Das Dienstborsenwesen in Bayern: Mit besonderer Rücksicht auf München [Reprint 2022 ed.] 9783112638224


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Table of contents :
Vorwort
Inhalts-Verzeichniß
Erklärung
§ 1. Einleitung
I. Kapitel. Rechtliche Natur und Entstehung des Uerhiiltnistes Mischen Dienstherrschaft und Dirastdoten
§ 2. Die rechtliche Natur des Dienstverhältnisses
§ 3- Wer kann sich als Dienstbote verdingen und wer Dienstboten halten?
§ 4. Wie wird der Dienstvertrag abgeschloffen?
§ 5. Gesetzliche Dienstzeit
§ 6. Das Darangeld
II. Kapitel. Wirkungen des Gesindemiethvertrages
§ 7. Im Allgemeinen
§ 8. Pflichten der Dienstboten im Besonderen
§ 9. Pflichten der Dienstherrschaften im Besonderen
III. Kapitel. Auflösung und Mikdkrerueukruug des Dienst- Neruifles
§ 10. Von der Auflösung des Dienstverhältnisses im Allgemeinen
§ 11. Von der einseitigen Auflösung des Dienstverhältnisses ohne Kündigung
§ 12. Von der Erneuerung des Dienstverhältnisses
IV. Kapitel. Dos der Artige der Dienstbote« und den Dieustboteubschern
§ 13. Die Anzeigepflicht
§ 14. Die Dienstbotenbücher
V. Kapitel. Bon den Strafen und polizeilichen Zwangs- Maßregeln
§ 15. Die Strafen
§ 16. Die polizeilichen Zwangsmatzregeln
VI. Kapitel. Zuständigkeit und Verfahren
§ 17. Gerichtliche Zuständigkeit
§ 18. Administrative Zuständigkeit
Anhang
§ 19. Krankenhilfe für die Dienstboten
§ 20. Anderweitige Fürsorge und Belohnungen für Dienstboten
§ 21. Von den Gesindevermiethern
Alphabetisches Register
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Das Dienstborsenwesen in Bayern: Mit besonderer Rücksicht auf München [Reprint 2022 ed.]
 9783112638224

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Das

AjollsiboienMsen in Bayern

mit Kontor MW ans München.

Bon

L. Meixner, lönigl. Polizei-Assessor.

München. Druck und Verlag von Ernst Stahl. 1881.

Vorwort. In meiner berufsmäßigen Beschäftigung mit dem

Dienstbotenwesen habe ich die Erfahrung gemacht, daß in weiten Kreisen des Publikums über die auf diesem Gebiete dermalen geltenden Bestimmungen Unklarheit

besteht und Dienstherrschaften wie Dienstboten bezüglich ihrer gegenseitigen Rechte und Pflichten nicht genügend unterrichtet sind.

Gesindewesen

und

Ich habe deshalb versucht, die das

betreffenden

polizeilichen

gesetzlichen Bestimmungen

Vorschriften

Uebersicht zu bringen,

in

eine

systematische

in der Annahme,

daß eine

solche Zusammenstellung Manchem nicht unwillkommen

sein möchte. Bei der nachfolgenden Darstellung, welche haupt­ sächlich für das Bedürfniß der Dienstherrschaften und

Dienstboten bestimmt

ist,

wurden

die in München

bestehenden Verhältnisse besonders berücksichtigt.

Da

IV übrigens die in anderen Rechtsgebieten maßgebenden privatrechtlichen

miethvertrag

Bestimmungen

von den

über

in München

den

Gesinde-

zur Anwendung

kommenden Sätzen des bayerischen Landrechtes nicht wesentlich verschieden, die öffentlichrechtlichen Normen

für das Dienstbotenwesen aber mit Ausnahme einiger der distrikts-

oder

ortspolizeilichen Regelung über­

lassener Einrichtungen für ganz Bayern

sind,

die gleichen

so dürfte das vorliegende Schriftchen sich wohl

auch außerhalb München brauchbar erweisen.

Der Verfasser.

Inhalts-Nerzkichmß. Seite § 1.

Einleitung......................................................................

1

I. Kapitel. Rechtliche Natur und Entstehung des Verhältnistes zwischen Dienstherrschaft und Dienstboten. § 2. Die rechtliche Natur desDienstverhältnisses . . § 3. Wer kann sich als Dienstbote verdingen, und wer Dienstboten halten?..................................................10 § 4. Wie wird der Dienstvertragabgeschlossen? ... § 5. Gesetzliche Dienstzeit.................................................. 17 z Das Darangeld....................................................... 19

5

13

II. Kapitel. Wirkungen des Gesindemiethvertrages. § | §

7. Im Allgemeinen................................................................. 21 8. Pflichten der Dienstboten im Besonderen ... 24 9. Pflichten der Dienstherrschaften im Besonderen . 34

III. Kapitel. Auflösung und Wiedererneuerung des Dienstverhältniffes. Bon der Auflösung des Dienstverhältnisses im Allgemeinen....................................................................... 51 §11. Bon der einseitigen Auflösung des Dienstverhält­ nisses ohne Kündigung......................................................56 § 12. Von der Erneuerung des Dienstverhältnifles . . 59

§ 10.

VI IV. Kapitel. Bon der Anzeige der Dienstboten und den Dienstbotenbüchern. § 13. Die Anzeigepflicht.........................................................62 § 14. Die Dienstbotenbücher . . . •............................. 63

V. Kapitel. Bon den Strafen und polizeilichen ZwangsMaßregeln. § 15. Die Strafen................................................................... 68 § 16. Die polizeilichen Zwangsmaßregeln............................. 77

VI. Kapitel. § 17. §18.

Zuständigkeit und Verfahren. Gerichtliche Zuständigkeit...............................................83 Administrative Zuständigkeit......................................... 92 Anhang.

H 19. Krankenhilfe für die Dienstboten............................ 101 § 20. Anderweitige Fürsorge undBelohnungen für Dienstboten..................................................................104 § 21. Von den Gesindevermiethern....................................... 109

Erklärung der in den Anmerkungen gebrauchten Abkürzungen.

z= Gesetz über öffentliche Armen- und Kranken­ pflege vom 29. April 1869. — das Miethwesen in München von Arnold. — Gesetz zur Ausführung der Reichsstrafprozeß, ordnung in Bayern vom 18. August 1879. — Bayerisches Landrecht (Codex Maximilianeus bavaricus civilis vom 2. Jan. 1756). B. L.-R., Anm. — Anmerkungen über das bayerische Landrecht von Kreittmayr. Bl. f. a. P. Blätter für administrative Praxis. Comp.-Ver. = Competenz-Verordnung vom 4. Jan. 1872. C.-P.-O. — Civilprozeßordnung für das deutsche Reich vom 30. Januar 1877. Döllinger — Verordnungssammlung von Döllinger. D. -O. — Dienstbotenordnung vom 2. Mai 1781. — Erkenntniß. E. Edel — Commentar zum Polizeistrafgesetzbuche für das Königreich Bayern vom 10. November 1861 von Edel. III. Ausl. Erlangen 1862. Einf.-Ges.v.1861— Gesetz v. 10. Novbr. 1861, die Einführung des Strafgesetzbuches und des Polizeistraf­ gesetzbuches für das Königreich Bayern betr. Geb.-Ges. — Gesetz vom 18. August 1879 über das Gebührenwesen. Gem.-O., G.-O. — Bayer. Gemeindeordnung v. 29. April 1869. Gew.-O. z= Gewerbeordnung für das deutsche Reich vom 21. Jüni 1869. Ges - u. V.-Bl. z= Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt. G.-V.-G. — Gerichtsversassungsgesetz für das deutsche Reich vom 27. Januar 1877. G.-V.-Ges. v. — Bayerisches Gesetz vom 10. November 186 l, 1861 die Gerichtsverfassung betreffend. Heim.-Ges. zz Bayerisches Gesetz über Heimath, Verehe­ lichung und Aufenthalt vom 16. April 1868.

Armenges., Arm.-Ges. Arnold Ausf.-Ges. z. St.-P.O. B. L.-R.

VIII H.-G.-B. J. -M.-Bl. K. -A.-Bl.

M.-Bek. M.-E Min.-Bl. f. K. u. Sch.-A. M.-A.-Bl. O. V. P. -St.-G.-B.

P.-St.-G.-B. v. 1861. R.-A.

R.-E.

R-Bl.,Rgs.-Bl. Riedel Riedel Armenges.

R. -St.-G.-B. : Stenglein, N. F. St -P.-O. V.,Ver.,Allerh.V.: Vollz. Ver. Windscheid

a. A., a. E. Anm. Aut., Lit. S. , Vgl.

Allgemeines deutsches Handelsgesetzbuch. Amtsbl. des k. b. Staatsminist. d. Justiz. Kreisamisblatt der k. Regierung von Ober­ bayern. Ministerial-Bekanntmachung. Ministerial-Entschließung. Amtsblatt des k. Staatsministeriums des Innern für Kirchen- u. Schulangelegenheiten. Amtsblatt des k. Staatsministeriums des Innern. Ortspolizeiliche Vorschrift. Polizeistrafgesetzbuch für Bayern vom 26. Dezember 1871. Polizeistrafgesetzbuch für das Königreich Bayern vom 10. November 1861. Ausschreiben der k. Regierung von Ober­ bayern. Entschließung der k. Regierung von Ober­ bayern. Bayerisches Regierungsblatt. Erläuterungen zum Polizeistrafgesetzbuche v. 26. Dezemb. 1871 v. E. v. Riedel. III. Aust. Erläuterungen zum Gesetze über öffentliche Armen- und Krankenpflege von Riedel. Nördlingen 1870. Strafgesetzbuch für das deutsche Reich. Stenglein's Zeitschrift fürGerichtspraxis und Rechtswissenschaft in Deutschland. NeueFolge. Strafprozeßordnung für das deutsche Reich. Allerhöchste Verordnung. Bayerische Vollzugsverordnung zur deutschen Gewerbeordnung vom 4. Dezember 1871. Lehrbuch des Pandektenrechtes v. vr.Bernh. Windscheid. III. Auflage. Düsseldorf 1873. am Anfang, am Ende. Anmerkung. autographirt, litographirt. stehe, vergleiche.

§ 1.

Einleitung. Das Dienstbotenwesen in Bayern war früher aus­ schließlich durch Dienstbotenordnungen geregelt, welche nicht nur die im Interesse der öffentlichen Ordnung veranlaßten Vorschriften und Maßregeln festsetzten, son­ dern auch die durch das Dienstverhältniß geschaffenen privatrechtlichen Beziehungen in ihr Bereich zogen und besondere Strafbestimmungen enthielten. Als solche Dienstbotenordnung kommt insbesondere das Churbaye­ rische Mandat vom 2. Mai 1781 in Betracht ^), welches in der Hauptsache bis zu den organisatorischen Aender­ ungen des Jahres 1861 die allgemeine Norm für die Behandlung des Dienstbotenwesens bildete und in den verschiedenen Landestheilen entweder direkt in Anwend­ ung kam (wie z. B. in Oberbayern), oder als Grund­ lage für die von den Kreisregierungen erlassenen be­ sonderen Provinzial - Dienstbotenordnungen diente swie in Mittel- und Unterfronfen].i) 2) i) Döllinger Bd. XIII S. 1308 ff. r) Die mittelfrünkische Dienstbolenordnung vom 15. Nov. 1859 s. im K-A.-Bl. S. 1760, die unterfränkische vom 3. Juli 1818 in Döllinger Bd. XIII S. 1325.

2

Einleitung.

Durch die Gesetzgebung des Jahres 1861 wurde die bis dahin den Polizeibehörden zustehende Entscheid­ ung über Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaften und Dienstboten3),* *soweit * es sich um Civilrechtsfragen handelt, den Civilgerichten überwiesen ^); die in den Dienstboten­ ordnungen begründeten besonderen Strafbestimmungen aber wurden gänzlich aufgehoben und durch die vom Polizeistrafgesetzbuche statuirten Uebertretungen in Bezug auf das Dienstbotenwesen ersetztG), deren Bestrafung an die Stadt- und Landgerichte überging.7) Das Polizeistrasgesetzbuch von 1871 hat die ein­ schlägigen Strafbestimmungen des Polizeistrafgesetzbuches von 1861 mit geringen Aenderungen reproduzirt^), und nach dem mit 1. Oktober 1879 in Bayern in Kraft getretenen deutschen Gerichtsverfassungsgesetze sind nun­ mehr die Amtsgerichte und beziehungsweise die Schöffen­ gerichte die in Dienstbotensachen zuständigen Civil- und bezw. Strafgerichte.^) Den Polizeibehörden ist hiernach lediglich die Auf­ gabe verblieben, die im öffentlichen Interesse gebotene Beaufsichtigung des Dienstbotenwesens zu bethätigen. 3) Instruktion für die Polizeidirektionen vom 24. Sept. 1808 § 88 (Regsbl. S. 2510). *) Eins. Ges. vom 10. Nov. 1861, Art. 37 — G.-V.-Ges. v. 10. Nov. 1861, Art. 8 Ziff. 2 (Ges.-Bl. Nr. 24 u. Nr. 15). 5) Einf.-Ges. v. 1861 Art. 2. «) P.-St.-G.'B. v. 10. Nov. 1861, Art. 214-219. 7) G.-B.-Ges. v. 1861, Art. 16; Eins.-Ges., Art. 31 Abs. III mit Art. 5. *) P.-St.-G.-B. v. 26. Dez. 1871, Art. 106—110. *) G.-B.-Ges. f. d. D. R. v. 27. Jan. 1877, § 23 Ziff. 2 Abs. II, § 27 Ziff. 1.

Einleitung.

S

Diese Aufgabe umfaßt namentlich die Regelung der Anzeigepflicht der Dienstboten sowie des Verfahrens be­ züglich der Führung, Vorlage und Aufbewahrung der Dienstbotenbücher10),* dann die Anwendung der gesetzlich zuläßigen Zwangsmaßregeln gegen entlaufene, unordent­ liche und unterkunftslose Dienstboten") und die Ueberwachung des Geschäftsbetriebes der Gesindeverdinger.12) Diese durchgreifende Aenderung der Gesetzgebung hat gleichwohl den alten Dienstbotenordnungen nicht alle Bedeutung genommen. Einzelne Vorschriften derselben, welche nicht sowohl die privatrechtliche als die sittliche Seite des Dienstverhältnisses betreffen, finden vielmehr auch jetzt noch Anwendung. So besteht z. B. heute noch die Bestimmung zu Recht, daß die Polizeibehörden auf Anrufen des Dienstboten ein demselben von seiner Dienstherrschaft ertheiltes ungerechtes Dienstzeugniß von Amtswegen zu berichtigen haben.13)14 Ferner sind in Er­ mangelung anderweitiger vertragsmäßiger Festsetzung die in den Dienstbotenordnungen vorgeschriebenen Termine für den Dienst-Ein- und Austritt, sowie die dort staluirten Kündigungsfristen noch jetzt maßgebend.u) Auch bezüglich der Berechtigung der Dienstherrschaften und Dienstboten zur einseitigen Auflösung des Dienstver­ hältnisses finden die einschlägigen Bestimmungen der Dienstbotenordnungen noch ihre Anwendung, wenn auch

10) Vgl. unten Kap. IV. n) Vgl. unten Kap. V § 16. Vgl. unten § 21. 13) Vgl. D.-O. Art. 16 und unten 8 9 zu Ziff. 7 und § 18 Anm. 13. 14) Vgl. unten § 5.

4

Einleitung.

die enbgiltige Entscheidung hierüber nunmehr den Ge­ richten zusteht.15) Soweit endlich auch jetzt noch Dienstverdingungen auf Grund der Dienstbotenordnungen abgeschlossen werden, kommt denselben überhaupt die Bedeutung einer lex contractus zu. ") Dgl. unten § 11.

I. Kapitel.

Rechtliche Natur und Entstehung des Uerhiiltnistes Mischen Dienstherrschaft und Dirastdoten. § 2. Die rechtliche Natur des Dienstverhältnisses.

Das Verhältniß zwischen Dienstherrschaft und Dienst­ boten ist einerseits ein privatrechtliches, durch Vertrag begründetes, andrerseits ein öffentlich rechtliches, in mehrfacher Beziehung gesetzlich geregeltes. I. Der Vertrag, durch welchen dieses Verhältniß begründet wird, ist der Gesindemiethvertrag. Derselbe ist eine besondere Art der Dienstmiethe (locatio conductio operarum *) und besteht im Allgemeinen wie diese in dem Übereinkommen zwischen zwei Par­ teien, wonach die eine (Vermiether) der anderen (Mie­ ther) den Gebrauch ihrer Arbeitskraft, letztere der ersteren hiefür einen bestimmten Lohn zusagt. Von den übrigen Arten der Dienstmiethe unter­ scheidet sich der Gesindemiethvertrag aber dadurch, daß er 1) lediglich die Verrichtung häuslicher oder landwirthschaftlicher Arbeiten zum Ge­ genstände hat; *) B. L.-R. Th. I Kap. IV § 4 und Anmerkung.

6

L Kapitel. Natur u. Entstehung des Dienstverhältnisses.

2) b en Dienstnehmer (Dienstboten) ver­ pflichtet, für die Dauer des Vertrages seine gesummte Arbeitsthätigkeit Dienstgeber (Dienstherrschaft) zur Verfügung zu stellen;2)

ausschließlich nur dem einen

3) die Aufnahme des Dienstnehmers in diehäusliche Gemeinschaft desDien st gebers bedingt.3) Der Begriff der häuslichen Gemeinschaft umfaßt im Allgemeinen die Gemeinsamkeit der Wohnung und der Kost. Doch ist die obige Voraussetzung hier nicht dahin zu verstehen, daß der Dienstbote nothwendig die Wohnung der Dienstherrschaft theilen und aus deren Küche verköstigt werden müsse; vielmehr lediglich dahin, daß die Dienstherrschaft die Unterbringung und Ver­ pflegung des Dienstboten zu übernehmen habe. Es kann recht wohl sein und ist thatsächlich auch häufig der Fall, daß die Dienstboten außerhalb der Wohnung der Dienstherrschaft (in Nebengebäuden, benachbarten Wohnungen und sogar an anderen Orten) untergebracht werden; in diesem Falle muß aber nicht den Dienst­ boten, sondern den Dienstherrschaften als Eigenthümern oder Miethern die Dispositionsbefugniß über diese Räume 2) Vgl. „Zusammenstellung der Entscheidungen des obersten Gerichtshofes für Bayern in Gegenständen des Strafrechtes und der Strafrechtspflege" Bd. II S. 270. 3) Daher der Name „Domestiken". Vgl. die oben ange­ führte Sammlung a. a. O. und Anmerkung zum B. L.-R. Th. I Kap. IV §§ 1 u. 2.

§ 2.

Rechtliche Natur des Dienstverhältnisses.

7

zustehen. 4) Ebenso kann die Dienstherrschaft die Na­ turalverpflegung der Dienstboten anstatt aus ihrer Küche auch anderweitig beschaffen, dieselbe auch ganz oder theilweise durch Verabreichung eines Kostgeldes ersetzen. Umfang und Art der Verköstigung ist Gegenstand der vertragsmäßigen Vereinbarung. 4 5) II. Dienstboten (auch „Gesinde", „Ehehalten", „Domestiken")6) im landläufigen Sinne des Wortes sind sonach diejenigen Personen, welche sich (d. h. ihre Arbeitskraft) an eine andere Person verdingen, um in deren häuslicher Gemeinschaft und ausschließlich für die­ selbe gegen bestimmten Lohn häusliche oder landwirthschaftliche Arbeiten zu verrichten. Dem gegenüber ist „Dienstherrschaft" jede Person, welche Dienstboten hält. Für den Begriff des Dienstboten ist es gleichgiltig, ob derselbe alle oder nur einen bestimmten Theil der häuslichen oder landwirthschaftlichen Arbeiten zu ver­ richten hat, wenn nur ein die gesammte Arbeitsthätig4) Auch ein Schäfer z. B., welcher die Schafherde, seines Herrn auf einer von dessen Wohnsitz entfernten Weide weidet, ist Dienstbote, wenn nicht ein Rechtsverhältniß hergestellt ist, wodurch der Schäfer Dispositionsbefugniß hat und der Controle entrückt ist. (E. v. 11. Dez. 1875 in Stenglein N. F. Bd. V Beibl. S. 85.) 5) Vgl. unten Z 9 zu Ziff. 2. 6) Famuli vel servi mercenarii. Die Bezeichnung „Gesinde" stammt von dem Worte „Gasenden" her, wie früher diejenigen Personen (Leibeigene) genannt wurden, welche den Haus­ dienst verrichten mußten (Anm. z. B. L.-R. Thl. I Kap. VIII § 10). Der hauptsächlich für ländliche Dienstboten früher ge­ bräuchliche Name „Ehehalten" bezeichnet treffend die Aufgabe derselben als Stützen des Haushaltes.

8

I. Kapitel. Natur u. Entstehung des Dienstverhältnisses,

feit des Dienenden ausschließlich für eine Dienstherr­ schaft bedingendes Lohnverhältniß vorliegt. Ausgeschlossen von dem Begriffe des Dienstboten sind einerseits diejenigen Personen, welche gegen Lohn häusliche oder landwirthschaftliche Dienstleistungen ver­ richten, ohne in die häusliche Gemeinschaft der Herr­ schaft ausgenommen zu fein7)8 oder ohne dieser ihre ausschließliche Arbeitsthätigkeit zu widmen (wie Holzmacher, Wäscherinen, Putzerinen, Zugeherinen u. dgl. Personen); andrerseits solche Personen, welche in eine Haushaltung zu Dienstleistungen ausgenommen sind, die nicht zu den häuslichen oder landwirthschaftlichen Arbeiten zählen (z. B. Hofmeister, Privatlehrer, Vor­ leser, Privatsekretäre, Krankenwärter, Gouvernanten, Gesellschafterinen u. s. w?) Ebensowenig gehören zu den Dienstboten diejenigen 7) Ueber den hier maßgebenden Begriff der häuslichen Gemeinschaft vgl. oben Ziff. I. 8) Die Ammen zählen regelmäßig nicht zu den Dienst­ boten; denn neben ihrer Hauptaufgabe, der Ernährung und Pflege des Neugeborenen, erscheinen die ihnen etwa noch ob­ liegenden häuslichen Verrichtungen als nebensächlich und nicht entscheidend. Für diese Ansicht spricht auch der Umstand, daß das Polizeistrasgesetzbuch von 1371 (im Art. 66) die Ammen neben den Dienstboten ausdrücklich und besonders aufführt. Eine sehr verschiedene Stellung können die Hausmeister einnehmen. Dieselben erscheinen als Dienstboten, wenn sie einen bestimmten Lohn erhalten und bezüglich ihrer Wohnung und Verköstigung der Disposition der Herrschaft unterstehen. Außerdem kann eine andere Art der Dienstmiethe vorliegen (z. B. wenn der Hausmeister gegen freie Wohnung die Hausmeistergeschäste zu besorgen hat) oder auch das Verhältniß einer Sachmiethe gegeben sein (wenn der Hausmeister einen

§ 2.

Rechtliche Natur des Dienstverhältnisses.

9

Personen, welche zwar in eine Familie ausgenommen sind, um ausschließlich für diese häusliche oder landwirthschastliche Arbeiten zu verrichten, hiesür aber keinen bestimmten Lohn beziehen. Denn der Gesindemiethvertrag begründet immer ein Lohnverhältniß; wenn daher kein bestimmter Lohn vereinbart wurde, liegt weder ein Gestndemiethvertrag, noch ein Dienstverhält­ niß in dem hier maßgebenden Sinne Dor.9* )*10 * Endlich fallen nicht unter den Begriff des Dienst­ boten die Handwerksgesellen, Gewerbsgehilfen, Lehr­ linge und Fabrikarbeiter, auch wenn sie bei ihrem Ge­ werbsmeister, Lehr- oder Fabrikherrn wohnen.lü) III. Wie schon erwähnt, ist das durch den Gesindemiethvectrag zwischen den Parteien begründete gegenseitige Verhältniß als Dienstherrschaft und Dienst­ bote kein rein privatrechtliches, etwa wie dasjenige zwi­ schen Käufer und Verkäufer, Miether und Vermiether; entsprechenden Miethzins für die ihm angewiesene Wohnung zu zahlen hat). Auch als Gewerbsgehilfe kann der Haus­ meister betrachtet werden; vgl. unten Note 10. 9) In diesen Fällen kann möglicherweise eine andere Art der Dienstmiethe gegeben sein oder auch ein reines Wohlthätigkeitsverhältniß vorliegen. Vgl. Bl. f. A. P Bd. XXIV S. 139. 10) Von manchen Personen kann es zweifelhaft erscheinen, ob sie als Gewerbsgehilfen oder Dienstboten zu betrachten sind, so namentlich von den in Gasthöfen, Wirthschaften, Cafe­ häusern und ähnlichen Etablissements gedungenen Kellnern, Hausmeistern, Kutschern, Kellnerinen, Stubenmädchen u. dgl. Bediensteten. Wenn eine derartige Person auf Grund eines von ihr geführten Dienstbotenbuches und nicht aus­ schließlich zur gewerblichen Hilfeleistung, sondern auch zur Ver­ richtung häuslicher oder landwirthschaftlicher Arbeiten gedungen wurde, so ist sie bezüglich ihrer Rechte und Pflichten im Zweifel als Dienstbote anzusehen.

10 I. Kapitel. Natur u. Entstehung des Dienstverhältnisses, es hat vielmehr auch eine öffentlich rechtliche SeiteWegen der sozialen Wichtigkeit dieses Verhältnisses ist nämlich im öffentlichen Interesse dessen Regelung nicht lediglich der Willkür der Parteien überlasien, sondern es bestehen zur Ordnung und zum Schutze des­ selben bestimmte Vorschriften, welche für die Dienst­ herrschaften und die Dienstboten gewisse Rechte undPflichten sowohl gegen einander als auch gegenüber der Obrigkeit statuiren und deren Uebertretung mit Strafe und polizeilichen Zwangsmaßregeln bedroht ist. Faßt man das Gesagte zu einer Definition zu­ sammen, so ist „Dienstverhältniß" das durch freien Vertrag begründete und geregelte, gleich­ zeitig aber durch obrigkeitliche Vorschriften in bestimmter Weise geordnete Verhältniß zwischen zwei Parteien, nach welchem die eine in die häusliche Gemeinschaft der an­ deren ausgenommen ist, um ausschließlich dieser gegen bestimmten Lohn ihre ganze Arbeitsthätigkeit zur Verrichtung häuslicher oder landwirthschaftlicher Dienstleistungen zu widmen. § 3-

Wer kann sich als Dienstbote verdingen und wer Dienst­ boten halten? Als Dienstbote kann sich Jeder ohne Unterschied des Geschlechtes verdingen, der sich rechtswirksam durch Vertrag verpflichten fann.1)

B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 2 Nr. 1. — Ein Zwang, Dienste zu nehmen, besteht nicht. Früher konnten, damit das

§ 3. Wer kann Dienstbote sein u. Dienstboten halten. 11

Ausgeschlossen sind hienach solche Personen, denen es am genügenden Willen oder Verstände mangelt, wie Kinder und Wahnsinnige. ?) Minderjährige und unter Vormundschaft stehende Personen bedürfen zum wirk­ samen Abschlüsse des Dienstvertrages der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters ^Vaters, Vormundes ],3) Ehefrauen der Genehmigung ihres Ehemannes. Diese Zustimmung kann auf jede beliebige Weise erklärt und auch stillschweigend ertheilt werden, d. h. sie kann sich aus den Umständen von selbst ergeben. Wann dies anzunehmen sei, ist nach den Umständen des einzelnen Falles zu ermessen. Regelmäßig wird eine stillschweigende Einwilligung des Vaters, Vor­ mundes oder Ehemannes dann angenommen werden Publikum an den benöthigten Dienstboten nicht Mangel leide, ledige Manns- und Weibspersonen, welche zum Dienen taugten und von eigenen Mitteln nicht leben konnten, bei Strafe ge­ zwungen werden, sich Anderen zu Diensten zu verdingen. (Vgl. Anm. 2 zu Thl. IV Kap. 6 § 2 des B. L.-R. und D.-O. Art. 36). Auch waren die Dienstboten bei Arbeitshausstrafe gehalten, längstens innerhalb drei Wochen nach ihrem Dienst­ austritte in anderen Dienst zu treten oder wenigstens sich um einen solchen zu bewerben (vgl. Anm. zu Th. IV Kap. VI § 19 Nr. 1 des B. L.-R. und D.-O. Art. 36). In wiefern auch jetzt noch ein obrigkeitlicher Zwang in dieser Richtung ge­ übt werden kann, s. unten § 16 Ziffer I. *) B. L.-R. Th. IV Kap. I § 12 Nr. 1. Vgl., auch über das Folgende, Arnold, § 2. -) B. L.-R. Th. I Kap. VII § 17. 4) B. L.-R. Th. I Kap. VI § 27. — Die durch richter­ liches Urtheil von ihrem Manne geschiedene, sowie die that­ sächlich und mit Zustimmung ihres Mannes von diesem getrennt lebende Ehefrau bedarf dieser Einwilligung nicht. s) Vgl. Windscheid Th. 11 § 442 mit Th. I § 72.

12 I- Kapitel. Natur u. Entstehung des Dienstverhältnisses,

können, wenn die dienstsuchende Person in ihrem dermaligen Familienstande schon als Dienstbote gedient hat. Als besondere Bestimmungen sind zu bemerken: 1) Dienstboten dürfen sich bei Strafe nicht an mehrere Dienstherrschaften zugleich verdingen;^) 2) Personen, welche an einem ansteckenden Uebel leiden und sich unter Verheimlichung desselben als Dienstboten verdingen, sind strafbar.6 7) Dienstboten halten kann Jedermann, der sich durch Vertrag verpflichten kann und einen eigenen Hausstand führt. Verboten ist, wissentlich einen bereits verdungenen Dienstboten auf die nämliche Zeit für sich zu dingen. s) 6) P.St.-G.-B. Art. 1G6 Ziff. 2 und D.-O. Art. 9. (Vgl. unten § 15 lit. c Ziff. I.) Das Wort „zugleich" ist nicht von der Gleichzeitigkeit der Handlung, sondern von dem Verdingen auf ein und dieselbe Dienstzeit zu verstehen. (Vgl. Edel, Anm. 4 zu Art. 214.) Im Falle einer solchen mehrfachen Verdingung ist nur der mit der ersten Dienstherrschaft abgeschlossene Vertrag giltig und der Dienstbote verpflichtet, die von den anderen Dienst­ herrschaften etwa erhaltenen Darangelder zurückzugeben, sowie denselben allen verursachtenSchaden zu vergüten. (D.-O. Art. 9; vgl. auch unten 8 6 zu Anm. 5 und § 8 zu Ziff. 1.) Die Frage, ob in dem mehrfachen Annehmen von Daran­ geldern, ohne die Absicht in einen Dienst einzutreten, sondern lediglich um sich Darangelder zu verschaffen, der Thatbestand des Betruges (R.-St-G.-B. § 263) gelegen sei, ist durch E. des bayer. Cassat.-H. vom 28. Februar 1873 und 7. Juli 1873 (Stenglein N. F. Bd. II. S. 292 und Bd. III Beibl. S. 26), dann durch E. des bayer. App.-Ger. Nürnberg vom 17. April 1875 (Stenglein N. F Bd. V S. 116) verneinend entschieden. ") P.-St.-G.-B. Art. 66. Vgl. unten § 15 lit. a Ziff. II. s) P.-St. G.-B. Art. 108. Vgl. unten § 15 lit. c Ziff. I.

§ 4.

Wie wird der Dienstvertrag abgeschlossen?

13

§ 4. Wie wird der Dienstvertrag abgeschloffen?

-

l. Der Dienstvertrag wird durch frei­ willige Uebereinkunft zwischen der Dienst­ herrschaft und dem D ienstboten geschlossen. Hierbei ist es dem freien Privatübereinkommen der Parteien überlassen, welche Vertragsbestimmungen in Bezug auf Lohn, Kost, Diensteintritt, Kündigung und dergleichen von ihnen vereinbart werden wollen.

Die Festsetzung unsittlicher Bedingungen jedoch macht den Vertrag nichtig*) und ist überdieß für die Dienst­ herrschaft wie für den Dienstboten mit Strafe bedroht.?) Ebenso ist die Eingehung eines blos scheinbaren Dienst­ verhältnisses (Scheindienst) nicht nur rechtlich unwirksam, sondern auch bei Strafe verboten/*) II. Der Vertrag gilt als abgeschlossen (perfekt), wenn über die wesentlichen Punkte des Geschäftes —Leistung und Gegenleistung — di e Willenseinigung der Parteien erzielt und die Absicht, sich zu binden, ge­ genseitig kundgegeben worden ist5) ’) B. L.-R. Th. IV Kap. I Z 8 Nr. 1, Z 16 Nr. 1 unb Anm. 4. *) P.-St.-G.-B. Art. 109. Vgl. unten § 15 lit. c. -) B. L.-R. Th. IV Kap. I § 5 Nr. 4. Vgl. unten Ziff. IV a. E. *) P.-St.-G.-B. Art. 109 Abs. II. Vgl. unten § 15 lit. c. ») B. L.-R. Th. IV Kap. I tz 5 Nr. 1. Vgl. oben § 2 und über die ganze Materie Arnold § 4.

14 I. Kapitel. Natur u. Entstehung des Dienstverhältnisses.

Solange diese Willenseinigung nicht erzielt und gegenseitig erklärt ist, liegen unverbindliche Vorverhand­ lungen vor, welche jeder Partei den Rücktritt offen lassen. Dies gilt namentlich dann, wenn eine Partei den endgiltigen Vertragsabschluß von der Zustimmung einer dritten Person abhängig macht oder sich eine Bedenk­ frist vorbehält. Im letzteren Falle ist diejenige Partei, welche die Bedenkfrist gewährte, an ihr VertragsanerLieten bis zum Ablaufe dieser Frist gebunden, wenn sie sich nicht ausdrücklich freie Hand gewahrt hat. Mit Ablauf der Frist ist keine Partei mehr an das Aner­ bieten gebunden, wenn in der Vorverhandlung nicht gerade vereinbart wurde, daß, wenn innerhalb der Frist keine Erklärung erfolgt, der Vertrag als abgeschlossen zu gelten habe. Ist über Leistung und Gegenleistung Einigung er­ zielt , so kann die Vereinbarung über unwesentliche Nebenpunkte b), über welche noch Meinungsverschiedenheit besteht, späteren Uebereinkommen vorbehalten werden, ohne daß die Vollendung des Vertrages hiedurch auf­ gehalten wird. III. Der Gesindemiethvertrag kann unter Anwesenden oder unter Abwesenden (brief­ lich oder durch Boten) abgeschlossen werden. Im ersteren Falle kann derjenige, welcher das An­ erbieten macht, sofortige bindende Anwort der Gegen­ partei verlangen, widrigenfalls er an seinen Antrag nicht weiter gebunden ist6 7) 6) Z. B. wie oft der Dienstbote ausgehen dürfe u. dgl. m. ’) Dgl. H.-G.-B. Art. 318. Windscheid Th. II § 307 Ziff. 4 und Anm. 14. Arnold a. a. O.

§ 4.

Wie wird der Dienstvertrag abgeschloffen?

15

Wenn dagegen der Vertrag brieflich abgeschlossen rverden will, so ist derjenige, welcher den Vertragsantrag macht, so lange an denselben gebunden, als er bei ordnungsmäßiger rechtzeitiger Absendung der Antwort das Eintreffen der letzteren erwarten darf, soferne er nicht selbst eine bestimmte Frist sür diese Anwort fest­ gesetzt hat.^) Trifft die rechtzeitig abgesandte Antwort verspätet ein, so bleibt der Anerbietende gleichwohl an seinen Antrag gebunden, wenn er nicht inzwischen schon von seinem Rücktritte Nachricht gegeben hat oder doch sofort nach Eintreffen der Antwort Nachricht gibt.9* )*10 *** Schließt der Anerbietende vor Eintreffen der Antwort den Vertrag mit einer anderen Partei ab, so hat er den für die erstere hierdurch etwa entstehenden Schaden zu ersetzen. Der Widerruf des Vertragsantrages ist nur solange zulässig, bis die Annahme desselben von der Gegen­ partei erklärt ist. Die Annahme des Antrages kann widerrufen werden, bis die Erklärung derselben an den Antragsteller gelangt ist.1u) In bloßen Anfragen, ob Jemand einen Dienstboten dingen oder sich als Dienst­ bote verdingen wolle, liegt noch kein Vertragsantrag; dieser muß vielmehr schon die wesentlichen Bestimmungen des Vertrages — Arbeitsleistung und Lohn — enthalten. s) Vgl. Art. 319. Wmdscheid a. a. O. — Ob die Antwort rechtzeitig abgesandt, ist im einzelnen Falle Sache des richterlichen Ermeffens. Umgehende Antwort kann der An­ tragsteller nicht verlangen, er muß vielmehr eine billige Bedenksrist einräumen. Vgl. Arnold a. a. O. 9) Vgl. Wmdscheid a. a. O. und Arnold. 10) Vgl. Wmdscheid Th. II § 307 Ziff. 1.

16 I. Kapitel. Natur u. Entstehung des Dienstverhältnisses.

Der Vertrag unter Abwesenden gilt als abgeschlossen von dem Zeitpunkte an, als die Antwort an den An­ tragsteller gelangt ist"), vorausgesetzt, daß der Antrag von der Gegenpartei in allen Punkten angenommen wurde. Eine bedingte oder sonst beschränkte Annahme ist keine Annahme, sondern eine Ablehnung verbunden mit einem neuen Anträge.12) IV. Der Abschluß des Gesindemiethvertrages bedarf keiner besonderen Form.

Der Vertrag kann mündlich wie schriftlich abge­ schlossen werden.") Unter Anwesenden bildet der nur mündliche Vertragsabschluß die Regel. Auch stillschwei­ gender Vertragsabschluß ist möglich und kommt nament­ lich bei Wiedererneuerung des Vertrages nach Ablauf der Zeit, für welche er ursprünglich eingegangen war, häufig vor.") Der Vertrag kann auf bestimmte oder auf unbe­ stimmte Zeit abgeschlossen werden. Im ersteren Falle ist entweder die Dienstzeit nach Tagen, Wochen, Mo­ naten, Jahren genau festgesetzt oder vereinbart, daß dieselbe bis zu einem zweifellos eintretenden Ereignisse (z. B- bis zur Abreise der Herrschaft) währen solle.15) u) Für diese Ansicht in der viel bestrittenen Frage: Wind­ scheid u. a. O. § 306 u. Anm. 3. Vgl. auch Arnold a. a. O. lz) Vgl. Windscheid Th. TI § 307 Ziff. 5 u. Anm. 15. B. L.-R. Th. IV Kap. I 8 6 Nr. 1. 14) Vgl. unten § 12 Mit dem Ablaufe der festgesetzten Zeit, bezw. mit dem Eintritte des fraglichen Ereignisses erlischt der Dienstvertrag von selbst, wenn keine stillschweigende Bertragserneuerung statt­ findet. Vgl. unten 8 10 zu Anm. 7.

§ 5.

Gesetzliche Dienstzeit.

17

Der Dienstvertrag ist dagegen aus unbestimmte Zeit abgeschlossen, wenn kein Endtermin für die Dienstzeit festgesetzt wurde.16) Der äußerlich richtig abgeschlossene Gesindemiethvertrag kann, wie jeder andere Vertrag, unwirksam sein oder angefochten werden wegen Mangels der wesent­ lichen Voraussetzungen eines jeden Vertrages, also wegen Mangels des ernstlichen oder freien Willens, wegen Scheingeschäftes, Zwanges, Irrthums, Betrugs u. s. f.17) § 5.

Gesetzliche Dienstzeit. Der Mangel einer ausdrücklichen Vereinbarung über Anfang und Ende der Dienstzeit *) macht den Vertrag nicht unwirksam ; es kommen in solchen Fällen viel­ mehr die in der Dienstbotenordnung festgesetzten oderortsüblichen Termine für den Dienst-Ein- und Aus­ tritt in Anwendung. Die Dienstbotenordnung bestimmt, daß der DienstEin- und Austritt in Ermangelung vertragsmäßiger ie) In diesem Falle erlischt der Vertrag erst dann, wenn eine rechtzeitige Kündigung vorhergegangen ist. Vgl. unten § 10 Ziff. III. Ueber den Fall, wenn ein Anfangstermin für die Dienstzeit nicht ausdrücklich festgesetzt wurde, vgl. unten § 5. ") B. L.-R. Th. IV Kap. I § 5 3lr. 2 u. 4, § 25. — Z. B. wenn der Dienstbote bei Abschluß des Vertrages ver­ schwieg, daß er sich für die nämliche Zeit bereits an eine an­ dere Dienstherrschaft verdungen hatte. Vgl. auch unten § 7 Anm. 8 und § 11 lit. c. Vgl. oben § 4 zu Anm. 16. Meixner, das Dicnstbotenwcsen in Bayern.

2

18 L Kapitel. Ngtur u. Entstchung des Dienstverhältnisses.

Festsetzung nur an bestimmten Terminen, sogenannten Zielen, stattfinden darf. Als solche Termine gelten für landwirthschaftliche Dienstboten die Ziele Lichtmeß und Michaeli, sür nichtlandwirthschaftliche Dienstboten die Ziele Lichtmeß, Georgi, Jakobi und Michaeli.2)3 Die vielfach herrschende Ansicht, daß der Dienstvertrag, wenn nicht ausdrücklich Anderes vereinbart wurde, monatweise gelte, so daß der Dienst-Ein- und Austritt je am ersten Monatstage zu erfolgen habe oder die Dienstzeit sich nach Monaten vom Eintrittstage berechne (z. B. vom 8. Mai zum 8. Juni, 8. Juli u. s. f.), ist un­ begründet.^) Nur bezüglich der Livroe - Dienerschaft gilt nach einem bereits von der Dienstbotenordnung anerkannten Gewohnheitsrechte bei dem Mangel ver­ tragsmäßiger Festsetzung monatweise Dienstzeit.*) Wurden von den Parteien beim Vertragsabschlüsse über die Dauer des Dienstverhältnisses keine ausdrück­ lichen Bestimmungen getroffen, wohl aber Kündigungs­ termine vereinbart, so gilt der Dienstvertrag als von 2) D.-O. Art. 2 u. 4. 3) Die Annahme einer monatweisen Dienstzeit könnte nur für jene Orte zutressen, an welchen sich im Gegensatze zu den Vorschriften der Dienstbotenordnung ein nachweisbares Ge­ wohnheitsrecht nach dieser Richtung ausgebildet hätte. Für München speziell ist ein solches Gewohnheitsrecht nicht nach­ weisbar, weshalb daselbst in Ermangelung vertragsmäßiger Festsetzung der Dienstzeit (oder der Kündigungstermine) ledigUch die vorbezeichneten Ziele der Dienstbotenordnung maß­ gebend sind. *) D.-O. Art. 5.

§ 6.

Das Darangeld.

19

einem Kündigungstermine zum anderen abgeschlossen; bei vereinbarter einmonatlicher Kündigung wird also auch einmonatliche Dienstzeit angenommen.^) Dagegen begründet die etwaige Vereinbarung mo­ natlicher Lohnzahlung keineswegs die Annahme monat­ weiser Dienstzeit. §) Es ist übrigens den Di enstherrschasten wie den Dienstboten zur Vermeidung nach­ träglicher Differenzen dringend zu em­ pfehlen, die vertragsmäßige Festsetzung der Dienstzeit nicht zu verabsäumen.

§ 6. Das Darangeld. Beim Abschlüsse des Gesindemiethvertrages wird seitens der Dienstherrschaft dem künftigen Dienstboten gewöhnlich ein Handgeld (Ding-, Häftl- oder Daran­ geld) gegeben. Das Geben und Nehmen dieses Dinggeldes ist aber nicht eine zur Vollendung des Vertrages nothwendige Förmlichkeit, sondern hat, wenn nicht ausdrücklich An­ deres vereinbart ist, nur die Bedeutung, daß es ein Zeichen für das Zustandekommen des Vertrages sein soll, i) Es kann daher kein Theil, weil ein Daran­ geld nicht gegeben wurde, die Erfüllung des Vertrages verweigern.

5) Vgl. unten § 10 zu Anm. 6) Vgl. unten § 10 zu Anm. x) Das Darangeld ist arrha L.-R. Th. IV Kap. I § 11 und Th. II § 325 und Arnold § 5.

10. 1L pacto perfecto data. B. Anm. 1. Vgl. Windscheid

20 I-

Kapitel. Natur u. Entstehung deS Dienstverhältnisses.

Die noch immer verbreitete Meinung, daß der Dienstbote durch Zurückgabe des erhaltenen Dinggeldes (binnen vierund­ zwanzig Stunden oder auch binnen drei Tagen) einseitig vom Vertrage zurücktreten könne, ist durchaus irrthümlich.?) Andrerseits kann auch das vom bayerischen Landrecht ermähnte Her­ kommen, 2 3)4 wonach „die Reue auf Seiten der Herrschaft statt hat, wenn sie das gegebene Häftlgeld mit Rücken ansehen will" (d. h. also, daß die Dienstherrschaft durch Verzicht aus das von ihr gegebene Darangeld den Ver­ trag einseitig auflösen könne), nicht mehr als zu Recht bestehend erachtet werden. Bezüglich des Darangeldes ist noch zu erwähnen: 1) dasselbe soll den zwanzigsten Theil des Lohnes nicht übersteigen; '') 2) es wird.gewöhnlich nicht als Vorausbezahlung am Lohne betrachtet und an diesem in Abzug gebracht; 3) es muß vom Dienstboten zurückgegeben werden, wenn der Vertrag in Folge eines gesetzlichen Grundes vor Beginn des Dienstverhältnisses rückgängig wird. "') 2) Allerdings wird die vorbehaltlose Zurücknahme des Darangeldes seitens der Dienstherrschaft als Einwilligung der­ selben in die Vertragsaufhebung anzusehen sein. Vgl. unten § 10 Ziff. I. 3) B. L.-R. Th. IV Kap. 1 § 11 Anm. 1. 4) D.-O. Art. 6. 6) B. L.-R. Th. IV Kap. I 8 11 und Anm. 1. Z. B. wenn der Dienstbote sich vorher schon für die gleiche Dienstzeit an eine andere Herrschaft verdungen hatte. Vgl. oben § 3 Anm. 6 und unten 8 8 zu Ziff. 1.

II. Kapitel. Wirkungen Les GefinLemirthnrrtrnges. § 7. Im Allgemeinen.

Ist der Gesindemiethvertrag rechtsgiltig abgeschlossen, so kann keine Partei einseitig mehr davon zurücktreten, vielmehr ist jeder Theil verpflichtet, die aus dem Ver­ trage entspringenden Verbindlichkeiten zu erfüllen. *) Die hier und da noch bestehende Ansicht, daß inner­ halb der ersten vierzehn Tage nach dem Eintritte eines Dienstboten das Dienstverhältniß einseitig gelöst werden könne, ist irrig und weder der Dienstherrschaft die Entlassung des Dienstboten noch diesem der Austritt aus dem Dienste ohne Zustimmung des anderen Theiles gestattet.2) Die Wirkungen des Dienstverhältnisses sind wie dieses selbst theils privatrechtlicher, theils sittlicher und öffentlich rechtlicher Natur.3) n B. L.'R. Th. IV Kap. XV § 11 Nr. 2. — D.-O. Art. 7. Vgl. auch oben § 6. 2) Etwas Anderes ist es, wenn ausdrücklich eine Probe­ zeit vereinbart wurde, oder die einseitige Auflösung des Dienst­ verhältnisses aus einem gesetzlichen Grunde erfolgt. (Vgl. unten § 11) 3) Vgl. oben § 2.

22

II- Kapitel.

Wirkungen des Gesindemieihvertrages.

In ersterer Beziehung entscheiden zunächst die ver­ tragsmäßigen Vereinbarungen über die Art und den Umfang der jeder Partei obliegenden Verbindlichkeiten. Ist der Umfang der Verpflichtungen vertragsmäßig nicht genügend festgestellt, so entscheidet das Gesetz und in Ermangelung besonderer gesetzlicher Bestimmungen das richterliche Ermessen. Im Allgemeinen ist der Dienstbote verpflichtet, die versprochenen Dienste zu leisten; die Dienstherrschaft, die zugesagte Löhnung und Verköstigung zu reichen. Jede Partei haftet der anderen sowohl für Arglist (dolus), als auch für Nachlässigkeit (culpa), d. h. jeder Theil muß dem anderen denjenigen Schaden ersetzen, den er ihm böswilliger oder fahrlässiger Weise zufügt. 4) Während jedoch die böswillig zugefügte Beschädigung unter allen Umständen zum Schadensersätze verpflichtet, hängt diese Verpflichtung bei fahrlässigen Beschädigungen von dem Grade der bewiesenen Nachlässigkeit ab. Man unterscheidet nämlich die grobe Nachlässigkeit (culpa lata), d. i. die Verabsäumung der allergemeinsten, von jedem vernünftigen Menschen zu verlangenden Sorgfalt, dann die leichte Nachlässigkeit (culpa levis), d. i. die Außerachtlassung derjenigen Sorgfalt, die ein ordent­ licher, fleißiges Mensch durchschnittlich zu beachten pflegt, und die ganz geringfügige Nachlässigkeit (culpa levissima), d. i. der Mangel jener Sorgfalt, die nur einem höchst vorsichtigen und aufmerksamen Menschen zuge­ traut werden kann. Nur die beiden ersten Grade der 4) B. L.-R Th. IV Kap. I § 20 a. A. und Nr. 1; Kap. VI § 11 Nr. 1 und 2. Windscheid Th. II § 401.

§

7.

Im Allgemeinen.

23

Nachlässigkeit begründen eine Schadensersatzpflicht, nicht auch der letztere. Die Beurtheilung des Grades der Nachlässigkeit hängt übrigens immer von der Beschaffenheit der Person und von den die Handlung oder Unterlassung beglei­ tenden Umständen ab und ist im einzelnen Falle Sache des richterlichen Ermessens. Für den Schaden, welcher einer Partei durch Zu­ fall oder durch ein von der anderen Partei nicht ab­ wendbares fremdes Verschulden zugefügt wird, ist die letztere nicht verantwortlich. 7) Der Dienstbote insbesondere haftet der Herrschaft auch dafür, daß er die Fähigkeiten, zu welchen er sich ausdrück­ lich oder stillschweigend bekannt hat, wirklich besitze. 8) s) B. L -R. Th. IV Kap. I § 20 Nr. 2 und 3. — Die bloße Ungeschicklichkeit des Dienstbolen (durch welche der Dienst­ herrschaft gemeiniglich der meiste Schaden zugeht) wird in den seltensten Fällen als schuldhafte Nachlässigkeit zu erweisen sein. 6) B. L.-R. a. a. O. Nr. 3. — In dem Zerbrechen eines Geschirres z. B. kann sowohl eine Böswilligkeit, als eine grobe oder leichte Nachlässigkeit, möglicher Weise aber auch nur eine ganz geringfügige Nachlässigkeit oder bloße Ungeschicklichkeit deß Dienstboten gelegen sein. 7) B. L.-R. a. a. O. Nr. 5 und Anm. d zu Kap. VI § 11. — Wenn z. B. der Dienstherrschaft Kleider gestohlen werden, welche der Dienstbote zum Ausputzen erhalten und vor der Hausthüre unbeaufsichtigt hängen gelassen hat, so ist dieser ersatzpflichtig, weil er bei pflichtgemäßer Sorgfalt den Diebstahl abgewenvet hätte. Dagegen ist er nicht verantwort­ lich, wenn aus der seiner Obhut anvertrauten Wohnung mittelst Einbruchs oder Nachschlüssels der Dienstherrschaft etwas ent­ wendet wird. *) Vgl. Windscheid Th. II § 401. — Hat der Dienst­ bote z. B. beim Vertragsabschlüße ein körperliches Gebrechen

24

IL Kapitel.

Wirkungen des Gefindemiethvertrages.

§ 8.

Pflichten der Dienstboten im Besonderen. Die Dienstboten sind verpflichtet:

1) rechtzeitig in den Dienst einzutreten;

2) die ganze vertragsmäßige oder gesetzliche Dienst­ zeit bei ihrer Herrschaft auszuhalten; 3) die ihnen übertragenen Arbeiten unweigerlich, mit Treue, Fleiß, Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit zu leisten; 4) ihrer Dienstherrschaft Ehrerbietung und Gehor­ sam zu erweisen;

5) einen geordneten, religiösen benswandel zu führen;

und sittlichen Le­

6) wenn sie von einer ansteckenden Krankheit be­ fallen werden, dies der Herrschaft nicht zu ver­ heimlichen ;

7) soferne sie schulpflichtig sind, die Schule und Christenlehre fleißig zu besuchen;

8) im Falle sie sich weiter verdingen, ihrer Dienst­ herrschaft rechtzeitig aufzukündigen.

verschwiegen, das ihn arbeitsuntüchtig macht, oder besondere Fähigkeiten vorgegeben, die er nicht besitzt, so ist er zum Er­ sätze des der Dienstherrschaft hierdurch etwa verursachten Schadens verpflichtet. Ueber die Unwirksamkeit oder Anfecht­ barkeit des Dienstvertrages in solchen Fällen vom Gesichts­ punkte des Irrthums oder Betrugs vgl. oben § 4 Ziff. IV a. E.

§ 8.

Pflichten der Dienstboten im Besonderen.

25

Zu 1 Der Dienstbote ist gehalten, rechtzeitig, d. h. zur vertragsmäßig bedungenen oder gesetzlichen Zeit seinen Dienst anzutreten. *) Hat sich ein Dienstbote beigehen lassen, sich an mehrere Dienstherrschaften zugleich zu verdingen, so ist er bei jener einzutreten schuldig, welche ihn zuerst ge­ dungen hat.2) Dienstboten, welche ohne genügenden Rechtfertigungs­ grund nicht rechtzeitig in Dienst eintreten, können auf Antrag der Dienstherrschaft gerichtlich abgestraft und überdieß von der Polizeibehörde zwangsweise in den Dienst eingeschafft werden?) Die Dienstherrschaft braucht sich nicht mit der Stellung eines Ersatzmannes abfinden zu lassen, auch ist sie nicht verpflichtet, den Dienstboten, welcher den rechtzeitigen Diensteintritt schuldhaft verfäumt, später noch in ihren Dienst aufzunehmen.4) !) D.-O. Art. 7. Vgl. oben § 5. — Die aus dem Lande früher übliche sog. „Schlenkelweil", nach welcher der Dienst­ bote, der von einem Dienst in den andern ging , zwei Tage vor dem Ziele aus- und zwei Tage nach dem Ziele einstehen durste, um während dieser vier freien Tage seine persönlichen Angelegenheiten zu besorgen, (vgl. Anm. 4 lit. g zum B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 16), kann nicht mehr als zu Recht bestehend erachtet werden. Vgl. D.-O. Art. 2. 2) Vgl. oben § 3 Anm. 6. -) P.-St.-G.-B. Art. 106 Ziff. 3 und Abs. III und IV. Vgl. D.-O. Art. 7 und unten §§ 15 und 16. — Ueber die Prüfung, ob ein genügender Rechtfertigungsgrund vorliegt, vgl. unten § 15 Anm. 6 und § 18 zu lit. a Ziff. 3. 4) Vgl. über das Recht der Dienstherrschaft zur einseitigen Auflösung des Dienstverhältnisses in solchem Falle unten § 11 Anm. 1.

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H. Kapitel.

Wirkungen des Gesindemiethvertrages.

Zu 2. Dienstboten, welche ohne genügenden Rechtfertigungs­ grund vor Ablauf der bedungenen oder gesetzlichen Dienst­ zeit den Dienst eigenmächtig verlassen, sind gleich den­ jenigen, welche den Diensteintritt verweigern, mit Strafe und zwangsweiser Einschaffung bedroht.5) Beides findet auch hier nur auf Antrag der Dienstherrschaft statt.6)

Die Strafe erhöht sich und ist von einem Straf­ antrage nicht mehr abhängig, wenn ein bereits polizei­ lich eingeschaffter Dienstbote sich hierauf nochmals wider­ rechtlich dem nämlichen Dienste entzieht. 7) Einer besonderen Bestrafung unterliegen landwirthschaftliche Dienstboten, wenn sie ohne ge­ nügenden Rechtfertigungsgrund zur Erntezeit oder zur Saat- und Ausbauzeit den Dienst verlassen. Diese Bestimmung erstreckt sich auch auf landwirtschaftliche s) P.-St -G-B. Art. 106 Ziff. 4 und Abs. III und IV. Vgl. unten 88 15 und 16. Die Entfernung aus dem Dienste ist nicht strafbar, wenn sie wegen eines genügenden Grundes geschieht. Ein solcher liegt z. B. auch in der Nichtgenehmig­ ung des Dienstvertrages durch den Vater, in besten Gewalt der Dienstbote noch steht lE. v. 25. Novbr. 1873 bei Stenglein N. F. Bd. III Beibb S. 72). Vgl. unten § 11 lit b. €>) Ueber das Recht der Dienstherrschaft zur sofortigen Auflösung des Dienstvertrages s. unten § 11 Anm. 1. ’) P.-St.'G.'B. Art. 106 Abs. VI. — Die verschärfte und von einem Anträge unabhängige Strafandrohung soll das wiederholte ungerechtfertigte Entlaufen aus ein- und demselben Dienste möglichst verhüten (vgl. Riedel Anm. 5 zu Art. 106). — Darüber, ob auch eine wiederholte polizeiliche Einschaffung in ein und denselben Dienst statt hat, vgl. unten § 16 zu Anm. 7.

§ 8.

Pflichten der Dienstboten im Besonderen.

27

Taglöhner, welche auf längere Zeit in Beschäftigung genommen finb.8) Neben der Strafe kann polizeiliche Einschaffung erfolgen; Beides setzt einen Antrag der Dienstherrschaft voraus. 9)

Zu 3. Dienstboten, welche an Werktagen das Arbeiten ver­ weigern, werden auf Antrag der Dienstherrschaft zur Strafe gezogen. Den Werktagen stehen die abgeschafften Feiertage gleich.10) Auch an den Sonn- und wirklichen Feiertagen sind die Dienstboten verpflichtet, die ihnen obliegenden Ge­ schäfte zu verrichten, und haben im Weigerungsfälle auf gestellten Antrag Bestrafung zu gewärtigen.") Ueber das Verbot, zur Arbeitszeit in Wirthshäusern sich herumzutreiben, wird unten zu Ziffer 5 das Nähere erörtert werden. In wie weit die Dienstboten für einen aus Bosheit, Nachlässigkeit ober Ungeschicklichkeit k) D. h. auf solche Dienstverhältnisse, welche zwar nicht aus einem formellen Vertragsabschlüsse beruhm, aber nach der Ortsübung gleichwohl als auf längere Dauer berechnet anzusehen sind (vgl. Riedel Anm. 2 zu Art. 106). 0 P.-St.-G.-B. Art. 106 Abs. II und V. Vgl. unten §§15 und 16. — Die strengere Strafe für das Entlaufen zu den oben bezeichneten Zeiten ist darin begründet, daß zu denselben die landwirthschaftlichen Arbeiten besonders dringend sind. !“) P.-St.-G.-B. Art. 106 Zifs. 5. Vgl. unten § 15. n) P.-St.-G.-B. a. a. O. — Diese Bestimmung hat be­ sonders Bedeutung für die ländlichen Verhältnisse, wo nament­ lich während der Einbringung der Ernte, bei der Weinlese u. s. w. oft auch an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden

28

II. Kapitel.

Wirkungen des Gefindemiethvertrages.

bei der Arbeit angerichteten Schaden der Dienstherr­ schaft ersatzpflichtig sind, wurde bereits oben auseinan­ dergesetzt. 12)

Zu 4. Die Dienstboten sind der Dienstherrschaft untergeben und haben nicht nur deren ausdrückliche Befehle zu be­ folgen, sondern auch die bestehende Hausordnung ein­ zuhalten. Dienstboten, welche hartnäckigen Ungehorsam oder Widerspenstigkeit gegen die Befehle der Dienstherrschaft oder deren Stellvertreter sich zu Schulden kommen lassen, oder gegen dieselben die Pflicht der schuldigen Achtung gröblich verletzen, können auf gestellten Antrag zur Strafe gezogen und von der Dienstherrschaft sofort entlassen werden.")

12) S. oben § 7. ») P.-St.-G.-B. Art. 106 Ziff. 7. D.-O. Art. 11. Vgl. unten §§11 und 15. — Nach dem B. L.-R. Th. 1 Kap. IV § 4 ist außerdem „dem Hausvater eine mäßig- und ver­ nünftige Züchtigung in kleinen und das Hauswesen betreffenden Sachen gegen die Dienstboten vorzunehmen nicht verwehrt." — Aus den im Gesetze gebrauchten Beiworten „hartnäckig" und „gröblich" geht übrigens hervor, daß nicht jeder Widerspruch und nicht jede unziemliche Aeußerung des Dienstboten die Dienstherrschaft zum Strafantrage oder zur sofortigen Ent­ lassung des Dienstboten berechtigt, daß vielmehr nur eine fortgesetzte Unbotmäßigkeit bezw. eine grobe Ungebührlichkeit diese Folgen nach sich zieht. Im einzelnen Falle ent­ scheidet hierüber das richterliche Ermeßen. Vgl. auch unten §11 lit. a.

§ 8.

Pflichten der Dienstboten im Besonderen.

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Zu 5. Die Pflicht, einen geordneten und gesitteten Lebens­ wandel zu führen, ist zwar zunächst nur eine sittliche Pflicht, hat aber auch eine nicht unwesentliche rechtliche und praktische Bedeutung. Einerseits nämlich sind ge­ wisse sittliche Ausschreitungen der Dienstboten ausdrück­ lich unter Strafe gestellt, andrerseits begründen dieselben für die Dienstherrschaft je nach den Umständen das Recht zur sofortigen Entlastung des Dienstboten und für den letzteren den Verlust derjenigen Vortheile, mit welchen gesetzlich oder von Vereinen und Corporationen solche Dienstboten belohnt werden, welche eine längere Reihe von Jahren ein und derselben Dienst­ herrschaft zur Zufriedenheit gedient haben.") Gerichtlicher Abstrafung unterliegen Dienstboten, wenn sie sich zur Arbeitszeit in Wirthshäusern, auf Spielplätzen oder in Winkelkneipen Herumtreiben,14 15)* ebenso, wenn sie ohne Erlaubniß der Dienstherrschaft oder deren Stellvertreter Jemanden beherbergen oder zur Nachtzeit die Behausung ordnungswidrig verlassen.") Eines Strafantrages bedarf es in diesen Fällen nicht. Die Polizeibehörde ist befugt, das Umhertreiben der Dienstboten in Wirthshäusern und deren nächtliches Ausschwärmen durch vorläufige Festnahme derselben ab­ zustellen. 17) 14) Ueber das Recht zur sofortigen Entlassung vgl. unten § 11; über die Belohnung langgedienter Dienstboten § 20. «) P.-St.-G.-B. Art. 106 Ziff. 6. Dgl. unten § 15 lit. a. ") P.-St.-G.-B. Art. 106 Ziff. 8. Vgl. unten § 15 lit a. 17) Art. 102 des Ausf-G. z. St.-P.-O. Dgl. unten § IG Ziff. HI

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H. Kapitel.

Wirkungen des Gefindemiethvertrages.

Besondere Vorschriften bestehen noch für das Ver­ halten schulpflichtiger Dienstboten. Denselben ist der Besuch von Wirthshäusern jeder Art nur mit Erlaub­ niß der Dienstherrschaft gestattet, der Besuch öffentlicher Tanzunterhaltungen aber unbedingt (selbst wenn die Dienstherrschaft denselben erlaubt haben sollte) verboten.

Zu 6. Gleichwie der Dienstbote strafbar ist, welcher an einem ansteckenden Uebel leidend mit Verheimlichung desselben sich in einen Dienst verdingt,19 * *)** so * * wird auch derjenige zur Strafe gezogen, welcher eine solche Er­ krankung, von der er im Dienste befallen wird, der Dienstherrschaft verheimlicht. Die Polizeibehörde ist außerdem befugt, gegen einen solchen Dienstboten die erforderlichen Maßnahmen wegen Absonderung und Heilung desselben vorzukehren.

Zu 7. SchulpflichtigeDienstboten,21) welche den Besuch der Sonntagsschule oder der dieselbe vertretenden Fortbild") P.-St.-G.-B. Art. 56 Abs. II. Vgl. unten § 15 lit. c. Wenn die Dienstherrschaft dem schulpflichtigen Dienstboten den Besuch eines Wirthshauses erlaubt, so hat sie dafür zu sorgen, daß dieser Besuch nicht ohne gehörige Aussicht stattfinde. Vgl. unten Z9z. Ziff. 4 und Anm. 33. 19) S. oben H 3 zu Anm. 7. xo) P.-St.G.-B. Art. 66. Vgl. unten §§ 15 und 16. 21) Die Schulpflicht ist eine doppelte: eine Werktagsschul-. pflicht und eine Sonntagsschulpflicht. Erstere beginnt vom zurückgelegten sechsten Lebensjahre und dauert bis zu der nach

§ 8.

Pflichten der Dienstboten im Besonderen.

31

ungsschule, oder während ihrer allgemeinen Sonntags­ schulpflicht den vorgeschriebenen Besuch -es öffentlichen Religionsunterrichtes aus eigenem Verschulden verab­ säumen,^^) werden zunächst von der Ortsschulbehörde nach Maßgabe der bestehenden Schulordnung gestraft und vor weiteren Versäumniffen verwarnt.^) Setzt der Dienstbote dem

ungeachtet die

schuldhafte Versäumniß

siebenjährigem Schulbesuche erfolgreich erstandenen Schluß­ prüfung. Nach Entlassung aus der Werktagsschule beginnt die Sonn- und Feierlagsschulpflicht, welche einen Zeitraum von drei Jahren umfaßt. Die Entlassung aus derselben findet nur nach erfolgreich erstandener Schlußprüfung statt. Sowohl die Werktags^ wie die Feierlagsschulpflicht kann auf die Dauer je eines weiteren Schuljahres verlängert werden, wenn die Schulpflichtigen bei der Prüfung sich als nicht hinreichend unterrichtet zeigen und im Schulbesuche nachlässig waren (Aller­ höchste Verordnung vom 5. Novbr. 1880 „die Aufnahme in die Volksschule und die Entlassung aus derselben betr." Ges.u. V.-Bl. S. 624). 22) Trifft das Verschulden nicht die sonntagsschulpflichtigen Dienstboten, sondern deren Dienstherrschaft, so ist nur diese strafbar. Für die Schulversäumniffe werktagsschulpflichtiger Dienstboten ist ebenfalls nur die Dienstherrschaft verantwortlich. Vgl. unten § 9 z. Ziff. 5. Zur Controle des Schulbesuches ist angeordnet, daß kein schulpflichtiges Individuum außerhalb seines Schulsprenqels in Dienst treten oder angenommen werden darf, ohne von der Lokalschulinspektion des Heimatsortes und der einschlägigen Distriktsschulinspektion oder Lokalschulkommission eine Dispen­ sation zum Besuche einer auswärtigen Schule erlangt zu haben. Diese Dispensation ist von den Eltern, Vormündern oder Angehörigen des Schulpflichtigen bei der treffenden Lokal­ schulinspektion nachzusuchen. Die Distriktsschulinspektion bezw. Lokalschulkommission, welcher die Heimatschule des Dienstboten untersteht, stellt diesem den erforderlichen Erlaubnißschein aus und überweist den Schulpflichtigen gleichzeitig der Schulbehörde

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11. Kapitel.

Wirkungen des Gesindemicthvertrages.

fort, so tritt auf Anzeige der Schulbehörde gerichtliche Abstrafung ein.24)

des beabsichtigten Aufenthaltsortes desselben. Der überwiesene Schulpflichtige hat seinen Erlaubnißschein der Dienstherrschaft auszuhändigen, welche ihn an die Lokalschulinspektion abzu­ liefern hat. Die Ortspolizeibehörden haben außerdem von jedem Zu­ gang eines schulpflichtigen Dienstboten in der Gemeinde, sowie von dessen Wiederentsernung der Lokalschulinspektion Kenntniß zu geben. (R.-E. v. 30. Aug. 1873 s^K.-A.-Bl. S. 1228]. Dgl. auch Döllinger Bd. IX S. 1462.) Das Verfahren bei Schulverjäumnissen ist folgendes: An jeder Werktags- und Sonntagsschule, dann an jeder die Sonntagsschule vertretenden Fortbildungsschule werden von dem Lehrer Verzeichnisse über die Versäumnisse geführt, welche im Verlause eines Monates sich ergeben. Diese Verzeichnisse werden der Lokal- oder Stadtbezirks-Schulinspektion übergeben, welche dieselben in den Schulsitzungen prüft. Die säumigen Sonntagsschulpflichtigen werden nebst ihrer Dienstherrschaft zu diesen Sitzungen vorgeladen und mit ihrer Verantwortung ge­ hört. Bleiben die vorgeladenen Dienstboten ohne genügende Entschuldigung weg, oder erscheint die von ihnen über ihre Schulversäumnisse vorgebrachte Verantwortung nicht genügend, so wird gegen sie ein Disziplinar»Verweis ausgesprochen und damit eine Verwarnung vor weiteren Versäumnissen verbunden. Den zur Sitzung nicht Erschienenen wird dieser Beschluß der Ortsschulbehörde schriftlich eröffnet. Allerh. V. v. 22. Jan. 1872, „die Behandlung der Schulversäumnisse betr.", §§ 1 u. 2 (Rgs.-Bl. S. 185). Vgl. auch R.-A. v. 20. Febr. 1872 Ziff. V (K.-A.-Bl. S. 477) und M.-E. v. 13. Juli 1873 (M.-Bl. f. K.- u. Sch.-A. S. 258). Vgl. des Weiteren auch noch unten § 9 Anm. 35. Ueber die Bestrafung der Dienstherr­ schaften wegen der von ihnen verschuldeten Schulversäumniffe ihrer schulpflichtigen Dienstboten vgl. unten 8 9 zu Ziffer 5. "j P.-St.-G.-B. Art. 58Abs.lI. Dgl unten § 15 lit. c. — Die Anzeige an das Gericht geschieht zunächst von der ein-

§ 8.

Pflichten der Dienstboten im Besonderen.

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Die Schulbehörden sind außerdem vom Standpunkte der ihnen zustehenden Disziplinargewalt berechtigt, die säumigen Schulpflichtigen entweder durch den Schul­ diener oder durch requirirte Polizeiorgane zwangsweise in die Schule vorführen zu lassen.25 * *)* * * * * * * * *

Zu 8. Ist der Dienstvertrag auf bestimmte Zeit abge­ schlossen, so bedarf es der Kündigung nidfot;26) dagegen ist bei Dienstverträgen auf unbestimmte Zeit die recht­ zeitige Kündigung Voraussetzung für Beendigung des Dienstverhältnisses.27)

Dienstboten, welche sich weiter verdingen, ohne ihrer Dienstherrschaft rechtzeitig aufzukündigen, sind überdieß mit Strafe bedroht.28) Die rechtzeitige Kündigung ist schlägigen Orttzschulbehörde, und zwar sofort nach Constatirung der weiteren Schulversäumnisse. Zu dieser Anzeige ist aber auch jede höhere Schulbehörde berechtigt, wenn dieselbe von der Ortsschulbehörde unterlassen wird oder nicht rechtzeitig er­ folgt. V. v. 22. Jan. 1872 § 4. — Zur strafrichterlichen Einschreitung genügt die einfache Anzeige, ein förmlicher Strafantrag ist nicht erforderlich. Für die Bestrafung reicht es ferner auch aus, wenn der Schulpflichtige durch die Orts­ schulbehörde vorher nur eine einfache Verwarnung ohne Diszi­ plinarverweis erhalten hätte. (Vgl. Riedel Anm. 2 u. 8 zu Art. 58.) 25) Den Schulbehörden ist ausdrücklich vorgeschrieben, von diesem Rechte einen thunlichst ausgedehnten Gebrauch zu machen. Vgl. R.-A. v. 20. Febr. 1872 Ziff. XIII (Kr.-A.-Bl. Seite 477 ff.) und unten § 16. *«) Vgl. oben § 4 Ziff. IV. 27) Dgl. unten § 10 Ziff. III. 2fc) P.-St-G.-B. Art. 106 Ziff. 1. — Diese Bestimmung soll die Dienstherrschaften vor der Verlegenheit schützen, in

Meixner, das Dienslbolenwesen in Bayern.

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II. Kapitel.

Wirkungen des Gesindemiethvertrages.

jedoch nicht so zu verstehen, daß der Dienstbote seiner Herrschaft bereits gekündigt haben müsse, ehe er sich weiter verdingt, sondern dahin, daß er im Falle des Verdingens an eine andere Dienstherrschaft die Kün­ digung an die bisherige innerhalb der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Kündigungsfrist vornehmen müsse.2y)

§ 9.

Pflichten der Dienstherrschaften im Besonderen.

Die Dienstherrschaften sind verpflichtet: 1) den eintretenden Dienstboten in 'ihren Dienst auszunehmen und während der ganzen ausbe­ dungenen oder gesetzlichen Dienstzeit im Dienste zu behalten; 2) denselben entsprechend und zu verköstigen;

bei

sich

unterzubringen

3) den vereinbarten Lohn zu bezahlen; 4) den Dienstboten angemessen gehörig zu überwachen;

zu behandeln und

5) schulpflichtige Dienstboten zum Schulbesuche an­ zuhalten ;

6) im Falle sie einen anderen Dienstboten dingen, dem bisherigen rechtzeitig aufzukündigen; welche sie die durch die unterlassene Kündigung begründete Voraussetzung einer stillschweigenden Erneuerung des Dienst­ vertrages (s. unten § 12) versetzen würde. Ein Strafantrag der Dienstherrschaft ist zur Strafeinschreitung nicht erforderlich. Vgl. unten § 15 lit. a. ”) Vgl. Edel Anm. 3 zu Art. 214.

8 9.

Pflichten der Dienstherrschaften im Besonderen.

35

7) dem austretenden Dienstboten in dessen Dienst­ buch ein gewissenhaftes Dienstzeugniß auszustellen.

Z" 1. Der Pflicht des Dienstboten, rechtzeitig in den Dienst einzutreten und denselben nicht eigenmächtig zu ver­ lassen, *) steht die Verpflichtung der Dienstherrschaft ge­ genüber, den rechtzeitig eintretenden Dienstboten in ihren Dienst auszunehmen und bis zum Ablaufe der vertrags­ mäßigen oder gesetzlichen Dienstzeit zu behalten. Die Verletzung dieser Pflicht zieht zwar nicht Bestrafung nach sich, auch kann die Dienstherrschaft nicht wie der Dienstbote durch polizeiliche Zwangsmaßregeln zur Ver­ tragserfüllung angehalten werden; dagegen hat aber der Dienstbote das Recht, volle Schadloshaltung zu ver­ langen, wenn er von der Dienstherrschaft ohne genü­ genden Rechtsertigungsgrund nicht angenommen odervorzeitig entlassen tont).*2) Sowenig die Dienstherrschaft sich durch einen von dem nicht eintretenden Dienstboten gestellten Ersatzmann abfinden zu lassen braucht, ebensowenig ist der Dienst­ bote verbunden, sich an eine andere Dienstherrschaft verweisen zu lassen.

Zu 2. Die Verpflichtung der Dienstherrschaft zur Unter­ bringung und Verköstigung des Dienstboten umfaßt die *) Vgl. oben § 8 Ziff. 1 u. 2. 2) Etwas Anderes ist es natürlich, wenn vor Beginn oder während des Dienstverhältnisses Gründe eingetreten sind, welche die einseitige Auflösung des Dienstvertrages seitens der Dienst­ herrschaft rechtfertigen. Vgl. hierüber unten § 11 lit. a u. c.

3*

36

H« Kapitel.

Wirkungen deS Gesindemiethvertrages.

Einräumung einer passenden Wohnstätte oder Schlaf­ stelle^) und die Verpflegung durch Verabreichung ent­ sprechender Kost oder eines dieselbe ersetzenden Kost­ geldes. 3 4) In beiden Beziehungen ist zunächst die hierüber von den Parteien getroffene Vereinbarung maßgebend. Liegt eine solche nicht vor, so ist Folgendes zu bemerken r Hinsichtlich seiner Unterbringung wird der Dienst­ bote regelmäßig verlangen können, daß das ihm ange­ wiesene Gemach nicht ungesund sei, und daß ihm außer der Schlafstelle ein geeigneter Raum zur Unterbringung seiner Effekten gewährt werde. Als Zubehör zur Schlaf­ stelle kann der Dienstbote ferner die nöthige Beleucht­ ung und nach Erforderniß auch die Beheizung derselben beanspruchen. Was die Verköstigung anlangt, so wurde schon er­ wähnt, daß die Naturalverpflegung je nach Uebereinkommen ganz oder theilweise durch Verabreichung eines Kostgeldes ersetzt werden kann. Abgesehen hievon ist die Dienstherrschaft jedenfalls verpflichtet, dem Dienst­ boten ausreichende und genießbare Kost zu reichen. Dem Verhältnisse zwischen Dienstherrschaft und Dienst­ boten entspricht es ferner, daß die Kost des letzteren in billigem und vernünftigem Verhältnisse zu der Le­ bensweise der ersteren stehe.5) 3) Ueber das Erforderniß der Aufnahme in die ^häus­ liche Gemeinschaft" vgl. oben § 2 Ziff. I. 4) Vgl. oben § 2 Ziff. I. 5) So wäre z. B. die Versagung jeder Fleischkost für den Dienstboten seitens einer Dienstherrschaft, welche selbst einen guten Tisch führt, entschieden unbillig, seitens einer Dienst-

§ 9.

Pflichten der Dienstherrschaften im Besonderen. 37

Nachdem übrigens erfahrungsgemäß die Frage der Verköstigung denGrund zu vielen Differenzen zwischen Herrschaft und Dienst­ boten bildet, ist den Parteien dringend anzurathen, beim Abschlüsse des Dienst­ vertrages hierüber bestimmte Vereinbar­ ung zu treffen.

Zu 3. Bezüglich der Pflicht der Dienstherrschaft zur Lohn­ zahlung sind nachstehende Vorschriften zu bemerken:^) a. Haftbar für die Lohnzahlung Dienstherrschaft.

ist

die

Der Dienstbote braucht sich wegen der Zahlung nicht an eine andere Person verweisen zu lassen; wird aber von einem Dritten für die Dienstherr­ schaft die Lohnzahlung dem Dienstboten angeboten, so kann dieser sie nicht zurückweisen.7) Herrschaft dagegen, welche (wie häufig auf dem Lande) selbst nur selten oder gar nicht Fleisch genießt, durchaus gerecht­ fertigt. Der Dienstbote hat weder einen Anspruch darauf, an allen Mahlzeiten der Herrschaft theilzunehmen, noch darauf, von allen für eine Mahlzeit derselben zubereiteten Gerichten zu genießen. Die Dienstherrschaft genügt vielmehr, wenn nichts Besonderes vereinbart wurde, ihrer Pflicht, wenn sie den Dienstboten Morgens, Mittags und Abends in ortsüblicher Weise ausreichend verpflegt. 6) Ueber das Erforderniß der Vereinbarung eines be­ stimmten Lohnes für den Begriff des Gesindemiethvertrages vgl. oben 8 2 zu Anm. 9. 7) B. L.-R. Th. IV Kap. XIV § 2 u. 3 3k. 1 u. 3; dann über die ganze Materie auch Arnold § 14.

38

H. Kapitel.

Wirkungen des Gesindcmiethvertrages.

Die Ehefrau des Dienstherrn haftet für den Lohn nur, wenn sie den Vertrag mit dem Dienst­ boten persönlich abgeschlossen hat;^) ferner wenn sie mit ihrem Ehemanne in allgemeiner Güterge­ meinschaft lebt/3) oder mit demselben zu offenem Kram und Laden sitzt und der Dienstvertrag mit Beziehung auf das gemeinsame Geschäft abgeschlossen wurde.10) Erben der Dienstherrschaft haften für den Lohn nach Maßgabe ihrer Erbtheile. n)

b. Die Zahlung hat an den Dienstboten selbst oder dessen zum Geldempfang er­ mächtigten Stellvertreter zu geschehen.")

Der Lohn minderjähriger oder unter Curatel stehender Dienstboten kann mit Sicherheit nur an deren gesetzliche Vertreter bezahlt werden.13) Ist der Dienstbote gestorben, so ist die Zahlung an die Erben desselben zu leisten. Die an einen Unberechtigten geleistete Zahlung ist wirkungslos, wenn nicht der Berechtigte dieselbe genehmigt. Nimmt der Berechtigte die Zahlung nicht an, so kann der Lohn bei Gericht erlegt wer­ den. n) Zur Tilgung von Schulden der Dienst-

*>) B. L.-R. Th. Th. IV Kap. VIII § *) B. L..R. Th. to) B. L.-R. Th. ") B. L.-R. Th. B. L.-R. Th. B. L.-R. Th. 14) B. L.-N. Th.

I Kap. VI § 33 5 Nr. 1. I Kap. VI § 33. I Kap. VI § 32 III Kap. 1 § 14 IV Kap. XIV § IV Kap. XIV 8 IV Kap. XIV §

Nr. 1 und Anm. 1;

Nr. 6 Nr. 12. 4 Nr. 1. 4 Nr. 2 u. 8 5. 15 Nr. 1.

§ 9.

Pflichten der Dienstherrschaften im Besonderen.

39

boten kann der Lohn an dessen Gläubiger bezahlt werden, mit Sicherheit jedoch nur dann, wenn einerseits die Forderung dieses Gläubigers außer Zweifel und auch dem Betrage nach feststeht, an­ dererseits anzunehmen ist, daß die Zahlung an den Gläubiger im Interesse des Dienstboten gelegen ist.15) c. Der fällige Lohn muß ganz und auf ein­ mal bezahlt werden. Der Dienstbote braucht weder Theil- noch Fristenzahlungen anzunehmen.16) Abzüge am Lohne sind nur zulässig wegen be­ gründeter Gegenforderungen der Dienstherrschaft, soweit solche etwa bestehen17) und ihre Abrechnung vom Lohne nicht beim Vertragsabschlüsse ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Letzteren Falles kann die Dienstherrschaft keine Gegenforderung an den Dienstboten ohne dessen Einwilligung vom Lohne abziehen, muß dieselbe vielmehr gesondert geltend machen.18) d. Ter Lohn ist in der landesüblichen Münze (Neichswährung) zu bezahlen. Be­ träge über zwanzig Mark müssen auf Verlangen in Gold, über eine Mark in Silber entrichtet werden.1^ Der Dienstbote ist nicht verpflichtet, seinen Lohn

15) B. L.-R. Th. IV Kap. XIV 8 4 Nr. 4 u. 8 3 Nr. 4. 16) B. L.-R. Th. IV Kap. XIV 8 6 Nr. 2 u. 8 8 a. A. 17) z. B. wegen böswilliger oder fahrlässiger Beschädigung; vgl. oben 8 7. — Ueber die Abrechnung des Darangeldes vom Lohne s. oben § 6. *) B. L.-R. Th. IV Kap. XV S 1. ’«) B. L.-R. Th. IV Kap. XIV 8 7 Nr. 5 und Reichs­ münzgesetz v. 9. Juli 1873 Art. 9 Abs. I (R.-G.-Bl. S. 233.)

40

H- Kapitel.

Wirkungen des Gesindemiethvertrages.

in Papiergeld oder in ausländischen Münzen anzu­ nehmen und kann auch deutsche Kupfer-, Nickel- und Silbermünzen über den gesetzlich zulässigen Maxi­ malbetrag zurückweisen. e. Der Lohn ist rechtzeitig zu bezahlen.2") Zunächst hängt es von der vertragsmäßigen Nebereinkunst der Parteien ab, wann der Lohn fällig und zu bezahlen ist. Ist hierüber nichts festgesetzt, so ist der Lohn nicht im Voraus, sondern nachträglich zu bezahlen, und zwar bei Dienstverhältnissen auf be­ stimmte kurze Zeit nach Beendigung desselben, bei Dienstverträgen auf bestimmte längere oder auf un­ bestimmte Zeit an den gesetzlichen Zielen oder an den ortsüblichen Zahlungsterminen. 21) Die Zahlungstermine können sich, wenn auch nicht ausdrücklich bestimmt, doch aus der Art der Lohnfestsetzung von selbst ergeben. Wurde z. B. ein Lohn von monatlich fünfzehn Mark vereinbart, so liegt hierin zugleich die Bestimmung, daß der Lohn monatweise zu bezahlen fei.22) Wenn bei gesetzlicher (zielweiser) Dienstzeit monat­ weise Lohnzahlung vereinbart wurde oder als orts­ üblich anzunehmen ist, so ist der Lohn für die-

2°) B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 9; Kap. XIV § 9 Nr. I und 3. -') B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 9 Nr. 1 und 2 und Anm. Vgl. oben § 5. In München ist die monatliche Lohnzahlung ortsüblich. ?l) Keineswegs aber die Vereinbarung, datz auch eine mo­ natweise Dienstzeit gewollt sei. Vgl. oben § 5.

§ 9.

Pflichten der Dienstherrschaften im Besonderen. 41

jenigen Monate, in welche der Dienst-Ein- und Austritt fällt, nach Maßgabe der wirklichen Dienst­ zeit zu entrichten.^) Die Verpflichtung zur Lohnzahlung fängt mit dem Tage an, mit welchem vertragsmäßig oder gesetzlich das Dienstverhältniß zu beginnen hat, auch wenn der wirkliche Dienstantritt mit Einwilligung der Dienstherrschaft an einem späteren Tage erfolgt. Sie erlischt mit der rechtlichen Beendigung des Dienstverhältnisses. f. Besondere Bestimmungen gelten über die Pflicht der Lohnzahlung, wenn das Dien st Verhältniß vor Ablauf der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Dienst­ zeit b eendigt wird.

Erfolgt die Auflösung des Dienstverhältnisses durch gegenseitiges Uetiereinfommen,23 24) so ist die Dienstherrschaft verpflichtet, den Lohn nach Ver­ hältniß der thatsächlichen Dienstdauer zu bezahlen und kann wegen des vorzeitigen Dienstaustrittes 23) Dieser Stücklohn berechnet sich einfach in der Art, daß man den vollen Monatslohn durch die Zahl der Monatstage dividirt und den Quotienten mit der Zahl derjenigen Tage multiplizirt, welche der Dienstbote in dem fraglichen Monate thatsächlich im Dienste gewesen ist. Wurde z. B. ein monatlicher Lohn von 15 Jl. vereinbart, so hat der zu Georgi ein­ stehende Dienstbote

für den Monat April

und wenn er zu Michaeli wieder September

aussteht,

X? — 31/» X, für den Monat

X 28 == 14 Jl. zu beanspruchen.

24) Vgl. unten § 10 Ziffer I.

42

H- Kapitel.

Wirkungen des Gesindemiethvertrages.

keine Entschädigung verlangen. Andrerseits kann aber auch der Dienstbote über den Tag des Dienst­ austrittes hinaus keinen Lohn etwa deshalb bean­ spruchen, weil das vertragsmäßige oder gesetzliche Ziel noch nicht abgelaufen fei.25)26

Bei anderweitiger Beendigung des Dienstverhält­ nisses vor Ablauf der vereinbarten oder gesetzlichen Dienstzeit ist zu unterscheiden, ob hiewegen keine der Parteien ein Verschulden trifft, oder ob der Dienstbote oder endlich die Dienstherrschaft daran Schuld trägt. Im ersteren Falle2si) bemißt sich die Pflicht zur Lohnzahlung, wie bei der Auflösung des Dienst­ verhältnisses durch gegenseitiges Uebereinkommen, nach der wirklichen Dienstzeit.27)

Ist die Beendigung des Dienstverhältnisses vom Dienstboten verschuldet,2^) so ist ihm die Dienst25) Vgl. Arnold § 19. — Ueber die Berechnung des Stück­ lohnes oben Anm. 23. 2t>) z. B. bei Erkrankung des Dienstboten; vgl. unten § 11 lit. b. '«) B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 7 Nr. 1. — Ueber die moralische Verpflichtung der Dienstherrschaft, sich nach Lage der Umstände des in ihrem Dienste erkrankten Dienstboten einigermaßen anzunehmen, sagt die Anmerkung zu der allegirlen Gesetzesstelle: „Ein Anderes ist, was aus christlicher „Liebe und Barmherzigkeit gegen arme Ehehalten geschieht, „denn mit dem strengen Rechte kommt man nicht in den „Himmel." 26) z. B. wenn der Dienstbote ohne genügenden Rechtsertigungsgrund vor der Zeit den Dienst verläßt. Vgl. unten § 11 Anm. 1.

§ 9.

Pflichten der Dienstherrschaften im Besonderen. 43

Herrschaft den Lohn weder ganz (bis zum ursprüng­ lich vereinbarten oder gesetzlichen Austrittstermin) noch zum Theil (bis zum Tage des faktischen Dienst­ austrittes) schuldig; dieselbe hat iih Gegentheile Schadloshaltung wegen des vorzeitigen Dienstaus­ trittes zu beanspruchen.29) Hat endlich die Dienstherrschaft selbst die vor­ zeitige Beendigung des Dienstverhältnisses schuldhaft herbeigeführt,so ist ste verpflichtet, dem Dienst­ boten den vollen Lohn für die ganze ursprünglich vereinbarte oder gesetzliche Dienstzeit und außerdem noch entsprechende Entschädigung für Wohnung und Kost zu leisten.31) 2. Außer dem bedungenen Lohn ist die Dienstherrschaft dem Dienstboten eine weitere Leistung an Geld oder Geldes­ werth nur schuldig, wenn und in soweit dies unter den Parteien ausdrücklich vereinbart wurde. Die üblichen Namenstags-, Markt-, Weihnachts­ geschenke und ähnliche Reichnisse beruhen — soserne sie nicht vertragsmäßig ausbedungen wurden — lediglich auf dem guten Willen der Dienstherrschaft.

Zu 4. Ueber die Behandlung der Dienstboten durch die Dienstherrschaften bestehen zwar, abgesehen von den B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 7 Nr. 2 u. Anm. 30) z. B. durch ungerechtfertigtes Fortjagen des Dienst­ boten. Bgl. unten § 11 zu Anm. 2. 3’) B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 7 Nr. 3 u. Anm.

44

H- Kapitel.

Wirkungen des GesindemiethvertrageS.

schulpflichtigen Dienstboten, keine besonderen gesetzlichen Bestimmungen. Aus der Natur des Dienstverhältnisses ergiebt sich aber die sittliche Pflicht der Dienstherr­ schäften, einerseits ihre Dienstboten entsprechend zu überwachen, dieselben zu einem geordneten, sittlichen Lebenswandel an- und von allen Ausschreitungen zurück­ zuhalten, andrerseits, denselben ein gutes Beispiel zu geben, in Krankheits- und Unglücksfällen beizustehen und nicht mehr von ihnen zu verlangen, als sie bei gutem Willen zu leisten im Stande sind.3?) Bezüglich schulpflichtiger Dienstboten sind die Dienst­ herrschaften bei Vermeidung von Strafeinschreitung ge­ halten, denselben den Besuch von Wirthshäusern nur mit gehöriger Aufsicht zu gestatten, die Erlaubniß zum Besuche öffentlicher Tanzunterhaltungen aber unbedingt zu verweigern.*33)

Im Falle schlechter Behandlung und ungerechter Bedrückung durch die Dienstherrschaft steht dem Dienst­ boten das Recht zu, die Auflösung des Dienstverhält­ nisses zu verlangen. Das Gleiche ist der Fall, wenn durch die Dienstherrschast die Sittlichkeit des Dienst­ boten gefährdet roirb.34)

3'0 Vgl. D.-O. Art. 24, 27, 29 u. 40. 33) P.-St.-G.-B. Art. 56 Abs. I. Vgl. unten § 15. — Zwischen Werktags - und sonntagsschulpflichtigen Dienstboten besteht hier kein Unterschied. Wenn sonntagsschulpflichtige Dienstboten Wirthshäuser zwar mit Erlaubniß ihrer Dienst­ herrschaft, jedoch ohne gehörige Aufsicht besuchen, so ist nur die letztere strafbar. Vgl. oben 8 8 zu Ziff. 5 u. Anm. 18. 34) Vgl. unten § 11 lit. b.

§ 9.

Pflichten der Dienstherrschaften im Besonderen. 45

Zu 5. Dienstherrschaften, welche ohne genügende Entschul­ digung unterlassen, ihre schulpflichtigen Dienstboten zum Schulbesuche anzuhalten, werden zunächst von der Orts­ schulbehörde zur Verantwortung gezogen, auf Grund der Schulordnung mit Geldstrafe belegt und gleich­ zeitig vor weiteren Versäumnissen verwarnt.^) Wird 35) Vgl. oben § 8 Anm. 22 u. 23. Das Verfahren ist folgendes: Zu den Schulsitzen (vgl. oben § 8 Anm. 23) werden die Dienstherrschaften (und, wenn es sich um Versäumnisse sonn­ lagsschulpflichtiger Dienstboten handelt, auch diese) geladen. Bleiben die Dienstherrschaften ohne genügende Entschuldigung weg oder vermögen sie die Schulversäumnisse ihrer Dienstboten nicht genügend zu verantworten, so wird gegen sie mit Strafe und Verwarnung vorgegangen. Den nicht Erschienenen wird der Beschluß schriftlich eröffnet. Die Strafe besteht in einer Geldbuße von je neun bis sechsunddreißig Pfennigen für jedes schuldhafte Versäumniß, und es ist ausdrücklich untersagt, Dienstherrschaften wegen schuldhaft befundener Versäumnisse lediglich mit Verweis zu beahnden. Die Ortsschulbehörden sind zur rechtzeitigen Ertheilung der Verwarnung verpflichtet und können im Versäumnißfalle von Disziplinarwegen hiezu angehalten werden. Ferner sind dieselben verpflichtet, bei Prüfung der Entschuldbarkeit der konstatirten Schulversäumnisse mit gewissenhaster Strenge zu verfahren und insbesondere nicht den Umstand als giltigen Entschuldigungsgrund gelten zu lassen, d aß der schulpflichtige Dienstbote zu Haus- oder Feldarbeiten oder dgl. unentbehrlich gewesen sei. Vgl. Allerh. V. v. 22. Jan. 1872 (Rgsbl. S. 185), M.-E. v. 13. Juli 1873 (M.-BI. f. K. u. Sch.-A. S. 258), R.-A. v. 20. Febr. 1872 Ziff. IV u. Ziff. XI Nr. 9 (Kr.-A.-Bl. S. 477) u. M.-E. v. 1. Febr. 1865 (M.-Bl. f. K.- u. SchA. S. 43.)

46

II. Kapitel.

Wirkungen des Gesindemiethvertrages.

trotzdem die schuldhafte Unterlassung fortgesetzt, so tritt auf Anzeige der Schulbehörde gerichtliche Abstrafung ein.3G) Die Strafeinschreitung gegen die Dienstherrschaften findet statt nicht nur wegen der Versäumnisse ihrer werktagsschulpflichtigen, sondern auch wegen der Ver­ säumnisse ihrer sonntagsschulpflichtigen Dienstboten.3T) Beruhen die Versäumnisse der letzteren lediglich auf deren eigenem Verschulden, so sind nur sie selbst straf­ bar ;38 36) * liegt ein Verschulden auf beiden Seiten vor, so richtet sich die Einschreitung sowohl gegen die sonn­ tagsschulpflichtigen Dienstboten als auch gegen deren Dienstherrschaften. Den Dienstherrschaften ist noch besonders bei Strafe verboten, schulpflichtige Dienstboten mit Versäumung ihrer Schulpflicht zur Hut zu verwenden.39)

Zu 6. Bei Dienstverhältnissen auf bestimmte Zeit ist eine Aufkündigung nicht erforderlich?") Dagegen ist bei Dienst36) P.-St.'G.-B. Art. 58 Abs. I. Vgl. unten § 15 lit. c. — Die strasrichterliche Einschreitung kann schon bei dem zweiten Schulversäumnisse erfolgen, wenn die Ortsschulbehörde wegen des ersten Versäumnisses eine Geldstrafe ausgesprochen und zugleich die Verwarnung erlassen hat. Vgl. R.-A. vom 20. Febr. 1872 Ziff. IV (Kr.-A.-Bl. S. 477) und Riedel Anm. 4 zu Art. 58. Ueber die Begriffe „Schulbehörde" und „Anzeige" im hier maßgebenden Sinne vgl. oben § 8 Anm. 24. 3") R.-A. v. 20. Febr. 1872 Ziff. II und VI. ’s) Vgl. oben § 8 zu Ziff. 7. -d) P.-St.-G.-B. Art. 118 Abs. II u. R.-A. v. 31. Mürz 1872 (Kr.-A.-Bl. S. 916). Vgl. unten § 15 lit. b. 4o) Vgl. oben § 4 Anm. 15 und unten § 10.

§ 9.

Pflichten der Dienstherrschaften inr Besonderen. 47

vertragen auf unbestimmte Zeit wie

der Dienstbote 41)

so auch die Dienstherrschaft zur rechtzeitigen Kündigung verpflichtet, wenn sie denselben entlasien will. Die Außerachtlassung dieser Pflicht ist für die Dienstherr­ schaft zwar nicht mit Strafe bedroht, macht dieselbe aber ersatzpflichtig für allen Schaden, welchen der Dienst­ bote hierdurch erleidet. Eine verspätete Kündigung braucht der Dienstbote nicht anzunehmen.4')

Zu 7. Bei dem Dienstaustritte muß die Dienstherrschaft dem Dienstboten in dessen Dienstbuch ein wahrheitsge­ treues Zeugniß über die Dauer der Dienstzeit und über das Verhalten des Dienstboten ausstellen.43) Hierzu ist Folgendes zu bemerken: Die Zeugnißertheilung hat durch entsprechenden Eintrag in das Dienstbotenbuch zu erfolgen und setzt deshalb voraus, daß der Dienstbote ein solches führe. Dienstboten, welche ein Dienstbotenbuch nicht führen, haben sohin keinen Anspruch aus ein Dienstzeugniß; denn eine Verpflichtung

41) Vgl. oben § 8 zu Ziff. 8. 42) Vgl. unten § 10 Ziff. III. Ueber den Begriff der „Rechtzeitigkeit" s. oben 8 8 zu Ziffer 8. ") P.-St.-G.-B. Art. 108 a. E. und D.-O. Art. 14 Vgl. B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 16 Nr. 4 und Anm. 4 a. E. Die Verpflichtung zur Ausstellung eines Dienstzeugnisses ist keine privatrechtliche, sondern eine öffentlich rechtliche. Vgl. unten § 18 Anm. 13. Ueber die Verpflichtung der Dienstboten zur Führung eines Dienstbuches, dann über die Werthlosigkeit der sog. fliegenden Dienstzeugniffe — vgl. unten 8 14 und Anm. 3 daselbst.

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H. Kapitel.

Wirkungen des Gesindemiethvertrages.

der Dienstherrschaften zur Ausstellung besonderer, sog. fliegender Dienstzeugnisse, besteht nicht. Das Dienstzeugniß muß nicht nur über Anfang und Ende der Dienstzeit, Name, Stand und Wohnung der Dienstherrschaft Aufschluß geben, sondern auch die Diensteseigenschaft des Dienstboten angeben und sich über das Betragen desselben während der Dienstzeit äußern.^) In der Regel erstreckt sich diese Aeußerung auf den Fleiß, die Treue und das sittliche Verhalten des Dienstboten; dieser kann jedoch eine ausdrückliche Erwähnung aller dieser Punkte im Zeugnifle nicht verlangen, sondern muß sich vielmehr auch mit einer allgemeinen Aeußerung über sein Be­ tragen begnügen.44 45) Das Dienstzeugniß muß wahrheitsgetreu sein, d. h. es muß die subjektive Ueberzeugung der Dienstherrschaft über die sittliche Beschaffenheit des 44) D.-O. Art. 14. Hierdurch unterscheiden sich die Dienstbotenzeugnisse wesentlich von den durch das Reichsgesetz vom 17. Juli 1878 vorgeschriebenen Arbeitszeugnissen für jugendliche Arbeiter. Diese letzteren dürfen nämlich ein Urtheil des Arbeitgebers über die Führung oder die Leistungen des Arbeiters nicht enthalten. 45) z. B. genügt die Bestättigung: „R. N. hat zur vollen Zufriedenheit gedient." So in München (und in Ober­ bayern überhaupt); vgl. den Vordruck zu den oberbayerischen Dienstbotenbüchern Ziffer V. — Wo durch Anordnung der k. Kreisregierung speziellere Zeugnisse über das Betragen der Dienstboten vorgeschrieben find, müssen natürlich diese Vor­ schriften beachtet werden. Dieselben find aus der Einrichtung der von den k. Kreisregierungen verlegten Dienstbotenbücher, sowie aus der denselben vorgedruckten Anweisung leicht zu ent­ nehmen. Vgl. unten § 18 zu lit. c.

§ 9.

Pflichten der Dienstherrschaften im Besonderen. 49

Dienstboten getreulich wiedergeben. ^) Die Dienstherr­ schaft genügt sohin ihrer Pflicht, wenn sie dasjenige bezeugt, was sie für wahr hält; die Ausstellung eines objektiv wahren Zeugnisses kann ihr nicht zugemuthet werden.

Dagegen hat der Dienstbote das Recht, gegen ein Zeugniß, welches objektiv — wenn auch nicht subjektiv — unwahr ist, bei der Polizeibehörde Beschwerde zu führen und zu verlangen, daß auf Grund amtlicher Erhebungen dasselbe in den angefochtenen Punkten von Amtswegen berichtiget toerbe.46 47) Die Ertheilung eines wissentlich falschen (subjektiv und objektiv unwahren) Zeugnisses hat für die Dienst­ herrschaft zur Folge, daß sie von dem hierdurch ge­ schädigten Dienstboten auf Schadensersatz verklagt und je nach der Fassung des Zeugnisses auch mit einer Be­ leidigungsklage belangt werden kann. 48)49 Auch dritten Personen gegenüber kann die Dienstherrschaft durch Ausstellung eines falschen Dienstzeugnisses schadenser­ satzpflichtig werden.^)

46) Vgl. B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 16 Anm. 4 lit. h. 47) D.-O. Art. 16. Ueber das Verfahren vgl. unten § 18 zu lit. b. 4s) D.-O. Art. 16. Vgl. B. L -R. Th. IV Kap. VI §11 Nr. 2 und § 16 Nr. 4. S. auch oben § 7 zu Anm. 4 und R.-St.-G.-B. §§ 185-187. 49) Beispiel: Eine Dienstherrschaft, welche von ihrem Dienstboten bestohlen wurde, bestätigt im Dienstzeugnisse dessen Treue und Ehrlichkeit, obwohl sie von dem Diebstahle Kenntniß hat. Wird nun der Dienstbote auf Grund dieses Zeugnisses von einer anderen Herrschaft in Dienst genommen und bestiehlt Meixner, das Tienstboteiiwcjcn in Bayern.

4

50

H. Kapitel.

Wirkungen des Gesindemiethvertrages.

Die Dienstherrschaft, welche die Ausstellung eines Dienstzeugnisses im Dienstbotenbuche verweigert, wird auf Antrag des Dienstboten zunächst durch die Polizei­ behörde aufgesordert, ihrer Verpflichtung nachzukommen. Bleibt dieser Auftrag erfolglos, so tritt gerichtliche Be­ strafung ein; gleichzeitig erfolgt auf Antrag des Dienst­ boten die Ausstellung eines Dienstzeugnisses von Amts­ wegen. 5U) er auch diese wieder, so kann die letztere Dienstherrschaft die erstere wegen des wissentlich falschen Zeugnisses aus Schaden­ ersatz belangen. 50) P.-St.-G.-B. Art. 108. D.-O. Art. 16. Eine (theil, aveise) Zeugnißverweigerung liegt auch vor, wenn die Dienst­ herrschaft zwar die Dauer der Dienstzeit bestätigt, die Aeußer­ ung über das Verhalten des Dienstboten aber verweigert.

III. Kapitel. Auflösung und Mikdkrerueukruug des DienstNerMuifles. § io. Von der Auflösung des Dienstverhältnisses im Allgemeinen. Hierüber ist Folgendes zu bemerken: I. Die Auflösung des Dienstverhältnisses kann mit gegenseitiger Einwilligung jeder­ zeit erfolgen.1) Das Uebereinkommen der Parteien, den Dienstver­ trag aufzuheben, kann sowohl vor Beginn als auch während des Dienstverhältnisfes ausdrücklich erklärt'^) 0 B. L.-R. Th. IV Kap. XV § 11 Nr. 1. Vgl. D.-O. Art. 10. 2) Zur ausdrücklichen Erklärung genügt jede Aeußerung, welche den Willen des Erklärenden für die Gegenpartei un­ zweifelhaft erkennen läßt. Erklärt z. B. der Dienstbote: „ich bleibe nicht länger", und erwidert die Herrschaft: „von mir aus können Sie gleich gehen" — so ist der Dienstvertrag durch gegenseitige Einwilligung aufgehoben. Aus Anlaß von Wort­ wechseln zwischen Dienstherrschaft und Dienstboten pflegen er­ fahrungsgemäß von beiden Theilen häufig Aeußerungen über sofortige Auflösung des Dienstverhältnisses zu fallen, welche dann hinterher von einer oder der anderen Partei „nicht so ge­ meint gewesen" sein wollen. Zur Vermeidung nachträglicher Differenzen über die Bedeutung und Wirkung solcher Aeußer4*

52 HI- Kap. Auflösung u. Erneuerung des Dienstverhältnisses, oder stillschweigend getroffen werden. Ein stillschwei­ gendes Übereinkommen ist insbesondere dann anzu­ nehmen, wenn der Dienstbote zur bedungenen oder ge­ setzlichen Zeit nicht in den Dienst eintritt oder denselben während der Dienstzeit verläßt, und die Dienstherrschaft dies, ohne ihre Rechte zu wahren,3) geschehen läßt.

Daß auch durch die vorbehaltlose Wiederannahme des dem Dienstboten gegebenen Dinggeldes eine still­ schweigende Einwilligung der Dienstherrschaft in die Vertragsaufhebung zu erkennen gegeben wird, ist bereits oben erwähnt worden.^) II.

Das

Dienstverhältniß

erlischt

auch

durch den Tod des Dienstboten. In der Regel ist der Tod der Parteien kein Er­ löschungsgrund der Verträge, dieselben pflegen vielmehr mit allen ihren Wirkungen auf die beiderseitigen Erben überzugehen. In der Natur des Gesindemiethvertrages aber liegt es, daß derselbe immer — auch wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart wurde — nur auf Lebens­ dauer des Dienstboten eingegangen wird, und daher ein Uebergang der Vertragswirkungen auf die Erben desselben ausgeschlossen ist5) In Folge hievon kann die Dienstherrschaft von den Erben des Dienstboten

ungen empfiehlt es sich für beide Theile, beim Anbieten wie bei der Annahme der Vertragsaufhebung sich deutlich aus* zudrücken. 3) Vgl. oben Z 8 zu Ziff. 1 u 2. 4) Vgl. oben § 6 Anm. 2. 5) Vgl. Windscheid Th. II § 402 Anm. 16. Auch vom Gesichtspunkte der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung beendigt der Tod des Dienstboten das Dienstverhältniß.

§ 10. Auflösung des Dienstverhältnisses im Allgemeinen. 53

keine Entschädigung für die vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses beanspruchen und ist denselben viel­ mehr den rückständigen Lohn nach Verhältniß der Dienstdauer zu bezahlen schuldig.

Durch den Tod der Diensth errschaft wird das Dienstverhältniß nicht aufgehoben, sondern geht mit allen Vertragswirkungen auf deren Erben über. Die letzteren haben deshalb nicht nur nach Verhältniß ihrer Erbtheile den rückständigen Lohn zu bezahlen, sondern den Dienstboten bis zum Ablaufe der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Dienstzeit im Dienste zu behalten oder im Falle der Entlassung ent­ sprechend zu entschädigen.6) III. Das Dienstverhältniß erlischt end­ lich d ur ch Z e itablauf und Kündigung. Wurde der Dienstvertrag auf bestimmte Zeit abgeschlossen, so endigt das Dienstverhältniß mit dem Ablaufe der fest­ gesetzten Zeit oder mit dem Eintritte des beim Ver­ tragsabschlüsse als Endtermin für die Dienstzeit in Aussicht genommenen Ereignisses von selbst, ohne daß es einer vorgängigen Kündigung seitens der einen oder anderen Partei bedarf. 7) Bei Dienstverträgen auf unbestimmte Zeit endigt das DienstverlMniß dagegen nur, wenn eine Kündig­ ung vorhergegangen ist. Unter Kündigung versteht man die Erklärung einer der beiden Parteien, den Dienstvertrag auflösen zu 6) Vgl. oben tz 9 zu Ziff. 3 lit. a. ') B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 15 Nr. 1 oben § 4 Ziff. IV.

u. 2.

Vgl.

54

HL Kap. Auflösung u. Erneuerung des Dienstverhältnisses,

wollen. Das Recht der Kündigung steht jedem Theile zu. Die Kündigung kann mit Wirksamkeit nur von der Partei selbst oder deren bevollmächtigten oder gesetzlichen Vertreter und nur an die Gegenpartei selbst oder ihren bevollmächtigten oder gesetzlichen Vertreter erklärt werden. Eine bestimmte Form für dieselbe ist nicht vorgeschrieben, doch muß sie in deutlicher, nicht mißzuverstehender Weise erklärt werden. Allgemeine Redensarten sind wirkungslos.8) Die Kündigung muß ferner rechtzeitig erfolgen. Die Kündigungstermine sind entweder beim Vertragsabschlüsse ausdrücklich vereinbart oder es ist in dieser Beziehung nichts festgesetzt. Ersteren Falles muß die Kündigung, damit sie rechtzeitig sei, an dem ver­ einbarten Kündigungstermine erklärt werden, letzteren Falles sind die gesetzlichen Kündigungstermine maßgebend. Dieselben sind für beide Theile bezüglich landwirthschastlicher Dienstboten je sechs Wochen vor den Zielen Lichtmeß und Michaeli, be­ züglich nichtlandwirthschaftlicher Dienst­ boten aber je vier Wochen vor den Zielen Lichtmeß, Georgi, Jakobi und Michaeli.9) Für diese Ziele zu kündigen steht jeder Partei zu, soserne nicht besondere Verabredungen, z. B. daß der \) z. B. „Mir wäre es lieber, wenn Sie zu Michaeli gingen" oder „es könnte sein, daß ich zu Georgi mich um einen andern Dienst umsehe" u. dgl. mehr. Vgl. über die ganze Materie Arnold § 24. «j B. L.-N- ?h. IV Kap. VI § 16 Nr. 2 u. 4. Vgl. oben § 5 und auch Anm. 3 daselbst.

§ 10. Auflösung -es Dienstverhältnisses im Allgemeinen. 55 Dienstbote im ersten Jahre seines Dienstes nicht auf­ sagen dürfe, entgegenstehen.

Sind die Kündigungstermine vertragsmäßig nach Kalenderabschnitten festgesetzt und z. B. eine einmonat­ liche Kündigung vereinbart, so kann nicht an jedem be­ liebigen Tage für den entsprechenden Tag des nächsten Monats gekündigt werden, sondern die Kündigung ist immer nur nach Ablauf des ganzen vertragsmäßigen Zieles für das nächstfolgende Ziel statthaft.10) Kündigungs- und Zahlungstermine können zusam­ menfallen, müssen dies aber nicht. Wenn daher beim Abschlüsse des Dienstvertrages über die Kündigung keine Vereinbarung getroffen, sondern nur die Lohn­ zahlungstermine sestgestellt wurden, so sind für die Kündigung nicht diese, sondern die oben erwähnten gesetzlichen, bezw. ortsüblichen Kündigungstermine maß­ gebend. n)

Hat eine Partei rechtzeitig gekündigt, so wird hier­ durch die Aufhebung des Dienstvertrages herbeigesührt, ohne daß eine Annahme der Kündigung seitens der anderen Partei erforderlich wäre, also auch gegen den 1G) z. B. kann der am 1. Juli eintretende Dienstbote bei einmonatlicher Kündigung nicht am 2. Juli für den 2. August, am 3. Juli für den 3. August u. s. f., sondern nur am 1. Juli, 1. August, 1. September u. s. w. kündigen. Vgl. Arnold § 24 und oben 8 5 zu Anm. 5. u) Wenn also z. B. monatliche Lohnzahlung, über die Kündigung aber nichts vereinbart wurde, so kann die Kündig­ ung nicht monatlich, sondern nur nach Maßgabe der gesetzlichen Kündigungsziele (Lichtmeß, Georgi, Jakobi und Michaeli) erfolgen.

56

HL Kap. Auflösung u. Erneuerung des Dienstverhältnisses.

Willen dieser anderen Partei.12) Durch die Kündig­ ung der einen Partei erwächst aber auch der anderen Partei ein Recht auf Beendigung des Dienstverhält­ nisses, d. h. die kündigende Partei ist an ihre Erklär­ ung gebunden und kann die Kündigung ohne Zu­ stimmung der anderen Partei nicht mehr zurücknehmen.

Ist eine Kündigung verspätet vorgenommen worden, so ist sie, wenn nicht die Gegenpartei sie trotzdem an­ genommen hat, gänzlich wirkungslos und gilt nicht einmal als Kündigung für das zweitnächste Ziel, wenn sie nicht ausdrücklich für letzteres Ziel erklärt oder wieder­ holt wirb.13)

§ 11.

Von der einseitigen Auflösung des Dienstverhältnisses ohne Kündigung. Unter gewissen Voraussetzungen kann das Dienst­ verhältniß vor Ablauf der vertragsmäßigen oder gesetz­ lichen Dienstzeit sowohl seitens der Dienstherrschaft wie des Dienstboten auch ohne Kündigung einseitig auf­ gelöst werden. 12) Während regelmäßige Verträge nur durch gegenseitige Uebereinkunft wieder aufgehoben werden können, steht beim Dienstverträge jeder Partei das Recht zu, durch die einseitige Willenserklärung der Kündigung die Aufhebung des Vertrages herbeizuführen. Vgl. Arnold a. a. O. 13) Vgl. Arnold a. a. O. Wenn z. B. bei vereinbarter einmonatlicher Kündigung der am 1. Juli eingetretene Dienst­ bote am 4. Juli kündigt, so ist diese Kündigung nicht nur für den 1. August unwirksam, sondern gilt auch nicht für den 1. September, wenn sie nicht ausdrücklich für diesen letzteren Zeitpunkt erklärt oder rechtzeitig wiederholt wird.

§11.

Einseitige Auflösung des Dienstverhältniffes.

57

a. Der Dienstherrschaft steht dieses Recht zu, wenn der Dienstbote durch fortgesetzten groben Unfleiß, durch fortgesetztes widerspenstiges, unge­ ordnetes oder unsittliches Betragen oder durch Untreue oder andere erhebliche unerlaubte Handlungen Veranlassung zur Unzufriedenheit giebt. *)

Das Urtheil darüber, wann im einzelnen Falle das Betragen des Dienstboten dessen sofortige Ent­ lassung rechtfertigt, ist jedoch nicht der subjektiven Willkür der Dienstherrschaft überlassen, sondern dem richterlichen Ermessen anheim gestellt; d. h. der entlassene Dienstbote kann, wenn er glaubt, daß ihm Unrecht geschehen sei, die Dienstherrschaft auf Entschädigung gerichtlich einklagen.*2) b. Der Dienstbote kann seine Entlassung fordern, wenn er in langwierige Krankheit ver­ fällt, oder im Falle der Verheirathung oder der Uebernahme des elterlichen Anwesens, sowie dann, wenn er von der Dienstherrschaft ungerecht bedrückt *) D.«O. Art. 11. Vgl. oben § 8 zu Ziffer 3, 4 und 5. Dienstboten, welche ohne genügenden Rechtfertigungsgrund in den Dienst nicht rechtzeitig eintreten oder denselben eigenmächtig verlassen, können ohne Zweifel ebenfalls sofort entlassen werden, d. h. die Dienstherrschaft braucht sie, wenn sie nachträglich ein­ treten oder zurückkehren wollen, nicht mehr anzunehmen. Vgl. oben § 8 zu Ziff. 1 u. 2.

2) Vgl. oben § 9 zu Anm. 30. Will die Dienstherrschaft deshalb von ihrem Rechte der Entlassung des Dienstboten Gebrauch machen, ohne eine Entschädigungsforderung desselben befürchten zu müssen, so wird sie gut rhun, gerichtliche Klage auf Auflösung des Dienstvertrages zu stellen.

58

HI. Kap. Auflösung u. Erneuerung des Dienstverhältnisses,

und wider Billigkeit behandelt wirb.3) Für die Beurtheilung der Behandlung ist jedoch nicht die subjektive Empfindlichkeit des Dienstboten, sondern das richterliche Ermessen entscheidend; d. h. die Dienstherrschaft kann, wenn sie glaubt, daß der Dienstbote keinen genügenden Rechtfertigungsgrund zum Verlassen des Dienstes gehabt habe, sowohl dessen zwangsweise Rückführung bei der Polizeibe­ hörde beantragen als auch gerichtlichen Strafantrag und Klage auf Schadloshaltung stellen.4) c. Sowohl die Dienstherrschaften als auch die Dienstboten können, abgeseben von den voraufgeführten Gründen, auch noch aus anderen erheblichen Ursachen die Auflösung des Dien st Vertrages einseitig verlangen, so namentlich wegen Mangels der wesentlichen Voraussetzungen des Dienstvertrages [also wegen eines bei Abschluß desselben unter­ laufenen Irrthums, Zwanges, $etnige§],5) sowie überhaupt dann, wenn der einen Partei von der anderen Partei die Aushaltung des Dienstvertrages

3) D.-O.

Art. 13.

Vgl. oben 8 9 zu Ziff. 4 u. Anm. 27.

♦) Vgl. oben tz 8 zu Ziff. 2 und § 9 ju Ziff. 3 lit. f. — Will deshalb der Dienstbote von seinem Rechte des DienstAustrittes wegen übler Behandlung Gebrauch machen, ohne die Folgen rechtswidrigen Entlaufens gewärtigen zu müssen, so hat er gerichtliche Klage auf Auflösung des Dienstvertrags zu stellen. 5) Vgl. oben ß 4 a. E.

§ 12.

Von der Erneuerung des Dienstverhältnisses.

59

in billiger Berücksichtigung der Umstände gar nicht zügemuthet werden kann.6) Auch in diesen Fällen steht die endgiltige Ent­ scheidung den Gerichten zu.

§ 12. Von der Erneuerung des Dienstverhältnisses. Das durch Ablauf der Zeit oder auf andere Weise beendigte Dienstverhältniß kann von den Parteien wieder erneuert oder über die ursprünglich beabsichtigte Zeit hinaus fortgesetzt werden; und zwar kann dies durch ausdrückliche gegenseitige Erklärung oder aber still­ schweigend geschehen. *) Ersteren Falles kann ein neuer Dienstvertrag abgeschlossen oder die Fortsetzung des alten Dienstvertrages vereinbart werden.

Eine stillschweigende Erneuerung des Dienstverhält­ nisses ist besonders dann anzunehmen, wenn nach Ab­ lauf der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Dienstzeit das Dienstverhältniß unter den Parteien thatsächlich fortge­ setzt wird, ohne daß die eine oder andere Partei zu er­ kennen gegeben hat, daß sie hiermit nicht einverstanden sei. Damit die thatsächliche Fortsetzung des Dienst­ verhältnisses sich als stillschweigende Erneuerung des­ selben erweise, muß also diese Fortsetzung als Aeußerung des beiderseitigen'Einverständnisses erscheinen und kann selbstverständlich nur unter denselben Parteien erfolgen. 9 Vgl. Seuffert Archiv Bd. X S. 42. Bl. s. a. Pr. Band XXXI S. 172 und Windscheid Th. II § 402 Anm 10. B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 19 Nr. 2 und Anmerk. Vgl. über die ganze Materie Arnold § 28.

60

III Kap. Auflösung u. Erneuerung des Dienstverhältnisses,

welche den ursprünglichen Dienstvertrag eingegangen waren. Sind diese Voraussetzungen für die Annahme einer stillschweigenden Vertragserneuerung gegeben, so kann hintennach kein Theil mehr die sofortige Auflösung des (erneuerten) Dienstverhältnisses deshalb verlangen, weil er dasselbe nicht habe fortsetzen wollen. Der gewöhnlichste Fall der stillschweigenden Ver­ tragserneuerung liegt vor, wenn bei Dienstverträgen auf unbestimmte Zeit für das nächste Ziel nicht ge­ kündigt wurde. Aus dem Wesen der stillschweigenden Vertrags­ erneuerung als einer Fortsetzung des alten Vertrages folgt, daß die Bestimmungen des letzteren über Arbeits­ leistung, Lohn, Dauer des Dienstverhältnisses und Kün­ digung aufrecht erhalten bleiben. War deshalb der alte Dienstvertrag auf bestimmte Zeit, z. B. auf zwei Jahre, abgeschlossen, so wird er durch die stillschweigende Fort­ setzung des Dienstverhältnisses nach Ablauf dieser Zeit aus weitere zwei Jahre erneuert. War der alte Dienst­ vertrag auf unbestimmte Zeit eingegangen, so wird er durch die stillschweigende Fortsetzung immer von Ziel zu Ziel erneuert?) Wird von den Parteien während der Dauer des Dienstverhältnisses vereinbart, daß dasselbe unter ver­ änderten Bedingungen fortgesetzt werden solle, z. B. unter vermehrter Arbeitsleistung, höherem Lohn, anderen Kündigungs- oder Zahlungsterminen u. s. w., so liegt eine Aufhebung des alten Dienst*) B. L.-R. Th. IV Kap. VI § 19 und Anm. 2.

§ 12.

Von der Erneuerung des Dienstverhältnisses.

61

Vertrages durch Begründung eines neuen vor (sog. Novation). Mit einer solchen Verein­ barung erlischt der frühere Dienstvertrag und tritt ein neuer an dessen' Stelle. Eine derartige Vertragsänderung kann mit gegen­ seitiger Einwilligung jederzeit erfolgen, einseitig aber während der Dauer des Dienstverhältnisses nicht vor­ genommen werden?) Bei Dienstverhältnissen auf un­ bestimmte Zeit kann sowohl die Dienstherrschaft wie der Dienstbote an jedem vertragsmäßigen oder gesetzlichen Kündigungsziele erklären, das Dienstverhältniß nur unter der Bedingung fortzusetzen, daß die Gegenpartei in die gewünschte Vertragsänderung (höheren Lohn, ver­ mehrte Dienstleistung u. s. w.) einwillige. Geht die Gegenpartei darauf ein, so beginnt nach Ablauf des Zieles der neue Vertrag, lehnt sie ab, so erlischt mit Ablauf des Zieles das Dienstverhältniß. Diejenige Partei, welche eine Vertragsänderung wünscht, muß ihren Willen in einer für die Gegen­ partei zweifellos deutlichen Weise erklären.

3) B. L.-R. Th. IV Kap. XV § 4.

IV. Kapitel. Do« der Artige der Dienstbote« und den DieustboteubSchern. § 13. Die Anzeigepflicht.

Die Dienstherrschaften sind verpflichtet, den DienstEin- und Austritt ihrer Dienstboten bei der Behörde selbst anzuzeigen oder durch die Dienstboten anzeigen zu lassen. Die Anzeige hat bei den Ortspolizeibehörden, in München bei der k. Polizeidirektion zu erfolgen. Die nähere Regelung der Anzeigepflicht ist der distrikts- oder ortspolizeilichen Festsetzung überlassen. In München muß die Anzeige des Dien stEin- oder Austrittes innerhalb drei Tagen und unter Vorlage des Dienstbotenbuches geschehen. *) i) O. V. vom 1. Juli 1862 (Münchener Amtsblatt Nr. 21). Eine Anzeige ohne Vorlage des Dienstbotenbuches sichert nicht gegen die Folgen der Versäumniß der Anzeigepflicht. Vgl. unten § 14 Anm. 3. Die Dienstherrschaften haben in Erfüllung ihrer Anzeigepflicht unter Bezeichnung ihres Namens, Standes und ihrer Wohnung den Tag des Dienst-Ein- oder Austrittes, sowie die Diensteseigenschast des Dienstboten (Köchin, Kindsfrau u. s. w.) im Dienstbotenbuche vorzutragen. Ueber

§ 13—14.

Anzeigepflicht.

Dienstbotenbücher.

63

Unterbleibt die vorgeschriebene Anzeige, so ist die Dienstherrschaft straffällig. Die Strafe trifft den Dienstboten, wenn dieser von der Dienstherrschaft zur Erstattung der Anzeige beauftragt wurde und dieselbe verabsäumte.2) Primär haftbar bleibt jedoch immer die Dienstherrschaft, d. h. die Strafeinschreitung wegen der unterlassenen Anzeige richtet sich immer gegen diese, und es liegt ihr ob, im Wege der Einrede durch den Nachweis des an den Dienstboten ertheilten Auftrages zur Anzeige sich von der Strafe frei zu machen.

8 14. Die Dienstbotenbücher. Nach den älteren Dienstbotenordnungen war die Führung von Dienstbotenbüchern allgemein bei beson­ derer Strafandrohung vorgeschrieben. *) Wenn dies jetzt auch nicht mehr der Fall ist und ein allgemeiner direkter Zwang zur Führung von Dienstbotenbüchern nicht mehr besteht, so ist doch das Institut der Dienst­ botenbücher keineswegs beseitigt, vielmehr durch mehr­ fache positive Vorschriften, wie bezüglich ihrer Aufbe­ wahrung, bezüglich der Zeugnißertheilung u. a. m., ausdrücklich anerkannt.2) den Eintrag eines Dienstzeugnisses für austretende Dienstboten vgl. oben 8 9 zu Ziff. 7 und Anm. 43. -) P.-St.-G'B. Art. 107. Vgl. unten § 15 lit. c. Ein zur selbstständigen Bewirthschaftung eines Gutes, mit der Befugniß Dienstboten aufzunehmen, ausgestellter Renten Verwalter ist für die Erfüllung der Anzeigepflicht haftbar. Vgl. E. vom 5. August 1870 in Stenglein (Bd. IX S. 423). i) D.O. Art. 15. 0 Vgl. P.-St.-G.-B. Art. 107 Abs. 1, Art. 108.

64 IV. Kap. Anzeige der Dienstboten und Dienstbotenbücher.

Im Uebrigen hängt es lediglich von den über die Anzeigepflicht erlassenen distrikts- oder ortspolizeilichen Vorschriften ab, ob der Besitz eines solchen Buches er­ forderlich ist oder nicht. Für München enthält die Vorschrift, daß die An- und Abmeldung der Dienst­ boten unterVorlage des Dienstbotenbuches geschehen muß, zugleich denZwang für die Dienstboten, solche Bücher zu führen, denn die Dienstherrschaft kann mit solchen Büchern nicht ver­ sehene Dienstboten weder in Dienst nehmen noch be­ halten.^) 3) Vgl. § 13. — Die Dienstherrschaft in München kann ihrer Anzeigepflicht nur genügen und die Straffolgen wegen Versäumung dieser Pflicht nur vermeiden, wenn der von ihr aufgenommene oder entlassene Dienstbote mit einem Dienst» buche versehen ist. In natürlicher Folge hiervon ist der Dienst­ bote thatsächlich gezwungen, ein solches Buch zu führen, wenn er in München in Dienst treten will. Es kann sich nur empfehlen, auf dem Wege distrikts- oder ortspolizeilicher Regelung der Anzeigepflicht die Führung von Dienstbotenbüchern wieder allgemein obligatorisch zu machen; denn diese Einrichtung liegt gleich sehr im Interesse der Dienst­ herrschaften als der ordentlichen Dienstboten, wie auch in dem öffentlichen Interesse einer wirksamen Handhabung der Dienst­ botenpolizei. Die an Stelle der Dienstbolenbücher vielfach in Ausnahme gekommenen losen (sog. fliegenden) Dienstzeugnisse, sind in keiner Weise geeignet, die ersteren entsprechend zu er­ setzen. Bei der Leichtigkeit, mit welcher derartige Zeugnisse gefälscht, beseitigt und in der verschiedensten Weise mißbraucht werden können, sind die Dienstherrschaften, welche lediglich auf diese hin Dienstboten aufnehmen, groben Täuschungen ausge­ setzt — sogar hinsichtlich der Identität des Dienstsuchenden mit der Person, auf welche die Zeugnisse lauten. Die ordent-

§ 14.

Die Dienstbolenbücher.

65

Stellt sich der Mangel des Dienstbotenbuches erst bei dem Diensteintritte heraus (sei es, daß beim Ver­ tragsabschlüsse die Herrschaft unterlassen hat, nach dem Buche zu fragen, sei es, daß der Dienstbote fälschlich den Besitz eines solchen vorgegeben hat), so muß sofort bei der Anmeldung des Dienstboten*) die Ausstellung eines solchen Buches erwirkt werden. lichen Dienstboten aber leiden unter dem geringen Werthe solcher Zeugnisse, können von der üblen Sorte der Dienstboten kaum mehr unterschieden werden und laufen Gefahr, kein Dienstzeugniß zu erhalten, weil die Dienstherrschaften zur Aus­ stellung eines solchen nur im Dienstbotenbuche verpflichtet sind. Für die Handhabung der Dienstbotenpolizei kommt endlich noch besonders in Betracht, daß bei den fliegenden Dienstzeug­ nissen jede Personalbeschreibung fehlt, so daß ein förmlicher Handel mit solchen Zeugnissen getrieben werden kann und that­ sächlich auch vielfach getrieben wird; dann, daß die Unter­ drückung ungünstiger Zeugnisse nicht zu verhindern und eine Controle über die Kontinuität der Dienstverhältnisse fast un­ möglich ist. Bekanntlich pflegen nämlich die Dienstboten un­ günstige Dienstzeugnisse einfach zu beseitigen und die hiedurch entstehenden Lücken zwischen den einzelnen Dienstverhältnissen durch die beliebten Vorwände auszufüllen, daß sie in der Zwischenzeit krank, zu Hause oder sonst am Dienen verhindert gewesen, oder daß ihnen die leicht verlierbaren losen Zeugnisse abhanden gekommen seien u. dgl. m. In München wird seitens der k. Polizeidirektion zur strikten Durchführung der bestehenden ortspolizeilichen Vorschrift die gegen Beanstandungen sichernde amtliche Bestätigung der An- und Abmeldung der Dienstboten nur mehr in Dienstboten­ büchern ertheilt, eine solche Bestätigung auf fliegenden Dienst­ zeugnissen aber nicht ausgestellt. 4) D. h. innerhalb der Anzeigefrist, vgl. § 13.

5) Vgl. unten §

18 zu lit. c.

Durch den Mangel de§

Meixner, das TienslboNnwesen in Bayern.

5

66

IV. Kap. Anzeige der Dienstboten und Dienstbotenbücher.

Die Dienstbotenbücher sind in München von der Dienstherrschaft aufzubewahren; die Uebertretung dieser Vorschrift ist mit Strafe bedroht.6* )* * *Nach * Beendigung des Dienstverhältnisses ist das Dienstbotenbuch dem Dienstboten auszuhändigen. Das Dienstbotenbuch muß in der ursprünglichen Aechtheit und Vollständigkeit erhalten werden. Es darf in demselben weder etwas radirt oder ausgestrichen noch sonst abgeändert, ebenso wenig etwas herausgeschnitten oder herausgerissen werden. Die Fälschung eines Dienst­ botenbuches, dann der Mißbrauch eines für einen An­ deren ausgestellten ächten Dienstbotenbuches unterliegt der Strafeinschreitung.7) Das Dienstbotenbuch vertritt zwar nicht die Stelle eines Reisepaßes, wo ein solcher nothwendig ist; doch können die in den einzelnen Bundesstaaten ausgestellten

Dienstbotenbuches wird der Diensteintritt nicht aufgehalten, sondern nur die gegen Beanstandungen sichernde amtliche Be­ stätigung der Anmeldung aufgeschoben. Da auch auswärts Beheimathete ein Dieustbotenbuch hier gefertigt erhalten können, so wird den Dienstboten die Erlangung eines solchen Buches in der Regel innerhalb der Anzeigefrist möglich sein.

6) P.-St.-G.-B. Art. 107 Abs. 1 und O. V. vom 1. Juni 1862 (Münchener A.-Bl. S. 21). Vgl. unten § 15 lit. c. Außerhalb München ist großentheilS die Aufbewahrung der Dienstbolenbücher bei den Gemeindebehörden vorgeschrieben. 7) R.-St.-G.-B. § 363.

Vgl. unten § 15 lit. a.

Dienstbotenbücher als solche in dem ganzen Gebiete des deutschen Reiches benützt werden.8) Bezüglich der Herstellung, des Verlags und der Ausfertigung der Dienstbotenbücher wird das Nähere unten erörtert werden.9) *) R.-G. über das Paßwesen vom 12. Oktober 1867 § 4 (Beil, zum bayer. G.-Bl. 1870/71 S. 6); M.-E. v. 13. April

V. Kapitel. -o« drn Strafen und polizeilichr« ZwangsMaßregel«. § 15. Die Strafen. Die strafbaren Handlungen in Bezug auf das Dienstbotenwesen qualifiziren sich in strafrechtlicher und strafprozessualer Beziehung als Uebertretungen. *) Bei einigen derselben tritt die Strafverfolgung auf geschehene Anzeige von Amtswegen ein, bei anderen dagegen ist sie davon abhängig, daß seitens des hiezu Berechtigten Antrag auf Bestrafung gestellt werde. Die Antrag­ stellung muß binnen drei Monaten von dem Tage an, an welchem der zum Anträge Berechtigte von der straf­ baren Handlung Kenntniß erlangt hat, erfolgen.2) Die Zurücknahme des Strafantrages ist in der Regel nicht zulässig.3) Die Strafverfolgung wird durch Verjährung aus1) R.-St.-G.-B. § 1. 2) R.-St.-G.-B. § 61. 3) R.-St.-G -B. § 64. Die Zurücknahme des einmal gestellten Antrages ist nur in den gesetzlich besonders vorgesehenen Fällen und auch da nur bis zur Verkündigung eines auf Strafe lautenden Urtheils zulässig.

§ 15.

Die Strafen.

69

geschlossen, wenn seit dem Tage, an welchem die Uebertretung begangen ist, drei Monate verflossen ftnb.4) Die hier einschlägigen Strafbestimmungen beziehen sich theils aus die Dienstboten, theils auf die Dienst­ herrschaften allein, theils auch auf beide zugleich.

a) Strafbestimmungen für die Dienstboten. Mit Haft bis zu acht Tagen oder Geld bis zu fünf und vierzig Mark werden Dienst­ boten bestraft,5) welche 1) im Falle sie sich weiter verdingen, ihrer Dienst­ herrschaft nicht rechtzeitig aufkündigen; 2) ohne genügenden Rechtfertigungsgrund zur be­ dungenen oder gesetzlichen Zeit nicht in den Dienst eintreten; 3) ohne genügenden Rechtfertigungsgrund vor Ablauf der bedungenen oder gesetzlichen Dienst­ zeit den Dienst verlassen; 4) an abgeschafften Feiertagen oder anderen Werk­ tagen das Arbeiten verweigern oder an Sonnund wirklichen Feiertagen die ihnen obliegenden Geschäfte nicht verrichten; 5) zur Arbeitszeit sich in Wirthshäusern auf Spiel­ plätzen oder Winkelkneipen herumtreiben; 6) hartnäckigen Ungehorsam oder Widerspenstigkeit gegen die Befehle der Dienstherrschaft oder deren Stellvertreter sich zu Schulden kommen lassen I.

4) R.-St.-G.-B. § 66-67. s) P.-St.-G.-B. Art. 106 Ziff. 1 u. 3-8. 6) Die Entscheidung darüber, ob ein genügender Recht­ fertigungsgrund vorliegt, ist Sache de8 richterlichen Ermessens.

70

V. Kap. Strafen und polizeiliche Zwangsmaßregeln. oder gegen dieselben die Pflicht der schuldigen Achtung gröblich verletzen; 7)

ohne Erlaubniß der Dienstherrschaft oder deren Stellvertreter Jemanden beherbergen oder zur Nachtzeit die Behausung ordnungswidrig ver­ lassen.

Die unter Ziff. 2, 3, 4 und 6 bezeichneten Uebertretungen werden nur auf Antrag der Dienstherrschaft oder ihres Vertreters gestraft.7) Der Antrag kann nicht zurückgenommen werden. Zur Strafeinschreitung wegen der unter Ziffer 1, 5 und 7 aufgeführen Uebertretungen ist ein Strafantrag nicht erforderlich.

Mit Haft bis zu vierzehn Tagen werden landwirthschaftliche Dienstboten oder auf längere Zeit in Beschäftigung genommene Taglöhner8) bestraft, welche ohne genügenden Rechtfertigungsgrund zur Erntezeit oder zur Saat- und Anbauzeit den Dienst verlassen. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein;9) der Antrag kann nicht zurückgenommen werden. MitHaft bis zu dreiWochen werden Dienst­ boten oder landwirthschaftliche, auf längere Zeit in Be­ schäftigung genommene Taglöhner bestraft, welche, nach­ dem sie bereits von der Polizeibehörde zwangsweise der Dienstherrschaft vorgeführt wurden, nochmals widerrecht­ lich demselben Dienst- oder Arbeitsverhältnifle sich ent-

-) P.-St.-G.-B. Art. 106 Abs. 3. *) Vgl. oben § 8 Anm. 8.

9) P.-St.-G.-B. Art. 106 Abs. 2 u. 3.

§ 15.

Die Strafen.

71

ziehen.10)11 Zur Strafverfolgung bedarf es eines An­ trages nicht. II. Mit Haft bis zu acht Tagen oder an Geld bis zu fünfundvierzi g M ark wird ge­ straft, wer wissentlich an einem ansteckenden Uebel leidet und mit Verheimlichung desselben sich als Dienstbote verdingt; desgleichen, wer im Dienste von einem solchen Uebel befallen wird und solches der Dienstherrschaft verheimlicht.") Zur Strafverfolgung bedarf es eines Strafantrages nicht.

III. Mit Haft bis zu sechs Wochenoderan Geld bis zu Einhundert fünfzig Mark wird be­ straft, wer, um Behörden oder Privatpersonen zum Zwecke seines besseren Fortkommens oder des besseren Fort­ kommens eines Andern zu täuschen, Dienstbotenbücher falsch anfertigt oder verfälscht, oder wissentlich von einem solchen falschen oder verfälschten Buche Gebrauch macht. Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher zu dem­ selben Zwecke von einem solchen für einen Anderen ausgestellten echten Buche, als ob es für ihn ausgestellt sei, Gebrauch macht, oder welcher ein solches für ihn ausgestelltes Buch einem Anderen zu dem gedachten Zwecke überläßt.") Die Strafverfolgung tritt von Amtswegen ein.

IV.

In

Bezug

auf

Entwendungen und

10) P -St.-G.-B. Art. 106 Abf. 6. Ziff. 2 u. Anm. 7. 11) P.-St.-G.-B. Art. 66. R.-St.-G.-B. § 363 mit § 18.

Vgl. oben 8 8 zu

72

V. Kap. Strafen und polizeiliche Zwangsmaßregeln.

Veruntreuungen der Dienstboten gegenüber den Dienstherrschaften sind hier noch folgende Straf­ bestimmungen zu bemerken:

a. Wer seiner Dienstherrschaft Sachen von unbe­ deutendem Werthe stiehlt oder unterschlägt, wird nur auf Antrag der Dienstherrschaft verfolgt. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.") b. Mit Geldstrafe bis zu Einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bis zu sechsWochen wird bestraft, wer Nahrungs- oder Genußmittel von unbedeutendem Werthe oder in geringer Menge zum alsbaldigen Verbrauche entwendet; desgleichen, wer Getreide oder andere zur Fütterung des Viehes

") R.-St.-G.-B. § 247. Vgl. hierher die §§ 242, 243 Ziff. 2 u. 3, 246 des R.-St.-G.-B., welche lauten: § 242. Wer eine fremde bewegliche Sache einem Anderen in der Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig anzueignen, wird wegen Diebstahls mit Gefängniß bestraft. Der Versuch ist strafbar. § 243. Auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren ist zu er­ kennen, wenn Ziff. 2: aus einem Gebäude oder umschloßenen Raume mittels Einbruchs, Einsteigens oder Erbrechens von Behältnissen gestohlen wird; Ziff. 3: der Diebstahl dadurch bewirkt wird, daß zur Eröffnung der Thüren oder Behältniffe falsche Schlüssel oder andere zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmte Werkzeuge angewendet werden. § 246. Wer eine fremde bewegliche Sache, die er in Besitz oder Gewahrsam hat, sich rechtswidrig zueignet, wird wegen Unterschlagung mit Gefängniß bis zu drei Jahren und, wenn die Sache ihm anvertraut ist, mit Gefängniß bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

§15. Die Strafen.

73

bestimmte ober geeignete Gegenstände wider Willen der Dienstherrschaft wegnimmt, um deren Vieh damit zu füttern. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.") b.

Strafbestimmungen für die Dienstberrfchaften.

I. An Ge.ld bis zu fünfzehn Mark wird die Dienstherrschaft gestraft, welche einem Dienstboten bei Auflösung des Dienstverhältnisses polizeilicher Auffor­ derung ungeachtet die Ausstellung des Zeugnisses im Dienstbotenbuche verweigert.15) Die Strafeinschreitung ist nicht abhängig von einem Strafantrage, sondern erfolgt auf geschehene Anzeige von Amiswegen. II. An Geld bis zu fünfzehn Mark werden Dienstherrschaften gestraft, welche schulpflichtige Dienst­ boten mit Versäumung ihrer Schulpflicht zur Hut ver­ wenden. 16) Die Strafeinschreitung tritt von Amts­ wegen ein. c. Gemeinschaftliche Strafbestimmungen für Dienstboten

und Dienstberrfchaften.

I. Mit Hast bis zu acht Tagen oder Geld bis zu fünf und vierzig Mark werden Dienst­ boten gestraft, welche sich an mehrere Dienstherr­ schaften zugleich verdingen.") An Geld bis zu fünfzehn Mark werden

") «) re) 17)

R.-SL.-G -B. P.-St.-G -B. P.-St.-G.-B. P.-S1..G.-B.

§ 370 Ziff. 5 und 6 mit § 18. Art. 108. Art. 118 Abs. 2. Art. 106 Ziff. 2.

74

V. Kap. Strafen und polizeiliche Zwangsmaßregeln.

Dienstherrschaften gestraft, welche wisientlich einen bereits verdungenen Dienstboten für die nämliche Zeit für sich dingen.") Die Strafverfolgung tritt in beiden Fällen von Amtswegen ein. II. Mit Haft bis zu acht Tagen oder an Geld bis zu fünfundvierzig Mark werden Dienstherrschaften und Dienstboten gestraft, welche bei Eingehung eines Dienstvertrages unsittliche Bedingungen festsetzen. Gleicher Strafe unterliegen Diejenigen, welche in einen Scheindienst treten oder einen solchen gestatten.") Die Strafverfolgung tritt von Amtswegen ein.

III. An Geld bis zu dreißig Mark oder mit Haft bis zu acht Tagen werden Dienst­ herrschaften bestraft, welche ihren schulpflichtigen Dienstboten den Besuch von Wirthshäusern ohne ge­ hörige Aussicht oder den Besuch öffentlicher Tanzunter­ haltungen gestatten. Mit Hast bis zu sechs Tagen werden sonntags schulpflichtige Dienstboten be­ straft, welche öffentlichen Tanzunterhaltungen an­ wohnen oder ohne Erlaubniß der Dienstherrschaft Wirths­ häuser besuchen.20 * *) ») P.-St.-G.-B. Art. 108. ”) P.-St.-G.-B. Art. 109. 20) P.-St.-G.-B. Art. 56. Die Dienstherrschaften sind also strafbar, wenn sie ihren werktags- oder sonntags­ schulpflichtigen Dienstboten entweder a) den Besuch von Wirthshäusern ohne gehörige Auf^ sicht oder

8 15.

Die Strafen.

75

Ein Strafantrag ist nicht erforderlich. IV. Mit Haft bis zu acht Tagen oder an Geld bis zu fünfundvierzig Mark werden auf Anzeige der Schulbehörde Dien st Herrschaften gestraft, welche ohne genügende Entschuldigung unterlassen, ihre schulpflichtigen Dienstboten zum Schulbesuch anzuhalten, ungeachtet sie von der Ortsschulbehörde wegen schuld­ hafter Schulversäumnisse auf Grund der bestehenden Schulordnung mit Geld gestraft und zugleich vor wei­ teren Schulversäumnissen verwarnt worden sind. Haft bis zu drei Tagen kann auf Anzeige der Schulbehörden gegen diejenigen schulpflichtigen Dienstboten erkannt werden, welche aus eigenem Verschulden den Besuch der Sonntagsschule oder der dieselbe vertretenden Fortbildungsschule oder während ihrer allgemeinen Sonntagsschulpflicht den vorgeschrie­ benen Besuch des öffentlichen Religionsunterrichtes fort­ gesetzt versäumen, ungeachtet sie von der OrtSschulbeb. den Besuch von öffentlichen Tanzunterhaltungen über­ haupt gestatten oder nachsehen. Die sonntags schulpflichtigen Dienstboten sind straffällig, wenn sie entweder a. öffentliche Tanzunterhaltungen besuchen, auch wenn sie die Erlaubniß ihrer Dienstherrschaft hierzu erhalten haben, da ein derartiger Besuch unbevingt verboten ist oder b. ohne Erlaubniß der Dienstherrschaft Wirthshäuser besuchen. Disziplinäre Einschreitung gegen die betreffenden Schul­ pflichtigen ist nicht ausgeschloffen. Vgl. Riedel Anm. l- 3 zu Art. 56, dann oben § S Anm. 18 und § 9 Anm. 33.

76

V. Kap. Strafen und polizeiliche Zwangsmaßregeln.

Hörde wegen schuldhafter Versäumniß auf Grund der bestehenden Schulordnung gestraft und vor weiteren Versäumnissen verwarnt worden ftnb.21)

Die Strafeinschreitung tritt von Amtswegen ein. V. An Geld bis zu fünfzehn Mark wer­ den Dienstherrschaften gestraft, welche den distrikts- oder ortspolizeilichen Vorschriften über die An­ zeige des Ein- und Austrittes von Dienstboten, sowie über die Vorlage und Aufbewahrung der Dienstbücher zuwiderhandeln. Gleicher Strafe unterliegen Dienst­ boten, welche von ihrer Dienstherrschaft den Auftrag erhalten haben, anstatt derselben ihren Dienst-Eintritt

P.-St.-G.-B. Art. 58.

Was die Strafeinschreitung gegen die Dienstherrschaften anlangt, so kann dieselbe schon bei dem zweiten Schulversäumnisse erfolgen, wenn die Ortsschulbehörde wegen des ersten Versäum­ nisses eine Geldstrafe ausgesprochen und zugleich die Verwarnung erlassen hat. Zum Thatbestand der Uebertretung genügt es, wenn die Schule versäumt wurde; ein Nachweis spezieller Momente, daß die Dienstherrschaft es unterlassen habe, ihre Dienstboten zum Schulbesuche anzuhalten, ist nicht erforderlich. Oberstr. E. v. 8. Mai 1874 (M.-Bl. f. K-. u. Sch.-A. S. 260).

Zur richterlichen Einschreitung gegen die Dienstboten genügt die vorausgegangene einfache Verwarnung desselben seitens der Ortsschulbehörde, auch wenn keine Schuldisciplinarstrafe ererfolgte, weil das Gesetz das Wort „oder" gebraucht. Die Schul­ disciplinarstrafe besteht in einem Verweise. Vgl. oben § 8 Anm. 21-24, § 9 Anm. 35-37 und Riedel Anm. 4 und 8 zu Art. 58.

§ 16.

Die polizeilichen Zwangsmaßregeln.

77

oder Austritt bei der Ortspolizeibehörde zur Anzeige zu bringen und diese Anzeige verabsäumen.^)

Die Strafverfolgung tritt von Amtswegen ein.

§ 16. Die polizeilichen Zwangsmatzregeln. Den Polizeibehörden steht zum Schutze des Dienst­ verhältnisses und im Interesse der öffentlichen Ordnung die Befugniß zu, gegen Dienstboten gewisse Zwangs­ maßregeln vorzukehren. *) Die Anwendung derselben ist im einzelnen Falle dem pflichtmäßigen Ermeffen der zuständigen Polizeibehörde anheimgegeben und unab­ hängig von einer etwaigen Strafverfolgung wegen der im vorigen Paragraphen bezeichneten Uebertretungen.

Die Zwangsmaßregeln, welche zum Theil von Amts­ wegen, zum anderen Theil aber nur auf Antrag der Dienstherrschaft zum Vollzüge kommen, sind folgende: I. Unterkommenslose Dienstboten können von der Polizeibehörde angewiesen werden, binnen einer be­ stimmten Frist sich ein anderweitiges Unterkommen zu verschaffen. Die Nichtbefolgung eines solchen Auftrages hat Bestrafung zur Folge, auf Grund deren dann weiter *2) P.-St -G.-B. Art. 107. Vgl. oben § 13 und Anm. 1 und 2 daselbst. Die Verjährung der Strafverfolgung (vgl. oben § 15 a. A.) wegen Nichtanzeige des Eintrittes von Dienstboten be­ ginnt nicht mit dem Tage des Eintrittes oder mit dem Ab­ laufe der Anzeigesrist, sondern erst mit der Beendigung des Dienstverhältnisses. Stenglein Bd. IX. S. 319. Gegenüber den Dienstherrschaften stehen der PolizeiLchörde Zwangsbefugnisse nicht zu.

78

V. Kapr Strafen und polizeiliche Zwangsmaßregeln.

die Einschaffung des Dienstboten in das Arbeitshaus oder dessen Ausweisung verfügt werden kann.*2)3 4

Sowohl die Einschaffung in das Arbeitshaus als die Ausweisung kann auf den Zeitraum bis zu zwei Jahren erstreckt werden.

II. Dienstboten, welche den Antritt des Dienstes zur bedungenen oder gesetzlichen Zeit widerrechtlich ver­ weigern oder vor Beendigung der Dienstzeit wider­ rechtlich den Dienst verlassen, können auf Antrag der Dienstherrschaft oder ihres Stellvertreters zwangsweise vorgesührt und in den Dienst eingeschafft werden. Die gleiche Befugniß steht der Polizeibehörde gegen landwirthschaftliche, auf längere Zeit in Beschäftigung genommene Taglöhner zu, welche ohne genügenden Rechtfertigungsgrund zur Erntezeit oder zur Saat- und Ausbauzeit die Arbeit verlassen 5)* .* 8 -) Vgl. R.-St-G.-B. § 361 Ziff. 8, § 362 Abs. 2. Heim.-Ges. v. 16. April 1868 Art. 45 und die Novelle hierzu vom 23. Februar 1872 Art. 10. Durch diese Befugniß der Polizeibehörde, feiernden Dienst­ boten Unterkommensaufträge zu ertheilen, können die letzteren sohin zwangsweise angehalten werden, wieder in den Dienst zu treten, wenn sie nicht im Stande sind, von eigenen Mitteln zu leben. Vgl. oben § 3 Anm. 1. 3) Vgl. auch unten Ziff. V. dieses §. 4) P.-St.-G.-B. Art. 106 Abs. 4. Die Frage, ob die Weigerung de8 Antrittes oder der Fortsetzung des Dienstes eine widerrechtliche ist, hat die Polizeibehörde in eigener Zu­ ständigkeit nach pflichtmäßigem Ermessen zu würdigen. Vgl. des weiteren über das Verfahren unten § 18 lit. a. s) P.'St.-G.-B. Art. 106 Abs. 5. Vgl. oben § 8 Anm. 8 und 9.

§ 16.

Die polizeilichen Zwangsmaßregeln.

79

Diese zwangsweise Vorführung hat nicht den Charakter einer Strafe, sondern ist lediglich eine im öffentlichen Interesse gelegene Maßregel zur Aufrecht­ haltung des Dienstverhältnisses gegenüber widerrecht, licher Auflösung desselben seitens der Dienstboten. Die Dienstherrschaft ist deshalb auch verpflichtet, den ihr auf ihren Antrag zwangsweise vorgeführten Dienstboten in den Dienst aufzunehmen, d. h. sie kann demselben gegenüber nicht nachträglich dessen Nichteintritt oder Entlaufen als Grund für eine sofortige Wiederent­ lassung desselben benützen.

und

Hat eine zwangsweise Vorführung stattgefunden verläßt der Dienstbote demungeachtet nochmals

«) Die mehrfach verbreitete Ansicht, daß die Dienstherr­ schaft befugt fei, den ihr auf Antrag zwangsweise zugeführten Dienstboten nun ihrerseits ohne seine Einwilligung einfach weg­ zuschicken, ist unrichtig. Denn wenn auch die Dienstherrschaft durch das widerrechtliche Nichteintreten oder Verlassen des Dienstes seitens des Dienstboten das Recht erhält, das Dienst­ verhältniß sofort einseitig aufzulösen und demgemäß die Annähme des verspätet eintretenden oder nach dem Entlaufen zurückkehrenden 'Dienstboten zu verweigern (vgl. oben § 11 Anm. 1), so liegt die Sache doch anders, wenn Antrag auf zwangsweise Diensteinschaffung gestellt wurde. Durch diesen Antrag gibt die Dienstherrschaft zu erkennen, daß sie das Dienstverhältniß nicht auflösen, vielmehr den Dienstboten zur Einhaltung desselben gezwungen wissen will. Ist es der Dienst Herrschaft um Bestrafung das Dienstboten zu thun, so hat sie Strafantrag zu stellen; eine Vorführung zur Strafe gibt es nicht. Vgl. Bl. f. a. Pr. Bd. XII S. 281 ffg., Bd.XXI S. 71 und Bd. XXIII S. 23.

80

V. Kap. Strafen und polizeiliche Zwangsmaßregeln.

widerrechtlich den nämlichen Dienst, wiederholte Vorführung nicht statt.7)

so

findet

eine

III. Dienstboten, welche zur Arbeitszeit sich in Wirthshäusern, aus Spielplätzen oder in Winkelkneipen Herumtreiben oder nächtlicher Weile ordnungswidrig umherschwärmen, können von der Polizeibehörde und auch von den Beamten des Polizei- und Sicherheits­ dienstes vorläufig festgenommen werden, wenn die Fest­ nahme nothwendig ist, um die Fortsetzung der straf­ baren Handlung zu verhindern.8)

IV. Gegen Dienstboten, welche wissentlich an einem ansteckenden Uebel leiden und solches der Dienst­ herrschaft verheimlichen, kann von der Polizeibehörde mit zwangsweiser Einweisung in das Krankenhaus oder

’) Dies ergibt sich aus der Fassung des Art. 106 des P -St.-G.-B., sowie aus dem Zwecke der Vorführungsmaßregel. Sollte neben der in Absatz 6 dieses Artikels enthaltenen An­ drohung einer erhöhten und von einer Antragstellung unab­ hängigen Bestrafung für das wiederholte Entlaufen aus einem und demselben Dienste auch noch eine nochmalige Zwangsvor­ führung statthaben, so müßte dies im Gesetze ausdrücklich erklärt sein, um so mehr, als die fragliche Bestimmung am Schlüsse des Artikels steht, die vorausgehenden Bestimmungen über die zwangsweise Vorführung also hierher nicht mehr bezogen werden können. Vgl. auch Bl. f. a. Pr. Bd. XXIV S. 347. *) Das Gesetz zur Ausführung der Reichsstrafprozeßordnung vom 18. August 1879 bestimmt in Art. 102: „Die Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes sind berechtigt, bei allen strafbaren Handlungen denjenigen, welcher auf frischer That betreten wird, vorläufig festzunehmen, wenn diese Fest­ nahme nothwendig ist, um die Fortsetzung der strafbaren Handlung zu verhindern. (Ges.- u. V.-Bl. 1879 S. 781 ff).

§ 16.

Tie polizeilichen Zwangsmaßregeln.

81

mit den sonst zur Absonderung und Heilung derselben erforderlichen Maßregeln vorgegangen werden.")

V. Dienstboten, welche binnen Jahresfrist wiederholt wegen einer im Gemeindebezirke verübten Uebertretung der Dienstbotenordnung gerichtlich verurtheilt worden sind, können von der Polizeibehörde ausgewiesen werden. Die Ausweisung kann sich auf einen Zeitraum bis zu zwei Jahren erstrecken und entweder auf die Aufent­ haltsgemeinde beschränkt oder auf die benachbarten Ge­ meindebezirke ausgedehnt werden. Ausländische (nicht­ deutsche) Dienstboten können für die Dauer dieses Ausenthaltsverbotes aus dem Königreiche weggewiesen werden.lü)

Zum Vollzüge des Ausweisungsbeschlusses kann die Verschubung des ausgewiesenen Dienstboten in seine *) P.-St.^G.-B. Art. 66 Abs. 2. io) Heirn.-Ges. Art. 45 Ziff. 6, Art. 47 Abs. 1 und Art. 50 Ziff. 3. Novelle hierzu vom 23 Februar 1872 Art. 9 und Art. 10 Ziff. 6, dann Art. 11. Voraussetzungen für die Ausweisung sind: a) Es muß eine wiederholte (wenigstens zweimalige) Verurtheilung wegen einer der in Art. 106 des P - St. - G. - B. aus geführten Uebertretungen (vgl. § 15 lit. a Ziff. 1 und lit. c Ziff. 1) vorliegen. Die Verurteilung wegen einer anderweitigen Uebertretung der Dienstbotenordnung (z. B. Art. 107 oder Art. 109 des P.-St -G.-B.) begründet die Besugniß zur Aus­ weisung nicht. b) Die wiederholten Uebertretungen müssen in ein und dem selb en Gemeindebezirke verübt worden und c) die wenigstens zweimalige Verurtheilung des Dienst­ boten innerhalb eines Jahres erfolgt sein.

Meixner, tm-5 Tienstbotenwesen in Bayern.

6

82

V. Kap. Strafen und polizeiliche Zwaugsmaßregeln.

Heimat beziehungsweise an die Landesgrenze verfügt werden. n) Der Bruch des Aufenthaltsverbotes wird mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft.") VI. Den Zwangsmaßregeln gegen die Dienstboten kann gewissermaßen auch die Befugniß der Schulbe­ hörden beigezählt werden, schulpflichtige Dienstboten, welche den Schulbesuch schuldhaft versäumen, zwangs­ weise in die Schule verführen zu lassen.")

n) M.-E. vom 15. April 1870 Nro. 3815 und vom 9. Dezbr. 1878 Nr. 15,173 (Min.-A.-Bl. S. 413). 18) P.-St -G.-B. Art. 28. n) Bgl. oben 8 8 zu Zisf. 7 a. E. und Anm. 25.

VI. Kapitel. Miindigkeit und Uerfahreu. § 17. Gerichtliche Zuständigkeit. Die gerichtliche Zuständigkeit auf dem Gebiete des Dienstbotenwesens ist im Allgemeinen begründet:*) a) für die Entscheidung aller Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaften und Dienstboten, soweit es sich um Civilrechtssachen handelt; b) für die Strafeinschreitung gegen Dienstboten und Dienstherrschaften wegen Uebertretung der Dienst­ botenordnung.

Zu a. Zu den Civilrechtssachen gehören alle Streitigkeiten der Parteien, welche 1) die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des Gesindemiethvertrages,*2) oder 2) die Erfüllung oder Aufhebung desselben,3) oder !) Vgl. oben § L 2) z. B. Streitigkeiten darüber, ob der von den Parteien abgeschlossene Vertrag die rechtliche Natur des Gesindemiethver­ trages habe oder ob derselbe in rechtswirksamer Weise abge­ schlossen sei. Vgl. oben §§ 2-4. 3) z. B. die Klage auf Aufhebung des Dienstvertrages wegen Irrthums, Betrugs, ungerechter Behandlung u. s. w. Vgl. oben §§ 7 u. 11.

84

VI. Kap.

Zuständigkeit und Verfahren.

3) die Entschädigung wegen Nichterfüllung nicht gehöriger Erfüllung, *) oder

oder

4) den Ersatz zugefügten Schadens "') zum Gegenstände haben. Die zur Entscheidung dieser Streitigkeiten zustän­ digen Gerichte sind die Amtsgerichte, und zwar ohne Rücksicht auf den Betrag oder Werth des Streit­ gegenstandes. 64) 5 Die Klagen gegen die Dienstboten können entweder bei dem Amtsgerichte des Wohnsitzes7) oder des Auf­ enthaltsortes des Dienstboten oder auch bei dem Amts­ gerichte desjenigen Ortes angebracht werden, wo die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Klagen gegen die Dienstherrschaften sind bei dem Amtsgerichte ihres Wohn­ sitzes oder desjenigen Ortes anzubringen, wo die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.s) 4) z. B. Entschädigungssorderungen toeßen verweigerten Diensteintrittes oder wegen verweigerter Annahme in den Dienst, wegen vorenthaltenen Lohnes u. s. w. Vgl. oben §§ 8 u. 9. 5) z. B. Schadenersatzansprüche wegen rechtswidrigen Ent­ lausens, wegen Ausstellung eines ungerechten Dienstzeugnisfes, wegen ungerechtfertigter Entlassung u. s. w. Vgl oben §§ 7 bis 9 und § 11. 6) G.-V.-G. 8 23 Zifs. 2 Abs. 2. ') „Wohnsitz" ist der Ort, an welchem Jemand seinen Aufenthalt mit der Absicht genommen hat, diesen Ort zum dauernden Mittelpunkt feiner Wirksamkeit zu machen. *) C.-P.-O. §§ 12, 13, 21, 29 und 35. — Auf die Chefs und Mitglieder der in Bayern beglaubigten Gesandt­ schaften, dann auf deren Familienglieder und Dienstboten — letztere soferne sie nicht Deutsche sind — erstreckt sich die bayerische Gerichtsbarkeit nicht. G.-V.-G. §§ 18 u. 19.

§ 17.

Gerichtliche Zuständigkeit.

85

Den Rechtsstreit können die Parteien entweder selbst führen oder durch einen bei dem Prozeßgerichte zuge­ lassenen Rechtsanwalt oder auch durch jede andere prozeß­ fähige Person als Bevollmächtigten führen lassen.9* )*10 *Der ** * * * * Bevollmächtigte muß die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachweisen und diese zu den Ge­ richtsakten abgeben.^0) Die Klage kann bei dem Gerichte schriftlich ein­ gereicht oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers an­ gebracht werden.") Der Schriftsatz muß enthalten: 1) die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; 2) die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag; 3) die Ladung des Beklagten vor das Prozeßgericht zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits.12) C -P -O. §§ 74 u. 75. Prozeßsähig ist eine Person, insoweit sie sich durch Verträge verpflichten kann. Die Prozeß­ fähigkeit einer großjährigen Person wird dadurch, daß sie unter väterlicher Gewalt steht, die Prozeßfähigkeit einer Frau dadurch, daß sie Ehefrau ist, nicht beschränkt. Ausgeschlossen von der Prozeßsähigkeit sind sonach Personen, welche keinen Willen haben (wie Kinder, Geisteskranke u. s. w.), und Personen, welche keine oder nur eine beschränkte Dispositionsbefugniß haben (tote minderjährige Hauskinder und alle Personen, welche unter Vormundschaft stehen). C.-P.-O. § 51. Vgl. oben § 3. 10) Eine Privaturkunde muß aus Verlangen der Gegen­ partei gerichtlich oder notariell beglaubigt werden. C.-P.-O. § 76 Abs. 2. ' h) C.-P.-O. § 457. 12) C.-P.-O. § 230. Die Parteien oder ihre gesetzlichen Vertreter sollen nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort

86

VI. Kapitel.

Zuständigkeit und Verfahren.

Auf die schriftlich eingereichte oder zu Protokoll an­ gebrachte Klage erfolgt die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung und die Zustellung der Klage an die Gegenpartei. Für diese Zustellung hat der Gerichtsschreiber Sorge zu tragen, der Kläger kann aber auch selbst die Zustellung übernehmen.") Im letzteren Falle hat er sich an einen Gerichtsvollzieher zu wenden und durch diesen die Zustellung bewirken zu lassen.

Durch die Zustellung der Klageschrift oder des die Klage enthaltenden Protokolls wird die Klage erhoben, d. h. die Rechtsanhängigkeit der Streitsache begründet.")

Anstatt der schriftlichen Einreichung oder protokol­ larischen Anbringung der Klage und deren Zustellung an den Beklagten können die Parteien auch an den ordentlichen Gerichtstagen ohne Ladung und Termins­ bestimmung zur Verhandlung des Rechtsstreites vor Gericht erscheinen. In diesem Falle erfolgt die Erhebund Parteistellung (Kläger, Beklagter) genau bezeichnet, die Zahl der der Klagefchrist etwa beigefügten Anlagen angegeben, die zur Begründung der gestellten Anträge dienenden that­ sächlichen Verhältnisse dargestellt und die Beweismittel, welcher sich Kläger bedienen will, bezeichnet, die Schrift selbst aber von dem Kläger oder Demjenigen, welcher für denselben als Be­ vollmächtigter handelt, unterschrieben werden. C.-P.-O. § 121, 13) C.-P.-O. § 458. ") C.-P.-O. §§ 152-154. Mit der Zustellung kann die Partei nach freier Wahl einen jeden der an dem betreffenden Amtsgerichte aufgestellten Gerichtsvollzieher beauftragen. Verord. v. 6. Septbr. 1879 § 5 (J.-M.-Bl. S. 610). 16j C.-P.-O. § 460 u § 235. Ueber die Wirkungen der Rechtsanhängigkeit vgl. C.-P.-O. §§ 235 u. 239.

§ 17.

Gerichtliche Zuständigkeit.

ung der Klage durch selben. lß)

den

mündlichen Vortrag

87 der­

Auch kann derjenige, welcher eine Klage zu erheben beabsichtigt, unter Angabe des Gegenstandes seines An­ spruchs zum Zwecke des Sühneversuchs die Gegenpartei vor das Amtsgericht laden. Erscheinen beide Parteien und wird ein Vergleich geschlossen, so ist mit diesem der Streit beendigt. Kommt ein Vergleich nicht zu Stande, so wird auf Antrag beider Parteien der Rechts­ streit sofort verhandelt. *?)

Außerdem kann auch das Gericht von Amtswegen in jeder Lage des Rechtsstreites die gütliche Beilegung desselben versuchen und zum Zwecke des Sühneversuchs das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen. 18 16) 17 Endlich kann der Kläger vor der gerichtlichen An­ bringung seiner Klage das gemeindliche Vermittlungs­ amt zum Zwecke des Sühneversuches anrufen, wenn die Gegenpartei in derselben Gemeinde wohnt. Den Be­ theiligten steht es frei, Männer ihres Vertrauens zu benennen, welche zmn Sühneversuche beizuziehen sind; die Zulassung von Advokaten ist jedoch ausgeschlossen. Wenn auf gehörige Ladung nicht beide Parteien er16) C.-P.-O. § 461. Ordentliche Gerichtstage sind die vom Gerichte im Voraus zur Verhandlung bürgerlicher Rechts­ streitigkeiten regelmäßig bestimmten Tage. 17) C.-P.-O. § 471. Ist die Gegenpartei nicht erschienen, so gilt der Sühneversuch als vereitelt. Die Kosten des ver­ eitelten Sühneversuches sind als Theil der Kosten des Rechts­ streites von der schließlich unterliegenden Partei zu tragen. Vgl. C.-P.-O. § 87. C.-P.-O. § 268.

88

VI. Kapitel.

Zuständigkeit und Verfahren.

scheinen, gilt der Vermittlungsversuch als vereitelt; die Anberaumung eines weiteren Vermittlungstermines auf Antrag eines Theiles ist unzulässig.") Wer außer Stande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie nothwendigen Unterhaltes die Kosten des Prozesses zu bestreiten, hat auf Bewillig­ ung des Armenrechtes Anspruch, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsvertheidigung nicht muthwillig oder aussichtslos erscheint.2u) Das Gesuch um Bewilligung des Armenrechtes ist bei dem Prozeßgerichte anzubringen; es kann vor dem Gerichtsschreiber erklärt werden.21) Dem Gesuch ist ein vorschriftsmäßiges Armuthszeugniß beizufügen. Diese Armuthszeugnisse werden von dem Armenpfleg­ schaftsrathe des Ortes, an welchem der Gesuchsteller seinen Wohnsitz oder seit Icmcerer Zeit Aufenthalt ge^ nommen hat, in Ermangelung eines Wohnsitzes oder eines solchen Aufenthaltes aber von dem Armenpfleg­ schaftsrathe des Heimatsortes ausgestellt und müssen auf Grund sorgfältiger und gewissenhafter Erhebungen eine genaue Darstellung aller persönlichen, Familien-, la) G.-O. Art. 100, 144. Der ausgebliebene Kläger verwirkt eine Geldbuße von 1 Mark zum Besten der Ge­ meindekasse. Die Verhandlungen und Ausfertigungen des Vermittelungsamtes stnd gebührenfrei. Vgl. Geb -Ges. Art. 3 Ziff. 3. 20) C.-P.-O. § 106. 21) C.-P.-O. § 109 Abs. 1. Die Bewilligung des Armen« rechtes erfolgt für jede Instanz besonders, doch bedarf es in der höheren Instanz des Nachweises de8 Unvermögens nicht, wenn das Armenrecht in der vorherigen Instanz bewilligt war. C.-P.-O. § 110.

§17.

Gerichtliche Zuständigkeit.

89

Vermögens -, Einkommens- und Erwerbs-Verhältnisse des Gesuchstellers, die Angabe des Betrages der von demselben zu entrichtenden Staatssteuern, sowie die ausdrückliche Bestätigung des Unvermögens des Gesuch­ stellers zur Bestreitung von Prozeßkosten enthalten.22)

Durch die Bewilligung die Partei:

des

Armenrechtes

erlangt

1) die einstweilige Befreiung von der Berichtigung der erwachsenden Gerichtskosten, einschließlich der Gebühren der Beamten, der den Zeugen und den Sachverständigen zu gewährenden Vergütung und der sonstigen baaren Auslagen, sowie der Stempelsteuer; 2) die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten; 3) das Recht, daß ihr zur vorläufig unentgeltlichen Bewirkung von Zustellungen und von Voll­ streckungshandlungen ein Gerichtsvollzieher und, insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehm­ ung ihrer Rechte ein Rechtsanwalt beigeordnet werde.23) Auf die Verpflichtung zur Erstattung der dem 22) C.-P.-O. § 109 Abs. 2. Min.-Bek. v. 5. Juli 1879 (J.-M.-Bl. S. 305) §§ 1 u. 2. Die Zeugnisse sind in der Sitzung des Armenpflegschaftsrathes festzustellen. Hat der Armenpflegschaftsrath oder die Gemeindebehörde keine genaue Kenntniß davon, ob oder welche direkte Staatssteuern der Gesuchsteller zu entrichten hat, so ist Letzterer zu veranlassen, hierüber vorerst rentamtliche Bescheinigung beizubringen. 23) C.-P.-O. § 107.

90

VI. Kapitel.

Zuständigkeit und Verfahren.

Gegner erwachsenden Kosten hat Armenrechtes keinen Einfluß. 24)

die Bewilligung des

Die zum Armenrechte zugelassene Partei ist zur Nachzahlung der Beträge, von deren Berichtigung sie einstweilen befreit war, verpflichtet, sobald sie ohne Be­ einträchtigung des für sie und ihre Familie nothwen­ digen Unterhalts dazu im Stande ist. Auch kann das Armenrecht zu jeder Zeit entzogen werden, wenn sich ergiebt, daß eine Voraussetzung der Bewilligung nicht vorhanden war oder nicht mehr vorhanden ist.25)

Zu b. Für die Verhandlung und Entscheidung über straf­ bare Übertretungen in Bezug auf das Dienstbotenwesen sind die bei den Amtsgerichten gebildeten Schöffengerichte zuständig, und zwar ist im einzelnen Falle dasjenige Gericht zuständig, in dessen Bezirk die strafbare Hand­ lung begangen ist, oder auch dasjenige, in dessen Be­ zirk der Angeschuldigte zur Zeit der Erhebung der Klage seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat.2^)

Die Anzeigen über strafbare Handlungen können in München bei der kgl. Polizeidirektion, den PolizeiBezirks-Commissären, der Gendarmeriemannschast, dann bei den Amtsanwälten und Amtsgerichten mündlich oder schriftlich angebracht werden. Bei Uebertretungen, deren Verfolgung nur auf An“) C.-P.-O. § 108. «) C.-P.-O. §§ 112 u. 116. *) G -V.-G. § 25, § 27 Ziff. 1. P.-O. §§ 7 u. 8.

Vgl. oben § 1.

St.-

§ 17.

Gerichtliche Zuständigkeit.

91

trag eintritt, muß der Strafantrag schriftlich oder zu Protokoll angebracht roerben.27) .Die Anzeigen und Strafanträge werden, soweit sie nicht schon gleich bei den Amtsanwälten angebracht wurden, an diese zur Verfolgung abgegeben. In der Regel wird sodann auf amtsanwaltschaftlichen Antrag ohne vorherige Verhandlung vom Amtsrichter eine Strafe festgesetzt, schriftlicher Strafbefehl erlassen und dieser dem Beschuldigten zugestellt.28)

Gegen diesen Strafbefehl kann * binnen einer Woche von der Zustellung an bei dem Amtsgerichte schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers Einspruch er­ hoben werden.29)

Ein Strafbefehl, gegen welchen nicht rechtzeitig Ein­ spruch erhoben wurde, erlangt die Wirkung eines rechts­ kräftigen Urtheils. 30) Bei rechtzeitigem Einsprüche wird zur Hauptverhand­ lung vor dem Schöffengerichte geschritten, bei welcher sich der Angeklagte durch einen mit schriftlicher Voll­ macht versehenen Vertheidiger vertreten lassen kann, und zu welcher der Anzeiger oder Strafantragsteller meist als Zeuge zu erscheinen ^t.3l) «) St.-P.-.O. § 156. Vgl. oben § 15. An die Stelle der Polizeidirektion und der Polizei-Bezirkskommifsäre treten an anderen Orten die k. Bezirksämter, die Stadtmagistrate, Bürgermeister und deren Sicherheitsorgane. ’•) St.-P.-O. § 447. M.-E. v. 20. August 1879 § 2. (J.-M.-Bl. 1879 Beilagenband). ") St.-P.-O. § 449. 20) St.-P.-O. § 450. 3i) St.-P.-O. 8 451.

92

VT. Kapitel.

Zuständigkeit und Verfahren.

Bleibt der Angeklagte ohne genügende Entschuldig­ ung bei der Hauptverhandlung aus, und wird er auch nicht durch einen Vertheidiger vertreten, so wird der Einspruch ohne weitere Verhandlung durch Urtheil ver­ worfen.^) Es kann auf amtsanwaltschaftlichen Antrag anstatt zur Erlassung eines schriftlichen Strafbefehles auch so­ fort zur Hauptverhandlung vor dem Schöffengerichte geschritten werden/") 8 18.

Administrative Zuständigkeit.

Die Zuständigkeit der Verwaltungs- (Polizei-) Be­ hörden ist im Allgemeinen begründet: a) für die Anwendung der gesetzlich zulässigenZwangsmaßregeln gegen entlaufene, unordentliche und unterkunftslose Dienstboten; *) b) für die Ausstellung verweigerter und Abänderung ungerechter Dienstzeugnisse;2* )1 3 c) für die Regelung der Anzeigepflicht der Dienst­ boten, Ausstellung der Dienstbotenbücher und für Erlassung von Vorschriften über deren Führung, Vorlage und Aufbewahrung.^) --) St.-P.-O. § 452. 33) St.-P.^O. 88 168, 176 Abs. 3, 197, 211. Es liegt im Ermessen des Amtsanwaltes, ob er die Erlassung eines Strafbefehles beantragen oder die Eröffnung des Hauptver­ fahrens herbeifUhren will. M.-E. v. 20. August 1879 § 16. 1) Vgl. oben §§ 1 u. 16. 2) Vgl. oben §§ 1 u. 9 zu Zisf. 7. 3) Vgl. oben 88 1, 13 u. 14.

§ 18.

Administrative Zuständigkeit.

93

Z« a1) Die Ertheilung von Unterkommensaufträgen an unterkunftslose Dienstboten, die Ausweisung be­ strafter Dienstboten und die Vorkehrung sani­ tätspolizeilicher Maßregeln gegen solche Dienst­ boten, welche ansteckende Krankheiten verheim­ lichen, steht in München der k. Polizeidirektion, anderwärts den k. Bezirksämtern und unmittel­ baren Magistraten zu.4) Zuständig ist im einzelnen Falle die Behörde des Aufenthalts­ ortes. Zum Vollzüge dieser Maßregeln bedarf es keines Antrags, dieselben sind vielmehr beim Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen von Amtswegen zu bethätigen. 2) Zur Einweisung bestrafter Dienstboten in das Arbeitshaus sind die Distriktspolizeibehörden (k. Bezirksämter und unmittelbaren Magistrate), in München die k. Polizeidirektion, zuständig; und zwar steht diese Befugniß bezüglich derjenigen Personen, welche in Bayern eine wirkliche oder vorläufige Heimat besitzen, der Distriktspolizei­ behörde der Heimat, bezüglich anderer Personen der Distriktspolizeibehörde des Aufenthaltsortes oder desjenigen Ortes zu, an welchem der Verurtheilte seine Strafe erstanden hat oder die Verurtheilung erfolgt ist.5) 3) Zur zwangsweisen Vorführung von Dienstboten, welche widerrechtlich den Antritt oder die Fort*) Comp. Ver. §§ 6 u. 20. *) Comp. Ver. § 7.

Heim.-Ges. Art. 51.

94

VI. Kapitel.

Zuständigkeit und Verfahren.

setzung des Dienstes verweigern, sind sowohl die Orts- als die Distrikts-Polizeibehörden, in München die k. Polizeidirektion zuständig.6) Der Antrag auf zwangsweise Diensteinschaffung7)* 9 ist daher in München bei der k. Polizeidirektion,ö) anderwärts aber entweder bei dem Bürgermeister oder dem einschlägigen Bezirksamte anzubringen?) Die angerufene Polizeibehörde prüft in eigener Zuständigkeit nach pflichtmäßigem Ermessen, ob die gesetzlichen Boraussetzungen zu der bean­ tragten Maßregel vorhanden sind, insbesondere, ob ein rechtsgiltiges Dienstverhältniß besteht und ob die Weigerung des Antrittes oder der Fortsetzung des Dienstes eine widerrechtliche ist?") Einwendungen, welche in diesen Be­ ziehungen von den Dienstboten erhoben werden, sind mit Berücksichtigung der allgemeinen civil­ rechtlichen Normen summarisch zu würdigen. Je nach dem Ergebnisse dieser Prüfung wird die Vorführung verfügt oder dem Anträge keine 6) Comp. Ver. § 26. 7) Diese Maßregel wird nur auf ausdrücklichen Antrag der Dienstherrschaft verfügt. 8) Zur Bequemlichkeit des Publikums sind in München auch die Polizei-Bezirkskommissäre angewiesen, solche Anträge entgegenzunehmen und der k. Polizeidirektion zur weiteren Amtshandlung sofort in Vorlage zu bringen. 9) Letzteres ist besonders dann veranlaßt, wenn der Dienst­ bote sich in einer anderen Gemeinde befindet. Vgl. Bl. f. A. Pr. Bd. XII S. 281 ff. *>) Vgl. O.-A. E. v. 22. Mai 1865 (R.-Bl. S. 667).

§ 18.

Administrative Zuständigkeit.

95

Folge gegeben. Eine Beschwerde wegen Abweis­ ung des Vorführungsantrages hat nicht statt. Die zwangsweise Diensteinschaffung erfolgt in der Regel in München durch die Bezirksboten, anderwärts durch die Gemeinde- oder Polizei­ diener; es kann jedoch auch die Gendarmerie zu diesem Zwecke verwendet werden. n) 4) Zur vorläufigen Festnahme von Dienstboten, welche sich zur Arbeitszeit in Wirthshäusern Herumtreiben oder nächtlicher Weile ordnungs­ widrig umherschwärmen, sind alle Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes berechtigt. Der Festgenommene ist unverzüglich, soferne er nicht wegen Wegfalls der Ursache der Festnahme sofort wieder in Freiheit gesetzt wird, dem Amtsrichter des Bezirkes, in welchem die Festnahme erfolgt ist, vorzuführen. Dieser hat, soferne nicht ein anderer die Festnahme rechtfertigender Grund vorliegt, die Freilassung anzuordnen, sobald eine Fortsetzung der straf­ baren Handlung nach den Umständen mit Grund nicht mehr zu besorgen ist. Die vorläufige Festnahme darf in keinem Falle über vierund­ zwanzig Stunden fortgesetzt werden.^)

Zu I). Zur Ausstellung verweigerter und Berichtigung un­ gerechter Dienstzeugnisse sind die Ortspolizeibehörden

n) Verord. v. 24. Juli u. vom 12. August 1868 (R -Bl. S. 1385 u. 1529). ") Au8f.-G. z. R.-St.-P.-O. Art. 102 (G. u. V.Bl. S. 781 ff.)

96

VI. Kapitel.

Zuständigkeit und Verfahren.

(Bürgermeister), in München die k. Polizeidirektion, zu­ ständig. 13) 13) Gem.-O. Art. 92 u. 138. Der. v 2. Oktober 1869 tz 25 (R-Bl S. 1881). Ueber das Recht und die Pflicht der Polizeibehörde zu obiger Amtshandlung im Allgemeinen ist Folgendes zu bemerken:

Die Grundlage, auf welcher die Verpflichtung zur Aus­ stellung von Dienstzeugnissen im Dienstbotenbuche beruht, ist keine privatrechtliche; das Dienstzeugniß berührt nicht die obli­ gatorische Seite des Dienstverhältniffes, sondern die sittliche. Es giebt keinen Satz des bürgerlichen Rechtes, der die Ver­ pflichtung zur Zeugnißausstellung nach Beendigung des Dienst. Verhältnisses vorschriebe, etwa wie der, welcher ein Darlehen bezahlt hat, Quittung fordern kann. Die Verpflichtung zur Ausstellung des Dienstzeugnisses ist auferlegt aus Gründen des rechtlichen Wohles. Der Aussteller des Zeugnisses handelt hierbei sonach in Erfüllung einer öffentlichen Pflicht, und darum ist auch die Frage, ob dieser Pflicht genügt sei, nicht etwa von den Gerichten, sondern von den Verwaltungsbehörden zu entscheiden. Das Dienstzeugniß hat nun den Zweck, die persönliche Ueberzeugung der Dienstherrschaft über die sittliche Beschaffenheit des Dienstboten wiederzugeben. Daraus folgt, daß die Dienst­ herrschaft ihrer Verpflichtung genügt hat, wenn sie ein subjektiv wahres Zeugniß ausgestellt, d. h. bezeugt hat, was sie für richtig hält; daß es aber nicht in ihrer Pflicht liegt, ein ob­ jektiv wahres Zeugniß auszustellen. Das Polizeistrafgesetzbuch (Art. 108) straft lediglich die Verweigerung der Zeugnißausstellung trotz polizeilicher Auf­ forderung; dagegen enthält es über die Ausstellung wissentlich falscher Zeugnisse keine Strafbestimmung, wohl aus dem Grunde, weil der Nachweis des bösen Glaubens fast immer unerbringlich sein wird. Die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Zeugnißabgabe ist aber, wenn auch die Verletzung nicht strafrechtlich verfolgbar ist, nichts desto weniger vorhanden, und es ist klar, daß den

§ 18.

Administrative Zuständigkeit.

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Die angerufene Behörde hat durch Einvernahme der Dienstherrschaft und anderweitiger Auskunftspersonen oder auf sonst geeignetem Wege den wahren Sachver­ halt zu erforschen und, wenn die Erhebungen die Un­ wahrheit des Zeugnisses in dem angefochtenen Punkte herausstellen, auf Antrag des Dienstboten von Amts­ wegen im Dienstbuche zu bestätigen, daß auf Grund gepflogener Erhebungen die betreffende Angabe als un­ wahr sich darstelle.u) Dienstbote g egen Zeugnisse, welche objektiv — wenn auch nicht subjektiv — unwahr sind, Abhilfe gegeben sein muß. Denn wenn der Staat eine Einrichtung schafft, durch welche den Dienstzeugnissen eine erhöhte Bedeutung für die ganze Existenz der Dienstboten gegeben ist, so muß den Dienstboten auch gegen ungerechtfertigte Schädigung Abhilfe gewährt werden. Die polizeiliche Aufsicht über das Dienstbotenwesen muß sich auf Anrufen des Betroffenen auch darauf erstrecken, ob das auf Grund polizeilicher Anordnung ausgestellte Zeugniß auch objektiv wahr sei. Es ist dies auch der einzige Weg der Abhilfe, der dem Verletzten sich darbietet, da er bei dem Strafgerichte nur im Falle eines strafrechtlichen Reates und daher auch nur bei bösem Glauben des Zeugnißausstellers auf Verurtheilung des­ selben rechnen kann. Es ergiebt sich daraus die Verpflichtung für die Polizei­ behörde, in jenen Fällen, wo ein Dienstzeugniß von dem In­ haber als unrichtig bezeichnet wird, Erhebungen zu pflegen und je nach dem Ergebniffe derselben die Unwahrheit des Zeugnisses in dem angefochtenen Punkte von Amtswegen zu bestätigen. Mbb. R.'E. v. 12. Mai 1872 Nr. 15,744/17,601). Vgl. oben tz 9 zu Ziff. 7. Die Zuständigkeit der Ortspolizeibehörden ergiebt sich auS den oben allegirten allgemeinen Bestimmungen der Gemeinde­ ordnung im Zusammenhalte mit § 33 der Comp.-Ver. v. 4. Jan. 1872. J4) Die Entscheidung erfolgt unabhängig von einem etwa Meixner, daS Diensibotenwesen in Bayern.

7

98

VI. Kapitel.

Zuständigkeit und Verfahren.

Die Verhandlungen sind thunlichst zu beschleunigen.^') Das Ergebniß derselben ist in einem Beschlusse zu­ sammenzufassen, welcher seitens des abgewiesenen Dienst­ boten auf dem Beschwerdewege angefochten werden kann. Die Verhandlungen und die Beschlußfassung sind ge­ bührenfrei.^)

Zu c. Zur Erlassung von Vorschriften über die Anzeige des Ein- und Austrittes von Dienstboten, sowie über die Vorlage und Aufbewahrung der Dienstbücher sind sowohl die Distrikts- wie die Ortspolizeibchörden, in München die k. Polizeidirektion, zuständig.") Die Herstellung und den Verlag der Dienstboten­ bücher besorgen die k. Kreisregierungen durch ihre Verlagsämter?b) Jedes Dienstbotenbuch muß achtundvierzig ausschließend für die Einträge bestimmte, mit fort­ laufenden Nummern bezeichnete Seiten, außerdem das Signalement des Dienstboten und eine Belehrung für den Inhaber über die Strafbestimmungen gegen die Fälschung dieser Bücher, sowie über die Vorschriften gleichzeitig beim Civilgerichte gestellten Entschädigungsansprüche oder einer bei dem Strafgerichte angebrachten Beleidigungs­ klage. Das ganze Verfahren beschränkt sich aber ausschließlich auf die Ausstellung bzw. Abänderung von Zeugnissen im Dienstbolenbuche. (Vgl. oben 8 9 zu Ziff. 7.) «) D.-O. Art. 16. Ver. vom 29. Dez. 1836 Ziff. 19 und 20 (Döllinger Bd. XVIII S. 72). re) D.-O. Art. 16. Geb.-Ges. Art. 3 Ziff. 1 und 3. 17) P.-S1.-G.-B. Art 107. Ver. v. 4. Jan. 1872 § 33. ») Lil. M.-E. v. 23. März 1860. R.-A. v. 12. Aug. 1860 (Kr.-A.-Bl. S. 1497.)

§ 18.

Administrative Zuständigkeit.

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bezüglich der Eingehung, Auflösung und Wirkung des Dienstvertrages enthalten?'^) Die Ausfertigung der Dienstbotenbücher ist den Ortspolizeibehörden übertragen.20) Wer die Ausstell­ ung eines solchen Buches wünscht, hat sich an die Ge­ meindebehörde (Bürgermeister) seines Aufenthaltsortes oder seiner Heimat, in München an die k. Polizeidirektion, Zu wenden. Soll die Behörde des Aufenthaltsortes das Dienstbuch ausstellen, so müssen von dem Nachsuchenden diejenigen Legitimationspapiere beigebracht werden, welche für die Ausfertigung des Buches erforderlich sind. Auch nichtbayerische Dienstsuchende können gegen Deponirung eines Heimatscheines oder Staatsangehörigteitszeugnisses von der Behörde des Aufenthaltsortes ein Dienstbotenbuch ausgefertigt erhalten. 19) Lit. M.-E v. 23. März 1860 und v. 21. Okt. 1862. — Die für den Titel des Dienstbotenbuches, das Signalement und die Belehrung bestimmten Blätter sind besonders zu paginiren. *>) M.-E. v. 15. Mai 1876 Ziff. 9 (Min.-A -Bl. S. 233). Die Gemeindebehörden haben bei eintretenden Bedarfsfällen die benöthigten Formulare ausschließlich von der Verwaltung des Dienstbücherverlagsamtes der k. Kreisregierungen zu be­ ziehen und mit der Bestellung gleichzeitig den Betrag der Herstellungskosten mit dreißig Pfennigen für das Exemplar einzufenden. Vgl. R.-A. v. 8. Aug. 1876 (Kr.-A.-Bl. S. 895), M.-E. v. 25. Nov. 1875 3 Abs. 2 (Min.-A.-Bl. S. 663), aut. R -E. v. 13. Dez. 1873 Nr. 43,230 u. v. 15. Dez. 1875 Nr. 41,262. Diese Einsendungen genießen Postportofreiheit, müssen aber auf der Adreßseite mit der Bezeichnung „Dienstbotenbüchertaxen" versehen sein. M.-E. v. 31. Dez. 1876 (Min.-A.-Bl. 1877 S. 5). Ueber den Empfang und die Verwendung der erhaltenen Formulare ist der k. Regierung Nachweis in duplo vorzulegen. Aut. R.-E. v. 25. Nov. 1870 Nr. 38,073 und v. 15. Dez. 1875 Nr. 41,262.

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VI. Kapitel.

Zuständigkeit und Verfahren.

Dienstboten, welche mit der Angabe, ihr Dienst­ botenbuch verloren zu haben, die Ausfertigung eines neuen beantragen, müssen Zeugnisse ihrer drei letzten Dienstherrschaften beibringen, welche dann von Amts-" wegen in das neue Dienstbotenbuch übertragen werden. Können sie diese Zeugnisse nicht beibringen, so wird in dem neu auszufertigenden Dienstbuche ein ent­ sprechender amtlicher Vermerk gemacht (z. B. „will sein bisheriges Dienstbotenbuch verloren haben" oder in ähnlicher $Beife).21) Für das Dienstbotenbuch hat der Nachsuchende eine Gebühr von fünfzig Pfennigen zu entrichten.22) 21) So in München. Diese neuerdings wieder geübte Praxis hat den Zweck, dem Mißbrauche, welcher durch absicht­ liche Vernichtung und Ueberlassung von Dienstbotenbüchern an Andere häufig getrieben wird, entgegenzuwirten. Es ver­ steht sich dabei von selbst, daß von dem Erfordernisse der Bei­ bringung von Zeugnissen der letzten drei Dienstherrschaften je nach Umständen Umgang genommen werden kann, z. B. wenn schon das letzte Zeugniß eine mehrjährige Dienstzeit be­ stätigt, eine oder die andere der betheiligten Dienstherrschaften unauffindbar oder schwer zu erreichen ist, oder der unver­ schuldete Verlust des Dienstbuches nachgewiesen wird u s. w. 22) Geb.-Ges. Art. 170 Ziff 2. Die Gebühren fließen in die betreffende Gemeindekasse: nur in München, wo nicht die Gemeindebehörde, sondern die k. Polizeidirektion die Dienst­ botenbücher ausstellt, fließen die Gebühren in die Staatskasse. In der Gebühr von fünfzig Pfennigen sind die Herstellungs­ kosten (vgl. Anm. 20) mit inbegriffen. Da die letzteren der Gemeinde zur Last fallen, welche zum Bezüge der Gebühr be­ rechtigt ist, bezieht sonach die Gemeindebehörde für jedes von ihr ausgefertigte Dienstbotenbuch zwanzig Pfennige zur Gemcindekafse. Vgl. Geb.-Ges. Art. 187 und 188.

Anhang. § 19. Krankenhilfe für die Dienstboten. Die Dienstboten erwerben in derjenigen Gemeinde, in welcher sie dienen, sobald der Eintritt in das Dienst­ verhältniß bei der Gemeindebehörde ordnungsmäßig an­ gezeigt ist, das Recht auf Gewährung der erforderlichen Krankenpflege, ärztlichen Hilfe und Heilmittel auf die Dauer von neunzig Tagen. Die Gemeinden sind dafür berechtigt, von den Dienstboten, solange sie im Gemeindebezirke dienen, einen regelmäßigen Krankenkasfebeitrag zu erheben.!) Hierzu ist Folgendes zu bemerken: 1. Das Recht auf die bezeichnete Krankenhilfe ist bedingt einerseits durch den wirklichen Eintritt in ein Dienstverhältniß?) andererseits durch die ordnungsmäßige Anzeige des erfolgten Eintrittes bei der Gemeindebehörde?) 1) Armengesetz Art. 20 Abs. 1 u. 3. 2) Der Dienstbote muß thatsächlich dienen, d. h. in einem Dienste stehen; wer in eine Gemeinde gekommen ist, um hier einen Dienst erst zu suchen, hat noch nicht das Recht auf die Krankenhilse erworben. Vgl. Riedel, Armengesetz, Anm 6 zu Art. 11 und Anm. 12a ju Art. 20. 3) Als ordnungsmäßige Anzeige erscheint jede, durch welche die Gemeinde in verlässiger Weise die nothwendige Kenntniß von dem Dienstverhältnisse erlangt. Die wirkliche Entrichtung der schuldigen Krankenkassabeiträge kann demnach der Anzeige-

102

Anhang.

Dagegen ist es gleichgiltig, ob die Dienstboten männlichen oder weiblichen Geschlechtes, Inländer oder Ausländer, ledig oder verheiratet, volljährig oder minder­ jährig, unbemittelt oder vermöglich sind. Ebensowenig kommt es darauf an, ob der schuldige Krankenkassebei­ trag entrichtet wurde oder noch rückständig ist.4) II. Das Recbt auf die bezeichnete Krankenhilfe er­ lischt, wenn der Dienstbote aufhört, in dem Gemeinde­ bezirke in einem Dienste zu stehen/) oder wenn die geleistete Hilfe neunzig Tage gedauert hat.6) erstattung gleich geachtet werden. Jn München erfolgt die Anzeige durch Erholung des sog. Kranken­ hausscheines und Entrichtung des schuldigen Beitrag es in dem einschlägigen magistratischen Bureau. Unterbleibt die vorgeschriebene Anzeige, so erwerben die Dienstboten kein Recht auf die hier erörterte Krankenhilfe; die Dienstgemeinde ist aber gleichwohl nach den allgemeinen Grundsätzen über die öffentliche Armen- und Krankenpflege zur erforderlichen Hilfeleistung verpflichtet. Die Unterlassung der Anzeige ist nichts desto weniger für die Dienstboten von wesent­ licher Bedeutung, da die letzterwähnte Hilfeleistung als Armen­ unterstützung erscheint, deren Empfang nur von wirklich Armen beansprucht werden kann und überdieß verschiedene gesetzliche Nachtheile (z. B. Versagung des weiteren Aufenthaltes u. A. m.) zur Folge hat. Vgl. Armenges. Art. 10 Abs. 2 Ziff. 2 und Art. 11 Abs. 1; Riedel, Anm. 12a zu Art. 20. 4) Vgl. Riedel Armengesetz, Anm. 3a u. 12a zu Art. 20. 5) Die lediglich durch die Krankheit herbeigeführte Unter­ brechung des Dienstverhältnisses kommt nicht in Betracht; auch geht durch einen bloß innerhalb derselben Gemeinde ohne länger dauernde Unterbrechung erfolgten Wechsel des Dienstverhältnisses das Recht nicht verloren, selbst wenn dieser Wechsel bei der Ge­ meinde nicht angezeigt wurde. Vgl. Riedel Anm. 12 c zu Art. 20 des Armengejetzes. fc) Die neunzigtägige Frist beginnt mit dem Momente, in

§ 19.

Krankenhilfe für die Dienstboten.

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Nach Ablauf dieser Frist sind die Gemeinden den Dienstboten nur mehr diejenige Hilfe zu leisten schuldig, welche sie nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften, sowohl den Heimatberechtigten, wie den Fremden im Falle deren Hilfsbedürstigkeit vom Gesichtspunkte der Armenunterstützung aus zu gewähren habend)

III. Der seitens der Gemeinde von den Dienstboten zu erhebende regelmäßige Krankenkassebeitrag darf nicht mehr als höchstens fünfzehn Pfennige wöchentlich betragen?) Derselbe kann nicht nur von auswärts bewelchem die erste Hilfe geleistet wurde, und endigt nach Umfluß von neunzigmal vierundzwanzig Stunden. Die neunzig Tage werden in der Weise gezählt, daß sie sich auf einen einzigen Kranheitsfall beziehen, und daß, wenn mehrere Krankheitsfälle zeitlich auseinanderliegen, bei dem späteren Falle die bei der früheren Erkrankung vorgekommenen Verpflegungstage nicht mit eingerechnet werden. Vgl. Riedel Anm. 12 zu Art. 11 des Armenges. ') Auf diese weitere Hilfe haben sonach nur die wirk­ lich Armen Anspruch, welchen sie als Armenunterstützung (vgl. Anm. 3) gewährt wird. Armenges. Art. IQ Abs. II Zisf. 2 und Art. 12. Vgl. Riedel Anm. 12 d zu Art. 20 des Ges.

k) Landtagsabschied v. 15. April 1875 § 41 (Ges.- u. V.-Bl. S. 333). Die Gemeinden können auch einen geringeren Betrag festsetzen; so werden in München nur zehn Pfennige wöchentlich erhoben. Die Gemeinden können ferner von der Einführung von Krankenkassebeiträgen ganz Umgang nehmen. Die Frage, ob die Dienstboten auch in solchen Gemeinden, in welchen Krankenkasiebeiträge überhaupt mcht eingesührt sind, Anspruch auf die oben erörterte Kranken­ hilfe haben, ist zu bejahen. Vgl. Riedel Anm. 6 b und 12 a zu Art. 20 des Armengesetzes ; Bl. f. A. P. 93b. XXVI S. 129. Die gegenteilige Ansicht, wonach sich das Recht auf neunzig­ tägige Krankenhilse aus die zur Leistung von Krankenkassebei-

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Anhang.

heimateten, sondern auch von denjenigen Dienstboten erhoben werden, welche in der Gemeinde, in welcher sie dienen, heimatberechtigt sind. Die Krankenkasiebeiträge können für je ein Viertel­ jahr voraus erhoben werden; die Dienstherrschaften haften für die richtige Bezahlung derselben.") § 20. Anderweitige Fürsorge und Belohnungen für Dienstboten.

I. Gesetzlich wird eine längere ununterbrochene Dienst­ zeit durch Erleichterung der Heimat- und BürgerrechtsErwerbung belohnt. Personen, welche im Alter der Volljährigkeit un­ unterbrochen während voller 10 Jahre in der Gemeinde als Dienstboten sich ernährt haben und zu einer Frei­ heitsstrafe richterlich nicht verurtheilt worden sind, haben Anspruch auf unentgeltliche Verleihung des Heimat­ rechtes in der Aufenthaltsgemeinde. *) Das Heimat­ recht gewährt aber den weiteren Anspruch auf Verleih­ trägen verpflichteten Dienstboten beschränke, so daß in jenen Gemeinden, in welchen solche Beiträge nicht eingeführt sind, von einem Rechte der Dienstboten auf diese Krankenhilfe keine Rede sein könne, die Dienstboten vielmehr Lediglich befugt seien, unter den allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen von den Gemeinden die erforderliche Krankenhilfe als Armenunter­ stützung nachzusuchen, s. in Bl. f. A. P. Bd. XXIII S. 407. 9) Armenges. Art. 20 Abs. 2. 10) Armenges. Art. 20 Abs. 5. In München ist die quartalsweise Vorauserhebung der Kranken beitrüge eingeführt, und hat daselbst jeder Dienstbote vierteljährlich eine Mark und und dreißig Pfennige zu entrichten. Vgl. Anm. 8. i) Heim.-G. Art. 7 und Art. 11 Abs. 3.

§ 20.

Fürsorge u. Belohnungen für Dienstboten.

105

ung des Bürgerrechtes?) sowie das Recht, sich im Ge­ meindebezirke aufzuhalten und im Falle eintretender Hilfsbedürftigkeit (Arbeitsunfähigkeit, Krankheit, augen­ blicklicher dringenden Noth) entsprechende Unterstützung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu ver­ langen. 3) II. Von Distrikten und Gemeinden, dann aus Stiftungsmitteln werden vielfach Auszeichnungen und Belohnungen den Dienstboten für langjährige treue Dienstleistung gewährt. Was München betrifft, so verleiht der Stadt­ magistrat alljährlich in feierlichem Akte eine Anzahl von Medaillen als Ehrenzeichen an solche Dienstboten, welche zwanzig und mehr Jahre ununterbrochen im Stadtbe­ zirke bei einer und derselben Familie zur Zufriedenheit gedient habend) Von den mancherlei Stiftungen zur Belohnung treuer Dienstboten mag hier noch eine besonders her­ vorgehoben werden. Aus dieser Stiftung werden für treue und anhängliche Dienstboten, welche in einer Münchener Beamten- oder Osfiziersfamilie wenigstens -) Gem.-O. Art. 13 und Art. 23 Abs. 2. J) Heim.-Ges. Art. 13 und Armenges. Art. 10. 4) Bewerber haben ihre desfallsigen Gesuche beiden: StadtMagistrate innerhalb der von diesem jedesmal durch öffentliche Ausschreibung bekannt gegebenen Frist persönlich anzubringen, hierbei ihr Dienstbotenbuch und ein von der k. Polizeidirektion beglaubigtes Zeugniß der Dienstherrschaft zu überreichen, welches die Zeit des Dienstantrittes und die Erklärung der Dienstherr­ schaft enthält, daß Bewerber daselbst während der ganzen Zeit gewohnt, Kost und Lohn erhalten und sich beständig in München aufgehalten hat.

106

Anhang.

achtzehn, beziehungsweise fünfundzwanzig Jahre ununter­ brochen gedient haben, mit dieser Familie einige Zeit von München abwesend waren, zur Zeit der Bewerb­ ung aber wieder bei der nämlichen Familie in München dienen, sodaß sie lediglich wegen dieser theilweisen Ab­ wesenheit keinen Anspruch auf die städtischen Dienst­ boten-Medaillen haben, jährlich silberne und goldene Medaillen verliehen. Der Besitz dieser Medaille gewährt überdieß den Anspruch auf eine lebenslängliche Präbende?) III. Endlich geschieht auch von Vereinen und Corporationen Vieles zur Unterstützung und Belohnung ordentlicher Dienstboten. Der „Landwirthschaftliche Verein in Bayern" belohnt alljährlich bei Gelegenheit des CentralLandwirthschafts- (Oktober-) Festes landwirthschaftliche Dienstboten, welche wenigstens fünfzehn Jahre bei einer und derselben Herrschaft, mit derselben im Familienverbande lebend, Kost und Lohn beziehend, treu ge­ dient und tadellose Aufführung gepflogen haben, durch öffentliche ehrende Erwähnung und Verleihung silberner Lereins-Denkmünzen mit Ehrendiplom. Für eine Dienstzeit von wenigstens dreißig Jahren wird als besondere Auszeichnung die große silberne Pereinsdenkmünze mit Ehrendiplom gewährt. §) 5) „Sabina von Schmitt'jche Stiftung für treue Dienst­ boten." — Die mit der Medaille verbundene Präbende beträgt gegenwärtig ungefähr 216 Mark jährlich. Gesuche um Ver­ leihung einer solchen Medaille sind beim Stadtmagistrate München innerhalb der von diesem alljährlich öffentlich bekannt gegebenen Frist schriftlich oder mündlich anzubringen. () Bewerbungen, welche über das Lebensalter des Dienst-

§ 20.

Fürsorge u. Belohnungen für Dienstboten.

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Was speziell München betrifft, so seien beispielsweise noch folgende Anstalten und Vereine erwähnt:7) 1) Die Marienanstalt, welche den dreifachen Zweck verfolgt, a) junge Mädchen katholischer Confession bis zum Atter von sechzehn Jahren zur Pflege und Er­ ziehung für den Dienstbotenstand aufzunehmen; b) dienstsuchenden Mädchen ohne Unterschied der Confession ständigen Aufenthalt und billige Ver­ pflegung bis zur Erlangung eines Dienstes zu bieten; c) alten, arbeitsunfähigen weiblichen Dienstboten Unterkunft und lebenslängliche Versorgung zu gewähren. 2) Die evangelische Dienstbotenanstalt, welche in ihren beiden Abtheilungen a) als Mägdeherberge aus dem Krankenhause ent­ lassenen, momentan dienstunfähigen, sowie zuge­ reisten dienstsuchenden Mädchen ein zeitweiliges Unterkommen bietet, und b) als Psründeanstalt solchen Dienstboten, welche wegen nachgewiesener Abnahme ihrer Kräfte boten, dessen Dienstzeit bei einer und derselben Familie sowie seine Verwendung in irgend einem Zweige der praktischen Land­ wirthschaft Aufschluß geben und von dem zuständigen Bürger­ meisteramte bestätigt sein müssen, sind bei dem einschlägigen tandwirthschaftlichen Bezirks-Comite anzubringen. T) Es kann hier natürlich nicht der Ort sein, die ganze Ver­ einsthätigkeit auf dem Gebiete des Dienstbotenwesens in's Ein­ zelne zu verfolgen, vielmehr mögen obige Beispiele genügen, um darzuthun, daß ordentliche Dienstboten die mannigfachste Fürsorge finden.

108

Anhang.

nicht mehr im Stande sind zu dienen, ständige Aufnahme gewährt.

3) Der Aussteuerverein für brave Dienst­ mädchen, welcher jährlich Geldprämien an solche Dienstboten verleiht, welche wenigstens drei Jahre im Dienste eines Vereinsmitgliedes gestanden und sich durch Sittlichkeit, Fleiß und Treue die volle Zufriedenheit erworben haben. Die verliehene Prämie wird den damit Be­ dachten nicht sofort, sondern erst im Falle der Verehelichung oder eintretenden Dienstuntaug­ lichkeit ausbezahlt, bis dahin aber mit drei Prozent verzinst.

4) Der St. Vincentius-Verein gewährt nicht nur hilfsbedürftigen Dienstboten Unter­ stützungen, sondern versorgt namentlich auch in seiner Verpflegungsanstalt für alte weibliche Dienstboten („Vincentinum") arme und ge­ brechliche Dienstboten, welche längere Zeit in München gedient haben, aber hier nicht heimat­ berechtigt sind und daher keinen Anspruch auf Versorgung seitens der städtischen Armenpflege haben.ö) h) In der Bildung begriffen ist ferner ein „Dienst­ mädchen-Asylverein", welcher sich die Aufgabe stellt, den durch Leistung geringer Beiträge (zehn Pfennige monatlich) in den Verein aufgenommenen Dienstmädchen im Bedürfnißfalle Unter­ kommen bis zur Erlangung eines Dienstes zu gewähren und unentgeltlich Stellen zu vermitteln. Mit dem Asylvereine soll gleichzeitig eine Heimstätte für alte, arbeitsunfähige Dienstboten verbunden werden.

§ 2J.

Von den Gesindevermiethern.

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§ 21. Von den Gesindevermiethern. Gesindevermiether sind diejenigen Personen, welche gewerbsmäßig durch Nachweisung von Diensten und Zubringung von Dienstboten den Abschluß von Gesindemiethverträgen zwischen Dienstherrschaften und Dienst­ boten vermitteln.

Das Geschäft eines Gesindevermiethers kann von Jedermann betrieben, doch kann es solchen Personen untersagt werden, welche wegen aus Gewinnsucht be­ gangener Vergehen oder Verbrechen gegen das Eigen­ thum oder wegen Vergehen oder Verbrechen wider die Siittlichkeit bestraft worden sind.!) Von der Eröffnung des Gewerbetriebes ist bei Be­ ginn desselben nicht nur die für jeden stehenden Ge­ werbetrieb vorgeschriebene allgemeine Anzeige bei der Gemeindebehörde/) sondern auch noch eine besondere Anzeige bei der Distriktsverwaltungsbehörde des Wohn­ ortes, in Münch en bei derk. Polizeidirektion, zu erstatten.3) Im Uebrigen gelten bezüglich der polizeilichen Controle über den Umfang und die Art dieses Geschäfts­ betriebes, dann bezüglich der Verpflichtung zur Buch­ führung folgende Bestimmungen: *) 1) Gew.-O. § 1 u. § 35 Abs. 3. 2) Gew.-O. § 14. -) (Kew. O. § 35 Abs. 4. Vollz-Verord. § XII. Diese Behörden sind auch zur Untersagung des Geschäftsbetriebes zu­ ständig. *) M -E. v. 28. Juli 1879 (Ges.- u. V.-Bl. S. 707.)

110

Anhang.

1. Jede Person, welche das Geschäft eines Gesindevenniethers betreibt, ist zur ordnungsmäßigen Führung eines Geschäftsbuches verpflichtet. 2. Das Geschäftsbuch muß dauerhaft gebunden, im Rücken mit einem starken Faden durchzogen lmd mit fortlaufenden Seitenzahlen versehen sein. Das Buch muß, bevor es in Gebrauch kommt, der Distriktspolizeibehörde des Wohnortes des Gesindever­ miethers, in München der k. Polizeidirektion, vorgelegt werden. Findet diese den Einband und die Seitenzahl in Ordnung, so genehmigt sie die Verwendung des Buches, indem sie zugleich auf der ersten Seite desselben die Anzahl der Seiten bemerkt und die beiden Enden des Fadens mittelst des amtlichen Siegels befestigt. Das Herausnehmen oder Zusammenkleben von Blättern, sowie das Einhesten neuer Blätter ist untersagt. 3. In dieses Buch ist jeder Fall, in welchem von einer dienstsuchenden Person oder von einer Dienst­ herrschaft die Vermittelung des Gesindevermiethers in Anspruch genommen wird, wahrheitsgetreu einzutragen. Der Eintrag muß in tabellarischer Form folgende Rubriken enthalten: a) fortlaufende Nummer; b) Zeit der Anmeldung; c) Name, Stand und Wohnung des Kunden; d) Bezeichnung der gesuchten Stelle oder Person; e) Betrag der erhobenen Gebühren; f) Bezeichnung der vermittelten Person oder Stelle; g) Bemerkungen. Die Rubriken a—d sind alsbald bei der Inanspruch­ nahme des Gesindevermiethers auszusüllen; während der

§ 21.

Von den Gefindevermiethern.

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Eintrag in die Rubrik e bei der Erhebung der Gebühren zu geschehen hat. Werden von einem Dienstboten Le­ gitimationspapiere rc. bei dem Gesindeverdinger hinter­ legt, so ist dies sofort in der Rubrik „Bemerkungen" unter genauer Bezeichnung der betreffenden Papiere vorzumerken. 4. Die Einträge in das Buch müssen gut leserlich, in deutscher Sprache und mit Tinte geschrieben sein. Der ursprüngliche Inhalt darf nicht durchstrichen oder auf andere Weise unleserlich gemacht, es darf nicht radirt und es dürfen keine solchen Aenderungen vorge­ nommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiß läßt, ob sie bei der ursprünglichen Eintragung oder erst später gemacht worden sind. Ohne Erlaubniß der Distriktspolizeibehörde dürfen die Geschäftsbücher der Gesindevermiether weder ganz noch theilweise vernichtet werden. 5. Jeder Gesindevermiether hat einen Gebührentarif aufzustellen, welcher in deutlicher und erschöpfender Weise angeben muß, für welche Leistungen, von wem und in welcher Höhe Gebühren erhoben werden. Der Gebührentarif ist bei der Distriktspolizeibehörde, in München hei der k. Polizeidirektion, in zwei gleich­ lautenden Exemplaren einzureichen, von denen das eine im Besitze der Behörde bleibt, während das andere von letzterer gestempelt dem Gesindevermiether zurückgegeben und von diesem in seinem Geschästslokal an einer leicht in die Augen fallenden Stelle anzuschlagen oder aufzu­ hängen ist. In gleicher Weise ist im Falle einer Aenderung der Gebühren zu verfahren.

112

Anhang.

Die in dem ausgehängten Gebührentarife bestimmten Sätze dürfen nicht überschritten werden. 6. Die Wahl, sowie die Aenderung des Geschäfts­ lokals sind der Distriktspolizeibehörde, in München der k. Polizeidirektion, anzuzeigen. 7. Jeder Gesindevermiether ist verpflichtet, die Po­ lizeibehörden und deren Vollzugsorgane jederzeit in seine Geschäftsräume einzulassen, denselben die von ihm ge­ führten Bücher, sowie die in seiner Bewahrung befind­ lichen Legitimations-Papiere und Zeugnisse der dienst­ suchenden Personen vorzuzeigen, und ihnen auf Ver­ langen Auskunft über seine Geschäftsführung zu ertheilen. Die Ortspolizeibehörden können außerdem den Ge­ schäftsbetrieb der Gesindevermiether noch besonders durch ortspolizeiliche Vorschriften regeln.5)

P.-St.-G.-B. Art. 153.

Alphabetisches Register. (Tie Ziffern bedeuten die Seitenzahl, die eingeklammerten

Ziffern beziehen sich auf die Anmerkungen).

A. Ablauf der Zeit 53, 59. Abzüge am Lohn 39. Altersversorgungen s. Belohn­ ungen. Ammen 8 (8). Amtsgerichte 2, 84 ff. Antrag auf Diensteinschaffung 25, 78 ff., 93 ff. — s. auch Strafantrag, Vertragsantrag. Anzeige der Dienstboten 3,62, 63, 64 (3), 76, 92, 98, 101 (3). ' — strafbarer Handlungen 32 (24), 68, 90. Arbeitshaus 78, 93.

Arbeitsverweigerung 27, 69. Arbeitszeugniste 48 (44). Armenrecht 88 ff. Aufbewahrung der Dienstboten­ bücher 66. Aufenthaltsverböt s. Aus­ weisung. Auslösung des Dienstverhält­ nisses s. Dienstverhältniß. Aufnahme in den Dienst 35. Aufsicht auf das Dienstboten­ wesen 2, 96 (13). Ausstellung von Dienstzeug­ nissen s. Dienstzeugnisse. — von Dienstbotenbüchern s. Dienstbotenbücher. Aussteuerverein für Dienst­ boten 108. Ausweisung 78, 81, 82, 93.

114

Alphabetisches Register.

j Dienstboten, s. auch Anzeige, I Belohnungen, Krankenhilfe, Pflichten, Strafen. Bedrnkfrist 14. Dienstbotenanstalten 107, 108. Bedingungen 13, 16, 60. Behandlung der Dienstboten. Dienstbotenbücher 3, 47, 63 ff. 43, 44, 57, 58. 98 ff. Beherbergung von Fremden Dienstbotenbureau s. Gesinde29, 70. vermiether. Beleidigung 28, 49. Dienstbotenmedaillen 105, 106. Belohnungen für ordentliche Dienstbotenordnungen 1. Dienstboten 104 ff. Dienstbotenwesen 1. Brluch von Wirthshäusern und Diensteinschaffunq25, 26,78 ff., Tanzmusiken 30, 44, 69, 93 ff. 74, 80. Diensteintritt 17, 25, 41, 65, — der Schule und des Reli­ 69, 78, 101. gionsunterrichtes 30 ff., 45, Dienstentlassung 28 ff., 35, 46, 75, 82. 43, 57, 58, *79 (6). Betrug 17, 23 (8), 58. ! Dienstentlaufen 26, 69, 78. Bosheit 22, 28. ! Dienstherrschaften, Begriff 7. i — s. auch Pflichten, Strafen. ! Dienstverhältniß, Begriff und C. ! rechtliche Natur 5 ff. i — Entstehung s. GesindemiethCivilrechtssachen 2, 83. vertrag. | — Beendigung 41 ff., 51 ff. i — einseitige Auflösung 56 ff. i — Erneuerung 59 ff. D. i Dienstvertrag s. Gesindemiethvertrag. Dsrangeld 12 (6), 19 ff., 52. . Diebstahl an der Dienstherr- ! Dienstzeit, bestimmte — unbe­ stimmte 16, 40, 60, schast 23 (7), 72. ' Dienstaustritt 17, 41 ff., 47, j — gesetzliche 17 ff. — monatweise 18. 62, 76, 98. — probeweise 21 (2). Dienstboten, Begriff 7 ff. — landwirthfchaftliche 18, 26, DienstMgnisse 47 ff., 62 (1), 70, 106. 95 (13). — schulpflichtige 30 ff. 44, 45. — fliegende 47 (43), 48,64(3).

B.

115

Alphabetisches Register.

Dienstzeugnisse ungerechte und | Fahrläfstgkeit 22, 27, s. auch verweigerte 49, 73, 92, 95 ff. Schadenersatz. Dingen s. Gesindemiethvertrag. Feiertage 27, 69. — eines bereits anderweitig — abgeschaffte 27, 69. verdungenen Dienstboten 12, I Festnahme s. vorläufige Fest­

74. Dinggeld s. Darangeld. Distriktspolizeiliche Vorschriften 62, 76. Domestiken 6 (3) st auch Dienst­ boten.

E. Ehefrauen 11, 38. Ehehalten 7 (6), s. auch Dienst­ boten. Einschaffung in das Arbeits­ haus 10 (1), 78, 93. — in den Dienst s. Dienst­ einschaffung. — in das Krankenhaus s. Krankheiten. Ein st eh en s. Diensteintritt. Entlaufen s. Dienstentlaufen. Entschädigung s. Schadenersatz. Erben der Dienstboten und Dienstherrschaften 38, 52, 53. Erneuenlng des Dienstverhält­ nisses 59 ff. Erntezeit 26, 27 (11), 70. Evangelische Dienstbotenanstalt 107.

FFälschung der Dienstbotenbücher 66, 71.

nahme.

G. Gemeinschaft s. häusliche Ge» meinschaft. Gerichtsstand 84, 90. Geschenke 43. Gesellen s. Gewerbsgehilfen. Gesinde 7 (6) f. auch Dienst­ boten. Gesindemiethvertrag , Begriff 5 ff. — Abschluß 13 ff. — Abschluß unter Abwesenden 14 ff. — Vertragsantrag 14. — Bedenkfrist 14. — Unsittliche Bedingungen 13, 74. — Rücktritt 14, 15, 21. — Wirkungen 21 ff. — Abänderung 60. — Aushebung 51, 52, 60. — Wiedererneuerung 59 ff. — s. auch Dienstverhältniß, Streitigkeiten. Gesindevermiether 109 ff. Gemerbsgehilfen 9 (10).

H Häftlgeld s. Darangeld. Häusliche Gemeinschaft 6.

116

Alphabetisches Register.

Handgeld s. Darangeld. Hausmeister 8 (8). Hausordnung 28. Hrimatsrecht 104. Herumtreiben in Wirthshäusern 29, 80.

I. Irrthum 17, 23 (8), 58.

K. Klagen 84 ff. — auf Auflösung des Dienstverhältniffes 57 (2), 58 (4), 59. Kost 6, 7, 22, 35 ff. Krankenhausbeiträge 101,103. Krankenhilse 101 ff. Krankheiten der Dienstboten 30, 42 (27), 71, 80, 93. Kündigung 17 (16), 18, 33, 34, 46, 47, 53 ff. 69. — verspätete 54, 56.

L. Landwirth schaftliche Dienst­ boten s. Dienstboten. Landwirtschaftlicher Verein 106. Lebenswandel der Dienstboten 29. Lehrlinge 9. Livrecdienerschaft 18. Lohn 9, 22, 37 ff., 53, 55.

M. Marienanstalt 107. Medaillen s. Dienftbotenmedaillen.

O. Drtspolizeiliche 62, 76.

Vorschriften

P. Pflichten der Dienstboten 24 ff. — der Dienstherrschaften 30 (18), 34 ff., 62, 64 (3). Psründ erstattens. Dienstboten­ anstalten. Präbenden s. Belohnungen. Prämien s. Belohnungen. Privatrechtssachen s. Civilrechtssachen. Prozeh s. Klagen, Streitig­ keiten. Prozehfähigkeiten 85 (9).

R. Nechtfertigungsgrund für die Dienstentlassung 35 (2), 57, 58. — für das Verlassen des Dienstes 26 (1), 57, 58, 69 (6), 94. — s. auch Diensteinschaffung, Dienstentlaffung.

Alphabetisches Register.

S. Schadensersatz 15, 22, 28, 35, 43, 49, 53, 57 (2), 58, 84. Schäfer 7 (4). Scheindienst 13, 74. Schlafstelle s. Wohnung. Schlenkelweil 25 (1). Schöffengerichte 2, 90. Schulbehörden 31, 32, 33 (25), 45 (35), 46 (36). Schulpflicht 30 (21). Schulversäumniffe 30, 31 (23), 33, 45, 46, 75. Strafantrag 25, 26, 68,90,91. Strafen 12, 25 ff., 44, 46, 68 ff. Strafverfahren 90 ff. Sühneversuch 87.

T. Laglöhner landwirthschaftliche 27, 70, 78. Tanzmusiken 30, 44, 74. Tod des Dienstboten 38, 52. — der Dienstherrschaft 38, 53.

u. Überwachung der Dienstboten 44. Unbotmästigkeit 27,28 (13), 69. Ungehorsam 27, 26 (13), 69. Ungeschicklichkeit 23 (5), 27; s. auch Schadensersatz. UnfittlicheBertragsbedingungen 13, 74.

117

Unstttlichkeit derDienstboten57. Unterkommensaufträge 77, 93. UnterstützungordentlicherDienstboten 104 ff.

B. Verdingen s. Gesindemiethvertrag. — an mehrere Dienstherr­ schäften zugleich 12, 20 (5), 25, 73 Vereine 106 ff. Verfahren 83 ff. Verheimlichung ansteckender Krankheiten 12,30,71,80,93. Verköstigung s. Kost, verlaffen der Behausung zur Nachtzeit 29, 70, 80. — des Dienstes s. Dienstent­ laufen. Vermittlungsamt s. Sühne­ versuch. V ertra gsantrag s. Gesindemiethvertrag. Verwarnung durch die Schul­ behörden 31,45, 75, 76 (21). Verweigerung des Dienstzeugniffes 50, 73, 92, 95 ff. Verwendung schulpflichtiger Dienstboten 45(35), 46,73. Vincentius-Verein 108. Vorführung s. Diensteinschaffung. — in di- Schule 33, 82. Vorläufige Festnahme 29,80,95. Vormünder 11, 38.

118

Alphabetisches Register. W.

Widerspenstigkeit 28, 69. Wirthshausbesuch 30, 44, 69, 74. Wohnung 6, 35, 36. Wortwechsel 28 (13), 51 (2).

Z. Zahlung s. Lohn.

Zeugnißverweigerung s. Dienst­ zeugniß. Ziele 18, 40, 41(23), 42, 54, 55, 60, 61. Züchtigungsrecht 28 (13). Zuständigkeit gerichtliche 83 ff. — administrative 92 ff. Zwang 17, 58. — zum Dienen 10 (1), 78 (2). Zwangsmaßregeln 3, 25, 26, 29, 30, 77 ff., 93 ff.

Verlag von Ernst Stahl in München. Allgemeine Bauordnung für das

Königreich Mayern. Vom 30. August 1877.

8°.

Mit einem Sachregister.

Preis 60 A

nach dem

Hinführuvgsgcsetze für Mayern vom 12. Juni 1872. Gesetzestext mit Anmerkungen besonders für Bayern. Mit der Vollzugsverordnung vom Jahre 1872 und den Abänderungs­ gesetzen von den Jahren 1876, 1878 u. 1879, nebst Gesetz vom 10. März 1879 über die Besteuerung des Gewerbe­ triebes im Umherziehen und mit einer Uebersicht sämmtlicher Ergänzungsgesetze und Vollzugsvorschriften.

Cart.

1 X 10

Die

Kemrbs- und ficherheitspoliMichen Krstimmunge« für Wirthe. Zufammengestellt von I. Stürminger, etotionStoiumanbant in der königl. baycr. Gendarmeric.

Cart. 60 3.

Uerlag von Ernst Stahl in München. Lörvenfeld, Hh., die selbstständige actio de in rem verso. Eine cwilrechtliche Abhandlung,

1 Jl. 50 $ oder die Verbind­ lichkeit der baulichen Erhaltung und Wiederherstellung der Cultusgebäude. Aus den Quellen der gemeinen canonischen und bayerischen Partikularrechts dargestellt. 2. Aufl. gr. 8°. 2 80 gr. 8°.

^ermaneder, W., die kirchliche Baulast

Stockheim, Dr. Kkvert, das deutsche Reichsgesetz über Markenschutz vom 30. November 1874, nebst den Voll* 1 Eine Samm­ lung aller das Pflegschaftswesen im Königreiche Bayern betreffenden Gesetze, Verordnungen, Ministerialverordnungen, KreisauHschreibungen, Erkenntnisse und Erörter­ ungen, mit Geschäftsformularien und erläuternden Noten nebst einer Anleitung zur Anfertigung und Revision von Vormundschastsrechnungen, sammt system., chronolog. und alphabetischen Registern, gr. 8°. 9 60 ------ die Antragsdelikte des deutschen Strafrechts. Eine rechtswissenschaftliche Abhandlung, gr. 8°. I. Bd. 8