Das deutsche Staatsrecht, Band 2: Das Verwaltungsrecht einschließlich des äußeren Staats-, des Militär- und Seerechtes [2., völlig neu bearb. Aufl. Reprint 2020] 9783111530284, 9783111162218


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German Pages 1009 [1012] Year 1897

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Vorwort zur zweiten Auflage
Inhaltsverzeichnis
Achtes Buch. Das Gewerbewesen
§. 23. Die Prinzipien des deutschen Gewerberechtes und die Rechtsquellen
§. 24. Der stehende Gewerbebetrieb
§. 25. Gewerbliche Arbeiter
§. 26. Innungen
§. 27. Wandergewerbe und Marktverkehr
§. 28. Die Durchführung der Gewerbeordnung
§. 29. Die Arbeiterversicherung
Neunte Buch. Das Verkehrswesen
§. 30. Das Post- und Telegraphenwesen
§. 31. Das Eisenbahnwesen
§. 32. Das Maß- und Gewichtswesen
§. 33. Das Münzwesen
§. 34. Das Dank- und Börsenwesen
Zehntes Buch. Die auswärtige Verwaltung
§. 35. Das Gesandtschastsrecht
§. 36. Das Konsularrecht
Elftes Buch. Das Reichsmilitärecht
§. 37. Die prinzipiellen Grundlagen
§. 38. Die deutsche Heeres- und Marineorganisation
§. 39. Der persönliche Militärdienst Kraft Gesetzes
§. 40. Der persönliche Militärdienst Kraft freiwillig übernommener Dienstpflicht
§. 41. Die persönlichen Sonderrechte der Militärpersonen des Friedensstandes
§. 42. Das Militärpenfions- und Versorgungswesen
§. 43. Die sachlichen Militärlasten
Zwölftes Buch. Das Reichsfinanzrecht
§. 44. Das System des Reichsfinanzrecht
§. 45. Das Reichsvermögen
§. 46. Die Gebühren
8. 47. Die Zölle
§. 48. Die Verbrauchssteuern
§. 49. Die Reichsstempelfteuren
§. 50. Die Reichsschulden
Dreizehntes Buch. Was Seerecht in Friedenszeiten
§. 51. Prinzipielle Erörterung und Rechtsquellen
§. 52. Die Schiffsgewalt
§. 53. Die Rechtsverhältnisse der Schiffe
§. 54. Die persönlichen Rechtsverhältnisse der Seefahrer
Nachträge und Berichtigungen
Sachregister
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Das deutsche Staatsrecht, Band 2: Das Verwaltungsrecht einschließlich des äußeren Staats-, des Militär- und Seerechtes [2., völlig neu bearb. Aufl. Reprint 2020]
 9783111530284, 9783111162218

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I. Guttentsg» Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. A W ilhelmstraße 119/120.

Gutlrntsg'schr Sammlung von

Lehrbüchern des Deutsche» Reichsrechtes. Dee Reichs - Oiuilproxeß. Dr. Hermann Fitting.

Von Geh. Justizrath und Professor Achte Auflage. Brosch. 8 M., geb. 9 M.

Der Reichs - Strafprozeß.

Auf der Grundlage des Werkes von Professor Dr. Iochorv neu bearbeitet von Landgerichtsrath A. Hellweg. Vierte Auflage. Brosch. 4 M. 50 Pf., geb. 5 M.

Das Reichs - Konkursreckt

und Konkursverfahren. Von Dr. Hermann Fitting, Professor der Rechte in Halle. Zweite unver­ änderte Auflaae. Brosch. 5 M. 50 Pf., geb. 6 M.

Das Deutsche Handelsrecht.

Ein kurzgefaßtes Lehrbuch des im Deutschen Reiche geltenden Handels-, Wechsel- und Seerechts. Dargestellt von Geh. Justizrath Professor Dr. Carl Garels. Fünfte Aussage. Brosch. 9 M., geb. 10 M.

Das Staatsrecht des Deutschen Meiches.

Von Geh. Justizrath,

ord. Professor Dr. Philipp Iorn.

Erster Band: Verfassungsrecht. Zweite, völlig um­ gearbeitete Aussage. Brosch. 8 M., geb. 9 M. Zweiter Band: Verwaltungsrecht, einschließlich des äußeren Staats-, des Militär- und Seerechts. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. Brosch. 10 M., geb. 11 M.

Das Deutsche Keichs - Preßrecht

unter Berücksichtigung der Litteratur und der Rechtsprechung systematisch dargestellt von Professor Dr. Franz v. Liszt. Geb. 4 M.

I. Guttenrag, Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. A Wilhelmstraße 119/120.

Neufassung des Deutschen Reiches.

Mit Einleitung und Kommentar von Dr. Adolf Arndt, Ober-Bergrat und Professor der Rechte an der Universität Halle a. S. 8°, kartonnirt. 3 M.

Neufassung des Deutschen Reiches.

(Gegeben Berlin, den 16. April 1871.) Text-Ausgabe mit Ergänzungen, Anmerkungen und Sachregister von Dr. L. v. Rönne. Siebente, neu be­ arbeitete Auslage von Paul tk Rönne, Regierungs - Assessor. Taschenformat, kartonnirt. 1 M. 40 Pf.

Das Reichsgesetz Lder die Gurueudung und den Verlust deu Reichs- und Klaatsangehouigkeit n. 1. Juni 1870. Erläutert mit Benutzung amtlicher Quellen und unter ver­ gleichender Berücksichtigung der ausländischen Gesetzgebung von Dr. Wilhelm Cahn, Kaiser!. Legationsrath im Auswärtigen Amt. Zweite vermehrte Auflage. 12 M., geb. 13 M.

Das Reichsdeamtengesetz vom 31. März 1873 und seine Er­ gänzungen erläutert von I. Pieper, Geh. Ober-Regierungsrath und vortragender Rath in der Oberrechnungskammer. Taschen­ format, kartonnirt. 3 M. 30 Pf.

Minoritatenuertretung und Vvoportionalinahlen.

Ein Überblick über deren Systeme, Verbreitung und Begründung von Dr. Heinrich Rofin, ord. Professor an der Universität Frei­ bürg i. Br. 8°. 1 M-

Das Uerordnungsrecht des Deutschen Reichs auf der Grundlage des Preußischen und unter Berücksichtigung des fremd­ ländischen Verordnungsrechts systematisch dargestellt von Dr. Adolf Arndt, gr. 8°. 6 M.

Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat, nebst Ergänzungs- u. Ausführungsgesetzen. Mit Einleitung, Kommentar und Sachregister von Dr. Adolf Arndt. Dritte vermehrte und verbesserte Auflage. Taschenformat, kartonnirt. 2 M. 25 Pf.

Guttentag'sche Sammlung von

Lehrbücher« des Jeutschen Reichsrechtes.

Das

Deutsche Staatsrecht. Von

Dr. Philipp Zorn.

ii. Zweite völlig nm bearbeitete Auslage.

Berlin SW. D-

Wilhelmstraße 119/120.

I. Guttentag, Berlagsbuchhan-l««g^ 1897.

Das Staatsrecht des

Deutschen Reiches. Von

Dr. PMipp Jörn, ord. Professor der Rechte zu Königsberg, Geh. Justizrat.

Zweiter Band:

Da» U-i-Walt««gsv-cht, einschließlich

des «wßerxw Staats-, des Miittar- «ad Seevechtes.

Zweite völlig «en bearbeitete Auflage.

Berlin SW.g* Wilhelmstraße 119/120.

3. S«tte«tag, Berlagsbi»chha«dlrr«g. 1897.

Vorwort zur zweiten Auflage. Eon dm Materim des zweitm Bandes habm die das Verkehrswesen betreffendm Abschnitte eine wesent-

liche Veränderung nicht erfahren; weder die Gesetzgebung noch die Litteratur bot hier zu eingreifmdm Neugestal­

tungen Anlaß.

Nur zu §. 34 (Bankwesen) waren die be-

deutsamen gesetzgeberischen Versuche einer staatlichm Regu­

lierung von Börse und Börsenhandel (Börsmgesetz v. 22. Juni 1896) dem System des Verwaltungsrechtes

einzufügm; die nmestms ergangenen Vollzugsverordnungen

des Bundesrates sind noch in den Nachträgen berück­ sichtigt. — Auch bezüglich der Auswärtigen Verwal­

tung war kein Anlaß zu erheblichm Veränderungen.*1 —

Im Reichsfinanzrecht waren, nebm zahlreichen Ver­ änderungen durch die Gesetzgebung im Einzelnen, erhebliche Umarbeitungen

infolge

großer

neuer

Gesetzgebungswerke

erforderlich in dm Abschnitten über die Branntwein­ steuer, Rübenzuckersteuer, sowie den Stempel auf Wertpapiere

(sogenannte

Börs en steuer).



Vom

Militärrecht find die dm Oberbefehl des Kaisers 1 Eine völlige Umgestaltung werden demnächst, frühestens i. I. 1899, die Verhältnisse in Japan finden; die jüngst publizierten Verträge find ebenfalls noch in den Nachttägm berücksichtigt.

vni

Vorwort.

in Krieg und Frieden betreffenden Rechtssätze dem Ab­

schnitte vom

Kaisertum

im. I. Band aus prinzipiellen

Gründen eingefügt: in ihnen liegt geradezu der Schwerpunkt

des deutschen

Im übrigm bot auch das

Kaisertumes.

Militärrecht zu zahlreichen Veränderungen und Ergänzungen, sowie zu einer systematischeren Gliederung des Stoffes, aber nicht zu einer Umarbeitung im Großen Anlaß. — Auch

für das Seerecht enthielt die Gesetzgebung seit Erscheinen

der ersten Auflage zwar Veränderungen im Einzelnen, aber keine grundsätzlichen Neugestaltungen.

Gleichwohl mußte

dieser Abschnitt eine Umarbeitung erfahren. Das deutsche Privatseerecht ist im Rahmen des Handelsrechtes mehrfach wiffenschaftlich bearbeitet;

das

Staatsseerecht da­

gegen ist von der deutschen Rechtswissenschaft

völlig

vernachlässigt;

wissenschaftliche Werke, die

auf der Höhe der französischen stünden, haben wir für

diesen hochintereffanten Stoff nicht, so

dankbar auch die

beiden Werke von Perels anzuerkmnen find.

Auch die

großm Lehr- und Handbücher des Reichsstaatsrechtes werden Die im Folgmdm versuchte

dem Stoffe nicht gerecht.

systematische

Darstellung

des

deutschen Staatsseerechtes

geht von zwei grundsätzlichen Punkten aus:

1. daß es

juristisch den von Perels der Darstellung zu Grunde ge­ legten

Gegensatz

von

internationalem

und

deutschem Staatsseerecht nicht giebt; nur auf dieser Grundlage ergiebt fich die richtige juristische Wür­

digung

der

hochinteressantm

Staatsverträge

über

die

Fischerei in der Nordsee, den Schutz derinternationalen Telegraphenkabel, sowie besonders der Brüsseler Antisklavereiakte: 2. daß die Schiffs-

IX

Borwort.

gemalt auch des Schiffsführers als Staats­ gewalt konstruiert werden muß,

wodurch allein

die dem Schiffsführer zur Ausübung auf hoher See über-

tragenen Staatshoheitsrechte eine genügmde juristische Er­

klärung finden können.

Die bunte Zusammenwürfelung

von staatsrechtlichen und privatrechtlichen Bestimmungen in

der Seemannsordnung erschwert die theoretische Dar­ stellung sehr und hat sich, wie es scheint, auch in der Praxis

als

erwiesen. —

bedenklich

Gewerbewesen

Endlich

mußte das

infolge der fortgesetzten Revision der

Gewerbeordnung durch

Novellen

einer vollständigen und

bei dem Stande der Gesetzgebung recht schwierigen Um­

arbeitung unterworfen werden.

Die Novelle v. 6. Aug.

1896, das sog. Depotgesetz v. 5. Juli 1896 und das Ges. v. 27. Mai 1896 über den unlauteren Wett­

bewerb find noch in die Darstellung eingearbeitet. über die

großen Gesetzgebungswelle

Die

„Versicherung",

vielmehr: staatlich geregelte Fürsorge für die „Arbeiter", welche über den Rahmen des Gewerberechtes

weit hinausreichen, sind der Darstellung des Gewerberechtes

Die bedeutende und auch für den

anhangsweise angefügt. Stoff

des

Gewerberechtes

überaus

wertvolle

Recht­

sprechung des preußischen Oberverwaltungs­

gerichtes

Der

ist

daickbar

gewerberechtliche

in

Stoff

der hat

Darstellung

quantitativ

verwertet.

einen

viel

größeren Umfang und auch qualitativ eine in vielen Punkten neue gesetzliche Gestalt angenommm, ohne daß ein gesetz­ geberischer

Abschluß

erreicht

wäre;

die

wissenschaftliche

Arbeit hat infolgedessen bei dem verworrenen Stoffe mit kaum überwindlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. —

X

Vorwort. Das nach Beginn des Druckes

rungsgesetz

ergangene

Einfüh­

zum Bürgerlichen Gesetzbuch, das

eine größere Anzahl von dm Stoff betreffenden

Einzel-

vorschriften enthält, ist, nebst einigen anderen während des Druckes

getroffenen

gesetzgeberischen

Maßnahmen,

sowie

einigen Berichtigungen (speziell zum Börsengesetz) in dm

„Nachträgen" im Zusammenhänge behandelt. Königsberg, Weihnachtm 1896.

Inhaltsverzeichnis.

Seite

Achtes Buch: Aas Heweröewesen Die Prinzipien des deutschen Sewerberechts NechtsqueUen vom 21. Juni 1869 1. I.und Diedie Gewerbeordnung n. Reichs- und Landesrecht 5. HI. Gewerbefreiheit und Monopolrecht des Urhebers 11. IV. Der Be­ griff Gewerbe 28.

1—241

§. 23.

1—36

§. 24.

36—73

§. 25.

74-116

Der stehende Gewerbebetrieb I. Selbständiger Gewerbebetrieb 36. DL Gesetz­ liche Beschränkungen 38. DDE. Gewerbliche Stell­ vertreter 70. IV. Gewerbebetrieb außerhalb des Niederlassungsortes 71. V. Handelsreisende 72.

Gewerbliche Arbeiter I. Allgemeines 74. II. Sonntagsruhe und Lohn­ zahlung 77. III. Fabrikarbeiter 82. IV. Weibliche

und jugendliche Arbeiter 87. V. Normalarbeitstag 99. VI. Arbeiterschutz 100. VII. Fabrikinspektion 103. VIII. Betriebsbeamte, Werkmeister, Techniker 104. IX. Lehrlinge 105. X. Auflösung des Ar­ beitsvertrags 110. XL Gewerbliche Hilfskassen 113. XII. Besondere Vorschriften 114. Innungen . . .................................................... 117—140 I. Begriff 117. II. Autonomie 120. III. Ver­ fassung 123. IV. Aufgabe 135.

§. 26.

XII

Inhaltsverzeichnis.

Seite Wandergewerbe und Marklverkehr 140—156 A. Wandergewerbe 140—152. I. Umfang 140. II. Wandergewerbeschein 141. IDE. Verbote 144. IV. Kinder 148. V. Sonntagsruhe 149. VI. Aus­ länder 149. VII. Eintritt in fremde Wohnungen 150. VTU. Musikaufführungen u. dgl. 150. IX. Der sog. ambulante Gewerbebetrieb 151. X. Zurücknahme des Wandergewerbescheins 152. B. Marktverkehr 158-156.

§. 27.

Ate Durchführung der Gewerbeordnung. . . 156—178 I. Strafvorschriften 156. II. Verwaltungszwang und Verwaltungsstreitverfahren 159. III. Fabrik­ inspektion 161. IV. Gewerbegerichte 161. V. Un­ lauterer Wettbewerb 167. VI. Verlust des Rechtes zum Gewerbebetrieb 173.

§. 28.

§. 29.

Die Arbetternerficherung 179—241 I. Allgemeines 179. TL Krankenversicherung 193. HL Unfallversicherung 204. IV. Jnvaliditäts- und Altersversicherung 228.

Neuntes Buch: Aas Verkehrswesen

242—409

Das Post- und Telegraphenwesen 242—291 I. Rechtsquellen 242. II. Organisation 252. HL Das materielle Recht 255. IV. Postverwaltung und Arbeiterversicherung 291.

§. 30.

Das Eisenbahnwesen 292—316 I. Rechtsquellen und Organisation 292. IL Das materielle Recht 298. III. Reichseisenbahnen 311.

§. 31.

§. 32.

Das Maß- und Gewichlswesen I. Rechtsquellen und Organisation 316. materielle Recht 320.

316—328

H. Das

Das Münzwesen 328—347 I. Rechts quellen und Organisation 328. II. Das deutsche Münzrecht 330. IU. Papiergeld 344.

§. 33.

Inhaltsverzeichnis.

XTTT Seite

Das Dank- und Vörsenwesen 347—409 I. Prinzipielle Erörterung und Rechtsquellen 347. II. Die Staatsaufsicht über das Notengeschäft 351. HI. Die Reichsbank 364. IV. Die Börse 380. V. Die Rechtskontrolle des Depotgeschästes 409.

§. 34.

Zehntes Buch: Aie auswärtige Verwaltung

. . 410-515

§. 35.

Das Gesandtschastsrecht 410—444 I. Begriff und Quellen 410. II. Die Organi­ sation des diplomatischen Dienstes 421. III. Das diplomatische Amt 433.

Das Ronsularrecht 444—515 I. Begriff und Quellen 444. II. Die Organi­ sation des Konsulardienstes 453. HI. Das konsu­ larische Amt 461. IV. Die konsularischen Funk­ tionen 466. V. Die Konsulargerichtsbarkeit 486. VI. Das Gebührenwesen 513.

§. 36.

Elftes Buch: Aas AeichsmiMarrecht

516-677

Die prinzipiellen Grundlagen 516—548 I. Das positive Rechtsmaterial 516. TL Das Reichsheer 531. UI. Die Friedenspräsenzstärke 582. IV. Der Militäretat 541.

§. 37.

Die deutsche Heeres- und Marineorganisation 543—565 A. Das Heer 544. I. Das stehende Heer 544. IL Die Landwehr 548. B. Der Landsturm 550. C. Die Festungen und Kriegshäfen 551. D. Die Marine 554. E. Die Militärverwaltung 557. F. Die Militärgerichtsbarkeit 563.

§. 38.

§. 39.

Der persönliche Militärdienst Kraft Gesetzes 565-606 I. Die Wehrpflicht 566. H. Die Militärpflicht 569. III. Die Dienstpflicht 582. A. im stehenden Heer 683. B. in der Landwehr 595. C. im Landsturm 597. D. der Einjahrig-Freiwilligen 598. E. Die Kontrolle 604.

XIV

Inhaltsverzeichnis.

Sette §. 40.

Der persönliche Militärdienst Kraft freiwillig

übernommener Dienstpflicht 606—621 I. Der Offiziersdienst 607. II. Die Kapitulanten 616. III. Die Militär-(Marine-)Beamten 618.

Die persönlichen Sonderrechte der Militär­ personen des Friedensstandes 621—629 I. In Hinsicht des Strafrechts und Strafprozesses 621. II. In Hinsicht des bürgerlichen Rechtes 622. III. In Hinsicht des Staats- und

§. 41.

Verwaltungsrechtes 628.

Das Milttärpenstons- und Versorgnngsmefen 629—649 I. Der Offiziere und Beamten 630. DL Der unteren Militärpersonen 637. III. Gemeinsame Vorschriften 646.

§. 42.

§. 43.

Die sachlichen Militärlasten 649—677 L Friedensleistungen 650. DL Kriegsleistungen 658. IDE. Die sogenannten Rayonbeschränkungen 668.

Zwölftes Buch: Jas Jieichsfinanzrecht

678—821

Das System des Deichsfinanzrechtes 678—699 I. Finanzquellen 678. II. Finanzgewalt 679. DI. Zollverein 681. IV. Matrikularbeiträge und Überweisungen 683. V. Sonderrechte 694. VI. Reichs­

§. 44.

fiskus 695. §. 45.

VH. Reichskasse 699.

Das Deichsvermögen 700—716 1. Neues Vermögen 700. 2. Übernommenes Ver­

mögen der Einzelstaaten 700. 3. Reichseisenbahnen 709. 4. Reichskriegsschatz 710. 5. Reichsinvaliden­ fonds 711. 6. Betriebsfonds 714. 7. Reichs­ druckerei 715. 8. Reichsfestungsbau- und Reichstags­ gebäudebaufonds 716.

§. 46.

Die Gebühren

716—720

Inhaltsverzeichnis.

XV Sette

Ale Zölle 720-753 I. Rechtsquellen 720. DL Begriff 725. DÜL Zoll­ einheit 732. IV. Zolltarif 738. V. Zollverwaltung 743. VI. Reichsaufsicht 746. VH. Zollabrechnung 749. VIII. Zollschutz 751.

8. 47.

§. 48.

Die Verbrauchssteuern

753—784

I. Salzsteuer755. H. Tabaksteuer758. HI. Rüben­ zuckersteuer 763. IV. Biersteuer 768. V. Brannt­ weinsteuer 773.

§. 49.

Vie Vetchsstempelfteueru 784—805 I. Spielkartenstempel 785. DE. Wechselstempel 788. III. Stempel auf Wertpapiere (Börsensteuer) 793. IV. Statistische Gebühr 803.

Vie Veichsschul-eu 805-821 I. Begriff 805. II. Arten der Reichsschulden 807. HI. Reichsgarantieen 817. IV. Reichsschuldenver­

§. 50.

waltung 817. A. Organisation 817. B. Materielles Recht 820.

Dreizehntes Buch: zeiteu §. 51.

Aas SeerechL in Ariedeus822—969

Prinzipielle Erörterung und Vechtsquellen. . 822—847

I. Die Freiheit des Meeres 822. II. Küsten­ meer, Meerengen, Meerbusen 830. III. Das für Seeschiffe geltende Recht 837. IV. Rechtsquellen 842.

§. 52.

Vte Schiffsgewatt

847-866

I. In deutschen Häfen 847. II. In fremdem Staatsgebiet 847. A. Schiffsmeldungen 848. B. Kon­ sularische Amtsgewalt 850. HI. Auf hoher See 856. A. Die Gewalt des Schiffssührers 857. B. Stell­

vertreter 864. §. 53.

C. Schiffsjournal 865.

Vie Rechtsverhältnisse -er Schiffe

I. Nationalität (Staatsangehörigkeit) 866. II. Das Vermessungswesen 876. III. Der Schutz der Schiffe

866-929

XVI

Inhaltsverzeichnis. Sette

883. A. Signalwesen 883. B. Seestraßenrecht 890. C. Zusammenstöße auf See 894. D. Seewärts 904. IV. Das Strandrecht 908. V. Seeraub und Skla­ venhandel 926. VI. Verwendung von Schiffsfahrzeugen für militärische Zwecke 929.

§. 54.

Die persönlichen Rechtsverhältnisse der See­ fahrer 930—969

I. Die Befähigung zum Schiffer, Steuermann, Maschinisten, Lotsen 930. II. Die persönlichen Rechtsverhältnisse der Seeleute 938. HI. Straf­ bestimmungen 960. A. Schiffsgewalt 961. B. See­ mannsamt 961. C. Strafgerichte 964. Nachträge und Berichtigungen

Sachregister

970—977 . . . 978—994

Achtes Buch.

Das Gerverbervesen? § 23.

Me Prinzipien des deutschen Heweröerechtes und die NechtsqneKen. I. Dir Grwrrbrordnung v. 21. Juni 1869.

Nach RV. Art. 4 Z. 1 unterliegen der Beauffichtigung und Gesetzgebung des Reiches die „Bestimmungen über den Gewerbebetrieb". 1 Laband S. Aufl.II, 185ff. (leider nur in ganz kursori­ scher Behandlung des wichtigen Stoffes);Lö nin g Verw.-R.474ff; G. Meyer Verw.-R. I, 371 ff.; DerselbeinConradsHandwörterb. III, 959 ff.; H än e l StR. 1,687 ff.; Max Sey del, Das Gewerbe­ polizeirecht (1881); DerselbeBayr. StR. V, 646 ff.; Zahlreiche Kom­ mentare zur Gewerbeordnung, die besten von S ch i ck er 2. Aufl. 1893; Schenkel 2. Aufl. 1893; Mareinowski 5. Aufl. 1892 und besonders Landmann 2. Aufl. 1893-1895; Historisches bei G. Meyer u. Löning, sowie be­ sonders in den dort zitierten Werken von Schmoller und Gierke; rechtshistorische und nationalökonomische Forschung hat sich diesen Fragen in letzterj

Zorn, Staalsrecht II. 2. Aufl.

Zeit mit besonderer Liebe zu­ gewendet. Über die Thätigkeit Friedrich Wilhelms I. u. Fried­ richs d. Großen s. besonders die Arbeiten von Schmoller, über den Gegensatz von Stein und Hardenberg in diesen Fragen E. Meier: Die Reformgesetz­ gebung unter Stein u. Harden­ berg. Viele Litteratur zur histo­ rischen Entwickelung bei G. Meyer I, 372\ — Zahlreiche Artikel in den Wörterbüchern von Conrad u. v. Stengel geben monographische Darstel­ lungen der einzelnen Materien. Von den vielen Textausgaben der Gew.-O. seien genannt die­ jenigen von Berger-Wilhelmi(14.Aufl. 1896); Schrei­ ber (1892, München); Gar eis (Gießen, 1895). 1

2

Buch VIII.

Das Gewerbewesen.

Schon der Norddeutsche Bund hatte demgemäß die Auf­

gabe in Angriff genommen, dem Gewerbewesen eine ein­ heitliche gesetzliche Ordnung zu geben, und zwar war man im Prinzip darüber nicht zweifelhaft, daß diese Ordnung

auf der Basis einer möglichst unbeschränkten Gewerbefrei­ heit zu bemhen habe, gemäß denjenigen Grundsätzen, von

welchen die preußische Gewerbegesetzgebung bereits seit den Edikten v. 28. Okt. u. 2. Nov. 1810 u. 7. Sept. 1811

beherrscht war und welche in der Gewerbeordnung vom

17. Januar 1845 neuerdings zu spezialgesetzlicher Durchführung gebracht wordm

waren.2

Die im Allgemeinen

Landrecht II, 8 §. 179 ff. enthaltene Gewerbeordnung war

auf dem prinzipiell entgegengesetzten Standpunkt der positiven Organisation des Gewerbewesens durch den Staat aufgebaut.

Die Gesetze von 1810 und 1811 waren in

erster Linie das

Weik Hardenbergs.

Die revolutionären

Bewegungen d. I. 1848 richteten sich merkwürdiger Weise u. a. auch mit großer Schärfe gegen den freiheitlichen

Grundgedanken der Gesetzgebung von 1845; die daraus entsprungene „reaktionäre Gesetzgebung" (53. v. 9. Februar

1849) hatte aber keine lange Dauer. Die Regiemng des Norddeutschen Bundes legte bereits i. 1.1868 dem Reichstage den Entwmf einer umfassenden

Gewerbeordnung vor, welche an die Grundgedanken des preußischen

Rechtes

anknüpste.

Da jedoch zwischen Re­

giemng und Reichstag nicht sofort eine vollständige Eini­

gung über den umfangreichen und tiefgreifenden Entwmf erzielt werben konnte, wurde zunächst das provisorische G.

2 E. M ei er in v.Holtzmdorffs RLex. s. v. Gewerbeordnung.

Prinzipien d. deutsch. Gew.-RechtS u. die Recht-quellen, tz. 23.

3

v. 8. Juli 1868 (BGB. 406) erlassen, welches nur Prin­ zipien

enthält

und

demnächst durch den Erlaß der voll­ Schon durch

ständigen Gewerbeordnung außer Kraft trat.

das G. v. 1. Nov. 1867 (BGB. 55) über die Freizügig­ keit war bestimmt worden, daß jeder Bundesangehörige das

Recht habe, innerhalb des Bundesgebietes umherziehend oder am Orte des Aufenthaltes bezw. der Niederlaffung Gewerbe jeder Art zu betreiben, ohne daß in dieser Beziehung eine

Verschickenheit der rechtlichen Voraussetzungen für BundeSangehörige durch die Einzelstaaten statuiert werden dürfe,

insbesondere auch nicht um des Glaubensbekenntniffes willen. Unterm 21. Juni 1869 erging sodann die große Ge­ werbeordnung (BGB.

245).

gilt jetzt in

Dieselbe

vollkommen gleichheitlicher Weise im ganzen Reiche, ausgenommen Helgoland.8 * * ilDie ursprüngliche Gewerbeordnung beruhte durchaus auf dem Prinzipe der Gewerbefreiheit, und

bis heute

an den prinzipiellen Grundlagen ist auch

nichts

geändert.

Bei

den Verhandlungen

im Reichstage

ließ die Regierung jedoch darüber tonen Zweifel, daß fie die zu erlassende Gewerbeordnung nicht als definitiven Ab­ schluß der Gesetzgebung, in dieser Materie betrachte, sich

vielmehr

über

den

problematischen

8 Über die Entstehungsgesch.der Gew.-O. s. Landmann 1 ff. In Elsaß-Lothringen gilt die Gew.-O. seit 1. Januar 1889; in Helgoland gilt fie zur Zeit noch nicht. — Rückwirkende Kraft legte sich die Gew.-O. ge­ mäß ausdrücklicher Vorschrift in il Abs. 2 nicht bei, und dieser rundsatz gilt auch für alle

Charakter

vieler Be-

späteren Novellen, s. Land­ mann 52 ff. Auch das preuß. OVG. hat die in konstanter Judikatur (s. Entsch. Vin, 282, XI, 313) festgehalten, scheint aber darin zu weit zu gehen, daß es z. B. für Feststellung der «Unzuverlässigkeit" ein Zu­ rückgreifen auf Vorgänge aufrüherer Zeit auSschlreßt.

1*

4

Buch VIEL DaS Sewerbewes«.

stimmungen derselben völlig klar sei; im übrig« trat der

prinzipielle Gegensatz zwischen den Beiben Anschauungen, deren eine möglichst schrankenlose Freiheit des Gewerbe­ betriebes forderte, indes die andere diese Freiheit unter weit­ gehende Staatskonirolle zu stellen bestrebt war, sehr stark hervor.

Die Gewerbeordnung in ihrer ursprünglichen Fassung repräsentierte den Sieg des ersteren Prinzipes; die praktische

Erfahrung aber gab diesem Prinzipe nicht in dien Stücken Recht, und es begann seit 1874 eine zur Zeit noch nicht abgeschlossene gesetzgeberische Revision der Gewerbeordnung. Die einzelnen zur Gewerbeordnung ergangmm Novellm ftnb*

1. das G. v. 12. Juni 1872 (RGB. 170), welches keine prinzipielle Bedeutung hat, sondem nur die strafrechtlichen Bestimmungm der Gewerbeordnung dem System des

deutsch« Strafgesetzbuches anpaßt, 2. das G. v. 2. März 1874 (RGB. 19),

3. das G. v. 7. April 1876 (RGB. 125),

4. das G. v. 8. April 1876 (RGB. 184), aufgehoben durch das unter 10. genannte Gesetz,

5. das G. v. 11. Juni 1878 (RGB. 109), 6. das G.

v. 17. Juli 1878 (RGB. 199),

7. das G.

v. 23. Juli 1879 (RGB. 267),

8. das G.

v. 15. Juli 1880 (RGB. 179),

9. das G.

10. das G.

v. 18. Juli 1881 (RGB. 233), v. 15. Juni 1888 (RGB. 73),

11. das G. v. 1. Juli 1888 (RGB. 159), 12. das G. v. 8. Dezember 1884 (RGB. 255), 13. das G. v. 23. April 1886 (RGB. 125),

* Landmann 9 ff.

Prinzipien d. deutsch. Tew-Recht- u. dir Recht-quelle». A.A.

5

14. das G. v. 6. Juli 1887 (RGB. 281), 15. daS G. v. 29. Juli 1890 (RGB. 141), 16. das G. v. 1. Juni 1891 (RGB. 261), 17. das G. v. 19. Juni 1893 (RGB. 197),

18. daS G. v. 6. August 1896 (RGB. 685). Dazu

kommen

eine

Anzahl von

Beiordnungen des

Bundesrates (s. die Angaben unten 6. 40 f.), durch welche

gemäß der dem Bundesrat durch daS Gesetz erteilten Be­ fugnis Gew.-O. §. 16 erweitert wurde; diese Verordnungen haben Gesetzeskraft.

Auf Grund des dem Reichskanzler in dem oben unter

11. genannten Gesetz erteilten Auftrages erfolgte eine voll­ ständige Neuredaktion des Textes der Gew.-O., publiziert RGB. 1888, S. 177 ff.

Zahlreiche, je an ihrem Ort zu nennende Gesetze steh« außerdem noch in inbirrftem Zusammenhänge mit dem Ge­ werberecht.

Der Stoff ist durch diesen Zustand der GesetzgÄung ein

„ziemlich verworrener", wie Seydel mit vollem Recht schon 1881 klagte, zumal auch die Redaktion der Gesetze eine technisch

in hohem Grade verschiedene ist: die Nachtragsgesetze zur Gew.-O. au- dm

letztm Jahren nähem sich durch ihre

überaus detaMerte Fassung bereits sehr dem Gedankm einer vollständigm Organisation der Gewerbe durch dm Staat.

n.

Lrlchu- und landrsrrchk.'

1. Indem das Gewerbewesen der Kompetenz de» Reiches

zugewiesm und von letzterem eine Gewerbeordnung erlaflm

• Laband II,202f.; Seyd«! I Holtzendorff- RLex. s. v. 6e» 28 f., 54 f., 56; 6. Meier in | werbebetrieb Z. 4.

Buch VHL Da- Sewerbewes«.

6

wurde, haben die Einzelstaaten prinzipiell die Kompetenz, in diese Materie einzugreifen, verloren, eS fei denn, daß

das Reichsgesetz selbst für Einzelstaaten

seine Ausführung auf von den

zu erlassende Rechtssätze6

ein Gewerbebetrieb

verwies

oder daß

keine reichsgesetzliche Regelung fonb.7

2. Soweit die Gewerbeordnung Rechtsvorschriften nicht enthält und auch nicht auf landesrechtliche Ergänzung ver­ weist, wäre allerdings nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen anzu­ nehmen, daß dem Prinzipe der Gewerbefteiheit gemäß Beschrän-

kungen überhaupt nicht gewollt waren bezw. die vorhandenen außer Kraft treten sollten.»

La band.

Dies ist auch die Meinung von

Einen generellen

Vorbehalt für

Landesrecht

macht das Reichsgesetz nur insofern, als es bestimmt, daß

die „Zuwiderhandlungen der Gewerbetreibenden gegen ihre

Berufspflichten"

auch

außerhalb der Vorschriften der Ge-

6 Die Berweisung auf die „Landesgesetze* bedeutet Ver­ weisung auf Landesrecht jeder Art, also besonders auch auf Verordnungen und Gewohnheits­ recht, Gew.-O. §. 155. Abs. 1, dazu Laband II, 204; Land­ mann 1151. 7 Übereinst, mit dem Tert S.Meyer 1,380; HänelStR.I, 689 f. legt Gewicht auf den Wortlaut der heutigen RV. .Gewerbebetrieb" im Gegensatz zum Wortlaut der RV. von 1849 .Gewerbewesen"; das heutige Recht gebe dem Reich keine allgemeine Kompetenz, sondern nur die beschränkte, die Gewerbe als .privatwirtschaft­ liche Unternehmungen" zu re­ geln; alles übrige falle dem

Landesrecht zu. Als Absicht deS Gesetzgebers ist diese einschrän­ kende Interpretation nicht er­ weisbar. und sie legt dem Reiche die engsten Fesseln an. 8 Dafür spricht jedenfalls auch der Wortlaut des §. 1 der Gew.-O.: .Der Betrieb eineS Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Ge­ setz Ausnahmen oder Beschrän­ kungen vorgeschrieben oder zu­ gelassen sind." Unberührt bleiben alle dem Landesrecht angehörigen polizeilichen Vorschriften allge­ meiner Natur, s. Laband II, 1888 und besond. Landmann 44 ff., 49 f.; G. Meyer I, 385"; Hänell, 689®. Ebenso das vreutz. OBG. Entsch. Ü, 392, XVni 308, XXIV 313.

Prinzipien d. deutsch. Gew.-Rechts u. die Rechtsquellen. §♦ 23.

werbeordnung noch

durch

„besondere"

7

hierüber bestehende

oder zu erlassende Gesetze einer „Strafe" unterliegen können.9 Daß auch Landesrecht unter solchen „besonderen" Gesetzen

zu verstehen sei, ist unzweifelhaft.

sich

Immer aber kann es

hier nur um landesrechtliche Strafvorschristen wegen

„Zuwiderhandlungen" handeln, nicht aber um landesrecht­

liche Vorschriften

anderer Art über den Gewerbebetrieb.

Thatsächlich steht jedoch Landesgewerbepolizeirecht neben dem Reichsrecht auch anderweitig

in erheblichem Umfange in

Kraft, ohne daß dasselbe die formelle Basis seiner Rechtskrrft in einem Auftrage des Reiches fände.

Wenn die

Motive zur Gewerbeordnung und ihnen folgend die meisten

Schriftsteller

eine Unterscheidung

zwischen

Zulassung

zum Betriebe und Ausübung der Gewerbe machen und

das Reichsrecht nur auf erstere, nicht auf letztere beziehen, für letztere demnach auch jetzt noch eine unbeschränkte Kom­ petenz der Einzelstaaten annehmen, so kann dies als richtig

nicht ohne weiteres zugegeben werden, da die Gewerbe­

ordnung in einer ganzen Reihe ihrer Vorschriften sich doch

unzweifelhaft

auch

auf die Ausübung von Gewerben

bezieht10 und überhaupt fraglich erscheint, ob jene Unter­ scheidung gemacht werden kann." 9 Gew.-O. §. 144, s. dazu auch Landmann 1038 f. u. 50 f. Die Interpretation des §. 144 ist bestritten. Daß reichsgesetz­ liche Sonderbestimmungen zu­ lässig sind, ist unzweifelhaft, s. zahlreiche Angaben von solchen bei Landmann a. a. O.; frag­ lich ist nur, wie weit das Son­ derlandesrecht reichen darf; die Praxis interpretiert die Bestim­

mung in der ausdehnendsten Weise. 10 Vgl. z. B. die Vorschriften über den Schutz der gewerblichen Arbeiter, über die gewerblichen Anlagen u. a. m. 11 Für die im Text bekämpfte Meinung beruft man sich auf den eit. Gew.-O. §. 144, so 6es. Löning 483; Landmann 51 nennt dieselbe „selbstverständlich".

8

Buch VIII.

Das Gewerbewesen.

Eine Lösung der schwierigen und zweifelhaften Frage wird vielmehr nur in dem Satze gefunden werden können,

daß

die

Reichsgewerbeordnung

Landesgewerbepolizeirecht

nicht

alles

b eseitigen

bezw.

ausschließen wollte, sondern nut dasjenige, was mit der Gewerbeordnung unvereinbar ist.12 Freilich wird diese Grenze unter Umständen eine sehr

schwankende fern,18 und es kann sehr wohl gegen jenen Satz der Einwand erhoben werden: daß alle beschränken-

Trotzdem müssen die Bedenken aufrecht erhalten werden; es ist z. B. nicht einzusehen, warum, wenn jene Meinung zutrifft, sie nicht auch bezüglich des §. 2. — Landmann 55 — sollte geltend gemacht werden können. Das preuß. OVG. hat die Frage in den oben zitierten Entschei­ dungen eingehend erörtert. Daß Vorschriften der Bau-, Feuer-, Sitten-, Gesundheits­ polizei u. s. w. dem Landesrecht vorbehalten sind, ist zweifellos. Nur dies ergeben auch die vom OVG. zit. Sätze der Motive. Daß aber spezifisch gewerbe­ polizeiliche Vorschriften für die „Ausübung" des Gewerbes landesrechtlich zulässig seien, ist eine Behauptung von solcher Tragweite, daß die schwersten Bedenken dagegen nicht unter drückt werden können. Gew.-O. §. 23 Abs. 3 insbe­ sondere bezieht sich nur auf die Anlagen des §. 16, folglich will er für andere gewerbliche Anlagen nicht gelten; auf nicht

gewerbliche Anlagen allerdings erstreckt sich die Gew.-O. nicht; eine Brauerei — OVG. XVIII, 312 — ist aber eine gewerbliche Anlage, die nicht unter die §§. 16. 23 Abs. 3 fällt. In Entsch. XVII, 364 ist bezüglich der §§. 29 u. 147 Z. 3. direkt ausgesprochen, daß die reichs­ rechtlichen Vorschriften er­ schöpfend seien für das „Maß der Anforderungen der öffentlichen Ordnung und damit zugleich die Grenze polizeilichen Einschrei­ tens". Ebenso Entsch. XVII, 388 bezüglich einer Poliz.-V., die den §. 33a Gew.-O. auf Jnstrumentalvorträge ausdehnte. 12 So auch die preuß. Ausf-V. v. 4. Sept. 1869. 38 Vgl. über die Bedenken dieser Auffassung z. B. die An­ gaben bei Seydel 311 über die bayrische Praxis. Auch hier dürfte die Bemerkung Seydels S. 82 über die Grenzen des Jnterpretationsrechtes zutreffen; vgl. auch Seydel, Bayr. StR. V, 663.

Prinzipien d. deutsch. Gew.-Recht- u. die RechtSquellm. g. 23.

9

den Bestimmungen des Landesrechtes unvereinbar seim mit

dem reichsrechtlichen Prinzip der Gewerbefreiheit: der Ge­

setzgeber wird sich

weiterhin der Aufgabe nicht entziehen

dürfen, diese Frage einer klareren positiven Lösung zuzu­

führen, als welche sie bis jetzt in der Praxis gefunden hat. Mehrfach enthält die Gewerbeordnung allerdings be­ sondere Bestimmungen, die das LandeÄmht positiv auf­ recht erhalten, so über dm Gewerbebetrieb von juristischen

Personen des Auslandes, von Beamtm, über gewerbliche Beschränkungm in dm Stmergesetzm u. a. m.14

8. Eine besondere Art von Berordnungm, auf welche die Gewerbeordnung mehrfach verweist, find die OrtSstatuten.

Organe

Darunter sind zu vrrstehm Berordnungm der

von Kommunalverbändm jeher Art (auch Kreise

und Provinzm).18

Solche Statuten find zm Ausführung

der Gewerbeordnung zulässig, soweit letztere selbst dies aus­ spricht. . Dies

lit.

b,

ist

geschehen

84 Abs. 1,

120 Abs. 2. *•

in dm §§. 28 Abs. 8, 88

105b Abs. 2,

119a

Ws. 8,

Die Form derselben richtet sich nach Landes­

recht, doch schreibt das Reichsrecht vor: 1. vor Erlaß von Ortsstatutm müssen

„die beteiligtm Gewerbetreibendm

und Arbeiter" „gehört" werdm, 2. Ortsstatutm bedürfm

für Erlaß wie für Aufhebung der Bestätigung der „höherm Verwaltungsbehörde"" und müffm veröffentlicht «erden, 44 Gew.-O. 86. 5, 12, dazu » S. auch Gew.-O. 8 155 Laband II, 188 f. Über dm Abs. 2. *• S. dazu Landmanu Gewerbebetrieb von Personm de- SoldatmstandeS, f. MilG. 1027 s. §. 43; f. unten $. 41. Über 11 Die» ist die Terminologie ausländische juristisch« Personm der Gew.-O., f. dazu unten Löning 484',', über Bmmtm S. 11*. R.'Veamtm>G. §. 16.

10

Vach Vitt g)el Sewerbewesm.

8. Ortsstotutm tonnen von den Zentralbehörden außer Kraft gesetzt werden, jedoch nur wegen Widerspruchs mit Gesetzen oder Anordnungen des weiteren Kommunalverbandes.18 4. Eine Sondervorschrift besteht für Bayern noch dahin, daß etwaige Reichsgesetze, die das Jrnrnobiliarversicherungswesen, also auch dm Gewerbebetrieb darin, betreffen, in Bayern nur mit Zustimmung dieses Einzel­ staates in Kraft treten tonnen.18 5. Die Durchführung der Gewerbeordnung erfolgt grundsätzlich durch den BehördenorganiSmus der Einzelstaaten; dem Reiche ist lediglich die Oberaufsicht gemäß ben allgemeinen Vorschriften der Reichsverfassung vorbehaltm und als Zmtralbehörde hierfür das Reichsamt des Innern bestellt worben, dessen Staatssekretär verantwortlicher Stellvertreter des Reichskanzlers ist.80 * * * * *Die * Ausführungsverord­ nungen zur Gewerbeordnung zu erlassen ist Aufgabe des Bundesrates, soweit nicht durch speziellen gesetzlichen Titel hierfür andere Organe Auftrag empfangen haben;8' insofern die Dienstanweisungen einen notwendigen Bestandteil der einzelstaatlichm Behördenorganisation bildm, ist ein gene­ reller Rechtstitel der Einzelstaatm hierfür anzunehrnm.88 Welche Organe in dm Einzelstaatm als „weiterer Kornrnu81 S. oben Sb. I. S. 480. 18 Gew.-O. §. 142, vgl. 88 6. hiezu — in ber Unter­ §§. 105b, 119a, 120; Landscheidung zwischen Recht!- und mann 1026 ff. 18 Sers.-Sertr. Z. IV, über Serwalt.-Serordnunaen grund­ ben rechtlichen Charakter der sätzlich abweichend—L abdnbll, Vorschrift s. oben Sb. I. S. 124. 80 S. oben Sb. I. S. 266 ff.

Prinzipien d. deutsch. Gew.-Rechts u. die Recht-quellen, g. 23» 11

„höhere

nalverband"

Verwaltungsbehörde",

„untere

Ver­

waltungsbehörde", „Polizeibehörde", „Ortsbehörde" rc. — das Reichsgesetz bedient sich nur derartiger allgemeiner Aus­ drücke



in

Betracht kommen,

ist durch die Zentralbe­

hörden der Einzelstaaten zu bestimmen.28

Soweit gewerb­

liche Staatsbetriebe" den Vorschriften der Gewerbeordnung

über Arbeiterverhältniffe unterworfen sind, sönnen die vor­

gesetzten Dienstbehörden

an

die Stelle

der

im Gesetz

be­

zeichneten Verwaltungsbehörden berufen werden, jedoch vor­

behaltlich

der

den

„besonderen

Aufsichtsbeamten"

über­

tragenen Funktionen.28

HL

Grwrrbrfrrihrit und Monopolrecht de« Urhebers.22

A. Jeder Deutsche

kann

kraft der Reichsangehörigkeit

nach der Verfassung frei seiner Erwerbsthätigkeit leben und

dafür den Schutz des Staates in Anspruch nehmen".

nach Maßgabe der Gesetze

Die Erwerbsthätigkeit

” Gew.-O. §. 155 Abs. 2. s. dazu die ausführlichen Angaben über die landesrechtlichen Äom» petenzvorschriften bei Land­ mann 1154—1157, 1030 s. 84 Landmann 1158 dehnt die Vorschrift aus alle ein­ schlägigen Staatsbetriebe au-, gleichgültig, ob sie einen „gewerb­ lichen" Charakter tragen oder nicht. Dies geht zu weit und überschreitet die grundsätzlichen Grenzen der Gewerbeordnung, für nichtaewerbliche Staatsbe­ triebe müssen eventuell die Bor* schriften der Gew.-O. besonders eingeführt werden, sonst gilt lediglich da- betr. Spezialrecht,

ist

so besonder- für die zahlreichen Betriebe zu militärischen Zwecken. 86 Gew.-O. §. 155 Abs. 3 verb. §§. 105b Abs. 2, 105c Abs. 2, 105e, 105f, 115a, 120d, 134 e, 134s, 134 g, 138 Abs. 1, 188a, 139, 139 b, s. dazu Landmann 685 ff., 1158. 86 Seydel 8. 4: Gewerbe­ freiheit. Den Monopolschutz be­ zieht Seydel nicht in die Dar­ stellung ein. E. Meier b. v. Gewerbefreiheit. Landman»

Art. 3. Gew.-O. $. 1; „der Betrieb eine- Gewerbes ist jedermann gestattet". Rehm:

12

Luch VIII. Da» Oenecteaefcn.

prinzipiell

frei und steht insofern lediglich

unter den Normen des Privatrechts.

geben sich Schranken

Doch er­

für die freie Erwerbsthätigkeit der

Privaten insofern, als gewisse Angelegenheiten durch Staats­ gesetz ganz oder zum Teil der privaten Erwerbsthätigkeit

entzogen find: ein Beispiel hierfür bietet insbesondere das Postwesen."

Andrerseits stellt der Staat ferner trotz des Prinzips

der Gewerbefreiheit für gewiffe Erwerbszweige, welche grund-

fätzlich dem privaten Wettbewerb überlaffen find, besondere Voraussetzungen, sei es bezüglich der Zulafiung, sei es be­

züglich der Ausübung auf, gleichfalls aus dem Gesichts­

punkt des öffentlichen Interesses.19 Diese Beschränkungen sind teils in Spezialgesetzen (die

Gew.-O. nennt die Zoll-, Steuer- und Postgesetze speziell)"

enthalten, teils bilden sie dm Hauptbestandteil der Gewerbe­ ordnung. Diese charakterisiert sich somit wesent­

lich

als

ein Polizeigesetz

Gewerbefreiheit,"

auf der Basis der

nicht als

Die rechtliche Natur derGewerbekonzesfion 10, 17 ff. erklärt dies für ein »subjektive» öffentliches Recht'; f. dazu Laband II, 187»; Sey del, «ayr. StR. V, 661; Landmann 43 f. Die ganze Frage der subjektiven öffentlichen Rechte ist sehr um­ stritten. Eine eingehende Unter­ suchung darüber giebt I e l l i n e k: System der subjektiven öffentl. Rechte. * Seyd el 6,23 vgl. Gew.-O. 8- 5.

eine organische

99 Seydel 6. 90 Landmann 58 ff. xu Gew.-O. §. 5. Bgl. ZallG. §§. 119, 124. Spielkarten-StG. ». 3. Juli 1878 §. 4. Post-G. §§. 1. 2. Telear -Ges. §. 1. »» Laband 11, 186. Daß aber der Staat ,da» Gedeihm und Blühen der Gewerbe — nicht unmittelbar fördern' könne, kann nicht zugegeben werden. Gerade die Geschichte de» preu­ ßischen Gewerbewesens beweist da» Gegenteil.

Prinzipien b. deutsch. Gew.-RechtS u. bie Rechts quellen. g. 23. 13

Ordnung des Gewerbewesens, wie eine solche z. B. das Allgemeine Landrecht enthielt.82 * * *

Die Gewerbeordnung ist an sich als eine staatliche Ord­ nung für die gewerbliche Erwerbsthätigkeit der Deutschen

zu betrachten.

Allerdings gestattet §. 1 dm Betrieb von

Gewerbm „Jedermann" und weiterhin findm sich einzelne

Spezialvorschristm, welche für Ausländer bestimmte Beschränkungm normieren.

Indem aber in zahlreichm StaatS-

verträgm ausdrücklich die gegenseitige Zulassung von Staats­ angehörigen zum Gewerbebetrieb

vereinbart ist, erscheint

doch der obige Grundsatz anerkannt.88 Aus dem Prinzip der Gewerbefreiheit find im Gesetz selbst mehrere Konsequenzen besonders und ausdrücklich ge-

zogm: 1. es giebt für das Gewerberecht tonen Unterschied von Stadt und Land;88

2. die Handwerker find nicht beschränkt auf bat Ver­ kauf der von ihnm selbst verfertigten Warm;88

3. besondere Abgaben für dm Betrieb von Gewerbm, abgesehm von staallichm und kommunalm ©teuern, dürfen

nicht mehr erhobm werdm;86 *

4. jedermann kann gleichzeitig mehrere Gewerbe, sowie

82 Allerdings enthält die Gew.-O. auch eine Reihe von Borschristen, die keinerlei polizeilichen Charakter tragen, inSbes. civilrechtliche s. Landmann 28 f.; Rehm 21 f.; in der Haupt­ sache aber ist fie ein Polizeigesetz; s. auch Zeller in Stengels Wörterbuch I, 386. 88 6. die Angaben aus den

Staatsoer trägen bei Land­ mann 47 f., 1477 f. s. des. auch unten §. 27 über ausländische Hausierer. 88 Gew.-O. 8. 2. 88 ®en.«D. §. 3, ®g(. §. 84 «bs. 2. 88 @en>.*D.§.73.6. 6. Weiet s. ▼. Gewerbesteuer in Holtzendorffs RLex.; Landmann 84f.

Buch VHL DaS Gewerbewefm.

14

dasselbe Gewerbe

in

mehreren Niederlassungen innerhalb

und vorbehaltlich der gesetzlichen Beschränkungm auch außer­

halb des Gemeindebezirks seiner Niederlassung betreiben;87 88

5. eine

Preisbestimmung

für

gewerbliche

Erzeugnisse

durch den Staat findet künftig nicht mehr statt, abgesehen von den im Gesetz selbst ausdrücklich zugelassmm Fällen;"

6. beseitigt sind alle den Gewerbebetrieb beschränkenden Vorschriften konfessioneller Natur;39 ferner diejenigen Vor­

schriften ,

welche

Besitz

des

ebenso

die

die Zulassung

zum Gewerbebettieb

Gemeindebürgerrechtes

abhängig

vom

machten;"

dm selbständigm Gewerbebetrieb von Fraum

beschränkmdm Vorschristm, soweit die Gew.-O. nicht selbst spezialgesetzliche Vorschristm dieser Art

(§§. 30,

Abs. 2,

60, b) mthält; hinsichtlich des eheherrlichen Konsenses bewmdet es bei dm landesrechtlichm Bestimmungen;41

da­

gegen find die reichs- und landesrechtlichm Beschränkungm

87 Gew.-O. §§. 3, 42. Vgl. I Landmann 55ff.; Seydel 49.! 88 Gew.-O. §. 72 s. hierüber | unten S. 63 ff. 88 G. über die Freizügigkeit v. 1. Nov. 1867 (BGB. 55) §. 1. 40 Gew.-O. §. 13. Dazu aber die Einschränkung in Abs. 2: »Nach dem begonnenen Gewerbebetriebe ist, soweit dies in der bestehenden Gemeindeverfassung begründet ist, der Gewerbetreibende auf Berlangm der Ge- ■ meindebehörde nach Ablauf von drei Jahren verpflichtet, das! Bürgerrecht zu erwerben. Es darf jedoch in diesem Falle von ihm das sonst vorgeschriebene oder übliche Bürgerrechtsgeld!

nicht gefordert und ebenso nicht verlangt werden, daß er sein anderweit erworbenes Bürgerrecht aufgebe." Vgl. dazu Sey d el 198: Landmann 104ff. 41 Gew.-O. §. 11 (vgl. CPV. §. 51 HGB. Art. 6; dazu Mandryd. zivilrechtl. Inhalt d. Reichsgesetze 13 ff.; Landmann 98 ff.): »Frauen, welche selbständig ein Gewerbe betreiben, können in Angelegenheiten ihres Gewerbes selbständig Rechtsgeschäfte abschließen und vor Gericht auftreten, gleichviel, ob sie verheiratet oder unverheiratet sind. Sie können sich in betreff der Geschäfte aus ihrem Gewerbebetrieb auf die in dm ein-

Prinzipien d. deutsch. Gew.-Rechts u. die Recht-quellen, g. 23. 15 für Militärpersonen und Beamte ausdrücklich aufrecht erhaltm rootben;42

ebenso die landesgesetzlichen Vorschriften

über den Gewerbebetrieb von juristischen Personen des Aus­ landes ;48 7. eine Entziehung des Rechtes zum Gewerbebetrieb ist

nur dann auf administrativem oder gerichtlichem Wege zu­ lässig,

wenn die im Gesetz

hierfür ausgestellten Voraus­

setzungen gegebm sind;44

8.

aufgehoben

alle

sind48

und kaufmännischen Korporationm, eines Gewerbes auszuschließm



Rechte

von

Zünften

Andere vom Betriebe durchbrochen

ist dieser

Grundsatz jetzt durch §. 100 o, s. dazu unten S. 110 —,

ferner die dem Fiskus, Korporationm, Instituten oder Einzelnen zustehenden Berechtigungm, für Gewerbebetriebe oder

gewerbliche Anlagen Konzessionm zu erteilen;

ferner alle

anderweitigen, ausschließlichm Gewerbeberechtigungen, sowie

alle Zwangs- und Bannrechte, welche mit ausschließlichm Gewerbeberechtigungm verbundm warm, ausgenommen nur

zelnen Bundesstaaten bestehenden Rechtswohlthaten der Frauen nicht berufen. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob sie das Gewerbe allein oder in Gemein­ schaft mit anderen Personen, ob sie dasselbe in eigener Person oder durch einen Stellvertreter betreiben.E über Kinder enthält die Gew.-O. einige Spezialvorschriften. im übrigen s. Landmann 44 f., 101. " Gew.-O. §. 12 Abs. 2. RMilG. §. 43, RBeamtG. §. 16 s. o. Bd. L ©.316 f. Für dieLan-1

desbeamtm das Landesrecht: pr. G. v. 17. Januar 1845 §. 19, v. 10. Juni 1874. " Gew.-O. §. 12 Abs. 1.; Landmann 101 f. 44 Gew.-G. §. 143 Abs. 1. vgl. unten §. 28. 46 Brunner in v. Holtzmdorffs RLex. s. v. Bannrechte; Seydel 26; Lüning 484 f.; Landmann 57 f. u. des. 77 ff. Eine neue Form derartiger Rechte stellen jedoch die Kehr­ bezirke der Schornsteinfeger dar, s. dazu unten S. 63.

Buch Vm. Das Sewerbewes«.

16

da- Abdeckereigßwerbe44; ferner alle Bannrechte, beten Auf­ hebung nach dem Inhalt der Verleihungsurkunde ohne Ent­

schädigung zulässig war; ferner der Mahl-, Brau-, Brannt­ weinzwang, sowie die Bannrechte der Bäcker und Schlächter,

sofern diese Rechte nicht durch Vertrag des Bannpflichtigen

mit dem Bannherrn begründet warm;46 47

etwaige Entschä­

digungen festzusetzen, blieb dem Landesrecht überlassen. Für

ablösbar

wurden

erklärt

alle

übrigen,

direkt aufgehobenen Zwangs- und Bannrechte,

nicht

sofern die

Verpflichtung durch Grundbesitz, Korporationsmitgliedschaft oder Wohnsitz begründet war, sowie das sog. Krugverlags-

recht.

Die

näheren Bestimmungen

hierüber wurden der

Landesgesetzgebung Vorbehalten.48 * Streitigkeiten bezüglich

der aufgehobenen

oder für ablösbar erklärten Rechte find

auf den „Rechtsweg" verwiesen.48

Zwangs- und Bannrechte sowie ausschließliche Gewerbe­ berechtigungen, soweit sie durch das Gesetz für aufgehoben

oder ablösbar erklärt sind, ebenso Realgewerbeberechtigungen — die bestehenden blieben erhalten — können künftig nicht mehr —

außer durch Privatvertrag — begründet, die be­

stehenden jedoch auf andere Personen übertragen werden.50

46 Aber auch dieses ist in Sreußen für ablösbar erklärt, . v. 17. Dez. 1872, Kornfeld in v. HoltzendorffS RLex.; Löning 3215; Landmann 82 f.; Jolly in Stengels Wör­ terbuch I, 1; Dieckerhoff in Conrads Handwörterb. I, 2 ff. 47 Gew.-O. §§. 4,7. Gesetzes­ material der Einzelstaaten merkt G. Meyer I, 3818 an, zu H. 7 Entsch. d. preuß. OBG. X, 272.

48 Gew.-O. §. 8 s. Land­ mann 87 ff. 49 Gew.-O. §. 9. Land­ mann 88 f. erklärt den »Rechtsweg" als den Civilrechtsweg, hält also die Verwaltungs­ gerichtsbarkeit für ausgeschloffen. 80 Gew.-O. §. 10; über den Be­ griff Realaewerbeberechtiaungen s. Seydel 20 u. die hrer zit. Litteratur; Löning 485 f.; Rehm 37 f., 51 f.; Landmann

Prinzipien d. deutsch. Gew^Rechts u. die Rechtsquellen. g. 2& 17

Wer ein Realrecht für eigene Rechnung persönlich ausüben

will, muß den für das Gewerbe gesetzlich vorgeschriebenen Erfordernissen genügen (Konzession, Approbation 2c.).51 Privatverträge, ein Gewerbe nicht zu betreiben, sind zu­

lässig .M

Zur Bezeichnung von Warm und Etikettm, nicht

aber von Räumm, ist der Gebrauch und die Abbildung des

kaiserlichm Adlers gestattet68 B. Monopolrecht des Urhebers, Erfinders

und gewerblicher Firmen." I.

Die Verwertung geistiger Produkte ge­

werblicher Natur ist nachMaßgabe desGesetzeS für einen bestimmten Zeitraum nur demjenigen

89 ff.; bes. über die Vertrags­ freiheit, die Rechte der Polizei und das einschlägige Landes­ recht. Die Übertragung von Realgewerbeberechtigungen auf dritte Personm regelt Gew.-O. 8.48, dazu Landmann 393ff. Historisches bei G. Meyer I, 375 f. S. auch Entsch. d. preuß. OVG. Vm, 272, HI, 249. Seydel, Bayr. SM. V, 6627; Mandry 167 f. 61 Auch die Beschaffenheit des Lokals kann Grund zur Ver­ sagung der Konzession sein s. Landmann 395; G. Meyer I, 384", sowie über die sehr streitige Frage der Realschankberechtigungen unten S. 59". m G. Meyer I, 384«, dort auch Litteratur über die Streit­ frage; Landmann 90 f., 1382. RV. v. 16. März 1872 (RGB. 90), B. d. RK. v. 11. Apr. Zorn, Staat-recht II. 2. Aufl.

1872 (RGB. 93), RStGB. 8. 360 Nr. 7. Entsch. d. preuß. OBG. XXIV, 308. 64 Laband II, 209ff., ferner die einschlägigen Artikel von E. Meyer und Meves in Holtzendorffs RLex., dazu die reiche Spezialliteratur, besonders an Kommentaren über das Patent­ gesetz und die Systeme desPrivatrechteS. Vgl. auchH änel StR. I, 760 ff. und besonders GareiS in Busch Archiv XXXV, 202 f. Litter.-Angaben bei G. Meyerl, 445*; Landgraf in Stengels Wörterb. II, 78, 150, 207. (Markenschutz, Musterschutz, Pa­ tentrecht). ErgB. I, 35, 67. Robolski in Conrads Hand­ wörterb. V, 125 ff. (Patentrecht); Hauß ebenda sV, 1111 ff., 1262 ff.; Allfeld ebenda VI, 398 ff. (Urheberrecht); Mandry RGes. 497 ff.

Buch VIIL DaS fltewertewefeiu

18

gestattet, der die geistige Arbeit geleistet hat;"

in diesem prinzipiellm Satze findet die Gewerbefreiheit nach deutschem Rechte ihr notwendiges Korrelat.

Diesen Grundsatz hat die Reichsgesetzgebung nicht in einem einheitlichen, sondern in sieben verschiedenen Spezial­

gesetzen

zur

Durchführung

gebracht:

die Kompetmz de-

Reiches zum Erlaß dieser Gesetze war schon durch RB. Art. 4 Z. 1 („Gewerbewesen") gegeben, wurde aber noch in Z. S („Erfindungspatente") und 6 („Schutz des geistigen Eigen­

tum-") besonders statuiert.

Die Gesetze, welche sich dem­

nach sämtlich als Spezialgesetze zur Gewerbeordnung dar-

stellen, find: 1. das G. v. 11. Juni 1870 (BGB. 339),

2. das G. v. 30. Nov. 1874 (RGB. 134), jetzt auf­

gehoben durch G. v. 12. Mai 1894 (RGB. 441), 8.

das G. v. 9. Januar 1876 (RGB. 4),

4.

das G. v. 10. Januar 1876 (RGB. 8),

5.

das G. v. 11. Januar 1876 (RGB. 11),

6.

das G. v. 25. Mai 1877 (RGB. 501), jetzt auf­

gehoben durch das Patentgesetz v. 7. April 1891 (RGB. 79),66 85 Dabei kann es sich aber begrifflich nicht um ein »Eigen­ tum" handeln. Eine treffende Kritik des „geistigen Eigentums" s. bei La band II, 210. 86 Hänel I, 762 führt aus, die RB. habe in Art. 4. Z. 5 dem Reiche nur die Kompetenz der »Gesetzgebung und Beauf­ sichtigung" gegeben „vorbehalt­ lich aller vollziehenden Befugntffe der Einzelstaaten, ins­

besondere in der Form der partikularen Rechtspflege". Aber: »über diese Begrenzung hat daS Patentgesetz weit hinausge­ griffen". — Diese Ansicht folgt aus der von Hänel gegebenen und oben Bd. I, S. 137 f. zurück­ gewiesenen Interpretation der Eingangsworte des Art. 4. Das Reich hat vielmehr die unbegrenzteKompetenz der Regelung deS Patent-

Prinzipien d. deutsch. Gew-Recht- u. die Recht-quellen. §. 23. 19

7. das G. v. 1. Juni 1891 (RGB. 290). auf dem gleichen oben prä­

Alle diese Gesetze beruhen

zisierten

Grundgedanken.

Es

ist somit durchaus richtig,

wenn La band das Patentwesen in dem systematischen Zu­ sammenhänge des Verwaltungs- speziell des Gewerberechtes

behandelt;

es war aber zu eng, wenn dieser Schriftsteller

hier nur die Erfindungspatente beizog, da die in den anderen genannten Gesetzen konstituierten Monopolrechte genau das

nämliche Prinzip zum Ausdruck bringen,*"

wenn dasselbe

hier auch teilweise über das gewerbliche Gebiet hinausreicht. Einzelstaatliche Patente sind nicht zulässig; die vor Erlaß

deS G. v. 25. Mai

1877 erteilten blieben allerdings in

Kraft, find aber jetzt sämtlich erloschen, n. Die deutsche Gesetzgebung statuiert ein Monopolrecht

deS Autors: 1. bei Schriftwerken,^

2. bei geographischen, topographischen, naturwissenschaft­ lichen, architektonischen, technischen und ähnlichen Zeichnungen und Abbildungen, welche nach ihrem Hauptzweck nicht als

Kunstwerke zu betrachten sind,69 wesens, einschließlich aller .vollziehenden Befug­ nisse*. — DaS Patentgesetz bat bereits eine sehr reichhaltige Litteratur und ist mehrfach kommentiert, so besonders von Robolski (1898). Bal. außer­ dem die zahlreichen zu demselben ergangenen Entsch. des Reichsaerichts, sowie die im Patent­ blatt veröffentlichten Entscheid, de- Patentamtes. 67 Dies führt richtig bezüglich des Markenschutzes aus MeveS

a. a. O., ebenso besonders E. Meier a. v. Erfindunaspatente S. 717. Auch Lab and erkennt dies jetzt an. Es kann selbst­ verständlich nicht Aufgabe eine­ staatsrechtlichen Lehrbuches sein, das aesamte Detail der oben aufgeführten Gesetze zu erörtern, vielmehr muß an dieser Stelle eine Skizzierung ihrer verwal­ tungsrechtlichen Grundgedanken genügen. 88 G. v. 11. Juni 1870 §. 1. 89 G. v. 11. Juni 1870 8- 48.

Buch VUL Sei Semertewefm.

20

3. bei musikalischen Kompositionen, 80 81 * * 84 * 4. für öffentliche Aufführung von dramatischen, musi­

kalischen oder mufikalisch-dramatischm Werken,el

5. für Werke der bildenden Künste,

ausgenommen der

Baukunst," 6. für Photographiern," 7. für gewerbliche Muster und Modelle, sowie für Ge­

brauchsmuster, 88 8. für neue86 gewerbliche Erfindungen jeder Art in dem Recht, den Gegenstand der Erfindung ausschließlich gewerbs­

mäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen und zu gebrauchen,88 ausgenommen wenn deren Verwertung „den Gesetzen oder guten Sitten zuwiderlaufen würde", ferner „von Nahrungs-,

Genuß- und Arzneimitteln sowie von Stoffen, welche auf chemischem Wege hergestellt werdm, soweit die Erfindungen

nicht ein bestimmtes Verfahren zur Herstellung der Gegen­

stände betreffen"87, 9. für Warenbezeichnungen",

10. für kaufmännische Firmen". Hl. Der Monopolschutz steht zu Ziff. I—7 dem Ur-

•o G. v. 11. Juni 1870 §. 45. 81 Ebenda §. 50. 88 G. v. 9. Januar 1876 8§. 1, 3, v. 10. Januar 1876 §. 8. 88 Ebenda §§. 1, 11. 84 G. v. 11. Januar 1876 §§. 1, 2; dazu E. Meier in v. Holtzendorsts RLex. s. v. Musterschutz. @. v. 1. Juni 1891 §. 1; Laband II, 227 f. 88 S. hierzu Laband II, 214 f. Die Entscheidung erfolgt durch das Patentamt im Rahmen

von PatGes. §.2, der eine negative Bestimmung von „neu* giebt. 88 PatG. §. 4. 87 PatG. §§. 1, 2; dazu Laband II, 214 ff. und die dort zit. Litteratur; E. Meier e. v. Erfindung-patente 718, besonders über den Unterschied von Er­ findungen und Entdeckungen. 88 G. v. 12. Mai 1894 §. 1. 88 HGB. Art. 15-27; Mandry 497; Gareis HR. (4. A.) §. 14.

Prinzipien d. deutsch. T«w.-RechtS u. die Recht-quellen.

g. 23. 21

Heber, zu Ziff. 8 dem Erfinder, zu Ziff. 9—10 der

anmeldenden Firma zu, doch enthalten die Gesetze in dieser Beziehung mehrfach Modifikationm,

währung

deS

Urheberschutzes

auch

an

die eine Ge­

andere Personen,

speziell bett Herausgeber, schon frost des Gesetzes er­ möglichen. 70

Hinsichtlich der gewerblichen Erfindungen ist

übrigens scheinbar das Prinzip, daß der Schutz dem Er­ finder gebühre, völlig verlassen,

indem primär der erste

Anmelder patentiert wird;77 das Prinzip ist jedoch dem

gegenüber dadurch gewahrt, daß dem Erfinder vermöge be­

im Gesetz aufs genaueste geregelten Aufgebotsverfahrens die Erhebung des Einspruches gegen Erteilung des Patentes an bett Anmelder gestattet und Patentes

auch

evmtuell die

nach

erfolgt« Erteilung deS

Erhebung

ein«

Klage

auf

Nichtigkeitserklärung gewährt ist.7' IV. Der Monopolschutz des Urhebers hat bei de« ob« Ziff. 1—6 genannten Kategorie«! in der Regel nicht zur

Boraussetzung, daß die Urheberschaft durch einen öffentlich rechtlichen Akt formell beglaubigt ist:

eS bedarf also hi«

nur deS nach den Regeln des Zivilrechtes zu «bringenden Beweises d« Urheberschaft. bei

Nur ausnahmsweise ist auch

diesen Kategorieen Anmeldung zu ein« EintragS-

rolle erforderlich, welche vom Stadtrat zu Leipzig geführt

wird.78 w G. v. 11. Juni 1870 §. 2. n PatG. 8. 8, dazu Bekannt­ machung v. 11. Juli 1877 (91 o» bolSki 98), 18. Nov. 1877 (ebenda 115), 19. März 1887 (ebenda 100), 13. Ium 1893 (ebenda 102); vgl. Laband II, 216 f.; 6. Meier 718.

78 PatG. §§. 8 tos. 2, 10 «bs. 1 Rr. 3, 24 tos. 2; vgl. Laband II,217: »wahre Natur des Patentschutzes alS einer Prämie für Erfindungen*. " S.v. 11. Juni 1870 88.6«, 11«, 39-42, 52», G. v. 9. Januar 1876 §. 9*. über die

22

Buch VUL $ei fltewertewefc*. Muster und Modelle dagegm können auf dm Mono­

polschutz nur Anspruch erheben, wenn unter Deponiemng

eines Exemplares

die Eintragung bezw. Anmeldung zur

Eintragung in ein vom zuständigm Gerichte zu führende-

Musterregister erfolgt ist.

Ebmso sind Markm in da»

Zeichenregister, Warenbezeichnungm in die Zeichen­ rolle, Gebrauchsmuster in die Rolle fürGebrauchsmuster einzutragen, um des Monopolschutzes teilhaftig zu

werden,74 * * *mdlich ginnen in das Handelsregister. Gewerbliche Erfindungen mdlich bedürfm für dm materiellen Monopolschutz einer formellen staatlichm

Anerkennung durch einen konstitutiom Verwaltungsakt, der die Rechtswirkung der Ausschließlichkeit hat,76 Patentes.74

deS sog.

Zur Entscheidung über Erteilung, Zurück­

nahme und Nichtigerklärung von Patmtm ist eine besondere

Behörde eingesetzt, das Reichs-Patentamt.

Dasselbe

ressortiert vom Reichsamt des Innern, ist kollegialisch or­ ganisiert und in 7 Abteilungen (4 Anmelde-, 2 Beschwerdeund eine Nichtigkeits-Abt.) formiert.77

Eintragsrolle f. Werke der bilden­ den Künste, V. d. RK. v. 29. Febr. 1876 (CBl. 119). 74 v. 11. Januar 1876 88. 7, 9-13, G. v. 12. Mai 1894 §. 1 ff. Dazu §§. 5, 24, über die aus Grund der früheren Gesetzgeb. eingetragenen Zeichen, für welche daS G. v. 30. Nov. 1874 noch bis 1. Ott. 1898 gilt, insofern nicht Eintragung in die Zeichenrolle nach den Bor­ schriften deS neuen Gesetzes be­ antragt wird; dem Anträge muß

Ihm liegt in feine«

entsprochen werden; ferner T. v. 1. Juni 1891 §. 3. Bollz.B. d. R«. v. 29. Febr. 1876 über daS Musterregister (CBl. 123). dazu Nachtrag v. 23. Juli 1876 (CBl. 404). 71 Laband II, 220«; G. Meyer I, 446 f. 74 PatG. §§. 1-12. 77 PatG. 88. 13-19, dazu KB. v. 11. Juli 1891 (RGB. 349), dazu Laband II, 211 f darnach zu berichtigen oben B. I. S. 284 f.

Prinzipien d. deutsch. Gew^Rechts u. die RechtSquellen. §.23-23 einzelnen Abteilungen die Entscheidung in allen Patent­

sachen ob, insbesondere find von demselben alle Gesuche von Amtswegen zu prüfen, find ferner vor demselben auch

die kontradiktorischen Verhandlungm zu pflegen, welche daS

Gesetz für dm Fall der Erhebung des Einspruchs, sei

eS

des jedermann möglichm wegen Mangels der Neuheit der Erfindung, sei eS desjmigm, der nur dem Erfinder gestattet

ist, wegen Mangels des Patentanspruches, vorschreibt.

Die

Entscheidungm des PatmtamteS, d. i. einer Abteilung bei* selben können durch Beschwerde angefochtm werben, welche von einer oder mehrerm onberen Abteilungen des Patent­

amtes entschiedm wird.78 * 80 Das Patentamt hat die Patent-

urkundm auszufertigen, ein vollständiges Verzeichnis aller erteilten Patente, die Patentrolle, zu führm, die vom Gesetz vorgeschriebenm Publikationm in Patentsachm durch

dm Reichsanzeiger und das Patmtblatt anzuordnm;7e für Erteilung des Patmtes wird eine emmalige und sodann

weiter alljährlich, so lange der Patmtschutz dauert, eine

jährliche Gebühr erhoben.88

Eine besondere Abteilung

für Warenzeichen, bestehmd aus einem rechtskundigm

Vorfitzmdm,

kundigm und

sowie

der erforderlichm

technischm

Beisitzem,

Zahl

ist seit

von

rechts­

1892 beim

Patentamt eingerichtet.81 78 PatG. 88-IS, 16,20 ff., 26. 7* Das amtliche Patentblatt beruht auf PatG. 8. 19 Abs. 4, bezüal. ander, amtl. Publikationen des Patentamtes s. die Angaben bet StobolSki 168 ff.; Laband II, 214’,». 80 PatG. 88- 8, 19, 23, 27. Bei Patenten, welche die Reichs­

verwaltung für die Zwecke von Heer oder Flotte nachsucht, er­ folgt keine öffentliche Bekannt­ machung im »orverfahren und kein Eintrag in die Patentrolle 8- 23 Ms. 5. 81 G. v. 12. Mai 1894 §§. 2, 25, dazu B. v. 80. Juni 1894 (RGB. 495).

Buch VIII. Da» Sewerbewesen.

24

Außerdem ist noch mit dem Patentamt verbunden die Anmeldestelle für Gebrauchsmuster.88

V. Der Monopolschutz hat folgenden Inhalt: Während Zeitdauer des Schutzes

der

Nachahmung

ist Nachdruck,

Nachbildung,

des geschützten Gegmstandes verboten; über des Thatbestandes

die Feststellung

detaillierte Vorschriften.88

gebm die Gesetze sehr

„Niemand ist befugt, ohne Er­

laubnis des Patentinhabers den Gegenstand der Erfindung gewerbsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzu­

halten oder zu gebrauchen." 88 Die Rechtsfolgen der Verletzung des Monopolschutzes

find teils zivil-,

teils strafrechtliche (bei Patentverletzungen

Geldstrafe bis zu 5000 Mk. oder Gefängnis bis zu einem

Jahr,

nebm

der

Strafe

evmtuell

noch

Buße

bis

10 000 Mk.);85 ihre Festsetzung im einzelnen Fall «folgt

durch die ordentlichm Gerichte, in Zivilsachen letzt« In­ stanz

bei

Patentbruch,

bezeichnungen Reichsgericht;88

fahren

sowie üb«

V«letzung

von das

hiebei

zu

enthalten die Gesetze gleichfalls

88 G. v. 1. Juni 1891 §§. 2, 14 dazu ÄS. v. 11. Juli 1891 (RGB. 349) §§. 19-24. “ G. o. 11. Juni 1870 §§. 4 biS 7, 44, 46—48, 50-56; G. v. 12. Mai 1894 §. 12 ff., G. v. 1. Juni 1891 §. 4 ff., G. v. 9. Januar 1876 §8. 4—8, v. 10. Januar 1876 §§. 2, 4, v. 11. Januar 1876 _§§. 4-6. PatG; §■ 4 dazu E. Meier 721. 84 Über den provisorischen —

geschützt«

Gebrauchsmustern

Waren-

durch

beobachtende

daS Ver-

sehr genaue Bor-

resolutiv bedingten — PatentÖ nach erfolgtem Aufgebot . 8. 23 Abs. 1, dazu Laband n, 219’; üb« betrüge­ rische Vorspiegelung erteilten Patentschutzes PatG. §. 40; Labanv II, 227. 86 PatG. §§. 86 , 37; Laband n, 222 f. 88 PatG. §.38, G. v. 12. Mai 1894 §. 21, G. v. 1. Juni 1891 §. 12.

Prinzipien d. deutsch. Sew^RechtS u. die Recht-quellen, st. B. 25 fünften.87

Technische Fragen

können von bot Gerichten

den sog. Sachverständigenvereinen zur Begutachtung vorgelegt werden und

diese Vereine Kimen

der Parteien auch als Schiedsgerichte fungieren. sachen ist das Patentamt der

auf Anrufen

In Patent­

gesetzliche Sachverständigen­

verein, für die übrigen Kategorieen find besondere Vereine aus Personen, welche mit den Verhältniffm des betreffenden Erwerbszweiges genau vertraut sind, zu bilden.88

Der Monopolschutz

ist vererblich

und veräußerlich,88

ein Heimfallsrecht des Fiskus findet daran nicht statt.88

Zeit!' h

ist der Schutz

schieden bestimmt:

in den verschiedenen Gesetzen ver­

der Patentschutz dauert 15, der Schutz

für Photographiern 5, der Schutz der Warmbezeichnungen

10 Jahre, der Gebrauchsmuster 3 Jahre, der Muster und Modelle 1—3 Jahre nach Wahl des Gesuchstellers, jedoch kann eine Erweiterung

bis auf 15 Jahre stattfinden; die

anderen Arten des Urheberschutzes

endlich dauern bis 30

Jahre nach dem Tode des Urhebers, bei mehrerm des letzt­ verstorbenen. 81

Der Schutz der kaufmännischm Firma ist

zeitlich unbegrenzt.

" G. v. 11. Juni 1870 §§. 18 bid 25 , 54—56, ($L v. 9. nuar 1876 §. 16, v. 10. Januar 1876 §. 9, vom 11. Januar 1876 §. 14. PatG. §§. 85-40. G. v. 12. Mai 1894 §§. 14-19, G. v. 1. Juni 1891 §§. 9-11. 88 G. v. 11. Juni 1870 88- 31, 49, v. 9. Januar 1876 §. 16*, v. 10. Januar 1876 §. 10, v. 11. Januar 1876 §. 14*. PatG. 8. 18. Dazu L. d. RK. v. 29. Febr. 1876 (CBl. 117), über die künstlerischen, photographi­

schen und gewerblichen Sachver­ ständigenvereine, nebst Nachtrag v. 16. Juli 1879 (CBl. 490). 88 G. v. 11. Juni 1870 8- 3, v. 9. Januar 1876 §. 2, v. 10. Januar 1876 §. 7, v. 11. Jan. 1876 8. 3. PatG. 8- 6. G. v. 12. Mai 1894 8- 7. G. v. 1. Juni 1891 8- 7. * G. v. 11. Juni 1870 8- 17, v. 9. Januar 1876 8- 15. 81 PatG. 8- 7. G. v. 10. Januar 1876 8. 6, v. 11. Ja­ nuar 1876 8- o, v. 11. Juni

Da- Sewerbewesen.

Buch m

SS Wie

aller Recht-schutz

prinzipiell,

so

hat

auch der

Monopolschutz seine territoriale Grenze an der Grenze des Staates; der Urheberschutz ist jedoch positiv auch auf die im Ausland erschienenen Werke „inländischer Urheber" aus­

gedehnt.

Reichsangehörigkeit ist rechtliche Voraussetzung für

den Monopolschutz nicht.M Ein

internationaler Verband

zum Schutze

ist be­

der Litteratur und Kunst

von Werken

gründet durch StV. v. 9. Sept. 1886 (RGB. 1887, 498); demselben

das

gehören

Deutsche

an:

Norwegen (RGB.

Reich,

Belgim,

1896,

Spanien,

107),

Frank­

reich, England, Haiti, Italien, Liberia, Schweiz, Tunis; die Geschäftsführung hat ein internationales Bureau

in Bern.

VI.

Der Monopolschutz erlischt durch Ablauf der gesetz­

lichen Zeit und durch Verzicht; bei Warenzeichm ist immer die formelle Löschung im Register nötig;98 der Patentschutz 1870 88- 8-16 , nuar 1876 §§. 12. Mai 1894 I. Juni 1891 §.

52, v. 9. Ja­ 9-14. G. v. §. 8. G. v. 8.

91 G. v. 11. Juni 1870 8. 61', v. 9. Januar 1876 §. 20, v. II. Januar 1876 §§. 9*, 16. PatG. §. 12, vgl. auch ß. 2 Lös. 2. G. v. 12. Mai 1894 8§. 22, 23. G. v. 1. Juni 1891 §. 18. Eventuell muß eine Bertretuna für das Patentverfahren von solchen Personen bestellt werden, die nicht im Inland wohnen, PatG. §. 12. Staatsverträae über gegenseitigen Pa­ tent-, Muster, und Markenschutz bestehen mit einer Reihe von

Staaten, so insbesondere auf Grund der neuesten Gesetzgebung mit Osterreich-Ungarn, Italien und der Schweiz s. Laband II, 217»; Robolski 103ff. Deutsche Warenbezeichnungen werden wie inländische geschützt in folgenden ©taten: Belgien, Brasilien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritan­ nien, Italien, Luxemburg, Niederlande, Osterreich-Ungarn, Rumänien, Rußland, Schweden und Norwegen, Schweiz, Ser­ bien, Venezuela, Bereinigte Staaten von Amerika (RGB. 1894, 521). 98 G. v. 12. Mai 1894 §. 8.

Prinzipiend.deutsch- Sew^RechtSu.dieRech»quellen. g.23» 27

geht auch zur Strafe verloren bei Richtentrichtung der gesetz­ lichen Gebühr binnen sechs Monaten nach dem Fälligkeits­

termin;^ das Erlöschen tritt ipso jure ein, ist in der

Palentrolle zu vermerken und im Reichsanzeiger zu puHi«

zieren." Patente können ferner zurückgenommen und für nichtig

erklärt werden.

Äompttent hiezu ist das Patentamt in

seiner 7. Abteilung als Verwaltungsgericht;" gegen Ent-

scheidungen auf Zurücknahme oder Richttgkeit ist Berufung ans Reichsgericht gestattet.97

Patente find auf Anttag98 für

nichtig zu

erklären,

wenn fich «giebt, daß die Erfindung nicht patentfähig war;

die Entscheidung auf Richtigkeit hebt alle Wirkungen des Patentes vollkommen auf."

Zurücknahme des Patentes

auf Antrag ist zulässig:

1. wenn das Patent binnen 3 Jahren nach sein« Erteilung nicht im Inland in angemeffenem Umfang zur gewerblichen

Verwertung gelangte, 2. im öffentlichen Interesse, »mit

8 Jahre nach der Erteilung es fich als notwendig erweist,

die gew«bliche Verwertung ein« Erfindung auch anderen zu ermöglichm, bet Patentinhaber ab« hiezu seine Zu­ stimmung verweigert (sog. Lizenzzwang).""

Endlich kann ohne Anttag eine Aufhebung ob« Be­

schränkung des Patentschutzes erfolgen, wenn eine Erfindung

- PatG. 6§. 8, 9. * PatG. 8. 9. - PatG. 88. 10, 14 ilbs. 1, Rr. 2, 8. 97 PatG. 8. SS. Ges. v. 16. Juni 1879 (RGB. 157) g. 1. «Boll,», o. 6. Dq. 1891

(RGB. 389), SeschO. f. d. «eich«, geeicht §§. 12 ob. 7. 98 PatG. 8. 28. 99 PatG. 8. 10; Labandll, 228 f. 100 Pal«, j. 11; Ladand n, 225 f.

28

Buch VHL DA- Gewerbewesea.

„für das Heer oder für dre Flotte oder sonst tm Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll"; die Ent­

scheidung hierüber

steht

nur

dem Reichskanzler

zu; der

Patmtinhaber ist angemessen zu entschädigen; vermag hier­ über eine gütliche Vereinbarung nicht erzielt zu werden, so entscheiden die Zioilgerichte.101 * * * * * *

IV. Drr Begriff Gewerbe."* 1. DaS Gesetz giebt — nach Ausweis der Motive

mit bestimmter Absicht — eine Definition des Be­ griffs Gewerbe nicht.

Die Gew.-O. zählt nur in

§. 6 eine Reihe von Erwerbsthätigkeiten auf, auf welche

„das gegenwärtige Gesetz" „keine Anwendung" finden foIL108

101 PatG. §. 5 Abs. 2; Labanb II, 226 f. 10* Seydel §§. 1, 2. Landmann24ss.;HänelStR.I,688f., sowie die oben S. I1 angerbene reichhaltige Lttteratur, auch Bücher in Conrads Handwörterb. III, 922 ff.; Laband II, 226, 189*: Seydel, Bavr. StR. V, 656 ff. 168 §. 6 in der ihm durch G. v. 1. Juli 1883 (RGB. 159) gegebenen Fassung lautet: „Das gegenwärtige Gesetz findet keine Anwendung aus die Fischerei, die Errichtung und Berlegung von Apotheken, die Erziehung von Kindern gegen Entgelt, das Unterrichtswesen, die advokatorische und Notariatspraxis, den Gewerbebetrieb der Auswande­ rungsunternehmer u. AuswanderungSagenten, der Versicherungs­

unternehmer und der Eisenbahn­ unternehmungen, die Befugnis zum Halten öffentlicher Fähren und die Rechtsverhältnisse der Schiffsmannschaften auf den Seeschiffen. Auf das Bergwesen, die Ausübung der Heilkunde, den Verkauf von Arzneimitteln, den Vertrieb von Lotterielosen und die Viehzucht findet das gegenwärtige Gesetz nur insoweit Anwendung, als dasselbe aus­ drückliche Bestimmungen darüber enthält. Durch kaiserliche Ver­ ordnung wird bestimmt, welche Apothekerwaren dem freien Ver­ kehr au überlasten sind." Dem­ gemäß hat das preuß. OLG. in seiner Entsch. XII, 348 festgestellt, daß Fischereiinnungen nicht unter die RGew.-O. fallen, f. auch Löning Lerw.-R. 427B.

Prinzipien d. deutsch. Gew.-RechtS u. die RechtSquelle». g. 23. 29

Diese negative Vorschrift ist jedoch für die Begriffsbestimmung

nicht verwertbar,

denn ihre Absicht ist nach Ausweis der

Motive nicht, den Begriff Gewerbe zu begrenzm, son­ dern nur gewiffe Erwerbszweige,

sei eS der Landes-, sei

es der Reichsspezialgesetzgebung vorzubehalten; überdies enthält die Gewerbeordnung doch bezüglich mehrerer in §. 6

genannter Erwerbszweige Vorschriften, wie dies auch in der jetzigm Faffung des Gesetzes zum Ausdruck gebracht ist.104

2.

Für die Bestimmung des Begriffes Gewerbe ist zu­

nächst von Wichtigkeit der Satz: alle Funktionen der Staatsgewalt

als

solcher können

nicht Gewerbe sein.

werbes

ist

seiner

Thätigkeit.

Natur

müssen

sind

jedm Staates ist

kraft

private

sich

begrifflich

aus­

ein für allemal erschöpfend be-

vielmehr wechselnd und wandelbar je nach

Zeit, Ort und Umständen.

Staat

Ge­

eines

eine

Die Funktionm der Staatsgewalt als solcher

lassen allerdings sich nicht stimmen,

nach

begrifflich

Ausübung der Staatsgewalt und

Gewerbebetrieb schließen.

Betrieb

Der

Unwandelbares Merkmal eines

nur die Souveränetät:

was aber

ein

der Souveränetät als Staat in den Kreis

seiner Aufgaben ziehm will, kann sich sehr verschieden be­ stimmen, und die moderne Kulturentwickelung hat vieles in

die Aufgaben des Staates einbezogm, Zeiten vielleicht gar nicht existierte 104 Seydel 7; E. Meier in v. Holtzendorffs RLex. e. v. Gewerbebetrieb; Laband II, 189*. Demgemäß durste auch Seydel für Feststellung des Begriffs in §. 2 nicht aus

was zu anderen

oder wmigstens ganz

§. 6 argumentieren. Über Be­ deutung und Tragweite des §. 6 im allgemeinen und in seinen Einzelvorschriften s. Land mann 6. 62 ff.

30

Buch VIIL

Das Gewerbewesen.

der Privatindustrie überlasten war.

Gin besonders augen­

fälliges Beispiel hiefür bieten Post, Telegraphie, Eisenbahnwesen.106 Dagegen ist die staatliche Anstellung wohl ver­

einbar mit dem Gewerbebegriff und noch nicht entscheidend

dafür, daß ein Betrieb zum Staatszweck gemacht fei.10
erb"). §. 88. 14*

Buch VHL

212

Zentralbehörde die

Das Gaverbewesen.

Übernahme gestattet

(LUVG.

§.

26

Abs. 3, vgl. pr. G. v. 20. Mai 1887 Art. IV, Vy.

Im übrigen ist die Geschäftsführung durch Statut im Rahmen des Gesetzes zu ordnen;86 * * *das Statut ist von der

Genoffmschaftsversammlung zu beschließm, muß über die im Gesetz (§.

17 LUVG.

§§. 19, 22) vorgeschriebenen

Punkte Bestimmungen geben, bedarf endlich der Bestätigung

des Reichsversicherungsamtes, gegen dessen abweisenden Be­ scheid binnen 4

letztmtscheidende

Wochen Rekurs an dm Bundesrat als

Instanz

eröffnet

ist.

Muß die

Geneh-

migung wiederholt versagt werben, so wird das Statut vom Reichsversicherungsamt erlaffm (UVG. §§. 16—20,

LUVG. §. 24, BUVG. §. 20 Abs. 3, SUVG. §§. 24—26). Für jede Berufsgenoffenschaft, bezw. jede Sektion einer

solchm ist sodann ein Schiedsgericht zu bildm (UVG. §§. 46—50, LUVG. §§. 50—54, BUVG. §. 36, SUVG.

§§. 49—56), das als Berufungsinstanz über den Genossenschaftsvorständen (s. oben S. 209, unten S. 224) fungiert.88

Das Schiedsgericht besteht aus einem

ständigm Vorsitzenden, der von Staats wegen aus der Zahl

der unbeteiligten Staatsbeamten ernannt wird, dazu vier Bei-

fitzem, von denen zwei von der Gmoffenschaft, bezw. Sek­ tion, zwei von dm

Arbeitervertretem

derselben

gewählt

werben; zugleich werden in gleicher Form für die sämtlichen

Mitglicker auch Stellvertreter (für die versichertm Seeleute

8 für jedes Mitglied) emannt.

Die Wahlperiode ist vier-

86 Normalstatuten hat das i 1,647 erklärt die Schiedsgerichte Reichsversicherungsamt entwor- als »staatliche Organe'. Rosin fen und veröffentlicht. I, 728 ff. 86 Weyl 537 ff.; G. Meper!

Die Arbeiter»erficherung.

tz. 29.

213

jährig, jedoch so, daß immer nach zwei Jahren die Hälfte der Mitglieder ausscheidet (USB®. §. 47, LUBG. §.51 das Amt ist unentgeltliches Ehrenamt und kann

Abs. 7);

nur aus denselben Gründen abgelehnt werden wie eine Vormundschaft; eventuell kann die Übernahme durch Geld­ strafen bis zu 500 Mark erzwungen werden; die Arbeiter­

vertreter erhalten Entschädigung für den entgangenen Ar­ beitsverdienst ; im Notfälle ist das Schiedsgericht durch die

untere LUBG

Verwaltungsbehörde zu §. 53).

besetzen

(UBG.

§.

48,

Die Entscheidung im Schiedsgericht er­

folgt durch Stimmenmehrheit;87

beschlußfähig ist dasselbe,

wenn außer dem Dorfitzenden eine gleiche Zahl von Arbeit­

gebern und Arbeitem, und zwar von jeder Kategorie min­

destens einer, Mitwirken.

Das Schiedsgericht hat das Recht

der Augmscheinseinnahme und der eidlichen Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen (LUVG. §. 54, UBG.

§.

50).

Die

sämtlichen

Mitglieder

und

Stellvertreter

wurden auf ihr Amt vereidigt (UVG. §. 49). Als höchste Instanz besteht sodann das Reichsver­

sicherungsamt bezw.

ämter.88

die Landesversicherungs­

Das Reichsverficherungsamt hat seinen Sitz in

Berlin und besteht aus mindestens drei ständigen und acht

nichtständigm Mitgliedern; erstere

werdm

auf Vorschlag

des BundeSrateS vom Kaiser für Lebenszeit emannt; von letzteren werden vier vom Bundesrat, zwei von den Ge•’ über das Verfahren Kais. «. o. 5. Aug. 1885 (RGB. 255), u. v. 13. Roo. 1887 (RGB. 523), k'SJ&V

Wörterb. H, 374 ff.; Bödiker m Conrads Handwörterbuch V, 407 ff.; Fuld im Arch. f. öff. R. VI, 85 ff.; Hänel I, 698, 705; Weyl 546 ff.; Laband I, . 88 v. Woedtke in v. Stengels 365; Rosin I, 717 ff.

214

Buch VHL

Das Gewerbewesen.

nossenschaftsvorständen und zwei von den Arbeitervertretem

gewählt für vier Jahre; für die Mitglieder find zugleich Stellvertreter zu wählen (UBG. §. 87, LUVG. §. 95).

Im einzelnen Fall entscheidet das Reichsverficherungsamt in der Regel als Kollegium von 5 Mitgliedern, darunter je ein Vertreter der Genoffenschaftsvorstände und der Ar­

beiter (UBG. §. 90). Dem Reichsversicherungsamt lag zuvörderst die Durchführung der ganzen Organisation des

Verstchemngswesens

nach Maßgabe der Reichsgesetze ob;

dauernd sind diese Funktionen insofern, als Abänderungen

der ursprüglichen Festsetzungen in Betracht kommen, und als

solche der Bestätigung des Reichsverficherungsamtes bedürfen (UVG. §. 20 Abs. 1).

Weiterhin aber ist das Reichs-

versichemngsamt die Aufsichtsbehörde für alle untergeord­

neten Organe (UBG. §§. 87. 88, LUVG. §§. 95—97,

BUVG. §. 45, SUVG. §. 97) und hat als solche ins­

besondere die Befugnis, diesen Organen Dienstinstmktionen zu erteilen, sowie deren Geschäftsführung in jeder Beziehung zu überwachen;

zu letzterem Zweck ist ihm eine Straf­

kompetenz bis 1000 Mark Geldstrafe, insbesondere auch behufs Erfüllung der gesetzlichen und statutarischen Vor­

schriften dmch die Inhaber der Genossenschastsämter (UVG. §. 89), eingeräumt (UVG. §. 88, LUVG. §§. 96, 97, SUVG. §. 99).

Weiter bedürfen gewisse Amtshandlungen

der unterm Organe der Gmehmigung des Reichsversiche­ Femer ist dasselbe Beschwerde- und Rekursinstanz*89 nach Maßgabe zahlreicher spezialgesetzlicher Borrungsamtes.

IV. o. 5. Aug. 1885 (RGB. 225) 89 Über das Verfahren Kais.!», v. 13. Nov. 1887(RGB.523).

tz. 29.

Die Arbeiterversicherung. fünften,

auch

besonders

Eenoffenschaftsämt«, Auslegung

der

Statuten

Pflichten

(UBG.

§.

89).

Reichsverficherungsamt

als Benvaltungsgericht

zustehende

Rechte und

der

Gültigkeit der stattgehabten Wahlen,

Funktionen wird das

solcher

über

215

In

diesen

grundsätzlich

zu betrachten sein und die einem

völlige

Unabhängigkeit

beanspruchen

müffer.; als Verwaltungsbehörde untersteht das Reichsv«»

ficheruigsamt dem Reichskanzler, bezw. dem Reichsamt des Jnnern und hat diesem den allgemeinen verwaltungsrecht­

lichen Dienstgehorsam zu leist«; die „Entscheidungen" de-

Reichsversicherungsamtes aber sind mdgültig, insoweit nicht in einzelnm Fällm Beschwerde an dm BundeSrat zugelaffm

ist.*90

Eine klare und sichere Abgrenzung derjenigen Sphäre,

in der da- Reichsverficherungsamt selbständig ist, von bet* jmigm, in welcher eine verwaltungsrechtliche Unterordnung unter das Reichsamt des Innern stattfindet,

ist noch nicht

gewonnen.

Die Landes»ersicherungSämter (UBG. §§. 92, 93)91 bestehen entweder an Stelle des Reichsverficherungs»

amtes oder neben dem letzteren.

Die Landesversicherungs-

ämter setzm sich zusammm aus drei ständigm und vier

nichtständigm Mitglied«»;

die Bestellung «folgt analog

wie beim Reichsversicherungsamt; ebenso ist das Verfahren das gleiche (UVG. §. 98). rungsamtes

find

An Stelle des Reich-verfiche-

LandeSversicherung-ämter

nur

in Bapern und Sachsen getreten; das Gesetz gewährt

bie

Möglichkeit



Errichtung

von

solch«

zwar

all«

preub- Landesrecht s. Laband 90 Über die Aufgaben d«S II, 239. .............................. -> »» Laband II, 288 ff. ReichSverficherungSamteS nach

216

Buch VIII.

Das Gewerbewesen.

Einzelstaaten für die industriellen Berufsgenoffenschaften tu unbeschränkter Weise, da jedoch die Zuständigkeit eines Landesversicherungsamtes sich nur auf das Gebiet des be­

treffenden Einzelstaates blichen kann, die meiste« Beritfs-

genossenschasten aber vom Bundesrat ohne Mckficht auf hie einzelstaatlichen Greifen organifiert sind, blieb thatsächlich nur für die beiden oben genannten Einzelstaaten die Mög­ lichkeit der Errichtung von Landesversicherungsämtern. Mese haben dieselben gesetzlichen Rechte und Pflichten wie das

Reichsverstcherungsamt. Neben dem Reichsversicherungsamt bestehm Landesvexsichemngsämter für die Bemfsgenoffenschasten der land« und forstwirtschaftlichen Betriebe92 außer in Bayern und

in Sachsen noch in Württemberg, Baden, Mecklenburg-

Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Heffen, Reuß ä. L. Für

diese Betriebe erfolgt die Abgrenzung der Berufsgenosienschasten durch die Einzelstaaten. Bei Streitigkeiten zwischen einer Genoffenschast, die einem Landes-, und einer solchen, die dem Reichsverstcherungs-

amte untersteht, ist stets das letztere zuständig.

Gewiffe

gesetzlich genau bestimmte Funktionen werden in jedem Falle nur vom Reichsverficherungsamte ausgeübt (UVG. §. 92

Ms. 3, LUVG. §. 101 Abs. 2). Sowohl für die Schiedsgerichte wie für die Reichs­ und die Landesversicherungsämter ist hinsichtlich der Besetzung eine Vertretung der Arbeiter (UVG. §§. 41—45,

BUVG. §. 35) vorgeschrieben.

Die Zahl der Arbeiter­

vertreter für jede Genoffenschast bezw. Sektion muß ebenso

92 LUBG. §§. 100, 101.

Die Arbeiterversicherung.

§. 29.

217

groß sein, wie die Zahl der von dm Arbeitgebem gewählten Vorstandsmitglieder (UVG. §. 41 Ws. 2); in ähnlicher Weise wird auch eine Arbeitervertretung für die fiskalischm

Betriebe bestellt. Die Wahl erfolgt nach einem vom Reichs-

versichemngsamt erlassenen Regulativ vom 26. Sept. 1885 93

durch die Vorstände der Orts-, Betriebs- und Jnnungskranken-

kassen, sowie der Knappschaftskassen, die im Bezirke der Ge­ nossenschaft ihrm Sitz haben, für bestimmte Wahlkreise auf 4 Jahre; alle 2 Jahre scheidet die Hälfte der Gewähltm aus;

für jedm Vertreter sind zwei Ersatzmänner zu wählm (UVG.

§. 44).

Für die Seeleute, sowie für die land- und forst-

wirtschaftlichen Arbeiter ist die Wahl der Arbeitervertreter

in anderer Weise normiert (LUVG. §§. 49, 51, 59, 95, SUVG. §§. 48, 51, 52, 97), da für diese Kategorim

keine obligatorische Krankenversicherung besteht.

Wählbar

sind männliche, großjährige, gegen Unfall versicherte Kassenmitglieder, die in Betriebm der Genoffenschast beschäftigt

find, sich im Besitz der bürgerlichm Ehrenrechte und der rechllichm Dispositionsfähigkeit über ihr Vermögm befindm

(UVG. §. 42; LUVG. §. 49 Ws. 2). Die Arbeitervertreter wählen die Beisitzer der Schiedsgerichte, ferner die nicht-

ständigm Mitglieder des Reichsversicherungsamtes (UVG.

§. 41).94 Den Organen der Reichsunfallversichemng ist gesetzlich

die Rechtshilfe aller Behördm gesichert; auch ohne Requisition

waltung vom 31. März 1886 ” Dazu für ben Bereich der; (CB. 76). preuß. Heeresverwaltung vom' 94 Über ihre Teilnahme am 23. Ott. 1885 (CB. 505), der! Erlaß der UnsallverhütungsvorReichspost- und Telegraphenver-! schritten s. unten.

Buch VTIL

218

Da- Gewerbewesen.

haben alle Behörden die Pflicht, jenen Organen alle wichtig erscheinenden Mitteilungen zu machen,

ebenso

die Ber-

ficherungsorgane unter sich (US®. §. 101, LUV®. §. 121, s. auch die Spezialvorschrift SUVG. §. 66). IV. Den Anspruch aufdie gesetzlich geregelte Uns allfurforgt95 haben die in den verschiedenen Ber-

sicherungsgesetzen aufgeführten Arbeiterkategorien (f. oben

S. 184 f.)." Der gesetzlich

gesicherte Anspruch

geht

im Falle der

Verletzung durch einen Betriebsunfall9* auf Ersatz der

Kosten

des Heilverfahrens

vom

Beginn der 14.

Woche99 96 97 ab98und auf eine Leibrente für die Zeit der Erwerbsunfähigkeit, die Unfallrente (UVG. §. 5), im

Falle des Todes auf Ersatz der Beerdigungskosten 96 Über Tod und Körperver­ letzung Ro si n I, 290 f., 305 ff.; über Erwerbsunfähigkeit 329 ff. 96 Für Seeleute s. dazu noch die im SUBG. §. 3 vorgesehenen Erweiterungen. 97 Der Begriff „Betriebsun­ fall" ist in der Litteratur und Rechtsprechung schon vielsach erörtert: vgl. Rosin I, 273 ff., derselbe im Arch. f. öff. Recht III, 291 ff.;_Piloty I, 185 ff.; Seydel V, 336 f.; Mandry 432 ff., sowie mehr­ fache Entsch. d. Reichsgerichts. Über die Anzeigepflicht der Or­ gane der Krankenversicherung s. KrVG. §. 76 b, c, d. 98 Bis zu diesem Zeitpunkt liegt die Fürsorge den Kranken­ kaffen ob, s. oben S. 199. Über die weittragende praktische Be­

deutung dieser Vorschrift s. die Bemerkung bei Bornhak HI, 465a. Auch nach der 13. Woche kann das Heilverfahren ber Krankenkasse durch die Berufs­ genoffenschaft überlassen werden. UVG. §. 5 Abs. 8, KrVG. §. 76c — ebenso SUBG. §. 11 — be­ stimmt andererseits, daß bei Un­ fällen das Heilverfahren sofort von der Berussgenoffenschast übernommen werden kann. Für die nicht unter das KrVG. fallenden Personen hat für die ersten 13 Wochen der Betriebs­ unternehmer die durch das KrVG. vorgeschriebenen Leistungen zu machen, UVG. §. 5 Abs. 16. Bei land-und forstwirtschaftlichen Ar­ beitern die Gemeinde, LUVG.tz.10, ebenso bei Bauarbeitern u. See» leuten «UVG. §. 7, SUBG.tz. 10.

Die Arbeiterversich erung. §. A. und

auf eine den Hinterbliebenen zu

219

b^ahlende Unfall-

Rente (UBG. §. 6, ebenso SUVG. §§. 9, 10, LUVG.

§§. 6, 7).99

Die erstgenannte Rente

beträgt bei völliger

Erwerbsunfähigkeit 66 % des Arbeitsverdienstes des letzten

Arbeitsjahres (f. über die Berechnung UVG. §. 3, vb. §. 5, Abs. 2-4, LUVG. §. 3, vb. §. 6 Abs. 2—4, SUVG. §. 6), bei teilweiser Erwerbsunfähigkeit einen besonders zu

berechnenden Bruchteil dieses Betrages;

die Leibrente der

Hinterbliebenm beträgt für die Witwe bis zum Tode oder der Wiederverheiratung 20 %;

heiratung

im Falle der Wiederver-

erhält die Witwe dm

einfachm Betrag ihrer

Jahresrmte als Abfindung; für jedes Hinterbliebene vater­ lose Kind bis zum vollendetm 15. Lebmsjahre bei Lebzeitm der Mutter 15 °/o, nach dem Tode 20% des oben bezeichneten

Arbeitsverdienstes, jedoch nie mehr als 60% desselben; für

Asemdentm,

insofern

der Höchstbetrag der

Rmte nicht

schon von der Witwe und dm Kindem beanspmcht wird,

20% des Arbeitsverdienstes für die Zeit bis zum Tode oder Wegfall der Bedürftigkeit,

falls der Vemnglückte der

einzige Emährer dieser Ascmdmtm war. forstwirtschaftliche

Arbeiter, die

Für land- und

ihren Lohn herkömmlich

ganz oder zum Teil in Naturalleistungen bekommm, kann

durch Statut bestimmt werdm, daß die Rente gleichfalls nach Verhältnis in dieser Form

geleistet werde

§. 9). Bei Seeleuten ist der Anspruch Todesfall auch dann begründet,

(LUVG.

auf die Rente für

wmn das Schiff unter«

gegangen oder verschollen und seitdem ein Jahr verflosim ist (SUVG. §. 14).

Für Beerdigungskosten wird das

99 Weyl 358 ff.; Rosin I, 846 ff.

Buch VIII. Da» Oewertewefen.

220

Zwanzigfache des täglichen Arbeitsverdienstes, bei land- und forstwirtschastlichm

Arbeitern

’ t»

des

Jahresarbeitsver­

dienstes, jedoch mindestens 30 Mark vergütet, bei Seeleuten in der Regel 2 a des Monatsverdienstes

Ist Unterstützung von anderer Seite,

(SUVG. §. 13).

nämlich von Hilfs­

oder Unterstützungskaffen, Gemeinden- oder Armenverbänden,

geleistet wordm — die bestehenden Verpflichtungen dieser Art werden vom Gesetz nicht berührt —, so geht der gesetz­

liche Unfallversorgungsanspruch für die Höhe der geleisteten

Unterstützung §. 8,

SUVG.

gesetzlich

auf jene Kaffen oder Verbände über (UBG. §.

15).

Durch Privatverträge

gesicherte Anspruch nicht

sicherten verändert werden (UVG. §. 99). durch

den Verletzten vorsätzlich

kann

der

zu Ungunsten der Ver­

Ist der Unfall

herbeigeführt,

so

entsteht

kein Anspruch aus dem Gesetz (UVG. §. 5 Abs. 7, LUVG.

§. 5, SUVG. §. 7 Abs. 2).

V. Die großen finanziellen Leistungen, welche durch diese gesetzlichen Vorschriften geschaffen sind, werden in erster Linie

durch Beiträg e100 * * * ber Mitglieder der Berufsgenoffenschaft (UBG. §. 10) bewirft, welche nach Abschluß des Rechnungs­

jahres

gemäß der

von

der Postverwaltung

aufgestellten

Liquidation auf die Mitglieder nach Maßgabe der geleisteten

Entschädigungen umgelegt werden (§§. 71—74)101;

dabei

ist zugleich für die Deckung der Verwaltungskostm Fürsorge zu treffen und gemäß ausdrücklicher Vorschrift des Gesetzes

'°«Weyl419ff.; Rosin I,: 8§. 71, 72; gegen die Fest551 ff., sehr eingehend über die' stellung kann Widerspruch beim verschiedenen Systeme der Be-. Vorstand und weiterhin Bedarssfeststellung. schwerde beim Reichsverfich«. 101 Über das sehr komplizierte. rungsamt erhoben werden §. 73. Berechnungssystem s. UBG. |

Die Arbeiten,erficherung.

§. 29.

221

(§. 18) ein Reservefonds zu bilden; für letzteren Zweck werdm Zuschläge von 300 Prozent

abwärts zu den Ent.

schädigungsbeiträgen für die Dauer von 11 Jahrm erhoben

bis der Reservefonds die Höhe

und die Zinsen zugerechnet,

des doppelten Jahresbedarfs der Genoffenschaft erreicht hat; der Reservefonds darf nur in dringenden Fällen

mit Ge­

nehmigung des Reichsversichcrungsamtes angegriffen werden; die Ergänzung hat nach den Anordnungen derselben Behörde

stattzufinden. Für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe

hängt die Bildung des Reservefonds von landesgesetzlicher

oder

statutarischer

Bestimmung

ab

(LUBG. §.

17).104

Für die Umlegung und Einzahlung der Beiträge ist in erster Linie der Landesgesetzgebung die Befugnis der Aufstellung

von Rechtssätzen überlaffen; für die meisten Kategorien der zu versichernden Arbeiter gilt das Reichsrecht nur subfidiär. Nach diesem subsidiär geltmden Reichsrecht werden für die

industriellen Betriebe Gefahrenklassen aufgestellt und ein Gefahrentarif normiert,108 demgemäß die Beiträge nach bestimmten Normativvorschriften des Gesetzes in Prozent­

sätzen der den

Arbeitern

zu bezahlendm Löhne erhoben;

der Tarif bedarf der Genehmigung des Reichsverficherungs-

amtes und ist eventuell von diesem selbst aufzustellen;

der­

selbe ist in bestimmten Fristen — erstmalig nach zwei, dann

immer nach 5 Jahren — zu revidierm. Nach den gleichen

Grundsätzen erfolgt die Beitragsleistung für die Bersicherung *•» S. auch BUBG.8.13 für die Tiefbauberufsgenoffenschaft, 8. 17 Abs. 2 für di« BersicherungSanstalten; ©U$®. §. 19 für die Seeberufsgenoffenschaft. lW Sehr eingehende Vor­

schriften über Grfabrenklaffen und Gefahrentarif ULG. §• 28, analog LUBG. 8.35 ff., SUVA. §§. 35—88 (die Bildung von Gefahrenklaffen hängt vom Sta­ tut ab).

Buch VUL $e» Gewerbooesm.

922

der Seeleute104,* ebenso

für die land- und forstwirtschaft­

lichen Arbeiter,106 jedoch mit der Maßgabe, daß hier nicht di« wirklich gezahlten Löhne oder Gehälter —

der

Betriebsbeamten —,

Arbeitstagen

legt wird,

sondern

für die einzelnen

daß

eine

außer die

Abschätzung

Betriebe zu

nach

Grund«

die Einteilung in Gefahrenklaffen

ge­

unter­

bleiben darf,1M und daß das ganze Verficherungssystem mit der Staats-

oder Kommunalbesteuerung

verbunden werden

darf107 (Erhebung der Beiträge durch die Gemeindebehörde, Form der Zuschläge

zu

und Kommunalsteuern,

Staats-

Haftung der Gemeinde für Ausfälle).

ist das

Grundsätzlich anders

reichsrechtlich geordnete Verfahren

der Versicherungsbeiträge nach dem

für Feststellung

G. v. 11. Juli 1887

für Bauarbeiter der Tiefbauberufsgenoflenschast, das sog. Kapitaldeckungssystem, wonach die im Laufe eines Jahres zu bezahlenden Renten in Kapital zu berechnen und darnach

die Beiträge

in

vierteljährlichen Raten, zunächst

vorschußweise mit Zuschlägen für dm Reservefonds, zu er­

heb« find;108 wieder anders ist die Beitragspflicht geordnet

für die bei „Versicherungsanstalten" versichertm Bauarbeiter, indem hier feste, im voraus bemeffme Prämim nach Maß­ gabe eines erhoben

gesetzlich

werdm

reguliertm

(BUVG.

§§.

104 SUVG. §§. 18, 79 ff.; über Zuschläge und Nachlässe für einzelne Unternehmer z. 39, einzelne Reisen §§. 40, 41. «• «US®. §§. 36, 80-82, anders jedoch für Betriebs­ beamte, &. 78, 79. 104 LUS®. §. 35 Abf. 6, ®e-

Prämientarifes788 21, 22—29);

für Bau-

nehmigung des ReichsverficherunaSamtes erforderlich. LUS®. §§. 15, 16, 33, 76-83. > Reichskanzlers treten für Bayern und Württemberg die zuständigen 88 TelG. §• 6. Ministerien. 88 PG. §. 15.

Buch IX.

264 III.

1;

Das Verkehrswesen.

Das Post- und Telegraphengeheimnis. 84

Der gesamte

Betrieb der Post-

und Telegraphen­

verwaltung ist, da „Post und Telegraphie nicht Privat­ unternehmungen des Fiskus, sondern Zweige des öffentlichen Staatsdienstes

stirb"

(Laband), beherrscht vom Prinzip

des strengsten Amtsgeheimnisses:

„das Briefgesetz ist

unverletzlich."^ Das Briefgeheimnis in diesem Sinne besteht nicht allein für den Umfang des monopolisierten,

sondern des gesamten Postgeschäftes, also auch für offene Sendungen und Zeitungsabonnements. Die Beamten66 64 *

find demgemäß verpflichtet, keinerlei Mitteilung an dritte

Personen weder über den Inhalt noch über die Thatsache,67 * ja selbst über die Adresse von Postsendungen und Tele­ grammen zu machen, ob

sich um

Das Postgeheimniß ist, soweit es

„unbefugte Eröffnung oder Unterdrückung" von

Briefen oder Paketen handelt, strafrechtlich,69 im übrigen disziplinarisch gesichert.70 64 S. die Erörterungen bei Lab andII,56ff.;v.Sch warze: Die Beschlagnahme von Briefen und Telegrammen in seinen Er­ örterungen aus dem Strafprozeß­ recht H. 2 S. ICO ff.; Wieding s. v. Briefgeheimnis in v. Holtzendorffs RLex.; Sydow in Stengels Wörterbuch d. BerwR. I, 245 ff.; G. Meyer I, 580; Löning 606. 66 PG. §. 5, ebenso TelG. §. 8, TelO. §♦ 2; über Eröff­ nung unbestellbarer Sendungen, vgl. noch PO. §. 46. 66 Über den Umfang dieses Begriffes s. oben Bd. I, S. 314.

Vgl. dazu auch RStGB. §. 355; Laband H, 57 f. 67 Im TelG. §. 8 ist aus­ drücklich ausgesprochen, daß das Amtsgeheimnis sich auch daraus erstreckt, „ob und zwischen wel­ chen Personen telegraphische Mit­ teilungen stattgefunden haben". 68 Dambach 38 ff.; v. Schwarze 103; Laband II, 57. Eine andere Ansicht hat aufqestellt Löwe, Kommentar z. StPO. 313. 69 RStGB. §§. 354, 355; Dambach im Gerichtssaal XXIII, 283; v. S ch w a rz e 103. 70 Laband II, 60.

Das Post- und Telegraphenwesen. 2.

g. 30.

265

Eine Abweichung vom Prinzip des Postgeheimnisses

ist nur im Interesse der Rechtspflege und nur nach Maßgabe

der vorhandenen positiven Gesetzesbestimmungm gestattet. Diese sind: a) Bei strafrechtlichen Untersuchungen könnm

die an den Beschuldigten gerichteten Briefe,

und Postsendungen auf der Post

Telegramme

beschlagnahmt

werden;

ebenso Briefe und Sendungen, aus welchen zu schließen ist, daß sie vom Beschuldigten herrühren oder für ihn bestimmt

find, und daß ihr Inhalt für die Untersuchung Bedeutung habe; die Beschlagnahme darf fich aber immer nur auf eine

einzelne

Postsendung

beziehen.''

Eine derarttge

Be­

schlagnahme auf dem Gebiete des Sttafrechtes muß durch

richterliches

habm jedoch

Urteil

verfügt

»erben;

die

Staatsanwälte

gleichfalls das Beschlagnahmerecht unter fol­

genden Voraussetzungen:

1. wenn Gefahr auf Verzug ob­

waltet; 2. wenn es sich um eine Untersuchung wegen Ver­ brechens oder wegen Dergehms handelt. anwalt

Die vom Staats­

beschlagnahmten Gegenstände sind uneröffnet dem

Richter in Vorlage zu bringen, und die staatsanwaltschaftliche Beschlagnahme tritt ipso jure außer Kraft, wenn sie

nicht binnen 3 Tagen vom Richter bestätigt wird. beteiligten Personen (Adressat und Absender) sind,

Die

sobald

der Untersuchungszweck dies gestattet, entsprechend zu unter­ richten'^ und die Sachen baldmöglichst herauszugeben.

b) In Konkurssachen können auf Anordnung des Kon­ kursgerichtes „alle

für

ben Gemeinschuldner

eingehenden

11 v. Schwarze 112 f., vgl. Dochow, Strafprozeh 136f.; v. aber auch 116. Schwarze 108. '« StPO. §§. 99—101;

Buch IX. Das Verkehrswesen.

266 Sendungen,

Briefe, Depeschen" beschlagnahmt werden und

sind dann dem Masseverwalter auszuhändigen; der Gemein­ schuldner kann

beim Gericht Aufhebung

beantragen, auch Einsicht in die,

dieser Verfügung

eventuell Herausgabe der

beschlagnahmten Sachen fordern, wenn ihr Inhalt nicht die Masse betrifft.7*

Der Post steht eine materielle Kognition über die gericht­

liche oder staatsanwaltschaftliche Requisition nicht zu." c) Für

die Sphäre

des Zivilprozefles

sind

reichs-

gesetzliche Vorschriften, welche eine Durchbrechung des Post-

geheimniffes gestatten, nicht vorhanden;75 eine zwangsweise Einwirkung der Gläubiger auf Postsendungen des Schuldner­

ist

immer nur möglich nach

selben;7*

somit

erfolgter Aushändigung

der­

liegt hier eine Durchbrechung des Post-

geheimnisies niemals vor.

Die Bezugnahme von PG. §. 5

und TelG. §. 8, auf „zivilprozessualische Fälle"

ist dem­

nach bei der dermaligen Gesetzgebung gegenstandslos. Ungerechtfertigte Beschlagnahme seitens eines Post- oder

Telegraphenbeamten

kann einen strafrechllichen Thatbestand

nach Maßgabe von RStGB. §. 354 konstituieren und konsti­

tuiert in jedem Falle einen disziplinarisch zu ahndenden That­ bestand ; außerdem kann möglicherweise auch eine zivilrecht-

liche Haftung für den schuldigen Beamten begründet sein.77 3.

Soweit das Briefgeheimnis reicht, dürfen die dazu

verpflichteten Beamten auch nicht über amtliche Dinge Zeugnis geben, und die vorgesetzte Behörde ist nicht berechtigt, die

'* KonkO. §. 111. 74 Laband II, 59. 76 Vgl. Laband II, 59 f.

76 ZPO. §. 712; Dambach

77 Vgl. oben Bd. I,326f.; ®. Meyer I, 580 f.

Das Post» und Telegraphenwesen, g. 30.

267

Beamten zum Zweck der Zeugenschast vom Amtsgeheimnis zu entbinden.

Eine Abweichuug vom Postgeheimnis ist nur

nach Maßgabe der obigen gesetzlichen Vorschriften gestattet; diese Vorschriften find

ausschließend

und

die allgemeinen

Bestimmungen über die Zeugnispflicht der Beamten78 dem­ gemäß hier nicht anwendbar.

Di« Privilegien der Post.

IV. 1.

Die Sicherheit des Post-

und Telegraphendienstes

ist durch mehrere Bestimmungen des Strafgesetzbuches in

besonders

ist

ausgezeichneter

die Unterdrückung,

Weise

geschützt;78

Borenthaltung,

insbesondere

abfichtliche rechts­

widrige Vernichtung einer Sendung oder Depesche,

ebmso

die Verfälschung einer Depesche mit Strafe bedroht.

2.

Das wichtigste Privilegium der Post besteht im Mo­

nopol, s. darüber oben I. 3.

Die Post hat eine Reihe von Privilegien an öffent­

lichen Wegen: a) Chauffeegelder und andere Kommunikationsabgaben

auf öffentlichen Wegen (Wege-, Brücken-, Damm-, Pflaster»,

Prahm-, Fährgelder) dürfen nicht erhobm werden von den ordmtlichen —

Posten und

für Extraposten find

fie zu entrichten —

deren Beiwagen, Kurieren,

ledigen Postfuhr­

werken und Pferden auf dem Rückweg, Briefträgem, Post­ boten, Personenfuhrwerken von Privatm, welche als Ersatz

für

die

Post verwendet

werdm.

Unter diese Vorschrift

fallm sowohl die vom Staat als die von Gemeinden, Korps-

78 ZPO. 341, StPO. 8- 53. 78 »StGB. 88- 243 , 817, gl. A. Dambach 45. Sehr 318, 354, 355; Laband II, 61, gut Laband II, 58. 108.

Buch DL

268

DaS Verkehrswesen.

rationen oder Privaten erhobenen Abgabm der bezeichneten Art, bei letzteren drei Kategorieen jedoch „unbeschadet wohl­

erworbener Rechte".88 b) Zur Herstellung von Telegraphenleitungen muß das

erforderliche Straßenterrain

immer unentgeltlich

überlassen

und überhaupt von der Straßenbauverwaltung auf das Te­ legraphenwesen stets besondere Rücksicht genommen werden.80 81 c) Wenn die gewöhnlichen Wege gar nicht oder schwer

passierbar sind, darf die Post82 auch Neben- und Feldwege, benutzen, jedoch

sowie ungehegte Äcker und Wiesen

gegen

Entschädigung an die Eigentümer.88

und Verhaftung

d) Pfändung

von Postbeamten bezw.

Postinventar im Dienst ist unzulässig,"

insbesondere auch

im Falle sub c).

e) Alle Gefährte müssen auf gegebenes Signal der Post

sofort ausweichen; befördern,

Thore,

Fährleute müssen die Post unverzüglich Brücken,

schleunigst geöffnet werden,

4.

Elektrische Anlagen

Störung

durch

spätere

Sanieren vom

Wachpersonal

bei Strafe von 1—30 Mk.88

sind

Anlagen

in

ihrem

oder

Betrieb

Abänderung

gegen

von

solchen dadurch geschützt, daß auf Kosten des Unternehmers der

letzteren

die Anlage

nach Möglichkeit

werden muß, daß sie nicht störend einwirkt.

80 PG. §. 16. 81 V. d. BR. v. 25. Juni 1869 (nicht publiziert). Laband II, 73. Weitergehende als die bisher bestehenden Ansprüche auf die Verfügung über fremden Grund und Boden, insbesondere über öffentliche Wege und

so

ausgeführt

Streitigkeiten

Straßen, sind durch TelG. §. 14 ausdrücklich ausgeschloffen. 82 Unzweifelhaft bezieht sich die Absicht des Gesetzaebers auch auf Briefträger, vgl. Dambach 115. 88 PG. §. 17. PG. §. 18, vgl. Dambach 116 f. 86 PG. §§. 19, 23.

g. 30.

Das Post- und Telegraphenwesen,

269

hierüber gehören vor die ordentlichen Gerichte im beschleu­ nigten Verfahren, 88

Bon besonderer Wichtigkeit sind die Privilegien der

5.

Post bezüglich der Eisenbahnen.87 84 * *Dieselben sind unter Auf­

hebung des ursprünglichen Art. 4 des PG. in einem Spezial­

gesetz von

zusammengefaßt,

welchem bezüglich der Eisenbahnen

„untergeordneter Bedeutung"

bahnen)

besondere,

eine

(Neben-

die Art. 2,

3,

Straßen­

und

des Gesetzes

4

wesentlich modifizierende Verordnung des Reichskanzlers auf

Grund von Art. 9 des EisPG. an die Seite tritt

(s. die

näheren Angaben oben S. 243 f.). Die Erreichung des Staatszweckes,

bienen

hat,

die Post zu

dem

geradezu bedingt von der möglichst unein­

ist

geschränkten Benutzung der Eisenbahn durch die Post. gesetzgeberische

Ordnung

Schwierigkeit da,

wo

dieses

Punktes

die Eisenbahnen

Staates konzentriert sind.88

bietet

Die

keinerlei

der Hand des

in

Der für die Post in Betracht

kommende Gesichtspunkt ist jedoch so zwingender Natur, daß

der Staat kraft

seiner Souveränetät auch die

eigentum stehenden Eisenbahnen notwendig behandeln

muß,

wie

in Privat-

ebenso rechtlich

die Staatseisenbahnen.

Demgemäß

macht auch unsere deutsche Gesetzgebung bei Feststellung der Verpflichtungen

dienstes

der

Eisenbahnen

einen Unterschied

zu

Zwecken

zwischen Staats-

des

Post­

und Privat-

bahnen nur insofern, als zwar für Privateisenbahnen die

Vorschriften der Konzessionsurkunden in erster Linie maß-

84 TelG. §§. 12, 13, verb. Holtzendorffs RLex. 1,670. Über ZPO. §§. 198, 201. 202—204. die Borgeschichte dieses Privilegs GBG. §. 202; LabandU, 75.'s. G. Meyer I, 594; Labanb 87 Bgl. E. Meier s. v. II, 67ff. Eisenbahngesetzgebung in von! 88 EisPG. Art. 12 Abs. 2.

Buch EX.

270

®«8 Verkehrswesen.

gebend Bleiben, die Eismbahngesellschasten jedoch an deren

Stelle die durch das Gesetz bestimmten Leistungen zu über­

nehmen berechtigt sink89 Das Prinzip des gegenseitigen Verhältnisses von Post «nd Eisenbahnen drückt die Vollz. D. z. Eisenb. PG. zutref­

fend folgendermaßen aus: „Die Beamten der beiderseitig« sind

Verwaltungen

verpflichtet,

bei

Wahrnehmung

ihres

Dienstes dergestalt Hand in Hand zu gehen, daß das Interesse

beider Verwaltung« nach

Möglichkeit gefördert,

Nachteil

für die eine oder andere Verwaltung aber vermieden wird.

Soweit solches mit d« Jntereffen der eigenen Verwaltung verträglich erscheint, müffm die Beamt« in all« Vorkomm-

nisien des Dienstes dm Wünsch« der Beamt« der ander«

Verwaltung willfährig sich beweis«." 90 Die einzeln« Verpflichtung« sind: a) Die Eisenbahnen sind gehakt«, ihr« Betriebsdienst,

soweit Natur und Erfordemiffe desselbm dies gestatten, so

einzurichten, daß er bm Bedürfnissen des Postdienstes so viel

als notwendig

mtspricht,

insbesondere bei Feststellung der

Fahrpläne und Postanschlüffe.9'

b)

Die

Zeitungen

Eisenbahnen mit allen

zu befördern.

brauch«

sind

gehakt«,

Zügen

Briefe

und

ohne Ausnahme

Andere als Brief- und Zeitungssmdungm

bei Zügm,

„berat Fahrzeit besonders kurz

be-

meffm ist", nicht mitgmommm zu werd«, „wenn dies von

der Eismbahn-Aufsichtsbehörde zur Wahrung der pünktlich« und sicherm Beförderung der betreffmdm Züge für notwmdig erachtet wird, und andere zur Mitnahme der Päckereim ge-

89 EisPG. Art. 11. 99 Voll,«. Vin Z. 1.

I »' EisPG. Art. 1 | »oll,«. I.

«bs. 1,

271

§. 90.

Das Post- und Telegraphenwesen.

eignete Züge auf der betreffenden Bahn eingerichtet ftnb",88 sondern sind nach Anordnung der Eisenbahnaufsichtsbehörd«

auf die übrigen Züge

entsprechend

verteilen.88

zu

Be­

sondere Eisenbahnzüge für Postzwecke können nicht verlangt,

aber bei jedem Eisenbahnzug muß die Einstellung eines besonderm Wagens für dm Postdimst gestattet,88 die Ein­

stellung mehrerer Postwagm dagegm kann nur auf Grund vorheriger rechtzeitiger Anmeldung gefordert werden.95

c) Briefe,

Zeitungen, Gelder, ungemünztes Gold und

Silber, Juwelm, Pretiosm ohne Unterschied des Gewichte-, Pakete

im Einzelgewicht bis zu 10 kg,

Beamten

und

Gerätschaften



auch

dazu die nötigen bei

Rückkehr

vom

Dimst — müssen von den Eismbahnm immer unentgeltlich

Für alle übrigen Smdungm

befördert roerben.96

ist dm

Eismbahnm eine Vergütung zu gewährm, welche „nach der Gesamtmmge der auf der

betreffmdm Eismbahn sich be-

wegmdm zahlungspflichtigm Poststücke für dm Achskilometer" zu

berechnm

ist;97

die Vergütung ist auch dann zu be-

zahlm, wmn die Smdungm im Postwagm befördert werdm;

die Regeln, nach welchm die Berechnung zu erfolgen

hat, sind

auf dem Berordnungswege genau festgestellt und

von dem Prinzip

beherrscht,

daß

keine

der bethen Ver­

waltungen auf Kosten der anderm Gewinn erzielm soll.88

88 Dazu noch besondere Borschristen in EisPS. Art. 3, 4 u. 5. 88 EisPS. Art. 2 tos. 8. »oll,», n—v. - EisPS. tot 2, 6. Über dessen Stellung im Zuge BetrO. 8. 84, 4. Über Sonderzüge EisPG. tot. 1 tos. 2. * EisPS. tot. S.

- EisPG. Art 2. tos. 1. 87 EisPG. Art. 2 tos. 2, tot S tos. 3. 88 EisPG. Art. 2 tos. 2. Dazu Lollz». Ul Z. 2, IV Z. 2, Vlll Z. 7; ll Z. 4 ist abgeändert durch ». v. 9. Mai 1878 (6»L 262), ferner UI Z. 2 durch 8. v. 24. Dez. 1881 (CM. 1882 S. 4).

Buch IX.

272 d) Bei

neuen

DaS Verkehrswesen.

Eisenbahnhochbauten,

und Erweiterungsbautm ist

wohnungen

für

bei Unr­

zu nehmen, derselben ins­

verwaltung möglichste Rücksicht besondere auch

ebenso

auf die Bedürfnisse der Post­

die erforderlichen Diensträume und Dienst­

Beamte

zu

unkündbarer

Miete

zu

ge­

währen. 99

e) Die Eisenbahnen müssen auf ihrem Terrain immer die Errichtung staatlicher Telegraphenleitungen unentgeltlich

gestatten; als Äquivalent ist denselben andrerseits die unentgeltliche Benutzung der Staatstelegraphen gestattet;

ferner

müssen sie bei Störung der Staatstelegraphen ihre Betriebs-

telegraphen zum Staatsdienst unentgeltlich aushilfsweise zur Verfügung stellen.

Telegraphenbeamte

und

Telegraphen­

arbeiter müssen immer zur Betretung des Eifmbahnterrains zugelaflen, Telegraphenmaterialien

zu

ermäßigten Fracht­

sätzen befördert, Telegraphenleitungen erforderlichen Falls von

der Eisenbahnverwaltung ausgebessert werden.100 Die Verpflichtungen der Eisenbahnen sind im einzelnen

Falle nach

Maßgabe von Gesetz

und

Verordnung

durch

gütliches Einvernehmen der beiderseitigen Verwaltungm fest­

zustellen. 101

Streitigkeiten entscheidet in erster Instanz die

Landeseisenbahnaufsichtsbehörde,

gegm deren Entscheidung

Rekurs an den Bundesrat gestattet ist, welcher nach Anhörung der Reichspostverwaltung und des Reichseisenbahn­

amtes definitiv entscheidet; Provokation auf richterliche Ent­ scheidung ist demnach prinzipiell ausgeschlossen."9

99 EisPG. Art. 7. VollzV. VI. 109 B. d. BR. v. 21. Dez. 1868 (nicht publiziert), Laband n, 78 f.

101 VollzV. VI Z. 1. 109 EisPG. Art. 1 Abs. 3.

DaS Post» und Telegraphenwesen.

§. 30.

273

6. Personengeld, Porto und andere Postgebühren werdm gemäß ihrer öffentlich-rechtlichen Natur nach Maßgabe der

für die öffentlichen Abgabm des Staates geltenden Bor­

schriften zwangsweise vom Absender eingetrieben; ist jedoch befugt, hiegegen den Rechtsweg

letzterer

bei dm Zivil-

gerichtm zu beschreitm.108

7. Auf dem Wege des Arrestes oder der Exekution kann Postinvmtar nicht beschlagnahmt werden, wohl aber kann

solches

unter Umständm Bestandteil

einer Konkursmasse

sein.104

8. Die vorschriftsmäßigen Postdimstpferde find frei von Spanndimstm für Staats- und Kommunalzwecke, sowie auch von der zwangsweism Aushebung im Kriege.106

Ferner

find die Posthalter frei von der militärischm Vorspann­

leistung und Fouragelieferung im Friedm.104 9. Trifft die Post unterwegs ein Unfall, so find die Anwohner der Straße zu schlmnigster Hilfeleistung bei Strafe verpflichtet und tonnen hiezu eventuell durch die Ortspolizei-

behörde zwangsweise angehaltm werdm; fiir geleistete Hilfe ist vollständige Entschädigung zu gewähren.107

108 PG. §. 25. Dazu Dam bach 125ff.; Lüning 602: .trotz der privatrechtlichen Natur der Änderung", ebenso G. Meyer 593; Mandry 421 u. andere mehr. *“ PG. §. 20. ÄontD. §. 1 «bs. 3. '* PG. §. 22. «riegSleistG. v. 23. Juni 1873 §. 25 Z. 4. 1W RaturalleistG. v. 13. Febr. 1873 68. 3, 5. >•’ PG. §. 21 (f. auch die Aorn, Staat-recht II. 2. Sufi.

analoge Borschrift StrandO. v. 17. Mai 1874 §. 9). Eine Strafan­ drohung enthält das Postgesetz nicht. Das Verhältnis zu RStGB. §. 360 Nr. 10 ist nicht ganzweifelsfrei. Die meisten Schrift­ steller erklären diese Strafvorschrift für anwendbar; Voraus­ setzung der Strafe ist aber dann: 1. Aufforderung durch ein Pottzeiorgan, 2. Nrchtbefolgung der Aufforderung, »obgleich er der Aufforderung ohne erhebliche

274

Buch DL

DaS Verkehrswesen.

V. Das Rechtsverhältnis gegenüber dem Publikurn.*98 A. Durch die Benutzung der staatlichen Post- und Telegraphenanstalten seitens des Publikums wird im einzelnen Fall zwischen der Staatsanstalt und dem dieselbe Benutzenden eine Obligation des öffentlichen Rechtes begründet, welche nach beiden Richtungen Rechte wie Pflichten hervorbringt, deren Subsumtion unter privatrechtliche Kategorieen, sei es des Frachtgeschäftes, sei es der locatio conductio operis, jedoch als prinzipiell unstatthaft erachtet werden mufc;109 das Privatrecht vermag für Verhältniffe des öffentlichen Rechtes Analogieen zu bieten, nicht aber dürfen solche Verhält­ niffe einfach in die Schablonen des Privatrechtes eingezwängt werden. Ein Vertrag, der auf Verlangen des einen Teiles vom anderen geschlossen werden muß; ein Vertrag, dessen Inhalt nicht frei vereinbart wird, sondern gesetzlich feststeht, ein Vertrag, bei dessen Abschluß die Dis­ eigene Gefahr genügen konnte", s. Lüning 602\ 258: Laband II, 74; Dambach 120f. 108 Laband II, 77 ff. faßt das Rechtsverhältnis ganz privat­ rechtlich, muß aber doch aner­ kennen: „Faßt man die einzelnen von den Postämtern geschlossenen Geschäfte in das Auge, so kehrt sich allerdings der Grundsatz des Privatrechts, daß die Parteien beim Abschluß von vermögens­ rechtlichen Verträgen volle Dis­ positionsfreiheit haben, soweit nicht ausnahmsweise ein Rechts­ satz zum jus cogens erklärt ist, in das Gegenteil um."

Ebenso ist die Erörterung von Man dry §. 47 ganz privat­ rechtlich, ebenso G. Meyer I, §. 177, dort auch Angaben über die reiche Litteratur S. 581x, die zur Zeit noch von privat­ rechtlichen Gesichtspunkten be­ herrscht ist. Grundsätzlich an­ ders: O.Mayer, Französisches VerwR. 323 ff.; Schott in Endemanns Handb. d. Handels­ rechts III, 539 ff. ; s. dazu die Kritik von Laband II, 77 ff. 109 Mehrere Schriftsteller ge­ brauchen als technischen Aus­ druck die Bezeichnung ^Posttransportvertrag". So Dambach 4.

DaS Post- und Telegraphenwesen,

g. 30.

275

Positionsfähigkeit in feiner SBetfc in Betracht kommt — ist eben juristisch kein Vertrag im Sinne des Privatrechts"". Die Theorie des öffent­ lichen Rechtes muß sich daran gewöhnen, öffentlich-rechtliche Dinge aus ihren eigenen Gesichtspunkten juristisch zu würbigen, und verzichten lernen auf die erborgten Umhüllungen des Privatrechtes, welche in ihrer Anwendung auf das öffentliche Recht doch immer die bedenklichsten und nur in der gezwungensten Weise zu verdeckenden Blößen bieten.110 111 Die Aufgabe eines Briefes oder Telegrammes zur Be­ förderung durch den Staat ist so wenig eine locatio conductio operis112 wie die Einreichung einer Klage bei Gericht. Dieses wie jenes ist lediglich ein Antrag deS Unterchanen beim Staat, seine Staatspflicht zu erfüllen. B. Die aus dieser Obligation des öffentlichen Rechtes 110 Auch dann nicht, wenn das Gesetz — PostG. §. 50 — diesen Ausdruck gebraucht. A. A. Laband II, 81. Dambach 208. G. Meyer I, 573", 582* 111 Dies beweisen deutlich die Erörterungen bei Mandry, Laband u. G. Meyer. Für die Dienste, die die Post dem Reiche selbst leistet, muß auch L a b a n d Ü, 79 den Vertragscharakter preis­ geben; sie seien »rein thatsäch­ licher Statur*, »ein Rechtsver­ hältnis zwischen der Post und dem Reiche wird dadurch nicht begründet*. Daran allein schon muß meines Erachten die ganze privatrechtliche Konstruktion scheitern. Nach Laband II, 79 f. hat die Post „prinzipiell*

die Freiheit, die »Vertrags­ bedingungen* zu „vereinbaren*; von dresem „Prinzip* bleibt aber, wie Laband selbst weiter auSführt, in Wirklichkeit nichts übrig, als eine ganz geringfügige „Ausnahme*. 112 SoG.Meyer, Laband, Mandry, Dambach u. cu Über die rechtliche Natur der Postanweisung^ s. die Litter. Ang. bei G. Meyer 583e. Die »sehr bestrittene* rechtliche Natur der Postanweisung ist sehr ein­ fach: sie ist ein Antrag eines Unterthanen bei der Staatsver­ waltung, eine bestimmte ein­ gezahlte Summe an eine be­ stimmte Adreffe zu befördern und auszuhändigen.

Buch IX.

276

Da- Verkehr-wesen.

für beide Teile entstehenden Rechte und Pflichten im einzelnen ergeben sich aus den hiefür erlassenen speziellen Ge­

setzen und Verordnungen in folgender Weise:

I. Die Post- bezw. Telegraphenanstalten sind

verpflichtet,

die

an

sie

gerichteten

Anträge

anzunehmen."*

Soweit das Postgeschäft monopolisiert ist, ist diese Ver­ pflichtung als eine unbedingte zu betrachten. Diese Rechts­

pflicht hat im Gesetz einen besonderen Ausdruck gefunden bezüglich der Zeitungen: „Keine int Gebiete des Deutschen

Reiches erscheinende Zeitung darf vom Postdebil ausgeschlossen

werden."

Diese generelle Vorschrift entsprang unzweifelhaft

dem nämlichen Gedanken,

welchem späterhin das Reichs­

preßgesetz dahin Ausdruck gab, daß ein Verbot inländischer Zeitungen überhaupt unstatthaft fei.114

Der Grundsatz hat

jedoch in der Zwischenzeit mehrfache Modifikationen erfahren,

und damit hat sich auch die rechtliche Bedeutung jener gene-

rellen Vorschrift des Postgesetzes wesentlich modifiziert. Der rechtliche Zwang der Post, Zeitungen zu befördern,115

hat zur notwendigm Voraussetzung,

daß

die betreffende

Zeitung vom Staat durch Nichterlaß eines Verbotes zugelaffen sei; andernfalls existiert die Zeitung für das Rechts­

gebiet überhaupt nicht, und es kann somit von einer Rechts­ 118 PG. §. 3, dazu jedoch PO. | „Postgeschäftes" die Möglichkeit 11, ferner TG. §. 5; Dambach einer Zivilklage ab, >, geraten also 30 t; Laband II, 51 ff.; G. auch hier mit sich ? selbst ------- in ' Meyer I, 578 80. Zivilrechtlich Widerspruch. verfolgbar ist dieser Anspruch 114 PreßG. §. 14. nach den oben entwickelten Grund­ "° S. PO. §. 28. Sehr sätzen nicht; auch G. Meyer und La band lehnen trotz ihrer ausführlich über das Zeitungs­ privatrechtlichen Auffassung des^geschäft Dambach 31 ff.

Das Post- und Telegraphenwesen,

g. 30.

277

pflicht der Post, solche Zeitungen geschäftlich zu vertreiben, keine Rede sein.116 inländische

Nach

Zeitungen

dem Reichspreßgesetz solches

ein

Verbot

nicht

kann für

erlassen

werden. Die Modifikationen des im PG. ausgesprochenen Prin­

zipes find demnach nur:

1. für Zeitungen:

Zeitungen, welche auf Grund des in Elsaß-Lothringen

a)

geltenden Preßrechtes — das Reichspreßgesetz ist in diesem Teile des Reichsgebietes nicht eingeführt worden*" —- ver­ boten find, braucht die Post nicht nur nicht

lichen Vertriebe

anzunehmen,

zum geschäft­

sondern darf sie nicht an­

nehmen.

b)

Das Gleiche gilt für ausländische Zeitungen, welche

im Reich verboten fmb.118 2.

Für Telegramme modifiziert sich die Rechispflicht

des Staates zur Beförderung ferner durch die folgenden Sätze: a)

Eine

zeitweise

Schließung

der Telegraphenanstalt

kann aus dringenden Gründm durch die Behörde erfolgen,

ganz

oder

teilweise,

für

alle

oder

nur

für

bestimmte

Korrespondenzen.

b)

Telegramme, deren Inhalt gegen das Gesetz oder die

Rücksicht des öffentlichen Wohles oder der Sittlichkeit ver­

stößt, können zurückgewiesen roerben.119

116 Die Post wird demgemäß auch nicht für verpflichtet erach­ tet «erden dürfen, Bestellungen an- und Beförderungen vorzu­ nehmen; sie muß diese ebenso ablehnen, wie die Ausgabe. L a band n, 56l schließt nur letz­ tere auS. Ebenso Dambach

35; G. Meyer I, 579. Richtig v. Liszt, Prehrecht 108 f. 117 Dambach 86. 118 Ein solche- Verbot ist je­ doch nur auf die beschränkte Zeitdauer von 2 Jahren ge­ stattet. PreßG. §. 14. — Dam­ bach 35. 119 TelO. §. 1, I, UI.

c) Ausschließungen von der Benutzung öffentlicher Telegraphenanlagen, ebenso wie andererseits Bevorzugungen, find „nur aus Gründen des öffentlichen Jntereffes zulässig".120 3. Von der Beförderung ausgeschlossen sind ferner: a) Gegenstände, deren Beförderung mit Gefahr ver­ bunden ist, namentlich alle durch Reibung, Luftzudrang, Druck oder sonst leicht entzündliche Sachen, sowie ätzende Flüssigkeiten; b) Gegenstände, deren Zuführung an den Bestimmungs­ ort nach Maßgabe der vorhandenen Postverbindungen und Postbeförderungsmittel nicht möglich ist.121 Aber auch für denjenigen Umfang des Postgeschäftes, welcher nicht monopolisiert ist, besteht prinzipiell kraft Ge­ setzes die Rechtspflicht der Post, die ihr gemachten Anträge zu erfüllen. Die Gründe, aus welchen eine Ablehnung statthaft ist, sind in der Postordnung genau aufgeführt.128 II. Die Post- und Telegraphenanstalten sind verpflichtet, die übernommenen Aufträge nach Maßgabe von Gesetz und Verordnung auszuführen, insbesondere für möglichst rasche Absendung, Beförderung und Bestellung128 Sorge zu trogen.124 Die Vorschriften des Reglements „gelten als 120 TelG. §. 5. Abs. 2. |«,PO. §. 27. Über die Bestellung 121 PO. §. 11. Dazu über ß. 38 ff.; vgl. PG. §. 6. Die bedingte Zulaffung zur Beför- Al Ablieferung hat nur nach Maß­ derung noch §. 12, s. dazu ferner gabe des Postspezialrechtes zu über auszuschließende Postkarten erfolgen; HGB. Art. 405 ist PO. §. 14, II, über Personen, nicht anwendbar. So auch La­ die von der Beförderung mit ba nd II, 83 f. 184 Über absichtliche rechts­ ahrpost ausgeschloffen sind widrige Vernichtung, Unter» 52. 188 S. auch La band II, 54 f. > drückung, Vorenthaltung Reichs128 Über die Behandlung reg-, strafgesetzbuch §§. 354/ 355. lementswidriger Sendungen s. i

r

Das Post- und Telegraphenwesen.

§. 30.

279

Bestandteil des Vertrages zwischen der Postanstalt und dem

Absender bezw. Reisenden".125 richtige

Bestellung

Adressat die Erklärung

selbst abzuholm oder diesem Fall

keine

Keine Verantwortung für

trägt die Postverwaltung, abgegeben

abholm

hat,

wenn der

seine Sendungen

zu lassen;

auch findet in

Legitimationsprüsung des Abholenden

statt, wenn solche nicht ausdrücklich mit der Post vereinbart

wurde."*

Eine Prüfung der Identität von Adressat und

Empfänger, eine Prüfung der Echtheit von Unterschrift und Siegel

nach

ordnungsmäßiger

Aushändigung

des

For­

mulares zum Ablieferungsschein an den Adressaten braucht

seitens der Post nicht stattzufinden."2 Unbestellbare Sendungen find

jugeben;

in erster Linie zurück-

ist dies nicht möglich, so find Briefe und Tele­

gramme zu vernichten, andere unbestellbare Sendungen und

zurückgelaffene Paffagiereffekten nach Abzug von Porto mü» sonstigen Kosten

zu Gunsten der Postarmm- und Unter­

stützungskaffe zu veräußern bezw. derselben geben.128

Bei

verspäteter Meldung

des

bar zu über-

Adressaten

ist

jedoch der Bettag aus der Kasse zurück zu Wahlen, jedoch

ohne Berechnung von Zinsen.228 HL

Die Post haftet dem Absender"8 in ge­

wissen Fällen für Verzögerung, Beschädigung, Verlust."2 ** PG. §. 50 Abs. 2, s. auch '« PG. §. 26. Ander« ,u TO. §. 6. behandeln find gefundene Sachen: ** PG. §. 48, PO. §. 42. Dambach 132; Laband 11,76. PG. j. 49, PO. §§. 40, 1,6 Modifikationen dieses 48, In. Anders HGB. Art. Grundsätze- mehrfach in StaatS408. verträgen zu Gunsten deS Adres­ PO. §§. 45,46 geben hier­ saten, s. G. Meyer 588”. über genaue Lorschristen. 1,1 Dambach 48 ff.; Laband

280

Buch DL

Hierüber

find

Da- Verkehr-wesen.

folgende

gesetzliche

Vorschriften

vor­

§§.

auf­

handen:

1. a)

Gar keine Haftung*88 besteht: bei

den

nicht

positiv

Gesetz

im

6—15

geführten Kategorieen des Postgeschäftes, insbesondere bei gewöhnlichen Briefen,188 * * * Postkarten, Drucksachen,

Die

Warenproben, Zeitungen und Telegrammen.184

Bestimmungen des Gesetzes

sind

für die Frage der

Haftpflicht der Postverwaltung ganz erschöpfend;

b) wenn der Verlust,

die Beschädigung

oder die ver­

zögerte Beförderung oder Bestellung er) durch eigene Fahrlässigkeit des Absenders,

vorschriftsmäßiger

ß)

oder

durch

Verpackung

die

insbesondere bei nicht und

unabwendbaren

Naturereignisses"8

oder

liche Beschaffenheit des Gutes

Verschluß,185

Folgen

eines

y) durch die natür­

herbeigeführt worden

ist;181 c)

für Schaden am Inhalt der Sendung,

„roenn

der

Verschluß und die Verpackung der zur Post gegebenen

n, 90 ff. Dazu eine umfassende Spezialitteratur, s. die Angaben bei G. Meyer I, 585". 188 Eine zivilrechtliche Haftung der »Angestellten der Postverwaltung" ergiebt für diese Fälle nicht »aus allgemeinen Grund­ sätzen", wie dies Mandry 423 als »selbstverständlich" anmmmt, sondern nur nach dem speziellen Beamtenrecht, s. oben Bd. I, S. 326. 188 PG. §. 6 Abs. 5. 184 TO. §. 23; ausnahms­

weise werden die Gebühren zu­ rückerstattet. iso Die Vorschriften hierüber PO. §§. 8,9, für Wertsendungen §. 10, ferner §. 27, II, ul, §. 37. 186 Jeder casus und jede an­ dere vis major ist demnach von der Post zu vertreten. Vgl. Dambach61 f.,s. auchLaband II, 94*. 187 PG. §. 68. PO. §. 11; Dambach 63 ff., 92 ff. Vgl. HGB. Art. 395, 607.

Das Post- und Telegraphen wesen.

§. 30.

281

Gegenstände bei der Aushändigung an den Empfänger

äußerlich unverletzt und zugleich das Gewicht mit dem bei der Einlieferung ermittelten übereinstimmend be­ funden wird".

Die ohne Erinnerung erfolgte An­

nahme einer Sendung begründet hierfür eine Ver­

mutung, 18s die nur durch vollständigen Gegmbeweis entkräftet werden kann. d) bei betrüglicher Wertdellaration;189

e) für die Beförderung mit Extrapost;"8

f)

in Fällen von Krieg oder gemeiner Gefahr,

wenn

durch Erklärung des Staatssekretärs des Reichspost­

amtes unter Aufhebung des Monopols die Haftung ausdrücklich ausgeschloffen wurde;'8'

g) wenn der Schaden außerhalb des Reichspostgebietes

sich ereignet hat, falls nicht die Haftung ausdrücklich

durch Staatsvertrag übernommen ist142

2.

Für Verlust

hastet die Postverwaltung

geschriebenen Sendungen;

es

werde»

42

Mk.

bei

ein­

vergütet,

eventuell bei Paketen mehr;'48 8.

Für Verlust und Beschädigung bei Briefen'44 mit,

ferner bei Paketen mit und ohne Wertangabe.

Zu ersetzen

ist bei Wertangabe nach Maßgabe dieser Angabe,

es sei

denn, daß die Postverwaltung beweisen könne, dieselbe überi” PG. 8.7; Dambach 72.! »■» PG. §. 8 Abs. 2, dazu RStGB. §§. 263, 267, 268. »*> PG. 5. 11 Abs. 2, dazu Dambach 94. i« PG. §. 15, s. oben S. 263. i« PG. §. 6 Abs. 3 c. S. hierzu die Angaben bei G. Meyer 587"; La band II,87f.

144 PG. §. 6 Abs. 1 Z. II, PO. §. 18; Dambach 48ff. Das PG. führte hier auch Sendungen per Estafette auf; dieser Dienst ist seit 1. Juli 1892 weggefallen, s. Fischer, TextauSg. S. 43e. «* PG. §. 6 Abs. 1 Z. I, über Wertangabe PO. §. 7.

Buch EL

282

DaS Verkehrswesen.

steige den gemeinen Wert der Sache, in welchem Falle nur letzterer

zu

ersetzen

(über

ist145

betrügliche Deklaration

s. oben Z. 1, d).

Bei Paketen ohne Wertangabe ist der wirklich erlittene

Schaden

zu

ersetzen,

jedoch

nicht

pro

3 Mk.

mehr als

500 gr und nicht weniger als 3 Mk.146 Nach den nämlichen Grundsätzen wird Paflagiergut bei

der ordentlichen Fahrpost behandelt.147

4. hastet

Für Verzögerung bei Beförderung oder Bestellung die Post bei Briefen

Wertangabe

mit

und

allen

Paketen, „wenn die Sendung durch die verzögerte Beförderung

oder Bestellung verdorben ist oder ihren Wert bleibend ganz

oder

teilweise

verloren

hat",

ausgenommen

jedoch

Ver-

önberung des Kurses oder marktgängigen Preises.148

5.

Für Postanweisungen

und Postaufträge

leistet

die

Post unbedingte149 Garantie, es fei denn, daß eigene Fahr­ lässigkeit des Absenders vorliege.160

6.

Bei

Fahrpost161

körperlicher Beschädigung trägt die Post Kur-

von

Reisenden

der

und Berpflegungskosten,

wenn der Unfall nicht erweislich durch

höhere Gewalt —

also Zufall hat die Post zu vertreten — oder durch eigene

Fahrlässigkeit des Reisenden verschuldet war.152 7.

Voraussetzung

des Schadensersatzanspruches

jedem Falle die'Befolgung

ist

in

der in Gesetz und Verordnung

748 PG. §. 8; Dambach 78ff. ßabanbll,86. Dambach65ff. 146 PG. §. 9. ; G. Meyer I, 578". 147 PG. §. 11 3. 1. ! 161 Über Personenbeförderung 148 PG. 8. 6 Abs. 2. mit der Post PO. §. 51, Extra149 Nach Mandry 423 gemäß posten §. 63. den Grundsätzen der locatio 162 PG. 8. 11 Z. 2, dazu conductio irregularis. 15D a m b a cO o9 ff. 160 PG. §. 6 Abs. 4, dazu>

Das Post- und Telegraphenwesen.

§. 30.

283

begründeten Vorschriften seitens des Absenders; diese Voraus­ setzung

ist

im Falle

der Bestreitung vom Kläger

nach­

zuweisen ; beruft sich dagegen die Post auf einen ihre Haft­ pflicht ausschließenden Grund,

so ist dieser von der Post

nachzuweisen.158

8. Der Schadensersatzanspruch kann gemäß der positiven

Vorschrift des Gesetzes"8 durch Zivilklage geltend gemacht werden.

Die Klage

ist

gegen

die Oberpostdirektion

Einlieferungsbezirkes zu richten.166

des

Das Klagerecht ver­

jährt binnen 6 Monatm vom Einlieferungs- bezw. — S. 282

Z. 6 v. u.—Beschädigungstermine; die Frist wird unterbrochen durch Reklamation bei der zuständigen Oberpostdirektion.156 IV. Diejenige Person, welche mit derPostin

ein öffentlich-rechtliches Obligationsverhält­

nis tritt, ist der Absender, nicht der Empfänger. Der Absender hat einmal den Verpflichtungen von Gesetz und

Verordnung,187 besonders bezüglich der Verpackung, Ein­

lieferung u.

s. f. zu entsprechen788 und sodann —

die

Hauptpflicht des Absenders — das vorschriftsmäßige Porto

zu bezahlen. Das Porto ist keine vertragsmäßige GeldPostG. §. 50 Abs. 2 bezeichnet, wie oben bereits bemerkt, die auf staatlicher Vorschrift beruhenden Pflichten prinzipiell irrig alS .Bestandteil des Vertrages zwischen der Postanstatt und dem Absender". 168 Die näheren Vorschriften hierüber giebt die Postordnung 14; dazu ZPO. in sehr detaillierter Weise, s. bes. §§. 3, 4, 14, 15, 17, 19. 81. 230, 460, 461, 633. Laband II, 89f. Das

168 Sehr eingehend hierüber im einzelnen Dambach zu den betr. 88- des Gesetzes und der Postordnung. G. Meyer I, 589: .da das Verhältnis ein privatrechtlicheS ist.' PS. §. 18; dazu ZPO.

Buch IX.

284

Da- Verkehrswesen.

keine

Steuer,

schuld,169

auch

unter den

finanzrechtlichen

sondern

Begriff

fällt

der Ge­

bühr, wie z. B. Gerichtssporteln.199

Das Porto

wird

entweder bar erlegt oder — und

dies bildet die Regel —

in Postwertzeichen, welche von

den Postanstalten verkauft werden.161 Portofrei find 1. die Korrespondenzen und Telegramme -er

regierenden

Witwen,

Fürsten

sowie der

und

Gemahlinnen

und

derselben; "2 2.

alle

deren

Hofhaltungen

Reichsdienstsachen(00n

und

schließlich des Reichstages,

ferner auch des telegraphischen

an Reichsbehörden, ein­

Verkehrs der Bundesratsbevollmächtigten

in Bundesrats­

angelegenheiten,^^ sowie von oder an Militär- oder Marine-

behörden „in reinen Militär- und Marine-Dienstangelegen­ heiten"), wenn die äußere Beschaffenheit,'" sowie das Gewicht

der Sendungen den von der Reichspostverwaltung in dieser 189 So Laband II, 79, s.auch I Begriffe Gebühr und Vertrag Fischer in Conrads Hand-- schließen sich aus; die von wörterb. V, 167ff., Kohler im! Laband II, 792 erwähnten Archiv f. bürg. R. VI, 316 ff.! „Honorare* sind keine Gebühren, über die rechtliche Natur der; Übereinstimmend mit dem Text Briefmarke. Sydow in Stengels u. F i s ch e r 160 ö. Kirchenheim s. v.! in Conrads Wörterbuch s. v. Portopflichtigkeit in v. Holtzen-' Porto. borst* RLex. Auch G. Meyers 161 PosttaxG. §.9. G. v. 16. I, 590 erklärt diese Geldzahlung | Mai 1869 §. 1 Abs. 1. PO.Z.49. für eine „Gebühr*, was freilich TO. §. 9 ff. mit der privatrechtlichen Grund-1 168 G. v. 5. Juni 1869 (RGB. auffaffung des Postgeschäftes' 141) §. 1. V. v. 2. Juni 1877 als eines „Vertrages* sich nicht (RGB. 524) §. 1 Z. 1. (erlassen vereinigen läßt: zwar behauptet I auf Grund v. RV. Art. 48 u. 50). G. Meyer 592: „die Ver168 G. v. 5. Juni 1869 §§.2 pflichtung zur Zahlung der Post- bis 4. V. v. 2. Juni 1877 §. 1 gebühren hat den Charakter einer I Z. 3—5. vertragsmäßigen Vermögensrecht- \ 164 V. v. 2. Juni 1877 §. 1 lichen Verbindlichkeit*, aber die Z. 2.

DaS Post- und Telegraphenwesen,

Beziehung

zu

besonderen

erlassenden

spricht;"»

3. die Telegramme

Vorgesetzte

Behörden

störungm; 166

über

4. außerdem

g. 30.

285

Bestimmungen

von Eisenbahnbeamten

Unglücksfälle werden

und

ent­ an

Betriebs-

„einstweilen"

aufrecht

erhalten die bisherigen Portobegünstigungen für das Land­ heer und die Marine, doch können dieselben durch kaiserliche Verordnung aufgehoben oder beschränkt roerben.167

Me übrigen Portofreiheiten

ohne Entschädigung

aufgehoben,

im Deutschen Reiche find

es sei denn,

daß hierfür

ein privatrechtlicher Titel nachweisbar wäre;168 neue Porto­

freiheiten können nur auf dem Wege des Gesetzes begründet roerben.169

Dienstsendungen

der

Einzelstaaten

sind

portopflichtig,

doch können sich die Behörden der Einzelstaatm auf Porto­

zahlung in Form jährlicher Averse mit der Postverroaltung einigen.16e* Stadtpostsendungen und Stadttelegramme sind in jedem

Falle portopflichtig.779 Das Porto beträgt im frankierten Brief auf

Gewicht von

15 Gramm,

das Höchstgewicht

übrigen für den gewöhnlichen

alle Entfernungm 10 Pf.

bei

bis zum

größerem Gewicht 20 Pf.;

eines Briefes ist 250 Gramm.777

166 Über die Bezeichnung der, gebührenfreien ~ Telegramme s. > B. v. 2. Juni 1877 §. 4. j 166 B. v. 2. Juni 1877 (RGB. 524) 8. 1 Z. 6. 167 G. v. 5. Juni 1869 §. 5, s. die Angaben hierüber bei Fischer, Textausg. 117. 198 Ebenda §§. 6-9. *• G. v. 5. Juni 1869 §. 10.

Bei

TelG. §. 7 (die Bestimmung ist -••• i ,, ha die beselbstverständlich stehenden Befreiungen Befrei» auf Gesetz beruhen). 169a Ebenda §. 11, s. dazu die Angaben bei F i s ch e r, TextauSg. S. 120. ""Ebenda8.3Abs.2. Verordn, v. 2. Juni 1877 §. 2 Abs. 3. 171 PO. §. 2.

Buch IX. Das Bertehrswesen.

286

unfrankiertm Briefm tritt hierzu ein Zuschlag von 10 Pf., ebenso

bei unzureichend frankierten Briefen neben dem Er­

gänzungsporto. 172 * Das Höchstgewicht für Drucksachen ist

ein Kilogramm, für Warenproben 250 Gramm.1,8 Das Porto

bis zum Gewicht von

für Pakete beträgt

5 Kilogramm auf Entfernungen bis zu 10 Meilen 25 Pf.,

für unfrankierte Pakete

für weitere Entfernungen 50 Pf.;

kommt hierzu das obige Zuschlagporto;

bis zum Höchstgewicht von 50 für die

über 5 Kilogramm

ersten

beim Gewicht von

weiteren 5 Kilogramme die oben bezeichneten regel­ sodann weiter für jedes überschießende

mäßigen Portosätze,

Kilogramm bis 10 Meilen 5 Pf , bis 20 Meilen 10 Pf.,

bis 50 Meilen 20 Pf., bis 100 Meilen 30 Pf., bis 150 Meilen 40 Pf., über 150 Meilen 50 Pf.174 Für Briefe

hoben:

für

und

Briefe

Entfernung 40 Pf., dazu

bei

Briefen

Pakete mit Wertangabe werden er-

bis

10 Meilen

20 Pf.,

wie

Paketen

eine

ohne Unterschied der Entfemung und

Wertangabe von stens

immer

bei weiterer

bei Paketen einmal der obige Betrag, Versicherungsgebühr zu jeder Höhe der

5 Pf. für je 300 Mark, jedoch minde­

10 Pf.175

Bei Dienstsendungen wird Zu­

schlagporto nicht erhoben.176 Das Porto auf Gesetz,

beruht für Briefe,

Pakete, Wertsendungen

für Telegramme auf Verordnung;777 eine Er­

höhung der Telegraphen- und Telephon-Gebühren kann nur durch Gesetz

erfolgen;178

für Zeitungen ist der Postver-

171 PosttaxG. §. 1. 178 PosttaxG. §. 3. G. v. 17. *’» PO. §. 2. Mai 1873 §. 3. 174 PosttaxG. §. 2. G. v. 177 TO. §. 9 ff. 17. Mai 1873 §. 1. PO. §. 2. 178 TelG. §. 7; diese Vor­ *’» G. v. 17. Mai 1873 §. 2. schrift gilt gemäß §. 15 für den

Das Post- und Telegraphemvesen. waltung

einheitliche Normirung

Satz von

25

bezw.

121.

zur Pflicht

das Gesetz

287

M.

der Gebühren nach dem

o des „Einkaufspreises" durch

gemacht.179 —

Die Gebühr für

Personenbeförderung muß im voraus entrichtet werden;

sie

ist auf dem Verordnungswege geregelt, ebenso die Gebühr

für Zeitungsabonnement („Provision" und „Bestellgeld"). Die Post kontrahiert,180 wie oben bemerkt, mit dem Absen­

der.

Die Konsequenz dieses Satzes wäre der

Frankierungszwang.

lich folgender Kategorieen des Post-

kehrs wirklich

allgemeine

Diese Konsequenz ist jedoch nur bezüg­

gezogen:181

und Telegraphmver-

Telegramme, Postkarten, Post­

anweisungen, Warenproben, Drucksachen, Rückscheine, Post­

aufträge,

dringende Paketsendungm.

Die

Nichtbeachtung

der Rechtsvorschrift über Frankierungszwang hat nicht Strafe, sondern nur Nichtbeförderung des betreffenden Gegenstandes

zur Folge;

ausnahmsweise erfolgt Rückgabe an dm Ab­

sender behufs der erforderlichm Frankierung.'88

Für alle übrigm Zweige des Postgeschästes besteht kein

Frankierungszwang.

Die Post muß demnach dm ihr ge-

machtm Anträgm auch dann genügen, wmn eine Porto­ zahlung

seitens

des Absmders nicht erfolgt,

worin die

stillschweigende Voraussetzung liegt, daß das Porto vom

internen Verkehr in Bayern und1 Württemberg nicht; diese Staaten stnd in der internen Gebührenregetung frei. ”• PS. 8.3. PosttaxG. §. 10.1 **> Die Worte .Obligation*, .kontrahieren* als nur dem Privatrecht angehörig zu be» trachten, besteht keinerlei Notwenoigkeit; demgemäß ist auch

der .ganz unbefangene* Gebrauch dieser Worte für Rechtsverhäliniste des öffentlichen Rechtes statthaft trotz der ironischen Kritik von Laband II, 78f. 181 TO. 8. 19. JBD. 88. 13, HL 14, IV. 15, V11L 17, VL 19, II. 20, V. 22, XX. 83, IL 188 PO. §. 50.

Buch IX.

288

DaS Verkehrswesen.

Empfänger der Sendung zu erheben fei.188 in diesem Falle das vom Absender zu nur angemessen erhöhen (s. oben).*184

Die Post darf

entrichtende Porto

Der Empfänger aber

ist nicht verpflichtet, die unfrankierte Sendung anzunehmen,

sondern kann dieselbe

ohne weiteres zurückweisen, da eine

rechtliche Verbindlichkeit gegenüber der Post für ihn an sich Die Post

nicht besteht.

hat dann bezüglich der Portozah­

lung lediglich den Regreß an den Absender.185

Eine Rechts­

pflicht des Empfängers zur Portozahlung entsteht erst durch ausdrückliche Annahmeerklärung der Annahme:

oder durch die Thatsache

die Aushändigung

an den Adressaten soll

prinzipiell erst erfolgen, wenn das Porto bezahlt bezw. Sicher­ stellung hierfür erwirkt ist186 Die Ansprüche

der Post

auf Portozahlung verjähren

binnen eines Jahres nach dem Entstehen der Forderung.187 188

VI.

Außer

den

Postdefraudation.

Vorschriften

des

gemeinen

Strafrechtes,

welche den speziellen Schutz des Post- und Telegraphenbetriebes bezwecken, sowie den oben bereits erwähnten speziellen

Strafvorschristen der Postgesetze dienen dem Schutze dieses

staatlichen Verwaltungszweiges insbesondere die detaillierten

Vorschriften über Defraudation.

Unter

den

spqifischen

Thatbestand

der

Defraudation

fallen: 1. Verletzungen des Monopols, besonders auch durch

188 PO. §. 50, I. 184 PosttaxG. § 1 Abs. 2. 186 PO. §. 50, III. 186 PosttaxG. §. 6. 187 PosttaxG. §. 7. 188 PG. 88.27-33; vgl. dazu

Meves s. v. Poststrafrecht in v. Holtzendorff, RLex. D a m b a ch 97—130. Laband H, 95ff. Sydow in Stengels Wörterb. II, 291 ff.

DaS Post- und Telegraphenwesen.

§. 30.

289

Übergabe von Briefen an Postillons zur Mitnahme ohne

Gebührenzahlung;189 2. Mißbrauch der Portofreiheit durch

unerlaubte Verwendung

einer hierfür vorgeschriebenen Be­

zeichnung oder Verpackung in

zeichen

einer portopflichtigen Sendung

portofreie; 3. Verwendung entwerteter Postwert­

eine

oder Telegraphenfreimarken zur Frankierung;190 4.

Hinterziehung des Personengeldes bei der Fahrpost.191 Diese Thatbestände sind als Defraudation strafbar, wenn

vorsätzlich begangen und vollendet;192 Versuch ist straflos.198

Die Strafe

besteht

in dem Vierfachen des defraudiertm

Betrages, beträgt jedoch in keinem Falle weniger als 3 Mark;

außerdem ist der defraudierte Betrag selbst nachzuzahlm.164 Im Falle der Uneinbringlichkeit ist die Geldstrafe durch

daS Gericht

in Hast

umzuwandeln,

6 Wochen nicht übersteigen darf.196

deren Dauer jedoch

Erster Rückfall zieht

Verdoppelung, jeder fernere Vervierfachung der Strafe nach sich.'98

Bei Hinterziehung von Personengeld findet keine

Straferhöhung für Rückfall statt.

erkannten

Strafen

Die wegen Destaudation

fallen in die Postarmen-

und

Unter-

stützungskafle.197 Für vorsätzliche Verletzung des Telegraphen­ monopols durch Errichtung oder Betrieb von Telegraphen­

anlagen wider das Gesetz

ist

Geldstrafe bis 1500 M«ck

im MeveS 108. ».«. Dam' » PG. §. 27, Tel.G. §. 9, dazu analog G. v. 16. Mai 1869 bach 184 ff. >»» Dambach 137 ff. 6. 2. V. v. 2. Juni 1877 8. 5. PG. §. 30. 199 S.dazu Laband ll, 97’; *•» PG. §. 31, ob. StG». über die strafrechtlichen Gesichts­ punkt», wonach eine härtere 88- 18, 19, 28, 29, 78. i" PG. 8- 28 «bs. 1,2. Dazu Strafe verwirkt sein kann, s. Dambach 161 ff. StG». 8- 275. 191 PG. 8- 33. PG. §. 29. 19 Asrn, Staat-recht II. 2. Lust.

oder Hast oder Gefängnis bis zu 6 Monaten ange­ droht. 198 Derartige Anlagen sind auf dem Zwangswege durch die Landesbehörden auf Antrag des Reichskanzlers außer Betrieb zu setzen oder zu beseitigen, vorbehaltlich des Rechts­ weges. 199 Die staatlichen Polizei- und Steuerbehörden müssen auf Requisition der Postbehörden zur Verhütung und Entdeckung von Postübertretungen mitwirken.200 Die Postbehörden dürfen Briefe und Sachen, bezüglich deren eine Destaudation stattfand, beschlagnahmen und zurückbehalten bis zur Be­ zahlung der Strafe oder Kautionsleistung hierfür, dürfen dieselben aber nicht eröffnen.201 Das Verfahren 2"2 ist sehr gmau und eigentümlich ge­ ordnet. 1. Zunächst erläßt die zuständige Oberpostdirektion auf Gmnd des erhobenen Thatbestandes — die Erhebung kann auch durch unbeeidigte Vernehmung von Zeugen erfolgm — ein Strafmandat298 an dm Schuldigen; wird dies binnen 10 Tagen bezahlt, so ist das Verfahren be­ endet. 2. Wird dagegm binnen dieser Frist die Strafe nicht bezahlt, so fällt die Oberpostdirektion auf Grund einer sum­ marischen Untersuchung eine formelle Entscheidung.298 3. Diese kann binnen 10 Tagen nach der Eröffnung durch Rekurs an das Reichspostamt,295 welcher bei jeder 198 TelG. §. 9. 202 PG. §S. 34-46. Meves 199 TelG. §. 11; über das 103—105. Dambach 172 ff.; Zwangsverfahren s. pr. LBG. Laband II, 96f. 208 PG. §. 34 V r^PG. §. 24. 204 PG. §. 35. 801 PG. §. 32. 206 PG. §. 42.

Das Post- und Telegraphemvesen.

§. 30.

291

Postbehörde eingelegt werden kann, angefochten werden; das Rekursresolut des Reichspostamtes ist definitiv und darf die

angefochtene Entscheidung 4.

Sache,

ist,

Die kompetente

an

die

in pejus ab ändern.8 06

Oberpostdirektion kann jedoch

noch kein

solange

jederzeit

niemals

formeller

Strafgerichte

ordentlichen

die

Strafbescheid erlassen abgeben.

Dies muß geschehen, wenn der Angeklagte auf erfolgte Vor­

ladung

vor der Oberpostdirektion

nicht erscheint und auch

feilte schriftliche Einlassung einreicht.207 5. Der Angeklagte kann

die Abgabe der Sache8"8 an

die Strafgerichte in jedem Stadium des Verfahrens bis zur Einlegung des Rekurses an das Reichspostamt bezw. Ab­ lauf der hierfür eröffneten zehntägigen Frist fordern.

VII.

von Briefträgern

Die Aussagen

über geschehene Bestellung,

werden, gelten

und Postboten

welche auf Diensteid abgegeben

als wahr bis

zum Nachweis

des Gegen­

teiles. 109

IV. Die poftverwalkung und dir Ilrbeitervrrsicherung.

Durch die oben im §. 29 dargelegte Arbeiterversicherungs­ gesetzgebung wurde die Postverwaltung in weitem Umfange

in den Dimst der

Unfall-, Alters-

und Jnvaliditätsver-

ficherung gestellt und hat damit Aufgaben zu erfüllen, die an sich

mit dem Post- und Telegraphenwesen

Zusammenhänge stehen.

•* Dambach 191. Revrs * *» PS. §. 35, dazu StPO. 5- 7ff.

in keinem

S. im einzelnm oben §. 29.

** PG. 8. 35. 999 PS. §. 47, dazu Dam« bach 195.

Buch IX. Da- Brrkrhr-wesen.

292

§. 31.

Pa» ^ife»öaß«»«se».'

I.

Lrchtvqurllrn und Vrgmnsation.

Die Reichsverfaffung weist in Art. 4 Z. 8 dem Reiche

„die Gesetzgebung und Beaufsichtigung" über das

Eisenbahnwesen zu und sagt in Art. 42: „Die Bundes­ regierungen verpflichten sich (sie!), die deut­ schen

Eisenbahnen

meinen

Verkehrs

im Interesse des allge­

wie

ein

einheitliches Netz

verwalten — — zu lassen."

Diese Verfaffungsvor-

schrift bezieht sich auf alle Dampfbahnen.1 2 Die obigen Sätze enthalten, wenn auch in einer höchst

eigentümlichen juristischen Formulierung, materiell das näm­ liche Prinzip, welches Art. 48 für das Post- und Tele-

graphenwesen

aufstellt.

Auch

die

Eisenbahnen

müssen

prinzipiell nach der RV. als „Staatsverkehrsanstalten" 1 Laband H103ff. Fischer, Text der einschlägigen Rechtssätze die Verkehrsanstalten des Reiches, b. C örma nn: Die Reichseisen­ bei v. Holtzendorff, Jahrb. I 409., bahngesetzgebung (1895). Eine H 211. IV 421. E. Meier höchst bedeutsame Entwickelung e. v. Eisenbahngesetzqebung bei hat in neuester Zeit das Eisenv. Holtzendorff, RL. G. Meye r, bahnwesen in internationaler BeVerw.R. 1, 523ff. Lüning,! ziehunggenommen,s.d.internat. VerwR. 618ff. Hänel, StR. I,! ubereink. über den Eisen634ff. Endemann: D. Recht! bahnfrachtverkehr v. 14. Okt. der Eisenbahnen (1886), sowie! 1890 (RGB. 1892, 793 ff.), dazu große Speziallitteratur, besonders j Zusatzoereinbarung v. 16. Juli zahlreiche Artikel in den Ber-11895 (RGB. 465), nebst den waltungswörterbüchern von Sten-1 zahlreichen, besonders hiezu abSel 1,321 ff.(Gle im,v. d.Leyen, geschlossenen Staatsverträgen; llrich, Fleck), ErqB. II, 47, die Liste der beteiligten Eisenbahn117 und Conrad 111, 147 ff. Strecken RGB. 1896, 13. (Cohn, Fritsch, v. d. Leyen, | 2 Entsch. d.RG. i.Strass.Xll, Neumann, Francke, Krause).! 205.

Das Eisenbahnwesen,

g. 3L

293

und aus diesem Prinzip wird die Spezial­

betrachtet werden,

gesetzgebung die nämlichen Konsequenzen

zu ziehm habm,

wie dies bezüglich des Post- und Telegraphenwesens bereits

geschehen ist, da für jene Verkehrsanstalt in jeder Beziehung

die

nämlichen

inneren

Gesichts­

punkte maßgebend sind, wie für dieses Die große Streitfrage, ob Staats- oder Privatbetrieb

der Eisenbahnen, ist demnach für das Reichsstaatsrecht im Prinzip erledigt, und zwar durch die beiden prinzipiellen

Richtpunkte:

1. Staatsbetrieb und 2. Reichsver­

waltung. Die Konsequenzen dieser Prinzipien sind bis jetzt noch

nicht gezogen worden,6 vielmehr befindet sich das deutsche

Eisenbahnwesen

dermalen

in einem die theoretische Dar­

stellung aufs bedenklichste erschwerenden Übergangsstadium, das unzweifelhaft noch geraume Zeit andauern wird.

Die

in der Reichsverfaffung enthaltenen eisenbahnrechtlichen Sätze

sind unter diesen Umständen nur Bruchstücke, welche nicht

zu

einer

können.

systematischen

Sie sind

Einheit

zusammengefaßt

werden

teilweise der Ausdruck wichtiger und

weittragender Prinzipien, teilweise, speziell in militärischer

Hinsicht, Einzelvorschristen von hoher Bedeutung, teilweise

sal des Reichseisenbahngesetzes s. Laband n, 103f. und die dort zitierte Speziallitteratur, vor allem die verschiedenen Denk­ schriften des Reichseisenbahn­ amtes. Lgl. auch Fischer in v. Holtzendorffs Jahrb. EL 212 ff. IV 446 ff. Die Entwürfe in 4 «al. oben S. 256 ff. HirthS Ann. 1874, 891 ff. 1875, * Uber das bisherige Schick­ 1225 ff.

• Luch Laband II 107 ist der Ansicht, daß der in Art. 42 präzisierte Grundsatz dazu führen muß, »die Oberleitung der ge­ samten Eisenbahnverwaltung völlig auf daS Reich zu über» treten'. Ebenso E. Meier

aber auch von so untergeordneter Wichtigkeit, daß ihre Auf­ nahme in das Reichsgrundgesetz kaum gerechtfertigt erscheint. Die juristische Formulierung der betreffenden Versaffungsartikel unterliegt fast durchweg den schwersten Bedenken.* Reichseisenbahnen im juristischen Sinne sind bis jetzt nur die elsaß-lothringischen Eisenbahnen. Die französische Regierung hatte im Frankfutter Friedensvettrag die Ver­ pflichtung übernehmen müssen, diese Eisenbahnen gegen einen bestimmten Kaufpreis (325 Mill. Fr.) an das Deutsche Reich abzutreten. Das auf diesem Wege in das Eigentum des Reiches gelangte Eisenbahnnetz wurde später wesentlich erweitert67 und mit bestimmter Absicht auch dann unter direkter Reichsverwaltung behalten, als im übrigen eine selbständige elsaß-lothringische Landesverwaltung eingerichtet worden war. Die Zentralbehörde für diesen bis jetzt nur beschränkten Reichseisenbahnkomplex ist das Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen, er­ richtet durch K.V. v. 27. Mai 1878 (RGB. 1879, 193), dessen Chef ein Staatssekretär ist, der auch für sein Reflott mit der verantwottlichen Stellvettrttung des Reichskanzlers beauftragt wurde; die Leitung des Reichsamtes ist dermalen verbunden mit der Leitung des preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten. Der weitaus größere Teil der deutschen Eisenbahnen dagegen steht nicht unter Reichsverwaltung, sondern nur unter Reichsaufsicht. Einzelne deutsche Staaten haben bereits das Staatsbahnsystem völlig durchgeführt, in 6 Vgl. hieher Laband 107 ff. 7 S. unten: III.

III

8 ©. oben B. I S. 275 Handbuch f. d. Deutsche Reich 1896, 380.

Das Eisenbahnwesen.

anderen

dagegen

besteht

danebm

§. 31.

295

ein rein privater

noch

Eisenbahnbetrieb; insbesondere war letzteres bis vor kurzer

Zeit in Preußen in weitem Umfange der Fall und dadurch

die Durchführung der Prinzipien der Reichsverfaffung gerade­ zu zur Unmöglichkeit gemacht.9

Die preußische Gesetzgebung

ist nunmehr auch ihrerseits mit Energie an das Werk ge­ gangen, die unbedingt notwendige thatsächliche Basis für Ausführung der eisenbahnrechtlichen Prinzipien der Reichs­ verfaffung herzustellen.10

Alledeutschen Eisenbahnen aber, ob in Ver­ waltung des Reiches, der Einzelstaaten oder

Gesellschaften

privater

befindlich,

sind

der

Aufsicht des Reiches unterworfen, welche nach

Maßgabe

der

Verfassung zu

üben

ist."

Zu

diesem Zweck wurde als Zentralaufsichtsstelle das Reichs­

eisenbahnamt durch G. v. 27. Juni

1873 (RGB.

164) errichtet;" dasselbe ist eine kollegialisch organisierte Behörde,

deren Mitglieder

vom Kaiser

ernannt werden

(§§. 1. 2.); die Aufsicht über das Eisenbahnwesen ist unter

• Über die frühere Entwicke­ lung in Preußen s. E. Meier 668: „In Preußen sind gerade die lukrativen Strecken in Privathände geraten im Gegensatz zu den meisten anderen deutschen Ländern und im Widerspruch mit dem gerade in Preußen besonders energischen Staatsge­ danken, und hat ein Bau und Betrieb des Staats erst be­ gonnen, als es sich um Bahnen handelte, für welche das Privat­ kapital nicht zu gewinnen war."

Sehr gut über die „historische Grundlage"auchHänel, StR.I, 638 ff. 10 G. v. 20. Dez. 1879, v. 14. Febr. 1880, v. 7. März 1880 u. weitere. 11 Ebenso Hänel, StR. 1,646. Laband H, 105. 18 Seydel in Ztschr. f. deut­ sche Gesetzgebung v. Behrend und Dahn VII 617 findet in diesem Gesetz mit Unrecht eine Berfaflungsänderung.

296

Buch DL Das Verkehrswesen.

Berantwortlichkeit und nach den Anweisungen des Reichs­ kanzlers auszuüben (§. 3).

Die Funktionen dieser

Be­

hörde präzisiert das Gesetz im einzelnen folgendermaßen:

1.

Allgemeines

Aufsichtsrecht,

2. Ausführung von

Ber-

faffungsvorschristen und Gesetzen über das Eisenbahnwesen, 3. Abstellung von Mängeln und Mißständen (§. 4). Demgemäß kann das Reichseisenbahnamt innerhalb seiner Zuständigkeit über alle Einrichtungen und Maßregeln von den Eisenbahnverwaltungen Auskunft erfordern oder nach

Befinden durch Abordnung von Kommissaren sich unterrichten

und hiernach das Erforderliche veranlaffen (§. 4. Abs. 2). „Da bei der Feststellung des Bauplanes die Interessen

des

Militärs und der Post- und Telegraphenverwaltung in Betracht zu ziehen sind, auch die Frage, ob eine Eismbahn als Eisenbahn untergeordneter Bedeutung angelegt und be­

trieben werden darf, nur mit Zustimmung des Reichseisen­

bahnamtes entschieden werden kann, so müssen die Vor­

arbeiten für Herstellung, Konstruktion und Ausrüstung einer

Eismbahn, beziehungsweise die Konzessionsbedingungm, vor ihrer definitivm Feststellung von der oberstm Landesbehörde

dem Reichseismbahnamt zur Prüfung und Erklärung vor­ gelegt werben.

Das letztere hat dm beteiligten Reichsver­

waltungen zur Geltendmachung ihrer Interessen Gelegmheit zu geben und alsdann der Landesregierung mitzuteilm, ob von feiten des Reichs Modifikationen oder Ergänzungm ge­ fordert werben."18 Zur Durchführung seiner Anordnungen stehm dem Reichs­

eismbahnamt „bis zum Erlaß eines ReichseismbahngesetzeS"

11 Lab a nd II, 105 nach den Angaben von Eger 63, 117ff.

§. 31.

Das Eisenbahnwesen. den Privatbahnen

297

gegenüber dieselben Befugnisse zu wie

den staatlichen Aufsichtsbehörden der Einzelstaaten, einschließ lich der etwa erforderlichen Zwangsmaßregeln; die Einzel­ staaten müssen den Verfügungen des Reichseisenbahnamtes

entsprechen

und

hierzu durch

können

alle dem Reich« zu

Gebote stehenden Zwangsmittel, äußersten Falles auf dem Wege der Exekution,

angehalten

Reichseisenbahnen sind

»erben;

gegenüber den

die Anordnungen des Reichseisen­

bahnamtes durch Vermittelung des Reichskanzlers zur Durch-

fühmng zu bringen (§. 5). Wird gegen eine vom Reichseisenbahnamt verfügte Maß­

regel Widerspruch erhoben auf Grund der Behauptung, daß

dieselbe

„in

den

Gesetzen und rechtsgiltigen

Vorschriften

nicht begründet" sei, so ist die Sache der Entscheidung d«S

verstärkten Reichseisenbahnamtes zu unterbreiten. Diese Behörde fungiert

als Berwaltungsgericht in Eisen­

bahnsachen und steht als

solches

wortlichkeit des Reichskanzlers.

nicht unter der Verant­

Sie

besteht aus 2 Räten

des Reichseisenbahnamtes und 3 Richtern unter Vorsitz des Präsidenten des Reichseisenbahnamtes; die Entscheidung er­

folgt auf Grund kollegialer Beratung durch Mehrheitsbe­

schluß

(§. 5 Abs. 4).14

Die Trennung

zwischen Aufsicht und

Verwaltung in

den beiden Reichseisenbahnbehörden findet darin ihren präg­

nantesten Ausdruck, daß gemäß gesetzlicher Vorschrift niemand

eine Stelle im Reichseisenbahnamt

bekleiden darf, welcher

an der Verwaltung einer deutschen Eisenbahn beteiligt

Ist (8- 2 «bs. 8).

I Regulativ für diese Behörde s. u Das im Gesetz oorbehaltene | CBl. 1876, 197.

Buch IX.

298

Das Verkehrswesen.

Diese Ordnung des Reichseisenbahnwesens hat sich nicht eine prinzipielle Trennung von Ver­

bewährt:

waltung und Aufsicht wird in keiner Zentral­

stelle

durchführbar

sein,

am

sicherlich im Verkehrswesen.

wenigsten

aber

Das Reichseisenbahn­

amt hat, wie der Jahrgang 1875 des Zentralblattes für das deutsche Reich

ausweist, anfänglich den Versuch einer

energischen Thätigkeit gemacht; dieser Versuch scheiterte, und

die

späteren Publikationm des Reichseisenbahnamtes be­

schränkten

sich

auf Ankündigungen

der

Eröffnung

neuer

Bahnstrecken u. dgl. II.

Die einzelnen materiellen Sähe des Rrichsrisenbahnrechtes.

Die Kompetenz des Reiches zur Gesetzgebung in Eisen-

bahnsachen ist nach RD. Art. 4 Z. 8 völlig unbeschränkt. Exemtionen hiervon stehen nach der Verfaffung nur Bayern in ziemlich

weitem Umfange, Württemberg in Bezug auf

einen untergeordneten Punkt zu.

Reichseisenbahngesetze existieren bis jetzt nicht. Wohl aber enthält die Verfaffung in ihrem IX. Ab­

schnitt — in Elsaß - Lothringen eingeführt v. 1872 ab durch G. v.

1. Januar

11. Dez. 1871 (RGB. 444) —

eine Reihe eisenbahnrechtlicher Einzelvorschriften. 1. Das

Reich

Reichsgebiete

darf

jederzeit

Eisenbahnen

im

bauen

gesamten oder

den

Bau von solchen durch Private konzessionieren

(RV. Art. Gesetzes.

41).

Jedoch bedarf es hierfür immer eines

Eine Beschränkung

des Reiches besteht

nur

nach dieser formellen Seite; materielle Schranken für das

Das Eisenbahnwesen,

g. 31

299

Reich sind nicht vorhanden, denn die beiden Voraussetzungen, welche die Verfassung für den Bau neuer Reichseisenbahnen

aufstellt:

„Interesse

lands"

und „Interesse

der Verteidigung Deutsch­

des

kehrs" find so allgemeiner Art,

Schranke für das Reich

gemeinsamen Ver­ daß darin eine juristische

überhaupt nicht gefunden werden

kann.15

Daß gegen die Anlage von durch Reichsgesetz beschlossenen

Reichseisenbahnen ein „Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die Eisenbahnen durchschneiden",

ausgeschlossen ist,

«giebt sich juristisch schon aus den allgemeinen Grundsätzen

16 A. A. Hänel, StR. I, 634 ff. — s. auch noch S. 649 über eine weitere Unterscheidung, die aus dem Wortlaut der Ver­ fassung deduziert wird — unter Berufung auf die Verhandl. d. konstituierenden Reichstages: die Kompetenz des Reiches beziehe sich nicht auf »diejenigen Ord­ nungen und Einrichtungen, welche nur die Wahrung lokaler und individueller Interessen bei An­ lage und Betrieb der Eisenbahnen bezwecken und eine Beziehung auf die Landesverteidigung nicht haben". Sehr gut über den positiven Umfang der Reichs­ kompetenz Hänel 637: „Der Beaufsichtigung und Gesetzgebung deS Reiches unterliegt daher alles, was durch die Herstellung und den Betrieb der Eisenbahn als eines wirtschaftlichen Unter­ nehmen- oder als eines beson­ deren Zweiges der Staatsver­ waltung bedingt ist. Das gilt

für die privatrechtliche wie die öffentlich-rechtliche Gestaltung. Es gilt sowohl für die innere Seite des Eisenbahnwesens, welche die Aufstellung eines planmäßigen Netzes, das Konzefsions- und Expropriationswesen, die Anlage, die Ausrüstung und den ge­ samten Betrieb befaßt, als auch für die äußere Seite desselben, welche die Beziehungen zu den anderen Verwaltungszweigen, der Post und Telegraphie, des ZollMilitär-Veterinär- und Sanitäts­ wesens betrifft." WennG.Meyer, VerwR.I, 528, ausspricht: durch einfaches Gesetz könne daS Reich sich weitere Berwaltungsbefuaniffe bei legen — was Hänel I, 638 "als.unrichtig" bezeichnet—, so dürfte diese Differenz der Meinungen praktisch belanglos sein. Im wesentlichen über­ einst. mit dem Text Laband II, 104*.

300

Luch IX. Dai Lerkehrswesm.

über das Verhältnis der Einzelstaaten zur Zentralgewalt.'*

Die Worte der Verfassung: „unbeschadet der Landeshoheits­ rechte" find gegenstandslos, da für den Umfang des Reichs­

gesetzes die Landeshoheitsrechte ipso jure außer Kraft treten, im übrigen aber ebenso ipso jure aufrecht bleiben.17

Konzessioniert das Reich einen Privatuntemehmer zum Bau einer Eisenbahn, so kann derselbe zugleich mit dem Expropriationsrecht ausgestattet werden, und zwar mtweder nach Maßgabe spezieller Bestimmungen des Reichsgesetzes

selbst oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung über das

Expropriationsrecht.1R Diese Vorschriften der Reichsverfasiung gelten auch für Bayern.

2. „Jede

Eisenbahnverwaltung

bestehende

ist verpflichtet, sich den Anschluß neu angeleg­

ter Eisenbahnen auf Kosten der letzteren ge­

fallen zu lassen."

(RB. Art. 41 Abs. 2.)

Dies gilt

auch für Bayern.

8. Alle

landesgesetzlichen

Vorschriften,

welche die Erteilung von Widerspruchsrechten an bestehende oder neu zu bildende Eisenbahn­

verwaltungen gegen die Anlegung von Parallel­

oder Konkurrenzbahnen gestatteten, sind durch

die Reichsverfassung

aufgehoben.

Bereits

worbene Rechte dieser Art bleiben jedoch unberührt.

gilt auch für Bayern.

(RV. Art. 41 Abs. 3.)19

16 S. oben B. I S. 137.

ai$- *' 649 18 Laband II 106*. Seydel, Komm. 189.

er­

Dies

j

19 RV. Art. 41 Abs. 2 u. 3

■ 1« SetUung In A. «.'Sänel, StR. I, 638. Laband II, 107.

Das EisenLahnrvesen. ß. 31.

301

4. Allen behördlichen Anordnungen, welche

die

Verteidigung

haben,

müssen

tungcn20

Deutschlands

sämtliche

zum

Zweck

Eisenbahnverwal-

unverzüglich Folge

leisten.

Militär-

und Kriegsmaterial ist auch im Frieden auf allen deutschen

Eisenbahnen zu zu befördern.

gleichen und zwar herabgesetzten Preisen

Dies gilt auch für Bayern.

(RV. Art. 47.)

Die Tarifsätze hat der Bundesrat zu bestimmen.21

5. Die Eisenbahnverwaltungen sind dem Reiche gegen­

über durch die Reichsverfaffung (Art. 44) verpflichtet:22 a) die nötigen Personenzüge mit entsprechender Fahr­

geschwindigkeit für den durchgehenden Verkehr,

b) ebenso die nötigen Güterzüge, c) direkte Expedition im Personen- und Güterverkehr unter Gestattung des Übergangs der Transportmittel einer

Bahn auf die andere einzurichten,

d) ineinander greifende Fahrpläne aufzustellen.28

80 MitRecht faßt Hänel 64Sff. die Art. 43 S. 2 , 44, 47 zu­ sammen, da sie Pflichten der Eisenbahnverwaltungen schaffen, deren Erfüllung das Reich direkt ohne Rücksicht auf das Partikularrecht und ohne Mitwirkung der Einzelstaaten erzwingen kann. « Näheres s. KriegsleistG. §§. 28-31. NaturalleistG. §. 15 Friedenstransportordnung vom 11. Febr. 1888 (RGB. 23) und Kriegstransportordnung vom 26. Febr. 1887 (RGB. 9); s. Jänel I. 650. Löning 622. aband 11, 121 und unten im Militärrecht.

28 Die Grundlage für diese Verfaffunasvorschriften war ge­ legt durch die Thätigkeit deS „Vereines deutscher Eisen­ bahn-Verwaltungen" seit 1846, s. Hänel I, 641 ff. 88 Hänel I, 651: Die Be­ deutung dieser Vorschrift ist „die Anforderungen des großen Verkehrs an das Ineinander­ greifen der Fahrpläne, an die Bewältigung des Güterverkehrs und an direkte Expeditionen da­ durch von den vertragsmäßigen Beliebungen, von territorialen Begrenzungen und von autonomischen Widerspruchsrechten frei

Buch IX.

302

Da- Verkehrswesen.

gelten

Für Bayern

diese

Vorschriften formell

nicht,

werden aber materiell gleichfalls beobachtet. 6. Nach RV. Art. 42

Bundesregierungen,

nach

Bahnen

„verpflichten sich die

die neu herzustellenden

einheitlichen

Normen

anlegen

und ausrüsten zu lassen". Die eigentümliche juristische Terminologie dieser Ver-

fafsungsbestimmung könnte auf eine vertragsmäßige Einigung

der „Bundesregierungen" über die oben genannten Punkte bezogen werden.

Eine solche würde jedoch allgemeinen staats­

rechtlichen Grundsätzen widersprechen,2* und überdies wird Art. 42 unzweifelhaft beherrscht von Art. 4 Z. 8,26 welcher die „Gesetzgebung"

zuweist.

Das

über das Eisenbahnwesen dem Reiche

Reich

ist

danach

unzweifelhaft

berechtigt, auf dem Wege des Gesetzes die An­

lage und Ausrüstung der Eisenbahnen zu nor­

mieren.

dem Reiche

Nur Bayern auch Bayern

ist hiervon eximiert;

doch steht

gegenüber das Recht zu,

„im

Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Kon­ struktion und Ausrüstung der für die Landesver-

xu stellen, daß die entsprechenden Verpflichtungen der beteiligten Privat- und Staatseisenbahnverwaltungen als Rechte des Reiches konstituiert werden". Über die Tragweite der Vor­ schrift über dre Fahrpläne — keine Abänderung ohne Geneh­ migung der Aufsichtsbehörde — f. Entsch.d. RG.i.Civils. XXXII, 134. 24 S. oben B. I S. 125. 26 Denselben Gedanken spricht

jetzt auch Hänel, StR. I, 647f., aus, allerdings mit Beschränkung aus das allgemeine Verkehrs- und das militärische Jnteresie und nicht für die Form des Reichs­ rechts. Hänel folgert daraus, daß jedes Bauprojekt dem Reich zur Prüfung vorgelegt werden müsse, und daß gegen jedes Bau­ projekt aus den obigen Gesichts­ punkten Widerspruch erhoben werden kann.

Das Eisenbahnwesen,

teibigung

wichtigen Eisenbahnen

g. 31.

303

aufzustellen"

(RV.

Art. 46 Abs. 3); da kaum eine Eisenbahn als nicht „wichtig

für die Landesverteidigung" wird betrachtet werden können,

so

enthält

die für Bayern

statuierte Exemtion

bezüglich der

Reichsgesetzgebung

Anlage

von der

(„Konstruktion")

und Ausrüstung der Eisenbahnen eine materielle Schranke für das Reich nicht.

In Konsequenz Art. 43

des Art. 42 schreibt die Verfassung

weiter vor:

thunlichster

„Es sollen (eie!) demgemäß" in

Beschleunigung

übereinstimmende Betriebsein­

richtungen getroffen, insbesondere gleiche Bahnpolizeiregle­

ments eingeführt werden.

zu

tragen,

daß

die

Das Reich hat dafür Sorge

Eisenbahnverwaltungen

die Bahnen

jÄerzeit in einem die nötige Sicherheit gewährenden bau­ lichen

Zustande

material so

erhalten27

und dieselben mit Betriebs­

ausrüsten, wie das Verkehrsbedürfnis es er­

heischt." 88

Die Interpretation dieser Berfaffungsvorschrist bietet nach Verschiedenen Richtungen hin Schwierigkeiten.28

Zunächst

erhebt sich die Frage: wer ist kompetent zum Erlaß der die Art. 42 u. 48 ausführenden Anordnungen.

Die Verfassung

sagt: „die Bundesregierungen verpflichten sich", „es sollen —

— getroffen werden", „das Reich hat dafür Sorge zu tragen".

Danach würde die Verfassung die Ausführung der Art. 42

und 48 in der Weise zulassen, daß jene Anordnungen in übersein sollen; vgl. auch LLning 88 Hitnel, StR. I, 644'. 623s. 87 »etrO. 88. 1-6. Laband II, 109. G. Meyer I, * BetrO. §8. 7—19. 629 spricht von »vermittelnden « Laband U, 106ff. HüFunktionen", die nur »eine nel I, 644 ff. Direktive für politische- Handeln"

Vuch IX.

804

Da- Verkehrswesen.

einstimmender Weise von den Einzelstaaten getroffen mürben,80

unter Vorbehalt der Kontrolle des Reiches sowohl über die Einheitlichkeit als über den thatsächlichen Zustand des Eisen­ bahnwesens.

Andrerseits aber gestattet die Verfassung die Ausführung

der Art. 42 u. 43 unzweifelhaft auch in der Weise, daß

jene Anordnungen direkt vonReichs wegen er­ lassenwerden, wodurch dem allgemeinen Grund­

satz von RB. Art. 4 Z. 8 unb der speziell in Art. 42

übernommenen Berpflichtung

gemäß für die

sämtlichen Einzelstaaten bindendes Recht ge­ schaffen wird, für Bayern jedoch mit dem Vorbehalt, daß das Vorhandensein der in Art. 46 Abs. 3 genannten Voraussetzung: „wichtig für die Landesverteidigung" gegeben

sein muß, was ohne weiteres bei jeder Eisenbahn angenommen

werden darf, und daß die betreffenden Vorschriften sich auf

„Konstruktion und Ausrüstung" beziehen, worin allerdings

eine materielle Schranke des Reiches Bayern gegenüber liegt. Das Reich hat von diesem ihm durch die Art. 42 u. 43

der Verfassung eingeräumten Rechte einen sehr umfassenden

80 Vgl. Laband II, 109 ff.; Hünel I, 644. Trotz des schein­ baren Gegensatzes kommen beide Schriftsteller zu dem Resultat: daß nur die Einzelstaaten nach der RV. Träger der Eisenbahn­ verwaltung sind; sie sind jedoch verpflichtet — nach Laband gegenseitig, nach Hänel dem Reich gegenüber —, diese Ver­ waltung einheitlich, gemäß den Direktiven der RV. zu gestalten; vo.l Reichs wegen wird darüber

nur „beschlossen". Nach Laband haben die beiden Sätze des Art. 43 jedoch eine ganz entgegen­ gesetzte juristische Bedeutung: „baulicher Zustand" und „Be­ triebsmaterial" unterstehen der Aussicht des Reiches, das Reich kann demnach auch nach dieserRichtung jure proprio „ Norma bestlmmungen" erlcssen: es sind dies die unten c und d genannten Verordnungen.

DaS Eisenbahnwesen,

805

g. A.

Gebrauch gemacht, indem nachfolgende Verordnungen des Bundesrates erlassen und auch von Bayern angenommen wurden.81 a) Die Betriebsordnung für die Haupteisen­ bahnen Deutschlands v. 5. Juli 1892 (RGB. 691) nebst dem internationalen Übereinkommen über denEisenbahnfrachtverkehrv. 14. Oki. 1890 (RGB. 1892, 793, dazu die Liste der beteiligten Bahnstrecken RGB. 1896, 13 ff.), besondere Bestimmungen für den Verkehr mit Österreich-Ungarn v. 15. Rov. 1890 (RGB. 1892, 1015) bezw. 9. Febr. 1895 (RGB. 139), ausgedehnt auf Belgien (RGB. 1894, 403) und Luxemburg (RGB. 1893, 189, 1894,149,1896,108, 703); für den Wechselveckhr zwischen dem Deutschen Reiche, Österreich-Ungarn, Niederlanden,

Schweiz s. RGB. 1894, 113. b) Signalordnung v. 5. Juli 1892 (RGB. 773). Dazu Betriebs-O. §§. 40—49.

11 Nach Laband II, 110 er­ mangeln alle diese Verordnungen prinzipiell der Rechtskraft; ihre Annahme oder Nichtannahme stand lediglich im .Belieben" b# Einzelstaaten. Ebenso Hänel a. a. O. Übereinst, m. d. Text Arndt, VerordnR. 111. Entsch. d. ROHG. XXI, 60. Entsch. d. RG. in Strafsachen X,326. Mandry419 behauptet einen prinzipiellen Unterschied -wischen diesen Verordnungen, welchen er auch die Telegraphenordnung anfügt, und den Postverordnungen, weil »zwischen solche und das eben-

Zorn, Staat-recht II. 2. Aufl.

falls zu Grunde liegende HGB. hier zwei selbständige Reichs­ gesetze treten", das Postgesetz und das Posttaxgesetz. Es ist aber nicht einzusehen, wie hier­ aus ein Unterschied in der juri­ stischen Beurteilung resultieren soll. Die Postordnung ist aller­ dings auf Grund eines Spezial­ gesetzes erlassen, die Eisenbahn­ verordnungen aber führen sich ein als auf Grund der Verfassung erlassen, also doch wohl auch eines »Gesetzes". Die Frage ist immer nur die, ob eben das Gesetz hierzu die Kompetenz gab. 20

Buch IX. DaS BerkchrSwesen.

806

c) Bahnordnung für die Nebeneisenbahnen

Deutschlands v. 5. Juli 1892 «RGB. 764). d) B. v. 5. Juli 1892 über Bau und Ausrüstung der Haupteisenbahnen Deutschlands (RGB. 747 ff.).

e) B. v. 5. Juli 1892 über die Befähigung v. Eisen-

tahn betriebsbeamten (RGB. 723).

f)

Ferner gehört hierher das G. v. 3. Mai 1886 «RGB.

181), kraft dessen alle Fahrbetriebsmittel deutscher Eisenbahnen und ebenso ausländischer, insoweit Gegenseitig-

teit verbürgt ist,82 welche Personen oder Güter im öffentlichen Verkehr befördern, von der ersten Einstellung in den

Betrieb bis zur endgiltigen Ausscheidung aus dm Beständen nicht gepfändet werden dürfen, wohl

aber ein-

tretendm Falles der Konkursmasse angehörm. g) über „die technische Einheit im Eisenbahn­

wesen"

habm

Deutsche Reich,

sich durch Frankreich,

Staatsvertrag Italien,

geeinigt:

das

Österreich-Ungarn,

Schweiz, Dänemark, Luxemburg, Schweden-Norwegen (CB.

1887,50. 115; 1890, 319; 1891, 285; 1896, 149, 465). 7. Endlich steht dem Reich nach Art. 45 die „Kon­

trolle über das Tarifwesen"

zu.

Unter „Tarif­

wesen" subsumiert dieVerfaffung in eigmtümlicher Terminologie ») die Transportbedingungen, d) die Frachtsätz e.88

a) Das Reich „wird namentlich dahin wirken,

daß baldigst auf allen deutschen Eisenbahnen übereinstimmende

Betriebsreglements einge­

führt werden."

” Dies geschah mit Österreich-; speziell über den Begriff „BeUngarn, StV. v. 17. März 1888, i trieb': s. ferner zu Art. 45 RGB. 153. .Hänel StR. 1, 652ff.; Lö88 Bgl. Laband II, 123 ff.! ning 625 f.

Das Eisenbahnwesen.

§• 31.

307

Auch für die Durchführung dieser Berfaffungsvorschrift war der oben bezeichnete doppelte Weg möglich: auch hier wurde der Weg der direkten Regelung von Reichs wegen ge­

wählt, und man wird der bezüglichen Verordnung des Bundes­

rates die feste juristische Basis bindender Rechtskraft für die Einzelstaaten so wmig bestreiten dürfen, wie den oben sub 6. erwähnten Verordnungen."

Nur für Bayern ist, da

der Betrieb unmöglich unter „Anlage und Ausrüstung" sub­

sumiert werden kann, unzweifelhaft, daß die Annahme der

bundesrätlichen Verordnung im freien Belieben dieses Staates

stand; nachdem aber diese Annahme erfolgte, steht Bayem unter den nämlichen Rechtsvorschriften wie die übrigen Einzelstaatm.

Der Bundesrat erließ bezüglich der Transportbedingungen

für Personen, Reisegepäck, Leichen, Fahrzeuge, Tiere, Güter auf deutschen Eisenbahnm unterm 11. Mai 1874 ein Be­

tri ebsre gl em ent,"

und

das

weiterhin

mehrfach

ergänzt

modifizirt wurde; eine Ergänzung zum Inhalt der

bundesrätlichm Verordnung bildete u. a. auch das Gesetz

v. 25. Februar 1876 (RGB. 163) über Viehbeförderung auf deutschen Eisenbahnm." •* Über den rechtlichen Cha­ rakter s. Hänel 1, 659; Laband II, 117; G. Meyer BerwR. L 498 f.; Entsch. d. ROHG. IV, 184 ff. (»Rechtsver­ bindlichkeit unter der Voraus­ setzung seiner autonomischen Annahme von feiten der Eisen­ bahnverwaltungen") ; Schott in Endemanns Handb. d. Han­ delsrechte- m, 463 ff.

88 Das erste Regt, wurde er­ raffen unterm 10. Juni 1870 (BGB. 419); das zweite ist publiziert CBl. 1874, 179. Dgl. E. Meier 668; Rukdeschel 8. v. Reglement der Eisenbahnm in v. Holtzendorffs RLex. 3. L. M Dazu BollzB. d. BR. ». 13. Juli 1879 (CBl. 479).

Buch IX.

308

DaS Berkehrswesen.

Unterm 15. Nov. 1892 ist

an

Stelle des

reglemmts die Berkehrsordnung

für

Betriebs-

die Eisen-

bahnenDeutschlands getreten (RGB.923ff., 1015ff.); dazu Nachtrag v. 23. Febr. 1893 (RGB. 9), v. 18. Okt. 1895

(RGB. 445), v. 1. Juli

1895

(RGB. 354), v.

9. Febr. 1896 (RGB. 9), v. 20. Sept. 1896 (RGB. 704). Diese beruht auf dem Berner internationalen

Übereinkommen über den Eisenbahnverkehr v.

14. Okt. 1890 (RGB. 1892,793ff.), das im Wege der Gesetzgebung genehmigt ist.

Der maß geb ende j uristische Gesichtspunkt für das

Eisenbahntransportgeschäft

ist

demnach

zwar dermalen unzweifelhaft noch der handels­ rechtliche, da

die Eisenbahnen noch nicht als

„Staatsverkehrsanstalt" wie Post und Tele­ graphie eingerichtet sind.

Demgemäß ergiebt sich:

1. Das Reglement als Verordnung des Bundesrates darf

nicht dem Handelsgesetzbuche widersprechen und dasselbe, so­ weit zwingendes Recht in Frage steht, auch nicht abändern;

2. das allgemeine Handelsrecht über Frachtgeschäfte gilt ohne

weiteres subsidiär auch für das Eisenbahngeschäft?'

Eine

grundsätzliche Veränderung aber ist dadurch ein­

getreten, daß der Berner Vertrag v. 14. Oft. 1890 Gesetzeskraft hat, somit dem Handelsgesetzbuch derogiert, so

Die jetzige Verkehrsordnung aber ist

auf

,1 G. Meyer I, 530 f.; Lö-! 88 So sehr richtig Laband ning 620, 625; Goldschmidt! II, 116, freilich im Widerspruch HandR. I, 624 ff.; Laband II, zu der Bemerkung S. 14* über 126. Die einschlägigen Bestim-1 das Verhältnis von Staatsvermu.iaen des HGB. zusammen-1 trag und Gesetz, gestellt bei Cörmann 230 ff. I

Das Eisenbahnwesen.

Grund

809

A. 31.

und zum Vollzüge des Berner Vertrages erfassen.

Demgemäß ist der Widerspruch zum HGB. jetzt, weil durch

den Berner Vertrag beseitigt, gegenftanbdloS.89

Auf dm

noch

das

„Betrieb" der Eismbahnm

Spezialgesetz v.

7. Juni

bezieht sich ferner

1871

(RGB.

207).

Rach demselben haftet der Betriebsuntemehmer für Stiftungen

ober Körperverletzungen

beim

Eisenbahnbetrieb, indem er

dm hierdurch entstandenen Schadm zu ersetzm hat, „sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden des Getöteten oder Verletztm verursacht ist", und diese Haftpflicht kann vertragsmäßig nicht ausgeschloffm werdm (§§. 1. 5).

Die näheren Vorschriften über

Berechnung des Schadmersatzanspruches,

gerichtliches

Ber-

fahrm und Verjährung find lediglich zivilrechtlicher Natur.

Weitergehmde Vorschriftm des Landesrechtes werdm durch das Reichsgesetz ausdrücklich vorbehaltm.40 b) Kraft der ihm übertragenen „Kontrolle über das Tarif-

wesm" wird das Reich weiter „namentlich dahin rottfen", daß

„die möglichste Gleichmäßigkeit und Herabsetzung der Tarife

erzielt, insbesondere daß bei grösseren Entfernungen für dm Transport von Kvhlm, Coaks, Holz, Erzm, Stemm, Sah, Roheism, Düngungsmitteln und ähnlichm Gegmständm ein

dem Bedürfnis der Landwirtschaft und Industrie entsprechen«

der ermäßigter Tarif, und zwar zunächst thunlich der Ein-

pfmnigtarif eingeführt werde."4' Die Kompetmz des Reiches, auf dem Wege seiner Ge-

- S- dazu Laband II, 117'. der Materialien au- der Recht­ 46 Vgl. die eingehende Er­ sprechung bei Eörmann239ff. ♦* Bgl. Cvl. 1875, 79. örterung beiM an d ry 442 ff.; sehr reichhaltige Zusammenstellung

310

Buch IX.

DaS Verkehrswesen.

setzgebung einen Einheitstarif vorzuschreiben, ist zwar in der obigen Verfaffungsbestimmung, die dem Reich nur eine Kon­ trolle" vindiziert, nicht enthalten, wohl aber würde diese Kompetenz aus Art. 4 Z. 8 der RV. gefolgert werden können.48 Zur Zeit übt das Reich fein Kontrollrecht über das Tarifwesen nur durch Kenntnisnahme der partikular­ rechtlichen Vorschriften aus. Der unter ben deutschen Eisen­ bahnverwaltungen festgestellte Einheitstarif ist zwar vom Bundesrat „bestätigt" worden, ist aber in keiner Weise Bestandteil des Reichsrechtes, sondern lediglich Privatvertrag ;44 42 43 42 S. über den Begriff Hä-! Tarifwesens festzuhalten", nel I, 653. ! derart, daß es „gegen jede ein* 43 Die „Handhabe" für das fettige, ohne seine Mitwirkung Reich, „mittelst deren es aufund Genehmigung erfolgende die Fortentwickelung und Um- Abweichung davon in für jeden gestaltuna des Tarifwesens ein-; Beteiligten rechtsverbindlicher wirken könne" (Laband II, Weise Einspruch erheben kann, 124), ist weniger Art. 45 als als einer verfassungswidrigen Abs. 4 Z. 8. Vgl. auch La- und nichtigen Maßregel": da­ band II, 106. Immerhin wäre durch haben die „rechtsgiltig das Reich auch gemäß Art. 45 beschlossenen Regulative die zu direktem Eingreifen gegen- > nämlichen rechtlichen Wirkungen, über allen deutschen Eisenbahnen i als welche einer auf der freien berechtigt, ohne hierfür der Mit- i Initiative des Bundesrates entwirkung der Einzelstaaten zu j sprungenen Verordnung bei­ bedürfen. Das Recht „einseitiger wohnen". ' “ * Diese ~ Deduktion er­ Festsetzungen" des Betriebs­ scheint juristisch nicht haltbar. reglements hat das Reich aus Nach dem geltenden Recht ist Art. 45 („dahin wirken") nicht der Einheitstarif Vertrag/ und — s. Hänel 1, 656 f. — wohl die „Kontrolle," sowie das „Hin„Hin­ aber aus Art. 4 Ziff. 8. A. A. wirken" des Reiches sind nicht La band II, 1191. giirpirfipnh. hin«­ zureichend, hon den SRprtrnn Vertrag in bin 44 Laband II, 118 ff.; E. L chvc», $ iu dendes, zwingendes Recht zu Meier 668; Hänel I, 654 f. verwandeln,. Ein Gesetz aber erkennt dies an, vindiziert aber imit " dem Inhalt 2 , des Einheits, gleichwohl dem Reiche das Recht, tarifes zu erlassen, wäre das „die herbeigeführte Übereinstim- - Reich aus RV. Art. 4 Z. 8 mung und Gleichmäßigkeit des' kompetent.

Das Eisenbahnwesen.

§. 31.

311

derselbe enthielt übrigens keine „Herabsetzung", fonbem eine

Erhöhung der früheren Tarife; der

„Einpfennigtarif" ist

nirgends eingeführt; demgemäß hat auch das Württembergische

Reservatrecht45 bis jetzt keine praktische Bedeutung gewonnen. Bei Notständm, besonders ungewöhnlicher Teuerung der

Lebensmittel, kann der Kaiser auf Vorschlag des Bundesratsausschuffes

für

das

Eisenbahnwesen

einen „niedrigen

Spezialtarif" vorschreiben für den Transport von Getreide,

Mehl, Hülsmfrüchten und Kartoffeln; dieser Spezialtarif darf

jüwch nicht unter den niedrigsten Tarifsatz, der für Roh­ produkte auf der betreffenben Bahn gilt, herabgehen (RB. Art. 46).

8. Die reichsrechtlichen Borschristen über die Pflichten

der Eisenbahnen in Bezug auf das Post- und Telegraphen­

wesen s. oben S. 269 ff.

9. über die Verpflichtungen der Eisenbahnen in Bezug auf das Zollwesm s. (Vereins)-ZG. v. 1. Juli 1869 (BGB. 317) §§. 17. 59.-73. 95. 120. 128. 131. 153. 10. Über den strafrechtlichen Schutz der Eisenbahnen s.

RStGB. §§. 90. 123. 243. 250. 263. 305. 315. 316.

319. 320. Betriebs-O. §. 62, »erb. Verkehrs-O. §§. 53 bis 61.

III.

Lrichsrisenbahnm.

Durch die Zusatz-Konvention zum Frankfurter Friedens­

vertrag v. 10. Mai 1871 (RGB. 234), dazu Conv. v. 11. Dez. 1871 (RGB. 1872, 7) Art. 16, übernahm der französische

* Württ. Schl. Prot. (»G». auch die Materialien auS der 1870, 657) Z. 2. Rechtsprechung. ** S. Cörmann 257 ff.; dort

Buch IX.

312

Das Verkehrswesen.

Staat die Verpflichtung, die in Elsaß-Lothringen, soweit diese

Lande an das Reich abgetreten wurden, belegenen, im Eigen­ tum einer Privatgesellschaft stehenden Eisenbahnen zurückzu­

kaufen und dieselben gegen Zahlung eines Kaufpreises von 325 Millionen Thalern schuldenfrei dem Deutschen Reiche

zu übertragen.

Durch die Ausführung dieser Be­

stimmungen erwarb das Reich Privateigentum

an einem bedeutenden Eisenbahnkomplex, der weiterhin noch erheblich erweitert rourbc47 48 Zugleich übernahm der ftanzösische Staat die Verpflich­

tung, dafür Sorge zu trogen, daß auch die Verwaltung der

bisher von der oben bezeichneten Privatgesellschaft verwalteten, auf großherzoglich luxemburgischem Gebiete belegenen W i l -

Helm-Luxemburg-Eisenbahn 49 dem Deutschen Reiche übertragen werde.49 Auch diese Verpflichtung wurde erfüllt, und somit erwarb das Reich neben den in seinem Eigen­

tum stehenden Eisenbahnen noch die Verwaltung über

eine hochwichtige, an die Reichseisenbahnen angrenzende ftemde Linie. Diese Verhältnisse wurden auf dem Wege des Staats­

vertrages

mit

dem

Großherzogtum Luxemburg genau ge­

ordnet; das Rechtsverhältnis der Wilhelm-Luxemburg-Eisen47 G. v. 14. Juni 1871 (RGB. I Mächte über die Neutralität 253), 22. Nov. 1871 (RGB. I Luxemburgs v. 3. Dez. 1870. 396), 15. Juni 1872 (RGB. 49 ZusKono. v. 10. Mai 1871 209), 18. Juni 1873 (RGB. (RGB. 234) §. 6 Abs. 3-5, 143) und weitere. dazu Staatsvertr. mit Luxemburg 48 Vermittelst dieser Eisenbahn v. 11. Juni 1872, vb. G. v. 15. waren im deutsch-französischen j Juli 1872 (RGB. 329); ferner Kriege die belagerten französischen Staatsvertr. mit Belgien v. 11. NorÄbsw"gen völkerrechtswidrig Juli 1872 (RGB. 1873, 339), mit Proviant und Munition ver-' mit Luxemburg v. 11. Okt. 1876 sorgt worden, s. die Zirkular- (RGB. 1876, 234). G. v. 8. Mai depesche Bismarcks an die Groß- 1878 (RGB. 93).

Das Eisenbahnwesen.

§. 31.

313

bahn ist aber prinzipiell ein wesentlich anderes als das der elsaß-lothringischen Reichseisenbahnen.

„Staatsanstalt"

wie Post undTelegraph sind jedoch auch die letz­

teren vorerst

nicht,

sondern

Privateigentum

des Reiches; das Verhältnis zu der Wilhelm-

Luxemburg-Eisenbahn istein privatrechtliches

Pachtverhältnis. Gesetzliche Bestimmungen

über die Verwaltung

dieser

Reichseisenbahnen sind nicht ergangen. Oberste Verwaltungs­

stelle ist das Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisen­

bahnen in Berlin, unter welchem diekaiserlicheGeneraldirektion in Straßburgs als oberste

lokale Ver­

waltungsstelle und ihr untergeordnet eine Anzahl von Betriebsinspektionen fungieren.

Die Verwaltung der Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahn ein­

schließlich

der später erbauten

Ergänzungslinien ist

dem

Deutschen Reiche verpachtet gegen Zahlung einer jährlichen Pachtsumme von 2 500 000 Francs an die frühere Gesell­ schaft (500 000 Fr. hat Belgien für seinen Teil zu be­ zahlen) 51 bis zum 31. Dez. 191262 und zwar primär nach

Maßgabe derjenigen Bestimmungen, nach welchen die Ver­ waltung durch die französische Gesellschaft geführt wurde.

Jedoch hat das Reich ausdrücklich die Verpflichtung über­

nommen, die Verwaltung unter vollständigster Wahrung der

60 KB. v. 9. Dez. 1871 (RGB. I 61 StaatSvertr. m. Belgien v. 60 480), welche aber prinzipiell mo-111. Juli 1872 Art. 7. difinert ist durch die B. v. 27. 88 Die nachfolgenden LorRai 1878 über Errichtung des i schristen sind in dem StaatSReichsamteS f. d. Verwaltung vertrag mit Luxemburg v. 11. der Reichseisenbahnen, s. oben : Juni 1872 enthalten, dazu StB. »d. I, S. 275. I d. 11. Okt. 1876 Art. VII.

Neutralität des Großherzogtums Luxemburg zu führen, insbesondere die Bahn zu keiner Zeit zum Transport von Truppen, Waffen, Kriegsmaterial und Munition zu benutzen und währmd eines Krieges, an welchem das Deutsche Reich beteiligt wäre, auch derselben zur Verproviantierung der Truppen auf keine die Neutralität des Grobherzogtums ver­ letzende Weise sich zu bedienen. Ter Sitz der Verwaltung ist in Luxemburg, und das Deutsche Reich muß in Sachen der Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahn vor den luxemburgischen Gerichten Recht gebm und Recht nehmen. Don der Person des zum Chef der Verwaltung berufenen Beamten ist der großherzoglichen Regierung vor der Ernennung Mitteilung zu machen, und die Hoheitsrechte des luxemburgischen Staates find durch einen Spezialkommiffar wahrzunehmen. Außer­ dem hat die luxemburgische Regierung noch das Recht, einen Ausschuß aus vier Mitgliedern zu bestellen, welcher mindestens vierteljährlich einmal und außerdem auch auf besondere Ein­ ladung, sei es der deutschen Generaldirektion, sei es der luxemburgischen Regierung, mit Vertretern der deutschen Ver­ waltung und dem luxemburgischen Staatskommiffar zusammen­ tritt, um über die Bedürfniffe des Verkehrs und des Bettiebs zu beraten. Zu Beamten und Bediensteten der Verwaltung sollen vorzugsweise luxemburgische Staatsangehörige erwählt werden; Deutsche wie Luxemburger, welche bei der Eisenbahn angestellt sind, behalten ihre Staatsangehörigkeit; die Beamten sind hinsichtlich der Führung ihres Amtes den deutschen Disziplinarbehörden und Disziplinarvorschriften, im übrigen dem Rechte des Ortes, wo sie ihr Domizil haben, unter­ worfen. Die Bettiebsreglements und Tarife sind in Ein­ klang zu halten mit den für die Reichseisenbahnen geltenden

Da- Eisenbahnwesen.

§. 31.

315

Bestimmungen; das Reich ist verpflichtet, den Personen- und

Güterverkehr möglichst zu erleichtern und zu befördern, speziell durch die Bestimmungen über die Tarife für Transpotte nach

dem Königreich der Niederlande; die deutschen Betriebsmittel

müssen auch auf luxemburgischem Gebitte zugelaffen werden. Im übrigen ist die Verwaltung nach den für die Reichs­

eisenbahnen

geltenden Bestimmungen zu führen; über die

Ergebnisse des Betriebes ist der großherzoglich luxemburgi­ schen Regiemng alljährlich im Monat März eine summarische

Übersicht zu

erstatten,

welche der

Staatskommissar

einer

Prüfung unterwerfen und zu diesem Zwecke die Bücher, Re­

gister, Rechnungm der Generaldirektion, soweit sie sich auf die

Wilhelm-Luxemburg-Bahn beziehen, einfehen darf.

Für die

Aufstellung dieser Übersicht ist durch Staatsvertrag ein ge­

naues

Schema vereinbatt.

Die von der luxemburgischen

Regiemng der Bahn gewähtte Staatssubvention von 8 Mil­

lionen Franken ist allmählich zu tilgen; bis zum Zeitpunkt der Tilgung verzichtet das Deutsche Reich auf jeben Anteil am Gewinn; späterhin ist der Gewinn zwischen dem Deutschen

Reiche und dem Großherzogtum Luxemburg teilen.

gleichmäßig zu

Für die Ausstattung mit Betriebsmaterial ist dem

Deutschen Reiche

eine entsprechende Entschädigung zu ent­

richten, für deren Berechnung der Vertrag gleichfalls genaue Vorschriften giebt.

Bis zum Ablaufedes Zeitraumes, für welchm die WilhelmLuxemburg-Bahn in dem oben erörterten Rechtsverhältnis zum

Deutschen Reiche steht, darf der Zollvereinigungsvertrag mit

Luxemburg v. 20/25. Okt. 1865 nicht gekündigt werden. Di« auf belgischem Gebiete belegenen Strecken der Wilhelm-

Luxemburg-Bahn wurden durch Staatsvertrag ».11. Juli 1872

316

Buch IX.

Das Verkehrswesen.

an den belgischen Staat übertragen und zugleich im einzelnm die Rechtsverhältnisse zwischen diesem und dem Deutschen Reiche geordnet.

§. 32. Aas Atah- rrnd Kewichtswelen.' I. Vechtsqurllrn und Brganisafion. I. Nach RV. Art. 4 Z. 3 unterliegt das Maß- und Gewichtswesen der Gesetzgebung und Beauf­ sichtigung des Reiches. Demgemäß war schon für dm Norddmtschm Bund durch G. v. 17. August 1868 (BGB. 473) eine einheitliche Maß- und Gewichtsordnung erlassen worden, welche seit 1. Juli 1875 für das ganze Reich in Kraft steht;2 dazu erging ein Nachtragsgesetz (Auf­ hebung des Art. 4) v. 7. Dez. 1873 (RGB. 377), ferner ein zweites v. 20. Juli 1881 (RGB. 249), ein drittes v. 11. Jyli 1884, ein viertes v. 26. April 1893 (RGB. 151)? Zum Vollzug des Gesetzes wurde unterm 16. Juli 1869 die Aichordnung erlassen (Beil, zu Nr. 32 des BGB. ' Laband II, 172 ff.: E.! Einführung durch G. v. 26. Meier in v. Holtzendorffs RLex. > Rov. 1871 (RGB. 397) unter 3. A., s. v. Maß- und Ge- Ausschluß der Art. 15—20, an wichtsordnung",Dochow ebenda deren Stelle die Art. 11 u. 12 s. v. „Aichordnung"; Hänel I, des bayr. G. v. 29. April 1869 663 ff.; G. Meyer BerwR. I, in Kraft verblieben. In Elsaß459ff.; Lüning BerwR. 652ff.; Lothringen erfolgte die Ein­ eine historische Skizze bei G. führung durch G. v. 19. Dez. Meyer, besonders über die Be­ 1874 (RGB. 1875, 1). deutung des Zollvereins in der 3 Das G. v. 10. März 1870 Materie S. 4619; s. ferner (BGB. 46) ist, nachdem es Jolly in Stengels Wörterbuch! „deutsche Staaten" außerhalb II, 87; Hopf in Conrads des Reiches nicht mehr giebt, Handwörterb. IV, 1140 ff. | gegenstandslos. 8 In Bayern erfolgte die i"

DaS Maß« und Gewichtswesen.

§. 32.

317

1869), jetzt ersetzt durch die Aich-L. v. 27. Dez. 1884

(Beil, zu Nr. 5

des RGB. v. 1885) nebst Ergänzungen

v. 21. Jan. 1887 (RGB. Nr. 4 Beil.), v. 4. Mai 1888 (RGB. Nr. 24 Beil.), v- 8. Mai

1894 (RGB. Nr. 26

Beil), dazu die Aichgebührentaxe v. 12. Dez. 1869

(Beil, zu Nr. 40 des BGB ), neu redigiert unterm 24. Dez. 1874 (681. 1875, 94), jetzt ersetzt durch die Aichgebühren-

taxe v. 28. Dez. 1884 (RGB. 1885 Beil, zu Nr. 5); auch diese hat inzwischen wieder zahlreiche Abänderungen und Er­

gänzungen erfahren.

Die Reichsgesetzgebung beruht auf der

internationalen Meterkonvention v.25. Mai 1875

(RGB. 1876, 191), auf Gmnd deren ein internatio­ nales Maß- und Gewichtsbureau in Paris be­ steht, das die wissenschaftlich-technischen Aufgaben zu er-

ledigen hat, die sodann die Grundlage für die Beschlußfassung der Generalkonferenz der Konventionsstaaten bilden.

Das Schiffs-Bermessungswesen ist durch eine besondere

B. d. BR. v. 1. März 1895 (RGB. 153) geordnet und in den Zusammenhang des Seerechtes zu verweisen (s. unten § 53).

Die Vollzugsverordnungen zu den Maß- und Gewichts­

gesetzen zu erlassen, ist nach M.- u. GO. Art. 18 die Reichsnormalaichungskommission kompetent; nur die Verordnungen

über die äußersten Fehlergrenzm der im Verkehr zulässigen

Maße und Gewichte sind dem Bundesrat vorbehalten.4 Den Einzelstaaten ist prinzipiell jede

Kompetmz zur

Regelung des Maß- und Gewichtswesens mtzogm, doch liegt

ihnen die Durchführung des Gesetzes nach Maßgabe der reichsrechtlichen Vorschriften ob. • DL- u. GO. Art. 10 Äbs. 2,11885 (RGB. 263) und v. 22. Art. 18, dazu B. v. 21. Juli I Mär, 1876 (CBl. 185).

Buch DL Du» BerlchrSioesen.

318

II. Oberste Zentralstelle wesen

für das Maß- und Gewichts­

ist das Reichsamt des Innern, welches seine

Thätigkeit in diesem Berwaltungszweig jedoch auf die oberste

Aufsichtsführung

beschränkt;

in

Wirklichkeit ist die Ver­

waltung des Maß- und Gewichtswesens konzentriert in der

Reichsnormalaichungskommission,°

einer

durch

die M.- u. GO. in Berlin errichteten kollegialen Behörde,

von deren Geschäftskreis nur Bayern eximiert ist, welches seine eigene Normalaichungskommission sich vorbehalten hat.

1. Die Normalaichungskommission hat darüber zu wachen,

daß

im

gesamten

Reichsgebiet

das

Aichungswesen

nach

übereinstimmenden Regeln und dem Interesse des Verkehrs gemäß gehandhabt werde.

Ihr liegt die Anfertigung und

Verabfolgung der Normale, soweit nötig auch der Aichungs-

normale, an die Aichungsstellen des Reiches ob, und sie ist daher mit dm für ihrm Geschäftsbetrieb nötigen Instrumen­ ten und Apparaten auszurüsten. 2. Die Normalaichungskommission hat das Verordnungs­

recht „über Material,

Gestalt, Bezeichnung und

sonstige

Beschaffmheit der Maße und Gewichte, ferner über die von feiten der Aichungsstellen innezuhaltenden Fehlergrenzm zu erfassen (s. jedoch M - u. GO. Art. 10 Abs. 2).

Sie be­

stimmt, welche Art von Wagen im öffmtlichm Verkehr oder

nur zu besonderen gewerblichen Zwecken angewmdet werden

dürfm, und setzt die Bedingungm ihrer Stempelfähigkeit fest.

Sie hat ferner daS Erforderliche über die Einrichtung der

sonst in der Maß- und Gewichtsordnung ausgestellten Meß­ werkzeuge vorzuschreiben, sowie über die

Zulassung ander-

6 M.- u. GO. Art. 18, dazu!(BGB. 46); G. Meyer I, 463; B. d. RK. v. 19. F-br. 18691 Hänel StR. I, 665 ff.

Das Maß- und GewichtSwesen.

§. 32.

319

weiter Gerätschastm zur Aichung und Stempelung zu ent­

scheiden.

Der Normalaichungskommission

liegt es ob, das

bei der Aichung und Stempelung zu beobachtende Verfahren und die Taxen für die von den Aichungsstellen zu erhebenden

Gebühren (Art. 15) festzusetzen und überhaupt alle die tech­ nische Seite des Aichungswesens betreffenden Gegenstände

zu regeln." 3. Die

bayrische Normalaichungskommission ordnet die

im Vorausgehenden angeführten Materien formell selbständig,

ist aber gesetzlich verpflichtet, dies materiell in Übereinstim­ mung mit dm von der Reichsbehörde erlaffmm Borschristm

zu thun.8 HL Unter der Zentralbehörde stehm die Aichämter?

Die Errichtung von solchm ist dm Einzelstaatm vom Reiche vorgeschriebm, im übrigen aber ist dm Einzelstaatm die

Organisation vollständig überlassen,8 mit der Maßgabe, daß

nicht jedes Aichungsamt für alle Arbeitm dieses Refforts

ausgerüstet zu sein braucht.

Die Aufsichtsbehördm, Aich-

ungsinspektionen,zu bestellen, ist gleichfalls dm Einzel­

staatm überlaffm, auch sönnen mehrere Einzelstaatm eine

gemeinsame Behörde dieser Art bestellen,9 nur die Ober­ aufsicht und

die

unmittelbare

technische

Leitung

ist der

Reichsbehörde vorbehaltm.

• G. v. 26. Rov. 1871 (BGB. 897), §. 3, durch welchen die Art. 11 u. 12 des bayr. G. v. 29. April 1869 reich-gesetzliche Sanktion empfingen. i M.. u. GO. Art. 15, 16. Das Verzeichnis dieser Behörden

ist im CBl. publiziert und wird durch fortlaufende Publikationm in diesem Organe evidmt ge­ halten. 8 Pr. G. v. 26. Rov. 1869. (GS. 1165). 9 M.- u. GO. Art. 17.

Buch EX.

320

Das Verkehrswesen.

Dir einzelnen materiellen NrchtsMhr.

II. I.

Das Maß- und Gewichtssyftem.

Die staatliche Ordnung des Maß- und Gewichtssystemes

besteht darin, daß durch gesetzliche Vorschrift einer Anzahl

von Definitionen Rechtskraft verliehen, d. i. mit dem Worte eine bestimmte Dimension verbunden wird.

befiehlt,

daß

öffentlichen

eine

gewisse

Verkehr

Der Staat

Bezeichnung im

einen nach Raum

oder

Schwere festgestellten Inhalt darsteilt, und die

Unterthanen haben diesem Befehle, sei es, daß derselbe zwingendes oder dispositives Recht darstellt,

den

leisten.10

Insoweit die Definitionen dispo­

entsprechenden Gehorsam zu

sitives Recht enthalten, sind die Parteien zwar berechtigt, anders zu bestimmen, aber die ge­ setzlichen Bestimmungen kommen mangels be­

sonderer Parteibestimmung immer gut Anwen­ dung; für sie spricht die Präsumtion; insoweit sie zwingendes Recht enthalten, sind sie un­ bedingt verpflichtend.

Die Behörden des

Staates in ihrer amtlichen Thätigkeit sind in 10 Gerade entgegengesetzter I den, ist ebensowenig Gegenstand Meinung ist Lab and II, 173:'eines Rechtssatzes wie die Be„Das Maß- und Gewichtssystem deutung von Ausdrücken, welche besteht aus einer Reihe von die Qualität von Waren beDefinitionen--------------- : an und zeichnen." Übereinst, mit der für sich sind diese Definitionen | Auffassung des Textes jetzt G. keine Rechtssätze. Welche Di- Meyer i, 460, 462. Damit ist meusionen und Gewichtsmengen \ vollkommen vereinbar, was L a mit dem Namen Meter, Schop- iband a. a. Q. über die rechtpen, Scheffel oder Kilogramm, liche Kraft des dispositiven Pfund, Zentner bezeichnet wer- ! Rechtes ausführt.

Das Matz« und Gewicht-wesen. $. 32. jedem

321

Falle an die gesetzlichen Definitionen

gebunden.

Demgemäß liegt die staatsrechtliche Bedeutung

des Maß- und Gewichtssystemes in der vom Staat vor­ geschriebenen Regel, von der allerdings die Abweichung unter

bestimmten Voraussetzungen gestattet ist, sich aber staats­ rechtlich doch als Ausnahme charakterisiert. Die Grundlage dieses Systemes bilden

1. das Meter als Einheit des Längenmaßes,

2. das Kilogramm als Einheit des Gewichts. Die weitere Ordnung des Systemes besteht in der dezi­

malen Teilung oder Vervielfältigung jmer Maßstäbe.11 „Das Meter ist zwar nicht im strengen Sinne ein Raturmaß, da es überhaupt einen Körper, den die Ratur in unveränderlichen und gleichen Dimensionen hervorbringt,

nicht giebt, und die Gradmeffungen zur Bestimmung der

Entfernung des Pols vom Äquator (das sog. Erdquadrat), dessen zehnmillionster Teil das Meter ist, sowohl wegm der

Veränderlichkeit der Erde, als auch wegm der Schwierigkeit exakter Meffungm nur eine relative Genauigkeit ergaben. Man hat aber durch einen damals angefertigtm Platin­ stab, dm im Kaiser!. Archive zu Paris aufbewahrtm M6tre

des Archives, jede Zweideutigkeit für die Einheit dieses Längmmaßes beseitigt." 11

Als Urmaß galt demgemäß derjmige Platinstab, welcher im Besitz der prmßischm Regierung sich befindet und im

Jahre 1868 durch eine von dieser und der französischm Regierung eingesetzte Kommission mit dem erwähntm fran­ zösischm Urmaße verglichm mordm ist.18

11 u. GO. Art. 1, 6. “ 6. Meier 733. Zorn, Staat-recht II. 2. Slufl.

I 1

An seine Stelle

18 M.. u. GO. Art. 2.

Buch EX.

322

DaS BerkehrSwesen.

trat nunmehr der „bei der Temperatur des schmel-

zendenEises gemessene Abstand der Endstriche auf

demjenigen

Internationalen

Maßstabe,

welcher

Generalkonferenz

von der für Maß

undGewicht als internationales Prototyp des

Meter anerkannt worden und bei dem Internationalen

Maß- und Gewichtsbureau niedergelegt ist".14 *** Als Urmaß gilt derjenige von dem Prototyp

Maßstab

abgeleitete

des Meter

aus Platin-

Iridium, welcher durch die Generalkonferenz

dem Deutschen Reich als nationales Prototyp überwiesen

und

bei

der

Rormalaichungs Kommission

aufbewahrt ist.15

Das Meter bildet die Einheit der Längenmaße,

der hundertste Teil desselben heißt das Zentimeter, der tausendste Teil das Millimeter, tausend Meter heißen das Kilometer.14 Hundert

Quadratmeter

heißen

das

Ar,

zehntausend

Quadratmeter heißen das Hektar.11

Die Grundlage für die Körpermaße bildet das Kubik­ meter, dessen tausendster Teil das Liter heißt, hundert

Liter oder der zehnte Teil des Kubikmeters heißt das Hekto­ liter.

Das Liter ist gleich „dem von einem Kilogramm

teilten Wassers im Zustande seiner größten Dichtigkeit unter dem absoluten Druck einer Atmosphäre eingenommenen Raum".

„Zulässig ist die Bezeichnung von Flächm oder Stimmen

14 G. v. 26. April 1893 Art. der Fassung des G. v. 26. April I Abs. 2. 1893. 14 Ebenda Art. 2. 17 Ebenda B. 14 M - u. GO. Art. 3 A. in

DaS Maß- und Gewichtswesen, §. 32.

323

durch die Quadrate oder Würfel des Zentimeter und des Millimeter."

„Mit diesem Linienmaß könnte auch die Gewichtseinheit dargestellt werden, das Gewicht des Waffers, welches eine

Raumeinheit bei einer festgestellten Temperatur faßt.

Da

dies aber doch nur eine Definition sein würde, so hat man

ein zweites Urmaß als Gewichtseinheit hingestellt." Als Urgewicht gilt das im Besitz der preußischen Regierung

befindliche Platinkilogramm, welches im Jahre 1860 durch

eine von der preußischm und französischen Regierung nieder­ gesetzte Kommission mit dem im Kaiser!. Archive zu Paris

aufbewahrten

Kilogramme

ist. (Art. 5).

An seine Stelle trat nunmehr „die Masse

desjenigen

prototype

verglichen worden

Gewichtsstücks, welches durch

die

Internationale Generalkonferenz für Maß und

Gewicht

als

internationales

Prototyp

des

Kilogramm anerkannt worden und bei dem Inter­

nationalen Maß- und Gewichtsbureau niedergelegt ist"." AlsUrgewicht gilt dasjenige vondemPro-

totyp des Kilogrumm abgeleitete Gewichtsstück

«us Platin-Iridium, das durch die Inter­ nationale Generalkonferenz dem Deutschen

Reiche als nationales

Prototyp

überwiesen

und bei der Normalaichungs-Kommisfion aufbewahrt ist."

Die- Kilogramm, gleich zwei Pfund, ist das Gewicht eines Liters destillieren Waffers bei 4- 4 Grad des hundertteiligen

Thermometers.

I

Das Kilogramm wird «in 1000 Gramm

n L. Meier a. a. D. " @. v. 26. April 1893 Art. Wf. 3.

*> Ebenda Art. 5.

eingeteilt, mit dezimalen Unterabteilungen; zehn Gramm heißen das Dekagramm oder Neulot; der zehnte Teil eines Gramms heißt das Dezigramm, der hundertste das Zentigramm, der tausendste das Milligramm; ein halbes Kilogramm heißt das Pfund, 50 Kilogramm oder 100 Pfund heißen der Zentner, 1000 Kilogramm oder 2000 Pfund heißen die lonnc.21 Die Bestimmungendes Gesetzes sind für den „öffentlichen Verkehr" insoweit zwingendes Recht, als zum „Zumessen und Zuwägen" nur Maße, Gewichte und Wagen verwendet werden dürfen, welche den gesetzlichen Vorschriften ent­ sprechen und eine amtliche Beglaubigung dieser Übereinstimmung empfangen haben.22 Die Fest­ stellung der oben bezeichneten Voraussetzungen des Gesetzes ist im einzelnen Fall lediglich quaestio facti. Dieser Grundsatz ist noch in besonderer Weise nach folgmden Richtungen ergänzt: 1. Bei dem Verkauf weingeistiger Flüssigkeiten nach Stärkegraden dürfen zur Ermittelung des Alkoholgehaltes, obwohl es sich hierbei nicht um ein „Zumessen" oder „Zuwägen" handelt, nur gehörig gestempelte Alkoholometer und Thermo­ meter angewendet roerben.28 81 M.- u. GO. Art. 6. Die offiziellen Abkürzungen der samtlichen Maß- und GewichtsbeZeichnungen s. CBl. 1877, 565. 88 M.- u. GO. Art. 10. Da­ bei ist allerdings den Parteien unbenommen, sich privatim auf andere Dimensionen als die der M.- u. GO. zu einigen. Lab and

II, 174. Über »Zumefsen und Zuwäaen* ebenda 176 s., speziell über das Wägen der Apotheker V. der NormalAichKomm. v. 1. Mai 1872 (Beil, zu RGB. Nr. 14). Ein besonderes Medizinal­ gewicht findet nicht statt (M- u. GO. Art. 7). 83 M.- u. GO. Art. 11.

Das Maß- und Gewicht-wesen.

8- 32.

825

2. Der in Fässern zum Verkauf kommende Wein darf

dem Käufer nur in

solchen Fässern, auf welchen die den

Raumgehalt bezeichnende Zahl der Liter durch Stempelung

beglaubigt ist, überliefert werden, ausgenommen ausländischer Wein in Originalgebinden.24 3. Gasmesser, nach welchen die Vergütung für den Ge­

brauch von Leuchtgas bestimmt wird,

sollen gehörig ge­

stempelt fein. 26

4. Dazu kommt

noch daS Spezialgesetz v. 20. Juli

1881 betr. die Bezeichnung deS Raumgehaltes der Schank­

gefäße (RGB. 249), welches am

1. Januar 1884 in

»rast trat (§. 7 Abs. 1). Damach müssen

.Schankgefäße"

»erbat exemplifikativ

bezeichnet:

(§. 1),

sind

schloffme

andererseits (verriegelte,



als solche

Gläser, Krüge,

Flaschm

ausgenommen

positiv

verkapselte,

festverkorkte

„festveru. s. w.)

Flaschen und Krüge, sowie Schankgefäße von */io Liter oder weniger

(§. 6) — als amtliche Beglaubigung einen

Füllstrich, dessen Abstand vom oberm Rand des Ge­ fäße- im Gesetz selbst (§. 2) genau normiert ist,22 habm,

wenn sie zur Verabreichung von Wein, Obstwein, Most oder Bier in Gast- und Schankwirtschastm dimm sotten;

ferner muß auf dm Gefäßm selbst der Sollinhalt nach

dem Litermaß angegebm sein, es sei denn, daß es sich nur

um Liiergefäße oder darunter handelt. 1.

Januar

1884

sind

im

(§. 1 Abs. 1.)

Verkehr

der

Seit Gast-

und Schankwirtschaften nur Gefäße deS Liter« u. GO. Art. 12. dm.Füllstrich" giebt 88.1 Abs. 2, " M.. u. GO. Art. 13. 2,3 (äußere Form, Ort der An­ * DienähermBors chriftm über bringung, Fchlergrmzm).

Buch IX.

326

systems (Liier,

Das Verkehrswesen.

in Stufen von 1 2,

vom Liter aufwärts

abwärts Mo Liter, außerdem noch Viertelliter) gestattet. (§. 1 Abf. 3.)

Die Wirte müssen amtlich beglaubigte Flüssig­

zur Prüfung ihrer Gefäße jederzeit bereit halten

keitsmaße

die vorschriftswidrigen Gefäße sind einzuziehen; es

(§. 4),

kann auch auf Vernichtung erkannt werdm.

Bestimmungen

Die

der

M.-

und

(§. 5.

GO.,

ebenso

deS

Spezialgesetzes über die Schankgefäße sind strafrechtlich ge­ schützt durch die

Androhung von

Geld-

bezw.

Haftstrafe

gegen solche Gewerbetreibende, welche „zum Gebrauch

in ihrem Gewerbe geeignete, mit dem gesetzlichen Aichungs-

stempel nicht versehene oder unrichtige Maße, Gewichte oder Wagen" verwenden, ja bei welchen solche nur vorgesunden

werdm.27

Im Privatverkehr, ebmso im öffmtlichen Verkehr, wenn nicht Gewerbetreibende beteiligt sind, ist der Gebrauch an­

derer Maße,

und Wagm nicht unter Strafe ge­

Gewichte

stellt.2» Die Herstellung der Maße und Gewichte.

II.

Die Herstellung der dem gesetzlich vorgeschriebenen System

mtsprechmdm Gerätschaftm zur Feststellung der Maße und Gewichte

Wege der stelltm

erfolgt

nicht

durch dm Staat,

Privatindustrie.

Gerätschaftm

im öffentlichen

sondem auf dem

Die Benutzung

der so

herge-

zum Zumessen und Zuwägen Verkehr

87 RStGB. §. 369 Nr. 2 u. G. v. 20. Juli 1881 §. 5. 88 Laband II175; vgl. jedoch M.- u. GO. Art. 10 Abs. 2. S. auch G. Meyer 465. Lüning 655.

darf

aber nur stattfinden

Die Polizeibehörden dürfen Revi­ sionen nur in den öffentlichen G e w e r b s lokalitäten vornehmen, Entsch. d. pr. OVG. XXVII, 325.

Das Maß» und Gewichts wesen,

erfolgter

nach

amtlicher

Übereinstimmung

ist:

gestellt folgt

g. 32.

Beglaubigung,

durch

327 welche

Aichung oder Stempelung.-"

durch

die

die

mit dem Rechtssystem des Staates fest­

staatlichen Aichämter nach

Diese er­

Maßgabe der

Detailvorschristen der Aichordnung: der von einem AichungSamt erteilte Stempel hat öffentlichen Glauben für das ganze

Jedes Aichungsamt führt einen doppelten

Reichsgebiet.""

Stempel, einen mit allen übrigen Behörden dieser Gattung

gemeinsamen und einen besonderen, von allen übrigen unterschiedmm.81

geschehen

Die erforderlichen Bekanntmachungen hierüber

durch das Zentralblatt.

Unbefugte Nachahmung

solcher Stempel ist als Fälschung einer öffentlichm Urkunde strafrechtlich zu »erfolgen.88 Zur Aichung und Stempelung dürfen nach dem Gesetz

nm solche Maße und Gewichte zugelaffm werden,

den Definitionen des Gesetzes entsprechen.88

aichungskommission

hat

ben

Aichämtern,

welche

Die Normal-

dm

bayerischen

durch Vermittelung der bayerischm Normalaichungskommisfion, die erforderlichm Normale zur Prüfung zu liefern,88

welche nach Maßgabe des in Berlin befindlichm Urmaßes und

Urgewichtes

Fehlergrmzm

find

hergestellt

auf

find.88

über

die zuläsfigm

dem Verordnungswege durch ben

Bundesrat genaue Vorschriften erfassen worden.88

Außer­

dem liegt den Einzelstaatm die Pflicht ob, die im Ge­

brauche

der

Aichämter

befindlichm

* M.» u. GO. Art. 10. Eine DpecV. hiezu über die Meßaertte bei Prüfung von Essig tijib Holzgeist s. CBl. 1880, S. 87. 88 M.- u. GO. Art. 20. “ SU u. GO. Art. 19.

Aichungsnormale

auf

88 LabandII179. G.Meyer

88 84 88 88

M.M.M.M.-

u. GO. Art. 14. u. GO. Art. 15. u. GO. Art. 9. u. GO. Art. 10 Abf.2.

328

Buch DL

Da- Verkehrswesen.

ihre Übereinstimmung mit den Rormalmaßen und Gewichten in periodischen Zwischenräumen zu prüfen87 * * und * * *die * *Be * ­* * * * * * * * richtigung bezw. Außerkurssetzung durch Vernichtung des Stempels bei denjenigen Stücken zu veranlassen, welche die äußersten zulässigen Fehlergrenzen überschreiten.88 Die Aichungsämter haben alljährlich den Aufsichtsbe­ hörden genaue Berichte über ihre Thätigkeit zu erstatten. §. 33. $>05 Müuzwese«.' I. Lrchtsqurllrn und Organisation. I. Die RB. weist in Art. 4 Z. 3 dem Reiche die Gesetzgebung und Beaufsichtigung über „die Ordnung des Münzsystemes nebst Feststellung der Grundsätze Über die Fehlergrenzen ergingen | folgende Verordnungen: 1. für Maße, Gewichte, Wagen v. 6. Dez. 1869 (BGB. 698). 2. für Maße von Brennmaterialien und Höker­ wagen v. 16. Aug. 1871 (RGB. 328). 3. für Goldmünzgewichte, Meßapparate für Flüssigkeiten und Federwagen für Eisenbahnvaffagiergepäck v. 14. Dez. 1872 (CBl. 1873, 3). Dazu ergingen später noch mehrfach abändernde Verordnungen vgl. CBl. 1875, 436. 1881,98. — Verordnu ngen der Rormalaichungskommission über die Fehlergrenzen vgl. CBl. 1880, 707, 712. 87 M.- u. GO. Art. 17. 88 B. v. 22. März 1876 (CBl. 185). 1 Laband II 149ff.; Koch s. v. „Geld-" und „Münzwesen" ! in v. Holtzendorffs RLex. 3. 91., auch A. Wagner ebenda s. v.

Reichsbank. Hänel I, 668ff. Lüning BerwR661ff. G.Mey er BerwR. I, 466ff. Hier auch S. 470 ff. eine rechtshistorische Skizze: auch hier hat der Zoll­ verein eine wertvolle Vorarbeit geleistet (MiinzKonv. v. 30. Juli 1838 und MünzBertr. v.24. Jan. 1857), s. ferner Koch in Stengels Wörterb. II, 143. Lexis in Conrads Handwörterb. II, 987 ff. s. v. Doppelwährung IV, 81 ff. 8. v. Gold und Goldwährung IV, 1248 ff. 8. v. Münzwesen V, 656 ff. 8. v. Silber und Silberwährung. Menger ebenda III, 730ff. s v. Geld. Text der einschlägigen Gesetze in der Handausgabe von Koch 2. 91. 1890. Außerdem volkswirtschaftliche und privat­ rechtliche Litteratur: f. die Angaben bei Laband II, 162: ferner Mand ry §. 19.

Das Münzwesen.

§. 33.

329

über die Emission von fundiertem und unfundiertem Papier­ gelde"

zu.

Das Reich

hat diese Aufgabe erfüllt durch

Schaffung eines einheitlichen deutschen Münzsystemes;

doch

ist die Reform dermalen noch nicht zu vollem Abschluffe gelangt

Die Ausführung der obigen Perfaffungsbestimmung er­ folgte durch

1. über

die Spezialgesetze: die Ausprägung

von Reichsgoldmünzen

v. 4. Dez. 1871 (RGB. 404),

2. über 233) samt

das Münzwesen v. 9. Juli 1873

(RGB.

Nachtragsgesetzen v. 20. April

(RGB.

1874

85) und 6. Januar 1876 «RGB. 3), in Elsaß-Lothringen eingeführt durch Spezialgesetz v. 15. Nov. 1874 (RGB.

181).

3. über die Ausgabe von Reichskassenscheinen ».

30. April 1874 (RGB. 40) und von Papiergeld p.

16. Juni 1870 (BGB. 507);’ dazu G. v. 21. Juli 1884 (RGB. 165) über die Ausgabe neuer Kaffenscheine; endlich

G.

v. 26. Mai 1885 (RGB. 172) über den strafrechtl.

Schutz des sog. Wilcox - Papieres gegen unbefugte Nach­

ahmung.

Das Münzgesetz behielt die Bestimmung des Zeitpunktes, von welchem ab das neue Reichsgeldsystem, die „Reichs­

währung", in Kraft treten solle, kaiserlicher, unter Zustim­ mung des Bundesrates zu erlaffender Verordnung vor:’ demgemäß wurde

vom Kaiser der 1.

Januar 1876

als

* Da» @. 21. Juli 1870 treten sollen', ist aufgehoben («SV. 499) über Sffentl. Dar- durch G. v. 6. März 1878 lehnskaffen, deren Scheine »die (RGB. 5). • MG. Art. 1 «bs. 2. Stelle des baren Geldes ver­

dieser Zeitpunkt bestimmt,4 das Gesetz aber hatte den Einzelstaatm freigegeben, das neue System auch schon früher ein­ zuführen. 5 6 Goldmünzen ausprägen zu laffen, war den Einzelstaaten bereits durch das G. v. 4. Dez. 1871 unter­ sagt worden. Dom Jahre 1874 ab wurden dann alle Landesmünzen Schritt für Schritt durch Verordnungen des Bundesrates aufgerufen, eingelöst und außer Kurs gesetzt," so daß dermalen von älteren Landesmünzen nur mehr die Thaler den Geldcharakter besitzen. — II. Das Münzwesen gehört zum Ministerialreffort des Reichsamtes des Innern. Eine eigene Münzprägeanstalt hat das Reich nicht errichtet, sondern bedient sich der einzel­ staatlichen Prägestätten. Die Organisation dieser Münz­ stätten ist völlig den Einzelstaaten überlaffen geblieben. Doch unterstehen dieselben der Aufsicht des Reiches,7 welche durch besondere vom Reichskanzler zu ernennende Kommiffare auszuüben ist nach Maßgabe der hierfür vom Bundesrat erlassenen materiellen Vorschriften; den Reichskommiffaren ist jede erforderliche Auskunft zu erteilen, auch Einsicht in die Bücher zu gewähren; überdies hat jede Münzstätte all­ jährlich dem Reichskanzler einen Geschäftsbericht zu erstatten. II. Die einzelnen Vorschriften des deutschen Wünzrrchtes. I. Die Ordnung des Münzsystemes ist nach heutigen Begriffen Aufgabe des Staates, ebenso wie die Ordnung des Maß- und Gewichtssystemes. Aus dem Begriff des 4 KV. v. 22. Sept. 1875 hieher gehörigen Verordnungen (RGB. 303). ist heute nicht mehr erforderlich. 6 MG. Art. 1 Abl. 2. 7 G. v. 4. Dez. 1871 §. 7, 6 Auf Grund von MG. Art. 6. dazu Lab and II 165. Eine Aufzählung der einzelnen

Das Münzwesen,

§. 33.

331

Staates zwar kann diese Aufgabe nicht als notwmdige be­

hauptet werden, wie dies von den meisten Schriftstellern geschieht; in Staaten auf niedriger Kulturstufe fehlt regel­

mäßig jede Ordnung des Münzsystemes, ohne daß darum

jenen

Staaten

der

Staatscharakter

abgesprochen

werdm

dürfte; in unserm heutigen hochentwickelten Kulturverhältniffm muß aber die Ordnung des Münzsystemes jedenfalls dem Staate »indiziert werdm; die sog. „Münzhoheit" ist somit zwar nicht prinzipiell, wohl aber für unsere hmtigm

Derhältniffe als ein Stück der Staatsgewalt zu betrachtm.

Die Ordnung des Münzsystemes besteht ebenso wie die des Maß- und Gewichtssystemes wesmtlich nur in Defini-

tionm: mit gewissen Definitionm ist kraft des Befehles

der Staatsgewalt ein bestimmter Wert verbundm.

Das

Münzsystem ist somit dieOrdnung desGeldes, d. i. der gesetzlichen Zahlungsmittel, derjenigen Zahlungsmittel,

welche jeder Forderungsbe-

rechtigte zur Befriedigung seiner Forderungen annehmen muß.

Die Rechtssätze über das Geld und

der Begriff des Geldes sind demnach juristisch an dm konkretm Staat gebundm: Geld im juristischen Sinne

ist nur,

was nach deutschem Rechte Geld

ist,

nicht also ftanzösische, mglische Münzm, so wenig wie in Frankreich

und England deutsche Münzm juristisch Geld

find." • Vorzüglich Laband II 150 ff., übereinst. Löning 661 f. Geld muh in jedem Fall« in Zahlung genommen werden: eine staatliche Vorschrift, auch Geld­ surrogate „in Zahlung zu neh­

men", macht aber diese noch keineswegs zu Geld im Rechts­ sinn und widerspricht auch nicht der obigen Begriffsbestimmung. Vgl.auchG. Meyer, BrrwR. H, 467. Der Begriff »Geld im

Buch DL

382

DaS Verkehrswesen.

Der Staat kann den Rechtscharakter von Geld

Ding

beilegm.

Die Staaten

mit

jedem

geordneten wirtschaft­

lichen Berhältniffen pflegen jedoch nur Edelmetalle mit dem Geldcharakter auszustatten, sei es Gold und Silber, sei es

nur Gold,

wobei

dann

unedle Metalle wie Nickel

und

Kupfer zur Ergänzung des Münzsystemes nach unten ver­ wendet werdm.

Für die juristische Betrachtung ist

dasjenige, was vom Staat den Geldcharakter

empfängt, an sich vollkommen irrelevant.* n. Nach deutschem Rechte ist prinzipiell nur

Gold

in der

gesetzlichen Prägung Geld;

das

DeutscheReich hat die Goldwährung angenom­ men. *o

1. Die Grundlage des Systemes bildet der Satz: aus

einem Zoll-Pfunde, *12* kg * — das „Münzgewicht" — feinen Goldes werdm 139* 2 Münzstücke geprägt, die dm Namm Krone führm.11 2. Den zehntm Teil des Wertes der Krone repräsmtiert die Mark, welche in Silber auszuprägen ist; sie bildet

die Rechnungseinheil des deutschen Münzsystemes." 3. Die Mark wird eingeteilt in 100 Pfennige, die

aus Kupfer geprägt werdm.18

wirtschaftlichen Sinne" ist ju10 MG. Art. 1 Abs. 1, dazu ristisch nicht zu begrenzen, über- Laband II, 150ff., 169ff. dies auch juristisch überflüssig; 11 G. v. 4. Dez. 1871 §. 1. s. auch die von der Labandschen KV. v. 17. Febr. 1875 (RGB abweichende Ansicht von M a n d r y 72). a. a. O. bes. 19016. : 12 G. v. 4. Dez. 1871 §. 2. i MG. Art. 1 Abs. 1. Art. 3 über e Bekkerin seinem u.Muthers 1 Gewicht u. Mischungsverhältnis. Jahrb. I, 234 ff. . 18 G. v. 4. Dez. 1871 §. 2.

Da- Münzwesen, §. 33. 4. In Gold

333

werden neben der Krone noch geprägt:

Doppelkronen und halbe Kronen."

5. In Silber außer der Mark:

Münzstücke zu 5 und

2 Mark, zu 50 und 20 Pfennigen."

6. In Nickel Münzstücke zu 20, 10 und 5 Pfennigen.16 7. In Kupfer außer dem Pfennig noch Zweipfennigstücke;" außerdem hat Bayern das Recht, im Falle des

Bedarfes Halbpfennigstücke (Heller) prägen zu kaffen." Man pflegt im Gegensatze zu denjenigen Münzen, welche aus dem Metalle geprägt sind, dem prinzipiell allein der

Geldcharakter zukommt, die Münzen aus anderm Metallen als Scheidemünzen zu bezeichnen.

Eine juristische Be­

deutung hat diese Unterscheidung an sich nicht.

in. Aus dem Prinzipe, daß nur Goldmünzen Geld im

juristischen Sinne sind, zieht das Gesetz eine Reihe spezieller Konsequenzen:

1. Aus dem Prinzipe «giebt sich, ohne daß dies positiv

formuliert wäre, daß die Zirkulation von Goldmünzen in

unbeschränktem Umfange stattfinden darf.

Demgemäß ist

auch Privatpersonen gestattet, die staatlichen Prägeanstalten mit d« Ausprägung von Goldmünzen zu beauftragen (s.

darüb« unten VII).

2. D« Betrag d« Silbermünzm, welche zirkulieren, darf „bis auf weit«es" 10 Mark pro Kopf d« Bevölkerung

nicht übersteigen.'*

“ ®. e. 4. Dez. 1871 8». « MG. Art. 3 Z. 8. MG. Art. 2. 18 6. v. 4. Dez. 1871 §. 18 ’» MG. Art. 3 Z. 1. 11 MG. Art. 3 Z. 2, dazu Abs. 1. G. v. 1. April 1886 (RGB. 67).: 18 MG. Art. 4.

Zahlungen in Silbermünzen brauchen, außer bei Staats­ kaffen, nur bis zu 20 Mark angenommen zu roetben.20 3. Der Betrag der Nickel- und Kupfermünzen darf bis auf weiteres 212 Mark pro Kopf der Bevölkerung nicht übersteigen.21 Zahlungm in solchen Münzen brauchen nur bis zu einer Mark angenommen zu werden.22 4. Der Staat ist prinzipiell verpflichtet, Scheidemünzm in Gold umzuwechseln, jedoch nach positiver Vorschrift des Gesetzes Silbermünzen nur von 200, Nickel- und Kupfer­ münzen nur von 50 Mark ab und nur an den vom Bun­ desrat speziell hierfür bestimmten Kaffen.28 Außerdem muß der Staat Scheidemünzm von Silber in jedem Betrage in Zahlung annehmm. 5. Auf durchlöcherte, verfälschte und anders als durch dm gewöhnlichen Umlauf im Gewicht verringerte Münz­ stücke findet die Verpflichtung des Staates zu Annahme und Umtausch keine Anwmdung.24 6. Von dem Prinzipe ist jedoch eine weittragmde Aus­ nahme dadurch gemacht, daß die Thaler prmßischm, sowie auch österreichischm Gepräges bis Ende d. I. 186725 bis »0 MG. Art. 9 Abs. 1. Mandry 185. Laband II, 160. 81 MG. Art. 5. 88 MG. Art. 9 Abs. 1. 88 MG. Art. 9 Abs. 2. V. d. BR. v. 19. Dez. 1875 (CBl. 802). Nach G. Meyer 474f. „erklärt sich" diese Verpflichtung des Reiches „aus der unterwertigen Ausprägung der Scheidemünzen". Über die zivilrechtliche Erzwing­ barkeit dieser „vermögensrecht­

lichen Verbindlichkeit des Reichs­ fiskus" s. Mandry 187, dem G. Meyer 475 zustimmt; es handelt sich aber nicht um eine »vermögensrechtliche Verbindlich­ keit des Reichsfiskus", sondern um eine öffentlich-rechtliche Ver­ pflichtung der Staatsgewalt. 84 MG. Art. 10 Abs. 1. 86 Dieser Vorbehalt für die Thaler beruht auf dem Münz­ vertrag zw. d. Zollverein und

Das Münzwesen.

§. 33.

335

jetzt nicht nur nicht eingezogen würben, sondern sogar den

Goldmünzen gleichgestellt sind.

Infolgedessen besteht that­

sächlich zur Zeit trotz des Gesetzes im Deutschen Reiche noch eine Art von Doppelwährung.

Der Bundesrat ist Doch

besitzt, die Thaler einzuziehen oder auch sie vorerst den Reichssilbermünzen gleichzustellen.

Durch G. v. 28. Febr.

1892 (RGB. 415) ist die Einziehung der österreichischen

Thaler zu 3 Mark dem Bundesrat auf Rechnung des Reichs

überlassen worden.26 *** IV. Der Geldcharakter der Münzen

ist bringt vom

Vorhandensein eines bestimmten Gewichtes, des Boll­

gewichtes.

Das Gesetz fordert „vollständige Genauigkeit

der Münzen nach Gehalt und Gewicht" 27 *und enthält hier­

über sowohl für die Gold- als übrigen Münzen genaue Vorschriften, bestimmt insbesondere auch die äußerste zu­ lässige Fehlergrenze (Toleranz) (bei Kronen und Doppel­

kronen 2V2 Tausendteile im Gewicht, 2 Tausendteile im

Feingehalt,

bei

halben Kronen 4 Tausendteile)

bei der

Prägung, ohne daß hierdmch das Vollgewichtrechtlich alteriert würde.22

Das Mischungsverhältnis der Reichsgoldmünzen

ist gesetzlich auf 900 Tausendteile Gold und 100 Tausend­ teile Kupfer festgestellt.

Ebenso für Silbermünzen.29

Österreich v. 24. Jan. 1857, der unterm 23. Juni 1867 Österreich gegenüber gekündigt wurde. 26 MG. Art. 15 Z. 1, G. v. 20. April 1874 (RGB. 35), G. v. 6. Jan. 1876 (RGB. 3), V. v. 2. Rov. 1876 (RGB. 221), siehe dazu Laband II, 1616. 27 MG. Art. 3 §. 1. G. v. 4. Dez. 1871 §. 12. M. u. GO. Art. 8, dazu B. v. 31. Jan. 1872

Borschr. über die Aichung und Stempelung der Goldmünzqewichte, s. Laband II, 162f. 28 G. v. 4. Dez. 1871 §§.4.7. MG. Art. 2. MG. Art. 3 §. 1 Abs. 3 (bei den Silbermünzen beträgt die Toleranz im Fein­ gehalt bis 3, im Gewicht bis 10 Tausendteile). 29 G. v. 4. Dez. 1871 §§.4.7. MG. Art. 3 § 1.

Buch IX

336

Außerdem aber

DaS Verkehrswesen.

stellt das Gesetz noch die Fiktion auf,

daß auch noch innerhalb einer weiteren Gewichtsgrenze, des sog. Passiergewichtes, Bollgewicht und Vollwert der

Münzen anzunehmen

sei.

Das Passiergewicht ist nur für

Goldmünzen im Gesetz genau fixiert, nämlich 5 Tausendstel

unter dem Normalgewicht bei Kronen und Doppelkronen, 8 Tausendstel bei halben Kronen.80 81 Solange ***** diese Grenze

nicht überschritten, sind die Münzen vollwertig. aber,

Münzen

welche Untergewicht haben, haben prin­

zipiell den Geldcharakter verloren,8* dürfen von öffentlichen Kaffen und Geldinstituten, welche sie in Zahlung empfangen haben,

nicht

wieder

ausgegeben werden8" und

müssen, falls das Untergewicht durch den Umlauf verursacht ist, eingezogen und eingelöst werden.88

Hinsichtlich

der Scheidemünzen

des Untergewichtes

ziehen,

ist

eine genaue Grenze

im Gesetz nicht fixiert;

sie sind einzu-

wenn sie infolge des Umlaufes „an Gewicht oder

Erkennbarkeit

erheblich

Voraussetzungen zu dem auch das Recht

eingebüßt haben";" über diese

ist

befinden,

Sache des Bundesrates,

zusteht, die Einziehung von unschön

geprägten Münzen anzuordnen. Ist

das Untergewicht durch

verursacht, so

gewaltsame Beschädigung

besteht für das Reich weder eine Annahme-

80 G. v. 4. Dez. 1871 §. 9. MG. Art. 2. 81 V. d. BR. v. 27. Juli 1875 (RGB. 263) über die äußersten Grenzen der im öffentl. Verkehr noch zu duldenden Abweichungen; über die zivilrechtliche Seite der Frage Man dry 187f., der die

Zurückweisung unterwertiger Münzen für unstatthaft hält. 88 G. v. 4. Dez. 1871 §. 9 Abs. 2. 88 G. v. 4. Dez. 1871 §. 9 Abs. 3. 84 MG. Art. 10 Abs. 2.

Das Münzwesen,

337

g. 33.

noch eine Einlösungspflicht, auch wenn die Beschädigung

durch Zufall verursacht ist35 V. Im Rechte, das Münzsystem zu ordnen, liegt ins­

besondere auch die Berechtigung für den Staat zu Außer­ kurssetzung, Tarifierung und Umlaufsverboten.

Die Münzen des vom Staate festgestellten MünzsystemeS

dürfen umlaufen, solange sie den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen.

Bei dm heutigm hochentwickelten Kultur- und

Verkehrsverhältnifsm ist es jedoch unvermeidlich, daß nebm dm

Münzm

des

eigenen

Staates

auch

fremdstaatliche

Münzm umlaufm. Ein prinzipielles Verbot hiergegm besteht nach dmtschem Rechte nicht; wohl aber liegt es im Rechte des Staates, zur Ordnung des Münzsystemes ein solches

Verbot erlaffm zu können, und zwar ist hierzu der Bun­ desrat zuständig, der auch bezüglich vieler auswärtiger Münz-

sortm von diesem seinem Rechte Gebrauch gemacht hat33 Ist ein solches Umlaufsverbot nicht ergangm, so zirku-

lierm fremde Münzsorten als Ware, und stehm * S. dazu RStGB. §. 150 sowie B. d. BR. v. 13. Dec. 1877 (CBl. 1878. 29). " MG. Art.l3Z.l. Umlaufs­ verbote ergingen unterm 19. Dez. 1874 für alle Münzen des öfter­ reich- KonventionSfußeS, sowie für mehrere dänische Münzsorten, 16. Okt. 1874 (RGB. 126) für finnische Silbermünzen, 29. Juni 1874 (RGB. 111) für die nieder­ ländischen halben, österreichischen und ungarischen Viertelgulden, 22. Jan. 1874 (RGB. 12) für die österreichischen, ungarischen, niederländischm Gulden und Zweieinhalbguldm, v. 26. Febr.

Zorn, Staat-recht II. S. Aufl.

1875 (RGB. 134) für die pol­ nischen drittel und sechstel TalaraStücke; endlich unterm 16. April 1888 (RGB. 149) für alle fremden Scheidemünzen, vorbehaltlich einzelner besonders zu machender Ausnahmen; von letzterer Be­ fugnis ist Gebrauch gemacht wordm für Scheidemünzen der Frankenwährung und des öster­ reichischen Münzsystemes in be­ stimmten Grenzbezirkn (B. d. BR. v. 16. u. 30. April. 7. Juli 1888, 26. Febr. 1889, 24. Jan. 1893: RGB. 1888. 149. 171. 218; 1889, 37f.; 1893, 6).

22

888

Buch DL

Da« Verkehrswesen.

als solche unter den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen.

Der Staat kann diese Grundsätze jedoch modifizieren durch sog. T arifierung, d. i. feste Preisbestimmung der Ware;

der Staat pflegt von diesem Rechte Gebrauch

zu machen

bezüglich solcher Münzen, die sich sehr vielfach im Berkehr befinden; der juristische Sinn der Tarifierung ist aber niemals

der, daß die tarifierte Münze zum Tarifpreis im Verkehr

angenommen werden muß, sondern lediglich der entweder eines Verbotes, eine Münze zu höherem als dem bestimm­

ten Preise im Verkehr anzubietm oder zu geben, oder eines Befehles an die Kaffen des Staates, gewiffe Münzen zu

einem bestimmten, öffentlich bekannt zu machenden Kurse in Zahlung zu nehmen.87 Ist

dagegen ein Umlaufsverbot erlassen,

so

ist auch

dadurch den Münzen der Charakter einer Ware nicht grund­

sätzlich entzogen, vielmehr auf dieser Rechtsgrundlage auch eine rechtliche Verpflichtbarkeit möglich; verboten aber und mit Strafe

bckroht

ist das gewohnheits- oder gewerbs­

mäßige Annehmen oder Anbieten solcher Münzen.88 Endlich ist der Staat noch berechtigt, Münzen außer Kurs zu setzen.88

Die Außerkurssetzung kann fich nm

auf eigene Münzm des Staates, d. i. entweder von ihm selbst geprägte, oder doch von ihm mit dem Rechtscharakter

des Geldes begabte, wmn auch im Auslande geprägte, be-

81 MG. Art. 13 3.1,2; s.da,< die Angabe der zahlreichen in dieser Richtung ergangenen Berordnungen des BR. bei Koch, Lextausg. S. 28*. . 88 MünzG. Art. 13 Laband, I

n, 157 f.

— MG. Art. 8; derselbe bezieht sich zwar formell nur auf die bisherigen LandeSmünzen, ist aber unbedenklich zu aeneralisieren, dazu L ab and II 155f.

Das Münzwesen.

§. 38.

339

ziehen:" ihr juristischer Sinn ist Entziehung der Geld­

qualität.

Regelmäßig ist die Außerkurssetzung der Vor­

läufer der vollständigen Einziehung einer Münzsorte.

Die

Außerkurssetzung muß bei Münzen, die der Staat selbst geprägt hat, gegen vollständige Entschädigung (Einlösung) geschehen.

Die einzelnen Kategorieen der deutschen Münzen

beruhen auf Gesetz, die Außerkurssetzung ganzer Kategorie«» bedarf demnach immer einer gesetzlichen Basis.

Außerdem

darf eine Außerkurssetzung einzelner Münzen nur infolge

von Untergewicht angeordnet werden. Von dem Rechte der Außerkurssetzung mußte ein höchst umfassender Gebrauch gemacht werden zum Zwecke der Durch-

Darüber bestimmten die

führung des neuen Münzsystemes.

Art. 4 Abs. 2, Art. 6, Art. 8, Art. 14 des Münzgesetzes. Das vom Gesetz hierfür vorgeschriebene Verfahren ist folgen­

des: die öffentlichen Kaffen werden angewiesen, die betreffen­ den Münzsorten oder Münzstücke, welche bei ihnen eingehen, nicht wieder auszugeben. Öffentliche Kaffen find die Reichs-,

Einzelstaats- und Geld- und

Gemeindekaffen,

ferner die Kassen der

Kreditanstalten und Banken.

ganzer Münzsorten

Bei Einlösung

soll mindestms 3 Monate vor dem

Termin ein Aufgebot zur Präsentation behufs der Einlösung

erlaffen werden; für letztere selbst ist mindestens der Zeit­ raum von 4 Wochen frei zu lassen und ein allgemeiner Umrechnungsmaßstab festzusetzen.

Diese Ano rdnung en

erfolgen durch den Bundesrat."

40 Bal. hiefür G. v. 15. Nov. 1874 (RGB. 131) §§. 2, 4. B. « MG.Art.8Abs.3. LaSand d. BR. v. 21. Sept. 1875 (RGB. H, 158 f. 307).

Buch DL

340

Da- Verkehrswesen.

VI. Die Durchführung der vom Staate erlassenen Münz­ ordnung ist

in

erster Linie durch die strafrechtlichen Vor­

schriften gegen Münzfälschung geschützt.42

Nachgemachte oder verfälschte und ebenso gewaltsam be­ schädigte Münzstücke sind von den Staatskassen anzuhalten; in den

beiden ersteren Fällen

Fall eventuell,

ist immer und im letzteren

wenn der Verdacht eines Münzverbrechens

vorliegt, Anzeige beim Strafrichter zu erstatten."

Durch­

löcherte und anders als durch den gewöhnlichen Umlauf im

Gewicht verringerte, ingleichen verfälschte Münzstücke brauchen

auch

von

öffentlichen Kaffen nicht

wenig eingelüst zu werden.44

vollwichtig

gebliebene

angenommen,

ebenso­

Gewaltsam beschädigte, aber

echte Reichsmünzen

sind

von

den

Reichs- und Landeskaffen anzuhalten, durch Zerschlagen oder

Einschneiden für den Umlauf

unbrauchbar zu machen und

alsdann dem Einzahler zurückzugeben.45

gewerbsmäßige

Zuwiderhandlungen

oder Tarifierungsvorschriften

des

Gewohnheits- oder

gegen

BR.

Umlaufsverbote

werden

mit Geld­

strafe bis 150 Mark oder Haftstrafe bis 6 Wochen bestraft." Außerdem kann der Bundesrat noch in seinen Vollzugs­ verordnungen zum Münzgesetz Vorschriften erlassen, die durch Androhung von Rechtsnachteilen den Vollzug sichem.

VH. DieMünzprägung," d. i. dieHerstellung 49 RStGB. 8§. 146-152.360, 4—6. 48 Die näheren Vorschriften B. v. 9. Mai 1876 (CBl. 260). 44 MG. Art. 10 Abs. 1. G. v. 4. Dez. 1871 8- 9. 46 B. d. BR. v. 13. Dez. 1877. CBl. 1878, 29. 46 MG. Art. 13 Abs. 2.

47 G. v. 4. Dez. 1871 8- & MG. Art. 3 8- 4. Ein »indu­ strielles Unternehmen" aber ist die Münzprägung nicht, wie Laband II, 152ff., 163ff. an­ nimmt Der Staat ist so wenig »bei dem Betriebe der Münz­ präganstalten ein Fabrikant von Gold- und Silberwaren" wie „im

DaS Rünzwefen.

841

g. B.

der für den Verkehr erforderlichen Münzstücke

nach Maßgabe des staatlich geordneten Münzfystemes ist monopolisiert.

Nur die sechs deutschen

Staatsmünzstättm zu Berlin (A), München (D), Dresden

(E), Stuttgart (F), Karlsruhe (G), Hamburg (J) dürfen Münzen prägen; Herstellung von Münzen außerhalb der

Etaatsanstalten wäre auch dann strafrechtlich als Münz­

fälschung zu verfolgen, wenn die Münzen materiell dm gefetzlichm Borschriftm vollständig mtsprechm mürben.48

Die

Prägung

auf

den

einzelstaatlichen

Münzstätten erfolgt auf Kosten und für Rech­ nung des Reiches.48

Das Rechtsverhältnis zwischm

dem Reiche und dm Einzelstaatm, welche Münzstättm unter« halten, ist aber kein privatrechtliches,88 sondern das Reich

bedient sich lediglich einzelstaatlicher Behördm zur Durch­ führung der ihm durch die Verfaffung überwiesmm Stuf«

gaben,

zu welchen als ein integrierender Bestandteil des

Münzwesms auch die Münzprägung gehört.61

Dmn in

der staatlichen Münzprägung liegt zugleich die staatliche Er­

klärung, daß die geprägten Metallstücke dm gesetzlichen Vor­ schriften über dm Wertgehalt mtsprechm. Betriebe der Post ein Fracht­ führer". Auch die Münzprägung gehört nicht dem Privat-, sondern nur dem öffentlichen Rechte an, ausgenommen nur die Prägung von Goldmünzen auf Prwatrechnung. Übereinst, mit dem Tert jetzt G. Meyer BerwR. I, 469,476. Mandry 185. Hänel StR. I, 670. Koch in Stengels Wörterb. II, 145. " StGB. §. 146; dazu Laband II 164*.

" MG. Art. 7.

60 So Laband II 166. 61 Man kann also nicht einen Gegensatz dahin formulieren(La­ band II, 154): Das Reich hat die Ordnung deS MünzsvstemeS, die Einzelstaatm habm vie Be­ fugnis zur Münzprägung (Münz­ monopol), dmn die Einzelstaatm habm letzteres Recht nur alS Organe des Reiches.

843

Buch DL

DaS Verkehrswesen.

Demgemäß liefert der Reichskanzler dm Einzelstaatm daS zur Prägung erforderliche Material,»8 bestimmt ferner

unter Zustimmung des Bundesrates, wie viele Stücke einer Münzforte überhaupt zu prägen, und wie dieser Betrag auf

die Münzstättm zu »erteilen sei. Die

haben

Einzelstaaten

diesen

Anord­

nungen lediglich zu gehorchen und den ihnen zugewiesenen Betrag rechtzeitig und in rich­ tiger Prägung abzuliefern; das Berfahrm bei der

Prägung,

speziell Gewicht und Durchmesser der Münzm,

Berziemng der Schristseite, Beschaffmheit der Ränder »erben

vom Bundesrat festgestellt.68

Die Einzelstaatm erhalten

vom Reiche einen Prägelohn ausbezahlt, welchen gleich­

falls der Reichskanzler nach Anhörung des Bundesrates festsetzt.64

Die Münzprägung wird von Reichs wegm durch

vom Reichskanzler ernannte Kommissare aufs genaueste kon­

trolliert. Die Typen aller dmtschm Münzsortm, die sog. Urmatrizm, befinden sich in Berlin, und

Abzüge derselbm

»erben von Reichs wegm dm einzelstaatlichm Prägestätten

geliefert.

und Gewichte den

Wie die Maße

Aichungs-

stempel, so müssen auch die Münzen ein öffmtlich-rechtliches

Beglaubigungszeichm, das

sog. Münzzeichen, tragen:

' G. v. 4. Dez. 1871 §. 6 Albs. 2, MG. Art. 3 §. 4. »» @. v. 4. Dez. 1871 §. 5 a. 6. MG. Art. 3 §§. 2—3. Hiezu find umfassende BollzBorschr. d. dm Bundesrat ergangen, die nicht amtlich publiziert, aber in verschiedenen Jahrgängen von Hirths Ann. d. DR. (1872,1874,

1879) u. in der Textausgabe der Münzgesetze von Koch abgedruckt sind. *» G. v. 4. Dez. 1871 §. 6 Abs. 2, MG. Art. 3 §. 4. Der gegenwärtige Prägelohn beruht auf einem Beschluß des BR. v. 29. Mai 1875, dessen Inhalt Laband II, 166» mitteilt.

Da» Münzwesen.

g. 33.

343

dasselbe besteht in einem für jede Münzstätte verschißene» lateinischen

Buchstaben unter dem Kopf des Landesherr»,

dqw. dem Reichsadler (s. oben S. 341). Die Münzen unter 2 Mark find auf allm Münzstätte» in vollkommen

gleicher Form auszuprägen;68

die Zwei­

markstücke und die Münzen höheren Wertes dagegen find n«r auf der Reversseite gleich, indem sie hier den Reichs­

adler mit der Umschrift „Deutsches Reich",

ferner Watt­

angabe und Jahreszahl trogen; auf der Aversseite dagegm find diese Münzen verschiedm,

indem

hier das Gesetz die

Anbringung der Köpfe der Landesherren bezw. des Hoheits­

zeichens der freien Städte gestattet.88 Bon dem staatlichen Monopol besteht nach dem Gesetz

eine Abweichung nur in betreff der Goldmünzen.

Solche

dürfen auch auf Rechnung von Privaten geprägt

werden, jedenfalls aber darf dies nur auf den staatlichen steller muß

fallen

Münzstätten

geschehen.8*

Der

Be-

fich die Lieferung von Zwanzigmarkstücken ge-

lasten, und

überhaupt dürfen die Münzstätten Auf­

träge von Privaten nur annehmen, wenn und soweit nicht Bestellungm des Reiches auszuführen find.

unterliegt auch in

Der Prägelohn

diesem Falle nicht etwa freier Verein­

barung, sondern wird vom Reichskanzler unter Zustimmung

88 »®. «rt. 3 §. 3. * @. v. 4. Dez. 1871 §. 5. »«. «rt. 8 §. 2. Laband U, 164*. « MG. «rt. 12 «bs. 2, dazu 0. d. »X. v. 8. Juni 1875 (CBl. 848): Streitig ist, ob diese Prägung für Private al» .Handels­ geschäft' im Sinne des HS».

erscheint. DieS wird bejaht von Laband n, 167; Löning VerwSi. 666, verneint von G. Meyer I, 477”, da es fich hier nicht um einen .gewerbs­ mäßigen' Betrieb handele; der Prägelohn beträgt z. Z. 2,75 Mk., s. Laband H, 168*.

Luch DL

844

DaS Verkehrswesen.

des Bundesrates normiert, darf aber gesetzlich 7 Mark für

die Prägung eines Pfundes feinen Goldes nicht übersteigen ;58 * * * 60

dieser Lohn fließt überdies an die Einzelstaaten nur in Höhe desjenigen Betrages, der vom Reiche als Lohn bezahlt wird,

der Rest ist an die Reichskaffe abzuführen.69 Alle materiellen Vorschriften, welche das Reich für das Prägeverfahren er­ lassen hat, müssen auch

bei Prägung für Private sken-

befolgt werden.

III. Das Papiergeld." 1. Ebenso wie edlen Metallen kannder Staat

auch Papierstücken den Geldcharakter beilegen: in diesem Sinne

Falle

von

kann

allein

Papiergeld

im

juristischen

gesprochen

werden.

Banknoten sind niemals Papiergeld, sondern juristisch nur

privatrechtliche Schuldurkunden;

allerdings

nehmen

solche

Wertpapiere nicht selten dm Charakter von Geldsurrogaten an.61

2. Die

Reichsverfaffung

behält

die

Feststellung

der

Grundsätze über die Ausgabe von „fundiertem62 und un­

fundiertem Papiergeld" dem Reiche vor.

Jedmfalls bürfen

demnach die Einzelstaatm kein Papiergeld ausgebm,63 was 61 Laband II, 170; GareiS 88 MG. Art. 12 Abs. 3. V. d. BR. v. 29. Mai 1875 sCBl. HR. 239. 62 „Fundiertes" Papiergeld ist 348). nach dem Obigen ein unmöglicher M MG. Art. 12 Abs. 4, 5. Begriff. Die RB. verwechselt 60 A. Wagner a. a. O. 364f.; hier Papiergeld mit Banknotm, Laband II, 169 ff.; G. Meyer s. Laband II, 170. I, 478; Koch in Stengels Wörterb. 68 Dieser Grundsatz wurde II, 205, Lexis in Conrads schon durch G. v. 16. Juni 1870 Wörterb. V, 97 ff.; Lüning (BGB. 507) ausgestellt, wieder­ 667 f.; Bekker in Jahrb. d. holt MünzGes. Art. 18 und G. v. 30. April 1874 §. 8 Abs. 2. gern. R. I, 321 ff.

Das Münzwesen,

g. 33.

345

«ich eine notwendige Folge des ReichSmünzsystemes

ist.

Aber auch das Reich bedürfte zur Ausgabe von Papiergeld noch einer spezialgesetzlichen Basis, welch« zur Zeit fehlt. DaS deutscheRecht kennt somit die Institution

des Papiergeldes überhaupt nicht." Die Einzelstaaten waren durch Reichsgesetz verpflichtet

worden, ihr Papiergeld — solches zirkulierte im Betrage von 61374600 Thaler! — bis 1. Juli 1875 zur Ein­

lösung

aufzurufen und

Zum Ersatz

für dm

„thunlichst schnell" so

in

Wegfall

einzuziehen."

gebrachtm

Betrag

papierenen Geldes gab auch das Reich papierene Wertzeichen, „Reichs kaffen scheine", aus; dieselbm sind aber nicht

Papiergeld; es besteht somit für Private kein Zwang der Annahme;"

andrerseits sind die Reichskaflmscheine auch

nicht Schuldurkundm einer Bank, sondem des Reiches: für die Soffen des letzteren besteht demnach auch eine unbedingte

Annahme- und Einlösungspflicht.67

Dm Soffen des Reiches

find in dieser Beziehung gleichgestellt die Soffen der Einzel­

staaten; diese Verpflichtung ist im Gegmsatz zu der obm S. 334 88 erwähnten eine privatrechtliche, demnach zivilrechllich verfolgbar.68

3. Die Reichskaffenscheine werdm in Stückm von 5,

M Mandry 184 erklärt die Reichskaffenscheine für Papier­ geld, im Unterschied von den Reichsschatzanweisungen. •» G. v. 30. April 1874 §. 2. " Ebenda §. 5 Abs. 2. @. Meyer 470 »Papiergeld im wirtschaftlichen Sinne", sachlich aber vollkommen übereinst, m. d. Text.

«' Ebenda §. 5 Abs. 1, dazu @. v. 21. Juli 1884 (RGB. 172), das die am 11. Juli 1874 aus­ gegebenen Reichskaffenscheine mit Ende des Monats Juni 1895 außer Wirksamkeit bezüglich jener Gesetzesbestimmung setzte. •• Mandry 187; G. Meyer I, 480; A. A. Endemann Hand.R. 375«.

Buch DL

346

DaS Berkehrswesen.

20 und 50 Mark, ausgegeben.

Der dauernd zum Umlauf

bestimmte Betrag ist 120 Millionen Mark, welche nach der Bevölkemngsziffer vom 1. Dez. 1871 auf die Einzelstaaten

verteilt

wurdm.69

Außerdem

aber

erhielten

diejmigm

Staaten, deren einzuziehender Papiergeldbetrag70 den ihnen

gesetzlich zukommenden Betrag von Reichskaffenscheinen über­ stieg, noch einen diesen Überschuß bis auf zwei Drittel aus-

füllenden Mehrbetrag von Bargeld oder Kassenscheinen,71 der aber bis 31. Dez. 1890 zurückerstattet sein mußte; von

diesem Zeitpunkt ab durste nur mehr der gesetzliche Normal­ betrag der Kassenscheine zirkulieren.79

4. Die Kaffenscheine als Schuldurkunden des Reiches

werden ausgefertigt durch die Reichsschuldenverwaltung unter Beschädigte oder

Kontrolle der Reichsschuldenkommission.78

unbrauchbar gewordene Scheine sind vom Reich zu ersetzen,

falls

das

präsentierte

ganzen unzweifelhaft

Stück

mehr

als

die Hälfte eines

echten Scheines darstellt.

wird nur ausnahmsweise Ersatz geleistet.74

Außerdem

Solche Scheine

find jedenfalls von beit öffentlichen Kaffen anzuhaltm und

dürfen nicht wieder ausgegeben werden.78

5. Einen besonderen strafrechtlichen Schutz hat das zur

•• Ebenda §. 1. 78 G. v. 30. April 1877 §§. 6, 70 Gar kein Papiergeld hatten 7 vgl. dazu die Beschreibungen nur die Hansestädte und Lippe- CBl. 1875, 48. Reichsanzeiger

Das Bank- und Börsenwesen.

§. 34.

347

Herstellung von Reichskaffenscheinm verwendete Papier ge­ funden durch das G. v. 26. Mai 1885 (RGB. 172). §. 34.

»nd L

Prinppirllr Erörterung und Lrchlsqurllrn.

I. Prinzipiell

verschieden

von den

Berwaltungszweigen des Reiches

bisher

betrachteten

ist das Bankwesen:

im uneigenüichen Sinne kann letzteres dm

nur

ersteren ange­

reiht werden.

Währmd beim Post- und Telegrap henwesm die Ordnung deS Systemes und

der Betrieb des „Geschäftes"

ganz in­

einander übergegangm find, «ährend beim Münz- wie beim Maß- und Gewichtswesm jme beidm Seitm zwar trmnbar

find, aber doch bei ersterem die geschäftliche Seite für dm

Staat monopolisiert und bei letzterem wmigstms von einer staatlichm Beglaubigung abhängig gemacht ist, ist das System

des Bankwesms nicht staatlich geordnet und das Bankge­ schäft weder monopolisiert, noch von einer staatlichm Be-

1 Laband H, 123 ff.; ferner der umfang- und inhaltreiche Artikel „Reichsbank" von A. Wagner in v. Holtzendorffs RLex. 3. Ausl., derselbe in Schönbergs Handb. d. polit. Ökonomie I, 475 ff.; Löning BerwR. 634ff.; G. Reyer BerwR. I, 449ff., 474 ff.; Hänell, 681 ff.; Lotz, Geschichte und Kritik des deutschen Bankgesetzes (1888); Koch in Buschs Archiv für Handelsrecht XXXIII, 139 ff., XXXIV, 125 ff. In §. 140 giebt G. Meyer eine schöne

rechtshistorische Skizze; für die Anfänge des Bankwesms höchst lehrreich Endemann, Studim zur romanistisch - kanonistischm Wirtschasts- und Rechtslehre I, 421 ff. Bgl. auch die Artikel über Banken und Bankwesen in Conrads Handwörterb. II. 12 ff., sowie die einschlägigm Artikel von Koch in Stengels Wörtern d. BerwR. (Rotenbankm. Reichsbank> Text der einschlägigm Gesetzerc. in der Handausgabe von Koch 2. A. 1890.

Buch DL

348 glaubigung

abhängig

DaS Verkehrswesen.

gemacht.

Das

Bankwesen

ist

vielmehr beherrscht von dem unser ganzes Ge­ werbewesen

beherrschenden

werbefreiheit.* werbe:

während

Prinzip

der

Ge-

Das Bankgeschäft ist ein Ge­

der Staat beim Betrieb der

Post nicht Frachtführer und bei der Prägung

von Münzen nicht Gold-

oder Silberarbeiter

ist, ist er, insoweit er am Bankgeschäft sich be­ teiligt, in der That nicht mehr und nicht weniger

als einfacher Bankier.

II. Das Prinzip der Gewerbefreiheit aber schließt nicht aus, daß einzelne Gewerbe in mehr oder minder weitem Umfange unter staatliche Kontrolle gestellt sind (s. das Ge­

werberecht).

Dies geschah auch bezüglich des Bankwesens,

jedoch nicht für den ganzen Umfang des Bankgeschäftes, sondern zuerst nur für einen einzelnen Zweig desselben, die A u s g a b e

von

Banknoten.

Im

übrigen

trieb des Bankgeschäftes frei.

aber

blieb

Wenn RB. Art.

der

Be­

4 Z. 4

„die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen" der Gesetzgebung und Beaufsichtigung des Reiches unterwirft, so hatte diese Verfasiungsbestimmung eine spezialgesetzliche Durch­

führung bis vor kurzem nur bezüglich des sog. Notengeschäftes 8 Eine gedankenreiche Kritik dieses Prinzips der Bankfreiheit s. bei A. Wagner 348 ff. 8 Die prinzipiellen Erwägun­ gen sind demnach nicht, wie Lab and II, 124 annimmt, für , Post- und Bankwesen die näm-' lichen, sondern entgegengesetzte: letzteres ist Privatgewerbe, er« steres Staatsverwaltungszweig, demgemäß sind auch — Laband;

II, 125 — Reichsfiskus und Postfiskus identisch, dagegen Reichsfiskus und Reichsbank,ver­ schiedene, selbständige juristische Personen des Privatrechts". Man könnte den grundsätzlichen Gegensatz zwischen Reichsbank und Reichspost überhaupt nicht besser und schärfer präzisieren, als dies La band II, 125 thut,

Das Ban!» und Börsenwesen,

§. 34.

349

Die Zuständigkeit des Reiches aber bezieht

gefunden.

sich auf jede Art des Bankgeschäftes und hat eine Schranke

in

nur

dem juristisch kaum bestimmbaren Worte „allge­

meinen" .4

Demgemäß erging neuestens das Börsengesetz

v. 22. Juni 1896 (RGB. 157), welches das in der Form

des Börsenhandels betriebene Geschäft unter eine ein­

gehend geregelte Staatskontrolle stellt; bei dem nahm Zusammmhange von Bank- und Börsmwesm werdm die gesetzlichm Vorschriftm über die Börse systematisch am besten

in dm Abschnitt über das Bankwesen eingeordnet. HI. Das Prinzip der Bankfreiheit erfährt ferner eine

eigentümliche Modifikation dadurch,

daß auch der Staat,

d. i. das Reich, in den Wettbewerb der steten Konkurrenz durch

Aufrichtung

einer Reichsbank

««getreten

ist.4

Der Betrieb einer Staatsbank ist altpreußische, in kritischen Seiten

segensreich bewährte Tradition:

demgemäß wurde

nach Aufrichtung des Reiches, da die Verfassung das Bank-

wesm

der Kompetenz des letzterm zugewiesm hatte,

die

prmßische Bank dem Reiche gegen 1) 15 Millionen Mark bar, 2) Rückgabe des vom prmßischm Staat eingeschoflmm Kapitales von 5 720 400 Mark, sowie 8) der Hälfte des Reservefonds mit 9 Millionen Mark, 4) Übernahme einer

Rmte

an

dm

prmßischm Staat von 1865 730 Mark,

zahlbar bis zum Jahre 1925, käuflich übertragen.6

Die

Reichsbank trat am 1. Januar 1876 ins Seien.T 4 6. hieher nach beiden Rich­ die ofen zitierten Arbeiten von tungen die Bemerkungm von A. Wagner, Lotz und Koch. H ü nel.StR. 1,683 f., des. 684» • Bank«. §. 61. Berte. §§. 1, über die Vorgeschichte deS Worte» 3, 6. .aUgemeinm**. * über die Reichsbank s. bes. ’ BankSt. §. 1.

Buch DL Da» Berkehrsmesen.

350

Daß bei Errichtung der Reichsbank öffentliche Interessen

mitbestimmmd, vielleicht in erster Linie maßgebend waren, ist unzweifelhaft und hat auch im Gesetz selbst klaren Aus­

druck gefunden: „Die Reichsbank hat die Aufgabe, den Geldumlauf im gesamten Reichsgebiete zu regeln,

die

Zahlungsausgleichungen

zu

er­

leichtern und für die Nutzbarmachung verfüg­

baren Kapitales zu sorgen." 8

Gleichwohl kann den

Ausgangspunkt für die jurist i s ch e Betrachtung der Reichs­

bank nicht der Satz bilden: daß die Reichsbank „in erster Reihe zur Förderung der allgemeinen staatlichen Aufgaben und der öffentlichen Wohlfahrt" dienen solle,8 sondern der andere Satz: daß die Reichsbank eine durch Vor­

schriften des öffentlichen Rechtes eigentümlich

modifizierte

privatrechtliche

Aktiengesell­

schaft ist.10

Die Reichsbank ist für die juristische Be­

trachtung nicht

Staatsverkehrsanstalt,

Gewerbebetrieb.

Dies «giebt sich gut Evidenz aus dem

sondern

fiskalischer

Prinzip, daß das Bankwesen kein Stück d« Staatshoheit

ist, sowie aus allen die Reichsbank betreffenden Spezial-

rechtssätzen. Organisation und Geschäftsbetrieb d« Reichsbank sind

allerdings

durch

staatliche

Vorschriften

normiert.

Diese

Vorschriften bilden jedoch bei d« prinzipiellen Natur ber * BankG. §. 12; dazu die Kritik von A. Wagner 371. * So Laband ll, 124. . 10 Die grundsätzliche Auffaffung der ReichSbank ist sehr' destritten. Übereinstimmend mit dem Text: G. Meyer I, 485; ebenso Laband II, 125 f. Ent-

gegengesetzt M. Koch in Stengels Wörterb. II, 346 u. das Reichsgericht (Entsch. in Zivilsachen XV, 236); als öffentliche Anstalt in ähnlichem Sinn« betrachten die Reichsbank auch Gierke und Rosin.

Das Bank- und Börsemvefen.

§• 34.

351

Reichsbank keinen Teil des staatlichen Verwaltungsrechtes. Wohl aber ist dies der Fall bei denjenigen Rechtssätzen,

welche sich auf die Staatsaufsicht über das Notengeschäst, sowie

über

systematisch

die

Börse

beziehen:

diese

qualifizieren

als ein Teil des Gewerbepolizeirechtes.

sich

Die

theoretische Darstellung müßte demnach nach diesen beiden Gesichtspunkten

unterscheiden, und nur die letzteren Vor-

schriftm wären im Rahmen deS staatlichen Verwaltungs­ rechtes zu erörtern.

Da jedoch die Gesetzgebung eine Unter­

scheidung in dieser Beziehung nicht macht, darf auch die theoretische Darstellung von einer solchen absehen. IV. Das positive Rechtsmaterial besteht in dem G. v.

14. März 1875 (RGB. 177), dem Bankgesetz," ferner der KV. v. 21. Mai 1875 (RGB. 203), dem Reichs­ bankstatut. " Dazu kommt das G. v. 18. Dq. 1889 (RGB. 201). Periodische Übersichten über den Stand des deutschen Bankwesens werden im Zentralblatt veröffentlicht.

Das Börsengesetz erging unterm 22. Juni 1896 (RGB.

157). n.

Dir Staatsaufsicht über da» LotengrfchSft."

I. Banknoten sind juristisch nicht Geld, son­ dern

privatrechtliche

Schuldurkunden:

für

miemand, auch nicht für Staatskassen besteht

somit

eine Rechtspflicht der Annahme solcher

11 über die Entstchungsgeschtchte d«S Gesetze» s. L. Wag­ ner 865. 11 Da» Statut ist auf Grund von BankG. 40, wo unter 11 Ziffern -»gleich der materiell« Inhalt desselben be-eichnet ist,

vom Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundes rate erlassen. “ BankG. §§. 42-55, vgl. dazu A. Wagner 849 ff.; G. Meyer I, 489 ff.; Löning 638 ff.; Labandll,141ff.;«och in Stengels Wörterb. II, 169.

Buch DL Das Verkehrswesen.

352

Papiere zur Tilgung

keiten,

und

es

von Schuldverbindlich­

kann eine solche Rechtspflicht

auch für Staatskassen durch Landesgesetz nicht begründet werden."

verständlich

die

ihre Noten

Dagegen besteht juristisch selbst­

Rechtspflicht

in Zahlung

jeder

Notenbank,

zu nehmen,

und

diese

Rechtspflicht ist durch positive gesetzliche Vorschrift

auf

alle

übrigen

Notenbanken

ausgedehnt

worben.16

Banknoten find aber volkswirtschaftlich dem Gelde ziem­ lich

gleich;

sie erfüllen im Verkehr die Funktionen von

Geld, werden auch in normalen Zeiten dem Gelde that­

sächlich gleichgeachtet; sie sind zwar nicht Geld, aber Geld­

surrogat, und man hat sie demgemäß zutreffend im Gegen­ satz zum Papiergeld Geldpapiere genannt. Demgemäß liegt auch der Gedanke nahe: wie das Geld,

so solle auch dieses Geldsurrogat nur vom Staate ausge­ geben werben. Dies Prinzip beherrscht auch das Noten­ emissionsrecht in Frankreich, Österreich-Ungarn, Belgien, den

Niederlanden.

Aber auch für den Fall, daß das Roten-

emissionsrecht nicht monopolisiert ist, ist dieses Recht der Ausgabe von Geldsurrogaten doch ein Privilegium so weit-

gehender Natur, daß die Erteilung desselben bei

geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen dem

Staat vorbehalten bleiben muß, und daß der Staat auf eine wirksame Kontrolle über die Bethätigung desselben nicht verzichten darf.

“ BankG. §. 2, G. Meyer I 16 BankG.88.4,50. G. Meyer I, 496. 11, 496.

Da» Bank- und BSrsenwesen.

§. 34.

853

Diese Beiben Gedanken beherrschen auch die deutsche Gesetz­ gebung, währmd das Prinzip des staatlichen Notenmonopols

vom Gesetzgeber leider bis jetzt abgelehnt wurde, Neue Notenprivilegien kann demnach

n.

nur das Reich erteilen, und zwar nur in der Form eines Gesetzes;'* das Reich hat von diesem

Rechte nur Gebrauch gemacht zu Gunsten der Reichsbank.17 Der Neuverleihung gleich steht

die Erhöhung bestehender

Privilegien über den bei Erlaß des Bankgesetzes zulässigen

Rotenbetrag

hinaus.

Den Einzelstaaten ist somit

jede Kompetenz in dieser Beziehung entzogen.'* Die beim Erlaß des Reichsgesetzes vorhan­

denen Privilegien aber wurden nicht aufge­ hoben, sondern in ihrer Existenz prinzipiell

als Jura quaesita anerkannt," jedoch mit der Maß­ gabe, daß in solchen Fällen, wo dem Staate ein Kündigungs­ recht vorbehalten war, diese Kündigung kraft Gesetzes am

frühesten möglichen Termine eintreten solle, falls die Bank nicht ihren Notmbetrag auf den am 1. Januar 1874 ein­ gezahlten Betrag ihres Grundkapitales beschränken und sich

den Vorschriften des BankG. §. 44 unterwerfen wollte.70 Ende

1873 warm im Reichsgebiet 1352 548 000 Mark

Banknoten

im Umlauf, davon 426 808 000 Mark ohne

Deckung. 11 BankG. 8. 1., derselbe Grundsatz war schon im G. v. 27. Mär, 1870 aufgestellt. « BankG. §. 16 Abs. 1. *• Eine Ausnahme macht nur BankG. 47 AbsL für Bayern für eine» Mehrbetrag biszu70MillioZ»rn, vtaaUrecht H. 8. «af.

nen Mark; demgemäß ist bie bayr. Notenbank gegründet und mit diesem Notenprivileg aus­ gestattet worden. *• BankG. §. 42; dazu Laband n, 142 f. M BankG. §. 46.

Buch IX. Da» 8afe^r8»efen.

354

Außerdem aber wurde die Ausübung der von Einzel­ staaten erteilten

Privilegien durch die Reichsgesetzgebung

mit folgenden Schranken umgeben:

1. Einzelstaatliche Privilegien dürfen nur im Gebiete desjenigen Staates, der sie ver­

liehen, ausgeübt werden; die Zirkulation der

betreffenden Noten außerhalb dieses Gebietes ist bei Strafe verboten."

2. Solche Banken dürfen außerhalb des be­

treffenden Staatsgebietes nicht Zweiganstal­

ten

noch Agenturen

als

Gesellschafter

errichten, sich auch nicht an

anderen

Bankhäusern

beteiligen." Es liegt auf der Hand, daß diese Vorschriften «nett irgend

erheblicheren Geschäftsbetrieb

deutschm Kleinstaaten

für die Banken der

geradezu zur Unmöglichkeit machen

mußten, und in der That war dies auch bei dem jeder Schildemng spottenden Zustande des Bankwesens in mehreren Kleinstaaten ihr erklärt« Zweck.88 **

Das Gesetz

giebt

Schranken zu beseitigen.

jedoch die Möglichkeit,

die obigen

Banken, welche auf Grund einzel­

staatlich« Privilegien das Emissionsrecht besitzen, konnten

nämlich für ihre Noten die Zirkulationsfähigkeit im ganzen

Reiche erw«ben, wenn sie bis 1. Januar 1876 folgende Voraussetzungen erfüllt hatten:" 1. „Die Bank darf ihre Betriebsmittel nur in dm im

81 Sani®. §. Strafbestimmung 88 Bank®. §. Strafbestimmung

43; dazu die 88 S. die Angaben hierüber bei A. Wagner 354. §. 56. “ Bank®. §. 44. 42; dazu die §. 58.

Das Bank- urib Börsenwesen. g. 34.

355

§. 13 unter 1 bis 4 für die Reichsbank gestatteten — f.

hierüber unten S. 370 — Geschäften, und zwar zu 4 höchstens

bis zur Höhe der Hälfte des Grundkapitals der Bank und

her Reserven, anlegen. Bezüglich des Darlehnsgeschästs ist der Bank eine Frist

bi» zum 1. Januar 1877 eingeräumt, innerhalb welcher

sie ihre Darlehne dm Bestimmungen des §. 13 Nr. 3 zu konformieren hat.

Sie hat jeweilig dm Prozmtsatz öffmtlich Mannt zu machen, zu welchem sie diskontiert oder zinsbare Darlehne

gewährt. 2. Die Bank legt von dem sich jährlich Über 41/» Pro­

zent des Grundkapitals hinaus ergebmdm Reingewinn jähr­ lich mindestms 20 Prozent so lange zur Ansammlung eines Reservefonds zurück, als der letztere nicht ein Vierteil des Grundkapitals beträgt."

Befreit hiervon warm diejmigm

Banken, die bis 1. Januar 1876 dm Nachweis hatten er­

bringen sönnen, daß ihr Notenbetrag

das am 1. Januar

1874 vorhandene Grundkapital nicht Übersteige; auf Grund dieses Nachweises erfolgte die Befreiung von dm obm be-

zeichnetm Schrankm, und dem Bundesrat blieb sogar im Gesetz vorbehaltm, solchen Santen noch weitere Geschäfts­

erleichterung bezüglich des DarlehnsgeschästeS zu gewähren."

8. „Die Bank verpflichtet sich, für dm Bettag ihrer im Umlauf befindlichen Banknoten jederzeit mindestms ein Dritteil in kursfähigem deutschen Gelde, Reichskafsmscheinen

oder in Gold in Barren oder ausländischen Münzm, da» Pftmd fein zu 1892 Mark gerechnet, und dm Rest in dis-

* van». §. 44 «bs. 4.

Buch IX.

356 kontierten

Das LerkehrSwesen.

Wechseln, welche eine Verfallzeit von

drei Monatm

haben und

aus

höchstens

welchen in der Regel drei,

mindestens aber zwei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, in ihren Kassen als Deckung bereit zu halten. 4. Die Bank verpflichtet sich, ihre Notm bei einer von

ihr zu bezeichnmden Stelle in Berlin oder Frankfurt a. M., deren Wahl der Genehmigung des Bundesrats unterliegt,

dem Inhaber gegen kursfähiges deutsches Geld einzulösen?" Die Einlösung

hat spätestens vor Ablauf des auf dm

Tag der Präsmtation folgmden Tages zu erfolgen.

5. Die Bank verpflichtet sich, alle dmtschm Banknoten, beten Umlauf im gesamten Reichsgebiete gestattet

ihrem

Sitze,

sowie

bei

dmjenigm

ihrer

ist,

an

Zweiganstaltm,

welche in Städtm von mehr als 80 000 Einwohnern ihren

habm,

Sitz

zu ihrem vollm Nennwerte in Zahlung zu

nehmm, solange die Bank, welche solche Noten ausgegebm

hat, ihrer Notmeinlösungspflicht pünktlich nachkommt.

Alle

bei einer Bank eingegangenen Notm einer anderen Bank

dürfm, soweit es nicht Notm der Reichsbank find, nur mtweder

zur Einlösung präsentiert,

diejmige Bank, welche dieselbm

oder zu Zahlungen an

ausgegebm hat, oder zu

Zahlungm an dem Orte, wo letztere ihrm Hauptsitz hat,

verwmdet werden. 6. Die

Bank

verzichtet

auf

jedes

Widerspruchsrecht,

welches ihr mtweder gegen die Erteilung der Befugnis zur Ausgabe von Banknotm an andere Bankm, oder gegen die

M €>. hierher Laband II, 147', Mandry, 186. *. Diese Verpflichtung ist „zivilrechtlich chtlich erzwingbar erzwingbar : Mandry 186. Goldschmidt HR.,

S. 1228; Endemann HR. 675"; Gareis HR.; G. Meyer BerwR. I, 496. — Über Entziehung des Privilegs aus diesem Grunde s. unten S. 363f.

Das Bank- und Börsenwesen. §. 34.

357

Aufhebung einer etwa bestehenden Verpflichtung der Landes-

regierung, ihre Noten in den öffentlichen Kasim statt baren Geldes in Zahlung nehmen zu fassen, zustehen möchte.

7. Die Bank willigt ein, daß ihre Befugnis zur Aus­ gabe von Banknotm zu dm in §. 41 (für die Reichsbank) bezeichnetm Terminm durch Beschluß der Landesregiemng

oder deS Bundesrats mit einjähriger Kündigungsfrist auf» gehoben

werden

könne,

ohne

daß ihr ein

Anspruch

auf

irgend welche Entschädigung zustände."

Sobald dem Reichskanzler der Nachweis darüber, daß die

angegebmm

gesetzlichm

Voraussetzungm

statutarisch

fichergestellt feien, sowie über die Errichtung der vom Gesetz

vorgeschriebmm Einlösungsstelle erbracht war, hatte ersterer für die betreffmde Bank die beschränkendm Bestimmungen

deS §. 48 durch eine im Reichsgesetzblatt zu veröffmtlichende Kundmachung aufzuhebm.26

Außerdem

gestattete das Gesetz

auch eine Beseitigung

der dm Betrieb des Geschäftes durch Filialm oder Agmturm verbietmdm Vorschriftm des §. 42.

Als kompetent

zur Außerkraftsetzung deSselbm war der Bundesrat erklärt,

wenn 1. die oben bezeichnetm Voraussetzungm für unbe­ schränkte Zirkulationsfähigkeit der Notm erfüllt warm, 2. ein

Antrag der Landesregiemng,

in deren Gebiet die Filiale

oder Agmtur errichtet »erben sollte, vorlag.29 Die erforderlichen Bekanntmachungen des Reichskanzlers waren im RGB. zu veröffentlichen.99

14. März u. 29. Drzemb. 1875, • »ankG. 8..45. 7. Januar 1876, 3. Sept 1879, * »ankS. 8. 44 «bs. 3. M BankS. z. 45; dazu B e. 27. gebt. 1888 u. a. m.

Buch DL Das Verkehrswesen.

858

Bei Erlaß des Bankgesetzes bestanden 82 Notenbanken" auf Grund landesrechtlicher Privilegien; davon verzichteten im Laufe der Jahre 25 auf ihr Emissionsrecht.

Zirkula­

tionsfähigkeit für ihre Noten im ganzen Reichsgebiet er­ warben 1. die Frankfurter Bank, 2. die bayrische Noten­

bank, 8. die sächsische Bank in Dresdm, 4. die württem-

bergische Bank, 5.

6. die Bank für

die badische Bank,

Süddeutschland in Darmstadt.

Die Braunschweigische Bank übt ihr landesrechtliches Privileg (bis 10. Mai 1952), ohne eine Beseitigung der Schranken der §§. 42 und 43 erwirkt zu haben."

HL Ausländische

auf

den

Inhaber

Banknoten

lautende

oder

sonstige

unverzinsliche

Schuldverschreibungen ausländischer Korpora­

tionen, Gesellschaften oder Privaten in Reichs­ währung

ausschließlich

Wertbestimmungen

sind

oder für

neben

anderen

Zahlungen

Reiche bei strenger Strafe verboten."

im

Ebenso

steht jede anderweite unbefugte Ausgabe von

Banknoten unter Strafe."

IV. Für den Geschäftsbetrieb aller Notenbank«

giebt das Gesetz folgmde Normativvorschristm: 1. Am

7.,

15.,

spätestens 5 Tage

23. und letzten jeden Monats 6egro.

nachher

81 RGB. 1875, . 198. Lgl. A. Wagner 373. Über di« bet» maligen Verhältnisse der Noten­ banken in Bezug auf die Be­ schränkungen der §§. 42 u. 43 f. auch Koch, TextauSg. 97161. Laband II, 147».

muß der Geschästsstand nach

88 Der letzt« Status — Au­ gust 1896 — ist veröffentlicht im CBl. 1896, 472 f. 88 BankG. §. 11; dazu die Strafbestimmung §. 57. 84 BankG. §. 55. Geldstrafe von mindestens 5000 Mk.

DaS Bank- und Börsenwesen.

g* 34.

359

Maßgabe der gesetzlichm Normativbestimmungen publiziert

wabcn,

ebenso

Bilanz

und

Jahresabschluß

spätesten-

3 Monate nach Abschluß des Geschäftsjahres; die Publika­

tion hat im Reichsanzeiger zu erfolgen.86 2. Die Noten dürfen nur auf Stücke von 100, 200, 500, 1000 Mark bezw. das Mehrfache dieses letzteren Be­

trages

lauten.88

somit „unbefugte"

Noten

von

geringerem

Betrag

wären

Notenausgabe und als solche strafbar

(f. oben m).

3. Alle Noten müssen von der Emissionsbank auf Prä­

sentation sofort bar eingelöst, ebenso jederzeit in Zahlung angenommen werben.

Bei den Filialen der Reichsbank ist

jedoch die Berpflichtung keine unbedingte, sondern bestimmt

sich nach dem vorhandenen Barbestand und dem zeitweiligen Geldbedarf; eventuell ist die Einlösung durch die Zentral88 BankG. 8-8 für die Reichs­ bank BankSt. §. 13, B. d. BR. v. 15. Januar 1877 (CBl. 24); dazu die Strafbestimmung in 59 Z. 1. „Die wöchentliche Veröffent­ lichung muß angeben 1. auf feiten der Passiva: da- Grundkapital, den Reserve!ond-, den Betrag der umlauenden Roten, die sonstigen täg­ lich fälligen Verbindlichkeiten, die an eine Kündigungsfrist ge­ bundenen Verbindlichkeiten, oie sonstigen Passiva; 2. auf feiten der Aktiva: den Metallbestand (den Bestand an kursfähigem deutschen Gelde und an Gold in Barren oder aus­ ländischen Münzen, daS Pfund fetn zu 1392 Mark berechnet),

den Bestand: an Reichskaffen­ scheinen, an Roten anderer Banken, an Wechseln, an Lom­ bardforderungen, an Effekten, an sonstigen Aktiven. Welche Kategorieen der Aktiva und Passiva in der Jahresbilanz gesondert nachzuweisen sind, be­ stimmt der Bundesrat (f. tarn V. d. BR. vom 15. Januar 1877, CBl. 24). Außerdem find in beiden Ver­ öffentlichungen die aus weiter­ begebenen im Jnlande zahlbaren Wechseln entsprungenen even­ tuellen Verbindlichkeiten ersicht­ lich zu machen/ " BankG. §. 3, dazu AWaa» ner 368. Bal. auch MünzG. Art. 18 Abs. 2.

DaS Verkehrswesen.

Buch DL

360

anstatt zu vermitteln.

Könnte letztere dieser ihr in absoluter

Weise vom Gesetz auferlegten Verpflichtung nicht nachkommen, so müßte entweder Liquidation eintteten oder die betreffende

Gesetzesvorschrift durch Spezialgesetz

suspendiert werden.87

Beschmutzte oder beschädigte Noten müssen von der Emissions­ bank bezw. deren Filialm oder Einlösungsstellen einbehalten Für vernichtete oder verlorene Noten braucht kein

werden.

Ersatz geleistet zu werden,

für beschädigte nur dann, wenn

das produzierte Stück mehr als die Hälfte einer erwiesenermaßen echten Note beträgt oder wenn der Beweis der Ver­ nichtung anderweit erbracht werden sann.88 89 4. Notenbanken dürfen Wechsel zwar diskontieren, aber

nicht acceptieren,

keine Zeitgeschäfte für eigene oder ftemde

machen,

Rechnung

nehmen.88

auch

für solche keine Bürgschaft über­

Jedes Geschäft dieser Att ist den Notenbanken

verboten.40

5. Weitere Einschränkungen des Betriebes ergeben

für

die

Notenbanken

(ausgenommen

die

sich

Braunschweiger

Bank) noch aus den oben S. 354 f. angegebenen geschlichen

Erfordernissen für Beseitigung der die Notenbanken grund­ sätzlich

auf das einzelstaatliche Territorium beschränkenden

Vorschriften der §§. 42—44 des Bankgesetzes. V. Der Notenbetrag

aller deutschen Notenbanken,

welche bei Erlaß des Bankgesches existierten, wurde gesetzlich

insofern

fixiert,

als ein

steuerfreier Notenbettag von

40 Ob demgemäß auch zivil­ 87 Laband II, 189. 88 BankG. §§.4, 5, für die rechtlich nichtig? G. Meyer I, Reichsbank §. 18, Strafbest. §. 58. 4938 verneint die Frage, ebenso 89 BankG. §. 7; dazu die Laband II, 144. Strafbestimmung §. 58.

Das Bank- und Börsenwesen,

385 Millionen Mark gesetzlich

g. 34.

861

festgelegt rourbe.*41

Darin

ist auch der Betrag der Reichsbank mit 250 Millionen Mark Der gesetzlich

enthalten.

schritten werden; wenn

fixierte Notenbetrag

jedoch

darf über­

der Notenumlauf den Bar-

norrat der Bank an

deutschem Geld, Reichskaffenscheinen,

deutschen Banknoten,

Barrengold

und den bettag

ausländischem Geld

und

gesetzlichen Bettag übersteigt, so

eine Roten st euer von

5 °/o

zu entrichten.42 * Im übrigen ist

an

ist vom Mehr­ die Reichskaffe

die Maximalgrenze der

Notenausgabe der Zettelbanken landesrechtlich oder statutarisch kann hier nur indirekt von Auf-

geordnet, und das Reich

fichts wegen einwirken. der

gesetzlichen

Der Stand der Notenausgabe muß

Vorschrift

gemäß

stets

öffentlich gehalten

Werden; unbefugte Notmausgabe ist mit Sttafe, weiterhin

Entziehung des Privilegs bedroht.42e bettag

derjmigm Banken,

welche

Der gesetzliche Notenauf ihr Emissionsrecht

verzichten, wächst frost gesetzlicher Bestimmung der Reichs­ bank

zu."

Dadurch

erhöhte sich der steuerfreie Noten­

bettag der Reichsbank allmählich von 250 Millionen auf

1894, RGB.

152).44

Die wirtschaftliche Sicherheit des Notengeschäftes

ist vor­

293400000

Mark (27.

Februar

züglich durch die strengen Vorschriften über die Noten­ de ckung (s. oben 355 Z. 3) verbürgt." 41 Aul. zu BankG. §. 9. 41 BankG. §. 9 (Prinzip der indirekten Kontingentierung der Notenausgabe). Über die Berech­ nung der ©teuer: BankG. §. 10; dazu die Strafbestimmung in g. 59 Z. 2-3. BankG. gg. 44, 46. G. Meyer BerwR. I, 494.

48 BankG. §. 9 Abs. 2; dazu RGB. 1876,124,176; 1877,567; 1886, 236; 1887,123; 1889,170, 200. 44 Laband II, 139.

44 S. dazu Slevogtin BuschArchiv XXXL 177 ff.

Buch IX. Das LerkehrSwesen. Die Einziehung

von Banknoten

kann der

Bundesrat

anordnm, wenn die Bank das Emisfionsrecht verloren hat,

oder wenn „ein größerer Teil" der Sloten

einer Bank in

beschmutztem oder beschädigtem Zustande umläuft.

Außer­

dem aber kann der Bundesrat auf Antrag seine Genehmigung gut Einziehung erteilen, wenn nachgewiesenermaßen gefälschte Sloten einer Bank in Verkehr gelangt find.

Der Bundes­

rat hat in solchem Falle das bei der Einziehung zu be­ obachtende Verfahrm genau anzuordnen, die Einlösungsstellen

zu bezeichnen, die Fristen zu bestimmen u. s. w.

Diese An»

Ordnungen sind im Reichsgesetzblatt zu publizieren." VI. Die Notenbanken unterliegen

einer fortwährenden

staatlichen Aufsicht, welche durch vom Reichskanzler

zu ernennende Reichskommissare ausgeübt wird, denen auf Verlangen Einsicht in die Bücher,

Kaffen zu gewährm ist.47

Geschästslokale und

Diese Aufsicht erstreckt sich auch

auf die Notenbanken mit landesrechtlichen Privilegien,

da

auch diese grundsätzlich der Reichsgesetzgebung unterworfen

wurden; daneben besteht für diese Banken die einzelstaatliche Staatsaufsicht fort. VII. Jede

Änderung

des

Bankstatuts

bedarf

der Genehmigung des Bundesrates, „sofern sie das Grund­ kapital und den Reservefonds, dm Geschäftskreis oder die

Deckung der auszugebendm Sloten oder die Dauer der Be­ fugnis

zur Notmausgabe zum Gegmstande habm."

Die

“ BankG. §.6. Über die «e47 BankG. §. 48, vgl. dazu B. Handlung nachgemachter oder ver­ fälschter Reichsbanknoten s. B. d. d. BR. v. 15. März 1878 (RGB. BR. v. 30. Nov. 1876, s. Koch 6), 19. Ott. 1878 (RGB. 350) Textausg. 57, Nr. 10; über Ein­ u. a. m. lösung von Banknoten 58".

Da- Boni» und Börsenwesen. g. 34.

863

Gmehmigung darf nur erteilt werben auf Antrag der beteiligten

Landesregierung,

schriftm des

§.

wenn die Bank sich

44 unterwirft.

den Vor-

Weitergehende Beschrän­

kungen, welche etwa das Landesrecht beglich des Diskonto-,

Lombard-, Effekt«- und Depositmgeschästes statuiert, bleiben vorbehalten.48

VIII. Notenprivilegien erlöschen:48

1. durch Zeit­

ablauf, 2. durch Verzicht, 3. durch Eröffnung des Konkurses über die Bank,

4. durch Kündigung

seitens der Landes­

regierung bezw. des Bundesrates; der Bundesrat wird von seiner Befugnis nur Gebrauch machen „zum Zwecke weiterer

einheitlicher Regelung des Rötendanlwesens, oder wenn eine Notenbank den Anordnungen

des gegenwärtigen Gesetzes

zuwidergehandelt hat" ;60 5. durch Richterspruch.81 Gerichtliche Klage auf Entziehung des Privilegs durch

dm Reichskanzler oder die Landesregierung deS Domizils

der Bank ist statthaft aus folgmdm Gründen:

1. wenn

die Vorschriften der Statuten, des Privilegiums oder deS gegenwärtigen Gesetzes über die Deckung für die umlaufen-

den Rotm verletzt wordm

find oder der Rotmumlauf die

durch Statut, Privilegium

oder Gesetz bestimmte Grenze

überschrittm hat;

2.

wenn die Bank vor Erlaß der in

§. 45 erwähnten Bekanntmachung des Reichskanzlers außer­

halb

des durch

§. 42 ihr

48 Boni®. §. 47. Über das Depofitengeschäst bestehen jetzt reich-gesetzlich« Vorschriften, s. darüber oben im Sewerbewes« ®. 68 ff. 48 Ban». S. 49. 88 Ban». §.44 «bs. 2; dazu

angewiesenen Gebiets

die in

bezüglich der »weiteren einheit­ lichen Regelung* 8. 41; s. auch ®. Reyer BerwR. I, 492. 81 Ban». §.50, über di« Vollstreckung des Urteils genaue Vorschrift« in §§. 51-63.

364

Buch IX.

Dai Verkehrs wesen.

§. 42 ihr untersagten Geschäfte betreibt, ober außerhalb des durch §. 43 ihr angewiesenen Gebiets ihre Noten ver­ treibt oder vertreiben läßt; 3. wenn die Bank die Ein­ lösung präsentierter Noten nicht bewirft a) an ihrem Sitze am Tage der Präsentation, b) an ihrer Einlösungsstelle (§. 44 Nr. 4) bis zum Ablaufe des auf den Tag der Präsentation folgenben Tages, c) an sonstigen durch die «Statuten bestimmten Einlösungsstellen bis zum Abläufe des dritten Tages nach dem Tage der Präsentation; 4. sobald das Grundkapital sich durch Berluste um ein Dritteil ver­ mindert hat. Die Klage ist im ordentlichen Verfahren, und zwar als Handelssache zu behandeln.

III. Dir Leichsbank.8* I. Durch Vertrag v. 17/18. Mai (RGB. 215)68 * * ging * die preußische Bank vom 1. Januar 1876 ab auf das Reich über. Das Betriebskapital berfeiben wurde auf 120 Millionen Mark festgestellt, welche in 40 000 auf den Namen lautende unteilbare und unkündbare Anteilscheine zu 3000 Mark zer­ legt und an das Publikum begeben" würben.86 Die Namm der Inhaber sind in die Stammbücher der Bank einzutragm, dies allein ist rechtlich mtscheidend. Eine Haf­ tung der Anteilseigner für die Verbindlichkeitm der Reichs“ Dazu Preuß®. v. 27. März »» Sans®. §§. 12-41, Lü­ ning 641 ff. G.Meyer 1,456. 1875, »ans®. §. 61. Labandll, 125 ff. bes. 126 Nr. 1 “ Bank®. §. 62. die durchaus zutreffende Kritik 68 Bank®. §. 23, dazu die des litt d. RGer. in Entsch. i. ausführlichen Borschriften in den §§. 3—9 des Statuts.

DaS Bank- und Lörsenwefen.

bank besteht nicht.

§. 34.

365

Die Dividmdmscheine und Talons find

auf dm Inhaber ausgestellt.68

Bei

der

Begebung

der

Aktien wurde dm Anteilseignem der früherm prmßischm Bank durch das Gesetz ein Vorrecht gewahrt.67

Das Reich

leistete keine Einzahlung, erteilte aber der Reichsbank daS

Recht der unbeschränktm Rotmausgabe und damit die Aus­

übung eines Staatshoheitsrechtes von weittragmder volks­ wirtschaftlicher Bedeutung.68

Die Reichsbank ist somit unzweifelhaft eine Aktien­ gesellschaft des Privatrechtes: sie ist in ben hierfür

vorgeschriebmm gesetzlichen Formm gegründet, und ihr ge­

samtes Betriebskapital ist durch Ausgabe von Aktien auf­ gebracht. Als Aktimgesellschast ist die Reichsbank juristische Person88 und steht unter dm Normm des gemeinen Handels­ rechts, soweit nicht ein Spezialrecht für fie geschaffm wurde.

In das Handelsregister braucht fie jü>och nicht eingetragen

zu werden.88 n. Die Reichsbank hat

aber zugleich

öffentliche

Interessen zu wahrmund steht dämm unter Aufsicht

und Leitung des Reiches;87 aus dieser eigmtümlichm Doppelstellung erklärm fich folgmde Rechtssätze:

1. Die Reichsbankbehördm und Reichsbankbeamtm habm die Rechte von Reichsbehördm und Reichsbeamtm; zwar

find fie nicht Reichsbehörde und Reichsbeamte im staatSrechtlichm Sinne, da die Reichsbank nicht Staatsverkehrs­

anstalt und ihre Thätigkeit nicht ein Stück des staatlichm « »antet. §§. 3—5.

merkunam hierüber bei Lab and II, 138. » »ant®. §. 23 tos. 2. •® «ant®. §. 66. " »ant®. §. 12. u 6. die sehr treffenden »«-

»’ «an». §. 613- 3 »antet §. 2.

Birch H DaS LerkehrSwefm. imperium ist; in Anbetracht aber der öffentlichen Interessen, denen die Reichsbank auch zu bienen hat, ist durch positive

Borschrist den Reichsbankbeamtm der Rechtscharakter von Reichsbeamten zuerteilt worden.66 Auch bezüglich der Witwm-

und

Waisenversorgung

find

die

Reichsbankbeamten

dm

Reichsbeamtm gleichgestellt wordm.68 Die Reichsbankbeamtm werden teils vom Kaiser,

teils

vom Reichskanzler, teils vom Reichsbankpräsidmtm ernannt.64

Kein Beamter der Reichsbank darf Aktionär derselbm

sein.86 2. Die Reichsbankkaffe steht juristisch vollkommm ab-

geschloffm und

selbständig neben der Reichskaffe;

für die

Verpflichtungen der Reichsbank haftet nur die erstere, und die Beamtm werden nur aus dieser bezahlt.66

3. Der Reichsbanketat ist kein integriermder Bestandteil deS Reichshauptetats, wird demselbm aber, soweit er das Direktorium betrifft,

nämlichen

als Anhang

staatsrechtlichm

Form

beigegebm und festgestellt,

Jahresrechnung vom Reichsrechnungshof

in der

ebenso

kontrolliert.

die Der

Banketat, soweit er nicht das Direktorium betrifft, ist durch dm Kaiser im

Einvemehmm mit dem Bundesrat aufzu-

stellen.67

«BankG. Z.WAbs.l;da,u auch B. v. 19. Dez. 1875 (RGB. 378) und v. 8. Juni 1881 (RGB. 117) v. 25. Juni 1881 (CBl. 251) v. 30. Mai 1881 (CBl. 232). G. Meyer I, 487: „die Reichsbankbeamten find Reichs­ beamte". 68 S. hiezu oben B. I, S. 321, dazu die Verordnungen v. 8. Juni 1881 (RGB. 117), 20. Juni 1886

(RGB. 203) u. 18. März 1886 (RGB. 80). 64 BankG. §§. 27, 36. 66 BankG. §. 28 Abs. 3. 66 BankG. §. 28 Abs. 2. Über die Pensionen u. Kautionen der Reichsbankbeamten s. KV. vom 23. Dezember 1875 (RGB. 380), 31. Mär; 1880 (RGB. 97). BankG. 8§.28 Abs.2,29. Über d. Kontrolle durch den Rechnung--

Das Bonk- und Börsenwesen.

H. 34.

367

4. Die Reichsbank und ihre Filialen find frei von der fiaatlichen Einkommen- und Gewerbesteuer, dagegen allen übrigen Steuern,

insbesondere also Kommunalsteuern und

Etanpelabgaben unterworfen.99

5. Insoweit nicht das Gesetz selbst Vorschriften giebt, Hut der Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundesrat ein

Statut zu erlaffen, das über die im Gesetz unter 11 Ziffern

tqeichneten Punkte Bestimmungen enthalten muß.69

m. Die Reichsbank

ist

nicht definitiv errichtet,

vielmehr wahrt das Gesetz dem Reiche die Möglichkeit der

Liquidation.70 das Bankgesetz

So wie die deutschm Bankverhältniffe durch

geordnet

1. Januar 1891 bleiben.

waren,

sollten

fie

vorast

bis

An diesem Zeitpunkt ab« hatte

das Reich die Möglichkeit ein« dreifachen Entscheidung.

1. Es tritt keinerlei Änderung ein, dann gilt die Reichs­ tank immer wieder für je 10 Jahre prolongiert; jedoch bedarf «r hierfür da Zustimmung des Reichstages.

2. Das Reich kann die sämtlichen Anteile da Reichs­ tank, welche fich im Privateigentum befinden, zum Nenn­ wert erwaben, dann geht auch die Hälfte des Resavefonds

auf das Reich üb«, die andae Hälfte ist unter die bisherigen

Aktionäre zu verteilen.

Damit wäre ab« an fich durchaus

noch keine Identität zwischen d« Bank und dem Reichs-

fiskus hergestellt;77 dmn beide beruhen auch dann noch auf Hof vgl. auch die G. v. 22. Mai 69 BankG. §. 40, s. üb« da» 1877 (RGB. 499), 1. Juni 1878 Statut oben S. 35119 ?»GB. 97), 5. Juli 1879 (RGB. 70 »mtf®. z. 41. 731 30. Mai 1880 (RGB. 1191 71 Wie Laband H, 131» ” BankG. §. 21; dazu Laal» »selbstverständlich' annimmt. band n 141.

Buch DL

368

DaS Verkehrswesen.

verschiedener staatsrechtlicher Grundlage, solange nicht das

Bankgeschäft zur „Staatsverkehrsanstalt" erklärt ist.

3. Das Reich kann die Bank liquidieren.

Diese Absicht

des Reiches muß spätestens ein Jahr vor dem oben be­ zeichneten Termine durch kaiserliche mit Zustimmung des

Bundesrates

werden.

zu

erlaflende

Verordnung

bekannt

gemacht

Zustimmung des Reichstages ist nicht erforderlich;

verweigert der Reichstag seine Zustimmung (s. oben Z. 1) zur

Fortführung der Bank, so muß die Liquidation eintreten. Die Grundstücke kann das Reich zum Buchwert übernehmen, die Hälfte des Reservefonds fällt in die Reichskasie,

die

übrigen Bestände sind nach Maßgabe der statutarischen Bor­

schriften durch das Direktorium unter Leitung des Reichs­ kanzlers zu liquidieren.72

Da mit dem 1. Januar 1891 alle Notenprivilegien der anderen Banken vom Reiche gekündigt werden könnten,72 so ergab sich zu diesem Zeitpunkte die gesetzliche Möglichkeit,

das gesamte Bankwesen neu zu ordnen, falls sich die Prin­

zipien, auf welchen die Gesetzgebung beruhte, nicht bewährt haben sollten, z. B. also eine Monopolbank für die Noten­ ausgabe ohne jegliche Beteiligung von Privatpersonen zu

schaffen.

Durch das G. v. 18. Dez. 1889 (RGB. 201)

entschied man sich jedoch im Sinne der ersten Alternative, nur mit einer Abänderung des § 24 des Bankgesetzes be79 Statut KZ. 31.32. Dadurch weiterer einheitlicher Regelung sind die handelsrechtlichen Vor- des Notenbankwesens oder wenn s^riften ausgeschlossen. La band eine Notenbank den Anordnun­ gen gegenwärtigen Gesetzes zu­ 78 S. oben S. 363; dabei ist je­ widergehandelt hat. Ob diese doch zugesichert: „Son feiten des Voraussetzungen vorliegen, ent­ Bundesrates wird eine Kün­ scheidet der Bundesrat.* digung nur eintreten zum Zwecke

Das Bank- und Börsenwesen.

§. 34.

züglich der Gewinnbeteiligung des Reiches.

869

Der gegen­

wärtige Zustand sowohl bezüglich der Reichs-

alS bezüglich der Privat-Notenbanken ist da­ mit auf weitere IVJahre prolongiert.

IV. Die Organisation der Reichsbank ist durch daS Bankgesetz und Bankstatut vollständig geregelt.

1. Oberster

Verwaltungschef

der Reichsbank

ist der

Reichskanzler. „In Behinderungsfällm wird die Leitung durch einen vom Kaiser hiesür ernannten Stellvertreter wahr­

der jedoch nicht staatsrechtlicher Stellvertreter

genommen,

im Sinne des G. v. 17. März 1878 sein kann?"

Analog

diesem letzteren Gesetze kann auch gemäß obiger Vorschrift des

Bankgesetzes eine Stellvertretung des Kanzlers dauernd

eingerichtet werden, da die Geschäftsausdehnung „Behinde­ rungsfall" im Sinne des Gesetzes ist.

2. Die

Verwaltung

selbst wird

geführt von

einem

Direktorium, bestehend aus einem Präsidenten und der

erforderlichen Anzahl von Räten, welche vom Kaiser auf Vorschlag des Bundesrates für Lebenszeit ernannt werden?" Die Verwaltung ist nach den Vorschriften des Reichskanzlers

zu führen;^ die Beschlüffe des Direktoriums werden mit ein­

facher Stimmenmehrheit gefaßt. 8. Von der Reichsbank reffortierm 275 Zweignieder­ lassungen

im Reichsgebiet?"

** BankG. §. 26; vgl. dazu be­ züglich der Stellvertretung CBl. 1880, 801. (Staatssekretär d. Innern). *>• Sgl. dazu oben B. I S. 267”. Ebenso Lab and ll, 128*. G. Meyer 1,486” gegen Joöl

Zorn, Staat-recht II. 2. «ufl.

Kraft des

Gesetzes

ist die

in Hirths Ann. 1878, 783. 793. 76 BankG. §. 27. 77 Über die demgemäß er­ lassenen Geschäftsanweisunaen, die nicht publiziert sind, s. d. An­ gaben bei Koch Textausg. 77 8i. 78 Handb. d. D. Reiche- S.

Buch DL 2M BerkehrSwesen.

370

Reichsbank berechtigt, solch«

überall im Reichsgebiet

anzulegen/8 die unter denselben Rechtsvorschriften wie die Zentralanstalt sicher».

Dieselben

find

entweder

ReichS-

bankhauptstellen(17),Reichsbankstellen(47) oder

Reichsbanknebenstellen (ISO), dazu 20 Warendepots und eine Kommandite.

deS

Bundesrates

Spitze muß Vorstand

an

Die ersteren werden auf Anordnung größeren Orten

errichtet;

an

ihrer

ein auS mindestens zwei Personen bestehender

stehen;

sie sind dem Reichsbankdirektorium un­

mittelbar untergeordnet.80

Die Reichsbankstellen werden vom Reichskanzler errichtet

und find ebenfalls direft dem Reichsbankdirektorium unter­

geordnet;

die Reichsbanknebenstellen werden vom Reichs­

bankdirektorium errichtet unb

sind den Hauptstellen unter«

geordnet." 4. Die Aufsicht über die Reichsbank führt das Reichs-

bankkuratorium, bestehend aus einem vom Kaiser er­

nannten und drei vom Bundesrat gewähltm Mitglied«» unter Vorsitz des Reichskanzlers;8Z dasselbe hält vierteljähr­

liche

Sitzungen ab zur Entgegennahme des Rechenschafts-

berichtes d« Verwaltung.

Die Aufsicht üb« die Filialen

führen kais«liche Spezialkommifsare.

5. Die

privaten

Aktionäre

sind

an



Verwaltung

gleichfalls beteiligt, wenn auch nur in sehr unt«geordnet«

Weise; insbesond«e steht ihnen kein Recht zu, üb« Fort­ setzung ob« Auflösung d« Aktiengesellschaft zu beschließen.

80 BankG. §§. 36, 12 Slbs.3. 390 ff.; die Reichsbank übertrifft in dies« Beziehung alle kon­ Vgl. die Auszählung der Haupt­ stellen CBl. 1875,802,1879,325. tinentalen Banken. " BankG. §§. 12 Abs. 2, 36, Koch Textausg. 193. 37. Darin liegt ein Berbot fürs 81 BankG. §. 37. Ausland. Bgl.Laband ll, 133s. 88 BankG. §. 25.

Da» Boni* imb Bdrfenwefe*. tz. 34»

871

»)Sie bilden eine Gen er a lv ers amml ung.^ Stimm-

berechtigt in derselben ist jeder anwesende Vertreter eine» Anteilsscheines für jeden Anteilsschein (außer bei Wahlen, wo jeder Aktionär nur eine Stimme hat)," doch kann eine

Person nicht mehr als 100 Stimmen haben; die Beschluß­

fassung erfolgt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmen­ gleichheit enscheidet die Stimme desjenigen, der die meisten Anteile repräsentiert. Eine Beschlußfassung der Generalversammlung ist recht­ lich notwendig für Erhöhung

des

Grundkapital-;" bei

sonstigen Abänderungen des Statutes muß die General­

versammlung gehört werden; außerdem erhält sie noch be-

stimmte Mitteilungen." b) Die Generalversammlung wählt ferner in geheimer

Kahl einen Zentralausschuß," nach Art des Aufsichts­

rate» bei dm gewöhnlichm Aktimgesellschastm, bestehend aus 16 Mitgliedern, für welche zugleich 15 Stellvertreter zu

wählen find. drei

Wählbar find nur Aktionäre, welche mindesten-

Anteilscheine

habm.

Der

Zmtralausschuß ist

die

„ständige Vertretung der Anteilseigner gegmüber der Ver­

waltung".

Sämtliche Mitglieder und Stellvertreter müssen

im Reichsgebiet,

mindestens je neun beider Äategorieen in

Berlin ihr Domizil habm.

Alljährlich scheidet ein Drittel

der Mitglieder au»; die Ausscheidenden find wieder wählbar.

Beschlußfähig ist der Zmtralausschuß bei Anwesmheit von

pebm Mitgliedern. Aus bestimmtm, im Gesetz aufgeführtm

* Laband II 139. “ Bank«. §. 80, »antet 87 »ant®. 88.81—33, »ant­ M. 16-22. " »antet. §. 24. et 88- 22-26. * »antet. §§. 2 «bs. 2, 21.

872

Buch H

Da» Verkehr-wesen.

Gründen tritt ipso jure Verlust der Mitgliedschaft ein;88 aus anderen Gründen kann der Ausschluß eines Mitgliedes

von der Generalversammlung verfügt werden.88

Der Zentralausschuß tritt allmonatlich mindestens einmal zu­ sammen, um die Berichte der Verwaltung entgegenzunehmen88

und inden gesetzlich bestimmtenFällen seinGutachten abzugeben;**

88 Sans®. §. 33 Abs. 3: «on- i der Geschäfte im allgemeinen kurs, Nichtteilnahme an den Ver­ i und über die etwa erforderlichen sammlungen während eines hal­ * Maßregeln mitqeteilt." 91 BankG. §. 32: ben Jahres, Verlust einer der : .a) über die Bilanz und die Voraussetzungen der Wählbar­ I ! Gewinnberechnung, welche nach keit. °9BankG.§.33Abs.2: .Wenn ! Ablauf des Geschäftsjahres vom ein Ausschußmitglied das Bank­ | Reichsbank-Direktorium aufgegeheimnis (§. 39) verletzt, die I stellt, mit dessen Gutachten dem durch sein Amt erlangten Auf­ Reichskanzler zur definitiven Fest­ schlüsse gemißbraucht oder sonst setzung überreicht und demnächst das öffentliche Vertrauen ver­ den Anteilseignern in deren loren hat, oder wenn durch das­ orden tlicher Generalversammlung selbe überhaupt das Jntereffe mitgeteilt wird: des Instituts gefährdet erscheint, b) über Abänderungen des so ist die Generalversammlung Besoldungs- und Pensionsetats berechtigt, seine Ausschließung (§. 28); zu beschließen." c) über die Besetzung erledig­ 90 BankG. §. 32: .Dem Zen- ter Stellen im Reichsbank-Direk­ tralausschuß werden in jedem torium, mit Ausnahme der Stelle Monat die wöchentlichen Nach­ ! des Präsidenten, vor der Beschluß­ weisungen über die Diskonto-, fassung des Bundesrats (§. 27); Wechsel' und Lombardbestände, d) über den Höchstbetrag, bis den Notenumlauf, die Barfonds, zu welchem die Fonds der Bank die Depositen, über den An- und ; zu Lombarddarlehen verwendet Verkauf von Gold, Wechseln und i werden können. Effekten, über die Verteilung der i Der Ankauf von Effekten (über Fonds auf die Zweiganstalten I diesen Begriff s. La band II, zur Einsicht vorgelegt, und zu­ | 1301) für Rechnung der Bank gleich die Ergebnisse der ordent­ i kann nur erfolgen, nachdem die lichen und der außerordentlichen ' Höhe des Betrages, bis zu wel­ Kaffenrevisionen, sowie die An­ cher die Fonds der Bank zu sichten und Vorschläge des Reichs­ diesem Zwecke verwendet werden bank-Direktoriums über den Gang können, zuvor mit Zu st immun g

eine

DaS Bank- und Börsenwesen,

§. 34.

Kompetenz

nur

beschließende

hat

er

873

ausnahms­

weise. 92 c) Der Zentralausschuß wählt

Subkommission auf ein Jahr,

aus seiner Mitte

eine

bestehend aus 3 Mit­

gliedern, für welche zugleich Stellvertreter zu benennen sind „gu fortlaufender

der Reichsbank-.

spezieller Kontrolle über die Verwaltung Die Mitglieder dürfen den Sitzungen des

Direktoriums mit beratender Stimme beiwohnen, ebenso den Kaffenrevifionen; sie können jederzeit die Bücher prüfen.98 d) Bei den Reichsbankhauptstellen können

in

analoger

Weise Bezirksausschüsse gebildet werden; der Reichs­ kanzler ernennt die Mitglieder aus den Anteilseignern; der

Ausschuß wählt aus seiner

Mitte 2—3 Beigeordnete zur

fortlaufenden speziellen Konttolle der Geschäftsführung, soweit

deS Zentralausschusses festgesetzt ksi? e) über die Höhe des Dis­ kontosatzes und des LombardZinsfußes, sowie über Ver­ änderungen in den Grundsätzen und Fristen der Krediterteilung; f) über Vereinbarungen mit anderen deutschen Banken (§. 19), sowie über die in den Geschäftsbeziehungen zu denselben zu beob­ achtenden Grundsätze. Allgemeine GeschäftsanweiÖzen und Dienstinstruktionen dem Zentralausschuffe als­ bald nach ihrem Erlasse (§. 26) zur Kenntnisnahme mitzuteilen." “ BankG. §. 35: .Geschäfte mit den Finanzverwaltungen deS Reichs oder deutscher Bundes8raten dürfen nur innerhalb der estimmungen dieses Gesetzes

und des Bankstatuts gemacht und muffen, wenn andere als die allgemein geltenden Bedin­ gungen des Bankverkehrs in An­ wendung kommen sollen, zuvor zur Kenntnis der Deputierten gebracht und, wenn auch nur einer derselben darauf anttägt, dem Zentralausschuß vorgelegt werden. Sie müssen unterbleiben, wenn der letztere nicht in einer beschlußfähigen Ver­ sammlung mit Stimmenmehrheit für die Zulässigkeit sich auSspricht;" s. ferner oben §. 32, d, zweiter Satz, sowie BankSt. §. 15 Abs. 2 (AbschlagsZahlungen auf die Divi­ dende). 98 BankG. §. 34. BankSt. §. 24.

Buch IX.

874

DaS Verkehrswesen.

eine solche, ohne in den Geschäftsgang störend einzugreifm,

möglich ist.

Wo kein Bezirksausschuß gebildet ist, ernennt

der Reichskanzler diese Beigeordneten.84 V. Ebenso ist der Geschäftsbetrieb der Reichsbank" durch das Gesetz reguliert.

A. Verpflichtungen

Reichsbank

der

werden

begründet

durch Unterschrift von zwei Mitgliedern des Direftoriums, bei Hauptstellen des Vorstandes; bei Stellen und Nebenstellen behält das

Gesetz

spezielle Anordnung des Reichskanzler»

vor.84 B. Das ganze Geschäft ist beherrscht vom Prinzip destrengsten

ferner

über alle einzelnen Ge­

Geheimnisses,

besonders die mit Privatpersonen abgeschloffenen,

schäfte,

über den

strengstes

Beamten

Umfang

find

hierzu

gewährten

des

Geheimnis

beobachtet

schon

kraft

ihres

Kredites muß

werden.

Die

Diensteides, die

Mitglieder des Zentralausschuffes sowie die Beigeordneten

werden speziell beim Amtsantritt hierzu verpflichtet.

Durchbrechung des Geheimniffes ist

Eine

nur im Interesse der

Rechtspflege nach Maßgabe der gesetzlichm Vorschriften üb«

die Zeugnispflicht statthaft."

C. Die Reichsbank ist nicht die ihr angebotenen Geschäfte 84 BankG. 8- 36. BankSt. || 27_ 29. 96 Laband II 132ff., dazu die allgemeinen Geschäftsvorschriften, mitgeteilt von Koch in Z. f. Handelsrecht, Beilageheft zu Bd. 23. 96 BankG. §. 38, dazu 8. v. 27. Dez. 1875 (Cvl. 820). Bei den RBStellen entsteht die Ver­

wie die Post verpflichtet,

zu übernehmen,84 abgesehen pflichtung durch Unterschrift der beiden Mitglieder des Vorstände­ oder deren Stellvertreter. 97 BankG. S* 39. vb. StPO. 8. 53, CPO. §. 348, KonkO. §. 5, dazu Laband II, 136ff.,

besonders auch über die diszipli­ narischen und zivilrechtlichen Folgen der Verletzung. 99 Laband ti 138f.

Das Bank- und Börsenwesen.

§. 34.

375

von dm unten zu erwähnenden Ausnahmen, sondem hat in dieser Beziehung das Recht völlig freier Entscheidung wie jedes private Bankgeschäft.

Sie darf aber nur die­

jenigen Geschäfte überhaupt machen, die ihr durch das Gesetz gestattet finb.99

Es find dies

folgmde:

1. Gold und Silber in Barren (s. BankG. §§. 14. 32. 33.) und Münzen kaufen und verkaufen; nach dieser Richtung besteht eine absolute gesetzliche Verpflichtung;

2. Wechsel, welche eine Verfallzeit von höchstms drei Monaten habm, und aus welchm in der Regel drei, mindestms

aber zwei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete hasten, ferner Schuldverschreibungen des

Reichs, eines deutschen

Staats oder inländischer kommunaler Korporationm, welche

nach spätestens drei Monaten mit ihrem Nennwerte fällig sind, diskontierm, taufen und verkaufen;

3. zinsbare Darlehne auf nicht länger als drei Monate gegen bewegliche Pfänder erteilen (Lombardverkehr 10°), und

zwar: a) gegen Gold und Silber, gemünzt und ungemünzt; b) gegen zinstragende oder spätestens nach einem Jahre fällige und auf dm Inhaber lautmde Schuldverschrei-

bungm des Reichs, eines dmtschm Staats oder in99 BarftG. §.13, Laband ll 132 ff. Diese gesetzliche Ein­ schränkung bezieht sich selbstver­ ständlich nur auf das Bank­ geschäft; außerhalb dieses Rah­ mens kann die Reichsbank natür­ lich noch die zum Betrieb er­ forderlichen Rechtsgeschäfte abschließm.

100 S. dazu über die Bedin­ gungen des Lombardverkehrs «. die lombardfähigen Papiere die Vorschriften in den „Allgem. Be­ stimmungen über den Geschäfts­ verkehr mit der Reichsbank" bei Koch Textausg. 165ff., 170ff.

376

Buch DL

Das Verkehrswesen.

ländischer kommunaler Korporationen

zinstragende, auf

dm

Inhaber

gegen

oder

lautende Schuld­

verschreibungen, derm Zinsm vom Reiche oder von

einem Bundesstaate garantiert sind, gegm voll einge­

zahlte Stamm- und Stammprioritätsaktim und Prvritätsobligationm deutscher Eismbahngesellschaftm, derm Bahnen in Betrieb befindlich sind, sowie gegen

Pfandbriefe landschaftlicher, kommunaler oder anderer

unter staatlicher Aufsicht stehender Bodmkreditinstitute Deutschlands und deutscher Hypothekenbanken*" auf

Aktien, zu höchstens drei Viertel des Kurswertes;

c) gegm zinstragende, auf dm Inhaber lautende Schuld­ verschreibungen nichtdeutscher Staatm, sowie gegm staatlich garantierte ausländische Eismbahn-Prioritäts-

obligationen, zu höchstms 50 Prozmt des Kurs­

wertes ; d) gegm Wechsel, welche anerkannt solide Verpflichtete aufweisen, mit

einem

Abschläge von

mindestms

5 Prozent ihres Kurswertes;

e) gegen Verpfändung im Jnlande lagemder Kaufmanns­ warm,

höchstens

bis

zu

zwei

Dritteilen ihres

Wertes;

4. Schuldverschreibungen der vorstehend unter 8 b be­ zeichneten Art kaufen und verkaufen; die Geschäftsanweisung

für das Reichsbank-Direktorium (§. 26) wird feststellm. bis zu welcher Höhe die Betriebsmittel der Bank in

solchm

Schuldverschreibungen angelegt werden dürfm; 5. für Rechnung von Privatpersonm,

Anstaltm

und

101 Andere Bankaktien dürfen somit nicht lombardiert werden.

Das Bank« und Börsenwesen.

34.

377

Behördm Jnkaffos besorgen und nach vorheriger Deckung Zahlungen leisten und Anweisungen oder Überweisungen auf ihre Zweiganstalten oder Korrespondenten auSfteHen;108 6. für fremde Rechnung Effekten aller Art, sowie Edel­ metalle nach vorheriger Deckung kaufen und nach vorheriger Überlieferung verkaufen; 7. verzinsliche und unverzinsliche Gelder im Depositen­ geschäft und im Giroverkehr annehmen; die Summe der verzinslichm Depositen dieser Art darf jedoch diejenige des Grundkapitals und des Reservefonds der Bank nicht über­ steigen ;108 8. Wertgegenstände und Wertpapiere in Verwahrung und in Verwaltung nehmen (offene oder geschloffene Depo­ siten). 104 Außerhalb dieses gesetzlichen Rahmens darf die Reichsbank Bankgeschäfte nicht machen. Geschah es doch, so sind solche Geschäfte allerdings mangels einer direkten gesetzlichen Vorschrift hierüber nicht nichtig, aber der abschließende Beamte ist disziplinarisch und zivilrechllich haftbar.105 D. Außerdem enthält das Gesetz bezüglich des Geschäfts­ betriebes noch folgende Spezialbestimmungen: 1. Die Reichsbank muß alle ihr überwiesenen Gut hab en des Reiches unentgeltlich verwalten, alle Zahlungen für das Reich annehmen und andrerseits bis zurHöhe des Reichsguthabens 104 «och a. a. O. 183, 191 *«• Gesch. An«. III, VI bei über die Bedingungen. ÄoAudienzen in China",

§. 327: „vom Rechte, mit sechs Pferden zu fahren".

Das Gesandtschaftsrecht.

433

§. 35.

Die Gehaltssätze werden nach deutschem Recht alljähr­ lich dmch das Budgetgesetz festgestellt und stehen im übrigen unter den allgemeinen Rechtssätzen;74 Tagegelder, Fuhr- und

Umzugskosten sind rechtlich ein Bestandteil des Gehaltes.75

Bei Pensionierung wird die in Ost- und Mittelasien, Mittel­

und Südamerika zugebrachte Dienstzeit nach Analogie des Kriegsdienstes doppelt berechnet, wenn der betreffende Be­ amte überhaupt länger als ein Jahr in außereuropäischen Ländem Dienst gethan hat.

Durch Verordnung des Bundes­

rates kann diese Vorschrift auch noch auf andere als die jm Gesetz bezeichneten Länder ausgedehnt werden.76

Zu den Pflichten des Beamten gehört in erster Linie die Residenzpflicht. Nur zum Eintritt in den Reichstag können

diplomatische Beamte ohne Urlaub sich von ihrem Amtssitze entfernen.77 In anderen Fällenbedürfen Botschafter, Gesandte und Ministerrefidentm eines vom Kaiser, die übrigen Beamten des diplomatischen Dienstes eines vom Reichskanzler zu er-

teilenden Urlaubes,7^ der aus dienstlichen Gründen jeder

Zeit zurückgenommen werden kann;79 jedenfalls muß für eine Stellvertretung gesorgt werden, sowie dafür, daß den

beurlaubten Beamten dienstliche Verfügungen jeder Zeit zu-

74 Dieselben zeichnen sich durch ungewöhnliche Höhe aus (Maxi­ mum 150000 M. die Botschafter in Petersburg und London, Minimum 36000 591.). 78 Hierüber ganz genaue Vor­ schriften in den Kais. V. v. 23. April 1879 (RGB. 127) und 7. Febr. 1881 (RGB. 27); dazu Zorn, Staatsrecht II. 2. Anfl.

noch die Spezialbestimmung Reichsbeamtengesetz §. 40. 76 Reichsbeamtengesetz §. 51. 77 RV. Art. 21 Abs. 2; s. da­ zu jedoch über die erforderliche Anzeige an die vorgesetzte Behörde oben Bd. I, S. 232. 78 Kais. B. v. 23. April 1879 (RGB. 134) §§. 1, 2. 79 Ebenda §. 12.

28

Buch X.

434

Di« ausrvärtige Lerwaltung.

gestellt werden können;80 beträgt der Urlaub mehr als drei Mo­ nate, so werden Abzüge am Gehalt, außerdem nur an den Repräsentationsgeldern gemacht,

aus welchen dem Stell­

vertreter eine Entschädigung gewährt wird, ausgenommen

bei Krankheitsurlaub.

Es bestehen hierüber sehr detaillierte

Borschriftm.81

Die

dienstliche Gehorsamspflicht der Gesandten

ist durch besondere Vorschriften teils disziplinär-, teils straf­ rechtlicher Art gesichert.

publiziert;

Die Disziplinarordnung ist nicht

die zuständige Disziplinarkammer für alle im

Ausland stationierten Beamten ist die zu Potsdam;88 für das Verfahren gelten die allgemeinen Borschriftm mit ge-

ringen Modifikationm, die sich nur auf Erweiterung der

Fristen beziehm.88 Außerdem enthält das dmtsche Straftecht noch folgende

besonderm Borschriftm über dm diplomatischen Gehorsam:88

1.

Beamte des auswärtigen Dimstes, des inneren wie

des äußeren, welche Aftmstücke, die ihnm amtlich anvertraut

oder amtlich zugänglich sind, oder welche dienstliche Anweisungm der Vorgesetztm an ihre Untergebmm widerrechtlich drittm Personm mitteilen, werdm mit Geldstrafe bis zu 5000 Mark

oder mit Gefängnis bestraft.

2.

Gleiche Strafe trifft diplomatische Beamte des äu ß eren

Dimstes, welche vorsätzlich88 amtlichm Jnstmktionm des Vorgesetztm zuwider handeln.

80 81 81 Abs. 88 84

Ebenda §§. 4, 5. Ebenda §§. 6—11. Reichsbeamten-Gesetz §. 88 2. Ebenda §. „ 114. »StGB. §. 353a, der sog.

Arnimparagraph. Vgl. b. Verh. d. Reichstags 1876 Mot. 182. Sten. »er. 462, 1016 ff. Laband II, 8 s. 86 Der Vorsatz wurde vom | Reichstag eingefügt.

Das SesandtfchaftSrecht. 8.

g. 35.

435

Gleiche Strafe trifft dieselben Beamten, wenn sie dem

Vorgesetzten erdichtete oder entstellte Thatsachen berichtm, um ihn in feinen amtlichen Handlungm irre zu leiten.

II.

Nach uraltem Herkommen sind die Gesandtm „un­

verletzlich", und auch

in den neuesten Werken über Völker­

recht wird dieser Satz in pathetischer Weise vorgetragen, 88 obwohl er heute feinen Sinn ganz verloren hat, da in den

zivilisierten

Staaten

Jedermann

ist.

„unverletzlich"

Die

ganze Theorie von der Unverletzbarkeit der Gesandten

ist

demnach dermalm ohne jeden juristischm Wert.87 ***

Dm einzigm Rest dieser „Heiligkeit" der Gesandtm bildet

nach dmtschem Rechte die Vorschrift, daß Beleidigungm von

Gesandtm

höher gestraft »erben als

andere (Gefängnis­

oder Festungsstrafe bis zu einem Jahr); die Bestrafung ist

aber auch hier vom Antrag des Beleidigtm bedingt.88 Gegen Handlungm der Notwehr ist ein Gesandter

so

wmig geschützt wie andere Personen; ein Recht der Selbst­ hilfe hat er juristisch gleichfalls so wmig wie andere.88

Ist in der Person des Gesandtm sein Staat beleidigt,

so

entzieht

sich

ein

solcher

Fall

völlig

der

juristischm

Fixiemng.

Hl. Die Gesandtm habm dasRecht der Exterritoria88 Bgl. ,. ». HeffterGeffcken §§. 204, 205, 212; »luntschli §§. 191, 192. 87 Bgl. hierüber schon die trrffmde Bemerkung von van Bynkershoek 1. V, §§. 3, 4. Dagegen Alt §. 63 .daS be­ deutendste der Prärogativen der Gesandtm"! Ebenso sind die

Erörterungen über das Brief­ geheimnis für das diplomatische Personal und die ganz besondere Unverletzbarkeit der Kuriere völlig gegenstandslos; f. auch Gareis «ölt». 106. 88 «StG». §. 104. 88 A. a. Alt 5§. 59, 60; «lüber §. 03.

«96

Buch X

Die auswärtige Verwaltung.

lität: dieses alte internationale Herkommm ist im Prinzip auch als deutsches Recht anerkannt.90

A. Über den Begriff der Exterritorialität herrscht in der juristischen Litteratur wenig Einverständnis. Einzelne Schrift­ steller

bestimmen das Exterritorialitätsrecht

im

Gegensatze

zum Territorialitätsprinzip begrifflich dahin: daß die exterri­ toriale Person als gar nicht im Staatsterritorium anwesend

gedacht und demgemäß juristisch behandelt werden müsse.91 Diese trügerische Fiktion führt jedoch in ihren Konsequenzen

zu Absurditäten und ist schon als Fiktion unhaltbar.99 Ebenso wenig

trifft es

zu, wenn

von anderen in der

Exterritorialität eine prinzipielle und vollständige Exemtion von der gesamten Gesetzgebung des Territorialftaates gefunden wirb.98 Niemals ist ein so exorbitantes Privileg that­

sächlich den Gesandten gewährt worden, und es muß ein solches

99 S. die von Zorn bei Hirth 1109 zitierte völkerrechtliche Litteratur; dazu jetzt die gute Monographie von Heyking: Textern torialitä 1889; ferner Hübler 61 ff. Allg. Pr. Landr. Einl. §. 36. 91 Grotius, Calvo, Phillimore, van Bynkershoek, Wheaton, Gareis; s. die ausführliche doamen^eschichtliche Darlegung beiney99 SoGottschalk, HeffterGeffcken, Pinheiro-Ferrera, Esperson, Hall und vorzüglich Ortolan droit pänal §. 521: Ja fiction se trouve en perpetuelle coptradiction avec les faits — on i croit avoir donn£ une formule I

de solution, on n’a donnd 3u’une image fausse. occasion e controverses multiples, sous laquelle s’efface et diroarait la veritable raison de decider. 11 serait temps de rejeter de la pratique comme de la thro­ ne ces figures mensongSres dont le droit romain et l’ancienne jurisprudence avaient beaucoup trop rdpandu le goüt.“ Vgl. zur Dogmengeschichte Heyking 30 ff. 98 Eent, Bluntschli. Val. dagegen Zorn bei Hirth 111, 112, 117 f. In den Völkerrecht!. Werken wird die Gehorsams. pflicht der Gesandten gegenüber den Staatsgesetzen beschränkt auf Vorschriften der Bau-, Sanitätsund Sicherheitspolizei.

Das Gesandtschaft-recht, g. 35.

483

überhaupt als begrifflich unmöglich behauptet werden: «er in dem Gebiete eines Staates sich physisch befindet, ist damit

der Gewalt dieses Staates, unterworfen.

folglich auch seinen Gesetz«

Ohne diese prinzipielle Grundlage müßte alle

Rechtsordnung ins Schwanken kommen.

Dies gilt prinzipiell auch von den Gesandten. Aber di» Exterritorialität ist das Recht der Gesandten, in Bezug auf

einzelne Punkte der Rechtsordnung des Territorialstaates eine Exemtion zu beanspruchen." Diese Exemtion haben

die Gesandten nicht an sich, sondern kraft der Konzession des Empfangsstaates."

Zwar ist die­

selbe altes internationales Herkommen, gleichwohl aber be­ ruht sie juristisch nur auf dem vom Territorialstaat gegebenen Titel:96 ihre Existenz, ihre Art, ihr Umfang bemeffen

sich nicht nach „Völkerrecht",

sondern nach dem positiv«

Recht der einzeln« souverän« Staaten.

Eine ausdehnend«

Interpretation dieser positiv« Rechtssätze ist unstatthaft.

B. Das deutsche Recht kennt eine Exterri­

torialität der Gesandten nurinBezugaufzwei Punkt« der Rechtsordnung, die Gerichts- und die Finanzhoheit.

1.

Die fremd« Gesandten sind eximiert von der

deutschen Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit

samt ihr« Familimgliedem, dem Beamt«- und Dienst-

personal, letzteres jedoch nur, wenn es sich um nichtdeutscheS M Richtig nur Klüter 8 204. M fiter den Grund des «. «. besonders Gottschalk 14. — A. «. Heyking 49, der SrtoilefliVÄnBynkershoek L VI, §. 2. Ortolan §. 521; ein internationales Gewohnheits­ recht annimmt. Gareis 95.

488

Buch X. Die auswärtige Berwaltung.

Personal handelt.91 mobiliarstreitigkeiten,

Die Exemtion erstreckt sich nicht auf Jm-

an welchen solche Personen beteiligt

sind; aus die Exemtion von der Ziviljurisdiktion kann ver­

zichtet werden, nicht aber auf die Exemtion von der Kriminal­ jurisdiktions» jedoch find hierdurch Akte der Staats-Notwehr, z. B. gegen hochverräterische Konspirationen eines

fremden

Gesandten, selbstverständlich nicht ausgeschloffen.100

Ist ein

fremder Gesandter deutscher Unterthan, so hat er Exemtion von der Gerichtsbarkeit nur, wenn derjenige Staat, welchem

97 GBG. §§. 18, 19. In dem Lehrb. des Völkerrechtes von Hefster-Geffcken (7.Aufl. 1881) sowie bei Bulmerincq 8. v. Exterritorialität in von Holtzendorfs's RLex. 3. Aufl. 1881 sind jene Vorschriften des d. GBG. nicht erwähnt! In des­ selben Schriftstellers Völkerrecht, in Marquardsens Handb. I, 2 S. 319 f. sind die §§. des GBG. mitgeteilt: dann heißt es aber doch weiter: »eximiert sind die Gesandten von der Ziviljuris­ diktion in Preußen nach dem Allg. Landr. Einl. §§. 36—39 und nach Deklaration von 1798 §. XI, 4"! Vgl. Zorn bei Hirth 1121. Über eine Be­ schränkung der Exemtion von der Zivilgerichtsbarkeit, welche einige Schriftsteller (van Bynkershoek, Phillimore, Martens - Geffcken) be­ haupten, s.Zorn beiHirth 113'. Uber Familie und Dienstpersonal s. auch Hey king 65 ff. 98 GBG. §.20. CPO. §. 25; dazu die bei Zorn 1147 zitierte

völkerrechtlicheLitteratur,s. ferner Heyking 738. 99 EbensoB lu ntsch li §§.214, 218, van Bynkershoek 1. XXIII, §. 7; die übrigen Schrift­ steller behandeln die Frage meist ziemlich unklar. Über den Un­ terschied zwischen Zivil- und Kriminaljurisdiktion für diesen Punkt (j)Omni8 coact io abesse debet a legatoGrotius) f. Zorn 113*. Sehr ausführ­ lich handelt Heyking 16 ff., 72 ff. über die Exemtion des Dienstgebäudes. Selbstverständ­ lich besteht heute keinerlei »Asylrecht" mehr. 100 Zorn 118f. und die 1191 * * * S. * zitierte Litteratur; Gareis94f.; Ortolan 517: J1 ne s’agit de punir, il s’agit de ddfendre.“ S. hierherHänel StR.1,55780, der auch darauf hinweist, daß die Personen einzelstaatlicher Gesandtschaften fremder Staaten dem Reichsgericht, soweit es erste Instanz ist, unterworfen 'sind; GerBerfG. §. 18 Abs. 2 ! verbunden mit Abs. 1.

DaS GesandtfchastSrecht.

gegenüber das Unterthanenverhältnis besteht, Verzicht auf die Gerichtsbarkeit

439

§• 35«

ausdrücklich

geleistet hat.101

Die Ex­

emtion von der Gerichtsbarkeit schließt auch die Exemtion

von der Zeugnispflicht ein; es steht im freien Belieben der exterritorialen Personen, ob sie Zeugnis geben wollen oder nicht.

Gesandte, welche neben ihrer diplomatischen Eigen­

schaft noch ein kaufmännisches Geschäft oder ein Gewerbe betreiben, find in letzterer Eigenschaft der Gerichtsbarkeit

unterworfen.102 *

2.

Von

der

Finanzhoheit

find

die

Gesandten

insofern eximiert,108 als sie irgend welche sachliche Leistungen für

militärische

Zwecke

im

Frieden

nicht

zu

prästieren brauchen.104 * * Außerdem * find die Gesandten nach internationalem Herkommen frei von direkten Staats­

und Kommunalsteuern:

doch

fehlen

in letzterer Be­

ziehung positive Vorschriften des Reichsrechtes.

101 GBG. §§. 18, 19. 102 Darüber sind die Schrift­ steller einer Meinung. Sehr praktisch wird die Sache kaum sein. Für daS deutsche Recht s. Reichsbeamtengesetz §. 16, wo­ nach immer Genehmigung der obersten Reichsbehörde gefordert wird. 108 Vgl. die bei Zorn 115* zitierte völkerrechtliche Litteratur. Die geltenden deutschen Vor­ schriften sind durchwegübersehen, Heffter-Geffcken §. 217 zttieren »wegen Preußen ein Realernentvon 1797*, ebenso Alt tz. 77 ff., der die ganze Materie

Eine Be-

persische und chinesische Gesetze, sowie einen Beschluß des deutschen Bundes, das geltende Reichsrecht aber ist für ihn nicht vorhanden. In Marquardsens Handb. I, 2 erschienen im Jahre 1884. S. 329 sagt Bulmerincq: »die Be­ freiung von Zöllen ist geregelt, in Preußen durch Reglement von 1797, im weitesten Maße zuaestanden durch Verordnung bet Königreichs Sachsen von 1830!* Über zollamtliche Kontrolle von Korrespondenzen f.HeykingSO. 104 G. v. 25. Juni 1868 (BGB. 523) z. 4 Z. 2 G. v. 13. Febr. 1875 lRGB. 52) §§. 3, 5. Für prinzipiell völlig verkehrt behan­ den Kriegsfall haben die Ge­ delt, vulmerincqa. a. O. zitiert sandten das Privileg nicht.

444

Buch X. Dir auswärtige Verwaltung.

freiung von Zöllen gewährt das deutsche Recht dem diplomatischen Personale prinzipiell nicht,105 doch war den

Einzelstaaten überlassen, den bei ihnen beglaubigten Gesandten die Zölle auf eigene Rechnung zu vergüten;

jetzt werden

den beim Reich beglaubigten Gesandten die Zölle aus der

Reichskasse vergütet,"' was jedoch

mit den verfaffungs-

Mäßigen Vorschriften nicht in Einklang steht.

3.

Was man sonst noch an Einzelrechten, die in der Ex­

territorialität enthalten sein sollen, anführt, speziell das sog. Kapellenrecht der Gesandten, ist für das deutsche Recht gegen­

standslos. 106 107 108

C.

Die Exemtion der Gesandten von der Gerichtsbar­

keit des Territorialstaates bedarf eines positiven Korrelates dahin, daß dieselben der Gerichtsbarkeit ihres

Abfendestaates unterworfen bleiben.

Nur unter

dieser Voraussetzung kann der Empfangsstaat jene Exem­

tion gewähren.

Dies ist auch allgemein anerkannter inter­

nationaler Grundsatz."'

Derselbe ist im deutschen Rechte

dahin präzisiert, daß die exterritorialen Personen des diplomatischm Reichsdienstes in erster Linie den Gerichtsstand

behalten, welchen sie im Jnlande hatten;

eventuell haben

fie bei den Gerichten der Hauptstadt ihres Heimatsstaates,

subeventuell der Reichshauptstadt Recht zu nehmen."' Das 106 ZBV. vom 8. Juli 18671 S. 319: „das Recht eigener Religionsübung ist bedingtes (BTB 81) Art. 15. ,0# SB. d. BR. o.29. April 1872 Herkommen, das einer eigenen (Nicht publiziert), ferner vom Buchdruckerei wird nur aus­ 28. Mai 1883 (CBl. 177) über nahmsweise zugestanden" I fremdstaatliche Embleme. 108 Bgl. Zorn 118». •’» CPO. §.16 Abs. 1. StPO. 1,7 Vgl. Zorn 116*f. und die dort zitierte völkerrechtliche und §.11. Reichsbeamten -G.§. 21, vgl. kirchenrcchtlich«Litteratur. Sui» jedoch §. 22. merincq bei Marquardsen 11,2

Das Gesandtschaftsrecht.

§. 35.

441

materielle Recht, welches anzuwenden ist, ist primär das Reichsrecht, eventuell das Recht des Heimatsstaates, sub­

eventuell das preußische Recht.110 Zustellungen an exterri­ toriale Deutsche im Ausland erfolgen durch den Reichskanzler,

wenn es sich um Reichsgesandtschaften, dmch die einzelstaatlichm Ministerim des Auswärtigen, wenn es sich um Landes­

gesandtschaften handelt.111 Eine eigene Gerichtsbarkeit über ihre Familien oder ihr

Personal haben die Gesandten nach deutschem Rechte nicht, auch die türkischen nidjt.112

Doch wird es, insbesondere bei

strafrechtlichen Thatbeständen, als in der Amtspflicht der Gesandten liegend betrachtet werden müssen, daß das zur

Urteilsfällung «forderliche Material soviel als möglich durch den Gesandten vorbereitet werde.

Das deutsche Recht ent­

hält hierüber keinerlei Vorschriften?^

D. Die Exterritorialitätsprivilegien sind begrifflich be­ schränkt auf die Zeitdauer des Amtes und das Gebiet des

Empfangsstaates; in ersterer Hinsicht wird jedoch eine Er­ weiterung insofern zugestanden, als bei offizieller Ankündigung der Ankunft des Gesandten das Privileg schon vom Über­ tritt über die (Stenge beginnt und erst beim Austritt aus

dem Gebiete endigt.

Bezüglich des zweiten Punktes aber

bestehen Modifikationen nicht: Gesandte, welche eitlen fremden Staat durchreisen, haben in demselben nicht Exterritorialität, ebensowenig kann dieselbe einem dm Empfangsstaat occupie110 Reichsbeamten-Gesetz §. 19 Stof. 1. 111 CPO. §. 183. 1,3 Zorn 1193. Heyking 71. Irrige Angaben bei Alt, Bluntschli, Heffter, Gott­ schalk.

113 S. G. Meyer VerwR. II, 7, der einen völkerrechtlichen Rechtssatz dieses Inhaltes be­ hauptet, der die einzige „obrig­ keitliche" Befugnis der Gesandten darstelle.

Buch X.

442

Die auswärtige Verwaltung.

renden feindlichen Staate gegenüber

beansprucht werden.1"

Anderen Staaten gegenüber außer dem Empfangsstaate find die Gesandten einfache Privatpersonen.118 E. Nach preußischem Rechte gellen für die Gesandten im Ausland und deren im Staatsdienst stehendes Personal noch

besondere Vorschriftm für die Errichtung von Testamenten,

analog den Vorschriften über Soldatentestamente.

Darnach

find Testamente giltig, wenn sie vom Testator eigenhändig geschrieben, unterschrieben und datiert, sodann durch das Aus­

wärtige Amt beim Berliner Amtsgericht deponiert wurden, ohne daß es einer weiteren Form

bedarf:

die Giltigkeits­

dauer beginnt mit dem Moment, in welchem das Testament

der Post

oder

einem Kurier

wurde und währt

zur Beförderung

übergeben

bis zum Ablauf eines Jahres nach er­

folgter Abberufung aus dem Ausland.1" Beim Tode eines Gesandten dürfen nach internationalem Gewohnheitsrecht die Behörden des

Empfangsstaates

sich

nicht in die Ordnung des Nachlaffes, außer in ausnahms-

weism Notfällen, einmischen. IV. Die Funktionen der der Natur der Sache nach positive

Rechtsvorschriften

Gesandten lassen sich

nur zum

kleinen Teile durch

bestimmen.117

Die Pflege der

internationalen Beziehungen, die Beobachtung der politischen.

114 Calvo I, 605 behandelt die Kontroverse zwischen der deutschen Militärgewalt u. 15 bei Frankreich beglaubigten Ge­ sandten während der Belagerung von Paris 1870/71 unrichtig und gehässig. Die deutsche Auf­ fassung war vollkommen korrekt. Richtig Heyking 81 f.

118 Sehr richtig van Bynkershoek 1. IX §. 7. Un­ richtig Lent 1,39. Bluntschli §. 186 N.

1,6 G. v. 3. April 1823 (GS. 40). 1,7 Zorn bei Hirtb 121 ff., vgl. auch Hänel StR. I, 532.

Das Gesandtschastsrecht.

militärischen, wirtschaftlichen

A. 35.

443

Verhältnisse des Empfangs­

staates — diese beiden Hauptaufgaben der Gesandten ent­

ziehen sich völlig der Normierung durch dauernde Rechts­

vorschriften.

Die „diplomatische Kunst" ist kein Gegenstand

der Rechtswissenschaft."8

Höchstens geheime Instruktionen

werden hier am Platze sein.

Dennoch ist es nicht richtig, dm gmerellm Satz aufzupellm, die Funktionm der Gesandtm seim „an keinem Punkte

Ausführung von Gesetzen".119

Vielmehr beruhen nach beut»

schern Rechte folgmde Funktionen der Gesandtm auf Gesetz:

1. sie habm auf Anweisung des Auswärtigm Amtes, an welches die Requisitionm der Gerichte zu gehm habm, gerichtliche Zustellungm an Personm zu vermitteln, welche

in ihrem Amtsbezirke wohnm oder sich aufhaltm;"9

2. sie können Urkunden von Behördm ihres Amtsbezirklegalisierm, so daß sie als echt angmommm werden müssen ;ial

3. sie sönnen Pässe zu Steifen in das deutsche Reichs­ gebiet oudfteUen;129 4. sie fungieren, falls ihnm vom Reichskanzler hierzu

1,8 Die völkerrechtlichen Werke leistm in dieser Beziehung ge­ radezu Unglaubliches, vgl. statt vieler Alt §. 164 über das „einnehmende Wesen!* In der neuesten Auflage von Hesfters Lehrb. hat Geffcken das Kapitel über die diplomatische Kunst mit Recht gestrichen. Bulmerincq bei Marquardsen S. 327: „Die Funktionen der Gesandten bestehen in der Ausübung, chrer Amtspflichten, welche Übung durch ihre Rechte unterstützt

wird." —! Auch bei Bul­ merincq ist doch der diese Ma­ terie behandelnde §. 76 für den Juristen eine recht unerquickliche Lektüre. 119 So Laband II, 7; warum die durch Gesetz regulierten Funktionen der Gesandten »ihrem Wesen nach konsularische* (II, 6) sein sollen, ist nicht einzusehen. 110 CPO. §. 182. 191 CPO. 8. 403.

199 G.v. 12. Okt. 1867 (BGB. 33) z. 6 Z. 1.

444

Buch X.

Die ane*>8rtigc Verwaltung.

Spqialauftrag erteilt ist, als Zivilstandsbeamte für Deutsche und Schutzgenoffen ihres Bezirkes.128

V. Die Verteilung der Funktionen zwischen Reichs- und Landesgesandten bestimmt sich nach den allgemeinen Kom-

Soweit die ausschließende Kompetenz des

petenzvorschristen.

Reiches sich erstreckt, ist nur der diplomatische Beamte des

Reiches zuständig und nur soweit Autonomie und Selbst­ verwaltung der Einzelstaaten reichen, existiert überhaupt recht­

lich eine Kompetenz der einzelstaatlichen Gesandten, in welche

der Reichsgesandte einzugreifen nicht berechtigt ist.124

§. 36. «stonsntarrecht.1

I.

Begriff und Luellrn.

I. Neben der Diplomatie hat in neuerer Zeit das Kon­ sularwesen eine immer steigende Bedeutung für die interSchwierigkeiten haben muß und 599) §. 1. Das Gesetz hat besondere Bedenken, ja Gefahren hauptsächlich praktische Bedeu- haben kann, ist unbestreitbar. tung für die Konsuln, darum Der beherrschende Grundgedanke soll die genaue Erörterung des­ der Bersasiung ist: die völker­ selben im folgenden Paragraphen i rechtliche Vertretung des ge„ ! samten Reiches in aller und gegeben werden. i “' Laband^l, 4f.; Seydel ■ - jeder Beziehung durch den Kaiser 184 Komm. 115; Thudichum in und die dem Begriff des Bun­ v. Holtzendorffs Zahrb. IV 304, desstaates einzig entsprechende 329 nicht ganz zutreffend. Sehr Durchführung dieses Gedankenausführlich behandelt diesen wäre: ausschließliches Gesandt­ Punkt Hänel a. a. O. Nach schaftsrecht des Reiches. Den dem geltenden Recht wird man besten Beweis hierfür liefern dis an dem im Text formulierten vielgewundenen Auseinander­ Satze festhalten müssen; daß setzungen von Hänel, die doch aber auch innerhalb dieser ein klares juristisches Resultat Schranken die einzelstaatliche! nicht ergeben. Thätigkeit im Ausland nach ber! 1 Laband II §. 72; Meyer Natur der Sache besondere t BerwR. II, §§. 192/197; Ga-

g. 36.

DaS Konsularrecht,

nationalen Drehungen der Staaten gewonnen. Die Konsuln

werden regelmäßig als spezielle Vertreter der Handelsintereffen im Auslande bezeichnet. Unzweifelhaft entspricht dies

auch der

historischen Genesis;

dennoch ist es zu eng,

Konsuln als „Handelsagenten des Staates"

die

zu definieren,

denn nach der neueren Entwickelung der Dinge haben die­

selben eine Reihe von Funktionen zu erfüllen, die mit dem Handel in gar keinem unmittelbaren Zusammenhänge stchen,

ja in einzelnen Staaten haben dieselben sogar »olle Zivil-

Uttb

Kriminaljurisdiktion.

Infolge

dieser

Entwickelung,

welche auch im deutschen Recht deutlichen Ausdruck findet,

nähert sich das konsularische Amt immer mehr dem diplo­ matischen, und in der

französischen Gesetzgebung

Unser deutsches Konsulargesetz

ist

eine t

hebt zwar die spezielle Be­

ziehung der Konsuln zu „Handel,

Verkehr und Schiffahrt"

hervor, legt aber doch generell den Konsuln die Pflicht auf, die Interessen des Reiches

zu

schützen und zu fördern?

in jeder Richtung

Daß der

Unterschick

zwischen Gesandten und Konsuln in der Wahrnehmung des

internationalen Staatsverkehrs durch die ersteren, des interreis BölkR. Atz. 42—50; Hübter S. 33 ff.; ferner König, Handbuch d. deutschen Konsular­ wesens 5. A. 1896; Zorn in Hirths Ann. 1882 , 409—483, Knote die hier 4091 zitierte völkerrechtliche Litteratur, welche Übrigens mit Ausnahme einiger sinmzöstscher Werke eine sehr ge* ringe Ausbeute bietet. * Aal. Cvl. 1875 , 474 (die sinmz-fische Botschaft in Berlin

ist zugleich Konsularamt), ebenso find mehrere deutsche diploma­ tische Amtsträger zugleich Konsularbeamte «* «. v. 1. Mai 1872 8. 20. 100 Äonffler®. §. 4; dazu B. d. ÄÄ. v. 10. Sept. 1879 (EBl. 575). w B. v. 10. Sept. 1879 §. 4. 160 Diese Bestimmung wurde

vom Reichstag ringe fügt, in welchem das Polizeiverordnunasrecht der Konsuln zu Bedenken Anlaß gab. 100 »gl.S°rn beiHitth437°.

471

Vach L

Lie auswärtige Verwaltung.

HL Die Funktionen der Äonfuln110 * * sind im Koa-

sulargesetz zunächst nach folgenden drei allgemeinen Gesichts­

punkten bestimmt:

thunlichster Schutz und Förde­

rung, der Interessen des Reiches, namentlich in Bezug auf Handel, Schiffahrt und

Überwachung

Beziehung

der

Beobachtung

bestehenden

der

Verkehr;

in

dieser

Staatsverträge;

Ge­

währung von Rat und Beistand an die Schutz­ befohlenen.

In den

ostasiatischen

Staaten

muß der

gesamte Verkehr von Deutschen mit den inlimdischen Behörden durch die Konsuln vermittelt werden.111 Außerdem aber ist die Amtsthätigkeit der Konsuln durch

die deutsche Gesetzgebung folgendermaßen spezialisiert:

1. Die Konsuln fungieren da, wo sie hierfür Spezialauftrag des Reichskanzlers empfangen 1,0 Die allgemeinen Erörte­ rungen in den völkerrechtlichen Werken sind völlig ungenügend. 111 KonsG.§. 1.* König Z.3; dazu wegen der Staatsverträge noch die Spezialvorschriften der A. D. I. zu §. 1. Eine aus­ führliche Darstellung der kon­ sularischen Rechte »in nicht­ christlichen Staaten" giebt Bulm erincq bei Marquardsen I, 2 S. 322 ff., an der anzuerkennen ist, daß sie nicht mehr aus all­ gemeinen Redensarten, sondern aus dem in Staatsverträgen ent­ haltenen positiven Recht beruht. Die »Funktionen oder Pflichten der Konsuln in christlichen Staaten" bringt Bulmerincq in §. 77 zur Darstellung, und zwar aus d. systematischen Grund­ lage : diese Funktionen »sind von

der Mehrzahl der Staaten in von ihnen untereinander ge­ schloffenen Verträgen vereinbart in folgenden, im wesentlichen über­ einstimmenden Bestimmungen"; dazu die Anmerkung: »eine ver­ gleichende Zusammenstellung der Konsulargesetze der einzelnen Staaten haben wir uns ver­ sagen müssen". Demgemäß ist eine Kompilation aus verschie­ denen deutschen und nichtdeutschen Staatsverträgen — man erkennt nicht, nach welchen Gesichts­ punkten die Auswahl getroffen ist — gegeben. Die Grundlage aber für das Vertragsrecht, die gesetzlichen Vorschriften, aus Grund deren die Verträge ab­ geschlossen sind, bleibt unbe­ rücksichtigt.

Da- Konsularrecht.

g, 36»

47»

haben^ als Zivilstandsbeamte für ihre Lnter-

g.elcncn.118

Dieser Auftrag ist erteilt für Spanien und

die spanischen Kolonieen, Serbien, Griechenland, Portugal und die Kolonieen, Rumänien, Türkei samt Ägypten und

Bulgarien, Tunis, Brasilien, Zentralamerika, Kolumbien, Pem, Ecuador, Bolivia, Argentinische und Dominikanische

Republik; China, Japan, Sia«; Marokko, Zanzibar, Samoa und Tonga, Korea, Paraguay, Persien, Südafrikanische Re­ publik, Italien."*

Der Auftrag ist nicht mit dem Amt ver­

bunden, sondern wird dem einzelnen Amisträger erteilt;114

der f. Z. im Reichstage gestellte Antrag, alle Konsuln kncht ihres Amtes zu Zivllstandsbeamten zu bestellen, wurde ab­

gelehnt; der Auftrag wird im

Centralblatt f. d. D. 9L

bekannt gemacht.

Als ZivilstandSbeamte haben die Konsuln eine doppelte ii* G. v. 4. Mai 1870 lBGB. 599): dazu Sten. Ber. d. ReichstagSBerh. 20,592ff.,638. KonsG. 5. 13; dazu B. d. RK. v. l.März 871 (nicht offiziell publiziert). Der Vorbehalt in §. 13 i. f., der nur praktische Bedeutung für Baden hatte, ist beseitigt durch L. d. RK. v. 21. Januer 1876, nicht publiziert, s. König 132. Über Eheschließungen von Schwei­ zern vor deutschen Konsuln Cvl. 1877, 649. Bgl. ferner die wichtige Denkschrift v. I. 1878, mitgeteilt bei Cahn Komment, z. StaatSangeh.-Ges. 2. A. S. 376 ff. ferner Laband II, 14ff. König 6§. 37,38. Zorn bei Hirth 1882, 121 ff. 443*. v. Sicherer Persomenstandu. Eheschließung 495 ff. G. Meyer BerwR. 11, 8ff.

Ganz verwirrt und unjuristisch Bluntschli §. 221, Rote. Durch Staatsverträge ist diese Materie geregelt mit Brasilien, Costarica, Guatemala, Italien, Paraguay, San Salvador, Ser­ bien, der Südafrikanischen publik. S. auch Niemeyer: das in Deutschland geltende internationale Privatrecht. ii* S. die genauen Angaben (bi1882) Zorn a. a. O. 443f. Über Spanien vgl. jedoch Zorn bei Hirth 443*, über dre Argen­ tinische Republik 4441. Für Italien ist konsularische Ehe­ schließung nur -»gelassen, wen« beide Rupturienten Reich-an­ gehörige find. n* G. v. 4. Mai 1870 §. L

474

Buch X.

Die auswärtige Verwaltung.

Aufgabe, nämlicha) Eheschließungen vorzunehmen,

b) die Personenstandsregister zu führen.

Zur

Eheschließung find die Konsuln schon dann kompetent, wenn ein Teil der Nupturienten

ihrer Jurisdiktion unterworfen

ist;115 jedoch sind die Deutschen nicht verpflichtet, ihre Ehen vor dem Konsul abzuschlreßen, sondern tonnen sich nach dem

Rechtsgrundsatz: locus regit actum auch der landesrechtlichen

Form bedimm, sofern die

prinzipiellen Grundlagen des

Eherechtes, insbesondere in Bezug auf die monogamische Ehe, im fremden Staate die gleichen sind, wie im Deutschen

Reiche, also z. B. deutsche

Katholiken

der tridentinischen

Form, wo diese das gellende Landesrecht ist.

Der Zweck

des Gesetzes war in erster Linie der, in Ländern, wo allein die tridentinische Eheschließungsform zu Recht besteht, den

nichtkatholischen Deutschen, sowie in heidnischen Ländern den Deutschen überhaupt die Möglichkeit der Eingehung einer Ehe zu eröffnen.116

Daß die Gültigkeit der vor

einem Konsul geschloffenen

Ehen internationales Prinzip sei, läßt sich nicht behaupten.

Jedenfalls besitzen die vor einem berechtigten deutschm Konsul dem Gesetze gemäß abgeschloffmm Ehm die dmtsche Rechts­ kraft ; ob sie aber von dem betreffenben auswärtigen Staate

als rechtsgültig anerkannt werdm, läßt sich nicht allgemein

116 G. v. 4. Mai 1870 §. 10. Der brasilianische Konsularvertraa enthält dagegen die Spezial­ vorschrift in Art. 14: „selbstver­ ständlich kann eine Eheschließung vor dem Konsularbeamten mit Rechtswirksamkeit für das Ge­ biet, in welchem derselbe seinen

Sitz hat, nicht erfolgen, wenn einer der Verlobten Angehöriger des vertragsschließenden Teiles, in dessen Gebiete die Eheschließung erfolgt, oder eines dritten Staate­ ist^ 116 Sten. Ber. Berh. S. 604, vgl. Zorn bei Hirth 122.

Da- Konsularrecht,

entscheiden.

Berechügt,

g. 36»

475

solchen in seinem Gebiete nach

frentbem Recht geschloffenen Ehen die Anerkennung zu versagen, ist jeder Staat kraft seiner Souveränetät;118 die An­

erkennung kann auch mangels einer positiven Erklärung nicht präsumiert werdm.

Der Reichskanzler wird demnach,

bevor er den

vom

Gesetz geforderten Spezialauftrag erteilt, sich immer zu ver-

gewiffern haben, ob der beteiligte fremde Staat solche Ehen

anerkennt; nur dadurch kann die Rechtskraft unbedingt ge­ sichert werden. Die konsularische Eheschließung hat zu erfolgen, indem

1. der Konsul jeden der Nupturienten

in Gegenwart von

zwei Zeugen einzeln befragt, ob er die Ehe mit dem gegen­ wärtigen

anderm Teile eingehen wolle; 2. durch die be­

jahende Antwort; 3. durch die Erklärung des Konsuls, daß

er die Verlobten nunmehr als kraft des Gesetzes verbundene Eheleute erkläre."8

Der Eheschließung

hat gemäß altem

Herkommen ein Aufgebot voranzugehen,

von

ausnahmsweise dispensiert werden darf.

Dasselbe hat den

welchem nur

Zweck, festzustellen, ob der Ehe nicht gesetzliche Hindernisse"« 1,7 S. d. Berh. darüber im Reichstag Sten. 8er. 599 ft, 602, dazu G. Meyer VerwR. II, 10. 718 So daS Deutsche Reich: G. v. 6. Febr. 1875 §. 41, vgl. Born a. a 0.122f. Über Be­

seitig grundsätzlich anerkannt, »soweit die Konsuln nach den Gesetzen des vertragschließenden Teiles, der ste ernannt hat, dazu befugt find". Dies ist nach deutschem Recht der Fall; den deutschen Konsuln in Italien kann also die Funktion über­ tragen werden. ’S* G. v. 4. Rai 1870 SJ.7,8.

stimmungen von Staatsverträgen, die die Anerkennung aussprechen, s. S. Meyer VerwR. II, 10«. Eine interessante Vorschrift über 180 über die Wirkung von simsularische Eheschließungen hat der deutsch-italien. KonsB. v. Ehehinderniffen, worüber z. Z. 4. Mai 1891 (RGB. 113) Art. 1. noch nichts reichsrechtlich bestimmt Danach ist diese Befugnis gegen­ ist, f. v. Sicherer Personenst.

*76

Buch X Die «ulmärtiße Verwaltung.

i» Wege stehe», «nb es fmb demgemäß behufs Vornahme

des Aufgebote- dem Konsul insonderheit die vom Gesetz ge-

forderten Urkunden in Vorlage zu

bringen.

Über

Ort,

Zeit, Form des Aufgebotes enthält das Gesetz genaue Vor» fc$riftcn.,ai Eine Strafvorschrift analog dem §. 69 des Ges. N. 6. Februar 1875 enthält das die Eheschließung im Aus­

land regelnde Gesetz nicht.19U

Die zweite Funktion des zum Zivilstandsbeamten er­ nannten Konsuls ist die Führung der Personenstands­

register.

Nach dem Gesetz sind drei Register in gesonderter

Weise zu führen: für Geburten, Eheschließungen, Todesfälle.

protokollarischer Form unter fort­

Die Einträge find in

laufender Nummer zu machen; die Registerformulare stellt

der Reichskanzler fest; die Register find doppelt zu führen und das Duplikat am Ende des Jahres dem Reichskanzler

einMtsenden.

über die in die verschiedenen Register aufzu­

nehmenden Einträge giebt das Gesetz sehr detaillierte Vor­ schriften. 129

2. Die Konsuln sind berechtigt, Amtshandlungen

über ihre

Urkunden mit öffentlichem

Glauben auszustellen, ebenso über Thatsachen,

welche

sie

genommen Konsulatssiegel

in

Ausübung

haben;

versehen

ihres

Amtes wahr­

diese Urkunden müssen mit dem

und

vom

Konsul

unterschrieben

fein;128 sie dürfen immer ausgestellt werden, wenn „deutsche

u. Eheschl. 132 ff., 496ff., s. auch 121 * S. dazu Laband II, 14. 122 G. v. 4. Mai 1870 §§. 2. Büraerl. GB. §§. 1323-1347. 12’ Ebenda §§. 3-6; dazu 9, 11, 12; dazu Zorn 124f. jetzt über die Ehehindernifse 128 KonsG. §. 15, vb. ZPO. G. v. 6. Febr. 1875 §§. 28-40. §.380; dazu König §§.41, 42; «aband II, 25f. v. Sicherer 127ff., 497.

Das Konsularrecht.

§. 36.

477

Interessen" in Kage stehm; die Konsuln sollen sich dabei «doch der äußersten

Sorgfalt befleißigen und nichts -ke-

zeugen, „was sie nicht mit einem gerichtlichen Zeugeneid zu bekräftigen vermöchten"?24 Die Konsuln können mit der nämlichen Rechtskraft durch Legalifierungsvermerk auch alle Urkunden der fremdländischen

Behörden ihres Amtsbezirkes ausstatten , sofem ihnen die Echtheit und formelle Richtigkeit der Urkunde nachgewie­ sen ist.124 125 126

8. Die Konsuln sind ferner berechtigt, -als

Notare zu fungieren?22 WelcheFurcktionenmaterieller

Natur den Notarm obliegm, bestimmt sich z. Z. noch «ach Landesrecht, welches demgemäß auch für die Konsuln maß­ gebend ist?22 In erster Linie wird es sich materiell immer

dämm handeln, 'Geschäfte zu beurkundm, welche zu ihrer Gültigkeit der Form öffentlicher Urkundm bedürfen?22 Die Konsuln sind hierzu kompetent, wenn eine der beteiligten

Personm ihrer Jurisdiktion unterworfen ist. Sind an dem Geschäft nur Fremde beteiligt, so sind die deutschm Konsuln

zur Vomahme von Notariatsaktm nicht kompetmt?22 124 A. D. I. zu §. 15, vgl. auch König in v. Holtzendorffs RLex. II, 531. 126 KonsG. §. 14, vb. ZPO. 403 Abs. 2, G. v. 1. Mai 1878 - KonsGG. §. 12 tos. 2, ob. e«@. §. 23. •o« «onsSS. 8> & «gl «rauer ®. 73ff. ** KonsSG. S. 7. Ein« nähere Qualifikation bezüglich der Loraussctzungen für daS Lmt eines Beisitzers wurde nicht als thunlich erachtet. (Äot)

ge-

Lgl. hieherMartens S.235ff., der sich mit großer Entschieden­ heit gegen di« ganz« Institution der Beisitzer ausspricht und für «in konsularisches Einzelgericht in all« Fäll« plädiert. 999 B. v. 10. Sept. 1879 ,U SS. 7-9.

492

Buch X.

Die auswärtige Verwaltung.

wiffer Beteuerungsformeln gestattet, die Verpflichtung durch eine

solche geschehen;

über die erfolgte Verpflichtung ist

ein Protokoll aufzunehmen?"

Die Beisitzer fungieren mit vollem Stimmrecht bei der

Verhandlung,

sowohl bei dem Endurteil als bei den im

Laufe der Verhandlung zu erlassenden Entscheidungen?"

Weitergehmde Befugnifle haben sie nicht. Das Konsulargericht ist prinzipiell überall da kompetent,

wo

im Jnlande das Landgericht in erster Instanz zu ent­

scheiden hat (GDG § 70); ferner in allen im Inland zur Kompetenz der Schöffengerichte gehörigm Strafsachen ohne

Ausnahme?"

In Zivilsachen genügt immer die Zuziehung

von zwei Beisitzern; sollte die Zuziehung aus thatsächlichen Gründen unmöglich sein, so ist hier der Konsul ausnahms­

weise berechtigt, allein an Stelle des Konsulargerichtes zu entscheidendoch ist hierüber ins Protokoll ein Vermerk

unter Angabe der Gründe aufzunehmen. In Strafsachen sind vier Beisitzer zur Hauptverhandlung

zuzuziehen, wenn der Beschluß über Eröffnung des Haupt­ verfahrens auf ein Verbrechen lautet oder auf ein Vergehen,

208 KonsGG. §. 8, vb. GBG. Recht als juristisch »völlig un­ §. 51. bestimmt" nicht für geeignet er­ 204 KonsGG. §§. 6 Abs. 2, 16. achtet, in das Gesetz ausgenom­ Bal. Brauer S. 77. men zu werden. (Mot. S. 581.) ’80B KonsGG. §. 12 Abs. 1, vb. Nach dem RegEntw. sollten GVG.H.70. Diese Vorschrift invol­ Übertretungen zur Kompetenz viert eine Abänderung v. KonsG. des Konsuls als Einzelrichters §. 22, wonach »politische" Ver­ gehören. Der Reichstag strich brechen und Vergehen von der diese zweckmäßige Bestimmung. Konsulargerichtsbarkeit ausge­ Vgl. auch Brauer S. 87. 806 Ebenso die französische und schloffen waren. Der Begriff »politische" Delikte wurde mit englische Gesetzgebung, sogar

Da» Konsularrecht.

g. 36»

498

welches nicht zur Zuständigkeit des Schöffengerichtes, sondern

der Strafkammer des Landgerichtes gehört (GVG. §. 73), ausgenommen jedoch die in GVG. §§. 74, 75 (s. unten c)

aufgezahlten strafbaren Handlungen?"

von vier Beisitzem nicht möglich, von zweien;

daß der Konsul

Ist die Zuziehung

so genügt die Zuziehung

allein an

Stelle des Kon­

sulargerichtes in Strafsachen entscheide, ist unstatthaft. Wo nicht den obigen Angaben gemäß vier Beisitzer er­

forderlich sind,

entscheidet das Konsulargericht,

bestehend

aus dem Konsul und zwei Beisitzem?"' Ist der Konsul nicht in der Lage, sein Richteramt aus-

flben zu können oder beim Konsulargericht die Zuziehung von zwei Beisitzem nicht aussührbar,

mungen

so

ist dm Bestim-

des gemeinen deutschen Prozeßrechtes gemäß die

Sache durch das Reichsgericht einem anbeten Gerichte zu überweifen.""

c) Das Reichsgericht. Außer dem Konsul und Konsulargericht ist mdlich noch

daS Reichsgericht Konsulargericht erster Instanz bei Hochund Landesverrat gegm Kaiser und Reich (GVG. §§. 74, 75).

Der Konsul hat in

solchm Fällm nur diejmigm

Antersuchungshandlungen vorzunehmm,

bei welchen Gefahr

im Verzug obwaltet oder die Boraussetzungm von StPO. §. 65 Abs. 2 gegeben find; alsdann find sofort die Aktm

dem Oberreichsanwalt zur Einleitung des eigmllichm Ver-

fahrmS einzusenden?"

Der amtliche Verkehr der Konsuln

auch für Kriminalsachen. Mar» StPO. 88-272 Nr. 2,15. ®«®tenS S. 288, 296. 88- 74,75. StPO. 8- 244 Abs. 1. ** ZPO. 8- 36 Nr. 1. StPO. w Äons®®. §. 28. *• KonsGG.88 S Abs.1,2,8. 8- 15. 28. ZPO. zz. 145 Rr. 2,36 Nr. 1. 110 Kons®®. 8- 31.

494

Buch X. Die auSsLrtize Bermaltung.

mit dem Reichsgericht hat durch Bermittelung des Reichs­ kanzlers zu geschehen?" Aus den obigen Angabm über die Kompetmz der Äon« sulargerichte ergiebt sich: 1. In Zivil- und Äonkurssachen ist immer eine kompetente konsulargerichtliche Instanz im Ausland vorhanden, da in solchen im In­ land« nur Amts- und Landgerichte als Ge­ richte erster Instanz fungieren?" 2. Auf dem Gebiete des Strafrechtes fehlt eine kompetente Instanz im Ausland (abge­ sehen von der oben bezeichneten reichsgericht­ lichen Kompetenz) für alle Schwurgerichts­ sachen; solche sind immer an die kompetente« inländischen Schwurgerichte abzugeben8* ", * * und dem Konsul kommen nur diejenigen Funktionen vorbereitender Natur zu, welche er auch in reichsgerichtlichen Sachen hat.8" B. Staatsanwälte werden in den KonsularjuriSdiktionsbezirken nicht ausgestellt.816 811 B. v. 10. Sept. 1879, zu den §$. 18, 20,36,43 Abs. 2 des Äons®®. 8 Vgl. Martens S. 288, 322. Ebenso nach französischem Äedbte. «« Dies gilt auch für Schutzgenoffen fremder Staatsange­ hörigkeit. B. v. 10. Sept. 1879 §. 1. Bgl. Brauer S. 84. KonsGG. 8-31 Auch hier lehnt sich das deutsche Recht an die französische Gesetzgebung an, welche eine Kompetenz der Kon­ sulargerichte ausschließt, wo es

sich um eine „peine afflictive et infamante® handelt, vgl. Martens S. 288. Bal. ta« gegen ebenda S. 445, 484 über die ausgedehnte Kompetenz (lebenslängliche Gefängnis- und Todesstrafe) des englichen OberkonsulargerichteS in Konstanti­ nopel , eine der interessantesten Institutionen auf dem Gebiete des Konsularrechtes. 216 Ebenso die übrigen Kon­ sulares etzgebungen, Martens

Das Äoefularre^t G. 36.

495

C. Die Gerichtsschreiber ernennt der Konsul woNtöglich aus den Beamten des Konsulates in widerruflicher Weise; dieselben find,

falls fie nicht bereits den Diensteid

«ls Konsulatsbeamte abgelegt

habm, nach Maßgabe der

vorgeschriebenen Eidesformel zu verpflichten und die Ernen­ nung dem Reichskanzler mitzuteilen.'"

D. Die Gerichtsvollzieher'" werden gleichfalls •em Konsul, womöglich aus den Beamtm des Konsulates, in

widerruflicher Weise ernannt; die Gerichtsvollzieher find, so» fern fie nicht den Diensteid als Konsulatsbeamte abgelegt haben, gleichfalls eidlich zu verpflichten; die Ernennung ist

dem Reichskanzler mitzuteilm und außerdem an der Ge­ richtstafel des Konsulates zu publizieren.

Die GeschäftSan-

weisung für die Gerichtsvollzieher wird vom Konsul erteilt,

der auch die Aufficht über dieselben zu führen hat.

Die Vor­

schriften des inländischen Rechtes, gemäß welchen Gerichts»

Vollzieher von der Ausübung

ihres Amtes

ausgeschlossen

find (GBG. § 156), gelten auch in den Konsulargerichts-

btzirken.'" E. Die Rechtsanwälte werden gleichfalls vom Konsul

in widerruflicher Weise ernannt.

Für die Zulassung zur

Rechtsanwaltschaft in dm Konsularjurisdiktionsbezirkm be­

stimmte Voraussetzungm aufzustellm, erschim nicht als zweck­

mäßig, vielmehr wurde die Würdigung des einzelnen Falles dm Konsuln anheimgestellt;'" unter Umständen wird für

die Qualifikation zum Rechtsanwalt hier sogar von jeder «• «onsSS. 6. 10; dazu «. 118 Jtonfee. 6. 11; dazu B. ». 10. Sept. 1879 zu §. 10 Z. 1. v. 10. Sept. 1879 zu §. H. **• Diese Bestimmungen find «» «. v. 10. Sept. 1879 zu dem italimischen Konsulatsgesetz entnommen. MartenS S. 481. (. 10 Z. 2.

496

Buch X.

Die auswärtige Lerwaltung.

juristischen Vorbildung abgesehen werden müssen.

Eine Ga­

rantie gegen willkürliche Entscheidungen der Konsuln wurde

darin gefunden, daß gegen einen die Zulassung zur Rechts­ anwaltschaft versagenden oder das Recht hierzu entziehenden

Konsularentscheid Beschwerde an dm Reichskanzler gestattet

wurde. Auch die Emmnung der Rechtsanwälte ist wider­ ruflich, muß dem Reichskanzler mitgeteilt und

außerdem

in ortsüblicher Weise, jedmfalls aber an der Gerichtstafel,

publiziert werdm.

Eine Beeidigung der Rechtsanwälte findet

nicht statt8,0

IV. DaS

in

den

Konsulargerichtsbezirken

anzuwendende Recht.

Die Konsulargerichtsbarkeit umfaßt gemäß dm sub Hl. gemachten Angabm: 1. Alle zivilrechtlichen Streitigkeiten ein­ schließlich des Handelsrechtes, sowie Konkurs­ sachen;

2. die sog. freiwillige Gerichtsbarkeit; 3. Strafrecht

und

Polizei,

ausgenommen

solche Fälle, welche in erster Instanz vor die

Schwurgerichte oder vor das Reichsgericht ge­ hören. Bezüglich des anzuwmdmdm Rechtes gelten folgmde

Vorschriften:

A.

DaS materielle Recht

1. In Zivilsachen ist anzuwmdm: in erster Linie das Reichsrecht, welches bis jetzt lediglich aus einer Anzahl von

”• V. v. 10. Sept. 1879 ju §. 11.

Das Konsularrecht,

Spezialgesetzen besteht,

g. 36.

497

subsidiär das preußische allgemeine

Landrecht und die in dm landrechtlichm Gebietm hierzu

erlassenen abänderndm und ergänzmdm Bestimmungm.881 2. Für Handelssachen gilt primär das Handelsgewohn-

heitsrecht des Ortes,

erst in zweiter

Linie das dmtsche

Handelsgesetzbuch ;888 diese gesetzliche Vorschrift wurde gegeben,

weil in

dm Ländem der Konsulargerichtsbarkeil aus dm

Handelsbeziehungm, in welche die Fremdm teils unterein­ ander, teils mit dm Eingebormm treten, sich vielfach ein gemeinsames Gewohnheitsrecht

Verkehr

mtwickelt hat,

welchem im

allgemeine Geltung zugeschriebm wird.

Der Be­

weis solcher Gebräuche liegt dm Parteim ob.8,8

8. Für die freiwillige Gerichtsbarkeit

gelten in erster

Linie etwa vorhandme Reichsgesetze, sodann das prmßische

Landrecht, »soweit dasselbe nicht Einrichtungen und Berhältnisie voraussetzt, welche in dm Konsulargerichtsbezirkm fehlen".8"

4. In strafrechtlicher Hinsicht gelten zuerst die Polizei-verordnungm des Konsuls, außerdem das gemeine dmtsche Strafrecht.888

Landesstraftecht ist von dm Konsuln nur

anzuwmdm, soweit dies

etwa durch Staatsverträge oder

Herkommm bestimmt ist.888 Nme deutsche Gesetze, welche die Gerichtsbarkeit *« KonsGG. 8. 8 Abs. 1. — KonsGG. §. 3 Abs. 2. ,w Vgl. Martens S. 427f. — KonsGG. 8. 43 Abs. 1. ** KonsGG. §. 4. Vgl. über dieses Polizeiverordnungsrecht der Konsuln, speziell über das Recht, auf dem Berordnungswege unter Umständen selbst

Zer», Staattrecht II. 2. «ufL

die deutschen Strafgesetze abzuändern, oben S. 471. 888 KonsGG. §. 4 Abs. 3. «in interessante- hieher gehörige- Bei­ spiel bildet da- chinesische Gesetz vom 5. März 1866 über den Kulihandel, vgl. GareiS: Da­ heutige Völkerrecht und der Menschenhandel. S. 30 ff. 82

498

Buch X Die «D»ärti-e Verwaltung,

betreffen, treten, soweit nicht etwa ein besonderer An­ fangstermin der Geltung bestimmt ist, in den Konsular­

gerichtsbezirken vier Monate nach Ausgabe des betr. Stückes

des RGB. in Berlin in Änxft827

B.

Das formelle Recht.

Das gerichtliche Verfahren richtet sich in erster Linie nach den Vorschristm des G. v. 10. Juli 1879 (RGB. S. 197), betr. die Konsulargerichtsbarkeit,228 zu welchem eine

Bollz.B. des Reichskanzlers v. 10. Sept. 1879 (CBl. S. 575)

erging. Einzelne Modifikationen dieses Gesetzes enthalten die Staatsverträge, welche als lex

specialis dem

allgemeinen Gesetze über die

Gerichtsbarkeit derogieren.

Die Vollzugsverord­

nungen zu dem Gesetze hat der Reichskanzler zu erlassen. Demnach bestehen

bezüglich des Verfahrens

vor den

Konsulargerichten folgende Vorschriften. 1. Für die gegenseitige Rechtshilfe der Konsular- und der inländischen Gerichte, Öffentlichkeit der Verhand-

in

187 KonsGG. §. 47, welcher dieser Vorschrift eine Er-

888 Vgl. zu demselben die höchst interessanten Motive, Sten. Ber. 1879, Anl. Nr. 70. Hier heißt eS bezüglich des Erlasses dieses Gesetzes: .Den Vorschriften des bisherigen Gesetzes gemäß richtet sich das Verfahren der Konsuln bet Ausübung der Gerichtsbar­ keit in bürgerlichen Rechtsstrei­ tigkeiten und in Strafsachen nach dem in Preußen int Gebiete des allgemeinen Landrechts und der

aflgenieinen GerO. geltenden Bestimmungen. Diese Bestim­ mungen treten im Jnlande und folgeweise auch in den KonsularaerichtSbezirken mit dem späte­ stens am 1. Oktober 1879 er­ folgenden Inkrafttreten des GVG., der ZPO., der StPO, und der KonkO. außer Wirksamkeit, und der Reichsgesetzgebung -ist damit die Aufgabe gestellt, für die Konsulargerichtsbarkeit die Vorschriften der Reichsprozeßordnungen in jenen Ländern, in denen diese geübt wird, anzu­ paffen."

Das Konsularrecht.

§. 36.

499

lungen, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung gelten lediglich

Inland maßgebenden Vor-

die für das

schriftm.229 2. Der Prozeßgang bestimmt sich im übrigen für Zivil- und Konkurssachen nach der Zivilprozeß- 6egro.

Konkursordnung nebst Einführungsgesetzen, ferner nach den für das landrechtliche Gebiet der preußischen Monarchie hiezu

ergangenen Ausführungsbestimmungen; dazu find außerdem diejenigen älteren Gesetze, welche daneben in dem angeführten Rechtsgebiete noch in Geltung verblieben sind, „entsprechend"

zm Anwendung zu bringen.280 Die Anwendung dieser allgemeinen Vorschriftm hat ge­

mäß dm Vorschriftm des Konsulargerichtsgesetzes folgmdermaßen zu geschehen: Das Verfahren vor dem Konsul sowohl als dem Kon­ sulargericht ist das amtsgerichtliche;281 auch für das Konsular­

gericht mußte dies grundsätzlich festgehaltm werden, da ein Anwaltsstand, wie ihn das Verfahrm vor dm Landgerichten

im Inland voraussetzt, in dm Konsulargerichtsbezirken nicht vorhandm ist.282 Da auch Staatsanwälte hier nicht bestellt find, so hat der Konsul, soweit im Gebiete des Zivilprozeffes

staatsanwaltschaftliche Funktionen Vorkommen,288 dieselben

229 KonsGG. 8.13, vb. GAG. Tit.Xni—XVI(nutfür GBG., §. 183 enthält das KonsGG. eine Erweiterung., der Frist aus zwei Wochen). Über öffentliche Bekanntmachungen s. KonsGG. §. 45, dazu Brauer S. 114f. 280 KonsGG. §. 14, vgl. dazu Motive S. 581. B r au e r S. 93.

281 KonsGG. § 15, vb. ZPO. §§. 456—471; dazu jedoch er­ gänzend §§. 313—319.

282 Motive zu §. 15. 288 ZPO. §. 586 (Ehesachen), §§. 607, 620 Abs. 2, 624 Abs. 3, 626 Abs. 3 (Entmündigungs­ sachen).

Buch X

500

Di« auswärtige Verwaltung.

einem Rechtsanwalt des Bezirks, in Ermangelung eines solchm einem andern achtbaren Gerichtseingesessenen zu übertragen?" 3. Das Verfahren in Strafsachen richtet sich im allgemeinen

nach der Strafprozeßordnung und

führungsgesetze zu derselben.888286

dem Ein­

Dazu bestimmt das Kon­

sulargerichtsgesetz speziell: Der Konsul ist einmal Amtsrichter, sodann Vorfitzmder

des Konsulargerichtes als Strafkammer?"

Eine Mitwirkung

der Staatsanwaltschaft findet nicht statt; Zustellungen, Voll­

streckungshandlungen sowie die im Inland dem Staatsanwalt obliegenden vorbereitenden Maßnahmen geschehm von Amt­ wegen durch den Konsul?88 Eine eigentliche Voruntersuchung

findet im

konsulargerichtlichm Verfahren

überhaupt nicht

statt,888 sondern

nur das sog. „vorbereitende Verfahren";

der Konsul hat,

wenn er durch Anzeige einen Antrag auf

Strafverfolgung oder auf anderem Wege vom Verdacht einer

strafbaren Handlung Kenntnis erhält,

entweder sofort oder

nach Vornahme der erforderlichen Ermittelungen, die er an

Stelle des Staatsanwaltes von Amts wegen (ausgenommen

jedoch Antragsdelikte) zu pflegen hat, darüber Beschluß zu soffen,

ob das Hauptverfahren zu

884 KonsGG. §. 17.

eröffnen sei oder nicht.

barkeit haben. B. v. 10. Dezem­ ber 1879. “» KonsGG. §.21, ob. StPO. ”T KonsGG. §. 22, ob. GBG. §§. 160, 163, 164, 447 ff. Vgl. §.72. StPO. §§. 201 ff., 407 ff., Brauer S. 94. Martens 494. S. 435 ff. KonsGG. §§. 24; 25, ob. 8M Der in StPO. §. 420 vor­ StPO. §§. 152, 156; dazu S. geschriebene Sühneversuch bei v. 10. Sept. 1879, zu §. 24 Abs. 2. Beleidigungsklagen kann auch Für Antragsdelikte StPO. §. 414. von solchen Konsuln angestellt 888 KonsGG. §. 26. Vgl. werden, welche nicht Gerichts­ Brauer S. 96.

DaS Konsularrecht,

g. 86.

501

Die Erhebung einer öffentlichen Klage findet demnach im

Strafverfahren vor den Konsulargerichten nicht statt; 240 wo

die StPO, eine solche voraussetzt, ist,

falls das Haupt­

verfahren nicht sofort eröffnet werden kann, die öffentliche

Klage durch eine deren Inhalt in sich aufnehmende einfache Verfügung des Konsuls ersetzt; dieselbe hat den Gegenstand

der Anklage unter Hervorhebung der gesetzlichen Merkmale sowie des anzuwendenden Strafgesetzes genau zu bezeichnen; der auf Einleitung des Hauptverfahrens lautende Beschluß

hat zugleich die vorhandenen Beweismittel anzugeben.

Den

Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht, ohne dabei irgendwie an frühere Entscheidungen gebunden zu fein;241

die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen sind in das

Protokoll der Hauptverhandlung aühunehmen.242 Die Zmgm

find regelmäßig nur in der Hauptverhandlung zu beeidigen, ausgenommen 1. wenn Gefahr

im Verzüge,

2. wenn der

Zeuge vorausfichtlich am Erscheinen in der Hauptverhandlung

behindert oder sein Erscheinen wegen allzu großer Entfernung

sehr erschwert sein würde, 3. wenn der Eid als Mittel zur Herbeiführung einer

wahrheitsgemäßen Aussage

erforderlich erscheint.2"

dringend

In schwurgerichtlichen und reichs-

gerichtlichen Sachen hat der Konsul nur die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die unaufschiebbarm Unter­

suchungsverhandlungen vorzunehmen und die Aktm dem betr. Staatsanwalt bezw. dem Oberreichsanwalt abzugebm.

Die

Vornahme einzelner Untersuchungshandlungm kann dem

KonsGG. 8.30, vb. StPO. w StPO. §. 151 fällt weg. §§. 163, 183, 1Ä.

KonsGG. §. Brauer S. 113.

29,

vgl.

StPO. §. 65 Abs. 2, 3, vb. KonsGG. §. 26 Abs. 3.

502

Buch X.

Die auswärtige Verwaltung.

Konsul außerdem noch besonders übertragen werden.244

Die

Fristen für den Einspruch gegen amtsrichterliche Strafbefehle, gegen die Rechtsfolgen der Versäumnis von Fristen

sowie

überhaupt für Wiedereinsetzung in den vorigen Stand find in den Konsulargerichtsbezirken auf zwei Wochen erhöht.2"

4. Als Rechtsmittel244 find für Zivil- und Kon­ kurssachen zugelassen:

Beschwerde und Berufung,

und zwar sowohl gegen Entscheidungen des Konsuls als des Konsulargerichtes;

Rechtsmittelinstanz

ist nur das

Reichsgericht, welches definitiv entscheidet.2" in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 248

Ebenso

Ausgeschloffen

find Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Konsuls, wenn der Wert des Stteitgegenstandes 300 Mark nicht übersteigt.248 144 KonsGG. §. 31. Vgl. Brauer S. 94. 845 StPO. §§.44,45,449, üb. KonsGG. §. 32. 846 Nach preußischem Recht, welches bis 1. Okt. 1879 Reichs­ recht war, fungierte ursprünglich das Obertribunal in Berlin als oberstes Konsulargcricht, an dessen Stelle seit 1871 (G. v. 21. April 1871 §. 3, RGB. S. 87) das Reichsoberhandelsgericht getreten war, und unter demselben als erste Rechtsmittelinstanz im In­ land das Appellationsgericht zu Stettin. Diese Instanz ist durch das neue Gesetz beseitigt worden. Die anhängigen Sachen waren gemäß 50 des KonsGG., wie sie lagen, am 1. Oktober 1879 an das Reichsgericht abzugeben. „Dem Gedanken, in den Konsulargerichtsbezirken selbst Gerichte zweiter Instanz zu begründen

(so die englische und holländische Gesetzgebung: Martens S. 296, 304), stellen sich, wie schon bei Erlaß des preuß. Gesetzes, so auch jetzt nicht zu überwindende Schwierigkeiten entgegen, na­ mentlich in betteff einer be­ rechtigten Ansprüchen Genüge leistenden Besetzung der Gerichtes Der Umfang der beim Reichs­ oberhandelsgericht vom 1. Dez. 1873 bis 1. Dez. 1876 erledigten Konsularjurisdiktionssachen be­ trug 66 Sachen. KonsGG. §.18 Abs.2, 8, ob. ZPO. §. 74 Abs. 1. Vgl. Brauer S. 105. Das Rechtsmittel der Revision existiert für das konsu­ largerichtliche Verfahren nicht, da es in demselben keine Mittel­ instanz giebt. Vgl. überhaupt auch Martens S. 483 ff. 848 KonsGG. §. 43 Abs. 2. 849 KonsGG. §. 18. Vgl.

Das Konsularrecht.

§. 36.

50$

Entscheidungen des Konsuls, welche mit sofortiger Beschwerde

angefochten werden, kann der Konsul selbst wieder auf^eben.960 Die Berufung ist schriftlich beim Konsul einzureichen, selbst­

verständlich ohne Anwaltszwang; der Konsul hat Abschrift der Berufung der Gegenpartei zuzustellm,

Erllärung entgegenzunehmen

und

eventuell deren

sodann die Akten dem

Reichsgericht einzusenden; letzteres bestimmt den Termin für

die Verhandlung und teilt dies dm Parteim mit, primär

dem für die Berufungsinstanz

bestellten und dem Reichs­

gericht durch dm Konsul oder die Partei

benennten Prozeßbevollmächtigten,

selbst.

selbst rechtzeitig

eventuell dm Parteim

Der Fristmlauf bemißt fich nach dieser Publikation

an dm 8eflogten.981

S. Ebenso find für Strafsachen die Rechtsmittel der Beschwerde

und

Berufung

schlofim find Rechtsmittel

in

Berufung kann

werdm

eingelegt

Konsulargerichtes; definitiv.968

das

zugelaffm.

Ausge-

allm Übertretungssachen.918

gegen

Reichsgericht

alle Urteile der

entscheidet

hierüber

Zeugen und Sachverständige, welche zur Recht­

fertigung der Berufung benannt find, hat der Konsul selbst sofort zu vemehmm, und zwar eidlich, falls die VorauS-

setzungm von StPO. §. 65 Abs. 2 gegeben find; die Dernehmungsprotokolle find dem Oberreichsanwalt einzusmdm.98^

hierzu Brauer S. 105, sowie 989 Äons®®. 8. 38. — Äons®®. (§. 34,36. »gl. über die Art der Berechnung ebenda 98 f. Brauer S. 108, der auch «ne zutreffende Äritik derjenigen Än­ *° «onsSG. 8. 19, in Auf. derungen giebt, welche in dieser Hebung von ZPO. §. 540 Abs. 8. Materie der Reichstag am ReKonsSS. §. 20. CPO. gierungSentwurfe vornah«. •“ Äons®®, ß. 89. 85. 481, ob. 234, 484.

504

Buch X.

Der Angeklagte

Die auswärtige Verwaltung

kann in der Hauptverhandlung über die

Berufung selbst erscheinen oder sich durch einen mit schrift­ licher Vollmacht versehenen Verteidiger vertretm kaffen.

Der

nicht auf freiem Fuße befindliche Angeklagte hat keinen An-

spruch auf Anwesenheit.

Hat der Angeklagte die Berufung

eingelegt, so ist über dieselbe auch dann zu verhandeln, wenn weder der Angeklagte noch ein Vertreter desselben erschienen ist.

Im übrigen vollzieht sich das Berufungsverfahren nach

den allgemeinen Vorschriften.488 **

Beschwerde ist zulässig sowohl gegen Entscheidungen des Konsuls als des Konsulargerichtes.488

Bei sofortiger Be­

schwerde gegen Entscheidung eines Konsuls kann dieser selbst

die angefochtene Entscheidung aufheben; 257 andernfalls ent­ scheidet das Konsulargericht als Beschwerdegericht, wobei die Vorschrift der StPO.,

daß der

Erstrichter bei

der Ent­

scheidung über die angefochtene Verfügung nicht mitwirken

dürfe, unanwendbar ist.484

Bon hier aus ist weitere Be­

schwerde an das Reichsgericht gestattet. von

einer

auf

zwei

Wochen erhöht.

Die Fristen sind Über

gegen Entscheidungm des Konfulargerichtes

Beschwerden

entscheidet das

Reichsgericht.

Rechtsmittel in Konsularstrafsachen sind nur zu Gunsten

des Verurteilten möglich, da Staatsanwälte nicht vorhandm sind und eine Spezialbestimmung zum Ersatz derselben für

die Einlegung von Rechtsmitteln im öffentlichen Jntereffe nicht vorgesehen ist489

488 Äons®®. §. 40, vb. StPO, i 488 KonsGG. §. 35 Abs. 1, ob. III Abschn. III. ! StPO. §. 23 Abs. 1. 488 KonsGG. 88.35 Abs. 1,36. 488 KonsGG. §. 37, vb. StPO. 487 KonsGG. §35 Abs.2,inAuf- §8- 353, 355, 358, 360. Hebung von StPO. §. 353 Abs. 3. |

DaS Konsularrecht,

g. 36.

505

6. Endlich kann auch in den Konsulargerichtsbezirken jedes

durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossene Verfahren durch von Amts wegen erfolgte Wiederaufnahme erneuert

werben,260 welche aber nicht ein „Rechtsmittel" im Sinne der Prozeßordnung ist.

7. Das Begnadigungsrecht in Bezug auf konsular­

gerichtliche

Urteile

steht

dem

Kaiser zu,26'

da hier die

Justizhoheit des Reiches direkt, nicht durch Vermittelung der

Einzelstaaten, ausgeübt wird.

Hat jedoch das Reichsgericht

die Sache an ein inländisches Gericht zur Entscheidung ver­ wiesen, so steht nach Ausweis der Motive das Begnadigungs­

recht dem betreffenden Landesherrn zu, „denn das aufge­ hobene Urteil des Konsulargerichtes hat seine rechtliche Existenz

verloren, und an dessen Stelle tritt eine neue, selbständige Entscheidung des inländischen Gerichtes", und die inländischen

Gerichte sind Landesgerichte



eine

Anschauung, deren

prinzipielle Richtigkeit immerhin wird in Frage gestellt werden

können, da das Landgericht in solchem Falle berufm ist, an Stelle des materiell allein kompetenten Konsulargerichtes direkte

Justizhoheit des Reiches zu üben.

8. Über die

gefällten Urteile und

Entscheidungen ist

alljährlich dem Reichskanzler von jedem mit Gerichtsbarkeit ausgestatteten Konsul ein genaues Verzeichnis einzusenden.262

V.

Dir Lonsulargertchtsbarkrit in Ägypten und Samoa.266 A. Im Zusammenhang mit einer lebhaften anderweiten

Reformthätigkeit im Sinne des modernen KulturlebmS ver-

*" KonsGG. §. 41. «rauer lCVl. 111) an Stelle der Schluß­ bestimmung der B. v. 10. Sept. E. S8, 106. 1879. w* KonsGG. §. 42. w* B. d. BR. o. 4. Febr. 1882 w,Sfll.Dutrieux:Laquee-

506

Buch X.

Die auswärtige Verwaltung.

handelte die Regierung des türkischen Vasallenstaates Ägypten mit dm mropäischm

Mächten

in den 60 er Jahrm über

Beseitigung der Konsulargerichtsbarkeit. 2"

Erst arbeitete eine

französisch-ägyptische Kommission seit 1867 die Reformentwürfe

aus, welche sodann durch eine internationale Kommission von Vertretern der Großmächte und der nordamerikanischm Union

unter dem Vorsitz des ägyptischm Ministers des Auswärtigm in Kairo (28. Okt. 1869 bis 17. Januar 1870) definitiv festgestellt wurden.2"

Demgemäß erging ein dmtsches RG.

v. 30. März 1874 (RGB. S. 28), welches die Aufhebung

oder Einschränkung der deutschm Konsulargerichtsbarkeit in Ägypten, zunächst für dm Zeitraum von fünf Jahrm, durch kaiserliche, mit Zustimmung des Bundesrates

Verordnung

gestattete.

Diese

Verordnung

zu

erlaffmde

erging unterm

23. Dez. 1875 (RGB. S. 381). Die durch diese Rechtssätze zunächst provisorisch geschaffmm Zustände fandm, nachdem sie sich bewährt ^tten,266 ihre

definitive Anerkennung durch G. v. 5. Juni 1880 (RGB.

tion judiciairc en Egypte, in: Revue de droit international 1876, S. 573 — 602. Der Verfasser ist scharfer Gegner jeder Konsularjurisdiktion, be­ sonders in Strafsachen, und ur­ teilt darüber: „Texpärience a condamite sans appel ce Systeme illogique et vicieux qui ne repona plus aux näcessites de Theure präsente et ne garantit plus suffisamment aux residente la bonne administration de la justice en mattere pänale!“ Sehr ausführlich und mit nüchtemer

Kritik ist die ägyptische Justiz­ reform behandelt bei Martens S. 500—550; eine Skizze dieser Darstellung giebt Bulmerincq §• 79. 864 Sgl. Ässer: Administra­ tion de la justice cn Egypte, in: Revue de droit interna­ tional 1870, S. 564 — 572. über die Bedenken der Pforte gegen die ägypttsche Spezial­ reform s. Martens S.517, 524. 866 Martens S. 518— 524. 866 Dutrieux ©.579. Über eine weitere Reformbewegung (1883) s. Bulmerincq 343.

Das Konsularrecht.

§. 36.

507

S. 145) und Kaiser!. V. v. 23. Dez. 1880 (RGB. S. 192),

wodurch die beschränkte Geltungsdauer der früheren Bor­ schriften aufgehoben wurde.

Die Rechtspflege in Ägypten ist danach

gemäß der V.

v. 23. Dez. 1875 (RGB. S- 381) für deutsche Staatsange­ hörige folgendermaßen geregelt:

I. Die Konsulargerichtsbarkeit bleibt aufrecht erhalten: 1. Für alle Sachen der Konsuln, ihrer Familien, ihreDienstpersonales, der ihnen unterstellten Beamten und ihrer Familien, der Wohnungm aller dieser Personen, ferner der deutschen evangelischm Kirchen und Schulen in Alexandrim

und Kairo, sowie des deutschen evangelischen Hospitales in Alexandrien, „soweit diese Kirchen und Anstaltm als Kor­ porationen in Betracht tonunen".4,7

2. Für alle Statusfragen in dem Umfange der früheren konsulargerichtlichen Kompetenz.*" **

3. Für alle Zivilsachen, wenn beide Parteien Deutsche oder Schutzgenossen find.4*4

4. Unter bestimmten Voraussetzungen für Strafsachen, nämlich Beamtenverletzungen, wenn der verletzte Beamte „die Bestrafung des Thäters bei dem Konsulargericht in

Antrag bringt".470

5. Für alle nicht in der Verordnung erwähnten Strnffachen."'

n. Im übrigen wurde die Konsulargerichtsbarkeit der deutschen wie aller übrigen Konsuln nach Maßgabe der sofort

*7 ** — 170

S. x>. 28. De». 1874 8. 5. Ebenda $. 2. Ebenda 8. 1, Z. 1. Ebenda §. 3 am End«.

Dutrieux 6.582*. ES liebt in Ägypten 19 verschieden« StrafjuriSdutionen.

Buch X

508

Die auswärtige Verwaltung.

anzuführenden Spezialbestimmungen aufgehoben und die

Deutschen und Schutzgenossen der Gerichtsbar­

keit der neuen Landesgerichte unterworfen,”2 ohne daß vor diesen eine Assistenz des Konsuls oder seines Vertreters statthaft wäre.

Die Organisation dieser „neuen Landesgerichte" ist ver­ tragsmäßig bestimmt, und die Innehaltung dieser Vertrags­ bestimmungen ist die Voraussetzung

für den seitens der

Vertragsmächte, speziell des Deutschen Reiches, geleisteten

Verzicht auf ihre eigene Gerichtsbarkeit. Die Gerichte, welchen die durch den angegebenen Verzicht frei gewordene Jurisdiktion zukommt, sind rechtlich ägyptische,

thatsächlich gemischte Gerichte,272 nämlich 3 Gerichte erster

Instanz, in Alexandrien, Kairo und Jsmailia, ferner ein Appellhof zu Alexandrien. Diese Gerichte pflegen das Recht nach Maßgabe der ägyptischen Gesetzgebung. Die Mitglieder derselben werden vom Vizekönig von Ägypten

ernannt, sind also rechtlich ägyptische Staatsbeamte und find unabsetzbar.

Der Vizekönig ist jedoch

hierbei an folgende

vertragsmäßige Bedingungen gebunden: Die Gerichte erster

Instanz müssen überhaupt mit 7, nämlich 4 ausländischen und 3 einheimischen, für jede einzelne Entscheidung aber

mit 5, nämlich 2 einheimischen und 3 europäischen, Richtern

besetzt sein; die letzteren sind aus Angehörigen der europäi-

schm Mittelstaaten mit Zustimmung der betreffenden Landesregierung zu wählen. Der Appellhof ist mit 11 Richtern zu

878 V. v. 23. Dez. 1875, §. 4 Abs. 1, 3. 878 Die Organisation beruht auf dem Reglement d’organi­

sation judiciaire pour les proeäs mixtes en Egypte. Dgl. Martens S. 530 ff. Staats­ archiv Bd. 29, 157 ff.

Das Konsularrecht. §. 36.

509

besetzen, von welchen nur 4 Ägypter, die übrigen Angehörige der Großmächte sein und gleichfalls unter Zustimmung der

betreffenden Landesregierung ernannt werden müssen.

Im

einzelnen Fall entscheidet der Appellhof als Senat von 8 Mit-

gliedem, nämlich 5 europäischen und 3 ägyptischen. Präsi­ dent dieser Gerichte muß immer ein ausländischer Richter fein.

In Handelssachen sind immer 2 Kaufleute beizuziehen, ein einheimischer und ein ausländischer; letzterer wird gewählt von der Äolonie.224

Diesen Gerichten ist übertragen: a) die gesamte Zivilgerichtsbarkeit über Immobi­

lien, die in Ägypten belegen find; ”* b) die übrige Zivilgerichtsbarkeit, einschließlich der Handelssachen, wenn nicht beide Parteien Deutsche »der

Schutzgenoffen sind;224 c) die Strafgerichtsbarkeit in dem nachstehend bezeich­

neten Umfang, für die sab Ziff. 2 und 3 bezeichneten Ber­ brechen und Vergehen vorbehaltlich der oben sab I. Ziff. 4

angegebenen Modifikation.222 Die dm Konsuln zustehmde Gerichtsbarkeit in Straf-

fachm wird aufgehobm:

Martens S. 530. Frü­ Gesetz bezw. die LollzL. hat her wurden alle Konsuln in dies nicht ausgenommen. dieser Weise bestellt: Marten» «• Ebenda §. 1, Z. 1. 6.155, auch S. 282 f. über die •” Ebenda §. 3. Die Frage, .Ration'. ob den neuen LandeSaerichten eine Strafgerichtsbarkeit über­ •’» Ebenda §. 1, Z. 2. Im tragen werden könne, bildete Reglement sind dazu gefügt: einen besonders lebhaft umstrit­ Klagen gegen di« Regierung, den tenen Punkt in den Vorver­ Khedive und seine Familie so­ handlungen, vgl. Martens wie die Dairas. Das deutsche 6. 528 f.

Luch X Die auswärtige Semoltung.

510

1. für Übertretungen; 2. für Verbrechen und Vergehen,

welche unmittelbar

gegen die Richter, die Geschworenen oder die sonstigen Be­

amten der von der ägyptischen Regierung eingesetztm neuen

Landesgerichte, während sie in der Ausübung ihres Amtes begriffen find, oder in Beziehung auf ihren Beruf begangen werden, und zwar: a) Schmähungen durch Gebärden, Worte

oder Drohungen, b) Verleumdungen und Beleidigungen, wenn sie in Gegenwart des betreffenden Richters, von Geschworenen

oder sonstigen Beamten der neuen Landesgerichte oder inner halb der Geschäftsräume des Gerichts begangen oder mittelst

öffentlicher Anschläge, Schriften, Druckschriften, Abbildungen oderDarstellungen verbreitet wordm find, o) Thätlichkeiten gegen ihre Person, insbesondere Mißhandlungen, Körperverletzungen und vorsätzliche Tötung mit oder ohne Überlegung, d) Thät»

lichkeiten oder Drohungen, verübt, um eine der gedachten Personen zur Vornahme einer pflichtwidrigen oder ungesetz­

lichen Handlung oder zur Unterlassung einer pflichtmäßigen

oder gesetzlichen Handlung zu nötigen, e) Mißbrauch der Amtsgewalt fettens eines öffentlichen Beamten zum Zweck

einer derartigen Nötigung, f) Versuch unmittelbarer Be­

stechung einer der gedachten Personen, g) Beeinflussung eines Richters zu Gunsten einet Partei seitens eines öffentlichm

Beamten; 8. für Verbrechen und Vergehen, welche in der be-

stimmten Absicht begangen werden, die Vollstreckung von Urteilen oder Verfügungen der gedachten Gerichte zu ver­

hindern, und zwar:

a) thätlicher Angriff oder gewaltsamer

Widerstand gegen Gerichtsmitglieder in Ausübung ihres Berufs

oder gegen Beamte der neuen Landesgerichte während der recht-

Das üonfularrrcht. A. 36.

511

mäßig« Vornahme von Amtshandlung« zur Vollstreckung von

Urteilm und Verfügungen der Gerichte oder gegen Beamte

oder Mannschaften der bewaffneten Macht,

welche berufen

find, bei der Vollstreckung Hilfe zu leisten,

b) Mißbrauch

der

Beamten

seitens

Amtsgewalt

Verhinderung

eines

öffentlichm

zur

c) Entwendung gericht­

der Vollstreckung,

licher Aktenstücke zu demselbm Zweck,

d) Verletzung ge­

richtlich angelegter Siegel, vorsätzliches Beiseiteschaffen von Dachen,

welche

infolge einer gerichtlich« Verfügung oder

eines Urteils in Beschlag genommen worden find, e) Ent­

weichung von Gefangenen, welche fich infolge einer gericht­

lichen Verfügung oder eines Urteils in Haft befinden, und Handlungen,

welche eine solche Entweichung unmittelbar

herdeigeführt haben,

f) Verheimlichung solcher Gefangenen

nach ihrer Entweichung; 4. für Verbrechen und

Schutze

unter deutschem

Vergeh«,

welche von einem

stehenden Richter,

Geschworen«

oder sonstig« Beamt« der neuen Landesgerichte in Aus­ übung seines Berufs oder infolge Mißbrauchs seiner Amts­

gewalt begangen werd«. Außer dmjenigm gemeinen Verbrech« und Vergeh«,

welche von einer der bezeichnet« Person« unter solch« Umständm

begangm werd« könn«,

steh«de besondere Verbrech« und

widrige einer

Entscheidung

Partei,

b)

zu

Gunst«

Bestechung,

einer versucht« Bestechung, erlaubte

Gewalt

in die Wohnung

gegen eines

c)

gehör« hiqu nach-

Vergeh«:

a)

pflicht­

zum

Nachteil

unterlassene

Anzeige

oder

d) Justizverweigerung, e) un­

Privatperson«,

f) Eindring«

andern ohne Beobachtung der ge-

512

Buch X. Sie auswärtig« Serwtftimg.

setzlichen Vorschriften,

g) Erpressung,

h) Unterschlagung

öffentlicher Gelder, i) ungesetzliche Verhaftung, k) Fälschung von Urteilen und Aktenstücken.

Dazu kommt endlich noch: 5. die Bestrafung von Zeugen, welche ohne gesetzlichen Grund die Ablegung eines Zeugnisses oder dessen Beeidi­ gung

vor

den

neuen

verweigern,

Landesgerichten

Geschworenen oder Beisitzem dieser Gerichte,

von

ohne

genügende

Entschuldigung

sowie

welche

ihren Obliegenheitm sich

entziehen.878 HL

Kompetenzkonflikte zwischen Konsular­

gericht und Landesgericht über die nach Maßgabe der

Verordnung §§. 2 und 3 den Landesgerichten zugewiesenen strafbaren Handlungen entscheidet endgültig ein Kompetenz­

hof, welcher

benennenden

zu

bilden ist

aus

zwei

vom

Konsul

zu

ftemden Konsuln und zwei vom Präsidenten

des Appellhofes zu benmnenden Richtern der neuen Landes­

gerichte. 279 Die anhängigen Zivil- und Straffachen wurden beim

Inkrafttreten des neuen Rechtes durch die Konsulargerichte

erledigt, doch durften Zivilsachen auch schwebend sofort den

Landesgerichten

überwiesen

werden,

jedoch

mit

auf

dm

übereinstimmenden Antrag der Parteien.289 B.

In

ähnlicher

Weise

wurde

für

Samoa

internationale Gerichtsbarkeit geschaffm. gemäß gestattete das

G.

eine Dem­

v. 6. Juli 1890 (RGB. 139),

daß durch kaiserliche, mit Zustimmung des Bundesrates zu 978 Ebenda §. 4 Abs. 2. punkt bei den Vorverhandlungen: 979 Ebenda §. 6. Auch diese Martens S. 529. 980 Ebenda §. 7 Abs. 2, 3. Frage war ein Hauptkontrovers­

Das Konsularrecht.

erlassende

Verordnung

die

518

§. 36.

Konsulargerichtsbarkeit

einge-

schränkt werden könne. Die daraufhin erlassene KV. v. 29. Oktober 1890 (RGB.

keit

189) erhielt die Konsularg er ichtsbar-

grundsätzlich

in

vollem

Umfange

auf­

recht, trat jedoch ab:

a) an den Munizipalmagistrat von Samoa die Straffachen wegen Verletzung der vom Munizipalrate

von Apia erlaffenen Gesetze und Verordnungen (§§. 2. 1, Z- 3); b) an den obersten Gerichtshof von Samoa:

1. Zivilprozesse über Grundeigentum auf Samoa und

dazu gehörige Rechte (§§. 2. 1. Z. 1);

2. Zivilprozesse zwischen Reichsangehörigen und Schutzgenossen einerseits, Samoanern und Fremden andererseits

(§§. 2. 1. Z. 2); 3. Berufungen gegen Urteile zu a), die 20 Dollars oder 10 Tage Gefängnis übersteigen (§. 2).

Für deutsche Schiffsmannschafteil allein zuständig (§. 3).

bleibt

der Konsul

VI. Das Gebührrmvrsrn.281 1. Für die konsularischen Funktionen werden in der

Regel Gebühren erhoben; den Betrag derselben fixiert das G. v. 1. Juli 1872 (RGB. 245), welches seit 1. Okt. 1872

in Kraft steht.

Dasselbe bezieht fich jedoch nicht auf die

richterlichen Funktionen;282 bezüglich der letzteren einschließ­ lich der Gebühren für Gerichtsvollzieher, Zeugm, SachverLaband H, 37f.; König I §§. 80-83. Zorn, Staatsrecht II.

2. Stuft.

282 KonsGebG. §. 8.

514

Luch X.

Di« auswärtige Verwaltung.

ständige gelten vielmehr

lediglich die Vorschriften deS ge­

meinen Reichsrechtes,288

primär

der

Ortsgebrauch, eventuell das gemeine Reichsrecht;288

nur

für die

gilt

für

Funktionen der

Rechtsanwälte

freiwilligen

Gerichtsbarkeit

primär der Tarif vom 1. Juli 1872, eventuell der dem

preuß. G. v. 24. Okt. 1865 beigegebene Tarif.

2. Die Konsuln sind prinzipiell verpflichtet, mäßigen

Gebühren zu erheben;288

erheben dieselben

für sich,

Reichskafle; insbesondere

die

fallen

die tarif­

die Wahlkonsuln er-

Berufskonsuln alle von den

für

die

Konsular­

richtern erhobenen Gebühren in die Reichskafle, ebenso die

Gerichtsvollziehergebühren, wenn besoldete Konsulatsbeamte als

Gerichtsvollzieher

sind,

bestellt

ebenso

die

Geld­

strafen ;288 dm Konsularagmtm könnm die Gebührm für die von ihnm vollzogmm Funktionen belaflen werden;287 für die Aufnahme von bloßen Anträgm sollen Gebührm

nicht

erhoben

werdm;

für Verhandlungm,

dem Willm der Parteim

vor dem Abschluß

welche

nach

abgebrochm

werdm, ist die Hälfte des tarifmäßigen Satzes zu erhebm,

für Aufnahme in

Sprachen das Doppelte.288

mehrerm

Ist für dm Ansatz der Gebührm der Wert des Gegenstandes maßgebmd, so bildet das Kapital mit dm etwa

rückständigm Zinsm die Ansatzsumme; falls eine Schätzung

in Geld nicht möglich, die Summe von 1500 Mark.288 Barauslagm sind gesondert zu erstatten,

dm Wahlkonsuln

auch ortsüblich zu verzinsm.290 — A. o. 284 888 888

KonsGG. §. 44, 10. Sept. 1879. KonsGG. §. 42. KonsGebG. §. 1. KonsGG. §. 46.

887 * 888 Äons®. §§. 8 Abs. 4, 10 Abs. 1, 11 Abs. 3. 888 KonsGebG. §§. 4-6. ! 889 KonsGebG. §. 3. . 890 KonsGebG. §. 7.

dazu;

DaS Konfularrecht.

515

§. 36.

8. Bei nachgewiesener Bedürftigkeit der Parteien müssen gewisse Gebührensätze nach Maßgabe des Gesetzes werben;291

in anderen Fällen

können

erlassen

die Konsuln unter

der gleichen Voraussetzung die Gebühren erlassen; die Wahl­

konsuln können überdies jederzeit

auf alle Gebühren ver­

zichten, falls sie nicht Erstattung ihrer Dienstausgaben aus der Reichskaffe beanspruchen.292

4. Beschwerden in Gebührensachen entscheidet das Aus­

wärtige Amt.292 5. Über die erhobenen Gebühren genau Buch führen und

müssen die Konsuln

die Berufskonsuln

die Wahlkonsuln jährlich dem Auswärtigen

vierteljährlich,

Amt Bericht

erstatten.292

*•* Äons GebG.Z.2, dazu PaßG. S. oben S. 461. §. 8. Die bett. Tanfpositionen ÄonsGeb®. §. 9. find 2, 7, 8, 15 , 20 22, 27, 994 A. D. I. ,. Äons®. §. 8. 31, 34. König §. 80.

Elster »ach.

Das NrtchsmUttarrecht? 8 37.

Eruudkage».'

3>ie

L

Da» positive Lechksmaterial.

Berfassungsrecht.

1.

gehört

marine"

„das

Nach RV. Art. 4. Z. 14

Militärwesen des Reichs

und

die Kriegs­

zu den Materien der Beaufsichtigung seitens deS

Reichs und der Gesetzgebung

desselbm.

Der XI.

Ab­

schnitt der Verfaflung beschäftigt sich sodann speziell mit

dem

..Reichskriegswesen"

in

den

Artikeln 57

bis

68.

Diesem Abschnitt ist eine „Schlußbestimmung" angefügt,

welche sich auf Bayern und Wütttemberg bezieht und für ersteres Bundesglied die Bestimmungen im Versailler Ver­

trag v. 23. Nov. 1870 unter III. §. 5, für letzteres die

Militärkonvention v. 25. Nov. 1870 zum integrierenden 1 Das Reichsmilitärrecht hat rme ausgezeichnete Bearbeitung gefunden durch Laband StR. II, 480 ff.; daneben Seydel in Hirths Annalen 1874 1035 ff., 1875 ioiv _53_ff. uu n.,, 1081 lvoa ff. n-,,1393 itfw ff. i|. und G. Meyer BerwR. II, 2, 30 ff., s. ferner die Abhandlungen

| von Blankenburg und Thu­ I dichum bei v. Holtzendorff Jahrb. I, 379 ff., II, 87 ff.; ferner Thudichum BerfR. d«S Nordd. Bundes S. 368—491. * Äaband II, 480 ff.; Sey» del beiHirth Ann. 1875,1393ff.

Die prinzipiellen Grundlagen.

517

§. 37.

Bestandteil der Verfassung erhebt;" diese die Verfassung

ergänzenden Bestimmungen sind publiziert im BGB. 1870, 658 (Württemberg) und BGB. 1871, 9 (Bayern). tiefgreifende Abänderung

durch das

G. v. 11.

hat erfahren Art.

Febr.

Eine

59 d. RB.

1888 (RGB. 11) und be­

sonders durch das — bis 31. März 1899 gültige — G. v. 3. Aug. 1893 (RGB. 233), das jedoch ausdrücklich ohne

Abänderung des Verfassungsartikels erlassen wurde, transitorischen

nur

Charakter

trägt

(Problem

jährigen Dienstzeit bei dm Fußtruppm).

somit zwei­

der

Auf die Krieg­

marine beziehm sich Art. 53 u. 55 der Reichsoerfassung. Verfaffungsbestimmungen,

welche

auf

das

Militärwesm

Bezug habm, findm sich außerdem noch in Art. 8. Abs. 8 (Bundesratsausschuß für Landheer und Festungm, sowie für „Seewesen", d. i. die Kriegsmarine), Art. 11 (Kriegs­

erklärung), Art. 41 u. 47 (Wahrnehmung der militärischen Jntereffm im Eismbahnwesm), Art. 71

und Schlußbest,

zu Abschn. XU (Militäretat). Die Grundzüge des deutschm Militärrechtes, wie sie die Verfassung normiert, faffmde

habm inzwischm durch eine um-

Spezialgesetzgebung

eine

sorgfältige

spezialisierte Durchführung empfangen.

und

höchst

Wie das dmtsche

Heer in seiner gegenwärtigm Gestalt aus dem prmßischm,

so ist auch schm

das dmtsche

hervorgewachsm.

Militärrecht In

allen

aus

dem

prmßi­

Reformentwürfen

der

deutschm Bundesverfassung und nicht minder in der Sehn­ sucht der Nation

spielte das geeinte deutsche Heer zum

mindestm eine ebmso

bedmtmde Rolle als das geeinte

I teinbergischen Militärkonvention 1 L X. bezüglich der würt-1 Hänel Stud. I, 115 f.

Buch XL

518

deutsche Parlament.

Das Reichsmilitärrecht.

Wenn von den meisten Schriftstellern

die Einheit des Heerwesens Bundesstaates

wird, so ist das grundlos:

wesen

im

Bundesstaat

Zentralgewalt

als begriffliches Merkmal des

im Gegensatz zum Staatenbund

wie

behauptet

begrifflich gehört das Militär­

ebensowenig

beispielsweise

Der Begriff des Bundesstaates

zur

das

Kompetenz

der

Unterrichtswesen.4

läßt sich unmöglich aus

einzelnen Momenten gewinnen, sondern nur aus dem prin-

zipiellen Moment der Souveränetät (s. darüber oben Bd. I. Allerdings aber war in Deutschland das patrio­

§. 4). tische

Sehnen und Strebm

der Nation

auf Herstellung

eines Bundesstaates immer eng verbunden mit dem Strebm nach

einem

geeinten deutschen Heere;

ein Hauptmommt

der Einheitssehnsucht lag gerade darin, daß die dmtschen Staaten in ihrer Zerriffmheit von den Mächtm des Aus­ landes mißachtet, ja verhöhnt wurdm;

mittelbar der Wunsch,

diesem

daraus folgte un­

traurigen

Zustande durch

Organisation einer imposanten gesamtdeutschm Heeresmacht ein Ende zu bereitm.

So kam es, daß das Heerwesm bei

dm bundesstaatlichen Plänen stets in allererster Linie stand. Prinzipiell aber könnte sehr wohl ein Bundesstaat gedacht werden,

in welchem das Militärwesm der Autonomie der

Einzelstaaten überlaffm wäre. Die feste Basis für die Organisation der preußischm Armee war

durch die Gesetzgebung aus dem Anfang der

4 A. A. Laband II, 481: »Alle Schriftsteller überdasWesen und die Einrichtungen des Bun­ desstaates waren von jeher dar­ über einig, daß, so wie die völ­ kerrechtliche Vertretung und die

Wahrnehmung der internatio­ nalen Interessen, so auch die Ordnung des Heerwesens und der Oberbefehl über die bewaff­ nete Macht zur Kompetenz der Bundesgewalt gehöre."

Die prinzipiellen Grundlagen.

sechziger

Jahre,

die

§. 37.

519

eigensten Initiative Kaiser

der

Wilhelms des Großen entsprungen

ist,

mit der Volksvertretung geschaffen wordm.

im Konflikt

Im Jahr 1866

hatte die Volksvertretung hiesür formell „Indemnität" erteüt, materiell Indemnität für sich erbeten. —

2.

Gesetzesrecht.

deutschen Bundes

ein

Verfaffung

welcher

Nach

des Nord­

Aufrichtung

bezw. Deutschen Reiches wurde in die

Artikel

vorschreibt:

(RB.

Art.

61)5

„nach Publikation

ausgenommen,

dieser Verfaffung

ist in dem ganzm Reiche die gesamte preußische Militär­ gesetzgebung

ungesäumt

einzuführen,

sowohl

die

Gesetze

selbst als die zu ihrer Ausführung, Erläuterung oder Er­

gänzung

erlassenen Reglements,

Instruktionen

Re-

und

skripte"; positiv ausgenommen wird nur die Militärkirchen­ ordnung.

Ferner ist gesagt:

„nach gleichmäßiger Durch­

führung der Kriegsorganisation des deutschen Heeres wird

ein umfassendes Reichsmilitärgesetz"

ergehen.

Demgemäss

wurde das gesamte preußische Militärrecht provisorisch für

das Reich in Kraft gefetzt,

teilweise in einer staatsrechtlich

sehr bedenklichen Form.

„Man hatte in Preußen eine mustergültige, im Frieden und Krieg

bewährte Organisation,

eine

bis

ins

feinste

Detail ausgebildete und durch eine langjährige und reiche

Praxis erprobte Armeeverwaltung und eine in dem Rechts­ bewußtsein und in den LebenSverhältniffen des Volkes sowie in

dm Traditionm der gesamten Staatsverwaltung

fest

wurzelnde Militärrechtsordnung" (Laband II, 490). • Bgl. hiezu Laband II, Sepdel bei Hirth Ann. 1875, 490 ff., 21 ff.; Thudichum bei 1405. v. Holtzendorsf Jahrb. II, 90;

Buch XL

520 Noch

Offensiv-

Da« NeichsmÜitorrecht.

vor Aufrichtung

und

des Reiches

Defensivallianz

Preußens

war

mit

durch dm

die

füb»

deutschen Staaten und die hessische Militärkonvmtion vom 7. April 1867

thatsächlich die volle militärisch« Einheit

Dmtschlands hergestellt. Die Ausdehnung der prmßischm Militärgesetzgebung auf sämtliche ©todten des Reiches erfolgte für Südhefsm durch

die Militärkonvention vom 7. April 1867, für Stoben und Württemberg durch die Versailler Novemberverträge von 1870

(für Württemberg mit erheblichen Modifikationm, die jedoch inzwischen mit Ausnahme der Militärstrafgerichtsordnung

durch die Reichsgesetzgebung gegmstandslos geworden sind), endlich für Elsaß-Lothringm durch G. v. 23. Januar 1872.

Auf Bayern wurde die preußische Militärgesetzgebung for­ mell nicht ausgedehnt, vielmehr die Einführung preußischer Militärgesetze durch Versailler Vertrag III

5 Z. I „freier

Verständigung" von Fall zu Fall vorbehaltm.6

Inzwischen

ist durch die vom Reich erlaffenen Militärgesetze die mate­

rielle Verschiedenheit auch des bayerischm vom Reichsmilitärrecht auf ein Minimum reduziert wordm.

Die preußische Militärgesetzgebung ist jetzt formell in der

Hauptsache beseitigt durch die Reichsmilitärgesetzgebung. Das in der Verfaffung versprochene Reichsmilitärgesetz ist am 2. Mai 1874 erlassen wordm (RGB. 45); dasselbe ruht auf der Basis desKriegsdienst gesetzes v. 9. Nov. 1867 (BGB. 131);7 dazu gehören die hochwichtigen Novellm v.

• Thudichum 90; Laband j 'In Bayern eingeführt durch G. II, 491. | v. 24. Nov. 1871 (RGB. 398).

Die prinzipiellen Grundlagen.

A. 37.

521

6. Mai 1880 (RGB. 103), v. 11. Febr. 1888 (RGB. 11), 8. Februar 1890 (RGB. 23), 3. Aug. 1893 (RGB. 233),

28. Juni 1896 (RGB. 179), 31. März 1885 (RGB. 81), 11. Mär, 1887 (RGB. 117), 27. Jan. 1890 (RGB. 7), 26. Mai 1893 (RGB. 185), das Landsturmgesetz v.

12. Febr. 1875 (RGB. 63), jetzt ersetzt durch die §§. 23 bis 34 des G. v. 11. Febr. 1888, das Kontra!lgesetz

v. 15. Febr.

1875

(RGB.

65);

weitere Gruppe

eine

bilden: das Pensionsgesetz v. 27. Juni 1871 (RGB. 275) nebst dm Novellen v. 4. April 1874 (RGB. 25), 21. April

1886 (RGB. 78), 24. März 1887 (RGB. 149), 22. Mai 1893 (RGB. 171), 14. Jan. 1894 (RGB. 107); ferner

daS G. v. 15. März 1886 (RGB. 53), betr. die Für­

sorge für Beamte undPersonen desSoldatenstandes infolge von Betriebsunfällen, die G. v.

17. Juni 1887 (RGB. 237) u. 5. März 1888 (RGB. 65)

über die

für

Fürsorge

die

Witwen

und

Waisen von Angehörigen deS Reichsheeres und

der kaiserl.

Marine;

hieher gehört auch das G. v. betr. die Unterstützung

28. Febr. 1888 (RGB. 59), von

Familien

in

den

Dienst

eingetretener

Mannschaften; das Militärstrafrecht ist kodifiziert im

Militärstrafgesetzbuch

v.

20. Juni

1872 (RGB.

174); dazu kommt das G. v. 3. Juli 1893 (RGB. 205) gegen den Verrat militärischer Geheimnisse, das

auch eine Abänderung der §§. 89, 90 des RStGB. (KriegSverrat) mthält; ferner daS G. v. 30. Mai 1892 (RGB. 667) über die Vorbereitung des Kriegszustandes in Elsaß-Lothringen;

das G. v. 28. Mai

1894

(RGB. 463) über dm Schutz der Brieftauben und

522

Buch XL

Das ReichSmilitärrecht.

den Brieftaubenverkehr im Kriege nebst BollzB. d. BR. v. 8. Nov. 1894 (CBl. 457); die Militär­ str afg er ichtsordnung fehlt noch; infolgedessen gilt für das Gebiet des ehem. Norddeutschen Bundes sowie für Baden nach Art. 61 die preuß. MilStGO. v. 8. April 1845, ferner eine bayrische und eine württembergische für die betreffenden Kontingente. Auf sachliche Leistungen für militärische Zwecke beziehen sich das Kriegsleistungs­ gesetz v. 13. Juni 1873 (RGB. 129), ferner in Friedens­ zeiten das Quartierleistungsgesetz v. 25. Juni 1868 (BGB. 523),8 das Naturalleistungsgesetz v. 13.Febr. 1875 (RGB. 52) nebst Novelle zu beidm v. 21. Juni 1887 (RGB. 245) und dem G. v. 28. Mai 1887 (RGB. 159), betr. den Servistarif; endlich hinsichtlich der Festungen in Krieg und Frieden das Festungsrayon­ gesetz v. 21. Dez. 1871 (RGB. 459) und das G. v. 19. Juni 1883 (RGB. 105) über die Reichskriegs­ häfen. 3. Berordnungsrecht. Neben dem in der Form des Gesetzes bezw. der Verfassung ergangenen Militärrecht steht das in die Form der Verordnung gekleidete Recht; die durch RB. Art. 61 angeordnete allgemeine Einführung des preußischen Militärrechtes bezog sich auch auf die ganze Verordnungssphäre;9 inzwischen sind zu dm oben 8 In Bayern speziell einge­ führt durch G. v. 9. Februar 1875 (RGB. 41). 9 Der wissenschaftliche Streit um das Berordnungsrecht des Art. 61 — Laband II, 497f. — ist nunmehr gegenstandslos.

Aber auch Art. 63 Abs. 5 ist durch die Konventionen und die thatsächliche Entwickelung be­ deutungslos geworden, da die über »Administration, Ver­ pflegung, Bewaffnung und Ausrüftung* ergehenden „Anord-

Die prinzipiellen Grundlagen.

§♦ Z7.

523

genannten Gesetzen viele, teils im Gesetz-, teils im Zentralblatt, teils nungen

auch

anderwärts

ergangen.

Für diese

publizierte Vollzugsverord­

Sphäre

des

Militärrechtes

gellen folgende Sätze:

a)

Eine aus inneren sachlichen Gesichtspunkten sich er­

gebende Grenze zwischen dem Gebiet der Gesetzgebung und dem der Verordnung

ist

für

das Militärrecht

speziell so

wenig zu gewinnen, wie überhaupt.10 b)

Eine positive Abgrenzung zwischen den beiden Gebieten

enthalt die Verfassung nicht;

was durch Gesetz, was durch

Verordnung zu regeln, ist somit auch auf diesem Gebiet prin­ zipiell nur Sache der Gesetzgebungspolitik. c)

Die Materien, welche direkt in der Verfassung nor­

miert sind, können weiterhin auch nur in dieser Form geordnet werden; ebenso kann, was auf dem Wege des Gesetzes fixiert

ist, nur auf dem gleichen Wege abgeändert werden.

d)

Subjekt des Verordnungsrechtes

wie überhaupt der Bundesrat;n

nungen für die preußische Armee" alle Kontingente ergreifen, ohne daß deren Mitteilung durch den Militärausschuß des Bundes­ rates »zur Nachachtung" an die .Kommandeure der übrigen Kontingente" erfolgt; die Kon­ tingente haben nach dem gelten­ den Recht überhaupt keine Kom­ mandeure. Nur für Württem­ berg und Sachsen besteht ein auf den Militärkonventionen beruhendes Sonderrecht, s. La­ tz and II, 500», 501 d. »• Bgl. Seydel 1405 ff.; Thudichum bei Holtzendorff

ist prinzipiell hier

für ihn

spricht mangels

Jahrb. 1873 93 f.; diese Schrift­ steller versuchen eine sichere Um­ grenzung der Verordnungssphäre durch Aufzählung der auf dem Wege des Gesetzes geregelten Materien zu gewinnen. Bgl. Laband Ü, 493 ff.; Arndt VerordnR. 134 ff., oben Bd. I, S. 401. 11 A. A. Thudichum bei v. Holtzendorff Jahrb. II, 91, der den Kaiser als Subjekt deS Militärverordnungsrechtes be­ zeichnet, vgl. dagegen Laband II, 495 f.

Buch XI. Da« Reichsmilitirrecht.

524

besonderer Bestimmungen die Präsumtion; dies Verordnung-recht des Bundesrates ist ein allgemeines und insbesondere

auch nicht davon über die Materie

abhängig,

daß

vorhanden

bereits

fei,

ein

Reichsgesetz

dessen Vollzug

zu

die

In vielen Militärgesetzen

Verordnung zu dienen habe."

ist jedoch das Recht, die Vollzugsverordnungen zum Gesetz zu geben, dem Kaiser bezw. König von Bayern delegiert;18 ***********

für

Marine

die

wird

generell angenommen

dies

und

kaiserliche

Derordnungsrecht

aus RD. Art. 53

Abs. 1

ab­

geleitet. 14

Hinsichtlich des militärischen Verordnungsrechtes be­

e)

steht eine besondere Schwierigkeit

in

der Feststellung des

Rechtsverhältniffes zwischen Verordnungsgewalt

faffung

und Ober­

Den militärischen Oberbefehl überträgt die Ver-

befehl. 15

Art. 63 Abs. 1

dem Kaiser.

Die Grenze aber

zwischen Oberbefehl und Verordnungsrecht läßt sich

auf Grund sachlicher Erwägungen ziehen, noch durch

das

positive

Recht

gezogen."

** 9L A. Laband II, 495 f. auf Grund seiner abweichenden: prinzipiellen Konstruktion deS dem Bundesrat verfassungs­ mäßig zustehenden Verordnungs­ rechtes; s. hierzu oben Bd. I, 485 ff. Zu den Pensionsgesetzen hat der BR. die Verordnungen erlassen, zu den Kriegsleistungs­ gesetzen der Kaiser mit Zustim­ mung des BR. 18 Z. B. QuartierleistG. v. 25. Juni 1868 (BGB. 523) 5. 20, für Bayern G. v. 9. Febr. 875 (RGB. 41) §. 3. Nat.L.G. v. 13. Febr. 1875 (RGB. 52)

weder

ist dieselbe

Kompetenzkonflikte

§. 18 u. a. m. (Laband II, 496 4). 14 Laband II, 496; Arndt BerR. 122. 1R Vgl. die eingehende Ana­ lyse, welche Thu dich um bei v. Holtzendorff Jahrb. II, 92 ff. giebt. 16 Laband II, 511 ff: „Der Bereich des Armeebefehls läßt sich begrifflich nicht von dem der Armeeverordnung scharf ab­ grenzen." Die ausgezeichneten Bemerkungen über den „Ver­ waltungsbefehl", welche sich in der 1. Äufl. III, 35 fanden, hat

g. 37«

Die prinzipiellen Grundlagen, nach der angegebenen möglich;

praktisch

Richtung

ist

demnach

find

Gefahr

dieser

jedoch

525 wohl

sehr

die

Spitze

dadurch abgebrochen, daß einmal durch die meisten Spezial­

auch

gesetze dem Kaiser

das Berordnungsrecht übertragen

ist, und zweitens im Zweifelsfalle nach der ganzen Orga­

nisation unserer Militärverfaffung

präsumieren bedürfen

sein

gemäß

Reichskanzlers,

RB. die

für den Oberbefehl zu

Militärverordnungen des Kaiser-

wird.

Art.

17

der

Anordnungen

Gegenzeichnung

des

kaiserlichen

des

Ober­

befehles dagegen nicht.17

4.

Die Konventionen."

Endlich

in Betracht die sog. Militarkonventionen.

solche;

das

Rechtsverhältnis

derselben

kommen

noch

Ls existieren 18 ist

teilweise

sehr

schwierig und zweifelhaft.

Labqnd jetzt gestrichen. Die Scheidung zwischen Befehl und Verordnung bei G. Meyer VerwR. 11, 35 (.unmittelbare militärische Aktion") ist auch nicht genügend. Vgl. auch Brockhaus 82 und Hecker in Stengel- Wörterb. I, 63; auch Hecker gewinnt kein sicheres Resultat. i’ S. oben Bd. I, S. 254ff.; Laband H, 511. Auf die Unterscheidung -wischen Regie­ rungsgewalt und Kommando­ gewalt läßt sich dieser rechtliche Unterschied aber nicht begründen, denn die Kommandogewalt ist unzweifelhaft auch Regierung-gewalt. A. A. Hecker in Stengels Wörterb. I, 63, dem Laband a. a. O. zustimmt. *• Seydel 1403 ff., dessen

prinzipielle Gesichtspunkte aber nicht zutreffen; Hänel Stud. I, 115 ff.; Laband II, 486 ff., 502 ff., daS Verzeichnis der in Kraft stehenden Konventionen ebenda 509 f.; G. Meyer H, 43 ff.; Brockhaus 166 ff. Die Konventionen finden sich in vollem Text in den Drucksachen des Reichstag- 1867 Nr. 21, 1872 Nr. 189, 1873 Nr. 18, 1874 Nr. 33 sowie in .Die Militärgesetze des deutschen Reiche-" Bd. I, 55-193. Über die unklare und verwirrte Ter­ minologie für den einen Kon­ trahenten (»König von Preußen", »preuß. Regierung", „König v. Preußen al- Bunde-feldherrn", .deutschen Kaiser und König v. Preußen") s. Laband DE, 522f. Es kann sich überall nur um

Buch XL

526 a)

Das Reichsmilitärrecht.

Die Militärkonvention zwischen dem Norddeutschen

Bund und Bayern, welche in den Versailler Verträgen

v.

23. Nov. 1870

unter

III §. 5 enthalten ist,

bietet

keine Schwierigkeit: sie ist durch die Schlußbestimmung zu

Abschn. XI. der RV., wozu ergänzend die Schlußbestimmung zu Abschn. XII tritt, unzweifelhaft Bestandteil des deutschen Berfaffungsrechtes geworden. b) Ganz das gleiche Rechtsverhältnis besteht aus genau

den gleichen Gründen hinsichtlich der württembergischen Militärkonventton19 (abgesehen nur von der Schlußbest. zu

Abschn. XU);

ergänzt wurde die Konvention durch

die

Spezialabkunst v. 2.18. Sept. 1893 auf Grund des RG. v. 3. Aug. 1893 (RGB. 235) Art. V. c) Über die Verhältnisse der teils auf bayrischem, teils

auf württembergischem Gebiete belegenm Festung U l m wurde unterm 16. Juni 1874 ein Vertrag zwischen Preußen, Bayern

und Württemberg abgeschloffen.20 Daß die betreffende Materie

auf dem Wege der Reichsgesetzgebung hätte erledigt werden

können, ist unzweifelhaft, und daß dies der staatsrechttich korrekte Weg gewesen wäre, nicht minder.

des Vertrages wird jedoch ttotz

Die Rechtskraft

der in der VettragSform

liegenden Jnkorrettheit nicht zu beanstanden sein. d) Sehr schwierig ist die Feststellung des Verhältniffes

den König v. Preußen handeln. G. Meyer und Hänel begrün­ den die Rechtsgültigkeit der Konventionen auf den Vorbe­ halt in RB. Art. 66; mit Recht wird dies von La band II, 502 und Brockhaus 170 ff. abgelehnt, da jener Vorbehalt

sich nur auf daS Offizierser­ nennungsrecht bezieht. 19 A. A. Hänel a. a. O. 115 ff. Vgl. hiezu auch oben S. 517». Richtig Laband H, 508; Brockhaus 166. 10 Text bei v. Walther I, 15 ff.

Die prinzipiellen Grundlagen.

der

sächsischen

Militärkonvenlion.21

527

§. 37.

Dieselbe datiert

vom 7. Februar 1867, also aus der Zeit vor Errichtung deS Norddeutschen Bundes, und ist abgeschlossen zwischen Preußen

und Sachsen;

Militärwesen

ihr Inhalt aber bezieht sich gerade auf daS des

aufzurichtenden

Bundesstaates;

sie

ist

geradezu mit dem König von Preußen als „Bundesfeldherrn" abgeschloffen,

existierte.

obwohl ein solcher rechtlich noch nicht

Die sächsische Militärkonvention wollte unzweifel­

haft die rechtliche Stellung Sachsens im Militärwesen des

Bundesstaates normieren.

Das Militärwesen des Bundes­

staates wurde weiterhin im XI. Abschnitt der Verfassung geregelt, ohne daß des auf Sachsm bezüglichen Vertrageund seiner Sonderbestimmungen gedacht wäre, weder durch

formelle Bezugnahme noch durch materielle Aufnahme jener

Bestimmungen.

Demgemäß müßte gefolgert werden: Der

völkerrechtliche Vertrag

v.

7. Februar

ersetzt durch die Verfaffung.

ist erloschen

und

Diese Folgemng aber wird

widerlegt durch die fortgesetzte Anwendung der Konvmtion:

thatsächlich war und ist die sächsische Konvmtion ebmso gut in Kraft wie die württeinbergische.

Formell aber mtbehrt

sie der verfaffungsrnäßigm Rechtskraft und prinzipiell der Rechtskraft überhaupt, da die in derselbm behandeltm Ma­ terien nach Aufrichtung des Bundesstaates in die Sphäre

der Bundesgesetzgebung fielm.

Im Hinblick aber auf die

Absicht der Kontrahmtm, über welche ein Zweifel nicht be-

stehm kann, wird die sächsische Militärkonvmtion, soweit sie

sich im Rahmen der kaiserlichm Dispositionsfreiheit bewegt, zwar

nicht die Rechtskraft

m Laband II, 507 ff.

eines Vertrage- beanspruchen

Luch XL

528

Da» Reichsmilitiirrecht.

können,88 wohl aber als ein feierliches Versprechen des Königvon

Preußen,

in

seiner

Eigenschaft

als Bundesfeldherr

Sachsen gegenüber sich in gewiffer Weise zu verhalten, ihre feierliche moralische Bedeutung haben.

e) Außerdem bestehen noch Konventionen mit Baden,

Hessen, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-

Strelitz,

und

Oldenburg,

Braunschweig,

eine Gesamtkonvention für die 7

Anhalt

thüringischen

Staaten (Großherzogtum Sachsen, die drei sächsischm Herzog­

tümer Coburg-Gotha, Meiningen, Altenburg, beide Reust

und Schwarzburg-Rudolstadt). f) Einen besonderen Charakter tragen die Militärkonven-

tionm zwischen Preußen einerseits und folgenden deutschen

Kleinstaatm

andererseits:

Schwarzburg-Sonders­

hausen, Waldeck, Lippe,

Schaumburg-Lippe,

Lübeck, Bremen, Hamburg. Die „Kontingente" dieser

Staaten find vollkommen in das preußische übernommen; „diese Staaten gelten in militärischer Hinsicht als Preußen

einverleibt".88 Die badische Konvention bildet einen Teil der November­ verträge von 1870; die übrigen sind sämtlich teils vor,

teils unmittelbar nach Errichtung des Norddeutschen Bundes abgeschlofim und

nach Aufrichtung des Reiches «neuert

roorbeit;84 nur die braunschweigische Konvention ist auS spät«« Zeit.

81 Übereinstimmend HSnel “ Laband II, 487. Stud. I, 247 ff., StR. 492»; Meyer 515* und Thudichum 24 Genaue Angaben der Daten BersR. Hl; a. A. derselbe bei Laband a. a. O. bei v. Holtzendorff Jahrb. 1,24.

Die prinzipiellen Grundlagen.

§. 37.

529

Der Inhalt der Konventionen besteht durchweg in Mo­ difikationen der Verfassung, und mit Recht bemerkt demnach Lab and (II, 481): „Die Reichsverfassung enthält gleichsam

ein Jdealrecht, welches nirgends verwirklicht ist, das vielmehr

nur die Normallinie bildet, um welche sich die thatsächlich in

Geltung stehenden Regeln in mancherlei Windungm ziehen." Der Inhalt der Konventionen läßt sich ganz allgemein

durch zwei Sätze charakterisieren: 1. Die Einzelstaaten verzichten zu Gunst en Preußens auf militärische Rechte, welche ihnen durch die Verfassung be­

lassen sind; 2. der König von Preußen ver­ pflichtet sich dagegen, die ihm durch die Ver­

fassung übertragenen Funktionen des Ober­ feldherrn gegenüber dem betreffenden Staate

in bestimmter, modifizierter Weise auszuüben. Bei den Konventionm aus d. I. 1867 handelte es sich noch

3. um die Adaptierung der preußischen Militär­ gesetzgebung — Art. 61 der Verfassung — für

die Einzelstaaten.

Dieser Gesichtspunkt ist jetzt bedeu­

tungslos geworden, nachdem die preußische Militärgesetz­ gebung in der Hauptsache durch Reichsgesetze beseitigt ist.

Diejenigen Bestimmungen der Verfassung, welche unter den erstgenannten Gesichtspunkt fallen, geben staatsrechtlich zu keinen Bedenkm Anlaß:

es hindert auch im Bundesstaate

nichts, daß ein Einzelstaat auf Rechte, die verfassungsmäßig

dm Einzelstaatm zu Autonomie oder Selbstverwaltung überlaffm sind, zu Gunstm eines anderm Einzelstaates verzichte,"

* Laband DE, 503 ebenso.jwesentliche Inhalt und der „DieS ist in der That der. überwiegende Schwerpunkt sämt-

Zorn, Staatsrecht II. 2. Sufi.

84

530

«uch XL

Da- Neichsmilitärrecht.

wenn nur die staatliche Individualität dadurch nicht alteriert wird; doch müßte allerdings eine Genehmigung derartiger Verträge durch die Zentralgewalt als staatsrechtlich notwendig behauptet werden, wenn es sich um Materien der einzel­ staatlichen Selbstverwaltung handelt; denn indem das Reich die Selbstverwaltung dem Staat A überließ, hat es den Staat A und nicht den Staat B damit beauftragt; der Übergang dieser Verwaltung auf den Staat B ist demnach

eine Sache, die auch das Reich angeht. Demnach ist bei den Militärkonventionen staatsrechtlich eine Genehmigung der Zentralgewalt erforderlich; dieselbe wurde jedoch nirgends eingeholt.86 Was andrerseits die Gegenleistungen angeht, zu welchen sich der König von Preußen als Bundesfeldherr verpflichtete, so tonnen dieselben staatsrechtlich nicht als V e r t r a g, sondern nur als feierliches Versprechen qualifiziert werden: es handelt fich hier um verfasiungsmäßige Pflichten bezw. Rechte des Bundesfeldherrn, die vertragsmäßig zu modifizieren dem König von Preußen unter keiner Bedingung gestattet sein konnte; wohl aber konnte derselbe versprechen, im Rahmm der durch die Verfassung ihm gelassenen Freiheit in gewisser licher von den Bundesstaaten abgeschlossener Militärkonven­ tionen." **A. A. La band 11,504^. Was Lab and hier anführt, ist durch­ aus zutreffend, und die Sache hat bis jetzt zu keinerlei Schwierigkeiten Anlaß gegeben. Aber die Konsequenzen des Satzes, daß jeder Einzelstaat ohne Interven­

tion des Reiches einem anderen Einzelstaate die Ausübung seiner Staatshoheitsrechte übertragne könnte, sind so exorbitante, daß gleichwohl der im Text aufgestellte Rechtsgrundsatz festgehalten werden muß. Über das in mehreren Konventionen vorbe­ haltene „einseitige* Kündigungs­ recht s. Laband II, 506 Nr.4.

Di« prinzipiellen Grundlagen,

§. 37.

531

Weise handeln zu wollen. Ein solches Versprechen hat aber immer nur einen moralischen, keinen juristischen Charakter." Die Konventionen

sind

demnach, soweit eS

sich um

Modifikationen des kaiserlichen Oberbefehles handelt, nur Versprechungen ohne juristisch bindende Kraft, soweit es sich um die Übertragung von einzelstaatlichen SelbstverwaltungSrechten auf Preußen handelt, dagegen auch rechtlich bindend;

für letztere Sphäre war demnach die Mitwirkung der Volks­

vertretung erforderlich, wmn es sich um Materien der Gesetzgebung handelte; die Reichsgesetzgebung ihrerseits kann jeder­ zeit solche Verträge durchbrechen, denn Reichsrecht bricht auch

nach dieser Richtung stets Landesrecht.M IL

Da» Lrichvhrrr.

DaS deutsche Heer, von dem die Reichsver­

fassung spricht, ist ein Reichsheer im staats­ rechtlichen Sinne des Wortes, kein Aggregat

von Landeskontingenten. Die militärische Or­ ganisation und Formation ist einheitlich; die

Militärgesetzgebung erfolgt durch das Reich; das gesamte Geldbedürfnis für das Heer wird vom Reiche bestritten, und vor allem: den Ob er­ befehl

über das Heer in Krieg und Frieden

führt der Kaiser.

sätzen

Diesen gewaltigen Grund­

gegenüber, auf

welchen

die deutsche

Heeresorganisation beruht, verschwinden die BrockhauS 166 ff., Hänel 17 Ebenso, wennauch in anderer Stud. I, 246, StR. I. 490. Formulierung, LabandII,506, " Lab and II, 504 ff.

532

Buch XL DaS ReichimilitLrrecht.

unbedeutenden Rechte der Kontingents Herrlich­ keit fast vollständig.

Es besteht also grundsätzlich für das Landheer das gleiche

Rechtsverhältnis wie für die Marine; nur ist bei letzterer die Einheit noch vollständiger durchgeführt, indem gar keine „Kontingentsherrlichkeit" vorhanden ist. Eine grundsätzliche militärische Sonderstellung

hat nur Bayern, indem die bayrischen Truppen im Frieden unter dem Oberbefehl des Königs

undnurimKriegunterdemjenigen des Kaiser-

stehen; die Mobilmachungsordre, welche rechtlich die überführung vom Friedens- in den Kriegszustand darstellt, wird

formell vom König von Bayern erlassen, jedoch muß dies geschehen, sobald der Kaiser die Mobilmachung

für daS übrige Reichsheer befohlen hat.

Im

Frieden hat der Kaiser nur das Jnspektionsrecht über die bayrischen Truppen?"

HI.

Die FriedrnsprSsrnzstSrke.

Richt nur die Militärhoheit als solche ist auf das Reich übergegangen, sondem letzteres hat auch die Hauptstücke des Militärrechtes direkt geordnet, insbesondere die feste Grund-

lage für die Organisation des Reichsheeres geschaffen. Das oberste Prinzip für die deutsche Heeresorganisation

ist der in die Verfassung aufgenommene Satz: „Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Aus” S. über alle diese Punkte,! insbesondere die große Streit-: frage des „Reichsheeres", oben: Bd. I, 189 — 211, sowie die dort angegebene Litteratur: neuestens .

Lab and 3. A. H, 511 ff., 532 ff. Laband verteidigt in dieser Frage mit Heldenmut und Scharfsinn einen verlorenen Posten.

Die prinzipiellen Grundlagen.

Übung dieser Pflicht nicht (Art. 57).

§. 37.

533

vertreten

lassen"

Dieser Grundsatz hat bereits in der Verfassung

— Art. 59 — eine Spezialisierung gefunden und ist weiterhin

durch die Reichsgesetzgebung in detailliertester und sorgfäl­ tigster Weise durchgeführt worden.

Dem Verfassungsgrundsatz des Art. 57 schließt sich die Bestimmung des

Art. 60 über den Präsenz st and an.

Nach dem alleg. Artikel wurde der Präsenzstand im Frieden

zeitlich bis 31. Dez. 1871 und inhaltlich auf l°/e (401659

Mann) der Bevölkerung spätere Zeit,"

von

Friedenspräsenzstärke

gesetzgebung

1867 fixiert;80

„für die

so fährt der Artikel fort, „wird die

im

festgestellt."

Wege

der ReichS-

Demgemäß wurde durch

®. v. 9. Dez. 1871 (RGB. 411) der Inhalt des Art. 60 länglich prolongiert bis zum Ablauf des Jahres 1874,

weiterhin durch das Reichsmilitärgesetz v. 2. Mai 1874

§. 1 abermals bis Ablauf des Jahres 1881 („Septennat"). Durch die Militärgesetznovelle v. 6. Mai 1880 wurde der

Präsenzstand an Unteroffizieren und Mannschaften im Frieden vom 1. April 1881 bis zum 81. März 1888 auf 421 274 Mann, durch G. v. 11. März 1887 auf 468406, durch

v. 15. Juli 1890 auf 486 983 Mann, durch G. v. 8. Aug. 1893 endlich bis 31. März 1899 auf 479229 Mann an Gemeinen, Gefteitm

und Obergefreiten, also

ohn« Unteroffiziere (Art. I §. 1 Abs. 1), erhöht.

Zu der

hier in Betracht kommenden Gesamtpräsenz gehören nicht die

88 Seydel 1407ff.; vgl.auch v. Martitz 109 ff.; Thudichum 107 ff.; Laband II, 525ff., 556ff.; e. Treitschke

in d. Preuß. Jahrb. XXXIII, 304 ff.; B eseler ebenda 589ff.; Preuß FriedenSpräsenz und Reichsverfaffung (1887).

534

Buch XL

Das Reichsmilitärrecht.

Einjahrig-Freiwilligen, Unteroffiziere, Offiziere, Ärzte, Militärbeamten, sowie selbstverständlich die zum Dienst eingezogen«» Reservisten und Landwehrleute (KriegsdienstG. §. 6).

Die

Zahl der Offiziere und Unteroffiziere, der Ärzte und Beamten

wird durch das alljährliche Budgetgrsetz bestimmt (MilG.

§. 4 G v. 3. Aug. 1893 Art. I §. 1 Abs. 4). Gesamt Präsenz ist im Gesetz fixiert;

Nur die

für die Verteilung

derselben auf die Einzelstaaten sagt Art. 60 nur, dieselben hätten die «forderlichen Mannschaften „pro rata“ zu stellen.

Im übrigen ist die Unterverteilung dem Kaiser überlassen.

Die gesetzlich fixierte Präsenzziffer hat den rechtlichen Sinn, daß üb« dieselbe in normalen Zuständen nicht hinausgegangen

w«den darf, keineswegs ab« den and«en, daß dieselbe imm« «reicht w«den müßte; regelmäßig ist die Zahl d« bei bett Fahnen befindlichen Truppen vielmehr «heblich gering« als

die

gesetzliche

Präsenzziffer.

Die

Präsenzziffer ist

gesetzlich fixiert, und die Verfassung fordert dies absolut; niemals könnte eine dauernde

Fixierung der Gesamtpräsenz kraft kaiserlichen Oberbefehls erfolgen.

Ob d« Vorschrift d« Ver-

faflung durch ein Spezialgesetz od« etwa durch das allge­

meine Etatsgesetz

genügt wird, ist

juristisch

vollkommen

imktmnt:81 bis jetzt wurde imm« d« erstere Modus beliebt

und die spezialgesetzlich fixierte Präsenzziff« alsdann den Etatsansätzen zu Grunde gelegt. " A. A. Thudichum 109, der eine Fixierung der Präsenz durch das Etatsgesetz für un­ statthaft hält. Ebenso Preuß 71 ff., Beseler in d. Preuß. Jahrb. 33, 590ff. und Schulze

in Grünhuts Zeitschr. Übereinstimmend mit Laband II, 359 f., 1410 ff., G. Meyer §. 198».

2, 208 ff. dem Text Seyd«! Lehrbuch

Die prinzipiellen Grundlagen.

Angesichts der zeitlichen Begrenzung der

gesetzlichen

Bestimmung

erhebt

sich

535

§. 37.

die

Rechtszustand würde eintreten, wenn ein

einschlägigen welcher

Frage:

neues Gesetz nach

Ablauf der Zeitbestimmung des früheren nicht zu

käme?

stände

Kein Zweifel kann zunächst obwalten, daß dadurch

die primäre Verfassungsnorm

von der

allgemeinen Wehr­

pflicht vollkommen unberührt bliebe, ebenso

die Spezial-

bestimmungm des Art. 59, ebenso die im Militärgesetz ent« haltens und

zeitlich vollkommen

unbegrenzte Fixierung der

Cadres; fraglich wäre nur, ob mangels gesetzlicher Fixierung der Präsenz jene Derfassungsgrundsätze durchführbar wären?' Die Feststellung der Präsmz für den Fall des Nichtzustande­

kommens des erforderlichen Gesetze- dem Kaiser juristisch zu einbigieren,

geht nicht an:

weder hat der Kaiser ein

generelles oder ein speziell militärisches Notverordnungsrecht, abgeleitet werden könnte, noch

Ms dem jenes Recht

trifft

Art. 63 Abs. 4 zu, der sich vielmehr nur auf ganz aus­ nahmsweise Verhältnisse bezieht;*88 für die dauernde Fixie­

rung der FriÄenspräsmz fordert die Verfassung ohne jegliche Modifikation:

ein

Gesetz.

Kommt ein

solches

nicht

zu

stände, so fehlen für dm eingetretmm Zustand alle und jebe juristische Regeln;

eS ist alsdann im Staate ein Zu-

stand eingetretm, für dm juristische Regeln notwmdig versagen müssen. Man

hat

sich

für

diesm

M v. Llartitz 115. 88 Die Interpretation des Art. 63 Abs. 4 ist sehr bestritten: f. Laband II, 562 f., BrockhauS 47, Setzdel 1416 ff., deffm Ansicht ich für richtig

Fall

auf

RV.

Art.

62

halte; Laband bezieht dieWorte auf den Effektivbestand gegmüber dem Maximal bestand, der auf Gesetz beruhm muß; dafür be­ dürfte eS aber keiner Lersaffungsvorschrift.

Buch XL

536

DaS Reichsmilitärrecht.

berufen, welcher bestimmt, daß die in Absatz 1

Abs. 2

bestimmten Beträge werden

fortgezahlt

31.

nach dem

bis

müssen,

Dez.

die

1871

so

lange

Art.

60

inte­

in

rimistisch festgestellte Friedenspräsenzstärke durch ein Reichs­

gesetz

„abgeändert"

Es

ist.

Verfassungsbestimmung

61

geben

in

ihrem

daß

anzunehmen,

durch

jene

das Spezialgesetz v.

Die beiden ersten Absätze des

9. Dez. 1871 beseitigt ist.

Art.

ist

bereits

Zusammenhang

eine

provi­

sorische Ordnung für Beschaffung der finanziellen Mittel

für das Heer;

durch

die definitive Ordnung dieser Ver-

hältnisse find dieselben außer Kraft getreten; Absatz 2 hat zur Voraussetzung die Geltung des Absatzes 1; nach Weg< fall dieser Voraussetzung steht

auch Absatz 2

nicht mehr

in Äroft.34 Auch RD. Art. 5 Abs. 2 giebt keine Rechtsnorm für diesen

Fall; diese Bestimmung geht dahin, daß „bei Gesetzesvorschlägm über das Militärwesen"

— wenn im Bundesrat

eine Meinungsverschiedenheit stattfindet — Preußen ein ent­

scheidendes Votum hat, wenn es sich „für die Aufrechthaltung

der bestehenden Einrichtungen

ausspricht".

Ist der Zeit­

punkt, bis zu welchem ein Gesetz gilt, herangekommen, so tritt das

Gesetz

ipso jure

außer

Kraft

und

von

einer

„bestehenden Einrichtung", welche aufrecht erhalten werden 84 Die entgegengesetzte Ansicht von La band II, 564 ist unbe­ gründet. Richtig Sey del 1411: „Die Absätze 2—4 des Art. 62 haben lediglich eine vorüber­ gehende Bedeutung und verloren schon durch den Erlaß des Ge­ setzes v. 9. Dez. 1871 ihre Gül­ tigkeit." A.A. Thudichum 119;

der Kaiser habe ein „dauerndes, gegen die einzelnen Staaten ge­ richtetes Recht auf eine Einnahme von jährlich so viel mal 225 Thlr., als die Kopfzahl der Friedens­ präsenzstärke des Heeres nach dem jeweilen letzten R ei chsqesetz hierüber beträgt". Vgl. Preuß 57 ff.

§. 37.

Die prinzipiellen Grundlagen. könnte,

die Rede,

nicht mehr

ist

fassungsbestimmung

nicht

hier

folglich

537

ist jene Der«

anroenbbar.85

Wenn

die

Friedenspräsenz bis 31. Dez. 1881 gesetzlich fixiert ist, so

ist fie bis dahin, aber auch nur bis dahin, eine „bestehende Einrichtung".

April

1880

Wird

im

November

im

1881

oder

gar

im

Bundesrat über einen auf Abänderung

gerichteten Gesetzentwurf

abgestimmt,

so ist derselbe abge­

lehnt, wenn Preußen dagegen stimmt; insoweit kommt un­

zweifelhaft Art. 5 Abs. 2 zur Geltung.

Nach Ablauf deS

31. Dez. 1881 aber hört nichtsdestoweniger jene Friedens­ präsenz kraft des Gesetzes ipso jure auf, „bestehende Ein­ richtung" zu sein, und Preußen hat juristisch gar keine Mög­ lichkeit, dies zu hindern.

so

Ist

kein neues Gesetz gegeben,

stehen wir einfach einem Vacuum gegenüber, das nw-

mentan auf Grund von Art. 63 Abs. 4 ausgefüllt werden darf, nicht aber dauernd.

Die große Mühe, welche hochbedeutende Schriftsteller

deS Staatsrechtes aufgewendet haben, diesen Zustand eine­ partiellen Konfliktes — und

genau ebenso liegt die Sache

allgemeinen, durch Budgetverweigerung hervor­

bei einem

gerufenen Konflikte — durch juristische Regeln

zu

wollen, ist verlorene Liebesmüh.

hier,

entscheiden

Das Recht versagt

wo eine verschiedme Auffaffung der dem Staate ge-

schuldeten

Gewissenspflicht auf

feiten

der Regiemng und

der Volksvertretung zu akuten Konflikten geführt hat; find

alle

Mittel

gütlicher

Einigung

versucht,

so

bleibt

es

lediglich eine Machtftage, welcher der beiden Faktoren seiner

** MichtigXiedell42;Preuß d i ch u m bei Holtzendorff II, HO; 92; d. Saviany im Archiv f. Seydell413; Labandll,S61; »ff. «echt III, 239; A. A. Thu- Reyrr 518".

Buch XI.

588

DaS Reich-militär recht.

Anschauung zum Siege zu verhelfen vermag.

Das Urteil

sprechen in solchem Falle nicht Gericht und Behörden nach sondern die Gesetze der Weltgeschichte.

juristischen Regeln,

der

Staatsmann,

Der

dem

solcher

in

Staatsoberhaupt

Konfliktszeit zu dimm Bedmkm trägt, mag feinen Posten

aufgeben, falls sein Gewissen auf demselbm aus,

ihn dazu treibt;

so wird er

harrt er

in unsicheren juristischen

Regeln kaum eine brauchbare Stütze findm und aus dmselben kaum das Gefühl der Sicherheit mtnehmm können. —

Ausnahmsweise kann der Kaiser dm normalm Stand der Friedmspräsmz erhöhen auf Grund von RB. Art. 63 Nach dem Wortlaut dieses Artikels wäre man

Abs. 4.

geneigt, anzunehmen, derselbe beziehe sich im Gegmsatz zu der Gesamtpräsmz nur auf dm Präsmzstand der Kontingmte.

Diese Annahme wird durch die Reichstagsverhand­

lungen widerlegt: Art. 63 Abs. 4 bezieht sich danach un­

ebmso

zweifelhaft

wie Art. 60 auf die Gesamtpräsmz.

Muß dies angenommen werden,

so enthält der Wortlaut

der Verfassung eine Antinomie: Art. 60 will dm Präsenz­ stand auf dem Wege des

Gesetzes, Art. 60 Abs. 4 auf

dem des kaiserlichm Oberbefehles fixiert missen. sung

des

Widerspruchs wird Feststellung

dauernde

durch

Gesetz

erfolgen

der (Art.

dahin

gehen

Gesamtpräsenz 60);

Die Lö­

müssen:

darf

die

nur

ausnahmsweise

aber darf der Kaiser ohne Gesetz einerseits, ohne Kriegs­

erklärung andererseits über die gesetzliche Friedenspräsmzziffer

hinausgehm,

eintretm.

Daß

wenn z. B. bedrohliche

Verhältnisse

ein solcher AusnahmSfall auch vorläge,

wenn kein Gesetz über die Friedmspräsmz zu stände käme,

ist unzweifelhaft;

das durch

Art. 63 Abs. 4 statuierte

Di« prinzipiellen Grundlagen.

8« 37.

589

Recht des Kaisers käme alsdann zur praktischen Geltung;

wo die Grenze zwischen Ausnahmsfall und dauerndem Zu­ stand zu ziehen wär«,

dafür fehlt jede Möglichkeit juristi­

scher Fixierung."

Die Friedenspräsenzstärke des Gesetzes ist dadurch

evident zu halten, daß alle Einzel­

staaten alljährlich den erforderlichen Bedarf an

stellen

Ersatzmannschaften

MilGes. §. 9,

(RV.

Art.

60,

jetzt RG. v. 26. Mai 1893, RGB. 185, Das Prinzip für die Ergän­

betr. die Ersatzverteilung).

zung des Heeres

ist:

daß wöder einzelne ©todten noch

einzelne Kategorieen der Bevölkerung weder in besonderer Weise beschwert noch in besonderer Weise bevorzugt werden

dürfen (RD.

Art.

58).

Die Zahl der

Rekruten «giebt sich rechnungsmäßig aus

einzustellmde«

den gesetzlichen

Bestimmungen üb« Friedenspräsenzstärke, Wehrpflicht und Dienstzeit."

Auf Grundlage dies« Berechnung bestimmt

d« Kais« alljährlich die Gesamtzahl des Rekrutenbedarfes für He« und Marine (G. v.

Weit«hin

Ersatzbedarf

wird auf

durch die

die

26. Mai 1893 Art. II).

Kriegsministerien

Armeekorpsbezirke



und von

hi« auS weit« auf die Brigade- und Landwehrbataillons- «al. S«,del 1407 ff., des. 1418; LabandII,525ff.; Thudtchum beiHoltzendorff 103, bes. 104*; «erf3t.432-434. BrockhauS 47 bezieht die Borschrift mir auf die Kontingente. La­ bend Ü, 587 löst den Wider­

stimmend v. Savigny 217,244. Bei dieser Auslegung würd« ab« doch die gesetzlich zu bestimmende Maximalpräsenz immer not­ wendige Voraussetzung für die vom Kaiser festzustellend« Effektiv­ präsenz sein müssen; o. 8t Laspruch durch die Unterscheidung band II, 588 in herber, ab« wm Maximalpräsenz (Gesetz, ungerechter Polemik. ” S. dazu Stott Wehrpflicht Art. 60) und Effektivpräsenz (Kaiser, Art. 63 Abs. 4); zu­ I, 154 ff.

Buch XL

540

Das ReichSmilitärrecht.

die letzteren werden behufs Vornahme des

bezirke verteilt;

Ersatzgeschäftes in Aushebungsbezirke eingeteilt.

Die Ver­

teilung auf die Armeekorpsbezirke erfolgt nach dem Ver­

hältnis der

im laufenden Jahre in

diesen Bezirken vor-

handenen, zur Einstellung in den aktiven Dienst tauglichen Militärpflichtigen, ausschließlich der seemännischen Bevölke­

rung.

ein

Vermag

Armeekorpsbezirk

seinen

Ersatzbedarf

„so wird der Ausfall auf die anderen

nicht aufzubringen,

d. i.

Arme^orpsbezirke desselben Reichsmilitärkoniingents,

derselben Militärverwaltung (Preußen,

Sachsen,

Bayern,

Württemberg), nach Maßgabe der vorhandenen Überzähligen

verteilt";

auf andere Kontingente

weit gegriffen werden, die

einem

ministerien

anderen haben

kann

hiefür nur

inso­

als bei ihnen Leute eingestellt sind, Kontingent

hierüber

zugehören;

die

Analog

abzurechnen.

Kriegs­

erfolgt

durch das preußische Kriegsministerium die Verteilung des

Ersatzbedarfes für die Marine auf die völkerung

seemännische

unter eventueller Heranziehung

Militärpflichtigen

der Landbevölkerung.

von Auf

Be­

geeigneten

die Quote

des Ersatzbedarfes sind die Freiwilligen des letzten Jahres nicht anzurechnen.

Maßgabe

des

Die ausgehobene Mannschaft steht nach

militärischen

freier Verfügung,

Bedürfnisses dem

ohne daß den

Kaiser

zu

Einzelstaaten ein Ver­

fügungsrecht nach dieser Richtung zustände;

doch

erfährt

dies Prinzip durch die in den Militärkonventionen befindlichen Bestimmungen

kinder

über

die Dislokation

eine wesentliche Modifikation.88

88 RB. v. 3. Juni 1893 (CBl. 157).

der Landes­

Bayern bestimmt

Die prinzipiellen Grundlagen.

g. 37.

541

seinen Ersatzbedarf formell selbständig, materiell aber gleich­

falls nach ben oben bezeichneten Vorschriften.89 IV.

Vrr MiliiSrrlat.

Gemäß den oben festgestellten grundsätzlichen GesichtS-

punkten erfolgt die Deckung

bedarfes für bei

den

das Heer

zahllosen

Geschäften

des gesamten Geld­

durch das Reich.

DaS

der Militärverwaltung

in

Betracht kommende Rechtssubjekt ist der ReichsfiskuS, vertreten durch die Kriegsministerien.88 Nach RB. Art. 69

muß der Reichshaushaltsetat für

jedes Jahr festgestellt werden;

davon machte die ReichS-

verfasiung hinsichtlich des Militärwesens in Art. 62 eine Ausnahme, jedoch nur in provisorischer Weise: 1. Die für das Militärwesm pro Kopf der Mannschaft zu bezahlende

Summe wurde fest bestimmt;

2. diese Bestimmung war

nicht für ein Jahr, sondem für die ganze Zeit des Pro­ visoriums getroffen (Art. 62, vb. Art. 60);

3. der Aus­

gabenetat war für die betreffende Zeit dem Bundesrat und

Reichstag nur zur Kenntnisnahme und Erinnerung vor­ zulegen (Art. 71 Ms. 2). Dieser provisorische Zustand besteht derzeit nicht mehr; vielmehr wird der Militäretat nach Form und Inhalt ganz wie der Hauptetat

behandelt

und

ebenso

" Laband II, 525ff., bes. auch über die grundsätzlichen Verschiedenheiten der jetzigen Gesetzgebung von der früheren, deren wichtigste die Berteilung aus die Armeekorpsbezirke, statt auf die Einzelstaatrn, ist; 527 ff.

die

Ausgaben

ganz

über das militärische Bedürfnis und die Konventionen. 40 Ebenso G. Meyer II, 41; Brockhaus 24ff.; Hänel I, 510 ff. und das Reichsgericht, Entsch. in Zivilsachen XX, 148 ff. Vgl. Laband II, 529 ff., s. auch unten S. 542.

Luch XL

542

ebenso

Das NetchsmUitärrecht. alle übrigen

kontrolliert, wie

Ans»

gaben des Reiches (f. oben B. I §. 16). DaS Prinzip ist:

alle Militärausgaben wer­

den aus der Reichskasse bestritten; „dieKosten

und

Lasten

der

Kriegswesen-

gesamten

des

Reichs sind von allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen" (RB. Art. 58 Sing.);

damit find „Prägravationen" oder besondere Er-

leichterungen für

einzelne

Staaten

von

vornherein aus­

geschlossen, denn die Einnahmen der Reichskaffe fließen ent­

weder aus eigenen Einnahmen des Reiches oder aus den prinzipiell gleich bemessenen Matrikularbeiträgen.

Die Ver­

ausgabung der im Etat bewilligten Summen erfolgt durch

die speziellen Militärverwaltungen: 1. die preußische, 2. die württembergische,

3. die sächsische.

Der Etat wird dem­

somit den drei Militär­

nach in 3 Rubriken geführt und

verwaltungen das Ausgabeverfahrm samt den erforderlichen

Beträgen genau vorgeschrieben.

Die Kontrolle erfolgt ganz

ebenso wie für die übrigen Ausgaben des Reiches durch den

Reichsrechnungshof bezw. die von Bundesrat und Reichs­ tag dem Reichskanzler zu erteilende Entlastung; verantwortlich ist somit auch für die Durchführung des Militäretats der

Reichskanzler,

ministerien)

dem die drei Militärverwaltungen (Kriegs­

die

erforderliche Rechenschaft

abzulegen

und

von dem sie die erforderlichen Weisungen entgegenzunehmen

haben.

Dadurch

«giebt sich mit

logisch« Notwendigkeit

ein staatsrechtliches Unterordnungsverhältnis der einzelstaatlichen Kriegsministerien

analog

den eigenen Verwaltungszweigen des Reiches, welches mit

d« einzelstaatlichen Behördeneigenschaft d« Kriegsministerim

Die deutsche Heeres- und Marineorganisation.

§. 38. 543

in einem formell unausgleichbaren Widerspruch sicht, s. dazu

auch unten S. 558 f.41 42Ersparnisse fallen in die Reichs­ kaffe.4^

Bayern erhält die für sein Kontingent erforder­

gleichfalls

liche Summe

aus

der

Reichskaffe;

Ver­

die

wendung im einzelnen zu bestimmen, ist jedoch der bayrischen

Spezialgesetzgebung

laffen;

unter

bestimmten

Garantier»

über-

die Beitragspflicht Bayerns zu den Reichsmilitär­

kosten ist genau ebenso normiert, wie für die anderen Einzel-

staaten; die Rechnungskontrolle für den bayrischen Militär­

etat erfolgt nach bayrischem Staatsrecht.

VersVertr. Hl,

§. 5 Z. H. Hierher ist noch zu erwähnen, daß die Entschädigungen für die auf Gesetz bemhenden sachlichen Militärlasten aus

der Reichskaffe

bezahlt werden (ausgenommen Bayern in

Friedenszeiten).

§. 88. Aie deutsche Keeres- und Wartneorganisatio«.1

Die Streitmacht des Reiches besteht aus

der Marine, dem Landsturm.

dem Heer,

Das Heer wird einge-

teilt in das stehende Heer und die Landwehr,

die

Marine in die Flotte und die Seewehr (Kriegsdienstges.

§§. 2, 3).

„Das stehende Heer und die Flotte

41 S. auch Laband II, 530, wo dies Verhältnis scharf und richtig charakterisiert und damit der heftigen Polemik gegen Meyer und Brockhaus bei Laband II, 5396 der Boden völlig entzogen ist. Richtig auch Hänel StR. I, 515. 42 Nur bei Bayern nicht. RB. Art. 67 VersVertr. mit

Bayern Hl, §. 5. über Württemberg s. württ. MilKonv. Art. 12 Abs. 1. Die Möglich­ keit solcher Ersparniffe ist sehr beschränkt, s. dazu Laband II, 530 f., Hänel StR. I, 516«. 1 Laband II, 553ff. Seydel 1407, 1419ff. G. Meyer II, 2, 42 ff.

Buch XL DaS NeichSmititSrrecht.

544

Beide

sind beständig zum Kriegsdienste bereit.

sind die Bildungsschulen der für den Krieg"

Besondere Bestandteile

(ibid. §. 4).

der Organisation sind:

ganzen Nation

die Festungen und Kriegs*

Häfen, die Militär- und Marineverwaltung, die

Gerichtsbarkeit.

A. Aas Aeer. I.

1.

Da» stehende Heer.

Der Präsenzstand im Frieden muß, wie oben erörtert,

nach der Verfasiung auf gesetzlicher Norm beruhen.

Die

Formation dagegm könnte nach Art. 63 Abs. 4 der Kaiser von sich aus normieren; durch das Militärgesetz v. 2. Mai 1874 haben jedoch auch die Grundlagen der Formation eine

gesetzliche Basis empfangen und sind demnach

durch da­

positive Recht der Sphäre des kaiserlichen Oberbefehles ent»

Das Gesetz hat das Cadresystem zur Grundlage

zogen.

der Organisation genommen, d. i. im Frieden werden Abteilungen

nur wird. Cadres

gebildet,

Kriegsfall

im

Das

für

Gesetz

deren ferner

bestimmt

Infanterie,

Rahmen

Jäger,

als

Form

die Batterie

dieser

Pioniere,

Fußartillerie,

Train die Kompagnie und das Bataillon,

für die

(Eskadron), für die Feld-

Kavallerie die Schwadron artillerie

aber

ausgefüllt

vollständig

und

die

Abteilung.

Diese

auf Gesetz beruhende Formationseinheit zerfällt dann weiter

in

Unterabteilungen,

derm

Oberbefehl überlasten blieb.

Feststellung

dem

kaiserlichm

Die gesetzliche Zahl der Cadres

ist 624 Bataillone für Infanterie und Jäger, 465 Eska­ drons für die Kavallerie,

494 Batterieen für die Feld-

Die deutsche Heeres- und Marineorganisation,

g. 38. 545

artillerie, 37 Fußartilleriebataillone, 23 Pionier-, 21 Train­ bataillone und 7 Bataillone Eisenbahntruppen. §. 2, MilGes. Nov. Art. I §. 2,

Att. I

§. 2,

(MilGes.

G. v. 3. Aug. 1893

dazu G. v. 28. Juni 1896

[3t@8. 179],

durch welches die 173 Halbbataillone der Gesetzgebung von 1893 in 86 Ganzbataillone umgewandelt wurden).2 Daneben

bestehen noch als besondere Formationen das Lehrbataillon, die Unteroffizierschulen u. a.;

das Gesetz behält dieselben

nur vor, ohne nähere Anordnungen darüber zu geben:

sie

beruhen demnach rechtlich nur auf kaiserlicher Anordnung bezw. dem Etatsgesetz. 2.

Die Bataillone, Schwadronen, Batterien bezw. Ab­

werden durch Anordnung des Oberbefehlshabers

teilungen

in Regimenter formiert; mehrere Regimenter bilden eine

Brigade, mehrere Brigaden eine Division (MilGes. §§. 2, 3). korps:

Die höchste Friedensformation ist das Armee­

2—3 und

Pionieren

Divisionen

Train

der

mit

bilden ein

Artillerie,

nötigen

Korps.

Das

gesamte

deutsche Heer besteht aus 20 Armeekorps; 17 derselben sind fortlaufend numeriert,

dazu

kommen

die zwei besonders

numerierten bayrischen Korps und das keine Nummer führende

Gardekorps; Gardekorps

Annexen

die Korps I—X,

XIV—XVII

sowie das

werden von Preußen und deffen militärischen

gestellt;

vom

XI. Korps

8 Für diese Formationen des ReichsheereS kommen an sich die Ginzelstaaten gar nicht in Be­ ttacht. Eine Rücksicht auf »Kontingente* der Einzelstaaten be« St, konventionsaemäß und thät­ lich, nur insofern, als a)

Zorn, Staatsrecht II. 2. Aufl.

ist

die

3. Division

Bayern, Württemberg, Sachsen ganz abgeschloffene Armeekorps haben; b) Badengleichfalls, doch unter preußischer Verwaltung; c) Hessen eine selbständige Divi­ sion ; d) Oldenburgund Mecklen­ burg selbständige Brigaden.

35

546

Buch XI.

Das Reichsmilitärrecht.

speziell hessisch, das XU. Korps wird von Lachsen, das XIII. von Württemberg, das XIV. im wesentlichen von Baden gestellt.

Durch kais. K. O. v. I. Nov. 1877 wurde das deutsche Heer noch speziell in 5 Jnspektionsbezirke (I.:

10., 17. Korps;

11. Korps;

IV.:

II.:

5., 6.,

3., 4., 13.,

12. Korps; 1. und

1., 2., S.,

III.:

7., 8.,

2. bayr. Korps;

V.: 14., 15., 16. Korps) eingeteilt.

Die ganze Organisation beruht somit auf den Cadres. Was nun die Ausfüllung dieses Rahmens angeht, so

ist

dieselbe Sache des kaiserlichen Oberbefehles auf Gmnd der gesetzlich fixierten Präsenzziffer:3 mit dem durch die letztere

gegebenen Material muß der Kaiser so viele Cadres, als im Gesetz genannt sind, ausfüllen. Zahl

und Ranggrad

Das Gesetz

der zur Führung

der

giebt ferner betreffenden

Militärkörper erforderlichen Offiziere an, doch ist hiebei dem

kaiserlichen Oberbefehl ein ziemlich freier Spielraum gelaffen, vorbehaltlich der Geldbewilligungen des alljährlichen

Etatsgesetzes.4

Das Militärgesetz bestimmt (§. 4):

„In

der Regel wird jede Kompagnie, Eskadron und Batterie

durch einen Hauptmann oder Rittmeister mit Hilfe eines Premier-Lieutenants, 2 oder 3 Sekonde-Lieutenants und der entsprechenden Anzahl von Unteroffizieren militärisch aus­

gebildet und

befehligt.

An

der Spitze eines

jeden Ba-

taillons und einer jeden Artillerie-Abteilung steht ein Stabs• Der I. Entw. d. Berf. d. Nordd. Bundes wollte bestimmen,. daß das Inf. Reg. 1613 Mann; und 57 Offiziere, das Kav. Reg.! 712 Mann, 28 Offiziere haben i müsse. Dgl. hierzu Lab and II, 579*. I * Dieses gilt nur für ein

Jahr: nach Ablauf dieses Jahre« sind die Festsetzungen desselben keine „bestehende Einrichtung* mehr: demgemäß ist RB. Art. 5 Abs. 2 nicht anwendbar; a. A. La band II, 556. Wohl aber bleiben die gesetzlichen Formationen „bestehende Einrichtung*.

Die deutsche Heeres- und Marineorganisation. offizier,

§. 38. 547

an der Spitze eines jeben Regiments ein älterer

Stabsoffizier (Oberst, Oberstlieutenant, Major).

Zu beit

Regimentsstäben gehört außerdem in der Regel noch je ein

zweiter Stabsoffizier und zu den Stäben der Regimenter und Bataillone beziehungsweise Abteilungen je ein Lieutenant

als Adjutant sowie das

Zahlmeistem,

erforderliche Personal an Ärzten,

Roßärztm, Büchsmmachem

und

Sattlem.

Eine Brigade wird in der Regel durch einen Generalmajor,

eine Division durch einen Generallieutenant befehligt.

An

der Spitze eines jeden Armeekorps steht ein kommandiermder

General (Gmeral der Infanterie rc. oder Generallieutmant). Den

höherm Tmppmkommandos

find

die zur Befehls-

erforderlichen Stäbe beigegeben.

fühmng

Außerdem

ge-

hörm zum Heere eine Anzahl von Offizierm außer Reih

und Glied, als:

Gmeral-, Flügel- und andere persönliche

Adjutantm, Offiziere der Kriegsministerien, des General-

stabes, des Jngenimrkorps, des Militär-Erziehungs- und

Bildungswesms rc., sowie das gesamte Heeres-Berwaltungspersonal."

3. Außer dem Gardekorps habm alle Armeekorps genau

abgegrenzte

Territorialbezirke (MilG.

§. 5, G. v. 27. Januar 1890 Art. I); der Korpsbezirk zerfällt

weiter

Brigadebezirk

in in

Divisions-

und

Brigadebezirke,

Landwehrbezirke:

das

der

ganze

Reichsgebiet ist umfaßt von einem Netz genau abgegrenzt er Landwehrbezirke, welche die terri-

torialeBasis für das Militärersatzgeschäft so­

wie für die Organisation der Landwehr bilden?

• Seydel 1424. Laband II, I Anlage I z. Wehrordnung CBl. 567. Bgl. das Verzeichnis a« 11895 69 ff.

548

Buch XL DaS ReichSmilitärrecht.

Die kommandierenden Generale sind oberste Befehlshaber nicht

sondern auch ihres Korpsbezirkes;

allein ihres Korps,

ihr Kommando hat nicht nur eine persönliche, sondern auch eine territoriale Beziehung.*

4. Die Kriegsformation? beruht darauf, daß die CadrrS auf die volle Kriegsstärke gebracht und Ersatztruppenkörper

gebildet werken; dies geschieht formell durch kaiserliche An­ ordnung (MilG. §. 6 Abs l ),86 7materiell durch Einberufung der

zur Disposition der Tmppenteile beurlaubten Mannschaften

und der Reserve; letztere

bildet einen Teil des stehendm

Heeres und hat keine selbständige Organisation (vgl. unten

8- 39). II.

Vir Landwehr.

Während die Reserve einen integrierenden Teil des stehen­

den Heeres

bildet

(s. unten

nach Vorschrift des Gesetzes zur Seite: die Landwehr.

§.

39), tritt demselben

als

selbständige Organisation

Doch können ausnahmsweise

Landwehrleute in das stehende Heer eingestellt werden: die

Regel aber bilden selbständige Cadres der Landwehr (Kriegsdienstges. §. 5 Abs. 2).

Durch die Gesetzgebung von 1888 wurde

die Landwehr wieder wie

eingeteilt:

die

früher in zwei

Dienstpflicht

im

ersten

5 Jahre nach Ablauf der Dienstpflicht im (Reserve),

Aufgebote

Aufgebot dauert stehenden Heere

für Mannschaften der Kavallerie und reitenden

Artillerie, die 3 Jahre im aktiven Heer gedient haben, nur 6 Über die Bestimmung der Garnisonen („Dislokation") s. oben B. I, 196 ff. 7 Laband II, 568. 8 Für Bayern durch den König

„in voller Übereinstimmung mit den für das Bundesheer bestehenden Normen", VersD. III, ■ §. 5, Z. 3, Abs. 2. ;

Die deutsche Heeres- und Marineorganisation. 3 Jahre;

im zweiten Aufgebot

§. 38. 549

bis zum 31. März des­

jenigen Kalenderjahres, in welchem das 39. Lebensjahr voll­ endet wird."

Die Formation der

kaiserlichen Oberbefehles:

Cadres ist

Sache

des

unterm 28. Sept. 1875 hat der

Kaiser hierüber genaue Vorschriften erlassen und analog der

König von Bayern unterm 20. Dez. 1875, an deren Stelle jetzt die Heerordnung v. 22. Nov. 1888 bezw. für Bayern

v. 26. Dez. 1889

getreten

ist.

Der Grundsatz der selb­

ständigen Cadres ist jedoch vom Gesetz nur für die Landwehrinfanterie

als Regel vorgeschrieben;

der Artillerie dagegen werden zum

die Mannschaftm

stehmden Heer einbe­

rufen ; für die Landwehrkavallerie endlich können zwar „nach

Maßgabe des Bedarfs" selbständige Cadres gebildet werden,

doch

sönnen

die Mannschaften

auch in

die Cadres

des

stehmden Heeres eingereiht werdm (Kriegsdimstges. §. 5). Die Landwehrbezirke find genau abgegrenzt; die Landwehr­

leute der Infanterie werdm nur im Bezirk des Wohnsitzes zum Dienst berufen?"

„Durch dm Wohnfitz des Wehrpflich-

tigm bestimmt sich zunächst der Ort seiner Gestellung, ferner

das Infanterie-Regiment, bei welchem er seine Dimstpflicht

im stehmdm Heer zu

erfüllm hat, und endlich das Land­

wehrbataillon, zu welchem er nach Beendigung dieser Dimst­

pflicht gehört"

(Laband

II,

570)."

Die Abgrenzung

dieser Bezirke ist Sache des kaiserlichen Oberbefehls (Preußm

hat deren 220, Sachsen 19, Württemberg 17, Bayern 32); an der Spitze eines jedm steht ein Stabsoffizier nebst einem

10 Laband II, 570. • @. v. 11. Febr. 1888 §§. 2, 11 Über die Ausnahme für die 8 in Abänderung von RB. Art. 58, dazu G. v. 3. Aug. 1893 Art. II 9 preußischen Garde-Landwehrregimenter s. Laband II, 570*. §• 8.

550

Buch XI.

Das Reichsmilitärrecht.

Adjutanten, dazu jetzt noch nach Bedürfnis Bezirks- und Kontrolloffiziere, und dem nötigen Unterpersonal, das Be­

zirkskommando;

für die Kompagniebezirke können be­

sondere Kompagnieführer

Die Bezirks­

ernannt werden.

kommandeure haben die sehr genau geregelte Kontrolle über die Mannschaften des Beurlaubtenstandes in ihrem Bezirke zu führen (s. dazu unten S. 604 f.), alle Vorbereitungen für die Formierung der Landwehrabteilungen zu treffen und im

Mobilmachungsfalle sowie bei Einberufung int Frieden dm Militärpflichtigen

die Ordre

zuzustellm.

Die

Landwehr­

bezirkskommandos stehm unter den Brigadekommandos oder

Landwehrinspektionm und diese in allm Ersatz- und Kontrollsachm sowie in den Jnvalidmangelegenheiten des Beurlaubtmstandes direkt unter den Generalkommandos.^

B.

Der Landsturm."

Derselbe ist im Friedm gar nicht formiert; demgemäß finden im Frieden weder Kontrolle noch Übungen

statt.

Seine Bestimmung ist, „in Fällen außerordentlichen

Bedarfs zur Ergänzung des Heeres oder der

Marine" zu dimm und überhaupt „an der Verteidi­

gung des Vaterlandes teilzunehmen".

Er ist

eingeteilt in zwei Aufgebote, deren erstes alle Mann­

schaften bis zum 31. März desjenigen Kalenderjahres um­

faßt, in dem sie ihr 39. Lebensjahr vollenden, welche aus

18 Die Divisionskommandos (ausgenommen in Steffen) haben nur ein Aufsichtsrecht: Seydel 1425. 18 Seydel 1429ff. Laband II, 572ff. Die früheren Vor­

schriften des Landsturmgesetzes v. 12. Febr. 1875 sind ersetzt durch die sehr viel weiter rei­ chenden des G. v. 11. Febr. 1888 §§. 23-33.

Die deutsche Heeres- und Marineorganisation,

tz. 38. 551

irgend einem Grunde nicht aktiv gedient haben, somit über­ haupt noch nicht ins Heer eingestellt und demgemäß militärisch

völlig

unausgebildet

Das zweite Aufgebot

sind.

besteht

1. aus den aus der Landwehr entlaffenen Mannschaften

vom 39. bis 45. Lebensjahr,

2. aus den unausgebildeten

Mannschaften gleichen Alters.

Demnach hat das erste Auf­

gebot

zur

Ergänzung des

Heeres zu

bienen, indes das

zweite Aufgebot in besonderen Formationm den Etappm-,

Grenz-, Küstendimst rc. zu übernehmen hat.

Die Einbe-

rufung ist Sache des kaiserlichen Oberbefehles; bei unmittel­ barer Kriegsgefahr können im Bedarfsfälle auch kommandie­ rende Generale und Festungskommandanten den Landsturm

einberufen.

In Hinsicht der Ausrüstung schreibt das Gesetz

in Übereinstimmung mit anerkannten internationalen Grundsätzen vor," daß der Landsturm in einer für jede militärische

Verwendung geeigneten Art zu bewaffnen, auszurüstm und

zu bekleiden ist.

Auf den aufgebotenen Landsturm finden

die Militärgesetze und die Disziplinarordnung ebenso wie

auf die Landwehr Anwendung.

Die Auflösung des Land­

sturms erfolgt durch den Kaiser bezw. dm König von Bayern. C.

Die Jestungerr unb KriegsHäferr."

Zum System der dmtschm Heeresorganisation gehört

auch das Festungswesen, das speziell dem Zwecke zu

dimm hat, dm Operationm des Heeres, sei es der Offmsive,

sei es der Defensive, feste und gesicherte territoriale Stütz" S. mit spezieller Beziehung auf die französischen Franktireurs im Kriege von 1870/71 Bluntschli bei v. Holtzen» borff Jahrb. I 287 und Dahn

bei v. Löbell Jahrb.f.d.preuß. Armee I 55. 16 Laband II, 548ff.; Seydel 1401 ff.; ®. Meyer H, 57ff.

Buch XL

552 punkte zu

gewährm.

Das SteichSmilitLrrecht. Das Rechtsverhältnis der Festungen

bietet mehrfache Schwierigkeiten:

einerseits ist das Gebiet

derselbm keineswegs zu unmittelbarem Reichsgebiet erhoben

andererseits

worden,

sind doch die Festungsanlagen in der

Regel Reichseigentum. *• Die Verfassung

berechtigt sei,

anzulegm

ändern;

bestimmt in Art. 65,

daß der Kaiser

im Namm des Reiches überall

und die

nur auf

bestehendm

zu

Festungm

erweitem oder zu ver-

bayrischem Gebiete bedarf es „jeweiliger

spezieller Vereinbarung", auf wüMembergischem des „Ver­ nehmens" mit dem König von Württemberg.17

Die Einzel­

staaten sind nicht berechtigt,

von sich aus Festungen anzu­

legm

solchm

oder der Anlage von

widersprechm.

in

ihrem

Gebiete zu

Eine Sondervorschrift gilt nur für Bayem:

im Interesse des gesamt«

die Anlage neuer Befestigungen

deutschen Verteidigungssystemes „wird Bayem

zugestehm"

im Wege jeweiliger Spezialvereinbamng (VersVertr. §. 5 Z. V. erster 216s.).

III.

Mit dem Recht der Anlage ist

notwendig verbunden das Recht der Expropriation und der

Rayonbeschränkungen im Umkreis von Festungm; über letz­ teren Punkt vgl. unten §. 43,

Partikularrecht maßgebmd.

III — für ersteren ist das

Die Erweiterung der Thore und

Thorbrückm von Festungen kann auf Antrag der Gemeinde erfolgen, wenn die vereinigten Bundesratsausschüsse für das Landheer und die Festungen sowie für Handel und Verkehr

dies gestatten; die

Erweitemng

erfolgt

auf Reichskostm,

16 S. hierüber unten §. 43, 17 VersV. m. Bayern III §. 5 III. Z. V; Württ. MilKonv. «rt. 7.

Die deutsche Heeres- und Rarineorganisation.

§. 38. 553

wenn 1. kein fortifikatorisches Interesse dies verbietet und 2. das Interesse des Verkehres es dringend sortiert.18

Alle Festungswerke

sind

Reichseigentum,

auch die vor 1867 gemachten Anlagen," ausgenommen nur in Sagem; auch hier erfolgen zwar Neuanlagen auf Reichs­

kosten, alle Jmmobiliaranlagen bleiben aber bayrisches Par­ tikulareigentum

(Schlußprot. Z. XIV §. 2).

der Festungen werden aus der Reichskaffe

Die Kosten

bestritten.

Das

Mobiliareigentum steht in den bayrischen Festungen Bayern,

in den Reichsfestungen dem Reiche zu, jedoch mit der Ein­ schränkung, daß für Mainz und Ulm, sowie für künftig in

Bayern neu angelegte Befestigungen ein Miteigentum zwischen Bayern und dem Reich festgestellt und die Verwaltung be­

sonders angeordnet wurde.88 Die Besatzung der Festungen zu bestimmen, ist dem kaiser­

lichen Oberbefehl ohne Einschränkung durch Rücksichten auf

die Kontingente überlassen.81

Kraft des Oberbefehles hat der

Kaiser die Aufsicht und Inspektion über alle Verhältnisse der Festungen.

Der Kaiser88 ernennt die Festungskommandanten,

in Württemberg jedoch nach erfolgtem Einvernehmen mit dem

König.

In Bayern

Znspektionsrecht;

im

hat der Kaiser im Frieden nur da-

übrigen

unterstehen

die

bayrischm

Festungm dem königlichen Oberbefehl, der nur nach erfolgter

18 G. v. 80. Mai 1873 (RGB. 124) Art. IV, Hbf. 2. 18 Dgl. speziell sächsische MiljRoiro. Art. 8. Unzweifelhaft ist wer im Text aufgestellte Grundffatz geworden durch das G. v. 28. Mai 1873 §. 1 (RGB. 113). * übereink. v. 6. Juli 1869, ff. 9. Meyer II, 58*.

81RB. Art. 63, Abs.4; für die Festungen gelten die in den MilKonv. stipulierten Modi­ fikationen des kaiserlichen DiSlokationSrechteS nicht, L ab and II, SSV». 88 RB.Art.64«bf.2; Württ. MilKonv. Art. 7.

Buch XL Das ReichSmilltärrecht.

554

Mobilmachung auf dm Kaiser übergeht; Bayem hat die in

seinem Gebiete belegenm Festungen in verteidigungsfähigem Zustande zu erhaltm die verfassungsmäßige Pflicht?*

Die Festung Ulm ist territorial teils württembergisch, teils bayrisch; demgemäß wurdm die Verhältnisse derselbm

durch eine besondere Konvmtion zwischen dm beidm genanntm Staatm und Prmßm v. 16. Juni 1874 geordnet?^ Durch die Konvmtion ist angeordnet, daß die Festung Ulm

als einheitlicher Waffmplatz unter einheitlichem Kommando und einheitlicher Verwaltung zu stehm habe; Kommando

und Stab werben vom Kaiser ernannt und nur für ihn

vereidigt;

die Verwaltung

erfolgt

durch

das

prmßische

Kriegsministerium.

Dm Charakter von Festungm trügen auch die beidm Reichskriegshäfen Kiel und Wilhelmshavm; sie ressor-

tierm vom Reichsmarine-Amt bezw. dem

der Marine;

Oberkommando

ihre Grmzm nach See sind durch Gesetz be­

stimmt und innerhalb dieser Grmzm besondere Vorschriftm

gegeben für die Polizeigewalt des Stationschefs sowie für Bautm und Anlagen, die das Fahrwasier oder die Wassertiefe beeinträchtigen?*

D.

Aie Illcrrirre.

Für die Organisation der Marine besteht eine breite ge­ setzliche Basis, wie sie für das Landheer vorhandm ist, nicht.

« VersSchlProt. XIV §. 1. „ “ Militärges. d. Deutsch. R. 1,1 175 ff.: Laband II, 573 ff.; Brockhaus 210 ff.; G. Meyer n, 59, f. oben S. 526. ! « RB. Art. 53 Abs. 2. K. B. i

v. 15. Febr. 1873(MarBBl. 37), G. v. 19. Juni 1883 (RGB. 105) nebst den dazu erfassenen Berordnungen, die Perels in Stengels Wörterb. 1,872 angiebt.

Die deutsche Heeres- und Marineorganisation.

§. 38. 555

Die thatsächliche Gmndlage für die Marine bildete ursprüng­

der Flottengründungsplan;

lich

jetzt

beruht

die

Organisation auf den Bestimmungen v. 14. Juni 1888, welche kraft des kaiserlichen Oberbefehls ergangen, aber nicht

rechtlich

publiziert

sind.18

Abgesehen

von

den

wenigen

Sätzen, welche die Verfassung über die Organisation der Marine enthält, hat der kaiserliche Oberbefehl seine einzige Schranke am Etatsgesetz.

Für die „seemännische Bevölkerung" tritt an Stelle der Wehrpflicht im Landheer die Wehrpflicht in der Marine; die materiellen Normen sind hier die nämlichen wie dort.

Dem flehenden Heer entspricht die Flotte, der Landwehr die Seewehr (KriegsdienstG. §§. 3, 13, G. v. 11. Febr. 1888

§. 21); letztere ist jedoch nicht selbständig organisiert, viel­ mehr haben die Seewehrleute auf erfolgte Einberufung ein­

fach ihren Dienst in der Flotte zu leisten.

Außerdem ist

noch eine besondere Marine-Ersatzreserve vorhanden (G. v.

11. Febr.

1888

§. 22).

Kriegsschiffe im Dienst habm

die Reichskriegsflagge, andere Fahrzeuge die Marinedienst­

flagge zu führen.31 Die Zentralstelle für die Marine war bis 1. April 1889

die kaiserliche Admiralität, beten Vorstand als Stellvertreter des Reichskanzlers zugleich Chef der Berwaltung (Marine­ ministerium) und Stellvertreter des Kaisers im Oberbefehl

war.

Durch K. V. v. 80. März 1889 (RGB. 47) haben

diese Verhältnisse, die der Anlaß zu fortwährenden Äon«

* Bal. Seydel 1429; La17 V. v. 4. Juli 1867, Ä. B. v. band U, 590ff.; PerelS in 8. Rov. 1892 (RGB. 1050), v. Stengels Wörterb. II, 1010ff.; 2. März 1886 (RGB. 59), v. G. Meyer II, 68ff. 27. Mär, 1893 (CBl. 112).

Buch XL

556

Das ReichSmilitärrecht.

stiften warm, eine grundsätzliche Umgestaltung dahin er-

fahrm, daß Verwaltung und Kommando getrennt und

je

wurde.

eine

besondere

geschaffen

Behördenorganisation

Demgemäß ist der Vertreter des Kaisers im Ober­

befehl der kommandierende Admiral mit dm Rechtm

kommandiermden Generals,

und Pflichtm eines

Marine-Stationskommandos,

dem die

die Marineinspektionm, die

Jnspektionm der Marine-Artillerie, des Torpedowesms, der

Marine-Infanterie, ferner die Kommandanturen, die Direktion

des Bildungswesms der Marine sowie sämtliche MarineAbteilungm

und zu Waffer

zu Land

untergeordnet find.

Für Personalsachm der Offiziere, Gerichts-

und Gnadm-

sachm besteht ein besonderes, dem Militärkabinet analoges

Marinekabinet.

Die

Anordnungen

des

Oberbefehls

werdm seit 1. April 1889 amtlich veröffentlicht durch das Organ „Marinebefehl".

auch die

Unter dem Oberkommando stehen

Marinebildungsanstalten,

die

Marine-Akademie

und die Marineschule; ferner die Maschinisten- und Steuer­ mannsschule, sämtlich in Kiel, mdlich die Divisionsschulm jeder Matrosm- und jeder Werft-Division.

Als oberste Verwaltungsstelle der Marine fungiert das Reichsmarineamt,an desim Spitze ein Staatssekretär

steht, der verantwortlicher Stellvertreter des Reichskanzlers ist; von dieser Zentralstelle reffortieren die Schiffsbauwersten

zu Danzig, Kiel und Wilhelmshaven; Minmdepots

zu

münde, Kuxhaven;

Friedrichsort,

die Artillerie- und

Wilhelmshaven,

die Torpedoanstalten;

die

Geeste­

Stations-

I des Deutschen Reiches 1896, S. *** S. zum folgenden Handb. 1178—212.

Die deutsche Heeres- und Marineorganisation. zu Kiel

intendanturen

das Sani­

und Wilhelmshaven;

der Marine

tätskorps

§. 38. 557

und

die

Lazarette;

die

deutsche

Seewarte zu Hamburg und das Observatorium zu Wilhelms­ haven ;

die

Kanal;

Küsteninspektion;

die

Schiffsprüfungskom-

die Marinekommission für dm Kaiser Wilhelm-

misfion;

Als sachverständiger Beirat

die Marineseelsorge.

der

fungiert

Admiralitätsrat, der

Gmeralinspektmr

Marine

und

bestehmd den

aus

dem

besonders

be-

tufcnen militärischen und technischen Mitgliedern.

Die Marinegerichtsbarkeit ist in gleicher Weise geordnet wie die Militärgerichtsbarkeit; oberste Instanz ist das preu*

ßische Generalauditoriat als Gmeralauditoriat der Kaiserlichm Marine (f. unten F.).

Die Marine zerfällt in die Station der Ostsee mit

dem Stationsort Kiel und die Station der Nordsee mit dem Stationsort Wilhelmshaven; die beidm Stations­ orte

sind

zugleich

Seefestungm

Die Rechtsverhältniffe

der

(„Reichskriegshäfen")."

Reichskriegshäfen

wurden

geordnet durch G. v. 19. Juni 1883 (RGB. 105).29

E.

An

Die Militärverwaltung.

die Organisation

Heeres schließt sich

ein

der Streitkräfte des dmtschen

höchst umfaffmder Berwaltungs-

« RB. Art. 53 «bs. 2; Kais.! »'S. darüber PerelS StD. v. 15. Febr. 1873 (Marine- Stengels Wörterb. I, 872. 99- 87). |

in

Buch XI.

558

Das ReichsmilitSrrecht.

apparat, deffen Einrichtung

am besten gesondert ins Auge

gefaßt wird.

1.

Ein Reichskriegsministerium analog dem

besteht nicht,

Reichsmarineministerium

viel­

mehr ist die oberste Spitze der Verwaltung des Reichsheeres nur der Reichskanzler;

fungieren

Kriegsministerien;

die

für ihn

einmal

hat

Bayern für sein gesondertes Heer auch eine vollständig ge­

sonderte Verwaltung mit eigenem Kriegsministerium; ebenso haben Sachsen und Württemberg sich

für ihre Kontingente

solche vorbehalten; die Zentralverwaltungsstelle für das ge­

samte

Reichsheer

übrige

ist

dagegen

das

preußische

Das preußische, sächsische und württem-

Kriegsministerium.

bergische Kriegsministerium bilden demnach, obwohl selbst Landesbehörden, die Zentralverwaltungsstellen des Reichs­

heeres und müssen als solche als dem Reichskanzler unter­

geordnet angesehen werden, der für die Durchführung des Militäretats verantwortlich ist, also auch das Recht haben muß, die einzelstaatlichen Kriegsministerien anzuweism (s. oben S. 542 f.); dagegen das bayrische Kriegsministerium ist ganz

und

besondere Stellung

des

Württembergischen

Kriegsministeriums

ist

fassung geschützt,

die des sächsischen dagegen beruht nicht

selbständig;

die

auf juristischer Basis,

sondern

lediglich

bayrischen durch

die

Ver­

auf dem in der

Militärkonvention enthaltenen Versprechen des Königs von Preußen.

Daraus

staatsrechtlich

einzelstaatlichen

wie oben

ergiebt sich

überhaupt nicht

eine

Kriegsministerien.

bemerkt,

höchst

eigentümliche,

konstruierbare Stellung der

Materiell

find

dem Reichskanzler untergeordnet

diese, und

führen ihre Verwaltung lediglich auf Grund und mit den

Die deutsche Heeres- und Marineorganisation.

Mitteln

des Reichsetats;

formell find sie

§• 38. 559

einzelstaatliche

Behörden.80 Die drei Sonderverwaltungen sind materiell an die Vor­

schriften des Reichsrechtes und insbesondere

gesetz

gebunden;

an das Etats­

thatsächlich gilt dieser Satz überdies auch

von der bayrischen Militärverwaltung.

Das Reich hat die

Aufsicht über die partikularen Militärverwaltungen und be-

thaügt dieselbe durch den Bundesratsausschuß für Landheer imb Festungen sowie auf dem Wege der Rechnungskontrolle

durch den Reichsrechnungshof.

Der genannte Bundesrats­

ausschuß ist überdies noch das Kommunikationsorgan zwischen

dem preußischen und den übrigen Kriegsministerien nach RV. Art. 63 Abs. 5; in dem Ausschuß müssen Preußen, Bayern,

Württemberg nach der Verfassung

vertreten sein;

Sachsen

ist ein ständiger Sitz durch die Militärkonvention eingeräumt.

Das pra^ifc^c Äriegdminifterium81 ist gegliedert in ein

•° Den ersteren Gesichtspunkt erachten für ausschlaggebend Meyer VerwR. II, 41, 60, Brockhaus 127, den zweiten Laband II, 560f. Zu einer Polemik in scharfen Worten ist jedenfalls diese Frage ganz und K nicht angethan; die eine Ant ist mindestens ebenso be­ rechtigt wie die andere. Und unhaltbar ist die allgemeine Be­ hauptung— Laband II, 574—, daß die Kriegsministerien »dem Reichskanzler nicht untergeordnet simd"; s. dagegen auch Laband II, 551: »Da die Decharae dem RÄchSkanzler erteilt wird und dieser die verfassungsmäßige Pflicht hat, dem Bundesrate und Reichstag Rechnung zu legen, so

folgtdaraus, daßdieKontingentsverwaltungen ver­ pflichtet sind, demReichSkanzler Rechnung zu legen, und daß sie zu allen Ab­ weichungen von den An­ sätzen des Etats die Ge­ nehmigung des Reichs­ kanzlers einholenmüssen". Liegt darin keine ^Unterord­ nung" ? 81 Ausführlich hierüber La­ band, sowie über alle im fol­ genden genannten Zweige der Armee- und Marineverwaltung H, 574ff. (dazu 1. Aust, in, 106ff.). Laband zählt ins­ besondere auch die zahlreichen Kabinetsordres, Instruktionen, Erlasse rc., die hierher gehören,

560

Das Reichsmilitärrecht.

Buch XL

Zentraldepartement mit 2, das Allgemeine Kriegsdepartement das Militärökonomiedepartemmt mit 5,

mit 7,

das Jn-

validendepartement mit 3 Abteilungen, dazu die Remon-

tierungs-

und

reffortieren

Medizinalabteilung;

die

unmittelbar

die Generalkaffe

von

demselben

und

die Ober­

examinationskommission. 2.

Für den Armeekorpsbezirk ist oberste Berwaltungs-

(unb Kommando-)stelle das Generalkommando, welches in

Berwaltungssachen dem Kriegsministerium unterstellt ist. Für die wirtschaftliche Verwaltung (Bekleidung, Ver­ pflegung, Besoldung) bestehen als besondere Verwaltungs­ behörden ferner die Intendanturen, nämlich für jedes

Korps eine Korpsintendantur, von welcher dann die Divisions­ intendanturen

reffortieren.

Jede

Garnison

bildet

ferner

einen abgegrenzten Verwaltungsbezirk, und endlich hat jedes

Regiment eine gewiffe Selbständigkeit der wirtschaftlichen Verwaltung.

3.

Das Sanitätswesen des Heeres ist ganz selbständig

organisiert (Ver. v. 6. Febr. 1873); an der Spitze steht ein Generalstabsarzt

der

Armee,

Vorstand

der

Medizinal­

abteilung des Kriegsministeriums; an der Spitze des Sani­

tätswesens jedes Armeekorps steht ein Generalarzt, unter ihm Divisions-, Oberstabs-, Stabs- und Assistenzärzte, beten

persönliche Stellung nicht die von Militärbeamten, sondern von Offizieren ist.

In materieller Beziehung

samte Sanitätswesen

geregelt

durch

ist das ge­

die mit KabO.

v.

16. Mai 1891 erlassene Friedenssanitätsordnung (934 S.).

auf. Litteratur: v. Helldorff! Armee; Frölich Die BerwalDienstvorschriften f. d. preuß. | tung des deutschen Heeres.

§. 38. 561

Die deutsche Heeres-- und Marineorganifation.

Die mobile Armee

für

hat

jedes Armeekorps

drei

Sanitätsdetachements mit 12 Feldlazaretten, je für 200 Per­ sonen (Kriegssanitätsordnung v. 10. Januar 1878).

Einen besonderen Zweig des Sanitätswesens bildet die Lazarettverwaltung.

Jede Festung, ja jede Garnisonstadt

mit mehr als einer Kompagnie Besatzung soll ein unter be­ sonderer Verwaltung, welche in wirtschaftlicher Beziehung von den Intendanturen, in sanitätlicher von dm Generalärztm ressortiert, stehmdes Garnisonlazarett habm.

Die Marine hat ihr eigenes Sanitätskorps. 4.

Das Kirchenwesen. DieReichsverfassung hatdaS

Militärkirchmwesen ausdrücklich von der reichsrechtlichm Re­

gelung ausgeschloffm-

In Prmßm gilt die Militärkirchen»

ordnung v. 12. Fckruar 1832. Die Kosten der Militärseelsorge

werden jedoch aus der Reichskasse bestritten; die Militär­ geistlichen sind Reichsbeamte; pröpste, der

an der Spitze stehm Feld­

mangelische mit dem Rang eines General-

superintmdmtm, der katholische eines Bischofs in partibua infidelium.

Die Militärseelsorge

kann auch

der Zivil-

Geistlichkeit übertragen werden. 5. Das Bildungswesen.'" Der höheren militärischen Vorbildung bienen:88 die Kriegsakademie zu Berlin für Osfi•• Laband 1. «. in, 121 zählte hier auch den Generalstab der Armee auf. Daß derselbe „ein wissenschaftliches Institut ersten Ranges" ist, ist weltbe­ kannt: der groß« Generalstab des deutschen HeereS ist das erste wissenschaftliche Militärinstitut der Welt. DaS ist aber nicht die eigentliche Aufgabe desselben;

Zorn, Staat-recht II. S. «uff.

systematisch gehört der General­ stab vielmehr in den Zusammen-' Hang des Oberbefehls. In der 2. Aufl. n, 601 ist der General­ stab zwar selbständig, aber doch als Zweig der Militärver­ waltung behandelt; ebenso 8. A. II, 576. ■* Ausführlich Laband II, 585 ff. 86

Buch XL

562

Da- Reichsmilitärrecht.

aller Waffengattungen

ziere

des

Reichsheeres

mit drei­

jährigem Kursus; Bayern hat seine eigene Kriegsakademie; die 10 Kriegsschulen zur Ausbildung von Offiziersaspiranten

aller Waffmgattungen, dazu eine bayrische Kriegsschule mit S monatlichem Kursus,

der

mit Ablegung der Offiziers­

prüfung abschließt; die Artillerie- und Jngmimrschule zur besonderm Ausbildung von Offizierm dieser Waffmgattungm;

Bayern hat ebmfalls eine eigene Anstalt dieser Kategorie; die

beidm militärärztlichen

Akademieen

zu Berlin;

die

Unteroffizierschulm für die Infanterie; die Artillerieschulm (Artillerieschießschule und Oberfeuerwerkerschule); graphmschule und die Festungsbauschule;

die Tele-

die Zentralturn-

das Reitinstitut zu Hannover für Offiziere und

anstalt;

Unteroffiziere;

die Regimmts- und Bataillonsschulm;

Roßarztschule und die Lehrschmiedm,

anstalt zu Lichterfelde und die 7 Vorschulen für Für Bayem:

die Militärschießschule,

die

die Zentralkadettendieselbe.

der Operationskurs

für Militärärzte, das Kadettenkorps, die Equitationsanstalt,

die Unteroffizierschule; Dresdm.

für Sachsm die Kadettmanstalt in

Für das Gebiet der preußischm Militärverwaltung

besteht eine besondere Gmeralinspektion des Militärbildungs­ und Erziehungswesens.

6. stehm

Zur Ergänzung des Pferdebedarfs der Armee bebesondere

Remonteankaufskommissionm

und

Re-

montedepots, zur Herstellung von Waffen und Munition

besondere Militärfabriken.

Die deutsch« Heeres- und Marineorganisation,

g. 38. 563

F. Die Militärgerichtsbarkeit. “ Für Militärpersonen besteht in weitem Umfange eine

besondere Militärgerichtsbarkeit.

entwickelt

Historisch

aus

der früheren Standesgerichtsbarkeit, ist dieselbe für Zivil-

fachen durch die moderne Entwickelung beseitigt, in Preußen seit 1809, wird dagegen für Strafsachm, wegen des hier obwaltenden Zusammenhanges mit der militärischen Disziplin, streng

festgehaltm.

Materie hat

Preußen

gilt

Ordnung

Eine reichsgesetzliche

erzielt

bis jetzt nicht

»erben

dieser

können:

in

die MilStrafgerOrdn. v. 3. April 1845,

deren Geltung auf den gefernten ehemaligen Norddeutschen

Bund sowie auf Badm und

Hessen ausgedehnt ist;

in

Württemberg gilt das Gesetz v. 20. Juli 1818, in Bayern die MilSlGOrdn.

28. April 1872.

v. 29. April

mit Novelle v.

1869

Nach allen diesen Gesetzen ist die Militär­

strafgerichtsbarkeit auf völlig anderen Grundsätzen aufgebaut

als die Zivilstrafgerichtsbarkeit. Nach der preuß. Gerichtsordnung zerfällt die Gerichts­

barkeit in höhere, der Offiziere und obere Militärbeamte immer, die übrigen Militärpersonen von

einem

gewissen

Strafmaß ab unterworfen find, und niedere Gerichtsbarkeit. Die Gerichtsbarkeit wird ausgeübt durch die Gerichts­ herren, die die Gerichte einzusetzen,

zu

beauffichtigm,

gewisse Entscheidungen selbst zu

treffen und gewiffe Er­

kenntnisse zu bestätigen haben.

Gerichtsherren sind:

kommandierenden Generale, fionen,

der

Regimenter,

die

die Kommandeure der Divi-

der Festungen;

die RegimentS-

M Hecker in Stengels Wör­ Meyer BenvR. n, 2, 62 ff.; terbuch II, 112 ff.; v. Marck Laband H, 584f., 681 f. MUttärstrafprozeß (1893); G.

Buch XI.

564

DaS Reichsmilitärrecht.

kommandeure haben nur niedere Gerichtsbarkeit;

für die

höhere Gerichtsbarkeit sind den Gerichtsherren Auditeure Jener Gliederung der Gerichtsherrlichkeit ent­

beigegeben.

sprechend

giebt

gerichte,

es

Korpsgerichte,

Regimentsgerichte,

Divisions­

Garnisonsge­

richte, deren Zuständigkeit genau abgegrenzt ist und über denen als höhere Instanz das Generalauditoriat der

Armee steht, welches Rckrrs-, Beschwerde- und Aufsichts­

instanz ist (für Sachsen ein besonderes Oberkriegsgericht); vom Generalauditoriat findet Rekurs an den obersten

Kriegsherrn statt. Die Militärgerichte sind nicht ständig, sondern wer­ den für den einzelnen Fall gebildet, und zwar zuerst ein

besonderes Untersuchungsgericht, dann ein Spruch­ gericht; die Gerichte bestehen aus Militärpersonen, doch

fönnen für Untersuchungen auch die Zivilgerichte requiriert werden;

für

Beleidigungen

und

Thätlichkeiten

zwischen

Zivil und Militär sind gemischte Untersuchungsgerichte zu

bilden.

Die Spmchgerichte sind Kriegs- und Stand­

gerichte, erstere für die höhere, letztere für die niedere

Gerichtsbarkeit;

sie werdm aus Militärpersonen nach dem

Range des Angeklagten gebildet. Das Verfahren erfolgt durchweg unter Ausschluß der Öffentlichkeit, was bisher

aus Gründm

der militärischen Disziplin als ge­

boten erachtet wurde (anders in Bayern).

Die Spruch­

gerichte fällen Erkenntnisse, die, abgesehen von den Militär­ beamten, noch der Bestätigung bedürfen, sei es des Königs von Preußen bezw. Sachsen, sei es des Kriegsministers, sei es

des Gerichtsherm; die Zuständigkeit ist genau geregelt. Begnadigungsrecht steht dem

König

von

DaS

Preußen bezw.

Sachsen zu, in ersterer Beziehung mit mehrfachen, durch die floiwentionen getroffenen Einschränkungen. Analog ist die Marinegerichtsbarkeit organisiert. Gerichts' Herren sind der kommandierende Admiral, die Stationschefs, Geschwaderchefs, die Kommandeure der in Dienst gestellten Schiffe. §• 39.

3> Rott 125 ff., 161 ff. SS. 1,2. Bal. Sey del 1457 ff.; n Die dermalige Landwehr- Laband II, 610ff.; Rott 6ff., bejirkSeinteilung EBl 1895, 69. 169 ff., 176 ff. * MilG. §§. Svff.; WehrO.

Buch XI. DaS Reichsmilitärrecht.

574

höheren Verwaltungsbeamten.

3. Die dritte Instanz umfaßt

den Armeekorpsbezirk und besteht aus dem kommandierenden General und dem Chef einer Provinzial- oder Landesbehörde.** 4. Letzte Instanz endlich sind die Kriegsministerien gemein­

sam mit den betreffenden obersten Zivilverwaltungsbehörden, die sog. Ministerialinstanz" (MilG. §. 30 Z. 3).

Daneben fungieren die sog. verstärkten

hörden:

die verstärkte Ersatz- und

ersatzkommission. durch

Die Verstärkung

Zuziehung von

erfolgt

einem Offizier

Ersatzbe­

die verstärkte

Ober­

bei der ersteren

und

höchstens

vier

bürgerlichen, bei letzterer von einem bürgerlichen Mitglieds.

bürgerlichen Mitglieder roerben für 3 Jahre von den

Die

Kommunalsolche

oder Landesverwaltungen

nicht vorhanden

(Mecklenburg),

gewählt oder,

von

der

wo

obersten

Landesbehörde ernannt (MilG. §. 30 Z. 4).25 Die Gestellungsordre wird den Pflichtigen durch die Ge­

meindebehörde vermittelt; bei Weigerung des Pflichtigen ist

zwangsweise Vorführung gestattet.

Die Musterung (WehrO.

§§. 63 ff.) besteht in einer ärztlichen Untersuchung, bei welcher

der Pflichtige zugleich der Ersatzkommission alle nötigen Auf­ schlüffe über seine Verhältnisse zu geben hat.

Auf Grund

dieser Musterung erfolgt sodann, insoweit nicht die Ersatz­ kommission von ihrem Recht, die gesetzlichen Zurückstellungen zu gewähren,

Gebrauch

gemacht

hat (MilG. §. 30 Z. 7

Abs. 1), eine Klassifizierung der Gemusterten nach 6 ver­

schiedenen Kategorieen,

für deren jede eine besondere Liste

28 S. Rott 9 f. die Angaben. 24 S. Rott 8 f. die Angaben. 28 La band II, 611: „Das Verhältnis der verschiedenen In­ stanzen ist in sehr eigentümlicher,

fein ausgesonnener Weise geregelt, die sowohl den Interessen der Militär- und Zivilverwaltung als denen der Wehrpflichtigen Rechnung trägt."

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetze-.

anzulegen ist,

§. 39.

575

welche der durch die Oberersatzkom-

missionzu fällenden definitiven Entscheidung

die Grundlage zu bieten hat.

Eine Vorstellung an die

Oberersatzkommission erfolgt gar nicht bei denjenigen Per-

sonen, welche kraft des Gesetzes vom Eintritt

ins Heer

ausgeschlosien sind, und bei solchen, welche sich sofort als

definittv untauglich erweisen; Gemütskranke, Blödsinnige, Krüppel sowie z.

Z. der Aushebung

Erkrankte dürfen

auf Grund ärztlicher Zeugnisse von der Gestellung befreit werden; die zeitig Untauglichen müssen im 3. Militärpflicht­

jahre

der Oberersatzkommisfion vorgestellt werden,

damit

über ihre Dienstpflicht endgültig entschieden werde (WehrO.

§. 31 Z. 4). Können die Mitglieder einer einigen, so

Instanz.

Ersatzbehörde sich nicht

geht in jedem Falle die Sache an die obere

Vorläufige unaufschiebbare Entscheidungen sind in

der Ersatzkommission durch das bürgerliche, in der Ober­

ersatzkommission durch das militärische Mitglied zu treffen; die Stimme des letzteren ist auch maßgebend für die Frage

der körperlichen Tüchtigkeit und für die Verteilung der aus­

gehobenen Rekruten nach Waffengattung und Truppenteil. Die verstärkten Ersatzbehörden entscheiden: 1. über die auf Gesetz (MilG. §. 20) beruhenden Ansprüche auf Be­ freiung oder Zurückstellung; 2. über die Entziehung gewährter

Vergünstigungen zur Strafe; 3. über die Klassifikation der Reserve- und Landwehrmannschasten, des Landsturmes sowie

der Ersatzreservisten in Hinsicht auf häusliche und gewerb­ liche Verhältnisse?' Die Entscheidung erfolgt durch Stimmen»

* MilG. §. 64, verb. G. v. 11. Febr. 1888, §§ 6,9,16,20,29.

576

Buch XL

Da- Reich-militärrecht.

Mehrheit; für gewisse Fälle (Klassifikation der Reserve» und

Landwehrmannschaften und Ersatzreservisten) hat jedoch in der verstärkten Ersatzkommission das militärische Mitglied

ein Einspruchsrecht, worüber dann nur die ständigen Mit­ glieder der Oberersatzkommission endgültig mtscheiden (MilG.

§. 30 Z. 5, 8).

Die Militärpflichtigen sowie die Angehörigen derselben dürfen jederzeit bei dm Ersatzbehördm Anträge stellen, auch die Vernehmung von Zmgm und Sachverständigm bean­

tragen (ibid. Z. 6).

Gegm die

Entscheidung

der Oberersatzkommission ist

denselbm Personm jederzeit Berufung an die dritte Instanz gestattet (ibid. Z. 8).

Bei der durch die Ersatzkommisfion

abzuhaltmdm Musterung

findet die Losung statt, auf

Grund beten die Liste für die Oberersatzkommission nach der Losungsnummer festgestellt wird;27 zu derselben sind nicht

zuzulassm die zum Einjährig-Freiwilligen-Dienst Berechtigtm, die vorweg Einzustellmdm, die angmommmen Freiwilligm und die aus Gründm der Ehre vom Heere Ausgeschlossmen (MilG. §. 13, dazu WehrO. §. 66 ff.).

Die Entscheidungen der Ersatzbehördm sind dem Inhalte nach folgmdermaßm zu unterscheidm:

1. Ausschließung.

(MilG. §. 18. StGB. §§.31,

84, WehrO. §. 37.)

Zuchthausstrafe zieht die dauemde Unfähigkeit zum Dimst im Heere nach sich, Aberkmnung der bürgerlichen Ehrmrechte Unfähigkeit für die betreffmde Zeit; sind einer Person die

bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt, jedoch so, daß der Voll87 Über Rangierung und Losung s. Rott 169 ff.

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetz«-.

§. 39.

577

genuß derselbm noch im Laufe des dienstpflichtigen Aller­

wieder eintritt, so kann zunächst Einstellung in eine Arbeiterkompagnie erfolgen, nach Wiedererlangung der Ehrenrechte

muß der Betreffende aber werden.

einem Truppenteil

überwiesen

Ist nach Eintritt des militärpflichtigen Alters Zu­

rückstellung erfolgt wegen Schwebens

einer Untersuchung,

die den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte nach sich ziehen

könnte, so ist gänzliche Ausschließung zu verfügen, wenn auch nach dem 5. Militärpflichtjahr die Untersuchung noch

schwebt oder wiederholt eine solche Untersuchung anhängig ist.88 2. Ausmusterung.

(MilG. §. 15, WehrO. §. 38,

HeerO. §. 9.) Personen, welche wegen Mangels körperlicher oder geistiger

Kräfte auch zum Dimst ohne Waffe dauernd unbrauchbar

find, find durch die Oderersatzkommisfion auszumustern, d. i.

definitiv in allen Ehrm der Militärpflicht zu entlaffen.88

3. Zurückstellung.

(WehrO. §§. 27—35.)80

Die Zurückstellung ist eine nur vorläufige Entscheidung, deren Inhalt zugleich regelmäßig Vorbehalt definitiver Ent­

scheidung für das nächste Jahr ist; die Anmeldung bei der

Erfatzkommission, welche die Zurückstellung verfügt hat, hat dann im nächsten Jahre wieder zu erfolgen, und die ganze Prozedur wird wiederholt.

Ausnahmsweise kann eine Zu­

rückstellung bis zum dritten Militärpflichtjahre, wegen zeitiger Ausschließungsgründe sowie behufs ungestörter Ausbildung

für einen Lebensberuf sogar bis zum fünften erfolgen; für

Untauglichkeit ebenda 138. Aus­ • Rott 146. •• Über die ärztliche Unter­ musterung ebenda 147. •« Rott 139 ff., 321 ff. suchung s. die Angabe der Bor­ schriften bei Rott 128ff.; über L»r«, «aat»recht II. 2. «uff.

578

Buch XL

DaS ReichSmilitärrecht.

dir Dauer der Zurückstellung besteht keine Meldepflicht. Mit Eintritt der Mobilmachung treten alle Zurückstellungen ipso jure außer Kraft.

Die nach dem Gesetz zuläfsigm Zurück­

stellungen verfügt die Ersatzkommission.

Gesetzliche Gründe für die Zurückstellung sind: a) zeitigeUntauglichkeit wegen körperlicher Mängel (MilG. 17, vgl. HeerO. §. 8);*81

b) zeitige Unwürdigkeit; schwebt gegen eine Per­

son eine Untersuchung wegen eines Deliktes, das den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte nach sich ziehen kann, oder eine

Untersuchung, deren Folge voraussichtlich Freiheitsstrafe von mehr als 6 Wochen oder entsprechende Geldstrafe ist, so ist

die Beendigung der Untersuchung abzuwarten; nach dem Er­ gebnis derselben erfolgt definitive Entscheidung. Wer zu einer

Freiheitsstrafe »«urteilt ist, darf vor V«büßung ob« Erlaß derselben nicht eingestellt w«dm; die definitive Entscheidung

darf bis zum 5. Militärpflichtjahre ausgesetzt werden (MilG. §. 18); c) „Ausnahmsweise Zurückstellung ob« Befreiung Mili­ tärpflichtig« vom Dienst im Frieden kann durch die oberste Instanz--------- »«fügt werden, wenn in einzelnen Fällen besond«e, in diesem Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehene

Billigkeitsgründe die Zurückstellung od« Befreiung recht-

fertigen" (MilG. §. 22); d) folgende im Gesetz genannte P«sonenkategori«n können

durch die Ersatzkommission für 1 bis 2 Jahre auf Antrag des Militärpflichtigen od« sein« Angehörigen nach genau«

Prüfung d« V«hältniffe zurückgestellt w«den:82 1. „Die

81 S. hierüber Rott 527 ff.

I 81 WehrO. §§. 32 , 33. ! hierzu Sey del 1466.

S.

Der persönliche Militärdienst frost Gesetze».

§. 39.

579

einzigen Ernährer hilfloser Familien, erwerbsunfähiger Eltern,

Großeltern oder Geschwister; 2. der Sohn eines zur Arbeit und Aufsicht

unfähigen Grundbesitzers, Pächters oder Ge-

werbetreibmden,

wenn dieser Sohn deffen einzige und un­

entbehrliche Stütze zur wirtschaftlichm Erhaltung des Besitzes, der Pachtung oder des Gewerbes ist;

3. der nächstälteste

Bruder eines vor dem Feinde gebliebenen oder an den et«

haltenen Wunden gestorbenen oder infolge derselben erwerbs­ unfähig gewordenen oder im Kriege an Krankheit gestorbenen Soldaten, sofern durch die Zurückstellung dm Angehörigm

des letzterm eine wesmtliche Erleichterung gewährt roerben kann; 4. Militärpflichtige, welchm der Besitz oder die Pach­

tung von Grundstückm durch

zugefallm, sofern

Erbschaft oder

BermächtniS

ihr Lebmsunterhalt auf deren Bewirt­

schaftung angewiesm und die wirtschaftliche Erhaltung de» Besitzes oder der Pachtung auf möglichm ist;

andere Weise nicht zu er-

5. Inhaber von Fabriken und anderm ge­

werblichen Etabliffemmts, in welchm mehrere Arbeiter be­

schäftigt find, sofern der Betrieb

ihnm erst innerhalb des

bem Dienstpflichtjahre vorangehenden Jahres durch Erbschaft

oder Vermächtnis

zugesallm und derm wirtschaftliche Er­

haltung auf andere Weise nicht

möglich ist;

auf Inhaber

von HandelShäusem findet diese Vorschrift sinngemäße Anwmdung ; 6. Militärpflichtige, welche in der Vorbereitung

zu

einem bestimmten Lebensberufe oder in der Erlernung

einer Kunst oder eines Gewerbes begriffen

eine Unterbrechung

find und durch

bedmtmdm Nachteil erleidm würdm.

3» ausnahmsweism Verhältnissen kann die Zurückstellung

derselbm bis zu einer Gesamtdauer von 4 Jahrm erfolgen (vgl. hierzu die Deklaration v. 14. Febr. 1876 bei v. Wal -

37*

Buch XL Das Reichsmilitärrrcht.

580

ther II 41); über die Studierenden der katholischen Theo­ logie f.f); 7. Militärpflichtige, welche ihren dauernden Aufent­

halt im Auslande haben.

Können zwei arbeitsfähige Ernährer hilfloser Familien, Großeltern oder Geschwister nicht

erwerbsunfähiger Eltern,

gleichzeitig entbehrt werden, zustellen, bis

so ist einer von ihnen zurück­ Spätestens nach

der andere entlaffm wird.

Ablauf des zweiten Dimstpflichtjahres soll der einstweilen und gleichzeitig der zuerst Einge­

Zurückgestellte eingestellt stellte

entlasten

werden.

Diese

Bestimmung

findet

auf

Nr. 2 entsprechende Anwendung." (MilG. §. 20.) e) Zurückgestellt werden

ligen (MilG. §. 13 Abs. 4).

endlich noch

die Überzäh­

Wie viele Rekruten der Bezirk

zu stellen hat, steht ziffernmäßig fest.

Alle

Gestellungs-

pflichtigen losen (WehrO. §. 66) am Schluß des Musterungs-

geschästes und werden dann nach Maßgabe ihrer Losnummer ausgehoben.

Ist

der Bedarf gedeckt („Abschlußnummer"),

so sind die Inhaber der weiteren Nummern überzählig; sie werden aber nicht sofort definitiv vom Dienst befreit, son­

dern für 2 Jahre zurückgestellt,

so daß sie während dieser

Zeit noch ausgehoben werdm bürfen,

wenn der Rekruten­

bedarf nicht vollständig gedeckt werdm kann. f) Eine besondere Kategorie von Zurückstellung hat so­

dann noch das G. v. 8. Febr. 1890 (RGB. 23) geschaffen. Römisch-katholische Theologiestudirrende wer­

dm damach im Frieden

für die Dauer

ihres Studiums

bis zum 1. April des s i e b e n t e n Militärpflichtjahres zurück-

gestellt und dürfen,

falls

sie innerhalb dieser Zeit die

Subdiakonatsweihe empfangen habm, nur der Ersatzreseme

überwiesen und nicht zu Übungen einbemfm werdm.

Dir persönliche Militärdienst kraft Gesetzes.

Überweisung

4.

zur

§. 39.

581

(G.

Ersatzreserve

v.

11. Febr. 1888 §. 9).88

Der Ersatzreserve sollen überwiesen werden

alle dienstfähigen, aber nicht zumDienst aus­ gehobenen Mannschaften.

Dieselbe erfolgt:

a) bei überzähligen, welche bis zu

dem auf das 3. Militärpflichtjahr folgenden

1. Februar

nicht zur Einstellung gelangt sind (MilG. §. 25, WehrO.

§. 40 Z. 1); b) bei Personen, welche wegen unheilbarer körperlicher Fehler

nur bedingt diensttauglich88 befunden

find (MilG. §. 16, dazu HeerO. §. 7 und Anlage hierzu); c) bei solchen, welche wegen körperlicher Mängel oder heil­

barer Krankheiten bereits 3 Jahre zurückgestellt sind, ohne

dienstfähig gewordm zu sein (MilG. §§. 17 Abs. 2, 25); d) bei Personen, welche nach MilG. §. 20 Z. 1—5 bereits

2 Jahre zurückgestellt find (MilG. §§. 21, 25).86

5.

Überweisung zum Landsturm ersten Auf­

gebotes (WehrO. §. 39, HeerO. §. 9 u. Aul. 4).88

Eine solche kann für einzelne aus besonderen Gründen

durch

die Ministerialinstanz

erfolgen;

sie

erfolgt

ferner,

wenn der Bedarf für die Ersatzreserve gedeckt ist; ferner

für einzelne in Berücksichtigung bürgerlicher Berhältnifle bei

Unabkömmlichkeit;

ferner

bei

Personen,

die

auch

im

8. Militärpflichtjahr noch nicht körperlich diensttauglich er­

scheinen;

endlich, wenn wegen körperlicher Gebrechen zwar

keine Einstellung ins Heer möglich ist, aber eine Berwen-

88 Rott 148 ff. - Rott 182.

88 «gl. aber hier,« MilG. §81 Z. 4d. - Rott 147.

Da» ReichSmilitärrecht.

Buch XI.

582

düng, fei es mit, fei es ohne Waffe, im Landsturm er­ folgen kann.

6.

Aushebung (WehrO. §§. 69ff.).

Dieselbe ist nicht direkte Einstellung in das Heer, son­ dern nur das definitive Urteil über die Diensttauglichkeit,87 das durch die Oberersatzkommission gefällt wird.

Regel­

mäßig wird auf Aushebung zum Dienst mit der Waffe er­ kannt, doch kann das Urteil auch lautm auf Aushebung zum Dienst ohne Waffe, z. B. als Krankenwärter, Ökonomie­ handwerker.

Bei

zeitweiligem

Verlust

der

bürgerlichm

Ehrenrechte kann Einstellung in eine Arbeitskompagnie er­

folgen.

Endlich

darf

versuchsweise

Einstellung

verfügt

werden, wmn Gebrechen behauptet werden, von deren Vor­ handensein oder Nichtvorhandensein die Oberersatzkommission

sich nicht definitiv zu

überzeugen vermochte.

Die Aus­

hebung erfolgt in derjenigen Reihenfolge, die in

jedem

Aushebungsbezirke durch das Los bestimmt ist.88 Die ausgehobenen Rekruten werden in ben Grundlisten gestrichen und zunächst mit Urlaubspäffen beurlaubt; mit

Empfang dieser letzteren treten sie rechtlich in das Verhält­

nis von Mannschaften des Beurlaubtenstandes und bedürfen zur

Verheiratung der

Genehmigung

der Militärbehörde

(MilG. §. 60 Z. 4).

III.

Die Dienstpflicht."

Die Dienstpflicht bezieht sich Heer und die Marine, 2.

1.

auf das stehende

auf die Land- und See­

wehr, 3. auf den Landsturm. 17 Mott 129 ff., 151, 174 ff.! Reihenfolge sieht vor 38 MilG. §. 13 Abs. 1. Aus- ‘ §. 73 Z. 5. nähme von der regelmäßigen. 39 WehrO. §§. 4 ff.

WehrO.

Der persönliche Militärdienst traft Gesetzes,

§. 39.

583

A. Dir DienHrNtcht I« ftekcakai Herr." Das „flehende Heer" umfaßt die zum dau­ bei den Fahnen verpflichteten

ernden Dienst

Mannschaften und die Reserve, ausschließlich jedoch

der Ersatzreserve (WehrO. §§. 5,

6); zur Flotte gehört

die Seewehr.

Jeder Ausgehobene hebungsbezirk auch

wird

zum

regelmäßig in seinem Aus­

Dienst

„herangezogen"

(MilG.

§.12 Abs. 2.). Eine Entfernung aus dem Heer oder der Marine

kann nur zur Strafe Urteils

«folgen;

sie

auf Grund eines militärgerichtlichen

muß

ausgesprochen

werdm

gegen

Unteroffiziere und Gemeine bei Vemrteilung zu Zuchthaus

und mehr als dreijährigem Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte; gegen Offiziere bei Vemrteilung zu Zuchthaus oder Verlust der bürgerlichen Ehrmrechte, ohne Rückficht auf die

Zeit, ferner in allen Fällen, wo bei Soldatm auf Ver­

setzung in die zweite Klaffe des Soldatmstandes erkannt werdm muß; fie kann ausgesprochm

werden neben mehr

als Sjährigem Gefängnis, sowie bei Offizierm in Fällm, wo bei Soldatm und Unteroffizieren auf Versetzung in die

zweite Klaffe des Soldalmstandes

erkannt werdm

kann.

Die Entfemung bewirkt dm Verlust der Dienststelle, der

Ordm und Ehrmzeichm und die Unfähigkeit zum Wieder­ eintritt (MilStGB. §§. 31, 82).

1. Der Dienst »bei den Fahnen' oder im „aktiven Heer'

Die Grundlagm

des militärischen Dimstverhältniffe-

und damit die Bafis der ganzm Armeeorganisation bildet

die Gehorsams-

und

die Treupflicht.

* Rott 194ff.; Laband II, 616 ff.

Was

an

584

Buch XL

DaS ReichSmilitärrecht.

Rechtssätzen hierüber vorhanden ist, bezieht sich

auf alle

Zweige der Dienstpflicht, sobald es sich nur überhaupt um

aktiven Militärdienst handelt, also auch auf den aktiven Landwehrdimst, den Dienst im Landsturm, die Gestellung

Alle zum aktiven Dienst

zu Kontrollversammlungen.

einberufenen Mannschaften sind biSzumTage des Austritts aus dem Dienst zu unbedingtem Gehorsam gegenüber den Dienstbefehlen ihrer

militärischen Oberen

verpflichtet.

Letztere ver-

ihnen gegenüber bestehende

treten die Staatsgewalt, die

Gehorsamspflicht besteht also juristisch gegenüber dem Im­

perium des Staates; daraus folgt, daß

die Gehorsams­

pflicht nur im Jntereffe und zu Zwecken des Staates ver­

wertet werden darf: der Mißbrauch der Dienstgewalt von

feiten der militärischen Oberen ist vom Militärstrafgesetzbuch mit Strafe

bedroht

(§.

38

Z. 3).41

Eine

andere

Schranke der militärischen Befehlsgewalt be­

steht nicht. Die Verpflichtung zum unbedingtm militärischen Ge­ horsam übernimmt der Soldat im Fahneneid; die strafrechtlichen Folgen des Ungehorsams normiert das Militär­

strafgesetzbuch §§. 89—113: vom einfachen Arrest für ge­ wöhnlichen Ungehorsam Todesstrafe.

reichen

dieselben bis hinauf zur

Dem Strafgesetzbuch steht als Ergänzung, als

„zweites Militärstrafgesetzbuch für leichtere Fälle" die Dis­ ziplinarstrafordnung für das

Heer v. 31. Okt.

1872 bezw. die Marine v. 4. Juni 189148 zur Seite: I pflicht in vorzüglicher Weise, vgl. 4' La band II, 617 charatte- MilStGB. §§. 114ff. risiertdiemilitärischeGehorsams-! 41 Publiziert im Armee-Ber«

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetze-,

585

ff. 39.

speziell mit dem militärischen Uni­

sie beschäftigt sich ganz

gehorsam; der Umstand, daß das

militärische Delikt des

Ungehorsams zum Teil unter dem Gesichtspunkt des Straf­

rechtes, zum Teil unter dem der Disziplin behandelt wird, daß also ein äußerer Unterschied bei voller innerer Gleich­

artigkeit des Thatbestandes

gemacht wird, dient auch zum

Beweise für die oben Bd. I, S. 328 f. aufgestellte Behaup­

tung : daß das Kriminalstrafrecht und das Disziplinarstrafrecht prinzipiell gleich zu konstruieren sind." Die

militärische Disziplin

Natur

ist der

der

Sache

nach eine sehr viel straffere und strenger geschützte als die „die Disziplinargewalt ist recht

sonstige Beamtendisziplin;

eigentlich das Mittel, durch welches der Staat die Erfüllung der militärischen Dienstpflicht und insbesondere der

Gehorsamspflicht

mit

unwiderstehlicher

fortigem Erfolge «zwingt; sie sichert

Gehorsam, sondern

das Strafgesetz — den Gehorsam"

der

(Laband

unbedingten

dem

erst

am

II,

618).

Gehorsamspflicht

schwerde gestattet.

und

Morgm

nach

Um jedoch die Härte zu

mildem,

Ausfühmng

gegen

welchm sie gerichtet ist, bestehen

bestimmte

Verfahren."

und

Verletzung

ordnBl. 1872 330ff., MarineBerordnvl. 1892, 116, erstere eingeführt in Württemberg und Bayern durch spezielle Lande»verordnungen (L a b a n d II, 618'). « Richtig Laband II, 618, dagegen derselbe I,464>: so gut al» man im DiSziplinarrecht

des

erhobm werdm;

Fristm

so­

den prompten

ist

Dieselbe darf aber nicht sofort,

selbe

schriebenes

Kraft

nicht nur — wie

Be­ fon«

Befehle-,

für die-

ein genau vorge­

der

über

die

Be-

einen Zwang zur Erfüllung von Pflichten finden kann, so gut liegt er in allem Strafrecht. Richtig auch G. Meyer BerwR. II, 2, 94; Hecker in Stengel» Wör­ terb. I, 871, n, 106 ff., im Gericht»saal XXXI, 481 ff. “ Kais. B. v. 6. Mär, 1873,

586

Luch XL Das ReichsmUitärrecht.

schwerde bestehmdm Borschristm sowie „unbegründete, leicht­

fertige oder wider besseres Wissen auf unwahre Behauptungen

gestützte Beschwerden"

find strafbar (MilStGB.

§. 152 Abs. 2). „Im Fall der äußersten Not und dringendsten Gefahr" kann jeder militärische Vorgesetzte seinen Befehlen

durch Anwendung von Gewalt Gehorsam verschaffen und dürfen speziell Offiziere von der Waffe Gebrauch machen

(MilStGB. §. 124). — Die spezifische Verletzung der staatsbürgerlichm Treue

durch die Verbrechen des Hoch- und Landesverrates wird

an Soldaten im Friedm

ebenso

personen (MilStGB. §. 56).

bestraft wie an Zivil­

Außerdem aber enthält das

MilStGB. §. 57 ff. noch besondere Bestimmungen über die Bestrafung

jener Delikte

Kriegsverrat.

in Kriegszeiten,

den

sog.

Das Verhalten der Soldatm im Kriege

wie im Frieden" haben zum Gegenstand die Kriegs­ artikel für das Heer und die Marine v. 23. Nov. 1872."

Ferner muß der Soldat im Krieg wie im Friedm bei den Fahnm bleibm und begeht durch widerrechtliches Ver-

laffm derselbm das

spezifisch militärische Delikt der De­

sertion (MilStGB. §§. 64 ff.) bezw. Fahnenflucht; letztere sowie das Berleitm hierzu wird im Felde mit dem

Tode bestraft (MilStGB. §. 84). —

abgeändert durch KabO. v. 14. Juni 1894 für Mannschaften des Heeres (ArmeeBB. 189), o. 23. Okt. 1894 der Marin« (MarBB. 247), für Sanitäts­ personal v. 10. Aug. 1894 (Armee$8.231), für Offiziere, Sanitäts­ offiziere und Beamte v. 30. März

i 1895 (ArmeeBB. 95). Für Bayein neue Vorschriften t>. 12. Juli 1894 für Mannschaften, v. 1. Juni 1895 für Offizier«. 45 Bgl. die schöne Ausführung bei Laband II, 620f. "Textbeiv.WaltherVI45sf.

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetze«.

g. 39.

587

solange er im aktiven Dienst

Da somit der Soldat,

steht, jedem bürgerlichen Erwerbe entzogen ist, so ist der Staat

verpflichtet,

Staat

dem

denselben

Soldaten an

zu

unterhalten.

Was

Naturalverpflegung und

der

„Löh­

nung" 47 giebt, ist keine Vergütung für geleistete Dienste,

sondern wird richtig unter den Gesichtspunkt der Alimenta­ tionspflicht gestellt, ebenso wie bei dm Beamtm.48 ist

die Erfüllung

der militärischm

An sich

Dimstpflicht lediglich

eine allgemeine Unterthanmpflicht, beten Korrelat prinzipiell

nur der

innere

und

ist,

äußere Schutz

dm der Staat

verpflichtet ist.

feinen Angehörigen zu bieten

Demgemäß

ist auch keine Zivilllage auf die „Löhnung" zulässig, während

für

Beamte

eine

spezialgesetzliche

Vorschrift

in

Durch­

brechung des Prinzipes die Klage gestattet.48

der Dimst bei dm Fahmm

Die aktive Dimstpflicht,

im engeren Sinne, dauert nach der Verfassung 3 und zwar vom Tage der Einstellung an.

mäßige Dienstzeit

Jahre,

Die verfassungs­

bei dm Fahnm ist jedoch spezialgesetz­

lich jetzt bis zum 31. März

1899

auf

2 Jahre einge­

schränkt, mit Ausnahme der Kavallerie und reitmdm Ar­

tillerie (G. v. 3. Aug. 1893 Art. II §. 2), doch sönnen die Mannschaften mit zweijähriger Dimstzeit im Falle notwen-

diger Verstärkungm des Heeres auf Anordnung des Kaisers zu

längerem Dimst zurückbehaltm »erben, der dann als Reservedimstübung gilt (ebmda §. 1). Die Berfassungsbestimmung über das 20. Lebensjahr ist durch das KriegSdimstgesetz 47 Vgl. hierüber Laband II, 021 ff., auch die Zusammenstellung bei v. Walther II, 175ff. 48 Vgl. die treffliche Dar­

legung diese« wichttgm Grund­ sees bei Laband I, 455ff., II, 7 4*f@. oben «. I, S. 328, f. dazu Laband II, 622.

Buch XI. Das Reichsnnlitärrecht.

588

dahin modifiziert,

daß bereits mit dem

1. Januar des­

jenigen Jahres, in welchem der Pflichtige das 20. Lebens­ jahr zurücklegt, die Militärpflicht beginnt (§. 6); die Ein­

stellung selbst erfolgt regelmäßig erst gegen Ende des AuS-

hebungsjahres, so daß hiedurch jener Widerspmch zur VerDie Dienstpflicht wird be­

faffung meist ausgeglichen wird.

rechnet nach dem Tag des wirklichen Diensteintrittes, doch

zwei wichtige Modifikationen

das Kriegsdienstgesetz

fieht

vor

Berechnung

dieser

(§.

Abs.

6

3.

4;

MarOrdn.

§. 16 Z. 7, s. aber andererseits MilG. §. 33 Abs. 2 u.

MilStGB. §. 18). zeit kann

Vor Ablauf

aus

eine Entlaffung

der gesetzlichen Dienst-

dem aktivm Dienste statt­

zur Dispofition

des Truppenteiles oder

zur Disposition der Ersatzbehörden.

Ersteres ist nach zwei­

entweder

finden

jähriger Dienstzeit gestattet, roenn die dadurch sich ergeben-

ben Vakanzen durch willigen

hier

Einstellung von Rekruten

gedeckt werden können.

immer

bett

einzelnen

oder Frei­

Die Militärbehörde hat

Fall

mit besonderer Rücksicht

auf häusliche Verhältniffe und dienstliche Führung zu ent« scheiden (HeerO. §. 14 ff.).

Seeleute von Beruf und tech­

nisch vorgebildete Maschinisten können schon nach einem Jahre

aktiven Dienstes in dimstges.

§. 13

der Flotte entlaffm

Z. 3).

werden (Kriegs-

Wiedereinberufung bis zum Ab­

lauf der gesetzlichen Dienstzeit kann jederzeit erfolgen (MilG. §. 60 Z. 5); Veränderung des Wohnsitzes während dieser Zeit

bedarf

mandeurs.

bei

der

Genehmigung

des

Landwehrbezirkskom­

Durch Einführung der zweijährigen Dienstzeit

den Fußtmppen

ist

die

praktische Bedeutung

Vorschriften sehr gering geworden.

80 S. G. Meyer II, 2, 114.

dieser

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetze-.

Person«,

werben,

welche

während

der

§. N.

Dienstzeit

589

untauglich

können durch den kommandierenden General bezw.

Admiral zm Disposition der Ersatzbehörden entlassen werden

Auch außerdem ist eine solche Entlaflung

(MilG. §. 52).

unter ganz besonder« Umstand« möglich."

2.

Die Reservedienstpflicht."

Rach Ablauf der gesetzlich« Di«stzeit bei dm Fahn«

erfolgt

in FriÄmszeiten Beurlaubung zur Reserve;

Dimstpflicht in der Reserve dauert nach der 4 Jahre;" die Reserve gehört zum die

Mannschaften

machung oder

Heeres"

derselbm

„sonstig«

hab«

stehmdm

bei

die

Verfaffung

Heer und

erfolgter

Mobil­

notwmdigm Verstärkung«

deS

(Kriegsdimstges. §. 6) in erster Linie die Cadres

Eine

selb­

ständige Formation der Reserve findet niemals statt.

Das

auSzufüll«

bis

zur Höhe

der

Kriegsstärke.

Dienstverhältnis zum stehmdm Heer dauert in der Reserve quoad jus nach Recht« und Pflicht« fort, ist aber quoad

exercitium während der weit überwiegmden Zeit suspen­ diert.

Nm

für

die

Zeit besonderer Übung«

Dimstverhältnis auch quoad volle Kraft:

die Reservistm

tritt das

exercitium wieder in seine

muffen sich nämlich währmd

ihrer Reservezeit zu zwei Übung«, deren jede die Dauer

von

8 Doch« nicht übersteig« darf, wieder einberufm

61 Für Bolksschullehrer vgl. MlG. §. 51, WehrO. §. 9, über andere Gründe sowie daVerfahren vgl. §. 53, dazu die MilSesRov. »: 1880 Art. H 8.53. «gl. dazu Seyd«! 1473; Laband II, 624. Rott lS4ff., 205 ff.

M Rott 214. Laband II, 626ff. *• Nähere Angaben hinsichtlich der Berechnung s. G. Meyer BerwR. ll, 2, 112. Über die ju führenden Listen der Mann­ schaften des Beurlaubtenstandes s. Rott 2Sff.

Buch XL DaS ReichSnulitärrecht.

590

lassen (Kriegsdienstges. §. 6 Abs. 6).

Reserveoffiziere können

dreimal zu 4—Zwöchentlichen Übungen

Offiziere

der

Bedürfnisses

Übungen

zu

(Kriegsdienstges. §. 12). erfolgt durch

des

nung

dreimal

Marinereserve

einberufen werden,

Maßgabe

nach

unbestimmter

von

des

Zeitdauer

Die Einberufung zu ben Übungen

den Landwehrbezirkskommandeur auf Anord­

Generals.

kommandierenden

Während

dieser

Dienstzeit stehm die Reservisten vollständig im Rechtsver­

hältnis

der

Reservisten

übrigen

Außerdem haben die

Mannschaftm.

auf

sich

ergangene

Aufforderung

öffentliche

zweimal jährlich zur Kontrolle zu stellen (s. unten S. 604 f.).

Von den gewöhnlichen Dienstobliegenheiten in der Re­ serve wie von

der Kontrolle kann

europäische Länder

bei Reisen

bis auf die Dauer von

in außer­

zwei Jahren

und ausnahmsweise auf Grund von Konsulatsattesten noch länger

dispensiert

»erben,

jedoch

vorbehaltlich

sofortiger

Heimkehr bei erfolgter Mobilmachung (MilG. §. 59).64

Bei erfolgter Mobilmachung haben die Reservisten sofort der kaiserlichen — in

Bayern

der

königlichen —

Ein­

berufungsordre Folge zu leisten; ist über Teile des Reichs­ gebiets der Kriegszustand erklärt, so erfolgt für diese Teile die

Einbemfung

durch

(Kriegsdienstges. §. 8). dies thunlich,

die

kommandierenden

Die Einberufung

Generale

erfolgt, soweit

nach Jahresklassen, wobei jedoch in Rücksicht

auf dringende häusliche Geschäfte („Klassifikationsverfahren") oder wegm Unabkömmlichkeit aus einer öffentlichen Dienst­ stellung Modifikationen gestattet fmb.66

" Vgl. hierzu La bau dH, 630. 20 ff. Vgl. auch Sey del 147Sff.; °° MilG. §§. 63ff., dazu Laband II, 631 ff. WehrO. zweiter Teil §§. 17 ff.,

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetze».

591

I. 39.

Das Gesetz bestimmt nämlich in ersterer Beziehung in §. 64:66

„Hierbei können dringende häusliche und gewerbliche

Verhältnisse derart Berückfichtigung vistm

die

hinter

letzte

finden, daß Reser-

Jahresklaffe der Reserve ihrer

Waffe oder Dienstkategorie, Landwehrmannschaften

sowie

in

besonders

dringmden

auch

Fällen

aber

einzelne

Reservisten hinter die letzte Jahresklaffe der Landwehr n. Aufgebotes ihrer Waffe oder Dienstkategorie zeitweise

zurückgestellt werden.

Jedoch der

hinter

darf in keinem Aushebungsbezirke die Zahl

letzten

den

gestellten Mannschaften Zahl

der

hinter

den

Jahrgang

Landwehr

Reserve

letzten Jahrgang

zurück-

der Landwehr

drei Prozent der Reserve

zurückgestellten Mannschaften

und

der

zwei Prozent der Reserve, die

übersteigen;"

die

Entscheidung

erfolgt

durch die verstärktm Ersatzbehördm; ferner in letzterer:

„Reichs-, Staats- und Kommunalbeamte sowie An­

gestellte der Eismbahnen, welche der Reserve oder der Landwehr angehören, endlich Personen, die ein geistliche-

Amt innerhalb

einer mit Korporationsrechten ausgestat­

teten Religionsgesellschast bekleiden, dürfm für den Fall einer Mobilmachung oder notwendigen Verstärkung des

Heeres

hinter

die

letzte

Jahresklaffe

IL Aufgebotes zurückgestellt werden,

sckbst vorübergehend nicht offen

der

Landwehr

wenn ihre Stellen

gelassen werden können

und eine geeignete Vertretung nicht zu ermöglichen ist."

** Genauer spezialisiert in der WehrO. §. 122.

Da» ReichSmilitirrecht.

Buch XL

592

über die „unabkömmlichen" Personen werden bei den

Generalkommandos

alljährlich

ständige,

zu

erneuernde

Listen geführt. Das hierbei zu beobachtende Verfahren hat in der Wehr­

ordnung

eine

und sorgfältige

detaillierte

Regelung

ge­

funden. 661 Beamte dürfen infolge ihrer Einberufung keinen

Nachteil

in

ihrem

Dienstverhältnis

§. 66), auch dann nicht, ««getreten sind,

wenn

erleiden

(MilG.

sie freiwillig ins Heer

Abkömmlichkeit vorausgesetzt (MilGNov.

Art. II §. 66 Abs. 4).

Personen des Beurlaubtenstandes,

geistliches ämt61 halb

in

welche bereits

ein

einer mit Korporationsrechten inner­

deS Reichsgebietes ausgestatteten Religionsgesellschaft

bekleiden, werden nicht zum Dienst mit der Waffe, sondern nur zur Seelsorge und Krankenpflege

beigezogen (MilG.

§. 65 Abs. 2). Die 8 Tagen

Nichtbefolgung

der

Einbemfungsordre

binnen

sowie die Aufreizung hierzu werden streng be­

straft (MilStGB. §§. 68 ff., verb. RStGB.

§. 112).

Die Mannschaften der Reserve und Landwehr «halten, wenn sie im Dienst sind, Naturalverpflegung und Löhnung

wie die übrigen Mannschaften,

auß«dem auch noch

im

Falle d« Bedürftigkeit eine Unterstützung für ihre Familien

nach Maßgabe des G. v. 28. Februar 1888 (RGG. 59),

die durch die Lief«ungsv«bände (s. hierüb« unten S. 644 f.)

zu leisten ist. Bei überwand«ung in einen anderen Einzelstaat treten

86 * S. bes. auch die Angaben " Sey del 14798 über den bei Rott 324ff., Laband II, Begriff „geistliches Amt'.

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetz«-.

§. 39.

593

die Mannschaften des Beurlaubtenstandes hier in ihr Dienst­

verhältnis ein (KriegsdimstG. §. 17); anders die Offiziere deS Beurlaubtenstandes (s. unten S. 612).

3. Die Dienstpflicht in der Ersatzreserve.M (®. v. 11. Febr. 1888 §. 8 ff.) Die Dienstpflicht in der Ersatzreserve war nach dem

Mlitärgesetz

von 1874 eine nur eventuelle;

wurde dieselbe gar nicht praktisch;

im Frieden

nur im Kriegsfall, bei

Mobilmachung oder Bildung von Ersatztruppen tonnten die Ersatzreservisten eingerufen werden.

Die Ersatzreservisten

zählten nicht zu den Mannschaften des Beurlaubtmstandes;

warm dieselbm einberufm,

so traten sie nach der Ent­

lassung von dm Fahnm nicht in die Ersatzreserve zurück,

sondern in die eigentliche Reserve bezw. Landwehr; letz­ teres bleibt in Kraft für alle im Kriegsfall ausgebildeten

Ersatzreservisten (MilG. §. 50,

vgl. Motive zu der Mil.-

GesNov. v. 1880 S. 12).

Die Stellung der Ersatzreserve ist durch die Mi litärgesetznovelle von 1880 prinzipiell ge­

ändert worden: die Dienstpflicht in der Ersatz­

reserve ist nunmehr keine eventuelle, sondern eine wirkliche auch in Friedenszeiten (Art. IZ. 3).

Die Ersatzreserve ist nicht mehr nur Material zur eventuellen Ergänzung der Heereskräfte, sondern ist jetzt ein wirklicher Bestandteil de-

Heeres selbst geworden.

Einm weiteten Schritt in

dieser Entwickelung hat sodann noch das G. v. 11. Fe­

bruar 1888 gethan, insbesondere durch Aufhebung de* «ott 21Sff.

8»«e, «»»«»recht II. 2. ZufL

38

594

Buch XL Das ReichSmilitLrrecht.

Unterschiedes zwischen Ersatzreserve erster und

zweiter Klasse. An den Bestimmungen hinsichtlich der Überweisung zur

Ersatzreserve (s. oben S. 581) ist nichts geändert worden, ebenso-

roenig an dem Prinzip:

daß sieben Jahrgänge der Ersatz­

reserve genügen müssen,

um die Cadres des Heeres in der

Kriegsformation voll zu machen; endlich an dem Recht des Kaisers, im Falle der Mobilmachung die Ersatzreserve einzuberufen.

Für die Ersatzreserve

besteht

int Frieden

eine Dienst­

pflicht in folgendem Umfang: Die Mannschaften dürfen in

einer durch dm Reichshaushaltsetat zu bestimmmdm Zahl zu drei Übungen, deren Dauer die Gesamtzeit von 20 (10,

6, 4) Wochen beträgt, eingezogen werden; Zurückstellungm

sönnen in Berücksichtigung dringender häuslicher und gewerb­

licher Verhältnisie erfolgen. in der Regel fonen,

bis

Die Ersatzreservepflicht dauert

zum vollmdetm 81. Lebmsjahre.

welche die Ordination des

des

Subdiakonatsweihe

evangelischm

katholischm

Per-

oder die

Kirchenrechtes

em-

pfangm haben, sind von diesm Berpflichtungm befreit.68*

In Bezug auf das Rechtsverhältnis nach erfolgter Ein­ berufung zum Dimst gelten für die Ersatzreservisten die Borschriftm,

welche

für die

Reservistm

und

Landwehrleute

ersten Aufgebotes gelten, ebenso in Bezug auf Beurlaubung nach

außereuropäischen Ländern

und

Entlastung aus der

Staatsangehörigkeit.

Die Ersatzreservistm gehören zu dm Mannschaftm des

Bmrlaubtmstandes.

Die dm Reservisten jetzt gesetzlich zu-

gesichertm Unterstützungm

im Kriegsfall wie in Friedms-

“• WehrO. §. 40 Z. 3a, §. 117 Z. 4.

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetzes,

§. 39.

595

zeiten echaltm auch die Ersatzreservisten, im Frieden jedoch nur für die 2. und 3. Übung (f. dazu unten S. 644 f.). Die Dienstpflicht in der Ersatzreserve dauert 12 Jahre,

vom 1. Oktober des ersten Militärpflichtjahres ab gerechnet.

Rach Ablauf dieser Zeit werden die nicht ausgebildeten Mannschaften dem Landsturm, zweiten Aufgebotes überwiese».

die übrigen der Landwehr Ersatzreservisten,

die zum

Zwecke der Mobilmachung einbemfen waren und militärisch ausgebildet sind, treten nach erfolgter Demobilmachung zur

Reserve bezw. Landwehr über. B. Die Dte«ftPMcht i« der Limddßetzr (KrtegddienstS. 8. 7). ■

Nach vollendeter Dienstpflicht „bei den Fahnen" und „in

der Reserve ' erfolgt die Entlastung zur Landwehr bei den nächsten auf Erfüllung der Dienstzeit folgenden Frühjahrskontrolloersammlungen

§. 4).

(MilGesNov.

v.

1880

Art.

I

Die Dienstpflicht in der Landwehr ersten Aufgebote-

beträgt 5

Jahre;

in der Landwehr

zweiten Aufgebote-

dauert sie bis zum 31. März desjenigen Kalenderjahres, in welchem das 39. Lebensjahr vollendet wird.

Kavalleristen

und reitmde Artilleristen brauchen in der Landwehr I. Auf­

gebotes

nur 3 Jahre zu

bienen (G. v. 3. Aug. 1898

Art. n, §. 3 in Abänderung von MilG. §. 50 Abs. 3; —

gilt nur bis 81. März 1899).

Die Landwehrdienstpflicht

qualifiziert sich im Frieden ganz ebenso wie die Reserve­ dienstpflicht: das militärische Dienstverhältnis besteht qnoad

jue fort, ist aber für die meiste Zeit über quoad exer-

citium suspendiert.

Demgemäß gehören auch die Landwehr­

leute zu den „Mannschaftm des Beurlaubtenstandes".

•• Rott 216 f.

Die

in

Das Reichsmilitärrecht.

Buch XL

596 der

Landwehrdienstpflicht

Verpflichtungen

enthaltenen

sind: 1. die Pflicht, währmd der Landwehrzeit ersten Auf­ gebotes sich zweimal

formierten

auf 8—14 Tage

zu Übungen

ein­

welche für die Infanterie in besonders

berufen zu lassen,

Abteilungen

sind;

abzuhalten

Übungen

der

Landwehrkavallerie finden im Frieden gar nicht statt, der übrigen Waffengattungen nur

treffenden Linientruppenteile"

Anschluß

„im

(KriegsdienstG.

an die be­ §. 7); nach

dem vollendeten 32. Lebensjahr soll für Landwehrleute des I. Aufgebotes eine Einberufung

durch kaiserl. folgen. 60

nur ganz ausnahmsweise

in Bayern königliche Verordnung er­

bezw.

Während der Dienstzeit stehen auch die Landwehr­

leute unter den für das aktive Heer geltenden Vorschriften

über Disziplin und Gerichtsbarkeit. durch

Die Einberufung erfolgt

die Landwehrbezirkskommandos auf Anordnung des

Kaisers (Königs von Bayern) nerals;

auf

Anordnung

des

bezw. kommandierenden Ge­ letzteren

zu den

jährlichen

Übungen und wenn Teile des Reichsgebietes sich im Kriegs­ zustand

befinden

Landwehrleute des

ttolle

stellen.

(Kriegsdienstges.

§.

2.

8).

Auch

die

ersten Aufgebotes müssen sich zur Kon-

S. unten S. 604 f.

Die

II. Aufgebotes wird im Frieden

Landwehr

zu Übungen

nicht einberufen.

Im Kriege

soll die Landwehr

„zur Verteidigung deS

Vaterlandes als Reserve für das stehende Heer" verwendet, also

in erster Reihe zum Schutze des

heimischen Bodens

zurückbehalten »erben (KriegsdienstG. §. 5 Abs. 2); dies kann

i dieses Satzes enthält Kontroll80 Verschiedene Modifikationen | gesetz §. 4.

§. 39.

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetze»,

597

jedoch nur für die besonders formierte Landwehrinfanterie

gelten, währmd die Landwehrleute der übrigen Waffmgattungm einfach in die Formationm des stehenden Heeres «ingereiht werden.*' über Klassifikation und Unab­ kömmlichkeit gelten bei der Land- und Seewehr die nämlichen Vorschriften wie bei der Reserve (f. oben S. 590 f.).

Die Dienstpflicht in der Seewehr steht vollkommen unter ben gleichen Rechtsnormen wie die der Landwehr, doch wird

die Seewehr im Friedm nicht zu Übungen einberufm. C. »te SaakfhmartUtt (•■ »• 11. geht. 1888 H. 84 ff.).*

Den Landsturm bilden: alle wehrpflichtigen und »ehrfähigen Mannschaften

bis

zum

vollen­

deten 45. Lebensjahre, die nicht dem Heer oder

der Marine angehören.

Insoweit der Übertritt zum

Landsturm aus der Landwehr** erfolgt, es sich demgemäß mn militärisch ausgebildete Mannschaften handelt, spricht

das Gesetz von Landsturm II. Aufgebotes,

Lab and zu-

treffend von Landwehr III. Aufgebotes; die militärisch nicht

ausgebildeten Mannschaften charakterisiert das Gesetz als Landsturm I. Aufgebotes. Zu Übungen oder behufs Kon­ trolle kann der Landsturm nicht einberufm

Aufgebot des Kaiser,

bei

Landsturms

unmittelbarer

erfolgt

werdm.

im Kriege

Kriegsgefahr

auch

Das

durch

dm

durch

die

Rott 59 ff.; über die ganz« 61 Auch für die Infanterie Materie ebenda 310 ff. ** Auch hier erfolgt di« Entmodifiziert in KriegSdienstG. laffung erst bei den nächsten, i§. S Abs. 3, 14. auf Erfüllung der Dienstzeit * Laband H, 637 f.; G. folgenden FrühjahrSkontrolloerMeyer BerwR. II, 2, 140 f.; sammlungm (MilGesRov. v. über die zu führendm Listen 1880 Art. I §. 4).

598

Buch XL

kommandierenden

Das ReichsmilitSrrecht.

Generale

und

Festungskommandanten.

Der aufgebotene Landsturm steht genau unter den

gleichen

Vorschriften bezüglich der Dienstpflicht wie die Landwehr.

Der Landsturm

ersten

Aufgebotes

soll

wie

die

frühere

Ersatzreserve zur Ergänzung des Heeres dienen; der Land­

sturm zweiten Aufgebotes soll insbesondere dm Besatzungs­

Regelmäßig soll der Land­

und Eiappmdimst übemehmm.

sturm zweitm Aufgebots in besondere Abteilungm formiert

werdm.

Der Aufruf erfolgt nach Jahresklaffm; für Klassi­

fikation und Unabkömmlichkeit gelten die gleichen Vorschriften wie für Reserve und Landwehr,

ebenso bezüglich

gewährmdm Unterstützungen an die Familim.

lösung des Landsturms und

damit

der zu

Die Auf­

die Bemdigung

der

Dimstpflicht erfolgt durch kaiserliche Anordnung.

In Bayem

erfolgt Aufruf wie Auflösung des Land­

sturms durch königliche Verordnung. D. Die Dievstpfticht der Ei«iShrig-Krei»Ulisen dezw. der Reserve- «vd LavdwehroffiLierr. («riegSdtenstS. §. 11, MUG. §. 14, WehrO. SS. 88 ff., HeerO. S. 19 ff.)-

Die gesetzliche Dimstpflicht kann unter bestimmten Vor­ aussetzungen eine besondere Modifikation erleiden, welche sich

dahin qualifizieren läßt: 1. Freiwilliger Eintritt in das Heer

bqro. die Marine ist überhaupt

gestattet nach erfolgtem

Wehrpflichtalter und giebt im allgemeinen die Berechtigung,

dm Truppenteil zu wählm (KriegsdienstG. §. 17 Abs. 2), jedoch bedarf es jetzt für den freiwilligen Eintritt auf zwei, drei oder vier Jahre der besonderm Genehmigung der Ersatz-

behördm

(MilGesNov.

Art. n

«Labandll,63Sff.; Rotti 78 ff. I

§. 10);65

2. der frei-

" S. dazu Rott 70ff.

Der persönlich« Militärdienst kraft Gesetze».

§. 39.

599

willige Eintritt hat überdies zur Folge, daß die gesetzliche Dienstpflicht von zwei bqw. drei Jahren in einem Jahre

erledigt werden kann66 und die beiden

anderen Jahre der

Reservedienstpflicht zuwachsen, welche sich damit auf 6 Jahre

erhöht, wenn außerdem noch bestimmte gesetzliche Voraus­ setzungen

Die Wahl des Truppenteiles ist,

gegeben sind.

wie oben bemerkt, für Freiwillige überhaupt frei, doch sind Feldattillerie und Train an Orten, wo Fußtruppm gami-

sonieren, zur Annahme von Einjährig-Freiwilligen nur ver­ pflichtet

für

vier

(MilGesRov. sonst ist

v.

gemäß

per Batterie

Mann

1880

Art. H,

WehrO.

§.

bezw.

Kompagnie

§. 14 Abs. 4).

Auch

94 für größere Garnisonen

eine „Berteilung" d« Einjährig-Freiwilligen auf die Truppen­

teile zulässig. Die Basis dieses Berhältniffes ist die g ese tz li ch e Wehr­ pflicht; der Gesichtspuntt der Freiwilligkeit bezieht sich

nm

auf

gewisse Modalitäten der Dienstleistung;

stimmende

«giebt sich,

Gesichtspunkt

bleibt

der

daß es jedermann freistehl,

der be-

Daraus

gesetzliche.

den allgemeinen

oder jenen besonderen gesetzlichm Bestimmungen zu genügenNiemand,



dm

gesetzlichen

Boraussetzungm

Dienst als Einjährig-Freiwillig« genügt hat,

für

dm

muß

als

solch« eintrttm, ab« d« gesetzlichen Dimstpflicht muß Genüge geleistet »erben.

Fallen jene gesetzlichen Voraus­

setzungen weg, so treten an Stelle der besond«m Dimstleistung die allgemeinm gesetzlichm Vorschriftm.

Für die Regelung d« Boraussetzungm des Einjährig-

Freiwilligm-Dimstes behält das Militärgesetz ein Spezial-

* über die Mediziner f. B. v. 6. Febr. 1878 §. 5.

600

Das ReichSmilitärrecht.

Buch XL

gesetz vor, welches bis jetzt nicht ergangen ist.67

Bis dahin

gelten die vorläufigen Bestimmungen der WehrO. §§. 88 ff. Darnach wird

bezw. HeerO. §§. 19 ff.

neben ben allge­

meinen Voraussetzungen für den Eintritt in das Heer — die von einem Truppenteil als untauglich Zurückgewiesenen werden

zu

Entscheidung

definitiver

der

Oberersatzkom­

mission vorgestellt.— sowie der Selbstverpflegung, Selbstausrüstung und Selbstbelleidung (WehrO. §. 8 Z. 1)

speziell

gefordert der Nachweis besonderer wissen­

schaftlicher Bildung.

Dieser Nachweis wird erbracht

entweder durch Vorlage eines Reifezeugnisses eines deutschen

Gymnasiums oder einer durch positive Vorschrift für gleich­

berechtigt erllärten Anstalt — Gymnasien, Realgymnasien,

Oberrealschulen,

Progymnafien,

höhere

seminarien,

andere öffentliche Lehranstalten,

Bürgerschulen,

Real-Pro-

Realschulen,

gymnasien,

öffentliche Schullehrer-

Privat-Lehr-

anstalten — oder durch Bestehen einer besonderen, jährlich zweimal, im Frühjahr und

Zivilvorsitzenden Prüfung.68

der

im Herbst, unter Leitung des

Oberersatzkommission

abzuhaltenden

Die wissenschaftliche Qualifikation wird nach­

gewiesen durch den

sog.

Berechtigungsschein.

Zur

Sicherung der Gleichmäßigkeit der zu stellenden Anforderungen

ist eine Sachverständigenkommission gebildet, die ben merk­

würdigen Namen „Reichsschulkommission" führt. 67 Es soll hierfür die gesetzliche Regelung des höheren Unter­ richtswesens in Preußen abge­ wartet werden. S. die Prüfungs­ ordnung Anlage 2 zur Wehr­ ordnung. ee Vgl. hierher die Angaben bei La band II, 640 f., beson­

ders auch über die zulässigen Dispensationen von dem Nach­ weis der wiffenschaftlichen Quali­ fikation. DaS neueste Verzeich­ nis der zur Ausstellung des Zeugnisses berechtigten Anstalten f. CBl. 1896 155 ff.

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetze»,

g. 39.

601

Der Eintritt der Einjahrig-Freiwilligen erfolgt auf Grund dieses Berechtigungsscheines und ist gestattet von dem Zeit­

punkt der eingetretenen Wehrpflicht an; der Berechtigte kann

jedoch auf Gmnd des Scheines nach eingetretenem Militär­ pflichtalter Zurückstellung

bis zum 1. Oktober des vierten

(„vollendeten 23. Lebensjahres"), ja ausnahmsweise sogar des siebenten Militärpflichtjahres, verlangen. Aushebung erfolgt bei

denjenigen Personen, welche den Berechtigungsschein zum ein­ jährig-freiwilligen Dienst haben, nicht; bei Eintritt des Mili­

tärpflichtalters müssen dieselben sich vielmehr selbst, falls sie noch nicht gedient haben, vor der Ersatzkommission melden; er­ folgt innerhalb des gestatteten Zeittaumes freiwillige Mel­ dung zum Eintritt ins Heer nicht, so geht die Berechtigung

zum einjährig-freiwilligen Dienst zur Sttafe verloren und kann nur durch die dritte Ersatzinstanz

Bei

Kriegsausbruch

müssen

die

wieder verliehen werden.

bereits

militärpflichttgen

Personen mit Berechtigungsschein fich auf öffentliche Auf­ forderung sofort zum Eintritt ins Heer stell« (MilG. §. 14

Den Berechtigten

Abs. 1).

steht die Wahl des Truppen­

teiles im ganzen Reichsgebiet (mit der oben bezeichnet«

Modifikatton) frei; der Diensteintritt hat bei der Infanterie am 1. April oder 1. Oktober, beim Train am 1. November,

Vdi den übrig« Waffengattung« am folg«.

Die

Einjährig-Freiwillig«

1. Oktober zu er­

müff«

im

Landheer

auf Grund eines von Vater oder Vormund auszustellendm

Zeugnisses

die Verpflichtung

nehm«,*'

in der Marine (dem Seebataillon, der See­

artillerieabteilung,

zur

Selbstverpflegung

der Handwerkerkompagnie,

über­

der Werst-

•’ Vgl. das Reglement Anlage 6 zu HeerO. §. 19.

Buch XL Das Reichsmilttirrecht.

602

divifion) nicht; auch im Landheer Kirnen durch die GeneralKmmandos Ausnahmen gestattet werdm.

Die Dienstzeit

beträgt ein Jahr, bei Medizinern auf Anttag 1 's Jahr mit

der Waffe, li» Jahr als Unterarzt.

Nach einjähriger Dienst­

zeit erfolgt die Entlaffung zur Reserve;

die Reservedienst­

pflicht dauert 6 Jahre; dann folgt die Landwehrdienstpflicht

und die Landsturmpflicht, so wie diese Verpflichtungen durch das

Gesetz

überhaupt

geregelt

sind.

Die

militärischen

Pflichtm der Einjährig-Freiwilligen sind im übrigen recht­

lich von denjenigen der übrigm Soldaten nicht verschieden. Die militärische Ausbildung ist allerdings eine besondere,70

da

die Einjahrig-Freiwilligen

bestimmt sind,

die Unter­

offiziere und Offiziere, die im Kriegsfall zur Ergänzung des Heeres

erforderlich

sind,

zu

stellen.

Die Qualifikation

hierzu ist durch eine besondere theoretische und praktische Prüfung nachzuweisen, über deren Bestehen ein besonderes

Qualifikationsattest zum Reserveoffizier aus­

gestellt wird;

außerdem find zwei 8 wöchige Übungen ab­

zuleisten, nach beten erfolgreicher Beendigung die Offiziers­ wahl durch das Offizierkorps des Landwehrbataillons bezw. Truppenteiles

erfolgt,

auf Grund deren

dann die Be­

förderung zum Offizier vollzogen wird (KriegsdienstG. §. 11). Erfolgt

die Ernennung zum Unteroffizier oder Offizier

der Reserve oder Landwehr, so bleibt die prinzipielle Unter­ lage des Rechtsverhältniffes doch die nämliche wie vorher:

die Erfüllung der gesetzlichen Militärpflicht.77 Die Übernahme jener besonderen Stellungen beruht auf Frei-

70 Laband II, 643, s. auch! über diese Puntte Mott 275 ff. |

71 Laband II, 643 f.

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetz«»,

g. 39.

603

wird aber die Übernahme abgelehnt, so muß

Willigkeit;

doch der gesetzlichen Militärpflicht genügt werden; falls erfolgt Ableistung dieser letzteren eben

andern­

in jener be­

sonders qualifizierten Art. Die

Dienstverhältniffe

der

und

Reserve-

Landwehr­

offiziere find im allgemeinen analog denjenigen der übrigen Mannschaften

des

Beurlaubtenstandes,

Reserveoffiziere während der Reservezeit

Übungen

doch

müssen

die

drei 4—8wöchige

leisten, die Landwehroffiziere ihre Qualifikation

gut Beförderung durch besondere Übungen nachweisen, beide Kategorieen zu den Kontrollversammlungen in Uniform er­

scheinen.

Andrerseits stehen die Offiziere des Beurlaubten-

standes in allen denjenigen Beziehungen, die die Offiziers­ stellung betreffen, den aktiven Offizieren gleich und werden im Krieg wie im Friedensdienst ganz wie diese verwendet,

unterstehen insbesondere auch der Kais. B. v. 2. Mai 1874 über die Ehrengerichte.

Die Überweisung zur

Landwehr

kann mit Zustimmung des bett. Truppenteiles unterbleiben. Der Übertritt zur Landwehr zweiten Aufgebotes und zum

Landsturm erfolgt auf gesuches.

Im

Kriege

überall nach Maßgabe

wenden. lasten.

Durch

Staatsangehörigkeit

Grund eines müflen

sich

formellen Abschieds­ die

Landwehroffiziere

des militärischen Bedürfniffes ver­ Veränderung

erfährt

der

einzelstaatlichen

das Offiziersverhältnis

keine

Änderung. Zur Sttafe kann das Vorrecht der Einjährig-Freiwilligen

verloren gehen, doch wird die beretts zurückgelegtt Dienst­ zeit dann dreifach gerechnet (MilG. §§. 14 Abs. 2 u. 50).

«• S. dazu auch Laband H, 644 tos. 1. Z. 4.

604

Buch XL

Das ReichSmilitärrecht.

E. Die S»»trsAe fiter Vttlittrperfo«e«. (G. v. 15. Februar 1815, RGB. 65, dazu die Kontrallorduuug [2. DeU der deutschen Wehrorbnung) CBl. 1875 S. 631 ff., HeerO. §. 39 ff )

Die

des

„Mannschaften

1. Reservistm,

Beurlaubtenstandes",

2. Land- und Seewehrleute

d.

i.

ersten Auf­

gebotes, 3. die zur Disposition der Truppenteile oder der

Ersatzbehördm von der Fahne beurlaubten Mannschaften,

4. die ausgehobenen, aber vorläufig in ihre Heimat beurlaubtm Rekruten, und

S. die Ersatzreservisten, sind einer

genau geregelten Kontrolle unterworfen.

Für die Land-

und Seewehr zweiten Aufgebotes findet eine Kontrolle in Friedenszeiten nicht statt.

Leitung der

Die Kontrolle wird unter der

Landwehrbezirkskommandos

meldeämtern,

von dm Haupt-

Meldeämtern und Bezirksfeldwebeln geführt,

nur für die Militärpflichtigm bis zur Entscheidung über

die Dienstpflicht durch selben könnm

die Ersatzbehördm.

die Land- und Seewehrlmte

Behufs der-

ersten

Auf­

gebotes und die Ersatzreservistm des Heeres und der Ma­ rine alljährlich einmal, die übrigen in Betracht kommenden

Kategoriem

zweimal, durch öffmtliche Bekanntmachung zu

Kontrollversammlungm berufen werden (§. 1), auf welchen

für die einzelnen Bezirke

die Evidenz

des erforderlichm

Bestandes an Mannschaften festgestellt werdm soll.72

Diese

Versammlungen sollen wo möglich die Pflichtigm nur auf

einen Tag ihren Geschäften mtziehm (§. 1); Dispensation ist

aus

Billigkeitsrücksichtm

immer

gestattet.

Für

dm

ganzm Tag der Kontrollversammlung gelten für die Ein­

berufenen die Militärgesetze und die Disziplinarordnung. Bei 7* Die nähere Vorschrift über überhaupt Rott 17 ff., 254ff.; die zu erstattenden Meldungen Laband II, 628 ff. s. in Kontrollgesetz §. 2; vgl.

Der persönliche Militärdienst kraft Gesetze-.

605

§. 39.

Beurlaubung nach außereuropäischen Ländern kann generelle Dispensation von der Kontroll- und den übrigen Dienst­

pflichten für zwei Jahre, unter bestimmten gesetzlichen Vor­ aussetzungen für die ganze Zeit

Patifinden-/'

bei

des

MilitärverhältniffeS

verfügter Mobilmachung

aber muß so­

fortige Rückkehr aller Mannschastm des Beurlaubtenstandes

ins Reich erfolgen,

insofern

erteilt ist (MilG. §. 58).

Strafe

anderweitigen

und

nicht

hiervon Dispens

auch

Die Kontrollentziehung ist mit Rechtsfolgen

bedroht.74

Alle

Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden, insbesondere auch

die Konsulate und

behörden zu

behufs

leisten

Seemannsämter, habm

der Kontrolle

(MilG.

§.

7V).78

den Militär-

jede «forderliche Beihilfe

Von

jedem

Wechsel

des

Aufenthaltsortes, sowie von jed« Reise üb« 14 Tage ob«

für unbestimmte Zeit müssen die Mannschastm des Beur­

laubtenstandes, auch d« Land- und Seewehr zweitm Auf­

gebotes, lassen.

dem Landwehrbezirkskommando Meldung zugehm Die nach Jahresklaffen und Waffmgattungm

sond«s zu führmdm Landwehrstamm-

rollm müssen jed«zeit evidmt gehaltm §. 2); zu

und

be-

Ersatzreserve-

werdm (KontrG.

dm hierfür erford«lichm Meldungm find auch

die Land- und Seewehrleute des zweitm Aufgebotes verpflichtet;

für

sie

könnm

die

Meldungm

auch

durch

Familimangehörige erfolgen.76

” MilG. §. 59 besonders über 74 Spezialbestimmungen hier­ die eventuell erforderlichen Kon- über in §§. 6 u. 7 de- KonäulatSatteste. Vgl. auch MilG. trollgesetze-, §. 67 des MilG. i. 60; ferner für die Landwehr 78 Die näheren Vorschriften zweiten Aufgebote- ®. v. 11. bei Rott 498 ff. ^bruar 18K §§. 4 Z. 4, 21 78 «• v. 11. Febr. 1888 §§. 4 Z. 2, 21 Z. 4.

Buch XL Da» ReichsmikitSrrecht.

606

Bevorstehende Auswandemng ist den Militärbehörden anzuzeigen (StGB. §. 360 Z. 3). §. 40.

Aer »erftnNche MlMärdieust Kraft frdetilte überuammeuer P»e«ß»Mcht.'

Das Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht schließt die freiwillige Übernahme einer militärischen Dienstpflicht nicht

aus:

schon

bei

dem Institut

der Einjährig-Freiwilligen

kommt der Gesichtspunkt der Freiwilligkeit auch in Betracht; noch mehr aber ist dies der Fall bei dm Offizierm und Mttitär-(Marine-)Beamten

tulanten.

Regelmäßig

sowie

erfolgt

dm sogenannten Kapi­

nach

Erfüllung

der

dem

Staat geschuldetm militärischen Pflichten die Rückkehr zum bürgerlichen Lebensberuf;

kategorieen aber

die obm

genannten

Personm-

haben gerade den Militärdienst freiwillig

zu ihrem Lebmsberuf gemacht.

Es liegt auf der Hand,

daß ohne die hierdurch gebotme Diensterfahrung das Heerwesm niemals zu einer

hohm Stufe der Vollmdung ge­

fördert werdm kann.

Die obm

genannten Verhältnisse des Militärdienstes

beruhen, analog dem Beamtenverhältnis, auf freiwilliger Übernahme; dem staatlichen Bedürfnis konnte bis jetzt auf

diesem Wege vollauf Gmüge geschehen, so

daß bis jetzt

keine Erwägung der Beschaffung dieser Kräfte vermittelst

staatlichen Befehles erforderlich war.8* * 1 La band II, 647 ff.; Rott Kategorieen „Rechtsgeschäft', 68 ff. .Vertrag' (des öffentl. Rechtes) 8 Laband II, 648, verb. I, und unterscheidet zwischen .AmtS307 ff. verwendet für die juristische auftrag* und .Dienstvertrag'. Konstruktion hier überall die

Militärdienst kraft frei», übernommener Dienstpflicht, g. 40. 607 freiwillige

Die

Lebensberuf

deckt in

vollkommen

zu;

Übernahme

juristisch

Militärdienstes

aber ist die letztere

keineswegs aufgehoben,

erstere

des

als

der Regel die gesetzliche Dienstpflicht

was sich

durch

die

klar darin

sehr

äußert, daß Offiziere, welche vor Erfüllung der gesetzlichen

Dienstpflicht aus dem Offiziersverhältnis ausscheidm, dies nur mit Vorbehalt der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten zu thun imstande find, es sei denn, der Austritt bestehe in

Verabschiedung

oder

ehrenrühriger (Entfernung

aus

dem

Heere.8

I.

1.

Brr Afstzirrvdirnfl.

Offiziere und Unteroffiziere find prin­

zipiell Staatsbeamte und ihre Stellen Staats­ ämter: das Beamtenrecht bildet die staatsrechtliche Grund­

lage für die Konstruktion des OffiziersverhältniffeS (s. die

prinzipiellen Ausführungen obm Bd. I, S. 287 ff.);4 aller­ dings ist für die Offiziere eine ganz besondere Modifikation

des allgemeinen Beamtenrechtes eingeführt worden und dem­ gemäß das Reichsbeamtengesetz nur insoweit anwendbar, als

dies ausdrücklich bestimmt ist. Der Unterschied zwischen Offizieren und Unteroffizieren,

so bedeutend derselbe thatsächlich ist, ist keine Verschieden­ heit der Art, sondern

mmg

ist

immer

lediglich des Grades.

Ausfluß der

Die Ernen-

Befehlsgewalt,

nicht

der

Militärverwaltung,8 steht demgemäß verfassungsmäßig dem Kaiser zu, jedoch mit weitgehenden, auf dm Konvmtionm

* HeerO. §.40; vgl. Laband

• Ä. 8L @. Meyer VerwRII, 2, 103, s. dagegen Laband ‘ Sehr richtig Laband II, H, 555 f. 649, G. Meyer H, 77.

Buch XL

606

Da» ReichSmilitärrecht.

beruhenden Einschränkungen zu Gunsten der Landesherren.

Offizieren und Unteroffizieren stehl die Be­ fehlsgewalt

alS

kaiserlichen

des

Ausfluß

Oberbefehles zu.

2. „Die Bestimmungen über die Zulassung zu den Stellen und Ämtern des Heeres sowie über das Aufrücken in die höheren Stellen erläßt der Kaiser" (MilG. §. 7 Abs. 1).

Über die Zulassung zum Offiziersdienst gelten

bis

zur

Stunde

der

Normen

die

Kabinettsordre

vom

6. August 1808,6 welche in späterer Zeit nur in einzelnen

Punkten ergänzt wurden. Die Grundgedanken der Kabinetts­ ordre von 1808 find:

Beseitigung der Standesvorrechte

beim Militär und Einführung der „Offizierswahl", d. i. Erklärung

der

Würdigkeit

des

Offizierskorps selbst in Form

König.

Kandidaten

seitens

einer Präsentation

des

an den

Neben dieser Kabinettsordre ist eine zweite vom

81. Oktober 1861, auch in Württemberg und Bayern, ein­ geführt, die Grundlage für das Recht der Ergänzung des

Offizierskorps.

Portepeefähnrich;

Die

Vorstufe

qualifiziert

für

den

hierzu

Offizier

find

junge

ist

der

Leute

zwischen dem vollendeten 17. und 23. Lebensjahre, welche

das Reifezeugnis eines deutschen Gymnasiums oder einer

Realschule erster Ordnung, die zur Ausstellung solcher Zeug-

niffe berechtigt ist, erworben oder die besondere Fähnrichs­ prüfung vor der Militärexaminationskommission bestanden

haben.

Nur besondere Auszeichnung vor dem Feind kann

hiervon befreien.

Mit diesem Zeugnis erfolgt der Eintritt

' Laband II, 651, hier auch nungen; s. auch G. Meyer die genaueren Angaben der in BerwR. II, 2, 100 ff. Betracht kommenden Vcrord-1

Militärdienst kraft freiw. übernommener Dienstpflicht. §♦ 40. 609 in den aktiven Truppendienst: nach mindestms sechsmonat­ licher Dienstzeit erfolgt die Beförderung zum Portepee­ fähnrich, dann ist der Kursus der Kriegsschule zu absolvieren, und dann wird dem Aspiranten von Chef und Offizieren

der Kompagnie, Bataillons- und Regimentskommandeur ein Dimstzmgnis ausgestellt, welches die zweite Qualifikations­

bedingung für eine Offiziersstellung ist.

Jeder Portepee­

fähnrich kann Offizier werdm, wenn er mindestens sechs Monate jene Charge bekleidete, dm Kursus der Kriegsschule

bestanden und durch das

absolviert, das Offiziersexamen

Offizierskorps seines Regimmtes dem König als würdig präsentiert ist; das Patent wird vom König vollzogen. Gleiche Vorschriften gelten für die Ergänzung des Marineoffizierskorps (Verordn, v. 29. Juli 1893), des

Maschineningenieurkorps der Marine (Kais. 7. Mai 1872 u.

12. November

Verordn,

v.

1878); des Sanitäts­

korps des Heeres und der Marine (Kais. Verordn, v. 6. Februar 1873 mit dm durch die thatsächlichm Verhältniffe

gebotmm Modifikationen.*7 Eine besondere Art des Offiziersdimstverhältnifses bildet

die Kategorie der Reserve- und Landwehroffiziere. Einjährig-Freiwillige werdm beim Übertritt zur Reserve in der Regel zu Unteroffizierm befördert, nachdem fie auf

Grund einer theoretischm und

praktischm Prüfung das

Befähigungszeugnis zum Offizier erlangt habm.

förderung zum Offizier aber hat

noch

Die Be­

folgende Voraus-

setzungm: 1. zwei achtwöchentliche Truppmübungm; 2. die

, 7 Ausführlich

I Laband II, 653 ff.; G. Meyer bei | VerwR. II, 2, 102 f. Zorn, Staatsrecht II. 2. Aufl. 39

dargelegt

Buch XL DaS Reichsmilitärrecht.

610

Erklärung des Kommandeurs des betreffenden Truppenteiles, daß er mit der Beförderung einverstanden fei; 3. die Er­ klärung des Aspiranten, daß er mit der Befördemng ein­

verstanden sei; 4. die Wahl durch das Offizierskorps des betreffenden Landwehrbataillons, bezw., wenn der Aspirant zum Dienst einberufm, des betreffenden Truppenteils. Befördemng

erfolgt durch

dm Kontingmtsherm

in

Die

der

gleichm Weise wie die Emmnung der Linienoffiziere.8 — Das Offiziersverhältnis ist hier nur eine Modifikation der

Erfüllung

der

gesetzlichm

Wehrpflicht;

zwar bemht die

Übemahme derselben auf freier Wahl, aber doch ist hier

der gesetzliche Gesichtspunkt der das Verhältnis beherrschmde (HeerO. §§. 51—53).

3.

Die Pflichten der Offiziere sind, ohne daß

für Offiziere des aktivm Dimststandes, Reserve-, Landwehr­

offiziere irgmdwelche Verschiedmheit bestände:2 a) Pflicht zur

tragmm Amtes.

gewissenhaften

Verwaltung

des über-

Entfemung vom Dienstort ist nm nach

eingeholtem Urlaub

(Ver. v. 23. Oktober 1879,

gestattet

für Sanitätsoffiziere v. 7. Februar 1873 §§. 30, 31); unerlaubte Entfemung wird nach Maßgabe des Militär­ strafgesetzbuches §§. 64 ff. in verschiedenen Abstufungm bestraft, über Eintritt in dm Reichstag s. oben Bd. I, S. 232 u. Laband IT, 6572.

b) Pflicht zu Treue und Gehorsam: hierfür gelten bei Offizieren die nämlichm Rechtssätze, welche für Erftillung

der gesetzlichm Dimstpflicht obm angegebm wurdm. c) Pflicht

2 Bgl. HeerO.

des

achtungswürdigen

45 ff.

|

Verhaltms:

« Laband II. 656 ff.

diese

Militärdienst kraft fretro, übernommener Dienstpflicht. §.40. 611

Pflicht hat eine ganz besondere rechtliche Ausbildung für das Offizierskorps gefunden. den hierüber

bei

den

zu wahren,

griffen"

Den Begriff der Ehre „nach

Standesgenossen herrschenden Be­

die Ehrengerichte

find

bestellt

(V. v. 2. Mai 1874, analog V. f. d. Marine v. 2. Nov.

1875); dieselben werden durch Wahl des Offizierskorps be­ setzt und

bestehen für

Stabsoffiziere

nur

aus

Stabs­

offizieren unter Vorfitz eines Generals; bei jedem Ehren­ gericht besteht ein Ehrenrat.10

Die Ehrengerichte haben ledig­

lich eilten Wahrspruch hinsichtlich der Standesehre zu fällen sowie einen Antrag über die zu verhängende Rechtsfolge zu stellen; die Entscheidung

selbst erfolgt durch dm König.

Außerdem könnm ste sich für unzuständig erklären,

eine

Ergänzung der Untersuchung anordnm, freisprechm.

Das

Rechtsverhältnis

offiziere ist,

der

Reserve-

und

Landwehr-

solange dieselbm zum Dimst einberufen sind,

gmau das nämliche wie der übrigen Offiziere.

Im übrigm

aber sind die Reserve- und Landwehroffiziere noch ver­ pflichtet, jedm Wohnungswechsel der Militärbehörde anzu­ zeigen , sich bei Kontrollversammlungen in Uniform zu stellen und der Einberufung zu übungm Folge zu leisten, sowohl zu den gewöhnlichen, und zwar dreimal währmd

der Reservezeit auf 4 — 8 lichen behufs Feststellung rung.

Wochm, als zu außerordent­

ihrer Qualifikation zur Beförde­

Im Kriege müffm auch die Landwehroffiziere sich

beim stehmdm Heere verwmdm lassen.

Die Offiziere des

Beurlaubtenstandes sind den Ehrmgerichten unterstellt.

Der

10 Laband II, 658 f. Den I lagen über das Verfahren s. bei Text der Kais. B. samt 10 Bei-1 v. Walther VI, 242 ff. 39*

Buch XL

612

DaS ReichSmilttärrecht.

Wechsel des Wohnsitzes im Reiche hat auf die Offiziers­

stellung

feinen Einfluß:

ein sächsischer Reserveoffizier, der

in Preußen im Zivildienst angestellt wird, bleibt sächsischer

Offizier, falls er nicht ausdrücklich aus letzterem Verhältnis seine Entlaffung erwirkt." Die Rechte der Offiziere find:

4.

einmal der

Anspruch auf das dem Rang entsprechende Gehalt, welches jüwch

„nach der

und nach

historischen Entwickelung des Heerwesens

hergebrachten Rechtsgrundsätzen nicht im Rechts­

wege terfotgbor" 12 ist; im Kriege bezw. nach eingetretener Mobilmachung höhung,

erfahrm

zwar

die Gehaltssätze feine Er­

aber die Offiziere erhalten erhebliche Feldzulagen.

Das Gehalt wird monatlich vorausbezahlt. In der Regel werden die Offiziere auch nach der An-

ciennetät in höhere Stellungen befördert. Rechtsanspruch

auf Beförderung;

des freien Willens des Königs.18

Doch besteht kein

dieselbe ist immer Sache

Das Prinzip der An-

ciennetät ist seit 1839 für „höhere Stellend. i. Stabs-

11 Laband II, 647. 11 Laband H, 659, bes. N. 5 über die einschlägigen Gesetzes­ vorschriften; RBeamtG. §. 149 gilt nur für Militärbeamte, 8. 113 des RG. v. 27. Juni 1871 nur für die auf diesem Gesetz beruhenden Pensionen. Die VollzBest. über die Geld­ verpflegung: V. v. 7. März 1889 für das Heer, V. v. 17. März 1885 für die Marine. Wohnungsaeldzuschuß G. v. 30. Juni 1873 (RGB. 166), Geldverpfleaung im Krieg B. v. 29. Aug. 1868, Reisekosten, Tagegelder u. Um­

zugsgebühren: K. B. v. 15. Juli 1873 (CBl. 248), s. dazu La­ band II, 660 ff. 18 Laband H, 662 bemerkt, es sei „für die einzelnen Offi­ ziere eine rechtlich begründete Anwartschaft gegeben, bei dem Eintritt gewisser thatsächlicher Verhältnisse" besördertzu werden. Bon einer „rechtlich begründeten Anwartschaft" zu sprechen, dürste juristisch nicht zulässig sein, da die Beförderung rechtlich allein auf dem Willen des Kaisers bezw. Kontingentsherrn beruht.

Militärdienst kraft freiw. übernommener Dienstpflicht. §. 40, 613 offiziere, ganz aufgegeben worden; dagegen bildet es im

übrigen die Regel.

Dienstalter berechnet sich nach

Das

dem Datum des Patentes; der dienstältere Offizier ist stets

Die Offiziere vom Hauptmann

der Vorgesetzte des jüngeren.

abwärts

rücken

Regimmte

im

Stabsoffiziere bei

regimentierten

die nicht regimmtierten

Die Befördemng im Regiment

Offiziere bei der Armee.

erfolgt auf Vorschlag

die

vor,

ihrer Waffe,

des Regimentskommandeurs

durch

den König, doch bleiben die durch außerordentliche Verhältniffe geschaffenen Vakanzen gut

Allerhöchsten Disposi­

tion. 14 * 5.

des aktiven Offiziers­

Die Beendigung

dienstes^ kann erfolgen unter Fortdauer des Rechtsverhältniffes samt Rang und Pflichten,

aktiven Dienstpflicht. durch

die

Kontingentsherren

Grundsätze,

als

die

Versetzung

abgesehen von der

Diese Art der Entlassung

für zu

die

nach

den

derjenigen

Maßgabe

Emennung

gelten,

Offizieren

erfolgt

entweder

des

Be­

urlaubtenstandes auf Antrag (HeerO. §.49) — damit

hört der

Gehaltsanspruch auf und besteht nur mehr die

Pflicht zu Reserve- bezw. Landwehrdienst —, oder es erfolgt Stellung zur Disposition durch den Oberbefehls­

haber bezw. dm Kontingentsherrn, sei es mit, sei es ohne Antrag (Anl. 11 zu HeerO. §. 51),

sei es mit vollem

Gehalt zu den „Offizieren von der Armee" oder mit Pm-

fion.

Die zur Disposition gestelltm Offiziere bleibm im

Militärverband16

und

müssen jederzeit dem Befehl zum

16 Vgl. Laband II, 665»; 14 Nähere Angaben über alle diese Punkte bei Lab and II, G. Meyer BerwR. H, 116; Hecker in Goldtammers Archiv 662 f. 16 Laband II, 663 ff. 1883, 395 ff.

Reichs mititLrrecht.

Buch XL

614

Wiedereintritt in den Dienst unbedingt gehorchen, auch dem Militärstrafgesetzbuch,

und dm Ehrmgerichtm untergebm;

sie

unter

dm

bleiben

dem Militärgerichtsstand disziplinarisch stehm

Landwehrbezirkskommandmrm

Weise wie die Offiziere des Bmrlaubtmstandes.

in

gleicher

Die Bor­

schrist über Gmehmigung d«S Borgesetztm zur übemahme von kommunalm oder kirchlichm Ehrmämtem bezieht fich

auf Offiziere z. D. nicht.17 Die eigentliche „Verabschiedung" dagegm ist eine

Bemdigung des Rechtsverhältnisies. auf Anttag durch

Sie erfolgt mtweder

ein Entlaffungspatmt unter Nachweis

der Invalidität oder des zurückgelegtm 60. Lebensjahres; bei Invalidität kann fie auch ohne Antrag verfügt »erben;

das Verfahren für diesen Fall ist genau geordnet durch

«abO. v. 7.

Juli 1828 (Laband II, 666«; PensG.

§§. 27, 28).

Die militärischen Ehrmrechte, sowie der An­

spruch auf Pmfion verbleiben; das Recht zum Tragm der Uniform muß speziell verliehm werdm (MilG. §. 7 Abs. 2).

Offiziere,

die

mit dem Recht der Uniform verabschiedet

find, unterstehm gleichfalls dm Ehrmgerichten.

Im Not­

fall müffm die pensionierten Offiziere sich zum Dienst ein« berufen lassen; hierüber werdm genaue, alljährlich zu revi­

dierende Listm geführt.

Demgemäß gehören auch die pm-

fioniertm Offiziere zu dm Militärpersonen;18 vom Militär­

gerichtsstande wurden sie jedoch durch

das Spezialges. v.

8. Mai 1890 (RGB. 63) befreit.

Außerdem kann nach Ablauf der gesetzlichm Dimstzeit

18 Laband II, 667«; a. A. 17 S. die zutreffende Aus­ führung von G. Meyer BerwR. G. Meyer BerwR. 11,2,118'». Bgl. MilPensG. §. 34. II, 2, 117».

Militärdienst kraft stein», übernommener Dienstpflicht. §♦ 40. 615

bHw. der etwa besonders übernommenen Dienstpflicht (z. B. bei Aufnahme in militärische Anstalten) eine Verabschiedung

auf Antrag erfolgen; wie der Eintritt, so ist auch mit der letzteren Modifikation

der

Austritt

aus

dem Offiziers­

verhältnis ein freiwMger Akt.19

Die Entlastung als Strafe heißt Entfernung, wenn sie auf Grund

eines

gerichtlichen Urteils auf Zuchthaus

oder Aberkennung der bürgerlichm Ehrenrechte erfolgen muß,

oder in Fällen, wo Unteroffiziere und Soldaten in die zweite Klaffe des Soldatenstandes versetzt werdm mästen;

die Entfernung kann ferner verfügt werdm bei Gefängnis­ strafe von mehr als fünfjähriger Dauer, oder wo bei den

Mannschastm

Versetzung

in

die

zweite Klaffe

erfolgm

kann (MilStGB. §. 31), und endlich kraft Allerhöchster Entscheidung infolge eines ehrmgerichtlichm Spruches wegm Verletzung der Standesehre unter erschwerendm Umständen

(V. v. 2. Mai 1874 §. 51 Z. 6).

Sie bewirkt den

Verlust der Dimststelle samt Uniform und Säbel und der hieraus fließmdm Ansprüche sowie der Ordm und Ehrm-

zeichm, endlich des Rechtes zum Eintritt in die Armee. — Die Dienstentlassung i.

e.

S.

kann

infolge

von

jeder mehr als einjährigm Gefängnisstrafe und muß bei Aberkennung der Fähigkeit zm Bekleidung öffentlicher Ämter durch gerichtliches Urteil, kann ferner in dm Fällm, wo Unter­

offiziere degradiert werden, verfügt werdm (MilStGB. §. 34).

Endlich der sog. schlichte Abschied ist das Nämliche wie die Dienstentlassung;

nm ist der

Grund hier

ein

Spruch des Ehrengerichtes auf Verletzung der Standesehre.

18 S. jedoch die Ausführung bei Lab and II, 667 f.

»uch XL Da» «eichsmilttürrechL

616

Durch die Entfernung hören alle aus dem Offiziersver­

hältnis entsprungenen Rechte und Pflichten (Gehalt, Titel,

Uniform,

Orden u. s. w.)

auf;

durch Entlastung und

schlichten Abschied geht di« Dienststelle verloren, ebenso das Recht zum Tragen der Uniform, nicht aber der Dienst­ titel, die Orden und Ehrenzeichen (B. v. 2. Mai 1874

§§. 51 ff.). Offiziere des Beurlaubtenstandes treten zum Landsturm

über auf Grund eines

formellen Abschiedsgesuches bezw.

deffen Bewilligung.

Die Unteroffiziere mentskommandeur

darauf steht lanten.

gemäß

in der Regel vom Regi­

werben

ernannt

niemand zu,

und

befördert;88

ein

Recht

insbesondere nicht den Kapitu­

Verloren wird die Stellung durch

Degradation

militärgerichtlichem Urteil; auf Degradation muß

erkannt werben neben Gefängnis von länger als 1 Jahr, Versetzung in die zweite Klaffe des Soldatenstandes und

Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffmtlicher Ämter; kann erkannt werden neben kürzerer Gefängnis­

strafe, infolge wiederholten Rückfalles, bei jeder Verurteilung wegen Diebstahl, Unterschlagung, Raub, Erpressung, Hehlerei,

Betmg, Urkundenfälschung (MUStGB. §. 41). II.

Die Kapitulanten.

Zu dem Zwecke, einen tüchtigen Unteroffizierstand81 zu

gewinnen durch

Heranziehung

brauchbarer Personen zum

militärischm Lebensberuf außerhalb des Osfizierstandes,

ist

80 KO. v. 22. Juni 1873, die 81 S. dazu Laband II, 670; auf Grund dieser KO. erlassenen keineswegs ist der Unteroffizier Bestimmungen v. 21. Juni 1894 ein essentielles Moment der (»eil. ,. Armee«». Nr. 14). Kapitulation.

Militärdienst kraft frei«, übernommener Dienstpflicht. tz. 40. 617

et den Truppenbefehlshabern gestattet worden, mit Mililärpersonm,

die

wesentlichen

einen

Nutzen

für

den

Dienst versprechen, sog. Kapitulationen abzuschließen, d. i.

schriftliche Verträge/« durch welche der Kapitulant

sich verpflichtet,

als das Gesetz es erfordert,

länger,

im

Dienst zu verbleiben, indes von der anderen Seite hierfür

gewisse Vorteile vertragsmäßig zugefichert werden (KO. v. 8. Ami

1876,

Der Kapitulant

29.

bezw. muß

Aug

feine- Gewalthabers nachweisen.

gelten,

Rach dem Diensteintritt

abgesehen von dm besonderm Bestimmungen der

Kapitulation,

für die Kapitulantm alle Rechtssätze allge-

meiw-militärischer Natur, mmg,

1876 f. d. Marine).

großjährig sein oder den Konsens

bete. Dienststelle

insbesondere auch

über Löh-

wofür ledigÜch die für die

Ausrüstung u. s.

geltmdm

Vorschriften

maßgebend

find.

Die Kapitulationm werten in der Regel auf längere Zeit,

mindestens auf ein Jahr, abgeschlossen; läuft die Zeit wäh-

rend eines Krieges oder einer Mobilmachung ab, so kann der Dienstaustritt erst nach

stand gefordert werdm.

wiederhergestelltem FriedenS-

Perfonm, welch« bei Doppelberech--

” Laband H, 669 f.; Stengel in feinem Wörterb. I, 709: Xebm bei Hirth Ann. 1885, 129 ff., 183 ff. Gegen Me BertragSnatur S. Meyer BerwR. n, 191 f.; O. Mayer im Archiv f. Sff. Recht in, 1 ff. Die Kapitulationen bilden einen klaren und juristisch interessanten Gegensatz gegen die Anstellung von Beamten und Ofstzierm Ke gegen die Naturalisation, rend hier der Vertrag»«

gedanke, weil in unvereinbarem Gegensatz zum Staatshoheit-akt stehend, gänzlich versagt, ist die Kapitulation lediglich ein Privat­ vertrag, allerdings behufs besserer Erfüllung der Staatsaufgaben, aber ohne jede unmittelbare Be­ ziehung zur Staatshoheit, dem» das Unteroffiziersverhältnis wird durch die Kapitulation nicht begründet. * MilStGv. $. 69 bezüglich der Fahnenflucht.

Buch XL La» Reichsmllitirrecht.

618

nung der Kriegsjahre 12 Jahre oder länger gedient haben,

dürfen

nur

aus

ganz besonderen Gründen wider ihren

Willm entlassen werden.

Die Kapitulation ist ipso jure

aufgelöst, wenn dem Kapitulantm durch gerichtliches Urteil

die bürgerlichen Ehrmrechte dauernd aberkannt sind, durch Zeitablauf;

sie wird gelöst:

kunft bei dringmdm

ferner

1. durch freie Überein­

häuslichm Verhältniffm des Kapitu­

lantm; 2. durch Verurteilung zur Entfemung aus Heer oder Marine, auf welche nebm Zuchthausstrafe und mehr als dreijährigem

Verlust

der bürgerlichm Ehrmrechte erkannt

werdm muß, nebm mehr als fünfjähriger Gefängnisstrafe er­ kannt werden kann; 3. bei Freiheitsstrafe von 6 Wochen ab,

die mit Degradation verbundm ist; 4. bei fortgesetzt schlechter Führung des Kapitulantm; 5. endlich durch neuen Vertrag. Ähnliche Verhältnisse wie bei der Kapitulation werdm

durch Eintritt in Unteroffizierschulm und in

die Schiffs-

jungmabteilung der Marine begründet.44

III.

Die l®ilifär-(B6annt-) Beamten.15

Die Offiziere und Unteroffiziere des Heeres stehm staats­

rechtlich im Beamtmverhältnis, doch gilt für sie nicht das

allgemeine, sondem

ein Spezial - Beamtenrecht.

Dagegm

find die Militär- und Marinebeamten im engerm Sinne dem allgemeinen Beamtmrecht26 in weitem Umfange unter­

worfen wordm; es muß jedoch hierfür weiter unterschiedm M S. darüber G. Meyer BerwR. II, 2, 92. * Vgl. Laband II, 673 ff.; Harseim in Stengels Wörterb. Li, 96 ff.; Hecker ebenda II, 125 ff.; G. Meyer BerwR. II, 2,142 ff.; eine Reihe von Spezial­

bestimmungen s. bei o.Walther IV, 4 ff. M Daß die Marinebeamten Reichsbeamte sind, steht fest; ob die Militärbeamten Reichs­ beamte oder einzelstaatliche Be­ amte sind, wird gestritten; s. für

Militärdienst traft frei«, übernommener Dienstpflicht, g. 40. 619

woben zwischen ben eigentlichen Militärbeamten

und ben Zivilbeamten bet Militärverwaltung.

Auch letztere besorgen Geschäfte, die sich auf bie militärische Säte des Staatswesens beziehen, hoch gilt für sie das

Militärrecht prinzipiell nicht, sondem nur bas allgemeine

Beamtenrecht; sie stehen nicht unto den Rechtsvorschriften persönlicher Natur für Militärpersonen, nicht unto Mili­

tärstrafrecht, Militärgerichtsbarkeit, Militärdisziplinarordmmg.”

Dagegen bie eigentlichen Militärbeamten besorgen nicht

sondern sie haben

nur Geschäfte bo Militärverwaltung,

auch

einen militärischen

Personen",

hörende".

wenn Do

auch

nur

rin

nicht

die

„zum

„Militär-

Soldatenstande

ge­

unterscheidende

bäden Beamtenkategorieen bildet,

allgemeiner;

haben Offiziersrang,

somit

find

somit das

do

Rang,

Merkmal zwischen jenen ist

Rang,

die

„oberen"

„unterm"

Militärbeamten

Untooffiziosrang.88

Die Bestimmungen übo Zulassung und Befördoung giebt

bo Kaiser bezw. König von Bayem (MilG. §. 7); die

Ernennung erfolgt analog wie die Ernmnung do Offiziere. Die

Militärbeamtm

stehm

ostere» Hänel StR. 1,523, für letzteres Laband II, 674. Da die Militärverwaltung grundsätzlich ben Einzelstaaten ver­ blieben ist, wird man stch La« band antuschließen haben; da jedoch das Reichsbeamtengesetz bq«. rrichSmstitärrechtliche Bor­ schristen für diese Beamten maß« Sebend sind, gilt praktisch doch »änelS Ansicht. ■* Einzelne Modifikationen

unter

militärischen Bor-

— MilG. §. 41, MilStS«. §. 155 — beiLaband II, 67». 18 über die, Klasseneinteilung8 durch K. B. v. 29. Juni 1880 (RGB. 169) ersetzt durch K. B. v. 13. Aug. 1895 (RGB. 4311 f. Laband II, 675, der nm Recht den Mangel eino gesetz­ lichen Grundlage für diese mit weittragendm Rechtsfolgen be» kleidete Unterscheidung betont.

Buch XL Das ReichsmilitLrrecht.

620

gesetztm; daneben aber besteht bei einzelnen Klaffen noch

eine

besondere Beamtenhierarchie

damit ein Unter­

und

ordnungsverhältnis je nach bat Ranggraden, so bei den

und

Militärgeistlichen

Auditeuren,

endlich

Jntendanturbeamten;

giebt eS jetzt Militärbeamte, die nur in diesem

besonderen Beamtenverhältnis stehen,

ohne einer militäri­

schen Kommandogewalt unterworfen zu sein.

Für die Dis­

ziplinargewalt'" ist primär maßgebend die Disziplinarord­

für

nung

das

Heer,

sekundär das Reichsbeamtmgesetz;

letzteres in allen Fällen, wo das Disziplinarverfahren auf Entlassung aus dem Amte gerichtet ist.

Für die Militär-

justizbeamten sowie alle Militärbeamten,

welche nut unter

militärischen Oberen stehen,

werden in letzterem Falle be­

sondere Militärdisziplin ar kom Missionen gebildet,

welche materiell nach den Vorschriften des Reichsbeamtengesetzes zu

entscheidm

haben

(RBeamtG. §§.

120 ff.);

für die übrigen Militärbeamtm sind die allgemeinen DiSziplinarkammern kompetent. Im übrigen aber gilt für die-

jenigen Militärbeamten, die in einem militärischen Unter­ ordnungsverhältnis

nung.



Die

stehm,

die

Militärbeamtm

Militär-Disziplinarord­ sind

im Friedm dem

Militärstrafgesetzbuch nicht unterworfen und auch im Krieg nur bestimmten Teilm desselben (MilG. §. 38, MilStGB.

§§.

43. 153.

154);

der

Militärgerichtsbarkeit dagegen

find sie unterworfm, ebenso dm besonderen, auf die per-

sönlichm Verhältnisse der Militärpersonen bezüglichm Be­

stimmungen ,

ausgenommen

die

Suspension

des

Wahl­

rechtes; dm Ehrmgerichtm sind sie nicht unterworfm.

»» La band II, 676 ff.

Für

Sonderrechte der Militärpersonen d. Friedensstandes, g. 41. 621 die Urlaubserteilung stehen

die Militärbeamten unter den

Vorschriften des Reichsbeamtengesetzes, jedoch mit gewissen Modifikationen;

Urlaub.

im Falle der Mobilmachung erlischt jeder

Militärbeamte,

die im Reserve- oder Landwehr­

verhältnis stehen, find selbstverständlich auch den für dieseVerhältnis geltenden Rechtsvorschriften unterworfen.

§.«. yU perstnüche» Konderrechte der MikUärpersene« de» Kri«den»stand es.'

L ,3«

In Hinstchk des Strafrecht» und Strafprozesse».

allen

Strafsachen

unterliegen

Militärpersonen

einer besonderen Gerichtsbarkeit (deren Organisation s. oben

S. 568 f ), ein paar unbedeutende Ausnahmen abgerechnet (MilG- §• 89 Abs. 1); ein diese Materie regelndes Reichsgesetz ist zwar versprochen, aber noch nicht ergangen.

Dermalen

gelten drei Militärstrafgerichtsordnungen: 1. für Bayern v.

20. April 1869,

2. für Württemberg v. 20. Juli 1818,

3. für das übrige Reichsgebiet die preußische v. 8. April

1845

bezw.

29. Dez. 1867. *

Die Strafvollstreckung er­

folgt ebenfalls in

besonderer Weise nach dem Reglement

v. 2. Juli 1873»

bezw. 4. April 1876 für die Marine.

1 die Militärpersonen do» BeurlauttenstandeS beziehen sich diese Sonderrechte teils gar nicht, teitt nur für die Zeit der Einberufung. Vgl. überhguptzum Folgenden Lab and B. 680 ff., Raadry 80 ff., so­ wie die erschöpfende Monographie wn Daube: Die bürgerlichen Rechtsverhältnisse der Militär­ person« (2. Ausl. 1887); über

den Begriff .Militärpersonen' s. Hecker in Stengel- Wörterb. H ' ®" Libyer BerwR.

'* Über Sachsen Laband II,

682; die formale Streitfrage ist praktisch bedeutungslos, über die Marine, für die eine formelle Einführung nie erfolgte, f. La­ band U, 681'. • Die aufgeführten Gesetz«

Das Veichkmilitärrecht.

Buch XL

622

Militärgerichtsbarkeit

Der

sowie

personen

unterliegen

alle Mannschaften

alle

Militär-

des Beurlaubtenstandes

erfolgter Einberufung, und auch sonst, soweit sie als

nach

einzelnen Bestimmungen

beurlaubt drücklich

unterworfen

bleiben.*

des MilStGB, aus­

Nur durch vollkommenes

Ausscheiden aus dem Militärverhältnis hört der Militär­

gerichtsstand auf.5 II. 1.

In Hinsicht der bürgerlichen Rechtes.

Die deutschen Militärgesetze enthalten nur wenige

Bestimmungen zivilrechtlicher Natur; es ist somit in dieser Beziehung das Landesrecht in Kraft verblieben, das in dieser

Materie einen nicht unbedeutenden Umfang hat.6 Aufgehoben sind jedoch alle Sätze des Partikularrechtes, welche Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken für Militärpersonm beschränken (MilG. §. 42).

Maßgebend für die

Beurteilung der Statusverhältnisie von Militärpersonen, die

zur Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht bienen, ist das Recht des Heimatsortes.''

Die zivilrechtlichen Bestimmungen der Reichsgesetze sind: a) Militärpersonen

bedürfen

zum Zweck

der

Ehe­

schließung der Genehmigung ihrer vorgesetztm Stelle, und

zwar alle Personen des aktiven Dienststandes und Verordnungen sind abge­ druckt bei v. Walther VI, 86ff. DasStrafvollstreckungsreglement ist nicht gültig publiziert, s. La­ ba nd II, 682». * Über strafbare Handlungen vor Eintritt in den Militärdienst s. Laband II, 683'. » über Strafvollstreckung in

einschließlich

diesem Falle s. Laband II, 714». • Laband II, 716, 725; Mandry 67ff., besonders 70f.; immerhin ist die Sache nicht zweifelsfrei. 7 G. Meyer BerwR. II. 2, 108»; Laband II, 685, 694.

Sonderrechte der Militärpersonen d. Friedensstandes. §. 41. 623 der Militärbeamten, sowie die ausgehobmm, aber vorläufig

in die Heimat beurlaubten Mannschastm (MilG. §§. 40,

60 Abs. 4, Ges. v. 6. Febr. 1875 §. 38).

Unteroffiziere

und Soldaten müffen den Konsens dmch ihren Kompagnie(Eskadrons-,

Batterie-)Chef beim Regiments-(Bataillons-)

Kommandeur erholen; Offiziere bedürfen der Genehmigung

des Kontingentsherrn; dieselbe bars8 von Hauptleuten und

Rittmeistem 2. Klaffe nur beim Nachweis von 1500,

bei

Lieutenants von 2500 Mark jährlichen Nebeneinkommens nachgesucht werden.

Militärbeamte müssen die Genehmigung

ihrer vorgesetzten Stelle einholm.

wird

durch

dm Mangel der

drücklicher Vorschrift des

§.

nicht berührt,

38)

Die Gültigkeit der Ehe

Genehmigung gemäß aus­

Gesetzes (G. v. 6. Febr. 1875

wohl aber

treten

disziplinarische

bezw. strafrechtliche Folgm ein (MilStGB. §. 150). b)

Soldatentestamente find nur nach §. 44 des

MilG. zu beurteilen; alle anderweitigm Bestimmungm und erbrechtlichm

gehoben.9

Privilegien Damach

der

gelten

Militärpersonm besondere

sind

auf-

Vorschristm

hin­

sichtlich der Soldatentestamente nur für Kriegszeitm, ein­

schließlich Belagemngszustand, für alle Militärpersonen und dienstlich

beim Heere befindlichen oder dm Militärgesetzm

unterworfenen Personm (Kriegsgefangmm)10 von dem Mo­ ment des Verlaffms der Standquartiere oder des bisherigen Dimstortes oder eines Angriffes oder einer Belagemng in dem-

» Mandry 530ff., 71; Sey8 Lab and II, 692f. über die zu Grunde liegendm älterm del 1485; Lavand II, 695 f. 10 MilStGB. §§. 155—157, Rechtsvorschristm, die analog für die Marine gelten; ebmso für 168; Seydel 1486*; Mandry Bayern, Württemberg, Sachsm.

024 ; - ?

Buch XL Da- RetchsmiÜtärrecht.

fetten;11 * die Gültigkeit dieser Soldatmtestamente hört auf mit Ablauf eines Jahres nach erfolgter Demobilmachung

de-

betr. Truppmteiles bezw.

Ausscheiden des Testators

aus demselben, außer wenn der Testator in dieser Frist zur

Errichtung

eines

verschollen

ist.

ordentlichen

Die

Form

Testamentes

ist entweder

1.

unfähig

oder

eigenhändige

Nieder- und Unterschrift deS Testamentes durch den Testator »der 2. Unterzeichnung durch den Testator und zwei Zeugm

oder statt der letzteren eines Offiziers oder Auditeurs oder 8.

mündlich« Erklärung

deS Testators

zu Protokoll

vor

einem Offizier oder Auditeur unter Zuziehung von 2 Zeugen oder statt derselben eines Offiziers oder Auditeurs mit Unter­

zeichnung durch die Zeugm; bei Verwundeten und Kranken sönnen an Stelle der Offiziere und Auditmre treten: Militär­

ärzte, höhere Lazarettbeamte und Militärgeistliche. Die Zmgm sind lediglich BeweiSzmgm, und die Aussage eines derselben

kann vollm Beweis machm; die nach obigen Vorschriftm errichtetm Urkundm habm die Beweiskraft öffmtlicher Urkundm.

c) Hinsichtlich der Beurkundung des Personen­ standes gelten im Frieden besondere Vorschriftm nicht.

Mr

für Personm,19 die sich auf in Dimst gestellten Fahrzeugen der kaiserlichen Marine befindm, hat die V. v. 4. Nov. 1875 (RGB. 313) bestimmt, daß Sterbefälle zunächst vom Schiffs-

kommandantm zu beurkunden sind; dieser hat die Urkunde, sobald es thunlich, dem Stationskommando zuzustellen, von

welchem dieselbe dem Standesbeamtm des letztm Wohnsitzes

des Derstorbmen zu übermitteln ist, der dm definitiven Ein­ trag in die Register zu bewirkm hat. 11 S. dazu die genauerm An-1 gaben bei Mandry 532 f. |

19 G. v. 6. gebt. 1875 §. 71.

Sonderrechte der MilitLrpersonen d. Friedensstandes. g. 41. 625

Haben Militärpersonen oder solche, die dienstlich sich beim Heer

befinden, nach

erfolgter

Mobilmachung ihr Stand­

quartier verlaffen, so bestimmt die B. v. 20. Januar 1879

(RGB. 5) folgendes: Geburten find innerhalb des Reichs­ gebietes einfach dem zuständigen Standesbeamten zur Be-

urlundung mitguteilen;

außerhalb des Reichsgebietes geht

die Anzeige zunächst an den betr. Truppenkommandeur und

durch ihn an den kompetentm Standesbeamten. über Sterbefälle werden von dem oben bqeichneten

Termine an selbständige Register bei jedem Truppenteil

bis zum

Eintritt der Demobilisierung

geführt;

der

Eintrag erfolgt auf Grund einer dienstlichen Anzeige unter genauer Angabe der Personalien.

Für Eheschließungen außerhalb des Reichsgebietes werden höhere Militärbeamte, die aber nicht Geistliche sein dürfen,

durch die Divisionskommandeure zu Standesbeamten ernannt; auf Grund der materiellen Vorschriften des deutschen Rechtes

hat sodann die Eheschließung zu erfolgen; die Urkunde ist von

dem Divisionskommandeur zu

beglaubigen

und dem

kompetentm Standesbeamten im Reiche zum Zweck des Ein­ trages zu übersmdm.

d) Vormundschaften zu übernehmen sind Militär-

personm einschließlich der Militärbeamtm nicht verpflichtet; in jedem Falle ist zur Übemahme Gmehmigung der vor-

gesetztm Stelle erforderlich (MilG. §. 41, dazu Kais. B. v. st. August 1876).18 '*e) Gewerbe

zu

betreiben

ist

Militärpersonm

des

aftfocn Dienststandes, sowie dm mit ihnm in Dienstgebäudm

18 Raadry 68 f.; Laband II, 689*. Zor«, Staattrecht II. 2. Lufl.

Buch XL

626

DaS ReichSmiütärrecht.

zusammenwohnenden Personen ihre- unmittelbaren Haus­ standes nur mit Genehmigung der vorgesetzten Behörde ge­

stattet (MilG. §. 43)."

Unter diese Bestimmung fallen

auch Militärärzte und Militännufiker;

für Militärbeamte

gilt überdies noch §. 16 d. RBeamtG.

2. Hinsichtlich des Zivil- und Konkursprozeffes bestehen besondere Vorschriften für Militärpersonen im allgemeinen ebenfalls nicht,

weder hinsichtlich der Gerichtsbarkeit noch

hinsichttich des Verfahrens.

Zu erwähnen sind nur folgende Bestimmungm: a)

Militärpersonen erhalten den Gerichtsstand" ihres

DimstorteS nur, wenn sie den Militärdienst zu ihrem LebenS-

beruf gemacht habm; außerdem behalten sie den Gerichts­ stand ihres bürgerlichen Domiziles, ausgenommen für Alagm wegen vermögmsrechtlicher Ansprüche (MilG. §. 39 Abs. 2,

verb. ZPO. §§. 13, 14, 15, 21). b) Zustellungen an Unteroffiziere und Soldaten

des

aktiven Heeres müffm durch Vermittelung des Kompagnie­

chefs, solche an Personen bei mobilen oder im Ausland

befindlichen Truppenteilen, sowie auf in Dienst gestellten Kriegsfahrzeugen können durch die vorgesetzte Kommandostelle

«folgen (ZPO. §§. 158, 184).

c)

Exekutionen

gegen

Militärpersonen

des

aktiven

Dienststandes, sowohl zivilrechtliche als administrative, dür­

fen nur erfolgen nach vorheriger Anzeige an die vorgesetzte Dienstbehörde (ZPO. §. 673) und geschehen in Kasernen und auf Fahrzeugen der Marine nur durch letztere (MilG.

§. 45, ZPO. §. 699).

" Mandry 69; H, 689'.

Laband§ '

16 ßabanb II, 684 f.

Sonderrechte der Militärpersonen d. Friedensstandes. §. 41. 627

d)

Das Dienstei'nkommen und die Pension der Unter­

offiziere und

Soldaten,

sowie aller Militärpersonen bei

einem mobilen Truppenteil oder auf einem in Dimst ge­ stellten Kriegsfahrzeug ist der Pfändung nicht unterworfm; das Diensteinkonnnen von Offizieren und Beamten,

sowie

deren Penfionen und das Sterbe- und Gnadengehalt der Hinterbliebenen

ist Exekutionsobjekt (ZPO. §. 749) nur,

wenn 1500 Mark übersteigend, und auch in diesem Falle

nur zum dritten Teil.

Frei von Pfändung sind ferner bei

Offizieren und Beamten die Dienstaufwandsbezüge und der

Servis, ferner das zur Erfüllung des Berufes Notwendige, ferner ein Geldbetrag, welcher „dem der Pfändung nicht

unterworfenen Teile des Diensteinkommens oder der Pension für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Termine

der Gehalts- oder Pensionszahlung gleichkommt".

(ZPO.

§§. 715, 749 Abs. 2 und 4.)16

e)

Hast zur Erzwingung des Manifestationseides ist bei

mobilen Truppen, sowie für die Besatzung in Dienst ge­ stellter Fahrzeuge

unstatthaft

und

darf

auch

sonst

bei

Müitärpersonen des aktiven Heeres oder der Marine nur durch die Militärbehörde vollstreckt werden (ZPO. §§. 785, 798).

Ebenso die Hast zu persönlichem Sicherheitsarrest

(ZPO. §. 812).

f)

Gegen Personen, die sich zu Kriegszeiten im Milstär­

dienste befinden, kann das Verfahren unterbrochen werden (ZPO. §. 224).

16 Die Behörden, die bett I zu vertreten haben, s. CBl. 1894, Militärfiskus als Drittschuldner 1388. 1895, 18.

Buch XL

628 III. a)

Du» SieichsmilitLrrecht.

In Hinsicht de» SffrnMchrn Lechirs.

Bei Militärpersonen des aktiven Dienststandes in

Heer oder Marine ruht das Wahlrecht zur Volksvertretung

(nicht bei Militärbeamten) (MilG. §. 49 Abs. 1);

ebenso den Militärbeamten ist

b) denselben Personen, Teilnahme

an politischen

Vereinen und

Versammlungen

verbotm (MilG. §. 49 Abs. 2);

c)

dieselben Personen und ebenso Offiziere zur Dispo­

vom Geschworenen- und Schöffendienste

sition" sind frei

(GVG. §§. 34, 85); erstere bedürfen auch zur Annahme von Kommunal-

und Kirchenämtem,

soweit

solche nicht

durch das Landesrecht überhaupt ausgeschloffen ist, der Ge­ nehmigung ihrer Vorgesetzten (MilG. §. 47); d) die Besteuerung der Militärpersonm18 richtet sich nach dm Landesgesetzen.

Aber

a) Doppelbesteuerung ist verbotm (G. v. 13. Mai 1870); ß) Unteroffiziere und Gemeine Mrfen zu direkten Staats­ steuern für ihr Militäreinkommm gar nicht, Offiziere

nur im Friedmsstand herangezogm werdm (MilG. §• *6); /) im

ehemaligen norddeutschen Bundesgebiet waren gemäß B. v. 22. Dez. 1868

die Militärpersonm

von allen Kommunalabgabm jeder Art befreit, aus-

gmommm Abgaben für Gewerbebetrieb Grundbesitz;

durch

das RG.

v.

oder

für

28. März 1886

(RGB. 65) ist dies Privileg aufgehoben wordm:

1.

für

das

außerdienstliche

11 S. hierüber La band II, 689*.

Einkommm

der

im

18 Bgl. Laband II, 690ff-

Das Militärpensions- und Versorgungswesen.

Offiziersrang

stehenden

aktiven

§. 42. 629

Militärpersonen,

2. für die Pension der Offiziere z. D.

Insoweit

das Reichsgesetz nicht Bestimmungen trifft, gilt das frühere Recht für das Gebiet des ehem. Norddeutschen

Bundes fort, während in den süddeutschen Staaten be­ sondere Vorschriften Württemberg,

gelten;

Bayern

in Elsaß-Lothringen,

bestehen

Privilegien

der

Militärpersonm hinsichtlich der Kommunalbesteuemng überhaupt nicht.19

S) Etwaige Steuerprivilegien von Pensionen 2C., die landes­ rechtlich für Hinterbliebene von Zivilbeamten gelten

(MilG. §. 48),

sind generell auf Militärpersonm

ausgedehnt. e) Verstümmelungszulagen bleiben für die Bestmemng außer Ansatz (G. v. 22. Mai 1893 Art. 18 Abs. 1).

e) Für die Mannschaften des Beurlaubtmstandes, die

zum Dienst einberufen sind, bleibt „die Feststellung eines angemeffmm Steuernachlasses" der Landesgesetzgebung vorbe-

halten (MilG. §. 46 Abs. 2).20 §. 42.

Aas MlMärpenstons- und Werforgungswesen.^ Dasselbe wurde zuerst geregelt durch das Pmsionsgesetz v. 27. Juni 1871 (RGB. 275) nebst dem G. v. 23. Mai

1873 (RGB. 117) über dm Reichsinvalidmfonds); die Novelle

19 S. die Angaben bei La­ bend n, 691 f., besonders über die neuere Landesgesetzgebung seit 1886., 20 über anderweitige Unter­ stützung f. unten S. 644 f.

1 Lab and II, 698 ff. (s. dort Note * noch weitere Litteratur): Seydel bei Hirth, Ann. 1875 54ff.; G. Meyer BerwR. II, 2, 119 ff.

680

Bach XL DaS Reichsmikitärrech t.

v. 4. April 1874 (RGB. 25), sowie di« späteren Gesetze vom 21. April 1886 (RGB. 78), 24. März 1887 (RGB. 149) und 22. Mai 1893 (RGB. 171), 14. Januar 1894 (RGB. 107), 22. Mai 1895 (RGB. 237) haben das System der Gesetzgebung weiter entwickelt; sie gelten sämtlich für das ganze Reichs Die Gesetze beziehen sich sowohl auf das Penfionswesen im engeren Sinne al- auf das Zivilversorgungswesen der Militärpersonen und in4= besondere die Versorgung der Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen. Die beiden letztgenannten Gesichtspunkte in besonderer Weise berücksichtigt zu haben, ist seit alterS ein hohe- Verdienst des preußischen Staates. Das System dieser Gesetzgebung fand sodann noch eine Ergänzung in dem G. v. 15. März 1886 (RGB. 53) über die Fürsorge bei Betriebsunfällen im Militärdienst und den Gesetzen v. 17. Juni 1887 (RGB. 237), v. 5. März 1888 (RGB. 65) u. 13. Juni 1895 (RGB. 261) über die Fürsorge für die Witwen und Waisen von Angehörigen des Reichs­ heeres und der Kaiser!. Marine. Endlich gehören hieher auch die Gesetze über Unterstützung der Familim von Reservisten und Landwehrmännern in Krieg und Frieden.

I. Das Pensionswesen der Offiziere (ein­ schließlich der Militärärzte) und Militärbeamten (PensGes. §§. 2 ff., dazu Novelle I §§. 2 ff. und für die Marineoffiziere §§. 7 ff., Novelle II §§. 1, 2, sowie die im Offiziersrang stehenden Verwalter der Kadettenkorps G. v. 22. Mai 1893 Art. 16). I bung Laband II, 698 f., über * Uber die frühere Gesetzge-1 Bayern 699°.

Das Milititrpensions- und Bersorgungswesen.

1.

§. 42. 631

Vor Ablauf der zehn ersten Dienstjahre wird ein

Recht auf Pension nur erworben, wenn die Invalidität und daraufhin erfolgte Verabschiedung Folge einer Beschädigung

bei Ausübung des Dienstes ohne eigene Schuld ist; sonst wird Pension nur ausnahmsweise bei vorhandmer Be­ dürftigkeit gewährt (PmsG.

Beurlaubtenstandes ist

immer

§.

5);

bei Offizieren des

notwendige Voraussetzung,

daß sie durch die Beschädigung im Militärdienst Nachteil

in ihren bürgerlichen Erwerbsverhältnifsen leiden„Dienst­ beschädigung" ist:

Verwundung oder äußere Beschädigung, sowie bleibende

Störung der Gesundheft, welche nachweisbar durch die

Eigentümlichkeiten des Militärdienstes oder durch epide­

mische oder endemische Krankheiten am Dienstort entstanden ist (PmsG. §. 3, vgl. auch §§. 51, 52 und §. 59, der

einen bemerkenswerten Unterschied zwischen Offizieren und Unteroffizierm in dieser Frage macht, indem für letztere

ein dadurch herbeigeführter Nachteil in den Erwerbsverhältnissm als Voraussetzung gefordert wird, für erstere nicht). *

2. Nach zehnjähriger Dienstzeit ist der Rechtsanspmch auf Pmston nur an die Voraussetzung der Dimstuntauglichkeit

und daraufhin erfolgten Verabschiedung geknüpft. Das Vorhandensein dieser Voraussetzung konstarierm die Kriegsministerien bezw. das Reichsmarineamt, zugleich, ob

die Unfähigkeit dauernd oder vorübergehmd sei; im letzteren. 8 PensG. §. 8, G. v. 4. April 4 Auf eine eigentümliche Folge 1874 §. 10 Abs. 2, dazu die Er­ dieser Vorschrift für die Offiziere gänzung G. v. 22. Mai 1893 des Beurlaubtenst. weist Laband Art. I. Über Betriebsunfälle II, 7031 hin. s. unten S. 648 f.

Buch XL Das RetchSmilitärrecht.

632

Fall erlischt, fall- noch keine zehnjährige Dienstzeit zurück­

gelegt ist,

der

Pension-anspruch

Diensttauglichkeit; immer

mit

wieder eingetretener

bei Verwundung vor dem Feind wird

Pension

lebenslängliche

gewährt,

ebenso

bei

zehnjähriger Dimstzeit (PensG. §. 4).

Pensioniemng nach

Die Militärbehörde entscheidet nach freiem Ermessen.

Nach

zurückgelegtem 60. Lebensjahre ist ein Nachweis der Inva­

lidität als Grundlage des Abschiedsgesuches nicht mehr er­ forderlich (PensG. §. 28).

8.

Die Höhe

der Pension

wird

berechnet

nach

dem

pensionsfähigen Einkommm der Dienststellung, falls dieselbe

etatSmäßig mindestens ein Jahr bekleidet wurde, und der

Dienstzeit (PensG. §. 6).6 sehr spezielle Normen.

(§§. Off.)

Das Gesetz

enthält hierüber

Wenn das pensionsfähige Einkommen

mehr als 12000 Mark beträgt, wird für die

Berechnung der Pension von dem überschießenden Betrage nur die Hälfte in Ansatz gebracht.

vom

Tag

des

Die Dienstzeit wird berechnet

Dienstantrittes

abschiedung (§§. 18ff.);

bis

zum

Tag

der

Ver­

den Offizieren des Beurlaubten­

standes wird nur die wirkliche Dimstzeit

berechnet."

Die

Dimstzeit im Friedm vor dem Beginn des 18. Lebensjahres

(§. 22), die Zeit verbüßter Freiheitsstrafm von einjähriger und längerer Dauer und die Zeit der Kriegsgefangenschaft

werden in der Regel nicht angerechnet (§. 24). Feldzug 7

Für jeden

wird der Dimstzeit ein Jahr zugerechnet, wenn

6 Vgl. die Ausführung über diese einzelnm Begriffe bei Seydel 57ff.; Laband II, 706n. G. Meyer BerwR. II, 2, 121 f. • Vgl. weiteres be« Seydel a.a-O.60f.; Laband II,706f.

1 Der Begriff .Feldzug' muß immer im einzelnen Falle durch Kaiserliche Verordnung bestimmt werden. Über Teilnahme an fremden Feldzügen »auf Befehl" s. &. v. 22. Mai 1893 Art. 17, 3- 1.

Das Militärpensions- und Bersorgungswesen. der Betreffende bei

§. 42. 683

den mobilen Truppen Dienst leistete

(§. 23); für ostasiatische Expeditionen, für den dienstlichen

Aufmthalt

in

den

wenn

deutschm Schutzgebieten,

der

Gesamtaufenthalt daselbst mehr als 6 Monate betrug, sowie für

Seereism

mit mindestens

13

Monaten

Aufenthalt

außerhalb der Ost- und Nordsee wird die doppelte Zeit ge­

rechnet, ausnahmsweise auch bei anderen Seereisen (§. 50,

dlyu Novelle II §. 1, ferner G. v. 30. März 1880 §. 1. G. v. 24. März 1887 Art. I, H.

G. v. 22. Mai 1893

Art. 17 Z. 2).

Die Pension beträgt nach

vollendetem 10.,

aber vor

vollendetem 11. Dienstjahre und ebmso vor vollendetem 10. Dienstjahre

u/«o

des Diensteinkommens,

d. i.

des

chargenmäßigen Gehalts für Jnfanterieoffiziere, des mittleren Stellen- bezw. Personalservises und des Durchschnittssatzes des Wohnungsgeldzuschusses

für die Servisklaffen I—V,

dazu noch gewisser Dienstzulagen und Entschädigungen — für Marineoffiziere, Ärzte, Ingenieure, Deckoffiziere s. die besonderen Vorschriften in Art. 13 §. 49 des G. v. 22. Mai

1893 —, dann für jedes weitere Jahr 1/eo mehr bis auf dm Höchstbetrag von 45/eo.

und 750 Mk.) nach

Eine Erhöhung (zwischen 300

gesetzlich bestimmten Sätzen (§. 12)

tritt ein bei Pensionierung infolge von Kriegsinvalidität

oder besonderen klimatischen Einflüssen auf Dienstreisen (§. 52 in der Fassung des G. v. 22. Mai 1893 Art. 13 über Dienstunfähigkeit

Tropen);

infolge

klimatischer

Einflüsse

in

den

ferner bei Verstümmelung, Erblindung oder ander-

weitiger schwerer und unheilbarer Beschädigung durch den aktivmDienst im Krieg oder Frieden (Verstümmelungs-

zulage §. 13).

Ob durch diese Erhöhungen das Dienst­

einkommen erreicht oder überschritten wird, ist gleichgültig

Buch XL

634 (§. 15).

Die oben

Da« Neichsmilttärrecht.

erwähntm Pension-erhöhungen, nicht

aber die Berstürninelungszulagen, müssen binnen 6 Jahren nach dem Friedensschluß bezw. Rückkehr des Schiffe- geltend

gemacht werden.8 Die Feststellung der Pensionen erfolgt auf Antrag

4. durch

die Krieg-ministerien

bezw.

das

Reich-marineamt

(§. 26 ff.); der Nachweis der Invalidität muß von dem

zu Pensionierenden erbracht werden, es sei denn, daß der­

selbe bereits das 60. Lebensjahr zurückgelegt habe (§§. 27, 28);

bei Anspruch

auf

Pensionserhöhungen

oder

Ver-

stümmelungszulagen ist aber auch dann Nachweis der gesetz­

lichen Voraussetzungen erforderlich.

erfolgt monatlich

im voraus

Die Pensionszahlung

(§. 30).

Das Recht

auf

Militärpension erlischt (8- 31 ff., dazu G. v. 22. Mai 1893

Art. 2) durch

Tod

des Pensionärs, durch rechtskräftige

Verurteilung zu Zuchthausstrafe wegm Hochverrats, Landes­

verrat- , heimniffe;

Kriegsverrats insoweit

oder

Verrats

eine Zivilpension

militärischer

Ge-

Reichs-

oder

aus

Staatsfonds erworben wird, wird diese auf di« Höhe der früher erdienten Militärpension vom Militärfiskus getragen,

das

Mehr aber

aus Zivilfonds

bezahlt;

die Pensions­

erhöhungen bleiben davon unberührt (§. 35 in Fassung des

G. v. 22. Mai 1893).

Entziehung einer Pension durch

Richterspruch ist unstatthaft.8

Das Recht auf Pension ruht

bei Verlust der Reichsangehörigkeil (hier auch für Pensions­

erhöhungen), sowie bei Wiederanstellung im aktiven Militär8 Näheres G. v. 22. Mai 1893 i §. 16; über die Modalitäten der I Berechnung des Diensteinkom-1 mens, besonders auch den Unter-, schied zwischen der vor oder nach \

dem 1. April 1882 erfolgten Pen» sionierung lvorher ’/«», nachher *'«o) s. PensG. §. 9 Art. II des ®. v. 21. April 1886. 6 Seydel 67*.

Tas Militärpenfions- und Versorgungswesen.

§. 42. 635

dienst in Höhe des Dimsteinkommens, femer solange der Berechtigte sich im Staats- oder Gemeindedienst

befindet,

soweit das Einkommen hieraus unter Zurechnung der Pm-

fion das frühere penfionsfähige Diensteinkommm übersteigt,

endlich bei Einleitung einer Untersuchung gegen den Pensionär wegen Hoch-, Landes- oder Kriegsverrats oder Verrats mili­

tärischer Geheimnifsenach näherer Bestimmung desG. v. 22. Mai

1893 §. 33 d (hier auch für Pensionserhöhungen). 5.

Dm Hinterbliebmm, d. i. der Witwe und ehelichen

Descendenz, ausnahmsweise mit besonderer Bewilligung auch anderen Hinterbliebenen, wird

die Pension noch für den

Monat nach dem Tode des Berechtigten ausbezahlt (§. 89). Den Witwen der im Krieg gesoffenen oder an den Folgm

des Krieges

(bis

zum Ablauf eines Jahres

nach dem

Friedensschluß) verstorbmm oder vermißten, sowie der auf der Marine verunglückten oder infolge von Kriegsstrapazen

oder Seereism verstorbenen Offiziere und Mllitärbeamten werden besondere Unterstützungen gewährt,

sowohl für sich

als die Eichung der Kinder (§§. 41 bis 45, dazu G. v. 22. Mai

1893

aber erhalten

Art.

13

§. 52 Abs. 2).10

Außerdem

die Witwm und eheliche Descendenz von

Offneren und Beamtm nunmehr noch

Witwen- und

Waisengelder nach Maßgabe des G. v. 17. Juni 1887 (RGB. 237) bezw. 5. März 1888 (RGB. 65). spruch

besteht für Offiziere,

offiziere und

Militärbeamtm,

einschließlich

Der An­

der Sanitäts­

die dm Militärdimst als

Lebmsberuf übernommen haben und demgemäß einen Pen­ sionsanspruch an die Reichskasse haben, über Witwm- und Waismgelder auf Grund dieses Militärdienstes gelten die

10 Bgl. hiezu Sey del 69—71.

Euch XI. IW Wei volle Rolle gespielt haben, eine i Spitzfindigkeit feiner, unfindbarer > noch, als die Streitfragen ber preußischen Konfliktszeit dereinst! waren". Damit ist die staatsrechtliche Bedeutung des §. 8

die Bestimmung scheint

doch wohl allzu sehr auf di« leicht« Achsel genommen, 24 Stetig v. Bennigsen a. a. O. 2182. 26 Diesen (allerdings nicht unmittelbar staatsrechtlichen) Gesichtspunkt betonte sehr richtig der Abg. Lasker a. a. O. 2205. Das; der Abg. v. Bennigsen diesen Gesichtspunkt ganz uitge« würdigt ließ, war jedenfalls «in sehr großer Fehler.

Das System des Reichsfinanzrechte-.

693

§. 44.

äußerlich betrachtet partikularistisch und wirkt rein zentra­ listisch.-« Der in diese bis

und

den

zur Unverständlichkeit komplizierten

Grundlagen

sprechenden

Rechtsformen

unserer

Reichsoerfassung

gebrachte

thatsächliche

wider­ Zustand

der Reichsfinanzen ist nach dem Etatsgesetz für 1896/97 folgender:

1. Die Matrikularbeiträge sind eingestellt mit 410 605 880 Mark bei einem

des Etats;

Gesamtbetrag von 1 255 318 264 Mark

sie betragen somit cirka

nahmen. 2. Unter der Bezeichnung die Bundesstaaten"

*/a

der Reichsein­

„Überweisungen

an

ist als Pos. Kap. 68a der Be­

trag von 387472 000 Mark als Erträgnis der Zölle und Tabaksteuer über 130 Mill. Mark,

der Branntwein-Ber-

brauchsabgabe und der sog. Börsensteuer eingestellt.

Es besteht also dermalen immer noch eine Differenz

von cirka 23 Mill. Mark, um welche die Matrikularbei­ träge die Überweisungen übersteigm (in Wirklichkeit scheint

allerdings durch Mehreinnahmen gegenüber dem Etat daVerhältnis umgekehrt zu sein).

Dieser verwirrte Zustand ist neuesten- noch verwirrter

geworden durch das G. v. 16. April 1896 (RGB. 103), welches folgende transitorische Bestimmungen giebt: 1. Für das Etatsjahr

1895/96 fließen aus den Zöllen und der

Tabakssteuer statt

130

Millionen

143 Millionen Mark

ans Reich; 2. die Überweisungen für 1896/97 find, inso­ weit sie die Mattikularbeiträge übersteigm, zur Hälfte für

** Über

die

die

I Bedeutung bei S. 8 f. besonderbudgetrechtliche La band StR. II, 986 f., 950.

Buch XU.

694

Das Reichsfinanzrecht.

Reichskaffe zurückzubehalten; 3. die aus Ziffer 2, sowie die

auS Ziff.

1 mit

13 Millionen sich ergebenden Beträge

find zur Verminderung der Reichsschuld in der vom Gesetz direkt bezw. gemäß den durch das Etatsgesetz getroffenen Bestimmungen zu verwenden.

Das Reich ist befugt,

VI.

gaben

leisten,

zu

sun gsmäßig liegen. ,T alljährlich

die

diejenigen Aus­

ihm frost

zugewiesenen

der verfas-

Kompetenz

ob­

Die näheren Festsetzungen hierüber trifft der

zu

Staatshaushaltsetat.

erlassende

Ausgabm

für Zwecke, die außerhalb der versaffungsmäßigen Kom­

petenz des Reiches liegen, ad hoc zu betrachten,

sind als Brrsaffungsänderungen

es fei denn, daß sie sich als eine

Liberalität darstellen, wie die Ausgaben zu künstlerischen, wissenschaftlichen u. dergl.

Zwecken.

Die Ausgabm find

aus der allgemeinm Reichskaffe zu bestreitm.

stehm

hier

folgmde Besonderheitm

in

betreff

Doch beeinzelner

Bundesglieder,28 die in der Berechnung der Matrikularbeiträge zum Ausdruck kommm:

1. Preußm bezahlt an die Reichskasse eine bestimmte Summe für die Wahrnehmung seiner auswärtigm Ange­ legenheiten durch das Auswärtige Amt des Reiches;

2. Bayern erhält aus der Reichskasse einen Betrag für die Vertretung der diplomatischen Reichsorgane durch seine

eigenen Organe; Bayern, Sachsen und Württemberg wird ferner da, wo sie eigene Gesandtschastm unterhaltm, ein

11 Hlinel I, 380, 422; La“ Hänel I, 381 s., 385 ff., band II, 927 ff.; G. Meyer 404ff. BerwR. II, 401 ff.

Das System des Reichsfinanzrechtes, verhältnismäßiger Abzug

§. 44.

695

den Kosten für die Reichs­

an

gesandtschaften berechnet;

3. Bayern und Elsaß-Lothringen tragen nicht bei zu den Kosten des Bundesamtes für Heimatswesen, Bayern

auch

nicht zu

für die Reichsnormalaichungs-

dmjmigm

kommission, sowie nur einen geringen Bmchteil für das Reichseisenbahnamt,

endlich gleichfalls nur ausnahmsweise

für bett Reichsrechnungshof; für letztere Behörde hat anderer­ seits Elsaß-Lothringm höher beizutragen;

4. Bayem und Württemberg bezahlen in die Reichs-

kaff. einen bestimmten Betrag als Ersatz der Post- und

Telegraphengefälle, die hier in die Landeskaffe fließen; ein verhältnismäßiger

wird

Abzug

ihnen

berechnet

für die

Beyinsung der Pofl- und Telegraphenanleihen, sowie für

die Verwaltungskosten;

5. das Gleiche gilt für Bayem, Württemberg, Badm, Elsaß-Lothringm

der

hinsichtlich

Brausteuer;

ein

mt-

sprechmder Abzug erfolgt rückfichtlich der Kostm für die

Kontrolle; 6.

das Gleiche gilt

für die

Zollexklavm hinsichtlich

der Zölle und sämtlichm Verbrauchssteuern; das „Aversum" wird berechnet

nach dm Zollerträgm pro Kopf der Be-

völkemng, für die städtische Bmölkemng von Bremen und

Hamburg mit einem Zuschlag von 5 Mark pro Kopf. VII.

Das Reich als juristische Person des

öffentlichen

Rechtes

ist

auch

PrivatrechtS-

fubjekt: Reichsfiskus?*

« Laband II, 801 ff.; Hä-!rechtliche Inhalt der Reichsnel I, 364; G. Meyer BerwR. aefetze Lß. 144 , 201; Der« IT, 308; Mandry Der zivil-! bürg Preuß. Privatrecht §. 57.

Buch xn. Da» Sieich-finanzrecht.

696

Die Verfassung spricht nicht vom Reichsfiskus, sondern nur von der „Reichskaffe", von „gemeinschaftlichen" Ein­

was im Zusammenhang mit den

nahmen und Ausgaben,

aufrechterhaltenen Matrikularbeiträgen Staatsform des

zur

der

Annahme

für das Deutsche Reich

Staatenbundes

verleiten könnte, denn der Staatenbund

hat keinen selb­

ständigen Fiskus und kann begrifflich keinen solchen haben. Daß das Reich aber diese Staatsform nicht hat, wurde früher

nachgewiesm.80

menden

giebt

sich

auf

der dem Reich zukom­

des

logischer

mit

eines

Vorhandensein ziehung

Aus

Staatsform

Bundesstaates

er-

Notwendigkeit

das

Reichsfiskus

in

Be­

diejenigen zivilrechtlichen Ver­

bindlichkeiten,

aus

welche

der

Verwaltung

von Reichsbehörden oder von Landesbehörden

Auftrage

im

des

Reiches

entstehen.81

Die

Reichsgesetzgebung hat dies nur zögernd anerkannt, zuerst

in dem G. v. 4.

§.

1

von

Bundesfiskus

Juli

1868 (RGB. 433), welches in

„Bundeseigentum"

voraussetzt,

spricht und

sodann

damit

einen

weiter in dem G. v.

1. Juni 1870 (BGB. 312) §. 2 Abs. 3, die Abgaben von der Flößerei betreffend.82

Erst durch das hochwichtige G.

v.

25. Mai 1873 (RGB. 113)88 wurde die Frage definitiv Schulze D. StR. 577: der Reichsfiskus, »war von selbst gegeben". Über den Zustand vor dem G. v. 25. Mai 1873 f. Seydel a. a. O. 227. Laband bei Hirth 408 ff. Daß das Reich allein für Reichsschul­ den haftet ist übrigens nicht ein Grund für 'bte selbständige

vermögensrechtliche Persönlichkeit des Reiches (Laband 410), son­ dern eine Folge derselben. 80 Bd. T, §. 4. 81 Laband II, 803 f. 88 Laband bei Hirth 411; Seydel 228. 88 S. über dasselbe unten S. 700 ff.

Das System deS Reichsfinanzrechtes, außer Zweifel gestellt.

sichtlich

des

gebracht;

g. 44.

Der Reichsfiskus84

ist

697

auch hin­

Gerichtsstandes jetzt unter einheitliches Recht

„der

allgemeine Gerichtsstand

des Fiskus wird

durch den Sitz der Behörde bestimmt, welche berufen ist, den Fiskus in dem Rechtsstreite zu vertreten" (ZPO. §. 20).85

Im übrigen

dagegen

gelten hinsichtlich der rechtlichen Be­

urteilung, insbesondere der Privilegien des Reichsfiskus die-

jenigm Bestimmungen, welche in den einzelnen Staaten für den Landesfiskus an dem Amtssitze der zur Vertretung des

Fiskus berufenen Behörde gelten, insbesondere hinsichtlich der

Befreiung von ©teuern86 und sonstigen dinglichen Stiften,87 eine Inkongruenz,

welcher auch

buch kein Ende bereitet

Lmü>esrechtes

kus

hinsichtlich

ergreifen

demnach

das

deutsche Zivilgesetz­

hat; etwaige Abändemngen

der

ohne

Rechtsverhältniffe

weiteres

auch

des

dm

des

Fis­

Reichs­

fiskus. — Die Unterscheidung von verschiedenm Artm des u.

s. w. Fiskus) ist rechnerisch

84 über die Einheitlichkeit des Reichsfiskus als selbstverständ­ liche Konsequenz der Einheit des Staatsbegriffes s. La band II, 802; über die hierher gehörigen Spezialvorschristen Hänel I, 366. 88 Dadurch ist §. 1, Abs. 3

v. 25. Mai 1873, §. 1, Abs. 2; dieser 2. Absatz bezieht sich auf das gesamte Reichseigentum im Gegensatz zu dem sonstigen Inhalt deS Gesetzes, welches nur die aus dem Landeseigentum in das Reichseiaentum über­ gegangenen Gegenstände betrifft. Laband II, 814f. bei Hirth 411; Seydel 236 ff. Die prozefsualischen Vorrechte s. bei Laband II, 813 f. Die Steuer­ freiheit der Reichsbank folgt übri­ gens nicht aus dem allgemeinen Prinzip der Steuerfreiheit deReichsfiskuS.

Fiskus

(Post-,

Marine-

deS G. v. 25. Mai 1873 ersetzt. 88 S. über diese schwierige und streitige Frage Lab and II, 815; völlige Steuerfreiheit des Reiches fordern Hänel StR I, 367; G. Meyer BerwR. II, 3094, StR. 6254. 87 Vgl. die spezielle Anwen­ dung dieses Grundsatzes in G.

Buch XII.

698

DaS Reichsfinanzrecht.

notwendig, besteht aber nicht im rechtlichm Sinn«. — Die Reichsbank bildet leinen Bestandteil des Reichsfiskus (s. oben S.

350);

die

besonderen

in Reichsverwaltung stehenden,

aber selbständig konstituierten Stiftungen,

wie die Kaiser-

Wilhelm-Stiftung, die Generalstabs-Stiftung, u. a. eben­ falls nicht.

Abgrenzung

Die

zwischen Reich

des Fiskus ergiebt sich

betreff

Verwaltungskompetenz:

allgemeinen

und Einzelstaaten

in

aus der Abgrenzung der

der

»Postfiskus"

ist

demnach in Bayern und Württemberg Landes-, im übrigen

Reichsfiskus;

der

„Zollfiskus"

wäre es demgemäß der

ist

LandesfiskuS;

ebenso

„Militärfiskus", da die Militär­

verwaltung gmndsätzlich den Einzelstaaten verblieb und nur

konventionsgemäß

auf

ministerien repräsentierten

die

etats

daß

durch

der

aber

größte

weitaus

Landesfisci

die

Kriegs­

„Kontingente" reduziert wurde.

Dieser zwar verfaffungsgemäße,

Zustand,

durch

vier

höchst

Posten

verwaltet

werde,

wunderliche

d«S

hat

Reichs­ jedoch

eine grundsätzliche Ab­

durch das G. v. 25. Mai 1873

änderung dahin erfahren, daß der „Militärfiskus" spezial­ gesetzlich

als

Reichsfiskus

erklärt

dies zunächst auf dem Umwege,

wurde. daß

Es

geschah

alle Mobilim und

Immobilien der Mililtärverwaltung, sowohl die neu zu be­ schaffenden

wie die vorhandenen

Reiches stehend erklärt wurden.

im Eigentum« des

Damit entstand der „ReichS-

militärfiskus", in dessen Namen

Berttäge abgeschlossen wurden.

als

dann weiterhin auch alle Daß durch diese auf dem

Spezialgesetz vom 25. Mai 1873 beruhende Entwickelung

eine Abändemng der Reichsverfaffung erfolgte,

ist unleug-

Das System d«S Reichsfinanzrechtes.

Nur

bar.

für

Bayern

wird

auch

§. 44.

699

noch

dermalen

der

Militärfiskus als Landesfiskus betrachtet.88 Das Kassenwesen des Reiches88 konzentriert sich

vm.

in

der

früher

Reichshauptkasse,

Generalkasse

des

Norddeutschen Bundes, welche vom Reichsschatzamt reffortiert." Nach dem Bankgesetz

des Reiches

lungm Höhe

d«S

muß di« Reichsbank alle Zah-

annehmen und ebenso solche bis auf

Reichsguthabens

leisten.41

Demgemäß wurde

daß die Reichsbankhauptkaffe als Reichshaupi­

bestimmt,

kaffe zu fungieren habe, und alle Zahlungen für das Reich

an diese Kaffe zu zahlen seien.

hat jedoch ständige

in ihrer Eigenschaft

Buchführung

zu

Die Reichsbankhauptkaffe

als Reichshauptkaffe selb­

pflegen

und

wurde

zu

diesem

Zwecke mit einer besonderen Geschästsabteilung ausgestattet. Alle amtlichen Ausfertigungen der Reichshauptkaffe müssen

die Unterschrift

des

Vorstehers

dieser Geschäftsabteilung

oder seines geordneten Vertreters und die Unterschrift eines

derselbm angehörigen Buchhalters tragen, Quittungen über­

dies noch außerdem des betreffendem Kassierers.48 Mit

den

Einzelstaaten

findet

monatliche

Abrechnung

statt.48 Handbuch f. d. Deutsche Reich 1896, S. 221. 40 B. d. BÄ. v. 21. Januar 1868 (AGB. 1), d. SÄ. v. 1. Juni 1871 (RGB. 126). 41 BankG. §. 22. BankSt. §. 11. S. oben §. 34. 48 B. d. SÄ. v. 29. Dez. 1875 •• Bgl. den anonymen Artikel (EBl. 821). .StaatSkaffenverwaltuna" in v. 48 Bgl. den anaef. Art. in HoltzendorffS RLex. Ill, 751. v. HoltzendorffS RLex. III, 752.

18 S. hierher Laband II, 804 ff., besonders auch über die Stellung des Reichsgerichtes (Urt. v. 9. März 1888 Entsch. XX, 148) zu der Frage; s. ferner Meyer BerwR. II, 2, SO4; Hänel StR. 1,511 ff., des. 519».

Buch XU.

700

Das ReichSstnanzrecht. §. 45.

Jflt ei«|etae* Miaa«zq»eßkt« Ser Meiches.

I.

Das Reichsvermögen.

Das Deutsche Reich erfreute sich nach seiner Gründung

nicht eines großen Domanialvermögens,

bei Preußen der Fall ist.

wie dies z. B.

Trotzdem ist dermalm bereits

das Reich Eigentümer eines sehr bedeutenden Vermögens­ komplexes,

barer

dessen

einzelne

Benutzung,

Deckung der

Stücke

teilweise

durch

teilweise zu unmitteU

ihre

Erträgnisse

zur

finanziellen Bedürfnisse des Reiches bienen.

Man kann volkswirtschaftlich

nach diesen beiden Gesichts­

punkten das Staatsvermögen einteilen inVerwaltungsund Finanz vermögen;

staatsrechtlich dürfte jedoch dieser

Unterscheidung eine erhebliche Bedeutung nicht zukommen.2 Die einzelnen Bestandteile des Reichsvermögens sind:

1. welche

diejenigen Mobilien

seit

Aufrichtung

und Immobilien,

des

Norddeutschen

Bundes zur Erfüllung der Staatszwecke des Gesamtstaates angeschafft würben;8* * bei der Um­

wandlung des Norddeutschen Bundes in das Deutsche Reich

wurde der Übergang

aller von der norddeutschen Bundes­

regierung beschafften Mobilien und Immobilien auf das Reich als selbstverständlich angenommen;

2. diejenigen

Mobilien

und

Immobilien,

1 Laband II, 816 ff.; G. von ganz verschiedenen Regeln Meyer DerwR. II, 310 ff. , beherrscht werden". 8 A. A. Laband bei Hirth 3 Vgl. z. B. G. v. 14. Juni 412 und StR. II, 816, der an-: 1873 (RGB. 138), v. 23. Mai nimmt, daß beide Kategorien! 1877 (RGB. 500), v. 8. März .sowohl in staatsrechtlicher als 1878 (RGB. 6), v. 15. Mai sinan-wissenschaftlicher Hinsicht 11879 (RGB. 139) u. a. m.

Die einzelnen Finanzquellen bei Reiches,

welche

außerdem

„dem

g. 45.

701

dienstlichen Gebrauche

einer verfassungsmäßig aus Reichsmi»teln zu unterhaltenden Verwaltung dienen".

Dieser Rechtssatz fand definitive Anerkmnung durch das wichtige G. v. 25. Mai 1873 (RGB. 113)

„zur näheren

Feststellung der Rechtsverhältnisse rücksichtlich derjenigen Ge­ genstände, welche zum dienstlichen Gebrauche einer verfassungs­

mäßig aus Reichsmitteln zu unterhaltenden Verwaltung be­ stimmt find' , welches den Anlaß zu hochinteressanten De­ batten im Reichstage 6ot.4

Durch die Aufrichtung des Gesamtstaates warm eine Reihe von Berwaltungszweigm an die Zmtralgewalt überwiesm wordm, welche mit einem sehr umfaffendm Apparate an Mobilien und Jmmobilim ausgestattet warm, so das

Auswärtige, Post und Telegraphie, Militär und Marine. Dieser gesamte Apparat,

welcher bis dahin dm Einzel-

staatm zu Eigmtum gehört hatte, wurde thatsächlich zugleich

mit

dm

betreffmdm Berwaltungszweigm

staate übemommm.

vom Gesamt­

Das zivilrechtliche Verhältnis dieser

Vermögmsstücke aber bot in Theorie und Praxis die größtm Schwierigkeitm, da weder die Verfassung noch die Spezial­ gesetzgebung des Reiches bis zum 25. Mai 1873 eine Basis

zu deffm Feststellung lieferte.6

Die verbündeten Regierungen nahmm laut wiederholt

abgegebmer offizieller Erklärung an: die M o b i l i e n feien in « Sten. »er. 25 ff., 355 ff., 491. Anlagen Nr. 6 (Motive), Nr. 51 (Kommisfionsbericht), Nr. 53, Rr. 58. Bgl. dazu Setzdel a. a. 0.331s.; ferner La band 422 ff. (aus der Zeit

vor Erlab des Gesetzes), setzt StR. II, 826 ff. tzänel I, 365. * Über die in Betracht kom­ menden Benvaltungszweige Laband II, 829 f.

702

Buch XU

das Eigentum, dauernde* und

DaS Aeich-finan-recht.

die Immobilien dagegen

unkündbare

Nutzung

nur in

des Reiches

über­

gegangen, während das Eigentum an letzteren dm Einzelstaatm verblieben fei.6 • Vgl. die Äußerungen des ] Ministers Delbrück im Reichstage Sten. Ber. 1873 22: „Die Bundes- und Reichsverfaffung hat dem Bunde und Reiche eine Reihe wichtiger Verwaltungs-, zweige übertragen; der Bund und das Reich wurden in Beziehung aus die Ausübung dieser Ver- i waltung der Universalsuccessor' der einzelnen Bundesstaaten. Es ! hat darüber niemals ein Zweifel bestanden, daß, indem die einzelnen Bundesstaaten diese Vermaltung an das Reich a b traten, sie dem Reiche auch überlassen hatten die* jenigen beweglichen und!

unter den Bundesregierungen des Norddeutschen Bundes sehr bald ein Einverständnis darüber, daß die beweglichen Gegen­ stände, welche in der bezeichnetm Weise an den Bund übergegangen waren, in der That auch in oas Eigentum des Bundes über­ gegangen seien."------------- „Sehr viel schwieriger war die Frage, wie es mit den Immobilien, mit den Grundstücken stehe, welche von den Verwaltungen der einzelnen Staaten in den Besitz des Reichs übergegangen waren. Es waren — und ich bin selbst in der Lage gewesen, diese Auffassung in dem norddeutschen Reichstage wiederholt auszusprechen —

unbeweglichenGegenstände, es waren Bedenken, aus der welche sich bisher im Be-Reichsverfaffung ohne weiteres sitz der einzelnen Staaten die Konsequenz herzuleiten, daß befanden und nunmehr ' diese unbeweglichm Gegenstände, den an den Bund oder das > die ihrer Natur nach dem VerReichübergegangenenVer- brauche nicht unterliegen, ohne waltungen zumZweckdie- iweiteres " in ' "das / Eigentum T* des ser Verwaltung zu fielen. Reiches übergegangiteil seien, und ES hat, wie gesagt, darüber ein I solange solche BDen dermaliaen Stand der Zollexklaven s. Lab and II, 8601; v. Aufseß 194 f.; Delbrück 42. Letzterer Schrift­ steller giebt eine spezielle ein­ gehende Erörterung über daRechtsverhältnis von oldenbur-

gisch Brake und preußisch Geeste­ münde, welche- gemäß dem Ver­ trage v. 4. April 1853 nicht das der übrigen Zollexklaven, sondern ein Ausnahmsrecht im Sinne von RB. Art. 78 Abs. 2 sei, wie das Freihafenrecht von Bremen und Hamburg. A. A. jedoch mit Recht Laband H, 859». S. jedoch CBl. 1888 914, 915 ; die Sache ist jetzt, bis auf die Hafenanlagen in Geeste­ münde, praktisch bedeutungslos.

736

Buch XLL

DaS Reichsfinanzrecht.

über den bezüglich aller vorläufig noch exklavierten Teile von Anbeginn in Aussicht genommenen Anschluß an die

Zolleinheit zu beschließen;81 durch bundesrätliche Verord­

auch unter ausdrücklicher Bezugnahme

auf

jene Worte des Vertrages i. I. 1868 Mecklenburg

und

nung mürben

Lauenburg dem Zollverband angegliedert. Abgeändert ist jene Bestimmung des Ver­

trages durch die Reichsverfassung für Bremen Nach der nordd. BV. Art. 34 sollten

und Hamburg.

die drei norddeutschen Hansestädte „mit einem dem Zweck ent­

sprechenden Bezirke ihres oder des umliegenden Gebietes" als Freihäfen bleiben."

außerhalb

der

gemeinschaftlichen Zollgrenze

Trotz der Garantie des Freihafenrechtes durch

die Verfaffung mar auch dieses Recht immer nur als ein provisorisches und

demgemäß

Vertrages thunlichst bald

den.^ 1868

zu

nach den

Vorschriften des

beseitigendes betrachtet mor­

Infolge davon wurde auch Lübeck bereits i. auf

seinen Antrag

dem Zollverein

I.

einverleibt."

Für Bremm und Hamburg dagegm ging die Bestimmung der

nordd.

BB.

verfassung über.

unverändert

in

die

deutsche

Reichs­

Dieselbe trug und trägt, soweit sie noch

in Kraft ist, unzweifelhaft den juristischen Charakter eines

AuSnahmsrechtes im Sinne von RV. Art. 78 Abs. 2;66 zur Beseitigung

des

in Art.

34 der

RV.

garantierten

" Delbrück 46. Wagner I, 592f. und inS88 Über die wirtschaftliche Seite, besondere Laband III, 2,254 ff. diesesFreihafenprivilegs ist neuer- (1. Ausl.), jetzt II, 8608 (3. A.). dings eine große Streitlitteratur 68 Delbrück 45. erwachsen, die jedoch für biel 64 Hänel Stud. I, 201OT. staatsrechtliche Seite der Frage I 66 B. I, S. 119 ff. wenig ober nichts bietet. Bergt. I

Die einzelnen Finanzquellen be8 Reiche«,

g. 47.

787

überdies eines Verfassungsänderungs­

Rechtes

bedarf

gesetzes.

Die Abgrenzung des Bezirkes erfolgt durch dm

es

Bundesrat.58 Inzwischen ist die Frage der deutschen Zollexklavm in

ihr letztes Stadium getreten, indem auch für Ham­

burg

und

Bremen

Zollanschluß

der

Hauptsache erfolgt ist.

der

in

Nach langen und aufregen­

den parlamentarischen und außerparlammtarischm Kämpfen

kam das Gesetz v. 16. Febr. 1882 (RGB. 39) zu stände,

welches die Modalitäten von

des Zollanschlusses dazu

kam

das

G.

v.

1885 (RGB. 79) über dm Zollanschluß

31. März

von Bremen. (681.

feststellt;

Hamburg

Gemäß B. d. BR. v. 15. Okt. 1888

913) wurde der Zollanschluß

von

Hamburg,

6. Rov. 1888 (681. 914) von Bremen vollzogen.

v.

Nur

die Hafenanlagen von 6uxhaven und Bremer­ haven,

sowie

bestimmte

Städte Hamburg eximiert.

Hafenbezirke

und Bremen

sind

der

jetzt noch

Der juristische 6harakter dieses Rechtes soll

unverändert der

in

RV. Art. 34 vb. 78 Abs. 2 präzi­

sierte bleiben, was in H. 1 des Gesetzes speziell , betont ist. Andererseits gehörm zum Reichszollverband zwei Ge- B. v. 22. Mai 1880, welche Altona, o. 14. Juni 1880, welche die Elbe bis Cuxhaven, ferner v. 8. Dez. 1881 (CM. 464), welche einen weiteren Teil der Unterelb« — jetzt Zollregulativ e. 28. Juni 1888 (CM. 430), abgeSndert B. d. BR. v. 4. Juli 1895 (CBl. 279X dazu B. d. BR. v. 24. Mär, 1892 (CM. 195) u. 26. Sept. 1888 (CM. 913) über I»r», Staawrecht U. 2. Aufl.

die Hamburgische Zollgrenze, v. 13. Okt. 1892 (CM. 682) über die Zollgrenze in Bremerhaven, ferner Zollregulativ f. d. KaiserWilhelm-Kanal v. 4. Juli 1895 (CM. 279) — dem Zollverband anschließt; über die Unterweser s. CBl. 1888 , 915. «gl. auch Laband III, 2, 262, jetzt II, 862».

788

Buch XU.

Das Reichsfinanzrecht.

bietsteile,

welche nicht zum deutschen Staatenverband ge-

hörm:67

1.

der

die

bayrischen

österreichischen

schloffenen

Zollverwaltung

Jungholz

Gemeinden

ange­ und

Mittelberg," 2. das der preußischen Zollverwaltung

angeschloffene und in Zollsachen

durch Preußen vertretene

Großherzogtum Luxemburg, welches früher Bestandteil des Deutschen Bundes gewesen war.

Der Zollverband mit

Luxemburg ist für beide Teile unkündbar bis zum 31. Dez.

(solange das Pachtverhältnis

1912

des Reiches

gegen«

über der Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahn dauert)."

Bevölkerungsstand des

Der

nach

5

amtlich

Jahren

Zollgebietes

festgestellt

werden.60

soll

immer

Dermalen

umfaßt das Zollgebiet 8 439 336 qkm mit 49 628 752 Ein­ wohnern ;

die Zollausschlüffe haben 12 288 Einwohner.61

Berechnet

wird

in

Zollsachen

die ortsanwesende

konsu­

mierende Bevölkerung ohne Rücksicht auf Staatsangehörig­ keit."

Ausgeschlossen vom Reichszollgebiet bleibt ferner vorerst (gemäß StB. m. England bis 1. Januar

Helgoland 1910).68

IV.

Die

Maßgabe

Zollfälle

des

" ZBB. Art. 2. Delbrück 8 ff.: speziell auch über den recht­ lichen Unterschied der Stellung von Jungholz und Luxemburg. Ferner La band II, 858 ff. M Staatsvertr. v. 3. Mai 1868 iro. Bayern u. Österreich über Jungholz, v. 2. Dez. 1890 (RGB. 1891, 59) zw. ÖsterreichUngarn u. d. Deutschen Reich über Mittelberg. ;

erhoben

nach

Zolltarifes.

Die

werden

gesetzlichen

"9 Staatsvertr. v. 11. Juni 1872 (RGB. 327) §. 14. S. auch oben S. 312ff. Vgl. v. Aufseß 194. «» ZBB. Art.ll Abs.3. Del­ brück 57: v. Aufseß 205. Bgl. auch Laband bei Hirth 455*. •' Genaue Angaben im ein­ zelnen bei v. Aufseß 195f. « v. Aufseß 205.

« G. v. 15. Dez. 1890 §. 2.

Die einzelnen Finanzquellen des Reiche-.

Geschichte der

des

Zolltarifes

Teile

interessantesten

bildet

der

g. 47.

739

Jahrzehnten einen

seit

deutschen

Staatsentwicke­

lung und des jungen Deutschen Reiches."

Der bereits

sehr mäßige Tarif v. 1. Juli 1865 wurde noch weiter r^uziert durch G. v. 17. Mai 1870 (RGB. 123) und weiterhin durch G. v. 7. Juli 1873 (RGB. 241).

Eine

radikale Umkehr von dieser Bahn zu ziemlich hohen Zoll­ sätzen enthält dagegm das nach schwersten parlamentarischen

Kämpfen

stände

zu

gekommene G.

v.

Juli

15.

1879

(RGB. 207), dem ein Tarif in 43 Positionen angefügt ist.

Durch

diesen

kommm beseitigt.

Tarif find

die früherm Tarife voll-

Der neue Tarif steht seit 1. Juli 1880

in seinem ganzen Umfange in Kraft.

Durch Spezialgesetze

wurde der Tarif noch mehrfach abgeändert und in neuer Redaktion publiziert, RGB. 1885, 111 — dazu noch G. v. 21. Dez. 1887, sowie BranntwStG. v. 8. Juni 1891

§. 44, ZuckerStG. v. 27. Mai 1896 §§. 80. 81.

Bon

dm im Tarif aufgeführtm Warmkategorim müssen nach Maßgabe

des

gestelltm

Warenverzeichnisses

Gesetzes

und

" Eine Skizze bei v. Auf­ seß 161 ff.; Wagneri, 595ff.; Laband bei Hirth 502ff. « ZG. S- 12, dazu CBl. 1879,837, wo sehr lakonisch mit­ geteilt ist, daß der Bundesrat daS Warenverzeichnis fest­ gestellt habe, und daß dasselbe käuflich sei. Ordnungsgemäß publiziert ist dasselbe nrcht, ob­ wohl es sich dabei doch um eine Bollzugsverordnung zum Gesetz »delt. Abänderungen (diese i ordnungsgemäß publiziert!)

des

vom Bundesrate

Zölle

erhobm

fest-

werdm.66

CBl. 1881,15; dagegm ein Nach­ trag ist wieder nur al- erlassen und verkäuflich gemeldet CBl. 1881, 139. Ein weiterer Nach­ trag ist wieder vollständig publi­ ziert CBl. 1882, 151. Dazu ge­ hören noch die auf einer Anzahl von Bundesratsverordnungen beruhmden Vorschriften über die Taravergütung. Jetzt güt das Warenverzeichnis v. 1. Nov. 1895 (CBl. 376); v. Aufseß 224, über die Taravergütung CBl. 1895, 266. Über die Zoll47*

Buch XIL

740

Modifikationen

Das Reichsfinanzrecht. in Berücksichtigung einzelstaat­

des Tarifes

licher Jntereflen find zwar zuläsfig, doch dürfm sie auf die allgemeinen

Jntereffen nicht nachteilig einroirfen“.66

Zollpflicht mtsteht Zollgrenze.

Die

mit dem Übergang der Ware über die

Zur Entrichtung des Zolls ist derjenige ver­

pflichtet, der zur Zeit der Fälligkeit desselben der Inhaber

(natürliche Besitzer)67

des zollpflichtigen Gegenstandes ist,

bezw. denselben aus der öffentlichen Niederlage nimmt; in jedem Falle

hasten die zollpflichtigen Gegenstände in erster

Linie für die Zollgebühr;68 die Zollbehörde hat das Recht der Retention

und Beschlagnahme bis

Zolles.

Niederlegung

Die

Zollbehörde

befreit

nicht

der

von

Ware

zm Bezahlung des

in

ein

der Erlegung

Lager des

der

Zolles,

sondern suspendiert nur die Entscheidung über die Zoll­

pflicht bis zum Eintritt bestimmter anderweitiger gesetzlicher Voraussetzungen.69 Behufs Erhebung des Zolles von

dem Adreffaten der

Ware sind, insbesondere für Post und Eisenbahn, bestimmte

gesetzliche Erleichterungen zu Gunsten desjenigen vorgesehen, der die Ware

über die Grenze führt (besonders Begleit­

schein II).70 behandlung der sog. Verschnitt­ weine CBl. 1892, 86; 1896, 174. B. d. BR. v. 25. Juni 1896 über Erlaß des Zolles für Kakao, ätherische Öle re. (CBl. 1896, 229).

•• ZDB.Art.3 8.1. Vgl. dazu Delbrück 11; Länel 131: ferner Zolltarif v. 15. Juli 1879 Nr. 25c Anmerkung.

67 LabandII, 895 konstruiert

dies als ein auf der Ware lastendes „dingliches Recht". H9^.8813ff., 100. G. Meyer

'««ZG. 8-40. A.A. La band II, 896. G. Meyer II, 332. 70 ZG. 88- 51, verb. 45,59 ff. (Eisenbahn), 91 (Post). Laband II, 896 f. Das geltende EisenbahnZollregulativ s. CBl. 1888, 573, dazu CBl. 1895, 265, über Paffagiereffekten CBl. 1892,472;

Die einzelnen Finanzquellen des Reiche-,

g. 47.

741

Über Waren, die in der Zollniederlage verloren oder

unbrauchbar

werden,

ferner

über den

Pfandverkauf von

solchen, die aus der Niederlage nicht abgeholt werden, trifft das Gesetz besondere Bestimmungen.'"

Zollkredite können durch die Einzelstaaten eröffnet werden, doch nicht über 3

Monate.72 * * * 71Die Verjährungsfrist

für

Zollgefälle beträgt ein Jahr.78 Über die Anwendung

grundsätzlich

des

ausgeschlossen;

Tarifes

andere

ist der Rechtsweg

Rechtsfragen

können

landesr«htlich den Gerichten überwiesen werben.74 * * * Auch die deutschen Souveräne,

die Standesherren und

Personen des diplomatischen Dienstes find von der Ent­

richtung der Zollabgaben nicht frei, doch ist es den Einzel­

staaten gestattet, den von solchen Personen gqahlten Zoll auf eigene Rechnung

zurückzuerstatten;78

den beim Reiche

accreditierten Diplomaten werden seit 1. Januar 1872 die Zölle aus der Reichskaffe erstattet.78

daS Post-Zollregulativ CBl. 1888, 605; das Begleitschein-Regulativ CBl. 1888, 501. 71 ZG. §§. 48, 67, 103, 104. 72 Über die Grundsätze bei der Kreditbewilligung v.Aufseß 390 ff. 78 G. Meyer II, 336. 74 ZG. 8.12. G. Meyer II, 342 f., -es. R. 10, 11. 78 ZBB. Art. 15: .Bon der tarifmäßigen Abgabenentrichtung bleiben die Gegenstände, welche für die Hofhaltung der hohen Souveräne und ihre Regenten­ häuser oder für die bei ihren Höfen acereditierten Botschafter,

Gesandten, Geschäftsträger u. s. w. eingehen, nicht ausgenommen, und wenn dafür Rückvergütungen statthaben, so werden solche der Gemeinschaft nicht in Rechnung gebracht. Ebenso wenig anrechnungsfähiastnd Entschädigungen, welche in einem oder dem anderen Staate den vormals unmittel­ baren Reichsständen oder an Kommunen oder einzelne Privatberechtiate für einaezogene Zoll­ rechte ober für aufgehobene Be­ freiungen gezahlt werden müssen/ 76 B. d. BR. v. 29. April 1872(nichtpubliziert!); v.Rus­ se ß 207 Z. 20. Delbrück 64;

Buch XII.

742 Für

„Waren,

Das Reichsfinanzrecht.

welche

aus Staaten kommen,

welche

deutsche Schiffe oder Waren deutscher Herkunft ungünstiger

behandeln,

als diejenigen

schlag bis zu 100 °/o

torsionszoll gestattet. der

gleichen

anderer Staaten",

ist ein Zu­

Zoll

zum gewöhnlichen

als Re­

Zollfreie Waren können unter

Voraussetzung

einem

bis

Retorsionszoll

20 °/o des Wertes unterworfen werden.

zu

Der Retorsions­

zoll wird

verhängt durch kaiserliche Verordnung unter Zu­

stimmung

des

Bundesrates;

die

früher

gesetzlich

schriebene Zustimmung des Reichstages ist

vorge­

aufgehoben.77

Die Zollexklaven haben statt der Zollgefälle ein Aversum

an die Reichskaffe zu bezahlen, welches nach Verhältnis der

gesamten

ortsanwesenden Bevölkerung zu der Netto-Zoll-

einnahme des

Reichszollgebietes berechnet wird.

städtische Bevölkerung kommt dazu noch

Für die

ein Zuschlag von

5 Mark pro Äopf.78 Unter

bestimmten

gesetzlichen

eine Rückvergütung des Zolles

Voraussetzungen

findet

bezw. der Verbrauchssteuer

statt.78 über die juristischen Bedenken gegen die V. d. BR. s. Zorn Gesandtschaft-recht in Hirths Ann. 1882, S. 116. Die deut­ schen Lehrbücher des Völkerrechtes nehmen von den Bestimmungen des deutschen Rechtes keine Notiz, sondern behaupten Zollfreiheit aufGrund oer „Exterritorialität"; vgl. hierüber Zorn a.a. 0.112 *, 116*. 77 Tarifges. §. 6, jetzt ersetzt durch G. v. 18. Mai 1895 (RGB. 233), I. zuletzt angewendet gegen Spanien, K. V. v. 25. Mai 1894

(RGB. 455), aufgehoben durch K. B. v. 25. Juli 1896 (RGB. 651). 78 RB. Art. 38 Art. 3 ; dazu B. d. BR. v. 25. Mai 1878,12. März 1880 (nicht publiziert). Vgl. v. Aufseß 358ff. Laband bei Hirth 509. ‘ 79 ZG. 88.112—115. TarisG. 8. 7 Z. 3 und 3a. G. v. 14. April 1894 (RGB. 335), dazu V. d. BR. v. 27. April 1894 (CBl. 178), G. v. 22. April 1892 (RGB. 601), dazu V. d. BR. v. 30. Juni 1892 ((SSL 479), v. 9. Juli 1896 (CBl. 378); TabStG. §8- 30,

47.

Die einzelnen Finanzquellen des Reiches.

743

V. Die Verwaltung des Zollwesens.80

Die Verwaltung des Zollwesens, insbesondere die Er» Hebung

verbleibt

der Zollgefälle,

jedem

Einzel­

„soweit derselbe sie bisher geübt hat"

staate,

(RB. Art.

36 Abs. 1).

Das

der

Prinzip

einzelstaat­

lichen Zollverwaltung erfährt jedoch eine erhebliche Modi­

fikation nach zwei Richtungen:

einmal ist dasselbe ver-

faffungsmäßig nur anerkannt,

soweit eine einzelstaatlich«

Zollverwaltung bisher bestanden hat; soweit jedoch Einzel­ staaten

ihre Zollverwaltung an andere Staaten übertragen

haben, hat

auch

für

dieselben

sein Bewenden,

es hierbei

solche Verhältnisse nunmehr

auf

und

angenommen

verfassungmäßiger

zwar muß

werben,

daß

Vorschrift be­

ruhen. 81 Das Gleiche gilt,

behufs

gemeinsamer

insoweit mehrere Einzelstaaten sich

Zollverwaltung

zusammengeschloffen

haben, wie dies im thüringischen Zoll- und Steuerverein

seit 1833 der Fall ist.8'

Die bestehenden Zollverwaltungen sind:

1. Preußen mit beiden Lippe,

Waldeck und

Gebietsteilen anderer Staaten, 2. Bayern, 3. Württem­

berg,

4.

Sachsen,

5.

31. BrauStG. §. 6. Branntw.StG. §. 12. ZuckerStG. §. 6; f. G. Meyer ll, 336ff. «v.Aufseß358ff.;Laband II, 885ff. HänelStR. I, 899. K. Meyer VerwR. II, 328ff., 338ff. Seydel BayrStR. IV, 74. 81 Vgl. hierüber Delbrück 80ff., öaband bei Hirth 471,

Baden,

6.

Hessen,

bes. StR. II, 886'. Eine an­ dere Ansicht entwickelt Hänel StR. I, 407; danach sind diese Verträge res intern» unter den beteiligten Einzelstaaten ge­ blieben. M Über die beendige Orga­ nisation gemäß Sette, v. 20. Roo. 11889s.(SSL 1890,86. Hänell, 406.

Buch XIL

744

7. Mecklenburg Weimar, Reuß,

Dai Xeichssinanzrecht.

Coburg-Gotha,

Schwarzburg

beide

8. Thüringen (Sachsen-

(beide),

Altenburg,

9. Oldenburg, 10.

und

Meiningen,

beide

preußische Gebietsteile),

Braunschweig, 11. Anhalt,

12. Hamburg, 13. Bremen, 14. Lübeck, 15. Elsaß-

Lothringen. Sodann ist daS Prinzip noch weiter modifiziert bezüg­

lich der Grenzzollverwaltung.

Die Behörden und

Beamten der inneren Verwaltung bestellen die Einzelstaaten ganz frei und tragen

Auf Grund

dafür auch die sämtlichen Kosten."*

der älterm Verträge einigte mm sich nur mf

gemeinsame Grundzüge der Organisation: es sollm Haupt-

und Nebenzollämter errichtet und in jedem Staate über dm unterm Ämtem eine, nach Bedarf mch mehrere Zolldireltionen,

schlägigm

Ministerium

welche

ihrerseits wieder dem

der Direktivbehörde

als

ordnet sind, eingerichtet roerben.84 tung

ein-

unterge­

Eine Reichszollverwal­

besteht nicht und ist verfaffungsmäßig ausgeschlossen;

nur in dm Hansestädtm bestandm auf Grund eines eigen»

tümlichm Entwickelungsganges Vereins-, liche Hauptzollämter,

die

aber jetzt

88 Es trifft trotz l. 52 §. 15 D. pro socio 17, 2 nicht zu, wenn Laband 499 behauptet: ,so wie der Einzelstaat die von ihm vereinnahmten Gefälle an die Reichskaffe abzuliefern hat, so sind ihm andrerseits die auf die Erhebung und Verwaltung verwendeten Kosten zu erstatten', denn ZBB. Art. 16 Z. 1 bestimmt: »Jede Regierung über-.

seit 1872 kaiser­

aufgehobm sind.88

nimmt alle in ihrem Gebiete vor­ kommenden Erhebungs- und Ber« waltungskosten.' 84 ZBB. Art. 8 §. 6, Art. 16 Abs. 3, Art. 19. ZG. §§. 18, 19,128ff.;Hänel Stud.l,136f.; ..................... ~tub. 1,136s.; Laband bei Hirth 471 f. 86 Bgl. v#l. hierüber die .... aüsführliche Darstellung bei Delbrück 73ff.; v. Aufseß 359«.

Die einzelnen Finanzquellen d«S Reich«-, Für

Grenzbezirk aber ist die Organisation der Be­

den

vollständig

hörden

745

g. 47.

vom

dm

nach

Bundesrat

erlaffmm

Vorschriftm durchzuführen,*86 da die Kostm der Grmzzoll-

Diese

des

und

verwaltung

wurden

Kostm

früher

vergütet;

von Pauschsummm

Zollverwaltungsetat

gemeiner

gestellt.88

das

Reich

trägt.87

den Einzelstaatm

in Form

Grenzschutzes

jetzt

ist seit

durch

dm

1882 ein all­ fest­

BundeSrat

Die Instruktionen für die Zollbehördm werdm

von dm Einzelstaatm

erlassen;88 der Bundesrat hat von

dem ihm verfassungsmäßig60 zum Erlaß solcher Jnstruktionm

Recht

zustehmdm

einen

generellen

bis

Gebrauch

jetzt nicht gemacht, doch mthaltm allerdings die vom Reiche

erlaffmm

Gesetze

und

zahlreiche

Berordnungm

so

daß

die

waltungsvorschriftm,81

dadurch

Ver-

Gleichheit

einzelstaatlichm Praxis vollkommm gesichert erscheint. Einzelstaatm

sowie

für

dimsteS.88

währm, fahr

hastm

die

für

die

Sicherheit

Dimsttrme

des

Kaffm-

ihrer

und

der Die

Beamtm,

Rechnungs-

Freipäffe für einzelne Gegmstände zu geist dm Einzelstaatm auf ihre Rechnung und Ge­

überlaffm.88

Die Grundsätze für Gewährung von

Kredit« sind jedoch jetzt vom Bundesrat festgestellt.

88 Delbrück 68: ».Aufseß 860f.; Laband II, 919f. 87 RB. Art. 88 Z. 3. ZBB. Art. 16 Z. 1. Über den Begriff .Grenzbezirk' ZG. §. 16 Abs. 3. 88 ZBB. Art. 16 Z. 2, Delbrück 55-57, 66ff., bes. 68; v. Aufseß 399ff.; Laband II, 921 f., bes. auch über die staats­ rechtlich« Bedenken gegen das i jetzige System 922’. |

Die

88 ». Aufseß 859. 80 ZBB. Art. 19 Abs. 8. 81 Bal. j. ». ZG. §§. 9, 15, 21 ff. Zolltarifges. §§. 2, 8.

88 ZBB. Art. 16 Abs. 2, vgl. Laband 502. 88 ZBB. Art. 18, 14; dazu v.Aufseß207, D«lbrück59f., Laband 503, 504.

Das Reichsfinanzrecht.

Luch XII.

746

Korrespondenz in Zollsachen ist als „Reichsdienstsache" porto­

frei." VI. Die Verwaltung wird vonReichs wegen

kontrolliert; Organ dieser Kontrolle

fassungsmäßig dieser Kontrolle

der Kaiser."

wurde

seit Beginn

sehr eigentümliches System

auch jetzt noch

ist ver­

Für die Ausübung des

ein

Zollvereins

ausgebildet, das im Prinzip

festgehalten wird.

früher durch

Während

das Präsidium des Vereines den Verwaltungsbehörden der Eiuzelstaaten Kontrollbeamte beigeordnet wurden,

dieses Recht dem Kaiser übertragen.

trollbeamten,

ist jedoch

ist jetzt

Er ernennt die Kon­

bei dieser Emennung verpflichtet,

Beamte der verschiedenen Zollvereinsstaaten zu wählen, 94 und bestimmt ihren Amtssitz, beides nach Vernehmung des BundeSratsausschuffes

für Zoll- und Steuerwesen.97

Kontrolle bezieht sich

auf die Zölle, die sämtlichen Ver­

brauchssteuern, den Spiellartenstempel und

Die

die statistische

Gebühr." Diese

welche

Beamten

find

entweder

den Direktivbehörden,

Bevollmächtigte,

oder Stationskontrol­

leure, welche den Unterbehörden beigeordnet werden. Kaiser wählt dieselben

aus den

staaten nach Belieben aus;

Zollbeamten

Der

der Einzel­

sie treten jedoch nach der der-

maligen Praxis durch die kaiserliche Ernennung nicht den Reichsdienst,

amtenverhältnis

in

sondern behalten ihr einzelstaatliches Be­ bei und

fungieren demnach

nur in kom-

” RB. Art. 36 Abs. 2; ZV«. Art. 20. 98 v. Aufseß 420ff. Del* RB. Art. 36 Abs. 2 Spielt.» brück 82ff. Laband bei Hirth StG. §. 22. G. v. 20. Juli 474f. StR. II, 888 ff. 1879 (RGB. 261) §. 15. Dazu o. Aufseß 425». " SchlProt. Rr. 15.

“ v. Aufseß 206.

Di« einzelnen Finanzquellen des Reiches,

missarischer Verwendung im Reichsdienst.99 dieser

Kontrolle

das

trägt

747

Die Kosten

Instruktion

Die

Reich.

tz. 47.

der

Auffichtsbeamten beruht in der Hauptsache bis zur Stunde auf den Verabredungen von 1838.

Die Beamten erstatten

ihre Berichte an den Kaiser, der dieselben behufs Abstellung

etwa Vorgefundener „Mängel

meinschaftlichen

Gesetzgebung"

schlußfaflung überweist

(RV

bei der Ausfühmng der ge­

dem

Bundesrat

zur

Art. 36 Abs. 1).

Be-

Die den

Hauptämtern beigeordneten Kontrolleure haben die Zollver­ unterm Stellm zu

waltung und Grenzbewachung an dm überwachm und

auf die Abstellung von Mängeln

hinzu-

wirken; selbständige Verfügungm zu treffen, sind sie jedoch

berechtigt.100

nicht

höherm

Die

Bevollmächtigten

Zollverwaltungsbehördm,

dm

werden

dm

Direktivbehördm,

beigeordnet und habm sich von dem Gang der Verwaltung in ihrem Bezirk die genaueste Kenntnis zu verschaffen; die Verwaltung, zu beten Kontrolle sie berufen find, soll „un­

schränkte Offmheit" gegen sie beobachten.101

Im übrigen sollte eine Instruktion für die Bevollmächtigtm

von Reichs wegm erfassen werden, und der Zoll­

vereinsvertrag bestimmte hierüber in folgendermaßen:

„Als

erwähntm Instruktion,

dm

Direktivbehördm

SchlProt. Z. 15, 2

Grundlage der in

diesem

Artikel

welche das Geschäftsverhältnis der der

Vereinsstaatm

99 RB. Art. 36 Abs. 2 sind dieselben zwar als .Reichsbeamte' bezeichnet, trotzdem aber und trotz der Bezahlung derselben tmrch daS Reich find sie nicht -Reichsbeamte' im staat-recht- i ltchen Sinne; korrekt ist das1

beizuordnmdm

staatsrechtliche Verhältnis in den Etatsgesetzen gekennzeichnet. Bgl. v. Aufseß 425«. Eine Tabelle der Reichsbevollmächtigten und Station-kontrolleur« ebenda438f. 109 AB«. Art. 20 Abs. 3. ZBV. Art. 20 Abs.s u. 5.

748

Buch XII.

DaS Reichsfinanzrecht.

Bevollmächtigten näher bestimmen soll, ist verabredet worden,

daß ein solcher Bevollmächtigter da, wo er feinen Sitz er­

hat,

halten

die nachstehend bestimmte Wirksamkeit auszu­

üben berechtigt sein soll: a) Derselbe kann allen Sitzungen

Eine jede Verfügung und

der Direktivbehörde beiwohnen.

welche die letztere oder deren Vorstand in Be­

Anweisung,

auf

ziehung

di«

Verwaltung

der

gemeinschaftlichen

Ab­

gaben an die ihr untergeordneten Behörden ergehen läßt, muß

vor der Ausfertigung ihm,

wesend

nicht

ist, zur Einsicht

zwar

ausgefertigt werden,

eher

beigesetzt

hat.

weder

sofern

er am Orte an­

im Konzepte vorgelegt und darf

b) Dieses

als nachdem er sein Bisa

Visa

soll der Bevollmächtigte

verweigern noch verzögern dürfen,

lung desselben ist er jedoch berechtigt,

bei Ertei­

wenn er befürchtet,

daß aus dem Vollzüge der Verfügung oder Anweisung ein Nachteil

für dm Zollverein

mtstehen möchte,

seine ab-

weichmde Ansicht motiviert auf dem Konzepte zu vermerkm und

zu

verlangm,

daß

die

Direktivbehörde

gleichzeitig mit dem Erlasse der

wmigstms

ftaglichen Verfügung an

das ihr vorgesetzte Ministerium Bericht erstatte,

sofern

das letztere

c) In­

nicht rechtzeitig Abhilfe getroffen habm

oder eine Verständigung

mittelst Korrespondmz der Mini-

sterim oder obersten Zollbehörden der betreffenden Staatm

nicht inzwischm eingetreten sein sollte, ist an dm Bundes­ rat zu rekurrierm, um die Differenz zur Entscheidung zu

bringen,

hört

d) Zu dm Befugnissen des Bevollmächtigtm ge­

auch die Visitation des Grmz- und Revisionsdienstes

auf der Zolllinie und des Verfahrms

Stmererhebung

in

dem

Gebiete,

wo

bei der Zoll- und

er

beglaubigt

ist,

wobei derselbe sich der Beihilfe der ihm hiezu zugewiesenm

bedienen

Beamten

bei

nicht

zu erteilen oder Anordnungen in der Verwaltung

treffen,

die

er

kann

vielmehr

Direktivbehörde etwa

schleunige

nur

dem Bevollmächtigten wie

jedem

u. s. w.

Mitglied

dieser

sowohl

Rechnungen

über

die

Behörde

zu.

gemeinschaftlichen

und dagegen Erinnerungen rung und Abnahme

der Erinnerungen

machen,

die

von

ihm

e) Es steht

der

Direktiv­

als

auch

der

f) Er kann die

Abgaben

prüfen

ohne jedoch die Füh­

ingleichen die Entscheidung

derselben,

durch

der

bringen.

Steuererhebungsbehörden

und

betreffenden

der

Bücher, Rechnungen und

behörde die Einsicht der Aktm,

Zoll-

bei

Abstellung

in Antrag

entdeckten Mängel

Register

berechtigt,

oder Steuer­

solchen Revisionen Befehle an die Zoll-

beamten zu

Er ist jedoch

kann.

749

§. 47.

Die einzelnen Finanzquellrn d«S Reiches.

dem

gesetzte Dienstbehörde aufzuhalten.

dung dem Vereinsintereffe nicht

Rechnungsführer

vor­

Findet er die Entschei­

entsprechend,

so

hat er

den betreffenden Gegenstand bei dem Bundesrate zur An­

zeige zu bringen." VH.

Die

Abrechnung der Zollgefälle"" ist

sehr kompliziert.

Berfaffungsmäßig fließt der gesamte Er­

trag der Zölle in die Reichskaffe;108

über das Rechtsver­

hältnis von K. 8 des Tarifgesetzes v. 15. Juli 1879 und dm diesem Paragraphm

nachgebildeten Gesetzesvorschristm

zu diesem verfaffungsmäßigen Grundsätze s. oben S. 686 ff.

Der Nettoertrag der Zölle ergiebt sich durch Abzug 1. der

auf Gesetzen oder allgemeinen VerwaltungSvorschristm

v. ilufseb 385g. La- vgl. ZBV. Art. 17. Dir beson­ band bei Hirth 507 ff- StR. deren Borschristen v. 13. Januar n, 918 ff. 1872 sind publiziert in Hirth»- R«. Art. 88 tos. 1 u. 2, Ann. 1872, 1489 ff.

Buch XIL Das Reich-finanzrecht.

750

beruhenden Steuervergütungen104 * und Ermäßigungen 2. der Rückerstattungen

unrichtige Erhebungen,

für

3.

der Er-

hebungs- und Derwaltungskosten im Grenz bezirk.106 Die Zolleinnahmen

„sobald dieselben nach

sind in die Reichskaffe abzuführen,

bestehenden Gesetzen und den

den

über die Fristen der Zollkredite für

die

worden

Kassen

der

dieselbe durch

fällig

ge­

Die definitive Beschlußfassung über

finb".106

die Abrechnung erfolgt durch wird

getroffenen Verabredungen

Einzelstaaten

den

Bundesrat;

vorbereitet

die Hauptübersichten, welche von den

Direktivbehörden der Einzelstaaten auf Grunb der Quartal­

extrakte

und Finalabschlüffe der Unierbehörden

zusammen­

zustellen und dem Bundesratsausschuß für Rechnungswesen, dem ehemaligen Zentralbureau des Zollvereins, einzusenden find;

letzterer

hat

die

plenums vorzubereiten,

Beschlußfassung

des

Bundesrats­

bezw. die an die Reichskaffe abzu-

führenben Summen vorläufig festzustellen (RB. Art. 39).107 Ebenso wird hinsichtlich der an die Reichskaffe zu bezahlen­

den Zollaversa verfahren.

Luxemburg und

104 Nicht aber dürfen die auf einzelstaatliche Rechnung erfol­ genden Rückvergütungen abge­ zogen werden. '10B RD. Art. 38 Abs. 2, s. dazu über den Modus der Be­ rechnung oben S. 745. v. Auf­ seß 396 ff. 106 Etatsges. v. 4. Dez. 1871 (RGB. 412) §. 3. Auf Grund dieses Gesetzes ordnete der Bun­ desrat durch B. v. 7. Dez. 1871 (nicht publiziert) neue Formulare für die Hauptübersichten an. Die jetzt geltenden Vorschriften sind v. 18. März 1878. Bon

Österreich

für

besonderer Wichtigkeit war die rechnerische Behandlung der Zoll­ kredite: (.hierüber v.Aufseß391; ferner Laband bei Hirth 504ff. Früher waren die Verhältnisse wesentlich anders geordnet, s. Laband bei Hirth 506. StR. II, 925 f. 101 Auch dieser RechnungsmoduS besieht in der Hauptsache seit 1833. Das Zentralbureau, der Hauptträger einer inter­ essanten Entwickelungsphasedeut­ scher Geschichte, bestand bis 1872, f. dazu auch Hänel StR. I, 401.

Die einzelnen Finanzquellen des Reiches,

g. 47.

751

Jungholz erhalten eine entsprechende Summe hinausbezahlt,

ohne daß

sie eine finanzielle Leistung an

das Reich

zu

machen hätten. Vin. Der Zollschutz.

Der Zollschutz ist gleichfalls durch das Reich gesetzlich

geordnet; die Durchführung desselben aber ist ein Stück

der einzelstaatlichen Zollverwaltung.

Geldstrafen und Kon­

fiskate fallen in die Kasim der Einzelstaatm;

das Begna­

digungsrecht steht dm LandeSherrm yi.108 109

Das Zollstrafgesetzbuch bildet einm Teil des Zollgesetzes; das Verfahrm richtet sich nach dm Borschristm der all-

gemeinm Sttafprozeßordnung.110

spezifische dation.

Zolldelikte:

Das Gesetz kennt zwei

Konterbande

und

Defrau­

Der ersteren macht sich schuldig, wer eine Ware

einführt bezw. einzuführen versucht, die nicht werben darf.

eingeführt

Der Schuldige fällt in eine Geldstrafe vom

koppelten Wert der konterbandiertm Sachm,

mindestmS

aber von 30 Mark; die Ware selbst verfällt der KonfiSkation.

Dieses

Delikt richtet

sich

also

nur gegen Ein­

und Durchfuhrverbote.

108 ZG. 88.134—165. StPO. 88. 459—469; vgl. v. Aufseß 253 ff., hier auch Angaben über die Erkenntnisse des Reichs­ gerichtes in Zollsachen; auch v. Liszt Strafrecht S. 618ff.; Laband II, 900 ff., sowie die Monographie von Löbe: Da­ deutsche Zollstrafrecht (1890). 109 ZBD. Art. 10 Abs. 2 Z. 4r Art. 18. i” Über das Zollkartell v.

setzung durch das GVG. und die StPO, mit Ausnahme we­ niger Spezialbestimmungen Delbrück21. FernerLaband StR. II, 902; v. Aufseß 259 ff., über das Zollkartell mit OsterreichUngarn s. oben S. 724". ZG. §. 134; dazu die Spezialbest. S§. 136—139, fer­ ner die Strafschärfung in §. 144. Über die Konfiskation $§. 154 bis 157.

DaS Neich-finanzrecht.

Buch XU.

752

macht sich

Der Defraudation

schuldig,

wer dm Zoll

hinterzieht bezw. durch Verheimlichung, falsche Deklaration zu hinterziehm versucht;

oder dergl.,

die verwirkte Strafe

beträgt das Vierfache des defraudiertm Zolles; außerdem

ist letzterer

selbst nachzuzahlm und die Ware zu konfis-

zierm.118

Beim ersten Rückfall ist die Geldstrafe zu ver­

bei

doppeln ;1,8

weiteren

Rückfällen

tritt

bis zum Höchstbetrag von

Freiheitsstrafe

in

der Regel

2 Jahren nebm

der Konfiskation ein.114

Für dm Rückfall gelten Konter­

bande und Defraudation

als

ein

und dasselbe Delikt.8'8

In welchem Einzelstaat die Bestrafung erfolgte, gültig."8

ist gleich­

Rückfall liegt nur dann vor, wmn die Wieder­

holung des Deliktes

innerhalb

3 Jahrm nach Abbüßung

oder Erlaß der früheren Strafe stattfindet.'"

Bedmtmd

höhere Strafm

treten

ein,

wmn Konter­

bande oder Defraudation durch drei oder mehrere Personen

in Verabredung Schutze

(Bande),"8

einer Versicherung119

ferner wmn sie

unter dem

oder unter Mitführung von

Waffm120 erfolgte. Anderweitige Verfehlungen

gegen die Vorschriften der

Zollgesetze werdm mit Ordnungsstrafm geahndet.'8'

lich

mthält

das Gesetz

gegen Bestechung der Zollbeamten und welche nicht

End­

noch besondere Strafbestimmungen

Widersetzlichkeitm,

unter dm Thatbestand des StGB, fallen.198

"" ZG. §. 135; dazu §§. 136 bis 138, 144. ZG. §. 140; dazu §. 146 Abs. 3. ZG. §. 141. ’*» ZG. ö. 142 Abs. 2. "• ZG. §. 142 Abs. 1.

117

118 119

ISO

131 133

ZG. ZG. ZG. ZG. ZG. ZG.

1L 142 Abs. . 146. j. 147. i;. 148. 1i- 151, 152. 1i§. 160, 161.

Die einzelnen Finanziellen des Reiche»,

Der Zollschutz gegenüber

g. 48.

753

den Zollexklaven ist in be­

sonderer Weise geordnet.128 Alljährlich ist durch die Direktivbehörden eine genaue Aufstellung aller Straffälle herzustellen und dem statistischen

Amt des Reiches einzusenden, welches eine Generalübersicht

anfertigt und veröffentlicht."8 Unbekanntschaft

mit

den

gesetzlichen

Bestimmungen

schützt nicht vor Strafe, auch Ausländer nicht."8

Konterbande und Deftaudation verjähren in drei, andere

Zollkontraventionen

in

vom Zeitpunkt der

einem Jahre

Begehung ab."8

5.48. Pie eiuzekue« Muaurquelke« des Meiches.

4.

Vie Verbrauchssteuern.

Die deutsche Zollgemeinschaft war schon lange vor Auf­ richtung des Norddeutschen Bundes zugleich eine Gemeinschaft der

wichtigsten

indirekten oder Derbrauchssteuem.1

Den

Abschluß dieser historischen Entwickelung bildet RB. Art. 85,

wonach die Steuern auf Salz, Tabak, Brannt­ wein, Bier, Zucker, soweit diese Produkte im Inland erzeugt werden, Reichssache sind. Bezüglich

dieser Derbrauchssteuem

gelten im wesent­

lichen die gleichen Rechtssätze wie für die Zölle, die Ber-

faffung behandelt

auch

Zölle und

indirekte Steuern in

*” ®. o. 1. Juli 1869 (»GB. auch ZB». Art. 18 über periodisch« 370X v. 28. Juni 1879 (3t®». überjrchtrn der Straferlasse. ** Z®. §. 163. 1591 1W ZG. §. 164. *** B. d.»«. v. 26. Juni 1880 1 6. die oben zu §. 47 ange­ (681. 494), hier auch die vor­ geschriebenen Formularien. Bgl. führte historische Litteratur. Zern, Staatsrecht IL 2. ÄufL 48

754

Buch XII. Das ReichSsinanzrrcht.

dem nämliche« Abschnitte: einmal über die Recht-quellen (oben §. 47,1) speziell des älteren Vertragsrechtes und des

preußischen Veto

gegen Neuerungen;

sodann

bezüglich der

Verwaltung, welche in der Hauptsache mit der Zollverwal­

tung verbunden ist (s. oben §. 47, V),* ferner bezüglich der Reichskontrolle (s. oben §. 47, VI);8 endlich auch bezüglich der Berechnung der Einnahmen (s. oben §. 47 VII).

also einfach auf die früheren Angaben zu verweisen.

Ausnahmen

die

von

der

Hier ist Über

Reichsverbrauchs­

steuergemeinschaft f. oben S. 734 ff. sowie unten bei der Spezialdarstellung.

Soweit nach dem oben Bemerkten Ausnahmen von der

Reichssteuergemeinschast bestehen, dürfen auch beim Über­ betreffenden Erzeugniffe von einem Rechtsgebiet

gang der

in das andere im Widerspruch

gung aller Binnenzölle,

mit der sonstigen Beseiti­

sog. Übergangsabgaben er­

hoben werden, nach Maßgabe der in den beteiligten Einzel­ staaten zur Erhebung gelangenden inneren Steuern.4 ***

Die Abs.

eximierten Staaten

4 nicht

wirken

gemäß RB.

an der Reichsgesetzgebung über

Art.

7

diese Ma­

terien mit.

Die

Einzelstaaten,

in

welchen

die Besteuerung

de»

Bieres der Landesgesetzgebung anheimgegeben ist, find durch die Verfaffung verpflichtet, ihr Bestreben darauf zu richten,

• Vgl. über das Berhültnis der Steuer- zur Zollverwaltung v. Aufseß 365 ff. 8 über die Kontrolle s. auch Staats«, v. 8. Mai 1867 Art. 4, 7 (Salz). 4 «gl. die Aufzählung der­

selben ursprünglich im Anhang zum ZollvereinSvertrag BGB. 1867, 118, jetzt RGB. 1884, 3 ff., dazu 1890,69. v.Slufs«ß2v8ff.; ®. Meyer BerwR. II, 352; "Laband II, 886 ff.

Die einzelnen Finanzquellen d«S Reich«-.

§. 48.

755

„eine Übereinstimmung der Gesetzgebung über die Besteue-

rung auch dieser Gegenstände herbeizuführen". Die einzelnen Verbrauchssteuern sind:

I. Die Salzsteuer.*

vor Aufrichtung

Noch

1.

»ar unter den 8. Mai

im

1867

ganzen

des Norddeutschen Bundes

Zollvereinsstaaten ein Staatsvertrag vom

(BGB. 49)

Umfang

abgeschlossen worden, welcher

des Zollvereins freien Verkehr

Salz herstellte und das staatliche Monopol aufhob.* Grund

dieses Vertrages

mit Auf

erging sodann das Zollvereins­

gesetz v. 12. Oft. 1867 (BGB. 41),7 welches

mell zum Reichsgesetz erhoben wurde,

nicht for­

so daß neben dem­

selben die süddeutschm Salzsteuergesetze bis zur Stunde in

Arast stehm. Art.

Alle diese Gesetze tonnen jedoch gemäß NB.

85 nur

auf dem Wege der Reichsgesetzgebung abge­

ändert werden.*

2. Die Salzsteuer* beträgt 6 Mark pro Zentner Netto­

gewicht. 10

Sie wird erhoben von den Bergwerksbefitzern

bezw. dm Produzmtm.

Nur in den vom Staat hiezu

' v. Aufseß 287 ff.; Delbrück 15; Laband bei Hirth 450 StR. n, 871 f.; Wagner bei v. Holtzendorff 1 608, in 300; ®. Meyer BerwR. II, 350ff.; v. Mayr in Stengels »örterb. II, 896 ff. Erg». H, 220 ff.; Lehr in Conrads Hand­ wörterb. V, 483 ff. • Staat»». Art. 1. SalzStSH- L 10. 7 Die älteren Boll)», und Instruktionen zu diesem Gesetz sind nicht publhtert, s. den In­ halt bei v. Aufseß 289ff., jetzt

aber ersetzt durch L. v. 5. Juli 1888 (EBl. 1888, 613, dazu 1895, 176). * Laband StR. 11,871. Das G. v. 12. Okt. 1867 ist kein norddeutsches Bundesgesetz, wie Laband sagt, sondern ein Ge­ setz „für die zum deutschen Zoll» und Handel-vereine gehörenden Staaten*. • Über den Begriff Salz StaatSB. Art. 2 Lös. 8, SalzStG. §. 2 Lbs. 2. 10 Sal-StG. 8- 2 Lbs. 1.

Buch XII. Das Reichsfinanzrecht.

756

ermächtigten Bergwerken darf Salz gewonnm werden.

gewonnene Salz

stehende

schluß

ist in sichere,

Räume (Salzmagazine) niederzulegen und

Gebrauch

gebracht werben.

Magazin

entsteht

setzes

in den Verkehr oder

hier aus

darf regelmäßig nur von

freiung

DaS

unter steuerlichem Mitver­

Mit der Entnahme aus dem

Stmerverpflichtung.11

die

Eine

Be­

von der Steuer darf nur nach Maßgabe des Ge­

ftottfinben.18

Abgabm dürfen

Weitere

vom

Salz

nicht erhoben werden. 3. Die Salzwerke stehen unter genau geordneter Staats­

kontrolle, zu deren Durchführung besondere Salzsteuer-

ämter bestellt find.

von neuen Salzwerken

Der Betrieb

ist 6 Wochen vorher dem Hauptsteueramt des Bezirkes anzuzeigen.18

Außerdem

Staatsbehörden

jederzeit

haben

gaben über die Betriebsräume,

Salzwerkbesitzer

den

ihnen geforderten

An-

die

alle von

Gerätschastm und Vorrich-

tungen zu machen und können auch bezüglich des Betriebes an

bestimmte Bedingungen

gebunden werden, beten Ver­

letzung die Schließung des Werkes, bis den staatlichen An­ forderungen genügt ist, zur Folge haben kann.14

dann,

durch die oberste Landesfinanzstelle Die Kosten der Kontrolle liegen

wenn die Menge des aus einem Werke zur Abgabe

gelangenden Salzes nicht mindestens

« SalzStG. §. 9. 1 18 SalzStG. §. 2 Abs. 2, ferner! §. 20 vb. StaatsV. Art. 5. und bezüglich der Kontrollgebühr Art. 6. Über die Denaturierung des Salzes B. d. BR. v. 25. März 1878 (CBl. 223), ferner B. v. ,12 d. M.* (wahrscheinlich Ro-

12 000 Ztr. beträgt.

vember) 1874 (CBl. 425). Über die älteren noch in Kraft stehenden nicht publizierten Denaturierungsvorschriften s. v. Aufseß 292. Über die Kontrollgebühr auch Delbrück 16. -------------------------** SalzStG. §. 3. “ SalzStG. §§. 4, 6, 7.

§. 48.

757

außerdem dem Staate 06.15

Die

Die einjebien Finanzquellen bet Reiches. dem Salzwerkbesitzer, Funktionen

der Reichsbevollmächtigten und

Staatskontrol­

leure erstrecken sich auch auf die Salzsteuer.16 4. Der Ertrag der Steuer fließt in die Reichskaffe nach Abzug

1. der auf Gesetzen und allgemeinen Verwaltungs­

vorschriften

beruhenden

2. der Rückerstattungen

Vergütungm

Kosten für

die Besoldung

trollierung

der

Beamtm

Steuer

(RV.

und Ermäßigungen,

für unrichtige Erhebungen,

3. der

der mit Erhebung und Kon-

auf dm Salzwerkm

beauftragtm

Art. 38)," gemäß Beschl. d. BR. vom

30. Juni 1882.

5. Wer „es unternimmt, dem Staate die Abgabe von

ist wegen Defraudation

inländischem Salze zu mtziehm",

mit

der

Geldstrafe

zogmm Abgabe,

strafen;

des

vierfachm

Betrages

mindestens aber von

der

hinter-

30 Maick zu be­

außerdem ist die ©teuer selbst nachzuzahlen und

das betreffmde Salz

bezw. auch die Gerätschaftm zu kon-

fiSzierm.18

Der erste Mckfall wird mit der doppeltm, jeder weitere

mit der vierfachm Deftaudationsstrafe geahndet." Rückfallstrafe dm

Salzwerkbesitzer hat überdies die

Für ipso

jure eintretmdm Verlust des Rechtes zur Verwaltung eines

Salzwerkes zur gesetzlichen Folge.88

Andere Kontravmtionm

gegen das Gesetz ziehen Ord-

nungsstrafm bis zu 30 Mark nach sich."

» SalzStG. §. 5. »• 6. oben S. 746 f. St«. Art. 7. « SalzStG. §. 5; v. Aufseß 407; Laband H, 923.

18 *» “ 81

SalzStG. SalzStG. SalzStG. SalzStG.

8§. ,11, 13, 16. §. 12. §. 14. §. 15.

758

Buch XU. Das Reichsffnanzrecht.

Im

übrigen

find

die

Zollstrafgesetze

analog

anzu­

wenden. *22 * n. Die Tabaksteuer.**

1.

Die Tabaksteuergemeinschast der deuschen Staaten

besteht erst seit 1868.

Die Steuer von inländischem Tabak

war auf Grund des nordd. BG. v. 26. Mai 1868 (BGB

319) eine sehr niedrige; durch das G. v. 26. Juni 1878 (RGB

129) wurde eine umfassende Enquete über Tabak­

bau, Tabakfabrikation und Tabakhandel im Deutschen Reiche angeordnet, auf Grund deren sodann das G. v. 16. Juli 1879 (RGB. 245) erging, welches die Tabakbesteuerung

neu regulierte.

v. 25.

März

16. Juni Abänderung

Zu dem Gesetze ergingen BollzB. d. BR.

1880, v. 29. Mai

1880

(CBl.

1880 und v. 7. und

153, 327, 420,

468).24

Eine

ohne prinzipielle Bedeutung erfolgte durch G.

v. 5. April 1885 (RGB. 83). Der Versuch der Reichsregierung, an Stelle der Ge­

wichtssteuer des erwähnten Gesetzes das Staatsmonopol für Fabrikation und Handel mit Tabak zu setzm, wie solches in Frankreich, Österreich-Ungarn, Italien, Spanien, Ru-

mänim besteht, ist vorerst am Widerspruch des Reichstages

gescheitert.

In

England

ist

der

inländische

Tabakbau

ganz verboten, der ausländische Tabak mit sehr hohem Zoll

belegt. 22 SalzStG. §§. 9, 17, 18. 22 v. Aufseß276ff.; Wagner a. a. O. I, 611, III, 201: Laband II, 874 f.: G. Meyer II, 357 ff.; o. Mayr in Sten- i aelS Wörterb. II, 597 ff. ErgB., I, 94 ff. I

24 Diese Verordnungen roerden im folgenden zitiert alS VB. I, II, III, IV; über steuerfreie Tabakpflanzungen für UnterrichtS- und Zierzwecke V. d. BR. v. 21. März 1882 (ZBl. 156).

Die einzelnen Finanzquellen des Reiches. 2.

Die

Steuer

von

48.

759

ist

prin­

inländischem Tabak

zipiell eine Gewichtsstener, ausnahmsweise eine Flächensteuer.

Vom

1.

April

1882

ab

ist

von

100 Kilogramm eine Steuer von 45 Mark zu entrichten

nach Maßgabe des Gewichtes der Tabakblätter in fermen-

tiertem

getrocknetem

oder

fabrikationsreifen Zustande.25

Die Feststellung des Gewichtes erfolgt durch amtliche Ver­

wiegung ;26

die Steuerbehörde ist befugt, vor Beginn der

eine

verbindliche Feststellung der Blätterzahl oder

Emte

Gewichtsmenge, die zur Verwiegung gebracht werden muß,

vorzunehmen; der Inhaber des Grundstückes haftet für die Gestellung zur amtlichen Verwiegung; das Ergebnis ist in ein amtliches

es

Register einzutragen, und

ist dagegen

binnen drei Tagen nach der Publikation Einspruch statt­ haft, über welchen eine besondere Kommission zu entscheiden hat.27 auch

Diese amtliche Feststellung kann

durch eine Deklaration des

werden.22

ausnahmsweise

Pflanzers selbst

ersetzt

Vor der Verwiegung darf eine Veräußemng

nm mit Genehmigung der Steuerbehörde erfolgen.22

Das

Gewicht wird nach bewirkter Trocknung und vor Beginn der Fermentation spätestens am 31. März des auf das

Erntejahr folgenden Jahres durch die amtliche Verwiegung

festgestellt,22 die

sodann ein Fünftel abgezogen und damach

Steuersumme

fixiert;

die

Steuer

ist

primär

vom

Pflanzer zu entrichten, dessen Verpflichtung aber bei der

29 TabStG. §. 11. BollzB. 26 TabStG. §. 2 Abs. 2. * TabStG. I. 5. I, §• 8; BollzB. II, §§. 18, 19. 80 TabStG. §. 12. BollzB. 27 TabStG. §. 6 ff. BollzB. I, §§. 3-8; BollzB. II, §§. 6 I, §§• 10-12; BollzB. II, §§. bis 15. 20—23. 28 TabStG. §. 8.

DaS Reichsfinanzrecht.

Buch XU

760

ersten Veräußerung auf dm Käufer übergeht; die ©teuer

ist regelmäßig

bei der

ersten Veräußerung „bis zum Ab­

lauf der für die Entrichtung ber ©teuer festgesetzten Frist",

längstens bis zum 30. Juni des zweiten auf das Ernte­ jahr folgmdm Jahres8' zu mtrichtm, soweit nicht strebit

der Tabak

oder

bewilligt

in

unter

stehende Niederlagm gebracht rotrb.82

amtlicher Kontrolle Alle auf die Tabak-

stmer bezüglichen Forderungm verjähren linnen Jahresfrist vom Termin der Fälligkeit ab.88 3. Ausnahmsweise, nämlich für Tabakpflanzungm unter

4 Ar Flächemaum findet die Besteuerung nach Maßgabe der Fläche statt, und zwar wird vom 1. April 1882 ab eine ©teuer von hoben.

Doch

Gewichts-

4*/a Pfennig für den Quadratmeter er­

kann

statt

der

auch

in

solchem Falle die allgemeine

Flächensteuer

erhobm,

andererseits

könnm auch größere Pflanzungm nach der Flächmstmer besteuert werden, „wenn die Gesamtfläche der Pflanzungm auf

solchm

Grundstückm

innerhalb derselbm

Gemarkung

im

Vorjahre 2 Hektar nicht überstiegen hat" und die örtlichm

Berhältniffe die Anwmdung der GewichtSstmer nicht als geeignet erscheinm lassen.84

4. Der Anbau der Tabakpflanzungm hat nach Maß­ gabe der im Gesetz mthaltmm genauen Normativbestim­

mungen zu

erfolgen,

derm Einhaltung durch Ordnungs-

strafm bis 300 Mark erzwungen werden kann.88

81 Diese Borschrift beruht auf dem G. v. 5. April 1885, dazu BollzB. d. BR. v. 24. März 1891 (CBl. 74). 88 TabStG. §§. 16—19, über Kreditierung §. 20, dazu BollzB. IV; v. Aufseß 281.

Außer-

88 TabStG. §. 29. 84 TabStG. §§. 23—25; dazu BollzB. I, §§. W-25; BollzB. II, 88- 24-31, 34-39. 88 TabStG. 88-22,40 Abs. 2. BollzB. I, 88- 21, 22; BollzB. II, 8- 33.

761

Dir einzelnen Finanzquellm de» Reicht», g. 48. dem find

der Staatsbehörde durch die Pflanzer oder deren

Stellvertreter88

die Angaben

über Lage

und Größe

der

zum Tabakbau bestimmten Grundstücke bis zum 15. Juli

des betr. Jahres

„genau und wahrhaft"

schriftlich zu er­

statten.^^ 5.

Die

von

Verwendung

Fabrikation ist prinzipiell verbotm. rat befugt,

die

find

entrichtenden

zu

der

Doch ist der Bundes­

hievon zu gestatten und zugleich

Ausnahmen

alsdann

doch

bei

Tabaksurrogaten

Steuersätze

derartige Bestimmungen

der Surrogate dem Reichstag

über

bestimmen;

zu

die Besteuerung

vorzulegen und außer Kraft

zu setzen, sobald dieser seine Zustimmung versagt.88

malen find als Surrogate gestattet:

Der­

Kirsch- und Weichsel­

blätter, Steinklee und eingesalzme Rosenblätter;

die Art

der Verwendung dieser Surrogate wird aber von Staats­

wegen genau kontrolliert;

als Steuer ist der Betrag von

65 Mark für 100 Kilogramm zu entrichten.8e 6.

Die Tabaksteuer fließt nach der Verfaffung in die

Reichskaffe nach Abzug der gesetzlichen Ermäßigungen und Rückvergütungen,

ferner der vom Bundesrat feftzusetzenden

Entschädigungssumme für die Verwaltungskosten,88 welche

dermalen auf 2 °/o der Bruttoeinnahme und

Ar der Anbaukontrolle festgesetzt ist. Zolltarifgesetzes

v.

15.

Juli

1879

faffungsmäßige Vorschrift dahin

20 Pf. pro

Gemäß

tz. 8 de»

ist jedoch diese v«-

abgeändert, daß der Er-

M S. hierüber die genaue * «. d. BR. v. 27. Rov. 1879 aesetzliche Borschrist TabStG. (6»L 753), v. 12. Mär, 1880 (EM. 209), 18. Juli 1888 (EBl. ' «■’ TabStS. §§. 3,4. »oll,«. 750). R«. Art. 38 tos. 23.3,0, Z®n8. zz. sl, SS.

Buch XIL

762

Da« Reichsfinanzrecht.

trag der Zölle und Tabaksteuer nur mit 130 Millionen

Mark in die Reichskaffe fließt, der Rest aber dm Einzelstaatm hinauSzubezahlm ist.41

Bei der Ausfuhr von inländischem Tabak, Rohtabak sowohl wie Fabrikatm, wird eine Rückvergütung der «t-

richtetm Steuer aus der Reichskaffe gewährt.

Der An­

spruch auf Rückvergütung ist jedoch vorher anzumeldm, und

wird nur bei vollständiger Unterwerfung

die Vergütung

unter

die

vom Staat gestelltm Bedingung« gegeben."

Alle auf die Tabaksteuer bezüglich« Forderungen verjähr«

in einem Jahre. 7.

Endlich

enthält das Gesetz

Strafbestimmungen.

auch noch umfaffmd«

„Wer es unternimmt,"

dem Staat

die gesetzliche Steuer mtziehen zu woll«, begeht eine De­

fraudation,

insbesondere

forderungm bezüglich

also

wer

dm

gesetzlich«

An-

der Anmeldung der Grundstücke oder

der Verwiegung des gewonnenen Tabaks zuwiderhandelt.48

Die Strafe

der Defraudation

besteht in

dem vierfach«

Betrage der hinterzogen« Abgabe, welch letztere überdies noch besonders bezahlt werden muß;44

über die für Fest­

stellung der Defraudationsstrafe maßgebende Steuerberechnung

mthält

das Gesetz

noch besondere Vorschrift«.48

Kann der Stmerbetrag gar nicht festgestellt werd«, so tritt

Geldstrafe von 30 bis 3000 Mark ein.46

Rückfall wird

" S. oben S. 688 ff. dation wird gleichge» TabStG. §§.30, 31; dazu achtet. «. d. BR. v. 28. Mai 1881 44 9TabStG. §. 21. 46 TabStG. §§. 34, 35; dazu (CVl. 191), jetzt ersetzt durch ___ v. 27. Aug. 1888 (681. i bezüglich ber, eventuellen Um TabStG. z. 32, dazu 8.33 unter 6 Ziffern: »Der Defrau­

Die einzelnen Finanzquellen des Reich«-. §. 48. mit dem

768

achtfachen Betrage der defraudierten Steuer 6e*

straft, jeder weitere Rückfall zieht Gefängnisstrafe bis zu 2 Jahren nach sich,

bei mildernden Umständen Hast oder

Geldstrafe; diese darf jedoch nicht unter dem doppelten Be­ trag der osten Rückfallsstrafe betragen."

Für dm Rück­

fall ist es gleichgültig, in welchem Einzelstaat die Bestrafung erfolgte;

die Rückfallsstrafe ist verwirkt,

früheren

©trafen

nur

auch wenn die

teilweise verbüßt oder ganz

odo

teilweise olaffm find; jedoch dürfen nicht drei Jahre feit Verbüßung oder Erlaß der letztm Strafe verflofsm fein." Analog wird das „Untemehmm", eine gesetzwidrige Zoll­

Stmervogütung

oder

zu

gemimten,

bestraft."

Ander­

weitige Kontraventionen gegen die gesetzlichen odo verord-

mmgsmäßigm

Vorschriften

übo

die

Tabakstmo

Ordnungsstrafm bis zu 150 Mark nach sich."

strafen

fallen dem

betreffendm

zieh«

Alle ®db»

Landesfiskus gu.61

Die

Strafverfolgung wegen Destaudation, sowie wegm Zuwidohandlungm

gegen

die

gesetzlichen Vorschriften odo das

Bobot von Tabaksurrogatm,

mdlich wegm gesetzwidriger

Ansprüche auf Rückvogütung von Zoll odo Stmo vojährt in drei,

bezüglich do übrigen Zuwidohandlungm

gegen das Gesetz in einem Jahre vom Tag do Begehung

an.58

Im übrigen kommen die Zollgesetze zu analoger

Anwmdung.88

in. Die Rübenzuckersteuer."

« « " ;* •» «

TabStG. TabStG. TabStG. TabStG. TabStG. TabStG.

8. 37. § 39. 88. 38, 39. §§. 40, 41. 8. 46 Abs. 2. §. 45.

“ TabStG. 8. 46. “ v. «ufseb 262ff.; Del­ brück 16 f.; »ag ner a. a. D. I, 606, 111,199; La band «t«. n, 872ff.; G. Meyer II, 362ff.

Buch XII. DaS Reichsfinanzrecht.

764 1.

Die

besteht

Rübenzuckersteuergemeinschast

in

der

Auf Grund der i. I.

Hauptsache bereits seit 1841.68

1846 unter den Staaten des Zollvereins getroffenen Ver­ einbarungen wurde die Preuß. B. v. 7. August 1846 (GS.

885) erlassen, welche durch ZollvereinsG. v. 2. Mai 1870 (BGB.

311) §.

1. September 1870 ab im ge­

2 vom

samten Zollvereinsgebiete Geltung erhielt; vereinsG. v.

dazu das Zoll­

26. Juni 1869 (BGB. 282).

Zu Reichs­

gesetzen wurden diese Zollvereinsgesetze formell nicht erklärt. Nach mehrfachen Experimenten kam

die Gesetzgebung bei

dem G. v. 31. Mai 1891 (RGB. 295) an (Bollz.V. v.

7. April 1892

(CBl. 185 ff.), 26. Januar u. 18. Mai

1893 (CBl. 26, 143)], welches die Zuckersteuer als reine

Verbrauchssteuer konstruierte, eine

Abändemng

dann durch G.

erst

durch

dermalen aber wieder

v.

9.

Juli

1895,

v. 27. Mai 1896 (RGB. 109) erfahren

Demgemäß erfolgte

hat.

G.

eine Neuredaktion des ganzen

Gesetzes (RGB. 1896, 117 ff.).

Zu diesem Gesetz er­

gingen umfassende Vollzugsvorschriften des Bundesrates v.

9. Juli 1896 (CBl. 281 ff.). 2. Nach dem geltenden Recht wird eine Verbrauchs­ steuer

von

20 Mark

Zuckers erhoben,

der,

für

100

kg Nettogewicht

des

aus inländischm Rüben gewonnen,

zum freien Verkehr im Inland

gelangt.88

Von Zucker­

abläufen (Syrup, Melasse) kann die ganze oder eine er­

mäßigte Steuer erhoben werden, wenn der Bundesrat dies

verordnet; solche Verordnungen unterliegen jedoch der end­ gültigen Entscheidung des Reichstages.87

88 Bertrag v. 8. Mai 1841,1 (Pr. GS. 151). |

88 ZStG. §§. 1, 2, 3. 87 ZStG. §. 2 Abs. 3 u. 4.

Die einzelnen Finanzquellen des Reiches.

§. 48.

765

3. Außerdem ist noch eine Betriebssteuer eingeführt durch die Novelle von 1896, welche erhoben wird von dem in

einer Fabrik durch die Steuerbehörde abgefertigten Zucker; dieselbe beträgt bis 4 Mill, kg der Produktion für je 100 kg 0,10 Mk., bis 5 Mill, kg 0,125 Ml., bis 6 Mill. kg0,15 Mk.

und dann weiter

Ferner

steigend.

für je 1 Mill, kg um 0,025 Mk. an­

wird

jede

für

ein

Fabrik

jährliches Kontingent durch die oberste behörde nach gesetzt,

näherer

Anordnung

des

bestimmtes

Landesfinanz­

Bundesrates fest­

dessen Überschreitung einen weiteren Steuerzuschlag

von 2,50 Mk. für 100 kg zur Folge hat; Fabriken, deren Produktion nicht kontingentiert ist, zahlen von ihrer ge­ samten

Produktion

Steuer.58

die

um

letzteren

Betrag

erhöhte

Die Betriebssteuer ist fällig, sobald der Kicker

die Fabrik verläßt und durch

den Fabrikinhaber zu ent-

richtm; Befreiung oder Vergütung findet dabei nicht statt.

giebt das Gesetz

Über die Kontingentierung

genaue Vor­

schriften in §§. 70—76, unter Berücksichtigung derjenigen Fabriken, die selbstgebaute Rüben verarbeiten (§. 71 Abs. 3).

Das Gesamtkontingent beträgt für 1896/97 1700 Mill, kg; unter

gewissen

gesetzlichen Voraussetzungen

Erhöhung durch dm Bundesrat zulässig;

ist noch

eine

weiterhin erfolgt

die Festsetzung durch ben Bundesrat nach dm im Gesetz

gegebenen Normativbestimmungen.69 4. Die Errichtung von Zuckerfabrikm ist einer gesetzlich

geordnetm,

im Rahmm

sehr umfassendm Anzeigepflicht

und unter Beobachtung der * 36t®. §§. 65-69, über I die Ermittelung des Jahreskontingents §§. 72—73. I

gesetzlichm Vorschriftm über

•• ZStG. §. 75.

«M XII. Das Reichsfinanzrecht.

766

bauliche Beschaffenheit und die Einrichtungen von der

die

Genehmigung der Steuerbehörde abhängig.

Der Betrieb

unterliegt fortgesetzter strenger Beauffichtigung bei Tag und

eventuell durch amtlichen Ber-

Rächt durch Steuerbeamte,

schluß der Geräte

sowie des

gewonnenen

Zuckers,

oder

Untersagung des gesamten Betriebes.*" 5. Die Verbrauchssteuer wird

gung

des

Zuckers

aus

amtlichen

der

bei der Abferti­

fällig

Kontrolle

in

der

Fabrik zum Übergang in dm freien oder sog. gebundenen Vetkehr.

Der Zucker wird

bei

diesem Anlaß,

für freien Verkehr bestimmt ist, amtlich verwogm, die Stmer bestimmt, zu beten

wmn er darnach

Bezahlung derjenige ver­

pflichtet ist, der dm Zucker zum freien Verkehr erhält; der

Zucker hastet für die Stmer; gabe

der Anordnung

der

Stundung kann nach Maß­

Stmerbehörde

Steuer verjährt binnen Jahresfrist.**

stattfindm;

die

über dm „gebun-

denm" Verkehr s. ZStG. 39. 6. Steuerfrei ist der Zucker, der unter Stmerkontrolle ins Ausland auSgeführt wird; ferner der gemäß Anordnung des

BundeSrats dmaturierte Zucker zur Viehfüttemng u. bergt;

bei Ausfuhr von Zuckerfabrikaten ins Ausland erfolgt Steuer-

vergütung nach näherer Bestimmung des Bundesrates.*" 7. Außerdem ist aber durch die Novelle von 1896 noch eine Exportprämie von 2,50—3,55 Mk. für 100 kg

festgesetzt für Zucker, der ausgeführt oder in einer öffent­

lichen oder in einer Privatniederlage unter amtlichem Mit-

•° ZStG. §§. 7—35, 42. freiheit von Zucker, der bereits 81 ZStG. 88. 3, 4, 36—38. im freien Verkehr ist, findet nicht •* ZStG.8z.5, 6; über steuer- mehr statt, freie Niederlagen §. 40. Steuer-

Die einzelnen Fimmzqnellen des Reiche». §. 48.

767

Verschluß niedergelegt wird, wenn die Menge mindestens

500

kg

beträgt;68 die Zahlung erfolgt

der Ausfuhr oder Niederlegung.

6 Monate nach

Diese Prämie kann durch

den Bundesrat ermäßigt oder aufgehoben werd«,

wenn

die- in andern Ländern geschieht; hiefür 6ebarf es der Zu­ stimmung des Reichstag-; die Zuckersteuer ist dann ent­ sprechend zu ermäßigen."

8.

Die

Einzelstaaten

Erhebung

für

Zuckersteuer

der

die Reichskaffe,

erfolgt dmch

mit Abzug

die

von 4°/«

Verwaltungskosten an die Einzelstaaten. Defraudation88

S.

mit Geldstrafe de- vierfachen

ist

Betrage- der hinterzogenen Steuer, Betrage von 80 Mk.

bedroht.

mindestens aber im

Daneben sieht da- Gesetz

§§. 51—58 noch Ordnungsstrafen bis zu 1000 Mk. vor. Die Inhaber von Fabrik« hast« grundsätzlich für Ver­

walter und

Gewerbegehilfe»; das Gesetz enthält hierüber

eingchende Spezialvorschriften.88 dürfen -der

die

zu

Zuckerfabrikation

ihrem

Vorteil

Rückfällige Defraudanten

nicht

mehr selbst

betreiben laffen;

Steuerbehörde Ausnahmen gestatten.87 gung

von Defraudationen

verjährt

weitigen Zuwiderhandlungen

Jahre.88

Im übrigen

doch

betreiben

kann

die

Die Strafverfol­

in drei,

von

gegm da- Gesetz

ander­

in eine«

komm« bezüglich des Verfahrens

die für die Zölle geltenden Vorschriften zur Anwendung.88 10. Dem Bundesrat find weitgehend« Vollmachten, sei

88 ZStS. 8§. 54 bis 56, 58.

Buch XII.

768

Das Reich-finanzrecht,

es zum Vollzug, sei «S zur Erleichterung des Gesetzes er­ teilt.'"

IV.

1.

Die Biersteuer." Die Steuer von inländischem Bier wird im Reiche

erhoben nach Maßgabe des G. v. 81. Mai 1872 (RGB. 153),

welches

jedoch

die

für

Elsaß-Lochringen —

süddeutschen

dem

bayrischen

Staaten

sowie

Steuersystem

für

treten

hinzu die weimansche Enklave Ostheim und die koburgische Enklave Königsberg — nicht gilt.'"

Demgemäß

bestehen

für die Biersteuer im Reichsgebiete fünf Verbrauchs­

steuergruppen, bereit jede ihr eigenes Steuersystem hat

und demgemäß bei der Einfuhr von Bier aus einer anderen

Gruppe

Binnenzölle unter

abgabe" «hebt."

der

D« Versuch

Bqeichnung

„Übergangs­

d« Reichsregierung,

eine

Brausteu« nach dem Must« des schr viel einträglich«en und zweckmäßigeren bayrischen Systemes zu erzielen, ist bis

jetzt am

Widerspruch

des Reichstages

gescheitert."

zahlreichen Vollzugsv«ordnungen zum Gesetz sind

Die

jetzt zu-

sammengefaßt in d« VollzB. v. 5. Juli 1888 (CBl. 677).

D« Vorbehalt für Sachsen-Meiningm, Sachsen-KoburgGotha und Reuß ä. L., eine höhere Brausteu«, als welche das Gesetz

gestattet,

zu «heben und den Mehrbetrag zu

70 ZStG. §§. 2, 6, 7, 18, 40, 66, 74, 75. 71 v. Aufseß 295ff.; der­ selbe in v. HoltzendorffS RLex. I 384; Wagner a. a. O. I, 620, in, 206; Laband H, 880f.; G. Meyer BerwR. II, 366ff.; v. Mayr in Stengels Wörterb. I, 240ff., II, 28; v. May in ConradS Handwörtttb. II, 550ff. j

” S. oben S. 732. '* S. dazu v. Aufseß 415ff., dort auch genaue Angaben über die Höhe dieser Übergangs­ abgaben.

74 v. Aufseß 307. (Gesetz­ entwürfe von 1875, 1879, 1880, 1881, 1892.)

Die einzelnen Finanzquellen des Reiche«,

g. 48.

769

dunsten der Landeskaffen zu verrechnen, ist feit 31. März 1878 dahingefallen.™ Die Brausteuer wird

2.

erhobm

von

nachbenannten

Stoffen, wenn sie zur Bereitung von Bier verwendet werden: a) Getreide, (Malz, Schrot u. s. w.), Reis (gemahlen

oder ungemahlen u. s. w.), grüner Stärke, d. h. von solcher,

die mindestens 30 Prozent Wasser enthält, mit 2; b) von Stärke, Stärkemehl (mit

Einschluß des Kar­

toffelmehls), Stärkegummi (Dextrins und Syrup mit 8;

c)

von Zucker aller Art

Zucker),

sowie

von

(Stärke-,

Zuckerauflösungen

Trauben- u. s. w. mit

4 Mark pro

Zentner Nettogewicht.

Der

letztere Steuersatz

Malzsurrogaten erhoben,

wird

auch von

allen

Übrigen

jedoch ist der Bundesrat ermäch­

tigt, diesen Steuersatz bezüglich einzelner Stoffe „nach Maß­ gabe ihres Brauwertes"

zu ermäßigen;

derartige Anord­

nungen bedürfen aber der nachträglichen Genehmigung des

Reichstags.

Gemische verschiedener Stoffe werden nach dem

höchsten Satz, der für einen dieser Stoffe besteht, besteuert.™

Den angegebenen Steuersätzen

auch dann, wenn

unterliegen jene Stoffe

sie zur Essigbereituug bienen, sei eS in

eigenen, sei eS in mit den zur Bierbereitung dienenden ver-

bundenm Anstalten,

falls der Essig zum Verkauf oder zu

gewerblichen Zwecken bestimmt ist. 77 Die Steuer kann

auch

durch Übereinkommen mit der

Steuerbehörde für einen bestimmten Zeitraum fixiert werden.78 ’• BrauStG. §. 44 Abs. 2. G. Ordnungen d. BR. v. Aufseß ».26. Dez. 1875 (RGB. 377), v. 298 f. 28. Dez. 1876 (RGB. 237). 77 BrauStG. §. 2. 11 »rou6t®. §§. 1, 3. Vgl. 78 BrauStG. §. 4; da-u über die hiezu ergangenen Ber» v. Aufseß 300f. über die hie-u Zar», Staat-recht II. 2. «ufl.

770

Buch XDL

Das Reichsstnanjrecht.

Die Bereitung von

wenn dieselbe nicht in

Bier als Haustrunk ist besonderen Anlagen und

steuerfrei,

nur für

Haushaltungen von nicht mehr als 10 Personen über 14

Jahre erfolgt; doch bedarf es für solche Privatbierproduktion immer

besonderer

staatlicher Genehmigung,

die Bierver­

käufern überhaupt nicht erteilt werden darf.*79 80 81 * Die Einschätzung der Steuer erfolgt

bei

dem Akte der

Einmaischung;89 demgemäß ist über Tag und Stunde dieses Aktes, sowie über das Quantum des zu produzierenden

Bieres

und die zu verwendenden Surrogate8' der Steuer-

stelle genaue Anzeige zu erstatten, sei es in jedem einzelnen

Falle, sei es im voraus

für einen größeren Zeitraum.88

Die Einmaischungen dürfen

und regelmäßig

nur

in

gesetzlich nur an Wochentagen

Gegenwart eines Steuerbeamten

«rfolgm;88 von Oktober bis März dürfen dieselben von 6, in beit übrigen Monaten von 4 Uhr morgens ab bis 10 Uhr

abends geschehen.

Die Steuer ist zu entrichten nach Maß­

gabe der beim Einmaischungsakte vom Steuerbeamten vor­

zunehmenden Verwiegung des Braumateriales; jeder Brauer muß das zu diesem Behufe erforderliche Material an Maßen

und Gewichten vorrätig halten.84 Bei der Ausfuhr

des Gesetzes wird ©teuet gewährt;85

von Bier

aus dem Geltungsbereich

eine Rückvergütung

für

die

entrichtete

auch dann darf eine Rückerstattung der

ergangenen Beschlüffe des Bun-

88 BrauStG. §§. 16—18.

88 BrauStG. §§. 19, 20. 79 BrauStG. §§. 5, 9 Abs. 3. 84 BrauStG. §§. 12, 20916s. 2. 80 Ausnahmen sind nur ge­ stattet nach BrauStG. §. 22. _ 86 BrauStG. §. 6; v. Auf81 Genaue Detailvorschriften ? hierüber BrauStG. §. 18. ,eB *1ulb

Di« einzelnen Finanzquellen bei Reiches,

g. 48.

771

erlegten Steuer ausnahmsweise erfolgen, wenn die zur Ein-

maischung bestimmten Stoffe untergegangen oder unbrauch­ bar geworden sind, oder wenn sonst wegen unvorhergesehener Hindernisse

die

deklarierte Bierbereitung

nicht

stattfinden

konnte.88 bezüglichen Fordemngen ver­

Die auf die Brausteuer

jähren

binnen

Jahresfrist

vom Tage

des

Eintritts

der

Zahlungsverpflichtung mt.87 3.

Die Brauereiräume, der Brauereibetrieb und die zur

Brauerei dienenden

Gefäße unterliegen einer

umfassenden

und durch das Gesetz aufs genaueste geregelten Staatskon­

trolle,88 welche auf Grund der vorgeschriebenm Anzeige über jene Punkte geübt wird; auch jede Veränderung in Beziehung

auf die Räume oder den Betrieb ist anzuzeigen. Die Brauräume und Aufbewahrungsorte für Braustoffe dürfen von den Steuerbeamten jederzeit revidiert und bei ge­

gründetem Verdacht

einer Defraudation

auch vollständige

Haussuchung« nach Maßgabe der allgemeinen gesetzlich« Vorschriften vorgenommm werden.88 Die Gefäße werben amtlich numeriert und, „wenn thun,

lich", noch mit einer besonderen Bezeichnung verseh«; auch kann

eine Vermeffung angeordnet

werd«;88 die Vorräte

an Braustoffm dürfen nur „an bestimmt«, ein- für allemal vorher

anzuzeigmd« Ort«"

Zuckersurrogate,

die zur

aufbewahrt werd«;87

über

Bierbereitung verwmdet werd«

soll« (§. 1 Ziff. 5 u. 6.), ist überdies genau nach Anweisung

■ »rauStG. §. 7.

87 »rauStG. §. 8. * »rauStG. §. 9 ff.

» »rauStG. §§• 9, 28—25, 13 Abs. 5. •» VrauStS. S. 11. »' »rauStG. §• 18. 49*

772

Buch XLL

Da- Reichsstnanzrecht.

der Steuerbehörde Buch zu führen und diese Buchführung

von Amts wegen fortlaufend zu kontrvllierm.98 4.

Wer Stoffe der oben bezeichneten Art zum Brauen

verwendet, ohne die gesetzliche Anmeldung zur Brausteuer

bewirkt zu haben, ist der Defraudation schuldig;98 dieselbe

wird mit dem vierfachen Betrage der defraudierten Steuer, mindestens aber 30 Mark Geldstrafe geahndet; der defraudierte Steuerbetrag ist überdies nachzubezahlen."

Der erste

Rückfall ist mit der Geldstrafe des achtfachen Betrages der defraudierten Steuer, mindestens aber 60 Mark, jeder wei­

tere mit Gefängnis bis zu 2 Jahren,

ausnahmsweise bei

mildernden Umständen mit Hast oder Geldstrafe nicht unter

dem Doppelten der ersten Rückfallsstrafe zu ahnden.99 welchem

Einzelstaat die

Bestrafung erfolgte,

Begriff des Rückfalls gleichgültig;

In

ist für den

Rückfall liegt nicht vor,

roemt seit Abbüßung oder Erlaß der letzten Strafe 3 Jahre

verfloffen sind.98

Andere Kontraventionen gegen das Gesetz

oder die Bollzugsvorschriften zu 150,

find

mit Ordnungsstrafe

bis

ausnahmsweise bis zu 600 Mark zu bestrafen.97

Die Strafverfolgung wegen Defraudation verjährt in drei,

wegen anderer Kontraventionen in einem Jahre vom Tage der Begehung an.98

Die im Gesetz angedrohten Geldstrafen treffen den Schul­ digen, gleichgültig, ob derselbe Prinzipal oder nur Gehülfe ist;

Prinzipale

hasten

für

ihre Verwalter und Gehülfen mit

98 BrauStG. §. 34. 99 BrauStG. §. 14. 97 BrauStG. §§. 35, 36, 37 98 BrauStG. §. 27, dazu die Spe^ialbe^immungen §§. 28,29: Abs. 2. Über die Umwandlung der Geld- in Freiheitsstrafen »täutStd.' §§. 30-32. BrauStG. §. 39. 98 BrauStG. §. 40. 98 BrauStG. §. 33.

Die einzelnen Ainanzquellen de» Reichet. 8» 48. ihrem gongen Vermögen,

778

ihnen bei der Bestellung

falls

oder Beaufsichtigung eine Nachlässigkeit zur Last fällt, und von

dem Schuldigen die

getrieben werden

kann;

verhängte Geldstrafe nicht ein­

jedoch

bedarf es in solchem Falle

eines besonderen, dm Prinzipal verurteilenden

Erkenntnisies;

gerichtlichm

anstatt diese subsidiarische Haftung in An-

roenbung zu bringen, kann die Stmerbehörde auch die ent»

sprechmde Freiheitsstrafe gegen

Die Geldstrafm

lassen. ”

dm Schuldigm vollstreckm

fallen

in die Landeskassen.100

Die Zollgesetze sind zu analoger Anwendung zu bringen.101

5.

Der Ertrag der ©teuer fließt in die Reichskaffe nach

Abzug der auf Gesetz oder Verordnung beruhmdm Ermäßigungcn und Rückvergütungen, der Rückerstattungen für un­

richtig« Erhebungm und von

15

Prozent

nahme zur Deckung der Verwaltungskostm

der Bruttoein­

für die Einzel-

staatm.l0e

V.

Die Branntweinsteuer.*"

Die Branntweinsteuer wurde zuerst erhobm nach Maß­

gabe des

norddmtschm Bundesgesetzes v. 8. Juli

(BGB. 384),

1868

dessen Vorschriften in Preußen im wesent­

lichen bereits seit 1820 galten.

In Elsaß-Lothringen wurde

das Gesetz eingeführt durch Spezialgesetz v. 16. Mai 1878

(RGB.

111).

Dagegen

für Bayern,

- BrauStG. §. 38. BrauStG. §. 41 Abs. 2. •oi BrauStG 88 41 «bs-1,42. — R«. Art. W. v. Aufseß 307ff., 326ff., derselbe in v. Holhendorffs RLex. 1,414; Waanerl, 616,111,205; Sebenb ti, 875 ff.; G. Meyer

Württemberg

und

LerwR. II, 370 ff.; v. Mayr in StenaelS Wörterb. I, 232ff.; ErgB. I, 11 ff., II, 27 ff.; Wolf in Conrads Handwörterb. H, 714 ff.; sowie Kommentar« von Stämmler, Trofeu. a. Die historische Entwickelung charakte­ risiert v. Aufseß 307, 311,326.

9u$ XTI.

774

Xcü^ifhktnjtt^L

Baden galt das Gesetz nicht.'"

Durch §. 70 des G. v.

24. Juni 1887 bezw. §. 40 des G. v. 16. Juni

1895

ist nunmehr diese Gesetzgebung auf das ganze Reich ausgeMpit worden,

mit Abänderungen durch die §§. 41—43

d«S G. v. 24. Juni 1887, sowie durch Art. II des G. v. 8. Juni 1891.

Zu dieser älteren Gesetzgebung ist nunmehr

daS G. v. 24. Juni 1887 (RGB. 253) hinzugetreten, nebst Novellen v. 7. April 1889 (RGB. 49), 8. Juni

(RGB. 838),

1891

16. Juni 1895 (RGB. 265), zu letzterem

Gesetze VollzV. v. 27. Juni 1895 (CBl. 227), v. 4. Juli

(CBl.

1895

267).

Infolge der verschiedenen Novellen

erfolgte eine Neuredaktion, publiziert RGB. 1895,

Gesetzgebung

Diese

bildet

deutsamen Markstein in

zugleich

einen

höchst

276.

be­

der Geschichte des Reichsfinanz­

rechtes. 108 Die Steuer ist danach einmal eine Rohmaterial­ steuer nach Maßgabe der einer Revision unter­ worfenen

älteren Gesetzgebung,

hohe Berbrauchsabgabe von dem

gebrachten Branntwein,

endlich

sodann eine in

Verkehr

eine Brenn­

steuer. A.

Die Materialsteuer.'"

1.

Die Steuer ist in landwirtschaftlichen Brmnereien

und den Rübenbrennereim"" eineMaischbottichsteuer, und

zwar werdm

1,31

Mark

für jedes Hektoliter des

w Behufs der erforderlichen 1 BranntwStG. §. 41 (so wird im

Die einzelnen Finanzquellen de- Reiches.

6» 48»

775

Rauminhaltes der Maischbottiche bei jeder Einmaischung er-

hoben. "s

kleine landwirtschaftliche Brennereien genießen

eine Ermäßigung des Steuerbetruges.109

2.

Diejenigen Brennereien dagegen, welche nichtmehlige

Stoffe verarbeiten, zahlen die Steuer als reine Material­

steuer, und zwar von eingestampften Weintrebern, Trebern von Kernobst 25 Pfennige für das Hektoliter, von Kernobst

35 Pf., von Beerenftüchten 45 Pf., von Brauereiabfällen, Hefenbrühe,

50 Pf.,

gepreßter

Weinhefe

von Trauben-

und

aller

Art

Weinhefen

und

Wurzeln

oder Obstwein,

Steinobst 85 Pfennige für das genannte Quantum; auch hier bestehen Erleichterungen für kleinere Brennereien.

Auch

kann unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen sowohl bei

der Maischbottich-

Fixation

der Steuer

als

von

bei

der Materialsteuer

eine

vornherein durch die Steuer­

behörde eintteten. "o

folgenden das Ges. v. 24. Juni 18Ö7 in der Redaktion v. 1895 zitiert). G. Meyer II, 374; v. Aufseß 312. — Als »land­ wirtschaftliche" Brennereien gal­ ten früher diejenigen, die nur v. 1. Nov. bis 16. Mai im Be­ triebe find, nur selbstgewonnene Produkte verarbeiten und in einem Tage nicht mehr als 1030 V, Liter Bottichraum bemaischen; jetzt — seit 1891 — find als solche anzusehen die­ jenigen, welche während des ganzen Bttriebsjahres aus­ schließlich Getreide oder Kar­ toffeln verarbeiten, bei deren

Betrieb die sämtlichen Rück­ stände in einer oder mehreren dem Eigentümer oder Brennerei­ besitzer gehörigen Besitzungen verfüttett werden, und der er­ zeugte Dünger vollständig auf dem dem Brennereibefitzer ge­ hörigen Grund und Boden ver­ wendet wird. 108 BranntwStG. §. 41, II, verb. G. v. 1868, §§. 1, 3. 109 S. die genaue Feststellung der hiefür maßgebenden Grund­ sätze BranntwStG. §. 41 Nr. II. 110 BranntwStG. §. 41, in, IV, verb. G. v. 1868 §§. 4, 12.

776

Da« Aeichsstnanzrecht.

Luch XU. 3.

Steuerpflichtig

ist der Brenner.

Die Steuer ist,

fall« nicht durch die oberste Finanzbehörde Kredit gewährt

wurde,

spätestens am letzten Tage desjenigen Monats zu

entrichten,

in

welchem

ein Brennereibetrieb stattgefunden

Ein Erlaß der Steuer darf nur erfolgen, wenn

hat.'"

eine unvermeidliche Unterbrechung des Betriebes eingetreten

oder bereits versteuerte Maische unbrauchbar geworden ist111 Außerdem wird bei Ausfuhr von inländischem Branntwein

eine Rückvergütung

mtrichtete Steuer

für die

ebenso bei Verwendung des Branntweins zu

gewährt;

gewerblichen,

Heil-, wiffenschaftlichen, Putz-, Heizungs-, Koch- und Be-

leuchtungszwecken nach Maßgabe der vom Bundesrat hier­ über getroffenen Anordnungen;""

diese sind enthaltm in

dem Regulativ des Bundesrates v. 8. Dezember 1892 betr.

Steuerfreiheit

die

des

Branntweines

zu

gewerblichen

Zwecken (CBl. 1892, 667, 694), über die Denaturierungs­

mittel V. d. BR. v. 21. 14. Juli

1896

(CBl.

Juni 1888, 5. Dez.

1888, 227;

1889,

1889, 589; 1896,

386); Branntwein-Reinigungsordnung v. 9. März 1893 (CBl.

abgeändert

48),

17.

Juli

1895

(CBl.

304),

Branntweingebührenordnung v. 17. Juni 1892 (CBl. 423).

Alle

Branntweinsteuerforderungen erlöschen in Jahresfrist

vom Zeitpunkt der Fälligkeit.114 Voraussetzung der Steuerfreiheit ist jedenfalls Denatu­ rierung, d.

i.

Unbrauchbarmachung für den menschlichen

Genuß.""

1,1 ®. v. 1868 §. 12. I "» '» G. v. 1868 §. 14, vb. ß. 23 BranntwStG., dazu v. Auf 1,6 seb 319. , (CBl.

BranntwStG. 8. 41, V. G. o. 1868 §. 15. V. d. BR. v. 8. Dez. 1892 694).

Die einzelnen Finanzquellen deS Sketche», 4.

§. 48.

777

Zum Zwecke der Durchführung dieser Steuer ist durch

das Gesetz den Staatsbehörden ein weitgehendes Kontrollrecht

gegenüber Branntweinbrennereien eingeräumt. Der Betrieb von solchen darf

überhaupt nur erfolgen auf Gmnd vorheriger

Anmeldung, welche insbesondere ganz genaue Angaben über die zu

benutzenden Geräte und Räumlichkeiten, sowie ben

Betriebsplan enthalten muß;1,6 die Kontrollvorschriften be­

züglich

der Geräte,

des Betriebes, sowie die Vorschriften

über die Rechte und Pflichten der Steuerbeamten entsprechen

im wesentlichen den oben über die Brausteuer angegebenen. Auf diejenigm Brennereien, die die Steuer nicht als Roh­ materialsteuer entrichten,

modifizierter Weise, einer

fixierten

finden diese Vorschriften nur in

auf diejenigen, welche die Steuer in

Pauschalsumme

entrichten,

gar

keine An­

wendung.

Außerdem können generell der Bundesrat, sowie auch für ihr

Gebiet

die

Landesregierungen

Betriebserleichterungen

gestatten.117

5.

Defraudation liegt vor, wenn „eine Gewerbshandlung

von deren Ausübung die Entrichtung der Branntweinsteuer abhängig ist", vorgenommen wird, ohne daß dieselbe in dem

eingereichten Betriebspläne angegeben

ist

oder unter

einer

solchen Abweichung von letzterem, daß darin eine Verkürzung der Steuer liegt.118

Die Strafvorschriften über Defraudation

entsprechen gleichfalls im allgemeinen den für die Brausteuer

angegebenen, doch ist die zweite Rückfallstrafe nicht Freiheits-

»« BranntwStG. §. 42, V, ’«• @.ö.l868§.50ff.; e.Äuf. »b. G. v. 8. Juli 1868. seß 320ff. 1,7 BranntwStG. §. 40.

Buch HI

778

Da« Reich-stnan-recht.

straf«, sondern Geldstrafe im sechzehnfachen Betrage der de-

fraudierten Steuer,

überdies zieht die erste Rückfallstrafe

gesetzlich dm Verlust des Brmnereirechtes auf 3 Monate,

die zweite auf immer nach sich."*

Werden Brauerei und

Brmnerei zusammm betrieben, so darf für die letztere, falls

die Braustmer nicht für das betreffende Geschäft fixiert ist, nicht reines Malzschrot verwmdet roetben, außer zum Brennen von Branntwein aus Kartoffeln, aber auch in diesem Kalle

nur auf Grund besonderer Anmeldung und unter Kontrolle

der Steuerbehörde.'2* Über Kontravmtionm, welche nicht unter den Begriff der Defraudation fallen,

sind

genaue Detailvorschriften

unter verschiedenartiger Abstufung der Strafsätze im Gesetz mthaltm.121 * 120

Die Haftung für Stellvertreter ist beim Brmnereibetrieb die nämliche wie beim Brauereibetrieb."2

6.

Die Steuer fließt in die Reichskaffe

mit Abzug

von 15 °/o (RV. Art. 38) für die Einzelstaaten, und zwar

10 °.'o für die Kontrolle und 5 °.'o für die Erhebung. B.

Die Verbrauchsabgaben22 *

Außerdem wird vom Branntwein die durch das G. v. 24. Juni 1887 124

eingeführte hohe Verbrauchsabgabe er­

hoben.

1.

Diese Steuer wird erhoben von dem zum mensch-

lichm Gmuß bestimmten, zum fteim Verkehr im Inland«

G. v. 1868 §§. 52, 53. I *« v. Aufseß 329ff. 120 G. v. 1868 §. 32, verb. 124 Die Regulative zur AusBrauStG. §. 15. ’ führung des Gesetzes s. CBl. 121 G. v. 1868 §§. 57—65. : 1887, 351 ff., 419 ff., nebst ver122®.0.1868 ß.66; v. Aufseß schiedenen Nachträgen. 323.; dazu BranntwStG. §. 40. ■

Die einzelnen Finanzquellen be» Reiche». überführten

Branntwein;

sie ist

§. 48.

779

zu entrichten von dem­

jenigen, der den Branntwein zum freien Verkehr erhält, und ist fällig, sobald derselbe aus der steuerlichen Kontrolle ent­ lasten wird.125

2.

beträgt

Die Steuer

50 Pfennige

für

den Liter

teilten Alkohols von einer Gesamtjahresmenge, welche 4 Vs Liter für den Kopf der Bevölkerung nach Maßgabe der letzten

Volkszählung nicht übersteigt;126 von dem Mehrbetrag 70Pfm-

nige; das Verhältnis dieser beiden Gruppen ist zuerst ins­ gesamt festzustellen, welche Feststellung alle fünf Jahre einer Revision zu unterwerfen ist;127 sodann ist der Betrag auf die

einzelnen Brennereien zu verteilen, doch so, daß für Bayern,

Württemberg, Baden vorweg

3 Liter für dm Kopf

der

Bmölkerung zu dem niedrigen Stmersatze berechnet »erben, ein Recht, das als Ausnahmsrecht im Sinne von RV. Art. 78

Abs. 2 anerkannt ist; der Rest ist auf die übrige Brannt-

weinsteuergemeinschaft Verteilung gmaum

des

mtsprechmd

Kontingmtes

Anweisungm;128

zu verteilen.

giebt das

auch

Für die

Gesetz selbst die

diese Unterverteilung

ist

alle fünf Jahre zu rmidierm.129 3.

Eine erhöhte Verbrauchsabgabe wird erhobm von

dem Branntwein,

der

in Brmnereim gewonnen ist,

keine Rohmaterialstmer entrichten. werblichen, 180

die

Diese sind a) die ge­

b) diejenigen landwirtschaftlichen und Ma-

terialstmer mtrichtmdm, die ihre Freilaffung von der Maisch-

1,6 BranntwStG. §. 3. | über die Kontingentsperiode i* BranntwStG. §. 1. > 1893/96 CBl. 1894, 23. xei BranntwStG. §. 1, Abs. 3.; 1,0 über die »gewerblichen* ,w BranntwStG. §. 2. Brennereien BranntwStG. §.42, “• Näheres hierüber bei G. s. obm S. 77410T. Nteyrr BerwR. II, 380, s. dazu -

Buch XLL

780

Das Xeichsfinanzrecht.

raum- bqw. Matenalsteuer erwirkt haben, c) diejenigen

landwirtschaftlichen Brennereien,

die pro Tag mehr als

1500 Liter Bottichraum bemaischen.

Der Zuschlag beträgt

20 Pfennige für den Liter reinen Alkohols, doch find Er­

höhungen und Ermäßigungen zulässig; erhöhte Sätze schreibt

das Gesetz vor für landwirtschaftliche Brennereien, die für

den Tag mehr als 10 000 (bezw. 20 000) Liter Bottich­ raum bemaischen.

Ermäßigungen finden statt a) für land­

wirtschaftliche Brennereien, die Getreide verarbeiten und in einem Jahre nicht mehr als 150 Hektoliter reinen Alkohols

erzeugen,

b) für gewerbliche Brennereien, die vor

1. Apil 1887

dem

bestanden haben und an einem Tage nicht

mehr als 10000 bezw. 20 000 Liter Bottichraum bemaischen,

c) für Brennereien, welche der Materialsteuer unterliegende Stoffe verarbeiten, von dieser Steuer aber auf Antrag frei-

gelaffen find und jährlich nicht mehr als 100 Hektoliter reinen

Alkohols

erzeugen.

Für kleine

auch ein Steuerpauschquantum

Brennereien

kann

für die Betriebszeit festge­

setzt »erben.181 *

4.

Steuerfrei bleibt a) derjenige Branntwein, der

nicht in den freien Verkehr des Inlands kommt, sondern ins Ausland ausgeführt wird,

b) derjenige Branntwein,

der nicht zum menschlichen Genufle bestimmt ist, sondern nach erfolgter Denaturierung — die Bestimmungen hiefür

hat der Bundesrat zu erfassen — zu gewerblichen Zwecken,

zur Essigbereitung, zu Putz-, Beleuchtungs-, Koch-, Heizungs­ zwecken bestimmt188 ist; Branntwein oder Heilzwecken

181 Näheres §.13.

kann

zu wissenschaftlichen

vom Bundesrat steuerfrei gelassen

BrannttvStG.

181 BranntwStG. §. 1 Abs. 14, 5.

Die einzelnen Finanzquellen des Reiches. werden.

781

8- 48.

Ein Erlaß der Steuer bis zu 5 °/o kann nach

Bestimmung

näherer

gewährt

Bundesrates

des

werden

solchen im freien Verkehr befindlichen Branntwein, der

für

zum Zweck des Genuffes

unterworfen wird.188 *** erfolgen

nach

Ausfuhr

von

näherer

freien

einer weiteren Bearbeitung

Anordnung

Trinkbranntwein

sowie von Fabrikaten, aus dem

noch

Rückerstattung der Steuer kann

zu

Bundesrates

des

aus dem

Branntwein

deren Herstellung

Verkehr verwendet

ist184

der Steuer ist gegen Sicherheitsleistung,

Stundung

ohne Sicherheits­

leistung nur bis zu drei Monaten, zulässig.'88 rung tritt

bei

freien Verkehr,

Verjäh­

binnen Jahresfrist nach dem Fälligkeitstermin

ein.188

5.

Für das Verfahren bestehen genaue gesetzliche Vor­

schriften.

Die Sammelgefäße, der

Destillierapparat

und

die dazu gehörigen Röhrenleitungen stehen entweder unter amtlichem Verschluß oder »erben durch einen Meßapparat,187 dessen

Aufstellung die Behörde

anordnet,

kontrolliert.488

Werden die Anordnungen der Behörde nicht befolgt,

kann der Betrieb untersagt werden;'88 hörde Geldstrafen

so

auch kann die Be­

verhängen und die von ihr geforderten

Einrichtungen auf Kosten des Pflichtigen herstellen lasten;'4"

der nach Stärke und Menge'4' amüich festgestellte Brannt­

wein

bleibt unter Steuerkontrolle

bis zum Eintritt einer

i« CBl. 1888, 459,1892,667,1 CBl. 1888, 80. 1895, 267, 507. BranntwStG. §6.5 -7,10. 184 BranntwStG. §. 12. 1,8 BranntwStG. g. 8. 188 BranntwStG. §. 8 «bs. 3., 148 BranntwStG. §. 81. Dazu B. d. BR. v. 27. Dez. 141 B. d. BR. v. 29. Mai 1889 1893 (CBl. 360). | (CBl. 321), v. 20. Roo. 1891 BranntwStG. §. 16. i (CBl. 341, dazu 1892, 667).

Buch Xll.

782

Du- Reichsfinanzrecht.

der gesetzlichen Berwendungsarten bezw. Zahlung der Ver­

brauchsabgabe, eventuell kann er in eine öffentliche Nieder­ lage

oder unter

amtlichem Mitverschluß

in

eine Privat­

niederlage gebracht werden.448

Für Brennereien,

Steuerpauschquantum bezahlen,

kann

die ein

von Kontrolleinrich­

tungen abgesehen warben.148

6.

Defraudation wird mit der Geldstrafe des vier­

fachen Betrages der defraudierten Steuer, jedoch mindestens

bei Unmöglichkeit

5 Mk.,

genauer Feststellung von 5 bis

10 000 Mk., bestraft; Rückfall zieht Verdoppelung, wieder­ holter Rückfall eventuell Gefängnisstrafe

nach sich.144 * * * Auch

für

bis zu 3 Jahren

andere Zuwiderhandlungen droht

das Gesetz Geldstrafen an.

Für Verwalter, Gewerbsgehilfen

und die am Betrieb beteiligten Hausgenoffen haften bezüg­

lich der Steuer die Gewerbe-

und Handeltreibenden,

schließlich der Brennereibesttzer.146 wegen Defraudation

in den Fällen §. 18 Z. 1—8

wegen Stömng des Meßapparates verurteilt sind, weitere Ausübung des

Gewerbes

ein­

Brennereibesitzern, welche

in

oder

ist die

eigener Person oder

durch dritte zu ihrem Vorteil zu untersagen,146 doch kann die Steuerbehörde Ausnahmm

gestatten.

zu Gunsten der Schuldigen

Die Strafverfolgung

jährt in drei,

bei

bei Deftaudationen

anderen Zuwiderhandlungen

ver­

in einem

Jahre.'"

7.

Die Steuer wird von

den Einzelstaaten

erhoben

und fließt nach der Verfaffung in die Reichskaffe; nach dem

Vorbehalt jedoch in §. 29), dazu 148 BranntwStG. §. 11. G. v. 8. Juli 1868 §. 66. 148 BranntwStG. §. 13. 144 BranntwStG.§§. 17 ff. bis 144 BranntwStG. §.30. 38 sehr detaillierte Vorschriften. 147 BranntwStG. § 35. 146 BranntwStG. §. 32 (ein

Die einzelnen Finanzquellen des Reiches.

gehört sie im

Gesetz

688 ff.,

bes.

783

ganzen Umfang zu den den Einzel-

auszubezahlenden

staaten

§. 48.

693);148

„Überweisungen"

die

(f.

Entschädigung

für

oben

S.

die Er­

hebungskosten setzt der Bundesrat fest. C.

Die Brennsteuer.

1.

Außerdem hat das G. v. 16. Juni 1895149 nebm

den bestehenden Branntweinsteuern noch eine weitere Steuer

eingeführt als Zuschlag zur Verbrauchsabgabe für

alle Brennereien, die in einem Jahre mehr als 300 Hekto­ liter

reinen Alkohols

Produktion.

erzeugen, von dem Mehrbetrag der Steuer

Diese

beträgt

für

den

Hektoliter

zwischm 5 Pf. und 6 Mark, je nach dem Quantum des Mehrbetrages,

bei

und

landwirtschaftlichen

gewerblichen

Brennereim, die währmd des ganzm Betriebsjahres weder

Hefe erzmgm, noch Melaffe, Rübm oder Rübmsast ver­ arbeiten;

ebmso, jedoch in anderer Abstufung der Steuer­

sätze nach dem Quantum,

in dmjmigm Brennereim, die

im Laufe des Betriebsjahres Hefe erzmgm, ferner in dm­ jmigm gewerblichen Brmnereim, welche im Laufe des Be­ triebsjahres Melaffe,

Rüben

oder Mbmsast verarbeitm,

mdlich in dm Materialbrmnereim; ein bis

3 Mk. für das

Hektoliter wird

Zuschlag von

ferner erhobm

1

bei

landwirtschaftlichm Brmnereim, die'Maischbottichstmer be-

zahlm, für die Produktion zwischm 16. Juni und 15. Sept., wenn an einem

Tage mehr

als 1050 Liter Bottichraum

bemaischt werden; mdlich wird unter bestimmten gesetzlichen

Voraussetzungen bei sehr großem Betriebe von gewerblichm Brmnereim, die Melaffe, Rüben oder Mbmsast verarbeitm.

148 BranntwStG. §. 39 im I 149 BranntwStG. Widerspruch zu 918. Art. 38. I bis 43d.

§§.

48a

784

Buch XIL

Das Reichsfinanzrecht,

ein Zuschlag von 15 Mk. für das Hektoliter reinen Alko­

hols erhoben.

2.

Die Steuer ist zu entrichten vom Brennereibesitzer;

sie ist fällig, sobald die amtliche Feststellung der erzeugten

Alkoholmenge erfolgt ist.

3.

Stundung findet nicht statt.

Rückvergütung von

6 Mark erfolgt für das Hektoliter bei Ausfuhr ins Aus­

land, sowie für Essigbereitung; die näheren Bestimmungen erfolgen durch den Bundesrat,

der die Sätze alljährlich zu

revidierm hat.

4.

Im übrigen gelten analog für die Brennsteuer die

Bestimmungen des Gesetzes über die Verbrauchsabgabe. §. 49.

Pke (injrsotn Kiuauzisuelke» des Kelche». 5.

Dir Leichsstempelstrurrn.

Die Verfaffung behält in Art. Reichssteuern einzuführen.

70 dem Reiche vor,

Das Reich hat von dieser

Kompetenz Gebrauch gemacht durch Einführung von Stem-

pelsteuern aufSpielkarten, Wechsel, Wertpapiere, Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäste, Lotterielose; dazu

kommt noch die statistische Stempelgebühr. juristische Gesichtspunkt ist beim Stempel'

Der

ein anderer als

bei der Gebühr; letztere ist Bezahlung für Benutzung einer

Staatsanstalt, ersterer reine Steuer bezw. Quittung über die Entrichtung einer solchen; Briefmarken und Stempelmarkm fallen somit finanzrechtlich unter ganz verschiedene

Gesichtspunkte.

1 Vgl. E. Meier in v. Holtzendorffs RLex. III, 783.

Die einzelnen Finanzquellen brt »eiche».

785

§. 49.

Die einzelnen Stempelsteuern,* welche da» Reich er­

hebt, find: I.

Der Spielkartenstempel.*

1.

Gemäß dem G. v. 3. Juli 1878 (RGB. 133), dazu

BollzB. d. BR. v. 6. Juli 1878 (CBl. 403) nebst ver­

schiedenen Nachträgen, wird von allen Spielkarten, aus­ genommen

nur die als

Kinderspielkarten,

als

abgestempelte

eine

Oblaten

eingerichteten

Stempelsteuer

Karim dürfm

nicht

erhoben.* bmutzt

und

die

Andere roetben.6

Die Erhebung des Stempels geschieht durch die Zoll- und

Stmerbehördm; * ebenso erfolgt die Kontrolle wie bei dm Zöllm.

Die Steuer fließt in die Reichskaffe; jedoch er-

haltm die Einzelstaatm zur Deckung der Berwaltungskostm 5 °/o der in ihrem Gebiete erzieltm Einnahme.7

Für die

Zollexklaven, für die das Gesetz grundsätzlich auch gilt, be­ hält das Gesetz besondere Vorschriften vor, die auch er-

laffm routben.8

• Die Stempelsteuer, welche auf Grund de» G. v. 8. Juni 1871 (RGB. 210) von aus­ ländischen Jnhaberpapieren mit Prämien zu erheben war, bildet keine dauernde Einnahme­ quelle des Reiche». Der Umlauf von solchen Wertpapieren, falls nicht die Abstempelung bi» zum 15. Juli 1871 erfolgt war, ist im Reiche überhaupt verboten, «gl. Laband bei Hirch 457'. » Laband II, S0«ff.;v.Auf­ seß 346ff.; Hoyer 58-76; G. Meyer II, 394ff.; Jacob in Stengel« Dörterb. II, 470 ff., Zorn, «taottrecht II. 8. Aufl.

v. Heckel in Conrads HandwSrterb. V, 814ff. 4 SpielkStG. § 1. BollzB. I, über den Begriff Spielkarten s. CBl. 1882, 342. 6 SpielkStG. §. 24, dazu Regulativ v. 6. Juli 1878 (CBl. 408) u. B. v. 15. April 1879 (CBl. 286). « SpielkStG. §§. 21, 22, BollzB. I, das Verzeichnis der zur Abstempelung berechtigten Stell« CBl. 1880, 669. ' SpielkStG. §. 23. • SpielkStG. §. 26; dazu die sehr detaillierten Borschriftm BollzB. V; Laband II, 908. 50

DaS Reich-finimzrecht.

Buch XU.

786

Der Stempel beträgt 30 Pfennige für jedes Kar-

2.

tmspiel von

jedes

36 oder weniger Blättern,

andere Spiel.'

Spielkarten,

50 Pfennige für

welche unter amtlicher

Kontrolle ins Ausland ausgeführt werden, sind steuerfrei;10 ***

von Spielkarten,

welche vom Ausland

eingeführt werden

und welche zum Verbrauch im Reiche bestimmt find,

außer dem zu entrichtenden Zoll noch bezahlt

»erben.11 * * Die *

muß

die Stempelabgabe

Abstempelung

gegen

Entrichtung

der Steuer durch den Fabrikanten hat bei allen Karten zu erfolgen, bevor dieselben in Verkehr gesetzt werden;" be­

züglich

der

im

Inland

Kreditierung der Steuer nahmefällen

Für

fabrizierten

bis zu

Karten

kann

jedoch

3 Monaten und in Aus­

sogar vollständiger Erlaß gewährt werden."

die Kreditierung

gelten die bezüglich

der ZollkrÄite

erlaffenen Vorschriften.

3.

Zur Durchführung des Gesetzes hinsichtlich der im

Inland fabrizierten Karten Errichtung und

find genaue

Vorschristm über

Betrieb von Spielkartmfabriken gegeben;

die Errichtung von solchen darf nur an Orten erfolgen, wo sich eine zur Wahrnehmung der steuerlichen Aufsicht geeig­

nete Zoll-

oder Steuerbehörde befindet," und die Räume

für den Betrieb

müssen

ausdrücklich

Staats

von

für neu zu wegen

errichtende Fabriken

genehmigt

fein;16

alle

• SpielkStG. §. 1 Hbf-1; dazu ' 15. u. 24. April 1879, 15. Juli «. b. BR. v. 11. Roo. 187811879 (CBl. 1878, 614, 1879, (EBl. 623). 286, 327, 489). 10 SpielkStG. §. 1 Hbf. 2. " SpielkStG. §. 7. BollzB. " SpielkStG. 8. 3: dazu IV. §§. 11, 12. BollzB. III. " SpielkStG. §. 4. " SpielkStG. 8. 2. BollzB. I » SpielkStG. §. 5; dazu II, ferner L. v. 2. Rov. 1878, | das ausführliche Regulativ detr.

Die einzelnen Finanzquellen M Reiches,

787

g. 49.

ÄartenfoBrifen stehen unter fortgesetzter Staatskontrolle und

können jederzeit revidiert werden; ebenso können solche Re­ visionen

behufs

bet den Händlern

Kontrolle,

die

ob

mit Kartenspielen

stattfinden

dem

gesetzlichen

Karten

mit

Stempel versehen find.16 4. Ungestempelte Karten unterliegen der Einziehung in

Außerdem verfällt

jedem Falle. gestempelte

Karten

feilhält,

derjenige, welcher unge-

veräußert,

verteilt,

er­

wirbt, damit spielt oder wissentlich in Gewahr­ sam hat, ebenso Gäste halten",

Wirte und

wenn

„andere Personen,

wAche

in ihren Wohnungen oder Lokalen

mit ungestempelten Karten gespielt und nicht nachgewiesen

daß dies ohne ihr Wiffm geschehen sei,

wird,

strafe von

30 M«ck;"

treibt die Person,

in Geld­

welche unge­

stempelte Karten feilhält, veräußert oder wissentlich in Ge­ hat,

wahrsam

Handel

mit

Spielkarten,

Mindestmaß der Strafe 500 Mark.18

so

ist

das

Außerdem enthält

das Gesetz noch besondere Strafbestimmungen wegen ander­ weiter Kontraventionen.19 Für Diener, Lehrlinge, Gewerbs­

gehilfen , Gesinde und Familienglieder haften Fabrikanten

und Händler subsidiarisch strafen;

gegen wurde,

bqüglich der verwirkten Geld­

wird nachgewiesen, daß von solchen ein Bergehen

das

so

Gesetz

ohne

Wissen

des

Prinzipale-

verübt

hat letzterer nur die Steuer nachzubezahlen.10

den Betrieb der Spielkarten- 8. 275 Z. 1, für den wissent­ fabriken v. 6. Juli 1878 (EBl. lichen Gebrauch von falschen 406) nebst Nachtrag v. 7. Lug. Stempelmarten. » Spieltet®, tz. 12. 1879 (CBl. 516). >' Spieltet®. §6. 6, 8, 9. '» Spieltet®. 5$. 18-16. 11 SpielkSt®. 8. 10; dazu * Spieltet®, z. 18. auch §9. 11, 12, ferner StGB. 50*

Buch XII.

788

DaS Reichsfinanzrecht.

Die Geldstrafen fallen an den betreffenden Landesfiskus.21 Die Strafverfolgung, sowie die Ansprüche auf die Steuer verjähren in drei Jahrm.22

Im

übrigen find die Zoll­

gesetz« analog anzuwenden.28

n. Der Wechselstempel."

1.

Wechsel

unterliegen

im

Deutschen

Reiche

der

Stempelpflicht nach Maßgabe des G. v. 10. Juni 1869 zu welchem eine Novelle unterm 4. Juni

(BGB. 193),

1879 (RGB. 151) erging; zu ersterem Gesetze erließ der

Bundesrat

eine

umfaffende VollzB.

v. 13. Dez. 1869

(RGB. 691), welche jedoch jetzt in ihrem ganzen Umfang aufgehoben ist, und zwar ad I. durch B. v. 1. Februar

1882 (CBl. 26), II. durch B. v. 10. Juli 1881 (RGB.

245),

HI.

und

(RGB. 267).

IV.

durch

B.

v.

23.

Juni

1871

Durch diese reichsgesetzlichen Vorschriften

find alle landesrechtlichen Bestimmungen über die Abgaben von Wechseln aufgehoben.2"

Debit der

Die Ausführung des Ge­

Stempelmarkm und

gestempelten

Formulare geschieht durch die Postanstalten.26

Die Steuer

setzes

durch

fließt in die Reichskaffe mit Abzug von 2°/o,

welche den

Einzelstaaten von der in ihrem Gebiete perzipierten Summe zur Deckung der Verwaltungskosten hinausbezahlt »erben.27

Demgemäß muß auch diese Steuer wie der Spielkarten-

11 SpielkStG. §. 19 Abs. 2. ” SpielkStG. §. 20. “ SpielkStG. §. 19 Abs. 1. “ v. Aufseß 338ff.(Abdruck des Gesetzes); La band bei Hirth 456. StR. II, 908 ff. ; G. Meyer II, 383; Landgraf in Stengels Wörterb. H, 872ff. * WechsStG. §. 25.

“ WechsStG. §. 22; über die Stempelmarken B. v. 22. Nov. 1881 (RGB. 271), über die ge­ stempelten Formulare B. vom 10. Juli 1882 (RGB. 122). 27 WechsStG. §. 27 (bis 1871 36 °/o, bis 1873 24 °/o, bis 1875 12°/o). Vgl. Laband bei Hirth 497.

Die einzelnen Finanzquellen des Reiche», §. 49. stempel genau für jeden Einzelstaat berechnet werden,

789 was

bei den Post- und Telegraphengefällen nicht der Fall ist.

Auch

bayrischen und Württembergischen Postanstalten

die

haben den Betrag der Wechselstempelsteuer an die Reichs­

kasse abzuführen. 2.

Dem Stempel unterliegen alle gezogenen und

eigenen Wechsel, ausgenommen die vom Ausland auf das Ausland gezogenen und nur im Ausland zahlbaren,

ferner die vom Inland auf das Ausland gezogenen, nur im Ausland und zwar auf Sicht oder spätestens inner­

halb 10 Tagen nach dem Tage der Ausstellung zahlbaren Wechsel,

sofern

sie

remittiert werden.28

Ordre

an

(billets oder

ä

auf

Aussteller direkt

vom

ins

Ausland

Ebenso unterliegen dem Stempel die

Zahlungsversprechen

lautenden

ordre)

und

Kaufleute

die

von

Kaufleuten

ausgestellten

Anwei­

sungen (Assignationen) jeder Art auf Geldaus­

zahlungen, Akkreditive und Zahlungsaufträge, gegen deren Vorzeigung oder Auslieferung die Zahlung geleistet werden

soll, ohne Unterschied, ob dieselben in Form von Briefen

oder in anderer Form ausgestellt sind, ausgenommen nur 1. die als Barzahlung dienenden,

Platzanweisungen und Cheks,

auf Sicht zahlbaren

aber nur,

wenn sie ohne

Accept bleiben; andernfalls sind sie zu versteuern; 2. Accre­ ditive, welche bestimmten Personen einen Maximal- oder

unbegrenzten 3.

Banknoten

Kredit

und

zu

beliebiger

andere

Benutzung

Papiere

auf

den

anweisen;

Inhaber,

welche auf Sicht zahlbar und vom Aussteller auf sich selbst

* WrchsStG. §. 1.

Buch XII.

790

Da» Aeichsftnanzrecht.

Subjekive Befreiungen dagegen finden

ausgestellt find."

nicht mehr statt, und die bestehmden sind zu beseitigen."

8.

Die Abgabe beträgt 10 Pfennige bis zu 200, 20

bis 400, 80 bis 600, 40 bis 800, 50 bis 1000 Mark, sodann weitere 50 für jedes weitere Tausmd, wobei jeder Bruchteil

Lautet der Wechsel auf eine

als voll gilt.81

andere als Reichswährung, so erfolgt die Umrechnung ent« weder

nach

des

Maßgabe

vom

Bundesrat

festgestellten

Maßstabes oder, falls ein solcher nicht festgestellt ist, nach dem laufmdm Kurse.82

Der Verpflichtung zur Entrichtung der

Wechselstempelstmer wird genügt entweder durch Benutzung

gestempelter Formulare oder durch Aufkleben von Stempelmarkm; die näheren

wmdung

Vorschriftm über die Art der Ver-

dieser Marken

giebt

wenn diese befolgt find,

der Bundesrat,

Alle Personm, welche juristisch

Wechsels

beteiligt sind,

und

nur

gilt die Steuer als mtrichtet.88 an dem Umlauf des

haftm solidarisch für die Entrich­

tung der Stempelabgabe;88 die Bezahlung hat zu erfolgen bei inländischen Wechseln,

ausländischen, Händm

gegeben

bevor

sie

werden,

bevor sie vom Aussteller,

vom

ersten

Inhaber

ausgenommen

aus

bei

dm

nur Versmdung

*• WechsStG. §. 24; dazu B. | dazu B. v. 1. Febr. 1882 (CBI. v. 23. Juni 1871 (RGB. 267).1 26).

Die einzelnen Finanzquellen des Äti^A A. 49.

791

oder Präsentation zum Accept bei noch nicht inländisch in­ dossierten Wechseln; in diesem Falle hat der Acceptant vor

der Rückgabe oder weiteten

Verfügung über den Wechsel

die Stempelsteuer zu

entrichten.88

plaren des nämlichen

Wechsels ist nur das zum Umlauf

Bei mehreren Exem­

bestimmte zu versteuern, andere nur dann, wenn eine selb­ ständige Wechselerklärung,

adressen ,

auf dasselbe

ausgenommen Accept und Not­

gesetzt wird; die Versteuerung hat

in diesem Falle zu erfolgen, bevor das Exemplar von dem Aussteller der Erklärung bezw. dem ersten inländischen In­

haber aus der Hand gegeben wird.

Soll ein unversteuerte-

Duplikat bezahlt oder mangels Zahlung protestiert werden,

so ist zuvor die Versteuerung zu bewirken.88 Hat ein Wechsels

Vordermann die gesetzliche Versteuerung des

Unterlasten, so

ist jeder Hintermann verpflichtet,

dieselbe sofort nachzuholen, ehe er eine wechselmäßige Hand­ lung vornimmt.81 4. Die Hinterziehung der Wechselstempelsteuer wird mit

der Geldbuße des fünfzigfachen Betrages der hinterzogenen Abgabe bestraft, und zwar trifft die Strafe „besonders und ganz"

jede

an dem straffälligen Wechsel rechtlich beteiligte

Person und ebenso

inländische Makler und Unterhändler,

welche wistentlich einen solchen Wechsel verhandelt haben.88 Hat ein späterer Inhaber die gesetzliche Steuerverpflichtung erfüllt,

so werden dadurch die straffälligen Vordermänner

nicht befreit.88

Verwandlung der Geld- in Freiheitsstrafe

88 WechsStG. §§. 6, 7 «bs. 1. ” WechsStG. 8- 15 «bs. 1 u. 2; dazu auch bie Spezialbestim­ 88 WechsStG. zz. 8, 9, 10. mung in 8- 12. * WechsStG. U. 11. - WechsStG. 8 11 «. «.

Buch XIL

792

Das Rrichsfinanzrecht.

findet im Unvermögensfalle nicht statt, ebenso dürfen ohne

Zustimmung des Verurteilten, wenn derselbe Reichsange­

höriger ist, Grundstücke zum Zwecke der Tilgung der Geld­

strafe nicht subhastiert werden." Mangelhaftigkeit des Wechsels zur Zeit der Annahmeerkliirung bezw. Aushändigung befreit den Acceptanten bezw.

Aussteller eines trockenen Wechsels nicht von den gesetzlichen Die Geldstrafen fallen an

Folgen der Richtbesteuerung. 41

den

betreffenden

ziehungen der

Wechselstempelhinter­

Landesfiskus.42

verjähren

im Zeitraum

des Wechsels

Ausstellung

fünf Jahrm

von

ab;

von

die Verjährung wird

durch' jede auf die Verfolgung der Hinterziehung gerichtete

unterbrochen.43

amtliche Handlung

Zollgesetze analog anzuwenden.44

für

die

übrigen sind die

keine

Strafvollstreckung

und

Strafverfolgung

Im

Die Landesgrenzen sind

Die Landesbehörden, denen die Beaufsichti­

Schranken.43

gung des Stempelwesens obliegt, haben bezüglich des Reichs­

wechselstempels auf

die

den Steuer-

ausüben,

ingleichen

mitzuwirken;

40 41 " 42

bei

als

WechsStG. WechsStG. WechsStG. WechsStG.

§. §. §. §.

wie

bezüglich

der

Reben

die richterliche oder polizeiliche Funktionen

Notare

Wechselproteste ausfertigen,

dem Protest

Rechte

Stempelabgaben.43

auch alle sonstigen Staats- und Kom­

habm

munalbehörden,

nämlichen

beruhenden

Landesrecht

und

solche

Beamte, welche

zur Durchführung des Gesetzes

Wechselstempelprotesten

ist

sowohl

auf

auf dem hierüber aufgenommenen Proto-

15 Abs. 3. " WechsStG. 8. 18 Abs. 1. 16. ; 46 WechsStG. §. 19; jetzt 18 Abs. 2. j GBG. Tit. XIII. 17. | " WechsStG. §. 20.

Die einzelnen Finanzquellen bei Reiches,

§. 49.

793

koll ein besonderer Vermerk bezüglich bei Stempels zu

machen.47 in. Der Stempel auf Wertpapiere." 1. Durch G. v. 1. Juli 1881 (RGB. 185), dazu

Novelle v. 29. Mai 1885 (RGB. 171), beide jetzt ersetzt durch das Reichsstempelgesetz v. 2 7. April 1894 (RGB. 881), wurde eine Stempelsteuer eingeführt bezw. erhöht auf a) in und ausländische Aktien, Renten und Schuldverschreibungen, einschließlich bet sog. Jnterimsscheine, b) Schlußnoten unb Rech­ nungen über bie im Gesetz aufgezählten Geschäfte, c) auf Lotterielose, sowie Ausweise über Spieleinlagen bei öffmtlich veranstalteten Ausspielungen von Gelb- unb anberen Gewinnen. Die älterm Vollzugsverordnungen sind ersetzt durch B. b. BR. v. 27. April 1894 (CBl. 121 ff.) u. die B. e. 30. Juni 1896 (CBl. 174). Außerdem können noch die Handelsvorstände unter Zu­ stimmung ihrer Landesregierung reglemmtarische Anorbnungen über die Durchführung des Gesetzes erlaffm." Durch diese Reichssteuer sind alle lanbesrechtlichm Stempel- unb Umschreibungsgebühren unb Abgabm von Übertragungsvermerken von den im Gesetz aufgeführtm Zum G. v. 27. April 1894 bes. « WechsStG. §. 21. M Laband StR. n, 908ff., der Kommentar von Landgraf dort auch Angabe der zahlreichen (1894); über die Borgeschich.. ~ ‘ ächte auch Wag- des Gesetzes Landgraf 23ff. Kommentare. Bgl. am ner in, 209 ff.; v. Aufseß 48 RStempG. §.41 «bs.2; s.z. 349ff.; G. Meyer II, 387ff.; > B. die bei Landgraf 149sf.mitLandaraf in Stengels Wörterb.! geteilten Frankfurter und BerI, 227ff.; Friedberg in Con-! liner Bestimmungen, rads Handwörterb. II, 705 ff. I

Da- ReichSfinanzrecht

Buch Xsl.

794

Kategorieen von Wertpapierenu. dergl. beseitigt z 00 soweit

das Reichsgesetz dieselben nicht uusdrücklich vorbehält. 2.

Der Stempelsteuer unterliegen:51

A.

Aktien (Anteils- und Jnterimsscheine), und zwar

inländische mit 1 Mk. von 100, ausländische, wenn62 60 *61 sie im Inland

ausgehändigt,

veräußert,

verpfändet

wenn

oder

daselbst andere Geschäfte unter Lebenden damit gemacht oder

Zahlungen darauf geleistet werden, mit I2/- Mk. von 100

des Nennwertes; der auf Jnterimsscheine bezahlte Stempel

wird von dem Stempel für die gleichen Aktien abgerechnet;68 B.

Inländische

Renten-

für

den

Handelsverkehr

und Schuldverschreibungen

bestimmte

(auch Par­

tialobligationen) — der Kapitalwert ist eventuell als 25fache

Rente zu berechnen — mit 40 Pfg. von

100;

Renten

und Schuldverschreibungen ausländischer Staaten, Korpo­

rationen, Aktiengesellschaften,

industrieller Unternehmungen

oder andere Papiere dieser Art, die in den unter A) be­

zeichneten

Handels-

und

Rechtsverkehr

gebracht

werden

sotten, mit 60 Pfg. von 100;64 * * *

C.

Inländische,

auf ben Inhaber lautende

Grund staatlicher Genehmigung 60 RStempG. §§. 5, 18, 30. 61 RStempG. §. 1, dazu der Tarif. Bgl.dazuLandgraf.56ff. Über ältere Aktien s. die Über« angsbestimmung in RStempG. . 6. Über Anmeldung und Be­ rechnung der Steuer BollzV. v. 1894 Rr. 2,3, über Abstempelung Nr. 4, zur ÜbergBest. des §. 6 s. Nr. 10. “ Über die Umrechnung bei ausländischen Werten s. BollzV. v. 1894 Nr. 3, Landgraf 158f.

S

und

auf

ausgegebme Renten-

und

w Tarif Ziff. 1, s. Landgraf 56ff. Über Abstempelung der Jnterimsscheine VollzB. v. 1894 Nr. 6, 7. M Tarif Ziff. 2. Über die sog. Genußscheine und ähn­ liche Wertpapiere giebt eine Anm. iu Tarif Nr. 1 u. 2 besondere Vorschriften; sie unterliegen einer festen Abgabe von 50 Pf., 3, 5 Mk.; s. Landgraf 64 ff., BollzB. v. 1894 Z. 1.

Dir einzelnen Finanzquellen de» Reiche»,

g. 49.

795

Schuldverschreibungen von Kommunen, Kommunalverbänden

einer,

mit

von

Korporationen

ländlicher oder städtischer

Grundbesitzer, Grundkredit- und Hypothekenbanken, Trans­

portgesellschaften mit 2 Mk. von 1000;56 D.

Schlußnoten und Rechnungen in deutscher

Sprache und in Reichswährung ausgestellt über Kauf- und

sonstige Anschasfungsgeschäste über ausländische Banknoten,

Papiergeld, Geldsortm, sowie die obm unter A.—C. be­ zeichneten Arten von Wertpapierm, mit 20 Pfg. von 1000 des vereinbarten, eventuell des Börsen- oder Marktpreises,87 wobei die Zins-

und Gewinnanteilsscheine nicht gerechnet

werden; sowie über Kauf- und sonstige Anschasfungsgeschäste über Mengen von Waren, für welche Börsm-Terminpreise

notiert sind,88

falls diese Geschäfte unter Zugrundelegung

von Börsen-Usancen geschloffen werden (Loko-, Zeit-, Fix-,

Termin-, Prämien- u. s. w. Geschäfte), mit 40 Pfg. von 1000 des Preises; ausgenommen Geschäfte über Sachen

und Warm, die von einem der Kontrahmtm im Inland

erzeugt oder hergestellt find; diese find stempelfrei; E. Lose öffentlicher Lotterien, sowie Ausweise über

Spieleinlagm

bei

öffmtlich

veranstaltetm

AuS-

fpielungm von Geld- und anderm Gewinnm, ebenso Wett-

* Tarif Ziff. 3, f. Landgraf S8ff. - über Ausstellung der Schlußnoten genaue gesetzliche Vor­ schriften RStempG. §§. 10—14. Voll,«, v. 1894 Nr. 12. M über Bertragsurkunden an Stell« der SchlußnotenRStempG. 8. 15, über deren Abstempelung »oll,», v. 1894 Rr. 24.

M Amtliche Veröffentlichung hierüber erfolgt durch dm Reichs­ kanzler im EBl. auf Grund der «inzelstaatlichm Feststellung: Vollzugs», v. 1894 Rr. 14. »• Tarif Ziff. 4, s. Landgraf 80 ff. Über im Au-land ab­ geschloffene Geschäft« RStempG. 8. 7, über bedingte u. dgl. Ge­ schäfte 8- 8.

Buch XII.

796 einsätze

Das Reich-finanzrecht.

bei Pferdermnm u. dgl.

Nennwert sämtlicher Lose,

bei

mit

100 vom

10 von

ausländischen mit 50 Pfg.

für je 5 Mk. vom Preise des einzelnen Loses.60 61

Befreit vom Stempel" sind. Zu A. der

Wertpapiere von Aktiengesellschaften, die nach

Entscheidung

des

Bundesrates

ausschließlich

gemein-

nützigen Zwecken, und zwar auch für die minder begüterten

Volksklasien, dienen, den zur Verteilung gelangenden Rein­ gewinn statutengemäß auf höchstens 4 Prozent der Kapital­

einlage beschränken,

bei Auflösung

letzteren zurückbezahlen und

nur den Nennwert der

den Rest des Vermögens

für

gemeinnützige Zwecke bestimmen;62

Zu B.

Renten

und Schuldverschreibungen des Reiches

und der Einzelstaaten,

ferner die auf Grund des Ges. v.

8. Juni 1871 abgestempelten ausländischen Jnhaberpapiere mit Prämien;63

Zu D.

Geschäfte, deren Betrag 600 Mk. nicht

über­

steigt, ferner Kontantgeschäfte, d. i. vertragsmäßig am Tag des Abschlufles durch Lieferung zu erfüllende Geschäfte über

ungemünztes Gold oder Silber,

sowie die im Tarif unter

Nr. 4 a 1 bezeichneten Gegenstände; endlich gewiffe andere, im Tarif speziell bezeichnete Arten von Kauf-, und

Versicherungsgeschäften,

sowie Tausch-

Darlehens­

und

uneigent­

liche Leihgeschäfte;"

68 S. dazu VollzV. v. 1894, 60 Tarif Ziff. 5, s. Land­ graf 128 ff. VollzV. v. 1894 Nr. 8. Nr. 28—38, über den Totalisator 68 S. dazu unten §. 50 S. 816. Nr. 30, über Staatslotterie Nr. 39. 64 S. dazu auch RStempG. 61 Die Befreiungen sind gleich­ §. 13, Abs. 1 und 2. falls im Tarif aufgezählt.

Zu E. Lose von behördlich genehmigten Lotterien, falls der Gesamtpreis der Lose einer Ausspielung 100 Mk. und bei Lotterien zu ausschließlich mildthätigen Zwecken 25 000 Mk. nicht übersteigt; auf Verlosungen zu gemein­ nützigen oder religiösen Zwecken (Kirchenbauten) erstreckt fich die Befreiung nicht.46 44 * Ermäßigungen endlich find vorgesehen: Zu D. Für dm sog. Arbitrageverkehr; die näheren Borschristm hierüber hat der Bundesrat zu erfassen; der Begriff des Arbitrageverkehrs ist gesetzlich genau umgrenzt.M Subjektive Befreiungen finden nicht statt; die etwa bestehmden sind nach Maßgabe der für dm Wechselstempel erlassenen Borschristm abzulösm.47 Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit dieser Reichsstempel­ abgabe gelten überall die landesrechtlich für Stempelabgabm bestehenden Vorschriften.48 Die Abstempelung der Aktim, Renten, Schuldver­ schreibungen erfolgt erst nach Bezahlung der Stmer; für Schlußnotm und Rechnungen wird die Stmer in Form von Stempelmarken und gestempelten Formularm entrichtet; Lose werden nach Bezahlung bezw. Stundung der ©teuer abgestempelt.71 Bei Zweifeln über die kaufmännischm Geschäftsformm, insbesondere über Börsenpreis, Bürsmusancm u. dgl., find 44 LollzB. v. 1894 Nr. 31. 44 Boll,«, v. 1894 Nr. 3. ** Im Tarif. Eingehende 74 Ebenda Nr. 16, 17, über Borschriften hiezu in BollzB. ». Privatformulare Nr. 18. 1894 9tr. 18. 47 «StempG. 8. 43. 71 Ebenda Nr. 38, über aus­ “ NStempS. §. 24. ländische Lose Nr. 87.

Buch XII.

798

DaS Reichsfinanzrecht.

Sachverständige zu hören, die von den Handelsvorständen bestellt werden.78

8.

Der

Steuerpflicht

muß

bezüglich

in-

und

aus.

ländischer Aktien, Renten- und Schuldverschreibungen genügt

werden, bevor sie innerhalb des Reichsgebietes ausgehändigt,

veräußert,

verpfändet

oder

Lebenden damit gemacht

anderweitige Geschäfte

oder Zahlungen darauf

unter

geleistet

werden,78 bei Schlußnoten und Rechnungen bei der Aus­

stellung, und zwar in erster Linie durch den Vermitller, falls ein

solcher

mitwirfte,

außerdem

dm

Veräußerer,78

Vermittler kann die Abgabe vom Kontrahenten ersetzt

der

»er«

langen;76 * * der Kontrolle dimm Ordnungsstrafen, sowie die

Vorschrift, daß die Roten und Rechnungen vom Empfänger, falls er solche Geschäfte betreibt, 5, falls er Privatmann ist,

1 Jahr aufzubewahren sind;76

subsidiär

haftet

jeder

andere Unterzeichner des Papieres; die ©teuer ist zu ent­ richten,

bevor der Aussteller das Dokummt aus der Hand

giebt, bqw. binnm 3 Tagen77 78nach Empfang,

aber vor weiterer Aushändigung.

jedmfalls

Bei Lotterien und Aus-

spielungen hat der Veranstalter die gesamte Stempelabgabe

im voraus

zu

mtrichtm.

ausgegeben werdm.78

78 ^RStempG. _§. 41, VollzD. v. 1894 Nr. 43.'

Vorher

dürfm

die Lose

nicht

Der Steuerbetrug kann bezüglich der

dazu' und Kommittenten handelt, in ! Ziff 2, 3, 4. ~ §. 9, Abs. 3. !' v 15 78 RStempG. 78 RStempG. §. 3. | 16 RStempG. 76 RStempG. §. 14. 74 RStempG. §. 9, Modifikatio-' 77 Über eine hinsichtlich der nen für den Fall, daß ein Kontra­ Zeit dem BR. erteilte Vollmacht hent im Ausland wohnt, sowie daß RStempG. §. 16, BollzV. v. es sich um das Abwickelungs­ 1894 Nr. 25, 26. 78 RStempG. §§. 22, 23, 25. geschäft zwischen Kommissionär

Die einzelnen Finanzquellen be< Reiches,

im Tarif Nr. 4 bezeichneten

Ausländische Lose

sind

vor

Entrichtung der Steuer zu

wird

die Spezialvorschriften

des

des Vertriebes

und

zur Abstempelung gegen

bringen.80 * * 81 Von * den Staats­

in einer vom

die Steuer

festzusetzenden Pauschsumme

799

Abgabe kreditiert werben."

Beginn

spätestens 3 Tage nach Empfang

lotterien

g. 49.

Reichsschatzamt

ohne Abstempelung

entrichtet;

finden

Gesetzes (§§. 22—27)

auf Staatslotterien keine Anwendung.8'

Reichsstempel

Dem

unterliegen

nicht,

sondern

sind

der Besteuerung durch das Landesrecht anheimgegeben: a) gerichtliche oder notarielle Beurkundungen der unter sowie die von solchen

Tarif Nr. 4 bezeichneten Geschäfte,

Urkunden erteilten Ausfertigungen, beglaubigten Abschriften und Auszüge,88

b) Urkunden über Eintragungen

im Hypotheken-

oder

Grundbuch.

4.

Der Ertrag des Gesetzes fließt

Reichskaffe.

prinzipiell

Die Einzelstaatm erhalten jedoch

in

die

2 Prozent

ihrer Bmttoeinnahme von Stempelmarken, StempelblanketS und barm Stempelzahlungen88

von

dm

Staatslotteriem)

waltungskostm.

monatlich,

(ausgmommm die Steuer

sofort

zur Deckung

der Ber-

Die Abrechnung mit der Reichskaffe erfolgt

die definitive Abrechnung nach Abschluß jebeS

Vierteljahres.84

Die Einnahmen

aus der

Stempelsteuer

find nach Abzug der Mckerstattungm, der Erlaffe und der

” RStempG. $. 17, BollzB. i «. 1894 Rr. 27. - RStempG. 8. 24. 81 RStempG. §. 28, dazu die übergangSbestimmunz in §• 29.:

” RStempG. §. 18. * RStempG. §. 41.

84 BollzB.». 1894 B. Rr. 12.

Buch XU.

800

Das Reichsfinanzrecht.

obigen 2 Prozent, die zurückbehalten werden dürfen, den Einzelstaaten

nach

dem

Maßstabe

der Bevölkerung,

mit

welcher sie zu den Matrikularbeiträgen herangezogen werben,

zu überweisen, d. h. es findet hier das analoge Verhältnis

statt, wie bei den Einnahmen aus Zöllen und Tabaksteuer, soweit fie 130 Millionen Mark übersteigen. 88

5.

Bezüglich der Anfertigung und

des Vertriebes der

Stempelmarken und Formulare, sowie über die Form der Schlußnoten

und die Art der Verwendung der Marken,

endlich über die Bedingungen, unter welchen ein Ersatz für

verdorbene Marken, Formulare, Stempel zulässig ist, trifft der Bundesrat die weiteren Vorschriften:86 Stempelmarken,

die nicht in der vorgeschriebenen Form verwendet sind, gelten

als nicht verwendet.87 Bezüglich des administrativen Strafverfahrens,

Straf-

milderung und Begnadigung, Strafvollstreckung, Verjährung der Strafverfolgung kommen die Vorschriften des Wechsel­

stempelgesetzes (§§. 17—19) analog zur Anwendung.88 Die Durchführung des Gesetzes erfolgt durch die Stempel­ behörden der Einzelstaaten nach Maßgabe der ihnen landes­

rechtlich

zustehenden Befugnisse;

ständigen Behörden Erhebung

die Bezeichnung der

erfolgt durch die Einzelstaaten,

und Verrechnung der Reichsstempelabgabe

zu­ über

sind

besondere, sehr eingehende Bestimmungen ergangen (BollzB. v. 1894, unter B.).

86 RStempG. §.45, f. oben 88 RStempG. §. 36, dazu §. 41. S. 688 ff. 86 RStempG. §. 31. BollzB. 89 RStempG. ß. 39. BollzB. u. 1894 Nr. 40. v. 1894, Z. 1, 42, s. CBl. 1894, 87 RStempG. §. 32. BollzB. v. 1894 Nr. 17.

Die einzelnen Finanzquellen des Reiches,

g. 49.

801

Zum Zwecke der Aufsichtsführung sollen bei dm größerm sowohl dm öffmtlichm (ausgenommen bei

Geldinstituten,

der Reichsbank) als privaten,'"' besondere höhere Beamte non dm Einzelstaaten

einmal in 3 Jahren

bestellt werdm,

welche mindestens

in unregelmäßigen Zwischenräumen

ohne vorherige Anmeldung Revisionm der Geschäfts­

und

bücher und aller Schriftstücke vomehmen sollen.81 * * * Außer­ dem habm alle Reichs-, Landes- und Kommunalbehördm,

femer

die

von

Handelsvorständen

eingesetztm

Sachver-

ständigmkomrnissionm und Schiedsgerichte sowie die Notare amtlich zur Durchführung des Gesetzes mitzuwirkm.82 * Jngleichm dimt dem Zweck der Kontrolle die Vorschrift, daß bei der Nmernisfion von inländischm Aktim, Rentm-

oder Schuldverschreibungen oder der Aufforderung zu neuen Einzahlungen

der

Emittent

unter

Angabe

von

Zahl,

Gattung und Nmnwert der Stücke bezw. Beträge der kompetmtm Steuerstelle vorher Anzeige zu erstatten hat.88

6.

Wer der gesetzlichen Vorschrift über die Bersteuerung

von Aktim, Rmten- und Schuldverschreibungm nicht genügt,

ist mit Geldstrafe des fünfundzwanzigfachen Betrages der hinterzogmm ©teuer, mindestens aber von 20 Mark für jebed Wertpapier zu bestrafm,84 und zwar trifft die Strafe

besonders und ganz jeden, der an dem Geschäfte mit dem

strafsälligm Wertpapier beteiligt ist unter solidarischer Haf­

tung

aller.86

und Rechnungm

Die

ist

Defraudationsstrafe

der

bei

Schlußnotm

fünfzigfache Betrag der hinter-

88 Nähere Angaben RStempG. ■ 88 RStempG. 8. 40. 8. 89 Abs. 2. BollzB. o. 1894, 88 RStempG. §. 4 «Geldstrafe B. Nr. 16. 1 von 50-500 Mk.). 81 RStempG- §. 39 dazu i 84 RStempG. §. 3. «oBjS. v. 1894 B. Nr. 16. | 88 RStempG. §. 3 «bs. 2. florn, Staat-recht II. 2. «ufl. 51

Buch XU.

802

DaS Reichsfinanzrecht.

zogmen Abgabe, mindestens

aber von 20 Mark für jedes

stempelpflichtige Schriftstück;96 * * * wird die Versteuerung erst

trifft die Strafe die schuldigen Vordermänner;

ist

zu

Steuer,

entrichten

der

fünffache Betrag

der

so

bewirkt,

durch einen spateren Inhaber des Dokumentes

bei Losen

deftaudierten

für Unternehmer inländischer Lotterieen oder Aus­

spielungen sowie solche Personen, welche den Vertrieb aus­

ländischer Lose oder Ausweise über Ausspielungen besorgen, Geldstrafe nicht unter

250 Mark;

gesetzten Lose nicht zu

ermitteln,

bis zu

ist die Zahl der ab­

so

kann die Geldstrafe

Bei Genossenschaften und

5000 Mark steigen.97

Aktiengesellschaften trifft die Strafe die Vorstandsmitglieder,

bei Kommanditgesellschaften

persönlich

die

haftenden

Ge­

sellschafter, bei offenen Handelsgesellschaften die Gesellschafter,

jedoch nur im einmütigen Betrage,

aber mit Haftung des

Einzelnen als Gesamtschuldner.98 Außerdem enthält

Strafbestimmungen.99

das Gesetz

noch

mehrere

besondere

Die auf Grund des Gesetzes ver­

hängten Strafen fallen dm betreffmdm Einzelstaatm zu. Die Verwandlung von Geld- in Freiheitsstrafm findet nicht

statt;

auch

dürfm

Grundstücke

behufs

Beitreibung

von

Strafm nur mit Zustimmung des Verurteilten, falls dieser ein Dmtscher ist, subhastiert werden.101

7.

Über die Verpflichtung der oben bezeichnetm Stempel-

abgabm findet der Rechtsweg bei dm ordmtlichm Gerichtm

99 RStempG. §. 19, ob. §§. 10 »bs. 1, 2. 11 Abs. 1, 2. 15. 12 »bs. 2. 13. Rückfallstrafe (150 bis 5000 Mk.) §. 20. 97 RStempG. §. 26, ebenso über Wetteinfätze nach Tarif Nr. 5.

98 RStempG. §. 35. 99 RStempG. §§. 21, 34. 100 RStempG. §. 36. ">» RStempG. §. 37.

Die einzelnen Finanzquellen bei Reiches.

statt;

zuständig find die Kammern

den Landgerichten,

gericht ;

in

letzter

§. 49.

803

für Handelssachen

bei

Instanz das Reich--

die Klage ist verjähtt 6 Monate nach

erfolgter

Zahlung der Steuer.108 IV.

Die statistische Gebühr.

Eine weitere Stempelsteuer für die Reichskaffe wird er-

hoben bei der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren über

die Reichsgrenze, die sog. st a t i st i s ch e G e b ü h r.108 Die­ selbe beruht auf @.V 20. Juli 1879 (RGB. 261) ; dazu BollzB.

d.

BR.

v.

20. Nov. 1879 (681. 1879,

676),

ferner vom 21. Nov. 1879 (681. 687), jetzt 9. Dez. 1888

(681. 967), Nachträge 631. 1892, 139; 1895, 52;

für

den Seeverkehr 681.1880, 73; für inländische Wasserstraßen 631. 1881, 330, jetzt sämtlich ersetzt durch 8. d. BR. v. 29. Okt. 1896 (681.508). Alle über die Grenze kommenden Waren

(mit Ausnahme nur der in §. 1 Abs. 3 bezeichneten Kategorieen)104 * * * *unterliegen nämlich der Anmeldungspflicht, „nach Gattung, Menge, Herkunfts- und Bestimmungsland", nach Maßgabe des amtlichen statistischen Warenverzeichnisses;888 die Anmeldung hat im Grenzbezirk bei den Zollämtern, bezw.

bei besonders bestellten Anmeldestellen durch den Warenführer zu erfolgen,106 und zwar in der Regel durch einen besonderm

Anmeldeschein, den der Absender auszustellen hat, eventuell durch

”» RStempG. §. 33. '« ». «ufseb 375 ff.; Hoyer 76—83; Laband ll, 902 ff. 104 Laband n, 905. 106 G. bett, die Statist« 8.2 «bs. 4. 8. o. 29. Oktober 1896

8§. 1. 2—6. Verzeichnis der Länder CBl. 1896, 526. '« ®. bett. d. ©tot. §. 3. v. v. 29. Okt. 1896 8.15, über die Anmeldestellen 88. 7—9. Dienstvorschriften 681. 1896, 549. 51*

804

Buch XU.

Das Reichsfinanzrecht

die Zoll- oder Steuerdeklaration.107 Die Anmeldungen dürfen

nur für die Zwecke der amtlichen Statistik bmutzt werden.108

Bei der Anmeldung ist eine Gebühr zu entrichten, welche gesetzlich fixiert ist; dieselbe wird in Reichsstempelmarken ent richtet.788

Sie beträgt bei ganz oder teilweise verpackten

Waren für 500, bei unverpackten für 1000 Kilogramm je 5 Pfennige, den gleichen Betrag bei Pferden, Eseln, Rindvieh, Schweinen,

Maultieren,

Schafen, Ziegen pro Stück,

endlich 10 Pfennige bei Kohlen, Koaks, Torf, Holz,

Ge­

treide, Kartoffeln, Erzen, Steinen, Salz, Roheisen, Zement, Düngungsmitteln, Rohstoffen zum Verspinnen und anderen vom Bundesrat zu bezeichnenden Massengütern in Wagen­

ladungen, Schiffm ober Flößen, verpackt oder unverpackt für

je 10 000 Kilogramm.110

Befreit von der statistischen Ge­

bühr sind nur die im Gesetz selbst bezeichneten Warenkategorieen.1,1 Hinsichtlich der Kontrolle gelten die für das Zoll­

wesen bestehenden Vorschriften.112 Kontraventionen gegen das Gesetz oder die dazu ergangenen Verordnungen werden mit Ordnungsstrafe bis zu ICO Mark geahndet, vorbehaltlich der weitergehenden Bestimmungen in StGB. §§. 275, 276. Verfahren ist das nämliche wie bei den Zöllen;

Das

die Ord­

nungsstrafen fließen nicht in die Reichs-, sondern die be­

treffende Landeskaffe.1,8

Für die Entrichtung der Gebühr

haftet dem Reiche der Inhaber (natürliche Besitzer) der Ware

107 Ebenda §§. 3—5, 7, 8,1 109 Ebenda §§. 11, 13. B. v. über die Verpflichtungen der I 29. Oft. 1896 §§. 37—43. öffentlichen Transportanstalten | 110 Ebenda §. 11. B v. 29. 6, 7 Abl. 2, 9. B. o. 29.1 Ost. 1896 §§ 44—47. ft. 1896 §§. 10-14. ; 111 Ebenda §. 12. "» Ebenda §§. 15, 16. 108 Ebenda §. 10. “» Ebenda §. 17.

Die ReichSfchulden.

g. 50.

805

zur Zeit der gesetzlichen Anmeldung.'" Die Einnahmen an­

der statistischen Gebühr fließen in die Reichskaffe, doch wird den Einzelstaaten eine Vergütung für die ihnen durch das

Gesetz erwachsenden Kosten nach Maßgabe der vom Bundes­

rat zu erlassenden Bestimmungen gewährt.'" rat kann aus besonderen im Gesetz

Der Bundes­

bezeichneten Gründen

Erleichterungen bezüglich der Anmeldepflicht eintreten laffen.116 ***

§. 50.

Me Zteichsschuldeu.' 1.

Der Vrgriff der Arichsschuldrn.

DieBerfaffungbestimmt: „in Fällen eines außer­

ordentlichen Bedürfnisses kann im Wege der Reichsgesetzgebung die Aufnahme einer An­ leihe sowie die Übernahme einer Garantie zu

Lasten des Reiches erfolgen" (Art. 73).

Diese Bestimmung bezieht sich nur auf einen Teil des Reichsschuldenwesens. Zutreffend wird nämlich von La band

unterschieden

zwischen

Verwaltungsschulden

Finanzschulden des Staates.*

n< Ebenda §. 13 Abs. 2. 116 Ebenda §§. 11, 14. 8 ab and H, 906.

Vgl.

116 Ebenda §. 7; dazu CBl. 1880, 318ff.; Laband H, 905. 1 Laband bei Hirth 435 bis 446; A. Wagner I, 630 ff.; Laband StR. II, 834 ff.; G. Meyer BerwR. II, 404 ff.; vgl. ferner die beiden Artikel »Staatsanleihen* (R.) und »Staats­ schulden^ (E. M e i e r)in v. Holtzen-

und

Erstere sind diejenigen

dorffS RLex. II, 729 ff., 760ff.; sowie die in diesen Artikeln zit. Litteratur. 8 Laband 435; StR. H, 834 f.; ebenso E. Meier 760. Mit der oben erwähnten und als staatsrechtlich irrelevant er­ klärten Unterscheidung zwischen BerwaltungS- und Fmanzvermögen steht die im Text ge­ machte Unterscheidung bezüglich der Schulden nicht in notwen­ digem inneren Zusammenhang.

Buch xn. Das Rrichsfinan-recht.

806

Verbindlichkeiten,

welche für den Staat auf Grund der

laufenden Verwaltung dadurch entstehen, finanzielle

aus

Verbindlichkeitm

nicht sofort getilgt «erben,

daß entweder

irgend welchem

oder aber,

Grunde

daß solche Ber-

bindlichkeiten nicht getilgt werden können,

weil die hiefür

erforderlichen Einnahmm noch nicht fällig geworden find. Derartige

„Schulden"

in der

sind

Finanzwirtschast des

Staates unvermeidlich: sie verschwinden, sobald die Gründe derselbm dahingefallen,

also

insbesondere sobald die zur

Deckung erforderlichen Einnahmm eingegangen sind. werden als „Maßregel der Finanzverwaltung" derselbm

inwohnmde

geschaffm

Berordnungsgewalt

Sie

durch „die

und

getilgt", und bieten der rechtlichen Betrachtung feinen wei­ teren Anlaß.

RV.

Art.

73

Auf diese Verwaltungsschuldm bezieht sich selbstverständlich

nicht;

diese wickeln

sich

lediglich im Rahmm des ordmtlichm Jahresbudgets der

einzelnm Spezialverwaltungm ab.8 Dm Verwaltungsschulden gegenüber stehm die F i n a n z schulden, welche nach Reichsrecht zur Deckung

„außerordentlicher

haben.

Bedürfnisse"

zu

dienen

Der Begriff des „außerordentlichm Bedürfniffes"

läßt sich allerdings juristisch nicht fest umgrmzen, und es hängt lediglich

von der Feststellung der kompetentm Fak-

torm im einzelnm Falle ab, ob ein solches als vorhanden anzunehmm fei.*

Solche

Finanzschulden

können

für

das

Reich

ver-

8 Eine kategorieenweise Auf-, 4 Laband bei Hirth 530, zählung derBerwaltunqSschulden StR. II, 836: R. in v. Holtzendes Reiches versucht Laband dorffs RLex. III, 729 ff.: G. 439 ff. | Meyer VerwR. II, 405*.

Die Reich-schulden, g. 50. fassung-mäßig

nur auf

807

eine- Gesetze- kontra­

Grund

hiert werden.*

2.

Dir Arten der Srichsftnanzschulden.

Anderweitige Borschriften bezüglich der Form, in welcher eigentliche Finanzschulden des Reiches zu kontrahieren sind,

enthält das positive Recht nicht.

Thatsächlich

ist

von

Formen

drei

Gebrauch

gemacht

worden: Reichskassenscheine, Schatzanweisungen, eigentliche Anleihen. a)

Reichskassenscheine (G. v. 30. April 1874,

RGB. 40). Dieselben find, wie oben nachgewiesen wurde, weder

Banknoten noch Papiergeld,

sondern Schuldurkunden de-

Reiche-, welche als Geldsurrogat dienen, dm juristischen Geldcharakter aber nicht habm. Näheres s. oben S. 345. b) Schatzanweisungen.* 6 Allerdings wird nicht durch Gesetz die Anleihe kontrahiert, wie Laband II, 838 f. zu­ treffend ausführt. Aber indem die gesetzliche Ermächtigung er­ teilt wird, eine Anleihe aufzu­ nehmen, enthält doch jede- An­ leihegesetz einen Rechtssatz mit verbindlicher Kraft, auf welchem allein die Befugnis zu den er­ forderlichen Berwaltungshandlungen beruht. «E. Meier 762. R. 734 f.; Laband II, 836 f.; G. Meyer II, 280b. An der zweitgenann­ ten Stelle s. auch ein Formular der dmtschen Schatzanweisungen.

Die Schatzanweisungen bildm gewissermaßen ein Mittelglied zwischen den Verwaltung-- und den Finanzschulden. Laband rechnet sie zu den ersteren, sie haben in „finanzieller Beziehung recht eigentlich den Charakter der Berwaltungsschuld", da fie zur Deckung laufender Bedürfniffe dienen. Die Form des Ge­ setzes ist nur darum erforderlich, weil die Schatzanweisungen ,Anleihen* sind. Die Labandsche Argumentation ist jedoch nicht völlig stringent, da die Verfas­ sung auch Anleihen in der Form de- Gesetzes ausdrücklich nur zur

Buch XIL

808

Das ReichSsinanzrecht.

1. Schatzanweisungen sind auf den Inhaber

Schuldverschreibungen des Staates

lautende?

über

Summen

bestimmte

Don

Zeitraum.

einen

für

leichteren

dieser

kürzeren Staats­

Form des

kredites wurde seitens des Deutschen Reiches ein sehr um-

faffender Gebrauch gemacht; insbesondere wurde vermittelst derselben

durch

alljährlich

in

kehrende Bestimmung des Eiaisgesetzes

triebsfonds bei

allen

Grund der

Reichskaffe

der

Anleihen

beiden

Fassung

gleicher

des Reiches,

Anleihegesetze

dauernder Be­

ein

geschaffen;

außerdem

ausgenommen v.

15.

wieder­

u.

wurde

die

auf

16. Februar

1882 (RGB. 38, 39) kontrahierten, die Form der eigent­ lichen Anleihe mit der der beweglicheren Schatzanweisung in der Weise kombiniert, daß

der Anleihebetrag vorüber­

gehend in Schatzanweisungen von höchstens einjähriger Um­

laufszeit solle begeben roerbcn

dieses Zeitraumes

dürfen; 8

bis zum Ablauf

sollten die Schatzanweisungen

inzwischen zu realisierenden Anleihe wieder

aus der

eingelöst sein.

Nur in zwei Anleihegesetzen ist eine unbestimmte Umlaufs­

zeit gestattet, und es wurden demgemäß auch Schatzanweisungen mit fünfjähriger Umlaufsdauer ausgegeben.9 Innerhalb

des

regelmäßigen

Deckung »außerordentlicher Be­ dürfnisse" zuläßt. Der letztere Gesichtspunkt wird somit auch auf die Schatzanweisungen anqewendet, und deshalb sind die Schatzanweisungen formell unter,i die Finanzschulden zu subsuMieren. i! 7 S. oben S. 345. 8 Zuerst G. v. 9. Nov. 1867

gesetzlichen

Maximums

(BGV. 157) §. 7; dazu PräsB. v. 4. Juli 1868 (BGB. 435). 9 G. v. 29. Nov. 1870 (BGB. 619) §. 2 Abs. 1, 3, und G. v. 26. April 1871 (RGB. 91) §.2; nur von der Fakultät des ersteren Gesetzes wurde Gebrauch gemacht durch V. v. 13. Dez. 1870 (BGB. 624) §. 2.

Die Reichsschulden, g. 60. von

die

809

einem Jahre wurde es dem Reichskanzler überlassen, festzusetzen,

Umlaufsdauer

und es

geschah dies ver­

schiedentlich zwischen 3 und 6 Monaten."

Der Gedanke der Schatzanweisungen wird jedoch so gut

wie

illusorisch,

wenn der Betrag der eingelösten Schatzan­

weisungen wieder ausgegeben werden darf." 2. Die Ausgabe der Schatzanweisungen geschieht durch

die

Reichsschuldenverwaltung;"

welchen

dieselben

Vorschrift;

auszustellen

über

die

fehlt

sind,

Beträge, eine

in

generelle

dieselben variierten zwischen 100 Thalern und

100 000 Mark." Die

schehen ;

Ausgabe kann auch

thatsächlich

verzinslich

oder unverzinslich

hierüber mangelt eine

wurden

die

deutschen

ge­

generelle Vorschrift;

Schatzanweisungen

mit

Ausnahme einer einzigen Kategorie sämtlich verzinslich aus­

gegeben, " und zwar wurde die Bestimmung des Zinsfußes dem Reichskanzler überlaffen; der regelmäßige Zinsfuß war drei Prozent.15

10 G. v. 27. Januar 1875 (RGB. 18) §. 3. B. v. 4. Juli 1868, B. v. 31. Juli 1870 (BGB. 508). 11 Zuerst zugelassen G. v. 21. Juli 1870 §. 4 „jedoch nur zur Deckung in Verkehr gesetzter Schatzanwelsungen*. G. v. 4. Dez. 1871 (RGB. 412) §. 5. 18 G. v. 9. Rov. 1867 §. 8/ G. v. 27. Januar 1875 §§. 3, 4: dazu speziell G. v. 19. Juni 1868 (BGB. 339). 18 v. v. 4. Juli 1868, B. v. 30. Sept. 1870 (BGB. 520), «. v. 31. Juli 1870 (BGB.

508), B. v. 3. April 1877 (RGB. 411): 1000, 10000, 50000, 100000 M. 14 Unverzinslich wurden nur die zur Durchführung der Münz­ reform ausgegebenen Schatzan­ weisungen ausgestellt G. v. 25. Dez. 1875 (RGB. 325) §. 3 Z. 2, dazu die Etatgesetze für 1877/78, 1878/79, 1879/80, ferner 34 BollzD. d. RK., für 1877 im RGB., weiterhin im CBl. publiziert. 18 V. v. 4. Juli 1868, G. v. 21. Juli 1870 §. 4. B. v. 31. Juli 1870 (5 °/o); der ZinS-

Buch XIL

810

Da- Neichsfinanzrecht.

Daß die Ausstellung der Schatzanweisungen in deutscher Währung zu geschehen hat, ist an sich selbstverständlich; in

einem Falle

wurde

durch

positive Gesetzesvorschrift auch

ausländische Währung gestattet.16 3.

Die Kündigung der Schatzanweisungen seitens des

gesetzlichen

Staates

vor

mäßigen

Umlaufszeit

ttachten,

wenn hiefür ein besonderer gesetzlicher Titel vor­

Ablauf

der ist

nur

dann

oder

als

verordnungs­

zulässig zu

be-

handen ist.17 Die Mittel zur Verzinsung find

Einkünften"

„aus den bereitesten

des Reiches dem Reichskanzler zur Verfügung

zu steifen.18 Die Verjährung von nicht erhobenen Zinsen erfolgt in

4, von nicht erhobenen Kapitalbeträgen in 30 Jahren."

über Amortisation

von Schatzanweisungen

s. unten c.

c) Anleihen.88

1.

Die

Hauptform,

in

welcher

seitens des

Reiches

fuß für die zur Verstärkung des RLex. III, 735 ff., hier auch ein Betriebsfonds der Reichskasse Formular. Lab and StR. II, audg117. dazu PerelS D.SR. 330.

Die Rechtsverhältnisse der Schiffe, g. 63. Empfang zu nehmen.

917

Die Aushändigung darf, abgesehen

van den für das augenblickliche Bedürfnis der Mannschaft

und der Paffagiere

erforderlichen Gegenständen, erst

nach

erfolgter zollamtlicher Behandlung, sowie Bezahlung oder

Sicherstellung der Bergekosten und des Bergelohnes (HandGB. Art. 753) erfolgen.'«

f) Wenn «) außer dem Falle der Seenot eines Schiffes

besitzlos gewordene Gegenstände aus der See an

auf

oder

Strand

den

getrieben

(strand­

triftig) und vom Strande aus geborgen wer­ den, so ist dies dem Strandvogt oder der nächsten Polizei­

behörde anzuzeigen und

die Gegenstände der Behörde zur

Verfügung zu stellen; ebenso ß) versunkene Schiffstrümmer oder sonstige vom Meeresgrund heraufgebrachte Gegenstände

oder /) verlassene Schiffe oder sonstig« besitzlos gewordene und in offener See treibende Gegenstände (feetriftig), die von einem Fahrzeuge geborgen werden.

Die Verpflichtung tritt in dem Falle zu « sofort ein, zu ß

und /,

Bergung

geht, fällt

sobald

das

bergende

Fahrzeug

der deutschen Küste anlegt oder

an

aber

fort, wenn

nach

der

vor Anker

das Fahrzeug inzwischen an

einer fremden Küste angelegt hat, oder vor Anker gegangen

ist ,

und die Berger dort die geborgenm Gegenstände dem

Eigentümer

oder

einer

Behörde

zur

Verfügung

gestalt

haben. Auf Gemässem,

stehen, finden

diese

welche mit der See in Verbindung Vorschriften

nut dann Anwendung,

wenn dies landesrechtlich bestimmt iß.181

*•* StrandO. 88- 16, 18, 19. |

'« Seemv. $. 28.

Buch XHL La» Seerecht ta Fri^mszeitm.

918

Die Anzeige hat die genauen Angaben über Zeit, Ort und Umstände der Bergung, sowie dm beanspruchten Lohn

zu enthalten; bezüglich des auftunehmendm JnvmtarS, der

des Verkaufes

Anzeige an die Zoll- und Stmerbehördm,

verderblicher

leicht

schriften ;

so

find

Gegmstände

gelten

die

obigm

Vor­

ist der Empfangsberechtigte sofort zu ermitteln, ihm

nach

Gegmstände

die

Maßgabe

bezeichnetm Vorschristm auszuhändigen;

Aufgebotsverfahrm

Die

einzuleitm.

der

obm

außerdem ist das

Einzelstaatm

sind

überdies berechtigt, noch außerdem besondere Anmeldrstellm

zu errichtm,

welchm die Strandämter jede Bergung von

Gegenständm der oben bezeichnetm Art mitzuteilm habm; auf diesm Anmeldestellen ist ein Verzeichnis dieser Gegm­

stände zu führen und öffentlich auszulegen, sowie Auszüge

aus demselbm in angemeffmm Fristen zu publizieren.188 g)

Wenn

auf

der Reede oder

Hafms versunkene Wracks, Gegenstände

die

im Fahrwasser eines

Anker oder andere

Schiffahrt

beeinträchtigen

und der Eigmtümer entweder nicht bekannt oder zur Fort­

schaffung derselbm nicht bereit ist, so ist die Behörde befugt, die Beseitigung zu veranlassen und zur Deckung der Kostm die

beseitigten Gegenstände

Rest des Erlöses ist

öffentlich

zu

verkaufm.

dem Empfangsberechtigtm

geben, eventuell das Aufgebotsverfahrm einzuleitm;

letzteres ftuchtlos, so

Der

hinauszu­ bleibt

fällt der Erlös der Seemannskaffe

bezw. mangels einer solchen der Ortsarmmkasse des Hafen­

ortes zu.'"

StrandO. §§. 20—24. Meves 550-552; Lewis 11,1 185 f.

184 StrandO. §. 25.

Dir Rechtsverhältnisse bet Schiffe. G. 68.

919

h) Ist bet Empfangsberechtigte unbekannt, so find zu­ nächst durch

das Strandamt geeignete Nachforschungen zu

pflegen

dem durch diese ermittelten Empfangsberech­

und

tigten die Gegenstände auszuhändigen.

Andernfalls tritt

daS Aufgebots verfahren ein. Im Aufgebotsverfahren

“ SeemD. §. 101. nach StPO. §§. 455-458 (EG. *” SeemD. §. 101. Meves z. StPO. §. 5). 500 ff. DaS Verfahren «folgt

g. 64. 965

Die persönl. SkechtSverhältniffe bet Seefahrer, trachtet und demgemäß mit Geldstrafe bis zu

300 Mark

oder Gefängnisstrafe bis zu 2 Monaten bestraft; die Set*

folgung

tritt

jedoch

auf Antrag

nur

ein;

entläuft

Schiffsmann mit der Heuer bezw. nach Empfang

der

irgend

einer auf die Heuer geleisteten Zahlung, so tritt Gefängnis­

strafe bis zu einem Jahre ein.180

Kehrt der Schiffsmann

vor Abgang des Schiffes nicht wieder zur Fortsetzung seines Dienste- freiwillig zurück, und wird auch nicht zwangsweise

zurückgebracht,

so

verliert

bis dahin verdiente Heuer;

des Deserteurs ansprüche

tonnen

de- RhederS

er auch den Anspruch auf die Heuer und eventuell Tffcktm

zur

Deckung

in

Anspruch

der etwa verbleibende Rest

der Schadensersatz­

genommen

werden;

der Heuer ist der Seemann-»

bezw. Ort-armmkaffe zu übergeben.181

über zwangsweise

Zurückführung s. oben S. 855. 2.

Verläßt

nehmigung

im Ausland ohne Ge­

ein Schiffsmann

des Seemannsamtes

dm Dienst infolge einer

Verletzung der Pflichtm des Schiffer» gegen ihn oder im

Falle von Zwischmreism, zu welchm er gesetzlich nicht ver­

pflichtet ist, so tritt Geldsttafe bis zum Bettage einer Monat-heuer ein.188

3.

Ein Schiffsmann, welcher dm wiederholt« Befehl«

de- Schiffer» oder eine- anderen Vorgesetzt« dm schuldigen Gehorsam

im

Dimste

verweigett,

wird

mit

Gefängnis

rkyi^tÄtttil von MeveS 444, 188 StG». §. 298. Darüber, 111 SeemO. §8.81 tos. 2 u. 3, daß dieser einzelne Punkt in da­ allgemeine StGB, ausgenommen 82, ob. 107. Reue» 44« ff. >“ SeemO. §§. 88, »b. 61, wurde, alle übrigen der speziell« SeemO. überlassen blieb«, s. die Z. 1, 3; «4.

Vuch xm. Da- Seerocht in Frieden-zeiten. bis zu drei Monatm oder mit Geldstrafe bi« 800 Marl bestraft.'88

Wenn zwei oder mehrere zur Schiffsmannschaft ge-

4. örige

Personen dem Schiffer oder einem

andere» Bor­

gesetzten den schuldigen Gehorsam auf Verabredung gemein­ schaftlich verweigern, so tritt gegen jeden Beteiligten Ge­

fängnisstrafe bis zu einem Jahre ein. wird mit Gefängnis

Der Rädelsführer1,4

bis zu drei Jahren bestraft.

Sind

mildernde Umstände vorhanden, so wird der Rädelsführer mit Gefängnis bis zu zwei Jahren, die übrigen mit Geld­ strafe bis zu 600 Mark bestraft. Gleiche Straft wie dm Rädelsführer trifft auch dm-

jmigm,

welcher zwei oder mehrere zur Schiffsmannschaft

gehörige Personm zur Begehung

des

obm

bezeichnetm

Deliktes auffordert, wmn die Auffordemng die strafbare Handlung oder einen strafbaren Versuch derselben zur Folge

hatte; ist die Auffordemng ohne Erfolg gebliebm, so tritt Geldstrafe bis zu 300 Mark ein.186

5.

Ein Schiffsmann,

welcher es unternimmt,186

dm

Schiffer oder einen anderm Vorgesetztm durch Gewalt oder Bedrohung mit solcher oder durch Verweigemng der Dimste

zur Vomahrne oder zur Unterlaffung einer dimstlichm Ver­ richtung zu nötigen, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahrm bestraft;

sind mildernde Umstände vorhandm, so

kann auf Geldstrafe bis zu 600 Mark erkannt werden.187 6. Die gleichen Strafen treten ein, wmn ein Schiffs-

1M über das Verhältnis von 1W SeemO. §.86. Meoes46ü. 184 Über diesen Begriff Me- .Unternehmen' zum ,Versuch' veS 462. (StGB. §. 43) MeveS 465. SeemO. §§. 87, 88. MeSeemO.§.89. MeveS463. veS 461 f.

Die prrsölll. SlechtSvrrhLlMiffe bet Seefehrer. mann es unternimmt, dem

§. 54. 967

Schiffer oder einem anderen

Borgesetztm durch Gewalt oder Bedrohung mit solcher vor­

sätzlich Widerstand zu leistm oder dm Schiffer oder einm

Borgesetztm thätlich anzugreifm; ob die Handlung im Dimst oder außer Dienst begangen wird, ist für dm Thatbestand

gleichgiltig.188 Wird eine der unter 5. u. 6. bezeichneten Handlungen

7.

von zwei oder mehrerm Schiffsleutm gemeinschaftlich189 begangen, so

in Verabredung

kann die Strafe aus das

Doppelte d«S Höchstbetrages gesteigert werdm; der Rädels­ führer sowie diejmigm, welche gegen dm Schiffer oder Bor­

gesetztm Gewaltthätigkeitm verüben, werdm mit Zuchthaus oder Gefängnis von einem bis zu fünf Jahren"8 bestraft,

auch kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt wer­ dm;

sind

mildemde Umstände

vorhandm, so

tritt Ge­

fängnisstrafe nicht unter drei Monatm ein.141 Die Aufforderung ist gleich der Anstiftung zu bestrafm.

wenn ihr die That oder ein strafbarer Versuch derselbm

folgt, andemfalls tritt Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre

ein."8 8. Als Gehilfe ist zu bestrafen der Schiffsmann,, welcher bei derartigm Meutereien (Ziff. 5—7) Befehlen des Schiffers

oder

eines

anderen

Vorgesetzten,

welche sich auf Unter­

drückung der Mmterei beziehm, dm Gehorsam weigert.448

9. Wer wider besseres Wiffen eine auf unwahre, b. i.

148 SeemO. §. 88, vgl. StG». — SeemO. §. 90, vgl. StGB. §. 111. MeveS 475ff. |. 113; MeveS 466 f. 88 »gl. MeveS 469. 148 SeemO. §. SS, vb. S1SV. 140 MeveS 471. 141 SeemO. -. 91. MeveS z. 49. MeveS 472 ff. 4*9 ff.

8e$ Xi ll. Das Seerecht in gcietattyeiien.

968

objektiv unrichtige Behauptungen gestützte Beschwerbe über S«untüchtigkeit des Schiffs oder Mangelhaftigkeit des Pro­

viant- bei einem Seemannsamt anbringt, so daß auf Grund

dieser Behauptungen eine Untersuchung erfolgte, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft.

Ist die Beschwerde

zwar nicht wider besseres Wissen, aber leichtfertig144 ange­

bracht, so tritt Geldstrafe bis zu 300 Mark ein.m 10.

Der Schiffer oder sonstige den Schiffer vertretende

Vorgesetzte (denn nur der Schiffer oder sein Vertreter haben

überhaupt Disziplinargewalt), welcher einem Schiffsmannn

gegenüber seine Disziplinargewalt mißbraucht,

wird

mit

Geldstrafe bi- zu 900 Mark oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.144

11.

Der Schiffer oder dessen Stellvertreter, welcher vor­

sätzlich seine Verpflichtung, das Schiff in

gehöriger Weise

zu verproviantierm, nicht erfüllt, wird mit Gefängnis bestraft;

daneben kann noch auf Geldstrafe bis zu 1500 Mark und auf Verlust der bürgerlichen Ehrmrechte erkannt werden;

hat der Schiffer nur fahrlässiger Weise seine Verpflichtung

nicht erfüllt, so ist auf Geldstrafe bis zu 600 Mark oder

Gefängnis bis zu einem Jahre zu erkennen, jedoch nur dann, wenn der Mannschaft infolge dieser Fahrlässigkeit nicht die gebührende Kost gewährt werden kann.147 12.

Mit Geldstrafe bis zu 300 Mark, Haft oder Ge­

fängnis bis zu 3 Monaten ist der Schiffer zu bestraft», der

§. 47 die Erörterung bei Wag­ diesen Begriff ner 444. SeemO. §. 96, ob. 79. Meves 487 f., besonders über 144 SeemO. §. 94, vgl. §. 47. den Begriff »Mißbrauch'. MeveS 482ff., f. über das,6e> 147 SeemO. 8.97, ob. 8§. 12,45. sondere' Beschwerderecht des HGB. Art. 48V. MeveS 488ff.

144 S. über Meve» 484.

Die ptrfBnl. Rechtsverhältniffe bet Seefahrer,

g. 54. 969

oh« Genehmigung des Seemannsamtes einen Schiffsmann im Ausland, wozu auch

das offme Meer sowie fremde

Schiffe zu rechnen find, zurückläßt, und zwar auch in dem Falle, wenn die Lösung des Dienstverhältniffes nach gegen­ seitigem Übereinkommen erfolgt.148

n.

Die Geldstrafen, welche auf Grund diese- Gesetzes

verhängt werden, fließen der Seemannskaffe eventuell der

Ortsarmenkaffe de- Heimat-Hafen- des Schiffes zu, falls

nicht landesrechtlich anders bestimmt ist. Me HL Die oben angegebenen Strafbestimmungen (SeemO.

§§. 81—99) haben zur Anwendung zu kommen, gleich-

giltig ob die strafbare Handlung im Ja- oder Ausland begangen ist.'88

JHoch muß bezüglich des

letztere» Punktes immer der Vorbehalt gemacht werden: falls nicht der auswärtige Staat selbst für eine innerhalb feines Gebietes begangene strafbare Handlung die Gerichts­ barkeit in Anspruch nimmt.

IV.

Ist gegen

einen

Schiff-mann

bereits

»egen einer der im Vorstehenden genannten Handlungen eine Disziplinarstrafe verhängt worden, so wird dadurch die kriminalrechtliche

Verfolgung

und

ausgeschlossen;

Bestrafung

jedoch

kann

der That

eine

nicht

Disziplinarstrafe

sowohl bei denjenigen Delikten, die vor da- Seemannsamt,

als auch bei denjenigen,

welche vor die ordentlichen Ge­

richte gehören, in Anrechnung gebracht werben.181

'« SeemO. §§. 98 ob. 71. »eve» 492 ff. "» SeemO. §. 107. ”• SeemO. §. 100 in Lbän. derung der in StGB. §. 4 auf»

gestellten Grundsätze. Bal. Re veS 498. Wagner 861 f. S. oben E. 837 ff. — SeemO. 8- 95. Rene» 486, f. oben «d. I, 6. 328 ff.

Nachträge «nd Berichtigungen.

S. 14 Z. 6. v. u., N. 41: Das EinführG. z. Bürger!.

GesB. bestimmt in Art. 36, I: 1. Ehefrauen, die dn

gelten als

Gewerbe selbständig betreiben, wenn für

ihre

güterrechtlichen

geschäftsfähig,

Verhältnisse

ausländische

Gesetze maßgebmd sind; 2. ist die Gewerbeftau eherechtlich im Güterstand beschränkt, so

des

Ehemannes

zum

bedarf sie der Einwilligung

Gewerbebetrieb (BGB.

hat sie ihren Wohnsitz nicht im Inland,

§. 1405);

so ist der Ein­

spruch des Mannes gegen dm Gewerbebetrieb und ebenso

der etwaige Widerruf der erteilten Genehmigung in das Güterrechtsregister des Bezirkes des Gewerbebetriebes ein-

zutragm; 3. hat der Ehemann die Einwilligung erteilt,

so haftet für dm Gewerbebetrieb das Bermögm der Frau ohne Rücksicht

Rechte,

bd

auf die dem Manne daran

Gütergemeinschaft auch

zustehmdm

das gemdnschaftliche

Bermögm. S. 15 ff.: Zwangs- und Bannrechte, sowie Realgewerbeberechtigungm find, sowdt sie nach

der Gewerbeordnung

noch zulässig, dem Landesrecht vorbehaltm gebliebm (Einf.G. z. BGB. Art. 74).

S. 44 Ziff. 5 c, N. 24: Art. II des Wucherges. v.

19. Juni 1893 ist ersetzt durch die allgemdnm Vorschdstm

des BGB. §. 817 ff., 823 ff.

971

Nachträge und Berichtigungen.

S. 45 Z. 2 v. o.: Auch das EinfG. z. BGB. Art. 94

läßt dieses Landesrecht unberührt; das pr. G. v. 17. März

1880 gilt also weiter. S.

Jetzt B. d. BR.

72, V f.:

zum Bollzug von

§. 44a e. 27. Nov. 1896 (RGB. 745), L: erleichternde

Vorschriften für Handlungsreismde in Gold- und Silber­ waren, Wein, Wäsche, Nähmaschinen. S. 79 Ziff. 9:

Weitere Ausnahme (Mälzereien): B.

d. BR. v. 27. Nov. 1896 (RGB. 744). S. 94 ff.: z. BGB.

Über das Arbeitsbuch enthält das EinfG.

Art.

86

GewO. §§. 107,

folgende

Abänderungsvorschriften

zu

108, 110, 113 Abs. 4: 1. Die Aus­

händigung des Arbeitsbuches hat zu erfolgen an den ge­

setzlichen Vertreter, sofern dieser es verlangt, eventuell mit Genehmigung der Gemeindebehörde auch an di« zur gesetz­

lichen Vertretung nicht berechtigte Mutter; 2. die Aus­

stellung erfolgt auf Antrag oder mit Zustimmung des ge­ setzlichen Vertreters; ist deffen Erklärung nicht zu beschaffen oder wird fie ohne Grund und zum Nachteil des Arbeiters

verweigert, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung ergänzen; 3. das Arbeitsbuch muß dm Namm des gesetz-

lichm

Vertreters

Zmgniffes kann

4.

Aushändigung

des

Minderjährigkeit des Arbeiters

der

mthaltm;

bei

die

gesetzliche Vertreter verlangm. S. 102 Ziff. 4: Zum sog. Haftpflichtgesetz vgl. jetzt

GinfG. Art. 42 mit BGB. §. 848 Abs. 2—4, wodurch

die §§. 3, 3 a, 5, 7, 8, 9 jenes Gesetzes abgeändert find; ferner EinfG. Art. 105, der da- Landesrecht für die Haft­

pflicht von Unternehmern von Eismbahnbetriebm oder mit gemeiner Gefahr verbundmm Betriebm

auftecht

erhält,

9ta$fr*ge ttib Berichtigung««.

972

sofern eS «eiter geht al« da« BGB. (pr. Ges. v. 3. Nov.

1838 §. 25, pr. G. v. 3. Mai 1869).

6. 108 Z. 8 ». o.: der Seiet des Lehrlings, „sofern

er die Sorge für die Person des Lehrling- hat." (EinfG. z. BGB. Art. 36, VI zu GewO. §. 188 Abs. 2).

E. 108 Ziff.

statt „Bater oder Bormund"

4:

der

„gesetzliche Vertreter" (EinfG. Art. 86, VH zu GepM. §. 181 »ds. 1). S.

141,

n.:

Neues

Formular für den

Wander­

gewerbeschein durch S. d. BR. v. 27. Nov. 1896 (RGB.

748) m, dazu Art. n in Aufhebung der S. v. 81. Ott. 1888, 8. Nov. 1889. S. 149, VI.: über den Gewerbebetrieb der Ausländer im Umherzirhm S. d. BR. v.

27. Nov. 1896 (RGB.

745), n, dazu Formular der Legitimationskarte RGB. 749. S. 222 R. 109.

Der Prämientarif für die Versiche­

rungsanstalt der Tiefbaugenoffmfchaft gilt vorerst weiter:

CBl. 1896, 625. S. 808 Z. 7 «. o.: Zu dem intemationalen Über­ einkommen

über den

Eisenbahnfrachtverkehr

eine weitere

Ergänzung der Liste beteiligter Eisenbahnen RGB. 1896,

748. S. 878 Ziff. 8.

Über das Lombardgeschäft der Reichs­

bank s. d. Allgem. Bestimmungen über dm Geschäftsver­

kehr der Reich-bank von 1894. S.

388 Z. 10 v. o.:

„solche Geschäfte von

werdm."

nach

„dürfm"

dm Kursmaklern

(Textausgabm der

nicht

Guttmtagschm

beizufügm:

vermittelt Sammlung

des Börsmgesetzes von Wermuth und Brendel (1897), des Depotgesetzes von Lufensky (1896)).

978

Nachträge und Berichtigung«.

S. 387 Z. 8 v. u. zu berichtig«: ein Rückforderungs­

recht findet statt bezüglich dessen, was zum Zwecke solcher

Geschäfte hingegeben wurde. S. 387 Z. 11 v. u.: s. dazu BGB.

§. 764, dem

gegenüber da- Börsengesetz als lex specialis jckenfallS den Borrang haben würde. S. 897.

Bestimmungen über die Zulassung von Wert­

papieren gemäß BörsG. §. 42 hat der Bundesrat bereits erlass« mit B. v.

11. Dez.

1896 (RE. 768);

diese

Borschriften find sehr einschneidender Natur und enthalten

eine weitgehende gesetzlich« Regulierung deS Börsengeschäftes mit Wertpapieren. S. 401

Z. 4 v. o. zu ergänz«:

gegen die Aus­

wüchse der sogenannt« Handels per Erschein« gerichtet, die dadurch verursacht warm, daß die gehandelt« Wert­ papiere zur Zeit d«S Geschäftsabschluffes überhaupt noch

nicht Vorhand« war«.

®. 402 Ziff. 8 zu berichtig«:

amtlich« Zulassung

nach Maßgabe der

kann Termiahandel in Warm oder

Wertpapier« stattfindm, aus Gmnd deffm sodann die amt­

liche Preisfestsetzung erfolgt. S. 402 Z. 5. v. u.: nach „Erwerbsgesellschaft" ein-

zusttgm, „außer Bergwerks- und Fabrikunternehmungen". S.

402

Z.

3 v. «.:

nach

„beträgt"

einzufüg«:

„also das Wettpapier im Mindestbetrag von 20 Mlll. R.

existiert". S. 462 ferner 486 ff.:

Unterm 4. April 1896 ist

vnt Japan ein Handels- sowie ein Konfularver« trag abgeschloffm (RGB. 715,

in Kraft frühest«» am

782).

17. Juli 1899.

Dieselben tret« Mit dem In-

974

Nachträge unk Berichtigungen.

krafttretm „hört di« bis dahin in Japan ausgeübte Gerichts­

deutsch« Gerichtsbehörden ans

barkeit

und erreichen alle

«t-nahmSweism Privilegim, Befreiungen und Immunitäten,

die bi- dahin die deutschen ReichSangehörigm als einen Bestandteil ob« einen Ausfluß dies« Gerichtsbarkeit ge­

nossen, ohne weiteres ihre Endschast.

Diese Gerichtsbarkeit

wird alsdann von dm japanischen Gerichten übernommen

und

(HandV. Art. XXI.)

ausgeübt."

D« Konsular­

vertrag hat im wesmtlichm dm gleichm Inhalt wie die

übrigen Konsularverträge mit Ländern ohne KonsulargerichtSbarkeit.

S. 474 ff.

Das G. v. 4. Mai 1870 üb« die Ehe­

schließung von dmtschm ReichSangehörigm im Ausland hat

durch daS EinfG. z. BGB. Art. 40 folgmde Abändemngm erfahren:

1. in den §§. 8, 9, 11, 12 ist statt „muß"

überall zu schm

„soll"; 2. die Eheschließung — §§. 7,

7a, 8, 8a — erfolgt durch die Konsmserklämng

dem Beamten,

vor

die persönlich bei gleichzeitig« Anwesmheit

d« Nupturimtm abzugeben ist; d« Beamte muß zur Ent­

gegennahme der Erklämng „bereit

sein"; die Erklärung

darf nicht bedingt ob« befristet sein; d« Beamte hat die Frage

zu stellen und nach deren Bejahung auszusprechm: daß die

Nupturimtm nunmehr kraft deS Gesches »«bunbene Ehe­ leute

seien;

Minderjährige

und

Personm,

bürg«lichm Ehrmrechte aberkannt sind,

dmm

die

sollm nicht Trau-

zeugm sein, Verwandtschaft dagegm schadet nicht.

„Als

zur Eheschließung ermächtigt« Beamter gilt auch derjmige,

welch«, ohne ein solcher Beamt« zu sein, das Amt eines

solchen öffentlich ausübt, es sei dmn, daß die B«lobtm dm Mangel d« amtlichm Befugnis bei der Eheschließung

Nachträge und Berichtigungen.

fernten."

975

Eine in dieser Weise abgeschlossene Ehe ist wegen

Formmangels nm dann nichtig, wenn bei der Eheschließung

die Form des §. 7 nicht beobachtet ist.

Ist die Ehe in

das Heiratsregister eingetragen, und haben die Ehegatten nach der Eheschließung 10 Jahre oder falls einer von ihnen vorher gestorben ist, bis zu dessen Tod, jedoch mindestens

3 Jahre als Ehegatten miteinander gelebt, so ist die Ehe

als giltig zu betrachten, außer es wäre bereits vor Ablauf jener Zeit die Nichtigkeitsklage erhoben.

allgemeinen Vorschriften über die §§. 1317, 1318, 1319, 1324.

Vgl. auch die Eheschließung BGB.

Wahlkonsuln haben das Notariats­

S. 477 Ziff. 3.

recht für letztwillige Verfügungen nm, wenn es ihnen vom

Reichskanzler ausdrücklich beigelegt ist.

EinfG. z. BGB.

Art. 38, I zu KonsG. §. 16. S. 483 Ziff. 10. vor

dem

Konsul

Für Verfügungen auf Todesfall

geltet jetzt

die

Vorschriften

BGB.

§§. 2231 ff., 2276. — EinfG. Art. 38, II. S. 600 N. 68. Über Befähigungszeugniffe für dm Einjährig-Freiwilligmdienst s. dm Nachtrag CBl. 1896, 584.

S. 623, lit. b.

Die Vorschriften des RMilG.

über Soldatentestamente

44

gelten gemäß EinfG. Art. 44

auch 1. für Personen, die zm Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes oder Fahrzeuges der kaiserlichen Marine gehörm, solange das Schiff sich außerhalb eines inlän­

dischen Hafms befindet oder die Personm als Kriegsgefangene oder Geiseln in der Hand des Feindes find;

ingleichm 2. für andere an Bord eines solchm Schiffes ge­ nommene Personm, solange das Schiff fich außerhalb eines inländischm Hafms befindet und die Personm an Bord

976 find.

Nachträge und Berichtigungen.

Die Frist, mit deren Ablauf die letztwillige Ver­

fügung ihre Gültigkeit verliert, beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem das Schiff 'in einen inländischen Hafen zurück­ kehrt oder der Verfügende aufhört zum Schiffe zu gehören

oder als Kriegsgefangener oder Geisel aus der Gewalt des Feindes entlaffen wird. S. 626, 2 zu c.

MilG. §. 45 Abs. 2 ist durch

EinfG. Art. 45 aufgehoben. S. 635 Ziff. 5 und 643 Ziff. 8.

Aufgehoben durch

EinfG. Art. 49 und ersetzt durch BGB. §§. 197, 201

find §. 18 Abs. 2 des G. v. 17. Juni 1887 (RGB.

237) und §.

8 Abs.

2 des

G. v.

13. Juni

1895

(RGB. 261). S. 644 Z. 12 v. o.: lies 663 statt 661.

S. 676 Z. 11 v. o. Art. 54:

Zum Rayongesetz bestimmt EinfG.

1. Unberührt bleibt §. 36 Abs. 4 von EinfG.

Art. 52 u. 53; 2. §. 37 hielt für dm Anteil von Real-

berechtigten an der Rayonentschädigungsrmte das Landes­ recht aufrecht; statt dessen bestimmt jetzt das EinfG., daß

der Realberechtigte bis zum Ablauf eines Monats, nachdem

ihm der Eigmtümer von der Rayonbeschränkung Mittei­ lung gemacht hat, das Verteilungsverfahrm beantragen kann. S. 694 Z. 6 v. o.: lies V statt VI, demnach S. 695 Z. 3 v. u. VI statt VH und S. 699 Z. 8 v. o. VII

statt VUL S. 737 N. 56.

über die Zollgrmze im Freihafm

von Cuxhavm s. die neueste Abgrenzung in CBl. 1896,

680. S. 756 N. 12. auch M. 1896, 624.

Über Denaturierung von Salz s.

Nachträge und Berichtigungen.

S. 776 N. 15.

977

über die Brennsteuervergütung bei

Berwmdung von Branntwein zu gewerblichen Zwecken s. auch CBl. 1896, 497; über Prüfung des als Denaturie-

rungsmittel zugelaffmen Essigs CBl. 1896, 630. S. 803 N. 105. Abänderung des statistischen Warenverzeichnisses CBl. 1896, 590. S. 812 Ziff. 4. Zum G. v. 81. Mai 1891 über das Reichsschuldbuch ist §. 9 ersetzt durch EinfG. Art. 50, s. dazu BGB. §§. 1368, 1365, 1895, 1440, 1448,

1519, 1525, 1526, 1549, 1550. S. 887 Z. 7 v. o. Neue Betriebsordnung für den

Kaiser-Wilhelm-Kanal v. 28. Aug. 1896 (CBl. 599).

S. 882 N. 68,

Gegenseitige Anerkennung von Schiffs­

meßbriefen ist noch vereinbart mit Norwegen (CBl. 1896> 583), Spanien (CBl. 1896, 483), Belgien (CBl. 1896,

624). S. 864 zu N. 66 zu berichtigen: über Errichtung von Testamenten auf Handelsschiffen jetzt BGB. §. 2*251.

Zorn, Staatsrecht DL 2. Anst.

Sachregister (hergesteltt von stud. jur. Alb^t Zorn). neimitteln 50 f.; approbierter Drogen­ Aachener Protokoll 420, 424, 426. händler ist nicht Apotheker 50"; Auf­ Abdeckereien 16, 40". stellung von Taxen durch beit Staat Abmusterung 859, 941 ff-, 945. Abstempelung d. PreiSverzeichniffe f. 64; Apothekergehülfen u. -Lehrlinge stnd von den allgemeinen Vorschriften Backwaren 65. über die Verhältnisse d. Arbeiter aus­ Akkreditive, kaufmännische 789. Adler, kaiserlicher, Recht der Benutzung genommen 115, 163. Approbation, staatliche, zur Ausübung 17. einzelner Gewerbe46 ff.; Zurücknahme Agppten 505. Irrte, Verhältnis zur GewO. 47; 175; Bericht 177. Prüfung u. Approbation 47 f.; Dr. Arbeiter, gewerbliche 74 ff.; Versiuiungen 76; Schutzvorrichtungen für * med. 48; Landesrecht 49; Taxen 64. [. in Fabriken 100ff.; Anspruch auf Agenten 61, 177. Agenturen der deutschen Seewarte 908; Krankenfürsorge 184 f.; auf Unfall­ von Banken 354, 357. versorgung 186 f.; auf Jnvaliditätsu. Altersversorgung 189; Vertretung Aktien 793, 784. Aktiengesellschaften, Stempelpflicht bei Besetzung d. LandesverstcherungS794; Reichsbank e. A. 865. ämter 216; Wahl 217. Altersversicherung s. Invaliditäts­ Arbeiterschutzgesetz 75. versicherung. Arbeiterversicherung 179 ff.; Wesen Amortisationsverfahren Mr Schuld­ 179 f.; Arten 183; Voraussetzungen verschreibungen des Reichs 813 ff. 184ff.; Ausländer 192f.; Unmöglich­ keit einer Abänderung durch Privat­ Anhalt 744. Anlagen, gewerbliche, deren Betrieb vertrag 190. mit ungewöhnlichem Geräusch ver­ Arbeitsbücher 93 f.; 971. bunden ist, Errichtung u. Verlegung Arbeitsordnung 84 ff. 39; gefährliche bedürfen der Geneh­ Arbeitsvertrag 75. migung der zuständigen Behörde 40; Arbitrageverkehr 797. Bestimmung d. GewO, hierzu 40"; Armenwesen, Unterstützung hülfsbeBeseitigung, Zurücknahme der Ge­ dürstiger Deutscher durch d. Konsuln nehmigung 176; Untersagung der Be­ 480; Ortsarmenkasse 918, 965, 969. nützung 174. Arzneimittel s. Apotheker. Anleihen des Reichs 810 ff., 816. Assignationen s. Anweisungen. Anmeldung von Patenten 21 ff.; ste­ Anfbereitungsanstalten 77 , 83 , 89, hender Gewerbe 38. 116, 184, 186. Anmusterung 859, 941 ff., 948 f. Ausführung, öffentliche, Recht des Antiken 731. Autors 20. Antisklavereikonferenz 825. Aufgebotsverfahren 919 f. Anweisungen 789. Auktionatoren 63, 177. Apotheker, Prüfung 49 f.: Regelung Ausführungsverordnungen z. GewO. veS Gewerbes durch Landesrecht 50; 10. Verpflichtung zur Bereitung von Arz­ Ausfuhr, Zölle 725, 726; Verbote 726;

S

TachttMer, SBerotowgen >62,

786;

statistische

«eMen», Selb a?j; Ha,bel m. Schisssahrt 840, W,899: Verlust bet Staatsangehörigkeit 469; Urheberrecht 26; Eheschließungen 444. 473; Delikte der ^hiffsleute $41, 969; Verlagen Pes Dienstes 855, 965; Aufnahme ppxi A. in deutsches Konsularschptz 467; Hausierschein 149; Gchatzanrveisungen in a. Währung 810; Wertpaptexp u. Wechsel 358, 376, 789, 793. Ausländer, Haufierschein 149. Außerkurssetzung. 337, 338 f. sSusschüffe, der Reichsbank 871; Be­ zirksausschüsse 373; der Innungen 130. Auswärtige Angelegenheiten 421 f. Auswärtiges Amt 423, 454. Suswandererschiffe 940. persa von Ginzelstaaten für Zölle U. a. 695.

Badeanstalten 60, 177. Haden, Ausnahmerechte 695; Zollver­ waltung 743; Branntweinsteuer 774. Bäcker, Taxen für d. Verkauf 65. Baggerei 184, 186. Banknoten, Ausgabe 348; unbefugte 358; Wesen 351; Einlösungspflicht 352; Privilegien zur Ausgabe 352 f.; ausländische 358; Einziehung 362; Stempelfreiheit 789 f Bankwesen, Staatsaufsicht67; Rechts­ quellen u. Organisation 347 ff; Prin­ zip d. Gewerbesreihert 348; Raten­ geschäft der Banken 351 ff.; Kündiaungsrecht der Privilegier, 353; Er­ löschen 363; Einschränkungen 354; Notenbanken358; Betriebsmittel^; Geschäftsbetrieb 358 f., 35935; Noten­ betrag 360 ff ; Notensteuer361; Noten­ deckung 355 f., 361; Einziehung..362; Staatsaufsicht 362; Bankstatut, Ände­ rung 362. Bauhöfe 77, 83, 115, 18 t, 186. Baukrankenkaffen 197 f., 199 ff. Bayern, Arbeiterversicherung 186,215; Poft- u. Telegraphenverwaltung 245, 248 , 252 , 253, 695; Eisenbahnwesen 300, 301, 302, 307; Normalarchungs-, kommission 319, 695; Prägerecht für Halbpfennrgstücke 333; Militär Son­ derstellung 532; Ersatzbedarf 540; I Mtlitärausgaben 543; Festungen I 552f.; Aufruf u. Auflösung des Land- , sturms 598; Zulassung von Militär- , beamten 619; Gesandschaften 417,694; Brausteuer 695,768, Aversa 695; Ar­ menwesen 695; Fiskus 698 f; Zollver- l

S7S

waltung 743; BranntzvolystsM 7Ur Matrtkularbeiträge 684, 718/^ ? Br^digung, BedivgMg fürdeyBeKteb gewtffor Gewerbe 62 f. Begnad-gung, bei Seeunfällev 90$. B«ch^VN^sft-ti»«eu der deutschen

Beresbtlaunaslrüeiu -um Berua von ^MallsreytE W^37 ; derELKhrigFretwilligen 600. Bergelohn 921, 923 f. Bergungskosten 921 f. Bergwerke 83 f.; Verbot d/rr SoyntqgSarbeit 77; Arbeiterinnen 89; hes^ndere Vorschriften 116; Versicherungs­ pflicht der Arbeiter 184, 186. Berner Vertrag 308 f. Berufsgenossenschaften 185, 205 f.r Auslösung 205; Eintritt des Reichs 206 f.; Organisation 209; Anmeldung der Unternehmer 210; Schiedsgerichte 212s.; Beiträge der Mitglieder 220 f.; Gesayrentaris 221 f.; Anweisung zur Auszahlung 225. Betriebsbeamte 74 ff, 104. Betriebskraukenkaffen 194,197,199 ff., 217 Bettler, Pässe 479. Bevollmächtigte Minister 425. Bezirkskommando 550. Bier, Schankkonzession 56 f.; Klein­ handel 62; Untersagung 175; Einzel­ verkauf 169 , 325; Steuer 733 , 753; Besteuerung durch die Einzelstaaten 754; Biersteuer 768ff.; Ausfuhr 770; Brausteuer 695,768 ff; Rückvergütung 770. Billets ä ordre 789. Binnenzölle s Übergangsabgaben. Binnenschiffahrt 74, 185, 189. Börse, Staatsaufsicht 67,380 ff ; Bör­ sengesetz 349 , 351; Börsenordnung 381; Begriff 381 f.; Terminhandel 382 , 402 ff ; Ausschluß vom Besuch 383 ff.; Börsenregister 385; Eintra­ gung 385 f ; Wrrkung derselben 387, Staatsgenehmigung 388; Aufsichts­ behörde 388f ; Staatskommissar 388, 389 f ; Ehrengerichte 390; Aufgabe derselben 393 ff ; Börsenausschuß 391; Handel mit Wertpapieren 396; Zu­ lassung 396 f , 398; Verweigerung, Zurücknahme 399; Prospekt 399 f.; Zulassung an anderen Börsen 400; amtliche Preisfeststellung 400 f.; Börsentermrnhandel ist R -Geschäft 403; 403*33; Benutzung von Börseneinrich­ tungen für andere Geschäftszweige 403 f.; Strafvorschriften 405 ff.; Er­ satzpflicht für falsche Prospekte 408 f.

980

Sachregister.

Botschafter 426. Bracker 48. Branntwein, Ausschank 58; Kleinhan­ del 56; Steuer 733, 753, 773: Mate­ ria lsteuer, Brennsteuer 774ff., 783; Berbrauchsabgabe778; Steuerfreiheit 780; Handel unter den Nordseefischern 828 f.; Konfiskationsrecht des Schif­ fers 860; Brennereivergütung 977. Braunschweig 744. Braunschweigische Bank 358. Bremen 736, 744.

Bremerhaven 737.

382, 402; Wahl der Mitglieder zum Börsenausschuß 391; Verbot der Be­ nutzung von Börseneinrichtungen für andere Geschäftszweige 405; Mitwir­ kung bei der Ernennung v. Konsuln 453; Abgrenzung d. konsular. Amts­ bezirke 459; Abberufung 460 f.; Mtlitärverordnungsrecht 523 f.; Ausschuß für Landheer u. Festungen 559; BergütungStarif f. d. Kriegstransport d. Eisenbahnen 665; Ausfuhrverbot 726; Bestimmungen über Eisenbahnbe­ triebsmalertal auf Grenzstationen 730; Bestimmungen über Schiffs­ materialien 731; Abänderung innerer Steuern 734; Zollverordnungen 735 f.; Abgrenzung der Freihafenbezirke 737; Warenverzeichnis für die Zölle 739, 739“; Grenzbezirk 745; Zolletat 745; Instruktionen 745; Kreditgewährung 745; Kontrolle der Zollverwaltung 746ff.; Beschlußfaffung über Abrech­ nung der Zollgefälle 750; Erhöhung der Zuckersteuer 765; Exportprämie 767; Betriebserleichterungen für Bren­ nereien 777; Steuerbefreiung für Branntwein 780; Reichsschuldenkom­ mission 819; Abgrenzung der Bezirke der Seeämter 896; Kosten für die Musterungsverhandlungen 941 f.

Briefe 260, 264, 265, 270, 279. Brüche s. Gruben. Brüssel, Antisklavereikonserenz 825 ff. Buchhändler, fliegende 55, 140 ff. Budgetgesetz 691. Bundesamt für Heimatswesen 695 s. Armenwesen. Bundesrat 103, 205, 232, 252. 5, 40; Ausführungsverordn. z. GewO. 10f.; Verzeichnis gefährl. Anlagen 40; Er­ nennung d. Behörden zur Approba­ tionserteilung 48 f.; Verbot d. Sonn­ tagsarbett 78; Verordnungen über die Beschäftigung jugendl. Personen 88 f., 98 f.; Ausschluß des Hausier­ handels 145; Zulassung v. Auslän­ dern 149; Vorschriften über Zulässig­ keit bestimmter Waren im Einzelver­ kehr 169; Ausdehnung des Versiche­ Cadreshstem 544. rungszwanges 187; Auflösung von Cheks 789. Berufsgenossenschaften 2