomatisches Zeichen hierfür ist, dass auch der Reformdruck von außen tendenziell wieder zunimmt. So häufen sich in jüngerer Zeit Zeitungsartikel, in denen am Finanzplatz Japan erneut Kritik geübt und stärkere Transparenz sowie Fairness angemahnt werden.5 Auslöser der Stellungnahmen waren skandalträchtige Vorfälle der jüngeren Vergangenheit, darunter einige Insiderfälle größeren Ausmaßes, bei denen die Weitergabe von Insiderinformationen durch Finanzmarktintermediäre im Fokus stand.6 Das Beispiel eines Insiderfalls, in dem ein Angestellter eine E-Mail mit Geschäftsinterna aus Versehen an viele Empfänger versendete,7 verdeutlicht zudem die gewachsene Gefahr einer schnellen und nur schwer kontrollierbaren Verbreitung von Insiderinformationen auch durch den Einfluss neuer Informationstechnologien.8 Die vor dem Hintergrund dieser aktuellen Geschehnisse umgesetzte Reform, mit der seit 2014 nunmehr auch die Weitergabe von Insiderinformationen sowie das Verleiten zum Insiderhandel vom Insiderhandelsverbot erfasst werden, schließt in diesem Zusammenhang eine im internationalen Vergleich bedeutende Lücke im japanischen Insiderrecht.
5 Beispielsweise: „Muddy Waters: The Deep Roots of Insider Trading“, The Economist, 16. Juni 2012 auf ; B. McLannahan, Japan insider trading fears reawaken, Financial Times, 22. April 2012 (abgerufen auf ); „Exklusiv-Untersuchungen zu Insider-Handel bei JPMorgan in Japan“, Reuters, 29. Mai 2012 (abgerufen auf ) 6 Siehe hierzu auch die Übersicht bei S. Osaki, NRI Papers 190 (2013) 3. 7 K. G otô, Shôji Hômu 1895 (2010) 27; M. Shimakage, Kaikei Kansa Jânaru 663 (2010) 103 f. 8 Siehe hierzu M. H ayashi, Hastings Comm. & Ent.L.J. 23 (2000) 157.
Anhang A. Auszug relevanter Gesetzesmaterialien I. Japanische Gesetze 1. Finanzprodukte- und Börsengesetz (FBG)1 Chapter I General Provisions Article 1 (Purpose) The purpose of this Act is, inter alia, by developing systems for disclosure of corporate affairs and other related matters, providing for necessary matters relating to persons who engage in Financial Instruments Business and securing appropriate operation of Financial Instruments Exchanges, to ensure fairness in, inter alia, issuance of the Securities and transactions of Financial Instruments, etc. and to facilitate the smooth distribution of Securities, as well as to aim at fair price formation of Financial Instruments, etc. through the full utilization of functions of the capital market, thereby contributing to the sound development of the national economy and protection of investors.
Chapter VI Regulations on Transactions, etc. of Securities Article 157 (Prohibition of Wrongful Acts) No person shall conduct the following acts: (i) to use wrongful means, schemes or techniques with regard to Sales and Purchase or Other Transactions of Securities or Derivative Transactions, etc.; (ii) to acquire money or other property, using a document or other indication which contains false indication on important matters, or lacks indication about important matters necessary for avoiding misunderstanding, with regard to Sales and Purchase or Other Transactions of Securities or Derivative Transactions, etc.; or (iii) to use false quotations in order to induce Sales and Purchase or Other Transactions of Securities or Derivative Transactions, etc. Article 158 (Prohibition of Spreading Rumor, Using Fraudulent Means, Committing Assault or Intimidation) No person shall spread rumor, use fraudulent means, or commit assault or intimidation for the purpose of carrying out a Public Offering, Secondary Distribution, Sales and Purchase or Other Transaction of Securities or Derivative Transactions, etc. or causing a fluctuation of 1 Früher Wertpapierbörsen- und Wertpapierhandelsgesetz, Gesetz Nr. 25/1948, neu gefasst durch Gesetz Nr. 65/2006, engl. Übersetzung i. d. F. des Gesetzes Nr. 56/2013. Quelle, soweit nicht anders angegeben: Internetseite des Justizministeriums (Japanese Law Translation), abrufbar unter .
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quotations on Securities, etc. (meaning Securities, Options, or Financial Instruments (excluding Securities) or Financial Indicator pertaining to derivatives; the same shall apply in Articles 168(1), 173(1) and 197(2)). Article 159 (Prohibition of Market Manipulation, etc.) (1) No person shall commit the following acts for the purpose of misleading other persons into believing sales and purchase of Securities (limited to sales and purchase of Securities listed in a Financial Instruments Exchange, Over-the-Counter Traded Securities or Tradable Securities; hereinafter the same shall apply in this Article), Market Transactions of Derivatives or Over-the-Counter Transactions of Derivatives (limited to those pertaining to Financial Instruments listed in a Financial Instruments Exchange, Over-the-Counter Traded Securities or Tradable Securities (including Financial Indicators calculated based on prices or interest rates thereof) or Financial Indicators listed in a Financial Instruments Exchange; hereinafter the same shall apply in this Article) are thriving or otherwise misleading other persons about state of these transactions: (i) to conduct fake sales and purchase of Securities, fake Market Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(21)(i)) or fake Over-the-Counter Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(22)(i)) without purpose of transfer of right; (ii) to conduct fake Market Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(21)(ii), (iv) and (v)) or fake Over-the-Counter Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(22)(ii), (v) and (vi)) without the purpose of paying or receiving money; (iii) to conduct fake Market Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(21)(iii)) or fake Over-the-Counter Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(22)(iii) and (iv)) without the purpose of granting or acquiring of Options; (iv) to sell Financial Instruments (limited to sales conducted through transaction specified in Article 2(21)(i) or 2(22)(i) in the case of Financial Instruments other than Securities) based on collusion made in advance with another party in which the other party promises to purchase the Financial Instruments at the same price and around the same time the seller sells them (limited to purchase conducted through transaction specified in Article 2(21)(i) or 2(22)(i) in the case of Financial Instruments other than Securities); (v) to purchase Financial Instruments (limited to purchase conducted through transaction specified in Article 2(21)(i) or 2(22)(i) in the case of Financial Instruments other than Securities) based on collusion made in advance with another party in which the other party promises to sell the Financial Instruments at the same price and around the same time as the purchaser purchases them (limited to sales conducted through transaction specified in Article 2(21)(i) or 2(22)(i) in the case of Financial Instruments other than Securities); (vi) to make an offer for Market Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(21)(ii)) or Over-the-Counter Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(22)(ii)) based on collusion made in advance with another party in which the other party promises to accept the offer around the same time as the offer is made and at the same Agreed Figure as offered in the offered transaction; (vii) to make an offer for Market Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(21)(iii)) or Over-the-Counter Transactions of Derivatives (limited to
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those specified in Article 2(22)(iii) and (iv)) based on collusion made in advance with another party in which the other party promises to accept the offer around the same time as the offer is made and at the same amount of consideration as offered for the offered transaction; (viii) to make an offer for Market Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(21)(iv) and (v)) or Over-the-Counter Transactions of Derivatives (limited to those specified in Article 2(22)(v) and (vi)) based on collusion made in advance with another party in which the other party promises to accept the offer around the same time as the offer is made and at the same conditions as set in the offered transaction; or (ix) to making Entrustment, etc. or Accepting an Entrustment, etc. of acts listed in the preceding items. (2) No person shall commit any of the following acts for the purpose of inducing sales and purchase of Securities, Market Transactions of Derivatives or Over-the-Counter Transactions of Derivatives (hereinafter referred to “Sales and Purchase of Securities, etc.” in this Article): (i) to conduct a series of Sales and Purchase of Securities, etc. or make an offer, Entrustment, etc. or Accepting an Entrustment, etc. therefor that would mislead other persons into believing that Sales and Purchase of Securities, etc. are thriving or would cause fluctuations in prices of Listed Financial Instruments, etc. (meaning Financial Instruments, Financial Indicators or Options listed in Financial Instruments Exchange Market; hereinafter the same shall apply in this Article) in a Financial Instruments Exchange Market or prices of Over-the-Counter Traded Securities in an Over-the- Counter Securities Market; (ii) to spread a rumor to the effect that prices of Listed Financial Instruments, etc. in a Financial Instruments Exchange Market or prices of Over-the-Counter Traded Securities in an Over-the-Counter Securities Market would fluctuate by his/her own or other party’s market manipulation: or (iii) to intentionally make a false indication or an indication that would mislead other parties with regard to important matters when making Sales and Purchase of Securities, etc. (3) No person shall conduct a series of Sales and Purchase of Securities, etc. or make offer, Entrustment, etc. or Accepting an Entrustment, etc. therefor in violation of a Cabinet Order for the purpose of pegging, fixing or stabilizing prices of Listed Financial Instruments, etc. in a Financial Instruments Exchange Market or prices of Over-the-Counter Traded Securities in an Over-the-Counter Securities Market. Article 160 (Liability for Damages by Market Manipulation, etc.) (1) A person who has violated the provisions of the preceding Article shall be liable for the damages suffered by any person who conducted, or entrusted another person with, sales and purchase of the Securities in a Financial Instruments Exchange Market, Market Transactions of Derivatives, sales and purchase of Securities in an Over-the-Counter Securities Market or sales and purchase of Tradable Securities (hereinafter referred to “Sales and Purchase of Securities, etc. in a Financial Instruments Exchange Market, etc.” in this paragraph) for the Financial Instruments, Financial Indicators or Options whose prices, Agreed Figures or amounts of compensations were formed by said violation, at the so-formed prices, Agreed Figures or amounts of compensations, from the Sales and Purchase of Securities, etc. in a Financial Instruments Exchange Market, etc. or the entrustment thereof.
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(2) The right to claim damages under the preceding paragraph shall be extinguished by prescription when such right is not exercised within one year from the time the person who is entitled to claim damages learns that an act in violation of the provisions of the preceding Article has been committed or within three years from the performance of such act. Article 164 (Restitution by Officer, etc. of Listed Company, etc. of Profits Arising from Sales and Purchases Conducted in a Short Term) (1) For the purpose of preventing wrongful use by Officers or Major Shareholders of a Listed Company, etc. of secret information they have obtained in the course of their duty or by virtue of their position, a Listed Company, etc. may request its Officer or Major Shareholder who makes Sales, etc. of Specified Securities, etc. of the Listed Company, etc. within six months after having made Purchase, etc. of them for his/her own account, or makes Purchase, etc. of Specified Securities, etc. of the Listed Company, etc. within six months after having made Sales, etc. of them for his/her own account, to provide the Listed Company, etc. with profits earned by such Sales, etc. and Purchase, etc. (2) W here a Listed Company, etc. fails to make a request under the preceding paragraph within 60 days from the day when a shareholder (including a member who is an insurance policy holder, or an Equity Investor; hereinafter the same shall apply in this paragraph) of the Listed Company, etc. has requested the Listed Company, etc. to make the request under the preceding paragraph, the shareholder may make the request in subrogation of the Listed Company, etc. (3) The right to make request to an Officer or Major Shareholder of a Listed Company, etc. under the preceding two paragraphs shall be extinguished by prescription when such right is not exercised within two years from the time the claimant has obtained the right. (4) When it is found from the report provided in the preceding Article that an Officer or Major Shareholder of a Listed Company, etc. has gained profits as specified in paragraph (1), the Prime Minister shall send a copy of the portion of the report pertaining to the profits (hereinafter referred to as a “Document Relating to Profit” in this Article) to the Officer or Major Shareholder, and if no application under the following paragraph is filed within the period specified therein with regard to the Document Relating to Profit, then the Prime Minister shall send a copy of the Document Relating to Profit to the Listed Company, etc.; provided, however, that this shall not apply to cases where the Prime Minister becomes aware of the fact that profits referred to in paragraph (1) have already been provided to the Listed Company, etc. before a copy of the Document Relating to Profit is sent to the Officer or Major Shareholder or the Listed Company, etc. (5) Where a copy of the Document Relating to Profit is sent to an Officer or Major Shareholder of the Listed Company, etc. under the main clause of the preceding paragraph, if the Officer or Major Shareholder finds that he/she has not made the Sales and Purchase, etc. as stated in the copy of the Document Relating to Profit, he/she may file an application to that effect to the Prime Minister within a period not exceeding 20 days from the day he/ she receives the copy of the Document Relating to Profit. (6) When an application to the effect that the Officer or Major Shareholder has not made the Sales and Purchase, etc. as stated in the copy of the Document Relating to Profit is filed by the Officer or Major Shareholder under the preceding paragraph, the portion pertaining to the application shall be deemed, for the purpose of application of the main clause of paragraph (4), to be not included in the report submitted to the Prime Minister under paragraph (1) of the preceding Article. (7) When a copy of the Document Relating to Profit has been sent to the Listed Company, etc. under paragraph (4), the Prime Minister shall make the copy of the Document Rela-
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ting to Profit available for public inspection for the period starting from the day on which 30 days have elapsed from the day the copy is sent and ending on the day the right to request under paragraph (3) is extinguished (or the day the Prime Minister becomes aware of the fact that the profits referred to in paragraph have already been provided to the Listed Company, etc., if he/she becomes aware of the fact before extinguishment of the right to request); provided, however, that this shall not apply to cases where the Prime Minister becomes aware of the fact that the profits referred to in paragraph (1) have already been provided to the Listed Company, etc. before making the copy of the Document Relating to Profit available for public inspection. (8) The provisions to the preceding paragraphs shall not apply to cases where the Major Shareholder is not a Major Shareholder either at the time when he/she has made the Purchase, etc. or at the time he/she has made the Sales, etc., or to cases so specified by a Cabinet Office Ordinance in consideration of the manner of Purchase, etc. or Sales, etc. conducted by an Officer or Major Shareholder or other circumstances. (9) In the case that the Prime Minister, under paragraph (4), finds that an Officer or Major Shareholder of Listed Company, etc. gained profits as provided in paragraph (1), the method to be used for calculating the profits shall be specified by a Cabinet Office Ordinance. Article 166 (Prohibited Acts of Corporate Insiders) (1) A person listed in any of the following items (hereinafter referred to as a “Corporate Insider” in this Article) who has come to know a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters of a Listed Company, etc. (in the case of a Corporate Insider pertaining to a Subsidiary Company of the Listed Company, etc. (excluding a person who falls under the category of Corporate Insider pertaining to the Listed Company, etc.), limited to any Material Fact Pertaining to Business or Other Matters of the Subsidiary Company that are listed in items (5) to (8) of the following paragraph; the same shall apply hereinafter) in a manner as prescribed in the respective items shall not make sales or purchase, other types of transfer for value or acceptance of such transfer for value, or Derivative Transactions (hereinafter referred to as “Sales and Purchase, etc.” in this Article) of Specified Securities, etc. pertaining to the Listed Company, etc. before the material facts pertaining to business or other matters are Publicized. The same shall apply for one year to a Corporate Insider who comes to know a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters of the Listed Company, etc. in a manner as prescribed in any of the following items even after he/she ceased to be a Corporate Insider listed in the items: (i) an Officer (in cases where the accounting advisor is a juridical person, a member of the accounting advisor), agent, employee or other worker (hereinafter referred to as “Officers, etc.” in this and the following Article) of the Listed Company, etc. (including its Parent Company and Subsidiary Companies; hereinafter the same shall apply in this paragraph): where such Officers, etc. has come to know a material fact in the course of his/her duty; (ii) a shareholder who has the right prescribed in Article 433(1) of the Companies Act, an ordinary equity investor prescribed in the Act on Preferred Equity Investment who is specified by a Cabinet Office Ordinance as being deemed to have the right similar to said right, or a member who has the right prescribed in Article 433(3) of said Act of the Listed Company, etc. (including an Officer, etc. of such a shareholder, ordinary equity investor or member in cases where such a shareholder, ordinary equity investor or member is a juridical person (including an organization without judicial personality for which the representative person or administrator has been
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designated; hereinafter the same shall apply in this Article and the following Article), and an agent or employee of such a shareholder, ordinary equity investor or member in cases where such a shareholder, ordinary equity investor or member is a person other than a juridical person): where such a shareholder, ordinary equity investor or member has come to know a material fact in the course of exercise of the right; (iii) a person who has statutory authority over the Listed Company, etc.: where such a person has come to know a material fact in the course of exercise of the authority; (iv) a person other than an Officer, etc. of the Listed Company, etc. who has concluded, or is in negotiation to conclude, a contract with the Listed Company, etc. (including an Officer, etc. of such a person in cases where such a person is a juridical person, and an agent or employee of such a person in cases where such a person is a person other than a juridical person): where such a person has come to know a material fact in the course of conclusion of, negotiation for, or performance of the contract; and (v) an Officer, etc. of a person listed in item (ii) or the preceding item who is a juridical person (limited to the Officer, etc. of the juridical person in cases where other Officer, etc. of the juridical person, for which said Officer, etc. works, comes to know a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters of a Listed Company, etc. as prescribed in item (ii) or the preceding item): where such an Officer, etc. has come to know a material fact in the course of his/her duty. (2) The term “Material Fact Pertaining to Business or Other Matters” as used in the preceding paragraph means any of the following facts (excluding a fact which is regarded under the criteria specified by a Cabinet Office Ordinance as one that may have only minor influence on investors’ Investment Decisions with regard to item (i), (ii), (v) and (vi)): a decision by the organ of the Listed Company, etc. which is responsible for mak(i) ing decisions on the execution of the operations of the Listed Company, etc. to carry out any of the following matters, or a decision by said organ not to carry out the matter which is decided to be carried out in such a decision (limited to acts that have already been Publicized): (a) solicitation of persons who subscribe for shares issued or treasury shares disposed of by a stock company (including persons who subscribe for preferred equity investment issued by a Cooperative Structured Financial Institution) as prescribed in Article 199(1) of the Companies Act (including solicitation to be made under laws and regulations in a foreign state equivalent to that provision of the Companies Act (limited to cases where the Listed Company, etc. is a foreign company; hereinafter the same shall apply in this Article) in the case of solicitation for persons who subscribe for treasury shares), or solicitation of persons who subscribe for Share Options for Subscription as prescribed in Article 238(1) of said Act; (b) reduction of the amount of the stated capital; (c) reduction of the amount of capital reserve or retained earnings reserve; (d) acquisition of its own shares by the Listed Company, etc. as prescribed in Article 156(1) of the Companies Act (including the cases where it is applied by replacing certain terms under the provisions of Articles 163 and 165 (3) of said Act) or under laws and regulations in a foreign state equivalent to these provisions of said Act (limited to cases where the Listed Company, etc. is a foreign company; hereinafter the same shall apply in this Article);
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(e) allotment of share without contribution; (f) share split (including split of preferred equity investment prescribed in the Act on Preferred Equity Investment); (g) dividend of surplus; (h) share exchange; (i) share transfer; (j) merger; (k) company split; (l) transfer or acquisition of transfer of whole or part of its business; (m) dissolution (excluding dissolution as a result of merger); (n) commercialization of new products or new technology; or (o) business alliance or other matters specified by a Cabinet Order as those equivalent to the matters listed in (a) to (n). (ii) the occurrence of any of the following facts in the Listed Company, etc.: (a) damage arising from disaster or in the course of performing operations; (b) any change of its Major Shareholders; (c) facts that may be a ground for delisting or recession of registration of Regulated Securities or Options pertaining thereto; or (d) matters specified by a Cabinet Order as those equivalent to the matters listed in (a) to (c). (iii) existence of difference (limited to that which is regarded under the criteria specified by a Cabinet Office Ordinance as a difference that may have a material influence on investors’ Investment Decisions) between, on one hand, the latest Publicized forecasts (or Publicized actual figures of the preceding business year in the case of lack of such forecasts) of net sales, current profits or net income (hereinafter referred to as “Net Sales, etc.” in this Article) or of the dividend prescribed in (g) of item (i) of the Listed Company, etc. or of Sales, etc. of the Corporate Group to which the Listed Company, etc. belongs, and, on the other hand, new forecasts thereof newly prepared by the Listed Company, etc. or the results in the settlement of account for the business year of the Listed Company, etc.; (iv) in addition to the facts specified in the preceding three items, material facts concerning operation, business or property of the Listed Company, etc. that may have a significant influence on investors’ Investment Decisions; (v) a decision by the organ of a Subsidiary Company of the Listed Company, etc. which is responsible for making decisions on the execution of the operations of the Subsidiary Company to have the Subsidiary Company carry out any of the following matters, or a decision by said organ not to have the Subsidiary Company carry out the matter which is decided to be carried out in such a decision (limited to acts that have already been Publicized): (a) share exchange; (b) share transfer; (c) merger; (d) company split; (e) transfer or acquisition of transfer of whole or part of its business; (f) dissolution (excluding dissolution as a result of merger); (g) commercialization of new products or new technology; or (h) business alliance or other matters specified by a Cabinet Order as those equivalent to the matters listed in (a) to (g).
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(vi) occurrence of any of the following facts in a Subsidiary Company of the Listed Company, etc.: (a) damage arising from disaster or in the course of performing operations; or (b) any of the matters specified by a Cabinet Order as those equivalent to the matter specified in (a). (vii) existence of difference (limited to that which is regarded under the criteria specified by a Cabinet Office Ordinance as a difference that may have a material influence on investors’ Investment Decisions) between, on one hand, the latest Publicized forecasts (or Publicized actual figures of the preceding business year in the case of lack of such forecasts) of Net Sales, etc. of a Subsidiary Company (limited to a Subsidiary Company which has issued Securities specified in Article 2(1)(v), (vii) or (ix) and listed in a Financial Instruments Exchange or other Subsidiary Company specified by a Cabinet Office Ordinance) of the Listed Company, etc., and, on the other hand, new forecasts thereof newly prepared by the Subsidiary Company or the results in the settlement of account for the business year of the Subsidiary Company; or (viii) in addition to the facts specified in the preceding three items, material facts concerning operation, business or property of a Subsidiary Company of the Listed Company, etc. that may have a significant influence on investors’ Investment Decisions. (3) A person who has received from a Corporate Insider (including a Corporate Insider prescribed in the second sentence of paragraph (1); hereinafter the same shall apply in this paragraph) information on a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters referred to in paragraph (1) that the Corporate Insider has come to know in a manner as prescribed in any of the items of said paragraph (excluding a person who is listed in any of the items of said paragraph and has come to know the Material Fact Pertaining to Business or Other Matters in a manner as prescribed in the respective items of said paragraph), or other Officer, etc. of a juridical person who comes to know such a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters in relation to the duty of a person who also belongs to the juridical person and has received information on the Material Fact Pertaining to Business or Other Matters in the course of his/her duty, shall not make sales or purchases, etc. of Regulated Securities, etc. of the Listed Company, etc. before the Material Fact Pertaining to Business or Other Matters is Publicized. (4) The term “Publicized” as used in paragraph (1), items (i), (iii), (v) and (vii) of paragraph (2) and the preceding paragraph means taking, by the Listed Company, etc. or the Subsidiary Company of the Listed Company, etc., of measures specified by a Cabinet Order as those for making information available to a large number of persons with regard to the Material Fact Pertaining to Business or Other Matters referred to in paragraph (1) of the Listed Company, etc., the decision by the organ of the Listed Company, etc. which is responsible for making decisions on the execution of the operations of the Listed Company, etc., Net Sales, etc. or the dividend prescribed in (g) of item (i) of paragraph (2) of the Listed Company, etc., Sales, etc. of the Corporate Group to which the Listed Company, etc. belongs, the decision by the organ of the Subsidiary Company of the Listed Company, etc. which is responsible for making decisions on the execution of the operations of the Subsidiary Company or Net Sales, etc. of the Subsidiary Company of the Listed Company, etc. (in the case of the Subsidiary Company, limited to the Material Fact Pertaining to Business or Other Matters referred to in paragraph (1) of the Subsidiary Company, the decision by the organ of the Subsidiary Company which is responsible for making decisi-
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ons on the execution of the operations of the Subsidiary Company or Net Sales, etc. of the Subsidiary Company; hereinafter the same shall apply in this paragraph), or making documents specified in Article 25(1) (excluding documents specified in Article 25(1)(xi)) submitted by the Listed Company, etc. or the Subsidiary Company of Listed Company, etc. available for public inspection under Article 25(1) in cases where the above-mentioned matters are stated in these documents. (5) The term “Parent Company” as used in paragraph (1) and the following Article means a company which falls under the category of company specified by a Cabinet Order as that have a control of another company (including a Cooperative Structured Financial Institution; hereinafter the same shall apply in this paragraph) as specified by a Cabinet Order, and the term “Subsidiary Company” as used in this Article means a company stated as a company which belongs to the Corporate Group to which another company belongs in the latest statement prescribed in Article 5(1), the latest Annual Securities Report prescribed in Article 24(1), the latest Quarterly Securities Report prescribed in Article 24-4-7(1) or (2), or the latest Semiannual Securities Report prescribed in Article 24-5(1) submitted by the other company which have been made available for public inspection under Article 25(1). (6) The provisions of paragraphs (1) and (3) shall not apply to the following cases: (i) where a person who has the right prescribed in Article 202(1)(i) of the Companies Act (including the right to receive an allotment of preferred equity investment prescribed in the Act on Preferred Equity Investment) acquires share certificates (including preferred equity investment certificates prescribed in the Act on Preferred Equity Investment) by exercising said right; (ii) where a person who has a share option acquires share certificates by exercising said share option (ii) -2 a person who has acquired an option pertaining to Regulated Securities, etc. makes Sales and Purchase, etc. of Regulated Securities, etc. by exercising the option; (iii) where purchase of shares is demanded under Articles 116(1), 469(1), 785(1), 797(1) or 806(1) of the Companies Act or sales or purchases, etc. is made under statutory obligations; (iv) where purchase (or acquisition, in case of an option; the same shall apply in the following item) or other type of acceptance of transfer for value of Regulated Securities, etc. of the Listed Company, etc. or an option pertaining to sales and purchase thereof (limited to an option of which exercise will place the person exercising it in the position of the buyer in the transaction to be conducted based on it) is made in response to a request made by a decision of the board of directors of the Listed Company, etc. (including a request made by a decision of an executive officer, in the case of a company with Committees) in order to cope with a Tender Offer for Share Certificates, etc. (meaning Share Certificates, etc. as defined in Article 27-2(1)) of the Listed Company, etc. launched under Article 27-2(1) (limited to cases where the main clause of Article 27-2(1) applies) or other act specified as one equivalent to such a Tender Offer in a Cabinet Order; (iv) -2 where, after resolution of a shareholder meeting or board of directors of the Listed Company, etc. (including a decision of an executive officer in the cases of the Share Certificates, etc. (limited to an option of which exercise will place the person exercising it in the position of the buyer in the transaction to be conducted based on it; hereinafter the same shall apply in this item) is made under the Resolution of Shareholder Meeting, etc. (excluding the cases where no Material Fact Pertaining
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to Business or Other Matters provided in paragraph (1) other than the decision on acquisition of said own shares made by the organ of the Listed Company, etc. which is responsible for making decisions on the execution of the operations of the Listed Company, etc. has been Publicized as provided in said paragraph (excluding the cases where purchase of Share Certificates, etc. of said own shares or an option pertaining to such Share Certificates, etc. is made pursuant to this item with regard to acquisition of own shares under Article 156(1) of said Act or laws and regulations of a foreign state equivalent thereto other than acquisition of said own shares)); (v) where Sales and Purchase, etc. is made pursuant to the provisions of a Cabinet Order referred to in Article 159(3); (vi) where Sales and Purchase, etc. of bonds (excluding bond with share option) or other Securities specified by a Cabinet Order is made (excluding cases designated in a Cabinet Office Ordinance); (vii) where Sales and Purchase, etc. is made between persons falling under any of the categories specified in paragraph (1) or (3) through neither a Financial Instruments Exchange Market nor an Over-the-Counter Securities Market (excluding the cases where both parties in the Sales and Purchase, etc. recognize that Sales and Purchase, etc. of Regulated Securities, etc. pertaining to the Sales and Purchase, etc. is to be made further in violation of the provision of paragraph (1) or (3)); or (viii) where Sales and Purchase, etc. is made as performance of a contract for Sales and Purchase, etc. of Regulated Securities, etc. of the Listed Company, etc. concluded before coming to know a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters prescribed in paragraph (1) of the Listed Company, etc. or as implementation of a plan for Sales and Purchase, etc. of Regulated Securities, etc. of the Listed Company, etc. decided before coming to know a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters of the Listed Company, etc., or where Sales and Purchase, etc. that is obviously based on other special circumstances equivalent to these cases is made (limited to cases specified by a Cabinet Office Ordinance). Article 167 (Prohibited Acts of Persons Concerned with Tender Offeror, etc.) (1) A person listed in any of the following items (hereinafter referred to as a “Person Concerned with Tender Offeror, etc.” in this Article) who comes to know a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. (as defined below) by a person who intends to launch a Tender Offer under Article 27-2(1) (limited to cases where the main clause of said provision applies) or an act specified as equivalent thereto by a Cabinet Order or intends to launch a Tender Offer under Article 27-22-2(1) (hereinafter there are referred to as “Tender Offer, etc.” in this Article) for Share Certificates, etc. provided in Article 27-2(1) that are listed in a Financial Instruments Exchange or fall under the category of Over-theCounter Traded Securities or Tradable Securities (hereinafter referred to as “Listed or Other Share Certificates, etc.” in this Article) (such a person is hereinafter referred to as “Tender Offeror, etc.” in this Article) or a Fact Concerning Suspension of Tender Offer, etc. by such Tender Offeror, etc. in a manner as prescribed in the respective items shall not make Purchase, etc. (meaning purchase of Regulated Share Certificates, etc. as defined below and Related Share Certificates, etc. as defined below (hereinafter referred to as “Share Certificates, etc.” in this Article) and other transactions designated by a Cabinet Order; hereinafter the same shall apply in this Article) of Listed or Other Share Certificates, etc. pertaining to the Tender Offer, etc. or share certificates or bonds with share option issued by a company issuing such Listed or Other Share Certificates, etc. or other Se-
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curities specified by a Cabinet Order (hereinafter referred to as “Regulated Share Certificates, etc.” in this Article) or Securities specified in Article 2(1)(xix) that indicate Options pertaining to Regulated Share Certificates, etc. or other Securities specified by a Cabinet Order (hereinafter referred to as “Related Share Certificates, etc.” in this paragraph) in cases where he/she comes to know a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc., and shall not make Sales, etc. (meaning sales of Share Certificates, etc. and other transactions specified by a Cabinet Order; hereinafter the same shall apply in this Article) of Share Certificates, etc. pertaining to the Tender Offer, etc., in cases where he/she comes to know a Fact Concerning Suspension of a Tender Offer, etc., before the Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. or the Fact Concerning Suspension of a Tender Offer, etc. is Publicized. The same shall apply for one year to a Person Concerned with Tender Offeror, etc. who comes to know a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. or a Fact Concerning Suspension of a Tender Offer, etc. in a manner as prescribed in any of the following items even after he/she ceased to be a Person Concerned with Tender Offeror, etc. listed in the items: (i) an Officer, etc. (or agent or employee in cases where the Tender Offeror, etc. is a person other than a juridical person) of the Tender Offeror, etc. (including its Parent Company in cases where Tender Offeror, etc. is a juridical person; hereinafter the same shall apply in this paragraph): where such an Officers, etc. has come to know the fact in the course of his/her duty; (ii) a shareholder of the Tender Offeror, etc. who has the right prescribed in Article 433(1) of the Companies Act or a member of the Tender Offeror, etc. who has the right prescribed in Article 433(3) of said Act (including an Officer, etc. of such a shareholder or member in cases where such a shareholder or member is a juridical person, and an agent or employee of such a shareholder or member in cases where such a shareholder or member is a person other than a juridical person): where such a shareholder or member has come to know the fact in the course of exercise of the right; (iii) a person who has statutory authority over the Tender Offeror, etc.: where such a person has come to know the fact in the course of exercise of the authority; (iv) a person who has concluded, or is in negotiation to conclude, a contract with the Tender Offeror, etc. (including an Officer, etc. of such a person in cases where such a person is a juridical person, and an agent or employee of such a person in cases where such a person is a person other than juridical person) and is a person other than an Officer, etc. of the Tender Offeror, etc. in cases where the Tender Offeror, etc. is a juridical person or is a person other than an agent or employee of the Tender Offeror, etc. in cases where the Tender Offeror, etc. is a person other than a juridical person: where such a person has come to know the fact in the course of conclusion of, negotiation for, or performance of the contract; or (v) an Officer, etc. of a person listed in item (ii) or the preceding item who is a juridical person (limited to the Officer, etc. of the juridical person in the case where other Officer, etc. of the juridical person, for which said Officer, etc. works, comes to know a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. or a Fact Concerning Suspension of a Tender Offer, etc. by the Tender Offeror, etc. as prescribed in item (ii) or the preceding item): where such an Officer, etc. has come to know the fact in the course of his/her duty. (2) The term a “Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc.” or a “Fact Concerning Suspension of a Tender Offer, etc.” as used in the preceding paragraph means a fact that
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Tender Offeror, etc. (or the organ of the Tender Offeror, etc. which is responsible for making decisions on the execution of the operations of the Tender Offeror, etc. in cases where the Tender Offeror, etc. is a juridical person; hereinafter the same shall apply in this paragraph) decides to launch the Tender Offer, etc. or not to launch the Tender Offer, etc. that is decided to be launched in such a decision (limited to acts that have already been Publicized); provided, however, that this shall not apply to such a fact as is regarded under the criteria specified by a Cabinet Office Ordinance as one that may have only minor influence on investors’ Investment Decisions. (3) A person who has received from the Persons Concerned with Tender Offeror, etc. (including a person prescribed in the second sentence of paragraph (1); hereinafter the same shall apply in this paragraph) information on a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. or a Fact Concerning Suspension of a Tender Offer, etc. (hereinafter referred as to a “Fact Concerning Tender Offer, etc.” in this Article) referred to in said paragraph that the Persons Concerned with Tender Offeror, etc. has come to know in a manner as prescribed in any of the items of said paragraph (excluding a person who is listed in any of the items of paragraph (1) and has come to know the Fact Concerning Tender Offer, etc. in a manner as prescribed in the respective item of said paragraph), or other Officer, etc. of a juridical person who comes to know the Fact Concerning Tender Offer, etc. in relation to the duty of a person who also belongs to the juridical person and has received information on the Fact Concerning Tender Offer, etc. in the course of his/her duty, shall not make Purchase, etc. of the Share Certificates, etc. pertaining to the Tender Offer, etc. in the case of having received information on a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. prescribed in said paragraph, or shall not make Sales, etc. of the Share Certificates, etc. pertaining to the Tender Offer, etc. in the case of having received information on a Fact Concerning Suspension of a Tender Offer, etc. prescribed in said paragraph, before the Fact Concerning Tender Offer, etc. is Publicized. (4) The term “Publicized” as used in paragraph (1) to the preceding paragraph means the taking by the Tender Offeror, etc. of measures specified by a Cabinet Order as those for making information available to a large number of persons with regard to the Fact Concerning Tender Offer, etc., the making of public notice under Article 27-3(1) (including the cases where it is applied mutatis mutandis pursuant to Article 27-22-2(2)) or public notice or public announcement under Article 27-11(2) (including the cases where it is applied mutatis mutandis pursuant to Article 27-22-2(2)), or the making of a Tender Offer Notification or Written Withdrawal of Tender Offer prescribed in Article 27-14(1) (including the cases where it is applied mutatis mutandis pursuant to Article 27-22-2(2); hereinafter the same shall apply in this paragraph) available for public inspection under Article 27-14(1). (5) The provisions of paragraphs (1) and (3) shall not apply to the following cases: (i) where a person who has the right prescribed in Article 202(1)(i) of the Companies Act acquires share certificates by exercising said right; (ii) where a person who has a share option acquires share certificates by exercising said share option; (ii)-2 where a person who has acquired an option pertaining to Share Certificates, etc. makes Purchase, etc. or Sales, etc. of Share Certificates, etc. by exercising said option; (iii) where purchase of shares is demanded under Articles 116(1), 469(1), 785(1), 797(1) or 806(1) of the Companies Act or Purchase, etc. or Sales, etc. of Share Certificates, etc. is made under statutory obligations;
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(iv)
where Purchase, etc. of Listed or Other Share Certificates, etc. pertaining to the Tender Offer, etc. (including an option pertaining to sales and purchase of the Listed or Other Share Certificates, etc.; hereinafter the same shall apply in this item) is made in response to a request made by the Tender Offeror, etc. (limited to a request made by a decision of the board of directors of the Tender Offeror, etc. in cases where the Tender Offeror, etc. is a company (including a request made by a decision of an executive officer in the case of a company with Committees)) (limited to cases where Purchase, etc. of the Listed or Other Share Certificates, etc. is made for the purpose of making Sales, etc. of the Listed or Other Share Certificates, etc. to the Tender Offeror, etc.); (v) where Purchase, etc. of Listed or Other Share Certificates, etc. pertaining to the Tender Offer, etc. (including an option pertaining to sales and purchase of the Listed or Other Share Certificates, etc.) is made in response to a request made by a decision of the board of directors of the company issuing the Listed or Other Share Certificates, etc. (including a request made by a decision of an executive officer, in the case of a company with Committees) in order to cope with the Tender Offer, etc.; (vi) where Purchase, etc. or Sales, etc. of Share Certificates, etc. is made pursuant to the provisions of a Cabinet Order referred to in Article 159(3); (vii) where a person who comes to know a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. prescribed in paragraph (1) makes Purchase, etc. from another person who knows the Fact Concerning Launch of the Tender Offer, etc. through neither a Financial Instruments Exchange Market nor a Over-the-Counter Securities Market, or where a person who comes to know a Fact Concerning Suspension of a Tender Offer, etc. prescribed in paragraph (1) makes Sales, etc. to another person who knows the Fact Concerning Suspension of the Tender Offer, etc. through neither a Financial Instruments Exchange Market nor a Over-the-Counter Securities Market (excluding the cases where both parties in the Sales, etc. recognize that Sales, etc. of Share Certificates, etc. pertaining to the Sales, etc. is to be made further in violation of the provision of paragraph (1) or (3)); or (viii) where Purchase, etc. or Sales, etc. is made as performance of a contract for Purchase, etc. or Sales, etc. of Share Certificates, etc. pertaining to a Tender Offer, etc. concluded before coming to know the Fact Concerning Tender Offer, etc. by the Tender Offeror, etc. or as implementation of a plan for Purchase, etc. or Sales, etc. of Share Certificates, etc. pertaining to a Tender Offer, etc. decided before coming to know the Fact Concerning Tender Offer, etc. by the Tender Offeror, etc., or where Purchase, etc. or Sales, etc. that is obviously based on other special circumstances equivalent to these cases is made (limited to cases specified by a Cabinet Office Ordinance). [Art. 167-2 (Prohibited Acts of Conveyance of a non-public Material Fact, etc.) (1) A Corporate Insider Pertaining to a Listed Company, etc. as prescribed in Article 166(1) (including persons as prescribed at the end of the same paragraph) who has come to know a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters of the Listed Company as prescribed in the same paragraph in a manner as prescribed in any of the respective items of the same paragraph shall not convey the Material Facts Pertaining to Business or Other Matters to a third party person or recommend a third party person to sale or purchase, etc. Specified Securities or Stocks, etc. of the Listed Company for the Purpose of making the said third party person gain a profit or avoid a loss before the Material Facts Pertaining to Business or Other Matters are Publiziced.
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(2) A Person Concerned with a Tender Offeror, etc. as provided for in paragraph (1) of the preceding Article (including persons as prescribed at the end of the same paragraph) who has come to know a Fact Concerning a Tender Offer, etc. of the respective Tender Offeror in a manner as prescribed in any of the respective items of the same paragraph shall not convey the Fact Concerning a Tender Offer, etc. to a third party person or recommend a third party person to Purchase, etc. Share Certificates, etc. pertaining to the Tender Offer, etc. in case of a Fact Concerning the Launch of a Tender Offer, etc. as prescribed in the same paragraph or recommend a third party person to make Sales, etc. of Share Certificates, etc. pertaining to the Tender Offer, etc. in case of a Fact Concerning the Suspension of Tender Offer, etc. by such Tender Offeror, etc. as prescribed in the same paragraph for the Purpose of making the said third party person gain a profit or avoid a loss before the Facts Concerning a Tender Offer, etc. are Publiziced.]2
Chapter VI-2 Administrative Monetary Penalty Article 175 (Administrative Monetary Penalty Payment Order against a Person Who has Committed Acts in Violation of Prohibited Acts, etc. of Corporate Insiders) (1) When a person has conducted, on his/her own account, Sales and Purchase, etc. set forth in Article 166(1) in violation of the provisions of Article 166(1) or (3), the Prime Minister shall, in accordance with the procedures set forth in the following Section, order said person to pay to the national treasury an administrative monetary penalty equivalent to the amount prescribed in the following items in accordance with the categories listed in such items: (i) when a person has conducted, on his/her own account, Sales, etc. of Securities (limited to those conducted within six months prior to the date of publication of a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters set forth in Article 166(1); hereinafter the same shall apply in this item) in violation of the provision of Article 166(1) or (3): the amount obtained by deducting the amount listed in the following sub-item (b) from the following sub-item (a): (a) with regard to the Sales, etc. of Securities, the amount obtained by multiplying the price for said Sales, etc. of Securities, by the volumes of said Sales, etc. of Securities. (b) with regard to the Sales, etc. of Securities, the amount obtained by multiplying the Price After the Publication of a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters, by the volumes of said Sales, etc. of Securities. (ii) when a person has conducted, on his/her own account, Purchase, etc. of Securities in violation of the provisions of Article 166(1) or (3) (limited to those conducted within six month prior to the date of publication of a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters set forth in Article 166(1); hereinafter the same shall apply in this item): the amount obtained by deducting the amount listed in the following sub-item (b) from the following sub-item (a):
2 Eigene Übersetzung des Verfassers. Der japanische Gesetzestext ist abrufbar auf dem Portal e-Gov der japanischen Regierung unter bzw. unter Nihon Hôrei Sakuin (Index jap. Gesetze) der Staatlichen Parlamentsbibliothek auf . Art. 167-2 Abs. 1 FBG ist zudem abgedruckt bei S. Nakamura, Shôji Hômu 1998 (2013) 29.
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(a) with regard to the Purchase, etc. of Securities, the amount obtained by multiplying the Price After the Publication of a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters by the volumes of said Purchase, etc. of Securities (b) with regard to the Purchase, etc. of Securities, the amount obtained by multiplying the price for said Purchase, etc. of Securities, by the volumes of said Purchase, etc., of Securities. (2) When a person has conducted, on his/her own account, purchase, etc. related to the Regulated Share Certificates, etc. or Related Share Certificates, etc. under Article 167(1) or Sales, etc. related to the Share Certificates, etc. under said paragraph, in violation of the provisions of Article 167(1) or (3), the Prime Minister shall, in accordance with the procedures set forth in the following Section, order said person to pay to the national treasury an administrative monetary penalty equivalent to the amount prescribed in the following items in accordance with the categories listed in such items: (i) when a person has conducted, on his/her own account, Sales, etc. of Securities in violation of the provisions of Article 167(1) or (3) (limited to those conducted within six months prior to the date of publication of a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. or of a Fact Concerning Suspension of Tender Offer, etc. set forth in Article 167(1); hereinafter the same shall apply in this item): the amount obtained by deducting the amount listed in the following sub-item (b) from the amount listed in the following sub-item (a): (a) with regard to the Sales, etc. of Securities, the amount obtained by multiplying the price for said Sales, etc. of Securities, by the volumes of said Sales, etc. of Securities. (b) with regard to the Sales, etc. of Securities, the amount obtained by multiplying the Price after the Publication of a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. or of a Fact Concerning Suspension of Tender Offer, etc. for said Sales, etc. of Securities by the volumes of said Sales, etc. of Securities. (ii) when a person has conducted, on his/her own account, Purchase, etc. of Securities in violation of the provisions of Article 167(1) or (3) (limited to those conducted within six months prior to the date of publication of a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. or of a Fact Concerning Suspension of Tender Offer, etc. set forth in Article 167(1); hereinafter the same shall apply in this item): the amount obtained by deducting the amount listed in the following sub-item (b) from the following sub-item (a): (a) with regard to the Purchase, etc. of Securities, the amount obtained by multiplying the price after the publication of a Fact Concerning Launch of Tender Offer, etc. or of a Fact Concerning Suspension of Tender Offer, etc. by the volumes of said Purchase, etc. of Securities. (b) with regard to the Purchase, etc. of Securities, the amount obtained by multiplying the price for said Purchase, etc. of Securities, by the volumes of said Purchase, etc. of Securities. (3) The term “Sales, etc. of Securities” as used in the preceding two paragraphs means sales of Securities, the transaction set forth in Article 2(21)(ii) (limited to the transaction under which the person becomes a party paying money when the Actual Figure exceeds the Agreed Figure), the transaction set forth in Article 2(21)(iii) (limited to the transactions under which the person becomes a party granting Options) and other transactions specified by a Cabinet Order.
A. Auszug relevanter Gesetzesmaterialien
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(4) The term “Purchase, etc. of Securities” as used in paragraph (1) and (2) means purchase of Securities, the transaction set forth in Article 2(21)(ii) (limited to the transaction under which the person becomes a party receiving money when the Actual Figure exceeds the Agreed Figure), the transaction set forth in Article 2(21)(iii) (limited to the transactions under which the person becomes a party acquiring Options) and other transactions specified by a Cabinet Order. (5) The term “Price after the Publication of a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters” as used in paragraph (1) means the closing price set forth in Article 67-19 or Article 130 as of the date immediately following the date of publication of a Material Fact Pertaining to Business or Other Matters prescribed in Article 166(1) (if there is no such price, the price equivalent thereto as specified by a Cabinet Office Ordinance). (6) The term “the Price after the Publication of a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. or of a Fact Concerning Suspension of Tender Offer, etc.” as used in paragraph (2) means the closing price prescribed in Article 67-19 or Article 130 as of the date immediately following the date of the publication of a Fact Concerning Launch of a Tender Offer, etc. or of a Fact Concerning Suspension of Tender Offer, etc. prescribed in Article 167(1) (if there is no such price, the price equivalent thereto as specified by a Cabinet Office Ordinance). (7) The provision of paragraph (1) shall apply mutatis mutandis to the case where an Officer, etc. specified in Article 166(1)(i) of a Listed Company, etc. (meaning a Listed Company, etc. set forth in Article 163(1), or a Parent Company or Subsidiary Company set forth in Article 166(1)(i)) has, on said company’s account, conducted Sales and Purchase, etc. set forth in Article 166(1) in violation of the provision of Article 166(1) or (3). In this case, the term “said person” as used in paragraph (1) shall be deemed to be replaced with “said Listed Company, etc.,”; and the term “on his/her own account” in the respective items of the same paragraph shall be deemed to be replaced with “based on the account of a Listed Company, etc.” (8) In addition to what is prescribed in paragraphs (3) to (6) inclusive, when the Sales, etc. of Securities or the Purchase, etc. of Securities set forth in paragraph (1) (including the cases where it is applied mutatis mutandis pursuant to the preceding paragraph; hereinafter the same shall apply in this paragraph) and paragraph (2) falls under the transaction listed in Article 2(21)(ii), the price and volume and any other matters necessary for calculation of an administrative monetary penalty set forth in paragraph (1) or (2) shall be specified by a Cabinet Order. Article 176 (Calculation of Fractions, etc. of Amount of Administrative Monetary Penalty) (1) Payment of surcharge shall not be ordered if the amount of the administrative monetary penalty calculated under the provisions of Articles 172 to the preceding Article inclusive is less than ten thousand yen. (2) When the amount of the administrative monetary penalty calculated under the provisions of Article 172 to the preceding Article inclusive contains a fraction less than ten thousand yen, such fraction shall be rounded down. (3) A person who has received an order under the provisions of Article 172 to the preceding Article inclusive shall pay the administrative monetary penalty under the relevant provisions. (4) When an Issuer prescribed in Article 172(1) or (4), an Issuer prescribed in Article 172-2(1) or (2), a person prescribed in Article 173(1), a Violator prescribed in Article 174(1), a person prescribed in paragraph (1) of the preceding Article, a person prescribed in paragraph (2) of said Article, or a Listed Company, etc. prescribed in paragraph (7) of said
204
Anhang
Article is a juridical person, and when said juridical person has been extinguished by a merger, the provisions of Article 172 to the preceding Article inclusive and the preceding three paragraphs shall be applied by deeming the acts conducted by said extinguished juridical person to be the acts conducted by a juridical person that has survived the merger or by a juridical person established upon the merger.
Chapter VIII Penal Provisions Article 197 (1) A ny person who falls under any of the following items shall be punished by imprisonment with work for not more than ten years or by a fine of not more than ten million yen, or both. (i)–(iv) […] (v) a person who has violated the provisions of Article 157, Article 158, or Article
159.
Article 197-2 A person who falls under any of the following items shall be punished by imprisonment with work for not more than five years or by a fine of not more than five million yen, or both: (i)–(xii) […] (xiii) a person who has violated the provisions of Article 166(1) or (3) or Article 167(1) or (3). Article 207 (1) W here the representative person of a juridical person (including organizations without judicial personality for which the representative persons or administrators have designated; hereinafter the same shall apply in this paragraph and the following paragraph) or a agent, employee, or other worker of a juridical person or individual has, with regard to the business or property of the juridical person or individual, violated any of provisions set forth in the following items, not only shall the offender be punished but also said juridical person or individual shall be punished by the fine prescribed in the respective Articles: (i) Article 197: a fine of not more than 700 million yen; (ii) Article 197-2 (excluding item (xi) and (xii)): a fine of not more than 500 million yen;
2. Strafgesetz (StG)3 Article 38 (Intent) (1) An act performed without the intent to commit a crime is not punishable; provided, however, that the same shall not apply in cases where otherwise specially provided for by law. (2) When a person who commits a crime is not, at the time of its commission, aware of the facts constituting a greater crime, the person shall not be punished for the greater crime. (3) Lacking knowledge of law shall not be deemed lacking the intention to commit a crime; provided, however, that punishment may be reduced in light of the circumstances. Article 44 (Attempts) An attempt is punishable only when specifically so provided in the Article concerned. 3
Keihô, Gesetz Nr. 45/1907, engl. Übersetzung i. d. F. des Gesetzes Nr. 86/2013.
A. Auszug relevanter Gesetzesmaterialien
205
Article 65 (Complicity and Status) (1) When a person collaborates in a criminal act in which the status of the criminal establishes the criminal’s punishability, the person is an accomplice even without such status. (2) When the gravity of a punishment varies depending upon whether or not a criminal has a certain status, a normal punishment shall be imposed on a person without such status.
3. Gesellschaftsgesetz (GesG)4 Article 31 (Keeping and Inspection of Articles of Incorporation) (1)–(2) […] (3) If, after the formation of a Stock Company, it is necessary for the purpose of exercising the rights of a Member of the Parent Company (meaning the shareholders and other members of the Parent Companies. The same shall apply hereinafter.) of such Stock Company, such Member of the Parent Company may, with the permission of the court, make the requests listed in each item of the preceding paragraph with respect to the articles of incorporation of such Stock Company; provided, however, that, in order to make the requests listed in item (ii) or item (iv) of that paragraph, the fees designated by such Stock Company is required to be paid. Article 433 (Request to Inspect Account Books) (1) Shareholders having not less than three hundredths (3/100) (or, in cases where lesser proportion is prescribed in the articles of incorporation, such proportion) of the votes of all shareholders (excluding shareholders who may not exercise their votes on all matters which may be resolved at a shareholders meeting) or shareholders having not less than three hundredths (3/100) (or, in cases where lesser proportion is prescribed in the articles of incorporation, such proportion) of the Issued Shares (excluding Treasury Shares) may make the following requests at any time during the business hours of the Stock Company. In such cases, the reasons for such requests shall be disclosed. (i) If the account books or materials relating thereto are prepared in writing, the requests for inspection or copying of such documents; (ii) If the account books or materials relating thereto are prepared by Electromagnetic Records, the requests for inspection or copying of anything that displays the data recorded in such Electromagnetic Records in a manner prescribed by the applicable Ordinance of the Ministry of Justice. (2) […] (3) If it is necessary for the purpose of exercising the rights of a Member of the Parent Company of a Stock Company, he/she may, with the permission of the court, make the request listed in each item of paragraph (1) with respect to the account books or materials relating thereto. In such cases, the reasons for such request shall be disclosed.
II. US-amerikanische Gesetze 1. Sec. 10 (b) Securities Exchange Act5 It shall be unlawful for any person, directly or indirectly, by the use of any means or instrumentality of interstate commerce or of the mails, or of any facility of any national securities exchange – 4 5
Kaisha-hô, Gesetz Nr. 86/2005 i. d. F. des Gesetzes Nr. 63/2015. Quelle: Internetseite der SEC, abrufbar auf .
206
Anhang
[…] (b) To use or employ, in connection with the purchase or sale of any security registered on a national securities exchange or any security not so registered, or any securities-based swap agreement, any manipulative or deceptive device or contrivance in contravention of such rules and regulations as the Commission may prescribe as necessary or appropriate in the public interest or for the protection of investors.
2. Rule 10b-56 Employment of manipulative and deceptive devices It shall be unlawful for any person, directly or indirectly, by the use of any means or instrumentality of interstate commerce, or of the mails or of any facility of any national securities exchange, (a) To employ any device, scheme, or artifice to defraud, (b) To make any untrue statement of a material fact or to omit to state a material fact necessary in order to make the statements made, in the light of the circumstances under which they were made, not misleading, or (c) To engage in any act, practice, or course of business which operates or would operate as a fraud or deceit upon any person, in connection with the purchase or sale of any security. (Sec. 10; 48 Stat. 891; 15 U.S.C. 78j) [13 FR 8183, Dec. 22, 1948, as amended at 16 FR 7928, Aug. 11, 1951]
B. Überblick: Erhebliche Tatsachen nach Artt.166, 167 FBG I. Entscheidungstatsachen (kettei jijitsu)7 Art. 166 Wesentliche Tatsache (jûyô jijitsu) Abs. 2 Nr. 1
Bagatellregelung (de minimis criteria, keibi kijun)
a)
Ausgaben von Aktien und sonstigen Wertpapieren Art. 49 Nr. 1 WpHR-VO
b)
Reduzierung des Grundkapitals
–
c)
Herabsetzung der Kapital- oder Zinsrücklage
–
d)
Erwerb eigener Aktien
e)
Ausgabe von Gratisaktien
Art. 49 Nr. 2 WpHR-VO
f)
Aktienteilung
Art. 49 Nr. 3 WpHR-VO
g)
Ausschüttung aus dem Überschuss
Art. 49 Nr. 4 WpHR-VO
h)
Aktienumtausch
Art. 49 Nr. 5 WpHR-VO
i)
Aktienübertragung
j)
Verschmelzung
–
‒ Art. 49 Nr. 6 WpHR-VO
6 Quelle: Internetseite Electronic Code of Federal Regulations des U.S. Government Publishing Office, abrufbar auf . 7 Quellen der Angaben Tokyo Stock Exchange R egulation (Hg.), Mr. Compla’s Insider Trad ing Regulations Q&A, 49 ff.; T. Numata, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 127 ff.
207
B. Überblick: Erhebliche Tatsachen nach Artt.166, 167 FBG Art. 166 Wesentliche Tatsache (jûyô jijitsu) Abs. 2 Nr. 1
Bagatellregelung (de minimis criteria, keibi kijun) Art. 49 Nr. 7 WpHR-VO
k)
Unternehmensspaltung
l)
Aufnahme oder Übergang eines ganzen oder eines Art. 49 Nr. 8 WpHR-VO Teils eines Betriebs
m)
Auflösung der Gesellschaft
n)
Kommerzialisierung neuer Produkte oder neuer Technologien
o) sowie i. V. m. Art. 28 FBG-DVO
Geschäftsallianz sowie weitere, den Tatsachen nach a)–n) gleichgestellte Tatsachen:
‒ Art. 49 Nr. 9 WpHR-VO
• Begründung oder Auflösung einer Geschäftsallianz
• Art. 49 Nr. 10 WpHR-VO
• Erwerb oder Übertragung von Anteilen oder Aktien anlässlich der Übertragung einer Tochtergesellschaft
• Art. 49 Nr. 11 WpHR-VO
• Übertragung oder Erwerb von Sachanlagen
• Art. 49 Nr. 12 WpHR-VO
• Teilweise oder vollständige Unterbrechung oder Einstellung von Betrieben
• Art. 49 Nr. 13 WpHR-VO
• Antrag auf Delisting von einer Wertpapierbörse (einschließlich Vorzugsaktien)
‒
• Antrag gegenüber einer lizensierten Vereinigung von Finanzproduktedienstleistern auf Löschung der Registrierung von Aktien, die zum Handel auf einem Markt bei einer lizensierten Vereinigung von Finanzproduktedienstleistern registriert sind
‒
• Antrag gegenüber einer lizensierten Vereinigung von Finanzproduktedienstleistern auf Löschung der Designierung von Wertpapieren als „handelbare Wertpapiere“ (toriatsukai yûka shôken)
‒
• Antrag auf Eröffnung eines Konkursverfahrens, eines Zivilsanierungsverfahrens oder eines Gesellschaftssanierungsverfahrens
‒
• Neueröffnung eines Betriebs (einschließlich des Handels neuer Produkte sowie der Kommerzialisierung neu angebotener Dienstleistungen)
• Art. 49 Nr. 14 WpHR-VO
• Anfragen gem. Art. 166 Abs. 6 Nr. 4 bzw. Art. 167 Abs. 5 Nr. 5 FBG (Stützungskäufe zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs, bôsen-kai)
‒
• Antrag gem. Art. 74 Abs. 5 Einlagensicherungsgesetz8 (Yokin hoken-hô)
‒
8
8
Yokin hoken-hô, Gesetz Nr. 34/1971 i. d. F. des Gesetzes Nr. 45/2013.
208
Anhang
II. Ereignistatsachen (hassei jijitsu) 9 Art. 166 Wesentliche Tatsache (jûyô jijitsu) Abs. 2 Nr. 2
Bagatellregelung (de minimis criteria, keibi kijun)
a)
Unfälle oder Schäden, die den Geschäftsbetrieb beeinträchtigen
Art. 50 Nr. 1 WpHR-VO
b)
Wechsel wichtiger Aktionäre (die zehn Prozent oder mehr aller Stimmrechte besitzen)
c)
Gründe, die zu einem Delisting an der Börse oder für die Löschung der Eintragung von „spezifizierten Wertpapieren“ (tokutei yûka shôken) bzw. Optionen auf „spezifizierten Wertpapieren“ (tokutei yûka shôken ni kakaru opushon) führen können
d) i. V. m. 28-2 FBG-DVO
Sowie weitere, den Tatsachen nach a)–c) gleichgestellte Tatsachen: • Klageerhebung im Zusammenhang mit Eigentumsrechten oder einem Urteil in einem solchen Verfahren oder ein entsprechender Prozess wurde vollständig oder teilweise außergerichtlich abgeschlossen
‒ Art. 50 Nr. 2 WpHR-VO
• Art. 50 Nr. 3 WpHR-VO
• Unterlassungsverfügung hinsichtlich einer • Art. 50 Nr. 4 WpHR-VO Unternehmung oder ein entsprechender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde gestellt oder eine Gerichtsverhandlung aufgrund eines solchen Antrags hat stattgefunden oder ein außergerichtliches Verfahren nach entsprechendem Antrag wurde vollständig oder teilweise abgeschlossen • Widerruf einer Genehmigung oder Untersagen einer Unternehmung oder entsprechende verwaltungsbehördliche Verfügung
• Art. 50 Nr. 5 WpHR-VO
• Änderung der Muttergesellschaft
‒
• Antrag auf oder Mitteilung über Eröffnung eines Konkursverfahrens, eines Zivilsanierungsverfahrens oder eines Gesellschaftssanierungsverfahrens bzw. der Geltendmachung eines Pfandrechts eine durch einen Schuldner oder einen sonstigen Dritten
‒
• Nichteinlösen eines Wechsels (tegata), eines Schecks (kogitte) aufgrund fehlender Deckung oder die Aussetzung vom Handel durch Anordnung einer Clearingstelle (tegata kôkan-sho)
‒
• Antrag auf Eröffnung eines Konkursverfahrens durch die Muttergesellschaft
‒
9 Quellen der Angaben Tokyo Stock Exchange R egulation (Hg.), Mr. Compla’s Insider Trad ing Regulations Q&A, 55 ff.; H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 181 ff.
B. Überblick: Erhebliche Tatsachen nach Artt.166, 167 FBG Art. 166 Wesentliche Tatsache (jûyô jijitsu) Abs. 2 Nr. 2
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Bagatellregelung (de minimis criteria, keibi kijun)
• Drohender Ausfall eines wichtigen Schuldners oder Bürgens durch Ereignisse wie das Nichteinlösen eines Wechsels, die Eröffnung eines Konkursverfahrens oder Ähnliches, so dass die Gefahr besteht, dass die entsprechende Forderung durch den Schuldner bzw. Bürgen nicht erfüllt wird
• Art. 50 Nr. 6 WpHR-VO
• Beendigung des Geschäftsverkehrs mit einem wichtigen Kunden oder Lieferanten (torihiki saki)
• Art. 50 Nr. 7 WpHR-VO
• Finanzielle Unterstützung durch Forderungserlass seitens des Gläubigers, der Übernahme einer Schuld oder Leistung auf eine Schuld durch einen Dritten
• Art. 50 Nr. 8 WpHR-VO
• Entdeckung von Bodenschätzen
• Art. 50 Nr. 9 WpHR-VO
• Gründe, die zur Rücknahme der Designierung • Art. 50 Nr. 10 WpHR-VO als „spezifiziertes Wertpapier“ (tokutei yûka shôken) bzw. als „handelbares Wertpapier“ (toriatsukai yûka shôken) führen
III. Bilanztatsachen (kessan jijitsu)10 Wesentliche Tatsache (jûyô jijitsu)
Wesentlichkeitskriterium (de minimis standard, jûyô kijun)
Art. 166 Tatsachen, die bezüglich Umsatz‑, Betriebs- oder • Art. 51 WpHR-VO Abs. 2 Nr. 3 Reingewinn zu Unterschieden zwischen der FBG veröffentlichten prognostizierten Entwicklung und der neu berechneten Prognose bzw. dem Rechnungsabschluss führen können
IV. Insidertatsachen im Falle einer Tochtergesellschaft11 Art. 166 Wesentliche Tatsache (jûyô jijitsu) Abs. 2 Nr. 5 ‒7 FBG
Wesentlichkeitskriterium (de minimis criteria, jûyô kijun)
Nr. 5
Entscheidungstatsachen
a)
Aktienumtausch
Art. 52 Abs. 1 Nr. 1 WpHR-VO
b)
Aktienübertragung
Art. 52 Abs. 1 Nr. 2 WpHR-VO
10 Quellen der Angaben Tokyo Stock Exchange R egulation (Hg.), Mr. Compla’s Insider Trading Regulations Q&A, 58 f.; H. Yagi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 230. 11 Quellen der Angaben Tokyo Stock Exchange R egulation (Hg.), Mr. Compla’s Insider Trading Regulations Q&A, 60 ff.; H. M atsunaga /R. Funakoshi, in: H. K imeda /Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 264 ff.
210
Anhang
Art. 166 Wesentliche Tatsache (jûyô jijitsu) Abs. 2 Nr. 5 ‒7 FBG
Wesentlichkeitskriterium (de minimis criteria, jûyô kijun)
c)
Verschmelzung
Art. 52 Abs. 1 Nr. 3 WpHR-VO
d)
Unternehmensspaltung
Art. 52 Abs. 1 Nr. 4 WpHR-VO
e)
Aufnahme oder Übergang eines ganzen oder eines Art. 52 Abs. 1 Nr. 5 WpHR-VO Teils eines Betriebs
f)
Auflösung der Gesellschaft
g)
Kommerzialisierung neuer Produkte oder neuer Technologien
o) i. V. m. Art. 29 FBG-DVO
Geschäftsbeziehungen sowie weitere, den Tatsachen nach a)–o) gleichgestellte Tatsachen:
‒ Art. 52 Abs. 1 Nr. 6 WpHR-VO
• Begründung oder Auflösung von Geschäftskooperationen
• Art. 52 Abs. 1 Nr. 7 WpHR-VO
• Erwerb oder Übertragung von Anteilen oder Aktien anlässlich der Übertragung einer Enkelgesellschaft
• Art. 52 Abs. 1 Nr. 8 WpHR-VO
• Übertragung oder Erwerb von Sachanlagen
• Art. 52 Abs. 1 Nr. 9 WpHR-VO
• Teilweise oder vollständige Unterbrechung oder Einstellung von Betrieben
• Art. 52 Abs. 1 Nr. 10 WpHR-VO
• Antrag auf Eröffnung eines Konkursverfahrens, eines Zivilsanierungsverfahrens oder eines Gesellschaftssanierungsverfahrens • Neueröffnung eines Betriebs (einschließlich des Handels neuer Produkte sowie der Kommerzialisierung neu angebotener Dienstleistungen)
‒ • Art. 52 Abs. 1 Nr. 11 WpHR-VO
• Antrag gem. Art. 74 Abs. 5 Einlagensicherungsgesetz • Ausschüttung aus dem Überschuss
‒ § Art. 52 Abs. 1 Nr. 12 WpHR-VO
Nr. 6
Ereignistatsachen
a)
Unfälle oder Schäden, die den Geschäftsbetrieb beeinträchtigen
• Art. 53 Abs. 1 Nr. 1 WpHR-VO
i. V. m. Art. 29-2 FBG-DVO
Sowie weitere, den Tatsachen nach a) gleichgestellte Tatsachen:
•
• Klageerhebung im Zusammenhang mit einem Eigentumsrecht oder Urteil in einem solchen Verfahren oder ein entsprechender Prozess wurde vollständig oder teilweise außergerichtlich abgeschlossen
• Art. 53 Abs. 1 Nr. 2 WpHR-VO
211
B. Überblick: Erhebliche Tatsachen nach Artt.166, 167 FBG Art. 166 Wesentliche Tatsache (jûyô jijitsu) Abs. 2 Nr. 5 ‒7 FBG
Wesentlichkeitskriterium (de minimis criteria, jûyô kijun)
• Unterlassungsverfügung hinsichtlich einer • Art. 53 Abs. 1 Nr. 3 Unternehmung oder ein entsprechender Antrag WpHR-VO auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde gestellt oder eine Gerichtsverhandlung aufgrund eines solchen Antrags hat stattgefunden oder ein außergerichtliches Verfahren nach entsprechendem Antrag wurde vollständig oder teilweise abgeschlossen • Widerruf einer Genehmigung oder Untersagen einer Unternehmung oder entsprechende verwaltungsbehördliche Verfügung
Nr. 7
• Art. 53 Abs. 1 Nr. 4 WpHR-VO
• Antrag auf Eröffnung eines Konkursverfahrens durch einen Schuldner oder einen sonstigen Dritten
‒
• Nichteinlösen eines Wechsels etc. (fu-watari-tô)
‒
• Antrag auf Eröffnung eines Konkursverfahrens durch die Enkelgesellschaft
‒
• Drohender Ausfall eines wichtigen Schuldners oder Bürgens durch Ereignisse wie das Nichteinlösen eines Wechsels, die Eröffnung eines Konkursverfahrens oder Ähnliches, so dass die Gefahr besteht, dass die entsprechende Forderung durch den Schuldner bzw. Bürgen nicht erfüllt wird
• Art. 53 Abs. 1 Nr. 5 WpHR-VO
• Beendigung des Geschäftsverkehrs mit einem wichtigen Kunden oder Lieferanten (torihiki saki)
• Art. 53 Abs. 1 Nr. 6 WpHR-VO
• Finanzielle Unterstützung durch Forderungserlass seitens des Gläubigers, der Übernahme einer Schuld oder Leistung auf eine Schuld durch einen Dritten
• Art. 53 Abs. 1 Nr. 7 WpHR-VO
• Entdeckung von Bodenschätzen
• Art. 53 Abs. 1 Nr. 8 WpHR-VO
Tatsachen, die bezüglich Umsatz‑, Betriebs- oder • Art. 55 Abs. 1 WpHR-VO Reingewinn zu Unterschieden zwischen der veröffentlichten prognostizierten Entwicklung und der neu berechneten Prognose bzw. dem Rechnungsabschluss führen können
212
Anhang
V. Der Auffangtatbestand in Art. 166 Abs. 2 Nr. 4, 8 FBG (basuketto jôkô) Art. 166 Wesentliche Tatsachen hinsichtlich der Verwaltung, des Betriebs oder des VermöAbs. 2 Nr. 4 gens einer börsennotierten Gesellschaft, die einen erheblichen Einfluss (ichijirushii eikyô) auf die Investitionsentscheidung der Anleger haben können, jedoch nicht bereits in den Katalogen der Art. 166 Abs. 2 Nr. 1‒3 FBG und den hierzu jeweils erlassenen Verordnungen erfasst sind Art. 166 Abs. 2 Nr. 8 (Tochtergesellschaft)
Wesentliche Tatsachen hinsichtlich der Verwaltung, des Betriebs oder des Vermögens einer Tochtergesellschaft einer börsennotierten Gesellschaft, die einen erheblichen Einfluss (ichijirushii eikyô) auf die Investitionsentscheidung der Anleger haben können, jedoch nicht bereits in den Katalogen der Art. 166 Abs. 2 Nr. 5 ‒7 FBG und den hierzu jeweils erlassenen Verordnungen erfasst sind
VI. Insidertatsachen bei einem öffentlichen Erwerbsangebot12 Art. 167
Wesentliche Tatsache
Bagatellregelung (de minimis criteria, keibi kijun)
Öffentliches Erwerbsangebot
‒
Erwerb von Aktien mit mehr als fünf Prozent Stimmrechten (kaiatsume kôi)
Art. 62 WpHR-VO Die Anzahl der innerhalb eines Jahres erworbenen Aktien etc. beträgt weniger als 2,5 Prozent der Stimmrechte aller Aktionäre
C. Verzeichnis relevanter japanischer Gesetze und Verordnungen Mit einem Asterix (*) gekennzeichnete Gesetze sind in englischer Übersetzung auf einer Internetseite des Justizministeriums (Japanese Law Translation) abrufbar unter . Japanischer Gesetzesname
Deutsche Übersetzung
Gyôsei fufuku shinsa-hô
Gesetz über Widerspruchsverfahren in Verwaltungssachen Gesetz Nr. 160/1962 i. d. F. des Gesetzes Nr. 58/2006
Kaisha-hô*
Gesellschaftsgesetz Gesetz Nr. 86/2005 i. d. F. des Gesetzes Nr. 63/2015
Keihô*
Strafgesetz Gesetz Nr. 45/1907 i. d. F. des Gesetzes Nr. 86/2013
12 Quelle der Angaben E. Sugihara /H. M atsunaga /R. Funakoshi /K. H irose, in: H. K imeda / Nishimura Asahi hôritsu jimu-sho kiki kanri gurûpu (Hg.), Insaidâ torihiki kisei no jitsumu, 458.
C. Verzeichnis relevanter japanischer Gesetze und Verordnungen
213
Keiji soshô-hô*
Strafprozessgesetz Gesetz Nr. 131/1948 i. d. F. des Gesetzes Nr. 79/2014
Kin’yû shôhin torihiki-hô*
Finanzprodukte- und Börsengesetz vormals Wertpapierbörsen- und Wertpapierhandelsgesetz (Yûka shôken torihiki-hô) Gesetz Nr. 25/1948, neu gefasst durch Gesetz Nr. 65/2006 i. d. F. des Gesetzes Nr. 63/2015
Kin’yû shôhin torihiki-hô shikô-rei*
Durchführungsverordnung zum Finanzprodukte- und Börsengesetz Verordnung des Kabinetts Nr. 321/1965 i. d. F. der Verordnung Nr. 392/2015
Kôeki tsûhô-sha hogo-hô*
Gesetz zum Schutz von Whistleblowern Gesetz Nr. 122/2004 i. d. F. des Gesetzes Nr. 70/2013
Kyôdô soshiki kin’yû kikan no yûsen shusshi ni kansuru hôritsu
Gesetz betreffend Vorzugsaktien genossenschaftlicher Finanzinstitute Gesetz Nr. 44/1993 i. d. F. des Gesetzes Nr. 63/2015
Minpô*
Zivilgesetz Gesetz Nr. 89/1896 (Erstes, Zweites und Drittes Buch) sowie Gesetz Nr. 9/1998 (Viertes und Fünftes Buch) i. d. F. des Gesetzes Nr. 94/2013
Shiteki dokusen no kinshi oyobi kôsei torihiki no kakuho ni kansuru hôritsu*
Gesetz betreffend das Verbot privater Monopolisierung und die Sicherung des lauteren Wettbewerbs Gesetz Nr. 54/1947 i. d. F. des Gesetzes Nr. 69/2014
Shôhô*
Handelsgesetz Gesetz Nr. 48/1899 i. d. F. des Gesetzes Nr. 91/2014
Yûka shôken no torihiki-tô no kisei ni kansuru naikaku furei*
Kabinettsverordnung bezüglich der Regulierung des Wertpapierhandels Kabinettsverordnung Nr. 59/2007 i. d. F. der Verordnung Nr. 50/2015
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Sachregister Abschlussprüfer (kaikei kansa-nin) 88 Abschreckung 78, 161, 167 ff., 170, 176 Absichtsdelikt (mokuteki-han) 97 administrative Geldsanktion (kachô-kin) 3 f., 8, 11, 160 ff., 180 – Anhörungsverfahren (shinpan tetsuzuki) 163 – Zahlungsanordnung (kachô-kin nôfu meirei) 163 Ad-hoc-Publizität 23 f., 162, 174 ff., 181 Aktien – Aktientausch (kabushiki no kôkan) 10 f. 101, 175 – Aktienteilung 101, 206 – Aktienübertragung (kabushiki iten) 101, 206, 209 – Ausgabe von Gratisaktien (kabushiki mushô wariate) 100, 111, 206 – Erwerb eigener Aktien (jiko no kabushiki no shutoku) 101, 129, 175, 206 – gemeinsamer Erwerb von Aktien (kyôdô kaiatsume, engl. concerted purchase) 134 ff. – gemeinsames Halten von Aktien (kyôdô hoyû-sha) 135 f. – Kursunterstützungskäufe (ôen-kai) 136 f., 146 f., 152 – spezifizierte Aktien (tokutei kabu-ken) 143 f. – spezifizierte Wertpapiere etc. (tokutei yûka shôken-tô) 118, 120 ff., 129, 146, 152, 177, 208 ff. – Stützungskäufe als Abwehrmaßnahme (bôsen-kai) 129, 146 f., 207 – Vorzugsaktien 83, 121, 207 Aktionärsklage 61, 178 Allokationseffizienz 14 f. Allokationsmechanismus 14 Anhörungsverfahren siehe administrative Geldsanktion (kachô-kin)
Anlegerschädigung 20 f. Anlegerschutzverbesserungsgesetz 33, 100, 113, 158 Anwendungsausschlüsse 128 ff., 136, 146 ff. Ajinomoto K.K. 10 f., 82, 164 Auffangtatbestand (basuketto jôkô) 99, 100, 113 ff., 120, 141, 211 äußerer Druck (gaiatsu) 3, 6, 33, 43, 54, 56 f., 59, 66 Auslegung 49 ff., 74, 78 ff., 86, 102, 105 ff. 150, 186 BaFin 100, 105, 122 f., 148, 155 Bagatellregelung 111, 143, 206, 208, 211 Banken – Hauptbank 45 f. – Krise 57 f. Berichtspflichten 48 f., 61, 65, 70, 72, 153, 155, 160, 166, 175, 178 Betrug im common law (fraud) 26 f., 30 f. Beweismaß 167 Bikku Kamera 164, 168 Bilanzbetrug 172 Bilanztatsachen 100, 110 ff., 119, 151, 209 ff. Börsen – Börsenregeln 9, 175 f. – Börsenzulassung 175 – Wiedereröffnung der japanischen Börsen nach Kriegsende 37 ff. Buch- und Rechnungsverantwortliche (kaikei san’yo) 177 Cady, Roberts & Co. 29 Chancengleichheit der Anleger 12, 22 ff., 34 f., 64, 146 Chiarella vs. United States 30 f. Chinese Wall 176 Civil Law 32, 49 f., 67
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Compliance 8 f., 173, 176, 181 Compliance WAN 156, 179 Common Law 25 ff., 49 f. Deliktsnatur 67, 69 Delisting 175, 194, 207 f. Deregulierung (kisei kanwa) 3, 59, 132 Derivatehandel (deribatibu-torihiki) 122, 124 directors’ dealings siehe Eigengeschäfte disclose-or-abstain-Theorie 29 f. due-dilligence-Prüfung 106 EDINET 126 Eigengeschäfte 61, 70, 72, 153, 160, 174, 177 ff., 181 Eigenkapital 24 f., 58, 68 Einzelverwaltungsrat (torishimari-yaku) 85, 102 f. Entschädigung von Anlegern 170 ff. Entscheidungsorgan 11, 102 f., 106, 118 Entscheidungstatsachen 100 ff., 118, 120, 141, 152, 206 ff., 209 equal-access-Theorie 23, 29 f. Ereignistatsachen 109 ff., 117, 119 f., 208 ff. erheblicher Einfluss (ichijirushii eikyô) auf die Investitionsentscheidung von Anlegern 113, 120, 211 Erheblichkeitsschwellen 110 ff., 115, 118, 152, 206 ff. EuGH 6, 105, 108 f., 125, 148, 152 f., 185 f. Fallsammlung zur Geldsanktion (kachô-kin jirei-shû) 173 Fahrlässigkeit 147 f., 157 fiduciary-Theorie siehe Treuepflichttheorie Financial Big Bang 59 Financial Services Agency (Kin’yû-chô) 63 f., 114, 154 ff., 163 ff., 173 ff., 179, 181, 184 Finanzberatungsausschuss (Kin’yû Shingi-kai) 5, 55 f., 95, 170 Finanzmarktaufsicht 2, 4, 46, 56, 126, 134, 142, 145 f., 154 ff., 174 Finanzministerium 2, 46 ff., 55 f., 61 ff., 79 Formaldelikt 69 Freiverkehr 62, 82 f., 156, 177 Fremdkapital 46 Fundamentalanalyse 16
gaiatsu siehe äußerer Druck Geltl/Daimler 6, 105, 108 f., 185 f., 147 f., 157 gemeinschaftlicher Wertpapiererwerb (kyôdô kaiatsume) 134 ff. General Headquarter 38, 52 generelles Verbot unrechtmäßigen Marktverhaltens 72, 73 ff., 150, 159, 167 Geschäftsführer (shikkô-yaku) 85, 125, 177 Gesetzlichkeitsprinzip 56, 77 Gewinnabschöpfung 179 Globalisierung 3, 59 Großaktionär 39, 48, 61, 84, 86 f., 98, 134 ff., 138 f., 146, 177 f. Grundkapital – Erhöhung des Grundkapitals 118 – Reduzierung des Grundkapitals 101, 106 Herausgabe von Gewinnen bei kurzfristigen Transaktionen (short-swing profits) 8, 39, 61, 72, 178 f. Holding Company Liquidation Commission 37 Holdinggesellschaft 36 f., 45 honne 43, 65, 183 Horie Takafumi (ehemaliger CEO der Livedoor K.K.) 103 Hybridrechtsordnung 3, 67 Industrieverband (Nippon Keidanren) 5, 117, 186 Informationsasymmetrie 10, 23 f., 132 f., 174 Informationseffizienz 15 ff. Informationsempfänger siehe Insider Informationsweitergabe (jôhô dentatsu) 72, 94 ff., 138 informelle Verwaltungsabsprache (gyôsei shidô) 48, 88 innerer Druck (naiatsu) 43, 56, 59, 65 f., 95, 183, 187 Insaidâ no tengoku siehe Paradies für Insider Insider – Begriff 10 ff. – ehemalige Insider und Quasiinsider nach Beendigung der Verbindung zum Bieter (moto kôkaitsuke-tô kankei-sha) 138, 140
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– ehemalige Unternehmenszugehörige (moto kaisha kankei-sha) 84, 91 f., 98 – Informationsempfänger (jôhô juryô-sha) 84 ff., 92 ff., 98, 129, 135, 137 ff., 140, 148, 151 ff. – Personen im Zusammenhang mit einem Bieter bei einem öffentlichen Erwerbsangebot bzw. einem Erwerber von Anteilen (kôkai kaitsuke-sha tô kankei-sha) 69, 131, 137 ff., 138 f. – Personen mit einer Verbindung zu einer Gesellschaft (kaisha kankei-sha) 69, 82, 84 ff., 90, 98, 150, 158 – Quasiinsider (jun naibu-sha) 70, 84 f., 88 ff., 90 ff., 98, 137, 139 f., 151 Insider Working Group 5, 95, 97 Insiderhandel – Begriff 10 ff. – Chancengleichheit der Marktteilnehmer 12, 22 ff., 34 f., 64, 146 – Erforderlichkeit eines Insiderrechts 13 ff. – Institutionenschutz des Kapitalmarkts 24 f. – Präventivmaßnahmen 8, 61, 70, 78, 153, 161, 174 ff. – Sanktionsdefizit 1 ff., 39 ff., 46 – Schädigung der Anlager 20 f. – Schädigung der Emittenten 21 f. Insiderhandelsverbot – Anstiftung 94, 158 – Beihilfe 94, 158 – Fahrlässigkeit 147, 157 – historische Entwicklung in den USA 25 ff. – historische Entwicklung in Japan 35 ff. – öffentliche Bekanntmachung von Verstößen 173 f., 181, 185 – ökonomische Diskussion 13 ff. – Ordnungswidrigkeit 85, 161, 179 f., 184 – strafrechtliche Sanktionierung 157 ff. – verwaltungsrechtliche Geldsanktion (kachô-kin) siehe administrative Geldsanktion – Verleiten zum Insiderhandel 5, 72, 85, 94 ff., 138 ff., 151, 158 f., 160, 187 – Vorsatz 128, 147 ff. – zivilrechtliche Haftung 170 ff. Insiderinformation/-tatsache
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– Begriff 10 ff. – Bagatell-/Wesentlichkeitsschwellen 111 ff., 143, 149, 152, 206, 208 f., 211 – Begriff 11 f., 99 ff., 141 ff. – Eintrittswahrscheinlichkeit 28, 106 ff., 142, 152, 185 – Konkretheit der Information 27 f., 106 ff., 142, 152, 185 f. – selbst geschaffene Information 20 – Verwenden der Information 69, 124 f., 128 – Weitergabe von Informationen 5, 65, 72, 94 ff., 98, 138, 140, 151, 158, 159 f., 187 Insiderpapiere – spezifizierte Wertpapiere (tokutei yûka shôken) 120 ff., 129, 146, 177, 208 ff. – Wertpapiere, die sich auf spezifizierte Wertpapiere beziehen (kanren yûka shôken) 120 f. Insiderrichtlinie 33 f. Insiderverzeichnis 8, 174 interner Prüfer (kansa-yaku) 88 Jahresbericht über die Aktivitäten der SESC (Shôken Torihiki-tô Kanshi I’inkai no katsudô jôkyô) 173 Japan Securities Dealers Association (Nihon Shôken-gyô Kyôkai) 83 f., 155 f., 179 Japan-Insider Registration and Identification Support System (J-IRISS) 156, 179 Japanische Verfassung (Nihon-koku kenpô) 81, 169, 180 JASDAQ 83 kachô-kin siehe administrative Geldsank tion Kapitalmarkt – Erhalt der Funktionsfähigkeit 24 f. – Transparenz 6, 35, 64, 68, 95, 133, 146, 173 f., 177 ff., 187 – Wettbewerb 23 ff., 33, 59, 66 Kapitalmarktaufsicht – gegenwärtige Struktur 154 ff. – hitorische Entwicklung 47 f. 51 – Reform 2, 62 ff. Kapitalmarkteffizienz 13, 14 ff. Kapitalmarkttheorie 14 f.
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Kausalität 69, 97, 124 f., 128, 153 keiretsu siehe Unternehmensgruppe Kin‘yû-chô siehe Financial Services Agency Kleinanleger 171 Kontrollerwerb 132 Kreditderivative (kurejitto deribatibu) 124 Kurspflege 129, 147 Kursschwankung 20 f. Kursstabilisierungsmaßnahmen 130 Law-and-Economics-Strömung 13 legal irritant 41 legal transplant – Effektivität in der aufnehmenden Rechtsordnung 40 ff. – Möglichkeit eines Rechtstransfers 40 f. – Motive des Rechtstransfers 41 ff. Leichtfertigkeit 148 level playing field 23 Livedoor K.K. 103, 136 f. M&A-Transaktion 101, 104, 106, 108 Marktmanipulation 40, 53, 72, 74, 76, 79, 82, 155 f., 159, 162, 166, 172 Marktmissbrauchsrichtlinie 33, 64, 100, 104, 130 Meiji-Restauration 36 misappropriation-Theorie siehe Verun treuungstheorie Miyauchi Ryôji (ehemaliger CFO der Livedoor K.K.) 103 Murakami Fund 1, 6, 103 ff., 136, 142, 152, 185 f. Murakami Yoshiaki (Gründer und Manager des Murakami Fund) 103, 136 f. naiatsu siehe innerer Druck naming and shaming siehe Insiderhandelsverbot, öffentliche Bekanntmachung von Verstößen New-Deal-Politik 25, 42, 64 Nippon Broadcasting System K.K. (NBS) 136 Nippon Hôsô Kyôkai (NHK) 168 Nihon Shôji 114 ff., 120 Nippon Keidanren siehe Industrieverband Nippon Orimono Kakô 141
Oberster Gerichtshof (OGH) 6, 40, 72, 80 f., 89, 101, 103 ff., 116 f., 137, 141 f., 152 Öffentliches Erwerbsangebot – Entscheidung über den Abbruch eines öffentlichen Erwerbangebots 141 ff. – Entscheidung zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots 141 ff. – Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots (kyôsei kôkai kaitsuke) 133 Optionsgeschäft (opushon torihiki) 124, 129 Ordnungswidrigkeitsgesetz 161 Paradies für Insider (insaidâ no tengoku) 1, 40, 54 Parallelbestrafungsvorschrift (ryôbatsu kitei) 157 Präsidentenclubs (shachô-kai) 45 Premierminister 63, 154, 163 Prinzipal-Agent-Theorie 13, 19 probability-magnitude-Test 28, 107 ff., 152, 185 Prüfer – Abschlussprüfer (kaikei kensa-nin) 88 – gesellschaftsinterne (kansa-yaku) 85, 88, 177 – staatlich anerkannte Buchprüfer (kônin kaikei-shi) 89 Publizität 23, 56, 83, 123, 126, 162, 174 ff., 181 Quasiinsider siehe Insider rationale Apathie 171 Real Estate Investment Trust (REIT) 121 Recruit-Cosmos 49, 54 Regelungstechnik 67 ff. – Komplexität der Vorschriften 67 ff. – Verweisungen 67, 71 f. regulatorischer Wandel 57 ff. Reputationsverlust 21 f., 25, 116, 173 reverse course 44 Rezeption westlichen Rechts in Japan 3, 52, 67, 160, 171, 180 Rule 10b-5 25 ff., 49, 51, 53, 64 f., 73, 78 ff., 150, 182, 206
Sachregister
safe-harbor-Bestimmungen siehe Anwendungsausschlüsse Sammelklage (class action) 170 ff. Schadensersatz 28, 51, 115, 157, 159, 170 ff. Securities Act 25 f. Securities and Exchange Commission (Japan) 46 ff. Securities and Exchange Commission (USA) 26 ff. Securities and Exchange Surveillance Commission (Shôken Torihiki-tô Kanshi I’in-kai) 62 ff., 154 ff. Securities Exchange Act 25 f. shareholder-democracy-Bewegung in Japan 37 Shôken Torihiki-tô Kanshi I’in-kai siehe Securities and Exchange Surveillance Commission short-swing profits siehe Herausgabe von Gewinnen bei kurzfristigen Transaktionen Signaleffekt der Preise 14, 18 Spaltung (bunkatsu) 101, 175, 207, 210 Spartenaktien (rendô kabushiki) 119 Spector-Entscheidung 125, 148, 153 Spekulationsblase (baburu) 57, 59 Staatsanwaltschaft 2, 51 ff., 66, 75, 155, 165 ff., 179, 184 Strengbeweis 4, 166 Südkorea 171 Supreme Court (USA) 28, 30 f., 107, 152, 185 Tateho-Skandal 54 ff. tatemae 43, 65, 183 TDnet 126, 145 Termingeschäft (sakimono torihiki) 54, 56, 124 Texas Gulf Sulphur 29 f. Tochtergesellschaft 37, 87 ff., 90 ff., 100, 111, 117 ff., 125, 207, 209 f., 211 TOKYO PRO Market 83 Tokyo Stock Exchange 83 tracking stocks siehe Spartenaktien Transparenz (tômei) 35, 64, 68, 95, 133, 146, 173, 177 ff., 181, 187 Transparenzgebote 177 ff. Treuepflichttheorie 30 f. Treuepflichtverhältnis 30 f.
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Ultima-Ratio-Grundsatz 68, 180, 184 unrechtmäßiges Marktverhalten 72, 73 ff., 159, 167 unrechtmäßige Mittel, Pläne oder Techniken 78 ff. Unternehmensfinanzierung 42, 45 ff., 68 Unternehmensgruppe – keiretsu 2, 44 ff., 58, 65 – zaibatsu 36 f., 44 f. Vereinigte Staaten (USA) – Einfluss auf das japanische Recht 3, 7, 34, 36 ff., 182 ff. – Entwicklung des Insiderrechts 25 ff. Verbot betrügerischer Verhaltensweisen 26 ff., 49 Verbot der Doppelbestrafung (nijû shobatsu kinshi gensoku) 169 Verleiten zum Insiderhandel aufgrund einer Empfehlung (torihiki suishô) 72, 94 ff., 98, 140, 159 Veröffentlichung (kôhyô) 125 ff. Verschmelzung (gappei) 101, 206, 209 vertretungsberechtigtes Verwaltungsratsmitglied (daihyô torishimari-yaku) 101 ff., 125 Veruntreuungstheorie (misappropriation theory) 31 f. Verwaltungsrat (torishimari yakkai) 101 ff., 136 Vorsatz 128, 147 ff. Vorsatzdelikt (koi-han) 147 Wertpapier – Ausleihe/Verleihe (karikabu, kashikabu) 123 f. – Pfandrecht an Wertpapieren 123 – spezifiziertes Wertpapier (tokutei yûka shôken) 120 f., 177, 208 f. – Sicherungsübereignung von Wertpapieren 123 Wertpapieremission (yûka shôken no hakkô) 91, 123, 126, 174 Wertpapiertransaktion – Gegenstand 122 ff., 143 f. – Zeitpunkt 125 ff., 144 ff. wesentliche Tatsache (jûyô jijitsu) 82, 99 f., 120, 125, 127 f., 131, 141, 148 f., 153, 206 ff. Wirtschaftskrise 26, 36, 57 ff., 65, 183
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Sachregister
Yakuza – erpresserische Aktionäre (sôkai-ya) 40 – fikkusâ 49
zaibatsu siehe Unternehmensgruppe Zinsswap-Geschäft (kinri-tô suwappu torihiki) 124 Zivilprozess 4, 88, 167, 172