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German Pages 164 Year 2012
Jörg Binding Das Gesetz der VR China über die deliktische Haftung Schriften zum chinesischen Recht SZCHR – Band 6
I
Schriften zum chinesischen Recht
Herausgegeben von Professor Dr. Uwe Blaurock, Freiburg Professor Dr. Ulrich Manthe, Passau Dr. Knut Benjamin Pißler, Hamburg Professor Dr. Christiane Wendehorst, Wien im Auftrag der Deutsch-Chinesischen Juristenvereinigung e. V. (DCJV)
SZCHR – Band 6
De Gruyter II
Das Gesetz der VR China über die deliktische Haftung Von Jörg Binding
De Gruyter III
Dr. iur. Jörg Binding ist als Rechtsanwalt in Frankfurt a. M. zugelassen und Leiter des deutschchinesischen Programms „Verbraucherschutz und Produktsicherheit“ der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, das im Auftrag Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Peking durchgeführt wird.
ISBN 978-3-11-028803-2 e-ISBN 978-3-11-028809-4
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
2012 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen Printed in Germany www.degruyter.com
IV
1 2 3 4 Vorwort 5
Vorwort Mit den Arbeiten an dem vorliegenden Buch habe ich im Jahre 2007 anlässlich der Beratungen der Rechtsarbeitskommission des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses (㦌⺛㦬⫔⧄㸐。ⳉ䐧⹅䔘㸐䊒。) zum Gesetz der VR China über die deliktische Haftung begonnen. Während meiner Tätigkeit als Rechtsberater im Deutsch-Chinesischen Programm Rechtswesen war ich mit den Beratungen der Rechtsarbeitskommission befasst. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH berät mit dem Deutsch-Chinesischen Programm Rechtswesen im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) unter anderem die Rechtsarbeitskommission seit dem Jahr 2005 zur Reform des Deliktsrechts. Das vorliegende Buch bietet eine systematische Darstellung des außervertraglichen Haftungsrechts der VR China. Es handelt sich um ein Rechtsgebiet, das bereits seit vielen Jahren kontrovers in der chinesischen Literatur erörtert wird. Dieses Werk setzt sich daher mit dem Stand der wissenschaftlichen Diskussion auseinander. Dabei wird die häufig sehr abstrakte chinesische Jurisprudenz anhand von praxisrelevanten Beispielen veranschaulicht. Gerade weil eine Darstellung der Rechtsprechung der Volksgerichte wegen der schwierigen Quellenlage nur begrenzt erfolgen kann, widmet dieses Buch den verfügbaren Urteilen eine besondere Aufmerksamkeit und schafft Praxisbezug. Das vorliegende Buch richtet sich folglich an Praktiker, Studenten und Wissenschafter gleichermaßen. Ich danke der Deutsch-Chinesischen Juristenvereinigung für die Aufnahme in die Schriftenreihe und die großzügige finanzielle Unterstützung dieser Arbeit. Ohne diese Unterstützung wäre die vorliegende Veröffentlichung nicht möglich gewesen. Herrn Dr. Jiang Long danke ich für seine kompetente Unterstützung und die hilfreichen Fachgespräche während der Schaffensphase. Dem China-Referenten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht, Herrn Dr. Knut Benjamin Pißler, danke ich für die kenntnisreiche Durchsicht des Manuskripts. Dem Hauptteil dieses Werks folgt eine deutschsprachige Übersetzung des Gesetzes der VR China über die deliktische Haftung. Soweit keine anderweitigen Fundstellen für zitierte Gesetzestexte, sonstige Regelungen oder Interpretationen des Obersten Volksgerichts angegeben sind, können diese in einer Datenbank der Peking Universität unter http://www.lawinfochina.com in chinesischer und englischer Sprache abgerufen werden. Deutschsprachige Übersetzungen vieler chinesischer Gesetze finden sich bei Chinas Recht, herausgegeben von Frank Münzel unter http://www. deutschchinesischesinstitut.uni-goettingen.de/index.php/de/uebersetzungen/ V
Vorwort
chinas-recht. Sämtliche in diesem Werk angegebene Internetadressen wurden im März 2012 letztmalig aufgerufen. Die Ausführungen in diesem Buch geben meine persönlichen Ansichten wieder. Jörg Binding Peking, im März 2012
VI
1 2 3 4 5
Inhaltsübersicht A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
B. Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
C. Allgemeine Haftungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
D. Haftung besonderer Haftungssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
E. Besondere Haftungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
F. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
113
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung . . . . . . . . . . . . . .
115
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
147
VII
VIII
Inhaltsverzeichnis
1 2 3 4 Inhaltsverzeichnis 5 Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über die moderne Zivilgesetzgebung Chinas II. Stellung des GdH innerhalb des Zivilgesetzbuchs . . . III. Schutzzweck des GdH . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Staatshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verhältnis zu anderen Anspruchsgrundlagen . . . . . 1. Allgemeine Grundsätze des Zivilrechts . . . . . . . 2. Vertragsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Spezialgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sachenrechtsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verwaltungs- und strafrechtliche Haftung . . . . .
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B. Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Persönlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts 2. Sonstige Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sachlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivile Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Handlung und Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Naturwissenschaftliche Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wertende Einschränkung der Kausalität . . . . . . . . . . . . 3. Vermutete Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigenständige Haftungsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . 2. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verschuldensformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschuldensfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übersicht über die Haftungsformen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 11 11 11 11 12 12 32 34 34 35 37 37 37 38 38 38 40 40 41 41 42 44 46 46 47 IX
Inhaltsverzeichnis
3. Integration der dinglichen Haftungsformen in das GdH 4. Sonstige Haftungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verhältnis der Haftungsformen zueinander . . . . . . . Haftung mehrerer Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mittäter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gemeinsame Gefährdungshandlung . . . . . . . . . . . 4. Nebentäter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gesamtschuldnerische Haftung . . . . . . . . . . . . . . Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände . . . . . 1. Gesetzliche Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertraglicher Ausschluss oder Minderung der Haftung . Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Allgemeine Haftungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . I. Generalklausel der Verschuldenshaftung . . . . . . . . . . II. Haftung für vermutetes Verschulden . . . . . . . . . . . . III. Verschuldensunabhängige Haftung (Gefährdungshaftung) IV. Billigkeitshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Haftung besonderer Haftungssubjekte . . . . . . . . I. Haftung des Vormunds . . . . . . . . . . . . . . . II. Haftung in Arbeitsverhältnissen . . . . . . . . . . 1. Haftung der Arbeitseinheit . . . . . . . . . . . 2. Haftung des Entleihers . . . . . . . . . . . . . 3. Haftung des Arbeitgebers als natürliche Person III. Haftung der juristischen Person . . . . . . . . . . IV. Haftung des Internetbetreibers . . . . . . . . . . . V. Haftung des Verwaltungspersonals . . . . . . . . 1. Haftungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung von Dritten . . . . . . . . . . . . . . . VI. Haftung der Bildungseinrichtung . . . . . . . . .
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E. Besondere Haftungstatbestände . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Produkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu bestehenden Regelungen . . 3. Haftung des Herstellers und Verkäufers . 4. Haftung von Dritten . . . . . . . . . . . . 5. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch 6. Produktbeobachtungspflicht . . . . . . .
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79 79 79 79 80 80 81 81 81
VIII.
IX.
X. XI. XII.
X
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Inhaltsverzeichnis
III. Straßenverkehrshaftung für Kraftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung von Versicherung, Nutzer und Eigentümer . . . . . . 3. Haftung nach Übertragung und vor Registrierung der Eigentumsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Haftung des Veräußerers und Erwerbers für ein zusammengebautes oder verkehrsuntaugliches Kraftfahrzeug 5. Haftung für ein entwendetes Kraftfahrzeug . . . . . . . . . . . 6. Schadensersatz durch Sozialhilfefond bei flüchtigen Fahrern . IV. Haftung für Schäden durch medizinische Behandlung . . . . . . 1. Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung der medizinischen Einrichtung . . . . . . . . . . . . 3. Haftung der medizinischen Einrichtung bei Aufklärungspflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Haftung der medizinischen Einrichtung bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur Einholung einer Patienteneinwilligung . 5. Haftung für fehlerhafte Arzneimittel und Medizinprodukte . 6. Haftungsausschlusstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Haftung wegen Verstoß gegen Geheimhaltungspflichten . . . V. Haftung für Umweltverschmutzung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Haftungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweislastumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mehrzahl von Verschmutzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verschmutzung durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Haftung für besonders hohe Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . 1. Haftung für besonders gefährliche Tätigkeiten . . . . . . . . . 2. Haftung für besonders gefährliche Gegenstände . . . . . . . . 3. Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände . . . . . . . 4. Haftungsobergrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Haftung für Tiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Haftungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haftungssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände . . . . . . . VIII. Haftung für Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff der Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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F. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
113
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung . . . . . . . . . . . . .
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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
147 XI
XII
1 2 3 4 5
Abkürzungsverzeichnis AGB AGZ
Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts der VR China
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
EheG EUM
Ehegesetz der VR China Erläuterungen zu einigen Fragen der MRÄB
GdH GG GVBWV
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung Gesetzgebungsgesetz der VR China Gesetz der VR China über Vorbeugung und Regulierung der Wasserverschmutzungen
KPCh KunstUrhG
Kommunistische Partei Chinas Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie
LuftVG LSG
Zivilluftverkehrsgesetz der VR China Lebensmittelsicherheitsgesetz der VR China
MRÄB
Methoden zur Regelung von ärztlichen Behandlungsfehler
NVK
Nationaler Volkskongress der VR China
PQG PRG
Produktqualitätsgesetz der VR China Patentgesetz der VR China
SEG SRG StG StGB SV SVSG
Staatsentschädigungsgesetz der VR China Sachenrechtsgesetz der VR China Strafgesetz der VR China Strafgesetzbuch Strahlenverordnung für radioaktive Isotope und Strahlenanlagen Straßenverkehrssicherheitsgesetz der VR China
URG USG
Urheberrechtsgesetz der VR China Umweltschutzgesetz der VR China
VAB VG VR VSG
Verordnung zu ärztlichen Behandlungsunfällen Vertragsgesetz der VR China Volksrepublik Verbraucherschutzgesetz der VR China
ZPG
Zivilprozessgesetz der VR China
XIII
XIV
I. Überblick über die moderne Zivilgesetzgebung Chinas
A.
Einführung
A. Einführung Das vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses der VR China (NVK) am 26. 12. 2009 verabschiedete und zum 1. 7. 2010 in Kraft getretene Gesetz der VR China über die deliktische Haftung1 (GdH) bildet einen weiteren Meilenstein auf dem Weg Chinas zu einem einheitlichen Zivilgesetzbuch. Das Gesetz geht über eine bloße Klarstellung und Konsolidierung des Rechts der außervertraglichen Haftung hinaus. Es bringt vielmehr eine strukturelle Neuausrichtung und Erweiterung des Individualrechtsschutzes. Dies kommt bereits im gesetzlichen Ziel des Schutzes individueller Rechte und Interessen gem. §§ 1, 2 GdH zum Ausdruck. Rechtsdogmatischer Ausgangspunkt der Haftung ist danach nicht ein deliktisches Verhalten, sondern die Verletzung geschützter Rechte.2 Zahlreiche Beweiserleichterungen und eine Ausweitung der verschuldensunabhängigen Haftung sollen zudem die Rechtsdurchsetzung vereinfachen. Das GdH folgt dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel Chinas, der die wirtschaftlichen Risiken der Bevölkerung und der Privatwirtschaft verstärkt und zu einem wachsenden Normierungsbedarf gerade im außervertraglichen Haftungsrecht führt.3 Das Gesetz ist aber auch Ausdruck der politisch-ideologischen Absicht Chinas, durch einen verbesserten Rechtsschutz den Bürgern eine „harmonische Gesellschaft“ (⼮㾔㪈。) zu schaffen und muss damit hohe politisch-gesellschaftliche Erwartungen erfüllen. Wie in China üblich, spielte bei den Gesetzesberatungen der Rechtsvergleich insbesondere zu den anglo-amerikanischen und europäischen Rechtsmodellen eine besondere Rolle. Dabei fand das deutsche Recht unter den verschiedenen europäischen Rechtsordnungen besondere Beachtung.4 Dies lässt sich an Aufbau und Systematik des GdH ablesen. Deutlich wird aber auch, dass der Gesetzgeber sich zwar am ausländischen Recht orientiert, aber vorrangig auf das bestehende chinesische Recht abhebt.5 Vom Gesetz unausgesprochen lassen sich die Kapitel 1–4 als „Allgemeiner Teil“ und die Kapitel 5–11 als „Besonderer Teil“ ansehen. Während der Allgemeine Teil generelle Haftungsprinzipien und -tatbestände regelt, die für jeden Lebensbereich gelten, hat der Besondere Teil sektorale Sondervorschriften mit teilweise sehr detaillierten Bestimmungen zum Gegenstand. Gerade dieses Nebeneinander von ______ 1 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㣷㦉䋑㦯ⳉ], vgl. zum Titel unten A. II. Der Begriff „Delikt“ oder „unerlaubte Handlung“ ist aus der chinesischen Sprache wörtlich als „Rechtsverletzung“ (㣷㦉) zu übersetzen. Siehe zum Begriff des Delikts ausführlich Yin Zhiqiang, Journal of Comparative Law (2005/4) 48, 54. 2 Vgl. zum gesetzlichen Schutzzweck im Einzelnen unten A. III. 3 Die Bedeutungszunahme des Rechts in China lässt sich an dem rasanten Anstieg von Gerichtsverfahren während der letzten Jahre ablesen, vgl. dazu Jörg Binding, ZVglWiss 109 (2010) 153, 154. 4 Yang Lixin, China Legal Science (2009/5) 125, 128. 5 Dies zeigt sich vor allem an den Haftungstatbeständen des Besonderen Teils, vgl. dazu unter E.
1
A. Einführung
abstrakten und äußerst konkreten Normen wird als ein besonderes Kennzeichen des GdH angesehen.6 I. Überblick über die moderne Zivilgesetzgebung Chinas I. Überblick über die moderne Zivilgesetzgebung Chinas Nach dem Ende der Kulturrevolution und dem Beginn der Politik der Reform und Öffnung (ⶥⷐ㋋⳦) im Jahr 1978 beschloss das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der VR China (KPCh) eine Modernisierung des Landes und setzte dafür eine umfassende Gesetzgebung auf die politische Agenda.7 Während die vorrevolutionären Gesetze vornehmlich dem Zweck des Massenkampfes (㦛䐻Ⱈ䎚) dienten, zielen die modernen Gesetze auf Rechtssicherheit und Rechtsbindung.8 In der Folgezeit wurden zahlreiche bis heute geltende Gesetze erlassen, darunter auch die Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts der VR China9 (AGZ). Diese bilden die erste allgemeine Rechtsgrundlage des chinesischen Zivilrechts und beinhalten mit § 106 AGZ die zentrale deliktische Haftungsnorm. Die neuen Gesetze gewähren den Bürgern subjektive Rechte (㦉㏜), die gegenüber Staat und Privatpersonen einklagbar sind. 1997 beschloss die KPCh bis zum Jahr 2010 ein sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung (䐱⺛㲹㩌㪈。䑘䅆ⳉ㔪㳆㻖) zu errichten.10 Als die wichtigste Säule dieses Rechtssystems war ein einheitliches Zivilgesetzbuch vorgesehen, das sukzessive in Einzelbüchern verabschiedet werden sollte. Im März 1998 setzte die Rechtskommission des Ständigen Ausschusses des 8. NVK eine Gruppe von neun Personen11 für die Vorbereitung eines Zivilgesetzbuches ein und stellte einen Zeitplan für die Verabschiedung des Zivilgesetzbuches vor.12 Als erster Schritt sollte ein einheitliches Vertragsgesetz verabschiedet werden. Diesem sollten nach vier bis fünf Jahren das Sachenrechtsgesetz und dann bis 2010 das gesamte Zivilgesetzbuch folgen.13 Das Vertragsgesetz der VR China14 (VG) wurde 1999 erlassen. Im gleichen Jahr wurde auch der erste Entwurf eines Sachenrechtsgesetzes veröffentlicht, dem im Jahr ______ 16 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 93. 17 Zentralkomitee der KPCh, Kommunique der 3. Plenartagung des 11. Zentralkomitees der KPCh [⹓⥛⭔⭻㬏䄜ㆍ䐱䂌㸐䊒。⭻㧞⪯㦌㳆。䅊⹌⡉] vom 22. 12. 1978, http://cpc.people.com.cn/ GB/64162/64168/64563/65371/4441902.html; ausführlich zur Deliktsrechtsgesetzgebung seit dem Ende der Qing-Dynastie (1904–1911) Xu Lan, FS Norbert Horn, 207 ff. 18 Ausführlich hierzu: Robert Heuser, 160 f.; Xu Lan, FS Norbert Horn, 220. 19 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㘒ⳉ㵉䋓], verabschiedet am 12. 4. 1986, in Kraft getreten am 1. 1. 1987. 10 Dies wurde auf dem 15. Parteitag der KPCh am 12. 9. 1997 beschlossen, vgl. Jiang Zemin, Bericht auf dem 15. Parteitag der KPCh [ㅎ䋔㘒䊻䐱⺛⹓⥛⭔⭻㬏㹆⪯㦌⺛⫛⢎⫔。㩰⭥⡉], http://cpc.people.com.cn/GB/64162/64168/64568/65445/4526289.html. 11 Wang Liming [㶖㏜㘘] (Leiter der Entwurfskommission), Jiang Ping [ㅎ㠞], Wang Jiafu [㶖コⶄ], Wei Zhenying [㸛䎒低], Wang Baoshu [㶖⡄㭘], Liang Huixing [㑛㾨], Xiao Xun [㾅䱟], Wei Yaorong [㸛䄌㦺], Fei Zongyi [Ⳳ䓻⬕]. 12 Liang Huixing, http://www.civillaw.com.cn/qqf/weizhang.asp?id=35686. 13 Liang Huixing, http://www.civillaw.com.cn/qqf/weizhang.asp?id=35686. 14 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛⼰㵍ⳉ], verabschiedet am 15. 3. 1999, in Kraft getreten am 29. 12. 1999.
2
I. Überblick über die moderne Zivilgesetzgebung Chinas
2001 die Veröffentlichung eines Gegenentwurfes folgte.15 Ende 2001 erstellte die Rechtskommission des Ständigen Ausschusses des 9. NVK auf Grundlage der beiden vorangegangenen Entwürfe einen Entwurf des Sachenrechtsgesetzes.16 Im Dezember 2002 legte die Rechtkommission dem Ständigen Ausschuss des 9. NVK einen Entwurf des künftigen Zivilgesetzbuchs vor. Nach diesem Entwurf gliedert sich das Zivilgesetzbuch in neun Teile: Allgemeiner Teil, Sachenrecht, Vertragsrecht, Persönlichkeitsrecht, Familienrecht, Adoptionsrecht, Erbschaftsrecht, Deliktsrecht und ein Schlussteil über die Anwendungsbestimmungen der zivilrechtlichen Verhältnisse mit Auslandsbezug.17 Wegen der Komplexität der Materie gelang es jedoch nicht, ein umfassendes Zivilgesetzbuch auf Grundlage des Entwurfs zu verabschieden.18 Daher beschloss der Ständige Ausschuss des 10. NVK im Jahr 2003, über die einzelnen Teile des Zivilgesetzbuchs, soweit sie nicht – wie etwa das VG – bereits in Kraft getreten waren, getrennt zu beraten und sie unabhängig voneinander zu verabschieden.19 In der Folgezeit nahm der Gesetzgeber sich zunächst wieder des Sachenrechtgesetzes an,20 begann allerdings im Frühjahr 2005, parallel zu den Beratungen zum Sachenrecht, mit den Arbeiten am Entwurf des GdH.21 Dieser Entwurf wurde dann in der zweiten Lesung am 28. 12. 2008 und in der dritten Lesung am 28. 10. 2009 revidiert und ergänzt. Im Anschluss wurde das GdH etwas überraschend auf der 12. Sitzung des Ständigen Ausschusses des 11. NVK am 26. 12. 2009 nach der vierten Lesung verabschiedet. Das Gesetz trat zum 1. 7. 2010 in Kraft.
______ 15 Vgl. dazu Hinrich Julius, ZChinR (2009) 140, 141. 16 Liang Huixing/Chen Huabin, 36. 17 Liang Huixing, http://www.civillaw.com.cn/qqf/weizhang.asp?id=35686; zu dem Entwurf ausführlich Xu Lan, FS Norbert Horn, 222 ff. 18 Mittlerweile wurde das Ziel der Errichtung eines sozialistischen Rechtssystems chinesischer Prägung trotz Fehlen eines Zivilgesetzbuches als erreicht angesehen. Vgl. hierzu: Wu Bangguo, Das sozialistische Rechtssystem chinesischer Prägung ist im Jahr 2010 planmäßig errichtet worden [2010㛋䐱⺛㲹㩌㪈。䑘䅆ⳉ㔪㳆㻖㧈㠻㾯⧪] vom 10. 3. 2011, http://lianghui. china.com.cn/2011/2011-03/10/content_22099220.htm. 19 Li Shishi, Bericht der Rechtskommission des Nationalen Volkskongresses zu den wichtigsten Fragen des „Gesetzes der VR China über die deliktische Haftung“ (Entwurf) [㦌⺛㦬 㘒⫛⢎⫔。ⳉ㔪㸐䊒。䇻᱗䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㣷㦉䋑㦯ⳉ᷉⤾➙᷊᱘䑘䄋㸫㳃⭥〄⡉] vom 22. 12. 2008, http://www.npc.gov.cn/wxzl/gongbao/2010-03/01/content_1580393.htm. 20 Das Sachenrechtsgesetz der VR China [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㹐㦉ⳉ] (SRG) wurde, nachdem in entscheidenden Fragen vorerst keine Einigkeit erzielt werden konnte, schließlich am 19. 3. 2007 verabschiedet und trat zum 1. 10. 2007 in Kraft, vgl. zum Gesetzgebungsprozess des Sachenrechtsgesetzes ausführlich Hinrich Julius, ZChinR (2009) 140, 141. 21 Ursprünglich sollte das Deliktsrecht als 8. Kapitel in das künftige Zivilgesetzbuch integriert werden. Ein entsprechender Entwurf wurde bereits im Dezember 2002 von der Rechtskommission des Ständigen Ausschusses des 9. NVK vorgelegt, vgl. Liang Huixing, http://www. civillaw.com.cn/qqf/weizhang.asp?id=35686.
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A. Einführung
II. Stellung des GdH innerhalb des Zivilgesetzbuchs II. Stellung des GdH innerhalb des Zivilgesetzbuchs Da der Gesetzgeber das Deliktsrecht als ein eigenständiges Buch innerhalb des (angestrebten) einheitlichen Zivilgesetzbuchs plante, entstand während der Kodifizierung des GdH eine ausführliche Debatte um die Frage, inwieweit die deliktische Haftung mit den übrigen Büchern des Zivilrechts abzustimmen sei.22 Der einflussreiche Entwurf der Volksuniversität23 geht von dem anglo-amerikanischen Rechtssystem aus und versteht das Deliktsrecht als ein eigenständiges Haftungsrecht neben Schuld- und Sachenrecht.24 Die vollständige Trennung dieser drei Rechtsgebiete habe den Vorteil, dass sich das Deliktsrecht neben dem Schuld- und Sachenrecht „besser entwickeln“ könne.25 Der ebenfalls bedeutende Entwurf der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften26 bezieht sich auf die deutsche Rechtsdogmatik und sieht in der deliktischen Handlung den Entstehungsgrund für eine schuldrechtliche Beziehung.27 Das Deliktsrecht sei damit Bestandteil des Schuldrechts und müsse „seiner Substanz nach auf eine harmonische Weise in das System des Zivilrecht eingefügt werden“.28 Grundlage müsse eine „harmonisch-konsistente theoretische Grundlage für das Deliktsrecht und das Zivilgesetzbuch“ sein.29 Da die chinesische Wissenschaft die Diskussion um dieses „Hauptproblem“30 des Deliktsrechts auf einer abstrakten Ebene und sehr allgemein führt, ist ihre praktische Bedeutung kaum greifbar. Im Kern geht es wohl darum, ob die zivilrechtliche Haftung eine Wertungseinheit bilden muss oder die einzelnen Rechtsgebiete unterschiedlichen Haftungssystemen folgen dürfen.31 Ein viel diskutierter Unterschied betrifft etwa die Integration der dinglichen Haftungsformen in das GdH.32 Eine weitere Folge ist die Bezeichnung des Gesetzes. Während der Entwurf der Volksuniversität zur Betonung der Verantwortlichkeit des Einzelnen33 als „Gesetz über die deliktische Haftung“ (㣷㦉䋑㦯ⳉ) benannt ist, rückt der Entwurf der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften – seinem dogmatischen Ansatz entsprechend – die deliktische Handlung in den Fokus und ist als „Gesetz über die deliktische Handlung“ (㣷㦉㾱㸋ⳉ) bezeichnet.34 Der Entwurf der Rechtskommission
______ 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32
Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 142. Wang Liming, Entwurf Zivilgesetzbuch, 1. Wang Liming, Entwurf Zivilgesetzbuch, 497 f. Wang Liming, Entwurf Zivilgesetzbuch, 498. Liang Huixing, Entwurf Zivilgesetzbuch, 1. Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 141 m. w. A. Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 142. Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 142. So ausdrücklich Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 141. Vgl. dazu im Einzelnen unten A. V. 4. Obgleich diese Diskussion mit einer anderen Konnotation geführt wird, vgl. dazu unten B. VII. 3. 33 Huang Fen, Hebei Law Science (2009/2) 17, 17. 34 Huang Fen, Hebei Law Science (2009/2) 17, 17; Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 141 Fn. 3.
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IV. Staatshaftung
des Ständigen Ausschusses des 9. NVK35 folgt der Bezeichnung des Entwurfs der Volksuniversität ohne allerdings ihren dogmatischen Ansatz zu übernehmen.36
III.
Schutzzweck des GdH
Während des Gesetzgebungsverfahrens wurde der Schutzzweck des GdH in verschiedenen Zusammenhängen diskutiert. Nach der sog. „Lehre vom einfachen Schutzzweck“ dient das Deliktsrecht allein dem Schutz individueller Rechte und Interessen.37 Hingegen übernimmt der „Lehre vom doppelten Schutzzweck“ zufolge das Deliktsrecht neben der Ausgleichsfunktion auch eine Abschreckungsoder Schadenspräventionsfunktion.38 Das Konzept des GdH geht noch weiter und enthält mit Aufnahme eines Strafschadensersatzes gem. § 47 GdH noch eine Straffunktion.39 Dieser dreifache Schutzzweck wird im Gesetzesziel gem. § 1 GdH ausgedrückt.40 Die drei Schutzzwecke sind gesetzlich allerdings unterschiedlich stark ausgeprägt. Während die Kompensationsfunktion umfassend gilt, sind die Abschreckungs- und Straffunktion auf wenige Ausnahmetatbestände beschränkt.41 IV. Staatshaftung IV. Staatshaftung Im Rahmen der Gesetzgebung zum GdH nahmen auch die Beratungen zur Reform der Staatshaftung einen großen Raum ein. Neben einer Integration der Staatshaftung in das GdH wurde zudem eine Verschärfung des geltenden Staatshaftungsrechts diskutiert. Nach der rudimentären Regelung des § 121 AGZ haften Behörden oder ihre Beamte für Amtspflichtverletzungen. § 152 Versuchsweise durchgeführte Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Anwendung der Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts der VR China42 (Ansichten zu AGZ) überträgt jedoch die Haftung der Beamten auf den Staat. Auch gem. § 2 Staatsentschädigungsgesetz der VR China43 (SEG) vom 12. 5. 1994 muss der Staat für Amtspflichtverletzungen seiner Amtsträger haften. ______ 35 36 37 38 39 40 41 42 43
Vgl. hierzu oben A. I. Vgl. dazu im Einzelnen Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 141. Xu Chuanxi, Tribune of Political Science and Law (2002/1) 34, 35. Pan Tonglong/Cheng Kaiyuan, 24; die Schadenspräventionsfunktion kommt z. B. in §§ 21 und 87 GdH zum Ausdruck. Vgl. dazu unten B. VII. 2. c); streng genommen hat das GdH mit dem Ziel der Förderung von „Harmonie und Stabilität in der Gesellschaft“ sogar einen vierten politisch-ideologischen Schutzzweck, vgl. § 1 GdH. Vgl. dazu ausführlich Wang Liming, 1 ff.; Yang Lixin, Auslegung GdH, 1 f.; freilich gibt es bei dieser Differenzierung einige Überschneidungen insbesondere zwischen Abschreckungs- und Straffunktion. Praktisch dürfte daher der Unterschied zwischen den Meinungen gering sein. [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻⺂⧚䐕㾱᱗䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㘒ⳉ㵉䋓᱘㧕ⶪ㸫㳃⭥䅃ボ᷉㬵㾱᷊], verabschiedet am 26. 1. 1988. [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛⺛コ㞃⧆ⳉ], in Kraft getreten am 1. 1. 1995.
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A. Einführung
Mit einer am 29. 4. 2010 verabschiedeten Reform des SEG entschied sich der Gesetzgeber gegen eine Integration der Staatshaftung in das GdH. Dies ist wohl auf die Vorstellung zurückzuführen, dass der Staat im Vergleich zu privaten Haftungsträgern Besonderheiten aufweist und daher nicht mit diesen gleichgesetzt werden kann.44 Zwar brachte die Novellierung mit der Änderung des Haftungsprinzips (von der verschuldensabhängigen – zur verschuldensunabhängigen Haftung) und Anerkennung des immateriellen Schadensersatzes eine Verschärfung der Haftung des Staates. Der Gesetzgeber konnte sich aber nicht zu einer direkten Haftung des Amtsträgers für schuldhafte Amtspflichtverletzung entsprechend § 832 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durchringen. Es bleibt damit bei einer Haftungsprivilegierung von Amtsträgern, weil diese neben dem Staat nicht unmittelbar persönlich haften.45 Immerhin regelt § 16 SEG nun einen Regressanspruch des Staates gegen den vorsätzlich oder grob fahrlässig handelnden Amtsträger. V. Verhältnis zu anderen Anspruchsgrundlagen V. Verhältnis zu anderen Anspruchsgrundlagen Üblicherweise enthalten neue Gesetze in China keine Kollisionsbestimmungen im Hinblick auf bestehende Vorschriften. Insbesondere werden (um mögliche Rechtslücken zu vermeiden) bestehende Gesetze nicht aufgehoben. Sofern es Normkonflikte gibt, sind sie anhand der Kollisionsbestimmungen des Gesetzgebungsgesetzes der VR China46 (GG) aufzulösen.47 In der Praxis erschwert das die Rechtsanwendung. Keine Kollision besteht hingegen zwischen verschiedenartigen deliktsrechtlichen Ansprüchen. Diese bestehen in Form von Anspruchskonkurrenz nebeneinander. Anders als im deutschen Recht gilt dies auch im Verhältnis zu vertraglichen Ansprüchen. Einen grundsätzlichen Vorrang vertraglicher Ansprüche vor deliktischen Ansprüchen kennt das chinesische Recht nicht.48 1.
Allgemeine Grundsätze des Zivilrechts
Das GdH setzt die außervertraglichen Haftungsvorschriften der AGZ49 nicht ausdrücklich außer Kraft. Daher finden diese – einschließlich der maßgeblichen Interpretationen des Obersten Volksgerichts – auch weiterhin Anwendung. Jedoch darf das GdH nicht als eine „Auffangregelung“ verstanden werden.50 Im Gegenteil, die Bestimmungen des GdH gehen nach dem Rechtsgrundsatz lex posterior derogat legi priori den bestehenden Vorschriften der AGZ vor, vgl. § 83 Hs. 2 GG. Weist hin______ 44 Vgl. Wang Liming, Contemporary Law Review (2008/5) 3, 11; Xi Xiaoming, 43. 45 Andere Ansicht Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 514, die Staat und Amtsträger als Gesamtschuldner ansehen. Dies widerspricht aber § 152 Ansichten zu AGZ. 46 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㑃ⳉⳉ], verabschiedet am 15. 3. 2000, in Kraft getreten am 1. 7. 2000. 47 Vgl. dazu ausführlich Jörg Binding/Anna Radjuk, RIW (2009) 785, 790. 48 Vgl. dazu unten A. V. 2. 49 Vgl. §§ 106 und 117–134 AGZ; vgl. umfassend Mario Feuerstein, 79 ff. 50 So aber Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511.
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V. Verhältnis zu anderen Anspruchsgrundlagen
gegen das GdH Gesetzeslücken auf oder treffen Vorschriften der AGZ weitergehende Regelungen, ist im Einzelfall auszulegen, welche Norm Anwendung finden soll. 2.
Vertragsgesetz
Werden Leib und Leben51 oder Vermögensrechte einer Vertragspartei durch ein pflichtwidriges Verhalten der anderen Partei verletzt, hat der Geschädigte gem. § 122 VG ein Wahlrecht zwischen vertraglichen oder deliktsrechtlichen Haftungsansprüchen. Das Prinzip des Vorrangs vertraglicher Ansprüche vor deliktischen Ansprüchen gilt damit im chinesischen Recht nicht. Dies hat zur Folge, dass vertragliche Vereinbarungen (z. B. zur Haftungsbeschränkung) nicht auf außervertragliche Haftungstatbestände durchschlagen können.52 Eine Abgrenzung vertraglicher und deliktsrechtlicher Ansprüche nach der Rechtsfigur des „weiterfressenden Mangels“ wie im deutschen Kauf- und Werkvertragsrecht, ist dem chinesischen Recht fremd. Ebenso ist, wie mittlerweile auch im deutschen Recht wegen § 195 BGB, eine Abgrenzung im Hinblick auf die Verjährungsfristen kaum relevant.53 3.
Spezialgesetze
Nach dem in § 5 GdH formulierten Rechtsgrundsatz lex specialis derogat legi generali54 gehen spezialgesetzliche Haftungsnormen den Vorschriften des GdH vor. Unklar bleibt jedoch, welche Normen im Einzelnen darunter zu subsumieren sind.55 Nach groben Schätzungen gibt es derzeit über einhundert Gesetze in China, die deliktsrechtliche Handlungen und Haftungsprinzipien regeln56 und als Spezialgesetze mit einem selbständige Haftungssystem oder als einzelne das GdH ergänzende Spezialvorschriften i. S. d. § 5 GdH in Betracht kommen. Allerdings unterstellt § 2 Abs. 2 GdH mit den Sachenrechten57, geistigen Eigentumsrechten und dem Erbrecht gerade einige spezialgesetzlich geschützte Rechte dem Schutzbereich des GdH,58 so dass zweifelhaft erscheint, inwieweit hier der Spezialitätsgrundsatz gilt. ______ 51 Die Aufzählung ist wohl beispielhaft gemeint, so dass auch andere Persönlichkeitsrechte erfasst sein dürften. 52 Dazu unten B. IX. 2. 53 Vgl. zur Verjährung ausführlich unten B. XII. 54 Vgl. auch § 83 Hs. 1 GG. 55 Eine ähnliche Regelung findet sich in § 123 VG, die nach ihrem Wortlaut allerdings für den Anwendungsvorrang anderer Gesetze nicht das Vorliegen von „besonderen“ Bestimmungen voraussetzt. Dass der Gesetzgeber hiermit dem Rechtsanwender die im Einzelfall schwierige Entscheidung, ob es sich bei der kollidierenden Vorschrift um ein Spezialgesetz handelt, abnehmen wollte, erscheint jedoch unwahrscheinlich. 56 Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 148. 57 Zum chinesischen Verständnis des Begriffs „Sachenrechte“ vgl. unten B. II. 1. b) (1). 58 Vgl. dazu unten B. II. 1. b).
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A. Einführung
Es bleibt zu hoffen, dass Interpretationen des Obersten Volksgerichts zum GdH den Gegenstand des § 5 GdH genauer definieren. Nach dem Wortlaut des § 5 GdH gilt der Spezialitätsgrundsatz unabhängig vom Zeitpunkt des Erlasses der Sondervorschriften. Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des GdH geltenden Spezialgesetze enthalten häufig keine eigene Anspruchsgrundlage, sind haftungsrechtlich überholt oder sind so allgemein gehalten, dass das GdH ergänzend herangezogen werden muss.59 In diesen Fällen ist § 5 GdH nach dem Rechtsgrundsatzes lex posterior derogat legi priori (§ 83 Hs. 2 GG) einschränkend auszulegen, so dass die Vorschriften des GdH vorrangig anzuwenden sind.60 Dieser Beitrag erörtert das Verhältnis der bestehenden Sondervorschriften zum GdH im jeweiligen Sachzusammenhang. Für künftige spezialgesetzliche Haftungsnormen dürfte der Spezialitätsgrundsatz hingegen uneingeschränkt gelten. 4.
Sachenrechtsgesetz
Auch das Verhältnis des GdH zum Sachenrecht ist unklar. Nach dem Spezialitätsgrundsatz (§ 5 GdH) sollte für den deliktischen Schutz der Sachenrechte an sich die Bestimmungen des SRG61 gelten. § 2 Abs. 2 GdH unterstellt die Sachenrechte aber zugleich dem Schutz des GdH. Demgemäß geht die Literatur davon aus, dass die allgemeinen deliktsrechtlichen Haftungsnormen des GdH neben den §§ 32 ff. SRG anwendbar sind.62 Daraus ergeben sich zahlreiche Wertungswidersprüche.63 So sieht das SRG in den §§ 36, 37 SRG einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch bei der Verletzung von Eigentumsrechten vor64 und setzt sich damit – ohne erkennbaren Grund – über das Verschuldensprinzip des GdH hinweg.65 Es widerspricht der allgemeinen Werteordnung, wenn ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Leib oder Leben gem. § 6 Abs. 1 GdH Verschulden voraussetzt, während im Fall einer Eigentumsverletzung gem. §§ 36, 37 SRG eine Garantiehaftung greift. Die Wertung des GdH verlangt auch im Rahmen der §§ 36, 37 SRG analog § 6 Abs. 1 GdH Ver-
______ 59 Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 521 f. Den Autoren zufolge stellt das GdH ein „Ergänzungsrecht bestehender Rechtsnormen zur Gewährleistung eines modernen und möglichst umfangreichen Rechtsschutzes“ dar. Im Kollisionsfall hilft diese Aussage freilich wenig. Ein Meistbegünstigungsprinzip ist dem GdH jedenfalls nicht zu entnehmen. 60 Nach Hou Guoyue, http://article.chinalawinfo.com/Article_Detail.asp?ArticleID=51892, gilt sogar ein grundsätzlicher Anwendungsvorrang des GdH gegenüber älteren Spezialgesetzen. Diese Ansicht widerspricht aber klar dem Wortlaut des § 5 GdH. 61 Siehe oben Fn. 20. 62 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 116 f.; Xi Xiaoming, 121 ff. 63 Vgl. dazu auch im Einzelnen unten B. II. 1. b) (1). 64 Für eine verschuldensunabhängige Haftung daher Liang Huixing, Entwurf Sachenrechtsgesetz, 210. 65 Vgl. zum Verschuldensprinzip unten B. VI. und unten C. I.
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V. Verhältnis zu anderen Anspruchsgrundlagen
schulden des Schädigers.66 Das gilt erst recht im Fall eines gutgläubigen Erwerbs,67 denn der von § 106 SRG vorgesehene gutgläubige Eigentumserwerb darf nicht durch die Gewährung eines verschuldensunabhängigen deliktischen Anspruchs, der über die Haftungsform der Naturalrestitution68 dem ursprünglichen Eigentümer die Möglichkeit einräumt, das Eigentum vom gutgläubigen Erwerber wiederzuerlangen, kontakariert werden. 5.
Verwaltungs- und strafrechtliche Haftung
Eine verwaltungs- oder strafrechtliche Haftung wegen derselben Handlung hat gem. § 4 Abs. 1 GdH keinen Einfluss auf die deliktische Haftung. Reicht aber das Vermögen des Schädigers nicht aus, um sämtliche Ansprüche zu befriedigen, muss er gem. § 4 Abs. 2 GdH vorrangig der deliktischen Ersatzpflicht nachkommen.
______ 66 Im Ergebnis ebenso Cui Jianyuan, China Legal Science (2009/1) 139, 141; Hu Kangsheng, 518; Hinrich Julius/Gebhard Rehm, ZVglRWiss 106 (2007) 367, 413. 67 Hinrich Julius/Gebhard Rehm, ZVglRWiss 106 (2007) 367, 413 m. w. A. 68 Dazu siehe unten B. VII. 4. a).
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A. Einführung
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I. Persönlicher Schutzbereich
B.
Allgemeine Grundsätze
B. Allgemeine Grundsätze neue Seite Aus § 2 Abs. 1 GdH folgt eine strukturelle Trennung von Haftungsgrund und Haftungsausfüllung.69 Während der Haftungsgrund die Verletzung von zivilrechtlich geschützten Rechten und Interessen darstellt, bezieht sich die Haftungsausfüllung auf die Feststellung des Schadens und den Schadensausgleich.70 I. Persönlicher Schutzbereich I. Persönlicher Schutzbereich 1.
Natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts
Der persönliche Schutzbereich des GdH ist umfassend. Das Gesetz erfasst natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts71 soweit die fraglichen Rechte oder Interessen nicht ausschließlich natürlichen Personen vorbehalten sind.72 Ein solcher Ausschluss findet sich insbesondere im Hinblick auf bestimmte Persönlichkeitsrechte.73 Das chinesische Recht differenziert nicht nach der Nationalität der Rechtsträger, so dass auch ausländische natürliche und juristische Personen des Privatrechts uneingeschränkt dem GdH unterfallen.74 2.
Sonstige Organisationen
Aber auch „sonstige Organisationen“ (㡅㰜䔊䐐) fallen in den gesetzlichen Schutzbereich des GdH.75 Darunter versteht man die Organisationen, die keine juristischen Personen sind, 76 wie z. B. die Partnerschaft i. S. d. § 30 AGZ und § 2 Abs. 1 des Gesetzes der VR China über Partnerschaftsunternehmen77. 3.
Staat
Obwohl das GdH nach dem Wortlaut des § 1 GdH allein dem Schutz der Zivilrechtssubjekte (㘒㬣䑘㳆) dient, wird mitunter vertreten, dass auch der Staat dem Schutzbereich des GdH unterfällt.78 Der Vergleich zum Schutzbereich der AGZ bestärkt Zweifel an dieser Auffassung. Nach § 117 Abs. 1 AGZ unterfallen ausdrück______ 69 Gert Brüggemeier, Assets & Liabilities (2010/2) 12. 70 Gert Brüggemeier, Assets & Liabilities (2010/2) 12. Die chinesische Literatur erörtert diese dogmatische Frage – soweit ersichtlich – nicht. 71 Vgl. dazu schon § 5 AGZ. 72 Ni Ningjun/Oliver Simon, 74. 73 Vgl. dazu im Einzelnen unten B. II. 1. a). 74 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 118; vgl. § 5 Abs. 1 ZPG. 75 Vgl. zu dem Begriff § 2 Abs. 1 VG. 76 Wang Liming, Zivilrecht, 39. 77 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛⼰【㡔䄖ⳉ], verabschiedet am 23. 2. 1997, in Kraft getreten am 1. 8. 1997, zuletzt geändert am 27. 8. 2006. 78 Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 512 (ohne Nachweis).
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B. Allgemeine Grundsätze
lich staatliche und kollektive Vermögensgüter dem deliktischen Schutzbereich. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift im Rahmen des GdH fehlt eine planwidrige Gesetzeslücke, weil der Gesetzgeber den Schutzbereich bewusst auf Zivilrechtssubjekte begrenzt hat.79 Daher richtet sich der deliktische Schutz staatlicher und kollektiver Vermögensgüter auch künftig nach den AGZ.80 In der Praxis wird jedoch – trotz des umfassenden Staats- und Kollektiveigentums in China – im Hinblick auf die detaillierten verwaltungs- und strafrechtlichen Regelungswerke ein geringes Bedürfnis für einen Rückgriff auf die AGZ bestehen. II. Sachlicher Schutzbereich II. Sachlicher Schutzbereich Vorrangiger Schutzzweck des chinesischen Deliktsrechts ist der materiell-rechtliche Ausgleich von Schäden (Schadenskompensation).81 Dabei schützt das Deliktsrecht nicht vor jeglichen Schäden, sondern gem. § 2 GdH nur vor Schäden an bestimmten „zivilen Rechten und Interessen“ (㘒㬣㦉䅇).82 1.
Rechte
Da die in § 2 Abs. 2 GdH genannten Rechte bereits in den AGZ oder Spezialgesetzen verankert sind, hat die Auflistung in § 2 Abs. 2 GdH vor allem klarstellende Funktion.83 Allerdings bringt das GdH mit der gesetzlichen Anerkennung des Rechts auf Privatsphäre, das bisher nur in juristischen Interpretationen des Obersten Volksgerichts beschrieben war,84 eine wichtige Erweiterung des deliktischen Schutzbereichs. Darüber hinaus ist das GdH durch die ausdrücklich nicht abschließende Aufzählung auch für eine zukünftige Erweiterung des Schutzbereichs offen.85 Die chinesische Literatur unterscheidet bei den in § 2 GdH genannten Rechten zwischen Persönlichkeitsrechten86 (㦬㪎㦉) einerseits und Vermögensrechten (⤧⥛㦉) andererseits.87
______ 79 Vgl. Wang Shengming, 16; nur wenn man den Staat als „sonstige Organisation“ (vgl. dazu oben B. I. 2) definiert, ließe sich eine (direkte) Anwendung des GdH rechtfertigen. 80 Die Haftung des Staates bestimmt sich selbstverständlich nach dem SEG, Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 102 f.; oben A. IV. 81 Siehe zum dreifachen Schutzzweck ausführlich oben A. III. 82 Die zivilen Rechte und Interessen werden im GdH mehrmals erwähnt, jeweils in §§ 2, 6 und 7 GdH. 83 Wang Liming, 6. 84 § 1 Erklärungen des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Haftung auf Ersatz seelischer Schäden bei zivilrechtlichen Rechtsverletzungen [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻㦘Ⰹ㘒㬣㣷㦉㈌㪒㰑⼇㞃⧆䋑㦯㧕ⶪ㸫㳃⭥ ㆃ㬮] (Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden), vom 8. 3. 2001. 85 Vgl. dazu unten B. II. 1. b) (5). 86 Vgl. zur näheren Bestimmung der einzelnen Persönlichkeitsrechte Simon Werthwein, 36. 87 Wu Handong, China Legal Science (2005/2) 73, 73.
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II. Sachlicher Schutzbereich
a)
Persönlichkeitsrechte
Als Persönlichkeitsrechte führt § 2 GdH das Recht auf Leben und Gesundheit, das Namensrecht, das Recht am guten Ruf, das Recht an der Ehrbezeichnung, das Recht am eigenen Bild, das Recht auf Privatsphäre, die Ehefreiheit sowie das Vormundschaftsrecht auf. Während das Recht auf Leben und Gesundheit in § 98 AGZ sowie das Namensrecht, der gute Ruf, die Ehre und das Recht am eigenen Bild in § 120 AGZ bereits gesetzlich normiert waren, erweitert der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Anerkennung des Rechts auf Privatsphäre den deliktischen Schutz.88 Der Gesetzgeber ist den Vorschlägen zur (inhaltlichen) Regelung der Persönlichkeitsrechte in einem eigenständigen Kapitel des GdH nicht gefolgt, sondern benennt nur die Rechte und trifft zu Inhalt und Umfang keine Regelung.89 Daher dürfte ein Rückgriff auf die AGZ und die dazu ergangenen Interpretationen des Obersten Volksgerichtes zulässig und erforderlich sein. (1)
Recht auf Leben
Die chinesische Literatur versteht unter dem Recht auf Leben, das „Recht auf sichere Nutzung des Lebens“.90 Eine Konkretisierung dieser sehr abstrakten Definition lässt sich nicht finden. Stattdessen wird allseits das Recht auf Leben als das „aller wichtigste Recht einer natürlichen Person“ bezeichnet.91 Die Verletzung des Rechts auf Leben geschieht durch die Tötung eines Menschen.92 Da der Verstorbene den Schadensersatz nicht mehr selbst beanspruchen kann, sind gem. § 18 GdH nahe Angehörige des Verstorbenen berechtigt, gegen den Schädiger die deliktischen Ansprüche geltend zu machen.93 Im Todesfall steht nahen Angehörigen zudem ein Anspruch auf Todesfallschadensersatz zu.94 Nach chinesischem Recht beginnt das Leben mit der Geburt und dem Einsetzen der selbständigen Atmung.95 Eine Leibesfrucht hat nach herrschender Ansicht kein Recht auf Leben, sondern lediglich ein „rechtlich geschütztes Interesse“96 auf Leben, weil sie rechtsunfähig ist.97 Ein Schadensersatzanspruch des Kindes gegen den Schädiger soll aber nur bestehen, wenn es lebend geboren wird.98 In diesem Fall liegt aber keine Verletzung des Lebens, sondern der Gesundheit der Leibesfrucht ______ 88 Wang Liming, 7. 89 Dazu ausführlich Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 152 f. 90 Vgl. Wang Liming, Forschung über das Persönlichkeitsrecht, 303; Wang Liming/Yang Lixin/Yao Hui, 50; Yang Lixin, 388. 91 Vgl. nur Wang Liming, 306; Zhang Xinbao, 185. 92 Wang Liming, 329. 93 Unter nahe Angehörige im Sinne des chinesischen Zivilrechts fallen Ehegatten, Eltern, Kinder, Geschwister, Großeltern und Enkel, vgl. § 12 Ansichten zu AGZ. 94 Vgl. dazu unten B. VII. 2. b) (3). 95 Vgl. dazu § 9 AGZ: „Von ihrer Geburt bis zum Tod genießen Bürger dem Recht gemäß Zivilrechte“; Peng Wanlin, 66. 96 Vgl. zu den „rechtlich geschützten Interessen“ i. S. d. § 2 Abs. 2 GdH unten B. II. 2. a). 97 Wang Liming, 336. 98 Xi Xiaoming/Wang Liming, Antworten zu häufig gestellten und schwierigen Fragen zum GdH, 6 f.; Wang Liming, 339.
13
B. Allgemeine Grundsätze
vor.99 Für ein „rechtlich geschütztes Interesse“ auf Leben der Leibesfrucht besteht folglich keine Haftung.100 Führt z. B. bei einer schwangeren Frau die Verabreichung von falschen Medikamenten zu einer Fehlgeburt, ist zwar das „Interesse auf Leben“ der Leibesfrucht verletzt, weil das Kind aber nicht lebend geboren wurde, steht nur der Frau ein Schadensersatzanspruch wegen Gesundheitsverletzung zu.101 Das Recht auf Leben endet gemäß § 9 AGZ mit dem Tod.102 Die Sterbehilfe begründet in China eine Verletzung des Rechts auf Leben und ist gem. § 232 Strafgesetz der VR China (StG)103 strafbar.104 Im chinesischen Recht gibt es noch keine gesetzliche Definition des Todes. Im Schrifttum ist der genaue Zeitpunkt des Todes umstritten. Abgestellt wird vor allem auf das Aussetzen des Herzschlags und der Atmung oder auf das Erlöschen der Hirnströme.105 (2)
Recht auf Gesundheit
Mangels Legaldefinition des Rechts auf Gesundheit ist umstritten, ob neben dem Recht auf die physische Gesundheit des Körpers auch die psychische Gesundheit geschützt wird. Eine Ansicht geht davon aus, dass das Recht auf Gesundheit nur die physische Gesundheit umfasst und die psychische Gesundheit allein durch die Gewährung eines seelischen Schadensersatzanspruches geschützt wird.106 Diese Ansicht wird zu Recht von der herrschenden Meinung abgelehnt.107 Für den Ausschluss psychischer Gesundheit gibt es keinen Grund.108 Vom Recht auf Gesundheit zu unterscheiden ist das Recht am Körper (㪎㳆㦉), welches zwar nicht gesetzlich geregelt,109 jedoch als Gegenstand der justiziellen Auslegung des Obersten Volksgerichtes110 und in der Literatur111 anerkannt ist. Darunter versteht man das Recht einer natürlichen Person auf die Unversehrtheit ihrer körperlichen Integrität ohne Verletzung der Gesundheit, wie z. B. durch Abschneiden von Haaren.112 Wie bei dem Recht auf Leben verwehrt die chinesische Jurisprudenz mangels Rechtsfähigkeit des nasciturus diesem ein Recht auf Gesundheit. Sie gewährt der ______ 199 Vgl. dazu unten B. II. 1. a) (2). 100 Die widersprüchlichen Voraussetzungen für Haftungsgrund (Tod) und Haftungsausfüllung (Leben) schließen einen Schadensersatzanspruch des Kindes aus. 101 Wang Liming, 339. 102 Vgl. dazu § 9 AGZ, oben Fn. 95. 103 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㾭ⳉ] verabschiedet am 14. 3. 1997, in Kraft getreten am 1. 10. 1997, zuletzt geändert am 25. 2. 2011. 104 Wang Liming, Persöntlichkeitsrecht, 146. 105 Ausführlich zum Meinungsstand Yang Lixin, 387. 106 Yang Lixin, 409 f. 107 Wang Liming, 369 ff.; Zhang Xinbao, 188. 108 Vgl. zum Ganzen Mario Feuerstein, 91. 109 Vgl. § 98 AGZ und § 2 Abs. 2 GdH, die nur von „Recht auf Leben und Gesundheit“ sprechen. 110 § 1 Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden. 111 Wang Liming, 340; Yang Lixin, 433. 112 Mario Feuerstein, 92; Wang Liming, 340.
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II. Sachlicher Schutzbereich
Leibesfrucht aber ein „rechtlich geschütztes Interesse“ auf Gesundheit.113 Wird also beispielsweise ein Kind wegen Verabreichung verbotener Medikamente während der Schwangerschaft mit schweren Schäden geboren, hat dieses einen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger.114 (3)
Namensrecht und Recht am eigenen Bild, Recht am guten Ruf und Recht an der Ehrbezeichnung
(a)
Namensrecht
Das Namensrecht wird in § 99 AGZ und in den dazu vom Obersten Volksgericht verfassten Interpretationen konkretisiert. Nach § 99 Abs. 1 AGZ sind die Bürger berechtigt, „ihren Namen festzulegen, zu gebrauchen und gemäß den Bestimmungen zu ändern und anderen die Beeinträchtigung, den Missbrauch und die Anmaßung ihres Namens zu verbieten.“115 Neben dem bürgerlichen Namen unterfallen auch Pseudonyme und Kennzeichen dem Schutzbereich des § 99 Abs. 1 AGZ, soweit sie geeignet sind, die dahinterstehenden Person zu bestimmen oder zu versinnbildlichen.116 Nach § 99 Abs. 2 AGZ genießen juristische Personen, Einzelgewerbetreibende und Personengesellschaften das Recht an ihren Bezeichnungen und sind berechtigt, diese zu gebrauchen, zu ändern und rechtsgemäß zu übertragen.117 Der Begriff „Bezeichnungen“ erfasst Schriftzeichen (z. B. Firma) und Kennzeichen (z. B. Markenzeichen) soweit diesen eine Namensfunktion zukommt und sie entsprechend registriert sind.118 Das Namensrecht wird auch nach dem Tod geschützt. Nach § 3 Nr. 1 Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden können nahe Angehörige eines Verstorbenen einen Anspruch auf seelischen Schadensersatz geltend machen, wenn der Name des Verstorbenen durch eine Beleidigung oder Verleumdung des Verstorbenen verletzt wird. Signiert ein Maler sein Gemälde mit dem Namen eines berühmten verstorbenen Malers, können die nahen Angehörigen des verstorbenen Malers deliktische Ansprüche geltend machen. Eine Verletzung des Namensrechts kann auch durch eine abschätzige, verunglimpfende sowie gegen das öffentliche Interesse oder die gesellschaftliche Moral verstoßende Verwendung des Namens erfolgen. Zu beachten ist allerdings, dass eine solche Verletzung häufig zugleich eine Haftung wegen Verletzung des Rechts am guten Ruf nach sich zieht. In diesem Fall wird die Haftung wegen Verletzung des Namenrechts verdrängt.119 ______ 113 Yang Lixin, Persönlichkeitsrecht, 158; vgl. zu den „rechtlich geschützten Interessen“ i. S. d. § 2 Abs. 2 GdH unten B. II. 2. a). 114 Wang Liming, 339. 115 Vgl. zu den Verletzungshandlungen im Einzelnen Mario Feuerstein, 94. 116 Gao Yan/Chai Chunying, 93. 117 Bezeichnungen gem. § 99 Abs. 2 AGZ können grundsätzlich in derselben Weise wie Namen i. S. d. § 99 Abs. 1 AGZ verletzt werden. Darüber hinaus gelten für Bezeichnungen mit dem Prioritätsprinzip und dem Prinzip der Firmenausschließlichkeit einige Besonderheiten, vgl. Mario Feuerstein, 96. 118 Yang Lixin, 491 f. 119 Vgl. Yang Lixin, 482.
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B. Allgemeine Grundsätze
(b)
Recht am eigenen Bild
Das Recht am eigenen Bild wird in § 100 AGZ und durch die vom Obersten Volksgericht dazu entwickelten Interpretationen näher bestimmt. Danach darf ohne Einverständnis das Bildnis eines Bürgers nicht dafür eingesetzt werden, Gewinne zu erzielen. Ein Bildnis erfasst jede Form der visuellen Darstellung einer Person, z. B. durch Foto, Grafik, Zeichnung einschließlich Karikatur, Skulptur oder Video, soweit diese für Dritte identifizierbar ist.120 Der Wortlaut des § 100 AGZ beschränkt das Recht am eigenen Bild auf natürliche Personen, so dass sich juristische Personen nicht auf die Vorschrift berufen können. Eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild liegt gem. § 139 Ansichten zu AGZ vor, wenn das Bildnis ohne Einwilligung des Berechtigten um Gewinn zu erzielen z. B. für Werbung, in Markenzeichen oder zur Gestaltung von Auslagen verwandt wird. Obgleich damit sowohl § 100 AGZ als auch die Ansichten zu AGZ übereinstimmend eine Gewinnerzielungsabsicht voraussetzen, verzichtet das Oberste Volksgericht zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken mittlerweile auf dieses Merkmal.121 Danach erfasst § 100 AGZ jede Herstellung, Nutzung sowie auch bloßen Besitz eines Bildnisses und geht somit über den Schutzbereich des § 22 Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie122 (KunstUrhG) im deutschen Recht weit hinaus.123 Obwohl das Recht am eigenen Bild mit dem Tod des Rechtsinhabers erlischt, wird das Bild nach einer Ansicht des Obersten Volksgerichts124 weiterhin rechtlich geschützt und darf nicht „entstellt“ (⨔⿐) oder zum Zwecke der Gewinnerzielung unberechtigt genutzt werden. Klagebefugt sind aber nach dem Tod nur nahe Angehörige des Verstorbenen. Ungeklärt ist, ob das Recht auch nach dem Tod der nahen Angehörigen geschützt bleibt. Eine starre zehnjährige Frist wie im § 22 KunstUrhG gibt es im chinesischen Recht jedenfalls nicht. (c)
Recht am guten Ruf
Das Recht am guten Ruf (㘜䈟㦉)125 wird in § 101 AGZ und den einschlägigen Ansichten des Obersten Volksgerichtes näher definiert. Danach genießt die Achtung ______ 120 Gao Yan/Chai Chunying, 108; fehlt eine Identifizierbarkeit, besteht kein deliktischer Schutz gem. § 100 AGZ. 121 Vgl. § 1 Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden; Wang Liming, 219 ff.; Zhang Xinbao, 198. 122 In Kraft getreten am 1. 7. 1997, letzte Änderung am 16. 2. 2001, BGBl. I 2001, 266. 123 Vgl. ausführlich zur Rechtswidrigkeit, der ein überwiegendes staatliches oder gesellschaftliches Interesse entgegenstehen kann Mario Feuerstein, 99 ff. 124 Ansichten des Obersten Volksgerichts zur Frage über die Annahme der Klage von Zhou Haiying gegen Shaoxinyuwang Juwelenladen [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻䐽⼄䇅㰀㩽㾬䊞㶖䑊⡇㆑㾱㣷ⳙ㔔䁙㾅㼒㦉䄜➙䇇 ⴒ㬽㏎⭥⫑ⶕ䅃ボ] vom 26. 6. 2000. In dem zugrundeliegenden Fall verklagte ein Nachkomme des bekannten chinesischen Schriftstellers Lu Xun (1881–1936) einen Juwelenladen wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild seines Vaters. Ähnlich die Rechtsprechung in Deutschland zu Otto von Bismarck auf seinem Totenbett, RGZ 45, 170. 125 Demgegenüber wird hier in Übereinstimmung mit Frank Münzel, Chinas Recht, 12. 4. 1986/1 „㦺䈟㦉“ als Recht an der Ehrbezeichnung übersetzt. Umgekehrt unter Hinweis auf die chinesische Literatur Mario Feuerstein, 100, Fn. 477.
16
II. Sachlicher Schutzbereich
der Persönlichkeit eines Bürgers den Schutz des Gesetzes, und es ist verboten, durch Beleidigung oder Verleumdung126 den Ruf eines Bürgers zu schädigen. Das Gesetz schützt ausdrücklich auch juristische Personen. Unter dem Ruf versteht die chinesische Literatur das Resultat der gesamten Beurteilung eines bestimmten Bürgers durch die Gesellschaft im Hinblick auf seine Moral, seine Befähigung, sein Ansehen, seine verdienten Leistungen und seine Qualifikation.127 Für die Beurteilung des Persönlichkeitswertes (㦬ⷒ㠡ゼ) wird ein objektiver, an gesellschaftlichen Vorstellungen orientierter Maßstab angelegt.128 Nach herrschender Lehre kann eine Verletzung des Persönlichkeitswertes nur vorliegen, wenn ein Dritter davon Kenntnis erlangt.129 Erfolgt also die herabwürdigende Äußerung oder Tätlichkeit allein gegenüber dem Betroffenen und ohne dass ein Dritter davon Kenntnis erlangt, sind die Voraussetzungen für eine Verletzung des Rechts am guten Ruf nicht erfüllt.130 Das Oberste Volksgericht legt das Recht am guten Ruf hingegen weit aus. Nach § 140 Abs. 1 Ansichten zu AGZ liegt eine Rufverletzung auch dann vor, wenn schriftlich, mündlich oder in anderer Form Privatangelegenheiten eines Bürgers verbreitet werden, mit erfundenen Tatsachen die Persönlichkeit eines anderen entstellt wird oder mittels Beleidigungen bzw. Verleumdungen der Ruf eines anderen geschädigt wird und dies eine gewisse Wirkung hat.131 Die herrschende Lehre leitete daraus ab, dass die Privatsphäre Bestandteil des Rechts am guten Ruf ist und das Oberste Volksgericht damit ein eigenständiges Recht auf Privatsphäre ablehnt.132 Mit der ausdrücklichen gesetzlichen Anerkennung des Rechts auf Privatsphäre ist diese Rechtsprechung nun überholt.133 (d)
Recht an der Ehrbezeichnung
Das Recht an der Ehrbezeichnung (㦺䈟㦉)134 von Bürgern und juristischen Personen ist in § 2 Abs. 2 GdH, § 102 AGZ verankert. Danach ist es verboten, dem geschützten Personenkreis Ehrbezeichnungen rechtswidrig zu entziehen. Unter dem Begriff der Ehre versteht man eine Würdigung des Ehreninhabers für seine ausgezeichneten Leistungen oder Verdienste für die Regierung, für das Kollektiv ______ 126 127 128 129 130
131 132 133 134
Die üble Nachrede gem. § 186 Strafgesetzbuch (StGB) kennt das chinesische Recht nicht. Für alle: Yang Lixin, 245; Wang Liming, 479. Dazu Yang Lixin, 231. Yang Lixin, Deliktsrecht, 194; Wang Liming/Yang Lixin/Yao Hui, 129; dagegen unter Hinweis auf Rechtsschutzlücken Luo Dongchuan, Journal of Politics and Law (1993/2) 37, 38; Mario Feuerstein, 100 f. m. w. A. Diese Wertung entspricht der Dogmatik zur Beleidigung im chinesischen Strafrecht, Wang Liming/Yang Lixin, 177. Im Gegensatz dazu verzichtet das deutsche Strafrecht bei der Beleidigung – anders als bei der üblen Nachrede gem. § 186 StGB und der Verleumdung gem. § 187 StGB – auf eine Drittwirkung. Entsprechendes gilt gem. § 140 Abs. 2 Ansichten zu AGZ für den Schutz von juristischen Personen. Kritisch zur bisherigen Rechtslage Mario Feuerstein, 102. Siehe zum Recht auf Privatsphäre unten B. II. 1. a) (4). Vgl. zur Übersetzung oben Fn. 125.
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B. Allgemeine Grundsätze
oder für öffentliche Organisationen, die über eine gewisse Autorität gegenüber dem Gewürdigten verfügen.135 Insofern unterscheidet sich das Recht an der Ehrbezeichnung von dem Recht am guten Ruf, weil es sich beim guten Ruf um eine positive Beurteilung der Allgemeinheit handelt, während die Ehre (offiziell) von einer bestimmten Organisation verliehen werden muss.136 Nach herrschender Auffassung entsteht das Recht an der Ehrbezeichnung erst mit der Verleihung einer solchen.137 Allein eine Möglichkeit zum Erwerb einer Ehrbezeichnung unterliegt daher nicht dem Schutz des Rechts an der Ehrbezeichnung.138 Nicht vom Recht an der Ehrbezeichnung erfasst ist auch das Verfügungsrecht über die bereits erhaltene materielle Komponente der Würdigung, die dem Vermögensrecht zugeordnet wird.139 Beispielweise zählen dazu die mit den Ehrbezeichnungen verbundenen Geldpreise, Medaillen oder Pokale. (4)
Recht auf Privatsphäre
Die Privatsphäre war bereits vor Inkrafttreten des GdH in § 1 Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden erwähnt, wird dort aber nicht als ein selbständiges Persönlichkeitsrecht in Abs. 1 anerkannt, sondern lediglich als „rechtlich geschütztes Interesse“ in Abs. 2 angeführt.140 Wie bereits oben dargestellt, zog die Rechtsprechung zum Schutz der Privatsphäre das Recht am guten Ruf heran.141 Legte also z. B. ein Krankenhaus die AIDS-Erkrankung eines Patienten ohne sein Einverständnis offen, sah die Rechtsprechung dies als eine Verletzung des Rechts am guten Ruf und nicht als eine Persönlichkeitsverletzung an.142 Dieser indirekte Schutz des Persönlichkeitsrechts durch eine weite Auslegung des Rechts am guten Ruf, führte zu zahlreichen Unklarheiten bei der Rechtsanwendung.143 Der fehlende explizite gesetzliche Schutz der Privatsphäre entsprach auch nicht mehr dem heutigen chinesischen Rechtsverständnis. Die Anerkennung des Rechts auf Privatsphäre im GdH stellt damit zweifellos ein Highlight des neuen Gesetzes dar.144 Es bleibt aber abzuwarten, welche Bedeutung dem Recht in der Praxis tatsächlich zukommen wird. Das chinesische Schrifttum definiert das Recht auf Privatsphäre als das Recht einer natürlichen Person, die Herrschaft über seine privaten Daten, Tätigkeiten sowie den Privaträumen, die nicht dem öffentlichen Interesse dienen, auszu______ 135 Yang Lixin, 268; z. B. die Bezeichnung als „vorbildlicher Arbeiter“ oder „hervorragender Schauspieler“. 136 Vgl. Yang Lixin, 268. 137 Yang Lixin, 642; Wang Liming, Zivilrecht, 522. 138 Wang Liming, 491; Yang Lixin, 269. 139 Yang Lixin, 307 f. 140 Siehe zu den „rechtlich geschützten Interessen“ unten B. II. 2. a). 141 Dazu siehe Wang Liming, 589; vgl. auch Interpretationen des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen zur Verhandlung von Fällen zum Recht am guten Ruf [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻㪔㏎㘜䈟㦉➙ミ㧕ⶪ㸫 㳃⭥ㆃ㬮] (Interpretationen zum Recht am guten Ruf) vom 15. 9. 1998. 142 § 8 Interpretationen zum Recht am guten Ruf. 143 Vgl. Yang Lixin, 253. 144 Ge Yunsong, China Legal Science (2010/3) 37, 51.
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II. Sachlicher Schutzbereich
üben.145 Es ist bisher allerdings noch keine klare Linie erkennbar, wie weit dieser Schutz im Einzelnen reichen soll.146 Anhaltspunkte werden teilweise aus dem Entwurf des chinesischen Zivilgesetzbuchs von 2002147 abgeleitet. Das 7. Kapitel des Entwurfs widmete sich dem Recht auf Privatsphäre. Danach wurden als private Daten z. B. Name, Bild, Anschrift und Telefonnummer genannt, dem Privatleben zugehörig wurden Krankheit, Liebe, Abtreibung, Briefgeheimnis usw. aufgezählt und als Beispiel für einen Privatraum die Wohnung aufgeführt.148 Das Recht auf Privatsphäre erlischt nicht mit dem Tod einer Person. Vielmehr kann eine Verletzung weiterhin nach § 3 Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden einen immateriellen Schadensersatzanspruch naher Angehöriger begründen. (5)
Ehefreiheit
Die Ehefreiheit (《䅗䓵䇪) ist in § 103 AGZ als ein Persönlichkeitsrecht geregelt. Danach sind Zwangsehen und sämtliche die Ehefreiheit verletzende Handlungen verboten.149 In der Literatur besteht ferner weitgehend Einigkeit darüber, dass die Ehefreiheit neben dem Recht auf Eheschließung auch das Recht auf Ehescheidung schützt.150 Nur vereinzelt wird unter Hinweis auf die historische Entwicklung des chinesischen Eherechts die Auffassung vertreten, dass die Ehefreiheit nur die Eheschließung und nicht auch die Ehescheidung erfasse.151 Der ungestörte Fortbestand der ehelichen Gemeinschaft wird deliktsrechtlich nicht geschützt.152 Allerdings sieht § 46 EheG für drastische Verstöße gegen bestimmte eheliche Pflichten (z. B. Mehrfachehe), die zu einer Ehescheidung führen, einen Schadensersatzanspruch des geschädigten Ehepartners gegen seinen (ehemaligen) Partner vor. Demgemäß bejaht die Rechtsprechung im Fall eines Ehebruchs eine deliktische Haftung des Ehebrechers, lehnt hingegen eine deliktische Haftung des Dritten als Ehestörer ab.153 Der Schadensersatz gem. § 46 EheG umfasst Ersatz für materielle und für immaterielle Schäden.154
______ 145 Wang Liming, Neue Untersuchung zum Persönlichkeitsrecht, 487. Geschäftsgeheimnisse juristischer Personen unterfallen § 10 Gesetz der VR China gegen den unlauteren Wettbewerb [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛ⳕ⤜䎞⭒㈛䎚ⳉ], verabschiedet am 2. 9. 1993, in Kraft getreten am 1. 12. 1993. 146 Wang Liming, 274 ff. 147 Siehe zu dem Entwurf im Rahmen der Zivilgesetzgebung oben A. I. 148 Zum Ganzen Wang Liming, 285 ff. 149 Auch das Ehegesetz der VR China [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛《䅗ⳉ] (EheG), vom 10. 9. 1980, geändert am 28. 4. 2001 schützt etwa in den §§ 2, 3, 11 die Ehefreiheit. 150 Wang Liming, 345. 151 Yang Dawen/Wang Shixian, Journal of Heibei University (2006/1) 123, 125. 152 Vgl. Yang Lixin, 735 ff. 153 Vgl. dazu Ran Keping, Jiangxi Social Sciences (2009/8) 178, 179. 154 § 28 Erläuterungen des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen des Ehegesetzes der VR China [䔏ⷀ㦬 㘒ⳉ䊛䇻㬫䇤᱗䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛《䅗ⳉ᱘㧕ⶪ㸫㳃⭥ㆃ㬮] vom 25. 12. 2001.
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B. Allgemeine Grundsätze
(6)
Vormundschaftsrecht
Das Vormundschaftsrecht (チ⿅㦉) ist umfassend in dem 2. Abschnitt der AGZ geregelt und wird durch die Ansichten zu AGZ näher bestimmt. Das Vormundschaftsrecht ist dabei erheblich weiter gefasst als im deutschen Recht, weil ihm gem. § 16 Abs. 1 AGZ auch die elterliche Sorge (ⶈ䂙㦉) unterfällt.155 So gewährt die Rechtsprechung den Eltern Schmerzensgeld wegen Verletzung des Vormundschaftsrechts, wenn Kliniken die Säuglinge (fahrlässig) vertauschen.156 Auch das Oberste Volksgericht erkannte bereits vor Inkrafttreten des GdH in § 2 Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden einen Schadensersatzanspruch des Vormundes bei Verletzung seines Vormundschaftsrechts an. Der Gesetzgeber hat nun das Vormundschaftsrecht als ein selbständiges Recht in den Schutzbereich des GdH aufgenommen.157 b)
Vermögensrechte
Im Schrifttum werden Vermögensrechte als Rechte definiert, deren Gegenstand Vermögen und Wirtschaftsinteressen sind.158 Der deliktische Schutz von Vermögensgütern wurde vor Erlass des GdH vor allem von den AGZ159 und dem SRG160 gewährleistet. § 2 Abs. 2 GdH führt nunmehr als Vermögensrechte ausdrücklich Sachenrechte, geistige Eigentumsrechte, Anteilsrechte und Erbrechte auf.161 Da aber der Schutz dieser Rechte spezialgesetzlich detailliert ausgestaltet ist, erscheint daneben ein deliktsrechtlicher Schutz nach dem GdH kaum sinnvoll.162 (1)
Sachenrechte
Als Sachenrechte definiert § 2 Abs. 3 SRG Rechte des Berechtigten, über bestimmte Sachen direkt zu verfügen und andere von der Verfügung auszuschließen.163 Nach § 5 SRG gilt für Sachenrechte das Prinzip des Typenzwangs.164 Daher kennt § 2 ______ 155 Sind die Eltern verstorben oder unfähig Vormund zu sein, so wird nach § 16 Abs. 2 AGZ die Vormundschaft von Großeltern bzw. Geschwistern sowie anderen Angehörigen übernommen. 156 Urteil des Unteren Volksgerichts Bezirk Qingxiu (Stadt Nanning) vom 26. 3. 2007, http:// www.xinhuanet.com/chinanews/2007-03/28/content_9629669.htm. 157 Für die Haftung bei Verstoß gegen die Vormundschaftspflichten enthalten die §§ 9 Abs. 2, 32 GdH neue, § 133 AGZ ersetzende Bestimmungen, vgl. dazu im Kontext unten D. I. 158 Dies ist die übliche (zirkelschlüssige) Definition in der chinesischen Literatur, vgl. nur Jiang Ping, 82. Nach einer anderen Formulierung ist das Vermögensrecht ein Recht auf Genuss der Interessen im Leben durch die direkte Verfügung über Sachen und Rechte oder durch einen Anspruch auf eine bestimmte Handlung gegen einen anderen, Wang Liming, Zivilrecht, 86. 159 Vgl. insbesondere § 75 Abs. 2 AGZ. 160 Vgl. insbesondere § 37 SRG. 161 Obwohl das vertragliche Schuldrecht auch als Vermögensrecht anerkannt wird, vgl. Wang Liming, Zivilrecht, 86, genießt es keinen deliktischen Schutz, siehe unten B. II. 1. b) (5). 162 Vgl. zu den daraus folgenden Wertungswidersprüchen bereits oben A. V. 3 und A. V. 4; kritisch auch Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 93. 163 Noch im Entwurf des Zivilgesetzbuchs 2002 wurde bei der Definition der Sachenrechte lediglich die Herrschaft über die Sache hervorgehoben. 164 Im chinesischen Schrifttum stößt das Prinzip des Typenzwangs auf Kritik. Danach soll ein Recht obwohl es gesetzlich nicht geregelt ist, aber die Voraussetzungen eines Sachenrechts er-
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II. Sachlicher Schutzbereich
Abs. 2 GdH in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 3 SRG nur das Eigentum, den Nießbrauch und die dinglichen Sicherungsrechte.165 (a)
Eigentum
Der Tradition des römischen Rechts folgend ist der Eigentümer gem. § 39 SRG berechtigt, die Sache zu besitzen, zu gebrauchen, Nutzungen aus ihr zu ziehen und über sie zu verfügen. § 2 Abs. 3 SRG ermöglicht ihm außerdem, andere vom Gebrauch der Sache auszuschließen.166 Eine Sache ist jeder körperliche Gegenstand.167 Eine Eigentumsverletzung ist durch eine Substanzverletzung, Beeinträchtigung des Eigentums, Sachentziehung, Eigentumsentziehung, widerrechtliche Vermietung, Verletzung des Eigentums an Land und Naturressourcen oder nachbarschaftliche Beeinträchtigung der Rechte an unbeweglichen Sachen möglich.168 (i)
Substanzverletzung und Beeinträchtigung des Eigentums
Eine Substanzverletzung ist die vorsätzliche oder fahrlässige Zerstörung oder Beschädigung einer Sache.169 Eine Verletzung des Eigentums kann sich auch aus einer Nutzungs- oder Verfügungsbeeinträchtigung ergeben.170 Weitere Ausführungen finden sich dazu nicht im chinesischen Schrifttum.171 (ii)
Sachentziehung
Eine Sachentziehung bedeutet die dauerhafte oder vorübergehende rechtswidrige Entziehung der Herrschaft über eine Sache, die einem anderen gehört oder sich im rechtmäßigen Besitz eines anderen befindet.172 Im 19. Kapitel des SRG (Besitz) finden sich nunmehr einige kursorische Regelungen, die dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis des deutschen Rechts (§§ 987 ff. BGB) nachgebildet sind.173 Der Eigentümer kann gem. § 243 SRG Herausgabe und Nutzungsersatz vom unberechtigten Besitzer verlangen.174 Während der bösgläubige Besit______
165 166 167 168 169 170 171 172 173 174
füllt, als Sachenrecht gelten. Siehe dazu Su Yongqin, Xiamen University Law Review (2004/8) 1, 1; Xie Zhesheng, China Legal Science (2006/3) 139, 139. Das SRG untergliedert sich in Allgemeine Regeln (Teil I), Eigentum (Teil II), Nießbrauch (Teil III), Dingliche Sicherungsrechte (Teil IV) und Besitz (Teil V); vgl. zum Verhältnis GdH und SRG oben A. V. 4. Die Eigentümerbefugnisse gelten nicht unbeschränkt, sondern gem. § 7 SRG im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen, der Rechte anderer sowie unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Moral und des Allgemeininteresses. Siehe nur Wang Liming, Zivilrecht, 155 m. w. A. Yang Lixin, 376 ff.; Huang Ping, 226. Yang Lixin, Auslegung GdH, 171. Yang Lixin, 171 f. Vgl. auch Mario Feuerstein, 82. Yang Lixin, 171. Diese Vorschriften gelten gem. § 241 SRG subsidiär gegenüber vertraglichen Abwicklungsund Haftungsbestimmungen. Nach derselben Vorschrift hat der gutgläubige Besitzer gegenüber dem Eigentümer einen Verwendungsersatzanspruch.
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B. Allgemeine Grundsätze
zer175 darüber hinaus gem. § 242 SRG auf Schadensersatz haftet, ist ein solcher Anspruch gegen den gutgläubigen Besitzer ausgeschlossen176 und kann nach der Wertung der §§ 242, 244 SRG auch nicht nach Deliktsrecht begründet werden.177 (iii)
Eigentumsentziehung
Eine Eigentumsentziehung ist gegeben, wenn ein Nichtberechtigter eigenmächtig das Eigentum dem Berechtigten gegenüber wirksam an einen Dritten überträgt.178 Ein gutgläubiger Erwerb an beweglichen oder unbeweglichen Sachen ist gem. § 106 Abs. 1 SRG unter folgenden Voraussetzungen möglich: 1. Gutgläubigkeit des Übertragungsempfängers im Zeitpunkt des Empfanges der Sache, 2. Eigentumseinräumung erfolgt zu einem vernünftigen Preis und 3. Übergabe der Sache oder Registrierung der Übertragung soweit diese gesetzlich erforderlich ist. Der ursprüngliche Eigentümer ist im Fall des gutgläubigen Erwerbs berechtigt gem. § 106 Abs. 2 SRG Schadensersatz vom Nichtberechtigten zu verlangen.179 Erörterungswürdig ist, ob dieser Anspruch auch dann zu bejahen ist, wenn die Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 SRG nicht vorliegen, aber der Eigentümer die Verfügung des Nichtberechtigten gem. § 51 VG genehmigt.180 Nach dem Wortlaut des § 106 Abs. 2 SRG besteht der Anspruch nur, wenn „nach dem vorhergehenden Absatz“ Eigentum erworben wird. Man könnte sich insofern auf den Standpunkt stellen, dass das SRG hier eine abschließende Regelung trifft. Diese Auffassung hätte allerdings zur Folge, dass der ursprüngliche Eigentümer durch die Genehmigung des Vertrages gem. § 51 VG sein Eigentum kompensationslos verlöre. Ob der chinesische Gesetzgeber dieses Ergebnis tatsächlich bezweckt hat, scheint zumindest fraglich. (iv)
Widerrechtliche Vermietung
Im Fall der widerrechtlichen Vermietung181 ist zu differenzieren. Erfolgt die Vermietung entgegen einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Eigentümer (Vermieter) und Mieter (Untervermieter), bemisst sich der Schadensersatzanspruch des ______ 175 Bösgläubiger Besitzer ist, in Anlehnung an das deutsche Recht, wer weiß oder zweifelt, dass er nicht zum Besitz berechtigt ist, Jiang Ping, 452. 176 Vgl. dazu im deutschen Recht § 993 Abs. 1 a. E. BGB. 177 Der Gesetzgeber ist damit Forderungen der chinesischen Literatur gefolgt, die unter Bezug auf die Wertung des deutschen Rechts bereits de lege ferenda eine Haftung des gutgläubigen Besitzers ausgeschlossen hatten, vgl. dazu schon Mario Feuerstein, 80. 178 Yang Lixin, 172. 179 Ein Anspruch des ursprünglichen Eigentümers gegen den neuen Eigentümer besteht nicht. 180 In der chinesischen Literatur wird diese Problematik – soweit ersichtlich – bisher nicht erörtert. 181 Vgl. zum Begriff im Einzelnen das Urteil des Mittleren Volksgerichts Stadt Ganzhou (Jiangxi Provinz) vom 25. 9. 2009, Zhao Xingfu gegen Jinjiang Hotel, http://vip.chinalawinfo.com/Case/ displaycontent.asp?Gid=117646847; vgl. auch § 224 VG.
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II. Sachlicher Schutzbereich
Eigentümers nach dem zugrundeliegenden Vertrag. Übersteigt im Fall der unberechtigten Untervermietung der Untermietzins den Mietzins, so hat der Eigentümer zusätzlich einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen seinen Mieter nach § 92 AGZ.182 Fehlt ein Vertrag zwischen Eigentümer und Mieter, hat der Eigentümer einen Schadensersatzanspruch gem. § 37 SRG gegen den Mieter.183 (v)
Verletzung des Eigentums an Land und Naturressourcen
Nach §§ 46–48 SRG sind Land, Bodenschätze, Wasserläufe, Meeresgebiete, Wälder, Berge, Grasland, Ödland, Watten und andere natürliche Ressourcen wie etwa wilde Tiere und Pflanzen Eigentum des Staates oder des Kollektivs.184 Das Staats- und Kollektiveigentum kann wie Privateigentum z. B. durch Zerstörung, Beschädigung oder Nutzung verletzt werden. Sein deliktsrechtlicher Schutz ist spezialgesetzlich z. B. im Landverwaltungsgesetz der VR China185, Bergbaugesetz der VR China186, Waldgesetz der VR China187 und im Graslandgesetz der VR China188 geregelt. Soweit diese Gesetze das Verschuldensmerkmal nicht nennen, ist dieses gleichwohl nach dem allgemeinen Verschuldensprinzip des § 6 GdH Haftungsvoraussetzung.189 (vi)
Nachbarschaftliche Beeinträchtigung der Rechte an unbeweglichen Sachen
Nach dem Grundsatz des § 84 SRG müssen Nachbarn ihre Nachbarschaftsbeziehung an unbeweglichen Sachen so regeln, wie es der Produktion förderlich ist, das Leben erleichtert, der Eintracht und gegenseitiger Hilfe dient, fair und vernünftig ist.190 Demgemäß darf ein Nachbar den anderen nicht daran hindern, seine Rechte auszuüben und muss erforderliche Beeinträchtigungen im Rahmen der Nachbarschaftsbeziehung hinnehmen.191 Umgekehrt müssen gem. § 92 SRG Rechtsinhaber an unbeweglichen Sachen bei einer Nutzung der benachbarten unbeweglichen Sachen weitest möglich vermeiden, letztere zu schädigen und sind verpflichtet verursachte Schäden zu ersetzen.192 ______ 182 Vgl. Yang Lixin, 172. Hierin liegt ein erheblicher Unterschied zur deutschen Rechtslage, nach der der Eigentümer in der Regel keinen solchen Anspuch gegen den Mieter besitzt, vgl. Palandt(-Sprau), § 812 Rn. 97 m. w. N. 183 Vor Inkrafttreten des SRG bestand ein Schadensersatzanspruch nach Deliktsrecht, Yang Lixin, 377 ff. 184 Nach § 58 Nr. 2–4 SRG gehören noch weitere unbewegliche oder bewegliche Sachen zum Kollektiveigentum. 185 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㵢⭹㏎ⳉ], verabschiedet am 28. 8. 2004, in Kraft getreten am 28. 8. 2004. 186 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㌔⥛䓫䊕ⳉ], verabschiedet am 29. 8. 1996, in Kraft getreten am 1. 1. 1997. 187 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㩎㑷ⳉ], verabschiedet am 29. 4. 1998, in Kraft getreten am 1. 7. 1998. 188 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛⤾䊎ⳉ], verabschiedet am 18. 6. 1985, in Kraft getreten am 1. 10. 1985. 189 So auch Mario Feuerstein, 82, allerdings noch unter Hinweis auf das AGZ. 190 Vgl. im Einzelnen das 7. Kapitel des SRG. 191 Z. B. Ableitung von Wasser des Nachbargrundstücks (§ 86 Abs. 1 SRG), Durchgang des Nachbarn zu seinem Grundstück (§ 87 SRG), Nutzung des eigenen Grundstücks für Bauarbeiten am Nachbargrundstück (§ 88 SRG). 192 So auch schon die Antwort des Obersten Volksgerichts zur Anwendung der Grundsätze der Nachbarschaftsbeziehung im Fall Pang Qiling gegen Pang Yonghong wegen unberechtigten Brunnenbohrens des
23
B. Allgemeine Grundsätze
(b)
Besitz
Der Besitz ist nach herrschender Meinung kein Recht, sondern die tatsächliche Herrschaft einer Person über unbewegliche oder bewegliche Sachen.193 Allgemein wird ein deliktischer Schutz des berechtigten Besitzes als sonstiges Recht i. S. d. § 2 Abs. 2 SRG bejaht.194 Nach der Wertung der §§ 241 ff. SRG ist richtigerweise auch ein deliktischer Schutz des gutgläubigen unberechtigten Besitzes anzunehmen.195 (c)
Dingliche Nutzungsrechte
Sämtliche dingliche Nutzungsrechte, die das SRG in Teil III vorsieht, sind als Formen des Nießbrauchs (䇤䅇㹐㦉) geregelt. Während die allgemeine Form des Nießbrauchs in Titel 10 als eigenständiges Recht ausgestaltet ist, welches sowohl an beweglichen als auch an unbeweglichen Sachen bestellt werden kann, können die in den Titeln 11 bis 14 geregelten besonderen Formen des Nießbrauchs (Recht zur Bewirtschaftung von übernommenen Land, Erbbaurecht, Hoflandrecht, Grunddienstbarkeit) nur an Grundstücken bestellt werden. (i)
Nießbrauch
Der Nießbraucher genießt gem. §§ 117, 120 Satz 2 SRG das Recht, unbewegliche und bewegliche Sachen unter Ausschluss des Eigentümers zu besitzen, zu gebrauchen und Nutzungen aus ihr zu ziehen. Verletzt der Eigentümer das Nießbrauchsrecht, kann der Berechtigte die Einstellung der Verletzung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands sowie ggf. einen Schadensersatzanspruch nach §§ 120 Satz 2, 32 ff. SRG geltend machen. Dasselbe gilt auch bei der Verletzung durch einen Dritten. Es ist insofern unerheblich, dass auch dem Eigentümer deliktische Schutzrechte gegen den Dritten nach §§ 32 ff. SRG wegen Verletzung des Eigentums – aber nicht der auf den Nießbraucher übertragenen Rechte – zustehen.196 (ii)
Recht zur Bewirtschaftung von übernommenen Grundstücken
Das Recht zur Bewirtschaftung von übernommenen Grundstücken erlaubt dem Berechtigten, im Kollektiveigentum stehendes Land zum Zweck der Land- oder Forstwirtschaft zu besitzen, zu gebrauchen und Nutzungen daraus zu ziehen.197 Es hat durch die Regelung im SRG als Form des Nießbrauchs eine Aufwertung erfah-
______
193 194 195 196 197
24
Nachbarn [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛᱗䇻㝴㡕㑷䊻㝴䇡⽍Ⳡ㸾㆝⪇㵻㈏ⰵⶤⳠ䋍⧪㰑䇇➕㼁㑻㻖䊎 䋓⪇㏎⭥ⶕ⼐᱘] vom 22. 5. 1991; siehe dazu auch Wang Liming/Yang Lixin, 145 ff. Liu Zhihui, 328. Vgl. nur Li Yan, Journal of Liaoning Administrators College of Police and Justice (2008/6) 59, 59; Wang Yuanzhi/Yang Jifeng, Journal of Law Application (2008/7) 36, 36; Zhang Yuxin, Law Science Magazine (2010/2) 113, 113. Zhang Yuxin, Law Science Magazine (2010/2) 113, 114. Nach herrschender Ansicht in der chinesischen Literatur sind die allgemeinen deliktsrechtlichen Haftungsnormen des GdH neben den § 32 SRG anwendbar, vgl. bereits oben A. V. 4. Wang Liming, Zivilrecht, 222.
II. Sachlicher Schutzbereich
ren.198 Auch die Verkehrsfähigkeit des Übernahmerechts wurde durch die (wenngleich beschränkte) Übertragbarkeit gem. § 128 SRG erhöht. Mit einem Sachenrecht dieser Art trägt der Gesetzgeber der Sozialbindung des Kollektiveigentums Rechnung und zielt auf die Sicherung eines langfristigen und stabilen Landgebrauchsrechts für die Bauern.199 (iii)
Recht zum Gebrauch von Land für Baumaßnahmen
Das Recht zum Gebrauch von Land für Baumaßnahmen ähnelt dem deutschen Erbbaurecht. Es kann allein an staatseigenen Grundstücken (d. h. nicht Kollektiveigentum) bestellt werden und erlaubt dem Berechtigten diese zu besitzen, zu gebrauchen, Nutzungen daraus zu ziehen und Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen darauf zu errichten. Das Recht kann über, auf und unter der Erdoberfläche bestellt werden, § 136 SRG. Um den ständigen Rückgang der landwirtschaftlich genutzten Flächen durch die fortschreitende Urbanisierung einzudämmen, beschränkt § 43 Satz 1 SRG strikt die Umwidmung dieser Flächen in Land für Gebäude.200 Das Recht zum Gebrauch von Land für Baumaßnahmen ist gem. § 143 SRG vollumfänglich verkehrsfähig. (iv)
Hoflandrecht
Das Hoflandrecht berechtigt den Inhaber, ein kollektiveigenes Grundstück zu besitzen, zu gebrauchen und darauf ein Wohnhaus mit dazugehörigen baulichen Anlagen zu errichten. Rechtsinhaber kann nur ein Mitglied der ländlichen Kollektivwirtschaftsorganisationen sein.201 Das Hoflandrecht ist nicht verkehrsfähig und nur beschränkt kommerzialisierbar. Dies erklärt sich aus seinem Zweck, die soziale Existenz der Bauern abzusichern.202 (v)
Grunddienstbarkeit
Der Berechtigte aus einer Grunddienstbarkeit hat gem. § 156 SRG das Recht, das Grundstück eines anderen (sog. dienendes Grundstück) nach vertraglicher Vereinbarung zu nutzen, um die Nutzbarkeit des eigenen Grundstücks (sog. herrschendes Grundstück) zu erhöhen.203 Die Grunddienstbarkeit ist bestellt, sobald der Grunddienstbarkeitsvertrag mit dem Inhalt des § 157 SRG wirksam wird, § 158 Satz 1 SRG, d. h. eine Registrierung ist für die Begründung nicht erforderlich. Allerdings ist ohne Registrierung ein gutgläubiger Erwerb der Grunddienstbarkeit gem. § 158 Satz 2 SRG ausgeschlossen. Wird die Grunddienstbarkeit durch eine ______ 198 Die Übernahmeverträge wurden teilweise als schuldrechtliche Rechtsverhältnisse eingestuft, Liang Huixing, Sachenrecht, 10 f.; andere betrachteten das Übernahmerecht bereits als ein durch die wirtschaftliche Reform Chinas neu entstandenes Sachenrecht, Wei Zhenying, 281 f. 199 Rechtsarbeitskommission des Ständigen Ausschusses des NVK, 233. 200 Siehe im Einzelnen Hu Kangsheng, 306 m. w. A. 201 Vgl. Hu Kangsheng, 336 m. w. A. 202 Hinrich Julius/Gebhard Rehm, ZVglRWiss 106 (2007) 367, 396. 203 Vgl. zur Abgrenzung zum Nachbarschaftsrecht Hinrich Julius/Gebhard Rehm, ZVglRWiss 106 (2007) 367, 396.
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B. Allgemeine Grundsätze
deliktische Handlung verletzt, kann sich der Handelnde ohnehin nicht auf seine Gutgläubigkeit berufen.204 Gleichwohl setzt eine Haftung gem. §§ 32 ff. SRG nach dem allgemeinen Verschuldensprinzip des Deliktsrechts ein Verschulden des Handelnden (d. h. mindestens leichte Fahrlässigkeit) voraus.205 Nach § 159 SRG dürfen Berechtigte am dienenden Grundstück den Berechtigten aus der Grunddienstbarkeit bei der Ausübung des Rechts nicht behindern, anderenfalls kann letzterer Behebung der Behinderung gem. § 35 SRG und Schadensersatz gem. § 37 SRG verlangen. (d)
Dingliche Sicherungsrechte
Ein dingliches Sicherungsrecht (⭄⡄㹐㦉) gewährt dem Berechtigten ein gegenüber anderen Gläubigern vorrangiges Recht zur Befriedigung aus der als Sicherheit dienenden Sache.206 Als dingliche Sicherungsrechte kennt das SRG die Hypothek, das Pfandrecht und das Zurückbehaltungsrecht. Während es sich bei Hypothek und Pfandrecht um vertraglich bestellte Sicherungsrechte handelt, entsteht das Zurückbehaltungsrecht de jure als gesetzliches Sicherungsrecht. Ein Sicherungsrecht kann durch den Eigentümer oder einen Dritten verletzt werden. Sind an einem Gegenstand Sicherungsrechte für mehrere Gläubiger bestellt, kann das Sicherungsrecht eines Gläubigers auch durch die anderen Sicherungsnehmer verletzt werden.207 Dem geschädigten Sicherungsnehmer steht in diesem Fall ein Anspruch nach §§ 32 ff. SRG zu. (i)
Pfandrecht
Das chinesische Recht unterscheidet zwischen Sach- und Rechtspfandrecht. Das Sachpfandrecht ist das einzige Kreditsicherungsrecht an beweglichen Sachen und kann nur als Besitzpfandrecht bestellt werden, § 208 SRG.208 Mit dem Rechtspfandrecht können bestimmte Rechte, wie z. B. Wechsel, Schecks, Schuldverschreibungen oder Guthabenscheine verpfändet werden, § 223 SRG. (ii)
Hypothek
Eine Hypothek gem. § 179 SRG kann nicht nur an unbeweglichen Sachen209 sondern auch an bestimmten registrierungsfähigen beweglichen Sachen bestellt werden, vgl. §§ 180 f. SRG.210 Darüber hinaus können Unternehmen und Gewerbetrei______ 204 Cui Jianyuan, Law Science Magazine (2009/2) 42, 42. 205 Vgl. dazu oben A. V. 4. 206 Zutreffend weisen Hinrich Julius/Gebhard Rehm, ZVglRWiss 106 (2007) 367, 404, daraufhin, dass diese Vorrangstellung nur außerhalb des Insolvenzverfahrens gilt. 207 Vgl. § 199 SRG. 208 Vgl. Hu Kangsheng, 455 m. w. A. 209 Freilich können Grundstücke und Landnutzungsrechte keine Sicherungsgegenstände sein, weil sie im Staats- bzw. Kollektiveigentum stehen. 210 Vgl. Hu Kangsheng, 388 m. w. A. Im deutschen Recht kann, mit Ausnahme einer Schiffshypothek, eine Hypothek gem. § 1113 Abs. 1 BGB nur an Grundstücken bestellt werden. Aller-
26
II. Sachlicher Schutzbereich
bende auch an bestimmten künftigen Sachen eine Hypothek bestellen, vgl. § 181 SRG.211 Im Hinblick darauf, dass sich der Sicherungsgegenstand nicht im unmittelbaren Besitz des Gläubigers befinden muss, können die Nachteile des Faustpfandrechts durch die Hypothek in einem gewissen Umfang ausgeglichen werden.212 (iii)
Zurückbehaltungsrecht
Wenn ein Schuldner eine fällige Schuld nicht erfüllt, kann der Gläubiger, der die bewegliche Sache des Schuldners legal besitzt, diese behalten, und hat das Recht, sich aus dieser beweglichen Sache bevorzugt zu befriedigen, § 230 SRG.213 (2)
Geistiges Eigentum
Das chinesische Recht schützt geistiges Eigentum durch das Urheber-, Marken-, Patent-, Entdeckungs- und Erfindungsrecht. Diese Rechte finden sich in Spezialgesetzen, die auch die deliktsrechtliche Haftung regeln und damit § 118 AGZ sowie §§ 6 ff. GdH vorgehen. Etwas anderes gilt für das Entdeckungsrecht, das sich mangels Sonderregelungen nach §§ 97, 118 AGZ bestimmt. Umstritten in der chinesischen Literatur ist nach wie vor die dogmatische Einordnung des geistigen Eigentums als Persönlichkeitsrecht214 einerseits oder als Vermögensrecht215 andererseits. Die herrschende Meinung geht davon aus, dass das Recht des geistigen Eigentums weder reines Vermögensrecht noch reines Persönlichkeitsrecht, sondern eine Kombination der beiden darstellt.216 Als Beispiel wird das Urheberrecht genannt, das gem. § 10 Urheberrechtsgesetz der VR China217 (URG) Persönlichkeitsrechte (wie die Veröffentlichungs-, Namenszeichnungs- und Änderungsrechte) und Vermögensrechte (wie die Vervielfältigungs-, Verbreitungs-, Vermietungsrechte) umfasse. (a)
Urheberrecht
Das Urheberrecht bezeichnet das Recht, welches die Personen- und Vermögensinteressen des Urhebers an seinem Werk der Literatur, Kunst oder Wissenschaft schützt.218 Das Urheberrecht erfasst im weitesten Sinne auch verwandte Schutz______
211 212 213 214 215 216 217 218
dings können in deren Haftungsverband sowohl unbewegliche als auch bewegliche Gegenstände fallen, siehe § 1120 BGB. Vergleichbar der Rechtsfigur des antizipierten Sicherungseigentums an revolvierenden Warenlagern im deutschen Recht. Hinrich Julius/Gebhard Rehm, ZVglRWiss 106 (2007) 367, 407. Das Zurückbehaltungsrecht geht mit der Verwertungsbefugnis über die Rechtsfolgen der §§ 273, 320 BGB hinaus und ist eher mit dem kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht nach §§ 369, 371 HGB vergleichbar, siehe zu § 230 SRG im Einzelnen Hu Kangsheng, 492. So Wu Handong, China Legal Science (2005/2) 73, 75; Zheng Chensi, 239 ff. Qi Duojun, Modern Law Science (1993/4) 8, 8. Peng Wanlin, 368; Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 69; Xi Xiaoming, 24. [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛䑙䔘㦉ⳉ] vom 7. 9. 1990, zuletzt geändert am 26. 2. 2010. Liu Chuntian, 35.
27
B. Allgemeine Grundsätze
rechte (㑻ㅴ㦉), die im URG als die mit dem Urheberrecht zusammenhängenden Rechte und Interessen bezeichnet sind.219 Die typischen urheberrechtsverletzenden Handlungen sind in §§ 47 f. URG aufgezählt. (b)
Markenrecht
Das Markenrecht ist ein ausschließliches Benutzungsrecht an den registrierten Marken und ein Untersagungsrecht ihrer Benutzung durch andere.220 Die typischen markenrechtsverletzenden Handlungen sind in §§ 52 ff. Markenrechtsgesetz der VR China221 aufgezählt. (c)
Patentrecht
Das Patenrecht ist ein staatlich erteiltes Schutzrecht für eine Erfindungsschöpfung (Erfindung, Gebrauchsmuster oder Geschmacksmuster). Der Inhaber des Patents ist berechtigt, anderen die Benutzung der Erfindung zu untersagen.222 Der Schutz des Patentrechts ist in den §§ 56 ff. PRG geregelt. (d)
Entdeckungsrecht
Die Rechtsgrundlage des Entdeckungsrechts findet sich im § 97 Abs. 1 AGZ. Danach können Bürger für ihre Entdeckungen oder andere wissenschaftliche und technische Ergebnisse einen Entdeckungsnachweis, eine Prämie bzw. andere Belohnungen erhalten. Über diese allgemeine Bestimmung hinaus finden sich kaum nähere Ausführungen zum Entdeckungsrecht. Es ist vielmehr umstritten, ob das Entdeckungsrecht überhaupt dem geistigen Eigentum unterfällt.223 (3)
Gesellschaftsanteilsrecht
Das Gesellschaftsanteilsrecht ist nach § 4 Gesellschaftsgesetz der VR China224 das Recht des Aktionärs als Aktieninhaber, wirtschaftliche Vorteile zu erhalten und an der Mitverwaltung der Gesellschaften teilzunehmen.225 Das Gesellschaftsanteilsrecht ist ein deliktsrechtlich geschütztes Mitgliedschaftsrecht. Ist ein Aktionär beispielsweise von der Dividendenausschüttung oder Teilnahme an der Hauptversammlung ausgeschlossen, so stehen ihm deliktische Ansprüche zu.226 ______ 219 Vgl. §§ 30 ff. URG. 220 Wu Handong, China Legal Science (2005/2) 73, 78. 221 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㩭⢋ⳉ], verabschiedet am 23. 8. 1982, in Kraft getreten am 1. 3. 1983, zuletzt geändert am 27. 10. 2001. 222 § 2 Patentrechtsgesetz der VR China [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛䓉㏜ⳉ] (PRG), verabschiedet am 12. 3. 1984, in Kraft getreten am 1. 4. 1985, zuletzt geändert am 27. 12. 2008. 223 Teilweise wird das Entdeckungsrecht als Personenrecht gewertet, z. B. Wu Handong, 2; Liu Chuntian, Lehrbuch des geistigen Eigentumsrechts, 3; nach anderer Ansicht ist es ein geistiges Eigentumsrecht, vgl. etwa Liu Chuntian, Theorie des geistigen Eigentums, 519. 224 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛⹌㯟ⳉ], verabschiedet am 29. 12. 1993 in Kraft getreten am 1. 7. 1994, zuletzt geändert am 27. 10. 2005. 225 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 71; Xi Xiaoming, 25. 226 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 71.
28
II. Sachlicher Schutzbereich
(4)
Recht auf Erbschaft
Bei den Gesetzesentwürfen war bis zuletzt umstritten, ob das Recht auf Erbschaft eines deliktsrechtlichen Schutzes bedürfe.227 Damit setzte sich eine alte Diskussion um die Rechtsnatur des Rechts auf Erbschaft fort.228 Mit der ausdrücklichen Aufzählung des Rechts auf Erbschaft in § 2 Abs. 2 GdH ist diese Diskussion zugunsten eines umfassenden deliktischen Schutzes des Erben entschieden worden.229 Vor Erlass des GdH war das Recht auf Erbschaft durch den Anspruch auf Wiederherstellung der Erbschaft (キ⧱⿹ⶕ㤌㤔㦉) geschützt. Dieser Anspruch war zwar gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, aber von der Wissenschaft und Rechtsprechung anerkannt.230 Liegt eine Verletzung des Rechts auf Erbschaft vor, besitzt, benutzt oder veräußert etwa ein Nichterbe schuldhaft den Nachlass, kann der tatsächliche Erbe einen Anspruch aus §§ 33 ff. SRG auf Wiederherstellung der Erbschaft verlangen. Von dem Anspruch umfasst ist die Feststellung der Erbberechtigung, die Herausgabe der Erbschaft sowie Schadensersatz. Nach Erlass des GdH steht dem tatsächlichen Erben außerdem noch ein deliktischer Anspruch nach § 6 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 GdH zu. Es steht ihm frei, zwischen den beiden konkurrierenden Ansprüchen zu wählen.231 (5)
Andere Rechte
Der Schutz des GdH geht jedoch über die gesetzlich ausdrücklich genannten Rechte hinaus, weil die Aufzählung der Rechte gem. § 2 Abs. 2 GdH ausdrücklich nicht abschließend ist.232 In der Literatur wird in diesem Zusammenhang – nicht ganz unberechtigt – eine grenzenlose Ausweitung der Haftung befürchtet.233 Die beispielhafte Aufzählung leiste dem Missverständnis Vorschub, dass sämtliche Rechte und Interessen dem Schutz des GdH unterstellt werden könnten. Diese Bedenken lassen sich damit entkräften, dass gerade das vertraglich begründete Recht (Schuldrecht) als eines der wichtigsten zivilrechtlichen Rechte nicht in § 2 Abs. 2 GdH aufgeführt wird. Dies lässt den Schluss zu, dass das GdH nur gegenüber jedermann wirkende Rechte (sog. „absolute Rechte“234) schützt.235 Der Schutzbereich ist damit hinreichend eingrenzbar. ______ 227 Das Erbrecht wurde schließlich in der 4. Lesung des GdH in das Gesetz aufgenommen. 228 Erbrecht als relatives Recht des Erben gegen den Besitzer der Erbschaft, Ma Junju, 990; Ran Keping, Jiangxi Social Sciences (2009/8) 178, 180; Erbrecht als absolutes Recht, Shi Shangkuan, 127 f. 229 Vgl. zur Begründung Wang Liming, http://www.civillaw.com.cn/article/default.asp?id=48091. 230 Wang Liming, Zivilrecht, 527; Xi Xiaoming, 25. 231 Wang Liming, http://www.civillaw.com.cn/article/default.asp?id=48091. 232 „. . . ⭩㦬㪎⤧⥛㦉䅇“ [„. . . und andere persönliche und vermögensbezogene Rechte und Interessen“]. 233 Ge Yunsong, China Legal Science (2010/3) 37, 51. 234 Vgl. zu dem Begriff im deutschen Recht Palandt (-Peter Bassenge), Einleitung vor § 854 Rz. 2. 235 Li Xiandong, 7; Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 62 f.; andere Ansicht Zheng Shuji/ Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 513, die sämtliche „zivilen Rechtsgüter und Rechtsinteressen“ dem GdH unterstellen wollen, weil dieses ein „Auffanggesetz“ sei.
29
B. Allgemeine Grundsätze
Es ist zu erwarten, dass in der Praxis diese Öffnungsklausel eine große Rolle spielen wird, weil in der chinesischen Literatur vor Erlass des GdH eine Vielzahl von Rechten diskutiert wurden, ohne dass diese einen Niederschlag im GdH gefunden haben. Dazu gehören insbesondere das Recht auf Freiheit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Recht auf Keuschheit und die Forderungsverletzung.236 (a)
Recht auf Freiheit
Das Recht auf Freiheit umfasst nach herrschender Ansicht in der Literatur sowohl die körperliche als auch die geistige Freiheit.237 Mit der körperlichen Freiheit ist die körperliche Bewegungsfreiheit gemeint. Wird etwa eine gesunde Person wegen einer Fehldiagnose als geisteskrank in eine Klinik zur Zwangsbehandlung eingewiesen, verletzt die Klinik das Recht auf die körperliche Freiheit und haftet nach Deliktsrecht.238 Dagegen handelt es sich bei der geistigen Freiheit um die Freiheit, eigenständig zu überlegen und zu entscheiden.239 (b)
Allgemeines Persönlichkeitsrecht
Allein aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 GdH lässt sich weder auf die Anerkennung noch im Umkehrschluss auf die Ablehnung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts schließen.240 Die chinesische Judikatur hat den Begriff des allgemeinen Persönlichkeitsrechts – soweit ersichtlich – noch nicht verwendet. Immerhin findet die Menschwürde und die freie Entfaltung der Persönlichkeit Erwähnung in § 1 Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden. Aber auch die chinesische Literatur erörtert das allgemeine Persönlichkeitsrecht allenfalls am Rande und betreffend den Schutzbereich sehr uneinheitlich. Während manche nur Freiheit und Würde einer Person unter den Tatbestand des allgemeinen Persönlichkeitsrechts subsumieren, fassen andere auch die persönliche Selbständigkeit darunter.241 Übereinstimmend wird für die Begründung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf Art. 38 Verfassung der VR China242, § 101 AGZ verwiesen. Es bleibt abzuwarten, ob Rechtsprechung und Wissenschaft das allgemeine Persönlichkeitsrecht als „anderes Recht“ unter dem Regime des GdH, insbesondere ______ 236 Mario Feuerstein, 84, erörtert daneben auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, das im chinesischen Recht (einschließlich Judikatur und Literatur) bisher keine Erwähnung findet. 237 Wei Zhenying, 637; Yang Lixin, 664; Zhang Xinbao, 201; andere Ansicht Wang Liming, 390 f. 238 Vgl. Yang Lixin, 664 f. 239 In dem vorgenannten Beispiel dürfte auch die geistige Freiheit verletzt sein, wenn die Person infolge der Zwangsbehandlung – etwa durch die Verabreichung von Medikamenten – nicht mehr zur eigenen Willensbildung fähig ist. 240 Nach anderer Ansicht hat sich der Gesetzgeber mit der Enumeration zugleich gegen die Anerkennung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts entschieden, Wang Liming, http://www. civillaw.com.cn/article/default.asp?id=48091. Mit Blick auf die Öffnungsklausel greift der Hinweis allein auf die Aufzählung aber zu kurz. 241 Vgl. hierzu Mario Feuerstein, 121 m. w. A. 242 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㻽ⳉ], verabschiedet am 4. 12. 1982, in Kraft getreten am 4. 12. 1982, zuletzt geändert am 14. 3. 2004.
30
II. Sachlicher Schutzbereich
im Hinblick auf die fortschreitende gesellschaftliche Entwicklung Chinas, für erforderlich erachten. (c)
Recht auf Keuschheit und Recht auf sexuelle Selbstbestimmung
Das sog. „Recht auf Keuschheit“ (䎋⤺㦉) hat im Kern den Erhalt der geschlechtlichen Unberührtheit und die sexuelle Selbstbestimmung zum Inhalt.243 Obwohl das Recht auf Keuschheit gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist, gewährt die Rechtsprechung bei Verletzung einen immateriellen Schadensersatz nach der Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden.244 In der aktuellen Literatur wird statt vom Recht auf Keuschheit vom „Recht auf sexuelle Selbstbestimmung“ (㾵䓵䑘㦉) gesprochen. Letzteres soll in Zukunft sogar als ein selbständiges Persönlichkeitsrecht im GdH verankert werden.245 Dem Schutzbereich nach soll dieses Recht jedoch enger als das Recht auf Keuschheit gefasst werden.246 Weshalb das Recht auf Keuschheit nicht sogleich in das GdH aufgenommen wurde und nun eine Ergänzung erfolgen soll, ist nicht ersichtlich. Unabhängig davon dürfte es aber als „anderes Recht“ vom Schutzbereich des GdH erfasst sein. (d)
Recht auf Kreditwürdigkeit
Das Recht auf Kreditwürdigkeit (㾦䇤㦉) wird in der chinesischen Literatur beschrieben als das Recht auf Unverletzlichkeit der Beurteilung und des Vertrauens der Gesellschaft bezüglich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Person oder eines Unternehmens.247 Es geht dabei um den Schutz einer Person oder eines Unternehmens vor falschen Tatsachenbehauptungen, die ihre Kreditfähigkeit in Zweifel ziehen und somit mittelbar einen Vermögensverlust verursachen können, weil etwa Geschäftspartner von einer vertraglichen Bindung mit der vermeintlich nicht kreditwürdigen Partei absehen. Während im deutschen Recht das Recht auf Kreditwürdigkeit ausdrücklich in § 824 Abs. 1 BGB geregelt ist, fehlt im chinesischen Recht eine allgemeingültige Norm.248 Auch die Rechtsprechung erwähnt das Recht auf Kreditwürdigkeit bisher ______ 243 Vgl. etwa Wang Liming/Yang Lixin/Yao Hui, 156 ff.; Zhang Junhao, 133. 244 Urteil des Unteren Volksgerichts Bezirk Luohu (Stadt Shenzhen) vom 1. 1. 2001, ⳉ䐧㦶⡉ [Legal Daily] 8, vom 17. 12. 2002. In diesem Fall wurde eine Jungfrau von einem Mann vergewaltigt. Der Täter wurde zu zwölf Jahren Arbeitslager verurteilt. Mit Zivilklage verlangte die Frau 450.000 RMB Schmerzensgeld. Das Gericht sprach ihr 80.000 RMB Schmerzensgeld zu. 245 So Guo Weihua, 23; Yang Lixin, 714. 246 Vgl. dazu im Einzelnen Wang Zhu, http://www.civillaw.com.cn/article/default.asp?id=46166. 247 Zhang Junhao, 158; Yang Lixin, 619; in § 21 eines von Wang Liming erarbeiteten Entwurfs des Zivilgesetzbuchs wurde das Recht auf Kreditwürdigkeit im Teil „Persönlichkeit“ verankert, vgl. Wang Liming, 50; nach anderer Ansicht zählt die Kreditwürdigkeit nicht zu den Persönlichkeitsrechten, sondern zu den „immateriellen Vermögensgütern“, Wu Handong, Law Science (2001/1) 41, 43. 248 Eine Regelung gibt es bisher nur im Wettbewerbsrecht: Nach § 14 Gesetz der VR China gegen den unlauteren Wettbewerb [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛ⳕ⤜䎞⭒㈛䎚ⳉ], verabschiedet am 2. 9. 1993, in Kraft
31
B. Allgemeine Grundsätze
nur vereinzelt.249 Vielmehr subsumiert sie die maßgeblichen Fälle unter das Recht am guten Ruf.250 Im Hinblick auf die inhaltlichen Unterschiede beider Rechte sieht die chinesische Literatur das Recht auf Kreditwürdigkeit als eigenständiges Recht an, das nicht vom Recht am guten Ruf erfasst sei.251 Nachdem der Gesetzgeber den Forderungen der Literatur zur Anerkennung des Rechts auf Kreditwürdigkeit nicht gefolgt ist, bleibt offen, welche Schlüsse die Rechtsprechung daraus ziehen wird. Aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 GdH kann diesbezüglich nichts abgeleitet werden.252 (e)
Forderungsverletzung
Eine Forderungsverletzung ist grundsätzlich keine deliktische Handlung, sondern eine Verletzung von Pflichten aus einem Schuldverhältnis zwischen den Vertragsparteien. Maßgeblich sind also die vertraglichen Regelungen und (soweit diese fehlen) das VG.253 Etwas anderes gilt aber, wenn ein Dritter die Forderung verletzt, etwa durch die Verleitung einer Vertragspartei zum Vertragsbruch.254 Allerdings setzt die herrschende Meinung in diesem Fall eine vorsätzliche Handlung des Dritten voraus.255 Anders als ein absolutes Recht ist eine Forderung für einen außerhalb der Vertragsbeziehung stehenden Dritten nicht offenkundig, es wäre daher nicht sachgerecht, wenn eine fahrlässige Verletzung hier eine deliktische Haftung auslösen würde.256 2.
Zivile Interessen
a)
Rechtspolitische Erwägungen
Neben zivilen Rechten unterstellt § 2 Abs. 2 GdH auch „zivile Interessen“ (㘒㬣㏜䅇) der deliktsrechtlichen Haftung. Folglich ist (grundsätzlich) die Beeinträchtigung eines zivilen Interesses als unerlaubte Handlung zu qualifizieren und daher eine deliktische Haftung auch ohne Verletzung eines normierten Rechts möglich.257 Der Gesetzgeber bezweckt hiermit einen besseren Schutz der „gesell______
249
250 251 252 253 254 255 256 257
32
getreten am 1. 12. 1993, dürfen Unternehmer keine falschen Tatsachen vorspiegeln oder verbreiten, um das Ansehen des Geschäfts oder den Ruf der Waren von Wettbewerbern zu schädigen. Ausdrücklich nennt das Mittlere Volksgericht der Stadt Wuhan (Provinz Hubei) in einem Urteil vom August 1995 (ohne genauere Datumsangabe) im Fall Huaxing Immobiliengesellschaft gegen Wanjun GmbH das Recht auf Kreditwürdigkeit, http://china.findlaw.cn/fangdichan/ fcjfal/fdcfzkhal/2828.html. Soweit ersichtlich, ist dies das einzige Urteil. Vgl. Yang Lixin, 621 ff. Zhao Wanyi/Hu Dawu, Modern Law Science (2008/2) 163, 163. Vgl. zu den Haftungsvoraussetzungen im Einzelen Mario Feuerstein, 119 f. Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 76; Wei Zhenying, 663; Xi Xiaoming, 22. Xi Xiaoming, 22; nach Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 76 stellt die Forderungsverletzung auf Einwirkung Dritter keine Rechtsverletzung, sondern die Verletzung eines „rechtlich geschützten Interesses“ dar, vgl. dazu unten B. II. 2. a). Wei Zhenying, 663; Xi Xiaoming, 22. Mario Feuerstein, 85. Long Zhuhua, http://www.studa.net/minfa/080307/08522979.html.
II. Sachlicher Schutzbereich
schaftlichen Gerechtigkeit“ (㪈。⹌䎞). In der Rechtspraxis wurde eine Deliktshaftung, die notwendig eine Rechtsverletzung voraussetzt, als zu eng empfunden. Zur Verdeutlichung wird das folgende Beispiel angeführt: 258 Bei einer Aufnahmeprüfung zum öffentlichen Dienst will Kandidat A seine Prüfungsarbeit abgeben, als Kandidat B ihm plötzlich die Prüfungsarbeit entreißt und verbrennt. Die Prüfungsleistung des A wird folglich mit null Punkten bewertet. Will A zivilrechtlich gegen B vorgehen, kann er sich nur auf die Zerstörung seines Eigentums an den Prüfungsdokumenten (soweit diese nicht dem Prüfungsamt gehören) berufen. Darin besteht aber nicht der wesentliche Schaden des A, sondern vielmehr in der entgangenen Chance auf eine Einstellung als Beamter. Dieses Interesse kann A nun nach § 2 Abs. 2 GdH geltend machen. b)
Absolute Interessen
Die Gleichstellung der Interessen und Rechte in § 2 Abs. 2 GdH bedeutet, dass nicht jedes Interesse geschützt wird, sondern nur ein solches, das gegenüber jedermann gilt und auch von jedermann zu beachten ist (sog. „absolutes Interesse“).259 Das Interesse muss darüber hinaus rechtlich anerkennenswert und überhaupt deliktsrechtlich kompensierbar sein,260 weswegen etwa ein „Anrecht auf gute Laune“ nicht dem Schutzbereich des § 2 Abs. 2 unterfällt. c)
Schutzwürdigkeit der Interessen
Trotzdem birgt die Gleichstellung einer bloßen Interessen- mit einer Rechtsverletzung gem. § 2 Abs. 2 GdH die Gefahr einer unangemessenen Ausweitung des gesetzlichen Schutzbereichs.261 Während die Schutzwürdigkeit eines Rechts sich nach der Wertung des Gesetzgebers bereits aus der gesetzliche Kodifizierung ergibt, muss das Interesse nach wohl allgemeiner Meinung auf seine Schutzwürdigkeit hin besonders genau geprüft werden.262 Als Kriterien finden sich in der chinesischen Literatur die Wichtigkeit des Interesses, die Schwere der Handlung und die Schwere des Schadens.263 Als typische schutzwürdige zivile Interessen werden das rechtlich geschützte Interesse auf Leben und Gesundheit der Leibesfrucht264 sowie der Schutz des Vermögens als solches265 diskutiert.
______ 258 259 260 261 262 263 264 265
Beispiel nach Wang Liming, 14. Liu Shiguo, Journal of Yantai University (2008/3) 17, 18. Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 73. Ge Yunsong, China Legal Science (2010/3) 37, 41. Wang Liming, 13; Ge Yunsong, China Legal Science (2010/3) 37, 41; Xi Xiaoming, 20 ff. Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 77 f. Vgl. oben B. II. 1. a) (1) und B. II. 1. a) (2). Siehe dazu im Anschluss unten B. II. 2. d).
33
B. Allgemeine Grundsätze
d)
Schutz des Vermögens als solches
Nach § 106 Abs. 2 AGZ müssen Bürger oder juristische Personen die zivile Haftung übernehmen, wenn sie schuldhaft „staatliche bzw. kollektive Vermögensgüter oder Vermögensgüter [. . .] anderer Personen verletzen“. Auch §§ 109, 117 Abs. 1 und 2 AGZ stellt auf den Begriff des Vermögens (⤧⥛) ab. Gleichwohl sah die herrschende Meinung in der chinesischen Literatur nur bestimmte Vermögensrechte und nicht das Vermögen als solches vom deliktischen Schutz erfasst.266 Dies wurde mit der geringeren Schutzwürdigkeit des Vermögens als solches gegenüber dem physisch-materiellen Vermögen begründet.267 Im Übrigen würde ein deliktischer Schutz des Vermögens als solches eine grenzenlose deliktische Haftung bedeuten.268 Im Schrifttum ist aber auch anerkannt, dass ein völliger Ausschluss von rein wirtschaftlichen Schäden einer modernen Gesellschaft nicht gerecht würde, so dass bestimmte vermögensbezogene Rechte geschützt sind.269 Das GdH ist der herrschenden Lehre gefolgt, weil die Aufzählung der zivilen Rechte und Interessen in § 2 Abs. 2 GdH den Begriff des Vermögens nicht nennt. Auch die Öffnungsklausel nach der andere (vermögensbezogene) „Rechte und Interessen“ dem Schutz des GdH unterstellt sind, zeigt, dass nicht das Vermögen als solches, sondern lediglich bestimmte (vermögensbezogene) Rechte und Interessen geschützt werden sollen.270 Eine Entscheidung darüber obliegt dem Richter im Einzelfall.271 III. Handlung und Unterlassen III. Handlung und Unterlassen 1.
Handlung
Eine Legaldefinition des deliktsrechtlichen Handlungsbegriffs fehlt. Auch ein Rückgriff auf den Begriff der Zivilrechtshandlung (㘒㬣ⳉ㔪㾱㸋) gem. § 54 AGZ ist nicht möglich, weil es sich dabei um einen terminus technicus der Rechtsgeschäftslehre handelt.272 Als Handlung im Sinne des Deliktsrechts wird in der chinesischen Literatur jedes positive und erkennbare Tun definiert.273 Darüber hinaus fehlt im Schrifttum eine vertiefte dogmatische Auseinandersetzung mit dem ______ 266 Ge Yunsong, Peking University Law Journal (2009/5) 689, 689; Liu Shiguo, 124; Wang Liming/Guo Minrui/Fang Liufang, 519 ff.; Zhang Xinbao, 135; nach einer anderen Ansicht sind Vermögensnachteile ersatzfähig, soweit diese vorsätzlich oder sittenwidrig verursacht wurden, Ran Keping, Jiangxi Social Sciences (2009/8) 178, 178. 267 Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 159. 268 Vgl. ausführlich zur Problematik Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 157. 269 Vgl. Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 160; welche Rechte dies konkret sind, wird kaum diskutiert, so dass auch eine Typisierung fehlt. 270 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 73; Zhang Xinbao, 210 ff. 271 Vgl. dazu Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 160. 272 Nach § 54 AGZ sind Zivilrechtshandlungen solche, mit denen zivile Rechte und Pflichten begründet, geändert und beendet werden. 273 Wang Liming, 26.
34
III. Handlung und Unterlassen
Handlungsbegriff im Deliktsrecht. Von praktischer Relevanz ist eine exakte Definition der Verletzungshandlung insbesondere bei Persönlichkeitsrechten, die eine bestimmte Verletzungshandlung erfordern. Diese Tatbestände enthalten daher (teilweise ergänzt durch die Interpretationen des Obersten Volksgerichts) eine Definition der Verletzungshandlung.274 2.
Unterlassen
a)
Begründung
Ein Unterlassen steht nach allgemeiner Meinung dem positiven Tun gleich, soweit eine Rechtspflicht zum Handeln gegeben ist.275 Eine solche Rechtspflicht zum Handeln kann sich aus Vertrag, Gesetz, freiwilliger Übernahme, Ingerenz, Gefahrengemeinschaft oder aus einer Verkehrssicherungspflicht ergeben.276 Eine gesetzliche Handlungspflicht schreibt z. B. § 36 Abs. 2 GdH277 oder § 23 EheG278 vor. b)
Verkehrssicherungspflichten
Eine Verkehrssicherungspflicht ist eine von der deutschen Jurisprudenz entwickelte Verhaltenspflicht zur Sicherung von Gefahrenquellen, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen nach §§ 823 ff. BGB führen kann.279 Sie beruht auf dem Gedanken, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle für den Verkehr öffnet, dafür Sorge zu tragen hat, dass sich die abstrakte Gefahr nicht konkretisiert. Dieser Dogmatik zufolge kann sich eine Verkehrssicherungspflicht beispielsweise aus folgenden Gründen ergeben:280 – – – – –
tatsächliche Gewalt (unmittelbarer Besitz) über einen gefährlichen Gegenstand, Eigentum an einer gefährlichen Sache, Eröffnung oder Unterhaltung einer Gefahrenquelle, Ausübung eines gefahrengeneigten Berufs, Inverkehrbringen eines Produktes.
Besteht über die Ursachen für das Entstehen von Verkehrssicherungspflichten weitgehend Einigkeit, so ist hingegen die dogmatische Einordnung der Verkehrssicherungspflichten im deutschen Recht höchst umstritten.281 ______ 274 275 276 277 278
Vgl. zu den Persönlichkeitsrechten ausführlich oben B. II. 1. a). Vgl. nur Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 412. Yang Lixin, Studie über die Praxis der zivilrechtlichen Rechtsprechung, 221. Vgl. dazu ausführlich unten D. IV. Nach § 23 EheG haben die Eltern das Recht und die Pflicht, minderjährige Kinder zu schützen und zu erziehen. 279 Karl Larenz/Claus-Wilhelm Canaris, § 76 III 1 a; Erwin Deutsch, Rz. 106; Dieter Medicus/Jens Petersen, Rz. 642, 645 f. 280 Vgl. nur BGHZ 65, 221, 224; BGHZ 103, 338, 340; BGHZ 121, 367, 375; Karl Larenz/ClausWilhelm Canaris, § 76 III 3; Christian von Bar, 43 ff., 54 ff., alle m. w. N. 281 Die herrschende Meinung in der deutschen Literatur prüft die Verkehrssicherungspflichten im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Zurechnung des Verletzungserfolges zu einer bestimmten Person, Maximilian Fuchs, 90 m. w. N.
35
B. Allgemeine Grundsätze
Eine allgemeine Sicherheitsgewährleistungspflicht (➓㦌⡄䍰䅆㹒) bzw. Verkehrssicherungspflicht nach dem Vorbild der deutschen Rechtsprechung kennt das chinesische Recht bisher nicht. Nach § 18 Verbraucherschutzgesetz der VR China282 (VSG) müssen Unternehmer dafür einstehen, dass Güter und Dienstleistungen, die sie anbieten, die Sicherheitsvoraussetzungen gegenüber anderen Personen erfüllen. Diesen Pflichtenkreis hat der Gesetzgeber mit der Anerkennung einer allgemeinen Produktbeobachtungspflicht gem. § 46 GdH erheblich ausgeweitet.283 § 6 Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Gesetzesanwendung bei Fällen mit Schadensersatz für Körperverletzungen (Ansichten zu Körperverletzungen)284 verpflichtet Unternehmer von Hotels, Restaurants und Vergnügungsstätten zur Gewährleistung einer „verhältnismäßigen“ Sicherung. Diese Verpflichtung hat der Gesetzgeber nunmehr in § 37 GdH übernommen und dabei inhaltlich präzisiert. Das GdH regelt aber auch zahlreiche neue Verkehrssicherungspflichten z. B. für Bildungseinrichtungen (§§ 38 ff. GdH) oder Bauausführende (§ 91 GdH).285 Die Vorschriften bestimmen allerdings nicht Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflichten, sondern überlassen dies der Rechtsfortbildung durch die Gerichte. Von dem Träger einer Verkehrssicherungspflicht wird nicht erwartet, dass er die Gefahrenquelle gegen alle denkbaren Schadensfälle absichert. Jedoch hat er alle Vorkehrungen gegen voraussehbare Gefahren zu treffen, die durch eine bestimmungsgemäße Benutzung eintreten können.286 Bei der Beurteilung der Reichweite der Verkehrssicherungspflichten greifen die Volksgerichte auf einschlägige Verwaltungsbestimmungen zurück, soweit diese vorhanden sind.287 Eine wesentliche Einschränkung ergibt sich in diesem Zusammenhang aus dem Schutzzweck der Norm. Danach kann der Verletzungserfolg nur dann zugerechnet werden, wenn der Schädiger gegen eine Verhaltensnorm verstoßen hat, die gerade den Eintritt des konkreten Erfolges verhindern soll.288 Aufgrund der deutlichen Ausweitung der gesetzlichen Verkehrssicherungspflichten stellt sich die Frage, ob zukünftig über die gesetzlich bestimmten Fälle hinaus aus einer Gesamtbetrachtung der Tatbestände eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht im chinesischen Recht anzuerkennen ist. Die herrschende Meinung in der Literatur bejaht diese Frage.289 So ist etwa ein Erwachsener, der einen minderjährigen Nachbarn zum Schwimmen einlädt, verpflichtet, sich um dessen Sicherheit zu kümmern.290 ______ 282 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㼜Ⳳ䎀㦉䅇⡄⿅ⳉ], verabschiedet am 31. 10. 1993, in Kraft getreten am 1. 1. 1994. 283 Vgl. dazu ausführlich unten E. II. 6. 284 [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻㪔㏎㦬㪎㰑⼇㞃⧆➙ミ㬫䇤ⳉ㔪㧕ⶪ㸫㳃⭥ㆃ㬮] vom 26. 12. 2003. 285 Da diese Vorschriften (wie auch § 37 GdH) zugleich Haftungsnormen darstellen, werden sie im systematischen Zusammenhang behandelt, vgl. unten D. VI und E. VIII. 2 a) (4). 286 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 433 f. 287 Urteil des Ersten Mittleren Volksgerichts der Stadt Shanghai vom 17. 1. 2002, Wang Liyi/Zhang Lixia gegen Yinhe Hotel, http://vip.chinalawinfo.com/Case/displaycontent.asp?gid=117665920. 288 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 432 ff. 289 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 421; Yang Lixin, 87 f.; Zhang Xinbao, 52 f. 290 Vgl. Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 417.
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IV. Kausalität
IV. Kausalität IV. Kausalität 1. Naturwissenschaftliche Kausalität In der chinesischen Zivilrechtswissenschaft wird die Frage des Kausalzusammenhangs seit langem lebhaft diskutiert.291 Im Ansatz ist allen Theorien gemeinsam, dass sie – wenn auch nicht immer ausdrücklich – vom naturwissenschaftlich vorgegebenen Ursachenzusammenhang ausgehen. Danach ist eine Handlung kausal, wenn ohne sie der Erfolg nicht eingetreten wäre.292 Im Ergebnis kommt damit im chinesischen Recht die aus dem deutschen Recht bekannte Äquivalenztheorie (sog. „conditio sine qua non-Formel“) zur Anwendung..293 Gleichwohl diskutieren chinesische Autoren Kausalität einzig als Ursachenzusammenhang zwischen Handlung und Rechtsgutsverletzung (sog. haftungsbegründende Kausalität). Demgegenüber wird die Verknüpfung zwischen Rechtsgutsverletzung und eingetretenem Schaden (sog. haftungsausfüllende Kausalität) – von vereinzelten Ausnahmen abgesehen –294 nicht thematisiert. Dogmatisch unrichtig (obgleich praktisch unerheblich) wird die Kausalität nicht nach der Handlung geprüft (wie in der deutschen Literatur die haftungsbegründende Kausalität), sondern in der Regel erst nach dem Verschulden.295 Da die Äquivalenztheorie ein allgemeines Prinzip der Kausalität zum Ausdruck bringt, findet sie nicht nur bei Tatbeständen der Verschuldens-, sondern auch der Gefährdungshaftung Anwendung. 2.
Wertende Einschränkung der Kausalität
Auch in der chinesischen Literatur ist anerkannt, dass die rein naturwissenschaftliche Kausalität aus Gerechtigkeitsgründen einer wertenden Einschränkung bedarf.296 Die von der chinesischen Rechtslehre zur Lösung dieser Problematik entwickelten Theorien sind kaum überschaubar.297 Erschwerend kommt hinzu, dass sie überwiegend nur bruchstückhaft erläutert werden und mangels dogmatischer Begründung Torsi bleiben.298 ______ 291 Einen Überblick bietet Mario Feuerstein, 39 ff. 292 Justizministerium der VR China, 294. 293 Der Äquivalenztheorie zufolge ist jede Handlung ursächlich, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, vgl. Palandt(-Christian Grüneberg), Einleitung vor § 249 Rz. 25; bei einem Unterlassen gilt, dass die unterbliebene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, vgl. Palandt(-Christian Grüneberg), Einleitung vor § 249 Rz. 51. 294 Liu Shiguo, 70 ff. 295 Kong Xiangjun/Yang Li, Tribune of Political Science and Law (1993/2) 50, 53. 296 Ungenau daher Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 516, die Kausalität und Zurechnung begrifflich vermengen. 297 Vgl. zum Diskussionstand Mario Feuerstein, 40 ff. 298 Es wird etwa zwischen unmittelbaren Ursachen (kausal) und mittelbaren Ursachen (nicht kausal) unterschieden, je nachdem ob sie für sich allein oder nur mit anderen Ursachen zu-
37
B. Allgemeine Grundsätze
Obgleich eine herrschende Meinung bislang nicht erkennbar ist, zeichnet sich in neueren Abhandlungen eine Tendenz für einen Ansatz ab, der, ähnlich wie die Adäquanztheorie aus dem deutschen Zivilrecht, eine Einschränkung der Kausalität über das Merkmal der objektiven Vorhersehbarkeit versucht.299 Die Handlung muss im Allgemeinen und dem gewöhnlichen Verlauf entsprechend die Folge verursacht haben und darf nicht auf besonderen und unwahrscheinlichen Umständen beruhen.300 Wie die Äquivalenztheorie soll auch die Adäquanztheorie für das gesamte chinesische Deliktsrecht gelten und ausdrücklich auch bei besonderen Haftungstatbeständen (d. h. der Gefährdungshaftung) Anwendung finden.301 Die deutsche Jurisprudenz ist davon bereits abgekommen und wendet im Fall der Gefährdungshaftung ganz überwiegend die Lehre vom Schutzzweck der Norm an.302 3.
Vermutete Kausalität
In Zivilprozessen bereitet dem Geschädigten der Nachweis der Kausalität besondere Schwierigkeiten.303 Das GdH beinhaltet daher einige Sonderhaftungstatbestände, in denen die Kausalität zugunsten des Geschädigten vermutet wird. Diese Tatbestände betreffen die Haftung für eine gemeinsame gefährliche Handlung mehrerer Personen,304 für ärztliche Behandlungsunfälle,305 für Umweltverschmutzung306 und für Falschangaben zu Aktien.307 V. Rechtswidrigkeit V. Rechtswidrigkeit 1.
Eigenständige Haftungsvoraussetzung
Der deutschen Rechtstradition (Rudolf von Jhering) folgend, unterschied die chinesische Zivilrechtswissenschaft ursprünglich zwischen objektiver Rechtswidrig______
299 300 301 302 303
304 305 306 307
38
sammen den Erfolg herbeiführen. Des Weiteren werden primäre Ursache (kausal) und sekundäre Ursache (nicht kausal) unterschieden, je nachdem, ob sie eine große oder nur eine geringe Wirkung auf den Erfolg entfalten, vgl. Justizministerium der VR China, 294. Kong Xiangjun/Yang Li, Tribune of Political Science and Law (1993/2) 50, 55; Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 242. Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 242 ff.; Ni Ningjun/Oliver Simon, 81. GTZ China, 26. Zur Anwendung der Adäquanztheorie bei Gefährdungstatbeständen Jens Petersen, 52 f. Z. B. Urteil des Unteren Volksgerichts der Stadt Jintan (Jiangsu Provinz) vom 13. 5. 2005, Nr. 180, http://www.chinacourt.org/public/detail.php?id=173065, sowie Urteil des Unteren Volksgerichts der Stadt Pinghu (Zhejiang Provinz) vom 27. 7. 1997, http://vip.chinalawinfo. com/Case/displaycontent.asp?Gid=117492318. Siehe unten B. VIII. 3. Siehe unten E. IV. Siehe unten E. V. Vgl. § 18 Juristische Auslegung des Obersten Volksgerichts zum zivilen Schadenersatz wegen Falschangabe von Informationen für den Aktienmarkt [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻㪔㏎䐅㦐㬱⧂䅓㿊ズ⧣㭗䅞ⳃ⭥㘒 㬣㞃⧆➙ミ⭥㧕ⶪ⺇Ⰹ] vom 9. 1. 2003.
V. Rechtswidrigkeit
keit (Unrechtsgehalt) und subjektivem Verschulden (individuelle Verantwortlichkeit). Demgemäß bildete das Merkmal der Rechtswidrigkeit neben dem Merkmal des Verschuldens eine eigenständige Voraussetzung der deliktischen Haftung.308 Nach Inkrafttreten der AGZ wurde diese Dogmatik von einem Großteil der chinesischen Literatur zunehmend in Frage gestellt und die Rechtswidrigkeit als ein Bestandteil des Verschuldens angesehen. Stein des Anstoßes bildete der Wortlaut des § 106 Abs. 2 AGZ, der – etwa im Unterschied zur Generalklausel des § 823 Abs. 1 BGB – das Merkmal der Rechtswidrigkeit nicht ausdrücklich enthält. Auch der Wortlaut des § 6 Abs. 1 GdH nennt ausdrücklich nur das Verschulden und nicht auch die Rechtswidrigkeit. Dies wird damit begründet, dass der Gesetzgeber befürchtete, die Einordnung der Rechtswidrigkeit in die Haftungstatbestandsmerkmale könne zu Rechtsunsicherheiten führen.309 Zudem erschwere das Tatbestandsmerkmal das Schutzinteresse des Geschädigten310 und bilde lediglich eine unnötige Wiederholung des Verschuldens.311 Der Gesetzgeber habe sich vor diesem Hintergrund entschieden, die Rechtswidrigkeit dem Verschulden zuzuordnen. Insofern entspreche das GdH dem deutschen Recht, wonach bei Fahrlässigkeit die objektive Pflichtwidrigkeit dem Verschulden zugeordnet werde.312 Schließlich spreche auch die Ausrichtung der Haftung am Individualrechtsschutz und nicht an einem deliktischen Verhalten, gegen das Erfordernis der Rechtswidrigkeit.313 Gleichwohl hält ein bedeutender Teil der Lehre an der Differenzierung zwischen objektiver Rechtswidrigkeit und subjektivem Verschulden fest.314 Eine Verletzung der in § 106 Abs. 2 AGZ aufgeführten Rechte sei stets rechtswidrig, so dass eine ausdrückliche Erwähnung im Gesetz überflüssig sei.315 Schließlich sieht sich diese Ansicht durch die Antworten des Obersten Volksgerichts zu Ehrenrechtsfällen316 (Antworten zu Ehrenrechtsfällen) bestätigt.317 In § 7 Antworten zu Ehrenrechtsfällen war die Rechtswidrigkeit als gesonderte Haftungsvoraussetzung ausdrücklich erwähnt. Obgleich die Antworten des Obersten Volksgerichts zu den Haftungsvoraussetzungen für Ehrenverletzungen ergangen war, habe das Gericht damit eine Grundsatzentscheidung getroffen, die allgemein die deliktische Haftung betreffe.318
______ 308 Vgl. umfassend Yang Lixin, 221. 309 Liang Huixing, http://www.iolaw.org.cn/showNews.asp?id=20025. 310 Wang Liming, Contemporary Law Review (2008/5) 3, 12; andere Ansicht Zhang Xingbao, 50; Yang Lixin, 177 ff. 311 In Frankreich wird die Rechtswidrigkeit auch nicht als Haftungstatbestand anerkannt, vgl. Philippe Malaurie/Laurent Aynès/Philippe Stoffel-Munck, 29. 312 Vgl. zum deutschen Recht Palandt(-Christian Grüneberg), § 276 Rz. 8. 313 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 93. 314 Tang Hui, Theory and Modernization (2009/3) 112, 112; Yang Lixin, Auslegung GdH, 28 ff.; Zhang Xinbao, 50 ff. 315 Liu Shiguo, 78 ff. 316 Antworten des Obersten Volksgerichts auf einige Fragen zu Ehrenrechtsfällen [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻㪔 ㏎㘜䈟㦉➙ミ㧕ⶪ㸫㳃⭥ㆃ⫑] vom 7. 8. 1993. 317 Mario Feuerstein, 48; Zhang Xinbao, 49. 318 Mario Feuerstein, 48 m. w. A.
39
B. Allgemeine Grundsätze
2.
Begriff
Überwiegend definiert die chinesische Zivilrechtswissenschaft als rechtswidrig, was gegen Gesetz oder die guten Sitten verstößt.319 Im Grundsatz entspricht diese Definition wohl der im deutschen Recht herrschenden Lehre vom Erfolgsunrecht. Danach ist rechtswidrig, was dem Recht widerspricht.320 Die Lehre vom Erfolgsunrecht nimmt dabei an, dass die Rechtsgutverletzung die Rechtswidrigkeit indiziert.321 Ein Verstoß gegen eine konkret zu beachtende Sorgfaltspflicht, wie die im deutschen Recht vertretene Lehre vom Handlungsunrecht voraussetzt, ist demgegenüber nicht erforderlich. Da die chinesische Literatur diese Frage nicht behandelt, kann davon ausgegangen werden, dass sie im Sinne der Lehre vom Erfolgsunrecht einen Rechtsverstoß ohne weiteres als rechtswidrig bewertet.322 Wie im deutschen Recht wird die Rechtswidrigkeit im Fall vom Unterlassen nicht indiziert. Das Unterlassen ist vielmehr nur rechtswidrig, wenn der Handelnde eine Rechtspflicht zum Tätigwerden verletzt hat.323 3.
Rechtfertigungsgründe
Die Rechtswidrigkeit einer unerlaubten Handlung entfällt, wenn ein Rechtfertigungsgrund eingreift.324 Im Unterschied zum deutschen Recht werden Rechtfertigungsgründe im chinesischen Recht dogmatisch als Einreden betrachtet,325 d. h. sie werden im Prozess nur berücksichtigt, soweit sich der Beklagte darauf beruft.326 Als Rechtfertigungsgründe normiert das chinesische Recht Notwehr (§ 128 AGZ) und Notstand (§ 129 AGZ)327. Während Notwehr tatbestandlich dem deutschen Recht entspricht, ist der Tatbestand des Notstandes umfassend formuliert und deckt tatbestandlich die §§ 228, 904 BGB, §§ 34, 35 StGB ab.328 § 30 Satz 1 GdH bestimmt, dass eine Haftung ausgeschlossen ist, wenn der Schaden Folge einer gerechtfertigten Notwehr ist. Im Fall des Notwehrexzesses sieht § 30 Satz 2 GdH eine Haftungsminderung vor. Dies erscheint unbillig, weil kein ______ 319 Liu Shiguo, 80; Yang Lixin, Analyse der zivilrechtlichen Rechtsprechungen, 219. 320 Erwin Deutsch/Hans-Jürgen Ahrens, Rz. 78. 321 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist allgemein für Rahmenrechte, etwa das allgemeine Persönlichkeitsrecht, anerkannt, vgl. Palandt(-Hartwig Sprau), § 823 Rz. 25. 322 Wie hier Mario Feuerstein, 49 f. 323 Yang Lixin, 87; vgl. oben B. III. 2. a). 324 Soweit die Rechtswidrigkeit nicht als eigenständige Haftungsvoraussetzung anerkannt ist, werden die Rechtfertigungsgründe mit den Haftungsminderungs- und -ausschlussgründen geprüft (vgl. dazu unten B. IX). 325 Yu Min, 151. 326 Andere Ansicht Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 259. 327 Das GdH ergänzt den Notstand um eine Regelung für die Rettungsschäden: Wird jemand bei der Abwendung der Verletzung von Rechten und Interessen anderer geschädigt, haftet der Schädiger gem. § 23 Satz 1 GdH. Für unfreiwillige Selbst- oder Drittschäden, die bei dem Einsatz entstehen, kann der Geschädigte gem. § 23 Satz 2 GdH eine „angemessene Entschädigung“ von dem Begünstigten verlangen, wenn der Schädiger als Haftender ausfällt. 328 Vgl. dazu Mario Feuerstein, 53 m. w. A.
40
VI. Verschulden
Rechtfertigungsgrund vorliegt und damit an sich eine volle Haftung greifen müsste. Eine Haftungsminderung könnte sich allenfalls daraus ergeben, dass den geschädigten Angreifer ein Mitverschulden trifft. Neben den geschriebenen Rechtfertigungsgründen sind als ungeschriebene Rechtfertigungsgründe die Selbsthilfe, die Einwilligung des Geschädigten329 und die rechtmäßige Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe allgemein anerkannt.330 Letztere liegt vor, wenn ein Amtsträger den Schaden bei der Vollstreckung einer gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht verursacht.331 Die chinesische Literatur stellt an eine wirksame Einwilligung des Geschädigten tatbestandlich dieselben Anforderungen wie im deutschen Recht. Offen ist, ob nunmehr als Maßstab allgemein die §§ 55, 56 GdH gelten.332 Desgleichen ist auch im chinesischen Recht umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen eine konkludente Willenserklärung ausreichend ist.333 Für den Fall der medizinischen Behandlung verlangt § 55 Abs. 1 Satz 2 GdH ausdrücklich die Schriftform. VI. Verschulden VI. Verschulden Dem chinesischen Deliktsrecht liegt unausgesprochen das Verschuldensprinzip zugrunde („keine Haftung ohne Verschulden“).334 Im Rahmen der Verschuldenshaftung dient primär das Merkmal des Verschuldens als Begrenzung der deliktischen Haftung.335 Bei der Haftung für vermutetes Verschulden geht das Gesetz ausnahmsweise vom Vorliegen des Verschuldens aus, vgl. § 6 Abs. 2 GdH.336 1.
Begriff
Obgleich Verschulden ein Grundbegriff des chinesischen Deliktsrechts ist, fehlt dazu eine Legaldefinition. Entsprechend konträr sind die Meinungen in der Literatur zum Inhalt des Verschuldens. Der Lehre Rudolf von Jhering folgend, bemisst eine Ansicht das Verschulden nach subjektiven Kriterien (subjektiver Verschuldensbegriff).337 Verschulden bedeutet danach die individuelle Vorwerfbarkeit des Erfolges. Eine sog. „moderne Auffassung“ verzichtet demgegenüber auf subjektive Merkmale im Verschulden (objektiver Verschuldensbegriff).338 Beim Verschulden ______ 329 330 331 332 333 334 335
Nun für den Fall der medizinischen Behandlung gem. § 56 GdH gesetzlich geregelt. Statt aller: Zhang Xinbao, 124. Yang Lixin/Yi Yan/Pei Hongjun, 43. Vgl. dazu unten E. IV. 4 b). Dafür etwa Zhang Xingbao, 402; dagegen z. B. Wang Liming, 189. Vgl. zur Grundnorm der Verschuldenshaftung im Einzelnen unten C. I. Haftungsnormen, die kein Verschulden voraussetzen, sind demgegenüber als Sondertatbestände im Besonderen Teil tatbestandlich eng gefasst. 336 Vgl. dazu unten C. II. 337 Yu Jingxiang/Wu Xiaohong, Gansu Social Science (2009/2) 79, 81. 338 Hu Xuemei, 238.
41
B. Allgemeine Grundsätze
kommt es danach allein auf die objektive Rechtswidrigkeit der Handlung an.339 Die subjektive Vorwerfbarkeit als ein separates Tatbestandsmerkmal sei für den Geschädigten schwer zu beweisen und erschwere damit den Schutz seiner Interessen.340 Der Begriff des Verschuldens sei daher zu objektivieren. Soweit die „moderne Auffassung“ allein auf die Rechtswidrigkeit abstellt, vermag sie weder dogmatisch noch im Ergebnis zu überzeugen. Die Generalklausel des § 6 Abs. 1 GdH setzt gerade über den allgemeinen Tatbestand des § 2 Abs. 1 GdH hinaus ein Verschulden voraus. Würde sich der Verschuldensbegriff in der Rechtswidrigkeit erschöpfen, wäre er überflüssig und vom Gesetzgeber nicht verwendet worden. Auch im Ergebnis ist der Schutz des Geschädigten einseitig und geht vollständig zu Lasten des Schädigers. Rechtspolitisch ist anerkannt, dass menschliches Handeln oder Unterlassen regelmäßig nur dann eine deliktische Haftung begründen soll, wenn es individuell vorwerfbar, d. h. schuldhaft erfolgt.341 Vor diesem Hintergrund werden beide Verschuldenstheorien kaum noch in Reinform vertreten. Vielmehr wenden sie mit unterschiedlicher Gewichtung neben objektiven auch subjektive Merkmale an.342 Im Folgenden wird darauf näher eingegangen. 2.
Verschuldensformen
In der chinesischen Zivilrechtswissenschaft besteht Einigkeit darüber, dass Verschulden in Form von Vorsatz und Fahrlässigkeit in Erscheinung tritt, wobei Vorsatz ein gravierenderes Verschulden als Fährlässigkeit aufweist (Stufenverhältnis).343 Definitionen der beiden Verschuldensformen finden sich zwar nicht im GdH, aber die Legaldefinitionen in §§ 14 und 15 StG können entsprechend herangezogen werden. a)
Vorsatz
Vorsatz bedeutet im Anschluss an § 14 Abs. 1 StG, dass eine Person trotz Kenntnis, dass ihre Handlung Rechtsgüter anderer schädigt, den Eintritt des Verletzungserfolges erhofft (direkter Vorsatz) oder ihm gleichgültig gegenübersteht (indirekter Vorsatz).344 Für die Erfüllung des Haftungstatbestandes steht der indirekte Vorsatz grundsätzlich dem direkten Vorsatz gleich. Eine Differenzierung ist daher in der Regel entbehrlich. Etwas anderes gilt aber auf der Rechtsfolgenseite für die Bemessung des immateriellen Schadensersatzes infolge der Verletzung eines Persönlichkeitsrechts, weil dabei u. a. die Motivation des Schädigers von Bedeutung ist.345 ______ 339 340 341 342 343 344 345
42
Hu Xuemei, 239. Zhang Minan, 249. Wang Shengming, 31 f. Vgl. Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 203 ff. m. w. A. Xi Xiaoming/Wang Liming, Fokus und Problematik im GdH, 21. Vgl. nur Ni Ningjun/Oliver Simon, 83. Wang Liming, 156; siehe dazu unten B. VII. 2. b) (4) (c).
VI. Verschulden
Für die Beurteilung des Vorsatzes stellen mittlerweile sowohl der objektive als auch der subjektive Verschuldensbegriff übereinstimmend auf subjektive Kriterien ab. Im Rahmen des Vorsatzes wirken sich die unterschiedlichen Ansätze daher nicht mehr aus. b)
Fahrlässigkeit
(1)
Begriff
In Anlehnung an § 15 Abs. 1 StG liegt Fahrlässigkeit vor, wenn eine Person die Folgen ihrer Handlung voraussehen muss, aber nicht voraussieht, oder obwohl sie die Folgen voraussieht, leichtgläubig meint, sie vermeiden zu können.346 Während die Vertreter des subjektiven Verschuldensbegriffs Fahrlässigkeit – so wie auch den Vorsatz – allein nach subjektiven Kriterien (z. B. Kenntnisse, Fähigkeiten, Alter) bemessen wollen, stellen die Befürworter des objektiven Verschuldensbegriffs auf die (objektive) Verletzung einer Sorgfaltspflicht ab.347 Nach überwiegender Auffassung unter den Vertretern des objektiven Verschuldensbegriffs genügt allerdings allein der Verstoß gegen eine Sorgfaltspflicht zur Begründung der Fahrlässigkeit nicht. Vielmehr seien dabei auch subjektive Kriterien wie körperliche und geistige Fähigkeiten, Alter, Intelligenz und Bildung zu berücksichtigen.348 Offenbar will diese Auffassung subjektive Merkmale generell zur Entlastung einer objektiv sorgfaltspflichtwidrig handelnden Person heranziehen.349 Demgegenüber berücksichtigt die herrschende Meinung im deutschen Deliktsrecht subjektive Merkmale nur bei Festlegung des Verkehrskreises. Im Übrigen bleibt es bei einem objektiven Sorgfaltsmaßstab.350 Im Ergebnis dürften sich also auch bei der Fahrlässigkeit die beiden Auffassungen – so wie sie in der chinesischen Literatur vertreten werden – nicht unterscheiden. (2)
Sorgfaltsmaßstab
Maßstab für die Sorgfaltsanforderungen ist das Verhalten eines „vernünftigen Menschen“ (㏎㾵㦬). Neben allgemeinen Sorgfaltspflichten gelten für Angehörige bestimmter Berufsgruppen besondere Sorgfaltsanforderungen (z. B. für medizinisches Personal, § 57 GdH351). So genügt es nicht, wenn ein Chirurg bei einer Operation die für den allgemeinen Verkehrskreis geltenden Sorgfaltspflichten einhält. Vielmehr muss er gemäß der konkret für seinen Beruf bestimmten Sorgfaltspflichten (lege artis) handeln.352 Auch in der chinesischen Literatur ist ferner anerkannt, dass besondere Gefahrenbereiche höhere Sorgfaltspflichten begründen können.353 ______ 346 347 348 349 350 351 352 353
Für alle: Wang Liming, 156. Vgl. zum Ganzen Wang Liming, 159; Yang Lixin, 214; Zhang Xingbao, 23. Zhang Xinbao, 76. Mario Feuerstein, 61. Palandt(-Christian Grüneberg), § 276 Rz. 15. Dazu unten E. IV. 2. b) (2). Zhang Xinbao, 75. Nach Mario Feuerstein, 61, bleibt dieses Problem in der chinesischen Literatur unerörtert.
43
B. Allgemeine Grundsätze
(3)
Fahrlässigkeitsformen
Wie im deutschen Recht unterteilt die chinesische Zivilrechtswissenschaft Fahrlässigkeit je nach Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung in leichte, einfache und grobe Fahrlässigkeit.354 Auch wird je nachdem, ob eine Person den Erfolg vorausgesehen hat oder nicht, zwischen bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit unterschieden.355 Auf Tatbestandsseite genügt, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, leichte Fahrlässigkeit. Die Fahrlässigkeitsformen gewinnen aber bei der Festlegung des Haftungsumfangs auf der Rechtsfolgenseite an Bedeutung.356 3.
Verschuldensfähigkeit
Grundvoraussetzung des Verschuldens ist die Verschuldens- oder Deliktsfähigkeit, d. h. die Fähigkeit für die Handlung haftungsrechtlich verantwortlich zu sein. a)
Natürliche Personen
(1)
Haftung des Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen357
§ 32 Abs. 1 GdH knüpft die deliktische Verschuldensfähigkeit an die Geschäftsfähigkeit einer Person.358 Geschäftsunfähige oder beschränkt Geschäftsfähige (Minderjährige) haften grundsätzlich nicht.359 Für das GdH ergibt sich dies im Umkehrschluss aus der Haftungsanordnung für den Vormund.360 Etwas anderes gilt aus Billigkeitserwägungen ausnahmsweise gem. §§ 32 Abs. 2, 15 Nr. 4 GdH, soweit diese Personen über eigenes Vermögen verfügen.361 Mit diesem haften sie bis zur Armutsgrenze.362 Gleichwohl werden andere Formen der Haftung (vgl. dazu insbesondere § 15 GdH) zum Schutz des Geschäftsunfähigen oder Minderjährigen von dieser Ausnahmeregelung nicht erfasst. Rechtsdogmatisch ist diese Regelung
______ 354 Yang Lixin, 103 f.; Zhang Xinbao, 72. 355 Yang Lixin, 103; Zhang Xinbao, 71. 356 Vgl. dazu ausführlich unten B. VII. 2. a) (1) und B. VII. 2. a) (2) zum Vermögensschaden sowie B. VII. 2. b) (4) (c) zum immateriellen Schaden. 357 In der Übersetzung des GdH im Anhang werden die näher an dem Gesetzeswortlaut orientierten Begriffe des „nicht Zivilgeschäftsfähigen“ bzw. des „beschränkt Zivilgeschäftsfähigen“ verwendet. 358 Volle Geschäftsfähigkeit tritt gem. § 11 Abs. 1 AGZ mit Volljährigkeit, d. h. mit Vollendung des achtzehnten Lebensjahres ein; ab Vollendung des zehnten Lebensjahres ist ein Minderjähriger beschränkt geschäftsfähig, § 12 Abs. 1 AGZ; geschäftsunfähig ist gem. § 12 Abs. 2 AGZ ein noch nicht zehnjähriger Minderjähriger oder ein Geisteskranker, dem die Einsicht in seine Handlungen fehlt, § 13 Abs. 1 AGZ. 359 Vgl. im Einzelnen Nr. 158 ff. Ansichten zu AGZ. 360 Zur Haftung des Vormunds unten D. I. 361 Demgegenüber schließt das deutsche Recht eine Haftung verschuldensunfähiger Personen und Minderjähriger bis Vollendung des siebten Lebensjahres vollständig aus, vgl. §§ 827 Satz 1, 828 Abs. 1 BGB. 362 Im Übrigen haftet der Vormund, Liu Shiguo, 96.
44
VI. Verschulden
nicht unproblematisch, weil sie die Verschuldenshaftung vom Verschulden entkoppelt und allein auf die Leistungsfähigkeit des Schädigers abstellt.363 Ein mindestens sechzehnjähriger Minderjähriger, der seinen Lebensunterhalt hauptsächlich aus eigenem Einkommen bestreitet, steht gem. § 11 Abs. 2 AGZ einem voll Geschäftsfähigen gleich und haftet uneingeschränkt.364 Andererseits vermag aber die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen seine Verschuldensfähigkeit nicht zu begründen.365 Im Ergebnis erscheint eine Haftung bei wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Geschäftsunfähigen bzw. Minderjährigen und der Verzicht auf das Kriterium der Einsichtsfähigkeit im Einzelfall nicht unbillig. (2)
Haftung von Personen im verschuldeten Zustand der vorübergehenden Bewusstlosigkeit oder des Verlustes der Kontrollfähigkeit
Ein voll Geschäftsfähiger, der sich schuldhaft in einen Zustand vorübergehender Bewusstlosigkeit oder fehlender Kontrollfähigkeit versetzt, haftet für Schäden, die er in diesem Zustand verursacht, § 33 Abs. 1 Hs. 1 GdH. Diese Regelung ist konsequent, weil die betreffenden Personen vor und nach Eintritt des Zustandes voll geschäftsfähig sind.366 Ist der Zustand unverschuldet, haftet der Schädiger aus Billigkeit nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Verhältnisse, § 33 Abs. 1 Hs. 2 GdH. Für die besonders praxisrelevanten Fälle der Bewusstlosigkeit bzw. Bewusstseinsbeeinträchtigung infolge von Trunkenheit oder dem Genuss von Narkotika bzw. Psychopharmaka schreibt § 33 Abs. 2 GdH sogar eine verschuldensunabhängige Haftung vor.367 Das Gesetz verzichtet auf ein Verschulden, weil die Aufnahme dieser Mittel bereits eine abstrakte und in der Regel bekannte Gefährlichkeit besitzt. Daher greift hier auch die Billigkeitshaftung gem. § 33 Abs. 1 Hs. 2 GdH nicht. Diese bezieht sich schon systematisch allein auf den vorstehenden Satz und erfasst damit die Fälle des § 33 Abs. 2 GdH nicht.368 b)
Juristische Personen
Das GdH enthält keine Regelung zur Deliktsfähigkeit juristischer Personen. Die §§ 38, 43 AGZ ordnen indes die Haftung juristischer Personen für ihre gesetzlichen Vertreter und anderes Personal an.369 Damit setzt das Gesetz implizit die Deliktsfähigkeit juristischer Personen voraus. ______ 363 Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 517. 364 Diese Regelung wird durch das GdH nicht verdrängt; eine Haftung des Vormundes besteht dann nicht, Wang Liming, 140. 365 Dies wird in der chinesischen Literatur stark kritisiert, vgl. dazu Mario Feuerstein, 64. 366 Dem Grunde nach entspricht diese Vorschrift § 827 BGB. 367 Andere Ansicht Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 95, die auch hier von einer Verschuldenshaftung ausgehen. Dies steht aber im klaren Widerspruch zum Wortlaut des § 33 Abs. 2 GdH. 368 Kritisch dazu Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 95. 369 Vgl. zur Haftung juristischer Personen unten D. III.
45
B. Allgemeine Grundsätze
VII. Schaden VII. Schaden Der Schadensbegriff wird im chinesischen Deliktsrecht sehr weit ausgelegt. Dabei korrespondiert der Schadensbegriff mit dem weiten Schutzbereich des außervertraglichen Haftungsrechts. Ein Schaden liegt (abstrakt formuliert) vor, wenn eine Handlung bzw. ein Unterlassen oder ein sonstiges haftungsbegründendes Ereignis ein deliktsrechtlich geschütztes Recht oder Interesse nachteilig beeinflusst.370 Erfasst werden neben materiellen Schäden grundsätzlich auch immaterielle Schäden und sogar bloße Gefahren.371 1.
Übersicht über die Haftungsformen
Der umfassende deliktische Schadensbegriff setzt sich mit den vielfältigen Haftungsformen fort. § 15 Abs. 1 GdH zählt acht verschiedene Formen der außervertraglichen Haftung auf: (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8)
Einstellung der Verletzung, Behebung der Behinderung, Beseitigung der Gefahr, Rückgabe der Vermögensgüter, Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, Schadensersatz, Entschuldigung, Beseitigung von Auswirkungen, Wiederherstellung des guten Rufs.
Die Vorschrift entspricht im Wortlaut § 134 AGZ.372 Aus dem Wortlaut „im Wesentlichen“ (䑘䄋) ist aber zu entnehmen, dass die Aufzählung des § 15 Abs. 1 GdH nicht abschließend sein soll. Mitunter werden in der Literatur zu den Haftungsformen auch das Schmerzensgeld, § 22 GdH, und der Strafschadensersatz, § 47 GdH, gerechnet.373 § 15 Abs. 1 GdH nennt, neben der praktisch relevantesten Haftungsform des Schadensersatzes nach Nr. 6, in den Nrn. 1–4 vier sog. dingliche und in den Nrn. 5, 7, 8 drei weitere Haftungsformen. Diese Aufzählung soll die Rechtsanwendung erleichtern. Die Zuordnung der Haftungsformen ergibt sich regelmäßig aus den zugrundeliegenden Haftungstatbeständen. Es ist daher unschädlich, dass sich die einzelnen Fallgruppen teilweise überschneiden.374 ______ 370 Ni Ningjun/Oliver Simon, 84; Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 186. 371 Im Einzelnen ist der Schadensumfang davon abhängig, ob ein Vermögens-, Personen- oder Strafschaden vorliegt. 372 Die beiden vertraglichen Haftungsformen „Reparatur, erneute Herstellung, Austausch“ und die „Zahlung einer Vertragsstrafe“ wurden in das GdH nicht übernommen, weil dieses allein das außervertragliche Haftungsrecht regelt. 373 Wang Liming, China Legal Science (2008/4) 3, 12 ff.; diese dürften aber als Schadenersatz bereits unter § 15 Abs. 1 Nr. 6 GdH fallen. 374 Z. B. schließt § 15 Satz 1 Nr. 1 GdH die Nrn. 2, 3, 4, 7 und 8 ein.
46
VII. Schaden
2.
Schadensersatz
Die zentrale deliktische Haftungsform in der Rechtspraxis ist der Schadensersatz.375 Dieser soll durch eine finanzielle Kompensation von Schäden einen umfassenden und effektiven Schutz ziviler Rechte und Interessen der Bürger gewährleisten.376 Ziel ist es, den Geschädigten so zu stellen, als sei der Schaden nicht eingetreten;377 es gilt das Prinzip der vollständigen Entschädigung (㶋㦌㞃⧆䊎䋓).378 Grundsätzlich ist daher nicht nur der unmittelbare, sondern auch der mittelbare Schaden zu ersetzen.379 Ein mittelbarer Schaden liegt dem Schrifttum zufolge vor, wenn das Interesse zum Zeitpunkt der Schädigung noch nicht bestand, der Geschädigte dieses jedoch ohne die Rechtsverletzung nach dem gewöhnlichen Verlauf hätte erwerben können.380 Das GdH unterscheidet zwischen Körper- (§§ 16, 17 GdH), Vermögens- (§§ 19, 20 GdH) und immateriellen Schäden (§ 22 GdH). Unter engen Voraussetzungen sieht das GdH auch einen Strafschadensersatz vor (§ 47 GdH). a)
Vermögensschaden
Der Ersatz eines Vermögensschadens kann einerseits bei der Verletzung von Vermögensrechten (§ 19 GdH) und andererseits bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten (§ 20 GdH) verlangt werden.381 Diese Unterscheidung ist insbesondere für die Berechnung der Schadenshöhe von Bedeutung.382 (1)
Berechnung der Höhe des Vermögensschadens
Ausgehend vom deutschen Recht wird der Vermögensschaden grundsätzlich nach der Differenzmethode bestimmt. Danach liegt ein Schaden vor, wenn die tatsächliche Vermögenslage infolge des schädigenden Ereignisses geringer geworden ist als vorher oder ohne das schädigende Ereignis hätte wachsen können.383 Abzustellen ist dabei gem. § 19 GdH auf den Marktwert des Gegenstandes.384 Daneben können gem. § 19 GdH aber auch „andere Maßstäbe“ (z. B. der Grad des Verschuldens oder § 49 URG385 ______ 375 376 377 378 379 380 381 382
Wang Liming, 10. Wang Zejian, 34. Zeng Shixiong, 17. Wang Liming, 12; Qin Youtu/Yan Yuqiao, Modern Law Science (2004/4) 28, 28. Justizministerium der VR China, 302. Zhang Xinbao, 57 m. w. A. Wang Liming, 8; Yang Lixin, 364 ff. Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 519 wollen offenbar eine einheitliche Berechnungsmethode verwenden. Dies widerspricht aber dem Gesetzeswortlaut. 383 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 192. 384 Der Gesetzeswortlaut ist insofern missverständlich, als er auf die Verletzung des „Vermögens“ abstellt; siehe oben zum Schutz des Vermögens als solches B. II. 2. d). 385 Danach ist wegen einer Urheber- oder Schutzrechtsverletzung nach dem tatsächlichen Verlust des Berechtigten Ersatz zu leisten. Lässt sich dieser schwer bestimmen, ist nach dem erlangten Gewinn Ersatz zu leisten. Lässt sich auch dieser nur schwer feststellen, so kann das Volksgericht aufgrund der Umstände der rechtsverletzenden Handlung ein Urteil auf Schadensersatz i. H. v. max. 500.000 RMB erlassen.
47
B. Allgemeine Grundsätze
bzw. § 65 PRG386) heranzuziehen sein. Diese gelten, soweit sich für die verletzten Rechte oder Interessen kein Marktwert bestimmen lässt.387 Das Gesetz stellt damit die Schadensberechnung in das freie Ermessen des Gerichts. Diese Regelung dürfte bis zur Vorgabe klarer Kriterien des Obersten Volksgerichts für erhebliche Rechtsunsicherheit sorgen. Für die Berechnung stellt § 19 GdH (wie im deutschen Recht) zutreffend auf den Zeitpunkt der Schädigung und nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Gerichtsverhandlung ab. Dies entspricht dem Ausgleichsgedanken des Schadensrechts und ist berechtigt, weil die Prozessdauer nicht zu Lasten des Schädigers gehen darf.388 (2)
Berechnung der Höhe des Vermögensschadens bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten
Persönlichkeitsrechte389 sind kommerzialisierbar und haben einen Vermögenswert. Deshalb bemisst sich bei der Verletzung eines Persönlichkeitsrechts der Schadensersatzanspruch nach Maßgabe des Vermögensschadens des Geschädigten, § 20 Hs. 1 GdH. Da sich mitunter die Höhe des Vermögensschadens mangels Marktwertes eines Persönlichkeitsrechtes schwer bemessen lässt, haben bereits in der Vergangenheit die Volksgerichte zur Festlegung des Vermögenswertes auf den vom Schädiger erlangten Gewinn abgestellt.390 Diese Methode übernimmt der Gesetzgeber nunmehr mit § 20 Hs. 2 GdH. Über den Gesetzeswortlaut hinaus muss eine Gewinnhaftung allerdings auch dann greifen, wenn der Geschädigte evident keinen Vermögensschaden hat, z. B. weil er seine Privatsphäre gar nicht kommerzialisieren will.391 Gerade in solchen Fällen wiegt die Verletzung der Privatsphäre ______ 386 Danach ist wegen einer Patentrechtsverletzung nach dem tatsächlichen Verlust des Berechtigten Ersatz zu leisten. Lässt sich dieser nur schwer bestimmen, ist nach dem erlangten Gewinn des Verletzters Ersatz zu leisten. Lässt sich auch dieser nur schwer feststellen, so kann das Volksgericht einen angemessenen Betrag unter Berücksichtigung eines Vielfachen der Nutzungsgebühren für das Patentrecht festsetzen. Lassen sich Verlust, Gewinn und Nutzungsgebühren gleichermaßen schwer bestimmen, so kann das Volksgericht aufgrund der Art des Patentrechts, der Natur der Rechtsverletzung und sonstiger Umstände einen Ersatz zwischen 10.000 und einer 1 Mio. RMB bestimmen. 387 Siehe im Einzelnen Wang Liming, 90. 388 Steigt umgekehrt der Wert eines Gegenstandes während des Prozesses, kann der Geschädigte den Wertzuwachs indes nicht beanspruchen. 389 Vgl. zum Begriff oben B. II. 1. a). 390 Vgl. dazu das Urteil des Unteren Volksgerichts Bezirk Xuhui (Stadt Shanghai) vom 4. 7. 2003, http://news.xinhuanet.com/newscenter/2003-10/17/content_1129322.htm. In dem Fall verklagte der ehemalige chinesische Basketballspieler Yao Ming den Coca-Cola-Konzern, weil das Unternehmen auf seinen Flaschen zu Werbezwecken ein Bild von ihm ohne seine Zustimmung nutzte; vgl. auch das Urteil des Unteren Volksgericht Bezirk Heping (Stadt Shengyang) vom 8. 12. 2008, http://news.xinhuanet.com/sports/2009-10/13/content_12221703. htm. 391 So wohl auch zur alten Rechtslage das Urteil des Unteren Volksgerichts Bezirk Chaoyang (Stadt Peking) vom 18. 12. 2008, Wang Fei gegen Zhang Leyi („Menschenfleisch-Suchmaschine“), http://news.xinhuanet.com/legal/2008-12/18/content_10522410.htm.
48
VII. Schaden
besonders schwer. Hier ist eine Gewinnabschöpfung schon aus generalpräventivem Blickwinkel erforderlich. Lässt sich sowohl der Schaden als auch der Gewinn des Schädigers nur schwer feststellen, sollen sich Geschädigter und Schädiger nach § 20 Hs. 3 GdH in Verhandlungen auf einen Ersatzbetrag einigen. Kommt keine Einigung zustande, kann der Geschädigte vor dem Volksgericht Klage erheben und den Ersatzbetrag vom Gericht nach den tatsächlichen Umständen schätzen lassen.392 Maßgeblich sind hier z. B. der Grad des Verschuldens, die Vorgehensweise des Schädigers bei der Rechtsverletzung und die Schwere der Verletzung.393 b)
Personenschaden
Der Berechnung des Personenschadens liegt ebenfalls das Prinzip der kompletten Entschädigung zugrunde.394 (1)
Körperverletzung
Nach § 16 Satz 1 GdH muss der Schädiger im Fall einer Körperverletzung für die folgenden Kosten aufkommen, soweit diese Kosten tatsächlich angefallen sind: – – – –
medizinische Behandlungskosten, Pflegekosten, Transportkosten, andere infolge der Behandlung und der Regeneration entstandenen angemessenen Ausgaben, – Verdienstausfall.395 Wegen der Einzelheiten zum Umfang des Körperschadens kann auch unter dem Regime des GdH auf die Ansichten zu Körperverletzungen zurückgegriffen werden. So sind z. B. dem Geschädigten auch die Essenszuschüsse für seine stationäre Behandlung und die Nahrungsmittelkosten nach § 17 Abs. 1 Ansichten zu Körperverletzungen zu ersetzen. (2)
Behinderung
Der Umfang des Schadensersatzes bei einer Behinderung ist in § 16 Satz 2 GdH bestimmt und entspricht im Umfang § 17 Abs. 2 Ansichten zu Körperverletzungen. Danach muss der Schädiger zusätzlich zu den Kosten im Fall der Körperverletzung auch die Kosten der Hilfsgeräte für Behinderte und den Behindertenschadensersatz aufbringen. Mit dem Behindertenschadensersatz als Ausgleich für die Behin______ 392 § 20 Hs. 3 GdH zeigt, dass letztlich nicht die Berechenbarkeit des Schadens oder des Gewinns für die Höhe des Schadensersatzanspruchs ausschlaggebend sein kann; richtigerweise ist vorrangig auf das Verschulden oder den Verursachungsbeitrag des Schädigers abzustellen. 393 Wang Liming, 205. 394 Wang Liming, 12; Qin Youtu/Yan Yuqiao, Modern Law Science (2004/4) 28, 30. 395 Nach § 20 Ansichten zu Körperverletzungen wird dieser anhand der verpassten Arbeitszeit des Geschädigten auf der Grundlage seines gewöhnlichen Einkommens ermittelt.
49
B. Allgemeine Grundsätze
derung erkennt der Gesetzgeber einen immateriellen Schaden an. Darunter fällt auch der laufende Lebensunterhalt des Geschädigten, § 17 Abs. 2 Ansichten zu Körperverletzungen.396 In diesem Zusammenhang fehlt eine Regelung für die Ansprüche Dritter wie z. B. den Anspruch auf Lebensunterhalt der Unterhaltsberechtigten des Geschädigten. Der Gesetzgeber ist offenbar der Meinung, dass diese Kosten in dem Behindertenschadensersatz enthalten sind.397 Anderenfalls würde sich ein Unterhaltsanspruch gem. § 119 Hs. 1 AGZ bzw. § 17 Abs. 2 und 3 Ansichten zu Körperverletzungen ergeben. (3)
Todesfall
(a)
Beerdigungskosten und Todesfallschadensersatz
Als Schadensersatz im Todesfall sind gem. § 16 Satz 3 GdH die Beerdigungskosten und der Todesfallschadensersatz zu zahlen. Der genaue Umfang der ersatzfähigen Kosten ergibt sich aus § 17 Abs. 3 Ansichten zu Körperverletzungen.398 Der Todesfallschadensersatz gewährt eine Kompensation für den Vermögensverlust naher Angehöriger durch den Tod des Geschädigten.399 Anspruchsberechtigt sind nur die unterhaltsberechtigten Angehörigen des Verstorbenen. Ansprüche des Getöteten, die vor seinem Todeseintritt entstanden sind, gehen gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 GdH auf die nahen Angehörigen über. Auch beim Schadensersatz im Todesfall versäumt der Gesetzgeber eine ausdrückliche Regelung zu den Ansprüchen Dritter, insbesondere der Unterhaltskosten für Hinterbliebene des Getöteten. Nach einer Ansicht sind die Lebensunterhaltskosten als Erziehungskosten in dem Todesfallschadensersatz enthalten.400 Andere halten § 17 Abs. 3 Ansichten zu Körperverletzungen weiterhin für anwendbar.401 Dafür spricht, dass der Todesfallschadensersatz bei Massenschadensfällen pauschaliert werden kann402 und damit die Unterhaltsansprüche im Einzelfall nicht berücksichtigt würden. Desgleichen nennt § 17 Abs. 3 Ansichten zu Körperverletzungen den Todesfallschadensersatz neben dem Ersatz der Unterhaltskosten für Hinterbliebene. Auch einem Rückgriff auf § 119 Hs. 2 AGZ, der ausdrücklich die Unterhaltskosten der Hinterbliebenen regelt, dürfte (soweit eine Regelungslücke gegeben ist) nichts entgegenstehen.
______ 396 Vgl. zur Berechnung des Behindertenschadensersatzes § 25 Ansichten zu Körperverletzungen; dieser bestimmt sich im Ergebnis wie der Todesfallschadensersatz, vgl. B. VII. 2. b) (3) (b). 397 Vgl. entsprechend unten zum Todesfallschadensersatz B. VII. 2. b) (3) (a). 398 Diese Kosten treten gegebenenfalls zu den Kosten, die gem. § 16 Satz 1 GdH zu ersetzen sind, hinzu, § 17 Abs. 1 Ansichten zu Körperverletzungen. 399 Wang Liming, 80. 400 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 342. 401 Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 519 allerdings mit der wenig überzeugenden Begründung, dass der Gesetzgeber die Ansichten „nicht etwa zurückgewiesen“ habe. 402 Siehe dazu unten B. VII. 2. b) (3) (b).
50
VII. Schaden
(b)
Höhe des (einheitlichen) Todesfallschadensersatzes
Die Höhe des Todesfallschadensersatzes zählte bereits in der Vergangenheit zu den strittigsten Themen des Deliktsrechts überhaupt. Ausgangspunkt in der chinesischen Literatur ist dabei die Rechtsnatur des Anspruchs. Nach einer Ansicht handelt es sich um einen materiellen Anspruch, dessen Höhe sich nach dem entgangenen Unterhalt der Angehörigen bemisst.403 Der herrschenden Meinung zufolge handelt es sich um einen immateriellen Schadensersatzanspruch naher Angehöriger zur Entschädigung des Verlustes des Lebenswertes (㪛㘝ゼ䐖), d. h. ein sog. „Angehörigenschmerzensgeld“.404 Dabei wird allerdings uneinheitlichen bewertet, was dies für die Berechnungskriterien des Todesfallschadensersatzes bedeutet. Während einige Autoren für einen der Höhe nach einheitlichen Anspruch plädieren,405 wollen andere die Höhe an den lokalen Lebenshaltungskosten406 oder nach dem zukünftig zu erwartenden Einkommen des Verstorbenen bemessen407. Schließlich soll der Todesfallschadensersatz gem. § 29 Ansichten zu Körperverletzungen das Produkt aus durchschnittlichem Pro-Kopf-Nettoeinkommen am Ort des verhandelnden Volksgerichts im Vorjahr und der (pauschalierten) Lebenserwartungsdauer in Höhe von 20 Jahren sein.408 Soziale Sprengkraft entfaltete die Diskussion vor allem bei Massenschadensfällen, z. B. Verkehrsunfälle oder Grubenunglücke. In diesen Fällen wurden die Berechnungsmethode der Rechtsprechung ebenso wie die differenzierenden Ansichten wegen der Einkommensunterschiede in Stadt und Land als eine Diskriminierung der Land- gegenüber der Stadtbevölkerung empfunden.409 In solchen Fällen kann das Volkgericht nun gem. § 17 GdH für alle Todesfälle einen pauschalierten Todesfallschadensersatz ohne Berücksichtigung der individuellen Umstände zusprechen. Die Neuregelung ist rechtsdogmatisch mit der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes, der sich nach dem individuellen Vermögensverlust bemisst, nicht vereinbar.410 Ein einheitlicher Schadensersatzanspruch führt aber mit Blick auf das krasse Einkommensgefälle zwischen Stadt und Land zu sozialverträglicheren Ergeb______ 403 Zhang Xingbao, China Legal Science (2010/3) 22, 26; Yao Hui/Qu Peng, Journal of Renmin University of China (2006/4) 114, 114. 404 Dieser Anspruch besteht neben dem Ersatz der Unterhaltskosten für Hinterbliebene. 405 Wang Shengming, http://www.civillaw.com.cn/qqf/weizhang.asp?id=45571. 406 Yang Lixin, Reformbedarf des Systems des Todesschadensersatzes Chinas, Guangming Daily vom 6. 5. 2008, 10. 407 Zhang Xinbao, 483. 408 Ist der Verstorbene bereits über 60 Jahre, wird für jedes übersteigende Lebensjahr ein Jahr von den 20 Jahren abgezogen. Ist der Verstorbene über 75 Jahre, wird pauschal eine Lebenserwartung von fünf Jahren in Ansatz gebracht, vgl. § 29 Satz 2 Ansichten zu Körperverletzungen. 409 In einem Fall waren drei Mädchen bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Für die Familien der zwei Mädchen aus der Stadt gewährte das Gericht nach § 29 Ansichten zu Körperverletzungen jeweils 200.000 RMB Schmerzensgeld, während die Familien für das Mädchen aus dem Dorf nur 70.000 RMB zugesprochen bekamen, siehe Zhang Le, Journal of Law Application (2010/5) 93, 93. 410 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 91 f.
51
B. Allgemeine Grundsätze
nissen und kann mit der Abschreckungsfunktion des Haftungsrechts begründet werden. Auch vereinfacht ein einheitlicher Todesfallschadensersatz die Rechtsanwendung nicht unerheblich. Ohnehin erlaubt die Formulierung „kann“ auch weiterhin eine Differenzierung durch die Gerichte.411 Demzufolge bleibt abzuwarten, ob § 29 Ansichten zu Körperverletzungen auch zukünftig für die Berechnung des Todesfallschadensersatzes Anwendung findet oder die Erläuterungen des Obersten Volksgerichts zum GdH hier einen neuen Grundsatz vorgeben.412 (4)
Immaterieller Schaden
Mit § 22 GdH schafft das chinesische Recht erstmalig eine einheitliche abstrakte Grundlage für den immateriellen Schadensersatz. Eine Ausnahme gilt für den Behinderten- und Todesfallschadensersatz, der zwar nach herrschender Meinung ein immaterieller Schadensersatz ist, aber in § 16 Satz 2 und 3 GdH gesondert geregelt ist.413 § 22 GdH trägt der gewachsenen Bedeutung der Persönlichkeitsrechte im chinesischen Zivilrecht Rechnung.414 Voraussetzung ist, dass durch die Verletzung eines Persönlichkeitsrechts ein erheblicher seelischer Schaden verursacht wird. Ein vergleichbarer Anspruch war bislang allein in den Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden vorgesehen. (a)
Persönlichkeitsrecht
Das Persönlichkeitsrecht im Sinne der Vorschrift umfasst alle in § 2 Abs. 2 GdH aufgeführten Persönlichkeitsrechte.415 Die Verletzung eines Vermögensrechts kann hingegen keinen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz begründen. Daher kann z. B. ein Tierhalter kein Schmerzensgeld verlangen, wenn er sein geliebtes Haustier bei einem von einem anderen verschuldeten Verkehrsunfall verliert.416 Auch für die Anwendung von § 4 Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden dürfte kein Raum mehr sein. Die Regelung sieht einen Schmerzensgeldanspruch bei der Beschädigung oder Zerstörung von besonderen persönlichen Gegenständen (z. B. Tagebüchern, Familienerbstücken oder Hochzeitsfotos) vor.417 Auch wenn diesen Gegenständen anerkanntermaßen ein hoher immaterieller Wert zukommt, dürften sie nach der klaren gesetzlichen Wertung in Zukunft allein nach ihrem Vermögenswert ersetzt werden.
______ 411 412 413 414 415
Zhang Le, 95; dies übersehen Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 519. Yang Lixin, Hebei Law Science (2009/12) 2, 5. Vgl. nur Yang Lixin, 5. Vgl. dazu ausführlich Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 157. Vgl. zum Begriff der Persönlichkeitsrechte oben B. II. 1. a); nach Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 520, hat der Gesetzgeber diesen Begriff „offen gelassen“. Dies ist insoweit unzutreffend, als § 22 GdH mit dem Begriff des Persönlichkeitsrechts Bezug auf § 2 Abs. 2 GdH nimmt. 416 Yang Lianzhuan, Journal of Law Application (2010/6) 81, 82. 417 Die Regelung wurde aus dem japanischen Recht übernommen und wurde auch bisher in der Rechtspraxis zurückhaltend angewendet, Yu Min, 356.
52
VII. Schaden
(b)
Erheblicher seelischer Schaden
Ein seelischer Schaden ist ein körperlicher bzw. psychischer Schmerz oder eine Herabsetzung des Selbstwertgefühls.418 Der seelische Schaden muss zudem nach § 22 GdH „erheblich“ sein, so dass nicht nur eine Bagatelle (z. B. eine bloße Schlaflosigkeit oder schlechte Laune), sondern – wie auch im deutschen Recht – eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegen muss.419 Maßgeblich für die Beurteilung des Vorliegens eines erheblichen seelischen Schadens sind im chinesischen Recht allein die subjektiven Empfindungen oder Wertvorstellungen des Geschädigten.420 Dies ist nicht unbedenklich, weil der Täter trotz einer besonderen Schadensanfälligkeit oder einer unangemessenen Erlebnisverarbeitung des Geschädigten haftet. Im deutschen Recht werden diese Umstände haftungsmindernd berücksichtigt.421 Ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsminderung erscheint auch im chinesischen Recht angemessen, da zum Einen zumeist die subjektiven Empfindungen bzw. die Konstitution eines potentiellen Opfers für den potentiellen Schädiger nicht kalkulierbar ist, und zum Anderen ein höheres Schmerzensgeld durch die bloße Behauptung des Geschädigten, entsprechend subjektiv zu empfinden, im Prozess für die gegnerische Partei kaum widerlegbar ist.422 Insofern bleibt zu hoffen, dass in praxi die Gerichte und besonders die Erklärungen des Obersten Volksgerichts zu einer Haftungsbegrenzung per Rechtsfortbildung beitragen, indem sie bei der Beurteilung eines erheblichen seelischen Schadens nicht allein die Psyche des Geschädigten zugrunde legen, sondern auch in Rechnung stellen, inwiefern etwa sein Verhalten nachvollziehbar und vernünftig gewesen ist. (c)
Kriterien für die Bemessung der Höhe des immateriellen Schadensersatzes
Das GdH liefert keine Kriterien für die Bemessung der Höhe des immateriellen Schadensersatzes. Folglich dürfte ein Rückgriff auf § 10 Erklärungen zum Ersatz seelischer Schäden zulässig sein. Danach wird der Schadensersatz aufgrund folgender Faktoren festgesetzt: – Grad des Verschuldens des Schädigers, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt; – Konkrete Umstände, insbesondere Methoden, Ort und Form der rechtsverletzenden Handlung; – Konkrete Folgen der rechtsverletzenden Handlung; – Nutzen, den der Schädiger erlangt hat; ______ 418 Yang Lixin, 380; Yang Lianzhuan, Journal of Law Application (2010/6) 81, 81. 419 Vgl. Palandt(-Christian Grüneberg), § 253 Rz. 14. 420 Dies folgt – obgleich das chinesische Schrifttum diese Problematik nicht diskutiert – indirekt aus der Definition des seelischen Schadens. 421 Vgl. Palandt(-Christian Grüneberg), § 253 Rz. 16. 422 Vgl. zur Bemessung der Höhe des immateriellen Schadensersatzes unten B. VII. 2. b) (4) (c).
53
B. Allgemeine Grundsätze
– Wirtschaftliche Fähigkeit des Schädigers, Haftung zu übernehmen; – Lebenshaltungsniveau am Ort des Gerichts, das die Klage angenommen hat.423 c)
Strafschaden
Während das chinesische Schadensrecht in erster Linie auf Kompensation zielt, ist die Bestrafung vornehmlich dem Strafrecht vorbehalten.424 Gleichwohl halten Straf- und generalpräventive Regelungen – überwiegend unter dem Eindruck des anglo-amerikanischen Rechts –425 immer stärker Einzug in das chinesische Schadensrecht. Bereits das VSG sieht in § 49 vor, dass ein Verbraucher den doppelten Schaden vom Unternehmer verlangen kann, wenn dieser ihn über die Eigenschaft oder Qualität eines Produkts getäuscht hat. Danach muss der Verkäufer einer gefälschten Ware dem Käufer den zweifachen Kaufpreis zurückzahlen. Auch im neu erlassenen Lebensmittelsicherheitsgesetz der VR China426 (LSG) ist ein Strafschadensersatzanspruch verankert. Wenn jemand vorsätzlich Lebensmittel herstellt oder verkauft, die den Sicherheitsstandards nicht entsprechen, können Verbraucher (zusätzlich zur Geltendmachung des Schadensersatzes) vom Hersteller oder Verkäufer gem. § 96 Abs. 2 LSG Strafschadensersatz in Höhe des zehnfachen Kaufpreises verlangen. Mit dem GdH führt der Gesetzgeber gleichwohl keinen allgemeinen Strafschadensersatz ein, sondern beschränkt diesen auf die Produkthaftung. § 47 GdH sieht einen Strafschadensersatzanspruch vor, wenn ein fehlerhaftes Produkt wissentlich weiterproduziert und -vertrieben wird und dadurch der Tod oder schwere Gesundheitsschäden eines Menschen verursacht werden. Es fällt auf, dass die Vorschrift – im Unterschied zu den bestehenden Strafschadensersatznormen des VSG und LSG – keine Regelung zur gesetzlichen Höchstgrenze enthält. Auch fehlen gesetzliche Kriterien zur Bemessung der Höhe des Strafschadensersatzes. Im Sinne der Rechtssicherheit sind Vorgaben des Obersten Volksgerichts in den zu erwartenden Interpretationen des GdH wünschenswert. Der Gesetzgeber begründet die Einführung des Strafschadensersatzes in der Produkthaftung damit, dass den Unternehmen in China häufig eine moralische Selbstdisziplin fehle und schädigende Handlungen, welche die Gesundheit der Bevölkerung verletzen, im großen Umfang aufträten. Allein der Schadensersatz entfalte hierbei keine ausreichende Abschreckungswirkung. Ferner könne der Strafschadensersatz die Bürger ermuntern, ihre eigenen Rechte gerichtlich einzuklagen und damit die Produktsicherheit voranzutreiben.427 Gleichwohl erscheint der Strafschadensersatz aus Sicht des deutschen, rein kompensatorisch ausgerich______ 423 In der Praxis verfügen einige Volksgerichte intern auch über betragsmäßige Höchstgrenzen. 424 Im deutschen Recht besteht hingegen eine strikte Trennung zwischen Delikts- und Strafrecht, vgl. dazu Volker Behr, ZJS (2010) 292, 296. 425 Xi Xiaoming, 337 f. 426 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㬔㠘➓㦌ⳉ], verabschiedet am 28. 2. 2009, in Kraft getreten am 1. 6. 2009. 427 Vgl. zur Gesetzesbegründung ausführlich Wang Liming, http://www.legaldaily.com.cn/fxy/ content/2007-07/25/content_667926.htm; Yang Lixin, Hebei Law Science (2009/2) 2, 2.
54
VII. Schaden
teten Deliktsrechts, als Systembruch.428 Eine Kriminalitätsbekämpfung durch Strafschadensersatz verwischt die Grenzen zwischen Straf- und Deliktsrecht und ist daher dogmatisch, aber auch rechtspolitisch, fragwürdig. d)
Zahlungsmethode
Nach dem Eintritt des Schadens können die Parteien gem. § 25 GdH die Modalitäten der Zahlung der zu ersetzenden Kosten vereinbaren. Kann keine Vereinbarung getroffen werden, müssen die zu ersetzenden Kosten in Form einer einmaligen Zahlung geleistet werden. Ist eine einmalige Zahlung nur sehr schwer möglich, ist eine Ratenzahlung bei entsprechender Sicherheitsleistung zulässig. Die Regelung wird zu Recht als systemwidrig kritisiert, weil sie nicht ins Delikts- sondern Vertragsrecht gehört.429 3.
Integration der dinglichen Haftungsformen in das GdH
Bereits während des Entwurfs des SRG war die Frage der Übernahme der dinglichen Haftungsformen430 aus § 134 AGZ in das SRG umstritten.431 Dieselbe Diskussion flammte sodann erneut während der Beratungen zum GdH auf.432 Nach einer Ansicht in der Literatur spricht gegen die Übernahme der dinglichen Haftungsformen in das GdH, dass diese – im Gegensatz zum Schadensersatz – keine unerlaubte Handlung oder Verschulden erfordern.433 Für die Integration der dinglichen Haftungsformen ins GdH führt die herrschende Meinung hingegen an, dass dem Deliktsrecht eine einheitliche Schutzfunktion für zivile Rechte und Interessen zukomme. Beispielsweise müsse bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten und der Verletzung des geistigen Eigentums der Geschädigte auch die Einstellung der Verletzung und Behebung der Behinderungen nach dem Deliktsrecht einklagen können.434 Dem folgte der Gesetzgeber mit der Übernahme der dinglichen Haftungsformen sowohl in das SRG (vgl. §§ 35–37) als auch in das GdH (vgl. § 15 Nr. 1–4, Nr. 6). Danach beschränkt sich die deliktische Haftung nicht auf Schadensersatz, sondern schließt die vier dinglichen Ansprüche auf Einstellung der Verletzungen, Behebung von Behinderungen, Beseitigung von Gefahren und Rückgabe von Vermögensgütern ein. ______ 428 So auch Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 98. 429 Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 519, dort auch zu den prozessualen Folgen dieser Vorschrift. 430 Diese umfassen auch den Schadensersatz bei Verletzung dinglicher Rechte. 431 Dafür etwa Wang Yi, Journal of Renmin University of China (2009/3) 15, 19; dagegen z. B. Cui Jianyuan, Contemporary Law Review (2005/1) 63, 63. 432 Dazu siehe Wang Liming, 12 ff.; Wang Yi, Journal of Renmin University of China (2009/3) 15, 18; Wei Zhenying, Jurists Review (2009/1) 1, 1. 433 Cui Jianyuan, China Legal Science (2010/2) 40, 41; Zhang Huiping ist der Meinung, dass die vier Haftungsformen zwar im GdH verankert, aber mit dem SRG übereinstimmen und verschuldensunabhängig sein sollten; eine einheitliche Meinung dazu hat sich aber im chinesischen Recht noch nicht entwickelt, vgl. Zhang Huiping, Hebei Law Science (2009/5) 104, 105. 434 Wang Liming, 66 ff.
55
B. Allgemeine Grundsätze
4.
Sonstige Haftungsformen
a)
Wiederherstellung
Rechtsdogmatisch stellt die Wiederherstellung gem. § 15 Abs. 1 Nr. 5 GdH, als eine Form der Naturalrestitution, einen Unterfall des Schadensersatzes dar.435 Die Naturalrestitution schafft einen tatsächlichen (unmittelbaren) Ausgleich für eine Verletzung, während der Schadensersatz (mittelbar) einen Ausgleich für die Vermögensminderung des Geschädigten darstellt.436 Wird beispielsweise eine Sache von jemandem rechtswidrig beschädigt, hat der Schädiger bei der Naturalrestitution durch Reparatur den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, während er beim Schadensersatz durch eine Geldleistung den Wert der Sache zu ersetzen hat.437 Allerdings kann der Geschädigte Wiederherstellung nur verlangen, soweit diese möglich und wirtschaftlich zumutbar ist.438 b)
Entschuldigung
Der Gesetzgeber hat – in Anlehnung an die bisher herrschende Meinung –439 die Entschuldigung im GdH als Haftungsform anerkannt, vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 7 GdH. In der chinesischen Literatur wird dies unter dem Hinweis darauf, dass es sich bei der Entschuldigung an sich um eine moralische Entscheidung handele, die der Gesinnung eines Menschen entstammen müsse, kritisiert; das Recht werde damit überfordert.440 Die Entschuldigung des Schädigers soll dem Ausgleich eines seelischen Schadens des Geschädigten dienen.441 Sie kann vom Geschädigten bei Verletzung eines Persönlichkeitsrechts gefordert werden und je nach Urteil des Volksgerichts verbal oder schriftlich erfolgen.442 In der Rechtspraxis lässt sich diese Haftungsform mitunter nur schwer durchsetzen. Beispielsweise stellte in einem Fall das Oberste Volksgericht fest, dass ein Roman eines bekannten Schriftstellers ein Plagiat eines anderen literarischen Werkes war. Das Gericht verurteilte den plagiierenden Schriftsteller zum Schadensersatz in Höhe von 200.000 RMB und zur Entschuldigung. Dieser zahlte zwar den Schadensersatz, verweigerte aber eine Entschuldigung.443 ______ 435 Vgl. § 117 Abs. 2 AGZ, Zhou Youjun, Law Science Magazine (2009/3) 19, 20, unter Verweis auf George A. Bermann/Etienne Picard, 259 f.; Erwin Deutsch, 496 ff. 436 Zhou Youjun, Law Science Magazine (2009/3) 19, 20. 437 Im Fall eines merkantilen Minderwerts steht dem Geschädigten ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Wertminderung zu, Justizministerium der VR China, 292. 438 Justizministerium der VR China, 292; vgl. zum Verhältnis von Wiederherstellung und Schadensersatz unten B. VII. 5. 439 Liang Huixing, Journal of Shanxi University, Philosophy & Social Science (2003/5) 13, 15; Wang Zejian, 132. 440 Fu Cuiying, Hebei Law Science (2008/4) 133, 133; Hou Guoyue, 176. 441 Zhou Youjun, Law Science Magazine (2009/3) 19, 20. 442 Justizministerium der VR China, 292. 443 Vgl. dazu das Urteil des Oberen Volksgerichts Peking vom 22. 5. 2006, Zhuang Yu gegen Guo Jingming, http://news.xinhuanet.com/ent/2006-05/23/content_4586643.htm; aus dem Urteil
56
VII. Schaden
c)
Beseitigung der Auswirkungen und Wiederherstellung des guten Rufs
Bei Beseitigung der Auswirkungen und Wiederherstellung des guten Rufs gem. § 15 Abs. 1 Nr. 8 GdH wird der Schädiger vom Volksgericht verurteilt, bestimmte Maßnahmen zu treffen, um negative Auswirkungen auf den Ruf des Geschädigten zu beseitigen und seinen guten Ruf wiederherzustellen. Der Schädiger wird in der Regel verurteilt im selben Medium, indem die Verletzung des guten Rufs erfolgt ist (z. B. in einer Zeitung oder auf einer Homepage) eine Entschuldigung und Fehlerkorrektur zu platzieren.444 Im Hinblick darauf wird in der Literatur angenommen, dass die Entschuldigung mit der Beseitigung der Auswirkungen und Wiederherstellung des guten Rufs zusammenhängt. Dabei ist die Entschuldigung das Mittel und die Beseitigung der Auswirkungen und Wiederherstellung des guten Rufs sind das Ziel.445 5.
Verhältnis der Haftungsformen zueinander
Grundsätzlich stehen alle Haftungsformen gleichrangig nebeneinander.446 Es gibt also (anders als im deutschen Recht) keinen gesetzlichen Vorrang der Naturalrestitution vor dem Schadensersatz.447 Der Geschädigte kann damit grundsätzlich auch Schadensersatz verlangen, wenn eine Wiederherstellung ohne weiteres möglich wäre.448 Einige der Haftungsformen gelten schon begrifflich nur für bestimmte Rechts- oder Interessenverletzungen. So ist eine Entschuldigung nur bei bestimmten Persönlichkeits- und nicht bei einer Vermögensverletzung denkbar. Aber auch aus rechtsdogmatischer Sicht kann eine Einschränkung der Haftungsnormen auf Rechtsfolgenseite erforderlich sein. Beispielsweise kann die Beseitigung einer Gefahr (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 GdH) nur bei der Verschuldenshaftung verlangt werden, während bei der Gefährdungshaftung die Gefährdung als solche zulässig ist. Die verschiedenen deliktischen Haftungsformen können gem. § 15 Abs. 2 GdH allein oder kombiniert Anwendung finden. Dies darf selbstverständlich nicht dazu führen, dass dasselbe Recht oder Interesse mehrfach befriedigt wird.449 Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, bleibt die Kompensation des Verlustes die Obergrenze.
______
444 445 446 447 448 449
geht nicht hervor, weshalb das Gericht zur Durchsetzung der Entschuldigung kein Zwangsgeld gem. § 102 Nr. 6 ZPG verhängt hat. Justizministerium der VR China, 292. Zhou Youjun, Law Science Magazine (2009/3) 19, 21; Hou Guoyue, 176. Yang Lixin, 109 f. Im deutschen Recht ergibt sich der Vorrang der Naturalrestitution aus § 249 Abs. 1 BGB. Wang Liming, 69 f.; die Wiederherstellung muss aber möglich und wirtschaftlich sinnvoll sein, vgl. dazu oben B. VII. 4. a). Yang Lixin, 109 f.
57
B. Allgemeine Grundsätze
VIII. Haftung mehrerer Personen VIII. Haftung mehrerer Personen 1. Mittäter Nach § 8 GdH gilt, dass mehrere Personen als Gesamtschuldner haften, wenn sie gemeinschaftlich eine deliktische Handlung begehen, durch die ein anderer geschädigt wird. Die Vorschrift behält die Regelung des § 130 AGZ bei und wurde nur sprachlich an das GdH angepasst. Inhaltlich ordnet § 8 GdH lediglich die Rechtsfolge (Gesamtschuld) im Fall einer gemeinschaftlichen deliktischen Handlung an, ohne die tatbestandlichen Voraussetzungen dafür festzulegen.450 Auch im Rahmen des § 8 GdH werden die Voraussetzungen der Mittäterschaft also umstritten bleiben. Ausgangspunkt ist dabei das Merkmal der Gemeinschaftlichkeit i. S. d. § 8 GdH. a)
Gemeinschaftlich
Ein Teil der Literatur definiert, ausgehend vom Begriff der Mittäterschaft im Strafrecht, diese nach subjektiven Kriterien.451 Danach bedeutet „gemeinschaftlich“ i. S. d. § 8 GdH, dass mehrere Personen vorsätzlich zusammenwirken (subjektive Lehre).452 Eine andere Auffassung stellt allein darauf ab, dass die Beiträge der einzelnen Personen so eng miteinander verbunden sind, dass sie nicht getrennt werden können.453 Nach Rechtsprechung und herrschender (vermittelnder) Meinung in der chinesischen Literatur setzt „gemeinschaftlich“ i. S. d. § 8 GdH eine subjektive Willensverbindung (䅃㯝㑋㕈) zwischen mehreren Personen in Form von Vorsatz oder gemeinsamer (bewusster) Fahrlässigkeit voraus.454 b)
Kausalität
Der Beitrag jedes Mittäters muss kausal für den Verletzungserfolg und Schaden sein. Allerdings ist der Nachweis des Kausalitätsbeitrags des einzelnen Mittäters in der Praxis schwer. Aus diesem Grund enthält z. B. im deutschen Recht § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Kausalitätsvermutung zu Lasten aller Mittäter.455 Eine entsprechende Regelung fehlt in § 8 GdH. Gleichwohl muss nach nunmehr herrschender Meinung in der chinesischen Literatur allein die gemeinschaftliche Handlung kausal für den Schaden sein.456 Im Ergebnis verzichtet diese Meinung damit auf einen Kausalitätsnachweis zwischen der einzelnen Handlung und dem Schaden. ______ 450 Im deutschen Recht regelt § 830 BGB die Voraussetzungen und § 840 BGB die Rechtsfolgen der mittäterschaftlichen deliktischen Handlung. 451 Tong Rou, 227. 452 Vgl. zur Definition im Strafrecht § 25 Abs. 1 StG. 453 Liu Shiguo, 86. 454 Vgl. § 3 Abs.1 Ansichten zu Körperverletzungen: „Ist ein Schaden auf einen gemeinschaftlichen Vorsatz oder gemeinschaftliche Fahrlässigkeit zurückzuführen, [. . .] muss eine gesamtschuldnerische Haftung gem. § 130 AGZ übernommen werden.“. 455 Grundlegend RGZ 121, 400, 402; BGHZ 33, 286, 292; BGH VersR (1962), 430, 431; Palandt (-Hartwig Sprau), § 830 Rz. 11. 456 Wang Liming, 46; Zhang Xinbao, 82; vgl. zum Meinungsstand Mario Feuerstein, 66, der aber die heute herrschende Meinung noch als Mindermeinung darstellt.
58
VIII. Haftung mehrerer Personen
2.
Teilnehmer
Auch Teilnehmer (Anstifter und Gehilfe) einer deliktischen Handlung haften dem Geschädigten gegenüber als Gesamtschuldner, § 9 Abs. 1 GdH. Wie § 8 GdH im Fall der Mittäterschaft, regelt auch § 9 Abs. 1 GdH für den Fall der Teilnahme allein die Rechtsfolge, ohne die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Anstiftung oder Beihilfe festzulegen. Es bleibt also auch hier offen, welche Verschuldensform eine Teilnahme erfordert.457 a)
Verschuldensform der Teilnahme
Nach herrschender Meinung ist die Verschuldensform sowohl bei Anstiftung als auch bei Beihilfe allein der Vorsatz, wobei sowohl direkter als auch indirekter Vorsatz möglich sind.458 Eine Fahrlässigkeit kommt danach für die Anstiftung oder Beihilfe nicht in Betracht. b)
Kausalität
In der chinesischen Literatur besteht Einigkeit darüber, dass die Anstiftung oder Beihilfe kausal für den Verletzungserfolg und Schaden sein muss.459 c)
Geschäftsunfähigkeit bzw. Minderjährigkeit des Täters
Nach § 9 Abs. 2 Hs. 1 GdH haftet aus Delikt, wer einen Geschäftsunfähigen oder Minderjährigen zur Begehung einer deliktischen Handlung anstiftet oder ihm bei einer solchen hilft. Die Vorschrift ersetzt die sehr problematische Regelung des § 148 Abs. 2 und 3 Ansichten zu AGZ und bringt damit mehr Klarheit. Während gem. § 148 Abs. 2 Ansichten zu AGZ der Teilnehmer einer Tat eines Geschäftsunfähigen als alleiniger Täter galt, ordnete § 148 Abs. 3 Ansichten zu AGZ eine gesamtschuldnerische Haftung des Täters und Teilnehmers bei einer beschränkten Geschäftsfähigkeit des Täters an.460 Dabei war insbesondere umstritten, ob neben dem Teilnehmer auch der Vormund haften soll, wobei teilweise zwischen Anstiftung und Beihilfe unterschieden wurde.461 Nunmehr bestimmt § 9 Abs. 2 Hs. 2 GdH, dass der Vormund des Geschäftsunfähigen bzw. Minderjährigen haftet, soweit er seine Aufsichtspflichten nicht erfüllt.462 Dabei handelt es sich nach allgemeiner Ansicht nicht um eine gesamtschuldnerische Haftung, sondern eine Ergänzungshaftung des Vormunds.463 ______ 457 Eine gesetzliche Klarstellung wurde vom Gesetzgeber auch in diesem Zusammenhang versäumt. 458 Vgl. dazu im Einzelnen Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 368 ff.; Xi Xiaoming, 75 f. 459 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 366 ff.; Xi Xiaoming, 75 f. 460 Ausführlich zur alten Rechtslage Mario Feuerstein, 69 f.; dort auch zur Frage, wer haftet, wenn der Teilnehmer an der Tat eines minderjährigen Täters selbst minderjährig ist. 461 Vgl. zum Ganzen Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 367 f. 462 Vgl. zur Haftung des Vormunds unten D. I. 463 Wang Shengming, 51; Xi Xiaoming, 80.
59
B. Allgemeine Grundsätze
Obwohl die gesetzliche Klarstellung durch § 9 Abs. 1 GdH zu begrüßen ist, vermengt die Vorschrift zwei Haftungstatbestände mit unterschiedlichen Haftungsgründen. Während es bei § 9 Abs. 2 Hs. 1 GdH um die Beteiligung an einem fremden Delikt geht, hat § 9 Abs. 2 Hs. 2 GdH die Haftung wegen des Verstoßes gegen eine eigene Überwachungspflicht zum Gegenstand. Erstere hätte systematisch konsequent in §§ 32 ff. GdH geregelt werden müssen.464 3.
Gemeinsame Gefährdungshandlung
Begehen mehrere Personen eine Handlung, welche die Sicherheit des Körpers oder des Vermögens465 eines anderen gefährdet und wird durch diese Handlung der andere geschädigt, ohne dass der Schädiger genau bestimmt werden kann, haften alle Handelnden gem. § 10 Hs. 2 GdH als Gesamtschuldner. Mit dieser Norm übernimmt der Gesetzgeber die bisher nur in den Ansichten zu Körperverletzungen niedergelegte Regelung zur sog. „gemeinsamen Gefährdungshandlung“ (⹓㵍㸄㻶㾱㸋) in das Gesetz.466 Die chinesische Literatur ordnet diesen Tatbestand dogmatisch als eine gemeinsame deliktische Haftung sui generis ein.467 Im deutschen Recht wird der Tatbestand der gemeinsamen Gefährdungshaftung überwiegend unter dem Stichwort der Alternativtäterschaft diskutiert.468 Dabei handelt es sich nach chinesischem Recht aber um eine Form der Nebentäterschaft, die in § 11 GdH gesondert geregelt ist. a)
Verschuldensform
Wie schon in den Ansichten zu Körperverletzungen fehlt im Tatbestand ein Hinweis darauf, in welcher Verschuldensform das Delikt gemeinsam begangen worden sein muss. Einerseits besteht Einigkeit darüber, dass im Fall von Vorsatz Mittäterschaft gegeben ist469 mit der Folge, dass § 8 GdH (statt § 10 GdH) anwendbar ist. Andererseits soll nach bisher herrschender Meinung Fahrlässigkeit der einzelnen Personen nicht ausreichen470 und als einzig mögliche Verschuldensform gemeinsame (bewusste) Fahrlässigkeit bleiben.471 Diese soll regelmäßig voraussetzen, dass aus einer Personengruppe heraus Einzelne gefährliche Handlungen begehen und die ganze Gruppe in Bezug auf den Verletzungserfolg gegen dieselbe Sorgfaltspflicht ______ 464 Vgl. dazu unten D. I. 465 Der Wortlaut ist hier ungenau, weil das Vermögen als solches vom GdH nicht geschützt wird, vgl. dazu oben B. II. 2. d). 466 Vgl. § 4 Ansichten zu Körperverletzungen: Gefährden zwei oder mehr Personen gemeinschaftlich die Sicherheit des Körpers einer dritten Person und wird dadurch ein Schaden verursacht, muss eine gesamtschuldnerische Haftung gem. § 130 AGZ übernommen werden, wenn der eigentlich deliktisch Handelnde nicht festgestellt werden kann. 467 Liang Huixing, http://www.iolaw.org.cn/showNews.asp?id=20025. 468 Vgl. etwa Palandt(-Hartwig Sprau), § 830 Rz. 8. 469 Für alle: Wang Linming, 362. 470 Zhang Xingbao, 92; Liang Huixing, http://www.iolaw.org.cn/showNews.asp?id=20025. 471 Vgl. ausführlich zur Diskussion Mario Feuerstein, 72.
60
VIII. Haftung mehrerer Personen
verstößt.472 Erforderlich soll insofern sein, dass eine enge zeitliche und räumliche Nähe zwischen den Handlungen besteht.473 Im Hinblick darauf, dass der Wortlaut des § 10 GdH das Merkmal der „gemeinsamen Handlung“ oder „gemeinsamen Fahrlässigkeit“ nicht nennt, spricht aber mehr dafür, dass nur voneinander unabhängige Handlungen den Tatbestand erfüllen können zumal die herrschende Meinung im Fall der gemeinsamen (bewussten) Fahrlässigkeit bereits Mittäterschaft bejaht und diese vorrangig gilt.474 Dieses Verständnis kommt der Alternativtäterschaft im deutschen Recht sehr nahe. b)
Beweislast für Kausalität
Der Schädiger trägt die Beweislast dafür, dass keine Kausalität zwischen seiner Handlung und dem Schaden vorliegt (Verschuldensvermutung), soweit die Gefährlichkeit der Handlung erwiesen ist.475 Fraglich ist dabei allerdings, ob der Nachweis, nicht der Schädiger zu sein, ausreicht oder ob zusätzlich auch der Nachweis des wahren Schädigers erforderlich ist.476 4.
Nebentäter
Auch zur Nebentäterschaft enthielt das chinesische Deliktsrecht bisher keine Norm. Auch in der Literatur wurde das Thema eher stiefmütterlich behandelt. Nebentäter sind Personen, die unabhängig voneinander dasselbe Rechtsgut angreifen, aber gemeinsam haften.477 Die Nebentäterschaft führt damit zu einer gemeinsamen Haftung ohne gemeinsamen Handlungswillen der Personen. Ihr kommt daher bei Fahrlässigkeitsdelikten eine besondere Bedeutung zu. Das GdH regelt die Nebentäterschaft in Form der alternativen und kumulativen Kausalität. a)
Alternative Kausalität
Die alternative Kausalität ist dadurch gekennzeichnet, dass eine von mehreren Einzelpersonen den Verletzungserfolg herbeiführt, sich dabei jedoch nicht aufklären lässt, welche der Personen es war. Hier haften alle Personen gem. § 11 GdH als Gesamtschuldner. Mit § 11 GdH schafft der Gesetzgeber eine klare Regelung, die im Wesentlichen dem deutschen Recht entspricht (§ 840 Abs. 1 BGB). § 11 GdH ist als Haftungs- und nicht bloße Zurechnungsnorm formuliert. ______ 472 Yang Lixin/Yi Yan/Pei Hongjun, 97. 473 Liu Shiguo, 87; Yang Lixin, http://www.legaldaily.com.cn/fxy/content/2009-10/28/content_ 1172955.htm. 474 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 379; Xi Xiaoming, 84 f.; andere Ansicht Liang Huixing, http://www.iolaw.org.cn/showNews.asp?id=20025. 475 Vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 7 Einige Bestimmungen des Obersten Volksgerichts zu Beweismittel im Zivilprozess [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻㘒㬣㰀㯰䐅㈾⭥㧕ⶪ⺇Ⰹ] (Bestimmungen zu Beweismitteln) vom 21. 12. 2001; Wang Linming, 362. 476 Vgl. dazu Mario Feuerstein, 73 m. w. A. 477 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 394.
61
B. Allgemeine Grundsätze
b)
Kumulative Kausalität
Die kumulative Kausalität oder „Ursachenkonkurrenz“ (䊎䅓㈛⼰) ist dadurch geprägt, dass erst das Zusammenwirken mehrerer Gefährdungsbeiträge einen Verletzungserfolgt herbeiführen. Die Personen haften gemäß dem Verhältnis ihrer Verantwortungsbeiträge. Wenn dieses nicht ermittelt werden kann, gilt eine Haftung nach Kopfteilen, § 12 GdH. Dem Wortlaut nach ist die Vorschrift als Anspruchsgrundlage formuliert und regelt damit das Außenverhältnis.478 Dies stellt den Geschädigten prozessual vor erhebliche Herausforderungen, weil er die Schädiger nach ihren Haftungsquoten verklagen muss. Eine entsprechende Regelung trifft der Gesetzgeber in der Umwelthaftung für die Verantwortlichkeit mehrerer Verschmutzer.479 5.
Gesamtschuldnerische Haftung
Im Rahmen des Deliktsrechts schafft der Gesetzgeber mit den §§ 13 f. GdH gesonderte Regelungen für die Rechtsfolge der gesamtschuldnerischen Haftung. Inhaltlich entsprechen die Vorschriften im Wesentlichen den allgemeinen Bestimmung gem. § 87 AGZ. a)
Außenverhältnis
Nach § 13 GdH kann der Geschädigte von jedem Gesamtschuldner die Übernahme der vollständigen Haftung fordern. Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt im Außenverhältnis für alle Schuldner schuldbefreiend (Gesamtwirkung). Dies schreibt das Gesetz zwar nicht ausdrücklich, ergibt sich aber mittelbar aus der Regelung zum Innenausgleich gem. § 14 GdH.480 b)
Innenverhältnis
Im Innenverhältnis bestimmt sich gem. § 14 GdH die Haftung der Gesamtschuldner nach dem Maß ihres individuellen Verschuldens. In Anbetracht des nunmehr eindeutigen Wortlautes dürften weitere Kriterien wie z. B. die Vermögensverhältnisse der Gesamtschuldner, keinen Einfluss auf den Ausgleichsmaßstab haben.481 Gleichwohl ist § 14 GdH, indem er Verschuldenshaftung voraussetzt, zu eng. Die Rechtsfolge der gesamtschuldnerischen Haftung ermöglicht auch im Fall der Gefährdungshaftung einen gerechten Interessenausgleich. Statt auf das Verschulden, sollte daher auf das Gewicht der jeweiligen Verursachungsbeiträge abgestellt werden. ______ 478 Sollte die Norm lediglich den Innenausgleich der Gesamtschuldner festlegen, ist nicht ersichtlich, weshalb die Regelung nicht in § 13 GdH (Gesamtschuld) getroffen wurde. 479 Siehe dazu unten mit Beispiel E. V. 3. 480 Weiterhin dürfte umstritten sein, ob der Geschädigte die Schuld einzelnen Gesamtschuldnern gegenüber erlassen darf, vgl. zur Problematik Mario Feuerstein, 74. 481 Wie hier Wang Linming, 374.
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IX. Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände
Soweit ein Gesamtschuldner mehr leistet, als er im Innenverhältnis zu den anderen zu erbringen verpflichtet ist, steht ihm ein Regressanspruch gegenüber den übrigen Gesamtschuldnern gem. § 14 Abs. 2 GdH zu. Nach § 14 Abs. 1 Hs. 2 GdH haften Gesamtschuldner zu gleichen Teilen auf Schadensersatz, wenn sich das Verschulden nur „schwer bestimmen“ (㚲䄵㦘Ⰹ) lässt. Bei diesem Auffangtatbestand bleibt jedoch offen, welche Anstrengungen das Gericht zur Aufklärung des Verschuldens zu unternehmen hat. Vor allem, wenn offensichtlich unterschiedlich hohe Verschuldensanteile gegeben sind, erscheint eine Haftung zu gleichen Teilen unbillig. Diese ist vielmehr nur gerechtfertigt, wenn die Verschuldensbeiträge sich durch Beweisaufnahme nicht aufklären lassen.482 IX. Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände IX. Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände 1.
Gesetzliche Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände
Das GdH fasst im 3. Kapitel einen bunten Strauß von Normen als allgemeine Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände zusammen, die im Folgenden aufgegriffen werden. Zudem regelt es im Besonderen Teil zahlreiche spezielle Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände, die im Abschnitt E dieser Abhandlung im jeweiligen Sachzusammenhang behandelt werden. Im Unterschied zum deutschen Recht werden die Haftungsausschlusstatbestände im chinesischen Deliktsrecht nicht im Rahmen der Rechtswidrigkeit geprüft, sondern als eigenständige Haftungsvoraussetzung gesehen.483 Dies soll – soweit die Frage vereinzelt diskutiert wird – auch für Haftungsminderungsgründe (z. B. Mitverschulden, § 26 GdH) gelten.484 a)
Verschulden des Geschädigten
Verursacht der Geschädigte den Schaden vorsätzlich, schließt dies die Haftung des Schädigers gem. § 27 GdH aus. Ein Mitverschulden des Geschädigten bei der Entstehung des Schadens kann gem. § 26 GdH zugunsten des Schädigers haftungsmindernd berücksichtigt werden. Dies ist ein allgemeiner Grundsatz des chinesischen Zivilrechts. Schon unter dem Regime der AGZ konnte nach herrschender Meinung in der chinesischen Literatur der Schadensersatzanspruch des Geschädigten analog § 131 AGZ bzw. § 114 AGZ gemindert werden, wenn der Geschädigte schuldhaft versäumt, die Vergrößerung seines Schadens zu verhindern.485 Wie im deutschen Deliktsrecht stellt die chinesische Literatur zur dogmatischen Begrün______ 482 Xi Xiaoming, 114. 483 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 258; Wei Zhenying, 687. Soweit die Rechtswidrigkeit nicht als eigenständige Haftungsvoraussetzung anerkannt ist (vgl. dazu oben B. V. 1), werden die Rechtfertigungsgründe bei den Haftungsminderungs- und -ausschlussgründen geprüft. 484 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 258. 485 Wang Liming, 384.
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B. Allgemeine Grundsätze
dung der Haftungsminderung auf eine Obliegenheitsverletzung des Geschädigten ab.486 Der Wortlaut „kann“ stellt die Haftungsminderung (wenig überzeugend) zur Disposition des Gerichts. Aus Gerechtigkeitserwägungen sollten aber die Gerichte in der Praxis ein Mitverschulden des Geschädigten stets haftungsmindernd berücksichtigen. (1)
Abwägungskriterien
Die Kriterien zur Bestimmung des Schadensersatzumfangs im Fall des Mitverschuldens sind in der chinesischen Literatur seit jeher stark umstritten. Auch § 26 GdH bringt dazu keine Klärung. Während im deutschen Recht vorrangig auf das Maß der beiderseitigen Verursachung und danach auf den jeweiligen Verschuldensgrad abgestellt wird (vgl. § 254 Abs. 1 BGB), ist dies nach herrschender Meinung im chinesischen Recht unter Hinweis auf §§ 131 AGZ, 26 GdH umgekehrt.487 Eine Haftungsminderung gem. § 26 GdH kommt allerdings nur in Betracht, soweit den Geschädigten Fahrlässigkeit trifft.488 Handelt der Geschädigte vorsätzlich, scheidet eine Haftung des Schädigers gem. § 27 GdH von vornherein aus.489 Dasselbe gilt, wenn der Schaden von einem Dritten verursacht wurde, § 28 GdH. (2)
Zurechnung des Mitverschuldens
Nach allgemeiner Meinung in der chinesischen Literatur wird ohne weitere Begründung das Mitverschulden des rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Vertreters des Geschädigten an der Entstehung des Schadens dem Geschädigten zugerechnet.490 b)
Handlungen Dritter
Wird der Schaden durch einen Dritten verursacht, haftet gem. § 28 GdH der Dritte aus Delikt. Handlungen Dritter bilden damit einen eigenständigen Haftungsausschlusstatbestand und werden insbesondere nicht unter den Tatbestand der Höheren Gewalt subsumiert. Der Begriff des „Dritten“ wird im Gesetz nicht definiert. Es liegt aber keine Handlung eines Dritten vor, wenn Schädiger oder Geschädigter sich diese zurechnen lassen müssen. Insoweit ist in der chinesischen Literatur anerkannt, dass Vertreter nicht Dritte sind.491
______ 486 Vgl. zur dogmatischen Begründung ausführlich Mario Feuerstein, 62 f. 487 Mario Feuerstein, 62 m. w. N. 488 Da § 131 AGZ nur allgemein von „Verschulden“ spricht, wollte die herrschende Meinung vor Inkrafttreten des GdH auch im Fall von Vorsatz des Geschädigten § 131 AGZ anwenden. 489 So nur die Mindermeinung zu § 131 AGZ; § 27 GdH schließt in diesem Fall zugleich eine analoge Anwendung des § 131 AGZ aus. 490 Für alle: Yang Lixin/Yin Yan, Chinese Journal of Law (1994/1) 89, 89; im deutschen Deliktsrecht ist dagegen eine Zurechnung des Vertreterverhaltens zur Organisationseinheit nur eingeschränkt möglich über die in der Rechtspraxis extensiv ausgelegten §§ 31, 89 BGB. 491 Siehe zur Zurechnung des Verschuldens eines Vertreters oben B. IX. 1. a) (2).
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IX. Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände
c)
Höhere Gewalt
Wird der Schaden eines anderen durch höhere Gewalt verursacht, ist die Haftung gem. § 29 GdH ausgeschlossen, es sei denn, das Gesetz bestimmt etwas anderes.492 Unter den Begriff der höheren Gewalt fallen nach der Legaldefinition des § 153 AGZ unvorhersehbare, unausweichliche und gleichzeitig unüberwindbare objektive Umstände. Die chinesische Literatur beschränkt die höhere Gewalt insbesondere auf Naturkatastrophen und große gesellschaftliche Ereignisse wie Kriege oder Generalstreiks.493 d)
Haftung für Zufall
Als Haftungsausschlussgrund ist Zufall zwar im chinesischen Gesetz nicht geregelt, aber von der überwiegenden Literatur anerkannt.494 Zufall bedeutet, dass den Schädiger kein Verschulden (also weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit) trifft.495 Er greift daher nur bei der Verschuldenshaftung und nicht bei der Gefährdungshaftung, da letztere kein Verschulden voraussetzt.496 2.
Vertraglicher Ausschluss oder Minderung der Haftung
Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit können Vertragsparteien die vertragliche Haftung durch Einzelabrede ausschließen oder mindern.497 Auch eine entsprechende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist grundsätzlich zulässig.498 Die Dispositionsfreiheit der Vertragsparteien wird jedoch durch das Freizeichnungsverbot der §§ 40, 53 VG beschränkt. Danach ist der Ausschluss von Schäden an Leib und Leben unzulässig, § 53 Nr. 1 VG. Auch die Haftung für vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Vermögensschäden darf vertraglich nicht beschränkt werden, § 53 Nr. 2 VG. Darüber hinaus darf gem. § 123 VG vertraglich nicht von Sondervorschriften für den Schutz einer schwächeren Partei (z. B. Arbeitnehmer, Verbraucher) zum Nachteil dieser Parteien abgewichen werden.499 Fraglich ist, ob eine vertragliche Haftungsfreizeichnung auch auf die deliktische Haftung durchschlägt. Dagegen spricht, dass im chinesischen Recht die deliktische Haftung als eigenständiges Haftungsinstitut neben der vertraglichen Haftung steht.500 ______ 492 Die Norm steht wenig systematisch im 3. Kapitel (Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände); die Regelung hätte gleich bei den Haftungsnormen erfolgen sollen; inhaltlich entspricht die Vorschrift § 107 AGZ. 493 Wang Liming, 207. 494 Vgl. nur Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 283; andere Ansicht Zhang Xinbao, 132 f. 495 Zhang Xinbao, 132. 496 Vgl. Mario Feuerstein, 75. 497 Andere Ansicht Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 522, wonach eine generelle Haftungsfreizeichnung im chinesischen Recht selbst durch Einzelabrede nicht möglich sei. 498 Dies ergibt sich aus § 39 Abs. 1 VG, wonach in angemessener Weise auf die AGB-Klauseln, die eine Haftungsminderung oder einen Haftungsausschluss regeln, hinzuweisen ist. 499 Vgl. zum Ganzen Ping Shi, 40 ff. 500 Siehe oben A. V. 2.
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B. Allgemeine Grundsätze
Daher können die deliktischen Haftungsfolgen durch die vertraglichen Freizeichnungsverbote nicht gemindert oder gar ausgeschlossen werden.501 X. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch X. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch Dem Schutzzweck der Abschreckungs- oder Schadenspräventionsfunktion entsprechend, gewährt § 21 GdH einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch.502 Danach kann der Geschädigte bereits bei einer Gefährdung der Sicherheit des Körpers oder des Vermögens durch eine deliktische Handlung vom Schädiger eine Beseitigung der Störung fordern (z. B. Beseitigung der Beeinträchtigung oder Gefahrenquelle). Die Rechtsfolge des Anspruchs findet sich auch in den dinglichen Haftungsformen gem. § 15 Nr. 1–4, Nr. 6 GdH wieder.503 Dem Wortlaut nach knüpft die Vorschrift an eine „deliktische Handlung“ (㣷㦉㾱㸋) des Schädigers an. Dies erscheint insoweit ungeeignet, als der Geschädigte eine Rechtsverletzung nicht hinnehmen muss und zwar unabhängig davon, ob diese durch eine deliktische Handlung verursacht wurde oder nicht. Vielmehr muss er in jedem Fall Beseitigung und künftige Unterlassung der Störung verlangen können. Andererseits kann aber nicht jede abstrakte Gefährdung einen Anspruch nach § 21 GdH begründen. Bestimmte Gefahren, welche z. B. durch die Benutzung von Fahrzeugen im Straßenverkehr entstehen, müssen nach der Wertung des Gesetzes von den Bürgern hingenommen werden. Erforderlich ist daher eine konkrete Gefahr, bei der eine Verletzung des Geschädigten unmittelbar bevorsteht. Nach dem gesetzlichen Schutzzweck greift § 21 GdH auch zur Abwehr erstmaliger Verletzungen. XI. Beweislast XI. Beweislast Grundsätzlich kommt auch im Deliktsrecht die allgemeine zivilrechtliche Beweislastregel des § 64 Abs. 1 Zivilprozessgesetz der VR China504 (ZPG) zur Anwendung. Danach trägt jede Partei die Beweislast für die ihr günstigen Tatsachen. Allerdings sollen Volksgerichte nach dem eingeschränkten Untersuchungsgrundsatz gem. § 64 Abs. 2 ZPG auf Antrag einer Partei oder von sich aus Beweis erheben, sofern eine Partei aus nachvollziehbaren Gründen nicht in der Lage ist, selbst einen Beweis zu erbringen oder das Gericht einen Beweis für erforderlich hält.505 Von diesem Grundsatz kennt das GdH mit der Beweislastumkehr (etwa in Form der Verschuldens- oder Kausalitätsvermutung) oder den Beweiserleichterungen einige Ausnahmetatbestände.506 Darüber hinaus gewähren auch die Gerichte dem ______ 501 502 503 504 505 506
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Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 17. Dieser Anspruch entspricht im deutschen Recht § 1004 BGB. Vgl. dazu unten B. VII. 1. [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㘒㬣㰀㯰ⳉ], verabschiedet und in Kraft getreten am 9. 4. 1991. Vgl. § 3 Abs. 2 Bestimmungen des Obersten Volksgerichts zu Beweismitteln. Vgl. ausführlich zur Beweislastumkehr E. IV. 2. b) (1) und E. V. 2.
XII. Verjährung
Geschädigten zahlreiche Beweiserleichterungen (z. B. im Bereich der Produkthaftung hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit des Produktes).507 XII. Verjährung XII. Verjährung Das GdH enthält keine Sonderregelungen zur Verjährung, so dass insoweit (ältere) spezialgesetzliche sowie die allgemeinen Verjährungsregelungen der AGZ anwendbar sind. Von den spezialgesetzlichen Vorschriften ist insbesondere § 45 Produktqualitätsgesetz der VR China508 (PQG) zu beachten. Die Vorschrift sieht eine zweijährige Verjährungsfrist vor, die mit Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Geschädigten von der Verletzung seiner Rechte zu laufen beginnt.509 Produkthaftungsansprüche sind zehn Jahre nach Inverkehrbringen des fehlerhaften Produktes ausgeschlossen, § 45 Abs. 2 PQG.510 Grundsätzlich beträgt gem. § 135 AGZ im Zivilrecht die Verjährungsfrist zwei Jahre, während ein Schadensersatzanspruch wegen Körperverletzung gem. § 136 Nr. 1 AGZ schon in einem Jahr verjährt. Für grenzüberschreitende Waren- und Technologieverträge gilt gem. § 129 VG eine vierjährige Verjährungsfrist. Mitunter wird vertreten, dass diese Frist analog auch für deliktsrechtliche Ansprüche, die mit den Verträgen im Zusammenhang stehen, gelten soll.511 Dies ist nicht unbedenklich, weil dadurch vertragliche und deliktische Verjährungsfristen vermengt würden. Die Verjährungsfrist läuft gem. § 137 Satz 1 AGZ ab Kenntnis oder Kennenmüssen der Rechtsverletzung.512 In der chinesischen Literatur besteht Einigkeit, dass der Wortlaut zu eng gefasst ist und dem Geschädigten neben der Rechtsverletzung auch der Schädiger bekannt sein muss bzw. hätte bekannt sein müssen.513 Spätestens verjährt der Anspruch aber mit Ablauf von 20 Jahren seit dem Tag der Rechtsverletzung, § 137 Satz 2 AGZ. Anders als im deutschen Recht ist die Verjährung keine materiell-rechtliche Einrede, die in einem Verfahren nur nach Vorbringen einer Partei vom Gericht zu berücksichtigen ist, sondern eine prozessuale Einwendung,514 die der Schlüssigkeit entgegensteht. ______ 507 Vgl. dazu ausführlich Jörg Binding/Claudius Eisenberg, RIW (2010) 1, 11. 508 >䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛⥛㠘䐫㑠ⳉ], verabschiedet am 22. 2. 1993, in Kraft getreten am 1. 9. 1993, zuletzt geändert am 8. 7. 2000. 509 Falsch daher der Verweis auf eine zehnjährige Verjährungsfrist bei Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 520. 510 Vgl. hierzu Jörg Binding/Claudius Eisenberg, RIW (2010) 1, 10 f.; Xi Xiaoming, 306; Yang Lixin, 276. 511 Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 520. 512 Die Frist kann gem. § 139 Satz 1 AGZ gehemmt und nach § 140 Satz 1 AGZ unterbrochen werden. 513 Wang Liming, Zivilrecht, 146. 514 Dazu vgl. Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Verjährung im Gerichtsverfahren [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻㪔㏎㘒㬣➙ミ㬫䇤㰀㯰㬒㾈䐧Ⱙ㧕ⶪ㸫㳃⭥⺇Ⰹ] vom 21. 8. 2008.
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B. Allgemeine Grundsätze
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I. Generalklausel der Verschuldenshaftung
C.
Allgemeine Haftungstatbestände
C. Allgemeine Haftungstatbestände Ausgehend vom Verschuldensprinzip (§ 6 Abs. 1 GdH) normiert das GdH mit der Haftung wegen vermutetem Verschulden (§ 6 Abs. 2 GdH), der verschuldensunabhängigen Haftung (§ 7 GdH) und der Billigkeitshaftung (§ 24 GdH) ein Haftungssystem mit gestuften Haftungsverschärfungen. Der Gesetzgeber folgt damit einer in Europa verbreiteten Haftungsrechtsdogmatik.515 Rechtsdogmatisch ist die Einordnung der Billigkeitshaftung und der Haftung wegen vermutetem Verschulden – ähnlich wie im deutschen Recht – umstritten. Während sie teilweise als Zurechnungstatbestände qualifiziert werden,516 stellen sie nach anderer Auffassung besondere Haftungsprinzipen dar.517 Dieser Streit ist indes allein rechtsdogmatischer Natur und ohne praktische Relevanz.518 Die Bedeutung der Generalklauseln des GdH ist aufgrund zahlreicher allgemeiner und besonderer Haftungstatbestände im Vergleich zu den kontinental-europäischen Rechtsordnungen geringer. Obgleich dies in der chinesischen Literatur mitunter kritisiert wird,519 rechtfertigen sich eine detailliertere Normierung im GdH durch eine vereinfachte Rechtsanwendung.520 In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Bewerber für ein Richteramt zwar über „juristisches Fachwissen“ (ⳉ㔪䓉䄖䐋㬗) verfügen müssen, dies aber kein Jurastudium voraussetzt.521 Besonders in den ländlich geprägten Provinzen und auf regionaler Ebene fehlt Richtern häufig eine hinreichende Qualifikation für eine Anwendung von abstrakten Generalklauseln oder gar für eine systematische Rechtsfortbildung. I. Generalklausel der Verschuldenshaftung I. Generalklausel der Verschuldenshaftung Die Grundnorm der Verschuldenshaftung im chinesischen Deliktsrecht ist § 6 Abs. 1 GdH.522 Danach haftet derjenige aus Delikt, der die zivilrechtlichen Rechte und Interessen eines anderen schuldhaft verletzt. Die Vorschrift verdrängt die antiquierten und ihrem Wortlaut nach missglückten §§ 106 Abs. 2 und 117 AGZ.523 Mit § 6 Abs. 1 GdH hält der Gesetzgeber aber an dem französischen Modell einer umfassenden Generalklausel (Art. 1382 Code Civil) fest. Das deutsche Modell der drei begrenzten Generalklauseln (§§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 826 BGB) verwarf der ______ 515 516 517 518 519 520 521 522
Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 93. Wang Liming, 103; Xi Xiaoming, 183 f.; Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 151 f. Yang Lixin, Auslegung GdH, 138. Vgl. zum Meinungsstand Xi Xiaoming, 181 ff.; Xu Lan, FS Norbert Horn, 219. So mit guten Gründen Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 149. Xu Lan, FS Norbert Horn, 224. Vgl. dazu ausführlich Jörg Binding, ZVglWiss 109 (2010) 153, 192 ff. Ohne § 6 Abs. 1 GdH zu erwähnen sind Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 514, der Meinung, dass der chinesische Gesetzgeber auf eine Generalklausel für die Verschuldenshaftung verzichtet habe. 523 Wang Shengming, 36; andere Ansicht Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 514, die ohne § 6 Abs. 1 GdH zu erwähnen weiterhin § 106 AGZ anwenden wollen.
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C. Allgemeine Haftungstatbestände
Gesetzgeber ebenso, wie eine detaillierte Aufzählung konkreter Typen deliktischer Handlungen nach dem Vorbild des anglo-amerikanischen Deliktsrechts.524 Diese Entscheidung ist konsequent, auch wenn das deutsche Modell – gerade für China – durchaus Vorteile geboten hätte.525 Die Tatbestandsvoraussetzungen der Generalklauseln des § 6 Abs. 1 GdH ergeben sich aus § 6 GdH i. V. m. §§ 2 und 3 GdH. Dem Wortlaut nach setzt § 6 Abs. 1 GdH (1) eine Verletzung von zivilrechtlichen Rechten oder Interessen eines anderen,526 (2) Verschulden – soweit dieses nicht nach § 6 Abs. 2 GdH vermutet wird – und (3) haftungsbegründende Kausalität527 voraus. In der Literatur besteht Einigkeit, dass eine deliktische Haftung auch einen Schaden verlangt.528 Zwar spricht der Wortlaut der Generalklausel dagegen, weil dort ausdrücklich nur eine Verletzung (㣷⼇) und nicht auch ein Schaden (㰑㬈) aufgeführt ist. Allerdings ergibt sich die Voraussetzung eines Schadens aus den §§ 7 ff. GdH, wonach auch im chinesischen Deliktsrecht der Grundsatz „ohne Schaden keine Haftung“ gilt. Sehr umstritten ist die Frage, ob § 6 Abs. 1 GdH über den Wortlaut hinaus Rechtswidrigkeit erfordert. Auch dafür mag einiges sprechen.529 Zumal das Wortlautargument auch im Hinblick auf das Schadensmerkmal überwunden wird.530 Schließlich werden Haftungsausschluss- und -minderungtatbestände (gemeinsam) in einem gesonderten Abschnitt geprüft.531 II. Haftung für vermutetes Verschulden II. Haftung für vermutetes Verschulden Als haftungsbegründende Voraussetzung muss das Verschulden des Schädigers grundsätzlich vom Geschädigten bewiesen werden. Als Ausnahme von diesem Grundsatz ordnet die Haftung für vermutetes Verschulden gem. § 6 Abs. 2 GdH eine Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten an.532 In diesen Fällen haftet der Handelnde, sofern er sich nicht durch einen Gegenbeweis für das Fehlen seines Verschuldens entlasten kann. ______ 524 Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 144 f., ausführlich zu den Vorteilen einer Generalklausel für die Verschuldenshaftung. 525 Eingehend dazu Xu Lan, FS Norbert Horn, 209. 526 Dabei differnziert die chinesische Literatur nicht zwischen Rechtsgutverletzung und Verletzungshandlung. 527 Vgl. zur Unterscheidung haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität oben B. IV. 1. 528 Li Xintian/Xu Yuxiang, Present Day Law Science (2005/1) 21, 21; Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 184; Yang Lixin, Auslegung GdH, 30. 529 Vgl. dazu ausführlich oben B. V. 1. 530 Auch die Reihenfolge, nach der die Tatbestandsmerkmale der Generalklausel in der chinesischen Literatur geprüft werden, weicht von der Dogmatik im deutschen Schadensrecht ab. Während nach dem klassischen Aufbau im deutschen Recht der Schaden zuletzt geprüft wird, steht dieser nach chinesischer Dogmatik (soweit diese Frage überhaupt thematisiert wird) am Beginn der Prüfung. 531 Siehe dazu oben B. IX. 532 Vgl. zur Analogiefähigkeit der Haftung für vermutetes Verschulden unten C. III.
70
III. Verschuldensunabhängige Haftung (Gefährdungshaftung)
III.
Verschuldensunabhängige Haftung (Gefährdungshaftung) III. Verschuldensunabhängige Haftung (Gefährdungshaftung) Anders als im Bereich der Verschuldenshaftung konnte sich der Gesetzgeber für die Gefährdungshaftung nicht zu einer Generalklausel durchringen.533 Nach § 7 GdH greift eine verschuldensunabhängige Haftung nur, soweit das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt.534 Die wichtigsten Gefährdungstatbestände sind im Besonderen Teil des GdH geregelt. Aber auch Haftungstatbestände aus Sondergesetzen (z. B. § 85 Gesetz über Vorbeugung und Regulierung der Wasserverschmutzungen535) fallen unter §§ 7, 6 Abs. 2 GdH. Mit der Entscheidung gegen eine Generalklausel im Bereich der Gefährdungshaftung widersetzt sich der chinesische Gesetzgeber bewusst dem internationalen Trend zur Verwendung von Generalklauseln auch im Bereich der Gefährdungshaftung. Gleichwohl verdient die Entscheidung des chinesischen Gesetzgebers Zustimmung. Zwar spricht für die Verwendung von Generalklauseln, dass diese klar und umfassend sind, während es umgekehrt unmöglich ist, sämtliche denkbaren Sachverhalte zu antizipieren und explizit zu regeln. Allerdings führen Generalklauseln wegen des weiten Beurteilungsspielraums der Richter zu mehr Rechtsunsicherheit. Um für die Unteren Volksgerichte anwendbar zu sein, setzen sie eine umfassende Judikatur voraus, die es in China für den Bereich der Gefährdungshaftung bisher nicht gibt.536 Besondere Gefährdungshaftungstatbestände sind daher zugunsten der Rechtssicherheit vorzuziehen. Trotz der Grundsatzentscheidung gegen eine Generalklausel im Bereich der verschuldensunabhängigen Haftung bleibt fraglich, ob die chinesische Rechtsprechung neben typisierten Gefährdungshaftungen für neuartige Gefahren Analogien zu bestehenden Gefährdungstatbeständen zulassen wird oder ob sie insofern Schutzlücken in Kauf nimmt und auf dem Enumerationsprinzip beharrt.537 Für eine grundsätzliche Analogiefähigkeit spricht die fehlende Systematik der Haftungsverschärfungen im Besonderen Teil, die zahlreiche Wertungswidersprüche erkennen lassen.538 Daraus wird sich in der Praxis ein erhebliches Bedürfnis nach einer klarstellenden Rechtsfortbildung ergeben.
______ 533 Während des Gesetzgebungsfahrens wurde diese Frage intensiv diskutiert, vgl. dazu etwa Huang Fen, Hebei Law Science (2009/2) 17, 18. 534 Der Gesetzgeber folgt damit dem auch im deutschen Recht gewählten Ansatz. 535 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㯏㸼㦟ⳡ䐯ⳉ], erlassen am 28. 2. 2008, in Kraft getreten am 1. 6. 2008. 536 Im Bereich der Verschuldenshaftung sieht das freilich anders aus, da bereits die AGZ mit Generalklauseln arbeiten, vgl. dazu oben C. I. 537 Entsprechendes gilt auch in Bezug auf die Haftung für vermutetes Verschulden gem. § 6 Abs. 2 GdH, oben C. II. 538 Vgl. etwa beim Arzthaftungsrecht (unten E. IV. 6) sowie bei der Haftung für besonders hohe Gefahren (unten E. VI. 3).
71
C. Allgemeine Haftungstatbestände
IV. Billigkeitshaftung IV. Billigkeitshaftung Mit § 24 GdH übernimmt der Gesetzgeber die Regelung zur Billigkeitshaftung (⹌㠞䋑㦯) aus § 132 AGZ und passt lediglich die Formulierung an das neue Gesetz an. Danach können der Handelnde und Geschädigte einen Schaden nach Maßgabe der tatsächlichen Umstände aufteilen, wenn beide am Eintritt des Schadens kein Verschulden trifft. In der Rechtspraxis wird die Billigkeitshaftung herangezogen, um bei einer unklaren Sachlage, in der das Verschulden der Beteiligten nicht feststellbar ist, einen gerechten Schadensausgleich zu erreichen.539 Leider versäumt der Gesetzgeber in § 24 GdH mit klaren Kriterien zum Schadensausgleich für mehr Rechtssicherheit zu sorgen. Maßgeblich soll nach herrschender Meinung vor allem die wirtschaftliche Lage der Beteiligten sein.540 Aber auch allgemeine Gerechtigkeitserwägungen finden sich darüber hinaus in der chinesischen Literatur. Gegenüber der Verschuldenshaftung ist die Billigkeitshaftung subsidiär und nur dann einschlägig, wenn eine Haftung des Schädigers wegen fehlenden Verschuldens nicht besteht und dies als ungerechtfertigt empfunden wird.541 Um eine Ausuferung der Billigkeitshaftung zu beschränken, kommt sie nur zur Anwendung, wenn sie gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist, z. B. in § 87 GdH.542
______ 539 Eine konkrete Ausgestaltung im GdH findet die Billigkeitshaftung z. B. in der „Blumentopfhaftung“ (siehe unten E. VIII. 2. a) (2)). 540 Xi Xiaoming, 185; Yang Lixin, Auslegung GdH, 140; § 157 Ansichten zu AGZ führt als weiteres Kriterium den Nutzen aus der Tätigkeit an. 541 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 167 ff.; Yang Lixin, Auslegung GdH, 138 f. 542 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 170.
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I. Haftung des Vormunds
D. Haftung besonderer Haftungssubjekte D. Haftung besonderer Haftungssubjekte Im 4. Kapitel beschäftigt sich das GdH unter der Überschrift „Besondere Bestimmungen zum Haftungssubjekt“ mit Fragen, die mit dieser Überschrift teilweise nicht oder nur indirekt im Zusammenhang stehen. Dies gilt z. B. für die Regelungen zu der Deliktsfähigkeit oder den Verkehrssicherheitspflichten.543 I. Haftung des Vormunds I. Haftung des Vormunds § 9 Abs. 2 GdH schreibt eine Haftung des Vormundes544 wegen Verletzung seiner Aufsichtspflichten vor (Haftung für eigenes Verschulden).545 Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 GdH haftet der Vormund ferner verschuldensunabhängig für die vom Mündel verursachten Schäden.546 Wertungsmäßig erscheint dies mit Blick auf das auch im chinesischen Deliktsrecht geltende Verursachungsprinzip unbillig.547 Immerhin erlaubt § 32 Abs. 1 Satz 2 GdH eine Haftungsminderung, wenn der Vormund seine Pflichten erfüllt hat. Ob die Rechtsprechung daraus eine Haftungsminderung „auf Null“ ableitet und auf diesem Umweg doch zu einer Verschuldenshaftung des Vormunds kommt, bleibt abzuwarten. Insofern ist auch zu beachten, dass der Vormund aus Billigkeitserwägungen nur subsidiär haftet, wenn der Mündel über eigenes Vermögen verfügt.548 II. Haftung in Arbeitsverhältnissen II. Haftung in Arbeitsverhältnissen 1.
Haftung der Arbeitseinheit
Für Schäden, die ein Arbeitnehmer anlässlich seiner Arbeit einem Dritten verursacht, haftet die ihn anstellende Einheit, d. h. in der Wirtschaftspraxis das ihn beschäftigende Unternehmen, § 34 Abs. 1 GdH. Die Vorschrift begründet eine Haftung der Einheit unabhängig von einem Verschulden ihrer Organe oder des handelnden Arbeitnehmers. Daneben ist eine Haftung des Arbeitnehmers ausgeschlossen.549 Dritte im Sinne der Norm können auch andere Arbeitnehmer der Einheit sein.550 ______ 543 Regelungen aus dem 4. Kapitel, die systematisch in einen anderen Kontext gehören, werden im jeweiligen Sachzusammenhang dargestellt; vgl. zur Deliktsfähigkeit oben B. VI. 3 und zu den Verkehrssicherungspflichten oben B. III. 2. b). 544 Zum Begriff des Vormundes ausführlich oben B. II. 1. a) (6). 545 Vgl. § 18 Abs. 3 Satz 1 AGZ. 546 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 95 wollen stattdessen auf die Verletzung „haftungsrechtlicher Aufsichtspflichten“ abstellen. 547 So auch Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 95. 548 Vgl. dazu oben B. VI. 3. a) (1). 549 Xi Xiaoming, 248. 550 Ein Verzicht auf den Nachweis eines Verschuldens ist hier auch aus Gründen des Betriebsfriedens sinnvoll.
73
D. Haftung besonderer Haftungssubjekte
Die strenge Haftung der Einheit ist im Ansatz zu begrüßen, weil sie auch den wirtschaftlichen Nutzen der Arbeit zieht. Der Tatbestand erscheint indes zu weit gefasst. Anknüpfungspunkt für die Haftung der Einheit ist offenbar eine mangelnde Betriebsorganisation.551 Es fehlt allerdings ein entsprechendes Tatbestandsmerkmal. Da die Vorschrift als Anspruchsgrundlage formuliert ist und keine bloße Norm für die Zurechnung der Haftung des Arbeitnehmers zur Einheit darstellt, scheidet auch eine Haftungsbegrenzung durch die allgemeinen Haftungsvoraussetzungen (§ 6 Abs. 1 GdH) aus.552 Dieser strengen Haftung dürfte in der Praxis eine große Bedeutung zukommen. 2.
Haftung des Entleihers
Entsprechend § 34 Abs. 1 GdH bestimmt § 34 Abs. 2 Hs. 1 GdH, dass im Fall der Leiharbeit der Entleiher verschuldensunabhängig und ohne Verschulden seines Leiharbeitnehmers haftet.553 „Ergänzend“ (⤚⨅䋑㦯) haftet der Verleiher, wenn ihn ein Verschulden trifft, § 34 Abs. 2 Hs. 2 GdH. Mit dieser ergänzenden Haftung ist – wie an anderen Stellen des Gesetzes –554 wohl keine gesamtschuldnerische Haftung gemeint, sondern eine subsidiäre Haftung.555 Offen bleibt aber, zu welchen Anteilen Verleiher und Entleiher haften. Ferner ist nicht ersichtlich, weshalb den Entleiher eine verschuldensunabhängige Haftung trifft, während der Verleiher nur für Verschulden einstehen muss.556 3.
Haftung des Arbeitgebers als natürliche Person
Handelt es sich bei einem Arbeitgeber um eine natürliche Person, haftet diese gem. § 35 Satz 1 GdH verschuldensunabhängig für Schäden, die ihr Arbeitnehmer einem Dritten anlässlich der Arbeit verursacht.557 Die Haftung des Arbeitgebers als Einzelperson erscheint im Vergleich zur Haftung der Einheit (§ 34 Abs. 1 GdH) unangemessen streng und wegen ihrer Durchbrechung des Verschuldensgrundsatzes kaum gerechtfertigt.558 Denn der Einheit stehen regelmäßig deutlich höhere finanzielle Rücklagen zur Bedienung von Schadensersatzansprüchen zur Verfügung als einer Einzelperson.
______ 551 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 94. 552 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 96. 553 Auch diese Vorschrift ist eindeutig als Anspruchsgrundlage und nicht als bloße Zurechnungsnorm formuliert, vgl. schon oben D. II. 1. 554 Z. B. §§ 37 Abs. 2 Hs. 2, 40 Hs. 2 GdH. 555 Im Ergebnis wie hier Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 96. 556 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 96. 557 Auch hier scheidet eine Haftung des Arbeitnehmers daneben aus; zudem können Dritte auch andere Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers sein, vgl. Xi Xiaoming, 262. 558 Kritisch auch Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 96, die allerdings nicht zwischen § 34 und § 35 GdH differenzieren.
74
III. Haftung der juristischen Person
Erleidet der Arbeitnehmer selbst einen Schaden, haftet er gem. § 35 Satz 2 GdH gemeinsam mit seinem Arbeitgeber. Maßgeblich ist dabei der Anteil ihres jeweiligen Verschuldens. Da eine Haftung für eigene Schäden ins Leere geht, kann die Regelung nur dahingehend verstanden werden, dass sich der Arbeitnehmer sein Mitverschulden haftungsmindernd anrechnen lassen muss.559 Aus § 35 Satz 2 GdH folgt zugleich, dass der Arbeitgeber in diesem Fall überhaupt nur haftet, wenn ihn ein Verschulden trifft. Diese Regelung zeigt erneut den Wertungswiderspruch zur verschuldensunabhängigen Haftung des Arbeitgebers als natürliche Person gegenüber Dritten und anderen Arbeitnehmern gem. § 35 Satz 1 GdH. III. Haftung der juristischen Person III. Haftung der juristischen Person Das GdH enthält keine Regelungen zur Haftung von juristischen Personen für das Handeln ihrer gesetzlichen Vertreter. Die Organhaftung bestimmt sich daher weiterhin nach § 43 AGZ und § 58 Ansichten zu AGZ. Danach haftet das Unternehmen als juristische Person, wenn seine gesetzlichen Vertreter und anderes Personal560 bei geschäftlichen Handlungen im Namen des Unternehmens anderen Personen Schäden verursachen.561 Dabei versteht die chinesische Literatur die Vorschrift nicht als Zurechnungs- sondern spezielle Haftungsnorm.562 Die Norm gilt entsprechend auch für die Haftung einer ausländischen Repräsentanz, die nach chinesischem Recht nur teilrechtsfähig ist.563 IV. Haftung des Internetbetreibers IV. Haftung des Internetbetreibers Erstmals im chinesischen Recht regelt ein Gesetz die Haftung eines Internetbetreibers. Dieser haftet gem. § 36 Abs. 1 GdH, wenn durch seine Nutzer Rechte oder Interessen eines Dritten verletzt werden. Die Vorschrift ordnet dabei eine gesamtschuldnerische Haftung von Internetbetreiber und Internetnutzer an. Die Norm ist als verschuldensunabhängige Anspruchsgrundlage formuliert. Die strenge Haftung ist ausdrücklich vom Gesetzgeber gewollt, um die uferlosen Rechtsverletzungen im Internet effektiv bekämpfen zu können.564 Gleichwohl erscheint eine Gefährdungshaftung mit Blick auf die häufig diffuse Rechtslage im Internet überzogen. Auch wäre § 36 Abs. 3 GdH neben § 36 Abs. 1 GdH überflüssig.565 § 36 Abs. 3 GdH ordnet eine verschuldensunabhängige Haf______ 559 Ebenso Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 96; die Regelung ist aber nicht überflüssig, weil gem. § 26 GdH ein Mitverschulden nicht zwingend haftungsmindernd zu berücksichtigen ist. 560 Für Arbeitnehmer greift nun vorrangig § 34 Abs. 1 GdH. 561 Vgl. im Einzelnen Mario Feuerstein, 180 ff. 562 Xi Xiaoming, 244. 563 Xi Xiaoming, 245. 564 Xi Xiaoming, 262 ff.; Yang Lixin, Auslegung GdH, 216. 565 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 96.
75
D. Haftung besonderer Haftungssubjekte
tung erst beginnend mit Kenntnis des Internetbetreibers von der Rechts- oder Interessenverletzung sowie dem Unterlassen notwendiger Gegenmaßnahmen an. Soweit ersichtlich, wird das Verhältnis beider Absätze in der chinesischen Literatur nicht problematisiert. Umso wichtiger ist eine Klärung dieser Frage in der Interpretation des Obersten Volksgerichts. Darüber hinaus ist der Regelungsgegenstand des § 36 Abs. 2 Satz 1 GdH unklar. Nach dem Wortlaut ist der Geschädigte „berechtigt“ (䇱㦉), dem Internetbetreiber seine Verletzung anzuzeigen und von ihm Gegenmaßnahmen zu verlangen. Der Geschädigte bedarf einer solchen „Erlaubnis“ zur Mitteilung aber nicht. Vielmehr hilft ihm ein Anspruch auf eine erfolgreiche Gegenmaßnahme. Die Vorschrift ist folglich dahingehend auszulegen, dass der Geschädigte einen Anspruch gegen den Internetbetreiber auf Ergreifung notwendiger Gegenmaßnahmen, wie z. B. Löschung, Sperrung oder Unterbrechung hat.566 Erfüllt der Internetbetreiber diesen Anspruch nicht, steht dem Geschädigten gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 GdH ein Anspruch auf den durch die Verzögerung oder das Unterlassen erhöhten Schaden zu, für den Internetbetreiber und Internetnutzer gesamtschuldnerisch haften. Der Verzögerungsschaden wird nicht bereits von § 36 Abs. 1 GdH erfasst und setzt zusätzlich eine Schadensmeldung nach § 36 Abs. 2 Satz 1 GdH voraus.567 V. Haftung des Verwaltungspersonals V. Haftung des Verwaltungspersonals 1.
Haftungstatbestand
Verwaltungspersonal (㏎㦬) von Hotels, Kaufhäusern, Banken, Bahnhöfen, Vergnügungsstätten und anderen öffentlich zugänglichen Einrichtungen, das seine Pflicht zur Gewährleistung der Sicherheit nicht erfüllt und dadurch einen anderen schädigt, haftet gem. § 37 Abs. 1 GdH verschuldensunabhängig aus Delikt.568 Dies gilt nach der Vorschrift auch für den Organisator von Massenveranstaltungen. Die Aufzählung möglicher Pflichtenträger ist ausdrücklich nicht abschließend. Maßgeblich ist, dass dem Personal Verkehrssicherungspflichten gegenüber den Benutzern obliegen.569 Eine verschuldensunabhängige Haftung der Verkehrspflichtenträger ist rechtspolitisch bedenklich, weil es sich bei ihnen in aller Regel um einfache Angestellte mit ______ 566 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 96; vgl. zum allgemeinen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch oben B. X. 567 Andere Ansicht Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 96, die auch den Verzögerungsschaden unter § 36 Abs. 1 GdH subsumieren wollen und § 36 Abs. 2 Satz 2 GdH nur deklaratorische Bedeutung beimessen. Mit dem Wortlaut ist diese Auffassung wohl kaum zu vereinbaren. 568 Die Vorschrift ist als Anspruchsgrundlage ausgestaltet und sieht nach dem klaren Wortlaut kein Verschulden vor. 569 Vgl. zu Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflichten oben B. III. 2. b).
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V. Haftung des Verwaltungspersonals
geringem Lohn handelt.570 Da diese nicht den wirtschaftlichen Nutzen aus den Einrichtungen oder Veranstaltungen ziehen, erscheint es unbillig, ihnen ein derart extensives Haftungsrisiko aufzubürden.571 Rechtspolitisch wünschenswert wäre eine vorrangige Haftung der Betreiber der Einrichtung gem. § 34 Abs. 1 GdH und allenfalls eine subsidiäre Haftung der Verkehrspflichtenträger.572 2.
Haftung von Dritten
Verursacht ein Dritter die Schädigung, haftet er gem. § 37 Abs. 2 Hs. 1 GdH. Die Vorschrift hat – wie die Parallelvorschrift § 40 Hs. 2 GdH – allein klarstellende Funktion und ist auch nach ihrem Wortlaut zu urteilen keine Anspruchsgrundlage.573 Eine verschuldensunabhängige Haftung des Dritten wäre zudem kaum gerechtfertigt, da ihn keine Verkehrssicherungspflichten treffen. Die Haftung des Dritten richtet sich also nach §§ 28, 6 Abs. 1 GdH und setzt Verschulden voraus. Beispiel: Ein Shanghaier Hotel wurde von einem Ehepaar unter Berufung auf §§ 106, 111 AGZ verklagt, deren Tochter in diesem Hotel ermordet worden war. Die Kläger beriefen sich auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten des Hotels mit der Begründung, dass der Täter ohne Anmeldung in das Hotel gekommen sei. Das Hotel lehnte eine Haftung unter Hinweis auf den hohen Publikumsverkehr ab. Eine Anmeldung aller Personen sei nicht möglich. Mit Videoaufnahmen konnte das Hotel nachweisen, dass in dem für die Tat maßgeblichen Zeitraum von drei Stunden mehr als 1.400 Personen in das Hotel gekommen waren oder dieses verlassen hatten. Das Gericht gab dem Hotel Recht und stellte fest, dass das Hotel seinen Verkehrssicherungspflichten nachgekommen sei und keine Haftung übernehmen müsse.574 Es blieb also bei einer alleinigen Haftung des Täters als Dritten. Den Verkehrspflichtenträger trifft gem. § 37 Abs. 2 Hs. 2 GdH eine „ergänzende Haftung“575, soweit er seiner Verkehrssicherungspflicht nicht vollständig nachgekommen ist. Diese greift beispielsweise, falls der Dritte nicht identifiziert werden kann oder der Dritte nicht in der Lage ist, den Schadensersatz zu leisten. Gesetzlich nicht geregelt ist die Frage, ob der Verkehrspflichtenträger nach Leistung des Ergänzungshaftungsschadensersatzes einen Regressanspruch gegen den Dritten in Höhe des Geleisteten hat. Für einen solchen Regressanspruch spricht die ______ 570 Daran ändert auch die in der Praxis übliche Bezeichnung als „Manager“ oder „General Manager“ nichts. 571 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 97. 572 Auch eine alleinige Haftung der Einheit wäre aus haftungsrechtlicher Sicht wohl ausreichend gewesen. 573 Dies ist nach Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 97, nicht eindeutig; vgl. zu den Parallelvorschriften oben D. V und D. VI. 574 Urteil des Ersten Mittleren Volksgerichts Stadt Shanghai vom 17. 1. 2002, Wang Liyi/Zhang Lixia gegen Yinhe Hotel, http://vip.chinalawinfo.com/Case/displaycontent.asp?gid=117665920. 575 Der Gesetzgeber verwendet hier denselben Terminus wie in § 34 Abs. 2 GdH, so dass auf die Ausführungen oben verwiesen werden kann D. II. 2.
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D. Haftung besonderer Haftungssubjekte
Letztverantwortlichkeit des Dritten, die nur mit einem Rückgriffsanspruch konsequent umgesetzt werden kann. Auch die Literatur bejaht daher einen solchen Regressanspruch.576 VI. Haftung der Bildungseinrichtung VI. Haftung der Bildungseinrichtung Kindergärten, Schulen oder sonstige Bildungseinrichtungen haften gem. § 38 Hs. 1 GdH für Personenschäden, die Geschäftsunfähige während der Aufenthaltszeit in der Einrichtung erleiden. Dabei müssen Personenschäden durch eine Sorgfaltspflichtverletzung der Bildungseinrichtung verursacht worden sein, was im Umkehrschluss aus § 38 Hs. 2 GdH folgt.577 Allerdings kann auch hier nicht jede Sorgfaltspflichtverletzung zur Haftung führen, sondern nur eine solche, die ursächlich für den Personenschaden ist und gerade dem Schutz des Geschädigten dient. Diese Einschränkung folgt aus dem Schutzzweck der Norm.578 Die Sorgfaltspflichtverletzung wird jedoch nach § 38 Hs. 2 GdH vermutet (Haftung für vermutetes Verschulden). Handelt es sich bei dem Geschädigten um einen beschränkt Geschäftsfähigen, haftet die Einrichtung für Personenschäden gem. § 39 GdH. Gleichwohl muss der Geschädigte in diesem Fall den Beweis führen, dass die Bildungseinrichtung eine ihm gegenüber bestehende Sorgfaltspflicht verletzt hat (Verschuldenshaftung). Die Haftungsnormen für Bildungseinrichtungen sind Ausdruck der besonderen Fürsorgepflicht, welche diese Einrichtungen gegenüber die in ihre Obhut gegebenen Heranwachsenden haben.579 Dies dürfte auch der Grund dafür sein, weshalb der Gesetzgeber die Haftung der Bildungseinrichtungen auf Personenschäden beschränkt. Für Vermögensschäden bleibt es bei der Haftung nach § 6 Abs. 1 GdH. Erfolgt in den Fällen der §§ 38 und 39 GdH die Schädigung durch einen nicht zur Bildungseinrichtung gehörenden Dritten, so haftet er für den Schaden (Körperund Vermögensschaden) gem. §§ 28, 6 Abs. 1 GdH. Dies stellt § 40 GdH ausdrücklich klar.580 Die Bildungseinrichtung trifft allerdings eine „ergänzende Haftung“, wenn sie gegen ihre Verwaltungspflichten verstoßen hat.581
______ 576 Yang Lixin, http://www.yanglx.com/dispnews.asp?id=208. 577 Die Vorschrift stellt in Hs. 1 nicht ausdrücklich auf Fahrlässigkeit ab und erfasst daher auch eine vorsätzliche Schädigung durch die Bildungseinrichtung. 578 Vgl. zu dieser Einschränkung auch schon oben B. III. 2. b). 579 Wang Liming, 175 f. Daraus begründet sich auch die Differenzierung der Haftung nach der Zivilrechtsfähigkeit. 580 § 40 GdH ist wie die Parallelvorschrift § 37 Abs. 2 Hs. 1 GdH keine eigene Anspruchsgrundlage, vgl. zur Begründung oben D. V. 2. 581 Wie oben D. II. 2 ist fraglich, ob die ergänzende Haftung eine Gesamtschuld begründet oder eine Ausfallhaftung darstellt.
78
I. Überblick
E.
Besondere Haftungstatbestände
I. Überblick I. Überblick E. Besondere Haftungstatbestände Als Folge der Geltung des Enumerationsprinzips für die verschuldensunabhängige Haftung enthält der besondere Teil für typisierte Sachverhalte spezielle Haftungstatbestände.582 Der Gesetzgeber regelt die Produkthaftung im 5. Kapitel (§§ 41–47), die Straßenverkehrshaftung für Kraftfahrzeuge im 6. Kapitel (§§ 48– 53), die Haftung für Schäden durch medizinische Behandlung im 7. Kapitel (§§ 54–64), die Haftung für Umweltverschmutzung im 8. Kapitel (§§ 65–68), die Haftung für besonders hohe Gefahren im 9. Kapitel (§§ 69–77), die Haftung für Tiere im 10. Kapitel (§§ 78–84) und die Haftung für Gegenstände im 11. Kapitel (§§ 85–91). II. Produkthaftung II. Produkthaftung Von einzelnen neuen Haftungsnormen abgesehen583 übernimmt das GdH (bis hin zur Systematik) die haftungsrechtlichen Bestimmungen des PQG und passt diese lediglich formal an das GdH an.584 1.
Rechtsgrundlage
Das chinesische Recht regelte die Produkthaftung bereits vor Verabschiedung des GdH umfassend.585 Danach war die Kernmaterie der Produkthaftung im PQG verankert,586 ergänzt durch zivilrechtliche Produkthaftungsansprüche in den AGZ, im VG, VSG und in den Regeln des Staatsrats über die Haftung für die Qualität von Industrieprodukten587. Für spezielle Produkte existieren ferner zahlreiche zivilrechtliche Haftungstatbestände in Sondergesetzen, z. B. im LSG, im Medizinproduktekontrollgesetz der VR China588 und im Messgesetz der VR China589.
______ 582 Wang Liming, 10. 583 Dazu gehören der Beseitigungs- und Strafschadensersatzanspruch sowie der Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen eine Produktbeobachtungspflicht. 584 Ausführlich Jörg Binding/Claudius Eisenberg, RIW (2011) 511 ff. 585 Vgl. zum Produkthaftungsrecht der VR China ausführlich Jörg Binding/Claudius Eisenberg, RIW (2010) 1, 12. 586 Das PQG enthält im Unterschied zum GdH aber auch verwaltungsrechtliche Vorschriften zur Überwachung der Produktqualität und -sicherheit sowie Bußgeldvorschriften. 587 [⹅䄖⥛㠘䐫㑠㳖㏞], verabschiedet am 5. 4. 1986, in Kraft getreten am 1. 7. 1986. 588 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛䄊㠘㏎ⳉ], verabschiedet am 20. 9. 1984, in Kraft getreten am 1. 7. 1985, zuletzt geändert am 28. 2. 2001. 589 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛ェ㑠ⳉ], verabschiedet am 6. 9. 1985, in Kraft getreten am 1. 7. 1986.
79
E. Besondere Haftungstatbestände
2.
Verhältnis zu bestehenden Regelungen
Der Spezialitätsgrundsatz gem. § 5 GdH ist einschränkend dahin auszulegen, dass die produkthaftungsrechtlichen Vorschriften des GdH gegenüber den Bestimmungen des PQG Vorrang genießen.590 Soweit aber das GdH keine Regelung trifft, sind die alten Vorschriften anwendbar.591 Dies gilt insbesondere für die Definition des Begriffs „Produkt“ (§ 2 Abs. 2 PQG), „Fehler“ (§ 46 PQG) und „Schaden“ (§ 41 PQG). Andere Begriffe wie „Hersteller“ und „Verkäufer“ werden auch im PQG nicht definiert. Es handelt sich aber um etablierte Rechtstermini des chinesischen Rechts.592 Für den Bereich der Produkthaftung kommt weiteren spezialgesetzlichen Haftungsnormen kaum eigenständige Bedeutung zu. Dies zeigt sich exemplarisch an § 96 Abs. 1 LSG, der zwar eine Haftung normiert, Fragen zu Art und Umfang der Haftung allerdings offen lässt, so dass ein Rückgriff auf das GdH erforderlich ist. 3.
Haftung des Herstellers und Verkäufers
Nach der Grundnorm gem. § 41 GdH haftet der Hersteller für Schäden, die ein anderer durch ein fehlerhaftes Produkt erleidet. Beruht der Fehler des Produktes auf dem Verschulden des Verkäufers, haftet dieser und nicht der Hersteller gem. § 42 Abs. 1 GdH. Während der Hersteller also verschuldensunabhängig haftet, setzt die Haftung des Verkäufers grundsätzlich Verschulden voraus. Der Verkäufer haftet jedoch verschuldensunabhängig, wenn er weder Hersteller noch Lieferanten benennen kann, § 42 Abs. 2 GdH. Dieser klaren und interessengerechten gesetzlichen Wertung widerspricht offensichtlich der missverständlich formulierte § 43 Abs. 1 GdH. Nach dieser Regelung ist der Geschädigte berechtigt, sowohl vom Hersteller als auch vom Verkäufer Schadensersatz zu fordern, wenn er „durch den Fehler eines Produktes einen Schaden“ erleidet. Die Vorschrift scheint unter Verstoß gegen das in § 42 Abs. 1 GdH angeordnete Verschuldensprinzip eine verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers vorzuschreiben. Streng diesem Wortlaut folgend sieht die herrschende Meinung in der chinesischen Literatur593 tatsächlich § 43 Abs. 1 GdH als
______ 590 Siehe dazu oben oben A. V. 3. 591 In der Praxis ist damit prioritär das GdH zu prüfen und nur soweit dort eine Gesetzeslücke besteht zu untersuchen, ob diese durch einen Rückgriff auf bestehende Vorschriften des PQG geschlossen werden kann. 592 Daher werden die Begriffe entgegen Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 97, voraussichtlich nicht in den Interpretationen des Obersten Volksgerichts zum GdH definiert; vgl. zu den einzelnen Begriffen ausführlich Jörg Binding/Claudius Eisenberg, RIW (2010) 1, 7 m. w. N. 593 Die herrschende Meinung bezieht sich noch auf die inhaltlich gleichen Haftungstatbestände des PQG.
80
II. Produkthaftung
einheitliche Haftungsnorm für die Inanspruchnahme des Herstellers bzw. Verkäufers.594 Richtigerweise ist § 43 Abs. 1 GdH restriktiv dahingehend auszulegen, dass er lediglich auf der Rechtsfolgenseite eine gesamtschuldnerische Haftung von Hersteller und Verkäufer anordnet. Trifft den Verkäufer im Fall des § 42 Abs. 1 GdH kein Verschulden, haftet er auch nicht. Dazu passen auch die § 43 Abs. 2 und 3 GdH, die im Innenverhältnis zwischen Hersteller und Verkäufer den Regressanspruch des jeweils eintretenden Gesamtschuldners regeln. 4.
Haftung von Dritten
Das GdH enthält keine Regelung zur Haftung des Dritten.595 Gleichwohl haftet er nach der Generalklausel des § 6 Abs. 1 GdH und analog § 43 Abs. 1 GdH im Außenverhältnis gemeinsam mit Hersteller und Verkäufer als Gesamtschuldner. § 44 GdH sieht demgemäß vor, dass Hersteller und Verkäufer nach Leistung des Schadensersatzes (im Innenverhältnis) berechtigt sind, bei dem Dritten Regress zu nehmen, wenn der Fehler des Produktes aufgrund des Verschuldens des Dritten (z. B. des Spediteurs oder Lagerhalters) eingetreten ist. 5.
Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
Erstmalig in der chinesischen Produkthaftung sieht das GdH neben einem Schadensersatzanspruch auch einen vorbeugenden Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch vor. Dieser besteht gem. § 45 GdH, wenn der Fehler eines Produktes die Sicherheit des Körpers oder des Vermögens eines anderen gefährdet und berechtigt den Geschädigten vom Hersteller oder Verkäufer etwa Beseitigung der Beeinträchtigung und Gefährdung zu fordern. Der Anspruch greift bereits bei dem Vorliegen einer Gefahr (vorbeugend), d. h. bevor überhaupt ein Schaden eingetreten ist.596 Nicht ganz unproblematisch dürfte damit die Abgrenzung zum Gewährleistungsrecht sein. Insoweit werden die Interpretationen den Obersten Volksgerichts womöglich nähere Vorgaben enthalten. 6.
Produktbeobachtungspflicht
Eine große Errungenschaft für den Schutz der Verbraucher bedeutet die mit dem GdH eingeführte gesetzliche Pflicht zur Produktbeobachtung. Noch unter dem Regime des PQG fehlte eine entsprechende Norm, so dass umstritten war, ob sich ______ 594 Vgl. hierzu ausführlich Jörg Binding/Claudius Eisenberg, RIW (2010) 1, 6; unklar ist indes, weshalb der Gesetzgeber den missverständlichen § 43 Abs. 1 GdH beibehalten hat. 595 Dies ist erstaunlich, weil das GdH etwa in §§ 37 Abs. 2 und 40 Hs. 2 GdH stets eine Haftung des Dritten klarstellt. 596 In prozessualer Hinsicht stellt sich damit die Frage, ob potenziell Geschädigten eine vorbeugende Unterlassungsklage zu gewähren ist.
81
E. Besondere Haftungstatbestände
eine allgemeine Produktbeobachtungspflicht des Herstellers aus § 18 VSG analog ableiten lässt.597 § 46 Satz 1 GdH bestimmt nunmehr, dass Hersteller und Verkäufer rechtzeitig vor einem Produkt warnen, es zurückrufen und andere Maßnahmen zur Abhilfe treffen müssen, wenn nach seinem Inverkehrbringen ein Fehler festgestellt wird. Diese Verpflichtung trifft, mangels gesetzlicher Differenzierung in § 46 Satz 1 GdH, beide Anspruchsverpflichtete (Hersteller und Verkäufer) gleichermaßen. Kommen sie ihren Pflichten nicht nach, haften sie gem. § 46 Satz 2 GdH gesamtschuldnerisch verschuldensunabhängig für daraus entstehende Schäden. Das Gesetz sieht keine Beschränkung der Produktbeobachtungpflicht auf bestimmte Produktgruppen vor und gilt damit auch für Produkte, die durch Sondergesetze einer strengeren Haftung unterliegen (z. B. Arzneimittel, Medizinprodukte oder Lebensmittel). III. Straßenverkehrshaftung für Kraftfahrzeuge III. Straßenverkehrshaftung für Kraftfahrzeuge 1.
Rechtsgrundlage
Das chinesische Recht regelt die außervertragliche Haftung im Straßenverkehr umfassend im Straßenverkehrssicherheitsgesetz der VR China (SVSG).598 Für Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Kraftfahrzeugen gilt nunmehr das 6. Kapitel des GdH, während auf Verkehrsunfälle mit anderen Verkehrsteilnehmern weiter das SVSG anwendbar ist, vgl. § 48 GdH. Grundsätzlich findet sich diese Unterscheidung bereits in § 76 Abs. 1 Nr. 2 SVSG. Danach wird bei einem Verkehrsunfall zwischen einem Kraftfahrzeug und einem anderen Verkehrsteilnehmer das Verschulden des Fahrers des Kraftfahrzeugs vermutet, wohingegen das Verschulden des anderen Verkehrsteilnehmers bewiesen werden muss. Im Anschluss daran regelte der Gesetzgeber allein die Kraftfahrzeughaftung im GdH und verschärfte diese zugleich wegen der besonderen Schnelligkeit und Gefährlichkeit von Kraftfahrzeugen gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern.599 Die Aufspaltung der Straßenverkehrshaftung auf unterschiedliche Gesetze erschwert die Rechtsanwendung. Die Gewichtung der Haftungsanteile unterschiedlicher Verkehrsteilnehmer (Kraftfahrzeugfahrer, Radfahrer, Fußgänger) besitzt in der Praxis besondere Relevanz und verlangt eine Gesamtbetrachtung. Auch führen gerade Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Fußgängern oder Radfahrern zu besonders schweren Verletzungen, so dass es auch im Hinblick darauf nicht gerechtfertigt scheint, sie weniger als die der Kraftfahrzeugfahrer zu berücksichtigen.600 ______ 597 Vgl. zu § 18 VSG bereits oben B. III. 2. b); ausführlich hierzu Jörg Binding/Claudius Eisenberg, RIW (2010) 1, 7. 598 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛⭡㔘ㅜ㵉➓㦌ⳉ], verabschiedet am 28. 10. 2003, in Kraft getreten am 1. 5. 2004, zuletzt geändert am 22. 4. 2011. 599 Vgl. Yang Lixin, Auslegung GdH, 310. 600 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 98.
82
III. Straßenverkehrshaftung für Kraftfahrzeuge
Es darf daher bezweifelt werden, dass die neue Rechtslage ein Gewinn für die Rechtsanwendung bedeutet. Grundlegende haftungsrechtliche Fragen des deutschen Straßenverkehrsrechts z. B. zur Unvermeidbarkeit eines Unfalls und zur Haftungsverteilung nach Betriebsgefahr spielen in der chinesischen Jurisprudenz bisher keine Rolle und werden auch im GdH nicht behandelt.601 2.
Haftung von Versicherung, Nutzer und Eigentümer
Sind bei einem Verkehrsunfall der Eigentümer und der Nutzer eines beteiligten Kraftfahrzeugs infolge von Vermietung, Verleih oder aufgrund anderer Umstände nicht identisch, muss die Kraftfahrzeugversicherungsgesellschaft im Rahmen der Haftpflichtversicherungssumme Ersatz leisten, § 49 Satz 1 GdH.602 Ist die Versicherungssumme nicht ausreichend, haftet der Nutzer des Kraftfahrzeugs verschuldensunabhängig, § 49 Satz 2 Hs. 1 GdH.603 Der Eigentümer haftet gem. § 49 Satz 2 Hs. 2 GdH nur, wenn ihn an der Entstehung des Schadens ein Verschulden trifft. Ein Kraftfahrzeug ist gem. § 119 Nr. 3 SVSG ein Fahrzeug mit Rädern, das durch Maschinenkraft angetrieben oder gezogen wird und auf der Straße fährt sowie für den Transport von Menschen, Gegenständen oder zur Durchführung besonderer Bauarbeiten benutzt wird. Teilweise wird ohne weiteres angenommen, dass Versicherungsgesellschaft, Nutzer und Eigentümer als Gesamtschuldner haften.604 Diese Ansicht ist allerdings mit dem Gesetzeswortlaut unvereinbar. Der Nutzer und der Eigentümer des Kraftfahrzeugs haften gem. § 49 Satz 1 GdH nur, wenn die Ersatzleistung der Versicherungsgesellschaft die Schäden nicht deckt. Dabei trifft den Nutzer eine verschuldensunabhängige Haftung und den Eigentümer eine Verschuldenshaftung. Während der Nutzer des Fahrzeugs nach § 49 Satz 2 Hs. 1 GdH dabei vollumfänglich haftet, muss der Eigentümer nach § 49 Satz 2 Hs. 2 GdH nur eine „entsprechende“ Haftung übernehmen.605 Letztere wird im Einzelfall vom Richter nach dem Verschuldensgrad des Eigentümers festgelegt.606 Ein Verschulden des Eigentümers ist beispielsweise dann zu bejahen, wenn er das Kraftfahrzeug einer Person ______ 601 Vgl. dazu auch Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 99. 602 Der Eigentümer eines Fahrzeugs ist gem. § 17 SVSG verpflichtet eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung abzuschließen. Gibt es bei einem Verkehrsunfall Verletzte, dann muss nach § 75 SVSG die Kraftfahrzeugversicherungsgesellschaft die Rettungskosten im Rahmen der Haftpflichtversicherungssumme zahlen. Die Haftung der Versicherungsgesellschaft ist auch im Außenverhältnis auf den Haftungsanteil des Eigentümers des Kraftfahrzeugs beschränkt. 603 Die Haftung des Nutzers entspricht in etwa der deutschen Fahrzeugführerhaftung nach § 18 StVG. 604 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 99. 605 Wang Liming, 252 f.; Yang Lixin, 362. 606 Wang Liming, 253; Yang Lixin, 362.
83
E. Besondere Haftungstatbestände
überlassen hat, die zur Nutzung des Kraftfahrzeugs ungeeignet war und er dies auch hätte erkennen können. 3.
Haftung nach Übertragung und vor Registrierung der Eigentumsübertragung
Die Kraftfahrzeugversicherungsgesellschaft haftet wie im Fall des § 49 Satz 1 GdH, wenn ein Kraftfahrzeug zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls bereits vom Eigentümer an einen Dritten übertragen und übergeben wurde, ohne dass die Eigentumsübertragung registriert wurde, § 50 Satz 1 GdH. Deckt die Versicherungssumme den Schaden nicht, muss der Erwerber des Kraftfahrzeugs eine verschuldensunabhängige Ersatzhaftung übernehmen. Ob darüber hinaus auch die verschuldensunabhängige Haftung des Nutzers gem. § 49 Satz 2 GdH greift, regelt das Gesetz nicht und auch eine Stellungnahme in der Literatur dazu fehlt. Die Gesetzessystematik ist insoweit ambivalent.607 Für einen Ausschluss der Nutzerhaftung aufgrund nicht registrierter Eigentumsübertragung des Fahrzeugs ist aber kein Grund ersichtlich. Hingegen würde sich eine Haftung des ehemaligen Eigentümers allenfalls analog § 49 Satz 2 Hs. 2 GdH begründen lassen. Für eine solche Haftungserweiterung dürfte aber kein Bedürfnis bestehen, weil die Kraftfahrzeugversicherungsgesellschaft des alten Eigentümers und der neue Eigentümer bereits haften. 4.
Haftung des Veräußerers und Erwerbers für ein zusammengebautes oder verkehrsuntaugliches Kraftfahrzeug
Veräußerer und Erwerber eines zusammengebauten oder verkehrsuntauglichen Kraftfahrzeugs haften gem. § 51 GdH als Gesamtschuldner, wenn mit diesem Kraftfahrzeug bei einem Verkehrsunfall ein Schaden verursacht wird. Ein zusammengebautes Kraftfahrzeug ist ein Fahrzeug, das aus schrottreifen Einzelteilen gebaut wird.608 Zutreffend geht die chinesische Literatur also davon aus, dass auch dieses Fahrzeug (wie die Alternative 2 der Vorschrift) nicht verkehrstauglich ist,609 d. h. ein aus verkehrstauglichen Ersatzteilen zusammengebautes Fahrzeug ist kein Fahrzeug im Sinne der Vorschrift.610 Allein die aus der mangelnden Verkehrstauglichkeit resultierende erhöhte Betriebsgefahr rechtfertigt die strenge Haftung gem. § 51 GdH. Diese dient zur Abschreckung vor dem Handel mit verkehrsuntauglichen Fahrzeugen.611 Obgleich die haftungsrechtlichen Folgen für Verkäufer ______ 607 Zwar beginnt das 6. Kapitel mit § 49 GdH als allgemeiner Vorschrift, aber die nachfolgenden Normen könnten abschließende Regelungen enthalten. 608 Wang Shengming, 205 f. 609 Andere Ansicht (ohne Nachweis oder Begründung) offenbar Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 99. 610 Alternative 1 dient damit allein der Klarstellung und ist an sich überflüssig. 611 Wang Liming, 262.
84
III. Straßenverkehrshaftung für Kraftfahrzeuge
und Erwerber – auch unter Berücksichtigung der Abschreckungsfunktion – sehr weitgehend sein mögen, sind sie als vom Gesetzgeber gewollt hinzunehmen. Es ist anzunehmen, dass neben § 51 GdH die Haftung der Kraftfahrzeugversicherungsgesellschaft (§ 49 Satz 1 GdH) und des Nutzers (§ 49 Satz 2 Hs. 1 GdH) unberührt bleibt.612 Ansonsten könnte der Nutzer eines verkehrsuntauglichen Fahrzeugs mit diesem – ohne zivilrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen – andere Verkehrsteilnehmer schädigen. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb eine Versicherungsgesellschaft, die die Haftung für ein zusammengebautes oder verkehrsuntaugliches Kraftfahrzeug vertraglich übernommen hat, von dieser Haftung befreit werden sollte. 5.
Haftung für ein entwendetes Kraftfahrzeug
Wird mit einem entwendeten Kraftfahrzeug bei einem Verkehrsunfall ein Schaden verursacht, haftet der Entwender gem. § 52 Satz 1 GdH verschuldensunabhängig. Auch diese Vorschrift hat Abschreckungsfunktion. Übernimmt die Kraftfahrzeugversicherungsgesellschaft die Rettungskosten, ist sie berechtigt, von dem für den Unfall Verantwortlichen Regress zu fordern, § 52 Satz 2 GdH. Auch in dieser Fallgestaltung schweigt das Gesetz zur verschuldensunabhängigen Haftung des Nutzers gemäß § 49 Satz 2 Hs. 1 GdH und der Verschuldenshaftung des Eigentümers gemäß § 49 Satz 2 Hs. 2 GdH. Sollte der Entwender nicht zugleich der Nutzer sein, ist kein Grund für den Ausschluss der Nutzerhaftung ersichtlich, so dass diese zu bejahen ist. Ein Verschulden des Eigentümers an der Entstehung des Unfallschadens dürfte grundsätzlich fehlen. Eine Haftung des Eigentümers ist aber analog § 49 Satz 2 Hs. 2 GdH zuzulassen, wenn er die Entwendung des Fahrzeugs z. B. wegen mangelnder Schutzvorkehrungen schuldhaft ermöglicht hat.613 6.
Schadensersatz durch Sozialhilfefond bei flüchtigen Fahrern
Kann das Kraftfahrzeug nach einem Verkehrsunfall wegen Unfallflucht nicht identifiziert werden oder ist es nicht haftpflichtversichert,614 tritt der Sozialhilfefond für Straßenverkehrsunfälle für Kosten wegen Verletzung oder Tod des Geschädigten (z. B. Rettungs- und Beerdigungskosten) in Vorleistung. Das zuständige Verwaltungsorgan ist sodann berechtigt, von dem für den Unfall Verantwortlichen Regress zu fordern, § 53 GdH.
______ 612 Der Eigentümer (§ 49 Satz 2 Hs. 2 GdH) haftet (verschärft) bereits als Erwerber gem. § 51 GdH. 613 So auch Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 99. 614 Anderenfalls haftet die Kraftfahrzeugversicherungsgesellschaft gemäß § 53 Satz 1 GdH.
85
E. Besondere Haftungstatbestände
IV. Haftung für Schäden durch medizinische Behandlung IV. Haftung für Schäden durch medizinische Behandlung 1. Rechtsgrundlage Das Arzthaftungsrecht Chinas gehört seit Jahrzehnten zu den umstrittensten Rechtsgebieten des chinesischen Zivilrechts überhaupt. Viele grundlegende Diskussionen setzten sich auch während der Kodifizierung des GdH bis zum Schluss fort.615 Das bisherige Arzthaftungsrecht wurde vor dem Hintergrund der Planwirtschaft entworfen und war daher rechts- und gesellschaftspolitisch überholt.616 Es schützte medizinische Einrichtungen und ihr Personal weitgehend vor Schadensersatzansprüchen, weil in der Planwirtschaft die Arbeitseinheit (⭆㸜) des Geschädigten dessen Schaden auffing. Diese Haftungsbegrenzung zu Lasten der Patienten stand nicht nur einem gerechten Schadensausgleich bei fehlerhafter Behandlung entgegen, sondern befand sich auch in einem eklatanten Wertungswiderspruch zu den allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsnormen für Körperschäden (insbesondere AGZ und VG). Darüber hinaus galten als Maßstab für die Festsetzung des Schadensersatzes neben der Verordnung zu ärztlichen Behandlungsunfällen (VAB)617 die Ansichten zu Körperverletzungen, wobei letztere für Körperschäden einen höheren Schadensersatz als die VAB vorsahen. Einen Ausgleich dieser Divergenz herzustellen, stand bisher im Fokus von Rechtsprechung und Wissenschaft zum Arzthaftungsrecht.618 Mit einem separaten Kapitel des GdH zur Arzthaftung schafft der Gesetzgeber nunmehr eine einheitliche Rechtsgrundlage in der Absicht, eine klare und widerspruchsfreie Rechtsanwendung zu ermöglichen.619 Dem dient auch die Neufassung des zentralen Begriffs des ärztlichen Behandlungsfehlers.620 Nicht zuletzt ist die Reform des Arzthaftungsrechts auch dem sprunghaften Bedeutungszuwachs dieser Rechtsmaterie geschuldet.621 Mit der Regelung der Arzthaftung im GdH bleibt der Gesetzgeber den historischen Wurzeln des Arzthaftungsrechts treu und gestaltet diese Rechtsmaterie als außervertragliche und nicht (wie etwa im deutschen Recht hauptsächlich) als vertragliche Haftung aus, so dass die Haftung keinen Behandlungsvertrag voraussetzt.
______ 615 616 617 618 619 620 621
86
Vgl. dazu etwa Huang Fen, Hebei Law Science (2009/2) 17, 17. Mario Feuerstein, 144. [䄞㑧㬣⪇㏎㳖㏞], verabschiedet am 4. 4. 2002, in Kraft getreten am 1. 9. 2002. Vgl. dazu ausführlich Mario Feuerstein, 145 ff. Meng Qiang, Law Science Magazine (2009/6) 23, 23. Vgl. dazu unten E. IV. 2. a) (3). Nach Statistik des Obersten Volksgerichts werden landesweit im Durchschnitt pro Jahr 50.000 Klagen anhängig wegen ärztlichen Behandlungsunfällen, http://news.sina.com.cn/o/ 2009-03-06/035915266619s.shtml, wobei sich die Zahl jährlich vervierfacht. So wurden z. B. beim Bezirksgericht Haidian (Stadt Peking) im Jahre 1999 lediglich neun Klagen erhoben, während die Anzahl im Jahre 2008 bereits 200 erreichte, vgl. Volksgericht Haidian (Stadt Peki ng), Journal of Law Application (2008/7) 62, 62.
IV. Haftung für Schäden durch medizinische Behandlung
2.
Haftung der medizinischen Einrichtung
a)
Haftungstatbestand
Das neue Arzthaftungsrecht rückt für ärztliche Behandlungsfehler die Haftung der medizinischen Einrichtung in den Fokus der Verantwortung. Diese haftet für Behandlungsfehler (Schäden bei Untersuchung oder Behandlung), wenn durch ihr Verschulden (§ 54 Alt. 1 GdH) oder das Verschulden ihres medizinischen Personals (§ 54 Alt. 2 GdH) der Patient geschädigt wird. Aus § 54 GdH leitet die herrschende Meinung im Umkehrschluss einen Ausschluss der Haftung des medizinischen Personals nach den allgemeinen Vorschriften ab.622 Zur Begründung kann diese Ansicht auf die Parallele zur Haftung der Arbeitseinheit gem. § 34 GdH verweisen, die eine Haftung des Arbeitnehmers verdrängt.623 Gleichwohl ist eine Haftungsprivilegierung des medizinischen Personals mit dem Ziel eines verbesserten Patientenschutzes kaum vereinbar und nach der Gesetzessystematik keineswegs zwingend.624 Da der privatärztlichen Versorgung in China bisher nur eine geringe praktische Bedeutung zukommt, hat der Gesetzgeber wohl auf eine explizite Regelung für die Haftung von Ärzten, die keiner medizinischen Einrichtung angehören, verzichtet. Diese haften unmittelbar bei Verschulden nach allgemeinen Vorschriften, insbesondere nach § 6 Abs. 1 GdH.625 Im Ergebnis läuft dies auf eine Haftungsprivilegierung der Ärzte medizinischer Einrichtungen gegenüber Privatärzten hinaus, für die es keine tragfähige sachliche Begründung gibt. Es wird sich zeigen, ob diese Haftungsprivilegierung vor dem Hintergrund einer schnell wachsenden privatärztlichen Versorgung in Zukunft haltbar bleibt.626 (1)
Medizinische Einrichtung
Eine medizinische Einrichtung ist eine Institution, die medizinische Dienstleistung anbietet und eine Lizenz dazu besitzt.627 Zu medizinischen Einrichtungen zählen z. B. Krankenhäuser, Kliniken und Erste-Hilfe-Zentren. (2)
Medizinisches Personal
§ 54 GdH stellt auf den Begriff des medizinischen Personals ab. Dieser findet sich bereits in § 2 Methoden zur Regelung von ärztlichen Behandlungsfehler628 (MRÄB) und ______ 622 Gert Brüggemeier, Assets & Liabilities (2010/2) 12, 16; Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 593 f.; Xi Xiaoming, 389. 623 Gert Brüggemeier, Assets & Liabilities (2010/2) 12, 16; siehe dazu oben D. II. 1. 624 Kritisch auch Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 100. 625 Xi Xiaoming, 389; ein Ausschluss der allgemeinen Haftung durch die Haftung der medizinischen Einrichtung kommt hier nicht in Betracht. 626 Z. B. steigt die Zahl privater Zahnärzte und Schönheitschirurgen in den großen Städten Chinas rapide an, vgl. Deng Lin, http://news.sohu.com/20070319/n248805038.shtml. 627 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 593; Xi Xiaoming, 386. 628 [䄞㑧㬣⪇㏎⟍ⳉ] vom 29. 6. 1987.
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E. Besondere Haftungstatbestände
wurde vom Ministerium für Gesundheit der VR China in § 1 Erläuterungen zu einigen Fragen der MRÄB629 (EUM) näher definiert. Danach unterfallen dem medizinischen Personal nicht nur die zur medizinischen Behandlung zugelassenen Ärzte und das Pflegpersonal, sondern auch die Verwaltungskräfte sowie andere Servicekräfte. Richtigerweise lehnte das Schrifttum die Definition der EUM bereits vor Verabschiedung des GdH als zu weit ab630 und subsumiert lediglich Ärzte (einschließlich Ärzte im Praktikum), Pharmazeuten und Pflegepersonal unter den Begriff des medizinischen Personals.631 Zu dieser wichtigen Frage werden die Interpretationen des Obersten Volksgerichts sicher alsbald Klarheit bringen. (3)
Behandlungsfehler
Der Begriff des Behandlungsfehlers ist im chinesischen Haftungsrecht ebenfalls bereits bekannt. Allerdings wurde der Begriff in § 2 MRÄB sehr eng definiert und nahm damit weitreichende Haftungslücken in Kauf.632 Auch ohne ausdrückliche Legaldefinition lässt sich erkennen, dass das GdH von diesem engen Verständnis abgerückt ist. Aus § 57 GdH folgt, dass ein haftungsauslösender Behandlungsfehler vorliegt, wenn medizinisches Personal während der Untersuchung oder Behandlung den Untersuchungs- oder Behandlungspflichten nicht vollständig nachkommt, die dem Behandlungsniveau zu dieser Zeit entsprechen.633 Obgleich eine nähere Auslegung der Rechtsprechung obliegt, schließt der Gesetzgeber mit der neuen Ausgestaltung des Begriffs bereits erkennbar die Regelungslücken der bisherigen Rechtslage. Vor dem Hintergrund, dass sich medizinische Einrichtungen oder ihr Personal in China mitunter Gewinne erschleichen, indem sie Patienten zu unnötigen ärztlichen Maßnahmen anhalten und den Patienten damit erhebliche Schäden an Eigentum, Körper und Gesundheit zufügen,634 stellt § 63 GdH klar, dass unnötige Untersuchungen unter Verstoß gegen Untersuchungs- oder Behandlungsstandards nicht erlaubt sind. Dogmatisch lässt sich diese Vorschrift nur als nähere Bestimmung des Begriffs des Behandlungsfehlers einordnen. Dem Wortlaut nach werden indes auch harmlose Behandlungen und kosmetische Eingriffe auf Wunsch des Patienten erfasst. Im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ist die Norm insofern restriktiv auszulegen.635 ______ 629 [䇻᱗䄞㑧㬣⪇㏎⟍ⳉ᱘㧕ⶪ㸫㳃⭥㯖㘘] vom 10. 5. 1988. 630 Zu beachten ist, dass die EUM keine Bindungswirkung gegenüber Gerichten entfalten, vgl. dementsprechend zur Bindungswirkung von Interpretationen des Obersten Volksgerichts ausführlich Jörg Binding, ZVglWiss 109 (2010) 153, 160. 631 Gu Jinxian, 60; Wang Liming, 274; Xi Xiaoming, 387. 632 Ausführlich zur Problematik Mario Feuerstein, 143 m. w. A. 633 Vgl. zu den Sorgfaltspflichten im Einzelnen unten E. IV. 2. b) (2). 634 Vgl. dazu Xinhua Net, http://www.sd.xinhuanet.com/news/2010-08/11/content_20587998_ 1.htm, in dem von einer kostspieligen aber überflüssigen HIV-Untersuchung bei einem einjährigen Baby vor einer Operation berichtet wird. 635 Entscheiden sich Patienten bewusst zu einer unnötigen Behandlungsmaßnahme könnte bereits das Merkmal „anhalten“ (䄋㤔) nicht erfüllt sein.
88
IV. Haftung für Schäden durch medizinische Behandlung
b)
Verschulden
(1)
Verschuldensfiktion
Die medizinische Einrichtung haftet einerseits für eigenes Verschulden und andererseits verschuldensunabhängig für das Verschulden ihres medizinischen Personals. Hinsichtlich des Verschuldens der medizinischen Einrichtung enthält § 58 GdH eine unwiderlegbare Verschuldensvermutung, soweit einer der folgenden Umstände vorliegt: (1) Verletzung von Gesetzen, Verwaltungsrechtnormen, Regeln oder anderen Bestimmungen zu medizinischen Untersuchungs- und Behandlungsnormen; (2) Verheimlichung von medizinischen Unterlagen, die Streitigkeiten betreffen oder Weigerung, diese herauszugeben; (3) Fälschung, Verfälschung oder Vernichtung medizinischer Unterlagen. Die Nrn. 2–3 adressieren das in China allgegenwärtige Problem der Patienten, dass ärztlichen Berichte, Krankenakten und andere medizinischen Unterlagen nicht angelegt bzw. nicht angemessen aufbewahrt werden.636 Die Regelung ist aus Gründen des verbesserten Rechtsschutzes für Patienten daher unbedingt zu begrüßen. § 58 Nr. 2 GdH knüpft an die Verpflichtung der medizinischen Einrichtung und ihres medizinischen Personals aus § 61 GdH an, Krankenakten und andere medizinische Unterlagen637 nach Maßgabe der Bestimmungen anzulegen und angemessen aufzubewahren.638 Zutreffend stellt die Vorschrift allerdings auf ein Verschulden der medizinischen Einrichtung und nicht des medizinischen Personals ab, weil die aufgeführten Handlungen auch durch nicht medizinisches Personal vorgenommen werden können. Im Ergebnis geht § 58 GdH damit über die Dokumentationspflichten des medizinischen Personals hinaus.639 § 58 GdH sieht keine generelle Verschuldensvermutung vor, so dass für andere Verschuldensfälle keine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten greift. Allerdings dürfte § 4 Abs. 1 Nr. 8 Auslegung des Obersten Volksgericht zu Beweismitteln im Zivilprozess640 weiterhin Anwendung finden. Danach muss die medizinische Einrichtung den Negativbeweis für die fehlende Kausalität zwischen ärztlicher Handlung und Schaden führen.
______ 636 Vgl. zu dieser Problematik das Urteil des Mittleren Volksgerichts der Stadt Zhuzhou (Provinz Hunan) vom 16. 8. 2011, http://vip.chinalawinfo.com/newlaw2002/slc/SLC.asp?gid=117860 489. 637 § 61 GdH nennt ferner beispielhaft ärztliche Verordnungslisten, Prüfberichte, Protokolle über Behandlungskosten, Pflege, Operationen und Narkosen sowie Pathologieunterlagen. 638 § 61 Abs. 2 GdH gibt den Patienten einen Anspruch auf Einsicht und Kopie der medizinischen Unterlagen. 639 Dogmatisch bemerkenswert ist freilich, dass die Handlungen aus Nr. 2 und 3 dem Schadenseintritt nachfolgen und damit für diesen nicht kausal sein können. 640 [䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻㘒㬣㰀㯰䐅㈾⭥㧕ⶪ⺇Ⰹ] vom 21. 12. 2001.
89
E. Besondere Haftungstatbestände
Liegt ein Mitverschulden des Patienten vor, kann dieses zu einem Ausschluss der Haftung der medizinischen Einrichtung führen. Das GdH regelt diese Sachverhalte mit § 60 GdH in einer gesonderten Vorschrift.641 (2)
Sorgfaltsmaßstab für Fahrlässigkeit des medizinischen Personals
Für fahrlässiges Verschulden des medizinischen Personals gibt § 57 GdH einen Sorgfaltsmaßstab vor.642 Maßgeblich ist danach der „Stand der Medizin“ zum Zeitpunkt der Untersuchung oder Behandlung.643 Das medizinische Personal schuldet eine am aktuellen Stand der Wissenschaft orientierte Untersuchung oder Behandlung und muss sich auf seinem Fachgebiet stetig fortbilden.644 Im Übrigen gelten für die Beurteilung der Fahrlässigkeit die allgemeinen Kriterien.645 3.
Haftung der medizinischen Einrichtung bei Aufklärungspflichtverletzung
a)
Haftungstatbestand
Nach § 55 Abs. 1 GdH hat das medizinische Personal umfassende Aufklärungspflichten gegenüber dem Patienten zu erfüllen. Verstößt das medizinische Personal gegen die Aufklärungspflichten und wird der Patient dadurch geschädigt, haftet die medizinische Einrichtung gem. § 55 Abs. 2 GdH verschuldensunabhängig auf Schadensersatz. Die Vorschrift ist als eigenständige Haftungsnorm zu werten, weil ein Verstoß gegen eine Aufklärungspflicht nicht zwingend einen Untersuchungs- oder Behandlungsfehler darstellt.646 Die Aufklärung muss nicht durch den behandelnden Arzt erfolgen, sondern kann auch vom Pflegepersonal übernommen werden.647 Soweit die Problematik in der Literatur vereinzelt angesprochen wird, soll ein den Körper verletzender Eingriff unter Verstoß gegen die Aufklärungspflicht für eine haftungsbegründende Schädigung gem. § 55 Abs. 2 GdH ausreichen, so dass ein Behandlungsfehler nicht hinzukommen muss.648 Die Frage, welche Anforderungen an die Kausalität im Sinne der Norm zu stellen sind, wurde im chinesischen Recht noch nicht diskutiert und ist damit noch unklar.649 ______ 641 Vgl. dazu unten E. IV. 6. 642 Auch wenn die Vorschrift auf den ersten Blick als Anspruchsgrundlage formuliert sein mag, regelt sie den Sorgfaltsmaßstab und stellt nach Systematik und Normzweck selbst keine Haftungsnorm dar. 643 Für den Fahrlässigkeitsbegriff der EUM ist daneben kein Raum. 644 Yang Lixin, Studie über die Haftung für medizinische Behandlung, 150. 645 Vgl. dazu ausführlich oben B. VI. 2. b). 646 Die dogmatische Einordnung der Aufklärungspflicht bleibt allerdings unklar, insbesondere ihr Bezug zur Einwilligung erklärt sich aus dem Gesetz nur indirekt. 647 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 592; vgl. zum Begriff des medizinischen Personals oben E. IV. 2. a) (2). 648 Vgl. Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 607. 649 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 100 f. weisen an dieser Stelle auf die umfangreiche deutsche Rechtsprechung zur Problematik hin.
90
IV. Haftung für Schäden durch medizinische Behandlung
b)
Umfang der Aufklärungspflichten
Die Vorschrift differenziert beim Umfang der Aufklärungspflicht zwischen Untersuchungen und Behandlungen (§ 55 Abs. 1 Satz 1 GdH) einerseits sowie Operationen, besonderen Untersuchungen und besonderen Behandlungen (§ 55 Abs. 1 Satz 2 GdH) andererseits. Danach erfordert jede medizinische Untersuchung und Behandlung eine Aufklärung zu Diagnose und Therapie, während im Fall von Operationen sowie besonderen Untersuchungen und besonderen Behandlungen zusätzlich Behandlungsrisiken, alternative Behandlungsmethoden und sonstige Umstände650 einbezogen werden müssen. Aus der gesetzlichen Unterscheidung ergibt sich die Frage, wie die Alternativen aus § 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 GdH voneinander abzugrenzen sind. Noch in der 2. Lesung des GdH hat der Gesetzgeber statt „Untersuchungen und Behandlungen“ den Begriff der „Standardbehandlung“ verwendet. Im Gegensatz dazu sind „besondere Untersuchungen und besondere Behandlungen“ solche, die nicht lege artis sind oder invasive Eingriffe erfordern.651 Derzeit ist allerdings offen, nach welchen Kriterien die Rechtsprechung die Begriffe definieren wird. Das Gesetz schreibt allerdings (auch für Operationen sowie besondere Untersuchungen und besondere Behandlungen) keine bestimmte Form der Aufklärung vor, so dass eine mündliche Aufklärung ausreichend ist.652 Auch fehlt eine Regelung darüber, wann eine Aufklärung zu erfolgen hat. Es darf wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufklärung vor der Untersuchung und Behandlung erfolgen muss, weil sich anderenfalls das Selbstbestimmungsrecht des Patienten nicht gewährleisten ließe. Auch lässt sich dies hinsichtlich der Operation, besonderen Untersuchung und besonderen Behandlungen aus dem Merkmal „rechtzeitig“ (ゑ㬒) schließen. c)
Aufklärung unangebracht
Ist die Aufklärung des Patienten unangebracht, muss gem. § 55 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GdH das medizinische Personal die nahen Angehörigen des Patienten aufklären. Unter welchen Voraussetzungen eine Aufklärung „unangebracht“ ist, definiert das Gesetz indes nicht. Die Vorschrift dürfte zunächst medizinisch indizierte Fälle im Blick haben, in denen sich die Lage des Patienten durch die Aufklärung verschlechtern würde, z. B. bei einem Schockzustand. Eine Aufklärung dürfte auch generell bei geschäftsunfähigen Patienten unangebracht sein, während bei minderjährigen Patienten auf ihre Einsichtsfähigkeit im Einzelfall abgestellt werden könnte. Jedenfalls ist aber nach der Gesetzeslogik eine Aufklärung nicht erst in Fällen unangebracht, in denen sogar eine Einwilligung nach § 56 GdH nicht mehr eingeholt ______ 650 Die „sonstigen Umstände“ ergeben sich aus dem Einzelfall. Maßgeblich dürfte vor allem das Risiko einer Operation, besonderen Untersuchung oder besonderen Behandlung für den Patienten sein. 651 Im Ergebnis ebenso Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 100. 652 Für die Einwilligung ist dagegen Schriftform vorgesehen, vgl. dazu unten E. IV. 4. b).
91
E. Besondere Haftungstatbestände
werden muss. Wäre die Aufklärung nur in diesen Fällen unangebracht, würde die Vorschrift auch die Aufklärungspflicht regeln. 4.
Haftung der medizinischen Einrichtung bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur Einholung einer Patienteneinwilligung
a)
Haftungstatbestand
§ 55 Abs. 1 GdH regelt die Pflicht des medizinischen Personals zur Einholung einer Einwilligung des Patienten.653 Verstößt das medizinische Personal dagegen und wird ein Patient dadurch geschädigt, haftet gem. § 55 Abs. 2 GdH die medizinische Einrichtung verschuldensunabhängig auf Schadensersatz. Auch diese Vorschrift ist als eigenständige Anspruchsgrundlage zu qualifizieren.654 Zu Schaden und Kausalität sei auf die obigen Ausführungen verwiesen.655 Nach der Systematik des § 55 Abs. 1 GdH, der nur in Satz 2 für Operationen, besondere Untersuchungen oder besondere Behandlungen eine Einwilligung vorschreibt, scheint bei einer (gewöhnlichen) Untersuchung und Behandlung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 GdH eine Einwilligung nicht erforderlich. Diese Regelung widerspricht aber dem Gedanken des Patientenschutzes. Auch erscheint die Unterscheidung zwischen Untersuchung und Behandlung einerseits und einer besonderen Untersuchung und besonderen Behandlung andererseits kein hinreichendes Kriterium für oder gegen eine Einwilligung. Desgleichen spricht die Regelung des § 56 GdH für die Erforderlichkeit einer Einwilligung auch im Fall des § 55 Abs. 1 Satz 1 GdH. Die Vorschrift bringt die besondere Bedeutung der Einwilligung für den Patientenschutz zum Ausdruck, wonach eine Einwilligung nur in eng begrenzten Ausnahmenfällen entbehrlich ist.656 Ist die Einwilligung des Patienten unangebracht, muss das medizinische Personal gem. § 55 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GdH – korrespondierend zur Aufklärungspflicht – die Einwilligung der nahen Angehörigen einholen.657 b)
Voraussetzungen der Einwilligung
Die Einwilligung des Patienten bzw. der nahen Angehörigen bedarf gem. § 55 Abs. 1 Satz 2 GdH der Schriftform. Für den Zeitpunkt der Einwilligung lässt sich aus § 56 GdH schließen, dass diese vor der (besonderen) Untersuchung, der (besonderen) Behandlung oder der Operation eingeholt werden muss. ______ 653 Im Hinblick darauf, dass die Pflicht zur Einholung einer Einwilligung des Patienten und die Pflicht zur Aufklärung des Patienten zwei Dinge sind, wäre eine getrennte Regelung klarer, zumal auch § 56 GdH nur für die Pflicht zur Einholung der Einwilligung gilt. 654 Vgl. zu den Gründen oben E. IV. 3. a); offen bleibt aber auch hier die dogmatische Einordnung der Einwilligung, vgl. dazu im Einzelnen oben B. V. 3. 655 Vgl. oben E. IV 3. a). 656 Wang Liming, 280 f. 657 Vgl. zum Merkmal der Unangebrachtheit oben E. IV. 3. c).
92
IV. Haftung für Schäden durch medizinische Behandlung
c)
Entbehrlichkeit der Einwilligung
Ist es nicht möglich, die Einwilligung des Patienten oder seiner nahen Angehörigen wegen Lebensgefahr für den Patienten oder anderer dringender Umstände (Unaufschiebbarkeit des Eingriffs) einzuholen, können gem. § 56 GdH entsprechende Behandlungsmaßnahmen sofort ergriffen werden, wenn die Verantwortlichen der medizinischen Einrichtung oder die dazu ermächtigten Verantwortlichen (㬻㦉⭥䋑㦬) diese genehmigen. Welche Anforderungen an die Genehmigung zu stellen sind, regelt die Vorschrift allerdings nicht. Als Ausnahmeregelung, die sich im Interesse des Patienten über dessen Selbstbestimmungsrecht hinwegsetzt, ist die Norm eng auszulegen. Danach dürfte nur bei Unansprechbarkeit des Patienten oder Unaufschiebbarkeit der Maßnahme eine Entbehrlichkeit der Einwilligung anzunehmen sein.658 5.
Haftung für fehlerhafte Arzneimittel und Medizinprodukte
Wird ein Patient durch fehlerhafte Arzneimittel, Desinfektionsmittel, medizinische Geräte oder die Infusion nicht normgemäßen (verunreinigten) Blutes geschädigt, kann der Patient gem. § 59 Satz 1 GdH sowohl von dem Hersteller bzw. dem Blutversorgungsanbieter als auch von der medizinischen Einrichtung Schadensersatz fordern. Hersteller, Blutversorgungsanbieter und medizinische Einrichtung haften verschuldensunabhängig und im Außenverhältnis als Gesamtschuldner (§ 13 GdH). Im Innenverhältnis kann die medizinische Einrichtung, soweit sie vom Patienten in Anspruch genommen wurde, von den primär Verantwortlichen (Hersteller oder Blutversorgungsanbieter) gem. § 59 Satz 2 GdH Regress (䓘⧆) verlangen. Die Haftung für Arzneimittel und Medizinprodukte gehört systematisch zur Produkthaftung.659 Daher sind die produkthaftungsrechtlichen Begriffe grundsätzlich auch hier anwendbar, soweit sie nicht durch Sonderbestimmungen verdrängt werden. Eine differenziertere gesetzliche Regelung, die den zahlreichen Besonderheiten der Arzneimittel- und Medizinproduktehaftung Rechnung trägt,660 wäre hier wünschenswert gewesen. Die systematische Zugehörigkeit des § 59 GdH zur Produkthaftung verdeutlicht zudem, dass die Haftung der medizinischen Einrichtung überzogen ist, weil sie für die Entwicklung und Herstellung dieser Produkte nicht verantwortlich ist.661 Auch den Hersteller von Arzneimitteln und Medizinprodukten trifft eine Pro-
______ 658 Wang Liming, 280; Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 101 m. w. A. 659 Die Vorschrift hätte daher wohl auch besser ins 5. Kapitel GdH zur Produkthaftung gepasst. 660 Vgl. Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 101 m. w. A. 661 Im Ergebnis ebenso Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 101.
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E. Besondere Haftungstatbestände
duktbeobachtungpflicht gem. § 46 GdH,662 weil eine Sonderbestimmung für die Arzneimittel- und Medizinprodukthaftung fehlt. 6.
Haftungsausschlusstatbestände
Eine Haftung der medizinischen Einrichtung ist gem. § 60 Abs. 1 GdH in den folgenden drei Fällen ausgeschlossen: (1) Der Patient oder seine nahen Angehörigen kooperieren bei der notwendigen Behandlung nicht mit der medizinischen Einrichtung; (2) Das medizinische Personal erfüllt bei der Behandlung von Patienten, die sich in Lebensgefahr oder in sonstigen Notfällen befinden die angemessenen Behandlungspflichten; (3) Behandlungen, die aufgrund des zum Behandlungszeitpunkt eingeschränkten Stands der Medizin nur schwer möglich waren. Der Haftungsausschluss bezieht sich systematisch sowohl auf die Haftung des medizinischen Personals, als auch auf die Haftung für die Arzneimittel und Medizinprodukte. Auf letztere sind die Ausschlussgründe aber nicht zugeschnitten. Zudem dürfte in den Fällen der Nr. 2 und 3 schon begrifflich kein Behandlungsfehler nach § 54 Alt. 1 GdH vorliegen oder jedenfalls ein Verschulden abzulehnen sein.663 Auch im Fall der Nr. 1 i. V. m. § 60 Abs. 2 GdH ist bereits nach allgemeinen Grundsätzen (§ 26 GdH) eine Haftung wegen Mitverschuldens des Geschädigten zu mindern oder sogar auszuschließen.664 Damit kommt der Vorschrift nach näherer Betrachtung nur eine klarstellende Funktion zu. Während die chinesische Literatur diese Fragen nicht erörtert, diskutiert sie hingegen, ob neben § 60 GdH die allgemeine Regelung zur höheren Gewalt gem. § 29 GdH anwendbar ist.665 7.
Haftung wegen Verstoß gegen Geheimhaltungspflichten
Nach § 62 Satz 1 GdH sind medizinische Einrichtungen und ihr medizinisches Personal verpflichtet, die Privatsphäre der Patienten zu wahren. Verstoßen sie gegen die Geheimhaltungspflicht, z. B. indem sie private Informationen oder die Behandlungsakten eines Patienten bekannt machen, und wird der Patient dadurch geschädigt, haften die medizinische Einrichtung und ihr medizinisches Personal verschuldensunabhängig.666 Freilich liegt bei Veröffentlichung mit Einwilligung des Patienten kein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht vor (§ 62 Satz 2 GdH). Dem Wortlaut zufolge gewährt die Vorschrift Ersatz für einen immateriellen Schaden. Ausreichend ist danach allein schon die Verletzung der Privatsphäre. Die Schadenhöhe dürfte sich prioritär nach der Eingriffsintensität bemessen. ______ 662 663 664 665 666
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Vgl. dazu ausführlich oben E. II. 6. Vgl. Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 101. Vgl. dazu oben B. IX. 1. a). Die herrschende Meinung bejaht dies, vgl. Xi Xiaoming, 423; Yang Lixin, Auslegung GdH, 422. Wang Shengming, 249 f.
V. Haftung für Umweltverschmutzung
V. Haftung für Umweltverschmutzung V. Haftung für Umweltverschmutzung Das grundlegende Gesetz Chinas für den Schutz der Umwelt ist das Umweltschutzgesetz der VR China667 (USG) mit § 41 USG (i. V. m. § 124 AGZ) als zentraler Haftungsnorm. Daneben bestehen allerdings zahlreiche Spezialgesetze wie z. B. das Gesetz der VR China über Vorbeugung und Regulierung der Luftverschmutzungen668, das Gesetz der VR China über maritimen Umweltschutz669 und das Gesetz der VR China über Vorbeugung und Regulierung der Wasserverschmutzungen670 (GVBWV) jeweils mit eigenen Haftungstatbeständen. Aus diesem unübersichtlichen Normengeflecht671 umweltrechtlicher Haftungsnormen hat die chinesische Literatur normübergreifende einheitliche Voraussetzungen für die Umwelthaftung entwickelt.672 Diese Dogmatik greift der Gesetzgeber mit dem 8. Kapitel des GdH auf und führt die Umwelthaftung in einem umfassend Haftungstatbestand zusammen. 1.
Haftungstatbestand
Nach § 65 GdH haftet aus Delikt, wer die Umwelt verschmutzt und dadurch einen Schaden verursacht. Während § 124 AGZ noch auf die Verletzung von Umweltbestimmungen abstellt,673 verzichtet § 65 GdH – wie bereits § 41 USG – auf dieses Merkmal.674 Die Generalklausel ist als reine Kausalhaftung ausgestaltet und geht damit weit über die Haftung nach den AGZ aber auch nach dem USG hinaus.675 Ferner erwähnt § 65 GdH im Unterschied zu § 41 USG den Geschädigten nicht.676 Daraus wird mitunter abgeleitet, dass § 65 GdH auch reine Umweltschäden (Kollektivschäden) erfasse.677 Diese Auffassung ist aber mit der klaren Ausrichtung des GdH auf den Individualrechtschutz nicht vereinbar. Letzterer kommt auch im Wortlaut des § 65 GdH zum Ausdruck, der auf eine Rechtsverletzung abstellt und damit inzident Bezug auf die Individualrechte gem. § 2 GdH nimmt. Mangels ei______ 667 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㈔⡄⿅ⳉ], verabschiedet und in Kraft getreten am 26. 12. 1989. 668 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛⫔㡙㸼㦟ⳡ䐯ⳉ], verabschiedet am 29. 4. 2000, in Kraft getreten am 1. 9. 2000. 669 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛⼄䂔㈔⡄⿅ⳉ], verabschiedet am 25. 12. 1999, in Kraft getreten am 1. 4. 2000. 670 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㯏㸼㦟ⳡ䐯ⳉ], verabschiedet am 28. 2. 2008, in Kraft getreten am 1. 6. 2008. 671 Es existieren sechs Umweltschutzgesetze, zehn einschlägige Ressourcengesetze sowie über 30 Umweltschutzvorschriften und mehr als 90 Umweltschutzregeln. Einen kurzen Überblick gibt Frank Münzel, Chinas Recht VI.5, 26.12.89/1, Anm. 16. 672 Mario Feuerstein, 221; Zhang Xinbao, 372 f. 673 § 124 AGZ lautet: „Wer gegen die staatlichen Bestimmungen zum Schutz der Umwelt und zur Verhinderung von Verschmutzung verstößt [. . .], muss gemäß dem Gesetz die zivilrechtliche Haftung übernehmen.“ 674 Vgl. vorher die Diskussion ob jede Schädigung der Umwelt die Voraussetzung des § 124 AGZ erfüllt (so die herrschende Meinung) oder die Vorschrift weiterhin einen Verstoß gegen besondere staatliche Umweltbestimmungen erfordert, Mario Feuerstein, 224 m. w. A. 675 Gert Brüggemeier, Assets & Liabilities (2010/2) 12, 16, fragt dazu „ineffizienter Rechtsschutz durch haftungsrechtlichen Overkill?“. 676 In § 41 USG sind dies Einheiten und Einzelne. 677 Yang Lixin, Auslegung GdH, 430; Gert Brüggemeier, Assets & Liabilities (2010/2) 12, 16.
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E. Besondere Haftungstatbestände
nes Individualschadens kann ein Bürger also z. B. nicht, unter Berufung auf § 65 GdH, gegen die Ausbreitung der Wüste Gobi oder das Aussterben der Tiger in China klagen. Das Merkmal des Geschädigten muss folglich im Wege der ergänzenden Auslegung des § 65 GdH mitgelesen werden.678 Haftungssubjekt kann jede natürliche oder juristische Person sein. Eine Beschränkung auf die Arbeitseinheit (⭆㸜) ist rechtspolitisch überholt und lässt sich auch nicht mit der besonderen Systematik der Umweltschutzgesetze begründen.679 a)
Umwelt
Eine Legaldefinition des Begriffs „Umwelt“ liefert § 2 USG. Danach ist Umwelt umfassend zu verstehen als die Gesamtheit natürlicher und künstlicher Faktoren aller Art, welche Existenz und Entwicklung der Menschheit beeinflussen. Beispielhaft nennt die Definition Atmosphäre, Wasser, Meer, Boden, Bodenschätze, Wälder, Grasland, wilde Lebewesen, natürliche und künstliche Relikte, Naturschutzgebiete, berühmte und schöne Landschaften, Städte und Dörfer. b)
Verschmutzung
Eine gesetzliche Definition für den Begriff der „Verschmutzung“ der Umwelt fehlt hingegen. Dem Schrifttum zufolge liegt eine Verschmutzung vor, wenn sich die Umwelt durch menschliches Verhalten so nachteilig verändert hat, dass Existenz oder Gesundheit der Menschen oder des Ökosystems gestört werden.680 Unter Hinweis auf § 24 USG wurde teilweise in der Literatur vertreten, dass nur Verschmutzungen durch Immissionen681 von § 41 USG erfasst seien.682 Die herrschende Meinung lehnte diese Einschränkung ab und bezog auch die Umweltzerstörung (z. B. durch Abholzung mit der Folge von Sandstürmen, Überschwemmungen oder Klimawandel) in die Haftung gem. § 41 USG mit ein.683 Unter dem Regime des GdH dürfte sich diese Diskussion erübrigen, weil sich aus dem Wortlaut des § 65 GdH eine Beschränkung des Verschmutzungsbegriffs auf Immissionen nicht ergibt.684 Ob aber tatsächlich jegliches umweltschädliches Verhalten im Sinne einer Kausalhaftung haftungsauslösend sein soll oder in Zukunft doch wieder auf die Verletzung von konkretisierenden Umweltbestimmungen abzustellen sein wird,685 bleibt abzuwarten.
______ 678 679 680 681 682 683 684 685
96
Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 649. So aber zum USG noch Mario Feuerstein, 226. Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 638; Wang Shengming, 258. § 24 USG nennt Abgase, Abwässer, Rückstände, Staub, übelriechende Gase, strahlende Substanzen, Geräusche, Erschütterungen sowie elektromagnetische Wellen und Strahlungen. Liu Shiguo, 207. Zhang Xinbao, 372. Vgl. oben E. V. 1. a). So Gert Brüggemeier, Assets & Liabilities (2010/2) 12, 16 f.
V. Haftung für Umweltverschmutzung
2.
Beweislastumkehr
Da das USG keine Regelung zur Beweislastverteilung in Schadensersatzprozessen wegen Umweltverschmutzung enthält, war der Rechtsprechung zufolge § 74 Nr. 3 Ansichten des Obersten Volksgerichts zum Zivilprozessgesetz686 einschlägig. Danach braucht der Kläger alle Haftungstatsachen nur darzulegen, während den Beklagten die volle Beweislast für das Nichtvorliegen der Tatsachen trifft. Der Literatur ging diese pauschale Beweislastumkehr der Rechtsprechung zu weit.687 Auch die Beweislastregel des § 66 GdH sieht dementsprechend keine generelle Beweislastumkehr vor, sondern nur für die Kausalität zwischen Verschmutzung und Schaden. Der Geschädigte muss also nach allgemeinen Grundsätzen Verschmutzung und Schaden darlegen und beweisen, während der Schädiger den Negativbeweis für die fehlende Kausalität zwischen beiden zu erbringen hat. Die Beweislastumkehr ist mit Rücksicht darauf gerechtfertigt, dass der Geschädigte ohne Einsicht in die Produktions- und Betriebsabläufe des Schädigers den Kausalitätsnachweis kaum erbringen kann.688 Des Weiteren sieht § 66 GdH vor, dass der Schädiger die Voraussetzungen für Haftungsausschluss und -minderungsgründe zu beweisen hat.689 Mit dieser Beweislastregel bleibt der Gesetzgeber aber bei dem allgemeinen Grundsatz, dass jede Partei die für sie günstigen Umstände darlegen und beweisen muss. Die Regelung ist also insoweit von klarstellender Natur. 3.
Mehrzahl von Verschmutzern
Verschmutzen mehrere Personen die Umwelt, bestimmt sich gem. § 67 GdH der Haftungsanteil jedes Verschmutzers nach seinem Verursachungsbeitrag, z. B. der Art des Schadstoffs oder der Emissionsmenge. Mit dieser Vorschrift kodifiziert der Gesetzgeber im Wesentlichen die existierende Rechtsprechung, die eine Quotenhaftung beim Vorliegen einer Mehrzahl von Verschmutzern vorsah.690 Aus der Sicht des deutschen Rechts argumentierend wird vereinzelt die Regelung dennoch als Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung mit einem Ausgleich im Innenverhältnis verstanden.691 Der Wortlaut schreibt aber klar eine Quotenhaftung der Verschmutzer im Außenverhältnis vor.692 Auch ordnet das GdH in dem vergleichbaren Sachverhalt der Nebentäterschaft (§ 12 GdH)693 eine Quoten______ 686 687 688 689
690 691 692 693
[䔏ⷀ㦬㘒ⳉ䊛䇻㬫䇤᱗䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㘒㬣㰀㯰ⳉ᱘㧕ⶪ㸫㳃⭥䅃ボ] vom 14. 7. 1992. Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 654 f. Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 102. Die Haftungsausschluss- und -minderungsgründe finden sich im GdH und in den umweltrechtlichen Spezialgesetzen, z. B. §§ 26, 27 GdH (Mitverschulden bzw. Vorsatz des Geschädigten), § 29 GdH (höhere Gewalt), § 41 Abs. 3 USG (höhere Gewalt), § 85 GVBWV (Naturkatastrophen), § 85 Abs. 2, 3 GVBWV (höhere Gewalt und Vorsatz des Geschädigten). Vgl. zahlreiche Beispiele aus der Rechtsprechung bei Mario Feuerstein, 230. Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 103. So im Ergebnis wohl auch Gert Brüggemeier, Assets & Liabilities (2010/2) 12, 17. Siehe dazu ausführlich oben B. VIII. 4. b).
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E. Besondere Haftungstatbestände
haftung und keine Gesamtschuld an.694 Schließlich knüpft die Vorschrift erkennbar an die bestehende Rechtsprechung zu einer Mehrzahl von Verschmutzern an, die ebenfalls eine Quotenhaftung vorgab. Für den Geschädigten ist dies freilich die ungünstigere Alternative, weil er die einzelnen Haftungsquoten abschätzen und auf dieser Grundlage gegen alle Verschmutzer klagen muss. Darüber hinaus ist er mit dem Insolvenzrisiko der einzelnen Verschmutzer belastet. Richtigerweise lässt sich die nachteilige Quotenhaftung aber als Kompensation für die äußerst vorteilhafte Kausalitätsvermutung verstehen.695 Beispiel: Mehrere Unternehmen entsorgen unter Einhaltung der Umweltstandards ihre Abwässer in einen Fluss. In der Gesamtmenge verschmutzen die eingeleiteten Abwässer den Fluss derart, dass die Fische eines Fischfarmers eingehen. In diesem Fall haften die Verschmutzer nach §§ 65, 67 GdH, d. h. jeder haftet entsprechend seinem Verantwortungsbeitrag; lassen sich die Anteile nicht aufklären, haften alle zu gleichen Teilen auf Schadensersatz, § 12 Hs. 2 GdH.696 4.
Verschmutzung durch Dritte
§ 68 GdH regelt die Haftung von Dritten für die von ihnen schuldhaft verursachten Umweltverschmutzungen. Fraglich ist, wie sich dieser Tatbestand von der Umwelthaftung gem. § 65 GdH unterscheidet, weil letztere bereits jegliches umweltschädliches Verhalten erfasst. Die Kausalitätshaftung gem. § 65 GdH lässt damit (begrifflich) keinen Raum für die Haftung eines Dritten.697 Dies gilt umso mehr, als eine Haftung nach § 65 GdH im Unterschied zum § 68 Satz 1 GdH kein Verschulden voraussetzt und damit eine Haftung allein nach § 68 Satz 1 GdH (ohne Verwirklichung von § 65 GdH) ausgeschlossen sein dürfte.698 Einen eigenständigen Anwendungsbereich hätte § 68 Satz 1 GdH allerdings, wenn die Umwelthaftung gem. § 65 GdH als Betreiberhaftung ausgestaltet wäre; in diesem Fall wäre auch ein Regressanspruch des Verschmutzers gegen den Dritten gem. § 68 Satz 2 GdH sinnvoll.699 VI. Haftung für besonders hohe Gefahren VI. Haftung für besonders hohe Gefahren Im 9. Kapitel sieht das GdH für besonders hohe Gefahren verschiedene Gefährdungstatbestände vor, die bisher im Wesentlichen in der Generalklausel des § 123 AGZ vermischt waren. Die Haftung für besonders hohe Gefahren ist nunmehr tat______ 694 Dies übersehen Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, 103, wonach die Quotenhaftung für das GdH „sehr ungewöhnlich“ sei. 695 Mario Feuerstein, 230 zur Rechtsprechung vor Inkrafttreten des GdH. 696 Urteil des Volksgerichts der Stadt Cixi (Provenz Zhejiang) vom 2. 12. 2001, http://vip.chinalaw info.com/Case/displaycontent.asp?Gid=117450239 zur Rechtslage vor Inkrafttreten des GdH. 697 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 103. 698 Ähnlich Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 103. 699 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 103.
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VI. Haftung für besonders hohe Gefahren
bestandlich nach Tätigkeiten (㸄㻶』Ⱀ) und Gegenständen (㸄㻶㹐) differenziert. Da allerdings die Reihenfolge der Tatbestände diesen beiden Kateorien nicht folgt, mutet das 9. Kapitel wenig übersichtlich an. Als besonders gefährliche Tätigkeiten bestimmt das Gesetz – Ausübung einer besonders gefährlichen Tätigkeit, § 69 GdH, – Betrieb eines zivilen Luftfahrzeugs, § 71 GdH, – Betrieb von Höhenarbeiten, Hochdruckarbeiten, unterirdische Bauarbeiten oder die Nutzung von Hochgeschwindigkeitstransportmitteln, § 73 GdH. Als besonders gefährliche Gegenstände nennt das Gesetz – zivile Nuklearanlagen, § 70 GdH, – leicht entzündliche, explosive, hochgiftige, radioaktive oder andere besonders gefährliche Gegenstände, § 72 GdH, – verlorene oder aufgegebene besonders gefährliche Gegenstände, § 74 GdH, – rechtswidrig besessene besonders gefährliche Gegenstände, § 75 GdH. Aber nicht nur hinsichtlich des Haftungsgrundes (Tätigkeit/Gegenstand), sondern auch bezüglich des Haftungssubjekts führt die tatbestandliche Auffächerung der Generalklausel des § 123 AGZ durch das GdH zu mehr Klarheit. Während die Haftung für besonders gefährliche Tätigkeiten auf den Betreiber zielt, tragen bei der Haftung für besonders gefährliche Gegenstände der Besitzer, Nutzer, Eigentümer bzw. Verwalter die Verantwortung.700 1.
Haftung für besonders gefährliche Tätigkeiten
a)
Generalklausel der Haftung für besonders gefährliche Tätigkeiten
Nach § 69 GdH haftet aus Delikt, wer durch eine besonders gefährliche Tätigkeit Schäden anderer verursacht. Die Vorschrift ist als ein eigenständiger Gefährdungstatbestand ausgestaltet, der (subsidiär) greift, wenn keine besonders gefährliche Tätigkeit nach §§ 71 oder 73 GdH einschlägig ist. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Generalklausel auch die Haftung für besonders gefährliche Gegenstände umfasse.701 Dafür spricht immerhin die Systematik gleich zu Beginn des 9. Kapitels. Aber der Wortlaut des § 69 GdH stellt eindeutig nur auf Tätigkeiten (䔘䄖) und nicht auf Gegenstände oder (allgemein) auf Gefahren ab. b)
Betrieb eines zivilen Luftfahrzeugs
Der Betreiber eines zivilen Luftfahrzeugs haftet gem. § 71 Hs. 1 GdH aus Delikt, wenn ein anderer durch dieses geschädigt wird. Dabei ist zu beachten, dass China einige völkerrechtlichen Abkommen zur internationalen Luftverkehrshaftung, ______ 700 Wang Liming, 349. 701 Wang Shengming, 275; die Vorschrift wäre damit eine Generalklausel der Gefährdungshaftung für besonders hohe Gefahren.
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E. Besondere Haftungstatbestände
wie z. B. das Warschauer Abkommen702 oder das Montrealer Übereinkommen,703 unterzeichnet hat. Gibt es in diesen internationalen Abkommen Regelungen, die von chinesischen Gesetzen abweichen, werden nach § 236 ZPG die Regelungen dieser Abkommen angewandt, soweit China dazu keinen Vorbehalt erklärt hat.704 (1)
Betreiber
Haftungsträger ist der Betreiber, d. h. derjenige, der die generelle Kontrolle (㒍㋹䐧) über das Luftfahrzeug ausübt.705 Dies kann z. B. der Eigentümer oder der Mieter des Flugzeugs sein.706 In der Praxis ist gewöhnlich die Fluggesellschaft der Betreiber i. S. d. § 71 Hs. 1 GdH. (2)
Haftungsumfang
Dem Wortlaut nach greift die Haftung sowohl für Drittschäden als auch für Passagierschäden. Eine unbeschränkte Haftung für Passagierschäden erscheint indes sehr streng, weil sich die Passagiere bewusst den typischen Gefahren des Flugverkehrs aussetzen.707 Die unbeschränkte Haftung stellt für Fluggesellschaften zudem ein großes finanzielles Risiko dar, das diese durch hohe Versicherungsprämien abdecken müssen. Letztlich muss der Passagier diese Aufwendungen in Form höherer Reisekosten tragen. Eine unbeschränkte Passagierhaftung ist so gesehen auch nicht im Interesse der Fluggäste. c)
Betrieb von Höhenarbeiten, Hochdruckarbeiten, unterirdischen Bauarbeiten oder die Nutzung von Hochgeschwindigkeitstransportmitteln
Wird ein anderer durch den Betrieb von Höhenarbeiten (z. B. Außenreinigung von Hochhausfassaden), Hochdruckarbeiten (z. B. Befüllung von Gasflaschen), unterirdischen Bauarbeiten (z. B. Bergbau oder Bau von U-Bahntunneln) oder durch die Nutzung von Hochgeschwindigkeitstransportmitteln geschädigt, haftet der Betreiber gem. § 73 Satz 1 Hs. 1 GdH aus Delikt. Mit dem Begriff des Hochgeschwindigkeitstransportmittels aus § 123 AGZ708 ist klargestellt, dass die Vorschrift keine Transportmittel nach SVSG oder Zivilluftverkehrsgesetz der VR China (LuftVG)709 erfasst. Auch für Eisenbahnunfälle gilt weiterhin § 58 Eisenbahngesetz der VR China710, ______ 702 Warschauer Abkommen über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 12. 10. 1929. 703 Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 28. 5. 1999. 704 Wang Liming, 365 m. w. A. 705 Wang Liming, 361 f. 706 Ähnlich auch Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 684. 707 Im deutschen Recht ist die Haftung der Fluggesellschaft für Passagiere gem. § 45 Luftverkehrsgesetz auf einen Betrag von 113.100 Rechnungseinheiten begrenzt. Eine Rechnungseinheit vermittelt ein Sonderziehungsrecht gegenüber dem Internationalen Währungsfonds und entspricht zum 29. 7. 2011 einem Gegenwert von EUR 1,21. 708 Vgl. zum Begriff des Hochgeschwindigkeitstransportmittels Mario Feuerstein, 201 f. 709 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㘒䇤⼞㋶ⳉ], verabschiedet am 30. 10. 1995, in Kraft getreten am 1. 3. 2006. 710 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛㳛㔘ⳉ], verabschiedet am 7. 9. 1990, in Kraft getreten am 1. 5. 1991.
100
VI. Haftung für besonders hohe Gefahren
soweit es sich bei den beteiligten Zügen nicht um Hochgeschwindigkeitszüge handelt, die § 73 Satz 1 Hs. 1 GdH unterfallen. 2.
Haftung für besonders gefährliche Gegenstände
a)
Nuklearunfall in einer zivilen Nuklearanlage
Der Betreiber einer zivilen Nuklearanlage haftet gem. § 70 Hs. 1 GdH aus Delikt, wenn ein anderer durch einen Nuklearunfall dieser Anlage geschädigt wird. Dem Gegenstand nach entspricht diese Vorschrift der Regelung des § 59 Gesetz der VR China über Vorbeugung und Regulierung der Strahlungsverschmutzungen711. Mit der Formulierung des § 70 Hs. 1 GdH wird auch klargestellt, dass der Nuklearunfall aus einer zivilen Nuklearanlage hervorgehen muss.712 b)
Leicht entzündliche Brennstoffe bzw. Explosivstoffe, hochgiftiges Material, radioaktives Material oder andere besonders gefährliche Stoffe
Nach § 72 Satz 1 Hs. 1 GdH haftet der Besitzer oder Nutzer von leicht entzündlichen Brennstoffen oder Explosivstoffen, hochgiftigem Material, radioaktivem Material oder anderer besonders gefährlicher Stoffe, wenn ein anderer durch den Besitz oder die Nutzung dieser Stoffe geschädigt wird. c)
Verlorene oder aufgegebene besonders gefährliche Gegenstände
Verursachen verlorene oder aufgegebene besonders gefährliche Gegenstände die Schädigung eines anderen, haftet ihr Eigentümer gem. § 74 Satz 1 GdH aus Delikt. Die Vorschrift setzt inzident die Haftung des Eigentümers für besonders gefährliche Gegenstände voraus. Da das GdH eine entsprechende Haftung des Eigentümers nicht vorschreibt, ist § 74 Satz 1 GdH ergänzend dahingehend auszulegen, dass die Vorschrift zugleich eine Haftung des Eigentümers für besonders gefährliche Gegenstände regelt.713 Hat der Eigentümer den besonders gefährlichen Gegenstand einem anderen zur Verwaltung gegeben, haftet der Verwalter aus Delikt, § 74 Satz 2 Hs. 1 GdH. Zugleich haftet der Eigentümer nach Übertragung an den Verwalter nur noch für Verschulden, § 74 Satz 2 Hs. 2 GdH. Dies ist rechtspolitisch höchst bedenklich, weil es Unternehmen einen einfachen Weg eröffnet, sich ihrer Haftung für gefährliche Gegenstände zu entledigen.714 ______ 711 [䐱⿋㦬㘒⹓⼮⺛⳦㪅㾵㸼㦟ⳡ䐯ⳉ], verabschiedet am 28. 6. 2003, in Kraft getreten am 1. 10. 2003. 712 Nach der Strahlenverordnung für radioaktive Isotope und Strahlenanlagen [⳦㪅㾵㵍㸜㯹䈌㪅㼀 䓑䐤➓㦌⼮ⳡ⿅㳖㏞] (SV) vom 14. 9. 2005 ergibt sich dies nicht aus § 27 SV, sondern war aus § 2 SV abzuleiten, vgl. Mario Feuerstein, 211 f. 713 Xi Xiaoming, 509. 714 Sachgerecht wäre vielmehr eine gesamtschuldnerische Gefährdungshaftung von Eigentümer und Verwalter.
101
E. Besondere Haftungstatbestände
d)
Rechtswidrig besessene besonders gefährliche Gegenstände
Wird durch einen rechtswidrig besessenen besonders gefährlichen Gegenstand ein anderer geschädigt, haftet der unrechtmäßige Besitzer gem. § 75 Satz 1 GdH aus Delikt. Eigentümer oder Verwalter haften mit dem unrechtmäßigen Besitzer als Gesamtschuldner. Eigentümer oder Verwalter können sich aber gem. § 75 Satz 2 GdH von ihrer Haftung exkulpieren, indem sie beweisen, die hohen Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Verhinderung der rechtswidrigen Inbesitznahme erfüllt zu haben.715 3.
Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände
Ein Mitverschulden des Geschädigten kann grundsätzlich bei Fahrlässigkeit des Geschädigten zu einer Haftungsminderung (§ 26 GdH) und bei Vorsatz des Geschädigten zu einem Haftungsausschluss (§ 27 GdH) führen.716 Das 9. Kapitel des GdH sieht davon abweichende Haftungsausschlusstatbestände vor. Ferner ist eine Haftungsminderung nach dem 9. Kapitel des GdH nur bei bestimmten Fahrlässigkeitsformen möglich.717 Nach Gesetzessystematik und Terminologie sind die Regelungen zu Haftungsausschluss und Haftungsminderung im 9. Kapitel abschließend, so dass insbesondere §§ 26, 27 und 29 GdH nicht greifen. a)
Haftungsausschluss
Nach §§ 70 Hs. 2 Alt. 2, 71 Hs. 2, 72 Satz 1 Hs. 2 Alt. 1, 73 Satz 1 Hs. 2 Alt. 1 GdH ist die Haftung ausgeschlossen, sofern der Betreiber, Besitzer oder Nutzer beweisen kann, dass der Schaden vom Geschädigten absichtlich verursacht wurde.718 Die §§ 72 Satz 1 Hs. 2 Alt. 2 und 73 Satz 1 Hs. 2 Alt. 2 GdH lassen zudem einen Haftungsausschluss bei höherer Gewalt zu. § 70 Hs. 2 GdH beschränkt den Haftungsausschluss wegen höherer Gewalt auf Krieg oder ähnliche Umstände (z. B. Generalstreik).719 Alle anderen Fälle der höheren Gewalt (insbesondere Naturkatastrophen) schließen eine Haftung für Nuklearunfälle in zivilen Nuklearanlagen nicht aus.720 b)
Haftungsminderung
Eine Haftungsminderung wegen Fahrlässigkeit des Geschädigten ist nicht bei allen Tatbeständen des 9. Kapitels des GdH möglich. Zumindest in den Fällen der §§ 70 Hs. 1 und 71 Hs. 1 GdH kann die Haftung des Betreibers nicht wegen Fahr______ 715 Vgl. zu den rechtspolitischen Bedenken bzgl. der Exkulpation oben E. VI. 2. c). 716 Siehe dazu ausführlich oben B. IX. 1. a). 717 Das Gesetz spricht hier von einem „Fährlässigkeitsausgleich“ (⺞㬈㼁⭷); vgl. zu dieser Terminologie Liang Huixing, Zivilrechtsprechung und -gesetzgebung, 109. 718 Diese Regelung entspricht § 27 GdH und ist daher an sich überflüssig. 719 Zum Haftungsausschluss wegen unbefugten Betretens eines gesicherten Ortes gem. § 76 GdH unten E. VI. 3. b). 720 Wang Shengming, 279.
102
VI. Haftung für besonders hohe Gefahren
lässigkeit des Geschädigten gemindert werden. Auch § 72 Satz 2 GdH erlaubt eine Haftungsminderung nur bei grober Fahrlässigkeit des Geschädigten. Lediglich § 73 Satz 2 GdH lässt eine Haftungsminderung bei (leichter) Fahrlässigkeit zu.721 Die gesetzliche Abstufung des Mitverschuldens im 9. Kapitel erscheint nicht immer sachgerecht. So ist nicht plausibel, weshalb bei der Haftung für besonders gefährliche Gegenstände grobe Fahrlässigkeit des Geschädigten gem. § 72 Satz 2 GdH eine Haftungsminderung erlaubt, während diese bei der Haftung für den Betrieb eines zivilen Luftfahrzeugs gem. § 71 GdH z. B. hinsichtlich eines Fehlverhaltens eines Fluggastes ausgeschlossen ist. § 76 GdH sieht ferner eine Haftungsminderung bzw. einen Haftungsausschluss vor, wenn jemand unerlaubt in den Bereich besonders gefährlicher Tätigkeiten oder in den Bereich der Lagerung besonders gefährlicher Gegenstände eindringt und Schaden erleidet, obwohl der Verwalter Sicherheitsmaßnahmen getroffen und seine Warnpflichten erfüllt hat. Dabei sind hohe Anforderungen an die Pflichten des Verwalters zu stellen. Dieser hat sicherzustellen, dass keine Unbefugten in den Gefahrenbereich eindringen können und muss den besonders hohen Gefahren angemessene Schutzvorkehrungen treffen.722 4.
Haftungsobergrenzen
Als Ausgleich für die weit gefassten Gefährdungshaftungstatbestände können gem. § 77 GdH gesetzliche Haftungsobergrenzen festgelegt werden. Die Höhe des Schadensersatzes ist danach durch Verordnungen des Staatsrats723 summenmäßig wie folgt begrenzt: – Ziviler Nuklearunfall: Pauschal maximal 300 Mio. RMB pro Unfall724; – Zugunfall: Todesfall maximal 150.000 RMB pro Person, Gepäck maximal 2.000 RMB pro Stück725; – Flugzeugunglück (inländische Betreiber): Pauschal maximal 400.000 RMB pro Person, Handgepäck maximal 3.000 RMB pro Stück, aufgegebenes Gepäck maximal 100 RMB pro Kilo726; – Flugzeugunglück (internationale Betreiber): Pauschal maximal 16.600 Rechnungseinheiten727 pro Person, Handgepäck maximal 332 Rechnungseinhei______ 721 Wang Liming, 374. 722 Wang Liming, 383. 723 Sie gelten als Gesetze i. S. d. § 77 GdH, vgl. dazu ausführlich Jörg Binding/Anna Radjuk, RIW (2009) 785, 787. 724 § 7 Verordnung des Staatsrats zum Schadensersatz wegen Nuklearunfällen [⺛㹒䊛䇻⼬㬣㰑 ⼇㞃⧆䋑㦯㸫㳃⭥㞛ⶕ] vom 30. 6. 2007. 725 § 33 Verordnung über Rettung und Schadensregulierung bei Zugunfällen [㳛㔘ㅜ㵉㬣䇇を㈩䊏 ⼮⮘⥊⪇㏎㳖㏞], beschlossen vom Staatsrat am 11. 7. 2007. 726 § 3 Verordnung über die Haftungsobergrenzen der inländischen Luftverkehrsbetreiber [⺛㚻⼞㋶䊬㭅⧱ 䊬㦬㞃⧆䋑㦯㻿ⱏ⺇Ⰹ], beschlossen vom Staatsrat am 28. 2. 2006. 727 Zum Begriff der Rechnungseinheit oben Fn. 703.
103
E. Besondere Haftungstatbestände
ten pro Stück, aufgegebenes Gepäck maximal 17 Rechnungseinheiten pro Kilo728. Falls der Geschädigte auch ein Verschulden des Haftungsträgers beweisen kann, greift darüber hinaus eine Verschuldenshaftung mit der Folge, dass die vorgeschriebenen Haftungsobergrenzen nicht anwendbar sind. VII. Haftung für Tiere VII. Haftung für Tiere Die Haftung für Tiere erfährt im 10. Kapitel des GdH eine detaillierte Regelung. Das Gesetz verzichtet dabei auf eine Generalklausel, sondern differenziert, im Ansatz wie die bisherige Literatur, nach Sonderformen, was die Tierhaftung kompliziert gestaltet. Folgende Tatbestände sind zu unterscheiden: – Haftung für gehaltene Tiere, § 78 Hs. 1 GdH, – Haftung wegen Tierhaltung oder -hütung unter Verstoß gegen Bestimmungen, § 79 GdH, – Haftung wegen verbotener Tierhaltung oder -hütung, § 80 GdH, – Haftung für Zootiere, § 81 GdH. 1.
Haftungstatbestände
a)
Haftung für gehaltene Tiere
Nach § 78 Hs. 1 GdH haftet der Halter oder Hüter eines gehaltenen Tieres aus Delikt, wenn ein anderer durch dieses geschädigt wird. Die Norm begründet eine verschuldensunabhängige Haftung für gehaltene Tiere und geht der Regelung des § 127 AGZ vor. Die Haftung gem. § 78 Hs. 1 GdH greift auch, wenn die Tierhaltung im Einklang mit den Verwaltungsvorschriften und unter Wahrung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen erfolgt. Eine Exkulpation im Umkehrschluss aus § 79 GdH ist daher nicht zulässig.729 Ein gehaltenes Tier (㯨䂙⭥Ⱀ㹐)730 ist ein solches, das von einem Menschen besessen, gehegt, kontrolliert oder diszipliniert wird.731 Nach bisher herrschender Meinung in der chinesischen Literatur sind Wildtiere nur dann gehaltene Tiere, wenn
______ 728 § 129 LuftVG. 729 Andere Ansicht Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 103, die offenbar eine Exkulpation für möglich halten; vgl. zur Haftung nach § 79 GdH unten E. VII. 1. b). 730 Vgl. den Grundsatz für die Haltung von Tieren gem. § 84 GdH. Die Vorschrift hat vor allem eine Appellfunktion, weil sie Selbstverständliches regelt. 731 Wang Shengming, 304. Der Begriff des „gehaltenen Tiers“ dürfte im Vergleich zum Begriff des „Haustiers“ nach § 833 Satz 2 BGB erheblich einfacher zu handhaben sein. Eine Unterscheidung nach „zahmen Tieren“, die Haustiere sind und „gezähmten Tieren“ (§ 960 Abs. 3 BGB), die ebenso wie „wilde Tiere“ (§ 960 Abs. 1 BGB) keine Haustiere sind, ist entbehrlich.
104
VII. Haftung für Tiere
sie gezähmt (䁒䂙) sind.732 Ein im Käfig gehaltener wilder Tiger würde danach nicht § 78 Hs.1 GdH unterfallen. Vor Inkrafttreten des GdH sprach gegen diese Ansicht, dass damit gerade im Fall der Haltung besonders gefährlicher Tiere eine Haftungslücke vorlag.733 Mit weiteren Haftungsnormen (§§ 79–81 GdH) hat der Gesetzgeber diese Regelungslücke für besonders praxisrelevante Sachverhalte geschlossen. Das GdH folgt damit offenbar der bisher herrschenden Literaturmeinung. Anderenfalls wären die zusätzlichen Haftungstatbestände überflüssig bzw. eine Ausnahme vom Haftungsausschluss gem. § 78 Hs. 2 GdH die klarere Regelungsalternative. b)
Haftung wegen Tierhaltung oder -hütung unter Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen
Werden Tiere unter Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften ohne die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen gehalten und dadurch ein anderer geschädigt, haften Tierhalter (Ⱀ㹐㯨䂙㦬) oder Tierhüter (Ⱀ㹐㏎㦬) gem. § 79 GdH aus Delikt. Die Vorschrift erfasst sämtliche Tiere und ist (im Unterschied zu § 78 Hs. 1 GdH) nicht auf gehaltene Tiere beschränkt.734 c)
Haftung wegen verbotener Haltung oder Hütung von gefährlichen Tieren
Auch die Haftungsnorm für gefährliche Tiere (㑳㾵Ⱀ㹐), deren Haltung verboten ist (§ 80 GdH),735 erklärt sich daraus, dass nach herrschender Meinung ungezähmte Wildtiere keine gehaltenen Tiere sind und damit nicht § 78 Hs. 1 GdH unterfallen.736 § 80 GdH schließt daher konsequent eine Regelungslücke für gefährliche Tiere, deren Haltung Privatpersonen regelmäßig verboten ist. d)
Haftung für Zootiere
Im Hinblick darauf, dass Zoos die Haltung von ungezähmten Wildtieren unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, enthält § 81 Hs. 1 GdH für diese Einrichtungen eine Sonderhaftungsnorm. Die Vorschrift schreibt im Unterschied zur Gefährdungshaftung nach § 78 Hs. 1 GdH lediglich eine Haftung für vermutetes Verschulden vor. Im Ergebnis bedeutet dies eine Haftungsprivilegierung für Zoos als „soziale öffentliche Einrichtung“.737
______ 732 Vgl. nur Fang Shaokun, Peking University Law Journal (1992/6) 34, 34; nach dieser Auffassung ist § 78 GdH enger gefasst als § 833 Satz 2 BGB; andere Ansicht Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 103, ohne aber auf die chinesische Literatur einzugehen. 733 Mario Feuerstein, 213 m. w. A. 734 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 103, halten die Vorschrift für überflüssig, weil sie sämtliche Tiere bereits unter § 78 Hs. 1 GdH subsumieren. Mit dieser Auffassung gerät aber die gesamte gesetzliche Systematik der Tierhaftung aus den Fugen. 735 Die Vorschrift führt als Beispiel für „gefährliche Tiere“ einen ungezähmten Hund auf. 736 Siehe dazu oben E. VII. 1. a). 737 Wang Liming, 393.
105
E. Besondere Haftungstatbestände
2.
Kausalität
Der Schaden muss durch das Tier verursacht werden.738 Dies setzt nach allgemeiner Meinung voraus, dass sich über den bloßen Ursachenzusammenhang hinaus eine „spezifische Tiergefahr“ verwirklicht. Danach muss der Schaden durch eine eigene Bewegung des Tiers verursacht werden.739 Daran fehlt es, wenn ein Tier durch Zwang oder bewusste Reizung eines Menschen, wie ein Werkzeug, benutzt wird.740 3.
Haftungssubjekte
a)
Tierhalter und Tierhüter
Die Tierhaftung trifft grundsätzlich den Tierhalter und Tierhüter.741 Der Gesetzgeber versäumt dabei, in einer ebenso komplizierten wie wenig überzeugenden Debatte innerhalb des Schrifttums, um die Begriffe des Tierhalters und des Tierhüters Klarheit zu schaffen.742 Der Literatur zufolge ist das Verhältnis von Tierhalter und Tierhüter mit dem Verhältnis von Eigentümer und (unmittelbarem) Besitzer im Sinne des Sachenrechts vergleichbar.743 Nach dem GdH unterscheidet sich die Haftung von Tierhalter und Tierhüter aber nicht. Das Gesetz übernimmt damit gerade nicht das deutsche Konzept. Wer ein Tier mietet oder entleiht wird dadurch nach deutschem Recht nicht zum Halter, sondern zum Hüter und haftet (nur) nach § 834 BGB.744 Demgegenüber unterfällt ein Mieter oder Entleiher nach chinesischem Recht als Tierhüter (unmittelbarer Besitzer) der strikten (nicht differenzierenden) Halter- und Hüterhaftung nach §§ 79 ff. GdH. Sind Halter und Hüter nicht eine Person, soll der Hüter als unmittelbarer Besitzer die alleinige Haftung übernehmen.745 Damit kann sich ein Eigentümer der Haftung als Halter entziehen, indem er nachweist, dass ein anderer unmittelbarer Besitzer und damit vorrangig haftender Hüter zum Zeitpunkt der Verletzung war.746
______ 738 739 740 741 742 743 744 745 746
106
Kausalität ist nach allgemeinen Grundsätzen vom Geschädigten zu beweisen. Wang Liming, 399 f.; Zhang Xinbao, 415. Mario Feuerstein, 213 f. m. w. N., auch zur Frage der Schädigung durch Tierkrankheiten. § 81 GdH stellt unmittelbar auf zoologische Gärten als Haftungssubjekt ab. Zum Ganzen ausführlich Mario Feuerstein, 215 ff. Wang Shengming, 304; Xi Xiaoming, 527 f. Palandt(-Hartwig Sprau), § 834 Rz. 1. Für alle: Wang Shengming, 304. Mario Feuerstein, 216.
VII. Haftung für Tiere
b)
Aufgabe der Halter- oder Hütereigenschaft
Die Aufgabe der Halter- oder Hütereigenschaft führt nicht zur Enthaftung. Auch für ein ausgesetztes oder entlaufenes Tier bleibt gem. § 82 GdH die Haftung bestehen.747 Erst mit Verwilderung des Tiers endet die Haftung.748 c)
Schädigung durch mehrere Tiere
Das GdH trifft keine Regelung zur Frage der Haftung im Fall einer Schädigung durch mehrere Tiere. Auch insofern wird es also bei der äußerst komplizierten und im Ergebnis wenig überzeugenden Differenzierung der chinesischen Literatur nach Kriterien der Gefährlichkeit der Tiere und des Verschuldens (trotz Gefährdungshaftung) des Tierhalters bzw. Tierhüters bleiben.749 d)
Verschulden eines Dritten
Führt das Verschulden eines Dritten dazu, dass jemand von einem Tier geschädigt wird, kann der Geschädigte gem. § 83 Satz 1 GdH von dem Tierhalter, Tierhüter und Dritten, die als Gesamtschuldner haften, Schadensersatz fordern.750 Die Norm bedeutet eine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage gem. § 127 AGZ. Danach führte das Verschulden eines Dritten (gleich welcher Art) zu einem Ausschluss der Haftung des Tierhalters oder Tierhüters.751 Dem neuen Recht zufolge ist ein solcher Haftungsausschluss des Tierhalters bzw. Tierhüters nicht mehr möglich, sie können jedoch gem. § 83 Satz 2 GdH nach Inanspruchnahme durch den Geschädigten beim Dritten (im Innenverhältnis) Regress nehmen. Durch diese Änderung erhält der Geschädigte einen zusätzlichen Schuldner und Halter bzw. Tierhüter werden anstatt des Geschädigten mit dem Insolvenzrisiko des Dritten belastet. Dies ist eine nicht unbeträchtliche Haftungserweiterung. 4.
Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände
Nach § 78 Hs. 2 GdH ist eine Haftungsminderung oder ein Haftungsausschluss über § 27 GdH hinaus nicht nur bei Vorsatz möglich, sondern auch, wenn der Tierhalter oder Tierhüter beweisen kann, dass der Schaden infolge grober Fahrlässigkeit des Geschädigten entstanden ist. Leichte Fahrlässigkeit des Geschädigten
______ 747 Die Vorschrift stellt hier auf den „ursprünglichen Eigentümer oder Tierhüter ab“. Dem Wortlaut nach ist die Norm als Anspruchsgrundlage formuliert. Der Sache nach bestimmt sie aber Reichweite der Halter- bzw. Hütereigenschaft und ist daher auch dort zu verorten. Zur Problematik, wenn das ausgesetzte oder entlaufene Tier von einem Menschen aufgenommen wird, Mario Feuerstein, 217. 748 Wang Liming, 417. 749 Dazu eingehend Mario Feuerstein, 217 f. 750 Hans-Georg Bollweg/Norman Doukoff/Nils Jansen, ZChinR (2011) 91, 104. 751 Zweifellos bedurfte diese Regelung einer Einschränkung (Enthaftung nur bei grober Fahrlässigkeit).
107
E. Besondere Haftungstatbestände
hat – anderes als bei der Haftung für besonders gefährliche Gegenstände gem. § 73 Satz 2 GdH –752 keine Haftungsminderung zur Folge. Im Fall des § 79 GdH (Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen) oder § 80 GdH (verbotene Tierhaltung) ist ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsminderung gänzlich unzulässig. Der Schädiger haftet hier nicht allein für die abstrakte Tiergefahr, sondern für konkretes Verschulden. Das Gesetz will in diesen Fällen die strenge Haftung nicht aufweichen.753 VIII. Haftung für Gegenstände VIII. Haftung für Gegenstände Im 11. Kapitel regelt das GdH die Haftung für Gegenstände. Die Haftungstatbestände unterscheiden einerseits nach der Haftung für vermutetes Verschulden und verschuldensunabhängige Haftung und andererseits nach bestimmten Gruppen von Gegenständen. 1.
Begriff der Gegenstände
Das GdH differenziert die folgenden Gegenstände oder Gruppen von Gegenständen: – Bauwerke, Konstruktionen und darauf befindliche oder daran angebrachte Gegenstände (§§ 85, 86), – herausgeworfene Gegenstände (§ 87), – aufgestapelte Gegenstände (§ 88), – gestapelte, abgeladene oder verteilte Gegenstände (§ 89), – umstürzende Bäume (§ 90), – unterirdische Anlagen (§ 91). Die Aufzählung zeigt, dass Gegenstände im Sinne des GdH sowohl bewegliche als auch unbewegliche Sachen sein können. In der Literatur stoßen die gesetzlich definierten Gruppen von Gegenständen auf Kritik, weil sie eine Unterscheidung wegen der Haftung für Gegenstände und der Haftung für menschliches Verhalten verwässerten.754 In der Tat sind einige der genannten Gegenstände nicht aus sich heraus gefährlich, sondern werden erst durch menschliches Verhalten zur Gefahr. Dies gilt z. B. für hoch aufgestapelte Kisten oder harte Sachen, die aus einem Fenster in großer Höhe auf die Straße geworfen werden. Diese Differenzierung ist für die Frage der Haftungsbegründung relevant: Während es sich bei der Haftung für menschliches Verhalten um eine allgemeine deliktische Haftung handelt, stellt die Haftung für Gegenstände eine besondere Form der Haftung dar.755 ______ 752 753 754 755
108
Siehe dazu oben E. VI. 3. b). Wang Shengming, 309; Xi Xiaoming, 534 f. Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 740. Vgl. Yang Lixin, Auslegung GdH, 529 m. w. A.
VIII. Haftung für Gegenstände
In der Literatur findet sich daher die Einschränkung, dass eine Haftung für Gegenstände nur für Schäden greifen soll, die durch die „Beschaffenheit oder die Veränderung eines Gegenstands“ verursacht wurden.756 Allerdings wird diese sehr abstrakte Formel inhaltlich nicht weiter konkretisiert, so dass eine näherer Auseinandersetzung der Rechtsprechung oder Literatur mit der Problematik abzuwarten bleibt.757 2.
Haftungstatbestände
a)
Haftung für vermutetes Verschulden
(1)
Haftung für Bauwerke
Für vermutetes Verschulden haften gem. § 85 Satz 1 GdH aus Delikt der Eigentümer, Verwalter oder Nutzer von Bauwerken, Konstruktionen oder Anlagen, wenn die auf diesen befindlichen und an diesen angebrachten Gegenstände herunterfallen oder sich lösen und dadurch Schäden anderer verursachen. Die Norm ordnet wohl eine gesamtschuldnerische Haftung an.758 Als Bauwerke (ㅉ䑟㹐) sind solche Einrichtungen zu verstehen, die für Produktion, zum Arbeiten oder Wohnen bestimmt sind, wie z. B. Produktionslager, Bürogebäude sowie Wohnhäuser. Dagegen sind mit Konstruktionen (⹚䑟㹐) oder anderen Anlagen (㪉㬊) etwa Brücken oder Tunnel etc. gemeint.759 Leisten der Eigentümer, Verwalter oder Nutzer Schadensersatz und haften neben ihnen auch andere (gemeint ist wohl als Gesamtschuldner), sind sie gem. § 85 Satz 2 GdH berechtigt, von den anderen Haftenden (im Innenverhältnis) Regress zu fordern. (2)
Blumentopfhaftung
Die sog. „Blumentopfhaftung“760 begründet eine Gesamtschuld aller Nutzer eines Bauwerks für Schäden, durch aus diesem herausgeworfene oder herunterfallende Gegenstände, § 87 GdH. Die Haftung greift bereits dann, wenn der Schädiger nur „schwer bestimmt“ werden kann.761 Der Tatbestand war im Gesetzgebungsverfahren sehr umstritten, weil er systemwidrig eine Art „Sippenhaftung“ der Hausbe-
______ 756 Anderenfalls komme nur eine verschuldensabhängige Haftung für deliktisches Verhalten in Betracht, Yang Lixin, Auslegung GdH, 529. 757 Die Formel ist auch deswegen wenig hilfreich, weil sie auf eine Veränderung der Gegenstände abstellt und damit auch ein menschliches Verhalten einbezieht. 758 Soweit ersichtlich, wurde diese Frage in der Literatur bisher nicht erörtert. 759 Xi Xiaoming, 565. 760 Die Haftung des Wohnungsinhabers für hinausgeworfene oder hinausgeleerte Sachen (actio de deiectis vel effusis) geht zurück auf das römische Recht, ausführlich Detlef Kleindiek, 68 f. 761 Vgl. zur Problematik bereits oben B. VIII. 5. b).
109
E. Besondere Haftungstatbestände
wohner begründet.762 Trotzdem hat sich der Gesetzgeber aus generalpräventiven Gründen für diese Regelung entschieden.763 § 87 GdH erlaubt im Unterschied zu § 85 GdH nur einen Entlastungsbeweis wegen fehlender Kausalität, nicht aber wegen fehlenden Verschuldens. Zur Entlastung muss der Nutzer des Bauwerks beweisen, dass er als Schädiger nicht in Frage kommt, weil er sich z. B. im Zeitpunkt des Unfalls nicht im Bauwerk befand oder ihm der herausgeworfene Gegenstand nicht gehört.764 Ein typisches Beispiel ist der sog. „Aschenbecher-Fall“. In Chongqing wurde ein Fußgänger von einem aus einem Hochhaus hinausgeworfenen Aschenbecher am Kopf getroffen und schwer verletzt. Der Schädiger konnte trotz gründlicher Ermittlungen nicht feststellt werden. Nur drei der insges. 25 Bewohner des Hochhauses konnten sich dadurch entlasten, dass sie beweisen, im Zeitpunkt des Unfalls nicht im Hause gewesen zu sein. Alle anderen 22 Bewohner wurden zum Schadensersatz verurteilt.765 (3)
Haftung für aufgestapelte Gegenstände oder umknickende Bäume
Wer Gegenstände aufgestapelt hat, haftet aus Delikt für Schäden wegen des Einsturzes dieser Gegenstände für vermutetes Verschulden aus § 88 GdH. Die Bezeichnung „derjenige, der Gegenstände aufstapelt hat“ umschreibt als Haftungssubjekt entweder den Eigentümer oder der Verwalter.766 Ebenso haftet der Eigentümer oder Verwalter (d. h. der Besitzer) eines Baums wenn dieser umfällt oder von diesem Äste herabfallen (§ 90 GdH). (4)
Haftung für Arbeiten auf öffentlichen Plätzen und Straßen an unterirdischen Anlagen
Wenn auf öffentlichen Plätzen oder Straßen Gruben ausgehoben werden oder Arbeiten an unterirdischen Anlagen durchgeführt werden, ohne dass diese klar markiert und Sicherungsmaßnamen ergriffen werden und dadurch ein anderer geschädigt wird, haftet der Bauausführende (㬊⹅㦬)767 gem. § 91 Abs. 1 GdH aus Delikt. Das Verschulden des Bauausführenden wird also vermutet, es sei denn er kann beweisen, dass er deutliche Markierungen angebracht und Sicherungsmaßnahmen ergriffen hat.768 Kommt ein anderer an Gullys, Einstiegen oder anderen unterirdischen Einrichtungen zu Schaden, haftet der Verwalter aus Delikt, es sei denn er kann beweisen, dass er seinen Verwaltungsaufgaben nachgekommen ist (§ 91 Abs. 2 GdH). ______ 762 763 764 765
Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 740. Wang Shengming, 331. Yang Lixin, Auslegung GdH, 555 f. Urteil des Ersten Mittleren Volksgerichts der Stadt Chongqing vom 24. 9. 2002, http://www. civillaw.com.cn/article/default.asp?id=34309; aus dem Urteil geht leider nicht hervor, auf welcher Rechtsgrundlage die Verurteilung erfolgte; insbesondere enthalten die AGZ keine entsprechende Regelung. 766 Wang Shengming, 331. 767 Entgegen des Wortlauts stellen Zheng Shuji/Eberhard Trempel, RIW (2010) 511, 515, auf den „Arbeitgeber“ ab. 768 Wang Liming/Zhou Youjun/Gao Shengping, 427 f.; Xi Xiaoming, 603; Yang Lixin, 567 f.
110
VIII. Haftung für Gegenstände
b)
Gefährdungshaftung
(1)
Haftung der Bau- und Ausführungseinheit
Chinas Bauwirtschaft erlebt seit vielen Jahren im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes einen atemberaubenden Boom. Vielerorts können Immobilien- und Bauunternehmen mit der Nachfrage kaum Schritt halten. Die hohe Baugeschwindigkeit geht häufig zu Lasten der Bauqualität. Unzureichende Haftungsnormen leisteten dem bisher Vorschub. Eine drastische Verschärfung der Haftung der Bau- und Ausführungseinheit soll nunmehr Abhilfe schaffen. Nach § 86 Abs. 1 GdH haften diese als Gesamtschuldner, wenn die von ihnen gebauten Bauwerke, Konstruktionen oder andere Anlagen zusammenstürzen und Schäden anderer verursachen. Ein Regress der Bau- oder Ausführungseinheit ist gem. § 86 GdH zulässig, wenn es andere (in der Regel verschuldensabhängig) Haftende gibt. Letztere haften wohl ebenfalls als Gesamtschuldner, sind aber im Innenverhältnis gem. § 86 Abs. 2 GdH primär verantwortlich. (2)
Haftung für Gegenstände auf öffentlichen Straßen
Werden auf öffentlichen Wegen den Durchgang behindernde Gegenstände gestapelt, abgeladen oder verteilt und ein anderer dadurch geschädigt, bestimmt § 89 GdH, dass die damit im Zusammenhang stehende Einheit oder Einzelperson die deliktische Haftung übernehmen muss. Hier ist zum einen das Tatbestandsmerkmal „im Zusammenhang stehend“ (䇱) problematisch, weil unklar ist, wie der Personenkreis festzulegen ist. Die Literatur geht einheitlich davon aus, dass nicht nur diejenigen erfasst sind, die die Gegenstände gestapelt, abgeladen oder verteilt haben, sondern auch die Verwalter der öffentlichen Wege, die verpflichtet sind, die Sicherheit der öffentlichen Wege zu gewährleisen.769 Zum anderen ist mit Blick auf §§ 88 und 90 GdH nicht ersichtlich, weshalb § 89 GdH nicht auch eine Verschuldenshaftung mit der Möglichkeit eines Entlastungsbeweises wegen fehlenden Verschuldens begründet.770
______ 769 Xi Xiaoming, 591; Yang Lixin, 560 f.; Wang Liming, 455. 770 Ebenso Yang Lixin, Auslegung GdH, 560; andere Ansicht Wang Liming, 454; differenzierend Xi Xiaoming, 593.
111
112
F. Fazit
F.
Fazit
F. Fazit F. Fazit Das GdH stellt nicht nur weltweit eines der umfangreichsten Gesetze zur außervertraglichen Haftung dar, sondern hebt zugleich den gesetzlichen Individualrechtsschutz Chinas auf internationales Niveau.771 Es richtet die Haftung an dem Schutz individueller Rechte und Interessen aus und verfolgt damit einen modernen und zukunftsweisenden Ansatz. Dieses Ergebnis ist nicht zuletzt einer gründlichen rechtsvergleichenden Arbeit des Gesetzgebers geschuldet. Die strukturelle Ähnlichkeit zum kontinentaleuropäischen und insbesondere zum deutschen Recht ist unübersehbar. Daneben gibt es – z. B. mit der Regelung des Strafschadensersatzes – auch deutliche anglo-amerikanische Einflüsse. In erster Linie entwickelte der Gesetzgeber mit dem GdH aber die bisherigen chinesischen Gesetze weiter und goss die dazu erlassenen Interpretationen des Obersten Volksgerichts sowie die Ansätze der Wissensachaft in Gesetzesform. Die systematische Zusammenfassung dieser unterschiedlichen Rechtsquellen stellt gerade den besonderen Verdienst des GdH dar. Die soziale Dimension eines gerechten Schadensausgleichs erkennend, greift das Gesetz die wesentlichen Bedürfnisse der chinesischen Gesellschaft auf. Dies betrifft insbesondere die gesetzliche Regelung des immateriellen Schadensersatzes, den einheitlichen Schadensersatz bei Todesfällen, die Modernisierung der Arbeitnehmer-, Arbeitgeber- und Arzthaftung sowie die deutliche Verschärfung der Bauträgerhaftung. Das GdH kann damit wohl auch – den politisch-ideologischen Erwartungen entsprechend – einen wichtigen Beitrag zu einer „harmonischen Gesellschaft“ in China leisten. Dieser positive Eindruck wird durch die zahlreichen handwerklichen Mängel in der Gesetzesarbeit – insbesondere im Hinblick auf die äußere Systematik sowie die teilweise überflüssigen, lückenhaften oder inhaltlich widersprüchlichen Haftungsnormen – etwas getrübt. Der Gesetzgeber hat die bereits vor dem GdH bestehenden Haftungsnormen nicht aufgehoben und für die daraus resultierenden Normkonflikte lediglich den Spezialitätsgrundsatz vorgesehen. Die Abstimmung der unterschiedlichen deliktischen Gesetze und Vorschriften im Einzelnen ist damit Aufgabe der Rechtsprechung und Wissenschaft. Dies stellt eine gewaltige Herausforderung dar und birgt die Gefahr, dass bei den „Richtern, Rechtsanwälten und in der Gesellschaft ein zirkulärer Irrtum hervorgerufen“772 wird: Es ist häufig unklar, welche Vorschriften durch das GdH verdrängt werden und welche als ergänzende (spezialgesetzliche) Normen weiter anzuwenden sind. Jedenfalls kurzfristig dürfte die mit dem GdH bezweckte höhere Rechtssicherheit daher nicht erreicht werden.
______ 771 Freilich fanden sich viele Schutzregelungen bisher schon in den Ansichten des Obersten Volksgerichts. 772 Sun Xianzhong, ZChinR (2007) 140, 148.
113
F. Fazit
Das GdH beschränkt sich im „Allgemeinen Teil“773 nicht auf die Normierung einer oder mehrerer Generalklauseln, sondern regelt auch allgemeine Haftungsprinzipen. Dies ist im Hinblick auf die nicht hinreichende juristische Ausbildung vieler Richter – vor allem in den ländlichen Gebieten Chinas – zu begrüßen.774 Mit diesem detaillierten Regelungsansatz unvereinbar ist jedoch, dass die Fahrlässigkeit, das Mitverschulden, die Rechtswidrigkeit, das Schadensrecht, die Verjährung von deliktische Ansprüchen und die Haftung von Unternehmen für Organisationsverschulden nicht oder nur unvollständig geregelt wurden. Im „Besonderen Teil“775 fasst das Gesetz wichtige Bereiche des stark fragmentierten gesetzlichen Haftungsrechts systematisch zusammen und verspricht damit mehr Rechtssicherheit. Der „Besondere Teil“ bleibt jedoch lückenhaft, weil bedeutsame Rechtsgebiete nicht (wie die Haftung für Lebensmittel) oder nur rudimentär (z. B. die Umwelthaftung) normiert sind. Das GdH kann damit die Funktion der Spezialgesetze nicht vollständig ersetzen und lässt viele Rechtsfragen unbeantwortet. Im Hinblick darauf bleibt unklar, ob neue spezielle Haftungsnormen zukünftig in das GdH übernommen oder wieder in Spezialgesetzen geregelt werden. Offensichtlich hat der Gesetzgeber bei der Konzeption des GdH einen eher pragmatischen Ansatz verfolgt, ohne sich mit rechtsdogmatischen Fragestellungen tiefschürfend auseinanderzusetzen.776 Es bleibt zu hoffen, dass dieses Defizit mit Hilfe der Interpretationen des Obersten Volksgerichts alsbald behoben und das GdH harmonisch in das Gefüge des chinesischen Zivilrechts integriert werden kann.
______ 773 774 775 776
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Siehe dazu oben A. Vgl. dazu oben C. Siehe dazu oben A. Die Vernachlässigung der theoretischen Grundlagen bei der Kodifizierung des GdH beklagt Sun Xianzhong, 162.
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung Gesetz der VR China über die deliktische Haftung Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
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Anordnung des Präsidenten der VR China Nr. 12 Das „Gesetz der VR China über die deliktische Haftung“ wurde am 26. 12. 2009 auf der 12. Sitzung des Ständigen Ausschusses des 11. NVK der VR China verabschiedet, wird hiermit bekannt gegeben und ab dem 1. 7. 2010 angewendet. Hu Jintao, Präsident der VR China 26. 12. 2009 Gesetz der VR China über die deliktische Haftung (verabschiedet am 26. 12. 2009 auf der 12. Sitzung des Ständigen Ausschusses des 11. NVK)
㚠㔝
Inhaltsverzeichnis
⭻䄜䍣䄜⟄⺇Ⰹ ⭻ⱟ䍣䋑㦯⹚⧪⼮䋑㦯Ⳟ㬞
1. Kapitel 2. Kapitel
⭻㧞䍣 ⤜⧱⭄䋑㦯⼮ブ㤂䋑㦯⭥㤊㾯 ⭻㯥䍣䇻䋑㦯䑘㳆⭥㲹㭃⺇Ⰹ ⭻㹆䍣⥛㠘䋑㦯 ⭻㒚䍣〛Ⱀ⧖ㅜ㵉㬣䋑㦯 ⭻㡀䍣䄞㑧㰑⼇䋑㦯 ⭻➬䍣㈔㸼㦟䋑㦯 ⭻㈦䍣ⷀⰩ㸄㻶䋑㦯 ⭻㬏䍣㯨䂙Ⱀ㹐㰑⼇䋑㦯 ⭻㬏䄜䍣㹐ミ㰑⼇䋑㦯 ⭻㬏ⱟ䍣䋓 ⭻䄜䍣䄜⟄⺇Ⰹ ⭻䄜㳖 㸋⡄⿅㘒㬣䑘㳆⭥⼰ⳉ㦉䅇᷍㘘㦘㣷 㦉䋑㦯᷍䊅ⳡ⤃䐧⤤㣷㦉㾱㸋᷍⪺㆙
Allgemeine Bestimmungen Begründung und Art der Haftung 3. Kapitel Haftungsausschluss- und Haftungsminderungsgründe 4. Kapitel Besondere Bestimmungen zum Haftungssubjekt 5. Kapitel Produkthaftung 6. Kapitel Straßenverkehrshaftung für Kraftfahrzeuge 7. Kapitel Haftung für Schäden durch medizinische Behandlung 8. Kapitel Haftung für Umweltverschmutzung 9. Kapitel Haftung für besonders hohe Gefahren 10. Kapitel Haftung des Tierhalters 11. Kapitel Haftung für Gegenstände 12. Kapitel Ergänzende Bestimmungen 1. Kapitel
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Um die legalen Rechte und Interessen der Zivilrechtssubjekte zu schützen, die deliktische Haftung klarzustellen, delikti115
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
㪈。⼮㾔㸩Ⰹ᷍䐧Ⰹ⡟ⳉ᱄
sches Verhalten vorzubeugen und zu bestrafen und die Harmonie und Stabilität der Gesellschaft zu fördern, wird dieses Gesetz erlassen.
⭻ⱟ㳖 㣷⼇㘒㬣㦉䅇᷍䇇⭒䄡䍶⡟ⳉ⧱⭄㣷 㦉䋑㦯᱄
§ 2 Wer zivilrechtliche Rechte und Interessen verletzt, muss nach Maßgabe dieses Gesetzes die Haftung aus Delikt übernehmen.
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Die zivilrechtliche Rechten und Interessen im Sinne dieses Gesetzes umfassen das Recht auf Leben, das Recht auf Gesundheit, das Namensrecht, das Recht am guten Ruf, das Recht an der Ehrbezeichnung, das Recht am eigenen Bild, das Recht auf Privatsphäre, die Ehefreiheit, das Vormundschaftsrecht, das Recht am Eigentum, Nießbrauch, dingliche Sicherungsrechte, das Urheberrecht, das Patentrecht, das Markennutzungsrecht, das Recht an der Entdeckung, das Aktienrecht, das Erbrecht sowie andere persönliche und vermögensbezogene Rechte und Interessen.
⭻㧞㳖 ⡜㣷㦉㦬䇱㦉㤌㤔㣷㦉㦬⧱⭄㣷㦉䋑 㦯᱄
§ 3 Der Geschädigte ist berechtigt vom Schädiger die Übernahme der deliktischen Haftung zu fordern.
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§ 4 Haftet der Schädiger wegen derselben Handlung verwaltungs- oder strafrechtlich, hat dies keinen Einfluss auf die Übernahme der Haftung aus Delikt gemäß dem Gesetz.
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Muss der Schädiger wegen derselben Handlung sowohl die Haftung aus Delikt als auch aus Verwaltungsrecht oder Strafrecht übernehmen, reicht sein Vermögen nicht aus, alle Ansprüche zu befriedigen, muss er zunächst die Haftung aus Delikt übernehmen.
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§ 5 Soweit andere Gesetze im Hinblick auf die deliktische Haftung besondere Bestimmungen enthalten, gelten diese Bestimmungen.
116
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
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2. Kapitel
⭻㒚㳖 㾱㸋㦬䅓⺞⫎㣷⼇㰜㦬㘒㬣㦉䅇᷍䇇 ⭒⧱⭄㣷㦉䋑㦯᱄
§ 6 Wer die zivilrechtlichen Rechte und Interessen eines anderen schuldhaft verletzt, muss er die Haftung aus Delikt übernehmen.
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Wird nach dem Gesetz das Verschulden des Handelnden vermutet, haftet er aus Delikt, sofern er nicht beweisen kann, dass ihn kein Verschulden trifft.
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§ 7 Wer die zivilrechtlichen Rechte und Interessen eines anderen schädigt, muss verschuldensunabhängig die Haftung aus Delikt übernehmen, soweit das Gesetz dies bestimmt.
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§ 8 Begehen mehrere Personen gemeinschaftlich eine deliktische Handlung, durch die ein anderer geschädigt wird, müssen sie die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen.
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§ 9 Wer eine andere Person zur Begehung einer deliktischen Handlung anstiftet oder ihr bei einer solchen hilft, muss mit dem Handelnden die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen.
ㅭ㰕᱃⟐䑛㸿㘒㬣㾱㸋㚽㑇㦬᱃㻿䐧 㘒㬣㾱㸋㚽㑇㦬㬖㬊㣷㦉㾱㸋⭥᷍䇇 ⭒⧱⭄㣷㦉䋑㦯ᷜⶤ㸿㘒㬣㾱㸋㚽㑇 㦬᱃㻿䐧㘒㬣㾱㸋㚽㑇㦬⭥チ⿅㦬㸕 ㈂⭞チ⿅䋑㦯⭥᷍䇇⭒⧱⭄㼁䇇⭥䋑 㦯᱄
Wer einen nicht Zivilgeschäftsfähigen oder beschränkt Zivilgeschäftsfähigen zur Begehung einer deliktischen Handlung anstiftet oder ihm bei einer solchen hilft, muss die Haftung aus Delikt übernehmen; hat der Vormund des nicht Zivilgeschäftsfähigen bzw. des beschränkt Zivilgeschäftsfähigen seine Pflichten nicht erfüllt, muss er die entsprechende Haftung übernehmen.
⭻㬏㳖 ⱟ㦬䄵㩰㬖㬊㸄ゑ㰜㦬㦬㪎᱃⤧⥛➓ 㦌⭥㾱㸋᷍㡅䐱䄜㦬〓䎀㭞㦬⭥㾱㸋 䋍⧪㰜㦬㰑⼇᷍㚽⹜㦘Ⰹ㉀㳆㣷㦉㦬 ⭥᷍䇪㣷㦉㦬⧱⭄䋑㦯ᷜ⤜㚽㦘Ⰹ㉀ 㳆㣷㦉㦬⭥᷍㾱㸋㦬⧱⭄㑍⫙䋑㦯᱄
§ 10 Begehen mehrere Personen eine Handlung, die die Sicherheit des Körpers oder des Vermögens eines anderen gefährdet und wird durch die Handlung eines oder mehrerer von ihnen der andere geschädigt und lässt sich der Schädiger genau
Begründung und Art der Haftung
117
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
bestimmen, so muss dieser Schädiger die Haftung übernehmen; kann er nicht genau bestimmt werden, müssen alle Handelnden die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen. ⭻㬏䄜㳖 ⱟ㦬䄵㩰⢑㬖㬊㣷㦉㾱㸋䋍⧪㵍䄜 㰑⼇᷍㗠㦬⭥㣷㦉㾱㸋Ⱍ䔄䄵䋍⧪ 㦌⤠㰑⼇⭥᷍㾱㸋㦬⧱⭄㑍⫙䋑㦯᱄
§ 11 Begehen mehrere Personen unabhängig voneinander eine deliktische Handlung durch die der gleiche Schaden verursacht wird und hätte die deliktische Handlung jedes einzelnen ausgereicht, um den ganzen Schaden zu verursachen, übernehmen alle Handelnden die gesamtschuldnerische Haftung.
⭻㬏ⱟ㳖 ⱟ㦬䄵㩰⢑㬖㬊㣷㦉㾱㸋䋍⧪㵍䄜 㰑⼇᷍㚽⹜㦘Ⰹ䋑㦯⫔㾂⭥᷍ⷘ䓵⧱ ⭄㼁䇇⭥䋑㦯ᷜ㚲䄵㦘Ⰹ䋑㦯⫔ 㾂⭥᷍㠞㉚⧱⭄㞃⧆䋑㦯᱄
§ 12 Begehen mehrere Personen unabhängig voneinander eine deliktische Handlung durch die der gleiche Schaden verursacht wird, übernimmt jeder die Haftung entsprechend seinem Verantwortungsbeitrag, soweit das Verhältnis der Verantwortungsbeiträge bestimmt werden kann; sind die Verantwortungsbeiträge nur schwer zu bestimmen, haften alle zu gleichen Teilen auf Schadensersatz.
⭻㬏㧞㳖 ⳉ㔪⺇Ⰹ⧱⭄㑍⫙䋑㦯⭥᷍⡜㣷㦉㦬 䇱㦉㤌㤔⤠〓䎀㦌⤠㑍⫙䋑㦯㦬⧱ ⭄䋑㦯᱄
§ 13 Bestimmt das Gesetz die Übernahme einer gesamtschuldnerischen Haftung, ist der Geschädigte berechtigt von einem Teil oder von allen Gesamtschuldnern die Übernahme der Haftung fordern.
⭻㬏㯥㳖 㑍⫙䋑㦯㦬ⷚ㈾ⷘ䓵䋑㦯⫔㾂㦘Ⰹ㼁 䇇⭥㞃⧆㭞ⱏ 㚲䄵㦘Ⰹ䋑㦯⫔㾂⭥ 㠞㉚⧱⭄㞃⧆䋑㦯᱄
§ 14 Der Beitrag eines Gesamtschuldners zum Schadensersatz bestimmt sich nach dem Maß der jeweiligen Verantwortung; lässt sich diese nur schwer bestimmen, müssen sie zu gleichen Teilen die Haftung auf Schadensersatz übernehmen.
䐈⧍⨗䓵゛㞃⧆㭞ⱏ⭥㑍⫙䋑 㦯㦬᷍䇱㦉㼓㡅㰜㑍⫙䋑㦯㦬䓘⧆᱄
Zahlt ein Gesamtschuldner mehr als die von ihm zu leistende Schadensersatzsumme, ist er berechtigt bei den anderen Gesamtschuldnern Regress nehmen.
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§ 15 Die wesentlichen Formen der deliktischen Haftung sind:
᷉䄜᷊㵄䐚㣷⼇ᷜ
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1. Einstellung der Verletzung;
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
᷉ⱟ᷊㝦⨞Ⳣ➎ᷜ
2. Behebung der Behinderung;
᷉㧞᷊㼜⨞㸄㻶ᷜ
3. Beseitigung der Gefahr;
᷉㯥᷊Ⳗ⤧⥛ᷜ
4. Rückerstattung der Vermögensgüter;
᷉㹆᷊⿷ⶕ䊎䓕ᷜ
5. Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes;
᷉㒚᷊㞃⧆㰑㬈ᷜ
6. Schadensersatz;
᷉㡀᷊㞃㏒⭡㣙ᷜ
7. Entschuldigung;
᷉➬᷊㼜⨞䇑㼍᱃⿷ⶕ㘜䈟᱄
8. Beseitigung von Auswirkungen, Wiederherstellung des guten Rufes.
䄵㩰⧱⭄㣷㦉䋑㦯⭥Ⳟ㬞᷍㋪䄵⭆Ⱑ 㬫䇤᷍䄓㋪䄵⼰⤃㬫䇤᱄
Die oben genannten Formen der deliktischen Haftung können allein oder kombiniert Anwendung finden.
⭻㬏㒚㳖 㣷⼇㰜㦬䋍⧪㦬㪎㰑⼇⭥᷍䇇⭒㞃⧆ 䄞㑧Ⳳ᱃⿅㏎Ⳳ᱃ㅜ㵉Ⳳ⭩㸋䐯㑧⼮ ㋖ⶕ䐈⨗⭥⼰㏎Ⳳ䇤᷍䄵ゑ䅓㹔⹅ブ 㩺⭥㬶㧌᱄䋍⧪⤱ん⭥᷍䇇⭒㞃⧆ ⤱ん㪛』ⶉ䑛㉀Ⳳ⼮⤱ん㞃⧆㆑᱄䋍 ⧪㯡㶗⭥᷍䇇⭒㞃⧆㩆䋂Ⳳ⼮㯡㶗 㞃⧆㆑᱄
§ 16 Wird durch die Verletzung eines anderen ein Körperschaden verursacht, müssen die medizinischen Behandlungskosten, die Pflegekosten, die Transportkosten und andere infolge der Behandlung und der Regeneration entstandenen angemessenen Ausgaben, sowie das infolge des Arbeitsausfalls verminderte Einkommen ersetzt werden. Wird eine Behinderung verursacht, müssen zusätzlich die Kosten für Behindertenhilfsgeräte und der Behindertenschadensersatz ersetzt werden. Wird der Tod verursacht, müssen zusätzlich die Beerdigungskosten und der Todesfallschadensersatz ersetzt werden.
⭻㬏㡀㳖 䅓㵍䄜㣷㦉㾱㸋䋍⧪ⱁ㦬㯡㶗⭥᷍㋪ 䄵䄵㼁㵍㭞ⱏ㦘Ⰹ㯡㶗㞃⧆㆑᱄
§ 17 Führt eine deliktische Handlung zu mehreren Toten, kann ein einheitlicher Todesfallschadensersatz bestimmt werden.
⭻㬏➬㳖 ⡜㣷㦉㦬㯡㶗⭥᷍㡅㆝㣸㭕䇱㦉㤌㤔 㣷㦉㦬⧱⭄㣷㦉䋑㦯᱄⡜㣷㦉㦬㸋⭆ 㸜᷍ⶤ⭆㸜㑃᱃⼰⤃⭥᷍⧱キ㦉㏜ ⭥⭆㸜䇱㦉㤌㤔㣷㦉㦬⧱⭄㣷㦉䋑 㦯᱄
§ 18 Stirbt der Geschädigte, sind seine nahen Angehörigen berechtigt, vom Schädiger die Übernahme der deliktischen Haftung zu fordern. Handelt es sich bei dem Geschädigten um eine Arbeitseinheit und wird diese Arbeitseinheit geteilt oder fusioniert, ist die rechtsnachfolgende Arbeitseinheit berechtigt, vom Schädiger die Übernahme der deliktischen Haftung zu fordern.
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Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
⡜㣷㦉㦬㯡㶗⭥᷍䐈⡜㣷㦉㦬䄞㑧 Ⳳ᱃㩆䋂Ⳳ⭩⼰㏎Ⳳ䇤⭥㦬䇱㦉㤌㤔 㣷㦉㦬㞃⧆Ⳳ䇤᷍⭌㣷㦉㦬䄲䐈ⶤ Ⳳ䇤⭥⨞㶃᱄
Stirbt der Geschädigte, ist derjenige, der die Behandlungskosten, die Beerdigungskosten oder andere angemessene Ausgaben für den Geschädigten gezahlt hat, berechtigt, von dem Schädiger Ersatz dieser Ausgaben zu fordern, soweit der Schädiger diese nicht bereits gezahlt hat.
⭻㬏㈦㳖 㣷⼇㰜㦬⤧⥛⭥᷍⤧⥛㰑㬈➕䍶㰑㬈 ⳃ㪛㬒⭥㬱⧂ゼⷒ〓䎀㡅㰜Ⳟ㬞ェ 㰄᱄
§ 19 Wird durch die Verletzung des Vermögens eines anderen ein Schaden verursacht, berechnet sich der Vermögensschaden anhand des Marktwertes zum Zeitpunkt der Schädigung oder anhand anderer Methoden.
⭻ⱟ㬏㳖 㣷⼇㰜㦬㦬㪎㦉䅇䋍⧪⤧⥛㰑㬈⭥᷍ ➕䍶⡜㣷㦉㦬䅓⪬㬽⭞⭥㰑㬈㞃⧆ᷜ ⡜㣷㦉㦬⭥㰑㬈㚲䄵㦘Ⰹ᷍㣷㦉㦬䅓 ⪬〒⭤㏜䅇⭥᷍➕䍶㡅〒⭤⭥㏜䅇㞃 ⧆ᷜ㣷㦉㦬䅓⪬〒⭤⭥㏜䅇㚲䄵 㦘Ⰹ᷍⡜㣷㦉㦬⼮㣷㦉㦬㈮㞃⧆㭞ⱏ 㾎㩭⤜䄜䐣᷍㼓㦬㘒ⳉ䊛㳂㡑㰀㯰 ⭥᷍䇪㦬㘒ⳉ䊛ⷚ㈾㬖カ㤊㌗㦘Ⰹ㞃 ⧆㭞ⱏ᱄
§ 20 Wird durch die Verletzung der personellen Rechte und Interessen eines anderen ein Vermögensschaden verursacht, berechnet sich der Schadensersatz nach Maßgabe des Schadens des Geschädigten; lässt sich der Schaden des Geschädigten nur schwer bestimmen und hat der Schädiger [durch die Verletzung] einen Gewinn erzielt, wird der Schadensersatz nach Maßgabe des vom Schädiger erzielten Gewinns berechnet; lässt sich der vom Schädiger gemachte Gewinn nur schwer bestimmen und können sich Schädiger und Geschädigter nicht durch Verhandlungen einigen und erheben vor dem Volksgericht Klage, so hat das Volksgericht den Schadensersatzbetrag nach den tatsächlichen Umständen zu bestimmen.
⭻ⱟ㬏䄜㳖 㣷㦉㾱㸋㸄ゑ㰜㦬㦬㪎᱃⤧⥛➓㦌 ⭥᷍⡜㣷㦉㦬㋪䄵㤌㤔㣷㦉㦬⧱⭄㵄 䐚㣷⼇᱃㝦⨞Ⳣ➎᱃㼜⨞㸄㻶⭩㣷㦉 䋑㦯᱄
§ 21 Gefährdet die deliktische Handlung die Sicherheit des Körpers oder des Vermögens eines anderen, kann der Geschädigte von dem Schädiger unter anderem die Einstellung der Verletzung, die Behebung der Behinderung oder die Beseitigung der Gefährdung fordern.
⭻ⱟ㬏ⱟ㳖 㣷⼇㰜㦬㦬㪎㦉䅇᷍䋍⧪㰜㦬䁰䐹㈌ 㪒㰑⼇⭥᷍⡜㣷㦉㦬㋪䄵㤌㤔㈌㪒㰑 ⼇㞃⧆᱄
§ 22 Wird durch die Verletzung der personellen Rechte und Interessen eines anderen ein erheblicher seelischer Schaden verursacht, kann der Geschädigte Ersatz der seelischen Schäden fordern.
120
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
⭻ⱟ㬏㧞㳖 䅓ⳡ䐚᱃䐧䐚㰜㦬㘒㬣㦉䅇⡜㣷⼇ⱙ 㬚䓵゛㬽⭞㰑⼇⭥᷍䇪㣷㦉㦬⧱⭄䋑 㦯᱄㣷㦉㦬㲴䄾〓䎀㸿㑇⧱⭄䋑㦯᷍ ⡜㣷㦉㦬㤌㤔⤚⧆⭥᷍㬽䅇㦬䇇⭒ⷙ 䈉㬫⭒⤚⧆᱄
§ 23 Wird jemand infolge der Abwendung oder Unterbindung der Verletzung der zivilrechtlichen Rechte und Interessen eines anderen selbst geschädigt, so muss dieser Schädiger die Haftung übernehmen. Entzieht sich der Schädiger [der Verantwortung] oder ist er nicht in der Lage die Haftung zu übernehmen, muss der Begünstigte eine angemessene Entschädigung gewähren, sofern der Geschädigte dies fordert.
⭻ⱟ㬏㯥㳖 㬽⼇㦬⼮㾱㸋㦬ⰵ㰑⼇⭥ⳃ㪛Ⱍ㗜䇱 ⺞⫎⭥᷍㋪䄵ⷚ㈾㬖カ㤊㌗᷍䇪㯌Ⳟ ⭄㰑㬈᱄
§ 24 Trifft weder den Geschädigten noch den Handelnden am Eintritt des Schadens ein Verschulden, können die Parteien nach den tatsächlichen Umständen den Schaden teilen.
⭻ⱟ㬏㹆㳖 㰑⼇ⳃ㪛⽔᷍⭒㬣㦬㋪䄵㾎㩭㞃⧆Ⳳ 䇤⭥䐈Ⳟ㬞᱄㾎㩭⤜䄜䐣⭥᷍㞃⧆ Ⳳ䇤䇇⭒䄜⪯㾵䐈ᷜ䄜⪯㾵䐈㦘 䇱㎈㚲⭥᷍㋪䄵㠻䐈᷍⭌䇇⭒㳂 ⹊㼁䇇⭥⭄⡄᱄
§ 25 Nach dem Eintritt des Schadens können die Beteiligten über die Modalitäten der Zahlung der zu ersetzenden Kosten verhandeln. Kommt es zu keiner Einigung, muss der Schadensersatz in Form einer einmaligen Zahlung geleistet werden; ist eine einmalige Zahlung nur schwer möglich, kann in Raten gezahlt werden; es muss allerdings eine entsprechende Sicherheit gestellt werden.
⭻㧞䍣 ⤜⧱⭄䋑㦯⼮ブ㤂䋑㦯⭥㤊㾯
3. Kapitel
⭻ⱟ㬏㒚㳖 ⡜㣷㦉㦬ⰵ㰑⼇⭥ⳃ㪛䄓䇱⺞⫎⭥᷍ ㋪䄵ブ㤂㣷㦉㦬⭥䋑㦯᱄
§ 26 Trifft auch den Geschädigten ein Verschulden an der Entstehung des Schadens, so kann die Haftung des Schädigers gemindert werden.
⭻ⱟ㬏㡀㳖 㰑⼇㬨䅓㬽⼇㦬䅃䋍⧪⭥᷍㾱㸋㦬 ⤜⧱⭄䋑㦯᱄
§ 27 Verursacht der Geschädigte den Schaden absichtlich, muss der Handelnde die Haftung nicht übernehmen.
⭻ⱟ㬏➬㳖 㰑⼇㬨䅓⭻㧞㦬䋍⧪⭥᷍⭻㧞㦬䇇⭒ ⧱⭄㣷㦉䋑㦯᱄
§ 28 Wird der Schaden durch einen Dritten verursacht, muss der Dritte die Haftung aus Delikt übernehmen.
⭻ⱟ㬏㈦㳖 䅓⤜㋪㋚㑇䋍⧪㰜㦬㰑⼇⭥᷍⤜⧱⭄
§ 29 Wird der Schaden eines anderen durch höhere Gewalt verursacht, ist die Haftung
Haftungsausschluss- und Minderungsgründe
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Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
䋑㦯᱄ⳉ㔪㒎䇱⺇Ⰹ⭥᷍䄡䍶㡅⺇ Ⰹ᱄
ausgeschlossen. Soweit Gesetze anderes bestimmen, gelten deren Bestimmungen.
⭻㧞㬏㳖 䅓䎞⭒ⳡ㸡䋍⧪㰑⼇⭥᷍⤜⧱⭄䋑 㦯᱄䎞⭒ⳡ㸡⧍⺞⡹䄋⭥㻿Ⱙ᷍䋍⧪ ⤜䇇䇱⭥㰑⼇⭥᷍䎞⭒ⳡ㸡㦬䇇⭒⧱ ⭄㬫⭒⭥䋑㦯᱄
§ 30 Ist der Schaden eine Folge gerechtfertigter Notwehr, so ist die Haftung ausgeschlossen. Überschreitet die gerechtfertigte Notwehr das Maß des Notwendigen und werden dadurch unnötige Schäden verursacht, haftet der in Notwehr Handelnde in angemessenem Umfang.
⭻㧞㬏䄜㳖 䅓㆕を⡽㻶䋍⧪㰑⼇⭥᷍䇪䅞㡑㻶㤊 ⳃ㪛⭥㦬⧱⭄䋑㦯᱄㧈⺜㸄㻶㬨䇪䓵 㦜䊎䅓䅞㡑⭥᷍㆕を⡽㻶㦬⤜⧱⭄䋑 㦯〓䎀ⷙ䈉㬫⭒⤚⧆᱄㆕を⡽㻶⤪㦂 ⫌㬊⤜⭒〓䎀⧍⺞⡹䄋⭥㻿Ⱙ᷍䋍⧪ ⤜䇇䇱⭥㰑⼇⭥᷍㆕を⡽㻶㦬䇇⭒⧱ ⭄㬫⭒⭥䋑㦯᱄
§ 31 Ist der Schaden eine Folge dringender Gefahrenabwehr, muss der Verursacher der gefährlichen Lage die Haftung übernehmen. Ist die Gefahr eine Folge natürlicher Ursachen, haftet der Beseitiger der dringenden Gefahr entweder nicht oder er leistet eine angemessene Entschädigung. Sind die im Hinblick auf die dringende Gefahrenabwehr ergriffenen Maßnahmen unangemessen oder überschreiten sie das notwendige Maß und wird dadurch ein nicht notwendiger Schaden verursacht, haftet der Beseitiger der dringenden Gefahr in angemessenem Umfang.
⭻㯥䍣䇻䋑㦯䑘㳆⭥㲹㭃⺇Ⰹ
4. Kapitel
⭻㧞㬏ⱟ㳖 㸿㘒㬣㾱㸋㚽㑇㦬᱃㻿䐧㘒㬣㾱㸋㚽 㑇㦬䋍⧪㰜㦬㰑⼇⭥᷍䇪チ⿅㦬⧱⭄ 㣷㦉䋑㦯᱄チ⿅㦬㈂⭞チ⿅䋑㦯⭥᷍ ㋪䄵ブ㤂㡅㣷㦉䋑㦯᱄
§ 32 Wird jemand durch einen nicht Zivilgeschäftsfähigen oder beschränkt Zivilgeschäftsfähigen geschädigt, muss der Vormund die Haftung aus Delikt übernehmen. Hat der Vormund seine Pflichten erfüllt, kann die deliktische Haftung gemindert werden.
䇱⤧⥛⭥㸿㘒㬣㾱㸋㚽㑇㦬᱃㻿䐧㘒 㬣㾱㸋㚽㑇㦬䋍⧪㰜㦬㰑⼇⭥᷍⪴⡟ 㦬⤧⥛䐱䐈㞃⧆Ⳳ䇤᱄⤜䔄⤠᷍ 䇪チ⿅㦬㞃⧆᱄
Wird jemand durch einen nicht Zivilgeschäftsfähigen oder beschränkt Zivilgeschäftsfähigen, der [eigenes] Vermögen besitzt, geschädigt, so werden die zu ersetzenden Kosten aus dessen Vermögen geleistet. Reicht dies nicht aus, ersetzt der Vormund den verbleibenden Teil.
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§ 33 Schädigt ein voll Zivilgeschäftsfähiger im verschuldeten Zustand der vo-
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Besondere Bestimmungen zum Haftungssubjekt
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
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rübergehenden Bewusstlosigkeit oder des Verlustes der Kontrollfähigkeit einen anderen, muss er die Haftung aus Delikt übernehmen; liegt kein Verschulden vor, gewährt der Handelnde nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Verhältnisse dem Geschädigten eine angemessene Entschädigung.
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Schädigt ein voll Zivilgeschäftsfähiger in einem auf Trunkenheit oder dem Genuss von Narkotika oder Psychopharmaka oder ähnlichem beruhenden Zustand der vorübergehenden Bewusstlosigkeit oder des Verlustes der Kontrollfähigkeit einen anderen, muss er die Haftung aus Delikt übernehmen.
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§ 34 Schädigt ein Arbeitnehmer einer Arbeitseinheit bei der Arbeit einen anderen, muss die Arbeitseinheit die Haftung aus Delikt übernehmen.
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Schädigt ein Leiharbeiternehmer während der Zeit des Leiharbeitsverhältnisses bei der Arbeit einen anderen, muss der Entleiher die Haftung aus Delikt übernehmen; hat ein Verschulden des Verleihers mitgewirkt, trifft diesen eine ergänzende Haftung.
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§ 35 Besteht zwischen einzelnen Personen ein Arbeitsverhältnis und schädigt der die Arbeit Leistende bei der Arbeit einen anderen, muss der die Arbeit Abnehmende die Haftung aus Delikt übernehmen. Wird der die Arbeit Leistende bei der Arbeit selbst geschädigt, haften beide Parteien nach Maßgabe ihres jeweiligen Verschuldens.
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§ 36 Wird das Internet von einem Internetznutzer bzw. einem Internetbetreiber zur Verletzung der zivilrechtlichen Rechte und Interessen eines anderen genutzt, muss er die Haftung aus Delikt übernehmen.
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Nutzt ein Internetznutzer die Internetdienstleistungen zur Ausübung delikti123
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
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scher Handlungen, ist der Geschädigte berechtigt, den Internetbetreiber aufzufordern, notwendige Maßnahmen wie z. B. die Löschung, die Abschirmung oder die Blockierung zu ergreifen. Ergreift der Internetbetreiber nach Empfang der Aufforderung nicht rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen, muss er im Hinblick auf den [hierdurch] vergrößerten Schaden mit dem Internetnutzer die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen.
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Weiß ein Internetbetreiber, dass ein Internetnutzer die Internetdienstleistungen zur Verletzung der zivilrechtlichen Rechte und Interessen eines anderen nutzt ohne die notwendigen [Gegen]maßnahmen durchzuführen, muss er mit dem Internetnutzer die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen.
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§ 37 Erfüllt das Verwaltungspersonal von Hotels, Kaufhäusern, Banken, Bahnhöfen, Vergnügungseinrichtungen und anderen öffentlich zugänglichen Einrichtungen oder die Organisatoren von Massenveranstaltungen ihre Sicherheitsgewährleistungspflichten nicht und wird dadurch ein anderer geschädigt, müssen sie die Haftung aus Delikt übernehmen.
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Wird ein anderer infolge der Handlung eines Dritten geschädigt, muss der Dritte die Haftung aus Delikt übernehmen; haben das Verwaltungspersonal oder die Organisatoren ihre Sicherheitsgewährleistungspflichten nicht erfüllt, trifft sie eine entsprechende ergänzende Haftung.
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§ 38 Erleidet ein nicht Zivilgeschäftsfähiger im Kindergarten, in der Schule oder in einer sonstigen Bildungseinrichtung während der Studien- oder Aufenthaltszeit einen Körperschaden, muss der Kindergarten die Haftung übernehmen, die Schule oder die sonstige Bildungseinrichtung, sofern sie nicht beweisen können, dass sie
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Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
ihre Ausbildungs- und Verwaltungspflichten erfüllt haben. ⭻㧞㬏㈦㳖 㻿䐧㘒㬣㾱㸋㚽㑇㦬䊻䁈㾄〓䎀㡅㰜 ㅭ䈞〛⹚䁈㻑᱃㪛』㠻ヅ㬽⭞㦬㪎㰑 ⼇᷍䁈㾄〓䎀㡅㰜ㅭ䈞〛⹚㸕㈂⭞ㅭ 䈞᱃㏎䐑䋑⭥᷍䇇⭒⧱⭄䋑㦯᱄
§ 39 Erleidet ein beschränkt Zivilgeschäftsfähiger in der Schule oder in einer sonstigen Bildungseinrichtung während der Studien- oder Aufenthaltszeit einen Körperschaden, muss die Schule oder die andere Bildungseinrichtung die Haftung übernehmen, wenn sie ihre Erziehungs- und Verwaltungspflichten nicht erfüllt haben.
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§ 40 Erleiden nicht Zivilgeschäftsfähige oder beschränkt Zivilgeschäftsfähige im Kindergarten, in der Schule oder in einer sonstigen Bildungseinrichtung während der Studien- oder Aufenthaltszeit einen Körperschaden durch jemanden, der nicht zum Personal des Kindergartens, der Schule oder der sonstigen Bildungseinrichtung gehört, muss der Schädiger die Haftung aus Delikt übernehmen; hat der Kindergarten, die Schule oder die sonstige Bildungseinrichtung ihre Verwaltungsaufgaben nicht erfüllt, trifft sie eine entsprechende ergänzende Haftung.
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5. Kapitel
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§ 41 Erleidet ein anderer infolge des Fehlers eines Produktes einen Schaden, muss der Hersteller die Haftung aus Delikt übernehmen.
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§ 42 Ist der Fehler eines Produktes eine Folge des Verschuldens des Verkäufers und wird dadurch ein anderer geschädigt, muss der Verkäufer die Haftung aus Delikt übernehmen.
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Kann der Verkäufer weder den Hersteller noch den Lieferanten des fehlerhaften Produktes benennen, muss er die Haftung aus Delikt übernehmen.
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§ 43 Verursacht der Fehler eines Produktes einen Schaden, kann der Geschädigte so-
Produkthaftung
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Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
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wohl von dem Hersteller als auch von dem Verkäufer Schadensersatz fordern.
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Wurde der Fehler des Produktes von dem Hersteller verursacht, ist der Verkäufer, nachdem er Schadensersatz geleistet hat, berechtigt, bei dem Hersteller Regress zu nehmen.
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Ist der Fehler des Produktes eine Folge des Verschuldens des Verkäufers, so ist der Hersteller nachdem er Schadensersatz geleistet hat, berechtigt, bei dem Verkäufer Regress zu nehmen.
⭻㯥㬏㯥㳖 䅓䊬㭅䎀᱃⤷⪃䎀⭩⭻㧞㦬⭥⺞⫎㬚 ⥛㠘⫇䊻㦒㻾᷍䋍⧪㰜㦬㰑⼇⭥᷍⥛ 㠘⭥㪛⥛䎀᱃㼛㬼䎀㞃⧆⽔᷍䇱㦉㼓 ⭻㧞㦬䓘⧆᱄
§ 44 Ist der Fehler des Produktes eine Folge des Verschuldens des Spediteurs, des Lageristen oder eines anderen Dritten und wird dadurch ein anderer geschädigt, sind der Hersteller und der Verkäufer nachdem sie Schadensersatz geleistet haben, berechtigt, bei dem Dritten Regress zu nehmen.
⭻㯥㬏㹆㳖 䅓⥛㠘㦒㻾㸄ゑ㰜㦬㦬㪎᱃⤧⥛➓㦌 ⭥᷍⡜㣷㦉㦬䇱㦉㤌㤔㪛⥛䎀᱃㼛㬼 䎀⧱⭄㝦⨞Ⳣ➎᱃㼜⨞㸄㻶⭩㣷㦉䋑 㦯᱄
§ 45 Gefährdet der Fehler eines Produktes die Sicherheit des Körpers oder des Vermögens eines anderen, ist der Geschädigte berechtigt, von dem Hersteller oder dem Verkäufer die Behebung der Behinderung, die Beseitigung der Gefährdung und ähnliches zu fordern.
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§ 46 Wird nach dem Inverkehrbringen eines Produktes ein Fehler festgestellt, müssen der Hersteller und der Verkäufer rechtzeitig [davor] warnen, es zurückrufen oder andere Maßnahmen zur Abhilfe treffen. Ergreifen sie die Maßnahmen nicht rechtzeitig oder sind diese unzureichend und wird [dadurch] ein Schaden verursacht, müssen sie die Haftung aus Delikt übernehmen.
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§ 47 Wird das Produkt trotz positiver Kenntnis eines Fehlers weiterproduziert oder weitervertrieben und führt dies zum Tod oder zu Gesundheitsschäden eines anderen, ist der Geschädigte berechtigt, entsprechenden Strafschadensersatz zu fordern.
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⭻㒚䍣〛Ⱀ⧖ㅜ㵉㬣䋑㦯
6. Kapitel
⭻㯥㬏➬㳖 〛Ⱀ⧖ⳃ㪛ㅜ㵉㬣䋍⧪㰑⼇⭥᷍䄡 䍶⭡㔘ㅜ㵉➓㦌ⳉ⭥䇱⺇Ⰹ⧱⭄㞃 ⧆䋑㦯᱄
§ 48 Verursacht ein Verkehrsunfall mit einem Kraftfahrzeug zu einem Schaden, bestimmt sich die deliktische Haftung nach den einschlägigen Vorschriften des Straßenverkehrssicherheitsgesetzes.
⭻㯥㬏㈦㳖 䅓䔃㑿᱃ㆉ䇤⭩㤊㾯〛Ⱀ⧖㰚䇱㦬䈌 㬚䇤㦬⤜㬨㵍䄜㦬㬒᷍ⳃ㪛ㅜ㵉㬣 ⽔㭕䇻ⶤ〛Ⱀ⧖䄜Ⳟ䋑㦯⭥᷍䇪⡄㻶 ⹌㯟䊻〛Ⱀ⧖㣠䐧⡄㻶䋑㦯㻿ⱏⳗ㸈 㚻䈉䄵㞃⧆᱄⤜䔄⤠᷍䇪〛Ⱀ⧖㬚 䇤㦬⧱⭄㞃⧆䋑㦯ᷜ〛Ⱀ⧖㰚䇱㦬ⰵ 㰑⼇⭥ⳃ㪛䇱⺞⫎⭥᷍⧱⭄㼁䇇⭥㞃 ⧆䋑㦯᱄
§ 49 Sind der Eigentümer und der Nutzer des Kraftfahrzeugs infolge von Miete, Leihe oder anderer Umstände nicht identisch, leistet nach dem Eintritt des Verkehrsunfalls die Versicherungsgesellschaft im Rahmen der Deckungssumme der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung Ersatz für den Haftungsanteil auf Seiten des Kraftfahrzeugs. Reicht dies nicht aus, haftet der Nutzer für den verbleibenden Teil auf Schadensersatz; trifft den Eigentümer an der Entstehung des Schadens ein Verschulden, haftet er entsprechend auf Schadensersatz.
⭻㹆㬏㳖 ⭒㬣㦬䐏ヅ䄲㈎䄵㕓㕕⭩Ⳟ㬞䓋㦤⤃ ㅜ〛Ⱀ⧖⭌㸕⟍㏎㰚䇱㦉䓋䄧 ⭨エ᷍ⳃ㪛ㅜ㵉㬣⽔㭕䇻ⶤ〛Ⱀ⧖ 䄜Ⳟ䋑㦯⭥᷍䇪⡄㻶⹌㯟䊻〛Ⱀ⧖㣠 䐧⡄㻶䋑㦯㻿ⱏⳗ㸈㚻䈉䄵㞃⧆᱄⤜ 䔄⤠᷍䇪㬽㦤㦬⧱⭄㞃⧆䋑㦯᱄
§ 50 Haben die Beteiligten das Kraftfahrzeug zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls bereits durch Kauf oder in anderer Form übertragen und übergeben, ohne dass die Eigentumsübertragung registriert wurde, leistet nach dem Eintritt des Verkehrsunfalls die Versicherungsgesellschaft im Rahmen der Deckungssumme der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung Ersatz für den Haftungsanteil auf Seiten des Kraftfahrzeugs. Reicht dies nicht aus, haftet der Erwerber für den verbleibenden Teil auf Schadensersatz.
⭻㹆㬏䄜㳖 䄵㕓㕕⭩Ⳟ㬞䓋㦤㠕䓑〓䎀䄲⫐⭞⡉ ⳰⢋䓝⭥〛Ⱀ⧖᷍ⳃ㪛ㅜ㵉㬣䋍⧪ 㰑⼇⭥᷍䇪䓋㦤㦬⼮㬽㦤㦬⧱⭄㑍⫙ 䋑㦯᱄
§ 51 Wird ein zusammengebautes oder verkehrsuntaugliches Kraftfahrzeug durch Kauf oder in anderer Form übertragen und verursacht es bei einem Verkehrsunfall einen Schaden, müssen der Veräußerer und der Erwerber die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen.
⭻㹆㬏ⱟ㳖 ⭢㣵᱃㣡ㅺ〓䎀㣡ⱂ⭥〛Ⱀ⧖ⳃ㪛ㅜ
§ 52 Wird ein Kraftfahrzeug gestohlen, geraubt oder entwendet und wird infolge sei-
Straßenverkehrshaftung für Kraftfahrzeuge
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㵉㬣䋍⧪㰑⼇⭥᷍䇪⭢㣵㦬᱃㣡ㅺ 㦬〓䎀㣡ⱂ㦬⧱⭄㞃⧆䋑㦯᱄⡄㻶⹌ 㯟䊻〛Ⱀ⧖㣠䐧⡄㻶䋑㦯㻿ⱏⳗ㸈㚻 ⮇㣡㈩Ⳳ䇤⭥᷍䇱㦉㼓ㅜ㵉㬣䋑 㦯㦬䓘⧆᱄
ner Beteiligung an einem Verkehrsunfall ein Schaden verursacht, haftet der Dieb, Räuber oder Entwender auf Schadensersatz. Zahlt die Versicherungsgesellschaft vorab die Rettungskosten im Rahmen der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, so ist sie berechtigt, bei dem für den Unfall Verantwortlichen Regress zu nehmen.
⭻㹆㬏㧞㳖 〛Ⱀ⧖ゾ㬜㦬ⳃ㪛ㅜ㵉㬣⽔㲴䄾᷍ ⶤ〛Ⱀ⧖⤯ゴ㣠䐧⡄㻶⭥᷍䇪⡄㻶⹌ 㯟䊻〛Ⱀ⧖㣠䐧⡄㻶䋑㦯㻿ⱏⳗ㸈㚻 䈉䄵㞃⧆ᷜ〛Ⱀ⧖⤜㘘〓䎀ⶤ〛Ⱀ⧖ 㸕⤯ゴ㣠䐧⡄㻶᷍㿉䄋䐈⡜㣷㦉㦬 㦬㪎㩬㶗⭥㣡㈩᱃㩆䋂⭩Ⳳ䇤⭥᷍䇪 ⭡㔘ㅜ㵉㬣㪈。㈩䑛〚㆑⮇᱄⭡ 㔘ㅜ㵉㬣㪈。㈩䑛〚㆑⮇⽔᷍㡅 ㏎〛⹚䇱㦉㼓ㅜ㵉㬣䋑㦯㦬 䓘⧆᱄
§ 53 Begeht der Fahrer eines Kraftfahrzeugs nach dem Eintritt eines Verkehrsunfalls Fahrerflucht, leistet die Versicherungsgesellschaft im Rahmen der Deckungssumme der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung Schadensersatz, soweit das Fahrzeug haftpflichtversichert ist; kann das Kraftfahrzeug nicht identifiziert werden oder ist es nicht haftpflichtversichert, werden die Rettungskosten, Beerdigungskosten und andere Ausgaben vorab vom Sozialhilfefond für Straßenverkehrsunfälle ausgelegt. Nach Auslage der Kosten ist dessen Verwaltungsorgan berechtigt, bei dem für den Unfall Verantwortlichen Regress zu nehmen.
⭻㡀䍣䄞㑧㰑⼇䋑㦯
7. Kapitel
⭻㹆㬏㯥㳖 䎀䊻䎐㑧』Ⱀ䐱㬽⭞㰑⼇᷍䄞㑧〛 ⹚ゑ㡅䄞㹒㦬䊒䇱⺞⫎⭥᷍䇪䄞㑧〛 ⹚⧱⭄㞃⧆䋑㦯᱄
§ 54 Wird ein Patient bei Untersuchungen und Behandlungen durch das Verschulden der medizinischen Einrichtung oder ihres medizinischen Personals geschädigt, haftet die medizinische Einrichtung auf Schadensersatz.
⭻㹆㬏㹆㳖 䄞㹒㦬䊒䊻䎐㑧』Ⱀ䐱䇇⭒㼓䎀㯖 㘘⤂㤊⼮䄞㑧⫌㬊᱄㿉䄋㬖㬊㬷㭖᱃ 㲹㭃ネ⥊᱃㲹㭃䐯㑧⭥᷍䄞㹒㦬䊒䇇 ⭒ゑ㬒㼓䎀㯖㘘䄞㑧ⴈ㻶᱃㳇⫛䄞 㑧Ⳟ➙⭩㤊㌗᷍⤃㦂⭤㡅㭊㘇㵍䅃ᷜ ⤜䄬㼓䎀㯖㘘⭥᷍䇇⭒㼓䎀⭥㆝ 㣸㭕㯖㘘᷍⤃㦂⭤㡅㭊㘇㵍䅃᱄
§ 55 Bei Untersuchungen und Behandlungen muss das medizinische Personal den Patienten über seinen Krankheitszustand und die Behandlungsmaßnahmen aufklären. Ist eine Operation, eine besondere Untersuchung oder eine besondere Behandlung erforderlich, muss das medizinische Personal den Patienten rechtzeitig über Behandlungsrisiken, alternative Behandlungsmethoden und andere Umstände auf-
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Haftung für Schäden durch medizinische Behandlung
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
klären sowie eine schriftliche Einwilligung des Patienten einholen; ist die Aufklärung des Patienten unangebracht, muss das medizinische Personal die nahen Angehörigen des Patienten aufklären und deren schriftliche Einwilligung einholen. 䄞㹒㦬䊒㸕㈂⭞㣑㌏䅆㹒᷍䋍⧪䎀 Erfüllt das medizinische Personal die oben 㰑⼇⭥᷍䄞㑧〛⹚䇇⭒⧱⭄㞃⧆䋑㦯᱄ genannten Pflichten nicht und wird der Patient dadurch geschädigt, haftet die medizinische Einrichtung auf Schadensersatz. ⭻㹆㬏㒚㳖 䅓㣡㈩㪛㘝⪚㸄⭥䎀⭩㆕を㤊㌗᷍ ⤜㚽㦂⭤䎀〓䎀㡅㆝㣸㭕䅃ボ⭥᷍ ㈎䄞㑧〛⹚䋑㦬〓䎀㬻㦉⭥䋑㦬 㞛䓝᷍㋪䄵㑃ゕ㬖㬊㼁䇇⭥䄞㑧⫌㬊᱄
§ 56 Kann die Meinung des Patienten oder seiner nahen Angehörigen wegen dringender Lebensgefahr oder anderer dringender Umstände nicht eingeholt werden, können entsprechende Behandlungsmaßnahmen sofort durchgeführt werden, wenn die Verantwortungsträger der medizinischen Einrichtung oder die ermächtigten Verantwortlichen diese genehmigen.
⭻㹆㬏㡀㳖 䄞㹒㦬䊒䊻䎐㑧』Ⱀ䐱㸕㈂⭞䈌⭒㬒 ⭥䄞㑧㯏㠞㼁䇇⭥䎐㑧䅆㹒᷍䋍⧪ 䎀㰑⼇⭥᷍䄞㑧〛⹚䇇⭒⧱⭄㞃⧆䋑 㦯᱄
§ 57 Wahrt das medizinische Personal bei Untersuchungen und Behandlungen nicht die dem Stand der Medizin entsprechenden Behandlungspflichten und verursacht dies beim Patienten einen Schaden, haftet die medizinische Einrichtung auf Schadensersatz.
⭻㹆㬏➬㳖 䎀䇱㰑⼇᷍䅓㻣㑱㤊㾯䐏䄜⭥᷍㵧 Ⰹ䄞㑧〛⹚䇱⺞⫎ᷛ
§ 58 Erleidet ein Patient aufgrund einer der folgenden Umstände einen Schaden, wird das Verschulden der medizinischen Einrichtung vermutet:
᷉䄜᷊㸆ⳕⳉ㔪᱃㾱䎟ⳉ⺇᱃⺇䍣䄵 ゑ㡅㰜䇱䎐㑧⺇ⳗ⭥⺇Ⰹᷜ
1. Verstoß gegen Gesetze, Verwaltungsverordnungen, ministerielle Bestimmungen oder andere Bestimmungen über medizinische Behandlungsstandards;
᷉ⱟ᷊䅟㛅〓䎀㈽㉙㳂⹊䈌㈡䇱 ⭥⤂㏛䓫㑰ᷜ
2. Verbergen der mit dem Streit in Zusammenhang stehenden Behandlungsakten oder Weigerung [dieselben] herauszugeben;
᷉㧞᷊㸒䋍᱃⪼ⶥ〓䎀㼛⿺⤂㏛䓫㑰᱄ 3. Fälschung oder Vernichtung der Behandlungsakten.
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Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
⭻㹆㬏㈦㳖 䅓䄊㠘᱃㼜Ⱏ䄊ア᱃䄞㑧㡘㾖⭥㦒㻾᷍ 〓䎀㭅㧌⤜⼰ⷒ⭥䁋䄛䋍⧪䎀㰑⼇ ⭥᷍䎀㋪䄵㼓㪛⥛䎀〓䎀䁋䄛㳂⹊ 〛⹚㤌㤔㞃⧆᷍䄓㋪䄵㼓䄞㑧〛⹚㤌 㤔㞃⧆᱄䎀㼓䄞㑧〛⹚㤌㤔㞃 ⧆⭥᷍䄞㑧〛⹚㞃⧆⽔᷍䇱㦉㼓䇱 䋑㦯⭥㪛⥛䎀〓䎀䁋䄛㳂⹊〛⹚ 䓘⧆᱄
§ 59 Wird ein Patient durch fehlerhafte Arzneimittel, Desinfektionsmittel medizinische Geräte oder durch die Infusion von nicht normgemäßem Blut geschädigt, kann der Patient sowohl von dem Hersteller bzw. der Blutversorgungsanbieter als auch von der medizinischen Einrichtung Schadensersatz fordern. Verlangt der Patient von der medizinischen Einrichtung Schadensersatz, ist diese, nachdem sie Schadensersatz geleistet hat, berechtigt, vom verantwortlichen Hersteller oder der Blutversorgungsanbieter Regress zu nehmen.
⭻㒚㬏㳖 䎀䇱㰑⼇᷍䅓㻣㑱㤊㾯䐏䄜⭥᷍䄞 㑧〛⹚⤜⧱⭄㞃⧆䋑㦯ᷛ
§ 60 Erleidet ein Patient aufgrund einer der folgenden Umstände einen Schaden, haftet die medizinische Einrichtung nicht:
᷉䄜᷊䎀〓䎀㡅㆝㣸㭕⤜㞅⼰䄞㑧 〛⹚㆙㾱ⴜ⼰䎐㑧⺇ⳗ⭥䎐㑧ᷜ
1. Der Patient oder seine nahen Angehörigen kooperieren bei der den medizinischen Behandlungsstandards entsprechenden Behandlung nicht mit der medizinischen Einrichtung;
᷉ⱟ᷊䄞㹒㦬䊒䊻㣡㈩㪛㘝⪚㸄⭥ 䎀⭩㆕を㤊㌗㻣䄲㈎㈂⭞⼰㏎䎐㑧䅆 㹒ᷜ
2. Das medizinische Personal erfüllt bei der Behandlung von Patienten, die sich in Lebensgefahr oder in sonstigen Notfällen befinden, die angemessenen Behandlungspflichten;
᷉㧞᷊㻿䇻⭒㬒⭥䄞㑧㯏㠞㚲䄵䎐㑧᱄ 3. Behandlungen, die aufgrund des zum Behandlungszeitpunkt eingeschränkten Stands der Medizin nur schwer möglich waren. 㣑㌏⭻䄜㼏㤊㾯䐱᷍䄞㑧〛⹚ゑ㡅䄞 㹒㦬䊒䄓䇱⺞⫎⭥᷍䇇⭒⧱⭄㼁䇇⭥ 㞃⧆䋑㦯᱄
Liegt im Fall der Nr. 1 dieses Paragraphen ein Verschulden auf Seiten der medizinischen Einrichtung oder ihres medizinischen Personals vor, so haften [sie] auf entsprechenden Schadensersatz.
⭻㒚㬏䄜㳖 䄞㑧〛⹚ゑ㡅䄞㹒㦬䊒䇇⭒➕䍶⺇Ⰹ 㳏㾕⤃㵸㩧⡄䓂䊛䐟᱃䄞䑗⭆᱃ネ 䂊⡉᱃㬷㭖ゑ㕊䔎エ㔝᱃⤂㏎䓫㑰᱃ ⿅㏎エ㔝᱃䄞㑧Ⳳ䇤⭩⤂㏛䓫㑰᱄
§ 61 Die medizinische Einrichtung und ihr medizinisches Personal müssen die Visitenberichte, ärztlichen Ratschläge, Untersuchungsberichte, Operations- und Anästhesieberichte, Unterlagen der Pathologie, Pflegedokumentationen, Behandlungskos-
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Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
ten und andere Behandlungsakten nach Maßgabe der Bestimmungen ausfüllen und angemessen aufbewahren. 䎀䄋㤔⥊䊥᱃ⶕ䐧㣑㌏⺇Ⰹ⭥⤂㏛ 䓫㑰⭥᷍䄞㑧〛⹚䇇⭒㳂⹊᱄
Verlangt der Patient die Einsichtnahme oder Kopie der oben genannten Behandlungsakten, muss die medizinische Einrichtung diese zur Verfügung stellen.
⭻㒚㬏ⱟ㳖 䄞㑧〛⹚ゑ㡅䄞㹒㦬䊒䇇⭒ⰵ䎀⭥ 䅟㯞⡄㗽᱄㾚㔗䎀䅟㯞〓䎀㸕㈎ 䎀㵍䅃⹌㋋㡅⤂㏛䓫㑰᷍䋍⧪䎀㰑 ⼇⭥᷍䇇⭒⧱⭄㣷㦉䋑㦯᱄
§ 62 Die medizinische Einrichtung und ihr medizinisches Personal müssen die Privatsphäre des Patienten wahren. Werden die Behandlungsakten des Patienten preisgegeben oder ohne dessen Einwilligung veröffentlicht, und wird dadurch ein Schaden verursacht, muss [die medizinische Einrichtung] die Haftung aus Delikt übernehmen.
⭻㒚㬏㧞㳖 䄞㑧〛⹚ゑ㡅䄞㹒㦬䊒⤜⭤㸆ⳕ䎐㑧 ⺇ⳗ㬖㬊⤜⡹䄋⭥ネ⥊᱄
§ 63 Der medizinischen Einrichtung und ihrem medizinischen Personal ist es nicht erlaubt, unnötige Untersuchungen durchzuführen, die gegen die medizinischen Behandlungsstandards verstoßen.
⭻㒚㬏㯥㳖 䄞㑧〛⹚ゑ㡅䄞㹒㦬䊒⭥⼰ⳉ㦉䅇㬽 ⳉ㔪⡄⿅᱄ⶪ㦦䄞㑧䐩㿓᷍Ⳣ⼇䄞㹒 㦬䊒⹅䔘᱃㪛』⭥᷍䇇⭒䄡ⳉ⧱⭄ⳉ 㔪䋑㦯᱄
§ 64 Die legalen Rechte und Interessen der medizinischen Einrichtung und ihres medizinischen Personals genießen den Schutz des Gesetzes. Wer die Behandlungsabläufe stört oder die Arbeit und das Leben des medizinischen Personals behindert, haftet gemäß dem Gesetz.
⭻➬䍣㈔㸼㦟䋑㦯
8. Kapitel
⭻㒚㬏㹆㳖 䅓㸼㦟㈔䋍⧪㰑⼇⭥᷍㸼㦟䎀䇇⭒ ⧱⭄㣷㦉䋑㦯᱄
§ 65 Wer die Umwelt verschmutzt und dadurch einen Schaden verursacht, muss die Haftung aus Delikt übernehmen.
⭻㒚㬏㒚㳖 䅓㸼㦟㈔ⳃ㪛㈡᷍㸼㦟䎀䇇⭒㈮ ⳉ㔪⺇Ⰹ⭥⤜⧱⭄䋑㦯〓䎀ブ㤂䋑㦯 ⭥㤊㾯ゑ㡅㾱㸋䈌㰑⼇䐏ヅ⤜⫇䊻䅓 ⺜㻖⧱⭄㈺䐅䋑㦯᱄
§ 66 Kommt es aufgrund einer Umweltverschmutzung zu einem Streit, trifft den Verschmutzer die Beweislast für gesetzliche Haftungsausschluss- und Haftungsminderungsgründe sowie die fehlende Kausalität zwischen seiner Handlung und dem Schaden.
Haftung für Umweltverschmutzung
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Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
⭻㒚㬏㡀㳖 㑞䄵㩰㸼㦟䎀㸼㦟㈔᷍㸼㦟䎀⧱ ⭄䋑㦯⭥⫔㾂᷍ⷚ㈾㸼㦟㹐⭥䐷㏁᱃ 㝦⳦㑠⭩䅓㯹㦘Ⰹ᱄
§ 67 Verschmutzen mehrere [Personen] die Umwelt, wird die Höhe des Haftungsanteils jedes Verschmutzers nach Maßgabe der Art des Schadstoffs, der Emissionsmenge und anderer Faktoren bestimmt.
⭻㒚㬏➬㳖 䅓⭻㧞㦬⭥⺞⫎㸼㦟㈔䋍⧪㰑⼇ ⭥᷍⡜㣷㦉㦬㋪䄵㼓㸼㦟䎀㤌㤔㞃 ⧆᷍䄓㋪䄵㼓⭻㧞㦬㤌㤔㞃⧆᱄㸼㦟 䎀㞃⧆⽔᷍䇱㦉㼓⭻㧞㦬䓘⧆᱄
§ 68 Verursacht die Verschmutzung der Umwelt durch das Verschulden eines Dritten einen Schaden, kann der Geschädigte sowohl vom Verschmutzer als auch vom Dritten Schadensersatz fordern. Der Verschmutzer ist nachdem er Schadensersatz geleistet hat, berechtigt, beim Dritten Regress zu nehmen.
⭻㈦䍣ⷀⰩ㸄㻶䋑㦯
9. Kapitel
⭻㒚㬏㈦㳖 ⪴㬣ⷀⰩ㸄㻶䔘䄖䋍⧪㰜㦬㰑⼇⭥᷍ 䇇⭒⧱⭄㣷㦉䋑㦯᱄
§ 69 Wird ein anderer durch die Ausübung einer besonders gefährlichen Tätigkeit geschädigt, muss die Haftung aus Delikt übernommen werden.
⭻㡀㬏㳖 㘒䇤⼬㪉㬊ⳃ㪛⼬㬣䋍⧪㰜㦬㰑⼇ ⭥᷍㘒䇤⼬㪉㬊⭥㈎䇋䎀䇇⭒⧱⭄㣷 㦉䋑㦯᷍⭌㚽⹜䐅㘘㰑⼇㬨䅓䍞䎚⭩ 㤊㾯〓䎀㬽⼇㦬䅃䋍⧪⭥᷍⤜⧱⭄ 䋑㦯᱄
§ 70 Wird ein anderer durch einen Nuklearunfall einer zivilen Nuklearanlage geschädigt, muss der Betreiber der zivilen Nuklearanlage die Haftung aus Delikt übernehmen, sofern nicht bewiesen werden kann, dass der Schaden durch einen Krieg oder ähnliche Umstände bzw. von dem Geschädigten absichtlich verursacht wurde.
⭻㡀㬏䄜㳖 㘒䇤⼞㋶㡘䋍⧪㰜㦬㰑⼇⭥᷍㘒䇤⼞ ㋶㡘⭥㈎䇋䎀䇇⭒⧱⭄㣷㦉䋑㦯᷍⭌ 㚽⹜䐅㘘㰑⼇㬨䅓㬽⼇㦬䅃䋍⧪ ⭥᷍⤜⧱⭄䋑㦯᱄
§ 71 Wird ein anderer durch ein ziviles Luftfahrzeug geschädigt, muss der Betreiber des zivilen Luftfahrzeugs die Haftung aus Delikt übernehmen, sofern nicht bewiesen werden kann, dass der Schaden von dem Geschädigten absichtlich verursacht wurde.
⭻㡀㬏ⱟ㳖 䍝䇱〓䎀㬚䇤䄸㦝᱃䄸⡍᱃㉈Ⱏ᱃⳦ 㪅㾵⭩ⷀⰩ㸄㻶㹐䋍⧪㰜㦬㰑⼇⭥᷍ 䍝䇱㦬〓䎀㬚䇤㦬䇇⭒⧱⭄㣷㦉䋑 㦯᷍⭌㚽⹜䐅㘘㰑⼇㬨䅓㬽⼇㦬䅃 〓䎀⤜㋪㋚㑇䋍⧪⭥᷍⤜⧱⭄䋑㦯᱄
§ 72 Wird ein anderer durch den Besitz oder die Nutzung von leicht entzündlichen, explosiven, hochgiftigen, radioaktiven oder anderer besonders gefährlicher Gegenstände geschädigt, muss der Besitzer oder Nutzer dieser Stoffe die Haftung aus
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Haftung für besonders hohe Gefahren
Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
⡜㣷㦉㦬ⰵ㰑⼇⭥ⳃ㪛䇱䐹⫔⺞㬈 ⭥᷍㋪䄵ブ㤂䍝䇱㦬〓䎀㬚䇤㦬⭥䋑 㦯᱄
Delikt übernehmen, sofern nicht bewiesen werden kann, dass der Schaden von dem Geschädigten absichtlich oder durch höhere Gewalt verursacht wurde. Beruht die Entstehung des Schadens auf grober Fahrlässigkeit des Geschädigten, kann die Haftung des Besitzers oder Nutzers gemindert werden.
⭻㡀㬏㧞㳖 ⪴㬣ⷀ㋶᱃ⷀ䁚᱃⭹㻣㵻㉓』Ⱀ〓䎀 㬚䇤ⷀ㯺⺍⭡䊬㭅⹅㉀䋍⧪㰜㦬㰑⼇ ⭥᷍㈎䇋䎀䇇⭒⧱⭄㣷㦉䋑㦯᷍⭌㚽 ⹜䐅㘘㰑⼇㬨䅓㬽⼇㦬䅃〓䎀⤜㋪ ㋚㑇䋍⧪⭥᷍⤜⧱⭄䋑㦯᱄⡜㣷㦉㦬 ⰵ㰑⼇⭥ⳃ㪛䇱⺞㬈⭥᷍㋪䄵ブ㤂㈎ 䇋䎀⭥䋑㦯᱄
§ 73 Wird ein anderer durch den Betrieb von Höhenarbeiten, Hochdruckarbeiten, unterirdische Bauarbeiten oder die Nutzung von Hochgeschwindigkeitstransportmitteln geschädigt, muss der Betreiber die Haftung aus Delikt übernehmen, sofern nicht bewiesen werden kann, dass der Schaden vom Geschädigten absichtlich oder durch höhere Gewalt verursacht wurde. Beruht die Entstehung des Schadens auf Fahrlässigkeit des Geschädigten, kann die Haftung des Betreibers gemindert werden.
⭻㡀㬏㯥㳖 䄦㬈᱃㝸㡛ⷀⰩ㸄㻶㹐䋍⧪㰜㦬㰑⼇ ⭥᷍䇪㰚䇱㦬⧱⭄㣷㦉䋑㦯᱄㰚䇱㦬 ㅌⷀⰩ㸄㻶㹐ㅜ䇪㰜㦬㏎⭥᷍䇪 ㏎㦬⧱⭄㣷㦉䋑㦯ᷜ㰚䇱㦬䇱⺞⫎ ⭥᷍䈌㏎㦬⧱⭄㑍⫙䋑㦯᱄
§ 74 Verursacht ein verlorener oder aufgegebener besonders gefährlicher Gegenstand die Schädigung eines anderen, muss der Eigentümer die Haftung aus Delikt übernehmen. Hat der Eigentümer den besonders gefährlichen Gegenstand einem anderen zur Verwaltung gegeben, haftet der Verwalter aus Delikt; trifft den Eigentümer ein Verschulden, muss er mit dem Verwalter die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen.
⭻㡀㬏㹆㳖 ⳨ⳉ䍝䇱ⷀⰩ㸄㻶㹐䋍⧪㰜㦬㰑⼇ ⭥᷍䇪⳨ⳉ䍝䇱㦬⧱⭄㣷㦉䋑㦯᱄㰚 䇱㦬᱃㏎㦬⤜㚽䐅㘘ⰵⳡ䐚㰜㦬⳨ ⳉ䍝䇱㈂⭞ⷀⰩ䓃䅃䅆㹒⭥᷍䈌⳨ⳉ 䍝䇱㦬⧱⭄㑍⫙䋑㦯᱄
§ 75 Verursacht ein rechtswidrig besessener besonders gefährlicher Gegenstand die Schädigung eines anderen, muss der unrechtmäßige Besitzer die Haftung aus Delikt übernehmen. Können der Eigentümer oder Verwalter nicht beweisen, dass sie die hohen Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Verhinderung der rechtswidrigen Inbesitznahme erfüllt haben, müssen sie mit dem unrechtmäßigen Besitzer die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen.
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Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
⭻㡀㬏㒚㳖 㸕㈎㿎㋪㆙㧌ⷀⰩ㸄㻶』Ⱀ㤙䈓〓䎀 ⷀⰩ㸄㻶㹐⫇⳦㤙䈓㬽⭞㰑⼇᷍㏎ 㦬䄲㈎⤪㦂➓㦌⫌㬊⤃㈂⭞㈐㬟䅆㹒 ⭥᷍㋪䄵ブ㤂〓䎀⤜⧱⭄䋑㦯᱄
§ 76 Kommt jemand infolge des nicht genehmigten Betretens eines Bereichs besonders gefährlicher Aktivitäten oder eines Bereichs der Lagerung besonders gefährlicher Gegenstände zu Schaden, kann die Haftung des Verwalters gemindert oder ausgeschlossen werden, wenn er Sicherheitsmaßnahmen getroffen und seine Warnpflichten erfüllt hat.
⭻㡀㬏㡀㳖 ⧱⭄ⷀⰩ㸄㻶䋑㦯᷍ⳉ㔪⺇Ⰹ㞃⧆㻿 ⱏ⭥᷍䄡䍶㡅⺇Ⰹ᱄
§ 77 Ist die Höhe des Schadensersatzes bei der Haftung für besonders hohe Gefahren durch Gesetze summenmäßig begrenzt, so gelten dessen Bestimmungen.
⭻㬏䍣㯨䂙Ⱀ㹐㰑⼇䋑㦯
10. Kapitel Haftung für Tiere
⭻㡀㬏➬㳖 㯨䂙⭥Ⱀ㹐䋍⧪㰜㦬㰑⼇⭥᷍Ⱀ㹐㯨 䂙㦬〓䎀㏎㦬䇇⭒⧱⭄㣷㦉䋑㦯᷍ ⭌㚽⹜䐅㘘㰑⼇㬨䅓⡜㣷㦉㦬䅃〓 䎀䐹⫔⺞㬈䋍⧪⭥᷍㋪䄵⤜⧱⭄〓䎀 ブ㤂䋑㦯᱄
§ 78 Wird ein anderer durch ein gehaltenes Tier geschädigt, muss der Tierhalter oder der Tierhüter des Tieres die Haftung aus Delikt übernehmen; können sie beweisen, dass der Schaden infolge Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Geschädigten entstanden ist, kann ihre Haftung gemindert oder ausgeschlossen werden.
⭻㡀㬏㈦㳖 㸆ⳕ㏎⺇Ⰹ᷍㸕ⰵⰐ㹐⤪㦂➓㦌⫌ 㬊䋍⧪㰜㦬㰑⼇⭥᷍Ⱀ㹐㯨䂙㦬〓䎀 ㏎㦬䇇⭒⧱⭄㣷㦉䋑㦯᱄
§ 79 Hat der Tierhalter oder Tierhüter des Tieres unter Verstoß gegen die Verwaltungsvorschriften keine Sicherheitsmaßnahmen im Hinblick auf das Tier getroffen und dadurch einen anderen geschädigt, müssen sie die Haftung aus Delikt übernehmen.
⭻➬㬏㳖 ㆜䐚㯨䂙⭥㑳㾵㦏⭩㸄㻶Ⱀ㹐䋍⧪㰜 㦬㰑⼇⭥᷍Ⱀ㹐㯨䂙㦬〓䎀㏎㦬䇇 ⭒⧱⭄㣷㦉䋑㦯᱄
§ 80 Wird ein anderer beispielsweise durch einen gefährlichen Hund, dessen Haltung verboten ist, geschädigt, muss der Tierhalter oder der Tierhüter die Haftung aus Delikt übernehmen.
⭻➬㬏䄜㳖 Ⱀ㹐䊑⭥Ⱀ㹐䋍⧪㰜㦬㰑⼇⭥᷍Ⱀ㹐 䊑䇇⭒⧱⭄㣷㦉䋑㦯᷍⭌㚽⹜䐅㘘㈂ ⭞㏎䐑䋑⭥᷍⤜⧱⭄䋑㦯᱄
§ 81 Wird ein anderer durch ein Zootier verletzt, muss der Zoo die Haftung aus Delikt übernehmen, sofern nicht bewiesen werden kann, dass er seine Verwaltungspflichten erfüllt hat.
⭻➬㬏ⱟ㳖 䄦㡛᱃㲴䄾⭥Ⱀ㹐䊻䄦㡛᱃㲴䄾㠻ヅ
§ 82 Wird ein anderer durch ein ausgesetztes oder entlaufenes Tier während der Zeit,
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Gesetz der VR China über die deliktische Haftung
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in der es ausgesetzt oder entlaufen ist, geschädigt, muss der ursprüngliche Tierhalter oder Tierhüter des Tieres die Haftung aus Delikt übernehmen.
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§ 83 Wird ein anderer infolge des Verschuldens eines Dritten von einem Tier geschädigt, kann der Geschädigte sowohl von dem Tierhalter oder dem Tierhüter als auch von dem Dritten Schadensersatz fordern. Der Tierhalter oder der Tierhüter ist berechtigt nach der Leistung des Schadensersatzes beim Dritten Regress nehmen.
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§ 84 Der Halter eines Tieres muss sich an die Gesetze halten, die gesellschaftlichen Sitten respektieren und darf das Leben anderer nicht behindern.
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11. Kapitel Haftung für Gegenstände
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§ 85 Wenn Bauwerke, Konstruktionen oder andere Anlagen sowie die auf diesen befindlichen und an diesen angebrachten Gegenstände sich lösen oder herunterfallen und dadurch ein anderer geschädigt wird, muss der Eigentümer, Verwalter oder der Benutzer die Haftung aus Delikt übernehmen, sofern sie nicht beweisen können, dass sie kein Verschulden trifft. Leistet der Eigentümer, der Verwalter oder der Benutzer Schadensersatz und haften neben ihnen auch andere, sind diese berechtigt, bei ihnen Regress zu nehmen.
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§ 86 Wenn Bauwerke, Konstruktionen oder andere Anlagen einstürzen und dadurch ein anderer geschädigt wird, müssen das Immobilienunternehmen und das Bauunternehmen die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen. Leistet das Immobilienunternehmen bzw. das Bauunternehmen Schadensersatz und haften neben Ihnen auch andere, sind sie berechtigt, bei den anderen Haftenden Regress zu nehmen.
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Sind Bauwerke, Konstruktionen oder andere Anlagen aus Gründen, die auf Seiten des anderen Haftenden liegen, eingestürzt, muss der andere Haftende die Haftung aus Delikt übernehmen.
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§ 87 Wenn Gegenstände aus einem Bauwerk geworfen werden oder von einem Bauwerk herunterfallen, dadurch ein anderer geschädigt wird und der Schädiger nur schwer bestimmt werden kann, müssen die als Schädiger in Frage kommenden Nutzer des Bauwerkes eine Entschädigung leisten, sofern sie nicht beweisen können, dass sie nicht die Schädiger sind.
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§ 88 Wird ein anderer durch den Einsturz von gestapelten Gegenständen geschädigt, muss derjenige, der die Gegenstände gestapelt hat die Haftung aus Delikt übernehmen, sofern er nicht beweisen kann, dass ihn kein Verschulden trifft.
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§ 89 Werden auf öffentlichen Wegen den Durchgang behindernde Gegenstände gestapelt, abgeladen oder verteilt, und ein anderer dadurch geschädigt, muss die damit in Zusammenhang stehende Arbeitseinheit oder der damit in Zusammenhang stehende Einzelne die Haftung aus Delikt übernehmen.
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§ 90 Wird ein anderer durch einen umstürzenden Baum oder herabfallende Äste geschädigt, muss der Eigentümer oder Verwalter des Baums die Haftung aus Delikt übernehmen, sofern er nicht beweisen kann, dass ihn kein Verschulden trifft.
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§ 91 Werden auf öffentlichen Plätzen oder Straßen Gruben ausgehoben oder Renovierungsarbeiten an unterirdischen Anlagen durchgeführt bzw. angebracht, ohne dass diese klar markiert und Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden und wird dadurch ein anderer geschädigt, müssen die Bauaus-
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führenden die Haftung aus Delikt übernehmen. 塠㈏⭩⭹㻣㪉㬊䋍⧪㰜㦬㰑⼇᷍㏎ 㦬⤜㚽䐅㘘㈂⭞㏎䐑䋑⭥᷍䇇⭒⧱ ⭄㣷㦉䋑㦯᱄
Wird ein anderer durch Schächte oder andere unterirdische Einrichtungen geschädigt, muss der Verwalter die Haftung aus Delikt übernehmen, sofern er nicht beweisen kann, dass er seine Verwaltungspflichten erfüllt hat.
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12. Kapitel Ergänzende Bestimmungen
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§ 92 Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 2010 in Kraft.
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Literaturverzeichnis
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Stichwortverzeichnis
1 2 3 4 Stichwortverzeichnis 5 Stichwortverzeichnis
Stichwortverzeichnis A Abschreckungsfunktion 5, 85 Absolute Interessen 33 Absolute Rechte 29, 32 actio libera in causa 45 Adäquanztheorie 38 Aequivalenztheorie 37, 38 Allgemeine Grundsätze des Zivilrechts 2, 6, 12 Allgemeines Persönlichkeitsrecht 30 Alternative Kausalität 61 Amtspflichtverletzung 5 Andere Rechte 29, 30, 31, 32 Angehörigenschmerzensgeld 51 Anspruchskonkurrenzen 6, 7, 8, 9, 13, 80 Arbeitgeber 74 Arbeitnehmer 73 Arbeitseinheit 86 Arzneimittel 93 Arzthaftung 86, 87, 88, 90, 91, 92, 93 Aufklärungspflichtverletzung 90, 91 Ausführungseinheit 110
B Baueinheit 110 Bäume 110 Bauwerke 109 Beerdigungskosten 50 Behandlungsfehler 86, 88 Behinderung 49 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch 57, 66, 81 Besitz 24 Besonders gefährliche Gegenstände 101, 102 Besonders gefährliche Tätigkeiten 99, 100 Betreiber 100 Beweislast 61, 66, 89, 97 Bildungseinrichtungen 78 Billigkeitshaftung 45, 69, 72
Blumentopfhaftung 109 Brennstoffe 101
D Deliktsfähigkeit Siehe Verschuldensfähigkeit Desinfektionsmittel 93 Differenzmethode 47 Dingliche Nutzungsrechte 24, 25 Dingliche Sicherungsrechte 26, 27 Dreifacher Schutzzweck 5 Drittverschulden 77, 107
E Ehefreiheit 19 Eigentum 21 Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 21 Eigentumsentziehung 22 Einwilligung 41, 92, 93 Elterliche Sorge 20 Entdeckungsrecht 28 Entleiher 74 Entschuldigung 56 Entstellung 16 Entwendetes Kraftfahrzeug 85 Enumerationsprinzip 79 Explosivstoffe 101
F Fahrlässigkeit 43, 44 Firmenbezeichnung 15 Forderungsverletzung 32
G Geburt 13 Geheimhaltungspflicht 94
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Stichwortverzeichnis Geistiges Eigentum 27, 28 Gemeinsame Gefährdungshandlung 60 Gesamtschuldnerische Haftung 62 Gesamtwirkung 62 Geschäftsunfähigkeit 59 Gesellschaftliche Gerechtigkeit 33 Gesellschaftsanteilsrecht 28 Gesetz über die deliktische Haftung 3, 4 Gesetz über die deliktische Handlung 4 Gesetzgebungsgesetz 6 Gewinnerzielungsabsicht 16 Gewinnhaftung 48 Grunddienstbarkeit 25
H Haftung für besonders hohe Gefahren 98, 99, 100, 101, 102 Haftung für Gegenstände 108, 109, 110 Haftung für Tiere 104, 105 Haftung für Zufall 65 Haftung von Dritten 81 Haftungsausfüllung 11, 37 Haftungsbegründung 37 Haftungsformen 46, 55, 56, 57 Haftungsgrund 11 Haftungsminderungs- und -ausschlusstatbestände 40, 63, 64, 65, 94, 102, 107 Haftungsobergrenzen 103 Haftungssubjekte 73, 74, 75, 76, 78, 106 Handlungen Dritter 64 Harmonische Gesellschaft 1, 113 Herstellerhaftung 80 Hochdruckarbeiten 100 Hochgeschwindigkeitstransportmittel 100 Hochgiftiges Material 101 Hoflandrecht 25 Höhenarbeiten 100 Höhere Gewalt 65 Hypothek 26
J Juristische Personen 11, 15, 17, 45, 75 Juristisches Fachwissen 69
K Kausalität 37, 38, 58, 59, 61, 62, 105 Kommerzialisierungsgedanke 48 Kompensationsfunktion 5 Körperverletzung 49 Kraftfahrzeugeigentümer 83 Kraftfahrzeugnutzer 83, 84 Kraftfahrzeugversicherung 83, 84 Kumulative Kausalität 62
L Land und Naturressourcen 23 Lebenswert 51 Lehre vom doppelten Schutzzweck 5 Lehre vom einfachen Schutzzweck 5 Lehre vom Erfolgsunrecht 40 Lehre vom Handlungsunrecht 40 Lehre vom Schutzzweck der Norm 38 Leibesfrucht 13
M Markenrecht 28 Markenzeichen 15 Massenschadensfälle 50 Medizinische Einrichtung 87 Medizinische Geräte 93 Medizinisches Personal 87 Minderjährigkeit 59 Mittäterschaft 58, 60 Mitverschulden 63, 64, 90, 102
N I Immaterieller Schaden 52, 53 Individualrechtsschutz 1, 113 Infusion 93 Interesse auf Leben 14 Internetbetreiber 75
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Nachbarschaftliche Beeinträchtigung 23 Namensrecht 15 nasciturus 14 Naturalrestitution 9, 56, 57 Natürliche Personen 11, 16, 44 Nebentäterschaft 61 Nießbrauch 24
Stichwortverzeichnis Notwehrexzess 40 Nuklearanlage 101
Rechtswidrigkeit 39 Registrierung der Eigentumsübertragung 84 O S
Öffentliche Plätze und Straßen 110 Öffnungsklausel 30
P Patentrecht 28 Patienteneinwilligung 92 Personenschaden 49 Persönlichkeitsrechte 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20 Persönlichkeitswert 17 Pfandrecht 26 Politik der Reform und Öffnung 2 Prinzip der vollständigen Entschädigung 47 Privatärztliche Versorgung 87 Produktbeobachtungspflicht 36, 81 Produkthaftung 79, 80, 93
R Radioaktives Material 101 Recht am eigenen Bild 16 Recht am guten Ruf 16 Recht am Körper 14 Recht an der Ehrbezeichnung 17 Recht auf Erbschaft 29 Recht auf Freiheit 30 Recht auf Gesundheit 14 Recht auf Keuschheit 31 Recht auf Kreditwürdigkeit 31 Recht auf Leben 13 Recht auf Privatsphäre 18 Recht auf sexuelle Selbstbestimmung 3 1 Recht auf Wiederherstellung der Erbschaft 29 Recht zum Gebrauch von Land für Baumaßnahmen 25 Recht zur Bewirtschaftung von übernommenen Grundstücken 24 Rechte 12 Rechtfertigungsgrund 40
Sachenrechte 20 Sachenrechtgesetz 3, 8 Sachentziehung 21 Schaden 46 Schaden beim Persönlichkeitsrecht 52 Schadensersatz 47 Schutz der Zivilrechtssubjekte 11 Schutzfähigkeit staatlicher und kollektiver Vermögensgüter 12, 23, 25 Seelischer Schaden 53 Sektorale Sondervorschriften 1 Selbstbestimmung in der Ehe 19 Sicherheitsgewährleistungspflicht 36 Sonstige Organisationen 11 Sorgfaltsmaßstab 43, 90 Sozialhilfefond 85 Sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung 2 Spezialgesetzliche Haftungsnormen 7, 8, 12 Spezialitätsgrundsatz 80 Staatsentschädigungsgesetz 5 Staatshaftungsrecht 5 Sterbehilfe 14 Straffunktion 5, 54 Strafgesetz 14 Strafschaden 54, 113 Straßenverkehrshaftung 82, 83, 84, 85 Straßenverkehrssicherheitsgesetz 82 Subjektive Rechte 2 Substanzverletzung 21
T Teilnahme 59 Tierhalter 104, 105, 106 Tierhüter 106 Todesfall 50 Todesfallschadensersatz 13, 50, 51 Tötung 13 Typenzwang 20
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Stichwortverzeichnis U Umwelt 96 Umweltverschmutzung 95, 96, 97, 98 Unterirdische Anlagen 110 Unterirdischen Bauarbeiten 100 Unterlassen 35, 40, 42, 76 Urheberrecht 27 Ursachenkonkurrenz 62
Vertraglicher Haftungsausschluss 65 Vertragsfreiheit 65 Vertragsgesetz 2, 7 Verursachungsprinzip 73 Verwaltungs- oder strafrechtliche Haftung 9 Verwaltungspersonal 76 Vormund 73 Vormundschaftsrecht 20 Vorsatz 42
V W Verjährung 7, 67 Verkäuferhaftung 80 Verkehrssicherheitspflicht 76 Verkehrssicherungspflicht 35 Verlorene Gegenstände 101 Vermögen 34 Vermögensrechte 12, 20, 21, 24 Vermögensschaden 47 Vermutete Kausalität 38 Vermutetes Verschulden 69, 70, 78 Verschmutzung 96 Verschmutzung durch Dritte 98 Verschulden 26, 41, 42, 55, 59, 60, 63, 69, 89 Verschuldensbegriff (objektiv) 41 Verschuldensbegriff (subjektiv) 41 Verschuldensfähigkeit 44 Verschuldensfiktion 89 Verschuldensunabhängige Haftung 6, 37, 38, 57, 60, 62, 65, 69, 71, 75, 80, 83, 84, 90, 105, 107, 110
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Weiterfressender Mangel 7 Widerrechtliche Vermietung 22 Wiederherstellung 56 Wiederherstellung des guten Rufs 57
Z Zivile Interessen 32, 33 Zivile Luftfahrzeuge 99 Zivile Rechte und Interessen 12 Zivilgesetzbuch 1, 3, 4 Zivilrechtshandlung 34 Zootiere 105 Zurückbehaltungsrecht 27 Zusammengebautes oder verkehrsuntaugliches Kraftfahrzeug 84