Das Fernstraßenwesen in seiner verfassungsrechtlichen Konstituierung: Staatsaufgabe und Objekt funktionaler Privatisierung [1 ed.] 9783428522071, 9783428122073

Als Staatsaufgabe und besonderen bundesstaatsrechtlichen Verwaltungsbereich kennt das Grundgesetz die Fernstraßen in der

100 38 2MB

German Pages 421 Year 2006

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Das Fernstraßenwesen in seiner verfassungsrechtlichen Konstituierung: Staatsaufgabe und Objekt funktionaler Privatisierung [1 ed.]
 9783428522071, 9783428122073

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1033

Das Fernstraßenwesen in seiner verfassungsrechtlichen Konstituierung Staatsaufgabe und Objekt funktionaler Privatisierung

Von

Richard Bartlsperger

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

RICHARD BARTLSPERGER

Das Fernstraßenwesen in seiner verfassungsrechtlichen Konstituierung

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1033

Das Fernstraßenwesen in seiner verfassungsrechtlichen Konstituierung Staatsaufgabe und Objekt funktionaler Privatisierung

Von

Richard Bartlsperger

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-12207-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Zur gegenwärtig bestehenden staatsorganisationsrechtlichen und bundesstaatsrechtlichen Realisierung des Fernstraßenwesens in staatlichen, grundsätzlich auftragsweise von den Ländern verwalteten Bundesfernstraßen liegt ein umfangreiches Schrifttum vor, nicht zuletzt im Rahmen der Kommentarliteratur zum Grundgesetz. Aber zwischenzeitlich ist das unter dem Grundgesetz entstandene Fernstraßenwesen, bedingt durch das zunehmend dringlich gewordene Problem seiner Finanzierung, zu einem Objekt von Regelungen, Modellen und Konzepten einer wie auch immer verstandenen „Privatisierung“ geworden. Naturgemäß sind daran vielfältige Fachdisziplinen beteiligt, Kommissionen und interessierte Kreise haben ihre Vorstellungen hierzu unterbreitet. Die in jüngster Zeit geschaffenen Regelungen zu einer gebührenrechtlichen Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen und zu einer Inpflichtnahme privater „Betreiber“ im Rahmen der Bundesfernstraßenverwaltung, auch eine nur administrativ praktizierte Indienstnahme privater „Betreiber“, sowie andere und zuweilen weit darüber hinausgehende Modelle und Konzepte zur „Privatisierung“ des Fernstraßenwesens haben ein beträchtliches Schrifttum entstehen lassen. Weitgehend oder im wesentlichen handelt es sich um ökonomisch bzw. finanzwirtschaftlich ansetzende Erläuterungen oder Beurteilungen sowie um juristisch interpretierende Beschreibungen. Gefordert ist aus staatstheoretischer und staatsrechtlicher Sicht eine grundlegende Vergegenwärtigung der verfassungsrechtlichen Konstituierung des Fernstraßenwesens als Staatsaufgabe, die den bereits geschaffenen Regelungen sowie den unterbreiteten und erkennbaren Vorstellungen und Forderungen zur „Privatisierung“ des Fernstraßenwesens eine Orientierung zu geben vermag. Hierzu will die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten. Wesentliche Grundlagen hierfür liefert die neuere staatsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Literatur zum „Gewährleistungsstaat“. Die gegenwärtige staatsorganisationsrechtliche und straßenrechtliche Ausgestaltung des Fernstraßenwesens in der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung mit traditionell ausgeprägter „Staatlichkeit“ markiert jedenfalls nur einen kontingenten Rechtszustand. Auf der anderen Seite gilt es aus dem materiellen Verfassungsgefüge Klarheit über die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen und Maßgaben zu gewinnen, die einer Entwicklung des Fernstraßenwesens als eines Gegenstandes objekt- und subjektbezogener Privatisierung in der Alternative zwischen den güterspezifischen Ordnungsprinzipien eines verfassungsrechtlich konstituierten „öffentlichen Gutes“ und eines Bereiches „privater Güter“ vorgegeben sind. Es geht in grundlegender und umfassender Weise um die verfassungsrechtliche Konstituie-

6

Vorwort

rung des Fernstraßenwesens als Gewährleistungsaufgabe des Staates. Hiervon ausgehend verlangen auch schon erfolgte gesetzliche Regelungen zu funktionalen Privatisierungen in der staatseigenen Verwaltung der Fernstraßen zum Zwecke und auf der Grundlage von deren gebührenrechtlicher Benutzerfinanzierung noch rechtskonstruktive Präzisierungen. Ausgangspunkt und Voraussetzung der Erörterungen ist die bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung der Fernstraßenverwaltung. Sie ist Maßgabe für die Interpretation der im Rahmen der Bundesfernstraßenverwaltung schon realisierten sowie für alle gegebenenfalls künftigen Regelungen zur funktionalen Privatisierung des Fernstraßenwesens. Daher wird sie vorausgestellt und als solche durchaus detailliert dargelegt bzw. klargestellt, soweit sie in dem genannten Zusammenhang von Bedeutung ist oder Bedeutung erlangen kann. Es ist also eine auch insofern noch einmal grundlegende Darstellung zur verfassungsrechtlichen Konstituierung des Fernstraßenwesens beabsichtigt. Das hauptsächliche Anliegen der Arbeit gilt aber der Frage nach der verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für das Fernstraßenwesen. Privatisierungsregime für das vergleichbare „Fernstraßenwesen“ im europäischen Ausland hätten Anlaß zu einer vergleichenden Rechtsbetrachtung sein können. Aber der hierfür notwendige Aufwand und Umfang der Arbeit hat davon abgehalten. Nicht zuletzt erscheint dies deshalb gerechtfertigt, weil kaum ein zusätzlicher verfassungsdogmatischer Erkenntnisgewinn erwartet werden konnte. Im Ergebnis bestehen wohl keine wesentlichen Unterschiede in den jeweiligen verfassungsrechtlichen Konstituierungen des „Fernstraßenwesens“. Diese zum Anlaß und zur Grundlage zu nehmen, um die Privatisierungsregelungen im vergleichbaren „Fernstraßenwesen“ des europäischen Auslandes vergleichend zu interpretieren und gegebenenfalls kritisch zu beurteilen, ist eine hier nicht angestandene Angelegenheit. Dazu können die gegenständlichen Darlegungen zur verfassungsrechtlichen Konstituierung des Fernstraßenwesens in der Bundesrepublik Deutschland durchaus geeignete Beurteilungskriterien liefern. Ebenso sollten die gegenständlichen Darlegungen zur verfassungsrechtlichen Konstituierung des Fernstraßenwesens sowie die darauf gegründeten rechtskonstruktiven Interpretationen zu den schon erfolgten „Privatisierungen“ und zu derzeit erkennbaren weiteren Modellen oder Konzepten ausreichen, um auch für eine künftige, in der Sache ohnedies unerschöpfliche „Privatisierungsphantasie“ eine rechtliche Beurteilungsgrundlage zu liefern. Dem Verlag ist für die Aufnahme der Arbeit verbindlichst zu danken, Erlangen im Februar 2006

Richard Bartlsperger

Inhaltsverzeichnis Zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

A. Die bundesstaatsrechtliche Konstituierung einer Bundesfernstraßenverwaltung in Art. 90 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

I. Art. 90 GG als fundamentale Verfassungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

II. Die Einfügung des öffentlichen Straßenwesens in die bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

1. Die Kompetenzbegründung eines fachspezifischen Fernstraßenregimes . .

27

2. Die fachspezifische Inkorporierung der vormaligen Reichsautobahnen und neuen Bundesautobahnen in ein einheitliches Fernstraßenregime . . .

28

3. Die kompetenzrechtliche Revindikation der „Landstraßen für den Fernverkehr“ als Sachaufgabe des Zentralstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

4. Die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung als materielle Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

5. Die bundesstaatsrechtliche Kompetenzteilung von Straßenrecht und Straßenverwaltung (Landesstraßenhoheit für die Straßen und Wege des Landesrechts) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff und bundesstaatsrechtliche Verfahrensordnung der Fernstraßenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

I. Rechtsbegriff, Geltungs- und Anwendungsbereich der Fernstraßenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

II. Die Fernstraßenverwaltung im Verwaltungsverfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

III. Die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung in ihren behördlichen Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

IV. Bundeseigene Fernstraßenverwaltung und ihre behördlichen Zuständigkeiten

40

1. Behördliche Zuständigkeiten zur Wahrnehmung der bundesstaatsrechtlichen Ingerenzbefugnisse bei der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung (Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

2. Behördliche Zuständigkeiten zur Wahrnehmung ungeschriebener Bundeskompetenzen bei der Fernstraßenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

8

Inhaltsverzeichnis 3. Behördliche Zuständigkeiten im Rahmen spezieller Kompetenzbegründungen für eine bundeseigene Fernstraßenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

a) Die bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen zur speziellen Begründung einer bundeseigenen Fernstraßenverwaltung (Art. 90 Abs. 3, Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

b) Möglichkeiten spezieller Kompetenzbegründungen für eine bundeseigene Fernstraßenverwaltung (Verhältnis von Art. 90 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

c) Behördliche Organisation und Zuständigkeitsordnung bei einer Übernahme von Angelegenheiten auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltung durch den Bund (Art. 90 Abs. 3 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

d) Zusammenfassende Übersicht zu speziellen Kompetenzbegründungen einer bundeseigenen Fernstraßenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

V. Die bundesstaatsrechtliche Ordnung der Fernstraßenverwaltung als Verbund von auftragsweiser Landesverwaltung und Verwaltungskompetenzen des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

1. Die Fernstraßenverwaltung als bundesstaatsrechtlich festgelegtes und potentielles Zusammenwirken von Bund und Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

2. Der Begriff einer bundesstaatsrechtlichen Mischverwaltung und das Verbot extrakonstitutioneller Kompetenzdurchbrechungen . . . . . . . . . . . . . .

58

3. Das Zusammenwirken von Ländern und Bund bei der Fernstraßenverwaltung als bundesstaatsrechtliche Verbundverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht im Fernstraßenwesen (Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen) . . . . . . . . . . . . . .

63

I. Die kompetenzrechtliche Trennung von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

II. Die kompetenzrechtlichen Zwecksetzungen von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

III. Das kompetenzrechtliche Verhältnis von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

IV. Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen als Gegenstände von Fernstraßenrecht und als Bestandteile von Fernstraßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

V. Folgeregelungen zum Straßenverkehrsrecht in Fällen funktionaler Privatisierung des Fernstraßenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

1. Die „Staatlichkeit“ des Fernstraßenwesens als überkommener organisationsrechtlicher Bezugspunkt der Straßenverkehrsverwaltung . . . . . . . . . . .

74

Inhaltsverzeichnis

9

2. Veränderungen im fernstraßenrechtlichen Bezugspunkt der Straßenverkehrsverwaltung bei einer funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

3. Straßenverkehrsrechtliche Folgeregelungen zu einem nicht staatlichen Fernstraßenwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe und Objekt funktionaler Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

I. Art. 90 GG als staatsrechtliche Organisationsnorm tradierter Staatlichkeit des Fernstraßenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

II. Die tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens in ihrer Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

1. Die Überführung des feudalrechtlichen Straßenregals in den landesherrlichen Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

2. Die rechtliche Ausgestaltung des landesherrlichen Straßenregals zu einer Staatshoheit und zu einem Staatsvorbehalt für die „Landstraßen“ . . . . . . . .

87

3. Die Ablösung des regalen Staatsvorbehalts für die „Landstraßen“ im neunzehnten Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

4. Die Rechtsdogmatik eines öffentlichen Sachenrechts sowie einer öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung und Sachwaltung öffentlicher Straßen

90

5. Fortführung und Rezeption der tradierten Staatlichkeit des Fernstraßenwesens in dessen Gesetzgebungsepoche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

III. Die tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

1. Die Staatshoheit über das Fernstraßenwesen als entwicklungsgeschichtlich kontingente Organisationsform ohne ausdrücklichen Staatsvorbehalt .

96

2. Die speziellen Verfassungsaussagen zum Fernstraßenwesen in ihrem unmittelbaren und expliziten staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt . . . . . . .

99

a) Art. 90 GG als bundesstaatsrechtliche Rangentscheidung und staatsrechtliche Organisationsnorm zum staatlichen Fernstraßenwesen . . . .

99

b) Aufgabenrelevanz bundesstaatsrechtlicher Kompetenznormen . . . . . . . 102 c) Der Bedeutungsgehalt des Art. 90 GG zur Staatlichkeit des Fernstraßenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 d) Das Fernstraßenrecht als staatsrechtlicher Schlüsselbegriff des Fernstraßenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 e) Das Fernstraßenwesen als „Gegenstand“ seiner explizit speziellen staatsrechtlichen Ordnung – Nicht staatliche Fernstraßen als staatsrechtliche Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

10

Inhaltsverzeichnis 3. Bundesstaatsrechtliche Voraussetzungen und Möglichkeiten für die verwaltungsmäßige Realisierbarkeit eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Die bestehende fernstraßenrechtliche Bundesauftragsverwaltung in ihrem Bedeutungsgehalt und Geltungsanspruch aus Sicht der Länder 116 b) Die aktuelle bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz im Bereich eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 c) Der Verwaltungsvollzug von Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen im Bereich nicht staatlicher Fernstraßen als formelle Bundesauftragsverwaltung (Verfassungsänderung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 d) Die kategorische bundeseigene Zuständigkeit kraft Natur der Sache für die konkrete Konstituierung des Fernstraßenwesens (Ausbauplanung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 e) Die verwaltungsmäßige Realisierbarkeit nicht staatlicher Fernstraßen (Zusammenfassung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 4. Von der staatlichen Erfüllungsaufgabe zur staatlichen Verantwortung für das Fernstraßenwesen – Die staatsrechtliche Metafrage des Fernstraßenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 IV. Die staatsrechtliche Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen . . . . 127 1. Das öffentliche Straßenwesen als Sachbereich einer staatlichen bzw. gebietskörperschaftlichen Infrastrukturverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. Das Fernstraßenwesen als Gegenstand einer verfassungsstaatlichen Rechtsdogmatik von Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 3. Die Aufgabenverantwortung für das Fernstraßenwesen als Gegenstand einer sachbezogenen Verfassungskonkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4. Das Fernstraßenwesen als öffentliches Gut im Rechtssinne und im Sinne der Gemeinwohlverwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Die Fernstraßen als öffentliches Gut in einem ökonomischen Sinne . . 135 b) Die ökonomische Beurteilung der Fernstraßen als „Mischgüter“ . . . . . 138 c) Die Fernstraßen als öffentliches Gut in einem nutzungsspezifisch rechtlichen Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 d) Die Fernstraßen als öffentliches Gut im verfassungstheoretischen Sinne staatlicher Gemeinwohlgewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 5. Die Fernstraßen als Gegenstand einer Verfassungsdogmatik staatlicher Gemeinwohlverwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 6. Die staatliche Gemeinwohlverantwortung für das Fernstraßenwesen als verfassungsrechtlich originär vorausgesetzte Staatsaufgabe . . . . . . . . . . . . . 154 a) Die Frage eines verfassungsrechtlichen Kontextes des Fernstraßenwesens zu Sozialstaatlichkeit und „öffentlicher Daseinvorsorge“ . . . . . 154

Inhaltsverzeichnis

11

b) Der grundrechtliche Kontext des Fernstraßenwesens – Die Fernstraßen als Grundrechtsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 c) Die Mobilitäts- und Nutzungsfreiheit auf Fernstraßen als Grundrechtsvoraussetzung – Die grundrechtsdogmatische Begründung von Grundrechtsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 d) Die staatliche Verantwortung für das Fernstraßenwesen als Gemeinwohlverpflichtung des Staates zur Gewährleistung von Grundrechtsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 7. Die staatliche Gemeinwohlverantwortung für das Fernstraßenwesen in ihrem staats- und verfassungstheoretischen Kontext und Bedeutungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Das hoheitlich organisierte Rechtsregime der Fernstraßen als Wirkungsentfaltung und Sinnverwirklichung von Staatlichkeit . . . . . . . . . . 164 b) Das Organisations- und Rechtsregime der Fernstraßen als Ursache und Wirkung von Staatlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Das Theorem der Staatlichkeit von „Verkehrswegen“ und die verfassungsdogmatische Begriffsbildung „öffentlicher Daseinsvorsorge“ in ihren wesentlichen Bedeutungsgehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 8. Die organisationsrechtliche Einfügung des Fernstraßenwesens in die verfassungsrechtliche Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Die staatsrechtlich originäre Staatsaufgabe für das Fernstraßenwesen als staatliche Gewährleistungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Staatsrechtlicher Begriff und Bedeutungsgehalt von „Privatisierungen“ im Fernstraßenwesen – Verfassungsrechtliche Beurteilung . . . . . 175 c) Die verfassungsrechtlich funktionsgerechte Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen – Subsidiaritätsprinzip, Übermaßverbot, grundrechtliche Anspruchsgebundenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 d) Die grundrechtliche Anspruchsgebundenheit von Privatisierungsentscheidungen im Fernstraßenwesen als Gegenstand fernstraßenrechtlicher Vermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 e) Die staatliche Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen als verfassungsrechtlich funktionsgerecht wahrzunehmende Staatsaufgabe – Begriff der Gewährleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 9. Voraussetzungen einer funktionalen Privatisierung bzw. Privatisierungspflicht im Fernstraßenwesen – Privatisierungsbedarf, Privatisierungsformen, Privatisierungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 a) Der Gemeinwohlbedarf als rechts- und pflichtbegründende Voraussetzung funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen – Fernstraßenrechtlicher Privatisierungsbedarf, fernstraßenrechtliche Ausbauplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

12

Inhaltsverzeichnis b) Abstrakte Organisations- und Rechtsformen einer funktionalen Privatisierung im Fernstraßenwesen – Fernstraßenrechtlicher Privatisierungsbegriff, fernstraßenrechtliche Privatisierungsformen . . . . . . . . . . . 206 c) Tatbestände verfassungsrechtlich funktionsgerechter funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen – Verfassungsrechtliche Privatisierungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 d) Gerichtliche Geltendmachung fernstraßenrechtlicher Privatisierungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 10. Die bundesstaatsrechtliche Zuständigkeit des Bundes für die gesetzliche Regelung fernstraßenrechtlicher Privatisierungsformen – Fernstraßenprivatisierungsrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22, Art. 72 Abs. 2 GG) . . . . . . . . . 219

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 I. Die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen als Gestaltungsbereich und Gestaltungsprinzip des Fernstraßenprivatisierungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Von einer Privatfinanzierung der Bundesfernstraßen zur fernstraßenrechtlich relevanten Benutzerfinanzierung von Fernstraßen – Privatisierte Erhebung bzw. auch Vereinnahmung fernstraßenrechtlicher Benutzerentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 2. Rechtsformen der Straßenbenutzungsentgelte beim benutzerfinanzierten Fernstraßenwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 3. Die staatsrechtliche Funktion einer Benutzerfinanzierung von Fernstraßen – Fernstraßenrechtlicher Gemeinwohlbedarf vor Kommerzialisierung des Fernstraßenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 4. Der tatbestandliche Bezugspunkt einer Benutzerfinanzierung von Fernstraßen in der fernstraßenrechtlichen Benutzungsordnung – Die entgeltfähige Fernstraßenbenutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 II. Die Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen durch Erhebung, staatseigene Vereinnahmung und Verwendung allgemeiner streckenbezogener Mautgebühren – ABMG, Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft, sogenanntes A-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 1. Die allgemeine streckenbezogene Mautgebühr für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit bestimmten Fahrzeugen nach dem ABMG – Gemeingebrauchsgebühr, Alternative und Vorgängerregelung, konzeptionelle und geltungsmäßige Abgrenzung zum speziellen FStrPrivFinG . . . . 238 2. Die staatseigene Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen aus dem Mautaufkommen nach dem ABMG – Verkehrshaushalt, Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 3. Das sogenannte A-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 4. Die Organisations- und Rechtsform der Mauterhebung nach dem ABMG – Funktional privatisiertes Mauterhebungssystem . . . . . . . . . . . . . . . 248

Inhaltsverzeichnis

13

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen (FStrG, ABMG, FStrPrivFinG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 1. Geltungsumfang und Regelungszwecke der fernstraßenrechtlichen Bestandteilseigenschaft von Mauteinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 2. Die fernstraßenrechtliche Bestandteilseigenschaft von Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen in ihren beleihungsrechtlichen und baulastspezifischen Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 3. Die fernstraßenrechtliche Bauhoheit für Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 4. Die baulastspezifischen Pflichten und Verantwortlichkeiten der rechtlich selbständigen Träger von Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen – Straßenverkehrsrecht, Straßenverkehrssicherungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 265 IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung und finanzverfassungsrechtliche Voraussetzung der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen . . . . . . . . . . . . 271 1. Die Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen als Thema der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. Die Benutzungsentgelte und die Benutzerfinanzierung in der Bundesfernstraßenverwaltung als bundesstaatsrechtlich konkurrierend eingeräumte Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 3. Der allgemeine bundesstaatsrechtliche Bedarf für eine bundesgesetzliche Regelung der Benutzungsentgelte und der Benutzerfinanzierung in der Bundesfernstraßenverwaltung (Art. 72 Abs. 2 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 4. Die bundesstaatsrechtliche Kompetenz zur Regelung der Entgelttatbestände und Entgeltpflichten bei der Benutzung von Bundesfernstraßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 5. Die bundesstaatsrechtliche Kompetenz zur Wahl der Rechts- und Organisationsform bei Erhebung von Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 6. Die bundesstaatsrechtliche Erhebungskompetenz für Benutzungsentgelte in der Bundesfernstraßenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 7. Die bundesstaatsrechtliche Vereinnahmungskompetenz für Benutzungsentgelte in der Bundesfernstraßenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 8. Die Verwendung des vom Bund vereinnahmten Aufkommens aus Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung – Die Benutzerfinanzierung als Rechtsbegriff und als Politikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 V. Die Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen als bundesstaatsrechtliche, finanzverfassungsrechtliche und privatisierungsspezifische Veränderung der Bundesfernstraßenverwaltung – Entwicklungen und Tendenzen . . . . . . . . . . . . . 294

14

Inhaltsverzeichnis VI. Die benutzerfinanzierte funktionale Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen – Baulastspezifisches Betreibermodell, FStrPrivFinG 297 1. Das benutzerfinanzierte baulastspezifische Betreibermodell für den Bundesfernstraßenbau in seiner verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Zwecksetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Das benutzerfinanzierte baulastspezifische Betreibermodell im Vergleich zu vormaligen und alternativen Konzepten einer Effektuierung des Bundesfernstraßenbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 3. Das benutzerfinanzierte baulastspezifische Betreibermodell für den Bundesfernstraßenbau in seiner aktuellen und potentiellen rechtlichen Realisierbarkeit – Verhältnis zur staatseigen organisierten Benutzerfinanzierung, benutzerfinanzierte Fonds-Lösung als prinzipielle Alternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 4. Der Rechtsbegriff des „Betreibers“ im FStrPrivFinG – Das „Betreibermodell“ als funktionale Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung, Abgrenzung zur bloßen Indienstnahme Privater bei der Bundesfernstraßenverwaltung (sogenanntes A-Modell) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 5. Die funktionale Privatisierung von Straßenbaulastaufgaben nach dem Betreibermodell des FStrPrivFinG in ihrer Rechtskonstruktion und Rechtswirkung als Verwaltungshilfe – Unterschied zur funktionalen Privatisierung von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen . . . . . . . . . . . . . 311 6. Die Organisation und Regelung der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen beim baulastspezifischen Betreibermodell des FStrPrivFinG – Beleihungsrechtliche Mautgebührenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 7. Das beleihungsrechtliche Mauterhebungssystem nach dem FStrPrivFinG in seiner fernstraßenrechtlichen Ausgestaltung – Fernstraßenrechtliche Bestandteilseigenschaft des Mauterhebungssystems, Rechtsstellung, Pflichten und Verantwortlichkeiten des System-Betreibers . . . . . . . . 323 8. Die Verwaltungsverfahrensordnung bei der beleihungsrechtlichen Mautgebührenerhebung nach dem FStrPrivFinG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 9. Die legislative und verfahrensrechtliche Ordnung zur Begründung des Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 10. Die verordnungsrechtliche Projektbestimmung zum Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG – Realisierungsnotwendige Bund-LänderKooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 11. Die Regelung der Mautgebühren beim Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 12. Laufzeit und Beendigung eines Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 13. Das Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG in seiner Bedeutung für einen bedarfsgerechten Bau und Ausbau von Fernstraßen – Verkehrsund finanzwirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

Inhaltsverzeichnis

15

VII. Die benutzerfinanzierte Übertragung des Baus und der Finanzierung von Bundesfernstraßen auf Dritte als über sich hinausweisender Entwicklungsschritt funktionaler Privatisierung – Von funktional privatisierten Bundesfernstraßen zu einem funktional privatisierten Fernstraßenwesen . . . . . . . . . . . . 350 VIII. Die fachspezifische gesetzliche Ausgestaltung eines Fernstraßenrechts privater Fernstraßen – Ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen . . . . . . . . . . . . . . . 358 1. Ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen als legislative Ordnung funktionaler Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 2. Fernstraßenrechtliche Realisierungsregelungen für private Fernstraßen – Planungs-, Enteignungs- und Baurecht privater Fernstraßen . . . . . . . . . . . . . 360 3. Der fernstraßenrechtliche Sachbegriff privater Fernstraßen . . . . . . . . . . . . . 361 4. Die fernstraßenrechtliche Klassifikation privater Fernstraßen . . . . . . . . . . . 362 5. Nachbarrecht und Kreuzungsrechtsverhältnisse privater Fernstraßen . . . . 363 6. Baulastregelungen für private Fernstraßen – Bau-, Betriebs- und Finanzierungspflicht, Straßenverkehrssicherungspflicht, straßenverkehrsrechtliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 7. Die Benutzungsordnung privater Fernstraßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 8. Die Straßenaufsicht über private Fernstraßen – Aufsichts- und Regulierungsregelungen, staatliche Regelung und Regulierung der Benutzungsentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 F. Die Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte . . . 369 I. Die Entgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs als eine Grundfrage des öffentlichen Straßenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 II. Die Entgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs unter dem vormaligen Regime des Straßenregals – Die „gebührenrechtliche Lösung“ der Straßenbaufinanzierung als historische Kategorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 III. Die Entgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs unter verfassungsstaatlichen Voraussetzungen – Von der „steuerrechtlichen“ zu einer „gebührenrechtlichen“ Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 IV. Die Regelung und Erhebung von „Gebühren“ für die Benutzung öffentlicher Straßen als Gegenstand verfassungsrechtlicher Aussagen und Kriterien . . . . . . 377 V. Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung als verfassungsrechtliches Grundproblem des Straßenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 VI. Die Gewährleistung öffentlicher Straßen und ihrer Benutzung im Verfassungsstaat – Das öffentliche Straßenwesen zwischen „Freiheitsraum“ und „Verwaltungsleistung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382

16

Inhaltsverzeichnis VII. Die öffentlichen Straßen als „Mautgüter“ nach verfassungsrechtlichen Maßgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 VIII. Die verfassungsrechtliche Maßgabe zu den Tatbeständen straßenrechtlicher „Gebührenregelungen“ – Die „gebührenrechtliche“ Voraussetzung individueller Zurechenbarkeit von Straßenbenutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 IX. Tatbestände eines entgeltfreien straßenrechtlichen Gemeingebrauchs – Verfassungsrechtliche Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 X. Verfassungsrechtliche Maßgaben zu den Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch – Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum . . . 393 XI. Entgelttatbestände und Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch im Bereich privatrechtlich organisierter oder privat getragener öffentlicher Straßen – Die privatrechtlichen Gemeingebrauchsentgelte . . . . . . 400 XII. Das „Gebührenrecht“ straßenrechtlicher Sondernutzungen und die „gebührenrechtliche“ Situation von Arten eines Sondergebrauchs öffentlicher Straßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416

Abkürzungen a. A.

anderer Ansicht

ABMG

Gesetz zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen 5. 4. 2002 (BGBl. I S. 1234), geändert durch Art. 1 Gesetz 28. 6. 2003 (BGBl. S. 1050)

Anm.

Anmerkung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

BAG

Bundesamt für Güterverkehr

BAnz

Bundesanzeiger

BauR

Baurecht

BayStrWG

Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) idF 5. 10. 1981 (BayRS 91 – 1-I)

BayVBl.

Bayerische Verwaltungsblätter

BayVGH

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

BayVwVfG

Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) 23. 12. 1976 (BayRS 2010 – 1-I)

Beschl.

Beschluß

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) idF 2. 1. 2002 (BGBl. III 400 – 2)

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BR-Drs.

Bundesrats-Drucksachen

BremStGH

Staatsgerichtshof Bremen

BT-Drs.

Bundestags Drucksachen

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DR

Deutsches Recht

DV

Deutsche Verwaltung

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

2 Bartlsperger

18

Abkürzungen

DVOStrRegG

Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die einstweilige Neuregelung des Straßenwesens und der Straßenverwaltung 7. 12. 1934 (RGBl. I S. 123 f.)

EKreuzG

Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) idF. 1. 3. 1971 (BGBl. III / FNA 910 – 1)

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft

FischersZeitschrift

Fischers Zeitschrift für Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung

Fn

Fußnote

FstrAbG

Fernstraßenausbaugesetz (FstrAbG) idF 15. 11. 1993 (BGBl. I S. 1878)

FStrG

Bundesfernstraßengesetz (FStrG) idF 20. 2. 2003 (BGBl. III / FNA 911 – 1)

FStrPrivFinG

Gesetz über den Bau und die Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private (Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz – FStrPrivFinG) idF 20. 1. 2003 (BGBl. I S. 98)

FStrVermG

Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs 2. 3. 1951 (BGBl. III / FNA 911 – 1-5)

GBl.

Gesetzblatt

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland 23. 5. 1949 (BGBl. III / FNA 100 – 1

GO BReg

Geschäftsordnung der Bundesregierung 11. 5. 1951 (GMBl. S. 137) mit Änderungen

GüKG

Güterkraftverkehrsgesetz idF 22. 6. 1998 (BGBl. III / FNA 9241 – 34)

GVBl.

Gesetz und Verordnungsblatt

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz idF 9. 5. 1975 (BGBl. III 300 – 2)

HessVGH

Hessischer Verwaltungsgerichtshof

HStR

Handbuch des Staatsrechts der hgg. von Isensee / P. Kirchhoff

JöR n.F.

Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Neue Folge

Jura

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

K-Beschl. BVerfG

Beschl. einer Kammer des Bundesverfassungsgerichts

LM

Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

Abkürzungen

19

NVwZ-RR

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport

OVG

Oberverwaltungsgericht

PrALR

Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten 1794

PrOVG

Preußisches Oberverwaltungsgericht

PrOVGE

Entscheidungssammlung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts

RAG-Gesetz 1933

Gesetz über die Errichtung eines Unternehmens „Reichsautobahnen“ v. 27. 6. 1933 (RGBl. II S. 509)

RAG-Gesetz 1941

Reichsautobahngesetz v. 25. 9. 1941 (RGBl. I S. 313)

RG

Reichsgericht

RGBl.

Reichgesetzblatt

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

RL 1999 / 62 / EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 6. 1999, Abl. EG L 187 / 42 vom 20. 7. 1999

Rnr

Randnummer

ROG

Raumordnungsgesetz (ROG) 18. 8. 1997 (BGBl. III / FNA 2301 – 1)

Rsp.

Rechtsprechung

RV 1871

Gesetz betreffend die Verfassung des Deutschen Reiches 16. 4. 1871 (RGBl. S. 437)

RVBl.

Reichsverwaltungsblatt

Staat

Der Staat

StrRegG

Gesetz über die einstweilige Neuregelung de Straßenwesens und der Straßenverwaltung 26. 3. 1934 (RGBl. I S. 243)

StVG

Straßenverkehrsgesetz (StVG) idF 5. 3. 2003 (BGBl. III / FNA 9231 – 1)

StVO

Straßenverkehrs-Ordnung – STVO 16. 11. 1970 (BGBl. III / FNA 9233 – 1))

UPR

Umwelt- und Planungsrecht

Urt.

Urteil

VBl.

Verkehrsblatt

VerkBl.

Verkehrsblatt

VerwArch.

Verwaltungsarchiv

VGH

Verwaltungsgerichtshof

VGH BW

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

VIFGG

Gesetz zur Errichtung einer Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft zur Finanzierung von Bundesverkehrswegen (Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaftsgesetz – VIFGG) 28. 6. 2003 (BGBl. I S. 1050)

VO

Verordnung

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

2*

20 VwGO

Abkürzungen Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) idF 19. 3. 1991 (BGBl. III / FNA 340 – 1)

VwVfG

Verwaltungsverfassungsgesetz (VwVfG) idF 23. 1. 2003

VwV-StVO

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) 22. 10. 98 (BAnz 99 Nr. 246b VerkBl. 90, 290)

WRV

Die Verfassung des Deutschen Reiches 11. 8. 1919 (RGBl. S. 1383) – Weimarer Reichsverfassung

ZdAfDR

Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht

ZLW

Zeitschrift für Luftrecht und Weltraumrechtsfragen

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZustGVerk

bayerisches Gesetz über Zuständigkeiten im Verkehrswesen 28. 6. 1990 (BayRS 9210 – 1-W)

Zum Thema Das öffentliche Straßenwesen ist der wichtigste, für Gesellschaft und Staat existenzsichernde Bereich öffentlicher Verkehrsinfrastruktur. Hierbei kommt den ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bildenden und einem weiträumigen Verkehr dienenden Fernstraßen eine tragende Rolle zu. In staatstheoretischer und verfassungsrechtlicher Hinsicht steht das Fernstraßenwesen in Beziehung zu den Gemeinwohlverpflichtungen und Gewährleistungsaufgaben des Staates. Dies ist das Thema der Arbeit. Aktueller Anlaß hierfür besteht. Die unter verfassungsstaatlichen Voraussetzungen und unter der verfassungsrechtlichen Ordnung des GG entstandene staatsorganisationsrechtliche und straßenrechtliche Realisierung des Fernstraßenwesens sieht sich in ihrem weiteren Bestand grundlegend in Frage gestellt. Seine künftige Entwicklung ist Gegenstand offener Diskussionen. Hierdurch muß sich das Verfassungsrecht in seinem für das Fernstraßenwesen konstituierenden Vorstellungsbild gefordert sehen. Als Rechtsbegriff und fachspezifisch eigenständige Kategorie des Straßenrechts hat das Fernstraßenwesen seine Konstituierung in einschlägigen bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen des GG erfahren. „Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr“ sind gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG Gegenstand einer besonderen bundesstaatsrechtlichen Gesetzgebungsmaterie, die der Bund unter den für konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeiten von Bund und Ländern geltenden Voraussetzungen des Art. 72 GG in Anspruch nehmen konnte. Als Staatsaufgabe und besonderen bundesstaatsrechtlichen Verwaltungsbereich kennt Art. 90 GG das Fernstraßenwesen in der staatsrechtlichen Organisation von „Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstaates des Fernverkehrs“. Danach werden die Fernstraßen in der Organisationsform von Bundesfernstraßen als unmittelbar staatliche Verwaltungsleistung bereitgestellt, als Sachaufgabe des Bundes entsprechend dem finanzverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip nach Art. 104 a Abs. 2 GG über dessen Haushalt finanziert und grundsätzlich von den Ländern auftragsweise unter den für die Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG geltenden Maßgaben verwaltet. Demzufolge sind sie einfachrechtlich im FStrG und in zwischenzeitlich dieses begleitenden fernstraßenrechtlichen Gesetzen des Bundes geregelt, der Tradition des Straßenrechts entsprechend in der Rechts- und Organisationsform eines hoheitlichen Verwaltungsregimes. In jeder Hinsicht kann man von einer „Staatlichkeit“ des Fernstraßenwesens sprechen. Aber dieser staatsorganisationsrechtliche Zustand des Fernstraßenwesens ist in Bewegung geraten, teilweise und in Ansätzen schon realisiert in der gesetzlichen Regelung einer allgemeinen gebührenrechtlichen Benutzerfinanzierung sowie in gesetzlichen Regelungen bzw. administrativen Praktiken einer Inpflichtnahme bzw. Indienstnahme

22

Zum Thema

privater „Betreiber“, vor allem aber aufgrund darüber hinausreichender konzeptioneller Beurteilungen und Vorstellungen von mehr oder weniger grundlegender Tragweite. Deren aktueller und praktischer Ausgangspunkt sind die Probleme der Fernstraßenbaufinanzierung. Hieraus hat sich eine prinzipielle ordnungspolitische Diskussion um das Fernstraßenwesen entwickelt. Die staatsorganisationsrechtliche Realisierung des Fernstraßenwesens in unmittelbar staatlichen, über den öffentlichen Haushalt finanzierten Bundesfernstraßen bietet ersichtlich nicht mehr die Voraussetzungen, um die Mittel für einen bedarfsgerechten, insbesondere zeitlich effektiven Erhaltungszustand, Aus- und Neubau des Fernstraßennetzes aufzubringen. Dies stellt ein mit zunehmender Dringlichkeit zu lösendes Problem dar. Deshalb sieht sich das bestehende Fernstraßenwesen einer grundlegenden „ökonomischen“ Kritik ausgesetzt. Sie schlägt sich in einem von daher offen inspirierten und motivierten Spektrum mehr oder weniger weitgehender Konzeptionen und Modelle zur „Privatisierung“ von Fernstraßen oder auch des gesamten Fernstraßenwesens nieder. Als Grundlage hierfür gilt folgerichtig anstelle einer lange Zeit bis in die jüngste Vergangenheit hinein nur abstrakten Besteuerung des Kraftfahrzeugverkehrs auf öffentlichen Straßen eine gebührenrechtliche, an einen individuell zurechenbaren nutzungsspezifischen Gemeingebrauch von Fernstraßen anknüpfende Benutzerfinanzierung. Die Fernstraßen sind auf diese Weise in das Blickfeld einer güterspezifischen Betrachtungsweise gerückt. Als „Mautgüter“ haben sie ihr güterspezifisches Ordnungsprinzip in der Alternative von rechtlich konstituierten „öffentlichen Gütern“ und „privaten Gütern“ zu finden. Zwischenzeitlich in reicher Zahl hierzu vorliegende „ökonomische“ Beurteilungen und Vorstellungen folgen ihrer eigenen Rationalität. Daher erscheint es geboten, unter möglichst umfassender Berücksichtigung aller bereits vorliegenden und, soweit ersichtlich, denkbaren Konzeptionen und Modelle zur „Privatisierung“ des Fernstraßenwesens in grundlegender Weise Klarheit zur verfassungsrechtlichen Konstituierung des Fernstraßenwesens als Gewährleistungsaufgabe des Staates zu schaffen. Die verfassungsrechtliche Ordnung des GG eröffnet für das Fernstraßenwesen als Objekt funktionaler Privatisierung durchaus weite Gestaltungsmöglichkeiten. Die derzeitige organisationsrechtliche Realisierung des Fernstraßenwesens in der Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG jedenfalls kann nur kontingente Geltung beanspruchen. Lediglich kontingent ist die danach bestehende staatsrechtliche Organisation des Fernstraßenwesens als unmittelbar und ausschließlich eigene Erfüllungsaufgabe des Staates. Kontingent ist erst recht, daß die gegenwärtige staatseigene Bundesfernstraßenverwaltung nach dem einfachen Fernstraßenrecht des FStrG in hoheitlicher Rechts- und Organisationsform geführt wird. Das GG enthält überhaupt, vor allem in den genannten bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen zum Fernstraßenwesens, keine expliziten Verfassungsaussagen zu dessen Konstituierung als Staatsaufgabe. Diese Frage läßt sich nur aus dem materiellen Verfassungsgefüge des GG beantworten. Darauf ist das Anliegen und der Schwerpunkt der Arbeit gerichtet.

Zum Thema

23

Zu den auf der Grundlage und im Rahmen der bestehenden Bundesfernstraßenverwaltung bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen funktionaler Privatisierung sowie zu anderen und weitergehenden Konzepten und Modellen eines „privatisierten“ Fernstraßenwesens liegt durchaus auch schon rechtswissenschaftliche Literatur in beträchtlichem Umfang vor. Aber im wesentlichen handelt es sich dabei um nur ökonomisch bzw. finanzwirtschaftlich erläuternde und juristisch interpretierende Beschreibungen. Unverkennbar ist ein doch erheblicher Mangel an ebenso grundlegenden wie dazu erst wirklich aufschlußreichen detailgenauen verfassungsrechtlichen Beurteilungen der betreffenden bereits bestehenden Regelungen und Praktiken sowie der in die Diskussion gebrachten Konzepte und Modelle eines „privatisierten“ Fernstraßenwesens. Es geht jeweils um prinzipielle verfassungsrechtliche Fragen zum Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe und als mögliches Objekt funktionaler Privatisierung. Wesentliche Beiträge hierzu liefert schon das insofern breiter und grundsätzlicher angelegte staatsrechtliche Schrifttum zum „Gewährleistungsstaat“. Auf dieser Grundlage gilt es das Fernstraßenwesen aus seinem derzeit staatsorganisationsrechtlich in der Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG sowie einfachrechtlich nach dem FStrG bestehenden kontingenten Rechtszustand zu lösen und in seiner aus dem materiellen Verfassungsgefüge erkennbaren verfassungsrechtlichen Konstituierung als Staatsaufgabe erkennbar zu machen. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu den bundesstaatsrechtlichen Verwaltungskompetenzen im Fernstraßenwesen stehen an sich und unmittelbar nicht zur Diskussion, soweit sich die zu erörternden Regelungen, Modelle und Konzepte funktionaler Privatisierung auf der Grundlage und im Rahmen der Bundesfernstraßen bewegen. Offenbar kann man trotz auch insofern nicht gänzlich fehlender Änderungsvorschläge davon ausgehen, daß eine „Förderalismusreform“ an die Bundesauftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen nicht rührt. Die überkommenerweise nur partikularstaatlich entwickelten und daher ausschließlich auf der Landesebene vorhandenen Verwaltungsstrukturen des öffentlichen Straßenwesens sowie sicherlich auch die Gesichtspunkte bundesstaatlicher Lastenverteilung für das Fernstraßenwesen lassen es kaum sinnvoll erscheinen, von einer in der Sachverantwortung der Bundes geführten materiellen Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen abzugehen. Sie bildet die bundesstaatsrechtliche Grundlage aller schon erfolgten und in Betracht kommenden funktionalen Privatisierungen im Bereich der Bundesfernstraßenverwaltung. Daher wird sie in der Arbeit zum Ausgangspunkt genommen. Trotz einer reichen Kommentarliteratur hierzu muß sie zu Beginn in denjenigen Punkten durchaus detailliert erörtert, zuweilen gebotenerweise auch klargestellt werden, welche für die schon vorhandenen Regelungen sowie für die vorliegenden und denkbaren Modelle und Konzepte funktionaler Privatisierung in der Bundesfernstraßenverwaltung wesentlich sind. Bei deren nachfolgender Erörterung erweist sie sich durchgängig als verfassungsrechtlich relevante und maßgebliche Vorgabe. Zu einer besonderen Fragestellung wird die bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz im Fernstraßenwesen allerdings im Zu-

24

Zum Thema

sammenhang einer künftig durchaus in Betracht zu ziehenden weitestgehenden Modalität von dessen funktionaler Privatisierung, aufgrund derer die verfassungsrechtlich begründete Gewährleistungsaufgabe des Staates für das Fernstraßenwesen nicht mehr in der Organisationsform staatlicher Bundesfernstraßen, sondern in derjenigen „privater Fernstraßen“ wahrgenommen wird. Die Ordnung einer bundesstaatsrechtlichen Verwaltungskompetenz für die in diesem Falle dem Staat jedenfalls verbleibenden und obliegenden Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse ist dann ein Teil der Realisierung einer solchen Modalität funktionaler Privatisierung im Fernstraßenwesen. Sie wird deshalb in diesem besonderen Zusammenhang erörtert. Die Arbeit beschränkt sich entschieden auf eine verfassungsrechtliche Erörterung. Politische Bewertungen zu der unter dem GG entstandenen staatsorganisationsrechtlichen und straßenrechtlichen Ordnung des Fernstraßenwesens, zu den zwischenzeitlich partiell schon unternommenen Veränderungen, was seine Benutzerfinanzierung sowie eine Inpflichtnahme oder Indienstnahme privater „Betreiber“ angeht, und zu den künftig gegebenenfalls weitergehenden Modalitäten seiner funktionalen Privatisierung können nicht Sache der Arbeit sein. Vor allem beteiligt sich diese nicht an dem Ideenwettbewerb um die „Privatisierung“ des Fernstraßenwesens, soweit dieser nicht zu einer verfassungsrechtlichen Beurteilung herausfordert. Die ökonomischen Strukturen des Fernstraßenwesens allerdings und allgemeine ökonomische Ordnungsprinzipien, welche die Fernstraßen als Verwaltungsleistung betreffen, finden insofern Berücksichtigung, als sie auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht einen Erkenntniswert zu beanspruchen haben. Dieser ist keineswegs gering. In der solcher Art gestellten und beschriebenen Aufgabe hat die Arbeit notwendigerweise von der gegenwärtigen verfassungsrechtlichen Situation des Fernstraßenwesens auszugehen, wie sie sich auf der Grundlage und im Rahmen der dazu expliziten und speziellen staatsorganisationsrechtlichen und bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm des Art. 90 GG zur Bundesfernstraßenverwaltung darstellt. Sie ist Voraussetzung und Bezugspunkt aller weiteren Erörterungen zum Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe und Objekt funktionaler Privatisierung, vor allem in bundesstaatsrechtlicher Hinsicht.

A. Die bundesstaatsrechtliche Konstituierung einer Bundesfernstraßenverwaltung in Art. 90 GG Die Bestimmungen von Art. 90 GG zur Bundesfernstraßenverwaltung erfüllen nach dem „äußeren“ System des GG die Funktion von gegenstandsbezogen und fachspezifisch besonderen bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen innerhalb des in den Art. 30 und Art. 83 ff. GG festgelegten Gesamtsystems bundesstaatsrechtlicher Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern. In Verbindung mit diesem System begründen sie eine bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung für die Verwaltung des institutionell überkommenen, hoheitlich bereitgestellten bzw. gewährleisteten öffentlichen Straßenwesens als eines verkehrstechnisch und verkehrswirtschaftlich definierten Teiles öffentlicher Verkehrsinfrastruktur.

I. Art. 90 GG als fundamentale Verfassungsentscheidung Die Konstituierung einer bundesstaatsrechtlich besonderen Fernstraßenverwaltung innerhalb des vom GG vorgefundenen öffentlichen Straßenwesens ist zum einen mit der speziellen staatsrechtlichen Nachfolge- und Überleitungsregelung von Art. 90 Abs. 1 GG geschehen, die eine Vermögens- und materielle Kompetenzzuordnung der „bisherigen Reichsautobahnen und Reichsstraßen“ an den Bund vorgenommen hat. Im Anschluß daran und im Zusammenhang damit schaffen die Bestimmungen von Art. 90 Abs. 2 und 3 GG für die aktuelle bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung einen besonderen bundesstaatsrechtlichen Komplex von Rechts- und Verwaltungszuständigkeiten, nach dessen Maßgabe Bund und Länder an der Verwaltung der durch das GG im gleichen kompetenzrechtlichen Zusammenhang neu konstituierten Straßenklassen von „Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs“ beteiligt sind. Danach gilt für diese unter dem entsprechenden Rechtsbegriff von „Bundesfernstraßen“ zusammengefaßten Straßenklassen gemäß Art. 90 Abs. 2 GG grundsätzlich die kompetenzrechtliche Ordnung der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG, vorbehaltlich einer Übernahme von Angelegenheiten dieser auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung in eine bundeseigene Verwaltungszuständigkeit nach Art. 90 Abs. 3 GG sowie vorbehaltlich von auch insofern speziellen ungeschriebenen oder nach Maßgabe der bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG explizit begründbaren Verwaltungszuständigkeiten der Bundesebene. Diese bundesstaats-

26

A. Die Konstituierung einer Bundesfernstraßenverwaltung in Art. 90 GG

rechtliche Zuständigkeitsordnung der staatlichen Fernstraßenverwaltung steht in einem kompetenzrechtlichen Zusammenhang mit der bundesstaatsrechtlichen Festlegung einer konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 22, Art. 72 GG für „den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr“, einschließlich für die „Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen“. Kraft der sachlich spezifizierten Entscheidung des GG für eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes zu den Fernstraßen besteht innerhalb der bundesstaatsrechtlichen Kataloge und des Systems von bundesgesetzlich regelbaren Gegenständen auch eine spezielle Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts. Zusammengenommen begründen die bundesstaatsrechtlichen Zuständigkeitsnormen von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG eine bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung für Fernstraßen, für deren legislative Regelung eine bundesstaatsrechtlich besondere Materie staatlicher Gesetzgebung sowie für die Verwaltung der Bundesfernstraßen einen bundesstaatsrechtlich besonders ausgestalteten Kompetenz- und Organisationskomplex öffentlicher Verwaltung. In beiden genannten bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen konstituiert also das GG bereits selbst die Fernstraßen als eine bundesstaatsrechtlich besonders regelbare und die Bundesfernstraßen als eine besonders zu verwaltende Gruppe von öffentlichen Straßenklassen. Es handelt sich um eine für den modernen Staat grundlegende und existentielle verfassungsrechtliche Festlegung staatlicher Aufgaben und Kompetenzen mit Rücksicht darauf, daß das bis heute staatlich bereitgestellte bzw. gewährleistete öffentliche Straßenwesen den aktuell wichtigsten, für Gesellschaft und Staat existenzsichernden Bereich öffentlicher Verkehrsinfrastruktur darstellt und daß hierbei einem Netz zusammenhängender und weiträumiger, bundesgesetzlich besonders geregelter sowie gemäß den grundsätzlich maßgeblichen Kompetenzbestimmungen von Art. 90 GG speziell verwalteter Bundesfernstraßen eine tragende Bedeutung zukommt.1 Insofern können die bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen des Art. 90 GG zur Verwaltung der Bundesfernstraßen eine für das Staats- und Gemeinwesen der Bundesrepublik Deutschland fundamentale verfassungsrechtliche Bedeutung beanspruchen. In Verbindung mit dem Gesamtsystem bundesstaatsrechtlicher Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern fügen sie das als Teil der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur anlagen- und nutzungsspezifisch sowie verkehrswirtschaftlich definierte öffentliche Straßenwesen in die föderative Kompetenzordnung ein.

1 Zum „Weg als Element der Staatsexistenz“ H. Krüger, Marktwirtschaftliche Ordnung und öffentliche Vorhaltung der Verkehrswege, 1969, S. 4 ff.; ferner Steiner, HStR III (1988), § 81 Rnr 1 und Uerpmann – Wittzak, HStR IV (3. Aufl. 2006), § 89 sowie Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 324 ff. und 334 ff.

II. Die Einfügung des öffentlichen Straßenwesens in die Kompetenzordnung

27

II. Die Einfügung des öffentlichen Straßenwesens in die bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung 1. Die Kompetenzbegründung eines fachspezifischen Fernstraßenregimes Im Zusammenhang mit der fundamentalen Verfassungsentscheidung des GG, im Rahmen des bundesstaatsrechtlichen Systems von zentralstaatlichen und gliedstaatlichen Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten ein legislativ und administrativ besonderes öffentliches Fernstraßenregime zu schaffen, hat das öffentliche Straßenwesen nicht nur seine Einfügung in die föderale Kompetenzordnung erfahren. Vielmehr hat es dabei auch in gegenständlicher und umfänglicher Hinsicht seine heutige administrative Kompetenzbegründung als anlagen- und nutzungsspezifisch sowie verkehrswirtschaftlich einheitlicher Teil der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur erhalten. Denn mit der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG vollzogenen kompetenzrechtlichen Inkorporierung der ursprünglich und vormals außerhalb des Straßenrechts geregelten und überwiegend außerhalb der Straßenverwaltung organisierten Reichsautobahnen sowie der mit gleicher Anlagentechnik und Verkehrsbedeutung ausgestatteten neuen Bundesautobahnen hat die Entwicklung zu einer fachspezifisch geschlossenen Rechts- und Verwaltungsmaterie des öffentlichen Straßenwesens ihren Abschluß gefunden.2 Man kann von einer vollständigen fachspezifischen Kompetenzbegründung von Straßenrecht und Straßenverwaltung bei deren gleichzeitiger bundesstaatsrechtlicher Kompetenzteilung in ein föderal besonders gestaltetes, aufgabenmäßig zentralstaatliches öffentliches Fernstraßenregime und in eine ausschließliche Landeshoheit für die übrigen öffentlichen Straßen und Wege sprechen. Das mit dem GG bundesstaatsrechtlich konsti2 Zum Reichsautobahnwesen als verkehrswirtschaftlich und organisatorisch errichteter anstaltlicher Sonderform der Reichsverwaltung in rechtlicher Verbindung mit der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft bzw. der Deutschen Reichsbahn siehe die Rechtsquellen bei Germershausen / Seydel / Marschall, Wegerecht und Wegeverwaltung II, S. 8 ff. sowie Krause, Die Autobahn, R. Mayer, DV 1934, 340 ff., Holtmeyer, Das Recht der Reichsautobahnen, Todt, ZdAfDR 1935, 156 ff. und ders., DR 1935, 439 ff., Butz, Die Reichsautobahnen, Bisle, Das Unternehmen „Reichsautobahnen“, Schaefer, Die Gesetze der Reichsautobahnen, 1937, Kaftan, Der Kampf um die Autobahnen, Baumeister, Geschichte des deutschen Straßen- und Wegerechts, S. 26 f. und Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 39 f. Die Bestimmung von Linienführung und Ausgestaltung der Kraftfahrbahnen bzw. Reichsautobahnen hat insofern bei einem Organ der Straßenverwaltung selbst gelegen, als die Befugnisse hierfür bei dem für das überörtliche Straßennetz allgemein planenden und leitenden Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen gelegen haben (§ 5 Abs. 1 und § 11 Gesetz über die Errichtung eines Unternehmens „Reichsautobahnen“ 27. 6. 1933, RGBl. II, S. 509 sowie § 5 Abs. 1 und § 17 Reichsautobahngesetz 29. 5. 1941, RGBl. I S. 313); dazu Wolst, Bundesauftragsverwaltung, S. 112. Die künftige „Verwaltung der großen Fernverkehrsstraßen nach Weisung einer Zentralstelle nach einheitlichen Gesichtspunkten“ war bei den Beratungen im Parlamentarischen Rat zu Art. 90 GG ein zentrales Anliegen (Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 114 m.Nachw.).

28

A. Die Konstituierung einer Bundesfernstraßenverwaltung in Art. 90 GG

tuierte besondere öffentliche Fernstraßenregime ist das Ergebnis sowohl einer fachspezifischen Inkorporierung als auch einer aufgabenmäßig zentralstaatlichen Revindikation aller ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bildendenden und einem weiträumigen Verkehr dienenden „Landstraßen für den Fernverkehr“.

2. Die fachspezifische Inkorporierung der vormaligen Reichsautobahnen und neuen Bundesautobahnen in ein einheitliches Fernstraßenregime Es macht einen wesentlichen Teil und eine wesentliche Bedeutung des mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG geschaffenen besonderen bundesstaatlichen Fernstraßenregimes aus, daß die ursprünglich und vormals verkehrswirtschaftlich selbständig beurteilten und institutionalisierten Kraftfahrbahnen bzw. Reichsautobahnen aus ihrem außerhalb des Straßenrechts geregelten und weitgehend außerhalb der Straßenverwaltung organisierten Regime3 gelöst und die neuen Bundesautobahnen als eine ihrer Verkehrsbedeutung entsprechende Straßenklasse in das Fernstraßenrecht und die Fernstraßenverwaltung inkorporiert worden sind. Damit hat das GG unbeschadet anlagentechnischer und benutzungsspezifischer Eigenheiten dieser Straßenklasse eine verkehrswirtschaftliche Neubestimmung derselben vorgenommen und sie dem öffentlichen Straßenwesen als dem nutzungsspezifisch durch den Fahrzeugverkehr definierten Teil der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur zugeordnet. Das öffentliche Straßenwesen ist auf solche Weise auch kompetenzrechtlich und staatsorganisatorisch in Übereinstimmung gebracht worden mit einem nunmehr gegenständlich und umfänglich geschlossenen fachspezifischen Straßenrecht und einer entsprechenden fachspezifischen Straßenverwaltung. Die Verfassungsentscheidung des GG zur Inkorporierung der für die Verkehrsbedeutung von Fernstraßen geplanten und gewidmeten Bundesautobahnen in ein fachspezifisch geschlossenes öffentliches Fernstraßenregime ist von fundamentaler Bedeutung für diesen nutzungsspezifisch und verkehrswirtschaftlich definierten Teil hoheitlicher Bereitstellung bzw. Gewährleistung öffentlicher Verkehrsinfrastruktur. Ein derart fachspezifisch geschlossenes Fernstraßenregime besteht zwar aus einem differenzierten Komplex bundesstaatsrechtlicher Verwaltungskompetenzen, aus der in Art. 90 Abs. 2 und Art. 85 GG grundsätzlich festgelegten bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung einer Bundesauftragsverwaltung, aus diese begleitenden ungeschriebenen Verwaltungszuständigkeiten und weiteren expliziten Kompetenzbegründungsmöglichkeiten auf der Bundesebene nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 und Art. 90 Abs. 3 GG sowie aus den an diese Kompetenzordnung anknüpfenden finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen von Art. 104a GG zur Sachfinanzierung der Fernstraßen durch den Bund. Aber dieser insgesamt auf ein Zusammen3

Nachw. Fn. 2.

II. Die Einfügung des öffentlichen Straßenwesens in die Kompetenzordnung

29

wirken von Bund und Ländern angelegte bundesstaatsrechtliche Kompetenzkomplex des öffentlichen Fernstraßenregimes ermöglicht es, das im verkehrswirtschaftlichen Sinne gesamte öffentliche Fernstraßennetz unter gesamtstaatlichen Anforderungen einheitlich zu konzipieren, zu planen und zu finanzieren sowie in effektiver oder potentieller zentralstaatlicher Gesamtverantwortung zu verwalten. Dadurch ist ein verkehrswirtschaftlich und kompetenzrechtlich kongruentes, fachspezifisch geschlossenes öffentliches Fernstraßenregime geschaffen worden, das seiner gesamtstaatlichen Verkehrsbedeutung entsprechend4 als Sachaufgabe zentralstaatlich getragen wird. Dies bedeutet für das öffentliche Straßenwesen in der geschehenen Weise eine entwicklungsgeschichtlich neue und fundamentale bundesstaatsrechtliche Entscheidung bzw. Ordnung.

3. Die kompetenzrechtliche Revindikation der „Landstraßen für den Fernverkehr“ als Sachaufgabe des Zentralstaates Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG getroffene Entscheidung für ein legislativ und administrativ geschlossenes und bundesstaatsrechtlich besonders ausgestaltetes öffentliches Fernstraßenregime erweist sich vor einem historischen und entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund als eine aufgabenspezifische zentralstaatliche Revindikation der nach ihrer heutigen Verkehrsbedeutung als „Landstraßen für den Fernverkehr“ klassifizierten öffentlichen Straßen, die in einem territorial gesamtstaatlichen Maßstab und im Sinne eines für Staat und Gemeinschaft existenzsichernden öffentlichen Straßenwesens einem zusammenhängenden und weiträumigen Verkehrsnetz dienen. Den weiter zurückreichenden historischen Hintergrund dafür bildet die unter dem alten Reichsstaatsrecht vollzogene Partikularisierung auch des gesamten überörtlichen öffentlichen Straßenwesens.5 Sie hat auch noch in den nachfolgenden staatsrechtlichen Epochen, ungeachtet von den in den neuen Reichsverfassungen von 1871 und 1919 an sich eröffneten zentralstaatlichen Aufsichts- oder jedenfalls Gesetzgebungskompetenzen für die dem allgemeinen Verkehr und der Landesverteidigung dienenden Landstraßen,6 bis in das zwanzigste Jahrhundert hinein effektiv uneingeschränkt fortbestanden. 4 Der hier und im Folgenden verwendete Begriff „gesamtstaatlich“ wird in einem staatstheoretischen Sinn verstanden und gebraucht (siehe dazu bei Isensee, HStR IV – 2. Aufl. 1999, § 98 Rnr 83). Mit ihm wird nicht die Annahme eines „Gesamtstaates“ in einem substantiellen Sinne verbunden, der neben Zentralstaat und Einzelstaat bestünde oder mit dem Zentralstaat zusammenfiele. Vielmehr handelt es sich um einen bundesstaatsrechtlich vorausgesetzten Bedeutungsgehalt, der für den Bundesstaat sinnstiftend ist und damit die regulative Idee für die bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung bildet. 5 Baumeister, Geschichte des deutschen Straßen- und Wegerechts, S. 9 f., Engel, Geschichte des bayerischen Straßen- und Wegerechts, S. 73 ff. / 87. 6 Art. 4 Nr. 8 RV 1871 (Beaufsichtigung seitens des Reiches und Gesetzgebung desselben), Art. 6 Nr. 19 WRV (ausschließliche Gesetzgebung des Reiches). Vorher und vergleichs-

30

A. Die Konstituierung einer Bundesfernstraßenverwaltung in Art. 90 GG

Erst im nationalsozialistischen Staat hat die Partikularstaatlichkeit des öffentlichen Straßenwesens ein Ende gefunden, dann aber auch abrupt unter den ganz anderen staatsrechtlichen Voraussetzungen eines vollständig und ausschließlich zentralistischen Staatsaufbaus,7 als auf der Grundlage eines Reichsvorbehalts Kraftfahrbahnen bzw. Reichsautobahnen unter einer legislativ und administrativ eigenen Reichsautobahnverwaltung geschaffen worden sind8 sowie eine wesentlich organisationsrechtliche einstweilige Neuregelung des Straßenwesens mit zentralistischer Verwaltungsstruktur erfolgt ist.9 Dabei ist dann auch eine Straßenklasse von Reichsstraßen gebildet worden, die wegen ihrer reichsweiten Verkehrsbedeutung als solche in ein Straßenverzeichnis eingetragen oder geplant und gebaut worden sind und in der Straßenbaulast des Reichs gestanden haben.10 Allerdings hat auch für diese neue Straßenklasse von Reichsstraßen eine ausführende landesbehördliche Verwaltung aller überörtlichen öffentlichen Straßen fortbestanden, selbst wenn sie staatsrechtlich nur mehr eine reichsorganschaftliche Stellung innegehabt sowie einer zentralstaatlichen Planung, Leitung und Finanzierung unterstanden hat.11 In der staatsrechtlichen Übergangszeit zwischen dem Verlust der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches im Jahre 1945 und der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland 1949 ist dann in den drei westlichen Besatzungszonen ohnedies nur eine treuhänderische Landesverwaltung der Reichsautobahnen und Reichsstraßen vorhanden gewesen.12 Indessen ist gerade mit jener damaligen inteweise weitgehend Art. VI §§ 31 f. Verfassung des Deutschen Reichs 28. 3. 1849 (RGBl. S. 101) – Frankfurter Reichsverfassung (Gesetzgebung, Oberaufsicht, Planungs- und Baukompetenzen des Reichs). 7 Art. 2 Gesetz über den Neuaufbau des Reichs 30. 1. 1934 (RGBl. I S. 75) sowie vorausgegangene Gleichschaltungsgesetze 31. 3. 1933 (RGBl. I S. 153) und 7. 4. 1933 (RGBl. I S. 173). 8 Nachw. Fn 2. 9 StrRegG 1934; dazu Wienecke, Deutsches Straßenwesen, S. 21 ff., Baumeister, Geschichte des deutschen Straßen- und Wegerechts, S. 25 ff. 10 § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 sowie § 2 Abs. 1 S. 1 StrRegG, §§ 2 f. DVOStrRegG, Runderlaß Nr. 103 / 34 des Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen 5. 7. 1934 (abgedruckt bei Germershausen / Seydel / Marschall, Wegerecht und Wegeverwaltung II, S. 56 ff.), Nr. 1; Marschall, Straßenbaurecht, S. 18 und Maunz, Art. 90 GG Rnr 19. 11 § 4 StrRegG. 12 Vornehmlich im Hinblick auf eine vermögensrechtliche Treuhandschaft der Länder Marschall, Straßenbaurecht, S. 17 f. (zu §§ 1 f. BStrVermG) und S. 19 (zu § 3 BStrVermG) sowie Maunz, Art. 90 GG Rnr 17; zur Verwaltungstreuhandschaft der Länder Urt. BGH 20. 12. 51, BGHZ 4, 253 ff. und 30. 12. 54, BGHZ 16, 95 ff. Eine rechtliche Relevanz hatte die Verwaltungstreuhandschaft der Länder nicht. Denn diese sind alleinige Träger und Zurechnungssubjekte ihrer betreffenden Verwaltungsmaßnahmen auch für den Fall gewesen, daß sie die Verwaltung im Interesse des künftigen Bundes ausgeübt haben. In dem Zusammenhang zur zwischenzeitlichen Errichtung einer bizonalen Verkehrsverwaltung für die Länder der britischen und amerikanischen Besatzungszone im Rahmen des sogenannten Vereinigten Wirtschaftsgebiets siehe bei Dittmann, Bundesverwaltung, S. 72 ff.; sie hatte die Zuständigkeiten für eine zentrale Koordination von Verwaltung und Finanzierung sowie für eine Gesetzgebung zu Angelegenheiten des Straßenrechts, die

II. Die Einfügung des öffentlichen Straßenwesens in die Kompetenzordnung

31

rimistischen Treuhandverwaltung der Reichsautobahnen und der Reichsstraßen durch die jeweiligen Landesstraßenverwaltungen im Ergebnis unmittelbar vor Schaffung des GG ein von den übrigen „Landstraßen“ dadurch abgegrenzter Bereich des öffentlichen Straßenwesens und der Straßenverwaltung entstanden und vorhanden gewesen, der bis zu einer Errichtung eines neuen Bundesstaates alle Straßenanlagen mit potentiell gesamtstaatlicher Verkehrsfunktion und Aufgabenzuordnung zusammengefaßt hat. Mit diesem übergangsweisen Rechtszustand ist jedenfalls die straßenrechtliche Klassifizierung von Reichsautobahnen und Reichstraßen überkommen und in Vorwegnahme eines künftigen föderalen Staatsaufbaus die Vorstellung von einer hierfür einheitlichen gesamtstaatlichen öffentlichen Fernstraßenverwaltung in zentralstaatlicher Aufgabenstellung möglich geworden. Das GG hat dann auch für seinen straßenrechtlichen Geltungsbereich an jene unmittelbar vorangegangenen, übergangsweise entstandenen Rechtszustand angeknüpft, indem es unter Einbeziehung des vormaligen Reichsautobahnwesens und der neuen Bundesautobahnen ein einheitliches, aufgabenmäßig dem Zentralstaat zugeordnetes Fernstraßenregime errichtet und dabei dem praktisch zwingenden Umstand Rechnung getragen hat, daß aufgrund der partikularstaatlichen Tradition des deutschen Straßenwesens für die Wahrnehmungszuständigkeiten auch einer solchen Fernstraßenverwaltung im Grundsatz nur eine landesbehördliche Verwaltungsstruktur auftragsweise zur Verfügung stehen konnte.13 In entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht läßt sich zusammengefaßt die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG getroffene Entscheidung für ein bundesstaatsrechtlich legislativ und administrativ spezielles, aber auch fachspezifisch geschlossenes öffentliches Fernstraßenregime als Vorgang einer besonderen, weil durch die überkommene partikularstaatliche Verwaltungsstruktur des öffentlichen Straßenwesens notwendigerweise mitbestimmten Form zentralstaatlicher Revindikation der in ihrer heutigen Verkehrsbedeutung als „Landstraßen für den Fernverkehr“ klassifizierten öffentlichen Straßen kennzeichnen. Sie ist verfassungsdogmatisch dadurch definiert, daß die Fernstraßenverwaltung einerseits als zentralstaatliche Sachaufgabe geführt wird, die andererseits nach Art. 90 Abs. 2 GG wegen der Angewiesenheit auf eine vorhandene Verwaltungsstruktur der Länder grundsätzlich in auftragsweiser Landesverwaltung unter den entsprechenden subordinationsrechtlichen Ingerenzbefugnissen des Bundes gemäß Art. 85 GG wahrgenommen wird und im übrigen mit Rücksicht auf aktuelle Erfordernisse jener zentralstaatlichen Aufgabenerledigung auch bestimmte ungeschriebene Verwaltungskompetenzen des über den Maßstab eines Landes hinaus gegangen und von grundlegender Bedeutung war (Vorläufiges Abkommen über die Bildung einer deutschen Verkehrsverwaltung 10. 9. 46, Verkehrsblatt des Amerikanischen und Britischen Besatzungsgebiets 1947, S. 2; Proklamation Nr. 7 der amerikanischen Militärregierung 9. 2. 1948, ABl. Der Militärregierung Deutschland, amerikanisches Kontrollgebiet, I S. 1 und Verordnung Nr. 126 der britischen Militärregierung); auch dazu Urt. BGH 20. 12. 51, a. a. O., 256 ff. 13 Zur insofern fortwirkenden Partikularstaatlichkeit der Straßenverwaltung Janz, Weisungsrecht, S. 35 ff.

32

A. Die Konstituierung einer Bundesfernstraßenverwaltung in Art. 90 GG

Bundes kraft Natur der Sache sowie spezielle Möglichkeiten einer expliziten Kompetenzbegründung auf der Bundesebene nach Maßgabe der besonderen Kompetenznormen nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 und Art. 90 Abs. 3 GG kennt. Bei den letzteren bestehenden bzw. potentiellen Verwaltungszuständigkeiten auf der Bundesebene stehen sich die auftragsweise Landesstraßenverwaltung und eine jeweilige bundeseigene Fernstraßenverwaltung gleichgeordnet gegenüber. Es handelt sich insgesamt um einen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzkomplex, bei dem Bund und Länder in kompetenzrechtlich strikt geregelter Weise und jeweiliger Eigenstaatlichkeit innerhalb ein und derselben fachspezifischen, als Sachaufgabe des Bundes geltenden Verwaltungsmaterie zusammenwirken. In dem bundesstaatsrechtlich differenzierten Kompetenzkomplex der aufgabenmäßig zentralstaatlichen Fernstraßenverwaltung bildet die grundsätzlich stattfindende auftragsweise Wahrnehmungszuständigkeit der Länder zweifellos die vollzugstypisch weit überwiegende und wichtigste Behördenorganisation und Zuständigkeitsordnung. Aber sie stellt verfassungsdogmatisch eben auch nur ein durch die entwicklungsgeschichtlich entstandene und praktisch sinnvolle landesbehördliche Verwaltungsstruktur des öffentlichen Straßenwesens vorgegebenes Instrument unter anderen zur Wahrnehmung einer zentralstaatlichen Sachaufgabe dar. Dieser Umstand verleiht der Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen einen bundesstaatsrechtlich besonderen, das öffentliche Fernstraßenregime fundamental prägenden Charakter.

4. Die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung als materielle Bundesauftragsverwaltung In der Reihe von bundesstaatsrechtlich festgelegten und eröffneten Fällen einer Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG ist die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung durch zwei Besonderheiten gekennzeichnet. Es handelt sich zum einen um eine der grundsätzlich schon kraft Verfassungsrechts obligatorischen Bundesauftragsverwaltungen, für deren Angelegenheiten nur ausnahmsweise nach Maßgabe der speziellen bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen von Art. 87 Abs. 3 S. 1 und Art. 90 Abs. 3 GG explizit Verwaltungszuständigkeiten der Bundesebene begründet werden können.14 Verfassungsdogmatisch wesentlich ist jedoch der erörterte zweite Umstand, daß sie lediglich als föderales Instrument gliedstaatlicher Wahrnehmung einer zentralstaatlichten Sachaufgabe fungiert.15 Man kann sie deshalb zutreffend als materielle Bundesauftragsverwaltung definieren;16 sie ist unter mehreren Gesichtspunkten besonders charakterisiert. 14 Zu den Fällen obligatorischer und fakultativer Bundesauftragsverwaltung sowie zu ihrer Modifizierung Blümel, HStR IV (1990), § 101 Rnr 47 ff., Bull, Art. 85 GG Rnr 6 ff., Trute, Art. 85 GG Rnr 1, Pieroth, Art. 85 GG Rnr 1, Broß, Art. 85 GG Rnr 2, Dittmann, Art. 85 GG Rnr 3. 15 Oben unter 3.

II. Die Einfügung des öffentlichen Straßenwesens in die Kompetenzordnung

33

Eine materiell wesentliche bundesstaatsrechtliche Konsequenz aus der zentralstaatlichen Aufgabenstellung der Fernstraßenverwaltung sind die finanzverfassungsrechtliche Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen durch den Bund gemäß Art. 104a Abs. 2 GG, die hieraus und aus der staatsrechtlichen Nachfolgebestimmung von Art. 90 Abs. 1 GG resultierende Vermögensträgerschaft des Bundes sowie die mit beiden Regelungen verbundenen Haftungsbeziehungen zwischen Bund und Ländern nach Art. 104a Abs. 5 GG. In einem partiellen Zusammenhang mit dieser finanzverfassungsrechtlichen Ordnung steht der Umstand, daß die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung materiell begleitet und überlagert ist von föderal gleichgeordneten bestimmten ungeschriebenen Verwaltungskompetenzen des Bundes kraft Natur der Sache, ohne welche die Fernstraßenverwaltung als zentralstaatlicher Aufgabenbereich und unter den aktuellen Erfordernissen eines gesamtstaatlich bedeutsamen Fernstraßennetzes nicht effektiv erfolgen kann. Schließlich vollzieht sich bei der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung die Inanspruchnahme der subordinationsrechtlichen Ingerenzbefugnisse des Bundes nach Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG, insbesondere des Weisungsrechts des Bundes nach Art. 85 Abs. 3 GG, unter einer kompetenzrechtlichen Zwecksetzung, die mit Rücksicht auf die zentralstaatliche Sachenaufgabe umfassend ist sowie eine potentielle Gesamtverantwortung des Bundes anzunehmen und einzufordern erlaubt.17 Zusammengefaßt bedeutet der die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung kompetenzrechtlich charakterisierende verfassungsdogmatische Begriff einer materiellen Bundesauftragsverwaltung, daß der Bund hierbei auf keine zweckspezifisch gebundenen Ingerenzen gegenüber den auftragsweise wahrnehmungszuständigen Ländern beschränkt ist, daß also nicht nur eine als formell definierbare Bundesauftragsverwaltung vorliegt.18 Es handelt sich um eine der Sachkompetenz des Bundes für eine gesamtstaatlich bedeutsame öffentliche Verkehrsinfrastruktur entsprechende Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung.19 Ihre institutionelle und verfassungsdogmatische Besonderheit liegt darin, daß die fundamentale Verfassungsentscheidung des GG für ein in der Sachkompetenz zentralstaatliches öffentliches Fernstraßenregime mit Rücksicht auf eine hierfür entwicklungs16 Zu dieser Begriffsbildung sowie zur Unterscheidung von materieller und formeller Bundesauftragsverwaltung Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze, S. 327 ff. und ders., DÖV 2002, 372 f.; eine weitere besondere Art der Bundesauftragsverwaltung wäre entstanden, wenn dem Vorschlag gefolgt worden wäre (Enquete-Kommission Verfassungsreform, BT-Dr. 7 / 5924, S. 144), für die landeseigene Ausführung von Gemeinschaftsrecht dem Bundesgesetzgeber die Einführung einer Bundesauftragsverwaltung zu ermöglichen. 17 Dazu Heitsch, a. a. O.; insofern ablehnend zur Unterscheidung von materieller und formeller Bundesauftragsverwaltung Janz (Weisungsrecht, S. 145 f.) mit der Begründung, daß die Rechtswirkungen einer Weisung nach Art. 85 Abs. 3 GG stets gleich seien. 18 Zum Begriff einer formellen Bundesauftragsverwaltung Nachw. Fn. 16. 19 Zur Kennzeichnung der Bundesauftragsverwaltung als bundesstaatsrechtlich typische Verwaltung im Bereich von Infrastruktureinrichtungen und sonstiger bundesweit bedeutsamer Maßnahmen Hermes, Art. 85 GG Rnr 14; in gleichem Sinne zum „verfassungspolitischen Grundgedanken“ des Art. 85 GG Lerche, Art. 85 GG Rnr 15.

3 Bartlsperger

34

A. Die Konstituierung einer Bundesfernstraßenverwaltung in Art. 90 GG

geschichtlich vorgegebene und organisatorisch sinnvolle landesbehördliche Verwaltungsstruktur im Grundsatz mit einer gliedstaatlichen Wahrnehmungszuständigkeit verbunden ist.20 Das im GG geschaffene öffentliche Fernstraßenregime stellt somit schon in seiner materiell zentralstaatlichen Zuordnung einen bundesstaatsrechtlich eigenständigen Bereich innerhalb der fachspezifischen Verwaltungsmaterie des Straßenrechts dar. Dadurch weist die Einfügung des öffentlichen Straßenwesens in die bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung eine materiell grundlegende föderale Zweiteilung auf.

5. Die bundesstaatsrechtliche Kompetenzteilung von Straßenrecht und Straßenverwaltung (Landesstraßenhoheit für die Straßen und Wege des Landesrechts) Mit der Konstituierung eines legislativ und administrativ bundesstaatsrechtlich speziellen öffentlichen Fernstraßenregimes erschöpft sich deren staatsrechtliche und straßenrechtliche Bedeutung nicht. Vielmehr ist mit den bundesstaatsrechtlich speziellen Kompetenzfestlegungen zum Fernstraßenrecht und zur Fernstraßenverwaltung im Zusammenhang der Ordnung von Gesetzgebungs- und Verwaltungsbefugnissen von Bund und Ländern zugleich und überhaupt eine Entscheidung zur föderalen Einfügung des in der Sache fachspezifisch vorgefundenen und vorgegebenen öffentlichen Straßenwesens getroffen worden. Die übrigen hoheitsrechtlich bereitgestellten bzw. gewährleisteten öffentlichen Straßen und Wege fallen gemäß Art. 70 GG in die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder und gemäß Art. 30 GG in deren ausschließliche landeseigene Verwaltungszuständigkeit. Das öffentliche Straßenwesen als fachspezifische Rechts- und Verwaltungsmaterie ist auf diese Weise kompetenzrechtlich zweigeteilt in das bundesstaatsrechtlich legislativ und administrativ spezielle öffentliche Fernstraßenregime und in eine Landesstraßenhoheit für die Straßen und Wege des Landesrechts. Mit der Kompetenzbegründung eines speziellen öffentlichen Fernstraßenregimes sind eine entsprechende behördliche Zuständigkeitsordnung und entsprechende verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen verbunden, die den bundesstaatsrechtlichen Begriff der Fernstraßenverwaltung ausmachen und diesem ein recht komplexes verwaltungsverfahrensrechtliches Gepräge geben.

20 Diese sachlich zwingende Grundkonzeption der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung macht sie auch in spezifisch bundesstaatsrechtlicher Hinsicht reformfest.

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff und bundesstaatsrechtliche Verfahrensordnung der Fernstraßenverwaltung I. Rechtsbegriff, Geltungs- und Anwendungsbereich der Fernstraßenverwaltung Der Rechtsbegriff der Fernstraßenverwaltung im Sinne von Art. 90 GG bestimmt sich in staatsrechtlich funktionaler Hinsicht als die für die Sachmaterie der „Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs“ bestehende Exekutive im Sinne der gewaltenteilenden Ordnung der Staatsfunktionen.21 Insofern bezeichnet die Fernstraßenverwaltung organisatorisch die für den Vollzug des ein staatliches Fernstraßenregime regelnden Fernstraßenrechts zuständigen Hoheitsträger und Behörden sowie funktional deren dazu begründete Aufgaben, Entscheidungs- und Handlungsbefugnisse. In einem kompetenzrechtlich gegenständlichen Sinne definiert sich der Geltungs- und Anwendungsbereich der nach Maßgabe von Art. 90 GG zu vollziehenden Fernstraßenverwaltung aus dem inhaltlichen Zusammenhang mit dem bundesstaatsrechtlichen Begriff des Fernstraßenrechts, das gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG und nach dessen Formulierung „den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr“ sowie die entsprechende „Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen“ regelt. Insofern steht der staatsrechtliche Begriff der Fernstraßenverwaltung in einer funktionalen Geltungsabhängigkeit von der staatsrechtlichen Materie des Fernstraßenrechts.22 Danach umfaßt der Rechtsbegriff sowie der Geltungs- und Anwendungsbereich der Fernstraßenverwaltung im Sinne von Art. 90 GG die gemäß der gewaltenteilenden Ordnung der Staatsfunktionen organisationsrechtlich eingerichtete und funktional zuständige hoheitliche sowie den betreffenden hoheitlichen Aufgaben und Befugnissen zugeordnete sonstige Vollzugstätigkeit im kompetenzrechtlichen Rahmen des nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG bundesstaatsrechtlich definierten und gegebenenfalls jeweils im FStrG und in anderen Bundesgesetzen zu den staatlichen Fernstraßen gesetzten sowie aufgrund dieser Gesetze erlassenen Fernstraßenrechts.23 Mit dieser bundesstaatsrechtlichen 21 Zur gewaltenteilenden Funktionsverteilung und Funktionszuordnung Stern, Staatsrecht II, § 36. 22 Urt. BVerfG 3. 7. 2000, BVerfGE 102, 167 / 173 f. sowie Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2, Rnr 10.1 ff., Ibler, Art. 90 GG Rnr 37 f., Hermes, Art. 85 GG Rnr 16, Trute, Art. 85 GG Rnr 12, Sachs, Art. 90 GG Rnr 16 f.

3*

36

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

Kompetenzzuordnung der Fernstraßenverwaltung verbunden sind deren entsprechende verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen sowie deren entsprechende behördliche Zuständigkeitsordnung. In beiden Hinsichten ergibt sich zum Begriff der Fernstraßenverwaltung ein recht differenziertes Bild.

II. Die Fernstraßenverwaltung im Verwaltungsverfahrensrecht Die verwaltungsverfahrensrechtliche Ordnung der Fernstraßenverwaltung folgt wie generell und auch bei den anderen fachgesetzlich geregelten Verwaltungsrechtsgebieten zwei Prinzipien, nach denen sich das ungeschriebene und das kodifizierte Verwaltungsverfahrensrecht in unterschiedlichen Geltungs- und Anwendungsansprüchen bewegt. Zum einen gilt auch für die Fernstraßenverwaltung das Prinzip eines spezialgesetzlichen Vorranges des jeweiligen fachgesetzlichen Verfahrensrechts und einer dementsprechenden Subsidiarität des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts.24 Danach beanspruchen bei der Fernstraßenverwaltung spezielle verfahrensrechtliche Bestimmungen des fachgesetzlichen Bundesfernstraßenrechts einen Geltungsvorrang vor dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht, z. B. besonderes Planfeststellungsrecht des FStrG (§§ 17 ff.) vor den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften zum Planfeststellungsverfahren.25 Zum zweiten besteht innerhalb des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts ein bundesstaatsrechtlicher Geltungsvorrang der allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder vor dem allgemeinen VwVfG des Bundes, wenn die Länder Bundesrecht ausführen, einschließlich der Ausführung von Bundesrecht im Auftrag des Bundes, und soweit die öffentlichrechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz eine Regelung erfahren hat, was generell der Fall ist.26 23 Andere Bundesgesetze zu den Fernstraßen sind das FStrPrivFinG, das ABMG und, soweit es die Bundesfernstraßen betrifft, das VIFGG. Das BStrVermG ist ein Ausführungsgesetz zum Vermögensübergang der Reichsautobahnen und Reichsstraßen auf dem Bund gemäß Art. 90 Abs. 1, Art. 134 Abs. 1 GG. 24 § 1 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 VwVfG zugunsten eines Vorranges fachgesetzlicher Verfahrensregelungen des Bundes und entsprechende Subsidiaritätsregelungen der Landesverwaltungsverfahrensgesetze zugunsten eines Vorranges bundesrechtlicher Verfahrensregelungen, z. B. Art. 1 Abs. 1 S. 2 BayVwVfG (Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 1 Rnr 30 ff.). Dieser Vorrang fachgesetzlichen Verfahrensrechts des Bundes kann sich gegenüber allgemeinem Landesverfahrensrecht schon bundesstaatsrechtlich aus Art. 70 ff. bzw. Art. 31 GG ergeben (Kopp / Raumsauer, a. a. O., § 1 Rnr 31 und 41), bei der Fernstraßenverwaltung einschließlich der dabei anzunehmenden Annexkompetenz des Bundes zur Regelung des Verwaltungsverfahrensrechts nach Maßgabe von Art. 85 Abs. 1 GG (Zech, DVBl. 87, 1089 / 1091 f.). 25 Kopp / Raumsauer, a. a. O., § 72 Rnr 5. 26 § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VwVfG; Kopp / Ramsauer, a. a. O., § 1 Rnr 39 ff.; auch dabei handelt es sich um eine einfachrechtliche Konsequenz aus der bundesstaatsrechtlichen Ord-

III. Die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung in ihren Zuständigkeiten

37

Das im VwVfG geregelte und gegebenenfalls durch allgemeine Rechtsgrundsätze ergänzte allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes findet somit lediglich auf die Verwaltung der Bundesebene Anwendung.27 Für die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung dagegen ergibt sich das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht ausschließlich aus dem jeweiligen allgemeinen Landesverwaltungsverfahrensgesetz und aus den dieses gegebenenfalls ergänzenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Demzufolge stellt sich für die Fernstraßenverwaltung das Verwaltungsverfahrensrecht in zweifacher Hinsicht differenziert dar. Soweit die Fernstraßenverwaltung in dem bundesstaatsrechtlichen Regelfall von Art. 90 Abs. 2 GG im Rahmen und nach Maßgabe der Bundesauftragsverwaltung gemäß Art. 85 GG stattfindet und dabei keine ausnahmsweisen ungeschriebenen bundeseigenen Verwaltungszuständigkeiten begründet sind, folgt das Verwaltungsverfahren dem allgemeinen Landesverwaltungsverfahrensrecht nach den in allen Ländern vorhandenen allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen, einschließlich der diese gegebenenfalls ergänzenden allgemeinen Rechtsgrundsätze, vorbehaltlich vorrangiger spezialgesetzlicher Verfahrensregelungen im Bundesfernstraßenrecht. Nur soweit die Fernstraßenverwaltung, abgesehen von den im Bund-LänderVerhältnis bundesstaatsrechtlich eröffneten Ingerenzen des Bundes nach Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG auch nach außen ausnahmsweise in bundeseigener Verwaltung geführt wird, entweder aufgrund einer besonderen Erweiterung der bundeseigenen Verwaltung durch Errichtung selbständiger Bundesoberbehörden nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG oder aufgrund von die Bundesauftragsverwaltung begleitenden ungeschriebenen Verwaltungszuständigkeiten des Bundes oder aufgrund und im Rahmen einer Übernahme von Angelegenheiten der Fernstraßenverwaltung durch den Bund nach Art. 90 Art. 3 GG, findet das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht des VwVfG, einschließlich der dieses gegebenenfalls ergänzenden allgemeinen Rechtsgrundsätze, Anwendung, allerdings ebenfalls unter dem Vorbehalt spezialgesetzlicher Verfahrensregelungen im Bundesfernstraßenrecht. In vergleichbarer bundesstaatsrechtlicher Unterschiedlichkeit stellt sich die behördliche Zuständigkeitsordnung der Fernstraßenverwaltung dar. Die Zuständigkeitsordnung ist geteilt in diejenige der auftragsweisen Landesverwaltung und in diejenige der bundesstaatsrechtlich speziellen Kompetenzbereiche einer Verwaltung der Fernstraßen auf Bundesebene.

III. Die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung in ihren behördlichen Zuständigkeiten Die behördliche Zuständigkeitsordnung im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts ist bei der Fernstraßenverwaltung, ebenso wie die hierfür notwendige „Einnung der Verwaltungszuständigkeiten, wonach die Regelung des Verwaltungsverfahrensrechts grundsätzlich der Verwaltungskompetenz folgt (Art. 84 Abs. 1, Art. 85 Abs. 1 GG). 27 § 1 Nr. 1 VwVfG.

38

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

richtung“ der betreffenden Behörden,28 im bundesstaatsrechtlichen Regelfall einer auftragsweisen Landesverwaltungskompetenz kraft der dabei bestehenden Landesstaatsgewalt grundsätzlich eine „Angelegenheit der Länder“, soweit nicht durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmt wird (Art. 85 Abs. 1 GG).29 Der insofern vom GG ausdrücklich festgehaltene organisations- und verfahrensrechtliche Regelungsvorbehalt zugunsten des Bundes bildet zwar in seiner kompetenzrechtlichen Begründung sowie in der Bestimmung seiner Voraussetzungen und seines Umfanges einen gesondert zu erörternden bundesstaatsrechtlichen Fragenkomplex.30 Aber dieser Vorbehalt einer bundesrechtlichen Organisations- und Verfahrensregelung hat für den Bereich der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung bei seiner aktuellen und wohl auch in Zukunft voraussetzbaren gesetzlichen Verwirklichung nur eine begrenzte Bedeutung gewonnen. Das insofern einschlägige Bundesfernstraßenrecht beschränkt sich naturgemäß darauf, die betreffenden Landesbehörden ausschließlich mit abstrakten Gattungsbezeichnungen ohne eine konkrete Einrichtungsentscheidung zu ordnen.31 Im übrigen, d. h. was die konkrete Behördeneinrichtung und Zuständigkeitsordnung der auftragsweisen Landesverwaltung der Bundesfernstraßen angeht, bestimmen die Länder die zuständigen staatlichen Landesbehörden und gegebenenfalls die an ihrer Stelle gemäß Art. 90 Abs. 2 GG für zuständig erklärten Selbstverwaltungskörperschaften.32 Deshalb kann im Grundsatz sowie im aktuellen und auch künftig voraussetzbaren praktischen Ergebnis festgehalten werden, daß die konkrete behördliche Zuständigkeitsordnung der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung eine „Angelegenheit der Länder“ ist; sie wird regelmäßig im gesetzestechnischen Rahmen der Landesstraßengesetze geregelt.33 Es liegt somit in der bundesstaatsrechtlichen Kompetenz der Länder, nach Maßgabe der im FStrG und im sonstigen Bundesfernstraßenrecht mit abstrakten Gattungsbegriffen festgelegten Behördenstufung von obersten Landesstraßenbaubehörden, höheren Verwaltungsbehörden und Straßenbaubehörden sowie von obersten Straßenaufsichtbehörden und Straßenaufsichtsbehörden die betreffenden Behörden 28 Zum bundesstaatsrechtlichen Begriff der „Errichtung“ und der „Einrichtung“ von Behörden Stern, Staatsrecht II, § 41, 5a. 29 Die ausdrückliche Regelung des § 22 Abs. 4 S. 1 FStrG hierzu stellt lediglich die bundesstaatsrechtliche Lage klar (Kastner, in: Marschall / Schroeter / Kastner, FStrG, § 22 Rnr 9). 30 Dazu Zech, DVBl. 87, 1089 / 1091, Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 28.2 ff. 31 Festgelegt werden die Behördenebenen und Behördenkategorien „oberste Landesstraßenbaubehörde“, „höhere Veraltungsbehörden“, „Straßenbaubehörden“, „oberste Straßenaufsichtsbehörde“, „Straßenaufsichtsbehörden“ sowie gemeindliche Zuständigkeiten; Zech, a. a. O. 32 § 22 Abs. 4 und 5 FStrG, Art. 90 Abs. 2 GG; Wilke, Die Auftragsverwaltung im Straßenrecht, S. 541 / 549 f., Kastner, in: Marschall / Schroeter / Kastner, FStrG, § 22 Rnr 9 f., Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 27 ff. 33 Z. B. Art. 62a BayStrWG.

III. Die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung in ihren Zuständigkeiten

39

der auftragsweisen Fernstraßenverwaltung konkret einzurichten und mit den notwendigen verfahrensrechtlichen Zuständigkeiten auszustatten. Dies bedeutet für die Landesgesetzgeber insbesondere die Möglichkeit, die für die Fernstraßenverwaltung zuständigen Behörden organisationsrechtlich mit den für die Straßen des Landesrechts aufgrund der hierfür eigenen Landesverwaltungskompetenz nach Art. 30 GG ohnedies vorhandenen Straßenbaubehörden und Straßenaufsichtsbehörden zu vereinigen. Naheliegenderweise wird hiervon auch partiell und weitgehend Gebrauch gemacht. Allerdings ist dabei aus Sachgründen eine Leitlinie zu erkennen, wonach die auftragsweise Landesverwaltung speziell der Bundesautobahnen auf der straßenbaulichen Vollzugsebene mit behördlicher Selbständigkeit ausgestattet ist.34 Insoweit danach die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung organisationsrechtlich in die Behördeneinrichtung der landeseigenen Straßenbau- und Straßenaufsichtsverwaltung bzw. gegebenenfalls in die Kommunalverwaltung integriert ist, unterscheidet sich die Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten, Aufgaben und Befugnisse zusammengefaßt dadurch von der landeseigenen Straßenverwaltung gemäß Art. 30 GG, daß sie materiellrechtlich auf der Grundlage des Bundesfernstraßenrechts erfolgt, gegebenenfalls dessen spezielles fachgesetzliches Verfahrensrecht zu beachten hat, bestimmten in Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG festgelegten Ingerenzbefugnissen des Bundes unterliegt, finanzverfassungsrechtlich ihre Sachausgaben, vorbehaltlich einer besonderen gemeindlichen Straßenbaulast für Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen, nach Art. 104a Abs. 1, 2 und 5 GG aus dem Bundeshaushalt bestreitet und gemäß Art. 104a Abs. 5 GG in einer wechselseitigen bundesstaatsrechtlichen Haftungsbeziehung mit dem Bund steht. Insofern kann man zwar von einem durch den Vollzug fachspezifischen Bundesrechts, durch besondere bundesstaatsrechtliche Rechtsbeziehungen und durch eine sachliche Finanzausstattung des Bundes funktional definierten und abgegrenzten Teil der Landesverwaltung sprechen. Aber in institutioneller, organisations- und verfahrensrechtlicher Hinsicht handelt es sich bei der auftragsweisen Landesverwaltung der Fernstraßen durchaus um einen Verwaltungstyp eigener Art. Denn er zeichnet sich immerhin durch die Besonderheit aus, daß innerhalb ein und derselben, nämlich ressortmäßig einheitlich zugeordneten und geleiteten sowie weitgehend einheitlich organisierten Landesfachverwaltung die zwei bundesstaatsrechtlich verschiedenen Verwaltungsformen einer landeseigenen Verwaltung nach Landesrecht und einer Bundesauftragsverwaltung zusammengeführt sind. Insofern besteht auf der Ebene 34 Siehe als Beispiel einer landesrechtlichen Behördeneinrichtung und Zuständigkeitsordnung für die Fernstraßenverwaltung die Vorschriften von Art. 62a BayStrWG i.V.m. den Bestimmungen von Art. 58 und 61 BayStrWG zur Behördeneinrichtung und Zuständigkeitsordnung für die landeseigene Straßenverwaltung. Danach besteht eine einheitliche Behördeneinrichtung für die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung und der staatlichen Straßen des Landesrechts. Lediglich für die Bundesautobahnen ist die vollzugszuständige Straßenbauverwaltung verselbständigt und die Zuständigkeit der Straßenaufsicht gesondert geregelt.

40

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

der einfachrechtlichen Organisations-, Zuständigkeits- und Verfahrensordnung eine bundesstaatsrechtliche Einheitsverwaltung.

IV. Bundeseigene Fernstraßenverwaltung und ihre behördlichen Zuständigkeiten Den Begriff der Fernstraßenverwaltung prägt in organisations- und verfahrensrechtlicher Hinsicht wesentlich der Umstand mit, daß neben der gemäß Art. 90 Abs. 2 GG grundsätzlich obligatorischen auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung auch auf der Ebene der bundeseigenen Verwaltung in beträchtlichem Umfang eine fachspezifische behördliche Zuständigkeitsordnung entweder unmittelbar kraft Bundesstaatsrechts vorhanden oder bundesstaatsrechtlich vorbehalten ist.35 Die bundesstaatsrechtlichen Kompetenzregelungen hierzu sind außergewöhnlich vielfältig und unterschiedlich. Sie gelten teils mittelbar, teils auch unmittelbar außerrechtswirksamen bundeseigenen Zuständigkeiten in der Fernstraßenverwaltung und sind für diese von erheblicher praktischer Bedeutung und effektiver Tragweite. Ihre Auslegung bereitet ersichtlich Schwierigkeiten, die sich in einem differenzierten Meinungsstand widerspiegeln.

35 Der Begriff der „bundeseigenen Verwaltung“ wird hier in Übereinstimmung mit den verfassungsauthentischen Überschriften von Art. 86 und 87 GG in dem weiten Sinne verstanden, daß dazu alle Verwaltungskompetenzen gehören, die bundesstaatsrechtlich im Sinne von Art. 83 GG speziell auf der Ebene des Bundes angesiedelt bzw. eröffnet sind (Beschl. BVerfG 12. 6. 83, BVerfGE 63, 1 / 36 und 40). Der Begriff bezeichnet in diesem generellen Sinne den Unterschied zu allen bundesstaatsrechtlichen Formen der Landesverwaltung. Er umfaßt danach die unmittelbare Bundesverwaltung durch Bundesbehörden, die zuweilen auch als bundeseigene Verwaltung im engeren Sinne bezeichnet wird, sowie die Wahrnehmung bzw. Begründung von Bundesverwaltungskompetenzen in Form einer mittelbaren Bundesverwaltung durch bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts (Umbach / Clemens, in: Umbach / Clemens, Art. 86 GG Rnr 12 und Jestaedt, in: Umbach / Clemens, Art. 87 GG Rnr 33). Zur Unterscheidung von unmittelbarer und mittelbarer Bundesverwaltung Stern, Staatsrecht II, § 41, 10c, Dittmann, Bundesverwaltung, S. 86 ff. und Kluth, in: Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, § 86. Die anderwärts vertretene begriffliche Gleichsetzung von bundeseigener und bundesunmittelbarer Verwaltung kann sich auf den Wortlaut des Art. 86 GG stützen, der im Widerspruch mit der Überschrift dieses Verfassungsartikels die „bundeseigene Verwaltung“ von der mittelbaren Bundesverwaltung „durch bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts“ unterscheidet. Auf der generellen Begriffsebene handelt es sich bei der Frage um einen bloß terminologischen Unterschied ohne substantielle Bedeutung. Denn wenn es im Rahmen einzelner Verfassungsartikel auf den Begriff der „bundeseigenen Verwaltung“ ankommt (z. B. in Art. 90 Abs. 3 GG), entscheidet sich die jeweilige Begriffsbedeutung ohnedies nur nach dem speziellen Regelungszweck der betreffenden bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm.

IV. Bundeseigene Fernstraßenverwaltung und ihre Zuständigkeiten

41

1. Behördliche Zuständigkeiten zur Wahrnehmung der bundesstaatsrechtlichen Ingerenzbefugnisse bei der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung (Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG) Das Bundesstaatsrecht selbst legt im Zusammenhang der in der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung generell im Bund-Länder-Verhältnis nach Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG geltenden Ingerenzbefugnisse des Bundes hierfür die zuständigen Behörden unmittelbarer Bundesverwaltung fest. Naturgemäß handelt es sich dabei um oberste Staatsorgane des Bundes. Ausdrücklich benannt sind die „Bundesregierung“ (Art. 85 Abs. 2, Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2 GG) sowie die „zuständige oberste Bundesbehörde“ (Art. 85 Abs. 3 S. 1 GG).36 Die letztere ist der aufgrund der Organisationsgewalt des Bundeskanzlers ressortmäßig „eingerichtete“ und für zuständig erklärte Bundesminister bzw. das betreffende Bundesministerium.37 Aktuell handelt es sich um den Bundesminister bzw. das Bundesministerium für Verkehr, Bauund Wohnungswesen. 2. Behördliche Zuständigkeiten zur Wahrnehmung ungeschriebener Bundeskompetenzen bei der Fernstraßenverwaltung Einfachrechtlich kann aufgrund und im Rahmen der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung ein Bereich fachspezifischer bundeseigener Verwaltung der Fernstraßen mit fachspezifischen Zuständigkeiten entstehen, soweit die Bundesauftragsverwaltung der Fernstraßen von ungeschriebenen Verwaltungskompetenzen des Bundes kraft Natur der Sache begleitet und überlagert ist.38 Im Unterschied zu den bundesstaatsrechtlichen Ingerenzbefugnissen von Bundesorganen bei der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG handelt es sich um keine für den Bund bereits unmittelbar verfassungsrechtlich „eingerichtete“ bundeseigene Fernstraßenverwaltung. Zwar sind ungeschriebene Bundesverwaltungskompetenzen kraft Natur der Sache ausschließliche Bundeszuständigkeiten, weil sie gerade nur unter der Voraussetzung angenommen werden können, daß die 36 Der Begriff der „Bundesregierung“ mag in dem Zusammenhang auslegungsbedürftig und noch besonders zu erörtern sein. 37 Zur Organisationsgewalt des Bundeskanzlers bei der ressortmäßigen Organisation der Bundesregierung nach Art. 64 Abs. 1, Art. 65 Abs. 1 und 4 GG sowie § 9 GOBReg siehe bei Stern, Staatsrecht II, § 31 II 4c; unter den im GG selbst erwähnten Bundesministern bzw. Bundesministerien (Stern, a. a. O.) ist kein für den „Verkehr“, d. h. für die Fernstraßenverwaltung, zuständiges Ressort aufgeführt. 38 Zu ungeschriebenen Verwaltungskompetenzen des Bundes kraft Natur der Sache bei der Fernstraßenverwaltung Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 34 ff., Sachs, Art. 90 GG Rnr 20 f. sowie allgemein dazu Stern, a. a. O., § 41 IV 5a und b und Blümel, HStR IV (1990), § 101 Rnr 116 ff. jeweils m.Nachw.; ablehnend für die Fernstraßenverwaltung wegen angeblich einschlägiger spezieller bundesstaatrechtlicher Verwaltungskompetenzen des Bundes Ibler, Art. 90 GG Rnr 74.

42

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

betreffenden Angelegenheiten nach ihrer Sachstruktur allein vom Bund, nicht aber auch von den Ländern wahrgenommen werden können. Dies bedeutet jedoch lediglich einen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzvorbehalt zugunsten einer Bundesverwaltung. Eine bundesstaatsrechtliche Verpflichtung des Bundes zur einfachrechtlichen Wahrnehmung solcher ungeschriebenen Bundesverwaltungskompetenzen ist indessen nicht begründet; sie ergibt sich allenfalls aus Sachgründen einer ordnungs- und pflichtgemäßen Aufgabenerfüllung. Im Falle einer gesetzlichen Inanspruchnahme solcher ungeschriebenen Bundesverwaltungskompetenzen liegt es ebenfalls in der Sache beschlossen, daß die betreffende bundesgesetzliche Regelung zugleich die zuständigen Behörden bzw. Einrichtungen des Bundes bezeichnet. Dabei scheidet für den fachlichen Bereich der Fernstraßenverwaltung eine „Einrichtung“ und Zuständigkeit mittlerer und unterer Behörden der Bundesverwaltung mit einem bloß regionalen bzw. örtlichen Aufgabenbereich aus. Denn es ergibt sich aus der bundesstaatsrechtlichen Voraussetzung und aus dem Begriff der insofern begründeten ungeschriebenen Bundesverwaltungskompetenzen jedenfalls bei der Fernstraßenverwaltung, daß die betreffenden Angelegenheiten „zentralen“ Charakter haben und deshalb ausschließlich auf der staatsrechtlich obersten bzw. oberen Verwaltungsebene des Bundes mit zweckentsprechenden leitenden bzw. bundeseinheitlichen Aufgabenkompetenzen angesiedelt sein können.39 Deshalb kommen insofern grundsätzlich bzw. regelmäßig Zuständigkeiten des ressortmäßig vorgegebenen Bundesministers bzw. Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen in Betracht.40 Einen staatsorganisationsrechtlichen Sonderfall im Rahmen von kraft Natur der Sache begründeten ungeschriebenen Verwaltungskompetenzen des Bundes bei der Fernstraßenverwaltung stellt die gesetzesförmliche Ausbauplanung der Fernstra39 Davon abgesehen ist klarzustellen, daß in dem kompetenzrechtlichten Zusammenhang auch Erwägungen auszuscheiden haben, eine Einrichtung „bundeseigner Mittel- und Unterbehörden“ könnte insofern jedenfalls auf der Grundlage und unter den Verfahrensvoraussetzungen von Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG in Betracht kommen. Dem stehen schon andere Gründe entgegen. Zwar erscheint es nicht zwingend ausgeschlossen, von jener Kompetenzermächtigung zur Begründung zusätzlicher Bundesverwaltungskompetenzen in ausdrücklicher Form auch dann Gebrauch zu machen, wenn die betreffende Bundesverwaltungskompetenz bereits kraft Natur der Sache angenommen werden kann. Aber zumindest fehlt es im Rahmen ungeschriebener Verwaltungskompetenzen des Bundes kraft Natur der Sache an der materiellen Voraussetzung nach Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG, wonach der zusätzliche Kompetenzzugriff des Bundes sich aus „neuen Aufgaben“ zu rechtfertigen hat (dazu bei Jestaedt, in: Umbach / Clemens, Art. 87 GG Rnr 111). 40 Demzufolge die Regelungen von § 1 Abs. 5 S. 2, § 2 Abs. 6 S. 3, § 5 Abs. 4 S. 4, § 13b, § 16, § 24 Abs. 11 FStrG (Blümel, HStR IV – 1990, § 101 Rnr 118); ferner Zuständigkeiten des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen nach dem FStrPrivFinG und dem VIFGG. Besonders gelagert und kompetenzrechtlich erörterungsbedürftig erscheinen gesetzliche Regelungen zu ministeriellen Weisungsvorbehalten des Bundes (z. B. § 17 Abs. 4 S. 2 FStrG) mit Rücksicht auf eine mögliche bundesstaatsrechtliche Zuordnung zum ministeriellen Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 S. 1 GG (siehe dazu die Auffassung von Ibler, a. a. O.).

IV. Bundeseigene Fernstraßenverwaltung und ihre Zuständigkeiten

43

ßen dar.41 Es handelt sich um einen in der staatsrechtlichen Praxis institutionalisierten und im FStrAbG auch explizit bundesgesetzlich geregelten Vorgang, bei dem eine im Sinne der gewaltenteilenden Ordnung der Staatsfunktionen originär zumindest auch der Exekutive bzw. Verwaltung zugeordnete Angelegenheit gesetzlich allein und erschöpfend vom Gesetzgeber selbst in Anspruch genommen wird.42 Ein weiterer besonderer Vorgang gesetzesförmlich beanspruchter bundeseigener Fernstraßenverwaltung findet statt, wenn der Bundesgesetzgeber selbst über eine konkrete letztverbindliche Planfeststellung für eine Bundesfernstraße entscheidet.43 Allerdings liegt ein solcher Sonderfall mit seiner in jeder Hinsicht exzeptionellen staatsrechtlichen Singularität bereits gänzlich außerhalb der Möglichkeiten verfassungsdogmatischer Erörterungen zur bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung für die Fernstraßenverwaltung.44

3. Behördliche Zuständigkeiten im Rahmen spezieller Kompetenzbegründungen für eine bundeseigene Fernstraßenverwaltung Die bei der Fernstraßenverwaltung kraft Natur der Sache anzunehmenden ungeschriebenen Verwaltungszuständigkeiten des Bundes werden ergänzt und gegebenenfalls überlagert durch zwei bundesstaatsrechtliche Kompetenznormen zur speziellen Kompetenzbegründung einer bundeseigenen Fernstraßenverwaltung. Deren eine eröffnet fachspezifisch für die Fernstraßenverwaltung, deren andere in der Weise und nach Maßgabe einer allgemeinen bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm die einfachrechtliche Möglichkeit, in expliziter verfahrensrechtlicher Form spezielle bundeseigene Verwaltungszuständigkeiten im Sinne von Art. 83 GG zusätzlich zu begründen.45 41 Dazu Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 196 ff., Hoppe, HStR III (1988), § 71 Rnr 38 ff., Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 31 ff. und Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 32 sowie K-Beschl. BVerfG 8. 6. 98, NVwZ 98, 1060 f. 42 Nach Auffassung des BVerfG (Beschl. 17. 6. 96, BVerfGE 95, 1 / 16 und K-Beschl. 8. 6. 98, a. a. O.) ist „staatliche Planung“ überhaupt, selbst in Form einer unmittelbar außenrechtswirksamen und letztverbindlichen Entscheidung wegen ihres „finalen“, d. h. nicht konditional programmierten, sondern zweckrationalen, Charakters „weder eindeutig der Legislative noch eindeutig der Exekutive zugeordnet.“ Grundsätzlich dazu Hoppe, a. a. O., § 71 Rn 28 ff. und 38 ff. 43 Z. B. Gesetz 2. 3. 1994 (BGBl. I S. 734) und dazu aus Anlaß einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung Beschl. BVerfG 17. 6. 96, a. a. O. 44 Grundsätzlich und kritisch dazu schon Ronellenfitsch, DÖV 91, 771 ff. 45 Der Begriff der bundesstaatsrechtlichen „Kompetenznorm“ besagt, daß eine solche dem Bund ausdrücklich eine zusätzliche Verwaltungskompetenz „eröffnet, d. h. im Sinne von Art. 83 GG etwas anderes zuläßt“ (Urt. BVerfG 24. 6. 62, BVerfGE 14, 197 / 210). Ihr besonderer Geltungs- und Anwendungsbereich liegt also außerhalb der schon anderwärts im GG „ausdrücklich“ begründeten Bundesverwaltungskompetenzen. Ihre Anwendung ist aber nicht auch in Angelegenheiten ausgeschlossen, für die der Bund eine ungeschriebene Verwaltungs-

44

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

a) Die bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen zur speziellen Begründung einer bundeseigenen Fernstraßenverwaltung (Art. 90 Abs. 3, Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG) Fachspezifisch für die Fernstraßenverwaltung sieht Art. 90 Abs. 3 GG vor, daß der Bund abweichend vom bundesstaatsrechtlichen Regelfall einer auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG „Bundesautobahnen und sonstige Bundesstraßen des Fernverkehrs“ auf Antrag eines Landes, soweit sie im Gebiet dieses Landes liegen, in „bundeseigene Verwaltung“ übernehmen kann. In welcher staatsrechtlichen Form ein solcher landesseitig antragsgebundener Übernahmevorgang auch immer zu erfolgen hat und in welchem gegenständlichen Umfang dies auch immer zu geschehen vermag, können jedenfalls auf diesem bundesstaatsrechtlichen Wege Behörden einer bundeseigenen Fernstraßenverwaltung „errichtet“ und mit entsprechenden behördlichen Zuständigkeiten ausgestattet werden. Zum zweiten begründet mit allgemeiner Geltung die bundesstaatsrechtliche Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG für den Bund unter der bereichsspezifischen Voraussetzung einer ihm zustehenden Gesetzgebungszuständigkeit eine ausschließlich seiner Initiative anheim gegebene Zugriffsbefugnis zur Ausweitung bundeseigener Verwaltung durch Errichtung selbständiger Bundesoberbehörden sowie neuer bundesunmittelbarer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts; dabei scheidet für den Bereich der Fernstraßenverwaltung aus Sachgründen jedenfalls eine Errichtung von Körperschaften des öffentlichen Rechts aus.46 Alleinige Voraussetzung für die Begründung einer zusätzlichen Bundesverwaltungskompetenz nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG ist eine fachspezifische Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes; im Falle der Fernstraßenverwaltung ergibt sich diese aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG. Weder ist ein vorheriger Gebrauch von dieser Gesetzgebungszuständigkeit verlangt47 noch der Nachweis eines Bedürfnisses, der vergleichbar der Bedürfnisprüfung bei Inanspruchnahme konkurrierender Gesetzgebungszuständigkeiten nach Art. 72 Abs. 2 GG den betreffenden Errichtungskompetenz bereits kraft Natur der Sache in Anspruch nehmen kann. Insofern überlagert sie nur gegebenenfalls bestehende ungeschriebene Verwaltungskompetenzen des Bundes. Sie ermöglicht deren Verdrängung mittels eines auch expliziten einfachrechtlichen Kompetenzbegründungsvorganges. Unter solchen Voraussetzungen beschränkt sich ihre Bedeutung darauf, daß sie keine „zusätzliche“, sondern eine „explizite“ Kompetenzbegründung des Bundes eröffnet. 46 Der weiteren Kompetenzbegründungsnorm des Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG, für „neue Aufgaben“ auch bundeseigene Mittel- und Unterbehörden zu errichten, fehlen in der Fernstraßenverwaltung die betreffenden sachlichen Voraussetzungen (Fn. 39). Zu Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG Urt. BVerfG 24. 6. 62, a. a. O., 210 ff., Stern, Staatsrecht II, § 41 6c, Dittmann, Bundesverwaltung, S. 251 ff., Blümel, HStR IV (1990), § 101 Rnr 105 ff., Jestaedt, a. a. O., Art. 87 GG Rnr 95 ff.; in gleicher Weise ist auch Art. 90 Abs. 3 GG nicht nur Organisations-, sondern auch Kompetenznorm. 47 Jestaedt, a. a. O., Art. 87 GG Rnr 99 m.Nachw.

IV. Bundeseigene Fernstraßenverwaltung und ihre Zuständigkeiten

45

bzw. Kompetenzbegründungsvorgang nur zuließe, „wenn die vom Grundgesetz unterstellte reibungslose und vollständige Ausführung der Bundesgesetze durch Landesverwaltung nicht erreicht werden kann und damit ein Bedarf nach bundeseigener Verwaltung feststeht.“48 Schließlich ist zur Kompetenzbegründungsnorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG festzuhalten, daß ein kompetenzbegründender Errichtungsvorgang im Sinne dieser Regelung auch dann vorliegt sowie deren materiellen Voraussetzungen und deren Gesetzesvorbehalt genügen muß, wenn einer insofern bereits bestehenden Einrichtung der Bundesverwaltung in bundesstaatsrechtlich kompetenzrelevanter Weise Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse übertragen werden.49 Beiden genannten bundesstaatsrechtlichen Kompetenzregelungen ist gemeinsam, daß ihre Inanspruchnahme im Ergebnis zu einer expliziten einfachrechtlichen Kompetenzausweitung bundeseigener Verwaltung und zu einer entsprechenden Einbuße von ausdrücklich begründeten Landesverwaltungskompetenzen in Geltungsbereichen von Bundesgesetzgebungszuständigkeiten führt. Im übrigen weisen sie jedoch, abgesehen von der fachspezifischen Beschränkung des Art. 90 Abs. 3 GG auf die Fernstraßenverwaltung, in ihren verfahrens- und entscheidungsspezifischen Voraussetzungen und in ihren organisationsrechtlichen Möglichkeiten zur Schaffung von Behörden bzw. Einrichtungen und einer entsprechenden behördlichen Zuständigkeitsordnung wesentliche Unterschiede auf. Die fachspezifische Übernahme von Angelegenheiten der Fernstraßenverwaltung in „bundeseigene Verwaltung“ nach Art. 90 Abs. 3 GG setzt, wie gesagt, einen entsprechenden Antrag auf seiten des betreffenden gebietsmäßig zuständigen Landes voraus und stellt daher eine eigeninitiierte Kompetenzaufgabe des Landes zugunsten des Bundes dar, während die Begründung bundeseigener Verwaltung nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG im Wege eines einseitigen Kompetenzzugriffs des Bundes erfolgen kann. Andererseits findet sich die allgemeine bundesstaatsrechtliche Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG bei den die Bundeskompetenz begründenden Errichtungsvorgängen und Zuständigkeitsordnungen ausdrücklich darauf festgelegt und eingeschränkt, nur selbständige Bundesoberbehörden und Einrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung errichten zu können. Deren Aufgaben dürfen nur solche sein, die der Sache nach für das ganze Bundesgebiet ohne Mittel- und Unterbau und ohne Inanspruchnahme von Verwaltungsbehörden der Länder wahrgenommen werden können.50 Es stehen sich also bei der expliziten und speziellen Zuständigkeitsbegründung für eine bundeseigene Fernstraßenverwaltung zwei bundesstaatsrechtliche Kompetenznormen gegenüber, die sich nur in dem Ergebnis und insofern gleichen, als ihre einfachrechtliche Inanspruchnahme zu einer expliziten Kompetenzausweitung 48 Urt. BVerfG 24. 6. 62, BVerfGE 14, 197 / 212, Blümel, HStR IV (1990), § 101 Rnr 108, Jestaedt, a. a. O., Art. 87 GG Rnr 97. 49 Blümel, a. a. O., § 101 Rnr 108, Jestaedt, a. a. O., Art. 87 GG Rnr 98. 50 Urt. BVerfG 24. 6. 62, BVerfGE 14, 197 / 210 f.

46

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

auf Bundesebene und zu einer entsprechenden Einbuße von sonst auf Landesebene ausdrücklich begründeten Verwaltungskompetenzen führt. Aber im übrigen, was ihre bundesstaatsrechtlichen Verfahrens- und Entscheidungsvoraussetzungen sowie ihre Gestaltungsmöglichkeiten bei der Behördenerrichtung und Zuständigkeitsordnung angeht, handelt es sich um zwei jeweils zweckspezifisch durchaus verschiedene und spezielle bundesstaatsrechtliche Kompetenznormen. Hieraus resultieren Normenkonkurrenzfragen. Insbesondere die unterschiedlichen bundesstaatsrechtlichen Verfahrens- und Entscheidungsvoraussetzungen für die Kompetenzbegründung einer Fernstraßenverwaltung auf Bundesebene, nämlich eines Antragsvorbehalts auf der Landesseite bei Art. 90 Abs. 3 GG einerseits und einer Befugnis des Bundes zum einseitigen Kompetenzzugriff bei Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG andererseits, verlangen eine Klarstellung, ob beide Kompetenznormen als spezielle Regelungen nebeneinander stehen und von ihnen unabhängig voneinander Gebrauch gemacht werden kann oder ob die spezielle Kompetenzbegründungsregelung des Art. 90 Abs. 3 GG überhaupt Exklusivität beansprucht oder jedenfalls mit Exklusivität die Einhaltung ihrer besonderen Verfahrens- und Entscheidungsanforderungen auch bei Anwendung der allgemeinen Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG verlangt. Es geht dabei um die für die behördliche Organisation und Zuständigkeitsordnung bedeutsamen Fragen, wie sich bundesstaatsrechtlich die Möglichkeiten expliziter einfachrechtlicher Kompetenzbegründungen für eine Fernstraßenverwaltung auf Bundesebene darstellen und entsprechende Erfordernisse verwirklichen lassen. Die Auslegungen und ihre Ergebnisse dazu sind differenziert. Sie folgen weitgehend einer Tendenz, die fachspezifische Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG als exklusiv zu betrachten und die organisationsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bundeseigener Fernstraßenverwaltung eng zu interpretieren.51

b) Möglichkeiten spezieller Kompetenzbegründungen für eine bundeseigene Fernstraßenverwaltung (Verhältnis von Art. 90 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG) Die bundesstaatsrechtliche Normenkonkurrenz bei der expliziten Begründung einer bundeseigenen Fernstraßenverwaltung findet eine exponierte Interpretation in der Auffassung, wonach eine Errichtung von selbständigen Bundesoberbehörden und von bundesunmittelbaren Anstalten des öffentlichen Rechts auf der Grundlage der allgemeinen Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG durch eine insofern bestehende Exklusivität des Art. 90 Abs. 3 GG entweder überhaupt ausgeschlossen werde52 oder jedenfalls nur unter dem landesseitigen Antragsvorbehalt dieser letz51 Siehe bei Maunz, Art. 90 GG Rnr 37, Dittmann, Bundesverwaltung, S. 208 f. und 252, Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 57 f., Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 34.4, Hermes, Art. 90 GG Rnr 29 f., Hoog, Art. 90 GG Rnr 10, Ibler, Art. 90 GG Rnr 82, Sachs, Art. 90 GG Rnr 24.

IV. Bundeseigene Fernstraßenverwaltung und ihre Zuständigkeiten

47

teren speziellen Kompetenznorm als zulässig angesehen werden könne.53 Müßte man hiervon zutreffenderweise ausgehen, dann könnte von den in Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG geregelten Gestaltungsmöglichkeiten bzw. Gestaltungsformen einer Errichtung selbständiger Bundesoberbehörden und bundesunmittelbarer Anstalten des öffentlichen Rechts bei der Fernstraßenverwaltung allenfalls instrumentell und nur unter zwei kompetenzrechtlichen Voraussetzungen Gebrauch gemacht werden. Die eine bestünde darin, die Errichtung solcher Einrichtungen einer bundeseigenen Fernstraßenverwaltung im Rahmen der fachspezifischen Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG bei einer dazu erforderlichen entsprechenden Antragstellung von seiten aller Länder vorzunehmen, allerdings ausgehend von der zusätzlichen Annahme, daß diese Kompetenznorm auch die Errichtung derartiger Einrichtungen überhaupt zuläßt.54 Zum zweiten könnte man von Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG als solchem bei der Fernstraßenverwaltung auch ohne eine entsprechende Antragstellung von seiten aller Länder gemäß Art. 90 Abs. 3 GG dann Gebrauch machen, wenn man im Ergebnis solche Errichtungsvorgänge jedenfalls nicht allein auf jene Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG stützen, sondern dafür gegebenenfalls zugleich auf die durchaus naheliegende Voraussetzung einer ungeschriebenen Bundesverwaltungskompetenz kraft Natur der Sache zurückgreifen wollte. Denn es erscheint bundesstaatsrechtlich durchaus begründet, von der Kompetenznorm und dem Errichtungsinstrumentarium des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG auch im Bereich ungeschriebener Bundeskompetenzen Gebrauch zu machen.55 Unter einer solchen bundesstaatsrechtlich gerechtfertigten Kompetenzannahme liegt die Errichtung selbständiger Bundesoberbehörden oder einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts für die Fernstraßenverwaltung jedenfalls außerhalb des Geltungs- und Anwendungsbereichs von Art. 90 Abs. 3 GG und einer diesem beigelegten Exklusivität.56 Hermes, a. a. O., Art. 90 GG Rnr 30. Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 57, Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. II Rnr 34.4, Ibler, Art. 90 GG Rnr 82. Danach wären entsprechende Anträge aller Länder erforderlich. 54 Letzteres wird für eine Errichtung mittelbarer Bundesfernstraßenverwaltung, d. h. in Form einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts, zuweilen ausgeschlossen (Maunz, Art. 90 GG Rnr 37, Dittmann, Bundesverwaltung, S. 208 f., Hermes, Art. 90 GG, Rnr 29, Sachs, Art. 90 GG Rnr 24). 55 Der Geltungs- und Anwendungsbereich der Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG liegt zwar begrifflich und systematisch außerhalb der nicht schon anderwärts begründeten Bundesverwaltungskompetenzen (Dittmann, a. a. O., S. 252). Aber hierbei können nur explizite spezielle andere Verwaltungskompetenzen des Bundes gemeint sein. Dagegen vermag die explizite Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG ungeschriebene Bundesverwaltungskompetenzen durchaus geltungsmäßig zu überlagern und insofern zu verdrängen. Siehe schon Fn. 48. 56 Ein Beispiel hierfür kann die Übertragung von Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen der Fernstraßenverwaltung auf die unabhängig davon schon bestehende BAG als selbständiger Bundesoberbehörde im Rahmen der Mauterhebung nach dem ABMG sein (§ 4 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1, § 7, § 8 Abs. 1 S. 3, § 9 Abs. 2, § 10, § 13 ABMG; § 3 Abs. 2b StVG, 52 53

48

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

Im übrigen und unabhängig von der Frage einer Normenkonkurrenz zwischen der fachspezifischen Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG und der allgemeinen Kompetenzbegründungsregelung des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG folgt man auch schon für die erstere allein zum Teil einer weiteren restriktiven Interpretation. Danach soll der Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG zur landesseitig antragsgebundenen Übernahme der Fernstraßenverwaltung in „bundeseigene Verwaltung“ zu entnehmen sein, daß diese letztere Begriffsverwendung sich nur auf eine unmittelbare Bundesverwaltung beschränke und daher die Errichtung einer mittelbaren Bundesverwaltung in Form von bundesunmittelbaren Anstalten des öffentlichen Rechts verbiete.57 Man möchte zur Begründung dieser Auffassung einer im GG angeblich generell verwendeten Begriffsverengung „bundeseigener Verwaltung“ auf eine unmittelbare Bundesverwaltung folgen, ohne der spezifischen Zwecksetzung des Art. 90 GG genauer nachzugehen.58 Keine der dargelegten restriktiven Interpretationen, weder diejenige zur Normenkonkurrenz von Art. 90 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG noch diejenige zur fachspezifischen Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG, vermag zu überzeugen. In der angesprochenen Normenkonkurrenzfrage beruhen sie auf lediglich normlogischen und unterstellten systematischen Gesichtspunkten, insbesondere auf der Annahme eines angeblich prinzipiellen Schutzes der auftragsweisen Landesverwaltung der Fernstraßen vor einem einseitigen, nicht landesseitig beantragten Kompetenzzugriff des Bundes. Das weitere, dargelegte enge Verständnis „bundeseigener Verwaltung“ im Sinne von Art. 90 Abs. 3 GG möchte einer angeblich generellen festgelegten bundesstaatsrechtlichen Beschränkung dieses Begriffs auf die unmittelbare Bundesverwaltung folgen, ohne die spezifische Zweckbestimmung jener fachspezifischen Kompetenznorm hinreichend zu berücksichtigen. Was zunächst die erstere Frage der Normenkonkurrenz angeht, handelt es sich zugegebenermaßen bei den Kompetenznormen von Art. 90 Abs. 3 GG und Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG um zwei bundesstaatsrechtliche Kompetenzbegründungsregelungen, deren erstere einen fachspezifisch speziellen Geltungs- und Anwendungsbereich besitzt. Aber mit dieser normlogischen und systematischen Feststellung ist noch nichts für die angesprochene Normenkonkurrenzfrage gewonnen, ob Art. 90 Abs. 3 GG deshalb auch fachspezifische Exklusivität beansprucht oder ob sie lediglich eine Kompetenznorm mit einem eigenständigen Anwendungsbereich dar§ 12b Fahrzeugregisterverordnung i.d.F. von Art. 3 bzw. Art. 4 Gesetz 5. 4. 2002, BGBl. I S. 1234). Die betreffenden Angelegenheiten der fernstraßenrechtlichen Mauterhebung erfüllen jedenfalls auch die Voraussetzungen einer ungeschriebenen Verwaltungskompetenz des Bundes kraft Natur der Sache. Zur bundesstaatsrechtlichen Zuordnung einer bloßen Aufgaben- und Befugnisübertragung auf eine bereits bestehende Einrichtung nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG siehe Fn. 45. 57 Nachw. Fn. 54; a.A., d. h. bejahend zur Zulässigkeit mittelbarer Bundesverwaltung im Rahmen der vom Bund übernommenen Fernstraßenverwaltung, Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 57, Hoog, Art. 90 GG Rnr 10, Ibler, Art. 90 GG Rnr 82. 58 Siehe dazu Fn. 35.

IV. Bundeseigene Fernstraßenverwaltung und ihre Zuständigkeiten

49

stellt. Vielmehr beantwortet sich die Frage einer Normkonkurrenz allein teleologisch aus dem spezifischen und nachweislichen Regelungszweck des Art. 90 Abs. 3 GG.59 In gleicher Weise kommt es allein auf diesen bei der weiteren Interpretationsfrage an, ob Art. 90 Abs. 3 GG eine Übernahme auftragsweiser Landesverwaltung der Fernstraßen in „bundeseigene Verwaltung“ auf eine Errichtung unmittelbarer Bundesverwaltung beschränkt oder dabei auch eine Errichtung mittelbarer Bundesverwaltung in Form von bundesunmittelbaren Anstalten des öffentlichen Rechts zuläßt. Zu beiden genannten Fragen lassen sich aus der fachspezifischen und speziellen Zweckbestimmung des Art. 90 Abs. 3 GG bei genauerer Betrachtung keine Gründe erkennen oder gar nachweisen, daß diese bundesstaatsrechtliche Kompetenznorm für die Begründung einer Fernstraßenverwaltung auf Bundesebene Exklusivität beanspruchen und Vorgaben zur organisationsrechtlichen Gestaltung und Zuständigkeitsordnung der betreffenden Einrichtungen des Bundes machen wollte. In der Frage einer angeblichen Normenkonkurrenz zwischen Art. 90 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG bedarf entgegen dem erwähnten Meinungsstand60 einer prinzipiellen Richtigstellung, welche Zweckbestimmung und Bedeutung die fachspezifische Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG im bundesstaatsrechtlichen System der Verwaltungskompetenzen hat. Es gibt überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür, daß sich ihre fachspezifische spezielle Regelung gegen die Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG richten könnte. Vielmehr besteht ihre Spezialität nur im Rahmen der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung des Art. 90 GG für die Fernstraßenverwaltung, d. h. gegenüber der grundsätzlichen Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen. Ist dagegen die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG bereits durch die allgemeine Kompetenzbegründung einer Fernstraßenverwaltung auf Bundesebene nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG verdrängt, dann besteht für eine landesseitig beantragte Übernahme von Angelegenheiten der Fernstraßenverwaltung in „bundeseigene Verwaltung“ gar kein Raum mehr. Eine Kompetenzbegründung des Bundes für die Fernstraßenverwaltung nach der allgemeinen Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG beseitigt im Rahmen des gegenständlichen Umfangs der betreffenden Behördeneinrichtung und Zuständigkeitsordnung schon die Bundesauftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG; die letztere wird durch die insofern noch speziellere Kompetenzbegründung einer Verwaltungszuständigkeit des Bundes im Sinne von Art. 83 GG verdrängt.61 Dies bedeutet im Ergebnis, daß die allgemeine Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG Vorrang hat vor der fachspezifischen Kompetenzordnung der Fernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 und 3 GG, d. h. bereits vor der 59 Grundsätzlich zur Notwendigkeit einer teleologischen Beurteilung von aus Spezialvorschriften resultierenden Normenkonkurrenzen Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1975, Kap. 2, S. 250 ff. 60 Fn. 52 f. 61 Grundlegend so zur systematischen Bedeutung des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG als spezieller Kompetenznorm im Sinne von Art. 83 GG Urt. BVerfG 24. 6. 62, BVerfG 14, 197 / 210.

4 Bartlsperger

50

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG und deren gegebenenfalls erfolgender antragsgebundener Übernahme in „bundeseigene Verwaltung“ nach Art. 90 Abs. 3 GG. Die landesseitige Antragsgebundenheit einer Übernahme von Angelegenheiten der Fernstraßenverwaltung in eine Verwaltung auf Bundesebene begründet somit auch keinen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzschutz der Länder mehr gegenüber einer insofern schon allgemein vorgenommenen Kompetenzbegründung des Bundes nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG. Vielmehr schützt sie nur noch vor einem einseitigen Kompetenzzugriff des Bundes auf die auftragsweise Landesverwaltung der Bundesfernstraßen. Es kann also keine Rede davon sein, daß Art. 90 Abs. 3 GG die Länder vor einem allgemeinen einseitigen Kompetenzzugriff des Bundes auf die Fernstraßenverwaltung auf der Grundlage und im Rahmen von Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG schützen wolle. Einer solchen Annahme steht die grundsätzlich unterschiedliche Zwecksetzung und Anwendungsrichtung beider Kompetenznormen entgegen. Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG ermöglicht jeweils fachspezifische bundeseinheitliche Kompetenzbegründungen des Bundes. Demgegenüber eröffnet Art. 90 Abs. 3 GG ersichtlich auch und vor allem gegenständlich begrenzte sowie an einen Übernahmeantrag einzelner Länder gebundene Durchbrechungen der grundsätzlich und ansonsten bestehenden auftragsweisen Landesverwaltung der Bundesfernstraßen nach Art. 90 Abs. 2 GG. Zwar kann dabei auch eine von allen Ländern beantragte bundeseinheitliche Übernahme von Angelegenheiten der Fernstraßenverwaltung in „bundeseigene Verwaltung“ erfolgen. Aber ein solcher Vorgang ist in seiner besonderen kompetenzbegründenden Zweckbestimmung durchaus verschieden von der allgemeinen, bereits die auftragsweise Landesverwaltung der Fernstraßen verdrängenden bundeseinheitlichen Kompetenzbegründung der Fernstraßenverwaltung auf Bundesebene. Mit anderen Worten und im Ergebnis stellt sich das Verhältnis der bei der Fernstraßenverwaltung in Betracht kommenden Kompetenznormen zur expliziten Begründung einer Verwaltungskompetenz auf Bundesebene nach der jeweiligen spezifischen Zweckbestimmung beider Regelungen durchaus eindeutig dar. Die allgemeine Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG trägt mit systematischem Geltungsvorrang vor Art. 90 Abs. 2 und 3 GG dem Interesse des Bundes an einem einseitigen Kompetenzzugriff Rechnung, während die fachspezifische Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG mit Rücksicht auf Interessen einzelner Länder oder gegebenenfalls auch aller Länder diesen die kompetenzrechtliche Initiative und Möglichkeit zur Übernahme von Angelegenheiten auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltung durch den Bund eröffnet. Danach kann auf der einen Seite der Bund, ohne bundesstaatsrechtliche Schutzinteressen und einen bundesstaatsrechtlichen Antragsvorbehalt von Ländern zu verletzen, unter den Voraussetzungen und nach Maßgabe der allgemeinen Kompetenznorm von Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG einen Kompetenzzugriff auf die Fernstraßenverwaltung vornehmen und auf diese Weise schon die besondere bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung der Fernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 und 3 GG verdrängen. Auf der anderen Seite kön-

IV. Bundeseigene Fernstraßenverwaltung und ihre Zuständigkeiten

51

nen einzelne oder alle Länder nach Art. 90 Abs. 3 GG durch einen entsprechenden Antrag eine Übernahme von Angelegenheiten der auftragsweisen Fernstraßenverwaltung in „bundeseigene Verwaltung“ veranlassen. Beide Kompetenzbegründungsvorgänge zugunsten einer Fernstraßenverwaltung auf Bundesebene bewegen sich somit in grundsätzlich unterschiedlichen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzzusammenhängen und können deshalb überhaupt nicht wirklich miteinander konkurrieren. Sie stehen unter jeweils eigenen und anderen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzvoraussetzungen nebeneinander. Der Bundesgesetzgeber kann also ohne weitere Einschränkungen bzw. Verfahrensanforderungen auch für die Fernstraßenverwaltung von der bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG zum Kompetenzzugriff Gebrauch machen und insofern selbständige Bundesoberbehörden und bundesrechtliche Anstalten des öffentlichen Rechts errichten. Aktuell liegt bisher ein solcher Vorgang nicht in der Form einer fachspezifisch ausschließlich für die Fernstraßenverwaltung vorgenommenen Errichtung selbständiger Bundesoberbehörden oder bundesunmittelbarer Anstalten des öffentlichen Rechts vor.62 Vielmehr gibt es aktuell nur den Beispielfall eines Kompetenzzugriffs des Bundes nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG auf die Fernstraßenverwaltung, bei dem auf das schon errichtete, fachspezifisch bereits mit anderen Aufgaben als selbständige Bundesoberbehörde errichtete Bundesamt für Güterverkehr (BAG) Aufgaben und Befugnisse der Fernstraßenverwaltung bei der Mauterhebung nach dem ABMG übertragen worden sind.63 62 Übersicht zu selbständigen Bundesoberbehörden sowie bundesunmittelbaren Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts bei Dittmann, Bundesverwaltung, S. 256 ff. bzw. 259 ff. Die Errichtung privatrechtlicher Verwaltungsgesellschaften des Bundes ist kein bundesstaatsrechtlich kompetenzrelevanter Vorgang nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG. Sie bewegt sich als Organisationsprivatisierung innerhalb anderwärts schon bestehender bzw. begründeter Verwaltungskompetenzen des Bundes, z. B. bei der als GmbH errichteten Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft nach dem VIFGG im Rahmen der betreffenden Finanzierungskompetenzen des Bundes nach Art. 104a GG und aufgrund der betreffenden Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes nach Art. 73 Nr. 6a, Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 und 22 GG (Begr. Reg. Entw., BT-Drs. 14 / 8449). Zu solchen Organisationsformen der Bundesverwaltung und m.Nachw. zu der nicht unbestrittenen Frage Sachs, Art. 87 GG Rnr 70 und Jestaedt, in: Umbach / Clemens, Art. 87 GG Rnr 59 und 106. 63 Dazu Fn. 56. Errichtungs- und Aufgabenregelungen zum BAG in §§ 10 ff. GüKG i.d.F. 22. 6. 1998. Vormals hat diese Einrichtung als bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts bestanden (GüKG 17. 10. 1952, BGBl. I S. 697; Dittmann, a. a. O., S. 260). Nicht in diesen Zusammenhang gehört die Regelung von § 15 Abs. 3 S. 4 FStrG, wonach die Konzessionsabgaben für die Übertragung des Betriebs von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen an das BAG zu entrichten sind. Die Vertriebsvergabe von Nebenbetrieben und die Erhebung von Konzessionsabgaben hierfür sind nur gesetzestechnisch im FStrG geregelt. Bundesstaatsrechtlich gehören diese Angelegenheiten in die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Wirtschaftsrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) und zur expliziten Begründung einer Verwaltungskompetenz des Bundes nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG im Bereich des Wirtschaftsrechts, die zugleich einer ungeschriebenen Verwaltungskompetenz des Bundes kraft

4*

52

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

c) Behördliche Organisation und Zuständigkeitsordnung bei einer Übernahme von Angelegenheiten auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltung durch den Bund (Art. 90 Abs. 3 GG) Auch in der weiteren Frage, in welcher Organisationsform eine landesseitig antragsgebundene Übernahme auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltung in „bundeseigene Verwaltung“ nach Art. 90 Abs. 3 GG erfolgen kann, vermag die erwähnte, dazu vertretende Auffassung keine aus dem Regelungszweck dieser Kompetenznorm ersichtlichen oder gar nachweislichen Gründe dafür anzuführen, daß hierbei lediglich Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung errichtet werden könnten.64 Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Verwendung des Begriffs „bundeseigener Verwaltung“ in Art. 90 Abs. 3 GG einer ohnedies kaum begründbaren generellen terminologischen Gleichsetzung von „bundeseigener Verwaltung“ und „unmittelbarer Bundesverwaltung“65 folgen wollte. Eine solche mangels von Nachweisen bloße rechtsbegriffliche Unterstellung vernachlässigt das Auslegungserfordernis, die Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG allein nach ihrer spezifischen Zwecksetzung zu interpretieren und in ihrem Geltungsanspruch darauf zu beschränken. Der spezifische Zweck der Kompetenznorm von Art. 90 Abs. 3 GG vermag indessen nur darin gesehen zu werden, daß einem landesseitigen Interesse und Antrag auf Übernahme von Angelegenheiten der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung auf die Bundesebene entsprochen werden kann. Es handelt sich um eine ausschließlich auf diese Zwecksetzung beschränkte Kompetenznorm, d. h. nicht zugleich, wie bei Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG, um eine Organisationsnorm, die den Kompetenzbegründungsvorgang an eine bestimmte Organisationsform auf Bundesebene binden würde. Ein bundesstaatsrechtliches Schutzinteresse antragstellender Länder auf eine Übernahme ausschließlich in unmittelbare Bundesverwaltung erscheint nicht ersichtlich. Danach kann der Bund kraft seiner ihm für Bundesverwaltungskompetenzen zustehenden Organisationsgewalt den Übernahmevorgang auch in Form einer Errichtung bundesunmittelbarer Anstalten des öffentlichen Rechts bzw. einer Zuständigkeitszuordnung an solche auf Bundesebene bereits bestehende Einrichtungen vollziehen.66 Aus dem Regelungszweck des Art. 90 Abs. 3 GG als einer bloßen Kompetenznorm lassen sich auch weitere Folgerungen ziehen. Der Bund besitzt danach bei einer Übernahme von Angelegenheiten der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung in „bundeseigene Verwaltung“ nach Art. 90 Abs. 3 GG auch die Befugnis, Natur der Sache zugerechnet werden kann (siehe Fn. 47 und 55). Es handelt sich um keine Fernstraßenverwaltung. Unzutreffend ist daher die Annahme von Krämer (in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 34.72), wonach der Fall einer Übernahme auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltung auf die Bundesebene nach Art. 90 Abs. 3 GG vorliege. 64 Nachw. zu dieser Auffassung Fn. 54. 65 Dazu Fn. 35. 66 Nachw. Fn. 57.

IV. Bundeseigene Fernstraßenverwaltung und ihre Zuständigkeiten

53

dafür gegebenenfalls bei einem sachlichen Erfordernis bzw. aus Gründen der Sachgerechtigkeit mittlere und untere Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung zu errichten. Gegenteiliges läßt sich aus anderen bundesstaatsrechtlichen Regelungen zur Frage eines Verwaltungsunterbaus in Bereichen unmittelbarer Bundesverwaltung nicht begründen. Zum einen beanspruchen die insofern differenzierenden Regelungen von Art. 87 Abs. 1 GG zu einem Verwaltungsunterbau bei der „bundeseigenen Verwaltung“ keine abschließende Geltung.67 Daher beurteilt sich die Möglichkeit zur Errichtung eines Verwaltungsunterbaus bei einer Übernahme von Angelegenheiten der auftragsweisen Landesverwaltung der Fernstraßen in unmittelbare Bundesverwaltung speziell und ausschließlich nach Art. 90 Abs. 3 GG; dieser schließt für eine in unmittelbare Bundesverwaltung übernommene Fernstraßenverwaltung einen Verwaltungsunterbau nicht aus. Zum zweiten sind auch die speziellen Organisations- und Kompetenzregelungen von Art. 87 Abs. 3 S. 1 und 2 GG, die bei Kompetenzzugriffen des Bundes einen numerus clausus der Organisationsformen festlegen bzw. die Errichtung von „bundeseigenen Mittel- und Unterbehörden“ nur unter besonderen sachlichen Voraussetzungen und legislativen Anforderungen zulassen, ohne Geltungseinfluß auf die Übernahmevorgänge nach Art. 90 Abs. 3 GG. Die Vorgaben jener Organisations- und Kompetenzregelungen gelten lediglich im Rahmen der besonderen Kompetenzbegründung durch Zugriff des Bundes auf Verwaltungskompetenzen der Länder; sie sind selbständig gegenüber der ganz anderen, spezifisch speziellen und ausschließlichen Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG.68 Daher können schließlich im Rahmen von Art. 90 Abs. 3 GG auch selbständige Bundesoberbehörden errichtet werden.69 Es ist somit festzuhalten, daß bei einer Übernahme von Angelegenheiten der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung in unmittelbare Bundesverwaltung nach Art. 90 Abs. 3 GG der Bund auch Mittel- und Unterbehörden errichten und für zuständig erklären kann.70 Eine andere Frage ist es, ob bei einer im Falle von Art. 90 Abs. 3 GG, wie gesagt, ebenfalls zulässigen Errichtung bundesmittelbarer Anstalten des öffentlichen Rechts71 diese auch mit einem Verwaltungsunterbau ausgestattetet werden können. Selbst eine solche, allerdings praktisch kaum in Betracht kommende Organisationsmöglichkeit kann im Rahmen von Art. 90 Abs. 3 GG bundesstaatsrechtlich nicht ausgeschlossen werden.72 Jestaedt, in: Umbach / Clemens, Art. 87 GG Rnr 38. Jestaedt, a. a. O., Art. 87 GG Rnr 95 f. und 107. 69 Allerdings aus Sachgründen kaum praktikabel (Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 34.41). 70 Diese bundesstaatsrechtliche Lage hat in § 22 Abs. 2 FStrG auch einen ausdrücklichen gesetzlichen Niederschlag gefunden, wonach im Falle des Art. 90 Abs. 3 GG das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen die betreffenden Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung bestimmt. 71 Fn. 66 bzw. 37. 72 Ebenso Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 34.4. Allerdings können die im Rahmen der Kompetenznorm von Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG errichteten bundesunmittel67 68

54

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

Schließlich kann der Bund bei einer Übernahme von Angelegenheiten der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung auch Organisationsprivatisierungen in Form der Errichtung privatrechtlicher Verwaltungsgesellschaften vornehmen.73 Bislang und aktuell gibt es noch keinen Fall, in dem Angelegenheiten der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 3 GG durch den Bund übernommen worden wären sowie eine entsprechende Behördeneinrichtung und Zuständigkeitsordnung bundeseigener Fernstraßenverwaltung erfolgt wäre.74 d) Zusammenfassende Übersicht zu speziellen Kompetenzbegründungen einer bundeseigenen Fernstraßenverwaltung Nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 und Art. 90 Abs. 3 GG können explizite Kompetenzbegründungen auf Bundesebene für Angelegenheiten der Fernstraßenverwaltung erfolgen, und zwar ungeachtet des Umstandes, daß für die betreffenden Angelegenheiten gegebenenfalls zugleich bereits eine ungeschriebene Verwaltungskompetenz des Bundes kraft Natur der Sache angenommen werden kann. Der Bund kann auch im fachspezifischen Bereich der Fernstraßenverwaltung von der allgemeinen Organisations- und Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG Gebrauch machen und dabei selbständige Bundesoberbehörden sowie bundesbaren Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts keinen Verwaltungsunterbau haben. Dies ergibt ein Umkehrschluß aus der insofern besonderen Organisations- und Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG, die bei einem zusätzlichen Kompetenzzugriff des Bundes die Errichtung eines Verwaltungsunterbaus nur unter bestimmten sachlichen und legislativen Voraussetzungen zuläßt (Jestaedt, in: Umbach / Clemens, Art. 87 GG Rnr 105). Aber auch dieser Ausschluß eines Verwaltungsunterbaus bei einer kompetenzbegründeten Errichtung solcher Einrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung gilt lediglich im Rahmen der allgemeinen Kompetenznorm von Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG; Art. 90 Abs. 3 GG bleibt hiervon unberührt. 73 Auch insofern besteht ein Unterschied zur Organisations- und Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG, bei welcher der Kompetenzzugriff des Bundes nur in öffentlichrechtlicher Organisationsform erfolgen kann (Fn. 62). Art. 90 Abs. 3 GG ist dagegen nur eine Kompetenznorm zur Begründung einer Bundeskompetenz. Davon zu trennen ist die aufgrund der betreffenden Kompetenzbegründung vorzunehmende Organisation „bundeseigener Verwaltung“. 74 Zur insofern fälschlichen Interpretation des § 15 Abs. 3 S. 4 FStrG (Konzessionsabgabenregelung für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen) siehe Fn. 63. Auch der vormaligen Errichtung einer bundeseigenen privatrechtlichen Verwaltungsgesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen mbH (GfN) hat kein Übernahmevorgang nach Art. 90 Abs. 3 GG zugrundegelegen. Die bundesstaatsrechtliche Kompetenz des Bundes für diese Organisationsprivatisierung hat sowohl in der wirtschaftsrechtlichen Hinsicht einer Betriebsübergabe als auch in der fernstraßenbaulichen Hinsicht einer Bauübergabe im Bereich einer ungeschriebenen Bundeskompetenz kraft Natur der Sache gelegen. Unzutreffend und unnötig daher die Annahme von Krämer (in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 34.71), es habe seinerzeit eine „Beauftragung und Bevollmächtigung“ des Bundes von seiten der Länder unter Aufrechterhalten auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltung stattgefunden.

IV. Bundeseigene Fernstraßenverwaltung und ihre Zuständigkeiten

55

unmittelbare Anstalten des öffentlichen Rechts errichten. Einen solchen Errichtungsvorgang stellt gegebenenfalls die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen der Fernstraßenverwaltung auf bereits bestehende und schon mit anderen Aufgaben und Befugnissen ausgestattete selbständige Bundesoberbehörden und bundesunmittelbare Anstalten des öffentlichen Rechts dar. Ein Kompetenzzugriff des Bundes auf Angelegenheiten der Fernstraßenverwaltung nach der allgemeinen Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG beseitigt die in Art. 90 Abs. 2 und 3 GG fachspezifisch festgelegte bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung der Fernstraßenverwaltung. Er begründet eine gegenüber dieser spezielle Verwaltungskompetenz des Bundes im Sinne von Art. 83 GG. Die fachspezifische Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG beschränkt sich dagegen darauf, eine landesseitig initiierte und beantragte Übernahme von Angelegenheit der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung durch den Bund zu ermöglichen. Sie beansprucht deshalb keine Geltung bei der Anwendung der demgegenüber vorrangigen Kompetenznorm von Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG. Danach kann ein Kompetenzzugriff des Bundes nach dieser Kompetenznorm auf Angelegenheiten der Fernstraßenverwaltung ohne eine landesseitige Antragstellung erfolgen. Die Errichtung eines Behördenunterbaus bundeseigener Fernstraßenverwaltung ist bei einem Kompetenzzugriff des Bundes nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG ausgeschlossen. Auch ein Kompetenzzugriff des Bundes auf die Fernstraßenverwaltung durch Errichtung bundeseigener Mittel- und Unterbehörden nach Art 87 Abs. 3 S. 2 GG scheidet gegenwärtig aus; denn es fehlt, soweit ersichtlich, an der hierfür geforderten Voraussetzung, daß im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Fernstraßenrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG „neue Aufgaben“ entstehen können. Mittels einer Organisationsprivatisierung der Fernstraßenverwaltung zur Errichtung privatrechtlicher Verwaltungsgesellschaften kann der Bund keine Kompetenzbegründung nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG vornehmen. Solche Organisationsvorgänge setzen auf der Bundesebene eine schon anderwärts bestehende bzw. begründete Verwaltungskompetenz des Bundes für die Fernstraßenverwaltung voraus, entweder im Rahmen einer ungeschriebenen Verwaltungszuständigkeit des Bundes für die Fernstraßenverwaltung kraft Natur der Sache oder einer rechtskonstruktiv vorhergegangen Übernahme von Angelegenheiten der Fernstraßenverwaltung in bundeseigene Verwaltung nach Art. 90 Abs. 3 GG. Die Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 3 GG ermöglicht im Interesse von Ländern und auf deren Antrag eine Übernahme von Angelegenheiten der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung durch den Bund. Die dabei dem Bund eröffnete behördliche Organisations- und Zuständigkeitsordnung umfaßt alle Gestaltungsmöglichkeiten. Es kann also sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Bundesverwaltung in Form bundesunmittelbarer Anstalten des öffentlichen Rechts, jeweils einschließlich eines Verwaltungsunterbaus, errichtet werden als auch eine Organisationsprivatisierung erfolgen.

56

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

Anders als bei den ungeschriebenen Verwaltungszuständigkeiten des Bundes im Bereich der Fernstraßenverwaltung kraft Natur der Sache ist von den bundesstaatsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten einer expliziten Begründung bundeseigener Fernstraßenverwaltung bislang kaum Gebrauch gemacht worden. Aktuell ist dies nur in einem Fall geschehen. Es handelt sich um die nach der allgemeinen Kompetenznorm von Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG vorgenommene Übertragung von Aufgaben und Befugnissen der Fernstraßenverwaltung zur Mauterhebung nach dem ABMG auf das Bundesamt für Güterverkehr (BAG). Die gesetzestechnisch in § 15 Abs. 3 FStrG aufgenommene Regelung zur Entrichtung von Konzessionsabgaben an das BAG für das Betriebsrecht an Nebenbetrieben der Bundesautobahnen stützt sich zwar auch auf die bundesstaatsrechtliche Kompetenznorm von Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG, betrifft aber keine Angelegenheit der Fernstraßenverwaltung. Sie gehört zu der von der fernstraßenrechtlichen Bauhoheit über die Nebenbetriebsanlagen und von deren insofern bestehender sachenrechtlicher Eigenschaft als Bestandteilen der Bundesautobahnen getrennten wirtschaftsrechtlichen Anstaltshoheit des Bundes und daher zum Wirtschaftsrecht im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG.

V. Die bundesstaatsrechtliche Ordnung der Fernstraßenverwaltung als Verbund von auftragsweiser Landesverwaltung und Verwaltungskompetenzen des Bundes 1. Die Fernstraßenverwaltung als bundesstaatsrechtlich festgelegtes und potentielles Zusammenwirken von Bund und Ländern Der Begriff der Fernstraßenverwaltung in deren bundesstaatsrechtlicher Kompetenzordnung ist zusammengefaßt dadurch gekennzeichnet, daß neben dem Regelfall einer auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG ein vielfältiges Spektrum von Befugnissen und Zuständigkeiten des Bundes sowie von speziellen Kompetenznormen zur Begründung von Verwaltungskompetenzen auf der Bundesebene vorhanden ist.75 Auf diese Weise wird ein bundesstaatsrechtlich geregeltes Zusammenwirken von Ländern und Bund innerhalb ein und derselben, in den Kompetenzbestimmungen des GG legislativ und administrativ konstituierten fachspezifischen Verwaltungsmaterie begründet und ermöglicht. Unmittelbar kraft Verfassungsrechts bestehen die Ingerenzbefugnisse des Bundes nach Art. 85 Abs. 2 und 4 GG gegenüber der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung, die verfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten des Bundes nach Art. 104a GG in Zusammenhang mit dessen Kompetenz zur Sachfinanzierung der Fernstraßen sowie ungeschriebene Verwaltungszuständigkeiten des Bundes kraft 75 Zu den Kompetenzen und möglichen Kompetenzbegründungen einer Fernstraßenverwaltung auf Bundesebene oben unter IV.

V. Die bundesstaatsrechtliche Ordnung der Fernstraßenverwaltung

57

Natur der Sache. Im übrigen eröffnet die Organisations- und Kompetenznorm des Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG allgemein in bestimmten Organisationsformen einen expliziten Kompetenzzugriff des Bundes im Bereich der Fernstraßenverwaltung und die fachspezifische Kompetenznorm von Art. 90 Abs. 3 GG eine landesseitig initiierte sowie beantragte Übernahme von Angelegenheiten der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung auf die Bundesebene unter allen organisationsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die der Bund bei Wahrnehmung seiner Verwaltungszuständigkeiten in Anspruch nehmen kann. Lediglich die Ingerenzbefugnisse des Bundes nach Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG begründen für diesen eine einseitige, weil seiner bundesstaatsrechtlichen Sachverantwortung zugehörige Entscheidungsbefugnis gegenüber der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung. Hier und im übrigen stehen sich die auftragsweise Fernstraßenverwaltung auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Verwaltungszuständigkeiten des Bundes zur Sachfinanzierung der Fernstraßen sowie zu einer Fernstraßenverwaltung kraft Natur der Sache und aufgrund von expliziten Kompetenzbegründungen der Bundesebene nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 und Art. 90 Abs. 3 GG als föderal eigenstaatliche Verwaltungsräume in bundesstaatsrechtlicher Gleich- bzw. Nebenordnung gegenüber.76 Das bundesstaatsrechtlich festgelegte bzw. potentielle Zusammenwirken von Ländern und Bund folgt somit strikt bindenden bzw. zwingenden Kompetenzfestlegungen bzw. Kompetenzbegrenzungen, die ausschließlich nach Maßgabe der besonderen Kompetenznormen von Art. 87 Abs. 3 S. 1 und Art. 90 Abs. 3 GG in expliziter Form abdingbar sind, im übrigen aber keine Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern zulassen, weder mit Zustimmung der Beteiligten77 noch kraft lediglich einfachrechtlicher Regelungen. Auch die letzteren Kompetenzbegründungsnormen prägen, selbst wenn von ihnen, wie dargelegt, bislang und aktuell lediglich ein zurückhaltender Gebrauch gemacht worden ist,78 die bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung der Fernstraßenverwaltung mit. Der derart konstituierte bundesstaatsrechtliche Kompetenzkomplex eines jeweils speziell festgelegten und möglichen Zusammenwirkens von Ländern und Bund läßt die durchgängige konzeptionelle Entscheidung des GG erkennen, dem Bund eine teils effektive, teils potentielle Gesamtverantwortung im Bereich der für Staat und Gesellschaft fundamentalen Fernstraßenverwaltung zuzuordnen. Effektiv ist die Gesamtverantwortung des Bundes für die Fernstraßen bei dessen finanzverfassungsrechtlicher Kompetenz zu ihrer Sachfinanzierung und im Rahmen der ihm ausschließlich zustehenden ungeschriebenen Verwaltungskompetenzen kraft Natur der 76 Zur bundesstaatsrechtlich geteilten Staatlichkeit und Verfassungsautonomie von Bund und Ländern Maunz, HStR IV, § 94, Bartlsperger, HStR (3. Aufl. 2006), § 127 und Isensee, HStr IV (1990), § 98 Rnr 64 ff. und 81 ff. sowie zur bundesstaatsrechtlichen Trennung und Eigenständigkeit der Verwaltungsräume von Bund und Ländern Beschl. BVerfG 12. 1. 83, BVerfGE 63, 1 / 36 ff. 77 Beschl. BVerfG 12. 1. 83, a. a. O., 39. 78 Oben Fn. 63 und 74.

58

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

Sache. Potentiell besteht sie im Rahmen der Ingerenzbefugnisse des Bundes nach Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG sowie mit Rücksicht auf die Kompetenznormen von Art. 87 Abs. 3 S. 1 und Art. 90 Abs. 3 GG zu einem Kompetenzzugriff des Bundes bzw. zur landesseitig beantragten Übernahme von Angelegenheiten der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung auf der Bundesebene. Ungeachtet der differenzierten Kompetenzregelungen erscheint für die hierdurch festgelegten bzw. möglichen Erscheinungsformen eines Zusammenwirkens von auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltung und einer Fernstraßenverwaltung auf Bundesebene eine übergreifende und zusammenfassende verfassungsdogmatische Begriffsbildung geboten. Nur bedingt kann sich eine solche an dem Begriff der föderalen Mischverwaltung orientieren.79 2. Der Begriff einer bundesstaatsrechtlichen Mischverwaltung und das Verbot extrakonstitutioneller Kompetenzdurchbrechungen Der Begriff einer bundesstaatsrechtlichen Mischverwaltung vermag in einem verfassungstheoretischen Sinne „jede funktionelle und organisatorische Verflechtung der Verwaltung von Bund und Ländern“ zu bezeichnen, d. h. jede Verwaltungstätigkeit, „bei der die sachlichen Entscheidungen in einem irgendwie gearteten Zusammenwirken von Bundes- und Landesbehörden getroffen werden.“80 Eine verfassungsdogmatische, positivrechtliche Bedeutung gewinnt jener Begriff jedenfalls dann, wenn er, wie dies verbreitet und üblicherweise geschieht, zugleich mit einem bundesstaatsrechtlichen Verbotsdiktum verbunden wird zur Kennzeichnung aller grundsätzlich unzulässigen Verbindungen von Bund und Ländern im Bereich der Verwaltung, soweit nicht eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Ermächtigung gegeben ist.81 Mit einer solchen Begriffsbedeutung will er der bundesstaatsrechtlichen Ordnung für die Verwaltungskompetenzen Ausdruck verschaffen, wonach die Verwaltungsräume von Bund und Ländern für jede fachspezifisch konstituierte Verwaltungsmaterie in jeweiliger Eigenstaatlichkeit voneinander getrennt sind, vorbehaltlich eines im GG speziell vorgesehenen oder aufgrund von und nach Maßgabe besonderer Befugnis- und Kompetenznormen eröffneten Zusammenwirkens. In dem bundesstaatsrechtlichen Sinne als „Stigmatisierung von Verfassungsbrüchen“, als „juristisches Veto“ oder als „Kampfbegriff“82 kann der Begriff einer „unzulässigen Mischverwaltung“ auch bei der Fernstraßenverwaltung zur zusam79 Zu dieser und in bezug auf diese zum Folgenden Beschl. BVerfG 12. 1. 83, BVerFGE 63, 1 / 36 ff. sowie ausführlich Ronellenfitsch, Mischverwaltung, passim, insb. S. 21 ff., 24 ff., 32 ff., 58 ff., 80 ff., 95 ff., 102 ff., 193 ff. und Blümel, HStR IV (1990), § 101 Rnr 120 ff. jeweils m.Nachw.; ferner schon Köttgen, DÖV 55, 485 ff. 80 Beschl. BVerfG 12. 1. 83, a. a. O., 38 m.Nachw. 81 Darstellung im Beschl. BVerfG 12. 1. 83, a. a. O., 37 ff. 82 Zitate im Beschl. BVerfG 12. 1. 83, a. a. O., 37 unter Hinweis auf Ronellenfitsch, Mischverwaltung, S. 49 bzw. 17 und Stern, Staatsrecht II, § 41 VIII 1.

V. Die bundesstaatsrechtliche Ordnung der Fernstraßenverwaltung

59

menfassenden Definition und Beurteilung aller Praktiken und einfachrechtlichen Regelungen dienen, die zu einem konkreten Zusammenwirken von Behörden oder Einrichtungen der Bundesebene mit Organen der auftragsweisen Landesverwaltung führen, ohne daß hierfür unmittelbar kraft Verfassungsrechts Befugnisse bzw. Kompetenzen bestehen oder aufgrund von insofern geltenden speziellen Kompetenzbegründungsnormen in verfassungskonformer Weise die Voraussetzungen hierfür geschaffen sind. Danach ist eine Praxis oder einfachrechtliche Regelung zum Zusammenwirken von Bund und Ländern „nicht deshalb verfassungswidrig, weil sie als Mischverwaltung einzuordnen ist, sondern nur, wenn ihr zwingende Kompetenz- und Organisationsnormen oder sonstige Vorschriften des Verfassungsrechts entgegenstehen.“83 Es hat somit einen verfassungsdogmatischen und positivrechtlichen Sinn, jedenfalls von einer „unzulässigen Mischverwaltung“ zu sprechen. In dieser additiven Formulierung und Verwendung bedeutet diese das Verbot einer extrakonstitutionellen Kompetenzverschiebung bzw. Kompetenzdurchbrechung. Dieses Verbot besagt, daß weder der Bund noch die Länder über ihre bundesstaatsrechtlich festgelegten Kompetenzen verfügen können, also Kompetenzverschiebungen und Kompetenzdurchbrechungen zwischen Bund und Ländern auch mit Zustimmung der Beteiligten oder aufgrund einfachrechtlicher Regelungen nicht zulässig sind.84 Aber im übrigen hat es ebenfalls durchaus einen verfassungsdogmatischen, positivrechtlichen Sinn, begrifflich auch von Erscheinungsformen einer „zulässigen Mischverwaltung“ zu sprechen. Denn es gibt, gerade in der Fernstraßenverwaltung, Verwaltungsvorgänge, bei denen ein und dieselben konkreten Entscheidungen und Maßnahmen in einem Zusammenwirken von Bund und Ländern zustande kommen bzw. vorgenommen werden müssen, ohne daß hierbei gegen das Verbot einer extrakonstitutionellen Kompetenzverschiebung bzw. Kompetenzdurchbrechung verstoßen würde, d. h. eine „unzulässige Mischverwaltung“ vorläge. Dies ist immer dann der Fall, wenn konkrete Entscheidungen oder Maßnahmen der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung unter einer nach Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG zulässigen Ingerenz des Bundes zustande kommen85 oder wenn Angelegenheiten der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung wegen hierbei tatbestandlich zugleich bestehender und einschlägiger spezieller Verwaltungskompetenzen des Bundes, etwa ungeschriebener Zuständigkeiten desselben kraft Natur der Sache, eine Mitwirkung der hierfür zuständigen Behörden bzw. Einrichtungen des Bundes erforBeschl. BVerfG 12. 1. 83, a. a. O., 38. Beschl. BVerfG 12. 1. 83, a. a. O., 39 beschränkt auf entsprechende Praktiken mit „Zustimmung der Beteiligten“. Es erscheint deshalb nicht gerechtfertigt und hat im Ergebnis lediglich überflüssige Erörterungen zur Folge gehabt, wenn das BVerfG (a. a. O., 37) den Begriff der Mischverwaltung in seiner zweckspezifischen bundesstaatsrechtlichen Verwendung und Bedeutung als „unklar“ beurteilt. 85 Beschl. BVerfG 12. 1. 83, a. a. O. 83 84

60

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

dern. Letzteres ist stets gegeben bei den insofern mit der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung konformen einfachrechtlichen Vorbehalten einer Mitwirkung zuständiger Behörden bzw. Einrichtungen des Bundes.86 Derartige Vorgänge bzw. Regelungen einer zulässigen bundesstaatsrechtlichen Mischverwaltung unterscheiden sich von den Fällen, in denen Angelegenheiten der Fernstraßenverwaltung ausschließlich entweder von Landesbehörden oder im Rahmen von Verwaltungskompetenzen des Bundes erledigt werden, dadurch, daß bei einer konkreten Entscheidung oder Maßnahme in bundesstaatsrechtlich kompetenzkonformer Weise Land und Bund zusammenwirken. Es ist also festzuhalten, daß es einen sowohl verfassungstheoretisch als auch verfassungsdogmatisch, positivrechtlich sinnvollen Begriff der bundesstaatsrechtlichen Mischverwaltung gibt. Er bezeichnet alle Verwaltungsvorgänge und Regelungen, die zu einem Zusammenwirken von Bund und Ländern beim Zustandekommen ein und derselben fachspezifischen konkreten Entscheidung oder Maßnahme führen und deshalb auf ihre bundesstaatsrechtliche Zulässigkeit nach dem Verbot extrakonstitutioneller Kompetenzverschiebungen bzw. Kompetenzdurchbrechungen zu überprüfen sind. Es handelt sich um einen bundesstaatsrechtlichen Tatbestandsbegriff in Verbindung mit dem Verbot einer Kompetenzverschiebung bzw. Kompetenzdurchbrechung der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung. Danach kennt die Fernstraßenverwaltung Fälle zulässiger und unzulässiger Mischverwaltung zwischen Bund und Ländern. Indessen vermag der tatbestandliche Begriff einer bundesstaatsrechtlichen Mischverwaltung den Kompetenzkomplex der Fernstraßenverwaltung ersichtlich nur unter einem Teilaspekt zu kennzeichnen. In Verbindung mit dem Verbot einer bundesstaatsrechtlichen Kompetenzverschiebung bzw. Kompetenzdurchbrechung begründet er die kompetenzrechtliche negative Rechtsfolge, daß bei einem Verstoß gegen dieses Verbot ein Zusammenwirken von Bund und Ländern beim Zustandekommen konkreter Entscheidungen oder Maßnahmen unzulässig ist. In positiver Hinsicht stellt er klar, daß es bei der Fernstraßenveraltung auch Verwaltungsvorgänge und Regelungen einer zulässigen Mischverwaltung zwischen Bund und Ländern geben kann, wenn beide konform mit der bundesstaatsrechtlichen Ordnung ihrer Befugnisse bzw. Kompetenzen beim Zustandekommen konkreter Entscheidungen oder Maßnahmen zusammenwirken. Nicht erfaßt sind dagegen mit dem tatbestandlichen Begriff einer Mischverwaltung die weiten Bereiche der Fernstraßenverwaltung, in denen deren konkrete Angelegenheiten jeweils auch in der Sache ausschließlich und abschließend zur Zuständigkeit entweder der auftragsweisen Landesverwaltung oder derjenigen der bundeseigenen Verwaltung gehören. Vornehmlich diese Erscheinung eines Zusammenwirkens von Bund und Ländern innerhalb einer fachspezifisch konstituierten Verwaltungsmaterie nach Maßgabe von auch in der Sache und nach Gegenständen kompetenzrechtlich getrennten und 86 Siehe die in Fn. 40 aufgeführten Regelungen; dazu Blümel, HStR IV (1990), § 101 Rnr 122 f.

V. Die bundesstaatsrechtliche Ordnung der Fernstraßenverwaltung

61

überschneidungsfreien Zuständigkeiten kennzeichnet die besondere bundesstaatsrechtliche Zuständigkeitsordnung der Fernstraßenverwaltung. Daher gilt es für den bundesstaatsrechtlichen Kompetenzkomplex der Fernstraßenverwaltung einen übergreifenden und insgesamt gültigen Begriff zu bilden, der die besonderen Fälle einer zulässigen Mischverwaltung zwischen Bund und Ländern bei konkreten Entscheidungen und Maßnahmen einschließt, aber darüber hinaus auch deren übriges kompetenzrechtlich getrenntes Zusammenwirken innerhalb einer fachspezifischen Verwaltungsmaterie zu erfassen vermag.

3. Das Zusammenwirken von Ländern und Bund bei der Fernstraßenverwaltung als bundesstaatsrechtliche Verbundverwaltung Aufgrund der dargelegten bundesstaatrechtlichen Kompetenzordnung der Fernstraßenverwaltung ist festzuhalten, daß sich diese in die Kompetenzregelungen der Art. 83 ff. GG zu den Verwaltungszuständigkeiten bei der Ausführung von Bundesrecht in Form einer besonderen organisationsrechtlichen Differenzierung und Ausgestaltung einfügt. Sie besteht darin, daß die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG und Art. 90 GG fachspezifisch konstituierte Verwaltungsmaterie der Fernstraßenverwaltung auf ein kompetenzrechtliches Zusammenwirken von Bund und Ländern nach Maßgabe bestimmter Ingerenzbefugnisse des Bundes sowie geteilter und veränderbarer Zuständigkeiten von Bund und Ländern angelegt ist. Dieser besondere bundesstaatsrechtliche Kompetenzkomplex läßt sich als föderale Verbundverwaltung definieren. Der Begriff besagt, daß eine durch die bundesstaatsrechtlichen Kompetenzbestimmungen fachspezifisch konstituierte Verwaltungsmaterie nicht ausschließlich der Verwaltungskompetenz entweder des Bundes oder der Länder zugeordnet ist, sondern durch ein kompetenzrechtlich geordnetes Zusammenwirken von Bundes- und Landesverwaltung geprägt wird, bei dem die eigenstaatlichen Verwaltungsräume von Bund und Ländern durch zwingende, nur nach Maßgabe spezieller Organisations- und Kompetenznormen explizit abdingbare Kompetenzfestlegungen getrennt und gewahrt bleibt. Bei der Fernstraßenverwaltung handelt es sich um einen bundesstaatsrechtlichen Verbund von auftragsweiser Landesverwaltung nach Art. 90 Abs. 2, Art. 85 GG und Verwaltungskompetenzen des Bundes. Eine begriffsinterne Variation weist dieser fachspezifische Bereich einer Verbundverwaltung insofern auf, als er auch besondere Formen einer zulässigen Mischverwaltung zwischen Bund und Ländern umfaßt. Ein solcher Verbund in Form der Mischverwaltung besteht bei Inanspruchnahme der bundesstaatsrechtlichen Ingerenzbefugnisse des Bundes nach Art. 85 Abs. 2 bis 4 GG gegenüber der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung sowie im Vollzug einfachrechtlicher Mitwirkungsregelungen bzw. Mitwirkungsvorbehalte, nach denen Bund und Länder konform mit der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung kraft getrennter, aber sachlich in gleicher Weise einschlägiger

62

B. Bundesstaatsrechtlicher Begriff der Fernstraßenverwaltung

Kompetenznormen beim Zustandekommen konkreter Entscheidungen oder Maßnahmen gleichgeordnet zusammenwirken. Die zulässige Mischverwaltung von Bund und Ländern ist ein besonderer Unterfall föderaler Verbundverwaltung. Von einer fachspezifisch, innerhalb ein und derselben Verwaltungsmaterie und Sachaufgabe stattfindenden föderalen Verbundverwaltung unterscheiden sich verfassungsdogmatisch diejenigen anderen Fälle, in denen gegenständliche Beziehungen und Überlagerungen zwischen verschiedenen, aber nach ihrer Zwecksetzung kompetenzrechtlich getrennten Verwaltungen entstehen. In einem derartigen Verhältnis begegnen sich Fernstraßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung. Insofern eröffnet sich ein gegenstandsspezifisch besonderer Rechtsbereich für das Fernstraßenrecht und die organisationsrechtlichen Fragen des Fernstraßenwesens. Es geht um die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht im Fernstraßenwesen, und zwar nicht nur in der traditionellen Bundesfernstraßenverwaltung, sondern auch unter den Voraussetzungen schon unternommener und gegebenenfalls künftiger funktionaler Privatisierungen.

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht im Fernstraßenwesen (Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen) Die kompetenzrechtlich im Straßenverkehrsrecht geregelten und regelmäßig in die Regelzuständigkeit der Straßenverkehrsverwaltung fallenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind in ihrer bau- und betriebstechnischen Verbildlichung, also in ihrer verfahrensrechtlichen Realisierung, zugleich Gegenstand straßenbaulicher Aufgaben und Befugnisse. Insofern gehören sie zum materiellen Fernstraßenrecht und sie sind Gegenstand der jeweiligen Organisation des Fernstraßenwesens auf der Grundlage und im Rahmen von dessen verfassungsrechtlicher Konstituierung. Der organisationsrechtliche Zustand des Fernstraßenwesens und gegebenenfalls dessen Veränderung in Form von dessen mehr oder weniger weitgehender funktionaler Privatisierung betreffen auch die Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen als sachenrechtliche Bestandteile der Fernstraßen sowie als Gegenstand von Aufgaben, Befugnissen und Verantwortlichkeiten der jeweils für die fernstraßenrechtliche Straßenbaulast zuständigen Rechtsträger. Mit Rücksicht darauf hat man sich die organisationsrechtlichen Folgen zu vergegenwärtigen, die sich aus dem Straßenverkehrsrecht im Fernstraßenwesen ergeben und ergeben können.

I. Die kompetenzrechtliche Trennung von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung Das Fernstraßenrecht als eine in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG bundesstaatsrechtlich definierte Gesetzgebungsmaterie und als ein aufgrund der danach begründeten konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes aktuell zustande kommendes fachgesetzliches Verwaltungsrechtsgebiet sowie gegenwärtig die nach Maßgabe von Art. 90 GG bundesstaatsrechtlich besonders organisierte Fernstraßenverwaltung bilden nur jeweilige Teilgebiete innerhalb eines alle Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten von Fernstraßen rechtstheoretisch zusammenfassenden hoheitlichen Fernstraßenregimes in dessen weitestem Sinne. Fernstraßenrecht und Fernstraßenverwaltung sehen sich im Rahmen des Systems und der Ordnung bundesstaatsrechtlicher Gesetzgebungsmaterien und Verwaltungszuständigkeiten kompetenzrechtlich strikt und überschneidungsfrei getrennt vom Straßenverkehrsrecht und der Straßenverkehrsverwaltung.87 Deren kompetenzrechtlich eigenständiger Rechtsbegriff, Geltungs- und Anwendungsbereich verdankt sich einer neue-

64

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht

ren entwicklungsgeschichtlichen Differenzierung und Ausprägung des hoheitlichen Straßen- und Wegeregimes im Hinblick auf die Gewährleistung einer gemeinverträglichen Straßen- und Wegebenutzung sowie spezifisch daran anknüpfenden bundesstaatsrechtlichen Kompetenzfestlegungen im GG.88 Zwar begründet das GG sowohl für den „Straßenverkehr“ als auch für das Straßenrecht, soweit das letztere „den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen“ angeht, die gleiche konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes.89 Aber zum einen hat der Bundesgesetzgeber hiervon keinen gesetzestechnisch einheitlichen Gebrauch gemacht, vielmehr in Fortführung einer vorausgegangenen Rechtssetzungspraxis das Recht des „Straßenverkehrs“ in einem Straßenverkehrsgesetz mit entsprechenden Verordnungsermächtigungen selbständig geregelt.90 Denn das Straßenverkehrsrecht hat sich nach einer vereinzelt schon land- bzw. partikularrechtlich erkennbaren eigenständigen Zwecksetzung spätestens seit seiner auf eine Reichsgesetzgebungskompetenz nach der RV 1871 gestützten besonderen gesetzlichen Regelung im Kraftfahrzeuggesetz von 190991 als zweckgerichtet eigene legislative und verordnungsrechtliche Rechtsmaterie entwickelt und behauptet.92 Auch schon vor seiner spezifischen Benennung als Gesetzgebungsmaterie in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG hat der „Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ in Art. 7 Nr. 19 WRV eine ausdrückliche bundesstaatlich kompetenzrechtliche Konstituierung erfahren, soweit es sich um den „allgemeinen Verkehr“ handelt. Vor allem aber hat das GG im organisatorisch und funktional gewaltengeteilten Bereich der Exekutive für den Verwaltungsvollzug des Straßenverkehrsrechts einerseits und des Straßenrechts andererseits gänzlich unterschiedliche bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnungen festgelegt. Die Straßenverkehrsverwaltung zum Vollzug bundesrechtlichen Straßenverkehrsrechts erfolgt mangels einer besonderen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzzuordnung an die bundeseigene Verwaltung oder die Bundesauftragsverwaltung in bezug auf alle öffentli87 Beschl. BVerfG 9. 10. 84, BVerfGE 67, 299 / 314 ff.; Darstellungen dazu bei Steiner, JuS 84, 1 ff. und dems., Straßen- und Wegerecht, Rnr 8 f., 16 und 162 ff., Jaxt, NJW 86, 2228 / 2229 sowie Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 3 Rnr. 5 ff. und Bauer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 42. 88 Beschl. BVerfG 9. 10. 84, a. a. O., 316 ff., Marschall, Wegerecht und Wegeverwaltung, S. 222 ff. (historische Rechtsquellen), Evers, NJW 82, 1033 ff., Salzwedel, Wege und Straßen, S. 353. 89 Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG. 90 StVG und StVO. 91 Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen 3. 5. 1909 (RGBl. S. 437), offensichtlich aufgrund von Art. 4 Nr. 8 RV 1871, wonach der Gesetzgebung des Reichs u. a. „die Herstellung von Land- und Wasserstraßen im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen Verkehrs“ unterlegen haben. 92 Zur Unterscheidung des Parlamentarischen Rates und nach dem GG zwischen Straßenund Wegerecht einerseits und Straßenverkehrsrecht andererseits Beschl. BVerfG 9. 10. 84, BVerfGE 67, 299 / 319 ff.

II. Die kompetenzrechtlichen Zwecksetzungen

65

chen Straßen und Wege als landeseigene Verwaltung von Bundesrecht gemäß Art. 83, Art. 84 GG. Die Straßenverwaltung dagegen hat kraft der in Art. 90 GG vorgenommenen speziellen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzzuordnung der Fernstraßenverwaltung zur Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG eine bundesstaatsrechtliche Zweiteilung erfahren in die demgemäß kompetenzrechtlich besonders ausgestaltete Fernstraßenverwaltung sowie in die für die übrigen öffentlichen Straßen und Wege beim Vollzug des insofern geltenden Landesstraßenrechts gemäß der bundesstaatsrechtlichen Regelzuständigkeit der Länder nach Art. 30 GG ausschließlich bestehende Landesverwaltung der Straßen des Landesrechts. Aus der Sicht der Straßenverwaltung bedeutet deren legislative bzw. bundesstaatlich kompetenzrechtliche Trennung von der Straßenverkehrsverwaltung, daß sich jeweils wechselseitig ganz unterschiedliche bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnungen gegenüberstehen und begegnen. Die Fernstraßenverwaltung im Sinne von Art. 90 GG und nach den bei der Bundesauftragsverwaltung gemäß Art. 85 GG geltenden Rechts- und Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern sieht sich von der zwar gleichfalls bundesrechtlich, aber besonders geregelten landeseigenen Straßenverkehrsverwaltung nach den bundesstaatsrechtlichen Kompetenzbestimmungen des Art. 84 GG zum landeseigenen Vollzug von Bundesrecht begleitet. Die Landesstraßenverwaltung der Straßen und Wege des Landesrechts als ausschließliche Landesverwaltung im Sinne von Art. 30 GG findet sich in gleicher Weise durch die bundesrechtlich geregelte, ebenfalls landeseigene, aber insofern unter den bundesstaatlich kompetenzrechtlichen Voraussetzungen von Art. 84 GG erfolgende Straßenverkehrsverwaltung flankiert. Zusammengefaßt wirkt sich die differenzierte bundesstaatliche Kompetenzordnung zum hoheitlichen Straßenund Wegeregime für das Fernstraßenregime dahin aus, daß für die gemeingebräuchliche Benutzung der Fernstraßen jeweils besonderes Fernstraßenrecht und allgemeines Straßenverkehrsrecht des Bundes besteht, daß aber die Fernstraßenverwaltung und die Straßenverkehrsverwaltung im Bereich der Fernstraßen unterschiedlichen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnungen folgen, die erstere den bei der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG geltenden Zuständigkeiten von Bund und Ländern, die letztere einer landeseigenen Verwaltung zum Vollzug von Bundesrecht nach Art. 84 GG.

II. Die kompetenzrechtlichen Zwecksetzungen von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung Die legislative bzw. bundesstaatsrechtliche Trennung von Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht sowie die bundesstaatsrechtlich unterschiedliche und differenzierte Kompetenzordnung von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung erklären und definieren sich in ihrem gemeinsamen Bezug auf die allgemeine bzw. gemeingebräuchliche Benutzung öffentlicher Straßen und Wege ungeachtet der dabei bestehenden sachlichen Zusammenhänge aus legislativ und administrativ deut5 Bartlsperger

66

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht

lich unterscheidbaren Zwecksetzungen.93 Diejenige des Straßenrechts und der Straßenverwaltung gilt den Rechtsverhältnissen „an“ öffentlichen Straßen und ist spezifisch darauf gerichtet, die öffentlichen Straßen und Wege für die jeweilige widmungsgemäße gemeingebräuchliche Benutzung durch jedermann zu planen, zu bauen und zu unterhalten sowie bezüglich ihrer Widmung, Klassifizierung und Benutzungsordnung zu verwalten. Diejenige des Straßenverkehrsrechts und der Straßenverkehrsverwaltung setzt die öffentlichen Straßen und Wege sowie das Straßenrecht voraus und gewährleistet die allgemein- bzw. gemeingebrauchsverträgliche Benutzung öffentlicher Straßen und Wege in der Hinsicht und in der Form, daß hoheitsrechtliche Verhaltensanforderungen an die Straßen- und Wegebenutzer sowie gegebenenfalls bezüglich von außen kommenden Einwirkungen auf die Straßenbenutzung auch an Außenstehende94 gestellt werden, um spezifisch aus deren Verhalten für bzw. in bezug auf die Straßen- und Wegebenutzung entstehende Gefahren sowie Beeinträchtigungen der sicheren und leichten allgemeinen bzw. gemeingebräuchlichen Benutzung abzuwehren; zudem werden neuerdings die für diese Zweckbestimmung der Straßenverkehrsverwaltung verfügbaren instrumentellen Maßnahmen im gesetzestechnischen Rahmen des Straßenverkehrsrechts auch zum Schutze von durch die Straßenbenutzung gefährdeten Umweltbelangen und zur Verwirklichung städtebaulicher Belange auf der materiell kompetenzrechtlichen Grundlage des nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG bundesrechtlich regelbaren Bodenrechts genutzt.95 Danach dienen das Straßen- und Wegerecht sowie die Straßenverwaltung der überkommenerweise hoheitlichen Bereitstellung bzw. Gewährleistung öffentlicher Straßen und Wege für deren widmungsgemäße Benutzung und begleitende Sondernutzungen bzw. Sondergebrauchsarten. Hingegen bilden das Straßenverkehrsrecht und die Straßenverkehrsverwaltung mit ihrer beschriebenen, im Kern sicherheitsrechtlichen Zweckbestimmung die Rechtsmaterie bzw. das Verwaltungsgebiet eines sachlich speziellen und begrenzten besonderen Ordnungsrechts bzw. im materiellen Sinne eines besonderen Polizeirechts zur gefahrlosen Ordnung des „Verkehrs“ auf öffentlich benutzbaren Straßen und Wege sowie zur Gewährleistung von dessen Sicherheit und Leichtigkeit,96 instrumentell erweitert durch die genannten ökologischen und städtebaulichen Zwecksetzungen.97 Das Straßenrecht begründet also das Benutzungsstatut öffentlicher Straßen und Wege, das Straßenverkehrsrecht für alle öffentlich benutzbaren Straßen und Wege im sachlichen Zu93 Beschl. BVerfG 9. 10. 84, a. a. O., 314 und 321 f., Urt. VGH BW 25. 6. 81, BWV 82, 206 ff. m.Anm. Steiner, DÖV 82, 555 f. und ders., Straßen- und Wegerecht, Rnr 8 f. sowie Jaxt, NJW 86, 2228 ff. 94 Z. B. bezüglich Einwirkungen auf den Straßenverkehr durch Werbung (§ 33 StVO); dazu Beschl. BVerfG 9. 2. 72, BVerfGE 32, 319 / 326 ff. 95 § 45 Abs. 1b S. 1 Nr. 2, 3 und 5 sowie S. 2 StVO; dazu Steiner, NJW 80, 2339 ff., ders., DÖV 82, 553 / 556 und ders., Straßen- und Wegerecht, Rnr 8 und 162. 96 Beschl. BVerfG 9. 10. 84, BVerfGE 67, 299 / 314 und 322. 97 Fn. 95.

III. Das Verhältnis Straßenverwaltung / Straßenverkehrsverwaltung

67

sammenhang mit deren gemeingebräuchlicher bzw. allgemeiner Benutzung das Verkehrsstatut.98 Es sind diese unterschiedlichen kompetenzrechtlichen Regelungszwecke der beiden bundesstaatsrechtlichen Gesetzgebungsmaterien und Verwaltungsgebiete, nach denen sich ihr Verhältnis ungeachtet sachlicher Zusammenhänge und möglicherweise auch gleicher sachlicher Effekte bei der Inanspruchnahme öffentlicher Straßen und Wege beurteilt.

III. Das kompetenzrechtliche Verhältnis von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung stehen in einem kompetenzrechtlichen Verhältnis, dessen Regeln dem sachlichen Zusammenhang von straßenrechtlichem Benutzungsstatut und straßenverkehrsrechtlichem Verkehrsstatut öffentlicher Straßen und Wege gelten. Dieser ergibt sich daraus, daß auf der einen Seite die Straßenverwaltung auf der Grundlage der straßenrechtlichen Benutzungsordnung die Benutzungsmöglichkeiten öffentlicher Straßen und Wege gewährleistet bzw. ordnet und daß die Straßenverkehrsverwaltung auf der anderen Seite gemäß straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, Verboten und Beschränkungen die Ausübung des jeweils straßenrechtlich bestimmten Gemeingebrauchs öffentlicher Straßen und Wege überwacht bzw. reglementiert.99 Dabei kann der über die öffentlichen Straßen und Wege im Sinne des Straßen- und Wegerechts hinausreichende Aufgaben- und Kompetenzbereich der Straßenverkehrsverwaltung für das Ordnungsrecht zu einem allgemeinen Verkehr auf tatsächlich öffentlichen Privatstraßen und Privatwegen außer Betracht bleiben;100 insofern handelt es sich lediglich um eine besondere ordnungsrechtliche Geltungserstreckung von Straßenverkehrsrecht und Straßenverkehrsverwaltung über den gegenständlichen Bereich öffentlicher Straßen und Wege im Sinne des Straßen- und Wegerechts hinaus. Jedenfalls in der letzteren und praktisch wesentlichen Hinsicht treten Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung dadurch in ein kompetenzrechtliches Verhältnis, daß die Regelungen und Maßnahmen im Rahmen des straßenrechtlichen Benutzungsstatuts und des straßenverkehrsrechtlichen Verkehrsstatuts für die Benutzer öffentlicher Straßen und Wege einen sachlich zusammenhängenden Rechtskomplex bilden und zu gleichen Regelungseffekten führen können.101 98 In bezug auf den straßenrechtlichen Gemeingebrauch entscheidet das Benutzungsstatut über den Gemeingebrauch, das Verkehrsstatut über dessen Ausübung (Beschl. BVerfG 9. 10. 84, BVerfGE 67, 299 / 321). 99 Fn. 98. 100 Zur Geltung der Verkehrsregeln der StVO auch für den „öffentlichen Verkehr“ auf nicht straßenrechtlich gewidmeten, tatsächlich öffentlichen Straßen und Wegen, die mit Zustimmung oder Duldung des Verfügungsberechtigten allgemein benutzt werden, siehe VwVStVO, Abschnitt A zu § 1 Rnr 1 f. sowie Urt BVerwG 26. 6. 81, BVerwGE 62, 376 / 379, Urt. VGH BW 19. 4. 83, NJW 84, 819 / 821 und Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 1 StVO Rnr 13 ff.

5*

68

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht

Ein striktes und überschneidungsfreies kompetenzrechtliches Verhältnis von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung ergibt sich insofern nur dadurch, daß Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht den unterschiedlichen rechtlichen Zwecksetzungen eines Benutzungsstatuts einerseits und eines Verkehrsstatuts andererseits folgen sowie Straßenverwaltung einerseits und Straßenverkehrsverwaltung andererseits mit den zweckentsprechend unterschiedlichen Mitteln ihrer jeweiligen Verwaltungsrechtsgebiete handeln. Die Straßenverwaltung kann den zweckspezifischen „Kompetenzvorbehalt“ des straßenrechtlichen Benutzungsstatuts, die Straßenverkehrsverwaltung den spezifischen „Kompetenzvorrang“ des ordnungsrechtlichen Verkehrsstatuts beanspruchen.102 Für das kompetenzrechtliche Verhältnis von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung ist somit ungeachtet sachlicher Zusammenhänge und möglicherweise sachlich gleicher Rechtswirkungen allein und abschließend maßgeblich, ob im kompetenzrechtlichen Rahmen der Zwecksetzung und der Rechtsmaterie des straßenrechtlichen Benutzungsstatuts oder der Zwecksetzung und Rechtsmaterie des straßenverkehrsrechtlichen Verkehrsstatuts gehandelt wird. Nur wechselseitige Eingriffe in die kompetenzrechtlich zweckspezifisch getrennten und instrumentell ausgestalteten Rechtsmaterien begründen einen Kompetenzverstoß. Der kompetenzrechtliche Vorbehalt von Bundesfernstraßenrecht und Landesstraßenrechten für die straßenrechtliche Straßenbenutzungsordnung gewährleistet der jeweiligen bundesstaatsrechtlich organisierten Straßenverwaltung die Befugnis, mit abschließender Verbindlichkeit gegenüber Straßenverkehrsrecht und Straßenverkehrsverwaltung die Möglichkeiten und Voraussetzungen für die Inanspruchnahme öffentlicher Straßen und Wege als unmittelbar einen Gemeinwohlzweck verwirklichenden öffentlichen Sachen festzulegen.103 Innerhalb der dabei straßenrechtlich für die jeweilige Straßenklasse abstrakt bestimmten gemeingebräuchlichen Verkehrszwecke vermögen die straßenverkehrsrechtlichen Regelungen und die straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen lediglich die Ausübung des Gemeingebrauchs unter ordnungsrechtlichen Zwecksetzungen bzw. mit ordnungsrechtlichen Mitteln zu reglementieren.104 Dies bedeutet, daß Anordnungen 101 Zu dieser möglichen sachlichen Überlagerung der beiden Rechtsgebiete unter ihren verschiedenen kompetenzrechtlichen Zwecksetzungen sowie zu beispielhaften Fällen Steiner, Straßen- und Wegerecht, Rnr 9 m.Nachw.; ferner Fn. 93. Von einer „Doppelzuständigkeit“ (so Steiner, a. a. O., in sachlicher Hinsicht) kann kompetenzrechtlich gleichwohl nicht gesprochen werden (deutlich Beschl. BVerfG 9. 10. 84, BVerfGE 67, 229 / 314 und 320 f.). 102 Zu Begriffsbildung und Begriffsinhalt von „Vorbehalt des Straßenrechts“ und „Vorrang des Straßenverkehrsrechts“ Steiner, JuS 84, 4 ff. und ders., Straßen- und Wegerecht, Rnr 163 ff. sowie Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 368 ff. 103 Zum Rechtsbegriff öffentlicher Sachen als unmittelbaren einheitlichen Verwaltungsleistungen Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 189 ff.; diese sachenrechtliche Begriffsbestimmung und Abgrenzung ist unabhängig von der Annahme eines rein öffentlichrechtlichen oder eines dualistischen, öffentlichrechtlichen und eigentumsrechtlichen Sachrechtsstatus der betreffenden öffentlichen Sachen. 104 Fn. 98.

III. Das Verhältnis Straßenverwaltung / Straßenverkehrsverwaltung

69

der Straßenverkehrsverwaltung den jeweiligen straßenrechtlichen Gemeingebrauch nach Art und Ausmaß nicht erweitern und verändern, sondern allein unter aktuell ordnungsrechtlichen Zwecksetzungen bzw. mit ordnungsrechtlichen Instrumenten des Straßenverkehrsrechts verbieten, einschränken und reglementieren können und dies auch lediglich mit der Maßgabe, daß hiermit die aktuelle ordnungsrechtliche Kompetenz nicht überschritten, d. h. nicht die Wirkung einer dauernden Entwidmung oder Widmungsbeschränkung im Sinne des straßenrechtlich bestimmten Gemeingebrauchs herbeigeführt wird.105 Andererseits gewährleistet es der kompetenzrechtliche Vorrang des Straßenverkehrsrechts, daß ordnungsrechtlich begründete Regelungen sowie ordnungsrechtlich zweckgerichtete bzw. verfügbare Anordnungen bestimmte Verhaltensweisen bei der Ausübung des jeweiligen straßenrechtlichen Gemeingebrauchs sowohl rechtsbeschränkend als auch rechtsbegründend zu reglementieren vermögen. Rechtsbegründend bedeutet der Vorrang des Straßenverkehrsrechts, daß dieses angesichts des im Straßenrecht nur jeweils im Hinblick auf bestimmte Verkehrszwecke abstrakt festgelegten Gemeingebrauchs regeln kann, was der betreffende straßenrechtlich zulässige Gemeingebrauch umfaßt. Danach bestimmt das Straßenverkehrsrecht in seinen Vorschriften zum Rechtsbegriff des „Verkehrs“, was innerhalb der jeweils straßenrechtlich abstrakt festgelegten, gemeingebräuchlichen Verkehrszwecke von öffentlichen Straßen und Wegen zum Gemeingebrauch gehört.106 Der Straßenverwaltung ist es somit verwehrt, durch Anordnungen darauf Einfluß zu nehmen, was im Sinne der straßenrechtlich abstrakt festgelegten gemeingebräuchlichen Verkehrszwecke zum „Verkehr“ zählt und wie dieser auszuüben ist. Insofern kann kompetenzrechtlich davon gesprochen werden, daß der ordnungsrechtliche Vorrang des Straßenverkehrsrechts eine rechtsbegründende „Mitbestimmung“ in bezug auf den straßenrechtlichen Gemeingebrauch beansprucht.107 Im übrigen und hauptsächlich wirkt der ordnungsrechtliche Vorrang des Straßenverkehrsrechts auf die Ausübung des jeweiligen straßenrechtlichen Gemeingebrauchs rechtshindernd bzw. rechtsbegründend ein durch straßenverkehrsrechtliche Verhaltensvorschriften sowie straßenverkehrsbehördliche Verbots- und Beschränkungsanordnungen sowie Überwachungsmaßnahmen bzw. Zulassungsentscheidungen.108 Zusammengefaßt überlagern straßenverkehrsrechtliche Regelungen und straßenverkehrsbehördliche Anordnungen den widmungsgemäßen straßenrechtlichen Gemeingebrauch. Für die rechtshindernden straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen gilt dies allerdings nur, soweit sie sich aktuell ordnungsrecht105 Urt. BVerwG 25. 4. 80, DÖV 80, 915 und 26. 6. 81, BVerwGE 62, 376 / 378 f., Urt. VGH BW 19. 4. 83, NJW 84, 819 / 821, Beschl. BayVGH 16. 4. 98, BayVBl. 98, 536 f. und Steiner, Straßen- und Wegerecht, Rnr 166 f. 106 Urt. BVerwG 3. 6. 82, NJW 82, 2332 f. und Steiner, a. a. O., Rnr 168 f. 107 Steiner, a. a. O. 108 Zu besonderen straßenverkehrsrechtlichen Zulassungsentscheidungen durch Erteilung von Ausnahmen nach § 46 Abs. 1 S. StVO Beschl. BayVGH 16. 4. 98, BayVBl. 98, 536 f.

70

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht

lich rechtfertigen und nicht die Rechtswirkung einer dauerhaften Veränderung des straßenrechtlich abstrakt festgelegten Gemeingebrauchs annehmen.109 Aus der Sicht der Straßenverwaltung besagt das kompetenzrechtliche Verhältnis gegenüber der Straßenverkehrsverwaltung, daß der Kompetenzvorbehalt des straßenrechtlichen Benutzungsstatuts durch den Kompetenzvorrang des verkehrsrechtlichen Verkehrsstatuts insofern, aber auch nur insofern sachlich überlagert und beschränkt werden kann, als die straßenrechtlich abstrakt bestimmten gemeingebräuchlichen Verkehrszwecke öffentlicher Straßen und Wege durch die jeweiligen straßenverkehrsrechtlichen Begriffsbestimmungen zum „Verkehr“ rechtsbegründend „mitbestimmt“ sind und aktuell ordnungsrechtlich beschränkt werden können. Davon bleibt die Befugnis der Straßenverwaltung unberührt, den jeweiligen Gemeingebrauch unter allen sachgerechten Gesichtspunkten des Gemeinwohls, also unter Berücksichtigung aller Sicherheitsaspekte, von ökologischen und städtebaulichen Belangen, abstrakt zu bestimmen, d. h. zuzulassen und zu begrenzen, sowie über die gemeingebrauchsüberschreitenden bzw. gemeingebrauchsbeeinträchtigenden straßenrechtlichen Sondernutzungen zu entscheiden.110 Der Kompetenzvorrang des straßenverkehrsrechtlichen Verkehrsstatuts ist demgegenüber darauf beschränkt, den jeweiligen gemeingebräuchlichen Verkehrsbegriff zu definieren und die Ausübung des straßenrechtlich abstrakt festgelegten Gemeingebrauchs durch aktuell ordnungsrechtliche Verbote, Beschränkungen und Überwachungsmaßnahmen bzw. Zulassungsentscheidungen zu reglementieren. In diesem begrenzten kompetenzrechtlichen Umfang des straßenverkehrsrechtlichen Verkehrsstatuts kann die gemeingebräuchliche Benutzung öffentlicher Straßen und Wege im sachlichen Ergebnis gleich wirkende rechtliche Begrenzungen sowohl durch straßenrechtliche Widmungsbestimmungen als auch infolge straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen erfahren. Dies läßt sich kompetenzrechtlich vereinbaren, wenn sich die betreffenden Festlegungen bzw. Anordnungen jeweils innerhalb der kompetenzrechtlichen Zwecksetzung und Rechtsmaterie von Straßenrecht einerseits und Straßenverkehrsrecht andererseits bewegen. Aber die Straßenverwaltung kann jedenfalls kompetenzrechtlich beanspruchen, daß die Straßenverkehrsverwaltung nicht unter Überschreitung ihrer zweckspezifisch aktuell ordnungsrechtlichen Befugnisse bzw. ordnungsrechtlichen Instrumente in den Kompetenzvorbehalt der straßenrechtlichen Benutzungsordnung eingreift. Zusammengefaßt und praxisbezogen läßt sich für das kompetenzrechtliche Verhältnis der Fernstraßenverwaltung im Sinne von Art. 90 GG sowie der bundesstaatsrechtlich nach Art. 84 GG auszuführenden landeseigenen Straßenverkehrsverwaltung eine Regel festhalten. Danach unterscheiden und begrenzen sich deren beider Aufgaben und Befugnisse, ungeachtet sachlich zusammenhängender und möglicherweise sogar sachlich gleicher Vollzugsauswirkungen für die straßenFn. 105. Steiner, Straßen- und Wegerecht, Rnr 173 unter Hinweis auf Urt. VGH BW 27. 6. 81, DÖV 82, 206 ff. m.Anm. Steiner, DÖV 82, 555 ff. 109 110

IV. Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen

71

rechtliche Benutzungsordnung, allein nach den in der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung zweckspezifisch strikt und überschneidungsfrei unterschiedenen Rechtsmaterien des Fernstraßerechts einerseits und des für alle öffentlichen Straßen und Wege bundesrechtlich regelbaren und geregelten Straßenverkehrsrechts andererseits. In der Sache naheliegend hat man freilich einen Trend zu einer kompetenzwidrigen Erstreckung straßenverkehrsbehördlicher Anordnungen und Entscheidungen in den Geltungs- und Befugnisbereich der fernstraßenrechtlichen Benutzungsordnung hinein in Rechnung zu stellen. Dem kann nur erfolgreich gesteuert werden, wenn es im Wege einer verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorbeugung oder aus Anlaß von gegebenenfalls eröffneten Rechtsschutzverfahren gelingt, die Straßenverkehrsverwaltung auf ihre zweckspezifisch aktuell ordnungsrechtlichen Befugnisse und Instrumente zu beschränken.111 In dieser verfahrensrechtlichen und prozessualen Hinsicht sind aber auch noch die weiteren kompetenzrechtlichen Beziehungen von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung einzubeziehen, die sich bei straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen zur Ausübung des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs ergeben.

IV. Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen als Gegenstände von Fernstraßenrecht und als Bestandteile von Fernstraßen Eine besondere kompetenzrechtliche Beziehung zwischen der Fernstraßenverwaltung im Sinne von Art. 90 GG sowie der landeseigenen Straßenverwaltung nach Art. 30 GG für die Straßen des Landesrechts einerseits und der bundesrechtlich geregelten, auf der Grundlage von Art. 84 GG selbständig organisierten landeseigenen Straßenverkehrsverwaltung andererseits besteht in bezug auf die straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen zur Ausübung des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs wegen deren verwaltungsverfahrensrechtlicher und organisationsrechtlicher Eigenart. Sie hat ihren Grund in dem sachstrukturellen Umstand, daß die Rechtsbefehle der betreffenden straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen den Teilnehmern am straßenrechtlichen Gemeingebrauch auf dem Wege einer Verbildlichung bzw. einer bau- oder betriebstechnischen Umsetzung in körperlichen Gegenständen bekannt gegebenen werden. Dies geschieht mittels der im Straßenverkehrsrecht mit ausschließlicher Verfügbarkeit und Verbindlichkeit rechtsbegrifflich definierten und inhaltlich bzw. gestalterisch vorgesehenen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen.112 In verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht erfüllen diese die Funktion, daß durch sie die betreffenden, maßgeblich als Verwaltungsakte 111 Zur aktuell und spezifisch ordnungsrechtlichen Kompetenzbegrenzung des Straßenverkehrsrechts Jaxt, NJW 86, 2228 / 2230 ff. 112 Zur ausschließlichen Verfügbarkeit der straßenverkehrsrechtlich geregelten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen § 45 Abs. 2 S. 4 und Abs. 4 StVO sowie dazu Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 45 StVO Rnr 41.

72

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht

qualifizierten straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen zur Ausübung des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs bekannt gemacht und erst auf solche Weise im Sinne des dabei anzuwendenden allgemeinen Landesverwaltungsverfahrensrechts wirksam werden.113 In der Sache führen die Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen die betreffenden straßenverkehrsrechtlichen Anordnungsbefugnisse mit einer straßenbaulichen Verwirklichung derselben zusammen. Deshalb entsteht die organisationsrechtliche Frage einer Zuordnung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen zu den dabei sich regelmäßig begegnenden bundesstaatsrechtlichen Kompetenzbereichen von Straßenverkehrsrecht und Straßenverkehrsverwaltung einerseits sowie von Straßenrecht und Straßenverwaltung andererseits. Für die Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen an Bundesfernstraßen geht es um deren bundesstaatsrechtliche Kompetenz- und Organisationszuordnung zur allgemeinen landeseigenen Straßenverkehrsverwaltung nach Art. 84 GG und zur besonderen Fernstraßenverwaltung im Sinne von Art. 90 GG. Auf der Ebene der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung muß hierzu lediglich davon ausgegangen werden, daß die Fernstraßenverwaltung bei der baulichen Verwirklichung der straßenverkehrsbehördlich angeordneten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen jedenfalls in ihren kompetenzrechtlich gewährleisteten eigenen Aufgaben, Befugnissen und Verantwortlichkeiten betroffen und deshalb verfahrens- bzw. organisationsrechtlich einzubeziehen ist. Wie allerdings diese bundesstaatsrechtliche Kompetenzbeziehung zwischen der Fernstraßenverwaltung und der landeseigenen Straßenverkehrsverwaltung verfahrens- und organisationsrechtlich auszugestalten ist, dies obliegt dem einfachen Recht. Es hat dazu ein für alle öffentlichen Straßen und Wege einheitliches, entwicklungsgeschichtlich überkommenes und mit der geltenden bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung konformes Regelungssystem geschaffen, das in ausgeprägter Weise den kompetenzrechtlich getrennten zweckspezifischen Aufgaben, Befugnissen und Verantwortlichkeiten von Straßenverwaltung und Straßenverkehrsverwaltung Rechnung trägt.114 Im Regelfall ist den Straßenverkehrsbehörden konform mit ihren zweckspezifischen Kompetenzen die Anordnung der betreffenden Verkehrsverbote und Verkehrsbeschränkungen vorbehalten,115 während die Straßenverwaltungen in Erfüllung ihrer straßenrechtlichen Straßen- und Wegebaulast Vollzugs- und Kostenträ113 Zur Rechtsnatur der Verkehrszeichen und Verkehreinrichtungen als Verwaltungsakte Bauer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 42 Rnr 11 ff. und Steiner, Straßen- und Wegerecht, Rnr 175. Ihre Aufstellung vermittelt den betreffenden Anordnungen ihre Wirksamkeit als Verwaltungsakte im Sinne der dem § 43 Abs. 1 VwfG entsprechenden Vorschriften der allgemeinen Landesverwaltungsverfahrensgesetze. Zur lediglich eingeschränkten Anwendung des allgemeinen Landesverwaltungsverfahrensrechts Steiner, a. a. O. 114 Darstellung bei Bauer, a. a. O., Kap. 42 Rnr 2 ff., 4 ff. und 7 ff. sowie bei Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 45 StVO Rnr 42 ff. 115 § 45 Abs. 3 S. 1 StVO (Verkehrsregelungspflicht); Bauer, a. a. O., Kap. 42 Rnr 3 ff. und Hentschel, a. a. O., § 45 StVO Rnr 42.

IV. Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen

73

ger für die entsprechenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind.116 Ausnahmeregelungen und spezielle Verfahrensvorschriften bestehen aufgrund besonderer Sachverhalte und Verhältnisse für verkehrsregelnde Einrichtungen an Schienenbahnen, für Haltestellenzeichen im Zusammenhang der öffentlichen Personenbeförderung, für verkehrsbezogene Einrichtungen der Gemeinden in Ortsdurchfahrten, für aktuelle Straßenverkehrsregelungen durch beim Straßenbau tätige Bauunternehmer und sonstige Unternehmer, für amtliche oder zugelassene Hinweiszeichen zu besonderen Anlagen und Veranstaltungen sowie für Wegweisungen zu straßenrechtlichen Bedarfsumleitungen.117 Ferner sind die Straßenverwaltungen bereits selbst aus Anlaß der Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen, durch den baulichen Zustand bedingten Schäden an Straßen zur Anordnung von Verkehrsverboten und Verkehrsbeschränkungen zuständig.118 Schließlich obliegt die Aufstellung und Unterhaltung von straßenverkehrsbehördlich angeordneten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen an tatsächlich öffentlichen Privatstraßen und Privatwegen den Eigentümern derselben.119 Für die Bundesfernstraßen jedenfalls bedeutet dieses kompetenz- und organisationsrechtliche System, daß im Regelfall die Beschaffung, die Anbringung, die Entfernung, die Unterhaltung und der Betrieb aller straßenverkehrsrechtlich angeordneten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen der Fernstraßenverwaltung im Sinne von Art. 90 GG obliegt. Folgerichtig erklären auch das FStrG und die Landesstraßengesetze die von den Straßenverkehrsbehörden angeordneten sowie der Vollzugs- und Kostenträgerschaft der Straßenbauverwaltungen unterstellten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen zu Bestandteilen der jeweiligen öffentlichen Straßen und Wege als deren Zubehör.120 Unter dieser Voraussetzung und auf solche Weise sind sie Gegenstände des Fernstraßenrechts bzw. der Landesstraßenrechte sowie der Fernstraßenverwaltung bzw. der Landesstraßenverwaltungen. Sie unterstehen deren besonderer straßenrechtlicher Bauhoheit,121 einschließlich der straßenbaubehördlichen 116 § 5b Abs. 1 StVG und § 45 Abs. 5 S. 1 StVO mit dem Vorbehalt einer anderen verordnungsrechtlichen Regelung nach § 5b Abs. 3 StVG; Bauer, a. a. O., Kap. 42 Rnr 7 ff. und Hentschel, a. a. O., § 45 StVO Rnr 44. Dazu gehört auch die Befugnis der Straßenbauverwaltungen, über die Art der Anbringung und der Ausgestaltung zu bestimmen, vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden mit Ausnahme der Frage, ob Leitpfosten anzubringen sind (§ 45 Abs. 3 S. 2 StVO; Hentschel, a. a. O., § 45 StVO Rnr 43). 117 § 5b Abs. 2 StVG. Zur Verpflichtung von Bauunternehmen zur Sicherung von Baustelleneinrichtungen durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen bestehen die Sonderregelungen von § 5b Abs. 2 lit. d StVG und § 45 Abs. 6 StVO; Bauer, a. a. O., Kap. 42 Rnr 5 f. 118 § 45 Abs. 2 S. 1 und 2 StVO; Bauer, a. a. O., Kap. 42 Rnr 4 ff. und Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 45 StVO Rnr 39. 119 § 45 Abs. 5 S. 1 StVO; Bauer, a. a. O., Kap. 42 Rnr 8.7. 120 § 1 Abs. 4 Nr. 3 FStrG und für die entsprechenden landesstraßengesetzlichen Regelungen z. B. Art. 2 Nr. 3 BayStrWG. 121 § 4 FStrG und die entsprechenden landesstraßengesetzlichen Regelungen, z. B. Art. 10 Abs. 1 BayStrWG; dazu Grote, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 39 Rnr 2 ff. und 3 ff.

74

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht

Bestimmung zur Art der Anbringung und der Ausgestaltung, vorbehaltlich von Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden.122 Diese straßenbauliche Kompetenzbegründung und straßenrechtliche Sachzuordnung muß auch für diejenigen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen gelten, die aus Anlaß einer Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren durch Private erforderlich sind und nach den dazu bestehenden gesetzlichen Regelungen von diesen Privaten im Verhältnis zur Straßenbauverwaltung zu beschaffen, anzubringen, zu entfernen, zu unterhalten und zu betreiben sind; bei der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren durch Private im Bereich der Bundesfernstraßen ist dies auch ausdrücklich gesetzlich festgelegt.123 Zusammengefaßt obliegt der Fernstraßenverwaltung im Sinne von Art. 90 GG vorbehaltlich der angeführten Ausnahmen und nach Maßgabe besonderer Verfahrensregelungen jedenfalls die Vollzugs- und Kostenträgerschaft für die von der Straßenverkehrsverwaltung angeordneten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und diese sind insoweit sowie generell auch Bestandteile der Bundesfernstraßen als deren Zubehör sowie Gegenstände von Fernstraßenrecht und Fernstraßenverwaltung, insbesondere von deren Bauhoheit. Die fernstraßenrechtliche Bestandteilseigenschaft und Bauhoheit gilt auch für die aus Anlaß einer funktional privatisierten Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren durch Private erforderlichen und von diesen aufzustellenden, zu unterhaltenden und zu betreibenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen. Die betreffenden fernstraßenrechtlichen Bestimmungen enthalten dazu ausdrückliche entsprechende Folgeregelungen, die sich in das bestehende Straßenverkehrsrecht einfügen. Besondere Regelungsfragen treten dagegen auf in dem gegebenenfalls künftigen Falle einer weitestgehenden funktionalen Privatisierung des Fernstraßenwesens in der Organisationsform privater Fernstraßen. Insofern kommt gegebenenfalls auch das Straßenverkehrsrecht nicht umhin, entsprechende Folgeregelungen zu schaffen.

V. Folgeregelungen zum Straßenverkehrsrecht in Fällen funktionaler Privatisierung des Fernstraßenwesens 1. Die „Staatlichkeit“ des Fernstraßenwesens als überkommener organisationsrechtlicher Bezugspunkt der Straßenverkehrsverwaltung Soweit straßenverkehrsrechtliche Regelungen durch tatbestandlich besondere verkehrsregelnde Maßnahmen in der technischen Ausgestaltung und verfahrensrechtlichen Form von Verkehrszeichen im Sinne von § 39 StVO und von Verkehrs§ 45 Abs. 3 S. 2 StVO. § 2 Abs. 3, § 7 FStrPrivFinG sowie § 6 Abs. 2 ABMG jeweils i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 3a FStrG. 122 123

V. Folgeregelungen in Fällen funktionaler Privatisierung des Fernstraßenwesens

75

einrichtungen im Sinne von § 43 StVO erfolgen, geschieht dies organisationsrechtlich nach Maßgabe einer straßenverkehrsrechtlich in § 45 StVO festgelegten Ordnung von Zuständigkeiten, Anordnungsbefugnissen und Vollzugspflichten zwischen der Straßenverkehrsverwaltung auf der einen Seite sowie den jeweiligen Trägern von Sachherrschaft und Sachverwaltung über die betreffenden Straßen- und Wegeanlagen auf der anderen Seite; auf der letzteren sind dies bei den öffentlichen Straßen und Wegen die jeweiligen öffentlichen Straßenbauverwaltungen, bei den vom Straßenverkehrsrecht ebenfalls erfaßten tatsächlich öffentlichen Straßen und Wegen die „Eigentümer der Straße“.124 Sie bilden den organisationsrechtlichen Bezugspunkt von Straßenverkehrsrecht und Straßenverkehrsverwaltung im Bereich des jeweiligen „administrativen“ Straßen- und Wegeregimes. Bezüglich der Fernstraßen ist der organisationsrechtliche Bezugspunkt von Straßenverkehrsrecht und Straßenverkehrsverwaltung aktuell die überkommene staatliche sowie bei einer gemeindlichen Straßenbaulast für Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen die überkommene kommunale Bundesfernstraßenverwaltung, also das Fernstraßenwesen in seiner traditionellen „Staatlichkeit“. Privatisierungen der Bundesfernstraßenverwaltung oder gar die Begründung eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens überhaupt berühren daher auch die entstehungsgeschichtlich entstandenen und geprägten organisationsrechtlichen Grundstrukturen des Straßenverkehrsrechts bei der Ordnung von Zuständigkeiten, Organisationsbefugnissen und Vollzugspflichten für tatbestandlich besondere verkehrsregelnde Maßnahmen durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen; sie betreffen den organisationsrechtlichen Bezugspunkt der Straßenverkehrsverwaltung im Bereich der Fernstraßen. Unter den Voraussetzungen und in den Fällen eines denkbaren nicht staatlichen Fernstraßenwesens dürfte es zudem einer Frage und Erörterung wert sein, ob insofern nicht auch eigene materielle Befugnisregelungen des Straßenverkehrsrechts zu möglichen verkehrsregelnden Maßnahmen geboten sein können; denn die geltenden, recht vielfältigen Anordnungsvoraussetzungen für Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen (§ 45 Abs. 1 bis 1d StVO) erscheinen für die denkbaren nicht staatlichen Fernstraßen auf „freier Strecke“ weitgehend überflüssig und unpassend. Die „Privatisierung“ im Fernstraßenwesen ist also in mehrfacher Hinsicht zugleich aus der Sicht des Straßenverkehrsrechts ein Thema. An der straßenverkehrsrechtlichen Relevanz der Privatisierungsfrage im Fernstraßenwesen ändert der Umstand nichts, daß Straßenverkehrsrecht und Straßenverkehrsverwaltung nach ihrer kompetenzrechtlichen Zwecksetzung und ihrem kompetenzrechtlichen Geltungsanspruch als spezifisches und umfassendes Ordnungsrecht bzw. spezifische Ordnungsverwaltung in bezug auf die gemeingebrauchs- bzw. allgemeinverträgliche Benutzung aller straßenrechtlich gewidmeten öffentlichen Straßen sowie aller allgemein einem öffentlichen Verkehr bereit124 Zur Geltungserstreckung des Straßenverkehrsrechts auf tatsächlich öffentliche Privatstraßen und Privatwege oben unter 3. Fn. 100. Zur straßenverkehrsrechtlichen Vollzugsverpflichtung privater „Eigentümer der Straße“ siehe § 45 Abs. 5 S. 1 StVO.

76

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht

gestellten sonstigen Straßen- und Wegeanlagen an sich schon über den Bereich öffentlicher Straßen und Wege im Sinne des öffentlichen Straßenrechts hinausreichen und sich auch auf die tatsächlich bzw. in sonstiger rechtlicher Weise öffentlichen Privatstraßen und Privatwege erstrecken.125 Auf der verkehrstechnischen und verkehrswirtschaftlichen Ebene von Straßenanlagen mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen hat jene ordnungsrechtliche Geltungserstrecken bislang ohnehin keine praktische Bedeutung erlangt; denn der aktuelle Bestand von Fernstraßen kennt ausschließlich staatlich oder kommunal verwaltete, straßenrechtlich gewidmete öffentliche Straßen. Aber abgesehen davon haben die organisationsrechtlichen Regelungen des Straßenverkehrsrechts zum Verhältnis von Straßenverkehrsverwaltung einerseits sowie Trägern von Sachherrschaft und Sachverwaltung über öffentliche bzw. allgemein benutzbare Straßen- und Wegeanlagen andererseits grundsätzlich die hoheitsrechtlichen Straßenbauverwaltungen im Bereich öffentlicher Straßen und Wege im Blickfeld. Die insofern einschlägigen Bestimmungen von § 45 StVO zur Anordnung, Aufstellung und Entfernung, Beschaffung und Unterhaltung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln grundsätzlich Zuständigkeiten, Befugnisse und Pflichten im Verhältnis von Straßenverkehrsverwaltung und öffentlichen Straßenbauverwaltungen. Lediglich partiell zur „Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung“, also hinsichtlich der straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten der „Straßenherren“, ist berücksichtigt, daß es auch öffentlich bzw. allgemein benutzbare und deshalb straßenverkehrsrechtlich zu reglementierende Straßen- und Wegeanlagen geben kann, die nicht in einer hoheitsrechtlichen Sachherrschaft und Sachverwaltung von staatlichen bzw. kommunalen „Baulastträgern“ stehen; insofern ist ausdrücklich bestimmt, daß die betreffenden Beschaffungs- und Unterhaltungspflichten dem „Eigentümer der Straße“ obliegen (§ 45 Abs. 5 S. 1 StVO). Im Fernstraßenwesen indessen bestehen, wie gesagt, aktuell solche Voraussetzungen einer nicht hoheitsrechtlichen Sachherrschaft bzw. Sachverwaltung über Straßenanlagen sowie eines privaten Eigentums an den Straßenbauwerken nicht. Hiervon abgesehen wenden sich die in dem Zusammenhang einschlägigen organisationsrechtlichen Bestimmungen des Straßenverkehrsrechts zu den Zuständigkeiten, Anordnungsbefugnissen und Vollzugspflichten von Straßenverkehrsverwaltung und Trägern von Sachherrschaft und Sachverwaltung über Straßen- und Wegeanlagen auf deren Seite ausschließlich an öffentliche Straßenbaulastträger (§ 45 Abs. 2, 3 und 4 StVO). Im Bereich des Fernstraßenwesens bildet also aktuell ausschließlich, aber im übrigen auch grundsätzlich die hoheitsrechtliche Bundesfernstraßenverwaltung den organisationsrechtlichen Bezugspunkt der Straßenverkehrsverwaltung bei der tatbestandlich besonderen Verkehrsregelung durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen. 125 Fn. 100 und zur insofern umfassenden Zwecksetzung des Straßenverkehrsrechts oben unter 2. m. Nachw. in Fn. 93 – 95.

V. Folgeregelungen in Fällen funktionaler Privatisierung des Fernstraßenwesens

77

Der beschriebene Rechtszustand gibt jedoch für sich, d. h. aus der spezifisch straßenverkehrsrechtlichen Rechtsquellenlage betrachtet, schon die aktuelle rechtliche Situation auf seiten von Bundesfernstraßenrecht und Bundesfernstraßenverwaltung mit Rücksicht auf dort zwischenzeitlich bereits erfolgte bzw. ins Werk gesetzte mehr oder weniger weitgehende funktionale Privatisierungen nicht vollständig wieder.126 Denn die aktuell bestehenden gesetzlichen Regelungen zur einer funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung enthalten selbst besondere Vorschriften zur Berechtigung und Verpflichtung der bestreffenden Privaten, die bei einer „Mautgebührenerhebung“ erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen „nach Maßgabe des von den Straßenverkehrsbehörden genehmigten Verkehrszeichenplanes zu betreiben“ bzw. bei einer „Mauterhebung“ die „Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung“ der hierzu erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nach Einholung der „erforderlichen Anordnung der Straßenverkehrsbehörde“ und unter deren „Aufsicht“ zu besorgen.127 Ganz zu schweigen ist davon, daß das Straßenverkehrsrecht auf die weitergehende Zukunftsperspektive nicht staatlicher Fernstraßen eingestellt wäre.128 Die Realisierung eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens verlangt zumindest auch Folgeregelungen im Straßenverkehrsrecht, die dessen organisationsrechtliche Grundstrukturen zu den Zuständigkeiten, Anordnungsbefugnissen und Vollzugspflichten der Straßenverkehrsverwaltung sowie der Träger von Sachherrschaft und Sachverwaltung über Straßen- und Wegeanlagen bei einer tatbestandlich besonderen Verkehrsregelung durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen grundsätzlich und in dem erforderlichen Umfang betreffen. Also schon bloße funktionale Privatisierungen der Bundesfernstraßenverwaltung, aber noch weitergehend eine Begründung privater Sachherrschaft und Sachverwaltung über nicht staatliche Fernstraßen verändern auf der Seite des „administrativen“ Fernstraßenregimes auch den organisationsrechtlichen Bezugspunkt von Straßenverkehrsrecht und Straßenverkehrsverwaltung. Er verliert im ersteren Falle seine ausschließliche und im zweiten Falle sogar gänzlich seine Ausrichtung auf die „Staatlichkeit“ des Fernstraßenwesens. Straßenverkehrsrecht und Straßenverkehrsverwaltung in der geltenden Ausgestaltung teilen insofern mit der überkommenen „Staatlichkeit“ des Fernstraßenwesens deren Kontingenz.

126 Aktuell FStrPrivFinG (Übertragung der Ausführung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen auf Private) und ABMG (Übertragung von Errichtung und Betrieb eines Systems zur Erhebung einer Maut auf Private). 127 § 2 Abs. 3 FStrPrivFinG, § 6 Abs. 2 ABMG. 128 Zum Begriff einer solchen materiellen „Aufgabenprivatisierung“ Schoch, DVBl. 74, 962 f. und 974, Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 204 / 223, Arndt, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 9 f.; im Sinne einer terminologischen Unterscheidung von aufgaben- bzw. objektbezogener und subjektbezogener Privatisierung (Kämmerer, Privatisierung, S. 39 ff.) stellt sie eine Kombination beider dar.

78

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht

2. Veränderungen im fernstraßenrechtlichen Bezugspunkt der Straßenverkehrsverwaltung bei einer funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung Bloße funktionale Privatisierungen der Bundesfernstraßenverwaltung lassen die in Gestalt der Bundesfernstraßen überkommenerweise vorhandene „Staatlichkeit“ des Fernstraßenwesens in ihrer staatsrechtlichen Grundlage und in den administrativen Rahmenbedingungen ihrer bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung unberührt.129 Die betreffenden Privatisierungsvorgänge führen lediglich zu einer verhältnismäßigen „Entstaatlichung“ der Bundesfernstraßen in einer organisationsrechtlich funktionalen Weise und Intensität.130 Ihre inhaltlichen und rechtsförmlichen Modalitäten beschränken sich auf „verwaltungsinterne“ Indienstnahmen und Verwaltungshilfen Privater bei der Wahrnehmung von Aufgaben sowie gegebenenfalls auf „außenrechtswirksame“ Beleihungen Privater mit originär hoheitsrechtlichen Befugnissen der Bundesfernstraßenverwaltung.131 In bezug auf die straßenverkehrsrechtlich geregelte Ordnung der Zuständigkeiten, Anordnungsbefugnisse und Vollzugspflichten von Straßenverkehrsverwaltung und Fernstraßenverwaltung bei einer tatbestandlich besonderen Verkehrsregelung durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen bleibt also die „Staatlichkeit“ der Fernstraßen als organisationsrechtlicher Bezugspunkt von Straßenverkehrsrecht und Straßenverkehrsver129 Der Rechtsbegriff einer funktionalen Privatisierung, beschränkt auf die funktionale Privatisierung der bestehenden Bundesfernstraßenverwaltung, wird hier, unbeschadet unterschiedlicher Organisationsformen, funktionaler Differenzierungen und Terminologien, in dem wesentlichen Sinne verstanden und verwendet, daß öffentlichrechtliche Aufgaben und hoheitsrechtliche Befugnisse eines Hoheitsträgers subjektbezogen auf Privatrechtssubjekte zur Wahrnehmung übertragen werden, der betreffende Hoheitsträger aber trotz einer solchen Verlagerung der Aufgabenerledigung und Befugnisausübung Träger der betreffenden öffentlichrechtlichen Aufgaben und der betreffenden originären Hoheitsbefugnisse, gegebenenfalls auch in einer Garantenstellung, bleibt; Schoch, a. a. O., Osterloh, a. a. O., 210 / 223 ff. und 234 ff., Arndt, a. a. O., S. 7 ff., Heintzen, VVDStRL 62 (203), 220 / 254 f.; insofern wird auch von formeller Privatisierung gesprochen (Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 29 f. und 36 ff.). Der dazu gehörende rechtsbegriffliche Unterfall einer funktionalen „Organisationsprivatisierung“ kann in dem engeren Sinne verstanden werden, daß sich die funktionelle Privatisierung einer vom betreffenden Hoheitsträger selbst errichteten Verwaltungsgesellschaft bedient; dazu Arndt, a. a. O. („unechte“ oder „Scheinprivatisierung“). Hiervon zu unterscheiden ist die funktionale „Popularprivatisierung“ zugunsten von Personen des Privatrechts, die natürliche Personen oder juristische Personen des Privatrechts im privaten Anteilseigentum sind (zu dieser Terminologie Kämmerer, Privatisierung, S. 40 ff.). 130 Dazu und insofern auch kritisch gegenüber dem Begriff der funktionalen Privatisierung als bedenkliche „Grobformel“, welche die Konsequenzen einer „umfassenden Delegation“ und einer „ausgehöhlten Kompetenz“ öffentlicher Verwaltung zu verdecken geeignet ist, Osterloh, a. a. O., 234 ff. 131 Zu den betreffenden „verwaltungsinternen“ Indienstnahmen und Verwaltungshilfen in dem Zusammenhang Heintzen, VVDStRL 62 (203), 220 / 254 ff. sowie grundsätzlich Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, § 90a; zum Rechtsbegriff der Beleihung Privater mit hoheitsrechtlichen Befugnissen siehe bei dens., a. a. O., § 90.

V. Folgeregelungen in Fällen funktionaler Privatisierung des Fernstraßenwesens

79

waltung erhalten. Sie wird nicht einmal berührt, soweit bei einer funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung Private hinsichtlich straßenverkehrsrechtlicher Zuständigkeiten, Anordnungsbefugnisse und Vollzugspflichten der Bundesfernstraßenverwaltung lediglich „verwaltungsintern“ in Dienst genommen bzw. als Verwaltungshelfer in Anspruch genommen werden. Anders verhält es sich dagegen dann und insofern als bei einer funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung eine Beleihung Privater mit hoheitsrechtlichen Befugnissen stattfindet, welche auch die straßenverkehrsrechtlichen Zuständigkeiten, Anordnungsbefugnisse und Vollzugsverpflichtungen der Bundesfernstraßenverwaltung betreffen. Dies ist geschehen in den erwähnten gesetzlichen Regelungen des Bundesfernstraßenrechts zu einer funktionalen Fernstraßenbauprivatfinanzierung (FStrPrivFinG) und zu einer funktional privatisierten Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen (ABMG). Danach sind, wie ausgeführt,132 die betreffenden Privaten kraft einer fernstraßenrechtlichen Beleihung berechtigt und verpflichtet, die zur „Mautgebührenerhebung“ bzw. „Mauterhebung“ erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen zu „betreiben“ bzw. für deren „Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung“ zu sorgen.133 Dies bedeutet, daß in dieser begrenzten Hinsicht die betreffenden Privaten auf der Grundlage der straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen von § 45 Abs. 2 bis 5 StVO zu den Zuständigkeiten, Anordnungsbefugnissen und Vollzugspflichten bei der tatbestandlich besonderen Verkehrsregelung durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anstelle der staatlichen Straßenbaubehörden der Bundesfernstraßenverwaltung beleihungsrechtlich den fernstraßenrechtlichen Bezugspunkt der Straßenverkehrsverwaltung bilden. Die betreffenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften des § 45 StVO brauchten hierfür nicht geändert zu werden. Vielmehr konnte die Änderung des organisationsrechtlichen Bezugspunkts der Straßenverkehrsverwaltung kompetenzrechtlich und gesetzestechnisch als beleihungsrechtliche Regelung im Rahmen des Rechts der Bundesfernstraßen erfolgen. Bloße funktionale Privatisierungen der Bundesfernstraßenverwaltung mit straßenverkehrsrechtlicher Relevanz erfordern kompetenzrechtlich und gesetzestechnisch keine Folgeregelungen im Straßenverkehrsrecht. Vielmehr genügen gegebenenfalls straßenverkehrsrechtlich relevante Folgebestimmungen in den betreffenden gesetzlichen Regelungen des Fernstraßenrechts zu einer funktionalen Privatisierung der Fernstraßenverwaltung. Oben unter a) m. Nachw. in Fn. 178. Im Rahmen des FStrPrivFinG handelt es sich bei dem in § 2 Abs. 3 geregelten Vorgang nicht nur um eine „verwaltungsinterne“ Indienstnahme bzw. Verwaltungshilfe nach § 1 Abs. 2, sondern um einen der in § 1 Abs. 3 eröffneten speziellen Vorgänge eines beleihungsrechtlichen Übergangs hoheitlicher Befugnisse. Im Rahmen des ABMG sind die betreffenden straßenverkehrsrechtlichen Vollzugsrechte und Vollzugspflichten ein Bestandteil der Beleihung eines privaten Betreibers gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 mit der Errichtung und dem Betrieb eines „Systems zur Erhebung der Maut“. 132 133

80

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht

3. Straßenverkehrsrechtliche Folgeregelungen zu einem nicht staatlichen Fernstraßenwesen Vorbehaltlich von Fragen zur staatsrechtlichen Möglichkeit oder Ermöglichung eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens bedarf es aus der Sicht des Straßenverkehrsrechts einer Klarstellung, ob und inwiefern eine derartige „Entstaatlichung“ des „administrativen“ Fernstraßenregimes auch zu straßenverkehrsrechtlichen Folgeregelungen veranlaßt bzw. zwingt. Es kann davon ausgegangen werden, daß auch ein nicht staatliches Fernstraßenwesen einen Gemeingebrauch im Sinne des überkommenen öffentlichen Straßenrechts kennt und daß deshalb das Straßenverkehrsrecht aufgrund seiner umfassenden ordnungsrechtlichen Zwecksetzung und Geltung zur Gewährleistung einer gemeingebrauchsverträglichen Benutzung von wie auch immer rechtlich einen Gemeingebrauch eröffnenden Straßenanlagen kompetenzrechtlich dazu bestimmt ist, gemäß straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften sowie nach Maßgabe von Verbotsund Beschränkungsbefugnissen die Ausübung des jeweils bestehenden Gemeingebrauchs zu überwachen und zu reglementieren.134 Jedoch erscheinen insofern sowohl die allgemeinen Normen und speziellen Befugnisregelungen als auch die organisationsrechtlichen Bestimmungen des Straßenverkehrsrechts einer Anpassung bedürftig. Was den Inhalt straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, Verbote und Beschränkungen sowie die Anordnungsvoraussetzungen der letzteren in bezug auf die Ausübung des Gemeingebrauchs an nicht staatlichen Fernstraßen angeht, gilt es in der Sache den Umstand zu berücksichtigen, daß ein nicht staatliches Fernstraßenwesen aus naheliegenden Gründen voraussichtlich nur „Autobahnen“ sowie lediglich „freie Strecken“ sonstiger Straßen mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen umfassen wird.135 Daher erscheinen insofern diejenigen geltenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, Verbots- und Beschränkungsbefugnisse ohne sachliche Rechtfertigung, die lediglich einer Ausübung des Gemeingebrauchs von Gemeindestraßen sowie von Ortsdurchfahrten der Bundes-, Staats- und Kreisstraßen gel134 Zur kompetenzrechtlichen Zwecksetzung und Geltung des Straßenverkehrsrechts als Verkehrsstatut und als Regelung zur Ausübung des auf Straßen- und Wegeanlagen eröffneten Gemeingebrauchs siehe oben unter 2. und 3. m. Nachw. in Fn. 98 f. 135 Als nicht staatliche „Autobahnen“ mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen haben solche zu gelten, die den Bedeutungs- und Ausbaumerkmalen von § 1 Abs. 1 und 3 FStrG entsprechen. Sonstige nicht staatliche Fernstraßen als „freie Strecken“ sind entsprechend der geltenden Abgrenzung von freien Strecken und Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen diejenigen Straßen mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen, die außerhalb der geschlossenen Ortslage liegen oder innerhalb der geschlossenen Ortslage nicht auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dienen (§ 5 Abs. 4 S. 1 bis 3 FStrG). Danach kennt ein nicht staatliches Fernstraßenwesen die Straßenklassen von Autobahnen und sonstigen Straßen mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen, wobei die letzteren voraussichtlich nur als freie Strecken von nicht autobahnmäßigen Straßen mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen vorkommen werden.

V. Folgeregelungen in Fällen funktionaler Privatisierung des Fernstraßenwesens

81

ten. Insbesondere ein großer Teil der Verbots- und Beschränkungsinhalte sowie der Verbots- und Beschränkungsvoraussetzungen nach § 45 Abs. 1 bis 1d StVO geht an der straßenverkehrsrechtlich relevanten Situation denkbarer nicht staatlicher Fernstraßen vorbei, vor allem soweit jene Bestimmungen im gesetzestechnischen Rahmen des Straßenverkehrsrechts auch dem Schutze von durch die Straßenbenutzung gefährdeten Umweltbelangen und der Verwirklichung städtebaulicher Belange dienen.136 Die mangelnde Bedeutung solcher straßenverkehrsbehördlicher Verbots- und Beschränkungsbefugnisse im Bereich eines denkbaren nicht staatlichen Fernstraßenwesens läßt sich zwar auch im Anwendungswege feststellen. Aber es entspräche einem Gebot sachgerechter und anwendungsklarer Verordnungsgebung, wenn die StVO insofern der Besonderheit eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens auch mit speziellen Folgeregelungen zu den Verbots- und Beschränkungsbefugnissen in bezug auf die Ausübungsregelungen für den betreffenden fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch Rechnung tragen würde. Rechtlich zwingend dagegen erscheinen straßenverkehrsrechtliche Folgeregelungen zu einem denkbaren nicht staatlichen Fernstraßenwesen, soweit es um die organisationsrechtlichen Bestimmungen von § 45 Abs. 2 bis 5 StVO zu den Zuständigkeiten, Anordnungsbefugnissen und Vollzugsverpflichtungen bei verkehrsregelnden Verboten und Beschränkungen durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen geht. Allein die geltende Regelung der straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten des jeweiligen „Straßenherren“ nach § 45 Abs. 5 S. 1 StVO zur „Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung“ der straßenverkehrsbehördlich geordneten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sowie zu deren „Betrieb“ berücksichtigt, daß diese Vollzugspflichten gegebenenfalls auch nur einen „Eigentümer der Straße“ betreffen können; sie vermag deshalb durchaus auch ein nicht staatliches Fernstraßenwesen zu erfassen. Aber im übrigen kennen jene geltenden organisationsrechtlichen Vorschriften als Bezugspunkt der betreffenden Zuständigkeiten und Anordnungsbefugnisse auf seiten des „administrativen“ Straßenregimes ausschließlich die öffentlichen Straßenbauverwaltungen, also im Bereich des Fernstraßenwesens dessen in der Bundesfernstraßenverwaltung repräsentierte „Staatlichkeit“. Danach ist festzuhalten, daß die Begründung eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens auch im Kompetenzbereich des Straßenverkehrsrechts und im gesetzestechnischen Zusammenhang von § 45 StVO Folgeregelungen impliziert, sachgerechterweise zum Inhalt und zu den Voraussetzungen verkehrsregelnder Verbote und Beschränkungen für die Ausübung des Gemeingebrauchs nicht staatlicher Fernstraßen, aber jedenfalls zwingend in bezug auf die organisationsrechtliche Ordnung der Zuständigkeiten und Anordnungsbefugnisse für solche verkehrsregelnde Maßnahmen. Im Rahmen des letzteren organisationsrechtlichen Regelungskomplexes empfiehlt sich auch eine spezielle und eigene Regelung zu den straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten der Träger nicht staatlicher Fernstra136

Dazu unter oben 2. m. Nachw. in Fn. 95.

6 Bartlsperger

82

C. Die organisationsrechtliche Verwirklichung von Straßenverkehrsrecht

ßen bei einer straßenverkehrsbehördlichen Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen. Die Feststellungen gelten der Zukunftsperspektive eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens, deren staatsrechtliche Realisierbarkeit an den speziell einschlägigen Verfassungsaussagen sowie an der insofern relevanten allgemeinen Verfassungsordnung des GG zu beurteilen ist. Die bundesstaatsrechtliche Kompetenznorm des Art. 90 GG tritt dabei in ihrer weiteren Bedeutung als Organisationsnorm eines staatlichen Fernstraßenwesens in den Vordergrund. Es geht um ihre Bedeutung als Staatsaufgabennorm und als Verfassungsaussage zur Privatisierungsfrage im Fernstraßenwesen.

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe und Objekt funktionaler Privatisierung I. Art. 90 GG als staatsrechtliche Organisationsnorm tradierter Staatlichkeit des Fernstraßenwesens Die Fernstraßen als rechtlich öffentliche Straßen im fachspezifischen Rahmen des Straßenrechts und als Straßenklasse mit der den vormaligen Reichsautobahnen und Reichsstraßen entsprechenden, im heutigen Sinne verstandenen Verkehrsfunktion eines gesamtstaatlich bedeutsamen, zusammenhängenden und einem weiträumigen Verkehr dienenden Verkehrsnetzes sind auf das GG ausschließlich in der entwicklungsgeschichtlich zuletzt verfestigten Organisationsform ausgeprägter Staatlichkeit überkommen.137 Auf der staatsrechtlichen Ebene führt Art. 90 GG diesen Rechtszustand dadurch fort, daß er die bundesstaatsrechtliche Rangentscheidung für eine Bundesauftragsverwaltung der vorgefundenen, aus den vormaligen Reichsautobahnen und Reichsstraßen bestehenden Straßenklasse von Fernstraßen sowie der einer gleichen Verkehrsfunktion dienenden neuen „Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs“ überhaupt erst auf der Grundlage einer staatsrechtlichen Organisationsentscheidung für ein staatliches Fernstraßenwesen trifft.138 Mit dem FStrG von 1953 und insofern unberührt von dessen seitherigen Änderungen und Neufassungen ist dann für diese staatlichen Fernstraßen auch das entwicklungsgeschichtlich überkommene, sowohl organisatorisch hoheitsrechtliche als auch zweckspezifisch hoheitliche Rechtsregime unter Ausschluß privatwirtschaftlicher Zwecksetzungen und Zweckverwirklichungen rezipiert worden; hieran ändern nichts der ebenfalls überlieferte, aber nicht mehr wirklich systemkonforme Sonder- und Ausnahmefall einer eigentumsrechtlichen bzw. privatrechtlichen Begründung bestimmter Sondernutzungsrechte sowie gewisse Praktiken von zivilrechtlichen Überstreckungen in das Straßenrecht hinein.139 Man kann deshalb von einer teils staatsrechtlichen, teils einfachrechtlichen 137 Zur Geschichte und Entwicklung von Straßen- und Wegerecht Gasner, Zum deutschen Straßenwesen, Schieck, Wegerecht, Karaisl von Karais / Schmieder, Die Deutsche Straße, Baumeister, Geschichte des deutschen Straßen- und Wegerechts, Landau, Geschichte der alten Heer- und Handelsstraßen, Engel, Geschichte des bayerischen Straßen- und Wegerechts, Barslsperger, DVBl. 79, 1 / 3 f., Salzwedel, Wege und Straßen, S. 232 ff., Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 147 ff. 138 Siehe oben unter A.I.2. und 3. 139 Zum Sondernutzungsrecht der geltenden Straßengesetze Zippelius, DÖV 58, 838 ff. und ders., Sondernutzungen an Straßen, in: Bartlsperger / Blümel / Schroeter, Ein Vierteljahr-

6*

84

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Fortführung tradierter Staatlichkeit des Fernstraßenwesens in dem zweifachen Sinne sprechen, daß dieses nur unmittelbar vom Staat selbst, unbeschadet besonderer, aus kommunalrechtlichen Sachgründen erklärbaren gemeindlichen Rechtszuständigkeiten und Straßenbaulasten für Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen, getragen sowie unter allein hoheitsrechtlicher Zwecksetzung und Verantwortung unter Ausschluß privatwirtschaftlicher Elemente verwaltet wird. Die tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens hat also einen sowohl organisationsrechtlichen als auch rechtszweckhaften Bedeutungsgehalt. Die derart rezipierte tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens verdankt sich allgemeinen Entwicklungen bei der neuzeitlichen Entstehung und Ausformung des modernen Staates sowie der endlich und wesentlich im Verlaufe des 19. Jahrhunderts abgeschlossenen Herausbildung und Abgrenzung spezieller Organisationsund Handlungsformen des öffentlichen Rechts, Entwicklungsvorgängen, die beide auch das Rechtsregime des überörtlichen Straßenwesens erfassen mußten und erfaßt haben. In dem letzteren Entwicklungszusammenhang ist die tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens das folgerichtige Ergebnis der seinerzeit entstandenen und maßgeblich gebliebenen Rechtsdogmatik eines besonderen öffentlichen Sachenrechts, welche die öffentlichen Sachen einer öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung unter einer hoheitsrechtlichen Sachherrschaft unterstellt sieht und deshalb auch für die im fachspezifischen Rahmen des Straßenrechts rechtlich öffentlichen Straßen ein entsprechendes hoheitsrechtliches Straßenregime annimmt.140 Allerdings läßt sich die Entwicklung zur Staatlichkeit des im heutigen Sinne verstandenen Fernstraßenwesens wegen einer nicht in jeder Hinsicht deutlichen Aussagekraft ursprünglicher Rechtszeugnisse sowie wegen in der Folgezeit nur partikularrechtlich und fragmentarisch verfügbarer sonstiger Rechtsquellen und Rechtsauffassungen lediglich in großen Linien rekonstruieren. Es handelt sich für einen langen Zeitraum um Annahmen zu einem den partikularrechtlichen und zeitlichen Differenzierungen übergeordneten allgemeinen Straßenrecht, das es so während der betreffenden Epochen im Sinne einer allenthalben anerkannten Rechtsgeltung gar nicht gegeben hat. Die älteren, zur Rechtsgeschichte gewordenen Rechtsquellen und Rechtsauffassungen zum Bereich des seinerzeit gemeinhin unter dem Begriff von „Land- und hundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 141 ff. sowie Volkmar, Grundzüge des Sondernutzungsrechts nach den geltenden Straßen- und Wegegesetzen des Bundes und der Länder, Diss. Münster 1966; ferner Bartlsperger, Mehrzweckordnung öffentlicher Straßen, S. 70 m. Nachw. Zu zivilrechtlichen Konstruktionen von Straßenrechtsverhältnissen Bartlsperger, Die Bundesfernstraßen als Verwaltungsleistung, 1969, ders., Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache sowie grundsätzlich ders., Sachenrechtsverhältnis der öffentlichen Straßen. 140 Zur Theoriengeschichte der öffentlichen Sache Schelcher, FischersZeitschrift 31 (1906), 1 / 8 ff., Maunz, Hauptprobleme des öffentlichen Sachenrechts, 1933, S. 91 ff.; in bezug auf das Straßenrecht Baumeister, Geschichte des Straßen- und Wegerechts, S. 21, Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 18 f., 31 ff. und 177 ff., Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 173 ff., 188 ff., 203 ff. und 267 ff.

II. Die tradierte Staatlichkeit in ihrer Entwicklungsgeschichte

85

Heerstraßen“ erfaßbaren Straßenwesens sind der jeweiligen Entwicklungsepoche entsprechend zeitbedingt fragmentarisch, für das Erkenntnisinteresse einer nachfolgenden Rechtsdogmatik eher wenig aussagekräftig und verläßlich sowie nicht zuletzt auch wegen partikularrechtlicher Unterschiede und Details nur mit entsprechenden Vorbehalten einer generell gültigen Interpretation zugänglich.141 Die neueren und letztlich maßgeblich gebliebenen Entwicklungen zum Straßenrecht haben sich wegen des lange andauernden Mangels einer auch rechtssatzmäßigen Erneuerung dieser Rechtsmaterie vorwiegend auf der Ebene einer nicht allenthalben geteilten bzw. klar gesehenen Rechtsdogmatik bewegt oder sind aus judiziellen Schritten entstanden, neben denen sich gleichzeitig auch gegensätzliche vorausgegangene Rechtsauffassungen zu behaupten vermochten. Trotzdem erscheint es mit Rücksicht auf den Zusammenhang von Rechtsgeschichte und Rechtsdogmatik begründeterweise vertretbar, aus erkennbaren und nachweisbaren wesentlichen Vorgängen ein verstehbares Bild jedenfalls zur Entstehung und zum Bedeutungsgehalt der auf die gegenwärtigen staatsrechtlichen und einfachrechtlichen Regelungen überkommenen Staatlichkeit des Fernstraßenwesens zu rekonstruieren sowie mit der insofern notwendigen Klarheit und Verläßlichkeit deutlich zu machen. Dies erweist sich auch in dem gedrängten Rahmen als möglich, der dem gegenständlichen Anlaß und Zusammenhang einer Interpretation von Art. 90 GG aus dessen historischen Voraussetzungen angemessen ist. Die Geschichte von Straßenwesen und Straßenrecht ist überhaupt ein Gegenstand, der wegen Vereinzelungen, Ungleichzeitigkeiten und Beurteilungsunterschieden generell gültigen Erkenntnissen nur schwer zugänglich ist und sich insofern eher jeweils selektiven und gesetzten Perspektiven erschließt. Dies gilt auch für die in Art. 90 GG aufgenommene tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens und für deren Bedeutungsgehalt.

II. Die tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens in ihrer Entwicklungsgeschichte 1. Die Überführung des feudalrechtlichen Straßenregals in den landesherrlichen Staat Der entscheidende erste Entwicklungsschritt, der letztlich zur Staatlichkeit der im Verlaufe des alten Reichsstaatsrechts als rechtlicher Gegenstand in Erscheinung getretenen „Land- und Heerstraßen“142 und in deren Funktionsnachfolge der heuti141 Zur partikularstaatlichen Entwicklung des Straßenrechts Baumeister, a. a. O., S. 9 ff. und Engel, Geschichte des bayerischen Straßen- und Wegerechts, S. 73 ff.; allgemein zur Partikularisierung der vormaligen Regalien Badura, Verwaltungsmonopol, S. 50 f. 142 So die neuzeitliche, in Landrechten vorwiegend verwendete Bezeichnung; siehe § 21 II 14 und § 1 II 15 PrALR oder Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (Aufl. 1844), p. 2 c. 1

86

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

gen Fernstraßen geführt hat, kann in einem epochalen und auch nur epochenmäßig einzuordnenden neuzeitlichen Vorgang von allgemeiner Bedeutung gesehen werden. Er hat sich für das Rechtsregime der „Land- und Heerstraßen“ darin vollzogen, daß das aus einer wesentlich im zwölften Jahrhundert entstandenen rechtlichen Konstituierung überkommene feudale Straßenregal143 in seiner, ungeachtet eines zeitentsprechend herrschaftlichen Grundelements, durchaus dominialen Ausgestaltung und in seiner durchaus wirtschaftlichen Nutzbarkeit zur Einnahmenerzielung durch Straßenzölle und Wegegelder für die Königsgewalt bzw. den jeweils lehensrechtlich titulierten Standesherrn abgelöst worden ist durch eine Einbeziehung in die landesherrliche Staatshoheit über die betreffenden öffentlichen Straßen.144 Allerdings war dies zunächst unter den zeitgeschichtlichen Bedingungen eines spezifischen und umfassenden „polizeilichen“ Verständnisses landesherrlicher Verwaltung im frühen landesherrlichen Staat wegepolizeilich erfolgt.145 Jene landesherrliche Wegepolizei als solche bedeutete für die „Land- und Heerstraßen“ lediglich, daß unter Beibehaltung von deren Regalität der Inhaber des Straßenregals dessen Nutzung nunmehr in Verantwortung gegenüber der landesherrlichen Wegepolizei zu ordnen und finanziell in Anspruch zu nehmen befugt war und daß er gegen den Genuß der regalen Nutzungen die ihm dafür obliegende Unterhaltungspflicht auch als „Polizeilast“ zu tragen hatte.146 Die derart zunächst nur wegepolizeilich verstandene und ausgebildete landesherrliche Straßenhoheit ist dann jedoch immerhin durch Rechtsauffassungen und in den partikularen Landrechten auch ausdrücklich festgelegte Regelungen ergänzt worden, wonach an den § 3 und § 5 sowie dazu bei Baumeister, a. a. O., S. 11 und Knapp, Gemeingebrauch und Straßeneigentum, S. 158 ff. bzw. Danzer, Das Bayerische Landrecht (Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis) vom Jahre 1756 in seiner heutigen Geltung, 1894, S. 65 f.; es finden sich auch andere partikularrechtliche Begriffe wie „Güterstraßen“ und „Commercialstraßen“ (Lassar, Geschichte des preußischen Straßen- und Wegerechts, S. 21). 143 Zur historischen Regalität Otto v. Gierke, Deutsches Privatrecht – 2. Sachenrecht, 1905, S. 396 ff., Lassar, a. a. O., S. 15 ff., Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte, Band I, 2. Aufl. 1962, S. 27 ff. und Badura, Verwaltungsmonopol, S. 41 ff.; zum Straßenregal Badura, a. a. O., S. 47 ff. und 64 f., Baumeister, Geschichte des Straßen- und Wegerechts, S. 8 ff., Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 32 ff. und Engel, Geschichte des bayerischen Straßen- und Wegerechts, S. 70 ff., 196 ff. und 275 ff. 144 Neben den Nachw. in Fn. 143 siehe bei Waitz, Die Entwicklung des Begriffs der Regalien unter besonderer Berücksichtigung des Postregals vom Ende des 16. Jahrhundert bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, 1939, und bezüglich des Straßenregals besonders Knapp, Gemeingebrauch und Straßenrecht, S. 157 ff. und 173 ff.; zur weiteren Verwendung des Begriffs von Regalien Fleiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl. 1928, S. 341, E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, I. Band, 2. Aufl. 1953, S. 480, Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959, S. 71 ff. und Badura, a. a. O., S. 71 ff. und 82 ff. 145 Zu seinerzeitigen Wegepolizei Salzwedel, Wege und Straßen, S. 348 ff. 146 Zu dieser Rechtsentwicklung einer Straßen- bzw. Wegebaulast Germershausen / Seydel, Wegerecht und Wegeverwaltung I, S. 26 ff. und 167 ff., Salzwedel, a. a. O., S. 388 ff., Engel, Geschichte des bayerischen Straßen- und Wegerechts, S. 275 ff. und Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 280.

II. Die tradierte Staatlichkeit in ihrer Entwicklungsgeschichte

87

„Land- und Heerstraßen“ bzw. den „Landstraßen“ sachenrechtlich ein exklusives „gemeines Eigentum des Staates“ und dementsprechend für „Jeden“ der „freie Gebrauch“ zum „Reisen und Fortbringen seiner Sachen gestattet“ worden ist sowie die neben dieser gemeingebräuchlichen Nutzung bestehenden Nutzungsrechte des landesherrlichen Regalinhabers an jenem „gemeinen Eigentum des Staates“ zu niederen Regalien des Staates, also zu Regalien neuer Art für die Erzielung von Staatseinkünften, erklärt worden sind.147 Zudem ist damit die Rechtsfolge verknüpft worden, daß der landesherrliche Staat gegen den Genuß der ihm aus jener niederen Regalität zukommenden Nutzungen verpflichtet worden ist, für die „Unterhaltung, Sicherheit und Bequemlichkeit derselben zu sorgen“, also eine staatliche Straßenbaulast zu tragen.148 Sie ist auf solche Weise von einer ursprünglich dominialen Verpflichtung im Sinne der mittelalterlichen, spezifisch lehensrechtlichen Obliegenheit des Regalinhabers zu einer Verpflichtung des neuzeitlichen landesherrlichen Staates auf der Grundlage eines nunmehr verstaatlichten Straßenregals geworden und seitdem mit dem Staatsbegriff verbunden. Die in der neuzeitlich landrechtlichen Epoche erfolgten Rechtsänderungen in bezug auf die „Land- und Heerstraßen“ bedeuteten allerdings noch keineswegs eine vollständige Verstaatlichung von deren Rechtsregime in dem weitgehenden und grundlegenden Sinn, daß dessen Rechtsbegründungen aus der Regalität zugunsten einer originären Staatshoheit aufgegeben worden wären, insbesondere nicht was die Straßenbaulast anging, auch wenn diese auf den neuzeitlichen landesherrlichen Staat übergleitet worden ist. Vielmehr hat es sich um eine modifizierende Verstaatlichung des ursprünglichen Straßenregals gehandelt. Hierbei sind drei Neuerungen zu unterscheiden.

2. Die rechtliche Ausgestaltung des landesherrlichen Straßenregals zu einer Staatshoheit und zu einem Staatsvorbehalt für die „Landstraßen“ Zum einen ist die sachenrechtliche Lage der „Land- und Heerstraßen“ ihres ausschließlich feudalrechtlichen, spezifisch dominialen Charakters jedenfalls insofern entkleidet worden, als den betreffenden Straßenanlagen mit der Umwandlung in „gemeines Eigentum des Staates“ eine von dem letzteren zu gewährleistende herrschaftliche Zweckbestimmung für den „freien Gebrauch“ durch „Jeden“ beigelegt worden ist.149 Hiermit verbunden war zum zweiten, daß nunmehr explizit die 147 Badura, Verwaltungsmonopol, S. 51 ff., Engel, a. a. O., S. 200 ff., Knapp, Gemeingebrauch und Straßeneigentum, S. 157 und 173 ff. Siehe insb. § 21 II 14, §§ 24 ff. II 14, §§ 1 ff. II 15 PrALR. 148 So § 11 II 15 PrALR. 149 Siehe die Darstellung bei Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 157 ff.; so in dieser Weise nachfolgenden „juristischen Durchdringung“ der Regalität Badura, Verwaltungsmonopol, S. 51 ff.

88

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

rechtsbegriffliche Vorstellung eines vom Staat gewährleisteten straßenrechtlichen Gemeingebrauchs entstanden ist. Auf diese Weise hat das Sachenrechtsregime der betreffenden öffentlichen Straßen seine ursprüngliche Grundlegung im Straßenregal bereits verlassen. Denn beide genannten neuen Rechtsinstitute, dasjenige eines „gemeinen Eigentums des Staates“ und dasjenige eines hiermit verbundenen spezifischen Gemeingebrauchs an den betreffenden öffentlichen Straßen, haben ersichtlich das der Regalität im allgemeinen und dem Straßenregal im besonderen auch schon ursprünglich neben der wirtschaftlichen Nutzbarkeit eigene herrschaftliche Element nunmehr nicht nur in den Vordergrund gestellt, sondern haben es auch in eine wesentliche Aufgabe und ein wesentliches Element der neuzeitlichen landesherrlichen Staatlichkeit umgewandelt und dadurch neu definiert. Insofern hat also die rechtliche Zweckbestimmung der „Land- und Heerstraßen“ schon eine spezifische Verstaatlichung erfahren.150 Nicht lediglich das Straßenregal ist dadurch und insoweit verstaatlicht worden, sondern die rechtliche Zweckbestimmung der betreffenden öffentlichen Straßen als solche ist nunmehr in einer Weise verstanden und ausgestaltet worden, die bereits ihren künftigen speziellen öffentlichrechtlichen Charakter erkennen läßt. Nicht mit der gleichen rechtlichen Begründung und Bedeutung hat sich dagegen auch schon die Verstaatlichung der landesherrlichen Straßenbaulast für die „Landund Heerstraßen“ vollzogen. Zwar ist auch diese, wie dargelegt, in eine Verpflichtung des landesherrlichen Staates umgewandelt worden.151 Aber sie hat auch noch dabei ihren spezifischen Rechtscharakter als korrespondierende und äquivalente Gegenverpflichtung für die regale Nutzbarkeit der betreffenden öffentlichen Straßen zur Erzielung von Staatseinkünften behalten. Zwar ist auf der einen Seite ihre funktionale Zuordnung auf die „gemeine“ Zweckbestimmung des staatlichen Straßenregals und auf die staatliche Gewährleistung des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs nicht zu verkennen. Aber auf der anderen Seite hat sie sich auch in dieser Funktion nach wie vor aus der regalen Korrelation definiert, wonach sie dem landesherrlichen Staat gegen den Genuß der diesem von den „Landstraßen“ zukommenden Nutzungen als Verpflichtung oblegen hat. In dem dargelegten Entwicklungsstand hat sich somit in der besonderen Hinsicht einer Begründung der Straßenbaulast für die „Landstraßen“ sowie in bezug auf das Straßenregime dieser öffentlichen Straßen allgemein und insgesamt das Straßenregal jedenfalls in dem spezifischen rechtlichen Bedeutungsgehalt eines Vorbehaltsrechts des landesherrlichen Staates zur Erzielung von Staatseinkünften neben dem Ertrag aus Domänen und aus der von einer Zustimmung der Landstände abhängigen Steuererhebung partiell behauptet.152 Zusammengefaßt besagt dies, 150 Zur Realisierung dieser Rechtsentwicklung des Straßenrechts im PrALR Knapp, a. a. O., unter Hervorhebung der dabei noch vorhandenen rechtsdogmatischen Widersprüche innerhalb jener landrechtlichen Regelungen; ferner bei Schelcher, FischersZeitschrift 31 (1906), 1 / 8 f. und Lassar, Grundbegriffe des preußischen Wegerechts, S. 15 ff. und 22 ff. 151 Nachw. Fn. 146 und 148. 152 Siehe die Einordnung und Systematik in den Regelungen von II 15 PrALR.

II. Die tradierte Staatlichkeit in ihrer Entwicklungsgeschichte

89

daß das Rechtsregime der „Landstraßen“ in jener ersten neuzeitlichen Epoche des modernen Staates sich zu einer Staatshoheit über diesen Bereich des Straßenwesens entwickelt hat, in der sich eine originäre, rechtliche Verstaatlichung der rechtlichen Zweckbestimmung öffentlicher Straßen sowie ein aus der Regalität herkommender und beibehaltener Vorbehalt ihrer Nutzbarkeit durch den Staat für die Erzielung von Staatseinkünften vereinigt haben. Wesentlich und allein die letztere rechtliche Funktion des staatlichen Regimes über die „Landstraßen“ während jener Entwicklungsepoche hat dessen rechtlichen Bedeutungsgehalt als Staatsvorbehalt getragen und bestimmt. Es hat sich um den regalen Restbestand im seinerzeitigen Rechtsregime der „Landstraßen“ gehandelt. Auch diesen Rechtscharakter und Bedeutungsgehalt hat das Rechtsregime der „Landstraßen“ dann während des neunzehnten Jahrhunderts verloren.

3. Die Ablösung des regalen Staatsvorbehalts für die „Landstraßen“ im neunzehnten Jahrhundert Schon im Verlaufe der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts hat der zum Zwecke der Erzielung von Staatseinkünften begründete, zuletzt im finanzwirtschaftlichen Sinne merkantil sowie im staatswissenschaftlichen Sinne kameralistisch tradierte regale Staatsvorbehalte für die „Landstraßen“,153 unbeschadet eines formalen Fortbestandes der betreffenden einschlägigen landrechtlichen Regelungen, seine effiziente Rechtsgeltung verloren.154 Denn bereits infolge der zu Anfang des Jahrhunderts unternommenen Staatsreformen sowie im Zuge einer schon frühkonstitutionellen Umorientierung der staatsrechtlichen Ordnung haben Straßenbauund Unterhaltungsaufwendungen der Staaten eine Verlagerung auf die staatliche Haushaltsfinanzierung und eine bloße Gebührenerhebung erfahren; sukzessive sind sogar die Straßenbenutzungsentgelte überhaupt abgeschafft worden.155 Auf diese Weise hat sich das Straßenregal auch in seiner zuletzt verbliebenen Rechtsfunktion eines finanzwirtschaftlichen Staatsvorbehalts als Gegenstand des Verwal153 Zu dieser, schon ab der Mitte des 16. Jahrhunderts einsetzenden und dann in der Entwicklung der Landeshoheit fortschreitenden Umwandlung der ursprünglichen Regalität auf der Grundlage einer neuen Regalientheorie siehe Badura, Verwaltungsmonopol, S. 52 ff. und 59 ff. 154 Dazu Badura, a. a. O., S. 66 ff. 155 Dies ist der staatsrechtlichen Lage entsprechend in zeitlich unterschiedlicher Weise partikularrechtlich geschehen, für den preußischen Staatsverband schon 1816 allgemein in bezug auf die „Zollgerechtigkeit“ im Sinne von §§ 88 ff. II 15 PrALR und im übrigen 1874 speziell für das Chausseegeld auf den Staatsstraßen (Nachw. bei Rehbein / Reincke, Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, 5. Aufl. 1894, S. 665 Fn. 75 – 77), für Bayern 1840 (Engel, Geschichte des bayerischen Straßen- und Wegerecht, S. 296). Zur weiteren Entwicklung des Straßenrechts in Preußen Baumeister, Geschichte des Straßen- und Wegerechts, S. 12 f. Zur weiteren Rechtsentwicklung siehe die ausführliche Darstellung bei Selmer / Brodersen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 15 ff.

90

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

tungsrechts verflüchtigt. Die Regalität überhaupt als Rechtstitel ist, unbeschadet seiner rechtsgeschichtlichen Bedeutung sowie seiner gelegentlichen Fortführung als traditionell verwendeter Begriff der Verwaltungslehre und verwaltungsrechtlichen Praxis,156 in einer mehr oder weniger schnellen Abfolge funktional ersetzt worden durch eine den liberalen Anschauungen sowie den konstitutionellen und verfassungsstaatlichen Anforderungen entsprechende explizite Normbegründung bestimmter zweckspezifischer Verwaltungsmonopole.157 Dabei ist das Straßenregal als staatliches Vorbehaltsrecht generell nicht wieder in Erscheinung getreten. Es hat sich faktisch und rechtlich erledigt und ist verwaltungsrechtlich einfach verschwunden. Das rechtliche Interesse am Straßenrecht und die Rechtsdogmatik des Straßenrechts haben sich im Verlaufe des neunzehnten Jahrhunderts der anderen, aus der Epoche der landesrechtlichen Straßenhoheit über die „Landstraßen“ überkommenen und noch zu bewältigenden Fragestellung zugewandt, wie die in dem seinerzeit geprägten Rechtsbegriff eines „gemeinen Eigentums des Staates“ an jenen öffentlichen Straßen sowie in der dabei entstandenen Rechtsvorstellung eines straßenrechtlichen Gemeingebrauchs für „Jeden“ überlieferte Sachenrechtslage der betreffenden Straßenanlagen mit den nunmehr maßgeblich gewordenen rechtlichen Zwecksetzungen, Organisations- und Handlungsformen eines speziellen öffentlichen Rechts in Einklang gebracht werden kann.158

4. Die Rechtsdogmatik eines öffentlichen Sachenrechts sowie einer öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung und Sachwaltung öffentlicher Straßen Die im Verlaufe des neunzehnten Jahrhunderts neu aufgetretene Frage nach einer Einfügung des neuzeitlich tradierten Straßenregimes in das öffentliche Recht hat teils im Zuge und als Konsequenz einer allgemeinen Entwicklung und Durchsetzung der Rechtsdogmatik eines öffentlichen Sachenrechts, teils durch die fachspezifisch straßenrechtliche Anerkennung einer öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung der öffentlichen Straßen sowie einer entsprechenden öffentlichrechtlichen Sachherrschaft und Sachwaltung über dieselben, einschließlich eines neuen Rechtsverständnisses der Straßenbaulast als einer öffentlichrechtlichen VerpflichBadura, Verwaltungsmonopol, S. 75 f. Zu diesen Badura, a. a. O., S. 80 ff.; zu deren Definition und zu deren nunmehrigen Rechtscharakter als Institut des öffentlichen Rechts ders., a. a. O., S. 86 f. bzw. 89 ff. 158 Zur weiteren, nunmehr rechtswissenschaftlichen Entwicklung der Straßenrechtsdogmatik in bezug auf den Sachenrechtsstatus der öffentlichen Straßen Baumeister, a. a. O., S. 21 f. sowie statt vieler Schelcher, FischersZeitschrift 31, 1906, 1 ff., Maunz, Hauptprobleme des öffentlichen Sachenrechts, 1933, S. 91 ff., Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 31 ff. und Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 173 ff., 187 ff. und 203 ff. 156 157

II. Die tradierte Staatlichkeit in ihrer Entwicklungsgeschichte

91

tung des Straßenherrn, eine Lösung erfahren. Vorwiegend und sichtbar ist dies aus Anlaß eines rechtsdogmatisch klärenden und nachwirkenden Ereignisses159 sowie für das Straßenrecht im Zuge einer rechtspraktischen Begriffsbestimmung und Abgrenzung des öffentlichen Straßenwesens160 geschehen. Zum einen haben mit künftiger rechtsdogmatischer Maßgeblichkeit der Verlauf und Ausgang eines konkret veranlaßten Grundsatzstreites um die generell bestehende Sachenrechtslage öffentlicher Sachen überhaupt die Rechtsauffassung befördert und manifestiert, daß die öffentlichen Sachen vorrangig einer öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung und einer dementsprechenden öffentlichrechtlichen Sachherrschaft unter jeweiliger Zurückdrängung des privatrechtlichen Eigentums unterliegen.161 Kontrovers ist hierbei im wesentlichen nur noch gewesen, ob öffentliche Sachen in Anknüpfung an romanistische Rechtsvorstellungen zu den res publicae oder an die sachenrechtliche Kategorie eines „gemeinen Eigentums“ der betreffenden Sach- und Verwaltungsträger ausschließlich einen besonderen öffentlichrechtlichen bzw. „gemeingebräuchlichen“ Vermögens-, Verwaltungsund Nutzungsstatus ohne die dominialen Elemente privatrechtlichen Eigentums haben oder ob sie einer dualistischen bzw. gemischtrechtlichen Sachherrschaft unterliegen, nach der das privatrechtliche Eigentum auch an öffentlichen Sachen unter der jeweiligen besonderen und vorrangigen öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung für den betreffenden öffentlichrechtlichen Verwaltungszweck, Anstalts- oder Gemeingebrauch sowie unter einer dementsprechend weitgehenden hoheitsrechtlichen Verwaltung fortbesteht.162 Bekanntlich ist die letztere Auffassung herrschend geworden,163 in der Regel auch gegenüber der weiteren Annahme und dem Rechtsbegriff eines „öffentlichen Eigentums“164 sowie gegenüber einer sachenrechtlichen Beurteilung öffentlicher Sachen im Gemeingebrauch, insbesondere öffentlicher Straßen, als einer ausschließlich dem öffentlichen Recht unterstellten, 159 Sogenannter Basler Schanzenstreit; dazu bei Knapp, a. a. O., S. 187 ff.; ferner Bartlsperger, a. a. O., S. 33 m. Nachw. 160 Maßgeblich ist die betreffende Rechtsprechung des PrOVG geworden: Urt. 17. 9. 1879, PrOVGE 5, 229 ff. und 12. 5. 1910, PrOVGE 57, 345 ff.; zu der dabei entstandenen sog. Widmungstheorie Salzwedel, Wege und Straßen, S. 341 ff. und Knapp, a. a. O., S. 214 ff.; ferner Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 4 Rnr 2 ff. Zur schon vorausgegangenen Regelung außerhalb des preußischen Straßenrechts Lassar, Grundbegriff des preußischen Wegerechts, S. 29 ff. 161 Zu dem sogenannten Basler Schanzenstreit Nachw. Fn. 159. 162 Dazu bei Schelcher, FischersZeitschrift 31, 1906, 1 ff., Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 3 ff. und 177 f. und ders., Sachenrechtslage der öffentlichen Straßen sowie Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 203 ff. und 267 f. 163 Siehe die Darstellung bei Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 5. Eine Ausnahme stellt das öffentliche Eigentum an den Straßen des Landesrechts nach dem Hamburgischen Wegegesetz dar; dazu Beschl. BVerfG 10. 3. 76, BVerfGE 42, 20 ff. 164 Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1895, am ausführlichsten 2. Aufl. 1917, S. 71 ff., 3. Aufl. 1924, S. 39 ff. sowie ders., AöR 16 (1901), 38 ff. und 203 ff., AöR 21 (1907), 499 ff. und AöR 39 (1920), 77 ff.; dazu u. a. G. Jellinek, VerwArch. 5 (1897), 304 ff. und Wittig, BVBl. 69, 680 ff.

92

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

mit dem Eigentumsbegriff des bürgerlichen Rechts nicht sachgerecht erfaßbaren „Verwaltungsleistung“.165 Danach ist es auch für den fachspezifischen Bereich des Straßenrechts gefestigte Rechtsauffassung geworden, daß neben der hoheitsrechtlichen Wegepolizei bzw. Straßenaufsicht die rechtlich öffentlichen Straßen, unbeschadet der Annahme eines in gewissen rechtstechnischen Beziehungen relevanten privatrechtlichen Eigentums an Straßengrund und Straßenbauwerk, jedenfalls einer besonderen und vorrangigen öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung und einer dementsprechenden hoheitsrechtlichen Sachherrschaft und Benutzungsordnung, einschließlich einer hoheitsrechtlichen Straßenbaulast, unterliegen, vorbehaltlich eines damit an sich nicht mehr zu vereinbarenden Sonder- und Ausnahmefalles eigentumsrechtlich oder jedenfalls privatrechtlich begründeter bestimmter Sondernutzungsrechte sowie in einzelnen Rechtsfragen gelegentlich und praktisch noch immer fortgeführter privatrechtlicher Überstreckungen in das Straßenrecht hinein. Eine folgerichtige Bekräftigung und Ausformung hat die seinerzeit entstandene allgemeine Rechtsdogmatik eines öffentlichen Sachenrechts im fachspezifisch straßenrechtlichen Rahmen nicht zuletzt aus Anlaß einer in der Rechtspraxis aufgekommenen Fragestellung nach der Begriffsbestimmung und Abgrenzung rechtlich öffentlicher Straßen erfahren. Sie ist in der dazu obergerichtlichen Rechtsprechung anhand des Kriteriums und Erfordernisses einer kraft Herkommens begründbaren oder ausdrücklichen öffentlichrechtlichen Widmung öffentlicher Straßen gelöst worden.166 Auch zur wesentlichen Aussage und Konsequenz dieser sogenannten Widmungstheorie gehört es, daß die betreffende, aus dem Herkommen nachweisliche oder ausdrücklich vorgenommene Widmung von Straßenanlagen zu öffentlichen Straße deren besondere öffentlichrechtliche Zweckbestimmung und hoheitsrechtliche Sachverwaltung, den spezifisch hoheitlichen Rechtscharakter der Straßenbaulast, die öffentlichrechtliche Sachherrschaft der Straßenverwaltung sowie den öffentlichrechtlichen Gemeingebrauch und Gemeingebrauchsschutz festgeschrieben hat. Danach markiert die Ausbildung und Anerkennung eines öffentlichrechtlichen Sach- und Verwaltungsregimes öffentlicher Straßen im Verlaufe des neunzehnten Jahrhunderts das Ergebnis einer Entwicklungsgeschichte zur Verstaatlichung der „Landstraßen“ sowie den rechtlichen Bedeutungsgehalt dieser Verstaatlichung. Er besteht ausschließlich darin, daß der betreffende überörtlich und überregional bedeutsame Bereich öffentlicher Straßen in staatlicher Trägerschaft einer dem Staat aufgabenmäßig zugeordneten öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung und Sachverwaltung unterliegt. Privatrechtliche Elemente beanspruchen in diesem Straßen165 Bartlsperger, Sachenrechtsverhältnis der öffentlichen Straßen m. Nachw.; grundsätzlich in dem Sinne für eine sachenrechtliche Erfassung der öffentlichen Straßen als „Verwaltungsleistung“ Beschl. BVerfG 10. 3. 76, BVerfGE 42, 20 / 32 und schon Urt. 18. 12. 68, BVerfGE 24, 367 / 389 f., ferner bei Hardinghaus, Öffentliche Sachherrschaft und öffentliche Sachverwaltung, 1966. 166 Nachw. Fn. 160.

II. Die tradierte Staatlichkeit in ihrer Entwicklungsgeschichte

93

regime nur noch insofern Bedeutung, als sie neben der vorrangigen öffentlichrechtlichen Sachherrschaft über die betreffenden öffentlichen Sachen bestimmten rechtstechnisch eigentumsrechtlichen Angelegenheiten dienen. Sie mögen rechtskonstruktiv als rechtsgeschichtlich verstehbares Fortwirken des ursprünglich dominialen Straßenregals für die „Land- und Heerstraßen“ sowie der in der landrechtlichen Epoche geprägten Rechtsfigur eines „gemeinen Eigentums des Staates“ an jenen öffentlichen Straßen gesehen werden. An dem Ergebnis einer Verstaatlichung der überörtlich und überregional bedeutsamen öffentlichen Straßen in dem beschriebenen Sinne ändern sie nichts. Die auf solche Weise erreichte Publifizierung der öffentlichen Straßen, aber auch nur diese macht am Ende die tradierte Staatlichkeit des im heutigen Sinne verstandenen Fernstraßenwesens aus. 5. Fortführung und Rezeption der tradierten Staatlichkeit des Fernstraßenwesens in dessen Gesetzgebungsepoche Auf dem dargelegten, wesentlich schon im 19. Jahrhundert erreichten Entwicklungsstand der allgemeinen Rechtsdogmatik eines öffentlichen Sachenrechts und von deren besonderer straßenrechtlicher Ausgestaltung ist das Rechtsregime nicht nur der „Landstraßen“, sondern aller im fachspezifisch straßenrechtlichen Sinne öffentlichen Straßen schließlich unverändert auf die Epoche einer nicht mehr nur vereinzelten partikularrechtlichen, sondern zentralstaatlichen Rechtssetzung zum Straßenrecht im nationalsozialistischen Staat überkommen und dort ohne materielle Änderungen geblieben.167 Das seinerzeitige StrRegG von 1934 hat in materieller Hinsicht im wesentlichen nur Regelungen zur Klassifikation der öffentlichen Straßen getroffen sowie „dem jeweiligen Träger der Straßenbaulast“ die Befugnis zur Ausübung der „aus dem Eigentum an der Straße sich ergebenden Rechte und Pflichten“ übertragen.168 Im übrigen hat es die gesamte Straßenverwaltung einer zentralstaatlichen Organisation und Leitung des Reichs unterworfen. 167 Zur Neuordnung des Straßenrechts im nationalsozialistischen Staat Krumstroh, RVerwBl. 35, 46 ff., G. Schmidt, RVerwBl. 35, 325 ff., Scheuner, RVBl. 37, 729 ff., Wienekke, Deutsches Straßenwesen, S. 21 ff., Baumeister, Geschichte des Straßen- und Wegerechts, S. 25 ff., Kodal, Die Kategorisierung der Straßen, in: Bartlsperger / Blümel / Schroeter, Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 507 / 508 f., Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 39 f. sowie Erläuterungen zum StrRegG von 1934 und zum Reichsnebenbetriebsrecht bei Marschall, Straßenbaurecht, S. 79 ff. bzw. 37 ff.; speziell zum Reichsautobahnrecht Nachw. in Fn. 2. Die betreffenden Gesetze, Verordnungen und sonstigen Vorschriften sind abgedruckt bei Germershausen / Seydel / Marschall, Wegerecht und Wegeverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland und in deren Ländern, Zweiter Band, 1961. Allgemein zur damaligen Zentralisierung der öffentlichen Verwaltung Stern, Staatsrecht II, § 41 IV 2 m. w. Nachw. und Dittmann, Bundesverwaltung, S. 60 ff. 168 Zur Neueinteilung der Straßen § 1 StrRegG, zur Eigentumsregelung § 3 Abs. 1 StrRegG; zur rechtskonstruktiven Bedeutung der letzteren Regelung Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 303 ff. und zur damaligen Diskussion um eine grundlegende materiellrechtliche sachenrechtliche Neuregelung des öffentlichen Straßenwesens Nachw. bei Ibler, Art. 90 GG, Rnr 13.

94

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Auch für das ab 1933 geschaffene Reichsautobahnrecht ist die zuletzt entstandene öffentlichrechtliche Ordnung des „öffentlichen Straßenwesens“ insofern zum Vorbild geworden, als dieses neue spezielle, anstaltlich ausgestaltete Reichsautobahnwesen in materieller Hinsicht ebenfalls einer strikt hoheitsrechtlichen Ordnung und in organisationsrechtlicher Hinsicht der staatlichen Hoheit des Reichs vorbehalten worden ist. Dies ist zunächst nur dadurch organisationsrechtlich verdeckt worden, daß das aus verkehrswirtschaftlichen Gründen im Rahmen der Reichseisenbahnverwaltung geführte Reichsautobahnwesen 1933 einem als „juristische Person des öffentlichen Rechts“ von der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft errichteten Zweigunternehmen „Reichsautobahnen“ übertragen worden ist, ehe auch diese doppelte organisationsrechtliche Verselbständigung 1938 und nochmals 1941 insofern verändert worden ist, als die Dienststellen jenes Unternehmens „Reichsautobahnen“ in Reichsbehörden umgewandelt worden sind.169 Schließlich hat sich an der seit dem neunzehnten Jahrhundert tradierten Sachenrechtslage und hoheitsrechtlichen staatlichen Sachverwaltung der im nationalsozialistischen Staat geschaffenen Reichsstraßen und Reichsautobahnen auch während deren zwischenzeitlicher treuhänderischer Verwaltung nach 1945 auf der Ebene und im Rahmen der Landesstraßenverwaltungen in den westlichen Besatzungszonen nichts geändert.170 Die dann im GG in dessen Art. 74 Nr. 22 a.F. und Art. 90 169 Gesetz über die Errichtung eines Unternehmens „Reichautobahnen“ 27. 6. 1933 (RGBl. II S. 509) mit Änderungsgesetzen 18. 12. 1933 (RGBl. I S. 1081) und 14. 5. 1936 (RGBl. I S. 440) sowie Verordnungen 7. 8. 1933 (RGBl. II S. 521) und 8. 3. 1935 (RGBl. II S. 177). Aufhebung des Gesetzes vom 27. 6. 1933 und Umwandlung der Dienststellen des Unternehmens in „Reichsbehörden“ durch Gesetz zur Neuregelung der Verhältnisse der Reichsautobahnen 1. 6. 1938 (RGBl. I S. 207) und durch das Reichsautobahngesetz vom 29. 5. 1941 (RGBl. I S. 313) mit Verordnung 29. 5. 1941 (RGBl. I S. 315). Siehe auch Schattenmann (RB 1940, 2 ff.). 1944 ist die Reichsautobahnverwaltung aufgelöst und in die unmittelbare Reichsverwaltung eingegliedert worden (Anordnung 18. 9. 1944 und Führererlaß 25. 7. 1944, RGBl. I S. 161). Zum damaligen Nebenbetriebsrecht der Reichsautobahnen siehe in RB 1936, 877 (Reichsautobahn-Kraftstoff-GmbH bzgl. der Tankstellen, Reichsautobahn-Raststätten-GmbH). Ob man aufgrund der seinerzeitigen organisationsrechtlichen Verselbständigung des Reichsautobahnwesens davon sprechen kann, daß dieses „entstaatlicht“ worden sei, erscheint fraglich (so aber Friauf, Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben S. 139 gegen Hettlage, Straßenverwaltung und Straßenbau. Gedanken zur Neuordnung des deutschen Straßenwesens, o.J.). 170 Zur Rechtslage ab 1945 siehe Fn. 12; allgemein zur „gesamtstaatlichen“ Verwaltung zwischen 1945 und 1949 Dittmann, Bundesverwaltung, S. 70 ff. Das Reichsautobahnrecht in seiner letztmaligen Regelung hat zunächst auch unter dem Grundgesetz mit einer Änderung durch Gesetz vom 4. 4. 1951 (BGBl. I S. 235) noch bis zu seiner Aufhebung durch § 25 Abs. 1 Nr. 1 FStrG sinngemäß fortgegolten (Marschall, Straßenbaurecht, S. 37 Vorb.). Gleiches gilt für das StrRegG 1934 jedenfalls bezüglich der neuen Bundesfernstraßen bis zu seiner Aufhebung gem. § 25 Abs. 2 S. 1 FStrG; hinsichtlich seiner Fortgeltung im Landesstraßenrecht § 25 Abs. 2 S. 2 FStrG. Als Beispiel zur Landesstraßenverwaltung für die Reichsautobahnen und Reichsstraßen ab 8. 5. 1945 bis zum Inkrafttreten des GG bzw. des FStrG im Jahre 1953 siehe die, allerdings

II. Die tradierte Staatlichkeit in ihrer Entwicklungsgeschichte

95

zum Fernstraßenwesen geschaffenen Verfassungsnormen haben sich darauf beschränkt, zu den „Landstraßen für den Fernverkehr“ eine konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes zu begründen, die vormaligen Reichsautobahnen und Reichsstraßen in das Eigentum des Bundes zu überführen sowie für die dementsprechend dem Staat zugeordnete Verwaltung der nunmehrigen „Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs“ eine der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG folgende bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung festzulegen. Bei der im übrigen auf einfachrechtlicher Ebene erfolgten materiellen Ausgestaltung des neuen Fernstraßenrechts der Bundesfernstraßen haben das FStrG von 1953 sowie dessen zwischenzeitliche Änderungen und Neufassungen unter Aufhebung der während des nationalsozialistischen Staates171 insofern geschaffenen Regelungen im wesentlichen das bereits im neunzehnten Jahrhundert entwickelte und seitdem anerkannte Rechtsregime der öffentlichen Straßen rezipiert. Im Ergebnis mag es somit eine jedenfalls deskriptiv zutreffende Aussage sein, daß die Bereitstellung und Erhaltung von Straßen für den öffentlichen Verkehr „öffentliche Aufgaben“ und daß die dem allgemeinen Verkehr dienenden Straßen als private Einrichtungen dem deutschen Straßenwesen fremd seien.172 Allerdings ist es eine weitergehende und andere Frage, welchen staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt eine derartige Beurteilung zu beanspruchen vermag. Möglicherweise soll sie in dem ebenfalls einer Tradition entsprechenden Sinne verstanden werden, der „Straßenbau“ könne „wegen seiner Bedeutung für die Allgemeinheit und seiner Einbindung in ein gesamtstaatliches und sogar internationales Verkehrsnetz nicht als private Angelegenheit anerkannt werden“, er sei vielmehr, wie auch die Regelungen des FStrG ergäben, dem Staat „vorbehalten“ und dessen „Pflichtaufgabe“.173 In staatstheoretischer Hinsicht sowie unter aktuellen Perspektiven einer „öffentlichen Daseinsvorsorge“ und Infrastrukturverantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen geht es dabei um die Frage einer dem Staat insofern als dessen Existenzweise bzw. kraft seiner spezifischen staatsrechtlichen Ordnung aufgegebenen „Staatsaufgabe“. Indessen läßt sich zu dieser Frage einer normativen Staatsaufgabenqualität des Fernstraßenwesen weder der tradierten Staatlichkeit des Fernstraßenwesens als solcher in ihrer dargelegten Entwicklungsgeschichte noch den hieran anschließenden expliziten und speziellen Verfassungsaussagen des GG zum Fernstraßenwesen allein, aber auch dem derzeitigen FStrG, schwerlich mehr als ein kontingenter Bedeutungsgehalt entnehmen. erst nachträglich klarstellende Regelung im Freistaat Bayern durch Gesetz Nr. 115 über die Straßenbaulast in Bayern vom 12. 4. 1948 (GVBl. S. 61). 171 Siehe Fn. 170. 172 Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 1 Rn. 12.1. offenbar soll danach das Überlieferte mit dem einzig Denkbaren gleichgesetzt werden. 173 Bull, Staatsaufgaben, S. 267. In diesem Sinne am exponiertesten für einen Staatsvorbehalt im Fernstraßenwesen Wendrich, BauR 85, 152 / 154 ff. und 156; staatstheoretische Begründung bei H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl. 1966, § 34 I 4b.

96

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

III. Die tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt 1. Die Staatshoheit über das Fernstraßenwesen als entwicklungsgeschichtlich kontingente Organisationsform ohne ausdrücklichen Staatsvorbehalt Die tradierte Staatlichkeit des aus einer straßenrechtlichen Funktionsnachfolge der vormaligen „Land- und Heerstraßen“ bzw. „Landstraßen“ sowie der während der nationalsozialistischen Zeit geschaffenen zentralstaatlichen Reichsstraßen und Reichsautobahnen erwachsenen Fernstraßenwesens hat sich, wie erörtert, in ihrem während des neunzehnten Jahrhunderts erreichten und von da an letztlich unverändert gebliebenen Entwicklungsstand auf den Bedeutungsgehalt einer Rechtsdogmatik zur öffentlichrechtlichen Sachherrschaft und Sachwaltung über öffentliche Straßen verengt. In diesem letztlich als rechtsgeschichtlichem Faktum nachweislichen, beschränkten rechtsdogmatischen Sinne besagt die tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens so viel, aber eben auch nicht mehr, als daß die im heutigen Sinne verstandenen Fernstraßen aufgrund ihrer neuzeitlich entstandenen staatlichen Zweckbestimmung und Organisation und unter der Voraussetzung eines in der konstitutionellen bzw. verfassungsstaatlichen Epoche aufgekommenen speziellen öffentlichen Rechts einer öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung sowie einer dementsprechenden hoheitsrechtlichen Sachherrschaft und Sachwaltung unterliegen. Dagegen ist in jener konstitutionellen bzw. verfassungsstaatlichen Epoche der bis dahin überkommene regale Staatsvorbehalt, wie dargelegt, für die betreffenden „Landstraßen“ entfallen. Diese haben zwar den Zustand eines „faktischen Angebotsmonopols“ des Staates behalten. Aber zu der Normbegründung eines rechtlichen Verwaltungsmonopols im Straßenwesen ist es seinerzeit nicht mehr gekommen.174 In einer, jedenfalls damals maßgeblichen positivrechtlichen Betrachtungsweise erweist sich deshalb die tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens als ein lediglich kontingenter Rechtszustand. Als solcher hat er auch in der Folgezeit und im Ergebnis keine positivrechtliche Veränderung erfahren. Im Gegenteil ist die Frage eines Staatsvorbehalts im Fernstraßenwesen durch das positive Recht ausdrücklich anders beantwortet worden. Den Anlaß zur Regelung eines Staatsvorbehalts im funktional verstandenen Fernstraßenwesen hat zunächst der in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entstandene Gedanke einer Schaffung von verkehrswirtschaftlich und verkehrstech174 Zu Verwaltungsmonopolen und einer verfassungsstaatlichen Ordnung und zum Vorbehalt von deren verfassungsrechtlicher bzw. verfassungskonformen Normbegründung Badura, Verwaltungsmonopol, S. 80 ff., 86 ff., 313 ff. Zum grundrechtlich Eingriffscharakter von Verwaltungsmonopolen (Art. 12 Abs. 1 GG) Badura, a. a. O., S. 338 ff., Obermayer / Steiner, NJW 69, 1457 ff., Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 92 ff., Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 12 Rnr 406 ff., Breuer, HStR VI (1989), § 148 Rnr 64 ff.

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

97

nisch besonderen „Autobahnen“ gegeben. Dieser Gedanke ist zuerst wesentlich in mehreren Konzepten und Planungen für private Autobahnprojekte aufgegriffen und in Einzelfällen auch bis zu deren Verwirklichung in privater Trägerschaft und Organisationsform gediehen. Letztlich ist der hieraus resultierende sogenannte „Kampf um die Autobahnen“175 durch den nationalsozialistischen Staat im Jahre 1933 zugunsten der Schaffung eines zunächst organisationsrechtlich verselbständigten, später in den Jahren 1938 und 1941 unmittelbar reichsbehördlich geführten Unternehmens „Reichsautobahnen“ 176 sowie durch Begründung eines ausschließlichen Rechts dieses Unternehmens „zum Bauen und Betreiben“ der ursprünglichen „Kraftfahrbahnen“ und nachfolgend umbenannten „Reichsautobahnen“ entschieden worden.177 Jedoch ist dieser seinerzeit in Form einer ausschließlichen „Reichsautobahnhoheit“ festgelegte Staatsvorbehalt mit dem gesamten vormaligen Reichsautobahnrecht auf dessen letztem Stand von 1941 im FStrG von 1953 ausdrücklich aufgehoben worden,178 unbeschadet des Umstandes, daß hierbei auch bundesstaatsrechtliche Erwägungen mit Rücksicht auf die im GG zwischenzeitlich festgelegte Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen im Spiele gewesen sein mögen. Möglicherweise konnten auch die Vorschriften des StrRegG von 1934 dahin interpretiert werden, daß die damaligen Reichstraßen sowie die seinerzeitigen Landestraßen I. und II. Ordnung mit Rücksicht auf die dabei geltende ausschließliche Bestimmungs- und Leitungsgewalt des Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen einem Staatsvorbehalt unterlegen hatten.179 Aber auch diese Regelungen haben jedenfalls schon mit dem organisationsrechtlichen Verlust einer Reichsverwaltung im Jahre 1945 ihre Geltungsgrundlage verloren und sie sind im übrigen ebenfalls durch das FStrG von 1953 ausdrücklich aufgehoben worden.180 Danach ist ein rechtlich begründeter expliziter Staatsvorbehalt im Fernstraßenwesen nur ein geschichtliches Zwischenspiel gewesen. Es kann in seinem Ausgang sogar als negative Beantwortung der Frage eines ausdrücklichen positivrechtlichen Staatsvorbehalts im Fernstraßenwesen gelten. Ohne Bedeutung ist in dem Zusammenhang auch der Umstand, daß für die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen nach der einschlägigen Vorschrift von § 15 FStrG bis zu der Änderung und Neufassung des FStrG im Jahre 1994 ein staatliches Verwaltungsmonopol gegolten hat181 und seitdem der Bau und Betrieb von Nebenbetrieben durch Dritte einem Übertragungsvorbehalt unterliegt. Beides versteht sich lediglich im Zusammenhang und unter der Voraussetzung staatlicher Bundesfernstraßen. Das vormalige staatliche Nebenbetriebsmonopol und der gel175 176 177 178 179 180 181

Nachw. in Fn. 2. Fn. 169. Jeweils § 3 RAG-Gesetz 1933 und RAG-Gesetz 1941. § 25 Abs. 1 Nr. 1 FStrG 1953; siehe Fn. 169. § 1 und § 4 StrRegG. § 25 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FStrG 1953. Dazu Badura, Verwaltungsmonopol, S. 190.

7 Bartlsperger

98

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

tende staatliche Vergabevorbehalt für die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen haben also nur einen akzessorischen und bedingten Rechtscharakter in bezug auf die staatlichen Bundesfernstraßen. Von einem Staatsvorbehalt an sich kann auch in dieser partiellen Hinsicht keine Rede sein. Das einfache Fernstraßenrecht kennt also in seiner Ausgestaltung, die maßgeblich während des neunzehnten Jahrhunderts rechtsdogmatisch entstanden und in der jene Rechtsdogmatik rezipierenden Kodifikationsphase beibehalten worden ist, keine Normbegründung bzw. Regelung, wonach der tradierten Staatlichkeit des Fernstraßenwesens die Organisationsform eines ausdrücklichen Staatsvorbehalts beigelegt worden wäre. Dabei hat man von dem insofern im nationalsozialistischen Staat unter besonderen staatsrechtlichen Voraussetzungen zustandegekommenen Zwischenspiel eines jedenfalls im damaligen Reichsautobahnrecht geltenden Staats- und Reichsvorbehalts abzusehen. Vielmehr macht gerade dessen nachfolgende ausdrückliche Aufhebung deutlich, daß sich das geltende einfache Fernstraßenrecht in der Frage eines fernstraßenrechtlichen Staatsvorbehalts zumindest einer Aussage enthält. Die seit dem FStrG von 1953, einschließlich dessen zwischenzeitlicher Änderungen und Neufassungen, und in ergänzenden gesetzlichen Regelungen aktuell bestehende Straßenrechtskodifikation im Bereich des Fernstraßenwesens stellt sich wie auch schon die entwicklungsgeschichtlich zuletzt tradierte Staatlichkeit der Fernstraßen im Hinblick auf eine normative Staatsaufgabenfrage als ein lediglich kontingentes Fernstraßenrecht staatlicher Bundesfernstraßen dar. Für eine rechtliche Stringenz des staatlichen Fernstraßenwesens finden sich jedenfalls im einfachen Fernstraßenrecht keine ausdrücklichen Anhaltspunkte. Allerdings ist nicht zu verkennen, daß auch ein bloß kontingenter Bedeutungsgehalt des einfachen, exklusiv für staatliche Bundesfernstraßen geschaffenen Fernstraßenrechts wegen der hiermit verbundenen und dadurch beschränkten fachspezifischen Realisierungsmöglichkeiten von Fernstraßen die faktische Wirkung eines Staatsvorbehalts zu entfalten vermag. Infolge dieser fachspezifischen Konsequenzen impliziert jedenfalls ein ausschließlich für staatliche Fernstraßen bestehendes Fernstraßenrecht einen faktischen Staatsvorbehalt. Aber rechtlich stellt sich dazu die Frage, ob eine kontingente Beschränkung des einfachen Fernstraßenrechts auf ein staatliches Fernstraßenwesen auch einen stringenten Rechtsgrund für sich beanspruchen kann und damit zugleich die Normbegründung eines Staatsvorbehalts einschließt. Es handelt sich um die dem aktuellen einfachen Fernstraßenrecht auf der Verfassungsebene vorgeordnete Rechtsfrage nach der staatsrechtlichen Kontingenz oder Stringenz staatlicher Fernstraßen. Mit anderen Worten kommt es darauf an, ob die im geltenden einfachen Fernstraßenrecht lediglich kontingent in Erscheinung tretende Staatlichkeit der Fernstraßen einer staatsrechtlich stringenten Rechtslage entspricht. Dies lenkt die rechtliche Beurteilung zur Staatlichkeit der Fernstraßen entscheidend auf die speziellen Verfassungsaussagen des GG zum Fernstraßenwesen in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG. Indessen liefern diese in der Frage eines Staatsvorbehalts bzw. einer normativen Vorbehalts- und Pflicht-

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

99

aufgabe des Staates für das Fernstraßenwesen keine expliziten Anhaltspunkte. Vielmehr erweisen sie sich in ihrem unmittelbaren und ausdrücklichen positivrechtlichen Bedeutungsgehalt, was die organisatorische und zweckhafte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens angeht, als kaum aussagekräftig, bei genauerer und unverstellter Betrachtung sogar als deutlich fragmentarisch.

2. Die speziellen Verfassungsaussagen zum Fernstraßenwesen in ihrem unmittelbaren und expliziten staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt a) Art. 90 GG als bundesstaatsrechtliche Rangentscheidung und staatsrechtliche Organisationsnorm zum staatlichen Fernstraßenwesen In Art. 90 trifft das GG eine bundesstaatsrechtliche Rang- und Abgrenzungsentscheidung zu einem verkehrswirtschaftlich und verkehrsfunktional als Straßenklasse kraft Verfassungsrechts neu zu definierenden Fernstraßenwesen auf der Grundlage tradierter Staatlichkeit der betreffendenden öffentlichen Straßen. Von dem letzteren kontingent überkommenen Rechtszustand ausgehend ist es bei den betreffenden verfassunggebenden Erwägungen und Entscheidungen ausschließlich darum gegangen, für das gesamtsstaatlich verkehrsbedeutsame Fernstraßenwesen eine den hierfür überlieferten, verfügbaren und sinnvollen Verwaltungsstrukturen entsprechende bundesstaatsrechtliche Sach- und Verwaltungskompetenz zu finden sowie den Geltungsbereich derselben in der Frage einer bloßen Beschränkung auf die neuen Bundesautobahnen oder einer Einbeziehung auch der vormaligen Reichsstraßen und der ihnen künftig entsprechenden Straßenklasse abzugrenzen.182 Dies ist in der Weise geschehen, daß in Art. 90 Abs. 1 und 2 GG eine aus „Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs“ bestehende Straßenklasse von Bundesfernstraßen geschaffen worden ist, die grundsätzlich in auftragsweiser Landesverwaltung nach Art. 85 GG verwaltet wird, vorbehaltlich einer Übernahme von Angelegenheiten derselben in eine bundeseigene Verwaltung gemäß Art. 90 Abs. 3 GG, und daß für diese Bundesfernstraßen nach Art. 90 Abs. 1 GG sowie dem finanzverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip bzw. der später ausdrücklich finanzverfassungsrechtlichen Regelung von Art. 104a Abs. 2 GG dem Bund die Vermögens- und Sachträgerschaft zugeordnet worden ist. Zusammengefaßt hat Art. 90 GG eine bundesstaatsrechtliche Rangentscheidung getroffen, wonach das tradierte staatliche „Fernstraßenwesen“ eine bundesstaatsrechtlich definierte Straßenklasse von Bundesfernstraßen bildet, in der Sachträgerschaft des Bundes steht und hierfür grundsätzlich eine, wegen der Sachträgerschaft des Bundes materielle Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG gilt.

182 Zu den Beratungen und Entscheidungen im Parlamentarischen Rat zu Art. 90 GG siehe JöR n.F. 1, S. 657 ff. m. Nachw.; ferner dazu Dittmann, Bundesverwaltung, S. 207 f.

7*

100

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Auch die in Art. 90 Abs. 1 GG festgelegte materiellrechtliche Regelung einer generellen und gegebenenfalls sogar rechtsbegründenden Vermögensnachfolge des Bundes in die vormaligen Reichsautobahnen und Reichsstraßen hat ausschließlich eine bundesstaatsrechtliche Bedeutung. Denn sie bestimmt im Verhältnis von Bund und Ländern die Überführung und Neuordnung der Vermögensverhältnisse an den überkommenen staatlichen „Fernstraßen“ und verfolgt in dem Zusammenhang unter Fortführung einer schon in § 3 Abs. 1 StrRegG von 1933 festgelegten Prinzips den straßenrechtlichen Zweck, die Verwaltungs- und die Vermögensträgerschaft an den öffentlichen Straßen möglichst nicht mehr auseinanderfallen zu lassen, d. h. in bezug auf die materielle Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen dem Bund auch die Vermögensträgerschaft an den überkommenen staatlichen „Fernstraßen“ zu sichern.183 Selbst die Annahme einer weitergehenden und fortgeltenden materiellrechtlichen Verfassungsaussage, wonach die insofern festgelegte Vermögensnachfolge bzw. Eigentumsbegründung für den Bund staatsrechtlich habe verfestigt, ein staatsrechtliches Verbot nachfolgender Veränderungen in dieser staatlichen Eigentumsstellung des Bundes habe begründet werden sollen,184 läßt sich mit dem bei der Verfassunggebung nur aktuell verfolgten, beschränkten kompetenzrechtlichen Regelungszweck jener Bestimmung nicht vereinbaren.185 Alle Verfassungsaussagen des Art. 90 GG sowie die sie begleitenden finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen von Art. 104a Abs. 2 und 5 GG verstehen sich somit als spezifisch bundesstaatsrechtliche Kompetenzregelungen auf der Grundlage und unter den Voraussetzungen der kontingent überkommenen Staatlichkeit des Fernstraßenwesens. In dem gegenständlichen Geltungsbezug auf die tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens erweisen sich die bundesstaatsrechtlichen Kompetenzaussagen des Art. 90 GG sowie der sie begleitenden finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art. 104a Abs. 2 und 5 GG auch als ein Komplex staatsrechtlicher Organisationsnormen. Ihr Bedeutungsgehalt in dieser Hinsicht liegt darin, daß sie ein staatliches Fernstraßenwesen fortführen. Insofern kann man jenen bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen auch eine bestimmte staatsrechtliche Aufgabenrelevanz beimessen.186 Sie besteht allerdings lediglich in der Verfassungsaussage, daß es unter dem Grundgesetz weiterhin staatliche Fernstraßen gibt, deren Bereitstellung also unmittelbar dem Staat selbst als Aufgabe obliegt. Mit anderen Worten „organisiert“ Art. 90 GG ein staatliches Fernstraßenwesen. Aber dieser sein Bedeutungsgehalt birgt erst die weiterreichende und entscheidende normative Staats183 Zum Regelungszweck des Art. 90 Abs. 1 GG Bartlsperger, Sachenrechtsverhältnis der öffentlichen Straßen, S. 17 f. sowie Maunz, in: Maunz / Dürig, Art. 90 Rnr 2 ff. und 11 ff., Friauf, Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben, S. 117 ff., Ibler, Art. 90 GG Rnr 11 ff., Sachs, Art. 90 GG Rnr 16 ff. und Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 112 ff. 184 So Maunz, a. a. O., Rnr 15. 185 Ibler, Art. 90 GG Rnr 18 ff. 186 Dazu Friauf, Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben, S. 128 ff.

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

101

aufgabenfrage, ob eine derart von Verfassungs wegen konstituierte staatliche Bundesfernstraßenverwaltung staatsrechtliche Stringenz im Sinne einer normbegründeten, d. h. einer dem Staat obliegenden und vorbehaltenen Pflichtaufgabe beansprucht oder ob sie sich lediglich einer kontingenten Verfassungsaussage zu einem staatlichen Fernstraßenwesen ohne staatsrechtlich exklusiven Aufgaben- und Pflichtcharakter verdankt.187 Man kann von der Frage einer staatsrechtlichen Aufgabenrelevanz des Art. 90 GG sprechen. In diesem Begriff und in der Annahme einer staatsrechtlichen Aufgabenrelevanz von staatsorganisationsrechtlichen und bundesstaatsrechtlichen Normen zu speziellen Verwaltungskompetenzen der Bundesebene verschafft sich eine Verfassungsinterpretation Ausdruck, wonach solche Verfassungsbestimmungen jeweils auch eine dem Staat obliegende und vorbehaltene, dem Bund zugeordnete Pflichtaufgabe begründen und gegebenenfalls sogar dessen Verpflichtung zu einer zweckhaften hoheitlichen „Bundeseigenverwaltung“ der betreffenden Aufgabe bedeuten.188 Im Falle des Art. 90 GG sind nachweislich zwingende oder auch nur begründbare Anhaltspunkte für eine staatsrechtliche Aufgabenrelevanz der dort konstituierten staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung im Sinne einer dem Staat vorbehaltenen Pflichtaufgabe nicht ersichtlich.189 Die in jenem Verfassungsartikel 187 So zutreffende Differenzierung der Fragestellung bei Friauf, a. a. O., zu den Bundesfernstraßen nach Art. 90 GG; ebenso ders., a. a. O., S. 89 ff. auch schon zu den Bundeswasserstraßen nach Art. 90 GG. Ferner ausführlich Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 38 ff., 46 ff. und 95 ff. sowie Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 64 ff., 66 f.; siehe auch Schmitt, FStrPrivFinG, S. 245 ff. 188 Dazu, mehr oder weniger weitgehend in der Annahme eines kompetenzrechtlich begründeten jeweiligen Staats- bzw. Bundesvorbehalts, vornehmlich hinsichtlich der Bundeseisenbahnen sowie von Post und Telekommunikation, v. Pestalozza, Staat 11 (1972), 161 ff., Bull, Staatsaufgaben, S. 152 ff., Maunz, Die Privatisierung von Verkehrsbetrieben des Bundes in der Sicht des Grundgesetzes, in: Achterberg u. a. (Hg.), Recht und Staat im sozialen Wandel, Festschrift Scupin, 1983, S. 615 ff., Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn in verfassungsrechtlicher Sicht, 1986, Lorenz, AöR 112 (1987), 293 ff., Lecheler, NVwZ 89, 834 ff., Ossenbühl, Staatliches Fernmeldemonopol als Verfassungsgebot?, in: Leßmann u. a. (Hg.), Festschrift Lukes, 1989, S. 525 ff., Löwer, DVBl. 91, 132 ff., Wahl, Staatsaufgaben im Verfassungsrecht, in: Ellwein / J.J. Hesse, Staatswissenschaften: Vergessene Disziplinen oder neue Herausforderung?, 1990, S. 29 ff., Friauf, Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben, S. 77 ff. und 89 ff., Lerche, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 87 (1992) Rnr 84 ff. und ders., Infrastrukturelle Verfassungsaufträge, S. 251 / 252 f., Loschelder, Strukturreform durch Privatisierung, S. 24 ff. und ders., Infrastrukturelle Verfassungsaufträge, S. 252 f., Schmidt-Aßmann / Röhl, DöV 94, 577 ff., Arndt, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 144 ff. und 149 ff., Bucher, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 110 ff., 118 ff. und 122 ff., Ronellenfitsch, DöV 96, 1028 ff., Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 66 ff., Weiß, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 139 ff., Selmer / Brodersen, in: Ewers / Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, S. 125 / 127 f. und 131 f. Zur grundrechtseinschränkenden bzw. grundrechtssichernden Bedeutung staatsrechtlicher Kompetenznormen Bleckmann, DöV 83, 129 ff. und 108 f. und Menzel, DöV 83, 805 ff. sowie Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, 1983 und Selk, JuS 90, 85 ff.

102

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

vorausgesetzte und fortgeführte tradierte Staatlichkeit der „Fernstraßen“ jedenfalls kann in ihrer dargelegten, entwicklungsgeschichtlich während des neunzehnten Jahrhunderts erreichten und, von dem angeführten Zwischenspiel eines Staats- und Reichsvorbehalts jedenfalls für die Reichsautobahnen im nationalsozialistischen Staat abgesehen,190 maßgeblich gebliebenen rechtlichen Ausgestaltung lediglich einen kontingenten Bedeutungsgehalt beanspruchen. Sie ist als solche bei Schaffung des Art. 90 GG rezipiert worden, ohne daß die Frage einer nunmehrigen, staatsrechtlich aufgabenrelevanten Bedeutung in dem dargelegten Sinne während der Vor- und Entstehungsgeschichte jenes Verfassungsartikels erkennbar Gegenstand von Erwägungen oder Entscheidungen gewesen wäre oder daß dessen Wortlaut spezifische Andeutungen hierzu enthielte. Bei einer bereichsspezifischen Betrachtung erweist sich daher Art. 90 GG, was seinen Bedeutungsgehalt in der Frage einer staatsrechtlichen Aufgabenrelevanz angeht, als unergiebig. Insofern verschließt sich Art. 90 GG auch als staatsrechtliche Organisationsnorm eines staatlichen Fernstraßenwesens anderwärts vertretenen Auffassungen, die sich im Falle von vormals im GG enthaltenen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzbegründungen einer bundeseigenen Verwaltung mit der Annahme von deren zugleich bestehender staatsrechtlicher Aufgabenrelevanz zu behaupten vermochten.191 In jenen zwischenzeitlich durch Verfassungsänderung erledigten Fällen haben für die betreffenden Verfassungsaussagen wesentlich andere Voraussetzungen und Zwecksetzungen gegolten.

b) Aufgabenrelevanz bundesstaatsrechtlicher Kompetenznormen Die Auffassung, wonach bundesstaatsrechtliche Kompetenznormen zur speziellen Begründung von Verwaltungsbefugnissen der Bundesebene zugleich die Normbegründung einer dementsprechend der betreffenden staatlichen Ebene obliegenden und vorbehaltenen Pflichtaufgabe im Sinne einer unmittelbaren Erfüllungsverpflichtung einschlössen, wird auch für die in Art. 90 GG kompetenz- und organisationsrechtlich geregelte Bundesfernstraßenverwaltung vertreten, entweder in inhaltlich genereller Weise192 oder jedenfalls mit dem Sinn und der Maßgabe, daß dies bloß für einen „Kernbereich“ bzw. nach einer im anderen Zusammenhang geprägten „Kern-Schalen-Vorstellung“ gelte.193 Eine solche ausschließlich aus der 189 Dazu schon Friauf, a. a. O., S. 128 ff., insb. gegen Wendrich, BauR 85, 152 ff.; wie hier zur Aufgabenrelevanz des Art. 90 GG auch Schmitt, FStrPrivFinG, S. 245 ff. und StenderVorwachs, Staatliche Verantwortung, S. 68 f. 190 Oben unter 1., Fn. 177. 191 Dazu die Nachw. in Fn. 188, insb. Lecheler, NVwZ 89, 834 ff., Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn in verfassungsrechtlicher Sicht, 1986 und Schmidt-Aßmann / Röhl, DöV 94, 577; relativierend in einer „funktionalen Betrachtungsweise“ auch Lerche, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 87 (1992), Rnr 84 ff. 192 Fn. 173.

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

103

bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung begründete Verfassungsinterpretation erscheint jedoch im Falle von Art. 90 GG kaum haltbar. Soweit für jene Annahme einer staatsrechtlichen Aufgabenrelevanz von Art. 90 GG mit der dargelegten Bedeutung die verfassungsgerichtliche Feststellung in Anspruch genommen wird, daß es der „Grundgedanke einer Kompetenznorm“ sei, dem jeweiligen Verwaltungsträger die betreffende Verwaltungsaufgabe zuzuordnen, ist dies im Zusammenhang der Frage einer staatsrechtlichen Aufgabenrelevanz bundesstaatsrechtlicher Kompetenznormen nachweislich unzutreffend. Jene verfassungsgerichtliche Klarstellung zum Bedeutungsgehalt bundesstaatsrechtlicher Verwaltungskompetenzen bezieht sich ausschließlich auf das Verhältnis von Bundes- und Landesverwaltung in der Frage zulässiger und unzulässiger Mischverwaltung.194 Der hierbei maßgebliche „Grundgedanke einer Kompetenznorm“ hat mit der Frage einer staatsrechtlichen Aufgabenrelevanz bundesstaatsrechtlicher Kompetenzregelungen nichts zu tun. Im übrigen muß sich jene Annahme einer staatsrechtlichen Aufgabenrelevanz des Art. 90 GG auch der grundsätzlichen Kritik ausgesetzt sehen, daß es sich vornehmlich aus einer „Zeitkrankheit“ erkläre, alles möglicherweise praktisch Gewollte auch verfassungsrechtlich zu verankern.195 Zutreffenderweise wird insofern ein „Ideologieverzicht“ für geboten gehalten.196 Bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenzen als solche und allein, jedenfalls in Bereichen sozialwirtschaftlicher Leistungsverwaltung, vermögen angesichts einer regelmäßigen Offenheit solcher Staatsaufgaben deren verfassungskonformer Gegenstands- und Modalitätsbestimmung durch den Gesetzgeber grundsätzlich keine Vorgaben zu machen. Demzufolge sind die bundesstaatrechtlichen Verwaltungskompetenzen der Bundesebene grundsätzlich funktionsabhängig vom Umgang des Gesetzgebers mit den ihm bundesstaatsrechtlich eingeräumten Gesetzgebungsbefugnissen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine spezielle bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz entweder unmittelbar und selbst zugleich als gezielte materielle Normbegründung einer der betreffenden staatlichen Ebene obliegenden und vorbehaltenen Pflichtaufgabe beurteilt werden kann oder wenn sie jedenfalls als Wiederspiegelung einer aus dem übrigen Verfassungsgefüge begründeten Vorbehalts- und Pflichtaufgabe des Staates interpretiert zu werden mag. Unter der letzteren Voraussetzung ist es allerdings nicht die betreffende bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz selbst, die den Vorbehalt einer staatlichen Pflichtaufgabe konstituiert. Von einer unmittelbar normbegründenden staatsrechtlichen Aufgabenrelevanz bundesstaatsrechtlicher Verwaltungskompetenzen kann man also lediglich unter der besonderen Voraussetzung ausgehen, daß eine bundesrechtliche Kompetenzordnung selbst in gezielter Weise 193 Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 118 ff. und 122 ff.; zur Argumentation im Sinne einer „Kernbereichs“-Garantie Lerche, in: Maunz / Dürig, Art. 86 (1986) Rnr 62 m.Nachw. und Art. 87 (1992) Rnr 92 sowie dazu Bucher, a. a. O., S. 124 ff. 194 Dazu oben unter B.V. 195 Ossenbühl, NuR 96, 53 / 54. 196 Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 206 / 208.

104

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

den Bedeutungsgehalt beansprucht, die betreffende Verwaltungsmaterie dem Staat bzw. der Bundesebene als Pflichtaufgabe aufzuerlegen und vorzubehalten. Solche besonderen Voraussetzungen mögen in bestimmten Fällen bundeseigener Verwaltungskompetenzen zutreffenderweise angenommen worden sein, ohne daß sich hieraus auch schon für die Bundesauftragsverwaltung von Bundesfernstraßen nach Art. 90 GG gleiches begründen ließe. Vielmehr sind insofern bereichsspezifisch unterschiedliche Voraussetzungen der speziellen bundesstaatsrechtlichen Verwaltungskompetenzen zu beachten. Demzufolge ist für die ursprünglich in Art. 73 Nr. 6 und 7 GG a.F. konstituierten, der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes zugeordneten Bereiche der „Bundeseisenbahnen“ sowie des „Post- und Fernmeldewesens“ der anfänglich in Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG a.F. hierzu getroffenen Festlegung „bundeseigener Verwaltung“ eine staatsrechtliche Aufgabenrelevanz beigelegt worden.197 Diese speziellen bundeseigenen Verwaltungskompetenzen sind dahin interpretiert worden, daß sie jene „Verwaltungsaufgaben“ wegen ihrer Bedeutung als gesamtstaatlich gebotene und effektiv zu gewährleistende Leistungsverwaltung dem Bund zumindest als „Gegenstände“ in dezidierter Weise als Pflichtaufgabe einer organisatorisch und zweckhaft hoheitlichen „Bundeseigenverwaltung“ aufgegeben und vorbehalten hätten, wenn auch mit der Maßgabe einer an hohe Anforderungen gebundenen Beurteilungsbefugnis zu partiellen Ausnahmen sowie organisatorischen und zweckfunktionalen Modifikationen. Auch ein dementsprechender grundrechtseinschränkender staatsrechtlicher Bedeutungsgehalt ist damit verbunden worden.198 Zum Teil ist die derart angenommene staatsrechtliche Aufgabenrelevanz der genannten bundeseigenen Verwaltungskompetenzen nach Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG a.F. allerdings auch mit den angesprochenen Erwägungen verknüpft worden, daß sie einem schon anderwärts im GG erkennbaren Verfassungsgefüge entspräche, daß insbesondere die Bereitstellung der betreffenden Verkehrs- bzw. Kommunikationsinfrastruktur in hoheitlicher „Bundeseigenverwaltung“ als leistungsstaatliche Grundrechtsvoraussetzung oder „öffentliche Daseinsvorsorge“ staatsrechtlich geboten sei.199 Hiervon abgesehen bleibt jedoch festzuhalten, daß sich zu der ursprünglich im GG für die genannten Bereiche einer gesamtstaatlich bedeutsamen Verkehrs- bzw. Kommunikationsinfrastruktur festgelegten bundeseigenen Verwaltungskompetenz die Auffassung einer schon allein hiermit zugleich konstituierten Vorbehalts- und Pflichtaufgabe des Bundes in Form einer organisatorisch und zweckhaft hoheitlichen „Bundeseigenverwaltung“ zu behaupten vermochte und daß deshalb die Änderung dieses angenommenen staatsrechtlichen Zustandes im Wege einer Verfassungsänderung erfolgt ist. Es stellt sich die Frage, ob auch für die in Art. 90 GG konstituierte Bundesauftragsverwaltung von Bundesfernstraßen von wesentlich vergleichbaren Voraussetzungen und Folgerungen ausgegangen Nachw. Fn. 188 und 191. Nachw. Fn. 188. 199 Ronellenfitsch, DöV 96, 1028 / 1032, Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 354, Weiß, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 144 und 239. 197 198

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

105

werden kann oder ob die bereichsspezifischen Gegebenheiten und Verfassungsaussagen insofern derart unterschiedlich sind, dass sich die Annahme einer gleichen staatsrechtlichen Aufgabenrelevanz verbietet. Letzteres ist der Fall. c) Der Bedeutungsgehalt des Art. 90 GG zur Staatlichkeit des Fernstraßenwesens Es versteht sich ohne weiteres von selbst, daß auch die in Art. 90 GG getroffenen Verfassungsentscheidungen zum Fortbestand eines staatlichen Fernstraßenwesens und zu dessen bundesstaatsrechtlicher Organisation als Bundesauftragsverwaltung von Bundesfernstraßen eine Aufgabenverpflichtung des Bundes begründen, deren staatsrechtlicher Verpflichtungsinhalt im Rahmen ihres Geltungsanspruchs durchaus vergleichbar ist der Pflichtaufgabe des Bundes bei einer ihm obliegenden und vorbehaltenen bundeseigenen Verwaltung. Die Vergleichbarkeit besteht insofern und insoweit, als auch mit der auftragsweise von den Ländern wahrzunehmenden Bundesfernstraßenverwaltung wegen des sachlichen Substrats und Aufwandes einer solchen Verwaltungsleistung sowie aufgrund der hierfür geltenden, in Art. 104a Abs. 2 GG klargestellten finanzverfassungsrechtlichen Kostenkonnexität verpflichtend eine spezifische Sachaufgabe, eine Finanzierungskompetenz und Vermögensträgerschaft des Bundes sowie nach Maßgabe der Bestimmungen von Art. 85 GG zur Bundesauftragsverwaltung eine Gesamtverantwortung desselben verbunden ist. Es ist also der in dieser bundesstaatsrechtlichen Sachkompetenz des Bundes für die Bundesfernstraßen begründete besondere materielle Charakter der fernstraßenrechtlichen Bundesauftragsverwaltung,200 der sie insofern vergleichbar macht mit der angesprochenen, ursprünglich in Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG a.F. konstituierten bundeseigenen Verwaltung von „Bundeseisenbahnen“ und „Bundespost“. Auch die funktionale Identität der betreffenden Sachaufgaben des Bundes in der staatlichen Bereitstellung öffentlicher Verkehrs- bzw. Kommunikationsinfrastruktur verleiht einer solchen Vergleichbarkeit zusätzlichen Ausdruck. Bei vordergründiger Betrachtung mag es somit naheliegen, auch der aktuellen Verfassungsentscheidung des Art. 90 GG zum Fortbestand eines tradierten, bislang ausschließlich staatlichen Fernstraßenwesens unter einer nunmehrigen zentralstaatlichen Aufgabenzuordnung den staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt einer dem Bund zugleich umfassend obliegenden Staatsaufgabe für das Fernstraßenwesen beizumessen. Aber eine solche Erwägung erschiene bereits aufgrund der entwicklungsgeschichtlichen Voraussetzungen und nach den bloß hieran anknüpfenden Zwecksetzungen des Art. 90 GG nicht schlüssig.201 Im übrigen würde sie sich auch nicht vergleichsweise aus der angenommenen Aufgabenrelevanz der vormals in Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG a.F. festgelegten bundeseigenen Verwaltung funktions200 201

Oben unter A.II.4. Oben unter II.3 und 4. sowie III.1.

106

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

ähnlicher öffentlicher Infrastruktureinrichtungen rechtfertigen; denn dabei hatte es sich um eine Verfassungsaussage gehandelt, deren Bedeutungsgehalt aufgrund besonderer entwicklungsgeschichtlicher Voraussetzungen und einer hieran anknüpfenden aktuellen Zwecksetzung ganz anderer Art war.202 Der insofern unterschiedliche Bedeutungsgehalt der Verfassungsaussagen gewinnt Klarheit durch eine rechtsbegriffliche Präzisierung, wann von einer stringenten Aufgabenrelevanz bundesstaatsrechtlicher Kompetenznormen ausgegangen werden kann. Eine stringente Aufgabenrelevanz bundesstaatsrechtlicher Kompetenznormen, wie sie zur Festlegung einer bundeseigenen Verwaltung der „Bundeseisenbahnen“ und der „Bundespost“ in Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG a.F. vertreten worden ist, kann nicht allein schon deshalb angenommen werden, weil eine bundesstaatsrechtliche Kompetenzregelung zugleich eine Pflichtaufgabe der betreffenden, für zuständig erklärten staatlichen Ebene begründet. Dies ist, wie gesagt, nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit. Vielmehr hat eine stringente Aufgabenrelevanz bundesstaatsrechtlicher Kompetenznormen zur Voraussetzung, daß diese für einen in den jeweiligen kompetenzrechtlichen Regelungen des GG umfassend definierten „Gegenstand“ zugleich eine eigene und unmittelbare Erfüllungsverpflichtung der betreffenden, für zuständig erklärten staatlichen Ebene festlegen und ihr diese Pflichtaufgabe vorbehalten. Ausschließlich ein derart durch bundesstaatsrechtliche Kompetenznormen zugleich begründeter Staatsvorbehalt für eine als „Gegenstand“ umfassend definierte Verwaltungsaufgabe macht zusammengefaßt den Rechtsbegriff einer stringenten Aufgabenrelevanz derselben aus. Solche Voraussetzungen konnten für die vormalige Konstituierung einer bundeseigenen Verwaltung der kompetenzrechtlich umfassend definierten „Gegenstände“ der „Bundeseisenbahnen“ und der „Bundespost“ aufgrund der dazu entwicklungsgeschichtlich überkommenen staatsrechtlichen Gegebenheiten und der hieran anknüpfenden aktuellen staatsrechtlichen Zwecksetzungen bejaht werden. Dagegen liegen gleiche staatsrechtliche Voraussetzungen und aktuelle Zwecksetzungen im Falle der Verfassungsaussage von Art. 90 GG zur Bundesfernstraßenverwaltung nicht vor. Dieser Verfassungsartikel begründet zwar für staatliche Bundesfernstraßen eine verpflichtende Sachaufgabe des Bundes. Aber er unterstellt damit nicht auch schon das Fernstraßenwesen überhaupt dem Vorbehalt einer staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung. Die insofern vorhandenen bereichsspezifischen Unterschiede sind nachweislich und augenscheinlich. Der im GG ursprünglich konstituierte Bereich der „Bundeseisenbahnen“ als „Gegenstand“ einer ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis des Bundes nach Art. 73 Nr. 6 GG a.F. und einer bundeseigenen Verwaltungskompetenz nach Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG a.F. hatte entwicklungsgeschichtlich schon seit der RV 1871 und 202 Zur jeweiligen Entwicklungsgeschichte und zur jeweils zuletzt überkommenen rechtlichen Begründung als Verwaltungsmonopol siehe Badura, Verwaltungsmonopol, S. 193 ff. (Postwesen), S. 203 ff. (Fernmeldewesen) und S. 209 ff. (Öffentliche Eisenbahnen). Ferner Dittmann, Bundesverwaltung, S. 20 und 42 f., Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 264 ff. und Kämmerer, Privatisierung, S. 294 ff.

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

107

dann unter der WRV in einschlägigen Verfassungsaussagen kontinuierlich eine deutliche Ausprägung als Staatsaufgabe erfahren. Das „Eisenbahnwesen“ bzw. „die dem allgemeinen Verkehr dienenden Eisenbahnen“ hatten nicht nur einer Reichsaufsicht und Reichsgesetzgebung unterstanden.203 Vielmehr waren sie kraft ausdrücklichen Verfassungsauftrags auch in das Eigentum des Reichs zu übernehmen sowie als einheitliche staatliche Verkehrsanstalt zu verwalten.204 Zwar war aufgrund jener staatsrechtlichen Regelungen kein vollständiges „Reichseisenbahnmonopol“ verwirklicht worden.205 Aber für das Reich war schließlich jedenfalls eine staatsrechtliche Verpflichtung zur Übernahme vorhandener und ein Staatsvorbehalt für neue Eisenbahnen begründet worden. Daher war zwar nur ein rechtlich „uneigentliches oder relatives“, aber immerhin ein weitestgehendes staatliches Eisenbahnmonopol des Reichs vorhanden gewesen und im übrigen ein solches auch staatsrechtlich gewollt.206 Eine staatsrechtlich noch weitergehende, vollständige Verstaatlichungsregelung hatte für die Bereiche des Post- und Fernmeldewesens schon seit der RV 1871 und dann unter der WRV gegolten. Sie hatten nicht nur gleichfalls der Reichsaufsicht und der Reichsgesetzgebung unterlegen, sondern waren kraft Verfassungsrechts sogar „einheitliche Staatsverkehrs-Anstalten“ bzw. „ausschließlich Sache des Reichs“207 und damit kraft ausdrücklicher staatsrechtlicher Normbegründung als staatliche Verwaltungsmonopole geführt. Danach bedeutete die in Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG a.F. vollzogene aktuelle Konstituierung der „Bundeseisenbahnen“ sowie der das Post- und Fernmeldewesen umfassenden „Bundespost“ als Einrichtungen einer staatlichen „Bundeseigenverwaltung“ deren Fortbestand als entwicklungsgeschichtlich entstandenes, kraft ausdrücklichen Verfassungsauftrags weitestgehendes bzw. von Verfassung wegen rechtlich vollständiges Verwaltungsmonopol sowie die dementsprechend dezidierte staatsrechtliche Zweckbegründung einer im gesamtstaatlichen Interesse bestehenden staatlichen Vorbehalts- und Pflichtaufgabe des Bundes. Die hieraus, wie dargelegt, abgeleitete Annahme einer stringenten Aufgabenrelevanz jener damaligen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzfestlegung konnte sich also auf besondere und nachweisliche verfassungsdogmatische Gründe stützen. Man kann unter solchen speziellen aufgabenrelevanten Voraussetzungen und Zwecksetzungen bundesstaatsrechtlicher Kompetenznormen begründeterweise davon ausgehen, daß diese zugleich den Bedeutungsgehalt einer stringenten Verfassungsaussage zu einer staatlichen Vorbehalts- und Pflichtaufgabe beanspruchen. Von einer generellen stringenten Aufgabenrelevanz bundesstaatsrechtlicher Kompetenznormen kann darum aber kei203

Art. 4 Nr. 8 und 10, Art. 41 ff. und Art. 48 ff. RV 1871, Art. 6 Nr. 7 und Art. 7 Nr. 19

WRV. Art. 88 und 89 ff., Art. 171 WRV. Badura, Verwaltungsmonopol, S. 209 ff., Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 266 f. 206 Kämmerer, Privatisierung, S. 294 und 297; ferner Dittmann, Bundesverwaltung, S. 160 ff. 207 Art. 48 Abs. 1 RV 1871, Art. 88 WRV; auf der Grundlagen von Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG a.F. Dittmann, a. a. O., S. 171 ff. 204 205

108

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

neswegs die Rede sein. Im Falle der in Art. 90 GG organisations- und bundesstaatsrechtlich konstituierten staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung jedenfalls beurteilen sich die betreffenden staatsrechtlichen Voraussetzungen und Zwecksetzungen bereichsspezifisch wesentlich anders. Für den Bereich des im heutigen Sinne verstandenen Fernstraßenwesens war mit dem dargelegten, während des neunzehnten Jahrhunderts erfolgten völligen Untergangs der Regalität von „Landstraßen“ die betreffende staatliche Straßenhoheit auch ihres vormaligen rechtlichen Bedeutungsgehalts als Vorbehaltsbefugnis und Vorbehaltsaufgabe des Staates verlustig gegangen.208 Zwar hatten die RV 1871 in ihrem Art. 4 Nr. 8 für die „Herstellung von Landstraßen im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen Verkehrs“ sowie die WRV in Art. 7 Nr. 19 und Art. 15 Abs. 1 für den „Bau von Landstraßen“ dem Reich die Befugnis zur Gesetzgebung und zur Reichsaufsicht gegeben. Aber weder sind diese Reichskompetenzen in bezug auf den überkommenen partikularen Zustand des gesamten öffentlichen Straßenwesens genutzt worden, geschweige denn daß es, abgesehen von dem erwähnten, unter den besonderen staatsrechtlichen Voraussetzungen des nationalsozialistischen Staates zustande gekommenen Zwischenspiel eines Reichsvorbehalts jedenfalls für die Reichsautobahnen, zur staatsrechtlich oder auch nur einfachrechtlichen Normbegründung eines Staatsvorbehalts für die betreffenden „Landstraßen“ oder zu einer entsprechenden staatsrechtlichen Zielsetzung gekommen wäre. Die Staatlichkeit und die zweckhaft hoheitliche Verwaltung der „Landstraßen“ haben einfach als historisches Faktum gegolten. Bei der aktuellen Konstituierung einer Bundesfernstraßenverwaltung in Art. 90 GG stellt es zwar durchaus eine entwicklungsgeschichtliche Voraussetzung und den maßgeblichen Anknüpfungspunkt dar, daß das Fernstraßenwesen als „faktisches Angebotsmonopol“ des Staates überkommen war.209 Aber weder war hiermit eine Normbegründung als rechtliches Verwaltungsmonopol wie bei dem staatsrechtlich begründeten Verwaltungsmonopol für das vormalige Post- und Fernmeldewesen verbunden gewesen noch hatte es insofern, wie für das Eisenbahnwesen, eine staatsrechtliche Zielaussage zu einer ausschließlichen Staatlichkeit gegeben. Beides brauchte dann bei Schaffung des Art. 90 GG auch gar nicht zum Gegenstand verfassunggebender Überlegungen und Entscheidungen gemacht zu werden, weil das im aktuellen Sinne verstandene Fernstraßenwesen ohnedies von jeher nur als eine regale bzw. staatliche Einrichtung bestanden hat, zuletzt in organisatorischer und zweckhaft hoheitlicher Verwaltung, und als solche ausschließlich staatliche Angelegenheit kontingent überkommen ist. Nachweisliche Anhaltspunkte oder auch nur Überlegungen, wonach dieser Zustand eine stringente staatsrechtliche Verfestigung erfahren sollte, sind denn auch in der Vor- und Entstehungsgeschichte von Art. 90 GG nicht auszumachen. Oben unter II.3. Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, S. 95 ff.; zur Unterscheidung von „faktischen“ und „rechtlichen“ Monopolen Badura, Verwaltungsmonopol, S. 3 ff. und 86 ff. 208 209

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

109

Für die Interpretation speziell des Art. 90 GG als Verfassungsaussage zum Fernstraßenwesen liegen somit die nachweislichen Anhaltspunkte abschließend und deutlich zutage. Nach allen entwicklungsgeschichtlich ersichtlichen Voraussetzungen und in Betracht kommenden Anknüpfungspunkten jenes Verfassungsartikels sowie nach allen bei dessen aktueller Verfassunggebung überhaupt in Erscheinung getretenen Erwägungen und Zwecksetzungen stellen die tradierte Staatlichkeit sowie organisatorisch und zweckhaft hoheitsrechtliche Verwaltung der als Rechtsbegriff und Straßenklasse neu definierten Fernstraßen nicht mehr dar als lediglich ein kontingentes historisches Faktum. Als solches bestimmt es die staatsrechtliche Aufgabenbedeutung der in Art. 90 GG konstituierten Bundesfernstraßenverwaltung. Danach haben Vorstellungen von einer wie auch immer rechtlich ausgestalteten „Privatisierung“ der überkommenen staatlichen Fernstraßenverwaltung oder gar von nicht staatlichen Fernstraßen bei Schaffung speziell des Art. 90 GG überhaupt nicht im Blickfeld der betreffenden verfassunggebenden Erwägungen und Entscheidungen gelegen. Vielmehr waren die damaligen zeitgeschichtlichen Perspektiven, unter denen jener Verfassungsartikel zustande gekommen ist, nachweislich allein darauf gerichtet, für das tradierte staatliche Fernstraßenwesen eine seiner gesamtstaatlichen Bedeutung entsprechende bundesstaatsrechtliche Rangentscheidung zu treffen sowie mit einer Bundesauftragsverwaltung die angemessene und sinnvolle bundesstaatsrechtliche Ordnung festzulegen.210 Dagegen sind anläßlich der Konstituierung einer solchen Bundesfernstraßenverwaltung keine verfassunggebenden Überlegungen und Entscheidungen zu einer staatsrechtlichen Gesamtordnung des Fernstraßenwesens zu erkennen. Jedenfalls finden sich keine Anhaltspunkte für eine dezidierte Verfassungsaussage, wonach mit der in Art. 90 GG konstituierten Bundesfernstraßenverwaltung auch schon das Fernstraßenwesen überhaupt und abschließend als „Gegenstand“ definiert sein und hierauf beschränkt werden sollte. Art. 90 GG erweist sich daher nur als eine zeitgeschichtlich bedingte fragmentarische Verfassungsaussage zum Fernstraßenwesen. Er hält keine Antwort bereit zu erst nachfolgend im Zuge einer neuen zeitgeschichtlichen Betrachtung aufgekommenen Vorstellungen vom Fernstraßenwesen, die in dessen tradierter Staatlichkeit ein „Privatisierungsobjekt“ sehen. Im übrigen läßt sich die explizite und spezielle Verfassungsaussage des GG zum Fernstraßenwesen abschließend erst daraus ersehen, daß es den „Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr“ auch als bundesstaatrechtliche Gesetzgebungsmaterie gibt. In der betreffenden bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm von Art. 74 Nr. 22 GG a.F. bzw. Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG n.F. tritt im Vergleich zu Art. 90 GG eine umfassendere und differenziertere Vorstellung des GG vom Fernstraßenwesen in Erscheinung. Das Fernstraßenrecht als bundesstaatsrechtliche Gesetzgebungsmaterie bildet erst den eigentlichen Schlüsselbegriff zum Fernstraßenwesen als „Gegenstand“ staatsrechtlicher Ordnung.

210

Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 112 ff. und 118 ff.

110

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

d) Das Fernstraßenrecht als staatsrechtlicher Schlüsselbegriff des Fernstraßenwesens Die geltende Fassung von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG begründet, in inhaltlich bedeutungsloser Veränderung des ursprünglichen Wortlauts von Art. 74 Nr. 22 GG a.F., eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes in bezug auf den „Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr“. Damit tritt, abgesehen von der bundesstaatsrechtlichen Festlegung einer auftragsweise von den Ländern wahrzunehmenden Bundesauftragsverwaltung für die „Bundesstraßen des Fernverkehrs“ in Art. 90 GG, das Fernstraßenwesen als explizit und speziell benannter „Gegenstand“ staatsrechtlicher Ordnung auch in dem bundesstaatsrechtlichen Kompetenzkatalog zentralstaatlicher Gesetzgebungsmaterien in Erscheinung. Insofern bestimmt es den bundesstaatsrechtlichen Begriff eines Fernstraßenrechts. Es stellt sich die Frage, welche Vorstellungen das GG in diesem Zusammenhang mit dem Fernstraßenwesen als „Gegenstand“ staatsrechtlicher Ordnung verbindet, d. h. wie es das Verhältnis von Fernstraßenrecht und staatlicher Bundesfernstraßenverwaltung sieht. Das Verhältnis des Fernstraßenrechts zur staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG ist jedenfalls insofern klar vorgegeben, als nach der Systematik des GG „die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes die äußerste Grenze für dessen Verwaltungsbefugnisse“ bezeichnet. Danach reicht die Bundesfernstraßenverwaltung „nicht weiter als die damit korrespondierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den ,Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr‘ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG“.211 Man kann insofern von einer einseitigen Kongruenz der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung mit dem Fernstraßenrecht sprechen. Offenbar enthält die bundesstaatsrechtliche Materie des Fernstraßenrechts den eigentlichen Schlüssel und überhaupt erst die Grundlage für das Begriffsverständnis des gesamtstaatlich bedeutsamen Fernstraßenwesens als „Gegenstand“ staatsrechtlicher Ordnung. Dies gilt jedenfalls für die spezifische bundesstaatsrechtliche Kompetenzabgrenzung des Fernstraßenrechts vom Landesstraßenrecht, d. h. für die bundesstaatsrechtliche Definition der Fernstraßen bzw. des Fernstraßenwesens.212 Aber es stellt sich auf der Grundlage des in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG konstituierten Begriffs eines Fernstraßenrechts auch die im vorliegenden Zusammenhang interessierende Frage nach einem Fernstraßenwesen außerhalb der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG. Insofern geht es um die mögliche Kongruenz oder Inkongruenz der beiden expliziten und speziellen Verfassungsaus211 Urt. BVerfG 3. 7. 2000, BVerfGE 102, 1067 / 174. Zum Verhältnis von Art. 90 und Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG auch Ibler, Art. 90 GG Rnr 37 f. und Sachs, Art. 90 GG Rnr 16. 212 Hierzu zutreffend Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 10 ff. Klarstellend gegenüber einer unglücklichen und Verwirrung stiftenden Erörterung in der 49. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates (Parlamentarischer Rat, Verhandlungen des Hauptausschusses, S. 648 f.).

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

111

sagen des GG zum Fernstraßenwesen auch in der umgekehrten Richtung, d. h. ob die Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts ihrerseits eine „gegenständliche“ Bestimmung durch die tradierte, in der Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG rezipierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens erfährt und damit auf ein Fernstraßenrecht staatlicher Fernstraßen festgelegt ist. Auch für die Beantwortung dieser Staatsaufgabenfrage zum Fernstraßenwesen liegt also der Schlüssel in dem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt, welcher der Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts zukommt. Es geht danach sowohl in spezifisch kompetenzrechtlicher als auch in spezifisch „gegenständlicher“ Hinsicht darum, welchen Bedeutungsgehalt der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG verwendete Begriff der „Landstraßen für den Fernverkehr“ beansprucht. Er bezeichnet und definiert überhaupt erst das Fernstraßenwesen als „Gegenstand“ staatsrechtlicher Ordnung. Die Interpretation des Fernstraßenrechts als bundesstaatsrechtliche Gesetzgebungsmaterie hat sich, soweit ersichtlich, auf deren spezifisch kompetenzrechtliche Abgrenzung vom Recht der in landeseigener Verwaltung stehenden öffentlichen Straßen, d. h. vom Landesstraßenrecht, konzentriert. Veranlaßt durch eine Äußerung bei der Verfassungsberatung zu Art. 74 Nr. 22 GG a.F. galt es, die Auslegungsmöglichkeit zu beurteilen, die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes zu den „Landstraßen des Fernverkehrs“ bzw. den „Landstraßen für den Fernverkehr“ könne in den Bereich der unter landeseigener Verwaltung stehenden öffentlichen Straßen von jedenfalls überörtlicher Bedeutung hineinreichen.213 Indessen kann eine derart weitgehende Auslegung der Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts zwischenzeitlich mit guten Gründen und praktisch als erledigt gelten. Denn eine andere bundesstaatsrechtliche Begriffsbestimmung und Abgrenzung des bundesgesetzlichen Fernstraßenrechts als diejenige nach der im gesamtstaatlichen Interesse liegenden Verkehrsbedeutung öffentlicher Straßen über Landesgrenzen hinaus für den „Fernverkehr“ erscheint kaum realistisch und überhaupt praktikabel. Das FStrG folgt denn auch bei seiner gesetzlichen Begriffsbestimmung und Abgrenzung des in staatlicher Bundesfernstraßenverwaltung geführten Fernstraßenwesens der Vorstellung, daß eine Straßenklasse von Fernstraßen nur diejenigen öffentlichen Straßen umfassen könne, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einen weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind.214 Einer solchen Klassifikationsvorstellung folgend können zu den in einem Fernstraßenrecht des Bundes regelbaren „Landstraßen für den Fernverkehr“ nur diejenigen einem allgemeinen Verkehr dienenden Straßen zählen, die über eine bloß landesweite Verkehrsfunktion hinausreichend eine gesamtstaatliche Verkehrsbedeutung haben oder beanspruchen. Auf solche Weise und in diesem Sinne hat der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG verwendete Begriff des straßenrechtlichen „Fernverkehrs“ und damit die Materie bzw. der Begriff des Fernstraßenwesens als straßenrechtliche 213 214

Siehe Fn. 212. § 1 Abs. 1 FStrG.

112

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Klassifikationskategorie bzw. als „Gegenstand“ bundesstaatsrechtlicher Ordnung eine authentische Interpretation erfahren. Sie beansprucht unabhängig davon Geltung, ob es sich um staatliche oder nichtstaatliche Fernstraßen handelt. In grundsätzlicher Hinsicht erscheint an der maßgeblich gewordenen bundesstaatsrechtlichen Begriffsbestimmung des Fernstraßenwesens bedeutsam, daß das hierfür entscheidende Definitions- und Abgrenzungskriterium eines straßenrechtlichen „Fernverkehrs“ an keine vorausgegangenen Traditionen, Entwicklungen oder Grundstrukturen in spezifisch straßenrechtlicher Hinsicht anzuknüpfen vermag. Die RV 1871 und die WRV kannten eine auf die Verkehrsbedeutung für einen „Fernverkehr“ abstellende Straßenklasse nicht. Die seinerzeitigen Verfassungsbestimmungen zur betreffenden Reichsgesetzgebung und Reichsaufsicht hatten von „Landstraßen im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen Verkehrs“ bzw. von „Landstraßen“ gesprochen, „soweit es sich um den allgemeinen Verkehr und die Landesvertheidigung handelt“.215 Erst im Rahmen der umfassenden zentralstaatlichen Erfassung und Organisation des öffentlichen Straßenwesens unter dem nationalsozialistischen Staat können Ansatzpunkte für eine Vorstellung von öffentlichen Straßen des „Fernverkehrs“ erkannt werden. Dies gilt jedenfalls für die seinerzeit neuen Kraftfahrbahnen bzw. Reichsautobahnen wegen deren besonderer, auf eine zentralstaatliche Verkehrsfunktion hin konzipierter verkehrswirtschaftlicher Bedeutung. Die seinerzeit ebenfalls neu geschaffene Straßenklasse der Reichsstraßen war zwar im StrRegG von 1934 ohne eine ausdrückliche materielle Klassifikation nur formell gebildet, aber im praktischen Ergebnis wohl trotzdem mit einer zentralstaatlichen Verkehrsbedeutung verbunden worden.216 Somit kann allenfalls in der nach Art. 90 GG erfolgten Übernahme und Zusammenfassung der vormaligen zentralstaatlichen Reichsautobahnen und Reichsstraßen in der bundesstaatsrechtlichen Straßenklasse der Bundesfernstraßen eine entwicklungsgeschichtliche Anknüpfung des im GG konstituierten Fernstraßenwesens gesehen werden. Aber dies ändert nichts daran, daß die staatsrechtlichen Begriffe des „Fernverkehrs“ und des Fernstraßenwesens erst im und unter dem GG entstandene Neuschöpfungen sind, die unter den Voraussetzungen der neuen bundesrechtlichen Ordnung dem Kriterium einer gesamtstaatlichen Verkehrsbedeutung öffentlicher Straßen folgen.217 Das Fernstraßenrecht ist also eine erstmals mit dem GG im Rahmen von dessen bundesstaatsrechtlicher Ordnung geschaffene Gesetzgebungsmaterie. Als solcher kommt ihr auch die Schlüsselfunktion zu, wenn es um die über die bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung hinausreichende Frage nach dem Verfassungsverständnis des Fernstraßenwesens überhaupt als „Gegenstand“ staatsrechtlicher Ordnung geht. Insofern bedarf es einer Interpretation des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG, ob 215 216 217

Art. 4 Nr. 8 RV 1871, Art. 7 Nr. 19 WRV. § 1 StrReg. Dazu oben unter A.II.1 – 3. Dazu oben unter A.II.1 – 3.

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

113

der dort konstituierten Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts eine kongruente Ausrichtung ausschließlich auf die staatlichen Bundesfernstraßen im Sinne von Art. 90 GG eigen ist oder der staatsrechtliche Bedeutungsgehalt einer von der tradierten und in jenem Verfassungsartikel rezipierten Staatlichkeit von Fernstraßen unabhängigen „gegenständlichen“ Definition des Fernstraßenwesens zukommt. Im ersteren Falle gäbe es ein bundesgesetzliches Fernstraßenrecht immer nur allein als ein Fernstraßenrecht von Bundesfernstraßen. Das Fernstraßenwesen überhaupt als Begriff und „Gegenstand“ der einschlägigen expliziten und speziellen Verfassungsaussagen des GG bestünde dann ausschließlich in den bundesstaatlichen Fernstraßen, d. h. unter dem staatsrechtlichen Vorbehalt einer Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG. Die Kommentierungen und Annahmen zur „gegenständlichen“ Begriffsbestimmung des Fernstraßenrechts im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG stehen durchwegs im Banne der Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG. Danach soll sich das bundesgesetzliche Fernstraßenrecht auf jene Bundesfernstraßen beziehen.218 Ob hinter derartigen Aussagen auch Überlegungen stehen, erscheint fraglich. Vermutlich zeichnet hierfür verantwortlich, daß von der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes zu den „Landstraßen für den Fernverkehr“ das FStrG und die es begleitenden gesetzlichen Regelungen nur für die Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG Gebrauch gemacht haben. Nicht zuletzt erscheint auch von Gewicht, daß ein darüber hinausgehendes Fernstraßenrecht für nicht staatliche Fernstraßen gegebenenfalls Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse begründen würde, für die das GG gar keine spezielle Verwaltungskompetenz kennt. Es gibt also durchaus naheliegende Gründe dafür, das im GG explizit und speziell konstituierte Fernstraßenrecht und Fernstraßenwesen allein auf die staatlichen Bundesfernstraßen zu beziehen. Bei genauerer Betrachtung bedeutete jedoch eine kongruente Ausrichtung der Gesetzgebungsmaterie eines bundesgesetzlichen Fernstraßenrechts auf die Bundesfernstraßenverwaltung nichts anderes, als über die nachweisliche bloße entwicklungsgeschichtliche Kontingenz der letzteren hinwegzusehen und ihr eine auch für das Fernstraßenrecht überhaupt geltende stringente Aufgabenrelevanz beizulegen. Für eine derartige Folgerung und Annahme gibt es weder, wie dargelegt, auf der Grundlage des Art. 90 GG, geschweige denn aus der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG konstituierten Gesetzgebungsmaterie zu den „Landstraßen für den Fernverkehr“ Gründe. Die bundesstaatsrechtlichen Kompetenzbestimmungen von Art. 74 Nr. 22 GG a.F. und Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG n.F. lassen in ihren aktuellen Zwecksetzungen nichts dafür erkennen, daß es sich bei den „Landstraßen des Fernverkehrs“ bzw. den „Landstraßen für den Fernverkehr“ um ein Fernstraßenwesen als Vorbehaltsund Pflichtaufgabe des Staates handle. Auch aus der historischen Anknüpfung je218 Maunz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 74 (1984), Rnr 241, Umbach / Clemens, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 74 Rnr 151.

8 Bartlsperger

114

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

ner Gesetzgebungsmaterie ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür; das Gegenteil ist, wie zur Entwicklungsgeschichte des öffentlichen Straßenwesens dargelegt, der Fall. Seit dem Untergang des landesherrlichen Straßenregals hat es für die „Landstraßen“ gerade keinen Staatsvorbehalt mehr gegeben; die unter der zentralstaatlichen Ordnung des nationalsozialistischen Staates geschaffenen Vorbehaltsregelungen im Reichsautobahnrecht und möglicherweise für die Reichsstraßen sind nicht fortgeführt, vielmehr ausdrücklich wieder beseitigt worden.219 Die vorhergegangenen Verfassungsbestimmungen der RV 1871 und der WRV zur Reichsgesetzgebung und Reichsaufsicht in bezug auf „Landstraßen“220 betrachten diese zwar offenbar als kontingent staatlich, sehen aber trotz des bekannten Untergangs von deren Regalität auch keine Veranlassung, die Frage eines Staatsvorbehalts aufzugreifen. Lediglich soweit die dort benannten „Landstraßen“ auf eine Verkehrsbedeutung für die „Landesvertheidigung“ bezogen waren, erscheint seinerzeit eine staatsrechtliche Vorstellung von deren sachbedingt ausschließlicher Staatlichkeit denkbar. Aber was im übrigen die wesentliche Verkehrsbedeutung der vormaligen „Landstraßen“ für den „allgemeinen Verkehr“ angeht, läßt sich keine Vorstellung erkennen, nach der insofern eine stringente Vorbehalts- und Pflichtaufgabe des Staates bestehen sollte. Es erscheint somit unter keinem Gesichtpunkt begründbar, die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes zu den „Landstraßen für den Fernverkehr“ dahin zu interpretieren, daß sie in einer „gegenständlichen“ Kongruenz mit den staatlichen Bundesfernstraßen stehe. Die beiden expliziten und speziellen Verfassungsaussagen des GG zum Fernstraßenwesen sind lediglich insofern einseitig kongruent, als die Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts die äußerste Grenze für die Bundesfernstraßenverwaltung bildet.221 Es kann daher auch ein bundesgesetzliches Fernstraßenrecht für nicht staatliche Fernstraßen geben. Art. 90 GG dagegen stellt lediglich eine fragmentarische Regelung des Fernstraßenwesens dar. Nicht zu übersehen ist allerdings, daß im Falle eines aufgrund von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG geschaffenen Fernstraßenrechts für nicht staatliche Fernstraßen zu dabei festgelegten Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen das GG keine spezielle bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz kennt. Die in Art. 90 GG festgelegte Bundesfernstraßenverwaltung jedenfalls beansprucht Geltung nur für die staatlichen Bundesfernstraßen. Aus diesem aktuellen bundesstaatsrechtlichen Zustand rechtfertigt sich jedoch nicht der Rückschluß, daß die Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts auf die Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG beschränkt sei. Vielmehr liegt insofern aus der Perspektive des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG offensichtlich eine „planwidrige“ Lücke in der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung vor. Art. 90 GG regelt das Fernstraßenwesen nicht nur bloß fragmentarisch, er offenbart auch eine Lücke in der bundesstaatsrechtlichen Ordnung 219 220 221

Oben unter 1. Fn. 203 und 215. Fn. 211.

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

115

von Verwaltungskompetenzen zum Fernstraßenwesen. Dieser aktuelle bundesstaatsrechtliche Zustand des Fernstraßenwesens bestätigt nur den generellen Eindruck, daß die expliziten und speziellen Verfassungsaussagen des GG zum Fernstraßenwesen nicht über dessen entwicklungsgeschichtlich kontingente Betrachtung hinausgelangt und deshalb deutlich entfernt davon sind, ein Gesamtkonzept zum Fernstraßenwesen als „Gegenstand“ staatsrechtlicher Ordnung geschaffen zu haben. e) Das Fernstraßenwesen als „Gegenstand“ seiner explizit speziellen staatsrechtlichen Ordnung – Nicht staatliche Fernstraßen als staatsrechtliche Option Den Schlüsselbegriff für das Fernstraßenwesen als „Gegenstand“ seiner expliziten staatsrechtlichen Ordnung bildet die Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG. Sie erweist sich als indifferent in der aktuellen staatsrechtlichen Metafrage des Fernstraßenwesens nach dessen Staatlichkeit. Die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für das Fernstraßenrecht bezeichnet die äußerste bundesstaatsrechtliche Kompetenzgrenze für die Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG;222 diese ist einseitig kongruent zur Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts. Aber umgekehrt ist die Gesetzesmaterie des Fernstraßenrechts nicht kongruent bezogen auf die staatliche Bundesfernstraßenverwaltung. Das GG ist daher unter den nach seinem Art. 72 geltenden Voraussetzungen für die Inanspruchnahme konkurrierender Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes offen auch für ein bundesgesetzliches Fernstraßenrecht nicht staatlicher Fernstraßen. Jedoch schweigt das GG zu einer speziellen bundesstaatsrechtlichen Verwaltungskompetenz für den Vollzug von Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen, die in einem bundesgesetzlichen Fernstraßenrecht nicht staatlicher Fernstraßen aus fachspezifischen Gründen festgelegt werden bzw. notwendig sind. Insofern erscheint die bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung zum Fernstraßenwesen fragmentarisch und offenbar lückenhaft. Ein nicht staatliches Fernstraßenwesen ist deshalb zwar bundesgesetzlich regelbar, aber es stellt sich dann gegebenenfalls die Frage nach den bundesstaatsrechtlichen Voraussetzungen und Möglichkeiten für seine verwaltungsmäßige Realisierung. Zusammengefaßt zeigen sich die explizit speziellen Verfassungsaussagen des GG zum Fernstraßenwesen offen auch für die Möglichkeit einfachen Fernstraßenrechts für nicht staatliche Fernstraßen. Insofern erweist sich ein nicht staatliches Fernstraßenwesen als eine staatsrechtliche Option. Allerdings fehlt im GG derzeit eine explizit spezielle bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz für eine Wahrnehmung von fachspezifisch möglichen und staatsrechtlich gebotenen Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen im Bereich nicht staatlicher Fernstraßen. Abgesehen von deren Begründung und Inhalt besteht daher zunächst die 222

8*

Fn. 211.

116

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Frage nach den bundesstaatsrechtlichen Voraussetzungen und Möglichkeiten für die verwaltungsmäßige Realisierbarkeit eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens. 3. Bundesstaatsrechtliche Voraussetzungen und Möglichkeiten für die verwaltungsmäßige Realisierbarkeit eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens a) Die bestehende fernstraßenrechtliche Bundesauftragsverwaltung in ihrem Bedeutungsgehalt und Geltungsanspruch aus Sicht der Länder Die Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen nach Art. 90 GG ist zweifellos Ausdruck einer prinzipiellen bundesstaatsrechtlichen Rang- und Organisationsentscheidung zur Verwaltung im Fernstraßenwesen. In bezug auf die tradierte Staatlichkeit des Fernstraßenwesens und die in Art. 90 GG fortgeführte Bereitstellung von Fernstraßen in staatlicher Erfüllungsverantwortung bedeutet jene bundesstaatsrechtliche Rang- und Organisationsentscheidung, daß für die betreffende, durch eine gesamtstaatliche Verkehrsbedeutung definierbare und abgrenzbare Straßenklasse eine Sachaufgabe des Bundes bestehen, daß diese aber mit Rücksicht auf die entwicklungsgeschichtlich nur verfügbare partikulare, landesbehördliche Straßenverwaltung sinnvoller- und angemessener Weise durch die Länder wahrgenommen werden sollte. Aus Sicht der Länder ist der Begründung einer Sachaufgabe des Bundes für staatliche Fernstraßen eine Schutzwirkung zu eigen, kraft deren die Länder von einer staatlichen Aufgabenverpflichtung entlastet sind.223 In der praktischen straßenrechtlichen Anwendung verwirklicht sich dieser Schutz der Länder dadurch, daß Umstufungen im Verhältnis von Bundesfernstraßen und Straßen des Landesrechts sowie damit verbundene Veränderungen der straßenrechtlichen Straßenbaulast und der bundesstaatsrechtlichen Sachaufgabe als materiell und verfahrensmäßig rechtsgebundene Vorgänge zu beurteilen und zu vollziehen sind. Die in Art. 90 GG festgelegte fernstraßenrechtliche Bundesauftragsverwaltung vermittelt also den Ländern eine bundesstaatsrechtliche Rechtsposition, nach der staatliche Straßenanlagen mit der Verkehrsfunktion von Fernstraßen in die Aufgabenverpflichtung des Bundes fallen. Die bundesstaatsrechtliche Position der Länder aus der fernstraßenrechtlichen Bundesauftragsverwaltung ist allerdings geltungsbeschränkt auf ein staatliches Fernstraßewesen in der bundesstaatsrechtlichen Organisationsform von Bundesfernstraßen. Ein, wie gesagt, bundesgesetzlich regelbares nicht staatliches Fernstraßenwesen dagegen liegt aktuell in jeder administrativen Hinsicht außerhalb des Geltungsbereichs der in Art. 90 GG festgelegten Bundesauftragsverwaltung. Hierin liegen zwei bundesstaatsrechtliche Folgerungen beschlossen.

223 Zu diesem Entlastungseffekt zugunsten der Länder im Bereich besonderer Bundesverwaltungszuständigkeiten Dittmann, Bundesverwaltung, S. 85.

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

117

Zum einen gilt es gegenüber möglichen Erwägungen eine Klarstellung vorzunehmen, wonach die Länder auch eine bundesstaatsrechtliche Rechtsposition auf Beibehaltung jenes dem Staat in der Organisationsform der Bundesfernstraßenverwaltung vorbehaltenen Fernstraßenwesens beanspruchen könnten. Dies würde eine spezifisch bundesstaatsrechtlich aus Art. 90 GG begründete Sperrwirkung gegenüber einer materiellen Entstaatlichung des Fernstraßenwesens bedeuten. Hiervon kann angesichts der Geltungsbeschränkung der fernstraßenrechtlichen Bundesauftragsverwaltung auf den Bereich staatlicher Bundesfernstraßen nicht die Rede sein. Die bundesstaatsrechtliche Schutzfunktion des Art. 90 GG zugunsten der Länder ist lediglich darauf gerichtet, die Sachkompetenz für ein staatliches Fernstraßenwesen dem Bund als Pflichtaufgabe aufzuerlegen mit der damit gemäß Art. 104 a Abs. 2 GG verbundenen finanzverfassungsrechtlichen Verpflichtung des Bundes zur Vermögensträgerschaft und Sachfinanzierung. Ein spezifischer bundesstaatsrechtlicher Schutz der Länder vor der Schaffung eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens besteht also nicht. Vielmehr bereitet ein solches bzw. eine bundesgesetzliche Regelung dazu ein bundesstaatsrechtliches Problem lediglich wegen der angesprochenen aktuellen Situation der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung, daß diese für bundesgesetzlich gegebenenfalls geregelte bzw. notwendigerweise zu regelnde Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse im Bereich eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens keine spezielle Verwaltungskompetenz kennt. Dieses aktuelle bundesstaatsrechtliche Problem eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens gilt es aus der Sicht sowohl der Länder als auch des Bundes zu beurteilen und gegebenenfalls zu lösen.

b) Die aktuelle bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz im Bereich eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens Auch für den Verwaltungsvollzug von gegebenenfalls anzunehmenden bzw. bundesgesetzlich geregelten Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen im Bereich nicht staatlicher Fernstraßen erscheint es aus Sachgründen angezeigt, dem dargelegten, in Art. 90 GG für die staatliche Fernstraßenverwaltung festgelegten bundesstaatsrechtlichen Konzept einer Bundesauftragsverwaltung zu folgen. Denn es kann auch insofern allein als sinnvoll und angemessen gelten, mit Rücksicht auf die gesamtstaatliche Verkehrsbedeutung von Fernstraßen eine Gesamtverantwortung des Bundes hierfür zu begründen, sich hierbei aber der entwicklungsgeschichtlich entstandenen und verfügbaren landesbehördlichen Straßenverwaltung zu bedienen. Insofern liegt eine vergleichbare staatsorganisationsrechtliche Ausgangs- und Sachlage vor. Es wäre zum einen eine naheliegende Erwägung, auch bezüglich anzunehmender bzw. bundesgesetzlich geregelter Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse im Bereich eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens entsprechend den bundesstaatsrechtlichen Kompetenzregelungen der Bundesauftragsverwaltung zu ver-

118

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

fahren. Nach dem aktuell geltenden Bundesstaatsrecht würde dies bedeuten, die Kompetenznormen von Art. 90 Abs. 2 und 3 GG zur auftragsweisen Landesverwaltung der Bundesfernstraßen und zu einer Übernahme von Angelegenheiten desselben in bundeseigene Verwaltung analog anzuwenden. Eine solche Analogie zur Begründung spezieller Verwaltungskompetenzen der Bundesebene ist jedoch der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung des GG fremd. Jedenfalls sind die bundesstaatsrechtlich speziellen Fälle einer Bundesauftragsverwaltung wegen des nach Art. 30 GG geltenden prinzipiellen bundesstaatsrechtlichen Vorbehalts ausdrücklicher spezieller Kompetenzzuweisungen zur Bundesebene nicht analogiefähig. Es hat deshalb dabei zu bleiben, daß die speziellen bundesstaatsrechtlichen Verwaltungskompetenzen nach Art. 90 Abs. 2 und 3 GG ausschließlich für die staatliche Bundesfernstraßenverwaltung gelten und daß für den Verwaltungsvollzug von Verwaltungsaufgaben sowie Verwaltungsbefugnissen im Bereich eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens nach den ausdrücklichen und speziellen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzregelungen eine auch nicht durch Analogie behebbare Lücke besteht. Das GG kennt eine Ausweitung spezieller Verwaltungskompetenzen der Bundesebene lediglich unter der Voraussetzung und in der Form, daß bei einer fehlenden, aber aus Sachgründen unabdingbaren und zwingenden zentralstaatlichen Verwaltungszuständigkeit eine ungeschriebene bundeseigene Verwaltungskompetenz begründet ist und genutzt werden kann. Für den Verwaltungsvollzug von Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen zu einem nicht staatlichen Fernstraßenwesen kann daher allenfalls eine ungeschriebene bundeseigene Verwaltungskompetenz kraft Natur der Sache wegen der gesamtstaatlichen Verkehrsbedeutung von Fernstraßen in Betracht gezogen werden. Aber auch die Voraussetzungen hierfür fehlen, jedenfalls im Grundsatz. Nach maßgeblicher und praktizierter Auffassung ist zwar durchaus davon auszugehen, daß bei der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung unbeschadet der grundsätzlich geltenden Bundesauftragsverwaltung die Sachkompetenz des Bundes in bestimmten Angelegenheiten unabdingbar und zwingend überhaupt nur vom Bund selbst vollzogen werden kann und daß deshalb insofern eine ungeschriebene bundeseigene Verwaltungszuständigkeit kraft Natur der Sache besteht.224 Als Voraussetzung für eine solche bundeseigene Verwaltung von Angelegenheiten der Bundesfernstraßenverwaltung reicht nicht aus, daß deren Wahrnehmung durch den Bund zweckmäßiger wäre oder überhaupt nur durch den Bund zweckmäßig erfol224 Zu ungeschriebenen Verwaltungskompetenzen des Bundes, einschließlich bei der Bundesfernstraßenverwaltung, Ronellenfitsch, Mischverwaltung, S. 227 ff., Zech, DVBl. 87, 1089 f., Blümel, HStR IV (1990), § 101 Rnr 116 ff., Harms, Der Staat 33 (1994), 409 ff., Harms, Staat 33 (1994), 409 ff., Ruppelt, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 30 Rnr 21, Umbach / Clemens, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 83 Rnr 21 ff., Sachs, Art. 90 GG Rnr 20 f., Badura, Staatsrecht, 3. Aufl. 2003, D 80 jeweils m.Nachw.; ablehnend bei der Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen mit Rücksicht auf das Weisungsrecht des Bundes nach Art. 85 Abs. 3 GG Ibler, Art. 90 GG Rnr 74. Aus der Verfassungsrechtsprechung Beschl. BVerfG 10. 5. 60, BVerfGE 11, 89 ff., Urt. BVerfG 28. 2. 61, BVerfGE 12, 205 ff. und 18. 7. 67, BVerfGE 22, 180 ff.

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

119

gen könnte. Vielmehr muß das betreffende Sachgebiet seiner Natur nach eigenste Angelegenheit des Bundes sein und ausschließlich von diesem erledigt werden können. Der sachliche Bezugspunkt solcher Voraussetzungen ist grundsätzlich nur die für die staatlichen Bundesfernstraßen geltende Sachkompetenz des Bundes, dessen bundesstaatsrechtliche Aufgabenverpflichtung zur Vermögensträgerschaft, Finanzierung, planenden und realisierenden Bereitstellung der staatlichen Bundesfernstraßen. Danach bestehen ungeschriebene bundeseigene Verwaltungszuständigkeiten kraft Natur der Sache im Bereich der Bundesfernstraßenverwaltung jedenfalls immer schon dann, wenn und soweit die hierfür geltende Sachkompetenz des Bundes nicht lediglich zweckmäßigerweise, sondern aus unabdingbaren und zwingenden Sachgründen überhaupt nur vom Bund selbst wahrgenommen werden kann. Sie haben ihre besonderen bundesstaatsrechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich allein darin, daß die bundesstaatsrechtlich verpflichtende Sachkompetenz des Bundes für die Bundesfernstraßen ausschließlich in solcher Weise erfüllt werden kann. Wenn es keine Sachkompetenz des Bundes für die staatlichen Fernstraßen gäbe, dann bedürfte es grundsätzlich auch keiner unabdingbaren und zwingenden bundeseigenen Verwaltungszuständigkeiten hierfür. Die ungeschriebenen bundeseigenen Verwaltungskompetenzen kraft Natur der Sache bei der Bundesfernstraßenverwaltung sind also im Grundsatz bedingt durch die hierfür bestehende Sachkompetenz des Bundes und insofern hypothetischer Natur. Von kategorischen ungeschriebenen bundeseigenen Verwaltungszuständigkeiten im Bereich des Fernstraßenwesens kann darum im Grundsatz nicht ausgegangen werden. Es entspricht durchaus Erfordernissen der Zweckmäßigkeit, gegebenenfalls für Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse zu einem nicht staatlichen Fernstraßenwesen bzw. zu bundesgesetzlich geregelten nicht staatlichen Fernstraßen mit Rücksicht auf die gesamtstaatliche Verkehrsbedeutung der betreffenden Straßenanlagen eine bundesstaatsrechtliche Verwaltungszuständigkeit auf der Bundesebene in Anspruch zu nehmen. Aber eine solche läßt sich nicht schon generell kraft Natur der Sache ohne eine ausdrückliche und spezielle bundesstaatsrechtliche Begründung annehmen; sie ist einer Verwaltung in bezug auf nicht staatliche Fernstraßen nicht generell in unabdingbarer und zwingender Weise eigen. Vielmehr wäre es in der Sache, wenn auch nicht zweckmäßig, aber dennoch praktisch denkbar und realisierbar, administrative Angelegenheiten bzw. bundesgesetzliche Regelungen zu einem nicht staatlichen Fernstraßenwesen verwaltungsmäßig grundsätzlich in landeseigner Verwaltung nach Art. 84 GG zu vollziehen. Es ist festzuhalten, daß nach dem gegenwärtig geltenden Bundesstaatsrecht für den Verwaltungsvollzug gegebenenfalls anzunehmender bzw. geschaffener Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse im Bereich nicht staatlicher Fernstraßen weder eine analoge Anwendung der in Art. 90 GG zu den Bundesfernstraßen festgelegten Bundesauftragsverwaltung in Betracht kommt noch generell eine ungeschriebene bundeseigene Verwaltungskompetenz kraft Natur der Sache angenommen werden kann. Zweckmäßigerweise läßt sich ein nicht staatliches Fernstraßenwesen nur realisieren, wenn im Wege einer Verfassungsänderung eine spezielle

120

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz hierfür geschaffen wird. Welcher Art diese bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz sein sollte, kann angesichts der traditionell nur verfügbaren verwaltungsbehördlichen Strukturen in der Straßenverwaltung, wie sie auch in der Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen genutzt werden, kaum fraglich erscheinen. c) Der Verwaltungsvollzug von Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen im Bereich nicht staatlicher Fernstraßen als formelle Bundesauftragsverwaltung (Verfassungsänderung) Eine gegebenenfalls für den Bereich nicht staatlicher Fernstraßen im Wege einer Verfassungsänderung zweckmäßigerweise in Betracht zu ziehende und gebotene Bundesauftragsverwaltung unterscheidet sich in einem bundesstaatsrechtlich wesentlichen Punkt von der nach Art. 90 GG bestehenden Bundesauftragsverwaltung staatlicher Bundesfernstraßen. Denn die letztere hat darin ihr besonderes Gepräge, daß die auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeiten der Länder nicht nur den Ingerenzbefugnissen des Bundes nach Art. 85 GG unterliegen, vielmehr auch und vor allem der Erfüllung einer verfassungsrechtlich speziell konstituierten Sachaufgabe des Bundes dienen. Hierin liegt ihre Besonderheit als materielle Bundesauftragsverwaltung.225 Eine im Wege der Verfassungsänderung geschaffene Bundesauftragsverwaltung für einen Bereich nicht staatlicher Fernstraßen dagegen hat keinen Bezug zu einer spezifisch bundesstaatsrechtlichen Sachaufgabe des Bundes in dem umfassenden Sinne von dessen vermögensmäßiger und finanzieller Erfüllungsverpflichtung. Vielmehr kann in einem solchen Falle der bundesstaatsrechtliche Zweck der Bundesauftragsverwaltung lediglich in einer Gesamtverantwortung des Bundes gesehen werden, für die ihm die generellen Ingerenzbefugnisse nach Art. 85 GG zur Verfügung stehen. Es handelt sich im Grundsatz um eine im Wege der Verfassungsänderung zu schaffende formelle Bundesauftragesverwaltung. Allerdings reicht eine auf die Ingerenzbefugnisse des Bundes nach Art. 85 GG beschränkte formelle Bundesauftragsverwaltung allein nicht gänzlich aus für die verwaltungsmäßige Realisierung eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens. Auch wenn für nicht staatliche Fernstraßen keine Sachaufgabe des Bundes im Sinne einer umfassenden Erfüllungsverpflichtung besteht, ist es dem Fernstraßenwesen insgesamt und überhaupt gleichwohl schon kraft seiner Natur als bundesstaatsrechtlich definierter Straßenklasse von gesamtstaatlicher Verkehrsbedeutung eigen, daß seine kongruente Konstituierung in administrativer Hinsicht unabdingbar und zwingend nur auf der zentralstaatlichen Ebene erfolgen kann. Die Landesverwaltungsebene erscheint hierfür kraft Natur der Sache ungeeignet, ungeachtet des Umstandes, daß auch insofern ein Weisungsrecht des Bundes nach Art. 85 Abs. 3 GG zur Verfügung stünde. Es gibt also ganz unabhängig von hypothetisch auf eine 225

Oben unter A.I.4.

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

121

Sachaufgabe des Bundes für staatliche Bundesfernstraße bezogenen ungeschriebenen eigenen Verwaltungszuständigkeiten auch eine ausnahmsweise kategorische Verwaltungszuständigkeit des Bundes kraft Natur der Sache im Fernstraßenwesen, soweit es um dessen konkrete Konstituierung geht. d) Die kategorische bundeseigene Zuständigkeit kraft Natur der Sache für die konkrete Konstituierung des Fernstraßenwesens (Ausbauplanung) Es wurde bereits dargelegt, daß der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG verwendete Begriff des straßenrechtlichen „Fernverkehrs“ und die hiermit verbundene Konstituierung eines Fernstraßenwesens staatsrechtliche Neuschöpfungen im und unter dem GG sind, die einem spezifisch straßenrechtlichen Klassifikationskriterium gesamtstaatlicher Verkehrsbedeutung der betreffenden Straßenanlagen folgen.226 Damit ist eine bundesstaatsrechtliche Definitions- und Rangentscheidung zum Fernstraßenwesen getroffen worden.227 Ihr rechtsbegrifflicher Bedeutungsgehalt liegt in einer dezidierten Verfassungsaussage, wonach das Fernstraßenwesen aus einem länderübergreifenden, nach gesamtstaatlichen Erfordernissen zusammenhängenden Verkehrsnetz für einen weiträumigen Verkehr besteht, wie dies ausdrücklich in § 1 Abs. 1 FStrG für den Bereich der staatlichen Bundesfernstraßen auf einfachrechtlicher Ebene authentisch interpretiert worden ist. Hieraus folgt zwar nicht, daß dem Bund eine kompetenzbegründende Definitionsmacht zum Fernstraßenwesen vorbehalten wäre; vielmehr erfolgen die fachspezifisch straßenrechtlichen Klassifikationsentscheidungen im Verhältnis von Fernstraßen und Straßen des Landesrechts, wie ausgeführt, auf seiten sowohl der Länder als auch des Bundes materiell und verfahrensmäßig rechtsgebunden. Anders stellen sich dagegen die kompetenzrechtlichen Folgerungen aus der bundesstaatsrechtlichen Rangentscheidung zum Fernstraßenwesen dar, welche dieses als Straßenklasse wegen seiner gesamtstaatlichen Verkehrsbedeutung auf der zentralstaatlichen Ebene ansiedelt. Die bundesstaatsrechtliche Rangentscheidung zum Fernstraßenwesen enthält die dezidierte Verfassungsaussage, daß das Netz bzw. System von Straßen „für den Fernverkehr“ in seiner konkreten, fachspezifisch straßenrechtlichen Konstituierung ausschließlich nach gesamtstaatlichen Erfordernissen zu bilden ist. Insofern sind kraft Verfassungsrechts fachspezifisch straßenrechtliche Zwecksetzungen und Gestaltungsziele der Landesebene ausgeschlossen; sie sind allein der zentralstaatlichen Ebene vorbehalten. Auch eine föderale Kooperation und Koordination bei der konkreten Konstituierung des Netzes bzw. Systems von Fernstraßen würde dem dezidierten Zweck der bundesstaatsrechtlichen Rangentscheidung zum Fernstraßenwesen verfehlen, insofern ausschließlich Entscheidungen nach gesamtstaatli226 227

Oben unter III.2.d). Oben unter III.2.a).

122

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

chen Erfordernissen und Zielsetzungen zu gewährleisten. Es ist also nicht lediglich zweckmäßig, sondern von Verfassungs wegen unabdingbar und zwingend, dass die konkrete fachspezifisch straßenrechtliche Konstituierung des Netzes bzw. Systems von Fernstraßen auf der zentralstaatlichen Ebene erfolgt. Man kann insofern von einer bundesstaatsrechtlich kraft Natur der Sache kategorisch vorgegebenen bundeseigenen Zuständigkeit sprechen. Danach hat die bundesstaatsrechtlich allein gesamtstaatlichen Erfordernissen verpflichtete Ausbauplanung zum Fernstraßenwesen einen unabdingbaren und zwingenden zentralstaatlichen Aufgabencharakter. Gleiches gilt für Linienbestimmungen von Fernstraßen, wie sie § 16 FStrG für die staatlichen Bundesfernstraßen regelt, soweit sie fachspezifisch straßenrechtlichen Planungszielen zum Netz bzw. System der Fernstraßen dienen. Beide Planungsvorgänge stellen kraft der bundesstaatsrechtlicher Rangentscheidung zum Fernstraßenwesen eine eigenste und ausschließliche Aufgabe und Befugnis des Bundes dar, unabhängig davon, ob sie staatlichen Bundesfernstraßen oder nicht staatlichen Fernstraßen gelten. Letztlich schließt es die bundesstaatsrechtliche Definitions- und Rangentscheidung zu einem zentralstaatlichen Fernstraßenwesen notwendigerweise ein, daß die konkrete ausbauplanerische Konstituierung des Netzes bzw. Systems der Fernstraßen nur als einheitliche Ausbauplanung sowohl für staatliche Bundesfernstraßen und gegebenenfalls nicht staatliche Fernstraßen möglich ist und zu erfolgen hat. Man kann von einem kraft der bundesstaatsrechtlichen Definitions- und Rangentscheidung zum Fernstraßenwesen begründeten Gebot inhaltlicher und kompetenzrechtlicher Einheitlichkeit der fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung sprechen. Danach gibt allein schon die durch die Sach- und Finanzierungskompetenz des Bundes für die staatlichen Bundesfernstraßen bedingte und insofern als hypothetisch zu bezeichnende bundeseigene Zuständigkeit kraft Natur der Sache für die betreffende Ausbauplanung kompetenzrechtlich vor, daß auch eine Ausbauplanung von gegebenenfalls nicht staatlichen Fernstraßen einheitlich dafür erfolgt und deshalb ebenso ausschließlich dem Bund vorbehalten ist. Unter Beibehaltung der gegenwärtigen staatsrechtlichen Praxis einer gesetzesförmlichen Ausbauplanung der staatlichen Bundesfernstraßen nach dem FStrAbG bedeutet dies im Ergebnis, daß hierbei auch ein gegebenenfalls nicht staatliches Fernstraßenwesen einzubeziehen und daß das FStrAbG unter solchen Voraussetzungen zu ändern und auszuweiten ist auf eine Ausbauplanung auch nicht staatlicher Fernstraßen. Grundlegend anders beurteilt sich die bundesstaatsrechtliche Zuordnung von Ausbauplanung und Linienbestimmungen nicht staatlicher Fernstraßen, wenn man einer vereinzelt vertretenen, schon im rechtlichen Ansatzpunkt gänzlich anderen Annahme folgt, wonach es im Geltungsbereich einer Bundesauftragsverwaltung weder für Planungsvorgänge der genannten Art noch überhaupt ungeschriebene bundeseigene Zuständigkeiten kraft Natur der Sache gibt; dies wird damit begründet, daß sich der Bund in Angelegenheiten einer Bundesauftragsverwaltung ohnedies der Weisungsbefugnis nach Art. 85 Abs. 3 GG zur Wahrnehmung der ihm

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

123

zustehenden Aufgaben bzw. Gesamtverantwortung bedienen könne.228 Gegen eine solche instrumentelle, verfahrensrechtliche Erwägung an sich ist nichts einzuwenden. Aber als Argument zur prinzipiellen Erübrigung ungeschriebener bundeseigner Zuständigkeiten kraft Natur der Sache in Fällen der Bundesauftragsverwaltung erscheint sie nicht nachvollziehbar und verunglückt. Schon in der Sache ist dabei verkannt, daß auch bei Inanspruchnahme der Weisungsbefugnis nach Art. 85 Abs. 3 GG zum Zwecke und zur Gewährleistung einer einheitlichen fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung ein entsprechendes Ausbauplankonzept des Bundes überhaupt erst einmal vorliegen muß. Aber vor allem kommt es rechtlich entscheidend darauf an, daß das betreffende fernstraßenrechtliche Ausbauplankonzept nicht einer Verwirklichung in einzelnen Weisungsfällen überantwortet sein kann, sondern kraft einer prinzipiellen Entscheidungszuständigkeit des Bundes erstellt werden und eine seiner wie auch immer zu beurteilenden Verbindlichkeit entsprechende unmittelbare, allgemeine und evidente Gültigkeit besitzen muß. Die Weisungsbefugnis nach Art. 85 Abs. 3 GG kann keine bundeseigene Zuständigkeit ersetzen. Es führt somit kein Weg daran vorbei, daß gegebenenfalls auch bei einer im Wege der Verfassungsänderung geschaffenen formellen Bundesauftragsverwaltung für administrative Angelegenheiten im Bereich eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens die betreffende, zugleich solche nicht staatlichen Fernstraßen erfassende Ausbauplanung und entsprechend geregelte Linienbestimmungen in eine ungeschriebene bundeseigene Verwaltungszuständigkeit kraft Natur der Sache fallen. Die Erkenntnis, daß für die Ausbauplanung von Fernstraßen in jedem Falle kategorisch eine ungeschriebene bundeseigene Zuständigkeit kraft Natur der Sache besteht, ist bislang nur verdeckt worden, weil die Ausbauplanung für staatliche Bundesfernstraßen durchaus zutreffenderweise mit der betreffenden Sachfinanzierungskompetenz des Bundes verknüpft wird und nur hierdurch bedingt erscheinen konnte. Im Grunde erweist sie sich aber als eine Angelegenheit, für die auch schon kategorisch eine bundeseigene Zuständigkeit kraft Natur der Sache begründet ist.

e) Die verwaltungsmäßige Realisierbarkeit nicht staatlicher Fernstraßen (Zusammenfassung) Zur Realisierung eines im Grunde staatsrechtlich eröffneten nicht staatlichen Fernstraßenwesens ist davon auszugehen, daß es auch insofern bestimmte staatliche Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse geben muß. Die noch gesondert zu erörternden Gründe hierfür ergeben sich teilweise aus fachspezifisch straßenrechtlichen Erfordernissen, teils unter dem staatsrechtlichen Gesichtspunkt einer Gewährleistungs- und Regulierungsverantwortung des Staates für das Fern228

Ibler (Fn. 224).

124

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

straßenwesen. Die betreffenden Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse lassen sich materiell ohne die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung einfachgesetzlich im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes nach Art. 72, Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG zu den „Landstraßen für den Fernverkehr“ regeln durch Erweiterung des gegenwärtig nur die staatlichen Bundesfernstraßen erfassenden Fernstraßenrechts um ein Fernstraßenrecht auch der nicht staatlichen Fernstraßen. Derart lediglich einfachrechtliche Regelungen genügen ungeachtet des Umstandes, daß sie aufgrund von noch zu erörternden allgemeinen verfassungsrechtlichen Erfordernissen gegebenenfalls auch einer bereits staatsrechtlich begründeten staatlichen Verantwortung für ein nicht staatliches Fernstraßenwesen entsprechen. Für den betreffenden Verwaltungsvollzug besteht gegenwärtig keine ausdrückliche und spezielle bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz. Grundsätzlich läßt sich dafür auch keine bundeseigene Verwaltungszuständigkeit kraft Natur der Sache begründen. Die derzeit maßgeblich anerkannten und praktizierten bundeseigenen Verwaltungszuständigkeiten in der Bundesauftragsverwaltung treten bedingt und beschränkt durch die insofern bestehende Sach- und Sachfinanzierungskompetenz des Bundes, d. h. unter hypothetischen Voraussetzungen, in Erscheinung. Allein sinnvoll und angemessen für den Verwaltungsvollzug von Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen im Bereich eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens ist eine insofern verfassungsändernde Ausweitung der gegenwärtig fernstraßenrechtlichen Bundesauftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG sowie der in Art. 90 Abs. 3 GG eröffneten Möglichkeit zur Übernahme von Angelegenheiten der auftragsweisen Landesverwaltung von Bundesfernstraßen in bundeseigene Verwaltung. Eine solche Bundesauftragsverwaltung im Bereich nicht staatlicher Fernstraßen stellt dann grundsätzlich nur eine formelle Bundesauftragsverwaltung nach Maßgabe der betreffenden bundesstaatsrechtlichen Ingerenzbefugnisse des Bundes nach Art. 85 GG dar. Unberührt von einer im Wege der Verfassungsänderung zu schaffenden Bundesauftragsverwaltung für den Bereich nicht staatlicher Fernstraßen bleibt die bundesstaatsrechtliche Zuständigkeit des Bundes für die konkrete planerische Konstituierung des Netzes bzw. Systems von Fernstraßen in Form einer entsprechenden Ausbauplanung. Es handelt sich mit Rücksicht auf die bundesstaatsrechtliche Definitions- und Rangentscheidung zum Fernstraßenwesen um eine schon gegenwärtig kategorisch bestehende ungeschriebene Bundeszuständigkeit kraft Natur der Sache. Dies ist bislang nur dadurch verdeckt worden, daß die bundeseigene Ausbauplanung der staatlichen Bundesfernstraßen, durchaus zutreffend, in Verbindung mit der insofern vorhandenen Sachaufgabe und Sachfinanzierungskompetenz des Bundes gesehen und hiermit begründet worden ist. Bei Fortführung der gegenwärtigen staatsrechtlichen Praxis einer gesetzesförmlichen Ausbauplanung der staatlichen Bundesfernstraßen erfordert die Schaffung nicht staatlicher Fernstraßen eine Ausweitung der betreffenden gesetzlichen Vorschriften zur fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung auch auf einen solchen Bereich des Fernstraßenwesens. Eine fernstra-

III. Die tradierte Staatlichkeit in ihrem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt

125

ßenrechtliche Ausbauplanung kann jedenfalls nur einheitlich, d. h. gegebenenfalls unter Einschluß nicht staatlicher Fernstraßen, und ausschließlich in bundeseigener Zuständigkeit kraft Natur der Sache erfolgen. Im Ergebnis verlangt eine Realisierung nicht staatlicher Fernstraßen, daß sinnvollerweise die bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen von Art. 90 Abs. 2 und 3 GG zur Bundesfernstraßenverwaltung im Wege einer Verfassungsänderung erstreckt werden auf den Verwaltungsvollzug von staatlichen Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen zu einem nicht staatlichen Fernstraßenwesen, daß ferner zur lediglich einfachrechtlich notwendigen Regelung solcher Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse das bislang aufgrund von Art. 72, Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG nur für die staatlichen Bundesfernstraßen geschaffene Fernstraßenrecht ausgeweitet wird auf ein Fernstraßenrecht auch nicht staatlicher Fernstraßen und daß schließlich die Praxis einer in bundeseigener Zuständigkeit kraft Natur der Sache vorgenommenen, legislativen Ausbauplanung auch die nicht staatlichen Fernstraßen in einem einheitlichen Konzept einbezieht; letzteres gilt gegebenenfalls auch für Regelungen zu einer an der Ausbauplanung orientierten Linienbestimmung von Fernstraßen. Die Schaffung solcher Voraussetzungen für die verwaltungsmäßige Realisierbarkeit eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens bedeutet in materiellrechtlicher Hinsicht den Schritt von der tradierten ausschließlichen Erfüllungsaufgabe des Staates für die Fernstraßen zur bloßen staatlichen Verantwortung für das Fernstraßenwesen.

4. Von der staatlichen Erfüllungsaufgabe zur staatlichen Verantwortung für das Fernstraßenwesen – Die staatsrechtliche Metafrage des Fernstraßenwesens Die verwaltungsmäßige Realisierung eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens rückt letzten Endes die materiellrechtliche Frage nach den auf der einfachrechtlichen Ebene des Fernstraßenrechts möglicherweise und notwendig zu regelnden staatlichen Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen in den Mittelpunkt. Sie ergeben sich teils aus einfachrechtlichen, fachspezifisch straßenrechtlichen Erfordernissen, teils haben sie ihren Grund in staatsrechtlichen Voraussetzungen und Anforderungen, die sich, unabhängig von den expliziten und speziellen Verfassungsaussagen der Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG, für das Fernstraßenwesen im übrigen aus dem Verfassungsgefüge des GG erkennen lassen. Zunächst in der zuletzt genannten, spezifisch staatsrechtlichen Hinsicht geht es darum, ob und mit welcher Verpflichtungsmodalität dem Staat nach der Verfassungsordnung des GG jedenfalls eine Verantwortung für das Fernstraßenwesen selbst dann obliegt, wenn dieses nicht mehr ausschließlich in seiner tradierten Staatlichkeit bereitgestellt werden soll, vielmehr auch durch nicht staatliche Fernstraßen gewährleistet werden kann. Es handelt sich um die in den expliziten und speziellen Verfassungsaussagen von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG nicht

126

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

beantwortete Frage, welche Bedeutung dem Fernstraßenwesen in einer aktuell dem GG zu entnehmenden Konstituierung von Staatsaufgaben zukommt. Dabei steht naturgemäß das staatstheoretische und verfassungsdogmatische Meinungsspektrum zur Begründung und Annahme von Staatsaufgaben, insbesondere auch speziell zur Staatlichkeit öffentlicher Straßen, zur Erörterung.229 Zwischenzeitliche Vorgänge, Tendenzen und Konzepte zu „Privatisierungen“ jedenfalls im Bereich der Bundesfernstraßenverwaltung lassen deutlich einen zeitgeschichtlichen Paradigmenwechsel erkennen.230 Er geht in die Richtung, eine in der Sache liegende und unter mehreren Gesichtspunkten aus dem Verfassungsgefüge begründete Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen nicht mehr bzw. nicht mehr ausschließlich im Sinne einer tradierten unmittelbaren Erfüllungsaufgabe des Staates, sondern nur mehr in der Modalität von dessen Gewährleistungsaufgabe zu verstehen, sich unter einer solchen staatsrechtlichen Voraussetzung einer „Entstaatlichung“ des Fernstraßenwesens zuzuwenden bzw. dieses als „Privatisierungsobjekt“ zu betrachten. Die Art von Staatsaufgabe bzw. von staatlicher Verantwortung für das Fernstraßenwesen erscheint zwischenzeitlich als dessen straßenrechtliche und staatsrechtliche Metafrage. Sie verändert die Realisierungsperspektiven, unter denen sich die Staatsaufgabenfrage für das Fernstraßenwesen beurteilen läßt. Nicht mehr die Aufgabenstellung des Staates als solche für die Fernstraßen steht zur Erörterung, sondern deren Wahrnehmungsmodalität. In diesem Sinne kann man anstatt von einer „Staatsaufgabe“ von einer „staatlichen Verantwortung“ für die Fernstraßen sprechen, wenn man auch in der letzteren eine Aufgabe und Leistung des Staates sieht, allerdings nur mehr eine Aufgabe und Leistung zur Gewährleistung des Fernstraßenwesens. Es geht mit anderen Worten um eine „Staatsaufgabenerhaltung“ 231 auch für den Fall eines Rückzugs des Staates von seiner tradierten unmittelbaren Erfüllungsaufgabe für die Fernstraßen zugunsten eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens. Ein entsprechendes Privatisierungsfolgenrecht besteht in Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnissen des Staates im Bereich eines nicht staatlichen Fernstraßenwesens. Sie sind Teil einer Staatsaufgabe zur Gewährleistung der für Staat und Gesellschaft existenzsichernden öffentlichen Verkehrsinfrastruktur.

Nachw. Fn. 173. Zur Privatisierung, teilweise speziell im Fernstraßenwesen, Ewers / Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, Schmitt, FStrPrivFinG, Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, Kämmerer, S. 343 ff. (Fernstraßenbau), Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, insb. S. 207 ff. und 291 ff. 231 Kämmerer, a. a. O., S. 426 ff. 229 230

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

127

IV. Die staatsrechtliche Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen 1. Das öffentliche Straßenwesen als Sachbereich einer staatlichen bzw. gebietskörperschaftlichen Infrastrukturverantwortung Angesichts der existenzsichernden Bedeutung eines Fernstraßenwesens für Staat und Gesellschaft zählt dessen öffentliche Verfügbarkeit zu den Gegenständen bzw. Fragenbereichen einer verfassungsstaatlichen Rechtsdogmatik der Staatsaufgaben.232 In dem Zusammenhang weist das Fernstraßenwesen eine gegenstandsund funktionsspezifisch kategoriale Eigenart auf. Es handelt sich um eines derjenigen Sachgebiete, deren Bedeutung als öffentliche Aufgabe bzw. Staatsaufgabe in einer Leistungserbringung von Gütern für die Allgemeinheit liegt. Damit gehört es zu den Sachgebieten sozialwirtschaftlicher Art, deren Begründung als Staatsaufgabe sich gerade auf eine dabei notwendige spezifische Leistungserbringung des Staates zum Zwecke der Verwirklichung und Sicherung des Gemeinwohls zu beziehen hat.233 Für das Fernstraßenwesen tritt diese Bedeutungs- und Funktionsvoraussetzung klar zutage. Ein Fernstraßenwesen ist das erst durch sachliche und organisatorische Leistung verfügbare Medium für allgemeine Bewegungsfreiheit und für das Funktionieren des Flächenstaates.234 In spezifisch ökonomischer Hinsicht ist es die erst einmal bereitzustellende bzw. zu gewährleistende Grundlage einer arbeitsteiligen Wirtschaft und die Voraussetzung für die Versorgung der Bevölkerung.235 Es bildet einen und augenscheinlich den verkehrswirtschaftlich zentralen Teil öffentlicher Verkehrsinfrastruktur.236 Diese Bedeutungs- und Funk232 Allgemein zur Verfassungstheorie bzw. Verfassungsdogmatik von Staatsaufgaben unter der verfassungsstaatlichen Ordnung des GG Bull, Staatsaufgaben, Isensee, HStR III (1988), Rnr 136 ff., 147 ff., 152 f. und 156 ff., Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 135 ff., Selmer / Brodersen, in: Ewers / Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, S. 125 ff., Sommer, Staatliche Gewährleistung, S. 18 ff., Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 30 ff., 40 ff. und 82 ff., Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 53 ff., 57 ff., 97 ff. und 147 ff., Ehlers, Aushöhlung der Staatlichkeit, S. 59 ff., Schuppert, Staatswissenschaft, S. 215 ff., 261 ff., 282 ff., 306 ff., 319 ff. und 337 ff., Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 222 / 227 ff. und Vosskuhle, VVDStRL 62 (2003), 268 / 273 ff.; ferner unter dem Gesichtspunkt einer staatlichen Gewährleistungsaufgabe neben Weiß, a. a. O., auch Kämmerer, Privatisierung, S. 426 f. und 474 ff. 233 Zur Begriffsbildung „sozialwissenschaftlicher“ Staatsaufgaben Selmer / Brodersen, a. a. O., S. 18 f.; zur Begründung von Staatsaufgaben aus dem Rechtsbegriff der öffentlichen Daseinsvorsorge (Forsthoff) siehe bei Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 74 ff. Speziell zum Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe, insb. unter dem Gesichtspunkt von dessen Privatisierung, siehe Ewers / Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 38 ff. und 46 ff., Pabst, Privatisierung von Fernstraßen, S. 59 ff. und 62 f., Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 147 ff. 234 Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 162 f. 235 Urt. BVerwG 12. 6. 85, BVerwGE 72, 15 / 24.

128

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

tionsvoraussetzungen bestehen allerdings nicht nur bei den Fernstraßen als bundesstaatsrechtlich in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG konstituierter Straßenklasse, sondern bei den öffentlichen Straßen überhaupt. Für das öffentliche Straßenwesen insgesamt stellt sich die Frage nach einer entsprechenden sachbezogenen, staatsrechtlich begründeten Aufgabenverantwortung des Staates. In rechtsbegrifflicher Hinsicht beansprucht insofern keine Bedeutung, daß die Bereitstellung öffentlicher Straßen mit bloß örtlicher Verkehrsbedeutung tradierterweise durch kommunale Gebietskörperschaften im Rahmen von deren verpflichtenden Selbstverwaltungsaufgaben erfolgt; denn auch deren Aufgabencharakter ist in staatsrechtlicher Hinsicht letztlich staatsbezogener Art. Mit Rücksicht auf vergleichbare Bedeutungs- und Funktionsvoraussetzungen in anderen Sachgebieten öffentlicher Verkehrsinfrastruktur sowie auch bei öffentlichen Kommunikations- und Versorgungsstrukturen erscheint es gerechtfertigt, in einer staatstheoretisch und verfassungsdogmatisch verallgemeinernden Begriffsbildung und Fragestellung von einer staatlichen Infrastrukturverantwortung zu sprechen.237 Sie bezeichnet in diesem Sinne die dem Staat gegebenenfalls obliegende Aufgabe, bestimmte Sachbereiche öffentlicher Infrastruktur in allgemeiner Verfügbarkeit zu gewährleisten. In verfassungsdogmatischer Hinsicht bestehen allerdings zwischen den Sachgebieten öffentlicher Infrastruktur beträchtliche und wesentliche, in der Sache, in der Entwicklungsgeschichte und in der Rechtsquellenlage begründete Unterschiede, speziell für das Eisenbahnwesen, das Postwesen und die Telekommunikation von jeher und aktuell sogar besondere staatsrechtliche Regelungen.238 Deshalb verlangt die Frage einer verfassungsrechtlich begründeten Infrastrukturverantwortung von Staat und Gebietskörperschaften für das öffentliche Straßenwesen eine bereichsspezifische Beurteilung. Aber für das öffentliche Straßenwesen insgesamt stellt sie sich jedenfalls unter den Voraussetzungen einer einheitlichen Rechtsquellenlage. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, daß zur bundesstaatsrechtlichen Straßenklasse der Fernstraßen in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 90 GG explizite und spezielle Verfassungsaussagen vorliegen. Denn die insofern maßgebliche Organisations- und Kompetenznorm des Art. 90 GG zur Bundesfernstraßenverwaltung folgt in der Staatsaufgabenfrage nicht anders als das übrige, einfache Straßenrecht ausschließlich der überkommenen Vorstellung eines faktischen Angebotsmonopols des Staates im öffentlichen Straßenwesen.239 Danach erscheint traditionell die 236 Zum Begriff der „Infrastruktur“ allgemein Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, S. 18 ff., Schmidt, Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, S. 33 ff. (militärische Herkunft; volkswirtschaftlich), Wink, Verkehrsinfrastrukturpolitik, S. 78 f., Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 164 ff., 168 ff., 170 ff. (Rechtsbegriff), 313 ff., 316 ff. und 329 ff. Speziell zum Begriff der „Verkehrsinfrastruktur“ Scheele, a. a. O., S. 95 ff., Schmidt, a. a. O., S. 38 ff., Hermes, a. a. O., S. 188 ff. 237 Im Sinne einer Gewährleistungsverantwortung des Staates und in Abgrenzung vom Rechtsbegriff der Daseinsvorsorge, Hermes, a. a. O., S. 334 ff. 238 Oben unter III.2.c). 239 Dazu Fn. 209.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

129

Frage einer „staatlichen“ Verantwortung für das öffentliche Straßenwesen in ihren möglichen Aufgabenmodalitäten von vorneherein perspektivisch verengt auf dessen überkommene „Staatlichkeit“.240 Das tradierte und geltende Straßenrecht kennt ausnahmslos und einheitlich eine staatliche Verantwortung für das öffentliche Straßenwesen nur in der Form einer kontingenten staatlichen Erfüllungsaufgabe. Eine hiervon unterschiedene, weil darüber hinausreichende ausdrückliche Begründung staatlicher Verantwortung in Form einer bloßen Gewährleistung öffentlicher Straßen mit Rücksicht auf deren mögliche Überlassung an private Träger ist ihm traditionellerweise fremd.241 Eine auch unter dieser Perspektive stehende Staatsaufgabenfrage kann sich überhaupt nicht stellen, solange ausnahmslos an der tradierten staatlichen bzw. gebietskörperschaftlichen Erfüllungsaufgabe für die öffentlichen Straßen, im Falle des Fernstraßenwesens uneingeschränkt an der Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG, festgehalten wird. Sogar noch weitergehend läßt sich sagen, daß die Staatsaufgabenfrage als solche und überhaupt für das öffentliche Straßenwesen eigentlich kein Thema ist, solange Vorstellungen von einer Überlassung öffentlicher Infrastruktur an private Träger und einer Beschränkung des Staates auf eine bloße Gewährleistungsaufgabe hierfür nicht auch insofern in Betracht gezogen werden. Der kontingente Rechtszustand eines allein staatlichen bzw. gebietskörperschaftlichen öffentlichen Straßenwesens konnte die Frage einer insofern bestehenden Staatsaufgabe überhaupt einer aktuellen Bedeutung sowie, von lapidaren Äußerungen abgesehen,242 einer genaueren Vergegenwärtigung und Befassung entheben. Er läßt für das öffentliche Straßenwesen auch die Staatsaufgabenfrage als kontingent beantwortet erscheinen. An der lediglich kontingenten Staatsaufgabenbetrachtung des öffentlichen Straßenwesens vermochten im Grunde auch gelegentliche staatstheoretische und verfassungsdogmatische Erwägung nichts zu ändern, die sich kritisch mit einer „Entstaatlichung öffentlicher Wege“ oder mit der Implementierung einer „marktwirtschaftlichen Ordnung“ in die „öffentliche Verwaltung der Verkehrswege“ auseinandersetzen.243 Ebenso war eine allgemeine Verwaltungsrechtsdogmatik, deren Anliegen es ist, auch den staatlichen Aufgaben „öffentlicher Daseinsvorsorge“ einen rechtsstaatlichen öffentlichrechtlichen Regelungs-, Organisations- und Handlungscharakter zu sichern,244 alleine nicht ausreichend, um das „daseinsvorsorgenOben unter III.1, 2a) und 2c). Zur funktionalen und begrifflichen Unterscheidung von „Erfüllungsverantwortung“ und „Gewährleistungsverantwortung“ Schuppert, Staatswissenschaft, S. 290 ff. und ders., Gewährleistungsstaat, S. 23 ff.; ferner grundsätzlich Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 297 ff. 242 Fn. 172 f. 243 H. Krüger, Gegen eine Entstaatlichung öffentlicher Wege und ders., Marktwirtschaftliche Ordnung und öffentliche Verwaltung der Verkehrswege, 1969. 244 Zur Konzeption und Rechtsbegriff „öffentlicher Daseinsvorsorge“ bei Forsthoff, siehe Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, insb. S. 67 f. und 74 ff. 240 241

9 Bartlsperger

130

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

de“ öffentliche Straßenwesen in grundlegender Weise als Staatsaufgabe in das Blickfeld zu rücken. Denn weil und soweit es in den genannten Hinsichten lediglich um die Beibehaltung oder Veränderung einer ausschließlich hoheitsrechtlichen Verwaltung öffentlicher Straßen unter Ausschluß privatwirtschaftlicher Elemente gegangen war, hatten sich die betreffenden Problemstellungen und Argumente immer noch auf der Grundlage und im Rahmen der kontingent überkommen staatlichen bzw. gebietskörperschaftlichen Erfüllungsaufgabe für das öffentliche Straßenwesen bewegt. Sie gelten lediglich der zweckhaft hoheitlichen „Qualität“ des öffentlichen Straßenwesens als staatlicher Erfüllungsaufgabe. Die Staatsaufgabenfrage gewinnt für das öffentliche Straßenwesen eine aktuelle und positivrechtlich praktische Bedeutung erst unter der zeitgeschichtlich paradigmatisch veränderten Perspektive eines möglichen Rückzugs von Staat bzw. Gebietskörperschaften aus deren bislang traditioneller, straßenrechtlich und staatsrechtlich kontingent geregelter Erfüllungsverantwortung. Zweifellos stellt das tradierte öffentliche Straßenwesen aufgrund der verpflichtenden Straßenbaulastbestimmungen des einfachen Straßenrechts und speziell für die Bundesfernstraßen auch aufgrund der hierfür im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 90 GG sowie einer damit nach Art. 104 a Abs. 2 GG verbundenen bundesstaatsrechtlichen Sachfinanzierungsverpflichtung des Bundes ausdrücklich geregelten staatlichen Erfüllungsverantwortung eine Staatsaufgabe dar. Aber hierbei handelt es sich um einen selbstbezüglichen Rechtszustand unter der verengten Voraussetzung kontingenter „Staatlichkeit“ des öffentlichen Straßenwesens. Für das Sachgebiet des öffentlichen Straßenwesens als solches, insgesamt und überhaupt, d. h. unter Berücksichtigung der Möglichkeit auch eines nicht staatlichen öffentlichen Straßenwesens, dagegen fehlt es sowohl straßenrechtlich als auch staatsrechtlich an einer ausdrücklichen und speziellen Normbegründung „staatlicher“ Verantwortung. Daher stellt sich die Staatsaufgabenfrage für das öffentliche Straßenwesen erst in einer zeitgeschichtlich paradigmatisch veränderten Sicht in ihrem umfassenden und eigentlichen Bedeutungsgehalt. Sie erfährt zugleich eine perspektivische Veränderung. Es geht bei der Staatsaufgabenfrage zum öffentlichen Straßenwesen nicht um die aus der positiven Rechtsquellenlage ohnedies selbstbezüglich und kontingent beantwortete Frage einer „staatlichen“ Erfüllungsverantwortung, sondern um die weitergehende und umfassendere Perspektive einer „staatlichen“ Aufgabe zur Gewährleistung eines öffentlichen Straßenwesens überhaupt. Staatstheoretisch und verfassungsdogmatisch verallgemeinernd handelt es sich um einen sachbereichsspezifischen Aspekt der staatsrechtlichen Frage nach einer Gewährleistungsaufgabe des Staates für die öffentliche Infrastruktur, die man verkürzt als staatliche Infrastrukturverantwortung bezeichnen kann.245 Im vorliegenden Zusammenhang und für das öffentliche Straßenwesen mit aktueller Bedeutung steht hierfür repräsentativ die Frage nach einer staatsrechtlich begründeten Aufgabe des Staates zur Gewährleistung des Fernstraßenwesens. Sie läßt sich nur auf der Grundlage und 245

Fn. 237.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

131

im Rahmen einer allgemeinen verfassungsstaatlichen Rechtsdogmatik der Staatsaufgaben beurteilen.

2. Das Fernstraßenwesen als Gegenstand einer verfassungsstaatlichen Rechtsdogmatik von Staatsaufgaben Das GG kennt ausdrückliche generelle Verfassungsaussagen zu Erfüllungs- bzw. Gewährleistungsaufgaben des Staates, d. h. insofern spezifizierte generelle Staatsaufgabennormen, weder für sozialwirtschaftliche Sachbereiche im allgemeinen noch für die öffentliche Infrastruktur im besonderen.246 Lediglich in besonderen Fällen öffentlicher Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur, nämlich für das Eisenbahnwesen, das Postwesen und die Telekommunikation, bestehen entwicklungsgeschichtlich bedingt explizite staatsrechtliche Normbegründungen zu einer staatlichen Infrastrukturverantwortung.247 Deren ursprüngliche Organisationsformen einer staatlichen Erfüllungsverantwortung in der bundesstaatsrechtlichen Kompetenz einer „Bundeseigenverwaltung“ sind zwischenzeitlich in Art. 87 e und Art. 87 f. GG ersetzt worden durch eine in bundeseigener Zuständigkeit wahrzunehmende staatliche Gewährleistungsverantwortung. Für das Fernstraßenwesen dagegen fehlt es an derartigen sachgebietsbezogenen und sachgebietsumfassenden Verfassungsaussagen expliziter Art. Art. 90 GG erweist sich aus darlegten Gründen lediglich als Staatsaufgabennorm in der beschränkten und partiellen Weise, daß er für die Bundesfernstraßen eine staatliche Erfüllungsaufgabe festlegt, damit aber nur eine kontingente Staatsaufgabe begründet. Als bundesstaatsrechtliche Kompetenznorm hat Art. 90 GG in Verbindung mit der finanzverfassungsrechtlichen Sachfinanzierungsregelung von Art. 104 a Abs. 2 GG ausschließlich den Bedeutungsgehalt, daß er die Erfüllungsaufgabe des Staates für die staatlichen Bundesfernstraßen im Verhältnis von Bund und Ländern in der Sache dem ersteren zuweist. Eine für das Fernstraßenwesen in einem umfassenden Sinne als „Gegenstand“ und Sachgebiet staatsrechtlicher Ordnung betreffende Verfassungsaussage zu einer entsprechenden staatlichen Infrastrukturverantwortung gibt es jedoch nicht. Vielmehr hat man festzuhalten, daß dem GG für das Fernstraßenwesen als „Gegenstand“ und Sachbereich staatsrechtlicher Ordnung weder in Form einer generellen Verfassungsaussage zu einer staatlichen Infrastrukturverantwortung noch speziell sachbereichsbezogen eine explizit normbegründete staatliche Aufgabenverantwortung zu entnehmen ist.

246 Sommer, Staatliche Gewährleistung, S. 22 ff., Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben S. 41 ff. und 74 ff.; aber grundsätzlich zur rechtsdogmatischen Bedeutung „öffentlicher Daseinsvorsorge“ als sozialstaatlichem Verwaltungszweck in der verfassungsstaatlichen Ordnung des GG Badura, DöV 66, 624 ff. und Ronellenfitsch (Fn. 244); ferner Ossenbühl, DöV 71, 513 ff. 247 Oben unter III.2b) und 2c).

9*

132

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Eine Annahme, wonach das GG die staatliche Infrastrukturverantwortung als selbstverständlich voraussetze, mag im Ergebnis zutreffen und auch für das Sachgebiet des Fernstraßenwesens Geltung beanspruchen.248 Aber dies bedarf erst einmal einer verfassungsdogmatischen Begründung. Ausdrückliche und spezielle Verfassungsbestimmungen des GG liefern dazu jedenfalls keine Anhaltspunkte. Letztlich beantwortet sich die Frage einer staatlichen Aufgabenverantwortung für das Fernstraßenwesen erst auf der Grundlage und nach den Kriterien einer allgemeinen Verfassungsdogmatik der Staatsaufgaben im Verfassungsstaat des GG. Einmal mehr geht es insofern um die verfassungsdogmatische Grundlagenfrage nach einer Normbegründung von Staatsaufgaben im Verfassungsstaat. Dazu kann auf eine reiche Dogmengeschichte und auf einen beträchtlichen aktuellen Meinungsstand in der Staatsrechtslehre zurückgegriffen werden,249 letzteres auch und vor allem unter der differenzierten Perspektive, daß eine Staatsaufgabe in sozialwirtschaftlichen Bereichen, insbesondere auf Gebieten öffentlicher Infrastruktur, auch in einer bloßen Gewährleistungsaufgabe des Staates bestehen kann.250 Im gegenständlichen Zusammenhang und Rahmen kann es ohne einen weiteren Darlegungs- und Erörterungsbedarf als maßgeblicher verfassungsdogmatischer Ausgangspunkt gelten, daß nach der verfassungsstaatlichen Ordnung des GG die Normbegründung jedenfalls solcher Staatsaufgaben, deren Bedeutungs- und Funktionsvoraussetzungen wie im Falle öffentlicher Infrastruktur und des Fernstraßenwesens in einer sozialwirtschaftlichen Leistungserbringung bzw. Leistungsgewährleistung durch den Staat liegen sollen, in dessen verfassungskonforme, verfassungsgeleitete oder verfassungsgebundene Kompetenz fällt.251 Dies besagt in dogmengeschichtlicher Hinsicht, daß eine Normbegründung derartiger Staatsaufgaben nicht mehr allein auf der staatstheoretischen Ebene von elementar vorgegebenen und legitimierenden Staatszwecken gesucht werden kann, und es bedeutet in aktuell verfassungsdogmatischer Hinsicht, daß sie auch nicht nur auf der Grundlage von abstrakten Staatszielbestimmungen heutiger Verfassungen erfolgen kann.252 248 Siehe dazu Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 334 ff. und zum öffentlichen Straßenwesen Wendrich, BauR 85, 152 / 157 ff.; grundsätzlich zur Rechtsbegründung von Staatsaufgaben im Bereich öffentlicher Güter, insb. von Sozialgütern Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 300 ff., 327 ff. 249 Weiterführende Nachw. in Fn. 232 f. 250 Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 128 ff., Kämmerer, Privatisierung, S. 426 f. und 474 ff., Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 291 ff., Schuppert, Staatswissenschaft, S. 215 ff. und passim sowie ders., Gewährleistungsstaat, Bumke, Die Entwicklung der verwaltungsrechtswissenschaftlichen Methode in der Bundesrepublik Deutschland, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hg.), Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 204, S. 73 / 120 ff. 251 Bull, Staatsaufgaben, S. 90 ff., 114 ff. und 99 ff., Isensee, HStR III (1988), Rnr 137 und 156 ff., Link, VVDStRL 58 (1990), 9 / 25 f., Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 135 ff., Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 145 f., Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 47 ff., Weiß, a. a. O., S. 90 ff. 252 Bull, a. a. O., S. 17 ff., Isensee, a. a. O., § 57 Rnr 132 ff. / 137, Link, a. a. O., 9 / 10 ff. Weiß, a. a. O., S. 81 ff., Schuppert, Staatswissenschaft, S. 261 ff.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

133

Unbeschadet einer für den Staat legitimationsstiftenden Bedeutung von Staatszwecken und unbeschadet der leitenden Funktion von Staatszielbestimmungen als „Richtungsvorgabe der Staatstätigkeit“ kann im Verfassungsstaat eine Normbegründung von Staatsaufgaben letztlich und maßgeblich erst in einer unmittelbar dem Verfassungsrecht zu entnehmenden oder in einer verfassungskonformen, in einem verfassungsstaatlichen Verfahren getroffenen, zweckrational konkretisierenden Entscheidung des Staates gesucht werden. Danach ergeben sich Staatsaufgaben legalitätsabhängig aus einem verfassungskonformen oder unmittelbar verfassungsbegründeten staatlichen Kreationsakt. Hiervon ausgehend erscheint der Staatsaufgabenfrage für das Fernstraßenwesen eine recht klare Beurteilungsgrundlage vorgegeben.

3. Die Aufgabenverantwortung für das Fernstraßenwesen als Gegenstand einer sachbezogenen Verfassungskonkretisierung Für das tradierte Fernstraßenwesen in der Organisationsform staatlicher Bundesfernstraßen nach Art. 90 GG begründet dieser Verfassungsartikel verfassungsunmittelbar eine kontingente Staatsaufgabe in der Modalität einer staatlichen Erfüllungsaufgabe253 sowie in bundesstaatsrechtlicher Hinsicht eine Sachaufgabe des Bundes. Gleiches gilt auf der einfachrechtlichen Ebene des Straßenrechts auf der Grundlage der gesetzlichen Straßenbaulastbestimmungen im Rahmen des öffentlichen Straßenwesens insgesamt. Aber für das Fernstraßenwesen in einem umfassenden Sinne und überhaupt unter Einschluß der Möglichkeit privat getragener Fernstraßen, d. h. für das Fernstraßenwesen als „Gegenstand“ und aufgabenspezifisches Sachgebiet im Sinne seiner staatsrechtlichen Ordnung, besteht in expliziter und spezieller Weise weder eine entsprechende unmittelbare Verfassungsaussage noch auch nur ein entsprechender Anhaltspunkt. Abgesehen von den angeführten besonderen staatsrechtlichen Gewährleistungsregelungen für das Eisenbahnwesen, das Postwesen und die Telekommunikation254 enthält das GG auch im übrigen für die Sachbereiche öffentlicher Infrastruktur keine expliziten speziellen oder generellen unmittelbaren Verfassungsaussagen oder Anhaltspunkte zu einer staatlichen Aufgabenverantwortung. Die betreffende jeweilige Staatsaufgabenfrage läßt sich darum erst auf der Grundlage des übrigen und allgemeinen Verfassungsgefüges im Wege von dessen sachbereichsbezogener verfassungsdogmatischer Interpretation beurteilen. Eine staatsrechtliche Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen kann sich somit nach Rechtsgrund und Modalität allein aus normbegründenden Annahmen ergeben, die der Verfassungsordnung des GG generell zu einer Verantwortungsaufgabe des Staates für das Sachgebiet der öffentlichen Infrastruktur im 253 254

Zum Begriff Fn. 241. Oben unter III.2.b) und 2.c).

134

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Wege einer verfassungsdogmatischen Interpretation zu entnehmen sind. Es geht mit anderen Worten um eine dem Verfassungsgefüge des GG „selbstverständlich“ und generell innewohnende Infrastrukturverantwortung des Staates. Die Frage hat zwei aufeinander bezogene Seiten. Aus der normativen Perspektive des Verfassungsrechts läßt sie sich dahin formulieren, ob und in welcher Modalität es zwingend zur Verwirklichung der Verfassungsordnung des GG gehört, daß der Staat für das Fernstraßenwesen mit Rücksicht auf dessen Bedeutung und Funktion als öffentliche Verkehrsinfrastruktur eine Aufgabenverantwortung wahrnimmt. Aus der sachlichen Perspektive sind es maßgeblich die faktischen bzw. deskriptiven Bedeutungs- und Funktionsvoraussetzungen des Fernstraßenwesens als öffentliche Verkehrsinfrastruktur, die nach der Verfassungsordnung des GG eine entsprechende Verantwortungsaufgabe des Staates als zwingend erscheinen lassen können. Man kann von einem in der Frage staatlicher Aufgabenverantwortung verfassungsrelevanten Sachverhalt sprechen. Rechtsmethodisch handelt es sich um einen Vorgang sachbezogener Verfassungskonkretisierung in der spezifischen Frage einer Aufgaben- bzw. Verantwortungszuordnung zwischen Staat und Gesellschaft bzw. zwischen einem hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Ordnungsprinzip für einen dem Gemeinwohl dienenden und deshalb als öffentliche Aufgabe zu beurteilenden Sachbereich. Es sind die in der Sache begründeten und deshalb durch die Verfassungsordnung geforderten Realisierungsbedingungen der Fernstraßen, welche die Frage einer staatlichen Verantwortung für das Fernstraßenwesen stellen und beantworten lassen. Das Fernstraßenwesen besitzt ein Realisierungsregime, das es zu einem öffentlichen Gut in einem zweckspezifisch rechtlichen Sinne und aufgrund dieser zweckspezifischen Voraussetzungen zu einem Bereich verfassungsrechtlich begründeter staatlicher Verantwortung macht.255 Ausgangs- und Bezugspunkt der betreffenden verfassungsrechtlich begründeten Annahmen sind jedenfalls die sachlichen Besonderheiten, die dem zweckspezifischen Realisierungsregime der Fernstraßen eigen sind. Sie kennzeichnen das Fernstraßenwesen als öffentliches Gut, allerdings unter zweckspezifisch rechtlichen Aspekten.

255 Rechtsmethodisch bedeutet eine solche, hier am konkreten Fall des Fernstraßenwesens explizierte Feststellung den Ansatzpunkt und die Grundlage für eine bestimmte Verfassungsrechtsdogmatik der Staatsaufgaben. Sie orientiert sich an verfassungsrechtlichen „Leitlinien“ für einen „Produktionsvorgang des Staates“ bei der Bereitstellung öffentlicher Güter, im sektoralen Fall des Fernstraßenwesens bei der Bereitstellung von „Sozialgütern“. Es handelt sich um eine ökonomische Theorie der Staatsaufgaben und um eine verfassungsrechtliche Begründung von Staatsaufgaben auf der Grundlage der Theorie öffentlicher Güter. Ausführlich zu einer solchen sachbezogenen und deshalb güterspezifischen Methode der verfassungsrechtlichen Staatsaufgabendogmatik Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 190 ff., 300 ff., 321 ff. (Sektoren vorrangiger staatlicher Verantwortung), 327 ff. („Sozialgüter“); ferner Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 44 ff. und Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 304 ff.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

135

4. Das Fernstraßenwesen als öffentliches Gut im Rechtssinne und im Sinne der Gemeinwohlverwirklichung a) Die Fernstraßen als öffentliches Gut in einem ökonomischen Sinne Die sachspezifische Funktion und Bedeutung der Fernstraßen erschließt sich auf der Grundlage ihrer allgemeinsten theoretischen Erfassung als „Güter“, also von Gegenständen, die geeignet sind, unmittelbar oder mittelbar menschliche Bedürfnisse zu befriedigen und Nutzen zu stiften. Ausgehend von einer solchen, augenfällig und zwangsläufig zunächst einmal ökonomischen Betrachtung vermag auch die verfassungsrelevante Fragestellung nach einer aus der Sache begründbaren und notwendigen Aufgabenverantwortung des Staates für die Fernstraßen ihren sachspezifischen Ausgangs- und Bezugspunkt zu gewinnen. Er ist darin zu sehen, daß die Fernstraßen in der „Welt“ der von Menschen nachgefragten Gütern Eigenschaften aufweisen, die sie einer besonderen Güterart zugehörig erscheinen lassen. Wie die öffentlichen Straßen im übrigen auch zeichnen sich die Fernstraßen in ihrer Funktion und Bedeutung als Güter dadurch aus, daß sie der allgemeinen Mobilität von Personen und dem allgemeinen Austausch von Sachgütern in einer arbeitsteiligen Wirtschaft dienen. Unbeschadet ihrer immateriellen Funktion und Bedeutung als Medium persönlicher Mobilität, Begegnung und Kommunikation von Menschen sowie der hierdurch gewährleisteten Integration des Raumes repräsentiert sich ihr Güterwert und Güternutzen in der Schaffung und dauernden Unterhaltung einer der Allgemeinheit bereitgestellten und zugänglichen Sachleistung; deshalb zählen sie zu den durch sachliche Leistungserbringung allgemein verfügbaren und zugänglichen materiellen Gütern. Sie erfüllen eine sozialwirtschaftliche Basisfunktion als Einrichtungen öffentlicher Infrastruktur für das Funktionieren von Staat und Gesellschaft im modernen Flächenstaat. Im ökonomischen Bereich bilden sie die Voraussetzung für wirtschaftliche Tätigkeiten und die Versorgung der Bevölkerung.256 Mit Rücksicht auf die beschriebenen Funktions- und Bedeutungsvoraussetzungen für eine Befriedigung kollektiver Bedürfnisse und für kollektiven Nutzen gehören die Fernstraßen potentiell zu derjenigen besonderen Art von Gütern, die in der wirtschafts- und finanzwissenschaftlichen Theorie gemeinhin als öffentliche Güter oder Kollektivgüter bezeichnet und definiert werden.257 Dem ökonomischen Erkenntnisinteresse entsprechend definiert sie die öffentlichen Güter in einer güter256 Man kann von einem „Basiskapital“ der Gesellschaft sprechen, das wegen seines „hohen Sozialbezugs“ korrigierende Eingriffe des Staates als einer Bereitstellung bzw. Gewährleistung verlangt und rechtfertigt (Fehling, AöR 121 – 1996, 59 / 87 ff.). 257 Dazu bei Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, S. 26 ff., Schmidt, Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, S. 38 ff., Ewers / Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, S. 26 ff., Fehling, a. a. O., 85 f., Wink, Verkehrsinfrastrukturpolitik, S. 90 ff., Engel, DV 30 (1997), 429 ff., Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 45 ff., Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 192 ff., 196 ff., 203 ff. und 221 ff., Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit, S. 31 ff.

136

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

bezogenen Betrachtungsweise aus der Besonderheit, daß insofern bereits die „Güterproduktion“ von den Bedingungen kollektiver Nutzung der betreffenden Güter bestimmt wird. Das sachliche Spezifikum solcher öffentlicher Güter ist es auch, welches eine verfassungsrechtliche Relevanz in der Frage einer staatlichen Aufgabenverantwortung, wie im gegenständlich zu betrachtenden Falle des Fernstraßenwesens, begründet.258 Gerade die möglichen Sachgründe einer verfassungsrechtlich gebotenen Verantwortung des Staates für die Fernstraßen knüpfen an die besonderen Eigenschaften öffentlicher Güter an, sachnotwendig oder bestimmungsgemäß ein kollektives Bedürfnis befriedigen und kollektiven Nutzen stiften zu müssen. Das sachspezifische Element einer auf staatliche Aufgabenverantwortung hindeutenden „öffentlichen Daseinsvorsorge“ weisen öffentliche Güter gerade und speziell insofern auf, als sie den Lebensraum des Menschen bilden und dessen wirtschaftliche Existenz gewährleisten, ohne daß dieser auch selbst und für sich allein diese Voraussetzungen zu schaffen vermöchte, so daß vielmehr eine allgemeine Angewiesenheit aller auf eine kollektive Inanspruchnahme der betreffenden Güter besteht.259 Danach kann man zunächst einmal auch unter der verfassungsrelevanten Fragestellung nach einer sachnotwendigen staatlichen Aufgabenverantwortung für das Fernstraßenwesen der ökonomischen Theorie öffentlicher Güter folgen. Auf der Grundlage und im Rahmen einer solchen sachspezifisch güterbezogenen ökonomischen Theorie weist das Produktions- und Nutzungsregime öffentlicher Güter ausgehend von einer dem Verfassungsstaat eigenen marktwirtschaftlichen Ordnung der Güterbeschaffung und Güternutzung zwei Eigenschaften auf.260 Die öffentlichen Güter zeichnen sich in einem güterbezogenen Sinne zum einen dadurch aus, daß ihre „Produktion“ einem Nutzungsregime gilt, das ohne einen weiteren Kostenanfall eine gleichzeitige Inanspruchnahme durch mehrere bzw. durch eine unbegrenzte Zahl von Personen eröffnet, d. h. ihre Nutzung in einer nicht rivalisierenden bzw. ungeteilten Weise erlaubt. Zum zweiten sind öffentliche Güter in ihrer reinsten Form dadurch ausgewiesen, daß durch die Eigenart ihrer „Produktion“ die Nutzung „gemeinsam“ geschieht, daß also niemand von ihrer Inanspruchnahme ausgeschlossen wird. Für die erstgenannte Eigenschaft wird von einer güterbezogenen Nichtrivalität und für letztere von einer Nichtausschließbar258 Gramm, a. a. O., S. 192 ff. und 196 ff.; zur methodischen Öffnung der Verfassungsdogmatik für ökonomische Sachstrukturen Möllers, DV 36 (2003), 321 ff. und HoffmannRiem, Methoden einer anwendungsorientierten Verwaltungsrechtswissenschaft, in: SchmidtAßmann / Hoffmann-Riem (Hg.), Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, 2004, 11 / 36 ff. 259 Im Zusammenhang mit dem rechtsdogmatischen Begriff der „öffentlichen Daseinsvorsorge“ als staatlichem Verwaltungszweck Badura, DöV 66, 624 / 627 und 630 f. sowie Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 67 f., 74 ff. und 103 f. (Verkehrsinfrastruktur). 260 Zum folgenden Nachw. Fn. 257 sowie zu den volkswirtschaftlichen Theorieansätzen hierzu Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 203 ff. und 221 ff. (Öffentliche Güter und Privatgüter).

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

137

keit der Güternutzung gesprochen. Beides zusammen bewirkt, daß öffentliche Güter in der theoretisch reinsten Form keiner marktwirtschaftlichen Ordnung zugänglich sind, weil wegen fehlender Ausschließbarkeit einzelner individueller Nutzungen in der Regel kein Nutzer zur Entrichtung eines Preises bereit sein wird und deshalb auch kein „Produzent“ mit einem Erlös rechnen kann. Für öffentliche Güter unter solchen Bedingungen versagt der Markt als privatwirtschaftliches Ordnungsprinzip. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß sie privatwirtschaftlich „produziert“ werden; vielmehr bedarf es dazu einer kollektiven Ordnung. Ersichtlicht liefert den wesentlichen Grund für die ökonomische Besonderheit öffentlicher Güter das güterbezogen fehlende Ausschlußprinzip. Würde dagegen auch bei einer nicht rivalisierenden Nutzung eines durch Leistung bereitgestellten Gutes über die Ermöglichung einer marktwirtschaftlichen Preiserhebung das Prinzip der Nichtausschließbarkeit eliminiert und die jeweilige Preisgestaltung eine marktwirtschaftliche Ausschlußwirkung begründen können, dann verbliebe es bei der Eigenschaft eines privaten Gutes; bei dessen Bereitstellung würde das privatwirtschaftliche Ordnungsprinzip seine Geltung behaupten können. Die Annahme eines öffentlichen Gutes hängt also erkennbar, ausgehend und abgesehen von der Voraussetzung einer nicht rivalisierenden Nutzbarkeit des betreffenden Gutes, entscheidend davon ab, ob oder in welchem Maße das Prinzip der Nichtausschließbarkeit allgemeiner Nutzung entweder aus zwingend in der Sache liegenden Gründen oder aus sozialen Erwägungen, insbesondere im Wege zweckspezifischer rechtlicher Regelungen, zur Verwirklichung gelangt bzw. zur Geltung gebracht wird. Bleibt es lediglich aus den letzteren sozialen Erwägungen, insbesondere aus Rechtsgründen, beim Prinzip der Nichtausschließbarkeit, dann liegt zwar auch aus diesem nicht güterbezogenen Grunde im Ergebnis nach wie vor ein öffentliches Gut mit den dargelegten ökonomischen Merkmalen und Wirkungen eines Versagens von Markt und privatwirtschaftlichen „Produktionsvoraussetzungen“ vor.261 Aber dann zeichnet hierfür eben nicht mehr eine güterbezogene Ursache verantwortlich und die Definition öffentlicher Güter in einem spezifisch ökonomischen Sinne wird damit im Grunde bereits verlassen. Letzten Endes vermag also immer dann, wenn die Nichtauschließbarkeit der allgemeinen Nutzung eines Gutes sich nicht aus zwingend güterbezogenen Sachgründen ergibt, sondern in der Kompetenz des „Produzenten“ liegt oder von sozialen Entscheidungen, insbesondere Rechtsregeln, abhängt, ein rein ökonomisches Kriterium keine theoretisch eindeutige und maßgebliche Unterscheidung von privaten und öffentlichen Gütern zu liefern. Stellt die Nichtausschließbarkeit allgemeiner Nutzung eines Gutes auf seiten von dessen „Produktion“ eine Variable dar, dann handelt es sich bei solchen Gütern 261 Zur Rechtsbegründung öffentlicher Güter bzw. zum Rechtsbegriff öffentlicher Güter Fehling, AöR 121 (1996), 59 / 86 (Unterscheidung von „geborenen“ und rechtlich „gekorenen“ öffentlichen Gütern), Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 158 f., Gramm, a. a. O., S. 196 ff., 212 ff. und 270 ff. (rechtsbegründeter Vorrang staatlicher Güterproduktion) und im Zusammenhang einer hierauf abstellenden Staatsaufgabendogmatik ders. (Nachw. Fn. 255).

138

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

in einem spezifisch ökonomischen, güterbezogenen Sinne um Güter, die potentiell sowohl öffentliche als auch private Güter sein können. Im spezifisch ökonomischen, güterbezogenen Sinne mag man dann von „Mischgütern“ sprechen.262 Derartige güterbezogene Voraussetzungen kennzeichnen auch die Situation, die eine Beurteilung der Fernstraßen als öffentliche Güter vorfindet.

b) Die ökonomische Beurteilung der Fernstraßen als „Mischgüter“ Für die güterbezogene ökonomische Beurteilung der Fernstraßen muß zur Grundlage und zum Bezugspunkt ihre widmungsmäßige hauptsächliche Zweckbestimmung einer jedermann ungeteilt und uneingeschränkt eröffneten gemeingebräuchlichen Benutzung für den „Verkehr“ genommen werden. Allein am Gemeingebrauch öffentlicher Straßen als deren zweckimmanentem Hauptteil ihrer Benutzungsordnung entscheidet sich auch ihre Güterart im ökonomischen Sinne. Nur die Nutzung öffentlicher Straßen zum „Verkehr“ ist das tragende und maßgebliche Element bei der ökonomischen „Produktionsentscheidung“ zwischen einer Güterbereitstellung als privates Gut unter privatwirtschaftlichen Bedingungen oder als öffentliches Gut außerhalb des marktwirtschaftlichen Ordnungsprinzips. Die im Rahmen der widmungsmäßigen zweckimmanenten Mehrzweckfunktion öffentlicher Straßen263 stattfindenden rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Sondernutzungen bzw. Sondergebrauchsarten spielen dabei keine „produktionsspezifisch“, ökonomisch entscheidungstragende Rolle. Sie bilden güterbezogen einen eigenen ökonomischen Bereich und können als solcher sowie für sich allein gleichfalls eine Kategorisierung anhand der Kriterien von privaten und öffentlichen Gütern erfahren. Auch können sie sich zusammen mit den Gemeingebrauchsvorgängen öffentlicher Straßen „produktionsspezifisch“ summieren. Aber ein zwingendes quantitatives Gewicht vermögen sie hierbei nicht zu erlangen. Die güterbezogene ökonomische Beurteilung öffentlicher Straßen kann sich daher allein auf deren zweckimmanente gemeingebräuchliche Nutzung konzentrieren. Die Fernstraßen erscheinen danach wie die übrigen öffentlichen Straßen kraft ihrer sachspezifischen und sachimmanenten Zweckbestimmung für den widmungsmäßigen Hauptzweck einer jedermann eröffneten gemeingebräuchlichen Benutzbarkeit für den „Verkehr“ als Güter mit einer ungeteilten, nicht rivalisierenden Nutzbarkeit. Allerdings können sich bereits anhand dieses Kriteriums Bedenken ergeben, ob die öffentlichen Straßen rein güterbezogen betrachtet auch prinzipiell der Güterart öffentlicher Güter entsprechen. Anlaß hierfür ist die bei sozialwirtschaftlich materiellen Gütern stets in Betracht zu ziehende Möglichkeit, daß es wegen einer gegebenenfalls ein konkretes Straßenangebot übersteigenden Nach262 Gramm, a. a. O., S. 203 ff. / 205 und zu den möglichen Fällen „gemischter Produktionsstrukturen“ ders., a. a. O., S. 323 ff.; ferner bei Hermes, a. a. O., S. 313 ff. 263 Bartlsperger, Mehrzweckordnung öffentlicher Straßen, insb. S. 63 ff. m. weiteren Nachw.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

139

frage zu einer Überbeanspruchung und damit zu einer hieraus resultierenden Rivalität in der Benutzung kommen kann.264 Ökonomisch umgekehrt betrachtet kann unter solchen Voraussetzungen auch von einer Verknappung des Straßenangebots gesprochen werden, die dem Erfordernis einer ungeteilten, nicht rivalisierenden Nutzbarkeit öffentlicher Straßen nicht mehr gerecht wird und daher die güterbezogene Eigenschaft eines öffentlichen Gutes verfehlt. Es handelt sich um die Erscheinungsform eines für private Güter kennzeichnenden privatwirtschaftlichen „Produktionsvorgangs“. Mit Rücksicht darauf erweisen sich die öffentlichen Straßen, insbesondere die Fernstraßen, schon hinsichtlich ihrer güterbezogenen Eigenschaft als nicht rivalisierend nutzbare Güter in konkreten Fällen durchaus als instabil. Ihre nicht rivalisierende, jederzeit und in allen Fällen ungeteilte gemeingebräuchliche Benutzung zum „Verkehr“ erscheint letzten Endes, jedenfalls dem zweckimmanenten Anspruch nach, nicht ausschließlich ökonomisch garantiert, sondern allenfalls aufgrund sozialwirtschaftlicher Erwägungen und Entscheidungen, insbesondere rechtlicher Verpflichtungen bzw. Gewährleistungen zur Bereitstellung eines insofern stets ausreichenden Straßenangebots. Die güterbezogene Betrachtung allein ermöglicht somit für die öffentlichen Straßen bereits insofern keine prinzipielle Unterscheidung und Zuordnung zwischen öffentlichen oder privaten Gütern. Sie bedarf vielmehr noch einer nicht ökonomischen normativen Ergänzung, welche die öffentlichen Straßen zwingend zu kollektiven Gütern mit einer entsprechenden prinzipiellen Zuordnung zu den öffentlichen Gütern macht. Aber mit diesem Argument braucht sich nicht entscheidend die Feststellung zu rechtfertigen, daß die güterbezogene ökonomische Betrachtung als solche noch keine prinzipielle Zuordnung öffentlicher Straßen zu den öffentlichen Gütern oder den privaten Gütern eröffnet. Ausschlaggebend hierfür ist schließlich und vor allem erst der weitere Umstand, daß die öffentlichen Straßen in spezifisch güterbezogener ökonomischer Hinsicht auch dem Kriterium der Nichtausschließbarkeit ihrer allgemeinen Benutzung keineswegs prinzipiell genügen müssen, vielmehr insofern auch privatwirtschaftlich denkbar sind und deshalb als „Mischgüter“ zu gelten haben. Für die öffentlichen Straßen kann rein „produktionsspezifisch“, also güterbezogen, die Gütereigenschaft der Nichtausschließbarkeit einer allgemeinen, jedermann zugänglichen Benutzung sowohl im Bereich der widmungsmäßig gemeingebräuchlichen Zweckbestimmung für den „Verkehr“ als auch in den Fällen von in Beziehung dazu stattfindenden Sondernutzungen dadurch eliminiert werden, daß ausschließend wirkende Straßenbenutzungsentgelte erhoben werden.265 Einer solchen Möglichkeit zur güterbezogenen Steuerung der allgemeinen Straßenbenutzung trägt auch die Rechtsordnung im Grundsatz ausdrücklich, wenngleich in einem benutzungsspezifisch eingeschränkten Rahmen, Rechnung. Für die „Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen“ geschieht dies explizit in der mittel264 265

Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 315. Hermes, a. a. O., S. 316.

140

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

baren Verfassungsaussage, daß insofern § 74 Abs. 1 Nr. 22 GG eine spezielle bundesstaatsrechtliche Gesetzgebungskompetenz regelt. Für rechtsgeschäftliche Sondernutzungen öffentlicher Straßen eröffnen die einfachrechtlichen Straßengesetze eine Erhebung von Sondernutzungsgebühren bzw. Sondernutzungsentgelten. Wenn die betreffenden Straßenbenutzungsentgelte in ihrer Höhe zumindest kostendeckend und darüber hinaus marktpreisrealisierend erhoben werden können, dann vermögen auf diese Weise die Voraussetzungen einer der marktwirtschaftlichen Ordnung folgenden privatwirtschaftlichen „Produktion“ öffentlicher Straßen geschaffen zu werden. Dementsprechend würde güterbezogen das Prinzip ihrer nicht ausschließbaren, jedermann allgemein zugänglichen Benutzung aufgelöst; die öffentlichen Straßen könnten privatwirtschaftlich bereitgestellte, private Güter sein. Man kann deshalb güterbezogen von „Mautgütern“ sprechen und diese dahin definieren, daß sie abhängig von einer güterbezogen bestehenden oder nicht eröffneten Möglichkeit, sie unter Marktpreisen bereitzustellen, private oder öffentliche Güter sein können.266 Sie zählen jedenfalls nicht zwingend zu den öffentlichen Gütern im ökonomischen Sinn. Die güterbezogene Beurteilung der öffentlichen Straßen mit Rücksicht auf ihre Eigenschaft als „Mautgüter“ läßt sich dahin zusammenfassen, daß mit den jeweiligen, mehr oder weniger weitgehenden Möglichkeiten zur Realisierung marktmäßiger Straßenbenutzungsentgelte auch mehr oder weniger die Möglichkeiten einer privatwirtschaftlichen Bereitstellung oder die Notwendigkeiten der Bereitstellung unter einer kollektiven Ordnung steigen. Eine prinzipielle güterbezogene ökonomische Zuordnung dagegen zu den öffentlichen oder den privaten Gütern kann für die öffentlichen Straßen mit Rücksicht auf ihre grundsätzliche Eigenschaft als „Mautgüter“ nicht getroffen werden. Solches ist nur möglich aufgrund von die güterbezogene ökonomische Ordnung modifizierenden normativen Erwägungen und Entscheidungen, d. h. rechtlichen Vorgaben, welche die Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten in der einen oder anderen Richtung so regeln bzw. regulieren, daß die öffentlichen Straßen entweder unter marktmäßigen, privatwirtschaftlichen Voraussetzungen als private Güter bereitgestellt werden können oder daß sie mit einer mehr oder weniger weitgehenden Annäherung der Straßenbenutzungsentgelte an das Kriterium der Nichtausschließbarkeit einer allgemeinen Benutzung unter den Voraussetzungen einer kollektiven Ordnung als öffentliche Güter bereitgestellt werden müssen. Öffentliche Güter sind also die öffentlichen Straßen nicht schon prinzipiell in einem rein ökonomischen, güterbezogenen Sinne. Vielmehr werden sie zu solchen erst aufgrund eines entsprechenden rechtlichen Regimes, das sie deshalb zu einem öffentlichen Gut in einem rechtlichen Sinne macht. Es ist erst eine die güterbezogene Eigenschaft öffentlicher Straßen in erheblichem Maße modifizierende „Befassung“ der staatlichen Rechtsordnung mit ihrer aus der Sicht der Straßenbenutzer allgemeinen und entgeltunabhängigen Zugänglichkeit, die sie auch im ökonomischen Ergebnis als ein öffentliches Gut organisiert. 266 Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, S. 29 und 95 ff., Fehling, AöR 121 (1996), 59 / 86.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

141

Im Ergebnis erfordert die ökonomische Beurteilung der Fernstraßen wie auch der übrigen öffentlichen Straßen einen fachspezifischen Perspektivenwechsel von der im Ansatz durchaus zutreffenden und grundlegenden rein ökonomischen, güterbezogenen theoretischen Betrachtungsweise zu einer ihr zweckspezifisches Nutzungsregime berücksichtigenden rechtlichen Gütertheorie. Dadurch eröffnet sich auch eine staatstheoretische Sicht und Kategorisierung der Güterarten von privaten und öffentlichen Gütern. Staatstheoretisch gesehen begründet die Konstituierung einer mehr oder weniger weitgehenden und differenzierten Staatsaufgabe bzw. staatlichen Verantwortung für die öffentlichen Straßen deren mehr oder weniger weitgehende und differenzierte Eigenschaft als öffentliches Gut. Gegebenenfalls sind dann die öffentlichen Straßen ein öffentliches Gut in einem nutzungsspezifisch rechtlichen Sinne mit den entsprechenden Auswirkungen und Folgerungen für ihre mögliche privatwirtschaftliche oder ihre notwendige kollektive Bereitstellung bzw. Gewährleistung.

c) Die Fernstraßen als öffentliches Gut in einem nutzungsspezifisch rechtlichen Sinne Die rein ökonomische, güterbezogene Theorie zur Unterscheidung der Güterarten von privaten und öffentlichen Gütern ist auch für die staats- und rechtstheoretische Fragestellung von grundlegendem und voraussetzungsgemäßem Erkenntniswert, ob bestimmte, jedenfalls bestimmte sozialwirtschaftliche Güter sachspezifisch privatwirtschaftlich bereitgestellt werden können oder sachspezifisch notwendig eine kollektive Bereitstellung bzw. Gewährleistung erfordern. Denn die ökonomische Theorie zeigt die Auswirkungen und Folgerungen auf, die sich aus einer rechtlichen Regelung bzw. Regulierung der Nutzungsordnung der betreffenden Güter für ihre „produktionsspezifischen“ Möglichkeiten und Notwendigkeiten ergeben. In den Güterarten der ökonomischen Theorie bilden sich die Effekte einer rechtlichen Nutzungsordnung sozialwirtschaftlicher Güter ab. In umgekehrter Richtung legen die hieraus resultierenden „produktionsspezifischen“ ökonomischen Sachverhalte offen, ob die betreffenden Güter unter ihren nutzungsspezifisch rechtlichen Regelungs- bzw. Regulierungsbedingungen sachspezifisch einer privatwirtschaftlichen Bereitstellung überantwortet bleiben können oder einer kollektiven Bereitstellung bzw. Gewährleistung bedürfen. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen der rein ökonomischen, güterbezogenen Theorie öffentlicher Güter und dem Begriff öffentlicher Güter in einem nutzungsspezifisch rechtlichen Sinne. Ein öffentliches Gut in einem nutzungsspezifisch rechtlichen Sinne liegt dann vor, wenn das rechtliche Nutzungsregime das betreffende Gut zu einem öffentlichen Gut in einem ökonomischen Sinne macht. Für die Fernstraßen wie auch für die übrigen öffentlichen Straßen bedeutet dies, daß sie die Eigenschaft eines öffentlichen Gutes bzw. Kollektivgutes im Rechtssinne dann und insofern besitzen, wenn bzw. soweit sie aufgrund ihres zweckbestimmten Nutzungsregimes ein öffentliches Gut bzw. Kollektivgut im ökonomischen Sinne werden. Dies ist der Fall, wenn und

142

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

soweit für die nutzungsspezifische Verfügbarkeit und Zugänglichkeit des öffentlichen Straßenwesens Anforderungen Geltung beanspruchen, die eine Bereitstellung unter privatwirtschaftlichen Bedingungen ausschließen und eine kollektive Bereitstellung bzw. Gewährleistung notwendig machen. In dieser Hinsicht bedürfen drei zweckimmanente Nutzungs- und dementsprechend sozialwirtschaftliche Leistungsfunktionen öffentlicher Straßen einer Beurteilung. Aufgrund der Funktion und Bedeutung des öffentlichen Straßenwesens, insbesondere des gegenständlich zu erörternden Fernstraßenwesens, als einer für Staat und Gesellschaft existenzsichernden öffentlichen Verkehrsinfrastruktur hat diese in einem dementsprechend als ausreichend beurteilbaren Umfang verfügbar zu sein. Die Erfüllung einer derartigen Anforderung erscheint einer allein privatwirtschaftlichen Initiative nicht überantwortbar. Dem läßt sich entgegenhalten, daß auch -unter Zugrundelegung einer kollektiven Aufgabenverantwortung des Staates bzw. kommunaler Gebietskörperschaften für das öffentliche Straßenwesen, wie sich dieses tradierterweise darbietet, anerkanntermaßen weder ein individuelles „Recht auf Straßenbau“ noch auch nur eine objektivrechtliche materielle Verpflichtung der jeweiligen klassifikatorischen Straßenbaulastträger zur Bereitstellung bestimmter konkreter öffentlicher Straßenanlagen angenommen werden kann.267 Konkrete Bau- und Ausbauvorhaben bzw. eine entsprechende konkrete Ausbauplanung können vielmehr stets nur in eine Beurteilungskompetenz der klassifikatorischen Straßenbaulastträger fallen. Aber hiervon bleibt unberührt, daß jedenfalls auf der abstrakten, staats- und rechtstheoretisch betrachtenden Ebene eine formell pflichtgebundene kollektive Verantwortung für ein als ausreichend beurteilbares öffentliches Straßenwesen diesem funktionsspezifisch eigen ist. Dies macht auch speziell die kollektive Verantwortung für die öffentliche Infrastruktur aus.268 Ihr Grund, Inhalt und Umfang besteht darin, daß zumindest gegebenen- und notfalls eine kollektive Aufgabe bzw. Verantwortung für eine zur Existenzsicherung als ausreichend beurteilbare Verfügbarkeit der betreffenden öffentlichen Infrastruktur Geltung beansprucht. Die öffentlichen Straßen gehören also schon aufgrund der ihnen zweckimmanenten Funktion und Bedeutung als öffentliche Verkehrsinfrastruktur zu den öffentlichen Gütern im Rechtssinne. In einem sachlichen Zusammenhang mit der kollektiven Gewährleistung als existenzsichernder Verkehrsinfrastruktur steht die nutzungsspezifische Anforderung einer für jedermann ungeteilten und nicht rivalisierenden Verfügbarkeit öffentlicher Straßen. Allerdings gilt dies nur in eingeschränkter Weise. Denn es ist nicht erkennbar, warum das Nutzungsregime öffentlicher Straßen in dieser Hinsicht grundsätzlich ein Hinderungsgrund für ihre privatwirtschaftliche Bereitstellung 267 Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 12 Rn. 5, Steiner, Straßen- und Wegerecht, Rnr 97. 268 Wink, Verkehrsinfrastrukturpolitik, S. 76 ff., 82 ff. und 90 ff., Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 189 ff. und 323 ff., Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 272 ff. / 285 ff.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

143

sein sollte. Auch private Güter sind in ihrer „produktionsspezifisch“ bereitgestellten Nutzungskapazität vielfach in gemeinschaftlicher, nicht rivalisierender Weise verfügbar. Eine nutzungsspezifische Problematik kann insofern lediglich unter der bereits erwähnten sachlichen Voraussetzung entstehen, daß die betreffende allgemeine Verkehrsnachfrage das jeweilige konkrete Straßenangebot übersteigt und daß sich hierdurch eine Überbeanspruchung sowie als deren Folge eine faktische Einschränkung oder Erschwerung der „gemeinschaftlichen“ Benutzung ergibt, wie das bei bestimmten öffentlichen Straßen, insbesondere Fernstraßen, aufgrund der Verkehrsentwicklung nicht mehr selten der Fall ist. Hieraus kann eine politische Problemwahrnehmung in bezug auf einen ausreichenden Bau bzw. Ausbau öffentlicher Straßen resultieren.269 Sie vermag in der Tendenz anzuzeigen, daß das Erfordernis einer als ausreichend beurteilbaren Verfügbarkeit der Straßeninfrastruktur dieser die Funktion eines öffentlichen Gutes in einem nutzungsspezifisch rechtlichen Sinne beimißt und darum eine kollektive Verantwortung hierfür verlangt. Im Ergebnis reicht dieser Gesichtspunkt nicht über das bereits zuerst angeführte Argument hinaus, daß die öffentlichen Straßen schon aufgrund der ihnen zweckimmanenten Funktion und Bedeutung als unentbehrlicher öffentlicher Verkehrsinfrastruktur zu den öffentlichen Gütern im Rechtssinne zu zählen haben. Jedenfalls erführe der genannte Fall einer verkehrlichen Überbeanspruchung einer bestimmten Straßeninfrastruktur und einer hieraus resultierenden faktischen Eliminierung bzw. Erschwerung ihrer allgemeinen, nicht rivalisierenden Benutzung bei der rein privatwirtschaftlichen Straßenträgerschaft keine Verantwortungslösung. Letztlich können daher auch unter einer solchen Erwägung die öffentlichen Straßen als öffentliches Gut im Rechtssinne bewertet werden. Entscheidend ist aber schließlich für die Zuordnung öffentlicher Straßen zu den öffentlichen Gütern in einem nutzungsspezifischen rechtlichen Sinne die ihnen zweckimmanente Anforderung einer nicht ausschließbaren allgemeinen Zugänglichkeit. Allerdings erweist sich diese als interpretationsbedürftig. Denn sie ist wesentlich funktionsabhängig von der Erhebung und der Höhe von Straßenbenutzungsentgelte, genauer von den Modalitäten, unter denen von der erwähnten güterbezogenen Eigenschaft öffentlicher Straßen als „Mautgüter“270 Gebrauch gemacht wird bzw. Gebrauch gemacht werden darf. Eine rein privatwirtschaftliche Bereitstellung ohne ein insofern die Eigenschaft eines öffentlichen Gutes begründendes Ordnungselement kollektiver Regulierung möglicher Straßenbenutzungsentgelte wäre mit der Anforderung einer allgemein zugänglichen Straßenbenutzung unter Vermeidung von erheblichen Ausschlußwirkungen nicht vereinbar.271 Es ist zwar durchaus denkbar und nachweislich realistisch, daß für die gemeingebräuchliche Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ privatwirtschaftlich kostendeckende und darDazu Gramm, a. a. O., S. 200 ff. Fn. 266. 271 Zu dem Fragenbereich der Entgeltfähigkeit öffentlicher Straßen ausführlich hier unter F. Die Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte. 269 270

144

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

über hinaus eine privatwirtschaftliche Betätigung motivierende Straßenbenutzungsentgelte erhoben werden können. Selbst unter solchen Voraussetzungen geht man davon aus, daß dabei immer noch die den öffentlichen Straßen zweckimmanente Anforderung einer nicht ausschließbaren allgemeinen gemeingebräuchlichen Benutzung gewahrt bleiben kann. Einer solchen Beurteilung folgt jedenfalls die Regelung von „Mautgebühren“ nach dem FStrPrivFinG. Man kann deshalb festhalten, daß eine Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten für die Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ im Grundsatz rechtlich vereinbar ist mit der nutzungsspezifischen Anforderung einer nicht ausschließbaren, jedermann zugänglichen Straßenbenutzung. In der bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG erfährt dies eine mittelbare verfassungsrechtliche Bestätigung. Auch für die unter allgemeinen Bedingungen erfolgende Zulassung rechtsgeschäftlicher Sondernutzungen öffentlicher Straßen gilt eine Entgeltlichkeit nach den Straßengesetzen anerkanntermaßen. Aber damit ist keineswegs auch schon gesagt, daß die Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten völlig ohne Einschränkungen einer privatwirtschaftlichen Marktpreisermittlung überantwortet bleiben kann.272 Denn in der Konsequenz einer rein ökonomischen Marktpreisbildung könnte diese die Anforderung einer allgemeinen, nicht ausschließbaren Straßenbenutzung in ihrem wesentlichen Gehalt eliminieren. Mit Rücksicht auf diese zweckimmanente Anforderung an das Benutzungsregime öffentlicher Straßen kann es keine privatwirtschaftlichen Straßenbenutzungsentgelte ohne deren entsprechende kollektive Regulierung geben. Dem tragen auch die gesetzlichen Vorschriften der §§ 3 ff. FStrPrivFinG und von § 3 ABMG Rechnung. Es läßt sich also auch in der Frage einer Vereinbarkeit der zweckimmanenten Nichtausschließbarkeit der Straßenbenutzung mit der rechtlichen Möglichkeit zur Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten eine nachvollziehbare Beurteilung der öffentlichen Straßen im Hinblick auf ihre Zuordnung zu den öffentlichen Gütern im Rechtssinne treffen. Die öffentlichen Straßen sind zwar, soweit es ihre gemeingebräuchliche Benutzung „mit Fahrzeugen“ angeht, wegen der möglichen Entgeltabhängigkeit dieser Straßenbenutzung auch im ökonomischen Sinne „Mautgüter“ und sie sind insofern nicht prinzipiell den öffentlichen oder den privaten Gütern zuzurechnen. Aber die nutzungsspezifische zweckimmanente Anforderung einer allgemeinen, nicht ausschließbaren Benutzungszugänglichkeit macht sie, unbeschadet ihrer güterbezogenen Eigenschaft als „Mautgüter“, jedenfalls kollektiv regulierungsbedürftig und insofern zu öffentlichen Gütern in einem rechtlichen Sinne. Zusammengefaßt haben die Fernstraßen wie auch die übrigen öffentlichen Straßen mit Rücksicht auf ihre nutzungsspezifisch zweckimmanente Funktion und Bedeutung als existenzsicherende öffentliche Verkehrsinfrastruktur, nämlich ihre beurteilungsgemäß ausreichende und ungeteilte, nicht rivalisierende Verfügbarkeit sowie ihre auch bei Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten noch als hinrei272

Dazu hier noch gesondert unter F.XII.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

145

chend angesehene allgemeine, nicht ausschließbare Zugänglichkeit, die Eigenschaft eines öffentlichen Gutes im Rechtssinne. Sie sind dies in jeder der genannten Hinsichten jeweils insoweit, als die betreffende Funktions- und Bedeutungsanforderung eine kollektive Ordnung verlangt. Eine privatwirtschaftliche Organisation oder Trägerschaft und damit die Eigenschaft eines privaten Gutes auch im Rechtssinne eröffnet sich also partiell mit der Einschränkung und unter dem Vorbehalt einer kollektiven Aufgabenstellung bzw. Aufgabenverantwortung für die genannten Anforderungen einer als ausreichend beurteilbaren Verfügbarkeit und allgemeinen Zugänglichkeit öffentlicher Straßen. Soweit diese letzteren Anforderungen Geltung beanspruchen, bleiben die öffentlichen Straßen den Ordnungsprinzipien öffentlicher Güter im Rechtssinne verpflichtet. Im Ergebnis lassen die auf die erkenntnisrelevante ökonomische Kategorisierung von privaten und öffentlichen Gütern gestützten Feststellungen zu den sachspezifischen Realisierungsbedingungen der Fernstraßen deutlich erkennen, daß die Frage eines zweckimmanent möglichen privatwirtschaftlichen oder eines zweckimmanent notwendigen kollektiven, d. h. eines hoheitlichen bzw. „staatlichen“ Fernstraßenwesens, nur eine differenzierte Beantwortung erlaubt. Ein privatwirtschaftliches Fernstraßenwesen genügt durchaus dessen nutzungsspezifisch zweckimmanenter Funktion und Bedeutung. Ebenso deutlich erscheinen aber auch die zweckimmanente Begrenzung und Ergänzungsbedürftigkeit eines privatwirtschaftlichen Realisierungsregimes öffentlicher Straßen durch eine „staatliche“ Aufgaben- bzw. Gewährleistungsverantwortung hinsichtlich der Anforderungen ihrer als ausreichend beurteilbaren Verfügbarkeit und Zugänglichkeit. Insofern kann man nicht nur in einem ökonomischen, sondern auch in einem rechtlichen Sinne von „gemischten Produktionsstrukturen“ sprechen.273 Das öffentliche Straßenwesen, insbesondere das Fernstraßenwesen, ist gemessen an seinen sachspezifischen und zweckimmanenten Funktions- und Bedeutungsanforderungen als privates Gut möglich und deshalb in seiner tradierten „Staatlichkeit“ nicht notwendig, aber als Gegenstand „staatlicher“ Verantwortung zwingend ein öffentliches Gut. Die Frage staatlicher und nicht staatlicher Fernstraßen bezeichnet keinen zweckimmanenten prinzipiellen Gegensatz. Vielmehr genügt das Fernstraßenwesen seinen zweckimmanenten Anforderungen auch bei einer privatwirtschaftlichen Realisierung unter staatlicher Verantwortung. Die für Fernstraßen wie auch für die übrigen öffentlichen Straßen bestehende Realisierungsbedingung eines öffentlichen Gutes läßt sich in der genannten Weise durchaus schon aus ihrer fachspezifisch zweckimmanenten Sachstruktur ausreichender allgemeiner Verfügbarkeit und Zugänglichkeit erkennen. Aber die hierbei zugrunde gelegte sachspezifische Zweckbestimmung ist ihrerseits, ungeachtet ihrer praktischen Evidenz, normativ begründungsfähig. Letztlich gilt es in der Perspektive und auf der Ebene von Staats- und Verfassungstheorie den eigentlichen normativen Grund offenzulegen, warum öffentliche Straßen den Anforderungen einer als 273

Fn. 262.

10 Bartlsperger

146

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

ausreichend beurteilbaren allgemeinen Verfügbarkeit und Zugänglichkeit zu genügen haben und deshalb in bezug auf eine jedenfalls hierfür notwendige kollektive Verantwortung als öffentliches Gut im Rechtssinne zu organisieren sind. Die betreffende Teleologie öffentlicher Straßen erscheint nur aus deren Gemeinwohlfunktion in einem verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalt erklärbar. Überhaupt definieren sich die öffentlichen Güter im Rechtssinne im Grunde dadurch, daß sie eine über die individuelle Bedürfnisbefriedigung durch private Güter zweckbestimmt hinausgehende, davon unterschiedene Gemeinwohlfunktion erfüllen. Damit gehört die ökonomisch definierte Eigenschaft öffentlicher Straßen als ein jedenfalls in kollektiver Verantwortung zu gewährleistendes öffentliches Gut in normativer Hinsicht letztlich zum verfassungstheoretischen Thema der Definierbarkeit und Konstituierbarkeit von Gemeinwohlangelegenheiten unter der verfassungsstaatlichen Ordnung des GG. Umgekehrt vermag zu dem verfassungstheoretischen Thema von Gemeinwohlangelegenheiten gerade der ökonomisch definierte Sachverhalt öffentlicher Güter einen wesentlich Erkenntnisbeitrag zu liefern. d) Die Fernstraßen als öffentliches Gut im verfassungstheoretischen Sinne staatlicher Gemeinwohlgewährleistung Eine normative Begründung der ökonomisch kollektiven und insofern einer staatlichen Verantwortung obliegenden Realisierungsbedingungen von Fernstraßen wie auch der übrigen öffentlichen Straßen aus einer staatsrechtlichen Aufgabe des Staates zur Gemeinwohlverwirklichung sieht sich zunächst mit dem Umstand konfrontiert, daß der Begriff des Gemeinwohls sowie dessen Inhaltsbestimmung und Konstituierung in der verfassungsstaatlichen Ordnung wie derjenigen des GG gemeinhin als ein verfassungstheoretisch nicht ohne weiteres unproblematisches Thema gelten. Die freiheitlich individualistische Ausrichtung und Verpflichtung des Verfassungsstaates auf einen Pluralismus individueller Interessen, Entfaltungsmöglichkeiten und Betätigungsrechte macht den Begriff und die Konstituierung des Gemeinwohls begründungsbedürftig angesichts eines insofern bestehenden „theoretischen Dilemmas“ oder eines insofern sogar vertretenen „Unmöglichkeitstheorems“.274 Das Gemeinwohl in der Vorstellung eines auf den Staat projizierten „allgemeinen Interesses“ aller über deren individuelle Interessen hinaus bildet ein verfassungstheoretisches Thema des Verfassungsstaates, allerdings auch nur in einer theoretischen Überhöhung. Praktisch ist der Begriff des Gemeinwohls auch in einer verfassungsstaatlichen Ordnung unentbehrlich und notwendiges Element des Verfassungsrechts.275 Das GG erwähnt das Gemeinwohl lediglich verein274 Isensee, HStR III (1988), § 57 Rnr 35 ff., Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit, S. 20 ff. und 26 f., Anderheiden, Ökonomik, Gemeinwohl und Verfassungsrecht, S. 113 ff. und 116 ff., Märkt, Zur Methodik der Verfassungsökonomik. Die Aufgabe eines vertragstheoretisch argumentierenden Ökonomen, Freiburger Diskussionspapier zur Ordnungsökonomik, 2002 / 4, S. 1 / 6 ff.; ferner bei Ehlers, Aushöhlung der Staatlichkeit, S. 111 ff.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

147

zelt,276 setzt es jedoch generell voraus, ohne es zu definieren oder in konkreten Fällen zu bestimmen. Es ist ein verfassungsrechtlicher Begriff mit offenen oder verdeckten verfassungsrechtlichen Bedeutungen, aber die primäre Frage nach seiner jeweiligen inhaltlichen Definition und Konstituierung kann allein aus diesen seinen verfassungsrechtlichen Bedeutungen für die Lösung bestimmter Sachprobleme eine Beantwortung finden. Nur diese jeweiligen verfassungsrechtlichen Bedeutungen machen den Begriff des Gemeinwohls auch theoretisch begründbar und praktisch faßbar.277 Eine in der Verfassungstheorie und in der Staatsrechtslehre zum GG vorwiegend erörterte prinzipielle Bedeutung des Gemeinwohlbegriffs besteht in dessen Schrankensetzungen gegenüber den grundrechtlichen Individualgewährleistungen von „Freiheit und Eigentum“. Der jeweilige Bedeutungsgrund und Bedeutungsgehalt des Gemeinwohls liegt insofern in einem den Grundrechtsinhalt erst bestimmenden oder jedenfalls beschränkenden Ordnungsregime, dessen Berechtigung vernünftigerweise allgemein geteilt wird bzw. zu teilen ist und das deshalb entsprechende staatliche Eingriffsbefugnisse verleiht. Man kann von einem eingriffsrechtlichen verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalt des Gemeinwohls sprechen. Auch das öffentliche Straßenwesen weist in seiner faktischen Realisierbarkeit und als insofern zu lösendes bestimmtes Sachproblem einen unmittelbaren Bezug zum eingriffsrechtlichen Bedeutungsinhalt des Gemeinwohls auf. Denn öffentliche Straßen können gegebenen- und nötigenfalls überhaupt nur realisiert werden, wenn die hierfür notwendige unmittelbare Inanspruchnahme von Grundeigentum und die Einfügung in grundrechtlich geschützte Nachbar- bzw. Umweltbelange sich im konkreten Falle aus einem hierfür gesetzlich ausdrücklich benannten, verhältnismäßig überwiegenden „Wohl der Allgemeinheit“ rechtfertigen. Öffentliche Straßen verwirklichen also bereits realisierungsspezifisch im Hinblick auf dabei betroffene Individualinteressen ein allen gemeinsames Interesse. Dies mag zwar im Falle von konkreten Bau- und Ausbaumaßnahmen nicht selten gerade mit Rücksicht auf 275 Zur Vernunftnotwenigkeit des Gemeinwohls als regulative Idee im Verfassungsstaat sowie zur Gemeinwohlfähigkeit des Staates Isensee, a. a. O., § 57 Rnr 17 ff., 37 ff. und 41 ff. 276 Isensee, a. a. O., § 57 Rnr 112 und Anderheiden, Ökonomik, Gemeinwohl und Verfassungsrecht, S. 114 (Art. 14 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3, Art. 87e Abs. 4, Art. 56 S. 2 und Art. 64 Abs. 2 GG). 277 Isensee, a. a. O., § 57 Rnr 104 ff., Anderheiden, a. a. O., S. 113 ff. / 115 ff. und 120 ff.; zum fachlichen Kontext der Gemeinwohlkonstituierung Isensee, a. a. O., Rnr 114 und Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit, S. 20 ff. Eine solche spezifisch verfassungsdogmatische Annahme von verfassungsrechtlich vorausgesetzten, sachbereichsbezogenen Bedeutungsgehalten des Gemeinwohls hat nichts zu tun mit der ganz anderen staats- und verfassungstheoretischen Gemeinwohldiskussion, welche die Voraussetzungen einer Gemeinwohlkonstituierung unter den Voraussetzungen des Interessenpluralismus thematisiert und dazu nur die Lösung demokratischer Mehrheitsentscheidungen kennt (siehe bei Zippelius, Allgemeine Staatslehre, 14. Aufl. 2003, § 26, insb. § 26 V 1). Es handelt sich um zwei gänzlich unterschiedliche thematische Fragestellungen.

10*

148

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

hiervon betroffene Individualinteressen in Frage gestellt sein. Aber auf der das öffentliche Straßenwesen als solches betrachtenden und deshalb verfassungsrechtlich maßgeblichen abstrakten Ebene kann die Funktion und Bedeutung öffentlicher Straßen für die Gewährleistung allgemeiner Mobilität als ein im Interesse aller liegendes kollektives Gut gelten.278 Diese Eigenschaft macht die öffentlichen Straßen schon in einem eingriffsrechtlichen Sinne grundsätzlich gemeinwohlbezogen. Sie sind bereits insofern ein normativ aus Gründen des Gemeinwohls der staatlichen Gewährleistungsverantwortung zugeordnetes öffentliches Gut. Als rein privates Gut ohne Bezug zum Gemeinwohl im verfassungsrechtlichen Sinne sind sie gar nicht realisierungsfähig. Eine prinzipielle zweite verfassungsrechtliche Bedeutung besitzt der Gemeinwohlbegriff bei der Lösung des Sachproblems, ob und inwieweit materielle, insbesondere sozialwirtschaftlich relevante Güter einer individuellen bzw. gesellschaftlichen Gewährleistung, gegebenenfalls privatwirtschaftlichen Leistung überlassen werden können oder einer kollektiven Ordnung unter einer staatlichen Aufgabenstellung bzw. Gewährleistungsverpflichtung überantwortet sein müssen.279 Das GG kennt auch diesen einer praktischen Problemlösung dienenden verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalt des Gemeinwohls in vereinzelt offener Erwähnung oder verdeckt, etwa in Form einer Staatszielbestimmung. 280 Dabei repräsentiert der Begriff des Gemeinwohls die den jeweiligen Sachverhalten sachimmanent eigene oder zweckimmanent aufgegebene Notwendigkeit, daß das betreffende Gut gemeinschaftlich und allgemein nutzbar bzw. verfügbar und zugänglich ist, d. h. von allen gemeinschaftlich und nicht ausschließbar in Anspruch genommen werden kann. Auch insofern bezeichnet der Begriff des Gemeinwohls ein Ordnungsregime, dessen Berechtigung vernünftigerweise über mögliche einzelne oder aggregierte individuelle Nutzungsinteressen hinausgehend „allgemein“ von allen geteilt wird bzw. zu teilen ist.281 Den betreffenden Sachverhalten kann die den Gemeinwohlbegriff konstituierende Eigenschaft „gemeinschaftlicher“ und „allgemeiner“ Güternutzung entweder sachimmanent vorgegeben sein, wie bei den natürlichen öffentlichen Gütern, insbesondere den Umweltgütern, oder zweckimmanent aufgegeben sein, wie bei den künstlichen öffentlichen Gütern. Man kann in diesen Beziehungen von einem eine staatliche Aufgabenverpflichtung bzw. Gewährleistungsverantwortung begründenden Bedeutungsgehalt des Gemeinwohls sprechen oder verkürzt von dessen nutzungs- und leistungsrechtlichem verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalt. Das öffentliche Straßenwesen weist auch und sogar begründungslogisch zuerst einen unmittelbaren Bezug zum leistungsrechtlichen verfassungsrechtlichen BeAnderheiden, a. a. O., S. 120 f. Nachw. Fn. 277. 280 Zum letzteren Isensee, HStR III (1988), § 57 Rnr 115 ff. 281 Hierzu insb. Anderheiden, Ökonomik, Gemeinwohl und Verfassungsrecht, S. 116 ff., 120 ff. und 122 ff. 278 279

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

149

deutungsgehalt des Gemeinwohls auf. Er ergibt sich aus der zweckimmanent nutzungsspezifischen Funktion und Eigenschaft öffentlicher Straßen als „gemeinschaftlich“ verfügbarer und „allgemein“ zugänglicher öffentlicher Verkehrsinfrastruktur. Die öffentlichen Straßen sind eine leistungsrechtliche Materialisierung des über bloße einzelne oder aggregierte individuelle Interessen hinausreichenden, von allen geteilten allgemeinen Interesses an existenznotwendiger Mobilität. Als rein privates Gut ohne einen Realisierungs- und Ordnungsbezug zu dieser spezifischen Gemeinwohlfunktion im verfassungsrechtlichen Sinne können sie ihrer zweckimmanenten nutzungsspezifischen Funktion nicht genügen. Sie sind in erster Linie nutzungsspezifische Gemeinwohlverwirklichungen. Denn letzten Endes und im Grunde erfährt auch das erstgenannte Gemeinwohlerfordernis für die gegebenen- und nötigenfalls eingriffsrechtliche Realisierbarkeit öffentlicher Straßen seine Begründung aus deren nutzungsspezifischer Gemeinwohlfunktion. Die öffentlichen Straßen erklären sich also in ihrer normativen Funktion als Verwirklichung des Gemeinwohls in dessen den Staat sowohl eingriffsrechtlich ermächtigendem als auch leistungsrechtlich verpflichtendem verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalt. Sie sind ein öffentliches Gut im verfassungstheoretischen Sinne, weil sie das Gemeinwohl in dessen sachbezogenen verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalten verwirklichen.282 Das angesprochene verfassungstheoretische Thema der Definierbarkeit und Konstituierbarkeit des Gemeinwohls in einer verfassungsstaatlichen Ordnung löst sich, wie an der gegenständlichen Fragestellung der normativen Gemeinwohlfunktion öffentlicher Straßen nachvollziehbar, ersichtlich in einer Verfassungsdogmatik, die den jeweiligen verfassungsrechtlich praktischen Bedeutungsgehalt des Gemeinwohls bereits anhand des ökonomischen Kriteriums eines kollektiven und deshalb dem Staat zugeordneten Ordnungsregimes der Güterbeschaffung erschließt, dessen Grund und Berechtigung mit Rücksicht auf ein „gemeinschaftliches“ und „allgemeines“ Interesse aller geteilt wird bzw. vernünftigerweise zu teilen ist. Es ist mit anderen Worten die Eigenschaft öffentlicher Güter, die das Gemeinwohl in seinen verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalten materialisiert und umgekehrt sind es die verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalte des Gemeinwohls, welche die Eigenschaft von öffentlichen Gütern im rechtlichen Sinne begründen. Aufgrund und im Rahmen einer Verwirklichung des Gemeinwohls in seinen verfassungsrechtlichen praktischen Bedeutungsgehalten kann man von öffentlichen Gütern im verfassungstheoretischen Sinne sprechen.283 Angewendet auf die Fernstraßen und die übrigen öffentlichen Straßen besagt dies, daß diese deshalb und insoweit als öffentliche Güter in einem rechtlichen und verfassungstheoretischen Sinne unter einer staatlichen Gewährleistungsverantwortung stehen, weil und insoweit sie als Verwirklichung des Gemeinwohls in dessen sachbezogenem verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalt eines allgemeinen und von allen ge282 283

Anderheiden, a. a. O., S. 120 ff. Anderheiden, a. a. O.

150

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

teilten Interesses an den öffentlichen Straßen einer privatwirtschaftlichen Güterordnung entzogen sind. Die normative Identifikation der sachspezifischen Zweckbestimmung öffentlicher Straßen mit einem entsprechenden verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalt der Gemeinwohlverwirklichung kann angesichts der tradierten „Staatlichkeit“ des öffentlichen Straßenwesens, aber auch bei einer zeitgeschichtlich aktuellen Reflexion „staatlicher“ Verantwortung hierfür284 sicherlich als eine im Ergebnis praktisch kaum angefochtene Grundannahme gelten, die sich auch in anderen Bereichen einer für Staat und Gesellschaft existenznotwendigen öffentlichen Infrastruktur behauptet. Gleichwohl bedeutet sie in ihrer verfassungstheoretischen und die Verfassungsordnung des GG betreffenden verfassungsdogmatischen Begründung die Einnahme eines Standpunkts. Sie bewegt sich einerseits auf der Grundlage und im Rahmen der verfassungsstaatlichen Voraussetzung von nur individuell bestimmten Interessen, also eines normativen Individualismus.285 Aber sie verweigert sich andererseits einem hieraus abgeleiteten Agnostizismus oder Unmöglichkeitstheorem gegenüber einem Begriff des Gemeinwohls. Vielmehr folgt sie der Annahme, daß es zur Lösung bestimmter Sachprobleme nicht nur in verfassungsmäßigen Verfahren ermittelte und legitimierte Interessenentscheidungen gibt, sondern auch Bedeutungsgehalte von vorverfassungsrechtlich gemeinschaftlichen, durch alle geteilten allgemeinen Interessen, die einen existenznotwendigen Grundkonsens der verfaßten Gemeinschaft bilden und überhaupt erst deren Integration verwirklichen.286 Eine solche Definition und Konstituierung des Gemeinwohls im Verfassungsstaat bedient sich in ihrer gegenstandsbegründeten Methode ersichtlich der ökonomischen Theorie von naturgemäß oder zweckimmanent im gemeinschaftlichen Interesse aller nur kollektiv nutzbaren und gewährleistbaren bzw. organisierbaren öffentlichen Gütern. Insofern bedient sie sich einer Verfassungsökonomik.287 Aber sie tut dies nicht mit dem Anspruch einer rein ökonomischen Theorie des Verfassungsrechts.288 Eine solche Verfassungsökonomik allein würde den verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalten des Gemeinwohls nicht gerecht. Dessen verfassungstheoretisches Spezifikum ist vielmehr eine dem Verfassungsstaat vernunftnotwendig innewohnende und aufgegebene regulative Idee, bei der Bewältigung von bestimmten, abstrakt für alle unabweislichen oder bedeutsamen Angelegenheiten die individuellen Interessen in einem gemeinschaftlichen und 284 Zu den unterschiedlichen Kategorien staatlicher Verantwortung, d. h. vor allem zur Erfüllungs- und Gewährleistungsverantwortung, Nachw. in Fn. 241. 285 Fn. 274. 286 In dem Zusammenhang zur Bedeutung kollektiver Güter für ein „Bewußtsein kollektiver Identität“ Anderheiden, Ökonomik, Gemeinwohl und Verfassungsrecht, S. 122 ff. 287 Zur Verfassungsökonomik Anderheiden, a. a. O., passim sowie bei Hegmann, Wissenssoziologische Aspekte der Verfassungsökonomik. Das Beispiel der Nachhaltigkeitsdebatte, Diskussionsschriften aus dem Institut für Finanzwissenschaft der Universität Hamburg, Nr. 53 / 1998 und Märkt (Fn. 274) jeweils m.Nachw. 288 Zur ökonomischen Analyse des Rechts Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit, S. 64 ff.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

151

einheitlichen Bedeutungsgehalt zusammenzuführen und zu verwirklichen, der „kollektive Identität“ ausdrückt und stiftet, die verfaßte Gemeinschaft integriert und dem Staat eine sinnverwirklichende Existenz verleiht. Eine derartige verfassungsstaatliche Theorie des Gemeinwohls definiert dieses als einen verfassungsrechtlich vorausgesetzten und dem Staat aufgegebenen, dem normativen Individualismus des Verfassungsstaates entsprechend vernünftigerweise von allen geteilten allgemeinen Bedeutungsgehalt. Die Definierbarkeit und Konstituierbarkeit von verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalten des Gemeinwohls manifestiert sich unter anderem in der Begründbarkeit „staatlicher“ Verantwortung für das öffentliche Straßenwesen. Weil und soweit der „Staat“ für die Fernstraßen und die übrigen öffentlichen Straßen in bezug auf ein von allen geteiltes abstraktes Interesse an deren als ausreichend beurteilbarer gemeinschaftlicher Verfügbarkeit und allgemeiner Zugänglichkeit einer im vorverfassungsrechtlich prinzipiell aufgegebenen regulativen Idee entsprechend gemeinwohlfähig und gemeinwohlverpflichtet ist, läßt sich für das öffentliche Straßenwesen eine „staatliche“ Verantwortung begründen und damit die Staatsaufgabenfrage beantworten. Nicht nur für das öffentliche Straßenwesen, sondern prinzipiell ist insofern eine Verfassungsdogmatik von unmittelbar staatsrechtlich begründeten Staatsaufgaben erkennbar. 5. Die Fernstraßen als Gegenstand einer Verfassungsdogmatik staatlicher Gemeinwohlverwirklichung Nicht nur im Falle des öffentlichen Straßenwesens sowie in anderen nutzungsspezifisch vergleichbar liegenden Sachbereichen öffentlicher Infrastruktur, sondern überhaupt und prinzipiell ist es die jeweilige verfassungsrechtlich vorausgesetzte Gemeinwohlfähigkeit und Gemeinwohlpflichtigkeit des Staates, aus der sich schon unmittelbar auf der staatsrechtlichen Ebene selbst die Frage von Staatsaufgaben im Verfassungsstaat beantwortet und eine Unterscheidung von angeblich „originären“, „geborenen“ oder „notwendigen“ und von sonstigen Staatsaufgaben erledigt.289 Staatsaufgaben in einem durchaus positivrechtlich verstehbaren und begründbaren Sinne bestehen bereits unmittelbar kraft Staatsrechts prinzipiell stets dann und insoweit, aber auch nur dann und insoweit, wenn und soweit es um die Verwirklichung von Gemeinwohlangelegenheiten in einem jeweiligen verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalt geht. Die verfassungsrechtlich vorausgesetzten und deshalb dem Staat aufgegebenen Bedeutungsgehalte des Gemeinwohls begründen Staatsaufgaben in einem schon unmittelbar staatsrechtlich verbindlichen Sinne. Solche Staatsaufgaben mit einem bereits unmittelbar staatsrechtlich verbindlichen Charakter haben also letztlich ihren Grund darin, daß die verfassungsrechtliche Ordnung im jeweiligen Falle an einen von ihr vorausgesetzten Bedeutungsgehalt 289 Zur Annahme und Begründbarkeit von verfassungsrechtlich bestehenden notwendigen Staatsaufgaben Bull, Staatsaufgaben, S. 99 ff. und Kämmerer, Privatisierung, S. 157 ff.

152

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

des Gemeinwohls anknüpft. Mit anderen Worten definieren und konstituieren sich staatsrechtlich verbindliche Staatsaufgaben aus verfassungsrechtlich vorausgesetzten Bedeutungsgehalten des Gemeinwohls. Für die Staatsaufgabenfrage zum öffentlichen Straßenwesen bedeutet dies, daß hierfür eine Staatsaufgabe bzw. staatliche Verantwortung von Verfassungs wegen dann und insofern, aber auch nur insofern besteht, wenn und sofern es aus der normativen Perspektive der verfassungsrechtlichen Ordnung des GG zu deren Voraussetzung und Verwirklichung gehört, daß der Staat eine entsprechende Aufgabe bzw. Verantwortung in Wahrnehmung der ihm dementsprechend vorverfassungsrechtlich aufgegebenen regulativen Idee der Gemeinwohlverwirklichung übernimmt. Ein solcher sachspezifisch begründeter Kontext zwischen der verfassungsrechtlichen Ordnung des GG und dem öffentlichen Straßenwesen läßt sich im Prinzip deutlich ausmachen. Die öffentlichen Straßen, auf der gesamtstaatlich verkehrsbedeutsamen Ebene die Fernstraßen, ermöglichen und sichern im individuellen Interesse aller, d. h. in der sachespezifischen Funktion als Allgemeinwohleinrichtung, die Mobilität von Personen und für Wirtschaftsgüter auf hierfür gemeinschaftlich verfügbaren und allgemein zugänglichen Anlagen. Sie gewährleisten die praktische Erfüllung der betreffenden Nutzungsbedürfnisse, die praktische Wahrnehmung der betreffenden Nutzungsinteressen, schaffen also die realen Voraussetzungen für die betreffende nutzungsabhängige Mobilität zum Zwecke von Ortsveränderung, persönlicher Kommunikation und Güteraustausch in einer arbeitsteiligen Wirtschaft. Damit steht das öffentliche Straßenwesen in einem unmittelbaren Kontext zur verfassungsrechtlichen Ordnung, soweit diese eine von der gemeinschaftlichen Verfügbarkeit und allgemeinen Zugänglichkeit der Straßenbenutzung abhängige Mobilität voraussetzt, fordert und garantiert. Auf Seiten der verfassungsrechtlichen Ordnung handelt es sich gegebenenfalls um eine staatsadressierte Voraussetzung, die also hierfür den „Staat“ entsprechend seiner ihm insofern verfassungsrechtlich aufgegebenen regulativen Idee der Gemeinwohlverwirklichung verpflichtend in Anspruch nimmt. Danach ist es gegebenenfalls eine Verfassungsvoraussetzung, daß der „Staat“ eine unmittelbar staatsrechtlich begründete Verantwortung für das öffentliche Straßenwesen trägt. Es gilt insofern, ein Spektrum möglicher einschlägiger Verfassungsvoraussetzungen zur „staatlichen“ Gemeinwohlverantwortung für das öffentliche Straßenwesen in Erwägung zu ziehen. Aber prinzipiell läßt sich aus Anlaß und zur Lösung der gegenständlichen Frage nach einer „staatlichen“ Aufgabe bzw. Verantwortung für das öffentliche Straßenwesen eine Verfassungsdogmatik zu unmittelbar schon auf staatsrechtlicher Ebene begründeten und insofern originären Staatsaufgaben festhalten. Staatsrechtlich originär begründete staatliche Aufgaben bzw. Verantwortlichkeiten liegen vor, wenn und insoweit die verfassungsrechtliche Ordnung zu ihrer Verwirklichung einen sachspezifisch bestimmten, vernünftigerweise von allen geteilten abstrakten Bedeutungsgehalt des Gemeinwohls voraussetzt und konstituiert, der den Staat kraft der ihm auf diese Weise vorverfassungsrechtlich aufgegebenen regulativen Idee der Gemeinwohlrealisierung verpflichtet. Zusammengefaßt und

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

153

verkürzt definiert, handelt es sich bei solchen Staatsaufgaben um verfassungsrechtlich originär vorausgesetzte Gemeinwohlangelegenheiten. Sie können, müssen aber nicht in der Verfassung offen benannt werden.290 Verfassungsdogmatisch gemeinsam ist offenen und verdeckten staatsrechtlichen Begründungen von staatlichen Aufgaben bzw. Verantwortlichkeiten, daß sich in ihnen ein im Verfassungsrahmen jeweils auf bestimmte Sachverhalte bezogener vorverfassungsrechtlicher Bedeutungsgehalt staatlicher Gemeinwohlverpflichtung verwirklicht. Sie ergeben sich nicht schon unmittelbar aus der jeweiligen primären Geltungsbedeutung der betreffenden Verfassungsnormen. Vielmehr beziehen sie Geltungsgrund, Geltungsinhalt und Geltungsmodalität erst in Verbindung mit einem bestimmten, von den betreffenden Verfassungsnormen vorausgesetzten und konstituierten Bedeutungsgehalt des Gemeinwohls, der dem Staat in dem einschlägigen verfassungsrechtlichen Zusammenhang als vorverfassungsrechtliche regulative Idee aufgegeben ist. Derart bereits originär staatsrechtlich verpflichtende Staatsaufgaben verdanken sich somit zwar dem Geltungsanspruch von Verfassungsnormen, aber ihren Geltungsgrund, Geltungsinhalt und ihre Geltungsmodalität haben sie in einem jeweiligen, in den betreffenden Verfassungsnormen sachspezifisch vorausgesetzten und konstituierten Bedeutungsgehalt einer Gemeinwohlangelegenheit. Auf der Grundlage einer Verfassungsdogmatik von verfassungsrechtlich vorausgesetzten und konstituierten Bedeutungsgehalten staatlicher Gemeinwohlverpflichtung ist ersichtlich, daß den „Staat“ für das öffentliche Straßenwesen eine staatsrechtlich originär begründete Aufgabenstellung bzw. Verantwortung trifft. Ein solcher verfassungsrechtlicher Kontext ergibt sich für das öffentliche Straßenwesen jedenfalls aus den grundrechtlichen Freiheiten, insofern diese in ihrer primären Geltungsbedeutung die persönliche sowie die für eine arbeitsteilige Wirtschaft und für eine Versorgung der Bevölkerung notwendige Mobilität gewährleisten.291 Denn diese hat wegen ihrer Nutzungs- bzw. Leistungsabhängigkeit ein öffentliches Straßenwesen in dessen Funktion und Bedeutung als vernünftigerweise von allen zur Verwirklichung ihrer grundrechtlich garantierten Mobilitätsinteressen geteilte Gemeinwohlangelegenheit zur Voraussetzung. Danach ist das öffentliche Straßenwesen jedenfalls eine reale staatsgerichtete Grundrechtsvoraussetzung und als solche ein Sachbereich in staatsrechtlich originär begründeter „staatlicher“ Gemeinwohlverantwortung.292 In dieser verwirklicht sich der verfassungsrechtliche KonZur verfassungsrechtlich offen benannten Staatsaufgaben Bull, a. a. O., S. 149 ff. Komprimiert und m.Nachw. Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 104 f. Rechtsbegrifflich zutreffend wird dabei die Mobilität als Grundrechtsvoraussetzung in dem weiten Sinne verstanden, daß sie nicht nur auf die eigene individuelle Nutzung der betreffenden Verkehrseinrichtungen, wie etwa die öffentlichen Straßen, bezogen ist, sondern umfassend auf die Verkehrsinfrastruktur, auch soweit diese nicht dem Individualverkehr dient. Danach sind die öffentlichen Straßen auch insofern Grundrechtsvoraussetzung, als sie dem einzelnen Mobilität ebenso dann gewährleisten, wenn er sie nicht mit einem eigenen individuellen Verkehrsmittel bzw. individuell benutzt (a. a. O., S. 105). 292 Zur Verfassungsdogmatik der Grundrechtsvoraussetzungen allgemein Kloepfer, Grundrechte als Entstehungssicherung und Bestandsschutz, 1970, Müller / Pieroth / Fohmann, Lei290 291

154

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

text des öffentlichen Straßenwesens. Im Vergleich zu dem grundrechtsverschaffenden Kontext des öffentlichen Straßenwesens treten weitere Erwägungen zu dessen verfassungsrechtlichen Bezügen verfassungsdogmatisch deutlich zurück.

6. Die staatliche Gemeinwohlverantwortung für das Fernstraßenwesen als verfassungsrechtlich originär vorausgesetzte Staatsaufgabe a) Die Frage eines verfassungsrechtlichen Kontextes des Fernstraßenwesens zu Sozialstaatlichkeit und „öffentlicher Daseinvorsorge“ Bei vordergründiger Betrachtung der Sachlage mag es naheliegen, das öffentliche Straßenwesen mit Rücksicht auf seine sozialwirtschaftliche Funktion und Bedeutung verfassungsrechtlich in einen vergleichsweisen Zusammenhang mit staatlichen Tätigkeiten zu bringen, die der Staat in Verwirklichung der ihm in Art. 20 Abs. 1 GG aufgegebenen Staatszielbestimmung der Sozialstaatlichkeit wahrnimmt. Gleiches gilt in bezug auf den staatstheoretisch begründeten und verfassungsdogmatisch geprägten Begriff „öffentlicher Daseinsvorsorge“, soweit dieser in seinem Bedeutungsgehalt ebenfalls auf sozialstaatliche Staatstätigkeiten bezogen wird.293 Das öffentliche Straßenwesen weist hierzu insofern eine sachliche Entsprechung auf, als es dort wie auch bei ihm um eine Aufgabe oder Verantwortung des Staates bei der Befriedigung von Bedürfnissen geht, bei welcher stungsrechte, Murswieck, HStR V (1992), § 112 Rnr 96 ff., 86 ff. und 102 f., Isensee, HStR V (1992), § 115 Rnr 7 ff., Ronellenfitsch, DöV 96, 1028 / 1029, Kämmerer, Privatisierung, S. 449 ff., Weiß, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 113 ff. und 147 ff.; speziell in bezug auf öffentliche Straßen Bartlsperger, Mehrzweckordnung öffentlicher Straßen, S. 55 f., 88 f. und 91 ff., Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 21 ff., Ronellenfitsch, a. a. O., S. 104 f. sowie teilweise Weiß, a. a. O., S. 200 und 239. 293 Zur Annahme bzw. Frage eines verfassungsrechtlichen Kontextes zwischen Staatsaufgaben, teilweise auch speziell im Bereich öffentlicher Verkehrsinfrastruktur, sowie Sozialstaatsprinzip und dem Rechtsbegriff „öffentlicher Daseinsvorsorge“ Bull, Staatsaufgaben, S. 158 ff. und 163 ff., Badura, DöV 66, 624 / 628, Müller / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte, S. 55 f., Friauf, Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben, S. 40 ff. und 69 ff., Wink, Verkehrsinfrastrukturpolitik, S. 77 ff., Fehling, AöR 121 (1996), 60 / 88, Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 159 und 340 ff., Sommer, Staatliche Gewährleistung, S. 25 ff., Kämmerer, a. a. O., S. 178 ff. und 429 ff. (im Zusammenhang mit Privatisierungen), Weiß, a. a. O., S. 138, Ronellenfitsch, a. a. O., S. 103 ff. sowie Urt. BVerfG 12. 7. 85, BVerfGE 72, 15 / 24. Übereinstimmung bzw. breite Anerkennung ist darin zu erkennen, daß das Sozialstaatsprinzip als Staatszielbestimmung zwar verfassungsrechtliche Normativität entfaltet, aber zur unmittelbaren Rechtsbegründung rechtssetzender Konkretisierung bedarf (so ausführlich bzw. deutlich Bull, a. a. O., und Friauf, a. a. O., jeweils m.Nachw.; Isensee, HStR V, 1992, § 115 Rnr 158 ff.) und daß der Begriff der „öffentlichen Daseinsvorsorge“ rechtsdogmatisch überhaupt nur eine deskriptive Bedeutung hat (zur Rezeption, Kritik und Antikritik des Begriffs Badura, a. a. O., 624 / 627 ff., Bull, a. a. O., S. 242 ff. und Ronellenfitsch, a. a. O., S. 69 ff.).

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

155

der Einzelne mehr oder weniger notwendig auf eine Bereitstellung von nicht selbst beschaffbaren Gütern angewiesen ist. Aber in diesem Sachverhalt einer Angewiesenheit des Einzelnen auf eine staatliche Gütergewährleistung erschöpft sich auch schon die Vergleichbarkeit des öffentlichen Straßenwesens mit solchen Sachverhalten, deren Bewältigung sozialstaatliche Tätigkeiten des Staates rechtfertigt oder erfordert. Staatliche Aufgaben oder Verantwortlichkeiten mit einem verfassungsrechtlichen Kontext zum Sozialstaatsprinzip haben einen spezifischen, eigenen staatsrechtlichen Entstehungsgrund und Bedeutungsgehalt, in denen sie sich wesentlich von dem staatsrechtlich originären Entstehungsgrund und Bedeutungsgehalt staatlicher Verantwortung für das öffentliche Straßenwesen unterscheiden. Zum einen ist das Sozialstaatsprinzip im Unterschied zu den für das öffentliche Straßenwesen speziell und unmittelbar in Betracht kommenden verfassungsrechtlichen Mobilitätsgarantien lediglich eine Staatszielbestimmung. 294 Sie enthält nur eine verfassungsrechtliche Direktive zu einer gegebenenfalls veranlaßten unterverfassungsrechtlichen Verwirklichung von Sozialstaatlichkeit in staatlichen Tätigkeiten. Vor allem sind die vom Sozialstaatsprinzip direktiv vorausgesetzten staatlichen Tätigkeiten in ihrem verfassungsrechtlichen Bedeutungsgehalt ausschließlich darauf gerichtet, Einzelnem aus Gründen der Solidarität Vorteile oder speziell Fürsorge zu gewähren, welche diese an sich, bei gegebenen Voraussetzungen, auch selbst, kraft eigenen rationalen Verhaltens durch privatwirtschaftliche Wahrnehmung ihrer grundrechtlichen Freiheiten herstellen könnten bzw. hätten herstellen können. Es handelt sich also um eine staatliche Gewährleistung sogenannter meritorischer Güter, die grundlegend anders als kollektive Güter nicht wegen eines Marktversagens eine staatliche Tätigkeit erfordern, sondern wegen eines „Versagens“ des Einzelnen bei der Wahrnehmung bestehender Marktchancen ein regulierendes Eingreifen des Staates zu rechtfertigen vermögen.295 Eine solche sozialstaatlich begründete staatliche Gewährleistung meritorischer Güter erfolgt somit zwar durchaus unter einer verfassungsrechtlich vorausgesetzten solidarischen Zustimmung aller, aber nicht in dem verfassungsrechtlich vorausgesetzten eigenen abstrakten Interesse aller. Sie repräsentiert keinen verfassungsrechtlich zwingend und originär vorausgesetzten, von allen vernünftigerweise geteilten Bedeutungsgehalt einer Gemeinwohlangelegenheit, der die öffentlichen Güter im rechtlichen Sinne kennzeichnet und hierfür eine staatliche Aufgabe bzw. Verantwortung bereits unmittelbar staatsrechtlich begründet. Die gleiche Unterscheidung gilt hinsichtlich staatlicher Tätigkeiten, die gemeinhin dem verfassungsdogmatischen Begriff „öffentlicher Daseinsvorsorge“ in Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips zugeordnet werden.296 Nachw. Fn. 293. Wink, Verkehrsinfrastrukturpolitik, S. 77 ff., Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 340 ff. und besonders deutlich Anderheiden, Ökonomie, Gemeinwohl, Verfassungsrecht, S. 128 ff. 294 295

156

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Demgegenüber ist zum öffentlichen Straßenwesen festzuhalten, daß dieses in seiner Funktion zur Gewährleistung allgemeiner persönlicher und wirtschaftlicher Mobilität einen in den betreffenden verfassungsrechtlichen Mobilitätsgarantien schon unmittelbar verfassungsrechtlich vorausgesetzten und konstituierten Bedeutungsgehalt einer vernünftigerweise von allen geteilten Gemeinwohlangelegenheit verwirklicht. Das öffentliche Straßenwesen ist in seinem verfassungsrechtlichen Kontext ein bereits originär staatsrechtlich vorausgesetztes, gemeinwohlverwirklichendes öffentliches Gut und weist deshalb weder einen verfassungsrechtlichen Kontext zur bloßen Staatszielbestimmung der Sozialstaatlichkeit auf noch einen solchen zum verfassungsdogmatischen Begriff „öffentlicher Daseinsvorsorge“, soweit dieser lediglich auf die Verwirklichung von Sozialstaatlichkeit Bezug nehmen würde. Der „öffentlichen Daseinsvorsorge“ dient das öffentliche Straßenwesen nur insofern, als mit jenem verfassungsdogmatischen Begriff auch staatliche Tätigkeiten bzw. Verantwortlichkeiten zur Gewährleistung von verfassungsrechtlich vorausgesetzten und konstituierten Gemeinwohlangelegenheiten mit unmittelbarem Geltungsanspruch und Geltungsinhalt bezeichnet werden.297 Wie schon angesprochen, besteht der verfassungsrechtliche Kontext des öffentlichen Straßenwesens darin, daß es als Grundrechtsvoraussetzung grundrechtlicher Mobilitätsfreiheiten des GG eine originär staatsrechtlich konstituierte Gemeinwohlangelegenheit darstellt.298 Soweit der verfassungsdogmatische Begriff der „öffentlichen Daseinsvorsorge“ auch auf einen grundrechtlichen Kontext staatlicher Aufgaben oder Verantwortlichkeiten als Grundrechtsvoraussetzung bezogen wird, vermag er das öffentliche Straßenwesen verfassungsrechtlich zu kennzeichnen. b) Der grundrechtliche Kontext des Fernstraßenwesens – Die Fernstraßen als Grundrechtsvoraussetzung Die Annahme eines grundrechtlichen Kontextes des öffentlichen Straßenwesens rechtfertigt sich auf der Grundlage einer die verfassungsrechtliche Ordnung des GG sinnhaft durchdringenden Grundrechtstheorie und Grundrechtsdogmatik. Methodisch über einen zur Historie gewordenen staatsrechtlichen Positivismus hinausgehend, erstrecken diese die Geltungsbedeutung der Grundrechtsverbürgungen auch auf deren reale oder rechtliche „Umwelt“, welche die Verwirklichungsvoraussetzungen der betreffenden grundrechtlichen Freiheiten eröffnet.299 Danach ist den insofern sachlich in Betracht kommenden Grundrechten zugleich eine Kon296 Zur zutreffenden Abgrenzung staatlicher Gewährleistungsaufgaben für öffentliche Güter, insb. für die öffentliche Infrastruktur, einerseits und sozialstaatlicher „öffentlicher Daseinsvorsorge“ andererseits bzw. innerhalb eines weiten Bedeutungs- und Begriffsverständnisses „öffentlicher Daseinsvorsorge“ zutreffende dementsprechende Differenzierung bei Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 93 f. und Hermes, a. a. O. 297 Hermes, a. a. O., S. 342. 298 Oben unter 5. 299 Nachw. Fn. 292.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

157

stituierung der tatsächlichen Voraussetzungen zu entnehmen, welche die Ausübung der betreffenden grundrechtlichen Freiheiten garantieren.300 Man kann von mitverbürgten Grundrechtsvoraussetzungen bzw. von einem Grundrechtsvoraussetzungsschutz sprechen und in denjenigen Fällen, in denen wie beim öffentlichen Straßenwesen die betreffenden Grundrechtsvoraussetzungen überhaupt erst durch Bereitstellung eines entsprechenden nutzbaren Gutes geschaffen werden müssen, von einem „sachverhaltsverschaffenden“ oder „sachverhaltsermöglichenden“ Grundrechtsvoraussetzungsschutz.301 Dieser ist, wie die Grundrechte in ihrer primären Geltungsbedeutung, staatsgerichtet. Aber er bedeutet, daß der Staat insofern nicht das „Gegenüber“ grundrechtlicher Eingriffsabwehr, sondern eine Grundrechtsvoraussetzung darstellt. In einer solchen Sinnperspektive gelangen die betreffenden Grundrechte als Staatsaufgabennormen zur Geltung, sei es daß die betreffende Staatsaufgabe in der Modalität einer staatlichen Erfüllungs- oder in derjenigen einer staatlichen Gewährleistungsverpflichtung für die jeweiligen Grundrechtsvoraussetzungen besteht.302 In der originär staatsrechtlichen Konstituierung einer abstrakten Aufgaben- bzw. Verantwortungspflicht des Staates erschöpft sich indessen auch schon die unmittelbare normbegründende Bedeutung der Grundrechtsvoraussetzungsgarantien. Diese als solche sind ausschließlich objektivrechtlicher Natur und verschaffen keine individuellen Grundrechtsansprüche gegen den Staat auf eine effektive Wahrnehmung der betreffenden Aufgabe bzw. Verantwortung.303 Erst wenn eine solche erfolgt, vermag sich die betreffende Grundrechtsvoraussetzungsgewährleistung in konkreten Fällen auch zu einem subjektiven positiven Rechtsstatus auf Teilhabe des Einzelnen, d. h. zu grundrechtlichen Teilhaberechten, zu entwickeln.304 Solche grundrechtlichen Teilhaberechte sind aber Rechtsfolge, nicht Rechtsgrund, der als Grundrechtsvoraussetzung konstituierten staatlichen Aufgaben bzw. Verantwortlichkeiten; sie bestehen nur aufgrund und vor allem lediglich nach Maßgabe der die betreffende Grundrechtsvoraussetzung gewährleistenden Wahrnehmung einer 300 Murswieck, HStR V (1992), § 112 Rnr 102 f., Isensee, HStR V (1992), § 115 Rnr 161, Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 270 ff. / 285 ff., Kämmerer, Privatisierung, S. 454 ff. (im rechtsbegrifflich weiten Zusammenhang mit grundrechtlichen Schutzpflichten), Weiß, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 200 (staatliche Gewährleistungspflichten). 301 Begriffe bei Kloepfer, Grundrechte als Entstehungssicherung und Bestandsschutz, 1970, S. 17 f. 302 In bezug auf die Gewährleistung öffentlicher Güter bzw. öffentlicher Infrastruktur Bull, Staatsaufgaben, S. 155 ff., Murswieck, HStR V (1992), § 112 Rnr 12 ff., 26 ff., 86 ff. und insb. 102 f., Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 353 ff., Sommer, Staatliche Gewährleistung, S. 32 ff., 45 ff. und 51 ff., Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 288 ff., Weiß, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 144, 149 f. und 200, Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 104 f. 303 Murswieck, a. a. O., § 112 Rnr 26 ff. / 29, 68 ff. und 81 ff. 304 In bezug auf subjektive Rechte in der straßenrechtlichen Benutzungsordnung Bartlsperger, Mehrzweckordnung öffentlicher Straßen, S. 88 ff. / 91 f.

158

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

staatlichen Aufgabe bzw. Verantwortung. Mit dieser allein genügt der Staat seiner objektivrechtlichen Pflicht zur Verschaffung bzw. Gewährleistung der betreffenden Grundrechtsvoraussetzungen. Für das öffentliche Straßenwesen läßt sich dessen verfassungsrechtlicher Kontext einer grundrechtlich mitverbürgten Grundrechtsvoraussetzung sowie einer hieraus resultierenden, staatsrechtlich originär begründeten staatlichen Aufgabe bzw. Verantwortung im Ergebnis aus der sachspezifisch zwingenden Annahme erklären, daß die privaten Grundrechtsverbürgungen persönlicher und wirtschaftlicher Freiheit unter anderem eine nutzungs- bzw. leistungsabhängige Mobilität auf entsprechend allgemein verfügbaren und zugänglichen Straßenanlagen zur Voraussetzung haben. Aber hierbei handelt es sich zunächst nur um eine sachspezifische Unterstellung. Die straßenrechtliche Zweckbestimmung öffentlicher Straßen zum Gemeingebrauch sowie im Laufe der Entwicklung auch zu sondergebräuchlichen Mehrzwecknutzungen stellen ein zivilisationsgeschichtliches Faktum menschlicher Gemeinschaften und moderner Staatlichkeit dar. Aber aus der verfassungsrechtlichen Perspektive sind die persönlichen und wirtschaftlichen grundrechtlichen Freiheiten nicht auch schon selbstverständlich mit einer grundrechtlichen „Verkehrsmobilität“ unter Inanspruchnahme von entsprechend nutzbaren und zu leistenden Gütern gleichzusetzen. Vielmehr bedarf es auch einer verfassungsdogmatisch nachvollziehbaren Begründung dafür, daß die einschlägigen primären grundrechtlichen Gewährleistungen persönlicher und wirtschaftlicher Freiheit in ihrer Geltungsbedeutung als Grundrechtsvoraussetzungsgarantien auch nutzungs- bzw. leistungsabhängige Mobilitätsfreiheiten verbürgen. Die grundrechtliche „Verkehrsmobilität“ gehört überhaupt noch nicht zum primären Geltungsinhalt der betreffenden grundrechtlichen Freiheiten. Vielmehr ist sie erst und nur Grundrechtsvoraussetzung.

c) Die Mobilitäts- und Nutzungsfreiheit auf Fernstraßen als Grundrechtsvoraussetzung – Die grundrechtsdogmatische Begründung von Grundrechtsvoraussetzungen Eine grundrechtliche „Verkehrsmobilität“ im allgemeinen und im besonderen gegenständlichen Zusammenhang des öffentlichen Straßenwesens läßt sich überhaupt erst grundrechtsdogmatisch begründen und definieren, wenn man sie als Grundrechtsvoraussetzung der betreffenden grundrechtlichen Freiheiten begreift. Den letzteren verdankt sie zwar ihre grundrechtliche Geltung, aber sie gehört noch nicht zu deren primärer Geltungsbedeutung und zu deren primärem Geltungsinhalt. Ihren unmittelbaren Geltungsgrund und Geltungsinhalt hat sie erst darin, daß sie eine von den betreffenden grundrechtlichen Freiheiten mitverbürgte Grundrechtsvoraussetzung ist.305

305

Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 104 f.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

159

Die grundrechtliche Garantie einer staatlich zu gewährleistenden gemeingebräuchlichen Mobilitätsfreiheit und eines staatlich zu garantierenden Sondernutzungsregimes im Bereich öffentlicher Straßen bildet nur einen Beispiel- und Anwendungsfall der prinzipiellen grundrechtsdogmatischen Konstruktion von Grundrechtsvoraussetzungen. Weder ein bloßes Sachargument noch allein ein normlogisches Argument, wonach grundrechtliche Freiheiten notwendigerweise auch schon die staatliche Gewährleistung von deren realer Verwirklichungsmöglichkeit mitverbürgen müßten, erscheinen hinreichend, um derartiges auch verfassungsdogmatisch erklären zu können. Verpflichtende Staatsaufgaben bzw. staatliche Verantwortlichkeiten zur Gewährleistung von Grundrechtsvoraussetzungen stellen ein eigenständiges grundrechtsdogmatisches Konstrukt dar. Ein solches ist auch die Mobilitäts- und Nutzungsfreiheit im Bereich öffentlicher Straßen. Sie ist kein Grundrecht, sondern Gegenstand einer grundrechtlich konstituierten Staatsaufgabe bzw. staatlichen Verantwortlichkeit. Staatliche Verpflichtungen zur Gewährleistung von Grundrechtsvoraussetzungen haben ihre grundrechtsdogmatische Ursache darin, daß die betreffenden grundrechtlichen Freiheiten in ihrem primären Bedeutungsgehalt nur einen negativen Rechtsstatus gegenüber Eingriffen des Staates begründen, dessen Verletzung einen Abwehranspruch auslöst. Dies bedeutet lediglich einen nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Ordnung eingeräumten Schutz des Einzelnen, eine Erfüllung seiner Interessen und eine Befriedigung seiner Bedürfnisse in individuellen Interaktionen zu verfolgen. Hierin verwirklicht sich der normative Individualismus des Verfassungsstaates. Verfassungsökonomisch bzw. in wirtschaftlichen Angelegenheiten spezifisch ökonomisch betrachtet handelt es sich um die Ermöglichung und Garantie, daß der Einzelne seine Interessen interaktiv realisiert und seine wirtschaftlichen Bedürfnisse im Wege privatwirtschaftlich marktmäßiger Güterbeschaffung befriedigt. In den ökonomischen Sachbereichen bildet der jeweilige grundrechtliche Freiheitsraum das Wirkungsfeld privater Güter. Aber die betreffenden grundrechtlichen Freiheiten zur interaktiven Verwirklichung individueller Interessen und zur privaten Güterbeschaffung stoßen an Grenzen oder scheitern, wenn die Einzelnen für sich allein hierzu keine Chance haben. Dann liegt ein Versagen der durch die betreffenden grundrechtlichen Freiheiten eröffneten Möglichkeiten zur individuellen interaktiven Interessenerfüllung bzw. zur privatwirtschaftlich marktmäßigen Bedürfnisbefriedigung vor. Unter solchen Voraussetzungen gehört es zur staatsgerichteten Sinnperspektive der betreffenden grundrechtlichen Freiheiten, daß der Staat sich die Gewährleistung von Verwirklichungsmöglichkeiten der jeweiligen individuellen Interessen bzw. Bedürfnisse als eine von allen vernünftigerweise geteilte abstrakte Gemeinwohlangelegenheit zu eigen macht. Es sind somit die von den betreffenden grundrechtlichen Freiheiten „vorgrundrechtlich“ vorausgesetzten, dem Staat als regulative Idee aufgegebenen Bedeutungsgehalte des Gemeinwohls, die den Staat gemeinwohlpflichtig für die Gewährleistung der jeweiligen Grundrechtsvoraussetzungen machen. Verfassungsökonomisch betrachtet handelt sich bei den vom Staat zu gewährleistenden Grundrechts-

160

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

voraussetzungen um aus Gründen des Gemeinwohls konstituierte öffentliche Güter im Rechtssinne oder mit anderen Wort um grundrechtlich konstituierte öffentliche Güter. Erst auf der Grundlage, im Rahmen und nach Maßgabe des als Grundrechtsvoraussetzung organisierten und ausgestalteten Rechtsregimes der betreffenden öffentlichen Güter erwachsen dem Einzelnen konkrete, grundrechtlich vermittelte Teilhaberechte. Sie sind nach Grund und Inhalt davon abhängig, daß der Staat eine ihn zur Gewährleistung von Grundrechtsvoraussetzungen verpflichtende Aufgabe bzw. Verantwortung wahrnimmt und ausgestaltet sowie auf diese Weise positive Leistungsrechte begründet. Auch die grundrechtlich konstituierte Mobilitäts- bzw. Nutzungsfreiheit im Bereich des öffentlichen Straßenwesens ist kein Grundrecht im Sinne der primären Geltungsbedeutung von Grundrechten.306 Ihr unmittelbarer grundrechtsdogmatischer Rechtsgrund und Rechtsinhalt besteht zunächst nur darin, daß dem Staat eine in einschlägigen grundrechtlichen Freiheiten vorausgesetzte und konstituierte Gemeinwohlaufgabe bzw. Gemeinwohlverantwortung trifft, die für jene grundrechtlichen Freiheiten im Bereich des öffentlichen Straßenwesens sonst nicht bestehenden Verwirklichungsvoraussetzungen zu gewährleisten. Als solche Grundrechtsvoraussetzung ist die Mobilitäts- bzw. Nutzungsfreiheit im Bereich des öffentlichen Straßenwesens ein grundrechtlich konstituiertes, objektivrechtlich organisiertes öffentliches Gut. Zu einem individuellen Grundrecht wird sie erst durch Wahrnehmung und Ausgestaltung der staatlichen Aufgabe bzw. Verantwortung zur Gewährleistung der betreffenden Grundrechtsvoraussetzungen im öffentlichen Straßenwesen. Dann handelt es sich um hierdurch erst vermittelte konkrete Teilhaberechte im Sinne positiver Leistungsansprüche.307 Sie bestehen nur auf der Grundlage und nach Maßgabe des Organisations-, Leistungs- und Benutzungsregimes, mit dem der Staat seine grundrechtlich konstituierte Aufgabe bzw. Verantwortung für die Gewährleistung der betreffenden Grundrechtsvoraussetzungen im öffentlichen Straßenwesen wahrnimmt und ausgestaltet.308 Danach läßt sich der grundrechtliche Kontext des öffentlichen Straßenwesens im Hinblick auf die gegenständliche Fragestellung nach einer insofern begründeten staatlichen Verantwortung zusammenfassend und abschließend klarstellen.

306 Zu der in jene Richtung gehenden grundrechtsdogmatischen Fehlentwicklung, um nicht zu sagen zu dem Fehl- und Kurzschluß von Rechtspraxis und eines beträchtlichen Teils straßenrechtlicher Literatur bei der Interpretation und Anwendung der straßenrechtlichen Benutzungsordnung Bartlsperger, Mehrzweckordnung öffentlicher Straßen, S. 46 ff. und 76 ff.; siehe auch die Darstellung bei Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 77 ff., 99 ff. und 109 ff. 307 Nachw. Fn. 303 f. 308 Bartlsperger, Mehrzweckordnung öffentlicher Straßen, S. 88 ff. / 91 f. Zu einer gänzlich anderen originär freiheitsrechtlichen Grundlegung der straßenrechtlichen Benutzungsordnung, nämlich von Gemeingebrauch und Sondernutzungen, Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum, S. 327 ff. als Konsequenzen einer auch historisch nachvollzogenen sachenrechtlichen Argumentation zu den öffentlichen Straßen.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

161

d) Die staatliche Verantwortung für das Fernstraßenwesen als Gemeinwohlverpflichtung des Staates zur Gewährleistung von Grundrechtsvoraussetzungen Im Ergebnis ist es zutreffend, den grundrechtlichen Kontext des öffentlichen Straßenwesens und den Grund einer hieraus resultierenden staatlichen Verantwortung darin zu sehen, daß die öffentlichen Straßen in ihrer sachspezifischen Zweckbestimmung allgemeiner Verfügbarkeit und Zugänglichkeit eine grundrechtlich konstituierte Mobilitäts- und Nutzungsfreiheit in Abhängigkeit von dafür staatlich gewährleisteten Straßenanlagen verwirklichen. Aber zu dieser Mobilitäts- und Nutzungsfreiheit auf öffentlichen Straßen gilt es eine grundrechtsdogmatische Differenzierung und begriffliche Klarstellung festzuhalten. Die durch einschlägige persönliche und wirtschaftliche Grundrechtsfreiheit konstituierte Mobilitäts- und Nutzungsfreiheit auf öffentlichen Straßen ist kein Grundrecht im Sinne des primären Bedeutungsgehalts von Grundrechten. Sie verleiht der straßenrechtlichen Benutzungsordnung, d. h. dem straßenrechtlichen Gemeingebrauch sowie den straßenrechtlich vorbehaltenen Sondernutzungen, keinen unmittelbaren Grundrechtscharakter. Im Vollzug der straßenrechtlichen Benutzungsordnung verwirklichen sich also keine originär grundrechtlichen Nutzungs- bzw. Leistungsansprüche, in deren Folge eine unmittelbar aus grundrechtlichen Ansprüchen resultierende Staatsaufgabe angenommen werden könnte und der Vollzug der straßenrechtlichen Benutzungsordnung als grundrechtliche Eingriffsverwaltung gehandhabt werden müßte.309 Vielmehr sind die straßenrechtlichen Benutzungsrechte nur einfachrechtliche, im konkreten Falle entstehende Teilhaberechte, welche durch die unmittelbare Geltungsbedeutung der betreffenden grundrechtlichen Freiheiten in der Weise vermittelt werden, daß diese nach ihrer staatsgerichteten Sinnperspektive eine staatliche Gemeinwohlaufgabe bzw. Gemeinwohlverantwortung zur Gewährleistung entsprechender Grundrechtsvoraussetzungen begründen. Die Mobilitäts- und Nutzungsfreiheit im Rahmen und nach Maßgabe der straßenrechtlichen Benutzungsordnung ist danach eine grundrechtlich konstituierte Grundrechtsvoraussetzung, deren Gewährleistung dem Staat allein objektivrechtlich obliegt. Wie die Grundrechtsvoraussetzungen prinzipiell läßt sie sich verfassungsökonomisch als Rechtsregime eines grundrechtlich konstituierten öffentlichen Gutes in staatlicher Gemeinwohlverantwortung definieren. Von den grundrechtlich vermittelten straßenrechtlichen Teilhaberechten auf der Grundlage und nach Maßgabe der straßenrechtlichen Benutzungsordnung zu unterscheiden ist der grundrechtliche Kontext des öffentlichen Straßenwesens als staatlich zu gewährleistende Grundrechtsvoraussetzung der betreffenden grundrechtlichen Freiheiten. Sie hat den Bedeutungsgehalt einer grundrechtlich vorausgesetzten und konstituierten Gemeinwohlangelegenheit und begründet eine entspre309 So die bei Bartlsperger, a. a. O., S. 46 ff. und 76 ff. erörterte Rechtspraxis und Literatur zur straßenrechtlichen Benutzungsordnung.

11 Bartlsperger

162

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

chende Gemeinwohlverpflichtung des Staates. Aufgrund dessen bildet das öffentliche Straßenwesen verfassungsökonomisch betrachtet ein grundrechtlich konstituiertes öffentliches Gut in staatlicher Gemeinwohlverantwortung. Insofern läßt sich zur Staatsaufgabenfrage im öffentlichen Straßenwesen abschließend festhalten, daß die öffentlichen Straßen aufgrund ihres grundrechtlichen Kontextes zu sachbereichsspezifisch einschlägigen grundrechtlichen Freiheiten eine von diesen konstituierte Grundrechtsvoraussetzung bilden, die einen „vorgrundrechtlichen“ Bedeutungsgehalt des Gemeinwohls verwirklicht und hierfür den Staat gemeinwohlpflichtig macht. Es besteht somit eine originär grundrechtlich begründete Staatsaufgabe für das öffentliche Straßenwesen. Sie hat ihren unmittelbaren Geltungsgrund, ihren Geltungsinhalt und ihre Geltungsmodalität darin, daß der Staat eine Gewährleistungsverantwortung trägt für eine ausreichend beurteilbare allgemeine Verfügbarkeit und Zugänglichkeit öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung sachbereichsspezifisch einschlägiger persönlicher und wirtschaftlicher Grundrechtsfreiheiten. Die positivrechtliche Begründung staatlicher Verantwortung für das öffentliche Straßenwesen als einer wegen dessen grundrechtlichen Kontextes staatsrechtlich originären Staatsaufgabe beruht letzten Endes ersichtlich auf der verfassungsdogmatischen Annahme, daß zum Sinnprinzip einer verfassungsstaatlichen Ordnung, insbesondere der Grundrechte, auch dabei vorausgesetzte Bedeutungsgehalte des Gemeinwohls im Sinne einer dem Staat vorverfassungsrechtlich bzw. „vorgrundrechtlich“ aufgegebenen regulativen Idee gehören. Diese Bedeutungsgehalte eines Gemeinwohls sind methodisch keine Unterstellung, keine ideell zeitlosen Staatszwecke oder in sonstiger Weise begründete objektive Zwecksetzungen, sondern eine auch dem normativen Individualismus der verfassungsstaatlichen Ordnung durchaus positivrechtlich eigene, zeitlich reale Voraussetzung, wonach in bestimmten Sachbereichen die betreffenden individuellen Interessen und Bedürfnisse nur als vernünftigerweise von allen geteilte abstrakte Gemeinwohlangelegenheiten in staatlicher Gemeinwohlverpflichtung verwirklicht werden können, im grundrechtlichen Bereich als eine staatlich zu gewährleistende Grundrechtsvoraussetzung. Soweit erklärt sich auch die staatliche Gemeinwohlverantwortung für das öffentliche Straßenwesen allein schon aus einer positivrechtlich vorgehenden Verfassungsökonomik.310 Aber diese hat als spezifisch staatsrechtliche Methode noch eine über die bloße ökonomische Konstruktion hinausgehende staats- und verfassungstheoretische Seite und Grundlage.311 Sie rücken die vorverfassungsrechtZur Verfassungsökonomik Nachw. Fn. 287. Dazu bei Anderheiden, Ökonomik, Gemeinwohl und Verfassungsrecht, S. 122 ff.; zusammenfassend zum „ökonomischen Denken“ und „zur ökonomischen Methode“ in der Verfassungsdogmatik ders., a. a. O., S. 133. In dem Zusammenhang allgemein zur zwischenzeitlich praktizierten und vergegenwärtigten Möglichkeit und Notwendigkeit methodologischer Öffnung speziell der Verwaltungsrechtsdogmatik, insb. gegenüber ökonomischer Theorie Bumke, Die Entwicklung der verwaltungswissenschaftlichen Methodik in der Bundesrepublik Deutschland, in: Schmidt310 311

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

163

lichen bzw. „vorgrundrechtlichen“ Bedeutungsgehalte des Gemeinwohls sowie die hieraus resultierenden originär staatsrechtlich begründeten Staatsaufgaben zugleich als Wirkungsentfaltung und Sinnverwirklichung des Staates und damit als dessen staatsrechtliche Existenz in das Blickfeld.312 Insofern und deshalb erscheint die staatliche Gemeinwohlverantwortung für das öffentliche Straßenwesen auch als Ursache und Wirkung von dessen staats- und verfassungstheoretischem Kontext. Er vermag die organisierte staatliche Gemeinwohlverantwortung für das öffentliche Straßenwesen staats- und verfassungstheoretische zu verdeutlichen als Wirkungsentfaltung und Sinnverwirklichung des Staates. In ihnen treten Realität und Eigengesetzlichkeit dessen in Erscheinung, was für das öffentliche Straßenwesen dessen Ordnungsregime als öffentliches Gut und dessen Staatlichkeit ausmacht.

Aßmann / Hoffmann-Riem (Hg.), Methoden der Verwaltungswissenschaft, 2004, S. 75 ff.; es wird auch von einem „Neuen Institutionalismus“ gesprochen, der Institutionen unter verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zu untersuchen und zu erklären versucht (dazu etwa im Zusammenhang der Verwaltungsrechtsdogmatik der organisationsrechtlichen Formenwahl in der Verwaltung Müller, Formenwahl, S. 138 ff.). 312 Die in der dargelegten Weise verfassungsrechtlich vorausgesetzten Gemeinwohlbedeutungen und die hieraus jeweils sachspezifisch resultierenden Staatsaufgaben bilden in der ersteren Hinsicht „Bereiche“, die in ihrer Realisierung dem Staat als „Wirkungseinheit“, „organisatorische Wirkungsmacht“, „Akteinheit“ oder als „ein zur Einheit der Entscheidung und Wirkung planmäßig organisiertes Handlungsgefüge“ Existenz verleihen (Heller, Staatslehre, 1934, hgg. von Niemeyer, 1970, S. 261 ff.), in der anderen Hinsicht „Faktoren“, deren empirisch beobachtbare Sinnverwirklichung den Staat als einen hierdurch dauernd, vorwiegend sachlich „integrierenden“ Vorgang zu einem „realen Willensverband“ machen (Smend, Verfassung und Verfassungsrecht, 1928, Staatsrechtliche Abhandlungen, 3. Aufl. 1994, S. 119 / 127 ff., 136 ff. und 160 ff.). Beide staatstheoretischen Vorstellungen zum Staatsbegriff wollen sich zwar grundlegend unterscheiden, indem sie auf der einen Seite den Staat als herrschaftliche „Akteinheit“ (Heller), auf der anderen Seite als sinnintegrierte „Willenseinheit“ (Smend) betrachten. Aber dabei handelt es sich zugegebenermaßen (Smend, Integrationslehre, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 1956, Staatrechtliche Abhandlungen, 3. Aufl. 1994, S. 475 / 480 f.) um die mehr oder weniger weitgehende Akzentuierung des Moments von realer „Organisation“ und „Wirkungseinheit“ einerseits (Heller) oder der „existentiellen Identifikation“ des einzelnen im staatlichen Integrationsvorgang bzw. des Staates als „Willenseinheit“ andererseits (Smend). Im vorliegenden Zusammenhang kommt es nur auf die jeweils im Grunde vorhandene Bedeutung der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Gemeinwohlangelegenheiten und der hieraus verfassungsrechtlich resultierenden Staatsaufgabenbegründungen für die existentielle Konstituierung von Staatlichkeit an. Allerdings eröffnet die existentielle Vorstellung vom Staat als einer durch integrierende Sinnverwirklichung konstituierten Willenseinheit ein deutlicheres Verständnis der verfassungsrechtlich vorausgesetzten, abstrakt von allen vernünftigerweise anerkannten Gemeinwohlbedeutungen (Isensee, HStR III (1988), § 57 Rnr 16). 11*

164

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

7. Die staatliche Gemeinwohlverantwortung für das Fernstraßenwesen in ihrem staats- und verfassungstheoretischen Kontext und Bedeutungsgehalt a) Das hoheitlich organisierte Rechtsregime der Fernstraßen als Wirkungsentfaltung und Sinnverwirklichung von Staatlichkeit Gegenständlicher Umfang und inhaltliche Regelungsintensität eines hoheitlich organisierten bzw. gewährleisteten Rechtsregimes öffentlicher Straßen manifestieren den staats- und verfassungstheoretischen Kontext des öffentlichen Straßenwesens und bestimmen dessen Bedeutungsgehalt als reale Wirkungsentfaltung und normative Sinnverwirklichung von Staatlichkeit.313 Sie repräsentieren den Vorgang und das Ausmaß, in denen das Organisationsregime des öffentlichen Straßenwesens als reale Wirkungsentfaltung und normatives Wirkungsgefüge von Staatlichkeit in Erscheinung tritt. Diese bewegen sich innerhalb eines Modalitätsspektrums zwischen umfassend und ausschließlich hoheitsrechtlich organisierter und zweckbestimmter Erfüllungsaufgabe des Staates für das öffentliche Straßenwesen, wie sie in dessen tradierter Staatlichkeit überkommen ist, und einer bloßen staatlichen Verantwortung für dessen allgemeine Verfügbarkeit und Zugänglichkeit unter den hierfür verfassungsrechtlich geltenden Anforderungen einer beurteilungsgemäß ausreichend zu gewährleistenden Grundrechtsvoraussetzung.314 Die tradierte Staatlichkeit des öffentlichen Straßenwesens in Gestalt eines umfassend und ausschließlich hoheitlichen Organisations- und Rechtsregimes bildet in diesem Ausmaß mit Rücksicht auf ihre lediglich entwicklungsgeschichtlich bedingte Geltungsbedeutung eine auf der Ebene des einfachen Straßenrechts bzw. für die Bundesfernstraßen auf der staatsrechtlichen Ebene nur kontingent überkommene und beanspruchte Staatsaufgabe.315 Demgegenüber verwirklicht eine organisierte bloße staatliche Gewährleistungsverantwortung für das öffentliche Straßenwesen ein verfassungsrechtliches Konstrukt auf der Grundlage der aktuell positivrechtlich geltenden verfassungsrechtlichen Ordnung des GG. Sie repräsentiert lediglich das staatsrechtlich gebotene, aber auch hinreichende Maß von Staatlichkeit im öffentlichen Straßenwesen. Aus der Sicht von Staats- und Verfassungstheorie sind danach die genannten, umfänglich und inhaltlich unterschiedlichen Modalitäten eines hoheitlichen Organisations- und Rechtsregimes für das öffentliche Straßenwesen Modalitäten einer mehr oder weniger weitgehenden Begründung von Staatlichkeit als existentiell realer und normativ eigengesetzlicher Wirkungseinheit. Sie leisten in dem sachspezifischen Bereich des öffentlichen Straßenwesens einen mehr oder weniger weitgehenden Beitrag zu dem, was den realen und normativen Staatsbegriff im Sinne 313 314 315

Fn. 312. Zur Unterscheidung von Erfüllungs- und Gewährleistungsaufgaben des Staates Fn. 241. Oben unter III.3.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

165

des Staatsrechts ausmacht. Der staats- und verfassungstheoretische Kontext und Bedeutungsgehalt des verwirklichten hoheitlichen Organisations- und Rechtsregimes öffentlicher Straßen will also besagen, inwieweit dieses Ursache und Wirkung von realer und eigengesetzlicher Staatlichkeit im öffentlichen Straßenwesen darstellt. Sie bezeichnet in ihrer praktischen, normativen Bedeutung die rechtliche Grenzziehung bzw. das rechtliche Beurteilungskriterium, inwieweit das öffentliche Straßenwesen einem materiell hoheitlichen Ordnungsregime öffentlicher Güter vorbehalten oder inwieweit es dem privatwirtschaftlichen Ordnungsprinzip privater Güterbeschaffung, d. h. einer Kommerzialisierung und im Vergleich zur tradierten Staatlichkeit einer „Privatisierung“, zugänglich ist. Es geht also beim staats- und verfassungstheoretischen Kontext und Bedeutungsgehalt des öffentlichen Straßenwesens um dessen ordnungspolitisch gewolltes sowie rechtlich notwendiges und mögliches Grundkonzept zwischen Staatlichkeit und „Entstaatlichung“. Das rechtlich gebotene, aber auch hinreichende Ordnungskonzept einer organisierten bloßen staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das öffentliche Straßenwesen steht in seinem Bedeutungsgehalt als Ursache und Wirkung von Staatlichkeit signifikant hinter dem zurück, was die tradierte Staatlichkeit öffentlicher Straßen mit ihrem umfassend und ausschließlich hoheitsrechtlichen Ordnungs- und Rechtsregime an realer und eigengesetzlicher Wirkungsentfaltung des Staates zur Geltung bringt. Aber jedenfalls geht es bei diesem Unterschied nicht um die Staatlichkeit des öffentlichen Straßenwesens überhaupt, sondern nur um deren Maß. Auch im gegenständlichen Zusammenhang, im Falle des öffentlichen Straßenwesens, steht also die zeitgeschichtliche Grundsatzfrage zur Beurteilung und Entscheidung an, inwieweit tradierte Staatlichkeit noch notwendig oder deren „Entstaatlichung“ möglich und gewollt ist. Dieser staats- und verfassungstheoretische Kontext und Bedeutungsgehalt unterschiedlicher Organisations- und Rechtsregime zum öffentlichen Straßenwesen erfährt seine normative Verdeutlichung, wenn man sich vergegenwärtigt, worin generell Staatlichkeit als reale Wirkungseinheit und eigengesetzliches Wirkungsgefüge besteht und welche konstituierende Rolle hierbei unter anderem das Organisations- und Rechtsregime des öffentlichen Straßenwesens findet und zu beanspruchen vermag. Auch das Organisations- und Rechtsregime öffentlicher Straßen gehört zum Thema von Staatlichkeit im Verfassungsstaat und unter der zeitgeschichtlichen Tendenz einer Kommerzialisierung tradierter Staatsaufgaben.

b) Das Organisations- und Rechtsregime der Fernstraßen als Ursache und Wirkung von Staatlichkeit Staat bzw. Staatlichkeit können unter den Voraussetzungen des Verfassungsstaates, gemeint ist in dem Zusammenhang unter den Voraussetzungen von dessen normativem Individualismus, einerseits nicht als vorgegebener Organismus unterstellt werden, andererseits brauchen sie aber auch nicht als bloße Fiktion oder Abstrak-

166

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

tion zu gelten.316 Jedenfalls bildet aber auch die real faßbare, staatliche Herrschaftsgewalt als solche und allein nur ein mechanisches Element des Staates, in dem dessen Wirklichkeit als eigenständige Wirkungseinheit nicht aufgeht. Schließlich ist auch unter einer verfassungsstaatlichen Ordnung der Staat nicht einfach durch die Verfassung ersetzt.317 Diese kennt zwar den Staat nur als verfaßten Staat. Aber die Verfassung ist auch nicht ohne den Staat als ihr Gegenstand und ihre Voraussetzung zu verstehen. Sie fungiert und existiert als normative Wirklichkeit des Staates. Diese konstituiert sich zwar mit der sie normierenden Verfassung, aber sie ist eben dadurch eine eigenständige Realität. Auch die verfassungsrechtlich begründete staatliche Aufgabenstellung bzw. Gemeinwohlverpflichtung für das öffentliche Straßenwesen ist nicht nur ein verfassungsrechtliches Konstrukt, sondern Ursache und Wirkung von Staatlichkeit als eigenständiger und eigengesetzlicher Wirkungseinheit. Sie nimmt teil am Bildungsgesetz des Staates. Der Staat existiert wie jede organisierte menschliche Wirkungseinheit als ein reales und eigengesetzliches Handlungsgefüge, in dem Menschen in einer regelgeforderten und von besonderen Organen gehandhabten Ordnung zusammenwirken. Was ihn von anderen in gleicher Weise realen und eigengesetzlichen Wirkungseinheiten unterscheidet sowie diesen gegenüber real und normativ verselbständigt, sind die Wahrnehmung besonderer, verfassungskonform wahrgenommener oder verfassungsrechtlich verpflichtender Staatsaufgaben durch besondere verfassungsrechtlich konstituierte Organe sowie die dazu verfassungsrechtlich begründete Rechtsmacht einer gebietskörperschaftlichen souveränen Entscheidungs- und Wirkungseinheit. Die betreffenden, insofern konstituierenden Staatsaufgaben bilden als zeitlich reale Sinnverwirklichung Ursache und Wirkung von Staatlichkeit als realem und eigengesetzlichem Wirkungsgefüge. Sie sind ideelle Integrationsfaktoren des Staates, soweit sie in der zeitlich realen Staatlichkeit eine Verwirklichung finden.318 Zu dieser Sinnverwirklichung von Staatlichkeit als deren Ursache und Wirkung gehören die vom Staat verfassungskonform beanspruchten Staatsaufgaben sowie die ihm verfassungsrechtlich vorausgesetzten und aufgegebenen Bedeutungsgehalte des Gemeinwohls als insofern originär staatsrechtlich begründete Staatsaufgaben. Zu den letzteren zählen die grundrechtlich vorausgesetzten, von allen objektiv geteilten Gemeinwohlangelegenheiten des Staates zur Gewährleistung der entsprechenden Grundrechtsvoraussetzungen. Vor allem in der Wahrnehmung dieser verfassungsrechtlich vorausgesetzten Gemeinwohlverpflichtungen erfährt der Staat seine reale Wirkungsentfaltung und vollzieht sich seine eigengesetzliche Sinnverwirklichung.

Nachw. Fn. 312; Heller (Fn. 312), S. 259. Hiervon ausgehend das Folgende. Ausführlich Isensee, HStR II, 3. Aufl. 2004, § 15 Rnr 1 ff., 21 ff. und 46 ff. 318 Zur ideellen Zeitlosigkeit, aber zeitlich realen Realisierungsbedürftigkeit der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Gemeinwohlbedeutungen auch die betreffenden staatstheoretischen Vorstellungen bei Smend (Fn. 312, S. 138 ff.) und Heller (Fn. 312, S. 282 f.). 316 317

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

167

Die betreffenden Staatsaufgaben sind einerseits Ursache der Staatlichkeit als realer Wirkungseinheit. Andererseits sind sie aber auch Wirkung der durch sie konstituierten Staatlichkeit. In beiden Beziehungen bilden sie jedenfalls das normative Element von Staatlichkeit. Es besteht darin, daß der Staat als reale Wirkungseinheit die hierfür konstitutiven Staatsaufgaben gemäß einem ihrer Zweckbestimmung und Sinnverwirklichung entsprechenden und verpflichteten eigengesetzlichen, kollektiven Ordnungsregime wahrnimmt. In einer ökonomischen Perspektive und Terminologie ist es das eigengesetzliche, kollektive Ordnungsprinzip und Ordnungsregime öffentlicher Güter, das der Staatlichkeit ihren normativen Bedeutungsgehalt verleiht. Diese bezeichnet für jeweilige Sach- bzw. Aufgabenbereiche das normativ gebotene sowie das normativ mögliche Maß von Staatlichkeit, also die normative Grenzziehung zwischen Staatlichkeit und „Entstaatlichung“. Unter anderem ist es danach das Organisations- und Rechtsregime öffentlicher Straßen als hoheitlich organisierte Gewährleistung der Grundrechtsvoraussetzung von Mobilitäts- und Nutzungsfreiheit auf öffentlichen Straßen, in dem sich Staatlichkeit als ein reales sowie als ein jener verfassungsrechtlichen Zweckbestimmung eigengesetzlich verpflichtetes Wirkungsgefüge verwirklicht. Das in dieser Beziehung realisierte Maß von realer und eigengesetzlicher Staatlichkeit hängt von dem gegenständlichen Geltungsumfang und von der inhaltlichen Regelungsintensität ab, mit denen der verfassungsrechtlichen Gemeinwohlverpflichtung des Staates für das öffentliche Straßenwesen in materiellrechtlich und organisationsrechtlich hoheitlicher Weise entsprochen wird. Dieser staats- und verfassungstheoretische Kontext des Organisations- und Rechtsregimes im öffentlichen Straßenwesen hat seinen praktischen Bedeutungsgehalt in einer normativ wirkenden Aussagekraft. Sie läßt sich in spezifisch staats- und verfassungstheoretischer Hinsicht verallgemeinernd in der Fragestellung definieren, welches Maß an hoheitlichem Organisations- und Rechtsregime die Wahrnehmung von Staatsaufgaben erfordert. Speziell in bezug auf den Sachbereich des öffentlichen Straßenwesens und auf die staatliche Aufgabenstellung hierfür bedeutet diese normativ staats- und verfassungstheoretische Fragestellung, welches Maß an hoheitlichem Organisations- und Rechtsregime die insofern verfassungsrechtlich begründete staatliche Gewährleistungsverantwortung verlangt. Verallgemeinernd geht es aus Anlaß und in bezug auf das öffentliche Straßenwesen um den staats- und verfassungstheoretisch begründeten normativen Bedeutungs- und Anforderungsgehalt von Staatsaufgaben für das Maß ihrer materiellrechtlich und organisationsrechtlich hoheitlichen Verwirklichung, zusammengefaßt und verkürzt um das normative Verhältnis zwischen Staatsaufgabe und Staatlichkeit. Für das öffentliche Straßenwesen bezeichnet dieses normative Verhältnis zwischen Staatsaufgabe und Staatlichkeit die grundlegende, auch staats- und verfassungstheoretisch zu beurteilende Metafrage nach dem gebotenen Maß von materiellrechtlich und organisationsrechtlich hoheitlicher Staatlichkeit und nach dem insofern möglichen Maß von „Entstaatlichung“, d. h. nach seiner möglichen Privatwirtschaftlichkeit bzw. Kommerzialisierung oder

168

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

aktuell ausgehend von seiner noch weitgehend vorhandenen tradierten Staatlichkeit nach dem möglichen Maß seiner „Privatisierbarkeit“. Ein positivrechtlicher Geltungsanspruch von gegebenenfalls staats- und verfassungstheoretisch begründeten Annahmen zum normativen Verhältnis von Staatsaufgabe und dem Maß von Staatlichkeit im Bereich des öffentlichen Straßenwesens erscheint danach ausgeschlossen. Verfassungsrechtlich verpflichtend besteht lediglich eine staatliche Gewährleistungsverantwortung für das öffentliche Straßenwesen, die unter diesem Vorbehalt Raum läßt für dessen privatwirtschaftliche und private Bereitstellung. Demgegenüber stellt das tradierte, für das Fernstraßenwesen in den bundesstaatsrechtlichen Kompetenzregelungen von Art. 90 GG konstituierte und für das übrige öffentliche Straßenwesen in den Landesstraßengesetzen derzeit begründete umfassend und ausschließlich hoheitsrechtliche Organisations- und Rechtsregime lediglich einen staatsrechtlich bzw. einfachrechtlich kontingenten Rechtzustand dar. Die somit verfassungsrechtlich begründete Annahme, wonach sich die Staatlichkeit des öffentlichen Straßenwesens auf eine hoheitliche Organisation zu dessen bloßer Gewährleistung als Grundrechtsvoraussetzung zu beschränken vermag, steht in Einklang mit inzwischen weitgehend vertretenen und maßgeblichen verfassungsdogmatischen sowie staats- und verfassungstheoretischen Auffassungen, daß Staatsaufgaben auf den Gebieten öffentlicher Infrastruktur in bloßen Gewährleistungspflichten des Staates bestehen und daß sich die hierbei gebotene Eigengesetzlichkeit von Staatlichkeit darauf beschränkt.319 Allerdings sieht sich dieser zeitgeschichtliche Meinungsstand gerade im öffentlichen Straßenwesen mit einem staatstheoretisch begründeten verfassungsdogmatischen Theorem konfrontiert, wonach die wie auch immer angenommene Staatsaufgabe zur „Vorhaltung von Verkehrswegen“ prinzipiell deren „Entstaatlichung“ ausschließe.320 Man mag darin die historisch verortete Verfassungsdogmatik zur tradierten Staatlichkeit des öffentlichen Straßenwesens sehen. Im Vergleich dazu kann die Annahme einer bloßen staatlichen Gewährleistungsverantwortung für öffentliche Infrastruktur und speziell für das öffentliche Straßenwesen als Paradigmenwechsel erscheinen, der die Ablösung einer bestimmten staatstheoretisch ge319 Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 128 ff., Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 297 ff., Sommer, Staatliche Gewährleistung, Kämmerer, Privatisierung, S. 426 ff. und 474 ff., Weiß, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 147 ff., 291 ff. und 444 ff., Voßkuhle, VVDStRL 62 (203), 268 / 282 ff., 291 ff., 304 ff. und 307 ff., Schuppert, Staatswissenschaft, S. 289 ff., 441 ff., 571 ff. und 585 ff. sowie ders., Der Gewährleistungsstaat – Modisches Label oder Leitbild sich wandelnder Staatlichkeit?, in: Schuppert (Hg.), Gewährleistungsstaats, jeweils m.Nachw. Die Voraussetzungen, Notwendigkeiten sowie legislative und administrativen Praktiken einer Veränderung von Staatsaufgaben zu Gewährleistungsaufgaben des Staates haben auch Anlaß gegeben, infolgedessen eine neuerliche Methodendiskussion für das Verwaltungsrecht zu entwickeln; siehe Möllers, VerwArch 90 (1999), 187 ff. und Bumke (Fn. 311). 320 Dezidiert H. Krüger, Gegen eine Entstaatlichung öffentlicher Wege sowie ders., Marktwirtschaftliche Ordnung und öffentliche Verwaltung der Verkehrswege. Die betreffenden Publikationen liegen allerdings geraume Zeit zurück (1954 bzw. 1964).

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

169

prägten Verfassungsdogmatik von geforderter Staatlichkeit markiert. Aber gerade der historische Bezug jenes staatstheoretisch begründeten verfassungsdogmatischen Theorems von der Staatlichkeit der „Verkehrswege“ auf die tradierte Staatlichkeit der betreffenden Bereiche öffentlicher Infrastruktur, insbesondere auf die tradierte Staatlichkeit des öffentlichen Straßenwesens, veranlaßt zu einer genaueren essentiellen und dadurch möglicherweise zeitgeschichtlich klarstellenden, gegebenenfalls auch korrigierenden sinngemäßen Interpretation jenes Theorems. Im Grundsatz erweist dieses seine staatstheoretische Richtigkeit und verfassungsdogmatische Gültigkeit auch unter der verfassungsrechtlichen Annahme einer bloßen Gewährleistungsverantwortung des Staates für das öffentliche Straßenwesen. Auch auf der Grundlage jenes Theorems eröffnet sich eine abschließende Beurteilung zur aktuellen Metafrage des öffentlichen Straßenwesens nach dem Maß von dessen gebotener Staatlichkeit sowie nach dem Maß von dessen möglicher Privatwirtschaftlichkeit und Nichtstaatlichkeit.

c) Das Theorem der Staatlichkeit von „Verkehrswegen“ und die verfassungsdogmatische Begriffsbildung „öffentlicher Daseinsvorsorge“ in ihren wesentlichen Bedeutungsgehalten Als Theorem der Staatlichkeit von „Verkehrswegen“ läßt sich ein verfassungsdogmatisches Ordnungskonzept öffentlicher Verkehrsinfrastruktur, einschließlich und vor allem auch des öffentlichen Straßenwesens, bezeichnen, das im Ansatz und Ergebnis staatstheoretisch geprägt ist.321 Seine staatstheoretische Perspektive folgt dem Begriffsverständnis von Staatlichkeit, das im Staat eine durch besondere Staatsaufgaben konstituierte reale und auf die betreffenden Staatsaufgaben eigengesetzlich verpflichtete Wirkungseinheit sieht. Die „Verkehrswege“, einschließlich vor allem der öffentlichen Straßen, betrachtet es wegen ihrer für den Staat existenznotwendigen Gemeinwohlfunktion eines leistungsfähigen Mittels der Raumüberwindung als „Element der Existenz des Staates“ und als dessen an erster Stelle stehende Integrationsfaktoren.322 Hieraus folgert es das verfassungsdogmatische Postulat, daß das Organisations- und Rechtsregime der „Verkehrswege“ eine Gemeinwohlverpflichtung des Staates zu verwirklichen hat, mit der sich eine Kommerzialisierung, d. h. ein privatwirtschaftliches Ordnungsprinzip bzw. eine nach diesem Ordnungsprinzip erfolgende Inanspruchnahme, kooperative Mitwirkung oder sogar Trägerschaft Privater, nicht verträgt.323 Danach hat ein derart „dezentralisierend“ bzw. „privatisierend“ gestaltetes Ordnungs- und Rechtsregime bei der Fn. 320. H. Krüger, Marktwirtschaftliche Ordnung und öffentliche Verwaltung der Verkehrswege, S. 4 f. („Der Weg als Element der Staatsexistenz“; „ausgebildete und leistungsfähige Mittel der Raumüberwindung“ als Integrationsfaktoren des Staates), S. 3 („Verwirtschaftung der Staatlichkeit“). 323 H. Krüger, a. a. O., S. 13 ff. 321 322

170

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Bereitstellung bzw. Gewährleistung von „Verkehrswegen“ auszuscheiden, soweit es mit der dafür geltenden Gemeinwohlverpflichtung des Staates nicht vereinbar ist. Für den Fall einer „Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft“ im Bereich der „Verkehrswege“ besagt dies, daß hierbei „sich nicht der Staat am Privatmann, sondern der Privatmann am Staat zu orientieren“ hat.324 Im Grundsatz ist erkennbar, daß das beschriebene Theorem der Staatlichkeit von „Verkehrswegen“ in seinem verfassungsdogmatischen Postulat kein zwingendes hoheitsrechtliches Form- und Organisationsprinzip vertritt, sondern lediglich ein teleologisches, dem materiellrechtlichen Zweck staatlicher Gemeinwohlverantwortung verpflichtetes Prinzip. Es kann diesem nicht der normative Bedeutungsgehalt entnommen werden, daß es eine hoheitsrechtliche Erfüllungsaufgabe des Staates für die „Verkehrswege“ fordere. Vielmehr erscheint auch eine organisierte bloße Gewährleistungsverantwortung des Staates für die öffentliche Verkehrsinfrastruktur mit ihm konform, wenn und soweit eine dabei staatfindende privatwirtschaftliche Organisation oder private Trägerschaft zu keiner mit der Gemeinwohlverpflichtung des Staates unvereinbaren Kommerzialisierung führt. Allerdings ist nicht ohne weiteres und in jeder Hinsicht ersichtlich, ob und inwieweit dann nach dem Theorem der Staatlichkeit von „Verkehrswegen“ im praktischen Ergebnis überhaupt privatwirtschaftliche Elemente im Ordnungs- und Rechtsregime der „Verkehrswege“ in Betracht kommen können. Einen solchen Zweifel erzeugt schon die in dem Zusammenhang angeführte „wichtigste Folgerung“, welche die Finanzierung der „Verkehrswege“ betrifft.325 Danach soll es als unvereinbar mit der staatlichen Gemeinwohlverpflichtung, d. h. mit den ausschließlichen Entscheidungszuständigkeiten des Staates für deren Bereitstellung gelten, wenn jene Zuständigkeiten nicht durch eine staatliche Finanzierung „aus allgemeinen Steuermitteln“ wahrgenommen, vielmehr „auf nicht staatliche Kräfte, insbesondere die Wegebenutzer delegiert werden mit der Folge, daß nicht mehr das Gemeinwohl durch den Staat, sondern das Individualbelieben durch den Nutzer über die Vorhaltung öffentlicher Wege“ entscheidet.326 Eine solche Folgerung würde in ihrer undifferenzierten Allgemeinheit eine Nutzerfinanzierung der „Verkehrswege“ als unvereinbar mit der für diese bestehenden staatlichen Gemeinwohlverpflichtung ausschließen. Es fragt sich schon, wie sich eine derart staats- und verfassungstheoretisch begründete Annahme zur umfassenden und ausschließlichen finanziellen Gemeinwohlverpflichtung des Staates für die öffentlichen Straßen mit der in der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzbestimmung von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG enthaltenen Verfassungsaussage in Einklang bringen läßt, wonach eine Erhebung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen stattfinden kann. Aber offenbar sollte mit der zitierten Folgerung zur Unvereinbarkeit einer Nutzerfinanzierung der „Verkehrswege“ mit einer staatlichen Gemeinwohlverpflichtung 324 325 326

H. Krüger, a. a. O., S. 29. H. Krüger, a. a. O., S. 15 ff. H. Krüger, a. a. O., S. 16.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

171

lediglich gesagt sein, daß eine entgeltbedingte Kommerzialisierung von „Verkehrswegen“ nicht zum Entscheidungskriterium für deren Vorhaltung überhaupt werden darf. Eine nur so zu verstehende Gemeinwohlmaßgabe läßt unberührt, daß eine aufgrund der staatlichen Gewährleistungsverantwortung bereitzustellende und bereitgestellte öffentliche Verkehrsinfrastruktur insoweit entgeltlich sein kann, als auch dabei noch die Gemeinwohlanforderung ihrer allgemeinen Verfügbarkeit und Zugänglichkeit in einem als ausreichend beurteilbaren Maße als gewahrt zu gelten vermag. Dies betrifft die gesonderte Frage einer noch gemeinwohlkonformen Gestaltung von Nutzungsentgelten für „Verkehrswege.327 Sie gilt gewiß einem problemträchtigen Kriterium staatlicher Gemeinwohlverantwortung für das öffentliche Straßenwesen, und zwar gleichgültig ob deren Verwirklichung vom Staat selbst übernommen oder von ihm privatwirtschaftlich organisiert wird; gegebenenfalls besteht insofern ein staatlicher Regulierungsbedarf. Es kann somit dabei bleiben, daß auch das Theorem der Staatlichkeit von „Verkehrswegen“ in seinem wesentlichen Bedeutungsgehalt für das Organisations- und Rechtsregime öffentlicher Straßen lediglich zweckbestimmte, materielle Gemeinwohlmaßgaben postuliert, aber im Grunde und im übrigen durchaus eine formelle bzw. funktionale Ausgestaltung offen halten möchte, bei der sich der Staat auf die Organisation und Regelung seiner bloßen Gewährleistungspflicht beschränkt.328 Eine Ablösung der tradierten Staatlichkeit öffentlicher Straßen zugunsten einer bloßen staatlichen Gewährleistungsorganisation für dieselben stellt daher sicherlich in straßenrechtlicher Hinsicht einen konzeptionellen, aber jedenfalls in staatstheoretischer und verfassungsdogmatischer Hinsicht keinen grundsätzlichen Paradigmenwechsel dar. Auch eine bloße staatliche Gewährleitungsorganisation für das öffentliche Straßenwesen verwirklicht dessen gebotene Staatlichkeit. Zu einer vergleichbaren Beurteilung und zu einem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man das Organisations- und Rechtsregime öffentlicher Straßen unter der Perspektive der bekannten verfassungsdogmatischen Begriffsbildung „öffentlicher Daseinsvorsorge“ sowie unter den hiermit verbundenen normativen Anforderungen des öffentlichen Rechts würdigt. Deren verfassungsdogmatischer Erkenntniswert sowie deren positivrechtliches Interpretations- bzw. Gestaltungspostulat sind darauf gerichtet, über eine an der überkommenen Eingriffsverwaltung orientierte Verwaltungsrechtsdogmatik öffentlichrechtlicher „Formen“ hinaus das Verwaltungsrecht angesichts der zeitgeschichtlich entstandenen Notwendigkeiten von Sozialstaatlichkeit und staatlicher Gemeinwohlverpflichtung von seinen „Zwekken“ her zu erfassen und auszugestalten sowie auf diese Weise auch die den betreffenden Wohlfahrtszwecken verpflichteten Staatsaufgaben, staatlichen Organisa327 Dazu die gesonderte Erörterung zur „Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte“ unter F. 328 Die erörterten Postulate zur „Staatlichkeit“ der Verkehrswege bzw. gegen deren „Entstaatlichung“ (Fn. 322 – 326) bedürfen insofern lediglich einer sinngemäßen Aktualisierung. So auch Friauf, Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben, S. 59 ff.

172

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

tionsformen und Tätigkeiten der leistenden Verwaltung jedenfalls materiellrechtlich dem öffentlichen Recht zuzuordnen.329 Das öffentliche Straßenwesen gehört wie die übrige öffentliche Verkehrsinfrastruktur insofern unter die Wohlfahrtsfunktionen im Sinne „öffentlicher Daseinsvorsorge“ sowie unter deren verfassungsdogmatischen und verwaltungsrechtlichen Geltungsanspruch, als seine leistende Bereitstellung bzw. Gewährleistung eine dem Staat als Gemeinwohlangelegenheit aufgegebene Grundrechtsvoraussetzung verwirklicht.330 Es handelt sich um die grundrechtsdogmatisch begründete „öffentliche Daseinsvorsorge“. Der auch in dieser Beziehung mit der Begriffsbildung „öffentlicher Daseinsvorsorge“ verbundene normative Bedeutungsgehalt gilt, wie gesagt, der zweckbestimmten Zuordnung leistender Staatstätigkeiten zum öffentlichen Recht. Er ist also teleologischer Art, verlangt für die leistende Verwaltung nicht deren hoheitsrechtliche Organisation und Form als entsprechende eigene staatliche Erfüllungsaufgabe, vielmehr lediglich deren materiell öffentlichrechtliche Gebundenheit, soweit dies nach der betreffenden sozialstaatlichen oder, wie im Falle des öffentlichen Straßenwesens, der betreffenden gemeinwohlverpflichtenden Zwecksetzung erforderlich ist. Auch die mit der Begriffsbildung „öffentlicher Daseinsvorsorge“ verbundene verfassungsdogmatische Bedeutungsaussage begründet für die betreffenden Organisationsund Rechtsregime nur Gewährleistungsmaßgaben. Zusammenfassend ist somit auch unter jedem staats- und verfassungstheoretischen Kontext des öffentlichen Straßenwesens, d. h. im Hinblick auf eine gebotene Staatlichkeit von dessen Organisations- und Rechtsregime, daran festzuhalten, daß die insofern verfassungsrechtlich begründete und maßgebliche Gemeinwohlverpflichtung des Staates lediglich in einer Gewährleistungspflicht desselben besteht und darum mit einer materiell dementsprechenden staatlichen Gewährleistungsorganisation als erfüllt gilt. Mehr an materieller und formeller Staatlichkeit verlangt der verfassungsrechtliche Anforderungsgehalt der für das öffentliche Straßenwesen geltenden, staatsrechtlich originären staatlichen Gemeinwohlverpflichtung und Staatsaufgabe nicht. Hiervon ausgehend lassen sich zusammenfassende und abschließende Feststellungen treffen, wie sich die möglichen Modalitäten des Organisations- und Rechtsregimes öffentlicher Straßen, im gegenständlichen Zusammenhang desjenigen der Fernstraßen, in die verfassungsrechtliche Ordnung des GG einfügen.

329 Badura, DöV 66, 624 / 625 ff. und 630 f., Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, insb. S. 63 ff. und 73 ff. 330 Siehe schon oben unter 6.a).

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

173

8. Die organisationsrechtliche Einfügung des Fernstraßenwesens in die verfassungsrechtliche Ordnung a) Die staatsrechtlich originäre Staatsaufgabe für das Fernstraßenwesen als staatliche Gewährleistungsverantwortung Das aufgrund und im Rahmen der staatsrechtlichen Organisationsregelungen von Art. 90 GG zum Fernstraßenwesen überkommene Ordnungsregime einer materiell hoheitlichen Erfüllungsaufgabe des Staates für „Bundesfernstraßen“ erweist sich im Vergleich zur verfassungsrechtlich begründeten bloßen Gewährleistungsverantwortung des Staates als eine kontingent konstituierte Staatsaufgabe und überschüssige Verwirklichung von Staatlichkeit im Bereich öffentlicher Verkehrsinfrastruktur. Eine Bundesfernstraßenverwaltung in diesem Ausmaß von Staatlichkeit bedeutet aus verfassungstheoretischer und verfassungsdogmatischer Sicht lediglich eine „verfassungskonforme“ Inanspruchnahme des Fernstraßenwesens als Staatsaufgabe; sie ist eine solche Staatsaufgabe, weil sich der Staat mit dem Fernstraßenwesen in diesem Ausmaß von Staatlichkeit bereits kraft einer staatsrechtlichen bzw. einfachrechtlichen Organisationsentscheidung „befaßt“. Gleichwohl handelt es sich bei der aufgrund und im Rahmen von Art. 90 GG konstituierten Bundesfernstraßenverwaltung um keine staatsrechtlich originäre Staatsaufgabe im verfassungsdogmatischen Sinne. Von einer solchen kann man nur sprechen, wenn die verfassungsstaatliche Ordnung des GG offen oder verdeckt Bedeutungsgehalte des Gemeinwohls und eine entsprechende Gemeinwohlverpflichtung des Staates zwingend voraussetzt. In bezug auf das öffentliche Straßenwesen ist dies mit Rücksicht darauf der Fall, daß eine Mobilitäts- und Nutzungsfreiheit auf öffentlichen Straßen als Grundrechtsvoraussetzung einschlägiger persönlicher und wirtschaftlicher Grundrechtsfreiheiten und deshalb als verfassungsrechtlich aufgegebene staatliche Gemeinwohlangelegenheit zu gelten hat. Diese begründet eine staatliche Gewährleistungsverantwortung für das öffentliche Straßenwesen, aber auch nicht mehr. Allein schon mit deren Organisation ist das verfassungsrechtlich prinzipiell gebotene Maß an organisatorischer und formeller Staatlichkeit im öffentlichen Straßenwesen erfüllt. Die in Art. 90 GG konstituierte „Befassung“ des Staates mit den Fernstraßen in der Organisationsform von „Bundesfernstraßen“ geht staatsrechtlich kontingent darüber hinaus, begründet aber keinen verfassungsrechtlichen Vorbehalt und keine verfassungsrechtliche Sperre gegenüber einer Beschränkung von organisierter und formeller Staatlichkeit im Fernstraßenwesen auf eine bloße organisierte staatliche Gewährleistungsverantwortung. Danach ist es verfassungsrechtlich lediglich zwingend, eine staatliche Gewährleistungsverantwortung für das öffentliche Straßenwesen in dem Regelungsumfang und mit dem Regelungsinhalt zu organisieren, daß dieses allgemein verfügbar und zugänglich in einem so ausreichend beurteilbaren Ausmaße vorhanden ist, wie es seine verfassungsrechtlich aufgegebene Funktion und Bedeutung als Grundrechts-

174

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

voraussetzung verlangt. Allein deshalb sind die öffentlichen Straßen verfassungsrechtlich prinzipiell und zwingend eine staatliche Gemeinwohlverpflichtung verwirklichende, staatsrechtlich konstituierte öffentliche Güter. Das Organisationsund Rechtsregime öffentlicher Straßen, einschließlich der Fernstraßen, genügt somit auch dann der für sie zwingend geltenden verfassungsrechtlichen Anforderung, wenn es sich „dezentralisierend“ bzw. „privatisierend“ privatwirtschaftlicher Mittel bis hin zu einem nicht staatlichen öffentlichen Straßenwesen in einer Weise bedient, die der staatlichen Gemeinwohlverpflichtung zur Gewährleistung von Mobilitäts- und Nutzungsfreiheit auf öffentlichen Straßen als Grundrechtsvoraussetzung gerecht wird. Diese verfassungsrechtlich eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten und gebotenen Gestaltungsmaßgaben bezeichnen die verfassungsrechtlich prinzipiell geltende Grenzziehung zwischen „öffentlicher Vorhaltung der Verkehrswege“331 und deren Kommerzialisierung, zwischen notwendiger Staatlichkeit und möglicher „Entstaatlichung“ im öffentlichen Straßenwesen, einschließlich und vor allem des Fernstraßenwesens. Für das öffentliche Straßenwesen beantwortet sich somit die Staatsaufgabenfrage aufgrund und im Rahmen der geltenden verfassungsrechtlichen Ordnung des GG differenziert. Zum einen bestehen ausdrückliche und spezielle Staatsaufgabenregelungen, die mit einem lediglich kontingenten Geltungsanspruch eine materiell und formell hoheitliche Erfüllungsaufgabe von Staat und straßenrechtlich zuständigen kommunale Gebietskörperschaften festlegen, für die Fernstraßen auf der Ebene einer staatsrechtlichen Organisationsentscheidung zu Bundesfernstraßen, für die übrigen öffentlichen Straßen auf der einfachrechtlichen Ebene der Landesstraßengesetze. Zum anderen gilt verfassungsrechtlich prinzipiell als staatsrechtlich originäre Staatsaufgabe lediglich eine Gewährleistungspflicht des Staates und der betreffenden kommunalen Gebietskörperschaften. Entsprechend unterschiedlich müssen die Folgerungen ausfallen, die sich für die staatsrechtliche Begriffsbildung und den staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt von „Privatisierungen“ im öffentlichen Straßenwesen ergeben. Denn diese haben einen verschiedenen und eigenen Staatsaufgabenbezug, je nachdem ob sie die kontingente Bundesfernstraßenverwaltung und die übrige tradierte, ausschließlich hoheitliche Straßenverwaltung betreffen oder ob sie in bezug auf die bloße staatliche Gewährleistungsverantwortung definiert und beurteilt werden. Objektbezogen stellen sich somit auch die „Privatisierungen“ im öffentlichen Straßenwesen, vornehmlich im Fernstraßenwesen, staatsrechtlich differenziert dar. Es handelt sich um ein wesentliches rechtsbegriffliches und verfassungsdogmatisches Thema, was in zeitgeschichtlich bedeutsamer Hinsicht die Einfügung des öffentlichen Straßenwesens in die verfassungsrechtliche Ordnung angeht.

331 H. Krüger, Marktwirtschaftliche Ordnung und öffentliche Verwaltung der Verkehrswege; dazu oben unter 6.c).

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

175

b) Staatsrechtlicher Begriff und Bedeutungsgehalt von „Privatisierungen“ im Fernstraßenwesen – Verfassungsrechtliche Beurteilung „Privatisierungen“ sind im Fernstraßenwesen schon aktuell ein konzeptionelles und praktiziertes Anwendungsfeld von hierfür verfügbaren rechtstechnischen Konstruktionen.332 Die betreffenden rechtstechnischen, sogenannten Privatisierungsmodelle versuchen jeweiligen objektiven Anlässen und politischen Motiven für „Privatisierungen“ zu entsprechen, einschließlich einschlägiger ordnungspolitischer Konzeptionen des Europäischen Gemeinschaftsrechts.333 Aber sie haben sich jeweils auf der Grundlage und im Rahmen der staatsrechtlichen Voraussetzungen zu bewegen. Von dort aus erfahren sie auch ihren staatsrechtlich objektbezogenen Begriffsinhalt und Bedeutungsgehalt als Veränderung einer jeweiligen Staats-

332 Aktuell geltende bzw. praktizierte fernstraßenrechtliche Privatisierungsmodalitäten sind sogenannte „Betreibermodelle“ nach dem FStrPrivFinG (§§ 1 f.; sogenanntes F-Modell) und im Rahmen des ABMG, letzteren Falles in Form der Beleihung eines privaten „Betreibers“ mit der Mautgebührenerhebung (§ 4 Abs. 1 S. 1, § 6 ABMG) sowie eines administrativ praktizierten „Betreibermodels“ (sogenanntes A-Modell). Alle Modelle werden noch gesondert und ausführlich erörtert (unter E., insb. unter E.VI. bzw. unter E.II.). Zum zeitgeschichtlichen Hintergrund der „Privatisierungen“ Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, S. 93 ff. (Infrastruktur) und Kämmerer, Privatisierung, S. 61 ff.; einen besonderen Fall stellt die Privatisierung der Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen dar (dazu Gramm, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 149 ff. und Bauer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 41 Rnr 53 ff.). Zur Privatisierung der entsprechenden Fernstraßen im Ausland Scheele, a. a. O., S. 123 ff., Schmidt, Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, S. 89 ff., Ewers / Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, S. 49 ff., Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 79 ff. 333 Zu den Modellen und Konzepten aus der umfangreichen Literatur siehe die umfassenderen bzw. ausführlicheren Darstellungen bei Scheele, a. a. O., S. 101 ff., Ewers / Rodi, a. a. O., S. 46 ff., 53 ff. und 57 ff., Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 55 ff., Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 184 ff., Stehlin, Verkehrswegeplanung (beschränkt und speziell zu planungsrechtlichen Indienstnahmen Privater), Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 16 Rnr 24 ff., Schmitt, FStrPrivFinG, Gramm, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 148 ff. und 383 ff., Gawel, Wirtschaftsdienst 2005, 173 ff., Hirschhausen / Beckers / Klatt, Aktuelle ÖPP-Modelle für die Bundesfernstraßen, hgg. vom ADAC, 2005. Für Privatisierungen im Bereich einer Benutzerfinanzierung von „Fernstraßen“ gemeinschaftsrechtlich die Richtlinie 1999 / 62 / GG vom 17. 6. 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, ABl. L 187 / 42 vom 20. 7. 1999; dazu bei Klinski, DVBl. 02, 221 / 224 ff. und Stender-Vorwachs, Staatliche Verantwortung, S. 240 f. und 276 ff. Zur privatisierungsrelevanten gemeinschaftsrechtlichen Wirtschaftsverfassung Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 26 ff., 51 ff. und 135 ff., Kämmerer, Privatisierung, S. 90 ff., Weiß, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 348 ff., 390 ff. und 404, Ehlers, Aushöhlung der Staatlichkeit, S. 27 f., Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 268 / 286 ff. und Stender-Vorwachs, a. a. O., S. 94 ff., Ronellenfitsch, DÖV 96, 1028 / 1032 und ders., Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 87 ff. sowie grundsätzlich Badura, Staatsziele und Garantien der Wirtschaftsverfassung in Deutschland und in Europa, in: Nierhaus u. a. (Hg.), Verfassungsstaatlichkeit, Festschrift Stern, 1997, S. 409 ff.

176

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

aufgabe.334 Der Rechtsbegriff der „Privatisierung“ ist demgemäß ein verfassungsrechtlicher Funktionsbegriff. Begriffsinhalt und Begriffsumfang von „Privatisierungen“ gelten jeder Veränderung in der rechtssatzmäßigen Aufgaben- und Befugnisstellung des Staates oder eines sonstigen Hoheitsträgers, d. h. in deren rechtssatzmäßiger Rechtsmacht, zugunsten eines privaten Rechtsträgers oder auch nur einer privatrechtlichen Durchführung, wenn und soweit eine solche Rechtsmachtveränderung innerhalb der Wahrnehmung einer verfassungsrechtlich begründeten „Staatsaufgabe“ stattfindet und daher unter dem fortbestehenden Geltungsanspruch der betreffenden „staatlichen“ Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe steht. „Privatisierungen“ im verfassungsrechtlichen Sinne sind somit alle „staatsaufgabenrelevanten“ Rechtsmachtveränderungen zugunsten von Rechtsträgern des Privatrechts oder zugunsten einer privatrechtlichen Durchführung. Aber auch nur in solchen Fällen kann man im verfassungsrechtlichen Sinne von „Privatisierung“ sprechen. Es handelt sich um die auch im Bereich des öffentlichen Straßenwesens staatsrechtlich maßgebliche und maßstäbliche Begriffsbildung und begriffliche Kategorisierung von „Privatisierungen“. Aus dem staatsrechtlichen Bedeutungsgehalt und Geltungsanspruch der jeweiligen Staatsaufgabe ergeben sich die staatsrechtlich zulässigen rechtstechnischen Möglichkeiten einer Privatisierung, d. h. die Verfassungskonformität von Privatisierungsmodellen. Im Fernstraßenwesen beurteilen sich staatsrechtlicher Objektbezug und Bedeutungsgehalt von „Privatisierungen“ unterschiedlich, je nachdem ob solche aktuell die bestehende staatsrechtliche Staatsaufgabensituation der Bundesfernstraßen nach Art. 90 GG betreffen oder an der verfassungsrechtlich prinzipiell geltenden, bloßen Gewährleistungsverantwortung des Staates für das Straßenwesen gemessen werden. Jedenfalls steht dazu eine generell gültige und verwendbare staatsrechtliche Begriffsbildung und begriffliche Kategorisierung von Privatisierungen zur Verfügung.335 334 Hierzu und zum folgenden die grundlegenden sowie im wesentlichen erschöpfenden Darlegungen bei Kämmerer, a. a. O., S. 36 ff. 335 Zu den vielfältigen rechtlichen Begriffsbildungen von „Privatisierung“ und zu deren rechtsbegrifflicher Kategorisierung Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, S. 39 ff., Schoch, DVBl. 94, 962 ff., Hengstschläger, VVDStRL 54 (1995), 206 / 210, Bauer, VVDStRL 54 (1995), 245 / 251 ff., Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 206 / 210, Ewers / Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, S. 13 ff., Schmitt, FStrPrivFinG, S. 41 ff., Arndt, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 4 ff., Gusy (Hg.), Privatisierung von Staatsaufgaben: Kriterien, Grenzen und Folgen, 1998, Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 107 ff., Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 28 ff. und Ehlers, Aushöhlung der Staatlichkeit, S. 37 ff.; ausführlich und grundlegend Kämmerer, a. a. O., S. 16 ff. (Meinungsstand), S. 28 ff. (Kritik) und S. 36 ff. (eigene Definition und Kategorisierung); ferner JohnKoch, Organisationsrechtliche Aspekte der Aufgabenwahrnehmung im modernen Staat, 205. Die jeweiligen Definitionen sind im Begriffsinhalt und in der Begriffsabgrenzung von „Privatisierung“ sowie in deren Kategorisierungen zum großen Teil unterschiedlich, zuweilen recht eigengeprägt. In ihrer Gesamtheit bieten sie ein eher verwirrendes, die terminologische Verständigung und allgemeine Verwendbarkeit erschwerendes Bild. Sie sind nur aus ihrer jeweiligen Systembildung verständlich.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

177

Umfassend und allgemein läßt sich der staatsrechtliche Begriff und Bedeutungsgehalt von „Privatisierungen“, abgesehen von dem Sonderfall einer Vermögensprivatisierung,336 dahin bestimmen, daß der Staat bzw. jeweilige Hoheitsträger eine seinem materiell öffentlichrechtlichen Aufgabenbereich, also einer „Staatsaufgabe“, zugehörige Rechtsmacht, d. h. Aufgabenstellung und Befugnis, entweder nur einer privatwirtschaftlichen Durchführung überantwortet oder zur Wahrnehmung der betreffenden Rechtsmacht Personen des Privatrechts in unterschiedlicher organisationsrechtlicher Weise in Anspruch nimmt oder jene Rechtsmacht überhaupt zugunsten von Personen des Privatrechts abgibt.337 Subjektbezogen können Gegenständlich wird in der eben dargelegten Weise der Begriffsbildung bei Kämmerer, a. a. O., S. 36 ff. gefolgt. Sie erscheint in der Rechtskonstruktion verfassungsdogmatisch substantiell begründet und funktional geeignet. Dort auch zur kategorialen Differenzierung der Privatisierungen nach ihren mehr oder weniger weitgehenden „objektbezogenen“ Wirkungen sowie nach den stattfindenden „subjektbezogenen“ Vorgängen (Kämmerer, a. a. O., S. 37 f.). Subjektbezogen kann danach unterschieden werden zwischen Organisationsprivatisierungen (Rechtsänderung zugunsten von verwaltungseigenen Rechtsträgern des Privatrechts) und Popularprivatisierungen (Rechtsänderungen zugunsten von natürlichen Personen und privat getragenen juristischen Personen des Privatrechts); ders., a. a. O., S. 38, 39 f. bzw. 40 ff. Zur Rechtsbegrifflichen Abgrenzung funktionaler Privatisierungen von bloßen verwaltungsinternen Indienstnahmen von Rechtsträgern des Staatsrechts ferner in Fn. 399. 336 Dazu Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 11, Kämmerer, a. a. O., S. 38 f. und Weiß, a. a. O., S. 35 f. 337 Privatisierung in einem objektbezogenen Sinne (Kämmerer, a. a. O., S. 36 f.). Allerdings geht die hier an erster Stelle genannte objektbezogene Privatisierungsmodalität der bloßen Überantwortung einer „Staatsaufgabe“ an eine privatrechtliche, privatwirtschaftliche Durchführung über die Privatisierungsdefinition von Kämmerer (a. a. O.) hinaus. Die Begriffsabgrenzungen von „Privatisierung“ erscheinen zu eng, wenn man die hierfür begriffsbegründende „Veränderung“ von Rechtsmacht bei der Wahrnehmung von verfassungsrechtlich konstituierten Staatsaufgaben nur darauf beschränken möchte, daß die betreffende Rechtsmacht in rechtssatzmäßig relevanter Weise an „Personen des Privatrechts“ abgegeben wird (so Arndt, a. a. O., S. 4, Kämmerer, a. a. O., S. 36 ff. und Gramm, Privatisierung von notwendigen Staatsaufgaben, S. 107 und 110 ff.). Eine entsprechend relevante privatisierende „Veränderung“ von Rechtsmacht des Staates bzw. von Hoheitsträgern liegt vielmehr allein auch schon dann vor, wenn bei der betreffenden Aufgabenwahrnehmung anstatt eines bislang hoheitlichen Organisations- und Handlungsregimes bloß eine Formenwahl zugunsten einer privatrechtlichen Durchführung erfolgt. Denn nicht weniger als die übrigen Privatisierungsfälle weist auch dieser Vorgang der formellen Entlassung einer „Staatsaufgabe“ in das Privatrecht mit Rücksicht auf die für verfassungsrechtlich konstituierte „Staatsaufgaben“ substantielle und spezifische Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des „Staates“ verfassungsrechtliche Relevanz und damit das verfassungsrechtlich begründete Begriffsmerkmal einer „Privatisierung“ auf. Danach wird hier auch die bloße Überantwortung einer „Staatsaufgabe“ an eine privatrechtsförmliche privatwirtschaftliche Durchführung zur „Privatisierung“ gerechnet (so auch Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 72 ff. und wohl auch Weiß, a. a. O., S. 29 ff.). Im gleichen Sinne wohl ebenfalls kritisch gegenüber der Eliminierung solcher „formeller Privatisierungen“ aus dem verfassungsrechtlich begründeten Privatisierungsbegriff die Feststellung von Müller (Rechtsformenwahl, S. 114), daß die „Privatisierungsdebatte“ jenen „formellen Namensvetter“ von vorneherein ausgegrenzt habe. Im übrigen zum Begriff der „formellen Privatisierung“ und seiner Verwendung Pabst, a. a. O., Arndt, a. a. O., S. 10 und Weiß, a. a. O., S. 29 ff. 12 Bartlsperger

178

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

die letzteren beiden Vorgänge unterschiedlich erfolgen entweder in Form einer bloßen Organisationsprivatisierung zugunsten einer verwaltungseigenen juristischen Person des Privatrechts, zuweilen deshalb auch als formelle Privatisierung bezeichnet, oder im Wege einer sogenannten Popularprivatisierung zugunsten irgendeiner sonstigen Person des Privatrechts.338 Privatisierungsobjekt ist der jeweilige Aufgabenbereich des Staates bzw. Hoheitsträgers. Daher kann objektbezogen der staatsrechtliche Bedeutungsgehalt von „Privatisierungen“ generell als Veränderung im Staatsaufgabenbereich von Staat bzw. Hoheitsträgern definiert werden. Insofern wird dann gemeinhin zwischen zwei verschiedenen Aufgabenveränderungen bzw. Privatisierungsbegriffen unterschieden, die sich ungeachtet gewisser terminologischer Uneinheitlichkeiten sinngemäß verstehen lassen. Veränderungen bezüglich von „Staatsaufgaben“, also spezifischen Aufgaben des Staates bzw. von Hoheitsträgern, bei denen die betreffende Aufgabenverantwortung jedenfalls bei dem Aufgabenträger verbleibt und nur die Aufgabendurchführung einer privatwirtschaftlichen Ordnung überantwortet oder einem Privatrechtssubjekt übertragen wird, können als funktionale Privatisierungen gelten.339 Man kann insofern wegen der Abgabe der Durchführungsaufgabe auch von einer „Aufgabenteilprivatisierung“ sprechen.340 Dagegen findet eine materielle Privatisierung statt, wenn ein sachspezifisches Aufgabengebiet aus dem Organisationsund Verantwortungsbereich des Staates bzw. des jeweiligen Hoheitsträgers gänzlich entlassen wird, wenn sich diese also vollständig aus einer Garantenstellung zurückziehen.341 Der unter den Voraussetzungen einer materiellen Privatisierung auch verwendete Begriff einer „Aufgabenprivatisierung“ gibt zwar den Aufgabenbezug der betreffenden Vorgänge richtig und anschaulich wieder, kann aber über den Umstand hinwegtäuschen, daß eine „Staatsaufgabe“ nicht eigentlich auf Private übertragen werden kann. Mit einer materiellen Privatisierung hört eine „Staatsaufgabe“ überhaupt auf, eine solche in ihrer normativen Eigengesetzlichkeit zu sein; der Private erhält zwar eine Rechtsmacht übertragen, aber die betreffende Aufgabe entsteht dabei als funktional neue.342 Im übrigen hat man sich bei der objektbezogenen Kategorisierung in funktionale und materielle Privatisierungen auch darüber im klaren zu sein, daß diese BegriffsZu der Unterscheidung von Kämmerer siehe die Nachw. in Fn. 335. Schoch, DVBl. 94, 962 / 974, Bauer, VVDStRL 54 (1995), 245 / 252, Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 206 / 223, Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 70 f., Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 7 ff., Kirchhof, HStR III (1998), § 59 Rnr 1 ff., Kämmerer, Privatisierung, S. 52, Weiß, Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 36 ff. 340 Weiß, a. a. O., S. 37. Es wird auch von „Arbeitsteiliger Aufgabenerledigung“ gesprochen (Gramm, Privatisierung notwendiger Staatsaufgaben, S. 108 ff.). 341 Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 70 ff., Gramm, a. a. O., S. 107 f. („Aufgabenverlagerung“), Weiß, a. a. O., S. 29 ff.; zur Verwendung des Begriffs „formeller Privatisierung“ als Gegenbegriff zur „materiellen Privatisierung“ Nachw. in Fn. 337 a.E. 342 Kämmerer, Privatisierung, S. 39 f. („Aufgabenbezogene Privatisierung“), Weiß, a. a. O., S. 3 f.; ähnlich beschreibend Gramm, a. a. O., S. 107 ff. 338 339

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

179

bildung bezüglich der Auswirkungen auf die jeweilige „Staatsaufgabe“ lediglich eine Grobformel darstellt. Sie vermag jedenfalls keine klassifizierende Unterscheidung zu liefern, weil auch bei der genannten funktionalen Privatisierung oder „Aufgabenteilprivatisierung“ ein zumindest qualitativer Verlust einer „Staatsaufgabe“ als Rechtsmacht eintritt.343 Schon eine Organisation der Durchführung einer „Staatsaufgabe“ als privatwirtschaftlicher Vorgang sowie erst recht die Überlassung ihrer Durchführung an Private ist aus der Sicht des Staates bzw. Hoheitsträgers und in bezug auf die spezifische eigengesetzliche Funktion einer „Staatsaufgabe“ eine materielle Privatisierung. Im Ergebnis besteht das unterscheidende Merkmal einer funktionalen gegenüber einer materiellen Privatisierung lediglich darin, daß die erstere ausschließlich einen Schritt zur Aufgabenteilung zwischen Staatlichkeit und privatwirtschaftlichem Ordnungsprinzip macht, während bei der letzteren auch schon jene staatliche Aufgabenverantwortung aufgegeben wird. Dies gilt es festzuhalten, wenn man sich die für das Fernstraßenwesen verfassungsrechtlich prinzipiell nur geltende Gewährleistungsverantwortung des Staates in ihrer Privatisierungsbedeutung begrifflich vor Augen führt. Die verfassungsrechtlich prinzipiell geltende bloße staatliche Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen, wie auch für das übrige öffentliche Straßenwesen die Gewährleistungsverantwortung von Staat und kommunalen Gebietskörperschaften, eröffnet in ihrer staatsrechtlichen Privatisierungsbedeutung immer und begriffsnotwendig eine funktionale Privatisierung, aber auch nur eine solche. Die staatliche Gewährleistungsverantwortung selbst und als solche ist verfassungsrechtlich unveränderbar, nicht privatisierungsfähig, also einer materiellen Privatisierung oder „Aufgabenprivatisierung“ verfassungsrechtlich nicht zugänglich. Die betreffende Durchführungsaufgabe dagegen ist hierbei in jeder organisatorischen Gestaltungsmöglichkeit verfassungsrechtlich privatisierungsfähig. Staatsrechtlich originär liegt insofern gar keine Staatsaufgabe vor,344 genauer gesagt verhält es sich sogar umgekehrt so, daß sie erst einer „Verstaatlichung“ fähig ist. Dies bedeutet im Ergebnis, daß für eine staatsrechtlich originär nur bestehende staatliche Gewährleistungsverantwortung, wie diejenige zum Fernstraßenwesen, die staatsrechtliche Begriffsdifferenzierung zwischen funktionaler und materieller Privatisierung überhaupt keine Relevanz besitzt. Die auf der staatsrechtlich originären Ebene begründete bloße staatliche Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen kann in ihrer Privatisierungsbedeutung immer nur zu einer funktionalen Privatisierung führen. Die hierbei eröffneten organisatorischen Gestaltungsmöglichkeiten einer mehr oder weniger weitgehenden Verstaatlichung oder Entstaatlichung der Durchführungsaufgaben sind stets nur Modalitäten einer mehr oder weniger weitgehenden funktionalen Privatisierung bzw. Verstaatlichung. Sowohl eine bloße privatwirtschaftliche Durchführungsorganisation staatlicher Fernstraßen als 343 Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 206 / 234 ff., Kämmerer, a. a. O., S. 39 f., Weiß, a. a. O., S. 33 f. und 48 ff., Heintzen, VVDStRL 62, 203), 222 / 260. 344 Nachw. Fn. 342.

12*

180

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

auch die rechtstechnischen und rechtsförmlichen Privatisierungsmodelle einer Inanspruchnahme Privater für ein staatliches Fernstraßenwesen und sogar die Überlassung von Fernstraßen an private Träger, also nicht staatliche Fernstraßen, sind lediglich Vorgänge einer staatsrechtlich funktionalen Privatisierung bzw. Verstaatlichung.345 Umgekehrt aus der Sicht des Staates betrachtet, sind die genannten Modalitäten von Durchführungsprivatisierungen nur Organisationsentscheidungen innerhalb der Skala möglicher funktionaler Privatisierungen bzw. Verstaatlichungen. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund gilt es, die staatsrechtliche Organisationsentscheidung des Art. 90 GG zu den Bundesfernstraßen als „Privatisierungsobjekt“ zu beurteilen. Als staatsrechtlich lediglich kontingente Organisationsentscheidung zu staatlichen Fernstraßen346 entfaltet die Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG weder in ihrer staatsrechtlichen Vermögenszuordnung der vormaligen Reichsautobahnen und Reichsstraßen zum Bundesvermögen noch in ihrer administrativen Festlegung staatlicher Fernstraßen eine Sperrwirkung gegenüber funktionalen Privatisierungen. Die kontingente Begründung einer staatlichen Durchführungsaufgabe im Fernstraßenwesen bedeutet lediglich eine der Modalitäten, die auf der Grundlage und im Rahmen der verfassungsrechtlich prinzipiellen Gewährleistungsverantwortung des Staates für die Fernstraßen im Bereich der funktionalen Durchführung dieser staatlichen Gewährleistungsaufgabe eröffnet sind. Sie ist verfassungsrechtlich jedenfalls disponibel. Verfassungsrechtlich sind nicht nur neue Fernstraßen, sondern auch bestehende Bundesfernstraßen funktional in jeder Gestaltungsmöglichkeit bzw. in jeder Form von rechtstechnischen und rechtsförmlichen Modellen privatisierbar. Sie können als staatliche Bundesfernstraßen privatwirtschaftlich organisiert und rechtlich ausgestaltet werden sowie Gegenstand einer hierfür wie auch immer rechtstechnisch und rechtsförmlich organisierten Inanspruchnahme Privater sein und sie können schließlich sogar das Ordnungsund Rechtsregime nicht staatlicher Fernstraßen347 erhalten. Verfassungskräftig unveränderlich ist ausschließlich die staatliche Gewährleistungsverantwortung für 345 Der in dem Zusammenhang geprägte und verwendete Begriff „nichtstaatlicher Fernstraßen“ bedarf zur Vorbeugung gegenüber Mißverständnissen einer Klarstellung. Damit sind rechtsbegrifflich keine „privaten Straßen“ im üblicher Weise straßenrechtlichen Sinn gemeint, die als ausschließlich „private Güter“ außerhalb der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für rechtsbegrifflich „öffentliche Verkehrswege“ liegen (dazu Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 4 Rnr 9 ff.). Solche rein privaten Anlagen waren die Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts verwirklichten und geplanten „privaten Autobahnen“ (Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 88 f.). Vielmehr handelt es sich bei dem hier verwendeten Begriff „nichtstaatlicher Fernstraßen“ oder „privater Fernstraßen“ um Anlagen im Rahmen der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das öffentliche Straßen- bzw. Fernstraßenwesen unter einer dementsprechenden gesetzlichen Zweckbestimmung und Regelung (ausführlich dazu erst gesondert unter E.VIII.) und folglich um eine Modalität funktionaler Privatisierung; siehe bei Bucher, a. a. O., S. 88 ff. sowie zu dem Fragenbereich Wendrich, BauR 85, 152 ff. 346 Dazu oben unter III.2. 347 Zum Rechtsbegriff Fn. 345.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

181

das Fernstraßenwesen. Nur sie stellt die kraft Verfassungsrechts nicht materiell privatisierungsfähige Staatsaufgabe im Fernstraßenwesen dar. Zuletzt wird möglicherweise der prinzipiellen verfassungsrechtlichen Annahme einer unbeschränkten und gestaltungsoffenen funktionalen Privatisierbarkeit des Organisations- und Rechtsregimes von Fernstraßen wie auch der übrigen öffentlichen Straßen das singuläre Argument entgegengehalten, daß in der bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm von Art. 72 Abs. 1 Nr. 22 GG die Entgelte „für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen“ als „Gebühren“ bezeichnet sind und daß deshalb Privatisierungskonzepte im öffentlichen Straßenwesen mit Rücksicht auf den hoheitsrechtlichen Charakter von „Gebühren“ jedenfalls insofern eine verfassungsrechtliche Grenze vorfänden.348 Einer derartigen eventuellen Erwägung könnte jedoch keine ernsthafte Bedeutung beigemessen werden. Schon generell begründen Befugnisse zur Erhebung hoheitlicher Benutzungsgebühren keine Sperrwirkung gegenüber einer im übrigen eröffneten rechtsförmlichen Privatisierung der betreffenden Verwaltungsleistungen und einer infolgedessen stattfindenden Erhebung privatrechtlicher Benutzungsentgelte.349 Die Rechtsform jedenfalls von Benutzungsentgelten, d. h. von Entgelten für die Benutzung von Einrichtungen der leistenden Verwaltung, folgt rechtskonstruktiv immanent und verfassungsrechtlich zwingend der organisationsrechtlich gewählten Rechtsform der betreffenden Verwaltungsleistung.350 Speziell im gegenständlichen Falle gilt das Gesagte auch

348 Zu den hoheitsrechtlichen Gebühren Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, P. Kirchhof, HStR IV (1990), § 88 Rnr 185 ff. und speziell zu den Straßenbenutzungsgebühren ders., Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung sowie Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht, Band 1, 11. Aufl. 1999, § 42 Rnr 22 ff. 349 Zur Formenwal leistender Verwaltung Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 64 ff., 86 ff. und 103 ff., Wolff / Bachof / Stober, a. a. O., § 23 und Müller, Rechtsformenwahl. 350 Dieser „Grundsatz der Konsequenz“ bei der Rechtsformenwahl leistender Verwaltung (Ehlers, a. a. O., S. 109 ff. / 110 f.) bildet ein bislang unzureichend aufgearbeitetes Thema (neben Ehlers, a. a. O., ausführlich Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 17 ff., 58 ff. und 62 ff. sowie speziell im Zusammenhang der Beleihung Steiner, Verwaltung durch Private, S. 79, 105, 109 f. und 211 f. und ders, NJW 94, 3150 / 3151 / FL 18). Nach Ehlers (a. a. O., S. 62 ff. m.Nachw.) verbietet sich in der gleichen Angelegenheit ein „Hin- und Herspringen zwischen öffentlichem und privatem Recht“ aus dem „Willkürverbot und dem Gedanken der Rechtssicherheit“. Demgemäß schließt ein „Verbot der sachwidrigen Koppelung von öffentlichem und privatem Recht“ sowohl hoheitsrechtliche Gebühren für eine privatrechtlich geordnete Benutzung von Verwaltungseinrichtungen als auch umgekehrt privatrechtliche Entgelte für die Benutzung von hoheitsrechtlich bereitgestellten Verwaltungseinrichtungen aus (dazu auch W. Schmidt, NVwZ 95, 38 in bezug auf die Mautregelung im FstrPrivFinG). Dies überzeugt allein schon rechtskonstruktiv, weil die organisationsrechtliche Verwaltungsentscheidung für eine hoheitsrechtliche oder privatrechtliche Benutzungsordnung einer Verwaltungseinrichtung auch das jeweilige Entgeltregime „rechtsgeschäftlich“ einschließen wird (zur einschlägigen, im Ergebnis einer solchen Beurteilung folgenden verfassungsgerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung Wilke, a. a. O., S. 17 ff.). Fraglich ist jedoch, ob dem auch ein verfassungsrechtlich stringentes Gebot zugrunde liegt. Jedenfalls Wilke (a. a. O., S. 58 ff., insb. S. 62 ff.) möchte für eine rechtsförmliche Koppelung von Entgeltordnung und Benutzungsordnung lediglich Gründe der Regelhaftigkeit und

182

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

schon mit Rücksicht auf die dargelegte prinzipielle Verfassungsrechtslage einer unbeschränkten und gestaltungsoffenen funktionalen Privatisierbarkeit von Fernstraßen. Die Verwendung des Gebührenbegriffs in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG hat Gesichtspunkte der rechtlichen Praktikabilität sowie der Vermeidung von Erschwerungen und Unsicherheiten in der Rechtsabwicklung erkennen. Ein zwingendes, insbesondere verfassungsrechtliches Gebot soll es dagegen nicht geben, das einer hoheitsrechtlichen Gebührenregelung und Gebührenerhebung für privatrechtlich erbrachte Verwaltungsleistungen entgegenstünde. Danach soll wohl auch umgekehrt eine organisationsrechtliche Entscheidung der Verwaltung zulässig sein, für hoheitsrechtlich erbrachte Verwaltungsleistungen privatrechtliche Entgelte zu regeln und zu erheben. Eine derartige Möglichkeit sehen Uechtritz (DVBl. 02, 239 / 247 f.) und Uechtritz u. a. (Umstellung von „Gebühr“ auf „Entgelt“) auch beim benutzerfinanzierten Betreibermodell nach dem FStrPrivFinG eröffnet. Solche Auffassungen lassen, abgesehen von ihrer fragwürdigen Sinnhaftigkeit, die einschlägige staatsrechtliche Kompetenzlage außer Acht. Mit der ausdrücklichen oder konkludenten Widmung einer Verwaltungseinrichtung für eine Benutzung in hoheitlicher Rechtsform, wie sie explizit bei den bestehenden Bundesfernstraßen vorliegt und wie sie auch in Fällen von deren funktionaler Privatisierung nach bloßen „Betreibermodellen“, etwa nach dem FStrPrivFinG, weiter besteht, wird die gesamte Benutzungsordnung der betreffenden Einrichtung, auch mit Wirkung für deren Entgeltregelungen, einer öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung und in deren Umfang einem hoheitlichen Organisations- und Rechtsregime unterstellt. Dies gilt auch dann, wenn man mit der grundsätzlichen maßgeblichen Rechtsauffassung und legislativen Praxis nur einer gemischtrechtlichen oder dualistischen Rechtskonstruktion zur Sachenrechtslage öffentlicher Sachen und öffentlicher Straßen folgt (Beschl. BVerfG 10. 3. 76, BVerfGE 42, 20 / 34; so auch schon für die Entwicklung des öffentlichen Straßenrechts grundlegend die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene sogenannte Widmungstheorie, insb. des PrOVG, Nachw. Fn. 160). Danach ist die Rechtsformenwahl für die betreffende Verwaltungseinrichtung abschließend zugunsten eines hoheitsrechtlichen Organisations- und Rechtsregimes entschieden und verbraucht (Bartlsperger, Sachenrechtsverhältnis der öffentlichen Straßen, S. 37 ff.). Für eine partiell andere, hiervon abweichende Rechtsformenwahl zugunsten des Privatrechts ist die insofern zu beanspruchende Regelungskompetenz zum „bürgerlichen Recht“ im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG verdrängt und nicht mehr verfügbar (Beschl. BVerfG 10. 3. 76, a. a. O., 32 ff.; zu dieser Entscheidung bei Bartlsperger, a. a. O., S. 28 ff.). Die betreffende Angelegenheit gehört nur mehr zur Gesetzgebungsmaterie des jeweiligen öffentlichen Sonderrechts. Danach hat die fachspezifische Formenwahl zugunsten eines hoheitlichen Organisations- und Rechtsregimes einer Einrichtung der Leistungsverwaltung kompetenzrechtliche Konsequenzen auch hinsichtlich aller Folgeregelungen (Beschl. BVerfG 10. 3. 76, a. a. O., 34 ff. zur Regelung der Haftung wegen Beschädigung), insbesondere auch der Entgeltordnung; für die letztere besteht, soweit die betreffende öffentlichrechtliche Benutzungsordnung und deren betreffendes hoheitliches Rechtsregime reicht, keine kompetenzrechtliche Möglichkeit mehr zur Regelung nach „bürgerlichem Recht“ im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Für die bestehenden Bundesfernstraßen bedeutet die dargelegte staatsrechtliche Kompetenzlage, daß wegen und im Umfang von deren Widmung für das hoheitliche Organisations- und Rechtsregime nach dem bestehenden FStrG auch fernstraßenrechtliche Regelungen zu Benutzungsentgelten für den hoheitsrechtlichen Gemeingebrauch innerhalb der Gesetzgebungsmaterie von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG auf eine hoheitsrechtliche Ausgestaltung festgelegt sind; denn die Gesetzgebungsmaterie für bürgerliches Recht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG kann nicht mehr in Anspruch genommen werden. Im Falle des für die hoheitliche Bundesfernstraßenverwaltung geltenden Betreibermodells nach dem FStrPrivFinG ist darum entgegen der Annahme von Uechtritz u. a. (a. a. O.) aus Gründen der staatsrechtlichen Kompetenzordnung ausschließlich eine hoheitsrechtliche Gebührenregelung und nur

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

183

ebenso nur eine aus der tradierten Staatlichkeit öffentlicher Straßen verstehbare, staatsrechtlich kontingente Bedeutung wie die staatsrechtliche Organisationsentscheidung des Art. 90 GG zur Bundesfernstraßenverwaltung. Eine prinzipielle verfassungsrechtliche Festlegung zum Organisations- und Rechtsregime der Fernstraßen enthalten beide Verfassungsaussagen nicht. Der Gebührenbegriff in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG hat den sinngemäßen Bedeutungsgehalt von Straßenbenutzungsentgelten unabhängig von deren hoheitsrechtlicher oder privatrechtlicher Regelung.351 Es mag daher in einschlägigen aktuell, bestehenden gesetzlichen Regelungen des FStrPrivFinG und des ABMG zur Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten mit guten Gründen unter Festhalten am hoheitlichen Organisations- und Rechtsregime der betreffenden Bundesfernstraßen eine gebührenrechtliche Regelung im Sinne des hoheitlichen Gebührenrechts und dementsprechend eine Beleihung Privater zur Gebührenerhebung352 gewählt worden sein. Verfassungsrechtlich geboten ist ein solches Organisations- und Rechtsregime jedoch nicht. Das wirkliche verfassungsrechtliche Problem der Straßenbenutzungsentgelte liegt nicht in ihrer hoheitsrechtlichen oder privatrechtlichen Ausgestaltung, sondern in der materiellrechtlichen Frage ihrer mit der staatlichen Gemeinwohlverpflichtung für die Gewährleistung eines öffentlichen Straßenwesens vereinbaren Bemessung sowie einer entsprechenden staatlichen Regulierungsverantwortung.353 Danach ist zum Fernstraßenwesen als „Privatisierungsobjekt“ im staatsrechtlichen Sinne verfassungsrechtlich zusammenfassend und abschließend festzuhalten, daß vorbehaltlich einer verfassungskräftigen staatlichen Gewährleistungsverantwortung das Organisations- und Rechtsregime der Fernstraßen in jeder Gestaltungsmöglichkeit privatisierungsfähig und umgekehrt einer Verstaatlichung fähig ist. Das staatsrechtliche Gestaltungs- bzw. das rechtstechnische Modellspektrum funktionaler Privatisierungsfähigkeit reicht von einem privatwirtschaftlichen Ordnungs- und Rechtsregime staatlicher Fernstraßen über eine wie auch immer rechtstechnisch und rechtsförmlich organisierte Inanspruchnahme Privater für die Verwaltung staatlicher Fernstraßen bis zu privaten Fernstraßen, jeweils unter einer eine Beleihung des betreffenden privaten Betreibers mit der Gebührenerhebung möglich. Privatrechtliche Benutzungsentgelte für den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch sind nur unter der Voraussetzung eines privatrechtlichen Organisations- und Rechtsregimes von Fernstraßen verfassungsrechtlich zulässig. 351 Die mit der 22. Änderung des GG vom 12. 5. 1969 (BGBL I S. 363) erfolgte Einfügung in den damaligen Art. 74 Nr. 22 GG hatte lediglich den Zweck einer verfassungsrechtlichen Klarstellung, daß die Besteuerung des Straßengüterverkehrs durch eine „Gebührenregelung“ ersetzt werden kann; Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 48, P. Kirchhof, Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung, S. 225 / 232, sowie Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 9. Aufl. 1999, Art. 74 Rnr 25 und Uechtritz u. a., a. a. O., S. 18 ff. jeweils m. weiteren Nachw. und Hinweisen zur Entstehungsgeschichte und zum Zweck der Regelung. Allgemein zur Verwendung des Gebührenbegriffs Wilke, a. a. O., S. 3 ff. und Uechtritz u. a., a. a. O., S. 7 ff. 352 Dazu bei Steiner, Verwaltung durch Private, S. 79, 105, 109 ff. und 211 ff. 353 Dazu gesondert und ausführlich unter F. zur Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte.

184

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

verfassungskräftig nicht veränderbaren staatlichen Gewährleistungsverantwortung. Auch in umgekehrter Richtung besteht ein entsprechendes Spektrum von Verstaatlichungsmöglichkeiten. Selbst nicht staatliche, private Fernstraßen stellen ausgehend von einer Staatsaufgabe zur bloßen staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen lediglich eine Modalität funktionaler Privatisierung dar.354 Allerdings genügt es im letzteren Falle einer funktionalen Privatisierung in Form von nicht staatlichen, privaten Fernstraßen nicht, ein hierfür notwendiges einfaches Fernstraßenrecht und Fernstraßenausbauplanungsrecht für private Fernstraßen zu schaffen. Vielmehr bedarf es dazu zweckmäßigerweise, wie schon ausgeführt, jedenfalls auch einer verfassungsändernden Ergänzung der in Art. 90 Abs. 2 und 3 GG geregelten materiellen Bundesauftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen um eine formelle Bundesauftragsverwaltung in bezug auf nicht staatliche Fernstraßen, mit der für die organisationsrechtliche Wahrnehmung der durch die staatliche Gewährleistungsverantwortung insofern begründeten Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse eine sinnvolle bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung hergestellt wird.355 Eine solche Änderung bzw. Ergänzung der das Fernstraßenwesen betreffenden bundesstaatsrechtlichen Verwaltungskompetenz bedeutet jedoch nicht wirklich eine verfassungsändernde Voraussetzung für ein nicht staatliches, privates Fernstraßenwesen, sondern nur ein hierdurch bedingtes „Privatisierungsfolgenrecht“356 im Bereich der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung. Abgesehen von dieser als Folge des weitestgehenden Privatisierungsfalles privater Fernstraßen sinnvollerweise vorzunehmenden Änderung der einschlägigen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzregelung läßt sich die verfassungsrechtliche Beurteilung von Privatisierungen im Fernstraßenwesen im Ergebnis dahin zusammenfassen, daß die verfassungsrechtliche Ordnung des GG auf der Grundlage und nach Maßgabe einer verfassungskräftigen Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsverantwortung des Staates offen ist sowohl für eine mehr oder weniger weitgehende funktionale Staatlichkeit als auch für eine mehr oder weniger weitgehende funktionale Privatisierung des Ordnungs- und Rechtsregimes der Fernstraßen. Verfassungsökonomisch betrachtet sind die Fernstraßen wegen der hierfür verfassungskräftig bestehenden staatlichen Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsverantwortung in jedem Fall verfassungsrechtlich konstituierte öffentliche Güter.357 Aber nach Maßgabe jener staatlichen Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsverantwortung ist ihr Ordnungs- und Rechtsregime funktional einer mehr oder weniger weitgehenden Verstaatlichung oder Privatisierung zugänglich. Modalitäten funktionaler Privatisierung im Fernstraßenwesen sind nicht wirklich Vorgänge von dessen „Entstaatlichung“, sondern lediglich von dessen „Deadministration“.358 Allenfalls können sie in staatstheoretischem Sinne als Erscheinungsformen einer neuen kooperativen Staatlichkeit gelten. 354 355 356 357

Fn. 345. Oben unter III.3.c). Begriff bei Kämmerer, Privatisierung, S. 426 ff. Oben unter IV.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

185

Die auf der Grundlage und nach Maßgabe der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen verfassungsrechtlich im Prinzip eröffneten Modalitäten einer mehr oder weniger weitgehenden funktionalen Privatisierung bzw. „Deadministration“ bedürfen schließlich, was ihre Einfügung in die verfassungsrechtliche Ordnung angeht, noch einer weiteren Beurteilung. Sie hat der Frage zu gelten, nach welchen gegebenenfalls vorhandenen verfassungsrechtlichen Maßstäben oder Bindungen die betreffenden funktionalen Privatisierungsentscheidungen getroffen werden können oder müssen. Es geht um die Frage, ob und inwiefern bei Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen, also bei den staatlichen Entscheidungen zwischen ausschließlicher Staatlichkeit und mehr oder weniger weitgehenden Organisationsmodalitäten einer Kooperation zwischen Staat und Privaten im Fernstraßenwesen, Maßstäbe und Bindungen im Hinblick auf eine verfassungsrechtliche Funktionsgerechtigkeit der betreffenden Vorgänge bestehen. Die Beurteilung hierzu kann sich zum einen auf das auch in staats- und verfassungstheoretischer Hinsicht relevante Prinzip der Subsidiarität von Staatlichkeit verwiesen sehen,359 zum anderen hat sie das rechtsstaatliche Übermaßverbot360 und den hiermit verbundenen Aspekt zu berücksichtigen, daß es bei der Wahrnehmung von Staatsaufgaben mit der Möglichkeit einer Kooperation zwischen Staat und Privaten auf Seite der letzteren auch um die Verwirklichung von deren grundrechtlicher Wirtschaftsfreiheit361 und damit auf Seite des Staates möglicherweise um dementsprechend grundrechtlich anspruchgebundene Entscheidungen geht. Letztlich beurteilt sich die Frage der verfassungsrechtlichen Funktionsgerechtigkeit funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen an der Relevanz grundrechtlicher Wirtschaftsfreiheit, d. h. grundrechtlicher Betätigungsansprüche Privater, in Bereichen, in denen der Staat eine Gewährleistungsverpflichtung zur Gemeinwohlverwirklichung zu erfüllen hat und eine Gewährleistungsbefugnis zur Gemeinwohlrealisierung beanspruchen kann.

c) Die verfassungsrechtlich funktionsgerechte Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen – Subsidiaritätsprinzip, Übermaßverbot, grundrechtliche Anspruchsgebundenheit Die verfassungsrechtlich prinzipiell bestehende bloße Gewährleistungsverantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen steht zweckimmanent unter der An358 Begriffswahl bei Kämmerer, Privatisierung, S. 36 und 440 f. gegenüber dem sonst insofern üblichen Begriff der „Entstaatlichung“. 359 Zum Subsidiaritätsprinzip grundlegend Isensee, Subsidiaritätsprinzip; dazu ferner Bull, Staatsaufgaben, S. 190 ff. und Grupp, HStR I, 3. Aufl. 2004, § 31 Rnr 51 ff. 360 Zum allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Badura, Staatsrecht, 3. Aufl. 2003, C Rnr 28 und Zippelius / Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 31. Aufl. 2005, § 12 III 6. 361 Zur grundrechtlichen Wirtschaftsfreiheit Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III / 1, 1988, § 68 VII 3 (S. 883) und Badura, a. a. O., C Rnr 81 ff.

186

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

forderung ihrer funktionsgerechten Wahrnehmung. Sie bildet die zweckrationale Normstruktur der staatlichen Gewährleistungsverantwortung. Verfassungsrechtlich verpflichtend ist für den Staat die Zweckbestimmung, ein Fernstraßenwesen in dessen sachspezifischer Gemeinwohlfunktion und Bedeutung als Grundrechtsvoraussetzung zu garantieren, während er über die Mittel zur Realisierung dieses Zwekkes in funktionsgerechter Weise sowie zugleich gebunden an im übrigen anschlägige verfassungsrechtliche Normen bzw. Prinzipien entscheiden kann und muß. Diese Zweck-Mittel-Relation besagt, daß die dem Staat eröffneten Organisationsund Regelungsmöglichkeiten in dem Spektrum zwischen tradierter Staatlichkeit und einer mehr oder weniger weitgehenden funktionalen Privatisierung des Fernstraßenwesens jedenfalls verfassungsrechtlich zweckgebunden sind durch die Pflicht zur Gewährleistung von dessen Gemeinwohlfunktion, aber im übrigen auch durch verfassungsrechtliche Prinzipien bzw. Normen, die unter den Voraussetzungen einer verfassungsrechtlich möglichen Kooperation zwischen Staat und Privaten bei der Verwirklichung des Gemeinwohls eine Berücksichtigung privater Betätigungsinteressen verlangen. Beides zusammen, die Gemeinwohlverpflichtung des Staates für das Fernstraßenwesen auf der einen Seite und eine dabei in Betracht kommende wirtschaftliche Betätigungsfreiheit Privater auf der anderen Seite, ergibt die verfassungsrechtlichen Prinzipien für funktionsgerechte Entscheidungen bei Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung im Fernstraßenwesen. Es geht um die verfassungsrechtlich funktionsgerechte Kompetenzabgrenzung zwischen Staat und individueller Betätigungsfreiheit im Organisations- und Rechtsregime des Fernstraßenwesens. Als normative Beurteilungskriterien hierzu kommen in Betracht das Subsidiaritätsprinzip in seinem staats- und verfassungstheoretischen Bedeutungsgehalt, das rechtsstaatliche Übermaßverbot362 sowie die Reaktionsfolgen grundrechtlicher „Betroffenheit“ interessierter Privater bei den betreffenden staatlichen Entscheidungen. Diese Beurteilungskriterien weisen ungeachtet unterschiedlicher Geltungsqualitäten und Geltungsbedeutungen in bezug auf die gegenständliche Fragestellung einer verfassungsrechtlich funktionsgerechten Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen eine Übereinstimmung in ihrer inhaltlichen Maßstäblichkeit und in ihren Ergebnissen auf. Das Subsidiaritätsprinzip enthält in seinem generellen Bedeutungsgehalt als normatives Modell sozialer Gestaltung den Grundsatz, daß bei der Verwirklichung von Gemeinwohlzielen ein Vorrang der jeweils unteren Einheit bestehen soll, soweit deren Kräfte ausreichen, und daß deshalb eine Zuständigkeitsbegrenzung der jeweils oberen Einheit zum Schutze der Freiheit der jeweils unteren stattfinden soll.363 In seiner verfassungsstaatlichen Rezeption und Spezifizierung bedeutet es Fn. 359 – 361. Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 28 ff.; als staatsrechtliche Aussage zur Legitimation von staatlicher Tätigkeit im liberalen Verfassungsstaat ders., a. a. O., S. 44 ff., 71 f. und 351 ff. 362 363

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

187

die staats- und verfassungstheoretische Aussage, daß der Staat erst und nur soweit tätig werden soll, wenn und soweit die gesellschaftlichen Kräfte nicht ausreichen, um Aufgaben im Interesse des Gemeinwohls zu bewältigen. Einen positivrechtlichen, verfassungsrechtlichen Geltungsanspruch besitzt das Subsidiaritätsprinzip jedoch nicht, weder objektivrechtlich noch in einer individualrechtlichen Hinsicht, was einen Schutz grundrechtlicher Entfaltungsfreiheiten anginge.364 Es stellt lediglich ein rechtsethisches Prinzip dar, dessen individueller Schutzzweck sich rechtlich erst nach Maßgabe der Schutzbereiche und der Kautelen jeweiliger grundrechtlicher Freiheiten konkretisiert. Aber einer danach beurteilbaren verfassungsrechtlichen Konkurrenzordnung bei der Verwirklichung von Gemeinwohlzielen zwischen staatlicher Gemeinwohlverpflichtung und individuellen Betätigungsinteressen vermag es jedenfalls einen zweckentsprechend deutlichen Anhaltspunkt in dem Kriterium ausreichender oder nicht genügender Leistungsfähigkeit der privaten bzw. gesellschaftlichen Ebene zu verleihen. Ein Leistungsvorrang von Staat oder Privaten bei der Gemeinwohlverwirklichung soll der insofern bestehenden Leistungsfähigkeit Rechnung tragen.365 Es ist also generell das sachliche Kriterium ausreichender oder nicht genügender Leistungsfähigkeit privater Interaktionen bei der Bewältigung leistungsspezifischer Gemeinwohlaufgaben, mit welchem die allgemeine normative Aussage des Subsidiaritätsprinzips der verfassungsrechtlichen Funktionsabgrenzung zwischen ausschließlich staatlicher Leistungsverwaltung und alleiniger oder kooperativer Aufgabenübernahme durch Private eine deutliche substantielle, praktisch faßbare Kontur zu geben vermag. Allerdings in der gegenständlichen Fragestellung einer verfassungsrechtlich funktionsgerechten Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen kann das Subsidiaritätsprinzip ersichtlich nur noch bedingt eine Bedeutung beanspruchen. Denn seine primäre staats- und verfassungstheoretische Bedeutung liegt darin, in bezug auf ein Gemeinwohlziel schon über die Aufgabenkompetenz als solche zwischen Staat und Gesellschaft nach der insofern maßgeblichen Leistungsfähigkeit eine Entscheidung herbeizuführen sowie auf diese Weise gegebenenfalls überhaupt eine Staatsaufgabe als abstrakten „Zweck“ zu legitimieren.366 Diese Frage indessen hat sich für den Bereich des Fernstraßenwesens mit der insofern bereits verfassungsrechtlich gebotenen Annahme einer Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsverantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen erledigt. Im gegenständlichen Zusammenhang vermag also das Subsidiaritätsprinzip 364 Verfassungsrechtliche Normativität erlangt es erst in der Vermittlung der Anforderungen des Übermaßverbots (Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit) sowie durch den Schutz grundrechtlicher Schutzfreiheiten und von Grundrechtsvoraussetzungen; Isensee, a. a. O., S. 88 ff., 313 ff. und 366 ff.; zur bloßen rechtsethischen Normativität des Subsidiaritätsprinzips Isensee, a. a. O., S. 314 f. 365 Verfassungsdogmatischer „Geltungsbereich“ des Subsidiaritätsprinzips ist das Ermessen bzw. der Entscheidungsspielraum des Staates bei der Funktionsabgrenzung zwischen Staat und Gesellschaft; Isensee, a. a. O., S. 219 sowie 44 ff., 149 ff., 345 ff. und 365 ff. 366 Zur Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips als materieller Maßstab mit „vollnormativem Charakter“ zur Legitimation des Staates Isensee, a. a. O., S. 91 f.

188

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

nur noch in der sekundären Bedeutung einen normativen Erkenntniswert zu vermitteln, daß es die zur Verwirklichung des verfassungsrechtlich abstrakt schon vorgegebenen Zwecks staatlicher Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßewesen in Betracht kommenden Mittel einer mehr oder weniger weitgehenden Staatlichkeit oder einer mehr oder weniger weitgehenden „Deadministration“ von dessen Organisations- und Rechtsregime am Maßstab ihrer Leistungsfähigkeit für die Verwirklichung jenes Zweckes zu beurteilen erlaubt.367 Unter einer solchen eingeschränkten, bloß sekundären Anwendungsvoraussetzung erreicht freilich die verfassungsrechtliche Effektuierung des Subsidiaritätsprinzips im Ergebnis nichts anderes als das in Fällen von verfassungsrechtlich zweckrational aufgegebenen Staatsaufgaben ohnedies geltende rechtsstaatliche Übermaßverbot. Denn schon danach hat sich der Staat bei Wahrnehmung von ihm als Staatsaufgabe bzw. staatliche Verantwortung aufgegebenen Gemeinwohlverpflichtungen in bezug auf eine in dem Zusammenhang gegebenenfalls eintretende „Betroffenheit“ von rechtlich geschützten individuellen Belangen bzw. ein gegebenenfalls vorhandenes, rechtlich geschütztes individuelles „Betätigungsinteresse“ auf das Geeignete und das Erforderliche zu beschränken. Auch in den Fällen von leistungsspezifischen Gewährleistungspflichten des Staates wie gegenständlich in dem Falle von dessen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen findet sich die Frage einer funktionsgerechten Wahrnehmung der betreffenden staatlichen Gemeinwohlverpflichtung auf das Subsidiaritätsprinzip und das rechtsstaatliche Übermaßverbot verwiesen. Sie liefern einen im praktischen Ergebnis übereinstimmenden und sachspezifisch überzeugenden Anhaltspunkt. Hierbei gegebenenfalls anstehenden staatlichen Entscheidungen zu einer mehr oder weniger weitgehenden funktionalen Privatisierung im Fernstraßenwesen bietet die unter den jeweiligen aktuellen und konkreten Gegebenheiten im Sinne des Subsidiaritätsprinzips als ausreichend bewertbare Leistungsfähigkeit Privater ein sachspezifisch funktionsgerechtes Beurteilungskriterium. Aber damit eröffnet sich in verfassungsrechtlicher Hinsicht erst eine weitere praktische Fragestellung von grundsätzlicher Bedeutung. Denn es stellt sich in dem Zusammenhang anhand des Subsidiaritätsprinzips und unter Berücksichtigung des rechtsstaatlichen Übermaßverbots folgerichtig auch die spezifische verfassungsrechtliche Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Staat in Fällen einer leistungsspezifischen Gewährleistungspflicht, wie im gegenständlichen Falle seiner Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen, bei der Entscheidung über mehr oder weniger weitgehende funktionale Privatisierungen gegenüber aktuellen konkreten Betätigungsinteressen Privater einer grundrechtlichen Anspruchsgebundenheit unterliegt. Es besteht also sogar die letztlich praktisch wesentliche Frage einer gegebenenfalls grundrechtsgebundenen Privatisierungspflicht im Fernstraßenwesen. 367 Es ist aber auch hierbei nicht bloß formeller Maßstab in einer Mittel-Zweck-Relation, sondern vermag eine materielle Grundentscheidung zum funktionalen Maß von „Staatlichkeit“ (Fn. 366) zu liefern.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

189

Die Frage einer gegebenenfalls verfassungsrechtlich begründeten funktionalen Privatisierungspflicht im Fernstraßenwesen bedeutet aus der überkommenen Perspektive von dessen tradierter Staatlichkeit wie überhaupt für das öffentliche Straßenwesen gewiß eine revolutionäre Thematik. Sie hat auch im Zusammenhang der zeitgeschichtlich gängig gewordenen verfassungsdogmatischen Annahmen zu einer staatlichen Gewährleistungsverantwortung in Bereichen leistungsspezifischer Gemeinwohlverpflichtungen368 des Staates bislang, soweit ersichtlich, kaum eine Erörterung erfahren.369 Vielmehr gelten Entscheidungen des Staates zu den Modalitäten einer eigenen Erfüllung oder einer funktional privatisierten Verwirklichung von ihm obliegenden leistungsspezifischen Gewährleistungspflichten offenbar als solche von politischer Zweckmäßigeit und des politischen Willens, d. h. als Vorgänge des „Dürfens“ und nicht des „Müssens“. Folgerichtigerweise würde dies besagen, daß eine staatseigene Erfüllung staatlicher Gewährleistungspflichten stets eine verfassungsrechtliche Sperrwirkung gegenüber insofern gegebenenfalls aktuell und konkret ebenso ausreichend leistungsfähigen Betätigungsinteressen Privater aufgrund von deren grundrechtlichter Wirtschaftsfreiheit entfalten könnte. Aber bei genauerer verfassungsrechtlicher Beurteilung gibt es keinen Weg vorbei an jener verfassungsdogmatischen Fragestellung auch einer möglichen grundrechtlichen Anspruchsgebundenheit des Staates bei der Realisierung der betreffenden Gewährleistungspflichten. Vielmehr gehört diese Fragestellung zur Folgerechtsordnung der staatsrechtlich originär begründeten Gewährleistungspflichten des Staates und der mit diesem Begriff notwendig verbundenen funktionalen Privatisierungsmöglichkeiten. Zusammengefaßt und über den gegenständlichen Sachbereich des Fernstraßenwesens hinaus kann sie allgemein dahin formuliert werden, ob der Staat im Bereich von staatsrechtlich originär begründeten leistungsspezifischen Gewährleistungspflichten in der Frage funktionaler Privatisierungen mit Rücksicht auf die grundrechtliche Wirtschaftsfreiheit und in bezug auf gegebenenfalls aktuelle konkrete Betätigungsinteressen Privater auch grundrechtsgebunden sein kann. Die grundrechtsdogmatische Voraussetzung hierfür ist, daß in den betreffenden Sachbereichen von staatsrechtlich originär begründeten Gewährleistungspflichten des Staates, wie im Falle des Fernstraßenwesens, Entscheidungen Nachw. Fn. 319. Immerhin wird im Zusammenhang der staatsrechtlichen Definition staatlicher Gewährleistungsverantwortung als Staatsaufgabe ohne eigene Erfüllungsverpflichtung des Staates auch festgestellt, daß über die Wahrnehmung der betreffenden Gewährleistungsaufgabe hinaus „(materiell) zu privatisieren“ sei (Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 291 f.). Die Fragestellung ist zu unterscheiden vom Thema grundrechtlicher Schutzpflichten des Staates in bezug auf grundrechtliche Wirtschaftsfreiheiten und den Rechtsgüterschutz, korrespondiert aber mit demjenigen grundrechtlicher Abwehr- bzw. Schutzansprüche gegen „wirtschaftliche“ Betätigung des Staates (zu diesen Themen Kämmerer, Privatisierung, S. 449 ff. und Weiß, a. a. O., S. 157 f., 172 ff., 218 ff. und 257 ff.); zu den grundrechtlichen Schutzpflichten Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten, 2. Aufl. 2005. Gegen eine Annahme von Privatisierungspflichten und ihre Einklagbarkeit Lerche, Infrastrukturelle Verfassungsaufträge, S. 260, Reidt, NVwZ 96, 1156 und Windhorst, in: Sachs, Grundgesetz, 2. Aufl. 1999, Art. 87 e Rnr 50. 368 369

190

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

über funktionale Privatisierungen auf seiten von insofern aktuell und konkret interessierten Privaten zu Grundrechtseingriffen führen können. Es geht also aus dem gegebenen Anlaß einmal mehr um das generelle grundrechtsdogmatische Thema des Grundrechtseingriffs, um die hierbei bestehenden Ausweitungsgefahren sowie die dabei gebotenen Eingrenzungsmöglichkeiten.370 Auch die Frage einer Grundrechtsgebundenheit funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen gilt nicht mehr, aber auch nicht weniger der grundrechtsdogmatischen Fortentwicklung des Grundrechtseingriffs. Als neuartig, insbesondere im gegenständlichen Zusammenhang die vertraute Perspektive der Staatlichkeit des Fernstraßenwesens aufbrechend, erweist sich die Fragestellung nur insofern, als auch mit ihr die Vorstellungen vom klassischen Grundrechtseingriff verlassen werden.371 Den Entscheidungen über funktionale Privatisierungen bei Wahrnehmung leistungsspezifischer Gewährleistungsverpflichten des Staates, wie im Falle der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen, fehlen im Hinblick auf eine dabei mögliche Betroffenheit privater Betätigungsinteressen die Merkmale von Rechtsförmlichkeit, Unmittelbarkeit und Finalität im Sinne des klassischen Grundrechtseingriffs.372 Im gegenständlichen Zusammenhang der staatlichen Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen kann eine Abstandnahme von funktionalen Privatisierungen in diesem Bereich zwar durchaus in ihren objektiven Auswirkungen gegenüber gegebenenfalls vorhandenen aktuellen und konkreten Betätigungsinteressen Privater die Merkmale eines Entscheidungsvorgangs mit Eingriffscharakter realisieren. Aber der wesentliche Unterschied zu den zweck- und begriffspezifischen Bedeutungsgehalten jener Merkmale des klassischen Grundrechtseingriffs liegt darin, daß Entscheidungen des Staates bei Wahrnehmung von dessen leistungsspezifischer Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen originär einer zweckrationalen Verwirklichung der insofern bestehenden staatlichen Gemeinwohlverpflichtung dienen. Ein hiermit gegebenenfalls verbundener Ausschluß wirtschaftlicher Betätigung Privater im Fernstraßenwesen ist lediglich ein dabei eintretender Nebeneffekt, also nur ein „mittelbarer Erfolg“ staatlichen „Verhaltens“ im Schutzbereich individueller wirtschaftlicher Betätigungsfreiheit 373. Von einem zweckspezifischen Eingriffscharakter im Sinne 370 Dazu grundsätzlich Bethge und Weber-Dürler, VVDStRL 57 (1998), 10 ff. bzw. 59 ff.; ferner schon Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen im Bereich der Grundrechte, 1970, Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, 1988 und W. Roth, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, 1994. 371 Zum klassischen Grundrechtseingriff (Rechtsförmlichkeit, Finalität und Unmittelbarkeit) sowie zu seiner „Krise“ oder seiner Ablösung W. Roth, a. a. O., S. 34 ff., Bethge, a. a. O., 38 ff. und insofern zur neueren Rechtsprechung Murswiek, NVwZ 03, 1 ff. 372 Fn. 371. 373 Siehe dazu die Unterscheidung von „Verhaltensrecht“ und „Erfolgsrecht“ bei P. Kirchhof (Verwalten durch „mittelbares Einwirken“, 1977, S. 88 ff.), die es erlaubt, den Grundrechtseingriff vom kausalen Merkmal eines unmittelbaren Eingriffs zu lösen und durch ein materielles Zuordnungskriterium zu erfassen. Ein Grundrechtseingriff liegt danach im Unterschied zu dessen „klassischer“ Definition aus dem Kriterium eines „unmittelbaren Eingriffs“

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

191

des klassischen Grundrechtseingriffs kann darum nicht die Rede sein. Mit anderen Worten fehlt privaten Betätigungsinteressen in bezug auf die originär zweckrationale Wahrnehmung staatlicher Gemeinwohlverpflichtungen als solche ein Grundrechtsstatus. Aber diese Feststellung verliert ihre Bedeutung auf der Grundlage eines grundrechtsdogmatisch zweckentsprechend und zutreffenderweise erweiterten Begriffs des Grundrechtseingriffs. Danach hat der Grundrechtseingriff als eine „Zweckschöpfung des Grundrechtsschutzes“374 zu gelten. Er muß deshalb jedes staatliche „Verhalten“ erfassen, das gesetzlich oder bereits unmittelbar verfassungsrechtlich legalisiert ist und sich dabei auch nur als „Erfolg“ in einem grundrechtlichen Schutzbereich auswirkt. Er ergibt sich schon allein als Folge eines konkreten Aufeinandertreffens von legaliter vorgesehenem legalen staatlichen Verhalten mit einem grundrechtlichen Schutzbereich.375 Darum kann auch eine Abstandnahme des Staates von funktionalen Privatisierungen ihm Rahmen einer ihm staatsrechtlich originär aufgegebenen leistungsspezifischen Gewährleistungsverantwortung, wie im Fernstraßenwesen, in bezug auf insofern vorhandene aktuelle konkrete, am Schutzbereich grundrechtlicher Wirtschaftsfreiheit partizipierende Betätigungsinteressen Privater zu einem Grundrechtseingriff führen. Die betreffenden staatlichen Entscheidungen sind ungeachtet ihrer originär zweckrationalen Ausrichtung auf eine Erfüllung staatlicher Gemeinwohlverpflichtung hinsichtlich damit möglicherweise verbundener Effekte im Schutzbereich individueller Wirtschaftsfreiheit auch grundrechtlich anspruchgebunden. Diese Feststellung gilt aber zunächst nur einem grundrechtlichen Status. Dessen konkrete individuelle Aktualisierung hängt von weiteren einfachrechtlichen Vermittlungen und von spezifischen sachlichen Voraussetzungen ab. Maßstäbe für die prinzipielle Grundrechtsgebundenheit funktionaler Privatisierungsentscheidungen im Fernstraßenwesen sind auf der einen Seite des Staates dessen Gemeinwohlverpflichtung für das Fernstraßenwesen sowie auf der anderen Seite von gegebenenfalls grundrechtlich legitimierten Privaten deren dementsprechende, im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und des rechtsstaatlichen Übermaßverbotes ausreichende bzw. unzureichende Leistungsfähigkeit. Beides zusammen bildet die Anforderungen einer verfassungsrechtlich funktionsgerechten Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen. Dazu gilt es allerdings noch Klarstellungen vorzunehmen sowohl zu den notwendigerweise erst zu schaffenden rechtssatzmäßigen Bedingungen für eine Verwirklichung von gegebenenfalls begründeten grundrechtlichen Ansprüchen auf funktioauch dann vor, wenn staatliches „Verhalten“ zugleich die Wirkung eines „Erfolgs“ in einem grundrechtlichen Schutzbereich entfaltet. Das betreffende Grundrecht gewährt einen „Erfolgsschutz“ gegenüber (Neben-)Effekten „staatlichen Verhaltens“. Danach definiert sich ein Grundrechtseingriff auch aus einem (Neben-)Effekt staatlicher Gemeinwohlentscheidungen in einem grundrechtlichen Schutzbereich; Galwas, Faktische Beeinträchtigungen im Bereich der Grundrechte, 1970, S. 45 ff., W. Roth, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, 1994, S. 161 ff. und Weber-Dürler, VVDStRL 54 (1998), 59 / 76. 374 Bethge, VVDStRL 54 (1998) 10 / 52. 375 Bethge, a. a. O., 46 f. und 51 f.

192

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

nale Privatisierungen im Fernstraßenwesen als auch zu den sachlichen Voraussetzungen, unter denen solche grundrechtlichen Bindungen begründet und damit verfassungsrechtlich funktionsgerecht sein können.

d) Die grundrechtliche Anspruchsgebundenheit von Privatisierungsentscheidungen im Fernstraßenwesen als Gegenstand fernstraßenrechtlicher Vermittlung Funktionale Privatisierungen im Fernstraßenwesen sehen sich, ungeachtet einer gegebenenfalls bestehenden grundrechtlichen Anspruchsgebundenheit, auf der einfachrechtlichen Ebene konfrontiert mit der tradierten Staatlichkeit der Fernstraßen und der infolgedessen überkommenen ausschließlichen Ausgestaltung des einfachen Fernstraßenrechts, also des FStrG und der Ausbauplangesetzgebung für die Fernstraßen, als eines Fernstraßenrechts der im Art. 90 GG kontingent organisierten staatlichen Bundesfernstraßen. Daher bedarf jede funktionale Privatisierung, die über bloße verwaltungsinterne Vorgänge hinausgehend zu Änderungen an den vorhandenen gesetzlichen Aufgaben und Befugnissen der Bundesfernstraßenverwaltung bzw. zu deren Ergänzung führt, entsprechender gesetzlicher Ergänzungen bzw. Änderungen. Dies ist bereits geschehen in den das allgemeine Fernstraßenrecht ergänzenden bzw. ändernden gesetzlichen Regelungen des FStrPrivFinG zur Inanspruchnahme Privater für Aufgaben und Befugnisse der Bundesfernstraßenverwaltung in den Rechtsformen von Verwaltungshilfe und Beleihung sowie in gesetzlichen Bestimmungen des ABMG zur Inanspruchnahme und Beleihung Privater für die dort geregelte Mauterhebung.376 Diese bereits bestehenden Fälle eines besonderen neuen Fernstraßenrechts repräsentieren die Notwendigkeit eines gesetzlichen Privatisierungsfolgerechts zu funktionalen Privatisierungen, die sich noch im Organisations- und Regelungsrahmen staatlicher Bundesfernstraßen bewegen, aber schon in die tradierte Aufgaben- und Befugnisordnung der ausschließlich staatlich geführten Bundesfernstraßenverwaltung eingreifen. Ein noch weitergehendes, das überkommene Fernstraßenrecht änderndes Privatisierungsfolgerecht verlangen solche funktionalen Privatisierungen, die auf der Grundlage, im Rahmen und nach Maßgabe der verfassungsrechtlich prinzipiell geltenden staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen neben Bundesfernstraßen auch die Gestaltungsmöglichkeit nicht staatlicher Fernstraßen eröffnen.377 Deren Verwirklichung hat ein bislang unbekanntes Fernstraßenrecht nicht staatlicher Fernstraßen, einschließlich eines auch solche Fernstraßen erfassenden Ausbauplanungsrechts, zur Voraussetzung und verlangt, wie ausgeführt, sinnvollerweise auch eine verfassungsändernde Ausweitung der Bundesauftragsverwaltung für das Fernstraßenwesen auf eine administrative Wahrnehmung der insofern gebotenen staatlichen Gewährleistungsaufgaben und Gewährleistungsbefugnisse. Jede mehr oder 376 377

Dazu noch unter E.II. und VI. Dazu unter E.VIII.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

193

weniger weitgehende, das überkommene allgemeine Fernstraßenrecht berührende funktionale Privatisierung im Fernstraßenwesen erfordert somit ein dementsprechendes, mehr oder weniger weitgehendes gesetzliches bzw. sinnvollerweise sogar bundesstaatsrechtliches Privatisierungsfolgerecht. Alle genannten funktionalen Privatisierungen bedürfen einer jeweiligen legislativen bzw. sinnvollerweise sogar verfassungsändernden Vermittlung. Dies gilt auch unter den Voraussetzungen ihrer grundrechtlichen Anspruchsgebundenheit, führt jedoch dann auch noch zu der besonderen staatsrechtlichen Situation, daß die gegebenenfalls begründeten grundrechtlichen Privatisierungsansprüche einer rechtssetzenden Vermittlung bedürfen. Hieraus resultiert eine staatsrechtliche Fragestellung, deren Auflösung sich jedoch aus der Verpflichtung des Staates zur verfassungsrechtlich funktionsgerechten Wahrnehmung seiner Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen folgerichtig ergibt. Grundsätzlich mag nach der verfassungsstaatlichen Ordnung des GG die staatliche Rechtssetzungsbefugnis als eine Staatsfunktion gelten, die in ihrer Ausgestaltung durch die verfassungsmäßige Ordnung, einschließlich gegebenenfalls einschlägiger Grundrechtsstatus, zwar umfängliche und inhaltliche Grenzen kennt, aber in diesem Rahmen Entscheidungsfreiheit besitzt, insbesondere in ihrer Wahrnehmung keiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung unterliegt.378 Eine uneingeschränkte Geltung kann indessen ein verfassungsstaatliches Theorem souveräner legislativer Aktivität nicht beanspruchen.379 Schon objektivrechtlich vermögen staatsrechtlich originär konstituierte Staatsaufgaben verfassungsrechtliche Verpflichtungen zu legislativem Tätigwerden zu begründen. In dieser Beziehung jedenfalls wird deutlich, daß die Rechtssetzung als Staatsfunktion selbst keine Staatsaufgabe ist, sondern nur Mittel zur Wahrnehmung von Staatsaufgaben. Ebenso ist wegen der instrumentellen Funktion der Rechtssetzung dieser auch eine grundrechtliche Anspruchsgebundenheit nach der verfassungsmäßigen Ordnung 378 Badura, Staatsrecht, 3. Aufl. 2003, D Rnr 51 (Gesetzgebung kein „Verfassungsvollzug“) sowie D Rnr 34 und F Rnr 14 (legislative Gestaltungsfreiheit), ferner zur grundsätzlichen Autonomie des Gesetzgebers Walecki, Die Normsetzungspflicht des Gesetzgebers und ihre Erzwingbarkeit (jur. Diss. Würzburg 1972, S. 33 ff.); zu gegebenenfalls bestehenden speziellen bzw. konkreten Verfassungsaufträgen an den Gesetzgeber Schweda, Nichterfüllte Aufträge des Verfassungsgebers an den Gesetzgeber, insbesondere diejenigen im Bonner Grundgesetz, jur. Diss. Münster 1968, S. 29 ff., Walecki, a. a. O., S. 71 ff. und 81 ff. sowie Zippelius / Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, 31. Aufl. 2005, § 5 III 3 b. 379 Allgemein zur Frage von insofern möglichen rechtsstaatlichen Bindungen des Gesetzgebers im Hinblick auf Gesetzgebungspflichten Walecki, a. a. O., S. 57 ff. und Battis, HStR VII (1992), § 165 Rnr 42 ff.; zu verfassungsverletzenden legislativen Unterlassungen, zur Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde und zur verfassungsgerichtlichen Justitabilität Beschl, BVerfG 14. 1. 81, BVerfGE 56, 54 / 70 ff. sowie im übrigen in verfassungsgerichtlicher Hinsicht Graßhof, in: Umbach / Clemens / Dollinger (Hg.), Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005, § 76 Rnr 20 und § 78 Rnr 84, Magen, a. a. O., § 92 Rnr 8 und Stark, a. a. O., § 95 Rnr 34. Ferner zu den Voraussetzungen eines grundrechtlichen „Eingriffs“ durch Unterlassen des Gesetz- und Verordnungsgebers Urt. BGH 10. 12. 87, BGHZ 102, 350 / 364 f. (qualifiziertes, konkret evidentes Unterlassen).

13 Bartlsperger

194

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

des GG keineswegs fremd. Eine solche besteht jedenfalls dann, wenn und soweit sich aus Grundrechten staatliche Schutzpflichten ergeben und diese einer legislativen Vermittlung bedürfen.380 Gelegentlich werden auch die leistungsspezifischen Gewährleistungspflichten des Staates, wie im gegenständlichen Falle diejenige für das Fernstraßenwesen, mit einer allgemeinen grundrechtlichen Schutzpflicht in Verbindung gebracht und damit als ein Gegenstand behandelt, der grundrechtsdogmatisch zur Schaffung entsprechender legislativer Gewährleistungsregelungen verpflichtet.381 Dabei dürfte allerdings verkannt sein, daß die grundrechtsdogmatische Konstruktion staatlicher Schutzpflichten auf Lebenssachverhalte bezogen ist, in denen grundrechtliche Interaktionen zwischen Privaten im Kollisionsfalle einer staatlichen Rechtssetzung zum Schutze einer abstrakten Vorrangigkeit bestimmter Grundrechtspositionen gegenüber anderen bedürfen. Der Geltungs- und Anwendungsbereich grundrechtlicher Schutzpflichten in diesem Sinne betrifft also die Grundrechtsverwirklichung in einem Dreiecksverhältnis zwischen dem Staat sowie kollidierenden Grundrechtspositionen Privater. Hiervon unterscheidet sich die grundrechtsdogmatische Situation staatlicher Gewährleistungspflichten, wie derjenigen für das Fernstraßenwesen, wesentlich. Denn hierbei geht es um die funktionsgerechte Wahrnehmung einer staatlichen Gemeinwohlverpflichtung zur Gewährleistung von Grundrechtsvoraussetzungen einerseits im Verhältnis zu dabei durchaus ebenfalls möglichen ausreichend leistungsfähigen grundrechtlichen Betätigungsinteressen Privater andererseits, also um eine zweiseitige, verfassungsrechtlich funktionsgerechte Kooperation zwischen staatlicher Gemeinwohlverantwortung und grundrechtlicher Betätigungsfreiheit. Gleichwohl liegen, was die Frage einer grundrechtlichen Anspruchsgebundenheit staatlicher Rechtssetzungsbefugnisse im Interesse der Verwirklichung eines Grundrechtsstatus angeht, auch in diesem Falle Voraussetzungen vor, die einer Rechtssetzungsverpflichtung zur Erfüllung staatlicher Schutzpflichten prinzipiell vergleichbar sind. In beiden Fällen geht es aus der Sicht der betreffenden privaten Grundrechtsträger darum, daß deren betroffener Grundrechtsstatus nur unter der Voraussetzung eines grundrechtlichen Anspruchs auf eine dementsprechend vermittelnde staatliche Rechtssetzung gewahrt werden kann. Den staatsrechtlich originär konstituierten leistungsspezifischen Gewährleistungspflichten des Staates ist indessen auch schon begriffsnotwendig der verfassungsrechtliche Bedeutungsgehalt eigen, daß sie sich einerseits einer grundrechtsdogmatischen Begründung als abstrakte Gemeinwohlverantwortung des Staates zur Gewährleistung der betreffenden nutzungs- und leistungsspezifischen Grundrechtsvoraussetzungen verdanken,382 andererseits aber zugleich eine konkrete grundrechtsschützende bzw. grundrechtsverwirklichende Inhalts- und Umfangsbegrenzung hinsichtlich einer eigenen staatlichen Erfüllung dieser Verpflichtung in 380 Zu den grundrechtlichen Schutzpflichten Nachw. Fn. 369; ferner auch im Urt. BGH 10. 12. 87, a. a. O., 365 ff. m.Nachw. zur Rechtsprechung des BVerfG. 381 Siehe bei Weiß (Fn. 369). 382 Oben unter 6.b) und d).

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

195

sich tragen. Ihr Bedeutungsgehalt als staatsrechtlich besondere Staatsaufgabenmodalität liegt gerade in der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zu einer funktionsgerechten Grundrechtsverwirklichung, d. h. zu einer funktionsgerechten Kooperation zwischen einer staatseigenen Grundrechtsgewährleistung sowie einer hierbei gegebenenfalls konkret eröffneten, insofern durchaus ebenfalls in ausreichendem Maße leistungsfähigen grundrechtlichen Betätigungsfreiheit Privater. Eine potentielle grundrechtliche Anspruchsgebundenheit des Staates bei Wahrnehmung von dessen leistungsspezifischen Gewährleistungspflichten gehört also wesentlich schon zu deren verfassungsrechtlichem Bedeutungsgehalt. Sie komplementiert begriffsnotwendig die Anforderung einer verfassungsrechtlich funktionsgerechten Wahrnehmung von leistungsspezifischen Gewährleistungsverpflichtungen des Staates. Im gegenständlichen Falle der verfassungsrechtlich prinzipiell bestehenden bloßen Gewährleistungspflicht des Staates für die Fernstraßen ist schließlich ein naheliegendes Argument gegen die Annahme eines grundrechtlichen Status Privater in bezug auf eine legislative Vermittlung funktionaler Privatisierungen in Betracht zu ziehen. Es wird möglicherweise geltend gemacht, daß das Fernstraßenwesen keinen Staatsvorbehalt kenne und daß deshalb auch ohne die Schaffung fachspezifischer fernstraßenrechtlicher Voraussetzungen jedermann ohnedies schon im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung Fernstraßen zu bauen und zu betreiben berechtigt wäre. Aber mit einem solchen Argument wäre verkannt, daß einem privaten Fernstraßenwesen ohne ein entsprechendes fachspezifisches Fernstraßenrecht die Planungs- und Realisierungsvoraussetzungen fehlen. Fernstraßen sind überhaupt nur auf der Grundlage und im Rahmen der fachspezifischen Regelungsbedingungen einer Gemeinwohlrealisierung, d. h. unter dem verfassungsrechtlich konstituierten Ordnungsprinzip eines öffentlichen Gutes zu verwirklichen.383 Eine Realisierbarkeit grundrechtlicher Wirtschaftsfreiheit in einem privaten Fernstraßenwesen besteht allenfalls und nur im Rahmen eines entsprechenden fachspezifischen Fernstraßenrechts, das die verfassungsrechtlich prinzipiell bloß geltende staatliche Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen in einer verfassungsrechtlich funktionsgerechten Weise ausgestaltet. Allein die staatliche Gemeinwohlfähigkeit und Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen bietet den verfassungsrechtlichen Raum auch für private Fernstraßen.384 Dies macht gerade den verfassungsrechtlichen Bedeutungs- und Funktionsgehalt einer bloßen leistungsspezifischen Gewährleistungspflicht des Staates aus. Sie besteht in dem verfassungsrechtlichen Konstrukt einer möglichen Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft bei der Gemeinwohlverwirklichung im Fernstraßenwesen, d. h. in dem verfassungsrechtlichen Prinzip kooperativer Staatlichkeit, die unter 383 Oben unter IV.4. sowie bei Wendrich, Baur 85, 152 / 161 ff. , Steiner, HRStR III (1988), § 81 Rnr 81 f., Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 124 ff., Hermes, Infrastrukturverantwortung. S. 358 ff. und 370 ff. und Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, S. 77 ff. Nachw. 384 Dazu oben in Fn. 345.

13*

196

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

einer staatlichen Gewährleistungsverantwortung auch Raum läßt für eine gegebenenfalls mit dieser staatlichen Gemeinwohlverpflichtung vereinbaren, weil in ihrer aktuellen und konkreten Leistungsfähigkeit hierfür ausreichenden grundrechtlichen Wirtschaftsfreiheit Privater. Eine solche Verfassungsrechtlage schließt die grundrechtliche Verpflichtung des Staates ein, unter der Maßgabe einer funktionsgerechten Wahrnehmung jener betreffenden Gewährleistungspflicht bei einem aktuell konkret gegebenen Anlaß auch die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für entsprechende funktionale Privatisierungen im Fernstraßenwesen zu schaffen. Danach läßt sich zum Vorbehalt einer rechtssatzmäßigen Vermittlung von gegebenenfalls grundrechtlichen Privatisierungsansprüchen im Fernstraßenwesen zusammenfassend eine verfassungsdogmatisch allgemein gültige Feststellung treffen. Der allgemeine verfassungsdogmatische Begriff und Bedeutungsgehalt von leistungsspezifischen Gewährleistungspflichten des Staates, wie im Falle des Fernstraßenwesens, ist bezüglich dabei in Betracht kommender funktionaler Privatisierungen notwendigerweise mit dem Vorbehalt von deren rechtssatzmäßiger Vermittlung durch ein dementsprechendes fachspezifisches Privatisierungsfolgerecht verbunden. Dieser Vorbehalt rechtsatzmäßiger Vermittlung schließt es keineswegs aus, daß unter aktuellen konkreten Voraussetzungen eine Anspruchsgebundenheit funktionaler Privatisierungen und eines dementsprechenden Privatisierungsfolgerechts besteht. Denn die für funktionale Privatisierungen im Geltungs- und Anwendungsbereich einer leistungsspezifischen staatlichen Gewährleistungspflicht notwendige Rechtssetzung stellt als Ausübung einer Staatsfunktion lediglich ein verfassungsrechtlich gebundenes Mittel dar zur Verwirklichung der betreffenden Gewährleistungsverantwortung, sowohl was diese als objektivrechtliche Staatsaufgabe wie auch was ihre grundrechtliche Anspruchsgebundenheit angeht; in beiden Hinsichten ist sie nur das staatsrechtlich gebundene Mittel zur verfassungsrechtlich funktionsgerechten Wahrnehmung leistungsspezifischer Gewährleistungspflichten des Staates. Im Falle der für die Fernstraßen verfassungsrechtlich prinzipiell bloß geltenden staatlichen Gewährleistungspflicht erfährt also diese ihre notwendige legislative Vermittlung nicht nur durch ein Fernstraßenrecht der tradierten staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung, sondern gegebenenfalls auch durch ein Fernstraßenrecht eines mehr oder weniger weitgehend funktional privatisierten Fernstraßenwesens, einschließlich von möglicherweise aktuell und konkret in Betracht kommenden privaten Fernstraßen. Die in dem Zusammenhang praktisch entscheidende Frage gilt lediglich den verfassungsrechtlich maßgeblichen, materiell tatbestandlichen Voraussetzungen, unter denen bestimmte Vorgänge und Formen funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen als verfassungsrechtlich funktionsgerecht zu gelten haben und deshalb durch dementsprechende rechtssetzende und administrative Maßnahmen zu eröffnen sind. Es sind also die abstrakten Tatbestände zu bestimmen und voneinander abzugrenzen, unter denen einerseits ein Festhalten an der ausschließlich staatseigenen, traditionell hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung sowie andererseits mehr oder weniger weitgehende funktionale Privatisierungen im Fernstraßenwesen

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

197

als verfassungsrechtlich funktionsgerecht zu beurteilen sind. Dies bedeutet im Ergebnis, daß es sich bei der staatlichen Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen um eine staatsrechtlich originär begründete Gewährleistungsverantwortung des Staates handelt, deren Wahrnehmung einer verfassungsrechtlich beurteilbaren tatbestandlichen Differenzierung zugänglich ist zwischen einer ausschließlich staatseigenen, traditionell hoheitlichen und einer funktional privatisierten Erfüllung.

e) Die staatliche Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen als verfassungsrechtlich funktionsgerecht wahrzunehmende Staatsaufgabe – Begriff der Gewährleistungspflicht Eine tatbestandlich differenzierte Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen nach dem Unterscheidungskriterium verfassungsrechtlicher Funktionsgerechtigkeit einerseits einer ausschließlich staatseigenen und andererseits einer funktional privatisierten Erfüllung geht von einem dementsprechend offenen und umfassenden Begriffsinhalt und Bedeutungsgehalt leistungsspezifischer Gewährleistungspflichten des Staats aus. Sie unterscheiden sich von einer engeren Definition und Begriffsverwendung jener staatlichen Gewährleistungspflichten. Danach soll diese nur die Staatsaufgabe bezeichnen, eine Erbringung der jeweiligen Leistungsbereitstellung in privatwirtschaftlicher Form bzw. durch Private zu gewährleisten.385 Einen solchen engeren Begriff leistungsspezifischer Gewährleistungspflichten des Staates kennt das GG zwischenzeitlich für die „Eisenbahnen des Bundes“, wonach diese stets als „Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form geführt“386 werden, sowie im Bereich von „Post und Telekommunikation“, deren „Dienstleistungen“ stets „als privatwirtschaftliche Tätigkeiten“ durch „Unternehmen und durch andere Anbieter erbracht“387 werden. In diesen staatsrechtlich besonders geregelten Fällen handelt es sich um eine gänzlich auf die privatwirtschaftliche bzw. private Realisierung festgelegte und beschränkte staatliche Gewährleistungspflicht. Allein die staatliche Gewährleistung einer privatwirtschaftlichen bzw. privaten Gemeinwohlverwirklichung soll in den genannten verfassungsrechtlich besonders geregelten Fällen die betreffende Staatsaufgabe darstellen oder anders formuliert soll unter jenen speziellen verfassungs385 Dementsprechend differenzíerend zu verstehen wohl die Darlegungen bei Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 337 ff. und Schuppert, Gewährleistungsstaat, S. 16 (insofern undifferenziert dagegen zum Begriff der „Gewährleistungsverantwortung“ bei Schuppert, Staatswissenschaft, S. 291 f.). Ferner in dem Zusammenhang zur bloßen „Regulierung und Aufsicht als Ausdruck der Gewährleistungsverantwortung“ Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 300 ff.; zur „Vielschichtigkeit des Staatsaufgabenbegriffs“, d. h. auch der Gewährleistungsaufgabe, Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 122 ff. und zu einer derart verwendeten sogenannten „Kern-Schalen-Vorstellung“ dies., a. a. O., S. 124 ff. 386 Art. 87 e Abs. 3 S. 1 GG; dazu Hermes, a. a. O., S. 174 ff. 387 Art. 87 f. Abs. 2 S. 1 GG; dazu Hermes, a. a. O., S. 181 ff.

198

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

rechtlichen Voraussetzungen die Staatsaufgabe lediglich in der Gewährleistung bestehen, „daß eine öffentliche Aufgabe erfüllt wird“. Die betreffenden privatwirtschaftlichen bzw. privaten Tätigkeiten sollen zwar im Interesse des Gemeinwohls erfolgen, aber bereits nicht mehr als Wahrnehmung einer Staatsaufgabe gelten. Nur mit Rücksicht auf jene dahinterstehende staatliche Gewährleistungsaufgabe kann dann eine Leistungserbringung unter dem Ordnungsprinzip von öffentlichen Gütern im Rechtssinne angenommen werden. Von diesen besonderen Regelungsfällen bzw. ihrer einmal angenommen zutreffenden verfassungsdogmatischen Interpretation unterscheidet sich die gegenständliche staatliche Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen wesentlich. Sie entspricht dem Begriffsinhalt und Bedeutungsgehalt leistungsspezifischer Gewährleistungspflichten des Staates, der eine verfassungsdogmatisch grundsätzliche Gültigkeit beansprucht.388 Der verfassungsdogmatisch grundsätzlich gültige Begriffsinhalt und Bedeutungsgehalt von staatsrechtlich originär begründeten leistungsspezifischen Gewährleistungspflichten des Staates ergibt sich folgerichtig daraus, daß diese dem Staat eine bestimmten Grundrechtsgarantien sinnentsprechend innewohnende Gemeinwohlfähigkeit und Gemeinwohlverpflichtung zur Gewährleistung der betreffenden Grundrechtsvoraussetzungen auferlegen. Danach hat die betreffende staatliche Gemeinwohlverantwortung für die Gewährleistung der betreffenden Grundrechtsvoraussetzungen als solche einen modalitätsoffenen Zweck und Pflichtinhalt; sie sind hinsichtlich der Mittel ihrer Verwirklichung nicht prinzipiell festgelegt. Vielmehr sind staatsrechtlich originär begründete leistungsspezifische Gewährleistungspflichten als solche, vorbehaltlich einer besonderen verfassungsrechtlichen Ausgestaltung, variabel, was ihre Verwirklichung in ausschließlich staatseigener oder in funktional privatisierter Weise angeht. Die Anforderung einer verfassungsrechtlich funktionsgerechten Wahrnehmung unter Berücksichtigung einer aktuell und konkret ausreichend leistungsfähigen Gewährleistung der betreffenden Grundrechtsvoraussetzungen in privatwirtschaftlicher Form bzw. durch Private ist erst die Rechtsfolge weiterer Kautelen, die sich in der dargelegten Weise aus dem verfassungsstaatlich regulativen Subsidiaritätsprinzip, dem rechtsstaatlichen Übermaßverbot und einer gegebenenfalls bestehenden grundrechtlichen Anspruchsgebundenheit ergeben. Beides zusammen, die grundrechtsdogmatisch originär begründete Gewährleistungsverantwortung des Staates sowie eine diesem dabei gegebenenfalls obliegende verfassungsrechtliche Verpflichtung zur funktional privatisierten Wahrnehmung derselben macht die Anforderung einer verfassungsrechtlich funktionsgerechten Verwirklichung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe aus. Auch die privatwirtschaftliche bzw. private Realisierung derselben ist die Erfüllung einer staatlichen Aufgabe und nur dieser Umstand rechtfertigt es, daß insofern rechtsbegrifflich von einer „funktionalen“ Privatisierung gesprochen werden kann, d. h. die betreffenden Privatisierungsvorgänge nicht als „materielle“ Privatisierungen gelten können. 388

Siehe die Nachw. in Fn. 319.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

199

Übereinstimmend mit dem dargelegten rechtsgrundsätzlichen Begriffsinhalt leistungsspezifischer staatlicher Gewährleistungspflichten des Staates kommt im gegenständlichen Falle des Fernstraßenwesens klarstellend hinzu, daß Art. 90 GG als Organisationsnorm einer Bundesfernstraßenverwaltung ausdrücklich die Modalität einer staatseigenen Wahrnehmung jener Gemeinwohlverpflichtung des Staates vorsieht. Diese spezielle staatsrechtliche Organisationsnorm zu einer staatlichen Fernstraßenverwaltung gilt Tatbeständen, unter deren Voraussetzung eine staatseigene Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen als verfassungsrechtlich funktionsgerecht gelten kann. Als Wahrnehmungsmodalität der letzteren bedarf sie wie diejenige funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen nach dem Kriterium verfassungsrechtlicher Funktionsgerechtigkeit einer prinzipiellen Bereichsbestimmung sowie auf deren Grundlage einer Spezifizierung der dabei maßgeblichen Voraussetzungen. Die prinzipielle Bereichsabgrenzung der beiden grundsätzlichen Wahrnehmungsmodalitäten der staatlichen Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen beurteilt sich, wie dargestellt, objektivrechtlich nach dem rechtsstaatlichen Übermaßverbot sowie im Hinblick auf gegebenenfalls aktuell und konkret vorhandene Voraussetzungen nach einer die grundrechtliche Wirtschaftsfreiheit Privater realisierenden Anspruchsgebundenheit und sie kann sich dabei an dem sachlichen Kriterium gebotener bzw. ausreichender Leistungsfähigkeit im Sinne des verfassungsstaatlich regulativen Subsidiaritätsprinzips orientieren.389 Bei der Spezifizierung der hierbei relevanten Voraussetzungen erscheint es praktikabel, von der überkommenen Bundesfernstraßenverwaltung, d. h. von der entwicklungsgeschichtlich kontingenten Modalität einer staatseigenen hoheitlichen Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungspflicht auszugehen und demgegenüber die Voraussetzungen von verfassungsrechtlich funktionsgerechten funktionalen Privatisierungen zu bestimmen. Letzteres bedeutet, die formellen und materiellen Voraussetzungen zu spezifizieren, unter denen eine entsprechende staatliche Verpflichtung zur funktionalen Privatisierung im Fernstraßenwesen als verfassungsrechtlich geboten zu gelten hat. Insgesamt und zusammengefaßt weisen diese Voraussetzungen verfassungsrechtlich funktionsgerechter funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen eine Differenzierung und Stufung auf. Zum einen kommt eine solche staatliche Verpflichtung nur dann und insoweit in Betracht, wenn und insoweit überhaupt ein aktueller und konkreter fernstraßenrechtlicher Gemeinwohlbedarf für Fernstraßen vorhanden ist. Zum zweiten können sich die unter jener Voraussetzung eröffneten funktionalen Privatisierungen auf mehr oder weniger weitgehende fernstraßenrechtliche Privatisierungsformen beziehen. Schließlich kann eine funktionale Privatisierungspflicht des Staates einen konkreten fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarf und in bezug auf eine bestimmte fernstraßenrechtliche Privatisierungsform nur dann angenommen werden, wenn abhängig von einer für die jeweilige Privatisierungsform aktuell und konkret vorhandenen privatwirtschaftlichen Vor389

Vorstehend unter c).

200

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

aussetzung bzw. Bereitschaft die betreffende Privatisierung als verfassungsrechtlich funktionsgerecht zu beurteilen ist, also ein verfassungsrechtlicher Privatisierungstatbestand angenommen werden kann. Die verfassungsrechtliche Funktionsgerechtigkeit funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen sowie eine dementsprechende verfassungsrechtliche Privatisierungspflicht hängen also von drei Voraussetzungen ab, von einem aktuellen und konkreten Gemeinwohlbedarf für die betreffenden Fernstraßen, von einer unter aktuellen und konkreten Gegebenheiten in Betracht kommenden fernstraßenrechtlichen Privatisierungsform sowie von einem verfassungsrechtlich zu beurteilenden Privatisierungstatbestand.

9. Voraussetzungen einer funktionalen Privatisierung bzw. Privatisierungspflicht im Fernstraßenwesen – Privatisierungsbedarf, Privatisierungsformen, Privatisierungstatbestände a) Der Gemeinwohlbedarf als rechts- und pflichtbegründende Voraussetzung funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen – Fernstraßenrechtlicher Privatisierungsbedarf, fernstraßenrechtliche Ausbauplanung Aufgrund des verfassungsrechtlichen Begriffs- und Bedeutungsinhalts funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen als Vorgänge zur Verwirklichung einer leistungsspezifischen Gemeinwohlverantwortung des Staates sind fernstraßenrechtliche Privatisierungsvorgänge funktions-, realisierungs- und begründungsabhängig von einem unter den aktuellen und konkreten Gegebenheiten beurteilungsgemäß anzunehmenden entsprechenden Gemeinwohlbedarf für die betreffenden Fernstraßen. Dies bedeutet, daß eine objektivrechtliche und gegebenenfalls eine grundrechtlich anspruchsgebundene staatliche Privatisierungspflicht im Fernstraßenwesen lediglich unter den Voraussetzungen und in den Grenzen einer aktuell und konkret anzunehmenden Gewährleistungsaufgabe des Staates, also nur dann und insoweit begründet sein kann, wenn und soweit die betreffende Bereitstellung von Fernstraßen auf der Grundlage und im Rahmen der hierfür bestehenden staatlichen Gemeinwohlfähigkeit und Gemeinwohlverpflichtung als erforderlich zu gelten vermag. Die konstitutive Beurteilung und Entscheidung hierzu erfolgt explizit und formell in der die staatliche Gewährleistungsaufgabe konkretisierenden staatlichen Ausbauplanung für die Fernstraßen, nach der eingeführten und bewährten Staatspraxis auf der Grundlage und im Rahmen der dem Bund bundesstaatsrechtlich kraft Natur der Sache kategorisch zustehenden Ausbauplangesetzgebung.390 In ihr entscheidet der Staat über den von ihm aktuell und konkret beur390 Gesetzliche Regelung im FStrAbG; im vorliegenden Zusammenhang zur Ausbauplanung zum jeweiligen Bedarfsplan Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 87 f., Gottschewski, Durchsetzung von europäischen Straßen, S. 20 ff. und 159 ff. (Europäischer Bedarfsplan), Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 196 ff. und Schmitt, FStrPrivFinG, S. 26 ff.; zur fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung als Kernbereich der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 125 ff.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

201

teilten Planungsumfang und Planungsinhalt seiner Gemeinwohlverpflichtung für die Gewährleistung des Fernstraßenwesens. Hiervon ausgehend können fernstraßenrechtliche Privatisierungsregelungen nur auf der Grundlage und in den Grenzen der staatlichen Ausbauplanung für die Fernstraßen zur Anwendung gelangen, sich dementsprechend konkrete Privatisierungsvorgänge lediglich in jenem förmlichen Bedarfsplanungsrahmen bewegen und Privatisierungspflichten unter den hierfür im übrigen gegebenenfalls anzunehmenden tatbestandlichen Voraussetzungen nur insoweit entstehen. Der so konstituierte fernstraßenrechtliche Gemeinwohlbedarf ist danach funktions-, realisierungs- und begriffsnotwendig die erste Voraussetzung für funktionale Privatisierungen und gegebenenfalls funktionale Privatisierungspflichten im Fernstraßenwesen. Er findet eine formelle Konstituierung in der fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung. Diese verfassungs- und fernstraßenrechtliche Lage hat Konsequenzen für die Kompetenz und den Geltungsanspruch der fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung. Ihr kommt über den traditionellen Befugnis- und Geltungsanspruch für die Bedarfsplanung von in staatlicher Hoheitsverwaltung bereitgestellten Bundesfernstraßen und über ihren insofern hypothetischen Bezug auf die finanzverfassungsrechtliche Finanzierungspflicht des Bundes für die Bundesfernstraßen nach Art. 104a Abs. 2 GG391 hinaus die paradigmatisch veränderte Funktion und Bedeutung einer auch funktionale Privatisierungen im Fernstraßenwesen umfassenden fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung zu. Sie beansprucht für den fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarf eine kategorische Geltung und sie hat ausschließlich sowie in vollem Umfang dieser Anforderung zu entsprechen, ohne Rücksicht auf eine staatliche Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft für die Bereitstellung von Fernstraßen. Über den in der Fernstraßenausbauplanung zu konstituierenden fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarf ist zweckgebunden und allein nach den objektiv beurteilbaren Anforderungen der insofern verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohl- und Gewährleistungsverpflichtung des Staates zu entscheiden. Dem Staat, bundesstaatsrechtlich dem Bund, ist aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Gewährleistungsverantwortung nicht nur die Befugnis zur Konstituierung des fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs verliehen und vorbehalten, sondern auch die Pflicht zu deren Wahrnehmung nach den objektiven Bedürfnissen des Fernstraßenwesens auferlegt. Dies bedeutet, daß die Fernstraßenausbauplanung auch privatisierungsoffen zu erfolgen hat, einschließlich der gegebenenfalls in Betracht kommenden weitestgehenden Privatisierungsform privater Fernstraßen.392 Diese verAllgemein zur fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung Friauf, Übertragung öffentlicher Infrastrukturaufgaben, S. 153 ff., Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 32 Rnr 1 ff. und 8 ff. sowie Urt. BVerwG 15. 1. 04, NuR 04, 366 ff. 391 Rinke, a. a. O., Kap. 32 Rnr 5.1 f.; zu den Finanzierungsgesetzen für die Bundesfernstraßen ders., a. a. O., Kap. 16 Rnr 22 ff. 392 Zu der gerade in diesem Zusammenhang maßgebliche Definition „privater Fernstraßen“ in Fn. 345.

202

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

fassungsrechtlich vorgegebene Funktion der Fernstraßenausbauplanung des Bundes hat man sich in ihren Konsequenzen zu vergegenwärtigen. Ausgehend von der eingeführten und bewährten Staatspraxis einer förmlichen Fernstraßenausbauplanung des Bundes fungiert diese als formeller Kompetenzvorbehalt des Staates, mit dem dieser seine in der verfassungsrechtlichen Gewährleistungsverpflichtung für das Fernstraßenwesen begründete Befugnis zur Konstituierung des fernstraßenrechtliche Gemeinwohlbedarfs wahrnimmt. Aber aus dem gleichen verfassungsrechtlichen Grunde der staatlichen Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen steht jener formell beanspruchte Kompetenzvorbehalt einer Fernstraßenausbauplanung des Bundes jeweils unter dem verfassungsrechtlich begründeten Vorbehalt einer materiellrechtlichen Pflichtgebundenheit zur Konstituierung des fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs. Er ist lediglich das formell beanspruchte Instrument und Mittel zum Zwecke der dem Staat verfassungsrechtlich verpflichtend obliegenden Konstituierung des fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs. Aus dieser materiellrechtlichen Pflichtgebundenheit der Fernstraßenausbauplanung des Bundes ergeben sich zwei verfassungsrechtlich zwingende Folgerungen, die es klarstellend festzuhalten gilt. Zum einen bedeutet die verfassungsrechtlich materielle Pflichtgebundenheit der Fernstraßenausbauplanung, daß diese die Konstituierung des fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs ausschließlich und umfassend nach den objektiv beurteilbaren Bedürfnissen des Fernstraßenwesens vorzunehmen hat, in denen dieses seine Funktion als leistungs- und nutzungsspezifische Gewährleistung einer Grundrechtsvoraussetzung im Bereich öffentlicher Verkehrsinfrastruktur vorfindet. Danach sind allein die objektiv beurteilbaren Bedürfnisse des Fernstraßenwesens verpflichtender Entscheidungsgegenstand der formellen Fernstraßenausbauplanung, ungeachtet der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Bundes zur Bereitstellung von Bundesfernstraßen. Vielmehr hat die Fernstraßenausbauplanung des Bundes in materiellrechtlicher Hinsicht modalitätsoffen zu erfolgen, was ihre Realisierung in staatseigener oder gegebenenfalls in funktional privatisierter Weise angeht. Zwar fällt es durchaus in die Kompetenz des Bundes, aus dem sachlichen Anlaß und dem sachlichen Zusammenhang der Fernstraßenausbauplanung kraft seiner finanzverfassungsrechtlichen Sachkostenverpflichtung für die staatseigene Bereitstellung von Fernstraßen nach Art. 104a Abs. 2 GG eine hinter dem fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarf zurückbleibende finanzwirtschaftliche und haushaltsrechtliche Fernstraßenausbaufinanzierung festzulegen. Aber diese hat verfassungsrechtlich nicht zwingend etwas mit der Konstituierung des fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs in der Fernstraßenausbauplanung zu tun; sie ist von dieser letzteren entscheidungspolitisch, kompetenzrechtlich und rechtsförmlich zu trennen. Auch sie bewegt sich zwar auf der Grundlage und im Rahmen der Fernstraßenausbauplanung und diese steht insofern in einem hypothetischen Zusammenhang mit der Fernstraßenbaufinanzierung des Bundes. Aber die dem Bund

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

203

kraft Verfassungsrechts kategorisch nach den objektiv beurteilbaren Bedürfnissen des Fernstraßenwesens aufgegebene Fernstraßenausbauplanung hat ungeachtet der in der finanzwirtschaftlich geplanten und haushaltsrechtlich festgelegten Fernstraßenausbaufinanzierung des Bundes zum Ausdruck gelangenden Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft desselben für die Bereitstellung von Fernstraßen zu erfolgen. Jedenfalls schon eine Differenz zwischen der finanzwirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Fernstraßenfinanzierungsplanung des Bundes einerseits sowie der an den objektiv beurteilbaren Bedürfnissen des Fernstraßenwesens verpflichtend vorzunehmenden Fernstraßenausbauplanung andererseits bildet einen potentiellen Raum für die Realisierung von Fernstraßen in den Formen funktionaler Privatisierung sowie für gegebenenfalls entstehende funktionale Privatisierungspflichten im Fernstraßenwesen. Aber auch abgesehen von einer solchen gegebenenfalls vorhandenen Differenz zwischen der objektiv gebotenen Fernstraßenausbauplanung und der vom Bund vorgesehenen Fernstraßenbaufinanzierung vermag in der letzteren keine rechtliche Sperre gegenüber funktionalen Privatisierungen im Fernstraßenwesen gesehen zu werden. Vielmehr können sich deren Realisierungsmöglichkeiten sowie eine objektivrechtliche Privatisierungsverpflichtung und gegebenenfalls eine grundrechtliche Anspruchsgebundenheit von Privatisierungsentscheidungen unabhängig und getrennt von einer vorgesehenen Fernstraßenbaufinanzierung des Bundes beurteilen. Also selbst wenn und soweit eine anzunehmende umfängliche und inhaltliche Deckung der vorgesehenen Fernstraßenbaufinanzierung des Bundes mit einer den objektiven Bedürfnissen des Fernstraßenwesens entsprechenden Fernstraßenausbauplanung vorhanden ist, kann sich gleichwohl eine staatseigene Realisierung der letzteren in der Gewährleistungsmodalität einer hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung erübrigen und es kann stattdessen unter aktuellen und konkreten Gegebenheiten trotzdem eine verfassungsrechtlich objektiv sowie gegebenenfalls kraft grundrechtlicher Anspruchsgebundenheit begründete Verpflichtung zur funktionalen Inanspruchnahme der finanziellen Resourcen und fachspezifischen Kapazitäten Privater für das Fernstraßenwesen bestehen. Danach ist aus prinzipiellen verfassungsrechtlichen Gründen festzuhalten, daß die Konstituierung des fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs in der förmlichen Fernstraßenausbauplanung des Bundes materiellrechtlich eigenständig und unabhängig von der finanzwirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Fernstraßenbaufinanzierung des Bundes zu erfolgen hat und gegebenenfalls unabhängig hiervon in funktional privatisierter Formen realisiert werden kann und unter Umständen realisiert werden muß. In dieser Hinsicht stellen kraft Verfassungsrechts die originär und ausschließlich an den fernstraßenrechtlichen Bedürfnissen auszurichtende Fernstraßenausbauplanung des Bundes und dessen finanzverfassungsrechtliche Fernstraßenausbaufinanzierung formell und materiellrechtlich je eigenständig und getrennt vorzunehmende sowie voneinander potentiell realisierungsunabhängige Vorgänge bei Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen dar. Infolgedessen erweist sich kraft Verfassungsrechts die förm-

204

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

liche Fernstraßenausbauplanung des Bundes in materiellrechtlicher Hinsicht als potentiell und gegebenenfalls auch pflichtgebunden offen für mehr oder weniger weitgehende Formen einer funktionalen Privatisierung. Voraussetzung für eine Realisierung der letzteren ist allerdings, daß sie als funktionale Privatisierungen auf der Grundlage und im Rahmen der Staatsaufgabe zur Gewährleistung des Fernstraßenwesens einem in der förmlichen Fernstraßenausbauplanung des Bundes konstituierten fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarf dienen. Dieser ist erste und unabdingbare Voraussetzung für funktionale Privatisierungen und Privatisierungspflichten im Fernstraßenwesen. Aufgrund der dargelegten, verfassungsrechtlich begründeten materiellrechtlichen Pflichtgebundenheit und Privatisierungsoffenheit der förmlichen Fernstraßenausbauplanung des Bundes gilt es zum zweiten die rechtlichen Folgerungen für den Fall zu ziehen, daß diese hinter ihrer Verpflichtung zu einer den objektiv beurteilbaren Bedürfnissen des Fernstraßenwesens entsprechenden Konstituierung des fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs zurückbleibt und hierdurch funktionalen Privatisierungen pflichtwidrig keinen oder nur einen unzureichenden Raum einräumt. Solches kann geschehen, wenn sie entgegen der erörterten förmlichen und materiellrechtlichen Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von fernstraßenrechtlicher Ausbauplanung und finanzverfassungsrechtlicher Fernstraßenbaufinanzierung des Bundes die erstere in sachlich pflichtwidriger Weise auf den Umfang und Inhalt der letzteren beschränkt, also die Fernstraßenausbauplanung in sachlich pflichtwidriger Weise in eine hypothetische Abhängigkeit von der Fernstraßenbaufinanzierung des Bundes bringt, oder wenn sie in sonstiger mehr oder weniger umfangreichen Weise die abstrakt zu beurteilende privatwirtschaftliche und fachspezifische Leistungsfähigkeit funktionaler Privatisierungen bei der Erfüllung der staatlichen Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen vernachlässigt. Ein hieraus resultierendes abstraktes Umfangs- und Inhaltsdefizit der förmlichen Fernstraßenausbauplanung des Bundes wird zum lösungsbedürftigen und praktisch relevanten Rechtsproblem, wenn oder soweit es zum förmlichen Hindernis für aktuell und konkret begründeterweise anzunehmende verfassungsrechtliche Privatisierungspflichten, insbesondere für eine dabei gegebenenfalls bestehende grundrechtliche Anspruchsgebundenheit funktionaler Privatisierungsentscheidungen wird. Es ergibt sich dann die Frage einer objektiv verfassungsrechtlichen Verpflichtung gegenüber Privaten und eines gegebenenfalls grundrechtlichen Anspruchs Privater auf eine entsprechende, jedenfalls praktische oder auch förmliche Ergänzung der fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung des Bundes. Mit anderen Worten geht es um die fernstraßenrechtliche Verpflichtung und grundrechtliche Anspruchsgebundenheit der förmlichen Fernstraßenausbauplanung, was die Zuerkennung eines fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs für einen bestimmten Fernstraßenaufbau oder für eine Bereitstellung bestimmter Fernstraßen in einer mehr oder weniger weitgehenden Form funktionaler Privatisierung angeht. Verkürzt formuliert stellt sich die Frage einer abstrakten verfassungsrechtlichen Verpflichtung und gegebenenfalls einer konkreten grundrechtlichen Anspruchsgebundenheit der fern-

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

205

straßenrechtlichen Ausbauplanung in bezug auf funktionale Privatisierungen im Fernstraßenwesen zugunsten Privater. Die Frage stellen zu müssen, heißt sie bejahen zu müssen. Der Geltungsanspruch des rechtsstaatlichen Übermaßverbots und einer grundrechtlichen Anspruchsgebundenheit bei der förmlichen Fernstraßeausbauplanung zugunsten einer funktional privatisierten Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen durch Private hat gegenüber jener funktional administrativen und rechtsförmig einfachrechtlichen Konstituierung eines auch insofern beurteilungsgemäß anzunehmenden fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs Verfassungsrang und eine dementsprechende übergeordnete Rechtsverbindlichkeit. Zwar fungiert die förmliche Fernstraßenausbauplanung des Bundes als Voraussetzung auch für ein funktional privatisiertes Fernstraßenwesen Privater. Aber sie stellt dabei lediglich das verfassungsrechtlich zweckgebundene Mittel dar für die Konstituierung eines auch insofern beurteilungsgemäß anzunehmenden fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs. Zusammen mit der bundesgesetzlichen Regelung bestimmter abstrakter Formen funktionaler Privatisierung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG bildet auch die abstrakte Berücksichtigung eines funktional privatisierten Fernstraßenwesens Privater in der förmlichen Fernstraßenausbauplanung des Bundes nur die verfassungsrechtlich gebundene einfachrechtliche Vermittlung desselben.393 Beide sind in gleicher Weise kraft Verfassungsrechts als abstrakt regelnde bzw. konstituierende Vorgänge pflicht- und unter konkreten Voraussetzungen grundrechtlich anspruchgebunden. Fraglich kann in dem Zusammenhang allenfalls erscheinen, ob eine objektive verfassungsrechtliche Pflicht und grundrechtliche Anspruchsgebundenheit der Fernstraßenausbauplanung des Bundes gegebenenfalls in bezug auf bestimmte neue Fernstraßen eine Verpflichtung bzw. einen grundrechtlichen Anspruch lediglich auf ihre faktische konkrete oder auch auf ihre förmliche Ergänzung begründet. Nur das letztere genügt dem fachspezifisch funktionalen Zweck der Fernstraßenausbauplanung. Denn diese hat sich sachnotwendig sowie nach den fernstraßenrechtlich ausdrücklich festgelegten und definierten Planungszielen dahin zu verstehen und hieraus zu legitimieren, daß sie ein den gesamtstaatlichen Verkehrsbedürfnissen entsprechendes sowie dazu in sich abhängiges und geschlossenes Fernstraßenetz gestaltet. Eine hiervon isolierte, akzidentielle Hinzufügung konkreter Fernstraßenausbauvorhaben erscheint damit unverträglich. Vielmehr hat sich jedes auf den fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarf bezogene Fernstraßenausbauvorhaben integrativ in das Gesamtkonzept der Fernstraßenausbauplanung einzufügen. Danach muß eine abstrakte verfassungsrechtliche bzw. gegebenenfalls konkrete grundrechtliche Verpflichtung zur Behebung eines Privatisierungsdefizits in der förmlichen Fernstraßenausbauplanung zur förmlichen Ergänzung derselben führen.

393

Dazu oben unter 8.d).

206

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Zur rechtlichen Voraussetzungsabhängigkeit der Formen einer funktional privatisierten Bereitstellung von Fernstraßen durch Private von einem in der förmlichen Fernstraßenausbauplanung des Bundes konstituierten fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarf ist somit festzuhalten, daß es sich bei der Schaffung der betreffenden Privatisierungsvoraussetzung um eine verfassungsrechtlich abstrakt und gegebenenfalls grundrechtlich konkret gebundene Ausbauplanungsentscheidung handelt und daß ein insofern vorhandenes Ausbauplanungsdefizit im Wege einer förmlichen, integrativen Ergänzung der Fernstraßenausbauplanung zu beheben ist. Eine weitere, nun aber schon spezifizierte Voraussetzung für eine funktional privatisierte Bereitstellung von Fernstraßen durch Private besteht darin, daß die betreffenden Privatisierungen realisierungsabhängig sind von einer hierfür jeweils sowohl aus der Sicht des gewährleistungsverantwortlichen Staates als auch nach der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der betreffenden Privaten konkret in Betracht kommenden und, wie ausgeführt, fernstraßenrechtlich vorzusehende Privatisierungsform.394 In dem Zusammenhang gilt es, insgesamt in einem vollständigen Überblick sich die abstrakt verfügbaren Organisations- und Rechtsformen funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen vor Augen zu führen, diese dabei im Hinblick auf den fernstraßenrechtlichen Privatisierungsbegriff überhaupt zu definieren sowie daraufhin zu selektieren, inwieweit es sich um funktionale Privatisierungen zugunsten Privater und damit um pflicht- und gegebenenfalls grundrechtlich anspruchsgebundene Privatisierungsfälle handelt. b) Abstrakte Organisations- und Rechtsformen einer funktionalen Privatisierung im Fernstraßenwesen – Fernstraßenrechtlicher Privatisierungsbegriff, fernstraßenrechtliche Privatisierungsformen Die Rechtfertigung, warum im Fernstraßenwesen rechtsbegrifflich überhaupt und uneingeschränkt bei jeder fernstraßenrechtlich relevanten privatwirtschaftlichen sowie bei jeder unter Inanspruchnahme privater Rechtsträger organisierten Bereitstellung von Fernstraßen von einer Privatisierung gesprochen werden kann, ergibt sich nicht nur aus der hierbei stattfindenden Abweichung von dem kontingenten, entwicklungsgeschichtlichen Zustand einer bislang tradierten, ausschließlich hoheitlichen staatlichen Fernstraßenverwaltung. Hinsichtlich der Inanspruchnahme privater Rechtsträger folgt sie rechtsbegrifflich auch und zwingend aus der erörterten Verfassungsrechtslage, wonach im Sinne der staatsrechtlichen Staatsaufgabendogmatik eine umfassende staatsunmittelbare Gemeinwohl- und Gewährleistungspflicht für das Fernstraßenwesen besteht.395 Danach stellen jedenfalls alle fernstraßenrechtlich relevanten, nicht staatseigenen, sondern unter einer wie auch immer organisierten Inanspruchnahme privater Rechtsträger erfolgenden Verwirklichungsformen jener staatsunmittelbaren Gewährleistungsaufgabe für das Fern394 395

Oben unter 8.d). Oben unter 6. und 8.a).

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

207

straßenwesen eine Privatisierung dar.396 Sie haben eben deshalb, wie gleichfalls ausgeführt, auch den rechtsbegrifflichen Charakter einer funktionalen Privatisierung, weil sie sich materiell im Rahmen einer staatsunmittelbaren Aufgabe bewegen und insofern ein potentielles, qualitatives Moment materieller Aufgabenprivatisierung aufweisen. Eine im übrigen gleichfalls rechtskonstruktiv denkbare, weil verfassungsrechtlich keineswegs ausgeschlossene Form funktionaler Privatisierung im Fernstraßenwesen liegt schließlich vor, wenn die staatseigene Bundesfernstraßenverwaltung in einer durch einen staatlichen Organisationsakt gewählten privatwirtschaftlichen Form erfolgt.397 Dieser letztere, rechtskonstruktiv vorstellbare Fall definiert sich nur deshalb als Privatisierung, weil er von der entwicklungsgeschichtlich überkommenen und im aktuell geltenden FStrG geregelten Organisationsform einer hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung abweicht. Zusammengefaßt definiert sich also die „Privatisierung“ im Fernstraßenwesen aus fernstraßenrechtlich relevanten Abweichungen sowohl von einer staatsunmittelbaren bzw. staatseigenen, also unter Inanspruchnahme privater Rechtsträger organisierten Bereitstellung der Fernstraßen, als auch von der lediglich tradierten hoheitlichen Verwaltung der Bundesfernstraßen. Als fernstraßenrechtlich regelungsfähige und regelungsbedürftige Formen funktionaler Privatisierungen haben somit rechtsbegrifflich diejenigen Organisations- und Rechtsformen zu gelten, mittels deren der Staat eine ihm kraft seiner Gemeinwohlfähigkeit und Gemeinwohlverpflichtung für das Fernstraßenwesen zugeordnete Rechtsmacht, also eine im Rahmen dieser Staatsaufgabe liegende Aufgabenstellung oder Befugnis, in fernstraßenrechtlich relevanter Form einer privatwirtschaftlichen Durchführung überantwortet, zur Wahrnehmung der betreffenden Rechtsmacht Personen des Privatrechts auf unterschiedliche Weise in Anspruch nimmt oder jene Rechtsmacht überhaupt zugunsten von Personen des Privatrechts abgibt. Dagegen liegen im rechtsbegrifflichen Sinne keine Formen funktionaler Privatisierung vor, wenn und soweit im Rahmen der Bundesfernstraßenverwaltung Dienstleistungen privater Rechtsträger, etwa für eine vorbereitende Planung, einen Bau oder eine Finanzierung von Fernstraßen, lediglich im Wege einer fernstraßenrechtlich irrelevanten, bloßen verwaltungsinternen Indienstnahme in Anspruch genommen werden.398 Eine in diesem rechtsbegrifflichen Sinne erfolgende bloße Oben unter 8.b). Fn. 337. 398 Zu dem hier zugrundegelegten staatsrechtlichen Begriff und rechtsbegrifflichen Abgrenzungskriterium „funktionaler Privatisierungen“ oben unter 8.b), insb. Fn. 335. An der dort dargelegten und übernommenen staatsrechtlich funktionalen Definition von „Privatisierungen“ als Veränderung der in den rechtssatzmäßigen Aufgaben und Befugnissen von Staat oder Hoheitsträgern begründeten Rechtsmacht (Kämmerer, Privatisierung, S. 36 ff.) wird nicht immer konsequent festgehalten; so bezeichnet Kämmerer (a. a. O., S. 352) widersprüchlich auch die bloße rechtsgeschäftlich verwaltungsinterne Indienstnahme eines nichthoheitseigenen Rechtsträgers des Privatrechts als „aufgabenbezogene Popularprivatisierung“; ebenso Schoch, DVBl. 94, 962 / 975. 396 397

208

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Indienstnahme privater Rechtsträger für die Bundesfernstraßenverwaltung wandelt sich nur dann in eine Form funktionaler Privatisierung, wenn und soweit hierbei zugleich fernstraßenrechtliche Aufgaben oder Befugnisse nach dem geltenden FStrG, also die verfassungsrechtlich subsidiär stets und umfassend bestehende Gemeinwohlfähigkeit und Gemeinwohlverpflichtung des Staates für das Fernstraßenwesen eine Organisation und Regelung zugunsten ihrer funktionalen Wahrnehmung in privatwirtschaftlicher Form oder durch private Rechtsträger erfährt. Bloße verwaltungsinterne „Indienstnahmen“ privater Rechtsträger für die tradierte hoheitliche Bundesfernstraßenverwaltung hingegen stellen keine funktionalen Privatisierungen in dem rechtsbegrifflichen Sinne fernstraßenrechtlicher Relevanz dar; sie unterscheiden sich von einer fernstraßenrechtlich relevanten „Inpflichtnahme“ Außerhalb des staatsrechtlichen Begriffs funktionaler Privatisierung liegen die Fälle bzw. Modelle von im wirtschaftlichen Sinne zu verstehenden privaten Kreditvergaben an den Staat zum Zwecke einer Vorfinanzierung der fernstraßenbaulichen Projektbeschleunigung (allgemein Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 12 f. und Kämmerer, a. a. O., S. 351 ff.). Hierher zählen das sogenannte Leasing-Modell und das sogenannte Konzessionsmodell. Dazu Klofat, Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau, Schmidt, Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, S. 124 ff., 154 ff. und 162 ff., Grupp, Rechtsprobleme der Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten, S. 134 ff., Ewers / Rodi, Privatisierung der Bundesautobahnen, S. 4 6 ff. und 55, Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 70 ff., Arndt, a. a. O., S. 69 ff., 73 f. und 105 ff., Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 16 Rnr 26.1, Kämmerer, a. a. O., S. 351 ff.; zur finanzwirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen bzw. finanzverfassungsrechtlichen Kritik an diesen Vorgängen der Fernstraßenbaufinanzierung Grupp, DVBl. 94, 140 ff., ders., Rechtsprobleme der Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten, Pabst, a. a. O., S. 218 ff., Bucher, a. a. O., S. 133 ff. und 138 ff., Arndt, a. a. O., S. 187 ff., 197 ff. und 210 ff., Uechtritz, DVBl. 02, 739 und Kämmerer, a. a. O., S. 353 ff.; zur deshalb aufgelösten, bereits im Jahre 1930 errichteten Öffa Dittmann, Bundesverwaltung, S. 210 f., Schmidt, a. a. O., S. 83 ff., Grupp, DVBl. 94, 140 / 141 ff., Bucher, a. a. O., S. 40 und 67 ff., Pabst, a. a. O., S. 40 ff., 95 ff. und 105 ff., Arndt, a. a. O., S. 100 f. und 192 sowie Rinke, a. a. O., Kap. 16 Rnr 24.1. Zur ebenfalls bloßen rechtsgeschäftlich verwaltungsinternen Beauftragung bzw. Indienstnahme von Rechtsträgern des Privatrechts für Vorbereitungs- und Durchführungsfunktionen in der Bundesfernstraßenverwaltung, z. B. der sogenannten DEGES, Wahl, a. a. O., Schoch, DVBl. 94, 962 / 975 f., Stehlin, Verkehrswegeplanung, Arndt, a. a. O., S. 32 f., Osterloh, VVDLStRL 54, 1995, 204 / 239, Kämmerer, a. a. O., S. 364 ff. und 369 ff. sowie Heintzen, VVDStRL 62 (203), 222 / 251 ff.; hierher gehört ebenso das im Rahmen der Benutzerfinanzierung nach dem ABMG administrativ praktizierte sogenannte A-Modell (dazu unter E.II.3.). Auch in diesen Fällen nimmt Kämmerer (a. a. O., S. 364 f.) widersprüchlich zu seiner eigenen Privatisierungsdefinition (a. a. O., S. 36 ff.) eine „aufgabenbezogene Privatisierung“ an. Die betreffenden, auf der Ebene der Bundesverwaltung stattfindenden Fälle stellen wegen einer „privatrechtlich organisierten Mischverwaltung“ (Kämmerer, a. a. O., S. 371) auch ein bundesstaatsrechtliches Problem dar mit Rücksicht auf die auftragsweise Wahrnehmungszuständigkeit der Länder nach Art. 90 Abs. 2 GG. Einen rechtskonstruktiv und rechtsbegrifflich problematisch einzuordnenden und interpretationsbedürftigen Fall bildet schließlich die partielle Übertragung von Straßenbaulastaufgaben auf „andere“ im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 FStrG. Es kann sich nicht um eine privatisierende „Aufgabenübertragung“ handeln (so Bucher, a. a. O., S. 60 ff., 128 ff. und 376), sondern lediglich um eine rechtsgeschäftlich verwaltungsinterne Indienstnahme in dem hier definierten Sinne; dazu Pabst, a. a. O., S. 120 ff. und 240 ff., Rinke, a. a. O., Kap. 16 Rnr 25 ff. und Kämmerer, a. a. O., S. 374 ff.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

209

privater Rechtsträger.399 Insbesondere unterliegt bei einer bloßen verwaltungsinternen Indienstnahme privater Rechtsträger die Bundesfernstraßenverwaltung auch nicht den erörterten Anforderungen verfassungsrechtlicher Funktionsgerechtigkeit, also keinen Privatisierungspflichten.400 Zusammengefaßt handelt es sich bei den Formen funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen um solche Organisations- und Rechtsformen, mit welchen die im Rahmen der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für diesen Bereich öffentlicher Verkehrsinfrastruktur entstehenden Aufgaben und Befugnisse mehr oder weniger weitgehend zur funktionalen Durchführung aufgrund einer besonderen legislativen Regelung einer privatwirtschaftlichen Ordnung überantwortet oder privaten Rechtsträgern übertragen werden. Hiermit erscheint der Rechtsbegriff fernstraßenrechtlicher Privatisierungen sowie der Bereich fernstraßenrechtlicher Privatisierungsformen abschließend definiert. Für die Privatisierungsformen eröffnet sich ein vielfältiges Spektrum von Gestaltungsmöglichkeiten, die sich indessen nach rechtsbegrifflichen Kategorien systematisch entwickeln und ordnen lassen. 399 Die gegenständlich verwendeten und unterschiedenen Rechtsbegriffe der „Indienstnahme“ und „Inpflichtnahme“ werden in der Verwaltungsrechtslehre traditionell undifferenziert verstanden und gebraucht; siehe bei Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 196 ff., Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 44 ff., Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, § 90 a Rnr 61 ff. und Stender-Vorwachs, Staatliche Verantwortung, S. 30 f. Es käme darauf an, daß man konstruktiv sowie im Zusammenhang und zur Abgrenzung des Rechtsbegriffs der „Privatisierung“ genau festlegt, was man mit den jeweiligen sprachlichen Verwendungen bezeichnen will. Die hier gewählte Begriffsverwendung ist in sprachlicher Hinsicht sicherlich auch nicht zwingend, aber sie möchte und kann eine klare rechtsbegriffliche Unterscheidung zum Ausdruck bringen. Der Rechtsbegriff einer „Indienstnahme“ wird hier in einer „dienstrechtlichen“ Assoziation für eine bloße rechtsgeschäftlich verwaltungsinterne Inanspruchnahme von Rechtsträgern des Privatrechts verwendet, d. h. ohne die Rechtswirkung einer rechtssatzmäßig relevanten, objektbezogenen „privatisierenden“ Rechtsmachtveränderung; die „Indienstnahme“ in diesem rechtsbegrifflichen Sinne stellt also keine „Privatisierung“ dar. Demgegenüber soll der Rechtsbegriff einer „Inpflichtnahme“ in Assoziation zu rechtssatzmäßig relevanten Rechtsmachtveränderungen einen Fall funktionaler Privatisierung bezeichnen. Um rechtsfunktional und rechtskonstruktiv völlig andere Fälle handelt es sich bei den Fällen einer gesetzlichen Indienstnahme Privater für staatliche Zwecke; zu diesen ursprünglichen Ansätzen jenes Begriffs siehe bei Steiner, a. a. O., S. 184 ff., 190 ff. und 196 ff. sowie S. 26 Fn. 84. Rechtstechniken bzw. Rechtsformen für die „privatisierende“ Inpflichtnahme sind etwa eine Beleihung und eine selbständige Verwaltungshilfe; auch die selbständige Verwaltungshilfe ist eine rechtssatzmäßig relevante, objektbezogene Rechtsmachtveränderung des betreffenden Verwaltungsträgers. Zur Beleihung Steiner, a. a. O., S. 46 ff. und passim sowie ders., Beleihungsdogmatik, S. 603 und 612 f., Scholz, NJW 97, 14 ff., Schmitt, FStrPrivFinG, S. 100 ff., Arndt, a. a. O., S. 5 f., Britz, VerwArch. 91 (2000), 418 / 432 ff., Stadler, Die Beleihung in der neueren Bundesgesetzgebung, 2002, Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 222 / 240 ff., Burgi, Der Beliehene – Ein Klassiker im modernen Verwaltungsrecht, in: Geis / Lorenz (Hg.), Festschrift Maurer, 2004, S. 581 ff., Wolff / Bachof / Stober, a. a. O., § 90. Zur Verwaltungshilfe Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe. Staatsaufgabendogmatik – Phänomenologie und Verfassungsrecht, 1999 und Wollf / Bachof / Stober, a. a. O., § 90a. Aus der Rechtsprechung etwa Beschl. VGH BW 18. 3. 85, NVwZ 87, 431 ff. und Urt. BremStGH 15. 1. 02, NVwZ 03, 81 ff. 400 Oben unter 8.c) und d)

14 Bartlsperger

210

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Ausgehend von dem hier zugrundgelegten Privatisierungsbegriff, wonach dieser allen Veränderungen an den dem Staat als Träger einer Staatsaufgabe und in dieser seiner spezifischen Staatlichkeit zugeordneten Aufgaben oder Befugnissen gilt, vermag man rechtsbegrifflich folgerichtigerweise diese Veränderungen auf das betroffene Objekt und auf die dabei beteiligten Rechtssubjekte zu beziehen.401 Subjektbezogen sind danach die abstrakt möglichen Privatisierungsformen zu unterscheiden in Organisationsprivatisierungen und in Popularprivatisierungen. So liegt eine bloße fernstraßenrechtliche Organisationsprivatisierung vor, wenn oder soweit im Rahmen der Bundesfernstraßenverwaltung zur Wahrnehmung der betreffenden fernstraßenrechtlichen Aufgaben oder auch Befugnisse eine staatseigene oder jedenfalls staatlich bestimmte juristische Person des Privatrechts als sogenannte Verwaltungsgesellschaft errichtet oder genutzt wird; synonym kann dabei auch von einer formellen Privatisierung gesprochen werden. Demgegenüber erfahren subjektbezogen unter dem Rechtsbegriff einer Popularprivatisierung alle diejenigen fernstraßenrechtlichen Privatisierungsformen eine Zusammenfassung, bei denen sonstige, dritte private Rechtsträger zur Wahrnehmung fernstraßenrechtlicher Aufgaben oder auch Befugnisse der Bundesfernstraßenverwaltung oder noch weitergehend bereits zur Erfüllung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe im Fernstraßenwesen in der Rechtsform privater Fernstraßen in Anspruch und in Pflicht genommen werden. Objektbezogen lassen sich die fernstraßenrechtlichen Privatisierungsformen danach differenzieren, ob die Bundesfernstraßenverwaltung als staatsrechtliche Wahrnehmungsmodalität der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen nur in ihrer spezifischen Staatlichkeit durch Organisationsakt eine Veränderung zugunsten einer privatwirtschaftlichen Organisations- und Rechtsform erfährt oder ob in ihrem Rahmen Personen des Privatrechts für die Wahrnehmung fernstraßenrechtlicher Aufgaben oder Befugnisse oder ob schließlich im Rahmen der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen überhaupt anstelle einer Bundesfernstraßenverwaltung Personen des Privatrechts für die Bereitstellung privater Fernstraßen in Pflicht genommen werden. Danach können bestimmte, kategorial rechtsbegrifflich objekt- und subjektspezifische Privatisierungsformen gebildet werden. Eine der tradierten hoheitlichen und ausschließlich staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung nächststehende Privatisierungsform liegt vor, wenn und insoweit Aufgaben oder auch Befugnisse jener im überkommenen, allgemein geltenden FStrG geregelten Bundesfernstraßenverwaltung aufgrund und nach Maßgabe neuer besonderer fernstraßenrechtlicher Regelungen zur Wahrnehmung der betreffenden Aufgaben in Form einer Verwaltungshilfe oder auch der betreffenden Befugnisse in Form einer Beleihung Rechtspersonen des Privatrechts übertragen werden, sei es daß dies im Wege einer Popularprivatisierung oder auch nur einer Organisationsprivatisierung erfolgt. Dabei wird jedenfalls an der hoheitlichen Bun401 Dazu schon oben in Fn. 335 zu den betreffenden rechtsbegrifflichen Unterscheidungen bei Kämmerer, Privatisierung, S. 37 ff.

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

211

desfernstraßenverwaltung festgehalten und hierfür lediglich eine mittelbare Organisationsform gewählt. Man kann in der jeweiligen organisatorischen und rechtlichen Ausgestaltung von einem sogenannten Betreibermodell sprechen, wie es derzeit nach dem FStrPrivFinG und beschränkt auf eine beleihungsrechtliche Mauterhebung durch einen privaten Rechtsträger nach dem ABMG praktiziert wird. Unter Beibehaltung einer staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung kann eine Form der Privatisierung aufgrund neuer besonderer fernstraßenrechtlicher Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG ferner dadurch stattfinden, daß die Handlungsform der Bundesfernstraßenverwaltung durch Organisationsakt von einer hoheitlichen in eine privatwirtschaftliche nach Privatrecht verändert wird. Für eine solche durch die grundsätzlich geltende Organisationsbefugnis leistender Verwaltung zur sogenannten Formelnwahl402 eröffnete privatwirtschaftliche Bundesfernstraßenverwaltung kann es ökonomische Gründe geben, die in einer angenommenen wirtschaftlich effektiven Überlegenheit privatwirtschaftlicher Leistungserbringung gegenüber einer hoheitlichen zu suchen sind. Dabei stellt es allenfalls ein sachlich orientierendes Regulativ dar, gegebenenfalls denkbare Risiken in bezug auf die Bereitstellungssicherheit im Fernstraßenwesen gegenüber einer hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität zu berücksichtigen. Staatsrechtliche Hindernisse stehen einer derartigen Privatisierungsform jedenfalls nicht entgegen. Denn die nur bundesstaatsrechtlich für die Bundesfernstraßenverwaltung zwingenden Kompetenznormen von Art. 90 Abs. 2 und 3 GG geben nichts dafür her, daß sie als gleichzeitige Organisationsnormen einer staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung eine Verpflichtung derselben auf eine hoheitliche Handlungsform begründeten. Die fernstraßenrechtlich relevante Privatisierung in Form einer privatwirtschaftlichen Bundesfernstraßenverwaltung wird partiell schon immer für einen bestimmten Bestandteil von Bundesfernstraßen, nämlich für die Nebenbetriebe an Bundesautobahnen, auf der Grundlage von jeweils geltenden Fassungen des § 15 FStrG praktiziert. Sie hat ursprünglich nur für den Betrieb der Nebenbetriebe gegolten, bezieht aber seit dem 3. Fernstraßenänderungsgesetz von 1994 auch deren Bau ein.403 Die zu diesen Zwecken zunächst verwendete Organisationsprivatisierung, d. h. einer bundeseigenen Verwaltungsgesellschaft, hat inzwischen einer Popularprivatisierung Platz gemacht.404 Wie sich an diesem Fall einer zwischendurch organisationsprivatisierten privatwirtschaftlichen Bundesfernstraßenverwaltung zeigt, besteht eine naheliegende weiterführende, wenn nicht sogar folgerichtige Modifikation privatwirtZur Formenwahl in Fn. 349 f. Gesetz 25. 3. 94 (BGBl. I S. 673). Zu den Nebenbetrieben bzw. ihrer Neuordnung Steiner, NJW 94, 1712 f., Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 28 f., Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 10 und 24 f., Bauer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 41 Rnr 53 ff., Kastner, in: Marschall / Schroeter / Kastner, FStrG, § 15 Rnr 8 ff. und 13 sowie in VerkBl. 97, 808. 404 Bauer, a. a. O., Kap. 41 Rnr 55.2. 402 403

14*

212

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

schaftlicher Bundesfernstraßenverwaltung darin, diese im Wege einer Organisationsprivatisierung auf eine Verwaltungsgesellschaft zu übertragen. Eine solche Privatisierungsform markiert indessen bereits eine rechtsbegrifflich fließende Grenze zwischen einer funktional staatseigenen Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen und deren funktionaler Erfüllung durch private Rechtsträger in der Organisations- und Rechtsform privater Fernstraßen.405 Schließlich kann eine Privatisierung im Fernstraßenwesen dadurch erfolgen, daß die Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe auf der Grundlage und nach Maßgabe einer neuen besonderen fernstraßenrechtlichen Regelung gänzlich aus der organisatorisch bzw. funktional staatseigenen Realisierung herausgenommen und im Wege einer Popularprivatisierung dritten privaten Rechtsträgern übertragen wird, also in der Organisations- und Rechtsform privater Fernstraßen stattfindet.406 An den aufgeführten Privatisierungsformen wird deutlich, daß sich in ihrem unterschiedlichen Objektbezug, d. h. in der Art und Reichweite ihrer Veränderungen an der tradierten hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung, eine weitere kategoriale Systematisierung erlaubt. Sie gilt der prinzipiellen Trennung zwischen der Beibehaltung einer jedenfalls hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung einerseits und einer privatwirtschaftlich privatrechtlichen Erfüllung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen andererseits. Innerhalb einer hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung verbleiben Privatisierungsformen nach den angeführten Betreibermodellen,407 bei dem fernstraßenrechtliche Aufgaben oder auch Befugnisse lediglich aus der staatsunmittelbaren Wahrnehmung herausgenommen und einem Rechtsträger des Privatrechts entweder organisations- oder popularprivatisiert mittels selbständiger Verwaltungshilfe oder auch einer Beleihung übertragen werden. Demgegenüber wird bei allen anderen genannten Privatisierungsformen die hoheitliche Fernstraßenverwaltung durch eine privatwirtschaftliche nach Privatrecht ersetzt. Hierin liegt eine prinzipielle, rechtsbegrifflich kategoriale Unterscheidung und Alternative der Privatisierungsformen. Sie hat zwingende rechtliche Konsequenzen für die detaillierte rechtliche Ausgestaltung der betreffenden Privatisierungsformen. So verbietet es sich etwa rechtlich zwingend, bei dem innerhalb der hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung organisierten und geregelten Betreibermodell nach dem FStrPrivFinG für die hierbei nach wie vor stattfindende hoheitliche Bereitstellung der betreffenden Fernstraßen die Straßenbenutzungsentgelte anstatt in der Rechtsform einer von dem privaten RechtsLetztere in dem hier gebrauchten rechtsbegrifflichen Sinne (Fn. 345). Fn. 405. 407 Derzeit Betreibermodell nach dem FStrPrivFinG (§§ 1 f.) und bei der beleihungsrechtlichen Erhebung der Mautgebühren nach dem ABMG (§ 4 Abs. 1 S. 1, § 6); kein Betreibermodell im rechtsbegrifflichen Sine funktionaler Privatisierung liegt beim so bezeichneten Betreibermodell in Form einer bloßen Indienstnahme nach dem sogenannten A-Modell vor (siehe Fn. 398). 405 406

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

213

träger beleihungsrechtlich erhobenen Straßenbenutzungsgebühr als privatrechtliche Straßenbenutzungsentgelte zu regeln und zu erheben. Letzteres ist rechtlich allein innerhalb von Privatrechtsformen zulässig, welche die hoheitliche Fernstraßenverwaltung verlassen haben.408 In bundesstaatsrechtlicher Hinsicht lassen sich die aufgeführten fernstraßenrechtlichen Privatisierungsformen grundsätzlich in der geltenden auftragsweisen Wahrnehmungskompetenz der Länder nach Art. 90 Abs. 2 GG oder gegebenenfalls innerhalb einer vorher nach Art. 90 Abs. 3 GG begründeten bundeseigenen Verwaltung ins Werk setzen. Denn die jeweiligen Privatisierungsvorgänge betreffen als Veränderungsakte die in jenen bundesstaatsrechtlichen Kompetenznormen abstrakt geregelte Verwaltung von „Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs“ oder deren konkreten Bestand. Jedenfalls Bedenken derart, daß die in Art. 90 Abs. 2 GG bundesstaatsrechtlich für die Bundesfernstraßenverwaltung garantierte Bundesauftragsverwaltung eine staatsrechtliche Sperre gegen eine privatwirtschaftlich staatsunmittelbare Bundesfernstraßenverwaltung sowie gegen eine organisations- oder popularprivatisierte privatrechtliche Bereitstellung von Fernstraßen durch Personen des Privatrechts bedeute, erscheinen nicht begründet. Die Länder mögen dabei zwar einen Verlust hoheitlicher und überhaupt von administrativer Rechtsmacht hinnehmen müssen.409 Aber diese Rechtsmacht steht ihnen ohnedies nur im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung und auch hierbei lediglich unter dem Vorbehalt ihrer inhaltlichen Ausgestaltung im einfachen Fernstraßenrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG zu. Danach haben es die Länder bundesstaatsrechtlich zu akzeptieren, wenn das einfache Fernstraßenrecht das Fernstraßenwesen einer privatwirtschaftlichen Ordnung in privatrechtlicher Form oder der Trägerschaft von Rechtspersonen des Privatrecht unterstellt. Richtig und festzuhalten ist in bundesstaatsrechtlicher Hinsicht allein, daß diejenigen Privatisierungsformen, welche die Bereitstellung von Fernstraßen in organisations- oder popularprivatisierter Form Rechtsträgern des Privatrechts übertragen, eine Verfassungsänderung von Art. 90 Abs. 2 und 3 GG voraussetzen. Denn es erscheint, wie schon ausgeführt, sinnvoll, wenn auch die in den Fällen „privater Fernstraßen“ jedenfalls verbleibenden, weil verfassungsrechtlich gebotenen hoheitlichen Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse zur staatlichen Gewährleistung und Regulierung jenes privaten Fernstraßenwesens einer insofern bestehenden formellen Bundesauftragsverwaltung unterstellt werden.410 Die in der letzteren Hinsicht verfassungsändernde Ausweitung von Art. 90 Abs. 2 und 3 GG auf die bei einem privaten Fernstraßenwesen verbleibenden hoheitlichen Verwaltungsaufgaben und Fn. 350. Speziell zum FStrPrivFinG W. Schmidt, NVwZ 95, 38. Deshalb nimmt Pabst (Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 239) für eine „weitgehende Aufgabenübertragung auf Private“ an, daß sie als „faktische Abschaffung der Bundesauftragsverwaltung im Fernstraßenbereich“ mit Art. 90 Abs. 2 GG unvereinbar sei. Anders Schmitt wohl und zutreffend ders., S. 237. Zutreffend verneint Schmitt (FStrPrivFinG, S. 151 ff.) insofern einen bundesstaatsrechtlichen Schutz der Länder. 410 Oben unter III.3.c). 408 409

214

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

Verwaltungsbefugnisse hat nur die Bedeutung eines Privatisierungsfolgerechts. In bundesstaatsrechtlicher Hinsicht zusammengefaßt verlangen jedenfalls, aber auch nur diejenigen Privatisierungsformen, die ein Fernstraßenwesen in der Trägerschaft von Rechtspersonen des Privatrechts begründen, eine entsprechende Verfassungsänderung von Art. 90 Abs. 2 und 3 GG dahin, daß dort anstelle von Bundesfernstraßen nur noch von Fernstraßen die Rede ist. Unter Berücksichtigung der angeführten, schon bestehenden oder erst noch durch Verfassungsänderung zu schaffenden bundesstaatsrechtlichen Voraussetzungen erscheint das überhaupt und insgesamt eröffnete Gestaltungsspektrum von fernstraßenrechtlichen Privatisierungsformen in seiner rechtsbegrifflichen Systematik und in seinen kompetenzrechtlichen Bedingungen hinreichend dargetan. Indessen bedarf es noch einer letzten kategorialen Differenzierung der fernstraßenrechtlichen Privatisierungsformen im Hinblick auf die Subjektbezogenheit. Sie hat ihre Bedeutung in dem gegenständlich als Ausgangfrage gestellten Zusammenhang,411 für welche der genannten fernstraßenrechtlichen Privatisierungsformen die Anforderungen verfassungsrechtlicher Funktionsgerechtigkeit Geltung beanspruchen und damit eine abstrakte Privatisierungspflicht sowie gegebenenfalls eine konkrete grundrechtliche Anspruchsgebundenheit besteht. Hierfür kommen nur solche in Betracht, die eine entsprechend subjektbezogene Ausgestaltung aufweisen. Eine Privatisierungspflicht für fernstraßenrechtliche Privatisierungsformen unter den Anforderungen von deren verfassungsrechtlicher Funktionsgerechtigkeit am Maßstab des rechtsstaatlichen Übermaßverbots und grundrechtlicher Anspruchsgebundenheit scheidet jedenfalls dann aus, wenn die betreffende Privatisierungsform es bei der ausschließlich staatseigenen Bundesfernstraßenverwaltung beläßt, sei es daß diese staatsunmittelbar bleibt oder lediglich im Wege der Organisationsprivatisierung einer staatlichen oder staatlich bestimmten Verwaltungsgesellschaft überantwortet wird, und wenn der Vorgang funktionaler Privatisierung nur die im überkommenen allgemeinen Fernstraßenrecht geregelte hoheitliche Wahrnehmung der Bundesfernstraßenverwaltung aufgrund einer neuen besonderen fernstraßenrechtlichen Regelung zugunsten einer privatwirtschaftlichen Ordnung in privatrechtlicher Handlungsform verändert. Danach kann es selbstredend keine Privatisierungspflicht geben bei einer bloßen organisationsaktmäßigen Umwandlung staatsunmittelbarer hoheitlicher Bundesfernstraßenverwaltung in eine privatwirtschaftliche nach Privatrecht. Wegen fehlender verfassungsrechtlicher bzw. grundrechtlicher Legitimation gilt gleiches, wenn die staatsunmittelbare Bundesfernstraßenverwaltung lediglich organisationsprivatisiert wird.412 Aber in allen anderen Fällen einer fernstraßenrechtlich relevanten Inpflichtnahme privater Rechtspersonen für die hoheitliche Bundesfernstraßenverwaltung, wie bei der selbständigen Oben unter 8.c). Zur mangelnden Grundrechtslegitimation solcher juristischen Personen Pieroth / Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II, 16. Aufl. 2000, Rnr 152. 411 412

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

215

Verwaltungshilfe und Beleihung nach dem Betreibermodell des FStrPrivFinG oder bei der beleihungsrechtlichen Mauterhebung nach dem ABMG, sowie bei Erfüllung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen in der Wahrnehmungsmodalität privater Fernstraßen413 kann abstrakt eine Privatisierungspflicht und gegebenenfalls konkret eine grundrechtliche Anspruchsgebundenheit bestehen. Nur diese subjektbezogen definierten und abgegrenzten fernstraßenrechtlichen Privatisierungsformen sind es, die verfassungsrechtlich begründete Privatisierungspflichten entstehen lassen können. Aus der umgekehrten Perspektive und Fragestellung nach dem Geltungsbereich von Privatisierungspflichten im Fernstraßenwesen bilden die zuletzt genannten, subjektbezogen definierten und abgegrenzten fernstraßenrechtlichen Privatisierungsfälle den Kreis der abstrakt und gegebenenfalls konkret pflichtgebundenen Privatisierungsformen. Es handelt sich um die Fälle fernstraßenrechtlich relevanter Inpflichtnahmen von nicht staatseigenen bzw. nicht staatlich bestimmten, also dritten privaten Rechtspersonen im Rahmen hoheitlicher Bundesfernstraßenverwaltung sowie um die Fälle eines privaten Fernstraßenwesens im Rahmen der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für dasselbe. Dabei kommt es dann letztlich darauf an, für diese Privatisierungsformen die verfassungsrechtlich pflichtbegründenden Privatisierungstatbestände zu bestimmen. c) Tatbestände verfassungsrechtlich funktionsgerechter funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen – Verfassungsrechtliche Privatisierungstatbestände Privatisierungspflichten im Fernstraßenwesen in bezug auf bestimmte subjektbezogene, private Dritte in Pflicht nehmende Formen funktionaler Privatisierungen haben einen originär verfassungsrechtlichen Geltungsgrund und Geltungsanspruch. Sie bestehen unabhängig von ausdrücklichen Verpflichtungsregelungen in einem spezifisch dafür geschaffenen einfachen Fernstraßenrecht. Solche gesetzlichen Regelungen sind möglich, bilden aber keine pflicht- und rechtsbegründende Voraussetzung der betreffenden Privatisierungspflichten. Sie erscheinen auch kaum sinnvoll, weil sie ohnedies nur an verfassungsrechtlich verbindliche abstrakte Tatbestände anknüpfen könnten, deren legislative Ausformulierung entweder lediglich eine geringe Anwendungshilfe zu bieten vermöchte oder möglicherweise die verfassungsrechtliche Funktionsgerechtigkeit von Privatisierungen unzureichend bezeichnen würden. Hiervon bleibt die dargelegte förmliche Anforderung unberührt, daß fernstraßenrechtliche Privatisierungspflichten eine Regelung der jeweils in Betracht kommenden Privatisierungsformen im einfachen Fernstraßenrecht sowie eine entsprechende förmliche fernstraßenrechtliche Ausbauplanung zur vermittelnden Voraussetzung haben.414 Aber in den geforderten einschlägigen Vorschriften 413 414

Fn. 345. Oben unter 8.d) und 9.a).

216

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

des einfachen Fernstraßenrechts zu den betreffenden Privatisierungsformen genügt es, wenn diese in ihrer Organisations- und Rechtsform eine Regelung erfahren. Hierfür reichen entsprechende Kann-Bestimmungen aus, wie sie in den Privatisierungsregelungen des FStrPrivFinG für die selbständige Verwaltungshilfe und Beleihung sowie im ABMG für die beleihungsrechtliche Mauterhebung bei der Bundesfernstraßenverwaltung geschaffen worden sind.415 Solche Kann-Bestimmungen sind nicht nur ermächtigende, sondern unter entsprechenden verfassungsrechtlich anzunehmenden tatbestandlichen Voraussetzungen auch verpflichtende Normen. Sie können einer verfassungskonformen Konkretisierung im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Funktionsgerechtigkeit der jeweils gesetzlich vorgesehenen Privatisierungsform unterliegen. Es kommt also maßgeblich darauf an, die betreffenden Tatbestände verfassungsrechtlich funktionsgerechter Privatisierungen abstrakt zu definieren und nach Möglichkeit im wesentlichen zu spezifizieren. Der prinzipielle verfassungsrechtliche Grund fernstraßenrechtlicher Privatisierungspflichten ist, wie schon bei deren grundsätzlicher Erörterung ausgeführt, der verfassungs- bzw. grundrechtsdogmatische Umstand, daß eine staatsunmittelbare bzw. überhaupt staatseigene Bereitstellung von Fernstraßen gestützt auf die Gemeinwohlfähigkeit und Gemeinwohlverpflichtung des Staates für das Fernstraßenwesen insofern potentiell ebenfalls verfügbare Leistungsressourcen und Leistungskapazitäten sowie eine gegebenenfalls vorhandene Leistungsbereitschaft Privater zurückstellt, also auf deren objektiv verfassungsrechtlichen bzw. deren grundrechtlichen Status zur Entfaltung wirtschaftlicher Betätigung trifft.416 Verfassungsdogmatisch so betrachtet finden sie ihre Rechtfertigung in der Gemeinwohlkompetenz des Staates für das Fernstraßenwesen als einer Eingriffskompetenz gegenüber privaten Betätigungsmöglichkeiten. Dies bedeutet im Ergebnis, daß sich eine Behauptung staatsunmittelbarer bzw. überhaupt staatseigener Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen aus einem gerade hierfür hinreichenden Gemeinwohlerfordernis als verfassungsrechtlich funktionsgerecht zu rechtfertigen hat. Andernfalls ist sie mit dem rechtsstaatlichen Übermaßverbot und mit grundrechtlicher Anspruchsgebundenheit nicht vereinbar. Es darf also in den betreffenden subjektbezogenen, aufgrund einer verfassungsrechtlichen Aktivlegitimation privater Rechtspersonen in Betracht kommenden Fällen fernstraßenrechtlicher Privatisierungsformen für eine staatsunmittelbare bzw. überhaupt staatseigene Bereitstellung von Fernstraßen nicht an einem gerade diese rechtfertigenden generellen bzw. konkreten Gemeinwohlerfordernis fehlen. Umgekehrt würde der Mangel einer solchen abstrakt eine Privatisierungspflicht sowie gegebenenfalls aktuell und konkret einen grundrechtlichen Privatisierungsanspruch begründen. Danach liegt allgemein definiert der verfassungsrechtlich begründete Tatbestand einer fernstraßenrechtlichen Privatisierungspflicht vor, wenn sich die Begründung oder Beibehaltung einer staatsunmittelbaren bzw. überhaupt staats415 416

§ 1 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 1 S. 1 FStrPrivFinG; § 4 Abs. 1 S. 1 ABMG. Oben unter 8.c).

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

217

eigenen Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen nicht aus einem hierfür spezifischen Gemeinwohlerfordernis rechtfertigen läßt. Dies bedeutet verkürzt formuliert eine reziproke Abhängigkeit fernstraßenrechtlicher Privatisierungspflichten von der Gemeinwohlkompetenz des Staates in bezug auf eine staatsunmitelbare bzw. staatseigene Wahrnehmung von dessen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen. Damit erweist sich die tatbestandliche Bestimmung fernstraßenrechtlicher Privatisierungspflichten nicht nur als eine materiellrechtliche Angelegenheit, sondern auch als eine kompetentielle Frage. Sie läßt sich indessen aus der sach- und fachspezifischen Norm- und Entscheidungsstruktur staatlicher Gemeinwohlkompetenz im Bereich der Leistungsverwaltung, insbesondere, wie im gegenständlichen Falle des Fernstraßenwesens, bei der staatlichen Gewährleistung öffentlicher Verkehrsinfrastruktur, praktikabel beantworten. Die staatsrechtlich originär begründete Gemeinwohlfähigkeit und Gemeinwohlverpflichtung des Staates für das Fernstraßenwesen impliziert in ihrer Norm- und Entscheidungsstruktur auch die Gemeinwohlkompetenz des Staates hierfür. Schon die eingriffsrechtliche Realisierbarkeit fernstraßenrechtlicher Vorhaben überhaupt gegenüber hiervon betroffenen, rechtlich geschützten Individualbelangen hängt davon ab, daß der Staat über ein auf die fernstraßenrechtlichen Planziele bezogenes Gemeinwohlerfordernis hierfür entscheidet. Dieses erschließt sich nur einer pflichtmäßigen Einschätzung, ist „nicht mit einem unabweislichen Bedürfnis gleichzusetzen“, vielmehr bereits dann begründet, wenn es „vernünftigerweise geboten“ erscheint.417 Bei der Gemeinwohlkompetenz des Staates in dieser sachlichen Beziehung und personellen Richtung geht es um die Rechtfertigung finaler Grundrechtseingriffe durch ein fernstraßenrechtliches Vorhaben aus einem Gemeinwohlerfordernis. Hiervon unterscheidet sich die Gemeinwohlkompetenz des Staates in bezug auf fernstraßenrechtliche Privatisierungen in ihrem Beurteilungsgegenstand sowie in ihrer eingriffsrechtlichen Intention und Richtung. Sie gilt zweckgerichtet nur einem fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlerfordernis für eine staatsunmittelbare bzw. staatseigene Verwirklichung eines fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs und sie kann bejahendenfalls lediglich zu einem mittelbaren Grundrechtseingriff gegenüber insofern ebenfalls an einer Betätigung interessierten Privaten führen.418 Aber auch bei dieser Beurteilung und Entscheidung zur Wahrnehmungsmodalität der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen geht es um die normstrukturell gleich begründete und entscheidungsstrukturell gleich beanspruchbare Gemeinwohlkompetenz des Staates. Auch ein Gemeinwohlerfordernis für die Verwirklichung eines vernünftigerweise anzunehmenden fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs in staatsunmittelbarer bzw. staatseigener Wahrnehmung kann dann als begründet gelten, wenn es „vernünfti417 Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 2. Aufl. 1998, Rnr 1651, 2117 und 2170 m.Nachw. 418 Oben unter 8.c) m.Nachw. in Fn. 371 – 375.

218

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

gerweise geboten“ erscheint. Nur wenn es hieran fehlt, können fernstraßenrechtliche Privatisierungspflichten entstehen. Dazu lassen sich jedenfalls wesentliche tatbestandliche Spezifierzierungen vornehmen. Eine fernstraßenrechtliche Privatisierungspflicht kann zum einen und zumindest dann abstrakt sowie gegebenenfalls aktuell und konkret begründet sein, wenn für bestimmte neue Fernstraßen vernünftigerweise ein fernstraßenrechtlicher Gemeinwohlbedarf bzw. eine förmliche Bedarfsausweisung in der fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung vorliegt, der Staat zur Realisierung der betreffenden Vorhaben nicht fähig oder bereit ist, aber hierfür ein vernünftigerweise als leistungsfähig beurteilter Privater nach einer der fernstraßenrechtlich vorgesehenen Privatisierungsformen vorhanden ist und bereitsteht. Unter denselben, wenngleich faktisch wenig wahrscheinlichen Voraussetzungen erscheint eine Privatisierungspflicht auch in bezug auf eine bestehende Bundesfernstraßenverwaltung denkbar. Man kann insofern von einer verfassungsrechtlichen Privatisierungspflicht in Fällen sprechen, in denen ein im Wege von Formen funktionaler Privatisierung behebbares Realisierungsdefizit zwischen einem fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarf und einer Realisierungsfähigkeit oder Realisierungsbereitschaft auf seiten des Staates besteht. Zum zweiten kann eine fernstraßenrechtliche Privatisierungspflicht auch immer dann begründet sein, wenn für vernünftigerweise einem fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarf dienende Fernstraßen anstelle einer staatsunmittelbaren bzw. staatseigenen Bereitstellung ebenso ein Privater in einer der gesetzlich vorgesehenen Privatisierungsformen in Pflicht genommen werden kann, der bei vernünftiger Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft für eine zumindest gleich oder in noch höherem Maße effektive Wahrnehmung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe zur Verfügung steht. Eine auch unter solchen Voraussetzungen begründete Privatisierungspflicht kann nicht nur für neue Fernstraßenbauvorhaben, sondern auch für eine bestehende Bundesfernstraßenverwaltung in Betracht kommen und Geltung beanspruchen. Man kann dabei von fernstraßenrechtlichen Privatisierungspflichten sprechen, bei denen eine der fernstraßenrechtlichen Privatisierungsformen zumindest eine verfassungsrechtlich funktionsgerechte Äquivalenz mit einer staatunmittelbaren bzw. staatseigenen Bundesfernstraßenverwaltung aufweist. Zusammengefaßt können somit fernstraßenrechtliche Privatisierungspflichten im wesentlichen unter den tatbestandlichen Voraussetzungen entweder eines Staatsdefizits oder einer Privatisierungsäquivalenz bei Erfüllung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen abstrakt begründet sind sowie gegebenenfalls aktuell und konkret bestehen. d) Gerichtliche Geltendmachung fernstraßenrechtlicher Privatisierungspflichten Grundrechtliche Ansprüche auf fernstraßenrechtliche Privatisierungen können, wenn sie erst auf die Schaffung entsprechender fernstraßenrechtlicher Privatisierungsformen oder auf eine entsprechende fernstraßenrechtliche Ausbauplanung in

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

219

Gesetzesform gerichtet sind, durch Verfassungsbeschwerde gerichtlich geltend gemacht werden.419 Der aktuelle und konkrete administrative Privatisierungsvollzug auf der Grundlage einer förmlichen Fernstraßenausbauplanung und in bezug auf bestimmte fernstraßenrechtliche Privatisierungsformen führt für den Streitfall jedenfalls zunächst in die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der letztere Rechtswege ist auch generell eröffnet, wenn es beim Vollzug des für eine jeweilige Privatisierungsform geltenden bzw. notwendigen besonderen Fernstraßenprivatisierungsrechts zu Streitigkeiten zwischen dem in Anspruch genommenen Rechträger des Privatrechts auf der einen Seite sowie einer dabei bestehenden hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung bzw. im Falle eines privatrechtlichen Fernstraßenwesens einer hierfür verbleibenden fernstraßenrechtlichen Gewährleistungs- und Regulierungsverwaltung des Staates auf der anderen Seite kommt. Das betreffende Fernstraßenprivatisierungsrecht ist in den insgesamt denkbaren Fällen größtenteils, nämlich für ein privatrechtliches Fernstraßenwesen, erst noch zu schaffen und muß fachspezifisch gebotene Inhalte aufweisen.

10. Die bundesstaatsrechtliche Zuständigkeit des Bundes für die gesetzliche Regelung fernstraßenrechtlicher Privatisierungsformen – Fernstraßenprivatisierungsrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22, Art. 72 Abs. 2 GG) Das Fernstraßenprivatisierungsrecht, also diejenigen gesetzlichen Regelungen, die das im überkommenen allgemeinen FStrG enthaltene Fernstraßenrecht der hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung durch neue besondere Bestimmungen zu mehr oder weniger weitgehenden Formen eines funktional privatisierten Fernstraßenwesens ändern und ergänzen, fällt wie jenes tradierte Fernstraßenrecht in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG für „den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen“. Diese bundesstaatliche Gesetzgebungskompetenz greift, wie ausgeführt, über die in Art. 90 GG bundesstaatsrechtlich und in organisationsrechtlicher Hinsicht lediglich kontingent geregelte Modalität des Fernstraßenwesens in der Organisations- und Rechtsform einer Bundesfernstraßenverwaltung hinaus.420 Sie gilt unabhängig davon dem Fernstraßenwesen überhaupt in jeder Organisa419 Zur gerichtlichen Erzwingbarkeit der betreffenden Normsetzungsverpflichtungen Schweda (Fn. 379), S. 106 ff., Walecki (Fn. 379), S. 185 ff. und Battis (Fn. 379); spezifiziert in bezug auf ausdrückliche oder „im Wege der Verfassungsinterpretation aus den in den Grundrechten verkörperten Grundentscheidungen“ herleitbaren Ansprüchen auf Gesetzgebung, zur Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde und zu den Grenzen verfassungsgerichtlicher Justitiabilität Beschl. BVerfG 14. 1. 81, BVerfGE 54 / 70 ff. sowie im übrigen in verfassungsgerichtlicher Hinsicht die Nachw. in Fn. 379. Die Fristbestimmungen für Verfassungsbeschwerden jedenfalls gelten bei solchen gegen eine Unterlassung nicht (Beschl. BVerfG 29. 10. 87, BVerfGE 77, 170 / 214). 420 Oben unter III.2.d).

220

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

tions- und Rechtsform, einschließlich in einer dabei stattfindenden Erhebung von Entgelten für die Benutzung von Fernstraßen mit Fahrzeugen. Letzteres stützt sich auf die Annahme, daß die Verwendung des Gebührenbegriffs in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG, also die Benennung von Straßenbenutzungsentgelten als hoheitsrechtliche Abgaben für die Benutzung hoheitlich verwalteter „öffentlicher Straßen“, sich nur aus der entwicklungsgeschichtlich verständlichen Befangenheit der Verfassungsredaktion in einem traditionell hoheitlichen öffentlichen Straßenwesen erklärt und daher diesem eingeschränkten Zweck und Sinn entsprechend bei einer privatrechtlichen Bereitstellung von Fernstraßen auch eine Erhebung der betreffenden Straßenbenutzungsentgelte in privatrechtlicher Form aufgrund von deren Regelung im Rahmen der allgemeinen Gesetzgebungszuständigkeit für das Fernstraßenrecht unberührt läßt.421 Die bundesstaatsrechtliche Zuständigkeitsnorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG enthält also überhaupt und in jeder Hinsicht, wie schon festgestellt, die bundesstaatsrechtliche Schlüsselkompetenz für die Privatisierung des Fernstraßenwesens und damit für das Fernstraßenprivatisierungsrecht. Allerdings besteht die fernstraßenrechtliche Gesetzgebungsbefugnis des Bundes, auch was ein Fernstraßenprivatisierungsrecht angeht, nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG für die Wahrnehmung einer dem Bund konkurrierend mit den Ländern eingeräumten Gesetzgebungszuständigkeit vorliegen. Dies kann selbst nach der engeren, verschärften Fassung jener Voraussetzungen durch die Neufassung von Art. 72 Abs. 2 GG im Jahre 1994 für das denkbare Fernstraßenprivatisierungsrecht nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden.422 Hiervon gehen auch die bereits geltenden fernstraßenrechtlichen Privatisierungsregelungen des FStrPrivFinG und des ABMG zutreffend aus. Jedenfalls das in allen seinen Privatisierungsformen denkbare Fernstraßenprivatisierungsrecht genügt der eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes begründenden alternativen Voraussetzung, daß die „Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht“ und daß bei der Rechtfertigung hierfür der Bundesgesetzgeber eine Einschätzungsprärogative in Anspruch zu nehmen vermag.423 Das Tatbestandsmerkmal einer im gesamtstaatlichen Interesse erforderlichen Wahrung der Wirtschafts- oder Wirtschaftseinheit muß als erfüllt gelten, „wenn eine unterschiedliche rechtliche Behandlung desselben Lebenssachverhalts unter Umständen erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit unzumutbare Behinderungen für den länderübergreifenden Rechtsverkehr erzwingen kann.“424 Danach „kann der Bund eine bundesgesetzlich einheitliche Lösung wählen“, um einer „sich unmittelbar Oben unter 8.b) mit Fn. 350. Zur Auslegung und Anwendung des neugefaßten Art. 72 Abs. 2 GG Urt. BVerfG 24. 10. 02, BVerfGE 106, 62 / 142 ff. und 27. 7. 04, NJW 04, 2803 / 2805 f.; zum Fortbestand des vormals erlassenen Fernstraßenrechts Art. 125a Abs. 2 GG. 423 Zum letzteren Urt. BVerfG 24. 10. 02, a. a. O., 150 ff. und 27. 7. 04, a. a. O. 424 Urt. BVerfG 24. 10. 02, a. a. O., 146 und 27. 7. 04, a. a. O., 2805. 421 422

IV. Die Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen

221

aus der Rechtslage ergebenden Bedrohung von Rechtssicherheit“ entgegenzuwirken.425 Für das denkbare Fernstraßenprivatisierungsrecht erweist sich dies sogar als unabdingbar, sowohl aus der Sicht der Gewährleistungsaufgabe des Staates für ein gesamtstaatlich geschlossenes Fernstraßenwesen als auch aus der Sicht von potentiell im Fernstraßenwesen tätigen privaten Rechtsträgern, deren betreffende unternehmerische Möglichkeiten und Interessen sich lediglich als ein auf das gesamtstaatliche Fernstraßennetz bezogenes, ländergrenzenübergreifendes Engagement konzipieren und beurteilen lassen. Die Entscheidungen beider Seiten zur Inanspruchnahme einer bestimmten Form funktionaler Privatisierung können, wie dargelegt, nur auf der Grundlage und im Rahmen eines gesamtstaatlich konstituierten fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs bzw. einer förmlichen gesamtstaatlichen Fernstraßenausbauplanung erfolgen, sie müssen staatlicherseits nach den Kriterien eines Staatsdefizits oder einer Privatisierungsäquivalenz bestimmter Privatisierungsformen bei der Realisierung jener fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlkonstituierung bzw. Fernstraßenausbauplanung getroffen und sie können auf der privaten Seite allein mit Blick auf die danach im Fernstraßenwesen insgesamt eröffneten Möglichkeiten vorgenommen werden. Hierzu bedarf es eines bundeseinheitlich verfügbaren Spektrums von in der Organisations- und Rechtsform gesetzlich ausgestalteten und festgelegten Privatisierungsformen. Das Fernstraßenprivatisierungsrecht ist somit genuin ein der Wahrung von Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse verpflichteter Gesetzgebungsgegenstand im Sinne von Art. 72 Abs. 2 GG. Auf der Seite und aus der Sicht des Staates erweist sich ein im gesamtstaatlichen Interesse bundeseinheitliches Fernstraßenprivatisierungsrecht vor allem und zuletzt entscheidend mit Rücksicht darauf als erforderlich, daß es hierbei um die Regelung und Verfügbarkeit von Privatisierungsformen geht, die objektiv und aus der Perspektive von potentiell in Betracht kommenden privaten Rechtsträgern geeignet sind, die nach Art. 104a Abs. 2 GG bestehende Finanzierungspflicht des Bundes für das Fernstraßenwesen in deren gemeinwohlgefordertem Umfang zu substituieren. Die Ausfüllung eines finanziell begründeten Staatsdefizits bei der Verwirklichung des fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs oder eine Privatisierungsäquivalenz zur finanziellen Entlastung des Bundes haben ein hierfür landesübergreifend, bundesweit einheitlich verfügbares Spektrum fernstraßenrechtlicher Privatisierungsformen zur Voraussetzung. Insofern bildet ein bundeseinheitliches Fernstraßenprivatisierungsrecht einen bundesstaatsrechtlichen Annex der finanzverfassungsrechtlichen Gewährleistungsverantwortung des Bundes für das Fernstraßenwesen. Insbesondere aus der Sicht des Staates, aber nicht nur aus dessen Perspektive ist es die den fernstraßenrechtlichen Privatisierungsformen zweckimmanente Benutzerfinanzierung von Fernstraßen, die eine bundesgesetzliche Regelung des Fernstraßenprivatisierungsrechts zwingend verlangt. Also jedenfalls die dem Fernstraßenprivatisierungsrecht eigene Benutzerfinanzierung gehört zur Wah425

Urt. BVerfG 27. 7. 04, a. a. O.

222

D. Das Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe

rung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse. Sie ist bundesstaatsrechtlich kompetenzbegründend für die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes zum Fernstraßenprivatisierungsrecht und sie ist für die dabei zu regelnden Privatisierungsformen aus der Sicht des Bundes und von potentiell beteiligten privaten Rechtsträgern das zweckimmanente Gestaltungsprinzip. Das notwendigerweise bundesgesetzliche Fernstraßenprivatisierungsrecht erfährt in dieser Hinsicht seine jeweils besondere organisationsrechtliche und rechtskonstruktive Ausformung sowie seine systematische Differenzierung in objektbezogen unterschiedliche Privatisierungsformen.

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen I. Die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen als Gestaltungsbereich und Gestaltungsprinzip des Fernstraßenprivatisierungsrechts 1. Von einer Privatfinanzierung der Bundesfernstraßen zur fernstraßenrechtlich relevanten Benutzerfinanzierung von Fernstraßen – Privatisierte Erhebung bzw. auch Vereinnahmung fernstraßenrechtlicher Benutzerentgelte Die Belastung des zentralstaatlichen Haushalts durch den Bau von Bundesfernstraßen hat schon lange zurückreichend, aber zunehmend zu Finanzierungspraktiken geführt und Finanzierungskonzepte entwerfen lassen, um den betreffenden staatlichen Finanzaufwand staatsmittelbar oder von privater Seite finanzieren zu lassen. Die jeweiligen Vorgänge bzw. Konzepte kann man organisationsrechtlich und rechtsbegrifflich zusammengefaßt als Formen einer staatlich verwaltungsinternen Indienstnahme privater Rechtsträger für die Finanzierung bzw. auch den Bau von Bundesfernstraßen definieren, ohne hiermit Veränderungen am tradierten Fernstraßenrecht der Bundesfernstraßen vorzunehmen und ein besonderes Fernstraßenprivatisierungsrecht im rechtsbegrifflichen Sinne zu schaffen.426 Jene Finanzierungspraktiken bzw. Finanzierungskonzepte als solche und allein ändern noch nichts an der letztlichen Finanzierung des Bundesfernstraßenbaus aus dem Staatshaushalt und an der staatsunmittelbaren hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung nach dem überkommenen allgemeinen FStrG; sie zeichnen sich als solche und allein noch durch den Verzicht aus, Fernstraßen aus Straßenbenutzungsentgelten zu finanzieren, also durch den Verzicht auf eine Benutzerfinanzierung. Damit war auch noch kein Anknüpfungspunkt und keine Grundlage vorhanden, um die Erfüllung der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen als ökonomische Interaktion mit den Fernstraßenbenutzern zu organisieren und zu regeln sowie hierfür in fernstraßenrechtlich relevanter Weise privatwirtschaftlich interessierte private Rechtsträger in Anspruch zu nehmen, also ein Fernstraßenprivatisierungsrecht im rechtsbegrifflichen Sinne zu begründen. Erst auf der Grundlage und im Rahmen von Organisations- und Rechtsformen einer Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten zum Zwecke der Fernstraßenbaufinanzierung, d. h. einer nicht nur steuerlichen Benutzerfinanzierung von Fernstra426

Oben unter D.IV.8.d) mit Fn. 398 f.

224

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

ßen, eröffnen sich der Gestaltungsbereich und das Gestaltungsprinzip eines besonderen Fernstraßenprivatisierungsrechts. Eine in begrenzter Weise gestaltete fernstraßenrechtliche Privatisierungsform besteht darin, das wirtschaftliche Interesse von Privaten an einer Betätigung im Fernstraßenwesen dadurch zu nutzen, daß ausschließlich die Erhebung hoheitsrechtlicher Gebühren für eine Benutzung von Bundesfernstraßen, etwa die Erhebung von streckenbezogenen Mautgebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit bestimmten Fahrzeugen, zum Zwecke einer Vereinnahmung für den Bund beleihungsrechtlich auf Private übertragen werden. Dann liegt lediglich insofern, aber immerhin insofern eine fernstraßenrechtlich relevante Regelung und damit Fernstraßenprivatisierungsrecht vor. Einer derartigen fernstraßenrechtlichen Privatisierungsregelung folgt das ABMG mit der Eröffnung einer beleihungsrechtlichen Erhebung von Mautgebühren durch Private.427 Dabei beschränkt sich das privatwirtschaftliche Interesse von Privaten an der fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung allein darauf, die betreffende Mauterhebung durchzuführen. Eine zweite und zwar die in ihren weiterreichenden Gestaltungsmöglichkeiten vorstellungsweise hauptsächlich zu betrachtende Gruppe eines Fernstraßenprivatisierungsrechts nimmt die fernstraßenrechtliche Benutzerfinanzierung dadurch zum Anknüpfungspunkt und zur Grundlage, daß die betreffenden Straßenbenutzungsentgelte für die privatwirtschaftliche Finanzierung sowie den privatwirtschaftlichen Bau und Betrieb von Fernstraßen erhoben und vereinnahmt werden, sei es daß unter dieser finanziellen Voraussetzung Privaten der Bau und Betrieb von Bundesfernstraßen auf der Grundlage und im Rahmen der hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung übertragen wird oder daß in weitergehender Weise Fernstraßen im Rahmen des fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs überhaupt privatwirtschaftlich bzw. als private Fernstraßen428 bereitgestellt werden. Der ersteren dieser Modalitäten, nämlich derjenigen einer auf der Grundlage der Benutzerfinanzierung Privaten übertragenen Finanzierung sowie eines diesen übertragenen Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen im Rahmen der hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung und demzufolge einer Erhebung der betreffenden Straßenbenutzungsentgelte in der Rechtsform hoheitlicher, beleihungsrechtlich erhobener Mautgebühren, folgt das FStrPrivFinG. Es handelt sich um das zusammengefaßt bezeichnete Betreibermodell. Die weitergehenden Gestaltungsmodalitäten eines Fernstraßenprivatisierungsrechts in Gestalt einer benutzerfinanzierten privatwirtschaftlichen bzw. privaten Bereitstellung von Fernstraßen haben noch keine gesetzliche Regelung erfahren. Wesentlich ist allen aufgeführten und denkbaren Modalitäten eines Fernstraßenprivatisierungsrechts hinsichtlich der ihnen zugrundeliegenden Benutzerfinanzierung von Fernstraßen, daß diese gegenüber den Benutzern der Fernstraßen formell und inhaltlich nach dem dafür verfassungsrechtlich und fernstraßenrechtlich vorgegebenen und maßgeblichen Recht der Straßenbenutzungsentgelte erfolgt. Es be427 428

§ 4 Abs. 1 S. 1 ABMG. Zum Begriff Fn. 345.

I. Die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen

225

steht danach eine wechselseitige Gestaltungsabhängigkeit zwischen dem benutzerfinanzierten Fernstraßenprivatisierungsrecht und dem Recht fernstraßenrechtlicher Benutzungsentgelte. Indessen entstehen hieraus dem benutzerfinanzierten Fernstraßenprivatisierungsrecht nur rechtsförmliche und materiellrechtliche Maßgaben, aber keine grundsätzlichen Hindernisse.

2. Rechtsformen der Straßenbenutzungsentgelte beim benutzerfinanzierten Fernstraßenwesen Die aufgrund von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG und nach Maßgabe von Art. 72 Abs. 2 GG bundesgesetzlich regelbare und im Bereich des Fernstraßenwesens bundesgesetzlich zu regelnde Rechtsmaterie von Benutzungsentgelten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch mit Fahrzeugen ist in organisationsrechtlicher Hinsicht offen für jede im Rahmen einer Benutzerfinanzierung von Fernstraßen sowie eines davon abhängigen Fernstraßenprivatisierungsrechts in Betracht kommende rechtsförmliche Ausgestaltung von Straßenbenutzungsentgelten. Wie bereits klargestellt, schließt der in der Kompetenznorm von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG redaktionell verwendete Begriff „von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen“ seinem eingeschränkten Zweck und Sinn entsprechend privatrechtliche Benutzungsentgelte für die Benutzung von Fernstraßen nicht aus, die unter Inanspruchnahme der allgemeinen Gesetzgebungszuständigkeit für das Fernstraßenrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 geregelt werden können. Allerdings bedeutet die hiernach bestehende Wahlfreiheit zwischen hoheitsrechtlichen Straßenbenutzungsgebühren und privatrechtlichen Straßenbenutzungsentgelten keine Befugnis des Gesetzgebers, erst eine spezifisch entgeltbezogene Formenwahl zu treffen.429 Bei den fernstraßenrechtlichen Benutzungsentgelten wie generell entscheidet sich die Rechtsform von Entgelten für die Inanspruchnahme von rechtlich als öffentliche Güter gewährleisteten nutzbaren Leistungen bereits danach, ob der Gesetzgeber für deren Bereitstellung eine hoheitsrechtliche oder eine privatrechtliche Organisations- und Rechtsform gewählt hat.430 Danach ist auch die Rechtsform fernstraßenrechtlicher Benutzungsentgelte davon abhängig, ob der betreffende Benutzungsvorgang im Rahmen des gesetzlich geregelten hoheitsrechtlichen Straßenregimes von Bundesfernstraßen stattfindet oder im Bereich einer gesetzlich geregelten privatrechtlichen Bereitstellung von Fernstraßen. Dementsprechend stellt sich die rechtsförmliche Ausgestaltung der fernstraßenrechtlichen Benutzungsentgelte im Rahmen des benutzerfinanzierten Fernstraßenprivatisierungsrechts rechtlich zwingend differenziert dar, je nachdem ob das betreffende Fernstraßenprivatisierungsrecht objektbezogen innerhalb der hoheitlichen Bundesfernstraßenverwal429 430

Fn. 350. Fn. 350.

15 Bartlsperger

226

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

tung verbleibt oder sich weitergehend im Bereich eines privatwirtschaftlichen bzw. privaten Fernstraßenwesens bewegt. Sowohl bei der Erhebung von Mautentgelten durch private Rechtsträger nach dem ABMG für eine bestimmte gemeingebräuchliche Fahrzeugbenutzung hoheitlich verwalteter Bundesfernstraßen als auch bei der fernstraßenrechtlich relevanten Inanspruchnahme Privater für den von diesen benutzerfinanzierten Bau und Betrieb von hoheitlich bereitgestellten Bundesfernstraßen nach dem FStrPrivFinG können die betreffenden fernstraßenrechtlichen Benutzungsentgelte ausschließlich als hoheitsrechtliche Straßenbenutzungsgebühren und daher im Wege einer entsprechenden Beleihung erhoben werden.431 Die Wahl einer privatrechtlichen Form für die genannten fernstraßenrechtlichen Benutzungsentgelte ist dem Gesetzgeber verschlossen; sie ist bereits mit dessen vorausgegangener rechtlicher Entscheidung für ein Fernstraßenprivatisierungsrecht unter Beibehaltung hoheitlicher Bundesfernstraßen verbraucht worden. Dagegen können in allen objektbezogen weitergehenden Fällen eines Fernstraßenprivatisierungsrechts in der Organisations- und Rechtsform eines benutzerfinanzierten privatwirtschaftlichen bzw. privaten Fernstraßenwesens432 ebenso selbstredend die betreffenden fernstraßenrechtlichen Benutzungsentgelte ausschließlich privatrechtlich geregelt werden. Prinzipiell verläuft also bei der fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung auch unter den Voraussetzungen eines mehr oder weniger objektbezogen weitgehenden Fernstraßenprivatisierungsrechts die Trennungslinie zwischen hoheitsrechtlichen Straßenbenutzungsgebühren und privatrechtlichen Straßenbenutzungsentgelten deckungsgleich mit der organisationsrechtlich und rechtsförmlich möglichen Zweiteilung des Fernstraßenwesens in beibehaltene hoheitliche Bundesfernstraßen einerseits und privatwirtschaftlich bzw. privat bereitgestellte Fernstraßen andererseits. In anderen, materiellrechtlichen Hinsichten mögen Gebühren und privatrechtliche Entgelte für die gemeingebräuchliche Benutzung von Fernstraßen mit Fahrzeugen je unterschiedlichen Bemessungsregelungen sowie tarifrechtlichen Festsetzungs- bzw. Regulierungsverfahren unterliegen. Hierbei handelt es sich um spezifische und jeweils gesondert zu erörternde Fragenbereiche der Straßenbenutzungsentgelte.433 Aber davon abgesehen haben fernstraßenrechtliche Benutzungsentgelte zum Zwecke der Benutzerfinanzierung von Fernstraßen auch in den Fällen ihrer Erhebung bzw. zugleich Vereinnahmung durch Private eine unveränderte und gleiche staatsrechtliche Funktion innerhalb der finanziellen Gewährleistung des Fernstraßenwesens und immer denselben Bezugspunkt in der fernstraßenrechtlichen Benutzungsordnung. Auch und schon hierin liegen wesentliche Maßgaben des Rechts der Straßenbenutzungsentgelte für die fernstraßenrechtliche Benutzerfinanzierung und ein benutzerfinanziertes Fernstraßenprivatisierungsrecht.

431 432 433

Gegenüber abweichenden Annahmen Fn. 350. Zum Begriff Fn. 345. Unter F.XI.

I. Die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen

227

3. Die staatsrechtliche Funktion einer Benutzerfinanzierung von Fernstraßen – Fernstraßenrechtlicher Gemeinwohlbedarf vor Kommerzialisierung des Fernstraßenwesens Die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen erscheint jedenfalls dann, wenn sie in der Organisations- und Rechtsform einer staatseigenen Erhebung und Vereinnahmung hoheitsrechtlicher Straßenbenutzungsgebühren für den „Bau und Betrieb“ von hoheitlich verwalteten Bundesfernstraßen erfolgt, in ihrer rechtlichen Funktions- und Zweckbestimmung eindeutig festgelegt und erkennbar. Die betreffenden fernstraßenrechtlich geregelten Gebühren für eine gemeingebräuchliche Benutzung von Bundesfernstraßen mit bestimmten Fahrzeugen, wie sie derzeit im ABMG in der organisationsrechtlichen Modalität einer Erhebung und Vereinnahmung streckenbezogener Mautgebühren durch den Bund selbst bzw. das Bundesamt für Güterverkehr, d. h. ohne eine beleihungsrechtliche Inanspruchnahme Privater für die Mauterhebung, vorgesehen sind, dienen „der Finanzierung von Neubau, Ausbau, Erhaltung, Betrieb und Unterhaltung von Bundesfernstraßen“434 und anderer öffentlicher Verkehrsinfrastruktur in staatseigener Erfüllung der hierfür jeweils staatsrechtlich originär begründeten staatlichen Gewährleistungsaufgabe. Sie haben demzufolge eine staatsrechtlich festgelegte Funktions- und Zweckbestimmung, die sie unbeschadet ihrer Vornahme als ökonomischer Interaktionsvorgang von Nutzung und Entgeltung einer Leistung auf die Finanzierung der staatlichen Gemeinwohlverantwortung für das Fernstraßenwesen verpflichtet und auf den entsprechenden Gemeinwohlbedarf sowie die entsprechende Gemeinwohlverwirklichung begrenzt. Ihr ökonomisches Ordnungsprinzip ist nicht dasjenige von privaten Gütern, also einer originär privatwirtschaftlichen, freien Betätigung und Marktpreisbildung, sondern dasjenige eines staatsrechtlich begründeten, gemeinwohlbestimmten öffentlichen Gutes im Rechtssinne. Es ist der aus der staatsrechtlich konstituierten Gewährleistungsaufgabe des Staates für das Fernstraßenwesen resultierende fernstraßenrechtliche Gemeinwohlbezug, der den betreffenden Straßenbenutzungsentgelten sowie der betreffenden fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung ihre Funktions- und Zweckbestimmung vorgibt. Der fernstraßenrechtliche Gemeinwohlbedarf steuert die fernstraßenrechtliche Benutzerfinanzierung.435 Allenfalls die mit dem ökonomischen Charakter des Fernstraßenwesens als öffentliches Gut verbundenen, gegebenenfalls unerwünschten externen Effekte So § 1 S. 1 VIFGG. Insofern geht es um den spezifischen Aspekt der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs auch unter den Voraussetzungen einer Benutzerfinanzierung öffentlicher Straßen. Diese Gewährleistungsanforderung betrifft auch schon die Verfassungsmäßigkeit des tatbestandlichen Umfangs einer Benutzerfinanzierung. Daneben beanspruchen einschließlich der „Höhe“ von Benutzungsentgelten auch die allgemeinen verfassungsrechtlichen Schranken und Maßgaben zum „Gebührenrecht“ Geltung; grundlegend nachwievor zu „Verfassungsrecht und Gebührenhöhe“ Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 242 ff. (im gegenständlichen Zusammenhang noch gesonderte Erörterung hier unter F.IV. und V.-IX.). 434 435

15*

228

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

rechtfertigen auch eine spezifisch ökonomische Instrumentalisierung fernstraßenrechtlicher Benutzerentgelte als Lenkungsentgelte zur Einflußnahme auf jene Effekte.436 Indessen versteht sich die staatsrechtliche Funktions- und Zweckbestimmung von fernstraßenrechtlichen Benutzungsentgelten sowie der fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung mit Rücksicht auf deren ökonomischen Charakter nicht mehr ohne weiteres von selbst, wenn die Erhebung oder auch die Vereinnahmung der betreffenden Entgelte aufgrund fernstraßenrechtlicher Privatisierungsregelungen durch privatwirtschaftlich interessierte Private erfolgen. Sie treten dann in den Bereich einer von privaten Interessen motivierten Kommerzialisierung ein und geraten auf diese Weise in ein Spannungsverhältnis zwischen der staatsrechtlich geltenden Gemeinwohlsteuerung des Fernstraßenwesens und dessen möglicherweise kommerzialisierter Steuerung. Die staatsrechtliche Funktions- und Zweckbestimmung der fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung als Finanzierungsinstrument staatlicher Gewährleistungsverantwortung verliert seine hierdurch auch ökonomisch begrenzte Selbstverständlichkeit. Vielmehr entsteht die Möglichkeit einer kommerzialisierten Entwicklung des Fernstraßenwesens anstelle von dessen Steuerung und Ausgestaltung nach dem fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarf und nach der staatlichen Gemeinwohlverpflichtung. Dieser Umstand hat zu bekannten und gegenständlich bereits angesprochenen, staatstheoretisch und staatsrechtlich begründeten Verdächtigungen gegenüber einer Benutzerfinanzierung öffentlicher Verkehrsinfrastruktur und zu Befürchtungen einer „Entstaatlichung“ und einer „Kommerzialisierung“ von „Verkehrswegen“ veranlaßt.437 Sie münden in das Postulat bzw. die Klarstellung, daß bei einer „Zusammenarbeit zwischen Staat und Gesellschaft“, wie sie sich nach den mehr oder weniger weitgehenden Formen eines Fernstraßenprivatisierungsrechts eröffnet, sich nicht der Staat an der Wirtschaft, sondern die Wirtschaft am Staat zu orientieren habe. Hiermit ist eine strukturbedingte, staatstheoretisch und staatsrechtlich prinzipielle Problematik der fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung offengelegt. Sie hat zudem eine unmittelbar rechtspraktische Bedeutung in der Frage einer möglichen privaten Beanspruchung der im Fernstraßenprivatisierungsrecht vorgesehenen Formen einer privatisierten Durchführung der Benutzerfinanzierung. Fernstraßenrechtliche Organisations- und Rechtsformen einer privatisierten Durchführung der Benutzerfinanzierung führen folgerichtig auch zu der Frage, ob ein privatwirtschaftliches Interesse Privater an deren im Fernstraßenprivatisierungsrecht geregelter Inpflichtnahme für die Benutzerfinanzierung speziell und gerade zum Zwecke einer privatwirtschaftlichen Erledigung derselben entsprechende Privatisierungspflichten bzw. grundrechtliche Privatisierungsansprüche begründen kann. Es geht also in dem Zusammenhang zuletzt auch um die Frage von Privatisierungspflichten bzw. Privatisierungsansprüchen mit Rücksicht und in bezug auf 436 437

Ebenfalls erst nachfolgend unter F.X. Oben unter D.IV.7.c) mit Fn. 320 ff.

I. Die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen

229

speziell und gerade wirtschaftliche Betätigungsinteressen Privater an einer fernstraßenrechtlich eröffneten privatisierten Durchführungsform der Benutzerfinanzierung, sei es daß hierbei die betreffenden Privaten nur für eine beleihungsrechtliche Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren438 oder auch für die Vereinnahmung von Straßenbenutzungsgebühren bzw. Straßenbenutzungsentgelten zum Zwecke eines ihnen hoheitlich übertragenen oder von ihnen privat übernommenen Baus und Betriebs von Fernstraßen in Pflicht genommen werden können und eine solche Inpflichtnahme anstreben.439 Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es ökonomisch strukturbedingt auch denkbar, daß die privatisiert durchgeführte Benutzerfinanzierung von Fernstraßen zu einem Entwicklungs- und Steuerungsfaktor des Fernstraßenwesens werden könnte. Im Fernstraßenprivatisierungsrecht vorgesehene Organisations- und Rechtsformen einer privatisierten Durchführung der Benutzerfinanzierung können danach zugleich in den Verdacht einer Kommerzialisierung fernstraßenrechtlicher Privatisierungspflichten und Privatisierungsansprüche kommen. Auch demgegenüber gilt es prinzipiell die staatsrechtliche Funktionsund Zweckbestimmung der fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung klarzustellen und festzuhalten. Die fernstraßenrechtliche Benutzerfinanzierung ist auch dann, wenn die Erhebung von Gebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen Privaten übertragen werden kann oder weitergehend auch die Vereinnahmung fernstraßenrechtlicher Benutzungsgebühren oder Benutzungsentgelte Privaten im Rahmen ihrer Inpflichtnahme für den Bau und den Betrieb von Bundesfernstraßen oder von privaten Fernstraßen440 zu obliegen vermag, prinzipiell nur als finanzielles Instrument zur Verwirklichung des fernstraßenrechtlichen Gemeinwohlbedarfs im Sinne der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das Fernstraßenwesen verfügbar. Nach dieser ihrer staatsrechtlichen Funktions- und Zweckbestimmung kann sie zwar unbedenklich auch der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit Privater Raum und eine Entfaltungsmöglichkeit geben. Sie kann sogar unter bestimmten verfassungsrechtlich tatbestandlichen Voraussetzungen als Bestandteil gesetzlich geregelter Privatisierungsformen Anlaß und Gegenstand entsprechender Privatisierungspflichten und Privatisierungsansprüche sein.441 Aber sie kann nicht die Rolle eines privatwirtschaftlichen Entwicklungs- und Steuerungsfaktors für das Fernstraßenwesen in Anspruch nehmen, geschweige denn daß allein oder maßgeblich ein privatwirtschaftliches Interesse speziell und gerade an ihrer Durchführung bzw. Übernahme entsprechende Privatisierungspflichten bzw. Privatisierungsansprüche zu begründen vermöchte. Einer derartigen Kommerzialisierung ist die fernstraßenrechtliche Benutzerfinanzierung nach ihrer staatrechtlichen Funktions- und Zweckbestim438 Beispiel die beleihungsrechtliche Erhebung der Mautgebühren nach dem ABMG (§ 4 Abs. 1 S. 1). 439 Beispiel das Betreibermodell nach dem FStrPrivFinG. 440 Begriff Fn. 345. 441 Dazu oben unter D.IV.8.c) und d) wie 9.c).

230

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

mung nicht zugänglich. Vielmehr beansprucht auch insofern der fernstraßenrechtliche Gemeinwohlbedarf Geltungsvorrang vor einer Kommerzialisierung des Fernstraßenwesens. Der fernstraßenrechtliche Gemeinwohlbedarf, wie er in der fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung seine förmliche Konstituierung erfährt,442 ist die unabdingbare rechts- und pflichtbegründende Voraussetzung für eine Verwirklichung der auf der Grundlage einer Benutzerfinanzierung fernstraßenrechtlich geregelten Privatisierungsformen. Im übrigen unterliegt die fernstraßenrechtliche Benutzerfinanzierung, gleichgültig ob sie in der Organisations- und Rechtsform eines staatsunmittelbaren bzw. staatseigenen oder eines funktional privatisierten fernstraßenrechtlichen Finanzierungsinstruments erfolgt, auch schon in ihrer Funktion selbst und als solcher, dem Fernstraßenwesen eine Finanzierung ohne Inanspruchnahme staatlicher Haushaltsmittel zu eröffnen, einschränkenden staatsrechtlichen Anwendungs- und Gestaltungsmaßgaben. Sie sind in spezifisch verfassungsrechtlichen Voraussetzungen und Bindungen bei der Erhebung von Entgelten für die Benutzung von Fernstraßen zu sehen. Es geht also in dieser Hinsicht um den verfassungsrechtlich möglichen bzw. vorgegebenen tatbestandlichen Bezugspunkt von Benutzungsentgelten und damit einer Benutzerfinanzierung in der fernstraßenrechtlichen Benutzungsordnung. Weder die explizite Verfassungsaussage zur Regelbarkeit von Straßenbenutzungsentgelten in der betreffenden bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG noch einschlägige verfassungsimmanente Anhaltspunkte zum Recht von Straßenbenutzungsentgelten noch die Zuordnung derselben zu den fernstraßenrechtlichen Benutzungstatbeständen erscheinen in der genannten Beziehung ohne weiteres klar. Es besteht die Frage, welche fernstraßenrechtlichen Benutzungsvorgänge überhaupt entgeltpflichtig und zum Gegenstand einer Benutzerfinanzierung von Fernstraßen gemacht werden können und um welche fernstraßenrechtlichen Benutzungstatbestände im Rahmen der fernstraßenrechtlichen Benutzungsordnung es sich dabei handelt. Zuweilen werden zur Entgeltfähigkeit fernstraßenrechtlicher Benutzungsformen erstaunliche Ansichten vertreten.

4. Der tatbestandliche Bezugspunkt einer Benutzerfinanzierung von Fernstraßen in der fernstraßenrechtlichen Benutzungsordnung – Die entgeltfähige Fernstraßenbenutzung Zum Recht von Straßenbenutzungsentgelten liegt die explizite und prinzipiell bedeutsame Verfassungsaussage in der bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG vor, wonach der Bundesgesetzgeber unter den Maßgaben von Art. 72 Abs. 2 GG konkurrierend für Regelungen zuständig ist, welche „die Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen“ betreffen. Im Zusammenhang der bundesstaatsrechtlichen 442

Oben unter D.IV.9.a).

I. Die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen

231

Kompetenzordnung findet so die verfassungsrechtliche Annahme Ausdruck, daß überhaupt „Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen“ geregelt und jedenfalls für deren Benutzung „mit Fahrzeugen“ erhoben und vereinnahmt werden können. Damit hat, explizit bezogen auf „Gebühren“ im Bereich „öffentlicher Straßen“, eine originär verfassungsrechtliche Beurteilung zur Entgeltfähigkeit von Straßenbenutzungstatbeständen, hinsichtlich der Fernstraßen von fernstraßenrechtlichen Benutzungstatbeständen, eine ausdrückliche Bekundung erfahren. Sie gilt materiellrechtlichen Voraussetzungen und Bindungen des Rechts der Straßenbenutzungsentgelte und kann insofern eine prinzipielle Bedeutung beanspruchen. Die materiellrechtliche Verfassungsaussage zum Recht der Straßenbenutzungsentgelte ist vor dem Hintergrund der rechtsdogmatisch traditionellen und praktisch maßgeblichen Auffassung zu den finanzverfassungsrechtlichen Voraussetzungen und Maßgaben für Benutzungsgebühren zu sehen. Danach sind öffentlichrechtliche Gebühren dazu bestimmt, dem Gebührenschuldner aus Anlaß individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen durch eine öffentlichrechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahmen öffentlichrechtliche Geldleistungen aufzuerlegen und in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu dekken.443 Eine Gebührenpflicht kann demzufolge allenfalls aus Anlaß solcher Nutzungen einer öffentlichrechtlichen Leistung begründet werden, die eine Besonderheit in der Art der Leistung, in der Art der Nutzung oder in einer gesetzlich gesondert geregelten Nutzung aufweisen.444 Derartige, eine Gebührenpflicht von Stra443 Beschl. BVerfG 6. 2. 79, BVerfGE 50, 217 / 226 m. weiteren Nachw. zur Rechtsprechung und unter Hinweis auf Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 16 ff., 24 ff., 55 ff. und 90 ff. sowie grundlegend Beschl. BVerfG 7. 11. 95, BVerfG 93, 319 / 342 ff.; ferner P. Kirchhof, HStR IV (1999), § 88 Rnr 185 ff. Die hierbei zum Ausgangspunkt genommene Auffassung, wonach das GG für Benutzungsgebühren „keinen eigenständigen Gebührenbegriff“ enthalte, „aus dem sich unmittelbar Prüfungsmaßstäbe für die Verfassungsmäßigkeit von Gebührenmaßstäben, Gebührensätzen oder Gebührenhöhen ergäben“, wonach also das Grundgesetz „keinen verfassungsrechtliche Gebührenbegriff“ kenne (Beschl. BVerfG. 6. 12. 79, a. a. O., 225 f. und 7. 11. 95, a. a. O., 345), wird ebenso feststehend gebraucht (etwa Wilke, a. a. O., S. 150 ff., P. Kirchhof, a. a. O., § 88 Rnr 185, Hecker, VerwArch 92 (201), 261 / 285, Klinski, DVBl. 02, 221 / 223, Uechtritz u. a., Umstellung von „Gebühr“ auf „Entgelt“, jeweils m.Nachw.) wie sie im Hinblick auf gleichwohl anerkannte und praktizierte einschlägige verfassungsrechtliche Voraussetzungen und Maßgaben sowie eine hieraus verfassungsrechtlich resultierende Abgaben- bzw. Entgeltfunktion im Ergebnis wenig glücklich, jedenfalls unvollständig erscheint. Sowohl zur „Zweckbestimmung“ von „Gebühren“ als auch zu den „Grenzen einer Regelung der Gebührenhöhe“ geht man im Ergebnis von materiell verfassungsrechtlichen Bestimmungen aus (Beschl. BVerfG 6. 2. 79, a. a. O., und 7. 11. 95, a. a. O., Wilke, a. a. O., S. 301 ff., P. Kirchhof, a. a. O., § 88 Rnr 185 ff. und 188 ff., Hecker, a. a. O., Klinski, a. a. O., 224). Daher weist auch die in der Kompetenznorm von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG enthaltene Aussage zur Erhebung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen einen materiell verfassungsrechtlichen Bezug auf; zu dieser materiellrechtlichen Klarstellungsbedeutung Selmer / Brodersen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 7 ff. und Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 170 f. 444 Wilke, a. a. O., S. 18 f. und 50 ff., P. Kirchhof, a. a. O., § 88 Rnr 185 f., ders., Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung, S. 232 f., Klinski, a. a. O., 223 f., Kämmerer, Privati-

232

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

ßenbenutzungsvorgängen rechtfertigende Voraussetzungen sieht Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG jedenfalls dann als gegeben an, wenn, explizit bezogen auf „öffentliche Straßen“, eine Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ erfolgt. Aber diese Verfassungsaussage kann und muß kraft ihres rechtsgrundsätzlichen Beurteilungsgehalts auch eine prinzipielle materiellrechtliche Bedeutung für das gesamte Recht von Straßenbenutzungsentgelten beanspruchen. Sie muß ebenso für den durch die explizit gebührenbezogene Regelung von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG keineswegs ausgeschlossenen Regelungsbereich privatrechtlicher Straßenbenutzungsentgelte als verfassungsrechtlich prinzipiell maßgebliche Beurteilung gelten. Auch im Rahmen einer funktional privatisierten Organisations- und Rechtsform der Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten können solche jedenfalls für eine Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ als verfassungsrechtlich zulässig erachtet werden. Wie schon wiederholt angesprochen, schließt es die spezielle Gebührenregelung des § 74 Abs. 1 Nr. 22 GG nicht aus, daß im Rahmen der in dieser Kompetenznorm konstituierten allgemeinen Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts, also einer das Fernstraßenwesen insgesamt ohne Einschränkung auf die Bundesfernstraßen im Sinne von Art. 90 GG ebenso alle Formen eines Fernstraßenprivatisierungsrecht umfassenden Gesetzgebungsmaterie, auch sonstige und privatrechtliche Benutzungsentgelte für die Benutzung von Fernstraßen geregelt werden.445 Im Rahmen dieser allgemeinen Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts können zum einen nicht nur auch die fernstraßenrechtlichen Sondernutzungsentgelte in ihrer hoheitsrechtlichen Gebührenform bzw. privatrechtlichen Entgeltform geregelt werden; materiellrechtlich stellen die fernstraßenrechtlichen Sondernutzungstatbestände ohnedies eine besondere Nutzungsart dar, die der angeführten Voraussetzung einer Gebühren- bzw. Entgeltpflicht entspricht. Zum zweiten und im gegenständlichen Zusammenhang wesentlich eröffnet die allgemeine Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts ebenso und generell eine Regelung privatrechtlicher Benutzungsentgelte im Rahmen eines entsprechenden Fernstraßenprivatisierungsrechts. Dabei erscheint auch deren verfassungsrechtliche Beurteilung in materiellrechtlicher Hinsicht keineswegs offen. Denn auch insofern kann und muß die gebührenrechtliche Aussage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG in ihrem materiellrechtlichen Bedeutungsgehalt eine prinzipielle Geltung beanspruchen. Es kann und muß ihr gleichfalls für den Bereich privatrechtlicher Straßenbenutzungsentgelte nach einem entsprechenden Fernstraßenprivatisierungsrecht die originär verfassungsrechtliche Beurteilung entnommen werden, daß jene Entgelte jedenfalls dann verfassungsrechtlich unbedenklich sind, wenn sie an eine privatrechtliche Benutzung „mit Fahrzeugen“ anknüpfen.446 sierung, S. 349 sowie insb. Beschl. BVerfG 7. 11. 95, a. a. O., 344 ff.; zur Frage der Individualisierbarkeit der gebührenpflichtigen Verwaltungsleistung bei öffentlichen Straßen Knapp, Gemeingebrauch und Straßeneigentum, S. 378, m.Nachw. 445 Fn. 350. 446 Zu Anlaß, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck der „gebührenrechtlichen“ Aussage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG siehe Fn. 351.

I. Die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen

233

Auf der Grundlage der gebotenen prinzipiellen Interpretation der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG erkennbaren materiellrechtlichen Verfassungsaussage zur Entgeltfähigkeit fernstraßenrechtlicher Benutzungsvorgänge ist somit festzuhalten, daß die Regelung und Erhebung von Benutzungsentgelten, abgesehen von dem ohnedies zweifelsfreien Fall der Sondernutzungsgebühren und Sondernutzungsentgelte, jedenfalls insoweit verfassungsrechtlich als unbedenklich gelten kann, als sie an die Benutzung von Fernstraßen „mit Fahrzeugen“ anknüpft und dadurch einen nutzungsspezifisch besonderen, entgeltfähigen Benutzungstatbestand betrifft, gleichgültig ob dieser im Rahmen der hoheitsrechtlichen Benutzungsordnung von Bundesfernstraßen oder nach einem entsprechenden Fernstraßenprivatisierungsrecht als privatrechtlicher Benutzungsvorgang stattfindet. Eine vom Recht der Straßenbenutzungsentgelte abhängige Benutzerfinanzierung von Fernstraßen kann also jedenfalls, gleichgültig ob im Rahmen der hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung oder einer privatrechtlichen Benutzungsordnung nach einem entsprechenden Fernstraßenprivatisierungsrecht, an die Benutzung von Fernstraßen „mit Fahrzeugen“ anknüpfen. Sie bewegt sich auf jeden Fall mit diesem tatbestandlichen Bezugspunkt im Rahmen einer besonderen Art der Fernstraßenbenutzung, die eine Entgeltpflicht verfassungsrechtlich rechtfertigt. Auf der verfassungsrechtlichen Ebene ohne Bedeutung und deshalb auch kein Gegenstand einer verfassungsrechtlichen Aussage ist die Frage, welchem Benutzungstatbestand im Sinne des einfachen Fernstraßenrechts bzw. der fachspezifischen Straßenrechtsdogmatik der betreffende Vorgang einer Benutzung von Fernstraßen „mit Fahrzeugen“ im Hinblick auf seine Entgeltfähigkeit zuzuordnen und welche Art eines fernstraßenrechtlichen Benutzungsentgelts insofern anzunehmen ist. Hierzu werden Auffassungen vertreten, wonach wegen einer angeblichen Entgeltfreiheit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs Benutzungsentgelte für die Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ nur als Sondernutzungsentgelte in Betracht kämen und als solche zu beurteilen seien.447 Auf diese Weise und in dieser Hinsicht soll die an die Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ anknüpfende straßenrechtliche Benutzerfinanzierung in ihrem straßenrechtlich tatbestandlichen Bezugspunkt aus dem Bereich des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs herausgenommen und dem straßenrechtlichen Sondernutzungsrecht zugeordnet sein. Solche Auffassungen sind zuallererst schon straßenrechtlich, aber auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Erwägungen zur Frage einer Entgeltfähigkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs im Ergebnis nicht nachvollziehbar. Die Benutzung öffentlicher Straßen „mit Fahrzeugen“ gehört, ungeachtet erheblicher verkehrstechnischer und nutzungsspezifischer Veränderungen des Fahrzeugverkehrs auf Straßen, von jeher zum Gemeingebrauch im Sinne von dessen fachspezifisch rechtsdogmatischer Begriffsbestimmung und Begriffsverwendung. 447 Kämmerer, Privatisierung, S. 349 f., m.Nachw. und W. Schmidt, NVwZ 95, 38 / 39; hiergegen zutreffend Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 229.

234

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Diese Rechtslage findet ihre aktuelle legislative Bestätigung in der fernstraßenrechtlichen sowie in den Landesstraßengesetzen insofern inhaltsgleichen Legaldefinition des Gemeingebrauchs, wonach dieser jedermann den Gebrauch öffentlicher Straßen im Rahmen der Widmung und der verkehrsbehördlichen Vorschriften zum Verkehr gestattet.448 Die angesprochenen Auffassungen, wonach gleichwohl Benutzungsentgelte für die Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ als Sondernutzungsentgelte zu beurteilen seien, wollen auch sicherlich die Zuordnung des betreffenden Benutzungstatbestandes als solchen zum Gemeingebrauch im Sinne der straßenrechtlichen Benutzungsordnung gar nicht an sich in Frage stellen. Vielmehr geht es ihnen ersichtlich nur darum, den straßenrechtlichen Gemeingebrauch mit Rücksicht auf den im grundsätzlichen Ansatzpunkt zutreffenden Gesichtspunkt als nicht ohne weiteres mit einer Entgeltpflicht vereinbar anzusehen und zu gewährleisten, daß sich in der gemeingebräuchlichen Straßenbenutzung die allgemeine Verfügbarkeit und Zugänglichkeit öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung verwirklicht. Hieraus wird gefolgert, daß es verfassungsrechtlich überhaupt und prinzipiell keinen mit jener Grundrechtsvoraussetzung verträglichen, entgeltpflichtigen straßenrechtlichen Gemeingebrauch geben könne und daß deshalb eine verfassungsrechtlich als unbedenklich beurteilte Entgeltpflicht der Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ in das Recht von Sondernutzungsgebühren bzw. Sondernutzungsentgelten führen müsse.449 Fragwürdig muß an dieser straßenrechtlichen Beurteilung schon allein sein, welchen praktischen Ertrag eine solche angeblich verfassungsrechtlich gebotene Korrektur der straßenrechtlichen Benutzungsordnung bzw. Entgeltregelungen haben soll. Im Ergebnis ändert sich nichts daran, daß die betreffende Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ trotz ihrer verfassungsrechtlichen Gewährleistung als Grundrechtsvoraussetzung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise entgeltpflichtig sein kann. Die straßenrechtlich rechtsbegriffliche Zuordnung der betreffenden Entgeltpflicht zum Recht der Sondernutzungsgebühren bzw. Sondernutzungsentgelte ändert hieran nichts. Die zugegebenermaßen an sich im verfassungsrechtlichen Ansatzpunkt zutreffend aufgegriffene Fragestellung bedarf vielmehr einer differenzierteren Beurteilung, was den Gesichtpunkt einer verfassungsrechtlich zulässigen Entgeltpflicht des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs angeht. Jedenfalls die Annahme einer verfassungsrechtlich generell gewährleisteten Entgeltfreiheit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs in allen seinen straßenrechtlich tatbestandlichen Nutzungsarten ist sicherlich nicht haltbar.450 Vielmehr kommt es darauf an, innerhalb des tatbestandlichen Spektrums 448 § 7 Abs. 1 S. 1 FStrG; statt vieler die Darstellung bei Grote, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 24; dort (Rnr 9) auch zu den Legaldefinitionen in den Landesstraßengesetzen. Ausführlich zum Gemeingebrauch in seiner straßen- und wegerechtlichen Entwicklung und Bedeutung als Grundlage der straßenrechtlichen Benutzungsordnung Knapp, Gemeingebrauch und Straßeneigentum. 449 Zu dem verbreiteten, teils dezidiert, teils in Literatur und Rechtsprechung eher leichthin vertretenen Theorem von der Unentgeltlichkeit des Gemeingebrauchs siehe bei Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 170, Kämmerer, Privatisierung, S. 349 f. und Knapp, a. a. O., S. 347 f. jeweils m.Nachw.

I. Die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen

235

straßenrechtlicher Gemeingebrauchsnutzungen zu unterscheiden zwischen solchen, die als Verwirklichung einer Grundrechtsvoraussetzung mit einer Entgeltpflicht unvereinbar sind, und solchen, die aufgrund ihrer besonderen Nutzungsart gleichwohl die Voraussetzungen einer Entgeltpflicht zu erfüllen vermögen.451 Dieser verfassungsrechtlich differenzierten Beurteilung folgt jedenfalls Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG, wenn er, explizit bezogen auf Benutzungsgebühren bei öffentlichen Straßen, die Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ prinzipiell als entgeltfähig voraussetzt. Dahinter steht eine prinzipiell differenzierte Vorstellung von der verfassungsrechtlichen Zweckbestimmung und Gewährleistungsfunktion des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs. Die verfassungsrechtliche Zweckbestimmung und Gewährleistungsfunktion des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs als Grundrechtsvoraussetzung sowie die dementsprechende Gemeinwohlverantwortung des Staates können im Ansatzpunkt und im Grundsatz bedeuten, daß die allgemeine Verfügbarkeit und Zugänglichkeit öffentlicher Straßen für eine gemeingebräuchliche Benutzung „zum Verkehr“, also zur Fortbewegung von Personen und Sachen, nicht durch eine Erhebung von Benutzungsentgelten praktisch vereitelt oder wesentlich eingeschränkt werden darf. Dies gilt nicht nur, was die Frage einer Entgeltpflicht des Gemeingebrauchs im Grunde, sondern auch die Bemessung von gegebenenfalls zulässigen Entgelten angeht. Das letztere stellt ohnedies einen eigenen und gesondert zu erörternden verfassungsrechtlichen Fragenbereich dar.452 Jedenfalls die sachgegebene Unterschiedlichkeit der möglichen Nutzungsarten des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs sowie deren unterschiedliche Nähe zu einer substantiell allgemeinen und ungehinderten Straßenbenutzung als Grundrechtsvoraussetzung verbieten deren generelle Entgeltpflicht. Eine solche ließe sich auch „kaum sachgerecht umgrenzen, jedenfalls aber nicht erhebungstechnisch erfassen“.453 Vielmehr erlaubt die grundrechtsgewährleistende und sachgegebene Zweckbestimmung und Funktion des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs dessen Entgeltfähigkeit nur unter der genannten, den verfassungsrechtlichen Grundsatz seiner Unentgeltlichkeit überlagernden, rechts- und pflichtbegründend eigenständigen Voraussetzung, daß eine individuell zurechenbare besondere öffentliche Leistung sowie deren individuell zurechenbare besondere Nutzung vorliegen und daß in Anknüpfung an eine solche Art der Leistungsbereitstellung und Nutzungsinanspruchnahme Geldleistungen zur 450 Siehe dazu Nachw. in Fn. 443 f. zu Zweck, Funktion sowie verfassungsrechtlicher Zulässigkeit und Gestaltbarkeit von „Gebühren“. 451 Dieser Differenzierung liegt die den öffentlichen Straßen eigene Ordnungsstruktur von sogenannten „Mischgütern“ zugrunde (dazu oben unter 4.b). Mit Rücksicht auf die Ausschließbarkeit allgemeiner Verfügbarkeit durch eine Entgelterhebung wird auch von einem „Klubkollektivgut“ gesprochen; siehe unter Hinweis auf Großekettler (Finanzarchiv 43 – 1985, S. 211 f.) Hirschhausen / Beckers / Klatt, Aktuelle ÖPP-Modelle für die Bundesfernstraßen, hgg. vom ADAC, 2005, S. 7. 452 Hierzu unter F.IV.-X. 453 P. Kirchhof, Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung, S. 233.

236

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

ganzen oder teilweisen Kostendeckung als äquivalent beurteilt werden und gerechtfertigt erscheinen können.454 Welche Arten der Straßenbenutzung solche besonderen Voraussetzungen einer Entgeltfähigkeit insgesamt erfüllen können, braucht im gegenständlichen Zusammenhang nicht weiter erörtert zu werden. Denn die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen bewegt sich aktuell und in einem überschaubaren zeitgeschichtlichen Rahmen ausschließlich im Bereich von zwei tatbestandlich spezifischen straßenrechtlichen Benutzungsvorgängen. Den einen, für eine Benutzerfinanzierung von Fernstraßen in Betracht kommenden fernstraßenrechtlichen Benutzungsvorgang, der diese wesentlich und überhaupt trägt, bildet die Benutzung von Fernstraßen „mit Fahrzeugen“; er hat jedenfalls, wie erörtert, im Rahmen der bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG eine originär verfassungsrechtliche Beurteilung als leistungs- und nutzungsspezifisch besondere und deshalb entgeltfähige Art des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs erfahren. Zum zweiten handelt es sich um die als leistungs- und nutzungsspezifisch straßenrechtlich genuin besondere Art der Fernstraßenbenutzung durch Sondernutzungen im straßenrechtlichen Sinne; auch die fernstraßenrechtlichen Sondernutzungsentgelte können, abgesehen von ihrem Teilelement als Verwaltungsgebühren für die Genehmigung von Sondernutzungen bzw. die Bestellung von Sondernutzungsrechten, zumindest als Benutzungsentgelte, wenngleich mit geringer effektiver Bedeutung, in die Benutzerfinanzierung der Fernstraßen eingehen. Auch sie stehen insoweit demjenigen öffentlichen oder privaten Rechtsträger zu, der nach der jeweiligen Organisations- und Rechtsform der funktional geregelten Bereitstellung von Fernstraßen unmittelbar den „Bau und Betrieb“ der betreffenden Fernstraße finanziert. Es kann somit nicht ernsthaft die Rede davon sein, daß eine Benutzerfinanzierung von Fernstraßen ihre straßenrechtliche Zuordnung ausschließlich im Bereich fernstraßenrechtlicher Sondernutzungsentgelte zu finden habe. Vielmehr beruht eine Benutzerfinanzierung von Fernstraßen hauptsächlich auf der verfassungskonformen Regelung und Erhebung von Benutzungsentgelten für die gemeingebräuchliche Benutzung von Fernstraßen „mit Fahrzeugen“ und insofern auf einer besonderen Art von Gemeingebrauchsentgelten. Im übrigen können auch fernstraßenrechtliche Sondernutzungsentgelte abhängig von der jeweiligen, folgerichtig an die unmittelbare Aufgabenträgerschaft für den „Bau und Betrieb“ von Fernstraßen anknüpfenden gesetzlichen Regelung einer Benutzerfinanzierung von Fernstraßen in diese einfließen. Vor allem ist in dem Zusammenhang nochmals die Feststellung wesentlich, daß auf der Grundlage und im Rahmen der allgemeinen bundesstaatrechtlichen Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG ein Fernstraßenprivatisierungsrecht für eine dort gegebenenfalls organisations- und rechtsförmlich festgelegte privatrechtliche Gemeingebrauchsnutzung von Fernstraßen „mit Fahrzeugen“ privatrechtliche Entgelte regeln kann. Danach ist staatsrechtlich jede mehr oder weniger weitgehende organisations- und rechtsförmliche Modalität 454

Fn. 443 f.

I. Die Benutzerfinanzierung von Fernstraßen

237

einer funktional privatisierten Benutzerfinanzierung von Fernstraßen aus Entgelten für eine gemeingebräuchliche Benutzung „mit Fahrzeugen“ eröffnet. Begrifflich werden bei allen organisations- und rechtsförmlichen Ausgestaltungen des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs, ob bei einem hoheitsrechtlich geregelten Gemeingebrauch von Bundesfernstraßen nach dem überkommenen FStrG oder bei einem nach einem entsprechenden Fernstraßenprivatisierungsrecht gegebenenfalls stattfindenden Gemeingebrauch in privatrechtlicher Form, die betreffenden, einer Benutzerfinanzierung dienenden Entgelte für die gemeingebräuchliche Fernstraßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ im Falle einer streckenbezogenen Erhebung als „Maut“ bezeichnet; dementsprechend gibt es jeweils entweder hoheitsrechtliche „Mautgebühren“ oder privatrechtliche „Mautentgelte“. Im Falle einer zeitbezogenen Erhebung der betreffenden Entgelte gilt der Begriff von „Benutzungsgebühren“ und dementsprechend kann man bei einer privatrechtlichen Form dieser Entgelte von „Benutzungsentgelten“ sprechen.455 Die weitestgehende funktional privatisierte Organisations- und Rechtsform der Benutzerfinanzierung von Fernstraßen mittels Erhebung einer Maut oder eines Benutzungsentgelts ist diejenige nach einem Fernstraßenprivatisierungsrecht, das, abgesehen von der in dem Zusammenhang auch denkbaren Modalität einer privatrechtlichen Bereitstellung von Bundesfernstraßen, überhaupt ein Konzept privater, also nicht staatlicher Fernstraßen im Rahmen des verfassungsrechtlich verstandenen und fernstraßenrechtlich konstituierten Gemeinwohlbedarfs für das Fernstraßenwesen verwirklicht.456 Allerdings ist dieser letztere, an sich nur folgerichtige Schritt zu einem auf der Benutzerfinanzierung aufbauenden Fernstraßenprivatisierungsrecht noch nicht angegangen worden. Vielmehr findet bislang eine Entgeltfinanzierung von Fernstraßen nur im tradierten Rahmen der hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung statt, zum einen inzwischen nach dem ABMG durch Erhebung von streckenbezogenen Mautgebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen und gegebenenfalls genau bezeichneten Abschnitten von Bundesstraßen mit bestimmten Fahrzeugen sowie zum anderen nach dem im FStrPrivFinG verwirklichten Betreibermodell durch eine funktional privatisierte Erhebung, Vereinnahmung und Verwendung von projektbezogenen Mautgebühren. Nach dem ABMG ist zumindest eine funktional privatisierte Erhebung von Mautgebühren eröffnet. Zudem ist hierfür gesetzlich vorgesehen, die Aufgaben des Bundes zur Sachfinanzierung von Bundesfernstraßen aus dem vom Bund nach dem ABMG vereinnahmten Mautaufkommen im Wege der Organisationsprivatisierung einer Verwaltungsgesellschaft, einer Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft, zu übertragen.457 Ersichtlich ist also der Benutzerfinanzierung von Fernstraßen eine 455 Zu den betreffenden Rechtsbegriffen Art. 2 lit. b und c der RL 1999 / 62 / EG. Zeitbezogene „Benutzungsgebühren“ sind im ABGG 1994 geregelt gewesen. Streckenbezogene „Mautgebühren“ sind im FStrPrivFinG und im ABMG geregelt. 456 Zum Rechtsbegriff nicht staatlicher bzw. privater Fernstraßen in diesem Sinne Fn. 345. 457 VIFGG vom 28. 6. 2003.

238

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Tendenz zu deren Organisation in einem Fernstraßenprivatisierungsrecht eigen. Im Hinblick darauf sind sowohl die genannten, bereits gesetzlich geregelten und praktizierten als auch die, soweit überschaubar, möglichen Modalitäten einer mehr oder weniger weitgehend funktional privatisierten Benutzerfinanzierung von Fernstraßen in ihrer grundsätzlichen fernstraßenrechtlichen Relevanz organisations- und rechtsförmlich zu interpretieren.

II. Die Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen durch Erhebung, staatseigene Vereinnahmung und Verwendung allgemeiner streckenbezogener Mautgebühren – ABMG, Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft, sogenanntes A-Modell 1. Die allgemeine streckenbezogene Mautgebühr für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit bestimmten Fahrzeugen nach dem ABMG – Gemeingebrauchsgebühr, Alternative und Vorgängerregelung, konzeptionelle und geltungsmäßige Abgrenzung zum speziellen FStrPrivFinG Streckenbezogene Mautgebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit bestimmten Fahrzeugen zählen zu den „Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen“ im Sinne der hierfür allgemein geschaffenen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzregelung von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG.458 Sie sind in ihrem tatbestandlichen Bezugspunkt innerhalb der fernstraßenrechtlichen Benutzungsordnung eine, wie vorstehend dargelegt, in materiell verfassungsrechtlicher Hinsicht wegen der besonderen Leistungs- und Nutzungsart einer gemeingebräuchlichen Fahrzeugbenutzung von Bundesfernstraßen zulässige Gemeingebrauchsgebühr.459 Die Anknüpfung des betreffenden Gebührentatbestandes an eine streckenbezogene Benutzung von Bundesfernstraßen stellt eine Gestaltungsalternative zur Erhebung einer zeitbezogenen Benutzungsgebühr in der Rechtsform einer VignettenPflicht dar. Dieser letzteren Alternative war das Autobahnbenutzungsgebührengesetz für schwere Nutzfahrzeugen von 1994 nach einer durch das einschlägige Europäische Gemeinschaftsrecht veranlaßten Vorgeschichte gefolgt.460 Sie ist im geltenden ABMG außer Kraft gesetzt461 und durch die in diesem Gesetz geregelte streckenbezogene Mautgebühr für die Benutzung von Bundesautobahnen und Oben unter D.IV.9.a) und hier (E) unter I.4. Siehe unter I.4. 460 Dazu bei Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 62 f. und Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 16 Rnr 19.1 ff. 461 § 12 ABMG. 458 459

II. Die Benutzerfinanzierung durch Mautgebühren

239

bestimmter gegebenenfalls genau bezeichneter Abschnitte von Bundesstraßen ersetzt worden, deren Erhebung zwischenzeitlich begonnen hat.462 Streckenbezogen gebührenpflichtig ist nach der geltenden Regelung des ABMG nur die Benutzung der betreffenden Bundesfernstraßen mit bestimmten, in der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Richtlinie bezeichneten „schweren Nutzfahrzeugen“.463 In dem Zusammenhang gelten im übrigen besondere fahrzeugbezogene Befreiungsregelungen sowie spezielle strecken- bzw. projektbezogene Geltungsvorbehalte.464 Rechtssystematisch wesentlich ist an dem Anwendungs- bzw. Geltungsbereich der im ABMG geregelten Erhebung einer streckenbezogenen Mautgebühr die Geltungsausnahme für bestimmte projektspezifisch ausgezeichnete und festgelegte Strecken von Bundesfernstraßen. Es handelt sich um den Geltungsvorbehalt zugunsten einer Erhebung streckenbezogener Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG für die Benutzung bestimmter projektspezifisch besonderer und rechtförmlich bezeichneter Strecken von Bundesfernstraßen.465 Diese besonderen streckenbezogenen Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG weisen sowohl in ihrem materiellrechtlichen Gebührentatbestand als auch hinsichtlich ihrer organisationsförmlichen Vereinnahmung und Verwendung für die Zwecke einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen eine Besonderheit auf, die sie notwendigerweise aus der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen nach dem ABMG herausführt. Zum einen knüpft die Mautgebühr nach dem FStrPrivFinG in ihrem materiellrechtlichen Gebührentatbestand nicht nur an die erörterte, eine Gemeingebrauchsgebühr verfassungsrechtlich generell rechtfertigende leistungs- und nutzungsspezifische Art der gemeingebräuchlichen Fernstraßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ an. Vielmehr handelt es sich darüber hinausgehend um einen materiellrechtlichen Gebührentatbestand, mit dem die zusätzliche besondere fernstraßenbauliche Leistungserbringung und die zusätzliche besondere Nutzungsinanspruchnahme entgolten werden soll, die im Zuge bestimmter baulich und betrieblich ausgezeichneter Straßen von Bundesfernstraßen stattfinden. Es handelt sich bei den betreffenden Strecken um Brücken, Tunneln und Gebirgspässe im Zuge von Bundesautobahnen und Bundesstraßen sowie um mehrstreifige Bundesstraßen mit getrennten Fahrbahnen für den Richtungsverkehr mit Kraftfahrzeugen.466 Die Mautgebühr nach dem FStrPrivFinG ist also eine in ihrem materiellrechtlichen sowie im Gebühren462 Zu den Regelungen des ABMG allgemein Neumann / Müller, NVwZ 02, 1295 ff., Uechtritz / Deutsch, DVBl. 03, 575 ff., Uechtritz, Finanzierungsformen für den Straßenbau, S. 11 ff. sowie Hirschhausen / Beckers / Klatt, Aktuelle ÖPP-Modelle für die Bundesfernstraßen, hgg. vom ADAC, 2005, passim (zu dem dabei praktizierten sogenannten A-Modell S. 43 ff., zur Entwicklung eines neben dem Bau auch die Erhaltung einer Bundesfernstraßen einschließenden „Funktionsbauvertrages“, S. 49 ff.). 463 § 1 Abs. 1 ABMG, Art. 2 lit. d RL 1999 / 62 / EG. 464 § 1 Abs. 2 und 3 ABMG. 465 § 1 Abs. 3 Nr. 3 ABMG. 466 § 2 Abb. 1 FStrPrivFinG.

240

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

tatbestand herausgehobene, weil projektspezifisch begründete Gebühr für die gemeingebräuchliche Fahrzeugbenutzung der betreffenden Strecken von Bundesfernstraßen. Als zusätzlich projektspezifisch begründete Mautgebühr überlagert sie die im ABMG ansonsten geregelte, generell streckenbezogene Mautgebühr für die gemeingebräuchliche Fahrzeugbenutzung von Bundesfernstraßen und sie schließt die letztere ein. Die streckenbezogen gleichzeitige Erhebung beider Mautgebühren würde zu einer partiellen doppelten Gebührenerhebung für denselben fernstraßenrechtlichen Benutzungsvorgang führen. Dies mußte wegen der genannten materiell verfassungsrechtlichen Maßgaben zur Erhebung von Gebühren für die gemeingebräuchliche Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen467 durch eine entsprechende alternative Gebührenregelung vermieden werden.468 Dem trägt der im ABMG festgelegte Geltungsvorbehalt zugunsten der im FStrPrivFinG geregelten Benutzerfinanzierung für bestimmte Fernstraßenprojekte Rechnung. Die Mautgebühren und die Benutzerfinanzierung nach dem ABMG einerseits und dem FStrPrivFinG andererseits stehen sich einander ausschließend gegenüber. Zum zweiten handelt es sich bei der Erhebung streckenbezogener Mautgebühren nach dem ABMG und dem FStrPrivFinG um zwei prinzipiell unterschiedliche Organisationsformen der fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung. Das projektspezifische Mautaufkommen nach dem FStrPrivFinG dient einer fernstraßenrechtlich relevanten, funktional privatisierten Finanzierung von „Bau und Betrieb“ der betreffenden Strecken von Bundesfernstraßen, d. h. einer funktional privatisierten Erfüllung der Sachfinanzierungsverantwortung des Bundes für die Bundesfernstraßen.469 Demgegenüber verbleibt es für die im übrigen stattfindende Erhebung streckenbezogener Mautgebühren nach dem ABMG bei einer staatseigenen Vereinnahmung und Verwendung des nach dem Erhebungsverfahren vorhandenen Mautaufkommens für den Bundeshaushalt.470 Lediglich für den betreffenden Erhebungsvorgang ist die funktional privatisierte Organisationsform einer Mauterhebung durch Private eröffnet.471 Die Benutzerfinanzierung nach dem ABMG als solche erfolgt also im Rahmen einer staatseigenen, vom Bund selbst beanspruchten Wahrnehmung seiner ihm nach Art. 104 a Abs. 2 GG obliegenden Sachfinanzierung von Bundesfernstraßen. Auch insofern bedurfte es einer Geltungsabgrenzung gegenüber der funktional privatisierten Benutzerfinanzierung von Fernstraßenprojekten nach dem FStrPrivFinG. Oben unter I.4. Siehe zum gemeinschaftsrechtlichen Verbot einer doppelten Gebührenerhebung Art. 7 Abs. 3 RL 1999 / 62 / EG für das Verhältnis zeitbezogener „Benutzungsgebühren“ (Art. 2 lit. c RL 1999 / 62 / EG) und „Mautgebühren“ (Art. 2 lit. b RL 1999 / 62 / EG). Auch hierbei gilt die im FStrPrivFinG verwendete projektspezifische Ausnahme für Brücken, Tunneln und Gebirgspässe. 469 § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1 FStrPrivFinG. 470 § 4 Abs. 1, § 11 ABMG i.d.F. Art. 1 Gesetz 28. 6. 2003 (BGBl. I S. 1050) sowie dazu die Regelungen des VIFGG. 471 § 4 Abs. S. 1 ABMG. 467 468

II. Die Benutzerfinanzierung durch Mautgebühren

241

Schließlich unterscheiden sich die beiden Organisations- und Rechtsformen einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen konzeptionell noch in einem weiteren wesentlichen Punkt. Er liegt darin, daß das Mautaufkommen nach dem FStrPrivFinG ausschließlich und zwingend dem betreffenden Privaten zusteht, dem der Bau, die Erhaltung, der Betrieb und die Finanzierung von Bundesfernstraßen zur Ausführung übertragen wird.472 Auf diese Wiese ist das Mautaufkommen nach dem FStrPrivFinG strikt zweckgebunden für den betreffenden projektspezifischen Fernstraßenbau. Danach handelt es sich um eine rechtsbegrifflich eindeutige und echte fernstraßenrechtliche Benutzerfinanzierung in dem folgerichtigen und uneingeschränkten Sinne, daß das betreffende Mauteinkommen stets zwingend und vollständig nur für den Fernstraßenbau zweckgebunden verwendet wird. Die funktional privatisierte Benutzerfinanzierung nach dem FStrPrivFinG ist also eine stringente fernstraßenrechtliche Benutzerfinanzierung. Demgegenüber kennt die staatseigene Benutzerfinanzierung nach dem ABMG im Grunde und als solche lediglich eine im Rahmen des „Verkehrshaushalts“ bedingte und insofern gelockerte Bindung speziell und gerade an den Bundesfernstraßenbau.473 Dabei ist eine fallweise Handhabung vorbehalten, wonach im Wege besonderer, lediglich administrativer Verwendungsentscheidungen bestimmte streckenbezogene Teile des Mautaufkommens jeweils zweckgebunden dem Bau bzw. Ausbau der betreffenden Strecken durch hierfür verwaltungsintern in Dienst genommene Private zugeführt werden. Im letzteren Falle handelt es sich um das organisationsrechtlich besonders erklärungsbedürftige sogenannte A-Modell.474 Dies ändert jedoch nichts an dem fernstraßenrechtlich relevanten, prinzipiellen Konzept des ABMG, daß die fernstraßenrechtliche Mauterhebung nach diesem Gesetz nur in bedingter und insofern gelokkerter Weise zu einer fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung im rechtsbegrifflich stringenten Sinne führt. Zusammengefaßt unterscheiden sich die streckenbezogenen Mautgebühren sowie die Benutzerfinanzierungen nach dem ABMG und dem FStrPrivFinG konzeptionell und einander geltungsmäßig ausschließend in dreifacher Hinsicht. Die spezielle streckenbezogene Mautgebühr nach dem FStrPrivFinG hat projektspezifisch ausgewiesene fernstraßenrechtliche Benutzungstatbestände zur Grundlage, dient einer funktional privatisierten Finanzierung der betreffenden Fernstraßenbauprojekte und führt auf diese Weise zu einer echten fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung in dem Sinne, daß das Mautaufkommen zwingend und vollständig nur für den jeweiligen Fernstraßenbau verwendet wird. Es handelt sich um ein umfassendes und vollwertiges Betreibermodell. Demgegenüber ist die allgemeine streckenbezogene Mautgebühr nach dem ABMG auf einen bestimmten allgemeinen gemeingebräuchlichen Benutzungstatbestand bezogen und vor allem wird das bei der Mauterhebung verbleibende Mautaufkommen staatseigen beansprucht so472 473 474

Fn. 469. Fn. 470 und § 2 VIFGG. Nachfolgend unter 3.

16 Bartlsperger

242

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

wie nur bedingt für den „Bundesfernstraßenbau“ verwendet. Schließlich kennt das ABMG lediglich dann und nur partiell eine funktionale Privatisierung im rechtsbegrifflichen Sinne, wenn von der gesetzlich eröffneten Möglichkeit zur Beleihung eines Privaten mit der Mauterhebung als solcher Gebrauch gemacht wird, was allerdings aktuell auch geschieht. In diesen Beziehungen hat das Konzept des ABMG zur Benutzerfinanzierung von Fernstraßen zwischenzeitlich noch eine differenzierte administrativ organisationsrechtliche Ausgestaltungen erfahren.

2. Die staatseigene Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen aus dem Mautaufkommen nach dem ABMG – Verkehrshaushalt, Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft Die Erhebung der Mautgebühren nach dem ABMG für die Benutzung der nach diesem Gesetz erfaßten bzw. erfaßbaren Bundesfernstraßen in dem betreffenden, gesetzlich geregelten Benutzungsumfang ist, unbeschadet des gesetzlich eröffneten und mit Beginn des Gesetzesvollzugs auch gewählten funktional privatisierten Erhebungsvorganges, mit einer unmittelbaren und rechtsförmlichen staatseigenen Vereinnahmung und Verwendung des nach dem Erhebungsverfahren verbleibenden Mautaufkommens verbunden. Es handelt sich um eine ausschließlich staatseigene Benutzerfinanzierung von unmittelbar staatlich bereitgestellter öffentlicher Verkehrsinfrastruktur über den Haushalt des Bundes. Eine gesetzliche Zweckbindung des für den Bundeshaushalt vereinnahmten Mautaufkommens besteht insofern, als dieses „zusätzlich dem Verkehrshaushalt zugeführt und in vollem Umfang zweckgebunden für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, überwiegend für den Bundesfernstraßenbau verwendet“ wird.475 Nur soweit das letztere geschieht, also das Mautaufkommen für den „Bundesfernstraßenbau“ verwendet wird, führt der Vollzug des ABMG zu einer spezifischen Benutzerfinanzierung in deren stringent rechtsbegrifflichem Sinne, daß die fernstraßenrechtliche Mauterhebung auch ausschließlich der Finanzierung des Fernstraßenwesens dient. Unter dieser Voraussetzung ist die Benutzerfinanzierung nach dem ABMG ein Finanzierungsinstrument auf der Grundlage und im Rahmen der Sachfinanzierungskompetenz des Bundes nach Art. 104 a Abs. 2 GG für die Bundesfernstraßen, die von diesem organisationsrechtlich selbst unmittelbar wahrgenommen wird. Im Falle einer Zweckverwendung des Mautaufkommens für den „Bundesfernstraßenbau“ braucht diese nicht in der Weise zu erfolgen, daß das fernstraßenrechtlich erhobene und für den „Verkehrshaushalt“ vereinnahmte Mautaufkommen streckenbezogen ermittelt und für den Bau bzw. Ausbau der betreffenden Strecken von Bundesfernstraßen verwendet werden müßte. Vielmehr können die dem „Verkehrshaushalt“ zusätzlich zugeführten und für eine Verwendung im „Bundesfernstraßenbau“ vorgesehenen Mitteln aus dem Mautaufkommen ohne Rücksicht auf 475

Fn. 470.

II. Die Benutzerfinanzierung durch Mautgebühren

243

einen erhebungsspezifischen Streckenbezug für jedes Bau- bzw. Ausbauvorhaben im Bereich der Bundesfernstraßen eingesetzt werden; als Mittel für den „Bundesfernstraßenbau“ sind sie von Gesetzes wegen nicht strecken- bzw. projektbezogen festgelegt. Zusammengefaßt sind die Vereinnahmung und Verwendung des Mautaufkommens nach dem ABMG dahin geregelt, daß zwar eine Vereinnahmung und Zweckgebundenheit für den „Verkehrshaushalt“ des Bundes in einem weiten Sinne gilt, daß aber innerhalb desselben, unter Beachtung einer „überwiegenden“ Zweckbestimmung für den „Bundesfernstraßenbau“, die Verwendung sowohl bereichsspezifisch als auch strecken- bzw. projektspezifisch offengehalten ist. Diese Gesetzeslage nach dem ABMG zur Verwendung des betreffenden Mautaufkommens beläßt dem Bund darauf bezogen sowohl organisationsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten als auch administrativ zweckspezifische Festlegungsmöglichkeiten, von denen dieser auch Gebrauch macht. In organisationsrechtlicher Hinsicht ist legislativ vorgesehen, eine bundeseigene Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft zu errichten.476 Dieser können durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen primär Aufgaben des Bundes zur Finanzierung der von ihm aufzubringenden Sachausgaben für Bereiche der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, unter anderem „von Neubau, Ausbau, Erhaltung, Betrieb und Unterhaltung von Bundesfernstraßen“, durch Verteilung von Mitteln aus dem Gebührenaufkommen nach dem ABMG sowie aus einem wasserstraßenrechtlichen Abgabenaufkommen übertragen werden. Es handelt sich um den Fall einer Organisationsprivatisierung im bundesstaatsrechtlichen Kompetenzbereich der speziellen bundeseigenen Zuständigkeit für die Sachfinanzierung der betreffenden öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, bei den Bundesfernstraßen für deren Sachfinanzierung nach Art. 104 a Abs. 2 GG. Hoheitliche Befugnisse können der Gesellschaft nicht übertragen werden.477 Die organisationsrechtliche Einschaltung der Gesellschaft bei der bundeseigenen Sachfinanzierung der betreffenden öffentlichen Verkehrsinfrastruktur geschieht in jeder Hinsicht ohne eine fachgesetzliche, im Bereich der Bundesfernstraßen ohne eine fernstraßenrechtliche Relevanz ausschließlich verwaltungsintern; es liegt also keine funktionale Privatisierung im rechtsbegrifflichen Sinne478 in bezug auf die Wahrnehmungszuständigkeit bei der Sachfinanzierungsverantwortung des Bundes vor. Die verwaltungsinterne Aufgabenübertragung auf die Gesellschaft beschränkt sich auch auf die Verteilung der betreffenden Mittel aus dem fernstraßenrechtlichen Mautaufkommen nach dem ABMG sowie einem wasserstraßenrechtlichen Abgabenaufkommen auf der Grundlage und nach Maßgabe der jährlichen Haushaltsgesetze bzw. der betreffenden haushaltplanerischen Titelgruppe und nach Weisung 476 VIFGG; siehe dazu im Reg. Entw., BT-Drs. 14 / 8449, Fraktionsentwurf BT-Drs. 15 / 199 sowie BR-Drs. 1077 / 01 und 1077 / 1 / 01. 477 Die betreffenden Regelungen enthält § 1 Abs. 1 VIFGG. 478 Fn. 335 und 398 f.

16*

244

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Insbesondere kann die Gesellschaft darüber hinaus keine Fremdfinanzierung vornehmen.479 Die Gesellschaft ist somit, was die Verwendung des fernstraßenrechtlichen Mautaufkommens aus dem ABMG betrifft, ausschließlich ein verwaltungsinternes Organisationsinstrument bundeseigener Verwaltung, um die Verwendung jenes staatseigen vereinnahmten Mautaufkommens in staatsunmittelbarer Wahrnehmung der dem Bund bundesstaatsrechtlich obliegenden und ausschließlich zugeordneten Sachfinanzierungskompetenz für bestimmte Bereiche öffentlicher Verkehrsinfrastruktur, unter anderem und „überwiegend“ der Bundesfernstraßen, durchzuführen. Aufkommens- und verwendungsbezogen auf die fernstraßenrechtliche Benutzerfinanzierung nach dem ABMG ist die Gesellschaft eine im Wege der Organisationsprivatisierung zwar privatrechtlich verselbständigte, aber funktional lediglich verwaltungsinterne Einrichtung des Bundes, um jene staatseigene Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen in Wahrnehmung der bundesstaatsrechtlichen Sachfinanzierungsverantwortung nach Art. 104 a Abs. 2 GG durchzuführen. Der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft können im übrigen durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auch „Aufgaben des Bundes im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Durchführung und Verwirklichung von Projekten“ nach dem FStrPrivFinG übertragen werden, also auch im Rahmen der betreffenden speziellen, funktional privatisierten Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen.480 Aber hiervon bleibt das fernstraßenrechtlich relevante Konzept jener funktional privatisierten Benutzerfinanzierung nach dem FStrPrivFinG unberührt. Auch insofern leistet die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft lediglich verwaltungsinterne Dienste für den betreffenden privaten Betreiber; hoheitliche Befugnisse können für die Gesellschaft auch insofern nicht begründet werden. Im gegenständlichen Zusammenhang der Benutzerfinanzierung nach dem ABMG bemerkenswert ist ferner, daß der Gesellschaft die genannten Verwaltungs-, Durchführungs- und Abwicklungsdienste auch bezüglich „vergleichbarer privatwirtschaftlicher Projekte der Verkehrsinfrastruktur“, unter anderem also im Bereich der Bundesfernstraßen, übertragen werden können.481 Dabei ist auch der Fall erfaßt, daß das im Rahmen des ABMG nach dem Erhebungsverfahren verbleibende Mautaufkommen streckenbezogen ermittelt und vom Bund bzw. von der bundeseigenen Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft für den Bau bzw. Ausbau der betreffenden Strecke einer Bundesfernstraße durch hierfür verwaltungsintern in Dienst genommene, „privatwirtschaftlich“ tätige Private verwendet 479 § 2 VIFGG. Das hatte ein aus dem Bundestag eingebrachter Gesetzentwurf in dessen § 2 Abs. 1 S. 2 vorgesehen (BT-Drs. 15 / 299). 480 § 1 Abs. 2 VIFGG. 481 Ebenfalls § 1 Abs. 2 VIFGG. Zur Anwendung dieser Regelung im Rahmen des sogenannten A-Modells nachfolgenden unter 3. Dort auch zur verfassungskonformen Auslegung der Regelung im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung der Bundesfernstraßenverwaltung (Art. 90 Abs. 2 GG).

II. Die Benutzerfinanzierung durch Mautgebühren

245

wird. Für diesen noch gesondert zu erörternden Fall des sogenannten A-Modells482 kann die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft also gegebenenfalls zwei Aufgaben der Bundesfernstraßenverwaltung intern wahrnehmen. Neben der erörterten Bereitstellung des streckenbezogen ermittelten Mautaufkommens für den „privatwirtschaftlich“ durch Private übernommenen Bau bzw. Ausbau der betreffenden Strecke einer Bundesfernstraße können ihr auch Verwaltungs-, Durchführungs- und Abwicklungsdienste für jenen Privaten übertragen werden. Das betreffende sogenannte A-Modell verbleibt freilich organisations- und rechtsförmlich in jeder Hinsicht im Rahmen der staatseigenen Benutzerfinanzierung nach dem ABMG. Es stellt nur eine organisatorisch verwaltungsinterne Modifikation der staatseigenen Benutzerfinanzierung nach dem ABMG auf der Grundlage der bundesstaatsrechtlichen Sachfinanzierungskompetenz des Bundes für die Bundesfernstraßen nach Art. 104 a Abs. 2 GG dar.483 Insofern gilt es rechtsbegrifflich, rechtskonstruktiv und bundesstaatsrechtlich einiges klarzustellen. Das im Rahmen der Benutzerfinanzierung von Fernstraßen nach dem ABMG konzipierte und praktizierte A-Modell besteht in einer organisationsrechtlich, ohne fernstraßenrechtliche Relevanz verwaltungsintern speziellen Ausgestaltung der staatseigenen Vereinnahmung und Verwendung des betreffenden Mautaufkommens.484 Sie weist in dem Zusammenhang drei wesentliche Besonderheiten auf.

3. Das sogenannte A-Modell Zum einen und rechtsbegrifflich bedeutet die beim A-Modell stattfindende strecken- bzw. projektspezifische Ermittlung, Vereinnahmung und Zweckverwendung eines Mautaufkommens, daß es hierdurch und insoweit im Rahmen des ABMG auf organisatorisch administrativem Wege zu einer echten fernstraßenrechtlichen Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen in dem Sinne einer stringenten Zweckgebundenheit der betreffenden Mittel speziell für den „Bundesfernstraßenbau“ kommt. Zum zweiten erfolgt bei diesem Modell, ohne daß die staatsNachfolgend unter 3. Es handelt sich um keinen Fall einer funktionalen Privatisierung im Sinne von deren staatrechtlicher Bedeutung und Definition (Fn. 335 und 398 f.); rechtskonstruktive Grundlage ist ein im Wege der verwaltungsinternen Indienstnahme gestaltetes, dem Konzessionsvertrag ähnliches Modell (Schmidt, Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, S. 165 ff.). Das A-Modell unterscheidet sich also in seiner funktionalen Bezeichnung als „Betreibermodell“ von den Betreibermodellen nach dem FStrPrivFinG; letzteres ist ein Betreibermodell im Sinne des staatsrechtlichen Begriffs funktionaler Privatisierung. Mit Rücksicht auf den bloßen verwaltungsinternen Indienstnahme-Charakter des A-Modells stellen Uechtritz / Deutsch (DVBL 03, 575 / 581) zutreffend fest, daß für diese bloß verwaltungsintern administrative Praxis der staatsrechtliche Gesetzesvorbehalt keine Geltung beansprucht. 484 Zum sogenannten A-Modell Roth, NVwZ 03, 1056 f., Uechtritz / Deutsch, a. a. O., 580 f., Uechtritz, Finanzierungsformen für den Straßenbau, S. 15 f., Hirschhausen / Beckers / Klatt, Aktuelle ÜPP-Modelle für die Bundesfernstraßen, hgg. vom ADAC, 2005, S. 4 und 43 ff. 482 483

246

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

eigene, bundesstaatsrechtlich bundeseigene Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen nach Art. 104 a Abs. 2 GG eine Veränderung erführe, eine verwaltungsinterne Indienstnahme Privater im Zusammenhang mit der Finanzierung eines „Bundesfernstraßenbaus“. Dies geschieht in der Weise, daß den Privaten für einen von Ihnen übernommenen Bau bzw. Ausbau der betreffenden Strecken bzw. Projekte von Bundesfernstraßen das im Bundeshaushalt hierfür festgelegte Mautaufkommen zur Verfügung gestellt wird zuzüglich einer aus dem Straßenbauhaushalt des Bundes im übrigen kommenden Anschubfinanzierung wegen der Infrastrukturkosten, die der Nutzung der betreffenden Bundesfernstraße durch die nach dem ABMG nicht mautpflichtigen Verkehrsteilnehmer zuzurechnen sind. Schließlich und zum dritten liegt dem besonderen Finanzierungsvorgang nach dem A-Modell die eben dazu gehörige, fernstraßenrechtlich gleichfalls nicht relevante, verwaltungsinterne Indienstnahme der betreffenden Privaten für den Bau bzw. Ausbau der jeweiligen Strecke bzw. des jeweiligen Projekts einer Bundesfernstraßen zugrunde. Es handelt sich um keinen im rechtsbegrifflichen Sinne funktional privatisierten Fernstraßenbau wie nach dem FStrPrivFinG. Vielmehr verbleibt es insofern bei einem staatseigenen, wenngleich im Wege einer verwaltungsinternen Indienstnahme Privater erfolgenden „Bundesfernstraßenbau“.485 Die vertragliche Indienstnahme Privater hierfür stellt rechtsbegrifflich wegen ihres fernstraßenrechtlich irrelevanten, bloßen verwaltungsinternen Rechtscharakters weder, wie verbreitet behauptet, einen Konzessionsvorgang in dem rechtsbegrifflichen Sinne einer Aufgabenübertragung dar noch geschieht sie entgegen einer zuweilen vertretenen Ansicht in der Rechtsform eines öffentlichrechtlichen Vertrages; sie betrifft als solche und unmittelbar keinen Gegenstand des öffentlichen Rechts und erfolgt deshalb durch einen einfachen privatrechtlichen Vertrag. Bundesstaatsrechtlich bewegt sich dieser letztere, organisatorisch administrative Indienstnahmevorgang als solcher nicht mehr im kompetenzrechtlichen Rahmen der Sachfinanzierung des Bundes für die Bundesfernstraßen. Vielmehr fällt er bereits in den bundesstaatsrechtlichen Kompetenzbereich der auftragsweisen Landesverwaltung der Bundesfernstraßen nach Art. 90 Abs. 2 GG.486 Dies bedeutet, daß die Bereitstellung der betreffenden Mittel durch den Bund bzw. durch die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft des Bundes aus dem Verkehrhaushalt des Bundes und die von den Ländern ausftragsweise vorzunehmende Indienstnahme des jeweiligen Privaten nur in einer verfahrensmäßigen Koordination erfolgen können, ohne hierin das Problem einer bundesstaatsrechtlich bedenklichen Mischverwaltung sehen zu müssen; es liegt lediglich eine kompetenzrechtlich je getrennt und je eigenständig vorgenommene Koordination vor. Auch die angesprochene, im VIFGG vorgesehene Möglichkeit, der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft des Bundes Vorbereitungs-, Durchführungs- und Abwicklungsdienste für Fn. 483. Uechtritz / Deutsch, DVBl. 03, 575 / 581. Generell zur auftragsweisen Landeskompetenz bei der Vornahme fernstraßenrechtlicher Privatisierungen und Indienstnahmen Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 133 ff. 485 486

II. Die Benutzerfinanzierung durch Mautgebühren

247

von Privaten im Rahmen des A-Modells privatwirtschaftlich übernommene Projekte von Bundesfernstraßen zu übertragen,487 fällt in den bundesstaatsrechtlichen Kompetenzbereich der auftragsweisen Landesverwaltung der Bundesfernstraßen. Zwar regelt hierfür die betreffende gesetzliche Bestimmung im VIFGG ausdrücklich eine entsprechende Ermächtigung der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Aber diese Vorschrift kann keine abschließende bundesstaatsrechtliche Regelungsfunktion beanspruchen. Sie läßt sich verfassungskonform dahin interpretieren, daß die Ermächtigung durch das genannte zuständige Bundesministerium nur die „bundesinterne“ Beauftragung der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft enthält, während die bundesstaatsrechtlich kompetenzkonforme, konstitutive Indienstnahme der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft in auftragsweiser Landesverwaltung erfolgt. Also gegebenenfalls auch insofern kann im Rahmen des A-Modells eine bundesstaatsrechtlich verfassungskonforme Koordination zwischen der Bundes- und der Landesebene notwendig sein. Das rechtliche Konzept und die Verwaltungspraxis des A-Modells im Rahmen der fernstraßenrechtlichen Mautregelungen und der staatseigenen Benutzerfinanzierung nach dem ABMG sind vergleichsweise komplex und nur dementsprechend zusammenfaßbar. Sie bestehen darin, daß anläßlich des Baus bzw. Ausbaus bestimmter Strecken von Bundesfernstraßen gemäß dem ABMG eine streckenbezogene Ermittlung und Vereinnahmung des nach dem Erhebungsverfahren verbleibenden Mautaufkommens zugunsten des Verkehrshaushalts des Bundes stattfindet sowie eine dementsprechend streckenbezogene Verwendung dieser und zusätzlicher Mittel auf der Grundlage des Bundeshaushalts durch Bereitstellung von seiten des Bundes bzw. der bundeseigenen Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft an einen verwaltungsintern, durch einfachen privatrechtlichen Vertrag für den betreffenden Bau bzw. Ausbau im Wege der auftragsweisen, aber mit dem Bund von vornherein koordinierten Landesverwaltung in Dienst genommenen Privaten erfolgt. Das Modell nutzt wirtschaftliche, insbesondere finanzielle Ressourcen, die im Bereich der Privatwirtschaft für den Bau bzw. Ausbau von Bundesfernstraßen verfügbar sind und bereitgestellt werden können, um gezielt bestimmte vordringliche Fernstraßenbauvorhaben früher als nur nach dem Straßenbauhaushalt des Bundes sowie aus der Benutzerfinanzierung nach dem ABMG möglich zu finanzieren und zu verwirklichen, ohne aber im Grunde und letztlich die staatseigene Finanzierung des „Bundesfernstraßenbaus“ einschließlich der Kosten einer Vorfinanzierung, aufzugeben. Organisations- und rechtsförmlich wesentlich ist dabei, um dies nochmals hervorzuheben, daß der betreffende streckenspezifische „Bundesfernstraßenbau“, einschließlich seiner Finanzierung, nicht funktional privatisiert erfolgt; es findet keine fernstraßenrechtlich relevante, dem Gesetzesvorbehalt unterliegende Privatisierung im rechtsbegrifflichen Sinne, sondern lediglich eine verwaltungsintern administrative Indienstnahme Privater statt. Anders als 487

Fn. 481.

248

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

beim FStrPrivFinG sind die den betreffenden Bau bzw. Ausbau übernehmenden Privaten keine Verwaltungshelfer in einem fernstraßenrechtlich relevanten Sinne; sie werden lediglich als privatrechtlich in Dienst genommene Private tätig. Das A-Modell verwirklicht somit eine besondere, funktional sowie organisations- und rechtsförmlich nur eingeschränkte Form der sogenannten Public Private Partnership. Deren an sich weiterreichende Möglichkeiten zu einer konsequenteren funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßen oder des Fernstraßenwesens überhaupt auf der Grundlage einer Benutzerfinanzierung sowie eines dementsprechenden Fernstraßenprivatisierungsrechts im rechtsbegrifflichen Sinne werden dadurch nicht genutzt. Lediglich der dem Modell zugrundeliegende Vorgang einer Mauterhebung als solcher für die Benutzung von Bundesfernstraßen nach dem ABMG kann den Regelungen dieses Gesetzes entsprechend funktional privatisiert vorgenommen werden. Diese Gestaltungsmöglichkeit ist von Anfang an für den gesamten Anwendungsbereich des ABMG ins Werk gesetzt worden.

4. Die Organisations- und Rechtsform der Mauterhebung nach dem ABMG – Funktional privatisiertes Mauterhebungssystem Die Regelungen des ABMG zur Mauterhebung auf Bundesfernstraßen stellen ein gegenständlich besonderes Bundesfernstraßenrecht im Rahmen der bundesstaatsrechtlichen Gesetzgebungsmaterie von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG sowie unter den Voraussetzungen von Art. 72 Abs. 2 GG dar und werden im Rahmen der hoheitsrechtlichen Bundesfernstraßenverwaltung vollzogen. Neben der staatlichen Vereinnahmung des betreffenden Mautaufkommens zum Verkehrshaushalt des Bundes und neben der dabei festgelegten sowie bereichs- bzw. projektspezifisch bestimmbaren Verwendung des Mautaufkommens, im Falle des „Bundesfernstraßenbaus“ aufgrund der hierfür bestehenden Sachfinanzierungskompetenz des Bundes nach Art. 104 a Abs. 2 GG,488 geht das ABMG im Grundsatz auch von einer staatseigenen Erhebung der Mautgebühren aus.489 Für diesen der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung zugehörigen Vorgang begründet es in einer bundesstaatsrechtlich speziellen, noch gesondert erläuterungsbedürftiger Weise490 generell die Zuständigkeit des im GüKG als selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen errichteten Bundesamts für Güterverkehr. Diesem obliegen auch alle erhebungsbegleitenden Aufgaben und Befugnisse. Die Erhebung der betreffenden Mautgebühren ist also grundsätzlich als funktional staatseigener, wenngleich staatsmittelbarer Vorgang geregelt. Allerdings ist gesetzlich die Möglichkeit vorbehalten, 488 489 490

Fn. 470 und 473. § 4 Abs. 1 S. 1 ABMG. Unter IV.6. und V.

II. Die Benutzerfinanzierung durch Mautgebühren

249

daß das Bundesamt für Güterverkehr „einem Privaten die Errichtung und den Betrieb eines Systems zur Erhebung der Maut übertragen“ kann; dieser gilt dann als „Betreiber“ des Mauterhebungssystems.491 Hiervon ist von der Vollzugsvorbereitung an und seit dem Beginn des Gesetzesvollzugs in vollem Umfang Gebrauch gemacht worden. Als „Betreiber“ des Mauterhebungssystems für den gesamten Anwendungsbereich des ABMG wird aktuell die als „Projektgesellschaft“ bezeichnete, ausschließlich im privaten Gesellschaftseigentum stehende Toll Collect GmbH tätig. Die vom Bundesamt für Güterverkehr vorzunehmende Übertragung der „Errichtung“ und des „Betriebs des Mauterhebungssystems auf“ den „Betreiber“ stellt keine bloße verwaltungsintern administrative Indienstnahme desselben dar.492 Vielmehr werden diesem, beschränkt auf den aktuell staatfindenden Mauterhebungsvorgang und das Mauterhebungssystem, die insofern bestehenden Aufgaben und Befugnisse der hoheitsrechtlichen Bundesfernstraßenverwaltung in fernstraßenrechtlich relevanter Weise übertragen. Alle übrigen hoheitsrechtlichen Aufgaben und Befugnisse nach dem ABMG verbleiben dem Bundesamt für Güterverkehr. Mit der Übertragung der Mauterhebung und des Mauterhebungssystems auf den privaten „Betreiber“ erfolgt eine Veränderung einer im Rahmen der hoheitsrechtlichen Bundesfernstraßenverwaltung bestehenden Rechtsmacht zugunsten des Privaten und daher eine funktionale Privatisierung im rechtsbegrifflichen Sinne. Sie geschieht organisations- und rechtsförmlich als Beleihung mit der rechtskonstruktiven und rechtsbegrifflichen Wirkung einer Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnis an einen privaten Rechtsträger. Dem insofern geltenden Gesetzesvorbehalt ist mit der im ABMG geregelten Übertragungsbefugnis genügt. Der konkrete Beleihungsvorgang selbst erfolgt in hoheitsrechtlicher Form.493 § 4 Abs. 2 S. 1 und § 6 ABMG. Zum Begriff und zur Unterscheidung von funktionalen Privatisierungen oben unter Fn. 398 f. 493 Zu Beleihung und Beleihungsvorgängen allgemein die Nachw. in Fn. 399. Speziell zur Beleihung privater „Betreiber“ mit der fernstraßenrechtlichen Mauterhebung nach § 2 FStrPrivFinG siehe W. Schmidt, NVwZ 95, 38 f., Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 187 ff. und Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 228 f., sowie nach § 4 Abs. 2 S. 1 ABMG bei Uechtritz / Deutsch, DVBl. 03, 575 / 580 sowie in der Begr. Reg. Entw. ABMG, BT-Drs. 14 / 7030, S. 13 (zu § 4 Abs. 2) und S. 15 (zu § 8 Abs. 1); grundsätzlich zur Zulässigkeit einer Beleihung für eine Gebührenerhebung Pabst, a. a. O., S. 176 ff. und Stender-Vorwachs, Staatliche Verantwortung, S. 272 f. Neumann / Müller (NVwZ 02, 1295 / 1296 ff.) wollen im Falle des ABMG nur für die nachträgliche Mauterhebung nach § 8 ABMG in Form eines konkreten Verwaltungsaktes im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts eine Beleihung annehmen, dagegen im übrigen und grundsätzlich nur eine Verwaltungshilfe des „Betreibers“. Sie begründen dies mit der grundsätzlich im technischen Wege der Selbstveranlagung der Mautschuldner erfolgenden Mauterhebung, die sie als einen Realakt beurteilen. Diese technische Besonderheit im Verwaltungsverfahren (zum Telematiksystem Rossnagel, ZRP 95, 100 ff.) ändert indessen nichts daran, daß ein „rechtsgeschäftlicher“ hoheitsrechtlicher Erhebungsvorgang in verliehener eigener Rechtszuständigkeit des „Betreibers“ und damit ein beleihungsrechtlicher Vorgang vorliegt. Unzutreffend ist auch die Annahme (Neumann / Müller, a. a. O., 1297), das öffent491 492

250

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Das Mauterhebungssystem nach dem ABMG ist auch anlagenspezifisch, jedenfalls soweit seine Einrichtungen anlagentechnisch und sachenrechtlich mit den betreffenden Bundesfernstraßen verbunden sind, ein Teil der hoheitsrechtlichen Bundesfernstraßenverwaltung. Folgerichtig sind diese „Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht“ auch kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmungen den Bestandteilen der Bundesfernstraßen im Sinne des öffentlichen Sachenrechts zugeordnet.494 Dies gilt auch für das von einem mit der Mauterhebung beliehenen privaten „Betreiber“ an den betreffenden Bundesfernstraßen eingerichtete Mauterhebungssystem. Hieraus ergeben sich weitere organisationsrechtliche Folgerungen, auch zur funktional privatisierten Mauterhebung in dem nach dem ABMG möglichen und aktuell praktizierten sowie nach dem im FStrPrivFinG stets geltenden Fall. Hierzu bedarf es einiger Klarstellungen, welchen anlagenspezifischen Geltungsumfang diese fernstraßenrechtliche Bestandteilseigenschaft beansprucht und welche fernstraßenrechtlichen Zwecksetzungen dabei verfolgt werden sowie welche fernstraßenrechtlichen und kompetenzrechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben. Dabei geht es zunächst um die Interpretation der betreffenden einfachrechtlichen Mautregelungen.

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen (FStrG, ABMG, FStrPrivFinG) Sowohl das allgemeine Fernstraßenrecht des FStrG als auch die aktuell bestehenden speziellen fernstraßenrechtlichen Mautgesetze, das ABMG und das FStrPrivFinG, kennen ausdrückliche Regelungen zu einer im Sinne des öffentlichen Sachenrechts gültigen sachenrechtlichen Zuordnung von Einrichtungen der jeweiligen Mauterhebungssysteme.495 Danach werden „Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht“ in allen aktuellen und möglicherweise künftig geregelten Fällen zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen im Sinne von § 1 Abs. 4 FStrG gezählt. Die von diesen Regelungen erfaßten Mauteinrichtungen gehören also im Sinne des öffentlichen Fernstraßenrechts zu den Bundesfernstraßen und unterliegen dementsprechend im Rahmen sowie nach Maßgabe der dafür organisationsrechtlich partiell und speziell ausgestaltenen Bundesfernstraßenverwaltung deren jeweiligem Verwaltungsregime. Diese sachenrechtliche Regelung gilt generell, d. h. auch dann, wenn die betreflichrechtliche Gebührenschuldverhältnis bestehe stets mit dem Bund bzw. der Bundesanstalt für Güterverkehr. Dies trifft nur für den Fall einer eigenen Mauterhebung durch diese Anstalt zu. Im Falle der Beleihung eines „Betreibers“ mit der Mauterhebung tritt dieser Kraft eigener beleihungsrechtlicher Rechtsstellung in das Mautverhältnis ein. 494 § 1 Abs. 4 Nr. 3a FStrG; in das FStrG eingefügt durch Art. 2 Gesetz 5. 4. 2002 (BGBl. I S. 1234); eine gleiche sachenrechtliche Regelung enthält § 7 FStrPrivFinG. Siehe zu den Regelungen nachfolgend unter III. Dazu bezüglich des ABMG in BT-Drs. 14 / 7013, S. 13 (zu § 6 Abs. 1) und Neumann / Müller, NVwZ 02, 1295 / 1296 und 1298. 495 Fn. 494.

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen

251

fende Mauterhebung, wie derzeit nach dem FStrPrivFinG stets und nach dem ABMG im Falle ihrer möglichen und aktuell praktizierten beleihungsrechtlichen Organisation, funktional privatisiert durch einen „Betreiber“ erfolgt. Privatrechtlich bleiben die Mauteinrichtungen, auch soweit sie anlagentechnisch mit Bundesfernstraßen verbunden sind, sonderrechtsfähige, im Eigentum des fernstraßenrechtlich rechtszuständigen Hoheitsträgers bzw. privaten „Betreibers“ stehende Scheinbestandteile nach § 95 Abs. 1 S. 1 BGB. Im übrigen sind die genannten gesetzlichen Regelungen zur fernstraßenrechtlichen Bestandteilseigenschaft von Mauteinrichtungen ihrem erkennbaren Regelungszweck entsprechend zu verstehen und demgemäß zu interpretieren.

1. Geltungsumfang und Regelungszwecke der fernstraßenrechtlichen Bestandteilseigenschaft von Mautentrichtungen Die fernstraßenrechtliche Sachzuordnung von Mauteinrichtungen zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen496 vermag im Falle einer funktional privatisierten, beleihungsrechtlich organisierten Mauterhebung, wie sie nach dem FStrPrivFinG stets und nach dem ABMG aktuell erfolgt,497 nur insoweit Geltung zu beanspruchen, als es sich um die mit Bundesfernstraßen unmittelbar anlagentechnisch verbundenen Einrichtungen handelt. Dagegen werden unter den organisationsrechtlichen Voraussetzungen einer funktional privatisierten Mauterhebung die übrigen, vom „Betreiber“ lediglich betriebsintern verwendeten Einrichtungen des Mauterhebungssystems von der fernstraßenrechtlichen Sachzuordnung zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen nicht erfaßt. Es gibt keinen Regelungszweck und demzufolge auch keine fernstraßenrechtliche Regelungskompetenz aufgrund deren diese letzteren Mauteinrichtungen in ihrem Sachenrechtsstatus nach dem bürgerlichen Sachenrecht auch von der fernstraßenrechtlichen Sachzuordnung betroffen sein sollten, unbeschadet des Umstandes, daß auch dieser betriebsinterne Teil der Mauteinrichtungen eines privaten „Betreibers“ letztlich bzw. mittelbar fernstraßenrechtlichen Zwecken dient. Lediglich wenn die Mauterhebung staatseigen geschieht, sei es auch in dem nach dem ABMG grundsätzlich vorgesehenen Fall einer staatsmittelbaren Erhebungszuständigkeit des rechtlich selbständigen Bundesamtes für Güterverkehr, gehören die anlagentechnisch nicht unmittelbar mit Bundesfernstraßen verbundenen, betriebsinternen Einrichtungen des Mauterhebungssystems zu den der staatseigenen Bundesfernstraßenverwaltung unterliegenden Fernstraßenbestandteilen. Allerdings liegt dann insofern, weil diese nur betriebsinternen Teile des Mauterhebungssystems keine unmittelbare leistungs- und nutzungsspezifische Funktion im Verhältnis zu den Fernstraßenbenutzern, also innerhalb der fernstraßenrechtlichen Benutzungsordnung haben, ein bloßes öffentlichrechtlich gewidmetes Verwaltungsvermögen des betreffenden Hoheitsträgers 496 497

Fn. 494. § 2 FStrPrivFinG; § 4 Abs. 1 iVm Abs. 2 S. 1 und § 6 ABMG.

252

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

vor, im Falle einer Mauterhebung nach dem ABMG durch das Bundesamt für Güterverkehr selbst ein von dieser öffentlichrechtlich gewidmetes Verwaltungsvermögen.498 Diese fernstraßenrechtliche Sachenrechtssystematik und Sachenrechtsdogmatik zu den Mauteinrichtungen bedarf vor dem Hintergrund von Regelungszwecken der allgemeinen fernstraßenrechtlichen Bestandteilsregelungen von § 1 Abs. 4 FStrG noch einer Klarstellung. Auch die allgemeinen fernstraßenrechtlichen Bestandteilsregelungen von § 1 Abs. 4 FStrG kennen durchaus zweckspezifisch und funktional unterschiedliche Bestandteile von Bundesfernstraßen. Nur zum überwiegenden Teil handelt es sich um solche, die unmittelbar eine leistungs- und nutzungsspezifische Zweckbestimmung und Funktion innerhalb der straßenrechtlichen Benutzungsordnung, d. h. im Verhältnis zu den Fernstraßenbenutzern, insbesondere zum Zwecke des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs, erfüllen; es sind die zu den Gemeingebrauchssachen im Sinne des öffentlichen Sachenrechts zählenden Anlagen- bzw. Raumbestandteile von Bundesfernstraßen nach § 1 Abs. 4 Nr. 1, 2, 3, 3a und 5 FStrG. Dagegen dienen die bloßen fernstraßenrechtlichen Nebenanlagen nach § 1 Abs. 4 Nr. 4 FStrG nur mittelbar den fernstraßenrechtlichen Benutzungsvorgängen, insbesondere dem fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch; es handelt sich um keine Gemeingebrauchssachen, sondern lediglich um sonstiges bloßes Verwaltungsvermögen der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung. Diese Anlagen zählt § 1 Abs. 4 Nr. 4 FStrG lediglich deshalb zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen, weil sie, unbeschadet ihrer bloß mittelbaren Funktion für den Leistungs- bzw. Nutzungszweck der Bundesfernstraßen, jedenfalls für die Zwecke der Bundesfernstraßenverwaltung öffentlichrechtlich gewidmet sind. Es gibt also generell betrachtet durchaus Bestandteile von Bundesfernstraßen, die lediglich eine mittelbare Zweckund Funktionsbeziehung zur unmittelbaren öffentlichrechtlichen Leistungs- und Nutzungsbestimmung der Bundesfernstraßen haben und insofern den betriebsinternen Einrichtungen von fernstraßenrechtlichen Mauterhebungssystemen vergleichbar sind. Gleichwohl besteht ein wesentlicher sachenrechtlicher Unterschied zu denjenigen Einrichtungen eines funktional privatisierten Mauterhebungssystems, die dem privaten „Betreiber“ anlagenspezifisch ebenfalls nur betriebsintern und funktional mittelbar beim Betrieb seines fernstraßenrechtlichen Mauterhebungssystems dienen. Die fernstraßenrechtlichen Nebenanlagen nach § 1 Abs. 4 Nr. 4 FStrG sind, wie gesagt, hoheitsrechtlich als fernstraßenrechtliches Verwaltungsvermögen gewidmet. Daran fehlt es bei den lediglich betriebsinternen Einrichtungen eines von einem privaten „Betreiber“ beleihungsrechtlich verwalteten Mauterhebungssystems. Für diese betriebsinternen Mauteinrichtungen privater „Betreiber“ eines Mauterhebungssystems gibt es also keinen erkennbaren Regelungszweck, 498 Als keine öffentlichen Sachen im (fernstraßenrechtlichen) Gemeingebrauch. Zu den Arten öffentlicher Sachen Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2002, § 21 Rnr 514 ff.; zum insofern maßgeblichen, zweckfunktionalen Unterscheidungskriterium einer unmittelbaren oder lediglich mittelbaren öffentlichen Zeckbestimmung von Sachen, Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentlicher Sache, S. 189 ff.

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen

253

insbesondere kein praktisches Bedürfnis und gar keine kompetenzrechtliche Möglichkeit, sie den Bestandteilen der Bundesfernstraßen zuzuordnen und dadurch einem öffentlichrechtlichen Sachregime zu unterstellen. Danach ergibt sich ein differenziertes Bild zur auch gesetzlich explizit geregelten öffentlichen Sachenrechtslage der Einrichtungen fernstraßenrechtlicher Mauterhebungssysteme. Zusammengefaßt stellt es sich aber recht eindeutig und klar dar. Wenn ein fernstraßenrechtliches Mauterhebungssystem im Rahmen der staatseigenen Bundesfernstraßenverwaltung betrieben wird, sei es auch wenn dies, wie in dem nach dem ABMG grundsätzlich vorgesehenen Fall, staatsmittelbar durch eine selbständige Bundesoberbehörde geschieht, dann gehören die Einrichtungen des betreffenden Mauterhebungssystems insgesamt, auch wenn sie anlagentechnisch nicht unmittelbar mit den betreffenden Bundesfernstraßen verbunden sind, zu den Fernstraßenbestandteilen im Sinne von § 1 Abs. 4 FStrG. Denn unter solchen organisationsrechtlichen Voraussetzungen sind auch die bloßen betriebsinternen Mauteinrichtungen zu öffentlichen Sachen in einem weiten Sinne, nämlich jedenfalls als Verwaltungsvermögen, gewidmet. Eine solche organisationsrechtliche Lage besteht aktuell nicht. Anders und differenziert stellt sich die öffentliche Sachenrechtslage für die funktional privatisierten Mauterhebungssysteme dar, wie sie nach dem FStrPrivFinG stets und nach dem ABMG im aktuell praktizierten beleihungsrechtlichen „Betreiberfalle“ bestehen. Unter solchen Voraussetzungen gehören die funktional privatisierten Mauterhebungssysteme nur mit denjenigen Einrichtungen zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen, die anlagentechnisch unmittelbar mit Bundesfernstraßen verbunden sind. Die betreffenden betriebsinternen Einrichtungen jener funktional privatisierten Mauterhebungssysteme dagegen unterliegen ausschließlich dem bürgerlichen Sachenrecht. Diese Geltungsbegrenzung der fernstraßenrechtlichen Bestandteilseigenschaft von Einrichtungen eines funktional privatisierten Mauterhebungssystems erklärt sich allein schon rechtskonstruktiv daraus, daß in diesem Falle die betriebsinternen Mauteinrichtungen des privaten „Betreibers“ keinerlei unmittelbare leistungs- und nutzungsspezifische fernstraßenrechtliche Funktion aufweisen und auch keine sonstige widmungsrechtliche Zweckbestimmung innerhalb des Fernstraßenrechts erfüllen. Im Ergebnis sind danach die genannten fernstraßenrechtlichen Bestandteilsregelungen, die allgemeinen des § 1 Abs. 4 Nr. 3 a FStrG sowie die speziellen des FStrPrivFinG und im Zusammenhang des ABMG, unbeschadet ihrer redaktionell uneingeschränkten Formulierung, restriktiv dahin zu interpretieren, daß bei funktional privatisierten Mauteerhebungssystemen deren Einrichtungen nur insoweit zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen gehören, als es sich um anlagenspezifisch unmittelbar mit Bundesfernstraßen verbundene und nicht nur um betriebsintern verwendete Einrichtungen handelt. Letzteres ergibt sich aus den erkennbaren Regelungszwecken der genannten fernstraßenrechtlichen Bestandteilsregelungen, es entspricht den praktischen Bedürfnissen und bewegt sich überhaupt innerhalb der praktisch nur bestehenden Möglichkeiten einer hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung. Die Regelungszwecke bilden auch die rechtskonstruktive Grund-

254

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

lage für die aus der fernstraßenrechtlichen Bestandteilseigenschaft noch zu ziehenden fernstraßenrechtlichen Folgerungen. Die in § 1 Abs. 4 Nr. 3 a FStrG allgemein und abstrakt sowie die speziell im FStrPrivFinG und im Zusammenhang des ABMG explizit geregelte sachenrechtliche Zuordnung der anlagentechnisch mit Bundesfernstraßen verbundenen Einrichtungen von Mauterhebungssystemen zu den Bestandteilen der betreffenden Bundesfernstraßen hat zwei fachspezifische und zwingende Gründe. Einer dieser Gründe ist darin zu sehen, daß auch jene genannten Einrichtungen von Mauterhebungssystemen zu denjenigen Anlagen von Bundesfernstraßen gehören, die anläßlich des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs von den Straßenbenutzern unmittelbar in Anspruch genommen werden. Sowohl die Mauterhebung von seiten des Trägers des jeweiligen fernstraßenrechtlichen Mauterhebungssystems als auch die Mautentrichtung von seiten der betreffenden fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchsteilnehmer sind aufgrund der einschlägigen gesetzlichen Mautregelungen sachspezifisch gemeingebrauchsbegleitende bzw. gemeingebrauchsimmanente Rechtsvorgänge. Ebenso wie die Teilnahme am fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch als solche sind auch die damit gesetzlich verbundenen Mautabläufe ein Faktor und rechtlicher Teil des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs. Ihre Abwicklung stellt nichts anderes dar als einen Teil des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchsvorgangs; die betreffenden Mauterhebungseinrichtungen werden von den Gemeingebrauchsteilnehmern unmittelbar fernstraßenrechtlich genutzt. Folgerichtig müssen auf seiten der jeweiligen Träger jener Mauterhebungssysteme dieselben Verpflichtungen und dieselben Verantwortlichkeiten gegenüber den Gemeingebrauchsteilnehmern Geltung beanspruchen wie bei den konkreten unmittelbar verkehrlichen Gemeingebrauchsvorgängen und auf seiten der Gemeingebrauchsteilnehmer bestehen die gegebenenfalls gleichen entsprechenden Ansprüche. Es ist daher schon in dieser benutzungsrechtlichen Hinsicht fachspezifisch zwingend, die anlagentechnisch mit Bundesfernstraßen unmittelbar verbundenen und gemeingebräuchlich in Anspruch genommenen Mauteinrichtungen nicht anders als den im Rahmen des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs nutzbaren Anlagenbestand von Bundesfernstraßen den fernstraßenrechtlichen Bestandteilen zuzuordnen. Der erkennbare zweite Grund für die fernstraßenrechtliche Bestandteilseigenschaft der anlagentechnisch mit Bundesfernstraßen verbundenen Mauteinrichtungen ist in der fachspezifischen Notwendigkeit zu sehen, diese Einrichtungen materiell- und verfahrensrechtlich in der gleichen Weise realisieren zu können und zu müssen wie auch sonst den Anlagenbestand der betreffenden Bundesfernstraßen. Die fernstraßenrechtlichen Realisierungsvoraussetzungen und Realisierungsverantwortlichkeiten sind nur gewährleistet, wenn auch für jene Mauteinrichtungen die für die Bestandteile der Bundesfernstraßen bestehende besondere fernstraßenrechtliche Bauhoheit nach § 4 FStrG zur Geltung gelangt. Gleiches müßte zudem auch bereits hinsichtlich des fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsvorbehalts angenommen werden, wenn und soweit Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen gege-

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen

255

benenfalls eine eigene planfeststellungsrelevante Gestaltung hätten. Aber jedenfalls und allein schon die spezielle fernstraßenrechtliche Bauhoheit für die Bundesfernstraßen mußte es fachspezifisch zwingend erscheinen lassen, auch die Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen daran teilhaben zu lassen und deshalb zu gesetzlichen Bestandteilen der Bundesfernstraßen zu erklären. Die fernstraßenrechtliche Bestandteilseigenschaft von Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen verwirklicht also, gleichgültig ob diese Einrichtungen staatseigen oder funktional privatisiert verwaltet werden, zwei fachspezifisch zwingende Regelungszwecke. Sie entspricht zum einen der sachgegeben gemeingebrauchsimmanenten Funktion dieser Einrichtungen und zum zweiten deren realisierungsnotwendiger Zugehörigkeit zur fernstraßenrechtlichen Bauhoheit nach § 4 FStrG. Entsprechend diesen zweifachen Regeklungszwecken beurteilen sich auch die hieraus resultierenden weiteren fernstraßenrechtlichen Folgerungen. Dabei ergeben sich entsprechend zweckspezifisch differenzierte Konsequenzen.

2. Die fernstraßenrechtliche Bestandteilseigenschaft von Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen in ihren beleihungsrechtlichen und baulastspezifischen Konsequenzen Wenn und insoweit eine fernstraßenrechtliche Mauterhebung organisationsrechtlich der staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung vorbehalten bleibt, nehmen die betreffenden Mauteinrichtungen an der allgemeinen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung für die Verwaltung der Bundesfernstraßen teil. Dann findet auch für diese Bestandteile der Bundesfernstraßen in deren vollem anlagenspezifischen Umfang die im Rahmen bzw. im Zusammenhang der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG geltende Ordnung der Verwaltungskompetenzen Anwendung. Danach obliegt unter solchen organisationsrechtlichen Voraussetzungen der fernstraßenrechtlichen Mauterhebung den Ländern auftragsweise die Wahrnehmung der besonderen fernstraßenrechtlichen Bauhoheit nach § 4 FStrG sowie der technischen Straßenbaulast für die betreffenden Mauteinrichtungen, während der Bund auch für diese Bestandteile der Bundesfernstraßen die Sachfinanzierung zu leisten, also die finanzielle Straßenbaulast zu tragen hat. Die aktuell geltenden fernstraßenrechtlichen Mautregelungen nach dem FStrPrivFinG und nach dem ABMG indessen folgen organisationsrechtlichen Konzepten, welche die fernstraßenrechtliche Mauterhebung und grundsätzlich auch die betreffenden Mauterhebungssysteme aus der staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung herausnehmen. Nach dem FStrPrivFinG ist die dort geregelte speziell projektspezifische Mauterhebung generell in der Weise funktional privatisiert, daß sie einem privaten „Betreiber“ beleihungsrechtlich übertragen ist.499 Für die allgemeine Mauterhebung nach dem ABMG ist eine gleiche funktional privatisierte, 499

§ 2 FStrPrivFinG; zur Beleihung Nachw. in Fn. 399.

256

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

beleihungsrechtliche Mauterhebung gesetzlich eröffnet und von dieser Möglichkeit wird aktuell in vollem Umfang Gebrauch gemacht.500 Aber selbst wenn diese letztere gesetzliche Organisationsmöglichkeit nach dem ABMG nicht genutzt würde, kennen diese Mautregelungen keine staatsunmittelbare Mauterhebung. Auch wenn die Mauterhebung nach dem ABMG staatseigen erfolgt, hat sie das Gesetzt dem Bundesamt für Güterverkehr als selbständiger Bundesoberbehörde übertragen, also staatsmittelbar und insofern kompetenzrechtlich eigenständig organisiert.501 In jedem der aktuell geregelten bzw. praktizierten Fälle fernstraßenrechtlicher Mauterhebungen bewegen sich diese also innerhalb von organisations- bzw. kompetenzrechtlich besonderen Rechtszuständigkeiten, die, soweit ihre Geltung reicht, von der Ordnung der Rechtszuständigkeiten nach der allgemein bestehenden staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung abweichen. Die Abweichungen in den genannten Fällen einer funktional privatisierten Mauterhebung sind spezifisch beleihungsrechtlicher Art, in dem nach dem ABMG grundsätzlich vorgesehenen, allerdings gegenwärtig nicht praktizierten Falle einer staatsmittelbaren Mauterhebung durch das rechtlich selbständige Bundesamt für Güterverkehr sind sie aus noch zu erörternden besonderen bundesstaatsrechtlichen Gründen jedenfalls bundesstaatsrechtlicher Art.502 Unter den nach dem ABMG aktuell praktizierten Voraussetzungen einer funktional privatisierten Mauterhebung durch einen von dem nach diesem Gesetz generell vollzugszuständigen Bundesamt für Güterverkehr beliehenen privaten „Betreiber“ liegen sogar beide Arten einer Abweichung von den nach der allgemein geltenden staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung bestehenden Rechtszuständigkeiten gleichzeitig vor. Denn in diesem Falle erfolgt auch bereits die Beleihung des privaten „Betreibers“ nicht, wie nach dem FStrPrivFinG, im Rahmen der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG, sondern durch das insofern generell und allein vollzugszuständige Bundesamt für Güterverkehr, also auf der Ebene der Bundesverwaltung. Im Ergebnis besteht also nach dem aktuell geltenden speziellen fernstraßenrechtlichen Mauterhebungsrecht für die den Bestandteilen der Bundesfernstraßen zugeordneten Mauteinrichtungen in jedem Falle eine Ordnung fernstraßenrechtlicher Rechtszuständigkeiten, die von denjenigen der allgemeinen staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung teils wegen einer funktional privatisierten, beleihungsrechtlichen Organisation, teils auch wegen einer generellen Verlagerung der Mauterhebung auf die Ebene der Bundesverwaltung abweichen. Hieraus resultieren zum einen spezifisch beleihungsrechtliche, aber zum zweiten auch fernstraßenrechtlich baulastspezifische Rechtsfolgen. In spezifisch beleihungsrechtlicher Hinsicht ergeben sich aus der im Sinne des öffentlichen Sachenrechts generell begründeten Zugehörigkeit der anlagentechnisch mit Bundesfernstraßen verbundenen Einrichtungen von Mauterhebungssyste500 Zur beleihungsrechtlichen Mauterhebung nach dem ABMG Fn. 491 und die Nachw. in Fn. 493. 501 § 4 Abs. 1 S. 1 ABMG. 502 Dazu noch gesondert unter IV.5. und 6. sowie V.

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen

257

men zu den Bestandteilen der betreffenden Bundesfernstraßen Folgerungen für den Inhalt und Umfang der genannten, nach dem FStrPrivFinG stets stattfindenden sowie nach dem ABMG möglichen und aktuell praktizierten Beleihungen eines privaten „Betreibers“ mit der hoheitsrechtlichen Mauterhebung. Die jeweiligen Beleihungen gelten folgerichtig nicht nur dem Vorgang einer hoheitsrechtlichen Mauterhebung als solcher durch den „Betreiber“, einschließlich einer dabei gesetzlich geregelten Datenspeicherung,503 sondern auch der hoheitsrechtlichen Errichtung und dem hoheitsrechtlichen Betrieb der betreffenden, zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen zählenden Mauteinrichtungen. Diese Mauteinrichtungen werden von den privaten „Betreibern“ hoheitsrechtlich errichtet und betrieben, also beleihungsrechtlich verwaltet. Man kann insofern von einer auch sachrechtlichen Beleihung im Sinne des öffentlichen Sachenrechts sprechen. Die Mauterhebungsbeleihungen haben somit zwei jeweils zusammengehörige und zusammenfaßbare rechtsbegründende Inhalte, nämlich die Beleihung des privaten „Betreibers“ mit der Befugnis zur hoheitsrechtlichen Mauterhebung als solcher sowie die Beleihung desselben mit der Befugnis zur hoheitsrechtlicher Errichtung504 und zum hoheitsrechtlichen Betrieb von Fernstraßenbestandteilen. Auch in der letzteren Rechtszuständigkeit als sachenrechtlich Beliehener tritt der private „Betreiber“ Dritten gegenüber als funktional eigener Träger fernstraßenrechtlicher Hoheitsgewalt auf, deren Ausübung ihm insofern mit allen hieran geknüpften Rechtsfolgen zugerechnet wird. Es handelt sich um die spezifisch beleihungsrechtliche Folgerung aus der sachenrechtlichen Zuordnung jener Mauteinrichtungen zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen. Die besondere rechtskonstruktive und rechtsbegriffliche Konsequenz und Bedeutung der sachenrechtlichen Beleihung privater „Betreiber“ fernstraßenrechtlicher Mauterhebungssysteme liegt darin, daß die betreffenden privaten Rechtsträger auf diese Weise für die betreffenden, zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen zählenden Mauteinrichtungen grundsätzlich in die Rechtszuständigkeit aus der fernstraßenrechtlichen Straßenbaulast eintreten. Dies gilt nicht nur, wie schon angesprochen, hinsichtlich der Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten aus der Straßenbaulast gegenüber den Gemeingebrauchsteilnehmern und sonstigen Dritten, sondern auch was die ansonsten allgemein bestehende Organisation der fernstraßenrechtlichen Straßenbaulast angeht. Diese ist bekanntlich nach der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung aufgespalten in die sogenannte finanzielle Straßenbaulast des Bundes nach § 5 Abs. 1 S. 1 FStrG und nach der finanzverfassungsrechtlichen Sachfinanzierungskompetenz desselben nach Art. 104 a Abs. 2 GG einerseits sowie in die sogenannte technische oder faktische Straßenbaulast in der auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder nach Art. 90 Abs. 2 § 7 und § 9 ABMG; § 6 Abs. 3 – 6 FStrPrivFinG. Die Beleihung enthält insofern auch eine Beleihung mit sogenannten schlicht- und hoheitlichen Befugnissen; zu dieser Art von Beleihung Steiner, Beleihungsdogmatik, S. 603 / 604. 503 504

17 Bartlsperger

258

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

GG andererseits.505 Bei der sachenrechtlichen Beleihung privater „Betreiber“ von fernstraßenrechtlichen Mauterhebungssystemen dagegen ist jene bundesstaatsrechtliche Trennung in den Rechtszuständigkeiten für die fernstraßenrechtliche Straßenbaulast aufgehoben. Mit der funktionalen Privatisierung der Mauterhebung und mit der sachenrechtlichen Beleihung des jeweiligen privaten „Betreibers“ für Errichtung und Betrieb der betreffenden Mauteinrichtungen ist dieser in vollem Umfang, d. h. sowohl für die technischen bzw. faktischen Errichtungs- und Betriebsvorgänge als auch für die Sachfinanzierung rechtszuständig, also, soweit es die zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen gehörenden Mauteinrichtungen betrifft, straßenbaupflichtig. Es handelt sich um eine baulastspezifische Konsequenz aus der sachenrechtlichen Beleihung privater „Betreiber“ von Mauterhebungssystemen mit der Errichtung und dem Betrieb der als Bestandteile der Bundesfernstraßen geltenden Mauteinrichtungen. Eine besondere baulastspezifische Rechtslage für Mauteinrichtungen ist indessen nach den aktuell geltenden fernstraßenrechtlichen Mautregelungen nicht auf den Fall einer funktional privatisierten Mauterhebung beschränkt, wie er nach dem FStrPrivFinG generell geregelt ist und nach dem ABMG aktuell praktiziert wird. Sie stellt sich vielmehr generell, weil auch dann ein, wenn nach dem ABMG eine dort grundsätzlich vorgesehene staatseigene Mauterhebung stattfindet. Denn das Gesetz hat eine solche dem rechtlich selbständigen Bundesamt für Güterverkehr übertragen, also staatsmittelbar verselbständigt und damit aus der ansonsten geltenden bundesstaatsrechtlichen Ordnung der Bundesfernstraßenverwaltung herausgenommen.506 Auch bei einer staatseigenen Mauterhebung nach dem ABMG obliegen somit dem hierbei rechtlich verselbständigten Bundesamt für Güterverkehr allein die grundsätzlichen Straßenbaupflichten, d. h. die technischen und finanziellen Straßenbaulasten, für die Mauteinrichtungen, und zwar in diesem Falle auch gegenständlich in vollem Umfang, gleichgültig ob die Mauteinrichtungen mit den Bundesfernstraßen verbunden sind oder lediglich zum betriebsinternen Verwaltungsvermögen des Bundesamtes zählen.507 Insofern ist die besondere baulastspezifische Rechtslage eine Folge der überhaupt speziellen bundesstaatsrechtlichen Organisation der Mauterhebung nach dem ABMG außerhalb der allgemeinen staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung. Danach ist auf der Grundlage der aktuell geltenden fernstraßenrechtlichen Mautregelungen als baulastspezifische Besonderheit festzuhalten, daß, ungeachtet unterschiedlicher Rechtsgründe, entweder einer funktional privatisierten, beleihungsrechtlichen Organisation der Mauterhebung oder ihrer staatsmittelbaren Verselbständigung auf der bundesstaatsrechtlichen Ebene der Bundesverwaltung, die fernstraßenrechtliche Straßenbaulast für die Mauteinrichtungen grundsätzlich aus der staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung herausgenommen ist; das gilt, 505 506 507

Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 15 ff. § 4 Abs. 1 S. 1 ABMG. Oben unter 1. mit Fn. 498.

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen

259

was die Erfüllung der fernstraßenrechtlichen Baulast gegenüber den Straßenbenutzern angeht. Insofern obliegt sie für die im Beleihungsfalle anlagentechnisch mit den Bundesfernstraßen verbundenen sowie im grundsätzlich möglichen Falle einer staatseigenen, aber staatsmittelbaren Mauterhebung durch das Bundesamt für Güterverkehr auch für die betriebsinternen Mauteinrichtungen umfassend und einheitlich dem jeweiligen, rechtlich selbständigen Träger des Mauterhebungssystems, also den privaten „Betreibern“ bzw. dem Bundesamt für Güterverkehr. Die besondere baulastspezifische Rechtslage entspricht dem einen dezidierten Regelungszweck der fernstraßenrechtlichen Bestandteilseigenschaft auch der Mauteinrichtungen, diese als gemeingebrauchsimmanente Bestandteile der Bundesfernstraßen in der hierdurch begründeten fernstraßenrechtlichen Benutzungsfunktion vollumfänglich in die Pflicht- und Verantwortungsstellung des jeweiligen, rechtlich selbständigen Trägers des Mauterhebungssystems zu integrieren. Er hat für seine Mauteinrichtungen gegenüber den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchsteilnehmern die fernstraßenrechtliche Straßenbaulast im vollen Umfang, in technischer und in finanzieller Hinsicht, zu erfüllen. In dieser Rechtsbeziehung erschöpft sich aber nach dem dargelegten einschlägigen Regelungszweck auch schon die besondere baulastspezifische Sachenrechtslage der betreffenden Mauteinrichtungen und die besondere baulastspezifische Rechtszuständigkeit rechtlich selbständiger Träger von fernstraßenrechtlichen Mauterhebungssystemen. Anders stellen sich die organisations- bzw. kompetenzrechtlichen Konsequenzen der fernstraßenrechtlichen Bestandteilseigenschaft von Mauteinrichtungen dar, soweit jene sachrechtliche Zuordnung zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen nur dem anderen zweiten der genannten Regelungszwecke dient, auch insofern jedenfalls der fernstraßenrechtlichen Bauhoheit nach § 4 FStrG Geltung zu verschaffen. 3. Die fernstraßenrechtliche Bauhoheit für Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen Im Hinblick auf die fernstraßenrechtliche Bauhoheit besteht weder ein fachspezifisch fernstraßenrechtlicher noch ein bundesstaatsrechtlicher Grund, die zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen gehörenden Mauteinrichtungen privater „Betreiber“ oder möglicherweise des rechtlich selbständigen Bundesamts für Güterverkehr aus der allgemeinen Ordnung der Rechtszuständigkeiten und bundesstaatrechtlichen Kompetenzen staatsunmittelbarer Bundesfernstraßenverwaltung herauszunehmen. Denn insofern beschränkt sich der Regelungszweck der fernstraßenrechtlichen Bestandteilseigenschaft auch jener Mauteinrichtungen, wie dargelegt, eben ausschließlich darauf, die besondere fernstraßenrechtliche Bauhoheit nach § 4 FStrG zu begründen. Diese fernstraßenrechtliche Bauhoheit beansprucht keine unmittelbare benutzungsrechtliche „Außenwirkung“ gegenüber den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchsteilnehmern und hat deshalb rechtskonstruktiv auch nichts zu tun mit den diesen gegenüber jeweils selbständigen benutzungsrecht17*

260

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

lichen Rechtszuständigkeiten des beliehenen bzw. möglicherweise staatsmittelbaren Trägers der Mauterhebungssysteme. Vielmehr kann und muß es insofern zweckentsprechend bei der allgemeinen bundesstaatsrechtlichen Kompetenz- und Zuständigkeitsordnung für die staatsunmittelbare Bundesfernstraßenverwaltung bleiben. Daher wird die fernstraßenrechtliche Bauhoheit auch für die zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen zählenden Mauteinrichtungen in jedem Falle von der gemäß Art. 90 Abs. 2 GG auftragsweise zuständigen Landesfernstraßenverwaltung wahrgenommen. Diese prinzipiell unberührte organisations- und kompetenzrechtliche Zuordnung der fernstraßenrechtlichen Bauhoheit zur auftragsweisen Landesverwaltung der Bundesfernstraßen auch in allen Fällen fernstraßenrechtlicher Mauteinrichtungen steht im Einklang mit den aktuell geltenden, besonderen Mautregelungen nach dem FStrPrivFinG sowie dem ABMG und entspricht auch einer zweckgerechten Auslegung der allgemeinen gesetzlichen Regelung der fernstraßenrechtlichen Bauhoheit in § 4 FStrG. Das FStrPrivFinG beschränkt ausdrücklich den Übergang hoheitsrechtlicher Befugnisse der Bundesfernstraßenverwaltung auf die in dem Gesetz speziell geregelten Befugnisbeleihungen. Hierzu zählt lediglich die „Erhebung einer Mautgebühr“.508 Diese Beleihung umfaßt zwar, wie dargelegt, auch eine sachenrechtliche Beleihung zur hoheitsrechtlichen Errichtung und zum hoheitsrechtlichen Betrieb der zu den Bestandteilen der betreffenden projektspezifischen Bundesfernstraßen gehörenden Mauteinrichtungen und der private „Betreiber“ ist für diese Einrichtungen auch voll umfänglich straßenbaupflichtig.509 Aber darin erschöpft sich in zweckentsprechender Weise auch der spezielle sachrechtliche Beleihungsumfang. Die allgemeine fernstraßenrechtliche Bauhoheit nach § 4 FStrG hat mit der beleihungsweise erfolgenden „Erhebung einer Mautgebühr“ als gemeingebrauchsimmanentem Rechtsvorgang gegenüber den Teilnehmern am fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch unmittelbar nichts zu tun. Sie liegt außerhalb des besonderen, beleihungsrechtlich baulastspezifischen Rechtszuständigkeiten des privaten „Betreibers“ für die mit den betreffenden Bundesfernstraßenprojekten verbundenen Mauteinrichtungen. Die gleichen zweckentsprechenden Gesichtspunkte gelten für die fernstraßenrechtlich organisations- und sachenrechtliche Verselbständigung der nach dem ABMG von einem privaten „Betreiber“ bzw., grundsätzlich möglich, von dem Bundesamt für Güterverkehr errichteten und betriebenen Mauteinrichtungen.510 Auch dabei beschränkt sich die sachenrechtliche und insofern baulastspezifische Verselbständigung der betreffenden Mauteinrichtungen auf die „Errichtung und den Betrieb“ des Mauterhebungssystems als solches, ohne die fernstraßenrechtliche Bauhoheit des § 4 FStrG in ihrer Kompetenz- und Zuständigkeitsordnung nach der allgemeinen staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung zu berühren. 508 509 510

§ 1 Abs. 4, § 2 FStrPrivFinG. Vorstehend unter 2. § 4 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 ABMG.

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen

261

Es gilt also nach den aktuellen fernstraßenrechtlichen Mautregelungen generell, daß sich die sachenrechtliche Verselbständigung der Straßenbaulast für die zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen zählenden Maueinrichtungen auf denjenigen Inhalt und Umfang der fernstraßenrechtlichen Baulast begrenzt, der die benutzungsrechtliche Beziehung zu den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchsteilnehmern betrifft. Lediglich in dieser Rechtsbeziehung treten die privaten „Betreiber“ von fernstraßenrechtlichen Mauterhebungssystemen, im Falle des ABMG gegebenenfalls auch das Bundesamt für Güterverkehr als rechtlich selbständiger Träger des Mauterhebungssystems, in die Rechtszuständigkeit des Straßenbaulastträgers ein. Wie schon dargelegt, handelt es sich bei den betreffenden baulastspezifischen Zuständigkeits- bzw. Kompetenzänderungen stets nur um die im benutzungsrechtlichen „Außenrechtsverhältnis“ gemeingebrauchsrelevanten Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten aus der fernstraßenrechtlichen Straßenbaulast. Dagegen bleibt im übrigen, d. h. jedenfalls die Rechtszuständigkeit der allgemeinen staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung für die fernstraßenrechtliche Bauhoheit nach § 4 FStrG, von jenen baulastspezifischen Rechtsänderungen nach den fernstraßenrechtlichen Mautregelungen unberührt. Dies bedeutet, daß insofern der Gesetzeswortlaut des § 4 FStrG einer zweckentsprechenden Auslegung bedarf. Zwar haben nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die „Träger der Straßenbaulast“ generell auch für die fernstraßenrechtliche Bauhoheit „einzustehen“. Aber damit kann dem Regelungszweck der Bestimmung entsprechend nicht gemeint sein, daß die fernstraßenrechtliche Bauhoheit auch den innerhalb der besonderen fernstraßenrechtlichen Mautregelungen bestehenden partiellen Veränderungen der Rechtszuständigkeiten für die dort spezifisch geregelten Inhalte der Straßenbaulast folgt. Vielmehr bleibt, ungeachtet der nach jenen besonderen fernstraßenrechtlichen Mautregelungen eintretenden partiellen und speziellen Veränderungen in den Rechtszuständigkeiten für bestimmte Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten aus der fernstraßenrechtlichen Straßenbaulast, hinsichtlich der fernstraßenrechtlichen Bauhoheit nach § 4 FStrG die allgemeine Rechtszuständigkeit der nach Art. 90 Abs. 2 GG auftragsweise wahrnehmungszuständigen Landesfernstraßenverwaltungen unberührt. Diese kompetenzrechtliche Lage findet im ABMG eine ausdrückliche und im Grunde eindeutige Bestätigung, wonach der „Betreiber“ der dort geregelten Mauteinrichtungen diese „im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbaubehörden der Länder zu errichten“ hat.511 Der Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung erscheint allerdings angesichts einer offenkundig sowohl pragmatischen wie auch fragmentarischen Fassung klarstellungs- und ergänzungsbedürftig. Wie dargelegt, ergibt sich in bezug auf die fernstraßenrechtliche Bauhoheit für die zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen zählenden Mauteinrichtungen im Rahmen des FStrPrivFinG bei gleich liegender kompetenzrechtlicher Lage der 511 § 6 Abs. 1 ABMG. Die bei Schaffung der Vorschrift von Bundesstaat erhobene Forderung, eine ausschließliche Zuständigkeit der nach Art. 90 As. 2 GG wahrnehmungszuständige Länder festzulegen (BT-Drs. 14 / 7013, S. 21), war erfolglos geblieben.

262

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Fortbestand der allgemeinen auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder nach Art. 90 Abs. 2 GG allein schon aus dem prinzipiellen Organisationskonzept jenes Gesetzes. Danach gehen hoheitliche Befugnisse auf den privaten „Betreiber“ lediglich für den Vorgang der „Erhebung einer Mautgebühr“ als solchen und damit auch baulastspezifisch für die betreffenden Mauteinrichtungen nur in dem so bezeichneten Umfang über.512 Im FStrPrivFinG hat sich deshalb eine ausdrückliche und spezielle Klarstellung zur fortbestehenden allgemeinen Rechtszuständigkeit für die fernstraßenrechtliche Bauhoheit erübrigt. Im Unterschied zu jener Regelung im FStrPrivFinG hat das ABMG in dem Zusammenhang die erwähnte ausdrückliche Regelung aufgenommen. Sie ist allerdings in der Weise erfolgt, daß für den „Betreiber“ von Mauteinrichtungen an „Bundesautobahnen“ bei deren Errichtung explizit der Vorbehalt eines Einvernehmens „mit den zuständigen Straßenbaubehörden der Länder“ festgelegt worden ist. Diese gewählte Rechtstechnik eines entsprechenden Einvernehmensvorbehalts könnte den Eindruck erwecken, als läge die fernstraßenrechtliche Bauhoheit für die betreffenden Mauteinrichtungen im Grunde auch beim „Betreiber“ und ihre Wahrnehmung durch die bundesstaatsrechtlich auftragsweise wahrnehmungszuständigen Landesfernstraßenverwaltungen wäre auf eine Einvernehmensbefugnis im rechtsbegrifflichen Sinne beschränkt. So kann es sich aber bundesstaatsrechtlich nicht verhalten. Vielmehr steht aus den dargelegten fernstraßenrechtlichen und bundesstaatsrechtlichen Gründen die Entscheidungszuständigkeit nach der fernstraßenrechtlichen Bauhoheit über die zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen zählenden Mauteinrichtungen in vollem Umfange alleine den bundesstaatsrechtlich auftragsweise kompetenten Landesfernstraßenverwaltungen zu. Offenbar hat sich der Gesetzgeber innerhalb des ABMG bei der ausdrücklichen rechtstechnischen Festlegung eines entsprechenden Einvernehmensvorbehalts von der rechtlichen und faktischen Sachlage leiten lassen, daß bei der Errichtung der betreffenden Mautereinrichtungen zwei Rechtsträger beteiligt sind, der hierfür baulastspezifisch technisch und finanziell rechtszuständige „Betreiber“ und die für die fernstraßenrechtliche Bauhoheit rechtszuständige Landesfernstraßenverwaltung, und daß diese beiden Rechtsträger am geeignetsten in einer Einvernehmensregelung zusammenwirken könnten und sollten. Ein derartiges, in praktischer Hinsicht durchaus verständliches legislatives Vorgehen vermochte aber nichts an der zwingenden bundesstaatsrechtlichen Kompetenzlage zu ändern, daß die rechtlich maßgebliche Entscheidung im Rahmen der fernstraßenrechtlichen Bauhoheit nach § 4 FStrG ausschließlich von den „zuständigen Straßenbaubehörden der Länder“ getroffen wird. Die gesetzlich benannte „Einvernehmensentscheidung“ der zuständigen Landesstraßenbaubehörden stellt in ihrem rechtlichen Gehalt eine ausschließlich aus eigener Rechtszuständigkeit der letzteren getroffene bauhoheitliche Entscheidung im Sinne des § 4 FStrG dar. Ebenso allein nach der dargelegten bundesstaatsrechtlichen Kompetenzlage beurteilt sich die im Rahmen der genannten Einvernehmensregelung des ABMG ge512

Fn. 508.

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen

263

handhabte Praxis, das Zusammenwirken zwischen dem „Betreiber“ der betreffenden Mauteinrichtungen und der für die fernstraßenrechtliche Bauhoheit zuständigen Landesfernstraßenverwaltung in einer vertraglichen Rahmenregelung zwischen beiden zu regeln. Auch hiergegen läßt sich im Grunde nichts einwenden, wenn die betreffende vertragliche Beteiligung der Landesfernstraßenverwaltungen, wie erörtert, deren eigener und alleiniger kompetenzrechtlicher Rechtszuständigkeit zugerechnet wird. Aber nicht konform mit der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung der Bundesfernstraßenverwaltung wird dabei verfahren, wenn jener genannte „einvernehmliche“ Rahmenvertrag zur fernstraßenrechtlichen Bauhoheit auf der Verwaltungsseite neben den Landesfernstraßenverwaltungen zugleich unter Beteiligung der Bundesseite oder von den Ländern sogar nur in Vertretung für die Bundesseite abgeschlossen wird. Denn es ist mit der insofern bundesstaatsrechtlich strikten, alleinigen Rechtszuständigkeit der Landesfernstraßenverwaltungen weder eine zusätzliche Vertragsbeteiligung der Bundesseite vereinbar noch viel weniger ein bloß vertretungsweiser Vertragsschluß der Länder für die Bundesseite. Die fernstraßenrechtliche Bauhoheit nach § 4 FStrG gehört zu den von den Ländern in ausschließlicher und alleiniger Zuständigkeit sowie zwingend in eigenem Namen wahrzunehmenden Hoheitsbefugnissen der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung.513 Auf seiten des privaten „Betreibers“ der betreffenden Mauteinrichtungen mag zwar ein Interesse bestehen und sich gegenüber der Verwaltungsseite durchsetzen, auch oder allein die Bundesseite als Vertragspartner zu haben, und die Verwaltungsseite mag diesem Interesse faktisch entsprechen. Aber gültige rechtsbegründende Wirkungen vermag eine solche rechtsgeschäftliche Vertragspraxis entgegen dem insofern bundesstaatsrechtlich begründeten und strikt verbindlichen „verfassungsgesetzlichen“ Verbot nicht zu entfalten.514 Bei einer rechtlichen Relevanz jener Vertragsgestaltung in einem gegebenenfalls entstehenden 513 Zu den im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen nach Art. 90 Abs. 2, Art. 85 GG bestehenden bundesstaatsrechtlichen Fragen einer „Vertretung“ des Bundes durch die auftragsweise Wahrnehmungszuständigkeit der Länder siehe die Darlegungen von Stelkens, Maß und Bartlsperger, in: Beschleunigung und Verzögerung im Straßenbau, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Schriftenreihe Straßenrecht Heft 15, 2005, S. 33 ff., 47 ff. und 53 ff.; zu der von den auftragsweise wahrnehmungszuständigen Ländern ausschließlich aus eigener bundesstaatsrechtlicher Kompetenz und im eigenen Namen auszuübenden Hoheitsverwaltung der Bundesfernstraßen Bartlsperger, Vertretung des Bundes bei der Bundesfernstraßenverwaltung, a. a. O. m.Nachw. 514 Die betreffende Vertragspraxis hat wegen des ausschließlich öffentlichrechtlichen Vertragsgegenstandes als öffentlichrechtlicher Vertragsschluß im Sinne des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts zu gelten (§ 54 VwVfG bzw. wegen der insofern nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 VwVfG vorbehaltenen Geltung der allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen). Danach hat, wie dargelegt, die Abweichung von der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung als Verletzung eines „gesetzlichen“ Verbots die Nichtigkeit gem. § 59 Abs. 1 VwVfG bzw. gem. den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen i.V.m. § 134 BGB zur Folge. Davon abgesehen würde die Nichtigkeitsfolge auch dann eintreten, wenn der betreffende Vertrag als privatrechtlicher Vertrag zu beurteilen wäre; siehe zur Anwendung des § 134 BGB auch im Verwaltungsprivatrecht Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 232 ff.

264

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Streitfalle kann sie als bundesstaatsrechtlich „verbotswidrige“ rechtsgeschäftliche Handlungsweise keine rechtliche Wirksamkeit beanspruchen, insbesondere keine rechtlichen Verpflichtungen der Bundesseite und keine Rechtsansprüche von seiten des „Betreibers“ gegenüber der Bundesseite begründen. Die betreffenden, dem öffentlichen Vertragsrecht zuzuordnenden Rahmenverträge nach dem ABMG zur fernstraßenrechtlichen Bauhoheit für Mauteinrichtungen sind vielmehr gegebenenfalls konform mit der bundesstaatsrechtlichen Ordnung der Bundesfernstraßenverwaltung dahin auszulegen, daß Vertragspartner allein die „zuständigen Straßenbaubehörden der Länder“ sind. Im übrigen und schließlich erscheint die genannte gesetzliche Bestimmung des ABMG zur fernstraßenrechtlichen Bauhoheit für Mauteinrichtungen auch fragmentarisch und daher ergänzungsbedürftig. Zum einen stellt sich schon die Frage, warum die gesetzliche Regelung nur die Mauteinrichtungen an „Bundesautobahnen“ einbezieht ohne Rücksicht auf die in dem Gesetz vorgesehene Möglichkeit, unter bestimmten materiellen und formellen Voraussetzungen die Mautpflicht auch auf Abschnitte von Bundesstraßen auszudehnen.515 Einen grundsätzlich gewichtigen Mangel weist die Vorschrift ferner insofern auf, als sie die Angelegenheit der fernstraßenrechtlichen Bauhoheit lediglich für Mauteinrichtungen eines „Betreibers“ regelt, der in dem Gesetz ausdrücklich als privater „Betreiber“ legal definiert ist.516 Auf diese Weise wird in jener gesetzlichen Bestimmung explizit nicht angesprochen, wie sich die Rechtszuständigkeit für die fernstraßenrechtliche Bauhoheit bezüglich der Mauteinrichtungen beurteilt, wenn diese in dem gesetzlich grundsätzlich eröffneten Falle von dem Bundesamt für Güterverkehr selbst errichtet und betrieben werden.517 Es ist indessen aus den dargelegten fernstraßenrechtlichen und bundesstaatsrechtlichen Gründen auch ohne eine insofern ausdrückliche Regelung im ABMG eindeutig, daß in diesem Falle ebenso die fernstraßenrechtliche Bauhoheit für die Mauteinrichtungen nicht in der Rechtszuständigkeit des Bundesamtes für Güterverkehr, sondern ebenfalls in derjenigen der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung liegt. Im Ergebnis ist insofern festzuhalten, daß auch für Mauteinrichtungen eines entweder im Beleihungswege oder staatsmittelbar rechtlich verselbständigten fernstraßenrechtlichen Mauterhebungssystems jedenfalls die fernstraßenrechtliche Bauhoheit innerhalb der Kompetenz- und Zuständigkeitsordnung der allgemeinen staatsunmittelbaren Bundesfernstraßenverwaltung verbleibt. Dies besagt, daß sie, wie auch immer gesetzestechnisch und praktisch gehandhabt, bundesstaatsrechtlich maßgeblich nur von der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG wahrgenommen wird, von dieser zwingend allein wahrzunehmen ist und ausschließlich bei einer Wahrnehmung in deren eigenem Namen rechtsbegründende Wirkungen entfaltet. Eine hiervon abweichende Handhabung 515 516 517

§ 1 Abs. 4 ABMG. § 4 Abs. 2 S. 1 ABMG. § 4 Abs. 1 S. 1 ABMG.

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen

265

kann allenfalls verfassungskonform mit dieser bundesstaatsrechtlichen Rechtszuständigkeit interpretiert werden. Die mit dem Rechtsinstitut und Rechtsbegriff der fernstraßenrechtlichen Straßenbaulast verbundenen hoheitsrechtlichen Aufgaben und Befugnisse sind also bei der nach den geltenden speziellen fernstraßenrechtlichen Mautregelungen bestehenden, entweder im Beleihungswege oder aufgrund einer staatsmittelbaren Organisation rechtlichen Verselbständigung der Mauterhebungssysteme aufgespalten auf die staatsunmittelbar verbleibende fernstraßenrechtliche Bauhoheit der auftragsweise zuständigen Landesfernstraßenverwaltungen und auf die übrigen baulastspezifischen Rechtszuständigkeiten der betreffenden selbständigen Rechtsträger von Mauterhebungssystemen für die zu den Bestandteilen der Bundesfernstraßen zählenden Mauteinrichtungen. Es sind somit die letzteren, rechtlich selbständigen Träger der Mauterhebungssysteme, denen für die betreffenden Mauteinrichtungen die baulastspezifischen Pflichten und Verantwortlichkeiten gegenüber den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchsteilnehmern bzw. anderen Verwaltungen und gegebenenfalls Dritten obliegen.

4. Die baulastspezifischen Pflichten und Verantwortlichkeiten der rechtlich selbständigen Träger von Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen – Straßenverkehrsrecht, Straßenverkehrssicherungspflicht Aufgrund des organisationsrechtlichen Eintritts der sowohl nach dem allgemeinen ABMG als auch nach dem speziellen FStrPrivFinG stets, sei es im Beleihungswege oder einer staatsmittelbaren Rechtszuständigkeit des Bundesamtes für Güterverkehr, selbständigen Rechtsträger fernstraßenrechtlicher Mauterhebungssysteme in die für die betreffenden Mauteinrichtungen nach „außen“ bestehenden baulastspezifischen Aufgaben und Befugnisse ist es zum einen rechtskonstruktiv selbstredend, daß hiermit auch die Aufgaben, Verpflichtungen und Befugnisse der Straßenbaulastträger nach dem Straßenverkehrsrecht und gegenüber den Straßenverkehrsverwaltungen übernommen werden. Hinsichtlich der zur Mauterhebung erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen können nur die jeweiligen selbständigen Rechtsträger der Mauterhebungssysteme, die beliehenen privaten „Betreiber“ bzw. in dem nach dem ABMG grundsätzlich möglichen Falle das Bundesamt für Güterverkehr, rechtszuständig sein für die Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung sowie den Betrieb der betreffenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen. Ausschließlich sie treten in die rechtssatzmäßig in § 45 Abs. 2 bis 5 StVO geregelten Verpflichtungen sowie in die hieraus gegebenenfalls entstehenden Verantwortlichkeiten ein. Sie sind im Rahmen und im Sinne des Straßenverkehrsrechts Straßenbaulastträger für die aus Anlaß der Mauterhebung erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, die gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 3 FStrG ebenfalls generell als „Zubehör“ der Bundesfernstraßen zu deren Bestandteilen gehören.

266

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Das FStrPrivFinG und das ABMG enthalten hinsichtlich ihrer straßenverkehrsrechtlichen Folgerungen auch ausdrückliche gesetzliche Klarstellungen,518 von denen allerdings diejenige des ABMG in ihrem Wortlaut ergänzungsbedürftig erscheint. Diese Regelung führt als straßenverkehrsrechtliches Pflichtsubjekt lediglich den „Betreiber“ an, der in dem Gesetz legal definiert nur der betreffende beliehene Private ist.519 Aber offenbar handelt es sich dabei nur um eine redaktionelle Nachlässigkeit. Wie dargelegt, ist es rechtskonstruktiv ohnedies selbstverständlich und im übrigen wohl auch von der prinzipiellen legislativen Regelungsabsicht jener expliziten Bestimmung erfaßt, daß ebenso im Falle der grundsätzlich eröffneten Rechtsträgerschaft des Bundesamtes für Güterverkehr für das Mauterhebungssystem nach dem ABMG diese selbständige Bundesoberbehörde in die straßenverkehrsrechtlichen Pflichten und Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit seinen Mauteinrichtungen eintritt. Die nach dem FStrPrivFinG und dem ABMG für die Mauterhebungssysteme rechtszuständigen privaten „Betreiber“ bzw. gegebenenfalls das Bundesamt für Güterverkehr tragen also im anlagenspezifischen Zusammenhang ihrer an den Bundesfernstraßen errichteten und betriebenen Mauterrichtungen für die dabei erforderlichen, von der Straßenverkehrsverwaltung „genehmigten“ bzw. „angeordneten“ Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen die speziell straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten und Vollzugsbefugnisse520 sowie die hiermit verbundenen haftungsrechtlichen, speziell straßenverkehrsrechtlich begründeten Amtspflichten im Sinne des geltenden Amtshaftungsrechts bzw. eines künftig gegebenenfalls geschaffenen Staatshaftungsrechts.521 Es handelt sich um den speziellen straßenverkehrsrechtlich geregelten Pflichtkreis und Haftungsbereich der „Straßenbauverwaltungen“, in dem die Straßenbaulastträger bzw., wie bei den gegenständlich erörterten Mauteinrichtungen, die baulastspezifisch rechtszuständigen Rechtsträger für ihre straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten nicht nach der straßenbaulichen Straßenverkehrssicherungspflicht, sondern nach einer spezifisch straßenverkehrsrechtlich begründeten Amtspflicht unmittelbar im Sinne des Amtshaftungsrechts haften.522 Hiervon sind zwei, in dem Zusammenhang andere Pflicht- und Haftungskreise zu unterscheiden. § 2 Abs. 2 und 3 FStrPrivFinG, § 6 Abs. 2 ABMG. § 4 Abs. 2 S. 1 ABMG. 520 § 45 Abs. 5 S. 1 StVO. 521 Siehe das wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Urt. BVerfG. 1910.82, BVerfGE 61, 149 ff.) gescheiterte Staatshaftungsgesetz 26. 6. 1981 (BGBl. I S. 553). Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist zwischenzeitliche in Art. 74 Abs. 1 Nr. 25 GG geschaffen, aber bislang nicht genutzt worden. 522 Überwiegend wird dieser Pflicht- und Haftungsbereich auch der straßenbaulichen Straßenverkehrssicherungspflicht zugeordnet (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 7. Aufl. 1997, § 16 Rnr 464, Bauer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 42 Rnr 19 ff., Rinne, NVwZ 03, 9, Urt. BGH 15. 6. 2000 – 3 ZR 302 / 99). Dabei ist verkannt, daß die Pflichten der Straßenbauverwaltungen zum Vollzug straßenverkehrsbehördlicher Anordnungen sowie generell zur Ausgestaltung und Aufstellung von Verkehrszeichen und Verkehrsein518 519

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen

267

Zum einen bleibt es auch bei den zur jeweiligen fernstraßenrechtlichen Mauterhebung erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen dabei, daß die straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen bzw. Anlagen von den Straßenverkehrsverwaltungen „genehmigt“ bzw. „angeordnet“ werden, daß also die straßenverkehrsrechtliche Verkehrsregelungspflicht den Straßenverkehrsverwaltungen obliegt. Dies findet in den betreffenden straßenverkehrsrechtlichen Folge- bzw. Klarstellungsregelungen des FStrPrivFinG und des ABMG auch expliziten Ausdruck.523 Die gegenüber dem baulastspezifisch für die fernstraßenrechtlichen Mauterhebungssysteme rechtszuständigen Rechtsträger erfolgenden und notwendigen straßenverkehrsbehördlichen „Genehmigungen“ bzw. „Anordnungen“ zu den aus Anlaß der Mauterhebung erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen ergehen also von den Straßenverkehrsverwaltung. Allein diese bleiben hinsichtlich ihrer betreffenden „Genehmigungen“ bzw. „Anordnungen“ Träger der Verkehrsregelungspflicht und insofern haftungsrechtlich nach Amtshaftungsrecht oder gegebenenfalls einmal Staatshaftungsrecht passiv legitimiert.524 Die baulastspezifisch insofern straßenverkehrsrechtlich vollzugspflichtigen Träger der Mauterhebungssysteme sind insoweit nur hinsichtlich ihrer straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten amtspflichtig und haftungslegitimiert.525 Ferner und andererseits bleibt es auch dabei, daß die baulastspezifisch für die straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten rechtszuständigen Träger der Mauteinrichtung hinsichtlich des straßenbaulichen Zustandes der in dem Zusammenhang der Mauterhebung erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen die Straßenverkehrssicherungspflicht und nach den fernstraßenrechtlich maßgeblichen Organisationsregelungen die Straßenverkehrssicherungshaftung zu tragen haben.526 Sie sind es also, die für den straßenbaulichen Zustand der von den

richtungen zwar notwendigerweise an die hierfür bestehende Rechtszuständigkeit der Straßenbaulastträger anknüpfen, daß sie aber ihren Rechtsgrund keineswegs in der straßenrechtlichen Straßenbaulast bzw. in der Straßenverkehrssicherungspflicht haben, sondern im Straßenverkehrsrecht; zutreffend klargestellt im Urt. BVerwG 28. 8. 03 – 4 C 9.02. Es handelt sich also um die im Straßenverkehrsrecht geltende „Verkehrsregelungspflicht“, für die unmittelbar Amtshaftungsrecht gilt (dazu Greger, a. a. O., § 16 Rnr 443 ff., Bauer, a. a. O., Kap. 42 Rnr 18, Rinne, a. a. O., Steiner, Straßen- und Wegerecht, Rnr 10 sowie Urt. BGH 3. 7. 52, NJW 52, 1214, 1. 7. 76, LM § 823 – D und C – BGB Nr. 107 und 15. 6. 2000 – III ZR 302 / 99). 523 Fn. 518. 524 Zur Verkehrsregelungspflicht Fn. 522. 525 Fn. 522. 526 Zur Straßenverkehrssicherungspflicht, bis heute nach maßgeblicher Rechtsauffassung allein auf der Grundlage des allgemeinen Deliktstatbestandes von § 823 Abs. 1 BGB Tidow, Die Verkehrssicherung öffentlicher Straßen, in: Bartlsperger / Blümel / Schroeter, Einvierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 491 ff., Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, § 16 Rnr 528 ff., Grote, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 40, Bartlsperger, Deliktsrechtliche Gefahrenverantwortung, Steiner, Straßen- und Wegerecht, Rnr 99 ff.; zur Entwicklungsgeschichte Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 23 ff.

268

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Straßenverkehrsverwaltungen „genehmigten“ bzw. „angeordneten“ und aufgrund der straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten von ihnen errichteten und unterhaltenen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen in straßenbaulicher Hinsicht nach der allgemeinen Straßenverkehrssicherungspflicht und nach den hierfür geltenden Haftungsgrundlagen, also grundsätzlich nach § 823 Abs. 1 BGB oder aufgrund der insofern bestehenden besonderen landesstraßenrechtlichen Organisationsregelungen nach Amtshaftungsrecht, haften. Zusammengefaßt gibt es somit hinsichtlich der aus Anlaß einer fernstraßenrechtlichen Mauterhebung durch die für die Mauterhebungssysteme rechtlich zuständigen Rechtsträger erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen drei unterschiedliche Pflichtkreise und Haftungsbereiche. Die verkehrsregelnden „Genehmigungen“ bzw. „Anordnungen“ zu jenen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen obliegen auch insofern den Straßenverkehrsverwaltungen und diese tragen hierfür auch die Haftungsverantwortung aufgrund der für sie insofern geltenden Amtspflichten. Die baulastspezifisch für die Mauteinrichtungen rechtlich zuständigen Rechtsträger treffen die straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten nach § 45 Abs. 2 bis 5 StVO für die aus Anlaß der Mauterhebung erforderlichen, von den Straßenverkehrsverwaltungen dazu „genehmigten“ bzw. „angeordneten“ Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und sie haften im Rahmen dieser straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten nach den insofern speziell durch das Straßenverkehrsrecht begründeten Amtspflichten im unmittelbaren Sinne des Amtshaftungsrechts bzw. eines gegebenenfalls einmal bestehenden Staatshaftungsrechts. Allein für den straßenbaulichen Zustand als solchen der aus Anlaß der Mauterhebung erforderlichen und von den Straßenverkehrsverwaltungen „genehmigten“ bzw. „angeordneten“ sowie von den Trägern der Mauterhebungssysteme errichteten und betriebenen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen besteht für diese die allgemeine Straßenverkehrsicherungspflicht und Straßenverkehrssicherungshaftung nach § 823 Abs. 1 BGB bzw. gemäß den besonderen landesstraßenrechtlichen Organisationsregelungen nach Amtshaftungsrecht. Im Unterschied zu der erörterten differenzierten Rechtslage von Pflichtkreisen und Haftungsbereichen bezüglich der aus Anlaß einer Mauterhebung erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen stellt sich die baulastspezifische Pflichtstellung und Verantwortlichkeit der rechtlich selbständigen Träger fernstraßenrechtlicher Mauterhebungssysteme hinsichtlich der betreffenden Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen selbst fraglos und einheitlich dar. Für diese Mauteinrichtungen sind die jeweiligen Träger der Mauterhebungssysteme, wie dargelegt, Auch wenn man der Auffassung von einer spezifisch öffentlichrechtlichen Begründung der öffentlichen Straßenverkehrssicherungspflicht aus der Straßen- und Wegebaulast (Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, S. 72 ff., ders., DVBl. 73, 465 ff. und ders., DÖV 82, 469 ff.) nicht folgt, ist die nach § 823 Abs. 1 BGB begründete Straßenverkehrssicherungspflicht jedenfalls normbereichsspezifisch aus der Straßen- und Wegebaulast zu bestimmen (Bartlsperger, Gefahrenrecht der öffentlichen Straßen, S. 64 ff. und ders., Deliktsrechtliche Gefahrenverantwortung, S. 1025 ff.).

III. Mauteinrichtungen als Bestandteile von Bundesfernstraßen

269

auch Träger der „nach außen“ gerichteten Pflichtinhalte der fernstraßenrechtlichen Straßenbaulast. Sie sind dies rechtlich selbständig, entweder als insofern sachrechtlich Beliehene oder im grundsätzlich eröffneten Falle des ABMG aufgrund der staatmittelbaren Rechtsstellung des Bundesamtes für Güterverkehr. Daher trifft sie und allein sie für die betreffenden Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen die Straßenverkehrssicherungspflicht und Straßenverkehrssicherungshaftung. Der rechtliche Sachverhalt und die rechtliche Fragestellung sind von dem im FStrPrivFinG geregelten, ganz anderen Fall zu unterscheiden, daß dem privaten „Betreiber“ der Bau, die Erhaltung, der Betrieb und die Finanzierung von Bundesfernstraßen als solchen, d. h. die fernstraßenrechtliche Straßenbaulast für den hauptsächlichen Anlagenbestand der betreffenden Fernstraßenprojekte „zur Ausführung“ in der organisationsrechtlichen Form einer bloßen selbständigen Verwaltungshilfe übertragen ist.527 Auf der Grundlage und im Rahmen dieser organisationsrechtlichen Voraussetzung einer selbständigen Verwaltungshilfe privater „Betreiber“ im Bereich der fernstraßenrechtlichen Straßenbaulast bleibt Rechtsträger der Straßenverkehrssicherungspflicht und Straßenverkehrssicherungshaftung die allgemeine staatsunmittelbare Bundesfernstraßenverwaltung.528 Nach dem FStrPrivFinG ist also im Außenrechtsverhältnis zu den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchsteilnehmern und gegebenenfalls sonstigen Dritten die allgemeine staatsunmittelbare Bundesfernstraßenverwaltung selbst grundsätzlich und hauptsächlich straßenbau- und verkehrssicherungspflichtig nach den hierfür geltenden Rechtsgrundlagen von § 823 Abs. 1 BGB bzw. des in den Landesstraßengesetzen organisationsaktmäßig festgelegten Amtshaftungsrechts. Gleiches gilt generell nach dem ABMG, das lediglich die Mauterhebung funktional privatisiert. Hiervon zu unterscheiden ist dagegen die kraft sachenrechtlicher Beleihung selbständige Rechtsstellung der betreffenden privaten „Betreiber“ hinsichtlich der von ihnen zu errichtenden und zu betreibenden Mauteinrichtungen. Für diese Bestandteile der Bundesfernstraßen tragen sie, wie dargelegt, ausschließlich selbst die Straßenbaupflicht sowie dementsprechend die Straßenverkehrssicherungspflicht und Straßenverkehrssicherungshaftung. Im Zusammenhang sämtlicher angeführter Pflichten und Haftungsverantwortlichkeiten der selbständigen Rechtsträger von Mauterhebungssystemen hinsichtlich ihrer Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen sowie ihrer anläßlich der Mauterhebung zu errichtenden und zu betreibenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrich§ 1 Abs. 2 FStrPrivFinG. Zu Rechtskonstruktion, Rechtsbegriff und Rechtswirkung der selbständigen Verwaltungshilfe siehe die Nachw. In Fn. 399. Sie ist auf der einen Seite wegen ihrer die rechtssatzmäßige Aufgaben- und Befugnisstellung des betreffenden Hoheitsträgers, d. h. wegen ihrer dessen Rechtsmacht verändernden Rechtskonstruktion ein Fall nicht bloß einer verwaltungsinternen „Indienstnahme“, sondern einer „Inpflichtnahme“ privater Rechtsträger und damit ein Fall funktionaler Privatisierung (dazu Fn. 398). Auf der anderen Seite werden die Handlungen des Verwaltungshelfers in ihrer Rechtswirkung dem betreffenden Hoheitsträger zugeordnet. Dieser bleibt insofern passiv legitimiert aus einschlägigen Verkehrssicherungspflichten. 527 528

270

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

tungen kann es schließlich ein weiterer rechtsgrundsätzlicher Fragenbereich sein, ob und inwiefern in dem nach dem FStrPrivFinG stets stattfindenden und nach dem ABMG möglichen und praktizierten Beleihungsfalle jedenfalls auch noch „staatliche“ Garantenpflichten, im Falle des FStrPrivFinG der beleihenden Landesfernstraßenverwaltung, im Falle des ABMG des beleihenden Bundesamtes für Güterverkehr, in Betracht kommen. Dieser Fragenbereich gehört indessen zu einer den gegenständlichen Erörterungszusammenhang übersteigenden allgemeinen staats- und verwaltungsrechtlichen Rechtsdogmatik des Rechtsinstituts der Beleihung.529 Als originärer Rechtsgrund der erörterten Straßenverkehrssicherungspflichten der rechtlich selbständigen Träger von Mauterhebungssystemen für ihre Mauteinrichtungen an den Bundesfernstraßen sowie für die aus Anlaß der Mauterhebung erforderlichen und von ihnen zu errichtenden und zu betreibenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen gilt bekanntlich die allgemeine bürgerlichrechtliche Deliktsnorm des § 823 Abs. 1 BGB.530 Die in Landesstraßengesetzen auch für den Bereich der Bundesfernstraßenverwaltung vorgenommene organisationsaktmäßige Überführung jener allgemeinen deliktsrechtlichen Straßenverkehrssicherungspflicht in eine Amtspflicht nach dem Amtshaftungsrecht531 kann in dem gegenständlichen Zusammenhang der betreffenden Mauteinrichtungen sowie Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen insoweit Geltung beanspruchen und zur Anwendung kommen, als es sich um die sachenrechtliche Beleihung privater „Betreiber“ zu den Mauteinrichtungen sowie Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nach dem FStrPrivFinG handelt. Denn die sachenrechtliche Beleihung nach diesem Mautgesetz erfolgt durch die auftragsweise zuständigen Landesfernstraßenverwaltungen. Sie liegt im Bereich der organisationsrechtlichen Kompetenz der Länder für die Bundesfernstraßenverwaltung. Daher erscheint es dem Regelungszecke jener organisationsaktmäßigen besonderen Amtspflichtregelungen der betreffenden Länder zu entsprechen, auch den sachrechtlichen Beleihungsfall des FStrPrivFinG zu erfassen.532 Es kann somit angenommen werden, daß auch die nach dem FStrPrivFinG beleihungsrechtlich für ihre Mauteinrichtungen und für die dabei erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen straßenverkehrssicherungspflichtigen privaten „Betreiber“ ihre Straßenverkehrssicherungspflicht unter den Voraussetzungen entsprechender landesrechtlicher Regelungen 529 Dazu Gallwas, VVDStRL 29 (1971), 212 / 221 ff. sowie Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 272 f., 280 f. und 285. 530 Siehe in FN. 526. 531 Nachw. und Erläuterungen bei Grote in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 40 Rnr 8 ff. und 27 ff. 532 Zum spezifischen Organisationsaktcharakter der betreffenden straßenrechtlichen Amtshaftungsregelungen und zu der deshalb an die Organisationsgewalt anknüpfenden bundesstaatsrechtlichen Gesetzgebungskompetenz siehe die hierfür verantwortliche Ausgangsentscheidung des BGH (Urt. 30. 4. 53, BGHZ 9, 373 ff.) und bei Grote, a. a. O., Kap. 40 Rnr 8 f.

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

271

als Amtspflicht nach dem Amtshaftungsrecht erfüllen. Eine gleiche Annahme verbietet sich indessen für die gegenständlich entsprechende Straßenverkehrssicherungshaftung der nach dem ABMG für die Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen sowie für die aus Anlaß der Mauterhebung erforderlichen, von ihnen zu errichtenden und zu betreibenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen straßenbaupflichtigen Rechtsträger. Denn das Mauterhebungssystem nach dem ABMG, einschließlich der Vorgänge einer sachenrechtlichen Beleihung privater „Betreiber“ für die Mauteinrichtungen sowie die dazu gehörenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, ist ausschließlich in die Rechtszuständigkeit des Bundesamts für Güterverkehr gelegt, also auf der bundesstaatsstraßenrechtlichen Ebene der Bundesverwaltung angesiedelt. Die Landesfernstraßenverwaltungen haben in sofern keine Organisationsgewalt; die für sie maßgeblichen besonderen organisationsaktmäßigen Amtspflichtregelungen zur fernstraßenrechtlichen Straßenverkehrssicherungspflicht können demzufolge für den Anwendungsbereich des ABMG aus bundesstaatsrechtlichen Gründen keine Geltung beanspruchen. Sowohl gegebenenfalls das Bundesamt für Güterverkehr als auch der aktuell mit dem Mauterhebungssystem nach dem ABMG beliehene private „Betreiber“ haften somit aus der Straßenverkehrssicherungspflicht für die Mauteinrichtungen an Bundesfernstraßen und für die bei der Mauterhebung erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen ausschließlich nach § 823 Abs. 1 BGB. Wie in dem letzteren Zusammenhang ersichtlich, folgen die vorstehend auf ihrer einfachrechtlichen Ebene interpretierten beiden aktuell geltenden, besonderen fernstraßenrechtlichen Mautgesetze, das spezielle und projektspezifische FStrPrivFinG sowie das allgemeine ABMG, bezüglich der bundesfernstraßenrechtlichen Verwaltungskompetenzen unterschiedlichen Organisationskonzepten. Der Umstand muß Anlaß sein, anhand der bislang erfolgten sowie künftig möglicher Regelungen zu den Angelegenheiten und Vorgängen im Zusammenhang einer Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen sich deren bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung legislativ und administrativ in umfassender und systematischer Weise zu vergegenwärtigen und klarzustellen.

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung und finanzverfassungsrechtliche Voraussetzung der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen 1. Die Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen als Thema der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung Die bisherigen und aktuell geltenden fernstraßenrechtlichen Gesetze zu einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen, die zwischenzeitlich wieder abgelösten Regelungen des ABBG von 1994 zu zeitbezogenen Benutzungsgebühren sowie die bestehenden Regelungen zu streckenbezogenen Mautgebühren nach dem

272

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

FStrPrivFinG und dem ABMG, haben nicht nur die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Fernstraßenrecht und speziell für Straßenbenutzungsgebühren nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG in Anspruch genommen. Sie lassen auch bei der bundesstaatsrechtlichen Organisation zur Erhebung der betreffenden Benutzungs- bzw. Mautgebühren im Grundsatz eine deutlich zentralstaatliche Konzeption erkennen; die Vereinnahmung und Verwendung des Aufkommens aus den Benutzungs- bzw. Mautgebühren folgt ohnedies der Sachaufgaben- bzw. der Sachfinanzierungskompetenz des Bundes nach Art. 104 a Abs. 2 GG.533 Lediglich die Regelung der ausnahmsweise projektspezifischen Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG verbleibt innerhalb der Ordnung der Verwaltungskompetenzen für die allgemeine Bundesfernstraßenverwaltung, kennt daher Verwaltungszuständigkeiten der Bundesebene nur in bezug auf die fernstraßenrechtliche Sachfinanzierungskompetenz des Bundes nach Art. 104 a Abs. 2 GG und beläßt es im übrigen, d. h. was die bundesstaatsrechtliche Kompetenz zur Erhebung der betreffenden Mautgebühren bzw. zur beleihungsrechtlichen Vergabe der Erhebungsbefugnis an die betreffenden privaten Betreiber angeht, bei der auftragsweisen Landeszuständigkeit nach Art. 90 Abs. 2 GG.534 Demgegenüber begründen die Mautregelungen des ABMG, ebenso wie die vorausgegangenen Gebührenregelungen des ABBG von 1994, prinzipiell und in vollem Umfang eine Verwaltungskompetenz der Bundesebene. Der Bundesgesetzgeber hat sich hierzu der in Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG bundesstaatsrechtlich speziell eröffneten Möglichkeit einer staatsmittelbaren Organisation der Gebühren- bzw. Mauterhebung in der Rechtszuständigkeit einer selbständigen Bundesoberbehörde, des Bundesamts für Güterverkehr, bedient.535 Es gibt aber ungeachtet dieser formellen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzentscheidung auch generelle, mit der bundesstaatsrechtlichen Sachkompetenz und der expliziten Sachfinanzierungskompetenz des Bundes für die Bundesfernstraßen nach Art. 104 a Abs. 2 GG zusammenhängende sowie in der Natur der Sache liegende Gründe, die es im Falle allgemeiner Benutzungs- bzw. Mautgebühren in der Bundesfernstraßenverwaltung rechtfertigen und zwingend erscheinen lassen, für den Verwaltungsvollzug der betreffenden Gebühren- bzw. Mautregelungen und der Benutzerfinanzierung insgesamt eine Bundesverwaltungskompetenz anzunehmen.536 Jedenfalls die allgemeine Benutzerfinan533 Zum Letzteren siehe Begr. Reg. Entw. ABMG, BT-Drs. 14 / 7013, S. 16 (§ 11 ABMG) und bei Selmer / Brodersen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 78 ff. und 81 ff. sowie noch gesondert zur vereinnahmungs- und Verwendungskompetenz des Bundes bezüglich des fernstraßenrechtlichen Gebühren- bzw. Entgeltaufkommens nachfolgend unter 7. und 8. 534 Zur bundesstaatsrechtlichen Erhebungskompetenz ebenfalls noch gesondert, nachfolgend unter 5. und 6. 535 Hierzu oben unter B.IV.3.a), b) und d). 536 Zur bundesstaatsrechtlichen Begründung einer Bundesverwaltungskompetenz für die Mauterhebung nach dem ABMG aus der Natur der Sache siehe Begr. Reg. Entw. ABMG, BTDrs. 14 / 7013, S. 13 (zu § 4 Abs. 1). Allgemein zu einer ungeschriebenen Verwaltungskompetenz des Bundes kraft Natur der Sache oben unter B.IV.2. m. Nachw. in Fn. 38 sowie Harms, Staat 33 (1994), 409 ff.

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

273

zierung von Bundesfernstraßen aus Benutzungsentgelten für den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch tritt nicht nur hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz, sondern grundsätzlich auch in den bundesstaatsrechtlichen Verwaltungskompetenzen und Organisationsformen in jeder Hinsicht als eine zentralstaatliche Angelegenheit in Erscheinung. Aber nicht nur anlässlich und im Zusammenhang der bisherigen bundesgesetzlichen Regelungen zu bestimmten Benutzungs- bzw. Mautgebühren in der Bundesfernstraßenverwaltung nach dem vormaligen ABBG von 1994 sowie nach dem geltenden projektspezifischen FStrPrivFinG und dem allgemein geltenden ABMG hat man sich die hierzu insgesamt bestehende bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung zu vergegenwärtigen. Einzubeziehen sind auch eine mögliche tatbestandliche Ausdehnung jener Entgeltregelungen, etwa auf eine zeitbezogen gebührenpflichtige PKW-Benutzung von Bundesfernstraßen, sowie insbesondere eine künftig gleichfalls eröffnete fernstraßenrechtliche Formenwahl zugunsten einer privatrechtsförmlichen Bereitstellung und Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen, sei es daß für eine solche privatrechtsförmliche Regelung und Organisation der Bundesfernstraßenverwaltung eine staatseigene oder eine funktional organisationsoder popularprivatisierte Trägerschaft festgelegt wird. Im gesamten aufgeführten Gestaltungsspektrum möglicher Rechts- und Organisationsformen der Bundesfernstraßen bzw. von deren Benutzerfinanzierung gelten die betreffenden kompetenzrechtlichen Fragestellungen einer bundesstaatsrechtlichen Gesetzgebungszuständigkeit zu umfänglichen und inhaltlichen Regelungen der betreffenden Benutzungsentgelte, einer bundesstaatsrechtlichen Verwaltungsorganisation von deren Erhebung und schließlich der bundesstaatsrechtlichen Einnahmen- und der Verwendungskompetenz. Es handelt sich um Regelungsgegenstände und entsprechend klarstellungsbedürftige Fragen, die innerhalb der bundesstaatsrechtlichen Zuständigkeitsordnung für das Fernstraßenrecht und die Bundesfernstraßenverwaltung, soweit ersichtlich, bislang keine systematisch umfassende Thematisierung erfahren haben, auch nicht aus Anlaß der bislang dazu ergangenen bundesgesetzlichen Regelungen nach dem vormaligen ABBG von 1994 sowie dem geltenden FStrPrivFinG und dem geltenden ABMG. Offenbar genießt das betreffende Bundesfernstraßenrecht zur Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen im Ergebnis in jeder seiner gegenständlichen Hinsichten den Ruf des kompetenzrechtlich Selbstverständlichen. Aber so verhält es sich keineswegs, wenn man sich die in gegenständlicher Hinsicht differenziert einschlägigen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzgrundlagen sowie ihre Anforderungen bzw. Voraussetzungen genauer vor Augen führt und dementsprechend beurteilt. In bezug auf die bundesstaatsrechtliche Ordnung der Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten für die Benutzungsentgelte und die Benutzerfinanzierung in der Bundesfernstraßenverwaltung ist gegenständlich zu unterscheiden zwischen den Regelungen der Entgelttatbestände und Entgeltpflichten, der Wahl der betreffenden Rechts- und Organisationsformen, der Regelung der Erhebungs- sowie schließlich der Einnahmenund Verwendungskompetenz. 18 Bartlsperger

274

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

2. Die Benutzungsentgelte und die Benutzerfinanzierung in der Bundesfernstraßenverwaltung als bundesstaatsrechtlich konkurrierend eingeräumte Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG) Die bundesstaatsrechtliche Gesetzgebungskompetenz zur Regelung von Benutzungsentgelten und der betreffenden Benutzerfinanzierung in der Bundesfernstraßenverwaltung bewegt sich hinsichtlich aller hierbei einschlägigen Angelegenheiten und Vorgänge jedenfalls im Bereich der konkurrierend begründeten Gesetzgebungszuständigkeit für die Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG, vorbehaltlich der ganz anderen, materiellrechtlich vorgelagerten und schon grundsätzlich aufgegriffenen verfassungsrechtlichen Frage der umfänglichen und inhaltlichen Zulässigkeit von Benutzungsentgelten für den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch.537 Jene konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit gilt nicht nur für die in der Kompetenznorm auch ausdrücklich und speziell benannten hoheitsrechtlichen „Gebühren“ bei der Benutzung von Bundesfernstraßen, wie sie bislang im abgelösten ABBG von 1994 geregelt waren sowie aktuell im ABMG und im FStrPrivFinG, in den letzteren Fällen auch beleihungsrechtlich, geregelt sind. Sie besteht, wie bereits ausgeführt, ebenso für gegebenenfalls gewählte Regelungen zu einer privatrechtsförmlichen Bundesfernstraßenverwaltung mit folgerichtig privatrechtsförmlichen Benutzungsentgelten, sei es daß dann die Benutzungsentgelte dem dort verwendeten Gebührenbegriff in einem zweckentsprechend interpretierten, materiellrechtlich umfassenden Begriffsinhalt zugeordnet werden oder weil der Regelungskomplex einer privatrechtsförmlichen Bundesfernstraßenverwaltung in allen Hinsichten zu denjenigen Gegenständen gehört, die von der in jener Kompetenzbestimmung umfassend begründeten Schlüsselkompetenz für das Fernstraßenwesen überhaupt in jedem seiner Organisationsformen erfaßt werden.538 Ohnedies ist die Rechtsform privatrechtlicher Entgelte für die Benutzung von Bundesfernstraßen nur die zwingende rechtskonstruktive Folge einer fernstraßenrechtlichen Formenwahl zugunsten einer privatrechtsförmlichen Bereitstellung der betreffenden Bundesfernstraßen,539 entweder in staatseigener, in staatlich organisationsprivatisierter oder in popularprivatisierter Trägerschaft. Die konkurrierend eingeräumte Gesetzgebungszuständigkeit zur Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen erfaßt also die Regelung der betreffenden Benutzungsentgelte in jeder ihrer rechtsförmlichen Gestaltungen.

537 538 539

Zur letzteren Frage oben unter I.4. mit Fn. 443 f. Siehe in Fn. 351 bzw. oben unter B.III.2.d). Fn. 350.

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

275

3. Der allgemeine bundesstaatsrechtliche Bedarf für eine bundesgesetzliche Regelung der Benutzungsentgelte und der Benutzerfinanzierung in der Bundesfernstraßenverwaltung (Art. 72 Abs. 2 GG) Die spezifizierte und aktuelle bundesgesetzliche Inanspruchnahme der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit zur Regelung von Benutzungsentgelten und einer betreffenden Benutzerfinanzierung in der Bundesfernstraßenverwaltung setzt letztlich auch einen bundesgesetzlichen Regelungsbedarf voraus. Dessen allgemein gültige Anforderungen beurteilen sich nach der hierzu bestehenden Bedarfsklausel von Art. 72 Abs. 2 GG, die mit ihrer Neufassung von 1994 eine jedenfalls beabsichtigterweise verschärfte Fassung erhalten hat.540 Danach verlangt die für die Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts sachlich unmittelbar in Betracht kommende Bedarfsalternative, daß „die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.“ Diese Voraussetzung gilt, unter Berücksichtigung einer hierzu eingeräumten Einschätzungsprärogative des Bundesgesetzgebers, als erfüllt, „wenn eine unterschiedliche rechtliche Behandlung desselben Lebenssachverhalts unter Umständen erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit unzumutbare Behinderungen für den länderübergreifenden Rechtsverkehr erzwingen kann.“ Als Beurteilungsperspektive hierfür kann nicht nur die Sicht des Bundes im Hinblick auf dessen Sachaufgabenkompetenz und Sachaufgabenverantwortung für die Bundesfernstraßen, deren Rechtsordnung und Verwaltungsorganisation, gelten. Vielmehr ist auch die Interessenperspektive der Benutzer von Bundesfernstraßen sowie von gegebenenfalls in den Formen einer mehr oder weniger weitgehend funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung, also eines Fernstraßenprivatisierungsrechts zu den Bundesfernstraßen, als private „Betreiber“ in Pflicht genommenen sonstigen Dritten zu berücksichtigen. Bundesgesetzliche Regelungen zu den Benutzungsentgelten und zu einer Benutzerfinanzierung im Bereich der Bundesfernstraßen rechtfertigen sich also nach der insofern geltenden allgemeinen bundesstaatsrechtlichen Bedarfsklausel von Art. 72 Abs. 2 GG schon dann und soweit, wenn und insofern die betreffenden fernstraßenrechtlichen Regelungen zu den Entgelttatbeständen und Entgeltpflichten, zu den Rechtsformen der Benutzungsentgelte, zu deren Erhebung sowie zu deren Vereinnahmung und Verwendung in rechtlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht mit Rücksicht auf die im gesamtstaatlichen Interesse begründete Sach- und Finanzierungsverantwortung des Bundes für die Bundesfernstraßen, wegen deren auf der Benutzerseite gesamtstaatlicher Verkehrsbedeutung sowie im Hinblick auf die funktionale Privatisierbarkeit der betreffenden Benutzerfinanzierung eine länderübergreifende, einheitlich zentralstaatliche Gesetzgebung erforderlich machen. Allerdings erscheint die kompetenzbegründende Bedeutung der genannten, nach Art. 72 Abs. 2 GG allgemein für die bundesgesetzliche Inanspruchnahme konkurrierend eingeräumter Gesetzgebungszustän540

18*

Zu jener Bedarfsklausel, ihrer Auslegung und Anwendung oben unter D.IV.10.

276

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

digkeiten geltenden Bedarfsanforderungen unter den fachspezifischen Voraussetzungen der Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts und speziell für den Bereich fernstraßenrechtlicher Regelungen zu den Benutzungsentgelten und zur Benutzerfinanzierung in der Bundesfernstraßenverwaltung fragwürdig. Schon grundsätzlich vermag es aus fachspezifischen Gründen nur schwer einzuleuchten und kaum einen Begründungsaufwand zu rechtfertigen, für die Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG, insbesondere des Fernstraßenrechts der Bundesfernstraßen, sachliche Argumente und Beurteilungen dafür liefern zu müssen, warum die Inanspruchnahme jener konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz durch den Bundesgesetzgeber nach der allgemeinen, insofern einschlägigen Bedarfsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG zur „Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse“ erforderlich ist. Denn für die Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts überhaupt und für das Fernstraßenrecht der Bundesfernstraßen im besonderen erscheint sowohl nach ihrem Begriffsinhalt als auch ihrem kompetenzrechtlichen Systemzusammenhang mit der Konstituierung einer Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG die einschlägige allgemeine Bedarfsforderung des Art. 72 Abs. 2 GG einer im gesamtstaatlichen Interesse erforderlichen bundesgesetzlichen Regelung als eine sich selbst erfüllende Voraussetzung. Sie ergibt sich bereits aus der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG mit dem legislativ verwendeten Begriff „von Landstraßen für den Fernverkehr“ bezeichneten Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts bzw. des Fernstraßenwesens. Sie ist bekanntermaßen eine vordem im öffentlichen Straßenwesen, insbesondere mit Rücksicht auf das vormals verkehrswirtschaftlich und organisatorisch eigenständige Rechtsregime der Reichsautobahnen, nicht anzutreffende Neuschöpfung des GG, die sich rechtsbegrifflich ohnedies und aus nichts anderem als gerade aus der gesamtstaatlichen Verkehrsbedeutung der betreffenden öffentlichen Straßen definiert.541 Die Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts und dessen bundesgesetzlicher Regelungsbedarf erscheinen durch ein und dasselbe bundesstaatsrechtliche Anspruchsmerkmal einer gesamtstaatlichen Bedeutung und Ordnung des Fernstraßenwesens konstituiert. Zudem schafft nur ein bundesgesetzliches Fernstraßenrecht die bundesstaatsrechtliche Voraussetzung der gesamtstaatlich bedeutsamen Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG gemäß der für die Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG geltenden speziellen Ordnung der Verwaltungskompetenzen; dieser fehlte ohne ein auszuführendes Bundesfernstraßenrecht die bundesstaatsrechtliche Grundlage. Schließlich markiert die aus der gesamtstaatlichen Verkehrsbedeutung der Fernstraßen definierte Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts die äußerste Kompetenzgrenze der Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 GG.542 Danach weist die Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts, insbesondere des FernstraßenOben unter A.II.1.-3. Zu diesen bundesstaatsrechtlichen Grundlagen des Fernstraßenwesens oben B.III.2.d) m. Nachw. in Fn. 211, insb. Urt. BVerfG 3. 7. 2000, BVerfGE 102, 167 / 174. 541 542

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

277

rechts der Bundesfernstraßen, bereits als solche mit Rücksicht auf ihre kompetenzrechtliche Definition aus der gesamtstaatlichen Verkehrsbedeutung der Fernstraßen eine begriffsinhaltliche Koinzidenz, wenn nicht sogar eine begriffsimmanente Kongruenz mit der gesamtstaatlichen Rechtfertigung seiner bundesgesetzlichen Regelung im Sinne der hierfür allgemein geltenden Bedarfsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG auf. Dies beansprucht nicht nur Geltung für das materielle Fernstraßenrecht der Bundesfernstraßen, sondern auch für die hiermit notwendigerweise zusammenhängenden organisations- und verfahrensrechtlichen Annexregelungen im Sinne der für die Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen nach Art. 90 Abs. 2 GG geltenden bundesstaatsrechtlichen Kompetenzregelung von Art. 85 Abs. 1 GG. Es ist also schon grundsätzlich ein bei der spezifizierten und aktuellen bundesgesetzlichen Inanspruchnahme der konkurrierend eingeräumten Gesetzgebungsmaterie des Bundesfernstraßenrechts nur schwer nachvollziehbares Postulat, den allgemeinen bundesgesetzlichen Regelungsbedarf hierfür nach Art. 72 Abs. 2 GG sachlich beurteilen und argumentativ begründen zu müssen. Im gegenständlichen Zusammenhang einer bundesstaatsrechtlichen Rechtfertigung bundesgesetzlicher Regelungen zu Benutzungsentgelten und zur Benutzerfinanzierung in der Bundesfernstraßenverwaltung kommen indessen entscheidend noch besondere, gegenstandsspezifische bundesstaatsrechtliche Gründe hinzu. Sie überlagern und verdrängen die erörterte allgemeine Bedarfsanforderung nach Art. 72 Abs. 2 GG für eine bundesgesetzliche Regelung der betreffenden Angelegenheiten und Vorgänge. Im Ergebnis jedenfalls kommt jener allgemeinen Bedarfsanforderung insofern keine entscheidende kompetenzrelevante Bedeutung zu. Kompetenzbegründend für die jeweilige gegenstandsspezifische Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes sind vielmehr die betreffenden bundesstaatrechtlichen Verwaltungskompetenzen des Bundes bei der Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen. Es handelt sich um Begründungen für eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes, die sich allein aus der Sicht des Bundes und aus dessen Kompetenzen bei der Bundesfernstraßenverwaltung ergeben. Auf diese Weise teilt sich die bundesstaatsrechtliche Ordnung der Verwaltungskompetenzen in der Bundesfernstraßenverwaltung auch der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Fernstraßenrecht mit. Soweit es also bei den Straßenbenutzungsentgelten im Fernstraßenwesen um solche in der Bundesfernstraßenverwaltung geht, ist die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung der Entgelttatbestände und Entgeltpflichten eine Funktion der Sachfinanzierungskompetenz des Bundes.

4. Die bundesstaatsrechtliche Kompetenz zur Regelung der Entgelttatbestände und Entgeltpflichten bei der Benutzung von Bundesfernstraßen Mit der fernstraßenrechtlichen Regelung der Entgelttatbestände und Entgeltpflichten bei der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen substituiert der

278

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Bund seine ihm als bundesstaatsrechtliche Verwaltungskompetenz obliegende finanzverfassungsrechtliche Sachfinanzierungsverpflichtung und Sachfinanzierungsverantwortung in der Bundesfernstraßenverwaltung. Einfachrechtlich bewegen sich die betreffenden bundesgesetzlichen Regelungen im Zusammenhang der dem Bund in § 5 FStrG und nach Maßgabe dieser Bestimmung auferlegten sogenannten finanziellen Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen.543 Die hierbei bestehenden Ausnahmefälle kommunaler Straßenbaulasten und Sachfinanzierungspflichten für bestimmte Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie besonderer gesetzlicher Vorschriften oder öffentlichrechtlicher Verpflichtungen Dritter in bezug auf die fernstraßenrechtliche Straßenbaulast liegen grundsätzlich außerhalb des gegenständlichen Bereichs, in dem eine Regelung staatlich zu erhebender fernstraßenrechtlicher Benutzungsentgelte stattfinden kann. Deren danach in Betracht kommende bundesgesetzliche Regelung rechtfertigt sich, was die Entgelttatbestände und die Entgeltpflichten angeht, allein schon aus dem Umstand, daß es sich hierbei um bundesstaatsrechtlich notwendige Annexregelungen zur finanzverfassungsrechtlichen Sachfinanzierungskompetenz des Bundes für die Bundesfernstraßen nach Art. 104 a Abs. 2 GG handelt. Die betreffende Regelung der Entgelttatbestände und Entgeltpflichten kann mit Rücksicht auf den Vereinnahmungs- und Verwendungszweck des betreffenden Entgeltaufkommens nur aufgrund eines länderübergreifenden, gesamtstaatlichen Finanzierungskonzepts des Bundes für eine Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen aus Benutzungsentgelten getroffen werden. Dies gilt nicht nur hinsichtlich allgemeiner, bundesweit geltender Tatbestände und Pflichten zur Entrichtung von Entgelten für eine bestimmte gemeingebräuchliche Benutzung bestimmter Bundesfernstraßen, wie sie in den zeitbezogenen Benutzungsgebühren nach dem ABBG von 1994 bestanden haben und aktuell nach dem ABMG bestehen. Auch projektspezifische Benutzungsentgelte, wie aktuell diejenigen nach dem FStrPrivFinG, sind grundsätzlich ein finanzplanerisch und haushaltsrechtlich nicht isolierbarer Teil der Konzepte des Bundes für die gesamtstaatliche, mit der fernstraßenrechtlichen Ausbauplanung des Bundes verbundene Finanzierung der Bundesfernstraßen. Einen Ausnahmefall bilden lediglich diejenigen Anwendungsfälle nach § 3 Abs. 1 S. 1 FStrPrivFinG, die Ortsdurchfahrten von Bundesfernstraßen in gemeindlicher Straßenbaulast nach § 5 Abs. 2 S. 1 FStrG betreffen. Insofern beurteilt sich die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes jedenfalls nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22, Art. 72 Abs. 2 GG. Mit einer bundesgesetzlichen Regelung von Entgelttatbeständen und Entgeltpflichten bei der Benutzung von Bundesfernstraßen nimmt also der Bund grundsätzlich bundesstaatsrechtlich zwingend nur seine finanzverfassungsrechtliche Sachfinanzierungskompetenz in der Bundesfernstraßenverwaltung wahr. Im Ergebnis stellt sich die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes insofern nicht anders dar als bei der allgemeinen und rahmenmäßigen Regelung fernstraßenrechtlicher Sondernutzungsentgelte, wenngleich deren Aufkommens- und Finanzierungsbedeutung für die Bundesfernstraßen vergleichsweise vernachlässigenswert ist. 543

Dazu Krämer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 2 Rnr 15 ff.

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

279

5. Die bundesstaatsrechtliche Kompetenz zur Wahl der Rechts- und Organisationsform bei Erhebung von Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung Bundesstaatsrechtlich ausschließlich und zwingend steht dem Bund auch die Zuständigkeit für gesetzliche Regelungen zu, mit denen die Wahl der Rechts- und Organisationsform bei der Erhebung von Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung getroffen wird. Es geht hierbei um die Formenwahl zwischen hoheitsrechtlichen Benutzungs- bzw. Mautgebühren aufgrund einer hoheitsrechtlichen Bereitstellung der betreffenden Bundesfernstraßen einerseits oder privatrechtsförmlichen Benutzungs- bzw. Mautentgelten als Folge einer privatrechtsförmlichen Bundesfernstraßenverwaltung andererseits,544 sei es bei der letzteren in staatseigener, staatsorganisationsprivatisierter unter popularprivatisierter Trägerschaft. Die bundesstaatsrechtliche Zuständigkeit für jene Formenwahl zur Rechts- und Organisationsform der Bundesfernstraßenverwaltung sowie einer dabei stattfindenden Erhebung von Benutzungsentgelten ist befugnismäßiger Bestandteil derjenigen organisationsaktspezifischen Rechtszuständigkeit in der Bundesfernstraßenverwaltung, die sich auf die bundesstaatsrechtliche Kompetenz zu deren Organisation als materiellrechtliche Sachaufgabe bezieht. Sie ist rechtsbegrifflich und kompetenzrechtlich zu trennen von derjenigen Organisationsgewalt in der Bundesfernstraßenverwaltung, die in einem engeren und spezifischen, in der Verwaltungsrechtsdogmatik gebräuchlicherweise verstandenen Sinne die Behördeneinrichtung und das Verwaltungsverfahren, gegenständlich im Rahmen der auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder bei der Verwaltung der Bundesfernstraßen nach Art. 90 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 85 Abs. 1 GG, betrifft und hiernach eine bundesstaatsrechtlich differenzierte Kompetenzordnung nach Maßgabe einer grundsätzlichen Regelungs- und Ordnungszuständigkeit der Länder erfahren hat.545 Im Unterschied dazu handelt es sich bei der Befugnis zur Wahl der Rechtsund Organisationsform für die verwaltungsmäßige Erledigung einer Sachaufgabe im materiellrechtlichen Sinne um einen kompetenzrechtlichen, auch bundesstaatsrechtlich kompetenzrechtlichen Teil der materiellen Rechtszuständigkeit für die betreffende Sachaufgabe.546 Man kann bei dieser Befugnis zur Wahl der Rechtsund Organisationsform in den hierfür verfassungsrechtlich in Betracht kommenden Verwaltungsrechtsgebieten von einer mit der Rechtszuständigkeit für eine materiellrechtliche Sachaufgabe verbundenen Organisationskompetenz sprechen, von Zur Formenwahl Fn. 349 f. Dazu unter B.III. Zum Begriff der Organisationsgewalt in einem weiten Sinne Wolff / Bachhof / Stober, Verwaltungsrecht III, § 82 Rnr 4 ff.; im Hinblick auf die Formenwahl in der Verwaltung Müller, Formenwahl, S. 21 ff. und 222 ff. 546 Es handelt sich um ein im Hinblick auf die Kompetenz- oder Zuständigkeitsordnung rechtlichen Annex der betreffenden Verwaltungsaufgabe; siehe bei Wolff / Bachhof / Stober, a. a. O., § 82 Rnr 122 m. Nachw. 544 545

280

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

einer Befugnis des jeweiligen Sachaufgabenträgers zur Festlegung der Rechts- und Organisationsform der betreffenden Sachaufgabe oder verkürzt von der Kompetenz zur Sachaufgabenorganisation. Sie steht für die Bundesfernstraßen dem Bund als Sachaufgabenträger zu. Es ist gerade das bundesstaatsrechtliche Kompetenzkonzept der Bundesauftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen, daß es sich um eine materielle Bundesauftragsverwaltung handelt, bei der dem Bund die Sachaufgabe obliegt und den Ländern lediglich die Wahrnehmungskompetenz hierzu.547 Eine Sachaufgabenkompetenz und damit eine Kompetenz zur Sachaufgabenorganisation haben die Länder bei der spezifisch materiellen Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen nicht. Vielmehr können sie hierbei ihre bundesstaatsrechtlich auftragsweise Wahrnehmungskompetenzen nur auf der Grundlage und nach Maßgabe der Entscheidungen des Bundes zur rechts- und organisationsförmlichen Ausgestaltung seiner Sachaufgabe für die Bundesfernstraßen in Anspruch nehmen. Diese Wahl des Bundes zur Rechts- und Organisationsform der Bundesfernstraßenverwaltung ist ihnen bundesstaatsrechtlich vorgegeben. Danach besitzt ausschließlich und zwingend der Bund die bundesstaatsrechtliche Kompetenz, die Rechts- und Organisationsform von Entgelten für die Benutzung der Bundesfernstraßen in Verbindung mit einer gleichen Rechts- und Organisationsformenwahl für die betreffende Bundesfernstraßenverwaltung zu bestimmen und dementsprechend gesetzlich zu regeln.548 Es kann hinzukommen, daß sich die Begründung einer bundesstaatsrechtlich ausschließlichen und zwingenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Rechts- und Organisationsform der Bundesfernstraßenverwaltung sowie bei der Erhebung von Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung auch aus der nach Art. 72 Abs. 2 GG allgemein maßgeblichen Voraussetzung einer zur Wahrung der fernstraßenrechtlichen Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlichen Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes zu rechtfertigen vermag, also damit auch aus der Sicht der Benutzer von Bundesfernstraßen und von gegebenenfalls bei der Erhebung der Benutzungsentgelte in funktional privatisierter Form tätigen privaten „Betreibern“.549 Aber hierauf kommt es aus den dargelegten, speziell schon aus der bundesstaatsrechtlichen Rechtszuständigkeit des Bundes für die Sachaufgabe und die Sachaufgabenkompetenz der Bundesfernstraßen resultierenden Gründen nicht maßgeblich an. Es ist jedenfalls festzuhalten, daß die Entscheidung und dementsprechend eine gesetzliche Regelung zur Rechts- und Organisationsform von Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung ausschließlich und zwingend in die bundesstaatsrechtliche Zuständigkeit des Bundes fällt. Bislang hat der Bund auch unter den Voraussetzungen einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen, wie sie im ABBG von 1994 durch eine Regelung Siehe dazu unter A.II.4. Zur Geltung des Gesetzesvorbehalts auch hierbei Wolff / Bachhof / Stober, Verwaltungsrecht III, § 82 Rnr 22 ff. 549 Dazu vorstehend unter III. 547 548

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

281

zeitbezogener Benutzungsgebühren festgelegt war und aktuell im FStrPrivFinG und im ABMG durch eine Regelung streckenbezogener Mautgebühren erfolgt, keinen Anlaß genommen, die tradierte hoheitsrechtliche Rechts- und Organisationsform der Bundesfernstraßenverwaltung in Frage zu stellen. Er hat sich demzufolge rechtskonstruktiv folgerichtig und zwingend für die hoheitsrechtliche Rechts- und Organisationsform der betreffenden Benutzungsentgelte entschieden, im Falle des vormaligen ABBG von 1994 in staatseigener, wenngleich staatsmittelbarer Erhebungszuständigkeit, im Falle des FStrPrivFinG in der Modalität einer generell beleihungsrechtlichen Organisation zugunsten der privaten „Betreiber“ der betreffenden Bundesfernstraßenprojekte, im Falle des ABMG unter der gesetzlich eröffneten und aktuell auch administrativ genutzten Möglichkeit einer beleihungsrechtlichen Übertragung des Systems zur Erhebung der betreffenden Mautgebühr. Hervorzuheben und nachdrücklich festzuhalten gilt es in dem Zusammenhang lediglich, daß bei materiell öffentlichrechtlichen Benutzungsentgelten, wie sie die Benutzungsentgelte in der Bundesfernstraßenverwaltung darstellen, nach dem verfassungsrechtlich geltenden Prinzip einer auch rechtsförmlichen Äquivalenz bzw. „Konsequenz“ von Verwaltungsleistung und Benutzungsentgelten kein bloßer Wechsel in der Rechts- und Organisationsform der Benutzungsentgelte ohne einen hierbei vorausgesetzten entsprechenden Wechsel in der Rechts- und Organisationsform der betreffenden Verwaltungsleistung erfolgen kann.550 Danach ist die hoheitsrechtliche Rechts- und Organisationsform der Benutzungsentgelte in der Bundesfernstraßenverwaltung, wie aktuell diejenige der beleihungsrechtlich erhobenen streckenbezogenen Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG und dem ABMG sowie gegebenenfalls künftig eine solche von zeitbezogenen Benutzungsgebühren für weitere Tatbestände einer Benutzung von Bundesfernstraßen, beispielsweise durch PKW, solange zwingend unveränderbar, als an der hoheitsrechtlichen Rechts- und Organisationsform der betreffenden Bundesfernstraßen festgehalten wird. Allein mit einem Schritt zu einer privatrechtsförmlichen Bundesfernstraßenverwaltung kann es auch privatrechtsförmliche Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen geben. Hieran ändert sich auch nichts durch den Umstand, daß mit einer beleihungsrechtlichen Organisation der Gebührenerhebung, wie sie nach dem FStrPrivFinG prinzipiell und im Rahmen des ABMG aktuell erfolgt ist, schon der Weg zu einer funktionalen Privatisierung durch Inpflichtnahme privater „Betreiber“ eingeschlagen worden ist. Hieran anknüpfende Erwägungen, daß dann die betreffenden Benutzungsentgelte naheliegenderweise ebenso einem formell und materiell privatrechtlichen Regime unterstellt werden könnten oder sollten, verbieten sich aus den angesprochenen, für materiell öffentlichrechtliche Benutzungsentgelte verfassungsrechtlich geltenden rechtskonstruktiven Gründen gleichwohl. Auch die funktional privatisierte beleihungsrechtliche Organisation zur Erhebung von Benutzungsentgelten im Bereich der Bundesfernstraßen ist voraussetzungsgemäß mit der hoheitlichen Rechts- und Organisationsform der Bundesfernstraßen550

Fn. 350.

282

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

verwaltung verbunden und nicht isoliert hiervon in eine privatrechtsförmliche Organisation veränderbar. Danach ist in dem gegenstandsspezifischen Zusammenhang der bundesstaatsrechtlichen Entscheidungs- und Gesetzgebungskompetenz zur Rechts- und Organisationsform von Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung zusammenfassend festzuhalten, daß deren aus traditionellen Gründen hoheitsrechtliche Ausgestaltung, nach dem gegenwärtig hierzu bestehenden Fernstraßenrecht in beleihungsrechtlicher Organisation, auf der für die Bundesfernstraßen ausschließlich und zwingend dem Bund zugeordneten Rechtszuständigkeit für die Sachaufgabenorganisation beruht und allein durch den Bund mit einem grundlegenden Wechsel zu einer privatrechtlichen Rechts- und Organisationsform der Bundesfernstraßenverwaltung in ein Rechtsregime privatrechtlicher Benutzungsentgelte übergeführt werden kann. Hiervon ist die gegenstandsspezifisch weitere Frage nach der bundesstaatsrechtlichen Kompetenz von Ländern oder Bund zur Erhebung der genannten jeweiligen Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen zu unterscheiden bzw. die Frage nach der bundesstaatsrechtlichen Befugnis und Zuständigkeit des Bundes, die Erhebungskompetenz abweichend von der grundsätzlichen auftragsweisen Landeswahrnehmungszuständigkeit in der Bundesfernstraßenverwaltung regeln zu können, wie dies im vormaligen ABBG von 1994 und im aktuell geltenden ABMG zugunsten einer Erhebungskompetenz des Bundes geschehen ist. Die Frage stellt sich unabhängig davon, ob die betreffenden Benutzungsentgelte wie bisher hoheitsrechtlich geordnet bleiben oder künftig gegebenenfalls im Rahmen einer privatrechtsförmlich organisierten Bundesfernstraßenverwaltung als privatrechtliche Benutzungsentgelte erhoben werden.

6. Die bundesstaatsrechtliche Erhebungskompetenz für Benutzungsentgelte in der Bundesfernstraßenverwaltung Auch was die Erhebungskompetenz von Ländern oder Bund für Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen angeht, richtet sich die bundesstaatsrechtliche Entscheidungs- und Gesetzgebungsbefugnis hierzu nach der bundesstaatsrechtlichen Ordnung der Verwaltungskompetenzen und ihren Gestaltungsmöglichkeiten in der Bundesfernstraßenverwaltung. Grundsätzlich gehört die bundesstaatsrechtliche Zuständigkeit zur Erhebung von Benutzungsentgelten im Bereich der Bundesfernstraßen zur auftragsweisen Wahrnehmungskompetenz der Länder in der Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG und bundesgesetzliche Regelungen in einem einschlägigen besonderen Fernstraßenrecht hierzu haben grundsätzlich dem zu folgen. Soweit also eine bundesgesetzliche Regelung zur bundesstaatsrechtlich grundsätzlichen auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder bei der Erhebung von Benutzungsentgelten im Bereich der Bundesfernstraßen erfolgt, hat sie nur eine diese grundsätzliche Ordnung der Verwaltungs-

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

283

kompetenz in der Bundesfernstraßenverwaltung nachvollziehende und deklarierende Bedeutung. Folgerichtig geht der Bundesgesetzgeber im Rahmen des projektspezifischen FStrPrivFinG davon aus, daß in dessen Geltungs- und Anwendungsbereich die bundesstaatsrechtliche Kompetenz zur Erhebung der betreffenden projektspezifischen Mautgebühren den grundsätzlich auftragsweise wahrnehmungszuständigen Ländern zusteht. Dementsprechend ermächtigt jenes Bundesgesetz die Landesregierungen, den jeweiligen privaten „Betreiber“ im Sinne der sonstigen organisationsrechtlichen Aufgaben- bzw. Zuständigkeitsregelungen des Gesetzes mit der Erhebung der projektspezifischen Mautgebühren zu beleihen und dabei den „Betreiber“ durch die zuständige oberste Landesstraßenbaubehörde oder durch eine von dieser ermächtigte nachgeordnete Behörde beaufsichtigen zu lassen.551 Es hat kein sachlicher Anlaß bestanden, für den im FStrPrivFinG geregelten Fall einer projektspezifischen und daher erhebungsspezifisch durchaus landestauglichen Mautgebühr von der grundsätzlich auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder für die Erhebung von Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung abzugehen. Demgegenüber stellt sich die Sachlage bei der Erhebung allgemeiner, bundesweit geltender Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen bundesstaatsrechtlich relevant gänzlich anders dar. Sowohl zu den vormaligen allgemeinen zeitbezogenen Benutzungsgebühren nach dem ABBG von 1994 als auch zu den aktuell geltenden allgemeinen strekkenbezogenen Mautgebühren nach dem ABMG hat der Bundesgesetzgeber die Befugnis beansprucht und die Entscheidung getroffen, abweichend von der bundesstaatsrechtlich grundsätzlichen, auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder für die Erhebung von Benutzungs- bzw. Mautgebühren die betreffende Erhebungskompetenz auf der Bundesverwaltungsebene anzusiedeln, und zwar in der Organisationsmodalität einer staatsmittelbaren Erhebungszuständigkeit einer selbständigen Bundesoberbehörde, des Bundesamts für Güterverkehr.552 Diese Entscheidung des Bundesgesetzgebers ist formell unter Inanspruchnahme der hierfür bundesstaatsrechtlich verfügbaren kompetenzrechtlichen Gestaltungsbestimmung von Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG erfolgt.553 Die eigene Erhebungszuständigkeit des Bundesamts für Güterverkehr war vormals für die allgemeinen zeitbezogenen Benutzungsgebühren nach dem ABBG 1994 festgelegt worden und das aktuell geltende ABMG begründet in gleicher Weise eine Erhebungszuständigkeit des Bundesamts für Güterverkehr für die allgemeinen streckenbezogenen Mautgebühren 551 § 2 Abs. 1 FStrPrivFinG. Die Regelung gilt auch für Anwendungsfälle des § 3 Abs. 1 S. 1 FStrPrivFinG im Bereich der Ortdurchfahrten von Bundesstraßen, die im Rahmen von Art. 90 Abs. 2 GG nach § 5 Abs. 2 S. 1 FStrG in gemeindlicher Straßenbaulast stehen und bei denen daher die Übertragung der baulastspezifischen Aufgaben nach § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG durch die betreffende Gemeinde erfolgt. 552 §§ 2 – 5 ABBG 1994; § 4 Abs. 1 S. 1, § 5 und §§ 7 – 10 bzw. zur betreffenden Beleihungskompetenz § 4 Abs. 2 S. 1 ABMG. 553 Dazu unter B.IV.3.a), b) und d).

284

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

bzw. die zu dieser Erhebungszuständigkeit gehörende Befugnis, einem privaten „Betreiber“ die Errichtung und den Betrieb eines Systems zur Erhebung der Maut beleihungsrechtlich zu übertragen. Es ist des weiteren davon auszugehen, daß auch bei einer künftig gegebenenfalls wahrgenommenen Option für eine rechts- und organisationsförmlich privatrechtliche Bundesfernstraßenverwaltung mit allgemeinen privatrechtlichen Benutzungsentgelten die Kompetenz zu deren Erhebung in gleicher Weise für die Bundesverwaltungsebene beansprucht würde. Danach stellt sich zur geltenden bundesstaatsrechtlichen Regelung der Erhebungskompetenzen für die allgemeinen streckenbezogenen Mautgebühren nach dem ABMG sowie zu allen gegebenenfalls künftig denkbaren Fällen allgemeiner Benutzungs- bzw. Mautgebühren oder einer privatrechtlichen Rechts- und Organisationsform der Bundesfernstraßenverwaltung und dementsprechend der betreffenden Benutzungsentgelte die Frage nach der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzkonformität bundesgesetzlicher Regelungen zu einer Erhebungskompetenz des Bundes für die allgemeinen, bundesweit geltenden Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen. Es geht also umfassend und prinzipiell um die bundesstaatsrechtliche Erhebungskompetenz bei allgemeinen, bundesweit geltenden Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung. Die bundesstaatsrechtliche Erhebungskompetenz für allgemeine, bundesweit geltende Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen erfordert nicht nur eine deren gesamtstaatlicher Verkehrsbedeutung entsprechende Regelung durch den Bundesgesetzgeber im Sinne der Bedarfsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG bei Inanspruchnahme der konkurrierend eingeräumten Gesetzgebungsmaterie des Fernstraßenrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG.554 Der entscheidende Punkt ist vielmehr die hierbei zu beurteilende und zu entscheidende inhaltliche Frage nach der bundesstaatsrechtlich richtigen Zuständigkeitsordnung für jene Erhebungskompetenz. Die Antwort hierauf liefert maßgeblich ebenfalls die gegenstandsspezifisch einschlägige Verwaltungskompetenz innerhalb der bundesstaatsrechtlichen Ordnung der Bundesfernstraßenverwaltung. In deren Rahmen bestehen hinsichtlich allgemeiner, bundesweit geltender Benutzungsentgelte sowohl die generellen sachlichen Voraussetzungen für eine originäre, ausschließliche Erhebungskompetenz des Bundes kraft Natur der Sache555 als auch, diese bundesstaatsrechtlich originäre Kompetenzsituation überlagernd, eine in Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG eingeräumte bundesstaatsrechtliche Gestaltungsbefugnis des Bundesgesetzgebers zur Festlegung einer ausschließlich dem Bund zustehenden Erhebungskompetenz. Die Errichtung und der Betrieb jeweiliger Systeme zur Erhebung allgemeiner, bundesweit geltende Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen lassen sich anlagentechnisch und administrativ nur unter länderübergreifenden, im gesamtstaatlichen Bundesfernstraßennetz gleicherweise vorhandenen und machbaren Voraussetzungen realisieren. Nur so können bei allgemeinen, bundesweit gelten554 555

Oben unter 3. und 4. Oben unter 1 mit Fn. 536 sowie allgemein in Fn. 38.

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

285

den Benutzungsentgelten aus der Sicht der entgeltpflichtigen Fernstraßenbenutzer praktisch unzumutbare Fragmentierungen im Erhebungssystem und hieraus resultierende Behinderungen sowie aus der Sicht der Bundesfernstraßenverwaltung eine ebenso nicht zu rechtfertigende, wenn nicht gar unmögliche Verwaltungsorganisation vermieden werden. Als faktisch unmöglich erweist sich eine länderspezifische Fragmentierung der jeweiligen Erhebungssysteme jedenfalls dann, wenn die Erhebung allgemeiner, bundesweit geltender Benutzungsentgelte funktional privatisiert durch eine Beleihung privater „Betreiber“ mit dem betreffenden Erhebungssystem geregelt wird bzw. organisiert werden kann. Private „Betreiber“ kommen hierfür überhaupt nur in Betracht, wenn das betreffende Erhebungssystem eine länderübergreifende, für sie handbare rechtliche und wirtschaftliche Einheit aufweist. Es ist daher aus allen genannten Gründen nicht nur zweckmäßig, sondern kraft Natur der Sache bundesstaatsrechtlich notwendig, für die Erhebung allgemeiner, bundesweit geltender Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen die Erhebungskompetenz auf der Bundesverwaltungsebene anzusiedeln. Zugleich kann zu dem Zweck einer Erhebungskompetenz des Bundes bei allgemeinen, bundesweit geltenden Benutzungsentgelten der Bundesgesetzgeber formell auch von der bundesstaatsrechtlich in Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG explizit eingeräumten Befugnis Gebrauch machen, aufgrund seiner ihm konkurrierend zugeordneten Gesetzgebungsmaterie für das Fernstraßenrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG eine selbständige Bundesoberbehörde zu errichten oder einer schon vorhandenen selbständigen Bundesoberbehörde die betreffende Erhebungskompetenz zu übertragen, ohne daß es hierbei auf eine Bedürfnisprüfung für eine derartige bundesgesetzliche Regelung nach Art. 72 Abs. 2 GG ankommt.556 Die Inanspruchnahme dieser bundesstaatsrechtlichen Befugnis des Bundesgesetzgebers zur formellen Begründung einer staatsmittelbaren Bundesverwaltungszuständigkeit ist auch unter der dargelegten gegenständlichen Voraussetzung eröffnet, daß die betreffende Angelegenheit ohnedies schon originär aufgrund einer ungeschriebenen Bundeszuständigkeit kraft Natur der Sache in die Verwaltungszuständigkeit des Bundes gehört. Der Bundesgesetzgeber hat sich darum bundesstaatsrechtlich kompetenznotwendig bzw. kompetenzkonform verhalten, als er für die allgemeinen, bundesweit geltenden zeitbezogenen Benutzungsgebühren nach dem vormaligen ABBG von 1994 sowie für die mit dem gleichen Geltungsanspruch streckenbezogenen Mautgebühren nach dem aktuell bestehenden ABMG die Erhebungszuständigkeit dem Bund in der Modalität einer staatsmittelbaren Erhebungszuständigkeit des Bundesamts für Güterverkehr zugeordnet und aufgrund dessen im Rahmen des ABMG für das Bundesamt für Güterverkehr auch die Befugnis zur Beleihung eines privaten „Betreibers“ mit einem System zur Erhebung der Maut begründet hat. Gleiche bundesstaatsrechtliche Regelungen zugunsten einer Erhebungszuständigkeit des Bundes bzw. einer selbständigen Bundesoberbehörde, wie des bestehenden 556 Oben unter B.IV.1. Zur Unbeachtlichkeit einer Bedürfnisprüfung nach Art. 72 Abs. 2 GG in diesem Falle Jestaedt, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 87 Rnr 97 m. Nachw.

286

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Bundesamts für Güterverkehr, sowie zu einer hiervon umfaßten Befugnis zur Beleihung privater „Betreiber“ mit dem jeweiligen Erhebungssystem können auch für gegebenenfalls künftige allgemeine, bundesweit geltende Benutzungsentgelte getroffen werden, gleichgültig ob es sich dabei um weitere hoheitsrechtliche Benutzungs- bzw. Mautgebühren oder um privatrechtsförmliche Benutzungsentgelte im Rahmen einer privatrechtsförmlichen Bundesfernstraßenverwaltung handelt. Die betreffende Erhebungs- und gegebenenfalls Beleihungskompetenz steht in allen bestehenden oder künftigen Fällen von allgemeinen, bundesweit geltenden Benutzungsentgelten dem Bund zu bzw. kann von diesem formell gemäß Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG beansprucht werden. Bei einer systematischen Betrachtung der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung zu Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung vermag man bezüglich der betreffenden Erhebungszuständigkeit, einschließlich einer hierbei gegebenenfalls beanspruchten Befugnis zur Erhebungsbeleihung privater „Betreiber“, zusammengefaßt zu einer grundsätzlichen Feststellung zu gelangen, welche die bundesstaatsrechtliche Ordnung der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen wesentlich kennzeichnet. Abgesehen von den Ausnahmevoraussetzungen bei projektspezifischen Benutzungsentgelten, findet der Bund im sachgegebenen Normalfall allgemeiner, bundesweit geltender Benutzungsentgelte abweichend von der grundsätzlich auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG stets die Voraussetzungen einer ihm speziell und originär zustehenden Verwaltungskompetenz zur Erhebung der betreffenden Benutzungsentgelte vor und davon abgesehen kann der Bundesgesetzgeber insofern auch von der in Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG eröffneten bundesstaatsrechtlichen Gestaltungsoption zur Zuständigkeitsbegründung einer selbständigen Bundesoberbehörde Gebrauch machen. Hiervon zu unterscheiden ist schließlich die bundesstaatsrechtliche Kompetenz zur Vereinnahmung und Verwendung der Benutzungsentgelte in der Bundesfernstraßenverwaltung bzw. deren Regelung.

7. Die bundesstaatsrechtliche Vereinnahmungskompetenz für Benutzungsentgelte in der Bundesfernstraßenverwaltung Die bundesstaatsrechtliche Vereinnahmungskompetenz für Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen ist im Verhältnis von Bund und Ländern scheinbar offenkundiger als es sich bei einer rechtskonstruktiven Betrachtung in Wirklichkeit darstellt.557 Zweifellos besteht letzten Endes eine bundesstaatsrechtliche Verbindung mit der grundsätzlichen finanzverfassungsrechtlichen Sachfinanzie557 Zur Einnahmenkompetenz bzw. „Ertragszuständigkeit“ bei Straßenbenutzungsentgelten im Bereich der Bundesfernstraßen Selmer / Brodersen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 78 ff. und 81 ff. m. Nachw.; jenen Darlegungen können die nachfolgenden Ausführungen im wesentlichen und im Ergebnis folgen. Ferner Uechtritz / Deutsch, DVBl. 03, 575 / 581 f.

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

287

rungsverantwortung des Bundes für die Bundesfernstraßen nach Art. 104 a Abs. 2 GG, soweit diese nicht ausnahmsweise Gemeinden nach § 5 Abs. 2 S. 1 FStrG für Ortsdurchfahrten von Bundesfernstraßen trifft; die betreffenden Benutzungsentgelte bzw. das bei deren beleihungsrechtlicher Erhebung durch private „Betreiber“ verbleibende Entgeltaufkommen sind ihrem finanzverfassungsrechtlich immanenten Zweck entsprechend jedenfalls dazu bestimmt, jene Sachfinanzierungsverpflichtung des Bundes zu substituieren. Deshalb steht dem Bund, wie dargelegt, die Gesetzgebungszuständigkeit zur Regelung der Entgelttatbestände und Entgeltpflichten zu.558 Auch Regelungen zur Überlassung der vereinnahmten Benutzungsentgelte bzw. des bei einer Erhebungsbeleihung privater „Betreiber“ verbleibenden Entgeltaufkommens an einen für Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen in Pflicht genommenen privaten „Betreiber“, wie nach dem projektspezifischen FStrPrivFinG, oder in gegebenenfalls künftigen Fällen an einen organisations- oder popularprivatisierten Träger der Bundesfernstraßenverwaltung, bewegen sich zweckhaft im Rahmen der finanzverfassungsrechtlichen Sachfinanzierungskompetenzen.559 Es scheint somit bei allen Gestaltungsfällen in der finanzverfassungsrechtlichen Ordnung der Bundesfernstraßen begründet, daß der Bund zum Zwecke und im Rahmen seiner Sachfinanzierungsverpflichtung im Ergebnis jedenfalls auch die Befugnis hat, Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen bzw. ein bei deren Erhebung verbleibendes Entgeltaufkommen zu vereinnahmen und diese Vereinnahmung, gegebenenfalls auch deren Überlassung an für die Straßenbaulast in Pflicht genommene Dritte, zu regeln. Die rechtskonstruktive Begründung hierfür erscheint gleichwohl nicht in jeder Hinsicht bzw. in vollem Umfang ohne weiteres eindeutig. Denn die finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art. 104 a GG regeln unmittelbar allein die Sachfinanzierungsverpflichtung des Bundes für die Bundesfernstraßen. Aber eine ausdrückliche und abschließende, unmittelbar die Vereinnahmungskompetenz betreffende Regelung enthalten sie nicht. Vielmehr ist explizit die Frage offengeblieben, inwiefern der Bund zur Erfüllung seiner Sachfinanzierungsverantwortung für die Bundesfernstraßen auch die Kompetenz zur Vereinnahmung der Benutzungsentgelte bzw. des betreffenden Entgeltaufkommens im Bereich der Bundesfernstraßen beanspruchen kann. Diese spezifische Frage der Vereinnahmungskompetenz beantwortet sich nach den ganz anderen verfassungsrechtlichen Prinzipien, die für das materielle Recht öffentlichrechtlich geregelter Benutzungsentgelte bei der Inanspruchnahme von Verwaltungsleistungen Geltung besitzen.560 Danach bedarf es auch für die Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen einer dementsprechenden Beurteilung, wie sich dabei das Äquivalenzverhältnis zwischen der Verwaltungsleistung und der Vereinnahmung der betreffenden Benutzungsentgelte darstellt. Die „Bundesfernstraßen als Verwaltungsleistung“ jedenfalls sind mit Rücksicht auf die Oben unter 4. Nachstehend unter 8 (Verwendungskompetenz). 560 Zur verfassungsrechtlichen Ordnung von „Gebühren“ und „Gebührenrecht“ oben unter I.4., insb. in Fn. 443. 558 559

288

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung keine ausschließliche Verwaltungsleistung des Bundes. Ausgangspunkt und Grundlage der in dem Zusammenhang anzustellenden rechtskonstruktiven Erwägungen ist die rechtsdogmatisch und praktisch maßgebliche Annahme von bestimmten materiell verfassungsrechtlichen Prinzipien bzw. Anforderungen bei der Erhebung öffentlichrechtlich begründeter Benutzungsentgelte, also von Entgeltleistungen für die Inanspruchnahme spezifischer Verwaltungsleistungen. Im Rahmen der gegenständlichen Fragestellung kann insofern noch dahingestellt bleiben, ob jene gemeinhin als „gebührenrechtliche“ Prinzipien bekannten Anforderungen auch bei der Bemessung privatrechtsförmlicher Benutzungsentgelte aufgrund einer Inanspruchnahme privatrechtsförmlicher Verwaltungsleistungen ebenfalls materiellrechtliche Rechtsbindungen umfassen, wie sie im Bereich hoheitsrechtlicher Verwaltungsleistungen für die betreffenden hoheitsrechtlichen Gebühren gelten, oder ob bzw. inwieweit insofern die Entgeltbemessung privatrechtlichen Regelungen folgt bzw. folgen kann.561 Zwingend erscheint aber jedenfalls, daß eine Entgeltpflichtigkeit von wie auch immer rechts- und organisationsförmlich erbrachten und in Anspruch genommenen Verwaltungsleistungen nur innerhalb einer äquivalenten Rechtsbeziehung zwischen dem Benutzer und dem Erbringer der betreffenden Verwaltungsleistungen zu bestehen vermag. Insofern kann man von einem materiellrechtlich umfassend geltenden „gebührenrechtlichen“ Prinzip sprechen, wonach eine gesetzliche Verpflichtung zur Entrichtung von Benutzungsentgelten für eine Verwaltungsleistung nur in Anknüpfung an deren leistungsspezifische Organisation, d. h. allein gegenüber deren Erbringer zur Deckung von dessen „Kosten“, begründet werden kann.562 Dies bedeutet für Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen, daß die Vereinnahmungskompetenz mit der bundesstaatsrechtlichen Ebene verknüpft ist, auf der die betreffenden „Bundesfernstraßen als Verwaltungsleistung“ bereitstellt werden oder als bereitgestellt gelten können. Danach weist die Vereinnahmungskompetenz für Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen eine bundesstaatsrechtlich begründete „gebührenrechtliche“ Besonderheit auf. Die Bundesfernstraßen sind, von dem Sonderfall einer gemeindlichen Straßenbaulast für Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen abgesehen, eine Verwaltungsleistung, die auf der Grundlage und im Rahmen einer bundesstaatsrechtlich dem Bund obliegenden Sachaufgabe und der finanzverfassungsrechtlichen Sachfinanzierungsverpflichtung des Bundes nach Art. 104 Abs. 2 GG erbracht wird, aber aufgrund und im Umfang der nach Art. 90 Abs. 2 GG geltenden auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder partiell ebenso eine Verwaltungsleistung der Länder darstellt. Auch deren hierfür erforderliche „Ausgaben“ bzw. „VerHierzu noch gesondert unter F.XI. Oben unter I.4. und die Nachw. in Fn. 443, insb. Beschl. BVerfG 6. 2. 79, BVerfGE 50, 217 / 226 und 7. 11. 95, BVerfGE 93, 319 / 342 ff. 561 562

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

289

waltungsausgaben“ im Sinne von Art. 104 a Abs. 1 und 5 S. 1 GG gehen in die mit den Bundesfernstraßen erbrachte Verwaltungsleistung ein. Den im Bereich der Bundesfernstraßen entgeltpflichtigen Benutzern wird also die betreffende entgeltpflichtige Verwaltungsleistung in einem bundesstaatsrechtlichen Verbund von Bund und Ländern erbracht. Danach begründet das aufgeführte „gebührenrechtliche“ Prinzip einer dem Erbringer der betreffenden Verwaltungsleistung geschuldeten Entgeltpflicht folgerichtig das Gebot, auch den auftragsweise die Bundesfernstraßenverwaltung wahrnehmenden Ländern eine entsprechende partielle Vereinnahmungskompetenz für die Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen einzuräumen. Die Vereinnahmungskompetenz für Benutzungsentgelte in der Bundesfernstraßenverwaltung erweist sich „gebührenrechtlich“ an sich als eine Vereinnahmungskompetenz in bundesstaatsrechtlicher Verbundverwaltung. Die bislang ergangenen und die aktuell geltenden Regelungen zu Benutzungsbzw. Mautgebühren in der Bundesfernstraßenverwaltung, diejenigen nach dem vormaligen ABBG von 1994 und aktuell diejenigen nach dem FStrPrivFinG und dem ABMG,563 folgen der dargelegten „gebührenrechtlichen“ Anforderung einer Ordnung der Vereinnahmungskompetenz gemäß dem bei den Bundesfernstraßen auf Seite der Verwaltungsleistung bestehenden bundesstaatsrechtlichen Verbund nicht. Vielmehr ist die betreffende Vereinnahmungskompetenz, einschließlich der im FStrPrivFinG festgelegten Befugnis zur Überlassung der vereinnahmten Mautgebühren an den für die Straßenbaulastaufgaben in Pflicht genommenen privaten „Betreiber“, ausschließlich dem Bund zugestanden. Auch bei möglichen Erweiterungen von Entgeltpflichten für die Benutzung von Bundesfernstraßen sowie bei einer gegebenenfalls künftig möglichen rechts- und organisationsförmlich privatrechtlichen Bundesfernstraßenverwaltung ist eine gleiche gesetzliche Regelung der Vereinnahmungskompetenz ausschließlich zugunsten des Bundes zu erwarten. Angesichts dieser Situation und Einschätzung zur legislativen Ordnung der bundesstaatsrechtlichen Vereinnahmungskompetenz bei der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen gilt es möglichen, spezifisch bundesstaatsrechtlichen Anhaltspunkten nachzugehen, die es im Ergebnis mit speziellem Geltungsvorrang zu rechtfertigen vermögen, unter Verdrängung der dargelegten, spezifisch „gebührenrechtlichen“ Konsequenzen der Bundesfernstraßenverwaltung in den Bundesfernstraßen ausschließlich eine Verwaltungsleistung des Bundes zu sehen und demzufolge allein diesen als vereinnahmungskompetent für die betreffenden fernstraßenrechtlichen Benutzungsentgelte zu betrachten. Solche Anhaltspunkte für eine ausschließliche Vereinnahmungskompetenz des Bundes bei der Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen können allenfalls in einer bundesstaatsrechtlich maßgeblichen, grundlegenden Konzeption der „Bundes563 § 2 Abs. 1 ABBG 1994, § 2 Abs. 1 S. 3 und 4 FStrPrivFinG (Überlassung des vereinnahmten Mautaufkommens an den privaten Betreiber), § 11 ABMG i.d.F. von Art. 1 Gesetz 28. 6. 2003 (BGBl. I S. 1050).

19 Bartlsperger

290

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

fernstraßen als Verwaltungsleistung“ gesucht werden. Nachvollziehbare Gründe hierfür gibt es. Eine ausschließliche Vereinnahmungskompetenz des Bundes bei der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen erscheint mit der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung der Bundesfernstraßenverwaltung auch unter „gebührenrechtlichen“ Anforderungen vereinbar, wenn sich die hierbei kompetenzbegründend maßgebliche, entgeltpflichtige Verwaltungsleistung interpretativ auf die dem Bund nach Art. 104 a Abs. 2 GG obliegende Sachfinanzierung derselben reduzieren läßt. Eine solche allein auf die Sachfinanzierungskompetenz des Bundes beschränkte Leistungs- und Nutzungserbringung der Bundesfernstraßen hat sich jedenfalls in der einfachrechtlichen Fassung der Straßenbaulastbestimmung von § 5 Abs. 1 S. 1 FStrG Ausdruck verschafft. Danach gilt, von den kommunalen und sonstigen Sonderregelungen zur Straßenbaulast für Bundesfernstraßen abgesehen, der Bund als Träger der Straßenbaulast in der Bundesfernstraßenverwaltung. In diesem Vorstellungsbild von einer auf die Sachfinanzierung fixierten Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen tritt die der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung kompetenzrechtlich zugehörige technische oder faktische Straßenbaulast als leistungsund nutzungsspezifisches Element nicht Erscheinung. Auf der Ebene und im Zusammenhang der finanzverfassungsrechtlich einschlägigen Bestimmungen von Art. 104 a Abs. 1, 2 und 5 S. 1 GG bedeutet eine derartige rechtliche Beurteilung der „Bundesfernstraßen als Verwaltungsleistung“, daß den der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung konnexen „Ausgaben“ bzw. „Verwaltungsausgaben“ im Sinne von Art. 104 a Abs. 1 und 5 S. 1 GG eine leistungs- und nutzungsspezifische Bedeutung vorenthalten wird. Sie gelten bei einer solchen Betrachtungsweise als ein von den Ländern zu tragender Verwaltungs- und Kostenaufwand ohne dessen Anerkennung als leistungs- und nutzungsspezifisches Element der „Bundesfernstraßen als Verwaltungsleistung“. Folgt man also einer solchen Interpretation der einschlägigen finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen von Art. 104 a Abs. 1, 2 und 5 S. 1 G, dann kennt die Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen diese letzteren nur als Verwaltungsleistung des Bundes und durchaus in Übereinstimmung mit „gebührenrechtlichen“ Prinzipien ausschließlich eine entsprechende Vereinnahmungskompetenz des Bundes. Die dargelegte Interpretation der gegenständlich einschlägigen Bestimmungen von Art. 104 a GG bedeutet nicht, daß die finanzverfassungsrechtliche Ordnung der Bundesfernstraßenverwaltung selbst auch schon eine bundesstaatsrechtliche Regelungsaussage zur Vereinnahmungskompetenz des Bundes bei der Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen enthielte. Es wird ihr lediglich die konzeptionelle Regelungsbedeutung beigemessen, daß die Bundesfernstraßen mit Rücksicht auf die Sachaufgabenkompetenz und Sachfinanzierungsverpflichtung des Bundes ausschließlich als dessen Verwaltungsleistung zu gelten haben. Nur in der Konsequenz einer solchen konzeptionellen Verfassungsannahme zu den Bundesfernstraßen als Verwaltungsleistung des Bundes steht diesem auch die Vereinnahmungskompetenz bei der Benutzerfinanzierung zu.564

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

291

Zusammengefaßt können sich die bislang ergangenen, aktuell die geltenden fernstraßenrechtlichen Regelungen des FStrPrivFinG und des ABMG zu einer Vereinnahmungskompetenz des Bundes bei der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen auf keine spezielle und explizite bundesstaatsrechtliche Aussage hierzu stützen. Die finanzverfassungsrechtlich einschlägigen Bestimmungen von Art. 104 a Abs. 1, 2 und 5 S. 1 GG begründen für den Bund lediglich dessen Sachfinanzierungsverpflichtung für die Bundesfernstraßen, ohne damit allein schon auch dessen Vereinnahmungskompetenz zu verbinden. Diese beantwortet sich vielmehr aus dem insofern verfassungsrechtlich materiell umfassend geltenden „gebührenrechtlichen“ Prinzip, wonach die Vereinnahmungskompetenz bei gesetzlich festgelegten Entgeltpflichten für die Inanspruchnahme einer Verwaltungsleistung deren Erbringer zusteht. Die Bundesfernstraßen werden nach der bundesstaatsrechtlichen Ordnung der Bundesfernstraßenverwaltung als Verwaltungsleistung in einem Verbund erbracht, in dem neben der Sachaufgabenkompetenz und Sachfinanzierungsverpflichtung des Bundes die auftragsweise Bundesfernstraßenverwaltung der Länder beteiligt ist, soweit nicht ohnedies eine gemeindliche Straßenbaulast für Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen besteht. Danach müßte von den Ländern partiell auch eine entsprechende Vereinnahmungskompetenz beansprucht werden können. Entgegen dieser „gebührenrechtlichen“ Konsequenz aus den spezifisch administrativ bestehenden bundesstaatsrechtlichen Verwaltungskompetenzen für die Bundesfernstraßen läßt sich jedoch im Ergebnis eine Verfassungsannahme nachvollziehen, wonach die finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen von Art. 104 a Abs. 1, 2 und 5 S. 1 GG die Bundesfernstraßen mit einem konzeptionellen bundesstaatsrechtlichen Geltungsanspruch ausschließlich als eine Verwaltungsleistung des Bundes qualifizieren. Dies steht mit dem wiederholt hervorzuhebenden, besonderen bundesstaatsrechtlichen Zweck und Konzept der Bundesauftragsverwaltung von Bundesfernstraßen in Übereinstimmung, wonach jene keiner Sachaufgabe der Länder unter formellen Auftragsingerenzen des Bundes dient, sondern in einer auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder für eine Sachaufgabe des Bundes besteht, also eine materielle Bundesauftragsverwaltung darstellt.565 Einer derart angenommenen konzeptionellen Verfassungsaussage zu den Bundesfernstraßen als Verwaltungsleistung des Bundes folgend kann dieser auch konform mit „gebührenrechtlichen“ Prinzipien die Vereinnahmungskompetenz bei der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen beanspruchen. Hiervon ausgehend entsprechen die betreffenden bislang ergangenen, die aktuell nach dem FStrPrivFinG und dem ABMG geltenden Bestimmungen sowie gleiche, gegebenenfalls künftig zu erwartende fernstraßenrechtliche Regelungen zur Vereinnahmungskompetenz des Bundes bei der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen, einschließlich von hierbei mitumfassenden Regelungen zur Überlassung des bei einer Erhebungs564 Im Ergebnis ebenso Selmer / Brodersen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 83. Dabei wird von einem insofern anzunehmenden legislativen „Gestaltungsspielraum“ ausgegangen, der eine entsprechende „Vereinfachungsregelung“ gestatte. 565 Siehe unter A.II.4.

19*

292

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

beleihung verbleibenden Entgeltaufkommens an einen für den betreffenden Straßenbaulastaufgaben in Pflicht genommenen privaten „Betreiber“, wie nach dem projektspezifischen FStrPrivFinG, der bundesstaatsrechtlichen Ordnung.

8. Die Verwendung des vom Bund vereinnahmten Aufkommens aus Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung – Die Benutzerfinanzierung als Rechtsbegriff und als Politikum Schließlich enthalten die finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art. 104 a GG im Zusammenhang mit der dort geregelten Sachfinanzierungsverpflichtung des Bundes für die Bundesfernstraßen nach Art. 104 a Abs. 2 GG keine, auch keine nur mittelbare relevante Festlegung zur Verwendungskompetenz für das bei einer Benutzerfinanzierung von Bund vereinnahmte Entgeltaufkommen. Die Verwendungskompetenz des Bundes hierzu beurteilt sich nach der allgemeinen Finanz- und Haushaltshoheit des Bundes, nach deren Maßgaben der Bund in der Frage einer Zweckbindung vereinnahmter fernstraßenrechtlicher Benutzungsentgelte für den Fernstraßenbau oder ihrer finanzwirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Verfügbarkeit ohne eine finanzverfassungsrechtliche Bindung entscheiden kann. Gegenwärtig hat der Bund von seiner Verwendungskompetenz für das aus Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung vereinnahmte Entgeltaufkommen in unterschiedlichen Regelungen bzw. Maßnahmen Gebrauch gemacht. Das nach dem ABMG aus den allgemeinen streckenbezogenen Mautgebühren dem Bund verbleibende Entgeltaufkommen wird grundsätzlich nach der einschlägigen gesetzlichen Verwendungsregelung „zusätzlich dem Verkehrshaushalt zugeführt und in vollem Umfang zweckgebunden für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, überwiegend für den Bundesfernstraßenbau verwendet.“566 Unter Verwendungsgesichtspunkten handelt es sich bei dem betreffenden Mautaufkommen also nur um eine bedingt zweckgebundene und deshalb um keine Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen in einem rechtsbegrifflich strikten Sinne. Hiervon wird nur in dem Ausnahmefall des erörterten, auf administrativer Ebene organisierten sogenannten A-Modells einer streckenbezogenen Vereinnahmung und entsprechend projektspezifischen Verwendung der betreffenden Mautgebühren abgewichen.567 Dagegen ist die Verwendung des projektsspezifischen Mautaufkommens nach dem FStrPrivFinG auch gesetzlich generell im Sinne einer ausschließlichen Zweckbindung für die betreffenden Fernstraßenbauprojekte in Form einer Überlassung an den für die jeweiligen Straßenbaulastaufgaben in Pflicht genommenen privaten „Betreiber“ geregelt.568 Also nur hierbei sowie bei dem erwähnten, 566 567 568

§ 11 ABMG i.d.F. von Art. 1 Gesetz 28. 6. 2003 (BGBl. I S. 1050). Zu dem sogenannten A-Modell oben unter II.3. § 2 Abs. 1 S. 3 und 4 FStrPrivFinG.

IV. Bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung

293

administrativ praktizierten sogenannten A-Modell im Rahmen der allgemeinen streckenbezogenen Mautgebühren nach dem ABMG handelt es sich verwendungsspezifisch um eine Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen in einem rechtsbegrifflich strikten Sinne. Eine eigenständige bundesstaatsrechtliche Relevanz haben die bundesgesetzlichen Verwendungsregelungen zum Entgeltaufkommen aus Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung nicht. Sie knüpfen an die bundesstaatsrechtlich begründete bzw. zu rechtfertigende Vereinnahmungskompetenz des Bundes an und erfahren ihre differenzierte Ausgestaltung bzw. administrative Handhabung im Rahmen der allgemeinen Finanz- und Haushaltshoheit des Bundes. Staatsrechtlich, insbesondere finanzverfassungsrechtlich bemerkenswert ist daran nur der angesprochene Umstand, daß dieser Befugnisrahmen dem Bund mit Regelungen zu einer mehr oder weniger weitgehenden Zweckbindung bei der Verwendung des aus fernstraßenrechtlichen Benutzungsentgelten vereinnahmten Aufkommens für den Bundesfernstraßenbau die Entwicklung unterschiedlich strenger rechtsbegrifflicher Konzepte der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen erlaubt. Findet überhaupt keine Zweckbindung oder Zweckverwendung für den Bundesfernstraßenbau statt, dann liegt überhaupt keine Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen im rechtsbegrifflichen Sinne vor. Gegenwärtig kann nur in den genannten Sonderfällen einer gesetzlich zwingenden bzw. administrativ ausschließlichen Verwendung eines betreffenden Entgeltaufkommens für den Bundesfernstraßenbau von einer Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen in einem rechtsbegrifflichen strikten Sinne gesprochen werden. Im Ergebnis bilden die jeweiligen gesetzlichen Regelungen oder administrativen Handhabungen zur Verwendung des vom Bund vereinnahmten Aufkommens aus Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung das rechtsbegriffliche Kriterium einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen. Die betreffenden Entscheidungen des Bundes zur Verwendung des von ihm vereinnahmten Aufkommens aus Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung, insbesondere eine möglicherweise überhaupt fehlende bzw. die gegenwärtig nur mehr oder weniger weitgehende Zweckbindung jener Finanzmittel für den Bundesfernstraßenbau gehören zu dem zentralen verkehrswirtschaftlichen Problemfeld der Finanzierung öffentlicher Verkehrsinfrastruktur. Aber hierbei handelt es sich um kein rechtliches, sondern um ein verkehrspolitisches Problem. Festzuhalten ist jedenfalls, daß die aktuell geltenden fernstraßenrechtlichen Regelungen zur Erhebung, Vereinnahmung und Verwendung von Entgelten für tatbestandlich bestimmte Vorgänge der Fahrzeugbenutzung von Bundesfernstraßen, die betreffenden Regelungen allgemeiner streckenbezogener Mautgebühren nach dem ABMG und projektspezifischer Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG, mit ihren Festlegungen zu einer mehr oder weniger strikten Zweckbindung des Entgeltaufkommens für den Bundesfernstraßenbau grundsätzlich dem Konzept einer Benutzerfinanzierung im rechtsbegrifflichen Sinne folgen. Sie geben damit den im Rahmen der Finanzverfassung möglichen politischen Entscheidungen zur Sach-

294

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

finanzierung der Bundesfernstraßen, vielleicht auch der Fernstraßen überhaupt, eine Richtung vor. Zumindest mit der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen ist ein Weg zur Eigenfinanzierung des Fernstraßenbaus aus der Fahrzeugbenutzung eingeschlagen. Daneben werden an der erörterten bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen sowie an den in dem Zusammenhang erfolgten funktionalen Privatisierungen bei der Entgelterhebung und nach dem FStrPrivFinG ebenfalls bei der Entgeltverwendung auch deutliche Veränderungen in der Bundesfernstraßenverwaltung sichtbar. In allen genannten Hinsichten handelt es sich um bemerkenswerte Entwicklungen bzw. Tendenzen. Sie sind bundesstaatsrechtlich, finanzverfassungsrechtlich und privatisierungsspezifisch einer zusammenfassenden Beachtung und Hervorhebung wert.

V. Die Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen als bundesstaatsrechtliche, finanzverfassungsrechtliche und privatisierungsspezifische Veränderung der Bundesfernstraßenverwaltung – Entwicklungen und Tendenzen Bundesstaatsrechtlich ist eine Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen erkennbar mit einer Regelungsverdichtung des Fernstraßenrechts und einer Kompetenzverlagerung innerhalb der Bundesfernstraßenverwaltung auf der zentralstaatlichen Ebene verbunden. Die Feststellung gilt zum einen der dargelegten Kompetenz des Bundes zur legislativen Festlegung und Ausgestaltung der betreffenden Entgelttatbestände und Entpflichten sowie der erörterten potentiellen Organisationsbefugnis des Bundes, die Rechts- und Organisationsform der Bundesfernstraßenverwaltung und der bei ihr erhobenen Benutzungsentgelte abweichend vom traditionellen hoheitlichen Rechtsregime privatrechtlich regeln zu können.569 In beiden Punkten tritt das besondere bundesstaatsrechtliche Konzept einer materiellen Bundesauftragsverwaltung zur Verwirklichung einer zentralstaatlichen Sachaufgabe und Sachfinanzierungskompetenz in auch außenwirksam gegenüber den Fernstraßenbenutzern praktischen Konsequenzen explizit in Erscheinung. Zum zweiten hat in dem Regelfall allgemeiner, bundesweit zu entrichtender Entgelte für tatbestandlich bestimmte Arten der Fahrzeugbenutzung von Bundesfernstraßen, aktuell im Falle der streckenbezogenen Mautgebühren nach dem ABMG, mit der formell auf Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG gestützten bundesgesetzlichen Begründung der Erhebungszuständigkeit, einschließlich von deren beleihungsrechtlicher Organisation, einer selbständigen Bundesoberbehörde, beim Bundesamt für Güterverkehr, eine schon kraft Natur der Sache bestehende ungeschriebene Verwaltungskompetenz des Bundes in der Bundesfernstraßenverwaltung eine Realisierung erfahren.570 Zum dritten beansprucht der Bund mit jedenfalls finanzverfassungsrecht569 570

Unter IV.4. bzw. 5. Unter IV.6.

V. Die Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen – Entwicklungen

295

lich nachvollziehbaren Gründen für alle Benutzungsentgelte im Bereich der gemeingebräuchlichen Fahrzeugbenutzung von Bundesfernstraßen eine ausschließliche Vereinnahmungskompetenz, einschließlich der hiervon umfaßten, aktuell im FStrPrivFinG genutzten Kompetenz zu einer Überlassung des betreffenden Entgeltaufkommens an private, für Straßenbaulastaufgaben in Pflicht genommene „Betreiber“.571 Im finanzverfassungsrechtichen Zusammenhang gilt es nochmals den dargelegten Umstand hervorzuheben, daß die aktuell geltenden Regelungen zur Verwendung des von Bund vereinnahmten Aufkommens aus Benutzungsentgelten in der Bundesfernstraßenverwaltung dem Konzept einer Benutzerfinanzierung in dem rechtsbegrifflichen Sinne einer zumindest mehr oder weniger strikten Zweckbindung der betreffenden Mittel für den Bundesfernstraßenbau folgen.572 Hierdurch erfährt die Verwirklichung der Sachfinanzierungsverantwortung des Bundes für die Bundesfernstraßen eine partiell grundsätzliche Veränderung. In der Tendenz kann darin der Ansatzpunkt für ein künftig umfassenderes oder sogar prinzipielles verkehrs- und finanzwirtschaftliches Konzept der bereichsspezifischen Zweckbindung aller straßenverkehrsbedingten Einnahmen des Bundes liegen, auch soweit diese steuerrechtlicher Art sind.573 Schließlich bestätigt sich im aktuell geltenden Recht einer mehr oder weniger strikten Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen der bereits grundsätzlich erörterte und hervorgehobene Umstand, daß eine Benutzerfinanzierung von Fernstraßen den Gestaltungsbereich und das Gestaltungsprinzip eines Fernstraßenprivatisierungsrechts bildet.574 Die Möglichkeiten funktionaler Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung im Zusammenhang mit der Benutzerfinanzierung beUnter IV.7. Unter IV.8. In den Zusammenhang der Regelungen zur mehr oder weniger zweckgebundenen Verwendung eines Gebühren- bzw. Entgeltaufkommens gehört auch die Errichtung einer hierfür geschaffenen und indienstgenommenen bundeseigenen Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft nach dem VIfGG (oben unter II.2. mit Fn. 276 – 282). 573 Ein anderer, zusätzlicher Schritt wäre die verkehrs- und finanzwirtschaftliche Verselbständigung der Fernstraßenbaufinanzierung durch Errichtung einer bundeseigenen, außerhalb des Bundeshaltsrechts stehenden Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft, die sich in diesem Punkt von der zwischenzeitlich im VIFGG geschaffenen Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft unterscheidet (so eine dem VIFGG vorausgegangene, aber gescheiterte Gesetzesinitiative, BR-Drs. 1077 / 01; dazu Müller / Neumann, NZBau 03, 299 / 302 und Uechtritz, Finanzierungsformen für den Fernstraßenbau, S. 10). Einer gleichen Vorstellung folgt der Vorschlag einer sogenannten Fonds-Lösung, bei der die Zweckbindung des Aufkommens aus einer Benutzerfinanzierung mit einem Recht zur eigenen Kreditaufnahme für die Investitionsfinanzierung zusammengeführt würden (dazu Hirschhausen / Beckers / Klatt, Aktuelle ÖPP-Modelle für die Bundesfernstraßen, hgg. Vom ADAC, 2005, S. 58). In den Zusammenhang gehört auch ein vom DIHT unterbreitetes Modell eines Sondervermögens in der Organisationsform einer Bundesanstalt mit eigenem Haushalt und dem Recht zur Selbstfinanzierung (dazu Schmidt, Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, S. 178 ff.). 574 Oben im Abschnitt I. 571 572

296

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

schränken sich keineswegs nur auf die beleihungsrechtliche Übertragung der Entgelterhebung auf hierfür in Pflicht genommene „Betreiber“, wie das im aktuell geltenden ABMG eröffnet ist und praktiziert wird. Zwar ist im Zusammenhang einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen noch kein Schritt zu einer funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung in privatrechtlicher Rechtsund Organisationsform, entweder in staatseigener Regie oder organisations- oder popularprivatisiert, erkennbar, geschweige denn zu einem überhaupt nicht staatlichen, privaten Fernstraßenwesen.575 Aber jedenfalls liegt im Rahmen der projektspezifischen Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen nach dem FStrPrivFinG bereits aktuell der Regelungsfall vor, daß auch die betreffenden Straßenbaulastaufgaben hoheitlicher Bundesfernstraßenverwaltung durch eine Inpflichtnahme privater „Betreiber“ funktional privatisiert worden sind.576 In den aktuell geltenden Regelungen des FStrPrivFinG kann eine im Zusammenhang mit der Benutzerfinanzierung entstandene privatisierungsspezifische Entwicklung der Bundesfernstraßenverwaltung gesehen werden, die nicht nur wegen der nach jenem Gesetz schon geltenden, freilich auf vergleichsweise wenige projektspezifische Anwendungsfälle beschränkten Regelung eine rechtsdogmatische Aufarbeitung und Beurteilung verlangt. Ihre grundsätzliche Bedeutung liegt vielmehr darin, daß sie als ein potentiell generelles Konzept funktionaler Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung gesehen werden kann. Insofern sind die aus Anlaß und auf der Grundlage des FStrPrivFinG zu erörternden rechtsdogmatischen Fragen von allgemeiner Bedeutung. Sie gelten dem Konzept einer benutzerfinanzierten funktionalen Privatisierung auch der Straßenbaulastaufgaben in der Bundesfernstraßenverwaltung. Man kann von einem benutzerfinanzierten baulastspezifischen Betreibermodell in der Bundesfernstraßenverwaltung sprechen. Im Unterschied zur bloßen Beleihung privater „Betreiber“ mit der Mauterhebung, wie sie nach dem ABMG eröffnet ist und praktiziert wird, handelt es ich um einen rechtsbegrifflich substantiellen Fall eines baulastspezifischen Betreibermodells in der Bundesfernstraßenverwaltung. Es beansprucht im Zusammenhang aktueller Erwägungen und Vorschläge zur offenkundig nur noch schwer zu bewältigenden Sachfinanzierung eines bedarfsgerechten Baus und Ausbaus von Bundesfernstraßen Aufmerksamkeit und verlangt in seiner rechtskonstruktiven Ausgestaltung angesichts der zum FStrPrivFinG vorliegenden, zuweilen recht angestrengt erscheinenden Interpretationen und Annahmen rechtsdogmatische Klarstellungen. Sie sind nicht wenige und haben zum Teil in recht komplizierte Details zu gehen. Der Aufwand ist hierbei unvermeidbar beträchtlich und übersteigt jedenfalls die aktuelle praktische Bedeutung des im FStrPrivFinG verwirklichten Betreibermodells. Aber es lassen sich in dem Zusammenhang auch prinzipielle Erwägungen zur Effektuierung des Fernstraßenbaus anstellen.

Zum letzteren Fn. 345. Zum Rechtsbegriff „funktionaler Privatisierung“ und zum hier verwendeten Rechtsbegriff der „Indienstnahme“ Fn. 398 f. 575 576

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 297

VI. Die benutzerfinanzierte funktionale Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen – Baulastspezifisches Betreibermodell, FStrPrivFinG 1. Das benutzerfinanzierte baulastspezifische Betreibermodell für den Bundesfernstraßenbau in seiner verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Zwecksetzung Das rechtlich ausgestaltete Modell einer benutzerfinanzierten funktionalen Privatisierung des Baus und Betrieb von Bundesfernstraßen folgt der verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Zwecksetzung einer nicht nur quantitativen, sondern vor allem auch zeitlichen Effektuierung bei der Verwirklichung des bedarfsnotwendigen Bundesfernstraßenbaus. Diesem prinzipiellen Ziel dienen die Rechtskonstruktionen jenes Modells, nach denen für den Bau und Betrieb von aktuell bedarfsnotwendigen Bundesfernstraßen auf der finanziellen Grundlage von deren mit strikter Zweckgebundenheit ausgestatteter Benutzerfinanzierung insofern fähige und bereite private „Betreiber“ in Pflicht genommen werden, diesen also in fernstraßenrechtlich relevanter, gesetzlich funktional privatisierter Weise die betreffenden Straßenbaulastaufgaben in technischer und finanzieller Hinsicht verpflichtend übertragen werden gegen eine nach Maßgabe der für die Bundesfernstraßenverwaltung geltenden Kompetenzordnung erfolgenden Beleihung mit der Befugnis zur Erhebung der entsprechenden Mautentgelte sowie gegen das aus der Kompetenz des Bundes eingeräumte Recht zur vollen Verwendung und Inanspruchnahme des jeweils vereinnahmten Aufkommens. Derzeit hat das Modell eine positivrechtliche Realisierung im FStrPrivFinG erfahren.577 Danach ist es bislang in seiner Rechtsgeltung und praktischen Bedeutung beschränkt auf nur vergleichsweise wenige Fälle von leistungs- und nutzungsspezifisch besonderen Projekten des Bundesfernstraßenbaus. Dabei handelt es sich um Brücken, Tunneln und Gebirgspässe im Zuge von Bundesautobahnen und Bundesstraßen sowie um mehrstreifige Bundesstraßen mit getrennten Fahrbahnen für den Richtungsverkehr mit Kraftfahrzeugen.578 Mit der gegenwärtig geltenden Anwendungsbeschränkung des Modells einer benutzerfinanzierten funktionalen Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundes577 Auf der Grundlage von dessen erster Fassung 1994 umfassend und ausführlich Schmitt, FStrPrivFinG; ferner Steiner, NJW 94, 3150 f., W. Schmidt, NVwZ 95, 38 f., Bucher; Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 176 ff., Reidt, NVwZ 96, 1156 ff., Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 220 ff., Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 16 Rnr 26.2 und 27 ff., Stabreit, NVwZ 99, 965 ff., Kämmerer, Privatisierung, S. 345 ff., Uechtritz, DVBl. 02, 793 / 741 ff.; zur konzeptionellen Beurteilung des im FStrPrivFinG verwirklichten sogenannten F-Modells als brauchbarer und entwicklungsfähiger Modalität funktionaler Privatisierung in der Bundesfernstraßenverwaltung Hirschhausen / Beckers / Klatt, Aktuelle ÖPP-Modelle für die Bundesfernstraßen, hgg. vom ADAC, 2005, passim insb. S. 33 ff. sowie zur praktischen Beurteilung der gegenwärtigen Regelungen des FStrPrivFinG Gawel, Wirtschaftsdienst 05, 173 ff. 578 § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG.

298

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

fernstraßen nach dem FStrPrivFinG ist dem sachlich und „gebührenrechtlich“ begründeten Erfordernis entsprochen worden, für die Benutzung ein und derselben Strecke einer Bundesfernstraße mit Rücksicht auf die vormalige Erhebung zeitbezogener Benutzungsgebühren für die Kraftfahrzeugbenutzung von Bundesfernstraßen und bestimmten genau bezeichneten Abschnitten von Bundesstraßen nach dem ABBG von 1994 sowie mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich im ABMG verwirklichte Absicht einer allgemeinen, bundesweit geltenden Erhebung streckenbezogener Mautgebühren für die Benutzung der Bundesautobahnen und von bestimmten, genau bezeichneten Abschnitten von Bundesstraßen eine doppelte Erhebung von Benutzungsentgelten auszuschließen.579 Dieser Ausschluß einer doppelten Erhebung von Benutzungsentgelten entspricht sinngemäß auch dem gemeinschaftsrechtlich für das Verhältnis von „Mautgebühren und Benutzungsgebühren“ festgelegten „gebührenrechtlichen“ Verdoppelungsverbot, soweit es nicht um „Mautgebühren für die Benutzung von Brücken, Tunneln und Gebirgspässen“ geht.580 Im Ergebnis beruht die gegenwärtige projektspezifische Geltungsbeschränkung des benutzerfinanzierten baulastspezifischen Betreibermodells nach dem FStrPrivFinG auf der „gebührenrechtlich“ und sachlich begründeten Annahme, daß die Kraftfahrzeugbenutzung von Brücken, Tunneln und Gebirgspässen im Zuge von Bundesautobahnen und Bundesstraßen sowie von mehrstufigen Bundesstraßen mit getrennten Fahrbahnen für den Richtungsverkehr die Inanspruchnahme einer leistungs- und nutzungsspezifisch besonderen Verwaltungsleistung darstellt.581 Zugleich findet in dieser projektspezifischen Geltungsbeschränkung des im FStrPrivFinG realisierten benutzerfinanzierten baulastspezifischen Betreibermodells ersichtlichen Ausdruck, daß die betreffenden Projekte des Bundesfernstraßenbaus einer zeitlich effizienten Verwirklichung bedürfen und deshalb nach jenem hierzu geeigneten Modell ausgeführt werden sollen. Das Modell präsentiert sich also derzeit in jeder Hinsicht als solches mit einem gegenstandspezifisch nur beschränkten Anwendungsbereich.582 Durch die gegenständliche Geltungsbeschränkung nach dem FStrPrivFinG darf jedoch nicht der Blick dafür verstellt werden, daß die benutzerfinanzierte funktionale Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen einen prinzipiel579 Zur Geltungsabgrenzung von der allgemeinen, bundesweiten Mauterhebung nach dem ABMG oben unter II.1. 580 Fn. 468. 581 Oben unter I.4. m. Nachw. in Fn. 443. Zur in dem Zusammenhang und aus diesem Grunde vertretenen Annahme, die betreffenden Mautgebühren seien dem Recht der Sondernutzungsgebühren zuzuordnen, siehe in Fn. 447. 582 In diesem gesetzlichen Anwendungsrahmen wenigstens für eine „verbesserte Projektauswahl“ unterhalb der Ebene von „Vorhaben mit hoher (regional-)politischer Bedeutung“ Gawel, Wirtschaftsdienst 05, 173 / 178. Zur positiven Bewertung des Anwendungsbereichs des im FStrPrivFinG verwirklichten sogenannten F-Modells, aber im Rahmen eines „Gesamtfazits“ für eine Ersetzung durch eine umfassende Fonds-Lösung beim Fernstraßenbau Hirschhausen / Beckers / Klatt, Aktuelle ÖPP-Modelle für die Bundesfernstraßen, hgg. vom ADAC, 2005, S. 58 ff.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 299

len Modellcharakter als potentielles, gegenstandsspezifisch verallgemeinerungsfähiges Konzept besitzt, um der bislang verkehrs- und finanzwirtschaftlich ineffizienten Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus abzuhelfen, diese also zu substituieren. In dieser weitergespannten Perspektive liefern die bereits geltenden, anwendungsbeschränkt projektspezifischen Regelungen des FStrPrivFinG die rechtsquellenmäßige Grundlage für eine detaillierte rechtskonstruktive Interpretation jenes Modells sowie für dessen rechtsbegriffliche Abgrenzung und Einordnung innerhalb des Spektrums von Praktiken und Konzepten zur quantitativen sowie vor allem zeitlichen Effektuierung des bedarfsnotwendigen Bundesfernstraßenbaus. Das benutzerfinanzierte baulastspezifische Betreibermodell bei der Bundesfernstraßenverwaltung zur Erreichung jener Zwecksetzung einer quantitativen und zeitlich effizienten Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus, zwischenzeitlich auf der Grundlage einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen, kann man als den vorläufigen Endpunkt in einer Abfolge von einer gleichen Zielrichtung verpflichteten Praktiken und Konzepten betrachten. Diesen Zweckzusammenhang sowie die betreffenden Praktiken und Konzepte hat man sich zur Verdeutlichung des prinzipiellen Charakters und des potentiell verallgemeinerungsfähigen Anwendungsbereichs des benutzerfinanzierten baulastspezifischen Betreibermodells zur vergegenwärtigen.

2. Das benutzerfinanzierte baulastspezifische Betreibermodell im Vergleich zu vormaligen und alternativen Konzepten einer Effektuierung des Bundesfernstraßenbaus Eine ausschließlich staatseigene Erfüllung der Sachfinanzierungsverantwortung des Bundes für den Bundesfernstraßenbau nach Art. 104 a Abs. 2 GG aus allgemeinen Haushaltsmitteln leidet schon lange und im Grunde an einer offenkundigen, beträchtlichen und sich beschleunigenden Diskrepanz zwischen dem aktuellen verkehrswirtschaftlichen Bau- und Ausbaubedarf von Bundesfernstraßen einerseits sowie den hierfür aufbringbaren Haushaltsmitteln andererseits. Konzepte zur Abhilfe waren zunächst in einer Praxis sowie in Erwägungen zu einer Vorfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus durch Inanspruchnahme von Fremdkapital im Kreditwege über organisationsprivatisierte oder private Rechtsträger gesucht worden. Sie sind zwischenzeitlich aus finanzwirtschaftlichen und speziell haushaltsrechtlichen Gründen aufgegeben worden.583 In der Zielsetzung einer Vorfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus vergleichbare Überlegungen haben zu Entwürfen eines Leasing-Modells sowie eines diesem ähnlichen, nur rechtlich partiell abgewandelten sogenannten Konzessionsmodells geführt, nach denen Vor583 Siehe die Nachw. in Fn. 398. Zu deren rechtskonstruktiver und rechtsbegrifflicher Einordnung als bloße verwaltungsinterne „Indienstnahmen“ außerhalb des substantiell funktional staatsrechtlich zu definierenden Rechtsbegriffs der „Privatisierung“ siehe ebenfalls in Fn. 398 sowie in Fn. 399.

300

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

haben des Bundesfernstraßenbaus von Privaten für den Bund bzw. die Bundesfernstraßenverwaltung gegen entsprechende staatliche Entgeltleistungen realisiert werden sollen.584 Ohne auf hierzu anderwärts ausführlich dargelegte und erörterte finanzwirtschaftliche, haushaltsrechtliche und rechtskonstruktive Details eingehen zu müssen,585 kann man in allen angesprochenen Fällen zusammengefaßt von Praktiken bzw. Konzepten einer privaten Vorfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus sprechen. Sie lassen sich dahin beschreiben und beurteilen, daß der für den Bundeshaushalt hierbei letztlich entstehende finanzwirtschaftliche Nachteil von zu entgeltenden Fremdfinanzierungskosten abgewogen wird gegenüber dem verkehrswirtschaftlichen Vorteil einer zeitlichen Effizienz des Bundesfernstraßenbaus und daß in dieser Abwägung diesem letzteren Effekt der Vorzug eingeräumt wird. Im übrigen handelt es sich um Konzepte, die, soweit ersichtlich, noch nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen stehen. An dem bei den dargelegten vormaligen Praktiken und bei den zum gegenwärtigen Diskussionsstand zu rechnenden Konzepten einer privaten Vorfinanzierung von Bundesfernstraßen in Erscheinung getretenen Problem zusätzlicher Fremdfinanzierungskosten zur Ermöglichung einer zeitlich effizienten Verwirklichung des bedarfsnotwendigen Bundesfernstraßenbaus vermag auch der verhältnismäßig und vergleichsweise erst spät beschrittene Weg einer Benutzerfinanzierung allein noch nichts zu ändern. Dabei kann abgesehen werden von einer möglicherweise überhaupt fehlenden oder lediglich bedingten Zweckbindung des Aufkommens aus den betreffenden Maut- oder Benutzungsentgelten, letzteres aktuell bei den Verwendungsregelungen zu dem nach dem ABMG für den Bund verbleibenden und dessen Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft nach dem VIFGG zugewiesenen Mautaufkommens.586 Die Einnahmen aus der Benutzerfinanzierung reichen auch im Grunde nicht aus, um hieraus den Sachfinanzierungsaufwand für den aktuellen verkehrswirtschaftlichen Bedarf bei Bau, Ausbau und Betrieb von Bundesfernstraßen zu decken. Also selbst unter den Voraussetzungen einer prinzipiellen oder wenigstens effektiv praktizierten staatseigenen Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen in dem rechtsbegrifflichen Sinne einer Zweckgebundenheit der betreffenden staatseigen vereinnahmten Benutzungs- bzw. Mautentgelte für den Bundesfernstraßenbau bleibt dessen verkehrwirtschaftlich bedarfsentsprechende Sachfinanzierung ein schwer zu bewältigendes Problem. Dabei kann sich eine gegebenenfalls geregelte bzw. effektiv praktizierte Benutzerfinanzierung nicht nur quantitativ als unzureichend bzw. ineffizient erweisen. Sie ist es jedenfalls und vor allem in ihrer zeitlichen Struktur. Ein staatseigen vereinnahmtes und bereichsspezifisch zweckgebundenes Aufkommen aus Benutzungs- oder Mautentgelten steht für den Bau, Ausbau und Betrieb von Bundesfernstraßen erst in einer längerfristigen Ebenfalls in Fn. 398. Gleichfalls Nachw. in Fn. 398. 586 § 11 ABMG i.d.F. Gesetz 28. 6. 2003 (BGBl. I S. 1050) sowie die Regelungen des VIFGG hierzu. 584 585

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 301

Zeitspanne zur Verfügung. Selbst eine bloße Verringerung dieser zeitlichen Ineffizienz auch einer staatseigenen Benutzerfinanzierung durch anfänglich höhere Benutzungs- bzw. Mautentgelte erschiene problematisch wegen des hiermit verbundenen Nachteils, daß dies zu einer unerwünschten Verkehrsverdrängung führen kann. Danach bedarf auch unter den Voraussetzungen einer staatseigenen Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen eine zeitlich effiziente Verwirklichung bedarfsnotwendiger Vorhaben bei hierfür nicht verfügbaren weiteren staatlichen Eigenmitteln einer Ergänzung durch zusätzliche Fremdkapitalbeträge mit der Folge von grundsätzlich höheren Finanzierungskosten. Insofern verbleibt es unter den Voraussetzungen einer staatseigenen Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus in jedem Falle bei dem Dilemma, daß eine zeitlich effiziente Realisierung des Bau- und Ausbaubedarfs der Bundesfernstraßen Fremdkapital erfordert und dadurch zu höheren Finanzierungskosten führt. Aus den dargelegten Gründen gibt es unter den zwischenzeitlichen Voraussetzungen einer mehr oder weniger strikt eingehaltenen Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen neben im gegenständlichen Zusammenhang noch nicht relevanten, wesentlich anderen und weitergehenden, bislang im rechtlichen Detail auch nicht aufgearbeiteten Vorschlägen zu einer offenbar gemeinten Überführung der Bundesfernstraßen in ein privates Fernstraßenwesen587 weitere Erwägungen zu einer organisationsrechtlich außerhalb des Bundeshaushalts erfolgenden quantitativen und zeitlichen Effektuierung des Bundesfernstraßenbaus. Sie zielen darauf ab, die Benutzerfinanzierung mit zusätzlichen Möglichkeiten einer Fremdfinanzierung in der Weise institutionell zu kombinieren, daß hierfür eine vom Bundeshaushalt getrennte, organisationsrechtlich verselbständigte Einrichtung in Fortführung der bestehenden Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft des Bundes geschaffen wird.588 Der Vorschlag wird als Fonds-Lösung bezeichnet, bei der dem betreffenden bundeseigenen, aber organisationsrechtlich verselbständigten Fonds Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen in technischer und finanzieller Hinsicht übertragen werden sollen, an welche rechtskonstruktiven Formen oder Regelungen zu einer solchen Übertragung auch immer gedacht sein mag.589 Eine Verwirklichung derartiger Überlegungen würde Entscheidungen erfordern, welche die Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus und die Bundesfernstraßenverwaltung überhaupt grundlegend veränderten, geschweige denn daß hierbei die Rechts- und Organisationsform der Bundesfernstraßen bzw. der Bundesfernstraßenverwaltung schon expliziert wäre. Möglicherweise soll in diesem Zusammenhang ferner dem politisch wenig realitätsnahen Vorschlag nähergetreten werden, dem betreffenden „Fond zur Fernstraßenfinanzierung“ auch die aus der Kraftfahrzeugbenutzung öffentlicher Straßen resultierenden Steuereinnahmen zweckgebunden für den Bundesfernstra587 Siehe etwa bei Schmidt, Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, S. 178 ff. und Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 238 ff. 588 Nachw. in Fn. 573. 589 Zu dem Vorschlag einer sogenannten Fonds-Lösung insb. Hirschhausen / Beckers / Klatt, Aktuelle ÖPP-Modelle für die Bundesfernstraßen, hgg. vom ADAC, 2005, S. 58.

302

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

ßenbau zuzuführen; dieses letztere würde eine „Benutzerfinanzierung“ der Bundesfernstraßen in einem weitesten Sinne bedeuteten. Bemerkenswert und wesentlich an dem nur in einer grundsätzlichen Skizze vorliegenden Konzept einer organisationsrechtlich verselbständigten Fonds-Lösung für Bau, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen erscheint in finanzwirtschaftlicher Hinsicht jedenfalls, daß auf diese Weise, soweit aus der Beschreibung des Konzepts ersichtlich, die Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen, einschließlich von Kosten einer Fremdfinanzierung, im Ergebnis allein auf der Grundlage und im Rahmen einer mehr oder weniger weit verstandenen Benutzerfinanzierung erfolgen würde und müßte. Im Ergebnis vermag also hiermit der prinzipiell wesentliche finanzwirtschaftliche Effekt erzielt zu werden, daß auch die mit einer zeitlichen Effektuierung des Bundesfernstraßenbaus verbundenen zusätzlichen Vorfinanzierungskosten auf eine Benutzerfinanzierung verlagert würden und damit nicht zu Lasten des Bundeshaushalts gingen. Offen sind dagegen Fragen nach der rechtskonstruktiven Ausgestaltung der genannten skizzierten Fonds-Lösung. Möglicherweise und wie aus Andeutungen zu vermuten, soll der betreffende, als bundeseigene Verwaltungsgesellschaft zu errichtende Fonds nur als Weiterentwicklung der bereits bestehenden Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft des Bundes fungieren, welcher gegenwärtig lediglich die Verteilung der aus der strekkenbezogenen Mauterhebung nach dem ABMG und aus Schiffahrtsabgaben resultierenden Mitteln nach Maßgabe des Bundeshaushalts und haushaltsrechtlicher Weisung des fachlich zuständigen Bundesressort obliegt. Im Unterschied zur Aufgabenstellung der bestehenden Verkehrsinfrastrukturgesellschaft würde deren Weiterentwicklung im Sinne der dargelegten Fonds-Lösung jedenfalls dazu führen, daß der organisationsrechtlich verselbständigte Fonds-Träger zum einen auch eine Fremdfinanzierung vornehmen könnte und zum zweiten auch die Straßenbaulastaufgaben in deren technischer Hinsicht „übernehmen“ würde. Offen ist jedoch in dem Zusammenhang die rechtskonstruktiv entscheidende Frage, ob hierbei der organisationsrechtlich verselbständigte Fonds-Träger für die finanziellen und technischen Straßenbaulastaufgaben der Bundesfernstraßenverwaltung nur verwaltungsintern in Dienst genommen würde, damit also der Bund selbst Rechtsträger der Sachfinanzierung für den Bundesfernstraßenbau und die staatliche Bundesfernstraßenverwaltung Träger der technischen Straßenbaulastaufgaben bliebe. Unter dieser Voraussetzung würde die Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus finanzwirtschaftlich weiterhin ein Teil des öffentlichen Haushalts sein. An Elementen einer funktionalen Privatisierung der Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus und der Bundesfernstraßenverwaltung würde es dann im rechtsbegrifflichen Sinne fehlen. Die genannte Fonds-Lösung bietet aber auch die Möglichkeit einer Weiterentwicklung in der angesprochenen Richtung. Den Schritt hierzu vollzieht jedenfalls auf der Grundlage einer ausschließlichen Benutzerfinanzierung das gegenständlich in den Blick genommene benutzerfinanzierte baulastspezifische Betreibermodell für die Bundesfernstraßenverwaltung. Bei diesem werden die Straßenbaulastaufga-

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 303

ben in technischer und finanzieller Hinsicht privaten Rechtsträgern in fernstraßenrechtlich relevanter Weise, also funktional privatisiert im rechtsbegrifflichen Sinne, übertragen gegen die hierbei mitumfaßte Befugnis zur Erhebung der betreffenden Benutzungs- bzw. Mautentgelte und gegen das Recht zu deren vervollständiger Inanspruchnahme. In finanzwirtschaftlicher Hinsicht bedeutete dies, daß die Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus kein Teil des öffentlichen Haushalts mehr ist. Diese rechtskonstruktiven Elemente machen gerade den Rechtsbegriff des privaten „Betreibers“ im Unterschied zu einem bloß in Dienst genommenen Rechtsträger aus. Für ein solches Betreibermodell im rechtsbegrifflichen Sinne einer funktional privatisierten Sachfinanzierung und Straßenbaulastverwaltung der Bundesfernstraßen besteht im FStrPrivFinG ein bereits rechtskonstruktiv ausgeformtes Konzept. Die genannte Fonds-Lösung für den Bundesfernstraßenbau liegt also potentiell und gegebenenfalls nahe bei dem im FStrPrivFinG rechtskonstruktiv bereits ausgeformten benutzerfinanzierten baulastspezifischen Betreibermodell, allerdings mit dem Unterschied, daß die erstere ausschließlich der Vorstellung einer funktionalen Organisationsprivatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung folgt, während das Betreibermodell des FStrPrivFinG tendenziell erkennbar auf eine funktionale Popularprivatisierung angelegt erscheint. Schließlich zeichnet sich das derzeit im FStrPrivFinG verwirklichte benutzerfinanzierte baulastspezifische Betreibermodell dadurch aus, daß es die funktionale Privatisierung der Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus und der fernstraßenrechtlichen Straßenbaulastaufgaben jedenfalls unter Beibehaltung der tradierten hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung vollzieht. Aber hierin liegt kein wesentliches rechts- und organisationsförmliches Element dieser benutzerfinanzierten funktionalen Privatisierung von Bau, Betrieb und Finanzierung der Bundesfernstraßen. Das Modell vermag seine konzeptionelle Zwecksetzung und Bedeutung einer funktionalen Privatisierung der technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben, insbesondere die hierbei finanzwirtschaftlich wesentliche funktionale Privatisierung der Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus, ebenso auch dann zu entfalten, wenn in dem Zusammenhang die Bundesfernstraßenverwaltung und die Benutzerfinanzierung in eine privatrechtliche Rechts- und Organisationsform überführt werden. Zusammengefaßt besteht danach die wesentliche besondere und von anderen in dem Zusammenhang zu betrachtenden Konzepten unterschiedene Bedeutung des benutzerfinanzierten baulastspezifischen Betreibermodells für den Bundesfernstraßenbau darin, daß es dessen bedarfsnotwendige zeitliche Effektuierung benutzerfinanziert auf dem Wege einer funktionalen Privatisierung der technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben zu erreichen sowie damit die betreffende Sachfinanzierung finanzwirtschaftlich aus dem öffentlichen Haushalt herauszunehmen und in fernstraßenrechtlich relevanterweise auf private Rechtsträger zu verlagern erlaubt. Mit diesen funktionalen und rechtlichen Merkmalen handelt es sich um ein über seine gegenwärtig anwendungsbeschränkt schon geltende Verwirklichung im projektspezifischen FStrPrivFinG hinaus an sich verallgemeine-

304

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

rungsfähiges Modell. Freilich setzen einer weitergehenden Anwendung der benutzerfinanzierten funktionalen Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen mit ausschließender Wirkung konkurrierende Formen der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen Grenzen, derzeit die allgemein, bundesweit geltende Erhebung streckenbezogener Mautgebühren nach dem ABMG, sowie potentielle weitere Regelungen einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen. Es stellt sich somit die Frage nach der aktuellen und potentiellen rechtlichen Realisierbarkeit des Modells. 3. Das benutzerfinanzierte baulastspezifische Betreibermodell für den Bundesfernstraßenbau in seiner aktuellen und potentiellen rechtlichen Realisierbarkeit – Verhältnis zur staatseigen organisierten Benutzerfinanzierung, benutzerfinanzierte Fonds-Lösung als prinzipielle Alternative Die gegenwärtige, nach dem FStrPrivFinG bestehende Geltungsbeschränkung des benutzerfinanzierten baulastspezifischen Betreibermodells für den Bundesfernstraßenbau auf bestimmte Projekte desselben, nämlich auf Brücken, Tunneln und Gebirgspässe im Zuge von Bundesautobahnen und Bundesstraßen sowie auf mehrstufige Bundesstraßen mit getrennten Fahrbahnen für den Richtungsverkehr, erklärt sich aus dem beim erstmaligen Inkrafttreten jenes Gesetzes im Jahre 1994 vorhandenen bzw. absehbaren Rechtszustand zu einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen. Seinerzeit war eine allgemeine, bundesweite staatseigene Erhebung von Entgelten für eine bestimmte gemeingebräuchliche Kraftfahrzeugbenutzung von Bundesautobahnen und anderen genau zu bezeichnenden Abschnitten von Bundesfernstraßen in Form zeitbezogener Benutzungsgebühren nach dem ABBG von 1994 geschaffen worden. Danach hatte es sich, wie auch in der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Richtlinie von 1999 festgelegt,590 ausgeschlossen, neben jenen zeitbezogenen Benutzungsgebühren zur Vermeidung einer doppelten Gebührenbelastung auch streckenbezogene Mautgebühren zu erheben, vorbehaltlich der vom FStrPrivFinG erfaßten Ausnahmefälle, bei denen die Benutzung bestimmter anlagen- und verkehrstechnisch besonderer Strecken von Bundesfernstraßen als Inanspruchnahme einer leistungs- und nutzungsspezifisch exponierten Verwaltungsleistung gelten und deshalb ein spezielles Benutzungsentgelt rechtfertigen kann. Zwischenzeitlich hat sich die Frage des „gebührenrechtlichen“ Verbots einer Doppelbelastung von Benutzern der Bundesfernstraßen neu gestellt mit der Ersetzung der vormaligen zeitbezogenen Benutzungsgebühren nach dem ABBG von 1994 durch die gesetzliche und vollzogene Einführung allgemeiner, bundesweit geltender streckenbezogener Mautgebühren für eine bestimmte gemeingebräuchliche Kraftfahrzeugbenutzung von Bundesautobahnen und genau bezeichneten Ab590

Art. 7 Abs. 3 RL 1999 / 62 / EG.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 305

schnitten von Bundesstraßen nach dem ABMG. Die Angelegenheit hat ihre Regelung dahin erfahren, daß auf der einen Seite das FStrPrivFinG in seinem projektspezifisch beschränkten Geltungsbereich unverändert geblieben ist und daß auf der anderen Seite das ABMG für die in ihm geregelten allgemeinen, bundesweit geltenden streckenbezogenen Mautgebühren einen entsprechenden Geltungsvorbehalt zugunsten des FStrPrivFinG aufgenommen hat.591 Danach stehen sich derzeit die allgemeinen, für eine bestimmte Art gemeingebräuchlicher Kraftfahrzeugbenutzung von Bundesfernstraßen steckenbezogenen Mautgebühren nach dem ABMG und die Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG für die gemeingebräuchliche Kraftfahrzeugbenutzung bestimmter projektspezifischer Bundesfernstraßen in ihrem jeweiligen Geltungsbereich getrennt, sich ausschließend und ergänzend gegenüber. Man hat danach zum geltenden Rechtszustand zusammengefaßt festzuhalten, daß sich die Erhebung allgemeiner Mautgebühren nach dem ABMG und projektspezifischer Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG, ungeachtet unterschiedlicher Arten der gebührenpflichtigen gemeingebräuchlichen Kraftfahrzeugbenutzung, in einer streckenbezogenen bzw. projektspezifischen Trennung wechselseitig ausschließen und ergänzen. Dies bedeutet zur Frage einer potentiellen Ausweitung des benutzerfinanzierten baulastspezifischen Betreibermodells über den derzeitigen Geltungsbereich des FStrPrivFinG hinaus, daß derzeit eine solche allenfalls auf dem Wege einer streckenbezogenen bzw. projektspezifischen Geltungsrücknahme der allgemeinen Mautgebührenregelungen nach dem ABMG erfolgen kann. Gleiches gilt für den Fall einer möglichen Einführung allgemeiner zeitbezogener Benutzungsgebühren entweder überhaupt wieder anstelle der allgemeinen strekkenbezogenen Mautgebühren nach dem ABMG oder für eine von der Mautgebührenregelung nach dem ABMG nicht erfaßte Art gemeingebräuchlicher Kraftfahrbenutzung von Bundesfernstraßen, d. h. möglicherweise für eine solche mit PKW. Auch dabei gilt dann wegen des streckenbezogenen Doppelungsverbots von Maut- und Benutzungsgebühren, daß das benutzerfinanzierte baulastspezifische Betreibermodell, wie es derzeit im FStrPrivFinG geregelt ist, eine Anwendungsausweitung nur in dem Umfang erfahren kann, in dem der Geltungsbereich der betreffenden allgemeinen zeitbezogenen Benutzungsgebühren streckenbezogen bzw. projektspezifisch eingeschränkt bzw. zurückgenommen wird. Die potentielle, verallgemeinerungsfähige Bedeutung des benutzerfinanzierten baulastspezifischen Betreibermodells ist also in jedem Falle in Abhängigkeit zu sehen von einer zu seinen Gunsten erfolgenden streckenbezogenen bzw. projektspezifischen Aufteilung der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen. Gegenwärtig kann eine solche nur als eine theoretische Möglichkeit gelten angesichts der aufwendigen und daher entsprechend verfestigten, grundsätzlich umfassenden Etablierung des Mauterhebungssystems nach dem ABMG sowie angesichts einer möglicherweise umfassenden Ergänzung jener benutzungsspezifischen Mautregelung nach dem ABMG durch eine hiervon benutzungsspezifisch unterschiedene Einführung zeit591

§ 3 Abs. 1 FStrPrivFinG, § 1 Abs. 3 Nr. ABMG.

20 Bartlsperger

306

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

bezogener Benutzungsgebühren, d. h. für Pkw. Diese aktuell bzw. erwartungshalber praktische Rechtsituation ändert zwar nichts an der dargelegten prinzipiellen und potentiellen modellspezifischen Verallgemeinerungsfähigkeit einer benutzerfinanzierten funktionalen Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen nach dem im FStrPrivFinG rechtskonstruktiv ausgeformten Konzept. Aber dessen rechtskonstruktive Interpretation hat sich sinnvollerweise auf den Geltungsbereich und die Regelungen des geltenden FStrPrivFinG zu konzentrieren. Abschließend erscheint in dem Zusammenhang allerdings noch eine Feststellung und Beurteilung prinzipieller und rechtlich systematischer Art zum Spektrum möglicher Konzeptionen einer benutzerfinanzierten zeitlichen Effektuierung des Bundesfernstraßenbaus geboten. Denn es geht im Fortgang konzeptioneller Überlegungen hierzu um die im FStrPrivFinG mit dem Modell eines ausschließlich benutzerfinanzierten Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen angestoßene prinzipielle Frage nach der besten Lösung, die sich auf der Grundlage einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen für eine zeitliche Effektuierung des bedarfsnotwendigen Bundesfernstraßenbaus eröffnet. Offenbar stellt es eben noch nicht die beste Lösung dar, wenn Maut- und Benutzungsentgelte für die Benutzung von Bundesfernstraßen, wie dies bei den Mautgebühren nach dem ABMG geschieht und möglicherweise mit benutzungsspezifisch ergänzenden zeitbezogenen Benutzungsgebühren erfolgen wird, staatseigen erhoben und vereinnahmt sowie als Teil und nach Maßgabe des Bundeshaushalts für den Bundesfernstraßenbau verwendet werden. Verkehrs- und finanzwirtschaftlich effektiver für einen zeitlich bedarfsgerechten Bundesfernstraßenbau kann vielmehr das prinzipiell andere finanzwirtschaftliche Konzept erscheinen, nach dem die Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen ausschließlich auf die Benutzerfinanzierung verlagert und gestützt wird, einschließlich der Kosten einer notwendigen Fremdfinanzierung, und wenn hierfür eine mit Rücksicht auf die bundesstaatsrechtliche Sachfinanzierungskompetenz des Bundes auf der Bundesebene organisationsrechtlich verselbständigte Einrichtung geschaffen wird.592 Man kann von dem Konzept einer jedenfalls organisationsrechtlichen Verselbständigung der finanziellen Straßenbaulastaufgaben auf der finanzwirtschaftlichen Grundlage einer ausschließlichen Benutzerfinanzierung hierfür sprechen. Ein solches Konzept läßt sich mit der erörterten, freilich nur skizziert vorliegenden verwaltungsinternen Fonds-Lösung für eine organisationsrechtliche Verselbständigung zumindest der Finanzierung von Bundesfernstraßen verwirklichen. Für die finanzwirtschaftliche Grundidee dieses Konzepts erscheint es nicht wesentlich, einem solchen rechtlich verselbständigten Fonds auch die technischen Straßenbaulastaufgaben zu übertragen, wie dies in dem skizziert vorliegenden Vorschlag empfohlen wird. Dieser möchte insofern offenbar ein dem FStrPrivFinG vergleichsbares baulastspezifisches Betreibermodell nachbilden. Danach würde der betreffende organisationsprivatisierte Fonds-Träger auch zu einem baulastspezifischen Betreiber nach dem Modell des FStrG umfassend und einheit592

Siehe in Fn. 573 und speziell zu einer sogenannten Fonds-Lösung in Fn. 589.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 307

lich für die Bundesfernstraßen oder möglicherweise jedenfalls die Bundesautobahnen. Solches wäre allerdings in der gesetzlichen sowie in der administrativen Realisierung sinnvollerweise nur denkbar als Übertragungsvorgang in bundeseigener Verwaltungskompetenz. Dies würde ohne eine verfassungsändernde bundesstaatsrechtliche Zentralisierung der gesamten oder jedenfalls des autobahnmäßigen Teils der Bundesfernstraßen nur schwer mit der bestehenden auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder für die Bundesfernstraßenverwaltungen nach Art. 90 Abs. 2 GG in Einklang zu bringen sein.593 Auch beschränkt auf eine Übertragung der Sachfinanzierung von Bundesfernstraßen auf einen derart durch den Bund organisationsrechtlich verselbständigten Fonds-Träger handelte es sich dann zwar um kein „Betreibermodell“ im rechtsbegrifflichen Sinne einer objektbezogenen, funktionalen Privatisierung der finanziellen Straßenbaulastaufgaben in der Bundesfernstraßenverwaltung und die Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen verbliebe ein Teil des öffentlichen Haushalts.594 Aber die prinzipielle verkehrsund finanzwirtschaftliche Zwecksetzung einer ausschließlich benutzerfinanzierten zeitlichen Effektuierung des bedarfsnotwendigen Bundesfernstraßenbaus läßt sich grundsätzlich auch über jene skizzierte Fonds-Lösung, beschränkt auf die Übertragung der Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen, erreichen. Sie bedeutete im Ergebnis, die bereits bestehende Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft des Bundes so zu verändern bzw. weiterzuentwickeln, daß einer solchen Verwaltungsgesellschaft des Bundes das Aufkommen aus der staatseigenen Erhebung und Vereinnahmung aller gegenwärtig im ABMG und künftig geregelten Maut- und Benutzungsentgelte im Bereich der Bundesfernstraßen, mit Ausnahme der funktional privatisierten Benutzerfinanzierung nach dem projektspezifischen FStrPrivFinG, in vollem Umfang zur zweckgebundenen Verwendung speziell für den Bundesfernstraßenbau zur Verfügung gestellt, zusätzlich das Recht zu einer notwendigen Fremdfinanzierung eingeräumt und auf diese Weise sowie in diesem streckenbezogenen Umfang die Sachfinanzierung von Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen gänzlich übertragen wird. Danach läßt sich aus Anlaß und im Zusammenhang der im FStrPrivFinG in der rechtskonstruktiv weitgehenden Weise einer benutzerfinanzierten funktionalen Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen verwirklichten Konzeption zur verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Zwecksetzung und Grundidee dieses Modells eine zusammenfassende und abschließende Feststellung treffen und Beurteilung vornehmen. Angesichts der gegenwärtig bestehenden rechtlichen Situation einer staatseigenen Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen auf der Grundlage benutzungsspezifisch streckenbezogener Mautgebühren nach dem ABMG und einer möglicherweise in Betracht zu ziehenden benutzungsspezifischen Ausweitung der staatseigenen Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen um zeitbe593 Diese bundesstaatsrechtliche Kompetenzfrage ist bei dem betreffenden Vorschlag augenscheinlich nicht berücksichtigt. 594 Es liegt lediglich eine verwaltungsintern administrative „Indienstnahme“ außerhalb des staatsrechtlichen Privatisierungsbegriffs vor (Fn. 398 f.).

20*

308

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

zogene Benutzungsgebühren besteht zwar kaum eine realistische Option für eine weitergehende Geltungsanwendung jenes im FStrPrivFinG verwirklichten Konzept. Aber die prinzipielle verkehrs- und finanzwirtschaftliche Grundidee und Zwecksetzung jenes Modells läßt sich auch ohne dessen Elemente einer funktionalen Privatisierung der technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben im Wege einer skizzierten Fonds-Lösung in der Rechtsform einer organisationsrechtlich verselbständigten Verwendung des vom Bund vereinnahmten Aufkommens aus Maut und Benutzungsentgelten zur ausschließlichen Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen realisieren. Das aktuell und rechtskonstruktiv weitergehende, im FStrPrivFinG rechtlich ausgeformte Modell einer benutzerfinanzierten funktionalen Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen bliebe auch danach ein projektspezifischer Sonderfall. Als solcher verlangt er einige rechtskonstruktive Interpretationen und Klarstellungen sowie eine rechtsbegriffliche Abgrenzung und Präzisierung.

4. Der Rechtsbegriff des „Betreibers“ im FStrPrivFinG – Das „Betreibermodell“ als funktionale Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung, Abgrenzung zur bloßen Indienstnahme Privater bei der Bundesfernstraßenverwaltung (sogenanntes A-Modell) Das FStrPrivFinG findet sich in seiner rechtkonstruktiv gesetzestechnischen Ausformung595 zuweilen der Kritik ausgesetzt, es sei „im Kern dunkel“596 oder gäbe „ein Paradebeispiel dafür ab, wie gut gemeintes Bemühen des Gesetzgebers um übersichtliche und konzise Gesetzgebung, auf die Spitze getrieben, in das Gegenteil umschlagen“ könne. Insbesondere das, was „dem Privaten in welchem Umfang und auf welche Weise für welchen Zeitraum übertragen wird oder übertragen werden kann“, lasse sich „dem lakonischen Gesetzeswortlaut nur mit Schwierigkeiten entnehmen.“ Das betreffende Konstrukt sei das „Ergebnis einer (scil. undurchdachten) Entscheidung des Gesetzgebers.“597 Solche rechtsdogmatischen Bewertungen vermögen den Verdacht zu erwecken, daß die gemeinte rechtskonstruktive Problematik des FStrPrivFinG ihre Ursache weniger beim Gesetzgeber als vielmehr beim Interpreten des Gesetzes bzw. im Zustand der einschlägigen Verwaltungsrechtsdogmatik haben könnte. Die Konzeption des FStrPrivFinG zu einer benutzerfinanzierten funktionalen Privatisierung des Baus und Betriebs bestimmter Projekte des Bundesfernstraßenbaus läßt sich in seiner rechtskonstruktiven Ausformung jedenfalls durchaus eindeutig und in sich widerspruchsfrei erfassen und rechtsbegrifflich bestimmen.

595 596 597

Schrifttum dazu in Fn. 577. W. Schmidt, NVwZ 95, 38. Letztere Beurteilungen bzw. Äußerungen bei Kämmerer, Privatisierung, S. 346 f.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 309

Was die im gegenständlichen Zusammenhang wesentlichen Bestimmungen des FStrPrivFinG zur Übertragung von Straßenbaulastaufgaben auf private Rechtsträger, zur Begründung von damit fachspezifisch notwendig verbundenen Rechten und Pflichten sowie zur Verleihung von hoheitsrechtlichen Befugnissen angeht, sind zwei dementsprechend unterscheidbare Regelungskomplexe erkennbar. Zum einen handelt es sich um die Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung der betreffenden Projekte von Bundesfernstraßen zur Ausführung durch die betreffenden Privaten, einschließlich einer Einräumung von hierbei fachspezifisch notwendigen Rechten und Pflichten,598 sowie zum anderen um die Begründung von Befugnissen, Pflichten und Rechten der jeweiligen Privaten bei der „Mautgebührenerhebung“ und im anlagentechnischen Zusammenhang des hierfür erforderlichen Mauterhebungssystems.599 Man kann für beide Regelungskomplexe jeweils zusammengefaßt von der Übertragung der technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben für die betreffenden Projekte des Bundesfernstraßenbaus einerseits sowie von der Einräumung von Befugnissen, Rechten und Pflichten bei der Erhebung der betreffenden Mautgebühren andererseits sprechen. Beides hängt funktional und rechtskonstruktiv dadurch zusammen, daß sich aus dem rechtskonstruktiven Wirkungs- und Bedeutungsgehalt der bloß durchführungsweisen Übertragung der technischen Straßenbaulastaufgaben auch die Verleihung der Befugnis zur Erhebung der Mautgebühren „gebührenrechtlich“ erklärt und daß die Übertragung der finanziellen Straßenbaulastaufgaben mit dem Recht zur Verwendung des Mautgebührenaufkommens verbunden ist. Beide Zusammenhänge rechtfertigen die Begriffsbildung einer funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung auf der Grundlage einer Benutzerfinanzierung. Es handelt sich um funktional und rechtskonstruktiv zwar zusammenhängende, aber gleichwohl rechtsbegrifflich unterscheidbare sowie entsprechend unterschiedlich erfaßbare und definierbare Regelungskomplexe, nämlich um die funktionale Privatisierung der technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben sowie um die funktionale Privatisierung der Mautgebührenerhebung. Unbeschadet der genannten Zusammenhänge läßt sich jeder der beiden Regelungskomplexe als solcher rechtskonstruktiv interpretieren. Den zentralen und deshalb an erster Stelle zu betrachtenden Ausgangs- und Anknüpfungspunkt bildet die rechtssatzmäßig geregelte Übertragung der technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben auf „Private“. Sie macht das konzeptionell und rechtskonstruktiv Primäre an dem im FStrPrivFinG verwirklichten „Betreibermodell“ und am Rechtsbegriff des „Betreibers“ im Sinne einer rechtsbegrifflich funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung aus. In dem Zusammenhang läßt sich überhaupt der Rechtsbegriff des „Betreibers“ klarstellen, dessen Wortgebrauch sich zwischenzeitlich recht wahllos und unbedacht in einer undifferenzierten Weise entwickelt hat. Das FStrPrivFinG selbst ver598 599

§ 1 Abs. 2 und 3 FStrPrivFinG. § 1 Abs. 4, § 2 FStrPrivFinG.

310

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

wendet den Begriff des „Betreibers“ zwar lediglich an einer einzigen beiläufigen Stelle,600 während es im übrigen nur von „Privaten“ bzw. vom „Privaten“ spricht. Aber eindeutig werden die genannten Begriffe synonym verstanden und gebraucht; auch wird das Regelungsmodell des FStrPrivFinG gemeinhin als „Betreibermodell“ bezeichnet. In der rechtsbegrifflichen Bedeutung übereinstimmend hiermit gebraucht auch das ABMG den Begriff des „Betreibers“, wenn es diesen als denjenigen „Privaten“ legal definiert, dem die Aufgabe und Befugnis zur Errichtung und zum Betrieb eines Systems zur Erhebung der in dem Gesetz geregelten Mautgebühren übertragen wird.601 Auch wenn beide Gesetze zur Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen den Begriff des „Betreibers“ in bezug auf unterschiedlich weitgehende Inhalte der übertragenen Rechtsstellungen bzw. Befugnisse verwenden, im ABMG nur hinsichtlich einer Verleihung der Befugnis zur Mauterhebung, im FStrPrivFinG dagegen wesentlich weitergehend auch bezüglich einer Übertragung der technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben, folgen beide hierbei der gleichen rechtskonstruktiven und rechtsbegrifflichen Vorstellung. Sie liegt darin, daß die betreffenden „Privaten“ nicht nur verwaltungsintern administrativ für die Erfüllung von Aufgaben und Befugnissen der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung unter unveränderter Aufrechterhaltung der hierbei gesetzlich bestehenden Rechtszuständigkeiten von Bund und auftragsweise wahrnehmungsständigen Ländern „in Dienst genommen“ werden. Vielmehr erfolgt nach den Betreiberregelungen beider genannter Gesetze eine fernstraßenrechtlich relevante Veränderung im Aufgaben- bzw. Befugnisbereich der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung zugunsten Privater. Hierin besteht das rechtsbegriffliche Merkmal einer funktionalen Privatisierung. Bei der Verleihung der Befugnis zur Mauterhebung nach dem ABMG sowie bei der im FStrPrivFinG damit verbundenen Übertragung der technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben findet eine solche funktionale Privatisierung in dem hier zugrundgelegten und an anderer Stelle prinzipiell begründeten rechtsbegrifflichen Sinne dadurch statt, daß zur Wahrnehmung der mit den betreffenden Aufgaben und Befugnisse konstituierten Rechtsmacht der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung Personen des Privatrechts auf eine fernstraßenrechtlich relevante Weise in Anspruch, d. h. „in Pflicht genommen“ werden.602 Der derart spezifisch verwendete Begriff einer gesetzlich geregelten „Inpflichtnahme“ Privater definiert sich dadurch als funktionale Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung, daß deren betreffende Aufgaben in fernstraßenrechtlich relevanter Weise zu Durchführungsaufgaben Privater gemacht werden, also objektbezogen eine „Aufgabenteilprivatisierung“ stattfindet. Mit dem in der dargelegten Weise definierten Rechtsbegriff eines „Betreibers“ und eines „Betreibermodells“ hat rechtskonstruktiv nichts gemein, wenn auch bei § 2 Abs. 2 S. 4 FStrPrivFinG. § 4 Abs. 2 S. 1 ABMG. 602 Siehe dazu die rechtskonstruktiven und rechtsbegrifflichen Klarstellung bzw. Festlegungen in Fn. 398 f. 600 601

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 311

dem im Rahmen der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen nach dem ABMG fallweise praktizierten, schon erörterten sogenannten A-Modell von einem „Betreiber“ oder von einem „Betreibermodell“ gesprochen wird.603 Die dort stattfindende, bloße verwaltungsintern administrative „Indienstnahme“ Privater für die betreffenden streckenbezogenen Vorhaben des Bundesfernstraßenbaus unter ebenso bloß verwaltungsintern administrativer Überlassung der betreffenden strekkenbezogen erhobenen Mautgebühren erfolgt ohne eine Veränderung der fernstraßenrechtlich bestehenden Rechtsmacht der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung. Es fehlt daher an den Merkmalen einer funktionalen Privatisierung im rechtsbegrifflichen Sinne und an deren Rechtswirkungen. Von „Betreibern“ oder von einem „Betreibermodell“ sollte und kann dabei rechtsbegrifflich nicht gesprochen werden. Vielmehr unterscheidet sich dieser letztere Fall des sogenannten A-Modells nicht von allen anderen Vorgängen, bei denen die staatliche Bundesfernstraßenverwaltung Dritte bloß verwaltungsintern administrativ „in Dienst nimmt“. Die rechtskonstruktiven und rechtsbegrifflichen Unterschiede zwischen den Fällen einer bloßen verwaltungsintern administrativen „Indienstnahme“ Privater bei der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung einerseits und einer funktionalen Privatisierung von Aufgaben und Befugnissen der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung andererseits wird vollends deutlich, wenn man sich das im FStrPrivFinG verwirklichte „Betreibermodell“ im Hinblick darauf vergegenwärtigt und dabei zunächst, wie angesprochen, die primär wesentliche projektspezifische Übertragung der technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben auf „Betreiber“ in den Blick nimmt. 5. Die funktionale Privatisierung von Straßenbaulastaufgaben nach dem Betreibermodell des FStrPrivFinG in ihrer Rechtskonstruktion und Rechtswirkung als Verwaltungshilfe – Unterschied zur funktionalen Privatisierung von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen Das FStrPrivFinG regelt das Modell einer fernstraßenrechtlich relevanten, funktionalen Privatisierung der Straßenbaulastaufgaben für Bundesfernstraßen durch einen Komplex von Vorschriften, die in ihren rechtskonstruktiven Zielsetzungen, Instrumenten und Wirkungen sowie in ihrer rechtsbegrifflichen Zusammenfassung und Identifizierung zwar interpretationsbedürftig, aber dazu auch hinreichend aussagekräftig sind. Danach wird das konzeptionelle verkehrs- und finanzwirtschaftliche Ziel, zur Verstärkung von Investitionen in das Bundesfernstraßennetz die Wahrnehmung der technischen und finanziellen Aufgaben beim Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen durch Private zu ermöglichen,604 mit hierzu geeigneten, notwendigen, aber auch ausreichenden fernstraßenrechtlichen Übertragungsregelungen realisiert. Den betreffenden privaten „Betreibern“ wer603 604

Zum sogenannten A-Modell oben unter II.3. sowie ebenfalls in Fn. 398. § 1 Abs. 1 FStrPrivFinG.

312

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

den der Bau, die Erhaltung, der Betrieb und die Finanzierung von nach Maßgabe des Gesetzes bestimmten Projekten des Bundesfernstraßenbaus „zur Ausführung übertragen“ und dem betreffenden „Betreiber“ werden auch die dazu erforderlichen Rechte und Pflichten eingeräumt, welche ansonsten die staatliche Bauverwaltung der Bundesfernstraßen bei gewissen finanziellen und planvorbereitenden sowie bei straßenverkehrsrechtlichen Angelegenheiten und bei Enteignungsrecht und Eigentumserwerb beanspruchen kann bzw. zu übernehmen hat.605 Abgesehen von den straßenbaulichen Elementen, die mit den rein technischen Bau-, Erhaltungs- und Betriebsaufgaben der Straßenbaulast immanent verbunden sind, gehen besondere, nach „außen“ rechtlich relevante hoheitliche Aufgaben und Befugnisse auf die „Betreiber“ ausschließlich zum Zwecke und im Rahmen der Mautgebührenerhebung über, deren Aufkommen ihnen für die Erfüllung der auch in finanzieller Hinsicht übertragenen Straßenbaulast zur Verwendung überlassen wird.606 In Beziehung auf die Übertragung der „Finanzierung“ bestimmter Projekte des „Neu- und Ausbaus von Bundesfernstraßen auf der Grundlage einer Gebührenfinanzierung“ ist die hoheitsrechtliche Befugnisausstattung der privaten „Betreiber“ für den Bereich der Mautgebührenerhebung mit der Übertragung der betreffenden Straßenbaulastaufgaben verbunden.607 Aber im übrigen stellt diese als solche einen rechtskonstruktiv eigenen Regelungskomplex funktionaler Privatisierung der betreffenden projektspezifischen Bundesfernstraßenverwaltung dar. Hierbei ist der projektspezifische Anwendungsbereich der dargelegten funktionalen Privatisierung von Straßenbaulastaufgaben auch nicht auf die Fälle einer staatlichen Straßenbaulast für Bundesfernstraßen beschränkt; er umfaßt ebenso die nach § 5 FStrG bestehenden besonderen Fälle einer gemeindlichen Straßenbaulast für bestimmte Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen, so daß dann die betreffende Übertragung der Straßenbaulastaufgaben durch die hierbei zuständigen Gemeinden erfolgt.608 Diese ausnahmsweise kommunale Zuständigkeit gilt aber nur für die Übertragung der Straßenbaulastaufgaben auf die privaten „Betreiber“,609 während die Kompetenz zur Verleihung der hoheitsrechtlichen Mauterhebung an den jeweiligen „Betreiber“ stets bei der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung liegt.610 Auch insofern erweisen sich die funktionale Privatisierung der Straßenbaulastaufgaben und diejenige der Mautgebührenerhebung zugunsten der privaten „Betreiber“ als eigenständige Regelungskomplexe im FStrPrivFinG. § 1 Abs. 2 und 3 FStrPrivFinG. § 1 Abs. 4, § 2 FStrPrivFinG. 607 Zu den betreffenden Mauteinrichtungen der privaten Betreiber als Bestandteilen der betreffenden Projekte von Bundesfernstraßen und zu dem auch sachenrechtlichen Inhalt der Beleihung mit der Mauterhebung sowie zu hiermit begründeten baulastspezifischen Pflichten und Verantwortlichkeiten der privaten Betreiber siehe oben unter III, insb. III.2.-4. 608 Schmitt, FStrPrivFinG, S. 87 und Kämmerer, Privatisierung, S. 345 und 348. 609 § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG. 610 § 2 Abs. 1 FStrPrivFinG. 605 606

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 313

Die angeführten Regelungen des FStrPrivFinG zur Übertragung der Straßenbaulastaufgaben für Bundesfernstraßen auf private „Betreiber“ vermögen mit den hierfür geschaffenen Rechtskonstruktionen und Rechtswirkungen in einem ersten Schritt Klarheit zu gewinnen, wenn man sie unter einem naheliegenden Rechtsvergleich in ihrer Eigenart beurteilt. Denn die fernstraßenrechtlich relevante Übertragung, d. h. die funktionale Privatisierung des Baus und Betriebs bestimmter bestandteilsmäßiger Anlagen von Bundesfernstraßen ist auch schon dem im FStrG enthaltenen allgemeinen Recht der Bundesfernstraßen nicht gänzlich unbekannt. Dort sind es die besonderen Regelungen im Rahmen von § 15 FStrG zur möglichen Übertragung des Baus von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen auf Dritte sowie zur regelmäßigen, nur unter besonderen Ausnahmevoraussetzungen ausgeschlossenen Übertragung des Betriebs dieser Nebenbetriebe auf Dritte. Jene Regelungen des Nebenbetriebsrechts im Bereich der Bundesautobahnen führen letzten Endes zu ganz anderen rechtlichen Modalitäten und zu einem ganz anderen rechtlichen Ergebnis innerhalb des Gestaltungsspektrums funktionaler Privatisierungen der Bundesfernstraßenverwaltung. Zwar handelt es sich bei der Übertragung des Baus von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen nach § 15 Abs. 2 S. 1 FStrG ebenfalls um eine Übertragung von entsprechenden, nämlich der betreffenden anlagenspezifischen technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben der Bundesfernstraßenverwaltung auf Private. Denn auch jene Nebenbetriebsanlagen sind gesetzlich expliziterweise Bestandteile der Bundesautobahnen in staatlicher Straßenbaulast.611 Sie werden, auch bei einer Übertragung des Baus auf Private, in gleicher Weise wie die Bundesautobahnen planungsrechtlich und enteignungsrechtlich nach dem Recht der Bundesfernstraßen sowie unter der besonderen fachspezifischen Bauhoheit der Bundesfernstraßenerwaltung nach § 4 FStrG realisiert und sie stellen ebenso wie die Bundesautobahnen als Verkehrsanlagen jedenfalls Leistungseinrichtungen innerhalb derselben dar, die von deren Benutzern unmittelbar als solche in Anspruch genommen werden.612 Auch werden für den Bau der Nebenbetriebsanlagen durch Private diesen die hierfür notwendigen Grundstücke vom Bund erst übertragen. Eine fernstraßenrechtliche Besonderheit liegt, wie gesagt, in benutzungsspezifischer Hinsicht lediglich darin, daß die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen keine unmittelbare Verkehrsfunktion erfüllen, d. h. keine Verkehrsanlagen im Sinne des Rechts der Bundesfernstraßen sind, sondern eine spezielle „anstaltliche“ Leistungseinrichtung darstellen. Dieser Umstand allein ändert jedoch nichts daran, daß es sich auch bei einer Übertragung des Baus von Nebenbetriebsanlagen auf Dritte um eine Übertragung der betreffenden technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben für Bundesfernstraßen handelt. Gleichwohl zeichnet sich die funktionale Privatisierung von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen, und zwar gleichgültig ob sie auch schon für deren Bau § 1 Abs. 4 Nr. 5 FStrPrivFinG. Zu den Nebenbetrieben der Bundesautobahnen Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 28 f. und Bauer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 41 Rnr 53 ff.; ferner Steiner, NJW 94, 1712 f. 611 612

314

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

oder lediglich für deren Betrieb erfolgt, im Ergebnis in ihren Rechtswirkungen durch besondere Modalitäten aus, in denen sie sich von der Übertragung der Straßenbaulastaufgaben für bestimmte Projekte des Bundesfernstraßenbaus nach dem Betreibermodell des FStrPrivFinG wesentlich unterscheidet. Die Gründe hierfür liegen in der besonderen Art der rechtlichen Zwecksetzungen und Wirkungen, die mit einer Übertragung des Betriebs der Nebenbetriebe stets nur verfolgt bzw. erzielt werden können. Ein erster Unterschied zwischen der möglichen Übertragung des Baus und der regelmäßigen Übertragung des Betriebs von Nebenbetriebsanlagen an den Bundesautobahnen nach dem FStrG einerseits sowie der Übertragung der Straßenbaulastaufgaben für bestimmte Neu- und Ausbauprojekte von Bundesfernstraßen nach dem gegenwärtig im FStrPrivFinG geregelten Betreibermodell andererseits besteht darin, daß jene Nebenbetriebe in Beziehung zu ihren Benutzern stets als privatwirtschaftliche Leistungseinrichtungen in privatrechtlicher Form betrieben werden, und zwar auch bei einer ausnahmsweise staatlich verbleibenden Betriebsführung. Freilich würde diese aus der Sache erklärbare privatrechtliche Organisations- und Rechtsform der Benutzungsordnung von Nebenbetrieben als speziellen anstaltlichen Leistungseinrichtungen an den Bundesautobahnen als solche den betreffenden Vorgängen einer Übertragung ihres Baus und Betriebs noch keine besonderen fernstraßenrechtlichen Rechtswirkungen verleihen. Auch bei einer mit einer Übertragung der Straßenbaulastaufgaben auf private „Betreiber“ verbundenen organisationsaktmäßigen Formenwahl zugunsten einer privatrechtlichen Organisationsund Rechtsform der betreffenden Bundesfernstraßenverwaltung wird noch nicht über die fernstraßenrechtlichen Rechtswirkungen der Übertragung entschieden. So könnte die Übertragung der Straßenbaulastaufgaben, wie sie im FStrPrivFinG unter Beibehaltung der tradierten hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung geregelt ist, durchaus ebenso mit einer organisationsaktmäßigen Formenwahl zugunsten einer privatrechtlichen Organisations- und Rechtsform der betreffenden projektspezifischen Bundesfernstraßenverwaltung gesetzlich verbunden werden. Die entscheidende rechtskonstruktive Besonderheit bei der Übertragung des Baus bzw. jedenfalls des Betriebs von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen auf Private liegt vielmehr erst darin, daß die betreffenden Nebenbetriebe nach dem FStrG, unbeschadet ihrer fachspezifisch notwendigen Zuordnung zu den Bestandteilen der Bundesautobahnen, in privatwirtschaftlicher Weise und in privatrechtlicher Form organisierte Leistungseinrichtungen für die Benutzer von Bundesautobahnen staatlich „gewährleistet“ werden, aber keine eigene „Verwaltungsleistung“ der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung in einem unmittelbaren rechtsbegrifflichen Sinne mehr darstellen. Mit der Übertragung des Baus und jedenfalls schon allein des Betriebs jener Nebenbetriebe auf Private verlieren die betreffenden Nebenbetriebsanlagen zugleich die sachliche und rechtliche Eigenschaft einer Verwaltungsleistung der Bundesfernstraßenverwaltung; sie werden zu einer fernstraßenrechtlich bloß noch funktional staatlicherseits „gewährleisteten“ Leistungseinrichtung der jeweiligen Privaten. Es handelt sich um die Modalität einer funktionalen Privatisierung, bei der die Aufgaben und Befugnisse der staatlichen Bundesfern-

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 315

straßenverwaltung zum einen einer privatwirtschaftlichen, privatrechtsförmlichen Durchführung überantwortet sowie zum zweiten und vor allem überhaupt zugunsten von Personen des Privatrechts abgegeben werden. Im Ergebnis handelt es sich nicht nur bei der funktionalen Privatisierung auch schon des Baus von Nebenbetrieben an Bundesfernstraßen, sondern ebenso im gesetzlich vorgesehenen Regelfall der Vergabe ihres Betriebs an Private bei den betreffenden Nebenbetrieben um leistungs- und nutzungsspezifisch nicht staatliche, private Einrichtungen. Damit liegt ein Fall funktionaler Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung in einer rechtskonstruktiven Form und mit einer Rechtswirkung vor, aufgrund derer sich dieser Fall wesentlich von der funktionalen Privatisierung der Straßenbaulastaufgaben für bestimmte Neu- und Ausbauprojekte von Bundesfernstraßen nach dem FStrPrivFinG unterscheiden läßt. Man mag in dem Falle der Übertragung des Baus oder jedenfalls des Betriebs von Nebenbetrieben an Bundesautobahnen auf Private rechtsbegrifflich von einer sogenannten „Verwaltungssubstitution“ der Bundesfernstraßenverwaltung sprechen. Rechtsbegrifflich fehl am Platze sind hierfür jedenfalls rechtsbegriffliche Kennzeichnungen als „Organisationsprivatisierungen“ oder als „formelle Privatisierungen“;613 denn diese stellen lediglich subjektbezogene Kategorien einer Privatisierung dar, ohne etwas über den objektbezogenen Inhalt und Bedeutungsgehalt derselben auszusagen.614 Auch kann man damit keine Erinnerung an „die Figur der sog. Verleihung eines öffentlichen Unternehmens“ verbinden,615 weil die betreffenden Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen, wie dargelegt, gar keine Verwaltungsleistung der Bundesfernstraßenverwaltung mehr sind, sondern mit der gemeinten „Verleihung“ gar keinen materiellen Aufgabenstatus als „öffentliche Unternehmen“ der Bundesfernstraßenverwaltung mehr haben. Der erwähnte, die betreffende Rechtskonstruktion und Rechtswirkung durchaus zutreffend zum Ausdruck bringende Rechtsbegriff einer „Verwaltungssubstitution“ besagt in dem gegenständlichen Falle der Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen nichts anderes als daß mit der Übertragung des Baus oder jedenfalls des Betriebs jener Nebenbetriebe auf Private eine Modalität funktionaler Privatisierung der betreffenden Bundesfernstraßenverwaltung stattfindet, deren Rechtskonstruktion und Rechtswirkung objektbezogen die Aufgaben- und Befugnisstellung, also die Rechtsmacht der Bundesfernstraßenverwaltung auf der Grundlage und im Rahmen der Staatsaufgabe und staatlichen Verantwortung für die Bundesfernstraßen nicht nur verändert, sondern beendet. Es handelt sich um den weitestgehenden Fall einer funktionalen Privatisierung, d. h. einer „Aufgabenteilprivatisierung“ der Bundesfernstraßenverwaltung, in dem die betreffenden Bestandteile von Bundesfernstraßen, nämlich die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen, ihre rechtliche Eigenschaft als 613 So Steiner, NJW 94, 1712, Roßnagel, ZRP 95, 100 / 101 und Reidt / Stickler, BauR 97, 241 / 245 f. 614 Zur rechtsbegrifflichen Kategorisierung der Privatisierungen in objektbezogene und subjektbezogene bei Kämmerer (Privatisierung, S. 37 f.) schon in Fn. 335. 615 So Steiner, NJW 94, 1712.

316

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Verwaltungsleistung der Bundesfernstraßenverwaltung verlieren und zu nicht staatlichen, privaten Anlagen im Fernstraßenwesen werden. Hiervon unterscheiden sich die Rechtskonstruktion und die Rechtswirkung bei der Übertragung von Straßenbaulastaufgaben auf private „Betreiber“ nach dem FStrPrivFinG aus in diesem Gesetz erkennbaren Gründen wesentlich. Das FStrPrivFinG liefert keine Anhaltspunkte dafür, daß mit der bloßen Übertragung von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung bestimmter Projekte des Bundesfernstraßenbaus auf private „Betreiber“ die betreffenden Bundesfernstraßen ihre sachliche und rechtliche Eigenschaft als Verwaltungsleistung der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung verlören. Zwar treten die privaten „Betreiber“ hinsichtlich gewisser finanzieller, planvorbereitender und straßenverkehrsrechtlicher Angelegenheiten sowie bezüglich des Enteignungsrechts und Eigentumserwerbs beim Bundesfernstraßenbau in die Rechte und Pflichten der ansonsten staatlichen Bauverwaltung für die Bundesfernstraßen ein.616 Sie werden demzufolge auch privatrechtliche Eigentümer der betreffenden Straßenbauwerke und Straßengrundstücke.617 Aber deren Sachenrechtsregime unterliegt wie in den Fällen der staatlichen bzw. kommunalen Straßenbaulast der durch staatliche Widmung begründeten öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung nach dem Recht der Bundesfernstraßen. Die Benutzungsordnung bleibt diejenige der Bundesfernstraßen nach dem FStrG. Es gelten die allgemeinen gesetzlichen Gemeingebrauchsregelungen des § 7 FStrG und das allgemeine gesetzliche Sondernutzungsregime der Bundesfernstraßen nach § 8 FStrG wird weiterhin in der Rechtszuständigkeit der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung wahrgenommen. Schließlich bleiben auch alle sonstigen, von den aufgeführten Übertragungsakten inhaltlich und umfänglich nicht umfaßten, mit der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen verbundenen Rechte und Pflichten der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung unberührt. Danach verändert die nach dem Betreibermodell des FStrPrivFinG erfolgende Übertragung der Straßenbaulastaufgaben für Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung bestimmter Projekte des Bundesfernstraßenbaus sowie die Übertragung gewisser mit jenen Straßenbaulastaufgaben fachspezifisch notwendig verbundener Rechte und Pflichten auf private „Betreiber“ nichts an dem Rechtsregime der Bundesfernstraßenverwaltung, und zwar an deren tradiertem hoheitsrechtlichen Rechtsregime, im Außenrechtsverhältnis gegenüber den Straßenbenutzern und gegebenenfalls sonstigen Dritten. Die funktionale Privatisierung der betreffenden Straßenbaulastaufgaben sowie der hiermit fachspezifisch notwendig verbundenen Rechte und Pflichten geschieht lediglich in der rechtskonstruktiven Weise und mit der Rechtswirkung einer fernstraßenrechtlich relevanten Abgabe der Durchführungsaufgabe. Die jeweiligen privaten „Betreiber“ sowie die ihnen eigentumsrechtlich gehörenden und von ihnen § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 2 und 3 FStrPrivFinG. Zu den betreffenden Enteignungen für die Projekte und zum Eigentumserwerb durch den Betreiber Schmitt, FStrPrivFinG, S. 126 ff. und 271 ff. sowie Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 127 ff. und 235 f.; dort auch zur Frage einer „Enteignung zu Gunsten Privater“ und der Erörterung der betreffenden Annahmen von Steiner, NJW 94, 3150. 616 617

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 317

betriebenen Bundesfernstraßen fungieren dabei rechtlich als Hilfsorgane bzw. Hilfseinrichtungen der Bundesfernstraßenverwaltung, in die sie auf solche Weise funktional einbezogen sind und der ihre betreffenden straßenbaulichen Tätigkeiten und Einrichtungen im Außenverhältnis zu den Fernstraßenbenutzern und sonstigen Dritten rechtlich zugeordnet werden. Die betreffenden Bundesfernstraßen bleiben eine Verwaltungsleistung der staatlichen, hoheitsrechtlichen Bundesfernstraßenverwaltung.618 Dies bedeutet unter anderem, daß allein diese und als solche für den baulichen Zustand der betreffenden Bundesfernstraßen gegenüber den Straßenbenutzern verkehrssicherungspflichtig ist619 sowie „gebührenrechtlich“ die Befugnis zur Erhebung von Mautgebühren besitzt und diese Befugnis privaten „Betreibern“ verleihen kann, wie dies das FStrPrivFinG auch prinzipiell vorsieht.620 Gegenüber den Fernstraßenbenutzern straßenverkehrssicherungspflichtig bzw. haftungslegitimiert sind die hinsichtlich des baulichen Zustandes der betreffenden Bundesfernstraßen auftragsweise wahrnehmungszuständigen Länder aufgrund ihrer rechtsgrundsätzlichen Verpflichtung nach § 823 Abs. 1 BGB, die ihnen unter den Voraussetzungen einer von ihnen organisationsaktmäßig getroffenen Amtshaftungsregelung nach § 839 BGB, Art. 34 GG obliegt.621 618 In dieser Hinsicht zutreffend W. Schmidt (NVwZ 95, 38 f.), wonach es beim FStrPrivFinG zu keinem „öffentlichrechtlichen Leistungsverhältnis zwischen den Privaten und den Straßenbenutzern“ komme, vielmehr eine Verwaltungsleistung der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung vorliege. Gerade deshalb aber ersichtlich unzutreffend die hierbei vertretene Auffassung, die beleihungsrechtliche Mauterhebung durch den privaten Betreiber entbehre der hierfür vorausgesetzten äquivalenten Verwaltungsleistung und daher sei die „Mautgebührenpflicht“ rechtlich nicht haltbar (ders., a. a. O., 39). Vielmehr handelt es sich bei der betreffenden Befugnis des privaten Betreibers zur Erhebung der Mautgebühren gerade um die erst kraft Beleihung begründete Befugnis zur Gebührenerhebung aus dem Recht der die Verwaltungsleistung im Rechtssinne erbringenden staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung; siehe zum Fragenbereich Schmitt, a. a. O., S. 167 ff. 619 Fragwürdig bzw. klarstellungsbedürftig ist aus den angeführten Gründen die beiläufige Äußerung von Steiner (NJW 94, 1350 / 1351), dass der private Betreiber die Verkehrssicherungspflicht aus § 823 Abs. 1 BGB (Fn. 526), gegebenenfalls gemäß den Organisationsaktregelungen von Landesstraßengesetzen als Amtpflicht, „wahrnimmt“ und dass „deshalb“ das bundesstaatsrechtlich zuständige Land die Schadensersatzpflicht treffe; dem folgend Schmitt, a. a. O., S. 155 ff. und 263 f. Nach „außen“ gegenüber den Benutzern der betreffenden Bundesfernstraßen jedenfalls sind bereits originär und nur die betreffenden Landesfernstraßenverwaltungen Träger der allgemeinen deliktsrechtlichen Verkehrssicherungspflicht. Diese im vorliegenden Zusammenhang wesentliche rechtskonstruktive Klarstellung ist allerdings im praktischen Ergebnis ohne Bedeutung. Auch ist der Hinweis auf die Möglichkeit und Angemessenheit einer rechtsgeschäftlichen Haftungsfreistellung der betreffenden Landesfernstraßenverwaltung durch den privaten Betreiber zutreffend und wichtig (ders., a. a. O.). 620 Siehe die Begründung in Fn. 618. Erbringer der gebührenfähigen Verwaltungsleistung bleibt die staatliche Bundesfernstraßenverwaltung. Die beleihungsrechtliche Erhebung der Mautgebühren durch den privaten Betreiber erfolgt aus dem Recht der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung. 621 Von dieser Verkehrssicherungspflicht und Haftungslegitimation der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung in ihrem gegenständlichen Bezug zu unterscheiden ist, wie dargelegt, die Verkehrssicherungspflicht und Haftungslegitimation der privaten Betreiber für den

318

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Es handelt sich folglich aufgrund der aufgeführten Rechtslage bei dem rechtssatzmäßig geregelten baulastspezifischen Betreibermodell des FStrPrivFinG um eine funktionale Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung in der Modalität einer der Verwaltungsrechtsdogmatik rechtsbegrifflich bekannten sogenannten selbständigen Verwaltungshilfe.622 Deren Rechtskonstruktion und Rechtswirkung besteht darin, daß Dritte für einen Verwaltungsträger kraft rechtssatzmäßiger Regelung und daher kraft eigener rechtssatzmäßiger Rechtsstellung im Verhältnis zu dessen originärer Rechtszuständigkeit dessen Aufgaben und Befugnisse übertragungs- und durchführungsweise wahrnehmen, aufgrund dieser Rechtsstellung funktional in die Aufgaben- und Befugnisstellung des originären Verwaltungsträgers einbezogen sind und daher mit ihren betreffenden Tätigkeiten und Einrichtungen kraft rechtlicher Zuordnung dessen betreffende Verwaltungstätigkeit nach außen repräsentieren. Wegen dieser besonderen rechtskonstruktiven und rechtswirksamen Merkmale ist die selbständige Verwaltungshilfe deutlich von einer bloß administrativen „Indienstnahme“ Dritter durch einen Verwaltungsträger unterschieden, mit deren Hilfe dieser unverändert selbst seine betreffenden Aufgaben und Befugnisse wahrnimmt.623 baulichen Zustand der von ihnen kraft sachenrechtlicher Beleihung und insofern eigener baulastspezifischer Rechtszuständigkeit errichteten und betriebenen Mauterhebungseinrichtungen an den betreffenden Bundesfernstraßen (dazu oben unter III.4.). 622 Zur Rechtskonstruktion, Rechtswirkung und Rechtsbegriff der Verwaltungshilfe siehe die Nachw. in Fn. 399 a.E. Zur Einordnung der funktional privatisierenden Übertragungsregelungen von § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG, d. h. dieses baulastspezifischen Modells, als Verwaltungshilfe Steiner, NJW 94, 3150, Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 179 ff.: Schmitt, FStrPrivFinG, S. 94 ff. und 101 ff., und Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 227 ff. Es handelt sich, da der private Betreiber nicht bloß verwaltungsintern in die staatliche Bundesfernstraßenverwaltung „integriert“, vielmehr rechtssatzmäßig mit einer eigenen Rechtsstellung gegenüber jener ausgestattet ist, um eine sogenannte selbständige Verwaltungshilfe (Steiner, a. a. O.). Zur Unterscheidung von verwaltungsintern unselbständiger Verwaltungshilfe einerseits und selbständiger Verwaltungshilfe andererseits Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 233 ff. und Wolff / Bachof / Stober III, § 90a Rnr 1 ff. bzw. 13 ff. 623 Wenig glücklich und eher verwirrend ist deshalb im Zusammenhang des baulastspezifischen Betreibermodells nach § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG der Gebrauch bzw. die gleichzeitige Verwendung des Begriffs einer „Konzession“ (Reidt / Stickler, BauR 97, 365) oder von „Konzessionsverträgen“ (Steiner, NJW 94, 3150 / 3151). Denn hiermit kann möglicherweise eine Assoziation mit dem rechtskonstruktiv ganz anderen sogenannten Konzessions-Modell hergestellt werden, das üblicherweise den Fall einer lediglich verwaltungsintern administrativen Indienstnahme bezeichnet (siehe in Fn. 398 f.). Die selbständige Verwaltungshilfe nach § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG dagegen beruht auf einer Veränderung der rechtssatzmäßigen, im vorliegenden Falle nach dem FStrG allgemein bestehenden, Aufgabenstellung der Bundesfernstraßenverwaltung, stellt also eine Veränderung in deren Rechtsmacht und deshalb eine funktionale Privatisierung im rechtsbegrifflichen Sinne dar. Kämmerer (Privatisierung, S. 346 f.) kritisiert an den betreffenden Regelungen des FStrPrivFinG, dass diese einer entsprechenden rechtskonstruktiven Klarstellung entbehrten. Es erscheint jedoch fraglich, ob derart angemahnte rechtsdogmatische Feststellungen eine Aufgabe des Gesetzgebers zu sein haben. Die Regelung eines baulastspezifischen Betreibermodells in § 1 Abs. 2 FStrPrivFinG bedient sich durchaus erkennbar der hier dargelegten und

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 319

Eine Klarstellung erscheint schließlich geboten gegenüber einer Annahme, wonach die baulastspezifische Verwaltungshilfe nach dem FStrPrivFinG wegen des hoheitlichen Charakters der dem privaten „Betreiber“ dabei übertragenen fernstraßenrechtlichen Bau-, Erhaltungs- und Betriebsvorgänge zugleich eine Beleihung mit schlicht hoheitlichen Befugnissen enthalte.624 Es ist zwar nicht zu bestreiten, daß Gegenstand einer Beleihung auch Aufgaben der schlichten Hoheitsverwaltung sein können.625 Gleichwohl muß es als rechtskonstruktiv verunglückt gelten, in der selbständigen Verwaltungshilfe privater „Betreiber“ nach dem FStrPrivFinG für Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Projekte des Neu- und Ausbaus von Bundesfernstraßen auch eine schlicht-hoheitliche Beleihung zu sehen. Denn Rechtskonstruktion, Rechtswirkung und Rechtsbegriff der Beleihung sind, auch wenn sich eine solche nur auf schlicht-hoheitliche Aufgaben und Befugnisse bezieht, beschränkt auf eine Verleihung außenrechtswirksamer Aufgaben und Befugnisse. Das ist bei der selbständigen Verwaltungshilfe privater „Betreiber“ nach dem FStrPrivFinG für Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Bundesfernstraßenprojekte gerade nicht der Fall.626 Vielmehr bleiben diese unter den Voraussetzungen einer bloßen Verwaltungshilfe privater „Betreiber“ nach außen gegenüber den Fernstraßenbenutzern und sonstigen Dritten eine Verwaltungsleistung der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung. Von dem Rechtsinstitut der selbständigen Verwaltungshilfe macht das FStrPrivFinG zwangsläufig eine Ausnahme nur in dem Zusammenhang, daß die Verwaltungshilfe zur Finanzierung von Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Neuund Ausbauprojekte von Bundesfernstraßen auf der Grundlage einer den jeweiligen Verwaltungshelfern übertragenen Erhebung von Mautgebühren zur eigenen Verwendung erfolgt.627 Es handelt sich um einen, wie schon gesagt, eigenen Regelungskomplex innerhalb des FStrPrivFinG. Die hierbei vom Gesetzgeber zwangsläufig verwendete Rechtskonstruktion bedarf in ihrer Ausgestaltung und Rechtswirkung einer dementsprechend eigenständigen Interpretation und rechtsbegriffin der Verwaltungsrechtsdogmatik bekannten Rechtsfigur einer selbständigen Verwaltungshilfe. 624 So Steiner, a. a. O., 3150 Fn. 12 in bezug auf die Regelung von § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG, wonach der private Betreiber die zur Vorhabenrealisierung, insbesondere zur enteignungsrechtlichen Vorhabenrealisierung notwendigen Rechte und Pflichten des Trägers der Straßenbaulast hat. 625 Nachw. bei Steiner, a. a. O. 626 Zutreffend daher gegenüber Steiner (a. a. O.) die Interpretation bei Pabst (Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 127 ff. und 235 ff.), der in der gesetzlichen Ausstattung des privaten Betreibers mit den für die Vorhabenrealisierung notwendigen Rechten und hiermit verbundenen Pflichten nach § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG eine zweckentsprechende Regelung „zugunsten Privater“, d. h. enteignungsrechtlich eine Enteignungsregelung zugunsten Dritter sieht (dazu schon Fn. 617). Der private Betreiber nimmt also insofern keine eigenen, verliehenen Hoheitsrechte wahr. In dem Zusammenhang zur Enteignung zugunsten Privater auch Friauf, Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben, S. 221 ff. 627 § 1 Abs. 4, § 2 Abs. 1 FStrPrivFinG.

320

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

lichen Erfassung. Es geht dabei insgesamt um die Organisation und Regelung der dem Betreibermodell des FStrPrivFinG konzeptionell wesentlichen Benutzerfinanzierung der betreffenden Projekte des Bundesfernstraßenbaus.

6. Die Organisation und Regelung der Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen beim baulastspezifischen Betreibermodell des FStrPrivFinG – Beleihungsrechtliche Mautgebührenerhebung Es geht gehört wesentlich zum Konzept des im FStrPrivFinG verwirklichten Betreibermodells, daß die selbständige Verwaltungshilfe der privaten „Betreiber“ beim Neu- und Ausbau der betreffenden Projekte von Bundesfernstraßen nicht nur deren Bau, Erhaltung und Betrieb, sondern deren Finanzierung umfaßt, also auf diese Weise die Sachfinanzierung von Bundesfernstraßen aus allgemeinen Mitteln des Bundeshaushalts vollständig substituiert und daß zu diesem Zweck einer funktional privatisierten Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus dem jeweiligen privaten „Betreiber“ die Befugnis zur eigenen Erhebung von Mautgebühren verliehen sowie das Recht zur eigenen Verwendung des betreffenden Mautgebührenaufkommens eingeräumt wird. Finanzwirtschaftlich handelt es sich um das Konzept einer nach dem baulastspezifischem Betreibermodell funktional privatisierten Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen in einem mit Rücksicht auf die vollständige Zweckbindung des Entgeltaufkommens für den betreffenden Bundesfernstraßenbau rechtsbegrifflich strikten Sinne.628 Dabei ist die Organisation und Regelung der derart funktional privatisierten Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen durch das baulastspezifische Betreibermodell des FStrPrivFinG in ihrer Rechtskonstruktion und Rechtswirkung folgerichtig und zwingend vorgegeben. Sie ergibt sich zwangsläufig aus der dargelegten Rechtskonstruktion und Rechtswirkung jenes baulastspezifischen Betreibermodells als selbständiger Verwaltungshilfe innerhalb der hoheitsrechtlichen Bundesfernstraßenverwaltung. Wie ausgeführt, ändert die baulastspezifische selbständige Verwaltungshilfe privater „Betreiber“ nach dem FStrPrivFinG bei Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung bestimmter Projekte des Bundesfernstraßenbaus nichts an dem fernstraßenrechtlichen Status, insbesondere an dem leistungs- und nutzungsspezifischen sowie sonstigen Außenrechtsregime der betreffenden Strecken von Bundesfernstraßen als einer staatlichen Verwaltungsleistung in der Organisations- und Rechtsform hoheitlicher Bundesfernstraßenverwaltung629. Danach ist auch die in dem Zusammenhang erfolgende Benutzerfinanzierung in ihrer bundesstaatsrechtlichen 628 Finanzwirtschaftlich handelt es sich um die Ablösung von vormals praktizierten Konzepten bzw. Modellen einer privaten Vorfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus; Steiner, NJW 94, 3150 f., Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 184 ff. sowie schon in Fn. 398 zur Praxis, finanzwirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Problematik und Ablösung jener privaten Vorfinanzierungsformen. 629 Vorstehend unter 5.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 321

Kompetenzordnung sowie in ihrer Organisations- und Rechtsform folgerichtig und zwingend eine solche auf der Grundlage und im Rahmen der hoheitsrechtlichen Bundesfernstraßenverwaltung, unbeschadet des Umstandes, daß die Mautgebührenerhebung durch den jeweiligen privaten „Betreiber“ funktional privatisiert erfolgt und daß das vereinnahmte Mautgebührenaufkommen diesem zu dessen eigener Verwendung bei Wahrnehmung seiner finanziellen Verwaltungshilfe für den betreffenden Bundesfernstraßenbau überlassen wird. Folgerichtig und zwingend haben die betreffenden Mautentgelte die Rechtsform und den Rechtscharakter hoheitsrechtlicher Mautgebühren für die Inanspruchnahme einer hoheitsrechtlichen Verwaltungsleistung der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung. Sie können nur hoheitsrechtlich erhoben werden,630 stellen Gebühreneinnahmen der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung dar631 und stehen unter Zugrundelegung von hierzu, wie dargelegt, nach der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung für die Bundesfernstraßenverwaltung nachvollziehbaren Gründen für eine ausschließliche Vereinnahmungskompetenz des Bundes diesem zu, der über ihre Verwendung kraft seiner Haushaltshoheit entscheiden und diese regeln kann.632 Die funktionalen Privatisierungsregelungen nach dem Betreibermodell des FStrPrivFinG bewegen sich innerhalb dieses bundesstaatsrechtlichen und „gebührenrechtlichen“ Rechtszustandes. Sie gestalten diesen rechtskonform lediglich in der Weise besonders aus, daß die staatliche Befugnis zur hoheitsrechtlichen Mautgebührenerhebung organisationsrechtlich an den jeweiligen privaten „Betreiber“ bzw. baulastspezifischen Verwaltungshelfer verliehen und daß das in der bundesstaatsrechtlichen Rechtszuständigkeit des Bundes vereinnahmte Mautgebührenaufkommen kraft dessen Haushaltshoheit jenem privaten „Betreiber“ bzw. baulastspezifischen Verwaltungshelfer überlassen wird.633 Mit der letzteren Regelung ist die Substituierung der Sachfinanzierungsverpflichtung des Bundes für die betreffenden Bundesfernstraßen verbunden.634 Mit der funktionalen Privatisierung der Mautgebührenerhebung zugunsten des jeweiligen privaten „Betreibers“ bzw. baulastspezifischen Verwaltungshelfers gehen hoheitliche Befugnisse der Bundesfernstraßenverwaltung auf Fn. 350. Entgegen der Auffassung von W. Schmidt (Fn. 618), der die Gebührenerhebung fälschlich auf eine Verwaltungsleistung eines privaten Betreibers bezieht und sie deshalb an der rechtlichen Möglichkeit eines Gebührenverhältnisses zu dem letzteren beurteilt. Die betreffenden Bundesfernstraßen werden zwar „tatsächlich“ vom privaten Betreiber im Wege selbständiger Verwaltungshilfe zur Benutzung bereitgestellt, aber sie gelten „rechtlich“ als Verwaltungsleistung der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung; Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, S. 187 ff. und 191 f., Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 70 f., Kämmerer, Privatisierung, S. 348 ff. sowie zu dem Fragenbereich Schmitt, FstrPrivFin, S. 167 ff. 632 Zur bundesstaatsrechtlichen Begründbarkeit einer ausschließlichen Vereinnahmungskompetenz des Bundes oben unter IV.7.; zur Verwendungskompetenz des Bundes oben unter IV.8. Dort auch zur ausnahmsweisen gemeindlichen Vereinnahmungs- und Verwendungskompetenz bei Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen. 633 § 2 Abs. 1 FStrPrivFinG. 634 Zur Orientierung dieser Konzepte einer funktionalen Finanzierungsprivatisierung an ausländischen Vorbildern Grupp, BVBl. 94, 140 / 142. 630 631

21 Bartlsperger

322

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

diesen über. Es ist der einzige, aber auch rechtskonstruktiv zwangsläufige Fall innerhalb des FStrPrivFinG, in dem den jeweiligen privaten „Betreibern“ hoheitliche Befugnisse der Bundesfernstraßenverwaltung im Außenrechtsverhältnis gegenüber den Benutzern der betreffenden Bundesfernstraßen und sonstigen Dritten übertragen werden. Danach erfolgt die Erhebung der Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG auf der Grundlage und im Rahmen des in ihm verwirklichten Betreibermodells zwangsläufig in der funktional privatisierten Organisations- und Rechtsform einer Beleihung der betreffenden privaten „Betreiber“ mit hoheitsrechtlichen Befugnissen zur Wahrnehmung einer Aufgabe der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung. Es handelt sich um eine Beleihung in dem rechtskonstruktiv und rechtsbegrifflich maßgeblichen Sinne, daß ein dritter Rechtsträger eine hoheitsrechtliche Aufgabe und Befugnis des hierfür originär rechtszuständigen Verwaltungsträgers zur hoheitsrechtlichen Wahrnehmung übertragen erhält.635 Dies ist angesichts einer geäußerten rechtsdogmatischen Kritik an der im FStrPrivFinG geregelten Beleihung der privaten Verwaltungshelfer für Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Bundesfernstraßen mit einer von der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung beanspruchten Befugnis zur Mautgebührenerhebung besonders zu betonen.636 Jene Kritik geht fälschlich davon aus, daß aufgrund der selbständigen Verwaltungshilfe Privater bei Bau, Erhaltung und Betrieb bestimmter Projekte des Bundesfernstraßenbaus die betreffenden Bundesfernstraßen keine Verwaltungsleistung der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung mehr seien, sondern Leistungseinrichtungen des jeweiligen baulastspezifischen „Betreibers“ würden. Insofern folgerichtig nimmt sie dann an, daß es an der „gebührenrechtlichen“ Äquivalenz von Verwaltungsleistung und Gebührenerhebung fehle, wenn die staatliche Bundesfernstraßenverwaltung eine Befugnis zur Mautgebührenerhebung und damit das Recht zur Beleihung der privaten „Betreiber“ mit dieser Befugnis beanspruche. Deshalb wird von einer sogenannten „hinkenden“ oder „isolierten“ Beleihung“ gesprochen. Eine solche Beurteilung verkennt die Rechtskonstruktion und Rechtswirkung der baulastspezifischen selbständigen Verwaltungshilfe nach dem FStrPrivFinG. Wie dargelegt, bleiben die betreffenden Bundesfernstraßen gerade aufgrund der Rechtskonstruktion und Rechtswirkung einer bloßen Verwaltungshilfe eine Verwaltungsleistung der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung.637 Daher steht auch die Befugnis zur Erhebung und Vereinnahmung der betreffenden Mautgebühren der Bundesfernstraßenverwaltung zu und das FStrPrivFinG konnte den jeweiligen privaten Verwaltungshelfern die Befugnis zur Mautgebührenerhebung nur über eine dementsprechende beleihungsrechtliche Regelung vermitteln. 635 Zu den rechtskonstruktiven Merkmalen und Rechtswirkungen der Beleihung, zu deren rechtsbegrifflichem Inhalt und rechtsbegrifflicher Abgrenzung siehe die Nachw. in Fn. 399. 636 Fn. 618 637 Oben unter 5.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 323

Die beleihungsrechtliche Mautgebührenerhebung im Rahmen des Betreibermodells des FStrPrivFinG ist in ihrer Rechtskonstruktion und Rechtswirkung sowie in ihrem Rechtsbegriff die gleiche wie diejenige, die nach dem ABMG, allerdings in der bundesstaatsrechtlich speziellen Rechtszuständigkeit der Bundesanstalt für Güterverkehr, zur Erhebung der dortigen allgemeinen, bundesweit geltenden nutzungsspezifischen Mautgebühren praktiziert wird. Es besteht lediglich ein die Voraussetzung und Organisation einer Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen betreffender zweckhafter Unterschied. Nach dem ABMG werden die vom beliehenen „Betreiber“ des Mauterhebungssystems für den Bund erhobenen Mautgebühren dem Bundeshaushalt mehr oder weniger zweckgebunden für den Bundesfernstraßenbau zugeführt,638 während das baulastspezifische Betreibermodell des FStrPrivFinG weitergehend einer funktionalen Privatisierung der Sachfinanzierung von Bundesfernstraßen auf der Grundlage einer Benutzerfinanzierung im rechtsbegrifflich strikten Sinn einer Zweckgebundenheit des Mautaufkommens folgt und deshalb das für den Bund vereinnahmte Mautgebührenaufkommen einer Verwendung für die finanzielle Verwaltungshilfe privater „Betreiber“ beim Bundesfernstraßenbau vorbehält, also diesem überläßt.639 Davon abgesehen stimmen die beiden beleihungsrechtlichen Mauterhebungssysteme in ihrer Rechtskonstruktion und Rechtswirkung überein. Nicht zuletzt sind sie in ihrem beleihungsrechtlichen Inhalt und Umfang in gleicher Weise ausgestaltet, d. h. mit gleichen fernstraßenrechtlichen Konsequenzen sowie mit gleichen Folgerechten und Folgepflichten der beliehenen „Betreiber“ verbunden. Beide nach dem ABMG und dem FStrPrivFinG beleihungsrechtlich errichteten und betriebenen Mauterhebungssysteme können mit Rücksicht auf die Einbeziehung der betreffenden anlagentechnischen Einrichtungen zur Mauterhebung in die Beleihung, also wegen deren auch sachenrechtlichen Inhalts, als Erscheinungsformen einer sogenannten infrastrukturellen Beleihung bezeichnet werden.

7. Das beleihungsrechtliche Mauterhebungssystem nach dem FStrPrivFinG in seiner fernstraßenrechtlichen Ausgestaltung – Fernstraßenrechtliche Bestandteilseigenschaft des Mauterhebungssystems, Rechtsstellung, Pflichten und Verantwortlichkeiten des System-Betreibers Die fernstraßenrechtliche Ausgestaltung des beleihungsrechtlichen Mauterhebungssystems nach dem FStrPrivFinG war schon aus Anlaß und im Zusammenhang der insofern gleichen Regelungen des ABMG zur Beleihung eines privaten „Betreibers“ mit dem dortigen, bundesweiten Mauterhebungssystem darzulegen und zu erörtern.640 Die betreffende Rechtslage läßt sich hier nur nochmals wieder638 § 11 ABMG i.d.F. Gesetz 28. 6. 2003 (BGBl. I, S. 1050) sowie die Regelungen des VIFGG hierzu. 639 § 2 FStrPrivFinG. 640 Oben unter III.

21*

324

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

holen. Dies soll aber im Interesse einer geschlossenen rechtlichen Interpretation des im FStrPrivFinG verwirklichten Betreibermodells auch geschehen, allerdings lediglich in einer verhältnismäßig zusammengefaßten Weise. Die Beleihung der privaten baulastspezifischen Verwaltungshelfer nach dem FStrPrivFinG speziell mit der zwangsläufig hoheitsrechtlichen Mautgebührenerhebung umfaßt über die Beleihung für die Mautgebührenerhebung als solche hinaus auch die Beleihung mit der Befugnis, das anlagentechnisch mit den betreffenden Bundesfernstraßen verbundene Mauterhebungssystem hoheitsrechtlich nach dem Recht der Bundesfernstraßen zu errichten und zu betreiben. Es handelt sich daher, wie schon im Zusammenhang mit dem gleichen Beleihungsvorgang zum Mauterhebungssystem nach dem ABGM dargelegt, um eine auch sachenrechtliche oder infrastrukturelle Beleihung.641 Die anlagentechnisch mit den betreffenden Bundesfernstraßen verbundenen Teile des Mauterhebungssystems der „Betreiber“ sind deshalb gesetzliche Bestandteile der Bundesfernstraßen.642 Privatrechtlich ist das jeweilige Mauterhebungssystem zwar ein sonderrechtsfähiger, sogenannter Scheinbestandteil der Bundesfernstraßen nach § 95 Abs. 1 S. 1 BGB im Eigentum des „Betreibers“ und Zubehör von den dessen Unternehmen. Aber soweit es anlagentechnisch mit den betreffenden Bundesfernstraßen verbunden ist, unterliegt es der durch die fernstraßenrechtliche Widmung begründeten öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung von Bundesfernstraßen und den hierzu bestehenden, einschlägigen Regelungen des allgemeinen Rechts der Bundesfernstraßen nach dem FStrG. Dies, insbesondere die fernstraßenrechtliche Bestandteilseigenschaft, rechtfertigt sich daraus, daß das betreffende Mauterhebungssystem nicht anders als die Bundesfernstraßen von deren Benutzern zum Zwecke der Mautgebührenerhebung im Rahmen des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs genutzt wird und daß es ebenso wie die Bundesfernstraßen nur nach den Regelungen des Rechts der Bundesfernstraßen realisierbar ist. Demzufolge haben hinsichtlich seiner planungsrechtlichen und eigentumsrechtlichen Realisierung sowie der damit zusammenhängenden kostenmäßigen und entschädigungsrechtlichen Angelegenheiten die privaten „Betreiber“ des Mauterhebungssystems ebenso wie bei Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Bundesfernstraßen die Rechte und Pflichten des Trägers der fernstraßenrechtlichen Straßenbaulast.643 Auch steht das beleihungsrechtliche Mauterhebungssystem unter der Bauhoheit der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung nach § 4 FStrG.644 Eine wesentliche Rechtsfolge der sachenrechtlichen bzw. infrastrukturellen Beleihung mit dem Mauterhebungssystem liegt darin, daß für dieses die privaten „Betreiber“ ausschließlich selbst Träger der technischen und finanziellen StraßenOben unter III.2. Oben unter III.1. 643 Zur rechtsfunktionalen und rechtskonstruktiven Bedeutung der betreffenden Regelung des § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG siehe Fn. 626. 644 Oben unter III.3. 641 642

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 325

baulast anstelle der finanziellen Straßenbaulast des Bundes nach § 5 FStrG sowie der ansonsten auftragsweise von den Ländern wahrzunehmenden technischen Straßenbaulast sind.645 Sie treten also kraft der auch sachenrechtlichen Rechtswirkung der Beleihung für das Mauterhebungssystem bezüglich desselben voll und ausschließlich in die Rechtsstellung des fernstraßenrechtlichen Straßenbauslastträgers ein. Insofern, aber auch nur insofern, was das beleihungsrechtliche Mauterhebungssystem angeht, liegt eine auch schlicht-hoheitliche Beleihung vor. Diese Folgerung ist von der an anderer Stelle als notwendig erachteten Feststellung und Klarstellung zu unterscheiden, daß die selbständige Verwaltungshilfe des privaten „Betreibers“ bei Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Bundesfernstraßen wegen der fehlenden Außenrechtswirksamkeit dieser Verwaltungshilfe keine schlicht-hoheitliche Beleihung enthält.646 Nur die sachenrechtliche Beleihung mit dem Mauterhebungssystem umfaßt neben den hoheitsrechtlichen auch die schlichthoheitlichen Befugnisse im Rahmen der fernstraßenstraßenrechtlichen Straßenbaulastaufgaben. Eine rechtskonstruktive Konsequenz der kraft sachenrechtlicher Beleihung mit dem Mauterhebungssystem ausschließlich eigenen hoheitsrechtlichen und schlichthoheitlichen Straßenbaulast des privaten „Betreibers“ hierfür ist, daß dieser insofern auch in die Rechte, Verantwortlichkeit und Pflichten des fernstraßenrechtlichen Straßenbaulastträgers eintritt.647 Danach ist der beleihungsrechtliche „Betreiber“ des anlagentechnisch mit den betreffenden Bundesfernstraßen verbundenen Mauterhebungssystems hinsichtlich dessen baulichen Zustands der den Fernstraßenbenutzern gegenüber verkehrssicherungspflichtige Straßenbaulastträger. Er haftet aufgrund der in der allgemeinen Deliktsnorm des § 823 Abs. 1 BGB begründeten Verkehrsicherungspflicht, gegebenenfalls nach Amtshaftungsrecht, wenn die für seine Beleihung mit dem Mauterhebungssystem auftragsweise wahrnehmungszuständigen Länder die Straßenverkehrssicherungspflicht organisationsaktmäßig dem Amtshaftungsrecht unterstellt haben. Ferner hat der für das Mauterhebungssystem beliehene private „Betreiber“ auf der Grundlage und nach Maßgabe von auch ausdrücklich einschlägigen Regelungen des FStrPrivFinG das Recht, die zur Durchführung der Mautgebührenerhebung erforderlichen, von den Straßenverkehrsbehörden genehmigten Verkehrszeihen und Verkehrseinrichtungen zu betreiben.648 Diese Regelung steht in einem sachlichen Zusammenhang damit, daß auch die Verwaltungshilfe des privaten „Betreibers“ bei Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Projekte des Bundesfernstraßenbaus damit verbunden ist, für die betreffenden Strecken von Bundesfernstraßen die straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten und Vollzugsbefugnisse unter der Aufsicht, den Anordnungen und Weisungen der Straßenverkehrsbehörden zu erfüllen, d. h. alle für den 645 646 647 648

Oben unter III.2. Fn. 624 bis 626. Oben unter III.4. § 2 Abs. 3 FStrPrivFinG.

326

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Betrieb der Strecke erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen zu beschaffen, anzubringen, zu unterhalten und zu entfernen.649 In beiden genannten Fällen handelt es sich bei den hierbei entstehenden, straßeverkehrsrechtlich begründeten Pflichten um spezielle straßenverkehrsrechtliche Amtspflichten. Sie haben nichts zu tun mit der Straßenverkehrssicherungspflicht für den baulichen Zustand von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen.650 Allerdings ist bei den genannten straßenverkehrsrechtlichen Pflichten hinsichtlich der dabei auf der fernstraßenrechtlichen Seite bestehenden Passivlegitimation eine Differenzierung vorzunehmen. Die genannten straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten und Vollzugsbefugnisse für Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, die vom privaten Verwaltungshelfer bei Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Projekte des Bundesfernstraßenbaus für den Betrieb dieser Bundesfernstraßen bei der Verkehrsverwaltung beantragt und von dieser angeordnet werden, sind solche der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung, für die der private „Betreiber“ lediglich als Verwaltungshelfer tätig wird. Die straßenverkehrsrechtliche Passivlegitimation bleibt also in sofern bei der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung, ungeachtet der Regelung des FStrPrivFinG, daß hierbei der private „Betreiber“ selbst für die staatliche Bundesfernstraßenverwaltung unmittelbar der Aufsicht der Straßenverkehrsbehörde untersteht sowie deren Anordnungen und Weisungen Folge zu leisten hat.651 Mit dieser Regelung gestaltet das FStrPrivFinG lediglich die Verwaltungshilfe für Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Bundesfernstraßen auch straßenverkehrsrechtlich aus. An der straßenverkehrsrechtlichen Passiv- und Aktivlegitimation der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung hinsichtlich der straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten und Vollzugsbefugnisse ändert sich dadurch nichts. Anders dagegen stellt sich die straßenverkehrsrechtliche Aktiv- und Passivlegitimation beim Betrieb derjenigen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen dar, die zur Durchführung der Mautgebührenerhebung erforderlich sind.652 Bezüglich des anlagentechnisch mit den betreffenden Bundesfernstraßen verbundenen Mauterhebungssystems ist dessen privater „Betreiber“, wie dargelegt, kraft sachenrechtlicher Beleihung ausschließlich selbst beleihungsrechtlicher Straßenbaulastträger auch im Verhältnis zur Straßenverkehrsverwaltung. Daher ist allein er gegenüber der Straßenverkehrsverwaltung aktiv- und passivlegitimiert bei der Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der betreffenden, zur Durchführung der Mautgebührenerhebung erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen. Schließlich gilt es die Rechtslage, d. h. die rechtliche Verantwortlichkeit, hinsichtlich des baulichen Zustandes von Verkehrszeichnen und Verkehrseinrichtun649 650 651 652

§ 2 Abs. 2 FStrPrivFinG. Fn. 522. § 2 Abs. 2 FStrPrivFinG. § 2 Abs. 3 FStrPrivFinG.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 327

gen zu beurteilen, die in einem Fall für den Betrieb der nach dem Betreibermodell des FStrPrivFinG gebauten und erhaltenen Bundesfernstraßen und im anderen Fall zur Durchführung der hierbei stattfindenden beleihungsrechtlichen Mautgebührenerhebung erforderlich sind. Insofern gelten die Rechtsgrundsätze und Regelungen zur Straßenverkehrssicherungspflicht bzw. Straßenverkehrssicherungshaftung. Passivlegitimiert ist dabei bekanntlich der im Außenverhältnis gegenüber den Straßenbenutzern straßenbaupflichtige Rechtsträger.653 Nach dem Betreiberregime des FStrPrivFinG beurteilt sich danach die Passivlegitimation aus der Straßenverkehrssicherungspflicht für den baulichen Zustand von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen folgerichtig ebenso differenziert wie für die Bundesfernstraßen und das betreffende Mauterhebungssystem selbst. Für den baulichen Zustand der zur Durchführung der Mautgebührenerhebung erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen ist der beleihungsrechtliche „Betreiber“ des Mauterhebungssystems ausschließlich selbst fernstraßenrechtlicher Straßenbaulastträger und deshalb selbst passivlegitimiert aus der Straßenverkehrssicherungspflicht.654 Im übrigen jedoch, was den baulichen Zustand der für den Betrieb der betreffenden Bundesfernstraßenstrecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen angeht, ist der private „Betreiber“ nur baulastspezifischer Verwaltungshelfer der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung. Daher bleibt allein diese für den baulichen Zustand der betreffenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen straßenverkehrssicherungspflichtig. Hieran ändert nichts, daß das FStrPrivFinG ausdrücklich den privaten „Betreiber“ und Verwaltungshelfer zur Beschaffung, Anbringung und Erhaltung und Entfernung aller für den Betrieb der betreffenden Bundesfernstraßenstrecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen verpflichtet.655 Auch damit hat der Gesetzgeber lediglich die selbständige Verwaltungshilfe des privaten „Betreibers“ gestaltet. Eine Außenrechtswirkung in bezug auf die Straßenverkehrssicherungspflicht für den baulichen Zustand der betreffenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen kann jene Regelung nicht beanspruchen. Gegenüber den Benutzern der betreffenden Bundesfernstraßen verbleibt in diesem Falle ausschließlich die staatliche Bundesfernstraßenverwaltung für den baulichen Zustand der betreffenden Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen straßenverkehrssicherungspflichtig auf der Grundlage der hierfür pflichtbegründenden allgemeinen Deliktsnorm von § 823 Abs. 1 BGB und gegebenenfalls hinsichtlich des Haftungsrechts nach dem durch eine landesrechtliche Organisationsregelung geltenden Amtshaftungsrecht. Im übrigen gehört es zur fernstraßenrechtlichen Ausgestaltung des nach dem FStrPrivFinG beleihungsrechtlich betriebenen Mauterhebungssystems, daß der hiermit erfolgende Vorgang einer beleihungsrechtlichen Mauterhebung seine ver653 654 655

Zur Straßenverkehrssicherungspflicht Fn. 526. Oben unter III.2.-4. § 2 Abs. 2 FStrPrivFinG.

328

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

waltungsrechtliche Ordnung unter den bundesstaatsrechtlichen Voraussetzungen und den Rechtswirkungen dieser Beleihung findet.

8. Die Verwaltungsverfahrensordnung bei der beleihungsrechtlichen Mautgebührenerhebung nach dem FStrPrivFinG Für das Verwaltungsverfahren der hoheitsrechtlichen Mautgebührenerhebung durch den hierfür beliehenen „Betreiber“ gilt unter dem Geltungsvorgang der fachrechtlich speziellen fernstraßenrechtlichen Regelungen des FStrPrivFinG im übrigen das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht.656 Hinsichtlich der bundesstaatsrechtlichen Zuordnung des letzteren gibt die schon an anderer Stelle dargelegte bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung zur Benutzerfinanzierung von Bundesfernstraßen den Ausschlag. Danach gehört die bundesstaatsrechtliche Kompetenz zur Erhebung von Gebühren und Entgelten für die Benutzung von Bundesfernstraßen grundsätzlich selbstredend zur auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder für die Bundesfernstraßenverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG.657 Die schon erörterte, hiervon abweichende bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung des ABMG zur Erhebung der dort geregelten allgemeinen, bundesweit geltenden Mautgebühren durch das Bundesamt für Güterverkehr bzw. einen von diesem beliehenen privaten „Betreiber“ stellt, wie ausgeführt, einen speziellen Ausnahmefall einer Erhebungskompetenz des Bundes dar, der sich aus den Voraussetzungen einer insofern kraft Natur der Sache bestehenden und im übrigen formell nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG gesetzlich begründeten Bundeszuständigkeit rechtfertigt.658 Beim projektspezifischen FStrPrivFinG dagegen ist die Erhebungskompetenz und die hiervon umfaßte Befugnis zur Beleihung privater „Betreiber“ mit der Mautgebührenerhebung in der grundsätzlichen auftragsweisen Wahrnehmungszuständigkeit der Länder verblieben.659 Sowohl die betreffende Beleihung mit der Mautgebührenerhebung als auch diese selbst durch den beliehenen privaten „Betreiber“ sind Angelegenheiten innerhalb der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung. Danach erfolgt, vorbehaltlich spezieller Verfahrensregelungen des FStrPrivFinG, die betreffende Mautgebührenerhebung nach dem Verwaltungsverfahrensrecht der Länder, d. h. soweit es um allgemeines Verwaltungsverfahrensrecht geht, gemäß § 1 Abs. 3 VwVfG nach deren allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen sowie den dazu bestehenden Nebengesetzen der Länder, etwa bezüglich einer Verwaltungsvollstreckung der betreffenden Gebührenbescheide.660 Auch Beliehene gelten 656 Zur Subsidiarität des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts bzw. der allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze von Bund (VwVfG) und Ländern gegenüber den jeweiligen Fachgesetzen Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2002, Rnr 94. 657 Oben unter IV.6. 658 Ebenfalls schon unter IV.6. 659 § 2 Abs. 1 S. 1, 2, 5 und 6 FStrPrivFinG. 660 Zur letzteren § 2 Abs. 1 S. 8 FStrPrivFinG.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 329

bundes- und landesrechtlich als „Behörden“ im Sinne des jeweiligen allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts.661 Es gilt also für die beleihungsrechtliche Mautgebührenerhebung nach dem FStrPrivFinG durchgängig allgemeines Verwaltungsverfahrensrecht der Länder. Die Gebührenbescheide der nach dem FStrPrivFinG mit der Mautgebührenerhebung beliehenen „Betreiber“ sind somit Verwaltungsakte nach dem jeweiligen allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht der Länder und sie werden, wie das FStrPrivFinG auch ausdrücklich bestimmt, nach dem jeweiligen Verwaltungsvollstreckungsrecht der Länder vollstreckt. Gleiches gilt für alle anderen rechtsgestaltenden Entscheidungen, die der beliehene „Betreiber“ nach den Regelungen des FStrPrivFinG zu treffen hat. Die in diesem Gesetz hierzu enthaltenen speziellen verfahrensrechtlichen Regelungen haben in der verfahrensrechtlichen Annexkompetenz des Bundesgesetzgebers im Sinne von Art. 85 Abs. 1 GG für das Verwaltungsverfahrensrecht bei der Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen ihre bundesstaatsrechtliche Kompetenzgrundlage. Soweit das FStrPrivFinG zu den Mautgebühren auch materiellrechtliche Regelungen trifft, handelt es sich um die Wahrnehmung der konkurrierten Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Fernstraßenrecht und das Recht der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG sowie unter den, wie dargelegt, insofern stets gegebenen Voraussetzungen eines bundesgesetzlichen Regelungsbedarfs nach Art. 72 Abs. 2 GG.662 Die weitere verfahrensrechtliche Regelung des FStrPrivFinG, wonach gegen einen vom „Betreiber“ erlassenen Gebührenbescheid dem Ausnahmevorbehalt von § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO entsprechend kein Widerspruchsverfahren stattfindet,663 stützt sich auf die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das „gerichtliche Verfahren“ in der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, ebenfalls unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG.664 Schließlich bestimmt das FStrPrivFinG verwaltungsverfahrensrechtlich zum Verhältnis zwischen der beleihenden auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung und dem beliehenen „Betreiber“, daß dieser unter der Aufsicht der jeweils zuständigen obersten Landesstraßenbaubehörde steht, die ermächtigt ist, ihre Aufsichtsbefugnisse auf nachgeordnete andere Behörden zu übertragen.665 Damit folgt das Gesetz lediglich der maßgeblich zum rechtskonstruktiven Inhalt einer Beleihung zu zählenden Anforderung, daß der Beliehene einer Aufsicht des beleihenden originären Verwaltungsträgers unterliegt.666 Sie gewährleistet, daß der beleihende Kopp / Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2003, § 1 Rnr 58. Oben unter D.X. 663 § 2 Abs. 1 S. 7 FStrPrivFinG. 664 Kopp / Schenke, VwGO, Vor § 68 Rnr 5. 665 § 2 Abs. 1 S. 5 und 6 FStrPrivFinG. 666 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 283 ff. und Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, § 90 Rnr 46. 661 662

330

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Verwaltungsträger seine originäre Aufgabenverantwortung wahrnehmen kann. Er vermag auch auf diese Weise zumindest sicherzustellen, daß die verliehenen Aufgaben und Befugnisse rechtlich ordnungsgemäß durchgeführt werden. Darüber hinaus allerdings kann jedenfalls für das FStrPrivFinG mit Rücksicht auf die staatliche Gewährleistungsverantwortung für den Gemeingebrauch von Bundesfernstraßen und aufgrunddessen für die gemeingebrauchsbegleitende Mautgebührenerhebung angenommen werden, daß die staatlichen Aufsichtsbefugnisse in bezug auf die beleihungsrechtliche Mautgebührenerhebung auch eine Fachaufsicht umfassen.667 Mit diesen Feststellungen ist bereits derjenige Rechtsbereich angesprochen, der die gesetzlichen Grundlagen und die verfahrensrechtliche Ordnung bei der Übertragung des Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG betrifft. Es kommt ihm eine zentrale Bedeutung aus der Sicht sowohl der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung als auch potentieller „Betreiber“ für die praktische Funktionsfähigkeit und Funktionstauglichkeit des im FStrPrivFinG geregelten Betreibermodells zu. 9. Die legislative und verfahrensrechtliche Ordnung zur Begründung des Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG Sowohl die Begründung der selbständigen Verwaltungshilfe privater „Betreiber“ nach dem FStrPrivFinG für die Straßenbaulastaufgaben von Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung der betreffenden Bundesfernstraßen als auch die Beleihung jener „Betreiber“ mit der Befugnis zur Mautgebührenerhebung sowie zur Errichtung und zum Betrieb eines entsprechenden, anlagentechnisch mit den Bundesfernstraßen verbundenen Mauterhebungssystems unterliegen dem institutionellen Gesetzesvorbehalt, erfordern also nach Grund, Inhalt und Umfang eine gesetzliche Regelung. Für die selbständige Verwaltungshilfe gilt dies allein schon deshalb, weil mit deren Begründung eine relevante Änderung in der Rechtsstellung und Rechtsmacht der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung nach deren allgemeiner Regelung im FStrG erfolgt.668 Für die Beleihung mit der Mautgebührenerhebung und dem entsprechenden Mauterhebungssystem bedarf es wegen der darin liegen667 Zur regelmäßig auf eine Fachaufsicht einschließenden Aufsichtsbefugnis des beleihenden Hoheitsträgers Wolff / Bachof / Stober, a. a. O. 668 Der gegenständliche Fall einer selbständigen Verwaltungshilfe im Form einer baulastspezifischen Betreiberregelung stellt besonderes „Fernstraßenprivatisierungsrechts“ im Sinne einer rechtssatzmäßig relevanten funktionalen Privatisierung dar und vermochte allein schon deshalb den institutionellen Gesetzesvorbehalt auszulösen. Im übrigen war wegen der dabei erfolgenden Abänderung des allgemeinen Fernstraßenrechts nach dem FStrG auch ein Vorrang-Vorbehalt begründet. Diesen Anforderungen genügen die Regelungen von § 1 Abs. 2 und 3 FStrPrivFinG. Ferner siehe zum Gesetzesvorbehalt zur selbständigen Verwaltungshilfe bei Wolff / Bachof / Stober, a. a. O., § 90 a Rnr 34 ff. m. Nachw. sowie bei Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 238 ff. (Erörterung des Unterschieds zur Entbehrlichkeit des Gesetzesvorbehalts bei unselbständiger Verwaltungshilfe in Form der bloßen verwaltungsinternen Indienstnahme).

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 331

den Delegation hoheitlicher Aufgaben und Befugnisse auf einen „Dritten“ einer gesetzlichen Regelung.669 In beiden Hinsichten hat das betreffende Gesetz die Übertragungs- bzw. Beleihungstatbestände zu bezeichnen. Dem werden die einschlägigen Ermächtigungsregelungen des FStrPrivFinG gerecht. Im übrigen brauchte der Gesetzgeber im FStrPrivFinG keine weiteren Bestimmungen zur Rechtsform und zur verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Übertragungs- bzw. Beleihungsvorgänge zu treffen; sie sind diesen rechtskonstruktiv immanent eigen. Danach handelt es sich bei der Begründung der selbständigen Verwaltungshilfe und bei der Beleihung nach dem FStrPrivFinG um Rechtsvorgänge, die gegenstandbezogen dem öffentlichen Recht angehören. Als individuelle Einzelakte können sie durch Verwaltungsakt oder öffentlichrechtlichen Vertrag erfolgen, allerdings soweit sie Angelegenheiten mit Außenrechtswirkung betreffen, aus Gründen der rechtsstaatlich geforderten Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nur in Verbindung mit einer entsprechenden Publizität.670 Die Notwendigkeit einer solchen fehlt bei der bloßen, auch selbständigen Verwaltungshilfe, weil diese an der Außenrechtszuständigkeit der originären staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung, wie dargelegt, nichts ändert. Daher kann die Verwaltungshilfe der privaten „Betreiber“ nach dem FStrPrivFinG für Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung der betreffenden Bundesfernstraßen allein, den inhaltlichen Anforderungen gemäß, durch einen sachentsprechenden öffentlichrechtlichen Vertrag begründet werden.671 Dagegen verlangt die Beleihung mit der Mautgebührenerhebung und dem betreffenden Mauterhebungssystem jedenfalls auch rechtsstaatliche Publizität. Dem trägt das FStrPrivFinG dadurch Rechnung, daß es für den Beleihungsvorgang die Form einer Rechtsverordnung der Landesregierungen oder der durch eine Rechtsverordnung der jeweiligen Landesregierung bestimmten obersten Landesstraßenbaubehörden vorschreibt.672 Es handelt sich, weil die Beleihung, wie dargelegt, zur Kompetenz der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung für die Erhebung der 669 Nachw. bei Wolff / Bavhof / Stober, a. a. O. § 90 Rnr 44; ferner Steiner, a. a. O., S. 301. 670 Zutreffend Steiner, NJW 94, 3150 / 3151; ferner bei Wolff / Bachof / Stober, a. a. O. 671 Mit Rücksicht auf den öffentlichrechtlichen Vertragsgegenstand kann es sich nur um einen öffentlichrechtlichen Vertrag im Sinne von § 54 S. 1 VwVfG bzw. der entsprechenden Vorschriften der Landesverwaltungsverfahrensgesetze handeln (koordinationsrechtlicher öffentlichrechtlicher Vertrag); Kämmerer, Privatisierung, S. 347 f. und 375, wohl ebenso Steiner, a. a. O. Der betreffende Vertrag ist in seinem öffentlichrechtlichen Charakter vergleichbar den Bau- und Betriebsverträgen für die Nebenbetriebe der Bundesautobahnen (dazu Bauer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 41 Rnr 55.2). Die zuweilen verwendete Bezeichnung des betreffenden Übertragungsvertrages als „Konzessionsvertrag“ (so auch Steiner, a. a. O., sowie Reidt / Stickler, BauR 97, 365 f.) kann irreführenderweise zur Annahme eines privatrechtlichen Vertrages verleiten, was für die üblicherweise sogenannten Konzessionsverträge zur bloß verwaltungsinternen Indienstnahme Privater durchaus zutreffend wäre (Fn. 398 f.). Offenbar nehmen Reidt / Stickler (a. a. O.) aus diesem Grunde, aber unzutreffenderweise einen privatrechtlichen Vertrag an. 672 § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 FStrPrivFinG.

332

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Mautgebühren gehört,673 notwendigerweise um eine bundesgesetzliche Verordnungsermächtigung und Subdelegationsermächtigung der Landesregierungen gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 1 und 4 GG.674 Die betreffende Rechtsverordnung bedarf, weil Adressat der Verordnungsermächtigung die Landesregierungen sind, keiner Zustimmung des Bundesrates nach Art. 80 Abs. 2 GG. Die betreffenden Rechtsverordnungen stellen, ungeachtet der bundesgesetzlichen Verordnungsermächtigung, wegen der bundesstaatsrechtlichen Maßgeblichkeit des Ermächtigungsadressaten und Verordnungsgebers eine landesrechtliche Verordnungsgebung dar.675 In der Sache hängen beide Rechtsvorgänge zur Begründung des Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG, die Übertragung der selbständigen Verwaltungshilfe für Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung der betreffenden Fernstraßen durch öffentlichrechtlichen Vertrag sowie die verordnungsrechtliche Beleihung zur Mautgebührenerhebung sowie zur Errichtung und Betrieb des Mauterhebungssystems, zusammen. Ein kompetenzrechtliches Zuständigkeitsproblem entsteht hieraus nicht. Denn beide Rechtsvorgänge erfolgen im Rahmen der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung. Der Bund kann darauf, in Anbetracht seiner umfassenden Sachaufgabenverantwortung und Gewährleistungspflicht für das Bundesfernstraßennetz, insbesondere im Hinblick auf die geforderte Leistungsfähigkeit potentieller „Betreiber“, durch Inanspruchnahme einschlägiger Ingerenzbefugnisse nach Art. 85 GG, primär und unmittelbar seiner Weisungsbefugnis nach Art. 85 Abs. 3 GG, Einfluß nehmen. Dies gilt auch für den Fall einer kommunalen Straßenbaulast für betreffende Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen und einer deshalb kommunalen Übertragung der selbständigen Verwaltungshilfe auf einen privaten „Betreiber“.676 Schließlich sind bei der Begründung des Betreiberregimes allgemeine Rechtsbindungen zu beachten. Sie haben ihren sachlichen Ansatzpunkt bereits bei der Übertragung der selbständigen Verwaltungshilfe, weil die Beleihung zur Mautgebührenerhebung an diese nur anschließt. Danach unterliegt der betreffende Übertragungsvorgang dem Recht der öffentlichen Auftragsvergabe.677 Dieses findet mit Rücksicht darauf Anwendung, daß die Begründung der baulastspezifischen selbständigen Verwaltungshilfe nach dem FStrPrivFinG Bauleistungen betrifft. Nicht zuletzt ist in dem Zusammenhang festzuhalten, daß auch bei der Begründung des Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG gegebenenfalls die Voraussetzungen einer grundrechtlichen Anspruchsgebundenheit erfüllt sein können. Insofern ist auf die grundsätzlichen Erörterungen hierzu im Zusammenhang von Fragen der verOben unter IV.6. Dazu Rubel, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 80 Rnr 47 ff. 675 Rubel, a. a. O., Art. 80 Rnr 43. 676 Schmitt, FStrPrivFinG, S. 87 und Kämmerer. 677 Dazu Reidt / Stickler, BauR 97, 244 f. und Schmitt, a. a. O., S. 139 ff.; zu insofern bestehenden kommunalen Übertragungszuständigkeit Kämmerer, Privatisierung, S. 345 und 348. 673 674

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 333

fassungsrechtlichen Funktionsgerechtigkeit funktionaler Privatisierung, insbesondere zu den möglichen Tatbeständen einer grundrechtlichen Anspruchsgebundenheit funktionaler Privatisierungen im Fernstraßenwesen, zu verweisen.678 Freilich entscheiden sich die gegebenenfalls konkret vorhandenen Voraussetzungen eines grundrechtlichen Anspruchs auf die Begründung des Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG zuallererst schon bei der Bestimmung der hierfür in Betracht kommenden Fernstraßenbauprojekte.679 Denn bereits die jeweilige Projektbestimmung stellt den ersten Schritt bei der Verwirklichung eines gegebenenfalls anzunehmenden Rechtsanspruchs „Privater“ auf Übertragung bzw. Verleihung des Betreiberregimes dar. Aber auch von dieser speziellen Fragestellung abgesehen, setzt die jeweilige Projektbestimmung die maßgebliche erste tatbestandliche Voraussetzung für die Begründung des funktional privatisierten benutzerfinanzierten Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG. Die zur konkreten Projektbestimmung nach dem FStrPrivFinG derzeit nach der Änderung und Neufassung dieses Gesetzes von 2002 bzw. 2003680 bestehende, aber auch in dessen ursprünglicher Gesetzesfassung von 1994 gewählte Regelung hat die betreffenden konkreten Rechtsvorgänge aus sachnotwendigen Gründen auf eine bundesrechtliche Verordnungsgebung durch das fachspezifisch zuständige Bundesministerium delegiert und für dieses Verordnungsverfahren eine bundesstaatliche Mitwirkung der betroffenen Länder in Form eines Einvernehmensvorbehalts festgelegt. Diese letztere bundesstaatliche Mitwirkungsform bei einer bundesrechtlichen Verordnungsgebung wirft beträchtliche staatsrechtliche Probleme auf. Sie lassen sich nur durch eine gänzliche verfassungskonforme Uminterpretation jener Mitwirkungsform lösen. 10. Die verordnungsrechtliche Projektbestimmung zum Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG – Realisierungsnotwendige Bund-Länder-Kooperation Die ursprüngliche Fassung des FStrPrivFinG hatte die Festlegung der für dessen Betreiberregime geeigneten und vorgesehenen Projekte des Bundesfernstraßenbaus in förmlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht zusammen mit der Bestimmung der Höhe der hierbei zu erhebenden Mautgebühren und in gleicher Weise geregelt.681 Danach war das fachspezifisch zuständige Bundesministerium „ermächtigt, im Einvernehmen mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden die Höhe der Mautgebühren und die Straßen oder Bauwerke, für deren Benutzung Mautgebühren erhoben werden, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen.“ 678 679 680 681

Oben unter D.IV.8.c) und d) sowie zur gerichtlichen Geltungsmachung und D.IV.9.d). § 3 Abs. 1 S. 2 FStrPrivFinG. BGBl. I 2003, S. 99. § 3 Abs. 3 Gesetz 30. 8. 1994 (BGBl. I S. 2243).

334

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Jene seinerzeitige gesetzestechnisch gleiche rechtsförmliche und verfahrensrechtliche Ordnung der gegenständlich an sich trennbaren Mautgebührenregelung und Festlegung mautpflichtiger Strecken von Bundesfernstraßen hatte in rechtlicher Hinsicht einen grundsätzlich durchaus nachvollziehbaren Sinn. Dies gilt zum einen für die gleicherweise gewählte Rechtsform einer Verordnungsgebung. Denn beide Entscheidungen, diejenige zur Höhe der Mautgebühren und diejenige zu den mautpflichtigen Strecken von Bundesfernstraßen, liegen im verfassungsrechtlichen Geltungsbereich des institutionellen Gesetzesvorbehalts und bedürfen deshalb einer rechtssatzmäßigen Vornahme. Mit den konkreten Projektbestimmungen werden die Entgelttatbestände und mit den Regelungen zur Höhe der Mautgebühren die Entgeltpflichten festgelegt. Danach sind in beiden gegenständlichen Hinsichten die legislativ delegierten Entscheidungen in der Rechtsform und im Verfahren der Verordnungsgebung zu treffen. Dementsprechend sieht auch das ABMG für die Ausdehnung der dortigen gesetzlichen Mauttatbestände über den Bereich der Bundesautobahnen hinaus auf genau bezeichnete Abschnitte von Bundesstraßen die Rechtsform einer Rechtsverordnung vor.682 Es handelt sich jeweils um verfassungsrechtlich notwendigerweise materielle Rechtsverordnungen. Zum zweiten ist auch die gleiche bundesgesetzliche Adressierung der Verordnungsermächtigung an ein hierfür nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG in Betracht kommendes Bundesorgan verfassungsrechtlich vorgegeben. Sowohl die Höhe der Mautgebühren als auch die Projektbestimmung für das Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG gehören zu denjenigen Regelungsgegenständen des Gesetzes, die in der Sache dessen verkehrs- und finanzwirtschaftliche Zwecksetzung einer funktional privatisierten und benutzerfinanzierten Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen betreffen und daher kompetenzrechtlich in gleicher Weise zur Sachfinanzierungszuständigkeit des Bundes für die Bundesfernstraßen nach Art. 104 a Abs. 2 GG gehören. Danach konnte als Adressat der Verordnungsermächtigung nur entweder die Bundesregierung oder, wie dann geschehen, das fachlich zuständige Bundesministerium in Betracht kommen. Wenig verständlich in der Sache ist an der ursprünglich gleichen Regelung der betreffenden Verordnungsverfahren lediglich gewesen, daß die dabei festgelegte Mitwirkungsform eines Einvernehmensvorbehalts zugunsten der „betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden“ nicht nur für die konkreten Projektbestimmungen festgelegt war, sondern auch für die verordnungsrechtlichen Regelungen zur Höhe der Mautgebühren. Denn in dem letzteren Falle handelt es sich um eine Angelegenheit, bei der die auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltungen kein sachliches Interesse geltend machen können und es ausschließlich um die Gewährleistung der dem Bund obliegenden Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen geht.683 § 1 Abs. 4 ABMG. Zur im übrigen staatsrechtlichen Problematik eines Einvernehmensvorbehalts bei der betreffenden Verordnungsgebung zugunsten von Landesorganen noch gesondert im folgenden. 682 683

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 335

Auch die schon seinerzeit bei der ursprünglichen Fassung des FStrPrivFinG getroffene verfahrensrechtliche Regelung, wonach in beiden genannten gegenständlichen Hinsichten die jeweiligen Rechtsverordnungen keiner Zustimmung des Bundesrates bedürfen, ist in der Sache nachvollziehbar und mit der staatsrechtlichen Verfahrensordnung für die betreffende bundesrechtliche Verordnungsgebung vereinbar. Zwar gilt für Rechtsverordnungen im Bereich des auftragsweise von den Ländern auszuführenden Rechts der Bundesfernstraßen gemäß Art. 80 Abs. 2 GG grundsätzlich der Vorbehalt einer Bundesratszustimmung. Es handelt sich grundsätzlich um einen der in Art. 80 Abs. 2 GG geregelten Fälle einer nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässigen sogenannten „Föderativverordnung“. Aber hiervon konnte nach jener Verfassungsbestimmung durch eine mit Zustimmung des Bundesrates erlassene gesetzliche Regelung, wie sie mit dem FStrPrivFinG erfolgt ist, abgesehen werden.684 Auf der Länderseite hatte gar kein unmittelbares Interesse am Vorbehalt einer Bundesrats-Zustimmung, weder hinsichtlich der verordnungsrechtlichen Regelung der Höhe der Mautgebühren noch bezüglich der verordnungsrechtlichen Projektbestimmung bestanden; die letztere berührt Interesse der jeweiligen betroffenen Länder ausschließlich in konkreter Hinsicht, in bezug auf diese ein Vorbehalt der Bundesrats-Zustimmung keine effektive Bedeutung zu entfalten vermag. Auch die Änderung und Neufassung des FStrPrivFinG von 2002 bzw. 2003685 hat deshalb in der Sache verständlich und verfassungskonform daran festgehalten, daß weder die verordnungsrechtliche Regelung zur Höhe der Mautgebühren noch die verordnungsrechtliche Projektbestimmung beim Betreiberregime nach jenem Gesetz einer Zustimmung des Bundesrates bedarf. Das Interesse der von Projektbestimmungen zum Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG betroffenen Länder beschränkt sich, richtet sich aber auch entschieden darauf, daß die jeweiligen konkreten Projekte mit Rücksicht auf die auftragsweise Wahrnehmungszuständigkeit der Landesstraßenbauverwaltungen für die Bundesfernstraßen nicht gegen deren Willen bestimmt werden. In dieser Hinsicht allerdings findet sich die im FStrPrivFinG zu treffende gesetzliche Regelung zur Verfahrensordnung der verordnungsrechtlichen Projektbestimmung mit einem grundlegenden Problem konfrontiert. Der Gesetzgeber hat nämlich in Einklang zu bringen, daß die konkreten Projektbestimmungen zum Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG einerseits, wie dargelegt, zur Sachfinanzierungskompetenz des Bundes für die Bundesfernstraßen gehören, deren Inanspruchnahme durch den Bund insofern aber andererseits auch konkrete Interessen der für die Bundesfernstraßenverwaltung auftragweise wahrnehmungszuständigen Länder betrifft. Dieses Dilemma hatte die ursprüngliche Fassung des FStrPrivFinG von 1994686 dadurch zu lösen unternommen, daß es für die verordnungsrechtlichen Entscheidungen zur Projektbestimmung, wie im übrigen, freilich unverständlicherweise auch zur Höhe 684 685 686

Rubel, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 80 Rnr 49 m. Nachw. Fn. 680. Fn. 681.

336

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

der Mautgebühren, den Vorbehalt eines Einvernehmens mit den betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden festgelegt hatte.687 Ein solcher Einvernehmensvorbehalt zugunsten von Ländern bzw. bestimmten Landesbehörden ist jedoch der staatsrechtlichen Verfahrensordnung einer bundesrechtlichen Verordnungsgebung nach Art. 80 GG unbekannt.688 Allerdings braucht den Rechtsfolgen eines derartigen, nicht verfassungskonformen Einvernehmensvorbehalts bei der bundesrechtlichen Verordnungsgebung, soweit solche Rechtsfolgen die verordnungsrechtliche Regelung der Höhe der Mautgebühren betreffen würden, zwischenzeitlich nicht mehr weiter nachgegangen zu werden. Denn insofern sieht die geltende Neufassung des FStrPrivFinG von dem erwähnten Einvernehmungsvorbehalt ab; die betreffenden bundesrechtlichen Rechtsverordnungen in bezug auf „nähere Bestimmungen über die Bemessung der Mautgebühren“ sowie zur konkreten „Höhe der Mautgebühren“ werden nunmehr ohne einen Einvernehmensvorbehalt zugunsten von Ländern verfassungskonform teils mit, teils ohne Zustimmung des Bundesrates, erlassen.689 Geblieben ist es dagegen auch im neu gefaßten FStrPrivFinG bei einem Einvernehmensvorbehalt zugunsten der bei der weiterhin verordnungsrechtlichen Projektbestimmung betroffenen Länder.690 Lediglich die vormalige Einvernehmenszuständigkeit der betroffenen obersten Landesstraßenbaubehörden ist durch eine solche der betroffenen Landesregierungen ersetzt worden. Bei der geltenden Neufassung des FStrPrivFinG hat also der Gesetzgeber die verordnungsrechtliche Regelung zur Höhe der Mautgebühren und die verordnungsrechtliche Bestimmung der konkreten Projekte beim Betreiberregime nach jenem Gesetz verfahrensrechtlich getrennt. Er hat in dem Zusammenhang, wie erwähnt, die verordnungsrechtliche Regelung zur Höhe der Mautgebühren von dem ohnedies nicht verfassungskonformen Einvernehmensvorbehalt zugunsten der Länderseite freigestellt. Nicht zuletzt hat er damit dem zwischenzeitlich erkannten sachlichen Erfordernis Rechnung getragen, die konkreten Projektbestimmungen von der erst am Ende bei der Realisierung des Betreiberregimes notwendigen inhaltlichen Mautgebührenregelung zeitlich trennen und in sachlich gebotener Weise an den Anfang der Rechtsvorgänge zur Verwirklichung eines Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG stellen zu können. Aber zusammengefaßt zur Entwicklung der be687 Zur Entstehung der seinerzeitigen Regelung und zu den betreffenden Materialien siehe Darstellung und Nachw. bei Steiner, NJW 94, 3150, W. Schmidt, NVwZ 95, 38 und Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau, S. 232 f. 688 Rubel, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 80 Rnr 57 und Badura, Staatsrecht, 3. Aufl. 2003, F Rnr 17. Steiner (a. a. O., 31521) entzieht sich einer Feststellung dieser staatsrechtlich zwingenden Lage mit der Formulierung, die betreffende, aus der Sicht der Länder verkehrspolitisch verständliche „Mischkompetenz“ sei „bundesstaatsrechtlich aber weniger willkommen“. Auch Pabst (a. a. O., S. 233) läßt es an einer staatsrechtlich klar begründeten Beurteilung fehlen. Im Ergebnis verneint er allerdings zutreffend einen „formellen Zustimmungsvorbehalt“. Er möchte die Regelung aus dem Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens verstehen. 689 § 3a FStrPrivFinG. 690 § 3 Abs. 1 S. 2 FStrPrivFinG.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 337

treffenden Regelungen ist festzuhalten, daß auch die geltende Neufassung des FStrPrivFinG nach wie vor für die konkreten verordnungsrechtlichen Projektbestimmungen zu seinem Betreiberregime an einem Einvernehmensvorbehalt zugunsten betroffener Länder im Verordnungsverfahren festhält. Das FStrPrivFinG versucht auf diese Weise das angesprochene Dilemma zu lösen, daß die konkreten Projektbestimmungen einerseits zwingend in die bundesstaatliche Kompetenz des Bundes für die Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen fallen, andererseits aber auch Interessen der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltungen betreffen. Jedoch stellt unter den Voraussetzungen eines bundesrechtlichen Verordnungsverfahrens nach Art. 80 GG für die konkreten Projektbestimmungen ein Einvernehmensvorbehalt zugunsten betroffener Länder keine verfassungskonforme Lösung des dargelegten Dilemmas dar. Denn eine aufgrund einer bundesgesetzlichen Verordnungsermächtigung erfolgende bundesrechtliche Verordnungsgebung kennt, wie gesagt, nach den hierfür geltenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Art. 80 GG keinen Einvernehmensvorbehalt zugunsten von Landesregierungen bzw. Landesbehörden, schließt also einen derartigen bundesstaatsrechtlichen Einvernehmensvorbehalt aus.691 Während des Gesetzgebungsverfahrens zur geltenden Neufassung des FStrPrivFinG hat die Suche nach einer gesetzlichen Regelung des Verordnungsverfahrens zur konkreten Projektbestimmung, das sowohl den in der Sache verständlichen Landesinteressen als auch den staatsrechtlichen Verfahrensmaßgaben des Art. 80 GG Rechnung trägt, naturgemäß zu vielfachen Kontroversen zwischen der Bundesregierung und der Länderseite geführt.692 Dabei ist der von der Bundesregierung unterbreitete Vorschlag, es bei dem für sogenannte „Förderativverordnungen“ nach Art. 80 Abs. 2 GG grundgesetzlich vorgesehenen Vorbehalt einer Bundesratszustimmung zu belassen,693 auf der Länderseite begreiflicherweise mit dem erwähnten zutreffenden Argument auf Ablehnung gestoßen, daß hiermit den jeweiligen sachlichen Landesinteressen auf entscheidende Mitwirkung an der konkreten Projektbestimmung für das Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG nicht entsprochen werde. Im Ergebnis vermochte sich die Länderseite mit Rücksicht auf das Erfordernis einer Bundesratszustimmung694 bei der Änderung bzw. Neufassung Fn. 688. Im Reg. Entw. zum Änderungsgesetz (BT-Drs. 14 / 8447) war eine Zustimmung des Bundesrats vorgeschlagen worden (Art. 1 Nr. 2). In der Stellungnahme des Bundesrats (a. a. O., S. 14 = BR-Drs. 1091 / 01, S. 2) stieß dies auf Ablehnung; stattdessen wurde die Festlegung eines Einvernehmensvorbehalts „zugunsten der betreffenden Landesregierung“ vorgeschlagen anstelle der bisherigen Regelung von 1994 zugunsten der „obersten Landesstraßenbaubehörde“. Die Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drs. 14 / 8447, S. 16) hat diesen Vorschlag abgelehnt mit der zutreffenden Begründung, daß er mit Rücksicht auf die staatsrechtliche Lage nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG bedenklich“ sei (siehe Fn. 688). Stattdessen hat die Bundesregierung in dem Zusammenhang eine Regelung zur „Anhörung der zuständigen obersten Landesstraßenbaubehörde“ als denkbaren Kompromiß vorgeschlagen. 693 Siehe in Fn. 692. 691 692

22 Bartlsperger

338

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

des FStrPrivFinG mit dem dann Gesetz gewordenen Vorschlag eines Einvernehmensvorbehalts zugunsten der betroffenen Landesregierungen durchzusetzen. Eine weitere Erwägung war dahingegangen, die Projektbestimmung nach dem FStrPrivFinG überhaupt nur einer Verordnungsgebung durch die Landesregierungen als staatsrechtlich nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG möglichen Adressaten einer bundesgesetzlichen Verordnungsermächtigung zu überantworten.695 Eine solche Erwägung hatte jedoch in bundesstaatsrechtlicher Hinsicht verkannt, daß die Projektbestimmungen für das Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG primär und prinzipiell die Sachfinanzierungsverpflichtung des Bundes für die Bundesfernstraßen betreffen, deshalb unverzichtbar in die Entscheidungskompetenz des Bundes gehören und nur in einem bundesrechtlichen Verordnungsverfahren erfolgen können. Die Erwägungen während des damaligen Gesetzgebungsverfahrens hätten in eine ganz andere Richtung gehen können und müssen. Anläßlich der Änderung und Neufassung des FStrPrivFinG ist wie schon bei dessen ursprünglicher Fassung von 1994 offenbar nicht von allen Seiten erkannt, jedenfalls nicht ersichtlich zur Kenntnis genommen worden, daß eine sachlich berechtigte Form der Mitwirkung auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltungen an den bundesstaatsrechtlich zwingend dem Bund zustehenden konkreten Projektbestimmungen in verfassungskonformer Weise überhaupt nicht regelbar ist, wenn ein solches Mitwirkungsverfahren als unmittelbarer Bestandteil des verordnungsrechtlichen Bestimmungsverfahrens gestaltet werden soll. Denn dann würde es im Ergebnis wie auch immer zu einer bundesstaatsrechtlich kumulativen Mischform der Verordnungsgebung kommen, die Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG mit der zwingenden, abschließenden Trennung in eine bundesgesetzliche Verordnungsermächtigung von Bundesregierung oder Bundesministern zu einer bundesrechtlichen Verordnungsgebung einerseits sowie in eine bundesgesetzliche Verordnungsermächtigung von Landesregierungen zu einer landesrechtlichen Verordnungsgebung andererseits dezidiert ausschließt.696 Indessen lässt sich für die konkreten Projektbestimmungen zum Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG durchaus ein ebenso sinnvoller wie verfassungskonformer verfahrensrechtlicher Weg finden, der unbeschadet des kompetenzrechtlich zwingend vorgegebenen bundesrechtlichen Verordnungsverfahrens und der hierfür geltenden staatsrechtlichen Maßgaben eine sachgerechte Beteiligung betroffener auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltungen eröffnet. Dementsprechend ist die geltende gesetzestechnische Ausgestaltung des Verfahrens der Projektbestimmung verfassungskonform zu interpretieren. Man 694 Dieses Zustimmungserfordernis besteht nach Art. 80 Abs. 2 GG bei den in Bundesauftragsverwaltung, wie im Falle von Art. 90 Abs. 2 GG, auszuführenden Bundesgesetzen grundsätzlich, wenn von dem dabei vorgesehenen Ausnahmevorbehalt kein Gebrauch gemacht wird. Aber dieser Ausnahmevorbehalt nach Art. 80 Abs. 2 GG bedarf ebenfalls schon der Zustimmung des Bundesrats; Rubel, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 80 Rnr 49. 695 Antrag des Landes Baden-Württemberg zu TOP 13 der 522. Sitzung des Verkehrsausschlusses des Bundesrates am 16. 1. 2002. 696 Fn. 688.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 339

braucht sich dazu lediglich das Regelungssystem und das rechtliche Instrumentarium zum Betreiberregime des FStrPrivFinG deutlich genug zu vergegenwärtigen. Bei der von der Länderseite verständlicherweise beanspruchten Beteiligung an den konkreten Projektbestimmungen nach dem FStrPrivFinG geht es nicht darum, die bundesstaatsrechtlich in Art. 90 Abs. 2 GG festgelegte auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung als solche und generell gegen den Willen der Länder vor einer funktionalen Privatisierung in Form der Verwaltungshilfe privater „Betreiber“ bei Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Projekte des Bundesfernstraßenbaus sowie einer Beleihung der betreffenden „Betreiber“ mit der Mautgebührenerhebung zu schützen. Einen solchen bundesstaatsrechtlichen Kompetenzschutz kann die auftragsweise Landesverwaltung der Bundesfernstraßen nicht beanspruchen. Die bundesstaatsrechtliche Kompetenznorm des Art. 90 Abs. 2 GG begründet keine Sperre zugunsten der Länder gegenüber Modalitäten einer funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung. Zwar wird den Ländern dabei ein Verlust hoheitlicher und überhaupt administrativer Rechtsmacht abverlangt. Aber die betreffende Rechtsmacht steht ihnen, wie dargelegt, lediglich unter dem Vorbehalt von deren inhaltlicher Ausgestaltung im einfachen Bundesfernstraßenrecht zu.697 Im Zusammenhang der konkreten Projektbestimmungen nach dem FStrPrivFinG geht es vielmehr für die auftragweisen Landesfernstraßenverwaltungen lediglich darum, daß sich diese in den betreffenden konkreten Fällen auch sachgerechterweise im Stande und bereit sehen können, aufgrund der ihnen nach „außen“ durchaus verbleibenden Wahrnehmungszuständigkeit für die technischen Straßenbaulastaufgaben diese in Form einer selbständigen Verwaltungshilfe auf private „Betreiber“ zu übertragen sowie aufgrund der ihnen ebenfalls verbleibenden Kompetenz zur Erhebung von Mautgebühren eine Beleihung der betreffenden privaten „Betreiber“ mit der Mautgebührenerhebung vorzunehmen.698 Mit anderen Worten entbehrten konkrete Projektstimmungen nach dem FStrPrivFinG eines sachlichen Grundes und Sinnes, wenn sich die betroffenen Länder zu den damit verbundenen funktionalen Privatisierungen ihrer betreffenden Straßenbaulastaufgaben und ihrer Befugnis zur Erhebung von Mautgebühren nicht in der Lage und bereit sehen könnten. Es geht also bei der gesetzlich geregelten Mitwirkung der Länder an den konkreten Projektbestimmungen lediglich, aber auch notwendig um ein dem Regelungssystem und dem rechtlichen Instrumentarium des FStrPrivFinG immanentes Koordinations- bzw. Kooperationsverfahren zwischen dem für die funktional privatisierte benutzerfinanzierte Sachfinanzierung der betreffenden Projekte des Bundesfernstraßenbaus bundesstaatsrechtlich zuständigen Bund sowie den für den Vollzug der damit verbundenen funktionalen Privatisierung technischer Straßenbaulastaufgaben und der funktionalen Privatisierung der Mautgebührenerhebung zuständigen Ländern. Eine derartige verfahrensrechtliche föderative Kooperation Schon oben unter D.IV.9.g) mit Fn. 409. Zur Kompetenz der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung für die Mauterhebung oben unter IV.6. 697 698

22*

340

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

braucht nicht als unmittelbarer Verfahrensbestandteil des bundesrechtlichen Verordnungsverfahrens zur konkreten Projektbestimmung aus der bundesstaatsrechtlichen Kompetenz des Bundes zur Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen zu gelten und geregelt zu werden. Die im FStrPrivFinG gesetzestechnisch verunglückt gewählte Form eines unmittelbar in das verordnungsrechtliche Projektbestimmungsverfahren integrierten Einvernehmensvorbehalts zugunsten betroffener auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltung läßt sich vielmehr in der dargelegten Weise verfassungskonform interpretieren. Zusammengefaßt kann man danach zu dem Ergebnis gelangen, daß die im FStrPrivFinG vorgenommene gesetzestechnische Ausgestaltung einer unmittelbaren Mitwirkung von Ländern an den verordnungsrechtlichen konkreten Projektbestimmungen in Form eines Einvernehmensvorbehalts verfassungskonform als eine dem einfachrechtlichen Regelungssystem des FStrPrivFinG immanente, lediglich koordinierende bzw. kooperative Einbeziehung betroffener Länder anläßlich des bundesrechtlichen Verordnungsverfahren nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG interpretiert werden kann, welche die für dieses bundesrechtliche Verordnungsverfahren geltenden staatsrechtlichen Maßgaben unberührt läßt und daher in dieser Interpretation nicht nur sachgerecht, sondern auch verfassungskonform ist. Rechtskonstruktiv handelt es sich um eine durch die fachspezifisch bundesstaatsrechtliche Ordnung der Bundesfernstraßenverwaltung bedingte besondere Form einer sachlichen Koordination bzw. Kooperation zwischen Bund und Ländern aufgrund von je eigenen Kompetenzen derselben. Dem Bund obliegt es, in einem ausschließlich bundesrechtlichen Verordnungsverfahren die jeweiligen konkreten Projektbestimmungen aus der Sachfinanzierungskompetenz für die Bundesfernstraßen vorzunehmen; insofern werden die potentiellen Entgelttatbestände für die Mautgebührenerhebung und Benutzerfinanzierung nach dem FStrPrivFinG projektspezifisch bestimmt. Die hierbei „betroffenen“ auftragsweisen Landesfernstraßeverwaltungen dagegen entscheiden aufgrund ihrer bundesstaatsrechtlichen Wahrnehmungszuständigkeit für die technischen Straßenbaulastaufgaben, d. h. ebenfalls in kompetenzrechtlicher Eigenständigkeit, darüber, ob die durch eine bundesrechtliche Verordnung finanzverfassungsrechtlich auszuwählenden konkreten Projekte auch geeignet sind für eine baulastspezifische Verwaltungshilfe privater „Betreiber“ bei Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Bundesfernstraßen sowie für eine Beleihung der betreffenden „Betreiber“ mit der Mautgebührenerhebung. Letzteres stellt eine kompetenzrechtlich eigenständige Realisierungsentscheidung und Voraussetzung für die jeweilige finanzverfassungsrechtliche Projektbestimmung dar. Beide kompetenzrechtlich getrennten Entscheidungsvorgänge sind lediglich in der Sache koordinationsabhängig und erscheinen im Falle einer sachlichen Übereinstimmung als eine bundesstaatliche Kooperation. Es besteht ein wechselseitiger bundesstaatsrechtlicher Koordinationsbedarf, den das FStrPrivFinG in der gesetzestechnisch verunglückten Form eines Einvernehmensvorbehalts, aber im Grunde durchaus sachgerecht und verfassungskonform interpretierbar regelt. Im Ergebnis erfolgt somit die jeweilige Projektbestimmung nach dem FStrPrivFinG in zwei bundesstaatsrechtlich getrennten Rechtsvorgängen, in einer finanzverfassungs-

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 341

rechtlichen Entscheidung des Bundes und in einer hierzu notwendigen straßenbaulastspezifischen Entscheidung der „betroffenen“ auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung, wobei beide in der Sache wechselseitig voneinander realisierungsabhängig sind. Die Regelung ist nichts anderes als die Folge der bundesstaatsrechtlichen Aufspaltung der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen in die finanzielle Straßenbaulast des Bundes und in die technische Straßenbaulast der Länder sowie eine Konsequenz der wechselseitigen Realisierungsabhängigkeit beider Bereiche der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen. Man kann danach für die jeweiligen Projektbestimmungen nach dem FStrPrivFinG von kompetenzrechtlich getrennten, aber wechselseitig realisierungsabhängigen Entscheidungen des Bundes und „betroffener“ Ländern sprechen. Es handelt sich um eine realisierungsnotwendige Bund-Länder-Kooperation in der Bundesfernstraßenverwaltung. Die dargelegte, bundesstaatsrechtlich gebotene Aufspaltung der Projektbestimmungen nach dem FStrPrivFinG begegnet möglicherweise Bedenken, was die rechtssatzmäßige Funktion der Projektbestimmung durch eine bundesrechtliche Verordnung anbelangt. Solche Bedenken wären jedoch nicht begründet. Wie ausgeführt, gilt zwar für die Projektbestimmung in ihrer Funktion als Festlegung der projektspezifischen Entgelttatbestände einer Mautgebührenerhebung der institutionelle Gesetzesvorbehalt. Gemessen daran erweist sich die bloße finanzverfassungsrechtliche, von einer komplimentierenden Organisationsentscheidung der Länder realisierungsabhängige verordnungsrechtliche Projektbestimmung durch den Bund lediglich als ein unvollständiger Rechtsetzungsakt oder ein bloßer Teilrechtssatz. Dieser Umstand ändert aber nichts an dessen vollwertigem Rechtssatzcharakter. Er wird rechtssatzmäßig ebenso vollwertig ergänzt durch die im FStrPrivFinG gleichfalls ausdrücklich festgelegte verordnungsrechtliche Vornahme der Beleihung jeweiliger privater „Betreiber“ mit der Mautgebührenerhebung in Form einer bundesgesetzlich nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG delegierten landesrechtlichen Verordnungsgebung.699 Im Unterschied hierzu besitzt die eine bundesrechtliche Projektbestimmung jeweils konkret realisierende Begründung der baulastspezifischen Verwaltungshilfe privater „Betreiber“, wie dargelegt, keine Außenrechtswirkung. Sie hatte zwar ebenfalls aufgrund des institutionellen Gesetzesvorbehalts für funktionale Privatisierungen der Bundesfernstraßenverwaltung einer gesetzlichen Regelung im FStrPrivFinG bedurft.700 Aber für ihre konkrete Vornahme gilt der institutionelle Gesetzesvorbehalt, also der Vorbehalt einer rechtssatzmäßigen Regelung, nicht. Im Ergebnis ist danach dem Vorbehalt einer rechtssatzmäßigen Regelung der Projektbestimmungen nach dem FStrPrivFinG dadurch genügt, daß in einem bundesstaatlichen Teilrechtssatz die finanzverfassungsrechtliche Projekt699 § 2 Abs. 1 S. 1 FStrPrivFinG. Die Regelung von § 2 Abs. 2 FStrPrivFinG, wonach die als Adressat der Verordnungsermächtigung nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG in Betracht kommenden Landesregierungen die Verordnungsermächtigung durch Rechtsverordnung auf die oberste Landesstraßenbaubehörde übertragen können, entspricht den Subdelegationsanforderungen von Art. 80 Abs. 1 S. 4 GG. 700 Oben unter 9. mit Fn. 668.

342

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

bestimmung erfolgt und ergänzend hierzu in einem weiteren Teilrechtssatz durch landesrechtliche Verordnung die Beleihung privater „Betreiber“ mit der Mauterhebung. Es ergehen zwei bundesstaatlich sich ergänzende Teilrechtssätze. In der gesetzestechnisch als Herstellung eines „Einvernehmens“ geregelten kooperativen Mitwirkung auftragsweiser Landesfernstraßenverwaltungen an der verordnungsrechtlichen finanzverfassungsrechtlichen Projektbestimmung durch den Bund ist nichts anderes zu sehen als die landesseitig kraft Rechtsgeschäfts bundesstaatsrechtlich verpflichtende Entscheidung, in bezug auf das betreffende Projekt des Bundesfernstraßenbaus den jeweils durch die auftragsweise Landesfernstraßenverwaltung mit der straßenbaulastspezifischen Verwaltungshilfe in Pflicht genommenen privaten „Betreiber“ durch landesrechtliche Verordnung auch mit der Mautgebührenerhebung zu beleihen. Die finanzverfassungsrechtliche Projektbestimmung nach dem FStrPrivFinG durch bundesrechtliche Rechtsverordnung stellt also einen dem institutionellen Vorbehalt rechtssatzmäßiger Regelung genügenden Rechtssetzungsakt in der inhaltlichen Beschränkung auf einen realisierungsnotwendig ergänzungsbedürftigen Teilrechtssatz dar. Die gebotene und mögliche verfassungskonforme Interpretation des derzeit im FStrPrivFinG festgelegten „Einvernehmens“-Vorbehalts bei der verordnungsrechtlichen Projektbestimmung durch den Bund läßt sich gesetzestechnisch auch ohne weiteres formulieren. Es ist in rechtskonstruktiv und verfahrensrechtlich eindeutiger Form lediglich zum Ausdruck zu bringen, daß die Projektbestimmung durch bundesrechtliche Rechtsverordnung aufgrund einer sachlich „vorherigen“ Zustimmung von seiten der „betroffenen“ auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltungen erfolgt, d. h. der Änderung und Neufassung des FStrPrivFinG von 2002 bzw. 2003 folgend aufgrund einer sachlich „vorherigen“ Zustimmung der „betroffenen Landesregierungen“. Der in der dargelegten Weise verfassungskonform zu interpretierende und zu handhabende Regelungskomplex des FStrPrivFinG zur Bestimmung der für das Betreiberregime nach diesem Gesetz in Betracht kommenden Projekte des Bundesfernstraßenbaus geht selbstredend davon aus, daß die genannte realisierungsnotwendige koordinierende bzw. kooperierende Mitwirkung „betroffener Landesregierungen“ von Gesetzes wegen stets als kompetenzrechtlich eigene und unabhängige Rechtszuständigkeit der auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltung gewährleistet ist. Dies gilt es klarstellend festzuhalten angesichts der an sich bundesstaatsrechtlich bestehenden Rechtslage, daß die auftragsweise Landesverwaltung der Bundesfernstraßen nach Art. 90 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 85 Abs. 3 GG in umfassender Weise einer Ingerenz des Bundes in Form einer Weisungsbefugnis unterliegt. Danach könnte von Verfassungs wegen das zuständige Bundesministerium seinen verordnungsrechtlichen Projektbestimmungen nach dem FStrPrivFinG die Realisierung durch eine entsprechende Inpflichtnahme privater „Betreiber“ für die straßenbaulastspezifische Verwaltungshilfe und durch eine entsprechende Beleihung der betreffenden „Betreiber“ mit der Mautgebührenerhebung auf dem Wege einer bundesstaatsrechtlich bindenden Weisung gewähr-

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 343

leisten. Auf diese Weise könnte der einfachgesetzliche Vorbehalt einer realisierungsnotwendigen Mitwirkung „betroffener Landesregierungen“ ins Leere laufen. Das gesetzlich formulierte „Einvernehmen“ bzw. die Zustimmung der Landesseite in bezug auf die Projektbestimmung könnte vom Bund selbst im Weisungswege herbeigeführt werden und wäre so letzten Endes keine bundesstaatsrechtlich effektive Mitwirkungsform. Der betreffende gesetzliche Mitwirkungsvorbehalt wäre im Ergebnis sinnlos. Man kann deshalb davon ausgehen, daß jener Mitwirkungsvorbehalt zugunsten der Länder bei der Projektbestimmung nach dem FStrPrivFinG auf der Ebene des einfachgesetzlichen Rechts der Bundesfernstraßen eine Inanspruchnahme des Weisungsrechts nach Art. 85 Abs. 3 GG ausschließt. Auch insofern stellen die gesetzlichen Regelungen des FStrPrivFinG zur Bestimmung der für das Betreiberregime nach diesem Gesetz in Betracht kommenden Projekte des Bundesfernstraßenbaus einen speziellen Regelungskomplex innerhalb der bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung der Bundesfernstraßenverwaltung dar. Seine Besonderheit liegt insofern darin, daß hierbei die auftragsweise Wahrnehmungszuständigkeit der Länder für die Bundesfernstraßenverwaltung kraft einfachgesetzlicher Regelung von einer Weisungsgebundenheit nach Art. 85 Abs. 3 GG freigestellt ist. Es handelt sich um eine einfachgesetzliche Selbstbindung des Bundes, kraft deren dieser auf seine bundesstaatsrechtliche Weisungsbefugnis gegenüber der auftragsweisen Landesverwaltung der Bundesfernstraßen verzichtet. Unberührt bleibt in dem Zusammenhang allerdings das Weisungsrecht des Bundes nach Art. 85 Abs. 3 GG gegenüber der auftragsweisen Landesverwaltung der Bundesfernstraßen, soweit die Länder über die personelle Auswahl der privaten „Betreiber“ entscheiden. Als Folge jener einfachgesetzlichen Regelung hat sich der Bund auch der prozessualen Möglichkeit begeben, seine Vorstellungen zur Projektbestimmung nach dem FStrPrivFinG notfalls anknüpfend an eine bundesstaatsrechtliche Weisung verfassungsgerichtlich gegenüber den Ländern durchzusetzen. Auf der anderen Seite fehlt auch den Ländern eine bundesstaatsrechtliche Aktivlegitimation, um gegen eine auf die Sachfinanzierungskompetenz des Bundes für die Bundesfernstraßen gestützte Projektbestimmung durch denselben prozessual vorzugehen. Die Projektbestimmung nach dem FStrPrivFinG erweist sich danach in jeder Hinsicht als ein spezieller bundesstaatsrechtlicher Verfahrenskomplex innerhalb der Bundesfernstraßenverwaltung, bei dem Bund und Länder auf eine wechselseitige Koordinierung bzw. Kooperation angewiesen sind. Unbeschadet des gesetzlichen Mitwirkungsvorbehalts zugunsten der Länder bei der Projektbestimmung nach dem FStrPrivFinG ist es ausschließlich die jeweilige bundesrechtliche Verordnung, die in projektspezifischer Hinsicht die Entgelttatbestände für die Mautgebührenerhebung regelt. Verfahrensrechtlich, insbesondere bundesstaatsrechtlich, getrennt davon erfolgt die Regelung der Entgeltpflichten, d. h. der vom jeweiligen privaten „Betreiber“ beleihungsrechtlich zu erhebenden und ihm zur eigenen Verwendung überlassenen Mautgebühren.

344

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

11. Die Regelung der Mautgebühren beim Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG Die Regelung der Mautgebühren innerhalb des Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG fällt bundesstaatsrechtlich ausschließlich in die Kompetenz des Bundes zur Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen. Mit den betreffenden Vorschriften substituiert der Bund seine Sachfinanzierungsverpflichtung aus Art. 104 a Abs. 2 GG im Wege einer funktional privatisierten Benutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen in dem rechtsbegrifflich zweifachen strikten Sinne sowohl einer vollständigen und zwingenden Zweckgebundenheit des Mautaufkommens für die betreffenden Projekte des Bundesfernstraßenbaus als auch einer Inpflichtnahme der jeweiligen privaten „Betreiber“ als selbständige Verwaltungshelfer bei der Finanzierung dieser Projekte. Unbeschadet der, wie dargelegt, in die auftragsweise Wahrnehmungszuständigkeit der Länder fallenden Beleihung des jeweiligen privaten „Betreibers“ mit der Befugnis zur Mautgebührenerhebung701 gehört auch die Regelung der Mautgebühren, also der betreffenden Entgeltpflichten, zur bundesstaatsrechtlichen Sachfinanzierungskompetenz des Bundes.702 Dementsprechend erfolgt die Regelung der Mautgebühren, sowohl was die „näheren Bestimmungen über die Bemessung der Mautgebühren“ und deren Kalkulation angeht als auch was die Bestimmung von deren konkreter Höhe betrifft, aufgrund bundesgesetzlicher Verordnungsermächtigungen durch bundesrechtliche Rechtsverordnungen nach Art. 80 GG.703 Dabei gelten unterschiedliche Verordnungsermächtigungen und Verordnungsverfahren. Rechtsverordnungen zu „näheren Bestimmungen über die Bemessung der Mautgebühren“ werden konform mit Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG kumulativ durch das fachlich zuständige Bundesministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen sowie gemäß dem in Art. 80 Abs. 2 GG festgelegten Regelfall mit Zustimmung des Bundesrates erlassen. Dagegen werden die konkreten Mautgebühren verordnungsrechtlich vom fachlich zuständigen Bundesministerium unter Inanspruchnahme des in Art. 80 Abs. 2 GG eröffneten Ausnahmefalles ohne Zustimmung des Bundesrates festgelegt. Die im letzteren Falle auch vorgeschriebene „Anhörung der zuständigen obersten Landesstraßenbaubehörde“ ist wegen der hierdurch nicht eingeschränkten Letztentscheidung des Adressaten der Verordnungsermächtigung mit Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG vereinbar. Die Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG, wonach die gesetzliche Verordnungsermächtigung nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt sein muß, werden durch ausführliche gesetzliche Regelungen des FStrPrivFinG hierzu erfüllt. Oben unter IV.6. Oben unter IV.4. Bezüglich der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen in gemeindlicher Straßenbaulast stützt sich die Regelung ausschließlich auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG. 703 § 3 a FStrPrivFinG. 701 702

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 345

Bemerkenswert ist an den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zur verordnungsrechtlichen Regelung der Mautgebühren, daß für den jeweiligen privaten „Betreiber“ mit der „Auftragserteilung“, d. h. mit der Bestellung als selbständiger Verwaltungshelfer für die betreffenden Straßenbaulastaufgaben und als Beliehener für die Mautgebührenerhebung, ausdrücklich auch von Gesetzes wegen ein Anspruch auf den Erlaß einer Rechtsverordnung zu den konkreten Mautgebühren begründet worden ist.704 Es handelt sich um einen speziellen Fall eines materiellen Rechtsanspruchs Privater auf Erlaß einer bundesrechtlichen Rechtsverordnung.705 Prozessual bedeutet dies die Begründung einer Normenverpflichtungsklage im Rahmen der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, deren Einordnung in die Klage- bzw. Antragsformen der VwGO einen bekannten Fragenbereich darstellt. Nach wohl maßgeblicher Auffassung ist der betreffende Anspruch im Wege einer einzelaktmäßigen allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen.706 In inhaltlicher Hinsicht haben weder die privaten „Betreiber“ noch die als mautpflichtig betroffenen Benutzer der jeweiligen Strecken von Bundesfernstraßen die prozessuale Möglichkeit, gegen die betreffenden Rechtsverordnungen zur Bemessung bzw. zur Höhe der Mautgebühren einen prinzipialen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen; ein verwaltungsgerichtliches Normenkontrollverfahren im Sinne von § 47 VwGO gibt es gegen bundesrechtliche Rechtsverordnungen nicht. Die betroffenen mautpflichtigen Benutzer haben jedoch die prozessuale Möglichkeit, gegen die beleihungsrechtliche Mautgebührenerhebung mit einer verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsklage nach § 42 VwGO vorzugehen und dabei inzidenter auch die verordnungsrechtliche Regelung der konkreten Mautgebühren 704 § 3 a Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG. Rechtsbegründender Anknüpfungspunkt hierfür ist die rechtsgeschäftliche Übernahme der straßenbaulastspezifischen Finanzierung der betreffenden Fernstraßenprojekte sowie die Zweckbestimmung und Zweckbindung des Mautaufkommens hierfür (§ 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1 S. 3 und 4 FStrPrivFinG); siehe Begr. Reg. Entw. BT-Drs. 14 / 8447, S. 11. Siehe dazu ausführlich Schmitt, FStrPrivFinG, S. 228 ff. sowie Reidt, DVBl. 2000, 2002 ff. und Uechtritz u. a., Umstellung von „Gebühr“ auf „Entgelt“, S. 121 ff. 705 Grundsätzlich zur Frage Rechtsansprüchen auf Rechtssetzung schon oben unter D.IV.8.b) mit Fn. 378 bis 382. 706 Ausführlich und zutreffend dazu Schmitt, FStrPrivFinG, S. 233 ff. und Uechtritz u. a., Umstellung von „Gebühr“ auf „Entgelt“, S. 131 ff. Ferner trotz einer prinzipiellen Verneinung von verwaltungsgerichtlichen Normenverpflichtungsklagen bei Schenke, Verwaltungsprozessrecht , 9. Aufl. 2004, Rnr 347, 884 und 1083 sowie bei Kopp / Schenke, VwGO, § 47 Rnr 10 siehe jeweils auch dort die Darstellung und die Nachw. zur maßgeblichen Rechtsauffassung und Rechtspraxis. Zuweilen wird statt einer allgemeinen Leistungsklage auch eine allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO angenommen (siehe a. a. O. bei dem vorstehenden Nachw.); eine an sich am ehesten dem Klage- bzw. Antragssystem der VwGO entsprechende analoge Anwendung des Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO (dazu Nachw. ebenfalls a. a. O.) scheidet aus, weil dieses Verfahren in bezug auf bundesrechtliche Rechtsverordnungen nicht anwendbar ist. Der gegenständliche Fall der materiellrechtlichen Begründung eines Rechtanspruchs auf Verordnungserlaß zeigt, daß die Eröffnung einer verwaltungsgerichtlichen Normerlaßklage nach der grundrechtlichen Rechtsschutzgewährleistung von Art. 19 Abs. 4 GG zwingend sein kann.

346

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zuzuführen.707 Die wesentliche Frage ist in dem Zusammenhang, inwiefern die mautpflichtigen Benutzer der betreffenden Strecken von Bundesfernstraßen materiellen Rechtsschutz in bezug auf die Höhe der Mautgebühren beanspruchen können. Dabei handelt es sich jedoch um den noch gesondert zu erörternden Fragenbereich der Vereinbarkeit von Mautgebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit der grundrechtlichen Gewährleistung von deren gemeingebräuchlicher Benutzung.708 Problematisch erscheint die Frage des inhaltlichen Rechtsschutzes der privaten „Betreiber“ gegen Rechtsverordnungen zu den Mautgebühren. Das FStrPrivFinG kennt insofern keine spezifische und ausdrückliche Aktivlegitimation der privaten „Betreiber“. Es kann jedoch begründeterweise angenommen werden, daß eine solche Aktivlegitimation sich aus dem rechtsgeschäftlichen Vorgang der Übertragung der betreffenden Straßenbaulastaufgaben ergibt.709 Für deren prozessuale Geltendmachung erscheint die allgemeine verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage nach § 43 VwGO geeignet.710 Die materiellrechtlichen Rechtmäßigkeits- bzw. Entscheidungsmaßstäbe sind dabei auf der Grundlage der genannten gesetzlichen Regelungen des FStrPrivFinG zur Bemessung bzw. Höhe der Mautgebühren zu gewinnen.711 Im Zusammenhang der materiellrechtlichen Regelungen des FStrPrivFinG zur Bemessung und konkreten Festlegung der Mautgebühren ist zuletzt bemerkenswert, daß die betreffenden verordnungsrechtlichen Regelungen hierzu während der Laufzeit des jeweiligen projektspezifischen Betreiberregimes inhaltlichen Veränderungen verpflichtet sein können. Dies ergibt sich vor allem daraus, daß sich mit der laufenden Erhebung von Mautgebühren und von deren Überlassung an den jeweiligen privaten „Betreiber“ dessen Vor- bzw. Refinanzierungskosten für den erstmaligen Bau der betreffenden Projekte verringern. Auf diese Weise wird die Höhe der Mautgebühren zu einer Funktion der Laufzeit des jeweiligen Betreiberregimes. Nur in dem rechtlichen Zusammenhang sprechen die gesetzlichen RegeUechtritz u. a., a. a. O., S. 159 ff. Dazu ausführlich unter F. 709 Die Begründung hierfür ist die gleiche wie beim gesetzlich ausdrücklich eingeräumten Anspruch nach § 3 a Abs. 2 S. 2 FStrPrivFinG auf Erlaß der betreffenden Gebührenverordnung (Fn. 704 m. Nachw.). Die Höhe der Mautgebühren muß unter Beachtung der Maßgaben von § 3 a Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 – 5 FStrPrivFinG die baulastspezifische selbständige Verwaltungshilfe des privaten Betreibers für Bau, Erhaltung und Betrieb der betreffenden Bundesfernstraßen sowie die Mauterhebung zu tragen geeignet seien. Der betreffende Rechtsanspruch wird auch angesprochen bei Reidt / Stickler, BauR 97, 365 / 368 f. 710 Mangels eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO gegen bundesrechtliche Verordnungen. Zur Form der möglichen Einzelaktklage siehe die Nachw. in Fn. 706. In dem Fall eines gerichtlichen Vorgehens gegen eine erlassene Rechtsverordnung erscheint eine Feststellungsklage funktional geeigneter als die für eine Normerlassklage vorzuziehende allgemeine Leistungsklage; siehe hierzu Schmitt, FStrPrivFinG, S. 233 ff. 711 Fn. 709. 707 708

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 347

lungen des FStrPrivFinG die Frage der Laufzeit eines jeweiligen Betreiberregimes überhaupt einmal beiläufig an. Das Gesetz spricht von einer „Konzessionslaufzeit.712 Über die Beendigung des jeweiligen Betreiberregimes und über Endigungsregelungen schweigt sich das FStrPrivFinG gänzlich aus. Aber die Vorstellungen des Gesetzgebers zur Laufzeit und Beendigung eines Betreiberregimes sind durchaus erkennbar. Hierauf ist schließlich bei der hier gebotenen grundsätzlichen Erörterung des im FStrPrivFinG verwirklichten Betreibermodells noch einzugehen.

12. Laufzeit und Beendigung eines Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG Die Frage der Laufzeit eines Betreiberregimes nach dem FStrPrivFinG spricht das Gesetz in dem Zusammenhang an, daß sich ein privater „Betreiber“ im gesetzlich so bezeichneten „Konzessionsvertrag“ verpflichtet, Bau, Erhaltung und Betrieb einer Strecke zu einem Festpreis zu übernehmen; dieser ist dann auf die „Konzessionslaufzeit“ aufzuteilen.713 Erkennbar geht danach das FStrPrivFinG davon aus, daß die Laufzeit eines Betreiberregimes in rechtsgeschäftlicher Weise bei Übertragung der betreffenden Straßenbaulastaufgaben auf den privaten „Betreiber“ als selbständiger Verwaltungshelfer zwischen diesem und der Bundesfernstraßenverwaltung im Rahmen oder Zusammenhang des betreffenden öffentlichrechtlichen Vertrages zu regeln ist bzw. geregelt werden kann. Eine solche Regelung kann allerdings auch noch während eines bestehenden Betreiberregimes vereinbart werden. Dem Gesetz ist jedoch nicht zu entnehmen, daß für ein Betreiberregime eine Laufzeit vereinbart werden muß. Hierfür gäbe es auch keine sachlichen Gründe. Es ist also durchaus denkbar, daß ein Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG Dauercharakter hat oder jedenfalls einen solchen vorbehaltlich einer nachfolgenden rechtsgeschäftlichen Änderung aufweist. Wie eben schon angesprochen, ergibt sich bei einer längeren Laufzeit oder bei einer unbeschränkten Dauer eines Betreiberregimes nur die Rechtsfolge, daß sich die Vor- bzw. Refinanzierungskosten des „Betreibers“ für den erstmaligen Bau der betreffenden Projekte von Bundesfernstraßen verringern und daß deshalb die Höhe der konkreten Mautgebühren entsprechend anzugleichen ist. In gleicher Weise überläßt das FStrPrivFinG erkennbar auch die Endigungsregelungen zu einem Betreiberregime einer anfänglichen oder nachfolgenden rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen dem privaten „Betreiber“ und der Bundesfernstraßenverwaltung im Rahmen der betreffenden öffentlichrechtlichen Vertragsgestaltung. Dazu gehört dann auch die Regelung der vermögensrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere der eigentumsrechtlichen Fragen bezüglich der be712 713

§ 3 Abs. 5 S. 2 FStrPrivFinG. § 3 Abs. 5 S. 2 FStrPrivFinG.

348

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

treffenden Straßenbauwerke und Straßengrundstücke, die während der Dauer des Betreiberregimes im Eigentum des privaten „Betreibers“ stehen,714 sowie des Entgelts, das bei einem Erwerb des betreffenden Sachvermögens durch den Bund an den bisherigen „Betreiber“ zu leisten ist. Möglich ist auch, daß die betreffenden Endigungsvereinbarungen zum Zwecke eines Übergangs von Betreiberregime und Betreibervermögen auf einen anderen neuen „Betreiber“ getroffen werden. Es kann also insofern zusammenfassend festgestellt werden, daß das FStrPrivFinG die Festlegung der Laufzeit und die Beendigungsregelungen für ein Betreiberregime der öffentlichrechtlichen Vereinbarung zwischen der Bundesfernstraßenverwaltung und dem betreffenden privaten „Betreiber“ überläßt, also in dieser Beziehung von Gesetzes wegen einen offenen rechtsgeschäftlichen Gestaltungsspielraum einräumt. Wahrnehmungszuständig auf seiten der Bundesfernstraßenverwaltung ist dabei die jeweilige auftragsweise Landesverwaltung der Bundesfernstraßen, weil dieser bundesstaatsrechtlich die Übertragung der Verwaltungshilfe auf die privaten „Betreiber“ und deren Beleihung mit der Mautgebührenerhebung obliegt. Aber in der Sache sind die auftragsweisen Landesfernstraßenverwaltungen insofern bundesstaatsrechtlich gebunden. Denn es geht bei den betreffenden rechtsgeschäftlichen Entscheidungen und Erklärungen zur Laufzeit und zu den Endigungsregelungen des jeweiligen Betreiberregimes um Angelegenheiten, die im Rahmen der Sachfinanzierungskompetenz, der vermögensrechtlichen Rechtszuständigkeit und der Vermögensträgerschaft des Bundes für die Bundesfernstraßen liegen. Die Laufzeit- und Beendigungsregelungen zum Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG gehören zum zweckhaften Kern desselben als einer funktionalen Privatisierung der Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus in der Kompetenz des Bundes. In der Sache ist deshalb diesem die bundesstaatsrechtliche Kompetenz vorbehalten, insofern zu entscheiden. Es handelt sich um einen weiteren Rechtsvorgang innerhalb des Regelungssystems des FStrPrivFinG, bei dem zwischen der wahrnehmungsständigen Landesfernstraßenverwaltung und dem für die Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen zuständigen Bund eine bundesstaatliche Koordination und Kooperation notwendig ist. Im Falle der Laufzeit- und Beendigungsregelungen zu einem Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG kann der Bund gegebenenfalls gegenüber den bundesstaatsrechtlich wahrnehmungszuständigen, aber auch koordinierungs- und kooperationspflichtigen Landesfernstraßenverwaltungen das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG in Anspruch nehmen. Die gesetzlich offene Laufzeitregelung zum Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG gibt letztlich Anlaß zu einer abschließenden Beurteilung dieses bestimmten Modells einer funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung an der mit ihm verfolgten verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Zwecksetzung einer Effektuierung des bedarfsgerechten Baus und Ausbaus von Fernstraßen. 714 Zu den Eigentumsverhältnissen und zu deren Gestaltbarkeit Schmitt, FStrPrivFinG, S. 126 ff.; zur Enteignung zugunsten des privaten Betreibers dies., a. a. O., S. 271 ff. sowie schon oben in Fn. 626.

VI. Benutzerfinanzierte Privatisierung des Baus und Betriebs von Bundesfernstraßen 349

13. Das Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG in seiner Bedeutung für einen bedarfsgerechten Bau und Ausbau von Fernstraßen – Verkehrs- und finanzwirtschaftliche Beurteilung Der Umstand einer, wie dargelegt, von Gesetzes wegen offengehaltenen Laufzeit von Betreiberregimen nach dem FStrPrivFinG macht einmal mehr deutlich, daß dieses bestimmte Modell eines auf der Grundlage einer strikten Benutzerfinanzierung funktional privatisierten Bundesfernstraßenbaus lediglich ein beschränkt effektives Instrument darstellt, um das aktuelle und strukturelle Problem einer bedarfsgerechten Sachfinanzierung von Bundesfernstraßen zu lösen. Der gegenwärtig nach dem FStrPrivFinG projektspezifisch eng begrenzte Geltungs- und Anwendungsbereich nötigt ohnehin zu einer solchen Beurteilung. Nicht anders verhält es sich aus einer verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Perspektive mit dem erörterten, in der sachlichen Zwecksetzung vergleichbaren sogenannten A-Modell, bei dem ebenfalls nur in Einzelfällen auf der Grundlage und im Rahmen einer allgemeinen, bundesweiten Erhebung nutzungsspezifischer Mautgebühren nach dem ABMG private Rechtsträger gegen Überlassung des streckenbezogenen Mautaufkommens in administrativ verwaltungsinterner Weise für die betreffenden strekkenbezogenen technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung in Dienst genommen werden.715 In beiden Fällen handelt es sich angesichts des längerfristig und strukturell bestehenden Problems einer über den Bundeshaushalt nicht mehr zu gewährleistenden quantitativen und zeitlichen Effektuierung des bedarfsgerechten Baus bzw. Ausbaus von Fernstraßen um lediglich akzidentielle und pragmatische Lösungskonzepte. Hinsichtlich beider Praktiken stellt sich die Frage, ob mit diesen ein strukturell und langfristig bedeutsamer sowie konsequenter Schritt getan worden ist oder vollzogen werden kann, um das Problem der Sachfinanzierung eines bedarfsgerechten Baus und Ausbaus von Fernstraßen zu bewältigen, sei es in Richtung eines strikt benutzerfinanzierten funktional privatisierten Fernstraßenwesens oder, wie beim sogenannten A-Modell, jedenfalls in Richtung von dessen ausschließlicher Benutzerfinanzierung. Dies veranlaßt zu einer abschließenden und weiterführenden Beurteilung der genannten Konzepte, des gesetzlich geregelten nach dem FStrPrivFinG und des innerhalb des ABMG praktizierten, aus Sicht der verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Metafrage einer künftigen Sachfinanzierung der Fernstraßen. Im Grunde weist der mit den beiden genannten Konzepten erreichte Stand eines wie auch immer rechts- und organisationsförmlich konstruierten benutzerfinanzierten „privaten“ Fernstraßenbaus schon über sich selbst hinaus in die Richtung eines überhaupt funktional privatisierten Fernstraßenwesens.

715

Siehe unter II.3.

350

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

VII. Die benutzerfinanzierte Übertragung des Baus und der Finanzierung von Bundesfernstraßen auf Dritte als über sich hinausweisender Entwicklungsschritt funktionaler Privatisierung – Von funktional privatisierten Bundesfernstraßen zu einem funktional privatisierten Fernstraßenwesen Das im FStrPrivFinG geregelte und vorstehend in seinen rechtlichen Grundstrukturen erläuterte projektspezifische Betreibermodell sowie das ebenfalls schon erörterte, im Rahmen der allgemeinen, bundesweiten Erhebung nutzungsspezifischer Mautgebühren nach dem ABMG gleichfalls nur in streckenbezogenen Einzelfällen administrativ praktizierte sogenannte A-Modell716 markieren den gegenwärtig erreichten Entwicklungsstand bei der Effektuierung des Bundesfernstraßenbaus mittels privater Finanzierung aufgrund einer entsprechenden projektspezifischen bzw. streckenbezogenen Erhebung von Mautgebühren und einer Überlassung des jeweiligen Mautaufkommens an den betreffenden Privaten. Sie unterscheiden sich zwar, wie mehrfach dargelegt, in ihrer Rechtskonstruktion wesentlich.717 Das Betreibermodell nach dem FStrPrivFinG bedient sich einer fernstraßenrechtlich relevanten, funktionalen Privatisierung der Bundesfernstraßenverwaltung durch öffentlichrechtliche „Inpflichtnahme“ Privater als selbständiger baulastspezifischer Verwaltungshelfer und als beliehener Befugnisträger bei der betreffenden Mautgebührenerhebung.718 Demgegenüber beschränkt sich das sogenannte A-Modell rechtskonstruktiv auf der Grundlage und im Rahmen der Mautgebührenregelungen des ABMG auf eine fernstraßenrechtlich nicht relevante, bloße privatvertragliche „Indienstnahme“ privater Rechtsträger zur Erledigung der in der Rechtszuständigkeit der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung verbleibenden technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben. Aber in ihrer verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Zwecksetzung sowie in der Sache sind beide Konzepte bzw. Praktiken in gleicher Weise letztlich darauf gerichtet, privaten Rechtsträgern sowohl und vor allem die Sachfinanzierung des betreffenden Bundesfernstraßenbaus als auch damit verbunden die jeweiligen technischen Straßenbaulastaufgaben zu überantworten. In dem Zusammenhang ist auch ein weiteres, erwähntes Modell in die Betrachtung miteinzubeziehen. Denn im Hinblick auf die nach dem FStrPrivFinG und dem sogenannten A-Modell erreichbare Substituierung der staatlichen Sachfinanzierung von Bundesfernstraßen über den Bundeshaushalt kann auch ein insofern Unter II.3. Zu den hier zugrundegelegten rechtskonstruktiven und rechtsbegrifflichen Annahmen sowie Unterscheidungen, zum Rechtsbegriff der „Privatisierung“, zu demjenigen „funktionaler Privatisierungen“ sowie zu deren Abgrenzung von den Rechtsvorgängen einer bloßen administrativ verwaltungsinternen „Indienstnahme“ siehe Fn. 335 und 398 f. 718 Unter VI.5. bzw. VI. 716 717

VII. Entwicklung zu einem funktional privatisierten Fernstraßenwesen

351

hier schon berücksichtigtes, in skizzierter Form vorliegendes Konzept einer umfassenden benutzerfinanzierten selbständigen Fonds-Lösung für den Bundesfernstraßenbau jenen beiden bereits praktizierten Konzepten eines benutzerfinanzierten Bundesfernstraßenbaus gleichgestellt werden.719 Bei diesem in die Diskussion gebrachten Konzept soll ebenfalls die Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen unmittelbar über den Bundeshaushalt ersetzt werden durch die Finanzierung eines dritten, allerdings lediglich organisationsprivatisierten bundeseigenen Rechtsträgers. Wenn bei jener Fonds-Lösung nicht auch die technischen Straßenbaulastaufgaben in gesetzlich geregelter Weise auf die betreffende Verwaltungsgesellschaft des Bundes übertragen werden sollen, was, wie dargelegt, ohnedies eine Verfassungsänderung zur bundesstaatsrechtlichen Kompetenzordnung der Bundesfernstraßenverwaltung voraussetzen würde,720 dann handelt es sich lediglich um eine funktionale Privatisierung im Rahmen der Sachfinanzierungskompetenz des Bundes für die Bundesfernstraßen. Hinsichtlich der technischen Straßenbaulastaufgaben hält die dann so ausgestaltete Fonds-Lösung an einer staatseigenen Bundesfernstraßenverwaltung in gleicher Weise fest wie das sogenannten A-Modell. Beide Konzepte unterscheiden sich lediglich in dem allerdings wesentlichen Punkt, daß die betreffende Fonds-Lösung das Bundesfernstraßennetz insgesamt erfassen würde und nicht bloß in bestimmten, streckenbezogenen konkreten Einzelfällen. In der verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Zwecksetzung und Zweckverwirklichung stimmen also das Betreiberregime nach dem FStrPrivFinG, das sogenannte A-Modell auf der Grundlage und im Rahmen des ABMG sowie eine finanzverfassungsrechtlich beschränkte Fonds-Lösung darin überein, daß sie die staatliche Sachfinanzierung von Bundesfernstraßen unmittelbar über den Bundeshaushalt durch eine private Finanzierung im Wege einer gesetzlich geregelten „Inpflichtnahme“ bzw. einer administrativen „Indienstnahme“ Dritter hierfür auf der Grundlage einer Benutzerfinanzierung aus Mautgebühren sowie einer Überlassung des Mautaufkommens an jene Dritten substituieren. Sie folgen in dem Zusammenhang schließlich auch insofern dem gleichen Konzept, als der für die Sachfinanzierung des Bundesfernstraßenbaus in Pflicht bzw. in Dienst genommene Dritte aus dem ihm überlassenen Mautgebührenaufkommen auch die Kosten der notwendigen Vor- bzw. Refinanzierung zu bestreiten hat. Man kann danach festhalten, daß mit dem gesetzlich geregelten Betreibermodell nach dem FStrPrivFinG, mit dem administrativ praktizierten sogenannten A-Modell auf der Grundlage und im Rahmen der allgemeinen, bundesweiten Erhebung nutzungsspezifischer Mautgebühren nach dem ABMG sowie mit der konzeptionellen Überlegung einer umfassenden benutzerfinanzierten Fonds-Lösung für den Bundesfernstraßenbau ein durchaus fortgeschrittener konzeptioneller Entwicklungs- bzw. Meinungstand zur Effektuierung des Bundesfernstraßenbaus mittels privater Finanzierung erreicht ist. Aber eine Realisierung verlangt grundlegende 719 720

Oben unter V. sowie VI.2. und 3., Fn. 573 und 589. Oben unter VI.3.

352

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Veränderungen im dabei tragenden System der Benutzerfinanzierung von Fernstraßen. Zunächst haben solche Veränderungen mit den wesentlichen konzeptionellen Unterschieden zu tun, was den Geltungs- und Anwendungsbereich der betrachteten Modelle angeht. Das FStrPrivFinG und das sogenannte A-Modell haben derzeit lediglich einen engen projektspezifischen bzw. auf streckenbezogene Einzelfälle beschränkten Geltung- und Anwendungsbereich. Zwar erscheinen beide letzteren Modelle im Grundsatz durchaus verallgemeinerungsfähig. Aber alle genannten drei Konzepte schließen sich, wie erörtert, in ihren Rechtskonstruktionen gegenseitig aus, lassen sich also nur unter einer entsprechenden Geltungs- und Anwendungsrücknahme der jeweiligen anderen verwirklichen. Eine breitere oder gar umfassende Verwirklichung privater Finanzierung des Bundesfernstraßenbaus anstelle der derzeit grundsätzlich und überwiegend bestehenden Sachfinanzierung über den Bundeshaushalt würde somit eine grundlegende Neuordnung der finanziellen Straßenbaulastaufgaben im tradierten Rechts- und Organisationsregime staatlicher Bundesfernstraßen erfordern. Im übrigen und letztlich können einschlägige Erwägungen zu einer funktional privatisierenden Neuordnung der Sachfinanzierung von Fernstraßen wohl auch gar nicht umhin, ihren jeweils eigentlichen und substantiellen verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Ansatzpunkt konsequenterweise weiterzudenken in Richtung auf ein überhaupt funktional privatisiertes benutzerfinanziertes Fernstraßenwesen. Eine breitere oder gar umfassende Neuordnung der Sachfinanzierung von Fernstraßen nach einem der genannten Konzepte einer von Maut- bzw. Benutzungsentgelten getragenen privaten Finanzierung staatlicher Bundesfernstraßen würde lediglich einen Schritt bedeuten, der „auf halbem Wege“ stehen bliebe. Denn im Grunde weisen jene bisherigen Praktiken bzw. Konzepte einer privaten oder jedenfalls gegenüber dem Staatshaushalt rechtlich verselbständigten Finanzierung staatlicher Fernstraßen auf der Grundlage von Maut- bzw. Benutzungsentgelten bei konsequenter Verfolgung ihres Ansatzes schon über sich selbst hinaus. Sie bewegen sich bereits innerhalb der weiterreichenden, eigentlichen Metafrage zur künftigen Finanzierung von Fernstraßen, ob das Fernstraßenwesen überhaupt noch ausschließlich in der Rechts- und Organisationsform staatlicher Bundesfernstraßen bestehen oder ob es ganz oder wenigstens teilweise in diejenige eines staatlich nur noch kraft der verfassungsrechtlich begründeten Aufgabenverantwortung des Staates gewährleisteten und regulierten privaten Fernstraßenwesens überführt werden soll, möglicherweise aus naheliegenden praktischen und politischen Gründen beschränkt auf den Neubau von Fernstraßen und auf Ausbauvorhaben im Bereich bislang bestehender staatlicher Bundesfernstraßen. In rechtlicher, insbesondere staatsrechtlicher Hinsicht jedenfalls, und lediglich insofern kann und soll gegenständlich eine Beurteilung erfolgen, erscheinen keine Gründe ersichtlich, die einer derartigen, nur folgerichtigen Neuordnung im Rechts- und Organisationsregime des Fernstraßenwesens zum Zwecke einer Effektuierung von dessen bedarfsgerechtem Ausbau entgegenstehen könnten. Dies läßt sich in den wesentlichen Punkten nachvollziehen, wenn man hierbei vergleichsweise vom Betreiberregime

VII. Entwicklung zu einem funktional privatisierten Fernstraßenwesen

353

nach dem FStrPrivFinG, vom sogenannten A-Modell auf der Grundlage und im Rahmen des ABMG sowie von der in die Diskussion gebrachten Fonds-Lösung in deren bloß finanzverfassungsrechtlicher Ausgestaltung ausgeht. Nach deren konzeptionellen Ansätzen erscheint ein Rechts- und Organisationsregime privater Fernstraßen721 als ein folgerichtiger Schritt. Zugegebenermaßen bricht ein privates Fernstraßenwesen mit der bislang in Deutschland uneingeschränkten staatsrechtlichen und straßenrechtlichen Tradition eines hoheitlichen Rechts- und Organisationsregimes öffentlicher Straßen. Aber hierzu ist gegenständlich klargestellt worden, und es kann, soweit ersichtlich, auch als im Ergebnis kaum ernsthaft angreifbare Auffassung gelten, daß das GG mit seiner staatsorganisationsrechtlichen Konstituierung staatlicher Bundesfernstraßen in Art. 90 GG lediglich eine kontingente Verfassungsaussage zum Fernstraßenwesen getroffen hat;722 private Fernstraßen im Rahmen und unter der Verantwortung einer staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen723 sind hiermit keineswegs ausgeschlossen. In verfassungsrechtlicher Hinsicht war zu deren rechtssatzmäßiger Realisierung nur festzuhalten, daß es dann einer einfachrechtlichen Ergänzung des gegenwärtig lediglich für staatliche Bundesfernstraßen geltenden Fernstraßenrechts unter Inanspruchnahme der Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG um ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen, einschließlich einer entsprechenden Ergänzung der Regelungen zur Ausbauplanung für das Fernstraßenwesen, bedarf und daß für den Verwaltungsvollzug der hierbei notwendigen fernstraßenrechtlichen Gewährleistungs-, Regulierungs- und Realisierungsregelungen im Hinblick auf die bundesstaatsrechtliche Kompetenzordnung eine verfassungsändernde Ausweitung der Bundesauftragsverwaltung für Bundesfernstraßen auch auf eine solche für private Fernstraßen erforderlich ist. Mit Ausnahme einer derartigen, mit verhältnismäßig wenig Aufwand und eigenem Gewicht machbaren verfassungsändernden Ausweitung von Art. 90 Abs. 2 und 3 GG, um eine Bundesauftragsverwaltung auch für den Vollzug eines Fernstraßenrechts privater Fernstraßen verlangt deren Institutionalisierung keine weitere, jedenfalls keine deren Rechts- und Organisationsregime betreffende Verfassungsänderung. Ein privates Fernstraßenwesen ist in seiner inhaltlichen Konstituierung schon de constitutione lata verfassungskonform; die hierbei, wie gesagt, sinnvollerweise entsprechenden gebotene verfassungsändernde Ausweitung der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 und 3 GG hat nur die Bedeutung und das Gewicht einer bundesstaatsrechtlichen Folgeregelung. Auch die inhaltliche Ausgestaltung eines Fernstraßenrechts benutzerfinanzierter privater Fernstraßen würde im Vergleich zu ebenfalls benutzerfinanzierten staatlichen Bundesfernstraßen keine grundlegend veränderten Folgen nach sich ziehen. Dies vermag ein Blick auf die in dem Zusammenhang wesentlichen Punkte zu bestätigen. Zum Begriff Fn. 345. Siehe den Abschnitt D.III. im Ergebnis ebenso deutlich Schmitt, FStrPrivFinG, S. 245 ff. 723 Dazu unter D.IV.5. und 7. 721 722

23 Bartlsperger

354

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

Im Grund sind es zwei prinzipielle, unterschiedliche Perspektiven, unter denen sich eine funktionale Privatisierung von Fernstraßen in der weitestgehenden Modalität einer Ersetzung der tradierten staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung durch ein benutzerfinanziertes privates Fernstraßenwesen als eine Frage staatsorganisationsrechtlicher und politischer Akzeptanz darstellt. Auf der einen Seite, aus der Perspektive des Staates, geht es um die finanzverfassungsrechtliche Akzeptanz eines Fernstraßenwesens, bei dem die Erhebung von Entgelten für die Straßenbenutzung auf eine Benutzerfinanzierung in dem rechtsbegrifflich strikten Sinne einer vollständigen und verbindlichen Zweckgebundenheit des betreffenden Entgeltaufkommens für einen privaten Fernstraßenbau festgelegt wird. Auf der anderen Seite gilt es aus der Perspektive der Fernstraßenbenutzer der verfassungsrechtlichen Akzeptanzanforderung zu genügen, daß auch im Bereich eines benutzerfinanzierten privaten Fernstraßenwesens die Gewährleistungsaufgabe des Staates für den fernstraßerechtlichen Gemeingebrauch als einer Grundrechtsvoraussetzung gewahrt bleibt. Unter beiden Perspektiven lassen sich weder rechtlich noch politisch begründeterweise Argumente gegen eine mehr oder weniger umfangreiche Verwirklichung eines benutzerfinanzierten privaten Fernstraßenwesens erkennen. Im Zusammenhang mit der staatlichen Perspektive kann und muß vorweg eine gelegentlich aktuelle Privatisierungsmotivation außer acht bleiben, die sich sogar mit einem sogenannten „Verkauf“ der bestehenden staatlichen Bundesfernstraßen an Private befaßt. Hierbei handelt es sich um Erwägungen zu einer Vermögensprivatisierung des Bundes, deren Anliegen und Zielrichtungen von einer finanzpolitischen, also von einer ganz anderen Art sind als diejenigen, die der hier zu erörternden funktionalen Privatisierung des Fernstraßenwesens zur Effektuierung des bedarfsgerechten Fernstraßenbaus gelten. Aus der Perspektive des Staates geht vielmehr die wesentliche Frage gerade in die entgegengesetzte Richtung und allein dahin, ob der Bund finanzwirtschaftlich und haushaltspolitisch bereit sein kann, unter Verzicht auf eine dem Bundeshaushalt vorbehaltene Sachfinanzierung von Fernstraßen zu deren Benutzerfinanzierung in dem funktional und rechtsbegrifflich strikten Sinne einer vollständigen und verbindlichen Zweckgebundenheit von bei der Fernstraßenbenutzung erhobenen Entgelten für den Fernstraßenbau überzugehen. Indessen erscheint dazu schon eine prinzipielle Entscheidung gefallen. Bereits die erörterten bisherigen gesetzlichen Regelungen bzw. Praktiken nach dem projektspezifischen FStrPrivFinG bzw. nach dem speziell streckenbezogenen sogenannten A-Modell auf der Grundlage und im Rahmen des ABMG zu einer privaten Finanzierung des Bundesfernstraßenbaus, aber auch vergleichbare Erwägungen wie die erwähnten zu einer organisationsrechtlich verselbständigten Fonds-Lösung für den Bundesfernstraßenbau, folgen der finanzverfassungsrechtlichen Konzeption, die Sachfinanzierung der Fernstraßen über den Bundeshaushalt zu substituieren durch eine von Privaten übernommene oder jedenfalls organisationsrechtlich verselbständigte Benutzerfinanzierung. Die gesetzlichen Regelungen des VIFGG zur „überwiegenden“ Verwendung des nicht ausnahmsweise für das sogenannte A-Modell genutzten Mautgebührenaufkommens nach dem ABMG für den Bundes-

VII. Entwicklung zu einem funktional privatisierten Fernstraßenwesen

355

fernstraßenbau folgen jener Entwicklung jedenfalls im Grundsatz. Es ist also ohnehin schon ein tragfähiger und politisch akzeptierter Weg hin zu einem benutzerfinanzierten Fernstraßenwesen außerhalb des Bundeshaushalts eingeschlagen. Danach braucht von diesem Ansatzpunkt ausgehend nur noch der an sich folgerichtige Schritt getan zu werden, von benutzerfinanzierten staatlichen Bundesfernstraßen zu einem benutzerfinanzierten privaten Fernstraßenwesen. Die Entscheidung in dieser Frage betrifft allerdings, abgesehen von Gesichtspunkten einer allgemeinen politischen Akzeptanz einer derartigen „Entstaatlichung“, die zweite genannte, spezifisch verfassungsrechtliche und aus der Sicht der Fernstraßenbenutzer zu beurteilende Perspektive, nämlich diejenige, ob auch in einem benutzerfinanzierten privaten Fernstraßenwesen die verfassungsrechtlich begründete Gewährleistungsaufgabe des Staates für den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch als Grundrechtsvoraussetzung noch erfüllbar und garantiert ist. Hierbei bedarf es differenzierterer Beurteilungen. Sie betreffen das „gebührenrechtliche“ Politikum einer Entgeltpflichtigkeit des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs gegenüber Privaten sowie die Aufgabe des Gesetzgebers, ein mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistungsaufgabe des Staates für das Fernstraßenwesen vereinbares Fernstraßenrecht privater Fernstraßen zu schaffen. Das „gebührenrechtliche“ Politikum eines benutzerfinanzierten privaten Fernstraßenwesens besteht zunächst darin, daß die betreffende private Benutzerfinanzierung auch die Kosten der privaten Vor- bzw. Refinanzierung des erstmaligen Neubaus oder des wesentlichen Ausbaus von dabei privat „übernommenen“ Bundesfernstraßen abzudecken hat. Dieser Umstand muß zweifellos zu entsprechend höheren Entgeltpflichten der Fernstraßenbenutzer führen. Daher ist die „gebührenrechtliche“ Abwägungsfrage zu entscheiden, ob die betreffenden höheren Entgeltpflichten der Fernstraßenbenutzer mit Rücksicht auf den Vorteil einer hierdurch eröffneten zeitlichen Effektuierung des bedarfsgerechten Fernstraßenbaus akzeptabel erscheinen. Für den projektspezifischen Geltungs- und Anwendungsbereich des FStrPrivFinG ist diese Abwägungsfrage bereits positiv entschieden worden. Gleiches würde in sogar umfassender Weise auch bei Verwirklichung der erwähnten organisationsrechtlich verselbständigten Fonds-Lösung für den Bundesfernstraßenbau der Fall sein. Insofern erschiene also eine politische Entscheidung zugunsten eines benutzerfinanzierten privaten Fernstraßenwesens lediglich als eine grundsätzliche, gegenüber dem gegenwärtigen Rechtszustand umfassendere und bedeutendere staatliche Option für eine benutzerfinanzierte zeitliche Effektuierung des bedarfsgerechten Fernstraßenbaus. Sie schlösse allerdings noch ein weiteres „gebührenrechtliches“ Politikum ein, das mit einer spezifisch rechtlichen Fragestellung verbunden ist. Ein benutzerfinanziertes privates Fernstraßenwesen würde mit der damit einhergehenden Veränderung des tradierten hoheitlichen Rechts- und Organisationsregimes der betreffenden Fernstraßen in ein solches nach dem Privatrecht auch die Entgeltpflichtigkeit der Fernstraßenbenutzer zu einer solchen in privatrechtlicher Form machen. Danach stellt sich die Frage nach den materiellrechtlichen Maßstä23*

356

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

ben und Bindungen bei der Bemessung und bei der Bestimmung der konkreten Höhe der auf privaten Fernstraßen erhobenen Maut- bzw. Benutzungsentgelte. Es handelt sich um die auch anderwärts bekannte „gebührenrechtliche“ Frage nach den materiellrechtlichen Maßstäben bzw. Bindungen privatrechtsförmlicher Entgelte für die Inanspruchnahme von materiell als öffentliche Güter öffentlichrechtlich gewährleisteten bzw. gebundenen Leistungen Privater. Aus der Sicht der Fernstraßenbenutzer geht es darum, ob der fernstraßenrechtliche Gemeingebrauch als verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrechtsvoraussetzung im Falle seiner Entgeltpflichtigkeit einer inhaltlichen Entgeltgestaltung nach Privatrecht und damit nach dem Prinzip privatwirtschaftlicher Interaktionen überantwortet werden kann oder ob hierbei eine materiell öffentlichrechtliche Bindung wie bei hoheitlichen Benutzungsgebühren Geltung beansprucht. Wie auch immer man diese Frage des in der Folge eines benutzerfinanzierten privaten Fernstraßenwesens eintretenden materiellrechtlichen Regimewechsels für die Entgeltpflichtigkeit der Fernstraßenbenutzung beurteilen mag, bleibt insofern verfassungsrechtlich unverrückbar in Geltung, daß die Bemessung und die Festlegung der konkreten Höhe von Entgeltpflichten für den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch letzten Endes durch die Gewährleistung desselben als Grundrechtsvoraussetzung gebunden ist. Die konkrete Bedeutung dieser von Verfassungs wegen materiellen Rechtsgebundenheit von Entgeltpflichten beim fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch, gleichgültig ob dieser unter einem hoheitsrechtlichen oder unter einem privatrechtsförmlichen Fernstraßenregime stattfindet, stellt ohnehin eine grundsätzliche und gegenständlich noch gesondert zu erörternde Frage dar.724 Sie würde genauso auftreten, wenn die tradierte staatliche Bundesfernstraßenverwaltung kraft organisationsaktmäßiger Formenwahl in ein privatrechtliches Rechts- und Organisationsregime umgestellt würde. Im vorliegenden Zusammenhang jedenfalls braucht im Ergebnis nur festgehalten zu werden, daß die mit einem benutzerfinanzierten privaten Fernstraßenwesen verbundene rechtsförmliche Umstellung der bei einer hoheitlichen Bundesfernstraßenverwaltung hoheitsrechtlichen Maut- bzw. Benutzungsgebühren in privatrechtsförmliche Maut- bzw. Benutzungsentgelte nichts an den insofern verfassungsrechtlich geltenden Maßstäben und Bindungen für die Entgeltgestaltung ändern könnte. Schließlich würde das in den genannten Hinsichten bestehende „gebührenrechtliche“ Politikum eines benutzerfinanzierten privaten Fernstraßenwesens allein schon dadurch praktisch entschärft, daß eine Institutionalisierung benutzerfinanzierter privater Fernstraßen aktuell wohl allenfalls in den Fällen eines Neubaus oder eines wesentlichen Ausbaus von bislang vorhandenen staatlichen Bundesfernstraßen in Betracht kommen dürfte. Damit erscheint auch dem in Rechnung zu stellenden Argument begegnet, daß eine Umwandlung auch schon vorhandener Bundesfernstraßen in benutzerfinanzierte private Fernstraßen die Fernstraßenbenutzer einer nochmaligen, also im Ergebnis doppelten Entgeltpflicht für die betref724

Abschnitt F.; zu privatrechtlichen Maut- bzw. Benutzungsentgelten F.XI.

VII. Entwicklung zu einem funktional privatisierten Fernstraßenwesen

357

fenden Fernstraßen aussetzen würde. Die sachliche Schlüssigkeit einer solchen Argumentation mag dahingestellt bleiben. Zweifelsfrei kann ein benutzerfinanziertes privates Fernstraßenwesen im Bereich des Neubaus und des wesentlichen Ausbaus von Fernstraßen mit Rücksicht auf die von den betreffenden Privaten insofern zu tragenden Vor- und Refinanzierungskosten zu höheren Entgeltpflichten führen. Aber dies ist dann, wie gesagt, die Folge einer auch im Interesse der Fernstraßenbenutzer liegenden Abwägungsentscheidung zugunsten des Vorrangs einer zeitlichen Effektuierung des bedarfsgerechten Fernstraßenbaus. Unter „gebührenrechtlichen“ Gesichtspunkten erweist sich somit zusammengefaßt ein benutzerfinanziertes privates Fernstraßenwesen sowohl in seiner politischen Akzeptanzsituation als auch vor allem im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs als Grundrechtsvoraussetzung durchaus kompatibel mit dem tradierten Rechts- und Organisationsregime staatlicher Bundesfernstraßen. Es ist mit Rücksicht auf diese Verfassungsrechtslage ohnehin eine Aufgabe des Gesetzgebers, für ein benutzerfinanziertes privates Fernstraßenwesen ebenso rechtssatzmäßige Regelungen zur Entgeltpflichtigkeit des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs, d. h. zur Bemessung und zur konkreten Höhe von Maut- bzw. Benutzungsentgelten, zu schaffen bzw. zu veranlassen, so wie das auch zu den derzeit geltenden Mautgebühren für die Benutzung von staatlichen Bundesfernstraßen im FStrPrivFinG und im ABMG geboten war und geschehen ist. Über die „gebührenrechtlichen“ Gesichtspunkte im Zusammenhang der notwendigen Benutzerfinanzierung hinaus ist zur verfassungsrechtlichen Kompatibilität des Rechts- und Organisationsregimes eines staatlich getragenen und eines privaten Fernstraßenwesens generell lediglich nochmals wiederholend klarzustellen und festzuhalten, daß auch die Schaffung privater Fernstraßen im praktischen Ergebnis nur in Betracht kommen kann auf der Grundlage, im Rahmen und unter den Bedingungen der verfassungsrechtlichen Gemeinwohl- und Gewährleistungsverantwortung des Staates. Andernfalls sind private Fernstraßen, wie ausführlich dargelegt, gar nicht realisierbar, was ihre planungsrechtliche und eigentumsrechtliche Realisierbarkeit, die administrative Zulassung und Überwachung der Straßenanlagen und ihre kreuzungsrechtliche Einfügung angeht. Man kann insofern, wie erwähnt, zusammengefaßt von einem infrastrukturellen oder fachspezifischen Staatsvorbehalt für das private Fernstraßenwesen sprechen. Nicht zuletzt und vor allem ist mit dieser realisierungsbedingten Gemeinwohlverpflichtung auch privater Fernstraßen verfassungsrechtlich zwingend verbunden, daß für diese eine gleiche fernstraßenrechtliche Benutzungsordnung wie für die staatlichen Bundesfernstraßen zu schaffen ist, insbesondere eine Regelung des Gemeingebrauchs, die dessen verfassungsrechtlichen Anforderungen als Grundrechtsvoraussetzungen genügt. Mit anderen Worten bedarf es eines mit dem Fernstraßenrecht der staatlichen Bundesfernstraßen am Maßstab der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für ein Fernstraßenwesen grundsätzlich gleichwertigen Fernstraßenrechts privater Fernstraßen. Dies bedeutet im Ergebnis, daß ein benutzerfinanziertes privates Fernstra-

358

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

ßenwesen verfassungsrechtlich ohnehin nur unter der Voraussetzung eines mit dem tradierten staatlichen Bundesfernstraßenwesen kompatiblen Rechts- und Organisationsregimes denkbar ist und zur Erörterung steht. Zusammengefaßt bedarf es hierzu einer Ergänzung des geltenden Fernstraßenrechts staatlicher Bundesfernstraßen um ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen und, wie mehrfach angesprochen, zu dessen staatlicherseits administrativem Vollzug einer verfassungsändernden Ausweitung der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 und 3 GG auch auf eine Bundesauftragsverwaltung im Bereich privater Fernstraßen.725 Der Inhalt des betreffenden einfachen Fernstraßenrechts privater Fernstraßen ist dann auch fachspezifisch vorgegeben und läßt sich demgemäß in den Grundzügen darstellen. Es handelt sich um die legislative fachspezifische Ausgestaltung der weitestgehenden Modalität eines funktional privatisierten Fernstraßenwesens.

VIII. Die fachspezifische gesetzliche Ausgestaltung eines Fernstraßenrechts privater Fernstraßen – Ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen 1. Ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen als legislative Ordnung funktionaler Privatisierung Bei einer gegebenenfalls erfolgenden verkehrs- und finanzwirtschaftlichen Entscheidung zur Institutionalisierung eines privaten Fernstraßenwesens bedeutete die Schaffung der hierfür notwendigen gesetzlichen Grundlagen keineswegs einen legislativen Vorgang, der dem Fernstraßenrecht im Grunde unbekannt wäre. Spezielle legislative Neuerungen bzw. Ergänzungen zu dem für das Organisations- und Rechtsregime staatlicher Bundesfernstraßen geltenden FStrG waren schon bei der projektspezifischen Verwirklichung eines benutzerfinanzierten funktional privatisierten Betreibermodells für Bundesfernstraßen im FStrPrivFinG von 1994726 sowie bei der allgemeinen, bundesweiten Einführung nutzungsspezifischer Mautgebühren im ABMG von 2002 vorzunehmen. Auch die fernstraßenrechtlich partiell auf die Verwendung der nach dem ABMG erhobenen Mautgebühren beschränkte organisationsrechtliche Verselbständigung von Sachfinanzierungsangelegenheiten der Bundesfernstraßenverwaltung in Form einer Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft nach dem VIFGG stellt eine spezielle Ergänzung des tradierten Fernstraßenrechts dar. Hieraus würde eine sogar umfassende Erneuerung des Fernstraßenrechts entstehen, wenn die erwähnte Konzeption einer generell organisationsrechtlich verselbständigten Fonds-Lösung für die Sachfinanzierung der Bundesfernstraßen verwirklicht würde. Jedenfalls mit dem FStrPrivFinG und mit den Bestimmungen des ABMG zur Beleihung privater „Betreiber“ mit der 725 726

D.III.3.b) und c). Neufassung von 2002 bzw. 2003, Gesetz 28. 6. 2003 (BGBl. I S. 1050).

VIII. Ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen

359

Mauterhebung und einem entsprechenden Mauterhebungssystem liegen bereits spezielle fernstraßenrechtliche Gesetze zur funktionalen Privatisierung im Bereich der staatlichen Bundesfernstraßen vor. Sie entsprechen dem institutionellen Gesetzesvorbehalt für funktionale Privatisierungen als fernstraßenrechtlich relevanten Veränderungen in den tradierten Rechtszuständigkeiten der Bundesfernstraßenverwaltung. Gleichwohl stellt die für ein privates Fernstraßenwesen notwendige Veränderung bzw. Ergänzung des überkommenen Fernstraßenrechts staatlicher Bundesfernstraßen im Vergleich zur schon eingeschlagenen Entwicklung eines Fernstraßenprivatisierungsrechts einen prinzipiell weitergehenden und damit gänzlich neuen Vorgang dar. Mit ihr wird der weitestgehende Schritt einer funktionalen Privatisierung im Fernstraßenwesen in Form der gänzlichen Abgabe staatlicher Rechtsmacht im Bereich einer Staatsaufgabe vollzogen. Art und Umfang der hierbei dem Gesetzgeber gestellten Aufgabe lassen sich zusammenfassend dahin kennzeichnen, daß dem tradierten Fernstraßenrecht staatlicher Bundesfernstraßen ein wesentlich vergleichbares und ebenso vollständiges Fernstraßenrecht privater Fernstraßen zur Seite gestellt werden muß. Dessen Inhalt und Ausgestaltung sind dadurch vorgegeben und bestimmt, daß es die verfassungsrechtlich begründete Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für das Fernstraßenwesen anstatt mit einem Rechts- und Organisationsregime staatlicher Bundesfernstraßen in einem ebenso realisierungsfähigen und in jeder Hinsicht unter gleichwertigen verfassungsrechtlichen Anforderungen stehenden Rechts- und Organisationsregime privater Fernstraßen zu verwirklichen hat. Fachspezifisch realisierungsfähig ist ein privates Fernstraßenrecht nur unter der Voraussetzung, daß sein Rechts- und Organisationsregime in gleicher Weise wie dasjenige staatlicher Bundesfernstraßen die verfassungsrechtlich begründete staatliche Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe für sich beanspruchen kann. Infolgedessen müssen in seinem Rechts- und Organisationsregime auch die gleichen verfassungsrechtlichen Gemeinwohlverpflichtungen und Gewährleistungsgarantien zur Geltung kommen. Mit anderen Worten stellen auch private Fernstraßen ebenso wie staatliche Bundesfernstraßen einen Fall von spezifisch rechtlich konstituierten öffentlichen Gütern dar und ihr Rechts- und Organisationsregime ist dementsprechend fernstraßenrechtlich zu regeln. Zur rechtsbegrifflichen Bezeichnung dieser Rechtssituation kann man den Begriff eines infrastrukturellen oder fachspezifischen Staatsvorbehalts für das Fernstraßenwesen wählen. Hierin findet rechtskonstruktiven und rechtsbegrifflichen Ausdruck, daß private Fernstraßen nicht als „private Güter“ realisiert werden, sondern fachspezifisch zwingend nur im Wege einer funktionalen Privatisierung des Fernstraßenwesens entstehen können, d. h. eine staatsorganisationsrechtliche Modalität innerhalb der verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für das Fernstraßenwesen darstellen. Die bei Schaffung eines Fernstraßenrechts privater Fernstraßen gesetzestechnisch zu bewältigenden Aufgaben werden sich im praktischen Ergebnis weniger

360

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

aufwendig gestalten, als es nach den beschriebenen fachspezifischen Vorgaben hierfür zunächst den Anschein haben mag. Im Grunde und im wesentlichen geht es lediglich um eine inhaltliche Duplizierung des bestehenden Fernstraßenrechts staatlicher Bundesfernstraßen unter den Voraussetzungen einer die Rechtszuständigkeiten der letzteren vollständig ersetzenden funktionalen Privatisierung. Weitgehend werden wohl Verweisungen auf das überkommene Fernstraßenrecht der staatlichen Bundesfernstraßen genügen, wenn man nicht den Weg einer grundlegenden Neugestaltung des Fernstraßenrechts beschreiten will, in der beide staatsorganisationsrechtlichen Modalitäten des Fernstraßenwesens, ein hoheitsrechtlich staatliches und ein privatrechtliches privates Rechts- und Organisationsregime, als besondere Ausgestaltungen unter einem allgemeinen Fernstraßenrecht geregelt werden könnten. Im gegenständlichen Zusammenhang braucht auf keine Details eines Fernstraßenrechts privater Fernstraßen in dem beschriebenen Sinne eingegangen zu werden. Es kann bei einigen grundsätzlichen und wesentlichen Feststellungen sein Bewenden haben. Diese können zwangsläufig ohnehin nur in Wiederholungen dessen bestehen, was im Verlauf der Erörterungen unter den jeweiligen fachspezifischen und verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zum Fernstraßenwesen als Staatsaufgabe und Objekt funktionaler Privatisierung schon klarzustellen war. Eine systematische Unterteilung kann man vornehmen in gesetzliche Regelungen, welche die planungs-, enteignungs- und baurechtliche Realisierung privater Fernstraßen betreffen, deren sonstige Einfügung in ihre Nachbarschaft und in vorhandene andere Anlagen öffentlicher Infrastruktur, also in das fernstraßenrechtliche „Nachbarrecht“ sowie in die fernstraßenrechtliche Regelung der Kreuzungs- und sonstigen Gemeinschaftsverhältnisse, ferner ihr Baulastregime, nicht zuletzt und vor allem ihre Benutzungsordnung sowie schließlich damit zusammenhängend die Erhebung von Maut- bzw. Benutzungsentgelten zu ihrer Benutzerfinanzierung.

2. Fernstraßenrechtliche Realisierungsregelungen für private Fernstraßen – Planungs-, Enteignungs- und Baurecht privater Fernstraßen In fernstraßenrechtlichen Realisierungsregelungen für private Fernstraßen findet rechtlichen Ausdruck, daß auch diese ebenso wie staatliche Bundesfernstraßen die verfassungsrechtlich begründete Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für das Fernstraßenwesen zu verwirklichen und für sich in Anspruch zu nehmen vermögen, daß sie also eine Modalität funktionaler Privatisierung bei Erfüllung jener Staatsaufgabe sind. Allein diese staatsorganisationsrechtliche Zweckbestimmung eines privaten Fernstraßenwesens garantiert diesem überhaupt erst seine Realisierbarkeit. Erste und grundlegende Realisierungsvoraussetzung privater Fernstraßen ist danach, daß ihre Gemeinwohlfunktion in einem verfassungsrechtlich rechtsbegründenden Sinne durch Aufnahme in die staatliche Ausbauplanung für Fernstraßen

VIII. Ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen

361

eine Konstituierung erfährt.727 Diese beansprucht kategorische Geltung, d. h. sie bedeutet einen kategorischen Begründungsvorbehalt für die Gemeinwohlfunktion privater Fernstraßen in dem verfassungsrechtlich rechtsbegründenden Sinne, daß sie als Vorgänge und Einrichtungen staatlicher Gemeinwohlverwirklichung realisiert werden können. Deshalb ist zuallererst die bestehende Ausbauplangesetzgebung staatlicher Bundesfernstraßen ausdrücklich auch auf gegebenenfalls private Fernstraßen zu erstrecken. Diese grundlegende, verfassungsrechtlich begründete Realisierungsvoraussetzung privater Fernstraßen hat eine weiter ausführende Fortsetzung zu finden in fachspezifischen gesetzlichen Regelungen zu deren planungsund enteignungsrechtlicher Realisierung. Das kann in der Weise geschehen, daß die bestehenden Regelungen des FStrG zur planungsfunktional vorbereitenden Linienbestimmung und zur Durchführungsplanung, also zum Planfeststellungsrecht, sowie zum Enteignungsrecht für Bundesfernstraßen auch auf private Fernstraßen erstreckt werden. Eine solche Geltungserstreckung des Planfeststellungs- und Enteignungsrechts auf private Fernstraßen kann sich an der Regelung des FStrPrivFinG orientieren, wonach die betreffenden privaten „Betreiber“ im Rahmen ihrer dortigen baulastspezifischen selbständigen Verwaltungshilfe die Rechte und Pflichten des Trägers der Straßenbaulast haben.728 Selbstredend hat die Erstrekkung des bestehenden fernstraßenrechtlichen Planfeststellungs- und Enteignungsrechts auf private Fernstraßen auch die mit diesen anlagentechnisch verbundenen „Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht“ sowie die im FStrG gesetzlich definierten Nebenanlagen und die Nebenbetriebe an privaten Autobahnen einzubeziehen. Schließlich erscheint es in dem Zusammenhang der fernstraßenrechtlichen Realisierungsvoraussetzungen privater Fernstraßen fachspezifisch geboten, auch für diese den gesetzlichen Vorbehalt einer speziellen fernstraßenrechtlichen Bauhoheit nach § 4 FStrG in der Rechtszuständigkeit der staatlichen Fernstraßenverwaltung festzulegen.

3. Der fernstraßenrechtliche Sachbegriff privater Fernstraßen Im Zusammenhang der fernstraßenrechtlichen Realisierungsregelungen für private Fernstraßen stellt sich auch die Frage nach dem sachenrechtlichen Geltungsumfang der betreffenden Realisierungsregelungen. Aber auch von diesen Realisierungsregelungen abgesehen ist für private Fernstraßen in verschiedenen fernstraßenrechtlichen Zusammenhängen, etwa hinsichtlich der Straßenbaupflichten, eine gesetzliche Bestimmung zu den sachenrechtlichen Bestandteilen jener nicht staatlichen Fernstraßen geboten. Einem Fernstraßenrecht privater Fernstraßen ist also in gleicher Weise wie demjenigen der staatlichen Bundesfernstraßen ein besonderer 727 728

Dazu D.III.3.b) und IV.9.a). § 1 Abs. 3 FStrPrivFinG.

362

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

straßenrechtlicher Sachbegriff fachspezifisch eigen, der die Zweckbestimmung der betreffenden Straßenanlagen sachenrechtlich abbildet und damit den gegenständlichen Bezugspunkt seiner Regelungen bezeichnet. Es versteht sich danach fachspezifisch aus sich selbst, daß ein fernstraßenrechtlicher Sachbegriff privater Fernstraßen die für staatliche Bundesfernstraßen geltenden Bestandteilsregelungen des § 1 Abs. 4 FStrG in jeder Hinsicht übernimmt. Dies bedeutet dann unter anderem, daß die vorstehend erörterten fernstraßenrechtlichen Realisierungsregelungen für private Fernstraßen, d. h. das betreffende Planungs- und Enteignungsrecht sowie die spezielle Bauhoheit, auch für die Einrichtungen zur Mauterhebung, für die Nebenanlagen und für die Nebenbetriebe an privaten „Autobahnen“ gelten.

4. Die fernstraßenrechtliche Klassifikation privater Fernstraßen Die fachspezifische Klassifikation als „Fernstraßen“ erhalten private Straßenanlagen in gleicher Weise wie die staatlichen Bundesfernstraßen aus einer gesamtstaatlichen Verkehrsbedeutung, die für den staatsrechtlichen Begriff „von Landstraßen für den Fernverkehr“ als kompetenzrechtlicher Gesetzgebungsmaterie im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG konstitutiv ist und für den Bereich staatlicher Bundesfernstraßen in § 1 Abs. 1 FStrG eine einfachgesetzliche Begriffsbestimmung erfahren hat. Eine solche gesamtstaatliche Verkehrsbedeutung privater Straßenanlagen, die zusammen mit staatlichen Bundesfernstraßen oder diese ersetzend ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind, ist überhaupt erst die Voraussetzung für die bundesgesetzliche Regelung eines privaten Fernstraßenrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22, Art. 72 Abs. 2 GG. Danach ist es für ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen zwingend, die Regelung des § 1 Abs. 1 FStrG zur funktionalen Begriffsbestimmung staatlicher Bundesfernstraßen zu übernehmen bzw. als Oberbegriff für ein staatliches und ein privates Fernstraßenwesen festzulegen. Die förmliche konkrete Zuordnung privater Straßenanlagen zu einem Fernstraßenrecht privater Fernstraßen erfolgt, wie dargelegt, ohnehin im Rahmen der betreffenden fernstraßenrechtlichen Realisierungsregelungen bzw. Realisierungsvorgänge, d. h. in der auch private Fernstraßen einschließenden Ausbauplanung der Fernstraßen sowie im verfahrensrechtlichen Rahmen von deren Planfeststellung. Auch eine klassifikatorische Unterteilung privater Fernstraßen in verkehrsfunktionaler und anlagentechnischer Hinsicht hat sich an den betreffenden Regelungen für die staatlichen Bundesfernstraßen in § 1 Abs. 2 und 3 FStrG zu orientieren. Danach lassen sich als private „Autobahnen“ im Sinne des Fernstraßenrechts solche Straßenanlagen mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen klassifizieren, die den Bedeutungs- und Ausbaumerkmalen von § 1 Abs. 1 und 3 FStrG entsprechen. Die zweite klassifikatorische Gruppe von privaten Fernstraßen ist solchen privaten Straßenanlagen vorbehalten, die ansonsten die Verkehrsbedeutung von Fernstraßen mit der dargelegten verkehrsfunktionalen Zweckbestimmung erfüllen. Man kann

VIII. Ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen

363

von „sonstigen privaten Straßen mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen“ sprechen. Als solche kommen wohl nur „freie Strecken“ von nicht autobahnmäßigen Straßenanlagen mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen in Betracht, d. h. von Strecken derselben, die außerhalb der geschlossenen Ortslage liegen oder innerhalb der geschlossenen Ortslage nicht auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dienen. Zusammengefaßt kennt somit ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen die Straßenklassen von „Autobahnen“ und von „sonstigen Straßen mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen“.

5. Nachbarrecht und Kreuzungsrechtsverhältnisse privater Fernstraßen Kaum mehr als Regelungen zur Gleichstellung mit staatlichen Bundesfernstraßen bzw. öffentlichen Straßen dürften für private Fernstraßen erforderlich sein, was deren Einfügung in ihre Nachbarschaft und in ihre Kreuzungsrechtsverhältnisse angeht. Nicht anders als bei staatlichen Bundesfernstraßen bedürfen auch private Fernstraßen eines baurechtlichen Schutzes in Gestalt gleicher Anbauvorschriften, in baurechtlicher und straßenverkehrsrechtlicher Hinsicht eines Schutzes in bezug auf Außenwerbung auf Nachbargrundstücken sowie schließlich eines Schutzes durch besondere Pflichten der Straßennachbarn. In der umgekehrten Richtung eines Nachbarschutzes Dritter gegenüber Fernstraßen können ohnedies allgemeines Nachbarrecht sowie die gegebenenfalls eine besondere Sachlage öffentlicher Straßen berücksichtigenden Rechtsgrundsätze Anwendung finden. Die „öffentliche Straßen“ betreffenden Emissionsschutzregelungen können durch ausdrückliche Gesetzesänderung auch auf private Straßen erstreckt werden. Gleiches gilt für die fernstraßenrechtlichen Kreuzungsregelungen sowie für das Eisenbahnkreuzungsrecht. In einigen der genannten gesetzlichen Regelungen sind also nicht nur Ergänzungen bzw. Änderungen des Fernstraßenrechts, sondern auch anderer Gesetze notwendig.

6. Baulastregelungen für private Fernstraßen – Bau-, Betriebsund Finanzierungspflicht, Straßenverkehrssicherungspflicht, straßenverkehrsrechtliche Pflichten Die Träger privater Fernstraßen treten mit der Inanspruchnahme fernstraßenrechtlicher planungs-, enteignungs- und baurechtlicher Realisierungsregelungen, wie gesagt, in die verfassungsrechtlich begründete Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für das Fernstraßenwesen ein. Damit übernehmen sie die entsprechenden technischen und finanziellen Straßenbaulastaufgaben. Es erscheint daher geboten, in einem Fernstraßenrecht privater Fernstraßen ausdrückliche Bau-, Betriebs- und Finanzierungsregelungen zu schaffen. Daran knüp-

364

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

fen dann auch entsprechende baulastspezifische Pflichten und Verantwortlichkeiten sowie die sonst den öffentlichen Straßenbaulastträgern obliegenden Straßenverkehrssicherungspflichten an. Ebenso wie für die staatlichen Bundesfernstraßen bedarf es allerdings keiner ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zur Straßenverkehrssicherungspflicht der Träger privater Fernstraßen. Straßenverkehrssicherungspflicht und Straßenverkehrssicherungshaftung ergeben sich bekanntlich unmittelbar rechtsgrundsätzlich aus dem allgemeinen Deliktsrecht des § 823 Abs. 1 BGB.729 Selbstredend sind für private Fernstraßen besondere Regelungen zu einer Haftung aus der allgemeinen deliktsrechtlichen Straßenverkehrssicherungspflicht nach Amtshaftungsbestimmungen ausgeschlossen. Explizite rechtssatzmäßige Sonderregelungen sind dagegen notwendig zum Verkehrsstatut privater Fernstraßen, d. h. zur Geltungserstreckung von Straßenverkehrsrecht auf ein nicht staatliches Fernstraßenwesen. Sachlicher und rechtlicher Anknüpfungspunkt hierfür ist die auch für private Fernstraßen aufgrund von deren verfassungsrechtlich begründeter Gemeinwohlfunktion gesetzlich zu verankernde Zweckbestimmung für eine gemeingebräuchliche Nutzung im Sinne des überkommenen öffentlichen Straßenrechts. Danach werden auch private Fernstraßen von dem kompetenzrechtlichen Geltungsanspruch des Straßenverkehrsrechts erfaßt, aufgrund seiner umfassenden ordnungsrechtlichen Zwecksetzung und Geltung zur Gewährleistung einer gemeingebrauchsverträglichen Benutzung von wie auch immer rechtlich einen Gemeingebrauch eröffnenden Straßenanlagen nach Maßgabe von Verbots- und Beschränkungsbefugnissen die Ausübung des jeweils bestehenden Gemeingebrauchs zu überwachen und zu reglementieren. Ein privates Fernstraßenwesen verlangt deshalb eine entsprechende Anpassung des Straßenverkehrsrechts, sowohl was dessen allgemeine Normen und speziellen Verfahrensregelungen als auch dessen organisationsrechtliche Bestimmungen angeht. Soweit straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, Verbote und Beschränkungen sowie die Anordnungsvoraussetzungen der letzteren die gemeingebräuchliche Benutzung privater Fernstraßen betreffen können, gilt es zunächst den Umstand zu berücksichtigen, daß ein nicht staatliches Fernstraßenwesen aus naheliegenden Gründen nur „Autobahnen“ sowie lediglich „freie Strecken“ sonstiger Straßen mit der Verkehrsbedeutung von Fernstraßen umfassen wird. Daher geht ein großer Teil der Verbots- und Beschränkungsinhalte sowie der Verbots- und Beschränkungsvoraussetzungen nach § 45 Abs. 1 bis 1 d StVO an der straßenverkehrsrechtlich relevanten Situation privater Fernstraßen vorbei, vor allem soweit jene Bestimmungen im rechtssatzmäßig technischen Rahmen des Straßenverkehrsrechts auch dem Schutze von durch die Straßenbenutzung gefährdeten Umweltbelangen und der Verwirklichung städtebaulicher Belange dienen. Dies läßt sich zwar auch anwendungsspezifisch im Wege der Auslegung feststellen. Aber es dürfte einem Gebot 729

Fn. 526.

VIII. Ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen

365

sachgerechter und anwendungsklarer Verordnungsgebung entsprechen, daß die StVO dem auch mit speziellen Klarstellungen Rechnung trägt. Rechtlich zwingend erscheinen hingegen straßenverkehrsrechtliche Folgeregelungen zu einem privaten Fernstraßenwesen, soweit es um die organisationsrechtlichen Vorschriften von § 45 Abs. 2 bis 5 StVO zu den Zuständigkeiten und Anordnungsbefugnissen und Vollzugspflichten bei verkehrsregelnden Verboten und Beschränkungen durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen geht. Allein die geltende Regelung der straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten des jeweiligen „Straßenherren“ nach § 45 Abs. 5 S. 1 StVO zur „Beschaffung, Anbringung, Unerhaltung und Entfernung“ der straßenverkehrsrechtlich angeordneten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sowie zu deren „Betrieb“ berücksichtigt, daß diese Vollzugspflichten gegebenenfalls auch nur einen „Eigentümer der Straße“ betreffen können; sie vermag deshalb durchaus ein nicht staatliches Fernstraßenwesen zu erfassen. Aber im übrigen kennen jene geltenden organisationsrechtlichen Vorschriften als Bezugspunkt der betreffenden Zuständigkeiten und Anordnungsbefugnisse auf seiten des „administrativen“ Straßenregimes ausschließlich die öffentlichen Straßenbauverwaltungen, also im Bereich des Fernstraßenwesens dessen in der Bundesfernstraßenverwaltung repräsentierte „Staatlichkeit“. Danach ist festzuhalten, daß die Begründung eines privaten Fernstraßenwesens auch im Kompetenzbereich des Straßenverkehrsrechts und im rechtssatzmäßigen Zusammenhang von § 45 StVO Folgeregelungen impliziert, sachgerechterweise, wie dargelegt, zum Inhalt und zu den Voraussetzungen verkehrsregelnder Verbote und Beschränkungen, aber zwingend jedenfalls in bezug auf die organisationsrechtliche Ordnung der Zuständigkeiten und Anordnungsbefugnisse für solche verkehrsregelnden Maßnahmen. Im Rahmen des letzteren organisationsrechtlichen Regelungszusammenhang empfiehlt sich eine spezielle und eigene Regelung zu den straßenverkehrsrechtlichen Vollzugspflichten der Träger nicht staatlicher Fernstraßen bei einer straßenverkehrsbehördlichen Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen.

7. Die Benutzungsordnung privater Fernstraßen Essentielle Bedeutung in einem Fernstraßenrecht privater Fernstraßen besitzen notwendige gesetzliche Regelungen zur Gewährleistung der straßenrechtlichen Benutzungsordnung. In ihr erfüllt sich überhaupt erst die fachspezifische Zweckbestimmung von auch nicht staatlichen Fernstraßen als funktional privatisierter Verwirklichungsmodalität der verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohlverpflichtung und Aufgabenverantwortung des Staates für ein Fernstraßenwesen. Materiellrechtlich ist für private Fernstraßen als einer funktional privatisierten Wahrnehmungsmodalität der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen eine dieser Staatsaufgabe inhaltlich entsprechende Benutzungsordnung verfassungsrechtlich verpflichtend. Sie kann sich von der tradierten Benutzungs-

366

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

ordnung staatlicher Bundesfernstraßen grundsätzlich nur in ihrer privatrechtlichen Rechts- und Organisationsform unterscheiden. Nicht anders würde sich die Rechtslage darstellen, wenn die überkommene staatliche Bundesfernstraßenverwaltung im Wege einer organisationsaktmäßigen Formenwahl von einer hoheitlichen Rechts- und Organisationsform in eine solche nach Privatrecht umgestaltet würde. Danach ist der gesetzlichen Ausgestaltung eines Fernstraßenrechts privater Fernstraßen jedenfalls die Aufgabe gestellt, die verfassungsrechtlich materiell vorgegebene Benutzungsordnung eines staatlich zu gewährleistenden Fernstraßenwesens auch unter den Voraussetzungen von dessen funktional privatisierter, privatrechtlicher Rechts- und Organisationsform zu garantieren. Es handelt sich um eine gesetzlich zu regelnde fernstraßenrechtliche Benutzungsordnung, die ungeachtet ihrer privatrechtlichen Rechts- und Organisationsform der verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohlfunktion des Fernstraßenwesens genügt. Dabei steht fachspezifisch im Vordergrund, daß auch private Fernstraßen einen fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch zu gewährleisten haben, der ungeachtet einer privatrechtlichen Form der betreffenden Gemeingebrauchsvorgänge seinen Anforderungen als Grundrechtsvoraussetzung genügt. Aber unter bestimmten fachspezifischen Voraussetzungen können auch Arten einer Sondernutzung privater Fernstraßen an deren verfassungsrechtlich begründeter Gemeinwohlfunktion teilhaben. Davon abgesehen vermögen auch einfache fachspezifische Sachgründe ein generelles Sondernutzungsrecht privater Fernstraßen zu rechtfertigen. Die Gemeingebrauchsordnung privater Fernstraßen sollte sich gesetzestechnisch vergleichsweise einfach regeln lassen. Es bedarf lediglich einer gesetzlichen Verpflichtung der betreffenden privaten Rechtsträger auf die für die staatlichen Bundesfernstraßen geltenden Gemeingebrauchsregelungen von § 7 FStrG. Eine solche gesetzliche Verpflichtung begründet zugleich auf seiten der potentiellen Benutzung privater Fernstraßen entsprechende individualrechtliche Ansprüche. Die hierdurch auf der einen Seite entstehenden Rechtspflichten und die auf der anderen Seite begründeten Rechtsansprüche bleiben unbeschadet ihrer materiell verfassungsrechtlichen Verbürgung und gesetzlichen Begründung privatrechtlicher Art; es handelt sich um inhaltlich kraft Gesetzes vorgeregelte privatrechtliche Benutzungsverhältnisse. Sie werden konkret durch faktische Inanspruchnahme des Gemeingebrauchs begründet. Eine rechtsgeschäftliche Sondernutzung privater Fernstraßen erfolgt stets in privatrechtlicher Form. Sie bedarf wie die Sondernutzung staatlicher Bundesfernstraßen einer speziellen und konkreten Begründung in privatrechtlicher Form, entweder durch einen schuldrechtlichen oder einen dinglichen Rechtstitel. Den gesetzlichen Regelungen hierzu in einem Fernstraßenrecht privater Fernstraßen muß ebenso wie bei den staatlichen Bundesfernstraßen immanent sein, daß Sondernutzungen stets unter dem Vorbehalt ihrer Gemeingebrauchsverträglichkeit stehen und daß Rechtsansprüche auf Zulassung einer Sondernutzung immer nur formelle Rechtsansprüche auf ermessensfehlerfreie Entscheidung sein können. Ein praktisch wesentlicher Anwendungsfall rechtsgeschäftlicher Sondernutzungen bleibt

VIII. Ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen

367

auch bei privaten Fernstraßen deren Inanspruchnahme für „Zwecke der öffentlichen Versorgung“. Hierbei wird nicht anders als bei einer Inanspruchnahme staatlicher Bundesfernstraßen ein vergleichbar differenzierter Komplex rechtspraktischer Fragen zu bewältigen sein.730 Schließlich ist es fachspezifisch zwingend, daß auch private Fernstraßen Objekt bestimmter gesetzlicher Gebrauchsarten sein müssen. Fälle dieser Art sind die gesetzlich geregelten Sondergebrauchsvorgänge durch Telekommunikationslinien sowie durch schienen- und leitungsgebundene Verkehrseinrichtungen nach dem Personenbeförderungsrecht.731 Dazu müssen die einschlägigen gesetzlichen Regelungen des Telekommunikationsgesetzes und des Personenförderungsgesetzes allerdings geändert werden. Deren gesetzliche Bestimmungen zur Inanspruchnahme öffentlicher Straßen müssen ausdrücklich auch private Fernstraßen erfassen.

8. Die Straßenaufsicht über private Fernstraßen – Aufsichts- und Regulierungsregelungen, staatliche Regelung und Regulierung der Benutzungsentgelte Eine wesentliche Aufgaben- und Bedeutungssteigerung sowie eine qualitative Veränderung müssen in einem Fernstraßenrecht privater Fernstraßen die fachspezifischen straßenrechtlichen Regelungen zur Straßenaufsicht erfahren. Diese bleibt in der Rechtszuständigkeit der staatlichen Fernstraßenverwaltung und generiert zu einer umfassenden Aufsichtskompetenz des Staates über die Träger privater Fernstraßen hinsichtlich aller diesen obliegenden Verpflichtungen, die ein gesetzliches Fernstraßenrecht privater Fernstraßen im Interesse der staatlichen Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen festlegt. Überdies kommt hinzu, daß ein benutzerfinanziertes privates Fernstraßenwesen auch einer staatlichen Regulierung der dabei von den Privaten erhobenen Maut- bzw. Benutzungsentgelte bedarf. Insofern hat die staatliche Straßenaufsicht über private Fernstraßen also auch Aufgaben und Befugnisse einer staatlichen „Regulierungsbehörde“ wahrzunehmen und ein Fernstraßenrecht privater Fernstraßen hat hierzu nicht nur ein materielles „Gebührenrecht“ aufzunehmen. Ein solches kann sich materiellrechtlich im Grundsatz an den im FStrPrivFinG schon bestehenden Vorschriften zur Bemessung und konkreten Höhe von Gemeingebrauchsentgelten orientieren. Ergänzend hierzu erscheint es „gebührenrechtlich“ allerdings geboten, auch die Entgelte für rechtsgeschäftliche Sondernutzungen privater Fernstraßen vergleichbar der Regelung für staatliche Bundesfernstraßen zu regeln, also zu bestimmen, daß bei einer Bemessung dieser Entgelte „Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch sowie das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners zu 730 731

Dazu bei Bauer, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 27 Rnr 17 ff. Dazu bei Bauer, a. a. O., Kap. 27 Rnr 119 ff. und 150 ff.

368

E. Das benutzerfinanzierte Fernstraßenwesen

berücksichtigen“ sind.732 Aber über die genannten materiellrechtlichen Entgeltregelungen hinaus verlangt die staatliche Regulierung der Gemeingebrauchs- und Sondernutzungsentgelte im Bereich benutzerfinanzierter privater Fernstraßen auch Vorschriften zum Regulierungsverfahren. Der angesprochene Rechtsbereich einer gesetzlichen Regelung von Benutzungsentgelten in einem privaten Fernstraßenwesen und von deren staatlicher Regulierung führt zuletzt zu Rechtsfragen, die nicht nur ein privates Fernstraßenwesen, sondern das Fernstraßenwesen generell, also auch die bestehenden staatlichen Bundesfernstraßen, substantiell und zentral betreffen. Denn es ist vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund der staatlichen Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe für das Fernstraßenwesen eine grundlegende Frage, welche Entgelttatbestände und Entgeltpflichten bei einer Benutzerfinanzierung von Fernstraßen überhaupt mit Rücksicht darauf begründet werden können, daß jedenfalls der fernstraßenrechtliche Gemeingebrauch als Grundrechtsvoraussetzung garantiert ist.

732

§ 8 Abs. 3 S. 6 FStrG.

F. Die Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte I. Die Entgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs als eine Grundfrage des öffentlichen Straßenwesens An der rechtlichen Regelung und Realisierung der Straßenbaufinanzierung entscheidet sich erst recht eigentlich die Bedeutung, welche die öffentlichen Straßen in der verfassungsstaatlichen Ordnung zu beanspruchen haben, also die Erfüllung der verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für ein bedarfsgerechtes öffentliches Straßenwesen als Grundrechtsvoraussetzung.733 Soweit es in dem Zusammenhang um die Erhebung von Entgelten in tatbestandlicher Anknüpfung an den straßenrechtlichen Gemeingebrauch geht, stoßen demzufolge zwei prinzipielle Ordnungsprinzipien kollidierend aufeinander, nach welchen die Bereitstellung von Gütern erfolgt.734 Auf der einen Seite ist es das ökonomische Ordnungsprinzip, wonach die Bereitstellung von Sachen zur Benutzung und die Inanspruchnahme einer solchen Benutzungsmöglichkeit als Interaktion von Leistung und Gegenleistung geschehen, sei es auch als Interaktion von Verwaltungsleistung und hierfür beanspruchter „Gebühr“. Danach erscheint es auch für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch folgerichtig und gerechtfertigt, die Teilhabe daran entgeltpflichtig zu machen. Auf der anderen Seite beansprucht im Verfassungsstaat das verfassungsrechtliche Ordnungsprinzip Geltung, wonach die Bereitstellung von Sachen zu einer Benutzung, die in einem auf abstrakter Ebene von allen geteilten Gemeinwohlinteresse liegt, einer dementsprechend allgemein verpflichtenden und gebundenen Nutzungsregelung unterworfen ist. Dieses letztere Ordnungsprinzip ist es, das die öffentlichen Straßen zur rechtlich konstituierten öffentlichen Gütern macht. Sie sind dies nicht zuletzt dadurch, daß es über eine Entgeltpflichtigkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs, d. h. über die mögliche Ausschlußwirkung einer Entgeltverpflichtung für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch, nicht zu einer Vereitelung der verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungswohlaufgabe des Staates für das öffentliche Straßenwesen, insbesondere von dessen Be733 Zur staatlichen Gemeinwohlverantwortung für das Fernstraßenwesen und zu ihrer Begründung unter D.IV.5. und 6. 734 Zu den Ordnungsprinzipien der Güterbeschaffung sowie zu der danach erfolgenden güterspezifischen Beurteilung des Fernstraßenwesens als öffentliches Gut in einem rechtlichen, verfassungsrechtlich begründeten Sinne staatlicher Gemeinwohlverwirklichung siehe unter D.IV.4.

24 Bartlsperger

370

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

deutung als Grundrechtsvoraussetzung, kommen darf. Danach erweist sich die Erhebung von Entgelten in tatbestandlicher Anknüpfung an den straßenrechtlichen Gemeingebrauch als eine spezifisch verfassungsrechtliche Frage, was eine Erhebung solcher Entgelte im Grunde und überhaupt, gegebenenfalls die betreffenden Entgelttatbestände sowie schließlich die Bemessung und die Höhe der Entgeltpflichten betrifft. Die exponierteste Beurteilung hierzu liefert das Theorem von der angeblichen Unentgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs.735 Die rechtliche Verpflichtung der Gebietskörperschaften zu einer bedarfgerechten Straßenbaufinanzierung stellt als solche kein verfassungstheoretisch, verfassungsdogmatisch und praktisch bedeutsames Thema mehr dar. Sie war es wohl auch nicht vor der verfassungsstaatlichen Epoche. Aber es ist die eigentliche Grundfrage der Straßenbaufinanzierung und eine eigentliche Grundfrage des öffentlichen Straßenwesens überhaupt in seiner weit zurückreichenden Entwicklungsgeschichte sowie aktuell unter seinen verfassungsrechtlichen Vorraussetzungen, ob und inwieweit dessen Finanzierung auch oder allein über Entgeltpflichten in tatbestandlicher Anknüpfung an den straßenrechtlichen Gemeingebrauch, d. h. über eine „Benutzerfinanzierung“ in einem weitestgehenden begrifflichen Sinne erfolgen kann. Die Antworten auf diese Frage haben eine zunächst rechtsgeschichtlich vorgegebene und dann unter verfassungsstaatlichen Voraussetzungen eine wechselvolle Geschichte hinter sich. In ihr zeichnet sich die Entwicklung zu einer verfassungsrechtlichen Frage ab.

II. Die Entgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs unter dem vormaligen Regime des Straßenregals – Die „gebührenrechtliche Lösung“ der Straßenbaufinanzierung als historische Kategorie Regelungen zur Entgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs kennen in ihrer Entwicklungsgeschichte zurückverfolgt bis zu ihren historischen Anfängen und rechtlichen Ausgangspunkten eine grundlegende und deutliche Zäsur. Sie wird für die gegenständlich zu betrachtenden öffentlichen Straßen mit einer den heutigen „Landstraßen für den Fernverkehr“ vergleichbaren Verkehrsbedeutung markiert durch den hier dargelegten Untergang ihrer Regalität im Laufe des 19. Jahrhundert, auch wenn sich dieser in einer partikularstaatlich unterschiedlichen zeitlichen Abfolge vollzogen haben mag.736 Die bis dahin für die Erhebung von Entgelten bei Benutzung von „Landstraßen“ bzw. „Land- und Heerstraßen“ maßgebliche Rechtsgrundlage und Rechtsfigur des Straßenregals war durch eine von den zwischenzeitlichen verfassungsstaatlichen Voraussetzungen des öffentlichen Straßenwesens grundlegend verschiedene herrschaftliche Ordnung geprägt und damit 735 736

Dazu unter E.I.4, Fn. 447 und 449. Darstellung und Nachw. unter D.II.1. und 2.

II. Die „gebührenrechtliche Lösung“ der Straßenbaufinanzierung

371

zusammenhängend durch gänzlich andere rechtsbegriffliche Vorstellungen von straßenrechtlichen Entgelttatbeständen und Entgeltpflichten sowie vom Vereinnahmungs- und Verwendungszweck des betreffenden Entgeltaufkommens. Aber einige von jenen damaligen Zwecksetzungen, Regelungen und Rechtsformen bei der Erhebung von Entgelten für die Benutzung der betreffenden, unter dem Regime des Straßenregals stehenden öffentlichen Straßen erscheinen nachwievor kategorial bemerkenswert. In der ursprünglichen feudalrechtlichen Grundlegung und Ausgestaltung hatte das Straßenregal für die in ihrer vormaligen Verkehrsbedeutung den heutigen „Landstraßen für den Fernverkehr“ vergleichbaren Straßenanlagen dem Regalinhaber die Erhebung, Vereinnahmung und Verwendung von Straßenbenutzungsentgelten als dominiales wirtschaftliches Nutzungsrecht verliehen gegen die gleichfalls nur dominiale Verpflichtung zu Bau und Unterhaltung.737 Auch noch unter der hier erörterten neuzeitlichen Fortentwicklung jenes Straßenregals, die in der landrechtlichen Epoche, auch in ausdrücklich rechtssetzenden Formen, zu einem Vorbehalt des landesherrlichen Staates für die „Landstraßen“ bzw. „Land- und Heerstraßen“ geführt hatte, war diesem weiterhin ein hiermit verbundenes „Nutzungsrecht“ eingeräumt. Es hatte in der landesherrlichen Befugnis bestanden, alle über den jedermann eröffneten „freien Gebrauch“ jener Straßenanlagen „zum Reisen und Fortbringung seiner Sachen“ hinausgehenden „anderen Nutzungen“ nach Maßgabe der für sogenannte „niedere Regalien“ geltenden Regelungen bzw. Rechtsgrundsätze einer Entgeltpflicht zu unterwerfen.738 An diesem in der neuzeitlichen bzw. landrechtlichen Ausgestaltung überkommenen Straßenregal sind wesentliche rechtliche Grundstrukturen in bezug auf die Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten erkennbar. Zum einen erscheint bemerkenswert, daß die rechtlich maßgebliche fachspezifische, sachenrechtliche Zweckbestimmung der vormaligen regalen „Landstraßen“ bzw. „Land- und Heerstraßen“ dem „freien Gebrauch“ in einer jeden und umfassenden Hinsicht gegolten hatte und daß deshalb der sachenrechtliche Status der betreffenden Straßenanlagen in einem „gemeinen Eigenthum des Staates“ gesehen worden war.739 Aber zugleich war hiermit bezüglich bestimmter, über das jedermann eingeräumte Recht „zum Reisen und Fortbringen seiner Sachen“ tatbestandlich hinausgehender Nutzungen eine Erhebung von Benutzungsentgelten vereinbar gewesen.740 Wenn man also den seinerzeit prinzipiell begründeten „freien Gebrauch“ der betreffenden regalen Straßenanlagen mit guten Gründen dem straßenrechtlichen Gemeingebrauch im heutigen rechtsbegrifflichen Sinne gleichsetzen darf, dann hatte jene Rechtslage bedeutet, daß es schon unter dem jedenfalls neuzeitlichen Regime des Straßenregals sowohl einen tatbestandlich unentgeltlichen 737 738 739 740

24*

Nachw. Fn. 143 f. Nachw. Fn. 147. § 21 II 14 PrALR; Fn. 149. §§ 7 f. II 15 PrALR.

372

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

als auch einen tatbestandlich entgeltlichen Gemeingebrauch gegeben hatte. Es wäre also für das vormalige Straßenregal in seiner zuletzt überkommenen Ausgestaltung weder die Annahme zutreffend, daß es unter dessen Regime ausschließlich einen entgeltpflichtigen Gemeingebrauch der betreffenden „Landstraßen“ bzw. „Land- und Heerstraßen“ gegeben habe, noch wäre das umgekehrte Theorem von einem traditionell und generell entgeltfreien Gemeingebrauch zutreffend. Dieses letztere Theorem vermag jedenfalls in der regalen Gemeingebrauchstheorie keinen entwicklungsgeschichtlichen Anhaltspunkt oder Beleg zu finden. Vielmehr hatte es bereits unter dem Regime des Straßenregals die Unterscheidung in einen entgeltfreien und in einen entgeltpflichtigen straßenrechtlichen Gemeingebrauch entsprechend einer leistungs- und nutzungsspezifischen Differenzierung der Gemeingebrauchsvorgänge gegeben. Zum zweiten läßt sich festhalten, daß die unter dem Regime des Straßenregals geltende und durchgeführte Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten aus Gründen der seinerzeitigen Sach- und Rechtslage notwendigerweise an bestimmte Benutzungstatbestände und konkrete Benutzungsvorgänge angeknüpft hatte. Aus der heutigen rechtsbegrifflichen Perspektive betrachtet hatte es sich also um eine „gebührenrechtliche Lösung“ bei der damaligen „Benutzerfinanzierung“ des betreffenden Straßenbaus gehandelt. Man hat bei dieser rückschauenden kategorialen Beurteilung allerdings selektiv beiseitezulassen, daß die damalige regale Erhebung von Entgelten für konkrete straßenrechtliche Gemeingebrauchsvorgänge aufgrund ihrer bis zuletzt bestehenden rechtlichen Zuordnung zu den sogenannten „niederen Regalien“ auch zum Zwecke einer allgemeinen landesherrlichen Einnahmenerzielung genutzt werden konnte.741 Aber hiervon abgesehen rechtfertigt es sich, von einer seinerzeit „gebührenrechtlichen Lösung“ bei der feudalrechtlichen bzw. landesherrlichen Straßenbaufinanzierung zu sprechen. Im heutigen rechtsbegrifflichen Sinne bedeutete die vormalige regale Erhebung von Entgelten für die Benutzung von „Landstraßen“ bzw. „Land- und Heerstraßen“ zusammengefaßt eine „gebührenrechtliche Lösung“ für die „Benutzerfinanzierung“ derselben in tatbestandlicher Anknüpfung an nutzungsspezifisch bestimmte und konkrete Vorgänge des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs. Eine derart durch das Regime des Straßenregals zwingend und klar vorgegebene rechtliche Lösung der Straßenbaufinanzierung mittels tatbestandlich konkret geregelter und erhobener Straßenbenutzungsentgelte hat im Verlaufe der verfassungsstaatlichen Neuordnung des öffentlichen Straßenwesens ihre Grundlage verloren. Das Rechtsinstitut einer „Benutzerfinanzierung“ im öffentlichen Straßenwesen hat seine vormalige regale Selbstverständlichkeit eingebüßt und ist in eine wechselvolle Geschichte konzeptioneller Erwägungen eingetreten, in deren Verlaufe die weitere Realisierung einer „gebührenrechtlichen Lösung“ lange Zeit nicht mehr aufgegriffen worden ist.

741

Nachw. Fn. 147.

III. Von der „steuerrechtlichen“ zu einer „gebührenrechtlichen“ Lösung

373

III. Die Entgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs unter verfassungsstaatlichen Voraussetzungen – Von der „steuerrechtlichen“ zu einer „gebührenrechtlichen“ Lösung Die Durchsetzung liberaler und verfassungsstaatlicher Auffassungen auch im öffentlichen Straßenwesen hat für das Regime der vormaligen „Landstraßen“ bzw. „Land- und Heerstraßen“ die wesentliche und grundlegende konstitutionelle Veränderung gebracht, daß der zum Zwecke der Straßenbaufinanzierung und einer landesherrlichen Einnahmenerzielung begründete Staatsvorbehalt untergegangen ist.742 Dies bedeutete im gegenständlich zu betrachtenden Zusammenhang der betreffenden Straßenbaufinanzierung, daß diese nur mehr zu einer „Staatsaufgabe“ ohne Vorbehaltscharakter und zu einer Angelegenheit der allgemeinen öffentlichen Haushaltsfinanzierung geworden ist. Eine Finanzierung bzw. Mitfinanzierung des betreffenden Straßenbaus von seiten der Straßenbenutzer ist darum seither lediglich noch möglicher Gegenstand einer gesetzlichen Besteuerung bestimmter abstrakt eröffneter Straßenbenutzungsvorgänge oder einer gesetzlich geregelten konkreten Gebührenerhebung. Man kann von einem nunmehr verfassungsstaatlichen Regime der Straßenbaufinanzierung sprechen, in dem diese grundsätzlich aus öffentlichen Haushaltsmitteln erfolgt und eine im weitestgehenden begrifflichen Sinne verstandene „Benutzerfinanzierung“ lediglich entweder im Wege einer gesetzlichen Besteuerung bestimmter abstrakt eröffneter Gemeingebrauchsvorgänge oder anknüpfend an konkrete gemeingebräuchliche Benutzungstatbestände durch Erhebung von „Gebühren“ auf gesetzlicher Grundlage und nach speziellen „gebührenrechtlichen“ Grundsätzen stattfindet. Es handelt sich um ein Spektrum konkurrierender Konzepte der betreffenden Straßenbaufinanzierung, aufgrunddessen in der Folgezeit Erwägungen oder Regelungen zu Entgeltleistungen der Straßenbenutzer anläßlich eines straßenrechtlichen Gemeingebrauchs eine wechselvolle Geschichte von „steuerrechtlichen“ und „gebührenrechtlichen“ Lösungen erlebt haben.743 Dabei ist, wie gesagt, die „steuerrechtliche Lösung“ lange Zeit beherrschend geworden und geblieben, bis in der jüngsten Vergangenheit die „gebührenrechtliche Lösung“ mit der Einführung von zunächst zeitbezogenen nutzungsspezifischen Benutzungsgebühren und derzeit geltend von tatbestandlich bestimmten, streckenbezogenen allgemeinen bzw. projektspezifischen Mautgebühren erneut aufgegriffen worden ist und nunmehr das zentrale Konzept zur gegenwärtigen und künftigen Lösung für die Finanzierung des Fernstraßenwesens darstellt. Die EpoSiehe unter D.II.3. Darstellungen bei Selmer / Broderssen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 15 ff., 28 ff., 32 ff., 35 ff. und 39 ff., Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 98 ff., Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 16 Rnr 18.1 ff., Schmitt, FStrPrivFinG, S. 34 f. und 86 sowie zu den Rechtsquellen Germershausen / Seydel / Marschall, Wegerecht und Wegeverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland und deren Ländern, Zweiter Band, 1961, S. 246 ff. 742 743

374

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

che „steuerrechtlicher Lösungen“ ist damit jedoch keineswegs schon beendet; vielmehr bestehen solche daneben fort. Deren heutige Ausgestaltung hat sich allerdings erst allmählich vollzogen. Man kann daher in der Finanzierung des „Fernstraßenwesens“ eine Entwicklungsabfolge nachvollziehen, die von einer „gebührenrechtlichen Lösung“ unter dem Regime des Straßenregals zur verfassungsstaatlichen öffentlichen Haushaltsfinanzierung sowie in deren Rahmen zu „steuerrechtlichen Lösungen“ und dann wieder zurückkehrend zu „gebührenrechtlichen Lösungen“, also zu einem Mischsystem der „Benutzerfinanzierung“ fortgeschritten ist. Demzufolge beurteilt sich auch die unter verfassungsstaatlichen Voraussetzungen zu stellende Frage nach der Verfassungsmäßigkeit von Modalitäten einer „Benutzerfinanzierung“ des Fernstraßenwesens differenziert für deren „steuerrechtliche“ und deren „gebührenrechtliche“ Ausgestaltung. Gegenständlich interessiert die letztere. „Gebührenrechtliche“ Regelungen zur „Benutzerfinanzierung“ öffentlicher Straßen waren zunächst auch unter der verfassungsstaatlichen Neuordnung des öffentlichen Straßenwesens nicht sofort vollständig aufgegeben, sondern auf partikularstaatlicher Ebene für nicht staatliche Straßenklassen vereinzelt durchaus noch aufrechterhalten worden.744 Aber für die öffentlichen Straßen mit der Verkehrsbedeutung von „Landstraßen für den Fernverkehr“ im heutigen Sinne waren sie seinerzeit wegen des Bedeutungsschwundes jener Straßenklasse gegenüber dem nunmehr verkehrswirtschaftlich beherrschend gewordenen bzw. als beherrschend eingeschätzten Eisenbahnwesen nicht wieder aufgegriffen worden. Vielmehr hat sich insofern allein eine auf die Fahrzeugbenutzung beschränkte „BesteuerungsLösung“ entwickelt.745 Aber selbst dabei ist der Beginn aus einer offenbaren verfassungsstaatlichen und gesamtstaatlichen Motivation, wichtige Gemeinwohlfunktionen des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs mit Fahrzeugen zu gewährleisten, in einer als zurückhaltend zu bezeichnenden Weise erfolgt. Denn der erste Schritt im Rahmen des „Gesetzes, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschulden“ vom 3. 6. 1906 hat mit der Neufassung des Reichsstempelgesetzes eine generelle Besteuerung des Fahrzeugverkehrs auf öffentlichen Straßen lediglich für solche Fahrzeuge eingeführt, die keiner Güterbeförderung und keiner gewerblichen Personenbeförderung gedient haben.746 Ersichtlich hatte sich der Gesetzgeber damals von dem Gedanken leiten lassen, nur eine solche das gewöhnliche Maß übersteigende gemeingebräuchliche Benutzung öffentlicher Straßen entgeltpflichtig zu machen, die man als einen „Luxusgebrauch“ beurteilen konnte. Allerdings ist mit dem Beförderungssteuergesetz vom 8. 4. 1917747 der Personenlinienverkehr mit Motorfahrzeugen in die Besteuerung eingezogen worden. Zu einer generellen Besteuerungsregelung ist es dann erst durch das Kraft744 745 746 747

Selmer / Broderssen / Nicolaysen, S. 16 f. Selmer / Broderssen / Nicolaysen, a. a. O., S. 17 ff. Selmer / Broderssen / Nicolaysen, a. a. O., S. 17 ff. RGBl. I S. 329.

III. Von der „steuerrechtlichen“ zu einer „gebührenrechtlichen“ Lösung

375

fahrzeugsteuergesetz vom 8. 4. 1922748 gekommen, das nunmehr jede Kraftfahrzeugbenutzung zur Beförderung von Personen oder Gütern zu Lande erfaßt und zugleich abschließend die Erhebung von Chaussee- und ähnlichen Wegegeldern von Kraftfahrzeugen für die gewerbliche Benutzung öffentlicher Wege untersagt, also eine „gebührenrechtliche Lösung“ ausgeschlossen hat, vorbehaltlich einer dem Reichsrat und 1927 der Reichsregierung eröffneten Ausnahmeregelung;749 schließlich sind auch besondere, den Ländern vorbehaltene Ausnahmeregelungen mit einem Gesetz vom 15. 5. 1926750 und durch das Finanzausgleichsgesetz vom 9. 4. 1927751 beseitigt worden.752 Von nachfolgenden Änderungsinitiativen in der Weimarer Zeit, auch zu einer Kraftfahrzeugbesteuerung nach der tatsächlichen Wegebenutzung, und von im vorliegenden Zusammenhang in grundsätzlicher Hinsicht unbedeutenden Gesetzesänderungen abgesehen, ist lediglich noch die 1930 beginnende Mineralölbesteuerung erwähnenswert.753 Der angeführte seinerzeitige Ausnahmevorbehalt für eine „gebührenrechtliche Regelung“ sollte zwar durchaus praktische Bedeutung erlangen in den Auseinandersetzungen um einen privaten Autobahnbau.754 Aber den betreffenden Initiativen ist im damaligen sogenannten „Kampf um die Autobahnen“755 sowie angesichts der parlamentarischen Verhältnisse am Ende der Weimarer Zeit kein Erfolg beschieden gewesen. Erst im Zuge der Errichtung eines Reichsautobahnwesens in der nationalsozialistischen Zeit war eine gesetzliche Ermächtigung zur Erhebung von Benutzungsgebühren für die Reichsautobahnen geschaffen worden, zunächst in § 7 des Gesetzes über die Errichtung eines Unternehmens „Reichsautobahnen“ vom 27. 6. 1933756 und dann in § 6 von dessen Neufassung als Reichsautobahngesetz vom 29. 5. 1941.757 Hiervon hat man jedoch angesichts eines seinerzeit als ausreichend beurteilten Aufkommens aus erhöhten Mineralölabgaben und aus einer Ausdehnung der Beförderungssteuer auf den gewerblichen Kraftfahrzeugverkehr sowie wegen des befürchteten Verwaltungsaufwandes und Behinderungseffekts einer streckenbezogenen Gebührenerhebung keinen Gebrauch gemacht. 748 RGBl. I S. 335; dazu bei Selmer / Broderssen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 20 f. 749 Gesetz 9. 4. 1927 (RGBl. I. S. 91); zur damaligen Abschaffung der Gebühren Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 93 f., Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 16 Rnr 18.2 und Schmitt, FStrPrivFinG, S. 86. 750 RGBl. I S. 223. 751 RGBl. I S. 91. 752 Dazu Selmer / Broderssen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 22 f. 753 Selmer / Broderssen / Nicolaysen, a. a. O., S. 24. 754 Selmer / Broderssen / Nicolaysen, a. a. O., S. 25 f. 755 Zum seinerzeitigen sogenannten „Kampf um die Autobahnen“ siehe die Nachw. in Fn. 2. 756 RGBl. II S. 509. 757 RGBl. I S. 313. Zu jenen Gebührenregelungen Selmer / Broderssen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 27 f.

376

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

Jene Gebührenregelung des Reichautobahnrechts hatte zunächst auch unter dem GG bis zu ihrer gesonderten Aufhebung mit Gesetz vom 4. 4. 1951 fortbestanden und war 1950 noch einmal Anlaß für eine Verordnungsinitiative zu einer „Gebührenordnung für die Benutzung der Bundesautobahnen“, nach der eine allgemeine Vignettenpflicht für die Benutzung der nunmehr nach Art. 90 GG bestehenden Bundesautobahnen mit Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen eingeführt werden sollte.758 Auch ist es 1951 nochmals zu einer Gesetzesinitiative zur Erhebung von Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen gekommen.759 Aber beide genannten Initiativen sind im Bundesrat wegen der dort geltend gemachten Argumente der Länderseite gescheitert, daß Autobahngebühren zu einer unerwünschten Abdrängung des Fahrzeugverkehrs auf das übrige Fernstraßennetz führen könnten, einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen würden und schließlich Auswirkungen auf das Steueraufkommen der Länder haben könnten. Im wesentlichen die gleichen Gründe waren es, die schließlich einer in jener Anfangsphase des neuen Fernstraßenrechts bemerkenswerten Gesetzesinitiative von 1955 den Erfolg versagt haben, die Finanzierung des Baus von Bundesautobahnen für einen Zeitraum von zwanzig Jahren einer Verwaltungsgesellschaft zu übertragen und zu diesem Zwecke für die Benutzung von Bundesautobahnen Gebühren zu erheben, deren Aufkommen an jene Gesellschaft abgeführt werden sollte.760 Jener für längere Zeit letzte Versuch zur Realisierung einer „gebührenrechtlichen Lösung“ für die Finanzierung des Bundesfernstraßenbaus761 war bereits im Zusammenhang mit der in § 7 Abs. 1 S. 4 des FStrG von 1953 aufgenommenen Bestimmung zu sehen, wonach die „Erhebung von Gebühren für den Gemeingebrauch“ einer „besonderen gesetzlichen Regelung bedarf“. Die bestehende Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 4 FStrG ist in ihrer primären Rechtsaussage, mit der sie eine Realisierung „gebührenrechtlicher Lösungen“ für den Bundesfernstraßenbau auf weitere Entscheidungen des Gesetzgebers verweist, bedeutungslos; eine Erhebung von Gebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen untersteht ohnehin kraft Verfassungsrechts dem institutionellen Gesetzesvorbehalt. Bemerkenswert ist die Bestimmung allein darum, aber auch besonders und gerade deshalb, weil sie auf einfachrechtlicher Ebene die grundsätzliche Vereinbarkeit von straßenrechtlichem Gemeingebrauch und Gebührenerhebung bekundet. Im Grund handelt es sich um eine legislativ dezidierte, fachspezifisch straßenrechtliche Äußerung und Annahme zur eigentlichen und prinzipiellen Rechtsfrage einer „gebührenrechtlichen Lösung“ für die Finanzierung des Fernstraßenwesens. Aber diese stellt sich auf der verfassungsrechtlichen Ebene und geht dahin, ob eine 758 Selmer / Broderssen / Nicolaysen, a. a. O., S. 32, Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, S. 94 f. und 98 f., Schmitt, FStrPrivFinG, S. 34 f. 759 Selmer / Broderssen / Nicolaysen, a. a. O., S. 33. 760 Selmer / Broderssen / Nicolaysen, a. a. O., S. 33 f. 761 Zu den weiteren Plänen für Autobahngebühren Selmer / Broderssen / Nicolaysen, a. a. O., S. 36 f.; zur Entwicklung steuerrechtlicher Regelungen unter dem GG siehe bei Selmer / Broderssen / Nicolaysen, a. a. O., S. 28 ff., 35 ff. und 39 ff.

IV. Die Regelung und Erhebung von „Gebühren“

377

Erhebung von Gebühren für den fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauch mit dessen verfassungsrechtlicher Gewährleistung als Grundrechtsvoraussetzung überhaupt vereinbar ist und gegebenenfalls welche Gebührentatbestände sowie Gebührenpflichten hiermit konform sein können. Dabei macht es im Hinblick auf die staatsrechtlich mögliche sowie aktuell und künftig in Betracht kommende Realisierungsmodalität einer auch weitestgehenden funktionalen Privatisierung des Fernstraßenwesens in Form privater Fernstraßen keinen Unterschied, ob eine „gebührenrechtliche Lösung“ zur Finanzierung des Fernstraßenwesens für die staatlichen Bundesfernstraßen verwirklicht wird, wie dies derzeit schon nach dem ABMG und dem FStrPrivFinG geschieht, oder für den Fall von benutzerfinanzierten privaten Fernstraßen. „Gebührenrechtliche Lösungen“ für die Finanzierung des Fernstraßenwesens führen stets in gleicher Weise zu der verfassungsrechtlichen Frage ihrer Vereinbarkeit mit dem straßenrechtlichen Gemeingebrauch als Grundrechtsvoraussetzung, sowohl was ihre Einführung im Grunde als auch gegebenenfalls die Ausgestaltung der Gebührentatbestände sowie die Regelung der Gebührenbemessung und der konkreten Gebührenpflichten angeht.

IV. Die Regelung und Erhebung von „Gebühren“ für die Benutzung öffentlicher Straßen als Gegenstände verfassungsrechtlicher Aussagen und Kriterien Zwischenzeitlich erscheint die rechtliche Einordnung und Beurteilung „gebührenrechtlicher Lösungen“ für die Straßenbaufinanzierung als ein originär verfassungsrechtlicher Fragenbereich im GG eine ausdrückliche, positivrechtliche Bestätigung erfahren zu haben in der gegenständlich schon wiederholt aufgegriffenen bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG.762 Die im Jahre 1969 vorgenommene Neufassung des damaligen Art. 74 Nr. 22 GG erstreckt in ihrem straßenrechtlichen Gegenstandsbereich die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet des Baus und der Unterhaltung von „Landstraßen für den Fernverkehr“ explizit auf die „Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen“. Gemeinhin wird dieser bundesstaatsrechtlichen Kompetenzregelung zugleich die das gesamte öffentliche Straßenwesen betreffende materiellrechtliche Verfassungsaussage beigemessen, daß sie die Verfassungskonformität von „Gebühren“ jedenfalls für die Fahrzeugbenutzung öffentlicher Straßen klarstelle.763 Aber eine solche Annahme rechtfertigt sich nur sehr bedingt und allenfalls in einem recht eingeschränkten Maße. Weder der Wortlaut jener bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm noch ihre nachweisliche Entstehungsgeschichte und ihre hieraus erkennbare objektive 762 Zu deren Entstehungsgeschichte und Regelungszweck siehe unter E.I.4. sowie schon Nachw. in Fn. 351. Siehe insb. bei Selmer / Broderssen / Nicolaysen, a. a. O., S. 37 ff. und 43 f. 763 Siehe die Verweisungen in Fn. 362.

378

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

Zweckbestimmung vermitteln hinreichende Aufschlüsse zur Verfassungskonformität von Straßenbenutzungsentgelten, insbesondere eines entgeltpflichtigen straßenrechtlichen Gemeingebrauchs. Die wesentlichen Fragen hierzu lassen sich erst und nur im Wege einer Interpretation und Konkretisierung der materiellen Verfassungsrechtslage zur Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für das öffentliche Straßenwesen, insbesondere zur Gewährleistung des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs als Grundrechtsvoraussetzung, beantworten. Weder konnte es die Aufgabe einer bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm sein noch braucht es überhaupt als eine Aufgabe spezieller Verfassungsbestimmungen zu gelten, die Gewährleistung des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs als Grundrechtsvoraussetzung in besonderen Regelungen zu konkretisieren. Vielmehr stellt sich eine solche Aufgabe genuin im Wege einer Interpretation der einschlägigen grundrechtlichen Situation; diese spricht für sich. Die bundesstaatsrechtliche Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 GG, zwischenzeitlich des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG, sollte hieran nichts ändern und wollte dies auch gar nicht. Anlaß und Zweck für die seinerzeitige Schaffung einer bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm zur Regelung von Gebühren für die Fahrzeugbenutzung öffentlicher Straßen war es sicherlich, neben der Besteuerung des Kraftfahrzeugverkehrs durch eine Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer auch die Realisierung einer gebührenrechtlichen Regelung zu ermöglichen. Aber das Motiv hierfür war spezifisch auf das verkehrspolitische Ziel gerichtet, die aus dem Schwerlastverkehr entstehenden verkehrswirtschaftlichen Probleme mittels einer Gebührenregelung für diesen zu bewältigen. Dabei war es als kompetenzrechtliche Frage angesehen worden, ob für eine entsprechende gesetzliche Regelung die allgemeine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Fernstraßenrecht in Anspruch genommen werden könne. Deshalb sollte der damalige Art. 74 Nr. 22 GG ausdrücklich um die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung von Benutzungsgebühren für den Schwerlastverkehr im gesamten Bereich öffentlicher Straßen erweitert werden. Am Ende ist aber diese nur beschränkte Zwecksetzung mit der weiten Fassung einer konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für eine den gesamten Fahrzeugverkehr erfassende Straßenbenutzungsgebühr verwirklicht worden. In einem solchen weitgezogenen Zusammenhang mußten wesentliche, genuin der materiellen Verfassungsinterpretation obliegende Fragen offenbleiben. Dazu zählt zum einen die hauptsächliche Frage, wie weit angesichts der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs als Grundrechtsvoraussetzung die Fahrzeugbenutzung öffentlicher Straßen überhaupt gebührenpflichtig gemacht werden kann. Hiermit zusammenhängend konnte im Hinblick auf das bekanntermaßen aus verfassungsrechtlichen Gründen vertretene Theorem von der generellen Unentgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs keine Klarstellung in der prinzipiellen Frage erfolgen, ob der straßenrechtliche Gemeingebrauch764 mit Rücksicht auf seine verfas764

Siehe unter E.I.4. sowie Fn. 447 – 449.

V. Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung

379

sungsrechtliche Verbürgung als Grundrechtsvoraussetzung unter bestimmten nutzungsspezifisch tatbestandlichen Voraussetzungen auch als entgeltpflichtigter Gemeingebrauch stattfinden kann. Wie erwähnt, hat diese verfassungsrechtliche Frage in der straßenrechtlichen Dogmatik während der Folgezeit zu der Annahme geführt, die Entgeltpflichtigkeit der Fahrzeugbenutzung öffentlicher Straßen gehöre zum Recht der straßenrechtlichen Sondernutzungsgebühren.765 Ferner ist es einer Zweckinterpretation des Art. 74 Nr. 22 bzw. Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG überantwortet geblieben, daß auch bei einer gegebenenfalls, staatsrechtlich durchaus möglichen privatrechtlichen Rechts- und Organisationsform der Bundesfernstraßen und bei einer noch weitergehenden, staatsrechtlich eröffneten funktionalen Privatisierung des öffentlichen Straßenwesens, insbesondere des Fernstraßenwesens, in Form privater Straßen die Voraussetzung für eine Erhebung privatrechtlicher Benutzungsentgelte gegeben sein muß. Schließlich mußte die zentrale „gebührenrechtliche“ Frage offenbleiben, welche Entscheidungs- und Gestaltungskriterien sowie Zwecksetzungen für die Bemessung der betreffenden Straßenbenutzungsentgelte sowie für die Festsetzung der konkreten Entgeltpflichten maßgebend zu sein haben und sein können. In allen genannten Hinsichten kann also nicht die Rede davon sein, daß mit der bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte eine hinreichende verfassungsrechtliche Regelung erfahren habe und daß dies überhaupt eine Aufgabe jener bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm hätte sein können. Zusammenfassend läßt sich ein entwicklungsgeschichtliches und verfassungsrechtliches Resümee ziehen zur Frage der Finanzierung des Fernstraßenwesens mittels „gebührenrechtlicher Lösungen“. Die Feststellungen hierzu können nicht nur Geltung beanspruchen unter Fortführung der tradierten Organisations- und Rechtsform der Fernstraßen als staatlicher Bundesfernstraßen unter einem hoheitlichen Straßenregime, sondern auch unter der Voraussetzung eines gegebenenfalls privatrechtsförmlich organisierten Fernstraßenwesens, insbesondere in der weitestgehenden funktional privatisierten Form privater Fernstraßen.

V. Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung als verfassungsrechtliches Grundproblem des Straßenrechts In entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht hat die „gebührenrechtliche Lösung“ zur Finanzierung der im heutigen Sinne als Fernstraßen klassifizierten öffentlichen Straßen ihre tragende Rolle mit dem Untergang des Straßenregals im Laufe des 19. Jahrhunderts verloren. Sie ist unter den neuen verfassungsstaatlichen Voraussetzungen des öffentlichen Straßenwesens ersetzt worden durch eine Straßenbaufinanzierung aus den öffentlichen Haushalten. Eine hiermit verbundene „Benutzer765

Siehe unter E.I.4., Nachw. Fn. 447.

380

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

finanzierung“ konnte in den Formen entweder einer gesetzlichen „Besteuerung“ oder einer Einführung gesetzlicher „Gebühren“ erfolgen. Zur Realisierung gelangt sind über einen weiten Zeitraum nur „steuerrechtliche Lösungen“, die mit zahlreichen umfänglichen und inhaltlichen Änderungen, auch unter gelegentlicher Verwirklichung verkehrswirtschaftlicher, den Güterkraftverkehr bzw. den Verkehr mit schweren Nutzfahrzeugen betreffender Gesichtspunkte, fortbestehen. Zur Realisierung „gebührenrechtlicher Lösungen“ ist es trotz vielfacher Initiativen sowie einer gesetzlichen Ermächtigung im vormaligen Reichsautobahnrecht und einer prinzipiellen Bekundung im FStrG von 1953 lange Zeit nicht mehr gekommen, obwohl, wie gesagt, die Idee einer „gebührenrechtlichen Lösung“, d. h. eines gebührenpflichtigen straßenrechtlichen Gemeingebrauchs, niemals gänzlich aufgegeben worden ist.766 Einen erfolgreichen Neuanfang hat die „gebührenrechtliche Lösung“ erst in der jüngsten Vergangenheit genommen mit zunächst zeitbezogenen, tatbestandlich bestimmten Benutzungsgebühren sowie mit den derzeit geltenden Regelungen zur Erhebung projektspezifischer Mautgebühren nach dem FStrPrivFinG und allgemeiner streckenbezogener Mautgebühren nach dem ABMG. Schließlich verlangen mögliche Erwägungen einer Klarstellung, eine Einführung „gebührenrechtlicher Lösungen“ zur Finanzierung des Fernstraßenwesens sowie Maßgaben hierfür seien durch einschlägiges Europäisches Gemeinschaftsrecht vorentschieden. Die insofern derzeit maßgebliche Richtlinie 1999 / 62 / EG vom 17. 6. 1999767 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge folgt zugegebenermaßen den verkehrswirtschaftlichen Vorstellungen und Maximen, die auf eine unter bestimmten Begrenzungen und Maßgaben „gebührenrechtliche Lösung“ bei der Benutzung von Fernstraßen abzielen.768 Aber dies geschieht kompetenzgemäß erklärtermaßen lediglich zum Zwecke einer Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen aus den Mitgliedsstaaten durch Harmonisierung der Abgabesysteme und Einführung gerechter Mechanismen für die Erhebung von Gebühren von den Verkehrsunternehmen.769 Von den hieraus resultierenden gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen abgesehen, die durchaus auch die Bemessung und die konkrete Höhe von „Gebühren“ betreffen, bleibt die Realisierung „gebührenrechtlicher Lösungen“ zur Finanzierung des Fernstraßenwesens eine Angelegenheit in der Entscheidungskompetenz des mitgliedstaatlichen Gesetzgebers und nach Maßgabe des mitgliedstaatlichen Verfassungsrechts. Die betreffenden spezifisch „gebührenrechtlichen“ Maßgaben der genannten gemeinschaftsrechtlichen Richtlinie lassen sich bei gegebener Relevanz im Zusammenhang der verfassungsrechtlichen Beurteilung „gebührenrechtlicher Lösungen“ berücksichtigen. Vorstehend unter III. ABl. L 187 / 47 vom 20. 7. 1999. 768 Zum einschlägigen Gemeinschaftsrecht Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 16, Rnr 19 ff., Schmitt, FStrPrivFinG, S. 35 ff. sowie Uechtritz, u. a., Umstellung von „Gebühr“ auf „Entgelt“, S. 84 ff. 769 Präambel 1). 766 767

V. Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung

381

Die Entgeltpflichtigkeit des fernstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs mit Kraftfahrzeugen oder mit bestimmten „schweren Nutzfahrzeugen“ mag heute als ein gesetzlich etabliertes Rechtsinstitut gelten. Auch liegen, wie erwähnt, gemeinschaftsrechtlich gewisse Grundsätze zur Bemessung und Festsetzung von Entgelten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch vor und die geltenden gesetzlichen Regelungen des FStrPrivFinG sowie des ABMG enthalten durchaus detaillierte Bestimmungen zu den „Mautgebühren“ bzw. „Mautsätzen“.770 Aber die letztlich verbindlichen Gestaltungsmaßstäbe hierfür liegen auf der verfassungsrechtlichen Ebene in der Gewährleistung der betreffenden Straßenbenutzungen als Grundrechtsvoraussetzung. Sie entfalten ihre praktische Bedeutung darüber hinaus in gegebenenfalls künftig aktuellen Fällen einer Ausweitung der Gebührenpflichtigkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs auf weitere Tatbestände einer Benutzung öffentlicher Straßen „mit Fahrzeugen“, aber vor allem für den gegebenenfalls zur Realisierung anstehenden Fall einer funktionalen Privatisierung des Fernstraßenwesens in Form von benutzerfinanzierten privaten Fernstraßen. Unter dieser letzteren Voraussetzung stellt sich die verfassungsrechtliche Frage insbesondere mit Rücksicht darauf, daß sich dann die „gebührenrechtliche“ Ordnung von Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch mit deren Ausgestaltung in den Formen des Privatrechts konfrontiert sieht.771 Insofern geht es um den Geltungsanspruch verfassungsrechtlicher „Gebührenprinzipien“ gegenüber einem der privatrechtlichen Interaktion eigenen ökonomischen Ordnungsprinzip. Also für das gesamte zeitgeschichtliche Spektrum schon bestehender und künftig möglicher „Gebührenregelungen“ zur Fernstraßenbenutzung bilden die insofern geltenden und relevanten verfassungsrechtlichen Grenzen, Maßgaben und Bindungen die elementaren und verbindlichen Interpretations- bzw. Gestaltungskriterien. Von verfassungsrechtlichen Voraussetzungen betroffen sind „gebührenrechtliche Lösungen“ der Straßenbaufinanzierung, also aktuell und gegebenenfalls künftig vor allem Regelungen zu einem benutzerfinanzierten Fernstraßenwesen, primär bereits in die Frage, ob und in welcher tatbestandlichen Anknüpfung der straßenrechtliche Straßengemeingebrauch überhaupt entgeltpflichtig sein kann. Die gilt ungeachtet des erörterten Umstandes, daß die Entgeltlichkeit bestimmter nutzungsspezifischer Arten des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs auch nach dem Untergang des Straßenregals und während des langen Zeitraums einer bloß abstrakten „Besteuerung“ als eine konstante Gestaltungsoption gegolten hat und in der bundesstaatsrechtlichen Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG, beschränkt auf die Benutzung öffentlicher Straßen „mit Fahrzeugen“, zumindest in rudimentärer Weise in das Vorstellungsbild des geltenden Verfassungsrechts von der Gewährleistung des öffentlichen Straßenwesens als Grundrechtsvoraussetzung eingegangen ist. In grundsätzlicher und umfassender Weise jedenfalls erscheint das zuweilen 770 § 3 Abs. 2 – 5 FStrPrivFinG, § 3 ABMG. Zum FStrPrivFinG Schmitt, FStrPrivFinG, S. 177 ff. und Uechtritz u. a., Stellung von „Gebühr“ auf „Entgelt“, S. 205 ff. 771 Dazu noch unter XI.

382

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

vertretene Theorem von der angeblichen, verfassungsrechtlich garantierten Entgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs keineswegs aufgearbeitet. Ersichtlich handelt es sich um ein nachwievor und insbesondere aktuell verfassungsrechtliches Grundproblem des Straßenrechts. Prinzipiell betrachtet betrifft die verfassungsrechtliche Perspektive zur Gemeinwohlgebundenheit der straßenrechtlichen Benutzungsordnung auch die Frage der Entgeltpflichtigkeit und Entgeltfähigkeit der über den Gemeingebrauch hinausgehenden, einer rechtsgeschäftlichen Zulassung bedürftigen oder gesetzlich eingeräumten Sondernutzungen. Es geht also um eine umfassende Rechtsdogmatik zur Entgeltfähigkeit von Straßenbenutzungen unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt der Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für ein öffentliches Straßenwesen als Grundrechtsvoraussetzung.

VI. Die Gewährleistung öffentlicher Straßen und ihrer Benutzung im Verfassungsstaat – Das öffentliche Straßenwesen zwischen „Freiheitsraum“ und „Verwaltungsleistung“ Die Gewährleistung des öffentlichen Straßenwesens und der straßenrechtlichen Benutzungsordnungen haben unter der wiederholt hervorgehobenen, im Verlauf des 19. Jahrhunderts erfolgten Überführung des Straßenregals sowie örtlicher Wegerechte in eine verfassungsstaatliche Ordnung eine grundlegende und völlige Neukonstituierung erfahren. Auf der einen Seite konnte maßgeblich durch den Untergang des Straßenregals im Bereich der in ihrer Verkehrsbedeutung den heutigen „Landstraßen für den Fernverkehr“ und gegebenenfalls weiteren überörtlichen Straßen vergleichbaren Straßenklassen für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch generell die Rechtsvorstellung von dessem „freien Gebrauch“ entstehen. Aber eine solche Rechtsentwicklung vermochte sich nur ungeachtet des Umstandes zu vollziehen, daß auf der anderen Seite unter verfassungsstaatlichen Voraussetzungen in einer gleichen grundlegenden Weise auch die sachstrukturelle Leistungsaufgabe der Bereitstellung öffentlicher Straßen eine Neukonstituierung erfahren hat. Mit dem Ende des Straßenregals und auf der Ebene örtlicher Straßenklassen mit dem Untergang der hierfür traditionellen Ordnungen von Wegebaulastaufgaben ist zugleich die Gewährleistung des öffentlichen Straßenwesens zu einer „Staatsaufgabe“ auf der Grundlage öffentlicher Haushaltsfinanzierung sowie in der Rechtsund Organisationsform einer „Leistungsverwaltung“ geworden. Die aktuelle und gegebenenfalls künftige Entwicklung einer funktionalen Privatisierung dieser „Staatsaufgabe“ bedeutet keine Veränderung jener verfassungsstaatlichen Umgestaltung des öffentlichen Straßenwesens. Vielmehr bestätigt eine solche „ökonomische“ Entwicklung des öffentlichen Straßenwesens dessen zweite wesentliche verfassungsstaatliche Umgestaltung, daß nämlich seine grundrechtsrealisierende Zweckbestimmung sachnotwendig unter der güterbezogenen Voraussetzung einer

VI. Die Gewährleistung öffentlicher Straßen im Verfassungsstaat

383

staatlich garantierten „Leistungserbringung“ steht und sich deshalb nur unter einem güterbezogenen Ordnungsprinzip verwirklichen läßt. Seither bewegt sich das öffentliche Straßenwesen in einer Konfliktlage zwischen jenen beiden Grundlagen seiner verfassungsstaatlichen Neukonstituierung. Es stehen sich die Rechtsvorstellung eines „freien Straßengebrauchs“ einerseits sowie die ökonomische und administrative Sachstruktur andererseits gegenüber, daß die Inanspruchnahme öffentlicher Straßen und ihre Benutzungsordnung eine „Verwaltungsleistung“ bzw. eine staatlich gewährleistete Leistungserbringung zur Voraussetzung haben. Dieser Konflikt zweier, in der verfassungsstaatlichen Ordnung des öffentlichen Straßenwesens angelegter Ordnungsprinzipien erscheint bis heute nicht wirklich gelöst zu sein. Dies findet in Rechtsvorstellungen Ausdruck, die im öffentlichen Straßenwesen nicht nur die Erfüllung einer staatlichen Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe zur Verwirklichung von Grundrechtsvoraussetzungen sehen wollen, sondern einen Bereich individualrechtlicher Grundrechtsrealisierung.772 Auf der angesprochenen Linie liegt es, wenn in der Rechtsdogmatik zur straßenrechtlichen Benutzungsordnung sich die aktuelle Rechtspraxis in einer wohl eher als unreflektiert zu bezeichnenden Weise, aber partiell entschieden unterstützt durch Auffassungen im Schrifttum, in die Richtung von Annahmen hin entwickelt hat, wonach die öffentlichen Straßen prinzipiell nur noch als ein „kraft Natur der Sache“ grundrechtlicher „Freiheitsraum“ zu gelten hätten, vor allem im beispielhaft politisch inspirierten Bereich ihrer freien „kommunikativen“ Benutzung.773 Auf diese Weise ist es bekanntlich zu Rechtsauffassungen gekommen, welche die Grenzen des zulassungsfreien Gemeingebrauchs in den Tatbestandsbereich der straßengesetzlich als zulassungsbedürftig geregelten Sondernutzungen hinein erstrecken oder jedenfalls die behördliche Zulassung straßengesetzlicher Sondernutzungen allein schon bei einer angeblichen „wegepolizeilichen“ Gemeingebrauchsverträglichkeit als grundrechtlich unmittelbar und materiell anspruchsgebundene Entscheidung gehandhabt sehen wollen. Auf diese Weise hat die verfassungsstaatliche Rechtsvorstellung vom „freien Straßengebrauch“ zu einer grundlegenden und umfassenden grundrechtlichen Uminterpretation der Straßengesetze geführt, welche die verfassungsstaatliche „Staatlichkeit“ öffentlicher Straßen der Rechtsmacht ihrer Benutzer ausliefert und durch eine individualrechtliche Partikularisierung der straßenrechtlichen Benutzungsordnung ersetzt. Auf einer gleichen Linie liegt indessen auch das im gegenständlichen Zusammenhang vertretene Theorem von der angeblichen, grundrechtlich begründeten prinzipiellen Unentgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs.774 Hierfür zeichnet ebenfalls verantwortlich, daß man den dargelegten, unter verfassungs772 Zu dem verfassungsrechtlichen Fragenbereich von Entgeltfähigkeit und grundrechtlicher Gewährleistung des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs Selmer / Broderssen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 69 ff. und 71 ff. sowie Uechtritz u. a., Umstellung von „Gebühr“ auf „Entgelt“, S. 90 ff. und 103 ff. 773 Siehe bei Bartlsperger, Mehrzweckordnung öffentlicher Straßen, S. 46 ff. und 76 ff. 774 Siehe bei E.I.4., Fn. 447 – 449.

384

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

staatlichen Voraussetzungen bestehenden Konflikt zwischen „freiem Straßengebrauch“ einerseits und den öffentlichen Straßen als sachstruktureller und administrativer „Verwaltungsleistung“ andererseits zugunsten der ersteren Rechtsvorstellung lösen zu müssen glaubt. In der Verfassungsrechtlage findet dies jedoch keine Stütze; grundsätzlich ist das Gegenteil der Fall. Es ist zwar zweifellos zutreffend, wovon auch hier prinzipiell und in wiederholt dargelegter Weise ausgegangen wird, daß unter der verfassungsstaatlichen Ordnung des GG eine verfassungsrechtlich begründete Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für das öffentliche Straßenwesen als Grundrechtsvoraussetzung Geltung beansprucht. Aber hiermit ist keineswegs auch schon die Folgerung zu verbinden, daß ebenso die individuell konkrete Teilnahme am straßenrechtlichen Gemeingebrauch kraft dessen Verbürgung als Grundrechtsvoraussetzung prinzipiell unentgeltlich zu gewährleisten sei oder daß eine Erhebung von Entgelten hierfür weitgehenden, spezifisch grundrechtlichen Begrenzungen unterliege. Auch die erwähnte rechtsdogmatische „Ausflucht“, mit Rücksicht auf die explizite Verfassungsannahme des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG zur Entgeltfähigkeit der Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ müßten dementsprechende Entgeltregelungen wegen einer angeblich begründeten, grundrechtlich garantierten Entgeltfreiheit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs dem Rechtsregime straßenrechtlicher Sondernutzungsentgelte zugeordnet werden,775 entbehrt einer verfassungsrechtlichen Veranlassung in jenem gemeinten Sinne. Vielmehr beurteilen sich die materiell verfassungsrechtlichen Maßgaben zur Entgeltfähigkeit von Straßenbenutzungen nach denjenigen Voraussetzungen, die mit der verfassungsstaatlichen Neukonstituierung des öffentlichen Straßenwesens insgesamt geschaffen worden sind und ohne erkennbare Veränderung auch für das verfassungsrechtliche Vorstellungsbild des GG von demselben Geltung beanspruchen. Danach kann keine Rede davon sein, daß es die in einer verfassungsstaatlichen Ordnung begründete Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für das öffentliche Straßenwesen als Grundrechtsvoraussetzung auch schon prinzipiell in jedem Falle ausschließe, für die individuell konkrete Teilnahme am „freien Straßengebrauch“ in der straßenrechtlichen Form des Gemeingebrauchs, erst recht für sonstige konkrete Straßenbenutzungen, Entgeltregelungen zu treffen. Zwar verbietet es sich seit der verfassungsstaatlichen Beseitigung des Straßenregals und anderer vormaliger Wegeordnungen, die Sachherrschaft über öffentliche Straßen als wirtschaftliches Nutzungsrecht zur Einnahmenerzielung zu gebrauchen. Dem steht jedenfalls entgegen, daß in einer verfassungsstaatlichen Ordnung das öffentliche Straßenwesen auf das Gemeinwohl verpflichtet ist und Grundrechtsvoraussetzungen zu realisieren hat. Aber hiermit kann es keineswegs auch schon ausgeschlossen sein, die hierauf verpflichtete „Staatsaufgabe“ zur Bereitstellung bzw. Gewährleistung öffentlicher Straßen zugleich unter Berücksichtigung ihrer sachstrukturellen Voraussetzungen zu analysieren und daher zugleich als eine Aufgabe sowie einen Vorgang der Güterbeschaffung in einem ökonomischen Sinne zu begreifen und dementsprechend zu ordnen, d. h. die 775

Fn. 447.

VI. Die Gewährleistung öffentlicher Straßen im Verfassungsstaat

385

individuell konkrete Benutzung öffentlicher Straßen nach einem güterbezogenen Ordnungsprinzip, freilich unter Beachtung ihrer verfassungsrechtlichen Bedeutung als Grundrechtsvoraussetzung, zu regeln. Auch unter verfassungsstaatlichen Voraussetzungen sind öffentliche Straßen kein Raum „freien Gebrauchs“ im Sinne einer „kraft Natur der Sache“ bestehenden individualrechtlichen Grundrechtsfreiheit. Dies sind sie weder in der Sache noch in einem rechtlichen Sinne. In der Sache sind sie überhaupt nur existent und verfügbar als Ergebnis eines Leistungsvorgangs der Güterbeschaffung. Aber auch im Rechtssinne können sie ihre Zweckbestimmung als staatlich zu gewährleistende Grundrechtsvoraussetzung nur erfüllen, soweit die hierfür rechtszuständigen Gebietskörperschaften diese Gewährleistungsaufgabe im Rahmen ihres Leistungsvermögens und unter Berücksichtigung ihrer vielfältigen sonstigen Gemeinwohlverpflichtungen wahrzunehmen imstande sind. Demzufolge war es im Zuge der verfassungsstaatlichen Neukonstituierung des öffentlichen Straßenwesens selbstverständlich, an die Stelle des Straßenregals und anderer vormaliger Wegeordnungen für das seinerzeit weiterhin ausschließlich gebietskörperschaftlich getragene öffentliche Straßenwesen von einer über die betreffenden gebietskörperschaftlichen Haushalte zu finanzierenden „Staatsaufgabe“ auszugehen und die verfassungsstaatlich intendierte grundrechtsrealisierende Zweckbestimmung der öffentlichen Straßen unter einen solchen Erfüllungs- bzw. Gewährleistungsvorbehalt zu stellen. Dieser Erfüllungs- bzw. Gewährleistungsvorbehalt gilt nach wie vor auch unter dem möglichen und aktuell schon beschrittenen Weg einer Benutzerfinanzierung öffentlicher Straßen sowie im Falle von künftig weitestgehend eröffneten Optionen eines benutzerfinanzierten, funktional privatisierten öffentlichen Straßenwesens. In jedem Falle steht die staatliche Gemeinwohlverpflichtung zur Gewährleistung des öffentlichen Straßenwesens als Grundrechtsvoraussetzung unter dem verfassungsrechtlich gleichfalls geltenden Vorbehalt der „Güterbeschaffung“ in den Rechts- und Organisationsformen der „Leistungsverwaltung“ bzw. einer staatlich garantierten entsprechenden Leistungserbringung. Einem solchen, aus sachstrukturellen Gründen letztlich auch güterbezogenen Ordnungsprinzip des öffentlichen Straßenwesens ist es immanent und geradezu entsprechend, auf eine Benutzerfinanzierung unter Erhebung von Entgelten für individuell konkrete Straßenbenutzungen zurückzugreifen. Es kommt hierbei verfassungsrechtlich nur darauf an, die betreffenden konkreten Entgelttatbestände und Entgeltpflichten so zu regeln, daß sie mit der Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für das öffentliche Straßenwesen als Grundrechtsvoraussetzung zu vereinbaren sind. Wie ausgeführt, ist es deshalb auch unter den verfassungsstaatlichen Voraussetzungen des öffentlichen Straßenwesens zu keiner Zeit als verfassungsrechtlich prinzipiell ausgeschlossen betrachtet worden, den straßenrechtlichen Gemeingebrauch mit Kraftfahrzeugen abstrakt zu „besteuern“ und für konkrete, individuell zurechenbare besondere Straßenbenutzungen eine „gebührenrechtliche“ Regelung zu treffen.776 Die bundesstaatsrechtliche Kompetenznorm des 776

Oben unter III.

25 Bartlsperger

386

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG ist dem, wie dargelegt, nochmals explizit mit der zumindest rudimentären materiellrechtlichen Verfassungsannahme gefolgt, daß jedenfalls die Benutzung öffentlicher Straßen „mit Fahrzeugen“ einer „gebührenrechtlichen“ Regelung unterworfen werden kann.777 Erkennbar ist es danach in das verfassungsrechtliche Vorstellungsbild des GG eingegangen, daß es mit der verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für das öffentliche Straßenwesen als Grundrechtsvoraussetzung vereinbar ist, hierbei hinsichtlich einer Entgeltpflichtigkeit von Straßenbenutzungen nach den für „Verwaltungsleistungen“ geltenden Regelungen bzw. Rechtsgrundsätzen zu verfahren. Dies bedeutet im Ergebnis, daß der verfassungsrechtlich begründeten „Staatsaufgabe“ zur Gewährleistung des öffentlichen Straßenwesens als Grundrechtsvoraussetzung jedenfalls auch dann genügt ist, wenn Entgelte für tatbestandlich bestimmte konkrete Straßenbenutzungen nach Maßgabe der für eine Inanspruchnahme individuell zurechenbarer „Verwaltungsleistungen“ verfassungsrechtlich geltenden Regelungen bzw. Rechtsgrundsätzen geregelt und erhoben werden. In dieser verfassungsrechtlichen Maßgabe sind die öffentlichen Straßen als „Mautgüter“ regelbar.778 Hiervon ausgehend läßt sich ein sowohl den ökonomischen Sachstrukturen entsprechendes güterbezogenes als auch verfassungskonformes Ordnungsprinzip und Ordnungssystem zur Entgeltpflichtigkeit öffentlicher Straßen entwickeln.

VII. Die öffentlichen Straßen als „Mautgüter“ nach verfassungsrechtlichen Maßgaben Es ist die erörterte Sachstruktur und sachimmanente Zweckbestimmung der öffentlichen Straßen als „Verwaltungsleistung“, die es auch unter der normativen Perspektive der Verfassungsdogmatik als methodischen Ansatzpunkt rechtfertigt, die Frage der verfassungsrechtlich zulässigen Entgeltfähigkeit von Straßenbenutzungen in einem ökonomischen Sinne güterbezogen, d. h. unter Ordnungsprinzipien zu beurteilen, die der Herstellung und Bereitstellung von Gütern sowie ihrer Beschaffung als ökonomischen Vorgängen eigen sind.779 Wie generell, so ist es auch insofern der „Gegenstand“, der den ihn betreffenden normativen Beurteilungen ihre sachlich angemessene Fragestellung vorzugeben imstande ist und das hierfür richtige Ordnungsprinzip zu finden erlaubt. Im gegenständlichen Zusammenhang will dies besagen, daß man sich auch hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Entgelten für die Straßenbenutzung an der Gegenständlichkeit öffentlicher Straßen als „Verwaltungsleistung“ auszurichten und daher den Erkenntniswert zu nutzen hat, den die ökonomische Theorie der LeistungserbrinOben unter IV. Zu den öffentlichen Straßen als „Mischgütern“ bzw. „Mautgütern“ unter D.IV.4.b). 779 Zu den öffentlichen Straßen als öffentliches Gut in einem güterspezifischen Sinne siehe im Abschnitt B.IV.4. 777 778

VII. Die öffentlichen Straßen als „Mautgüter“

387

gung, also der Produktion und Güterbeschaffung bzw. des Güteraustausches zu liefern vermag. Die Frage der Entgeltfähigkeit von Gütern beansprucht dabei eine zentrale und, was mögliche Entgeltmodalitäten angeht, eine bedeutsame differenzierende Rolle. Dies gilt vornehmlich im Falle der Bereitstellung und Nutzung von „Verwaltungsleistungen“, wie sie die öffentlichen Straßen darstellen. An sich erscheinen Entgeltleistungen für die Inanspruchnahme von Gütern als ein Merkmal „privater Güter“, die in einem Vorgang privater Interaktion von Leistung und Gegenleistung nach dem Ordnungsprinzip einer Marktpreisbildung bereitgestellt werden. Dagegen sind Entgeltleistungen ausgeschlossen oder nur in begrenzter bzw. gebundener Weise möglich bei „öffentlichen Gütern“, deren Nutzung bzw. Benutzung unter den Voraussetzungen einer nicht rivalisierenden und jedenfalls einer niemand ausschließenden Inanspruchnahme „naturgemäß“ erfolgt oder aus Rechtsgründen erfolgen muß. Öffentliche Straßen sind zweifellos solche „öffentlichen Güter“. Aber sie sind dies, wie gesagt, nicht aufgrund ihrer bloßen Gegenständlichkeit „kraft Natur der Sache“, sondern nur deshalb und insoweit, weil und soweit sie kraft der verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für ihre Bereitstellung als Grundrechtsvoraussetzung ihre Konstituierung als „öffentliche Güter“ erfahren. In der Sache an sich und rein ökonomisch, güterspezifisch betrachtet, lassen sich die öffentlichen Straßen durchaus auch als „private Güter“ vorstellen; sie gelten deshalb im ökonomischen Sinn als sogenannte „Mischgüter“.780 Freilich scheidet die ökonomisch betrachtete theoretische Möglichkeit einer Bereitstellung öffentlicher Straßen als „privater Güter“ schon aus den hier ausführlich erörterten Gründen aus, daß sie dann, d. h. ohne eine rechtliche Zweckbestimmung zur Verwirklichung eines der staatlichen Verantwortung obliegenden Gemeinwohlbelangs, fachspezifisch überhaupt nicht realisierungsfähig wären. In vergleichbarer Weise beurteilt sich die gegenständliche Frage ihrer güterspezifischen Entgeltfähigkeit. Insofern lassen sie sich in einem güterspezifischen ökonomischen Sinne gesehen als potentielle „Mautgüter“ betrachten und bezeichnen. Ob und inwieweit sie allerdings „mautpflichtig“ sein können, entscheidet sich kraft ihrer verfassungsrechtlichen Konstituierung als „öffentliche Güter“ nach den hierfür geltenden verfassungsrechtlichen Maßgaben. Damit ist das entscheidende Kriterium in der Frage einer verfassungsrechtlich zulässigen Entgeltfähigkeit bzw. „Mautpflichtigkeit“ öffentlicher Straßen gewonnen. Sie sind als potentielle „Mautgüter“ auch verfassungsrechtlich entgeltfähig, wenn und soweit dies mit der verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für ihre allgemeine Bereitstellung und Verfügbarkeit als Grundrechtsvoraussetzung zu vereinbaren ist. Danach wäre die Frage der Entgeltfähigkeit öffentlicher Straßen zu verneinen, wenn bzw. soweit eine Regelung und Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten die Wirkung eines Ausschlusses von der Straßenbenutzung als einer kraft der staatlichen Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe für das öffentliche 780

25*

Nachw. Fn. 778.

388

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

Straßenwesen garantierten Grundrechtsvoraussetzung entfalten würde. Sie ist dagegen zu bejahen, wenn bzw. soweit eine Regelung und Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten die Annahme einer solchen verfassungswidrigen Ausschlußwirkung nicht zu rechtfertigen vermag. Es kommt also in der Frage der verfassungsrechtlichen „Mautfähigkeit“ öffentlicher Straßen entscheidend darauf an, ob und wann man bei einer Regelung und Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten noch davon auszugehen berechtigt ist, daß hierdurch die verfassungsrechtlich begründete Gewährleistung der Benutzung öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung nicht ausgeschlossen wird. Es ist das Kriterium einer solchen „Ausschlußwirkung“ von Straßenbenutzungsentgelten in bezug auf die verfassungsrechtlich verbürgte Gewährleistung öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung, nach der sich die Frage ihrer verfassungsrechtlich zulässigen „Mautpflichtigkeit“ beurteilt. Danach hat die verfassungsrechtliche Frage einer Entgeltfähigkeit von Straßenbenutzungen letztlich und maßgeblich dahin zu lauten, ob und gegebenenfalls inwieweit die öffentlichen Straßen trotz ihrer verfassungsrechtlichen Gewährleistung als Grundrechtsvoraussetzung mit Rücksicht auf ihre güterspezifische Sachstruktur als „Verwaltungsleistung“ und deshalb als „Mautgüter“ entgeltfähig sind. Die Frage ist zu bejahen, wenn und soweit auch bei einer Entgeltregelung und Entgelterhebung für Straßenbenutzungen die verfassungsrechtlich begründete Gewährleistung der öffentlichen Straßen als Grundrechtsvoraussetzung nicht durch eine insofern verfassungswidrige Ausschlußwirkung der betreffenden Entgelttatbestände und Entgeltpflichten gegenüber den Straßenbenutzern vereitelt wird. Es kommt darauf an, ob oder unter welchen Voraussetzungen von einer solchen verfassungswidrigen Ausschlußwirkung unter Berücksichtigung der güterspezifischen Eigenschaft öffentlicher Straßen als „Verwaltungsleistung“ zur Gewährleistung von Grundrechtsvoraussetzungen zu sprechen wäre oder nicht gesprochen werden kann. Das verfassungsrechtliche Beurteilungskriterium hierzu besitzt einen recht eindeutigen güterspezifischen Aussagegehalt und Geltungsanspruch. In einem rechtsdogmatisch umgesetzten Sinne handelt es sich um nichts anderes als um die Maßgaben, die dem Verfassungsrecht zur Begründung von Geldleistungspflichten bei der individuell zurechenbaren Inanspruchnahme „öffentlicher Leistungen“ zu entnehmen sind. Diese sind anerkannt, lassen sich aber güterspezifisch erklären. Die verfassungsrechtliche Konstituierung der öffentlichen Straßen als „öffentliche Güter“ zur Gewährleistung ihrer Benutzung als Grundrechtsvoraussetzung hat einen maßgeblichen, aber ebenso allein entscheidenden, güterspezifisch erkärbaren Grund und Zweck. Er liegt darin, die straßenrechtliche Benutzungsordnung von einer den „privaten Gütern“ güterspezifisch eigenen Abhängigkeit ihrer Inanspruchnahme von Entgeltleistungen freizuhalten, deren Tatbestände, Bemessung und Höhe dem Ordnungsprinzip einer Marktpreisbildung folgen. An deren Stelle ist es zur Gewährleistung des öffentlichen Straßenwesens als Grundrechtsvoraussetzung verfassungsrechtlich dezidiert vorgegeben, daß für die Benutzung öffentlicher Straßen keinesfalls Marktpreise erhoben werde dürfen. Vielmehr ist verfassungsrechtlich der externe Effekt gewollt und verpflichtend, daß die Benutzung

VII. Die öffentlichen Straßen als „Mautgüter“

389

öffentlicher Straßen nicht von einer Entgeltleistung nach Marktpreisen abhängig ist. Mit anderen Worten besteht der die öffentlichen Straßen als rechtlich „öffentliche Güter“ konstituierende externe Effekt in der gegenständlich zu erörternden Frage einer Entgeltfähigkeit der Straßenbenutzung darin, daß keine Straßenbenutzung durch eine Pflicht zur Entrichtung einer Gegenleistung nach Marktpreisen ausgeschlossen wird. Ein verfassungswidriger Ausschluß von der Benutzung öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung läge vor, wenn hierfür Marktpreise zu entrichten wären. Maßgeblich diese verfassungsrechtliche Anforderung, aber auch nur diese und nicht mehr macht in der Frage einer Entgeltfähigkeit der öffentlichen Straßen als „Mautgüter“ deren verfassungsrechtliche Konstituierung als „öffentliche Güter“ aus; sie erschöpft sich darin aber auch schon. Verfassungsrechtlich unberührt bleibt hiervon dagegen, daß auch die Benutzung öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung güterspezifisch als Inanspruchnahme einer „Verwaltungsleistung“ erfolgt und daß die hiermit verbundenen „leistenden“ Effekte durchaus einer Internalisierung auf seiten der Benutzer zugänglich sind und zugänglich sein müssen.781 Dies gilt zu allererst für die unmittelbaren finanziellen Kosten der Gewährleistung eines bedarfsgerechten öffentlichen Straßenwesens, aber gegebenenfalls auch für weitere „Kosten“, die sich bei der Bereitstellung oder der Art der Bereitstellung öffentlicher Straßen ergeben mögen, etwa in ökologischer oder auch verkehrswirtschaftlicher bzw. verkehrspolitischer Hinsicht.782 Im Ergebnis bedeutet also die verfassungsrechtlich verpflichtende Gewährleistung öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung, daß diese „frei“ ohne eine Ausschlußwirkung von Straßenbenutzungsentgelten nach einer den „privaten Gütern“ eigenen Marktpreisbildung genutzt werden können, aber keineswegs auch „frei“ von Entgeltpflichten zu sein brauchen, die den finanziellen Kosten, aber gegebenenfalls auch sonstigen „Kosten“ ihrer Bereitstellung bzw. der Art ihrer Bereitstellung in einer Äquivalenz bzw. Verhältnismäßigkeit von Leistung und Gegenleistung entsprechen. Die verfassungsrechtlich verpflichtende Gewährleistung des öffentlichen Straßenwesens als Grundrechtsvoraussetzung bedeutet somit nicht deren Gewährleistung als eine „kostenfreie“ Grundrechtsvoraussetzung. Eine kostenorientierte und äquivalente, d. h. verhältnismäßige „Mautpflichtigkeit“ der Straßenbenutzung allein begründet noch keine verfassungsrechtliche Ausschlußwirkung gegenüber den Straßenbenutzern bezüglich der ihnen verfassungsrechtlich zu gewährleistenden Straßenbenutzung als Grundrechtsvoraussetzung. Vielmehr handelt es sich insofern lediglich um einen der verfassungsrechtlich prinzipiell anerkannten Fälle, daß aus Anlaß von individuell zurechenbaren „öffentlichen LeiDazu die Nachw. in Fn. 443, insb. zur Rechtsprechung des BVerfG. Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit auch von insofern sogenannten Lenkungsgebühren Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel 1975, Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz. S. 301 ff. (Verhältnismäßigkeit von Gebühren aus Mittel zur Erreichung verfassungsrechtlich zulässiger jeweiliger Zwecke), P. Kirchhof. DÖV 92, 233 / 236, Schmitt, FStrPrivFinG, S. 188 ff., Klinski, DVBl. 02, 221 / 224 und 226 ff., Stender-Vorwachs, Staatliche Verantwortung, S. 110 f. und 268 ff. 781 782

390

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

stungen“ den betreffenden Nutzern bzw. Benutzern durch eine materiell öffentlichrechtliche Norm kostenorientierte und äquivalente Geldleistungen auferlegt werden können.783 Mit dieser materiellrechtlichen, verfassungsrechtlichen Maßgabe können sowohl die für das öffentliche Straßenwesen traditionell zuständigen Gebietskörperschaften, gleichgültig ob sie die betreffenden öffentlichen Straßen in der tradierten hoheitlichen oder in einer wie auch immer funktional privatisierten Rechts- und Organisationsform bereitstellen, als auch gegebenenfalls private Rechtsträger bei einer Bereitstellung öffentlicher Straßen in der weistestgehenden funktional privatisierten Rechts- und Organisationsform von privaten Straßen, aktuell bzw. künftig insbesondere von privaten Fernstraßen,784 Straßenbenutzungsentgelte auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung und gegebenenfalls unter einer dementsprechenden staatlichen Regulierung erheben. Man kann in einem güterspezifischen Sinne von einer verfassungsrechtlich zulässigen, wenn auch nach den genannten verfassungsrechtlichen Maßgaben gebundenen „Mautpflichtigkeit“ öffentlicher Straßen sprechen, die dementsprechende Regelungen einer „gebührenrechtlichen“ Benutzerfinanzierung eröffnet. Für „steuerrechtliche Lösungen“ haben im Grunde die gleichen verfassungsrechtlichen Maßgaben zu gelten; dem braucht jedoch gegenständlich nicht nachgegangen zu werden. Im vorliegenden Zusammenhang interessieren lediglich „gebührenrechtliche Lösungen“ für Benutzerfinanzierung öffentlicher Straßen, speziell von Fernstraßen. Aus dem dargelegten verfassungsrechtlichen Ordnungsprinzip zur Entgeltfähigkeit öffentlicher Straßen ergibt sich ein dementsprechend spezifizierbares Ordnungssystem für die Regelung und Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten. Die insofern bestehenden Fragen betreffen die nach dem Verfassungsrecht möglichen Entgelttatbestände sowie Kriterien zur Bemessung und Festsetzung der Entgelte.

VIII. Die verfassungsrechtliche Maßgabe zu den Tatbeständen straßenrechtlicher „Gebührenregelungen“ – Die „gebührenrechtliche“ Voraussetzung individueller Zurechenbarkeit von Straßenbenutzungen Es versteht sich sowohl in sachstrukturell güterspezifischer Hinsicht als auch aus der dargelegten verfassungsrechtlichen Maßgabe, daß eine Regelung und Erhebung von Straßenbenutzungsentgelten ausschließlich an straßenrechtliche Benutzungsvorgänge anknüpfen kann, bei denen sich die Straßenbenutzung als individuell zurechenbarer Tatbestand erfassen läßt.785 Nur dann ist die in der Sache güterspezifische und die auch verfassungsrechtlich maßgebliche Voraussetzung erfüllt, in Anknüpfung an die Bereitstellung und Benutzung öffentlicher Straßen als „Ver783 Beschl. BVerfG 6. 2. 79, BVerfGE 50, 217 / 226 und 7. 11. 95, BVerfGE 93, 319 / 392 ff. sowie weitere Nachw. in Fn. 443. 784 Begriff Fn. 345. 785 Nachw. Fn. 444 sowie Fn. 783.

VIII. Die verfassungsrechtliche Maßgabe zu „Gebührenregelungen“

391

waltungsleistung“ eine kostenorientierte und äquivalente, d. h. verhältnismäßige Beziehung zwischen Leistung und Gegenleistung herzustellen und diese zur Grundlage einer „gebührenrechtlichen“ Regelung zu machen. Allerdings erscheint es kaum begründbar, unter einem solchen sachlichen Kriterium die Entgeltfähigkeit von Straßenbenutzungen tatbestandlich einzugrenzen. Allein in der Sache erweist sich jede Benutzung öffentlicher Straßen als ein individuell zurechenbarer Vorgang von deren Inanspruchnahme als „Verwaltungsleistung“. In dem Zusammenhang wird zwar die Auffassung vertreten, jedenfalls der straßenrechtliche Gemeingebrauch übertreffe „in seiner Allgemeinheit, Häufigkeit und Offenheit die meisten Tatbestände des Steuerrechts“, weshalb sich angesichts des weitgefächerten Spektrums einer gemeingebräuchlichen Straßenbenutzung „mit Fahrzeugen“ oder auch nur mit Fahrrädern oder zum bloßen Fußgängerverkehr eine allgemeine Entgeltpflichtigkeit „kaum sachgerecht umgrenzen, jedenfalls aber nicht erhebungstechnisch erfassen“ lasse.786 Dies mag grundsätzlich eine die Sache treffende und aus Akzeptanzgründen richtige Beurteilung sein. Aber weder in einer sachlich güterspezifischen noch in verfassungsrechtlicher Hinsicht erscheint hieraus eine Differenzierung zwischen tatbestandlich entgeltfähigen und entgeltfreien Straßenbenutzungen begründbar. Denn es ist durchaus vorstellbar, jede Benutzung öffentlicher Straßen in dem weiten sachlichen und güterspezifischen Spektrum von intensiven oder auch „wirtschaftlichen“ Benutzungen bis zu den „einfachsten“ Benutzungsarten dem jeweiligen Benutzer individuell zuzurechnen. Ob und inwieweit man hieraus einen „gebührenrechtlichen“ Entgelttatbestand begründet, ist zum ersten eine Frage von technischem Aufwand und öffentlicher Akzeptanz sowie zum zweiten eine Entscheidung, die nur nach den genannten verfassungsrechtlich maßgeblichen Kriterien der Kostenorientierung und Äquivalenz, d. h. der Verhältnismäßigkeit von Entgelten für die Inanspruchnahme von materiell „öffentlichen Leistungen“ getroffen werden kann. Man muß deshalb davon absehen, die Entgeltfähigkeit von Straßenbenutzungen, auch derjenigen im Rahmen des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs, allein schon nach dem sachstrukturellen güterspezifischen Kriterium ihrer besonderen individuellen Zurechenbarkeit an den jeweiligen Benutzer tatbestandlich einzugrenzen, also ausschließlich hierauf gestützt ein rechtliches Ordnungssystem von entgeltpflichtigen und entgeltfreien Straßenbenutzung zu entwickeln. Vielmehr rechtfertigt und gebietet sich eine solche Unterscheidung, vornehmlich in einen entgeltfähigen und in einen entgeltfreien straßenrechtlichen Gemeingebrauch, erst aufgrund der spezifisch verfassungsrechtlichen Kriterien, daß die Regelung und Erhebung von materiell öffentlichrechtlichen Geldleistungen für die individuell zurechenbare Inanspruchnahme von materiell „öffentlichen Leistungen“ an die „gebührenrechtlichen“ Grundsätze der Kostenorientierung und Äquivalenz, d. h. der Verhältnismäßigkeit in einem dabei alle „Kostengesichtspunkte“ umfassenden Sinne gebunden ist. Allein hieraus läßt sich eine verfassungsrechtlich überzeugende Begründung für einen tatbestandlichen Bereich entgeltfreien straßenrechtlichen Gemeingebrauchs finden. 786

P. Kirchhof, Die Entgeltpflichtigkeit der Straßenbenutzung, S. 225 / 233.

392

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

IX. Tatbestände eines entgeltfreien straßenrechtlichen Gemeingebrauchs – Verfassungsrechtliche Begründung Daß es Bereiche des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs gibt und geben muß, in denen sich kraft ihrer „einfachen“ oder „natürlichen“ Art der Straßenbenutzung in besonderem Maße die generelle, nicht ausschließbare Verfügbarkeit öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung realisiert und die von allen abstrakt geteilte Annahme von deren Gemeinwohlfunktion manifestiert, ist sicherlich allgemeiner Konsens. Aber dieser ist gleichwohl verfassungsrechtlich begründungsbedürftig und er läßt sich auch verfassungsrechtlich begründen. Zwar ist, wie gesagt, auch jede noch so nutzungsspezifisch „einfache“ oder „natürliche“ Art des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs in einem güterspezifischen Sinne sowie im Sinne der verfassungsrechtlichen Grundlagen des „Gebührenrechts“ dem jeweiligen Benutzer durchaus individuell zurechenbar. Aber hiermit erscheint nicht auch schon nach den verfassungsrechtlich maßgeblichen Kriterien zur Regelung und Erhebung von „Gebühren“ für „öffentliche Leistungen“ ein Entgelttatbestand in jedem Falle gerechtfertigt. Vielmehr gilt es in dieser Frage zu berücksichtigen, daß auch bereits ein „Gebührentatbestand“ Voraussetzungen aufweisen muß, die eine Relation zu den Kosten der in Anspruch genommenen „öffentlichen Leistung“ herstellen lassen sowie eine Beurteilung zur Äquivalenz, d. h. zur Verhältnismäßigkeit von Leistung und Gegenleistung erlauben.787 Dies ist bei bestimmten „einfachen“ oder „natürlichen“ Vorgängen des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs schon in sachstrukturell güterspezifischer Hinsicht praktisch kaum gegeben, nicht zuletzt mit Rücksicht darauf, daß der heutige Ausbaustandard öffentlicher Straßen regelmäßig und in der Hauptsache ein jene Gemeingebrauchsarten weit übersteigendes anlagentechnisches Niveau und eine ebenso hohe anlagentechnische Nutzbarkeit aufweist. Indessen kommt ein entscheidender verfassungsrechtlich maßgeblicher Gesichtspunkt hinzu. Bei der Entgeltfähigkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs muß ausschlaggebend vor allem auch die Verhältnismäßigkeit von „öffentlicher Leistung“ und „öffentlichrechtlicher Geldleistung“ hierfür gewahrt sein und hierbei hat die verfassungsrechtliche Bedeutung öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung ein erhebliches Wertungsgewicht einzubringen.788 Dies will besagen, daß bei der Regelung und Erhebung von Entgelten für den straßenrechtlichen Gemein787 Hierbei wird den grundlegenden sowie als anerkannt und maßgeblich anzusehenden Ausführungen und Annahmen zur Verhältnismäßigkeit von „Gebühren“ als verfassungsrechtlich allein entscheidendem Zulässigkeitskriterium bei Wilke (Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 301 ff.) gefolgt; bei dems. (a. a. O., S. 242 ff. und 271 ff.) auch zu den an sich verfassungsrechtlich nicht unmittelbar begründbaren Gebührenprinzipien einer spezifischen Kostendeckung und Äquivalenz. Zu den sogenannten Gebührenprinzipien im übrigen Schmitt, FStrPrivFinG, S. 177 ff., Wolff / Bachof / Schober, Verwaltungsrecht, Band 1, 11. Aufl. 1999, § 42 Rnr 22 ff. und Stender-Vorwachs, Staatliche Verantwortung, S. 283 ff. 788 So auch Wilke, a. a. O., S. 307.

X. Verfassungsrechtliche Maßgaben zu den Entgeltpflichten

393

gebrauch die verfassungsrechtlich geforderte Verhältnismäßigkeit von „öffentlicher Leistung“ und „öffentlichrechtlicher Entgeltleistung“ nicht ohne eine Bewertung erfolgen kann, die auch der Bedeutung öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung Rechnung trägt. Danach kann es verfassungsrechtlich geboten sein, entsprechend der Nähe eines straßenrechtlichen Gemeingebrauchs zu einer „einfachen“ oder „natürlichen“ Benutzung öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung von einem Entgelttatbestand abzusehen. Welche verfassungsrechtlichen Konsequenzen sich hieraus für eine gebotene umfängliche Freihaltung straßenrechtlicher Gemeingebrauchsvorgänge von Entgelttatbeständen ergeben können oder müssen, braucht hier nicht weiter spezifiziert zu werden. Es genügt, den verfassungsrechtlichen Grundsatz festzuhalten, daß es mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Anforderung an das „Gebührenrecht“ zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit von „öffentlicher Leistung“ und „öffentlichrechtlicher Geldleistung“ hierfür geboten ist, jedenfalls bestimmte Tatbestände des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs unter wertender Berücksichtigung ihrer besonderen Nähe zur „einfachen“ oder „natürlichen“ Benutzung öffentlicher Straßen als Grundrechtsvoraussetzung entgeltfrei zu stellen. Es gibt also einen verfassungsrechtlich gewährleisteten „freien“ straßenrechtlichen Gemeinbrauch, so wie ein solcher stets zum straßenrechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorstellungsbild vom straßenrechtlichen Gemeingebrauch gehört hat. Soweit im übrigen gemäß den verfassungsrechtlich begründeten Grundsätzen zur Erhebung von „Gebühren“ für die Nutzung bzw. Benutzung „öffentlicher Leistungen“ Entgelttatbestände im Bereich des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs geschaffen werden können, enthalten jene gleichen Grundsätze auch die verfassungsrechtlichen Maßgaben, die bei einer Regelung der betreffenden Entgeltpflichten einzuhalten sind bzw. innerhalb derer sich Regelungen zur Bemessung und Höhe der betreffenden Entgeltpflichten zu bewegen vermögen. Es geht darum, welche inhaltliche und umfängliche Geltungsstringenz jene „gebührenrechtlichen“ Grundsätze bei der Regelung von Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch beanspruchen. Dies bedeutet die Frage, welcher Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum einer kraft des institutionellen Gesetzesvorbehalts notwendigen rechtssatzmäßigen Regelung von Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch von Verfassungs wegen eröffnet ist.

X. Verfassungsrechtliche Maßgaben zu den Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch – Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum Die verfassungsrechtlichen Maßgaben für Bemessung und Höhe von „Benutzungsgebühren“, eben bereits angesprochen im Zusammenhang der tatbestandlichen Eingrenzung einer „Gebührenerhebung“, erklären sich allein schon aus der güterspezifischen Sachlage, die einer Erhebung von „Gebühren“ aus Anlaß einer

394

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

individuell zurechenbaren Inanspruchnahme „öffentlicher Leistungen“ zugrunde liegt und wie sie auch im Falle der gegenständlich zu erörternden „gebührenpflichtigen“ Teilnahme am straßenrechtlichen Gemeingebrauch gegeben ist. Die betreffenden „Gebühren“ werden unter dem für „öffentliche Güter“, d. h. für das jeweilige „öffentliche Gut“, kraft deren spezifischer rechtlicher Konstituierung geltenden besonderen Ordnungsprinzip von Entgeltleistungen erhoben. Es ist die jeweilige rechtliche Konstituierung des genutzten bzw. benutzten „öffentlichen Gutes“, im Falle des öffentlichen Straßenwesens dessen verfassungsrechtliche Konstituierung als eine „Verwaltungsleistung“ zur Gewährleistung von Grundrechtsvoraussetzungen, aus der sich die prinzipielle rechtliche Maßgabe für das betreffende „Gebührenrecht“ ergibt. Sie schließt in jedem Falle eine Erhebung von Benutzungsentgelten nach Maßgabe einer Marktpreisbildung aus und läßt Entgeltpflichten aus Anlaß einer individuell zurechenbaren Inanspruchnahme des betreffenden „öffentlichen Gutes“ nur zu dem Zwecke zu, die Kosten von dessen Bereitstellung ganz oder teilweise zu decken. Dieses güterspezifische Regime „öffentlicher Güter“ macht nach maßgeblicher und anerkannter Auffassung den Rechtsbegriff der „Gebühren“ aus. Verfassungsrechtliche Geltungskraft und Maßgeblichkeit beansprucht dieser „Gebührenbegriff“ generell deshalb, weil öffentlichrechtliche Geldleistungsverpflichtungen aus Anlaß einer individuell zurechenbaren Inanspruchnahme „öffentlicher Leistungen“ sich prinzipiell nur zum Zwecke von deren Kostendeckung als gemeinwohlbegründeter Grundrechtseingriff rechtfertigen. Es handelt sich um das gemeinhin so bezeichnete Kostendeckungsprinzip im „Gebührenrecht“. Dessen Geltungsinhalt und Geltungsanspruch bedarf allerdings einer genaueren Bestimmung und Beurteilung. Das „gebührenrechtliche“ Kostendeckungsprinzip vermag nicht mehr zu begründen und maßstäblich zu leisten als die verfassungsrechtliche Verpflichtung des „Gebührenrechts“ auf eine Kostenorientierung. Es ist hierdurch verfassungsrechtlich nicht geboten, aber auch in der Sache güterspezifisch gar nicht möglich, das Kostendeckungsprinzip dahin zu interpretieren und zu handhaben, daß die zu erhebenden „Gebühren“ die Kosten der betreffenden „Verwaltungsleistung“ nicht unterschreiten oder nicht überschreiten dürften; das Kostendeckungsprinzip vermag vielmehr von Verfassungs wegen lediglich zu besagen, daß die Regelung und die Erhebung von „Gebühren“ für eine individuell zurechenbare Inanspruchnahme „öffentlicher Leistungen“ in einer leistungsspezifischen Weise erfolgen muß und kann, also sich an der betreffenden „Verwaltungsleistung“ zu orientieren hat.789 Hieraus beantwortet sich auch die Frage nach einem Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum bei der Verwirklichung der verfassungsrechtlich maßgeblichen, in einem leistungsspezifischen Sinne zu verstehenden Kostenorientierung des „Gebührenrechts“. Dessen leistungsspezifisch kostenorientierte Gestaltung ist jedenfalls an weitere materiell verfassungsrechtliche Maßgaben gebunden, die sich „zumal 789 Zur spezifischen, kostenorientierten Leistungsbezogenheit der „Gebühren“ Selmer / Broderssen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben, S. 56 f. und 101 ff.; im übrigen in diesem Sinne zum Kostendeckungsprinzip Wilke, a. a. O., S. 271 ff.

X. Verfassungsrechtliche Maßgaben zu den Entgeltpflichten

395

aus den Grundrechten ergeben, etwa im Hinblick auf die Auswirkungen, die eine Gebühr auf die Wahrnehmung von Grundrechten“ haben.790 Insofern ergeben sich „gebührenrechtliche“ Maßgaben aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie generell aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, „demzufolge die mit der Gebührenregelung verfolgten Zwecke nicht außer Verhältnis zu der dem Bürger auferlegten Gebühr stehen dürfen“.791 Dies schließt für das „Gebührenrecht“ durchaus die Befugnis ein, in die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Gebühren auch weitere verfassungsrechtlich zulässige Zwecke als „Abwägungsfaktoren“ einzubringen,792 wenn und soweit diese in einem sachlichen Zusammenhang mit der rechtlichen Konstituierung des betreffenden „öffentlichen Gutes“, also mit dessen rechtlich begründeten externen Effekten stehen.793 Im wesentlichen und zusammengefaßt kann man demnach zu den verfassungsrechtlichen Maßgaben des „Gebührenrechts“ festhalten, daß die „Gebührenpflichten“ im Prinzip auf eine Kostenorientierung in einem leistungsspezifisch zu verstehenden Sinne verpflichtet sind, daß aber deren Regelung einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum zu beanspruchen vermag, bei dessen Wahrnehmung gegebenenfalls einschlägige grundrechtliche Auswirkungen zu beachten sind, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Leistung und Gegenleistung, aber auch sonstige verfassungskonforme Zwecke verfolgt werden können. Hieraus lassen sich die Folgerungen im Hinblick auf prinzipiell und aktuell bestehende Fragen zur verfassungsmäßigen Gestaltung von Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch ziehen. Im Prinzip haben sich Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch in einem leistungsspezifischen Sinne an den Kosten für Bau, Ausbau, Unterhaltung und Betrieb der betreffenden öffentlichen Straßen zu orientieren. Ein hierbei durchaus eröffneter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum unterliegt auf der einen Seite der Anforderung, daß die Höhe der „Gebühren“ für den betreffenden straßenrechtlichen Gemeingebrauch nicht die verfassungsrechtlich begründete Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe des Staates für die öffentlichen Straßen als Grundrechtsvoraussetzung vereiteln darf. Ihm wird regelmäßig durch Beachtung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen, wonach die „Gebühren“ für den straßenrechtlichen Beschl. BVerfG 6. 2. 79, BVerfGE 50, 217 / 227. A. a. O. Zur besonderen Problematik des Gleichheitssatzes bei der Regelung von „Mautgebühren“ im öffentlichen Straßenwesen siehe die Erörterung bei Kämmerer, S. 350 f.; ferner Uechtritz / Deutsch, DVBl. 03, 577 f. Kämmerer (a. a. O.) problematisiert insofern die besondere Mautregelung nach dem FStrPrivFinG. Er möchte im Hinblick auf eine Gesamtregelung von Entgelten im Fernstraßenwesen eine durch den Gleichheitssatz gebotene Selbstbindung des Gesetzgebers annehmen. Dazu noch nachfolgend unter X. bei Fn. 806. 792 Beschl. BVerwG 6. 2. 79, BVerfGE 50, 217 / 227. 793 Zur sogenannten Internalisierung externer Effekte durch Lenkungselemente in „Gebühren“ siehe die Nachw. in Fn. 782. 790 791

396

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

Gemeingebrauch nicht völlig unabhängig von den Kosten für Bau, Ausbau, Unterhaltung und Betrieb der betreffenden öffentlichen Straßen geregelt und festgesetzt werden dürfen und das Verhältnis zwischen diesen Kosten und den betreffenden „Gebühren“ bezogen auf deren leistungsspezifische Kostenorientierung sich als sachgemäß erweisen muß.794 Auf der anderen Seite können in dem Zusammenhang weitere verfassungsrechtlich zulässige Zwecke die Gestaltung der Gebührenpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch bestimmen. Dies bedeutet, daß dessen Gebührenpflichtigkeit auch einer Gestaltung nach verfassungsrechtlich zulässigen Lenkungsgesichtspunkten zugänglich ist, die sich im Zusammenhang mit externen Effekten bzw. „Kosten“ der betreffenden öffentlichen Straßen, naheliegenderweise in ökologischer Hinsicht oder unter verkehrswirtschaftlichen Gesichtspunkten ergeben können.795 Hinsichtlich beider genannten Zwecke, sowohl was die eigentliche und primäre Kostenorientierung als auch die mögliche Orientierung an Lenkungszielen angeht, gilt also die verfassungsrechtliche Voraussetzung und Maßgabe, daß „Gebühren“ für die gemeingebräuchliche Benutzung öffentlicher Straßen unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs als Grundrechtsvoraussetzung die Verhältnismäßigkeit des Mittels zur Verwirklichung jener Zwecke wahren müssen.796 Allerdings sind dabei partiell auch Maßgaben des Europäischen Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen. Die einschlägige gemeinschaftsrechtliche Richtliniengebung stimmt im Grundsatz, ausgehend von ihrem kompetenzgemäß gegenständlichen und wettbewerblichen Ansatzpunkt, mit den angeführten verfassungsrechtlichen Maßgaben zur Entgeltpflichtigkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs überein.797 Danach beanspruchen, beschränkt auf den Gemeingebrauch von „Autobahnen“ und gleichgestellten Straßen sowie unter bestimmten verfahrensrechtlichen Voraussetzungen von anderen „Abschnitten des primären Straßennetzes“ mit einem „Kraftfahrzeug“ oder einer „Fahrzeugkombination“, die ausschließlich für den Güterverkehr bestimmt sind und deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12 t beträgt,798 ebenfalls die Maßgabe Geltung, daß „Mautgebühren“ sich „an den Kosten für den Bau, den Betrieb und den Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes“ zu orientieren und „Benutzungsgebühren“ „im Verhältnis zu der Dauer der Benutzung der betreffenden Verkehrswege“ zu stehen haben.799 Aber diese spezifisch wettbewerblichen Dazu insb. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 301 ff. und hier schon Fn. 787. Nachw. Fn. 782 und 792. 796 So allgemein Zum „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ als verfassungsrechtlicher Beschränkung der „Gebührengewalt“ und präzisierend gegenüber dem sogenannten Äquivalenzprinzip Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 301 ff., insb. deutlich zu der „MittelZweck-Relation“ als Ausgangspunkt der Verhältnismäßigkeit von „gebührenrechtlichen“ Tatbeständen und Entgeltpflichten ders., a. a. O., S. 302. 797 RL 1999 / 62 / EG (ABl. L 187 / 42 vom 20. 7. 1999) und dazu die Nachw. in Fn. 768 f. 798 Zu den maßgeblichen Definitionen bzw. zu den Bestimmungen Art. 2 lit. a und d bzw. Art. 7 I, II lit. a und b der RL (Fn. 797). 794 795

X. Verfassungsrechtliche Maßgaben zu den Entgeltpflichten

397

Maßgaben des Gemeinschaftsrechts gelten auch nur für die genau bezeichneten mitgliedsstaatlichen öffentlichen Straßen und die bestimmten nutzungsspezifischen Gemeingebrauchsvorgänge. In einem ebenfalls genau bezeichneten Maße können Entgeltdifferenzierungen unter ökologischen Gesichtspunkten nach „Fahrzeug-Immissionsklassen“ oder nach „Tageszeit“ erfolgen.800 Vorbehaltlich dieser beschränkt für bestimmte öffentliche Straßen und nutzungsspezifische Gemeingebrauchsvorgänge geltenden Maßgaben des Gemeinschaftsrechts verbleibt es im übrigen bei den genannten, einen relativ weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eröffnenden verfassungsrechtlich Maßgaben. Die bislang getroffenen Regelungen zu allgemeinen Gebühren für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch bewegen sich in gegenständlicher Hinsicht auf der Grundlage und im Rahmen der jeweils in Geltung gewesenen bzw. der derzeit geltenden gemeinschaftsrechtlichen Maßgaben. Dies hatte für die allgemeinen zeitbezogenen Benutzungsgebühren nach dem zwischenzeitlich abgelösten ABGG von 1994 gegolten und es gilt derzeit für die allgemeinen streckenbezogenen Mautgebühren nach dem ABMG.801 Insofern erscheinen hier, soweit ersichtlich, keine weiteren Erörterungen veranlaßt. Der Umstand, daß nach dem ABMG die Erhebung der allgemeinen streckenbezogenen und nutzungsspezifischen Mautgebühren in funktional privatisierter Weise durch einen hierfür beliehenen privaten „Betreiber“ durchgeführt werden kann und aktuell auch erfolgt, hat keine Auswirkungen auf die Höhe der Gebührenpflichten. Denn die Ausgaben für Betrieb, Überwachung und Kontrolle des Mautsystems werden aus dem Mautaufkommen geleistet;802 die Höhe der Mautgebühren wird also durch die beleihungsrechtliche Inpflichtnahme eines privaten „Betreibers“ für die Mauterhebung nicht beeinflußt. Besonderheiten weist dagegen die Regelung der Gebührenpflichten im Rahmen des FStrPrivFinG in Form einer projektspezifischen Erhebung von Mautgebühren auf. Zum einen erfassen die betreffenden Mauttatbestände und Mautpflichten auch solche Vorgänge des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs mit „Kraftfahrzeugen“, die streckenbezogen und nutzungsspezifisch über den Geltungsbereich des erörterten Gemeinschaftsrechts hinausgehen, also insoweit bloß einer verfassungsrechtlichen Beurteilung unterliegen.803 Allerdings sind hierdurch eben auch die gemeinschaftsrechtlich geregelten Gemeingebrauchsvorgänge erfaßt bzw. erfaßbar. Die Mautregelungen des FStrPrivFinG haben daher auch jenen gemeinschaftsrechtlichen Maßgaben zu genügen; der projektspezifische Bereich des FStrPrivFinG ist gemeinschaftsrechtlich explizit vorbehalten.804 An den betreffenden gesetzlichen 799 Zu den maßgeblichen Definitionen bzw. zu den Bedingungen Art. 2 lit. b und c bzw. Art. 7 Abs. 8 und 9 der RL (Fn. 797). 800 Art. 8 Abs. 10 und Art. 9 Abs. 2 der RL (Fn. 797). 801 § 3 ABMG. 802 § 11 Abs. 2 ABMG i.d.F. Gesetz 28. 6. 2003 (BGBl. I S. 1050). 803 § 3 Abs. 1 S. 1 FStrPrivFinG. 804 Art. 7 Abs. 2 lit. a RL (Fn. 797).

398

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

Regelungen zur Bemessung und Festsetzung der Mautgebühren ist jedoch nicht zu erkennen, daß sie mit beiden Ebenen rechtlicher Maßgaben, demjenigen nach dem Verfassungsrecht und demjenigen nach dem Gemeinschaftsrecht, nicht übereinstimmen würden. Sie folgen durchgängig den gleichen Anforderungen einer leistungsspezifischen Kostenorientierung sowie der Verhältnismäßigkeit zwischen der im Falle des FStrPrivFinG besonderen projektspezifischen „öffentlichen Leistung“ und einer entsprechenden Gegenleistung der Benutzer.805 Unbedenklich sind die betreffenden Regelungen des FStrPrivFinG zur Bemessung und Festsetzung der Mautgebühren schließlich auch in ihrer Ausrichtung an einem für die Gebührenpflicht konstitutiven betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff. Einer verfassungsrechtlichen Beurteilung bedarf lediglich ein der Mautregelung nach dem FStrPrivFinG bereits im Grunde entgegengehaltenes Bedenken. Danach soll es im Hinblick auf den allgemeinen grundrechtlichen Gleichheitssatz eine verfassungsrechtlich bedenkliche, weil willkürliche und mit dem Äquivalenzprinzip nicht vereinbare Regelung darstellen, wenn das FStrPrivFinG den Teilnehmern am straßenrechtlichen Gemeingebrauch für die Benutzung der betreffenden, projektspezifischen Strecken eine privatisierungsbedingte, angeblich gebührenrechtliche Sonderleistung abverlange.806 Dies soll nur als verfassungskonform gelten können, wenn sich der Staat dem „Selbstbindungsgrundsatz“ unterwerfe, „vergleichbare Straßenbauwerke“ gleichfalls in der funktional privatisierten Organisationsform eines „Betreibermodells“ zu bemauten oder es andernfalls generell bei einer staatlichen Finanzierung zu belassen. Solche Erwägungen können indessen nicht überzeugen. Denn es kann von keiner dem Gleichheitssatz und dem gebührenrechtlichen Äquivalenzgrundsatz widersprechenden Begründung gebührenrechtlicher Sonderleistungen gesprochen werden, wenn sich der Staat in Erfüllung der ihm verfassungsrechtlich obliegenden Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe für ein aktuell bedarfsgerechtes Fernstraßenwesen als Grundrechtsvoraussetzung dafür entscheidet, zur zeitlichen Effektuierung dieser Aufgabenerfüllung in einem projektspezifisch bedeutsamen Bereich den Weg einer funktionalen Privatisierung mit entsprechenden Konsequenzen für die Gebührenpflichten zu beschreiten. Vielmehr halten sich diese in einem sachgerechten Verhältnis zu dem Vorteil, den der betreffende, individuell zurechenbare straßenrechtliche Gemeingebrauch aus einer solchen zeitlichen Effektuierung der betreffenden Fernstraßenbauprojekte erlangt. Wie die vormals gültigen Regelungen zu zeitbezogenen Benutzungsgebühren und die bestehenden zu streckenbezogenen bzw. projektspezifischen Mautgebühren bestätigen, läßt sich eine Benutzerfinanzierung öffentlicher Straßen, insbesondere von Fernstraßen, aus „Gebühren“ für den fernstraßenrechtlichen Gemein805 § 3 Abs. 2 bis 4 FStrPrivFinG; zu den Regelungen Schmitt, FStrPrivFinG, S. 177 ff. und Uechtritz u. a., Umstellung von „Gebühr“ auf „Entgelt“, S. 205 ff. 806 Siehe zu der betreffenden Auffassung von Kämmerer (Privatisierung, s. 350 f.) schon in Fn. 791.

X. Verfassungsrechtliche Maßgaben zu den Entgeltpflichten

399

gebrauch nach den hierfür verfassungsrechtlich und gemeinschaftsrechtlich geltenden Maßgaben in einer sinnvollen und effektiven Weise realisieren. Insofern ist es gleichgültig, ob die betreffende Benutzerfinanzierung in einem weiten funktionalen Sinne verstanden mit einer Straßenbaufinanzierung über die öffentlichen Haushalte oder in einem rechtsbegrifflich strikten Sinne mit einer rechtlichen Zweckbindung des Entgeltaufkommens für den betreffenden Straßenbau verbunden wird. Zu beachten ist, daß die gemeinschaftsrechtlichen Maßgaben in ihrem anlagenbzw. nutzungsspezifischen Geltungsbereich aus kompetenzgemäßen wettbewerblichen Gründen stets auf eine leistungsspezifisch kostenorientierte und verhältnismäßige Gestaltung der Entgeltpflichten bezogen sind. Dies bedeutet, daß sich Gebührenpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch, die jenen gemeinschaftsrechtlich geregelten Bereich einbeziehen, insgesamt daran auszurichten haben. Im übrigen würden bei einer hiervon in anlagen- und nutzungsspezifischer Hinsicht isolierbaren Gebührenregelung jedenfalls die dargelegten verfassungsrechtlichen Maßgaben Geltung beanspruchen. Sie eröffnen im Vergleich zu dem auch gemeinschaftsrechtlich auf der Grundlage einer Kostenorientierung und Verhältnismäßigkeit von „Benutzungsgebühren“ ohnehin schon eingeräumten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum insofern noch weitere Gestaltungsmöglichkeiten, als auch andere verfassungsrechtlich zulässige „Abwägungsfaktoren“, naheliegenderweise besondere ökologische und verkehrswirtschaftliche Belange, Berücksichtigung finden könnten.807 Als „gebührenrechtlich“ wesentliches und zwingendes Ergebnis ist jedenfalls festzuhalten, daß die Regelung von Entgelttatbeständen und Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch materiellrechtlichen Maßgaben generell nach Verfassungsrecht und partiell nach Gemeinschaftsrecht unterliegt, die ihren Geltungsgrund und Geltungsanspruch in der spezifisch verfassungsrechtlichen bzw. gemeinschaftsrechtlichen Konstituierung des öffentlichen Straßenwesens als „öffentliches Gut“ haben. Sie schließen es auch im Falle von Modalitäten einer funktionalen Privatisierung des öffentlichen Straßenwesens prinzipiell aus, Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch nach dem güterspezifischen Ordnungsprinzip zu regeln, das „privaten Gütern“ materiellrechtlich eigen ist, also einer materiell privatrechtlichen Ordnung zu überantworten. Dies hat Bedeutung für in Betracht zu ziehende, gegebenenfalls künftige funktionale Privatisierungen des öffentlichen Straßenwesens, insbesondere von Fernstraßen, sei es in der Modalität eines bloßen organisationsaktmäßigen Formenwechsels der tradiert hoheitlich staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung in eine Rechts- und Organisationsform nach Privatrecht oder sei es in der dann wohl schon eher wahrscheinlichen, weitestgehenden Modalität von nicht staatlichen bzw. nicht gebietskörperschaftlichen öffentlichen Straßen, vornehmlich privaten Fernstraßen.808 Es handelt 807 Zu den Lenkungsgebühren Nachw. Fn. 782 sowie Beschl. BVerfG 6. 2. 59, BVerfGE 50, 217 / 227. 808 Begriff Fn. 345.

400

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

sich also um das materiellrechtliche Ordnungsprinzip, das gegebenenfalls unter der Voraussetzung von privatrechtlich organisierten oder privat getragenen öffentlichen Straßen für die dann privatrechtsförmlichen Entgeltpflichten beim straßenrechtlichen Gemeingebrauch Geltung beansprucht.

XI. Entgelttatbestände und Entgeltpflichten für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch im Bereich privatrechtlich organisierter oder privat getragener öffentlicher Straßen – Die privatrechtlichen Gemeingebrauchsentgelte Unter den Voraussetzungen eines funktional privatisierten öffentlichen Straßenwesens in der Modalität einer privatrechtlichen Organisationsform staatlicher bzw. gebietskörperschaftlicher öffentlicher Straßen oder in der weitestgehenden Modalität eines überhaupt in privater Rechtszuständigkeit getragenen Regimes öffentlicher Straßen, möglicherweise künftig von privaten Fernstraßen, besteht zwangsläufig, aber auch nur in diesen Fällen, eine privatrechtliche Ordnung der Straßenbenutzung.809 Eine Benutzerfinanzierung, die unter solchen Voraussetzungen sachlich zweckimmanent bzw. zwingend ist, erfolgt dann über privatrechtsförmlich erhobene Straßenbenutzungsentgelte, vornehmlich für den betreffenden straßenrechtlichen Gemeingebrauch. Damit und insofern stellt sich die Frage nach den materiellrechtlichen Regelungen oder Maßgaben, nach denen für den betreffenden straßenrechtlichen Gemeingebrauch überhaupt privatrechtliche Entgelttatbestände geschaffen werden können sowie gegebenenfalls die Regelung und Erhebung der betreffenden Entgelte erfolgen kann oder muß. Es geht darum, ob mit dem rechtsund organisationsförmlichen Wechsel in eine privatwirtschaftliche und privatrechtsförmliche Benutzungsordnung öffentlicher Straßen auch ein Wechsel in das Regime des materiellen Privatrechts verbunden sein kann mit der Folge, daß sowohl die Entgeltpflichten als auch bereits die Entgelttatbestände für die betreffenden Straßenbenutzungen nach den materiellen Rechtsregeln bzw. Rechtsgrundsätzen des Privatrechts gestaltet werden könnten. Bejahendenfalls würde dies in güterspezifischer Hinsicht bedeuten, daß das Ordnungsprinzip der betreffenden Straßenbenutzungsentgelte von demjenigen öffentlicher Straßen als rechtlich konstituierten und dementsprechend unter rechtlichen Maßgaben für ihre Benutzungsund Entgeltordnung stehenden „öffentlichen Gütern“ in dasjenige „privater Güter“ wechseln würde. Anstelle einer „gebührenrechtlichen“, d. h. materiell öffentlichrechtlichen Ordnung von Straßenbenutzungsentgelten und von hierfür verfassungsrechtlich begründeten Grundsätzen bzw. Maßgaben sowie anstelle der erwähnten, partiell auch gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu „Benutzungsgebühren“ für einen bestimmten anlagen- und nutzungsspezifischen straßenrechtlichen Gemein809

Zu dieser Konsequenz bei der Formenwahl Fn. 350.

XI. Entgelttatbestände und Entgeltpflichten

401

gebrauch würde eine Entgelterhebung nach materiellem Privatrecht treten. Die Verdeutlichung dieser güterspezifischen Konsequenz liefert auch schon die Antwort auf die gestellte Rechtsfrage. Eine im Zuge funktionaler Privatisierung einer Staatsaufgabe erfolgende rechts- und organisationsförmliche Entscheidung zugunsten einer Erledigung derselben auf der Grundlage einer privatwirtschaftlichen Organisation und in den Formen des Privatrechts kann nicht auch zu einem Wechsel in das materiellrechtliche Regime des Privatrechts führen. Allerdings folgt dieser Beurteilung ein mehr oder weniger erkennbarer Stand von Rechtspraxis und Rechtsdogmatik nicht einheitlich oder jedenfalls nicht uneingeschränkt. Es kann als überwiegende Auffassung gelten, daß eine rechtssatzmäßige Auferlegung von Entgeltleistungspflichten für die individuell zurechenbare Inanspruchnahme einer „öffentlichen Leistung“ auch dann, wenn das betreffende Nutzungs- bzw. Benutzungsverhältnis privatrechtsförmlich geordnet ist, nicht ohne die rechtlichen Einschränkungen und Bindungen erfolgen kann, die sich aus den gegenständlich erörterten materiell „gebührenrechtlichen“ Grundsätzen ergeben.810 Hiervon scheint eine für den Fall der Erhebung von Entgelten durch Flughafenunternehmen vertretene Auffassung abzuweichen, wonach ungeachtet der insofern angenommenen „Verwaltungstätigkeit“ wegen deren privatrechtlicher Rechts- und Organisationsform die betreffenden privatrechtlichen Entgelte der materiellrechtlichen Billigkeitsbindung bzw. Billigkeitskontrolle gemäß dem privatrechtlichen Rechtsgrundsatz von § 315 BGB unterliegt;811 die Bestimmung entspricht rechtsgrundsätzlich durchaus der auch bei „Verwaltungsleistungen“ gegebenen Voraussetzung, daß dem „Leistenden“ die Bestimmung der „Gegenleistung“ obliegt. Dieser vereinzelten Annahme wird auch eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung beigemessen. Aber eine solche Verallgemeinerung muß grundsätzlichen Bedenken begegnen angesichts der Besonderheit des genannten, zum Anlaß genommenen Falles einer angeblichen „Verwaltungstätigkeit“. Es handelt sich nämlich in jenem luftverkehrsrechtlichen Falle nicht um eine Staatsaufgabe in dem weiten Sinne einer dem Staat funktional obliegenden Gewährleistungspflicht, sondern lediglich um eine solche in dem rechtsbegrifflich engeren leistungsspezifischen Sinne, die Realisierung der betreffenden Aufgabe in privatwirtschaftlicher Form durch Private zu garantieren. Eine derartige staatliche Gewährleistungspflicht, wie sie zwischenzeitlich kraft Verfassungsrechts auch für die „Eisenbahnen des Bundes“ sowie im Bereich von „Post- und Telekommunikation“ nur noch gilt,812 ist lediglich auf die Gewährleistung der betreffenden Aufgabenwahrnehmung im Wege einer privatwirtschaftlichen Realisierung durch Private gerichtet. Von der weiten, funktional eigenen Gewährleistungsaufgabe des Staates für ein 810 Hierzu Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 3 ff. und Uechtritz u. a., Umstellung von „Gebühr“ auf „Entgelt“, S. 96 ff., insb. S. 103 ff. m.Nachw. 811 Urt. BGH 27. 10. 72, ZLW 74, 74 ff. und 24. 11. 77, MDR 78, 910; zur Rechtsprechung des Gerichts in vergleichbaren Fällen bei Uechtritz u. a., a. a. O., S. 99 ff. 812 Art. 87 e und Art. 87 f. GG. Zu dem besonderen Fall einer Gewährleistung privatrechtlicher Bereitstellung schon oben unter D.IV.8.e) mit Fn. 385 – 387.

26 Bartlsperger

402

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

öffentliches Straßenwesen als Grundrechtsvoraussetzung unterscheidet sich danach jener luftverkehrsrechtliche Fall wesentlich. In ihm verwirklicht sich lediglich eine Gewährleistungspflicht des Staates für eine privatwirtschaftliche, Privaten obliegende Aufgabenwahrnehmung unter dem güterspezifischen Ordnungsprinzip „privater Güter“. Unter solchen engen Voraussetzungen einer güterspezifisch von vorneherein und ausschließlich auf einen „privaten“ Güterbeschaffungsvorgang gerichteten Staatsaufgabe bestehen nicht nur keine Bedenken, vielmehr erscheint es durchaus konsequent und zwingend, daß die betreffende Benutzungsordnung und Entgelterhebung materiellrechtlich dem Regime des Privatrechts folgen. Demgegenüber ist die Aufgabenstellung des Staates zur Gewährleistung des öffentlichen Straßenwesens als Grundrechtsvoraussetzung in dem weiten Sinne einer Gewährleistungsaufgabe darauf gerichtet, daß die öffentlichen Straßen als hierdurch verfassungsrechtlich konstituierte „öffentliche Güter“ unter dem insofern geltenden Ordnungsprinzip bereitgestellt werden, also ihre Benutzungs- und Entgeltordnung der betreffenden verfassungsrechtlichen Konstituierung entsprechen. Hieran kann sich unter den Voraussetzungen einer funktional privatisierten Aufgabenrealisierung auf der Grundlage einer privatwirtschaftlichen Organisation sowie in privatrechtlicher Rechts- und Organisationsform materiellrechtlich nichts ändern. Auch ein rechts- und organisationsförmliches privatrechtliches staatliches bzw. gebietskörperschaftliches öffentliches Straßenwesen oder weitestgehend funktional privatisiert in der Rechtszuständigkeit Privater getragene öffentliche Straßen kennen verfassungsrechtlich zwingend immer nur materiell „gebührenrechtlich“ zulässige und gebundene Entgelttatbestände und Entgeltpflichten. Unter der Voraussetzung einer im dargelegten Sinne funktional weiten staatlichen Gewährleistungsaufgabe, wie sie für die öffentlichen Straßen besteht, ist es mit Rücksicht auf eine solche verfassungsrechtliche Aufgabenkonstituierung nicht möglich, von einer im Wege funktionaler Privatisierung gewählten privatrechtsförmlichen Organisation der Aufgabenwahrnehmung auch schon auf ein materiell privatrechtliches Regime zu schließen. Damit würde der ausschließliche Zweck einer derartigen funktionalen Privatisierung verkannt. Sie dient allein dem organisationsrechtlichen Ziel, die betreffende staatliche Gewährleistungsaufgabe auf privatwirtschaftlicher Grundlage wahrzunehmen. Es wäre keine verständliche rechtsdogmatische Beurteilung eines solchen bloß organisationsrechtlichen Vorganges, damit auch einen materiellrechtlichen Regimewechsel in das Privatrecht zu verbinden. Sie würde die spezifisch verfassungsrechtliche Konstituierung und Gebundenheit der betreffenden staatlichen Gewährleistungsaufgabe und den verfassungsrechtlichen Begriff von deren gegebenenfalls funktionaler Privatisierung verkennen. Danach ist bereits unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten allein festzuhalten, daß auch für ein in privatrechtlicher Rechts- und Organisationsform organisiertes staatliches bzw. gebietskörperschaftliches öffentliches Straßenwesen sowie für in der weitestgehenden Modalität funktionaler Privatisierung im Rahmen der staatlichen Gewährleistungsaufgabe privat bereitgestellte öffentliche Straßen

XI. Entgelttatbestände und Entgeltpflichten

403

eine Benutzerfinanzierung nur nach Maßgabe „gebührenrechtlich“ zulässiger Entgelttatbestände und Entgeltpflichten stattfinden kann. Es gibt auch in solchen Fällen in gleichem Umfang den, wie dargelegt, verfassungsrechtlich garantierten „freien“, unentgeltlichen straßenrechtlichen Gemeingebrauch813 und es gelten für die Entgeltpflichten die gleichen verfassungsrechtlich begründeten Maßgaben der leistungsspezifischen Kostenorientierung sowie der Verhältnismäßigkeit von „Verwaltungsleistung“ und Gegenleistung. Gegebenenfalls sind die betreffenden gesetzlichen Regelungen zur Benutzerfinanzierung solcher öffentlicher Straßen, insbesondere von Fernstraßen, dementsprechend auszugestalten sowie mit entsprechenden Regelungen zu staatlichen Aufgaben und Befugnissen einer staatsaufsichtlichen Entgeltregulierung auszustatten.814 Im übrigen läßt auch das einschlägige Europäische Gemeinschaftsrecht in seinem anlagen- und nutzungsspezifischen Geltungs- und Anwendungsbereich überhaupt keine andere rechtliche Beurteilung zu. Die einschlägige Richtlinie815 kennt nur die Rechtsbegriffe einer „Mautgebühr“ und einer „Benutzungsgebühr“ ohne Rücksicht auf die hoheitsrechtliche oder privatrechtliche Organisationsform der betreffenden „Zahlung“ und sie bindet die betreffende „Mautgebühr“ bzw. „Benutzungsgebühr“ in gleicher Weise an die „gebührenrechtlichen“ Maßgaben ihrer leistungsspezifischen Kostenorientierung sowie ihrer Verhältnismäßigkeit zu „den Kosten für den Bau, den Betrieb und den Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes“ bzw. „zu der Dauer der Benutzung der betreffenden Verkehrswege“.816 Es ist somit im anlagen- und nutzungsspezifischen Geltungsbereich der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Richtlinie ohnehin ausgeschlossen, die straßenrechtlichen „Mautgebühr“ bzw. „Benutzungsgebühren“ dem materiellrechtlichen Regime des Privatrechts zu unterstellen. Zusammengefaßt und im Ergebnis stellt sich die Rechtslage für ein benutzerfinanziertes, entweder privatwirtschaftlich, rechts- und organisationsförmlich privatrechtliches oder für ein überhaupt privates Fernstraßenwesen in „gebührenrechtlicher“ Hinsicht zwingend und eindeutig dar. Auch dabei können Benutzungsbzw. Mautentgelte für den straßenrechtlichen Gemeingebrauch, unbeschadet ihrer privatrechtlichen Form, nur nach den „gebührenrechtlichen“ Grundsätzen geregelt und erhoben werden, die verfassungsrechtlich und partiell gemeinschaftsrechtlich Geltung beanspruchen. Eine hierbei notwendige Einbeziehung der im Vergleich zu einer hoheitlichen Fernstraßenbaufinanzierung besonderen Kosten einer privatwirtschaftlichen Bereitstellung der betreffenden Fernstraßen in die kostenorientierte und verhältnismäßige Bemessung und Festsetzung der Gemeingebrauchsentgelte rechtfertigt sich aus dem spezifischen Zweck derartiger funktionaler Privatisierungen des Fernstraßenwesens. Es handelt sich um die betriebswirtschaftlichen Ko813 814 815 816

26*

Oben unter E.VII.7. Uechtritz u. a., Umstellung von „Gebühr“ auf „Entgelt“, S. 103 ff. Fn. 797. Art. 7 Abs. 8 und 9 RL (Fn. 797).

404

F. Verfassungsmäßigkeit fernstraßenrechtlicher Gemeingebrauchsentgelte

sten, die sich aus der zeitlichen Effektuierung des Fernstraßenbaus in Erfüllung der staatlichen Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe für ein bedarfgerechtes Fernstraßenwesen rechtfertigen.817 Hiermit wird lediglich von dem Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht, den das „Gebührenrecht“ im Rahmen seiner Maßgaben eröffnet. Abschließend erscheinen in dem Zusammenhang noch einige, wenigstens grundsätzliche Feststellungen in „gebührenrechtlicher“ Hinsicht zu den Sondernutzungen und zu den rechtssatzmäßig begründeten Rechten eines Sondergebrauchs öffentlicher Straßen veranlaßt. Nicht zuletzt interessiert dabei die „gebührenrechtliche“ Lage von Sondernutzungen bzw. Sondergebräuchen unter den Voraussetzungen von gegebenenfalls privatrechtsförmlich organisierten und von in der weitestgehenden Modalität funktionaler Privatisierung privat getragenen öffentlichen Straßen.

XII. Das „Gebührenrecht“ straßenrechtlicher Sondernutzungen und die „gebührenrechtliche“ Situation von Arten eines Sondergebrauchs öffentlicher Straßen Im fachspezifisch straßenrechtlichen Sinne unterscheiden sich die Sondernutzungen sowie die Arten eines Sondergebrauchs öffentlicher Straßen von deren Gemeingebrauch lediglich dadurch, daß sie die öffentlichen Straßen nicht bloß zum „Verkehr“ benutzen und daß sie sowohl zur Gewährleistung der hauptsächlichen Zweckbestimmung eines straßenrechtlichen Gemeingebrauchs als auch wegen spezieller Inanspruchnahme der öffentlichen Straßen als „Verwaltungsleistung“ entweder einer besonderen rechtsgeschäftlichen Zulassung oder einer rechtssatzmäßigen Begründung bedürfen.818 Sie nutzen die öffentlichen Straßen als „Mehrzweckinstitut“. Aber in ihnen verwirklicht sich im Grunde ebenfalls die staatliche Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe für ein öffentliches Straßenwesen, im Unterschied zum straßenrechtlichen Gemeingebrauch allerdings im Hinblick auf weitere und andere grundrechtliche Bereiche bzw. Fälle einer Gemeinwohlrealisierung.819 Dies ändert jedoch nichts daran, daß auch die betreffenden straßenrechtlichen Sondernutzungen bzw. die Arten eines gesetzlich eingeräumten Sondergebrauchs eine individuell bzw. konkret zurechenbare Inanspruchnahme der öffentlichen Straßen als „Verwaltungsleistung“ darstellen und 817 Auch insofern gilt die oben unter X. mit Fn. 796 betonte Präzisierung der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeit von „Gebühren“, wonach diese sich am jeweiligen Zweck der „Gebührenregelung“ zu beurteilen hat. Zu diesen verfassungsrechtlich zulässigen Zwekken gehört die staatliche Gewährleistungsaufgabe für einen im Sinne zeitlicher Effektuierung bedarfsgerechten Fernstraßenbau. 818 Für die Bundesfernstraßen § 8 FStrG sowie zu den gesetzlichen Sondergebrauchsregelungen Grote, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 27 Rnr 119 ff. und 150 ff. 819 Für die Bundesfernstraßen § 8 Abs. 3 FStrG.

XII. Das „Gebührenrecht“ straßenrechtlicher Sondernutzungen

405

deshalb dementsprechend grundsätzlich einer „Gebührenregelung“ zugänglich sein können. Für die rechtsgeschäftlichen Sondernutzungen öffentlicher Straßen nach öffentlichen Recht ist hieraus gesetzlich die Konsequenz gezogen, daß solche nach Maßgabe einschlägiger rechtssatzmäßiger Regelungen „gebührenpflichtig“ sind.820 Insofern gelten für das rechtsgeschäftliche Sondernutzungsrecht die erörterten „gebührenrechtlichen“ Maßgaben einer leistungsspezifischen Kostenorientierung sowie einer Verhältnismäßigkeit von „Verwaltungsleistung“ und Gegenleistung. Es liegt auch im Rahmen des „gebührenrechtlichen“ Entscheidungs- und Gestaltungsspielraums, wenn das FStrG bestimmt, daß bei der Bemessung der Gebühren für rechtsgeschäftliche Sondernutzungen „Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch sowie das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners“ berücksichtigt werden können. Diese „gebührenrechtlichen“ Regelungen bzw. Rechtsgrundsätze müssen gegebenenfalls auch in ein privatrechtsförmlich organisiertes sowie ein in der weitestgehenden Modalität funktionaler Privatisierung privat getragenes öffentliches Straßenwesen übernommen werden. Gleiches gilt für die gesetzlich begründeten Arten eines Sondergebrauchs öffentlicher Straßen, wie im Falle des Telekommunikations- und des Personenbeförderungsrechts.821 Hierbei liegt es in der „gebührenrechtlichen“ Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit, in solchen Fällen eines gemeinwohlrealisierenden Sondergebrauchs öffentlicher Straßen von Entgeltpflichten abzusehen. Die betreffenden Fachgesetze müssen dies allerdings für die in der weitestgehenden Modalität funktionaler Privatisierung privat getragenen öffentlichen Straßen auch ausdrücklich bestimmen. Schließlich impliziert die staatliche Gemeinwohlverpflichtung und Gewährleistungsaufgabe für das öffentliche Straßenwesen als Grundrechtsvoraussetzung, daß dabei auch andere „nicht verkehrliche“, d. h. nicht gemeingebräuchliche Grundrechtsvoraussetzungen garantiert sind. Danach beansprucht die grundrechtliche Gewährleistung einer zulassungs- und entgeltfreien Benutzung öffentlicher Straßen in Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG prinzipiell Geltung, d. h. auch dann, wenn öffentliche Straßen in funktional privatisierter Weise privatrechtsförmlich organisiert oder privat getragen werden.

820 821

§ 8 Abs. 3 S. 7 FStrG. Siehe in Fn. 818.

Schrifttum Anderheiden, Michael, Ökonomik, Gemeinwohl und Verfassungsrecht, in: Bungenberg, Marc u. a. (Hg.), Recht und Ökonomik, München 2004, S. 113 ff. (zit. Anderheiden, Ökonomik, Gemeinwohl und Verfassungsrecht) Anschütz, Gerhard / Thoma, Richard (Hg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Erster Band, Tübingen 1930 (zit. Anschütz / Thoma, Handbuch des Staatsrechts I)) Arndt, Jan-Holger, Die Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, Hamburg 1998 (zit. Arndt, Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen) Badura, Peter, Das Verwaltungsmonopol, Berlin 1963 (zit. Badura, Verwaltungsmonopol) Bartlsperger, Richard, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache, Hamburg 1970 (zit. Bartlsperger, Verkehrssicherungspflicht und öffentliche Sache) – Rechtsansprüche und Haftung bei der öffentlichen Straßenverkehrssicherungspflicht, DVBl. 73, 465 ff. – Das Sachenrechtsverhältnis der öffentlichen Straßen, in: Bartlsperger, Richard / Blümel, Willi / Schroeter, Hans-Wolfgang (Hg.), Eine Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, Hamburg 1980, S. 13 ff. (zit. Bartlsperger, Sachenrechtsverhältnis der öffentlichen Straßen) – Straßenverkehrssicherungspflicht und Staatshaftung, DÖV 82, 469 ff. – Das Gefahrenrecht öffentlicher Straßen, Berlin 1994 (zit. Bartlsperger, Gefahrenrecht öffentlicher Straßen) – Werbung und „Straßenkommunikation“ in der Mehrzweckordnung öffentlicher Straßen, in: Blümel, Willi (Hg.), Die Straßen als Mehrzweckinstitut, Speyer 1997 (zit. Bartlsperger, Mehrzweckordnung öffentlicher Straßen) – Die deliktsrechtliche Gefahrenverantwortung, in: Isensee, Josef / Lecheler, Helmut (Hg.), Freiheit und Eigentum – Festschrift Leisner, Berlin 1999, S. 1003 ff. (zit. Bartlsperger, Deliktsrechtliche Gefahrenverantwortung) – Die rechtsgeschäftliche Vertretung des Bundes bei der Bundesauftragsverwaltung, in: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Schriftenreihe Straßenrecht, Heft 15, 2005, S. 53 ff. (zit. Bartlsperger, Vertretung des Bundes bei der Bundesauftragsverwaltung) Baumeister, Ludger, Zur Geschichte und Problematik des deutschen Straßen- und Wegerechts, Bielefeld 1957 (zit. Baumeister, Geschichte des deutschen Straßen- und Wegerechts) Bisle, Maximilian, Das Unternehmen „Reichsautobahnen“, Leipzig 1936 (zit. Bisle, Das Unternehmen „Reichsautobahnen“)

Schrifttum

407

Bleibaum, Ernst, Anm. zum Beschl. BVerfG 2. 3. 99, DVBl. 99, 1265 f. Blümel, Willi (Hg.), Verkehrswegerecht vom Wandel, Berlin 1994 (zit. Blümel, Verkehrswegerecht im Wandel) – Verwaltungszuständigkeit, in: Isensee, Joseph / Kirchhof, Paul (Hg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band IV, 2. Aufl., Heidelberg 1999, § 101 (zit. Blümel, HStR IV – 1999, § 101) Britz, Gabriele, Zustimmungsbedürftigkeit von Bundesgesetzen und die Verwaltungsorganisationshoheit der Länder, DÖV 98, 636 ff. Broß, Siegfried, in: von Münch, Ingo / Kunig, Philip (Hg.), Grundgesetz-Kommentar, Band 3, 4. / 5. Aufl., München 2003, Art. 85 GG (zit. Broß, Art. 85 GG) Bucher, Annegret, Privatisierung von Bundesfernstraßen, Berlin 1996 (zit. Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen) Bull, Hans Peter, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. Aufl., Kromberg / Ts. 1977 (zit. Bull, Staatsaufgaben) Bundesanstalt für Straßenwesen (Hg.), Straßenbaufinanzierung und -verwaltung in neuen Formen, Straßenbau Heft 532, Bergisch Gladbach 2003 (zit. BAST, Straßenbaufinanzierung) Butz, Gerhard, Die Reichsautobahnen, Rostock 1938 (zit. Butz, Die Reichsautobahnen) Dittmann, Armin, Die Bundesverwaltung, Tübingen 1983 (zit. Dittmann, Bundesverwaltung) – in: Sachs, Michael (Hg.), Grundgesetz, 3. Aufl., München 2003, Art. 85 GG (zit. Dittmann, Art. 85 GG) Ehlers, Dirk, Verwaltung in Privatrechtsreform, Berlin 1984 (Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform) Ehlers, Jan Philip, Aushöhlung der Staatlichkeit durch die Privatisierung von Staatsaufgaben?, Frankfurt / Main u. a. 2003 (zit. Ehlers, Aushöhlung der Staatlichkeit) Engel, Christoph, Das Recht der Gemeinschaftsgüter, DV 30 (1997), 429 ff. Engel, Volker, Die Entwicklung des bayerischen Straßen- und Wegerechts, jur. Diss. Erlangen-Nürnberg 1978 (zit. Engel, Geschichte des bayerischen Straßen- und Wegerechts) Ewers, Hans-Jürgen / Rodi, Hansjörg, Privatisierung der Bundesautobahnen, Göttingen 1995 (zit. Ewers, Privatisierung der Bundesautobahnen) Fehling, Michael, Mitbenutzungsrechte Dritter bei Schienenwegen, Energieversorgungs- und Telekommunikationsleitungen vor dem Hintergrund staatlicher Infrastrukturverantwortung, AöR 121 (1996), 59 ff. Friauf, Karl-Heinrich, Die Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben auf Private, Typoscript, Köln 1991 (zit. Friauf, Übertragung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturaufgaben) Gasner, Ernst, Zum deutschen Straßenwesen von der ältesten Zeit bis zur Mitte des XVII. Jahrhunderts, Leipzig 1889, Neudruck Wiesbaden 1966 (zit. Gasner, Zum deutschen Straßenwesen)

408

Schrifttum

Germershausen, A. / Seydel, G., Wegerecht und Wegeverwaltung in Preußen, Erster Band, 4. Aufl., Berlin 1932 – Nachdruck 1955 (zit. Germershausen / Seydel, Wegerecht und Wegeverwaltung I) Germershausen, A. / Seydel, J. / Marschall, Ernst A., Wegerecht und Wegeverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland und deren Ländern, Zweiter Band, 5. Aufl., Köln u. a. 1961 (zit. Germershausen / Seydel / Marschall, Wegerecht und Wegeverwaltung II) Geyer, J., Mischfinanzierung des Straßenbaus durch Bund, Länder und Gemeinden, in: BAST, Straßenbaufinanzierung Gottschewski, Martina, Zur rechtlichen Durchsetzung von europäischen Straßen, Berlin 1998 (zit. Gottschewski, Durchsetzung von europäischen Straßen) Gramm, Christof, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, Berlin 2001 (zit. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben) Greger, Reinhard, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3. Aufl., Berlin / New York 1997 (zit. Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs) Grupp, Klaus, Rechtsprobleme der Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten, DVBl. 94, 140 ff. – Rechtsprobleme der Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten, in: Blümel, Willi (Hg.), Verkehrswegerecht im Wandel, Berlin 1994, S. 129 ff. (zit. Grupp, Rechtsprobleme der Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten) Hecker, Jan, Privatisierung unternehmenstragender Anstalten öffentlichen Rechts, VerwArch. 92 (2001), 261 ff. Heintzen, Markus, Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL (2003), 220 ff. Heitsch, Christian, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, Tübingen 2001 (zit. Heitsch, Ausführung der Bundesgesetze) – Verfassungswidrigkeit des Bundesgesetzes als Grenze des Weisungsrechts in der fernstraßenrechtlichen Auftragsverwaltung?, DÖV 2002, 368 ff. Heller, Hermann, Staatslehre (bearb. von Niemeyer, Gerhardt), 6. Aufl., Tübingen 1983. Hentschel, Peter, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., München 2001 (zit. Hentschel, Straßenverkehrsrecht) Hermes, Georg, Staatliche Infrastrukturverantwortung, Tübingen 1998 (zit. Hermes, Infrastrukturverantwortung) – in: Dreier, Horst (Hg.), Grundgesetz, Band III, Tübingen 2000, Art. 85 und Art. 90 GG (zit. Hermes, Art. 85 GG bzw. Art. 90 GG) Hoffmann, Christof, Grundrechte und straßenrechtliche Benutzungsordnung, Frankfurt / Main u. a. 2005 (zit. Hoffmann, Grundrechte und straßenrechtliche Benutzungsordnung) Holtmeyer, Werner, Das Recht der Reichsautobahnen unter besonderer Berücksichtung ihrer historischen Entwicklung, jur. Diss. Köln 1935 (zit. Holtmeyer, Das Recht der Reichsautobahnen) Hoog, Günter, in: von Münch, Ingo / Kunig, Philip (Hg.), Grundgesetz-Kommentar, Band 3, 4. / 5. Aufl., München 2003, Art. 90 GG (zit. Hoog, Art. 90 GG)

Schrifttum

409

Hoppe, Werner, Planung, in: Isensee, Josef / Kirchhof, Paul (Hg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band III, Heidelberg 1998, § 71 (zit. Hoppe, HStR III, § 71) Ibler, Martin, Zur Bindungswirkung der Planungs- und Linienführungsbestimmung des Bundesministers für Verkehr bei der Fernstraßenplanung, DVBl. 89, 76 ff. – in: v. Mangoldt, Hermann / Klein, Friedrich / Starck, Christian (Hg.), Das Bonner Grundgesetz, Band 3, 4. Aufl., München 2001, Art. 90 (zit. Ibler, Art. 90 GG) Isensee, Josef, Gemeinwohl und Staatsaufgabe im Verfassungsstaat, in: Isensee, Josef / Kirchhof, Paul (Hg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Band III, Heidelberg 1988, § 57 (zit. Isensee, HStR III – 1988, § 57) – Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 2. Aufl., Berlin 2001 (zit. Isensee, Subsidiaritätsprinzip) Janz, Norbert, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG, Berlin 2003 (zit. Janz, Weisungsrecht) Jaxt, Dagmar, Kompetenz der Länder für ein Tempolimit?, NJW 86, 2228 ff. Kaftan, Kurt, Der Kampf um die Autobahnen, Berlin 1955 (zit. Kaftan, Der Kampf um die Autobahnen) Kämmerer, Jörn Axel, Privatisierung, Tübingen 2001 (zit. Kämmerer, Privatisierung) Karaisl von Karais, Franz Frhr. / Schmieder, Eberhad, Die Deutsche Straße, Leipzig 1940 (zit. Karaisl von Karais / Schmieder, Die Deutsche Straße) Kirchhof, Paul, Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung, in: Bartlsperger, Richard / Blümel, Willi / Schroeter, Hans-Wolfgang, Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, Hamburg 1980, S. 225 ff. (zit. P. Kirchhof, Die Entgeltlichkeit der Straßenbenutzung) Klofat, Hans Jörg, Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau, in: Blümel, Willi, Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau – Innenstadtverkehr, Speyerer Forschungsbericht 115, Speyer 1993, S. 7 ff. (zit. Klofat, Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau) Knapp, Matthias, Gemeingebrauch und Staatseigentum, München 2003 (zit. Knapp, Gemeingebrauch und Staatseigentum) Knauff, Matthias, Der Gewährleistungsstaat: Reform der Daseinsvorsorge, Berlin 2004 (zit. Knauff, Der Gewährleistungsstaat) Kodal, Kurt / Gudat, Erich, Handbuch des Straßenbaurechts, München / Berlin 1954 (zit. Kodal / Gudat, Straßenbaurecht) Kodal, Kurt / Krämer, Helmut, Straßenrecht, 6. Aufl., München 1999 (zit. Kodal / Krämer, Straßenrecht) Kopp, Ferdinand O. / Raumsauer, Ulrich, VwVfG, 8. Aufl., München 2003 (zit. Kopp / Ramsauer, VwVfG) Kopp, Ferdinand / Schenke, Wolf-Rüdiger, VwGO, 13. Aufl., München 2003 (zit. Kopp / Schenke, VwGO)

410

Schrifttum

Köttgen, Arnold, Der Einwand der Mischverwaltung und das Grundgesetz, DÖV 55, 485 ff. – Das Bundesfassungsgericht und die Organisation der öffentlichen Verwaltung, AöR 90 (1965), 205 ff. Kraayvanger, Jan, Der Begriff der verfassungsrechtlichen Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Berlin 2004 (zit. Kraayvanger, Der Begriff der verfassungsrechtlichen Streitigkeit) Krause, Hermann, Die Autobahnen, jur. Diss. Frankfurt a. Main 1933 (zit. Krause, Die Autobahnen) Krüger, Herbert, Gegen eine Entstaatlichung öffentlicher Wege, Bielefeld 1954 (zit. H. Krüger, Gegen eine Entstaatlichung öffentlicher Wege) – Marktwirtschaftliche Ordnung und öffentliche Verwaltung der Verkehrswege, Hamburg 1969 (zit. H. Krüger, Marktwirtschaftliche Ordnung und öffentliche Verwaltung der Verkehrswege) Landau, Georg, Beiträge zur Geschichte der alten Heer- und Handelsstraßen in Deutschland, Kassel 1958 (zit. Landau, Geschichte der alten Heer- und Handelsstraßen) Lange, Klaus, Probleme des Bund-Länder-Verhältnisses im Atomrecht, NVwZ 90, 928 ff. Lassar, Gerhard, Grundbegriffe des preußischen Wegerechts, Berlin 1919 (zit. Lassar, Grundbegriffe des preußischen Wegerechts) Lecheler, Helmut, Der Verpflichtungsgehalt des Art. 87 I 1 GG – Fessel oder Richtschnur für die bundesunmittelbare Verwaltung?, NVwZ 89, 834 ff. – Anwendungsfeindliche Gesetzesanwendung, DÖV 92, 181 ff. Lerche, Peter, in: Maunz, Theodor / Dürig, Günter, Grundgesetz, Band IV, München, Loseblatt, Art. 85 GG – 1987 (zit. Lerche, Art. 85 GG) – Zur Angreifbarkeit von Weisungen des Bundes im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung, BayVBl. 87, 321 ff. – Infrastrukturelle Verfassungsaufträge (zu Nachrichtenverkehr, Eisenbahnen), in: Wendt, Rudolph u. a. (Hg.), Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift Friauf, Heidelberg 1996, S. 251 ff. (zit. Lerche, Infrastrukturelle Verfassungsaufträge) Lorenz, Dieter, Besprechung zu Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn in verfassungsrechtlicher Sicht, 1986, AöR 112 (1987), 293 ff. Loschelder, Wolfgang, Strukturreform der Bundeseisenbahnen durch Privatisierung?, Köln 1993 (zit. Loschelder, Strukturreform durch Privatisierung) Marschall, Ernst A., Das Straßenbaurecht, Bielefeld 1951 (zit. Marschall, Straßenbaurecht) – in: Germershausen / Seydel, Wegerecht und Wegeverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland und deren Ländern, Zweiter Band, 5. Aufl., Köln u. a. 1961 (zit. Marschall, Wegerecht und Wegeverwaltung) Marschall, Ernst / Schroeter, Hans-Wolfgang / Kastner, Fritz (mit Bearbeiter), Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl, Köln u. a. 1998 (zit. Bearbeiter, in: Marschall / Schroeter / Kastner, FStrG)

Schrifttum

411

Mathis, Klaus, Effizienz statt Gerechtigkeit? Berlin 2004 (zit. Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit) Maunz, Theodor, in: Maunz, Theordor / Dürig, Günter, Grundgesetz, Band V, München, Loseblatt, Art. 90 GG – 1962 (zit. Maunz, Art. 90) Mayer, Richard, Reichsbahn und Reichsautobahn – Gemeinsames und Verwandtes im Recht, DV 1934, 340 ff. Möllers, Christoph, Braucht das öffentliche Recht einen neuen Methodenstreit? VerwArch 90 (1999), 187 ff. Müller, Friedrich / Pieroth, Bodo / Fohmann, Lothar, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, Berlin 1982 (zit. Müller / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte) Müller, Nikolaus, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, ohne Ersch., Ort, 1993 (zit. Müller, Rechtsformenwahl) Neumann, Dieter / Müller, Hermann, Die Einführung einer Lkw-Mautgebühr auf den Bundesautobahnen, NVwZ 2002, 1295 ff. Obermayer, Klaus, Verfassungsrechtliche Probleme der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bad Godesberg 1968 (zit. Obermayer, BAST) Osterloh, Lerke, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 54 (1995), 204 ff. – Staat, Wirtschaft, Finanzverfassung, Berlin 2004 (zit. Osterloh, Staat, Wirtschaft, Finanzverfassung) Pabst, Heinz-Joachim, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, Berlin 1997 (zit. Pabst, Privatisierung im Fernstraßenbau) Pabst, Heinz-Joachim / Schwartmann, Ralf, Privatisierte Staatsverwaltung und staatliche Aufsicht, DÖV 98, 315 ff. Pieroth, Bodo, in: Jarass, Hans D. / Pieroth, Bodo, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 6. Aufl., München 2002, Art. 90 GG (zit. Pieroth, Art. 90 GG) Redslob, Edwin, Des Reiches Straße, Leipzig 1940 (zit. Redslob, Des Reiches Straße) Reidt, Olaf, Verfassungsrechtliche Aspekte der Mautfinanzierung von Fernstraßen, NVwZ 96, 1156 ff. Reidt, Thomas / Stickler, Thomas, Das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz und der Baukonzessionsvertrag – das „Pilotprojekt“ der Warnow-Querung in Rostock, BauR 97, 241 ff. und 365 ff. Rennert, Klaus, Die „geisteswissenschaftliche Richtung“ in der Staatsrechtslehre der Weimarer Republik, Berlin 1987 (zit. Rennert, Staatsrechtslehre der Weimarer Republik) Rinne, Eberhard, Straßenverkehrsregelungs- und Straßenverkehrssicherungspflicht in der amtshaftungsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, NVwZ 2003, 9 ff. Ronellenfitsch, Michael, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, 1. Teil: Der Einwand der Mischverwaltung, Berlin 1975 (zit. Ronellenfitsch, Mischverwaltung) – Maßnahmegesetze zur Beschleunigung von Verkehrsprojekten, DÖV 91, 771 ff. – Privatisierung und Regulierung des Eisenbahnwesens, DÖV 96, 1028 ff.

412

Schrifttum

– Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff – Aktuelle Entwicklungen im nationalen und europäischen Recht, in: Blümel, Willi (Hg.), Ernst Forsthoff – Kolloquium aus Anlaß des 100. Geburtstags, Berlin 2003, S. 53 ff. (zit. Ronellenfisch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff) Roßnagel, Alexander, Rechtliche Anforderungen an Telematiksysteme im Verkehr, ZRP 95, 100 ff. Roth, Frank, Erstes Betreibermodell für den privaten Ausbau und Betrieb von Autobahnen in Deutschland, NVwZ 2003, 1056 ff. Sachs, Michael, in: Sachs, Michael (Hg.), Grundgesetz, 3. Aufl., München 2003, Art. 90 GG (zit. Sachs, Art. 90 GG) Salzwedel, Jürgen, Wege, Straßen und Kanäle (Wasserwirtschaft), in: Jeserich, Kurt J.A. / Pohl, Hans / von Unruh, Christoph, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Band 3, Stuttgart 1984, S. 332 ff. (zit. Salzwedel, Wege und Straßen) Schachtschneider, Karl Albrecht, Der Anspruch auf materielle Privatisierung, Berlin 2005 (zit. Schachtschneider, der Anspruch auf materielle Privatisierung) Schäfer, Hans, Die Bundesauftragsverwaltung, DÖV 60, 641 ff. Schäfer, Hans-Ulrich, Die Gesetze der Reichsautobahnen, Berlin 1937 (zit. Schäfer, Die Gesetze der Reichsautobahnen) Scheele, Ulrich, Privatisierung von Infrastruktur – Möglichkeiten und Alternativen, Köln 1983 (zit. Scheele, Privatisierung von Infrastruktur) Schenke, Wolf-Rüdiger, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl., Heidelberg 2004 (zit. Schenke, Verwaltungsprozessrecht) Schieck, Walter, Wegerechte, Dresden 1914 (zit. Schieck, Wegerechte) Schmidt, Frank O., Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung, Freiburg 1993 (zit. Schmidt, Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur) Schmidt, Walter, Die hinkende Beleihung, NVwZ 95, 38 f. Schmidt-Aßmann, Eberhard / Röhl, Hans Chr., Grundpositionen des neuen Eisenbahnverfassungsrechts (Art. 87 e GG), DÖV 94, 577 ff. Schmitt, Susanne, Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private nach dem FStrPrivFinG, Berlin 1999 (zit. Schmitt, FStrPrivFinG) Schoch, Friedrich, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl. 94, 962 ff. Scholz, Rupert, Verkehrsüberwachung durch Private?, NJW 97, 14 ff. Schulte, Martin, Zur Rechtsnatur der Bundesauftragsverwaltung, VerwArch. 1990, 415 ff. Schuppert, Gunnar Folke, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, Göttingen 1981 (zit. Schuppert, Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten) – Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Staat, kommunale Gebietskörperschaften und Private, in: Ipsen, Jörn (Hg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Köln u. a. 1994 (zit. Schuppert, Erfüllung öffentlicher Aufgaben) – Staatswissenschaft, Baden-Baden 2003 (zit. Schuppert, Staatswissenschaft)

Schrifttum

413

– Der Gewährleistungsstaat – modisches Kabel oder Leitbild sich wandelnder Staatlichkeit?, in: Schuppert, Gunnar Folke (Hg.), Der Gewährleistungsstaat – Ein Leitbild auf dem Prüfstand, Baden-Baden 2005, S. 11 ff. (zit. Schuppert, Gewährleistungsstaat) Selmer, Peter / Broderssen, Carsten / Nicolaysen, Gert, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, Baden-Baden 1989 (zit. Selmer / Brodersen / Nicolaysen, Straßenbenutzungsabgaben) Smend, Rudolf, Verfassung und Verfassungsrecht (1928), in: Smend, Rudolf, Staatsrechtliche Abhandlungen, 3. Aufl., Berlin 1994, S. 119 ff. – Integrationslehre, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften 5 (1956), S. 299 ff. Sommer, Stephan, Staatliche Gewährleistung im Verkehrs-, Post- und Telekommunikationsbereich, Berlin 2000 (zit. Sommer, Staatliche Gewährleistung) Sommermann, Karl-Peter, Grundfragen der Bundesauftragsverwaltung, DVBl. 2001, 1549 ff. Stabreit, Eberhard, Das Betreibermodell im Fernstraßenbau, NVwZ 99, 965 ff. Stehlin, Volker, Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in die Verkehrswegeplanung, Berlin 1997 (zit. Stehlin, Verkehrswegeplanung) Steiner, Udo, Öffentliche Verwaltung durch Private, Hamburg 1975 (zit. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private) – Städtebau und Umweltschutz im neuen Straßenverkehrsrecht, NJW 80, 2339 ff. – Anm. zum Urt. VGH BW 25. 6. 81, DÖV 82, 555 ff. – Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht, JuS 84, 1 ff. – Die Privatisierung der Nebenbetriebe an Bundesautobahnen, NJW 94, 1712 f. – Straßenbau durch Private, NJW 94, 3150 f. – Fragen der Beleihungsdogmatik aus österreichischer und deutscher Sicht, in: Schäffer, Heinz / Berka, Walter / Stolzlechner, Harald / Werndl, Josef, Staat – Verfassung – Verwaltung – Festschrift Koja, Wien 1998, S. 603 ff. (zit. Steiner, Beleihungsdogmatik) – Verkehr und Post, in: Isensee, Josef / Kirchhof, Paul (Hg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band III, Heidelberg 1988, § 81 (zit. Steiner, HStR III – 1988, § 81) – Straßen- und Wegerecht, in: Steiner, Udo (Hg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2003 (zit. Steiner, Straßen- und Wegerecht) Stelkens, Ulrich, Verwaltungsprivatrecht, Berlin 2005 (zit. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht) Stender-Vorwachs, Jutta, Staatliche Verantwortung für gemeinverträglichen Verkehr auf Straße und Schiene nach deutschem und europäischem Recht, Baden-Baden 2005 (zit. StenderVorwachs, Staatliche Verantwortung) Tidow, Alfred, Die Verkehrssicherung öffentlicher Straßen, in: Bartlsperger, Richard / Blümel, Willi / Schroeter, Hans-Wolfgang (Hg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, Hamburg 1980, S. 491 ff. (zit. Tidow, Verkehrssicherung öffentlicher Straßen) Todt, Fritz, Das Recht der Reichsautobahnen, ZdAfDR 1935, 156 ff. – Wesen und Recht der Reichsautobahnen, DR 1935, 439 ff.

414

Schrifttum

Trute, Hans-Heinrich, in: v. Mangoldt, Hermann / Klein, Friedrich / Stark, Christian (Hg.), Das Bonner Grundgesetz, Band 3, 4. Aufl., München 2001, Art. 85 GG (zit. Trute, Art. 85 GG) Tschentscher, Thomas, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, Baden-Baden 1992 (zit. Tschentscher, Bundesaufsicht) Uechtritz, Michael, Möglichkeiten für private Verkehrsinfrastrukturbetreiber außerhalb der öffentlichen Haushalte, DVBl. 2002, 739 ff. – Neue Finanzierungsformen für den Straßenbau, in: Straßenbaufinanzierung und -verwaltung in neuen Formen, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Straßenbau, Heft S 32, 2003, S. 9 ff. (zit. Uechtritz, Finanzierungsformen für den Straßenbau) – Die „Lkw-Maut“: Ein Schritt zur Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur, DVBl. 2003, 576 ff. Uechtritz, Michael / Deutsch, Markus / Tomas, Christioph / Röth, Carsten, Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit der Umstellung des Fernstraßenbauprivatisierungsgesetzes von „Gebühr“ auf „Entgelt“ sowie der wirtschaftlichen und rechtlichen Vor- und Nachteile einer etwaigen Umstellung, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, 2004, unveröff. (zit. Uechtritz u. a., Umstellung von „Gebühr“. auf „Entgelt“) Umbach, Dieter C. / Clemens, Thomas, (Hg.), Grundgesetz, Band I und II, Heidelberg 2002 (zit. Umbach / Clemens, GG) Unruh, Peter, Weimarer Staatsrechtslehre und Grundgesetz, Berlin 2004 (zit. Unruh, Weimarer Staatslehre und Grundgesetz) Vosskuhle, Andreas, Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatlicher Verantwortung, VVDStRL 62 (2003), 266 ff. Wahl, Rainer, Die Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in den Straßenbau, in: Blümel, Willi, Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau – Innenstadtverkehr, Speyerer Forschungsberichte 115, Speyer 1993, S. 24 ff. (zit. Wahl, Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau) = DVBl. 93, 517 ff. Weiß, Wolfgang, Privatisierung und Staatsaufgaben, Tübingen 2002 (zit. Weiß, Privatisierung von Staatsaufgaben) Wendrich, Klaus, Der Bau von Straßen für den öffentlichen Verkehr durch Private in der Bundesrepublik, BauR 85, 152 ff. Wienecke, Carl, Entwicklung und kritische Betrachtung des deutschen Straßenwesens in den Jahren 1871 – 1945, Bielefeld 1956 (zit. Wienecke, Deutsches Straßenwesen) Wilke, Dieter, Gebührenrecht und Grundgesetz, München 1973 (zit. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz) Wink, Rüdiger, Verkehrsinfrastrukturpolitik in der Marktwirtschaft, Berlin 1995 (zit. Wink, Verkehrsinfrastrukturpolitik) Wolff, Hans G. / Bachof, Otto / Stober, Rolf, Verwaltungsrecht, Band 3, 5. Aufl., München 2004 (zit. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III)

Schrifttum

415

Wolst, Dieter, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, Bonn / Bad Godesberg 1974 (zit. Wolst, Bundesauftragsverwaltung) Zech, Jochen, Zuständigkeiten bei der Verwaltung der Bundesfernstraßen durch die Länder und Gemeinden, DVBl. 87, 1089 ff.

Sachregister A-Modell 245 ff. – keine Privatisierung im Rechtssinne 208, 212 Aufgabenprivatisierung 178 Aufgabenrelevanz – von Art. 90 GG 102 ff., 105 ff. – von Kompetenznormen 101 ff. Aufgabenverantwortung des Staates – Verfassungskonkretisierung 133 ff. Ausbauplanung 42 f. – Bundeszuständigkeit kraft Natur der Sache 121 ff. – grundrechtliche Anspruchsgebundenheit 204 ff. – Pflichtgebundenheit 202 ff. – private Fernstraßen 121 ff., 360 f. – Privatisierungsbedarf 200 ff. – privatsierungsoffen 201 ff. – Unabhängigkeit von der Fernstraßenbaufinanzierung 202 ff. Beleihung – Mautgebührenerhebung nach dem ABMG 249 – Mautgebührenerhebung nach dem FStrPrivFinG 320 ff., 323 ff. Benutzerfinanzierung 223 ff. – Bezugspunkt in der fernstraßenrechtlichen Benutzungsordnung 230 ff. – Entwicklungen, Tendenzen 294 ff. – Entwicklungsschritt zum privatisierten Fernstraßenwesen 350 ff. – Erhebungskompetenz 282 ff. – Gesetzgebungskompetenz 274 ff. – Kommerzialisierung 227 ff. – Kompetenzordnung 271 ff. – privatrechtliche Form 400 ff. – Rechtsbegriff 292 ff. – Rechtsform der Benutzungsentgelte 225 ff. – Vereinnahmungskompetenz 286 ff.

– Verfassungsmäßigkeit 369 ff., 377 ff., 379 ff. – Verwendung des Entgeltaufkommens 292 ff. Benutzungsentgelte, Benutzungsgebühren – Formenwahl 225 f. – Rechtsbegriff 237 – Rechtsform 181, 225 ff. Betreibermodell – Abgrenzung zum A-Modell 310 f. – baulastspezifisches, benutzerfinanziertes 296, 297 ff., 308 ff. – Bedeutung, verallgemeinerungsfähige 303 ff., 304 ff. – Bedeutung, verkehrs- und finanzwirtschaftliche Beurteilung 349, 350 ff. – FStrPrivFinG 297 ff. – FStrPrivFinG, Beleihung mit der Mautgebührenerhebung 320 ff., 323 ff. – FStrPrivFinG, Laufzeit und Beendigung 347 ff. – FStrPrivFinG, Projektbestimmung 333 ff. – FStrPrivFinG, Regelung und Begründung 330 ff. – FStrPrivFinG, Verwaltungshilfe, selbständige 311 ff. – FStrPrivFinG, Zwecksetzung, verkehrsund finanzwirtschaftliche 297 ff., 299 ff. – Rechtsbegriff 210 f., 212, 308 ff. Bundesamt für Güterverkehr 51, 56 Bundesauftragsverwaltung, materielle 32 ff. bundeseigene Verwaltung 40 ff. – Art. 90 Abs. 3 GG 52 ff. – behördliche Zuständigkeiten 40 ff. – Kompetenzbegründung kraft Natur der Sache 118 f., 122 f. – Kompetenzbegründung nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG 44 ff. – Kompetenzbegründung nach Art. 90 Abs. 3 GG 44 ff., 52 ff.

Sachregister – Kompetenzbegründungen, spezielle 43 ff., 54 ff. Entgeltlichkeit des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs 369 ff. – Ausschlußwirkung der Entgelterhebung 388 f. – entgeltfreie Tatbestände 392 ff. – historische Entwicklung 370 ff., 373 ff. – privatrechtsförmliche Entgelte 400 ff. – steuerrechtliche Lösung 373 ff. – verfassungskonforme Entgeltpflichten 393 ff. – verfassungskonforme Entgelttatbestände 390 ff. Maßgaben für – verfassungsrechtliche Mautgüter 386 ff. Erfüllungs- und Gewährleistungsverantwortung des Staates 128 ff. Fernstraßen – Gemeinwohlverwirklichung des Staates 151 ff. – Grundrechtsvoraussetzung 153 f., 156 ff. – Mautgüter 140, 143 ff. – Mischgüter 138 ff. – nicht staatliche Fernstraßen, staatsrechtliche Option 115 f. – öffentliche Daseinvorsorge 154 ff. – öffentliche Güter 135 ff. – öffentliche Güter, materielle 135 ff. – öffentliche Güter, im Rechtssinne 140 f., 141 ff. – Sozialstaatsprinzip 154 ff. Fernstraßenprivatisierungsrecht – Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes 219 ff. Fernstraßenrecht – Begriff, staatsrechtlicher 110 ff. – Gesetzgebungsmaterie 110 ff. – private Fernstraßen 358 ff. – Verhältnis zur Bundesfernstraßenverwaltung 110 ff., 115 Fernstraßenregime – Entstehung 27 ff., 99 ff. Fernstraßenverwaltung 35 ff. – Begriff 35 ff. – bundeseigene 40 ff. 27 Bartlsperger

417

– Verwaltungsverfahrensrecht 36 ff. Fernstraßenwesen – Gegenstand staatsrechtlicher Ordnung 110 ff. – grundrechtlicher Kontext 156 ff., 161 ff. – Staatsaufgabenfrage 127 ff. – staatsrechtliche Ordnung 110 ff. – staats- und verfassungstheoretischer Kontext 164 ff., 169 ff. Fondslösung der Fernstraßenfinanzierung 301 f., 304 f., 306 f., 350 ff. – Weiterentwicklung zu einem baulastspezifischen Betreibermodell 302 f., 304 f. Formenwahl – Benutzungsentgelte 225 f. – Bundesfernstraßenverwaltung 211 Gebührenbegriff 181 ff. – Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG 181 ff. – keine Privatisierungssperre 181 ff. Gemeingebrauch – entgeltfreie Tatbestände 392 f. – Grundrechtsfreiheit oder Verwaltungsleistung 382 ff. – Theorem der Unentgeltlichkeit 382 ff. Gemeingebrauchsentgelte, Verfassungsmäßigkeit 369 ff. Gemeinwohl – im Verfassungsstaat 146 ff. – Begründung öffentlicher Güter im Rechtssinne 149 Gemeinwohlrealisierung öffentlicher Straßen – eingriffsrechtlicher Bedeutungsgehalt 147 f. – leistungsrechtlicher Bedeutungsgehalt 148 ff. Gemeinwohlverantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen 154 ff. – verfassungsrechtlich originäre Staatsaufgabe 154 ff. Gewährleistungsaufgabe des Staates – grundrechtliche Anspruchsgebundenheit 185 ff. – funktionsgerechte Wahrnehmung, verfassungsrechtlich 185 ff., 197 ff. Gewährleistungspflicht des Staates – Begriff 197 ff.

418

Sachregister

Gleichordnung von Bund und Ländern 57 Grundrechte als Staatsaufgabennormen 156 ff. Grundrechtsvoraussetzungen – öffentliche Güter im Rechtssinne 159 f. Indienstnahme Privater – Rechtsbegriff, keine Privatisierungsform 209 Infrastrukturverantwortung des Staates 127 ff. Inpflichtnahme Privater – Rechtsbegriff, Privatisierungsform 209 Kollektivgüter 135 ff. Kompetenzdurchbrechungen 58 ff. Kompetenznormen – Aufgabenrelevanz 101 ff. Konzessionsabgabe bei Nebenbetrieben 51 Landesfernstraßenverwaltung – behördliche Zuständigkeiten 37 ff. Landstraßen für den Fernverkehr 29 ff. Linienbestimmung – Bundeszuständigkeit kraft Natur der Sache 122 Mautaufkommen ABMG (LKW-Maut) – staatseigene Benutzerfinanzierung, Verwendung 242 ff. Mauteinrichtungen Bestandteile von Bundesfernstraßen 250 ff. – Bauhoheit, fernstraßenrechtliche 254 f., 259 ff., 324 – baulastspezifische Konsequenzen der Beleihung 255 ff., 324 – Geltungsumfang 251 ff. – sachenrechtliche Beleihung 256 ff., 324 – Straßenbaulast 257 ff., 324 f. – Straßenverkehrsrecht 265 ff., 325 ff. – Straßenverkehrssicherungspflicht 268 ff., 327 Mauterhebungssystem ABMG (LKW-Maut) 248 ff. – funktional privatisierte Mauterhebung 249 f. Mautgebühren, Mautentgelte – Rechtsbegriff 237

Mautgebühren ABMG (LKW-Maut) 238 ff. – Unterschied und Geltungsabgrenzung zum FStrPrivFinG 239 ff. Mautgebühren FStrPrivFinG – Rechtsanspruch auf Mautgebührenregelung, gerichtliche Erzwingbarkeit 345 – Rechtsschutz der Betreiber in bezug auf Regelung 346 – Rechtsschutz der Fernstraßenbenutzer 345 f. – Regelung 344 ff. – Unterschied und Geltungsabgrenzung zum ABMG (LKW-Maut) 239 ff. Mautgebührenerhebung FStrPrivFinG – Verwaltungsverfahren 328 ff. Mautgüter 387 meritorische Güter 155 Mischgüter 138 ff., 387 Mischverwaltung 58 ff. Mitwirkung des Bundes bei der Landesfernstraßenverwaltung 59 f. Mobilität als Grundrechtsvoraussetzung 158 ff., 161 ff. Nebenbetriebe 51, 54, 56, 97 f. – an privaten Autobahnen 362 – keine Verwaltungsleistung der staatlichen Bundesfernstraßenverwaltung 313 ff. Öffentliche Daseinsvorsorge – Gewährleistungsaufgabe des Staates 171 f. Öffentliches Straßenwesen 154 ff. öffentliche Güter 135 ff. – Gemeinwohlrealisierung 149 – Gewährleistungsaufgabe des Staates 171 f. – im Rechtssinne 140 f., 141 ff. Öffentliches Sachenrecht – rechtsdogmatische Entwicklung 90 ff. Öffentliche Verkehrsinfrastruktur – öffentliches Gut im Rechtssinne 142 ff. Ökonomische Theorie des Fernstraßenwesens 135 ff., 138 ff. Organisationsprivatisierung – Begriff 178 Private Fernstraßen – Aufsichts- und Regulierungsregelungen 367 f.

Sachregister – – – – – –

Ausbauplanung 121 ff. Bauhoheit 360 f. Baulastregelungen 363 ff. Begriff 180 Benutzungsordnung 365 ff. Bundesauftragsverwaltung kraft Verfassungsänderung 120 f. – Entwicklungsschritt der Benutzerfinanzierung 350 ff., 352 ff. – Fernstraßenrecht privater Fernstraßen 358 ff. – Klassifikation, fernstraßenrechtliche 362 f. – Kreuzungsrechtsverhältnisse 363 – Nachbarecht, Immissionsschutz 363 – öffentliche Güter im Rechtssinne 359 – Planungs- und Enteignungsrecht 360 f. – Realisierbarkeit, verwaltungsmäßige 116 ff., 123 ff. – Realisierungsregelungen, fernstraßenrechtliche 360 f. – Sachbegriff, fernstraßenrechtlicher 361 f. – Schutz der Landesfernstraßenverwaltung 116 f. – staatsrechtliche Option 115 f. – Straßenverkehrsrecht 74 ff., 364 f. – Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsbefugnisse, staatliche 117 ff. – Verwaltungskompetenz, staatliche 114 f., 116 ff. Privatisierung – Aufgabenprivatisierung 178 f. – Begriff, fernstraßenrechtliche 206 ff. – Begriff, formelle 178, 210 – Begriff, funktionale 178 ff. – Begriff, staatsrechtlicher 175 ff. – Funktionsgerechtigkeit, verfassungsrechtliche 185 ff., 197 ff. – grundrechtliche Anspruchsgebundenheit 188 ff. – grundrechtliche Wirtschaftsfreiheit 185 ff. – materielle 178 f. – Organisationsprivatisierung 178, 210 – Popularprivatisierung 178, 210 – Schutz der Landesfernstraßenverwaltung 213 f. – Subsidiaritätsprinzip 186 ff. – Übermaßverbot 188 27*

419

Privatisierungsbedarf – Ausbauplanung 200 ff. Privatisierungsformen – fernstraßenrechtliche 206 ff. Privatisierungspflichten 188 ff. – Ausbauplanung 200 ff. – fernstraßenrechtliche Vermittlung 192 ff. – Gemeinwohlbedarf 200 ff. – gerichtliche Geltendmachung 218 f. – Staatsdefizit, Privatisierungsäquivalenz als Voraussetzung 218 – staatliche Beurteilungskompetenz 217 f. – Tatbestände 215 ff. privatrechtliche Gemeingebrauchsentgelte 400 ff. Rechtsform der Straßenbenutzungsentgelte 225 ff. – Gesetzgebungskompetenz 279 ff. Reichsautobahnen 27 f., 30 f., 94, 97 f. Reichautobahnhoheit 96 f. Reichsstraßen 30 f. regaler Staatsvorbehalt 87 ff. Sondernutzungsentgelte 404 f. Sozialstaatsprinzip – öffentliches Straßenwesen 154 ff. Staatsaufgabe für das Fernstraßenwesen – Gewährleistungsverantwortung 173 ff. – grundrechtliche Konstituierung 158 ff. – verfassungsrechtliche Bedeutungsgehalte des Gemeinwohls 151 ff. – verfassungsstaatliche Rechtsdogmatik 131 ff. Staatlichkeit des Fernstraßenwesens 83 ff., 93 ff. – Entwicklung 83 f., 85 ff. – Gesetzgebungsepoche des Straßenrechts 93 ff. – kontingenter Rechtszustand 96 ff., 99 ff. – staatsrechtlicher Bedeutungsgehalt 96 ff., 105 ff. Staatlichkeit öffentlicher Straßen – Bedeutungsgehalt 169 ff. – Problem der Kommerzialisierung 169 ff. Staatsvorbehalt – faktischer 98, 108 – regaler 87 ff.

420

Sachregister

– Reichsautobahnhoheit 96 f. Straßenbaulast – Geschichte 87 f. Straßenbenutzungsentgelte – Rechtsformen 225 ff. Straßenrecht – bundesstaatsrechtliche Kompetenzteilung 34 Straßenregal 85 ff., 87 ff. – Ablösung 89 f., 108 – Staatsvorbehalt 87 ff. Straßenverkehrsrecht – Fernstraßenwesen 63 ff., 65 ff. – Folgeregelungen für funktional privatisierte Fernstraßen 74 ff., 78 ff. – Folgeregelungen bei nicht staatlichen Fernstraßen 80 ff. Straßenverkehrsverwaltung 63 ff., 65 ff., 67 ff. Toll Collect GmbH 249

Ungeschriebene Bundeskompetenzen 41 ff. – behördliche Zuständigkeiten 41 ff. Verantwortung des Staates für das Fernstraßenwesen 127 ff. Verbundverwaltung 56 ff., 61 f. Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft 243 ff. Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen 63 ff., 71 ff. – anläßlich von Mauteinrichtungen 265 ff. – anläßlich von Mauteinrichtungen, Straßenverkehrssicherungspflicht 266 ff. – Bestandteile von Fernstraßen 71 ff. Vorfinanzierungsmodelle 299 f. Wegepolizei 86 Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Fernstraßenverwaltung 61 f.